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LIBRARY I
DMtVRSITY Of l
^ CAUFORHIA/
JOrrHROPOT OGT l.TBKßtSt'
r^
•
REESE LIBRARY.
UNIVERSITY OF CALIFOpNIA.
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DiBiimd, Google
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„Google
Bronze-Urne mit figuralem Bildwerk, gefunden in einem
Grabhügel bei Gr^chwil.
zed.yGOOg[e
URGESCHICHTE
SCHWEIZ
JAKOB HEIERLI,
MIT 4 VOLLBILDERN UND 423 TEXT-ILLUSTRATIONEN.
I.■^ iVFr.5,- . I
ZÜRICH,
VERLAG VON ALBERT MÜLLER
DiBiimd, Google
<5--SE
DiBiimd, Google
Vorwort
Der Menschengeist strebt unablässig, die dunkeln Fragen des
Seins und Werdens zu ergründen. Mit immer neuen Mitteln, neuen
Methoden, neuen Wissenschaften sucht er in die Vergangenheit ein-
zudringen. Das neunzehnte Jahrhundert hat uns auch in dieser Be-
ziehung „eine neue Welt erschlossen"; es hat uns Blicke thun lassen
in eine Zeit, die Jahrtausende hinter uns liegt, viel, viel weiter von uns
entfernt, als die Perioden, von denen die ältesten Urkunden berichten.
Wie das verschleierte Bild von Sais, so stand früher die Urzeit vor
dem Beschauer. Nicht plötzlich hob sich der Schleier, nicht auf
einmal enthüUte sich jenes Bild, sondern Schritt Rir Schritt drang
die Forschung in die Vergangenheit und beleuchtete dieselbe. Heller
und heller wurde es und heute schon blicken wir mit Stolz auf die
Erfolge dieser Arbeit des menschlichen Geistes.
Auch die Schweiz hat mitgewirkt an der Aufhellung der ur-
geschichtlichen Zeiten und wir brauchen nur an die Verdienste
Ferd. Keller's und seiner Zeitgenossen zu erinnern, um den Beweis
geleistet zu haben, dass unser kleines Land an diesem ideellen
Wettkampf der zivilisierten Nationen lebhaft teilgenommen hat Es
ist eine Ehrenpflicht für uns Nachgeborene, nicht Geringeres zu
leisten, ab unsere Vorfahren,
Die Ui^eschichte der Schweiz, die ich in den folgenden Blättern
entrollen möchte, sollte nach zwei Seiten fruchtbrii^end wirken.
Sie will einerseits die Resultate der bisherigen Ausgrabungen und
Forschungen in grossen Zügen zusammenlassen, anderseits aber zu
neuen Unternehmungen anregen. Sie versucht, dem Gelehrten und
dem Laien etwas zu bieten; dem erstem möchte sie manche neue
Thatsache, manch neuen Gedanken vorlegen, bei dem letztem aber
durch Bilder aus der Vergangenheit das Interesse für die Forschung
wecken und beleben. Seit 20 Jahren habe ich das litterarische Material
zusammengetragen, das die Grundlage zu dieser Urgeschichte bildet,
und es ist wohl nii^ends in ähnlicher Vollständigkeit zu finden.
Dazu kommen noch meine zahlreichen Ausgrabungen. Fast alle
in diesem Werke erwähnten Fundorte sind von mir besucht worden.
ISTGöO
.y Google
wenn möglich mit den Findern der bezeichneten Objekte; die Be-
richte und Publikationen wurden kritisch gesichtet und so glaube
ich denn fiir die Richtigkeit des Mitgeteilten bürgen zu können.
Freilich war es, schon des Raumes wegen, unmöglich, den
Fundberichten gleich die Quellenangaben beizufügen. Dem Forscher
stehen meine urgeschichüichen Materialien ja zur Benutzung offen
und in der archäologischen Karte der Schweiz wird das ganze
Quellenmaterial angegeben sein (vgl, z, B. Archäol. Karte des Kts. Aar-
gau), Zur Bequemlichkeit des Lesers wurden einige Illustrationen
wiederholt, dafiir zahlreiche andere in je eine Nummer zusammen-
gefasst. Um das Auffinden der Ortsnamen auf einer Karte zu
erleichtern, ist überall der Fundortsangabe die politische Gemeinde,
in welcher der betreffende Ort liegt, beigefugt worden.
Es gereicht mir zum wahren Vergnügen, hier Öffentlich für die
vielfache Unterstützung danken zu können, die mir bei meinen
Arbeiten zu teil wurde. So hat mir z. B. der Vorstand der Anti-
quarischen Gesellschaft Zürich ertaubt, eine Reihe von Illustrationen
aus den Publikationen dieser um die Erforschung der Urgeschichte
meiner Heimat hochverdienten Vereinigung zu benutzen, Direktionen
von Museen übermittelten mir Photographien und Originalzeich-
nungen und endlich bin ich vielen Lehrern, Forschem und Gelehrten
für wertvolle Winke und Mitteilungen verbunden, so den Herren
Dr. E. v, Fellenberg, Prof. Dr. C. Keller, Prof. Dr. Weber u, a.
Auch der Verleger hat nichts gespart, um das Buch gut aus-
zustatten und dasselbe, besonders durch Hinzufugung zahkeicher
Illustrationen, zu einem eigentlichen Volksbuche zu machen.
Zürich, um Weihnachten 1900.
J. Heierli.
zed.yGOOg[e
Inhalts- Verzeichnis.
Die Elu«it od«r daa DUavinm
A. Die Gletscher der Eisieit
I. Zeugen derselben
z. Aasbrntung der ^ten Gletscher
B. Das Klima der Eisieit
I. Die drei Gladalperioden
3. Flora und Fauna des Diluviums
C. Ursachen der Eiszeit und Alter derselben
1. UiSBchen der Eiszeil
2. Du Alter der Eiszeit . z6
D. Die ältesten Spuren des Menschen in der Schweiz .... iS
1. Geschichte des Diluvialmenschen 38
2. Sporen des diluvialen Menschen in der Schweiz 33
3. Der interglaciare Mensch 34
E. Die Hchlenfunde von Thaingeo 37
1. Der Fundort 37
2. Die Tierwelt de» Kesslerloch's 40
3. Die Produkte von Menschenhand 4z
a) Die Fenerstrin-Objekte 43
b) Gegenstande aus Knochen und Hom 4j
c) Schmuck 47
4. Zw:hnuiigen and Skulpturen 48
F. Da» Schweizersbild bei Schaffhausen 55
I, Fundgeschichte SS
z. Die Fnndschichten 56
3. Artefakte aus Silex, Knochen, Gagat n. s. <* 58
4. Ornamente und Zeichnungen 61
5. Die Fauna 64
6. Alter der paläolithischen oder gelben Kulturschichl 65
„d, Google
Inhallg-VcTzeichn U.
G. Die Kultur der patiolithis
1 . Allgemeine Betrachtungen .
2. Knlturstufen
3. KleiduDg und Schmuck
4. WsffeD und Gerate . . .
5. Die Anfüge der Kunst
6. GesetlschaiUiche Zust&nde .
Die neolithlBohe oder Jüngere BteinMit 92
A. Entdeckung der Pfahlbauten und ihre Verbreitung ... 92
1. Der Pfahlbau Obenneilen 92
2. Die Pfahlbanten der Schweiz 97
3. Die Verbreitung der Pfahlbauten in Europa [Ol
4. AuEsereuropBische Pfahlbauten 104
B. Schweizerische Steinieit-Prahlbfluten 114
I. Chavannes (Schafis) bei Neuvevüle [14
I. Moosseedorf bei MOnchenbuchsee 119
r 3. Robenhausen bei Wetiik on 123
4. Der Pfahlbau Vinelz im Bielersee 131
C. Neolithische Landansiedelungen 136
t. Höhlen und primitive Bauten 136
z. Wohngruben und Feuerstellen 13S
3. Wallbauten 140
D. Werkstätten und Einielfunde 143
1. Werkstätten der Steinzeit 143
2. Einzelfunde 144
E. Gräber der jüngeren Steinzeit 145
1. HShlengräber ' 147
2. Hockergräber 151
3. Grabhügel 157
F. Kultur in neolithischer Zeit 158
1. Kulturstufe 158
I. Kleidung und Schmuck der Neolilhiker 162
3. Werkzeug und Waffen 166
4. Die Textil-Industrie 172
5. Die Keramik der Steinzeit 182
6. Geistige Kultur in neolithischer Zeit 191
Drittes Kapitel.
Die BroQseperiode 201
A. Pfahlbauten der Bronzezeit 2o8
1. Die Stationen von Morges 209
2. Wollishofen bei ZQrich 212
zed.yGOOgle
Inhalts -Verzeichn IE. V|[
Stile
3. Der BromepTahlbau Mflrigen 22z
4. Die Sution CofcelWtes 226
5. Die Funde von Epsacb, Kanton Bern 230
B. Die Landaniiedelungea 230
1, Eberaberg bei Berg am Irchel 230
2. Das Reliigiuin auf dem Oüihei^ bei Zürich 232
C. Dipöt- uud Bergfunde 235
I, Dtpetfonde 235
3. Die Berg- oder Fassfnnde 237
D. Bionzezeitlicbe Gribetfunde der Schweiz 24J
I. Küteng^ber 243
a. Skeletgraber in freier Erde 246
3. Grabbflgel 250
4. BnudgrlLber in fladier Erde 251
5. Die kfliperlichen Reste branzezeiüicber Bewohner der Schweiz . , 234
E. Die Kultur der Bronzeperiode 256
1. Klädung und Schmuck 256
2, Die WafTen 264
]. Das Handwerksgelät 270
4. Beschäftigung 276
j. Handel und Verkehr in der Stein- und Bronzezeit zSj
6. Geistige Kultur in der Bronzeperiode 300
F. Die Bronze, Ursprung, Verbreitung und Alter derselben . 303
1. Bronze- Analysen 3'34 .
2. Ursprungsort der Bronse 307 '
3. Das Alter der Bronzeperiode 309
4. Chronolt^e der bronzeidüichen Funde der Schweiz 31 (
Viertes Kapitel.
Di« Biflenaelt 316
A. Das erste Auftreten des Eisens in der Schweiz 321-
B. Eisenzeitliche Ansiedelungen 325
1. Villen (St. GflUen) 317
2. Zürich 330
3. Die Funde im Aarekanal bei Port und Brügg 336
4. La T^ne 34'
5. Spuren vorrömischer Ansiedelungen im nachmals römischen Vindonissa,
in Aventicum, Octodurus u. s. w 352
C. Die Gräber der Eisenzeil 35')
I. Grabhügel 361
a) Dörflingen 3f>3
b) Die Funde vom Eggbühl bei Russikon 3(>5
c) Der Fünfbühl bei ZoUikon 366
d) Lunkhofen 3''H
e) Grächwil bei Meikirch 372
zed.yGOOgle
Inhalts ■VerieichBi».
■ In» - . ■ ■ 37*
g) Die GiabhOgel von Bofflens 374
a. Die Flachgrtber der südlichen Schweiz 374
a) Die eiieozeiüicben Gräber des Wallis 375
b) EiscDzeitliche Gräber im Tessin und Misoi 380
3, Die I^ T4ne-Gtftber der schweizerischen Hochebene 385
D, Funde vorrömischer Münien und Inschriften 393
I. Münzen aus der Eisenzeit 394
a. Vorramische Inschriften 401
E, Die Kultur der Eisenzeit 402
I. Die Wohnungen 402
a. Kleidung und Schmuck 405
3. BeschafHgung 410
a) Jagd und Krieg 410
b) Viehzucht und Ackerbau 41z
c) Handwerk und Technik 413
d) Handel und Verkehr 414
4. Geistige Kultur 41(1
a) Eigenschaften der Helvetier ,41g
b) Gesellschaftliche and staaUiche Einrichtungen 419
/ I) Druiden 419
2) Der Adel 420
3) Das Volk 420
4I Die Sklaven 421
* c) Die Religion der Helvetier 41 1
F, Die frühesten historischen Nachrichten über die Schweiz . 423
liuss 436
zed.yGOOg[e
Verzeichnis der Vollbilder.
BiOEze-Ume mit figuralem Bildwerk, geümden in einem Grabhügel
bei Gßchwil (Bera) (Titelbüd)
Kleidmig der ersten Eisenzeit. (Nach F. Keller) (zu Seite 363)
BUdwetk auf der BroDze-Utne von Grächwil (Bern) ( „ „ 372)
Eiseozeitlicher Grabfand von Steinbausen (Zug) ( „ „ 3S9)
Verzeichnis der Abbildungen.
Stiw
ya I. Hehle Kesslerloch bei Tbaingen. (Nach Phologntphie) 3S
, 2. KenutAck (Nucleos) »ns Feuerstein von Tbaingen 43
. 3. FeaerBteinmener aiu Tbaingen 43
, 4. Fenersteiiunesser „ „ 43
, 5. Rnndschaber ans Feuerstein von Tbaingen 44
, 6. Feuersteinschaber aus Tbaingen 44
, 7. Schaftglltter aus Fenerslein von Tbaingen 44
, S. Silei^itze aus „ 44
, 9, Feuersteinbobrer aus „ 44
, 10. Gravier-Instnunent aus Feuerstein von Tbaingen 44
, II. Knochennadel „ „ 4J
, 12. Speerspitze aus Hom „ „ 45
, 13. Knochen-Speerspitze mit Kerben „ „ 45
, 14. Knochen-Speerspitze mit ( Eigentum s-?)Marken aus Thaingen ... 45
, 15, 16. Ein- und zweiseitig mit Zahnen versehene Harpunen aus Thaingen,
wovon eine mit Verzierungen 46
, 17. Verziertes Homstück aus Tbaingen 46
, iS. Rentierboiu mit erbabenem Raatenornament aus Thaingen ... 46
, 19. Zahn als Schmuckgeh£oge von Tbaingen 47
, 10. Schmnckgebünge ans Knochen von ThaingeB 47
, ZI, 22. Jura-VersteincTungeii, als Schmuck gelr^en, aus Thaingen . 47
, 13. Hli^eschmuck aus Kohle von Tbaingen 47
, 24, 25, 26. Hängeschmack aus Kohle von Thaiugen 47
, 27, Das „weidende Rentier", auf einen sogen. Kommandostab gezeichnet,
gefunden im Kesslerloch bei Tbaingen 50
, z8. Zeichnong auf einem Kommandostab im Kesslerloch bei Tbaingen . Jl
, 19 a, b. Vorder- und Hinlerseite eines Stierkopfes, geschnitzt von einem
Tri^lodytea in Tbaingen 52
, 30. Steinplättchen mit eingeritzten Zeichnungen, vom Schweizersbild.
(Nach Photographie) 63
, 31. Netritbeil mit Hirschhorn fassung ans dem Pfahlbau Obermeilen . . 94
„d, Google
Verzeichnis der Abbildangen.
Seile
31. Steinmeissel mit Fassung aus dem PraUbau Obenncilen .... 94
33i 34< 35i 3^> 37- Ahlen und Pfriemen aus Knochen und Hörn aus
dem prahltiau Obenneüen 94
38. Nerrit-GehOnge aus dem Pfahlbau Obermeilen 95
39. Bemsleinperle „ „ „ „ 95
41. Ein schweizerischer Pfahlbau. (Idealbild) 96
41. Ffahlbaukarte des Bodensees 9S
43. Die PfohlbauteD des Genfetsees 100
44. Kaire, ein neuzeitlicher Pbhlbau in Neu-Ouinea iii
45. FeuerEteinlanze aus dem Pfahlbau Chavannes (Schaüs) .... 115
46,47,48, 49. Feuerstein-Pf«lq)itzen aus dem Pfahlbau Chavannes (Schafts) 11;
50, 5t. Steinbeile in HoUfassungen (rekonstruiert) aus Scbafis ... 117
jz. Steinbeil in Homfassung mit Holischafl aus dem Pfahlbau Schafis 117
S3> S4' Steiabeilc in Homfassung und Holzschaft aus SchaSs . . . 117
55. FeueisteinsBge, mit Anhalt in die HbUfassung eingekittet, aus dem
Pfahlbau SchafU 118
56. Holuchale aus dem Pfahlbau Chavannes llS
57. HinchhoTubecher aus dem Pfahlbau Schafis 116
58. Thonbechet „ „ „ „ 1 iS
59. Hiiscbhonigehtnge aus Moosseedorf 121
60. Eibenholzkamm aus dem Pfahlbau Moosseedorf izi
61. Schfissel mit einem Dreieck-Ornament aus Birkeniinde. Fundort:
Pfahlbau MoOEseedorf 111
63. (Nach Hebk) [. Kleiner Pfahlbauweizen (Trit.Tulg. antiq.). 2. u. 3.
Sechszeitige Geiste (Hordeom hei. densum et sanclaml, 4. Ägyp-
tischer Weizen (Trit. turgidumj. 5. Emmer (Trit. dicoccum).
6. Hine (Panicum miliaceum), 7. Feuuich (Setaiia ilalica) 136
63. Flachsrasem aus Robenhausen liS
64. Flachsfaden „ „ 118
65. FlachsschaOre und Stricke aus dem Pfahlbau Robenhauaen . 128
66. Weberknoten aus Robenhausen 119
67. Flachsnetz „ „ 129
69. Taftgewebe „ „ 119
70. Köporgewebe „ „ 129
71. Fransen aus dem Pfahlbau RobenhanteD 129
72. GusslAfTel „ ,. ,. ,. 130
73> 74. Silei-Pfeilspitien aus dem Pfehlbau Virelz 131
75. Sileidolch mit Fassung aus VineU 132
76. Knpferdolch „ 13*
77. Steinbeil mit Homfassung und Holiscliaft aus Vinelz 132
78. Kupfermeissel aus Vinelz 132
79. Veriiertes Thongefäss aus Vinelz 133
80. Nadel mit Öse und Knopf, gefunden in Vinelz 133
Bi— -84. Knochen» und Homnadeln aus dem Pfahlbau Vinelz ... 133
85. HirschhomknOpfe aus Vinelz 133
86. Kupfeigehänge „ , '34
87. Kupferperle „ „ '34
88. Die „Heidenburg" im Aathal 140
zed.yGOOgle
Veneichnis der Abbildungen.
rigor 8g. Grab mit PygmEcD in der Hahle DacbseDbQhl bei HerbllngcD. .
„ 90. Serpul^Krlen und Zabngehaoge aus dem Dachsenbühl ....
91. Steioperle aus dem DachseobBbI
93. Hocke^Tsb in GUs {WaUis)
9J. SteiokuOpfe >m einem Hockergrab in Glis (Aosicbt von der Seite
uDd von unten) 155
94. Thon-Idol aus dem Pfahlbau Laibach. (Krainl 163
9J. Knocbennidel ans dem Pfablbau Schafis 163
96. Knochennadel ans dem Pfahlbau Obenneilen 163
97. „Scbaofeliiadel" aus dem Pfahlbau Vioeli 163
gS. Knochennadeln aus Meilen und Vinelz 163
99. Knocheonadel aus dem Pfahlbau Vinelz 16]
100. Betosteinperle aus Meilen 164
loi. Bitenzahn als Schmuck. Faodort: St. Aubin 164
101. Schmuckgehisge aus Wangen 164
103. Doppelt durchbohrter Eberiahn ans Moosseedotf 164
104. KnocbengebSnge aus GeiolfiDgCD 165
105. Gehänge aus dem Pfahlbau Font 165
106. KnpfergehSnge ans Vinelz 165
107. Kupferperle aus Vineli 165
loS. Kupfelperlen ans dem Pfahlbau Gerolfingen 165
109. Doppelbeil ans dem Pfahlbau Bauschanze (Zfiiich) 167
110. Kupferbeilchen ans dem Pfahlbau WoUishofen-Zürich 167
111. Knpferbeil aus Sion 167
1 12. Knpferniasse v,d. Fonn eines IDoppelbeilesaus dem FfahlbanLQscherz 167
113 u. 114. Steinbeile mit einfachem Molischafl j68
115. Steinbeil in Hirschhotnfassung. Fundort: St. Aubin 168
116. Neiiitbeil in Hirschhorn fassni^. Fundort; Meilen 16S
117. Strinbeil mit Hirschhomfassung und Holzschail 168
iiS. Steinhsmmer aus dem Pfahlbau Concise 168
119. Steinbohiappant der Neolithiker. (Rekonstruktion) löo
izo. Stein mit angefallener Bohrung ans Chevroox 169
izt. KQi>che]iineissel ans dem Pfahlbau Wauwil (Luzem) .... 169
:ii. Steinmeissel mit Hirschhomfassung aus dem Pfahlbau Obermeilea 169
113. Kupfenneissel ans dem P&blbau Vineli ibg
114. Ii5( iz6. Knochenplriemen aus dem Pfablbau Obermeilen . . 170
117. Eibenholzmesser ans Wanwjl 170
12S, 129, 130, 131. Feuerstein-Pfeilspitzen ans dem F&hlbau Schafis . 171
13z, 133. Pfeilspitzen aus dem Pfahlbau Vinelz 171
134. Flachsbreche aus Robenhausen 17z
135, Flachsfasern „ „ 174
'361 '37- Flachsfaden aus dem Pfahlbau Robenhansen 174
138. Schnüre und Stricke aus Robenhausen 174
139. Stricknadel aus dem Pfahlbau Mörigen (Bielersee) 175
140. Weberknoten aus Robenhausen 175
141. Netz ans dem Pfahlbau Robenhausen 171;
14z. Fransen aus Robenhausen 17^
■43, 144. Baslgeftechte aas dem Pfahlbau Wangen Im Bodensee. . . 175
145. Taftgewebe aus Robenhausen 17''
146. KOpergewebe aus „ 17')
„d, Google
XII Veneichnis der Abbildungen.
Sei»
Figur 14;. Aufrechter Webstuhl. (Rekonstruktion) tJJ
„ 14S. Webstuhl von den FarOer 180
„ 149, auadb. Schemate rar VeranschaalichuDg des Webens beim Web-
stuhl von den FaiOer 180
„ 150. Webstuhl ans BraüUen 181
„ 15t. Holzschale aus dem Pfahlbau Schafis 184
,1 152. Verzierter Hirschhombecher aus Schafis 184
„ 153. Thonbecher aus Scha<is 188
„ 154. ThoDgeftss BUS dem Pfahlbau Guivani im Murtnersee .... 188
„ 155. Tbonger^ss aus Moosseedorf 189
„ 1 56. ThoDschale aus dem Pfahlbau BauEchanze in Zürich 1 89
„ 157. Thongeflss ans dem Pfahlbau Vinelz 189
„ 158. Tbongefftss aus dem Pfahlbau WoUisholen-Zürich 1S9
„ 159. TboDScherbe mit verzierten Buckelchen vom kleinen Hafner (ZOrich) 190
„ läo. Thooscherbe mit Buckel und Leisten von Wollishofen (Zürich) . 190
„ 161. Thonscherbe mit Ösen und Buckel aus „ „ . 190
„ 162. ThODScheibe mit doppelt durcblocbten Buckeln ans Wollishofen . 190
,. 163. Thonscherbe mit Leiste aus Wollishofen (Zürich) 19O
„ 164, 165. Bionzebeile aus der Station des Roseanx bei Morges . . . 210
„ 166. Brontering aus der Grande cit£ de Morges 211
„ 16;. Bronzeschwert aus Wollishofen (ZOrich) 213
„ 16S. Verziertes Bronzeschwert aus Wollishofen (Ztlrich) 213
„ 169, 170, 171. Bronzedolche „ „ , 214
„ 171. BroDze-LaDzeospitze „ „ 115
» 173> I74i >75> 17a- Bronze-Pfeilspilzen aus Wollishofen (Zürich) . . 215
,, 177. Bronzebeil „ „ „ ... 215
„ 178, 179, iSo, iSi. Bronzemesser „ „ ., . . , 215
„ 1S2. Massiver Bronzemeissel „ „ ., . . . 116
„ 183. Bionzemaissel mit FlachgrifT „ „ „ . . . 116
„ 184, 185. Dflllenmeissel „ „ 216
„ 186. Hoblmeissel mit DaUe „ „ 217
„ 187. „Durchschlag" „ „ 117
„ iSS. Bronzehammer „ „ 217
„ 1 89. Amboss „ „ „...217
„ 19a. Thonscbale mit Mäander- Verzierung „ „ „ . . . llS
„ 191. Pokal (P) aus dem Pfahlbau „ „ . . . 21S
„ I9>. Thom^chen aus dem Pfahll>au ,, ziS
„ 193 — 196. Bronzenadeln „ „ 2>o
„ 197. Bronzelibel „ „ „ . . . 220
„ 19S. Bronzeübei ans Auvemier 2ZO
„ [99, 200. Glasperlen aus Wollishofen (Zürich) 220
„ 20 1 . Bemsteinperle „ „ „ 220
„ 202. Gehänge (Amulet) aus „ „ 121
„ 203. Btonzeknopf „ „ „ 111
„ 204. Zinnrfidchen „ „ „ 221
,, 205, Bronzespange „ „ „ ijl
„ Z06. Fibula a giandi coste aus dem Pfahlbau Marigen 12z
„ 107, a, b, c, d. Gussform aus M6r^n: a von aussen gesehen, b — d die
einzelnen Teile 224
„ 208, a, b, c. Gussform eines Querbciles aus MOrigen 225
zed.yGOOgle
Verzeichais der AbbilduDgen. XIII
ZD9, a — c. Gussfoim eines Brouzebaninieni aus MOrigen 125
310. GussTonn eines Hammers aus Möiigen iij
III, a und b. GutsfonneD von Sicheln aus dem Pfahlbau Morigen . zi 5
212. Gussfonn einer LaDMDspitxe aus MOtigen iif,
313. Gussfbrm oner Schwertklinge aus MOrigen tib
214. BTonz^ehange aus Corcelettes jiS
115. Knocbengehinge (Amnlet) aus Corcelettes 32S
2ili. Bronzering aus WoUishofcD 22S
217. Thouleller „ „ 128
Ji8. i^ondhom" vom Ebersberg (ergbut) 231
219. Griecbisclier Scherben, gefunden auf dem Otliberg 234
Z20. Schwert von ungarischem Typus aus Martigny 237
121. Btonzeschwert von Liddes 238
222. Broniedotch von Granges (Wallis) 238
Z23 a, b, c, d. Bronzebeil von Paqjan 240
224. Bronzeschwett aus Ilanz 242
225. Brnniedolch aus Vals 242
226. Bronzekelt mit ejngel^en Goldsdflen v. Rcnzenbühl b. Strfittligen 244
227 a, b. Massengrab von Anvemier 245
228. Verzierte Bronzespangen aus den GrEbem von Conthey .... 248
229. Scbeibennadel ans dnem Bronzezeitgiab bei Conthey 248
230. Gehänge aus nnem Grab „ „ 249
231. 131, 233, Schnecken und Muscheln aus BronzezeiCgrSbem bei Con>
they (Wallis) 249
234. Scbeibennadel aus einem Grab in SaviÄse 250
235. Gehänge aus einem bronzezeitiichen Grab in Savtöse 250
236. Grabfunde aus Heiligkreuz bei Mels (SL Gallen) 252
237. Bronzespange aus Glattfelden 2^3
23S. Mohnkopfnadel aus Glattfelden 253
239. Bronzespange aus Thalfaeim (Zürich) IJ3
240. Doppelspirathaken aus Thalheim (Zürich) 253
241. Eichensaig mit Miche ans dem Treenhsi, Amt Ribe (Dänemark) 257
242. Ftauenkleid aus dem bronzezeitiichen GtabhOgel Bonim^EshOi
Uülland) 258
143, 244. NaJeln aus Keiligkreuz bei Mels 259
245. Mohnkopfnadel aus einem Grab in Glattfelden 259
246. Mohnkoplhadel aus dem Letten in Zürich 259
247. a und b. „£pingle ctphalaire" aus Wollishofen 259
248. Radnadel aus Anvemier 259
249. Gehfinge aus dem Pfahlbau Corcelettes 260
250. Bronzegehänge aus dem Pfahlbau Concise 2&0
251. Bronzeschmuck aus dem Pfahlbau Nidau 260
252. ZierrEdchen aus dem Pfahlbau Anvemier 260
253. Fibel aus Auvemier 261
254. Fibel „ „ ^ 261
355. Halbkreisförmige Fibel aus Wollishofen 261
356. Fibe! aus Mdrigen 261
>57, Gfirtelblech aus einem Grabe von Lens (Wallis) 261
3j8. Gürtelhaken ans Morigen z62
259. Spiral-Doppelhaken aus einem Grabe von Thalheim (Zürich) . . 262
zed.yG00gle
XIV Veneicbnis der Abbildiuigen.
Seiu
Figur z6o. Bleiklumpen aus dem Pfahlbau WollUhofen 263
361. VeTiierle BrODzespaoge aus dem Pfahlbau Nidau 163
363. Bronzedolch ans dem Pfahlbau WoUishofcn z66
263. Dolch ans Giaag«i (WallJs) i66
164. Bronzedolch aus dem Pfahlbau WoUishofeu (Zürich) z66
265. Dolch aus Heiligkreuz (Mels) ibb
z66. Btonzedolch von Sioo a66
167. Broniedolch mit Griffiunge aus Mflllheim {ThutgO 266
a68. Bronzedolch mit Vollgriff. Fundort; Vals 266
269. Seh Wertform igcr Bronzedolch am Zürich 267
170. Cypri5cher Dolch aus der ThJelle 267
271. Bronie'Kurischwert ans Port (Kt. Bern) 267
272. Bronze-Kurzschwert aus Lidd«s (Wallis) 267
273. Bronzeschwcrt aus Btilgg (Bern) 26S
274. Schwert mit Griffzunge aus Niederurnen (Glarus) 268
275. Schwert mit Griffdom ans Ilanz 268
276. Bronzeschwcrt aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) . . . . 26S
277. Bronzeschwert „ „ <, „ 1, .... 269
278. Griff des Schwertes von Martigny 269
279. BroQzeschwert ans dem Lac de Luyssel bei Bex 269
280. Griechisches Schwert aus Adliswil (ZOricb) Z69
281. Brqnzeschwert aus dem Pfahlbau Forel {Neuenbuiser See) . , . 270
282. Leistenkelt aus dem Pfahlbau Meilen 270
2S3. Lötfelkelt aus Sion 270
284. Leistenkelt ans der Station des Roseaux bei Morges 270
285. Lappenkelt aus Bünzen (Aargau) 271
286. Düllenkelt ans dem Pfahlbau Cotcelettes bei Grandson .... 271
287. Broniemesser aus Wollishofen (Zürich) 272
z88, 289. BroDzemesser aus dem Grab von Heiligkreuz bei Mels . . 272
290. MessermiiFlacbgriffu.EinUgenBusdem Pfahlbau WoIlishofen(ZQrich) 273
19t. Bronzemesser aus Mets 273
292. Düllenmesser aus dem Pfahlbau Onnens (Waadt) 273
293. Messer aus einem Grab in Stirzenihal bei Egg (Zürich) .... 274
294. Messer aus dem Pfahlbau Banschanze (Zürich) 274
295. Messer aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 274
296. Messer mit Eisenklioge nnd Bronzedorn aus dem Pfahlbau Colombier 274
297. „Rasiermesser" au» dem Pfahlbau (Jorceletles bei Gmndson . . 274
298. Doppelmesser aus dem Pfahlbau Gu^vaux [Vallamand?) .... 274
299. Verzierter Hohlmeissel aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) . 275
300. Durchschlag aus dem IMahlbau Wollishofen 275
301. Broaieangel aus dem Pfahlbau Vallamand 275
302. a und b. Sichelgriff aus dem Pfahlbau Corcelettes bei Grandson . 277
303. „Pokal" aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 179
304. Tüpfcheo aus dtm Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 279
305. 306. Geßsse aus dem P/abIbau Municlier (Murtnersee) .... 279
307. Bronzeschale mit getriebenen Buckeln aus dem Pfahlbau Corcelettes
bei Grandson 280
308. Kupfetait ungarischer Form ans Lieli (Aargau) 290
309. BroDzeaxt von Parpan 291
310. Fibelfragment aus dem Pfahlbau Cortaillod 192
zed.yGOOgle
Verzeichnis da* AbbilduDgcD, XV
Figur 311, a und b. Nordisches Hängegeräsi aus dem Pfahlbau Cortaillod
(NeuenbuTger See) 19a
„ 313. Wageabeschläge aua dem PfaUbaa Chevroax im Neuenburger See 293
II 3 1 3- iiMoudhom" vom Ebersberg (Zflricb) 30 1
„ 314. TboDiSdchen aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 303
„ 315. EiseoschmelzofeD im Beiuer Jura (Idealbild) 323
„ 316, Frth-La T*ne-Fibel von Leukerbad 329
„ 317. Mittel-Ls Tine-Fibel von Msrigeo 3^9
„ 31S, a und b. Eisenbeil mit SchoAlai^jen aus Zürich 33:
„ 319, a und b. DüUeubetl aus Eisen von Zürich 331
„ 310. Augefangenes Schveit aus Zürich 331
„ 321. Bronzedolch ans Zflricb 333
„ 33a. Bronzering aus Port (Bern) 336
„ 3Z3. Kurzscbwert ans Schwademau (Bern) 337
„ 324, 335, 326. Eisenlanzen aus La Tiae 342
•t 3'7i 3^S, 329. Eisenlanzen mit Ein- und Ausschnitten aua La Tiae . 343
„ 330. Früh T*ne-Schwert 345
„ 331. Mittel Tine-Schwert 345
„ 33z. Spät Tine-Schwert • . ■ . 345
•• 333' 334' Schwertscheidenstticke aus La Tiae 346
» 335' Ornamentierte Schweitscheide aus La T^ne 346
„ 336. Fabrikmarken auf Schwertern von La T^ne 346
„ 337. Potinmflnze der Sequaner 349
" 338. 339' Münzen aus der Station La T^ne 350
„ 340. Certosafibel aus Bronze von Freggio bei Osco 350
„ 341. SilbermüQze aus Windisch 356
„ 34z. Goldmünze aus Windisch 356
„ 343. Elektronmflnze aus Brugg (Aargau) 3^6
„ 344. Münzstempel aus Avenches 357
•• 345- Vorrömische Mflnze aus Liddes (Wallis) 358
„ 346. Paukenfibel von Russikon (Zürich) 363
„ 347. Tonnen-Arm Wulst aus Bisikon bei lUnau 364
„ 348. Tonnen- Arm wuIst aus einem Grabhügel bei Toussen-Obfelden (Zflricb) 364
„ 349. TeUer aos einem Grabhügel von Trüllikon 364
>t 350. Gürtelblech aus einem Grab bei Russikon 365
„ 351. Durchschnitt durch einen Grabhügel im Fünfbfihl bei Zollikoo ■ 366
„ 353. Grabhügel im FünfbflhI bei ZoUikon (Mantel abgedeckt) ... 366
it 353' Inneres eines Grabhügels im Fünfbflbl bei ZoUikon 366
•• 354' Glasringe aus einem Grabbügel im FUnfbUbl bei ZoUikon ... 367
>• 355' s und b. Ohrgehänge aus Lunkhofeo 369
» 35^' 357- Schmuckgeh&nge aus einem Grabhügel bei Unter-Lunkhofen 369
„ 3s8,auodb. SilbemngmitGoldschliesse auseinemGrabhügelbeiLunkbofen 369
.t 359- Fibel aus Untcr-Lunkhofen 369
„ 360. Gürtelbescbläge von Unter-Lunkhofen 370
„ 361, a und b. Kugelige Knöpfe, mit Goldblech überzogen, aus einem
Grabhügel bei Ins 373
„ 362. Goldblech aus einem Grabbügel bei Ins (Anet) 373
„ 363. Schlangenfibel aus Ober-Neunfom 374
„ 364. Hallstattschwert aus ebem Grab von Sitten (Sion) 376
i> 3^5> 3^- Bronzespangen aus Grabem von Savi^se 377
zed.yGOOgle
Verzeichnis der Abhildungen.
Figur 367. BtonzespoDge mit Walliser Ornament aus Sion 37t)
„ 368, a— c. BrODzespange aus einem Grab von Sierre 378
„ 369. Bronzespangen mit Walliser Ornament aus eineiQ Grab von Leukerbad 379
„ 37a. Bronzeringe aus einem Grab von Leukerbad 379
„ 371. Btooieting von Leukerbad 379
„ 37a. Früh-Ls T4ne-Fibel von Leukerbad 379
H 373, 374, Früh-La Ttne-Fibeln von Leukerbad 379
„ 375. Broniefibel von Leukerbad 379
„ 376. Getriebenes Bronzeblech vom Leukerbad 379
377. a — d. Bronzespangen aus einem Grab von Leukerbad 380
378. GOitelhaken von getriebener Arbeit aus einem Grab vonFreggio (Osco) 381
379. Thonbeclier aus einem Grab von Moliikazio bei Arbedo .... 382
380. Bronzekessel aus einem Grab von Casöone (Tessin) 38J
3S1. Bronzecisle aus nnem Grab von Cerinascia (Tessin) 382
381. Bronzegef^s aus einem Grabe von Castione (Tessin) 381
383. Schoabelkanne aus einem Grab von Castione (Tessin) . . . . . 382
3S4. Schlangenfibel ans einem Grab von Molinazzo bei Arbedo . . . 3S3
38;. Homfibel aus einem Grab von Molinazzo bei Arbedo .... 38:
386, 3S7, fironzeübeln aus Grabern von Castione (Tessin) 383
388. Certosaübel aus einem Grab von Castione (Tessin) 3S3
389. Einschneidiges Schwert aus Molinazzo bei Arbedo 383
390. a und b. Schwert mil Scheide aus einem Grabe von Castione . . 383
391. Eisenhelm von Molinazzo bei Arbedo 3S3
39z. Bronzekette aus einem Grabe bei Morgen 3S8
393. Silberfibel aus einem Grabe von Borgen 388
394. Gagalring aus einem Grabe von Horgen 388
395. 396. Blaue Glasringe aus einem Grab von Ho^en 388
397. Silbemng mil Gemme aus einem Grab von Morgen 388
39S, 399. Goidringe aus Horgen 388
400, a und b. Goldmünze (Fhilipper) aus Motgen 38S
401. „Gedrehter" Topf aus Horgen 388
402. Bronzekette von Champagny (Gempenach) 391
403, 404. Massaliotische SilbermOnzen von Burwein bei ContMs . . . 395
405, a und b. MQnzsiempel aus Avenches 399
406, ■ und b. SalassermQnze von Coliombey (-Muraz) 400
407, a und b. Aliobrogermflnze von Liddes 400
40S, 409, 410, 411. Orcilirii(Otgetorii)mflnzen aus Ost-Frankreich . . 400
41a, a und b, Griechischer Scherben vom Olliberg bei Zötich u. daiu
gehöriges Geßss , 4^4
413. a und b. Aryballos aus Tägerwiien 404
414. Sequaner in Friedenstracht (nach MommSEN) 406
415. Gallier 407
416. • und b. Bronzefibel aus Neunforn 408
417. Bronz^fiitelhaken aus Mörigen 4<*8
418. Bronzering von Longirod (Waadl) i . ■ 408
419. Torquis aus einem Grabe von Rüti bei Winkel 409
420. Broniehelm von Igis (Graubünden) 4"
411, Bronzestatuetle von Sierre. (Ergänzt,) 4^*
422. Bronzestatuette , 4*3
423. Julius Cäsar 4**
zed.yGOOgle
Urgeschichte der Schweiz.
Hcisrli, L'rgachichn der Schwe
Digitized^yGOOgle
„Google
Einleitung.
„Am Baum der Menschheil dringt «ich Blüi' a
Nach tti-gta Regeln wiegen sie lieh d'rauf;
In den folgenden Blättern möchte ich meinen Lesern auch einige
Blüten vom Baume der Menschheit vor Augen fiihren, Bluten, die
auf unserer Schweizererde entsprossen sind. Seit uralter Zeit ist
der Mensch über den Boden der Schweiz dahin geschritten und
Hunderte von Generationen haben uns ihre Spuren hinterlassen.
Im Geiste eines jeden hat sich schon die Frage geregt: Wie
ist der Mensch entstanden und wie hat sich das menschliche Ge-
schlecht seit den ältesten 2^iten entwickelt! Dichter und Philosophen
haben die Antwort zu finden versucht und manche Religionsbücher
geben in schwungvollen Worten den Gedanken ihrer Verfasser dar-
über Ausdruck, Noch ist die Frage ungelöst. Das möchte auffallen,
aber die Menschheit gleicht hierin dem Kinde. Das Kind lernt
zuerst die Dinge ausser sich kennen; es betrachtet sich lange Zeit
selbst als ein Objekt der Aussenwelt. Für jedes von uns Erwachsenen
war es ein wichtiger Tag, als wir zum erstenmal anstatt „Jakob
wünscht Brot" und „Julie bittet um einen Apfel" sagten: „Ich
wünsche Brot"; „ich bitte um einen Apfel". Mit dem Wörtchen
„Ich" stellt sich das Kind der ganzen übrigen Welt gegenüber: Es
ist zum Bewusstsein seiner selbst gekommen! Ähnlich die Mensch-
heit! Sie hat schon in alter Zeit den Himmel und die Erde er-
zed.yGOOgle
4 Einleilnnp.
forscht, aber erst, als diese Forschungen weit vorgeschritten waren,
entstand die Wissenschaft vom Menschen selbst und seinen Thaten.
Zwar hat dieGeschichtswissenschaft schon bei den alten Grie-
chen eine Blütezeit erlebt, aber der Hellene schrieb nur die Geschichte
seines eigenen Volkes und die andern Völker des Altertums kamen
bloss insoweit in Betracht, als sie mit Griechenland in Verbindung
standen. Nicht einmal mit dem ganzen Volke ihres Landes be-
fassten sich die griechischen Historiker, sondern nur mit einem
kleinen Bruchteil desselben. Bekanntlich ruhte der antike Staat auf
der Institution der Sklaverei und ohne die Sklaven, die unterworfenen
Ureinwohner des Landes, ist weder Sparta, noch das herrliche Athen
denkbar. Die Geschichtsschreiber aber befassten sich nicht mit den
Leibeigenen, sondern nur mit dem herrschenden Volke.
Im Laufe der Zeit sind freilich immer mehr Völker in den
Kreis der Geschichisforschung eingeschlossen worden, bis diese
Wissenschaft sich endlich mit samtlichen zivilisierten Nationen der
Welt zu befassen hatte, aber der Historiker betrachtete nicht alle
Seiten des Völkerlebens, sondern schrieb wesentlich „politische
Geschichte". Diese Form der Geschichtsschreibung ist heute noch
in manchen Lehrbüchern zu finden, wo in den geschichtlichen Ab-
schnitten Jahreszahlen, Herrschernamen und Schlachtenbilder sich
folgen, statt dass das Leben der Völker geschildert würde.
Die ersten Versuche, alle Seiten des Völkerlebens zur Dar-
stellung zu bringen, also Kulturgeschichte zu schreiben, stammen
aus dem XVIII. Jahrhunderte, da Voltaire seinen „Essai sur les moeurs
et I'esprit des nations" herausgab, und Herder die „Ideen zur Philosophie
der Geschichte" niederschrieb.
Seither haben sich die Methoden der Historiker gebessert, ihre
Hilfsmittel sind zahlreicher geworden und mehr und mehr wurden
sie die „Biographen der Menschheit". Von ihnen sollte man also
am ehesten eine Antwort erhalten auf die Frage nach dem Ursprung
und der Entwicklung des Menschengeschlechts.
Wenn wir an Hand der Geschichte unserer Heimat in die
Schachte der Vergangenheit hinuntersteigen, so begleiten uns Ur-
kunden und monumentale Werke etwa bis zur Karolingerzeit. Dann
aber werden sie spärlicher und unvollständiger; bald bleibt uns nur
hier und da eine Steininschrift aus römischer Zeit, eine vielleicht
dunkle Stelle eines alten Historikers; endlich verschwindet auch dies
und wir treten ein in das „Dunkel der Vorzeit". Der Geschichte
entfällt die Führerrolle ganz und gar. Selbst für die ältesten Kultur-
staaten, Babylon und Ägypten, reicht die historische Kenntnis nur
etwa 7000 Jahre zurück und doch haben schon lange, sehr lange
zed.yGOOg[e
vorher Menschen gelebt und sind sich in Liebe und Hass näher
getreten. Wer giebt uns Kunde von diesen? Wer belehrt uns über
die Jugendzeit unseres Geschlechts?
Viel tiefer, als die Geschichte, dringt die Sprachwissenschaft
in die Vergangenheit ein. Die Sprache ist älter als die Schrift, und
im Sprachschatz der verschiedenen Völker haben sich Erinnerungen
uralter Zeit erhalten. Bei der Vergleichung der Sprachen zeigte
sich eine weitgehende Ähnlichkeit mancher Sprachgruppen. Aus
der Verwandtschaft der Sprachen schloss man auf die Verwandt-
schaft der Völker, Aber diese Völker- und Sprachgruppen fuhren
uns auch nicht weit genug in die Vergangenheit zurück. Lange bevor
es Arier, Semiten u. s. w. gab, gab es Familien, Geschlechter, wohl
sogar schon Stämme. Von ihnen sagt uns die Philologie wenig
oder gar nichts. Noch mehr! Viele alte Völkerschaften sind unter-
gegangen; die letzte Spur ihrer Sprachen ist verschwunden. Der
Sprachforscher weiss also nichts von ihrem Dasein und doch möchten
wir auch von ihnen etwas hören.
Von einem ganz andern Standpunkte aus betrachtet der Natur-
forscher, speziell der Paläontologe die uns interessierende Frage.
Er untersucht die Gesteine, welche die Erdrinde zusammensetzen,
um darin nach Resten alter Lebewesen zu spähen. In den tiefst-
liegenden Schichten der Kruste, welche den Erdkern umgiebt, im
Urgebirge, trifft er die ersten Spuren einstigen Lebens. Im Silur er-
scheinen neben zahlreichen Mollusken und Korallen die ersten Fische,
während die Pflanzenwelt durch Tange und einige Landpflanzen ver-
treten ist. Im Devon entwickeln sich besonders die Kryptogamenj
die in der darauffolgenden Steinkohlenformation ihre Blütezeit er-
reichen. Im Perm erscheinen die ersten Reptilien, in der Trias die
ersten Beuteltiere und Saurier, welche aber erst in der folgenden
Epoche, dem Jura, sich recht entfalten, um dann, wie die zahlreichen
Ammoniten und Belemniten, tn der Kreide zu erlöschen.
Nirgends erkennen wir einen Unterbruch, nirgends eine plötz-
liche Vernichtung alles Lebenden. Alte Formen sterben allmählich
aus, während andere eben auftauchen, wie z. B. im Jura der Ur-
vc^el (Archaeopteryx) erscheint und in der Kreide die ersten Laub-
hölzer wahrzunehmen sind. Im Tertiär treten bekanntere Tierformen
auf: Affenarten, wie der Cänopithecus von Egerkingen, der Hylobates
aus der Braunkohle von Elgg und der Semnopithecus von Pikermi
(bei Athen), der Stammvater unserer Pferde, der Urahne des Elephanten-
geschlechts u. s. w. Im Tertiär war die Verteilung von Wasser und
Land auf der Erdoberfläche derjenigen von heute ziemlich ähnlich
und das Klima ein mildes, selbst in Nord-Europa ein subtropisches.
zed.yGOOgle
5 Einleitung.
An mehreren Stellen der Erde glaubte man, Spuren des Menschen
im Tertiär gefunden zu haben, aber noch sind diese Funde zu wenig
zahlreich und zu wenig sicher, als dass wir den Tertia rmenschen
als beglaubigt anerkennen dürften.
Die dem Tertiär folgende Zeit des Diluviums zeichnete sich
durch ihre Kalte aus. Von Nordeuropa drang ein gewaltiger Eis-
strom über die Ostsee bis nach Mitteldeutschland und die Gletscher
unserer Berge stiessen ihre Stirnen weit ins ebene Land hinaus.
In dieser Periode, der Eiszeit, lebte der Mensch in Gegenden, die
von Eis frei geblieben waren und mit dem Zurückweichen der
Gletscher nahm er auch Besitz von unserer Heimat. Er lebte aber
inmitten einer fiir uns fremdartigen Tier- und Pflanzenwelt und konnte
nur mit Mühe und Not sein Dasein fristen durch steten Kampf mit
der Natur. Dieser Kampf um seine Existenz hat ihn aber gezwungen,
seine Fähigkeiten zu entwickeln und so finden wir den Diluvial-
menschen bereits im Besitze einer gewissen Kultur.
Nach und nach änderte sich der Charakter unserer Gegend;
manche Tier- und Pflanzenformen verschwanden, andere erschienen,
und es kam die Jetztzeit der Geologen, das Alluvium,
Je höher wir stiegen im Schichtensystem der Erdrinde, um so ent-
wickeltere Formen traten uns entgegen, bis schliesslich die heute
lebende Flora und Fauna erschien und auch der Mensch auf den
Schauplatz trat. Die Paläontologie zeigt uns die ganze Organismen-
welt in stetiger Entwicklung begriffen. Sollte der Mensch davon
ausgeschlossen sein?
Nach dem Gesagten könnte es den Anschein haben, als ob
der Paläontologe uns Aufschluss zu geben vermöchte über den Ur-
sprung und die Entwicklung der Menschheit, da er die mensch-
lichen Reste ja in den jüngsten Schichtsystemen eingeschlossen finden
muss. Dem ist nicht so. Ungestörte Schichten mit Einschlüssen
menschlicher Knochen sind selten gefunden worden. Es kommen
aber hier nicht bloss die Skeletteile des Menschen selbst in Be-
tracht, sondern auch die Werke seiner Hand, Die Produkte der
Menschenhand lassen sich nicht mit denselben Hilfsmitteln beur-
teilen, wie die Erzeugnisse der Natur. Lindenschmit hat das klar
erkannt, wenn er sagt: „Gegenüber der Gleiphartigkeit, mit welcher
alle unter sich verschiedenen Produkte der Natur doch überall be-
stimmten Bildungsgesetzen folgen, zeigen die Werke der mensch-
lichen Hand einen unendlichen Wechsel der Erscheinung je nach
dem Wechsel gewisser periodischer Verhältnisse des vieltausendjähngen
Zeitraums ihres Auftretens und der mannigfaltigen Wirkungen, welche
zed.yGOOgle
Einleitung. 7
sich bei den einzelnen Völkern aus dem verschiedenzeitlichen Ein-
tritt dieser Verhältnisse, aus dem Klima ihrer Wohnsitze und ihrer
verschiedenen Geistesanlage ergeben mussten." In der That ist die
Lagerung nur ein Kriterium für den Erforscher der Urgeschichte
des Menschengeschlechts; und wichtiger müssen ihm Technik und
Stil der Geräte und WaflTen, sowie der Schmucksachen erscheinen;
in gajiz besonderem Masse wird er seine Aufmerksamkeit auch der
Ornamentik zuwenden.
Wer die Urzeit des Menschengeschlechts kennen lernen will,
hat also nicht dieselben Gegenstände zu untersuchen, wie der
Paläontologe, der den versteinerten Pflanzen und Tieren nachgeht,
oder wie der Geologe, der den Schichtenbau der Erde und die Ver-
änderungen an derselben erkundet. Die Verschiedenheit der Unter-
suchungsobjekte verlangt andere Untersuchungsmethoden. Da muss
eine Wissenschaft in die Lücke treten, welche die Forschungen des
Erdkundigen in Bezug auf den Menschen weiter führt und sie ver-
bindet mit den Untersuchungen des Historikers. Die Jünger dieser
neuen Wissenschaft müssen geübt sein im naturwissenschaftlichen
Forschen, wie im historischen Denken, Sie müssen, ähnlich dem
Naturforscher, ihre Resultate auf induktivem Wege zu erhalten suchen
und sie als Geschichte zu verwerten wissen.
Die Wissenschaft, welche die Frage nach dem Ursprung und
der Entwicklung des Menschengeschlechts zu beantworten hat, ist
die Urgeschichte oder Prähi«torie. Sie führt uns die Jugendzeit
unseres Geschlechtes vor Augen und ihr Forschung^ebiet erstreckt
sich über den weitgedehnten, mindestens Jahrzehntausende umfassenden
Zeitraum, der zwischen dem ersten Auftreten des Menschen und
demjenigen Punkte liegt, da dieser Mensch begann, seine Schick-
sale im geschriebenen Worte der Nachwelt aufzubewahren.
Einer der bekanntesten Urgeschichtsforscher, Heinrich Schlie-
MANN (t 1890), hat die Prähistorie die „Wissenschaft des Spatens"
genannt, und in der That muss der Prähistoriker mit dem Spaten
in der Hand nach den Schätzen suchen, deren er zu seinen Studien
bedarf. Diese Schätze liegen im Mutterschosse der Erde und nicht
ganz selten zeigt der Boden schon äusserlich an, wo der Spaten
eingesenkt werden muss. Wo in Feld oder Wald regelmässig ge-
baute Hügelchen zu sehen sind, da schlafen vielleicht Menschen der
Urzeit ihren Todesschlaf; wo auf Wiesen und Feldern Ziegel- und
Mörtelstücke herumliegen, da mag der Boden Gemäuer aus römischer
Zeit bergen. Im Grund der Höhlen sind schon oft menschliche
Reste zum Vorschein gekommen, vergesellschaftet mit Überbleibseln
von Tieren, die heute nicht mehr in der Gegend leben. Seit
zed.yGOOg[e
S Einleitung.
den fünfziger Jahren hat man im Schlamm der Seen am Nord- und
Südfuss der Alpen nach Spuren vergangener menschlicher Geschlechter
gesucht und es trat das Kulturbild der Pfahlbauten zutage. Manch-
mal bieten auch Lokalnamen Gelegenheit, urgeschichtlicheForschungen
zu unternehmen. Ein „Steinmürli" bedeutet im Kt, Zürich fast aus-
nahmslos eine römische Niederlassung; verfluchte Orte, wie „Chäibe-
hölzli", „Galgenbuck" weisen auf heidnische Fundstätten. Die „via
d'Etraz" des Westschweizers ist die Via strata aus römischer Zeit.
Nicht selten reisst der Pflug Gegenstände aus der Erde, die Jalir-
hunderte lang darin lagen oder der Spaten des Torfgräbers stösst
auf Reste vei^angener Epochen. Bei Fundamentierungen, Drainagen,
Eisenbahnbauten, bei Eröffnung von Kiesgruben u. s, w. sind schon oft
Gräberfelder entdeckt worden und manchmal leitet eine Sage uns
zu einem verborgenen Schatze.
Die Funde müssen aber nicht bloss soigfältig gesammelt, sondern
auch nach Fundort, Lagerung und Material, Technik, Stil und
Ornamentik untersucht und verglichen werden. Dadurch gelangt
der Prähistoriker zu einem Einblick in die Kultur der verschiedenen
Völkerschaften der Urzeit, ja sogar zu einer Art relativer Chronolt^e,
die, je näher er der historischen Zeit rückt, allmählich in die absolute
übergeht.
Wer aber das Leben und Treiben der frühesten Völkerschaften,
die uns ihre Spuren hinterlassen haben, aus den Funden ge-
nauer kennen gelernt hat, überzeugt sich, dass durchaus Ahn-
liches jetzt noch bei unkultivierten Stämmen und Horden zu be-
obachten ist. Die Kuituranfänge unserer Lander scheinen sich
anderwärts bis auf unsere Tage erhalten zu haben. Da tritt nun
die Et h n o logi e ihrer Schwester , der Prähistorie , helfend zur
Seite. Was für den Urgeschichtsforscher ein Aufeinander, ist
für den Völkerkundigen oft nur ein Nebeneinander. Der Mensch
ist eben, im Grunde genommen, überall derselbe und war es zu
allen Zeiten, nicht bloss in seiner physischen Erscheinung, sondern
auch in der Art seines Denkens, und Handelns. Die niederen
Kulturstufen, welche von den zivilisierten Völkern unserer Zeit vor
Jahrhunderten und Jahrtausenden durchlaufen wurden, finden wir
jetzt noch, wenn auch oft in getrübter Form, bei weniger ent-
wickelten Völkerschaften Afrika's, Amerika's u.s. w. Die Verschieden-
heit der Kultur ist nicht erst in unserer Zeit vorhanden, sie war
immer da. Die Mittel meervölker waren schon hoch gestiegen) als
nordwärts der Alpen noch Barbaren wohnten und im NÜlande, wie
in Mesopotamien, reicht die Kultur noch viel weiter zurück.
Ausser der Paläontologie, der Ethnologie und Philologie müssen
zed.yGOOgle
Einleitung. q
noch eine ganze Anzahl andrer Wissenschaften, worunter besonders
auch die physische Anthropologie, die Zoologie und Botanik,
femer die technischen Wissenschaften als Hilfsquellen zur Lösung
ut^eschichtlicher Fragen beigezc^en werden, während andererseits
die Urgeschichte wieder als Hilfswissenschaft ihrer Schwesterwissen-
schaften erscheint
Es ist noch nicht lange her, seit die Prähistorie ihre Arbeit
begonnen, aber sie hat doch schon bedeutende Erfolge zu verzeichnen.
An vielen Orten sind grosse Museen geschaften worden und zahl-
reiche Funde in denselben geborgen. Allerorten studiert man eifrig
solche Funde und die Urgeschichte, obwohl sie erst über wenige Lehr-
stühle an Hochschulen zu verfügen hat, ist als ebenbürtig in den
Kreis der Wissenschaften aufgenommen worden.
Suchen wir den Gang der prähistorischen Forschung in einem
Bilde darzustellent Mancher von uns ist schon auf sonniger Bei^es-
höhe gestanden, während die Thäler in schwere Nebel eingehüllt
waren, so dass die Gipfel der Berge gleich Inseln aus dem Meere
au&tarrten. Die siegreiche Sonne aber zerteilte die Nebel. Bald
da, bald dort wurde ein Kamm frei; deutlicher erschien nach und
nach der Zusammenhang der Ketten und endlich lag das Ganze
im Glanz des Uchtes vor uns.
So war es auch mit der Urgeschichte! Früher kannte man
nur einzelne Funde, die kaum beachtet und nicht verstanden wurden.
Das XIX. Jahrhundert hat hierin Wandel geschaffen gleich der Sonne,
die den Nebel zerteilt Man Bng an, jene unverständlichen Dinge,
die dem Schoss der Erde entstammten, zu sammeln, zu untersuchen,
zu veigleichen und siehe da: Eine neue Welt thaf sich auf Die
Nebel lichteten sich. Je mehr man aber eindrang in die Urzeit,
um so deutlicher wurde der Zusammenhang des Erschauten. Heute
schweift der Blick des Forschers frei über Jahrtausende und es
muss die Zeit kommen, wo die Sonne der Wissenschaft auch das
beleuchtet, was jetzt noch im Dunkel liegt Dann wird jeder Ge-
bildete das Emporringen der Menschheit aus der Nacht der Wild-
heit bis zur Höhe der Kultur klar erschauen können.
In der gezeichneten Aufgabe liegt aber nicht bloss der wissen-
schaftliche Wert der Prähistorie angedeutet, sondern auch ihr prak-
tischer Nutzen. Nur das kennt man, was man im Werden verfolgte.
Wer den Menschen kennen lernen will, muss seine Vergangenheit
verstehen. Unser Geschlecht hat sich mühsam von Stufe zu Stufe
empor gehoben, oft zaudernd, oft in kräftigem Handeln. Manch-
mal scheint es Irrwege eingeschlagen zu haben, aber es waren
nur Umwege; oft zeigten ihm Führer den Pfad, oft auch suchte
zed.yGOOgle
lO EinleifuDE.
es sich selbst seinen Weg. Aber wenn wir das Ganze überblicken,
so erkennen wir doch eine Gesetzmässigkeit: das Gesetz der Ent-
wicklung.
Seit Jahrtausenden strebt der Mensch zum Licht und nie ist
die Entwicklung stille gestanden. Sie wird auch in Zukunft nicht
stille stehen, sondern kräftiger als je vor sich gehen. Den Führern
der Menschheit aber zeigt die Urgeschichte die grossen, ehernen
Gesetze, nach denen sich „unseres Daseins Kreise vollenden".
zed.yGOOg[e
ErateB KapiteL
Die Eiszeit oder das Diluvium.)
In je ältere Zeiten wir uns begeben', um so mehr finden wir
das Menschengeschlecht in den Banden der Natur. Erst allmählich
hat es sich aus diesen Fesseln gelöst und die Herrschaft über die
Reiche der organischen und der unorganischen Welt zu erwerben be-
gonnen. Wir werden darum die ersten Phasen menschlicher Ent-
wicklung immer in Verbindung mit der umgebenden Natur betrach-
ten müssen, während wir späterhin den Menschen an und für sich,
sein Wollen und Vollbringen, zum Gegenstande unserer Untersuchung
machen können. Beginnen wir also mit der Betrachtung der
Eiszeit!
A. Die Oletscher der Eiszelt.
i. Zeugen derselben. Es gab eine Periode, da die Gletscher
unserer Berge weit in die Thäler hinunterreichten und die Gegenden
am Fuss der Alpen in einen Eismantel gehüllt waren. Noch
heutzutage beobachten wir in der ebeneren Schweiz zahlreiche Reste
jener Epoche. So zieht sich mitten durch die Stadt Zürich ein
Hügelzug, der das Ende des Zürichsees umkränzt. Er lässt sich
von der Neumünster-Kirche Über den Kreusplatz verfolgen bis zur
hohen Promenade, setzt sich dann fort über die Winkelwiese zur
obem Zäune, von wo er allmählich zur Limmat abfällt. Jenseits
des Flusses aber steigt er steil empor zum Lindenhof, Dann fehlt
er eine Strecke weit, tritt aber in der „Katze" im botanischen Garten
wieder auf und setzt sich über das Villenquartier Enge hinaus fort
>) Vgl. O, Heer, Urwelt der Schweiz, II. Aufl. Zürich 1883.
Digitized^yGOOgle
Erstes Kapitel.
bis Wollishofen u. s. w. Das Innere dieses Hügelzuges besteht
aus Sand, Schutt unti Geschieben, unter welch letzteren manche
Schrammen oder Kiitze aufweisen. Diese Gesteine können nicht
aus der Gegend von Zürich stammen, sondern müssen aus
den Alpen an ihren jetzigen Standort transportiert worden sein.
Ähnliche Hügelzüge finden sich am Nordende des Pföffiker- und
Greifensees, am Hallwiler- und Balde^ersee und an vielen andern
Orten. Wer aber transportierte dieses alpine Material? Man hat an
ungeheuere Wasserfluten gedacht, welche aus den Bergen hervor-
gebrochen sein sollten, aber dann müssten die Steine Spuren von
Rollung zeigen und das Ganze wäre schichtenweise zur Ablagerung
gekommen. Beides ist nicht der Fall. Und wie hätten überhaupt
Wasserfluten freistehende Hügelzüge erzeugen können, die heute
noch an manchen Stellen stundenweit zu verfolgen sind? Das
Studium der Gletscher, jener langsam zu Thal fliessenden Eisströme
der Alpen, brachte die Erklärung. Auf den Gletschern sieht man
langgestreckte Wälle, gebildet aus dem Steinmaterial, das von den
Felswänden auf das Eis hinunterfällt und mit demselben langsam
thalwärts sich bewegt; Das sind die Moränen! Sie finden sich zu
beiden Seiten der Gletscher und jede Endmoräne zeigt in ihren
Gesteinen auf das Deutlichste, woher sie kommt. Wenn zwei
Gletscher zusammenfliessen , so vereinigen sich zwei der Seiten-
moränen zu einer Mitlelmoräne. Am untern Ende des Gletschers
schmilzt das Eis fortwährend ab. Die auf demselben hergeführten
Felsstücke fallen über den Rand und umsäumen die Gletscherstim
in einem halbkreisförmigen Bogen. Wenn nun der Eisstrom sich
zurückzieht, so bleibt diese Stirnmoräne als Zeichen seiner einstigen
Mächtigkeit zurück und an sie schliessen sich die Seitenmoränen.
Kommt der Gletscher zur Ruhe, so kann sich im Laufe der Jahre
an seiner Stirn eine neue Moräne bilden; rückt er nachher wieder
vor, so zerstösst er dieselbe. Die Moräne, welche sich durch die Stadt
Zürich zieht, ist die Stirnmoräne des zurückweichenden Linth-
gletschers, der also dereinst vom Tödi bis ans untere Ende des
Zürichsees gereicht hat. Das ist aber nicht die einzige Spur, die
derselbe zurückgelassen. Etwas oberhalb Baden ist eine ältere Stim-
moräne desselben Gletschers und am Abhang des Zürichberges lassen
sich Reste der dazu gehörigen Seitenmoräne erkennen. Die Halb-
insel Hürden bei Rapperswil wurde teilweise von einer Endmoräne
des immer mehr zurückweichenden Linthgletschers gebildet, die einer
noch jungem Zeit angehört, als diejenige von Zürich.
Ganz ähnlich wie der Linthgletscher, hat auch der alte Reuss-
gletscher das Land von den Firnen der Alpen bis in die Ebene hinunter
zed.yGOOgle
Die Eiszeil oder das Diluv
13
ausgefüllt und die Moränen in den Kantonen Luzern und Aargau weisen
Gesteine auf, wie sie im Gebiet der Reuss anstehend gefunden werden.
Vom Berner Oberlande floss der Aaregletscher zu Thal und von der
Ostseite des Gotthard der ungeheure Rheingletscher, dessen äusserste
Stimmoräne weit im Deutschen Reiche draussen, nördlich des
Bodensees, gesucht werden muss. Der grösste Gletscher der Schweiz
aber war der Rhonegletscher, der nicht bloss das Wallis ausfüllte,
sondern sich vom obern Ende des Genfersees fächerartig ausbreitete
und mit seinen ungeheuren Eismassen am Jura mehrere hundert
Meter hoch stand, ja mit einer Eiszunge bis in die Nähe des
heutigen Lyon vorstiess, wie eine dort entdeckte Stimmoräne
beweist.
An die Endmoränen der diluvialen Gletscher schliessen sich
Kiesmassen, die von den Moränen abgespült wurden. Sie bilden
entweder flache Ausfüllungen von Thalböden, oder aber Schotter-
terrassen, die an den Gehängen sich oft in bedeutender Höhe über
dem heurigen Flussniveau hinziehen. Thalaufwärts gehen diese Schotter
nach und nach in die Moränen über; ihr Material wird allmählich
gröber, die Schichtung verliert sich und schliesslich erscheinen ge-
kritzte Geschiebe. Im Übergangskegel wechselt, oft mehrmals über-
einander, echter Moränen Charakter mit typischer Schotterstruktur,
ein Beweis dafür, dass zwar das Glelscherende lange an dieser Stelle
stehen blieb, aber doch kleine Schwankungen ausführte. Wer den
Rheinlauf von Schaffhausen bis Basel aufmerksam verfolgt, wird
erkennen, dass der Strom sich an sehr vielen Stellen in die Schotter-
massen eingeschnitten hat; an andern Orten ist er durch dieselben
abgelenkt worden und hat sich durch festen Fels ein frisches Bette
graben müssen. Der ganzen Strecke nach aber lassen sich Schotter-
terrassen wahrnehmen und zwar in verschiedener Höhe. Wenn
man vom deutschen Ufer des Rheins gegen die Alpen schaut,
erkennt man deutlich, wie die Terrassen eigentliche Systeme bilden
und den Charakter des nördlichen Teiles des Schweizerlandes
bedingen.
Es giebt in der ebeneren Schweiz noch andere Zeugen vom
einstigen Dasein der Gletscher. Nicht selten werden in Wiesen und
Wäldern, in Thälern und auf Höhen grosse Felsblöcke angetroffen,
deren Heimat in den Bergen sich befindet und die ebenfalls durch
Gletscher ins ebenere Land hinaus gelangten. Diese Blöcke nennt
man Findlinge, Irrblöcke oder Erratiker. Sie erreichen oft eine
erstaunliche Grösse und an manche derselben knüpfen sich uralte
Sc^en. Der grösste Erratiker in der Schweiz ist wohl derjenige auf
dem Montet bei Bex im untern Rhonethal mit einem Inhalt von über
zed.yGOOgle
l^ Erstes Kapitel,
4000 cbm. Der „bloc du tr&or" bei Orsi^res hat auch über 2500 cbm
und der „Pflugstein" ob Erlenbach am Zürichsee, ein Melaphyr, ist
zwar kaum halb so gross wie der Monstre-Block bei Bex, hat aber
immer noch ein Gewicht von 45000 q. Zahlreich sind kleinere Blöcke,
die oft in Haufen beisammen liegen, wie z, B, in Monthey, wo man
sich in ein Bergsturz-Revier versetzt glaubt.
Manche dieser Findlinge gehören zu den rätselhaften Schalen-
und Zeichensteinen, welche den Archäologen schon soviel Kopf-
zerbrechen verursacht haben. In der That findet man auf erratischen
Blöcken oft Schalen und andere Vertiefungen von einer solch regel-
mässigen Form, dass man anzunehmen geneigt ist, sie seien von
Menschenhand gearbeitet.
Die besondere Wichtigkeit der Erratiker aber besteht darin,
dass sie anzeigen, woher sie stammen. So giebt es z. B. im Glatt-
Thal (Kt. Zürich) eine Art Granitblöcke, die nur aus dem Puntai-
glastobel ob Trons im bündnerischen Oberlande stammen können
und mit dem Rheingletscher zu Thal gekommen sein müssen. Die
Arkesin-Gneisse bei Steinhof an der bemisch-solothu mischen Grenze
stammen aus dem Massiv der Dent Blanche und wurden vom Rhone-
glelscher an ihren Standort befördert, die Saussürite in der Moräne
von Mörigen am Bielersee, welche schon von den Pfahlbauern als
wertvolles Material gesammelt wurden, stammen aus dem Saas-Thal
des Kts. Wallis.
Wer einen zurückweichenden Gletscher beobachtet, bemerkt,
dass der Untergrund desselben an vielen Stellen wie poliert ist und
dass Vorsprünge des Felsbodens, über den ein Gletscher hingezogen,
abgerundet erscheinen. Diese Rundhöcker sind im Gebiet der
Alpen nicht selten und zeugen von ehemaliger Gletscherwirkung.
Häufig liegt aber der Gletscher nicht unmittelbar dem Fels auf. Es
können an seinem Rande oder auch durch Gletscherspalten leicht
Steine in die Tiefe gelangen. Friert nun ein solcher Stein in das
Eis ein, so wird er mit demselben thalwärts geschoben. Er reibt
sich am Untergrunde und so werden sowohl an diesem, wie an
ihm selbst Kritze, Schrammen entstehen. Geschrammte Steine
lassen sich in den diluvialen Ablagerungen der Schweiz leicht zu
Hunderten finden.
Durch das Schleifen und Polieren am Gletschergrund wird das
Material daselbst oft zu feinem Schlamm zerkleinert und diese Grund-
moräne findet man nicht bloss im Bereiche der heutigen Gletscher,
sondern auch in der Hochebene draussen. Auf den Grundmoränen
treten, da sie schwer durchlässig sind, oft Quellen zu Tage,
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 1 5
Zeugen der Eiszeit sind ferner manche der sogen. Riesentöpfe,
wie sie z. B. im Gletschei^arten in Luzem zu sehen sind. Sie ent-
standen, indem Wasser aus Gletscherspalten oder als Wasserfall
Steine in drehende Bewegung versetzte und dadurch den Fel^rund
aushöhlte.
Ganz besonderes Interesse erwecken die erratischen Pflanzen
und Tiere. So wenig als heute in der Gletscherregion unserer
Berge das organbche Leben erloschen ist, so wenig werden wir an-
nehmen dürfen, dass zur Eiszeit oder der Diluvial periode in den
zeitweilig unter Eis begrabenen Gebieten Pflanzen und Tiere ver-
schwunden gewesen seien. Allerdings wird das nasskalte Klima nicht
die Mannigfaltigkeit der Formen haben aufkommen lassen, wie wir
sie jetzt besitzen. Als sich die Gletscher zurückzogen, drangen neue
Arten ins Land ein und „bald belebte sich die Erde". Wie aber
die Erratiker als Zeugen veigangener Zeiten zurückblieben, so zogen
auch nicht alle Lebewesen, die vordem in der Nahe der Eisströme
„ihr Dasein vertraumt" hatten, mit dem Gletscher hinauf in das
Hochgebirge, sondern ganze Kolonien von Tieren und Pflanzen blieben
im tiefem Lande und erscheinen da wie Oasen in einer fremden
Welt. Zwar können auch die Gewässer alpine Pflanzen in die
Niederungen fuhren, und es darf uns gar nicht wundern, wenn in der
Nähe unserer Flüsse solche angetrofTen werden. Der Wind kann manche
Samen zu uns herunterbringen, und die Tiere sind überhaupt nicht an
eine bestimmte G^end gebunden. Im obem Tössthal (Kt. Zürich)
finden sich indessen alpine Pflanzen , die nicht durch geflügelte
Samen oder andere Mittel zur Fortbewegung in diese Region ge-
langt sind. Da haben wir nach Heer 74 Gebirgspflanzen, worunter
40 alpine Arten. Es sind „Alpenrosen und gelbe Aurikeln, gross-
blumige Enziane und Bergranunkeln, die wohlriechende Nigritelle
und das Alpen-Vergissmeinnicht, ja auf dem Schnebelhorn überrascht
uns sogar das Alpenglöckli, die Zwei^weide (Salix retusa L.) und
der Feben -Ehrenpreis, die wir sonst nur in den höhern Alpen zu
sehen gewohnt sind." Auf einigen Gebirgspflanzen dieser Gegend,
so auf den Kompositen Petasites und Adenostyles sehen wir dieselben
Chrysomelen, kleine Insekten, welche in der Innern Schweiz sie
schmücken und am Tössstock lebt ein kleiner Käfer, der in den
Bündnerbergen überall angetroffen wird. Ähnliche Verhältnisse lassen
sich auch auf andern Vorbergen nachweisen und selbst Lägern und
Irchel bergen mehrere Alpenpflanzen.
Besonders Interessant ist das Vorkommen der Alpenrosen, die
mancherorts in grosse Tiefen hinunter steigen, oft aber an Orten ge-
troffen werden, wo man sie nicht erwartet Wir besitzen zwei Arten
zed.yGOOgle
l6 Erstes Kapitel.
von Alpenrosen: die gewimperte und die rostfarbene. Die Art mit
den gewimperten Blättern (Rhododendron hirsutum L.) hält sich an
Kalkberge, Rhododendron ferrugineum L. dagegen liebt die hoch-
gelegenen Zonen des Urgebirgs. Man darf demnach erwarten, die
gewimperte Alpenrose hauptsächlich im Jura anzutreffen. In Wirk-
lichkeit ist es aber die rostfarbene, die im Jura gefunden wird.
Sie ist wahrscheinlich mit dem Blockmaterial der diluvialen Gletscher
zu Thal gestiegen und lebt nun auf dem Verwitterungsprodukt der-
selben. Sie kommt auch im Rüdernwald bei Schneisingen im Kt,
Aargau vor, wo dieses Kind des Gebirgs, sorgfähig umzäunt, jeden
Frühling in neuer Blütenpracht die Menschen erfreut.
2, Ausbreitung der alten Gletscher. Aus dem Vorkommen dieser
zahlreichen Zeugen einstiger Gletscher in der Schweiz hat man die Aus-
dehnung derselben in der Eiszeit ziemlich genau konstatieren können.
DerRheingletscher wurde gebildet aus all den Eisströmen der gegen
das heutige Rheinthal offenen Bündner-Thäler und floss als majestä-
tischer Strom von Chur an nordwärts. Am Gonzen teilte er sich
in zwei Arme: der kleinere stiess über den Walensee vor, wo er mit
dem Linthgletscher zusammentraf, und denselben möglichst nach
links drängte. Im Kanton Zürich breitete er sich weithin aus und
sogar auf dem Ziirichberg können wir Puntatgias-Granite, die mit
diesem Rheingletscherarm dorthin gekommen, antreffen. Der rechte
Arm des Rheingletschers floss das Rheinthal hinunter bis über den
Bodensee. Er führte die auf der rechten Seite des Eisstroms an-
stehenden Gesteine zu Thal, während man z. B. im Vorarlberg ver-
geblich nach erratischem Puntaiglas-Granit suchen würde. Von der
Gegend bei Bregenz an konnte dieser Arm des Rheingletschers sich
freier ausdehnen und mit dem Walensee-Arm wieder vereinigen.
Beide flössen dann gemeinsam weiter. Ihre Stirnmoräne nördlich
des Bodensees bei Schussenried bezeichnet noch heute die Wasser-
scheide zwischen Rhein- und Donaugebiet, Bei dieser Moräne hat
man unfern Schussenried einen der ältesten menschlichen Wohnsitze
nachweisen können.
Mitten aus dem alten Rheingletscher starrte das Alpstein-Ge-
birge, das im Säntis gipfelt, in den Äther hinauf Es war ebenfeUs
vergletschert.
Im Thal der Limmat floss der Linthgletscher dem Norden
zu und berührte östlich den Walensee-Arm des Rheingletschers,
während er westlich mit dem Reussgletscher zusammenstiess. Dem
Linthgletscher gehören die Moränen bei Zürich an, die wir eingangs
besprochen haben; er lieferte auch das Material zu der sogen, löchc-
zed.yGOOgle
Die Eiszeil oder das Diluvium. 17
rigen oder quaternären Nagelfluh, aus welcher der Gipfel des Ütli-
bergcs besteht
Der Reussgletscher bildete im Aargau ganze Systeme von
Moränen. Sie bestehen aus Gesteinen des Reussthaies, besonders
aus sogen. Gotthard-Granit. „Geissberger" nennt sie das Volk,
während die im Gebiet des Linthgletschers vorkommenden Semifite
gemeinhin als „rote Ackersteine" bekannt sind. Geissberger findet
man schon oberhalb Dietikon, wohin sie der Reussgletscher brachte,
indem er durch die Einsattelung der Mutschelle ins Limmatthal
vorstiess. Wir erkennen daraus, dass die sich berührenden Gletscher-
ränder pendelartig schwankten. Das eine Mal gelang es dem Reuss-
gletscher, ins Linthgebiet vorzudringen, ein anderes Mal eroberte der
Linthgletscher Terrain im Westen des Albiszuges.
Der Aaregletscher war klein. Er erfüllte das Haslithal, von
wo aus er einen Arm über den Brünig gegen den Vierwaldstätter
See hinab sandte. Der Hauptstrom bedeckte die Becken des Brienzer-
und Thunersees. Von Thun aus konnte er sich etwas mehr
entfalten und hat bei Amsoldingen eine typische Moräne nland-
schaft hinterlassen, eine „paysage morainique", wie Desor sie nannte.
Bei But^dorf erreichte der Aaregletscher seine nördliche Grenze,
Dort stiess er auf den riesigen Rhonegletscher und in der
Nähe der Stadt Bern befinden wir uns wieder auf der Grenze beider
Eisströme.
Die unzähligen kleinen und grossen Gletscher des Wallis waren
in der Diluvialperiode zu einem Eisriesen zusammengeflossen. Durch
die enge Rhonepforte gings hinaus ins ebene Land, wo sich der
Gletscher ausbreiten konnte. Die rechte Seitenmoräne lässt sich in
der Richtung gegen Bern verfolgen', während sich die linke nach
Genf zog. Dazwischen lagern die Mittelmoränen. An den erratischen
Blöcken lässt sich ihr Verlauf heute noch mit Sicherheit feststellen.
Die Stirn des Rhonegletschers zog sich von Aarau gegen Solothum.
Westlich davon steigt sie an, gekennzeichnet durch zahlreiche
Erratiker. Sie steht am Chasseral ca. 600 m hoch über der schweize-
rischen Hochebene, am Chaumont 720 m und erreicht am Chas-
seron ihre grösste Höhe von über 900 m über dem Neuenburger
See. Dann sinkt sie allmählich wieder hinunter in den Thalgrund
von Gex. Durch die Öffnung bei Genf und über die niedrigen Jura-
pässe schob der Rhonegletscher Eiszungen bis nach Ostfrankreich vor.
Auch am Südrande der Alpen gab es Gletscher und viele der
reizenden Seen daselbst sind von eigentlichen Amphitheatern um-
geben, die durch Moränen gebildet werden.
Heierli, UrleichichK der Schweif. 3
zed.yGOOg[e
B. Das KUma der Eiszelt.
I. DU drei Glacialperioden. Wer sich vorstellen wollte, es
seien zur Diluvialzeit die Gletscher fortwährend gewachsen, bis sie
ihre grösste Ausdehnung erreicht gehabt und hätten nachher wieder
stetig abgenommen bis zu ihrem jetzigen Umfange, der würde irren.
Es entspricht vielmehr den Thatsachen, wenn man ein oftmals wieder-
kehrendes Schwanken der Glelscherausdehnung annimmt. Gerade wie
es heutzutage Perioden giebt, während welcher die Gletscher abnehmen
und andere, wo sie vorrücken, so wird es auch früher gewesen sein.
Neben kleinen Schwankungen aber gab es grosse Veränderungen, ja es
sind Zeiten konstatiert worden, in welchen die Eisströme sich ganz
zurückzogen und das Land eisfrei wurde. In den Interglacialzeiten
nahmen Pflanzen und Tiere „Besitz von der Erde" und diese Pe-
rioden dauerten, wie wir sehen werden, lange genug, um auch den
Menschen zu gestatten, an einigen Stellen Europa's sich niederzulassen
und auf ehemaligem Gletscherboden als Jäger ihr Leben zu fristen.
In Wetzikon (Kt. Zürich) machte man eine Entdeckung,
welche in überzeugender Weise die Thatsache wenigstens einer
interglaciären Epoche bewies. In der Schöneich bei Wetzikon wurden
nämlich seit 1862 Schieferkohlen gewonnen. Das ICohlenfeld steht
wahrscheinlich mit demjenigen des benachbarten Dürnten in Ver-
bindung. Es wurde auf einer Fläche von 49500 m' aufgeschlossen,
ist jetzt aber erschöpft. Über dem Kohlenflötz lagert Sand und
Geröll. Nun aber fand man auch unter demselben gekritzte Kalk-
steine und Puntaigiasgranit, Zeugen, dass auch dieses Gerölllager den
Gletschern seinen Ursprung verdankt. Demnach wäre die Schiefer-
kohle, die zu ihrer Bildung doch einige tausend Jahre nötig hatte,
zwischen zwei Gletscherperioden, in einer Interglaciärzeit entstanden.
Professor Morlot hatte, als der erste, den Gedanken ausgesprochen,
dass es zwei Eiszeiten gegeben habe, und dass zwischen denselben
eine wärmere Interglacialperiode anzunehmen sei, während welcher
ein milderes Klima geherrscht habe. Er stützte seine Ansichten
auf eine Eundstelle bei Thonon am Südufer des Genfersees, Nun
sollte auch die Schieferkohle von Schöneich in diese Zwischen-
eiszeit fallen und bald überzeugte man sich, dass die Kohle von
Mörswil unfern St. Gallen ebenfalls interglaciären Alters sei. Die
Grube Schöneich wurde mehrfach untersucht, z. B. von A. Escher
zed.yGOOg[e
Die Eiszeit oder das Dihivium. ig
VON DER LiNTH, HeeRj Heim und Renevier, so dass über die Zeit der
Entstehung unserer Schieferkohle heute kein Zweifel mehr existiert.
Längere Zeit begnügte man sich in der Schweiz mit der An-
nahme zweier Eiszeiten, da brachte Du Pasquier diese Ansicht zu
Fall durch seinen Nachweis dreier grosser Gletscherperioden, welche
durch zwei interglaciäre Epochen voneinander getrennt seien. Schon
vor ihm hatte Penck für Bayern und Österreich drei Eiszeiten kon-
statiert.
Bei seinen Untersuchungen ging Du PAsquntR von einigen That-
sacben aus, die er im Querthal Turgi-Koblenz beobachtet und weiter-
hin verfolgt hatte. Bei Turgi (K.t. Aargau) fliessen Aare, Reuss und
Limmat zusammen und bewegen sich dann durch das genannte
Querthal in nördlicher Richtung dem Rheine zu. Längs dieses
Laufes bemerkt man ca. 30 m über dem jetzigen Fluss eine grosse
Terrasse, die sich sowohl aufwärts gegen Baden und das Binfeld,
als besonders abwärts gegen Basel und in die Seitenthäler des Rheins,
z. B, ins Frickthal, verfolgen lässt: das ist die Niederterrassse,
Sie schliesst sich unter steter Gefällszunahme an die inneren Moränen
an und erreicht in der Nähe derselben eine Mächtigkeit bis 60 m.
Innerhalb der Moränen aber ist das Vorkommen dieser Schotter-
massen ein sehr gestörtes.
Das Material des Niederterrassen- Schotters stammt aus den Alpen.
Die geringe Abnutzung der einzelnen Geschiebe, ihre auffallende
relative Grösse, die Blockablagerungen, die in den Terrassen in der
Nähe der Moränen sich zeigen, beweisen, dass die Schotter nicht
vom Wasser allein transportiert wurden, sondern dass dabei auch
Gletscher thätig waren. Dagegen lassen die dachziegelformige
Lagerung der Geschiebe und die Schichtung den KinBuss des
fliessenden Wassers erkennen. Wir haben in der Niederterrasse eine
fluvioglaciale Bildung vor uns. Diese ist durch einen sogen. Über-
gangskegel mit der Moräne verbunden.
Etwa 60 m über der Niederterrasse zeigt sich bei Turgi eine
höher gelegene Terrasse, ebenfalls aus Schottern bestehend. Sie
lässt sich auf- und abwärts verfolgen. An ihr fällt besonders die
Unregelmässigkeit des Verlaufes auf, während die Niederterrasse sehr
regelmässig ist. Ihr Material ist stark verfestigt, oft gut geschichtete
Nagelfluh und enthält Moränenblöcke, die in der Niederterrasse
fehlen. Charakteristisch fiir die Hochterrasse ist das Auftreten des
hellgelben, schichtenlosen Lösses. Dieser fehlt bei der Niederterrasse,
wo er nicht etwa, wie in St. Jakob bei Basel, von oben herab-
geschwemmt wurde. Zur Zeit der Bildung der Hochterrassen
die Thäler schon existiert haben und ihre Tiefen waren
zed.yGOOgle
20 Erstes Kapitel.
nicht wesentlich von den jetzigen verschieden. Die Thäler der
Niederterrassen sind im Hochterrassen-Schotter au^ehöhlt. Wenn die
Niederterrasse mit der letzten Gletscherzeit in Verbindung steht,
durch AbspUlung des Schuttmateriales ihrer Moränen entstanden
ist, so steht die Hochterrasse mit der zweitletzten Gletscherzeit in Be-
ziehung.
In der Nordschweiz haben wir noch ein drittes, weitverbreitetes
Gletschergebilde, die löcherige Nagelfluh, die auf den niedern Berg-
rücken ganze Decken bildet und deshalb als Deckenschotter be-
zeichnet wird. Man darf sie nicht mit der viel älteren, kompakten
Nagelfluh verwechseln, aus welcher Speer, Rossberg und ein Teil der
Rigi bestehen. Die Geschiebe des Deckenschotters sind stark zersetzt;
Eindrücke in denselben, wie sie z. B. bei der Speemagelfluh so
häufig sind, findet man nicht Die Oberfläche vieler KalkgeröUe ist
hart und rauh, ja manche sind durch die Sickerwasser ganz aus-
gelaugt, welcher Umstand schuld ist am alten Namen dieses Schotters:
löcherige Nagclfiuh.
Die Geschiebe des Deckenschotters stammen zum Teil aus den
Alpen, zum Teil aus dem Molasseland. Die alpinen Materialien sind
seltener als in den Terrassenschottern; besonders Sernifit ist selten.
Häufig dagegen sind Geschiebe aus der älteren, sogen, mioccnen
Nagelfluh, ferner dunkle Kalke und Quarzite, Das Material des
Deckenschotters ist gerundet und geschichtet, also haben wir auch
hier Zeichen der Wasserwirkung. Gegen Süden erscheint eine Block-
facies, gekritzte Geschiebe kommen vor. Beweise der Gletscher-
wirkung. Der Deckenschotter ist ebenfalls ein fluvio-glaciales Gebilde,
aber er ist nicht gleichalterig mit dem Hochterrassen-Schotter, wie
schon die allgemeine Verfestigung, ganz besonders aber die Zu-
sammensetzung ergiebt. Der Deckenschotter steht mit der ältesten
Glacialperiode in Verbindung, ist ein Produkt derselben.
Fassen wir die gegenwärtig gültigen Ansichten unserer Geologen
über das Diluvium zusammen, so ergiebt sich folgendes Resultat:
Die letzte grosse Faltungsperiode der Alpen liegt im Tertiär.
Erst nach derselben begann die erste Eiszeit. Die Gletscher wuchsen
und reichten im Linthgebiet etwa bis Lägern und Irchel. Nicht das
Thal des Zürichsees, das damals von der Sih! durchflössen wurde,
sondern das Glattthal ist der ursprüngliche Linthweg. Damals
floss der Rhein gegen Ulm. Die Alpenthäler, sowie diejenigen des
Mittellandes, waren noch wenig ausgebildet. Dann zogen sich die
Gletscher zurück; es kam die erste Interglaciärzeit Das durch den
Gletscher angehäufte Geschiebe wurde von den Schmelz wassern
weggeführt, zahlreiche Thäler entstanden und nur auf den Berg-
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium, 21
rücken blieben die alten Anschwemmungen erhalten (Deckenschotter).
In dieser Zeit floss der Rhein durch das Klettgau. Flora und Fauna
der Schweiz von damals sind uns noch unbekannt
Zum zweiten Mal rückten die Gletscher vor. Die Thäler wurden
bis auf etwa lOO m Höhe mit Kies gefüllt und darüber breitete sich der
Gletscher aus. Wir wissen nicht, wie weit er reichte. Beim Zurück-
gehen des Eises begann die Erosionsthätigkeit wieder. Die Wasser
schneiden sich ein, lassen aber an manchen Stellen Schotterfetzen
stehen (Hochterrassen). I>er Rhein scheint damals durch das Rafzerfeld
geflossen zu sein. Die Linth nahm nun ihren Lauf durch das alte
Sihl-, das heutige Zürichseethal. Ihr zum Glattthal gewordenes Stamm-
thal widerstand der Erosion und es bildeten sich die Schieferkohlen.
Die Sihl floss von Schindellegi an westwärts der Reuss zu. Der
letzte Voi^ang dieser zweiten Interglaciärzeit dürfte die Lössablagerung
gewesen sein.
Wieder rückten die Gletscher vor und vor ihnen lagerten die
Flüsse Geschiebe ab. Auf der Linie Schaffhausen — Bülach —
Killwangen — Mellingen — Othmarsingen — Seon — Wangen an der
Aare machten die Gletscher Halt, während ihre Schmelzwasser die
Niederterrassen erzeugten.
Endlich zogen sich die Eisströrae definitiv zurück. Die Sihl
veränderte nochmals ihren Lauf und grub sich zwischen Albls und
Zimmerbergkette ein neues Bett; der Rhein schnitt sich zwischen
Buchberg und Irchel ein und die Aare floss statt durch das weite
Gäuthal bei Aarbei^ hindurch.
Die Eiszeit war zu Ende; mehr und mehr milderte sich das
Klima, Fauna und Flora änderten ihren Charakter und unser Land
erhielt nach und nach seine heutige Gestalt.
2. Flora und Fauna des Diluviums. Das Klima der Diluvial-
zeit werden wir am besten kennen lernen, wenn wir uns die Pflan-
zen- und Tierwelt jener Epoche vor Augen führen. Die Reste der-
selben sind in den Schieferkohlen und im Grundmoränen lehm der
ebeneren Schweiz in beträchtlicher Zahl gefunden worden. Was
zunächst die Flora des DUuviums angeht, so konnten in den Kohlen-
lagern von Wetzikon, Dürnten, Utznach und Mörswil von Heer
folgende Pflanzen konstatiert werden: Die Fichte oder Rottanne,
verschiedene Föhren, worunter besonders Bei^ohren (z. B. die Zwer^-
fÖhre), die Lärche, Eibe, Birke, Eiche, der Bergahorn, die Hasel-
nuss. Dazu kommen Fieberklee, Schilfrohr, Seebinse, Himbeere,
Wassernuss u. s. w., ferner zahlreiche Kryptogamen. In der zweiten
Interglaciärzeit müssen auch die Tuffe von Flurlingen unfern Schaff-
,_'''^ D,g,t,zed.yGOOgle
22 Erstes Kapitel.
hausen entstanden sein. Wehrli fand m denselben Reste des
Bei^ahorn, des Buchsbaumes, der Esche, Weisstanne und Eibe,
sowie Spuren von Rietgräsern. Diese Pflanzen kommen heute noch
in der Gegend vor. Wir können aber auch bei Betrachtung der oben
angeführten Reste aus den Schieferkohlen sehen, dass in der zweiten
Interglaciärzeit das Klima der Schweiz nicht wesentlich vom heutigen
verschieden war.
Anders sind die Verhältnisse in den Glacialtonen. Bei Schwerzen-
bach, ostlich von Zürich, befindet sich ein Lettenlager auf Moränen-
schutt. In demselben wurden ebenfalls Pflanzen aus der Diluvialzeit
gefunden, nämlich die Zwergbirke, vier Weidenarten, worunter die
Polarweide, die Bärentraube, ein Knöterich und Dryas octopetata.
Alle diese Pflanzen gehören dem Norden an und die Polarweide ist
unserer Flora ganz fremd. Ähnliche Funde haben Nathorst und
Schröter auch anderwärts in glacialen Tonlagern gemacht. Die
Pflanzenwelt des letzten Teiles der Diluvialperiode weist auf ein
kaltes, nordisches Klima.
Eine Fundstelle, die in ihrem Alter wohl nicht sehr von der-
jenigen in Schwerzenbach differiert, liegt bei Schussenried im süd-
lichen Württemberg. Sie ist um so interessanter, als sie nicht
bloss pflanzliche, sondern auch tierische Reste bietet, und selbst
Menschenspuren sind dort zahlreich zum Vorschein gekommen. Im
Grenzdistrikt zwischen den Flüsschen Schüssen und Feder, an der
Wasserscheide zwischen Rhein und Donau , befindet . sich unfern
des Dorfes Schussenried die Stirnmoräne des alten Rheingletschers.
Zum Zweck der Gewinnung einer grössern Wassermenge liess der
Müller an der Schüssen von der Quelle dieses Flüsschens an einen
tiefen Graben ziehen und stiess dabei auf uralte Ansiedelungsreste.
Sie lagen in einer Moosschicht von dunkelbrauner Farbe, deren
Wassermenge alle tierischen und menschlichen Überbleibsel sorglich
bewahrte. tJnter den Moosen fand Schimper durchweg hochnordische
Formen. Im tiefsten Grund des Grabens befanden sich bis 2 m hohe
Bänke von Hypnum sarmentosum, welches Moos nur in Lappland,
Norwegen, auf den höchsten Teilen der Sudeten und der Tiroler Alpen,
in Grönland, Labrador und Canada angetroffen wird. Hypnum
aduncum kam in einer Varietät vor, die heute nur aus Grönland
bekannt ist Hypnum fluitans var, tenuissimum wächst in den
Alpen und im arktischen Amerika. Es wurde in der Abfallgrube
an der Schussenquelie ebenfalls gefunden. Die Tierwelt, welche
in diesem Fundorte konstatiert werden konnte, bestand nach
Fraas aus dem Ren, dem Vielfrass, dem Gold- und Eisfuchs,
einer Art Pferd, dem Braunbär, dem Singschwan u. s. w. Die
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 2}
Zeichen der Anwesenheit des Menschen aber bestehen in zer-
klopften Tierknochen, in Brandspuren, zugeschlagenem Feuerstein,
Werkzeugen aus Rentierhorn, An Waffen fand man Dolche und
Speerspitzen, Auch eine rote Farbmasse wurde entdeckt
In der diluvialen Fauna finden sich zunächst eine ganze Reihe
von Riesen, vor allem Elephanten, Im altern Diluvium ist Elephas
meridionalis und E. antiquus vertreten. Elephas priscus wurde im Rhein-
thal konstatiert und E. africanus, der jetzt noch lebt, kam in Sizilien
zum Vorschein, was auf eine alte Verbindung mit Afrika hindeutet
In Malta fand man Reste desZwergelephanten: Elephas Falconeri. Der
bekannteste Repräsentant der ganzen Gruppe ist aber E. primigenius
oder das Mamut, dessen Knochen häufig als menschlichen Riesen
angehörig erklärt worden sind. Das Mamut war ein Bewohner des
Nordens und im Eise Sibirien's liegen die Reste dieser Tier-
form in solcher Menge, dass man Handel mit fossilem Elfenbein
treiben kann. Aus dem gefrorenen Boden jenes Landes tauen ge-
legentlich ganze Mamutleichen heraus. Bei solchen Funden konnten
sich die Naturforscher überzeugen, dass dieser Elephaat, ungleich
seinem tropischen Vetter, mit einem dichten Pelze bekleidet war,
der vom und auf dem Rücken eine lange Mähne besass. Man
untersuchte auch die Speisereste dieses 5 m langen und 3 m hohen
Tieres und fand, dass es sich hauptsächlich mit Zweigen von Nadel-
hölzern genährt habe.
Im Eise Sibirien's fand man noch ein anderes Diluvialtier ein-
geschlossen, dessen Heimat ebenfalls der Norden war, trotzdem
seine heutigen Verwandten die Tropen bewohnen: Das zweihörnige
Rhinoceros tichorhinus. Es ist der stete Begleiter des Mamut und
war, wie dieses; mit einem dichten Haarkleide bedeckt.
Unter den Unpaarhufern verdient neben dem Nashorn die Gattung
Pferd eine besondere Erwähnung, da sie sich in der alten, wie in
der neuen Welt fand. In Amerika hat sich aber keine der Pferde-
arten erhalten und die heutigen Pferde der neuen Welt stammen von
eingeführten europäischen ab.
In grosser Zahl treten im Diluvium die Wiederkäuer auf, be-
sonders die Hirsche. Der berühmteste fossile Hirsch ist Cervus
euryceros, dessen Geweihenden gegen 4 m auseinander lagen. Viel-
leicht ist der „grimme Scheich" des Nibelungenliedes auf den Riesen-
hirscb zu beziehen. Daneben aber lebten noch der Edelhirsch und
das Reh, das Ren und das Elen oder der Elch des Nibelungen-
liedes. Ausser diesen nordischen Gestalten finden sich im Diluvium
aber auch die alpinen Formen Gemse, Steinbock, Murmeltier und
Alpenhase.
zed.yGOOgle
24 Erstes Kapitel.
Das eben erwähnte Heldenlied der Deutschen erzählt von
Siegfried:
„D'tauf nuD schlug er schiere einen Wiseul und einen Elch.
Starker Urc viere und einen grimmen Scheich."
Ur und Wisent sind wilde Rinder, von denen das eine aus-
gestorben ist und das andere sich nur noch an wenigen Stellen
Europa's findet. Der Ur, Bos primigenius , existierte bis ins
XVII, Jahrhundert hinein. Der Bison oder Wisent, Bos Bison
lebt unter dem Schutze der russischen Regierung heute noch im
Kaukasus und in Lithauen. Verwandt mit ihm ist der amerikanische
Bison oder B, americanus. Ein echt nordisches Tier ist der Moschus-
ochs (Ovibos moschatus), der gegenwärtig den hohen Norden
Amerika's bewohnt, zur Diluvialzeit aber auch in Europa vorkam.
Den gewaltigen Pflanzenfressern des Diluviums standen fürchter-
liche Raubtiere gegenüber. Der Höhlenbär, Ursus spelaeus, erreichte
eine Länge von 3 m und eine Höhe von i30 — 125 cm. Im Hohle-
fcls in der Rauhen Alb fand Fraas in einem kleinen Raum
HO Schädel und 275 Unterkiefer des Höhlenbären, ein Zeichen der
Häutigkeit dieses Tieres. Unter den Resten (von ca. 400 Indi-
viduen) waren alle Altersstufen und beide Geschlechter vertreten.
Knochenbrüche wurden häufig bemerkt. Diese waren wohl meist
durch das Pferd herbeigeführt, welches eine Lieblingsspeise des Höhlen-
bären der Alb gewesen zu sein scheint, denn man fand seine Reste
in der Bärenhöhle sehr häufig.
Ausser Ursus spelaeus wurde noch ein anderes Diluvial-
Raubtier gefunden, die Höhlenhyäne-. Hyaena spelaea. Aber diese
mied die Gesellschaft des ersteren und ihre Reste fanden sich in
der Rauhen Alb selten, wohl aber sind sie häufig in Italien, Frank-
reich und England.
Das Katzengeschlecht ist im Diluvium durch den Höhlenlöwen
(besser Höhlentiger); Felis spelaea, vertreten, ein Tier von gewaltiger
Grösse. In Südeuropa kommen dazu noch Panther-Arten.
Lassen uns die eben erwähnten grossen Tiere des Diluviums
manch interessanten Blick in die längstvei^angenen Zeiten thun,
so sind die kleinen diluvialen Säugetiere noch viel charakteristischer
und das Studium derselben ist gerade für unsere Frage sehr frucht-
bringend, da sie mehr, als die grossen Tiere, an bestimmte Klimate
gebunden erscheinen und weniger bedeutende Wanderungen aus-
führen. Besonders war es Nehbing in Berlin, der auf Grund lang-
jähriger und zahlreicher Untersuchungen von Tierresten in diluvialen
Ablagerungen die Theorie aufstellte, dass an die Eiszeit in Mittel-
zed.yGOOgle
Die Eisi^eit nder das Diluvium. 25
europa sich eine Periode anschliesse, in welcher grosse Teile des
Landes ein tundrenartiges Aussehen hatten, wie Fauna und Flora
bezeugen. Später folgte eine Steppenzeit mit einer Tierwelt, wie
sie gegenwärtig in den russisch-sibirischen Waldsteppen heimisch ist,
und endlich erschien die heute noch existierende Wald- (und
Weide-) Fauna.
Charaktertiere der Zeit der Tundren sind besonders die Lemminge,
die einst über ganz Centraleuropa verbreitet waren. Lemmingsreste
fanden sich z. B. bei Thiede (Thüringen) in Ablagerungen, die man
einer Interglacialzeit zuschreibt. Neben denselben erscheinen Moschus-
ochs, Ren, Vielfrass, Schneehase, veränderlicher Hase (Lepus varia-
bilis), Hermelin, Schneehuhn u. s. w. An pflanzlichen Resten wurden
jenen Ablagerungen entnommen: Zwergbirke (Betula nana), Polar-
weide, Dryas octopetala u, a. m.
Für die sogen. „Steppenzeit" sind vor allem die Springmäuse
charakteristisch. Der grosse Pferdespringer, der in den diluvialen
Ablagerungen von Westeregeln in Norddeutscbland sehr häufig er-
scheint, ist leicht zu erkennen und führt sozusagen keine Wande-
rungen aus. Er kann darum als „Leitfossil" für die Zeit der Steppen
oder besser der Waldsteppen angesehen werden, ebenso der Zwerg-
Pfeifhase, gleichfalls ein sesshaftes Tier. Daneben kommen in Be-
tracht das Steppen -Murmeltier (Bobak), das rötliche Ziesel und
einige Wühlmäuse. Ein echtes Steppentier ist das Wildpferd,
ebenso der Dschiggetai oder Wildesel und die Saiga-Antilope, die
einst bis nach Frankreich hinein verbreitet war. Wenn in mehreren
Fundorten neben diesen Tieren auch Reste von Elephas primigenius
(Mamut) und Rhinoceros tichorhinus vorkamen, so lässt sich das
leicht erklären, denn das letztere liebte offenbar die Steppe und das
Mamut verschmähte sie so wenig, als der Urstier.
Repräsentanten der Waldfauna sind besonders Edelhirsch und
Reh, Eichhorn, Baummarder, Wildkatze, Luchs und Wildschwein.
Mit dem vorwiegenden Auftreten dieser Tiergesellschaft treten wir,
geologisch gesprochen, in die Jetztzeit ein.
C. Ursachen der Eiszeit und Alter derselben.
I. Ursachen der Eiszeil. Nachdem die Eiszeit als solche erkannt
und in vielen Teilen der Erdoberfläche nachgewiesen war, fragte
man nach den Ursachen dieser merkwürdigen Erscheinung. Am
nächsten lag es, eine andere Verteilung von Land und Wasser, die ja
in frühem geologischen Epochen thatsächlich vorhanden war, als Ur-
sache der Eiszeitanzunehmen. GewisswürdedieTemperaturWest-und
zed.yGOOgle
26 Erstes KapileL
Mitteleuropa's sinken, wenn beispielsweise der Golfstrom uns keine
Wärme mehr zuführte. Wir hätten dann, besonders wenn die europä-
ischen Küsten zugleich noch den nordischen Gewässern offen waren, ein
Jahresmittel, ähnlich demjenigen der mit uns unter gleicher Breite
befindlichen Gegenden Nordamerika's. Das würde zwar noch keine
Eiszeit bedingen, denn dazu brauchte es nicht bloss grössere Kälte,
sondern auch viel Feuchtigkeit. Man half sich aber mit der An-
nahme, dass in der Tertiärzeit die Sahara ein Meer gewesen sei, dessen
Feuchtigkeit durch die Winde auch auf unsere Gegenden eingewirkt
und dadurch eine Eiszeit herbeigeführt habe. Wir verstehen indessen
nicht, wie die Sahara eine dreimalige Wiederholung des Glacial-
phänomens bewirken konnte.
Groll suchte die Eiszeit auf kosmische Einflüsse suriickzu-
fiihren, indem er daran erinnerte, dass sowohl die Neigung der
Erdbahn (Ekliptikschiefe), als die Elliptizität derselben infolge der
Einwirkung der Planeten ihre Grösse verändere.
Eine andere Annahme suchte die Veränderungen an der Sonne
selbst in ursächlichen Zusammenhang mit der Eiszeit zu bringen.
Dieser ungeheure Weltkörper sollte z. B. eine Wärme und Licht
undurchlässige Hülle ausgeschieden haben, was zur Folge hatte,
dass die Sonnenwärme auf der Erde geringer wurde. Jene Hülle
versank bei zunehmender Dicke infolge ihrer eignen Schwere und
die Wirkung der Sonnenstrahlung wurde auf der Erde wieder voll
bemerkbar.
Im Jahre 1894 hat Marchi die verschiedenen Hypothesen
geprüft und gefunden, dass als wahrscheinlichste Ursache der
Eiszeit die Abnahme der Durchsichtigkeit der Atmosphäre, ver-
ursacht durch das Hinzutreten einer das Gewöhnliche über-
schreitenden Menge von Wasserdampf anzunehmen sei. Die Folge
davon war, dass ein dem jetzigen überlegener Grad von Be-
wölkung und Regenfähigkeit erzeugt wurde. Woher aber jene
Meißen Wasserdampf kamen und warum sie wieder verschwanden,
ist noch nicht erklärt.
Wir müssen also gestehen, dass die eigentliche Ursache des
Eiszeit-Phänomens uns immer noch unbekannt ist Sicher ist nur
die Thatsache, dass es eine Eiszeit gab.
2. Das Alter der Eiszeit. Es hat schon im Altertum nicht an
Versuchen gefehlt, das Alter des Menschengeschlechts zu bestimmen,
und es ist ergötzlich, die Berechnungen zu lesen über die Zeit, die
von Adam bis auf Christus verflossen sein sollte. Immerhin be-
wegen sich die Angaben innert weniger Jahrtausende. Als aber
zed.yGOOgle
Die Eiszeit odn dm Diluvium. 27
der Beweis geleistet war, dass der Mensch schon zur Eiszeit existiert
hatte, als Geolf^ea und Astronomen, die gewohnt waren, mit
grossen Zeiträumen zu rechnen, die Sache in die Hand nahmen, kam
es ganz anders. Jetzt sollte das Alter der Menschheit nach Jahr-
hunderttausenden gerechnet werden.
Croll, der, wie wir gesehen haben, die Ursache der Eiszeit in
der Ekliptikschiefe und in der Änderung der Exzentrizität der Erd-
bahn suchte, berechnete danach die Periode der bedeutendsten
Gletscherentwicklungen auf die Zeit um 850000 und 240000 vor
unserer Zeitrechnung und das Ende der Eiszeit sollte 80000 Jahre
hinter uns liegen.
Lyell untersuchte die Hebui^en und Senkungen, welche Eng-
land seit dem Tertiär durchgemacht, nahm per Jahrhundert eine
mittlere Bewegung von 2^1^ Fuss an und erhielt so die Zahl von
200000 Jahren.
G. DE MoRTiLLET glaubte, ein natürliches Chronometer in dem
Masse der Verwitterung von Felsoberflächen gefunden zu haben, die
von Gletschern poliert worden waren. In Aix-Ies-Bains (Savoyen)
ist ein solcher polierter Kalkfels. Derselbe war schon von den
Römern benutzt worden. Man verglich nun die Verwitterungsfurchen,
die seit der Zeit der Römer entstanden, mit denjenigen, die sich
seit der Glacialzeit gebildet hatten und fand ein Verhältnis von
2 — 3 mm zu I m. In 2000 Jahren hatten Furchen von 2 — 3 mm
entstehen können; um i m tiefe Furchen erzeugen zu können, musste
die Natur allermindestens 200000 Jahre gebraucht haben. So
lange hatten also die Gletscher das Thal von Aix verlassen.
MoRTiLLET hat die Zeit, da der Diluvialmensch in Frankreich
lebte, in vier Perioden geteilt und diese nach berühmten Fundorten
benannt Er kommt dabei zu folgenden Zahlen:
1. Chelleen (Hauptfiindort Chelles, Dep,
Seine-et-Oise), voreiszeitlich . , , 78000 Jahre umfassend
2. Moust^rien (Hauptfundort LeMoustier,
Dordogne), eiszeitlich looooo Jahre umfassend
3. Solutr^en (Hauptfundort Solutr^, Dep.
Saöne et Loire), nacheiszeitlich . . 11 ooo Jahre umfassend
4. Magdal^nien (Hauptfundort La Made-
leine, Dordogne) 33000 Jahre umfassend
222000 Jahre.
Eine andere Berechnung über das Alter der Eiszeit hat Prof.
A. Heim gemacht: Vor dem Delta der Muotta im Vierwaldstätter
See liegt eine Moräne, die sich ungefähr zwischen Gersau und Treib
zed.yGOOgle
28 Erstes Kapitel.
hinzieht. Heim verglich nun die Deltas der Muotta und der Reuss
untereinander und mit den beiderseitigen Samme! gebieten. Die
Sand- und Schlammmassen, welche die beiden Flüsse jährlich in
den Vierwaldstätter See fuhren, stehen in direkter Proportion zur
Ausdehnung der zugehörigen Sammelgebiete und sind umgekehrt
proportional zur Grösse der Ablagerungsflächen. Mit Berücksichtigung
der Fehlerquellen haben Heim und Wehrli herausgerechnet, dass
seit dem Beginn der Bildung des Muottadeltas, also seit dem defini-
tiven Rückzug der Gletscher, ca. 16000 Jahre verflossen sind.
Nehmen wir an, seit der letzten Eiszeit seien ver-
gangen 15000—20000 Jahre
und rechnen wir für die zweite Interglaciärzeit nur 5000 Jahre
für die zweite Glaclalzeit wieder ca 20000 Jahre
ftir die erste Interglaciärzeit, die mindestens sechs-
mal länger dauerte als die zweite (nach
den Erosionen zu schliessen), . . . 30000 Jahre
für die erste Glacialzeit wieder 200OO J ahre
so erhalten wir für die Zeit des Diluviums annähernd looooo Jahre.
Es werden diese Zahlen durch ähnliche Berechnungen an
anderen Schweizer Seen gestützt Sie können, das Hegt in der Natur
der Sache, kein genaues Resultat, sondern wollen nur einen un-
gefähren Begrifif geben vom Alter der Eiszeit Bemerkenswert ist
immerhin, wie sehr die hier angegebenen Zahlen an Grösse hinter
den früheren zurückstehen.
Wenn also der Mensch in gewissen Teilen Europa's, z. B. in
Frankreich, bei Beginn der Eiszeit lebte, so musste nach diesen Be-
rechnungen unser Geschlecht daselbst schon vor ca. 100000 Jahren
existiert haben.
D. Die Ältesten Spuren des Menschen
In der Schweiz.
I. Geschichte des Diluvialmenschen. Im Jahre 1577 kamen
beim Dorfe Reiden im Kt Luzern unter einer vom Sturm ent-
wurzelten Eiche riesige Knochen zum Vorschein. Sie wurden nach
Luzern gebracht. Dort sah sie einige Jahre später der berühmte
Arzt Felix Platter, der sie für Gebeine eines Riesen hielt Er
nahm nachher in Basel eine genauere Untersuchung des Fundes vor
und wurde in seiner Ansicht bestärkt Im Anfang des XVIII. Jahr-
hunderts waren nur noch 3 Riesenknochen in Luzern zu sehen.
Der Züricher J. J. Scheuchzer, der als „Vater der Paläontolf^c"
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 29
gefeiert wird, beschreibt sie als ein Stück des Schulterblattes und
zwei Handknochen. Diese drei Knochen liegen gegenwärtig im
Naturalienkabinet in Luzem. Es sind Skeletteile des Mamut Dass
Platter sie als Menschenknochen von riesiger Grösse ansah, erklärt
sich daraus, dass in der That einige Teile des Mamutskeletes den
entsprechenden Knochen im menschlichen Körper ähnlich sehen.
Der obgenannte Joh. Jakob Scheuchzer erhielt 1723 aus
Oeningen am untern Bodensee eine Steinplatte, welche ein ziemlich
vollständiges, beinahe 3 Fuss langes Skelet einschloss. Er publizierte
den Fund und erklärte ihn als den Rest eines Menschen. Dieser
„Zeuge der Sündflut" wurde dann häufig besprochen und ihn be-
trifft das oft zitierte Sprüchlein:
„Betrabtes Beingenist von einem alten Sünder,
Erweiche Herz und Sinn der neuen Bosheitskinder!"
Schon im Jahr 1755 sprach sich Gessner dahin aus, dass dieser
Fund nicht auf den Menschen bezogen werden dürfe. Er hielt ihn
fiir ein Welsskelet. Erst später ei^ab sich, dass es ein „Beinge-
rüst" eines Riesensalamanders sei, von dem eine verwandte Form
(Cryptobranches japonicus) heutzutage noch in Japan gefunden wird.
Ähnliche Missdeutungen von Knochenresten, die in der Erde
gefiinden, Hessen sich noch viele namhaft machen. Das erklärt uns,
warum sich manche vermeintlichen „Heiligen-Gebeine" in Kirchen
und Klöstern als Überbleiiisel vorweltlicher Riesentiere entpuppen
konnten.
Wie den Knochen des Menschen, so ergii^ es früher auch
den Produkten seiner Hand. Sie wurden häufig nicht als solche
anerkannt, sondern fiir Naturspiele, Zauberobjekte und dergl. ge-
halten. Plinius erzählt z.B. von den steinernen Beilen, sogen. Donner-
keilen, die man in der Erde gefunden und von denen man annahm,
sie seien bei Gewittern entstanden: „Sotacus kennt zwei Arten von
Donnerkeilen, eine schwarze und eine rote; beide sind Äxten ähn-
lich. Die schwarze hilft zur Wegnahme von Städten und ganzen
Flotten. Man nennt sie Baetyle, wenn sie rund ist; ist sie länglich,
so behält sie den Namen Donnerkeil. Man kennt auch noch eine
dritte Art, welche sehr selten ist und von den parthischen Magiern
mit Eifer gesucht wird, weil sie sich nur an den vom Blitz ee-
troflenen Orten vorfindet." Noch heute werden die Steinbeile hier
und da als Blitzsteine erklärt und zu abergläubischen Zwecken be-
nutzt. Ähnlich geht und ging es mit Pfeilspitzen aus Feuerstein u. s. w.
Manchmal waren in früheren Jahrhunderten auch Urnen in der
Erde geftinden worden. Man hielt sie aber nicht etwa fiir Gefasse,
zed.yGOOgle
30 Erstes Kapilel.
von Menschenhand erstellt, sondern glaubte, sie seien an Ort und
Stelle gewachsen.
Nach und nach brach sich jedoch sowohl in Bezug auf die
Beurteilung der Knochen des Menschen, als der alten Werke seiner
Hand die richtige Auffassung Bahn und mit dem zu Ende gehenden
XVIII. Jahrhundert war man so weit, die menschlichen Skeletteile
als solche zu erkennen und die urzeitlichen Artefakte richtig zu
beurteilen.
Im Anfang des XIX. Jahrhunderts lebte der grosse Paläontologe
G. CuviER. Er drang, wie kein zweiter vor ihm, in den Schichten-
bau der Erdrinde, um darin die Spuren der Lebewesen zu erforschen.
Er zeigte, wie man das relative Alter der geologischen Schichten
an Hand der Tierreste erkennen könne und baute aus den erhaltenen
Teilen der Skelette die Gestalten der längst dahin geschwundenen
Tiergeschlechter vor den Augen seiner Zeitgenossen wieder auf.
CuviER fand, die Vorzeit sei in scharf getrennte Abschnitte geschieden,
jeder charakterisiert durch bestimmte Flora und Fauna, die weder
vor-, noch nachher zu finden seien. So entstand seine Lehre von
den Seh öpfungs- Perioden, die durch Erdrevolutionen von einander
getrennt sein sollten.
Der Mensch gehört nach Cuvier der letzten Schöpfungsperiode
an; er lässt sich erst in postdiluvialen Schichten nachweisen. Die
Jetztzeit, das Alluvium, ist geradezu durch das Auftreten des Menschen
charakterisiert. Das wurde nun ein, besonders von theologischer Seite
scharf hervorgehobener Glaubenssatz. Cuvier hatte zwar die Mög-
lichkeit, dass der Mensch mit den diluvialen Säugetieren, mit au^
gestorbenen Elephanten, mit dem Höhlenbären u. s. w. zusammenge-
lebt, nicht abgewiesen, aber die damals bekannten Funde menschlicher
Reste aus dem Diluvium schienen ihm nicht beweisend zu sein. Seine
Jünger waren exklusiver als der Meister und leugneten den diluvialen
Menschen überhaupt. So kam es, dass selbst die sorgfältigen und
mühevollen Forschungen Schmüeling's in den belgischen Höhlen,
in welchen er den Menschen als Zeitgenossen des Mamut und des
Höhlenbären kennen gelernt hatte, fast unbeachtet blieben, da man die
Funde als zusammengeschwenimtes Material ohne wissenschaftlichen
Wert betrachtete. Es schien, als ob die Katastrophentheorie jeden
namhaften Fortschritt im Erkennen naturhistorischer und urgeschicht-
licher Thatsachen hindern wolle.
Vergebens hatte Lamarck dem System Ccvier's das Prinzip
der Entwicklung entgegengesetzt: es blieb unverstanden. Da stellte
Lyell in seinem berühmten Werke „Principles of Geology" 1830
den Satz auf, dass die Umänderungen der Vorzeit nicht plötzlich
zed.yGOOgle
it oder das Diliiv
vor sich gegangen, sondern durch jetzt noch wirkende kleine Ur-
sachen langsam, aber stetig durchgeführt worden seien. Nun er-
folgte ein völliger Umschwung in den geologischen Ansichten, aber
auch jetzt blieb die Urgeschichte im Banne der veralteten Ideen
und es bedurfte der zwanzigjährigen unverdrossenen Forscherarbeit
eines Boucher de Perthes, um auch auf diesem Gebiete freie Bahn
zu schaffen.
Dieser Archäologe hatte Ende der dreissiger Jahre in den
diluvialen Kieslagem von Abbevüle im Sommethal Nordfrankreich's
Spuren menschhcher Arbeit gefunden.
Er legte im I^ufe der folgenden Jahre eine ganze Sammlung
von diluvialen Feuerstein-Objekten an, aber als er 1 847 seine
„Antiquitfe celtiques et ant^äiluviennes" bekannt machte, wurde er
als Sonderling und Schwärmer verlacht. Indessen war Boucher de
Perthes nicht der Mann, der sich durch Spott und Hohn abschrecken
Hess. Er sammelte eifrig weiter und schliesslich trug seine Beharr-
lichkeit den Sieg davon.
Im Jahre 1858 wurde die Brixham cave bei Torquay in Eng-
land untersucht. Die englischen Forscher kamen dadurch ebenfalls
auf die Frage nach dem diluvialen Menschen, Sie besuchten Abbe-
ville, machten auch im Sommethal zahlreiche Ausgrabungen und
überzeugten sich von der Richtigkeit dessen, was Boucher de Perthes
behauptet hatte. Von Paris aus wurden nun gleichfalls Expeditionen
zur genauen Untersuchung des Thatbestandes abgesandt Das Resultat
war, dass man allgemein anerkannte, der Mensch habe schon während
des Diluviums gelebt, zusammen mit jetzt zum Teil ausgestorbenen
Tieren.
Nun war das Eis gebrochen und die Leidensgeschichte von
Boucher de Perthes hatte ein Ende. Jetzt erschienen auch die
Höhlenfunde in einem andern Lichte. Man begann neue Unter-
suchungen und es folgten sich hervorragende Entdeckungen in den
verschiedensten Ländern Europa's, Im gleichen Jahr 1859, da der
Diluvial mensch allgemein anerkannt wurde, erschien auch das epoche-
machende Werk Darwin's über die Entstehung der Arten, das der
Entwicklungstheorie Lamarck's zum Siege verhalf.
Ein Franzose war es gewesen, der als einer der ersten den
Diluvialmenschen erkannt hatte und P'rankreich hat auch später
wichtige Funde geliefert, besonders als man begann, die Höhlen im
Süden des Landes zu durchforschen. An der V&^re, einem Neben-
flusse der Dordogne, liegen z. B. mehrere der berühmtesten Fund-
orte, wie Le Moustier und La Madeleine, nach denen von Mor-
TiLLET zwei Unterabteilungen der Diluvialzeit benannt wurden.
zed.yGOOgle
12 Erstes Kapitel.
ferner Laugerie Haute und Laugerie Basse, Cro Magnon und Les
Eyzies,
Die Höhle von La Moustier zeichnete sich durch ihren Reich-
tum an primitiven Feuerstein-Geratschaften aus, die denjenigen des
Sommethales in Nordfrankreich nahe stehen. Es sind Beile, deren
eine Seite durch einen einzigen Schlag hergestellt wurde. Aus
La Madeleine stammen mehrere Zeichnungen, die von den einstigen
Bewohnern der Höhle mit Feuersteinsplittern auf Rentierhom und
Elfenbein graviert worden sind. Ausser in Zeichnungen hat sich die
Kunstliebe der Troglodyten auch in Skulpturen verewigt
In der Höhle von Cro Magnon fand man mehrere Schichten.
Die oberste Fundschicht enthielt S Leichen. Ein Frauenschädel trug
eine tiefe Wunde, die durch eine Feuersteinaxt geschlagen worden
sein mochte. Die Wunde war 33 mm lang und 12 mm breit. Die
Ränder derselben zeigten Vemarbung. Die Frau scheint also nach
der Verwundung noch längere Zeit gelebt zu haben.
Frankreich war in der Eiszeit nur zu einem kleinen Teil ver-
gletschert. Der Mensch konnte sich damals fast überall in diesem
Lande aufhalten; daher die Masse von Waßen, Geräten und
Schmucksachen, die er uns hinterlassen.
In Belgien wurden die Forschungen Schmerling's wieder auf-
genommen und zahlreiche Höhlen im Thal der Maas und der
Lesse untersucht. Der Grotte von Chaleux entnahm Dupont ca.
30000 Feuerstein- Objekte. Bei Furfooz liegt das Treu des Nutons,
eine weite Höhle, welche sich als uralte Troglodytenwohnung er-
wies. Im benachbarten Trou du Frontal glaubte man die zu jener
Ansiedlung gehörige Begräbnisstätte gefunden zu haben.
Deutschland weist ein schon in prähistorischen Zeiten von
Menschen benutztes Höhlengebiet auf, das als Fortsetzung des belgischen
betrachtet werden kann und sich durch Westfalen nach dem Harz
hinzieht. Eine andere Gruppe von Höhlenfundorten findet sich im
schwäbischen und bayrischen Jura.
Zahlreich sind die Höhlenfunde in Österreich, wo in dieser
Beziehung besonders Mähren wichtig ist. An mehreren Orten da-
selbst glaubte man in der Hinterlassenschaft der Troglodyten all-
mähliche Übei^änge von der Diluvialperiode oder altern zur jungem
oder neolithischen Steinzeit zu erkennen, wie dies auch in Frankreich
der Fall war.
Es bedarf wohl kaum des Hinweises, dass die Höhlen nicht
bloss in der Steinzeit, sondern auch in spätem Epochen bewohnt
wurden. Mancherorts werden sie heute noch als Wohnsitze benutzt
und zwar nicht bloss in entlegenen Gegenden ferner Erdteile, sondern
zed.yGOOg[e
Die EiMWl oder äas Kluvinm.
33
auch in unserem civilisierten Europa, wo Hunderte von Familien in
Höhlen hausen und von eigentlichen Felsdörfern gesprochen werden
könnte.
2. Spuren des diluvialen Menschen in der Schweis. An den
Forschungen nach dem Diluvialmenschen beteiligte sich auch die
Schweiz. Im Jahre 1867 fand man unfern Genf eine sogen. Rentier-
station. Sie li^ zwar nicht mehr auf Schweizerboden, sondern am
Fusse des Mont Sal^ve bei dem schweizerischen Dorfe Veyrier,
wenige Schritte jenseits der Grenze. Ein Jahr später wurde die
„grotte au Sc^" bei Villeneuve am oberen Ende des Genfersees
untersucht und erwies sich ebenfalls als uralte Troglodyten-Wohnui^.
In der Ostschweiz ist besonders der Kanton Schaffhausen mit
Höhlen reich gesegnet 1873 fand man im Kesslerloch bei Thaingen
Spuren, dass der Mensch zu einer Zeit darin gewohnt hatte, da das
Ren noch in der schweizerischen Hochebene heimisch war. Die
Ausgrabung, welche 1874 erfolgte, ergab dann eine solche Zahl von
Funden, worunter selbst Zeichnungen und Skulpturen, dass Thaingen
sich den wichtigsten Fundorten des Auslandes an die Seite stellen
darf. Zu gleicher Zeit mit dem Kesslerloch wurde die Höhle an
der Rosenberghalde im Freudenthal nördlich von Schaffhausen
au^ebeutet und im Berner Jura war um dieselbe Zeit beim Bahn-
bau in der Nähe von Liesberg eine Rentierstation durchgraben
worden. Im Jahr 1883 wurde im Kaltbrunnerthal bei Grellingen,
etwas östlich von Liesberg, eine Höhle untersucht und 1890 die
Thiersteiner Höhle bei Büsserach im Kanton Solothurn. Im
Herbst 1891 kam die Kunde, im Schweizersbild bei Schaffhausen
sei ebenfalls eine grosse Rentierstation entdeckt worden. Dort be-
findet sich zwar keine Höhle, wohl aber haben uns die Rentieijäger
unter einem etwas überhängenden Fels ihre Speiseabtalle, Waffen,
Geräte und Schmuck zurückgelassen. Schweizersbild ist ein „abri
sous röche".
Wenn wir alle bis jetzt in der Schweiz bekannt gewordenen
Fundorte von Resten diluvialer Menschen übersehen, so finden wir,
dass sie von verschiedener Art sind. Die meisten Funde stammen
aus Höhlen, einige andere wurden unter Felsvorsprüngen entdeckt
und nur ein einziger, zudem nicht ganz sicherer Fund entstammt
diluvialen Flussablagerungen. Nach den Lokalitäten verteilen sich
die verschiedenen Funde folgendermassen:
a) Funde aus eiszeitlichen Schottern: Bellerive bei Del^mont
(= Delsberg), Kt. Bern.
b) Höhlenfunde: Villeneuve, Thierstein bei Büsserach, Lies-
berg, Kaltbrunnerthal, Freudenthal bei Schaffhausen und
Hcierli, Utgcuhichu der SchweEt. 3
zed.yGOOgle
24 EiBtes Kapitel.
Thaingen. Der letztgenannte Fundort soll, als der be-
deutendste, eine gesonderte Betrachtung erhalten.
c) Funde unter Felsvorsprüngen: Schweizersbild bei Schaff-
hausen, eine interessante Station, auf die wir noch spezieller
zurückkommen werden.
Alle diese Funde sind nacheiszeitlich, postglacialj indessen glaubte
man auch den interglaciären Menschen in der Schweiz konsta-
tiert zu haben.
3. Der interglaciäre Mensch. Dr. Scheuismank, ein Basler
Jurist, übergab im Jahre 1874 dem durch seine zoologisch -anato-
mischen Forschungen rühmlichst bekannten Prof. Rütimever vier
zugespitzte Holzstäbe, die er selbst in einem Block Schiefer-
kohle gefunden hatte. Herr Scheuermann sammelte Pflanzenabdrücke
und bereitete deshalb die Schieferkohlen für seinen Ofen selbst zu.
Bei dieser Arbeit fand er die vier nebeneinander liegenden Stäbe,
die in ihrem Aussehen Sich durchaus nicht von der sie umgebenden
Kohle unterschieden. Letztere stammte aus der Grube Schöneich
bei Wetzikon, wie sich an der Hand der Bücher des Handelshauses,
das die Kohlen geliefert hatte, mit voller Sicherheit konstatieren Hess.
RüTiMEVER hielt die Zuspitzung der Stäbe für eine künstliche, d. h. von
Menschenhand gemachte und glaubte, dadurch den Beweis leisten
zu können, dass der Mensch in der Schweiz schon zu der Zeit existiert
habe, da sich die Kohle von Wetzikon, Dümten u. s, w, bildete,
also in der zweiten Interglaciärzeit. Er wurde darin von dem Botaniker
ScHWENDENER unterstützt, der die Stäbe mikroskopisch untersucht hatte.
Der besterhaltene Stab hat eine Länge von 13 — 14 cm. Seine
Spitze ist 6 — 7 cm lang; das vordere Ende derselben liegt aber
nicht in der Achse des Stabes, sondern etwas seitlich. Nahe der
Basis der Spitze, etwas hinter derselben, zeigt sich eine Art Ein-
schnürung. Der ganze Stab war in bröckelige Kohle eingebettet
Auch der zweite Stab lag in solcher Masse. Seine Spitze ist
viel kürzer, ca. 4 cm lang und schien den ersten Untersuchem zum
Teil mit einer fremden Rinde und zwar in querer Richtung um-
wickelt zu sein. In Bezug auf den Durchschnitt gleichen sich die
Stäbe; der Druck hat sie zusammengepres.st.
Nach ScHWENDENER Sollten die Stäbe aus dem Holz der Rot-
tanne {Abies excelsa) bestehen. Es seien wahrscheinlich Aste, nicht
Stämmchen. Rötimever hielt daftir, dass sie einem korbähnlichen
Geflecht angehört haben dürflen, in welchem die „fremde" Rinde
die Verbindung zwischen den einzelnen Stäben hergestellt hätte.
Sofort nach der Publikation dieser sögen. Wetzikonstäbe im
„Archiv fiir Anthropologie" wurden Zweifel erhoben, ob man es
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvii
35
in ihnen mit Menschenwerk zu thun habe. Jap. Steenstrup machte
darauf aufmerksam, dass, nach der Abbildung zu schliessen, die „Ein-
schnürungen" grosse Ähnlichkeit mit Biberstöcken zeigen, die ja in
Torfmooren häutig vorkommen. Die fremde Rinde aber sei vielleicht
Rindentorf, wie er sich in Mooren bilde, wo lose Rindenstücke sich
über Hölzer legen und sie maskieren. Andere dachten an Zuspitzung
der Stäbe durch Wasser und Sand, wie es jetzt noch in Bergbächen
häufig zu beobachten ist, an Schwemmholz, an herausgefaulte Äste
oder an besondere Wachstumsart der Hölzer.
RüTiMEVER wies zwar diese Auffassungen zurück, aber die Sache
wurde ihm schliesslich auch zweifelhaft. Er war daher gern bereit,
die Stäbe einer neuen Untersuchung unterwerfen zu lassen. Biber-
stöcke sind in Schieferkohlen der Schweiz allerdings nachgewiesen
worden , z. B. in Zell im Kt. Luzern, Die Wetzikonstabe
aber können keine Biberstöcke sein, wie sich aus der Ver-
gleichung mit fossilem und recentem Material ergab. Die „Ein>
schnürungen" haben nichts gemein mit Biberfrass und die Spitzen,
an denen die Zahnspuren des Bibers besonders deutlich sichtbar
sein müssten, sind durchaus glatt und sehen wie poliert aus. Die
Zuspitzung erinnert vielmehr an Arbeit von fliessendem, kiesfiihrendem
Wasser, Diese mechanische Arbeit des Wassers aber erklärt jene
Einschnürungen nicht
Prof. C. Schröter hielt die Stabe für herausgefaulte Äste und
unternahm nun eine spezielle Untersuchung, welche zur Evidenz
bewies, dass diese schon früher ausgesprochene Ansicht richtig
sei. Durch zahlreiches Vergleichsmaterial bewies er, dass die
Zuspitzung der Wetzikonstäbe sich bei herausgefaulten Ästen wieder-
finde, wobei er aber zugab, dass die glatte Oberfläche der
Spitze des ersten Stabes auf Arbeit von Wasser und Sand zu-
rückzuführen sei. Die fremde Rinde erwies sich als Stamm-
holz, das über den Ast gewachsen, und die Einschnürungen waren
Spuren der Jahrringe, welche sich nicht bloss im Stammholz zeigten,
sondern infolge des Druckes auch auf dem Astholz als Eindrücke
sichtbar wurden.
Wenn wir nun, wenigstens vorläufig, darauf verzichten müssen,
den Menschen in interglaciären Ablagerungen der Schweiz nach-
zuweisen, so sind dafür in Frankreich und Deutschland mehrfach
Funde gemacht worden, die beweisen, dass der Mensch zur Inter-
glaciärzeit wirklich in Europa gelebt hat In dem berühmten Fund-
ort Chelles in Frankreich fanden sich charakteristische Werkzeuge
von Menschenhand zusammen mit Knochen von Elephas antiquus,
zed.yGOOgle
jö Erstes KapiieL
Rhinoceros Merckii und anderen Tieren, die oft sogar der ersten
Interglaciärzeit zugerechnet werden. Mindestens eben so alt sind
die Funde von Tilloux (Charente). Inmitten der dortigen Kreide-
hügel fand man in einer Kiesgrube Feuersteinäxte, Schaber, Silex-
spitzen u. s. w., zum Teil von ganz sorgfältiger Arbeit. In derselben
Fundschicht aber lagen auch Zähne von Rind (Wisent?), Hirsch,
Flusspferd, Rhinoceros und Elephant. Unter den Resten des letzt-
genannten Tieres konstatierte M. Boule das Mamut, den ,, alten"
Elephanten und den schon im jüngsten Tertiär vorkommenden Elephas
meridionalis. Es ist das erste Mal, dass diese drei Tiere beisammen
gefunden wurden. Elephas merid. verschwand schon zu Beginn der
Diluvialzeit, Elephas antiquus hielt sich länger. In interglaciären
Schichten fand man ihn neben dem Mamut, das die Eiszeit über-
dauerte.
Ein bekannter deutscher Fundort ist Taubach, -ein Dorf, das
etwa i'/) Stunden südöstlich von Weimar am rechten Ufer der Um
auf einer Terrasse liegt Unmittelbar bei diesem Dorf fand man
beim Tiefgraben Knochen von Elephas antiquus, Rhinoceros Merckii,
Bos priscus, Cervus euryceros, C. elaphus, C. capreola, Ursus arctos
und Sus scrofe ferus.
PoRiis konstatierte neben den genannten Tieren auch Equus
caballus, Hyaena spelaea. Felis spelaea, Castor fiber, eine Canis-Art
(vielleicht Wolf) und den Hamster. Er fand folgendes Profil:
■ 1) Humus und Geröll: 0,2 — 0,3 m
2) Kalktuff: 2 — 2,5 m mit einigen Knochen,
3) Tuffsand: 2 m mit Knochen, Holzkohlen und Ge-
räten, von Menschenhand verfertigt,
4) Kies: 1,5 m und
5) Ton.
Die menschlichen Spuren bestanden in Knocheneinschnitten,
zerschlagenen Knochen, Verkohlungsspuren, Feuerstellen und Feuer-
steingeräten. Offenbar hatte die Gegend von Taubach zur Zeit der
Ablagerung des Tuffsandes einen See dargestellt, welcher durch
einen nördlich von Weimar befindlichen Thalabschluss erzeugt wor-
den war.
Später hat besonders Götze die Stelle untersucht. Er konstatierte
vor allem, dass die Funde an primärer Statte lägen, wie Herdstellen
und Koprolithen beweisen. Da sie sich aber in bedeutender Tiefe
befinden, so muss der See infolge von Erdschwankungen oft zum
Teil trocken gelegen haben, sonst hätte sich der Mensch nicht auf
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das IMluvium. a?
seinem Grunde aufhalten können und hineinwerfen kann man Herd-
stellen eben nicht. Über das interglaciäre Alter hat kein Forscher
Zweifel geäussert und fragt es sich nur, ob die Fundstelle der ersten
oder zweiten Intei^laciärzeit zugeschrieben werden soll
Die Funde bestehen zunächst in Steinobjekten. Dabei befinden
sich Schaber, besonders Rundschaber, Messer und meisselartige
Stücke aus Feuerstein, der in der Umgebung Taubach's zu finden
war. Dazu kommt noch ein Behaustein.
Unter den Knochen- und Homobjekten bemerkt man sogen.
Haubeile aus dem Unterkiefer des Bären, Messer oder Pfriemen, Haken
aus Hirschhorn, Schlägel aus Hirschgeweih, gekritzte Knochen und
Schlagspuren, welche von dem genannten Haubeil herrühren sollen.
Femer sind Abfälle und angebrannte Stücke von Knochen zu er-
wähnen und zudem Becher, sowie Löffel, welche aus Gelenkpfannen
von Knochen hergestellt wurden. Endlich kam auch ein Schmuck-
stück, ein knöchernes Gehänge, zum Vorschein.
Was die Reste des Menschen selbst angeht, so gehören die
zuerst gefundenen wahrscheinlich einer neolithischen Statioit an, die
über den Tuffschichten konstatiert wurde. In letzter Zeit sind je-
doch in den interglaciären Schichten menschliche Zähne gefunden
worden, so besonders ein Milchzahn, der von Nehring untersucht
worden ist.
Es mag an der Besprechung dieser Fundorte geniigen, um zu
beweisen, dass der Mensch schon vor dem Ende der Gletscherzeit in
Europa lebte. Noch sind seine Spuren spärlich, aber wir stehen
im Anfange prähistorischer Forschungen und von Jahr zu Jahr
mehren sich die Funde.
E. Die HöhlenfUnde -von Thalngfen.
I. Der Fundort. Von der Stadt Schaffhausen zieht sich in
nordöstlicher Richtung ein tiefeingeschnittenes altes Thal, das gegen-
wartig von dem Fulachbache durchflössen wird und durch welches
die Eisenbahn nach Singen fuhrt. Offenbar ist dieses Thal nicht
von der Fulach ausgearbeitet worden, sondern verdankt mächtigeren
Wassermassen seine Entstehung.
Etwa einen Kilometer westlich der Station Thaingen scheint
ein Felsriegel das Fulachthal abschliessen zu wollen und kaum
zed.yGOOgle
jS Erstes Kapitel.
findet sich Platz genug für die Eisenbahn, die durch diesen Riegel
in die Ebene hinausfahrt. Zur Gletscherzeit stiessen die Eismassen
des Rheingletschers an die Jurafelsen von Thaingen und flössen
über sie hinweg. Als aber der Eisstrom sich zurückzog, da gruben
seine Schmelzwasser sich Abflusswege und einer dieser Abflüsse des
alten Rheingletschers schuf das Fulachthal,
Nur wenig westlich von dem oben erwähnten Gebirgsriegel
von Thaingen mündet von Norden her ein Wiesenthälchen in das
Fulachthal und an der Vereinigungsstelle beider, dem Jurariegel
gegenüber, liegt hart an der Bahniinie das sogen. Kesslerloch,
eine Höhle, die früher herumziehendem Volke, Kesselflickern,
Zigeunern u. s. w, zum zeitweiligen Aufenthalte diente. (Fig. i.) Im
Kesslerloch haben aber auch Menschen ihre Spuren hinterlassen,
die vor Tausenden von Jahren lebten: die Rentierjäger der post-
glacialen Zeit.
Die Thainger Höhle hat zwei Eingänge. Der Haupteingang
schaut nach Osten und liegt auf dem Niveau des Thaies. Er
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 3Q
ist II — 12 m breit und gegenwärtig 3,5 m hoch. Der andere Ein-
gang befindet sich auf der Südseite und liegt einige Meter über
der Thalsohle. Das Kesslerloch steigt im Innern an und seine
ca. 190 m' grosse BodenBäche wird durch eine Art Kulisse in
zwei Abteilungen geteilt Von detn etwa 15 m vom Osteingange
abstehenden Höhlen-Hintergrunde schiebt sich nämlich eine Felswand
vor, und vor derselben steht noch ein mächtiger Felspfeiler. Da-
durch wird der südlichej höher gelegene Teil der Höhle vom
grösserettj niedriger gelegenen und nach Osten offenen Räume ab-
getrennt Die Lage war für den Rentierjäger eine ganz vorzüg-
liche, denn während der Haupteingang gegen das Wiesenthälchen
schaut, beherrscht der Südeingang das nordöstliche Ende des
Fulachthales,
Im Sommer 1873 kam Reallehrer Merx in Thaingen anlässlich
einer botanischen Exkursion zum Kesslerloch und da stieg in ihm,
wie er erzählt, der Gedanke auf, es könnten in dieser Höhle, wie
in ähnlichen Bildungen Frankreich's, uralte Menschenspuren zu finden
sein. Eine Versuchsgrabung, die er mit Hilfe seines Kollegen Wepf
und zweier Schüler im Dezember des genannten Jahres vornahm,
erwies die Richtigkeit seiner Vermutung. Am 19. Februar 1874
wurde die systematische Ausbeutung an Hand genommen; sie
endete am ij, April, dauerte also sieben Wochen. Aber auch
nach Beendigung der Ausgrabung wurden im Schutte zahlreiche
Feuersteingeräte und Knochenobjekte gefunden; es soll sogar eine
Tierzeichnung, die gegenwärtig in der polytechnischen Sammlung
in Zürich liegt, auf diese Weise entdeckt worden sein. Die Höhle
ist bis auf einen kleinen Rest ausgeräumt worden; indessen könnte
am Osteingange in der Tiefe, wohin man wegen des Grundwassers
nicht dringen mochte, noch manch wertvolles Fundstück ver-
borgen li^en.
Kleinere Ausgrabungen wurden 1893 und 1899 von Dr. Nüesch
vorgenommen, Sie waren recht ergiebig und bewiesen, dass das
Kesslerloch der reichste bis jetzt bekannte Höhlenfundort der Schweis
ist Hoffentlich wird schliesslich noch der an den Osteingang
anschliessende Teil des Wiesenthälchens trotz des andringenden
Wassers untersucht und dadurch ein Gesamtbild der Funde er-
möglicht
Merk fasste die Resultate seiner Ausgrabung zusammen in
der Monographie: „Der Höhlenfund im Kesslerloch bei Thayngen,
Kt Schaffhausen", die 1875 in den Mitteilungen der Antiquar. Ge-
sellschaft Zürich (Bd. XIX, i) erschien. In dieser Publikation be-
zed.yGOOgle
^O Erstes Kapitel.
schrieb der Verfesser ausführlich die Art und Weise des Ausgrabens
und die Funde.
Dem Originalbericht Merk's war eine Veröffentlichung von
Prof, Heim über den wichtigsten Fund, das sogen, „weidende Ren-
tier" bereits vorang^angen, und seitdem ist eine grosse Litteratur
über das Kesslerloch und seinen Inhalt entstanden.
Zu oberst im Höhlenboden lag eine 6o — 140 cm dicke Schutt-
schicht, gebildet durch Gesteinstrümmer, die im Laufe der Zeit
von der Decke abgestürzt waren. In dieser Schicht kamen Menschen-
und Tierknochen, sowie Topfscherben zum Vorschein; diese sind
nicht zum eigentlichen Höhlenfünd zu rechnen, sondern jüngeren
Datums. Unter der Deckschicht fand Merk an zwei Steilen Kalk-
sinterlagen von einigen Zoll Dicke, welche in ihren tiefsten Teilen
Knochen, hier und da auch Feuersteine eingelagert enthielten. Die
Bildung der Sinterschichten hat also unmittelbar nach oder schon
während der Zeit begonnen, da die Höhle bewohnt war. Unter
dieser Decke von Gesteinstrümmem und Sinterlagen befand sich
die obere oder schwarte Kulturschicht, welche neben Kalksteinen,
die offenbar auch von der Decke und den Wandungen 'der Höhle
stammten, nesterweise ganze^Massen von Tierknochen und Arte-
fakten enthielt. Ihre Mächtigkeit war vom am Haupteingang 39 cm
und nahm nach dem Hintergrunde bestandig ab, so dass sie hinten
nur noch etwa 10 cm ausmachte. In dieser Schicht wurden mehrere
Herdplätze oder Feuerstellen gefunden, Zeichen der ungestörten
Lagerung. Auf der Nordseite der Höhle entdeckte man drei, in
feine Lehmmasse eingebettete Kalkplatten, die Merk als erhöhte
Ruheplätze betrachtet, die aber wohl eher Arbeitsplätze zu
nennen sind, da um dieselben herum die Fundschicht besonders
mächtig war.
Unter der schwarzen Kulturschicht folgte eine rötlich gefärbte.
Sie enthielt ebenfalls Knochen, welche aber besser erhalten waren,
als diejenigen der oberen Schicht. Diese untere Kulturschicht erstreckte
sich auch über den ganzen Höhlenboden und hatte eine Mächtig-
keit von 6 — 36 cm. Sie wurde von einem gelben Lehm unter-
lagert, der keine Spuren des Menschen aufwies und sich im Vorder-
grund in unergründeter Mächtigkeit ausdehnte, während hinten die
untere Kulturschicht direkt auf dem Felsboden ruhte. Noch muss
bemerkt werden, dass alle Schichten im Höhlengrunde sich nach
Osten neigten und dass die Kulturschicht noch unter den Boden
des vor der Höhte draussen liegenden Terrains sich hineinzieht, wo
sie nicht untersucht worden ist,
2. Die Tierwelt des Kessler locf^s. Unter den Funden in den
zed.yGOOgle
Die Eiaz«i( oder das Diluvium. ^I
sogen. Kultur-, d. h, Fundschichten Überwogen die Tierknochen.
Es mögen etwa 15 q. gewesen sein. Die Röhrenknochen sind aus-
nahnislos zerschlagen, wohl um das Mark zu gewinnen. Von Be-
nagung durch den Hund zeigt sich keine Spur.
Die faunistische Ausbeute des Kesslerlochs umfässt nach Rüri-
HEVER 24 Arten Säugetiere, 8 Vi^elspezies und einige Reptilien.
Eine Anzahl Knochen musste als zufallige Funde oder spatere ,
Zuthaten betrachtet werden , z. B. Knochen von Spitznifius, I
Frosch, Ringelnatter, femer von einigen Haustieren, wie Rijid und ■
Schwein. Der Mensch war nur durch wenige Knochenreste ver-
treten.
Unter den ausgestorbenen Tieren erscheinen im Kessler-
loche Höhlenlowe, Mamut, Rhinoceros (Rhin. tich.) und Urstier,
Nach dem hohen Norden sind au^ewandert: Ren, Vielfrass, Eisfuchs,
Rotfuchs, Schneehuhn (Tetrao l^opus) und auf die Alpen haben
sich zurückgezogen: Gemse, Steinbock, Murmeltier und Alpenhase
(Lepus variabilis). Ausser diesen Gruppen giebt es eine Reihe von
Tieren, die in der Höhle von Thaingen constatiert wurden, welche
zwar nicht mehr in derselben Gegend vorkommen, wohl aber sonst
in Mitteleuropa sich finden, so der Edelhirsch, der Braunbär, die
WildkatzCj Luchs und Wolf, femer der Hamster, der Singschwan,
eine Gans und der Fischadler. Nehmen wir die Reste der ge-
nannten Tiere weg, so bleiben nur zwei Arten, die heute noch in
der Gegend leben: Fuchs und Rabe.
Der Oberarmknochen des Singschwans wurde zu kleinen Pfeifen
verarbeitet Der Oberarm des Sctmeehuhns fand sich nach Merk
in etwa 200 Stücken, während z. B, die Kopfknochen dieses Tieres
vollstä ndig fe hlten. Das seltenste Geschöpf in Thaingen war das
Murmelthier, das zahlreichste der Alpenhase mit mindestens 800 Exem-
plaren. Der Braunbär ist durch höchstens vier Individuen vertreten;
ebenso zahlreich ist der Vielfrass. Das Katzengeschlecht wird re-
präsentiert durch ein Exemplar der Wildkatze, drei Luchse und
drei Höhlenlöwen, die Familie der Hunde durch 20 Wölfe, zwei
gemeine Füchse, über 60 Eis- und etwa 80 Rotfüchse. Durch einen
Homzapfen konnte die Gemse konstatiert werden; etwas zahlreicher
war der Steinbock und noch häufiger der Edelhirsch. In mindestens
25Q_Exemplaren fand sich das Ren, dessen Knochen der Masse
nach etwa 90 Prozent des Knochenmaterials aus dem Kesslerloch
ausmachten. Darunter waren viele Reste junger Tiere. Selten
war der Urstier, etwas häufiger der Wisent Das Wildpferd konnte
in ca. zweij)utzend' Individuen nachgewiesen werden. Das Mamut
war nicht bloss in Resten erwachsener Individuen vorhanden, sondern
zed.yGOOgle
^2 Ei5t«E Kapitel.
auch in solchen von Ferkeln, Weniger häufig zeigten sich Spuren
des Rhinoceros.
Nach RüTiMEVER war die untere Kulturschicht voni^ Wasser
' abgelagert; die darin enthaltenen Knochen erschienen zum Teil
gerollt, diejenigen der obern Schicht dagegen sind ohne Spuren von
Abnutzung. Die untere^Schicht enthielt die Mehrzahl der Knochen
\ von Mamut und Rhinoceros, "Urstier und Pferd, femer einen Teil
derjenigen von Vielfrass, Eisfuchs und Ren, die zwar erst in der
obern Schicht zahlreich wurden. Die Reste des Höhlenlöwen lagen
über der Mamutschicht, und der Braunbär ist eine der jüngsten Ge-
stalten. Dachs, gemeiner Hase, Reh, Wildschwein und Fischotter
fehlen im Kesslerloch.
Es ist schade, dass die kleinen Säugetiere, die ihre Reste in
Thaingen zurückgelassen haben, nicht bekannt sind. ROtihever
erwähnt in dieser Beziehung nur den Hamster.
3. Die Produkte von Menschenkamd. Die Thainger Höhle hat
zahlreiche Objekte auf uns kommen lassen, die der kunstfertigen
Hand des Menschen ihre Entstehung verdanken, also sogen. Artefakte.
Zwar werden wir nicht erwarten dürfen, hölzerne Geräte und Waffen,
z. B. Holzkeulen, zu finden, da sich das Holz nicht so lange er-
halten haben wird, sondern wir können höchstens durch Analogie-
^schlüsse zu beweisen versuchen, dass da s Holz von den Höhlen-
( bewohnern zu allerlei Werkzeug benutzt wurde.
Die Geräte und Waffen, welche im Kesslerloch gefunden wurden,
bestehen aus Feuerstein (Silex), Korn, Knochen, Zähnen u. s, w.
Es sind Hämmer, Messer, Schaber, Bohrer, Lanzen- und Pfeilspitzen,
Harpunen, Nadeln u. dergl. In Thaingen gab es aber auch Schmuck-
sachen. Sie bestehen oft aus Zähnen von erlegten Tieren, durch-
lochten Versteinerungen, und endlich aus eine y Ar t Kohle, die dem
Lias, der untersten Schicht der Juraformation, entstammt: es ist
die Pechkohle oder der Gagat
a) Die Feuerstein-Objekte. Die Thainger Höhle liegt im
sogen. Plattenkalke, einer der jüngsten Bildungen der Jurafomiation.
Dieser Kalk enthält nicht selten Knollen von Feuerstein, die in-
dessen in den übrigen jurassischen Schichten durchaus nicht fehlen
(und auch in der Kreide vorkommen). Man kann heute noch auf
den Feldern von Thaingen Feuersteine von allen möglichen Formen
und Farben zusammenlesen. Das hat schon der Troglodyte ge-
than. Er suchte sich die tauglichsten Stücke aus, schlug sie mit
Steinen, die als Hämmer dienten, zurecht, oder brachte sie in seine
Höhle, um mit Stein- und Horngeräten die gewünschte Form heraus-
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Dilu\ii
43
zuarbeiten. Merk erlangte bei seiner Ausgrabung etwa 12000 Feuer-
steinobjekte, ausserdem kamen auch die Kernstücke oder Nuclei,
von welchen jene abgesprengt worden, zum Vorschein, sowie massen-
haft Abfälle mit Schlagspuren.
Da die Feuersteinknollen des Jura nicht gross sind, so haben
die Geräte, welche aus denselben hergestellt wurden, geringe Dimen-
sionen und fehlen aus diesem Grunde jene grossen Beile, die aus
diluvialen Ablagerungen Frankreich's so gut bekannt sind.
Wollte der Troglodyte einen Süexknollen bearbeiten, so schlug
er zuerst ein Stück weg, um eine Schlagfläche zu erhalten. An
den Kernstücken (Fig. 2) erkennt man häufig
nicht bloss diese Schlagfläche, sondern auch
Schlagpunkte, d. h. Stellen, wo der Schlagstein
aufschlug. Durch Schl^e sprengte man nämlich
einen Feuersteinspan noch dem andern vom
Kerne ab. Freilich bedurfte es grosser Übung,
um gleich eine Silexlamelle von der gewünschten
Form zu erhalten, aber den Höhlenbewohnern Fig, *.
von Thaingen gelang dies, wie ein Blick in das Kermtück (Nucleus) aus
Rosgarten-Museum in Konstanz lehrt, das die euer« «nvon ^aiDgen.
Kesslerloch-Funde enthält.
Da finden sich Lamellen mit dreieckigem oder trapezoidem
Querschnitt und scharfer Schneide, sogen. Messer (Fig. 3 und 4).
Andere Späne mit ähnlichem Durch-
schnitt, aber weniger scharfer Schneide,
wurden als Schaber benutzt (Fig. 5
und 6). Seltener sind wohl ausge-
arbeitete Sägen. Bei manchen La-
mellen sind die Schmalseiten sorg-
fältig bearbeitet; sie mögen hobelartig
benutzt worden sein. Manchmal fin-
den sich an Silexlamellen schon
polierte Einkerbungen, unregelmässig
verteilt. Derartige Instrumente dien- ' . - >
ten zum Glätten und Polieren der ^ ^'^■. *' ^ ^"^■. *■
Feuerslein messer FeueisleinmeBser
Speer- und Pfeilschäfte (Fig. 7). Es aus Thaingea. aus ThaingeD.
darf indessen angenommen werden, Vi °'^ Gr. 'j, nat. Gr.
dass diese Geräte nicht exklusiv
einem einzigen Zweck dienten; manchmal ceigt sich das schon durch
die äussere Form.
Unter den Spitzen aus Feuerstein dürfte die Mehrzahl als Speer-
und Pfeilspitzen Verwendung gefunden haben (Fig. 8). Sehr zierlich
zed.yGOOgle
sind die oft prachtvoll erhaltenen Bohrer (Fig. 9). Ein eigentüm-
liches Gerät aber tritt uns entgegen in gewissen Formen (Fig. 10}
Fig. S.
Fig. 6.
Fig. 7.
Riuidschaber aus Feuerstein
Schaftglatter at
von Thaingen.
aus Thaingen.
Feuerstein voi
Nat. Gr.
Nat. Gr.
Thaingen.
'/, nat. Gr.
mit dachartiger Zuspitzung. Der First dieses Daches oder die kleine
Schneide bietet an den Ecken scharfe Punkte, die beim Gravieren
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 10.
Silejspitie aus
Feuersteinbohrer
Gravis r-Iostrument aus
ThaiDgen.
ans Thaingen.
Feuerstein von Thaingen.
Nat. Gr.
Nat. Gr.
Nat. Gr.
in Hörn und Knochen benutzt worden sein mögen. Mit diesen
Gravi er-Instrumenten haben wohl die „Künstler" unter den Hohlen-
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder dai Diluvium.
45
bewohnern die Zeichnungen ausgeführt, von denen wir zu sprechen
haben werden,
b) Gegenstände aus Knochen und Hörn. Im Höhlen-
grunde findet der Ausgrabende oftmals Erde mit Feuersteinen,
Knochen und Homstücken fest zu einer Art Breccie zusammen-
gekittet Löst man dieselbe voneinander, so erkennt man auf
den Knochen eine Art Kerben, die aber nicht künstlich sind,
sondern von Insekten und Larven herrühren. Das geübte Auge
unterscheidet sie leicht von den Schnitten, die mit Feuerstein ge-
macht wurden und auch von den Kerben, die der Rentierjäger in sein
Eigentum als Erkennungszeichen oder zur Verzierung eingraviert
hat Häufig sind Schlagspuren und nicht selten stösst man auf
Fig. u.
KnocheDnadel
aua Thaingen.
■/, ->«. Gr.
Fig. 13.
Knochen-Speer-
spitze mil Kerben
aus Thaingen.
V. Dat Gr.
Fig. 14.
Knochen -Speer-
spitM mit(Eigeii-
tums-f) Marken
'/, Hat. Gr.
Knochenstücke oder Hornstangen, welche eigentliche Kinnen auf-
weisen, die mit Feuerst ei nmessern oder -sägen erzeugt worden sind.
Das Rohmaterial zu den Knochen- und Hornobjekten lieferte be-
sonders das Ren. Das Geweih desselben wurde zu allen möglichen
Geräten verarbeitet. Sobald ein solches Tier erlegt worden, schlug
der Jäger das Gehörn weg, um zur wannen Gehirnsubstanz, einem
Leckerbissen, zu gelangen. Die Spitzen des Geweihs wurden nachher
entfernt, aus der Stange aber schnitt man sich kleinere Werkzeuge
heraus. Die Knochen des Ren sind ebenfalls sehr fest und wurden
deshalb gern benutzt.
Im Kesslerloch bei Thaingen waren abgeschlagene Geweih-
stücke nicht selten. Manche Geweihstangen sind unten schaufel-
artig zugehauen und mögen zum Ausgraben von Wurzeln be-
nutzt worden sein; andere weisen Rinnen auf, die mit Feuerstein
erzeugt wurden. Bei einigen Stücken kann man [deutlich sehen,
dass Werkzeuge aus den Stangen herausgeschnitten worden sind.
zed.yGOOgle
Auf diese Weise erlangte man Ahlen und Pfriemen , ja sogar
feine Nadeln (Fig. ii), in weiche mit Silexspitzen kleine Löcher ge-
bohrt wurden. Diese Nadeln sind oft von grosser
Feinheit. Geweihspitzen wurden zu Pfeilen oder
Lanzen bearbeitet, oder als Dolche benutzt
(Figg. 12 — 14). Pfriemen mit abgerundeter
Spitze und wenig scharfen Kanten mögen als
Schaber oder Löser beim Abhäuten des er-
legten Wildes gedient haben.
Interessant ist das Vorkommen von Har-
punen im Kesslerloch, während doch Fisch-
reste fehlen. Vielleicht benutzte man diese
Waifen beim Erlegen von Vögeln. Die Har-
punen bestehen ebenfalls aus Renderhom.
Sie sind manchmal nur auf einer, oft aber auf
beiden Seiten mit Zähnen versehen (Fig. 15
und 16). Hier und da tragen sie Verzierungen,
ähnlich den zahlreichen Speerspitzen.
Wenn m^i bei Höhlenfunden von Ver-
zierungen spricht, so muss zugestanden werden,
dass bisher manches als Ornament
angesehen worden ist, was keinen
veisehene Har- Anspruch darauf erheben kann.
So sind die schräglaufenden Paral-
lelen am untern, keilförmigen
Ende mancher Speer- und Pfeilspitzen
lediglich der bessern Befestigung wegen
gemacht worden (vergl. Fig. 13). Einfache
Kerben , gerade Linien , Winkel und
Dreiecke auf Speeren mögen Eigentums-
marken sein (vei^l. Fig. 14). Als wirk-
liche Ornamente aber dürfen die kom-
plizierteren Gebilde gelten, wie Reihen
von Kerben (Fig. 17), Zickzack- und
Wellenlinien (vergl. Fig. 16) oder dann
gar en relief gearbeitete Leisten mit
Kerben oder vorspringende Rauten, die
der Längsrichtung der Speerspitze folgen.
Das Rautenornament (Fig. 18) ist fiir die
Höhlenfijnde, speziell diejenigen Schaffhausen's, charakteristisch; es fend
sich nicht bloss im Kesslerloch, sondern auch im Schweizersbild und
im Freudenthal, In Funden jüngerer Epochen fehlt es gänzlich.
Fig. 15. Fig. 16.
Ein- 11 nd zweiseitig mit
ZShnea
von eine mit VeriieningcQ.
Homstflck au
Thai n gen.
Thaiogen.
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. a-j
c) Schmuck, Alle Naturmenschen schmucken sich. Der
Höhlenbewohner der Urzeit wird sich ebenfalls nicht für schön genug
gehalten, sondern nach Mitteln gesucht haben, sich zu schmücken.
Der Kulturmensch sucht sich seltene und teure Sachen aus, um sich
selbst und besonders seine Lieben zu schmücken. Wem die Ver-
mögensverhältnisse es gestatten, der wählt sogar Perlen und Diamanten
#
I
Fig. 19. Fig. 20. Fig. 31 nad zi. Fig. 23.
Zahn als Schmudt- Schmuckgehfioge aus JurB-VeTSteinenuigeD, Haugeschmuckaus
gehiiige von Thaia- Kuocben von Thaingen. als Schmnclc getragen, Kohle von Tbain'
gen. '/f nat. Gt. aus Thaingen. gen.
Vi nat. Gr. '/. "at- <"■ '/. "a'- Gr.
als Schmuck. Dem urzeitlichen Bewohner unserer Gegenden standen
diese Dinge nicht zur Verfügung; er musste sich mit durchlochten
Zähnen, Knochenstücken, Steinolijekten, Holz, Federn u. s, w. begnügen.
)
i
Flg. 24. Flg. as. Fig. 26.
Hlngescbmuck aus Kohle, Höngescbmuck ans Kohle, Hingeschmuck aus Kohle,
von Thaingen. von Tbaingen, von Thaingen.
'/, nat Gr. '/i "»t- Gr. '/» "at- f".
Es war fiir den mit so unvollkommenen Waffen, wie wir sie
beschrieben haben, ausgerüsteten Jäger gewiss eine schwere Auf-
gabe, den Urstier oder den Wisent zu erlegen und den Höhlen-
bären zu besiegen. Gelang es aber dennoch, so mag der kühne
Mann sich eine Trophäe als Andenken behalten haben. Der Eck-
zahn des Bären, durchbohrt und als Schmuck getr^en, war das
Zeichen der glücklich vollbrachten Jagd.
Durchbohrte Zähne waren im Kesslerloch nicht selten. Sie
stammen von Wolf, Eisfuchs, Pferd u. s, w. (Flg. 19). Einige andere
Gehänge bestehen aus Knochenstücken oder Knochenscheiben, die
zed.yGOOgle
^g Erstes Kafütel.
mit Aufhängeloch versehen worden waren (Fig. 20). Da der Jura,
in dem sich die Höhlen der Troglodyten des Kts. SchafThausen
befanden, zahlreiche Versteinerungen enthält, so sind auch solche
Stücke durchbohrt und als Schmuckgehänge benutzt worden (Fig. 21
u, 22). Neben durchbohrten Ammoniten kamen Pectunculus und
l Centhium im Kesslerloch vor. Indessen fanden sich auch Schmuck-
^^achen aus einem Material, das man nicht in Höhlen erwartet:
dem Gagat oder der Pechkohle, welcher Stoff heute in der Jet-
Industrie Verwendung findet {Fig. 23 — 26).
Merk hielt die Gagatobjekte fiir Braunkohlenstücke und glaubte,
das Material stamme vom Schienerberg, nördlich vom unteren Bodensee.
O, Fraas aber zeigte, dass die Troglodyten von Thaingen den
Gagat wahrscheinlich aus dem Lias der Rauhen Alb bezogen, sofern
sie ihn von der nächsten Lagerstätte erhielten. Es wäre wohl mög-
lich, dass die Rentieijäger ihre Jagdzüge bis dorthin au^edehnt
hätten, um das kostbare Material zu holen und „nach Hause" zu
tragen, wo es dann zu Schmuckperlen, Scheiben, Gehängen, Berlocken
verarbeitet wurde u. s. w., deren Zierlichkeit den Forscher er-
freut. Manche dieser Objekte sind auch noch durch Punktreihen
und Perlbänder verziert. Auf einigen Kohlenstiickchen finden sich
Ornamente, die Zweigen oder Famwedeln gleichen und ein Plättchen
aus Gagat zeigt verworrene Striche, in denen ein phantasievoller
Beschauer 6ine urweltliche Landkarte zu erkennen glaubte,
Wir haben aber noch bedeutendere Kunstwerke von den alten
Höhlenbewohnern. Sie haben auf Rentierhom Zeichnungen von
Tieren (in Frankreich sogar von Menschen) eingeritzt und aus dem-
selben Material Skulpturen gearbeitet. Diese frühesten Beweise einer
hohen Kunstfertigkeit sind von der Forschung mit Misstrauen auf-
genommen worden und da sich gerade auch in Thaingen ein
Arbeiter absichtliche Fälschungen zu schulden kommen Hess, so ist
es angezeigt, diese ältesten Erzeugnisse der Kunst etwas genauer
und kritisch zu prüfen.
4. Zeichnungen und Skulpturen, „wu er.i, nachdeni jiüin«is=inie v.raosMn,
Sobald die Kunde von der Entdeckung im Kesslerloch fläch
Zürich gelangte, reisten einige Forscher nach Thaingen, um Gra-
bungen vorzunehmen. Dabei fand nun Prof. Heim an der Grenze
der beiden Kulturschichten in I m Tiefe an einer vollkommen un-
verletzten Stelle des Höhlenbodens das Fragment eines Rengeweihes,
auf dem er eine tiefe Furche und quer zu derselben mehrere
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. aq
schwächere Ritze erkannte. Da solche bereits an mehreren Stücken
konstatiert worden waren, so bemerkte Heim, sich an die neben
ihm arbeitenden Herren Choffat und Messikommer wendend: „Da
sind noch feinere Querritzen!" Dann legte er das Stück in den
Korb, in welchen alle Funde wanderten. Als er nach Hause
reiste, wurden die während seiner Anwesenheit gefundenen Ob-
jekte verpackt und gelangten schon am folgenden Tage (den
7. Januar 1874) ins Polytechnikum nach Zürich. Am S. Januar
wurde die Kiste ausgepackt und Stück für Stück des Inhalts mit
feinem Bürstenpinsel und Wasser gewaschen. Beim Durchmustern
der Funde fand Heim auch das Hornstück mit den Querritzen
wieder. Als er dasselbe umdrehte, entdeckte er noch mehr
Linien, welche die Hinterbeine eines Tieres darzustellen schienen.
Die Zeichnung war undeutlich^ dem Abwart, der die Reinigung
vorgenommen, war sie völlig en^angen. Nun rief Heim voller
Freuden den eben in der Sammlung arbeitenden Geologen Choffat
herbei und den vereinten Bemühungen gelang es, endlich das ganze
Tier autzutinden: Es war ein weidendes Rentier. Da die Zeichnung
durch Travertin oder einen mit kohligen Teilchen erfüllten Kalk-
überzug verdeckt war, wurde die natürliche Oberfläche des Geweih-
stückes durch Anätzen mit verdünnter Salzsäure und Waschen mit
Terpentinöl blosse legt.
Bei der Publikation seines Fundes war sich Heim wohl be-
wusstj dass die an Feinheit alles bis dahin Entdeckte übertreflTende
Zeichnung Anlass zu Zweifeln an der Echtheit des Stückes geben
könnte und er erklärte deshalb, dass er „mit seiner ganzen Ehre"
für dieselbe einstehe.
Betrachten wir nun das Meisterwerk des Troglodyten von '
Thaingen, das jetzt eine der kostbarsten Perlen des Rosgarten-
Museums in Konstanz ist (Fig. 27)! Heim hält dafür, dass der Rücken
des Tieres zuerst gezeichnet wurde. Die Betrachtung der Extremi-
täten desselben ergiebt, dass die Vorderbeine viel besser au^efallen
sind, als die Hinterbeine. Von den drei vorhandenen Bauchtinien
ist die unterste die endgültige. Die falschen, erstgezeichneten, stehen
mit den Hinterbeinen in Verbindung, also sind diese vor dem Kopf
und den Vorderbeinen gezeichnet worden. Es hat demnach der
Künstler links angefangen und zuerst Rücken und Hinterbeine in
die polierte Rentierstange eingeritzt Erst nachher kamen Kopf
und Brust an die Reihe. Sie wurden offenbar etwas weiter nach
unten gezeichnet, als beabsichtigt gewesen war, daher die Bauch-
linie auch mehr nach unten verlegt wurde. Die Mehrzahl der in
französischen Höhlen gezeichneten Tiere schaut nach links. Das ist
Hcierli, Urgeicliichtc der Scboreii. 4
Digitized^yGOOgle
eben&lls ein Fingerzeig da-
für, dass man mit dem Zeich-
nen links anfing, also wahr-
scheinlich mit der rechten
Hand zeichnete.
Das weidende Rentier
von Thaingen ist trotz der
eben besprochenen Fehler
als Musterleistung eines zeich-
nenden Troglodyten zu be-
trachten. Die Lebendigkeit
der Darstellung, ihre Natur-
treue, lassen es vergessen,
dass der Zeichner mit Feuer-
stein auf Rentierhom ritzte.
Die Kunst hat die Materie
überwunden.
Es kamen im Kesslerloch
noch mehrere andere Zeich-
nungen vor. In der obersten
I 1^ Lage der schwarzen Kultur-
S " Schicht fand man gleich bei
o- ^ Heginn der Ausgrabungen
teine Gravierung, die wohl den
Kopf einesRens darstellen soll.
p. Aus 0,7 m Tiefe beim
grossen Pfeiler in der Höhle,
stammt eine von Schenk im
Beisein von Merk und Wepf
gefundene Rentierstange mit
einem Loch. Diese Stange
enthält drei Zeichnungen.
Die best erhaltene derselben
stellt ein Pferd dar, das Kopf
und Hals über jenes Loch
streckt. Die Mähne ist auf-
wärts gerichtet , wie dies
auch bei später gefundenen
Pferdezeichnungen konstatiert
wurde. Während das Pferd
auf unserer Stange nach
links schaut, schreiten die
r
I
„d, Google
Die Eisieit oder das Diluvium.
_li
anderen Tiere nach rechts. Die Köpfe sind nicht erhalten, was
die Bestimmung der Tierspezies schwierig macht Es mögen Ren-
tiere sein.
Unmittelbar neben dieser mit Zeichnungen geschmückten Ren-
tierstange, also auch an der Grenze zwischen der schwarzen und
roten Kulturschicht , machte Schenk einen noch schöneren Fund:
Es war eine ebenfalls durchlochte Stange mit der sehr gut aus-
geführten Zeichnung eines Pferdes (Wildesels?) oder Füllens, zu
welch letzterer Deutung der unverhältnismässig kleine Kopf des
Tieres Anlass gab. Unglücklicherweise zerbrach das Stück b«m
Herausnehmen, indes ist die Zeichnui^ wenig beschädigt. Diese
Fig. 38.
Zeichnung auf einem Kommandostab im Kesslerlocb bei Thaingen.
Stange befindet sich jetzt im Naturhistorischen Museum Schaffhausen.
Wie bei der von Heim entdeckten Rentierzeichnung befinden sich
auch hier die Hufe nicht auf derselben Seite der Stange, wie das
übrige Tier und sind ebenfalls nicht deutlich sichtbar. Der ganze
Körper des Tieres erscheint mit Haaren bedeckt. Die Mähne sträubt
sich in die Höhe. Der Kopf ist im ganzen klein zu nennen. Die
Ohren sind aufgerichtet. Der Leib erscheint rund und voll, aber
doch elegant; der Schwanz erreicht nahezu den Boden, Auch
dieses Tier ist in schreitender Bewegung gezeichnet und schaut nach
rechts (Fig. 28).
Im mittlem Teil der Thainger Höhle fand sich in der schwarzen
Kulturschicht, ca. 1,2 m tief, ein Geweihstück mit der Zeichnung
des Hinterteils eines Schweins. Sie befindet sich jetzt im Rosgarten
zu Konstanz.
zed.yGOOgle
e 2 Erstes Kapitel.
Eine letzte Tierzeichnung aus Thaingen ist auf Gagat eingeritzt
und zwar auf ein 42 mm breites, 57 mm langes und 6 mm dickes
Plättchen. Auf jeder Breitseite desselben erscheint ein Pferdekopf.
Auch hier ist die charakteristische Mähne vorhanden. Die Ohren
scheinen bei der einen Zeichnung zu fehlen. Die Augen zeigen
deutliche Lider; in einem Auge erkennt man die Pupille. Die
Nüstern sind sehr deutlich gehalten; die ganze Zeichnung macht
einen guten Eindruck.
Der Originalbericht Merk's enthalt nun noch zwei Tierzeich-
nungen in Text und Tafeln. Es sind diejenigen, die sich später
als Fälschungen herausstellten. Die eine derselben stellt einen
Bären, die andere einen Fuchs dar. Beide Figuren sind auf Knochen
von Bison (oder Nashorn?)
eingeritzt. Schon dieser
Umstand musste auffallen,
da alle andern Tierzeich-
nungen, welche im Kess-
i,_ lerloch zum Vorschein ka-
men, auf Rentierhom und
Gagat eingraviert waren. '
Bevor wir indessen auf die
Geschichte der Fälschun-
gen von Thaingen ein-
b. treten, wollen wir uns nach
Fig. 29. den Skulpturen der Ren-
Vorder- und Hinlerseite eines Stierkopfes, geschnitzt tierstation daselbst um-
von einem Trt^lodyten in ThiüngeD. sehen.
Die eine dieser Skulpturen (Fig. 29} stellt einen Stierkopf mit
einem Teil des Halses dar. Augen, Ohren und Homer sind voll-
ständig erhalten, Schnauze und Nase fehlen. Merk hielt (nach
Rütimever) die Darstellung für diejenige eines Moschusochsen, da
die Form der anliegenden, herablaufenden Hörner durchaus nicht
zum Ur passe. Ranice dagegen ist der Ansicht, dass einfach eine
freie Darstellung eines Stierkopfes vorliege. Die Form der Homer
habe man so gewählt, um deren Abbrechen zu verhindern.
Knochen des Moschusochsen selbst sind im Kesslerloch nicht ge-
funden worden, die Stierfigur aber wurde von Schenk im mittlem
Teil der Höhle und zwar in der schwarzen Kulturschicht ent-
deckt. Die Länge des Stückes betr<^ nur 6 cm; es befindet sich
in Konstanz.
Die zweite Skulptur kam erst nach der systematischen Aus-
grabung zum Vorschein; sie liegt im Naturhistorischen Museum
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium, 53
SchafThauseti. Der Finder war als durchaus ehrlich bekannt und
es nahm auch Merk die Skulptur ohne Bedenken in seinen Be-
richt auf. Sie stellt einen Pferdekopf dar.
Beide Skulpturen bestehen aus Rentierhom und werden heut-
zutage nicht als ausser den übrigen Kunstprodukten aus dem
Kesslerloche stehend betrachtet.
Die Freude an den herrlichen Funden von Thaingen wurde
bald getrübt durch eine Abhandlung L. Lindenschmlt's im Archiv
für Anthropologie, in welcher er die Abbildung des Bären aus
Thaingen neben diejenige des Bären aus dem SpAMER'schen Kinder-
buche; „Die Thiergärten und Menagerien mit ihren Insassen"
stellte. Beide Bilder stimmen überein. Auf derselben Seite der
genannten Abhandlung wird dem Fuchs von Thaingen ein anderer
Fuchs aus demselben Kinderbuche an die Seite gestellt und beide
Bilder sind einander so ähnlich, dass jedem Beschauer sofort klar
war, woher der angebliche troglody tische Zeichner vom Kessler-
loche die Vorbilder für seinen Fuchs und seinen Bären geholt.
LiNDENscHMiT beoutztc diese Gelegenheit zu Ausfällen gegen Merk,
auf den er nicht undeutlich als den Urheber der Fälschungen hin-
wies. Er ging noch weiter und sprach seine schon früher ge-
äusserten Zweifel an der Echtheit aller Kunstprodukte unter den
Höhlenfunden schärfer und bestimmter aus.
Zwar konnte Merk den Verdacht, dass er der Fälscher sei, von
sich abwälzen durch den Nachweis, dass die Zeichnungen von Fuchs
und Bär, ebenso der diese Bilder begleitende Text, gegen seinen
deutlich au^esprochenen Willen in die Abhandlung, die seinen Namen
trage, aufgenommen worden sei, aber er musste sich den Vorwurf
gefallen lassen, dass er die Untersuchung nicht mit der nötigen
Genauigkeit und Umsicht geführt und seinem Berichte keine Be-
merkung beigefügt habe, woraus ersichtlich wäre, dass nicht er der
Verfasser jener Begleitworte sei, und dass die Bilder von ihm zurück-
gewiesen worden seien. Zur grossen Beruhigung der wissenschaft-
lichen Welt aber konnte Merk mitteilen, dass der Fälscher in der
Person eines Arbeiters bereits entdeckt sei.
In der deutschen Anthropologen -Versammlung zu Konstanz
1877 kam die Sache nun ebenfalls zur Sprache und die Verhand-
lungen gestalteten sich zu eigentlichen Gerichtssitzungen. Die
persönliche Ehrenhaftigkeit Merk's wurde allgemein anerkannt Die
Debatte drehte sich um die Frage, ob die Kunstprodukte unter den
Höhlenfunden nicht samt und sonders mehr oder weniger grobe
Fälschungen seien.
zed.yGOOgle
54 Erstes Kapitel.
Die Gegner der Echtheit stützten sich in erster Linie auf „das
artistische Moment" und erklärten, nicht glauben zu können, dass
ein solch rohes, unkultiviertes Volk, wie die Höhlenbewohner,
Zeichnungen von der Schönheit der in Thaingen gefundenen
anzufertigen imstande wäre. Wenn man ethnolc^psche Vergleiche
herbeiziehen wolle, so sei denn doch ein „himmelweiter" Unter-
schied zwischen den besten Zeichnungen der Eskimo's und den
Gravüren vom Kesslerloche. Auch das „technische Moment" spreche
nicht für die Echtheit und was das Geologische anbetreffe, so seien
Irrungen in diesen Dingen ausserordentlich leicht möglich. Das
„zoologische Moment" endlich sage, dass die Zeichnungen in Thaingen
und ähnlichen Fundorten entweder zur Zeit gemacht worden, da die
ausgestorbenen und ausgewanderten Tiere noch in Mitteleuropa
lebten, oder aber in allemeuester Zeit, da ja einige der in Betracht
kommenden Tiere erst in unsem Tagen wieder bekannt worden seien.
Auf diese Bemerkungen wurde erwidert, dass es sich hier nicht
darum handle, ob man es fiir möglich oder unmöglich halte, dass
die Troglodyten die vorliegenden Zeichnungen haben machen
können, sondern dass es sich nur darum handle, zu wissen, wie und
unter welchen Umständen diese Kunstprodukte gefunden worden seien.
Einen schlagenden Beweis gegen die technischen Bedenken der
Gegner erbrachte Graf Wurmbrand, der auf einen frischen Knochen,
welcher vom Mittagsmahl der Festgenossen stammte, mit Feuerstein in
'/^ Stunden das „weidende Rentier" gezeichnet hatte. Für O. Fraas
war das geologische Moment ausschlaggebend, denn unter Tuff-
decken praktiziere man nichts hinein, ohne dass man es merke und
in Bezug auf das zoologische Moment bemerkte derselbe Redner,
der selbst in Höhlen gegraben (aber keine Zeichnungen gefunden)
hatte, dass er zweifle, ob im Jahre 1873/74 in ganz Süddeutschland
ein Künstler zu finden gewesen wäre, der einen Moschusochsen
hätte schnitzen können und wenn man ihm „weiss Gott, wie viel
dafür versprochen hätte".
Seit der Konstanzer Versammlung hat besonders Fraas noch-
mals das Wort ergriffen. Es haben die Zeichnungen aus dem
P^rigord, wie die von Thaingen, den gleichen, aber eigentümlichen
Stil. Der Fälscher müsste also der Erfinder eines besondem Stiles
sein. Er hätte aber auch sehr ausgedehnte naturwissenschaftliche
Kenntnisse besitzen und genugende Geldmittel zur Verfügung haben
müssen, um seine Tollheiten in Frankreich und der Schweiz treiben
zu können. Den wichtigsten Beweis für die Echtheit der Thainger
Funde aber findet Fraas im Material, auf dem die Zeichnungen er-
scheinen. Es sind nämlich alle auf Rentierhorn, nie auf Knochen
zed.yGOOgle
Die Eiizeil oder das Diluvium. ei
gemacht und zwar aufJHschea_H.orn. Versuche ei^aben, dass altes
Geweih in seiner Rinde zu Mulm wird, der keinen scharfen Strich
mehr zu ziehen gestattet Entfernt man aber die Rinde, so geht
es erst recht nicht, denn der Kern ist „versteint". Wenn nun, wie
an den Hörnern des Moschusochsen, die Rindensubstanz noch am
Objekte erhalten blieb und scharte Striche aufweist, so muss die
Arbeit zu einer Zeit entstanden sein, wo es frisches Rengeweih gab.
An abgeworfenes Geweih kann man nicht denken, da solches von
den Atmosphärilien schon nach wenig Jahren zur Bearbeitung un- ,
brauchbar wird. Zur Zeit Cxsar's lebte allerdings das Ren noch
in Mitteleuropa. I) Es ist aber nicht anzunehmen, dass etwa ein
römischer Soldat in müssigen Stunden die Sachen im Kesslerloch
gemacht, denn wie würde sich der Stil erklären lassen und woher
käme die Übereinstimmung desselben in Dutzenden von Zeichnungen
Südfrankreich's und der Schweiz?
Heutzutage ist wohl jeder Zweifel an der Echtheit der Thainger
Kunstprodukte, natürlich mit Ausnahme der notorischen Fälschungen,
geschwunden. Die wichtigsten Stücke daselbst sind übrigens im
Anfang der Ausgrabungen zum Vorschein gekommen. Seither aber
hat man nicht bloss in andern Höhlen ähnliche Zeichnungen und
Skulpturen entdeckt, sondern bei heute lebenden Völkerschaften,
die auf derselben Kulturstufe stehen, wie unsere Diluvialmenschen,
sind ebenfalls derartige Kunstleistungen angetroffen worden.
F. Das Schw^elzersbild bei Schaffhausen.
I. Fundgesckickte. Wer von Schaffhausen aus nordwärts
wandert, gelangt nach wenig mehr als einer halben Stunde zu der
Stelle, wo das Merishauser- und das Freudenthal sich zu vereinigen
streben. Da ist das Schweizersbild, am Nordfiisse des Geiss-
berges gelegen. Inmitten einer kleinen Ebene erheben sich einige
Felsen und einer derselben, auf den speziell der Name Schweizersbild
übergegangen ist, hangt gegen Südwest Über. Diesen „abri sous
röche" hatten einst die Rentierjäger als Wohnsitz inne.
Der überhängende Felsen umfasst einen nahezu halbkreis-
förmigen Raum. Im Hintergründe desselben ist man vor dem
Regen ziemlich gesichert und im Sommer — das haben die an der
Au^rabung Beteiligten erfahren — herrscht daselbst eine bedeutende
I) Mree Ansicht von Fkaas isl nicht haltbar, da die betreffende Stelle bei Cäsar
(ich sicher nicht auf das Ren bezieht. Vielleicht war das Elen gemebt.
zed.yGOOgle
j6 Eutes Kapitel.
Hitze. Der Ort mochte sogar im Winter meist schneefrei sein. Der
diluviale Mensch hat wohl sein Heim im Sommer durch Laubhütten
wohnlicher eingerichtet, im Winter vielleicht durch Vordächer, die
mit Pelzwerk verhängt waren. Die Reste seiner Nahrung und die
Abfälle bei seiner Arbeit wurden weggeworfen und bildeten im Lauf
der Zeit einen Wall, der sich von einem Ende der Febnische zum
andern 20g. Dieser Wall wurde auch in jüngerer Zeit durch zeit-
weilig am Schweizersbild hausende Bewohner, sowie durch die Vege-
tation erhöht Der Platz war gut gewählt; in seiner Nähe befindet
sich eine reichlich fliessende Quelle.
Im Jahr 1891 zogen die Herren Dr. Noisch und Dr. H&usler
einen Versuchsgraben durch den Wall und fanden in geringer Tiefe
Feuersteinobjekte' und zerschlagene Knochen, besonders vom Ren.
Dadurch war ihnen klar geworden, dass im Schweizersbild Reste des
Diluvialmenschen vorhanden seien und sie beschlossen, die Stelle
zu untersuchen. Zunächst wurde der Graben quer durch den Wall
von dessen äusserem Rande bis zum Fels gefuhrt und bis auf den
natürlichen Kiesgrund hinunter fortgesetzt. Später grub man in der
Längsrichtung des Walles rechtwinklig zum ersten Graben. Die
Ausbeute war sehr reich.
Im folgenden Jahre wurde die Untersuchung des östlichen Teils
begonnen und fiir das Jahr 1893 blieben dann noch etwa ■/, des
ganzen Ausgrabungsgebietes übrig. Nachdem die Arbeit beendigt,
erwarb die Eidgenossenschaft den Hauptteil der Funde fiir das
Landesmuseum in Zürich, Eine Gesamtpublikation über Schwei-
zersbild von Dr. Nüesch ist in den „Denkschriften der AUg. Schweiz.
Gesellschaft für die gesamten Naturwissenschaften" erschienen
{Bd. XXXV. 1896).
2. £>if Fundsckichien. In Thaingen waren die Funde aus den
zwei Kulturschichten nicht auseinander gehalten worden, um so mehr
musste man wünschen, dass im Schweizersbild die einzelnen Schichten
und ihre Einschlüsse sorgfaltig geschieden würden. Zu oberst,
direkt unter der Grasnarbe, lag eine Humusschicht, die mannig-
fache Störungen auftvies. Darunter befand sich die sogen, schwarze
KulturschJcht, die besonders in der Nähe der Felswand grosse
Mengen von Aäche in sich schloss. Sie enthält aber auch rohe
Thonscherben, geschliffene Steine und andere Objekte aus der Zeit,
da das Schleifen und Polieren des Steins allgemein geübt wurde,
also aus einer Zeit, da die Tierwelt, wie wir sie in den grossen Höhlen-
funden kennen lernen, längst verschwunden war, um der jetzigen
Fauna Platz zu machen. Die Funde aus der schwarzen Kultur-
schicht waren zwar nicht so reichlich, dass man hätte annehmen
zed.yGOOgle
Die Eisieit oder das Diluvium. 57
können, der Mensch wäre zur Zeit ihrer Bildung am Schweizers-
bild wohnhaft gewesen, wohl aber mag er sich zeitweilig dort auf-,
gehalten haben.
Unter der schwarzen Kulturschicht folgte eine Lage von Ge-
steinstrummem, zwischen denen zahlreiche Reste von Nagetieren ge-
funden wurden; dann folgte nach unten die „gelbe Kulturschicht",
in welcher, wieder vermengt mit Gesteinstrümmem, Tausende und
Abertausende von bearbeiteten Feuersteinen lagen, Kernstücke, Ab-
fälle, sowie viele Silexgerate, femer Knochen und Knochengerate,
Schmucksachen aus Gagat oder Pechkohle, aus durch lochten
Muscheln u, s, w. Das waren dieselben Spuren des Menschen, wie
sie aus dem Kesslerloch bei Thaingen, oder aus der nahe dem
Schweizersbild gelegenen Höhle im Freudenthal bekannt geworden:
Es waren die Spuren des diluvialen Rentierjägers.
In der gelben Kulturschicht fand man auch mehrere Feuer-
steilen oder Herdplätze, Einer derselben ist vorsichtig heraus-
genommen und im Schweizerischen Landesmuseum aufgestellt worden.
Auch Arbeiisplätze^ gekennzeichnet durch Steinplatten und Klo£f-
steine, sowie durch ringsum angehäufte Abfälle von Feuersteinen,
wurden konstatiert und zwai^ sowohl in der gelben, als in den
schwarzen Kulturschicht.
¥
Humusschicht
Schwarze Kultuncbicht
Obere Nagetienchicht
Gelbe Kolturachidii
Untere Nageüerschicht
Alle bisher genannten Schichten sind stellenweise gestört;
darum fand man in der obern Kulturschicht hier und da Gegen-
stände, die aus der tiefer liegenden gelben oder paläolithischen
Schicht stammten; ebenso Tierreste aus der Nagetierschicht und
umgekehrt. Diese Schichtenstörung rührte her von Gräbern. Es
zed.yGOOgle
5 8 Ente* Kapitel.
sind über zwd Dutzend solcher Gräber am Schweizersbild entdeckt
worden, aber keines barg die Reste des Dituvialmenschen. Die
ältesten Gräber gehören der jüngeren Steinzeit an. Wir werden
sie später betrachten und sehen, dass sie zum Teil unser volles
Interesse in Anspruch nehmen dürfen.
Unter der gelben oder paläolithischen Kulturschicht lag wieder
eine Nagetierschicht, die ihrerseits auf einem Bette von gerollten
Kieseln ruhte, das in den ersten, vorläufigen Publikationen irriger-
weise als Diluvium bezeichnet wurde. Es ist Anschwemmungs-
material des Freudenthaler Baches,
Die Schichten, die wir eben genannt haben, bedeuten nur
Hauptabteilungen im Profil vom Schweizersbild, wie sie besonders
im östlichen Teil des Ausgrabungsgebietes klar zu Tage traten.
Einige derselben gingen ineinander über, andere keilten sich aus,
so z. B. die obere Nagetierschicht. Nach der Angabe M, Boüle's,
der den Ausgrabungen mehrere Tage lang beiwohnte, war die obere
Nagetierschicht im ostlichen Teil durch eine sterile Kiesbank in
zwei Abschnitte getrennt Gegen die Felswand ging die schwarze
oder neolithische Kulturschicht ganz in eine „Aschenschicht" über.
Nach Westen nahmen die Kulturschichten ab und scheinen stellen-
weise gefehlt zu haben. Im Ganzen war die östHche Hälfte
reicher an Funden, als die westliche; am zahlreichsten waren jene
in der Mitte, d. h. in den zuerst geöffneten Gräben.
Interessant ist die Angabe, dass sogar in der untern Nagetierschicht
eine Feuerstelle nachgewiesen worden sei. Produkte von Menschen-
hand Hessen sich ebenfalls bis in diese Schicht hinunter verfolgen.
3. Artefakte aus Silex, Knochen, Gagat u. s. w. Bei den Arbeits-
plätzen der gelben oder rentierzeitlichen Kulturschicht lagen steinerne
Klopfer. Rundliche Steine wurden auch bei den Feuerstellen ge-
funden. Man bezeichnet sie als Hitzsteine, Glühsteine u. s. w. und
glaubt, sie hätten zum Erhitzen des Wassers gedient. Das Wasser
mochte in lederne Säcke oder ausgehöhlte Holzstöcke gefasst worden
sein und, um es zu erhitzen, warf man glühend gemachte Steine in
dasselbe, wie das noch von heute lebenden Naturvölkern, z, B. in
Nordwest-Amerika, berichtet wird.
Die eigentlichen Steingeräte vom Schweizersbild bestehen aus
Feuerstein und sind sehr zahlreich. Bei der Kleinheit derselben fragt
man sich unwillkürlich, ob es denn möglich sei, mit dergleichen Werk-
zeugen zu arbeiten und gar feine Zeichnungen zu gravieren, wie sie
in Thaingen gefunden wurden und auch im Schweizersbild nicht völlig
fehlen. Da war es denn ein günstiger Zufall, dass Dr. Hausler, der
die Ausgrabungen eine Zeit lang dirigierte, in Neuseeland selbst mit
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluviam. cg
solchen Objekten hatte arbeiten sehen. Er konnte uns über die ver-
schiedenen Formen und deren Handhabung belehren und den Be-
weis erbringen, dass man mit derartigen Messern, Sägen, Schabern,
Glattem, Höbein, Spitzen, Bohrern, Gravierinstrumenten u. s, w.
recht wohl feine Arbeiten erzeugen könne, wenn die nötige Zeit
nicht fehle und Kopf und Hand geschickt genug seien. In der
Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft SchalThausen vom 9, No-
vember 1891 wies er auf die Maon Neuseeland's hin, namentlich
die Arawastamme. Diese sind berühmte Holzschneider, welche mit
den einfachsten Geräten ihre Kunstwerke anzufertigen wissen.
Dr. Häusler beschrieb sodann nicht weniger als 35 verschiedene
Feuersteinwerkzeuge vom Schweizersbild, „die zum Schmieden,
Sägen, Meissein, Hobeln, Bohren, Schaben, Polieren, Ritzen und
Zeichnen gedient haben."
„Offenbar waren die Rentierjäger mit der Natur der einzelnen
Varietäten unserer jurassischen Feuersteine sehr vertraut Gewisse
Silexarten (wie die harten , spröden , bräunlichen ,) eignen sich
besonders zu Messern, andere, wie die milchweissen , die nicht
leicht splittern, zu breiten, konvexen Schabern, und die gelblich-
braunen, weichen Varietäten zu den grossen, konkaven Schabern
und Hobeln."
„Durch Schlag und Druck wurden die später noch mehr oder
weniger zugearbeiteten Splitter abgesprengt Messerchen, also gerade
die in Museen und Sammlungen den Ehrenplatz einnehmenden
Feuersteinwerkzeuge, sind am leichtesten herzustellen. Bei etwas
Übung springen solche mit jedem Schlage auf die Kante einer
scharfen Bruchfläche ab. Die kleineren, mehr oder weniger quad- v
ratischen Instrumente mit Hobelkanten dagegen scheinen durch '
bedeutenden Druck hergestellt worden zu sein."
„Aus der Art der Abnutzung der Kanten und Spitzen können
wir in der Regel schliessen, zu welchem Zwecke das Instrument
diente, das heisst, ob sogenannte Messer zum Schneiden von Holz,
Geweih, Häuten oder Fleisch benutzt wurden. Beim Bearbeiten von
harten Substanzen brachen oft Stücke der Schneide und der Spitze
ab; es entstanden dadurch neue Instrumente, wie Bohrer, Hobel
und Sägen, die zum neuen Zweck noch weiter vervollkommnet
wurden. Es ist daher irrig, der allgemeinen Form so viel Wichtig-
keit zuzuschreiben, wie dieses meistens geschieht Auch das Studium
modemer Steinwerkzeuge beweist, dass die allgemeine Form oft
zufällig ist und dass in solchen Fällen die Beschaffenheit der Kanten
oder einzelner Partien derselben und der Spitze beim Klassifizieren
von höchster Bedeutung ist"
zed.yGOOgle
6o Erstes Kapilel.
„Nach der Art der Anwendung zerfallen die Feuersteinwerkzeuge
in Messer, Sägen, Ziehmesser, Schaber, Hobel und Bohrer, Meissel,
Keile und Hämmer, und diese wieder in zahlreiche Unterabteilungen."
„Die Messer sind verschieden, je nachdem deren ganze Kante,
bloss die vordere Hälfte oder nur die Spitze gebraucht wurde. Sie
umfassen sieben leicht unterscheidbare Typen zum Zerschneiden von
Fleisch, Tierfellen, zum Einritzen von Furchen und zum Ausschneiden
von Nadeln, Meissein, Pfeilspitzen u. s. w. aus Knochen und zum
Zuschneiden von Geweihen, Je nach dem Zwecke ist die Form
länglich, elliptisch, pfeilspitzähnlich und die schneidende Spitze
gerade oder gebogen und in der Mittellinie oder seitlich gelegen.
Selbstverständlich sind Grösse, allgemeine Form und Anzahl der
Sprengflächen je nach der Natur des Feuersteins und der Ge-
schicklichkeit des Arbeiters verschieden, was beim Vergleichen der
vielen hundert Exemplare leicht ersichtlich ist"
„Die Sägen besitzen entweder eine gerade oder eine gezähnte
Schneide. Sie sind meistens klein und äusserst kunstvoll gearbeitet.
Die eigentlichen feinen Sägen mit sorgfältig abgerundetem Rücken
zum Schutze des Zeigefingers dienten wohl hauptsächlich zur Her-
stellung von kleinen Homplättchen."
„Mit den sogenannten Ziehmessern wurden sehr verschieden-
artige Arbeiten ausgeführt, Tierfelle gereinigt, scharfe Kanten an
Holz und Hörn entfernt u. s. w. Sie sind oft an beiden Enden
sorgfältig bearbeitet, um die Finger nicht zu verletzen."
„Schaber, Hobel und Polierer bilden drei wichtige Gruppen
von Werkzeugen, von denen die Ausgrabungen eine grosse Menge
zu Tage förderten."
„Aus der Beschaffenheit der Spitzen und Kanten, die oft fein
abgerundet sind, der Länge und Stärke des in der Hand gehaltenen
Teiles, der grösseren oder kleineren Konkavität und der Bearbeitung
des beim Gebrauche die Handfläche berührenden hinteren Endes
lässt sich der Zweck der verschiedenen Formen erkennen. Die
Werkzeuge zum Reinigen der Tierhäute, zum Aushobeln der kon-
kaven Meissel und zum Polieren der feinen Nadeln können als die
Haupttypen der Gruppe gelten. Die letzteren waren in der be-
nachbarten Freudenthaler Höhle häufiger als im Schweizersbild,"
„In grosser Mannigfaltigkeit und in auffallend kunstvoll ge-
arbeiteten Exemplaren traten die Bohrer auf Die Häufigkeit
einiger Formen Hess das Auffinden zahlreicher Bruchstücke von
Kommandostaben mit Tierfiguren erwarten, da sie zum Bohren der
Löcher gedient haben, welche diese auszeichnen. Grosse Be-
wunderung erregten die kunstvoll und scharfsinnig konstruierten
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 5j
Centrumbohrer mit nadelfeiner, allseitig abgerundeter Spitze. Die
verschiedenen zum Durchbohren von Knochen, Hörn, Zähnen, Holz
und Fellen dienenden Formen sind gut charakterisiert, auch infolge
ihrer Vielgestaltigkeit und Ausstattung von hohem Interesse."
Die Knochen im Schweizersbild sind fast ausnahmslos zer-
schlagen, sofern sie markfiihrend waren. An manchen derselben
sieht man die Schlagspuren, und aus der Art, wie die Markknochen
zerschlagen wurden, erkennt man die Arbeit des Menschen. Die Tibien
des Rens sind z. B. immer bei der Epiphyse abgebrochen, was
nicht der Fall sein konnte, wenn zufällige Schläge dieselben zer-
trümmert hätten. Hier und da bemerkt man unregelmässige Kerben
auf den Knochen, die von Insektenlarven herrühren, ferner Wurzel-
eindrücke, sodann Schnitte, die leicht als Arbeit mit schneidenden
Werkzeugen (Feuersteinmessem u. dergl.) zu erkennen sind. Ebenso
ist es mit den Stücken aus Rentierhom.
An Geräten aus Knochen und Hom ist kein Mangel. Da sind
Ahlen und Pfriemen, Meissel, Speerspitzen, Pfeifen aus Rentierknochen
und IJadclo von grosser Feinheit, mit oder ohne Ohr, zum Teil aus
Elfenbein bestehend. Seltener kommen Harpunen vor, häufig durch-
bohrte Geweihstangen u. s. w.
Die Zahne wurden durchlocht und zu Schmuck verwendet.
Der Rentierjäger vom Schweizersbild sammelte auch Versteine-
rungen, z. B. Cerithiuoi und Haifischzähne (Lamna), Pectunculus, '^
Turritella u. s. w., um sie als Schmuck umzulegen. Zu Schmuck-
sachen wurde ferner_Gagat oder Liaskohle verwendet, ähnlich wie )
in Thaingen, Freilich muss man s^en, dass Schweizersbild in Be-
zug auf Reichtum an Schmucksachen bedeutend hinter dem Kessler-
loch zurücksteht. Dies gilt auch für die Zeichnungen.
4. Ornamente und Zeichnungen. Schon in der ersten Aus-
grabungs-Campagne im Schweizersbild war ein Fragment eines sogen. '■
Kommandostabes zum Vorschein gekommen, der ein Stück einer
Rentierzeichnung trug. Später fand man noch andere Gravüren;
zahlreicher jedoch sind die eingeritzten Kerben,- Striche und Strich-
systeme, also die Ornamente. Es ist zwar, wie schon oben be-
merkt, ganz unmöglich, zu erkennen, ob wir in den einfachem
dieser Ornamente nicht etwa Eigentumszeichen oder Stammesraarken
vor uns haben, vielleicht sogar Schriftzüge (wie auf den „Boten-
stöcken" der Australier), aber wenn das auch der Fall war, so
haben wir doch bei den meisten derselben anzunehmen, dass sie
in zweiter Linie einem ästhetischen Bedürfnis entgegen kamen, also
Ornamente sind.
zed.yGOOgle
62 Erstes Kapitel.
Bei einem pfeilartigen Gerät aus Knochen, das der gelben
Kulturschicht entstammt, bemerkt man ein fischgrätartiges Muster,
bestehend in schräg gegen einander laufenden, kommaförmigen
Kerben. An andern Stücken sind Parallelstriche zu sehen.
Ein Harpunenfragment, das auf beiden Seiten Zähne besass,
welche aber nur noch als Stummeln vorhanden sind, trägt im
Mittelteil je drei Parallelen, die im Zickzack angeordnet erscheinen,
ohne sich jedoch zu berühren. Ein anderer ornamentierter Knochen
zeigt ein wirkliches Zickzackmuster.
Der gelben Kulturschicht entstammt ein Stück eines Röhren-
knochens , auf welchem Rechtecke eingraviert sind. Jedes der
Rechtecke ist durch zwei Längslinien in drei Zonen abgeteilt und
jede äussere Zone wurde durch Querstriche in kleine Rechtecke
zerlegt
Als Material sind von den zeichnenden Troglodyten häufig
I Geweihstangen benutzt worden. Im Schweizersbild fand sich auf
' einer solchen Stange eine Fischzeichnung. Das Rentierbild, von
dem wir oben sprachen, ist nur fi'agmentarisch erhalten. Deudich
sind die Vorderbeine sichtbar, ebenso ist die Brustlinie zu erkennen.
Weniger leicht wird man über einige Striche klar werden, die viel-
leicht Barthaare vorstellen. Die Füsse sind schlecht gezeichnet und
scheinen in Grasbüscheln zu stecken. Die Bauchlinie ist deutlich.
Von derselben gehen zwei Parallelen gegen den Rücken. Bei den
Hinterbeinen ist der Stab abgebrochen; auch der Rücken des Tieres
fehlt. An Stelle des Kopfes sieht man eine Anzahl Furchen, die nichts
erkennen lassen und etwas weiter vom befindet sich das Loch des
hier abgebrochenen Kommandostabes. Das interessante Stück wurde
von Dr. Häusler selbst gefunden.
Ein Kommandostab mit Zeichnung von zwei Diluvialpferden
kam 1893 zum Vorschein. Er fand sich in einer Nische im nord-
östlichen Teil der Felswand und zwar auch in der gelben Kultur-
Schicht. Das Stück wurde mit Sorgfalt herausgenommen, war aber
so mürbe, dass Teile abbrachen. Jetzt ist es restauriert und mit
den andern wichtigeren Funden aus dem Schweizersbild im Landes-
museum in Zürich aufgestellt
Schon anlässlich der zweiten Ausgrabungs-Campagne, im Jahre
1892, war ein weiterer Fund gemacht worden: Ein Kalkplättchen
mit vielen Tierzeichnungen. Am 10. Oktober 1892 wurde, wie
Dr. NCesch berichtet, eine Felsnische au^eräumt 2 m tief unter
der ursprünglichen Oberfläche, in der gelben Kulturschicht, fanden
sich zerschlagene Knochen und Zähne von Ren und Pferd, wohl-
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 63
erhaltene Kieferstücke des Alpenhasen, sowie bearbeitete Feuersteine.
Da entdeckte ein Arbeiter ein Kalksteinplättchen mit Kritzen, ein
ajiderer Arbeiter wusch es und sah Zeichnungen auf demselben.
Das Plättchen war unr^elmässig, ca. 8 cm lang und 4'/^ bis 7 cm
breit. (Fig. 30).
Auf der einen Seite sind drei Tierzeichnungen. Ein eselartiges
Tier mit schmalem ICopf, langen aufgerichteten Ohren, schlankem
Leibe, dünnen Beinen und langem Schwanz repräsentiert wohl den
Kulan oder den durch Zähne im Schweizersbild nachgewiesenen
Fig. 30.
SteinpISItchen mil eingeriUlen Zeichnungen, vom Schweizersbild.
Nach Pholographit.J
Wildesel (Dschiggetai = Equus hemionus). Er schaut nach links, ähn-
lich dem Ren auf dem ersterwähnten Kommandostabe. Unter dem
Wildesel befindet sich die Zeichnung eines fiillenartigen Tieres, das
mit eingezogenem Hinterleib den Eindruck erweckt, als sei es eben
sehr erschreckt worden oder wittere Gefahr. Weniger charakteristisch
ist ein drittes Tier, das im Gegensatz zu den beiden Gefährten nach
rechts läuft. Die Zeichnung desselben liegt schräg gegen den Hals
des Wildesels. Der Zeichner wollte wohl ein Rentier darstellen.
Die Hinterseite des Plättchens weist ein eigentliches Gewirr
von Linien auf. Zwei Pferde mit aufgerichteten Mähnen sind in
aniger Deutlichkeit zu erkennen, ferner ein drittes Tier, dessen
Kopf aber wegen des abgebrochenen Plattenstückes fehlt, endlich
zed.yGOOgle
einige andere Tiere oder besser gesagt, Tierfragmente, deren Deu-
tung sehr schwer ist und in deren einem man sogar ein Mamut
sehen will.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass auch im Schweizersbild
eine interessante Fundstelle vorliegt. Wissenschaftlich wichtig aber
sind neben den menschlichen Überbleibseln besonders die Tierreste
dieser Station.
S- Die Fauna. Wenn das Kesslerloch in Bezug auf die Frage,
was fiir Spuren seines Könnens der Diluvialmensch hinterlassen,
unter allen Rentierstationen der Schweiz die beste Antwort hatte
geben können, so ist es das Schweizersbild, dessen Funde uns den
genauesten Aufechiuss über die Tierwelt der Schweiz in jener Zeit ver-
mitteln. Besonders die kleinen Säugetiere, unter welchen viele Charak-
tertypen sich finden, sind in dieser Beziehung höchst interessant und
ei^änzen und berichtigen die Folgerungen, die man aus dem Auf-
treten ausgestorbener oder ausgewanderter Säuger gezogen hat, in
erwünschtester Weise. Genaue Aufechlüsse über die Fauna vom
Schweizersbild verdanken wir vor allem den Professoren Nehring
und Studer, von denen der erstere mehr die kleineren Tiere, der
letztere die grössern bestimmte.
Aus der grauen (neolithischen) Kulturschicht vom Schweizersbild
bestimmte Nehring das Eichhörnchen, den Baummarder (Mustela
martes), Fuchs, Schermaus (Arvicola amphibius), Maulwurf u, s. w,
Studer stellte in derselben Schicht die Anwesenheit folgender Tier-
spezies fest: Edelhirsch (Cervus elaphus), Reh (C. capreolus), Wild-
schwein, Torfrind, Pferd, Braunbär {Ursus arctos), Dachs, Marder,
Maulwurf, Schneehase, Schneehuhn, Ren u. s. w. Das ist nun eine
charakteristische Waldfauna.
In der oberen Nagetierschicht fand NEHRrNC den Gartenschläfer
{Eliomys sp.), die Maus {Mus agrarius?}, Maulwurf, Spitzmäuse,
Schermaus, andere Wühlmausarten, worunter Arvicola ratticeps,
eine Hasenart, den Zwerg-Pfeifhasen (Lagomys pusillus), das Hermelin,
das kleine Wiesel, das Ren, mehrere Vögel, eine Schlange und eine
Kröte, Studer traf einige Arten, die ein Gemisch von Wald- und
Steppenfauna bezeichnen.
Aus der gelben Kulturschicht konnte Nehring feststellen: An'i-
cola amphibius. Wühlmausarten, Hamster (Cricetus frumentarius),
Maulwurf, eine Zieselart: Spermophilus Eversmanni, den Zwerg-Pfeif-
hasen und mehrere Vogelarten, Studer fand in dieser Schicht
zahlreiche Reste vom Ren, Schneehasen, Diluvialpferd, Vietfrass,
Höhlenbär, Eisfuchs, Wolf, Urstier, Steinbock und Birkhuhn.
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 65
In der untem Nagetierschicht konstatierte Nehrisg den Pfeif-
hasen (Lagomys pusillus), eine Hamsterart, viele Wühlmausreste,
worunter Arvicola gregalis und A, nivalis, einige Reste des Hasen,
Sorex und Talpa, zahlreiche Spuren von Schneehühnern und be-
sonders viele Reste des Halsband-Lemming's (Myodes torquatus).
Studer fugt dieser Liste bei: Ren, Schneehase, eine kleine Pfeif-
hasenart, Eisfuchs, Schneehühner u. s. w. Hier findet sich also
einerseits eine arktische, anderseits eine subarktische Steppenfauna
angedeutet. Ein charakteristischer Vertreter der ersteren ist der ■
Halsband-Lemming. Seine Reste fanden sich am tiefsten, die andern
Lemmingsknochen lagen höher. Nach oben verschwanden sie ganz,
während die Knochen der eigentlichen Steppennager an Zahl zunahmen,
bis auch sie weiter oben durch eine Wald&una verdrängt wurden.
Nach NEHRI^fG's Ansicht haben wir also im Schweizersbild, wie an
vielen andern diluvialen Fundorten Mitteleuropa's, z. B, in Thiede
bei Wolfenbüttel, zuerst eine Tundren-, dann eine Steppenfauna und '
endlich die Wald- und Weidefauna.
Die untere Breccienschicht gehört grösstenteils der Lemmings-
zeit an, doch treten neben den arktischen Gattungen auch Repräsen- ',
tauten der subarktischen Steppenfauna auf, z. B. Cricetus phaeus,
Lagomys pusillus und Arvicola gregalis.
In der gelben, paläolithischen Kuiturschicht sind die Lemminge
verschwunden, dagegen behaupten sich die Steppennager, zu denen
noch eine Spermophilusart kommt
Die graue oder schwarze Kuiturschicht enthält keine Reste von
Steppennagern; es herrscht die heutige Waldfauna.
Es erübrigt uns noch, mit einigen Worten einzutreten auf das
6. A/ter der paläolithischen oder gelben Kuiturschicht. Wenige
hundert Meter östlich vom Schweizersbild befindet sich eine Moräne
des Rheingletschers mit typischen Bündnei^esteinen. Sie gehört
zweifelsohne der dritten Eiszeit an. Dicht neben ihr zieht sich das
sog. Muzenthäli ins Fulachthal hinunter. Dieses Muzenthäli ist ein
alter Bachlauf, sei es, dass der Bach aus dem Freudenthal oder gar
die Durach aus dem Merishauserthal dereinst diesen Weg genommen.
Jeder der genannten Bäche floss am Schweizersbild vorbei und die
Fundschichten daselbst ruhen auf dem Bachschotter, sind also jünger.
Die Wasser, welche einstmals durch das Muzenthäli flössen,
haben die erwähnte Moräne zum Teil verschwemmt. Die Ab-
lagerungen dieser Wasser sind demnach jünger als die Moräne.
Da nun die Fundschichten vom Schweizersbild auf den Bachschottern
liegen und diese jünger sind als die Moräne der dritten Eiszeit, so
darf mit Sicherheit angenommen werden, dass die paläolithischen
HciErli, Urgeichichle &a Schwell. 5
zed.yGOOgle
66 Erstes Kapitel.
Funde vom Schweizersbild nacheiszeitlich oder postglacial seien,
\ gerade so wie die Höhlenfunde von Thaingen auch nach der Eiszeit
abgelagert wurden. Die ältesten Spuren des Menschen in der Schweiz
sind also postglacial und der eigentliche Diluvialmensch ist bis jetzt
in unserm Lande noch nicht nachgewiesen worden.
G. Die Kultur der palftollthlschen Zelt.
1. Allgemeine Betrachtungen. Die Kosmogonien der Babylonier
und Phönikier, der Perser, der Römer und vieler änderer Völker
erzählen uns übereinstimmend, dass das Menschengeschlecht zuerst
eine sehr niedere Kulturstufe eingenommen^ ja der neu platonische
Philosoph PoRPHVRius lässt einen Gedanken aufblitzen, den erst die
Neuzeit recht erfasst hat, wenn er in seinem Werke über die Ent-
haltsamkeit sagt, die Tiere seien die nächsten Verwandten des
Menschen und mit ihm gemeinsamen Urspnii^s.
Die Idee vom niederen Urzustände unseres Geschlechts ist
durch die prähistorische Forschung bestätigt worden. Wenn wir
uns noch einmal das, was sich über das Leben der Höhlenbe-
wohner von Thaingen und der Rentierjäger vom Schweizersbild aus
den Funden erschliessen lässt, vergegenwärtigen, so werden wir ge-
tehen, dasÄ jene ältesten Bewohner Schaffhausen's im ganzen doch
eine tiefe Stufe auf der Leiter menschlichen Wissens und Könnens
eingenommen haben. Sie verstanden ja noch nicht, Hütten zu
bauen; ihre Waffen und Geräte waren aus Stein, Knochen, Hom
u. dergl, geformt, von der Kenntnis der Töpferei findet sich keine
Spur. Jene Leute wussten nicht, aus Fasern Gewebe zu bereiten
und hatten keine gezähmten Tiere. Der Ackerbau war ihnen fremd,
die Metalle kannten sie nicht.
Wenn die Kultur immer abnimmt, je tiefer wir in die Ver-
gangenheit hinuntersteigen, so licsse sich vermuten, dass auch in
den körperlichen Resten des Menschen vergangener Epochen sein
niederer Kulturzustand ausgeprägt erschiene, dass besonders am
Schädel, diesem „Geföss des Geistes", eine Inferiorität der alten
gegenüber den heutigen Rassen nachzuweisen wäre. Wirklich hat
man früher an einem Schädel, der in Cannstatt (Württemberg) neben
Mamutresten gefunden «orden sein sollte, die mächtige Entwickelui^
der Augenbrauenhöcker hervorgehoben und ihn als Repräsentant
einer tiefstehenden europäischen Urrasse angesehen, aber dieser
Schädel stammt nach den neuesten Forschungen aus einem hoch
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. g?
über der Matnutschicht befindlichen frankischen Gräberfeld, ist also
durchaus nicht prähistorisch. Noch berühmter ist der Neanderthal-
schädel geworden, der in einer kleinen Höhle des Neanderthals un-
weit Düsseldorf gefunden wurde und einem Menschen mit geradezu
affenartigem Aussehen angehört haben soll. Nun hat aber Virchow
nachgewiesen, dass derselbe durch Krankheitszustände von Jugend
an pathologisch beeinflusst wurde. Zudem ist auch bei diesem
Schädel das diluviale Alter nicht sicher zu beweisen. Im Jahr 1865
entnahm Dupont der belgischen Höhle La Naulette ein Schädel-
fragment, das in derselben Schicht mit Mamut- und Rentierresten
gelegen hatte. Mortillet glaubte, der Mensch, von dem das Frag-
ment stammt, habe noch keine Sprache besessen.
In der Schweiz sind bis jetzt keine Skeletteile von Diluvial-
menschen gefiinden worden. Überhaupt gehören diese Funde zu
den Seltenheiten und die vorhandenen sind oft in Bezug auf
Alter und Fundverhältnisse unsicher. Wenn wir das zuverlässige
Material allein sprechen lassen und besonders auch die Gesetze
beachten, welche die physische Anthropologie an den Schädeln der
heute lebenden Völker und Stämme erkannt hat, so kommen wir
durchaus zu andern Schlüssen, als den oben angedeuteten, die aus
einer Zeit stammen, in welcher man nur wenig einschlägige Funde
besass.
Die Anthropologen haben längst eingesehen, dass sie sich ein
möglichst grosses Untersuchungsmaterial verschaffen und dasselbe
nach einheitlichen Gesichtspunkten verarbeiten müssen. Darum
sind denn auch grosse Schädelsammlungen angelegt worden und
ausserdem wurde, von Virchow angeregt, eine Statistik der Farbe der
Augen und Haare von über 10 Mill, Schulkindern aufgenommen.
Diese Statistik hat den Beweis geliefert, dass kein Volk von
Europa, keine Provinz, ja kein einziges Dorf nur von einer Menschen-
Varietät bewohnt wird, sondern dass überall die, Produkte einer
starken Kreuzung vorliegen. Sie lehrt aber auch, dass Klima,
Nahrung, kurz, die äussern Einflüsse nicht, wie man früher glaubte,
eine bedeutende Wirkung auf die Umwandlung der Varietäten des
menschlichen Geschlechtes ausüben. Die heutigen Völker Europa's
sind ausnahmslos sehr komplizierte Mischungen von mindestens
zwei Varietäten und ihrer Mischlinge.
Bekanntlich unterscheidet man nach der Form der Schädel
Langköpfe oder Dolichocephalen und Kurzköpfe oder Brachy-
cephalen. Kollmann u. a. haben ausser der Schädelform noch das
Gesicht in Betracht gezogen und unterschieden zwischen den
Chamaeprosopen mit breitem, niedrigem Gesicht und den Lepto-
zed.yGOOgle
6g Ent«s Kapilel.
prosopeti mit langem, schmalem Gesicht. Brett- und Schmalgesichter
finden sich nun sowohl bei Brachy-, als Meso- und Dolichocephalen.
So kann man rücksichthch der Schadelform 6 oder doch 5 Varie-
täten von Menschen unterscheiden:
1. Dolichocephale Leptoprosopen = langgesichtige Langschädel;
2. Dolichocephale Chamaeprosopen = breitgesichtige Langschädel;
3. Brachycephale Leptoprosopen = langgesichtige Kurzschädel;
4. Brachycephale Chamaeprosopen = breitgesichtige Kurzschädel;
5. Mesocephale Chamaeprosopen ■■ breitgesichtige Mittelschädel
und vielleicht
6. Mesocephale Leptoprosopen = langgesichtige Mittelschädel,
Diese Varietäten sind durch ganz Europa verbreitet, nur das
Zahlenverhältnis der Abkömmlinge der verschiedenen Kassen
ist je nach den Gegenden verschieden, und darin liegt zum Teil die
Erklärung dafür, dass jedes Land eine bestimmte rassen anatomische
Physiognomie zeigt. Es könne auch keinem Zweifel unterliegen,
meint Kollmafjn, dass jene Varietäten in alle Kontinente vorgedrungen
seien, um dort zu den von uns als Rassen bezeichneten Abteilungen
sich zu entwickeln.
Die obgenannten Varietäten sind nun aber nicht nur in der
jetzt lebenden Menschheit zu finden, sondern man konstatierte sie
z, B, auch in den Reihengräbem der Völkerwanderungs-Epoche, in
Gräbern und Grabhügeln römischer und vorrömischer Zeit, in Pfahl-
bauten und Höhlen, Man fand nie und nirgends eine einheitliche
Rasse, eine einzige Varietät, sondern soweit sich der Europäer
zurückverfolgen Hess, war er rassenanatomisch schon fertig; er war
nie im Werden, so tief auch die Forschung in das Dunkel der Vor-
zeit eindrang,
Kollmann hat ca. 1500 alte und neue Schädel aus Amerika
nach den Gesichtspunkten untersucht, die er fiir unsern Kontinent
aufgestellt und gefunden, dass die Urbewohner Amerika's auch keine
rassenanatomische Einheit gebildet hätten, sondern dass die Mound-
builders und Cliff-Dwellers denselben Rassen angehört haben, wie
die heutigen Amerikaner. Es scheint also sowohl für die alte, wie
für die neue Welt bewiesen zu sein, dass sich seit dem Diluvium
die Rassenmerkmale nicht mehr geändert haben. Der Mensch ist,
wie HuxLEY sich ausdrückt, ein Dauertypus, und das seit der Zeit,
aus welcher menschliche Skeletteile auf uns gekommen sind, also
seit dem Diluvium. Die in Höhlen und Anschwemmungsgebieten
aus diluvialer Zeit geborgenen Schädel und Knochen des Menschen
gehören zu denselben Typen, denselben Rassen, wie wir selbst
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 69
Seit dem Diluvium hat auch in Bezug auf manche Tierformen,
beispielsweise der Hirsche, wie ROtimeyer nachwies, keine Variation
mehr stattgefiinden.
Dieses Resultat der Forschung scheint in Widerspruch zu stehen
mit dem tiesonders durch Dabwin's Forschungen zur allgemeinen
Geltung gelangten Entwicklungsprinzip und ist natürlich von den
Gegnern der DARwiN'schen Lehre mit Genugthuung begriisst
worden. Kollmanh hat ihnen aber die Freude dadurch vergällt,
dass er bemerkt, die Periode der Variabilität für den Menschen
liege hinter dem Diluvium, vielleicht im Tertiär. Der „Tertiärmensch"
ist demnach wissenschaftlich anerkannt, bevor auch nur sichere
Spuren von ihm nachgewiesen sind.
Der Lehre Darwin's zufolge hat sich der Mensch, gleich allen
übrigen, höher ot^anisierten Formen des Tier- und Pflanzenreichs,
aus einer tieferstehenden Art entwickelt. Es ist zwar eine Fabel,
wenn behauptet wird, Darwin lasse den Menschen vom Affen ab-
stammen. Jedes gegenwärtig existierende Tier, jede Pflanze, stellt
eine Spitze am Baum der oi^anischen Welt vor, so auch der Mensch.
So wenig die aussersten Enden, die Spitzen einer Baumkrone un-
mittelbar miteinander in Verbindung stehen, eine aus der andern
hervoi^ewachsen sind, so wenig sind die jetzt lebenden Organismen
auseinander hervorgegangen. Aber die Zweiglein, an denen jene
Spitzen sich befinden, vereinigen sich beim Baume weiter unten zu
Zweigen, diese zu Asten, die Äste schliesslich zum Stammj aus
gemeinsamer Wurzel kommen Stamm, Äste, Zweige und Zweiglein.
Gerade so ist es in der organischen Welt Aus gemeinsamer Wurzel
scheinen die Lebewesen hervot^egangen zu sein, aber sie haben
sich differenziert, gleich den Asten und Zweigen des Baumes. Von
gemeinsamen Ausgangspunkten stammen Pflanzen- und Tiergruppen,
die sich heute nicht mehr gleichen. Diese Gruppen teilten sich im
Laufe der Zeit wieder und wieder, bis schliesslich die fast unend-
liche Mannigfaltigkeit der Formen entstand, welche wir vor uns sehen.
Es ist erhebend, zu denken, dass in der Zukunft die Differenzierung
immer weiter fortschreite, dass immer differenziertere Wesen die
Erde bewohnen werden, dass alles, alles der Vollkommenheit zu-
strebt.
Auch der Mensch bildet eine Spitze der Organismenwelt. Er
hat sich aus dem einfachen, primitiven Zustand herausgearbeitet zur
„Krone der Schöpfung". Die klare Erkenntnis des Entwicklui^s-
gesetzes sollte uns veranlassen, das immer mehr von uns abzustreifen,
was als Erbteil uralter Vergangenheit noch an uns haftet, sollte in
uns das Streben wachrufen, immer menschlicher zu werden.
zed.yGOOgle
■7Q Erste* Kapitel.
Was wir eben in kurzen Zügen geschildert haben, ist freilich
nur Hypothese, aber sie wird gestützt durch tausend Beobachtungen.
Wir dürfen also nicht vergessen, dass der Mensch der Ver-
gangenheit immer als Mensch uns entgegentritt, wo wir auch seine
Skeletteile finden. Noch ist der „pr^curseur de l'homme" nicht
gefunden und der „sprachlose" Urmensch ist noch nicht entdeckt.
Nach dem Gesetz der Entwicklung, darüber herrscht kein Zweifel,
muss dem heutigen Menschen ein primitiveres Wesen vorau^egangen
sein, aber gefunden haben wir es bis zur Stunde noch nicht.
Zu demselben Resultat über den Urmenschen, wie die Prähistorie,
ist die Ethnologie gekommen. Sie kennt Völker, die auf sehr ver-
schiedener Entwicklungsstufe stehen, aber sie findet nur immer
Menschen, wirkliche Menschen und nicht Vorläufer derselben. Man
hat eifrig nach den Unterschieden zwischen Mensch und Tier ge-
sucht und sie sowohl im Körperbau, als ganz besonders in den
geistigen Eigenschaften gefunden. Drei Hauptpunkte sind es, in
denen sich auch die tiefststehenden jetzt lebenden Völkerschaften
vor den höchstentwickelten Tieren unterscheiden: Der Mensch hat
einen aufrechten Gang; er ist im Besitz einer artikulierten Sprache
und kann Feuer machen. Was man früher berichtete über sprach-
lose Menschen, hat sich als Irrtum herausgestellt und „feuerlose
Menschen" giebt es auch nicht und gab es, soweit wir wissen, nie.
Der erste grosse Schritt zur „Menschwerdung" war der auf-
rechte Gang. Erst dadurch wurden die Arme und Hände frei
zu besserer Arbeit als zum Gehen; erst dadurch wurde die Stimme
feinerer Modulationen fähig; erst dadurch wurde der Kopf von der
Erde weg und „der Geist auf den Himmel, das All gerichtet".
Wenn man von den Urgütern der Menschheit spricht, so muss
vor allem die Sprache erwähnt werden. Welche Mittel der Ur-
mensch anwandte, um sich seinen Brüdern verständlich zu machen,
ist eine noch umstrittene Sache. Es wird behauptet, dass das
Kind in abgekürzter, sozusagen sprungartiger Weise die Entwicklungs-
zustände wiederhole, welche die Menschheit im Lauf von Jahr-
tausenden überwinden musste. Wir dürfen also hoffen, beim Kinde
die Hauptphasen der Sprachentwicklung unseres Geschlechts wieder-
kehren zu sehen.
Im Schrei des Kindes liegt das Wetterleuchten der Gedanken.
Der Schrei ist oft ein Ruf. Die Mutter versteht den Ruf und hilft.
Der Schrei ist überhaupt die Reaktion des Kindes gegen einen Ein-
griff in seine Existenz und der Schrei ist auch bei den Erwachsenen
das erste und oft sogar das einzige Mittel, das wir einem gewalt-
zed.yGOOg[e
Die Eiszeit oder das Diluvium. 7 j
Samen EingrilT in unser Leben entgegensetzen. Zum Ruf kommt
aber noch die Gebärde, Das Kind lernt die Gebärdensprache vor
der Lautsprache. Durch den steten Verkehr mit der Umgebung
lernt es allmählich die Laute fester fiigen: es lernt reden.
Der Besitz einer artikulierten Sprache ist eines der Merkmale,
die den Menschen vom Tier unterscheiden. Es ist gewiss, dass auch
die Tiere sich untereinander verständigen können, dass sie sich
Mitteilungen machen, dass sie sprechen. Auch sie haben ihre Warn-
und Lockrufe, ihre Signale u. s. w. Ähnlich hat auch der Urmensch
geschrieen und gerufen und erst nach und nach ist daraus die
artikulierte, die Lautsprache entstanden. Charakteristisch für die
menschliche Sprache, zum Unterschied von der tierischen, ist der
Umstand, dass unser Geschlecht von Gebärden und Lauten zu
Wurzelwörtem fortschritt, den Elementargebilden aller menschlichen
Sprachen.
Wie kam der Mensch zu den Wurzelwörtern? Nach der einen
Theorie geschah dies infolge der Lautnachahmung oder Onomatopöie.
Die Urmenschen lebten gesellig, sind ja doch auch die höchst-
entwickelten Tiere sogen. Herdentiere. Setzen wir den Fall, eine
Horde von Urmenschen hätte oft Ziegen beobachtet. Würde nun
einmal einer derselben von der Ziege etwas haben berichten wollen,
so hätte er vielleicht einfach den Schrei des Tieres nachgeahmt
und sofort wäre er von den andern verstanden worden; sie hätten
gemerkt, wovon er rede.
Eine andere Theorie ist von L. Geiger b^ründet und von
NoiEfi weiter entwickelt worden. Auch diese Forscher gehen von
der Annahme aus, dass der Mensch von Anfang an in Gesellschaft
gelebt habe. Sie versetzen ihn zudem in eine Natur, wo er arbeiten
musste. Nun wissen wir. dass überall da, wo einfache Leute in ge-
meinsamer, angestrengter Thätigkeit begriffen sind, sie diese Arbeit
mit Ausrufen, mit Lauten, begleiten. Das können wir heute noch
beobachten, wenn z. B. Arbeiter mit dem Rammklotz Pfähle in den
weichen Grund treiben, oder Balken schieben u. s. w. Diese Laute
nun sind nach Nome die Keime der Wurwln. Sie werden zu Be-
griffen, sobald sie bewusst als Zeichen fiir die Thätigkeit und ihre
Folgen benutzt werden.
Die von ihm verrichtete Thätigkeit und deren Ergebnisse waren
die ersten Objekte, die der Mensch erkannte; in ihnen vereinigten
sich die subjektiven Empfindungen mit den ausser uns liegenden
Objekten, Die Laute aber, welche jene Thätigkeiten begleiteten,
bilden die Elemente der Sprache. Da die Tiere dem Menschen
sehr nahe stehen, so wurden sie auch als ähnliche Wesen aufge-
zed.yGOOgle
72 Efstes Kapitel.
fasst und man legte ihnen einen thätigen Willen bei. Aber auch
die leblosen Naturkörper wurden von den Urmenschen mit solchem
Willen begabt und dadurch in den Bereich des menschlichen Denkens
einbezogen. Sagen doch jetzt noch unsere Kleinen, wenn sie sich
am Tisch gestossen: du böser Tisch.
Zuerst wurde also ein Laut auf eine Thätigkeit übertragen und
als zweiter Akt folgte die Personifizierung der den Menschen um-
gebenden Natur. Auch Eigenschaften konnten auf solche Weise
erfasst werden. Wenn der Wilde z. B. eine bittere Frucht ass, so
erschien ihm der Geschmack als beissend auf der Zunge und in
der That bedeutet bitter eigentlich beissend. Nach und nach wurden
immer mehr Begriffe gebildet; mit dem Denken entwickelte sich auch
das Sprechen und aus den ursprünglich Thätigkeiten bezeichnenden
Wortwurzeln entstanden im Laufe der Zeit die Wunderwerke der
Sprachen,
Die Reisenden, welche uns von den Australnegem, den Min-
copie's auf den Andamanen, den Buschmännern, Feuerländern oder
andern Völkerschaften mit primitiver Kultur erzählen, berichten
noch von einem andern allgemeinen Besitztume der Menschheit,
dem Feuer. Alle, selbst die rohesten Horden besitzen es, wenn
sie es vielleicht auch nicht selbst zu bereiten verstehen. Die Ur-
geschichte bestätigt dies für die vergangenen Zeiten und die Ethno-
logie fiir die heutigen Völker niederer Kulturstufe.
In den ältesten Ablagerungen, die menschliche Produkte ent-
hielten, fand man neben Artefakten auch Spuren von Feuerplätzen,
von Herdstellen.
Ein französischer Forscher hat das Feuer geradezu „die Mutter
der Zivilisation" genannt. Wie ist aber der Mensch in den Besitz
desselben gekommen? Nach der griechischen Mythe hat Prometheus
den .jgöttlichen" Funken im Himmel entwendet und auf die Erde
gebracht. Bei fast allen alten Kulturvölkern finden wir Spuren
göttlicher Verehrung des Feuers und einen Rest dieses Kultus hat die
katholische Kirche bis in unsere Zeit in ihrem „ewigen" Licht bewahrt,
Dass es jetzt noch Tausende von Feueranbetern giebt, ist bekannt.
Wenn der Baum, vom Blitzstrahl getroffen, aufflammte, oder
wenn im Vulkan die Feuer des Erdinnern emporzuckten, so be-
greift man leicht, welch grossen Eindruck solche Erscheinui^en
auf den primitiven Menschen machen. Aber von ihnen hat er das
Feuer nicht erhalten; laut aufschreiend wird er vielmehr entflohen
sein. Sollte die gewaltige Naturmacht in den Dienst der Mensch-
heit gezogen werden können, so musste es an einem Orte ge-
schehen, wo sie milde Wärme oder leuchtende Kraft spendete.
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder du Diluviun
73
wo sie gewissermassen Hausgenosse des Menschen geworden war.
Nicht umsonst werden die Feuer von Baku am KaspJschen Meer
seit alter Zeit verehrt.
Ist der Mensch einmal im Besitz des wohlthätigen Feuers, so
gilt es, dasselbe zu erhalten, um es beim Gebrauch stets zur Hand
zu haben. Die Australier lassen auf ihren Wanderungen von den
Weibern glimmendes Holz mittragen. Eine wichtige Erfindung des
Menschen war die Erzeugung des Feuers durch Reibung, Erst da-
durch wurde er eigentlich Beherrscher desselben.
Um das Feuer lagerte sich der Urmensch. Wo das Feuer, da
war sein Heim. Die Sorge, das Feuer des Herdes gegen Winde
zu schützen, führte zum Windschirm und dieser vielleicht zum
Hiittenbau. Mit dem Feuer konnte das Fleisch gedörrt und zur
Aufbewahrung geeignet gemacht werden, im Feuer röstete man
Kömer, mit Feuer brannte man später den Thon zu Gefässen und
noch später verhalf die Flamme dem Menschengeschlecht zur Herr-
schaft über die Metalle. Das Feuer war der erste Hausgenosse
des Menschen; nie hat man es zur Seite gestellt und heute noch
vollfuhren wir die schwierigsten Werke mit Feuerskraft,
2. Kulturstufen. Um die Höhe der Entwicklung eines Volkes
richtig zu erkennen, müssen wir einen Massstab haben, der das
Charakteristische der verschiedenen Kulturphasen angiebt und zu-
gleich einer sichern Bestimmung zugänglich ist Einen solchen
Massstab finden wir in der Art und Weise, wie jedes Volk seinen
Lebensunterhalt erwirbt, also in der Produktion, Diese ist abhängig
von der Lage, dem Klima und der Beschaffenheit der einzelnen
Länder und bedingt ihrerseits alle andern Kulturfaktoren. Schon
vor langer Zeit hat man daher von Jäger- und Fischervölkem ge-
sprochen, von Viehzüchtern oder Nomaden, von Ackerbauern und
von zivilisierten Nationen.
Der Diluvialmensch war ein Jäger, die Pfahlbauer (auch die-
jenigen der sogen. Steinzeit) beschäftigten sich hauptsächlich mit Vieh-
zucht und Ackerbau und diejenigen Völker, die eine phonetische
Schrift benutzen, rechnet man zu den Kulturvölkern. Der Ethnologe
verweist auf die Australier, die Buschmänner, die Feuerländer, Es-
kimo's u, s. w. als blosse Jäger- und Fischervölker. Nomaden leben
heute noch in manchen Gegenden Europa's und Asien's; zu ihnen
gehören auch die Hottentotten und einige Kaffemstämme. Sesshafte
Ackerbauer sind manche Negervölker und waren die Mexikaner und
Peruaner des vorcolumbischen Amerika.
Die fHihern Kultur-Geschichtsschreiber haben der Ansicht gehul-
digt, die zivilisierten Völker wären zuerst Jäger und Fischer gewesen,
zed.yGOOgle
74 Erstes KaptteL
dann Nomaden geworden, nachher zum Ackerbau voi^eschritten
und hätten endlich die Lautschrift erfunden. Heutzutage sieht man
die Sache von einem etwas anderen Standpunkte an, wenn auch jene
Hauptgruppen anerkannt werden.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Australier, die Mincopie's
der Andnmanen, die Buschmänner Südafrika's, die Feuerländer u. s, w,
die niederste Stufe der jetzt lebenden Menschheit repräsentieren.
Nach allem, was wir wissen, standen auch die Diluvialmenschen
Europa's ungefähr auf derselben Stufe, die man mit Morgan die
Wildheitsstufe nennen könnte. Alle diese Völkerschaften finsten ihr
Leben mit der Jagd und mit Pflanzensammeln. Was in Waid und
Flur Essbares sich findet, wird zu erlangen gesucht und dabei er-
kennen wir bereits die erste Arbeitsteilung nach Geschlechtem,
Während der Mann als Jäger auftritt und dem Wilde nachstellt,
sucht die Frau Beeren, Nüsse, essbare Kräuter, Wurzeln, u. s. w.
Das Schwergewicht der Gesellschaft der „Wilden" ruht dabei offen-
bar auf der Seite der Männer, neben denen die Weiber eine, oft zwar
nur wenig tiefere Stellung einnehmen.
Von der Stufe der Jäger und Pflanzensammler aus konnte sich
die Menschheit nach drei Seiten entwickeln. In denjenigen Gegenden,
wo die Jagd sehr ergiebig war, also viel Gewild lebte, lohnte sich
das Sammeln von Vegetabilien nicht so recht und es entwickelte
sich aus dem Jäger der Viehzüchter. An andern Orten, z. B.
auf der westlichen Halbkugel, herrschte Mangel an leicht zahmbaren
Tieren, wogegen die Pflanzenwelt einige Arten darbot, die leicht
in den Dienst des Menschen gezogen werden konnten. So entstand
der Ackerbau. An einer dritten Stelle der Erdoberfläche verlegten
sich die Bewohner nach Überwindung des Jägerlebens auf Viehzucht
und Ackerbau zugleich. Wir werden sehen, dass die Pfahlbauer
Europa's schon in der Steinzeit nicht bloss alle wichtigeren Haustiere
besassen, sondern auch den Acker bebauten und die wichtigsten
Getreidesorten anpflanzten.
Die Menschheit ist aber nicht plötzlich von der Stufe der Jäger
und Pflanzensammter zu derjenigen der Viehzüchter fortgeschritten
oder direkt zum Ackerbau gelangt, sondern es waren beides die
Früchte langer Zeiträume der Entwicklung. Der Jäger hat einen
genauen Einblick in das Leben der Tiere, die er erlegt. Nicht alle
stehen ihm gleich feindlich gegenüber; mit manchen befreundet er
sich sogar. Zur Kurzweil und zum Vergnügen wird der Jäger der
Vorzeit, wie der heutige Wilde, hier und da ein junges, niedliches
Tier lebend heimgebracht und es gepflegt haben. Gewiss sind
manche derartige Versuche gemacht worden und werden heute noch
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. TC
gemacht, nicht alle mit demselben Erfolg. Einige Tiere schmiegen
sich in der Gefangenschaft den neuen Verhältnissen an, befreunden
sich gewissermassen mit ihrem Herrn, andere nicht. Der Mensch
seinerseits sieht ein, da.ss ihm die neuen Hausgenossen mancherlei
Nutzen gewähren, dass sie ihm besonders auch für den Fall der
Not mit ihrem Fleisch, ihrem Pelz, ihrem Geweih u. s. w. dienen
können. Was er anfangs nur zum Vei^ügen that, thut er jetzt
mit Absicht. Wenn er die Tiere zuerst ohne genaue Wahl an
sich heranzog, wählt er sich jetzt die tauglichsten Arten aus, nicht
um sie nur zeitweilig, sondern bleibend bei sich zu haben. Die
Pflege dieser Haustiere wird mehr und mehr Hauptbeschäftigung;
die Jagd tritt allmählich zurück. Bietet eine Gegend nicht mehr
genug Futter für das Vieh, so sucht man ein neues Weideland. So
wird der Viehzüchter zum Nomaden.
Sobald der Mensch einsehen gelernt, welchen grossen Nutzen
ihm die Haustiere gewähren, wird er suchen, dieselben möglichst
zu mehren und für die besten Weideplätze zu sorgen. Das aber
hat oft Streit mit andern, Raub und Diebstahl zur Folge. Der
EigentumsbegrifT hat jetzt einen sehr reellen Gehalt bekommen, der
im Notfall mit Gewalt gegen jedermann geltend gemacht wird.
Dies alles führt zu militärischer Oi^anisation, die, verbunden mit
der Beweglichkeit des Nomaden überhaupt, oft einen durchaus
^ressiven Charakter annimmt. Die grossen Eroberer der Urzeit
waren Nomadenstämme.
Bei den viehzüchtenden Nomaden hat das Weib eine tiefe, eine
unwürdige Stellung. Sie wird zur Sklavin des Mannes, der alleiniger
Herr des Eigentums ist, da er ja allein für den Lebensbedarf sorgt.
Anders bei den Ackerbauern.
Auf der primitivsten Kulturstufe, wie sie z. B. die Australier
repräsentieren, bildet neben der Jagd, die von den Männern aus-
geübt wird, das Pflanzensammeln die zweite Art des Nahrungserwerbes
und dieses liegt den Frauen ob. Ihr Sammeln ist ein Ernten ohne
vorheriges Säen und ein sofortiges Geniessen. Erst im Laufe der
Zeit erfand man die Kunst, die Speisen zu kochen, und es wurden
Vorräte angelegt. Ursprünglich sammelte man alles mögliche Ess-
bare, aber nach und nach unterschied man Wichtiges und Unwich-
tiges. Die wichtigsten Nährpflanzen wurden nun geschont. Neben
Nährpflanzen aber gab es andere, die auch Nutzen brachten, wenn
schon keine essbaren Früchte, Knollen u. s. w. von ihnen zu erhalten
waren. Vielleicht benutzte man ihre Säfte als Heilmittel oder ihre
zähen Fasern zum Flechten und Spinnen. Endlich dürfen wir die
Zierpflanzen nicht vergessen. Der Mensch in pflanzenreicher Gegend
zed.yGOOgle
76 Entes Kapitel.
hat gewiss auch einige Gewächse zu blossem Vei^ügen gehegt .
und gepflegt. Wie der Mann Tiere, so nahm das Weib Pflanzen
gewissermassen als liebe Freunde in Schutz und Pflege, Nähr-,
Nutz- und Zierpflanzen mögen sogar an geeignete Orte versetzt
worden sein. Die ersteren lieferten regelmässig ihre Kömer, Beeren,
Nüsse, Knollen u. s. w., während die letzteren durch Farbenpracht
das Auge erfreuten. So entstand eine Art Gartenbau, aus dem sich
im Laufe der Zeit der eigentliche Ackerbau entwickelte.
Schon auf der untersten Kulturstufe ist das Pflanzensammeln
Sache der Frau. Entstand aus diesem Sammeln in einer Gegend,
die nicht reich an Wild war, der Ackerbau, so musste das weib-
liche Geschlecht der Mittelpunkt der Gesellschaft werden, und
wie bei den Nomaden sich das Patriarchat entwickelte, so war
hier Gelegenheit für das Weib, eine Vorrechtsstellung zu erlangen.
Die extreme Form des Matriarchats, die, in Analogie der Verhalt-
nisse bei den Nomaden, mit der gänzlichen Erniedrigung des Mannes
geendet hätte, findet sich zwar weder in alter noch in neuer Zeit,
weil, wie Grosse richtig bemerkt, der Mann das Übergewicht, das
er als Ernährer verloren hatte, als Beschützer wieder gewann.
Aus derselben Wurzel, wie das Nomadentum und der reine
Feldbau, nämlich aus der Stufe der Jäger und Vegetabiliensammler,
lässt sich auch die Kultur herleiten, welche Viehzucht und Acker-
bau gleichmässig betreibt. Man hat früher schon darauf hingewiesen
und zwar mit vollem Recht, dass sich der Ackerbau besonders in
fruchtbaren Niederungen ausgebildet haben werde, wie z. B. am
Nil, am Euphrat und am Ganges, während die Nomaden in den
weidereichen Steppengebieten und Hochländern zu finden gewesen
seien und bekanntlich heute noch sind. Während das Nomadentum zu
kriegerischer Organisation drängte, war der sesshafte Ackerbauer
friedlich gesinnt Ein Krieg konnte, auch im besten Fall, nur
Schaden bringen. Die reichen Vorräte der ackerbautreibenden
Völker mussten den kriegerisch gesinnten Nomaden anlocken. Die
Gefahr war für ihn nicht gross und seine zentralisierte Oi^nisation
verhalf ihm zum Sieg, „Aus einer solchen gewaltsamen Vereinigung
von ackerbauenden und viehzüchtenden Gruppen sind nachweislich
alle grossen Kulturstaaten hervoi^egangen", sagt Hoernes in seinem
interessanten Buche: Die Anfänge der Kunst. Nowacki ist nicht
derselben Meinung, sondern hält dafür, dass die Hamiten, die
Semiten und die Indogermanen nach Überwindung des Jägerlebens
Ackerbau und Viehzucht in gleicher Weise betrieben hätten.
An und für sich lässt sich die Möglichkeit nicht wegleugnen,
dass die gewaltsame Vereinigung von Nomaden und Ackerbauern
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. 77
ZU einem grossen Kulturfortschritt geführt haben kann, aber
schwieriger wäre der Nachweis, dass die zivilisierten Staaten so
entstanden seien. Wir haben indessen auch positive Beweise fiir die
Richtigkeit der Anschauung Nowacki's, In vollem Umfange werden
wir sie bei Betrachtung der neolithischen Kultur kennen lernen,
aber schon hier sei darauf aufmerksam gemacht, dass speziell bei
den Pfahlbauern der Steinzeit, die doch sicher keine zivilisierten
Völker waren, nicht bloss unsere heutigen wichtigsten Haustiere
konstatiert wurden, sondern auch zahlreiche Spuren eines intensiven
Ackerbaues nachgewiesen werden konnten. Freilich ist hier die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Kultur der Pfahlbauer
durch gewaltsame Vereinigung von Nomaden und Ackerbauern,
nicht aber durch friedliche Entwicklung zustande kann.
Fassen wir zusammen! Die tiefststehenden aller bis jetzt be-
kannt gewordenen Horden und Stämme sind Jäger (im weitesten
Sinne) und Pflanzensammler. Die Jagd liegt den Männern ob, das
Sammeln von Vegetabilien den Weibern. Das ist die Stufe der
Wildheit, Ihr gehören in der Gegenwart z. B. die Australier, ihr
gehörten in der Vei^angenheit die Diluvialmenschen an. Die
nächst höhere Bildungsstufe, die man auch etwa als die Stufe der
Barbarei erklärt hat, umfasst einerseits die viehzüchtenden Nomaden,
andererseits die sesshaften Ackerbauer und drittens Völkerschaften,
die Viehzucht und Ackerbau glcichmässig pflegen und pflegten. Bei
den Nomaden herrscht das Patriarchat oder das Vaterrecht, bei
den Ackerbauern ein mehr oder weniger ausgeprägtes Matriarchat
oder Mutterrecht, und bei der dritten Abteilung der Barbaren, zu
welchen neben den Neolithikern der Vergangenheit z. B. viele Pa-
puanen und Malayen von heute gehören mögen, liegt das Schwer-
gewicht wieder auf der Seite der Männer, aber nirgends nimmt die
Frau jene niedrige Stellung ein, wie bei manchen nomadisierenden
Horden mit extremem Patriarchat.
Je niedriger die Kulturstufe, um so länger verharrt der Mensch
in derselben, um so langsamer ist der Fortschritt. Wir sind noch
nicht dazu gekommen, auch nur für ein Kulturvolk die Länge der
Zeit zu bestimmen, während welcher es in der Barbarei verharrte
und noch viel weniger lässt sich der Zettraum ermessen, den es
im Zustande der Wildheit zugebracht. Was aber die dritte Kultur-
stufe, diejenige der Zivilisation betriffi, so ist sie verhältnismässig jung.
Die ältesten Kultumationen, wie die Chaldäer und Ägypter, datieren
ihre „Geschichte" nur 6 — 8 Jahrtausende zurück.
3. KUidung und Schmuck. Bei Betrachtung der Kulturstufen
haben wir die Art und Weise kennen gelernt, wie die verschiedenen
zed.yGOOgle
78 Erste» Kapitel.
Stämme und Horden sich ihre Nahrung verschaflem es hangt aber
auch Kleidung und Schmuck mit der Bildungsstufe des Menschen
einigermassen zusammen.
Alle Reisenden, welche primitive Völkerschaften besuchten, be-
richten, wie wenig Kleidung viele Stämme an sich tragen, wie sehr
sie dagegen begierig sind, sich zu schmücken. Die Australier, Busch-
männer, Feuerländer, Botokuden gehen oft total nackt, d. h. ohne
Kleidung, während Schmuck sozusagen nie fehlt. Nur die Eskimo's
haben eine Kleidung, weil sie in ihrem Lande sonst zu Grunde
gingen.
Der primitive Mensch beweist, dass es eines der ersten und
mächtigsten Bedürfhisse unseres Geschlechtes ist, sich zu schmücken.
Darum dürfen wir uns nicht wundern, schon beim Diluvialmenschen
eine ganze Reihe von Schmucksachen zu finden, die gewiss nur
einen sehr geringen Teil des in Wirklichkeit vorhandenen Schmuck-
materials ausmachen.
Die heute lebenden Stämme der niedersten Kulturstufe, die
Jäger und Pßanzensammler, haben festen und beweglichen Schmuck.
Zum erstem gehören z. B. Narbenzeichnung und Tättowierung, zum
letztem alles mögliche Gut, das an Kopf und Haar, an Hals und
Hüften, an Armen und Beinen befestigt oder aufgehängt wird. Ein
Mittelglied zwischen festem und beweglichem Schmuck bildet die
Körperbemal ung, die wohl auch in der Urzeit schon geübt wurde,
wie Funde von rotem Eisenocher u. dergl. anzudeuten scheinen.
Warum schmücken sich die Menschen? Man hat gesagt, dass
der Hüftschmuck infolge der Regungen des Schamgefühls entstanden
sei, aber wir haben einsehen gelernt, dass das Schamgefühl bei
den Primitiven ebenso fehlt, wie bei unsem kleinen Kindern. Warum
soll sich einer schämen, wo alle nackt gehen? Der Scham-
schmuck ist gewiss vielmehr ein Lock-, ein Reizmittel und das
Schamgefühl ist sicher ein Produkt der zunehmenden Kultur, der
Zivilisation,
Was den übrigen beweglichen Schmuck angeht, so vertritt
auch er bei vielen Horden nicht etwa die Kleidung, wird nicht zum
Schutz gegen schlechtes Wetter getragen, sondern dient als Aus-
zeichnung, oft auch als Zeichen des Reichtums, Wenn ein Australier
eine sehr grosse Zahl Kaninchen schwänze als Schmuck trug, so
stellte er sich damit das Zeugnis eines guten Jägers aus. Ein guter
Jäger ist aber nicht bloss angesehen im elg'nen Stamm; er wird
auch als Krieger zu fürchten sein und ist ein Schrecken der Feinde.
Derselbe Gedanke wird in uns wach, wenn wir den festen
Schmuck betrachten. Wer die Operation des Narbenzeichnens oder
zed.yGOOgle
Die Eisieit oder das Diluvium. 7g
Tättowierens ruhig aushält, hat eine Mutprobe bestanden und Mut
macht den Mann nicht bloss dem Feinde furchtbar, sondern auch
dem Freunde lieb und dem Weibe begehrenswert.
Bei den Australiern gilt es als unschicklich, wenn die Weiber
sich schmücken; bei Buschmännern und Feuertändern schmücken
sich fast nur die Männer. Warum? Sie sind die Werbenden, nicht
aber die Frauen. Diese sind bei den Primitiven sicher, Männer zu
bekommen. Schmuck aber dient in erster Linie als Reizmittel und
er wird, wie Grosse treffend bemerkt hat, bleiben, so lange es zwei
verschiedene Geschlechter unter den Menschen geben wird.
4. Waßnt und Geräte. Der Urmensch war in mehrfacher Be-
ziehung fiir den Kampf ums Dasein weniger gut ausgestattet, als
die Tierwelt, die ihn umgab und bedrohte. Er hatte nicht das
fürchterliche Gebiss der Raubtiere, nicht die Schnelligkeit des Hirsches
und nicht die Kraft des Bären. Sein Auge war nicht von derselben
Schärfe, wie das des Adlers; Krallen und Klauen fehlten ihm. Die
Not des Lebens führte ihn deshalb dazu, seine geistigen Kr.äfte um
so mehr anzustrengen und er erfand sich Waffen und Werkzeuge.
Als erste Waffen dienten dem Menschen die Faust, die Nägel
und die Zähne. Mit ihrer Hilfe erwarb er sich seine Beute, grub
er die essbaren Wurzeln aus u. s. w. Aber bald bewehrte er die
Faust mit dem Stein und erhielt so den ersten Hammer. Er fühlte,
dass, je länger der Arm, desto grösser die Wucht des Steins
und verlängerte den Arm dadurch, dass er den Stein an einen
Holzschaft befestigte. Es ist also, wie man richtig gesagt hat,
das erste Gerät des Menschen eine „Projektion seiner Organe"
gewesen.
Nicht bloss der Arm mit der Faust wurden nach aussen projiziert
in Hammer und Keule, sondern auch die Nägel mit ihren Schneiden,
die Zähne, der steife Finger gaben Modelle lur Geräte. Die
schneidenden Klingen aus Feuerstein kennen wir ja schon beim
Diluvialmenschen als Messer, Sägen, Schaber u. s. w. Der steif vor-
gestreckte Finger war vielleicht das Original des Bohrers, der Pfeil-
und Lanzenspitze.
Bald gab es Kombinationen, Der Hammerstein wurde mit
einer Schneide versehen und es entstand das Beil, die Axt, die am
Knieholz befestigt wurde. Die scharfe Spitze aus Knochen diente
alsDolch. Knöcherne oder steinerne Spitzen, an gerade Stäbe gebunden,
bildeten Wurfspeere. Wenn nun noch die Erfindung des Bogens, der
aber nicht eine Projektion menschlicher Organe zu sein scheint, dazu
kam, so hatte man Pfeil und Bogen, Lanzen und Schleudersteine als
Femwaffen, Beil, Hammer, Keule und Schlagstein als Nahwafien
zed.yGOOgle
zur Verfügung. Das Schwert, die erste eigentliche Waffe, fehlte
den Höhlenbewohnern und fehlt heute noch den primitiven
Völkern.
hn Anfang war Waffe und Werkzeug dasselbe. Mit derselben
Axt, mit welcher der Mann den Baum fällte, schlug er den Feind
nieder und mit derselben Hacke, mit welcher das Weib Wurzeln
ausgrub, tötete es die Schlange, die sich nahte. Schneidende und
stechende Geräte aber brauchte man auch nicht nur als Waffen,
sondern als Messer, Sägen, Schaber, Glätter, als Bohrer, Ahlen,
Pfriemen und Nadeln zu friedlicher Arbeit. Erst in der jungem Stein-
zeit und heute auf der Stufe der Barbarei erkennt man die voll-
zogene Differenzierung zwischen Waffen und Werkzeug.
•,. Die Anfänge der Kunst. Was man Fortschritt in der Zivilisation
heisst, beruht zu einem grossen Teil auf dem Freiwerden von den
Fesseln, welche die Natur um den Menschen geschlossen hat. Wir
verweisen mit Stolz darauf, dass wir der Erde die Metalle entrissen,
die Kraft des Dampfes in unsem Dienst genommen, den Blitz ge-
bändigt, den elektrischen Funken als Knecht zu uns gesellt. Berge
durchbohrt und die Meere, diese von der Natur selbst zwischen
den Ländermassen errichteten Schranken, zu Strassen gemacht haben,
auf denen uns die Produkte der fernsten Länder zugeführt werden.
Diese Errungenschaften hat das menschliche Geschlecht durch Jahr-
tausende dauernden Kampf sich erworben. Es hat den Kampf mit
den armseligsten Mitteln aufgenommen, aber selbst diese musste
der Gegner liefern: Die Holzkeule, das Steinbeil. Heute noch giebt
es Völkerschaften, die diesen ersten Kampf kämpfen müssen. Aber
inmitten des dunkeln Bildes, das uns ihr Leben darbietet, erkennen
wir einen hellen Punkt. Gleich einem Sonnenstrahl scheint Mutter
Natur ihren unentwickeltsten Kindern den Sinn für das Schöne, fiir
die Kunst ins Herz gelegt zu haben.
Auf Rentierstangen, Knochen und sogar auf Steinplatten sind
im Kesslerloch bei Thaingen und im Schweizersbild bei SchafThausen
Zeichnungen der Höhlenbewohner der Diluvialzeit erhalten geblieben;
daneben kommen auch Ornamente und sogar Skulpturen vor. Ähn-
liche Funde wurden am Mt. Salöve bei Genf gemacht, besonders
zahlreich aber sind sie im Gebiet der Dordogne im südwestlichen
Frankreich, wo Höhlenzeichnungen zu Dutzenden entdeckt wurden.
Sie kommen ferner in Belgien und England vor.
Man hat sich staunend gefragt, ob es denn möglich sei, dass
Leute, die nicht einmal Hütten zu bauen verstanden, solche Kunstwerke
ausfuhren konnten. Wir wissen ja, dass bei Anlass der Thainger Funde
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. gf
vie! darüber gestritten wurde, aber es sind heute lebende primitive
Völker und Stamme nachgewiesen worden, die ebenfalls Zeichner und
Schnitzer, sowie Maler unter sich haben. Freilich darf man nicht ohne
weiteres jedes unkultivierte Volk, das Zeichner u. s. w. aufzuweisen
vermag, neben die alten Höhlenbewohner stellen, sondern man muss,
wie wir es bei frühem Vergleichen thaten, Stämme auswählen, welche
im Ganzen dieselbe Kultur besitzen, wie die Troglodyten unserer
Diluvialzeit. Es wäre deshalb irrig, wenn man z. B. auf die Schnitze-
reien aus Neu - Guinea hinweisen und sie mit den Zeichnungen
der Rentierjäger Schaffhausen's oder der Dordogne vei^leichen
wollte.
Unsere Höhlenbewohner waren Wilde und standen ui^efahr
auf derselben Kulturstufe, wie die Australier von heute, wie die
ausgestorbenen Tasmanier, die Mincopie's, die Buschmänner, die
Feuerländer, wohl auch die Botokuden und viele Eskimostämme.
Unsere Vergleichung soll sich nur auf diese beziehen.
Bevor wir die Kunstwerke der Wilden betrachten, sei nur noch
mit ein paar Worten die Frage nach dem Ursprung der Kunst überhaupt
berührt Die primitiven Horden befinden sich geistig auf der Kind-
heitsstufe. Wie unsere Kleinen die Gedanken, die in ihnen schlummern,
äusserlich zu gestalten versuchen, indem sie im Sande arbeiten, mit
Kohlen u, dergl. die Wände vollkritzeln, weichen Thon formen, so
macht es der Wilde, In seinen Mussestunden, wenn wir diesen
Ausdruck gebrauchen dürfen, sucht er, wie das Kind, oft Gesehenes
nachzubilden oder in freier Weise etwas zu gestalten. Es ma^ auch
der Höhlenbewohner in den Sand zu zeichnen, aus Thon etwas zu
formen, in Holz etwas zu bilden versucht haben. Diese Dinge sind
nicht erhalten geblieben, wohl aber Arbeiten, die mit Feuerstein in
Knochen und Hom geritzt, auf Elfenbein und Stein graviert wurden.
Sobald der Wilde dazu kam, etwas, was seinen Geist beschäftigte,
durch Farben oder durch den Zeichenstifl wiederzugeben, war der
Anfang der Kunst gewonnen.
■ Der Diluvial mensch griff mit seiner Kunst nicht weit aus. Er
stellte das dar, was er am besten kannte: das Tier und besonders
dasjenige Tier, das ihm seine Hauptnahrung lieferte: das Ren. Die
Rentierzeichnungen sind deshalb zahlreich. Ziemlich häufig ist auch
das Wildpferd, selten der Dschiggetai. Mamutzeichnungen fanden
sich nur wenige. Selten erscheinen Darstellungen vom Urochs,
Steinbock, Wildschwein u. a., weniger selten solche von Fischen.
Pflanzen wurden, nur ganz ausnahmsweise gezeichnet. Der Mensch
erscheint auch nicht sehr häufig in den Darstellungen der diluvialen
Künstler; zudem ist er nicht so naturgetreu ausgeführt, wie viele
zed.yGOOgle
g2 Erstes Kapitel.
Tierzeichnungen, unter denen einige Produkte wahre Kunstwerke
sind, z. B. das „weidende Rentier" von Thaingen.
Die Skulpturen sind weniger zahlreich, als die Zeichnungen.
Im Kesslerloch kamen deren zwei zum Vorschein. In Frankreich
fand man unter den Höhlenfunden Skulpturen, welche Rentiere,
Mamute, Urochsen u. s, w. darstellten, gar nicht selten aber auch
menschliche Figuren.
Neben Skulpturen und Zeichnungen sind aus diluvialer Zeit
auch Ornamente bekannt geworden. Dieselben bestehen in Kerben
auf Hörn und Knochen, die manchmal Eigentumszeichen, Stammes-
marken oder eine Art Bilderschrift bedeuten mögen.
Die heutigen Wilden haben ebenfalls nicht bloss Zeichner unter
sich, sondern auch Skulpteure und Maler. In Australien hnden
sich auf Botenstäben und Zauberhölzern Zeichen, die vielleicht einen
ornamentalen Zweck haben; auf Schwirrbrettem erkennt man Dar-
stellungen von Menschen. Bekannt ist, dass die Zeichnungen von
Reiserouten, die australische Wilde europäischen Reisenden ent-
warfen, oft überraschend genau waren, wie man das auch von den
Eskimokarten berichtet hat. Vom obern Murray sind Federskizzen
und Bleistiftzeichnungen eines dortigen Eingeborenen bekannt ge-
worden, die manchem gebildelen Europäer Ehre machen würden.
Auf einem der Blätter ist unten ein australischer Tanz, der Korroborri
dargestellt. Ein europäisches Paar schaut zu. Darüber befinden
sich zwei Häuser mit rauchenden Schornsteinen. Auf dem übrigen
Raum des Blattes sind Jagdszenen zu sehen: Ein Eingeborener ver-
folgt mit geschwungener Axt eine jguana-Eidechse, ein zweiter be-
droht zwei Emus, ein dritter speert einen Fisch und ein vierter
endlich sucht von seinem Kahne aus eine Schildkröte zu erhaschen.
Die ganze Zeichnung atmet Leben.
Ebenso interessant sind die australischen Rindenzeichnungen.
Mit Hilfe eines spitzen Steines, oder auch nur mit dem Fingernagel
wurden auf Rindenstücke, welche durch Russ geschwärzt waren, Skizzen
entworfen. Eine derselben stammt vom Lake Tyrrell. Sie zeigt uns
eine europäische Farm unweit eines Teiches, sodann eine Anzahl
Eingeborener, die einen Korroborri tanzen und seitwärts von ihnen
die musizierenden Weiber. In der Mitte des Bildes stellt ein in
einem Nachen befindlicher Jäger einem Wasservogel nach, während
links davon zwei mit Beilen bewaffnete Männer auf eine Schlange
zugehen. Der obere Teil des Bildes zeigt uns zwei unter Eukalyptus-
bäumen befindliche Männer, von denen der eine, aufrecht stehende,
ein Gewehr unter dem rechten Arm trägt Ein zweites Gewehr liegt
nnweit hinter ihm neben einem Teiche, in welchem Schwäne sich
zed.yGOOgle
Die EisMit oder du IMluvium. g^
ei^ehen. Es gehört wohl dem zweiten Mann, der in hockender
Stellung, die Pfeife rauchend, neben dem ersten gezeichnet ist.
Die Männer befinden sich rechts auf dem Bilde und beobachten
Emus, die in verschiedenen Stellungen gezeichnet sind. Auf der
linken Seite steht ein Eukalyptus und ein Mann mit erhobener Axt
scheint ihn besteigen zu wollen. In der rechten obem Ecke be-
finden sich Känguruhs. (Vergl, Andres, Ethnographische Parallelen.)
Zuweilen werden die Zeichnungen von den Australnegern mit
Muscheln oder Zahnen in HolzstUcke eii^raviert oder gar in Stein
geritzt. Angas fand selbst schwer zugängliche Strandfelsen bei Port
Jackson auf diese Weise geschmückt Känguruhs, Opossums, Haie,
besonders menschliche Figuren mit Schilden, Bumerangs u. s. w.
waren dargestellt Ähnliche Gravierui^en fanden sich auch ander-
wärts, z. B. in der Nähe von Sidney, wo u. a. Fische in den Sand-
stein eingeritzt waren.
Auf der Depuch-lnsel, die zur Forestiergruppe gehört, entdeckte
Stokes eine Bildergallerie anderer Art Der Fels daselbst ist stark
verwittert und zeigt eine rote Farbe, Die Künstler klopften nun
Bilder in den Fels ein und entfernten dadurch einen Teil der Ver-
witterungsschicht, so dass im Grund der Figuren das unverwitterte
grüne Gestein sichtbar wurde, wodurch ein schöner Kontrast
der grünen Zeichnung zur roten Umgebung derselben zustande
kam. Die Wilden haben Tiere und Menschen dargestellt; letztere
erscheinen aber weniger gut gemacht, als die Haie, Känguruhs,
Hunde u. s, w.
Die Australier sind auch Maler. Auf der Clacks-Insel an der
Nordostküste wurde ein Felsen zuerst rot grundiert, sodann mit
weissem Thon bemalt Man kann dort über 1 50 Figuren bemerken,
worunter Haie, Schildkröten, Känguruhs, Hunde, Kähne, Keulen u.s. f.
sich befinden. Die rote Farbe wird durch Brennen von einer Art
Thon gewonnen. Für Gelb und Weiss lässt sich ebenfalls Thon
benutzen und für das Schwarz die Kohle,
Am obem Geneig entdeckte Grey eine Anzahl Höhlen mit
Felsmalereien. Die menschlichen Figuren trugen den australischen
Kopfschmuck (Oogee). Der Mund fehlte bei allen. Besonders inter-
essant war die dritte Höhle. Das Hauptgemälde in derselben,
10 Fuss und 6 Zoll lang, stellte einen Mann dar, der ein talar-
artiges Kleid trug und dessen Haupt von einer Reihe rot, gelb und
weiss gefärbter Bänder umrahmt war. Mund und Nase fehlten, die
Finger waren in Fünfzahl angegeben, die Füsse auswärts gestellt.
Der Mann ist wahrscheinlich kein Australier, aber der Maler war
ein Eingeborener, wie seine Technik beweist
zed.yGOOgle
§4 Erstes Kapitel.
Den australischen ähnlich sind die künstlerischen Werke der
Buschmänner. Auch diese Leute sind gute Zeichner, Graveure und
Maler. Auch bei ihren Werken muss man die scharfe Beobachtung
und die charakteristische Zeichnung bewundern. Fritsch, der
drei Jahre in Südafrika weilte, entdeckte unweit Hopetown tausende
von verschiedenen Tiergestalten, die in Felsen eingeklopft waren.
Bei Gestoppte Fontein sah Hübner über zweihundert Figuren in
weichen Schiefer eingegraben, in den Drakenbergen sollen die
Wände der Höhlen oft ganz mit Buschmann-Malereien bedeckt sein.
Nach Hahn werden die Farben mittels Kohle, gelbem Mergel,
fettigem Rötel, Honig, Gummi und Fett hergestellt. Das beste Werk
der buschmännischen Maler hat Andres in seinen „Ethnographischen
Parallelen" veröffentlicht. Es befindet sich etwa 2 km von der
Missionsstation Hermon in einer Höhle und zeigt eine Anzahl Kaffem,
welche eine Schar Buschmänner verfolgen, die ihnen Vieh gestohlen
haben. Die Buschmänner sind klein von Gestalt; als WaiTen tragen
sie Bogen und Pfeile, während die Kaffern mit Schild und Lanze
bewehrt erscheinen. Indes einige Buschmänner das Vieh forttreiben,
decken ihre Stammesgenossen den Rückzug, indem sie die Feinde
mit einem Pfeilhagel aufhalten. Ergötzlich ist besonders der Unter-
schied zwischen den riesengrossen Kaffem und den kleinen Busch-
männern, den der Maler natürlich absichtlich übertrieben hat.
Weder bei den Mincopie's auf den Andamanen, noch bei den
Feuerläxidem hat man bis jetzt zeichnerische Produkte oder Skulp-
turen gefunden, wohl aber bei den Völkern im Norden Amerika's
und Asien's, besonders bei den Eskimo's und den Tschuktschen.
Auch bei ihnen, wie bei Australnegern und Buschmännern, sind die
dai^estellten Objekte der eigensten Erfahrung, dem Beobachtungs-
kreise der Künstler entnommen, und es überraschen auch hier die
realistische Auflassung und die charakteristische Wiedei^ahie des
Gesehenen. Der Eskimo zeichnet auf Walrosszahne oder malt auf
Tierfelle. Es fehlen bei ihm die Felszeichnungen, die Basreliefe und
die Felsenmalereien.
Die Darstellungen entstammen dem täglichen Leben. Da er-
scheint das Ruderboot des Hyperboräer's, sein Zelt oder seine Winter-
wohnung. Rentiere in allen möglichen Stellungen sind Gegenstände
der künstlichen Entwürfe; Wale, Hunde werden gezeichnet, auch
Vögel und besonders häufig erscheint der Mensch in seinen zahl-
reichen Verrichtungen.
Von den Zeichnungen der Grönländer wollen wir nicht sprechen,
sondern mehr die Produkte ihrer, weniger europäischen Einflüssen
unterworfenen, westlicher wohnenden Brüder untersuchen. Ross
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. gc
erzählt, dass ein Eskimo von Point Hope, der noch nie Papier und
lileistift in Händen gehabt, einen Herrn der Expedition ganz gut
in das Notizbuch gezeichnet habe. Die Tschiglit-Eskimo am Mackenzie
malen in schwarz und weiss Jagdszenen von überraschender Treue;
besonders die Darstellungen der Wale verdienen alles Lob.
Indessen muss man doch sagen, dass die Zeichnungen und
Malereien der Hyperboraer sich nicht über die Leistungen der
Australier und Buschmänner erheben. Wohl aber ist dies der Fall
mit den Skulpturen. Eigentliche Skulpturen haben weder die Ein-
gebomen Neuholland's, noch die Buschmänner, dagegen leisten hierin
die Eskimo's und die Tschuktschen ganz Bedeutendes. Chamisso er-
hielt von den Aleuten Modelle von Waltieren, „an denen Zoologen
ihre Studien hätten machen können". Bei den Tschuktschen ist
NoRnENSKjöLD oiit seiner Vega-Expedition überwintert. In seinem
Werke über die Reise spricht er sich anerkennend über die Kunst-
leistungen seiner Wirte aus. Die Tschuktschen fertigten für die
Schweden auch Zeichnungen an, die sie mit Bleistift oder rotem
Oker auf Papier herstellten. Die etwas plumpen Darstellungen zeigten
Hundegespanne, Wale, Jagden auf Eisbären und Walrosse, Fische,
Hasen, Vi^el, Rentiere, Seehunde, Zelte u. s. w. Charakteristischer
aber waren die Schnitzereien aus Walrosszahn, Fische, Wale, Eis-
bären, Menschen u. s. f. darstellend.
Wir haben im Vorstehenden erkennen können, dass das
Zeichnertalent der Diluvialmenschen Mitteleuropa's keine Erscheinung
ist, die ihresgleichen nicht hat, sondern dass es heute noch auf
derselben Stufe der Kultur stehende Völkerschaften giebt, die im
Zeichnen und Gravieren, im Malen und Schnitzen auch geschickt sind.
Bei all diesen Werken sehen wir eine Bethätigung des Schönheits-
sinnes, gestützt auf scharfe Beobachtung und manuelle Fertigkeit
bei der Wiedergabe des Erschauten, also auf zwei Eigenschaften,
wie sie eben das Jäger leben alter und neuer Zeit entwickelte.
Jetzt erst verstehen wir, warum die Zeichnungen in spätem
Epochen nicht mehr auf der Höhe derjenigen der Rentierjäger
standen und es wird uns klar, warum Viehzüchter- und Ackerbauer-
Stamme von heute den Jägerhorden in künstlerischer Beziehung
nicht ebenbürtig sind. Gewiss hat Grosse Recht, wenn er sagt:
„Weder die Ackerbauer noch die Viehzüchter bedürfen zu ihrer
Erhaltung einer so hohen Ausbildung der Beobachtungsgabe und
der Handfertigkeit; infolgedessen treten die Fähigkeiten bei ihnen
zurück und mit ihnen das Talent für naturwahre Bildnerei."
Man hat die Kunst der alten Höhlenbewohner ein Kind ohne
Mutter und eine Mutter ohne Kind genannt, weil sie scheinbar ohne
zed.yGOOgle
86 Erstes KapileL
Vorläufer plötzlich in relativ hoher Vollendung vor uns tritt und
scheinbar ohne Weiterentwicklung mit den Diluvialmenschen ver-
schwindet. Aber in Wirklichkeit ist weder die eine, noch die andere
Anschauung richtig. Das wird uns klarer, wenn wir die Ornamentik
der tiefststehenden Naturvölker, der Wilden alter und neuer Zeit
und der nicht viel höher stehenden Stämme betrachten.
Wir haben gesehen, dass unter den Höhlenfunden vom Schweizers-
bild, von Thaingen u. s, w. öfters Hom- und Knochengeräte vor-
kamen, welche Verzierungen aufweisen, und bei den Wilden unserer
Tage finden wir ebenfalls Ornamente aller Art Die eigentlichen
Ver/.ierungen lassen uns beim genauem Studium bald eine Gruppe
erkennen, die ihren Ursprung in der Technik hat: die band-, säum-,
schnurartigen Ornamente. Man ist schon längst darüber einig, dass
das Flechtwerkmuster der Töpferprodukte bei den Mincopie's seinen
Grund darin hat, dass die Töpferei erst nach der Flechterei entstand.
Zuerst hatten die Andamanesen geflochtene Körbe, die sie nachher
mit Thon auskleideten. Später, als das Brennen des Thones, vielleicht
durch Zufall, bekannt geworden war, brauchte man das Flechtwerk
nicht mehr, aber es blieb als Verzierung.
Im Jahr 1890 habe ich in einem öffentlichen Vortrage in Zürich
den Beweis zu erbringen versucht, dass die primitive Ornamentik
eine ihrer Wurzeln in der Technik, eine andere aber in den Tier-
zeichnungen der Wilden habe. Der letztere Gedanke ist seither
auch von andern in zum Teil sehr interessanten Schriften ausge-
führt worden. Bei der zweiten Xingu-Expedition fand Ehrenreich
in der Häuptlingshütte der Bakairi in Brasilien, welcher Stamm noch
durchaus in der Steinzeit lebt, schwarze Täfelchen aus Baumrinde,
die an der Wand eine Art Fries bildeten. Auf diese Täfelchen
waren mit weissem Thon Fischfiguren und Muster aller der von den
Bakairi benutzten Ornamente gemalt. Den Besuchern schienen es
geometrische Figuren zu sein; aber als sie nach der Bedeutung der-
selben fragten, wurde ihnen gesagt, dass es Tiere seien. Eine
Wellenlinie mit alternierenden Punkten war die durch ihre Flecken
charakterisierte Riesenschlange Anaconda, eine Raute mit schwarzen
Ecken bedeutete einen Lagunenfisch, ein Dreieck war die Dar-
stellung des kleinen, dreieckigen Kleidungsstückes der Weiber u. s. w.
Wirkliche Zeichnungen, wie sie bei den Wilden Australien's vor-
kommen, fehlten.
Diese Beobachtung ist nicht vereinzelt geblieben; sie wurde an
vielen Stellen der Erdoberfläche gemacht und zwar immer bei
Völkerschaften, die sehr tief stehen. So hat z, B. Stolpe die
geometrische Ornamentik der Raratonga-Tubuai-Gruppe zum grössten
zed.yGOOgle
^ ' Die Eiszeit oder das Diluvium. g?
Tdl ' atrf-9tittslerte menschliche Figuren zurückgeführt. Dadurch
wird nun die primitive Ornamentik nicht bloss der heutigen Wilden,
sondern auch unserer Faläolithiker in ein ganz neues Licht gerückt.
Man darf sich also nicht mehr verwundern, wenn die naturalistischen
Zeichnungen der Höhlenbewohner in spätem Perioden, z. B. bei den
Pfahlbauem der jungem Steinzeit, nicht mehr angetroffen werden):
Die Tiere sind mehr und mehr stilisiert und endlich zu geometrischen
Ornamenten geworden. In der Ornamentik haben wir also eine
Tochter der primitiven Naturzeichnungen.
Fragen wir nach dem Grunde dieser Erscheinung, so können
wir sagen, dass es schon auf der niedersten Kulturstufe dem Zeichner
für gewisse Zwecke nicht darum zu thun sein musste, ein möglichst
naturgetreues Bild des in Frage kommenden Tieres zu geben, z. B.
auf Botenstaben, bei Stammesmarken; da genügte eine schematische
Zeichnung, In dem Masse nun, wie der zum Viehzüchter oder
Ackerbauer sich entwickelnde Jäger seine scharfe Beobachtung^abe
und seine Handfertigkeit verlor, wird er von der naturalistischen
Auflassung weg zum Stilisieren gelangt sein, bis zuletzt das geo-
metrische Ornament entwickelt war.
Bei den Jägern und Pflanzensammlern ist die Technik sehr
unentwickelt, daher die Ornamentik in der Kindheitsstufe. Je mehr
sich jene entwickelte, um so mehr musste sich das Ornament ent-
falten. Die Entwicklung der Technik ging aber parallel dem Vor-
schreiten der Kultur, also, auf unsere Zeichnungen angewandt, dem
Ver&ll der naturalistischen Kunst und so musste denn aus beiden
Gründen die Ornamentik nach und nach an die Stelle der alten
Zetchenkunst treten. Die Australier sind Meister in naturalistischen
Darstellungen, die Bewohner Neu-Guinea's dagegen leisten Vorzügliches
in omamentaler Arbeit; die einen sind reine Wilde, die andern stehen
schon höher. Ganz denselben Unterschied finden die Prahistoriker
zwischen den Rentierjägem der Urzeit Mitteleuropa's und den Pfahl-
bauem der jungem Steinzeit: die erstem waren Wilde, die letztem
Ackerbauer und Viehzüchter; bei den erstem finden wir kunstvolle,
naturgetreue Zeichnungen, bei den letztern ist die Ornamentik an
deren Stelle getreten,
6. Gesellschaftliche Zustände. Wir haben schon mehrmals Ge-
legenheit gehabt, die gesellschaftlichen Verhältnisse bei den Jägern
und Pflanzensammlem alter und neuerer Zeit zu berühren. Es sind
uns Eigentumszeichen, Stamm es marken, Kommandostäbe, sogar eine
Art schriftlicher Mitteilungen bekannt geworden. Bei einer Anzahl
Höhlenfunde hat man Spuren von Menschenfresserei konstatieren
wollen und dabei auf die weite Verbreitung der Anthropophagie
zed.yGOOgle
gg Erstes Kapitel.
z. B. in Australien hingewiesen. Die prähistorischen Quellen geben
uns geringen Aufechluss über religiöse Verhältnisse, über Familie
und Geselbchaft der Urzeit. Wir sind hier, wie bei manchen der
besprochenen Fragen, auf die Forschungen der Ethnologen ange-
wiesen. Freilich lassen sich die Zustände, wie sie heute bei den
Wilden Australien's, Afrika's und Amerika's getroffen werden, nicht
ohne weiteres auf die Urzeit übertragen, aber wir gewinnen in der
Kenntnis der heutigen Verhältnisse doch einen ungefähren Begriff
von denen der Urzeit. Greifen wir also einige der wichtigeren dieser
Verhältnisse heraus!
Parry erzählt von einem Abende, den er in einer Eskimohütte
zubrachte: „Wir hatten einige Male Gelegenheit, ihre Gastfreundschaff
auf die Probe zu stellen und dabei allen Grund, zufrieden zu sein. Die
besten Speisen und die beste Wohnstatte, die sie hatten, standen uns zu
Diensten und die Art ihrer Aufmerksamkeit äusserte sich in einer Weise,
wie sie Gastfreundschaft und eine gute Erziehung vorzuschreiben pflegen.
Wir werden die zuvorkommende Freundlichkeit, mit der uns die
Frauen anboten, unsere Kleider auszubessern und zu trocknen,
unsere Vorräte zu kochen und uns Schnee zum Trinken zu schmelzen,
nicht so leicht vergessen und sprechen ihnen dafUr unsere Bewunde-
rung und Achtung unverhohlen aus. Als ihr Gast verlebte ich nicht
nur einen behaglichen, sondern auch einen genussreichen Abend,
Denn, als die Frauen arbeiteten und sargen, die Männer schweigend
ihre Angelschnüre ausbesserten, die Kinder vor der Thür spielten
und der Topf über der Flamme einer hellleuchtenden Lampe brodelte,
vergass man eine Zeit lang, dass das Bild eines häuslich-glücklichen
Stilllebens in einer Eskimohütte vor sich ging." Das Gegenbild zu
dem Gesagten, etwa eine Kampfszene der Buschmänner, würde
freilich einen anderen Eindruck auf uns machen; doch mag das
Vorstehende genügen.
Welche Familien- und verwandtschaftlichen Organisationen kennt
der Wilde von heute? Zu dieser Frage glaubte man durch die
Forschungen Morcan's die Antwort gefunden zu haben, aber es
scheint, dass ^vir noch weit vom Ziele seien. Morgan lebte ca.
^o Jahre lang unter den Irokesen und war von einem Stamme
derselben, den Seneka's^ sogar adoptiert worden. Er sammelte eine
Fülle von Material über die Lebensverhältnisse seiner neuen „Brüder",
besonders über ihr Verwandtschaftssystem und verglich die von ihm
gefundenen Verhältnisse mit solchen anderer Völkerschaften. Er
fand nun, dass das Menschengeschlecht einmal in einem Zustande
unbeschränkten Geschlechtsverkehrs gelebt haben müsse, welcher
Urzustand freilich niroends auf der Erde mehr nachzuweisen sei.
zed.yGOOgle
Die Eiszeit oder das Diluvium. gg
Aus ihm habe sich als erste Familienrorm die „Blutverwandtschafts-
familie" entwickelt, in welcher die Generationen gesondert seien.
Alle Grossväter und Grossmütter wären unter einander Mann und
Frau, ebenso deren Kinder u. s, w. In Hawai sollten noch Spuren
dieser Familie gefunden worden sein.
Im weitem Verlauf der Entwicklung der Menschheit wurden
Geschwisterehen verboten. Die Kinder der Ehegatten gehörten den
Muttern. Nach und nach schloss man immer mehr Gruppen vom
ehelichen Verkehre aus und schliesslich entstand die Einzelehe,
die heute in der zivilisierten Welt die Herrschaft errungen. Die
Kinder gehören jetzt dem Vater; sie erhalten seinen Namen und
sein Eigentum.
Nun haben aber die neueren Forschungen bei den primitivsten
Horden und Stämmen ergeben, dass die Einzel- oder Sonderehe
sich nicht allein bei den Kulturvölkern findet, sondern schon bei
den tiefststehenden Völkerschaften existiert und zwar nicht als Aus-
nahme, sondern als Regel Und es ist unrichtig, dass bei ihnen
die Kinder der Mutter gehören, sondern überall ist der Vater
Herr der Familie. Ja selbst da, wo die Kinder den Namen der
mütterlichen Verwandtschaft annehmen, gehören sie dem Vater, der
sein Herrscherrecht oft in der absolutesten Weise über Weib und
Kind ausübt. Er betrachtet sie als sein Eigentum und sucht den
grösstmögtichen Nutzen aus diesem Eigentum zu ziehen.
Die primitiven Völker sind aber noch zu andern Organisationen
vorgeschritten. Hier und da bleiben selbst die verheirateten Söhne
bei den Eltern und so entsteht eine Grossfamilie, wie Grosse sie
nennt. Zuweilen vereinigen sich, wenigstens zeitweilig, z. B. bei
kriegerischen Unternehmungen oder bei Festen, alle diejenigen
Familien, welche von demselben Ahnherrn oder derselben Ahnfrau
stammen: die Sippen. Selten aber leben ganze Sippen beisammen.
Die rohe und unergiebige Art, wie die Jäger- und Fischerhorden
sich ihre Nahrung erwerben, zwingt zur Trennung. Die Sippen
dienen mehr dem gegenseitigen Schutz, wenigstens da, wo Vater-
sippen existieren. Bei der Mehrzahl der Australier, die Muttersippen
haben, beschränkt die Sippe eigentlich nur die Eheschliessung, ist
eine Namens-, keine Lebensgemeinschaft,
Ein sehr schwieriges Problem involviert die Frage nach der
Religion der niedrigst stehenden Völkerschaften. Man hat sich
früher gern ausgemalt, wie der Mensch durch das Geheimnisvolle
im Walde zum Baumkultus, durch die grossartigen Wirkungen des
Feuers zur Feueranbetung gekommen sei u. s. w. Erst in neuester
Zeit fing man an, bei den Wilden selbst zu fragen und die Sache
zed.yGOOgle
QO Erstes Kapitel.
nicht mehr „durch die Kulturbrille", wie Karl v. d. Steinen es
nennt, anzusehen. Der eben genannte Forscher erzählt, wie er in
Zentral brasilien von dieser Art zu sehen geheih worden sei, als er
einem „Erntedankfest" beiwohnte. „Wenn die Regenzeit ihrem
Ende entgegen geht und die Früchte des Landbaus eingeheimst
werden, wird mehrere Tage und Nächte hindurch unaufhörlich ge-
tanzt und geschwelgt: was iag näher, als ein Erntedankfest voraus-
zusetzen, zu Ehr* und Preis eines Himmlischen, der das Wachstum
gesegnet — aber welche Auskunft erhielt ich auf meine Fragen?
Eine ebenso befriedigende, wie einfache: Wir brauchen jetzt nicht
mehr zu sparen; wir essen jetzt so viel, weil wir so viel haben,
darüber freuen wir uns und tanzen. Ich kompliziertes Kulturwesen
nahm diese Antwort im Anfang ordentlich übel und bedurfte einigen
Überlegens, bis ich mich herzlich lachend mit ihrem Sinn vertraut
machte." In den Sprachen der zentralbrasitianischen Indianer fand
sich kein Wort für das, was wir unter Gott verstehen; sie tiirchteten
keinen überirdischen Richter und baten auch keinen überirdischen
Wohlthäter um Gehör. In ihren Festen feierten sie frohe und traurige
Ereignisse, von irgend etwas Ethischem fand sich keine Spur.
Die Religionen scheinen aus egoistischen Trieben hervorge-
gangen zu sein. Der primitive Mensch wertet jedes Ding nach dem
Schaden oder Nutzen, den es ihm bringt. Er ehrt den Früchte
spendenden Baum, den belebenden Quell, das wärmende Feuer.
Er furchtet den verheerenden Sturm, den stürzenden Fels, den
rauchenden Vulkan, den Blitz und den Donner, Alles, was er liebt
oder fürchtet, was sein Erstaunen oder seine Freude, seine Neu-
gierde oder seine Bewunderung wachruft, begeht er auf sich. Aus
diesen Su^estionen entstehen die primitiven Religionen und jene
Suggestionen sind direkt der Natur entnommen, sind primär. Professor
Stoll, der scharfsinnige Verfasser des Werkes: „Suggestion und
Hypnotismus in der Völkerpsychologie", hält dafür, dass die primi-
tiven Religionen ganz vorwiegend Kinder der Furcht seien, von der
die „Gottesfurcht" der modernen Kulturvölker ein seltsames sprach-
liches Relikt bilde.
Auf einer hohem Stufe fängt der Mensch an, die Wesen und
Sachen seiner Umgebung zu beseelen. Geister sind schuld am
Rauschen des Waldes; Geister lassen die Früchte der Bäume reifen;
sie sind es, die das erfrischende Nass liefern; sie sind schuld am
Wachsen der Tiere; von Geistern hängt auch das menschliche Wohl-
sein ab. Heute noch kennt man „heilige" Bäume, die Bäume des
Bannwaldes „bluten, wenn man einen Streich darauf führte mit der
Axt". Auch manche Tiere haben Kultbedeutung erlangt; man denke
Digitized^yGOO^Ie
Die Eiszeit oder das Diluvium. gi
nur an den Apiskult in Aegypten, an den weitverbreiteten Schlangen-
kult u. s. w.
Wenn die Geister immer ins menschliche I-eben eingreifen,
so muss man suchen, sie für sich einzunehmen. Feindliche Geister
sucht der Barbar mit Opfern zu versöhnen, manchmal sogar mit
Menschenopfern; freundliche Geister werden mit Opfern geneigt er-
halten. Im Animismus, in der Beseelung der Naturobjekte findet
Stoll eine Quelle sekundärer Suggestionen, Eine andere Quelle
liegt nach demselben Forscher im Wechsel von Tag und Nacht, eine
dritte im Gegensatz zwischen dem lebenden und toten Menschen.
Erst nach und nach entwickelte sich aus dem Animismus der
Anthropomorphismus und noch jünger ist der ethische und moralische
Symbolismus, die Religion auf ethischen Grundlagen, die bereits
eine relativ hohe Kultur involviert.
zed.yGOOg[e
Zweites EapiteL
Die neolithische oder jüngere Steinzeit
Die Bewohner der Schweiz in postglacialer Zeit waren Jäger.
Sie wohnten in Höhlen oder unter Feisvorsprüngen. Das Klima
jener Zeit war, wie wir gesehen haben, rauh und die Tierwelt trug
ein nordisch-alpines Gepräge, Das wichtigste Nutzmaterial, aus
welchem Geräte, Schmuck und Waffen erstellt wurden, war der
Stein, speziell der Feuerstein. Man nennt diese Periode daher die
Steinzeit. Neben dem Stein wurden allerdings auch Holz, Knochen,
Hörn, Zähne, Gagat u. s. w. verwendet. Es giebt aber noch eine
jüngere Phase der Steinzeit. Sie heisst die neolithische, im Gegen-
satz zu jener altern oder paläolithischen Periode.
Das Klima der neolithischen Steinzeit war milder, als dasjenige
der paläolithischen Epoche; es glich dem heutigen und dieser Um-
stand enthebt uns der Pflicht, hier, wie im vorigen Kapitel, dasselbe
eingehend zu behandeln. Flora und Fauna stimmen ebenfalls mit
der heutigen nahezu überein. Der Mensch der neolithischen Zeit
war kultivierter als der Paläolithiker. Er verstand, Hütten zu bauen,
Tiere zu zähmen und den Acker zu bereiten. Er hat uns nicht
bloss Schmucksachen, Geräte und Waffen hinterlassen: wir kennen
auch seine Gräber. Gegen das Ende der Steinzeit wurde bei uns
das erste Metalt bekannt: das Kupfer.
Die bekanntesten Funde aus neolithischer Steinzeit sind diejenigen
aus den Pfahlbauten.
A. Entdeckung' der Pfblilbauten und
ihre Verbpeltungf.
1. Der Pfahlbau Obermeilen. Im Winter 1853 auf 1854 sanken
im Alpengebiet die Spiegel der Gewässer zu einer nie gesehenen
Tiefe. Diesen Umstand benutzten die Anwohner des Zünchsees
zed.yGOOgle
Die neoUthuche oder jüngere Steinzeit. Ol
zur Gewinnung von Land. Sie erstellten Mauem in dem trocken
gewordenen Uferboden und füllten den dahinter liegenden Raum
mit Material auf, das sie gleich nebenan dem Seegrund entnahmen.
In der kleinen Bucht bei Obcrmeilen, unterhalb des Weilers Dollikon,
wurden an zwei Stellen solche Landanlagen aufgeführt. Da kamen
beim Ausstechen des Auffullmaterials zum Erstaunen der dabei be-
schäftigten Leute Pfähle zum Vorschein und bei denselben lagen
Geräte aus Stein, Knochen und Hom, ja sogar Scherben von roh
gearbeiteten Gefässen, Der Lehrer des Ortes, Johannes Aeppli,
sammelte die Funde aufs eifrigste und berichtete im Januar 1854
der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, „dass man in der Nähe
seiner Wohnung in dem vom Wasser verlassenen Seebette Über-
bleibsel menschlicher Thatigkeit aufgehoben habe , die geeignet
seien, über den frühesten Zustand der Bewohner unserer Gegend
unerwartetes Licht zu verbreiten." Sofort begab sich eine Abord-
nung der genannten Gesellschaft an den Fundort und überzeugte
sich von der Richtigkeit der Ansichten Aeppli's. Es wurden weitere
Untersuchungen vorgenommen; man erinnerte sich an ähnliche
Funde in Männedorf am Zürichsee, in Mörigen und Nidau am Bieler-
see und nun trat die Pfahlbauforschung ins Leben, hauptsächlich
angeregt durch Ferdinand Keller, der in seinen „Pfahlbauberichten"
die wichtigsten Funde jeweilen publizierte. Die Pfahlbauten sind
heute noch nicht ganz erschöpft, obwohl in manchen Seen monate-
lange Ausgrabungen stattfanden.
Was nun den Pfahlbau (Ober-) Meilen angeht, so ist derselbe
nicht bloss 1854 erforscht worden, sondern auch später noch wurden
daselbst Ausgrabungen yoi^enommen. Auf dem Seegrunde fand
man zuerst eine i — 2 Fuss (0,3 — 0,6 m) dicke Schlammschicht, auf
welche nach unten die sogen, „Kulturschicht" folgte. In dieser
2 — 2,5 Fuss {0,6 — 0,75 ™) dicken Schicht lagen die Funde. Darunter
folgte wieder Schlamm. Die Pfähle ragten nicht über den Seegrund
hinauf; ihre Köpfe befanden sich in der Kulturschicht, während
die Spitzen tief in die untere Schlammschicht hinab reichten. Die
Anordnung der Pfähle war ziemlich regelmässig. Ihre Köpfe schienen
durch Querbalken mit einander verbunden gewesen zu sein. Unter
den übrigen Funden ragten an Masse die steinernen Objekte hervor.
Wie in den Höhlen, so war auch hier der Silex oder Feuerstein
wieder benutzt zu Messern, Schabern, Sägen, welche zum Teil noch
in ihren hölzernen Handhaben staken, in die sie mit Harz befestigt
worden waren. Es fanden sich femer Pfeil- und Speerspitzen aus
Feuerstein. Aber neben diesem Material waren auch andere Ge-
steinsarten benutzt worden. Abgesehen von Polir- und Schleifsteinen,
zed.yGOOgle
94
Zweites Kapitel,
Herdplatten, Klopfern und dergl. kamen steinerne Hämmer zum
Vorschein, zum Teil mit Stillöchera. Ein Serpentinhammer wies
eine angefangene Bohrung auf (vei^l. Fig. izo Seite 169); andere
Hämmer trugen auf einer Seite eine Schneide, Zahlreich waren
Steinmeissel und Steinbeile, Sie bestehen zumeist aus hartem
Gabbro, aus Hornblende oder Serpentin, aber eine nicht kleine
Zahl erwies sich als aus Nefrit bestehend, einem Gestein, über dessen
Herkunft man heute noch nicht im Klaren ist. Der Nefrit kommt
nämlich wohl in Neuseeland, in Zentralasien u. s. w. vor, aber nicht
in unserer Gegend, ja, soviel wir wissen, nicht einmal in den Alpen,
Manche Beile und Meissel in
Obermeilen trugen noch ihre
ursprüngliche Hirschhomfässung
(Fig. 31 und 32), die bestimmt
war, in einen Holzschaft gesetzt,
oder aber von Hand geführt zu
werden. Aus Knochen und Hom
bestanden einige hammerartige
Objekte mit Schaftlöchem, sowie
Meissel, Ahlen, worunter Nadeln
mit Öhr (Fig. 33—37}.
Die Zähne von Ebern, Bären
u, s, w. wurden zum Teil aU
Schmuck verwendet, denn man fand Aufhängelöcher an denselben.
Einige Eberzähne waren gespalten, damit der harte Zahnschmelz
Fig. 31- ^'S- ja.
Nefritbeil mit Hirsch- Steinmeiisel mit
homfassuDg aus d«m Fassung aus dem
Pfahlbau Ober- Pfahlbaa Ober-
meilen, meilen.
<^
flg. 33- Fig- 34- Fig. 35.
Ahlen und Pfriemen aus Knochen und Hörn a
Fig. 36. Fig. 37.
i dem Pfahlbau Obermeilen.
als Schneide dienen könne. Solche Eberzahnmesser fanden sich
auch in andern Pfahlbauten.
Unter den Schmuckgegenständen von Obermeilen wurde eine
Lamelle aus prächtig grünem Nefrit mit Aufhangeloch gefunden
(Fig. 38), sowie eine Bernsteinperle {Fig. 39).
zed.yGOOgle
Di« neolilbische oder jflngere Steinzeit.
95
Thonscherben waren zahlreich; ganze Gefässe kamen keine zum
Vorschein. Manche Scherben trugen Verzierungen^ z. B. das sogen,
Schnuromament, das aussieht, als ob man eine oder mehrere Schnüre
um den Hals des Gefasses gelegt und in den noch weichen Ton
eingedrückt hatte. Bei andern Scherben, die Randstücke von Ge-
fässen darstellen, fand sich parallel dem Rande eine Reihe von
Löchern. Sie mögen zum Durchziehen von Tragschnüren gedient
haben. Auch Wirtel aus Thon wurden gefunden.
An Metall kam bei der Ausgrabung von 1854 nur eine ganz ein-
fache Spange aus Bronze (einer Mischung von Kupfer und Zinn)
/^
©
Fig. 38. Fig. J9.
Nerrit-GehODge Bernstein p«rle uns dem
aus dem Pl^il. Pfahlbau Ober-
bau Obenneilen. meilen.
o
Fig. 40.
Bronzespange aus dem
zum Vorschein, offenbar ein Armschmuck (Fig. 40), Später wurden
noch zwei weitere Bronzen gefunden: ein Beil und eine Pfeilspitze.
Die Tierknochen im Pfahlbau Meilen stammen nur zum Teil
von wilden Tieren, wie Urochs, Hirsch, Reh, Steinbock, Wildschwein,
Bär, Wolf, Fuchs, Marder, Dachs. Es kommen auch Reste von
Haustieren vor, nämlich von Hund, Rind, Schwein, Schaf und Pferd.
Unter den Jagdtieren ist besonders der Hirsch häufig gewesen,
unter den Haustieren das Rind. Auch menschliche Skeletteile sind
gefunden worden, bestehend in Rippen und besonders in einem
Schädeldach, das von His und RiJtimever dem sogen. Siontypus
zugeteilt wurde. Es ist ein brach ycephaler Schädel mit kugelig ge-
rundetem Hinterhaupt, niedriger und fliehender Stirn. Er stammt
wahrscheinlich von einem jungen Weibe.
Die Leute, deren Spuren im Seegnind von Obermeilen ent-
deckt wurden, haben in Pfahlhülten gelebt. Aber wie wurde ein
Pfahlbau erstellt? Man hatte dazumal noch keine Rammklötze,
um Pfähle in den weichen Seeboden zu treiben. Ein Anwohner
des Zugersees erzählte dem Verfasser, in welcher Weise er Pfähle
in Torf oder Seegrund treibe. Er stellt den Pfahl aufrecht an
die Stelle, wo er eingetrieben werden soll und drückt ihn soweit
zed.yGOOgle
g6 Zweites Kapitel.
wie möglich in den Boden. Dann bringt er etwas über Kopfhöhe
am Pfahl mittels eines Seils einen Holzstab an, den er als Hebel
benutzt Ein Knabe steht auf diesen Hebel und dient als Gewicht,
Dann dreht man den Pfahl mittels des Hebels und jener bohrt
sich infolge seines Gewichtes in die weiche Unterls^e ein. Auf
diese Weise können auch die Pfahlbauer ihre ca. lo cm dicken
Rundhölzer in den Seegrund getrieben haben. Wo der Grund zu hart
war, wurden die Pfähle durch „Steinberge" gegen das Umfallen
gesichert.
Ein schweizerischer Pfahlbau. (Idealbild.)
Die über das Wasser emporragenden Pfahlköpfe verband
man durch Querhölzer und auf diese wurden dann dicht nebenein-
ander liegende Rundhölzer gelegt. So entstand der Pfahlrost, ein
Prügelboden, dessen Unebenheiten durch Thon oder Moos ausge-
polstert werden konnten. Erst auf den Rost kamen die primitiven
Hütten zu stehen, deren Dächer wohl nahezu den Boden erreichten
iFig. 41). Sie waren viereckig; runde Hütten sind bis heute
nicht gefunden worden. Die Hüttenwände bestanden aus Flecht-
werk, selten aus Holzbalken und die Fugen wurden durch Moos
oder Thon ausgefüllt. In Schussenried war der Boden der
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jOneere Steinzeit. <yj
Pfahlhütten mit Birkenrinde bedeckt Die Dächer derselben scheinen
zumeist aus Stroh, Tannenreisem und Moos bestanden zu haben.
Ein Steg verband die Ansiedelung mit dem Lande, und wo
dieser fehlte, fuhr man im au^ehöhlten Eichstamme, dem Einbaum,
hinüber. Für das Vieh wurden besondere Hütten errichtet und die
Tiere auch auf dem Pfahlbau gehalten. Am Lande dehnten sich
weite Jagdgründe aus. Wald und Weide nahm den grössten Teil
des festen Landes ein und zwischen ihnen lagen die kleinen Par-
zellen, wo der Ackerbau sdne Pflege fand.
2. Die Pfahlbauten der Sektveis. Nach der Entdeckung Aeppli's
in Obermeilen besuchte Dr. Ferdinand Keller den Bielersee, um nach
P^lbauten zu spähen. Er wurde bei seinen Forschungen unter-
stützt von Oberst Schwab in Biel und Notar MDller in Nidau, die
bald ansehnliche Sammlungen zusammenbrachten. Noch im Jahre
1854 kam ICraxER's erster Ptählbaubericht heraus und nun mehrten
sich die Funde rasch. Schon 1858 erschien der zweite Pfahlbau-
bericht, der von neu entdeckten Pfählbauten im Zürcher- und Pfaffiker-
see zu erzählen wusste, femer von solchen im Inkwilersee unfern
Solothum, im Moosseedorfeee bei Bern, im Bieler-, McMaburger-
und Genfersee, sowie im kleinen Lac de Luyssel oberhalb Bcx. Auch
im Bodensee waren mehrere Stationen entdeckt worden, ebenso in Sa-
voyen u.s.w. und bereits wies man hinaufähnllcheKonstrukticwienaus
alter und neuer Zeit. Keller hat später noch sechs Pfahlbauberichte er-
scheinen lassen und sich mehr und mehr aufdie schweizerischen Funde
beschränken müssen. Seit dem Tode dieses Forschers ist der neunte
Pfahlbaubericht erschienen, wie seine Vorläufer reich mit Tafeln ausge-
stattet („siehe Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich").
Gegenwärtig kennen wir im Bodensee über 50 Pfahlbaustationen
{Fig. 42), von denen fi-ellich nicht alle der Steinzeit angehören. In
mehreren derselben sind nämlich auch Bronzegegenstände ge-
funden worden, besonders in Bodmann am Nordende des Über-
linger Busens. Der obere Teil des Bodensees enthält wegen seines
starken Wellenschlages nicht sehr viele Pfahlbauten, doch wurden
auf dem Schweizerufer solche konstatiert bei Arbon, Kesswjl, Güttingen,
Altnau, Scherzingen, Bottighofen, Kurzrickenbach und Kreuzlingen.
Zahlreicher sind die Pfahldörfer im Überlinger Busen und im Unter-
see, wo sich fast vor jedem Dorfe eine oder mehrere Stationen
fanden. Bei Ermatingen haben wir z. B. solche in Oberstad und
im Westerfeld, bei Steckborn solche in der Schanz und beim ehe-
maligen Kloster Feldbach. Die untersten P&hlbauten liegen an der
St Othmars-Insel bei Eschenz und im Hof, einer seichten Stelle
mitten im Rheinstrome unterhalb Stein a. Rh.
Heierti, Uijuchichle det Schweii. 7
zed.yGOOgle
Einige kleine Stationen beünden sich in Torimooren im Kanton
Tbui^u, so bei Berg und bei Niederwil- unfern Frauenfeld. Die
J
letztere Pfahlbaute ist ein s<^en. Packwerkbau. Urspriinglich bestand
sie wohl nur aus einem Floss, das an seinen Ecken durch Pfähle
zed.yGOOgle
Di« neolitliische oder jADgei« Steinzeit gg
festgehalten wurde. Es konnte sich nicht von der Stelle entfernen,
wohl aber je nach dem Wasserstand steigen und fallen. Auf
dem Flosse lebten die Pfahlbauer. Im Laufe der Zeit füllte sich
das Holz mit Wasser und begann zu sinken. Die Bewohner des
Flosses suchten durch Aufßillen mit Laub, Reisig, Kies, Thon u. s. w.
sich über Wasser zu ertialten. Als aber das FIoss tiefer sank, blieb
schliesslich nichts anderes übrig, als ein zweites Floss darüber zu
bauen, das zum Wohnboden wurde. Auch dieses wird sich nach einer
gewissen Zeit mit Wasser gesattigt haben und längs der Leitpfähle
niedergeglitten sein. Wieder versuchte man auszufüllen, bis das
dritte Floss erstellt werden musste. So legte sich nach und nach
ein Floss über das andere, bis das unterste auf dem Seeboden aut-
lag und über ihm sich ein dichtes Packwerk von Holzböden, Thon,
Kies, Reisigschichten gebildet hatte, in welchem die ui^eschichtlichen
Funde geborgen liegen.
Der Pfäfhkersee im Kt Zürich enthält zwei Pfahlbauten: die
durch ihre Gewebe und Stickereien bekannt ge^vordene Station Irgen-
hausen bei Pfaffikon und den Pfahlbau Robenhausen, den wir noch
spezieller betrachten werden.
Der Greifensee hat mindestens sechs Stellen autzuweisen, wo
ehemals Pfahlbauten bestanden; im Zürichsee waren zehn solche,
worunter die reiche Bronzestation Wollishofen bei Zürich, aus weicher
ca. 7000 Fundgegenstände bekannt geworden sind, obwohl sie nur
zum Teil untersucht wurde.
Auch der Zugersee enthielt mehrere Pfahldörfchen, Als vor
einigen Jahren die Vorstadt Zug in den Seegrund rutschte, zeigten
sich im Abris^ebiet die alten Pfähle und bei denselben wurden
Steinartefakte und Knochengerate autgelesen. Bei Cham liegen
drei Stationen und etwas südlich davon noch zwei, die ebenfalls der
Steinzeit angehören.
So wenig als am Walensee sind bisher am Vierwaldstätter
See Pfahlbauten nachgewiesen worden. Ob im Hallwilersee solche
existierten, ist zweifelhaft, di^egen wurde im Baldeggersee eine
Station der Steinzeit entdeckt. Der Sempacher See enthielt mindestens
sechs solcher Ansiedelungen und im Wauwiler Moos sind Packwerk-
bauten aufgefiinden worden.
Zwischen Solothum und Burgdorf ist der schon erwähnte Ink-
wilersee und nur zwei Stunden von Bern der See von Moosseedorf
Beide Seen enthielten steinzeitliche Pfahlbauten. Uhlmann, der die
Station Moosseedorf mit grosser Genauigkeit untersuchte, entdeckte
in derselben eine Feuerstein-Werkstätte der Neolithiker.
In den Juraseen sind die Stellen, wo einst Leute auf Pfahl-
zed.yGOOgle
lOO ZwdtM KapiteL
rosten über den Wassern gewohnt haben, besonders zahlreich. Im
Bielersee wurden über 20 Stationen ausgebeutet, worunter der
sogen. Kupferpfahlbau Vinelz (Fenil) und die Bronzestationen Nidau
und Mörigen, welch' letztere mit einer Giesserei versehen war.
Der Neuenburgersee enthielt mehr als 50 Pfahlbauten. Wo die Ufer
flach sind, treffen wir solche vor jedem der heutigen Dörfer. Manch-
mal liegt nahe dem Ufer eine Steinstation, weiter draussen im See
zed.yGOOgle
Dt« neoliÜUKhe oder jüngere Steinzeit. lOI
eine bronzezeitliche Ansiedelung. Zu den wichtigsten dieser Bauten
gehören Auvernier, Cortaillod, Corcelettes und Estavayer,
Auch der Murtnersee war schon zur Steinzeit bewohnt Die Station
Murten hat besonders viele Gewebe geliefert In den zwei
P^lbauten von Muntelier (Montilier) und Vallamand sind viele
Bronzen gefunden worden. Im Ganzen wurden in dem kleinen See
etwa zehn Stationen konstatiert.
In den drei Seen von Biel, Neuchätel und Murten war die
Ausbeutung der Pfahlbaustellen sehr erleichtert durch die Jura-
gewässer-Korrektion, Dadurch sanken die Seespiegel so, dass die
meisten Stationen trocken lagen. Die Museen von Lausanne, Yverdon,
Neuchätel, Bicl, Freibui^, Bern, sowie das Schweizerische Landes-
museum in Zürich und viele Privatsammlungen legen Zeugnis davon
ab, wie sehi* sich die Ausbeutung lohnte.
Auch der Genfersee war mit Pfahldörfchen reichlich versehen
(Fig. 43). Aus diesen Ansiedelungen haben die Sammlungen Troyon
und Forel, die beide an das Museum von Lausanne Übergingen, das
Museum von Genf und viele kleinere Museen und Privatsammlungen
einen Teil ihrer Schätze erlangt. Als besonders wichtige Stationen
nenne ich auf dem schweizerischen Ufer nur Morges, woselbst neben
steinzeitlichen auch reiche Bronzefunde gemacht wurden und Genf, wo
das Ausflussgebiet der Rhone ein grosses Pfahlbau-Territorium darstellt,
in welchem besonders auch zahlreiche Gussformen gefunden wurden.
Im Ganzen sind in der Schweiz über 200 P^lbauten nach-
gewiesen worden; aber auch die bekannten Pfahlbaustellen sind
noch nicht überall erschöpft und Jahr für Jahr werden neue Funde
gemacht Doch konnte nur in denjenigen Seen, deren Niveau tiefer
gelegt wurde, eine genaue Untersuchung durchgeführt werden,
3. Die Verbreitung der Pfahlbauten in Europa. Die schweize-
rischen Pfahlbau-Ansiedelungen liegen alle in den kleinem und
grossem Seen am Nordfusse der Centralatpen, sowie in Torfmooren
oder ehemaligen Seegebieten. Man durfte annehmen, dass auch
der Südfuss der Alpen in seinen Seen Reste solcher Bauten bei^e,
dass dieselben sich aber auch in den West- und Ostalpen finden
werden. Dem war wirklich so. In Norditatien sind zahlreiche
Stationen entdeckt worden, z. B. im Gardasee (u. a. der Bronzepfahl-
bau Peschiera), im Lago di Pusiano, im Lago di Varese und beim
Lago maggiore. Neben echten Pfahldörfem in den Seen fand man
aber auch ähnliche Niederlassungen auf dem Lande, besonders süd-
lich des Po, von Parma bis Modena. Das sind die mit Wall und-
Graben versehenenTerramaren , welche, wie die echten Pfahlbauten,
zum Teil der Steinzeit angehören, oft aber zahlreiche Bronzen ent-
zed.yGOOgle
I02 Zwmtes Kapitel.
halten. Manche Terramarcn reichen sogar in eine Zeit hioetn, wo
das Eisen benutzt wurde.
In Frankreich ist besonders Savoyen reich an Seeansiedelungen.
Im Lac d'Annecy, im Lac de Bourget und anderwärts finden sich
Reste von Pfahlbauten der Steinzeit; oft auch Bronzestationen. Da
giebt es, wie in Italien, einige Seedörfchen, in denen Eisen gefunden
wurde, was bei uns nur ganz ausnahmsweise der Fall war.
Wie das südliche und westliche Nachbarland der Schweiz
Pfahlbaufunde aufweisen, so auch Süddeutschland und Österreich.
Bereits haben wir die Stationen am deutschen Ufer des Bodensees
erwähnt und auch den wegen des wohlerhaltenen Unterbaus seiner
Hütten bemerkenswerten Steinzeitpfahlbau Schussenried angeführt.
Bayern besitzt eine schöne Station auf der Roseninsel im Stam-
berger- oder Würmsee, die neben Steingeräten auch einige Bronzen
geliefert hat
Wer die Funde aus den Seedörfern zu beiden Seiten der Alpen
übersieht, wird erkennen, dass im Westen die Bronze vorherrscht,
dass diese nach Osten allmählich abnimmt und mehr und mehr die
Steinzeitstationen allein noch übrigbleiben. In den österreichischen
Pfahlbauten kommen Bronzen schon viel seltener vor, als am Boden-
see, an diesem wieder spärlicher als am Neuenburgersee. Im Salz-
kammergut sind mehrere Stationen ausgebeutet worden, z. B. im
Attersee und im Gmund'ner- oder Traunsee. Aus dem Mondsee
wurden besonders zahlreiche Kupfei^eräte gehoben. Am Südfiiss
der Ostalpen liegt der wegen der Ornamentik seiner Gefässe oft
besprochene Pfahlbau Laibach, Die menschlischen Statuetten,
welche in dieser Station gefunden wurden, zeigen uns, wie die
Kleidung der Steinzeit beschaffen gewesen, (Verg!. Fig. 94 Seite 162.)
Übrigens kamen in demselben Seegebiet auch Kupfer- und Bronze-
objekte zum Vorschein, In Olmütz (Mähren) wurde eine Bronzestation
entdeckt, am Neusiedlersee in Ungarn ein Steinzeitpfahlbau, Ungarn
besitzt auch Terramaren. Im Altertum bildete es mit dem nordöst-
lichen Teil der Balkan-Halbinsel die römische Provinz Dacien. Es ist
nun interessant, zu sehen, dass auf der Trajanssäule in Rom, die zur
Verherrlichung der römischen Siege in Dacien errichtet wurde, ein
Pfahlbau dargestellt ist, der von römischen Kriegern in Brand ge-
steckt wird. Wenn heute noch zahlreiche Getreidebehälter in der
Walachei auf Pfählen errichtet sind, so können sie also auf uralte
Vorbilder zurücl^führt werden. Ähnliche „Pfahlbauten" aus unserer
Zeit sind die Getreidehäuschen in vielen Dörfern des Kts. Wallis und
die Stabur's in Norwegen.
Aus der Balkan -Halbinsel haben wir ein Zeugnis, dass zu
zed.yGOOgle
Die Deolithuche oder jQngere Steinzeit. IO3
Herodot's Zeiten Pfahlbauansiedlungen im Prasias-See existierten.
Der genannte Historiker beschreibt diese Seedörfer folgendermassen:
„Mitten im See stehen zusammengefügte Gerüste auf hohen Pfählen
und dahin führt vom Lande nur eine einzige Brücke, Und die
Pfähle, auf denen die Gerüste stehen, richteten in alten Zeiten die
Bürger selber auf; nachher aber machten sie ein Gesetz, und nun
machen sie es also: Für jede Frau, die einer heiratet, holt er drei
Pfähle aus dem Gebirge, das da Orbelos heisst und stellt sie unter;
es nimmt sich aber ein jeder viele Weiber. Sie wohnen aber selbst
auf folgende Art: Es hat ein jeder auf dem Gerüste eine Hütte,
darin er lebt, und eine Fallthür durch das Gerüst, die da hinunter-
geht in den See. Die kleinen Kinder binden sie an einem Fuss
mit einem Seil fest, aus Furcht, dass sie hinunterrollen. Ihren Pferden
und ihrem Lastvieh reichen sie Fische zum Futter. Ihrer ist eine
so grosse Menge, dass, wenn einer die Fallthür aufmacht und einen
leeren Korb an einem Strick hinunterlässt in den See und zieht ihn
nach kurzer Zeit wieder hinauf, so ist er ganz voll."
Das Pfahlbaugebiet, das wir bisher betrachtet haben, zieht sich
im Ganzen längs der Alpen von den Pyrenäen bis in die Balkan-
Halbinsel. Es giebt aber in Europa noch ein zweites, ähnliches
Gebiet, das sich von Irland und England über Norddeutschland bis
nach Russland hinein erstreckt Schon bald nach der Entdeckung
von Obermeilen erkannte man, dass in den irischen Crannoges ein
den Pfahlbauten verwandtes Phänomen vorliege. In mancher jener
i^olzinseln" Irland's wurden Stein- und Bronzegeräte gefunden,
einige Crannoges waren aber nachweislich noch im Mittelalter be-
wohnt. Kach Wilde finden sich diese Bauten meistens da, wo beim
Zusammenstossen mehrerer kleiner Seen aus Lehm und Mergel be-
stehende Inselchen auftauchen, die im Sommer trocken liegen, im
Winter aber vom Wasser bedeckt sind. Diese Inseln wurden nun
durch eingerammte Pfähle befestigt und durch aufgehäuftes Holz
oder durch Steinlagen erhöht Ein Damm oder ein Steg verband
die Insel mit dem Land; meist aber war der gewöhnlich noch durch
ein Palissadenwerk verstärkte Crannoge nur mit Schiffen zu erreichen. .
Aus den irischen Annalen erfahren wir, dass z. B. 848 Cinaedh,
Herr von Cianachta-Breagh, mit einer Schar Söldner das Crannoge
von l.£^ore plünderte und niederbrannte. Im Jahr 1368 wurde
Teige durch Verrat in seiner Festung Ard-an-choillin, einem Cran-
noge im See Cairgin, gefangen genommen. 1586 wird von ONeÜl
berichtet, dass er im Moore einen Wohnsitz erbaut und in demselben
sich mit all seinen Leuten und seinem Vieh aufgehalten habe.
Noch töio wird ein Crannoge in der Landschaft Galway genannt.
zed.yGOOgle
10^- Zvntes Kspit^.
Wenig zahlreich sind die Spuren von Pfahlbauten in England
und Holland, wohl aber besitzt Norddeittschland viele solche in
Hannover, Holstein, Mecklenburg, Brandenburg, Pommern, Preussen
u. s. w. Die meisten Stationen sind nicht alt und erinnern manch-
mal an die Crannoges des Mittelalters. Sie werden den Wenden
zugeschrieben, besonders diejenigen, die sich von Pommern und der
Mark Brandenburg über Posen, West- und Ostpreussen bis nachRussland
hineinziehen. Indessen giebt es einige Seedörfer in Norddeutschland,
speziell in Mecklenburg, die bis in die Steinzeit zurückdatiert werden
müssen, so z. B. die an Fundstücken reichen Stationen Wismar und
Gägelow'.
Wenn wir zusammenfassen, so können wir sagen, dass die
europäischen Pfahlbauten sich der geographischen Lage nach in
zwei grosse Gruppen teilen lassen, dass aber innerhalb der Gruppen
bedeutende Unterschiede im Alter der einzelnen Stationen bemerk-
bar sind. Neben Ansiedlungen, die in die Steinzeit zurück weisen,
finden sich solche aus historischen Zeiten, ja sogar aus dem Mittel-
alter. In einigen Gegenden hat sich der Pfahlbau in bestimmter
Form bis heute erhalten, und wir. brauchen bloss an Venedig zu
denken, um zu wissen, dass das System der Pfahlbauten immer
noch angewandt wird.
4. Äussereuropäische PfahlbmUen, Als Hojeda im Jahre 1499
der Nordküste von Südamerika entlang fuhr, ging er, wie Herrera
meldet, oft ans Land und trieb Handel mit den Eingebornen, „bis
sie zu einem Hafen kamen, wo sie ein Dorf auf dem Wasser er-
blickten, welches gebaut war, wie Venedig. 26 grosse Häuser, der
Form nach Glocken ähnelnd, standen da auf Pfählen. Zugbrücken
vermittelten die Verbindung der Häuser untereinander." Bekannt-
lich hat der ganze Landstrich den Namen Klein- Venedig oder
Venezuela erhalten; jener Hafen aber mag die Maracaybo-Bucht
gewesen sein, wo heute noch Pfahlbauten zu finden sind. Der
Indianer, verliess das feste Land, um den Moskitos und dem Fieber-
hauch der Sümpfe zu en^ehen. Er holt die Stämme von stein-
harten Palmen aus dem Walde, treibt die Pfähle tief in den Grund,
l^gt die Batken darauf und verbindet sie mit Schlingpflanzen. Palm-
blätter bilden das Dach; die Wände werden mit Matten verhängt
oder mit gespaltenen Palmstämmen vergittert. Im Innern wird die
Hütte in zwei Teile geteilt; hinten ist die Schlafstelle von Weib und
Kind, vorn die des Mannes. Der Hütte gegenüber liegt die Küche,
unter dem Vordach einer zweiten Hütte, dem Vorratshause. An dem
Stege, der die beiden Häuschen verbindet, wird das lange, schmale
Kanoe, ein Einbaum, festgebunden.
zed.yGOOgle
Die oeolitllisclie oder jQiqieTe Steinzeit. iqiJ
Es scheint, als ob der ganzen Nordküste SUdamerika's entlang
jetzt noch F&hlbauten existierten. Daneben kommen aber auch
Baumwohnungen vor, besonders am Orinoco, dessen Fluten manch-
mal sehr rasch anschwellen und die ganze Gegend .unter Wasser
setzen. Solche Baumwohnungen sind im kolumbischen Amerika
besonders in Centralamerika benutzt worden, und der Historiograph
DE Brv beschreibt die Insassen derselben als sehr streitbar und
reich an Gold und Silber. Den grössten Piählbau ^den die Spanier
im alten Mexico, das zum Teil auf Pfählen, zum Teil aber auf
schwimmenden Inseln erbaut war, wie mehrere andere Städte des
Landes.
Ganz im Süden Amerika's, in Argentinien, treffen wir heute
noch Pfahlbauten. Abgesehen von den Kornmagazinen in den
Pampas, die zum Schutz gegen den Zahn des Pampashasen auf
Pfähle gestellt werden, finden sich wirkliche Pfahlbauten am La
Plata-Strom. Drei Kilometer südlich von Buenos Ayres liegt die
Boca del Riachuelo, wo das ganze Dorf auf l — 2 m hohen Pfählen
ej-baut ist.
Die Reisenden, welche den „dunkeln Erdteil" erforschten, sprechen
gar nicht 'selten von Pfahlbauten. Am Benue, einem Nebenflusse
des Niger oder Quarra, gelangte Baikie in ein Dorf, das ganz im
Wasser stand. Einige Tagemärsche oberhalb der Benue-Miindung
ist Loko, der Hauptiibergang über den Fluss, auf einer Insel ge-
legen. Zur Zeit der Hochwasser beziehen die Eingebornen Pfahl-
bauten, während sie sonst in Strohhütten auf dem Lande wohnen. Die
erstem sind rund und werden je von vier gabeligeo, etwa 3 m
hohen Pfählen getragen; die letzteren haben eine viereckige Form.
Am untem Kongo errichten sowohl europäische Kaufleute, als
Eingeborne mit Vorliebe Pfahlhäuser, um dem tötlichen Hauch des
fiebererzeugenden Bodens eher entgehen zu können. Am obern
Kongo fand Caueron eine ackerbautreibende Bevölkerung, die über
dem Wasser lebte und auf Einbäumen den See beAihr. Ihre Hütten
sind klein, viereckig und ruhen auf lai^en Pfählen. Bewohner des
Morjasees im Gebiet des Lualaba, eines Nebenflusses des Kongo,
wohnen auf schwimmenden Inseln, die mit Pfählen festgestellt sind.
Die Felder der Leute befinden sich am Lande; hier und da werden
auch die schwimmenden Inseln bepflanzt Die Ursache des Pfahl-
wohnens ist hier das Suchen nach Schutz, hauptsächlich vor den
Sklavenhändlern.
Im Zambesi gebiet sind Pfahlbauten mehrfach nachgewiesen,
z. B. am Abfluss des Njassa-Sees, dem Schire. „Als wir den Schire
hinabfiihren ," erzählt Livingstome , „fanden wir in dem breiten
zed.yGOOgle
I06 Zweites Kapitel.
Papyrusgürtel um den kleinen See Pomalombe herum, zu welchem
sich der Fluss erweitert, eine Anzahl Manganja-Familien versteckt,
welche durch die Ajawa-Einfälle aus ihren Wohnorten vertrieben
worden waren. Der Papyrus wuchs so dicht, dass er, wenn er
niedergedrückt wurde, ihre kleinen, einstweiligen Hütten trug, ob-
wohl er, wenn sie von einer Hütte zur andern gingen, unter ihren
Füssen, wie bei uns dünnes Eis, sich hob und senkte. Zwischen
sich und dem Lande Hessen sie einen dichten und undurchdring-
lichen Wald von Papyrus stehen und es würde nie jemand, der
auf Jener Seite vorübei^ng, vermutet haben, dass dort drin mensch-
liche Wesen wohnten." Diese Leute ernähren sich hauptsächlich von
den massenhaften Fischen des Sees.
In Madagaskar hat Professor C. Keller Photographien von Saka-
laven-Wohnungen aufgenommen, die ebenfalls im Ffahlbaustil er-
baut sind.
Im Nilgebiet finden sich Pfahlbauten bei den Bongo und Niam-
Niam. Interessanterweise lieferte auch der alte Kulturstaat Aegypten
einen Beitrag zur Kunde der Pfahlbauten in einem Relief aus Theben.
Die Schwester des Königs Thutmosis III. hatte eine Expedition ans
Rote Meer abgesandt, und bewahrte in dem genannten Relief das An-
denken an ihre That der Nachwelt auf.
Die Expedition der ägyptischen Königin gii^ wahrscheinlich
ans arabische Ufer des Roten Meeres und so leitet uns diese Be-
trachtung von Afrika zu Asien hinüber. Auch in diesem Erdteil
werden wir Pfahlbauten kennen lernen, die heute noch bestehen,
andere, die dem Mittelalter angehören und noch andere, die weit
in die Urzeit zurückreichen.
In der Nähe des alten Sardes in Kleinasien befindet sich der
Gygäische See, jetzt Mermere-ghöl genannt Der „Berg der tausend
Gräber", der sich am Westufer des Sees erhebt, birgt viele Grab-
hügel und bei Anlass von Eisenbahnbauten kamen im See selbst
Pfahlbauten mit Steinwafien und Werkzeugen zum Vorschein,
Der ums Jahr 1300 lebende Fürst Abulfeda berichtet von den
Seen am Orontes in Syrien, wovon der nördlichste der See der
Christen heisse, da er von christlichen Fischern bewohnt werde,
die auf dem Wasser in hölzernen Hütten leben, welche auf Pfählen
erbaut seien.
Mesopotamien wäre wohl geeig^net zu Pfahlbauanlagen. Wirk-
lich sollen bei den Arabern in den Marschen am Euphrat solche
angetroffen worden sein und unter den Reliefs von Kujundschik
(Ninive) hat man einige gefunden, die auf Pfahl- oder Flossbauten
hinzuweisen scheinen.
zed.yGOOgle
Die neolithUche oder j&agere Steinzeil. IO7
In Ostindien existieren zahlreiche Seedörfer und neben ihnen
kommen Baumwohnungen vor, die vielleicht als Prototypen der
eigentlichen Pfahlbauten aufgefesst werden müssen. In der Land-
schaft Sikkim in Vorderindien sind die letztem allgemein in Ge-
brauch wegen der grossen Regenmengen, die Überschwemmungen
zur Folge haben. Weiter östlich, in Bhutan und bei den Kasia's und
Naga's, fehlen Pfehlbauten auch nicht, wohl aber im östlichen Asam, am
linken Ufer des Bramaputra. In Hinterindien werden sie sehr zahl-
reich. Im Delta des Irawaddi und an diesem Flusse hinauf bis über
Awa und Amarpura sind selbst Tempel und IClöster über Pfählen
erbaut, in Burma kommen solche Bauten sogar auf trockenem
Lande, ja auf Höhen, vor. Das lässt sich nur erklären, wenn man
bedenkt, welch' grosse Macht die Gewohnheit ist und wie schwer
der Mensch von den Sitten der Väter lässt
Die Hauptstadt Siam's, Bangkok, ist zum Teil eine schwimmende
Stadt, d. h. viele Häuser sind auf Flösse gebaut Das östlich da-
von gelegene Bathambong dagegen ruht auf Pfählen. Längs des
Menäm und am Mekhong erstrecken sich weitgedehnte Reisfelder.
Der Bebauer derselben aber hat zum Schutz ' gegen Feuchtigkeit
und Überschwemmung , sowie gegen Schlangen , Ratten , Skor-
pione u, s. w. sein Häuschen auf Pfähle gestellt. Dieses Hüttchen
ist fast ganz aus Bambus gebaut und wird von Kokospalmen «be-
schattet
Im östlichen Teil des Meerbusens von Bengalen liegt die Insel-
gruppe der Nicobaren. Die Bewohner derselben sind Pfahlbauer
und die auf den Nicobaren lebenden Europäer haben dieses Bau-
system adoptiert Man rammt Pfeiler in die Erde und bringt 10 bis
12 Fuss (3 — 4 m) hoch oben durch Binden eine Balkenlage an. Die
Wände bestehen aus Bast; das Dach wird aus Palmblättem gebildet
Der Zugang erfolgt durch eine Leiter. Dem Eingang gegenüber
befindet sich die Feuerung, Oberhalb des Feuerplatzes sind die
Pandanusbrote und die Wassergefässe aus Kokosnuss aufgestellt.
Zur Linken steht ein Götterbild; zur Rechten befinden sich Holz-
bildsäulen. In der Nähe der Thüre hängen Speere, Messer, Haus-
geräte, Die Kuppel des Hauses enthält meist noch einen Verschlag
für Vorräte. Der Raum unter der Hütte dient als Schattenplatz
beim Arbeiten. Auch sind daselbst Verschlage für Hühner, Vorräte
unverarbeiteter Früchte und grosses Gerät zu finden.
Es können nach dem gegenwärtigen Stand unseres Wissens
auch in Asien zwei Zonen unterschieden werden, in welchen Pfahl-
bau-Konstruktionen vorkommen. Die eine zieht sich, wie wir
gesehen haben, von Kleinasien, Armenien und Syrien über Meso-
zed.yGOOgle
I08 Zweites Kapitel.
potamien nach Ostindien, die andere hat eine Nordsüd-Rlchtung und
zieht von Kamtschatka und dem östlichen Sibirien gegen Hinterindien.
Auf dieser Halbinsel vereinigen sich beide Gruppen und setzen dann
auf den austral-asiatischen Archipel über.
JedeKamtschadalen-Familie besitzt zwei Häuser: einSommer-
und ein Winterhaus. Das erstere besteht aus Holz und ist hoch
auf Pfählen errichtet, der Form nach rund oder, noch häufiger,
viereckig. Die Winterwohnung hegt mit ihrem Fundament einige
Fuss unter der Erde.
Ähnliche Dörfer, wie in Kamtschatka, finden sich bei den in
bergigen Teilen des Gouvernements Irkutsk lebenden Korjaken.
Der Plählbaustil ist auch bei den Giljaken am Amur nachgewiesen.
In Japaii kennt man ihn nur noch aus alten Bildern und ein An-
denken an die Zeit der Pfahlbauten mögen die heute noch auf
Pfählen stehenden Vorratshäuser der Afno's sein, welch letztere man
als die Ureinwohner des Landes betrachtet.
Auch chinesische Bilder zeigen uns Pfahlbauten; indessen scheinen
solche in Wirklichkeit nicht mehr zu existieren, wohl aber sind
in China Hunderte von schwimmenden, künstlich erstellten Inseln
gegenwärtig noch bewohnt.
Die Pfahlbauer par exellence sind die Malayen. Wer den
austral-asiatischen Archipel besucht, wird gewiss Singapore anfahren.
Da kann man nun schon die Pfahldörfer überall in den von Malayen
oder Chinesen bewohnten Stadtteilen und Vorstädten sehen. Selbst
die Europäer bauten, um vor dem Fieber besser geschützt zu sein,
ihre Häuser auf Holz- oder Steinpfosten.
Im Innern der Insel Sumatra leben die in der Kultur zurück-
gebliebenen Batta's oder Battaker, die zum Teil noch auf Bäumen
wohnen. Sonst aber sind sowohl bei ihnen, als bei den einge-
wanderten Malayen und Europäern Pfahlbauten die gewohnliche
Bauart. Daneben kommen z. B. in Palembang auch schwimmende
Wohnungen vor. Nach Seelhorst hat der Umstand, dass die Hütten
ursprünglich nur an Flüssen gebaut wurden und die Notwendigkeit,
sich gegen den Besuch grosser und kleiner Tiere zu schützen, zum
Pfahlbau gefiihrt
Im Osten von Sumatra liegt die Stadt Palembang, welche der
Moesifluss mit dem Meere verbindet. Diese Stadt besitzt neben den
sogen, Rakkits oder schwimmenden Wohnungen auch 4500 Pfahl-
häuser. An demselben Flusse befindet sich das 2500 Seelen zählende
Dorf Soensang, dessen Häuser mehrere hundert Schritt vom Ufer auf
6 — 8 m hohen Pfählen errichtet sind.
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jOngete Steinzeit. Iqq
Auf Java sind die Pfahlbauten seltener, doch kommen sie vor.
Jacor besuchte z. B. das Dorf Paniteng, das nur zu Schiff zu er-
reichen war und ganz auf Pfählen stand.
Je tiefer wir uns nun aber in den Archipel hinein begeben, um
so zahlreicher werden die Pfehldörfer und Pfählstädte. Es ist un-
möglich, auch nur die grossem derselben anzuführen; wir müssen
uns mit einer Übersicht begnügen.
Auf Bomeo finden sich Pfehl- und Flossbauten in allen Teilen
des Landes, Interessant sind die Häuser der Eingebornen oder
Dajaker, deren jedes gewissermassen ein Dorf bildet, in welchem
eine ganze Sippe wohnt Sie sind oft 200 — 300 Fuss .(60 — 90 m)
lang und 40 — 50 Fuss (12 — 15 m) breit. In Samarinda an der Ost-
küste stehen die Häuser auf Bambuspfählen 8 — 10 Fuss(2 — 3 m) über
dem Boden, und zwischen und unter ihnen befinden sich die Gräber
der Verstorbenen. Tangarung, ein Ort mit 50CXJ Einwohnern, gleicht
Samarinda; doch kommen daselbst auch Flosswohnungen vor. Das
Venedig Bomeo's ist Bandjer oder Bandjermasin mit 38 OCX) Ein-
wohnern, Die Häuser dieser Stadt stehen entweder auf Stelzen im
Wasser, oder sie schwimmen. Auch Brunei, die Hauptstadt des
gleichnamigen Sultanats, ist eine echte Pfahlbaustadt.
Auf den Philippinen finden sich ebenfalls zahlreiche Pfahl-
bauten. Dieser Archipel ist ausgezeichnet durch eine Menge kleiner
Flüsse mit weiten Mündungen. Solche Örtlichkeiten haben von
jeher eine grosse Anziehungskraft für Ansiedler gehabt Der Fluss
ist eine von der Natur gegebene Strasse, und vielerorts sind bis
auf den heutigen Tag keine andern Wege vorhanden. An den
Ufern gedeihen Kokos- und Nipapalmen, hinter welchen sich
die Reisfelder ausbreiten. In den Flussmündungen ist der Fischfang
am ei^ebigsten, und die Uferstrecken liefern Muscheln, Krabben
und essbare Algen. An solchen Orten errichtet der Eingebome
sein Haus auf Pfählen an der Grenze zwischen Ebbe und Flut
Es steht die Hütte des Tagalen über den Flüssen Manila's; die
Behausung des Igorroten auf Luzon ist auf 4 Pfähle gestellt; die
Bambushütten von Mindanao befinden sich auf Pfehlwerk einige
Fuss über der Erde.
In der Inselgruppe der Molukken finden sich Pfahlbauten auf
Celebes, Amboina, Ceram und Kilwaru. Der reichste Fürst von
Celebes, Beherrscher des Königreichs Goa, wohnt in einem Pfahl-
bau, 4 km südlich von Macassar, welche Stadt auch Pfahlhütten
aufweist. Die in Nordcelebes gelegene Stadt Tondano ist schon
durch DuMONT d'Urville beschrieben und in seinem Werke Voy^e
de l'AstroIabe abgebildet worden. Früher wohnten die Eingebornen
zed.yGOOgle
HO ZweilCB Kapitel.
ganz über dem See von Tondano, um Schutz vor den Seeräubern
zu finden. Die Häuser waren durchschnittlich Ö5 Fuss (19,5 m) lang
und 35 Fuss (10,5 m) breit Das Dach bestand aus Sagoblattem oder
Palmfa^ern. Eine Treppe, die des Nachts autgezc^en wurde, führte ins
Wasser hinunter. Schon im Jahre 1658 kämpften diese Pfahlbauer
gegen die Niederländer, und noch 1809 erhoben sie sich gegen ihre
Bedrücker. Den Kanonen verdankten die Europäer den schliesslichen
Sieg. Seither dürfen die Häuser nicht mehr in den See gebaut
werden und ziehen sich jetzt am Ufer hin.
Die schweizerischen Forscher F. und P. Sabasin, welche ganz unbe-
kannte Gegenden von Celebes bereisten, haben ebenfalls P&hlbauten
angetroffen, Sie sind der Ansicht; daas die Sorge um grössere Rdnlich-
keit die Leute veranlasste, ihre Wohnsitze über Wasser aufzuschlagen.
Auf Ceram leben die heidnischen Alfuren des Innern in grossen,
für 50 und mehr Personen berechneten P^lhütten. An der Küste
sind manche Häuschen auf den blossen Boden gestellt, und man wohnt
familienweise, nicht in Sippen beisammen. Den .merkwürdigsten
Pfahlbau bildet die auf einer Sandbank zwischen Ceramtaut und
Kissa mitten' im Meer erbaute Stadt Kilwaru, ein Emporium des
Handels der Molukken und Neu-Guinea's.
Das Pfahlbauten - Eldorado ist nun aber die grosste Insel
des Archipels und deren Umgebung. Schon der erste Pfahlbau-
bericht von Keller erwähnt die Pfählbauten in Neu-Guinea. Nach
der Schilderung von Dumont d'Urville sind die Bewohner von Dore'i
an der Nordwest-Spitze der Insel in vier Pfahldörfer verteilt Ein
Dorf begreift 8 — 15 Häuser in sich. Jedes derselben besteht aus
einer Reihe von Zellen und nimmt mehrere Familien auf. Die
Hütten lassen überall das Tageslicht hindurch und schwanken
unter den Tritten des Besuchenden. A. R. Wallace erzählt, dass
zwei der Dörfer ganz im Wasser stehen und man zu ihnen auf
langen Brücken gelangt Die Pfähle sind kleine, krumme, unregel-
mässig aufgestellte Stocke, die aussehen, als ob sie umfallen wollten.
Die Fussboden der niedrigen Hütten sind auch aus Stöcken ge-
macht, die so lose und weit auseinander liegen, dass es fast un-
möglich ist, auf ihnen zu gehen. Dr. Finsch teilt oait, dass die
Pfahlbauten in Neu - Guinea erstellt werden zum Schutz gegen
Feinde und dann infolge der Gewohnheit der Papuas, welche
viel mit dem Meere zu thun haben. Auch grössere Reinlichkeit
ergiebt sich auf den Pfahlbauten. Die Pfähle sind 3 — 4 m hoch,
und man steigt auf einer Leiter zu den Wohnräumen hinauf Neben
den Pfahlbauten giebt es hier und da auch noch Baumwohnungen.
Östlich von Port DoreY ist die Geelvink-Bay, welche ebenfalls
zed.yGOOgle
Die neoUthisctie nder jflngeie Steinzeit. i i i
grosse Familienhäuser aufweist, die bis lOO m lang werden und
an die FouRiEB'schen Phalanst^res erinnern. Die Hütten an der
Humboldt-Bay, in der Mitte der Nordküste, gleichen in ihrer Form
mehr oder weniger unsern Zuckerstöcken. In den Dörfern Tobadi,
Todus und Wawa wohnten bis zur Ankunft der Europäer, also bis
in unsere Zeit, wirkliche Steinzeitleute. In Tobadi befindet sich ein
grosses Gebäude, das i s m hoch ist und als Versammlungsort dient.
An mehreren Orten giebt es solche Gebäude, die auch als eine
Art Tempel betrachtet werden, so auf der Insel Waigeu im Nord-
westen von Neu -Guinea.
Sudlich von Waigeu ist die Galewa- Strasse, in welcher, wie
im benachbarten Mc. Cluer Golf, ebenfalls P&hlbauten nachgewiesen
sind. An lebterer Bucht finden sich Befestigungen der pfahl-
wohnenden Ansiedler, die sich dadurch gegen ihre Feinde zu schützen
suchten, und bei denen das erste Erscheinen der Europäer einen
wahren Aufruhr hervorrief.
Im Papua-Golf, an der Südostküste von Neu-Guinea, sind
Pfahlbauten sehr häufig. An der Westseite des Golfes trafen die
Reisenden Kanibalen und gastfreundliche P&hlbauer, die auf ihren
Pfahlgerüsten lo Fuss {3 m) hoch über den Sümpfen, hier und da
s<^ar Gärtchen angelegt hatten. Im Osten der Bucht, z. B. in Port
Moresby, ist die Steinzeit jetzt im Verschwinden infolge des Ver-
kehrs der Eingebornen mit Europäern. Da linden sich Pfahldörfer
im Wasser und auf dem Lande. Sie sind oft sehr gross und volk-
reich. Das auf dem Trocknen erbaute Pfahldorf Maupa hat 9 Längs-
strassen aufzuweisen. Die Häuser sind 3^3,5 m breit und 10 m
lang. Im Ganzen stehen ca. 250 Häuser beisammen mit gegen
I5CX> Einwohnern. Kleiner ist das durch seine Reinlichkeit hervor-
ragende Dorf Parematta mit 30 — 40 Häusern und ca. 200 Ein-
wohnern, Diese züchten Schweine und haben zahme Hunde, Ausser-
dem besitzen sie eigentliche Plantagen von Zuckerrohr, Haine von
Kokospalmen und gewinnen auch Bananen, Tarro, Yams, Brotfi-ucht
und Sago.
Interessant ist das in der Hood Bay befindliche Dorf Kaire
(Fig. 44). Vom Lande aus gelangt man zu Schiff zum Missions-
hause und zur Missionskirche, die unter sich und mit zwei Häuser-
reihen durch Stege oder Brücken verbunden sind. Die einzelnen
Häuser haben breite Plattformen. Das Dorf Hula in derselben Bucht
besteht aus ca. 100 in einem Halbkreis erbauten Häusern, deren
Giebel Spitzbogenform haben. Das Fischerdorf Alt-Hula weist 50 bis
60 Hütten auf, die sich am Lande befinden und 250 — 300 Ein-
wohnern Obdach gewähren. Doppelt so gross ist Keräpuno mit
.y Google
112 Zweite» Kipitel.
etwa lOo Häusern, worunter einige turmartig gebaut sind, und
800 — tooo Bewohnern.
Im Moresby-Hafen liegen die Dörfer Anapata und Ellewalla,
die zur Ebbezeit trocken Hegen. Westlich davon ist das nur
15 Häuser umfassende Dörfchen Derani,
1 nenzritKcher Pfthlbto i:
Nea-GiuDO.
Fig. 44.
Im Innern Neu-Guinea's sind z. B. bei den Koiari die st^rlc
befestigten Dörfer auf Felsbergen angelegt Die Häuser befinden
sich auf Bäumen; oft s^gar geht der Baum durch das Wohnhaus
selbt hindurch. Ganz ähnliche Zufluchtsorte fand man nach Ratzel
auf Ysabel, einer Insel der Salomon's -Gruppe, wo oberhalb der
Tagwohnungen auf Bäumen Schlafstätten erstellt worden waren.
Kein Erdteil ist ohne Pfahlbauten. Diese sind weder an be-
stimmte Völker, noch an bestimmte Zeiten gebunden. Während
beispielsweise die Seeansi ed Jungen der Schweiz der Stein- und
Bronzezeit angehören, also zum Teil schon über 4000 Jahre alt
sind, spricht Herodot von Pfahlbauten aus der Zeit von 500 vor
unserer Zeitrechnung, Das Relief von Theben stellt solche Ansied-
lungen dar aus dem II. Jahrtausend vor Christo, während diejenigen
im „See der Christen" in Syrien ins XII. Jahrhundert nach Christi
Geburt fallen. In Amerika hat Hojeda zur Zeit des Kolumbus
Pfahlbauten kennen gelernt, und heute noch giebt es ähnlich kon-
struierte Gebäude in Argentinien. Ein grosser Teil der malayischen
Menschenrasse wohnt gegenwärtig auf Pfählen. In den Pfahlbauem
zed.yGOOgle
Die neoliihische oder jOD^re S
von Neu-Guinea haben wir Steinzeitleute unsrer Zeit keimen ge-
lernt, die neben Fischfang etwas Viehzucht und Ackerbau treiben.
Wenn man aber nachforscht, warum die Leute auf Pfählen wohnen,
so ist es in letzter Instanz immer das Suchen nach Schutz, das
sie aufe Wasser hinaus getrieben. Der Bewohner der Maracaybo-
Bucht in Südamerika sucht Schutz vor den Moskito's, der Anwohner
des Orinoko flüchtet bei den oft plötzlichen Überschwemmungen
in seine Baumwohnung oder seine Pfahlhütte. Die Manganja's des
Pomalombe-Sees in Afrika haben vor ihren Todfeinden im Papyrus-
dickicht Schutz gesucht, und der Bewohner der Nikobaren will
dem Fieberhauch des Bodens entgehen, indem er seine Hütten auf
Pfähle stellt. Der Battaker Sumatra's sucht sich und besonders
seine Kinder vor dem Tiger und anderem Getier zu schützen, und
zudem sind ja die in der Höhe befindlichen Wohnsitze treffliche
Auslugpunkte, von denen aus der heranschleichende Feind leichter
bemerkt werden kann. Wenn Bewohner des austrat -asiatischen
Archipels sich vor den Piraten auf ihre Pfahlwohnungen flüchten,
so treibt sie das Suchen nach Schutz, und derselbe Grund ist es,
der die Anwohner des Papua-Golfes zwang, ihre Hütten über Wasser
und Erde zu stellen. Die Kaufleute, welche fremde Küsten besuchen,
wohnen auf ihren Schiffen bei den Waren; sie sichern dieselben,
indem sie sie isolieren. Wir verstehen nun, warum manche grossen
Handelsplätze des Ostens Pfahlbauten sind; Sie sollen dadurch
isoliert werden.
Nicht überall, wo Pfahlbauten stehen, lasst sich beweisen, dass
die Bewohner Schutz suchen vor feindlichen Menschen oder wilden
Tieren, vor Überschwemmungen oder dem Fieberhauch des Bodens.
Oft hat sich diese Sitte eben einfach aus alter Zeit erhalten, oder
es sind Gründe massgebend geworden, die ursprünglich erst in
zweiter Linie in Betracht kamen, z. B. die Sorge für Reinlichkeit,
die Leichtigkeit des Fischfangs, die bequeme Wasserstrasse.
Fragen wir, nach der Ursache, welche Veranlassung gab zur
Erstellung der Pfahlbauten in der Schweiz, so ist gewiss auch hier
der Wanderer, wenn möglich, den Wasserläufen nachgezogen, und
hat der Fischer oft genug sein Netz in die Seen gesenkt Aber
hier, wie anderwärts, liegt die eigentliche und ursprüngliche Ur-
sache des Wasserwohnens im Suchen nach Schutz. Zwar muss
man gestehen, dass die Tierwelt der Schweiz in neolithischer Zeit
wenige gefährliche Raubtiere aufwies, vor denen man sich hätte
flüchten müssen. Auch gegen feindliche Menschen bot der Pfahlbau
nicht viel Schutz und war nicht nur auf Flossen und Einbäumen,
sondern auch mit Brandpfeilen leicht zu erreichen. Im Winter zu-
Heierli, Urceichlch» dir Schweii. 8
zed.yGOOgle
114 Zweites K«[Mtel.
mal, wenn der See zugefroren war, konnte man die Ansiedluiig leicht
umzingeln. Aber man darf nicht vergessen, dass niemand gern im
Urwalde wohnt, und in den Waldwiesen und Sümpfen mögen dazu-
mal auch bei uns fieberschwangere Dünste der Erde entstiegen sein,
vor denen der Mensch dadurch Schutz suchte, dass er seine Hütten
in seichte Buchten stellte, wo er noch manche andere Vorteile
genoss. Der See !K:hützte seine Herden wenigstens einigermassen vor
nächtlichem Besuch von Bären und Wölfen; er bot ihm einen Teil
der Nahrung; die Wasseradern waren die damaligen Strassen, die
den Jäger in sein Revier, den Nachbar zum Nachbarn, den Händler
zum fremden Stamme geleiteten.
B. Schwelzerlscbe Steinzelt-Pflalilbauten.
Kehren wir von der Wanderung, die wir zu den Pfahlbauem in den
verschiedenen Gegenden der Erde gemacht, zu unserm Schweizerlande
zurück, so erscheint das Bild unserer Seedörfer in Beziehung auf die
Alters- Verschiedenheit der einzelnen Stationen nicht so bunt, wie wir es
anderwärts angetroffen haben. Die schweizerischen See-Ansiedelungen
gehören in ihrer Mehrzahl der neolithischen Steinzeit an. Indessen
dauerte dieser Zeitraum offenbar sehr lange und darum kann man
unter den Funden nicht bloss lokale Unterschiede wahrnehmen,
sondern auch zeitliche Differenzen nachweisen. In den ältesten
Stationen waren z. B. die Gefässe von sehr primitiver Technik und
Form, während sie in spätem Zeiten feiner und schöner wurden.
In den ältesten schweizerischen Pfahlbauten traten die Haustier-
knochen hinter den Jagdtierresten zurück, in den Jüngern wurden
sie zahlreicher und jene verschwanden fast ganz. Noch eine Reihe
solcher Thatsachen, die auf eine allmähliche Zunahme der Kultur hin-
weisen, wird uns bekannt werden, wenn wir nun einige typische
Pfahlbaustationen der Steinzeit spezieller behandeln.
I. Chavatmes {Schafis) bei Neuvrville. Eine der ältesten Pfahl-
bauten lag ca. 15 m vom Nordufer des Bielersees bei Chavannes
;Schafis) unfern Neuveville. Sie war schon im Jahr 1858 bekannt,
aber an derOberfläche wurden nur wenige und schlechte Funde gemacht
und in die Tiefe zu dringen, war schwierig wegen des Wurzelfilzes
von Binsen und Schilf. Nachdem die Jur^ewässer-Korrektion den
Spiegel des Bielersees gesenkt, unternahm Dr. E. von Fellekberg in
Bern 1873 eine genaue, mehrere Monate dauernde Untersuchung der
Kulturschichte selbst.
Der Pfahlbau war auf drei Steinbergen erbaut, d. h. auf Un-
zed.yGOOgle
Die Dcolithisclie oder jüogere Steiozeit. 1 1 c
tiefen, die oberflächlich zur Hauptsache aus Steinhaufen bestanden.
Zwei derselben hingen miteinander zusammen, der dritte war etwa
15 m davon entfernt. Zu oberst fand man bis in 10 — 15 cm Tiefe
nur Steine mit Sand, dann folgte die Kulturschicht, die bis 70 cm
mächtig war; darunter lag die Seekreide. Die grösste Länge des
Pfahlbaues betrug 195 m, die grösste Breite 50 m; die Messung
der Gesamtoberfläche ergab 63 a.
Die Pfähle waren dünne Rundhölzer oder Spältlinge. Der
Rost wurde durch Palissaden vor dem Wellenschlag geschützt Eine
Leiter führte in das Wasser hinunter. Die einzelnen Hütten be-
standen zum grossen Teil aus Flechtwerk und waren durch acht
Brücken unter sich und mit dem Lande verbunden.
In ihrem hinem fand man Reste von Bänken, Tischen
und Thüren. Am Boden lag eine Schicht Lehm.
Häufig erkannte man Brandspuren, ein Beweis, dass
der Pfahlbau durch Feuer untergegangen war.
Was die Funde angeht, so treten die Feuerstein-
Artefakte in den Vordergrund. Es fanden sich präch-
tige, bis 25 cm lange Lanzenspitzen (Fig. 45), welche
wohl nicht aus einheimischem Material bestehen,
da die heute bekannten Feuersteinknollen aus dem
Iura nur klein sind. Indessen mögen den Pftihlbauem, ^ *' ?\
•^ ° Feuersteidlanze
die auf ihren Jagdzügen gewiss häufig Feuerstein- aus dem Pfahl-
Fundorte entdeckten, bessere Stellen bekannt gewesen *>"» Chavannes
sein, als uns. ( » )■
Neben Silexspitzen (Fig. 46 — 49) wurde auch eine Spitze aus
Bei^krystall gefiinden; eine andere besteht aus Jaspis. Der Feuer-
ä
Fig. 46. Fig. 47. Fig. 48. Flg. 49.
Feuersteid-PreiUpitzen aus dem PTahlbau ChavanDes (Scluifis).
stein oder Silex erscheint in verschiedenen Farben: rot, gelb, grau,
weiss und wurde auch benutzt zu Sägen, Schabern, Messern u. s. w.
Die Artefakte aus wachsgelben, fettglänzenden, braunen und violetten
Varietäten von Silex stammen höchst wahrscheinlich aus den Küsten-
gegenden an der Nord- und Ostsee und aus Frankreich.
zed.yGOOgle
I iC Zweites K^t«l.
Die Steinbeile sind klein. Sie bestehen aus den verschiedensten,
mehr oder weniger harten einheimischen Gesteinsarten; doch finden
sich auch Nefritoide unter ihnen, nämlich Nefrit, Jadeit, Chloromelanit
und Saussurit. Nur der Saussurit kommt anstehend in der Schweiz
vor und zwar im Gebiet des Kts. Wallis. Die Pfahlbauer haben
ihn aber nicht im Gebirge geholt, sondern den in der Nähe ihres
Wohnortes befindlichen Moränen des alten Rhonegletschers enthoben.
Anders ist es mit den übrigen Arten der genannten Gesteine, die
man ihrer Härte und Schönheit wegen auch etwa als Halbedelsteine
bezeichnet Der Nefrit, dessen Farbe vom Milchweiss zum Grün,
zum Gelb und bis zum Rot variiert, ist in Europa bis jetzt nur in
Schlesien bekannt geworden und auch diese Stelle wurde erst
durch Bergbau erschlossen. NefiHt tritt in Centralasien , in Neusee-
land, in Alaska u. s, w, häufig auf und man glaubte früher, die P&hl-
bauer hätten ihn auf ihren Wanderungen von der Urheimat Asien
mitgebracht. Aber abgesehen davon, dass die Hypothese der
sogen, arischen Wanderung heute lebhaft bestritten wird, ergab die
Untersuchung der verschiedenen Nefrite, dass der Pfahl bau -Nefrit
eine besondere, z. B. vom centralasiatischen verschiedene Varietät
ist. Vor einigen Jahren hat man in Österreich am Südfusse der
Ostalpen zwei Rollstücke aus Nefi-it entdeckt und so ist nicht aus-
geschlossen, dass wir dieses Gestein in den Alpen finden werden,
wenn auch die bisherigen Nachforschungen erfolglos geblieben sind.
Noch eigentümlicher steht es mit der Frage nach der Herkunft des
graugrünen bis milchweissen Jadeits, der in neolithischen Funden nicht
selten erscheint. Er kommt in Hinterindien, besonders im obern Burma,
ferner in Centralamerika, vor, aber in Europa und den benachbarten
Teilen von Asien und Afrika ist er bis jetzt noch nicht gefunden worden.
Unter dem Gesteinsmaterial der Pfahlbauer befindet sich auch der
dunkelgrüne Chloromelanit, der so hart ist, dass man Glas damit ritzen
kann. Dieses Gestein ist nur aus dem Gebiet des Monte Viso als an-
stehend bekannt.
Was den Verbreitungsbezirk der Funde aus Nefritoiden anbetrifft,
so kommen Artefakte aus Nefrit in Mittel-Europa am zahlreichsten in
der Nähe der Alpen vor. Die Jadeite sind viel gleichmässiger über
Frankreich, Deutschland und die Schweiz verteilt. Die Chloromelanite
erscheinen in Frankreich am häutigsten, doch sind sie auch in der Schweiz
und in Deutschland in beträchtlicher Zahl zum Vorschein gekommen.
In Osterreich und Italien sind die Nefritoide nicht häufig, ebenso wenig
in Spanien, wo ein venvandtes Material, derFibroüt, in prähistorischen
Funden auftritt und als Stellvertreter jener Gesteine anzusehensein durfte.
In Schafis sind durchlochte Steinbeile und -hämmer zum Vor-
zed.yGOOgle
Die neolithisrtte oder jüngete Steiozeil.
117
schein gekommen, doch beschränken sie sich nach einer gütigen
Mitteilung von Fellenberg's auf den abseits Hegenden, vereinzelten
Steinberg , dessen Kulturreste im allgemeinen einen etwas ent-
wickelteren, jüngeren Charakter zeigen, als diejenigen der beiden
a HomfassoDg mit Holzschsft a
I dem PfaUbati Schafis.
andern Teile des Pfahlbaues. Die Nefritoide sollen auch zum grössten
Teil von dem kleineren Steinberge herstammen.
Fig. 53 und 54,
Steinbeil« in HornfassuDg und HolzschaO ans Schafis.
Viele Steinbeile aus dem Pfahlbau Schafis stecken noch in
ihren Fassungen, sei es, dass sie direkt in den Holzschaft eingesetzt
oder zuerst in Hirschhornfassungen befestigt wurden (Fig. 50 — 54).
Hölzerne Stiele" fiir Äxte, Fassungen fiir Meissel und Schläge!
sind mehrfach gefijnden worden. Manche Feuersteinsägen zeigen.
zed.yGOOgle
I [ 8 Zweites Kapitel.
dass sie mit Asphalt in Holz-Handhaben befestigt worden sind
(Fig- SS).
Aus Holz bestehen femer schalenartige Gefässe (Fig. 56), aus
Rinde dagegen einige Gehänge, die vielleicht als Schmuck ver-
wendet wurden.
Knochen und Hörn konnten zu verschiedenen Dingen benutzt
werden. Man fand knöcherne Pfeilspitzen, welche mit Schnüren am
Holzschaft befestigt waren, Ahlen und Pfriemen, Dolche, Meissel und
^*!SS^SS^I^^^^Ipp5vf^
Feuei^teinlttge, mit Asphalt
Fig- SS-
1 die Holzfassung eiagekittct, a
I dem Pfahlbaa Sclufis.
Hämmer aus demselben Material. Rippen dienten, zusammengebunden
oder durch Asphalt miteinander verkittet, als Hecheln. Aus Knochen
oder Hom bestanden ferner Haken, Angeln und Harpunen. Selbst
Fig. 56-
Fig. 57.
Fig. 58.
Holzschale aus dem Pfnhlbau
Hirsch höinbechet
Thoobecher aus dem
Chavonaes (Schafts).
aus dem Pfahlbau
Schaiis.
Pfahlbau Schafis.
Gefässe aus Hirschhorn, besonders Schalen und Becher, kamen zum
Vorschein (Fig. 57).
Die Pfahlbauer von Schafis besassen auch mancherlei Schmuck.
Man fand viele durchlochte Bärenzähne, Perlen und Amulete aus
Hirschhorn, knöcherne Nadeln u. s. w.
Die Thongefässe und Scherben zeigen eine sehr primitive
Technik. Die Wände sind fingersdick, der Thon ist mit vielen
Steinchen untermischt, schlecht gebrannt, bröckelig. Die Gefässe
besitzen meist eine cylindrische, eine Becherform (Fig. 58).
zed.yGOOgle
Die «eolithiiche oder jüngere Steiauit. I Iq
Was die Textilien angeht, so ^d man in Chavannes neben
Spinnwirteln aus Thon und H0I2, Hechein aus zusammengebundenen
Rippen und dergl Fadenknäuet, Schnüre, eine Quaste und sorgsam
au^efuhrte Gewebe.
Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die Tier- und
Pflanzenwelt von Schafis, so finden wir nur wohlbekannte Arten,
weder ein au^estorbenes Tier, noch eine verschwundene Pflanze.
Wohl aber haben sich einige Formen andere Sfandplätee aufgesucht:
sie sind ausgewandert.
Von Pflanzen wurden in unserm Pfahlbau konstatiert: die Weiss-
tanne, deren Stammholz zu Pfählen und Balken, deren Äste und
Zweige als Streu benutzt worden sein mögen; die Birke, Eiche, der
Apfelbaum und der Hollunder, dessen Beeren vielleicht als Nahrung
dienten. Der Attich (Sambucus ebulus), mag zum Blaufärben gedient
haben; Brombeeren und Himbeeren verwendete man als Speise.
Nicht selten war die Gespinstpflanze der Pfahlbauer, der Flachs, welcher
kultiviert wurde. Binsen und Schilf sind zur Bedachung, Moose zur
Herrichtung der Lagerstellen benutzt worden. Daneben erscheinen
noch Adierfam und Wasserhahnenhiss.
Was die Tierwelt angeht, so bilden die Wildtiere eine stattliche
Reihe. Wir erwähnen nach den Bestimmungen Studer's den Stein-
marder, Wolf, Fuchs (?), Gerase (?), Reh, Hirsch, Elen, Braunbär,
Dachs, Biber, Eichhorn (7) und Wildschwein. Die Haustiere bestanden
in Torfhund, Torfrind, Torfschwein, Ziege und Schaf.
Auch vom Menschen selbst sind im Pfahlbau Schahs Skelet-
teile zum Vorschein gekommen. Ein brachycephaler Schädel ge-
hörte einem jungen Mädchen an. In der Kuiturschicht fand man
ferner ein mesocephales Schädeldach, das bearbeitet (und als Trink-
becher benutzt?) worden zu sein scheint Was würde dieses Kra-
nium altes erzählen können, wenn es seine Erlebnisse mitzuteilen
imstande wäre!
2. Moosseedorf bei Miindunbuchsee. Zwei Stunden nördlich
von Bern legt der kleine See von Moosseedorf, der von der Ur-
tenen durchflössen wird. Im Jahr 1856 wurde der Bach kanalisiert
und das Seegelände entsumpfr. Der Wasserspiegel sank etwa
8 Fuss (2,4 m). Da fand man am ostlichen Ende des Sees, da,
wo die Urtenen demselben entfliesst, einen Pfahlbau, der etwas
jünger sein mag, als der ältere Teil der Station Chavannes (Schafts ,
Wie jener dem altem, so scheint dieser dem mittlem Teil der neo-
lithischen Zeit anzugehören. Er wurde hauptsächlich von Dr. Uhl-
HANN ausgebeutet, dessen Sammlungen nach dem Tode dieses
gewissenhaften Forschers nach Bem kamen. Während die Aus-
zed.yGOOgle
Zweite« Kapitel.
grabungen stattfanden, entdeckte Uhlmann eine zweite Station am
westlichen Ende des Sees.
Das Pfahlwerk am Ostufer des Moosseedorfsees hatte eine
Länge von ca. 20 m und eine Breite von mindestens i6 m. Das
Ganze bildete ein Rechteck, in dessen Inneren die Pfähle sehr dicht
bei einander standen. Unter dem Seeschlamm ^d sich eine
0,5 — 1,5 m dicke Torfschicht, in welcher die Funde eingebettet
waren. Nur die Spitzen der 1,5 m langen Pfähle reichten tiefer
hinab in den ehemaligen Seegrund, den blanc fond. Die Pfähle
bestanden teils aus ganzen, teils aus gespaltenen Stämmen von
Eichen, Birken, Eschen, zumeist aber von Tannen. Sie konnten
mit der Schaufel ohne weiteres abgestochen werden. Gegen das
alte Ufer hin zeigten sich Reste einer Brücke. Offenbar war die
Ansiedelung durch Feuer untei^egangen , wie Kohlenmassen, ange-
brannte Hölzer u. s. w, bewiesen. An manchen Stellen fand man
Spuren von Lehmverkleidung der Pfahlbauhütten.
Oberflächlich kamen nur wenige Funde zum Vorschein; die
meisten Arteiäkte lagen, wie schon bemerkt, im Torf. Zahlreich
waren Feuersteinstücke. Es hatte in Moosseedorf eine eigentliche
Feuersteinwerkstätte bestanden. Neben Abfällen und Kernstücken
(sogen. Nuklei) fand man Messer, Schaber und Sägen, letztere hier
und da noch in den Holzhandhaben steckend (Vergl. Fig. 55, S. 118).
Die Pfeilspitzen bestanden nicht immer aus Silex, sondern oft auch
aus Knochen . und Bergkrystall (vergl. Fig. 46 — 49). Ein Stück ist
wohl ein Nefrit Pfeil- und Lanzenspitzen scheinen mit Erdpech an
den Holzstab befestigt worden zu sein.
Unter den gewöhnlichen Steingeräten befanden sich Beile aus
Nefrit, Gabbro, Serpentin u. s. w. Einige sind an der Schneide
auf der einen Breitseite flach, auf der andern gewölbt, also hobel-
artig. Auch durchbohrte Stücke kamen vor, daneben dicke Stein-
hämmer, femer Mühlsteine, Wirtel, Schleif- und Poliersteine. Manche
Beile staken noch in ihren Fassungen aus Hirschhorn oder Holz.
(Vergl. Fig. 50—54 S. 117.)
Die Objekte aus Knochen und Hörn bestehen in mehreren
Dolchen, die aus dem zugespitzten Ulnaknochen hergestellt wurden,
ferner kamen Harpunen, besonders aber Pfriemen und Ahlen zum
Vorschein. Zwei Knochennadeln besassen Köpfe aus Asphalt. Auch
durchbohrte Knochen fanden sich. Ein sehr zierliches Becherchen
besteht aus Hirschhorn. Aus demselben Material waren auch schön
polierte und mit Stichomament versehene Gehänge erstellt worden
(Fig. S9). Durchbohrte Bärenzähne, Eberhauer u.s, w. dienten eben-
falls als Schmuck.
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jüngere Steiozeil. {21
Das interessanteste Fundstück ist ein Kamm aus Eibenholz
(Fig. 60). Aus demselben Material bestehen einige Dolche, Dass
Holzschäfte fiir Beile vorkamen, wissen wir bereits. Ausserdem
fanden sich hier, wie in Schaßs, hölzerne Schalen.
Fiß. 59. Fig. 60.
HirschhomgeliäDge aus Moos- Eibenholzkanini aus dem Prahlbau Moos-
seedorf, seedorf.
Die Töpferei ist entwickelter als an dem eben genannten Orte,
Zwar trifft man auch unter den Scherben von Moosseedorf solche
aus grobem, mit Steinchen untennischtem Thon, aber daneben schon
feinere Arbeit, grössern Wechsel von Formen und Verzierungen. Becher-
formen sind selten; häufiger erscheinen Schalen und Töpfchen, be-
sonders aber Schüsseln
von charakteristischer Ge-
stalt, Ein Fragment einer
solchen Schüssel (Fig. 61}
ist besonders interessant,
weil es am Bauche einen
Belag von Asphalt auf-
weist, auf welchem Birken-
rinde aufgeklebt wurde, '^' ''
. ,, , ^ . , Schüssel mit einem Dreieck-Oraarneol aus Birkenrinde.
die em zierliches Dreieck- ^^^^^^.^ pßj,,ba„ Moosseedorf.
muster bildet Die Schüs-
sel war mit durchlochten Buckelchen versehen, wohl zum Durch-
ziehen einer Tragschnur. Manche Thongefässe von Moosseedorf
weisen auch Finger-Eindrücke und Tupfen auf; andere sind mit
erhabenen Leisten versehen. Bei einigen schalenartigen Gefässen
zed.yGOOgle
122 Zweites Kapitel.
ist der Thon sehr gut geschlemmt und besser gebrannt, als bei den
grössern, groben Schüsseln.
Interessant ist das Vorkommen von Asphalt, der in vielen Pfahl-
bauten erscheint und wahrscheinlich aus dem Traversthal (Neuen-
bürg^ stammt
In Moosseedorf war das Flechten und Weben auch bekannt
Ausser dem Flachs (Hanf ist in den Pfahlbauten noch nie gefiinden
worden) sammelte Uhlmann jedoch noch eine Menge anderer Pflanzen-
reste: Rot- und Weisstanne, Föhre, Eiche, Buche, Zitterpappel,
Birke, Haselnuss, Schlehe, Kirschbaum (?), Himbeere und Brombeere.
Ferner kam verkohltes Getreide zum Vorschein und wurden Wasser-
nuss, Binsen, Schilf, verschiedene Moose, sowie der Feuerschwamm
(Polyporus igniarius) konstatiert
Die Tierreste sind von ROtimevek untersucht worden. Er
legte der Sammlung aus der Station Moosseedorf ein besonderes
Gewicht bei. Vom Menschen fend sich der abgelöste Bogen eines
ersten Rückenwirbels von einem ungefähr vierjährigen Kinde, „ein
Beweis von nicht geringer Stärke, dass menschliche Leichname mit
Sorgfalt aus dem Bereich der Pfahlbauten entfernt wurden."
An Wildtieren konnten konstatiert werden: der Braunbär in
mindestens drei Exemplaren , Dachs , Haus- und Baummarder,
Iltis und Fischotter. Der Fuchs ist durch wenigstens sechs Indivi-
duen vertreten. Der Wildkatze und dem Igel gehörten wenige
Knochenreste, wogegen der Biber in lo — 12 Exemplaren nachge-
wiesen werden konnte. Sehr häuhg war der Edelhirsch, seltener
das Reh. Auch das Elen lebte in der Gegend von Moosseedorf
und sogar vom Urochs (Bos primigenius Boj.) sind einige Knochen
gefunden worden. Das Eichhorn, eine Anzahl Vögel, Reptilien,
worunter die europäische Süss Wasserschildkröte und einige Fische,
z. B. der Lachs, vervollständigen die Tierliste aus dieser Station.
An Haustieren fand sich der Hund, das Schwein, welches in
Moosseedorf sehr häufig gewesen sein muss, wie auch das Rind,
seltener das Schaf und die Ziege und endlich das Pferd, welches
indessen nur durch einen einzigen Knochen, der Spuren künstlicher
Bearbeitung zeigt, repräsentiert ist.
Die Pfahlbauer haben die Tierknochen sehr soi^ältig benutzt.
Sämtliche Markknochen sind aufgebrochen, die Schädel zertrümmert
worden, nur Fusswurzelknochen, Wirbel und dergl. blieben ganz.
Man ersieht daraus, dass die Nahrungsmittel der Neolithiker immer
noch spärlich genug gewesen sein müssen, trotzdem bereits einige
Tiere gezähmt waren und etwas Landbau getrieben wurde.
zed.yGOOgle
Die neoUthische oder jünger« Steinzeit, I23
3. Robenkausfn bei Wetzikon. Für die genaue Kenntnis der
Pfahlbauten sind die in Torfinooren liegenden Stationen viel wichtiger
geworden, als diejenigen der offenen Seen. In den letzteren verdirbt
der Wellenschlag vieles und an den Orten, wo die Ansiedelung
zeitweise im Trockenen lag, konnte sich von den leichter vergäng-
lichen Objekten nichts erhalten. Wo dagegen Torftnoore unter den
Pfahlhütten sich befanden, erhielten sich speziell Tierknochen und
Sämereien, Geflechte und Gewebe ganz gut Brannte schliesslich
solch eine Baute nieder, so wuchs der Torf über die in die Tiefe
gesunkenen Trümmer und hüllte sie ein. Mancherorts liegen zwei
oder sogar drei solcher Brandschichten übereinander, jede von der
andern durch eine Torischichte getrennt Ein derartiger Pfahlbau ist
Robenhausen in der Gemeinde Wetzikon, am Pfäffikersee.
Im Jahre 1857 wurde ein Nagelfluhriff der Aa, des Abflusses
des Pfäffikersees, wcj^esprengt, um dem Wasser bessern Ablauf
zu verschaffen und dasselbe für industrielle Zwecke nutzbar zumachen.
Sodann wurde das Aabett ausgetieft und gereinigt und bei dieser
Arbeit stiess man 1858 in dem den See südlich begrenzenden
Torfmoore auf alte Pfähle. Messiromher kam an die Fundstelle
und der erste Zug, den er „mit der Baggerschaufel that, forderte
Scherben ans Tageslicht, ähnlich denjenigen im prähistorischen Grabe
bei der Spinnerei Schönau" in derselben Gemeinde.
Die Baggerungen geschahen von Hand und Messikoumer sam-
melte nun eifrig Steinbeile, Hirschgeweihstücke, Tierknochen, Topf-
scherben, Sämereien, sogar Pfählbauerbrot Er kaufte das Land,
in welchem sich der Pfahlbau befand und begann die Ausbeutung
desselben, die er, so oft es der Wasserstand erlaubte, bis zum heu-
tigen Tage fortsetzte. Dabei ergab sich, dass der ganze Pfahlbau
in zwei ca. 15 m voneinander entfernte Stücke zerfiel.
Zuerst wurde im Anschluss an die Korrektions -Arbeiten der
Aa hauptsächlich der westliche Teil der Ansiedelung untersucht; er
erwies sich denn auch als der reichere. Dabei stiess man eines
Tages auf die ersten Textilprodukte. Doch lassen wir dem Finder
selbst das Wort! „Es frappierte mich dieser Fund und ich wusste
ihn mir nicht zu deuten. Ich schickte ihn Dr. Ferdimand Keller
und er schrieb mir, »ich solle nichts von diesem Funde verkaufen,
es sei ja Pariser Posamenterarbeit«. Vierzehn Tage nachher fand
man aber eine Menge Gewebe, Geflechte, Bändchen, Faden, Schnüre,
Fischeraetze, angefangene Fransen, Reiste (d. h. ungezwimte Flachs-
fasern) u. s. w., kurz den Beweis einer ausgedehnten Flachsindustrie."
Diese Textilsachen waren nur ca. 6 cm über dem alten See-
boden und mindestens 3 m unter der ehemaligen Oberfläche des
zed.yGOOgle
124
s Kapitel.
Torfmoores zum Vorschein gekommen, gehörten also der ältesten
Zeit an.
In den Jahren 1864 und 1865 wurde eine durchgreifende Korrek-
tion der Aa vorgenommen und dieselbe in einem Kanal mitten
durch das Pfahl bau gebiet geführt. So konnte dieses auf eine
Länge von 40 m und eine Breite von 8 m untersucht werden. Bei
dieser Arbeit zeigten sich drei, in verschiedener Höhe befindliche
Pfahlreihen und drei dazu gehörige Kulturschichten, jede von der
andern durch ca. i m Torf geschieden.
III
Kultuisehicht.
Torf, ca. »/, m
II.
Kulturschicht
Torf
L
Kulturschichl
Duixihscbnitt durch einen Teil des prablbauE Robenhausen.
Es waren also an dieser Stelle drei Pfahlbauten übereinander
nachgewiesen, Messikommer merkte sich auch die Fundstellen von
Gerste, Weizen, Mühlsteinen, Schleifsteinen u. s. w, und fand, dass
sie sich auf die 40 m fiintinal in ziemlich regelmässigen Distanzen
wiederholten. Es mussten also, so schloss er, in dieser Richtung fünf
Hütten nebeneinander gestanden haben. 1870 wurde der Raum
zwischen dem alten und neuen Aabett, ca. 9 a, auf eine Tiefe von
2^, — 3 ni untersucht, welche Arbeit 1875 und im Winter 1881/82
fortgesetzt werden konnte.
Auch der östliche Teil ist untersucht wordenj und es ergab
sich, dass die ganze Station etwa eine Hektare umfasste. Im östlichen
Digitized^yGOO^Ie
Die neolithische oder jüngere Steinzeit, t2C
Teil li^en nur zwei Ansiedlungen übereinander, und diese entsprechen
den beiden untern Fundschichten der westlichen Abteilung. Zwei-
mai ist der Pfahlbau Robenhausen abgebrannt Der dritte Bau war
kleiner und scheint freiwillig verlassen worden zu sein, da Brand-
spuren in der dritten Kulturschicht fehlten.
Was nun die Funde betrifft, so ist zunächst die Masse der
Tierknochen und der Sämereien sehr interessant. Rötimever hat
etwa 30 q. Tierreste untersucht und 63 verschiedene Arten konstatiert.
Dazu gehört eine Tiergestalt, die au^estorben ist: der Urstier
(Bos primigenius), der in 3 — 4 Exemplaren vorhanden war. Zahl-
reicher sind die Reste seines Verwandten , des Wisent , der in
30 Exemplaren auflxat. Beide Rinder lebten schon zur Oiluvial-
zeit und repräsentieren mit dem Elen und dem Biber in Roben-
hausen eine im Niedergang begriffene Tierwelt. Als noch heute in
Mitteleuropa vorkommend, sind Edelhirsch und Reh, Gemse, sodann
Wildschwein, ferner Wolf, Fuchs, Wildkatze, Igel, Iltis, Fischotter zu
nennen, die alle zur Steinzeit am Pfäffikersee lebten. Dazu kommen
zahlreiche Vogelarten: Steinadler, Milan, Star, Amsel, Wildtaube, der
graue Reiher, Storch, Wasserhuhn, Möve, Singschwan, Schneegans und
Ente. Auch der Frosch Hess dazumal schon sein Gequak hören,
und von Fischen sind konstatiert: Flussbarsch, Karpfen, Hasel,
Rötel, Nase, Trüsche, Hecht und Lachs.
Unter den Haustieren treffen wir in den Pfahlbauten drei ver-
schiedene Rinderrassen. In Robenhausen war speziell die Prirai-
geniusrasse häufig; sie stammt nach Rotiueyer vom Ur ab. Das
Schwein erscheint in der Form des Torfschweins, dessen Nachkommen
sich im Bündner Oberland bis auf unsere Tage erhalten haben.
In derselben Gegend finden sich auch noch die Abkömmlinge des
neolithischen Torfschafes (Naipserschafe). Dass der Hund den Pfahl-
bauer begleitete, wissen wir schon aus den Funden von Schafts, wo
auch Schaf und Ziege vorkamen. Robenhausen hat ausser diesen
Tieren noch Reste des Pferdes auf uns kommen lassen.
Vom Menschen sind nur vereinzelte Knochen erhalten geblieben;
ein ganzes Skelet kam nicht zum Vorschein. Jene Reste mögen
etwa acht Personen angehört haben.
Kaum ein anderer Pfahlbau kann sich im Reichtum an Säme-
reien mit unserer Station messen. Über 50 Pflanzenarten waren in
Robenhausen bekannt. Massenhaft kamen Reste von Getreide zum
Vorschein, worunter zwei Sorten Gerste, drei Arten Weizen, Emmer,
Hirse und Fennich (Fig. 62). Nicht bloss Körner von diesen Ge-
treidearten sind gefunden worden, sondern auch geröstetes Getreide
und BroL Offenbar war der Ackerbau recht ergiebig.
zed.yGOOgle
1 26 Zweites Kapilel.
Eine interessante Thatsache ist das Vorkommen des kretischen
Leinkrautes, Silene cretica, welches Unkraut oflenbar mit dem Ge-
treide von den Mittelmeerländem zu uns gekommen ist Aus den-
selben Gegenden stammt auch der Flachs,
Die Reste des Flachses sind sehr zahlreich und bestehen in
Wurzel- und Stengelstücken, in Zweigen, Kapseln und Samen.
Dazu fanden sich die Produkte der Flachsindustrie als Flachsfasern,
Faden, Schnüre, Stricke, Netze, Geflechte, Gewebe, ja sogar Fransen
Fig. 62 (nach Heer),
I. Kleiner Pfahlhauweiieo (Trit. vuig. anliq.). z. und 3. Sechsieilige Gerste (Hor-
deum hei. densum et «ancturo. 4. Ägyptischer Weiien (Trit. turgidum). 5. Kminer
(Trit dicoccum). 6, Hine (Panicum miliaceum), 7. Fennich (Setaria italica).
und Quasten. Wir werden noch Gelegenheit haben, über die
Weberei der neolithischen Zeit zu sprechen.
Der Pfahlbauer von Robenhausen, wie derjenige von Schafls
und Moosseedorf, war also nicht genötigt, sich in Felle zu kleiden,
sondern er hatte Kleider aus Leinwand und auch von Wolle,
Diese letztere hat sich im Torf nicht erhalten, aber das Vorhanden-
sein von Schafen und Ziegen macht es doch wahrscheinlich, dass
die Wolle in den Seedörfern ebenfalls verwendet wurde. Man hatte
überdies Farbstoflle, um die Kleider zu färben, Schwarz konnte aus.
zed.yGOOgle
Die Denlithigcbe oder jüngere Steinzeit. I27
Kohle erhalten werden, indem man sie mit Fett zusammenrieb, das
Rot lieferte der Rötel oder Roteisenstein, den man in Robenhausen
häufig genug in der Nahe der Texti Isachen fand. Eine gelbe
Farbe wurde aus der Reseda luteola, dem Wau, gewonnen und
blau aus Sambucus ebulus, dem Attich.
Die Bäume des Waldes lieferten dem Pfahlmann das Material
2u seinen Bauten. Zu Pfählen wurde vor allem Eichenholz ge-
nommen, aber auch Buche, Erle, Eibe, Tanne, Ahorn u. s, w. sind
nachgewiesen. Die Früchte mancher Bäume und Sträucher wurden
gegessen, z. B. Kirschen, Holzäpfel, Haselnüsse u. a. Aus den Buch-
eckern hat man vielleicht öl gejiresst; auch der Mohn wurde
angepflanzt Die Eicheln mögen zur Schweinemast verwendet
worden sein.
Die Wassemuss (Trapa natans) muss zur Zeit der Pfahlbauer
in Robenhausen häufig gewesen sein; jetzt ist sie aus der Gegend
verschwunden. Die Samen-Kontrollstation des Eidgenössischen Poly-
technikums machte den Versuch, die Wassemuss auf dem Pfahlbau-
gebiet wieder anzupflanzen. Die Pflanze schien zu gedeihen, brachte
es aber nicht zur Fruchtbildung.
Dass die Ptahlbauer Beeren aller Art sammelten und wir des-
halb in Robenhausen Samen von Erdbeeren, Himbeeren und Brom-
beeren häufig finden, lässt sich leicht begreifen, aber zu welchem
Zwecke sie z. B. Vorräte der Melde, Chenopodium album, oder vom
Labkraut, Galium palustre, anlegten, ist schwer zu sagen. Sind es
vielleicht Rückstände von Getreide- und Futter -Vorräten oder
solche vom Dreschen* Der Wasserhahnenfüss muss auch häufig
gewesen sein, ebenso die Seerose, die noch heute die Tümpel des
Torftnoores schmückt
Waflen und Geräte bestehen auch hier wieder aus Stein, Holz,
Knochen, Hom und Thon. Einige derselben verdienen besondere
Beachtung. So kommen neben den gewöhnlichen Pfeilspitzen aus
Feuerstein, wie in Moosseedorf, auch solche aus Bergkrystall und
Nefrit vor, Messer und Sägen sind aus Silex verfertigt; die letztern
erscheinen hier und da mit Erdpech in die hölzernen Handhaben
eingekittet
Auch hölzerne Messer und Dolche wurden gefunden; sie be-
stehen aus Eibenholz. Die Steinbeile sind nicht zahlreich; einige
derselben erwiesen sich als Serpentine, Nefrite u, s. w, Beilhämmer
aus Serpentin wurden mit Stiellöchem versehen. Mühlsteine und
Quetscher zum Zerreiben des Kornes kamen mehrfach zum Vorschein,
ebenso Schleif- und Poliersteine; selten aber sind Schmucksachen
aus Stein. Ein merkwürdiges Stück aus sogen. Splügenmarmor ist
zed.yGOOgle
128 Zweites Kapitel.
doppelt durchbohrt und wurde wohl als Schmuck getragen. Ein anderes
Gehänge besteht aus rotem Quarzit. {Vergl. Fig. 91, Seite 148.)
Unter den Holzobjekten kommen Eibenholzbogen vor, ferner
Keulen, Messer, Dolche. Ein Etnbaum, der im Pfahlbau-Gebiet entdeckt
wurde, konnte nicht gehoben werden. Dem Fischfang dienten Schwim-
mer und hölzerne Quirle, die heute noch in ganz ähnlicher Form in
der Arve bei Genf gebraucht werden. Unweit des Pfahlbaus Jänd
sich im Torf von Kobenhausen ein Ruder. Es muss sehr alt sein,
denn die Pflanzenwurzeln sind vollständig durch das Holz desselben
hindurchgewachsen. Einige Schalen, Schöpfer und Schüsseln bestanden
aus Ahornholz, einige Becherchen aus Hirschhorn.
Hirschhomperlen dienten als Hängeschmuck, sowie auch Zähne
von Tieren und längliche Hornstücke, welche
einfach verziert waren. Aus Knochen und Hom
machte man femer verschiedene Ahlen und
Fig. 63.
Fig. 64,
Fig. 65.
FUchsfasern aus
Flflchsfaden aus Roben-
FlachsscbDilie uod Stricke aus
bauien.
Pfriemen, Pfeilspitzen, Schaufeln und Hacken, Der zugespitzte Ulna-
knochen diente als Dolch,
Die Töpfer Produkte bestehen aus Schalen und Schüsseln, aus
Töpfen und Krüglein. Sie sind häufig unverziert. Hier und da er-
scheint das Schnurornament, das Netz- oder auch das sogen, Stich-
ornament, Das letztere besteht einfach aus eingestochenen Punkten.
Dieselben sind bei einigen Stücken regellos über die Fläche zer-
streut, bei andern um den Halsteil in Bändern, oder in aneinander
gereihten Dreiecken angeordnet. Um die nach unten schauenden
Spitzen der Dreiecke sind oft Gerade oder Wellenlinien gezogen,
die manchmal schnurverziert erscheinen.
Die Flachsprodukte kommen in Form von gereinigten Fasern,
Faden, Schnüren, Stricken, Knoten, Netzen, Geflechten (die oft auch
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jUogere Steinzeit. I 20
aus Bast bestehen) und von Geweben vor (Fig. 63—70). Sogar
Fransen {Fig. 7 1) und Quasten sind gefunden worden.
An Metall kam in den Kulturschichten selbst noch nichts
zum Vorschein, wohl aber im Aushub. Da fand man nämlich ein
Kupferbeilchen vom Steinbeiltypus und ein Bronzebeil von einfacher
Form. Indessen waren schon 18 Jahre vor dem ersten Metailfiind
thöneme Gusslöffel dem Torfgrund des Pfahlbaues Robenhausen ent-
hoben worden.
Fig. 66. Fig. 67. Fig. 68.
WeberknoteD aus Roben- Flachsneti »us Roben- Bastgeflecht aus Roben-
bansen. btaxD. hausen.
Diese Station hat also bis zum Bekanntwerden der Metalle ge-
dauert, aber ihr Beginn fällt in eine viel frühere Zeit Jene Metall-
objekte scheinen der zweiten Niederlassung zu entstammen. Diese
Fig. 69.
Flr. 70.
Fig. ri.
rebe aus Roben-
Köpergewebe aus
Fransen aus dem Pfahlbau
hauseo.
Robenhausen.
enthielt auch die Gusslöffel, aber tief unter ihr lag eine ältere
Fundschicht, welche das Ende der ersten Niederlassung, deren Unter-
gang bezeichnet. Der Pfahlbau hat jedoch noch früher existiert, denn
es sind auch vereinzelte Objekte im Torf unter der ersten Kultur-
schicht zum Vorschein gekommen.
Die drei Fundschichten von Robenhausen weisen charakteristische
Unterschiede auf. Die unterste, älteste Station ist durch Feuer
zu Grunde gegangen. Ihre Pfähle sind Rundhölzer; zwischen den-
selben fand man Steingeräte und Knochen, Thonscherben und Arte-
zed.yGOOgle
I 10 Zweites Kapitel.
fökte aus Holz und Hora. Interessant ist das Vorkommen von Saus-
suritbeilen in dieser Schicht. Hier kamen auch die Produkte entwickelter
Flachsindustrie zum Vorschein, die erwähnt worden sind: Faden,
Schnüre, Geflechte, Gewebe, Quasten und Fransen.
Die zweite Ansiedelung über dem Torfmoor Kobenhausen hat
uns ihre wichtigsten Gegenstände ebenfalls in einer Brandschicht
hinterlassen, welche aber von der unteren Fundstelle durch eine
ca. I m dicke Torfmasse getrennt ist. Oflenbar wurde die erste
Ansiedelung nach dem Brande wieder aufgebaut, bestand lange
Zeit, und unterdessen wuchs der Torf über die Brandmasse
der früheren Station. Endlich ging auch der zweite Pfahlbau
in Flammen auf, und wieder lagerte sich ein guter Teil des
Inventars der Ansiedelui^ im weichen Torigrunde. Das ist die
zweite Kulturschicht, Sie enthielt
ebenfalls Geflechte, Gewebe,Scher-
ben und ganze Töpfe, Stein-, Holz-
und Knochen gerate, Getreide und
Früchte, auch Reste von Rindern,
Schafen und Ziegen. Es fanden
sich hier durchbohrte Steinbeile
und Hämmer, die in der unter-
sten Schicht fehlen; Pfeilspitzen
aus Bergkrystall wurden gefun-
den, Langbogen ausEibenholz und
„. . Schüsseln aus Ahornholz kamen
Flg. 72.
Gusslöffel aus dem Pfahlbau Robenhausen. ^UO» Vorschein. Daneben aber fand
man auch eigentumliche, oft mit
Handhaben versehene Schalen oder Löffel, die in starkem Feuer ge-
legen hatten. Ihr Material ist Thon, welchem zerhacktes Stroh
u. dergl. beigemischt wurde. Am Rande scheinen sie manchmal mit
einer Art Glasur überzogen zu sein. Bei drei Stücken fanden sich
Klümpchen von geschmolzener Bronze, bei einem andern Reste von
reinem Kupfer. Diese Schalen waren die schon erwähnten Guss-
löfTel; sie zeigen, dass zur Zeit der zweiten Niederlassung in Roben-
hausen Metall bekannt war. {Fig. 72). Aus dem Schutt der
zweiten Ansiedlung stammt vielleicht auch das obenerwähnte
Kupferbeilchen , während das Bronzebeil über derselben gefunden
wurde.
Im westlichen Teil der Pfahlbaute lagen drei Kulturschichten
übereinander. Zwischen der zweiten und dritten liegt abermals nahezu
I m Torf. Die dritte Station war auf Pfählen errichtet, die zu-
meist gespaltene Baumstämme darstellten. Sie ist nicht, wie die
zed.yGOOgle
A A
Die neoliUiische oder jQngcre SlciDieil. I 3 i
beiden älteren Siedelungen, durch Feuer untei^egangen, sondern, wie
es scheint, freiwillig verlassen worden. In der obersten Kulturschicht
land man keine Geflechte und Gewebe; die Steinbeile waren zahl-
reich, aber klein. Nicht selten kamen Nefrite und Jadeite vor; so
wurde auch die erwähnte Nefritpfeibpitze in dieser Schicht ent-
deckt
4. Der Pfahlbau Vinelz im Bielersee. Infolge der Juragewässer-
Korrektion war der Spiegel des Bielersees beträchtlich gesunken.
Etwas nördlich vom Dorfe Vinelz hatte sich hinter dem Strande
Wasser angesammelt, welchem Abfluss verschafll werden sollte. Zu
diesem Zwecke wurde ein tiefer Graben gezogen. Dabei stiess
man im Strandboden schon in 30 — 40 cm Tiefe auf eine Menge
von Pfählen und 60 — 80 cm tief befand sich eine schwarzbraune
Morastschicht, in welcher Knochenreste, verfaultes Holz, Thon-
scherben, Hörn- und Knochenartefakte,
Feuersteine und Steinbeile in grosser Menge
vorkamen. Man hatte einen Pfahlbau der
Steinzeit entdeckt. An den Ausgrabungen
beteiligte sich besonders Dr. E. von Fellin- Fig. 73. Fig. 74,
BERG. Dabei traten wesentlich neue Er- Silei-Pfeilspiuen biis dem
scheinungen zu Tage. Man fand über ^'^'^'' ^'"^''■
100 Kupferobjekte und der Pfahlbau Vinelz entpuppte sich als die
reichste „Kupferstation" der Schweiz.
Die Mehrzahl der Funde von Vinelz stimmt mit denjenigen
überein, die wir aus den Steinzeit-Pfahlbauten bereits kennen, aber
im Detail kann man doch manches flnden, was andernorts selten ist
oder ganz fehlt.
Unter den Waffen erscheinen Pfeilspitzen aus Feuerstein in den
verschiedensten Varianten von der Dreiecksform bis zu den Spitzen
mit Stiel und Widerhaken. Bei den letzteren finden sich Exemplare
mit gerade abgeschnittenen Flügeln, wie man sie sonst im Norden
anzutreffen gewohnt ist (Fig. 73 und 74). Manche Feuersteinlanzen
imponieren durch ihre Grösse; das Material, aus dem sie bestehen,
ist fremden Ursprungs. Ein sihr wertvolles Stück ist der in
Fig. 75 abgebildete Feuersteindolch, der noch in semer originalen
Holzfassung steckt und mit Bändern an derselben befestigt ist.
Neben diesem Dolch kamen auch Waffen aus Kupfer vor. Es sind
dreieckige Klingen, die mittels Nietnägeln mit dem wahrscheinlich
hölzernen Griff verbunden waren (Fig. 76).
Zahlreich sind Steinbeile (Fig. 77) und Steinmeissel, bei denen
zwar die Nefritoide zurücktreten. Durchbohrte Steine und Bohr-
zapfen kamen nicht selten vor. Häufig waren auch die Hirsch-
zed.yGOOgle
132
Zweit» Kapit«1.
horn- und Holzfassungen. Unter den erstem traten gabelige Stücke
auJ, die in der Ostschweiz fehlen, am Neuenburger See aber sehr
häufig sind. Das Loch in der Fassung ist manchmal viereckig
und man sieht, dass es mit
Meissein ausgestemmt wurde.
In andern Fällen ist es rund,
gebohrt.
Einige Meissel bestanden
ausKupfer; darunter erscheinen
Breit- und Schmalmeissel
(Fig. 78). Zahlreicher sind
kupferne Ahlen, deren eine
noch in einer Fassung steckt,
die aus einem Stück Knochen,
wahrscheinlich einer Tibia, ver-
fertigt wurde.
Die Beile sind Waffen und
Werkzeuge zugleich, ebenso
; Kupfer besteht. Unter den
Sileidolch mit Fassang
sus Viaetz.
Fig. 76.
Kupferdolch «us
Vineli.
die Messer, von denen eines
eigentlichen Geräten sei noch eine interessante Sage erwähnt. Sie
wird von einem Stück Holz gebildet, in welches Feuersteine 1
gesetzt worden waren.
Fig. 77.
Fig. 78.
Kupfermeissel
Vineli.
Vineli.
Die Küchengeräte treten uns in Form von Holz- und Thon-
gefässen entgegen (Fig. 79). Die Hoizgefasse haben Schalenform,
wie diejenigen von Robenhausen und Moosseedorf, Bei den Thon-
gefässen begegnen uns ausser Schalen noch Becher und Töpfe,
ja sogar eine Form, die sich derjenigen des Kruges nähert.
Manche Töpfe haben Buckeln mit und ohne Ösen oder kleine Henkel.
Was die Verzierungen angeht, so ist das Stichomament,
das wir in den oberen Schichten von Robenhausen kennen ge-
zed.yGOOgle
Die Deolithische oder jüngere Stein;
"33
lernt haben, in Vinelz sehr häufig und ebenso das Schnuroma-
ment. Das letztere wurde zur Einfassung der Stichmuster benutzt^
oder aber es zog sich parallel dem Rande des
Topfes herum (Fig. 79). Wahrscheinlich ist es
von technischen Motiven herzuleiten. Man hat
wohl ursprünglich die Töpfe häufig genug an
Schnüren getragen. Diese letzteren wurden über-
flüssig, blieben aber als Ornament erhalten. Im
übrigen kommen auf den verzierten Scherben von
Vinelz Leisten, Finger- und Fingernagel-Eindrücke
häuüg vor. Die Stichmuster bestehen in Drei-
ecken, Rauten, Bändern und Halbkreisen, deren
Inneres durch einge-
stochene Punkte ge-
schmückt ist.
Der Pfahlbau Vinelz
hat auch Schnüre, Netze,
Geflechte und Gewebe
geliefert. An einer Stelle
fand sich ein ganzes Netz
und an demselben die
zu beiden Seiten ein-
gekerbten, flachen Stein-
plättchen, die als Netz-
senker dienten und in altsteinzeitlichen Pfahlbauten der Schweiz
noch nie gefunden wurden. Kleine Hoizschiffchen werden als Spiel-
zeug betrachtet.
Fig. 79.
Verziertes Tbongeßlss i
Vineh.
Fig. 80.
Nadel mit Öse und
Knopf, gef. in Vincli,
trlT
F[g. 81—84. Fig. 85.
Knochen- and Hoinnadeln sua dem Pfahlbau Vinelz. HirschhornluiCpfe aus Vinelz.
Zu den Schmucksachen gehören eigentümliche Knochennadeln
mit Ösen (Fig. 80) und andere, die oben mit runden Querbalken
oder schaufei artigen Enden versehen sind und in reinen Stein-
zeit-Stationen nie gefunden werden (Fig. 81 — 84). Kupferspiralen
mögen als Halsschmuck getragen worden sein. Sodann kommen
orgitized^yGOOgle
I 34 Zweites Kapitel.
Gehänge und Knöpfe aus Hirschhorn vor {Fig. 85). Manche Ge-
hänge bestehen in durchlochten Steinchen, in Versteinerungen, Hirsch-
homstiicken, durchbohrten Eberzahn -Lamellen oder Bärenzähnen,
besonders aber in Kupferobjekten. Da sind zunächst dreieckige
oder trapezoide Hängebleche aus Kupfer (Fig. 86), die um den
Hals gehängt worden sein mögen. Dem Pfahlbau Vinelz entstammt
ft aber auch ein Collier von 45 doppelt-
n\ konischen Kupferperlen, (Fig. 87), die
te\ (^jk ^^^ einem kleinen Räume beisammen
6Ui^ ^^^ lagen. Einen ähnlichen Perlen-
Fig. 86. Fig. 87. schmuck lieferte die Station Gerol-
KuprergehiDgeaus Kupfeiperle ans fingen, die ebenfalls im Bielerscc ge-
Vinalz. VineU. j^^^^ -^^
Woher hatten die Pfahlbauer ihr Kupfer? In der Schweiz giebt
es in einigen Thälem des Wallis und Graubünden's etwas Kupfer,
aber bis jetzt deutet nichts darauf hin, dass diese geringfügigen
Vorkommnisse schon den Ffehlbauem bekannt gewesen seien. Auch
das Kupfererz der Mürtschenalp, das noch im XV. Jahrhundert aus-
gebeutet wurde, ist in prähistorischer Zeit wohl kaum benutzt
worden. In den Kupferstationen hat man noch nie Rohkupfer,
Kupferkuchen u. s. w, entdeckt, und doch muss es dort auch
gegossen worden sein, wie die Gusslöffel beweisen, die nur in
Kupferstationen gefunden wurden, nie in_ solchen der Bronzezeit,
wo doch Gussformen, Gusstiegel und Gussklumpen zum Vorschein
kamen, die ihrerseits in den Ansiedelungen der Kupferzeit fehlen.
Was die Bronzezeit angeht, so ist es schon hinsichtlich der Quan-
tität unmöglich, dass die Pfahlbauer ihr Kupfer aus den heutigen
Schweizeralpen bezogen haben. Woher also das Kupfer?
Wenn wir bei Besprechung der Fauna und Flora der Pfahl-
bauten häufig Anlass hatten, auf die Mitte Imeerl ander als Herde
uralter Kulturen hinzudeuten, so ist es interessant, auch in Bezug
auf den Handel mit Kupfer wieder Spuren zu finden, die nach diesen
Ländern weisen. Abgesehen davon, dass man in Ägypten auf den
Inschriften als Zeichen des Kupfers einen Schmelztiegel gefunden,
der den Gusslöffeln von Robenhausen, St Blaise u. s. w. sehr ähn-
lich ist, wurde in der Thielle ein Kupferdolch entdeckt, der eine
jener scharf ausgeprägten Formen besitzt, die man als cyprische
bezeichnet. Ausser Cypern dürften aber auch Spanien und be-
sonders Ungarn in Betracht kommen, auf welch letzteres Land einige
alte Fundstücke der Schweiz als ihre Heimat hinweisen,
Vinelz ist aber nicht etwa die einzige Kupferstation der Schweiz,
sondern im Bielersee gehören dazu noch Sutz, eine der Stationen
zed.yGOOgle
Die Deolithiiche oder jOngere Steinzeit. i 3 e
bei Lattrigen, Gerolfingen und die östlichste der Pfahlbauten von
Lüscheiz, im Neuenburger See St, Blaise, eine der Stationen bei
Estavayer u, a. m.
Verhältnismässig häufig sind in Vinelz menschliche Knochen,
speziell Schädel zum Vorschein gekommen. Ein Schädeldach ist
nach Studer und Bannwarth brachycephal; ein jugendlicher Schädel
wird als mesocephal bezeichnet, die anderen Schädel sind dolicho-
cephal. Der eine derselben gehörte einem Manne mit niedriger Stirn,
der zweite einem erwachsenen Menschen, dessen Geschlecht sich
nach den vorhandenen Resten nicht bestimmen lasst, der dritte
endlich einem jungen, starken Manne,
Aus dem Studium der bisher besprochenen Piahlbauten ei^eben
sich drei Phasen der jüngeren oder neolithischen Steinzeit. Die
älteste Phase wird durch die Station Chavannes bei Neuyeville reprä-
sentiert, eine zweite, mittlere, durch den Pfahlbau Moosseedorf bei
Münchenbuchsee und die dritte durch die Kupferstation Vinelz, In
Meilen haben wir eine Ansiedelung kennen gelernt, die durch alle
drei Perioden dauerte; in Robenhausen muss die unterste Kultur-
schicht der zweiten Periode zugezählt werden, während die beiden
oberen KulturschitJiten uns Abschnitte der dritten Epoche vor Augen
fuhren. Dr, V, Gross hat in seinem inhaltreichen Werke: „Les Proto-
helvites" diese drei Abschnitte der neolithischen Steinzeit ebenfalls
hervoi^ehoben, Sie sind etwa folgendermassen zu charakterisieren;
I. Älteste neolithische Periode: Die Steinbeile sind klein und
bestehen aus einheimischem Material. Beilhämmer, sowie Knochen-
und Homobjekte sind schlecht gearbeitet. Von Verzierungen hat
man bis jetzt weder auf Waffen und Werkzeugen, noch auf den
rohen Töpferprodukten Spuren gefunden. Gewebe und Geflechte
kommen vor. Die Bevölkerung der Schweiz scheint damals noch
spärlich gewesen zu sein. Die Wildtiere überragen die Haustiere an
Zahl und Bedeutung.
- II, Mittlere neolithische Periode: Die Waffen und Werkzeuge sind
vollkommener, die Steinbeile fein poliert und oft durchbohrt. Neben
gewöhnlichem Material erscheinen die Nefritoide in Menge. DieTöpferei
weist feineren Thon auf; es erscheinen Buckel mit Ösen und einfache
Ornamente, Die brachycephale Bevölkerung ist ziemlich zahlreich.
Haus- und Jagdtiere halten sich das Gleichgewicht. Die erstem bestehen
nach Studer aus einem Spitzhunde, dem Torfschwein, der Ziege,
dem Schaf und zwei Rinderrassen. Das Torfrind ist häufiger als die
Primigenius-Rasse, die durch Zähmung aus dem Urstier entstanden ist.
zed.yGOOgle
Zweites Kapitel.
III. Kupferzeit: Die Beilhämmer sind oft prachtvoll gearbeitet,
Hom- und Knochengeräte zweckmassig geformt. Die Nefritoide
treten zurück. Die Töpferei weist geschmackvolle Formen auf; das
Schnurornament erscheint. Manche Geräte, Waffen und Schmuck-
gegenstände bestehen aus Metall, d. h, aus Kupfer. Die Kupfer-
beile sind flach und haben die Form der Steinäxte. Die Haustiere
zeigen eine höhere Entwickelung gegen früher und überwiegen gegen-
über den Jagdtieren. Besonders häufig ist das Rind. Es tritt eine
neue Form des zahmen Schafes auf Unter den menschlichen
Resten sind neben brachycephalen auch mehrere dolichocephale
Schädel nachgewiesen worden.
C. Neolltbische Landansiedelungren.
In der jüngeren Steinzeit waren in der Schweiz nicht bloss die
Seeufer bewohnt, sondern auch auf dem Lande wurden mehrfach
Reste von Ansiedelungen aufgedeckt Dieselben sind verschiedener Art :
I. Höhlen und primitive Bauten. Die von der Natur dar-
gebotenen Nischen, Spalten und Hallen im Kalkgestein des Jura
wurden auch in neoüthischer Zeit bewohnt Wie wir bei den Pfahl-
bauten gesehen haben, dass sie weder einer bestimmten Zeit, noch
einer bestimmten Gegend eigentümlich sind, sondern in allen Perioden
und in allen Erdteilen nachgewiesen werden können, so ist es mit
den Höhlen. Auch sie sind zu allen Zeiten benutzt worden.
Neolithische Reste in Höhlen der Schweiz fanden sich z. B. in
der sogen, grauen Kulturschicht des Schweizersbildes bei Schaff-
hausen, in einer kleinen Höhle bei Neuhausen am Rheinfall, in den
Felsen von Mettemberg im Bemer Jura, in der Grotte von Troisrods
unfern Boudry (Neuchätel), in einer Höhle oberhalb des Dorfes
Baulmes im Kt. Waadt u. a. O. An all diesen Stellen kamen Knochen
von Haustieren vor, geschliffene Steinwerkzeuge, besonders aber
Scherben von Töpfen, Beweise, dass sie nicht der paläotithischen,
sondern der neoHthischen oder jüngeren Steinzeit zugerechnet werden
Höhlen finden sich nur in felsigen Landstrichen; der Neolithiker
aber lebte mit seinen Herden in den ebeneren Gegenden. Da
mögen ihm bei Ui^ewitter hohle Bäume Schutz geboten haben,
oder er suchte das Dickicht auf. Gewiss ist in ihm der Gedanke auf-
gestiegen, die Höhlen künstlich nachzubilden, einen primitiven Bau
aus Steinen zu errichten, wie es unsere Hirten jetzt noch etwa thun.
Dieser Steinbau ist im Laufe der Jahrtausende zu hoher Vollendung
zed.yGOOgle
Die □«olilhische oder jüngere Steinzeit. 137
gelangt Wenn wir die steineren Paläste unserer Städte betrachten
und die Entwickelungsreihe dieser Bauten rückwärts verfolgen, so
kommen wir schliesslich zum ersten Steinbau, der Nachbildung der
noch älteren Höhlenwohnung.
Eine künstliche Höhle der neolithischen Epoche ist bei Ober-
Erlisbach unweit Aarau nachgewiesen worden. Da fand man in
der Erde am Bergabhang die Reste eines primitiven Steinbaues,
einer Hütte aus Steinen. An den schmalen Eingang schloss sich
ein ovaler Raum, der sehr klein war, aber doch einigen Menschen
Obdach gewährt haben mochte. Die Wände waren aus losen
Steinen aufgebaut. Der Boden enthielt viele Asche und in der-
selben Reste von Töpferwaren, sowie zwei bearbeitete Jaspisstücke.
Ein Beilchen aus Rogenstein fand sich ganz in der Nähe. Ähnliche
Bauten, wie die Steinhütte von Ober-Erlisbach, mögen auch die
sogen. „Heidenhüttchen" in den Kantonen Glarus, Schwyz und Unter-
waiden dargestellt haben.
Ein anderes Prinzip, als in den Steinbauten tritt uns in der
Holzarchitektur entgegen. Der Batta auf Sumatra haust noch
jetzt etwa auf Bäumen, die ihm natürliche Schutzdächer darbieten.
Der Australneger baut Windschirme zum Schutze des Feuers.
Tacitus sagt in der ,, Germania": „Der Fenne ist ausserordentlich
wild und entsetzlich arm; er hat nicht Waffen, noch Ross, noch
Wohnung. Seine Nahrung ist das Kraut auf dem Felde, seine
Kleidung ein Tierfell, sein Lager die Erde . . . Die kleinen Kinder
haben vor Tieren und Unwetter keine andere Zuflucht als ein Ge-
flecht aus Baumzweigen) da kehrt auch der Mann ein und birgt sich
der Greis." Ein ähnlich primitiver Bau ist das Zelt des Nomaden.
Manche afrikanische Stamme, z, B. die Somali, sind über diese
Stufe hinausgeschritten. Sie schneiden starke Zweige ab, die sie
kreisförmig in den Boden pflanzen und oben verbinden. Auf diese
Ruten werden Felle oder Reisighaufen gelegt und die Kegelhütte
ist fertig. Nach Strabo waren die Häuser der Beigen mit hohen,
kuppelförmigen Dächern versehen und bekanntlich sind auch die
Barbarenhäuser auf der Trajanssäule, sowie auf derjenigen Marc
Aurel's von runder Form. Rundbauten waren femer die Kuppel-
gräber des goldreichen Mykene in Griechenland, die wohl, ähnlich
den Gan^räbern Skandinavien's, Typen älterer Wohnstätten konser-
viert haben. In der Form des Grabes wurden die Bilder der urzeit-
lichen Hütten den späteren Epochen übermittelt.
In den schweizerischen Pfahlbauten war der Grund riss der
Hütten, der z. B. im Wauwilermoos (Kt. Luzern) und in Niederwil
bei Frauenfeld mit Sicherheit erkannt werden konnte (noch besser
zed.yGOOgle
Ijg Zweites Kapitel.
freilich in Schussenried, wo der Unterbau der Hütten selbst erhalten
war}, viereckig. Dieser rechteckige Grundriss fuhrt zu geraden
Gassen, der Kegelstil der Hütten zu mehr zerstreuter Ansiedelung,
zum Einzelwohnen.
Wie die Höhlen der Ausgangspunkt waren für den Steinbau,
so haben wir im Zelt des Nomaden, in der lehmverkleideten Hütte
des Pfahlbauers die primitiven Formen der Holzarchitektur.
2. Wo/mgruben und FcuerstelUn. Tacitus sagt: „Dass die
germanischen Volker keine Städte bewohnen, ja, dass sie nicht
einmal zusammenhangende Wohnsitze lieben, ist allbekannt. Ein-
sam und abgesondert siedeln sie sich an, wo gerade ein Quell,
eine Au, ein Gehölz einladet . . . Jeder umgiebt sein Haus
rings mit einem freien Platz, entweder zum Schutz gegen Feuers-
gefahr, oder vielleicht, weil sie es überhaupt nicht besser ver-
stehen. Sogar Mauersteine und Ziegel sind ihnen unbekannt;
' alles wird rohes Gebälk ohne Bedacht auf Schönheit und Anmut . . .
Auch unterirdische Höhlen graben sie aus, die sie oben mit einer
starken Dungschicht beschweren, als sichere Wohnung im Winter
und zum Bergungsort für Feidfrüchte."
Ähnliche Bauten beschreibt Vitruv aus Westasien: „Die Phrygier
hingegen, welche in Ebenen wohnen, wo an Wäldern Mangel ist,
wählen natürliche Hügel, höhlen diese im Mittel aus, graben Ein-
gänge hinein und geben dem inneren Räume so viel Ausdehnung,
als es immer die Beschaffenheit des Ortes zulässt. Oben darüber
errichten sie aus verbundenen Pfählen eine Kegelsäule, welche sie
mit Stroh oder Schilf decken und mit Erde überhäufen. Bei dieser
Einrichtung ihrer Häuser wohnen sie im Winter sehr warm, im
Sommer angenehm kühl."
Man hat solche halb oder fast ganz unter der Erde liegenden
Wohnsitze in vielen Ländern Europa's nachgewiesen und manche
derselben reichen bis in die neolithische Zeit zurück. Ihre Reste
bestehen oft in grossen Trichtergruben (Mardellen), in deren Grunde
eine Menge von Asche und Kohle in Erde liegt. Diese Kultur-
schicht enthält dann Tierknochen , Thonscherben , Steingeräte,
Herde u. s. w. In der Nähe des Stamberger Sees hat Verfasser eine
solche Mardelle gesehen von ca. 3 m Tiefe und einem obern Durch-
messer von 10 — 15 m. Dieses Loch war einst vom Oberbau der
Wohnung überdeckt.
Oft sind die Spuren der neolithischen Ansiedelungen auf dem
Lande so verwischt, dass man sie kaum mehr erkennt; dann müssen
die Feuer- und Herdstellen als Leitsterne (lir steinzeitliche Wohn-
plätze dienen.
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jüngere Steinzeil. I^g
Was nun die schweizerischen Fundorte der beschriebenen Art
betrifft, so haften an ihnen, wie anderwärts auch, viele Sagen. Die
Mardellen von Les Planches bei Sergey (Waadt) sollen vom Teufel
ausgehöhlt worden sein; diejenigen von Gals (Bern) befinden sich
in der Nähe des Heidensteins, neben welchem 1848 ein „Opferptatz"
konstatiert worden sein soll und in der Trichtei^rube von Pohlem
im Berner Oberland hütet eine Fee ihren Schatz.
In Guntalingen, einem Dörfchen in der Gemeinde Waltalingen
{Kt. Zürich), fand man an einem Abhang in 3 — 4 m Tiefe unter der
Erdoberfläche eine Lage humoser Erde, welche Holzbalken, Scherben
und auch Herdplätze enthielt Die letztem bestanden in zurecht
gelegten Feldsteinen und bei denselben lag Asche und Kohle. Die
Scherben stammten von Gefässen, die nicht auf der Töpferscheibe
verfertigt worden waren. Der Thon war schlecht geschlemmt und
wenig gebrannt. Unter den Verzierungen befanden sich Finger-
eindrücke, daneben kamen Buckeln vor. Offenbar hatte man es mit
neolithischen Objekten zu thun.
Eine ähnliche Ansiedelung wurde am Rand der Hochterrasse
von Unter-Siggenthal konstatiert, oberhalb des Dörfchens Ober
Siggingen, unweit des Zusammenflusses von Aare, Reuss und Limmat.
Wer von dem genannten Dorfe gegen das sogen. Moos hinaufgeht,
erreicht die Fundstelle einige Schritte, bevor er die Hochterrasse
betritt.
Auf der rechten Seite des Weges, der weiter unten in Molasse
eingeschnitten ist, fand man 50 — 80 cm unter der Erdoberfläche
eine 10 — 40 cm dicke, schwärzliche Erdschicht, die sich ca. 25 m
weit erstreckte. In derselben kamen Herdplätze, Kohlen, Knochen,
Steingeräte und Thonscherben zum Vorschein, Aus Feuerstein und
Jaspis bestanden Messer, Schaber und Spitzen; aus anderem harten
Gestein z. B. ein scharf zu geschliffenes Beilchen. Die Knochen
stammten von Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Pferd. Dazu kamen
ein durchbohrter Bärenzahn und zwei Hirschspiesse, nach Rütimeyer
wohl vom Damhirsch. Sehr hübsch ist ein aus der Ulna eines
Rindes angefertigter Dolch.
Zahlreich waren die Scherben. Zu unterst in der Fundschicht
wurde nur grobes Geschirr mit ca. i cm dicken Wänden gefunden.
Es zeigte eine schwarze Farbe; der Thon war mit weissen Quarz-
kömem durchsetzt Manchmal erschienen auch Buckel oder Henkel.
In den höheren Lagen kamen feinere Scherben zum Vorschein.
Die Verzierungen bestanden in Farallellinien und Fingernagel-Ein-
drücken, in eingestochenen Punkten innerhalb rautenähnlicher Vier-
ecke, in Hohlleisten u. s. w. Die Ansiedelung hat bis in die
zed.yGOOgle
jAO Zweites Kapitel.
Kupferzeit hinein bestanden, wie das Schnurornament , das nicht
selten war, beweist.
3. Walliautfn. Die Forschungsreisenden, welche barbarische
Völkerschaften besuchen, erzählen uns fast immer, dass die Ansiede-
lungen derselben befestigt seien. , .Dort darf der Nachbar nicht dem
Nachbarn trauen." Entweder sind die Dörfchen auf fast unzugänglichen
Höhen erbaut, oder in schwer erreichbaren Sümpfen angelegt, vielleicht
auch im Waldesdickicht oder in Schluchten verborgen. Aber selbst
da, wo sie im freien Feld, in der Ebene, sich befinden, sind sie
durch Palissaden oder durch Wall und Graben beschützt. Manch-
mal wird der Fremde durch ein eigentliches Labyrinth von Gängen
geführt, bis er sich im Dorfe befindet, und schwierig müsste eine
Erstürmung solcher Plätze sein.
Fig. 88.
Die „Heidenburg" im Aathal.
Die Pfahlbauten standen im Wasser und boten etwelchen Schutz
gegen Überfälle; die Ansiedelungen auf dem festen Lande aber
wurden in unseren Gegenden gewiss auch irgendwie be\vehrt. So
ist es denn kein Wunder, wenn wir häufig Wallbauten antreffen,
die zum Teil bis in die Steinzeit hinunter reichen, sich aber auch
in allen folgenden Perioden der Urgeschichte nachweisen lassen.
Im Aathal, zwischen Uster und Wetzikon, befindet sich die
sogen. ,, Heidenburg", zu der Gemeinde Seegräben (Zürich) gehörend
Fig. 88). Diese „Burg" ist ein hochgelegener, viereckiger Platz, der
auf der Seite gegen das Thal in fast lotrechter Nagelfluhböschung und
auf zwei anderen Seiten steil zu einem Wiesenthälchen abfällt Auf
der vierten Seite war ursprünglich der Zugang leicht, da der Platz
der Heidenburg einfach die Fortsetzung der kleinen vor demselben
gelegenen Ebene ist. Auf dieser Seite musste der Wohnsitz geschützt
werden. Man erstellte nun zwei Gräben und Jiess zwischen denselben
einen Wall stehen. Die Erde des äusseren Grabens wurde, wenigstens
zum Teil, auf diesen Wall geworfen und derselbe dadurch über das
zed.yGOOgle
Di« neolithische oder jüngere Steioieil. Ij.t
vorliegende Terrain erhöht. War der äussere Graben und dieser
Wall überschritten, so kam man zum zweiten, tieferen Graben, dessen
Inhalt am inneren Rand desselben, also am Ende des befestigten
Terrains, zu einem Wall aufgeschichtet worden, der höher war als
der erste, der Vorwall.
Rückte ein Feind heran, so war es für ihn ganz unmöglich, vom
Thal aus einen Angriff zu machen und vom Wiesenthälchen aus
die steile Böschung zu erstürmen, dürfte, besonders wenn oben etwa
Palissaden standen und hinter derselben eine Schar tapferer Männer
den Ansturm wehrte, fiir Krieger ui^eschichtlicher Zeit wenig Aus-
sicht auf Erfolg gehabt haben. So blieb also nur noch die vierte
Seite übrig, die aber durch Doppelwall und zwei Gräben geschützt
war. Dabei konnten die Verteidiger vom zweiten, höheren Wall aus
über die Köpfe ihrer den Vorwali verteidigenden Brüder den Feind
mit Pfeilen und Speeren erreidien. Die „Heidenbui^" besass ein
nach Nordwest voi^eschobenes Reduit, von dem aus ein allfätlig
im Wiesenthälchen befindlicher Feind sehr wirksam beunruhigt
werden konnte.
Die Funde von dieser Wallburg sind nicht zahlreich und ver-
teilen sich zudem auf verschiedene Epochen. Eine eiserne Lanze,
ein Messer aus demselben Material und eine Römermünze beweisen,
dass das Refugium, als welches es gewöhnlich bezeichnet wird, noch
in relativ späten Zeiten benutzt wurde. Ein Bronzemesser mit Griff-
dorn, das Kie^räber im Aathal am Fuss der Heidenburg fanden,
gleicht ganz den entsprechenden Messern aus Pfahlbauten. Bei
Grabungen auf dem Refiigium selbst kamen ausser einer Steinmühle
besonders viele rohe Scherben von Thongefässen zum Vorschein, die
grösstenteils der Steinzeit angehören, wie auch ihre Verzierungen
beweisen.
Ein anderes Refugium derselben Gegend liegt hart am Rande
des jetzigen Pfäffikersees, wenige Minuten vom Pfahlbau Robenhausen
entfernt. Es ist der Himmerich, Gemeinde Wetzikon, der gegen-
wärtig das Seegebiet vom Torfland scheidet. Dieser Platz ist einer
derjenigen, die Cäsar im Auge hatte, wenn er von den Eburonen
bemerkt: „ . . , Der eine war hierhin, der andere dorthin geflüchtet,
wo ihnen gerade ein verstecktes Thal, eine Waldgegend oder ein
schwer zugangliches Moor Schutz und Rettung zu bieten schien."
Der Untei^jrund des Himmerich scheint die Wallmoräne zu
sein, welche die Bildung des Torfmoors Robenhausen veran-
lasste. Über dem Moränenmaterial fand man Torf und Humuserde,
in welcher die Artefakte lagen. Dieselben bestehen in Feuerstein-
stücken, Bergkrystali, Holz- und Knochengeräten, Scherben primi-
zed.yGOOgle
142 Zweites Kapitel.
tiver Art u. s. w. Daneben kamen aber auch römische Objekte vor,
z. B. Münzen.
Der Himmerich ist an seiner höchsten Stelle nur etwa l m über
dem Hochwasserstande und senkt sich nach allen Seiten, so dass er
nur mit Schiffen bequem zu erreichen war. Wahrscheinlich wurde das
Refiigium auf der Seeseite, d. h. gegen Norden, durch Palissaden
geschützt, was Pfahle, die man entdeckte, anzudeuten schienen. Von
der Südseite, also vom Moore aus, waren wenige, nur den Ein-
heimischen bekannte Zugänge offen; auf der Westseite schützte die
Aa und im Osten der Kempterbach und das Moor. Der Platz ist
also von den Steinzeitleuten gut gewählt worden,
Refiigien vom Typus des Himmerich bei Wetzikon konnten in
der Schweiz bis jetzt nicht weiter konstatiert werden; Wallbauten,
wie die Heidenburg, sind dagegen häufig in den Kantonen Waadt,
Bern, Solothurn, Aargau, Zürich, Thui^u u. s. w. Freilich
wurden nur wenige derselben untersucht, und so muss es vorläufig
unbestimmt gelassen bleiben, wie viele der neolithischen Epoche
angehören.
In der Westschweiz tragen die Wallbauten sehr oft den Namen
Chätelard. Auf dem Chätelard bei Bevaix, am Ufer des Neuenburger
Sees gelegen, hat noch zur Zeit der Schlacht vonGrandson eine kleine
Burg existiert, die aber jetzt vollständig verschwunden ist. Dieser
Hügel muss indessen auch in römischer Zeit benutzt worden sein, ja
die Funde auf und an demselben beweisen, dass schon in der Stein-
zeit daselbst eine Anlage bestand. Nach A. Vouga sind in der
Gegend des Chätelard über 250 Steinbeile gefunden worden, wo-
runter eines mit Fassung, ferner fünf Stücke aus Nefrit, Sodann
kamen zum Vorschein: ein Nefritmeissel, ein knöcherner Dolch,
acht Lanzenspitzen aus Feuerstein, 48 geschlagene Feuersteine,
16 Abfallstücke aus Silex, ein Quetscher, mehrere durchlochte Steine,
Steinwirtel, Schleifsteine, Tierknochen und Hirschhornstücke.
Aus spätem Zeiten stammen Bronze- und Eisenfunde. Die
römische Epoche und die Zeit der Völkerwanderung sind durch
Einzelfiinde und Gräber repräsentiert.
Am Fusse des Chätelard dehnt sich ein Pfahlbaugebiet aus, dem
hauptsächlich Steingeräte enthoben wurden. Auch einige Bronzen
kamen vor. Nur wenige Dutzend Schritte weiter gegen Norden
liegt die Bronzestation L'Abbaye; die ganze Ufergegend aber wird
vom Chätelard beherrscht, das wohl nicht ein eigentliches Refii-
gium, ein Zufluchtsort war, sondern eher ein Herrschersitz oder ein
Platz, auf dem die Leute der urgeschichtlichen Zeiten sich zu ge-
sellschaftlichen oder religiösen Zwecken zusammenfanden.
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jünEere Sleinzeil. I41
D. Werkstätten und Einzelfunde.
r. Werkstätten der Steinteit. Im Pfahlbau Moosseedorf be&nd
sich, wie wir schon bei Betrachtung dieser Steinzeitstatton gesagt
haben, eine Feuersteinwericstätte. In derselben kam neben Silex
auch Bergkrystall zur Verarbeitung. Zahlreiche Abfälle desselben
lagen mitten unter den Feuersteinsplittem. Die letztem waren sehr
verschieden in der Farbe; am häutigsten fand man weisse und gelbe
Varietäten, seltener hochrote oder ganz dunkle. Die Kernstücke
(Nuklei) waren klein, wie auch die Geräte selbst. Die letztern
lassen Messer, Schaber, Sagen, Hobel, Glatt- und Polierinstrumente,
Pfeil- und Speerspitzen erkennen. Merkwürdigerweise kamen auch
einige Feuersteinbohrer zum Vorschein, wie sie wohl aus Höhlen-
fiinden, nicht aber aus Pfahlbauten bekannt geworden sind.
Es ist leicht begreiflich, dass sich auf Pfahlbaustationen oder
in deren unmittelbaren Nähe oftmals Werkstätten konstatieren lassen,
wo Stein, Knochen, Thon und am Ende der Steinzeit sogar Kupfer
verarbeitet wurden. Seltener aber sind solche Orte entfernt von Seen.
Etwa zwei Stunden nördlich von , Zürich liegt Rümlang,
wo eine Töpferwerkstätte aus dem Ende der Steinzeit oder dem
Beginn der Bronzeperiode untersucht werden konnte. Der Fund-
ort befindet sich unweit des sogen. Katzensees; indes ist weder
in diesem See, noch in der Umgebung desselben eine stein-
oder bronzezeitliche Ansiedelung zum Vorschein gekommen. Die
alte Töpferwerkstätte liegt zudem auf dem Rücken eines Hügels,
während man Thonvorkommnisse doch sonst in Thälem zu suchen
g«vohnt ist. Das erklärt sich jedoch dadurch, dass wir uns hier
im Gebiete der diluvialen Gletscher befinden. Der Thon bei Rüm-
lang ist nichts anderes als Grundmoränen-Lehm. Die Leute in
prähistorischer Zeit haben dieses Thonvorkommnis gekannt und da-
selbst, wie es scheint, einen ovalen Töpferofen erstellt, in welchem
sie die aus dem Lehm der nächsten Umgebung geformten Gefässe
brannten. Der Ofen hatte einen Längsdurchmesser von 2 m und
einen Querdurchmesser von 1,5 m. War die Ware gebrannt, so
wurde sie mitgenommen; gefehltes oder zerbrochenes Geschirr Hess
man liegen und der Ofen zerfiel. Bald deckte der Rasen alles zu
und der Wald breitete sich über das Gelände aus. Erst nach Jahr-
tausenden kamen die Reste der alten Töpferwerkstatt wieder zu
Tage.
Heute noch steht ein Wald auf dem Hügel zwischen Rümlang
und dem Katzensee, Einer der grossen Waldbäume wollte nicht
recht gedeihen und wurde deshalb gefällt. Beim Fallen riss er mit
zed.yGOOgle
X44 Zweites Kapitel.
seinen Wurzeln drei Gefässe aus der Erde. Der Eigentümer des
Waldes, ein intelligenter Mann, wünschte eine Untersuchung durch
Fachleute. So bekam Verfasser Kenntnis von diesem Funde und grub
nun die Keste des Altertums an dieser Stelle vollständig aus.
Zu oberst lag eine halbmetertiefe Schicht lehmiger Walderde,
dann folgte die mit Asche und Kohle durchsetzte Kulturschicht, die
schuld gewesen, dass der Waldbaum nicht recht hatte gedeihen
wollen. Auf und in der Asche und Kohle lagen viele Thonstücke
mit Leisten, die nur auf einer Seite gebrannt waren, Reste des
Töpfe rofens. Tiefer in der Erde befanden sich Thonscherben und
einige ganze Gefässe, aber weder Steingeräte, noch solche aus
Hirschhorn oder Knochen. Unter der Kulturschicht lag die natür-
liche Lehm-Masse, welche den Hügel weithin bedeckt
Die aufgefundenen Gefässe sind entweder Schalen, den Kaffee-
tassen ähnlich, oder kleine Becher von der Form gewöhnlicher
Trinkgläser, oder es sind Töpfchen, teils mit flachem, teils mit
rundem Boden. Unter den Scherben fanden sich solche, die grossen
Gefässen angehört haben müssen. Auf geometrischem Wege be-
rechnete ich den Umfang eines flachen Topfbodens zu 35 cm. Ein
anderer Topf muss, an der weitesten Stelle gemessen, einen Umfang
von nahezu einem Meter gehabt haben.
Einige der Gefässe, die wir fanden, scheinen Kinderspielzeug
zu sein. Ein kleines Töpfchen zeigt einen gewellten Rand; ein
anderes, das leider nicht vollständig gehoben worden konnte, weist
am Bauche einen Fingereindruck auf, der vielleicht auch als Ver-
zierung aufgefasst werden darf. Dagegen sind zwei Furchen in
einem grossem Töpfchen mit rundem Boden gewiss nicht beab-
sichtigt worden. Ein fleischrotes Töpfchen von 4— 4'/^ cm Höhe
trägt aussen schwache, schräglaufende Verzierungen, die von Fingern
herrühren dürften. Das Töpfchen steht aber ganz schief auf seinem
runden Boden. Der obere Rand ist uneben, und das Ganze macht
den Eindruck einer gefehlten Arbeit. Grössere oder kleinere Fehler
machen sich auch an den andern Stücken bemerkbar.
Der Töpferofen von Rümlang ist darum so interessant, weil er
meines Wissens der einzige ist, der ein so hohes Alter besitzt, dass
man ihn dem Ende der Stein-, oder dem Anfang der Bronzeperiode
zurechnen kann.
2. Einzelfunde. Sie zählen zu tausenden. In der grossen Zahl
sind einige besonders zu beachten, weil sie über gewisse Fragen Auf-
schluss geben. Einzelfunde hat man manchmal in Gegenden gemacht,
wo Ansiedelungen und Gräber der Steinzeit fehlen. Sie können also
zed.yGOOg[e
Di« neolilhigche oder jüngere Steinzeit. I^g
das Gebiet umgrenzen, das von den Neolithikem betreten wurde,
und da gewahren wir denn, dass ganze ICantone der Schweiz noch
keinen einzigen Steinzeitfund geliefert. Es sind Gebii^skantone,
Wir haben aber gesehen, dass die Pfahlbauer Bei^krystall verarbeiteten,
Serpentin in Form von Beilen besassen, Schmucksachen aus Mate-
rialien sich verschafft hatten, die weither geholt werden mussten.
Freilich wissen wir, dass die Pfahlbauer des Bielersees den Saussurit
nicht im Wallis holten, wo er ansteht, sondern ihn den an ihrem
heimatlichen See vorkommenden Moränen des ehemaligen Rhone-
gletschers entnehmen konnten. Aber die Bewohner von Roben-
hausen und vom Greifensee fanden das Material zu ihren Serpentin-
beilen nicht in der Nähe; sie waren genötigt, mindestens bis
zum Rhein hinauf zu ziehen, oder es in den Bündnerbei^en zu
holen.
Derartige StreiJzüge haben nichts Unwahrscheinliches an sich,
aber man muss sich doch fragen, ob denn schon die Neolithiker
in die Gebirgsgegenden eingedrungen seien. Da geben uns nun
Einzelfiinde Aufschluss. An der Luziensteig obeiiialb Maienfeld und
bei der Ruine Aspermont oberhalb Jenins hat man Steinbeile ge-
funden, ebenso bei Seewis im Prättigau. Im Domleschg sind in
Canova bei Paspels und bei Rothenbrunnen Feuersteinobjekte in
Form von Lamellen zum Vorschein gekommen. Die Gegend des
Vierwaldstattersees weist zwar keine Pfahlbauten auf, indessen ent-
deckte man Steinbeile in Luzern und bei Stansstad. Auch der
Rhone nach zogen die Besiedler der Schweiz aufwärts. Man sieht,
die Neolithiker hielten sich im ganzen an die ebenen Teile des
Landes und gingen höchstens den Flussthalem nach bis in die
Nähe des Hochgebirges. Die Alpen haben sie jedenfalls nicht über-
schritten.
Die Einzelfunde lehren uns auch den Verbreitungsbezirk gewisser
Materialien kennen, z. B. der NefVitoide, und ebenso umgrenzen sie
das Vorkommen gewisser Formen oder Techniken, deren Entstehungs-
ort dadurch mit einiger Sicherheit bestimmt werden kann.
E. Gräber der JÜog-eren Steinzeit.
Die Völker niederer Kulturstufen glauben die Welt von guten
und bösen Geistern beherrscht. Alle Erscheinungen der Aussenwelt
werden sorgfältig beobachtet und tiefer Kummer ergreift manche
Stämme, wenn die Sonne oder der Mond sich verfinstert, oder wenn
im Spätherbst die ganze Natur zu sterben scheint. Aber sie stirbt
Heicrii, UcgEUhichie der Schwcii. lO
zed.yGOOgle
Ia6 Zweites Kapitel.
nicht. Im Frühling spriesst neues Leben; wieder beginnt das Blühen
und tönt der Vogelsang. Isf s wohl beim Menschen auch so, wie in
der Natur? Im menschlichen Leben folgt auf den Jugendfrühling der
Sommer mit seinen Gewittern; nachher kommt der Herbst, früchte-
beladen, und endlich streut der Winter aufs Haupt des Alten Schnee.
Wenn dann der Mensch stirbt, ist er wirklich tot oder giebt es fiir
ihn, wie für die Blume des Feldes, ein Auferstehn? So fragt nicht
bloss der Wilde, der Barbar, so fragt auch der Kulturmensch.
Als ein Forschungsreisender auf Neu-Guinea eine Mutter, die
auf dem Grabe ihres Erstgebornen klagte und weinte, fr^e, ob
der Knabe tot sei und nicht wieder komme, erhielt er zur Antwort:
Er ist nicht tot, er schläft nur! Und wie beim Naturvolk dieser
Glaube vorkommt, so trösten auch die höchst entwickelten Religionen
ihre Anhänger mit dem Glauben an die Auferstehung.
Wenn der Mench nach seinem Tode erwachen soll zu neuem
Leben, so muss er während seines Schlafes wohl behütet werden.
Damit er aber im Schlafe Ruhe habe, bettet man den Toten in den
kühlen Schoss der Erde. Das Grab ist die Wohnung des Toten
und darum gleicht es mancherorts auch ausserlich der Behausung
des Lebendigen oder dieser überlässt dem Verstorbenen sogar seine
eigene Wohnung als Ruheplatz.
Die Höhle war der primitive Wohnsitz des Diluvialmenschen
und war es öfters auch fiir den Neolithiker. Was Wunder, dass
manche Steinzeitgräber in natürlichen und künstlichen Höhlen sich
finden? Ist denn das Flachgrab von heute nicht auch eine kleine
Höhle, künstlich erstellt in der Erde?
Die Stelle, wo Tote ruhen, wird von Freund und Feind ge-
mieden, denn da halten die Geister der Verstorbenen Zwiesprache;
so denkt der Naturmensch. Der Friedhof ist auch fiir manche der
heute Lebenden noch ein Ort, der gemieden, der mit einer Art
Grausen, besonders zu ungewohnter Zeit, betreten wird. Grab-
schändung wird schon bei Barbaren als eine Frevelthat betrachtet
Pietätvoll ist der Verstorbene begraben worden; die Totenge-
sänge zu seinen Ehren sind verhallt, die Opfer dargebracht; bald
wird auch das .Andenken an ihn erloschen sein. Vielleicht zieht
der Stamm weiter und kommt nicht mehr an den Ort zurück.
Wenn er aber auch nach Jahr und Tag wiederkehrt, wer will sj^n,
wo die Väter begraben sind? Wer hat Kunde von der Stätte, wo
der grosse Häuptling, von dem die Stammessagen melden, seine
Ruhe gefunden hat? Man musste suchen, durch äusserliche Zeichen
den Ort anzugeben, wo die Stammesgenossen gebettet waren, und
ist schliesslich zu bleibenden Malen gekommen, deren einfachstes
zed.yGOOgle
Die aeolithische oder jünger« Steinzeit. 147
der Hügel war, den man aus Erde und Steinen über dem Grabe
aufschüttete und der zudem die Toten noch besser schützte.
Schon in der Steinzeit begegnen uns neben Flachgräbem auch
Grabhügel. Besonders Häuptlingen mag man zum Gedächtnis grosse
Hügel errichtet haben und die Pyramiden Ägypten's sind auch
nichts anderes, als ins Riesenhafte angewachsene Grabhügel. Wie
heute an manchen Stellen der Erdoberfläche die Gräberstätten noch
durch grosse Steinbauten hervorgehoben werden, so finden wir es
in der Urzeit. Aufgerichtete Riesenblöcke, Steintische, Steinkreise
kommen schon in der neolithischen Periode Europa's vor.
Wie die Troglodyten von Thaingen, vom Schweizersbild und
andern Orten ihre Toten geehrt und wo sie diese bestattet haben,
wissen wir nicht, aber in der jüngeren Steinzeit können wir für die
Schweis schon mehrere Arten von Begräbnissen nachweisen.
I. HoMei^ääer. Nur wenige Minuten vom Schweizersbild ent-
fernt liegt in der Gemeinde Herblingen der Dachsenbühl. Dieser
Hügelzug besteht aus Jurakalk, welcher bekanntlich reich ist an
Klüften, Spalten und Höhlen, Am Ostabhang des Dachsenbühts,
nur wenige Meter oberhalb der Sohle des Thälchens , das sich
zwischen ihm und dem Hohbei^ durchzieht, liegt eine kleine Höhle,
die 1874 von Dr. von Mandach untersucht wurde. Der Eingang ist
mit zwei Schritten durchmessen; dann erweitert sich der Hohlraum
. nach den Seiten und nach oben. Der Grundriss bildet nahezu ein
Trapez, dessen Ecken ziemlich genau nach den Himmelsgegenden
orientiert sind.
Bei der Untersuchung des Höhlenbodens ^d man zu oberst
eine schwarze Humusschicht von ca. 5 cm Dicke, welche Kalksplitter,
neuzeitliche Artefakte und Knochen kleiner Nager enthielt. Darunter
lag eine 50 — 80 cm mä<;htige Schicht von humusartigetn Lehm mit
grossem Kalkbrocken und zu unterst folgte ein rötlich gelber Lehm,
der unmittelbar dem Gestein aufsass. Die Spuren der Vorzeit fanden
sich ausschliesslich in der mittleren Schicht.
Schon am Eingang der Höhle kamen in dieser Kulturschicht
Scherben, Knochen von Menschen und Tieren, links auch ein „Feuer-
steinmesser" zum Vorschein. Die Scherben gehörten zu Gefässen mit
ebenem Fuss und ohne Verzierung. Eine grössere und feinere
Scherbe zeigte die Form einer Urne, zu welcher ein Henkel
gehörte. Auch dieses Manufakt muss von freier Hand geformt
worden sein. Der Ton war sehr schwach gebrannt und wies ein-
gesprengte Quarzkörner auf, die bei den roheren Scherben eine be-
deutende Grösse erreichten.
Da, wo der Eingang in den eigentlichen Höhlenraum übergeht,
zed.yGOOgle
1^8 Zweites KapiieL
stiess man in der Kulturschicht auf grosse Steine, welche einen un-
vollkommenen Verschluss der Höhle vorstellten. Innerhalb derselben
fanden die Arbeiter rechts und links wieder menschliche Knochen-
reste, worunter auch Schädetteile. Weiter hinten entdeckte maW
rechts Feuersteinsplitter und Tierknochen, welche Spuren von Be-
arbeitung auiwiesen. Einer der Knochen war ahlenartig zugespitzt
Links hinten wurde der anstehende Felsen blossgelegt, und auf dem-
selben Scherben, zerbrochene Tier- und Menschenknochen gefunden.
In des Hintergrundes Mitte stiess man auf eine eigentliche Grab-
kammer, die aus losen Steinen erbaut war. Diese umgaben die Kammer
nicht nur auf den Seiten, sondern bedeckten sie ganz. Die Richtung
des Grabes war West-Ostj seine äussere Länge betrug 1,8 m, die
Fig. 89. Fig. 90.
Grab mit Pygmlen in der Serpulaperlen uodZahugebänge ansdeniDachsenbtthl.
Hohle DachscnbUtil bei Fif. 91.
Herblingeo. Steinperle aus dem Dachsenbflhl.
Breite 0,6 m. Als die Decksteine weggeräumt waren, fand man den
Innenraum nur 1,5 m lang und 40 cm breit. Der Inhalt wurde nun
soi^fältig von der ihn bedeckenden Erde befreit und da traf man
zwei auf dem Bauche liegende Skelete, deren Köpfe im Osten lagen.
Die Beine des einen Skeletes kreuzten diejenigen des andern (Fig. 89).
Trotz der Kleinheit der Knochen muss man annehmen, dass im
Dachsenbiihl erwachsene Menschen (Mann und Frau?) bestattet wor-
den seien: Es waren Pygmäen,
Als Beigaben entdeckte man in der Gegend des Bauches eine
Anzahl Perlen aus einem steinartigen Material (Fig. 90). Es waren
I — 2,5 cm lange Röhrchen, ca. 30 an der Zahl. Ähnliche Perlen hat
man im Steinzeit-Pfahlbau Bodmann gefunden. Sie bestehen nach
der Untersuchung von Prof Dr. Maver-Eymar aus den Schalen der
Serpula, des Röhrenwurms. Diese Schalen finden sich nun aber
Digitized^yGOO^Ie
Die neoliüiische oder jflngeie Steinzeit. 149
nicht in unserer Gegend, wohl aber sind sie in Nord-Italien häufig.
Sie werden also als importierte Ware aufzufassen sein. Zu diesem
Halsschmuck gehört auch ein durchbohrter Eberzahn. Es fand sich
noch ein anderer Schmuckgegenstand in der Höhle im Dachsen-
bühl, nämlich eine jener roten Steinperlen mit zwei Durchbohrungen
{Fig. 91], wie sie in zwei Exemplaren im Pfahlbau Kobenhausen
zum Vorschein kamen. Diese Perle besteht aus rotem Kiesel und
lag zur Seite eines Skeletes. Mit seinem Schmuck versehen, trat
der Verstorbene die Reise ins Totenreich an:
„ . . . Bringet her die letzten Gaben,
Stimmt die ToteDklag!
Alles sei mit ihm begraben,
Wh« ihn freuen mag! ..."
(Schiller.)
Die Grabkammer lieferte an Werkzeugen nur einen Knochen-
meissel, der neben dem Schenkel eines der Bestatteten gefunden
wurde.
Auch ausserhalb der Grabkammer fand man menschliche Spuren:
Es waren Schädelfragmente, denen man deutlich ansah, dass sie
angebrannt worden waren.
Was nun die Tierreste angeht, die in der Höhle gefunden
wurden, so kommen für uns nur diejenigen der mittlem Schicht in
Betracht; diese aber weisen auf die Steinzeit zurück und zwar in
die jüngere, wo die wichtigsten unserer Haustiere bereits gezähmt
waren. Neben Knochen vom Hasen , der Wildkatze und dem
Edelhirsch fanden sich solche eines kleinen Hundes und des
Schweins: Sus scrofa palustris, das in den Pfahlbauten der Stein-
zeit häufig war.
In Bezug auf die menschlichen Knochen entdeckte man neben
den Skeleten der Grabkammer in der Höhle noch Reste von etwa
sechs Menschen, worunter zwei Kinder. Einige Wirbel bewiesen,
dass die Arthritis deformans (Gicht), welche die Gelenke steif macht
und den Rücken verbiegt, schon den Steinzeitleuten bekannt war.
Wie hat man sich nun aber jene angebrannten Menschenknochen
zu erklären? Sind vielleicht die Sketete der Grabkammer später
beerdigt worden, als die andern Leichen, deren Knochenreste man
gefiinden? Sind etwa beim Ausheben der Erde behufs Errichtung
der Kammer menschliche Knochen ausgeworfen worden, die dann
zufällig in das Feuer gerieten, welches zu Ehren der Toten angezündet
wurde? Gegen diese Auffassung spricht, dass in Bezug auf das
Alter der Funde nichts konstatiert wurde, was eine Verschiedenheit
erkennen liesse.
zed.yGOOgle
I ^Q Zweites KapileL
Wenn aber alle Leichen gleichzeitig in den Boden der Höhle
gelangten, so ist es auffallend, dass nicht alle in derselben Weise
behandelt sind und vorab die angebrannten Knochen! Sie rühren
nicht von Leichenbrand her, da ja keine Brandgraber vorliegen,
sondern Skeletgräber. Auch deutet nichts darauf hin, dass gleich-
zeitig Leichenbrand und Beerdigung stattgefunden. Die Brandspuren
sind nur an vereinzelten Knochen beobachtet worden und das lässt
sich allerdings durch die Annahme erklären, dass dazumal Anthro-
pophagie , Menschenfresserei , die bekanntlich unter den Völkern
niederer Kultur weit verbreitet ist, vorkam, Oder sollte ein Sklave
oder ein Kriegsgefangener zu Ehren des Toten verbrannt worden
sein? Warum dann die spärlichen Brandspuren?
Die unverbrannten menschlichen Knochen ergeben zwei Arten der
Beerdigung. Die Leichen in der Grabkammer sind soi^ältig be-
stattet worden, angethan mit ihrem Schmuck, der teilweise aus der
Feme stammt Die übrigen Leichen machen den Eindruck, als seien
sie hier zum zweiten Mal beerdigt. Nirgends fand von Mandach ein
Skelet in einiger Vollständigkeit oder in regelrechter Lage, sondern
an verschiedenen Stellen nur immer vereinzelte Knochenreste von
Erwachsenen und Kindern. Soll diese Verschiedenheit auf Standes-
unterschiede zurückgeführt werden? War etwa das Paar in der
Grabkammer ein Häuptling mit seiner Frau und waren die andern
Bestatteten ihre Sklaven? Dass bei der Bestattung des hochgestellten
Paares ein Leichenschmaus stattfand, scheinen auch die Tierknochen
zu beweisen, besonders Hirsch und Schwein. Nach und bei diesem
Mahle könnten die Sklaven und der Hund des Herrn getötet worden
sein. Leider sind derartige Funde aus der Steinzeit noch zu wenig
zahlreich, um sichere Schlüsse zu gestatten. Es muss vorläufig ge-
nügen, jene Fragen aufgeworfen zu haben.
Schon bei Betrachtung der paläolithischen Funde vom Schweizers-
bild bei Schaffhausen haben wir darauf aufmerksam gemacht,
dass daselbst auch eine grosse Zahl von Gräbern entdeckt worden,
die jünger sind, als die Objekte der gelben Kulturschicht. Im Ganzen
konnten 27 Bestattete nachgewiesen werden. Sie lagen in 22 Gräbern
und sind unter sich selbst wieder verschiedenen Alters. Die ältesten
gehören der neolithischen Steinzeit an, andere sind jünger. Auf-
fallend ist die grosse Zahl von Kindergräbern. Unter den 27 be-
statteten Personen befanden sich nicht weniger als 12 Kinder unter
7 Jahren.
Diejenigen Gräber, welche mit Beigaben versehen waren, die
das neolithische Alter derselben ausser Zweifel setzen, sind ausnahms-
los Kindergräber. Das erste derselben lag in etwa i m Tiefe und
zed.yGOOgle
Die Molithiscbe oder jÜDgere Steinzeit. i c r
gehörte einem Neugeborenen, das mit einer Serpulaschnur um den
Hals geschmückt worden war. Das zweite Grab enthielt den Körper
eines Kindes von etwa 2 Jahren und bei demselben lag ebenfalls ein
Halsband aus Serpul aperlen. Ein drittes Grab, das ungefähr in der-
selben Tiefe sich befand, wie die beiden andern, enthielt gleichfalls
Serpularii^e, Die Skeletteile lagen auf grossen Steinen, sind aber
nur teilweise gehoben worden. Sie gehörten einem 5 — 6jährigen
Kinde. Tiefer wurde ein Kinderskelet mit 21 Serpularingen und
Silexgeräten als Beigaben gefijnden. Ein fünftes Grab lag in im
Tiefe und barg das Skelet eines Kindes und bei demselben befanden
sich Serpularinge und Werkzeuge von Silex.
Das wichtigste dieser Kindergräber kam tn 1,5 m Tiefe auf einer
schüsselformigen Unterlage von RoHsteinen zun> Vorschein. Die
Grabbeigaben bestanden in Silexobjekten und einer Raubtierkralle.
Interessant war die Lage der Knochen. Das Kind lag da, als ob
es schlummere. Die Arme und Füsse waren in die Höhe gezogen,
so dass eine Stellung erreicht wurde, die man als Hockerstellung
bezeichnet. Hockergräber sind auch anderwärts gefiinden worden, ja
sie erscheinen in den neolithischen Gräberfeldern Europa's sehr
häufig. Wir werden gleich nachher sehen, dass die „Hockei^räber"
in der West-Schweiz mehrfach konstatiert worden sind.
Professor Kollmann in Basel hat die Skeletreste vom Schweizers-
bild untersucht und ist zu der Überzeugung gekommen, d.-jss daselbst
neben einer hochgewachsenen Menschen varietät auch eine sehr
kleine, pygmäenhafte begraben liege, die aber nichts Krankhaftes
an sich trage, also nicht mit Zwergen identisch sei. Da fand sich
z. B. ein 16 — 18 Jahre altes Mädchen von ca. 1,22 m Höhe. Eine
30jährige Frau mag etwa 1,35 m hoch gewesen sein und ein Mann(?)
von etwa 40 Jahren hatte eine Höhe von ungefähr 1,45 m.
2. Hockergräber. Versetzen wir uns im Geiste an die sonnigen
Gestade des Lemansees. Besonders das Nordufer desselben ist mit
herrlich gelegenen Dörfern und Städten geschmückt. Von Süden
schauen die eisigen Firnen der Alpen herein, während am See selbst
die Traube reift und ein mildes Klima an südlichere Gegenden
gemahnt. In diesem schönen Gelände haben sich schon in der
Urzeit zahlreiche Ansiedler niedergelassen, wie z. B. gegen 50 Pfahl-
baustationen beweisen. Wo aber liegen die Gräber dieser Anwohner
des Genfersees?
Zur Steinzeit wurden dort die Toten in kleinen, kistenartigeti
Särgen der Erde übergeben. Solche Kistengräber fanden sich be-
sonders in der Gegend von Pully und Lutry,
Beim Fundamentieren eines Hauses in Chamblandes (champ blanc).
zed.yGOOgle
t^2 Zweites Kapitel.
Gemeinde Pully, stiess man in ca. 2 m Tiefe auf fiinf Grabkisten.
Jede derselben bestand aus vier rohen Steinplatten, welche die Seiten-
wände bildeten, während eine fünfte als Deckel diente. Die ersten
Gräber wurden von Arbeitern geöffnet; erst die fünfte Kiste konnte
wissenschaftlich untersucht werden, Sie enthielt das Skelet einer
alten Frau, deren Gesicht gegen die Erde gekehrt war. Zu den
Seiten des Gerippes \vurden gespaltene Eberzahn - Lamellen auf-
gefunden, die an beiden Enden durchbohrt waren. Auch in den
vier andern Kisten sind diese Schmuckstücke in grosser Menge zum
Vorschein gekommen. Das fünfte Grab enthielt ausserdem noch
eine durchbohrte Meermuschel, die als Halsschmuck, als Amulet
getragen worden sein kann.
Im Jahr r88i wurde die Untersuchung des Gräberfeldes weiter
geführt und wieder fanden sich solche Kisten aus bearbeiteten Stein-
platten, versehen mit einem Deckelstein. Alle Gräber waren in
Ost-VVest-Richtung angelegt, alle ca. i m lang, 50 cm breit und
tief. AUerdii^ stiess Morel-Fatio auch auf kleinere Kisten, — eine
derselben hatte eine Seitenlänge von nur 34 cm — aber es fend
sich in denselben nur Erde, nie Knochen. Die meisten Grabkisten
enthielten i Skelet; es gab aber solche, die deren 2 — 5 bargen,
ohne dass deswegen die Dimensionen der Kiste andere geworden
wären. Fanden sich ein oder zwei Skelete in einem Grabe, so
lag immer der Kopf im Osten. Ein Grab mit vier Skeleten aber
zeigte die Schädel in den vier Ecken der Kiste. Die übrigen Kno-
chen waren in der Mitte unordentlich aufgehäuft. Der ganze In-
halt gehörte jungen Individuen an, was aus den dünnen Schädel-
wandungen erhellte. In einem Grab, das zwei Leichen barg,
schienen sich die Toten zu betrachten. Die Wirbel lagen den
Seitenwänden entlang, die Bein- und Armknochen übereinander, so
dass also die Toten ihre Beine gegen die Oberkörper eingeknickt
hatten. Zu Seiten des links liegenden Skelets sammelte man in
der Höhe der Brust ca. 40 Eberzahn-Lamellen, die in zwei Reihen
lagen. Alle waren an den beiden Enden durchbohrt. Auch gelber
oder roter Ocker, sowie durchbohrte Muscheln kamen zum Vor-
schein und endlich ein Klumpen einer Art Fett oder Harz, der
beim Verbrennen einen starken Rauch entwickelte. Mehrere Gräber
enthielten nur Knochen,
Eine Kiste wurde aufgedeckt, in welche keine Erde eingedrungen
war, da der Deckel sehr gut schloss. In diesem Grab ruhte ein
etwa 20jähriger Mensch, dessen Gebeine noch ganz erhalten waren.
Der Schädel neigte sich etwas nach links, die Wirbel befanden sich
läi^ der Nordplatte, die Beine waren gegen die Brust gezogen und
zed.yGOOgle
Die neolithisdie oder jüngere SteinzeiL 1 1:3
eingeknickt. In der Gegend des Halses fand man fünf doppelt-durch-
bohrte Mittel meermuscheln; vor dem Kopfe lagen vier Stücke roten
und gelben Ockers und zwei Fragmente von Menschenschädeln,
welche Spuren von Bearbeitung zeigten. Zerstreut im Grabe wurden
kleine Perlen aus Korallen oder Bernstein gefunden.
Diese Funde gaben Veranlassung, dass auch im benachbarten
Grundstück Nachgrabungen veranstaltet wurden, die noch einige
Gräber ans Tageslicht brachten. Eines derselben enthielt drei durch-
bohrte Schnecken und einen Steinhammer. Eine letzte Kiste mass
70 cm in der Lange und ihre Breite betrug 34 cm. Sie umschloss
das Skelet eines Ideinen Kindes. Die östliche Hälfte der Kiste ent-
hielt nur einen Teil eines Schädels, der tassenartig da lag und drei
flache, runde Steinchen barg. In der Mitte des Grabes tiefend sich
ein Häufchen Knochen, im Westen aber sammelte man eine Menge
Kohlen und Knochen, von welch letzteren einige verbrannt waren.
Dies erinnert an die Spuren von angebrannten Knochen in der Höhle
bei Herblingen. Auch hier, wie in den Pfahlbauten von Lüscherz
und Inkwil, ist die Benutzung eines Schädeldaches des Menschen
als Gefäss auf Anthropophagie gedeutet worden. Diese ist aber
auch hier nicht bewiesen, wenn freilich zugegeben werden muss,
dass die schreckliche Sitte möglicherweise in der Steinzeit hier, wie
anderwärts ihre Opfer forderte. Denken wir uns aber, es hätte der
Brauch bestanden, die Leichen erst längere Zeit nach dem Tode
zu beerdigen oder ihnen eine provisorische Bestattung zuteil werden
zu lassen, um erst, nachdem die Weichteile verschwunden, den Rest
definitiv in Kisten niederzulegen, so könnten die angebrannten Knochen
unabsichtlich dem Feuer ausgesetzt worden sein, daszumBeerdigungs-
Ceremoniel gehörte und die bearbeiteten Schädelstücke könnten von
Kindern und Sklaven herrühren, ohne dass gerade Anthropophagie
angenommen werden müsste. Auch die gestörte Ordnung in mehreren
dieser Gräber scheint auf eine Zeit der Bestattung hinzuweisen, wo
die weicheren Teile der Körper verschwunden waren. Bei einigen
wilden Völkern hat man die Sitte des Wiederöffnens der Gräber
nachgewiesen, welcher Brauch auch in der Steinzeit geübt worden
sein könnte. Weitere Funde werden uns über die Verbreitung der
Anthropophagie in der neolithischen Epoche aufklären.
Es scheint dem beschriebenen Friedhofe der Steinzeit bei Pullj'
auch ein Grab anzugehören, das fünf Skelete enthielt Die Kiste
war 1,20 m lang, 45 cm tief und 48 cm breit Die Steinplatten
hatten eine Dicke von 4 — 6 cm, waren also sehr dünn und stammten
ihrem Material nach aus der Nähe. Die Richtung des Grabes war
Ost-West Im Westen lagen zwei grosse Köpfe, im Osten ein kleiner
zed.yGOOgle
IC^ Zweites Kapitel.
Schädel. Die Beckenknochen gehörten einem Manne und einer
Frau, einige Wirbel einem unerwachsenen Individuum. Offenbar
war die Frau rechts, die unerwachsene Person links von dem Manne
beerdigt worden. Die Extremitäten-Knochen musstenbeim Freiwerden
von den Sehnen und Muskeln in verschiedene Stellungen niederfallen,
daher ihre verworrene Lage, welche auch in andern Gräbern viel-
leicht auf diese Weise erklärt werden muss. Im östlichen Teil der
Kiste fanden sich noch Reste von drei Kindern.
Auch dieses Grab enthielt durchbohrte Eberzahn-Lamellen,
34 an der Zahl, im Gewicht von 850 g. Die Länge dieser Stücke
beträgt im Mittel nahezu i dm, ist also sehr beträchtlich. Ihre Lage
in diesem, wie in andern Gräbern, in der Mitte der Kiste, beweist,
dass sie wohl nicht als Hals-, sondern eher als Giirtelgehänge auf-
zuessen sind.
Von den Skeletresten aus Chamblandes haben Studer und
Bannwabih einige untersucht, die einer alten Frau und einem Manne
angehören. Der Schädel der erstem war meso-, nahezu brachy-
cephal, das Gesicht schmal, die Stirn breit und ziemlich hoch, das
Becken auflallend klein. Die Körpei^össe wurde auf 1,42 m be-
rechnet. Der Schädel des Mannes war auch mesocephal, seine
Stirn breit und niedrig, das Gesicht chamäprosop. Die Jochbogen
waren stark entwickelt. Die Körpei^rösse wurde auf ca. 1,50 m
berechnet. Also haben auch in Pully zur Steinzeit kleine, pygmäen-
artige Leute gelebt und aus dem Pfahlbau Moosseedorf sind Reste
von einem Menschen erwähnt worden, der ebenfalls nur 1,51 m
hoch war.
In der Gemeinde Pully hat man noch an einer zweiten Stelle
Hockergräber gefunden. Schon um 1825 kamen bei Pierra Portay
etwa 1 5 Grabkisten von je ungefähr 1 m Länge und etwa halb so
viel Breite und Tiefe zum Vorschein. Einige derselben enthielten
zwei Skelete, in einer lagen sogar vier Leichen. Als Beigaben wurden be-
arbeiteter Feuerstein und ein Fragment eines Steatitbeilchens gefunden.
Auch in Chätelard bei Lutry entdeckte man solche Gräber.
Die Kisten, über 30 an der Zahl, enthielten ausser Skeleten durch-
bohrte Schnecken schalen, zwei Feuerstein-Lanzenspitzen von ca. 20 cm
Länge und zwei durchlochte Klopfsteine oder Hämmer.
Hockergräber will man auch im Bemer Jura gefunden haben.
In Beurnev^sain sollen Silexobjekte in derartigen Gräbern entdeckt
worden sein. Selbst im gebirgigen Wallis sind Gräber mit Hockern
konstatiert und zwar am Fusse des Simplon, in Glis bei Brig. Am
Westabfall eines alten Schuttkegels fanden sich wiederholt kleine
Kistengräber, im Ganzen über ein Dutzend, von denen drei durch
Digitized^yGOO^Ie
Die neolitbische oder jflngere Steinzeit lec
Frofeaaor Imbsch untersucht wuidcn. I^ erste cntiiielt drei Skelete
und bei denselben lag ein Stück eines Muschelringes. Das zweite
Grab bai^ zwei Skelete, das dritte nur eins. Dieses Skelet war
gut erhalten und konnte photographiert werden (Fig. 92). Die Knie
sind gegen die Brust, die Füsse gegen die Oberschenkel gezogen.
In der Hüftgegend lagen zahlreiche Steinperien (Fig. 93) von knopf-
artigem Aussehen.
Ein sehr grosses Grab, dessen Seitenplatten 1,25 cm massen,
enthielt zwei Skelete. Bei einem derselben lag etwas unterhalb des
Kopfes ein 23 cm langes Feuersteinbeil. In der Gürtelgegend fend
man ein zweites, kleineres Silexbeil
und noch etwas näher den Füssen
wurde eine Pfeilspitze aus Feuerstein
gefunden.
Auch in diesem Grabe fanden
sich an einem Arm fast unkennt-
lich gewordene Reste eines Muschel-
ringes, ferner Steinknöpfe oder
-perien, die „um die Armknochen,
ja selbst um die Fingerknochen ge-
reiht waren".
Was bei all diesen Gräbern am
meisten auffällt, ist die kauernde,
hockende Stellung der Toten. Die-
Fig. 9z. Fig. ^3.
Hocliergrab in Glis (Wallis). SieinkDOpre «u einem Hocke^rab in
Glis (Aulicht vdd derSeite und vod unten).
selbe mochte dem Verstorbenen vor Eintritt der Leichenstarre ge-
geben worden sein.
Es ist interessant, dass Hockergräber noch im historischen Alter-
tum erwähnt werden. Herodot berichtet von den Nasamonern in
Libyen, dass sie ihre Toten sitzend begraben. „Sie geben genau
acht, wenn er das Leben aushaucht, dass sie ihn aufrichten und er
nicht auf dem Rücken liegend stirbt". 1851 entdeckte man in den
Ruinen Babylon's Thon-Sarkophage von 50 cm Höhe, 40 cm Breite
und 36 cm Länge, Die Toten mussten in kauernder Stellung, die
Knie beim Kinn, den Grabbehältem übergeben worden sein.
Noch heute giebt es Indianerstämme, die, ähnlich den alten
Peruanern, ihre Toten in sitzender Stellung begraben. Auch bei
zed.yGOOgle
1^6 Zweit«! Kapitel,
den Hottentottea sollen Hockergräber üblich sein und die Guanchen,
die Eingeborenen der Ranarischen Inseln, scheinen denselben Brauch
geübt zu haben.
Die blosse Thatsache der steinzeitlichen Beerdigung ist ein Beweis
fiir die Pietät, welche die Neolithiker ihren Toten gegenüber besassen.
Nicht achtlos wurde der Dahingeschiedene bei Seite gelegt, sondern
sorgsam der Erde übergeben. Zum Schutz des Toten baute man
die Steinkiste oder verschloss die Grabhöhle mit grossen Steinen,
Wozu aber ein Schutz fiir den Toten, der doch dessen nicht
bedarf? Die Leute der Steinzeit glaubten, dass er ihn bedürfe,
sonst hätten sie nicht ihre Steinkisten und Grabkammern erbaut.
Warum bedurfte er des Schutzes? Offenbar war der Verstorbene
nicht eigentlich tot, sondern, wie jene Frau sagte, er schlief nur
und sollte später zu einem andern Leben erwachen. So zeigt uns
denn diese sorgfältige Bestattung, dass der Glaube an eine Fort-
dauer des Lebens nach dem Tode, der Qlaube an die Auferstehung,
schon in grauer Vorzeit in den Herzen der Menschen lebendig war.
Noch mehr! Der Verstorbene sollte eigentlich nur eine kleine
Spanne Zeit in der Erde ruhen, bis er zu neuem Leben erwachte.
Da nun die Erde als die Ernährerin des menschlichen Geschlechtes
unser aller Mutter ist, so ruhte nach dem Glauben der Steinzeit,
wie Troyom meint, der Verstorbene im Schosse der Mutter, bis für
ihn ein neues Leben begann. Der Mensch war gleichsam zu seiner
Mutter zurückgekehrt, um wieder geboren zu werden. Und wie das
Kind im Mutterschosse in zusammengekauerter Stellung den Augen-
blick erwartet, wo es das Licht der Welt begrüssen soll, so musste
der aus diesem Leben Geschiedene im Schosse der Erdenmutter in
derselben Stellung, die er als ungebomes Kind eingenommen, der
Stunde gewärtig sein, da ihn die höchste Macht zu einem neuen,
bessern Leben rufen würde, welches ewig dauert.
Es ist ein schöner Gedanke, den Troyon dem Brauche, die
Toten in hockender Stellung zu begraben, zu Grunde legt, aber
ich wage doch nicht, mich seiner Ansicht anzuschüessen, weil sie
eine Kenntnis der anatomischen Verhältnisse beim Menschen und
ein philosophisches Denken voraussetzt, wie wir sie bei den Neoli-
thikem nicht annehmen dürfen. Ich glaube vielmehr, dass hier
die kühlere Betrachtungsweise Virchow's am Platze ist, welcher
sagt, dass das Kind im Mutterleibe die zusammen gekauerte Lage
annimmt, weil es ihm zu einer andern an Kaum gebricht, und dass
das Bedürfnis der Raum- resp, Arbeitsersparnis sich auch geltend
macht, wenn Leichen Erwachsener in Erdlöchern oder sogar Thon-
gefässen beigesetzt werden. Die hockende Lage ist zudem manchen
zed.yGOOgle
~^~ _ - Die neolithische oder jQngere Steinzeit 157
Völkern Asien's und Afrika's heute noch die bequemste, und sie
kehren auch liegend in dieselbe zurück.
3. Grabhügel. Östlich von Burgdorf liegen die Gisnauflühen.
Oberhalb der nördlichsten derselben befanden sich auf dem sanft geneig-
ten Terrain zwei längliche Hügel, die gegen Ende der siebziger Jahre
untersucht wurden. Der erste, untere Hügel war 35 m lang, 24 m breit
und 4,5 m hoch. Vom obern Hügel schied ihn ein tiefer Graben.
Der zweite Hügel hatte eine Länge von 47 m, eine Breite von 16 m
und eine Höhe von 1,6 m. Er war vom hoher gelegenen Lande
ebenfalls durch einen tiefen Graben getrennt. Bei der Untersuchung
ergab sich, dass der erste Hügel aus drei Schichten bestand, wovon
die beiden untern mit Kohlen durchspickt waren. In denselben
kamen Feuersteinmesser, drei Silex-Pfeilspitzen und viele Abfälle oder
Splitter von Feuerstein ans Tageslicht, femer rohe Scherben und
ein Steinbeilfragment. Nahezu im Centrum des Hügels, also in der
untersten Schicht, fand sich der Rest eines Steinbettes.
Noch besseren Aufschluss über die oben berührte Fr^e nach
dem Vorkommen von Brandgräbem in der Steinzeit erhalten wir
durch Grabhügel im Gebiet der zürcherischen Gemeinden Ober-
wenigen und Schöffiisdorf, auf der ^g nördlich der Lagern.
Sechs derselben wurden von Ferd. Keller untersucht Der erste war
von bedeutendem Umfange, aber, gleich den übrigen, wenig hoch.
In der Mitte des Hügels fand man Steine, Scherben und Kohlen;
auf dem Urboden lagen die Überreste eines verbrannten Leich-
nams. Einige Stücke der Hirnschale waren von Kupferoxyd grün
gefärbt „Es war dies die einzige Spur von Metall in all den
sechs aufgedeckten Hügeln", Im zweiten Hügel kamen Kohlen und
Scherben, die einem ca. 15 cm hohen, flachbodigen Töpfchen an-
gehört hatten, zum Vorschein. Im dritten Hügel stiess man auf
eine Kohlenstätte, „in welcher sich verkohlte Scheiter und Äste
so erhalten hatten, dass man ganze Stücke derselben herausziehen
konnte". Der vierte Hügel barg Steine, Kohlen, drei kleine Töpfe
und zwei Feuersteinstücke. Das eine der Gefässe zeigt das für
unsere Kupferzeit charakteristische Schnurornament, das andere das
Stichomament , das wir im Kupferpfahlbau Vinelz ebenfalls häufig
antrafen. Im fünften Grabhügel kam eine Thonschale zum Vor-
schein; der sechste Hügel ergab keine Funde.
Die Grabhügel von Oberwenigen und Schöfflisdorf gehören
offenbar dem Ende der Steinzeit an, der Kupferperiode.
Wir können das Resultat unserer Untersuchung über die neo-
lithischen Gräber kura zusammenfassen und sagen: In der jungem
Steinzeit wurden die Toten entweder in Höhlen und unter Felsvor-
zed.yGOOgle
Ijg Zweitet K^itel.
Sprüngen, oder in kleinen Steinkisten in freier Erde begraben. Gegen
das Ende der Epoche aber kam, wenigstens in der deutschen Schweiz,
die Sitte auf, die Leichen der „reinigenden Kraft des Feuers" zu
unterwerfen und über dem zusammengesunkenen Scheiterhaufen einen
Grabhügel zu errichten.
F. Kaltar In neollthlscher Zeit.
I. Kulturstufe. Wo die Natur dem Meosdien allzu verschwen-
derisch ihre Gaben darbietet, nimmt der Geist desselben keinen
hohem Flug, wo sie ihm aber nur ein karges Mahl bereitet, da
strebt er empor. In den Tropen muss vielleicht die Urheimat des
Menschengeschlechts gesucht werden, aber hohe autochthone Kultur
treffen wir dort nicht. Sie ist auch nicht in den Gegenden zu Bnden,
wo die Kalte alles Leben zu ersticken droht, sondern in den mittlem
Zonen, deren Klima ein gemässigtes ist. Diesen Zonen gehört
Europa an, dessen Bewohner mit ihren Abkömmlingen gegenwärtig
die Welt beherrschen.
Ganz allmählich sind die Bewohner Europa's zu der Kulturstufe
empor gestiegen, die sie heute einnehmen. Der europäische Neo-
lithiker beispielsweise stand noch recht tief, er verschaffte sich seine
Nahrung durch Fischfang und Jagd, durch Viehzucht und Ackerbau.
Fischschuppen fanden sich im Pfahlbau Kobenhausen manchmal
in ganzen Lagen; Fischknochen sind in den Seedörfem nicht selten.
Angeln und Harpunen von Hom und Knochen, Netzsenker, Schwimmer,
Quirle und verschiedenartige Flachsnetze dienten als Fischergerät.
Mehrfach sind auch Einbäume, zumeist ausgehöhlte Eichstämme,
gefunden worden und im Pfahlbau Arbon, sowie im Himmerich ;Wetzi-
kon) kamen Ruder zum Vorschein. Der Einbaum ist erst in unserm
Jahrhundert aus den Schweizerseen verschwunden. Noch vor 50 Jahren
existierte er im Aegerisee, im Küssnachter Busen des Vierwal dstätter
Sees, im Sempachersee u. s. w.
Unter den Jagdtieren der Jüngern Steinzeit ist der Urochs heute
ausgestorben; mehrere Tiere sind ausgewandert, wie Elen, Biber,
Wisent, Gemse. Das Elen wurde nach Rütimever noch im Jahre 1 746
in Sac^isea geschossen; jetzt liegt die Südgrenze seines Verbreitungs-
bezirks in Preussen und Lithauen. Der Biber lebte noch 1705 an
der Birs bei Basel. Gegenwärtig ist er in Deutschland nur noch in
einer einzigen Kolonie an der Elbe vorhanden; eine noch südlichere
Kolonie hat sich an der Khonemündung in Frankreich erhalten. Der
Wisent, ein Buckelochse, von dem das Zürcher Dorf Wiesendangen
(Wisuntwangas 804) seinen Namen erhielt, lebt unter dem Schutze
zed.yGOOgle
Die ncolithuche oder jOngere Steinzeit. i ^g
der russischen Regierung noch in einigen hundert Exemplaren im
Kaukasus und in Lithauen.
Eine Reihe anderer Tiere der Steinzeit kommen in Mitteleuropa
noch vor, so Dachs, Marder, Bar, Wolf, Fuchs, Wildkatze, Reh,
Edelhirsch, welch letzterer schon in Chavannes (Schafis; bei Neuve-
ville in ausgezeichnet grossen Exemplaren konstatiert wurde, und
das Wildschwein. An Vögeln wurden konstatiert: Milan, grauer Reiher,
Krähe, Steissfuss, Kolkrabe, Wildgans und Sägertaucher.
Wir haben schon gesehen, dass selbst im ältesten Pfahlbau
Schafis die bekanntem Haustiere vorkamen. Unter den Höhlen-
funden ist kein einziges nachweisbar gewesen. In der Zeit zwischen
dem Verlassen der paläolilhischen Höhlen und den ersten Pfahlbauten
der Schweiz müssen also die Haustiere entweder gezähmt oder von
irgend woher eingeführt worden sein. Das leitet uns auf die Frage
nach der Herkunft der Haustiere überhaupt, an deren Lösung der
mehrfach erwähnte Prof. L. Rütiueyer t)edeutsamen Anteil hat.
Schon Sophokles hat in der Zähmung der Tiere eine hervor-
ragende That des Menschen gesehen.
„Sein WiUe zihmt dag Wild der Be^eshOh'n,
Knirachend gehorcbt das Rom dem Gewaltigen,
Stöhnend ei^ebt sich der Stier, der unbändige.
Beugt vor ihm den stolzen Nacken."
Das erste Tier, das gezähmt wurde, war der Hund. Er entstand
als Haustier an verschiedenen Orten und aus verschiedenen Wild-
formen, Einer der Stammväter ist der Schakal. Der Inkahund des
kolumbischen Amerika's stammt vom amerikanischen Wechselwolf
ab. Bei der Ankunft der Europäer in der neuen Welt fanden sie
daselbst drei verschiedene Hunderassen. Auch bei den Malayen ist
dieses Haustier früh aufgetreten. Auf afrikanischem Boden entstanden
nach den Forschungen Prof. C, Kellsr's die in Alt-Ägypten so häu-
figen Windhunde aus dem spitzschnauzigen Wolfe Aethiopien's, In
Europa treffen wir in neolithischer Zeit einen Hund von der Grösse
des Wachtelhundes, bald aber erscheinen grössere Formen,
Das Rind ist ebenfalls an verschiedenen Orten entstanden. Die
Heimat des Zebu ist Südasien. In Ägypten sind schon um 5000 v. Chr.
Rinder, verbunden mit Kultvorstellungen, nachweisbar. Dann gelangte
dieses Tier nach dem übrigen Afrika und dürfte von dort aus nach
Südeuropa ausgewandert sein. Das kurzhömige Rind der Eringerrasse,
das in unsern Berggegenden sich findet, stammt sicher aus dem Süden.
Das Rind ist aber teilweise auch auf europäischem Boden ent-
standen. Die schweren Rinder Italien's, Ungam's u. s. w. haben andere
Stammeltern, als das kleine Rind der Alpen. Ihre Ursprungsform
zed.yGOOgle
l60 Zweites Kapitel,
finden wir im Urstier, der als Wild den NeoKthikem noch bekannt
war und erst in historischer Zeit ausstarb.
Das Schwein ist ursprünglich bei den Malayen gezähmt worden.
Aus ihrem Gebiete kam die Stammform aller orientalischen Schweine.
Das Torfschwein des neolithischen Europa ist asiatischen Ursprungs,
Es hat sich bis heute im Bündner-Obertand erhalten. Zur Steinzeit
bildete es die einzige Schweinerasse; erst in den spätem Pfahlbauten
kommt das europäische Schwein dazu.
Ziege und Schaf stammen wohl aus Asien; doch sind die For-
schungen darüber noch nicht als abgeschlossen zu betrachten.
Das Pferd lebt in einer wilden Form in Zentralasien; wahrscheinlich
haben es schon die alten Babylonier gejagt. Von der asiatischen Wild-
form stammen die orientalischen Pferde, die sich bis nach Aegypten
verbreiteten. Ein zahmes Pferd ist aber auch auf europäischem Boden
entstanden. Der orientalische Typus ist breit-, der europaische lang-
köpAg. Noch zu Ekkehard's Zeiten lebten in Europa Wildpferde;
ja diese wurden in Preussen bis ins XVI. Jahrhundert angetroffen.
Unser Karrengaul stammt von diesem europäischen Wildpferde, dem
Diluvial pferde, das in Solutre im östlichen Frankreich eine Unmasse
seiner Reste zurückgelassen hat. In den altem Pfahlbauten kommt
das Pferd noch nicht vor; erst gegen Ende der Steinzeit scheint es
als Haustier bekannt geworden zu sein.
„Windet zum Kranze die goldenen Ähren,
Flechtet auch blaue Cyauen hioeiD,
Freude soll jede» Auge verkitten,
Dean die KSnigiD ziehet ein. , . ."
(Schiller,)
Neben der Viehzucht treffen wir beim NeoUthiker der Schweiz
auch schon die Anfänge des Ackerbaus. Er machte überhaupt
vielfachen Gebrauch von den Hilfsmitteln, welche die Flora seiner
Zeit ihm darbot. Das Holz zahlreicher Bäume benutzte er fiir seine
Bauten, so das der Eiche, der Buche, der Linde, des Ahorn, der
Birke, der Eibe, der Tanne und der Föhre. Auch die Früchte
mancher Bäume boten Nutzen. Die Eicheln wurden, wie wir gesehen
haben, zur Schweinemast verwendet, die Buchnüsse vielleicht zur Her-
stellung von Öl benutzt, Dass die Fruchte von Kirschbäumen, Birn-
und Apfelbäumen, vom Haselstrauch und von der Schlehe gegessen
wurden, ist zweifellos. Unter den Äpfeln aus Pfahlbauten giebt es
so grosse Exemplare, dass man sich unwillkürlich fragen muss, ob
nicht schon eine gewisse Kultivierung von Obstsorten stattgefunden.
zed.yGOOgle
Die Dcolithische oder jüngere Steinzeit. l6l
In vielen Stationen findet man Kerachen von Himbeeren und Erd-
beeren, auch Reste von Heidel- und Brombeeren.
Der Bast der Linde wurde zu Geflechten verarbeitet, das Holz
des Ahorn zu Gefässen benutzt. Die Rinde der Birke breitete man im
Pfahlbau Schussenried über den Hiittenboden aus. Im Bielersee fand
man Beutelchen aus Birkenrinde, welche Steinchen enthielten und
als Netzsenker gedient haben mögen. Das Eibenholz, das von allen
Holzarten dem Wasser des Torfmoores am besten widerstanden hat,
lieferte Materia! zu sogen. Kleiderhaken, zu Messern und Dolchen. Der
HoHunder erscheint in zwei Varietäten, von denen die eine, Sambucus
ebulus, derAttich, einen Farbstoff lieferte, der zum Blaufärben benutzt
wurde. Vom Wau (Reseda luteola) kam ein gelber Farbstoff.
O. Heer, dessen Forschungen über die Pflanzen der Pfahlbauten
denjenigen Rütimever's über die alte Fauna an die Seite zu stellen
sind, hat besonders auch eine grosse Anzahl von Flachsresten in
den Stationen der Steinzeit nachgewiesen. Der Flachs war von der-
jenigen Art (Linum angustifolium), die noch heute in den Mittel-
meergegenden wild wächst. Es sind Stengel und Wurzelstücke,
Früchte, Samen, Flachsbündel und Flachskuchen gefunden worden
und überdies zahlreiche Spuren der Leinen-Industrie.
Häufig waren auch Mohnkuchen, femer Nüsse von Trapa natans
Das massenhafte Vorkommen von Samen eines Labkrautes (Galium
palustrej und einer] Melde (Chenopodium album) haben wir schon
erwähnt.
Ein ganz besonderes Interesse beansprucht das Getreide der
neolithischen Zeit. Die verschiedenen Getreidearten weisen, wie
manche Tierformen, auf Beziehungen der Pfahlbauer zum Kultur-
kreis am Mittelmeer hin. Da erscheinen die kleine Pfahlbaugerste
(Hordeum hexastichum sanctum), die schon auf Münzen von Meta-
pont um 600 V. Chr. dargestellt ist, femer die sechszeilige Gerste
(Hord. hex. densum), die zweizeilige Gerste (Kord, distichum); das
Einkorn (Triticum monococcum), der ägyptische Weizen (Triticum
tui^idum); der kleine Pfahl bau wetzen (Trit. vulgare antiquorum);
der Pfahlbau-Emmer (Trit. dicoccum); der Binkelweizen fTrit, vulg,),
der Fennich (Setaria italica); die Hirse (Panicum miliaceum) u. s, w.
Ausser Getreide in Körnerform ist auch geröstetes petreide
erhalten geblieben, ja sogar eigentliches Brot. Auf einfachen Hand-
mühlen, die in keinem Pfahlbau fehlten, d, h, zwischen flachen
Steinen, wurde das Getreide gemahlen und dann über heissen
Steinen gebacken.
Die Neolithiker waren also nicht mehr auf der untersten Stufe
menschlicher Kultur; sie waren keine „Wilde" mehr, sondern hatten
zed.yGOOgle
I62
Zweites Kapitel.
schon eine höhere Stufe der Entwickelung erklommen. Das wird
auch klar werden bei der Betrachtung ihrer Waffen und Gerate,
ihres Schmuckes, sowie schliesslich ihrer gesellschaftlichen Ver-
hältnisse.
2. Kleidung und Schmuck der Neolitkiker. Der Höhlenbewohner
deckte seine Blosse mit wannen Fellen, der Pfahlbauer aber besass
ausserdem Leinen- und Wollenkleider. Das Schaf war ja sein Haus-
tier und wenn sich auch keine Reste von Wollstoffen ehralten haben,
so kennen wir dagegen zahlreiche Gewebe aus Flachs, die den Stein-
zeit-Stationen entstammen. Nirgends ist eine vollständige Kleidut^
Thon-Idoi aus dem Ffiklübau Laibach. (Krain.)
zum Vorschein gekommen; wohl aber fand sich im Pfahlbau Laibach
ein Thon-Idol (Fig. 94 a und 6), das über die Kleidertracht der
Steinzeit Aufschluss giebt. Die Figur ist mit einem hemdartigen
Kleide angethan, welches vorn, zu beiden Seiten der Mitte, gemusterte
Vierecke aufweist und ebensolche befinden sich auf der Oberseite
der Ärmel. Aus Pfahlbauten, die dem Ende der Steinzeit angehören,
wie die ältere Station Auvernier, Greng und Vinelz, kennen wir
grosse Hirschhornknöpfe, die zum Festhalten der Kleider gedient
haben mögen. (Vgl. Fig. 85 Seite 133.)
Wichtiger als die Kleidung ist für die Naturvölker der Schmuck.
Wenn wir auch gar keine Schmucksachen aus neotithischen Ansiede-
lungen und Gräbern besässen, so dürften wir dennoch annehmen, dass
zed.yGOOgle
Die Dcollthische oder jQngsre Steinze
■63
die Steinzeitleute sich geschmückt hätten, weil bei den heute lebenden,
niedrig stehenden Völkerschaften sich jedermann zu schmücken sucht.
In den meisten Pfahlbauten der Schweizer
Seen ist Roteisenstein (Rötel) gefunden worden.
Er hat wohl zum Färben von Leinwand und Wolle,
sowie zur Bemalung des Körpers gedient. Ob bei
den Neolithikem auch die Tätowierung üblich war,
wissen wir nicht, dagegen können wir recht wohl
Aufechluss geben über die verschiedenen Dinge,
mit denen sie ihren Körper behingen.
Da sind zunächst Nadeln aus Knochen und
Hirschhorn zu erwähnen, die schon in dem uralten
Pfahlbau Schafts bei Neuveville am Bietersee gar
nicht selten gefunden wurden. Manche derselben
treten auf der einen Seite ein Knöpfchen mit Öhr,
durch welches wohl eine Schnur gezogen wurde,
um die Flechten des Haares festzuhalten (Fig. 95).
Andere Knochennadeln endigen in Knöpfchen
oder in breite Flächen, die hier und da durch-
bohrt sind (Fig. 96—99).
Wirkliche Schmuckgegenstände, nicht bloss
Toilettenstücke, mögen auch die Eibenholzkämme ^'b- 95-
sein, die z. B. in Moosseedorf, Concise, Sutz u.s.w. Ka°=tei.nadda«sdem
' , , . , Pfahlbau Schafts.
zum Vorschem kamen.
Das schöne Bild von Anker, das eine Pfahlbauerin darstellt,
welche, ihr kleines Kind im Arm, nach dem im See draussen weilenden
?)
T r
T
Fig. 96. Fig. 9?. Fig. 98. Fig, gg.
Knochennadel „Schaufelnadel" Kjiocbcnnadeln aus Meilen und Knochemiadel
aus dem Pfahl- aus dem Pfahl- Vinelz. aus dem Pfahl-
bau Obenneilen. bau Vineli. bau Vinelz.
Gatten ausschaut, zeigt uns, dass man in den alten Seedörfern auch
Halsschmuck kannte. Perlen aller Art wurden zu einer Halskette
aneinander gereiht, an welcher vielleicht vom ein Amulet hing. Gar
zed.yGOOgle
i64
Zweites Kapitel.
nicht selten sind Perlen aus Stein, meist mit künstlicher, seltener mit
natürlicher Durchbohrung. Solche Steinperlen fanden sich z. B, in der
älterer Station Mörigen, in Lattrigen und in dem Kupferpfahlbau Vinelz.
Häufiger kommen Gehänge aus Stein vor, oft fein poliert oder aus halb-
edelm Stein, wie Nefrit, bestehend. In den Öfeliplätzen bei Gerolfingen
am Bielersee enthob man dem Seegrund lO — Ig cm lange, meissel-
artige Steine, welche je ein kleines Löchlein aufweisen. Sie können
nicht wohl als Werkzeug gedient haben, sondern sind eher Schmuck-
gehänge oder Amulete. Es wäre möglich, dass wir in ihnen Zeugen
eines Steinkultes hätten, der in seinen letzten Äusserungen, im aber-
gläubischen Gebrauch der Donnersteine, bis in unsere Zeit hinein-
reicht. Altertumsforscher, z. B. in Norddeutschland, konnten nämlich
®
Fig. 100.
Bernsteinperle
Schmuckgehänge a
Fig. 103.
Doppelt durchbolirter Eber-
zahn aus Moosseedorf.
diese Steinbeile oft nur schwer oder nicht von den Bauern erhalten,
weil diese die vermeintlichen Zauberstücke in ihren Ställen benutzten,
etwa so, dass sie solche schabten und die abgeschabten Teile unter
den Viehtrank mischten, was gut sei gegen Blähungen u. s. w.
Wenn der Pfahlbauer auf seinen Wanderungen und Jagdzügen
eigentümliche Steine fand, so nahm er sie mit. Auf diese Weise
muss das Vorkommen von Versteinerungen in den Seedörfern er-
klärt werden. In St. Blaise kam z. B, ein versteinerter Ammonit
zum Vorschein. Derselbe war durchbohrt und als Schmuck getragen
worden. Ein ähnliches Stück fand sich in Gerolfingen, wo ein Pec-
tunculus aus der Kreideformation, ebenfalls durchlocht, entdeckt
wurde. Anderwärts fand man durchbohrte Seeigel, Rhyncho-
nellen u. s. w.
Hier mag noch erwähnt werden, dass in Meilen und St. Aubin
auch Bernstein gefunden wurde (Fig. 100). Dieses fossile Harz
erscheint zwar erst in bronzezeitlichen Pfahlbauten häufiger, aber
zed.yGOOgle
Die Deolithiscbe oder jDngere SIeinze
165
der Fund desselben an den genannten Orten beweist, dass schon
sehr frühe Verbindungen mit weit entfernten Gegenden 'best anden.
Dass auch die Jagdbeute Schmuck liefern musste, darf uns
nicht wunder nehmen. Durchbohrte Bärenzähne sind z. B, aus
Meilen, Lattrigen und St, Aubin (Fig. loi) bekannt; Wolfszähne
wurden gefunden in Au-
vemier, Gerolfingen u.s.w.
Hunde- und Rinderzähne A
sind nachgewiesen aus i: l\
Wangen(Fig. i02),M6rigen ' y \
u. a. O., Eberzähne aus
Robenhausen, Lüscherz,
Vinelz, Concise u. s. w.
Manche Zähne sind ge-
teilt und zugeschliffen wor-
den (Fig. 103),
Dem Trieb des Men-
schen, sich zu schmücken^
diente ferner das Geweih
desHirsches. Es wurde &
sägt, poliert und erscheint
in den verschiedensten Formen. Da kamen Perlen aus Hirschhorn
in den Pfahlbauten von Lattrigen, Gerolfingen, Wauwil u. a. zum
Vorschein; Gehänge aus demselben Material aber sind sehr zahlreich.
Manche zeigen Einkerbungen, andere Punktverzierungen u. s. w,
(vgl. Fig. 59 Seite 121}. In St Aubin und an den Öfeliplätzen bei
Kuprergehänge
aus Vineli.
a
Fig. 104, Fig. 105.
Knochengehänge Gehänge aus dem
s Gerolfingen. Pfahlbau FonL
Fig. 107.
Kupferpeile
aus Vinelz.
Fig. 108.
Kuprerperlen aus dem Pfahlbau Gerolfingen.
Gerolfingen entdeckte man Tierknöchelchen, die ebenfalls an einem
Ende durchlocht worden waren (Fig. 104) und in Lüscherz wurde
ein Knochenstäbchen gefunden, das offenbar auch als Schmuck ge-
dient hat. Zahlreich waren solche Stäbchen in Lattrigen und Fig. 105
stellt einen verwandten Fund aus Font dar.
Der Pfahlbau Vinelz hat neben Waffen aus Kupfer auch Schmuck-
sachen aus diesem Metall geliefert, z. B. Spiralen und Gehänge in
Form von Plättchen {Fig. 106), Perlen {Fig. 107) und flachen Lamellen,
zed.yGOOgle
l66 Zweilu Kapitel.
die vielleicht als Armspangen zu deuten sind. Ähnliche Funde
stammen aus St. Blaise. Gerolfingen lieferte ein, demjenigen von
Vinelz ähnliches, jedoch einfacheres Collier von Kupferperlen {Fig. 108)
und dem Pfahlbau Obermeilen wurde eine Bronzespange enthoben.
Diese Stücke fuhren uns aus der Steinzeit in diejenige Epoche
hinein, wo die glänzende Bronze als neue Triebfeder Zur Anbahnung
raschen Fortschrittes der Menschheit auftaucht,
3, Werkzeug und Waffen. In der Faust des Menschen lag das
Urbild der Waffen und in der Hand haben wir das erste Werkzeug,
Die grosse Lehrmeisterin unseres Geschlechts, die Not, führte schon
frühe zur Erfindung der Keule. Dieses Abbild des Armes mit
der Faust hat sich lange Zeit erhalten: Die alten Schweizer haben
in den ersten Freiheitskämpfen noch häufig den Morgenstern, die
mit Nägeln besetzte Keule geschwungen.
In den Pfahlbauten der Steinzeit sind Holzkeulen nicht selten
gefunden worden,' so in Meilen, Niederwil bei Frauenfeld u. a. O.
Ausserdem kamen rundliche Steine zum Vorschein, teils mit, teils
ohne Kinnen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieselben in der
nämlichen Weise gehandhabt wurden, wie die Bolas in Patagonien.
Jedenfalls war auch die Schleuder frülizeitig in Gebrauch.
Der Urmensch hat sich zuerst mit seinen Händen Wurzeln aus-
gegraben; nachher benutzte er scharfkantige Muscheln, spitze Steine,
Stöcke und dergl. Die steinerne Spitze, wie der zugeschärfte Knochen,
konnten auch im Kampfe dienen. Wurde eine solche Spitze an
einen Holzstab befestigt, so hatte man den Speer, In der Pfahl-
baute von St, Aubin fand man Knochenspeere, ebenso an vielen
andern Orten und noch häutiger sind in der Steinzeit die Lanzenspitzen
aus Feuerstein, neben denen gewiss auch hölzerne Speere in Gebrauch
waren. Ursprünglich war die Lanze beides: Werkzeug und Waffe;
erst nach und nach wurde er ausschliessliches Kampfgerät.
Uralt ist der Gebrauch des Beils, Es konnte auf der Jagd
und im Kriege benutzt werden, wie zu Hause. Als geschätztes
Werkzeug hat es sich in wenig veränderter Form von der Steinzeit
bis heute erhalten; als Waffe wurde es von den höher entwickelten
Völkern längst abgelegt. Doch sind noch die Franken mit ihrer
Streitaxt, der Francisca, in den Kampf gezogen.
In den steinzeitlichen Seedörfern sind die Beile sehr zahlreich,
Sie bestanden aus den verschiedensten Gesteinen, Hochgeschätzt
müssen vor allen die Äxte aus dem seltenen Nefrit und seinen
Verwandten, dem Jadeit und Chloromelanit, gewesen sein. Daneben
findet man häufig Serpentine; es kommen aber ^uch Äxte vor aus
Materialien, die sich als ganz untauglich zu dem Zwecke erwiesen.
zed.yGOOg[e
Die oeoliihische odet j&Dgere Steinzeit. 167
dem sie dienen solhen, z. B. solche aus Basalt und aus weichem
Sandstein. Der Pfahlbauer bereitete sein Beil auf folgende Art: Er
suchte sich unter den Kieseln des Baches oder Flusses in seiner
Nachbarschaft einen aus, der ungefähr Keilform besass und schliff
ihn dann zu. Oft geschah dies nur an der Schneide, oft aber auf
allen Seiten. Wollte der Steinzeitmann einen grossem Block zu
Beilen verarbeiten, so zersägte er ihn mit Hilfe von weichem Holz
und hartem Sand. War eine etwa i cm tiefe Rinne gesägt, so
wurde der Stein mittels eines geschickten Schlages entzwei gespalten
Fig. 109. Fig. HO. Fig. III. Fig. 113.
Doppelbeil aus dem Kupterbeilcheo aas dem Kupferbeil aus Kupremiasse von
Platilbau Bauschanze Pfahlbau WoIlishofeD- Sinn. der Form eines
(ZOrich). Zürich. Doppelbeiles aus dem
PfalilbauLüscheri.
und aus den Stücken schliff man die Äxte zurecht. Steine mit Säge-
schnitten kommen nicht selten vor.
Grösse und Form der Beile sind verschieden. Die einen sind
dick, andere flach, die einen nur wenige Centimeter lang, andere
gleichen in ihrer Grösse den heutigen Äxten. In einigen wenigen
Stationen, z. B. im Pfahlbau Erlenbach und in der Bauschanze bei
Zürich hat man Beile mit zwei Schneiden, sogen. Doppelbeile
gefunden (Fig. 109). Gegen Ende der Periode erscheinen Kupfer-
äxte, in ihrer Form anfangs flachen Steinbeilen gleichend (Fig. IIO
bis 1 1 2).
Die Schäfhing der Beile war verschieden. Oft wurde die Stein-
zed.yGOOgle
axt einfach in einen Holzschaft oder in einen Hirschhornunken ein-
gefasstj oft aber steckte das Beil in einer Hirschhornfassung, die
Fig. 113 und 114.
Steinbeile mit einfachen) Holz-
sihafi.
Fig. 115.
Steinbeil in Hirscbhornfassung.
Fundort: St. Aubin.
dann ihrerseits in einen Holzschaft eingelassen ward, wodurch das
häußge Zersplittern der Holzteile einigermassen vermieden und der
Fig. 116,
Nefritbeil in Hirschhorn-
fassung. Fundort: Meilen.
Schlag in seiner Wirkung gemildert wurde, weil die Hirschhornfassung
im Holzschaft elastisch wirkte (Fig. 113 — 117),
Wurde das Steinbeil durchlocht, so konnte es
auch als Hammer benutzt werden (Fig. 118). Die
Durchbohrung geschah mit weichem Holz und har-
tem Sand, der, mittels Bogen und Drehholz auf dem
Stein gerieben, allmählich ein Loch bohrte (Fig. 1 19).
Praktische Versuche haben gezeigt, dass es gar nicht
schwierig ist, auf diese Weise selbst sehr harte Ge-
steine zu durchbohren. Hammerbeile, deren manche
erst angefangene Bohrung zeigen (Fig. 120), sind
sowohl aus steinzeitlichen Stationen, als auch aus
solchen der Bronzeperiode bekannt geworden.
Auch Hirschhomstücke wurden mit einer
Schneide versehen und am andern Ende durch-
locht, so dass sie eine dem Hammerbeil ähnliche
Form erhielten und als Hacken dienen konnten.
-. . , '"'^ " ■ , Solche Hacken stammen z. B. aus dem Pfahlbau
Stemhanimer aus dem
Pfahlbau CoDcise. Lüscherz.
zed.yGOOgle
Die neolilhische oder jOngete Sleinzeit. 169
Daneben giebt es aber auch Knochen- und Hirschhomstücke
mit Schaftloch, welche als Hämmer benutzt worden zu sein scheinen.
Solche sind z. B. aus Lüscherz, Vinelz, Schafts bekannt, während
Steinbohrappai'at der Neoliihiker. (RekonstruktiOD).
eigentliche Steinhämmer {ohne Schneide) z. B, in Robenhausen und
St Aubin zum Vorschein kamen.
Die zuletzt genannten Formen sind alles echte Werkzeuge. Es
hat nämlich im Laufe der Zeit zwischen Waffe und Gerät eine
Differenzierung stattgefunden. Zu den echten Werkzeugen gehören
MI
Fig. lao. Fig. 121. Fig. 122. Fig. 123.
Stein mit angefange- KnticheDmeissel aus Steinmei^sel mit Kupfermeissel aus
il«r Bohrung aus dem Prablbau Wauwil HirscbhornfassuDg aus dem Prahlbau
Chevroui. {Lvuern). dem Pfahlbau Obermeilen. Viceli.
auch die Meissel, Die Steinzeitleute besassen solche aus Holz,
Stein, Knochen und Kupfer (Fig. 12I — 123).
Jedes Steinbeil konnte als Meissel gelten. Die Knochen meissel
wurden aus Fragmenten von Röhrenknochen, aus Rippen u. s. w.
verfertigt. Sie 5nden sich in allen möglichen Breiten und in den
verschiedensten Grössen vor. Auch kupferne Meissel sind nach-
zed.yGOOgle
I yo Zweites Kapitel.
gewiesen und zwar in Stationen, die dem Ende der Steinzeit an-
gehören, wie Vinelz und Gerolfingen im Bielersee.
Wenn der Meissel immer schmäler und schmäler wird, so ent-
steht schliesslich der Pfriemen, die Ahle. Damit soll aber nicht ge-
sagt seio, dass dieses Gerät
sich aus dem Meissel ent-
wickelt habe. Vielleicht ist
eher das Umgekehrte der
Fall gewesen. Ahlen aus
Knochen sind in Steinzeit-
Pfahlbauten sehr häufig
(Fig. 124—126), auch solche
aus Hörn kommen vor. In
Fig. 124. Fig. 115. Fig. ijfi. Kupferstationen entdeckte
Knochenpfnemen aus dem F&hlbaa Obecmeilen.
man Pfriemen aus Metall.
Hier und da ist noch die Fassung, etwa ein Stück eines Röhren-
knochens vorhanden.
Feuersteinsplitter haben schon den Höhlenbewohnern als Bohrer
gedient und ähnliche Spitzen fdnd man z. B. auch in Moosseedorf.
Kleine Eibenholzbogen, wie einer in Vinelz zum Vorschein kam,
wurden vielleicht zum Bohren benutzt
In den Feuerstein-Werkstätten der Pfahlbauer kamen neben
zahlreichen Kernstücken und sehr vielen Abfallsplittern auch Bohrer,
Schaber, Messer, Pfeilspitzen u. s. w. zum Vorschein. Die Schaber
aus Silex weisen eine durch zahlreiche Absplitterungen erzeugte
Schabkante auf.
Lange Lamellen von Feuerstein wurden als Messer und,
wenn gezahnelt, als Sägen benutzt. Manche Silex-
i sägen sind mit Asphalt in Holzfassungen eingekittet
aufgefunden worden {vgl. Fig. 55 Seite 118). Solche
kleine Instrumente kamen in Meilen , Lüscherz,
St. Aubin, Auvernier, Vinelz u. s. w. zum Vorschein.
Wenn Silexmesser häufig sind, so erscheinen
pjg ,2^ dagegen hölzerne Messer selten (Fig. 127). Sie
Eibenboizmesser wurden aus Eibenholz verfertigt, wie Funde in Roben-
aus WhuwU. hausen und Wauwil beweisen. In Vinelz fand man
schneidende Lamellen aus Kupfer, die man als Messer bezeichnet hat
An die eigentlichen Werkzeuge seien noch die Wetz- und
Poliersteine angeschlossen und endlich auch die Schleifeteine,
Keule, Lanze und Beil haben zugleich als Werkzeug und
als Waffe gedient Eine echte Waffe, wohl die älteste, ist der
P f e i I , der von der Sehne des Bogens in die Ferne gesandt wird.
zed.yGOOgle
Die oeolithisch« oder jüngere Steinzeit.
„Kamprpieii und Kfih' eibente uns der Bogen,
Der Bogen si(se in des Kampfes Hitze,
Der Bogen mach' dem Feinde Angst und Grauen,
Der Bogen geb' im Siege uns die Welt!"
(Rigveda VI 65,*).
Zwar hat man unter den Knochenpfriemen gewiss viele als
Pfeilspitzen aufeufassen — bei einigen ist das bewiesen — aber
die steinzeitliche Pfeilspitze par excellence bestand aus Feuerstein
(Fig. 128—133}. Gross beschreibt in seinem Werke: „Les Proto-
helv^tes« die Art, wie die Feuerländer ihre Pfeile herstellen: Ils
saisissent de la main gauche — en ayant soin de i'envelopper par
un fragment d'^toffe pour le tenJr plus solidement — entre le pouce
et l'index, l'^clat de silex ou de verre noir, avec lequel ils veulent
Fig. 128. Fig. isg. Fig. 130. Fig. 131. Fig. 132. Fig. 133.
Feuerstein-Pfeilspitzen aus dem Pfahlbau Pfeilspitzen aus dem Pfahl-
Schafis, bau Vtoeiz.
faire une flache; puis, en appuyant fortement sur les aretes avec
un bout d'os ou de corne, ils en enlevent des ^clats et en faconnent,
en moins d'une demi-heure, une flache tout-ä-fait semblable k celles
de DOS lacustres."
Auch über die Fassung der neolithischen Pfeilspitzen sind wir
unterrichtet. In St Aubin z. B. hat man eine dreieckige Silexspitze
in ein gespaltenes Holzstäbchen eingekeilt gefunden. Dasselbe war
mit Faden umbunden und daä Ganze mit Asphalt verkittet. Gross
hat im Pfahlbau Lattrigen (Bielersee) Knochenpfriemen entdeckt,
welche mit Faden an Holz gebunden waren; über den Faden war
eine Schicht Birkenharz gestrichen worden. Als seltene Vorkomm-
nisse müssen eine Nefritspitze aus Robenhausen, femer einige dieser
Waffen aus Bergkrystall verzeichnet werden, wie sie in genanntem
Pfahlbau, aber auch im Moosseedorfsee u. s. w. vorkamen.
Die Spitze in der Hand des Jägers wird zum Dolch. Im
Pfahlbau Vinelz fand man eine Feuerstein-Lamelle in einem Holzgriff
steckend, beides mit Binsen umwunden und durch Harz verkittet.
Der Griff endete hinten in einen Knopf. Schon in altern Stationen,
wie Robenhausen, kamen Dolche vor, aus der Ulna verfertigt und
zed.yGOOgle
172 Zweites Kapitel.
sehr gut in die Hand eines Mannes passend. In dem eben ge-
nannten Vinelz aber fand man, wie in Gerolfingen, St. Blaise u. s. w.
auch Dolche von Kupfer. Es sind dies flache, dreieckige Klingen,
welche mittels Nietnägeln mit der Fassung verbunden wurden,
4. Die Textil-Industrie. £;„ schiirifin fähn mii winde»chneiie
Ein Schüler Semper's erzählt, dass dieser Meister seine Vorträge
über die Ornamentik mit dem Satze einzuleiten pflegte: „Im Anfang
war die textile Kunst". Gewiss kannten schon die primitivsten
Völkerschaften das Binden und Knüpfen.
Aus dem Binden und Knüpfen aber
entwickelte sich das Flechten und dieses
führte zur Webekunst, die schon in sehr
alter Zeit eine gewisse Höhe der Ent-
wicklung erreichte. Selbst in den
ältesten P&hlbauten der Schweiz finden
wir Gewebe.
Als Textil -Material stand dem
Pfahlbauer der Steinzeit die biegsame
Weide, Bast und Rinde von Bäumen,
Stroh von Getreide, die Wolle der
Schafe, ganz besonders aber der Flachs
zur Verfügung. Von letzterem sind ja
alle möglichen Reste aus dem Schlamm
FlBch^bteche'^atL^Robenhausen. ""serer Seen und zwar in solcher
Menge ■ herausgefischt worden, dass
man annehmen muss, er sei schon in der Steinzeit kultiviert
worden. Zu demselben Resultat führt die Betrachtung der Game,
Fadenknäuel, Schnüre, Seile, Knüpfarbeiten, Geflechte, Gewebe und
Stickereien.
„Jede Hütte hatte ihren Webstuhl," schrieb Messikommer und
gern denken wir uns mit der Spinn- und Webearbeit die Frauen
der Pfahldörfer beschäftigt. Noch bei den Germanen hören wir, wie
hoch der Flachs geschätzt wurde. Die Göttin Frigga, die Be-
schützerin der Ehe, wurde mit dem Spinnrocken dargestellt. Flachs-
blondes Haar und Augen, so blau wie die Blüte des Flachses, waren
den schönsten Germanentöchtern eigen und diese haben bekanntlich
zed.yGOOgle
Die oeolithische oder jünEere SteinKit. j 7 j
selbst römische Dichter zu Lobgesängen begeistert Sehen wir nun
zu, wie die Pfahlbauerinnen den Flachs verarbeiteten.
Man hat in der Station Robenhausen ein Stück Holz gefunden,
das auf der einen flachen Seite schräg gegeneinander verlaufende
Leisten zeigt Dieses Gerät mag als Flachsbreche gedient haben
(Flg. 134). Nachdem der Flachs „gebrochen" war, kam die Arbeit
des Zerteilens der Fasern der Stengel, das „Hecheln". Dazu dienten
gespaltene Knochen, zusammengebundene Rippen, vielleicht auch
kammartige Instrumente. Aus dem Pfahlbau Lüscherz stammt eine
Holzplatte mit Griff, welche regelmässig durchlöchert ist Denkt
man sich in jedem der Löchtein einen Holznagel befestigt, so ent-
steht eine Karde, welche beim Flachsbereiten gute Dienste thun
konnte.
Nachdem die Fasern des Flachses gelöst waren, mussten sie
gesponnen werden. Das Spinnen stand in alten Zeiten in hohen
Ehren. An die Esche Yggdrasil haben die Nomen die Fäden der
Schicksale der Welt geknüpft. Nach der Anschauung der Griechen
hielt die erste der drei Schicksalsgöttinnen den Rocken, die zweite
spann den Faden, welchen die dritte abschnitt. Von diesen Göttinnen
mögen Wechselgesänge gehandelt haben, wie sie im Atrium von
den spinnenden Frauen ertönten. Catull beschreibt dies mit
den Worten:
„Und die Fmger nipflea rüstig ihr ewiges Tagwerk,
Und die Linke fosste den Rocken, mit Wolle bekleidet.
Und ihre Rechte zog mit langgestreckten Fingern
Sanft den Faden herab, und indessen der Damnen ihn drehte,
Li«f die länglich runde, zierliche Spindel ini Kreise.
Aber bestandig war die Arbeit vom Zahne geschlichtet;
Auch blieb an der trockenen Lippe manch Flserchen Wolle,
Das zuvor den glätten Faden venauhte, hangen.
Und vor den Füssen verwahrten geflochleoe Körbe
Zartes Vlies von schneeweiss glänzender Wolle der Lfimmerj
Dieses zerzupften sie jetzt und sangen mit silberner Stimme
Göttliche Wechselgesänge vom Schicksal."
Spindeln sind, weil aus dem leicht verfänglichen Holze bestehend,
in Pfahlbauten selten gefunden worden, sehr häufig aber kamen
Spinnwirte] zum Vorschein, aus Thon und Stein, fast nie aus Knochen
verfertigt Die Thonwirtel sind oft reich verziert. Hier und da fand
man auch Spulen aus Thon, die wohl zur Aufnahme des Fadens
dienten, den man zudem in Knäueln und Strängen dem Seegrund
enthob (Fig. 135—137).
Neben Faden treffen wir unter den Flachsprodukten der Neoli-
thiker aber auch Schnüre, Stricke und Seile von wechselnder
zed.yGOOgle
'74
Zweites Kapitel.
Dicke (Fig. 138). Hervorragend als Fundorte solcher Gespinste
erwiesen sich Robenhausen im Pfäffiker- und Vinelz im Bielersee.
In Stein am Rhein, Moosseedorf,. Lüscherz, Murten u. s. w. sind
ebenfalls derartige Funde gemacht worden.
Die Hausfrau des Steinzeit-Pfahlbauers hat nicht bloss „um die
schnurrende Spindel den Faden" gedreht und „die schimmernde Wolle,
den schneeigten Lein" „im reinlich geglätteten Schrein" gesammelt,
— sondern Ihr sind wohl auch die Produkte
des Knüpfens und Wirkens, des Flechtens
und Webens zuzuschreiben. Fleissig hat sie
die Nadel geführt. Im Pfahlbau Schussenried
(^
Fig. 135. Fig. 136. Fig. 137. Fig. 138.
Flacbsrasern aus Ro- Flachsfaden aus dem Prahlbao SchnUre und Stricke aus
benbausen, Robenliausen. Robenhausea.
fand man sogar eine Filetnadel aus Hirschhorn und bei Bodmann
im Ueberlinger Busen, wie in Mörigen im Bielersee, kamen Häkel-
nadeln aus Holz zum Vorschein (Fig. 139).
Die Produkte der Knüpfarbeit und des Wirkens sind da am
zahlreichsten zU erwarten, wo diese in weichen Torf eingebettet
wurden. In Robenhausen fand man denn auch Knoten, so den
echten Weberknolen (Fig. 140), ferner Netze von den verschiedensten
Maschenweiten, wie sie fiir Fischfang und Vogeljagd nötig waren.
Bei einer weitmaschigen, starken Art Netz (Fig. 141) sind die
Knoten so erstellt, dass dieselben längs des einen Fadens ein Stück
weit sich verschieben konnten. Denken wir uns nun einen Fisch,
der in dieses Netz geraten. Versuche machend, sich zu befreien, so
wird er infolge dieser Verschiebbarkeit der Knoten um so mehr ein-
geengt, je mehr er Anstrengungen macht, loszukommen. Möglicher-
weise haben die Pfahl bauerinnen auch Netze gebraucht, um den reichen
Schmuck ihres Haares in denselben zu beiden.
Neben Netzen sind Fransen und Quasten gefunden worden.
Einige gute Proben so Icher Posamen terie- Arbeit sind im Schweizerischen
Landesmuseum in Zürich ausgestellt (Fig. 142). Fransen und Quasten
zed.yGOOg[e
Die neolithische oder jüogere Steinzeit.
I7S
mögen den Gürtet geschmückt haben, der den Liebreiz der Frauen
hob. Hat ja doch auch die „hoheitblickende Here" sich, um Zeus
zu gefallen , den Gürtel umgelegt , mit
„lOO Quasten umbordet" und von Aphrodite
noch den Zauber „der Lieb' und Sehnsucht"
verlangt, mit welchem dieseGöttin „alle Herzen
Fig. 139-
Fig. I
Stricknadel aus dem Pfahlbau Weberknolea aus Roben-
MGrigen (Bielersee). hausea.
der Götter bezähmt und sterblicher Erdenbewohner". Diese will-
fahrte dem Verlangen und
„löste vom Busen den köstlichen Gürtel,
Buntgewirkt : dort waren die Zaubemnge vereonimell;
Dort war schmachtende lieb' und Sehnsucht, dort das Getändel,
Dort die schmeichelnde Bitte, die oft auch den Weisen beihöret."
Wenn die Produkte des Knüpfens und Wirkens in den Stein-
zeit-Pfahlbaustationen selten sind, so kehren dagegen unter den
Funden die Geflechte häufig wieder. Es ist erstaunlich, wie viele
Fig. 142. Flg. 143. Fig. 144.
Flauten ans Robenhausen. Bastgeflechte aus dem Pfahlbau Wangen im Bodensee.
dieser Kunstprodukte dem Zahn der Zeit getrotzt haben. Da sind
zu erwähnen die Geflechte aus Bastfasern und Basiriemen aus
Wangen (Fig. 143 — 144) und Robenhausen (vgl, Fig. 68 S. 129) und
sodann die Geflechte aus Flachs der Stationen Wangen und Stein am
Rhein am Bodensee, Niederwü bei Frauenfeld, Robenhausen im
Pfäfiikersee, Lüscherz, Schafts und Vinelz im Bielersee u. s. w. Manche
zed.yGOOgle
I 76 Zweites Kapitel.
dieser Geflechte sind kunstreich- Eines derselben ist eine eigentliche
Matte, andere dienten jedenfalls zur Bekleidung des Menschen. Ein
Flachsgeflecht aus Wangen sieht aus, wie eine Kappe; andere Ge-
flechte sind so regelmässig, dass man nicht begreifen kann, wie es
möglich war, auf dem blossen Flechtrahmen solche Arbeiten zustande
zu bringen.
Das Flechten führte ganz unmerklich zum Weben. Zahlreiche
Stationen haben Gewebe geliefert, so Wangen, Stein a. Rh., Nieder-
wil, Robenhausen (Fig. 145 u. 146), Irgenhausen, Schafts, Lüscherz,
Vinelz, Murten und Meyriez. Reich vor allen anderen Pfahlbauten
waren an Textilprodukten Robenhausen und Murten.
In den Pfahlbauten sind nur Stücke von Leinengeweben zum
Vorschein gekommen. Keines derselben zeigt eine Form, die einen
Flg. 145- Fig. 146.
Taftgewebe ans Robenhauscn. Köpergewebe aus Robeohauser.
Schluss zuliesse über die Art der Kleidung der Bewohner unserer See-
dörfer. Wir kennen dieselbe nur aus dem Thon-Idol von Laibach und
ähnlichen Funden. EinseltenesGewebestückbewahrtdasSchweizerische
Landesmuseum. Es wurden zwei viereckige Lappen auf drei Seiten zu-
sammen genäht und so entstand eine Tasche. In derselben Samm-
lung liegt ein Gewebe aus Irgenhausen, das mit anderen Flachsfaden
bestickt war. Diese älteste Stickerei weist schöne Muster auf.
Bedenken wir, dass die Pfahlbauer der Steinzeit ausser weiss und
schwarz noch die drei Farben rot, gelb und blau zur Verfügung
hatten, so dürfen wir uns wohl die Leute jener fernen Epoche auch
in Bezug auf schöne Kleider nicht allzu ärmlich ausgestattet vorstellen.
Womit haben die Pfahlbauer ihre Gewebe erstellt? Fast
immer erscheinen die Produkte der Webekunst der Neolithiker
als einfache Taftgewebe, die auf jedem Flechtrahmen hergestellt
werden konnten. Doch sind manche derselben so regelmässig,
dass man geneigt ist, anzunehmen, es sei damals schon eine
Art Webstuhl in Gebrauch gewesen. Einige Funde scheinen die
Existenz desselben zu sichern. Denken wir uns zwei Holzpfosten,
deren obere Enden gegabelt sind, in die Erde gesteckt und ein
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jQngere Steinzeit. \-j-j
Querholz in jene Gabeln gelegt, so haben wir den einfachsten
aufrechten Webstuhl. Wer mit demselben arbeiten will, bindet
einfach Faden an das Querholz und lässt sie frei hangen. Die
Faden werden büschelweise zusammengenommen, unten durch Steine
u. dgl. beschwert und angestreckt Damit die Faden dieses Zettels
oder der „Kette" sich nicht verwirren, wird oberhalb der Zettel-
strecker eine Schnur durchgezogen. Zettelstrecker sind in Pfähl-
bauten mehrfach zum Vorschein gekommen. Es sind teils Thonkegel
mit Aufhängeloch, teils flache Steine mit Rinnen oder einem Loch
zum Durchziehen des Aufhängefadens. Auch Webepfosten glaubt
man gefunden zu haben.
Ist der Webstuhl (Fig. 147) in der beschriebenen Weise auf-
gestellt, so nimmt der Weber ein langes, spitzes Holz, an welchem
der Eintrag&den befestigt, wohl gar aufgewickelt ist Mit diesem
primitiven Weberschifflein bringt er den Ein-
tragfaden vor dem ersten ungeraden Faden
des Zettels oder der Kette durch, dann
hinter dem zweiten, geraden Faden, dann vor
dem dritten, ungeraden Faden, hinter dem
vierten, geraden u. 3. w, immer vor den un-
geraden und hinter den geraden Faden. Ist
er durch die ganze Kette hindurch, so geht es
umgekehrt weiter. Beim zweiten „Schuss", d. h,
beim zweiten Durchziehen des Fadens kommt
derselbe vor alle geraden und hinter die
ungeraden Faden der Kette zu liegen. Die
dritte Reihe entspricht der ersten, die vierte der
zweiten u. s. w. So geht es fort bis unten an ^*- "t^-
, rr .. 1 t 1 i- 1 i~.- ^ r .■ < Aufrechter Webstubt. (Re-
den Zettel, d. h, bis das Stuck fertig gewoben , , • ,
ist. Um dem Tuche die nötige Dichte und
Festigkeit zu geben, wird jeder eingetragene Faden mit dem Stabe
an das fertig Gewobene angeschlagen. Dieser Eintragsstab repräsen-
tiert also zugleich das Weberschifflein und die Lade unserer heutigen
Webstühle.
Das Charakteristische bei dieser Webeart ist, dass die Faden-
kreusungen nach jedem Schuss erscheinen. Dadurch entsteht das
leinwandbindige oder Taftgewebe. Es ist das dauerhafteste, wenn
auch nicht das schönste Gewebe. Finden die Kreuzungen nur nach
einer, zwar immer noch geringen Anzahl von Schüssen statt, so ent-
steht das Köpergewebe und sind jene Kreuzungen ganz selten, so
haben wir den Atlas, der besonders bei seidenen Stoffen vorkommt.
Da nämlich bei diesen Geweben die Eintragfaden sehr selten mit der
Heierti, Utgcichich» der Schwuii. 12
zed.yGOOgle
lyS Zweites Kapitel.
Kette verbunden werden, so wird sich ein einheitlicher Glanz geltend
machen, denn die wenigen Unterbrechungsstellen im Verlauf der
Faden fallen nicht auf Der Atlas ist also das schönste, glänzendste,
aber mindest solide Gewebe.
Der einfache Webstuhl, den wir beschrieben haben, diente zur
Herstellung von Taftgeweben. Er kann aber in seiner Form ver-
schiedene Modifikationen erleiden, wie auch die Art des Webens
auf demselben wechseln kann. Der aufrechte Webestuhl ist bei
Griechen und Ägyptern des Altertums benutzt worden und heute
noch steht er bei vielen Naturvölkern im Gebrauch. Die Griechen
Hessen ihre Frauen weben. Das geschah in der Art, dass das
Gewebe am aufrechten Webstuhl von oben nach unten wuchs.
Manchmal wurden während des Webens noch Bilder hineingeflochten.
Auf diese Weise dürfte der auf einer Vase dargestellte „Webstuhl
der Penelope" benützt worden sein.
Bei den Ägyptern woben die Männer und Sophokles lässt den
Ödypus von Ägypten sagen:
„Dabeim am Webstuhl hocken dort die Mfioner,
Die Wirtschaft aussen liegt deD Weibem ob."
Die Ägypter hatten ebenfalls den aufrechten Webstuhl, aber
sie woben nach unten, so dass der Stoff nach oben wuchs, Sie
brauchten keine Webgewichte, da ihre Kettfaden in Rahmen ein-
gespannt wurden. Zum Eintragen des Fadens benutzten sie, wenig-
stens in späterer Zeit, Filetnadeln oder einen mit Haken versehenen
Stab, der als Lade zum Anschlagen der Faden diente, wofiir im
germanischen Norden bis in unser Jahrhundert hinein ein schwert-
ähnliches Instrument in Gebrauch war, die Spatha.
In Nordafrika hat sich der aufrechte ägyptische Webstuhl, dessen
Abbildung von Welkinson in seinen „Manners and customs of the
ancient Egyptiens" publiziert worden ist, bis heute erhalten. Desor
beschreibt in seiner Abhandlung: „La Kabylie et les Kabyles" diesen
Webstuhl, der als Hauptstiick in jedem Hause figuriert. Es ist ein
einfacher Rahmen. Unten ist der Zeugbaum, auf den der gewobene
Stoff aufgewickelt wird. Die Kabylin hat als einziges Instrument
ein Rohr zum Eintragen des Fadens und einen Kamm {auch die
alten Ägypter benutzten Webekämme) zum Ausgleichen des Ge-
webes. Mit diesen einfachen Geräten verfertigt ihre Hand Wollen-
tiicher von grosser Schönheit und von solcher Feinheit, „dass der
weite Haik manches Häuptlings der Sahara durch den Armring
eines Kindes hindurchgezogen werden könnte."
Der in "Rahmen eingespannte Flechtwebstuhl, wie er bei den
Kabylen getroffen wird, könnte natürlich auch in wagrechter Lage
zed.yGOOgle
Die neolithiiche oder jüngere Steiazeit. ]7g
benutzt werden. In Beni-Hassan (Ägypten) ist nach Wilkinson ein
Gemälde entdeckt worden, das diesen wagrechten Webstuhl zeigt.
Und mit vier in die Erde geschlagenen Pflöcken verfertigten nach
Klemm die mexikanischen Weber Tücher von einer Dichtigkeit, dass
kein Regentropfen durchzudringen im stände war.
Dass die Pfehlbauer am senkrechten Webstuhl arbeiteten, ist
wohl keinem Zweifel unterworfen, aber ebenso wenig, dass sie schon
entwickeltere Formen desselben kannten, als der bereits beschriebene
war, der ja nur einen Flecbtrahmen repräsentierte. Denken wir uns
den Weber oder die Weberin in dem Momente ihrer Arbeit, wo
sie mit dem Eintragsstäbchen alle ungeraden Faden der Kette hebt,
um den Faden durchzufuhren, so ist unter demselben ein keilförmiger
Raum entstanden, das sogen. Fach. Wurde der Stab nach dem
Zuschlagen des Fadens stecken gelassen, so war es nur nötig, die
geraden Faden einzeln zu heben. Wenn dann die ungeraden Faden
wieder an die Reihe kamen, so wurde einfach der Stab aufgezogen
und mit ihm alle ungeraden Faden. Dadurch war die Arbeit des
Webens um die Hälfte erleichtert. Noch bequemer war es, wenn
jener Stab breit und flach war. Hatte man die geraden Faden zu
heben und den Eintrag einzuflechten, so wurde der Stab auf die
flache Seite gelegt. Mussten dagegen die ungeraden Faden gehoben
werden, so stellte man den Stab auf die schmale Seite, also der
Höhe nach und das Fach war gebildet.
Mehr Schwierigkeiten bot die künstliche Bildung des zweiten
Faches. Man konnte nicht einfach einen zweiten Stab einfuhren,
um die geraden Fäden zu beben, denn der erste Stab war im Wege
und verhinderte die Fachbildung. Da gab eine geistreiche Idee
Anlass zu einer wichtigen Erfindung. Man Hess am Webstuhl die
geraden Faden frei hangen, die ungeraden aber über einen vorge-
stellten Stab laufen und es entstand ein natürliches Fach. Dann
knüpfte man jeden Faden der hinteren Reihe an ein Schnürchen (Litzen)
und alle Schnürchen an einen Stab, so dass man sie vor die un-
geraden Faden ziehen konnte, und so entstand das zweite, kunstliche
Fach. Liess man sie zurückfallen, so hatte man wieder das erste,
das natürliche Fach. Jetzt war die Arbeit kein ganzes oder halbes
Flechten mehr, sondern ein wirkliches Weben. Diesen Webstuhl
hat man im Norden Europa's auf den Färöer und in Island, wie
in Skandinavien noch bis zu „Grossvaters Zeit" benutzt. (Fig. 148
und 149 a und b, siehe nächste Seite.)
Eine etwas weitere Entwickelung finden wir im brasilianischen
Webstuhl, den das Museum Neuchätel beherbergt (Fig. 150}. Bei
diesen sind die einen {z. B. die geraden) Fäden mit einem
zed.yGOOgle
D,Biiu.d,Goo'^le
Die ncolitliische od« jangere Steinzeil. iSl
flachen Stab zu heben, die andern (ungeraden) Fäden mit Litzen
und Stab.
Es lag nun nahe, beide Fächer mittels Litzen und Stäben auf
künstliche Weise zu bilden und so entstand denn ein Webstuhl, der
im Prinzip so vollendet war, wie der unsrige. Es war nur noch ein
kleiner Schritt bis zum Gedanken, statt jeden zweiten, je den dritten,
vierten u. s. w. Faden an einen besonderen Stab zu knüpfen und
statt zwei Fächer deren drei, vier oder mehr zu bilden. Derjenige
Weber aber, welcher mit mehr als zwei Fächern arbeitet, webt Köper-
oder Atlasgewebe. So weit scheinen es die Pfahlbauer gebracht zu
haben, denn es wurden, wenigstens in Irgenhausen bei Pfäffikon,
Köperstofle gefunden. Immerhin muss die Möglichkeit zugegeben
werden, dass dieses Gewebe auf dem Flechtrahmen erstellt werden
konnte.
Die Weberei war schon zur Zeit der alten Griechen relativ hoch
entwickelt. Die Mäonierin Arachne wagte es, mit Pallas Athene
den Wettkampf einzugehen, wer schönere Gewebe zu Stande bringe.
Nicht infolge der besseren Technik siegte die Göttin, sondern weil
sie ihre Muster mit edlerer Seele belebte. Von feiner Art mögen
auch die Gewände der Helena gewesen sein, von denen die Odysee
im XV. Gesänge, 107 erzählt. Sie hob eines davon aus dem Kasten
und „hell wie ein Stern" strahlte dasselbe.
Die tiefen Denker haben oft und viel das Weben, wo sich
gleichmässig Faden an Faden legt, bis zuletzt das Ganze geworden,
benutzt, um Vergleiche zu ziehen. Nach Mosen „rauscht der Webe-
stuhl der Wellgeschichte" und Goethe vergleicht die Natur mit
einer Weberin. Er ruft uns zu:
„So schauet mit besclieidenem Blick,
Der ewigeD Weberin Meisterstück,
Wo ein Tritt tausend Fäden regt,
Die SchifTlein bioQber, herüber schiessen,
Die Fäden ungeseheD fliessen,
Ein Schlag lausend Verbindungen schlägt."
„d, Google
l82 Zweites Kapitel.
Auch Jordan hat, über die Rätsel des Werdens und Entwickeins
nachdenkend, die Weberin poetisch verherrlicht Er lasst in seinem
Nibelungen-Epos die Nomen singen:
„Es formt unsere Finger
Aus ewigem Vorrat
Den Faden des Lebens,
Das einzelne Loos.
Wir spinnen und spulen
Und weifen und weben
Den Teppich der lliaten
Am Webstuhl der Welt.
Gezogen vor Zeiten
Von uns ist der Zettel,
Deio eigeo der Einschlag,
Das Muster, o Mensch,
Boch je schaner dein SchilHein
Die mächtigen Maschen
Zum Bilde verbanden,
Je naher der Neid.
Wohl gönnen die Götter
Des lauteren Lichtes
AUmihlich zu mehren
Daj menschliche Mass.
Doch die Nachtwelt beneidet
Das Wachstum gen Wallhall,
Und Teil hat die Tiefe
Am sterblichen Stoff.
Sie mengt in die Musler
Verbotene Bilder:
Da trübt sich die Treue,
Da schwindet der Schwur,
Da knüpft sich der Knoten,
Verwirrt das Gewebe,
Und schnell dann zerscbneidets
Die Schere der Schuld. ■'-
Wir glauben bei diesen Worten des Sängers das Weberschiff-
lein dahin fahren zu sehen; ^vir vermeinen die Bilder, die gewoben
werden, zu verstehen und zu hören, wie sie uns von Glück und
Unglück erzählen, vom Wechsel der Zeiten.
5. Die Keramik der Steinzeit. Wenn der Geologe das Alter
einer Gesteinsschicht erkennen will, so untersucht er nicht bloss die
Art des Gesteins, sondern er sammelt auch Versteinerungen und zwar
besonders solche, welche der zu untersuchenden Schicht eigentümlich
sind, die also in anderen Schichten sozusagen nicht vorkommen:
Er sucht Leitfossilien. Was diese Leitfossilien fiir den Geologen,
das sind die utischeinbaren Thonscherben fiir den Prähistoriker.
Digitized^yGOO^Ie
Die neolilhische oder jüngere Steinzeit. ig^
Wie ist die Töpferkunst entstanden? Wir können uns heute einen
Zustand kaum mehr denken, wo jedes Gefass mangelt. Es unterliegt
aber keinem Zweifel, dass es eine Zeit gab, wo die hohle Hand als
einziges Gefass des Menschen figurierte. An Stelle derselben traten
dann Muscheln, Schalen von Früchten, Stücke von Bambusrohr, hohle
Steine, sogar Menschenschädel. Bei den Weddah's auf Ceylon, den
Mincopie's auf den Andamanen, den Australiern und anderen
Völkern müssen jetzt noch derartige Objekte die Stelle von Ge-
fässen versehen.
Cook fand in Unalaschka eine besondere Art Töpfe: Die Leute
hatten aufeinem flachen Stein Thonwände aufgebaut, gewiss eine primi-
tive Ausübung keramischer Kunst Ganz ähnlich erstellten die Eskimo's
Thonaulsätze über hohlen Steinen. Den Australiern fehlen Thon-
gefässe, aber die Anwohner des unteren Murray kleiden ihre in die
Erde gegrabenen Herdlöcher mit Thon aus, was man als den ersten
Schritt zur Erfindung der Töpferei betrachten kann. Sie überziehen
auch wohl Kürbisschalen und Holzgelässe mit Thon. Ganz ähnlich
wird am Rio Grande do Sul verfahren und in der Union entdeckte
man in den weiten Ebenen ösdich vom Mississippi alte Töpferwerk-
stätten, Siedelungsplätze, in welchen, wie in Neu-Mexiko, oftmals
Thontöpfe gefunden wurden, welche noch die Modellformen: Kürbis-
schalen oder Körbe von Weidengeflecht enthielten. Das giebt uns
einen weiteren Fingerzeig, wie die Töpferei entstanden sein mag.
Kam ein solches mit Thon überzogenes Gefass dem Feuer zu nahe,
so konnte es geschehen, dass das Geflecht verbrannte, aber das
Gefass erhalten blieb. Durch einen solchen Zufall wurde vielleicht
auch das Brennen der Gefässe erfunden. Die Eindrücke des Flecht-
werfcs aber hafteten als Verzierung am Gefass, Man hat auch in
Pfahlbauten derartige Ornamente gefimden, z, B. in Ermatingen.
Das Material der Gefässe aus den steinzeitlichen Stationen ist ein
sehr verschiedenes. In Robenhausen fand man Schöpfer, Becher,
selbst einen Eimer aus Holz, in Wauwil kam eine hölzerne Schale
zum Vorschein, ebenso in Schafls und Moosseedorf. An anderen
Orten wurden Löffel oder Schopfer entdeckt, so in Lüscherz, Vinelz,
Lattrigen u. s. w. (Flg. 151).
Auch Hirschhorn wurde zur Herstellung von Gefassen benutzt
Man fand z. B. Becherchen aus diesem Material (Fig. 1 52) in St. Aubin,
Concise, beide im Neuenburger See gelegen, in Lüscherz und Latt-
rigen im Bielersee u. a. O. In Concise kam eine Schale aus Hirsch-
horn zum Vorschein, ebenso in Gerolfingen, femer bei Richensee im
Baldeggersee, in Robenhausen u. s. w. Die Station Sutz lieferte
Schöpfer und Löffel aus Hirschhorn.
zed.yGOOgle
lÜA Zweites Kapitel.
Als seltenes Vorkommnis muss ein Töpfchen aus Asphalt be-
zeichnet werden, dass in Robenhausen zum Vorschein kam. Ebenso
selten sind Schädelkapseln von Menschen, die als Gefässe benutzt
wurden. SolcheObjekte sind von Schafis und Sutz nachgewiesen worden.
Die Töpferkunst konnte sich nur da entwickeln, wo das spezi-
fische Material des Töpfers, der Thon, reichlich vorhanden war.
Freilich wäre es falsch, daraus den Schluss zu ziehen, dass überall,
wo der Thon vorhanden ist, sich nun auch die Keramik entwickelt
habe. Ratzel hat ganz recht, wenn er sagt, dass hier auch noch
der menschliche Wille in Betracht komme. Hart neben den in der
Töpferei ausgezeichnet arbeitenden Mandan-lndianer Nord-Amerika's
leben die Assiniboin, denen die Keramik ganz fehlt In Polynesien
behilft man sich mancherorts ohne Thongefässe, obwohl das Leben
dort nicht ganz geringe Ansprüche macht. Die Kunst des Töpfers,
die auf den Fidschi-Inseln hervorragend entwickelt ist, wurde nicht
auf den nahen Archipel von Tonga übertragen. „Die Erfindungen
Fig. 'S*-
Verzierter Hirschhornbeehcr aus Schafis,
breiten sich eben nicht aus wie das Feuer der Steppe, das so weit
fortbrennt, als es Nahrung findet." (Hoernes.) An manchen Orten,
wo heute die Töpferei nicht geübt wird, war sie früher bekannt,
so z. B. auf den Sandwich-Inseln, wo man alte Scherben von Gefässen
entdeckte, die von freier Hand erstellt worden waren. Ebenso
ist es auf den Neuen Hebriden, in Kalifornien und bei manchen
Indianerstämmen, welche beim Erscheinen der keramischen Produkte,
besonders der Metallgelässe der Weissen, ihre einheimische Thon-
industrie verliessen. Dagegen giebt es allerdings Völkerschaften, die
weder jetzt, noch in vergangenen Zeiten die Töpferei übten, z. B.
die Feuerländer, Patagonier, Botokuden. Ebenso fehlt die Keramik
in Neu-Irland und Neu -Britannien. Auf Atollen giebt es keinen Thon,
daher der Mangel an Töpferprodukten.
Die Naturvölker besitzen Thongefässe, deren Material mit Sand
gemischt ist, so die Bewohner von Neu-Guinea, der Fidschi- und der
Admiralitäts-Inseln, Auch bei den steinzeitlichen Pfahlbauten der
Schweiz, erscheint dieses Material und aus sandgemischtem Thon
zed.yGOOgle
Die oeolitlitaclie oder jüngere Sleinie
werden noch heute im Dorfe Casola in den Apeninnen von freier
Hand Töpfe ersteilt, die guten Absatz finden. In Syrien mengt der
Töpfer den Thon mit Lavaschlacken und die Arawaken mischen
ihm pulverisierte Holzkohle bei, die nordamerikanischen Indianer
dagegen Sand und Muschelreste.
Wie heutzutage noch der Töpfer beim Formen nur wenige
Geräte nötig hat, so in der Urzeit, Dasselbe sehen wir auch bei
den Naturvölkern, Auf d«a Fidschi- Inseln genügt ein flacher Stein
und einige Holzschlägel. Die Karaiben bedienen sich glatter Steine
und Holzstabchen. So war's auch bei den Pfahl b au ern. Neben
Poliersteinen sind einige Stäbchen gefunden worden, die als Töpfer-
geräte gedeutet werden können. Wie bei den heutigen Natur-
völkern, so scheint auch bei ihnen die keramische Kunst in den
Händen der Frauen gelegen zu haben. In einem Pfahlbau fand
man eine Thonscherbe von einem flachbodigen Topfe. Auf der-
selben waren Eindrucke zu bemerken und als man sie ausgoss,
zeigte es sich, dass es Eindrücke von so zierlichen Fingern gewesen,
wie sie Frauen besitzen. Offenbar hatte die Pfahlbau-Töpferin bei
ihrer Arbeit das Material an dieser Stelle berührt.
In Moresby-Hafen auf Neu-Guinea nimmt die Töpferin eine
Thonkugel vor sich, höhlt sie aus und treibt dann das Gefäss, wobei
sie einen geschliffenen Stein und eineu flachen Klopfer benutzt Viel
verbreiteter ist jedoch eine Art des Formens, wie sie in Amerika, dem
klassischen Lande der Töpferei, vielerorts betrieben wird und auch
in Syrien konstatiert wurde. Die Karaiben am Cuyuoi bilden näm-
lich zuerst den Boden des Gefässes und setzen dann auf denselben
schichten weise fingerdicke, mit den flachen Händen zubereitete Thon-
rollen, die sie durch Bestreichen mit angefeuchteten Holzstücken
verbinden. Infolge des Zusammendrückens und Ausdehnens der
Masse entstehen dann die verschiedensten Formen. Mit dem Finger
oder einem Holzstückchen werden schliesslich noch Zeichnungen in
krummen Linien eingegraben und mit Russ oder einer scharlach-
roten Farbe hervorgehoben. Auch bei den Indianern von Peru
und Chile, sowie bei den Arawaken findet sich diese Technik
und doch sind jene Leute imstande, Krüge herzustellen, die bis
l8o Liter fassen. Die Formen sind manchmal so regelmässig und
die Wände der Gefässe so dünn, dass ein europäischer Töpfer mit
Drehscheibe Mühe hätte, sie nachzuahmen.
Die Art des Brennens der Thonware ist sehr verschieden,
und doch lassen sich auch hier aus ethnographischen Vergleichungen
einige Anhaltspunkte gewinnen, die uns die dunkle Vergangen-
hdt erklären helfen. Zumeist werden die Gefösse, nachdem sie ge-
zed.yGOOgle
Zweites Kapitel.
trocknet sind, am offenen Feuer schwach gebrannt. Die Karaiben
brennen sie in Gruben.
In starkem rauchlosem Feuer brennen die Peruaner ihre Ge-
schirre, wenn dieselben eine rötliche Farbe haben sollen; wird die
schwarze Farbe gewünscht, so setzt man die Gefasse einem stark
russenden Feuer aus.
Die Beduinen in Gelidi, welche Revoil bei ihrer Töpferarbeit
beobachtete, brannten die an der Sonne getrockneten Gefasse in der
glühenden Asche von Maisstengeln. Die noch heissen Töpfe wurden
in den Absud einer Baumrinde getaucht, wodurch sie eine kastanien-
braune Färbung erhielten.
Im Osten Neu-Guinea's werden die Töpfe zuerst an der Sonne
getrocknet und dann zweimal gebrannt Man stellt vier bis sechs
Töpfe zusammen-, faules Holz, Rinde, Palmblattrippen, grüne und
trockene Blätter werden um dieselben aufgehäuft und dann angezündet.
Während des Niederbrennens wendet man die Gelasse vermittelst
langer Stöcke. Nachher bespritzt man die Ware und bestreicht sie
mit einem Absud von Mangrove-Rinde, Dann wird sie zum zweiten
Mal gebrannt, diesmal in einem Feuer von trockenen Palmblatt-
rippen.
Auf den Fidschi-Inseln werden die Töpfe, wenn sie noch heiss
sind, mit Harz eii^erieben und erhalten so eine Art Glasur. Will
man eine glänzende Oberfläche haben, so poliert man das Gefäss,
bevor es dem Brande ausgesetzt wird.
Ein vollständiges Brennen der Thonware ist nur möglich in
einem Ofen und so fragt es sich denn, wann in der Urgeschichte
der Töpferofen auftauche. So weit wir denselben gegenwärtig in
Gebrauch sehen, gehört er nur Völkern an, denen Metalle bekannt
sind. War das auch so in der Vorzeit?
Dass der Töpferofen bei den Kulturvölkern des Altertums im
Gebrauche war, ist sicher. Aus der Eisenzeit Mitteleuropa's sind
Spuren von Töpferofen mehrfach zum Vorschein gekommen; ICasiski
hat einen solchen Fund einlässlich beschrieben. Derselbe wurde in
der Nähe von Neu-Stettin gemacht und bestand aus einer länglich
runden Steinmauer, die inwendig mit Lehm verkleidet war und einen
Raum von i m Länge und '/, m Breite einschloss. Die Decke des
Ofens bestand aus Thon. Auf der Ostseite befand sich die verschliess-
bare Öffnung zum Einsetzen der Gefasse. War nun der Ofen geheizt
und das Holz verbrannt, so setzte man die Geschirre in die heisse
Asche und schloss den Ofen. Bei dieser Art des Brennens konnte
das Material nicht ganz fest werden, aber es erlangte doch eine
grössere Dauerhaftigkeit. Der Reisende Jagor fand in Siut (Agyptenl
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jflngere Steinzeit. 1S7
dnen ähnlichen Ofen, der indessen bessere Resultate lieferte. Dieser
Brennofen bestand aus lufttrockenen Schlammziegeln und mass in
der Höhe etwa i tn. In halber Höhe war eine durchlöcherte Stein-
platte eingesetzt und unter derselben befand sich die Thür für die
Feuerung. Hatte man die zu brennenden Gefässe recht gut ge-
trocknet, so wurden sie in den Ofen verpackt Nun wurde die obere
Öffnung mit einer Steinplatte verschlossen. Dann begann man mit
Kuhmist zu heizen. Allmählich vergrösscrte sich die Hitze; end-
lich heizte man mit Holz. Schliesslich wurde die Deckplatte ent-
fernt und an ihre Stelle kam Kubmist zu liegen, der rasch zu glimmen
anfing. Nach etwa acht Stunden konnten die Gefässe heraus-
genommen werden. Ahnlich, wie die eben beschriebenen, mag auch
der Ofen von Rümlang ausgesehen haben.
Was nun die Thon- Objekte angeht, welche die Töpferin der
Pfahlbauten erstehen Hess, so sind es Wirtel, Spulen, Spielsachen
für Kinder, besonders aber Gefässe der mannigfaltigsten Art. Es
ist bezeichnend, dass wir bis heute noch nicht zu einer Nomen-
klatur der letzteren gekommen sind, so dass für ein und dasselbe
Ding von Gelehrten und Laien die verschiedensten Bezeichnungen
gebraucht werden. Manche Gefässe werden nach ihrer Verwendung
benannt, z. B. der Schöpfer, andere nach der Form, z. B. der Kelch,
wieder andere nach dem Material, z. B. das Glas, noch andere nach
Art der Verzierungen u. s. w. Ich habe Hausfrauen gefragt, was
denn der Unterschied sei zwischen Schüsseln und Becken, Näpfchen
und Tassen, Eimern, Kufen und Kesseln und die widersprechendsten
Antworten bekommen. Was fasst man nicht alles z. B. unter dem
Namen „Urne" zusammen!
Es müsste für den Archäologen wertvoll sein, eine einfache
und klare Nomenklatur der Gefässe zu besitzen, damit Weitschweifig-
keiten und Unverstand lichkeit möglichst vermieden würden. Zu-
nächst müssen beim Aufstellen eines Namenschemas alle Spezial-
formen eliminiert werden, wie Hüttenumen, Nachbildungen von Tier-
fonnen U.S.W. Dann aber wird man nach einem Haupteinteilungsgrund
suchen. Dieser kann sich nur auf die Form beziehen und erst bei
Unterabteilungen können Zweck, Material und Verzierungen bei-
gezogen werden. Ob beispielsweise ein Gefäss Henkel hat oder
nicht, ist nicht von besonderer Bedeutung. Die Henkel sind keine
integrierenden Formbestandteile; sie dienen nur der bequemeren
Handhabung. '
Ich bin infolge solcher Erwägungen dahin gelangt, folgendes
Schema aufzustellen und die in demselben enthaltenen Bezeichnungen
vorzuschlagen:
zed.yGOOgle
Tricbterformen ,
2. OyllndrUohe Formen
I
3. Umgekehrte Triohter-
formeu
Becber Schale Flaaoh*
(hieher geharen viele (hieher Nüpfcben, SchüsselcheD, \
sogen. Tiegel, Napf- viele Tassen, Löffel schalen mit \
eben, Trinkgläser) Stiel, Tiegel u. s, w.) \
^ ^ I ^ \
Topf Fokal ScbQeMl T«Uer Krag
(hiebet viele (hieher Hum- (hieher Becher, (hieher sogen. 1
Urnen , Pfan- pen, Kelche, NBpfe, liele Platten, Vor- ,
nen, Töpfe mit manche Vasen) Urnen) setischfisseln) I
Stiel, Vasen
Morset)
- Eeuel
{hieher Brente, Waone, EJtaer, Zuber q
Die Steinzeit-Pfahlbauer haben nun freilich nicht alle diese
Formen besessen, aber Schalen, Becher, Schüsseln, Töpfe, selbst
Teller und Krüge kommen bei ihnen vor. Charakteristische Formen
aus steinzeitlichen Funden der Schweiz zeigen uns die beistehenden
Abbildungen, Eine typische Becherform repräsentiert das in Fig. 153
dargestellte Gefass aus Schafis, dem ältesten Pfahlbau unseres Landes,
Fig. 153-
Thonbechet aus Schaßs.
ThoDgefllss
Leitformen weisen auch die Schüsseln aus den Pfahlbauten von
Gu^aux und Moosseedorf auf (Fig. 1 54 und 1 5 5). Das letztere Ge-
föss ist nur zum Teil erhalten. Die linke Seite unserer Abbildung
giebt den Durchschnitt, auf der rechten aber bemerkt man das
schon früher erwähnte Ornament aus Birkenrinde. Während das
Schüsselchen von Moosseedorf nur Buckeln mit Ösen aufweist, zeigt
die Schale aus dem Pfahlbau in der Bauschanze in Zürich ein
zed.yGOOgle
Die neolithisdie oder jüngere Sieinieit. 189
Hcnkelchen, hat aber im übrigen die charakteristische Form der be-
sprochenen Töpferprodukte ;Fig. 156).
Geschweifte Töpfe mit charakteristischen Ornamenten stellen
Fig. 157 und 158 dar. Das erstere Gefäss stammt aus dem be-
Thongeßss ans Moosseedorf.
kannten Kupferpfahlbau Vinelz, das letztere, wie jenes eine Über-
gangsform von steinzeitlichen zu bronzezeitlichen Typen, wurde in
Wollishofen bei Zürich gefunden.
Fig. 156. Flf. 157.
TboDschale Bus dem Prahlbaa Bauschanze in Thongersss aus dem PFahlbau
Zürich. VineU.
Wenn selbst der niedrigst stehende Naturmensch an Schmuck
Freude hat, so dürfen wir von dem viehzüchtenden und Ackerbau
treibenden Pfahlbauern der Steinzeit gewiss
auch erwarten, dass er seinen Schönheitssinn
an den Gefässen geübt habe. Er hat dies in
der That gethan, nicht bloss in Bezug auf die
Form, sondern auch in Bezug auf Verzierungen.
Es erscheinen nämlich an den Thongefässen F'g. 'S8.
aus Steinzeit-Stationen aufgesetzte Buckel, oft Thongefäss aus dem Pfahl-
mit Ösen versehen, oder Leisten, Wülste, '''" Wollishofen -Zürich.
sogar Henkel, dann aber auch Tupfen, Fingernagel-Eindrücke,
Löcher, parallele Strichreihen, das Gitterornament, das Schnur-
omament, Zickzacklinien, Wellenlinien und andere krummlinige
zed.yGOOgle
j^ Zweites Kapitel.
Verzierungen. In Fig. 159 — 163 sehen wir Thonscherben aus
zweien der Pfahlbauten im Gebiet der Stadt Zürich. Fig. 159 zeigt
eine Scherbe aus dem sogen, kleinen Hafner. Sie weist einen
Buckel auf, der von sehr einfachen Strich Verzierungen umgeben ist
Die übrigen hier abgebildeten Stücke stammen aus Wollishofen, wo
über einen steinzeitiichen Pfahlbau eine reiche Bronzestation sicherhob.
Diese Scherben sind der steinzeitlichen Ansiedelung daselbst enthoben
worden. Fig. 160 zeigt
einen Buckel und eine
mehrfach zerschnittene
f Leiste , während in
Fig. 1 63 der Buckel
beidseitig leistenartig
ausläuft, was die Töpfe-
F'g- '59- Fig- 160. rin vielleicht der besseren
Thonseherbe mit verzier- Thonscherbe mit Buckel und Handhabung, nicht der
ten Buckelchen vom leisten von Wollishofen ,~.
kleinen Hafner {Zürich). (Zürich). Verzierung wegen so
machte. Fig. i6i zeigt
Löcher parallel dem Rand des Getässes, ausserdem noch einen Buckel
mit horizontaler Öse. In Fig. 162 weisen die zwei nahe bei einander
sich befindenden Buckelchen je zwei Ösen auf.
Manche der angeführten Dinge sind allerdings nicht in erster Linie
Ornament, sondern hatten einen praktischen Zweck, waren vielleicht
Fig. 161. Fig. 162. Fig. l6j.
Thonscherbe mit Ösen Thonscherbe mit doppelt Thonscherbe mit Leiste
und Buckel aus Wollishofen durchlochten Buckeln aus aus WolliEhofen
(Zürich). Wollishofen. (Zürich).
Eigentumsmarken oder Fabrikzeichen. Die Punkte an den Gefäss-
rändern, die Fingernagel-Eindrücke, welche die Töpferin von Neu-
Guinea ihren Waren mitgiebt, sind solche Marken. Ganz ähnlich
sind Punkte und Zickzacktitiien auf keramischen Produkten der
Fidschi-Insulaner als Hauszeichen zu betrachten. So mögen auch
zahlreiche vermeintliche „Verzierungen" auf Pfahlbau-Gefässen auf-
zufassen sein.
zed.yGOOgle
Die neolithische oder jüngere Steinieit. igi
Wie das Gitter- oder Netzornament entstand, haben wir schon
gesehen: Es deutet auf die alte Fabrikationsweise hin. Ganz das-
selbe gilt von den Wülsten, die nur Nachahmungen der Endstäbe
des ursprünglichen Flechtwerks waren. Die Buckel und Leisten
dienten zur besseren Handhabung. Durch die Ösen zog man Schnüre,
wie auch durch die Löcher, die man bei manchen Töpfen nahe
am Rande findet Nach der Erfindung von Henkeln blieben sie
als Ornamente, Die Schnüre, welche man ursprünglich an den Hals
mancher Töpfe gelegt, um sie besser tragen zu können, wurden
später zum Schnurornament. Die besprochenen Ornamente ergaben
sich also aus Technik und Gebrauch.
Eis giebt noch eine dritte Art der Entstehung des Ornamentes,
wie wir bei den Mincopie's gesehen haben. Während des Formens
konnten leicht kleine Fehler entstehen. Man bemerkte z. B.
Fingerei ndrü cke , Tupfen und dei^l. Um sie nicht als Fehler er-
scheinen zu lassen, wandte man dasselbe Mittel an, wie Kinder, die
eine Ecke des Kuchens abgebissen. Sie beissen die anderen
Ecken auch noch ab, der Symmetrie wegen. Die Töpferin aber
machte zu den Eindrücken, die unfreiwillig entstanden, noch andere,
symmetrische und das Ornament war da. Hatte man den weichen
Thon zufällig mit einem Stäbchen geritzt, so legte man noch weitere
symmetrische Ritzen dazu an. Waren irgend welche Striche ent-
standen, so wurden ähnliche in symmetrischer Lagerung gemacht,
bis ein Parallelen-Ornament, ein Band von Dreiecken, eine Zickzack-
linie u, s. w. entstand. So eng sind Technik und Ornament ver-
bunden, dass man die primitive Verzierung aus der Technik oft direkt
ableiten, sie als den veredelten Ausdruck derselben betrachten kann.
6. Geistige Kultur in neolitkischer Zeit.
„Sirahlcndes Uchl igt du Gute,
Do=h finsttr iM jtglich*. Bost."
(FrilhJDf.ag.,)
Nachdem wir in einem frühern Kapitel erfahren, wie die Familie
sich möglicherweise entwickelt hat, nachdem wir über den Ursprung
von Religion und Kunst uns Kunde verschafft, kann ich mich hier
kurz fassen und will nur noch einige wenige Punkte herausgreifen.
a) In der Schweiz trifft man häufig rätselhafteSteinmonumente.
Bald sind es einzelne Felsblöcke, die vielleicht zum Andenken an
irgend ein Ereignis aufgerichtet wurden, sogen. Menhirs, bald sind
es Steinkreise oder CromJechs, sodann Dolmen oder Steintische, von
Menschenhand erstellt. Ganz besonders zahlreich aber treten uns
die schon früher erwähnten Schalensteine entgegen, die in allen
Teilen des Landes vorhanden zu sein scheinen und in denen man
zed.yGOOgle
IQ2 Zweites Kapitel.
Opfersteine, prähistorische Wegweiser oder Landkarten zu sehen
vermeinte. Endlich müssen noch eigentliche Skulpturensteine er-
wähnt werden, auf denen allerlei Zeichen eingegraben sind.
In dem Werke von Vionnet über diese Denkmäler finden sich
Photographien von Menhirs aus La Roche (Freibui^), aus Bonvillars
und Corcelles bei Concise am Neuenbui^er See. Ein ähnliches
Denkmal ist aus Bassecourt im Berner Jura bekannt geworden. Wer
die Cromlechs in ihrer vollen Ausbildung kennen lernen will, muss
ihren Spuren in der Nähe der Küste des atlantischen Ozeans nachgehen,
in Nordfrankreich und England. Je weiter man sich vom Meere ent-
fernt, um so bescheidener werden diese Monumente. Der Cromlech
von Lapraz im Kt. Waadt z. B., der aus einem einfachen Steinkreis
besteht, giebt nicht einmal eine Ahnung von dem überwältigenden
Eindruck, den Stonehenge, obwohl nur ein Trümmerrest des ehe-
maligen Bauwerkes, auf den Beschauer ausübt. Stonehenge bei
Salisbury in England ist nämlich ein Rundbau aus Granitkolossen.
Zu innerst befindet sich ein Ring von Steinpfeilern. Um diese
Menhirs schliesst sich ein Oval, gebildet aus fünf Doppelpfeilern,
deren jeder einen horizontalen Steinbalken trägt Der dritte Kreis
bestand aus einzelnen Menhirs von mindestens 1,5 m Höhe, Die
äusserste Pfeilerreihe war aus 30 je ca. 4,5 m hohen Säulen erstellt,
deren einzelne Teile oben durch gewaltige horizontale Steinbalken
verbunden waren. Das Ganze hatte einen Durchmesser von 88 m
und war von einem kreisförmigen Graben umschlossen. Dieses
Riesendenkmal befindet sich auf einer Haide, welche mehrere hundert
Grabhügel trägt. Nilsson beschreibt die Wirkung von Stonehenge
mit folgenden Worten: „Je näher man kommt, desto höher scheinen
die dunkeln Steinriesen sich emporzu recken. Keine Beschreibung
vermöchte den Eindruck wiederzugeben, den diese kolossalen Stein-
massen machen. Man weiss und sieht, dass man ein Werk von
Menschenhand vor sich hat, aber man vermag den Zusammenhang
nicht zu fassen; man fiihlt nur, dass der kolossale Bau in unsere
gegenwärtigen Verhältnisse nicht hineinpasst , sondern von Ge-
schlechtem herstammt, welche längst vom Erdboden verschwunden
sind."
Längs der Küsten von Frankreich, England u. s. w. sind auch
die Steintische sehr häufig. Sie finden sich oft sogar in Grabhügeln
der Steinzeit. In der Schweiz werden sie selten angetroffen und die
Dolmen von Oron und Vugelles-La Mothe, sowie die „table celtique"
in Bure (Bern) erscheinen wie vorgeschobene Posten, Um so häufiger
sind dagegen bei uns die sogen. Schalensteine. An viele derselben
knüpfen sichSagen, was zumTeii schon aus ihren Namen zu erkennen ist
zed.yGOOgle
Die Deolithische oder jüngere Steinzeit. ig^
Eines der schönsten Beispiele eines Schalenstejns findet sich in 1700 m
absoluter Höhe ob St Luc im Val d'Annivicrs (Einfischthal, Wallis .
Es ist die „Pierre des Servagios". Unter den Servagios versteht der
Anniviarde die Feen, die Kobolde, Zwerge u. s. w. Der Stein selbst
ist ein Erratikcr. Die „bösen Geister der Berge" haben ihn in drei
grosse und viele kleine Teile gespalten und wollten die Stücke auf
das Dorf hinunterstürzen, aber die Bewohner der Gegend wehrten
sich und vertrieben die Kobolde. Auf dem mittlem Block sind
die Schalen besonders zahlreich , oft durch Rinnen miteinander
verbunden.
Einen ganzen ,,Monumenten-Cj'clus" entdeckte Reber in Gri-
mentz, ebenfalls im Einfischthal gelegen. Etwa eine Vie.telstunde
oberhalb des Dorfes, bei dem ehemaligen Minenhause, ist eine Wiese
wie übersäet von riesigen Erratikern, deren mehrere Schalen tragen.
Auch Fussabdrücke sind zu erkennen. Als Mittelpunkt des Ganzen
ist der Marterstein, die „Pirra Martera" anzusehen, bei welcher der
Sage nach von den wilden Ureinwohnern Menschen geopfert worden
sind. Alte Stufen fuhren auf den Stein hinauf, sonst trägt er keine
Spuren menschlicher Arbeit, Er bildet die östliche Ecke eines
trocken gemauerten Rechtecks, dessen Eingang zwei kleinere Blöcke
markieren. Die Ecken sind durch grosse Steine bezeichnet, die
aber keine Schalen und dergl, aufweisen, wie zahlreiche andere Erra-
tiker in der Nähe.
Reber beschrieb auch Schalen, Ringe und eigentliche Skulpturen
von Zermatt, dem vielbesuchten Fremdenort und von Salvan, einem
Dorfe im Unterwallis, unweit des bekannten Wasserfalles Pissevache,
westlich hoch über dem Rhonethal gelegen. Gleich vor dem Eintritt
ins Dorf bemerkt man auf der linken Seite der Strasse in den Fels
gemeisselte Ringe, als ob man römische Mühlsteine hätte heraus-
schneiden wollen, aber in der Arbeit unterbrochen worden wäre.
Wichtiger sind die Skulpturen, Schalen, Ringe u. s. w, auf dem
,, Rocher du Planet" am Südrande des Dorfes. Da sieht man nicht
bloss regelmässige Schalen, die oft untereinander verbunden sind,
sowie kleinere und grössere Ringe, sondern auch kreuzförmige Figuren
und Darstellungen, welche an Steigbügel erinnern. Es geht nun
freilich hier nicht mehr an, wie es z, B, bei den Schalen auf der
untern Fläche des Druidensteins am Ostabhange des Valeria bei
Sion versucht wurde , diese Gebilde auf Erosions-Erscheinungen
z u rückzufii hren.
Gewiss wird man über die Bedeutung und das Alter der Stein-
denkmäler, besonders der Schalensteine, nicht ins Klare kommen,
bevor dieselben kritisch untersucht worden sind. Es unterliegt
Heierli, UrECtduchlc der Schweb. '3
Digitized^yGOOgle
ig^ Zweites Kapital.
auch keinem Zweifel, dass von Steinklopfern an den Gebirgs-
strassen oftmals „Schalen" in die Unterlagsteine geklopft werden;
ebenso wenig lässt es sich leugnen, dass es oft unmöglich ist, Ero-
sionsgebilde von echten Schalen und andern Zeichen zu unterscheiden,
aber es giebt Steinmonumente, deren Lage und Beschaffenheit jeden
Zweifel ausschli essen, dass man es in ihnen mit urzeiilicher Menschen-
arbeit EU thun habe.
Ich habe schon oben angedeutet, dass die Ansichten über Zweck
und Alter all' dieser Steindenkmäler weit auseinander gehen. Auch
über diese Punkte wird erst ein umfassenderes Studium vielleicht
Aufschluss bringen. Nicht in unserem Lande wird man des Rätsels
Lösung erwarten dürfen, sondern in den Küstengegenden am Mittel-
meer und am atlantischen Ozean, wo, wie bereits gesagt, diese
Monumente in ihrer vollen Entwickelung dem Forscher nahetreten.
Kein Besucher von Stonehenge hat daran gezweifelt, dass er in
dieser Baute, deren Ringe als Cromlechs, deren Einzebteine als
Menhirs aufgefasst werden können, eine Art Tempel, ein Heiligtum
der Urzeit vor sich habe. Dasselbe ist der Fall mit dem Denkmal
von Abury, ebenfalls in England. Hundertfach hat man Dolmen als
Grabbauten kennen gelernt und auch Schalen- und Zeichensteine sind
auf und sogar in stein- und bronzezeitlichen Gräbern angetroffen
worden.
Ähnliches werden wir für die wirklich alten Steinmonumente
unserer Schweiz annehmen dürfen. Im Pfahlbau Morges ist ein
Schalenstein zum Vorschein gekommen. Die „Pierre du Niton" beim
Ausfluss der Rhone aus dem Genfersee liegt inmitten eines Pfahl-
baureviers, Die Menhirs von Bonvillars und von Corcelles befinden
sich in der Nähe von Pfahlbau-Stationen des Neuenbui^er Sees. In
dem an archäologischen Funden so reichen Kanton Wallis werden
diese Denkmäler fast immer an Orten getroffen, die eine weite
Aussicht gestatten, oder an Stellen, wo Pässe und Strassen zu-
sammentreffen, im Angesicht der majestätischen Alpenwelt.
bj Die Ornamentik der Naturvölker hat sich aus der Tier-
DarstelJung und aus der Technik entwickelt. Sie ist eine Abstraktion
und deshalb nicht primär. Manche heute lebende Pfahlbauer von
Neu-Guinea stehen auf der tj bergan gsstufe von der Naturdarstellung
zum Ornament. Wir haben gesehen, dass die ursprünglich getreuen
Nachbildungen von Tieren mehr und mehr stilisiert werden, und
" sich nach und nach geometrische Figuren aus ihnen entwickeln.
Auf einer höheren Stufe werden dann die Elemente derselben zu
immer kunstreicheren Mustern zusammengestellt und erst ganz all-
mählich versucht die Menschheit, wieder Pflanzen und Tiere dar-
zed.yGOOg[e
Die neolithbche oder jüngere Steiaieit. ige
zustellen. Dadurch nähert sie sich scheinbar wieder dem Ausgangs-
punkt der Kunst, in Wirklichkeit steht sie auf einer viel höheren
Warte. Es ist, als ob ihre Entwickelung in der Form einer Spirale
aufwärts gegangen wäre. Wer eine Illustration dazu haben möchte,
der vergleiche die realistische Tierzeichnung eines Höhlenbewohners
der Diluvialzeit mit der Darstellung eines Tieres durch einen griechischen
Künstler und bedenke, dass der Weg von dem bildnerischen Produkte
des Troglodyten zur Kunstleistung des Griechen über das Ornament
zur Höhe geführt hat Er vergegenwärtige sich aber auch den
Unterschied im Gesichtskreise der beiden Künstler, um ganz zu ver-
stehen, was in jenem Satze von dem Autwärtsdringen der mensch-
lichen Kultur in Form einer Spirale gesagt werden wollte.
Die Neolithiker der Schweiz hatten in der Kunst die Stufe
des Ornaments bereits erreicht. Leider ist von künstlerisch be-
arbeitetem Holze nichts erhalten geblieben, so dass wir gezwungen
sind, uns beim Studium der Ornamentik in der jungem Steinzeit
fast ausschliesslich an die keramischen Produkte zu halten. Da ßnden
wir denn, wie wir gesehen, schon in den ältesten Stationen Gefässe
mit Leisten, Buckeln und Ösen, welche Anhängsel zwar zunächst
zur Erleichterung des Tragens erstellt wurden, bei denen aber
doch auch ästhetische Rücksichten sich geltend machten, in ganz
gleicher Weise, wie bei den Löchern, die parallel den Rändern
mancher Töpfe zu sehen sind. Daneben erscheinen netzartige Ver-
zierungen, die sich über die ganze Aussenseite der Gefässe hinziehen
oder eingedrückte Streifen, wie von schmalen Gräsern, Binsen u. dergl.,
welche am Hals von Töpfchen und Bechern vorkommen. Diese
Verzierungsarten haben ihren Ursprung wohl in der Technik. Nicht
selten sind Finger-Eindrücke, die besonders am Bauche der Töpfe
vorkommen. Manchmal sind es nicht bloss Eindümpfungen, sondern
die Eindrücke dürften dadurch entstanden sein, dass je zwei Finger-
spitzen in den noch weichen Thon des Gefässes oder einer ringsum
laufenden Leiste auf demselben eingriffen und den zwischen die
Finger gefassten Thon zu einem kleinen Wulst zusammendrückten.
Häufiger sind Eindrücke von Fingernägeln, Sie finden sich am
Hauch oder Rand der Gefässe.
Schon in der altern und mittlem Phase der neoüthischen Stein-
zeit kommen regelmässig angeordnete Verzierungen vor, die mit
Stäbchen erstellt wurden. Manchmal sind es einfache Linien, die
sich um den Hals der Töpfe ziehen, manchmal Parallelen oder .
Parallelen-Systeme, die sich kreuzen und so auch eine Art Netzornament
erzeugen. Hier und da erscheinen Zickzacklinien oder aneinander
gereihte Dreiecke (Wolfszahn-Omament) , Rauten oder auch Händer.
zed.yGOOgle
ig6 Zweites Ka[^tel.
Oft schnitt man das Stäbchen, mit dem die Verzierungen ausgeführt
wurden, zurecht und gar nicht selten ist der Fall, wo man aus dem
Abdruck desselben erkennt, dass sein Durchschnitt ein gleichschenkliges
Dreieck mit sehr kurzer Basis repräsentierte. Ein solches Stäbchen
konnte senkrecht oder schräg in den Thon eingedrückt werden und
je nachdem war die Form der Verzierung verschieden.
Dass gegen Ende der Steinzeit, in der sc^en. Kupferperiode,
das Tupfenornament und die Schnur-Verzierung auftraten, haben
wir schon oben gesehen. Das Band-Ornament, das in manchen
Gegenden Deutschlands und Österreichs fiir eine gewisse Phase der
neoJithischen Periode charakteristisch ist, fehlt in der Schweiz fast
ganz; wo es aber erscheint, wie im Pfahlbau „Kleiner Hafner" bei
Zürich, geschieht es im Verein mit Gegenständen, welche der Kupfer-
zeit oder der beginnenden Bronzeperiode angehören. Der Kreis
ist in den Verzierungen der Steinzeit unseres Landes noch nicht
aufgefunden worden; jene bestehen fast nur aus Geraden und Ver-
bindungen von solchen.
c) Schroff und ohne Anknüpftingspunkte ist in der Schweiz der
Übergang von der altern oder paläolithischen Steinzeit zur Jüngern
oder neolithischen, von der Zeit der geschlagenen zu derjenigen
der geschliffenen Steingeräte.
Wir scheinen es in der neolithischen Zeit mit einem neuen
Volk zu thun zu haben. Woher kam es? Wohin ist das alte
gegangen? Niemand weiss es und der Hypothese ist hier Thür
und Thor geöffnet. Da sagt man; Die Höhlenbewohner waren
die ursprünglichen Bewohner Europa's: Autochthonen; die Neoli-
thiker sind die von Osten her eingewanderten Arier, der west-
liche Zweig der indogermanischen Völkerfamilie. Es deuten die
Haustiere nach Osten, die Kulturpflanzen wurden aus der Urheimat
mitgebracht, dort gen Aufgang der Sonne liegt der Fundort von
Nefrit und Jadeit, dorthin weisen die ältesten Sagen, dorthin unsere
Sitten und selbst unsere Sprache ist ein lebendiger Zeuge fiir die
arische Völkerwanderung, Vom Hochlande Pamir sind die Indier
nach Osten gezogen und alle andern Stämme nach Westen und als
Westasien erfüllt war, setzten sie nach Europa über, zuerst die Gräco-
Italiker, dann die Germanen, endlich die Slaven. Die Verwandtschaft
der Sprachen deutet immer noch auf die Verwandtschaft der Völker,
auf ihr einstiges Zusammenleben an einem gemeinsamen Ursprungsort
. und weist hin auf die Urheimat
Es waren die Sprachforscher, welche die Theorie der arischen
Wanderung aufgestellt hatten. Sie schien so gut begründet zu sein,
dass jede Gegenrede verstummte. Sie erklärte alles so leicht und
zed.yGOOgle
Die DcoUthische oder jüngere Steinzeit. I97
SO gut. Es war ein schönes Bild, zu denken, wie die Kultur, der
Sonne gleich, von Ost nach West die Erde umkreise und die Herzen
der Erdgebomen mit ihrem Lichte erhelle.
Es gab- aber doch Gelehrte, welche diese Theorie mit Miss-
trauen ansahen und darauf aufmerksam machten, dass alle Völker-
wanderungen, von denen die älteste Geschichte rede, nicht von
Ost nach West, sondern gerade umgekehrt von West nach
Ost gegangen seien, und dass dieses Zurückfluten doch sehr
merkwürdig sei. Man erinnerte an die Schlacht, welche Ramses
den Meervölkem des Westens geliefert, an die Galater in Kleinasien,
an den Heerzug nach Troja u. s. w. Man wagte zu sagen, die
Verwandtschaft der Sprachen beweise nicht ein Zusammenwohnen
der Völker im Osten.
Die Archäologen meinten, die Beweise für die arische Wanderung
in dem Fortschreiten der Kultur gen Westen finden zu können,
aber sie fanden die Zeugen der primitivsten Kulturen nicht speziell
im Osten, sondern überall oder vielmehr besonders im Westen und
Nordwesten.
Ausgrabungen bewiesen, dass die Formen von Geräten und
Schmucksachen in West und Ost ganz verschieden seien, auf ganz
verschiedene Entwickelung hinweisen und dass der Osten durchaus
nicht die Prototypen der Formen des Westens ergebe. Kurz, von
allen Seiten mehrten sich die Angriffe und es musste die ganze
Theorie wieder geprüft werden. Dabei war es nun interessant
zu sehen, wie die sogen. Urheimat der Arier allmählich nacli Westen
rückte. Sie wurde nach Turkestan, Armenien, in die Steppen
Russlands und endlich nach Süd-Skandinavien verlegt. Das letztere
that Penka.
Dieser Sprachforscher hat den sehr beachtenswerten Versuch
gemacht, die Resultate der vergleichenden Sprachforschung, der
prähistorischen Archäologie und der Anthropologie in Einklang zu
bringen und man muss sagen, dass er seine Hypothese mit vielen
Gründen stützt. Ihm scheint es, dass die arische Wanderung nicht
von Asien, sondern von Süd-Skandinavien aus vor sich gegangen
sei. Mit dem Ren zogen die Höhlenbewohner der Dordogne nach
Norden. Sie kamen in rauhere Gegenden, wo des Lebens Not-
durft schwerer auf ihnen lag. Darum hnden sich in den bel-
gischen Höhlen jene Knochenzeichnungen und Skulpturen nicht
mehr, wie sie das Kesslerioch und die Grotten Frankreichs er-
geben haben. Am Ende des Kontinentes, zwischen Nord- und
Ostsee machten die Wanderer Halt. Da lieferte ihnen das Meer
Nahrung genug und aus den Trogiodyten wurden jene Fischer,
zed.yGOOgle
IqS Zweites Kapitel.
welche uns die Kjökkenmöddinger hinterliessen; Abfallhaufen längs
der dänischen Küsten, die zumeist Muschelschalen enthalteiij hin
und wieder aber auch Artefakte der Steinzeit Diese Kiichen-
abfälle oder Kjökkenmöddinger bilden nach Penka das Bindeglied
zwischen paläolithischer und neolJthischer Steinzeit. Die Steinwerk-
zeuge sind geschlagen, nicht geschliffen; die Haustiere, mit Aus-
nahme des Hundes, fehlen noch.
Von da aus strahlten nun in späterer Zeit die Arier aus und
verbreiteten sich über alle Lande, wie ja auch in historischer Zeit
aus dem Norden Scharen von Kriegern hervorbrachen und sich
über Europa ergossen,
Dass wirklich Skandinavien der Ausgangspunkt der Arier ist,
scheint sich nach Penka aus anthropologischen, linguistischen und
archäologischen Thatsachen zu ei^eben. Die Skandinavier sind
Dolichocephalen und seit der Steinzeit hat sich dieser Typus im
Norden erhalten, also sind die Leute jener Epoche auch Arier, meint
er. Die Arier sind Langkopfe und da das erwähnte Land das
Zentrum der Verbreitung der Dolichocephalen ist, so ist es wohl
Ausgangspunkt,
Die Tier- und Pflanzenwelt der nordischen Steinzeit stimmt mit
dem, was die vergleichende Linguistik als urarisch herausgefunden
hat. Die arische Ursprache kennt das Meer, also kann nicht das
Innere eines Kontinents Urheimat der Indogermanen sein. Da, wo
das Bindeglied der älteren und jüngeren Steinzeit sich befindet, ist
die Urheimat, also in Dänemark mit seinen Kjökkenmöddingem.
Die Germanen, al.s die echtesten Arier, haben die bestimmtesten Er-
innerungen an die Heimat ihrer Urväter und sie haben auch am
längsten ihre Reinheit bewahrt. Die Expansionskraft, die sie in der
Urzeit offenbarten, zeigt sich noch in unseren Tagen und bekannt
ist ihre Akklimatisations- und Kulturfähigkeit,
Penka's Werk: „Die Herkunft der Arier" {1886) enthält eine
solche Menge wissenschaftlichen Materials, dass es den Leser zu
überzeugen geeignet ist. Indessen sind doch gerade die Gmndlagen
der Hypothese sehr wenig sicher. Penka stützt sich vor allem auf
die spezielle Anthropologie. Da ist es nun interessant, zu hören, was
ein Anthropologe, wie Kollmann, dazu sagt. Er fasste seine Unter-
suchungen über diesen Punkt in folgenden Sätzen zusammen: „In
Europa müssen mindestens vier verschiedene Rassen (Typen) unter-
schieden werden. Sie bestehen zweifellos nebeneinander seit der
neoÜthischen Periode; sie haben, wie die Gräber und Höhlenftinde
lehren, immer nebeneinander gelebt und sich gekreuzt. Die euro-
päische Kultur ist deshalb ein gemeinsames Produkt aller europäischen
zed.yGOOg[e
Die neolithische oder jüagere Steinzeit. Iqq
Rassen (Typen). Von diesen Kassen kann, so weit unsere Kenntnis
asiatischer Menschenrassen reicht, nur eine einzige, die dolichocephale
leptoprosopc Rasse (langgesichtige Langköpfe) als ein direkt mit
uns verwandter Typus betrachtet werden. Von Asien ging wahr-
scheinlich nach der neolithischen Periode die geistige Wieder-
geburt Europa's aus, wie heute das Umgekehrte der Fall ist,
aber die Wiege der europäischen Menschheit hat wohl kaum dort
gestanden."
Die neolithische Kultur könnte ganz gut in West-Asien
ihren Ursprung haben, wodurch das Vorhandensein mancher im
Osten und Südosten entstandener Haustierformen und Kulturpflanzen
erklärt wäre, ohne dass man annehmen müsste, die NeoUthiker selbst
seien von Asien nach Europa gekommen, Dass Wanderzüge bei
barbarischen Völkern, besonders bei Nomaden, sehr häutig sind und ■
dass solche auch im steinzeitlichen Europa vorgekommen, unterliegt
keinem Zweifel. Wir haben unter den Pfahlbaufiinden Objekte ge-
nannt, deren Vorhandensein auf Handelsverbindungen deutet und
wir haben gesehen, dass die NeoUthiker der Schweiz Gesteine aus
den Alpen benutzten, welche sie nicht etwa in Moränen und Fluss-
geschieben in ihrer Nähe flnden konnten, sondern Stunden weit
holen mussten. In den Pfahlbauten der Ostschweiz kommt z. B.
Asphalt nicht selten vor; die nächstliegende Fundstelle dieses Materials
ist das Travers-Thal im Kt. Neuenbui^. Die Seeansiedler haben
ihren Bedarf dort geholt oder durch Tauschhandel von dort bezogen.
Auch der primitivste Handel lässt sich nicht denken ohne Wande-
rungen wenigstens Einzelner, die von Stamm zu Stamm die Ver-
bindung herstellen. Misswachs und Hungersnot, Übervölkerung oder
Seuchen zwingen und zwangen aber oft auch ganze Stämme zum
Wandern.
Wanderungen haben also in der neolithischen Zeit gewiss statt-
, gefunden; aber damit ist nicht gesagt, dass mit den Völkerscharen
auch eine bestimmte Kultur wanderte und sich in den späteren
Sitzen derselben niederliess, mit anderen Worten; dass Wanderungen
von Völkern identisch seien mit Wanderungen der Kulturformen. Ge-
wiss hat man früher diese beiden Dinge oft nicht scharf genug aus-
einander gehalten. Kulturen können sich ausbreiten, ohne dass die
Völker ihre Wohnsitze verlassen. Das sehen wir heutzutage an grossen
Beispielen: Von Europa aus wird die Kultur in alle Lande getragen.
Nur wenige Vermittler sind dazu nötig. Aber auch der umgekehrte
Fall ist uns bekannt, dass Völker siegreich in Länder eindrangen,
in denen eine andere Kultur herrschte, als diejenige der Eindringlinge,
Die Kultur des unterlegenen Volkes blieb jedoch erhalten, die Sieger
( ' , .[ J^ \ Digitized^yGOOgle
200 Zweites Kapitel. Die neolithische oder jüngere Steinieit.
beugten sich ihr und ihre mitgebrachten Sitten und Gebräuche,
sogar ihre Sprache verloren sich.
Die arische Kultur könnte also von Asien gekommen sein, ohne
dass auch die Arier dort ihre Heimat zu suchen hätten. Wir wissen
nicht, ob die Neolithiker Europa's Arier waren, aber wir kennen
ihre Kultur. Der Ursprung der Völker der jüngeren Steinzeit ist
noch nicht ermittelt. Immerhin ist der Wert der Arbeit Penka's nicht
zu verkennen. Sie zeigt ganz besonders deutlich, dass die wich-
tigsten Fragen des Kultur- und Völkerlebens nicht von einer einzigen
Wissenschaft beantwortet werden können, sondern durch gemeinsame
Arbeit mehrerer Disziplinen ihrer Beantwortung entgegen geführt
werden müssen.
d; Wir kommen hier noch einmal auf die Hockergräber
zurück , da ganz neue Untersuchungen uns eine der oben auf-
geworfenen Fragen beantworten. Professor Martin in Zürich ent-
deckte nämlich beim Reinigen eines der Schädel aus dem Grabfelde
von Glis an der Nasenwurzel und auf der Stirn Spuren roter Be-
malung. In der That zieht sich bei dem betreffenden Schädel ein
roter Streifen über die Augenhöhlenlöcher bis zur Ohrgegend. Diese
Bemalung (mit Ocker?), die auch in Frankreich und Italien an neo-
lithischen Schädeln beobachtet worden ist, muss erfolgt sein, nach-
dem der Tote schon längere Zeit in der Erde geruht, d. h. nachdem
die Fleischteile sich vollständig von den Knochen abgelöst hatten.
Das Grab wurde wieder geöffnet und der Schädel bemalt; vielleicht
sind auch die übrigen Skeletteile aus dem provisorischen Grabe
herausgenommen worden, um definitiv bestaltet zu werden. Die
Bemalung des Schädels scheint also ein sekundäres Begräbnis an-
zudeuten.
zed.yGOOg[e
Drittes Kapitel.
Die Bronzeperiode.
Hesiod beschreibt in seinem Buche: „Werke und Tage" die
fünf Weltalter und glaubt, dass zuerst ein goldenes Geschlecht
über die Erde gewandelt sei, das den Göttern geglichen habe. Ihm
folgte das -silberne und
„Wieder erschuf ein drittes Geschlecht viellauliger Menschen
Zeus der Vater, aus Erz, ungleich dem silberoen völli);;
Eschen entsprosst, ein grause», E'"»"saines, welchem des Ares
Jammergeschäft oblag und Beleidi^ng: nicht auch der Feldfruchl
Assen sie, nein, mit der Härte des Demanls übten sie Starrsinn,
Ungeschlacht; nur grosse Gewalt und unnahbare Hände
Wuchsen daher von den Schultern, bei ungeheueren Gliedern.
Diesen war die Waffe von Era, von Erz war die Wohnung,
Die Feldgeräte von Erz und nicht war dunkeles Eisen."
Als auch das eherne Geschlecht zum Hades hinabgestiegen war,
entstanden die Heroen und erst nach diesen kam als fiinfte Gene-
ration die eiserne.
Viel näher der Wahrheit als Hesiod kam der römische Lehr-
dichter LucRETius. Er ahnte, dass die Menschen der Urzeit in den
primitivsten Verhältnissen und nicht im goldenen Zeitalter gelebt
haben müssen.
„Noch verstanden sie nicht zu behandeln die Dinge mit Feuer,
Nicht der Felle Gebrauch und in Raub sich der Tiere za kleiden ;
Sondern bewohnlGD die Büsche, die Wälder und Höhlen der Berge,
Baigen unter Gesträuch die schmutzigen Leiber, gezwungen
Sich TOT Regen tmd Wut der stürmischen Winde zu schützen."
Mit Keulen und Sfeinwaffen gingen sie auf die Jagd, aber
manche von ihnen verbluteten unter dem Zahn reissender Tiere.
Später lernten sie Hütten bauen, verschaflten sich Feuer und be-
deckten ihre Blosse mit Fellen. Erst jetzt, meint Lucrez, habe sich
Digitized^yGOO^Ie
202 Drittes Kapitel.
das Sprachvermögen entwickelt, die Ehe und die Kindererziehung
Platz gegriffen und bald gab es Bündnisse zwischen Nachbarn. Es
entstanden Städte und Burgen, es gab Könige und Gesetze. Der
Wohlstand mehrte sich, das Gold ward entdeckt und mit ihm wurden
der Ehrgeiz und die niederen Leidenschaften entfesselt. In diese
Zeit versetzt er auch die Entstehung von Religion und Wissenschaft,
P-rst später wurden Erz und Eisen benutzt.
,,Aber des Erzes Gebrauch ward früher erkannl, als des Eisens,
Weil es geschmeidiger isl und in gtösscrer Menge sich vorfand.
Erz umwühlte den Boden der Erd', Erz mischte die Wogen
In der verheerenden Schlacht "
„Nach und nach dann brachte man vor die Schwerter von Eisen
Fing mit Eisen nun an zu brechen den Boden der Erde
Auch entschied man mit ihm den Kampf der zweifelnden Feldschlachi."
Wenn auch Dichtung und Wahrheit in dem Gemälde der
Zeiten, wie es der römische Poet vor uns entrollt, wunderbar ge-
mischt sind, so hat er doch die Hauptepochen der Vergangenheit
klar erkannt. Zuerst war in der That der Stein das wichtigste Nutz-
material, ihm folgte das Erz (die Bronze) und diesem das Eisen.
Aber es ist ein grosser Schritt von der dichterischen Ahnung bis
zur wissenschaftlichen Erkenntnis. Erst die Forschung des X!X. Jahr-
hunderts hat den Beweis für die Richtigkeit der Anschauung des
LucBEz erbracht, wenigstens für Europa und die angrenzenden
Gebiete.
Alle bewohnten Gegenden der Erde haben eine Steinzeit durch-
gemacht. In dem archäologisch am genauesten bekannten Europa
ist dieselbe überall nachgewiesen. Tausende und Abertausende von
Funden in unseren Museen illustrieren diese fernabliegende Epoche,
Die älteren Ägyptologen haben zwar geleugnet, dass es im alten
Kulturlande am Nil einmal eine Zeit gegeben habe, wo die Metalle
unbekannt gewesen seien, aber durch die tiefgründigen Forschungen
der Neuzeit ist der Beweis geleistet worden, dass auch da eine sehr
lang dauernde Steinzeit angenommen werden müsse. Zum gleichen
Resultat gelangte man in Bezug auf das übrige Afrika: Im Norden,
Westen, Süden und Osten des Erdteils fand man nicht bloss ver-
einzelte Geräte und Waffen primitiver Form, alle aus Stein, sondern
auch Feuerstein-Werkstätten, Depotfunde, Ansiedelungsreste u. s. w.
Freilich ragt die Steinzeit mancher Gegenden Afrika's noch in unsere
Zeit hinein. Die Buschmänner lebten bis vor kurzem in der Stein-
zeit und selbst heute ist das Metall, das sie besitzen, nicht eigenes
Fabrikat, sondern von Fremden überkommenes Gut.
zed.yGOOgle
Die Bronzeperiode. 201
Älter als selbst die ägyptische scheint die Kultur Chaldäa's zu
sein. Im Doppelstromlande Mesopotamien bestand vielleicht schon
im siebenten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung ein zivilisierter
Staat. Aus den Ruinen von Tello stammen Bronzen, deren Alter
auf mehrere Jahrtausende vor Christo zurückweist. Aber auch hier
gii^ der Metallperiode eine Steinzeit voraus, wie jetzt unwiderleglich
dargethan ist.
ScHLiEMANN hat durch seine Ausgrabungen in Hissarlik-Troja
bewiesen, dass daselbst ursprünglich eine steinzeitliche Ansiedelung
bestand. Er fand nämlich neun sogen. Städte über einander; die
eine war auf dem Schutt der andern erbaut worden. Zu oberst
stiess man auf Reste des römischen Ilium: Ruinen eines Tempels
der Athene, Marmor-Inschriften u. s. w. Die sechste Stadt, von unten
an gezählt, war das von Homer besungene Troja. Es muss zwischen
1500 und looo V. Chr. existiert haben. Da wurde kein Eisen
gefunden, wohl aber Bronze. In der zweituntersten Stadt kamen
zwar noch zahlreiche Objekte aus Bronze, Silber und Gold zum
Vorschein, aber daneben doch auch Steingeräte. Diese zweite Stadt
besass eine Burg mit mächtigen Mauern und grosse Wohnhäuser
aus Lehmzi^eln.
Die unterste „Stadt" von Hissarlik-Troja konnte nur unvoll-
ständig untersucht werden. Ihre Mauern bestanden aus Lehm und
kleinen Bruchsteinen. Die Gerate und Waffen, die dabei gefunden
wurden, waren Steinbeile, Steinhämmer, Messer und Sägen aus
Feuerstein, einfache, aus freier Hand erstellte Thongefässe und
ganz vereinzelte Kupferobjekte. Bronze und Eisen fehlte: Die
erste Stadt Troja gehört der Steinzeit an und dauerte bis zum
Ende dieser Periode.
In Syrien und Palästina sind steinzeitliche Funde nicht selten
und ebenso wenig in Vorder- und Hinter-Indien. Auch China und
Japan haben eine Steinzeit erlebt. Ein echtes Steinzeitland ist
Sibirien, wo es heute noch Völkerschaften giebt, die das ihnen von
Europäern geschenkte Metall wie Stein behandeln. Wir haben oben
die Tschuktschen erwähnt. Sie sind gute Schnitzer und Zeichner
und leben auf einer Kulturstufe, die mit derjenigen unserer ältesten
Pfahlbauer verglichen werden kann. Was sie an Metall besitzen,
stammt von Europäern.
Und wie die Tschuktschen im XIX., so lebten die Kanitscha-
dalen im XVIII. Jahrhundert noch in voller Steinzeit. Ihre Äxte
bestanden aus Stein oder Knochen und diese Materialien, vermehrt
um das Holz, lieferten ihnen auch den Stoff zu den übrigen Ge-
raten und Waffen.
zed.yGOOgle
204 Drittes Kapitel.
Die Sil dsee- Insulaner besitzen auf ihren zum Teil von Korallen
gebauten oder durch vulkanische Kräfte entstandenen Inseln keine
Metalle. Sie erhielten solche erst von den Entdeckungsreisenden,
lebten also bis zur Ankunft der Europäer in der reinen Steinzeit,
obwohl ihre Kultur zum Teil eine beachtenswerthe Hohe erreicht
hatte. Solche metallunkundige, aber kulturell ziemlich hochstehende
Stämme waren z.B. die neuseeländischen Maori, die neukaledonischen
Eingeborenen u. s. w. Besonders bekannt aber sind die Steinzeitleute
des östlichen Teils von Neu-Guinea geworden, die erst in unseren
Tagen von der Steinzeit zur Eisenzeit übei^ehen.
Als Kolumbus Amerika entdeckte, lebten die Bewohner dieses
Kontinentes zum grössten Teil noch in der Steinzeit Nur in Mexiko,
Kolumbien und Peru war die Bronze bekannt. Eisen fehlte überall.
Natürlich ist dieses „Kulturmetall" dann rasch eingedrungen, aber
es sind im Innern Brasilien's doch vor wenigen Jahren noch Stämme
gefunden worden, wie die Bakairi, welche vorher nie Metall gesehen
hatten, also ebenfalls in der Steinzeit lebten.
Von den Paraderos Ai^entinien's bis hinauf zu den zahlreichen
Mounds des nördlichen Amerika sind ungezählte Steingeräte dem
Schoss der Erde entnommen worden. Sie stammen aus alten
Ansiedelungsresten, aus Depotfunden und Gräbern. Viele, ja die
meisten dieser Funde, bestehen aus Feuerstein und den verwandten
Silikaten, einige, z. B. in Central-Amerika, aus Obsidian und nur der
kleinste Teil war aus den gewöhnlichen Felsarten des Landes her-
gestellt worden.
Auch die Eskimo's des hohen Nordens befanden sich, als die
Europäer mit ihnen bekannt wurden, noch in der Steinzeit. Sie
hatten zwar etwas Eisen, bei genauerer Untersuchung erwies es sich
jedoch als Meteoreisen, Dasselbe war, ähnlich dem Stein, zerschlagen,
kalt gehämmert und zu Pfeilspitzen und ähnlichen Gegenständen ver-
arbeitet worden, Die Kunst des Giessens, die Behandlung des Eisens
im Feuer blieb den Leuten unbekannt. Das Eisen war fiir sie Stein.
!n ganz gleicher Weise bearbeiteten die nordamerikanischen
Indianer die reichen Kupferlager ihres Landes. Am oberen See
kommt fast reines Kupfer vor. Man holte sich dieses Metall zwar
schon vor dem Eindringen der Europäer mittels Tagbaues, ja man
hat daselbst sogar alte Stollen und Schächte gefunden. Das Kupfer
wurde aber nicht geschmolzen und in P'ormen gegossen; deshalb
lässt sich trotz der Funde von zahlreichen Kupferobjekten nicht von
einer Kupferzeit Nordamerika's sprechen. Das Metall wurde zer-
schlagen, kalt geschmiedet, d. h. mit Steingerät gehämmert und es
entstanden Beile, Messer, Dolche, Lanzen, Meissel, Ahlen, Armspangen,
zed.yGOOgle
Die Bronreperiode, 205
Ringe u. s. w. Nur in den zivilisierteren Staaten Amerika's, wie z. B.
in Mexiko, war man zur Gusstechnik vorgeschritten und hat Gold,
Silber, Bronze und Kupfer verarbeitet In Amerika folgte also auf
die Steinzeit, ähnlich wie in Europa, eine Bronzeperiode.
Der Däne Thomsen veröffentlichte im Jahre 1836 einen „Leit-
faden für nordische Altertumskunde" und stellte darin, als der erste,
den Grundsatz auf, dass die Urgeschichte Europa's sich teilen
lasse in eine Steinzeit, eine Bronzeperiode und eine Eisen-
zeit. Diese Anschauung brachte er im altnordischen Museum in
Kopenhagen zur Darstellung. Unabhängig von Thomsen kamen auch
Lisch in Schwerin und Danneil in Salzwedel auf dieses sogen, Drei-
periodensystem.
Es fehlte demselben jedoch nicht an Gegnern, Nach dem
deutsch- dänischen Kriege von 1 864 wollte man in Deutschland von
dem ,, skandinavischen" Systeme gar nichts mehr hören und erklärte
es als einen Ausdruck dänischer National ei telkeit. Die bedeutendsten
Gegner der Dreiteilung der europäischen Urgeschichte waren Host-
mann und L. LiNDENscHMiT. Diese Forscher behaupteten nicht etwa,
das ganze System sei unrichtig, denn auch sie unterschieden die
Stdnzeit von der Metallperiode, aber sie hielten dafiir, dass es keine
Bronzezeit, kein „ehernes Zeitalter" gegeben habe. Das Eisen sei
während der ganzen Epoche, die nach der Bronze benannt werde,
bekannt gewesen. Wenn es selten gefunden würde, so sei das eben
die Folge seiner leichtem Vergänglichkeit. Übrigens habe man es in
sc^en, Bronüegräbem thatsächlich gefunden. Zwischen den Zeilen
liess sich deutlich lesen, dass die Gegner des Dreiperiodensystems
glaubten, es seien, dem System zu liebe, Eisenfunde geradezu ver-
heimlicht worden. Auch aus metallurgischen Gründen sollte es keine
Bronzezeit gegeben haben können. Das Eisen ist ein Element,
während Bronze eine Mischui^ von ca. 90°/o Kupfer und 10% Zinn
darstellt. Nun sei, wurde behauptet, leicht einzusehen, dass ein ein-
faches und zwar häutig vorkommendes Metall gewiss eher entdeckt
und benutzt worden sei, als eine Legierung, welche ja die Kenntnis
mehrerer Metalle voraussetze. Zudem sei Zinn, der eine Bestandteil
der Bronze, verhältnismässig selten. Das Eisen habe zwar einen
viel hohem Schmelzpunkt (Gusseisen i300° C, Gussstahl 1300 bis
1400" C), als Kupfer (1050° C: und Zinn (250° C), sei aber doch
leichter aus den Erzen abzuscheiden, weil es schon mit einer Hitze
von 700° C, zu einer Luppe niedergeschmolzen werden könne, aus
der sich ein gutes, stahlähnliches Eisen ausschmieden lasse. Und
zed.yGOOgle
2o6 Drittes Kapitel.
Stahlmeisse! oder doch eiserne Geräte müsse man gehabt haben,
um die Bronze so zu bearbeiten, wie sie z. B. in den reich ornamentierten,
nordischen Hängegefässen uns entg^entritt
Dass in den erbitterten Streit um die Existenz oder Nicht-Exi-
stenz einer Bronzeperiode sich auch die Philologie mischte, kam
daher, dass diese Wissenschaft vor einem halben Jahrhundert die
Altertums-Wissenschaft noch vollständig beherrschte und es begreif-
licherweise nicht gern sah, dass ihr Schützling sich so selbständig
gebärdete.
Besehen wir uns nun die angeführten Gründe gegen das „nor-
dische Ei nschachtelungssy Stern " 1 Zunächst kann die Bemerkung
zurückgewiesen werden: das Eisen müsse vor der Bronze bekannt
gewesen sein, weil es ein einfaches Metall sei, die Bronze aber eine
Legierung, Hier entscheiden einfach die Thatsachen, die Funde,
nicht aprioristische Meinungen. Auch fr%t es sich gar nicht, ob
Eisen oder Kupfer leichter aus den Erzen zu gewinnen sei, sondern
es handelt sich um die Frage, ob es in Europa eine Zeit gab, wo
Bronze zu Waffen und Werkzeugen, Geräten und Schmucksachen
verarbeitet wurde, wahrend das Eisen nicht oder fast nicht be-
kannt war und darüber entscheiden wieder die Funde. Dass man
Bronze nur mit Eisen bearbeiten könne, war auch eine solche Lehr-
meinung: Sie ist durch das Experiment längst als unhaltbar er-
klärt worden.
Stärker ins Gewicht fällt der Einwurf, das Eisen habe sich eben
nicht erhalten. Dagegen sagt Hoernes in seiner „Urgeschichte des
Menschen" mit Recht, dass wohl die Eisenobjekte an und für sich
durch langes Liegen in der Erde zu Grunde gehen können, aber
immer bleibe eine Rostspur, übrigens haben die sorgfältigen Aus-
grabungen der Neuzeit gezeigt, dass das Eisen nie spurlos ver-
schwindet Was die Eisenstücke betrifft, die in nordischen Hünen-
gräbern der sogen, Bronzezeit gefunden wurden, so erklären sie sich
einfach dadurch, dass durch spätere Eingriffe, so z. B. durch Nach-
bestattungen, jüngere Objekte in Grabhügel gelangen können, Tiere,
wie Füchse, Dachse u. s. w. schleppen auch etwa dergl. Sachen ein.
Bei sorgfältiger Untersuchung wird sich aber immer ergeben, dass
ein solcher Fall als Ausnahme zu betrachten ist und nicht bestimmend
wirken kann. Die Eskimo's in Grönland zeigten uns einen anderen
Fall, wie Elsen unter Steinzeitsachen gelangt ist.
Wir sehen also, dass weder geistreiche Hypothesen, noch Aus-
sprüche vonTechnikem, weder philologische noch chemisch-geologische
Lehren in der uns vorliegenden Frage ausschlaggebend sind, sondern
allein die Funde. Was lehren uns nun diese Funde?
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode. 207
Sie lehren, dass für Europa und die zunächst liegenden Teile
von Asien und Afrika das Dreiperiodensystem absolut richtig istj
dass dasselbe aiso nicht nationaler Eitelkeit und Überhebung der
Danen entsprang, Dünkel war eher auf Seiten ihrer Gegner und
es muss rühmend hervoi^ehoben werden, dass die nordischen
Forscher den Streit mit sachlicher Ruhe führten und selbst durch
die beklagenswerten persönlichen Insulten, die sich ihre Angreifer
zu Schulden kommen Hessen, nicht verleitet wurden, den wissen-
schaftlichen Anstand zu verleugnen. Heute haben sie den Sieg
errungen.
Gerade wir In der Schweiz müssen bekennen, dass es eine
spezielle Bronzezeit gegeben haben muss. Sie ist in manchen Pfahl-
bauten prächtig repräsentiert, aber noch nie hat man in der Kultur-
schicht der Bronzestationen eiserne Objekte in grösserer Zahl angetroffen.
Solche sind überhaupt aus Pfahlbauten nur in wenigen Exemplaren
bekannt. Die reiche Bronze- Ansiedelung WoUishofen-Zürich ergab
ca. 7000 Fundobjekte, aber keine Spur von Eisen. Da kann man
nicht sagen: Das Eisen hat sich im Seeschlamm nicht erhalten.
In Mörigen im Bielersee, wo neben einer kleinen Steinstation ein
grosser Bronze-Pfahlbau ausgebeutet wurde, fand sich z. B. ein Bronze-
Armband mit feinen Eisenlamellen als Einlage. Schon dieser Umstand
beweist, wie selten das Eisen damals war und wenn sich feine Lamellen
erhielten, wird man nicht behaupten wollen, die massiven Eisenäxte,
Eisenschwerter u. dergl. haben sich nicht erhalten können.
Noch mehr! Mit Steinobjekten findet sich etwa Kupfer oder
Bronze in bearbeitetem Zustande vergesellschaftet, aber in Stein-
stationen findet man keine Eisensachen, Andererseits hat man in
Gräbern und Ansiedelungen der Eisenzeit oft schon vereinzelte
römische Funde gemacht, nicht aber in Ansiedelungen oder Gräbern
der Bronzeperiode.
Auch die Formen bronzezeitlicher Objekte sind manchmal mit
solchen der Steinzeit in Beziehung zu setzen. So erscheint das erste
Metallbeil in der Form des einfachen Steinbeils; die eisenzeitlichen
Äxte dagegen sind viel mehr entwickelt. Ganz dasselbe Hesse sich
von der Ornamentik nachweisen. Auch sie zeigt, dass nach der
Steinzeit die Bronzeperiode folgte, welche ihrerseits ihr Ende fand,
als das Eisen seine Herrschermacht zu entfalten begann.
Wie wir in der Schweiz durch die Funde gezwungen wurden,
das Dreiperiodensystem als richtig anzuerkennen, so geschah es nach
und nach in allen Ländern Europa's. Die Bronzezeit ist aber auch
für weite Länderstriche anderer Kontinente nachgewiesen, so besonders
fiir Ägypten, Mesopotamien und Kleinasien. Es ist allgemein zu-
zed.yGOOgle
208 Drittes Kapitel.
gegeben, dass im ganzen Kulturkreis, der das Mitteltneer umschliesst,
zwischen Stein- und Eisenzeit eine Bronze-Epoche eingeschoben
werden muss.
Man ist weiter gegangen und hat die Bronzezeit in Unterperioden
abgeteilt. So unterscheidet Monteuus für Skandinavien sechs Unter-
abteilungen. In der Schweiz lassen sich, wie wir sehen werden,
mindestens drei Perioden der Bronzezeit unterscheiden und für Nord-
italien hat MoNTELius vier solcher nachgewiesen. Tischler teilte die
Bronzezeit Norddeutschland's ebenfalls in vier Abschnitte ein. Die
Theorie der Dänen ist auch bei den Deutschen zum Siege gelangt
und es war interessant zu sehen, wie die „undeutsche" Dreiteilung
plötzlich ganz gut deutsch wurde. In der That sind ja Lisch und
Damneil, welche fast gleichzeitig mit Thomsen die Theorie aufgestellt
hatten, keine Dänen gewesen, sondern Deutsche,
Indessen hat der Streit doch auch sein Gutes gehabt. Zunächst
wurde besonders von Lindenschuit immer wieder betont, dass den
Völker-Verbindungen, dem Handel und Verkehr auch in der Urzeit
eine viel grössere Bedeutung beizumessen sei, als die nordischen
Forscher zugeben wollten. Ausserdem aber sah man ein, dass die
Dauer der einzelnen Perioden der Urgeschichte verschieden gewesen
sein müsse. In der Schweiz herrschte beispielsweise noch die reine
Bronzezeit, während südwärts der Alpen schon das Eisen benutzt
wurde.
Wenn nun aber auch für einen grossen Teil der Erdoberfläche
eine Bronzeperiode als prähistorische Epoche anzunehmen ist, so
kann es doch Gegenden geben, welche, ähnlich den Südsee-lnsulanem
von heute, von der Steinzeit direkt zur Eisenzeit übergingen. So
kennt man in Afrika Völkerschaften, die ganz wohl verstehen, Kupfer
zu verhütten, aber trotzdem kann südlich der Sahara eine Kupfer-
oder eine Bronzezeit nicht nachgewiesen werden und ebenso scheinen
die eisenkundigen Malayen eine Bronzezeit nicht gehabt zu haben,
wie besonders Andree hervorgehoben hat.
A. Pr^hlbauten der Bronzezeit.
Die Pfahlbauer der Bronzeperiode besassen bessere Hilfsmittel
für ihre Arbeiten, als diejenigen der neolithischen Zeit; das zeigt
sich z. B. bei ihren Ansiedelungen. Diese sind weiter im See
draussen zu suchen, als die Steinzeitstationen. Die Pfahle sind keine
zed.yGOOgle
Etie Bromeperiode. 209
Rundhölzer mehr oder ganze Stamme, sondern sc^en. Spaltlinge.
Manchmal erkennt man an ihrer Zuspitzung schon den Gebrauch
metallener Werkzeuge. Zwar ist die Zahl der Bronzestationen nicht
so gross, wie diejenige der Steinzeit-Pfahlbauten, dafür ist aber
ihre Ausdehnung um so bedeutender. Während früher meist nur
wenige Hütten beisammen standen und selten eine grössere An-
siedelung, wie z. B. Wangen am Bodensee, konstatiert werden kann.'
sind die Bronzestationen im allgemeinen als eigentliche Dörfchen zu
betrachten und mit manchem derselben war noch eine Gusswerk-
stätte, dne Töpferei und dcrgl. verbunden.
Am schönsten sind die Bronzepfahlbauten im Westen unseres
Landes entwickelt; sie fehlen indessen, wie wir gesehen haben, im
Osten nicht ganz. Aber auch in der Bronzeperiode lassen sich in
in den Seedörfem nicht bloss lokale, sondern wieder zeitliche Unter-
schiede erkennen, die eine relative Chronologie begründen. Das
dürfte schon aus der Betrachtung einiger weniger Stationen klar werden.
I. Du Stationen von Morges. Am Genfersee muss zur Bronze-
zeit eine relativ dichte Bevölkerung gelebt haben, denn von den ca.
50 Pfahlbaustattonen (vgl. Fig. 43 S. 100), die an beiden Ufern des-
selben konstatiert worden sind, weisen über 20 Bronzen auf. Sehr
lehrreich sind die Funde, welche in der anmutigen Bucht von Morges
zum Vorschein kamen. Nahe dem Ufer befindet sich daselbst die
„Station de l'Eglise", die der reinen Steinzeit angehört Am See-
grunde fand man eine Art Steinbei^, d. h. Häufen von zerschlagenen
Steinen, welche durch Hinabwerfen von Material, das bei der Stein-
bearbeitung als unbrauchbar weggeworfen wurde, entstanden sein
mögen. Zwischen den Steinhaufen waren 4 — 6 m lange leere Räume
zu bemerken, die wohl den Hütten entsprachen. An Artefakten fand
man Steinbeile, Steinwirtel, Mühlsteine, grobe Thonscherbea u. s. w.
Etwas weiter im See draussen entdeckten Troyon und Morlot eine
grosse Bronzestation, die seither besonders von den beiden Forel, Vater
und Sohn, untersucht worden ist und auf die wir gleich zu sprechen
kommen werden. Etwa 400 m von dieser „Cit^" entfernt, stiess man
auf einen kleinen, aber höchst interessanten Pfahlbau, die „Station
des Roseaux", welche ihren Namen dem Umstände verdankt, dass
daselbst Schillrohr in Menge vorkommt Diese Ansiedelung ergab
neben Steinbeilen und andern steinzeitlichen Objekten auch eine
Anzahl Bronzen von Formen, die man dem Beginn der Bronze-
periode zuschreibt. Einige Eisensicheln entscheiden nichts über das
Alter der Station, da sie wohl nur verloren gegangene oder un-
brauchbar gewordene Werkzeuge sind, die beim Schilfschneiden
benutzt wurden.
Heierli, tiricKhichw der SchwEii, '4
DiBiimd, Google
2IO DritteE KApilel.
Die Station des Roseaux war etwa loo m lang. Ihre Pfähle
bestanden aus Eichen- und Tannenholz. Einige dieser Hölzer
scheinen mit Metallgerät hergestellt worden zu sein. Unter den
Tierresten fanden sich Knochen von Hirsch, Schaf, Rind und Schwein.
Die Thonscherben sind grob und schlecht gebrannt. Neben ihnen
erscheinen Feuersteinsplitter, Steinwirtel und Beile als Zeugen der
Steinzeit, daneben aber drei Lanzetten von Bronze, eine Schmucknadel
aus demselben Metall und i8 Beile von der Form desjenigen von
Obermeilen.
Diese Äxte zeichnen sich durch schwache Randleisten und aus-
gebreitete Schneiden aus. (Fig. 164 u. 165), Sie sind in den Stationen
der entwickelten Bronzezeit sehr selten. Ihre Form lässt sich leicht
aus der Gestalt des Steinbeiles
ableiten. Die ersten, einfachsten
Beile aus Kupfer- imitieren näm-
lich ganz die Form der stei-
nernen. Nach und nach wurde
die Schneide etwas ausgeschweift,
wie das an den Kupferäxten
von St. Blaise, Geroifingen u. s. w.
zu bemerken ist Sodann wur-
den, um eine bessere Schaftung
zu ermöglichen, Leisten an-
gebracht, ursprünglich wohl
durch einfaches Hämmern,
FiR. 164. Fig. 165. ..^ j u <- T - ..
Bronzebeile aus d« Station d^ Roseaux «P«»«'" ^urch GuSS. Leisten-
bei Mo^es, kelte finden sich schon in
Kupferstationen, z. B. in Vinelz.
Leisten kommen aber häutiger bei Beilen von kupferreicher Bronze
vor und sodann bei Formen, die aus derjenigen Legierung bestehen,
wie sie die eigentliche Bronzezeit kennt. Die Leistenkelte sind
also der Übergangsperiode von Stein zu Bronze zuzuschreiben,
oder besser dem Beginn der Bronzezeit. Mort[llet hat denn auch die
Station des Roseaux als Typus seiner ersten Bronzezeit, der „Epoque
morgienne", aufgestellt.
In der „Grande Cit^ de Morges" haben wir einen Jüngern
Pfahlbau vor uns. Die Leistenkelte fehlen fast ganz, die Steinwirtel
sind durch thönerne Wirtel ersetzt, die Bronze erscheint in allen
möglichen Formen. Diese Station ist ca. 200 m vom Ufer entfernt.
Ihre Länge wird auf 400 m, ihre Breite auf lOO m geschätzt
Ausser den Pfählen fanden sich auch horizontale Balken. Südwest-
lich der Ansiedelung entdeckte man zwei Pfahlreihen, die zum Schutze
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode,
gegen den Wellenschlag errichtet worden sein m<:^en. Zwischen
den Pfählen fanden die Herren Forel einen Schalenstein.
Die Tierreste von Morges bezeugen die Anwesenheit von Hirsch,
Wildschwein, Bär, Pferd, Rind, Schaf, Ziege und Torischwein, Die
Töpferware zeigt elegante Formen und feinen Thon. Unterstellringe
für Gefässe mit spitzzulaufendem Boden waren häuBg. Daneben er-
scheinen Thonkugeln, Wirtel, Netzsenker und rundliche Steine mit
einer Rinne in der Mitte. Diese Diskussteine fand man auch in
andern Stationen, besonders häufig im Pfahlbau Mörigen und auf
dem Steinberg Nidau (Bielersee).
An Bronzeobjekten kamen in der Cit^ de Morges über 6cx} Stück
zum Vorschein. Prof. F. Forel erwähnt im neunten Pfahlbaubericht
6i Beile mit Lappen (aus den Leisten durch Vergrösserung derselben
entstanden), sechs Beile mit
Diille, sechs Meisscl, vier
Schwerter, 19 Lanzenspitzen,
61 Messer, 23 Sicheln, 95 Arm-
spangen, 79 Rii^e, 256
Schmucknadeln und 23weitere
Objekte , unter denen be-
sonders eine vollständige Guss-
form, aus Bronze bestehend,
erwähnt werden muss.
Diese Gussform ist nicht
die einzige, die wir aus Pfahl- „ 1 ''^^ ' ^' - . j .,
BrOQierlDg »us der Grande att de Morges.
bauten kennen. In Genf sind
z. B. mehrere Sandsteinformen gefunden worden. Auch an andern
Schweizer Fundorten kamen solche zum Vorschein. Sie beweisen,
dass zum mindesten ein Teil der Bronzen hier zu Lande gegossen
wurde, also nicht alles fertig eingeführte Ware ist Was aber der
Gussform von Moires ihre besondere Bedeutung giebt, ist das Material,
aus dem sie besteht.
Mehrere Bronzeartefakte von Morges tragen hübsche Ver-
zierungen. Besonders schön sind einige Armspangen, sowie ein
eigentümlich geformter Ring, der einen nierenförmigen Hohlraum
offen lässt und als Schwurring bezeichnet wird (Fig. 166). Ein
Schmuckgegenstand aus Bronze hat Rädchenform. Unter den Bronze-
messern der Grande Cite finden sich solche mit einfachem Griffdorn,
andere aber tragen eine kurze Dülle. Die zuletzt genannten Messer
fehlen in den Pfahlbauten der östlicheren Gegenden der Schweiz, wohl
aber kommen sie in den Seen Savoyen's vor. Ein ganz erhaltenes
Bronzeschwert von Morges besitzt eine sanft geschweifte Klinge und
zed.yGOOgle
212 Drittes Kapitel,
einen Flachgriff, auf welchem der eigentliche, aus Hörn oder Holz
bestehende Schwertgriff mit Nietnägeln befestigt war.
Schwerter sind in den Pfahlbauten nicht häufig. Wenn man be-
denkt, dass in unserm Lande Zinn ganz fehlt und Kupfer nur in ganz
unbedeutenden Mengen vorhanden ist, dass also die Rohmatenalien
zu den Bronzen eingeführt werden mussten, daher einen grossen Wert
repräsentierten, so begreift man, dass die Vermutung ausgesprochen
wurde, die Schwerter der Bronzezeit seien nur Paradestücke der an-
gesehensten Krieger, nicht aber wirkliche Waffen gewesen. Indessen
tnuss gesagt werden, dass in den Bronzestationen die Waffen über-
haupt sehr weit hinter der Menge der Werkzeuge, besonders der
Schmucksachen zurücktreten. Dass aber Schwerter hier zu Lande ge-
gossen wurden, beweisenGussformenvonSchwertgriff und Schwertklinge.
Ein ähnliches Pfahlbau gebiet im Genfersee, wie das von Motges,
liegt bei der „Pierre du Niton" in Genf. Auch dort tinden sich die
Fundschichten mehrerer Bauten, die ebenfalls verschiedene Phasen
der Vergangenheit repräsentierten. Die Funde waren noch zahlreicher,
als in Morges, besonders die Gussformen, Ringe und Schmuck-
nadeln. Die Lappenkelte traten zurück, dagegen waren die Düllen-
beiie häufig. Im Ganzen mögen dem Pfahlbau Genf ca. 1 500 Bronzen
entnommen worden sein.
2. WoUishofen bei Zürich. Das untere Ende des Zürichsees
war dereinst von einem ganzen Kranz von Pfahlbauten umgeben.
Vor dem Ausfluss der Limmat liegt im See draussen eine Untiefe,
der sog. , .grosse Hafner". Auf demselben fänden ach die Reste eines
Pfahlbaues, Die Stelle scheint aber auch später noch besucht worden
zu sein, denn es kamen bei den Grabungen daselbst mehrere
römische Münzen zum Vorschein. Näher dem alten Ufer, jetzt zum
Teil im aufgefüllten Terrain, erhob sich der „kleine Hafner", Auch
er trug ein Pfahldorf, dessen erste Anlage in die Steinzeit zurück-
weist, das aber, wie die Ansiedelung auf dem grossen Hahier, noch
in der Bronzeperiode existierte. Auf der linken Seite des Limmat-
Abllusses liegt die kleine Insel „Bauschanze", Sie ruht auf einem
Pfahlbau. Noch vor 50 Jahren konnte man um das Inselchen herum
uralte Pfahle sehen und zwischen denselben kamen Stein- und
Bronzegerate zum Vorschein, ferner Knochen- und Hornobjekte,
sowie zahlreiche Thonscherben. Besonders charakteristisch für diese
Station sind Spitzhacken aus Hirschhorn.
Ein vierter Pfahlbau liegt vor dem Bahnhof WoUishofen in
Zürich 11, im sogen. „Haumesser". Dort Ist der wenig tiefe Seegrund
mit Schlamm bedeckt. Als in den Jahren 1883 — 87 Auffullmaterial
für das neue Quai gesucht wurde, Hess man die Baggermaschine
zed.yGOOgle
Die Btonisperiode. 21 3
auch im Haumesser arbeiten und siehe da, es kam eine reiche
Bronzestation zu tage, die zwar nur zum Teil au^ebeutet wurde, aber
trotz der mangelhaften Ausbeutungs-
art zahlreiche Fundstiicke lieferte.
Der Pfahlbau Wollishofen exi-
stierte ebenfalls schon in der Steinzeit,
wie rohe Scherben, zahlreiche Stein-
beile, Feuersteinsplittcr u. s. w, be-
weisen. Diese Steinzeitstatioo dürfte
durch Brand untergegangen sein, denn
die Arbeiter wollten deutlich eine
Brandschicht erkannt haben, die liefer
Hege als die Stellen, wo Bronzen ge-
funden wurden. Über dem in Asche
gesunkenen Pfahlbau erhob sich ein
neuer, der sich vei^rösserte und in
seiner Blütezeit als ein Emporium
des Bronzehandels betrachtet werden
konnte.
Unter den Funden erscheinen
vier Schwerter. Das besterhaltene
derselben weist eine sanft geschweifte
Khnge auf, die mit Nietnägeln in den
massiven Bronzegriff befestigt wurde.
Es ist 62,5 cm lang (Fig. 167). Diese
Schwertform findet sich durch ganz
Europa. Merkwürdig ist die Kleinheit
des Griffes (10 cm). Eine mittelgrosse
Hand hat Mühe, ihn zu fassen. F'ührt
man aber einige Hiebe, so sitzt die
Hand so fest im Griffe, dass es grosser
Kraft bedürfte, dem Kämpfenden das
Schwert aus der Hand zu schlagen.
Das zweite Schwert war nicht voll-
ständig erhalten, aber von demselben V ^ ^
Typus wie das erstgenannte, nur be- ^.^ ^^^ ^.^ ^^^
saSS der Griff ursprünglich eine ßroizeschwerl Verziert« Broo«.
durch drei Nietnägel befestigte, jetzt aus Wollislioren schwertausWoUis-
verschwundene Einlage (Fig. 168.) (Zürich). hofen (Zürich).
Der hintere Teil der Klinge, sowie der Griff sind zudem mit Ver-
zierungen versehen. Diese bestehen zumeist aus konzentrischen
Kreisen, um welche sich Punktreihen ziehen.
zed.yGOOgle
214 Dritt«» Kapitel.
Wie die Schwerter, so sind auch die Dolche in den Pfahlbauten
nicht häufig. Die Neolithiker brauchten zwar nur die UIna des Edel-
hirsches zuzuschleifen, um einen handlichen Knochendolch zu be-
sitzen. In Vinelz fand man, wie wir gesehen, einen Feuerstein-
dolch mit seiner Handhabe, Wollishofen hat drei Bronzedolche
geliefert (Fig. 169 — 171)- Häufiger sind
Pfeil- und Lanzenspitzen. Die letztern
sind mit Dülle versehen und oft verziert
(Fig. 172), Die Pfeilspitzen tragen fast immer
Widerhaken. Die Befestigung im Holzschaft
geschah mittels eines Doms oder aber mit
einer Dülle (Fig. 173 — 176). Der Bogen hat
wohl aus Eibenholz be-
standen, das am be-
nachbarten Ütliberg
nicht selten ist und
noch im XVni. Jahr-
Fig. 169. Fig. 170. Fig. iri.
Bconzedolche aus Wollishofen (Zürich).
hundert ausgeführt wurde, um für afrikanische Völkerstämme zu
Bogen verarbeitet zu werden.
Beile und Messer sind bald Waffen, bald Gerate. Im Pfahlbau
Wollishofen fand man neben Steinbeilen auch ein solches aus Hirsch-
horn, das ganz die Form der heutigen Äxte zeigt. Sodann kamen
zwei Kupferbeile zum Vorschein, die in ihrer Form den Stein-
beilen gleichen (vgl. Fig. 1 10 S, 167). Häufig waren die Bronzebeile,
zed.yGOOgle
Die Broniepetiode.
2IS
besonders diejenigen mit vier Schaftlappen (Fig. 177). Das schwerste
derselben wiegt 506 Gramm. Auch Queraxte fanden sich, d. h. Beile, bei
welchen die Schneide quer zur Richtung des
Schaftes stand, die also sum Aushauen von
Einbäumen dienten, von denen wirklich einer
in Wollishofen entdeckt wurde.
flg. 17a. Fig. 173. Fig. :74. Fig. 175. Fig. 176.
Bronie-Lanieiispitie ans BroaM-Pfeilspiuen aus Wollishofen (Zürich).
Wollishofen (Zürich).
Die Bronzemesser variieren zwischen 2,5 und 22 cm Länge; ihre
Klingen sind geschweift und häufig verziert (Fig. 178 — 181}. Die
Ornamente fehlen weder auf der Breitseite der Klinge, noch auf
aus Wollishofen (Zürich).
zed.yGOOg[e
2l6
Drittes Kapitel.
deren Rücken. Oft sind es Linien, die den Schneiden parallel laufen,
oft Punktreihen. Manchmal erscheinen Halbkreise, die graviert oder
mit Punzen eingeschlagen wurden. Auch konzentrische Kreise kommen
vor. Hier und da lassen sich Steilen entdecken, wo der Stichel des
Graveurs ausgeglitten ist. Zickzacklinien und Systeme von Parallelen
fehlen nicht und zahlreich sind Kombinationen dieser Verzierungen.
Aus zerbrochenen Messern lässt sich erkennen, wie wertvoll damals
die Bronze war. Die Bruchstellen wurden ausgehämmert und das
Instrument wieder benutzt. Die Abnutzung mancher Messer ging so
weit, dass oft nur noch kleine Reste der Klingen vorhanden sind.
f
Fig. 182. Fig. 183. Fig. 184. Fig. 185.
Massiver Bronze- Bronze meissel mit DttUenmHssel aus Wollishoren
meissel ans Wollis- Flachgriff aus WoUis- (Zürich),
hofen (.Zürich). hofen.
Was die Messergriffe betritift, so ist am häufigsten ein Dorn vor-
handen , an dem dann die Hörn- oder Holzhandhabe befestigt
wurde. Hier und da finden sich oben am Dorn Ringe, die den-
selben umfassen und bei zunehmender Breite als bewegliche DüUen
aufgefasst werden können. Manche Messer haben Flachgriffe. Auf
der Griffzunge eines der grössten Exemplare (Fig. 17g) hat sich die
mit Bronzenägeln und Nieten befestigte Homeinlage noch erhalten.
Ganz besonders schön sind die verzierten, massiven Griffe. Einige
derselben gabeln sich am hintern Ende und beim reichstverzierten
Stück (Fig. iSi) sind diese Gabeln spiralig eingerollt, ähnlich den
Griffenden eines Bronzeschwertes vom Lac de Luyssel oberhalb Bex.
Unter dem Handwerksgerät aus dem Pfahlbau WoUishofen stossen
wir auf Ahlen und Pfriemen, Meissel mit massivem Körper oder mit
zed.yGOOgle
Die Bronzeptriode. 217
Dulle (Fig. 182—186), Punzen (Fig. 18;), Hämmer (Fig. 188); so-
gar ein prächtig verzierter kleiner Amboss (Fig. 189) ist gefunden
worden; auch Gussformen von Sandstein kamen vor. Der Zweck,
dem eigentümlich gebogene, Feuerzangen ähnelnde Bronze haken
dienten, ist noch nicht erkannt.
Die Fischereigeräte bestehen in einigen Angeln aus Bronze,
einer Harpune aus Hirschhorn, einem Einbau mfragment und einigen
Netzsenkern. Der unvollkommenen Art der Ausbeutung des Pfahl-
baus ist es wohl zuzuschreiben, wenn die Zeugen des Ackerbaus in
WoUishofen spärlich sind. Die aufgefundenen Reste der Flora be-
J
Fig. 186. Fig. 187. Fig. 188. Fig. 189.
Hohlmnssal „Durch- Bronzebammfr Amboss aus WoUishofen
mit DaUe aus schl^" aus aus WoUis- (Zürich).
WoUJshofeo WoIliEhoreii hofen (ZOtich),
(Zürich). (Zürich).
schränken sich auf Weizen, Hirse, Haselnüsse, Holzäpfel und Feuer-
schwämme. Daneben kamen Hirschhornhacken, eine prächtige Schaufel
aus demselben Material, sowie ßronzesicheln zum Vorschein, zu
welch' letztern auch eine Gussform dem Seegrund enthoben wurde.
Bronzetrensen) eine Phalera oder Zierscheibe mögen fiir die An-
wesenheit des zahmen Pferdes Zeugnis ablegen, ein teilweise ver-
kohltes, starkes Krummholz dürfte als Joch gedient haben. Auch
Wagenbestandteile glaubt man unter den Funden zu erkennen.
Wohl in jeder Pfahlhütte war eine einfache Mühle, d. h. ein
Stein mit konkaver Fläche und ein Reiber oder Quetscher vorhanden.
Mühlsteine und Reiber kamen im Haumesser häufig vor, auch Mörser
oder Stössel fehlten nicht. Dass die Hausfrauen in Bronzezeit-
Pfahlbauten mit der Nadel umzugehen wussten, lehrt ein Blick in die
Pfahlbausammlungen. Spinnwirtel von Thon, oftmals verziert. Spulen,
Webgewichte beweisen die Kenntnis des Spinnens und Webens.
zed.yGOOgle
2l8 Dritte* Kapitel
Ungemein zahlreich waren die keramischen Funde in Wollis-
hofen. Hübsch verzierte, aus feinem Thon erstellte Schalen (Fig. igoy,
Schüsseln und Teller (vgl. Fig. 217 S. 228), Töpfe mit spitzzulaufendem
Boden und eigentliche Kessel wurden gefundenj sowie ganze Körbe
voll Scherben. Einer derselben hat einem
grossen Topfe angehört, der um den Hals
eine Reihe kleiner Töpfe trug , deren
Inneres durch Löcher mit dem Hauptgefäss
korrespondierte. Ein anderes Thongefäss
Th„..b.uL,'MLd„-v„- '" dreiteilig: Drei Töpfchen stehen durch
ziening aus WoUishofen Röhren miteinander in Verbindung, Ähn-
(Zürich). liehe Formen werden heute noch zur
Blumenzucht benutzt Manche der altem Gefässe und Scherben
weisen noch Buckel und Ösen auf, bei Jüngern erscheinen hier und
da Henkel. Die Verzierungen bestehen in Geraden, Zickzacklinien,
Kreuzen, Dreiecken, Rautenmustern, Rosetten, Wellenlinien, Guir-
landen und Mäandern. Wie auf den Bronzen, so kamen auch auf
Thongeräten Halbkreise und Kreise als Ornament vor.
Pokal (?) B
Fig. 191 stellt ein Thongefäss vor, das die Form eines Fokales
repräsentiert.
Manche Spitzgefässe zeigen rundum laufende Rinnen, in deren
jeder ein Löchtein ist. Sehr selten ist es, dass man in einer dieser
Rinnen noch den Rest des Bronze- oder Zinndrahtes findet, der
einst das Gefäss schmückte und dessen Enden eben durch das kleine
Loch geschoben wurden, um innen auseinander gelegt zu werden.
Einige Thongefösse scJieinen als Lämpchen benutzt worden zu
gcin, worunter eines mit drei Beinen. Es hat die Form einer Schild-
kröte. Aus Thon bestanden femer die Gusstiegel. Auch Spielzeug
zed.yGOOg[e
Die Bronz«pericM9e. . 2 1 9
fertigte der Töpfer (Fig. 192). Dass in Wollishofen in der Keramik
sehr ausgiebig gearbeitet wurde, darf uns nicht wundem, wenn wir
bedenken, dass ja in der Nähe, am Fusse des Ütlibcrges, grosse Thon-
lager sich finden^ deren Material heutzutage noch benutzt und in
mehreren grossen Backsteinbbriken verarbeitet wird. Den Beweis
dafiir, dass wirklich schon die Pfehlbauer ihren Thon daselbst holten,
liefern einige Bronze- und Homobjekte, die man im Lehm gefunden
hat und die durchaus prähistorische Formen aufweisen.
Neben Thongefässen erscheinen im Haumesser, obwohl selten,
auch metallene. Da ist z. B. ein kleines Bronzetöpfchen. Wichtiger
sind einige Bronzehenkel und Geßissstiicke, die identisch an den um-
gekehrt konischen Bronzekesseln oder Situlen in Italien und Süd-
Österreich sich finden. Nun gehören diese Formen aber daselbst
schon der Eisenzeit an, während in Wollishofen nicht eine Spur
von Eisen gefunden wurde. Die Bronzezeit muss also, wie ge-
sagt, hier noch fortgedauert haben, während jenseits der Alpen
schon das Eisen seine Herrschaft angetreten hatte. Es giebt noch
andere Gründe, aus denen hervoigeht, dass die Bronzeperiode in
der Schweiz ihre höchste Entwickelung erst fand, als im Süden
das Eisen bereits bekannt war.
Man hat beobachtet, dass viele Pfahlbauten sich dadurch aus-
zeichnen, dass gewisse Formen in ihnen relativ häufiger erscheinen,
als andere. In Auvernier z. B. waren grosse, reichverzierte Arm-
spangen so häufig, dass man anzunehmen geneigt ist, es seien dort
solche Schmuckgegenstände nicht bloss für den eigenen Bedarf,
sondern auch fiir den Verkauf hergestellt worden. Im Haumesser
bei Wollishofen kam ungemein viel Töpferware zum Vorschein und
unter den Bronzen treten Beile und Messer in grösserer Zahl auf,
als man nach den übrigen Funden von Geräten vermuten würde.
Ganz besonders zahlreich aber sind Schmucknadeln, von denen weit
über tausend Stück dem Seeschlamm enthoben wurden.
Die meisten Schmucknadeln tragen Köpfchen (Fig. 193) und
nur selten ist das der Spitze entgegengesetzte Ende derselben platt
geschlagen und eingerollt (Fig. 194). Eine kleine Kopfnadel aus
Wollishofen sieht aus, als käme sie eben aus der Gussform. Die
Köpfchen sind häufig rund oder oval und fast immer verziert An
einigen bemerkt man Linien, die wie Parallelkreise aussehen. Diese
Linien können zu Furchen werden und schliesslich teilt sich der
Nadelkopf in mehrere scheibenförmige Stücke, die sich zu Eltipsoiden
abrunden. Solche mehrköpfige Nadeln finden sich nicht selten
(Fig. 195), manchmal ist aber nur eine Scheibe übrig geblieben.
Andere Nadelköpfe sind mit Linien verziert, die meridianartig von
zed.yGOOgle
220 Drittes Kapitel.
Pol ZU Pol laufen. Um die Pole sind dann gewöhnlich Parallelkreise
gezogen und so erhält das Ganze ein mohnkopfähnliches Aussehen.
Neben Mohnkopfnadeln erscheinen keulenförmigej am schönsten aber
sind diejenigen mit hohlen runden Köpfen, welch' letztere mit runden
Löchern versehen wurden, in denen oft kleine Perlen von Bronze-
blech sitzen (Fig. 196), Um diese „Augen" herum ziehen sich als
—_ gewöhnliche Verzierung konzentrische Kreise, die meist
t i durch parallele Linien und Punktsysteme untereinander
verbunden sind. Die Augen, in Verbindung mit diesen
r
Fig. 193.
Fig. 194. Fig. 195.
Bronzenadeln aus Wollishofen (Züi
Verzierungen, bilden Rosetten, deren Grundtypen manchmal als Drei-
und Sechsecke, oft auch als Vier- und Achtecke oder als Fünf-
resp. Zehnecke erscheinen.
iimt
•#"
Fig. 199. Fig. 200.
Glasperlen aus WollisholcD (Zürich).
Bronzefibel aus WollishoTen (Züi
Fig. 198.
Broniefibel aus Auveroier.
ch).
nier. Bemsteinperle aus Wollishofen (Zürich).
Viele der glänzenden Nadeln schmückten das Haar. Ein
Bronzekammchen ist wohl auch als Haarschmuck aufzufassen. Fibeln
oder Sicherheitsnadeln, die andernorts, z. B. in Italien, so häufig sind,
kommen in unsem Pfahlbauten selten vor. In Wollishofen ist eine
einzige Fibula gefunden worden: es ist eine sogen. Bogenfibel
(Fig. 197), Weniger selten sind Gehänge, Perlen, Ringe u, s. w.
zed.yGOOgle
Die BroDicperiode. 22 1
Neben Perlen aus Bronze erscheinen solche aus Glas und Bern-
stein. Die Glasperlen sind meist tonnentormig, blau und weiss ge-
streift (Fig. 199). Daneben giebt es auch „Augenperlen", d. h. solche,
die mit Buckeln oder Augen versehen sind {Fig. 200). Bernsteinperlen
deuten auf Verbindungen mit dem Norden (Fig. 201). Dreieckige, ver-
zierte Bronzebleche mit Aufhängering sind wohl als Amulete aufzufassen,
die um den Hals getragen wurden. Bei manchen derselben ist der
untere Rand etwas eingezogen, konkav. Diese Einziehung kann so
weit gehen, dass das Gehänge ein mondsichelartiges Aussehen be-
kommt Die Sichelenden können grösser und grösser werden, sich
berühren und endlich zusammen wachsen, so dass ein ringförmiges
Amulet entsteht (Fig. 202).
Fig. 202, Fig, ioy Fig. 104.
Gehänge (Amulet) aus Bronzeluopr aus ZiDDrSdcben aus
WoUishofen (ZüHch). WoUishofen. Wollishofen (Zürich).
Nicht selten kamen im Pfahlbau Wollishofen Bronzeknöpfe zum
Vorschein (Fig. 203) und radfbrmige Stücke aus Bronze oder Zinn
(Fig. 204), die wahrscheinlich als Schmuck auf die Kleider genäht
wurden.
Unter den Armspangen (Fig. 205) und Ringen (siehe unten
Fig. 216, Seite 228) haben wir nicht jenen Reichtum, wie er uns
in mehreren westschweizerischen Pfahlbauten
en^egentritt, indessen besitzt das Schweize-
rische Landesmuseum doch eine stattliche
Zahl solcher Schmucksachen aus Wollishofen.
Es sind Ohr- und Fingerringe, Armspangen,
Arm- und vielleicht auch Fussringe, Gürtel-
ringe u. s. w., fast alle verziert Eine eigen-
tümliche Spange verdient besondere Erwähnung.
Ein tordierter Bronzestab wurde so gebogen,
dass die beiden Enden neben- oder übereinander zu liegen kamen.
Eine Schliesse greift über diese Enden und verhindert ihr Aus-
einanderweichen. Dieser Ring mit Schliesse trägt eine Anzahl kleiner
Ringe von der Form unserer Gardinen ringe. Da derartige Ringlein
aus Bronze in einigen Pfahlbauten, z. B. in Hauterive am Neuen-
burger See in grosser Zahl an Haufen liegend, gefunden worden sind.
zed.yGOOgle
222 Dritte» Kapitel.
in anderen Stationen auch in Ringe gefasst vorkamen, so vermutete
Desor, es seien Wertmesser, Geldringe. Wir hätten also auch in
Wollishofen ein „Portemonnaie lacustre" gefunden.
Von Resten des Menschen selbst ist in Zürich nur ein Schädel
zum Vorschein gekommen. Derselbe dürfte nach Kollmahn einem
kräftigen Weibe angehört haben und muss der breitgesichtigen Rasse
Europa's zugezählt werden. Es ist ein Mesocephalus mit einem
Längenbreitenindex von 76,6.
3. Der Bromepfaklbau Morigen, Am sudlichen Ufer des Bieler-
sees, beim Dorfe Mörigen, liegt eine ruhige Bucht, welche nahe dem
Lande eine kleine Steinzeitstation enthält, weiter draussen im See
aber einen reichen Bronzepfahlbau, durch dessen Pfahlgewirr man
nach der Juragewässer-Korrektion zeitweise trockenen Fusses wandern
konnte. Da war es denn auch möglich, die Kulturschichte selbst
zu untersuchen. Die Grabungen wurden hauptsächlich von Dr.
E. VON Fellenberc durchgeführt und von Dr. V. Gross in seinem
Werke „Les Protohelv^tes" t>eschrieben.
Wenn der Bronzepfahlbau Mörigen die Station Wollishofen in
Bezug auf die Zahl der Schmucknadeln nicht erreicht, so übertrifll
er sie in Bezug auf Zahl und Art der Ringe,
Spangen , Gehänge. Oberflächlich wurden
einige eisenzeiüiche und römische Fibeln ge-
funden, aus der Kulturschicht selbst stammen
zwei BronzeBbeln mit gekerbten Bügeln. Diese
Form kommt in Italien nicht selten vor. Es ist
die Fibula a grandi coste (Fig. 206). Mörigen
d " ^ pfX^ ' mT'' '"* ^^^ mehrere Bernstein- und Glasperlen geliefert
U[id unter den zahlreichen Schmuckgehängen
giebt es welche, die aus Gold hergestellt wurden. Goldene Ringlein
dienten wahrscheinlich als Ohrschmuck. Spiralfaden aus Bronze
mögen um den Hals getragen worden sein. Zahlreicher sind bronzene
Armspangen. Neben massiven, oft tordierten Ringen und Spangen
finden sich grosse, hohle Stücke, aus Bronzeblech hergestellt. Sie
erscheinen auf der Aussenseite häufig gerippt oder mit geometrischen
Verzierungen geschmückt. Bei den schönsten Formen (vergl. Fig. 261,
S. 263) finden sich, ähnlich wie bei den Kopfnadeln, konzentrische,
durch Parallelensysteme unter einander verbundene Kreise. Eine
hohle Spange, die, wie die meisten dieser Schmucksachen mit
Endstollen versehen ist, tr^t auf der Aussenseite Einlagen von
dünnen Eisen blättchen, wie schon bemerkt, ein genügender Beweis,
dass Eisen sich erhalten hätte, wenn es den Pfahlbauem bekannt
gewesen wäre.
zed.yGOOgle
Die Broozeperiode. 223
In Mörigen fanden sich Gürlelhaken von Bronze und ferner ein
Fragment getriebenen Bronzebleches, das an die Gürtelbleche der
Eisenzeit erinnert und wohl als ein solches aufzufassen ist. Bronze-
knöpfe, Zierscheiben, Pincetten u. s. w. vervollständigen das Inventar
von Schmucksachen aus unserm Pfahlbau.
Was die keramischen Produkte anbetritit, so sind in der Station
Mörigen Schalen mit und ohne Henkel zum Vorschein gekommen,
ferner Schüsseln und Teller, Becher und Töpfe, eigentliche Kessel
und mehrteilige Gefasse. Überall in der entwickelten Bronzezeit
kommen Spitzgefässe vor, zum Teil mit Rinnen und Löchlein ge-
schmückt. Noch sei erwähnt, dass auch Fragmente von Saug-
fläschchen für Kinder gefunden wurden, sowie thönerne Kugeln oder
Vogelgestalten mit Steinchen im Innern, also Rasseln, die man den
Kleinen als Spielzeug gab. Das letztere Gerät findet sich übrigens
auch in Bronze. Die meisten Thongefässe waren verziert, einige
sogar bemalt. Die Bemalung der Töpferware tritt anderwärts erst
in der sogen. Hallstattperiode auf, in der ersten Eisenzeit. Das
Vorkommen bemalter Scherben in Corcelettes, Mörigen, Nidau
und anderen relativ jungen Pfahlbauten ist ein neuer Anhaltspunkt für
die Zeitbestimmung derselben. Auch verzierte Bronzegefässe fehhen
in Mörigen nicht. Es sind Schalen und Töpfchen.
Wenn man von der Beschäftigung der Pfahlbauer sprechen
soll, so wird man zunächst den Fischfang erwähnen. In Mörigen
fanden sich zahlreiche Bronzeangeln, sogar einige Doppelangeln.
Die Viehzucht wird, ausser durch die Knochen der Haustiere,
unter denen an Zahl besonders das Schaf hervortritt, auch durch
einige Geräte illustriert, z. B. durch Pferde trensen. Mehrere der-
selben bestehen aus Hirschhorn, andere aus Bronze; eine einzige
Trense aber besteht aus Eisen. Sie zeigt, dass der Bronzepfahlbau
Mörigen bis zu der Zeit existierte, da in unserm Lande das Eisen
nicht mehr bloss als seltenes, kostbares Material erschien, sondern
schon zu Geräten benutzt wurde.
Unter den Feldgeräten fand sich in Mörigen ein Holzgriff zu
einer Sichel, in welchen das Bronze Werkzeug durch Holznägel be-
festigt werden konnte. Der Griff ist sehr handlich und zeigt besondere
Aushöhlungen für Daumen und übrige Kinger {vergl. Fig. 302, S. 277).
Handwerkszeug war häufig. Ein Bronzebeil besitzt noch
den vollständigen Holzschaft, einige der schön geschweiften Messer
stecken mit ihrem Dorn im Hirschhorngriff, andere haben Bronze-
Vollgriffe. Unter den breiten, dünnen Messerklingen, die man als
Rasiermesser bezeichnet und deren einige den Holz- oder Metallgriff
noch besitzen, giebt es solche mit Verzierungen, die an Armspangen
zed.yGOOgle
224 Drittes Kapitel.
oft genug vorkommen: sie mögen teilweise aus zerbrochenen
Schmuckspangen zurecht gehämmert worden sein. Meissel und
Ahlen, Pfriemen und Sage, Hammer und Ambos weisen auf die Thätig-
keit von Handwerkern, zahlreiche, schön verzierte Spinnwirtel, Näh-
und Stricknadeln auf diejenige der Pfahlbauerinnen hin.
Die Waffen sind fast ausnahmslos in Bronze hergestellt. Pfeil-
spitzen mit Dorn oder Dülle lagen neben verzierten Bronzelanzen.
Eine Lanzenspitze ist offenbar nichts anderes ab die abgebrochene
und mit einem kurzen Dom versehene Spitze eines Schwertes. Wir
haben mehrfach gesehen, wie zerbrochene Gegenstände aus Bronze
wieder benutzt wurden. Das giebt uns ebenfalls einen Begriff
%
GuEsfOTin aus MArigeo: a von ausieo gesehen, b — d die einzelneli Telle-
von dem Werte, den die Bronze haben musste. Die Bronzedolche
in Mörigen treten vor den. Schwertern zurück.
Ein gut erhaltenes Bronzeschwert ähnelt demjenigen aus
Wollishofen, das mit sanft geschweifter, weidenblattartiger Klinge
einen Vollgriff, der hinten in eine ovale Platte mündet, verbindet.
Dieser Griff ist durch rundum laufende Rinnen verziert, welche mit
Nietnägeln abwechseln. Ein Schwertfragment aus Bronze weist auf
dem Griffe Einlagen von Eisenlamellen auf Ein anderes Schwert
besitzt eine Klinge aus Eisen, welche die Bronzeklingeo an Lange
übertriflt. Ihre Form gleicht indessen ganz denjenigen Klingen, die
aus Bronze verfertigt sind. Leider ist der Griff dieses Schwertes
nicht vollständig erhalten. Er besteht aus Bronze und weist auch
wieder Eisenlamellen als Einlagen auf.
zed.yGOOgle
Ein Teil der Pfahlbaute Mörigen erwies sich als Hronze-Guss-
werkstätte. Da finden sich zunächst Gusstiegel, Gussklumpen, zum
H
Flg. 208.
!S Quetbeiles a
Fig. 2 10,
Gussfonn eines Hammers
aus Mörigen,
Gussfocmen vod Sicheln ans dem Pfahlbau MOrigen.
Einschmelzen bestimmte Ware, sodann aber besonders Gussformen
aus Thon und Sandstein (Fig. 207 — 213). In manchen derselben
zed.yGOOgle
226 Drittes Kapitel.
Stack noch der Thonkem, der einen Hohlguss erzeugen half (Fig. 207
und 209). Durch solche Werkstättenfunde, deren Spuren sich auch
in anderen Pfahlbauten finden und denen sich, wie wir später sehen
werden, Giessereien anschliessen, deren Reste ausserhalb der Seen
zum Vorschein kamen, wird der Nachweis geleistet, dass die Bronze-
objekte, wenigstens diejenigen der späteren Bronzeperiode, nicht als
importierte Ware aufgefasst werden dürfen. Und zwar sind nicht
etwa bloss Gussformen einiger weniger Geräte gefunden worden,
sondern solche von Schmucksachen, wie Nadeln, Spangen, Ringen
Fig. 212. Fig. 213.
GussTorm Mner Lanzenspitze aus Gussform einer Schweitklinge aus
Möiigeo. Mfitigen.
und Gehängen, femer solche von Werkzeugen, wie Sicheln, Beilen,
Messern, Hämmern, Ahlen, Meissein, endlich solche von Waffen,
wie Pfeilspitzen, Lanzen und Schwertern. Neben Mörigen haben
besonders das reiche Auvemier, Corcelettes und Genf viele Guss-
formen und andere Reste von Gusswerkstatten geliefert.
4. Die Station Corcelettes. Der Neuenburger See ist wohl der
„pfahlbaureichste" See der Welt. Schon zur Steinzeit erhoben sich
längs seiner Ufer, besonders des westlichen, Dutzende von kleinen
Ansiedelungen. Der Bronzeperiode aber gehören die schon oben
erwähnten grossen Stationen von Auvemier, Bevaix, Corcelettes,
Estavayer u. s. w. an. Jede weist ihre Besonderheiten auf. Leider
ist es unmöglich, sie alle hier zu beschreiben. Begnügen wir uns mit
einigen Bemerkungen über eine derselben!
Unweit des schlachtberühmten Städtchens Grandson liegt der
Weiler Corcelettes, am westlichen Ufer des Neuenburger Sees, aber
im Kanton Waadt gelegen. Vor dem Dörfchen fand man im alten
zed.yGOOgle
Die BToDMpenode. 227
Seegrande die Reste eines kleinen Pfahlbaus der Steinzeit und dicht
daneben die Spuren einer grossen Bronzestation, die durch eine
Brücke mit dem festen Lande in Verbindung gestanden hat. Durch
die Juragewässcr-Korreiction wurde der Steinzeitpfahlbau ganz, die
weiter gegen den See hinausreichende Bronzestation zum grössten
Teil trocken gelegt. Beides waren Rostpfahlbauten. Bemerkenswert ist,
dass die bronzezeitliche Ansiedelung nach Norden durch drei Palissadrn-
reihen, zwischen welchen massenhaftes Steinmaterial lag, gegen den
Wellenschlag gesichert wurde.
Die ersten Funde aus Corcelettes kamen in die Kollektion
d'YvERNois', welche später an Dr. Gross überging und mit der
Sammlung des letztem durch Kauf in das Schweizer Landesmuseum
nach Zürich gelangte. Auch die Museen von Lausanne, Neuchätel,
Bern u, s. w. besitzen Bronzen aus Corcelettes, und zudem existieren
noch mehrere grosse Privatsammlungen mit Objekten aus diesem
Fundorte.
Unter den Schmucksachen von Corcelettes ist eine Art Fibel
zu erwähnen, die aus einer Bronzenadel erstellt wurde. Die Schmuck-
nadeln sind auch hier zahlreich. Es finden sich unter denselben
solche mit reichverzierten, hohlen Köpfen, andere mit mehrteiligem,
also gegliedertem Kopfe. Eine Nadel endigt in einen Trichter, Prof,
L, R. VON pELtENBERG fand bei der chemischen Analyse einer etwa
15 cm langen und 3^/, mm dicken Schmucknadel aus Corcelettes
neben 90,1970 Kupfer und 8,79 "/o Zinn noch Spuren von Eisen,
nickelhaltigem Kobalt und Silber. Schärfer tritt der Nickel- resp.
Kobaltgehalt bei zwei andern Bronzen aus Corcelettes hervor, die von
Fbllenberg analysierte. Die eine, ein Messer, enthielt neben 88,S4''/o
Kupfer und 9,2970 Zinn nicht weniger als 1,51 "/o nickelhaltigen
Kobalt; die andere, ein Lappenkelt, ergab 87,25 */u Kupfer, 9,83 "j^
Zinn, 1,5170 ^1^' ^'^'^ '>l'7o nickelhaltigen Kobalt.
Manche der zahlreichen Bronzespangen aus unserer Station
tragen Stollen an den Enden, sind aber hohl gegossen. Der Hohl-
raum scheint mit Birkenharz gefüllt gewesen zu sein. Eine Spange
weist eine Reparatur auf.
Bronzegehänge in Form von dreieckigen Blechen (Fig. 214),
Halbmonden oder (geschlossenen) Ringen wurden in Corcelettes häufig
gefunden. Besonders interessant ist ein doppelt durchlochtes Scheib-
chen, das aus einem (menschlichen?) Schädel herausgesägt worden
zu sein scheint (Fig. 215). Wahrscheinlich haben wir in demselben
einen Zeugen prähistorischer Trepanation vor uns. Man hat nämlich
in einigen Gegenden Mittel-Europa's, z. B. in Frankreich, Schädel aus
uralter Zeit gefimden, aus denen kleine Stücke herau^eschnitten worden
"5*
zed.yGOOgle
228 Drittes Kqiitet.
waren. Bei manchen derselben konnten die Schnitte des Feuerslein-
messers deutlich erkannt werden. Die Operation scheint nicht etwa
bloss an Verstorbenen, sondern auch an Lebenden vorgenommen
worden zu sein, vielleicht um den bösen Geistern, die sich im Kopf
eingenistet und daselbst Krankheit verursacht hatten, einen Ausweg
zu schaffen. An verschiedenen dieser Schädel fand man Wundnarben
und es wäre also möglich, dass die Trepanierten nach der Operation
noch einige Zeit gelebt hätten. Gewiss ist es nicht verwunderlich,
wenn ein, durch einen solchen chirurgischen Eingriff herausgesägtes
Schädelstück ab Amulet getragen worden ist.
Zu den Schmucksachen aus Corcelettes sind noch Zierscheiben
zu rechnen, die als Phaleren oder in Form von Zierrädchen den Be-
I
Fig. 21b.
Fig. 214: Broniegehänge aus Corcelettes.
Fig. 215: Knochengehänge (Amulet) aus Coiceletles.
Fig. il6: Broaienng aus WoUishoren,
Fig. 217: Thonleller aus WoUishofen,
sitzer schmückten. Eines der letztern besteht aus reinem Zinn.
Pincetten und Knöpfe dienten als Toilettengegenstände.
Wie Mörigen, so gehört auch Corcelettes zu den wenigen Sta-
tionen, welche gemalte Gefässe oder Scherben solcher geliefert haben,
ein Umstand, der auf die beginnende Eisenseit hinweist. Neben dieser
relativ jungen, fand man aber auch viel ältere Töpferware. Die
Gefässe der Bronzezeit besasscn häufig abgerundete, zum Teil spitz-
zulaufende Bodenflächen. Solcher Gefässe mit ihren Unterstell-
ringen kamen in Corcelettes manche zum Vorschein. Ein Thon-
becher wies als Verzierung jene oben schon erwähnten ringsum
laufenden Rinnen mit Löchlein auf In einigen dieser Rinnen aber
lagen hier noch Reste von Zinnfäden, die sich recht hübsch von
dem schwarzen Grunde abhoben.
zed.yGOOgle
Die Broajeperiode. 229
Im Boden eines Thoi^efässes fand Forel jene sonderbaren Ein-
drücke, welche man als Fingerspitzen einer Frau, resp. der Töpferin
erkannte.
In Corcelettes sind auch Bronzegefässe gefunden worden. Aus
Thon bestanden dagegen lampenartige Objekte, femer ein Halb-
mond („Mondhom", vgl. Flg. 218 Seite 431) und endlich eine un-
deutliche Tierform, die aussieht, als ob der Verfertiger oder besser,
als ob die Töpferin einen Maulwurf hatte darstellen wollen. Das
Stück dürfte, ähnlich den Vogelgestalten aus Mörigen, ein Kinder-
Spielzeug (oder ein Kultobjekt?) gewesen sein.
Die Handwerksgeräte der Pfahlbauer von Corcelettes bestanden
in Beilen, Messern, Meissein, Ahlen, Sägen, Hämmern u. s. w., alles
aus Bronze. Die Messer erscheinen in verschiedenen Formen und sind
meist verziert. Der Griff ist bei einigen derselben flach, bei anderen
habep wir den Vollgriff und noch häufiger kommt der einfache Dom
vor. Neben den eigentlichen Messem fanden sich auch sogenannte
Rasiermesser. Eines derselben zeigt eine Reparatur.
Aus Bronze bestehen ferner noch Angeln, Sicheln mit Flachgriff
oder, wenn auch selten, mitDülle, Trensen, besonders aber Waffen, wie
Lanzen und Schwerter, In Corcelettes fand sich ein Bronzeschwert mit
massivem Griff, dessen Parierstange, wenn man die breite Ausladung
des vorderen Griffendes so nennen darf, eine Reparatur aufweist.
Ein anderes Schwert zeigt einen Griff, der hinten in Voluten endigt.
Die ganze Waffe ist 67 cm lang, wovon 55 cm auf die Klinge fallen.
Diese läuft in einen Dorn aus, der durch den Griff hindurch geht.
Klinge und Griff sind durch drei Nietnägel miteinander verbunden.
Die Frage, ob die Pfahlbauer von Corcelettes Bronze auch selbst
gegossen und bearbeitet haben, darf mit Ja beantwortet werden. In
der That hat man Zinn und Bronze in kleinen Stangen oder Barren
gefunden, Reparaturen an Bronzeobjekten haben wir mehrfach zu
erwähnen Gelegenheit gehabt und endlich sind auch Gussformen zum
Vorschein gekommen, worunter diejenige eines Querbeils. Sie war
175 mm lang und wog 485 g.
Haben die Pfahlbauten bis in die Eisenzeit hinein existiert?
Das Eisen muss zu der Zeit, da die Bronzestation in Corcelettes
blühte, noch sehr selten gewesen sein. Darum ist kein einziges
ganzes Gerät, keine Waffe aus Eisen entdeckt worden, wohl aber
wurde dieses Metall zu Einlagen in Schmucksachen aus Bronze
verwendet, so in Mörigen, in Corcelettes, Colombier u, a. 0, Nir-
gends in der Schweiz aber fand sich eine Pfahlbauansiedelung, in
welcher die Waffen und Geräte fast oder ganz ausschliesslich aus
Eisen bestanden hätten. In einigen Pfahlbauten, zu denen auch
zed.yGOOgle
210 Drittes Kapitel.
Corcelettes gehört, kommt allerdings Eisen vor, aber als sehr seltenes
Material, Die Pfahlbauten haben also nur bis in den Anfang der
Eisenzeit gedauert; die Mehrzahl der Stationen gehört der Stein-,
eine beträchtliche Minderheit der Bronzeperiode an.
5. Die Funde von Epsach, Kanton Bern. Die bisher betrachteten
Pfahlbauten der Bronzezeit befanden sich alle in offenen Seen. Aber
wie in der Steinzeit, so durften auch in der Bronzeperiode einige
Icleinerc Stationen in Torfseen oder Torfmooren zu finden gewesen
sein. Im Moor bei Epsach, unweit des Bielersees gelegen, fand
man in ca. 2 m Tiefe Reste einer hölzernen Hütte: Balken, rohe
Bretter und halbveräultes Flechtwerk. Dabei lagen zwei prächtige
Bronzebeile, das eine mit halbkreisförmiger Schneide und schwachea
Schaf^lappen, das andere mit viereckiger Dulle. In der Nähe fand
sich unter der Dammerde eine Lanzenspitze mit Verzierung. Aus
demselben Moor bewahrt das historische Museum Bern auch eine
Bronzepfeilspitze auf, ebenso eine grosse, wohlerhaltene Kahnfibel.
B. Die Landansledelungren.
Die Reste der Pfahlbauten liegen im Schlamm der Seen oder
im weichen Filze der Torfmoore geborgen. Viel weniger gut haben
sich die Spuren von Landansiedelungen erhalten. Wenn die Holz-
huttchen niederbrannten oder vor Alter zusammenstürzten, so war
eben kein schützendes Medium da, die Reste aufzunehmen. Der
Zufall konnte wohl etwa vereinzelte Werkzeuge und Geräte, Waffen
und Schmuck in die Erde gelangen lassen, indessen begreift man,
dass die Landansiedelungen nur in dürfUgen Resten auf uns ge-
kommen sein können. Eine wohluntersuchte Bronzestation auf dem
Lande ist diejenige vom Ebersberg am Irchel. Sie scheint von
Pallissaden umgeben gewesen zu sein, während andere Landansiede^
lungen oder Refugien durch Wälle und Gräben geschützt waren.
Auch Werkstätten der Bronzezeit sind gefunden worden und lassen
uns einen Blick in die Arbeit der Erzkünstler jener Epoche thun.
I, Eiersöerg bei Berg am Irchel. Südlich des Zusammenflusses
von Thur und Rhein erhebt sich steil der Ebersberg, ein Vorhügel
des Irchels, von diesem durch eine Bodensenkung getrennt Auf
seiner Spitze soll einst die Burg Radeck gestanden haben. Etwas
tiefer, westlich von der angeblichen Burg, im sogen. „Jösli", stiess
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode. 23 I
man auf die Spuren einer Bronzestation, die sich über ca. 40 Aren
Land ausgedehnt zu haben scheint. Unter dem Rasen kam eine
Art Humusschicht zum Vorschein, in welcher Bronzen, Thonsachen,
Kohlen, Steingeräte und Tierreste lagen. An einer Stelle liess sich
deutlich ein Herdplatz erkennen: auf einem Pflaster von Kiesel-
steinen lagerte sehr viel Kohle. Thonstücke mit Flechtwerk -Ein-
drücken und scheibenförmige Thonmassen, die zum Ausfüllen von
Zwischenräumen der Balken gedient hatten, gehörten neben dnem
Estrich aus gestampftem Lehm zu den Überresten von Hütten.
Als Hauptbeschäftigung der alten Bewohner des Ebersbei^;
muss die Herstellung von Töpferprodukten angesehen werden.
Scherben aus Thon kamen in Unzahl zum Vorschein, daneben
mehr oder weniger vollständige Schalen, Teller und Töpfe. Auch
Spitzgefässe wurden gefunden und Töpfchen mit Rinnen oder
Löchern, wie wir sie aus den Pfahlbauten der Bronzeperiode kennen
gelernt haben.
Die Verzierungen an diesen Gefässen bestehen in Parallelen, in
eingestochenen oder schraffierten Dreiecken (Wolfszahn-Omament),
in Zickzack- und Grätenmustern, Netzflguren, Rauten, Mäandern,
ährenförmigen Eindrücken, Bogen- und Wellenlinien, Guirlanden-
Verzieningen und Kombinationen dieser Elemente.
An zwei Stellen glaubte man die Reste von Töpferofen gefunden
zu haben. Diese scheinen etwa 5 — 6 Fuss lang und 3 Fuss breit
gewesen zu sein, stimmen also in den Dimensionen ganz genau
mit dem Ofen von Rümlang überein.
Aus Thon bestanden ,
auch Wirtel, Spulen und
Webgewichte, die auf dem
Ebersberg zum Vorschein
kamen, sodann aber merk-
würdige Gebilde, die ähn-
lich aussahen wie Stier-
hömer oder die Mond-
sichel und die man als
„Mondhömer" bezeichnet
(Fig. 218). Derartige Ob- p. ^^^
jekte sind auch in Pfahl- „Moodhoni- vora EbeisberB (ergäD^t).
bauten gefunden worden,
z. B. in Auvernier, Mörigen, Nidau, WoUishofen-Zürich, Auf dem
Ebersberg fanden sich ein Mondhom aus Thon und zwei Frag-
mente von Mondhörnem aus Sandstein.
Die Werkzeuge und Waffen, welche in dieser Landansiedelung
zed.yGOOgle
232 Drittes Kapitel.
entdeckt wurden, bestanden nicht immer aus Bronze, sondern oft
auch aus Stein. Neben einem Bronzebeil erscheinen mehrere Stein-
beile, worunter eins aus Nefrit Ahlen und Pfriemen bestehen aus
Bronze, ebenso Messer. Neben Bronze-Pfeilspitzen erscheinen Lanzen (?)
aus Hom. Dass auch der Feuerstein benutzt wurde, bedarf kaum
der Erwähnung. Komquetscher und Rinnensteine fehlen eben-
falls nicht
An Schmucksachen kamen zum Vorschein: Bronzenadeln, zum
Teil mit Verzierungen geschmückt, eine Perle aus grünlich-blauem
Glas, Spiralröhrchen aus Bronze, bronzene Ringe und Spangen.
Unter den Tierresten traten die Wildtierknochen hinter den-
jenigen der Haustiere zurück. Die Leute vom Ebersbeig hatten
Hunde und züchteten das Rind, das Schwein, die Ziege und das
Schaf. Der Edelhirsch und das Reh erscheinen als Jagdbeute.
2. Das „Refugium'^ auf dem Utüberg bei Zürich. Nicht der
Mensch allein hat Schicksale, sondern auch der Boden, auf dem er
wandelt. Das Antlitz der Erde trägt oft scharftnarkierte Züge, die
von Ereignissen aus der Vei^angenheit erzählen.
Ein Wahrzeichen der Gegend von Zürich ist der Ütlibei^ oder
Uto, der sich westlich der Stadt zu 873 ra Höhe erhebt. Wir haben
schon früher gehört, dass die löcherige Nagelfluh, die seine Spitze
bildet, nichts anderes ist, als Deckenschotter, d. h. verkittetes fiuvio-
glaciales Geschiebe der ersten Eiszeit Der Kern des Berges
besteht aus Molasse, deren Bildung in die Tertiärzeit zurückreicht.
Seit jenen Tagen ist am Uto durch die geologischen Mächte, be-
sonders das Wasser, bis auf heute unaufhörlich gearbeitet worden.
Die Form jedoch, in welcher er sich unserer Generation vorstellt,
ist keine endgültige. Sie muss ^ch wieder ändern; ja wir sehen
die Veränderungen Jahr fiir Jahr vor unsern Augen vor sich gehen.
Auch der Mensch hat dem Ütliberg den Stempel seines
Daseins aufgedrückt. Sehen wir ab von unserer Zeit, wo das Dampf-
ross keuchend die Gehänge hinanzieht, so können wir die mensch-
lichen Spuren auf dem Uto bis in die Bronzeperiode zurück ver-
folgen. Aus dieser Epoche stammen wohl die Wälle und Gräben,
welche ihn fiir prähistorische Verhältnisse zu einer fast unbezwing-
baren Festung gemacht haben.
Wer vom Bahnhof auf dem Ütliberg gegen den Kulm hinauf
wandert, den fiihrt die Strasse gleich oberhalb der Station durch
einen Einschnitt in einem Wall, der die ganze Breite des Beig-
ruckens überspannt und die oberhalb liegende Fläche der sogen.
Ägerten (oder Almend), sowie die eigentliche Kuppe des Berges,
gegen die einzig leicht zugängliche Seite, gegen Nordnordwesten,
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode. 233
vollständig abschliesst Nach allen andern Seiten fallt der Uto steil
ab und es genügte in der vorgeschichtlichen Zeit gewiss eine kleine
Schar Krieger, um einen allfälligen Feind, der die Steilgehänge
hinaufkam, zurückzuweisen. Innerhalb des grossen Walles ob dem
Bahnhof soll früher ein Graben und ein zweiter, niedrigerer Wall
sichtbar gewesen sein; jetzt ist das Gelände fast ganz ausgeebnet
Dagegen schiebt sich an der östlichen Ecke des Walles, hart am
Steilabfall gegen Zürich, eine Art Reduit vor, das eine vorzügliche
Übersicht über die Umgebung gewährt haben muss. Ungefähr in
der Mitte des grossen Walles ist der alte schmale Eingang ins
Refugium. In der Nähe wurde ein Beilhammer aus Hirschhorn ge-
funden. Abgesehen von diesem Funde beweisen mehrere Gräber,
die 1874 beim Bahnbau im Mantel des Walles zum Vorschein
kamen und dem Beginn der sogen, zweiten Eisenzeit, also etwa
dem vierten vorchristlichen Jahrhundert angehören, das hohe Alter
desselben. Da die Gräber im Mantel des Walles lagen, muss dieser
jedenfalls älter sein.
Die Ägerten bildet einen grossen, sanft geneigten Platz, der
den daselbst Lagernden für mehrere Stücke Vieh Nahrung bot und
zudem eine Quelle bii^, die heute noch am östlichen Steilabfall
des Beides zu Tage tritt. Die Kuppe des Ütliberges ist von der
Ägerten durch drei Wälle geschieden gewesen. Ihre Reste sind
noch erkennbar. Allerdings ist der unterste Wall fast ganz ver-
ebnet und vom dazu gehörigen Graben nichts mehr zu sehen;
deutlich aber tritt der mittlere Wall und der erste Graben hervor.
Durch diesen Graben, also zwischen dem ersten und zweiten Wall
fährt ein schmaler Weg zu einer kleinen Quelle, die am Westfuss
der Kuppe heraustritt. War die Ägerten gegen den andringenden
Feind nicht mehr zu halten und musste sich die Besatzung auf den
Kulm zurückziehen, so ging doch, dank dieser Quelle, das Wasser
nie ganz aus und der Weg zu derselben war im Schutz des Forts
gelegen.
Im Mittelalter stand auf dem Utokulm eine Bui^. Der erste
Graben wurde damals als Bui^graben benutzt. Der Eingang in die
Burg — es ist der heutige Weg vom Hotel auf der Ägerten nach
dem Kulm — führte am östlichen Rand des Berges hin. Der Ein-
ziehende kehrte den Wällen also die rechte, unbeschildete Seite zu.
Als 1836 die Fundamente zum Restaurant Kulm ausgegraben
wurden, stiess man unter der etwa 30 cm dicken Dammerde auf
die r,5 m dicke Schuttschicht jener Bui^, darunter aber kam wieder
humose Erde und in derselben lagen römische und vorrömische
Objekte. Die letzteren bestanden in rohen Scherben und Frag-
zed.yGOOgle
234 Drittes Kapitel.
menten aus etwas feinerem Thon, welche Schalen und schüssei-
förmigen Gefässen angehört haben mochten und mit Fi nger-Eind rucken
und geradlinigen Ornamenten verziert waren. Auch Bronzen fanden
sich dabei, z. B. Armspangen, eine Schmucknadel, ein Meissel und
ein sogen. Rasiermesser; ferner kam ein
Steinbeil zum Vorschein, sowie ein Thon-
wirtel; endlich aber auch ein Messer, eine
Lanze und ein Düdenkelt aus Eisen. Im
Jahre 1840 wurde bei Gartenarbeiten ein
Scherben gefunden, der einem griechischen
^'R- "9- Gefäss angehört haben dürfte (Fig. 219)
GriechiBcherScherl«n. gefunden ^^^ ^^f ^^^^^ ^^^^^ ^^^ j^ SchwarzCr
auf dem Utlibere. , „ n
Farbe gemaltes Palmetten-Ornament auf-
weist. Unter den römischen Funden sind neben Ziegelfragmenten
und Scherben besonders Münzen zu erwähnen, von denen fünf aus
der Zeit Valentinian's stammen.
Der Ursprung des Refugiums auf dem Ütlibcrg reicht, wie die
ältesten der genannten Funde lehren, in die Bronzezeit zurück.
Dasselbe ist aber offenbar auch in der Eisenzeit benutzt worden,
wie sowohl einige Funde auf dem Kulm, als die Gräber oberhalb
des Bahnhofes beweisen. Zur Zeit der römischen Herrschaft in
Helvetien hat auf dem Uto wahrscheinlich ein Wachtturm gestanden
und im Mittelalter trat an dessen Stelle eine Burg, die bis zum
Jahr 1368 existierte, dann aber zerstört wurde.
Eine ebenso alte und interessante Geschichte, wie der Uto, hat
das Defil^ von Vorbourg, unfern Del^mont und Courroux, im
Berner Jura. Dort bestand wohl in der Bronzezeit schon eine Art
Fort zum Schutz des Weges, wie zahlreiche Funde von Thon- und
Bronzegeräten andeuten.
3. Brojtzegiessereien. Nicht bloss in bronzezeitlichen Pfahl-
bauten, sondern auch in Werkstättenfunden auf dem Lande hat
man die Beweise gesammelt, dass die Bronze zu einem Teil in
unserm Lande gegossen und bearbeitet wurde. Das Metall kam
nicht immer schon als Legierung in den Handel, denn man fand
in Ffahlbaustationen und in Gusswerkstätten sowohl Kupferklumpen,
als reines Zinn.
In Echatlens (Waadt) wurde 1857 eine Giesserei entdeckt. IMe
Funde gelangten an Trovon und nach dessen Tode ins Museum von
Lausanne. Sie bestanden in Gussklumpen von Kupfer und in Bronze-
stücken, die zum Einschmelzen bestimmt waren. Sodann fand man
verfehlte Gussstücke und endlich Beile, die noch die Gussnähte
aufwiesen. Ein ähnlicher Fund, in welchem besonders Beile und
zed.yGOOgle
Die Bronzeperiode. 23 C
Arraspangen-Fragmente häufig waren, kam bei Kerzers (Freibiirg)
zum Vorschein,
Beim Hinzihofli, Gemeinde Grenchen (Solothurn), wurden beim
Ziehen eines Grabens Bronzebeile, Knopfsicheln, sowie Fragmente
eines Beils und eines Schwertes gefunden. Die Gegenstände lagen
4Fuss(=i,3m)tief. Unter denselben fanden sich unregelmässig über-
einander geschichtete, teilweise angebrannte Kalksteine und über
denselben Kohle und Asche. Ein Stück gebrannten Thons dürfte
als Gussform aufzufassen sein.
In Tschugg (Bern) unfern des Bielersees, fand sich auch eine
Guss werkstatte, ja selbst im Bemer Oberlande wurde beim Bade
Heustrich, Gemeinde Aeschi, eine Giesserei entdeckt. An letzterem
Orte fand Morlot Kupfermasseln und Zinnbarren.
Die Ostschweiz besass in Veitheim (Zürich) eine Gusswerk-
stätte und in dem benachbarten Wülflingen scheint die grösste
bronzezeitliche Giesserei der Schweiz gestanden zu haben. Leider
wurde der ganze Fund, bis auf wenige im Schweizerischen Landes-
museum befindliche Stücke eingeschmolzen und ging dadurch für
die Wissenschaft verloren.
Beim Anlegen eines Kanals für die BEUGCER'sche Spinnerei in
Wülflingen stiess man 1822 in etwa i m Tiefe auf einen von Sand-
stein ersteilten Kanal, dessen Steine aussahen, als ob sie aus einem
Schmelzofen kämen. In der Nähe kamen Bronzenadeln, Sicheln,
Lappenkelte und Schwerter zum Vorschein. Nach F. Keller soll
auch Erz in Klumpen gefunden worden sein, nach andern Berichten
zudem noch Eisen. Etwa 15 q. Bronze wurde zum Guss neuer
Maschinen verwendet.
C. D6pöt- und Bergrftinde.
1. Depotfunde. In Salez, Gemeinde Sennwald im St. Gallischen
Rheinthal wurden beim Kiesgraben über 60 scheinbar nie gebrauchte
Bronzebeile mit schwachen Randleisten und etwas verbreiterter Schneide
gefiinden. Sie gleichen den Formen aus der Station des Roseaux
bei Morges. Merkwürdiger Weise stimmen diese Beile aber nicht
bloss in der allgemeinen Form, sondern auch in Grösse und Ge-
wicht miteinander überein. Das letztere schwankt nämlich wenig um
215 g herum; die Länge betrug ca. 125 mm und die Schneiden-
breite ca. 50 mm. Die Beile sollen in Reihen geordnet gefunden
worden sein. Ein ähnlicher, aber kleinerer Fund kam in dem
benachbarten Gasenzen bei Gams zum Vorschein. Waren es
zed.yGOOgle
236 Drilles Kapitel.
verboi^ene Schätze von Händlern, die nicht mehr wiederkehrten,
oder müssen wir sie als Opfer-Gaben betrachten?
Am Südabhange des Lindenberges, eine schwache Stunde von
dem luzemischen Dorfe Hohenrain, ist der Hof Ober-Illau, Etwas
nördlich von demselben, hart am Waldrand, wurde 1861 ein erratischer
Block weggeschafft. Derselbe wog ca. 100 q und war von einer
Tanne fast ganz überwachsen. Als man ihn aushob, entdeckte man unter
dem Findling 25 zweischneidige Bronzeschwerter, alle von derselben
langen, schmalen, dreieckigen Form. Nach dem Fundbericht haben
sie strahlenartig dagelegen. Hinten endigten die Schwerter in kurze,
mit Nietlöchem versehene Griffzungen, Mehrere der Waffen waren
so stark oxydiert, dass sie beim Aufheben zerbrachen. Während sie
in der Form genau übereinstimmten, variierten sie in Bezug auf die
Länge; doch waren die meisten iS — 20 (alte) Zoll lang. Der Boden
rings um den Fund war rötlich gefärbt.
Auch im Hasli bei Bünzen (Aargau) fand man unter einem
erratischen Blocke Bronzewaffen. Es waren vier Beile in Kies ge-
bettet. Sie lagen da in Form eines vierspeichigen Rades, mit den
Schneiden nach aussen. Schon früher waren in der Bünzener Gegend
acht Flachkelte mit halbkreisförmiger Schneide und schwachen Rand-
leisten unter einem Stein gefunden worden.
Derartige Depotfunde kamen noch in mehreren andern Kantonen
der Schweiz zum Vorschein. In Ringoldswil, Gemeinde Sigriswil,
nördlich vom Thunersee, fand man 1840 auf einem Felsblock ca.
zehn Bronzebeile, zwei Dolche und zwei Lanzenspitzen aus demselben
Material. Der ganze Schatz befand sich in2Fuss(6ocm) Tiefe in der Erde,
womit der Fels bedeckt war. Die Beile haben die Formen, wie wir sie
in den Funden von Salez und BUnzen beschrieben. Die Dolche be-
sitzen dreieckige, breite Klingen und massive, durch Nietnägel mit
den Klingen verbundene Griffe. Derartige Formen sind in der übrigen
Schweiz bis heute noch nie zum Vorschein gekommen, ausgenommen
im Rhonethal. Sie weisen auf Italien hin.
Troyon erwarb einen Depotfund aus Charpigny bei Ollon,
zwischen Aigle und Bex. Da fand man nämlich, ebenfalls unter
einem grossen Stein, elf Bronzebeile, drei grosse Ringe und eine
Lanzenspitze. Diese Stücke waren auch wieder im Kreis angeordnet
gefunden worden.
Manche interessante Bronzefunde stammen aus Torfmooren.
Einige derselben sind Einzelfunde. Unter den letztem erscheinen
diejenigen am beachtenswertesten, welche im Gebirge, in Hoch-
thälem, an Pässen oder auf Bei^gipfeln zum Vorschein kamen.
zed.yGOOgle
Die BromeperiDde. 23?
2. Die Berg- oder Passfiinde. Der Neolithiker ist nicht ins
eigentliche Hochgebirge eingedrungen, wenn er auch in manchen
Thälern unserer Alpen seine Spuren hinterlassen hat. Früher glaubte
man, dass die Alpenpässe überhaupt erst seit der Zeit der Römer
oder wenig vorher benutzt worden seien. Kupfer, Zinn und Bronze
sollten längs der Rhone in die Schweiz gelangt sein, ebenso die
andern Produkte des Südens, welche in prähistorischen Funden an-
getroffen werden. Seit aber die ui^eschichtliche Forschung ihre
Fühler sogar in die Gebirgsthäler hinauf streckt, seit die kantonalen
antiquarischen Gesellschaften auch prähistorische Funde sammeln,
mehren sich die Anzeichen, dass die Pässe der Centralalpen schon
lange vor unserer Zeitrechnung fiir den Lokalverkehr benutzt wur-
den und selbst abgelegene G^enden, wie die
Ormonts-Thäler oberhalb Bex ;Waadt) haben nicht
bloss eisenzeitliche, sondern auch bronzezeitliche
Funde ergeben.
Schon sehr früh wurde der Pass über den
Grossen St. Bernhard benutzt. In Martigny,
am Ausgangspunkt dieses Alpen-Übergangesj fand
man ausser einem Stück Feuerstein Spiralringe
aus Bronze, eine Nadel mit eingerolltem Ende
und seitlichen Knöpfen, femer Röhrchen, Beile
und Lanzenspitzen aus diesem Material. Beson- Fig. aao.
ders wichtig ist ein Bronzeschwert mit Vollgriff Sehwert von unga-
und geschweifter Klinge (Fig. 220). Es wurde ""'' „arti""" ""
in La Plaine bei Martigny gefunden und gelangte
an das historische Museum Bern. Die Form, noch mehr aber das Spiral-
Ornament auf dem Griff dieses Schwertes beweist, dass es kein ein-
heimisches Produkt ist, sondern aus dem Osten stammt. Eine fast
identische Waffe, ebenfalls aus Bronze, stammt vom Semmering in
Österreich und in Ungarn ist dieser Schwerttypus ganz besonders häufig.
Einige Stunden von Martigny entfernt, am Bemhardswege, liegt
Sembrancher, Diesem Dorfe gegenüber, im Gebiet der Gemeinde
Vollege, also auf dem rechten Ufer der Dranse, liegen die Weinberge
von Plat-Choex. Bei den Reb-Arbeiten daselbst kamen Gräber zum
Vorschein, die aus Steinplatten gebildet waren und Skelete enthielten.
In einem dieser Steinkisten-Gräber entdeckte man Bronzenadeln mit
scheibenartigem, flachem Kopfe, wie sie in Bronzezeitgräbem des
Wallis mehrfach angetroffen wurden.
Es darf hier daran erinnert werden, dass nach den Forschungen
Reber's Östlich von Sembrancher, in Bagnes, eine Unmasse Stein-
denkmäler, besonders Schalensteine, sich finden.
zed.yGOOgle
238 Drittes Kapitel.
Höher an der Route über den Grossen St. Bernhard Hegt das
DorfLiddes. In den Sammlungen des Hospitiums, das sich auf der
Passhöhe befindet, allwo schon zur Eisenzeit ein
Heiligtum sich erhob, liegen neben sehr inter-
essanten römischen und eisenzeitlichen Funden auch
drei Bronzen von Liddes; zwei Beilformen und
ein Kurzschwert Fig. 22 ii. Das letztere besitzt eine
geschweifte Klinge, die mit sechs Nietnägeln an den
aus leicht vergänglichem Stoff bestehenden Griff be-
festigt gewesen sein muss. Das Fundstück ist nur
28,5 cm lang.
Von einigen andern alten Bronzen in der
Sammlung des Hospizes kennt man den genauen
Fundort nicht; sie sind aber zweifellos ebenfalls
am Bemhardswege gefunden
worden.
Wir haben schon früher auf
eine Dolchform aufmerksam ge-
macht, die sich im Berner
Oberlande und im Wallis findet.
Es sind dreieckige Bronzeklingen,
die mittels starken Nietnägeln
an dem massiven Griff befestigt
waren. Solche Dolche kamen
bei Sigriswil und bei Strättligen
am Thunersee vor. Sie fanden
sich aber auch z. B. in Granges
i^Fig. 222) unfern Siders (Sierre)
im Rhonethal und stammen sehr
wahrscheinlich aus Italien, wo
sie im Pfahlbau Polada, in den
Depotfunden vonNuceto beiForli
und Castione bei Parma u. s. w.
konstatiert wurden. Sie kamen von Norditalien nach dem Wallis und
von dort über die Gemmi an den Thunersee.
Die Verbindung über die Gemmi wird ausser durch die schon
genannten noch durch weitere Bronzefunde angedeutet. In Interlaken
fand man ein Bronzeschwert, in Gsteig ein Bronzebeil. Die Funde
von Strättligen und Sigriswil lieferten neben den Dolchen auch Nadeln,
Spangen, Beile und Lanzenspitzen. Beim Bade Heustrich wurde
die oben erwähnte Guss werk statte entdeckt und von der Zinsmaad-
Egg bei Frutigen stammt ein Bronzebeil.
Fig. 221.
Fig. .».
BroDzeschwert von
Broniedolch von
Liddes.
Granges (WaUis).
„d, Google
Di« BrODzeperiod«. 239
Auf der Walliser Seite beginnen die Funde dicht unter den
Felsen der Gemmi, Das Bemer historische Museum bewahrt aus
Leukerbad zwei Spangen mit schwachen Endstollen, die der Bronze-
periode zugerechnet werden dürfen. Wahrscheinlich stehen auch
bronzezeitliche Funde aus dem Lötschenthal mit dem uralten Handels-
wege über die Gemmi in Verbindung, denn gewiss ist das Thal der
Lonza nicht vom Rhonethal, sondern eher von dem in der Eisenzeit
schon recht beträchtlichen Orte Leukerbad, resp. vom Gemmiweg
aus besiedelt worden.
Von Leuk selbst enthält das Universitätsmuseum der Stadt Genf
eine Bronzenadel mit kleinem Kopf und im historischen Museum in
Bern liegt eine grossköpfige Schmucknade! aus demselben Fundort
Der Gotthardpass wurde in urgeschichtlicher Zeit jedenfalb
nicht benutzt. Er bildet allerdings die kürzeste Verbindung zwischen
Nord und Süd, aber die damals ungangbare Stelle beim heutigen
Umerloch verhinderte einen regelmässigen Handelsverkehr mit dem
Urserenthal, das bekanntlich auch im Mittelalter noch lange von Uri
getrennt war und den Grafen von Rapperswil gehörte. Dagegen
haben wir Gründe, anzunehmen, dass die Verbindung zwischen
dem Wallis und dem Bündner Oberland, also der Weg über Furka
und Oberalp, schon vor dem Eindringen der Römer offen war, reichen
doch z, B. die Bronzefunde im Rhonethal bis oberhalb Fiesch,
In den Waldstätten kamen nur wenige Bronzen zum Vorschein.
Sie bezeugen aber doch, dass die Leute der Bronzezeit in die Thäler
der Muotta und der Reuss eingedrungen sind und die Passhöhe des
Brünig überschritten haben.
An derAchereck bei Stansstad wurde ein Bronzebei! mit Schaft-
lappen entdeckt, am Bürgenberg eine Lanze aus Bronze. Das Bronze-
beil, welches in einem Steinbruch ob dem Geissboden beiLungern an
der Brünigstrasse zum Vorschein kam, stellt die Verbindung her
zwischen den Funden bei Stansstad und denen ob Meiringen, die
nach der Grimsel weisen. Hinten im Melchthal sogar, auf der Frutt,
Gemeinde Kerns, wurde ein Bronzebeil gefunden.
Im Kanton Uri erwähnen wir das prächtige Bronzemesser, das
bei der J^dmattkapelle in Erstfeld zum Vorschein kam und von
Bürglen einen jGrab-?) Fund, welcher aus einer Mohnkopfnadel
und einer Bronze-Spirale besteht.
In Steinen am Lowerzersee fand man eine Schmucknadel und
ein Messer, beide aus Bronze. In Brunnen am Vier«aldstättersee
kam eine bronzene Pfeilspitze zum Vorschein, in Morschach ein
Bronzebeil. In Rickenbach beim Flecken Schwiz wurde wieder ein
Beil entdeckt und ebenso in Schwarzenbach-Gruobi im Muottathal.
zed.yGOOgle
240
Drittes K«pit«l
Von besonderer Wichtigkeit für die Frage, wann die schweize-
rischen Passe zuerst überschritten worden seien, sind die Funde im
Kt, Graubünden. Wir führen einige derselben an, um zu beweisen,
dass mehrere Gebirgsübergänge bereits zur Bronzezeit bekannt
waren. Das Prättigau mag schon zur Steinzeit, wenigstens zeit-
weilig, besucht worden sein, wie der Fund eines Steinbeils in See-
wis andeutet Auf der Drusatscha-Alp oberhalb Davos wurde ein
Bronzebeil gefunden. Es liegt im Rätischen Museum in Chur und
Paipan.
ebendort befindet sich eine prachtvolle Lanzenspitze von Bronze,
die beim Strassenbau auf der Höhe des Flüelapasses zum Vorschein
kam. Etwas oberhalb Zernez, wo dieser Pass die Thaldäche des
Engadin erreicht, in Scanfs, wurden ein Messer und ein Beil aus
Bronze gefunden.
Von Chur, dem Vereinigungspunkt der hauptsächlichsten Ge-
birgsstrassen des Bündner Landes, zieht eine derselben südlich
hinauf nach Parpan. Dort kam bei Anlegung der Churer Wasser
leitung im sogen. Weldli eine prächtige Bronzeaxt zum Vorschein,
deren Form an ungarische Typen erinnert (Fig. 223,11 — d). Von
zed.yGOOg[e
Die Btonteperiode. 24 1
Parpan gehts über die Lenzerhaide hinunter nach der Albula. In
Alvaschein unweit Tiefenkasten fand man nach der Mitteilung
Caviezel's ein Messer und ein meisselartiges Werkzeug, beide aus
Bronze bestehend. Weiter oben am Fluss, in Filisur, wurden 1887
beim neuen Friedhof ein Bronzehammer und ein Gusstück aus dem-
selben Metall entdeckt In Bergun, am Nordfusse des Albulapasses,
kam eine Armspange aus Bronze zum Vorschein. Auf der andern
Seite des Passes liegt das schon erwähnte Scan&, und etwas weiter
oben im Engadin das vielbesuchte St. Moriz, wo ein Bronzebeil ge-
funden wurde.
Ein Hauptstrassenzug fuhrt von Chur über das durch Bronze-
funde ausgezeichnete Ems ins Domlesc)^, wo in Rothenbrunnen
und Katzts ebenfalls Reste der ältesten Zeiten konstatiert werden
konnten. In der That sind schon im Jahre 1868 bei der Schfossruine
Nieder-Juvalta in Rothenbrunnen drei Feuersteinmesser zum Vor-
schein gekommen. Im selben Jahre fand man bei der Brücke zwischen
Rothenbrunnen und Orthenstein eine Knopfsichel aus Bronze und
unterhalb der Ruine Ober-Juvalta ein Bronzestück, das, wie die eben
erwähnten Funde, ins Rätische Museum nach Chur gelangte. Bei
Katzis wurde ein Bronzebeil entdeckt. In Tomils stiess man
unterhalb der Kirche auf Gräber, bestehend aus Steinkisten, in
welchen Bronzeschmuck gelegen haben soll.
Am oberen Ende des fruchtbaren Domlesc)^ sind die Ruinen
der alten Feste Hohenrätien auf dem Johannisfelsen bei Sils. Wie
dieses Dorf den Eingang in die Schynschlucht hütet, so beherrschte
jene Burg den Zugang zur romantischen Gegend der Viamala. Trotzig
schaute sie dereinst ins Thal; jetzt liegt sie in Trümmern. Am
Fusse des Johannisfelsens aber fand man Spuren, dass der Mensch
nicht bloss vor Jahrhunderten, sondern schon vor Jahrtausenden in
dieser Gegend sich aufgehalten. Es sind Schmucknadeln, eine
Sichel und ein Beil, die der Bronzezeit beigerechnet werden müssen.
Ob damals ein Weg über das Schams auf die Höhe des Splügen
oder des Bemhardin benutzt wurde, wissen wir nicht sicher, aber
bei Andeer fand man ein Bronzebeil und eine Bronzenadel, die auf
eine sehr frühe Benutzung des Weges durch das Schams hindeuten.
Nicht bloss im Hinterrheinthal hat man Bronzefunde ge-
macht, sondern auch im Thal des Vorderrheins, z.B. bei Reichenau,
wo ein Bronzeschwert entdeckt wurde. Wer von Reichenau aus,
dem rechten Ufer des Stromes entlang wandernd, Ilanz erreichen will,
kommt beim Eingang ins Savierthal zu dem Dorfe Versam. Hoch
ob demselben, in Sculms, im genannten Thale, kam ein Leistenkelt
mit halbkreisförmiger Schneide zum Vorschein, In Valendas, am
zed.yGOOgle
243 Drittes Kapitel.
Rhein, land man beim Strassenbau zwei Bronzebeile und bei Ilanz ein
sehr interessantes Schwert aus Bronze (Fig. 224). Bei dem noch
höher gelegenen Waltensburg wurde auch wieder ein Bronzebeil
gefunden. Von Ilanz zieht «ch ein jedenfalls sehr alter Weg der
Glenner entlang nach Vals, von wo aus Bergpfade
nach Savien und Rheinwald hinüberfuhren. Im
Hertjste des Jahres 1869 nun brachte ein Hirte
zwei Bronzedolche nach Vals hinunter, die er hoch
droben auf dem Übei^ang nadi Savien gefunden
hatte. Der eine der Dolche besitzt einen massiven
Griff (Fig. 225), der andere eine flache Griffisunge,
an welche der beim Aufheben des Fundes zer-
fallende Hol^rifi" mittels zweier noch vorhandener
Nietnägel befestigt war.
Diese Bronzefunde beweisen, dass die Bündner
Thäler, welche sich gegen den Bemhardinpass hin-
ziehen, schon sehr früh begangen waren. Aber auch
am Südabhang dieses Passes, im Misox, wurden
archäologische Objekte entdeckt. Neben mehreren
Graberfeldern in Castione, MoUnazzo bei Arbedo,
Castanetta und Mesocco, die der Eisenzeit ange-
hören, kam auch ein Bronzebeil zum Vorschein
und zwar in Lostallo,
Im Norden des Kantons Graubiinden liegt die
Luziensteig. Sie hat ebenfalls Bronze geliefert und
jm Rheinthal von Chur an abwärts
gehören solche Funde natürlich
auch nicht zu den Seltenhdten, hat
man doch z, B. bei Untervaz
sowohl im Val Cosenz, als auf der
Untervazer Alp dei^leichen Dinge
entdeckt.
Aus dem Vorstehenden dürfte
klar geworden sein, dass mehrere
leichter zu begehende Gebirgs-
übergänge schon in der Bronzezeit
bekannt waren und es ist sogar
wahrscheinlich, dass selbst ziemlich
hoch gelegene Pässe überschritten
wurden, wenn auch das uns heute vorliegende Beweismaterial noch
nicht so sichere Schlüsse erlaubt, wie sie in Bezug auf die Frage
der Begehung der Alpen in der Eisenzeit möglich sind.
Fig. 224.
Fig. 225.
Broniescliwert am
; BroDiedolch i
Ikni.
Val».
„d, Google
D. Bronzezeltlictie GrAberftinde der Schweiz.
DiePiählbauten zeigen uns die Hinterlassenschaft von Generationen,
die Gräber dagegen weisen auf die einzelnen Menschen hin. Die
Bronzen aus jenen Seedörfem entwerfen grosse glänzende Kultur-
bilder, jedes Grab aber markiert einen bestimmten Zeitpunkt der
Vei^ngenheit. Sind die Funde der Pfahlbauten nötig zur Erkennt-
nis des gesamten Lebens und Treibens in der Urzeit, so erweisen
sich die Grabfunde wichtig fiir die Chronologe. In den von Fach-
männern geleiteten prähistorischen Museen und Instituten wird seit
geraumer Zeit die grösstmö gliche Sorg< auf exakte Gräberunter-
suchungen verwendet, während bei der Ausbeutung der Pfahlbauten
auch Laien wertvolle Dienste leisten konnten.
Für die Steinzeit unseres Landes sind Skeletgräber charakte-
ristisch. Die Skeletteile fanden sich oft in Steinkisten und zwar in
hockender Stellung. Erst gegen Ende der Periode erscheinen in
der deutschen Schweiz Gräber mit Leichenbrand in Grabhügeln.
Was die Bronzeperiode anbetrifft, so begegnen wir im Osten
und Westen einem merkwürdigen Unterschied in der Bestattungs-
art. In der Westschweiz haben sich die Kistengräber erhalten und
neben ihnen erscheinen Skeletgräber in freiftr Erde. In der Ost-
schweiz dagegen finden sich in der Bronzeperiode, wie am Ende
der Steinzeit, Grabhügel mit Leichenbrand und daneben stossen
wir auf Flachgräber; aber auch diese enthalten in Urnen gesammelte
Reste von verbrannten Leichen. Wenn man nun bedenkt, wie kon-
servativ die Völker in Bezug auf Grabsitten und Totenkult sind,
wenn man anderseits die im allgemeinen entschieden grössere Kultur
der Westschweiz in der Bronzeperiode gegenüber derjenigen der
Ostschweiz in Betracht zieht, so ist man angesichts der erwähnten
Verschiedenheit der bronzezeitlichen Gräber in den genannten Teilen
unseres Landes zu glauben versucht, es haben im Osten und Westen
der Schweiz schon damals nicht Angehörige desselben Volkes ge-
wohnt, sondern Stämme verschiedener Abkunft. Doch ist die Zahl
der sorgfaltig untersuchten Bronzegräber zwischen Leman und Bodan
noch zu klein, um ein Urteil in dieser Frage zu erlauben.
I. Kistengräber. Unweit der Pfahlbauten von Morges ist der
„Cret du Boiron" in der Gemeinde Tolochenaz. Als man 1833 da-
selbst Bäume einsetzen wollte, kamen innerhalb roher Kisten aus
Steinplatten Skelete zum Vorschein, deren eines zwei Armspangen
enthielt, die nach Forel's Angabe durch ihre Arbeit und Verzierungs-
weise der Zeit der „Grande cit^ de Moires" angehören. Man glaubte,
in diesen Gräbern die Reste von Pfahlbauern gefunden zu haben.
zed.yGOOgle
2AA Drittes Kapitel.
In Roche, unweit Villeneuve, wurde in einer Steinkiste neben
Skeletteilen eine dreieckige, 30 cm lange Dolchklinge aus Bronze
mit scharfer Mittelrippe und zwei grossen Nietnägeln gefunden.
Die Gräber vom Renzenbühl bei Strättligen am Thunersee
waren weniger sorgfältig gebaut, Sie bestanden aus unbehauenen
Steinen. Neben einem Skelet kam ein dreieckiger Hronzedolch zum
Vorschein, der durch fünf Nietnägel an den massiven Griff be-
festigt war. In der Mitte verengte sich dieser Griff domartig und
trug daselbst vier Bronzeringe, zwischen welchen
ursprünglich Holz oder Bein als Einlage gedient
hatte. Ausser dem Dolche fand man noch andere
Er^egenstände, Ein zweites Grab enthielt ein
männliches Skelet und daneben ein Fragment
eines ehernen „Diadems", zwei Nadeln, sechs
Ringe, eine Gurtschnalle, eine Speerspitze, alles
aus „Erz" und endlich einen mit Goldstiften ver-
zierten Leistenkelt (Fig. 226).
In den Skeletgrabern vom Bunten feld bei
Rickenbach {Solothurn), woselbst unter den
Steinen eines Grabes neben andern Bronzen ein
Sch*ert zum Vorschein kam, haben wir den Öst-
lichst gelegenen der bis jetzt bekannt gewordenen
sichern Skelet-Grabfiinde unserer Bronzezeit Die
merkwijrdigste Entdeckung von bronzezeitlichen
Gräbern aber ist in Auvernier gemacht worden,
wo, ganz in der Nähe der bekannten reichen
Pfahlbaute, ein Massengrab zum Vorschein kam.
Flg. 226. Beim Fundamen tieren eines Hauses entdeckte
BroDzekelt mit ein- -. ,- ■ ■ » ■ nr i_
eciegteo Goidstmeo '"^" namlich unweit Auvernier am Wege nach
vom Renzeabühi bei Colombier in 2 m Tiefe einige grosse Steinplatten,
Strättligen. welche mehrere Grabkammern bedeckten. Die
Axe der ganzen Grabanlage war senkrecht auf die Ufer des Sees
gerichtet, zog sich also von NW, nach SO. {Fig. 22ja u. 6).
Um eine klare Vorstellung von der Form zu erhalten, muss
man sich drei Steinplatten aufrecht in einer Reihe aufgestellt denken,
die mit drei andern, welche 1,13 m davon entfernt sind, parallel
laufen. So erhält man die Mittelpartie des Grabes. Sie war durch
zwei Querplatten in drei Abteilungen geschieden und wurde sowohl
gegen den See, wie auf der Rückseite durch grosse Steine ab-
geschlossen. Die mittlere Abteilung bildete die Hauptkammer.
Zu beiden Seiten der drei Grabkammern fand man je einen durch
Steinplatten eingefassten seitlichen Gang.
zed.yGOOgle
Fig. 227-
Massengrab von Auver
„d, Google
2^6 Drittes Kapitel.
Die Hauptkammer in der Mitte der Anlage war mit einer
1,6 m langen und 1,3 m breiten Deckplatte verschlossen. Ihre
Länge betrug 1,6 m, die Breite 1,13 m und die Tiefe 1,8 m. Der
Boden der Kammer war nur 0,6 m über dem Seeniveau und be-
stand aus Kies. In dieser Grabkammer fand man, in Erde und
Steine eingehüllt, Reste von 15 — 20 Skeleten, Die Schädel lagen
an den Wänden, die übrigen Knochen in der Mitte. In einigen
Schädeln kam^n Knochen von Händen und Füssen zum Vorschein.
Wir haben also, wie in den steinzeitlichen Kistengräbern von Glis,
Pully und Lutry, wahrscheinlich sekundäre Begräbnisse vor uns.
Die Hinterkammer war 0,6 m lang und 1,13 m breit und mit
zwei Steinen gedeckt Der Inhalt bestand aus zwei Schädeln und
einigen anderen menschlichen Knochen, die, wie jene, in Erde und
Steine gebettet waren. Die Vorkammer blieb unbedeckt; ihre Länge
betrug 1,16 m. Auch in ihr fanden sich einzelne Knochen, sowie
im nördlichen Seiteneingang.
Ausser den Skeleten kamen im Massengrab von Auvernier
auch Beigaben zum Vorschein, Dr. Gross, der das Grab hatte aus-
heben lassen, erwähnt Fundobjekte aus Stein, Knochen, Zähnen
und Bronze. Durchbohrte Zähne von Bär, Wolf und Eber waren
oßenbar als Schmuck benutzt worden, ebenso eine Knochenscheibe
und eine Perle aus Kupfer oder Bronze. Zwei beilchenartige Gegen-
stände aus Stein wiesen kleine Löcher auf und scheinen als Amulete
getragen worden zu sein. Aus Metall bestehen ausser der erwähnten
Perle eine „geschwollene" Bronzenadel, deren Anschwellung unter-
halb des flachen Kopfes ein Löchlein aufweist und ein offenes
Ringlein (also eine kleine Spange] aus Bronze. Das histor. Museum in
Bern bewahrt ebenfalls Stein-, Knochen- und Bronzeobjekte auf, die aus
dem Pfahlbauergrab von Auvernier stammen sollen und, wie mir
Dr. E. VON Fellenberg gütigst mitteilte, direkt vom Entdecker des
Massengrabes erworben wurden. Sie bestehen in zwei Paar Bronze-
spangen, Messern, Knöpfen und einigen Fragmenten aus Bronze,
einem durchbohrten Zahn, einer Perle und Beilchen aus Stein,
2. Skeletgräber in freier Erde. W'enige Tage nach der Ent-
deckung des Steinkistengrabes von Auvernier wurde unfern des-
selben ein Kinderskelet gefunden, das in freier Erde lag und als
Beigaben ein Paar Spangen aus geripptem Bronzeblech aufwies,
femer ein zweites Paar Bronzespangen von dreieckigem Querschnitt
und mit Verzierungen versehen, sodann ein knopfartiges Schmuck-
stück oder Beschläge und endlich eine Bernsteinperle, Alle diese
Gegenstände stimmen so sehr mit Funden aus bronze'-eitlichen
Pfahlbauten überein, dass wir sie derselben Epoche zuweisen r
zed.yGOOgle
Die Btonzeperiode. 247
Derartige Gräber kamen auch in Cornaux, einem andern
neuenbui^chen Fundorte, vor. Da fanden sich etwa ein halbes
Dutzend Skelete auf Kies liegend und mit Erde überdeckt Eines
derselben trug an jedem Arm ein Paar verzierte Bronzespangen.
Die eine mit Weinen Endstollen versehene Spange war massiv, aus
einem rundlichen Bronzestab verfertigt, die andere flach und mit
Längsfurchen verziert Ein anderes Skclet wies an jedem Vorder-
arm nur einen Schmucl^egcnstand auf: Am einen Arme lag eine
verzierte Spange mit Stollen, am andern ein halbrunder Ring aus
Lignit (Pechkohle). Ausserdem wurden in diesen Gräbern noch
Gefässe und Scherben gefunden, wovon indessen nur eine Schale
erhalten blieb.
Bei dem historisch berühmten Schloss Chillon ^Gemeinde
Veytaux) am Genfersee sind ähnliche Gräber entdeckt worden,
ebenso in Bex, in St Prex, wo neben Skeleten auch Urnen mit Asche
(von menschlichen Knochen)? gefunden wurden, in Montsalvens
(Freiburg) und andern Orten der Westschweiz, besonders auch im
WallU.
Der Kanton Wallis ist nicht bloss topographisch ein in sich
abgeschlossenes Ganzes, er bildet in mancher Richtung auch für
den Archäologen gewissermassen eine Provinz für sich. Dieser Um-
stand erschwerte das Studium der Funde aus dem obem Rhone-
thal. Sie liessen sich nur f chwer mit Funden aus andern Gegenden
in Parallele bringen und bis vor kurzem schien es unmöglich, eine
prähistorische Chronologie für dieselben aufeustellen. Endlich ist
es aber doch gelungen, und ich glaube den Nachweis geleistet zu
haben, dass im Wallis auch die Bronzeperiode durch eine Reihe
von interessanten Grabfunden belegt werden kann.
Es scheint die Gegend von Sion damals, wie heute, der Mittel-
punkt des Landes gewesen zu sein. Bei der Anlage von Rebbei^en
in und bei Sion, Conthey, Saviöse, Ayent, Lens u. s. w. kamen zahl-
reiche Gräber zum Vorschein, die zu einem beträchtlichen Teil die
Bronzezeit repräsentieren. Einzelfunde hat man ebenfalls gemacht,
ja man glaubt am Abhang des Burghügels Tourblllon sogar Reste
von Ansiedelungen entdeckt zu haben.
Im Spätherbst des Jahres 1890, als man beschäftigt war, das
Gelände zwischen den die Stadt Sion überr^enden Hügeln Tourbillon
und Val^re zu einem Weinberg umzuarbeiten, fanden sich unweit
des bekannten Venetz-SteJns gegen 100 Skeletgräber. Die meisten
Leichen hatten West-Ost-Richtung, nur wenige schauten gegen Süden,
Dabei befand sich ein Massengrab, worin die Knochen ganz durch-
einander lagen. Die Gräber waren mit Steinen umgeben und mit
zed.yGOOgle
24S Diittes Kapitel.
rohen Felsplatten zugedeckt. Als Grabbeigaben fand man schlecht
gebrannte Gefässe, worunter einige mit Henkeln, femer mehrere
Bronzen. Es sind Armspangen aus Bronzeblech, die als Verwening
konzentrische Kreise oder Kreise mit markiertem Mittelpunkt tragen,
eine Verzierung, die uns unter den eisenzeitlichen Funden in typischer
Entwickelung als sogen. „Walliser-Omament" entgegentreten wird.
ScheibeoDad«! aus einem Bronie-
zeitgiab bei Conthey.
In der Nähe von Sion liegt das „Chäteau neuP', wo 1893 eben-
falls eine grosse Anzahl Gräber entdeckt wurden. Eines derselben
enthielt eine Bemsteinkugel und ein Kurzschwert aus Bronse. Die
Klinge zeigt in der Mitte einen Grat, die Schneiden sind sanft ge-
schweift. Das ganze Schwert ist nur 34 cm lang. Der hintere
Teil ist verbreitert und trägt vier grosse Nietnägel, welche den aus
Holz oder Bein bestehenden Griff mit der Klinge verbanden.
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode. 249
Westlich von Sion dehnt sich das weingesegnete Conthey aus.
Im Gebiete dieser Gemeinde sind schon oft Bronzegraber zum Vor-
schein gekommen. Einer der schönsten Funde aus denselben
ist eine Schmucknadel mit scheibenförmigem Kopfe, der zise-
liert ist und getriebene Arbeit aufweist. Daneben befanden sich
einfachere Bronzenadeln mit eingerolltem Kopfende. Zwischen die
eigentliche Nadel und das Kopfende lagert sich ein flacher, in der
Mitte verbreiterter Teil ein. Vier grosse, zum Teil reich verzierte
Spangen dürften als Diademe au&ufassen sein (Fig. 228), Ausser-
dem erscheinen zahlreiche Röhrchen aus Bronzeblech oder aus
spiralig gewundenem Bronzedraht Einige runde, mit eingerollten
Aufhängehaken versehene Scheib-
chen , Amulete , zeigen getriebene
Buckelchen. Endlich enthielt der
Fund noch eine Anzahl Spiralringe,
die als Armschmuck gedient haben,
und schliesslich eine durchlochte
Schnecke, die als Schmu ckgehange Fig, 230.
verwendet worden war, Gehänge aus eiDem Grab bei Conthey.
Muscheln und Schnecken, als Schmuck, verwendet, kommen auch
in andern bronzezeitlichen Grabfunden von Conthey vor (Fig. 231
bis 233), ferner in solchen aus Ayent. Zahlreich ist dabei beson-
ders Columbella mstica vertreten, indessen finden sich auch austern-
artige Stücke und Schalen von Pectunculus.
ilinige runde, mit eingerollten
$
Fig. 231. Fig. 23J.
Schnecken und Muscheln aus Bronzezeit^bein
Wer von Sitten nach Norden aufsteigt, gelangt nach einer
Stunde rüstigen Wandems nach dem freundlichen Savi^se. West-
lich des Dorfes liegt die Ruine „Chäteau de la Soie", von welcher
das Gelände steil zur Moi^e abfällt Der Platz, auf dem das Schloss
sich erhob, und der Fuss des Bui^hügels waren zur Eisenzeit be-
wohnt, wie mehrere Funde beweisen, von denen ein Löffelkelt sogar
der Bronzeperiode zugerechnet werden darf.
Unweit des Mont de S6on, auf welchem die eben erwähnte
Ruine sich erhebt, liegt Chandolin, das einen Grabfund geliefert hat,
zed.yGOOgle
2 CO Dritte» Kapitel.
der aus drei durchlochten Keulennadeln, zwei Schmucknadeln mit
eingerollten Enden und zwei Bronzespangen mit gewellten Aussen-
seiten besteht.
Unweit Chandolin, wie dieses noch 7,ur Gemeinde Savi^se
gehörig, liegt Dröne, von welchem ebenfalls ein bronzezeitlicher
Grabfund ins Schweizerische
Landesmuseum gelangte. Er
besteht aus einer Scheiben-
iiadel von getriebener Arbeit
(Fig. 234), zwei Spiralröhrchen,
zwei aussen gewellten Bronze-
spangen und einem verzierten
Gehänge mit Ring (Fig. 235),
Alle diese Objekte bestehen
aus Bronze.
Eine Gegend , die mit
derjenigen von Sion in Be-
zug aut Reichtum an Bronze-
Fig, 234. Fig. 135. funden wetteifern kann, ist
Scheibenofldel aus einem Gehänge aus einem diejenige von Ollon {Kanton
Gr.b in Saviise. bronze.ei.lichea Grab ^^j^, ^ ^^^^^^^ ^.^^ ^.^^^^
in Saviese. '
bloss Gräber, sondern An-
siedelungsreste und sogar Spuren von Werkstätten und Depotfunden.
Doch dürfen wir, um nicht weitschweifig zu werden, hier nicht naher
auf dieselben eintreten.
(Beowulfslied..
Unter den bronzezeitlichen Funden der Ostschweiz giebt es
keine solchen aus Kistengrabern mit Skeleten, wie wir sie aus dem
Westen unseres Landes beschrieben haben, sondern hier liegen die
Reste der Verstorbenen jener Epoche in Grabhügeln und Umen-
feldem und nur einmal ist ein bronzezeitliches Skeletgrab in freier
Erde gefunden worden.
Im Hard bei Welach unfern Kaiserstuhl untersuchte H. Angst
einige Grabhügel, in welchen unter einem Steinkerne Spuren von
Leichenbrand zum Vorschein kamen und dabei mehrere einfache
Bronzespangen, geschwollene Nadeln mit Löchlein und ein Bronze-
dolch mit zwei Nietnägeln und Mittelgrat
zed.yGOOgle
Die Broniepericide. 2 5 1
Das Oberholz bei Rickenbach unfern Winterthur bii^ eine
Gruppe von Grabhügeln, die zum Teil der Halbtattperiode angehören.
In einem der kleinsten Hügel wurden Spuren von Leichenbrand
und zwar unter einem Stein lager entdeckt. Dabei fanden sich
eine vereinzelte Thonscherbe, mehrere Bronzen und eine Bernstein-
perle, Die Bronzen bestehen in zwei tordierten Spangen, einer
Schmucknadel, einer kleinen Spirale und mehreren knopfartigen
Besatzstücken. Spirale und Bemsteinperle sind wohl als Schmuck
aufzufassen.
Bei G o s s a u (Kt. Zürich) zeigten sich ähnliche Grabhügel
im Altenbei^. In dnem derselben wurden zwei glattgeschliflene
Steine, zwei ganze und eine fragmentarische Armspange, sowie eine
Schmucknadel aus Bronze gefiinden. Eine der Spangen ist tordiert,
die andere weist Endstollen auf. Die Nadel zeigt einen mehrteiligen
Kopf und ist stielrund. Schon das Aussehen dieser Bronzen deutet
auf Leichenbrand. Es darf vielleicht noch bemerkt werden, dass
nicht weit entfernt von den Grabhügeln im Altenberg, in der Hexrüti
(man beachte den Namen), ein schöner Schalenstein entdeckt wurde,
der in die Sammlungen nach Zürich kam.
4. Brandgräber in flacher Erde. Das Rätische Museum in Chur
bewahrt einen interessanten Grabtiind von Mels (Fig. 236). Nur
eine Viertelstunde von Saigans befindet sich die Kapelle Heilig-
kreuz, früher „Heidenkirchlein" genannt. Dieses kleine Gotteshaus, am
Fuss des Gonzen in der Gemeinde Mels gelegen, hat dem um-
liegenden Weiler, der früher Tscherfingen hiess, den Namen gegeben.
Bei der Kapelle wurden schon öfters Gebeine der Erde enthoben,
aber sie fanden keine Beachtung. Als man im Jahre 1870
neben der Bierbrauerei, die nur wenige Schritte vom Kirchlein ent-
fernt ist, Erdgrabungen vornahm, stiess man auf eine mit Erde
und verbrannten menschlichen Knochen gefüllte Urne und neben
ihr lagen zahlreiche Bronzen, meist Schmuck. Die Urne selbst be-
stand aus Thon, der mit Kieselsand vermischt war und trug am
Bauche einen Kranz von Rautenverzierungen, an den sich nach oben
rundumlaufende Striche anschlössen. (Fig. 236, 13).
Was die Bronze-Gegenstände betrifft, so bestehen dieselben
zunächst in vier Mohnkopfhadetn ^ig. 236, l — 3), in mehreren
Nadelfragmenten, sodann Ringen von verschiedener Weite und
Bruchstücken von solchen (Fig. 236, 7 — 9). Daneben erscheinen
flache Spangen mit verbreiterten Enden und massive Spangen
mit Kerben (Fig. 236, 10—12). Ein Bronzemesserchen ist 9, ein
zweites 12 cm lang (Fig. 236, J und 6). Das merkwürdigste Stück
des ganzen Fundes ist ein Dolch von 24 cm Länge, dessen Bronze-
zed.yGOOgle
DiBiimd, Google
Sie BroMcperlode.
253
spitze fest in einem Griff aus demselben Material steckt, welcher
aber ganz die Form eines Messer-, nicht eines Dolchgriffes
hat. Er endigt hinten in eine Art flachen Knopf und weist drei
Nietnägel auf, zwischen wejchen kleine Reifen um die Dulle laufen
(Fig. 236, 4)-
Ähnliche Urnengräber, wie in Heiligkreuz bei Mels, landen sich
in Stirzenthal bei Egg und bei der Station Glattfelden an der
Eisenbahnlinie Bülach — Eglisau (Fig. 237 und 238). Im „Brand"
bei Thal heim, ebenfalls im Kt Zürich, kamen Gräber zum
Vorschein, in denen zwei Mohnkop&iadeln und zwei tiefgekerbte
Bronzespangen lagen (Fig. 239), femer ein achtförmig geschweifter
^
Fig. 338.
Mofaukopfaadel aw
relden.
(Zürich).
Fig. 240.
DoppeUpiralliBkea
Thalheim (Zürich).
Schmuckgegenstand, welcher aus einem runden Bronzedraht besteht,
dessen Enden am Kreuzungspunkt der Acht liegen und spiralig ein-
gerollt sind (Fig. 240). Ein ähnlicher Doppel-Spiralhaken wurde in
Stirzenthal-Egg gefunden.
Im Eschheim erthal unfern Schaffhausen kam beim Reuten ein
Grab zum Vorschein, das einen Leistenkelt, eine verzierte Schmuck-
nadel, emen tordierten Draht, Nägelchen oder Stifte und endlich
einen Dolch mit zwei Nieten und einer Mittelrippe enthielt, alles
aus Bronze.
Bedeutendere Funde ergab das Gräberfeld am Galgenrain bei
Wangen a. ä. Aare. In den dortigen Brandgräbem fanden sich
Schmucknadeln, worunter wieder Mohnkopfnadeln, tiefgekerbte, sowie
tordierte Spangen, Ringe und Fragmente von solchen, Spiralen, ein
bronzenes Rasiermesser, Stücke von Flachsicheln, Pfeilspitzen und
zed.yGOOgle
254 Dritt«» KapiteL
mehrere Schwertfragmente. Ausser den genannten Bronzen ist noch
eine Fibel, ein Torquis (Halsring) und ein ornamentiertes Gold-
blättchen zu erwähnen. Alles das 1^ unter den Wurzeln einer alten
Tanne.
Auch Binningen (Baseliand) hat einen bronzezeitlichen Grab-
fund aulzuweisen. In freier Erde lagen Bronzespangen mit schwachen
Endstollen, Bronzeringe und Fragmente von solchen, Nadeln mit
mehrteiligen Köpfen, eine Bronzekette, deren Glieder, Ringe von
der Grösse unserer Gardinenringe, durch umgebogene Bronzebleche
verbunden waren, ein Bronzemesser mit Flachgriff, welcher aufgerichtete
Randlappen und einen Abschlussring aufweist, und endlich ein
prächtiges Goldblech, wohl ein Gürtelschmuck, von getriel)ener
Arbeit, mit konzentrischen Kreisen, Zickzacklinien und Parallelen-
Systemen verziert
Es ist eine interessante Thatsache, dass auf dem kleinen Gebiet
der heutigen Schweiz vier verschiedene bronzezeitliche Grabformen
konstatiert werden konnten. Möglicherweise deuten dieselben nicht
bloss auf ethnologische Verschiedenheiten der Bewohner unseres
Landes, sondern auch auf chronologische Unterschiede.
5. Di^ körperlichen Reste bronzeseitlicker Bewohner der Schweiz.
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ViRCHow hat schon vor längerer Zeit aus den damals bekannten
menschlichen Resten, die den Pfahlbauten der Schweiz entstammten,
den Schiuss gezogen, dass in der Steinzeit die Kurzköpfe, in der
Bronzezeit die Langköpfe an Zahl die anderen Typen überragt
hätten. Diese Beobachtung ist heute, trotz des vermehrten Unter-
suchungsmaterials, immer noch richtig. Die aus bronzezeitlichen
Pfahlbaustationen und Gräbern stammenden menschlichen Schädel
ergeben nach den neuesten Untersuchungen durch Studer und
Bannwarth folgendes Resultat:
a) Estavayer (Freiburg): dolichocephaler Schädel.
b) CorceIettesbeiConcise(Waadt):dolichocephalerSchädel(!ndex7S,6),
c} Bevaix (Neuchätel) : dolichocephaler Schädel (Index 72,7).
d; Auvemier (Neuchätel), Bronzestation:
zed.yGOOg[e
Die BroDzeperiode. 2^K
1. jugendlicher Schädel, dolichocephal.
2. jugendlicher Schädel, dolichocephal.
3. weiblicher Schädel, dolichocephal (Index 71,8).
4. jugendlicher Schädel, mesocephal tindex 77,2).
5. Schädel, dolichocephal.
e) Auvcmier ^Neuchätel), Massengrab:
1. Männlicher Schädel, dolichocephal (Index 75,5).
2. Weiblicher Schädel, dolichocephal (Index 72,1).
f) Twann (Bern), Petersinsel: ein dolichocephaler und
ein brachycephaler Schädel.
g) Mörigen (Bern), Bronzestation:
1. Kind, brachycephal .Index So).
2. Mann, mesocephal (Index 76,1).
3. Weib, dolichocephal (Index 75,9).
4. Kind, dolichocephal (Index 72,2),
5. Kind, dolichocephal.
6. Kind, brachycephal.
h) Zürich, Grosser Hafner: dolichocephaler Schädel (Index 73,5).
Wollishofen: Weib, mesocephal (Index 76,6.)
Die menschlichen Reste aus Pfahlbauten gehören der Mehrzahl
nach Weibern und Kindern an. Mehrere dolichocephale Männer-
schädel stammen aus Stationen der jüngeren Steinzeit und manche
derselben zeigen Verletzungen, die während des Lebens ent-
standen sein müssen. Der Umstand ferner, dass es fast immer
Schädel, selten andere Skeletteile sind, beweist, dass die Schädel
schon isoliert in den Seegrund gerieten. Zudem sind ja manche
bearbeitet oder durchbohrt, als ob sie zum Tragen an Schnuren,
Bändern etc. eingerichtet worden wären. Dies bringt die genannten
Forscher zu der Vermutung, dass bei den Pfahlbauern die Sitte
bestand, die heute noch mancherorts nachgewiesen werden kann,
die Köpfe erschlagener Feinde als Trophäen zu tragen. Bei den
Weiber- und Kinderschädeln der Bronzeperiode denken wir an
Kulthandlungen, Opfer, an Unglücksfälle u. s. w.
Aus der Steinzeit sind fast nur Kurzköpfe (Brachycephalen)
erhalten, so z. B. aus den Stationen Schahs bei Neuveville, Auvernier
(Steinzeitstation), Mörigen (Steinberg) und Meilen.
Gegen Ende der Steinzeit aber, in der sogen, Kupferperiode,
erscheinen neben Brachycephalen auch Langköpfe, so z. B. in Vinelz,
Lüscherz, Öfeliplätze bei Lattrigen, Sutz, Werd bei Eschenz. Im
steinzeitlichen Pfahlbau Chevroux am Neuenburger See wurde ein
männlicher Schädel gefunden mit dem Längenbreiten-Index (d. h.
zed.yGOOgle
2$6 Drittes Ktipitel.
dem Verhältnis von Länge und Breite, die erstere = loo gesetzt)
72,8; ein Weibetschädel hatte einen Index 66,8 und derjenige eines
Kindes 68,5. In diesen Schädeln ist „der dolichocephale Typus in
seiner extremen, man möchte sagen primitiven Form" vertreten.
„Es ist derselbe Typus, den wir in Vinelz, in Sutz, in Liischerz und
noch in der Bronzezeit, so in Corcelettes, antrefifen. Er steht
in einem gemssen Gegensatz zu den edlen Schädelformcn, wie sie
Vinelz geliefert hat. Schon damals scheinen in einer Rasse edlere
Typen neben niederen Vulgärformen vorgekommen zu sein,"
Neben den Dolichocephalen erscheinen gegen Ende der Stein-
zeit auch Mesocephalen, so in Sutz, Liischerz und Vinelz. In der
Bronzezeit verschwinden die Brachycephalen fast ganz und es herrschen,
wie aus obiger Tabelle ersichtlich, die Dolichocephalen. Fassen wir
zusammen, so müssen wir sagen, dass aus der älteren Steinzeit aus-
schliesslich brachycephate Schädel nachgewiesen wurden; mit dem
Auftreten des Metalls erscheinen meso- und dolichocephale Schädel,
welch letztere in der Bronzeperiode herrschend werden.
E. Die Kultur der Bronzeperiode.
I
Die materielle Kultur eines Volkes ist zunächst ersichtlich aus
dem Grade der Schönheit und Vollkommenheit der Kleider und
Schmucksachen, der Geräte und Werkzeuge, endlich der Waffen; so-
dann ist deren Art und Zahl von Bedeutung, endlich das Material,
aus dem sie bestehen. Wenn das Gesagte in gewissem Grade sogarvon
den heutigen Kulturvölkern gilt, so hat es vollen Wert bei Beurteilung
des Bildungszustandes von Stämmen und \'olksgruppen, die sich auf
niederer Kulturstufe befinden. Vei^leichen wir nur die Waffen,
Gerate und Schmuckgegenstände unserer Höhlenbewohner mit solchen
der Neolithiker oder diejenigen der letztern mit solchen der Bronze-
zeit, so wird uns der bedeutende Kulturfortschritt von einer Gruppe
zur andern sofort klar werden.
Die Leute der Bronzezeit, um hier diese herauszuheben, müssen
sich eines gewissen Wohlstandes erfreut haben. Ihre Schmucksachen
sind sehr zahlreich und wenn man bedenkt, welchen Wert die Bronze
damals gehabt haben muss, so staunen wir über den Reichtum
an glänzenden Objekten, die einzelne Pfahlbauten ei^eben haben.
I. Kleidung und Sckmiick. Schon die Neolithiker benutzten neben
Fellen noch Geflechte und Gewebe, ja sogar Stickereien aus Flachs.
Da das Schaf in den steinzeitlichen Pfahlbau-Stationen nicht selten ist
zed.yGOOgle
Die Bronzeperiode. 25?
und in der Bronzeperiode an Zahl alle andern Haustiere übertraf,
so dürfen wir annehmen, in der zuletzt genannten Epoche seien
Wollkleider hauhg gewesen, wenn wir auch in der Schweiz keine
entsprechenden Funde nachweisen können, da sich die Wolle im
Seeschlamm eben nicht erhalten hat. Dagegen sind in Skandinavien
mehrere Grabfunde gemacht worden, in denen ausser Bronze-
schmuck und Bronzewaflcn auch vollständige Wollkleider erhalten
■waren.
Im- Jahr 1861 fand man, wie Montelius erzählt, im sogenannten
Treenhöi, einem Grabhügel bei Havdrup im Amt Ribe in Dänemark
einen Sarg, der aus einem gespaltenen und ausgehöhlten Eichen-
stamme bestand. In diesem Sarge war ein Krieger in voller Ge-
wandung und mit seinen WafTen beigesetzt worden (Fig. 241). Die
Kleidung ist vollständig erhalten und besteht aus einer hohen, wollenen
Mütze, einem weiten, rundgeschnittenen Mantel, einer Art Rock, der
von den Hüften hinabhing und ein paar Wollstücken, die wahr-
Fig. 241.
Eicheosaif mit Leiche aus dem TreenhOi. Amt Ribe (Dänemark).
scheinlich die Beine umhüllten. An den Füssen zeigten sich Leder-
reste. Der Rock wurde durch einen langen, wollenen Gürtel zu-
sammen gehalten. Derselbe war vom zugeknöpft und endigte in
Fransen. In dem Grabe lag noch eine zweite Wollmütze und ein
mit Fransen geschmückter Wollenshawl, dessen eine Hälfte zusammen
gerollt als Kissen unter dem Köpfe des Toten angetroffen wurde,
Eine Ochsenhaut umschloss den ganzen Inhalt des Sarges. Zur
Linken der Leiche lag ein Bronzeschwert in seiner mit Fell gefütterten
Holzscheide, zu Füssen des Toten eine Holzschachtel, die eine kleinere,
ähnliche enthielt, in welcher die zweite Mütze, ein Hornkamm und
ein Bronzemesser sich befanden, welch' letzteres vermutlich zum
Rasieren diente.
Zehn Jahre nach dem Funde im Treenhöi kam ein anderer
zum Vorschein, der eine vollständige weibliche Kleidung ent-
hielt, 187 1 untersuchte man nämlich einen Grabhügel bei Borum-
Eshöi, unfern Aarhus in Jütland. Auch da war die Leiche
in einem Sarge bestattet worden, der aus einem gespaltenen
Eichenstamm durch Aushöhlen beider Hälften hergestellt wurde.
Eine ungegerbte Rindshaut umschloss den Inhalt des Sarges.
zed.yGOOgle
35S Drittes Kapitel.
Der tote Körper war in einen grossen Mantel gehüllt, der aus
Wolle mit dazwischen gemischten Tierhaaren gewoben war. Das
Haar schien mit einem Hornkamm auf-
gesteckt gewesen zu sein und über
demselben fand man ein aus Wolle
geknüpftes Netz, Es kamen ausser-
dem Reste eines zweiten Netzes zum
Vorschein. Die Verstorbene war mit
einer Ärmeljacke bekleidet und trug
einen langen Rock, der um die Taille
mit zwei ungleich feinen Wollen-
bändern zusammen gehalten wurde.
Das feinere Band war in drei Streifen
aus Wolle und Tierhaaren erstellt
worden und endigte in lang herab-
fallenden, dicken und schönen Gürtel-
quasten (Fig. 242).
An Bronzeschmuck fanden sich
in Borum-Eshöi eine Bronzefibel,
ein Fingerring, zwei Armbänder und
ein Haisring. Als Gürtelzierden er-
schienen eine grössere und zwei
kleinere, runde, schöngearbeitete
Fig. »41. Bronzeplatten mit je einer Spitze in
Frauenkleid aus dem bronwieitl Sehen jg^ Mitte. Merkwürdigerweise lag
GrabhÜEel Bomm-Eshöi (Jüüand). „ . ,. .,,.", , . ,
zur Seite dieser weiblichen Leiche
ein Bronzedolch mit Horngriff. Dolche sind auch in andern nor-
dischen Frauengräbern der Bronzezeit zum Vorschein gekommen.
Während in der Schweiz die Reste der Kleidung aus Pfahl-
bauten, Landansiedelungen und Gräbern der Bronzezeit fast völlig
fehlen, tritt uns eine nahezu überreiche Zahl von Schmucksachen
aus denselben entgegen. In der Station WoUishofen bei Zürich, die
doch nur zum Teil untersucht worden ist, kamen ja allein ca. 1500
Schmucknadeln zum Vorschein und auch aus Gräbern sind mehrere
Typen derselben bekannt geworden. Wichtig für die Forschung
sind dabei jene Formen, die Anhaltspunkte bieten zu einer, vorläufig
freilich nur relativen Chronologie. In Gräbern der älteren Bronze-
zeit finden sich die „geschwollenen" Nadeln mit durchlochter An-
schwellung. Sie kommen aber auch in Pfahlbauten vor, so in
Estavayer, Nidau, WoUishofen bei Zürich. Der jungem Bronzezeit
gehören die Mohnkopfnadeln an :Fig. 243 bis 246), deren typolo-
gische Entwickelung durch eine Reihe von Gräberfunden belegt
zed.yGOOgle
Die Bronzeperiode.
259
werden kann. Sie fanden sich immer zusammen mit gekerbten,
massiven Armspangen, bei welchen die Verzierungen (Kerben) in
Ovale eingeschlossen waren. An Schönheit unübertroffen stehen die
Bronzenadeln mit grossen hohlen Köpfen da, welche entweder von
Fig. 245.
Mohnkopr-
nadel aus eioem
Grab in Glatt-
$C^
Fig. 247,
„Ringle cipbalaire" aus
Wollishoren.
a Ansicht von oben
6 Anweht von der Seite,
(&
Fig. 243. FiE. 244.
Nadeln aus Heiligkreui bei Mels.
Fig. 246. Fig, 148.
Mohnkopfeadel aus Radnadel a
dem Letten in Zürich. AuveraJer.
innen herati^etriebene Buckeln aufweisen, wie z. B. eine Nadel aus
dem Pfahlbau Nidau, oder aber — und dies kommt häufig vor —
Löcher tragen, die auf der Aussenseite des Nadelkopfes durch geome-
trische Ornamente verbunden sind und in deren Öffnungen hier
und da noch die ursprüngliche Bronzeperle steckt, dargestellt durch
zed.yGOOgle
26o Drines Kapitel.
gebogenes dünnes Blech (Fig. 247). Die Scheibennadeln haben sich bis
jetzt nur im Wallis gefunden und noch seltener sind Radnadeln (Fig. 248).
Die Bronzenadeln denkt man sich gewöhnlich als Haarschmuck
verwendet, obwohl gewiss viele derselben als Kleiderzierde gedient
haben. Ebenso zahlreich, wie die Nadeln sind Ringe und Spangen.
In Mörigen, Auvernier, Concise, Estavayer, Muntelier u. a, O, fanden
sich Ohrringe aus Bronze, in CortatUod auch solche aus Gold. Hals-
ringe (Torques) sind selten. In Colombier kam ein solcher zum Vor-
schein; sodann in Gräbern des Wallis, Häufiger fand man Spiralen
aus Bronze, Röhrchen bildend, die wohl auch als Halszier au&u-
fassen sind.
Schmuckgehänge, Amulete u, s. w. wurden in grosser Zahl entdeckt
Sie bestehen teils aus Gold, teils aus Bronze; auch Glas und Bernstein
wurden verwendet. Der letztere muss durchHandelin unser Landgekom-
^^^^ men sein. In dem Pfahlbau vom
^WpK.jrjgft-^^B^^^ Grossen Hafner und in WoUishofen bei
HCLs ^■*^^W^ ^M Zürich fand sich Bernstein in Form
'^Bjffii' ^^^^^r ^°" Perlen, ebenso in Meilen, welche
^^^^^ Ansiedelung nur bis zum Beginn
^'^- ^'*'' der Bronzezeit existierte, sodann in
Gehänge aus dem Pfahlbau Corceleltes. .... . , ■ r- . . ■
Morigen, Auvemier, St Aubin u.s.w.
Noch interessanter als die Bernsteinfunde sind die Vorkomm-
nisse von Glas in Pfahlbauten oder in Landansiedetungen der Bronze-
zeit Ganz vereinzelt steht der Fund einer Pcrte aus grünlichem
Glase in dem Packwerkbau Wauwil da, der zur Steinzeit gerechnet
werden muss. In der darauf folgenden Periode aber wurden die
Glasperlen häufiger, wie uns Funde aus Genf, Cortaillod, St. Aubin,
^ <^
Fig. 150. Fig. iji. Fig. 252.
Bronzegehänge aus dem BtODzeschmuck aus dem Zieirädchen aus dem
Pfahlbau Concise. Pfahlbau Nidau. Pfahlbau Auvemier.
Mörigen, der Petersinsel im Bielersee, aus WoUishofen bei Zürich,
vom Ebersberg am Irchel u. s. w. bezeugen.
Die Gehänge erscheinen in Form von Ketten aus Bronzedraht
oder aus Ringen, die durch Bronzeblech oder Draht verbunden sind,
oder sie bestehen in dreieckigen, halbmondförmigen und ringartigen
zed.yGOOgle
Die BroDzeperiode. 26 1
Bronzen (Fig. 249), die manchmal die Form roher menschlicher Dar-
stellungen annehmen (Fig. 250). Zu diesen, fast immer auf der äusseren
Seite verzierten Amuleten und Gehängen gehören wohl auch rädchen-
artige Zierstücke, die manchmal mit Aufhängeringen versehen, viel-
leicht aber auch als Besatzstiicke auf Kleider befestigt wurden oder
als Gürtelschliessen dienten (Fig. 251 u. 252). Merkwürdigerweise
fand man, z. ß. in dem Massengrabe in Auvemier, Steinchen in Form
von Beilen mit Aufhängeloch versehen. Anderwärts, wie auf der Peters-
insel im Bieler- und inCortaillod amNeuenburgerSee kamen durchlochte
Bronzebleche zum Vorschein, die eine Anzahl Klapperbleche trugen.
Fibeln oder Sicherheitsnadeln sind in den Pfahlbauten der Schweiz
äusserst selten und in bronzezeitlichen Gräbern kommen sie nur ver-
einzelt vor. Wir entbehren also dieses für chronologische Bestimmungen
so wichtige Objekt fast ganz. An seiner Stelle finden wir die Nadel.
Ein Fund von Vallamand zeigt eine flachköpflge Nadel umgebogen
und zurückgelegt, so dass eine primitive Art Fibula entstand. Nicht
viel anders sind Fibeln aus Corcelettes bei Grandson und Auvemier
Fig. 2S4-
er. Fibel aus Auve
Fig. »55-
Halbkreisfömige Fibel bu
Fig. J56.
Tiier. Fibel aus Mörigen
s WollishoftQ.
gebildet (Fig. 253 und 254). WoUishofen bei Zürich hat eine ein-
feche Bogen fibel geliefert (Fig. 255) und inMörigen kamen zwei schöne
Fibeln (Fig. 256) mit gekerbten, raupenartig aussehenden Bügeln vor
(Fibulae a grandi coste). Eine ähnliche Form ist in den Brandgräbern
von Stirzenthal-Egg gefunden worden.
Auch Gürtelbleche und Gürtelhaken aus
Bronze, die in der ersten Eisenzeit häu5g
werden, sind in unsem Bronzestationen selten.
In Estavayer wurde ein Stück eines Bronze-
gürtels gefunden. Er besteht aus einfachen
Bronzeblechen, deren Ränder umgebogen sind GürtelblechauseinemGrabe
und die durch Bronzehaften zusammengehalten '""' ^°=* (Wallis).
werden. Parallel den Rändern des Gürtels ziehen sich als Verzierung je
zwei Reihen eingeschlagener Punkte hin. Andere Bronzebleche sind als
Beschläge für Ledergürtel aufeufassen(Fig.2S7). Der Pfahlbau Mörigen
zed.yG00gle
202 Drittes Kapitel.
der sicher noch im Anfang der folgenden Periode existierte, hat auch
in Beziehung auf Gürtel wieder seine Besonderheiten. Zunächst ist ein
Stück getriebenen Bronzebleches zu erwähnen, das durchaus jenen
Formen gleicht, die wir als typisch für die sogen. Hallstattperiode oder
erste Eisenzeit kennen und ausserdem sind in dieser Bronzestation
zwei Gürtelhaken gefunden worden, die ganz an altitalische Funde
der ersten Eisenzeit erinnern und die, zusammen mit Eisenware, auch
in der Schweiz in Gräbern der Hallstattperiode erscheinen (Fig. 258).
Eine eigentümliche Art von Gürtelhaken kam in einigen bronzezeit-
lichen Gräbern zum Vorschein: die Spiral-Doppel haken (Fig. 259),
Bevor wir weitere Schmuckgegenstände betrachten, muss ich
einige schwankende Begriffe fixieren. Es herrscht nämlich eine
grosse Unklarheit in Bezug auf die Benennungen Ring und Spange.
Manche verstehen unter den Spangen nichts anderes als Fibeln
(Sicherheitsnadeln), andere aber wollen darunter Armschmuck ver-
standen wissen, den wieder andere als Ringe zu bezeichnen gewohnt
sind, wobei sie eigentliche {d, h. geschlossene) Ringe von den offenen
unterscheiden. Es ist in der That beim
Lesen manchmal schwer, zu erraten, was der
Autor meint, wenn er von Ringen oder
Spangen spricht. Wir haben die Fibeln bereits
au^eschicden und wollen, dem einfachsten
und natürlichsten Sprachgebrauche folgend,
mit Spangen nur die offenen und mit Ringen
nur die geschlossenen Ringformen bezeichnen.
Fig- =59-
Mörigen. Spiral-Doppelhalten aus einem
Grabe von Thalheim (Zürich).
Ein Schmuck, der beispielsweise in Form einer Spirale den Arm
ganz umschliesst, ist ein Spiralring, ein Bronzeobjekt, das als Zierat
am Arm getragen wird, denselben aber nicht völlig umschliesst, ist
eine Spange. Es giebt also Arm- und Fussspangen; es giebt aber
auch Arm-, Fuss-, Finger- und Ohrringe.
Ringe und Spangen der Bronzezeit in der Schweiz bestehen nicht
bloss aus Bronze, sondern auch aus Zinn, Gold und Gagat (Pechkohle).
Gagat kommt nicht nur in Spangen, sondern auch in Ringen vor, indessen
nicht häufig; es fanden sich jedoch einige Stücke in den Pfahlbauten von
zed.yGOOgle
Die Bionzc Periode. 263
AuvemicTj WoUishofcn u. s. w. Diese Ringform wird erst in den Grab-
hügeln der Eisenzeit zahlreicher. Goldene Ringe oder Spangen sind
ebenfalls verhältnismässig selten. In Muntelier, Mörigen und Auvemier
entdeckte man goldene Fingerringe, in St. Aubin goldene Spiral-
ringlein und Rosettchen, aus diesem Edelmetall gearbeitet. Wollis-
hofen lieferte ein ganz einfaches Goldringlein, Cortalllod mehrere
goldene Ohrringe, Mörigen und Auvemier goldene Lamellen und
Spiral gehänge. In Löhningen (SchafThausen) fand sich in einem Flach-
grabe ein goldener Spiralring und schon oben haben wir von dem
getriebenen, goldenen Gürtelblech von Binningen gesprochen.
In Muntelier kam eine Spange, in Estavayer ein Ring aus reinem
Zinn zum Vorschein. Die bereits erwähnten Zierrädchen bestehen
nicht sehen aus Zinn. Daneben erscheinen noch Amulete aus diesem
Metall. Die Bronzeleute kannten auch Blei. Nicht bloss in die hohlen
Köpfe mancher Schmucknadeln ist Blei eingegossen worden, auch
andere Schmuckstücke scheinen daraus gefertigt und neben Klumpen
aus Zinn finden sich (als Handelsware) auch Klumpen aus Blei (Fig. 260}.
Die Bronzeringe sind massiv oder hohl. Bei letzteren trifft man
in dem hohlen Innern etwa noch Reste von Birkenharz. Die äussere
Seite ist hübsch verziert durch eingegrabene Ornamente, durch
«
Fig. i6o. Fig. i6i.
Bleiklumpen aus dem Pfahlbau Verzieite Btoniespange aut dem
Wollishoreii. Pfahlbau Nidau.
Leisten, Löcher, wie bei den Nadeln mit Hohlköpfen u. s. w. Spiral-
ringe aus Bronze fand man einige Maie in Gräbern, z. B. in Schlatt
(Thurgau) und auf dem Wippel bei Thaingen. Sehr zahlreich sind
die Spangen. Neben einfachen Formen finden sich solche mit kunst-
reichen Verzierungen. Besonders war der Pfahlbau Auvemier eine
reiche Fundstelle von prachtvollen Spangen, deren einige sogar
auf der innern, dem Arm zugekehrten Seite Ornamente tragen.
Die grossen Armspangen, die in der Ostschweiz fehlen, da-
gegen im westlichen Teil unseres Landes in um so grösserer Zahl
erscheinen, sind innen hohl und endigen in Stollen (Fig. 261). In
Mörigen, wie in Corcelettes, kamen Spangen aus Bronze zum Vorschein,
die Einlagen aus dünnen Eiseniamellen aufweisen.
Ausser den genannten Schmuckstücken giebt es noch allerlei
Zierscheiben, besonders in Rädchenform, ferner Knöpfe aus Hirsch-
zed.yGOOgle
264 Drittes Kapitel.
horn und Bronze, endlich eigentliche Toilettenstücke, wie Kämme
und Pincetten.
Um nun zu einem Gesamthilde der Kleidung und des Schmuckes
zu kommen, wollen wir uns einmal vorstellen, wie denn z. B,
eine reiche Pfahlbauerin der Bronzezeit im Festkleide ausgesehen
haben möge. Über ihr schneeweisses Flachshemd, das sie mit
eigener Hand kunstvoll am aufrechten Webstuhl gewoben, hat sie
den wollenen Rock angezogen, der in den Farben rot, blau und
gelb prangt und an den Hüften durch einen Gürtel festgehalten
wird. Den Oberkörper umschliesst eine mit Ärmeln versehene
Jacke, ebenfalls aus Wolle bestehend. Auf dem Kopfe sitzt ein
Leinen - Häubchen, Die Füsse stecken in hölzernen Sandalen oder
in einer Art Mocassins von feinem Leder,
Über die Kleidung ist nun aber der golden glänzende Schmuck
aus Bronze in verschwenderischer Mannigfaltigkeit ausgestreut. Auf
dem Kopfe sitzt ein diademartiger Bronzereif und in den Flechten
des Haares stecken Schmucknadeln. Ohrringe aus Gold oder
Bronze tragen Bernstein-, Glas-, Bronzeperlen oder Gehänge. Den
Hals schmücken Ketten oder Halsringe aus Bronzedraht oder aber
Spiralröhrchen. Vielleicht sind auch Bernstein- oder Glasperlen zu
einem Halsschmuck aneinander gereiht. Über der Brust hängen
Amulete zum Schutz gegen die bösen Mächte. Auf dem Kleide
sind Zierscheiben oder Zierrädchen festgenäht; die Jacke wird durch
glänzende Knöpfe oder durch eine Fibula zusammengehalten. An
den Armen blähen sich prachtvolle Armspangen und die Finger,
wie die Knöchel der Füsse, sind mit Ringen geschmückt. Der
Woll- oder Ledeigürtel trägt als Verzierung Bronzebeschläge,
vielleicht ist er gar mit einem dünnen Goldblech überzogen. Diesem
Bilde einer Frau aus einem reichen Bronzezeit-Pfahlbau müssen wir
dasjenige eines Häuptlings oder Kriegers an die Seite stellen. Be-
trachten wir also;
2. Die Waffen. Es ist durch die Funde in Gräbern ausser
Zweifel gesetzt, dass in der Bronzeperiode nicht bloss die Frauen
und Kinder sich schmückten, sondern auch die Männer, Das hilft
uns die relative Menge der Schmucksachen in den Bronzestationen er-
klären. Mag der Mann indessen sich in weibischer Art mit Ringen und
Spangen, mit Zierscheiben und Gürtelbeschlägen behängt haben, so
setzte er sicher einen noch grösseren Stolz auf seinen Waffenschrauck,
Sein Kleid ist aus Leinen und Wolle erstellt, aber er hat das
Fell des mit starker Hand erlegten Bären um sich geworfen. In
der Linken trägt er den Speer mit der bronzenen Spitze; an den
Hüften ist das Schwert und der Dolch befestigt. Über die Schultern
zed.yGOOgle
Die Bronzeperiode. 265
hat der Krieger den Bogen gehängt; die Pfeile werden im Köcher
auf dem Rücken getragen. Der Häuptling hat den aus Strohgeflecht
erstellten und mit Phaleren oder Zierscheiben bedeckten Helm auf
den Kopf gesetzt und sich auch den von den Vätern ererbten Streit-
keil am Lederbande umgelegt
Solche Bilder schafft die Phantasie, Lasst uns aber sehen, ob
das klare und kühle Auge des Forschers sie bestätige!
Pfeil und Bogen waren schon den Neolithikern der Schweiz
wohlbekannt In der Bronzezeit blieben sie weiter in Gebrauch, nur
wurde nach und nach die steinerne Spitze mit der metallenen ver-
tauscht Pfeilspitzen aus Bronze sind häufig gefunden worden. Sie
tragen oft Widerhaken. Zur Befestigung in den Holzschaft diente
ein Dorn, in selteneren Fällen eine DüUe. Diillen aber kommen
hauptsächlich bei Lanzenspitzen vor und nicht selten stecken noch
Reste des durch einen Nietnagel festgehaltenen Holaschaftes in den-
selben. Die Diille ist häufig durch ziselierte Wülste, durch reifen-
artige Gravierungen oder durch ein Wellenomament verziert Hier
und da laufen auf den Flügeln der Lanze, offenbar eben&lls als Zierde,
Linien parallel den Schneiden zur Spitze.
Der berühmte französische Gelehrte G. de Mortillet hält ein
beilfbrmiges Gerät aus Feuerstein, das besonders in den diluvialen
Ablagerungen von St Achcu! in Nordfrankreich gefunden wurde,
für das Universalwerkzeug der ersten Bewohner seiner Heimat. Aus
ihm und nach ihm hätten sich die übrigen Geräte und Wafifen ent-
wickelt Das Beil hat sich von jenen durch Jahrzehntausende von
uns getrennten Zeiten bis heute erhalten. Im Anfang war es alles
in allem, Waffe und Werkzeug, jetzt ist es nur noch Werkzeug,
freilich ein unentbehrliches. Nicht bloss seine Verwendungsart hat
gewechselt, auch seine Form und das Material, aus dem es bestand.
In der Bronseperiode treffen wir zahlreiche Beile. Dieselben haben
schmale Schneiden, Der Schaft wird durch Randleisten oder vier
Lappen festgehalten, seltener steckt er in einer Dülle.
Dolch und Lanze waren ursprünglich ebenfalls eins. Nur die
Länge des Schaftes entschied über den Gebrauch. Es ist sogar bei
den Metallfunden schwer, oft unmöglich, die einfachsten Dolche von
den Lanzen zu unterscheiden. In bronzezeitlichen Ansiedelungen,
Depotfunden und Gräbern begegnen uns meist dreieckige Dolch-
klingen, die mit Nietnägeln an ihre Griffe befestigt wurden (Fig. 263
und 263). Die ursprünglich flachen Klingen wurden allmählich ver-
stärkt, so dass der Dolch in der Mitte am dicksten war (Fig. 264).
Häufig findet sich an dieser Stelle eine Kante (Fig. 265). Das Griff-
ende der Klinge verlängert sich zu einer Zunge oder einem Dorn
zed.yGOOgle
Fig. 263. Fig. «64.
Dolch aus Granges (.Wallis), Broniedolch aus dem Pfahl-
bau Wollishoren (Zürich).
Fig. 265.
Fig. 266.
FiK- 267.
Fig. j68.
Dolch aus Heiligkren
Bronzedokh vo
n BroQiedolch mit
BroQiedolch mi
(Mels).
Sion.
Griffzunge aus
Vollgriff.
Mullheini(Thurg,).
Fimdort: VaU.
„d, Google
Die BronzeperiodP. 267
(Fig. 366 und 267); Vollgriffe aus Bronze erscheinen {Fig. 268} und
endlich stossen wir auf Dolchfonnen, die ganz den Schwertern jener
Periode gleichen (Fig. 269). Besonders interessant ist ein Hronze-
dolch aus der Thielle, der durchaus die Form aufweist, wie sie
cyprischen Dolchen eigen ist (Fig. 270) und eine andere Klinge aus
Port erinnert an Mykenae-Typen,
Während Beile und Messer, Dolche und Lanzen, Bogen und
Pfeile schon in der Steinzeit benutzt wurden, ist das Schwert in der
Schweiz erst in der Bronzeperiode erschienen. Es
war anfangs nichts als ein verlängerter Dolch und
wurde, wie jener, mit Nietnägeln an den Griff
befestigt (Fig. 271 und 273). Sodann treten For-
men mit Grifliungen oder Domen (Fig. 273 — 275)
auf, die etwa in Metallgriffe eingelassen wurden,
Die Klinge verlässt mehr und mehr die Dreiecksform,
die Spitze verkürzt sich und die Schneiden werden
zunächst parallel, dann geschweift. Parallel den
Fig. 269. Fig. ijo. Fig. 271. Fig. 272.
SchwertfÖnniger Cyprischer Dolch Btonze-Kurzschwerl Bronze .Kiuisch wert
BroazedolchausZUrich, aus der TUelle. aus Port (Kl. Bern), aus Lidd es (Wallis).
Schneiden erscheinen häufig Riimen oder vorstehende Linien und
am Griffende der Klinge treten auch andere Verzierungen auf.
zed.yGOOgle
Fig. 273. Fig. 274. Fig, S75. Fig. 276.
Bronieschwcrt aus Schwert mit Griff- Schwert mit Griff- Bronieschwert aus
B^FTg (Bera). zangeausNiedcrnrneD dorn aus Ilanz. dcmPfahlbau'Wollis-
(Glaius). hofeD (Zürich).
Interessant sind die oft ebenfalls verzierten Metallgriffe (Fig, 276
bis 278). Sie passen nur fiir eine kleine Hand, woraus man schloss,
zed.yGOOgle
Die BTomepctlckle. 269
dass die Pfahlbauer der Bronzezeit kleine Leute gewesen seien.
Aber vielleicht haben die Schwerter mehr zum Stoss, als zum
Schlag gedient und dazu eignen sich die meisten sehr gut, da ihr
Griff hinten in eine Platte endigt.
Einige Schwerter, wie z. B. vom
Lac de Luyssel und von Concise,
haben Volutengriffe (^p^es k
antennes] und sind vielleicht Parade-
stücke gewesen (Fig. 279). Sehr
interessant ist der Umstand, dass
in Adliswil, unweit Zürich an der
Sihl gelegen , ein griechisches
Bronzeschwert neben anderen Bron-
zen zum Vorschein kam (Fig. 280).
I
Fig. ijy. F^. 178. Fig. 279. Fig, *8o.
BroDzeschwETt aus Griff des Schwer- Bronieschwert aus Griechisches Schwert
dem Pfahlbau WoUis- tes von dem Lac de Luyssel ans Adliswil
hofen (Zürich). Marögny. bei Bex. (Zürich).
Einige Bronzeschwerter liefern mit den Beweis, dass nur wenige
Pfahlbauten bis zum Beginn der Eisenzeit existiert haben, so das
bereits besprochene Schwert von Mörigen und ein solches aus
Cortaillod, welches im Vollgriff aus Bronze Einlagen von Eisen, in Form
zed.yGOOgle
270
Drittes Kapitel.
von feinen Lamellen, autweist Fig. 281 zeigt eine Form, die ander-
wärts auch in Eisen vorkommt.
Die Schwertscheiden dürften aus Leder be-
standen haben und mit Bronzebeschlägen versehen
gewesen sein. Das Leder ist vergangen, Beschläge,
Ortbänder und Schwertkoppelringe sind mehrfach
gefunden worden.
Noch sei darauf aufmerksam gemacht, dass die
Bronzeschwerter aus Gräbern fast ausnahmslos die
einfachsten Typen zeigen. Der Griff ist dreieckig
und mit einigen Nieten versehen. Von Schutz-
waffen, wie Panzer und Schild, konnte weder in Grä-
bern, noch in anderen Fundstellen der Bronzeperiode
je eine Spur gefunden werden. Die verhältnismässige
Seltenheit der Waffen überhaupt scheint zu be-
weisen, dass die Leute dieser 2^it ein friedliches
Leben führten, das ihnen gestattete, ihren Sinn fiir
das Schöne zu pflegen.
t\. l&l.
Fig. 28!.
Fig. Z83.
Fig. 284.
BroDKeschwert aus
Leistenkell aus dem
Löffelkelt aus
Lebtenkelt aus der
dem Pfahlbau Forel
Pfahlbau MeUen.
Sion.
Station des Roseanx
bei Morpes.
3. Das HandwerksgerUt. Mit dem Bekanntwerden der Metalle
war die Möglichkeit einer bedeutenden Entwickelung und Diflleren-
zierung der Werkzeuge und Geräte gegeben.
zed.yGOOgle
Die Btonieperiod«. 27 1
Was zunächst das Beil anbetrifft, so haben, wie wir sahen, die
ältesten Metallbeile genau die Form der flachen Steinbeile. Nach
und nach wird die Schneide etwas geschweift (Fig. 282 und 283),
manchmal halbkreisförmig (Fig. 284) und an den Schmalseiten schiebt
sich zur besseren Fassung des Holzschaftes jederseits der Kand
leistenartig vor. So entstanden die sogen. Leisten- oder Kandkelte,
wie sie in den ältesten Bronzestationen, z. B, in der Station des Roseaux
bei Morges, in Depotfunden, wie z. B. in Salez bei Sennwald u. s. w.,
entdeckt wurden. Dabei blieb aber die Entwickelung nicht stehen.
Die Randleisten wurden nach und nach grösser gemacht, bis sie
Lappen bildeten und die Lappenkelte, oft auch Palstabe genannt,
entstanden (Fig. 285). Bei der Mehrzahl der Palstäbe stehen die
vier Lappen senkrecht zur Richtung der Schneide, es giebt aber
auch Querbeile, deren Lappen in derselben Richtung verlaufen, wie
Fig. 286.
DQllenlielt aus dem Pfahlbau
CorccletWs bei Grantlson,
die Schneide. Die Lappenkelte sind in den grossen Pfahlbaustationen
sehr häufig; daneben erscheinen auch Beile mit Leisten und Ab-
sätzen, welch letztere die Ansatütelle des Hoizschaftes von der
eigentlichen Klinge trennten. In den Pfahlbauten der Westschweiz
kommen ausserdem noch sogen. Düllenbeile vor, bei welchen zwei
der Lappen zusammengewachsen zu sein scheinen, so dass sie eine
Dülle oder Schaftröhre bilden, während die anderen Lappen ver-
kümmerten (Fig. 2S6). Mörigen hat ein Lappenbeil, noch in dem
kniefbrmig gebogenen Holzschaft steckend, geliefert — ein seltenes
Vorkommnis, Nie aber ist in Bronzestationen ein Metallbeil mit
transversalem Loch, wie es unsere heutigen Beile tragen, zum Vor-
schein gekommen; dagegen erscheinen ausnahmsweise Hirschhom-
beile mit transversalem Loch, also von der Form unserer Äxte.
Die Messer weisen, ähnlich den Beilen, verschiedene Typen
auf. Die Bronzemesser, welche heutigen Formen gleichen, haben
zed.yGOOgle
2^2 Drittes Kapitel.
oft einen Griffdorn, der in einer, jetzt verschwundenen, Fassung von
Holz oder Bein Stack (Fig. 287). Die Klinge ist bei fast allen Messern
sanft geschweift und trägt nicht selten Ver-
zieningen, bestehend in konzentrischen Kreisen
oder Reihen von Halbkreisen oder Kreisbogen.
Hier und da erscheint auch das aus aneinander-
stossenden schraffierten Dreiecken bestehende
Wolfszahn-Ornament Häufig laufen Parallelen
oder Punktreihen auf der Klinge dahin. Selbst
der Messerrücken weist Parallelen-Systeme und
sich kreuzende Geraden als Verzierungen auf.
Bei einigen Messern ist der Dorn zu einer Zunge
verbreitert, auf welche mittels Nieten der Holz-
Fig. 2S7. Fig, i88. Fig. 289.
Broniemesser aus Wollis- Bronzemesser aus dem Grab von HeUigkreuz
hofen (Zürich). bei Mels.
oder Homgriff befestigt wurde (Fig. 288 und 2S9). Oft zeigt die Grifl"-
zunge, ähnlich den Leistenkelten, aufstehende Ränder (Fig. 290}.
Hier und da ist dieser Rand ausgezackt und legt sich zierlich um
die leichtvergängliche Einige (Fig. 291).
DüUenmesser sind selten, in der Westschweiz häufiger (Fig. 292!,
als im Osten unseres Landes, wo sie ganz zu fehlen scheinen.
Doch lässt sich an einigen Messern vom Pfahlbau Wollishofen bei
Zürich nachweisen, wie die Dülle im Lauf der Zeit entstanden sein
könnte. Am Grund der Klinge zeigt sich nämlich zunächst eine
Art Vollgriff, der erst etwas weiter hinten in den Dom übergeht.
Der vordere Teil des Griffes ist mit rundum laufenden Unien ver-
ziert. Diese eingravierten Kreise sind bei einigen Messern zu tiefen
Kerben geworden und bei anderen Exemplaren löst sich das Ganze
in bewegliche Ringlein au^ die den Dom umspannen oder aber,
die vordere Partie des Griffes trennt sich als Ganzes vom Dom
und umfasst den Hol^riff. Denken wir uns nun diese Hülse mit
der Klinge zusammen gegossen, so nützt der Dorn nichts mehr, fällt
weg und der eigentliche Griff' kann in die Dülle gesteckt werden.
zed.yGOOgle
Die BTODzeperiodc.
273
Bei einigen Messern haben sich Reste des Holzgriffes . er-
halten, und ausserdem wurden mehrere Hirschhorngriffe gefunden,
die zum Teil selbst wieder mit konzentrischen Kreisen ornamen-
tiert sind.
Von besonderer Schönheit sind die Messer mit Vollgriffen aus
Bronze (Fig. 293 — 295), Die meisten derselben tragen reiche Ver-
zierungen. Einige dieser massiven Griffe weisen Kombinationen der-
selben Ornamente auf, wie die Klingen, andere sind tordiert, manche
Fig. 290-
Fig. 191-
Fig. a92.
Messer mit Flachgriff und
BTonzemesser aus
Diillenmesser ans dem
Einlagen aus dem Pfahlbau
Mels.
PfahlUu OnnensCWaadt)
WoUishofen (Zürich).
zeigen Einziehungen und wieder andere endigen hinten in Spiralen,
ähnlich den Antennenschwertern, mit denen sie gleichalterig sein
mögen. Beide Formen dürften der jüngeren, entwickelteren Phase
der Bronzeperiode zugerechnet werden, dem „bei äge du bronze",
wie Desor es genannt hat.
Bei einem Bronzemesser aus Colombier {Fig. 296) besteht die
Klinge aus Eisen, der Griffdorn aus Bronze; aber der letztere greift
über die Eisenklinge und die erstere zeigt genau dieselben Parallelen
und eingravierten Bogenreihen, wie die Klingen aus Bronze, Das
zed.yGOOgle
274
Dritte» Kapitel.
ist wieder eines jener Stücke, welche beweisen, dass einige Pfahlbauten
bis zum Beginn der Eisenzeit gedauert haben.
Von ganz anderem Typus, als die bisher besprochenen, ist eine
Gruppe von Bronzemessem, die dünne, aber breite Klingen besitzen.
Fig. i93. Fig. 294. Fig. 295. Fig, 296.
Messer aus einem Messer aus dem Messer aus dem Messer mit Eisenklinge
Grab in Stirzenthal Pfahlbau Bau- Pfahlbau Wollis- und Bronzedorn ausdem
bei Egg (Zürich). schanze (Zürich). hofen (Zürich). Pfahlbau Colombier.
Sie sehen aus wie Schaber und werden für Rasiermesser gehalten
(Fig. 297). Manche derselben zeigen, dass sie aus grossen hohlen
Armspangen verfertigt wurden; die Ver-
zierungen verraten das. Mehrere dieser „Rasier-
messer" endigen in flache Knöpfe oder Ringe,
andere in Gritfzungen; bei einem Exemplar
aus Mörigen hat sich der angenietete Hirsch-
horngriff erhalten. Es trägt hinten ein Auf-
hängeloch.
Fig. *9S.
Doppelmesser aus dem Pfahlbau
„d, Google
Die BroDiepmod«.
275
Eine andere Art der sogen. Rasiermesser besitzt einen durch-
brochenen Bronzegriff und eine mondsichelartig geschweifte Klinge
(Fig. 298). Diese Form ist altitalisch. Sie kommt südwärts der Alpen
oft vor; bei uns ist sie selten. Montelius rechnet sie zur dritten
Bronzezeit (um 1500 vor Christi).
Meissel und Ahlen sind in den Bronze-
zeit-Niederlassungen häufig. Die ersteren er-
scheinen als Schmal- oder Breitmeissel und
neben solchen mit gerader Schneide giebt es
auch Hohlmeissel. Der Griff ist manchmal
massiv oder er stellt eine Zunge dar, die in
einem Holz- oder Homgriff befestigt wurde.
Diillenmeissel kommen ebenfalls vor. Der
Schönheitssinn der Pfahlbauer zeigt sich auch bei
diesen Geräten. Nicht bloss sind die Formen
zierlich und fein, sondern manche Meissel
tragen sogar eigentliche Ornamente (Fig. 399).
Es bedarf kaum der Erwähnung, dass
Hammer und Amboss dem Bronzeschmied
nicht fehlten. Interessanterweise wurden auch
Fig. 300.
Durchschlag aus dem
Pfahlbau Wollishofen.
1
u
Bronzeangel aus dem Pfahl-
bau VallomaDd.
Fig, 399.
Venierter Hohlmeissel aus
dem Pfahlbau WoUisbofeD
(Zürich).
zerbrochene Beile zu Hämmern verwendet Neben Hämmern
mit Dulle erscheinen solche mit transversalem Loch, aber letztere
sind selten. Auch ein sogen. Durchschlag ist gefunden worden
(Fig. 300), Er mochte, seiner Form nach zu schliessen, zum Ein-
schlagen der Kreisbogen-Verzierung gedient haben. Sägen und
Feilen aus Bronze, Polier-, Wetz- und Schleifsteine ver-
zed.yGOOgle
2/6 ßritle» Kapitel
vollständigen das Inventar des Handwerkers der Bronzezeit, dem auch
Nägel aus Metall nicht fehlten.
4. Beschäftigung. Schon aus der Betrachtung der Schmuck-
sachen, der Waffen und der Handwerksgeräte der Bronzezeit haben
wir ersehen können, dass die Arbeitsteilung damals bereits recht vor-
geschritten gewesen sein muss. Die Herstellung mancher Objekte
forderte stete Übung, So wird der Bronzeschmied, der den oben be-
sprochenen schönen Schmuck zu machen verstand, hauptsächlich dieser
Arbeit obgelegen und die Zucht des Viehes, die Bebauung des
Ackers andern überlassen haben. Umgekehrt wäre _es für die Faust,
die den Stier bändigte und mit dem Pflug den Acker befuhr, kaum
möglich gewesen, die feinverzierten Metallsachen zu verfertigen. Wir
haben ferner erkannt, dass Objekte aus fremden Ländern in die
Schweiz gelangten, und das Rohmaterial des Metallarbeiters war ja
ebenfalls fremden Ursprungs — es müssen also Handelsbeziehungen
vorhanden gewesen sein.
Die Hauptbeschäftigung in der Zeit, von der wir sprechen, be-
stand in Viehzucht und Ackerbau. Fischfang und Jagd waren zur
Nebensache geworden (siehe indessen Fig. 301). Die Zahl der
Repräsentanten der Jagdtiere unter den Knochenfunden der Bronze-
periode sinkt gegenüber den Resten von Haustieren. Das häutigste
Haustier war das Schaf Neben dem hornlosen Schaf erscheint die
Ziege, ein kleines Rind, das gezähmte Wildschwein und ein grosser
Schäferhund. Studer sagt, dass die Haustierrassen der Bronzezeit
unvermittelt neue seien. Zu den genannten Tieren tritt als neue
Form das Pferd und zwar die sogen, orientalische Rasse, nicht der
Abkömmling der europäischen Wildpferde. Trensen, Gehänge und
Reste von Wagenrädern in Pfahlbauten beweisen, dass dieses Pferd
zum Ziehen benutzt wurde.
Nicht bloss die Zahl der Haustiere hat sich in der Bronze-
periode vermehrt, sondern auch diejenige der Kulturpflanzen ist
eine grössere geworden. In neolithischen Stationen der Schweiz
konnten drei Arten Weizen, drei Sorten Gerste, zwei Hirse-
spezies, das Einkorn und der Binkelweizen nachgewiesen werden.
Dazu kommen in der Bronzeperiode der Spelt und der Hafer und
bei dem Gemüse haben wir neu die keltische Zwergackerbohne und
die Linse. Roggen ist bis jetzt in unserm Lande nirgends mit bronze-
zeitlichen Objekten zusammen gefunden worden, wohl aber kam er
im Pfahlbau Olmütz in Mähren vor, der gleichzeitig mit unsem
Jüngern Pfahlbau-Stationen existierte.
Unter den Ackerbaugeräten der Bronze-Pfahlbauer sind Flach-
sicheln sehr zahlreich. Diese Sicheln mit flacher Griffzunge kommen
zed.yGOOgle
Die BroDzeperiode. 277
in Landfunden der Schweiz selten vor. Häufiger erscheinen
Bronzesicheln mit Knopf am Griffende, welche Form dagegen in
Pfahlbauten selten ist In Chevroux, Mdrigen u. s. w. wurden voll-
ständig erhaltene Holzgriffe für Flachsicheln dem Seegrund enthoben
(Fig. 302), Dieselben gleichen im ganzen den heutigen Formen,
jedoch mit dem charakteristischen Unterschiede, dass bei ihnen
fiir den Daumen und die übrigen Finger der Hand besondere Aus-
höhlungen vorhanden sind. Diese Griffe passen für mittelgrosse bis
kleine Hände.
In mehreren Landern Mitteleu ropa's, z. B. in Bayern, hat man
Spuren uralten Ackerbaues gefunden. Sie bestehen in eigentümlichen
SichelgrifT aus dem Pfahlbau Corcelettes bei Grandson.
Ackerbeeten, die jetzt bestehende Äcker oft schief oder quer durch-
setzen, am deutlichsten aber in Wiesen- und Weideland auftreten.
Das sind die sogen. Hochäcker. Sie sehen aus, als ob z. B. Kar-
toffelfelder einige Jahre brach liegen gelassen worden wären. Manche
Hochäcker erstrecken sich ohne Unterbrechung über grosse Distanzen.
Die Beete haben eine Breite bis zu 1 5 und noch mehr Metern und
ihre Länge steigt bis auf 3000 m. Man kann sich gar nicht vor-
stellen, dass solch riesige Felder im Einzelbetrieb bebaut worden
seien, besonders bei relativ geringer Bevölkerung einer Gegend; es ist
vielmehr wahrscheinlich, dass die Hochäcker gemeinsames Eigentum
zed.yGOOgle
2^8 Drittes Kapitel.
von Stämmen oder von Sippen gewesen und daher gemeinsam be-
baut wurden. Manche Hochäcker sind altj denn auf denselben liegen
nicht selten Grabhügel der Eisenzeit oder gar solche der Bronze-
periode. Die Äcker ziehen unter den Hügeln durch; ihre Erstellung
muss also in eine Zeit zurückreichen, wo die Grabhügel noch nicht
errichtet waren.
Hochäcker kommen, wie ich glaube, auch in der Schweiz vor.
Freilich sind sie noch nicht untersucht und kann über ihr Alter
nichts Genaueres mitgeteilt werden, aber die äussere Form gewisser
ehemaliger Ackerbeete bei Romanshorn, bei Basel und bei Genf
ist mir bei der ersten Begehung dieser Strecken als identisch
mit derjenigen vorgekommen, die ich meinem Auge bei archäo-
logischen Wanderungen am Starnberger- oder Wünnsee und
seinen Nachbarn, dem Staffel- und Kiegsee Oberbayem's einprägen
konnte.
Spinnen, Flechten und Weben, die Ausführung von Nadel-
arbeiten ist wohl, wie in der Steinzeit, so auch später, Sache der
Frauen gewesen, ebenso die Bearbeitung des Thons. Über die Textil-
kunst der Bronzeperiode lässt sich wenig Bestimmtes sagen, da io
der Schweiz bezügliche Funde fast ganz fehlen, indessen darf man
annehmen, dass neben Bast und Flachs besonders die Wolle der
Schafe benutzt wurde.
Die Keramik entfaltet in den Jüngern Pfahlbauten einen un-
geahnten Reichtum an Formen und Verzierungen. Selbst die ein-
fachen Schalen zeichnen sich durch zierliche Formen aus. Schüsseln,
mit und ohne Henkel, erreichen zum Teil bedeutende Grösse, so
dass sie als eigentliche Kessel erscheinen. Besonders schön ist «ne
Schüssel aus dem Pfahlbau Cortaillod. Ihr Boden ist abgerundet.
Oberhalb der Bauchmitte verengt sie sich etwas bis zu dem nur
wenig ausladenden Rande. Dieser ganze obere Teil ist durch wag-
rechte und senkrechte Linien in zwei Reihen Vierecke abgeteilt,
die nahezu quadratisch sind, jedes Quadrat enthält ein Ornament.
Im einen sind es vier Reihen konzentrierte Kreise, im andern ver-
einigen sich Parallelen in DiagonalstelJung zu einer Art Gitter, beim
dritten ist der Raum in neun kleine Quadrate geteilt, die in wechselnder
Richtung schraffiert erscheinen u. s. w. Um den Reiz dieser Ver-
zierungen zu erhöhen, sind dieselben mit Zinnfäden ausgeführt, die
sich auf dem schwarzen Thongrunde sehr gut abheben. Derselbe
Pfahlbau lieferte einen Thonteller, der ebenfalls Zinneinlagen ent-
hält. Die ganze obere Tellerfläche ist durch Kreise, schraffierte
Vierecke, fächerartige Verzierungen und Mäander aus Zinn geschmückt.
Neu ist bä den bronzezeitlichen Gefässformen der Pokal (Fig. 303).
.y Google
Die BroDieperiode.
279
Becher sind wenig zahlreich, wohl aber die Töpfchen und Töpfe.
Die meisten derselben haben sehr elegante Formen {Fig. 304 — 306)
und viele endigen unten in eine Spitze, so dass sie also, um nicht
umzufallen, auf Unterstellringe, wie deren in allen Bronzepfahlbauten
gefunden wurden, oder in Sand gestellt werden mussten.
Fig. 303.
aus dem Pfahlbaa WoUii-
hofcD (ZSrich).
Fig. 304.
TOpfchen BUS dem Prohlbau
WoUishoflai (Zürich).
Auf den Töpfen fehlen natürlich die Vertierungen nicht Häufig
erscheinen die schon öfter erwähnten, rings um das Gefass laufenden
Kreislinieii, in deren Tiefe kleine Löcher sich finden, welche die
Toptwand durchbrechen. Diese Löcher stehen schräg übereinander.
Lange Zeit wusste man nicht, wozu sie gedient hatten. Da klärten
einige gute Funde die Sache auf. Man fand nämlich, wie oben mitge-
teilt, in einigen Jener Kreisrinnen Reste
von feinem Bronze- oder Zinndraht
OfTenbar hatten diese Metallfäden zur
Verschönerung gedient Sie' wurden in
die Kerblinien hineingedrückt, ihre
Enden aber steckte man durch die
Löcher auf die Innenseite der Töpfe,
um sie dort auszulegen , damit sie
festhalten. Dass Ösen und Henkel an
den Töpfen nicht fehlen, braucht kaum
gesagt zu werden. Interessant sind
mehrteilige Töpfchen, sodann solche mit
Ausgussröhrchen, ähnlich den Saug-
flaschen für kleine Kinder Auch Ge-
fäss-Deckel kommen vor, worunter solche, die ebenfalls durch Zinn-
Einlagen verziert sind.
Auch die unscheinbaren Thonscherben sind nicht ohne Interesse.
An ihnen lässt sich am besten Ornamentik und Technik der Töpferei
Fig. JOS und 306.
Gefässe aus dem Pfahlbau
Muntelier (Murtnersee).
zed.yGOOgle
280 Drittel Kapitel,
studieren. Unter den Verzierungen der Bronzezeit kommen die schon
in der Steinzeit benutzten Elemente, wie Punkt, Gerade, Parallele,
Winkel, Zickzack, Dreieck, Quadrat, Raute, Kreuz in immer neuen
Kombinationen vor. Die Zahl der krummlinigen Ornamente aber mehrt
sich rasch und es erscheinen Kreis, Halbkreis, Kreisbogen, Wellenlinie,
endlich auch Pflanzen-Ornamente. Manche Eindrücke im Thon sehen
Pfötchenabdrücken gleich, andere umschlingen das Gefäss wie Guir-
landen und ab klassisches Motiv tritt der Mäander auf.
Erst gegen Ende der Bronzezeit kommen bemalte Gefässe
vor, z. B. in den verhältnismässig jungen Stationen von Nidau, Mö-
rigen und Corcelettes, wo die rote und weisse Farbe neben schwarzer
zur Anwendung kam. Die Thonware der vorgeschrittenen Bronze-
Fig- 307-
BroD2Mchale mit getriebenen Buckeln aus dem Pfahlbau Corcelettes
bei Grandson.
Periode hat nämlich eine fast schwarze Farbe, während die steinzeit-
lichen Gefässe bräunlich oder grau erscheinen. Jene schwarze Farbe
rührt von der Art des Brennens her-. Die Töpfer haben das sogen,
„Schwarzbrennen" geübt. Noch heute wird an manchen Orten^schwarz
gebrannt, so in Chile, in Vorderindien, Ägypten, Böhmen, Sieben-
bürgen u. s. w. Jagor beschrieb einen Schwarzbrennofen in Indien:
Einige Kuhfladen und eine Hand voll Reisstroh werden auf den
Boden eines grossen, gebrannten, aber unglasierten Topfes nieder-
gel^ und die zu brennenden Gefässe darüber gepackt. Als Ver-
schluss des Topfes dient ein Deckel, der mit Kuhmist und Thon,
welchem Gemenge Asche beigegeben ist, aufgekittet wird. Hierauf
breitet der Töpfer auf der Erde eine dreifache Schicht Kuhfladen
aus, stellt den Topf darauf und umgiebt das Ganze mit Kuhmist.
Dann folgt eine Lage Reisstroh und darüber ein zolldicker Thon-
mantel, der ringsum nur eine handbreite Zone und oben eine Stelle
von'15 cm Durchmesser offen lässt. Dann wird das Stroh angezündet
und die Gefässe werden schwarzgebrannt
Anders wird in Böhmen vorgegangen, wie mir ein Töpfer als
Augenzeuge erzählte. Es wurde auf der Stätte, wo man Gefässe
formte, ein primitiver Ofen aus Thon erstellt, in welchen das zu
brennende Geschirr gepackt werden konnte. Dann heizte man,
zed.yGOOgle
Die BioDzeperiode. 28 1
bis die Ware nahezu gar war, nachher aber legte man nasses Gras,
grünes Holz und anderes russendes Zeug ins Feuer, verschloss alle
Offnungen soi^altig mit Erde und liess den Brand weitergehen, bis
die Gefässe durch und durch schwarz waren. Diejenigen Stellen
derselben, welche einen Glanz erhalten sollten, waren vor dem Ver-
packen fein poliert worden und erschienen nach dem Brande, wie
mit Graphit abgerieben. Auf ähnliche Weise haben wohl auch
schon die Ffahlbauer ihren Gefässen die schwarze Farbe verliehen.
In der Bronzezeit treten neben Thongefässen auch solche aus
Metall auf, so z. B. Bronzeschalen, zum Teil mit getriebenen Buckeln
(Fig. 307), ferner kleine, äusserst zierliche Töpfchen aus Bronze.
Zeiis' erfmdiuigirei
BMati küniilichci
Hachgtlehn >i> £1^
Wir dürfen, bevor wir von der Bronzezeit Abschied nehmen,
nicht vergessen, der Metalltechnik noch einige Worte zu widmen.
Es gab eine Zeit, wo man glaubte, nicht etwa bloss die rohe Bronze,
sondern die fertigen Produkte aus diesem Material seien aus der
Feme in unser Land eingeführt worden. Als man dann Gusswerk-
stätteo entdeckte und da rohes Kupfer, Zinn- und Bronzebarren,
Ware, die zum Einschmelzen bestimmt war, Erzklumpen und Erz-
tropfen fand, ja sogar Objekte, die noch die Gussnähte an sich
trugen und endlich auch Gussformen, Gusstiegel u. s. w., da musste
zugegeben werden, dass schon in der fernen Vorzeit die meisten
Bronzen unserer Fundstellen in der Schweiz selbst gegossen und
bearbeitet wurden. Dabei dachte man sich immer noch die schönsten
Stücke, wie z. B, die Schwerter, eingeführt Aber selbst diese Ansicht
war nicht haltbar.
Ganz sicher ist, dass die ersten Bronzen von der Fremde kamen,
aber bald wurden sie nachgeahmt. Auch in der Folgezeit bezog
man vom Auslande immer noch die Rohbronze und mit derselben
konnten stets neue Impulse bezüglich der Metatltechnik hierher ge-
langen. Aber nach und nach erstanden Meister im eigenen Lande,
welche die Bronze gössen, abputzten, hämmerten, härteten, gravierten,
stanzten, nieteten u. s. w. Die Gussformen an sich zeugen von der
verschiedenen Art des Gusses. Sie bestanden zum Teil gewiss aus
Wachs, das sich nicht erhielt. Wohl aber fanden sich Reste von
zed.yGOOgle
282 nritte» KapHel.
Thonformen, von solchen aus Sandstein und endlich einige aus
Bronze, Die hohe Stufe der Giesserkunst ist durch mehrere Funde
bezeugt. Ein Bronzerad, das in dem mehrfach erwähnten Pfahlbau
Cortaillod zum Vorschein kam, soll nach Aussage von Technikern
ein Muster von Hohlguss sein.
Dass Gebläse-Vorrichtungen in den Giessereien vorhanden waren,
darf wohl als sicher angenommen werden. Durch Hämmern und
geeignete Behandlung beim Abkühlen der Bronze wurde diese ge-
härtet. Das zahlreiche und feine Handwerksgerät beweist, dass beim
Gravieren und Stanzen der Bronzen kunstfertige Hände beschäftigt
wurden. Das Löten scheint den Bewohnern der Schweiz zur Bronze-
zeit unbekannt gewesen zu sein, aber sie wussten sich zu helfen.
War z, B. eine Nadel abgebrochen, so wurden die beiden Bruch-
stellen mit Bronze umgössen. Bei einer Schmucknadel mit trichter-
förmigem Kopf verband man diesen mit der Nadel, indem man
Blei {oder Zinn?) in den Grund des Trichters goss und so die zuvor
eingesteckte Nadel festigte.
Welch hohen Wert die Bronze besass, ersieht man aus den
vielen reparierten Stücken. Oft wurden Bronzen, wenn sie zer-
brachen, zu andern Zwecken benutzt, wie wir das bei einigen
Bronzespangen nachwiesen, die zu Rasiermessern zurecht gedengelt
und geschliffen worden waren. Eine abgebrochene Schwertspitze
diente als Lanze oder als Dolch, ein abgebrochenes Messer wurde
am Dorn zugespitzt und als Ahle benutzt
Eine Frage, die viel Nachdenken verursachte, war die, ob denn
die Bronze überhaupt mit Bronze-Instrumenten bearbeitet werden
könne oder ob nicht, wie manche Techniker meinten, der Bronze-
Arbeiter Stahl-Werkzeuge benötigt habe. Versuche ei^abcn aber,
dass in der That Bronze mit (gehärteter) Bronze sich bearbeiten lässt
Selbst die konzentrierten Kreise, die als Verzierungen auf Bronzen
so häuhg sind, konnten mit Bronze-Instrumenten eingestanzt werden
und die Untersuchung mit der Lupe ergab, dass diese und ähnliche
Verzierungen auf Altsachen nicht bloss mit Bronze-Werkzeugen ge-
macht werden konnten, sondern auch auf diese Weise gemacht
worden sind.
In der Bronzezeit waren aber noch andere Metalle bekannt, als
Kupfer, Zinn und Bronze, nämlich Blei und Gold, Das erstere muss
von fernher bezogen worden sein. Es erscheint in kleinen Barren
oder Klumpen, oder aber als Bestandteil von Bronze-Objekten. Gold
dürfte schon damals aus dem Sand einiger unserer Flüsse gewaschen
und wegen seiner auffälligen Farbe verwertet worden sein. Es
wurde zu Schmuck verarbeitet, z. B. zu Ringen. Einige Goldplätt-
zed.yGOOgle
Die BroDzeperiode. 283
chen von Nidau haben wohl als Beschläge gedient, ähnlich dem
getriebenen Goldblech aus den Gräbern von Binningen, das als
Gürtel- Verzierung aufzufassen ist In Cortaillod fand man sechs
Ohrringe aus Gold. Silber war den Leuten der Bronzezeit, wenigstens
in Mitteleuropa, gänzlich unbekannt.
Man sieht, dass damals nicht bloss die Schätze der Heimat,
sondern auch diejenigen benachbarter Länder benutzt wurden, um
sich das Leben ai^cnehmer zu gestalten. Es müssen also schon
relativ weitreichende Beziehungen unter jenen Völkerschaften an-
genommen werden. Wir widmen ihnen den folgenden Abschnitt:
5. Handel und Verkehr in der Stein- wtd Bronzezeit.
Als das Phänomen der Pfahlbauten sich enthüllte, da stürzten
Gelehrte und Ungclehrte mit wahrem Feuereifer über dieses Gebiet
her und sammelten und forschten, dass man meinen sollte, die
Rätsel, welche da vorgelegt wurden, müssten rasch gelöst worden
sein. Wer waren die Pfahlbauer, woher kamen sie, von welchen
Völkern erhielten sie die merkwürdigen Sachen, die dem Seeschlamm
enthoben worden und von denen einige aus Materialien bestehen,
die bei uns nicht vorkommen, oder deren Urspnjngsort überhaupt
unbekannt ist? Es hat zwar an kühnen Hypothesen nicht gefehlt,
die diese Fragen beantworten sollten, aber es waren zumeist Femer-
stehende, die dieselben aufstellten, während die Forscher, die sich
am eingehendsten mit der Sache befassten, eine grosse Zurück-
haltung beobachteten.
Die glänzende Bronze hatte es den Leuten ganz besonders
angethan. „Da haben wir Wohnsitze des erzkundigen Keltenvolkes
vor uns," behauptete der eine. „Nein," sagte der andere, „die
Pfahlbauten sind die Sommersitze einer reichen Fischerkaste, die
einige Monate des Jahres am See die Freuden des Fischfanges ge-
noss, um dann im Herbst wieder in ihre Wohnstellen auf dem
Lande zurückzukehren." Ein prosaischer Mann stellte die Meinung
auf, die Pfahldörfer seien die Magazine reicher Leute, die ihre
Schätze an sichern, vielleicht geheiligten Orten im See aufbewahrt
hätten. Ein Vierter erklärte: „Bewahre, es sind die Magazine phö-
nikischer Händler, die von der uralten Kolonie Massilia (Marseille)
mit ihren Waren zu den Barbaren unserer Gegend nordwärts wan-
derten."
Während die genannten Hypothesen darauf ausgehen, das häufige
Vorkommen der Bronze in den Pfahlbauten zu erklären, behaupteten
zed.yGOOgle
284 Drittes Kapitel.
vergleichende Sprachforscher, die Pfahlbauer seien Arier und be-
sprachen die Herkunft der Leute selbst und ihrer Kultur. Die grosse
arische Wanderung von Ost nach West, von Asien nach Europa,
hätte die Seebewohner in die Schweiz gebracht Daher finde man
schon in den ältesten Stationen unserer Seen Spuren von Viehzucht
und Ackerbau; Die Arier kannten beides bei ihrem Auszug aus der
Urheimat. Nicht bloss die Arier selbst, sondern auch ihre Haustiere
stammen aus dem Orient Die Mehrzahl der letzteren haben die
Pfahlbauer bei ihrer Herkunft schon besessen, neue Rassen und
Formen, wie das Pferd, nachbezogen. Nach Südosten und Osten
weisen auch die ältesten Getreide; im Orient glaubte man die
Nefritoide anstehend zu hnden, sie mochten bei den grossen Wande-
rungen mi^efiihrt worden sein. Auch die Ursprungsstätte der Bronze
ist im Orient zu suchen; spätere Völkerschübe oder uralte Ver-
bindungen mit Östlicher wohnenden arischen Stämmen dürften sie
in unser Land gebracht haben.
Wir haben oben gesehen, dass die Theorie der arischen Wande-
rung heute bereits wailkt und mit ihr fällt auch die Hypothese
betreffend der Herkunft der Pfahlbauer. Indessen könnte die Kultur
doch direkt von Osten her gekommen sein; ICulturströmungen und
Völkerwanderungen sind ja nicht identisch. Dann müssten wir die
Wege, auf denen z. B. die Bronze in unser Land kam, an Hand
der Formen erkennen können, zum mindesten wären die Prototypen
unserer Bronze-Objekte im Osten zu finden. Das ist nicht der Fall,
obschon Österreich-Ungarn und das Kaukasu^ebiet archäologisch
wohl bekannt sind. In Bayern und Osterreich finden wir sogar eine
gewisse Armut an Bronze und Beweise, dass dort das Eisen schon
bekannt war, während in der Schweiz das „bei äge du bronze"
blühte. Vergleichen wir aber die Formen und die Verzierungen
der Funde der östlich der Schweiz gelegenen Länderstrecken, so
sind sie sehr verschieden von dem, was wir in Pfahlbauten finden
und dazu kommt noch, dass die Bronzefunde Österreich-Ungam's
zumeist nicht aus Seen stammen und dass die Pfahlbauten am Nord-
hiss der Ostalpen der Steinzeit angehören. Das Eintrittsthor in die
Schweiz fiir die Bronze war der Genfersee, an den sie läi^ der
Rhone gelangte, um sich von dort in die Gebiete der Aare und
des Rheins zu verbreiten.
Sehen wir indessen ab von der Bronzefrage, so haben die
Forschungen über die Herkunft der Nefritoide, der Haustiere und
der Kulturpflanzen ebenfalls dargethan, dass auch zur Steinzeit an eine
und dieselbe Bezugsquelle der verschiedenen Dinge nicht gedacht
werden kann, dass zudem keine Völkerwanderungen nötig sind, um
zed.yGOOgle
Die BroDieperiode. 285
das Vorkommen der !n den Pfahlbauten gefundenen Materialien zu
erklären. Viel wahrscheinlicher ist es, dass schon in alter^rauer
Vorzeit viele Wege offen waren, auf denen Rohstoffe und fremde
Kulturprodukte in die heutige Schweiz gelangten und wir werden
später sehen, dass nicht bloss unser Land von der Fremde gesucht
wurde, sondern dass die Pfahlbauer eben instinktiv auch in die
Ferne strebten und dass, ihnen, was etwa vergessen worden sein
mag, auch ein gewisser Anteil an der Herstellung von Beziehungen
zum Auslande zugerechnet werden muss.
Was die Kelten betrifft, so ist man davon at^ekommen, alles
Schöne und Gute in Metallarbeiten des prähistorischen Mittel-Europa
ihnen zuzuschreiben und ihre Kenntnisse in Bezug auf die Bronze-
technik sind auf ein bescheideneres, aber den Funden entsprechenderes
Mass zuriickgerührt worden. Während F. Keller im ersten Pfahl-
baubericht von den „keltischen" Seedörfchen spricht, hat er schon
im zweiten Bericht diese Bezeichnung fallen lassen und heutzutage
wird es keinem Forscher einfallen, die Pfahlbauten oder speziell die
Bronzetechnik den Kelten zuschreiben zu wollen. Er weiss, dass
die Funde nur Andeutungen geben über die Kultur der Völker,
nicht aber über deren ethnologische Zugehörigkeit. Es ist viel-
leicht möglich, später, wenn noch mehr und besonders fachmännisch
ausgegrabene Funde aus den verschiedenen Ländern vorliegen und
das Auge des Denkers noch schärfer in all die tausend Einzelheiten,
welche die stummen Zeugen der Vergangenheit darbieten, hineinblickt,
auch auf die ethnologischen Fragen einzutreten, aber unsere Wissen-
schaft ist noch jung und wir wollen uns bescheiden.
Ahnlich wie mit den Kelten, ist es mit den Etruskern gegangen.
Als die Prähistorie noch im Kindheitsalter stand und kaum den
Namen einer Wissenschaft verdiente, da waren die Leute, die sich
mit ihr befassten, schnei! mit einer Idee bereit und wagten sich mit
Vorliebe an die schwierigsten Fragen. So probierte man denn, wie
wir gesehen haben, die ganze Bronzetechnik einfach den Kelten zu-
zuweisen, weil man von ihnen herzlich wenig wusste. Als das nicht
mehr anging, sollten die Etrusker, deren Geschicklichkeit in aller
Art technischen Könnens und deren Handelsgeist ja bezeugt waren,
in die Lücke treten. Unterdessen sind aber die prähistorischen
Forschungen in Italien zu einem so hohen Grade der Voll-
endung gelangt, dass wir recht wohl Etruskisches von anderem
unterscheiden. Auch die Beziehungen der Etrusker zu unserem
Land sind klarer geworden, aber dass sie die Bronzesachen der
schweizerischen Pfahlbauten verfertigt, lässt sich schlechterdings nicht
beweisen. Wir überlassen es der Zeit und der Wissenschaft, diese
zed.yGOOgle
286 Drittes Kapitel.
Fragen zu lösen und schleppen unterdessen immer mehr sorgfaltig
bearbeitete Steine herbei zum Bau des Gebäudes, in dem die Prä-
historie in Zukunft wohnen soll.
Nach Pallmann sind die Pfahlbauten, wenigstens die Bronze-
stationen, keine eigentlichen Wohnsitze gewesen, sondern Magadne
von phönikischen Händlern. Desor kam dieser Theorie einiger*
massen entgegen. Hochstetter hielt die See-Ansiedelui^en zwar
für Wohnsitze der einheimischen Bevölkerung, aber diese sollte nur
einige Wochen oder Monate des Jahres zur Ausübung des Fisch-
fangs dort geweilt haben. Gegen beide Auffassungen wendete sich
F. Keller.
Die Pfahlbauten sind keine Magazine, sagte er; was sollten über
20 Magazine im Bielersee und weit mehr als 50 im Neuenburger See
genützt haben? Die Pfehlbauten waren bewohnt; das beweist uns
das ganze Inventar jedes Dorfes. In Magazinen kommen gewisse
Dinge sehr zahlreich, andere gar nicht vor. Da in den Pfahlbauten
alles, was in menschlichen Wohnsitzen der Vorzeit überhaupt er-
wartet werden kann, angetroffen wird, können sie nicht als Magazine
gelten und dass es zudem Phönikier gewesen, die derlei Magazine
errichteten, ist nicht zu beweisen. Die Pfahlbauten sind aber auch
nicht nur temporär bewohnt gewesen, sondern dauernd. Heer hat
z. B. von Robenhausen nachgewiesen, dass zu allen Jahreszeiten
Menschen und Vieh in diesem Wasserdorf gelebt haben müssen.
Keller wies auch den Gedanken zurück, dass in der prähistorischen
Bevölkerung unserer Gegenden reiche Fischerkasten existiert hätten,
welche im Besitz der See-Ansiedelungen gewesen seien. Er betonte
immer, man solle lieber die Funde selbst soi^ältig und zwar im
Detail studieren und weniger Hypothesen bauen.
Wenn nun von den Handelsbeziehungen der Pfahlbauer ge-
sprochen werden soll, so beabsichtige ich gar nicht, zu erklären,
wie diese Beziehungen entstanden sind und unterhalten wurden,
wohl aber mag der Versuch gewagt werden, überhaupt einmal Ver-
kehr und Handel der Pfahlbauer unter sich und mit der Fremde
nachzuweisen und auch Anhaltspunkte zu gewinnen über die Rich-
tung des Verkehrs in prähistorischer Zeit
Die meisten Materialien, welche in den Pfahlbaufunden er-
scheinen, hat die Natur geliefert, sei es das organische oder un-
organische Gebiet derselben. Was zunächst die eigentlichen Gesteine,
speziell die Silicate angeht, so tritt, besonders in der Steinzeit, der
Feuerstein in seinen verschiedenen Arten auf. In einigen See-
dörfern, wie Ermatingen (untere Station}, Bodmann, Moosseedorf, trifft
man nicht nur ganz ausserordentlich viele bearbeitete Stücke von
zed.yGOOgle
Die BroDzeperiode. 28?
Silex, sondern auch Abfiille, Splitter und Rohstücke, Es müssen
an diesen Orten eigentliche Feuerstein-Werkstätten existiert haben.
Mehrere Pfahlbauten dienten den Bewohnern der Umgebung bis in
unser Jahrhundert als Fundstellen von Feuerstein. So holte man vor
der Einführung der Zündhölzchen am Westufer der Überlingersee's den
Bedarf an Feuerstein auf der sogen. Feuerstein-Insel, d. h. dem Pfahlbau
Wallhausen. Nun giebt es andere Ansiedelungen, in denen Feuerstein
seltener ist, Rohstücke und Abfälle fehlen, dagegen erscheint dort
vielleicht eine Werkstätte anderer Art, z. B. eine Töpferei in einem
Steinzeit-Pfahlbau, eine Giesserei in einer Bronzestation. Ja, man hat
bemerkt, dass fast jeder Pfahlbau ii^end eine Technik, irgend eine
Art von Schmuck oder Geraten in besonderer Weise repräsentiere, ■
Was liegt nun näher, als zu denken, der Überschuss, den die Werkstätten
produzieren, sei eben dem Verkehr übeigeben worden, den Nachbarn
zu Gute gekommen? Was den Silex betrifft, so kommt noch ein
weiterer Umstand in Betracht. Wir kennen nämlich aus unseren
Gegenden wohl grauen, rötlichen, gelben und weisslichen Feuerstein,
in Pfahlbauten aber erscheint ausserdem noch schwarzer in Rohstucken
oder in bearbeiteter Form. Diese Varietät kann nur aus der Ferne,
von Frankreich oder Norddeutschland, bezogen worden sein. Es
lieferten ferner einige Stationen des Bielersee's Silex -Artefakte von
solcher Grösse, dass wir gestehen müssen, dass sie nicht aus dem
Rohmaterial unserer Gegenden haben erstellt worden können. Noch
mehr! E. von Fellenberg machte darauf aufmerksam, dass unter den
Pfeilspitzen aus Feuerstein solche vorkommen von speziell nordischer
Form, (vgl. Fig. 73 u. 74 Seite 131), dass also auch manche Artefakte
nach Norden und Nordwesten weisen. Wenn demnach die erwähnten
Werkstätten auf Verkehr der Pfahlbauer unter sich hindeuten, so haben
wir sowohl im Material, als auch in gewissen Formen der bearbeiteten
Feuersteine einen Fingerzeig erhalten, wie weitreichend die Beziehungen
waren und haben gesehen, dass es die Gegenden an der Nordsee
und Frankreich waren, mit denen die Bewohner unserer heutigen
Schweiz schon in der Steinzeit in Verkehr standen.
Eine zweite Gruppe von Silikaten, die m Pfahlbauten erscheinen,
bilden die Nefritoide, über welche eine reiche Litteratur existiert,
ohne dass die dabei interessierenden Fragen endgültig gelöst wären.
Schon im erstentdeckten Pfahlbau, in Meilen, fand man Keile aus
einem Gestein, dessen Herkunft unbekannt war. Es war Nefrit, ein
grünliches Material, das grosse Härte zeigte. Der Nefrit ist ein
Calcium-Magn es ium- Silikat und gehört zur Amphibol-Gruppe, deren
Varietäten häufig in Steinbeilen erscheinen. Im Verlauf der Pfahl-
bau-Untersuchung ergab es sich aber, dass speziell die Stationen
zed.yGOOgle
288 Drittes Kapitel.
des Bodensees zwischen Meersburg und Überlingen reich seien an
Nefrit und seinen Verwandten, dem Jadeit und Chloromelanit,
welche man in^esamt als „Nefritoide" bezeichnet. Das Rosgarten-
Museum in Konstanz besitzt ca. looo Stücke von bearbeiteten
Nefritoiden, aber auch Rohstücke fanden sich und solche, bei denen
man Sägeschnitte bemerkte, wie Leimer berichtet. Die west-
schweizerischen Seen lieferten auch einige hundert Nefritoide, be-
sonders die Gegend von Estavayer am Neuenburger See,
Nirgends in Europa hat man früher Nefrit, Jadeit und Chloro-
melanit anstehend gefunden, nur den verwandten Saussurit kannte man
aus dem Saasthal und den Ablagerungen des alten Rhonegletschers,
von wo ihn die Bewohner der westschweizerischen Seen hohen, um
ihn zur Erstellung von Beilen zu benutzen. Woher haben nun aber
die Pfahlbauer den Nefrit, den Jadeit und Chloromelanit bekommen?
Es ist nicht zu verwundem, dass man anfing, besonders die Nefnt-
und Jadeitfunde (Chloromelanit ist nur eine Varietät des letzteren
und viel seltener) zu registrieren, um aus der geographischen Ver-
teilung derselben Anhaltspunkte für die Herkunft dieser Materialien
zu gewinnen. Der Mineraloge Fischer in Freiburg i/Br. sammelte
in zwanzigjähriger Spezialforschung ein grosses Material aus allen
Erdteilen, das über die Vorkommnisse von bearbeitetem und
anstehendem Nefrit, Jadeit und Chloromelanit Aufechluss giebt.
Von Hochstetter brachte von seinem Aufenthalt in Neuseeland
die Kunde, dass eine dem Pfahlbau-Nefrit sehr ähnliche Varietät auf
dieser Insel anstehe und von den Eingebomen verwendet worden
sei. Der kühne Reisende H. von Schlag in twe et entdeckte an-
stehenden Nefrit in mächtiger Entwicklung in Turkestan, und die
sibirischen Artefakte wiesen den Weg zu Nefritlagem im Ihianschan
und seinen Vot^ebirgen. 1886 schenkte mir Kapitän Jakobsen ein
Stück Nefrit, das er auf seiner Reise in Ostsibirien und Alaska an-
stehendem Fels entnommen hatte. Auch im Zobtengebirge in
Schlesien, also in Europa selbst, fand sich Nefrit, freilich erst durch
Bergbau aufgeschlossen, aber es ist nicht der Pfehlbau-NefriL
Überblickt man nun eine Karte, in welche alle Fundorte von
Nefrit- Artefakten eingetragen sind, so bemerkt man sofort, dass sie
um gewisse Centren gelagert erscheinen und man ist versucht, eben
in diesen Centren das anstehende Gestein zu suchen. Wirklich ent-
sprechen die Artefakte aus Neuseeland dem Nefrit, der daselbst
lagert, diejenigen aus Südsibirien den Lagern am Thianschan. Die
meisten europäischen Nefritfunde bestehen aus anderm Material, als
der Zobten-Nefrit und finden sich in der Gegend der Alpen be-
sonders häufig. Trotz aller Expeditionen in unseren Bergen
zed.yGOOgle
Die Bronzeperiode. 289
hat man jedoch noch nie ein Stückchen dieses Materials anstehend ge-
funden, so wenig, als in den diluvialen Ablagerungen an deren Nordfuss
oder in der miocenen Nagelfluh von Rigi, Speer u. s. w. Zwar wurden
zwei Stücke von Nefritoiden im Flussgeröll Süd-Österreichs entdeckt,
aber sind es nicht etwa verloren gegangene und gerollte Objekte alter
Zeit? Natürlich glaubten viele, die Nefrite Europa's, besonders der
Pfahlbauten, stammten aus der Urheimat der Indogermanen, aus
Centralasien oder Umgegend, wo man ja wirklich Nefrit fand. Dass
man zwischen Thianschan und Mittel-Europa wenig Nelritfunde
machte, sollte seine Ursache darin haben, dass diese Zwischenländer
nicht erforscht waren. Aber die österreichischen Pfahlbauten sind
gut bekannt und haben doch sozusagen keine Nefrite geliefert und in
Ungarn hat man, besonders seit 1876, mit grossem Fleiss geforscht und
die Nefriloide fehlen auch dort fast ganz. Die Theorie, dass die
Pfahlbauer ihren Nefrit aus ihrer Urheimat mitgebracht, ist aber schon
deswegen unhaltbar, weil die asiatischen Nefrite aus einer ganz
andern Varietät bestehen, als die alpinen.
Die Jadeite sind viel gl eich massiger über die Erde verteilt, als
die Nefrite. Anstehend kannte man den Jadeit bisher nur im
obem Burma Hinterindien), von wo das Material zu den zahlreichen
Jadeit-Objekten, welche aus China zu unserer Kenntnis gekommen
sind, stammte. Er scheint übrigens auch in Alaska (und Mexiko?)
anzustehen, nicht aber in Europa, wo man ihn doch in prähistorischen
Funden so oft sieht. Da nun der Jadeit schwerlich von Hinter-
indien zu unsem Pfahlbauern gelangt ist, so müssen wir bekennen,
dass man gegenwärtig noch nicht weiss, woher das Material zu den
Nefrit-, Jadeit- und Chloromelanit-Stücken aus Pfahlbauten u. s, w.
stammt.
Eine dritte Gruppe von Materialien, welche zeigen, dass Ver-
kehr und Handel, wenn auch noch so primitiver Art, den Pfahl-
bauern nicht unbekannt geblieben ist, bilden die Hetalle. Das
am frühesten auftretende Metall war das Kupfer. Kupfer ist in
den Stationen der Ostschweiz selten, häufiger im Westen, wo
einige See-An Siedlungen, wie Vinelz, St, Blaise, Chevroux, geradezu
durch das Aufbieten dieses Metalls charakterisiert werden. EHese
Kupferstationen zeigen noch andere Eigentümlichkeiten. Viele
Funde aus denselben weisen eine Ornamentik auf, welche den
Übergang von der Stein- zur Bronzezeit darzustellen scheint, wie
z. B. das sogen. Tupfenomament auf Thongefässen. Die Formen
vieler Artefakte der Kupferstationen verbinden steinzeitliche und
bronzezeitliche Typen miteinander. Es sei hier z. B. an die Kupfer-
dolche erinnert, an Beile, Armbänder, Gehänge u. s. w. Wir haben
.y Google
290
Drilles Kapitel.
deshalb von einer eigentlichen Kupferzeit gesprochen, welche von
der Steinzeit zur Bronzeperiode überleitete und durch besondere
Formen charakterisiert ist.
Was nun das Kupfer betrifft, so kommt dasselbe in der Schweiz in
mehreren Thälern der Kantone Wallis und Graubünden vor, merkwür-
digerweise also gerade in jenen Teilen des Landes, wohin die Nefritoide
unseren Blick gelenkt haben. Allerdings können die Pfahlbauer ihr
Kupfer auch von Südfi-ankreich oder Ungarn erhalten haben. Noch
nie hat man Rohkupfer in den See-Ansiedelungen getroffen, wohl
aber Gusslöffel in Stationen, wo Bronze zu fehlen scheint, wie in
Niederwil bei Frauenfeld, einer Stein-
station. Sehr interessant ist der cyp-
rische Kupferdolch aus Pont de Thielle.
Bekanntlich ist Cypem reich an Kupfer
und prähistorischen Artefakten aus die-
sem Metall. Der Name des Kupfers
selbst erinnert an diese Insel, denn es
hiess ursprunglich cyprisches Erz ^aes
cyprium). Ungarische Formen haben
wir in Fig. 308 und 30g vor uns; das
erste dieser Beile besteht aus Kupfer
und wurde in Lieli (Aargau) gefunden,
das zweite stammt aus Parpan (Grau-
bünden) und besteht aus Bronze.
In Pfahlbauten kommen auch Blei
und Zinn, rein und vermischt mitein-
ander, vor. Blei erscheint zumeist in
Klumpen, Zinn in Form von Ringen, Nadelköpfen, Schmuckrädchen,
oder als Verzierung von Topferprodukten. Was das natürliche Vor-
kommen von Blei angeht, so findet es sich in geringen Mengen abermals
in den heutigen Kantonen Wallis und Graubünden. Zinn dagegen ist
in der heutigen Schweiz nicht einmal in Spuren vorhanden, also sicher
eingeführt Zinn ist überhaupt selten. Bekanntlich haben die Alten
dieses Metall aus Süd-Britannien bezogen und es wäre möglich, da.ss
auf dem Landwege auch englisches Zinn in unsere Gegenden gelangt
wäre. Wir machten schon anlässlich der Besprechung der Feuer-
stein-Artefakte auf Beziehungen mit Nordwest-Frankreich aufmerksam;
auf demselben Weg könnte auch Metall in die Pfahlbauten gelangt
.sein. Übrigens hat DaubrCe prähistorische Zinngewinnung im mittleren
Frankreich nachgewiesen.
Die Bronze besteht aus Kupfer und Zinn. Aus dem Schlamm
der Seen sind seit der Entdeckung der Pfahlbauten Tausende von
Kupfe
Fig. 308.
1x1 ungarischer Form a
Lieli (Aargau).
„d, Google
Die Broazeptriode. 29 1
Artefakten aus diesem Material zu Tag gefördert worden und darum
müssen wir zur Bronzezeit einen sehr lebhaften Handelsverkehr
der Pfahlbauer mit dem Auslande annehmen. Wenn nun auch die
Bronze im allgemeinen auf den Pfahlbauten selbst verarbeitet wurde,
so giebt es doch Artefakte aus diesem Material, die deutlich auf
ihre fremde Heimat weisen. Ich will den etruskischen Spiegel von
I'ortatban ausser acht lassen, da er einzig in seiner Art ist, da-
j;egen mögen Fibeln oder Gewandnadeln erwähnt werden, die mit
Bronzrait von Paipan.
solchen aus italischen Gräbern völlig übereinstimmen. Nicht bloss
ist dies mit der Bügelfibula von Wollishofen der Kai!, sondern be-
sonders auch mit jenen Stücken aus Mörigen, welche die Fibulae a
grandi coste repräsentieren.
Bei einem Besuche des Museums Lausanne bemerkte Montelius
unter den Pfahtbaufunden aus Cortaillod eine Fibulaform, die
speziell in seiner nordischen Heimat ungemein zahlreich vorkommt,
südlich aber nicht weiter, als bis zum Thüringer Wald reicht.
Es ist die sogen. Scheibenfibel, bei welcher sowohl Kopf, als
Fuss der Schliessnadel mit einer verzierten Bronzescheibe vei^
zed.yGOOgle
292 Drilles Kapitel.
bunden zu werden pflegt. Dieses in Fig. 310 dargestellte nordische
Stück ist aber nicht das einzige seiner Art, Aus dem gleichen
Pfahlbau Cortaillod stammt ein ebenfalls
von dem genannten Forscher beschriebenes
nordisches Hängegeläss mit seiner für die
Ursprungsstätte so bezeichnenden Technik
und Verzierung (Fig. 311), Andere Bronze-
gefässe haben von Süden ihren Weg in
die Schweizerseen gefunden, so z. B. ge-
triebene Vasen und ganz besonders eine
Fig_ jio, Situla aus demPfahlbau Wollishofen. Dieser
FibeUragment aus dem Piähl- Bfonze-Kessel hat die wohlbekannte Form
baa Cortaiiiod. gj^gg Kcgelstumpfcs, der auf der kleineren
Grundfläche ruht. Er erweitert sich also nach oben und erst am kurzen
Hals ist er etwas eingezogen. Eine Lotung ist nirgends zu be-
Fig. 3"-
Nordisches HängegeRiss aus dem Pr»hlbau Corlaillod {Neuenburger See),
merken, nur Vernietung kommt vor. Auch die Henkel sind mit
dem Kessel durch sorgfältige Nietung verbunden. Diese Situlae
zed.yGOOgle
293
kommen nordwärts der Alpen nicht allzu selten vor, wie die Funde
der Hallstattteit, besonders diejenigen aus Gräberfeldern beweisen.
Die eigentliche Heimat dieser Kessel aber ist Itahen und Süd-Öster-
reich und ihr Alter weist aut die erste Eisenzeit, also in das Ende
der Pfahlbaupetiode. Auch Henkel grosser Bronzegefässe sind in
Pfahlbauten gefunden worden und erweisen sich als identisch mit
italischen Funden der Vorzeit.
Unter den Werkzeugen und Geräten aus Bronze ist eine An-
zahl von Messern mit Diillen bemerkenswert, in -welche der Stiel,
die Handhabe, gesteckt wurde. Diese DüUenmesser kommen in
einigen Stationen der Westschweiz vor, sind aber häufiger in den
Khon fegenden und weisen demnach in südwestliche Richtung.
Auch Wagenbestandteile wurden in Wollishofen, Concise und Esta-
Fif. 3".
Wagenbeschtäge aus dem Pfahlbau Chevroux im Neuenburger See.
vayer dem Seegrund enthoben. Der Pfahlbau Cortaillod lieferte ein
Bronzerad und in Chevroux bei F^tavayer fand sich eines jener Be-
schläge (Fig. 312), welche Keller veranlassten, den „etruskischen"
Wagen zu rekonstruieren.
Was endlich noch die Bronzewaffen angeht, so haben wir das
griechische Schwert von Adliswil angeführt. Die häufigste Schwert-
form ist der Ronzano- oder Möriger Typus: weidenblatt- ähnliche
Klinge, kurzer, mit einer runden oder elliptischen Platte und Knopf
nach hinten abschliessender Griff, der gegen die Klinge mit einer
kurzen, gerade abgeschnittenen Parierstange endigt. Neben dieser
südlichen Form kommt auch die nach Osten weisende Hallstattform
;vgl. Fig. 281), allerdings selten, vor. Die letzte Phase der Pfahlbau-
Bronzeperiode war gleichzeitig mit der älteren Hallstattepoche anderer
Gegenden.
zed.yGOOgle
294 Drittes Ka;Hte1.
Gold erscheint in den Pfahlbauten in Form von Draht, von
Lamellen (Nidau, Mörigenj, von Ringen (Cortaillod, Mörigen,
Muntelier und Wollishofen -Zürich), von Spiralen (Mörigen), von
Zwingen und Rosetten (Estavayer, St. Aubin) und als Perle (Concise'.
Es mag aus dem Sand unserer Flüsse gewaschen worden sein.
Selten triflll man unter den Pfahlbaufunden Eisen. In der
eigentlichen Eisenzeit müssen die Seedörfer verfassen gewesen sein
i oder nicht mehr existiert haben. Nur die Station Mörigen er-
gab mehrere Eisenobjekte. Es fand sich daselbst ein Schwert
vom Mörigcr Typus mit Eisenklinge und Bronzegriff, der seiner-
seits wieder Eisenplättchen als Einlage aufweist Eine Eisen-
trense von Mörigen zeigt grosse Ähnlichkeit mit entsprechenden
Bronzen. Endlich aber enthob man diesem Pfahlbau ein Armband
aus Bronze, welches, ähnlich dem eben (Erwähnten Schwert, schmale
Eisenplättchen als Einlage zeigt Hätten die Pfahlbauer die Eisen-
Lagerstätten unseres Landes gekannt und ausgebeutet, würden
beispielsweise die Schlackenhalden in der Nähe des Gonzen von
ihnen herrühren, so wäre das Eisen in den Pfahlbauten häuhger
und würde nicht zu Schmuck, sondern vielmehr zu Geraten ver-
wendet worden sein. Auch das Eisen scheint den Pfahlbauem also
durch Handel zugekommen zu sein.
Mit dem Eisen tritt in vorrömischcr Zeit auch Silber auf.
In bronzezei^lichen Gräbern ist es noch nie konstatiert worden^ da-
' gegen soll im Pfahlbau Estavayer am Kopf einer Haarnadel ein
Reifchen dieses Metalls zum Vorschein gekommen sein. Als ver-
einzelter Fund erlaubt das Stück keinen Schluss auf das etwaige
Vorhandensein von Silberobjekten in der Bronzezeit der Schweiz.
Mehrfach sind in unsern Pfahlbauten Glasperlen gefunden worden.
Einige derselben tragen kleine, warzenartige Vorsprunge, sogen. Augen.
Die Perlen sind entweder rund oder länglich, tonnenförmig. Ihre
Farbe ist blau mit weissen Streifen oder aber grünlich. Mit Aus-
nahme einer Perle aus dem Steinzeit-Pfahlbau Wauwil, die bei auf-
fallendem Licht bläu lieh weiss, bei durchgehendem aber honiggelb
erscheint, sind alte diese Glasfunde in Bronzestationen gemacht
worden, so in Vallamand und Muntelier, in Concise, St Aubin
und Auvernier, in Nidau und Mörigen. Der Pfahlbau WolHshofen-
Zürich hat sieben Stück Perlen geliefert. Einer der bedeutend-
sten Forscher, der zu früh gestorbene Königsberger Prahistoriker
Dr. Otto Tischler fand Glasperlen dieser Art auch in Bronzezeit-
Gräbern. Die Perlen sind also nicht etwa später zufaltig in den
Schlamm des Seegrundes geraten und im Lauf der Jahrhunderte in
immer grössere Tiefe, schliesslich in die Kulturschicht der Pfahlbauten
zed.yGOOgle
Di« Brooieperiode. 295
gesunken, sondern sie sind Erzeugnisse der Bronzezeit und kamen
mit den übrigen Resten des Pfahlbau -Hausrates in die Tiefe, Auch
ihre Zahl und Fonn spricht gegen die erwähnte Vermutung. Da-
gegen ist es, wenigstens bis jetzt, nicht gelungen, irgend einen Be-
weis für die Möglichkeit zu finden, dass die Pfahlbauer das Glas
selbst hergestellt hätten und auch die relative Sehenheit der Glas-
perlen macht es wahrscheinlich, dass wir hier.ein Handelsobjekt vor
uns haben.
Eine vierte Hauptgruppe von Materialien, welche der Pfahlbauer
benutzte, bilden, mineralogisch gesprochen, die Carbon- Verbindungen
oder C&rbonide. Auch unter diesen beweisen mehrere, dass Handel
und Verkehr in prähistorischer 2^it vorhanden war und der Bern-
stein wird uns wieder einmal eine Richtung der Völkerverbindungen
kennzeichnen.
In mehreren Bronzestationen fänden sich Ringe aus Gagat
oder Pechkohle. In Gräbern der ersten Eisenzeit werden sie häufig
Fundstellen von Gagat finden sich im Lias, der untersten Abteilung
der Juraformation. Im südlichen Württemberg ist diese Kohle häufig
und es konnte deshalb in diesem Lande die Gagatindustrie in
neuerer Zeit wieder zu frischem Leben erwachen. Da gerade gegen-
wärtig Untersuchungen über die Pfahlbau -Artefakte aus Lignit oder
Gagat im Gange sind, so dürfen wir vielleicht auch hier neue
Winke über die Handelsbeziehungen der Pfahlbauer erwarten.
Asphalt oder Erdpech wurde in den Steinstationen häufig ab
Kitt verwendet und gebraucht, um Pfeilspitzen u. s. w. mit den dazu
gehörigen Holzstäbchen zu verbinden. Asphalt findet sich in natür-
lichem Zustande reichlich im Traversthale , an der Perte du Rhone \
und in Frankreich, deutet also auf Verkehr mit dem Westen hin, /
Der Bernstein tritt in den Pfahlbauten zumeist in Form von
Ferien auf und wurde zu Halsschmuck verwendet. In Steinzeit-
Stationen fehlt er, dagegen fand er sich in der Übei^angsstation
Meilen und dem kupferzeitlichen Pfahlbau Sutz. Häufiger wird er in
Bronze-Pfahlbauten, wie Mörigen. Auch in Gräbern der älteren
Eisenzeit kommt er nicht selten vor, wie die Grabhügel von Trüllikon
bewiesen, wo ein Skelet eine Art Diadem trug, in welchem etwa
zwölf Bronzenadeln mit Bernsteinköpfen steckten. Woher stammt
nun der Bernstein? Es giebt verschiedene Lagerstätten desselben.
Bekanntlich wusste man schon im Altertum, dass im Norden Bernstein
gefunden werden kann. Nicht bloss wurde und wird an der Ostsee
roher Bernstein in bedeutender Menge gewonnen, sondern auch die
archäologischen Funde jener Gegend weisen der Bernstein-Industrie
ein hohes Alter zu und gehen bis in die Steinzeit zurück. Italien
zed.yGOOgle
296 Drittes Kapitd.
besitzt Bernstein in Sizilien, bei Bologna und im Appennin. Der
rumänische Bernstein fällt für uns ausser Betracht, weil er viel
seltener ist und durch seine eigentümliche Farbe mit den uns inter-
essierenden Funden kontrastiert. Auch viele lokale, erst durch Berg-
bau erschlossene Fundorte von rohem Bernstein in Österreich fallen
nicht in den Bereich unserer Untersuchung, da sie den prähistorischen
Bewohnern selbst jener Gegenden nicht bekannt sein konnten und
zudem in wenig reichlicher Menge vorhanden sind. Aber ist der
Bernstein der Pfahlbauten aus Italien oder dem Norden in unser
Land gekommen? Helm hat, auf chemische Untersuchungen ge-
stützt, die Frage zu lösen versucht. Er fand, dass der Ostsee-
Bernstein reich sei an sogen. Bernsteinsäure, während der italienische
dieselbe fast oder ganz entbehre. Auf dieses Untersuchungs-Resultat
hin sind nun viele prähistorische Bernstein-Artefakte geprüft worden
' und es zeigte sich, dass nicht bloss die nordischen Fundobjekte
■ Bernsteinsäure enthielten, sondern auch alle untersuchten Gegen-
stände aus Italien, die doch in der Gegend von Bologna und dem
Appennin, wo, wie wir hörten, Bernstein lagert, gefunden wurden.
Leider habe ich noch keine Analyse eines Bernstein-Artefaktes aus
der Schweiz erhalten, aber nach dem Gesagten ist es sehr wahr-
scheinlich, dass auch die Bcmsteinobjekte unserer Bronzestationen
nach Norden weisen.
Fassen wir nun zusammen!
Es ist durch unsere Untersuchung wohl zur Genüge klar ge-
worden, dass wirklich Beziehungen der Ffahlbauer sowohl unter sich,
als mit der Fremde angenommen werden müssen. Welcher Art
aber waren diese Beziehungen? Müssen wir an Handel und Verkehr
denken oder an Wanderungen? Die Patagonier und andere Völker
der alten und neuen Welt unternehmen bekanntlich auch oft
weitausgedehnte Wanderungen und wenn die Pfahlbauer Ähn-
liches thaten, so würde sich leicht erklären, dass Objekte in den
See- Ansiedelungen sich finden, deren eigentliche Heimat in weiter
F"erne liegt. Je tiefer ein Volk seinem Kulturgrade nach steht
und je mehr das Land selbst zum Wandern einladet, um so häu-
figer lassen sich Änderungen der Aufenthaltsorte wahrnehmen. So-
bald aber ein Volk sesshaft wird und Ackerbau treibt, so machen
die Wanderzüge allmählich dem Handel und Verkehr Platz und bei
einigermassen dichter Bevölkerung kommen wohl Auswanderungen
vor, aber nicht Wanderzüge von der Art der eben erwähnten.
Nun mag unsere Schweiz zur Stein- und Bronzezeit nicht sehr zu
solchen Wanderzügen eingeladen haben. Zudem waren schon die
Steinzeit- Pfählbauer keine herumziehenden Nomaden mehr, sondern
zed.yGOOgle
Me BroDzcperiode. 297
sesshafte Ackerbauer. Sind also, nach Analogie su schliessen, Wan-
derungen schon deswegen sehr wenig zahlreich anzunehmen, so
haben diese in der Bronzezeit wohl ganz aufgehört Demnach sollte
man erwarten, in Steinzeitfunden viele, in bronzezeidichen weniger
zahlreiche Anklänge an fremde Gegenden zu finden, aber gerade
das Umgekehrte ist der Fall. Nur wenige Beziehungen weisen
auf die Steinzeit zurück; in der Bronzeperiode dagegen sind die-
selben sehr zahlreich, also muss doch wohl Handel angenommen ,
werden.
Vor Jahrzehnten schien die arische Wanderung sicher kon-
statiert zu sein und wenn auch neuere Forscher den Ursitz der
Indogermanen mehr westwärts verlegten und Penka denselben gar
im südlichen Skandinavien sucht, so ist es doch angezeigt, zu unter-
suchen, ob die von uns besprochenen Beziehungen der Ffahlbauer
mit der Fremde nicht eben auf diese Wanderung zurückzufuhren
seien.
Wenige Spuren deuten auf Ost -West -Wanderung. Allerdings
fanden sich in Österreich-Ungarn auch alte Pfahlbauten, weiter östlich
aber nicht. Wir mussten die Frage offen lassen, ob nicht Kupfer
aus Ungarn bezogen wurde und die Hallstattform einiger Pfahl-
bauschwerter weist nach den ostlichen Alpen. Viel bestimmter tritt
der Norden in den Kreis unserer Betrachtungen. Auch da fand
man Pfahlbauten der Steinzeit und vom Ende des heidnischen Zeit-
alters, also aus relativ Junger Epoche, sind wieder Pfahlbauten in
Norddeutschland konstatiert, die von Slaven erstellt oder bewohnt
waren. Von Nord und Nordwesten stammen Rohstücke von F"euer-
stein und gewisse Typen von Pfeilspitzen aus diesem Material. Von
lingland kam vielleicht das Zinn in unsere Gegenden; nach Norden
weisen die Scheibenfibula und das Hängegefäss von Cortaillod und
von dorther ist wahrscheinlich auch der Bernstein den Pfahlbauem
zugekommen. Wenn wir mit Penka annehmen, der Ursitz der Arier
habe im Norden gelegen, so wäre es vielleicht möglich, jene Be-
ziehungen der Pfahlbauer zum Norden mit der arischen Wanderung
in Verbindung zu bringen. Aber auch Westen und Süden standen
den „Protohelvetiem" offen. Von Frankreich stammen möglicher-
weise Kupfer, Zinn und Blei und der Rhone entlang könnte Bronze
in die Westschweiz gekommen sein, da man ja auch bronzezeit-
tiche Pfahlbauten in Savoyen aufgefunden hat. Noch in späterer
Zeit ist bekannüich der Handelsweg von Marseille aus an den Genfer-
see oft benutzt worden, wie die massaliotischen Münzen, die in der
Schweiz gefunden worden, beweisen. Aus Frankreich sind auch
Feuersteine den Pfahlbauern zugekommen.
zed.yGOOgle
29S Drilles Kapitel.
Besonders innig sind die Beziehungen zwischen unsern See-
bewohnem und dem Süden gewesen. Abgesehen davon, dass in
Norditalien Pfahlbauten entdeckt worden sind, ist wohl der grösste
Teil der Bronze auf südlichen Ursprung zurückzuführen und bei
den Kupferfunden haben wir von einem cyprischen Dolche gehört.
Mehrere Bronzen zeigen ganz bestimmt südlichen Ursprung, wie der
etruskische Bronzespiegel von Portalban, die Fibeln von Mörigen,
Wollishofen, Estavayer u. s. w., die Situla von Wollishofen, die
Wagenbestandteile von Cortaillod und Chevroux, die Ronzano-
schwerter und das Möriger Schwert mit der Eisenklinge. Die Ser-
pulaschalen mögen von Italien gekommen sein; die Getreidearten,
ja sogar die Unkräuter in der Pfahlbauflora haben ihre Heimat
in den Mittelmeerländern oder im Orient. Wir lernten den ägyp-
tischen Mumienweizen, die indischen Hirsearten und das kre-
tische Leinkraut kennen. Hier und da sind Fabrikate unserer Ge-
gend auch ilach Süden gelangt, so z. B. verzierte Bronzeringe nach
Aosta und eine Mohnkopfnadel in den Pfahlbau Peschiera. Müssten
nun diese Beziehungen der Pfahlbauten zu den Mittelmeerländem mit
der Einwanderung der See-Ansiedler in Verbindung gebracht werden,
so wäre diese hauptsächlich in die Bronzezeit zu setzen, d. h. es
müssten eben den Einwanderern der Steinzeit weitere Nachschübe in
der Bronze-Epoche gefolgt sein. Dann wären wohl die Pfahlbauer der
späteren Zeit viel zahlreicher, als diejenigen der Steinzeit Allerdings
sind die Pfahlbau-Stationen der Steinzeit weniger au^edehni, als die-
jenigen der Bronzeperiode, aber sie sind dafür viel zahlreicher. Also
sind Völker-Nachschübe zurBronzezeit unwahrscheinlich. Zudem weisen
die besprochenen Beziehungen nach allen Richtungen der Windrose
und es ist doch nicht anzunehmen, dass von Nord und Süd, von
Ost und West Vötkerscharen nach unseren Gegenden gezogen seien.
Viel eher würde eine solche Annahme sich in Bezug auf Italien mit
seinem milden Klima, seinem blauen Himmel und seinem Produkten-
reichtum rechtfertigen lassen.
Wir sehen, dass die bisher bekannten Thatsachen uns
weder auf die arische Wanderung, noch auf temporäre
Völkerzüge verweisen, um die Besiehungen der Pfahlbauer
zu der Fremde zu erklären, sondern es waren eben Han-
delsbeziehungen. Handel und Verkehr verbanden die See-
Ansiedelungen unter sich und mit der Fremde.
Wo Verkehr und Handel ist, müssen Transportmittel für Waren
und irgend welche Wege vorhanden sein. Die Landwege der Bronze-
zeit in der Schweiz lassen sich jetzt noch nicht nachweisen. Die
wichtigste Strasse für den internen Verkehr war der Wasserweg.
zed.yGOOgle
Die BroDzeperiode. 2QQ
Wir wissen auch, wie die Beförderungsmittel der Pfahlbauer
aussahen. Fast in jeder Station sind ein oder mehrere Boote ge-
funden worden. Es waren Einbäume, zumeist aus Eichenholz be-
stehend. Manche derselben haben sich im Seeschlamm recht gut
erhalten, so dass sie in die Museen geschafft werden konnten.
Während die (Canoes der Steinzeit eigentlich nur ausgehöhlte Baum-
stämme darstellen, besitzen manche Einbäume aus Bronzestationen
oft noch Rippen, Sperrhölzer. Ein Einbaum von Vingelz ist 44 Fuss
(= 13,2 m' lang, ein kleinerer aus derselben Station hat eine Lange
von 19 Fuss 4 Zoll {= 5,82 m). Das grosse Kanoe besteht aus
Eichen-, das kleine aus Pappelholz. An mehreren Booten bemerkt
man Einschnitte für die Ruder und diese selbst sind ebenfalls ge-
funden worden, z. B. im Pfahlbau in der Bleiche bei Arbon. Selten
sind Vorrichtungen, die zum Einsetzen von Masten oder Segelstangen
dienten. Das Segel scheint also erst später verwendet worden zu
sein. Die Einbäume in den schweizerischen Seen sind erst vor
kurzem ausgestorben. Am längsten hielt sich dieses primitive Boot
im Ägerisee, aber seit einigen Jahren ist der letzte Einbaum da-
selbst verschwunden und ein Dampfechiff zieht jetzt seine Furchen
in dem kleinen See.
Dass Wagen für den Verkehr zu Land benutzt wurden, lehren
uns Funde von Wagenbeschlägen und Wagenrädern. Neben Bronze-
rädern waren gewiss hölzerne in Gebrauch und als Zugtier dienten
Ochsen und Pferde. Wo Wagen, da sind aber auch Wege.
Womit bezahlten die geldlosen Leute der Stein- und Bronze-
zeit? Hatten sie unter sich einen Wertmesser und was gaben sie
speziell den Bronze- Lieferanten als Entgelt flir das kostbare Metall?
In Bezug auf den letzteren Punkt kann man sich denken, dass
Pelze, vielleicht auch Sklaven verhandelt wurden; was aber die Vor-
läufer des Geldes, die antiken Wertmesser angeht, so können zuerst
feine Beile oder Schmucksachen dazu benutzt worden sein, wie das
jetzt noch bei unzivilisierten Völkerschaften vorkommt. Bei den Römern
zur Zeit der Könige waren die Ausdrücke für Vieh und Geld gleichbe-
deutend; so mag es auch bei uns gewesen sein. Zweifellos ist aber auch
die Bronze als Zahlungsmittel verwendet worden. Wer denkt hier
nicht an die Baugen und Ringe, den Kampfsold der alten Germanen?
Bei sehr vielen Völkerschaften unserer Tage ist zwischen Schmuck
und Geld nicht zu unterscheiden. War es auch so bei den Be-
wohnern der Pfahlbauten? Indessen scheint man doch in der
Bronzeperiode schon einen Schritt weiter gegangen zu sein: Im
Pfahlbau Auvemier fand Desor's Fischer einst an einem Tage
mehrere hundert kleine Bronzeringe. In Cortailiod, wie in Wollis-
zed.yGOOgle
lOO Driltei Kapitel.
hofen (Zürich) kamen ähnliche Ringe vor, die von einem Sammet-
ring umschlossen waren. Das waren wohl Geldringe. Ringgeld
hatten nach Cäsar noch die alten Bretonen. Beowui.f nimmt dem
Drachen den Schatz an gewundenem Gold. Mit den Ringen geht
aber auch der Fluch des Goldes an den Besitzer über. In der
nordischen Siegfriedsage erneuert Fafnir den Fluch, der auf den
Baugen und Ringen des Goldschatzes lag und damit ist das Ver-
hängnis Sigurd's besiegelt. Noch im Nibelungenlied finden sich die
Spuren des Ringgeldes, Als Hagen am Donaustrande stand, rief
er dem Fährmann, der ihn übersetzen sollte, zu, er werde ihm einen
„bouch von golde rot" als Lohn fiir seine Mühe bezalilen.
6. Geistige Kultur in der Bronseperiode.
Das Bekanntwerden und die Benutzung des Metalls führte zu
neuen Erfindungen und zu verbesserten Geraten aller Art- Damit
aber steigerte sich die Produktion, besonders als noch neue Haus-
tiere und Kulturpflanzen bekannt wurden. Die Arbeitsteilung wurde
in vermehrtem Masse durchgeführt, der Reichtum erhöhte sich.
Soweit bis jetzt untersucht werden konnte, scheinen die Leute der
Bronzeperiode in der Schweiz Einzelhäuser besessen zu haben, was
auf Privatbesitz hinzudeuten scheint, wenngleich der AUgcmeinbesitz
sich noch über manches erstreckt haben mag, was heute ebenfalls
in Etnzelbcsitz sich befindet. Wir wiesen schon bei Besprechung
der zum Teil bis in die Bronzezeit hinunter reichenden Hochacker
auf gemeinsame Bearbeitung des Bodens hin, der wohl auch Eigen-
tum aller war, ähnlich den riesigen Almenden von Schwyz, Uri u. s. w,,
die sich bis heute als Eigentum der alten Markgenossenschaften er-
halten haben.
Die Frage des Privateigentums führt ims zu der gesellschaft-
lichen Ordnung. Freilich wis.sen wir darüber wenig genug, da die
Funde aus der Bronzezeit hierin nicht deutlich sprechen. Wollen
wir aber Analogie-Schlüsse gestatten, so können wir .sagen, dass
überall, wo jetzt oder in historischer Zeit Völkerschaften angetroffen
werden und wurden, deren allgemeiner Kulturzustand- demjenigen
der Pfahlbauer der Bronzeperiode ähnlich ist und war, immer als
gesellschaftliches Centrum die Gens, der Clan, der Stamm auftritt.
Die Menschheit hat es nach Morgan bloss zu zwei Grundformen
der Verfassung gebracht. Die eine, ältere, ist eine rein gesellschaft-
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode. jOI
liehe; sie stützt sich auf die Verwandtschaft der Einzelnen: Das
ist die Gentil Verfassung. Die andere ist jünger, politisch; sie stützt
sich auf Privateigentum, auf Grund und Boden. Sie fuhrt zum Staat
uad zur modernen Gesellschaft,
Wie die beiden Gesellschaftsformen sich in der weiteren Entwick-
lung der Menschheit ablösten, sehen wir z, B. bei den Griechen, In
den ältesten geschichtlichen Zeiten finden wir sie in Genien ge-
spalten, die sich zu Stämmen zusammen gethan. Später entstanden
Stammbünde, aber der Mittelpunkt aller gesellschaftlichen und, auch
der religiösen Verbände war immer noch die Gens, die Verwandt-
schaftssippe. Als nun das Privateigentum eine immer grössere Rolle
zu spielen anfing, als Städte entstanden, wo eine Reihe neuer Auf-
gaben gelöst werden sollten, als die Trennung der öffentlichen Gewalten
immer dringender wurde, neue Beamtungen geschaffen werden mussten,
da erwies sich die Gentilverfassung als unzureichend. Nach ver-
geblichen Versuchen anderer, eine neue Ordnung zu schaffen, hat
endlich Solon eine solche wirklich durchgeführt und zwar dadurch,
dass er zur Grundlage derselben nicht mehr die Gens, resp, das
Venvandtschaftssystem, sondern das Privateigentum machte und das
ganze Volk in Vermögensklassen einteilte.
Für die Bronzezeit, ja selbst für die Eisenperiode Mitteleuropa's
dürfen wir noch die reine Gentilordnung annehmen, denn der Über-
gang zum Staat ist nachweislich erst in viel späterer, in historischer
Zeit erfolgt.
Auch über die religiösen Verhältnisse der Bronzeperiode sind
wir wenig unterrichtet. Im Steinzeit- Pfahlbau Robenhausen hat man
Spuren des einst weit verbreiteten Phallusdienstes getroffen und auch
in Bodmann ist ein ähn-
licher Fund gemacht wor-
den. In den Seedörfem
der Bronzeperiode, ebenso
in gleichaltrigen Landan-
.siedelungen sind nicht sel-
ten jene Gebilde zum Vor-
schein gekommen, die
der Sichelform des Mondes
oder .den Nackenschemeln
der Nubier und anderer
Fig. 3'3-
„Mondhom" vom Ebereberg (Zürit
Völkerschaften, oder end-
lich Stierhörnern gleichen.
Diese „Mondhömer" der Bronzezeit bestehen aus Thon oder aus
Sandstein (Fig. 313;, Die meisten tragen Verzierungen in Form
zed.yGOOgle
102 Dritttea Kapitel.
von Wülsten oder Leisten und von Furchen oder eingegrabenen
Punkt- und Strichsystemen, Einige weisen sogar, ähnlich gewissen
Thongefässen, Linien mit Löchlein auf zur Aufnahme von Zinn oder
Bronzeiäden.
Eine allgemein anerkannte Erklärung der „Mondhörner" ist
noch nicht gefunden. Jedenfalls sind es keine Kopfschemel, dazu
bestimmt, den Kopfputz während der Schlafenszeit vor Zerstörung
oder Verwüstung zu sichern, denn manche dieser Hörner sind so
klein, dass kaum ein Kindernacken Platz hätte. Zudem tragen
einige dieser Gebilde, die in Üdenburg (Ungarn) in Gräbern ge-
funden wurden, zwischen den Hörnern dünne Verbindungsstäbe,
die beim Auflegen des Kopfes sicher hätten zerbrechen müssen.
Bei vielen Indianerstämmen ist, wie Morgan berichtet, die In-
stallierung der Gensvorsteher durch das „Aufsetzen der Hörner"
symbolisiert und bei räumlich weit auseinander wohnenden Völker-
schaften sind Hörner das Zeichen der Autorität oder des Amtes.
Zu dieser Erklärung der Mondhörner will nun aber der Umstand,
dass sie zum Teil in Gräbern gefunden wurden, nicht recht passen.
Man muss wohl eher an eine religiöse Bedeutung denken.
Die Meinung, dass die „Mondhörner" als Zeichen des Mond-
dienstes der Bronzezeitleute aufzufassen seien, wird von Leiner
nicht geteilt. Er glaubt, dass, wenn nachts die Sichel des
wachsenden Mondes leuchtend am Himmel erschien, unsere Vor-
fahren darin eher ein hehres, feuriges Stiergehörn erblickten, als
umgekehrt im Stiergehörn ein Bild des Mondes. Er hält dafür,
dass die Pfahlbauer im Stiere das Smnbild der physischen Kraft-
entwickelung gesehen und deshalb die Abbilder des Stiergehöms
in den Hütten aufgestellt, oder aussen am Hausgiebel befestigt haben,
., ähnlich wie nordische Völker das Rentiergeweih, unsere Förster und
Jäger Hirsch- und Rehgeweih zur Zier und als Sinnbild in ihrer
Wohnung behandeln".
Auf dunklere, aber auch abschreckendere Gebräuche der Bronze-
periode scheint das Amulet hinzuweisen, das im Pfahlbau Corcelettes
zum Vorschein kam. Es ist mit zwei Authängelöchern versehen
und entstammt offenbar einem menschlichen Schädel {vergl. Fig. 215
Seite 238,.
Lieblichere Bilder entrollen sich, wenn wir unter den bronze-
zeitlichen Funden die Zeichen sammeln, die an Familien -Verhältnisse
gemahnen. Es sind vor allem die Spielsachen von Kindern, die
uns auffallen. Da giebt es Schiffchen, die wie Modelle von Ein-
bäumen aussehen; da sind Rädchen aus Bronze oder aus Thon
Fig. 314), die zu Miniaturwagen gehören; da erscheinen kleine
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode. 3O3
Schalen und Töpfchen, die unmöglich im Haushalt verwendet
werden konnten, ferner Thonftguren, von denen die eine einen Vogel
(z. B. Hauterive), die andere einen Maulwurf {z. B, Corcelettes) dar-
stellt und endlich kommt ein Spielzeug, das noch heute unsere
Kleinen immer wieder erfreut, die Kinder-Rassel, der „Rolli". Die
Bronzestation Mörigen im Bielersee hat eine ganze Anzahl thö-
nerner Kugeln geliefert, in deren hohlem Innern harte Thonkorper
oder Steinchen einen rasselnden Ton erzeugen. Manche der Ton-
kugeln sind sogar verziert. Eine
dieser Klappern hat die Form eines
Vogels. Im Ried bei Wetzikon
wurden an Stielen aufgehängte,
durchbrochen gegossene Hoh!-
kugeln aus Bronze gefunden, in
deren Innerem einige Steinchen
lagen. Ein ahnliches Bronzeobjekt
mit Dülle für den Hoizgriff ent-
stammt dem Bronzepfahlbau Möri-
gen. Das sind freilich nur Kleinig-
keiten, aber sie zeigen, dass schon i-'ig. 3M'
vor Jahrtausenden die Eltern ihre Tonradehen aus dem Pfahlbau Woius.
Kinder liebten und diese Lieblinge
mit Dingen umgaben, die ihre Anziehungskraft fiir die kleine Welt
heute noch nicht verloren haben und auch in der Zukunft nie ver-
lieren werden.
F. Die Bronze, Ursprung-, Verbreitung- und
Alter derselben.
Am Ende der Steinzeit ist das Kupfer bekannt geworden. Fiir
die Erstellung mancher Geräte war dasselbe von Vorteil, während
andere Objekte immer noch aus Stein verfertigt wurden. Es ist mehr
als Zufall, dass wir in den sogen. Kupferstationen so viele Dolche aus
Metall Anden; der Kupferdolch war entschieden handlicher, als der
kleine Feuersteindolch in Holzfassung. Die rote, leuchtende Farbe
des Metalls machte dasselbe auch geeignet zu Schmucksachen, deren ja
eine beträchtliche Anzahl zum Vorschein kamen, während eigentliche
Geräte, wie Beile, Hämmer, Sägen u. s.w. selten sind. Das Kupfer hat
nämlich dem Stein gegenüber einen Nachteil: es ist weich. Wenn
es gelungen wäre, auf irgend eine Weise das Metall zu härten, so
hätte es an Bedeutung gewinnen müssen. Nun enthalten die
Kupfererze häufig Spuren anderer Metalle und beim Guss musste
zed.yGOOgle
304 Drittes Kapitel,
demnach ein verschieden hartes Metall resultieren. Gewiss haben
die prähistorischen Erzsucher sich diese Erfahrung zu Nutze gemacht
Die Giesser l<amen auf die geistreiche Idee, verschiedene Erze zu
mischen. Damit waren neue, weittragende Entdeckungen und Er-
tindungen ermöglicht Irgendwo , vielleicht auch an mehreren
Orten, fugte man dem Kupfer gelegentlich einmal Zinn in metal-
lischem Zustande oder als Erz bei und erhielt dadurch eine härtere,
last golden glänzende Legierung, die Bronze, Man darf sich
nun aber nicht etwa vorstellen, als sei die Bronze gleich anfangs
in ihrer endgültigen Zusammensetzung von ca. 9o7o Kupfer und
io"/(, Zinn bekaimt geworden, sondern es haben die Analysen
ergeben, dass selbst in Nordeuropa, also vielleicht sehr weit vom
Ursprungsort der Legierung, die ältesten Bronzen nur wenige
Prozente Zinn enthalten und dass erst allmähtich die oben genannte
Zusammensetzung als die beste erkannt wurde. Man könnte daraus
den Schluss ziehen wollen, als hätte jedes Volk, bei welchem sich
solche Verhältnisse bei beginnender Bronzezeit nachweisen lassen,
den Übergang von der Stein- zur Kupfer- und zur Bronzeperiode
selbständig, also durch eigene Erfindung gemacht Virchow hat
indes wohl Recht, wenn er diesen Gedanken abweist und annimmt,
es habe eine Tradition, eine Lehre sich von gewissen Centren aus
auf andere Steilen for^epflanzt, es seien also Wanderungen, über-
haupt Verbindungen der Völkerschaften untereinander, wie sie sich
ja auch sonst nachweisen lassen, anzunehmen. Der materielle
Transport von Artefakten könne nur so erklärt werden.
I. Bronze-Analysen. Die Frage, ob in der Schweiz die Bronze
selbständig erfunden worden sei, müssen wir verneinen, da
Zinn in unserem Lande durchaus fehlt Kupfer kommt an einigen
wenigen Stellen vor, z. B. auf der Mürtschenalp unweit des
Walensees und im Kanton Wallis, z. B. im Einfischthal (Val
d'Anniviers). L. R, von Fellenberg-Rivier glaubte, durch die Bei-
mengungen in der Bronze die Herkunft des Kupfers ermitteln zu
können; wir verdanken ihm deshalb eine grosse Zahl chemischer
Analysen von Objekten aus Kupfer, Zinn und Bronze.
Ein Kupferklumpen, der in Echallens (Waadt) mit einem
Kupferbeit zusammen gefunden wurde, ergab;
Kupfer 96,52 "/o
Schwefelkupfer 3^4 „
Zinn o>34 ]>
Eisen 0,20 „
zed.yGOOg[e
Die Broiuep«riode. JO5
Ein Kupferbetl, das bei Schaffhausen zum Vorschein kam,
«"*^'^'t Kupfer 98,17 7o
Zinn 0,94 „
Eisen 0,89 „
100,00 "/o
Ein Bronzeschwert aus dem Grabfelde von Stirzenthal bei Egg
(Kt Zürich) zeigte bei der Analyse folgende Verhältnisse:
ei|;ab:
100,00 7(1
Bei zweien von den in Ober-Iüau bei Hohenrain (Luzem)
als Depotfund entdeckten Bronzeschwertern fand man:
a) Kupfer 89,30 "/^ b) 86,86 "j^
12.17 »
Kupfer
89,897.
Zinn
9,35 „
Blei
0,16 „
Eisen
0,14 „
Nickel
0,46 „
1 00,00 7„
Kupfer
89,427.
Zinn
8,49 >,
Blei
0,8s „
Eisen
0,09 „
Nickel
0,98 .,
Silber
0,17 ,.
Zinn
6,71 „
Antimon
2,90 „
Blei
0,28 „
Eisen
0,29 „
Nickel
o,S2 „
0,16 „
0,29 „
0.19 »
0,33 „
1 00,00 "/o 1 00,00 "/p
Ein Bronzebeil aus dem Depotfund von Ringoldswil bei SigriS'
wil iBern) enthielt:
Kupfer
88,97 7.
Zinn
8,0s „
Eisen
0,4 1 „
Nickel
2.21 „
Silber
0,36 „
100,00 7o
Was die Funde aus bronzezeitlichen Pfahlbaustationen anbetrifft,
so fällt bei manchen derselben der hohe Gehalt an Blei, Nickel oder
Mcicrii, UrgeichEchle der Schvfii. 20
Digitized^yGOOgle
306
Drittes Kapitel.
Kobalt auf. Betrachten
wir z. B. einige
Bronzen
aus
dem Pfahlbau
Morges
a
Gussform
b) Beil
c) Beil
d) Ring
Kupfer
83,54"/.
86,90"/.
88,2 5"/.
8i,6s"/.
Zinn
9,30 „
9,84 „
9,26 „
■2,42 „
Bld
6,05 „
2,87 „
—
S,o6„
Eisen
0,49 „
0,11 „
0,S2 „
0,22 „
Nickel
0,55 ,. 'hS'
0,27 „
1,85 „
kobal
0,65 „
Silber
0,07 „
0,01 „
0,12 „
—
100,00 7o 100,00 7o 100,00 7o ioo,oo7o
Das am Neuenbui^er See gelegene Corcelettes lieferte Bronzen
i folgender Zusammensetzung:
a) Schmuck nadel
b) Messe
c) Beil
Kupfer 90,197,,
88,54 7o
87,25"/.
Zinn 8,79 „
9.29 .,
9,83 „
Blei —
0,34 .,
1,51 ,.
Eisen 0,21 „
0,22 „
0,17 „
Kobalt 0,70 „ nickclh
.i.ig i,si „
Silber 0,11 „
0,10 „
0.13 „
100,00 */^
1 00,00 7o
100,00 "/„
Ein Bronzebeil vo
Sutz am Bielersee
ergab:
Kupfer 88,15«
.
Zinn 10,48
Blei 0,13
,
Eisen 0,07
,
Nickel 1,02
Silber 0,1 5
100,00"
t
Die Analyse zweier
Bronzen aus dem
Pfahlbau Mörig
a} Sichel
b)
Gussmasse
Kupfer
92,97 7o
93,91 "/,
Zinn
4-44 "
4,69 „
Blei
1,44 .,
0,87 „
Antimon
0,6s „
—
Eisen
0,05 „
0,07 „
Nickel
0,25 „
0,42 „
Silber
0,20 „
0,04 „
100,00 7n
100,00 7o
Wir wissen, dass namendich in der späteren Bronzezeit ein nicht
unbedeutender Teil der Metallobjekte im Lande selbst verfertigt wurde,
aber es fragt sich, woher die ersten Bronzen gekommen sind.
zed.yGOOgle
Die Bronieperiode, 307
2. Ursprungsort der Bronze. Die Bronze besteht aus Kupfer und
Zinn. Kupfer ist an vielen Orten vorhanden. Zinn ist viel seltener.
Da die Alten Zinn von den Kassiteriden, also vom heutigen England
bezogen und da in denselben Gegenden auch Kupfer vorkommt,
so glaubte man, England als den Ursprungsort der Bronze
ansehen zu müssen. Aber die Funde sprechen dagegen und aus
Cäsar erfohren wir, däss man noch im letzten Jahrhundert vor
unserer Zeitrechnung Bronze in England einführte, obwohl daselbst
sowohl Kupfer, als Zinn gewonnen wurde,
LiNDENSCHMiT Und HosTHANN wiesen auf Italien als das Land
hin, welches die Bronze nach dem Norden sandte; auch Nilsson
hielt die Mittelmeerländer für den Ursprungsort der Bronze, welch'
letztere «on den Phönikiem nach Norden geschaflt worden sei.
Diese Händler sollten an der skandinavischen Küste Faktoreien, ja
Kolonien besessen und dort den Bernstein geholt haben. Aber der
baltische Bernstein ist über Land nach Süden gelangt und die
Phönikier kamen nur bis in die Nordsee.
WoRSAAE und B. E. Hildebrand glaubten, dass ein Wandervolk
die Bronze aus Asien gebracht. Dieses wandernde Volk sollten die
Arier gewesen sein. Aber hier ist eine Hypothese die Stütze der
andern und die Beweise fehlen. Es ist auch nicht nötig, die Ver-
breitung der Bronze an Völkerwanderungen zu knüpfen; der Weg
eines Kulturstromes kann an einem Orte über Leichen und Trümmer
geführt haben, am anderen friedlich verfolgt worden sein.
Ägypten hat kein Zinn, also kann es auch nicht die Heimat
der Bronze sein.
Lenormant suchte den Ursprung der Bronze im Kaukasus, aber
Chantre und Virchow, welche ihre Aufmerksamkeit dieser Gegend
zuwendeten, kamen zur Ansicht, dass der Ursprungsort anderswo zu
suchen sei. Chantre wies auf Indien hin. Vom südlichen Teil
dieses Landes zog seiner Meinung nach die Bronzekultur in einem
Südstrom über die Tiefländer des Euphrat und des Nil nach Klein-
asien, Griechenland und Italien und ein Nordstrom sollte um den
Kaspisee und den Pontus herum das Donaugebiet erreicht haben.
Auch die Vermittler des Bronzehandels zwischen Indien und Europa
glaubte Chantre gefunden zu haben und zwar in den Zigeunern.
Mortillet hatte schon früher die Bronzezeit als „Periode Boh^mienne"
bezeichnet Aber es ist nicht einmal sicher, ob die Indier die Zinn-
bronze überhaupt kannten, da ihre Bronzen zumeist aus Messing,
d. h. aus Zink und Kupfer, bestehen.
Es muss besonders Centralasien schärfer ins Auge gefasst
werden, bevor die Frage nach der Herkunft der Bronze gelöst
zed.yGOOgle
308 Drittes Kapilcl.
werden kann. In soi^ltiger Weise hat sich auch Sophus Müller
in Kopenhagen mit der uns interessierenden Frage beschäftigt Er
findet, dass die sibirische Bronzengruppe als eine Ausstrahlung von
einem Centralpunkt zu betrachten sei, der anderseits auch von
der europäischen Gruppe gesucht werde. Hoernes stimmt ihm in
dieser Hinsicht bei und hält Mesopotamien für den Ursprungs-
ort der Bronze. Lange vor der Blüte des Chaldäerreichcs zog ein
turanischer Stamm, die Akkadier, aus Hochasien herab zu der
feldbautreibenden Bevölkerung des Euphratlandes. Aus der Ver-
bindung der kriegerisch organisierten Hirten mit der Kultur der
sesshaften Ackerbauer entstand der erste Herrscherstaat in Meso-
potamien. Dort finden wir sehr alte Bronzegräber und früh
erscheint auch das Eisen, anfangs nur als Schmuck, Im
Sumerisch-Akkadischen, dem Idiom der vorsemitischen Kulturträger
des Doppelstrom landes, giebt es nun fiir Kupfer, Zinn und Bronze
verschiedene Namen, wogegen im A|;yptischen der Name für Zinn
fehlt. In der sumerisch- akkadischen Sprache existiert auch ein
Hymnus, der dem Feuergott Gibil die Mischung von Kupfer und Zinn
zuschreibt. Wahrscheinlich haben jene Bergbewohner das Kupfer nach
Mesopotamien gebracht, wo dann die Bronze erfunden wurde. Das
Zinn konnte man sich vom Paropamisus Iran's verschaffen. Die
Sumero-Akkadier, Assyrer und Cheta bezogen nach Tomaschek das
Kupfer aus den Gebirgen im Nordwesten des Landes oder aus
Arabien, das Zinn aus dem Lande Midian.
Von Mesopotamien aus könnte dann die Bronze auf zwei Wegen
nach Europa gekommen sein, über Syrien und Ägypten einerseits
und über das schwarze Meer anderseits.
Im südöstlichen Winkel des schwarzen Meeres liegt ein erz-
reiches Land. Dort sassen die Tibarener (Tubal der Bibel) und
die Moscher (Mesech), von denen Hesekiel XXVII, 1 3 sagt:
„, . . . Tubal und Mesech haben mit dir gehandelt und
haben dir leibeigene Leute und Erz auf deine Märkte ge-
bracht" In diesem Lande ist Kupfer reichlich vorhanden, nach
verschiedenen Nachrichten aber auch Zinn. Dieses Metallgebiet
zwischen Taurus und Kaukasus ist wohl die Mittelstation zwischen
Mesopotamien und Europa. In der Nähe finden sich auch Eisen-
erze und wohnte das Volk der Chalyber, die im Altertum als die
Erztechniker par exceltence bekannt waren. Trapezunt ist heute
noch berühmt durch seine Kupferindustrie. In jene Gegend ging
auch der Argonautenzug. Von dort öffneten sich die W^e nach
Südeuropa und ins Gebiet der Donau,
Für unser Land ist der Zug der Bronzekultur, der über
zed.yGOOgle
Die BroDieperiode, 309
Ägypten nach Griechenland und Italien nach dem centralen Europa
gelangte, von grösster Bedeutung gewesen.
Die Prähistoriker beschäftigen sich schon deswegen gern mit
diesem Kulturweg, weil die Funde in den genannten Landern uns
hier und da Blicke thun lassen in die absolute Chronologie der
Vorzeit, denn in Ägypten fallt die Bronzeperiode zum guten Teil in
die durch Inschriften beglaubigte historische Epoche und in Griechen-
land entrollen die herrlichen Epen, die unter dem Namen Homer's
allen Gebildeten bekannt sind, Bilder aus der Übergangs-Epoche
zwischen Bronze- und Eisenzeit.
3. Das Älter der Bronzeperiode. Für die G^enden des Kultur-
kreises, der die Länder um das Mittelmeer in sich begreift, ist die
Steinzeit von der Periode, da das Eisen seine Rolle zu spielen an-
fangt, durch eine Epoche getrennt, in welcher das Kupfer und
später die Bronze als hauptsächlichste Nutzmaterialien verwendet
wurden. Um nun Anhaltspunkte für die Bestimmung des Alters
dieser Bronzeperiode zu gewinnen, wenden wir uns dem uralten
Kulturstaat Ägypten zu, allwo die Bronze schon im vierten vor-
christlichen Jahrtausend bekannt gewesen ist. Der englische Prä-
historiker Flinders Petrie hat in jahrelangen Forschungen Gräber-
felder und sogar eigentliche Städte aus der Bronzezeit untersucht. In
Kahun fand er zahlreiche Feuersteingeräte, daneben Beile, Messer,
Meissel u. a. Geräte aus Bronze, aber keine Spur von Eisen. In den
Gräbern von Gurob herrschte die Bronze über den Stein vor. Es
fanden sich Beile, Messer, Meissel, Angelhaken, Lanzenspitzen aus
Bronze, aber auch hier fand sich keine Spur von Eisen. Die Bronze-
zeit in Ägypten hat also lange gedauert Das beweisen die eben
genannten Gräber, die der 18, bis 19. Dynastie angehören. Das be-
weisen auch die Funde im Grabe der Königin Aahotep, der Gemahlin
des Königs Kamos aus der 17. Dynastie, die um 1500 v. Chr
regierte. In diesem Grabe fanden sich zahlreiche goldene Schmuck-
sachen, Waffen aus Bronze und Gold, aber Eisen fand sich nicht.
Im XV. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung lebte König Thutmosis
{Thutmes III.) von der 18. Dynastie. Zahlreiche Bronzen aus alt-
ägyptischen Gräbern tragen seinen Namen und beweisen , dati
zu jener Zeit die Bronze sehr häufig verwendet wurde. Ja, Ge-
mälde im Grabe Ramses' III., der um 1200 v. Chr. lebte, lassen
neben eisernen auch noch Bronzewaffen erkennen; jene sind blau,
diese rot gemalt. Das Ende der ägyptischen Bronzezeit kann also
nicht vor 1500 v, Chr. eingetreten sein.
Ein Wandgemälde im Grabe des eben genannten Ramses' III.
zeigt eine mykenäbche Bügelkanne, wahrscheinlich nach einem
zed.yGOOgle
Drines Kapitel,
Original gemalt, das nach Ägypten gelangte. Es muss also die Zeit
der Erstellung der Bügelkannen, sowie der Kuppelgräber und Grab-
kammem, in denen sie gefunden wurden, ins XII. oder XUI. lahr-
hundert v. Chr. gesetzt werden. Nun sind aber die Schacht-
graber von Mykenae älter und dürften also dem XIV. Jahrhundert
angehören, was mit den schon früher von den Archäologen auf-
gestellten Daten durchaus stimmt. Ein Bronzeschwert, welches
SchliemanN dem kyklopischen Gebäude auf der Akropolis von
Mykenae entnahm, ist gleichalterig mit dem Inhalt der KuppelgräUer
und zeichnet sich dadurch aus, dass es eine Griffzunge mit auf-
gerichteten Rändern besitzt, ähnlich mehreren Schwertern aus Ungarn,
Deutschland und der Schweiz.
Der bekannte, mit Gold eingelegte Dolch aus dem Schacht-
grabe 5 von Mykenae erinnert durchaus an Vorkommnisse in ägyp-
tischen Wandgemälden der 17. Dynastie. Ein Skarabäus des Königs
Amenhotep III. von der 18. Dynastie (circa 1400 v. Chr.) lag
in einer Grabkammer zu Jalysos und ein Skarabäus von Titi, wahr-
scheinlich Gemahlin jenes Königs, in einem Hause der Bui^ Mykenae,
Man darf also die mykenärsche Kultur in Griechenland zwischen
1400 und 1200 V. Chr. ansetzen.
Damit sind nun aber eine Anzahl altitalischer Funde zeitlich
bestimmt. In Kuppelgräbern von Mykenae fand man zwei Bronze-
fibeln „ad arco di violino", welche in den jüngeren Terramaren
Italien's häufig sind und in einem Haus des berühmten griechischen
Fundortes wurden drei Bronzefibeln entdeckt, von denen zwei den eben
erwähnten gleichen, die dritte eine etwas entwickeltere Form der-
selben darstellt. Dadurch wird nun aber der Beweis geleistet, dass
eine Reihe von Terramaren noch im XII. Jahrhundert vor unserer
Zeitrechnung existiert haben; andere sind älter und Montelius setzt
daher den Beginn der Bronzezeit Italien's in die erste Hälfte des
zweiten vorchristlichen Jahrtausends.
Wir haben im Verlauf unserer Untersuchung gesehen, dass
einige Funde in der Schweiz, die der reinen Bronzezeit angehören,
identisch sind mit solchen aus Italien, die aber dort schon der
Eisenzeit zugerechnet werden müssen. Ich erinnere nur an die
Schwerter mit Spiralenden {^p^es a antennes) und an die koni-
schen Bronzekessel (Situlae). Es ist zur Zeitbestimmung der prä-
historischen Funde unseres Landes wichtig, dass diese Stücke, die
wohl durch Handel in die heutige Schweiz gelangten, in Bezug auf
das Alter ebenfalls annähernd bestimmt werden können, da die
Chronologie der Eisenzeit Italien's auch durch einige absolute Zahlen
erhellt wird. Die etruskischen Gräber von Marzabotto z. B. ent-
zed.yGOOgle
Die Bronzepeiiode. 3 1 1
hielten Vasen des um 450 v, Chr. lebenden griechischen Malers
Chachrylion. Die Herrschaft der Etrusker in Felsina (heute Bologna)
wurde um 400 v, Chr. von den keltischen Boiem gebrochen
und wir kennen sowohl die etrusktschen, als die keltischen Gräber
in der Certosa bei Bologna. Die ältesten sogen. La T^e-Fibeln sind
mit den nach der Certosa genannten Sicherheitsnadeln in der Form
ähnlich und in Bezug auf das Aller gleich.
Bevor wir uns nun der Chronologie der bronzezeitlichen Funde
der Schweiz zuwenden, sei noch die Bemerkung gestattet, dass der
Beginn der Bronzeperiode von den verschiedensten Forschem für
die verschiedenen Länder Europa übereinstimmend in die erste
Hälfte des II. vorchristlichen Jahrtausends angesetzt wird, also
zwischen 2000 und 1 500 v. Chr. fällt. Dagegen variieren die
einzelnen Lander sehr in Bezug auf die Dauer dieser Epoche. Es
giebt, wie Hoeiines sich ausdrückt, entwickelungsarme und entwicke-
lui^sreiche Bronzeprovinzen. In den ersteren wurde da.": Eisen
frühzeitig bekannt, in den letzteren erhielt sich die Herrschaft der
Bronze viel länger. In Griechenland muss das Eisen seine Herr-
schaft schon vor der Zeit der Entstehung der homerischen Epen
angetreten haben. Die italische Eisenzeit beginnt nach Montelius
ca. 1200 V. Chr. Was Mitteleuropa betrifft, haben wir in Ungarn
und der Schweiz entwickelungsreiche Bronzeprovinzen, in Süd-Öster-
reich und Frankreich dagegen wurde das Eisen früh bekannt. Für
Bayern hat Naue den Beginn der Eisenzeit um ca. 950 v.Chr. fixiert.
Den Beginn der Bronzezeit Skandinavien's setzt Montelius um
1700 an und ihr Ende um ca. 500 v. Chr. Er teilt die Zwischen-
zeit in sechs Perioden; je drei derselben bilden die ältere und die
jüngere Bronzezeit. Tischler, der die Epoche der Bronze fiir Nord-
Deutschland in vier Abteilungen zerlegte, schloss sich in der ab-
soluten Chronologie an Montelius an.
Überall wurde zuerst versucht, eine relative Chronologie für die
Bronzezeit durchzufuhren, besonders an Hand der Gräberfunde,
Sowie in diese relative Zeitbestimmung durch die Verbindungen der
betreffenden Gegenden mit alten Kuiturcentren ein Lichtfunke aus
der Geschichte dieser Kulturländer fiel, war ein Anhaltspunkt für
die Feststellung der absoluten Zeitbestimmung gewonnen und je
zahlreicher derartige bestimmende Punkte sind, um so mehr ver-
wandelt sich die relative Chronologie in eine absolute, um so eher
übersdiauen wir das Mass der Zeit, die eine Kultur in Anspruch
genommen hat
4. Chronologie der bronze seitlichen Funde der Schweiz. Wenn
wir uns all die Funde in der Schweiz ins Gedächtnis zurückrufen, die
zed.yGOOgle
212 Drittes Kapitel,
wir bei unserer Betrachtung der Bronzeperiode erwähnten, so fallt
es nicht allzu schwer, dieselben in Gruppen zu bringen, die ihrem
Alter nach verschieden sein müssen. Zunächst bilden diejenigen
Funde, welche in ihren Formen und Verzierungen an die Objekte der
Steinzeit erinnern, eine Gruppe. Hierher gehören die Bronzebeile
mit Randleisten und etwas verbreiterter Schneide, sodann die ent-
wickelteren Beile mit halbkreisförmiger Schneide. Ferner gehören
hierher dreieckige Dolche mit oder ohne Bronzegrifif, deren Klii^e
durch Nietnägel an den Griff befestigt ist Später erscheinen auch
Schmucknadeln und zwar sind es die sogen, „geschwollenen" Nadeln
mit einem kleinen Loch am geschwollenen, etwas unterhalb des
Kopfes befindlichen Teil der Nadel.
Die Funde dieser ersten Gruppe stammen aus Ansiedelungen,
wie z. B. der „Station des Roseaux" bei Morges, oder aus Depots,
wie die Beilfiinde von Bünzen (Aai^au), Gasenzen bei Garns und
Salez bei Sennwald (St Gallen), die Beil- und Dolchfunde von
Ringoldswil bei Sigriswil (Bern). Der Schwerterfiind von Ober-
lllau bei Hohenrain (Luzern) muss doch wohl der folgenden Gruppe
zugezählt werden, trotz der primitiven Formen jener Waffen. Werk-
stättenfunde fehlen, diejenigen von Wülflingen (Zürich) und Grenchen
(Solothurn) gehören erst dem Ende der Zeit an, welcher diese
Gruppe zugerechnet werden muss; sie sind vielleicht eher der
folgenden Abteilung zuzuweisen. Dagegen erscheinen einige Grab-
funde und zwar sind es solche aus Skelet-, wie aus [ostschweizerischen)
Brandgräbem. Hierher gehören die Grabfunde von Chandoline
bei Savi^se (Wallis), von Chillon bei Veytaux (Waadt), besonders
auch die Funde aus dem Massengrab von Auvernier, die Objekte
aus dem Skeletgrab im Eschheimerthal bei Schaffhausen und die-
jenigen aus den Grabhügeln von Weiach (mit Leichenbrand).
Als zweite Bronzezeit-Gruppe heben sich die Funde hervor,
welche Lappenbeile oder halbkreisförmige Fibeln enthalten. Es er-
scheinen hier Nadehi mit mehrteiligen Köpfen, auch die sogen.
Mohnkopfnadeln. Unter den Waffen giebt es Dolche mit Griff-
zungen; das Schwert erscheint. Neben schön' verzierten Messern
kommen Bronzesicheln vor. Unter den Ornamenten beginnt die
Kreisfigur sich geltend zu machen.
Diese Abteilung umfasst diejenigen Fundorte, die als Repräsen-
tanten des „bei ige du bronze" gelten können, der Blütezeit der
Bronzekultur, Sie ist in reichen Pfahlbau-Ansiedelungen uns er-
halten geblieben, wie in der „Grande cit6 de Morges", in Eaux Vives
und Gen^ve, in Vallamand und Muntelier am Murtnersee, in Esta-
vayer, Corcelettes bei Grandson, Cortaillod, Auvernier u, s, w. im
zed.yGOOgle
313
Neuenbuiger See, in Nidau und Mörigen im Bielersee, in Wollishofen-
Zürich u. s. w. Aber auch Ansiedelungen auf dem Lande gehören
dieser Zeit an, wie die Station Ebersberg bei Berg am Irchel und
gewiss hat dazuma) auch Windisch schon existiert. Hierher dürfen
wir auch die Funde des befestigten Platzes Ütübei^ bei Zürich
zählen.
In der zweiten Abteilung der Bronzeperiode erscheinen Guss-
werkstätten, wie Kerzers (Freiburg), Veitheim (Zürich) u. s. w. Die
Gräber bestehen in Skeletgrabem, wie Cornaux (Neuchatel;,
Tolochenaz bei Morges, Conthey, Savi^se und Ayent im Kanton
Wallis. In der Ostschweiz kommen in dieser Zeit nur Brand-
gräber vor und zwar sind es entweder solche in freier Erde oder
Grabhügel. Ftachgräber der Bronzeperiode wurden nachge^viesen in
Wangen a. A. (Bern), Glattfelden (Zürich), Thalheim (Zürich), Schlatt
(Thurgau), Müllheim (Thurgau), Heiligkreuz bei Mels (St. Gallen,;
bronzezeitliche Grabhügel mit Leichenbrand wurden untersucht am
Altenberg bei Gossau und bei Kickenbach (Zürich).
Unter den Einzelfunden, die hierher zu zählen sind, führe ich
nur die Schwerter von Niederurnen (Glarus) an, weil sie für die ab-
solute Zeitbestimmung gut verwendet werden können. Das eine
hat nämlich eine flache Griffzunge mit aufgestellten Rändern, wie
wir sie bei dem oben erwähnten Schwert aus Mykenae und bei un-
garischen Typen wieder finden. Das zweite Schwert leitet zur
folgenden Gruppe hinüber. Es besitzt einen VollgrifT und gehört zu
jenen Typen, die in Italien erst in der Eisenzeit erscheinen.
Die dritte Gruppe unter den Bronzefunden der Schweiz zeigt
Formen, die an manch anderen Orten schon eisenzeitlich sind und
endlich kommen auch vereinzelte Objekte aus Eisen in Bronze-
stationen vor. Es erscheinen die konischen Kessel (Situlae), ge-
triebene Bronzegefässe, bemalte Thongeschirre, Absatzkelte, Gürtel-
haken, Schmucknadeln mit hohlen, reichverzierten Köpfen (^pingles
cäphalaires), Wagen und Wagenbeschläge, Schwerter mit Voluten-
griffen (epdes a antennes), Bronzen mit Eisen ein lagen.
Manche der schon genannten Pfahlbau-Stationen reichen noch
in diese Zeit hinein, z. B. Wollishofen-Zürich, wo Reste von Situlen
zum Vorschein kamen, Nidau und Mörigen, wo bemalte Gefässe
gefunden wurden. Der letztgenannte Pfahlbau enthielt auch Bronze-
objekte mit Einlagen von Eisen, ja sogar Eisengeräte. Ähnlich
war es in der Station Auvernier. Aus Colombier haben wir ein
Eisenmesser mit Verzierungen der Bronzezeit und mit Bronzedorn
erwähnt. Im Pfahlbau Cortaillod wurde ein Bronzeschwert mit
zed.yGOOgle
^JA Drittes Kapitel.
Eiseneinlagen im Vollgriff entdeckt und bei Estavayer fanden sich
Wagenbeschläge u. s. w.
Auch die Pfahlbauten von Genf und Morgcs reichen bis ans
Ende der Bronzezeit
Der letzten Phase dieser Periode dürfte der Grabfund von
Binningen (Basel) zuzurechnen sein, ferner einige Graber in der
Rue de Lausanne in Sion (Wallis).
Um nun an Steile der relativen Altersunterschiede in die Funde
der Bronzeperiode die absolute Zahl einzufuhren, wollen wir uns
erinnern, dass wir oftmals Gelegenheit hatten, zwischen unsem
Gegenden und bronze- sowie eisenzeitlichen Funden anderer Länder,
besonders Italien's, Beziehungen aufzudecken. Offenbar ist die Bronze
selbst, resp. deren Bestandteile, der Hauptsache nach von Süden
in die Schweiz gekommen, zuerst der Rhone nach, später auch
über die Alpen, Und mit der Bronze kamen andere Produkte des
Südens, neue Geräte, neue Techniken, neue Verzierungen, zu den
Bronzezeitleuten im Norden der Central -Alpen,
Eine aufmerksame Vergleichung der Form und Technik unserer
Bronzefunde mit denen anderer Gegenden ergiebt eine grosse Reihe
von Anhaltspunkten zur absoluten Zeitbestimmung, da, wie wir ge-
sehen, die prähistorische Chronologie Italien's ziemlich genau fixiert
ist. Wir erkennen daraus, dass der Beginn der Bronzeperiode in der
Schweiz nicht wesentlich vom Anfang der Bronzezeit Norditalien's
differiert; wir erkennen ferner, dass die Blütezeit unserer Bronzekultur
ziemlich genau mit Monteuus' Bronzezeit 111 und IV von Norditalien
zusammenfällt und wir sehen endlich, dass die dritte Abteilung der
Bronzeperiode der Schweiz zeitlich etwa der ersten und zweiten Eisen-
zeit unseres südlichen Nachbarlandes entspricht, also den Perioden, die
nach berühmten Fundorten als Perioden Este I und II oder Benacci
1 und 11 bezeichnet werden.
Das Gesagte lässt sich zu folgender chronologischer Übersicht
über die Bronzeperiode der Schweiz zusammenfassen:
Bronzezeit 1: etwas vor der Mitte des zweiten vorchristlichen
Jahrhunderts, Hauptsächlichste Fundorte: Morges {Roseaux', Rin-
goldswil bei Sigriswil, Salez bei Sennwald, Auvernier (Grabfunde),
Saviese; Weiach,
Bronzezeit U (bei äge du bronze): XV. bis X. Jahrhundert
v, Chr. Fundorte: Gen^ve, Morges (Grande cit^), Estavayer, Cor-
taillod, Auvernier, MunteHer, Mörigen, Nidau, Windisch, Ebersberg
bei Berg, Zürich, Ütliberg, Kerzers, Veitheim, lllau bei Hohenrain;
Gräber von Conthey, Wangen a. A., Thalheim (Zürich), Schlatt
(Thurgau), MüUheim, Heiligkreuz bei Mels, Gossau (Zürich).
zed.yGOOgle
Die BTonzeperiode. 3 i e
Für den Spezialforscher wird sich das Bedürfnis ergeben, diese
lange Periode noch weiter aufeulösen; fiir unsere Zwecke dürfte
besser sein, die Blütezeit der Bronzekultur als Ganzes zu betrachten.
Bronzezeit III: ca. 1000 — 700 v. Chr. Fundorte: VVollbhofen-
Zürich, Nidau, Mörigen, Auvemier, Cortaillod, Chevroux, Lac de
Luyssel bei Bex, Morges, Gräber von Binningen, Sion.
Zur Vergleichung mögen hier noch die Zahlen folgen, welche
für die Bronzezeit eines Landes aufgestellt worden sind, das unter
ähnlichen Verhältnissen stand, wie die Schweiz. Dr. J. Naue teilt
die Bronzezeit Bayern's folgendemiassen ein:
Ältere Bronzezeit: I. Periode von ca. 1400 — 1250 v. Chr.
IL „ „ „ 1250 — 1150.
Jüngere Bronzezeit; I. „ „ „ 1150 — 1050 v. Chr.
n. „ „ „ 1050 — 900 oder 950 V. Chr.
Die Bronzeperiode hat in der Schweiz ungefähr ein Jahrtausend
gedauert und eine hohe Entwickeiung erreicht Unterdessen war das
Eisen bekannt geworden. In Ägypten wurde es etwa im XIV. vor-
christlichen Jahrhundert zuerst benutzt, in Griechenland hielt sich
die Bronzezeit etwas länger. Italien, speziell der Norden des Landes,
lernte das „männerbezwingende" Eisen ums Jahr 1000 kennen; in
der Schweiz beginnt die Eisenzeit um 700 v. Chr.
zed.yGOOg[e
Viertes Kapitel.
Die Eisenzeit
Die moderne Kultur ist undenkbar ohne das Eisen. Selbst viele
halbzivilisierte Völker besitzen es. In den ältesten Kulturländern
war es schon vor Jahrtausenden bekannt.
Uralt ist die Eisenkultur in Afrika, besonders in Ägypten und
dem Sudan. Dort findet sich das Rohmaterial in Form von Rasen-
eisenerz fast überall, wie denn Eisenerze im „schwarzen Erdteil" über-
haupt weit verbreitet sind. Die Verarbeitung derselben ist zwar auf
primitiver Stufe geblieben; dennoch wird ein gutes Eisen gewonnen.
Unter den Djur und Bongo triflk man oft Eisenarbeiter, die Vorzüg-
liches leisten.
Wie LuBBOCK berichtet, machen die Hottentotten an einem
steilen Abhänge ein Loch, das zur Aufnahme von Erz bestimmt ist
Etwas weiter unten wird ein zweites, kleineres Loch gegraben, das
mit dem oberen durch einen engen Kanal in Verbindung steht
Nun entzündet man im Erzloch ein grosses Feuer, um die umgebende
Erde zu erhitzen. Dann wird das Eisenerz in die Grube geschüttet
und über demselben ein starkes Feuer unterhalten, bis schliesslich
das Eisen zu schmelzen beginnt und in das untere Loch hinab-
rinnt. Sobald die Masse erkaltet ist, wird sie herausgenommen und
in Stücke zerschlagen. Die formlosen Brocken werden dann ge-
legentlich in der ebenfalls ganz primitiven Schmiede zu Waffen und
Geräten verarbeitet.
An anderen Orten in Afrika wird eine Art kleiner Ofen aus
Thon gebaut und in demselben abwechslungsweise je eine Schicht
Kohle und eine Schicht kleingeschlagenes Erz eingesetzt Unten ist
der Ofen sehr eng; weiter oben erweitert er sich ansehnlich. Wenn
er gefüllt ist, macht man Feuer und der frische Luftzug, der durch
den Ofen streicht, bringt die Kohlen bald zum Brennen. Die Hitze
zed.yGOOg[e
Die Eiseiueit 317
wird gross ^enug, um zu bewirken, dass das Eisen in den unteren
Teil des Ofens zu einer Luppe niederschmiUt, die ein schmiedbares
Eisen liefert, welches an Güte wenig hinter dem europäischen Stahl
zurückbleibt. Dieses Verfahren hat den grossen Vorteil, dass man
nur eine Hitze von ca. 700" C. braucht, also ohne kunstreiche Ge-
bläse auskommen kann. In der Herstellung solcher Gebläse hat
auch fiir den prähistorischen Menschen die Schwierigkeit gelegen.
Der afrikanische Schmied bedient sich sehr einfacher Werkzeuge.
Amboss und Hammer bestehen oft nur aus Stein. Zum Schneiden
des rotglühenden Metalls dient ein Meissel, Als Zange benutzt er
eine Pincette oder gar nur ein gespaltenes Holzstück. Blasebä^e
sind jeweilen in doppelter Zahl vorhanden, um einen konstanten
Luftstrom zu erzeugen. Bei einem Schmiede der Dschagga sah
Thornton als Schweissmittel Stücke einer grossen Muschel im
Gebrauch.
Bei einigen Völkern Afrika's ist der Schmied verachtet, bei
anderen hoch geehrt. Häufig gehört er nicht zu dem Stamme, bei
dem er weilt Sein Stamm wanderte; er blieb. Wo das Eisen, da
muss der Schmied bleiben; er kann nicht so leicht wandern, wie
der Nomade. Er dient dem fremden Stamme, der ihn duldet, weil
er seiner bedarf, ihn aber als Fremdling hasst und wegen seiner
Kunst zugleich ehrt und furchtet Die griechische Göttersage hat die
Gebundenheit des Schmiedes dadurch angedeutet, dass sie den kunst-
reichen HephSstos hinken lässt Dem nordischen Weland sind die
Sehnen zerschnitten, aber er schmiedet sich Flügel und entflieht
durch die Lüfte, Der Schmied, der „das Esen bespricht", erscheint
den Naturvölkern als Zauberer und bis -n unsere Zeit hinein ragen
selbst in Europa die Spuren abergläubischer Verehrung vor dem-
selben.
Im Nilthale reicht die Kenntnis des Eisens bis ins zweite vor-
christliche Jahrtausend zurück. Aber ganz im Gegensatz zum süd-
lichen und westlichen Afrika, wo auf die Steinzeit sofort die Eisen-
zeit folgte, kann man in Ägypten, wie schon erwähnt, eine Bronze-
periode nachweisen. Die Herrschaft der Bronze fällt daselbst in
historische Zeiten, in das alte Reich. Noch zu Ende des U. Jahr-
tausends vor unserer Zeitrechnung hatte das Eisen die Bronze nicht
völlig verdrängt.
Die Ägypter entnahmen das Eisen den Erzlagern auf der Sinai-
Halbinsel und in den Gebirgen an der Südwestküste des Roten
Meeres. Schon sehr früh bezogen sie dieses Metall aber auch
aus dem Süden. Dort wird heute noch sehr viel Eisenerz ver-
arbeitet Voa den Somali- und Gallaländern berichtete Professor
zed.yGOOgle
jlS Vieites Kapitel.
C. Keller, der daselbst weite Reisen machte, dass Hämatit
oder Roteisenstein auf ungeheure Distanzen hin einfach in Knollen
vom Boden aufgelesen werden könne. Aus dem Erz werden vor-
zügliche Etsenwaffen erstellt. Es ist nicht unmöghch, dass sich am
obern Nil oder in dessen Nähe einer der ältesten Sitze der Eisen-
gewinnung und -Bearbeitung nachweisen lässL
Auch in Vorderasien folgte der Steinzeit eine Bronzeperiode.
In den Büchern Mose, deren älteste Teile vielleicht im XIV, Jahr-
hundert vor Christo abge&sst wurden, wird „Erz", d. h. Bronze,
häufiger erwähnt als Eisen, Tubalkain war Meister in Erz- und
Eisenwerk, Die Israeliten scheinen das Eisen von Norden erhalten
zu haben.
In Chaldäa dürfte dieses Metall um 2000 vor unserer Zeit-
rechnung bekannt gewesen sein, wenn nicht frühef. Das Rohmaterial
fand sich io grossen Mengen zwischen den Quellen des Euphrat und
dem Schwarzen Meere, wohin auch griechische Sagen als den Aus-
gangspunkt der Eisen-Industrie weisen.
Die Eisenkultur in Vorder-Indien wird durch alte Schlacken-
halden bezeugt, aber ihr Alter ist schwer zu bestimmen. Heute
noch findet man bei den indischen Bei^vÖlkem wandernde Eisen-
arbeiter, wie in gewissen Teilen Afrika's. Ganz gewiss hat der
Umstand, dass die Kenntnis der Gewinnung und Verarbeitung des
Eisens in den Händen bestimmter Familien oder Kasten liegt,
wesentlich dazu beigetragen, dass diese Kenntnis nicht verloren ging.
Die Erfindungen, die ja zunächst nur ein Finden, ein Entdecken ge-
nannt werden können, müssen, wie Ratzel sagt, festgehalten und
immer grösseren Ganzen mi^eteilt werden, falls sie der Menschheit
zu gute kommen sollen.
In den archäologisch genauer bekannt gewordenen Teilen von
Hinterindien, z. B. in Kambodscha, wurde ebenfalls eine Bronzezeit
konstatiert. Gegenwärtig aber verstehen die Eingebornen aus den
Erzen ein gutes, hämmerbares Eisen herzustellen.
Die Malayen sind vorzügliche Metallarbeiter, Auf den Inseln des
austral-asiatischen Archipels hat man bis jetzt noch keine Spuren
einer ehemaligen Bronzezeit entdeckt, wohl aber in Japan und China,
wo gegenwärtig Berg- und Hüttenbauwesen hoch entwickelt sind.
In China nennt die Tradition als Erfinder der ersten metallenen
Geräte den Tschigu. Erst im dritten Jahrhundert vor unserer Zeit-
rechnung habe man das Eisen kennen gelernt. Die Bronzeperiode
hätte also sehr lange gedauert.
Im XV IL Jahrhundert begannen die Russen die Eroberung
zed.yGOOgle
Die EiseDzdt. 319
Sibirien's. Sie stiessen auf manche Völker, die noch in der Steinzeit
lebten und nur wenige waren mit der Gewinnung und Bearbeitung
des Eisens vertraut. Vom Ural bis zum Altai wurden die sogen.
Tschudenschürfe konstatiert, wo metallkundige Leute, eben die
Tschuden, Kupfer und Gold gewonnen hatten. In und bei den
Stollen und Schächten alter Bergwerke fanden sich Kupferwaffen,
Schmelztiege!, Gusskuchen, Schlackenhaufen, aber kein Eisen, In
den Tschuden grabern kamen neben kupfernen und goldenen Ob-
jekten auch Bronzen zum Vorschein.
Zur Zeit von Christi Geburt lebten am Jenissei Turkenstamme,
in deren Grabhügel Eisen angetroffen wird.
Die ältesten Gräberfelder im Gebiet des Kaukasus, wie die am
Nordabhang des Gebirges gelegene Nekropole von Koban, enthalten
viele Bronzen, wogegen Eisen noch selten ist Ihre Entstehung wird
in die Zeit um looov.Chr. verlegt. Sie weisen Beziehungen mit Meso-
potamien auf, erinnern in gewissen Formen an die Tschudengraber
und zeigen G^enstände und Ornamente, wie sie im Donauthal, sowie
im südöstlichen Europa geüunden worden sind.
In Europa scheint das Eisen zuerst in Griechenland bekannt
geworden zu sein. Jedoch fand es sich in Mykenae nicht; ebenso
wenig in Tiryns, In diesen Fundplätzen haben wir vielmehr die
hervorragenden Repräsentanten der Bronzezeit Griechenlands vor
uns. Wahrscheinlich brachten die ums Jahr i loov.Chr.eindringenden
Dorier das Eisen ins Land. Zur Zeit der Abfassung der Homeri-
schen Gedichte, also ums Jahr looo, war es bekannt, wenn es auch
noch nicht in ausgedehntem Masse benutzt wurde.
Nach der Überlieferung haben die Griechen die Kunst der
Eisengewinnung und Eisenbearbeitung von den Chalybern gelernt.
Diese wohnten in dem erz- und eisenreichen Lande am Südostrande
des Schwarten Meeres.
Es fragt sich nun aber, wie die Menschheit überhaupt dazu kam,
das Eisen zu benutzen, d. h. es aus den Erzen abzuscheiden, um es
weiter zu bearbeiten. Hostmann, der bekannte Gegner des Drei-
periodensystems, dachte sich den Vorgang folgendermassen : „Nach-
dem der Mensch zunächst die glänzenden Stückchen der gediegenen
Metalle Gold, Silber, Kupfer in der Kälte, dann die massenhaft auf
der Oberfläche auftretenden oxydischen Erze des Eisens in glühen-
dem Zustande unter dem Hammer zu bearbeiten gelernt, war der
nächste Schritt das Einschmelzen der gediegenen Metalle; dann die
Gewinnung des Kupfers und des Silbers aus den verschiedensten,
mehr oder weniger leicht zugänglichen und aufeuschliessenden Erzen,
was die Ausbildung der Gold- und Kupferschmiedekunst zur Folge
zed.yGOOgle
320 Viertes Kapitel.
hatte; und endlich die Darstellung der Bronze oder die Entstehung
der eigentlichen Formerei und Giesskunst, aber wegen der ausser-
ordentlichen Seltenheit des Zinns nur an sehr vereinzelten Stellen."
Olshausen machte darauf auftnerksam, dass die vorstehende Schilde-
rung eine wesentliche Lücke enthalte, indem sie den Sprung vom
Kaltschmieden der gediegenen Metalle zum Bearbeiten der Eisenerze
in glühendem Zustande unter dem Hammer nicht erkläre. So, wie
Hostmann die Sache darstellt, hätte es gehen können, es handelt
sich aber darum, zu wissen, welche Wege die Metallindustrie wirk-
lich gewandelt ist. Olshausen hat auf diese Frage Antwort gegeben.
So lange der Mensch Metalle als solche überhaupt nicht kannte,
musste die erste Darstellung eines Metalls aus seinen Erzen Sache
des Zufalls sein. Es konnten z. B. Eisen oder Kupfer gelegentlich
mit Feuer in Berührung kommen und Metall Itefem, etwa so, dass
Eisenerzknollen als Unterlage von Kochtöpfen benutzt wurden. Das
Eisen ist weit verbreitet, Kupfererze konnten ihrer schönen Farbe
wegen die Aufmerksamkeit der Leute erregt haben. Es kann das
Flüssigwerden übrigens auch an gediegenem Gold oder Kupfer be-
obachtet worden sein. Die Eigenschaften mancher Erze, wie Schwere,
Glanz, Farbe konnten dazu verleiten, diese Erze als eines jener
Metalle anzusehen und sie dem Feuer auszusetzen. Hier war dann
die Darstellung des Metalls schon eine Verbindung des Zufalls mit
dem bewussten Suchen nach dem Metall. Vielleicht hatte nun aber
das gewonnene Gussprodukt nicht die erwarteten Eigenschaften des
Goldes oder Kupfers, und man erhielt statt dessen eine neue Sub-
stanz, die aber alsbald erkennen liess, dass man ein verwandtes
Material, ein ,, Metall" vor sich habe. Wurde dieses Experiment
absichtlich wiederholt, so war der Begriff „Erz" gegeben.
Zu den Erzen, welche zu solchen Verwechslungen fuhren
konnten, Hesse sich allenfalls Hämatit oder Roteisenstein zahlen,
denn er hat ein metallisches Äusseres und gleicht dem Kupfer in
der Farbe. Seine Benutzung hätte dann aber zur Voraussetzung, dass
schon früher Kupfer verwendet wurde. Mit Gold könnte Schwefelkies
verwechselt worden sein, aber die Gewinnung des metallischen Eisens
aus demselben musste auf grosse Schwierigkeiten gestossen sein, da
durch einen Röstprozess erst der Schwefel hätte entfernt werden
müssen. Much zeigte, dass es im Kleinbetrieb möglich ist, aus
dem Kupferkies direkt (in einer einzigen Schmelzung) Kupfer zu
erhalten und zwar von ziemlicher Reinheit. Derselbe Forscher hat
auch nachgewiesen, dass man schon in urgeschichtiicher Zeit ver-
stand, mittels eines zusammengesetzten Verfahrens Kupfererze so
zu verhütten, dass nahezu alles Metall aus denselben gewonnen
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit.
321
wurde. Nahm man zu den genannten Materialien noch das Bunt-
kupfererz, so hatte man eine ganze Reihe von Erzen, die „leicht
reduzierbar" waren.
Es hing sehr vom Zufall ab, welches Metall zuerst aus den
Erzen gewonnen wurde. Dass das Eisen das erste gewesen sein
müsse, ist nicht erwiesen; in Europa war es sicher das Kupfer, oder
lokal das Gold. In unserem Kontinent hat die Verwendung ge-
diegenen Kupfers wohl eine ganz nebensächliche Rolle gespielt;
wesentlich war die Gewinnung des Metalls aus den Erzen, also
mittels Feuer; die weitere Verarbeitung erfolgte durch Guss. Die
Schmiedekunst hat sich erst nachtr^lich entwickelt. Wenn aber
in Europa das Kupfer im Anfang gegossen und erst nachher ge-
hämmert wurde, so begreift man, dass in der Bronzeperiode die
Objekte anfänglich durch Giessen geformt wurden, wie die nor-
dischen Prähistoriker immer behauptet haben.
A. Das erste Auftpeten des Eisens In der Schw^elz.
Das Eisen erschien in der Schweiz, wie wir gesehen haben, zuerst
in Form feiner Lamellen, die als Einlagen in Bronzen angebracht
waren. Später kamen vereinzelte eiserne Objekte, wie die eiserne
Schwertklinge und die Eisentrense in Mörigen, Das neue Metall
stammte offenbar aus der Fremde und gelangte durch Handel
in unser Land. Nach und nach mehrten sich die eisernen Geräte
und Waffen. Sie finden sich jedoch nicht in Pfahlbau-Stationen,
sondern auf dem festen Lande, Kein einziger Pfahlbau der Schweiz
hat bis in die volle Eisenzeit hinein bestanden.
Nicht immer treffen wir die Eisen-Artefakte in fertigem Zu-
stande, sondern manche derselben scheinen halbvollendet in den
Handel gebracht worden zu sein. So fand man im Limmatbett
in der Stadt Zürich neben vereinzelten länglichen Eisenptatten mit
Dom auch ein ganzes Bündel solcher „angefangener Schwerter".
Eine andere Form von Handelsware der Eisenzeit ist in der
Schweiz ebenfalls schon mehrfach gefunden worden. Es sind
ca. 5 kg schwere Doppel pyramiden aus Eisen. Zwei derselben
kamen im Moos bei Lommiswil (Solothum) zum Vorschein, ca. ein
Dutzend bei Beimund (Bern). Andere Eisenmasseln entdeckte man
in den Kantonen Waadt, Aargau, Zürich u. s. w., in welch letzterem
Kanton aus einem Moor bei Hedingen zu wiederholten Malen dei^I.
Roheisen enthoben wurde.
Anfangs mochten die eisernen Gegenstände in unseren Gegenden
eingeführt werden, bald aber wurde auch das einheimische Eisenerz
zed.yGOOgle
322 Viertes K^itel.
abgebaut Das Eisen findet sich zwar in unserem Lande nicht in
grossen Massen, aber kleinere Erzvorkommnisse sind nicht selten
und an manchen Stellen dürften diese schon vor unserer Zeit-
rechnung benutzt worden sein. So will der Bergwerks-Inspektor
QuiQUEREz im Bemer Jura bei Montfevcrgier Spuren alter Eisen-
gewinnung geftinden haben, bei welcher selbst noch Steingerate
zur Verwendung kamen. In Pleigne habe er ausser den Resten
einer primitiven Schmiede eine Axt aus der ersten Eisenzeit entdeckt
und in Reb^velier seien neben zahlreichen Überbleibseln ehemaliger
Eisenbearbeitung auch „keltische" Scherben zum Vorschein ge-
kommen.
Die Art und Weise, wie die Eisenzeitleute des Bemer Jura das
Metall aus den Eisenerzen gewannen, beschreibt Quiquerez folgender-
massen: Am Fusse eines Hügels oder sonstwo formte man zuerst
aus plastischem Thon den Boden eines Ofens. Aus demselben
Material wurden sodann die Wände erstellt und diese aussen durch
Steine gestützt. Über die Steine selbst deckte man einen Erd-
mantel. Der Hohlraum in diesem Schmelzofen war weder überall
gleich weit, noch stieg er in gerader Richtung empor. Von aussen
führte derselbe horizontal bis in die Mitte des Bodens und war mit
Steinen ausgelegt. Dann stieg er, mehr oder weniger cylindrisch
geformt, schräg in die Höhe. Seine Wände waren 30 — 45 cm dick
und neigten sich in der Richtung der unteren Öffnung, der Thüre,
Durch diese Konstruktion sollte verhindert werden, dass beim Ein-
schütten der Kohle und der Erze diese sich vor der Thüre anhäufen
konnten. Der Luftzug war ungehindert und sehr lebhaft. Der
Schlot, durch den die Flamme loderte, hatte eine Höhe von
ca. 2,5 m und war oben mit einem Steinkranz abgeschlossen, der
die Beschädigung der Thonwände beim Füllen des Ofens unmöglich
machte (Fig. 315).
War ein neu errichteter Ofen genügend ausgetrocknet, so be-
gann das Füllen, wobei je eine Schicht Kohle und eine Schicht
Erz hineingebracht wurde. Dann machte man Feuer und regulierte
den Zug durch Öffnen und Schliessen der Thür. Bildeten sich am
Boden Schlacken, so wurden sie hervorgezogen. Endlich konnte
ein we issglühender Metallkuchen herausgenommen werden, der dann
tüchtig geschmiedet werden musste. Ein solcher Kuchen mochte
15 — 25 kg Eisen liefern. Man begreift, dass das so gewonnene
Eisen teuer und seine Verwendung eine recht sparsame war.
Diese Methode der Gewinnung des Eisens erinnert ganz an die
Art, wie die Afrikaner und Indier das Metall erhalten und sie hat
wohl bei uns bis in die historische Zeit hinein fortgedauert.
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit.
323
Nicht bloss das Eisenerz des Bemer Jura wurde in prähisto-
rischer Zeit verwendet, sondern auch andere Gegenden der Schweiz
lieferten solches. Das Eisenerz am „Feuerberg" bei Wölfliswil (Aai^au)
scheint ebenfalls schon früh benutzt worden sein und alte Schlacken-
halden an manchen Orten des Kts. SchaJThausen beweisen, dass
die Bohnerze dortiger Gegend ebenfalls schon in alter Zeit zur
Verwendung kamen. Über die Epoche, da dies zuerst geschah, lässt
sich freilich noch nichts Bestimmtes sagen, dass sie aber weit zurück-
liegt, wird einerseits durch die Schlacken, die noch viel Eisen
enthalten, also Rückstände einer primitiven Art der Eisengewinnung
fig- 315-
Eisenschmelzofen im Bemer Jura (Idealbild).
sind, bewiesen, anderseits aber durch Thonscherben, die man
z. B. in Merishausen zwischen den Schlacken gefunden und die
zum Teil ganz denjenigen gleichen, welche aus prähistorischen An-
siedelungen bekannt geworden sind.
Etwas genauer sind wir über den Bei^bau am Gonzen unter-
richtet. Hoch ob Sargans finden sich fiinf Gruben, wo ein vor-
zügliches Eisenerz gewonnen wurde. Gegenwärtig sind alle Gruben
verfassen, die meisten derselben schwer oder nicht mehr zu begehen.
Der Eingang zur Hauptgrube beim Knappenhaus ist zugemauert,
da er ganz unsicher geworden war und zusammenzustürzen drohte.
Es giebt aber weiter oben noch einen Zugang zu dieser Grube L
Am Wege zu demselben sind die Ruinen eines älteren Knappen-
zed.yGOOgle
^24 Vierte» Kapitel.
hauses. Der obere Zugang selbst ist nicht ganz mühelos zu er-
reichen. Wir benutzten denselben, als wir mit dem ehemaligen
Obersteiger das Bergwerk besuchten, um die Spuren alter Zeit zu
besichtigen. In der That fanden wir solche in ansehnlicher Zahl
und Ausdehnung. Schon die hohen Hallen, so behauptete der
Obersteiger, miissten aus sehr alter Zeit herrühren, da jetzt niemand
daran denken würde, solche Gewölbe auszubrechen. An manchen
Stellen wurde das Erz mittels des sogen. Renfeuer- Verfahrens ge-
wonnen, d. h. man setzte ein mächtiges Feuer an die erzhaltige Fels-
wand, Dadurch wurde dieselbe mürbe, rissig, bröckelig, und konnte
leicht mit Meissel und Pickel bearbeitet werden, besonders wenn man
der Hitze eine plötzliche Abkühlung durch kaltes Wasser folgen üess.
Dieses Verfahren ist noch in den letzten Jahrhunderten, also nach
der Erfindung des Pulvers, angewandt worden. Der berühmte
Heimreisende Scheuchzer sagt 1710-. „Das Erz wird in der Grube
durch Feuer bezwungen, welches die Arbeiter am späten Abend an-
zünden . . ," Man findet im Gonzen auch Schächte und Stollen,
die mit Meissel und Hammer aus dem Gestein gearbeitet wurden.
Wenn man von oben zum Haupteingang niedersteigt, so bemerkt
der Wanderer, dass ein alter, steilerer Gang den neuen schief durch-
schneidet und unfern des vermauerten unteren Eingangs ist ein
Stollen in das taube Gestein getrieben, der nur so hoch und so
breit Ist, dass ein Mann eben durchkommt und an dessen Wänden
überall die Meisselhiebe deutlich sichtbar sind.
Auch in den anderen Gruben, so erzählten sowohl der Besitzer
derselben, als der alte Obersteiger, sind derartige Spuren zu sehen.
Indessen bilden dieselben noch keinen zwingenden Beweis fiir die
Annahme, dass der Abbau des Gonzenerzes in prähistorische Zeit
zurückreiche. Eisenzeitliche Funde sind in der Nähe des Gonzen
nicht selten. So haben die Ansiedelungen auf der Bui^ zu Viiters
und auf Castel bei Mels schon vor unserer Zeitrechnung bestanden
und sind noch in römischer Zeit nachweisbar. An diesen Stellen
fand man mitten unter den römischen und vorrömischen Fund-
Gegenständen Reste von Schmelztiegeln, Schlacken und Erz, das
jedenfalls vom Gonzen stammt.
In Heiligkreuz bei Mels, also am Fusse des Gonzen, wurde
auch ein Schmelzofen entdeckt, der sehr alt sein muss, da in Ur-
kunden nie ein Schmelzwerk in Heiligkreuz erwähnt wird. Die
älteste Urkunde, welche vom Gonzen spricht, datiert erst aus dem
XV'. Jahrhundert. Seither befanden sich die Schmelzstätten in Flums
und später in Plöns. Der Schmelzofen von Heiligkreuz lag tief
im Boden; er stammt wohl aus einer Zeit, wo das ganze Seez-
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit.
32s
thal noch nicht so hoch mit Schutt und Schlamm ausgefüllt war,
wie jetzt. Auch die Konstruktion des Ofens deutet auf ferne Zeiten.
Um zwei cylinderförmige Hohlräume lagerten sich mächtige Steine,
die Wandungen bildend. Die Zwischenräume waren mit einer Art
Eisenschlacke erfiilh, aus welcher der Ofen eigentlich zu bestehen
schien. Unten an den Cylindem befand sich eine Öffnung und
durch dieselbe wird der durch das Gebläse regulierte Luftzug ein-
getreten sein. In unmittelbarer Nähe des Ofens will man vor
mehreren Jahren beim Fundamentieren eines Hauses die Reste einer
alten Eisenschmiede gefunden haben. Eine Urkunde von 1550 er-
wähnt Hammerschmieden in den benachbarten Orten Ragaz und
Wartau,
Auf der dem Gonzen gegenüber liegenden Thalseite, in Mädris,
etwa '/j Stunden über Mels, heisst eine Gegend urkundlich „bei der
Schmitten", obwohl weder zur Zeit der Anfertigung jener Urkunde,
noch seither daselbst eine Schmiede- Werkstätte existierte. Doch fand
man einen eigentlichen Schlackenhügel von über 30 m Länge und
4 m Höhe. Der Entdecker dieses Hügels, Natsch, hält es fiir un-
begreiflich, dass Gonzenerz ins Thal gebracht und auf der anderen
Seite dann wieder mehr als eine halbe Stunde den Berg hinauf-
transportiert worden sei. Man kennt cwar heute keine Eisenerz-
Vorkommnisse in dieser Gegend, aber die Bemerkung Natsch's
scheint dennoch aller Beachtung wert und es würde sich vielleicht
lohnen, in der Nähe nach weiteren Erzlagern zu suchen. Vorläufig
muss die Frage, woher das Eisen stamme, das Anlass zu jenem
Schlackenhügel gab, offen bleiben.
Seit den Tagen, da das Eisen in den Dienst des Menschen ge-
zogen wurde, haben sich die Methoden der Gewinnung desselben
wesentlich verbessert Gleichzeitig aber wurde der Kreis, dem das
Eisen diente oder den es beherrschte, immer grösser und heute
bildet es einen Grundpfeiler unserer hochentwickelten Technik.
B. ElsenzeitUche Ansledelung'en.
Die ältesten geschichtlichen Nachrichten, die wir über die
Schweiz besitzen , zeigen uns dieselbe im Besitze verschiedener
Völkerschaften. In den Gebirgen Graubünden's , im Kt Glarus
und bis gegen den Zürichsee hinunter wohnten die Rätier. Sie
wurden später ganz romanisiert. Die romanische Sprache hat sich
in den genannten Gegenden bekanntlich bis auf den heutigen
Tag erhalten, und wenn man im Kt. Glarus und im St. Graller Ober-
zed.yGOOgle
326 Viertes Kapitel.
lande nach den Orts- und Flurnamen forscht, so finden sich massen-
haft räto- romanische Worte, VValenstadt, Walensee und Watenbei^,
obwohl deutsche Bezeichnungen, deuten an, dass wir uns da dem
Sprach- und Volksgebiet der Walen, Welschen, der Räto-Romanen
nähern.
Die schweizerische Hochebene war im ersten Jahrhundert vor
Christi Geburt im Besitz der tapfem Helvetier, eines gallischen
Volkes, das in vier Stämme zerfiel. Im nordwestlichen Randgebiet
der heutigen Schweiz sassen die mit den Helvetiern stammverwandten
Rauracher, in den Bergen Neuchätel's die keltischen Sequaner; die
Gegend von Genf, das alte Genava, gehörte zum Land der AUo-
broger.
Das obere Rhonethal, unser Kt. Wallis, wurde in vorchristlicher
Zeit von vier kleinen Völkerschaften bewohnt. Im Unterwallis, um
Tarnajae, das heutige St. Maurice herum, sassen die Nantuateo;
bei Martigny, dem römischen Octodurus und in den südlich davon
gelegenen Thälern wohnten die Veragrer, durch deren Land der
schon lange vor unserer Zeitrechnung vielbegangene Weg über den
Grossen St Bernhard zog. In der Gegend von Sitten (= Sion, römisch
Sedunum) lebten die Seduner und im Oberwallis die Uberi oder
Viberi, die man als einen Zweig der Lepontier betrachtet, welch
letztere den heutigen Kt Tessin und das Thal von Domo d'OssoIa
in ihrem Besitze hatten. Der Hauptsitz der Viberer im Rhonethal
scheint Brig gewesen zu sein. Sie sind wohl erst zu den Zeiten
Cäsar's ins Wallis gekommen.
Über die ethnologische Zugehörigkeit der Walliser und Le-
pontier sind die Ansichten verschieden. Die Nantuaten, Veragrer
und Seduner werden allgemein als Gallier betrachtet; sie waren also
Kelten. Wenn die Viberer zu den Lepontiem gezahlt werden müssen,
so gehören sie wohl, wie diese, zu den Rätiern, aber die Rätier selbst
waren vielleicht auch Kelten.
Es fragt sich nun, ob wir tur die präliistorischen Zeiten des
Wallis nicht eine ligurische Bevölkerung annehmen müssen, ob die
Kelten nicht einfach diese abgelöst haben. Alte Sagen in manchen
Walüser Thälern scheinen in der That auf eine längst verschwundene
Urbewohnerschaft hinzudeuten und dazu kommen noch merkwürdige
Haustierformen, die in diesem Berglande vorhanden sind, die wir
aber sonst in der Schweiz nicht mehr antreffen. Im Val d'H^rens
und im Va! d'Anniviers ist die sogen. Eringer Rindviehrasse zu
Hause. Der aus römischer Zeit stammende Bronzekopf aus Martigny
soll nach dieser Kasse modelliert worden sein. Die Eringer Rasse
ist jedenfalls sehr alt und nach den Forschungen von Prof. C. Keli£R
zed.yGOOgle
Die EiEcnzeiL
327
etwas später, als das Torfrind, aus Südeuropa eingewandert. Aus
der gleichen Region stammt die eigentümliche Ziege des Ober-
wallis, sowie der Bemhardinerhund, dessen Stammform in den siid-
europäischen Moiosserhunden zu suchen ist. Vielleicht bringt uns
die weitere Erforschung dieser Beziehungen auch Licht in die
dunkle Frage der Zugehörigkeit der vorhistorischen Bevölkerung
des Khonethales.
In der Eisenzeit war die Bevölkerung der Schweiz, nach den
heute bekannten Funden zu urteilen, eine viel dichtere, ab zur Bronze-
zeit. Selbst in G^enden, wo inxler Periode, da die Bronze das
wichtigste Nutzmaterial war, die Spuren der Anwesenheit des Menschen
spärlich sind, treten uns in der Eisenzeit Ansiedelungsfunde oder
Gräberfelder, Schatz- oder Depotfunde, Reste von Verkehrswegen
u. 3. w, entgegen, so z. B, in den gebirgischen Teilen des Landes,
welche von den alten Wallisem und Rätiem besetzt waren.
Was die Überbleibsel alter Ansiedelungen der Eisenzeit an-
geht, so sind , wie wir oben gesehen haben, die Pfahlbauten
verschwunden. Die Wohnsitze der „Eisenleute" befanden sich auf
dem Lande. Sie repräsentieren sich uns als Mardellen, grosse Erd-
gruben, wie sie vielerorts, z. B, auf dem Jolimont bei Gals und in
Pieterlen (Kt. Bern) konstatiert wurden, oder als befestigte Plätze,
die z. B. in den Kantonen Waadt, Bern, Aargau und Zürich (vergl.
meine Archäologische Karte des Kts. Aai^u, diejenige von Zürich
und vom Kt. Thurgau) häufig sind.
Manchmal beweisen auch die heutigen Namen von Ortschaften,
dass diese schon in prähistorischen Zeiten existiert haben. So hiess
Zürich zur Römerzeit Turicum, ein Name, der nicht römisch ist,
sondern auf einem altern fusst. Die Römer haben sich den kel-
tischen Namen einfach mundgerecht gemacht. Ähnlich ist es mit
den Ortsnamen auf durum, z. B. Vitodurum (Ober-Winterthur), Salo-
durum (Solothum), ebenso mit Eburodunum (Yverdon), Minnodunum
(Moudon) u. s. w.
Betrachten wir nun einige der eisenzeitlichen Ansiedelungen in
der Schweiz etwas genauer und beginnen wir mit einem Platze im
atträtischen Lande!
I. Viiters {St. Gallen). Unweit des berühmten Kurortes Ragaz
liegt das Dorf Vilters. Wer von demselben nach Ragaz gelangen
will, kann der Ebene des Rheins entlang auf guter Strasse die
kurze Strecke zurücklegen. Viel schöner und angenehmer aber
ist, besonders in den Sommermonaten, der Fussweg, der am
Abhang des Vilterser Berges hinführt. Er geleitet den Wanderer
bald in den kühlenden Schatten des Waldes, bald fuhrt er ihn zu
.y Google
328 Viertes Kspilel.
anem Aussichtspunkte, bald wieder in eine kleine Schlucht, wo die
Wasser über bemooste Steine rieseln, oder schäumend über Fels-
blöcke und Felswände stürzen. Gleich ausserhalb Vilters, hinter
dem ins Rheinthal vorgelagerten Hügel Grestis, beginnt dieser Wald-
pfed gegen das Almendli empor zu steigen. Beim vordem Loch-
hof, etwa eine halbe Stunde von Vilters entfernt, gehen wir ein
paar Schritte vom Wege links ab und erreichen eine Wiese n-
tläche, die sich hart am Steilabfall gegen Osten befindet und eine
prachtvolle Aussicht darbietet Das ist die sogen. Burg oder Sever-
gall, 70 m Über dem Thal gelegen. Von dieser „Burg" aus er-
btickt man gerade vor sich den Fläscherbei^, auf dessen östlichem
Abfall der Luziensteig sich hinzieht; weiter südlich die Rätikonkette
mit dem düsteren Falknis und der schneebedeckten Scesaplana.
Zwischen diesen Bergen und unserem Standort dehnt sich das Rhein-
thal aus: In der Mitte der Strom, an seinen Ufern weitgedehnte
Getreidefelder; an den sanften Abhängen Rebberge, die den guten
„Oberländer" liefern und mitten zwischen den Rebbergen die Dörf«r
und Städtchen.
Wenden wir den Blick thalabwärts, so erkennen wir die Scheide
zwischen Rhein- und Seezthal. Vom Rheinthal grüsst die Ruine Wartau
herauf; an der Übergangsstelle zum Seezthal liegen Burg und
Städtchen Sargans und hinter ihnen erhebt sich die graue Felsmasse
des Gonzen, des Ausläufers der Churhrstenkette. Im Seezthal selbst
aber können wir weit unten noch das Kirchlein auf dem St. Georgen-
berg ob Bärschis bei Walenstadt sehen, wo einst die Römer eine
Feste gebaut
Was Wunder, dass schon in alter Zeit Severgatl bei Vilters
bewohnt wurde. Es liegt auf schroffem Hang hoch über dem Thal,
beherrscht dasselbe und bietet eine Femsicht dar, die besonders
den grossen Strategen des Altertums, den Römern, willkommen sein
musste. In der That hat man daselbst bei Nachgrabungen die Reste
einer römische Warte gefunden. Aber die Bui^ Vilters war schon
viel früher bekannt und bewohnt Immler und Natsch entdeckten
bei ihren Ausgrabungen Objekte, die bis in die Steinzeit hinunter-
reichen, die jedenfalls beweisen, dass dieser Platz lange vor dem Ein-
dringen der Römer in unser Land besetzt wurde.
Die vorrömischen Funde von Severgall kamen hauptsachlich
in das historische Museum St. Gallen. Es sind zunächst gelbe und
rötliche Feuersteine in Form von Splittern und Lamellen, sodann
Stücke aus Bergkrystall. Neben mehreren Stein- und Knochenmeissein
fandensich Steinwirte!, Steinbeile,Steinhammer-Fragmenteund Quetsch-
oder Mahlsteine. Die Scherben von Thongefässen sind sehr roh
zed.yGOOgle
Die Euenxcit
329
und. zeigen keine Spur von Anwendung der Töpferscheibe. Drei
Schmucknadeln, ein Doppelknopf und eine Pfeilspitze bestehen aus
Bronze und daneben erscheint ein Bronzemesser mit Griffdom und
Verzieningrai der Bronzeperiode.
Aus Bronze besteht auch ein kleiner Kamm, der zahlreiche
eingravierte Kreise mit Mittelpunkt oder konzentrische Kreise als
Ornament aufweist, also wohl der ersten Eisenzeit, der sogen, Hallstatt-
Periode angehört. Einige Messer von Eisen erinnern an Formen
der ersten Eisenzeit; eine Eisenlanze stimmt mit WafTenstücken aus
der unten zu besprechenden Station La Töne iiberein. Wie wir
sehen werden, giebt es in La Töne eine ganze Anzahl typischer
Objekte, z. B. Glasringe, die wohl als Armringe benutzt wurden und
ganz besonders Sicherheitsnadeln oder Fibeln, Unter den letzteren
OB
sind drei Formen besonders zu erwähnen, die als Früh-, Mittel- und
Spät-La Tdne-Fibeln bezeichnet werden.
Die Friih-La Töne-Fibel (Fig. 316) zeigt uns einen Bügel, an
den sich einerseits ein Fuss mit Nadelhalter, anderseits eine Spi-
rale mit der Nadet anschliesst Der Fibelfuss ist aufgebogen und
legt sich nahe an den Bügel. Er endigt manchmal in ein Knöpf-
chen, das etwa, aber selten, ein menschenkopf-ähnliches Aussehen
erhält; oft aber verbreitert sich der aufgerichtete Fibelfiiss zu einer
Platte, die hier und da Emailschmuck trägt. Was die Spirale an-
betrifft, so ist dieselbe bei den sogen. La Tene-Fibeln immer beid-
seitig, d. h. einige Spiralwindungen befinden sich rechts, die andern
links vom Ende des Bügels. Schliesslich lauft die Spirale in die Nadel
aus, welche die Verbindung mit dem Fuss herstellt. Die ganze Fibel
in der einfachsten Form besteht aus einem einzigen Bronzedraht,
Die Mittel-La Tene-Fibel (Fig. 317) zeigt in Bezug auf Spirale
und Bügel im allgemeinen dieselbe Form wie ihre Vorgängerin;
Digitized^yGOO^Ie
dagegen ist der Fuss etwas anders gebildet Er erscheint zwar auch
aufgerichtet und an den Bügel gelegt, aber er umfasst denselben
lose mit einer Zwinge, durch welche also der Biigei frei hindurch-
geht. Bei der Spät-La T6ne-Fibel, die in Gräbern der Schweiz
zusammen mit den ersten römischen Fibeln vorkommt, sind Bügel
und Fuss zu einem Ganzen verbunden.
Auf der Burg Vilters kommen nun Früh-, Mittel- und Spät-
La Tene-Fibeln vor. Aber auch Glas in Form eines gelben Arm-
ring-Fragmentes ist gefunden worden, femer ein Stuck einer eisernen
Pferdetrense, wie wir sie in La T^ne-Funden wiederfinden, endlich
sind noch Eisenerz-Stücke, wahrscheinlich vom Gonzen stammend,
Eisenschlacken, verglaste Steine, vielleicht Reste von Schmelztiegeln
oder Schmelzöfen zum Vorschein gekommen.
Das Gesagte dürfte genügen, um darzuthun, dass der Hügel
Sevei^all wirklich schon lange vor den Römern bewohnt wurde.
F. Keller glaubte auch einen aus gestampftem Lehm erstellten Boden
auf der Burg Vilters als Überbleibsel dieser vorrömischen Ansiedelung
auffassen zu sollen. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung
setzten sich die Römer auf dem Platze fest und errichteten eine
Specula daselbst, von welcher aus sie ihre Verbindungen mit der
Warte auf dem St Georgenberg ob Walenstadt, mit der Gegend
von Wartau und thalaufwarts mit der „Porta Romana" bei Pfäfers-
Ragaz herstellten.
2. Zürich. „MenichenlilMn gleithl dem Augenblicke.
Cäsar spricht von Städten und Dörfern, welche die Helvetier
bei ihrer Auswanderung, $8 Jahre v. Chr., verbrannt hätten. Sollte
nicht auch Zürich darunter gewesen sein? In und bei Zürich, das
sich durch seine Lage am Ausfluss der Limmat aus dem See, durch
seine Bodengestalt und durch seine liebliche Umgebung zur Besiede-
tung eignete, sind, abgesehen von den P&hlbaufiinden, eine Menge
vorrömischer Artefakte zum Vorschein gekommen und zieren heute die
Sammlungen des Schweizerischen Landesmuseums. Es fanden sich
Waffen, wie Lanzen- und Pfeilspitzen, Dolche und Schwerter aus Bronze
und Eisen, Die Werkzeuge des Friedens treten uns entgegen in der
Form von Beilen, Messern, Spinnwirteln, Stricknadeln, Webgewichten,
Angeln, Sicheln und Hacken. Man entdeckte sogar vorrömische
Münzen in unserer Stadt und selbst eine Münzstätte, in der ganze
Klumpen zerschmolzenen Münzmetalls gefunden wurden, ist ans
Tageslicht gezogen worden. Die Schmucksachen sind vertreten
zed.yGOOgle
Die Eiseoieil.
durch Nadeln, Ringe, Spaitgen, Fibeln und Giirtelhaken. Und nun
die Fundorte dieser Objekte!
Es ist besonders die Limmat gewesen, welche Altertümer barg,
die durch viele Grabungen und Baggerarbeiten wieder zu Tage ge-
D
EHlUeDbeil aus Kisen von Zürich.
FiR. 318.
Eisenbeil mit ScbalUappen aus Zürich.
fördert wurden. Bei der Wasserkirche fand man Scherben, Stein-
und Knochengerät und auch ein Bronzeschwert, dessen Griff nur
eine Verlängerung der Klinge bildet und mittels Niet-
nägeln an eine Holzhandhabe befestigt wurde. Vor
Meise und Rüden wurden im Limmatbett ein Beil- Wä
hammer aus Serpentin, Scherben, Bronzenadeln, ein "^^^
Bronzekelt und ein Eisenbeil gefunden. Dieses letztere
(Fig. 318) ist ein überaus seltenes Artefakt. Es besitzt
nämlich genau die Form der Lappenkelte aus Bronze,
ist eine Nachbildung derselben in Eisen.
Je mehr man sich der 1881 neu erbauten Rat-
haus- oder Gemüsebrücke nähert, um so dichter reihen
sich die Funde aneinander. Vor dem Rathause
wurden beim Baggern der Limmat folgende Arte-
fakte enthoben: Beile aus Stein und Bronze und
ein Eisenbeil mit Dulle (Fig. 319), wie wir solchen
auf dem Uto, in der Ansiedelung La T^ne am
Neuenburger See und an vielen andern Orten be-
gegnen. Auch ein Kupferbeil in Steinbeilform wurde
gefunden, femer ein Bronzedolch, eine Filetnadel,
Knochenhacken und ein Bündel von „angefangenen
Eisenschwertern" (Fig. 320). Ein Bronzeschwert von
bedeutender Länge zeigt den Möriger- oder Ronzano-
typus in der Variante, wo der massive Griff darauf
berechnet war, eine Einlage aufzunehmen. Beim
„AngefangeDes
Schwert" aus
„d, Google
332 Viertes Kapitel.
Neubau der Rathausbriicke kamen ebenfalls zahlreiche vorrömische
Artefakte zum Vorschein: Nadeln, Hacken, Nägel, Ringe, Scherben,
ferner Messer, Lanzen, ein „angefangenes Schwert" und Beile, wo-
runter ein zweites Eisenbeil mit vier Schaftlappen, welche Form
in der Schweiz sonst noch nie gefunden wurde. Mit diesen Objekten
zusammen wurde auch eine Potinmünze zu Tage gefördert, die
auf dem Avers das gallische Pferd zeigt. Ähnliche Münzen fanden
sich in Zurzach, in La T^ne und in der Tiefenau bei Bern, wo
man ein helvetisches Schlachtfeld gefunden zu haben glaubte. In
Zürich nahmen unterhalb der Rathausbriicke die Funde wieder ab,
aber bei Legung der Wasserleitung zwischen Rosengasse und Schipfe
kamen zahlreiche Steinbeile zum Vorschein, worunter sogar Doppel-
äxte, Thonwirtel, Bronzeangel, Kelte und eine Knopfeichel. Ver-
einzelt wurden auch noch weiter unten Antiquitäten gefunden, z, B,
bei der Wolfbachmündung am obem Mühlesteg ein Bronzekelt und
eine Nadel und bei der Bahnhofbriicke Steinbeile und ein grosser
Bronzeangel,
Der zweite Hauptfundort vorrömischer Artefakte in Zürich liegt im
Letten, oder genauer zwischen dem Drahtschmidlisteg und der Web-
schule im Letten. Beim Bau des Kanals, welcher Limmatwasser zum
Wasserwerk fuhrt, kamen in den Jahren 1877 — 1880 viele Objekte
zum Vorschein, von denen einige dem Mittelalter angehören, andere
der Römerzeit und eine nicht geringe Zahl auf noch fernere Perioden
weist. Nur wenige Stücke fanden sich oberhalb des Drahtschmidli
und nur zwei Objekte bei der Platjpromenade. Durchgeht man
diese Funde aus dem Letten, so trifft man alle möglichen Gegen-
stände: Waffen, Geräte und Schmucksachen. Nur einige seien
speziell erwähnt: Da sind Eisenbeile mit Dulle, Schwerter aus
Bronze und ein Schwert aus Eisen, dessen Form auf die letzten
Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung weist. Auch „angefangene
Schwerter", d. h. Eisenschienen mit Dom, wurden gefunden. Unter
den Schmucksachen sind besonders La Tene-Fibeln zu nennen, wie
sie in frühhelvetischen Ansiedelungen zum Vorschein kamen.
In bemerkenswertem Kontrast zu den zahlreichen Funden aus
der Limmat stehen die wenig häufigen Gegenstände, die im Fest-
land bei Zürich gefunden wurden. Vereinzelte Artefakte aus vor-
römischer Zeit fanden sich allerdings im Sihlfeld, in Wiedikon, bei
der Eisenbahnbrücke über die Sihl, auf der Wollishofer Allmend
und in Hottingen. In der Altstadt sind sie nicht häufig. Da ist
der prachtvolle Bronzedolch zu erwähnen (Fig. 321), der bei der
„Katze" im botanischen Garten gefunden wurde; da sind zu nennen
Funde in den Stadthausanlagen u. s. w. Der geschichtlich interessan-
zed.yGOOgle
Die EiscDieit.
333
teste Punkt unserer Stadt, der Lindenhof, hat sich ganz besonders als
Bewahrer von Zeugen alter Zeiten erwiesen. Bei den Nachgrabungen
im Jahr 1837 kamen Scherben zum Vorschein, die, von freier Hand ver-
fertigt, von ganz rohen Gelassen herstammten. Beim Kaminfegergäss-
chen wurden ähnliche Scherben gefunden und ebenso neben dem
ehemaligen Rennwegthor am Nordabhang des Lindenhofhügels, bei der
Werdmühle. Zwar könnten diese Scherben auch aus der Zeit der
Römerherrschaft stammen. Warum sollten nicht die Helvetier nach
ihrer Rückkehr im Jahr 58 v. Chr. noch Gefässe nach
alter Väter Sitte gemacht haben, wenn ihnen auch
römische Töpfertechnik nicht lange mehr unbekannt
blieb! Im Ötenbach wurde ein durchbohrter Stein-
hammer und neulich eine helvetische Goldmünze ge-
funden. Ähnlich wie am Sudost-Fuss des Lindenhofes,
wo jedenfalls schon vor der Römerzeit ein vielbenutzter
Flussübergang war (wie die zahlreichen Funde bei der
Rathausbrücke uns lehren), so zeigen sich auch auf
dem Nordwest-Abfall deutliche Spuren einer längst
verschwundenen Bevölkerung. Und gewiss ist die
Lage des Hügels derart, dass sie geradezu zur Be-
siedelung einladen musste, wie denn ja auch die Römer
ihr Kastell auf dem Lindenhof errichteten.
Als 1 878 die Lettenfunde beschrieben wurden,
glaubte man, dass in dieser Gegend ein Pfahlbau
existiert habe und auch in Bezug auf die damals noch
wenig zahlreichen Funde aus der obern Limmat nahm
man an, dass in der Vorzeit Fischerhütten über dem
Wasser gestanden hätten, wie es noch im vorigen Bromedoich
Jahrhundert der Fall war. Die Funde schienen mit aus Zürich,
solchen aus Pfahlbauten identisch zu sein. Seither
hat sich nun das Material so beträchtlich vermehrt , dass wir
viel genauer zu unterscheiden imstande sind. Wirklich tragen
manche Gegenstände den Pfahlbautypus, aber daneben erscheinen
Formen, wie sie den Schlachtfeldern von. Bibrakte und Alesia
entstammen. Es treten die römischen Typen vor unser Auge
und auch das Mittelalter ist repräsentiert. Schon die Zerstreut-
heit der Fundobjekte würde gegen Pfahlbauten sprechen. Als man
die Rathausbrücke fundamentierte, da entdeckte man keine Fund-
schicht, wie sie sich im Lauf der Zeit gewiss gebildet hätte, wenn
immerfort bewohnte Hütten über dem Wasser gestanden hätten.
Ebenso wenig kam eine solche Kulturschicht im Letten zum Vor-
schein. Ausserdem fehlen manche Gegenstände, die gewiss ins
zed.yGOOgle
334 Vierte« Kapitel.
Wasser gelangt wären, wenn Pfahlbauten über der Limmat existiert
hätten, so Scherben, Früchte, Reste von Geflechten u, s. w. Und
erst die Pfähle! Wenn sich aus der Steinzeit die Pfähle der See-
dörfer erhalten haben, warum sollten sie hier, in der Limmat, ver-
schwunden sein? Aber könnten nicht alle unsere Funde von einer
Ansiedelung herrühren, die etwa bei der Bauschanze bestanden hatte?
Ein Fluss, der aus einem Seebecken so ruhig abfliesst, wie es bei
der Limmat der Fall ist, hat zu wenig Stosskraft, um Gegenstände
weithin zu verschwemmen j und warum sind dann die Funde
nicht in der obern Limmat zerstreut, warum zumeist unten im
Letten, und da alles am rechten Ufer? Freilich kommt unterhalb
der Moräne die oft reissende Sihl in Betracht, und wenn je eine
Ansiedelung im Bereich der Hochwasser dieses Flusses gestanden, so
werden wir die stummen Zeugen der zerstörenden Gewalt des
Wassers, wie Hausgeräte, Waffen, Schmucksachen, etwa da zu suchen
haben, wo die Sihl ihre Stosskraft verliert, wie es eben von der
Platzpromenade bis zur Webschule im Letten der Fall gewesen sein
mag und noch ist. Auch der Erhaltungszustand der Artefakte spricht
für die Ansicht, dass sie hergeschwemmt seien. Viele Gegenstände
sind beschädigt, verbogen, eerbrochen. Können aber kleine Objekte,
wie Haarnadeln, auch hergeschwemmt sein? Freilich wohl, denn,
wenn der tobende Fluss den Grund auftiss und Sand, Schlamm und
Steine fortfegte, warum sollen nicht auch Schmucknadehi, die ja bis
40 cm lang waren, weiter geschwemmt worden sein?
Alles, auch die Lage der Funde im Kies, deutet darauf hin,
dass die Objekte zwischen Drahtschmidlisteg und Wasserwerk an-
geschwemmt seien. Eis wäre indes denkbar, dass sie doch von
einer Ansiedelung im Letten oder auf der Platzpromenade her-
rührten. Allein der letztere Ort ist ganz unwahrscheinlich, weil er
im Überschwemmungsgebiet der Sihl lag und zudem haben mehr-
fache Grabungen daselbst nie eine Spur von Wohnstätten zu Tage
gefördert. Eine Ansiedelung beim Drahtschmidlisteg aber tässt sich
auch nicht annehmen, weil gerade dort ein freilich heutzutage ver-
bauter Wildbach mündete, der oft arg getobt haben mag, wie er
denn auch eine tiefe Schlucht ausgepflügt hat, die dem Spazier-
gänger auf der Leonhard-Strasse auffallt. Sollten nun die ersten
Landbewohner unserer Gegend ein Wildbachgebiet für ihre Nieder-
lassung ausersehen haben? Weiter unten, im Letten, wäre aller-
dings eine Ansiedelung leicht denkbar, aber die Annahme einer
solchen erklärt uns die Funde nicht, die oben beim Drahtschmidli
und am Fuss des steilabfallenden Geländes in der Nähe desselben
gemacht wurden.
zed.yGOOgle
Die EiscDzeit.
335
In der Gegend des Letten bestand demnach weder ein Pfehl-
bau, noch eine Ansiedelung auf dem festen Lande; die daselbst ge-
fundenen Gegenstände müssen durch die Sihl dorthin geschwemmt
worden sein. Wo mag nun die Stätte sein, der sie entstammen?
Schon lange vor unserer Zeitrechnung war der Lindenhof be-
wohnt. Denken wir uns nun diese Ansiedelung gedeihend und
wachsend, so muss sie sich immer weiter ausgedehnt haben. Das
mag besonders im Osten und Süden der Fall gewesen sein und
gewiss haben am Ufer der Limmat schon zur Zeit der Helvetier
Häuser gestanden. Aber auch nach Westen und sogar im Norden
rückte die wachsende Ansiedelung Zürich immer tiefer am Abhang
hinunter, wie die vorrömischen Funde bei der Werdmühle und im
Otenbach beweisen. Nun kommen einige starke Hochwasser; eines
und das andere erreicht eines der tiefst stehenden Hiittchen und
zertrümmert es. Viele Gegenstände werden mitgefuhrt und weiter
unten abgelagert, also etwa beim Zusammenfluss von Sihl und
Limmat, im Letten. So erklärt sich nicht bloss die Einbettung der
Funde in Sihlkies, sondern auch deren zerstreute Lage, indem die
Fluten bald weiter oben, bald weiter unten sich in das Ltmmatbett
ergossen. Es erklären sich auf diese Weise auch jene Funde, die
im heutigen „Platzspitz" gemacht wurden. Es erklärt sich das
Fehlen der Kulturschicht, die Abwesenheit von Geflechten und Ge-
weben, von Scherben, Holzwerk, Sämereien u. s. w. Es wird be-
greiflich, warum manche Metallsachen zerbrochen oder beschädigt
sind. Wir haben im Letten die Reste der teilweise verschwemmten
vorrömischen Ansiedelung Zürich. Die Funde in der oberen Limmat,
wie diejenigen im Letten, rühren von derselben Ansiedelung her.
Die Wiege der künftigen Stadt aber war der Lindenhof
Die Landansiedelung, die sich auf dem Lindenhofe in Zürich
bildete, existierte schon zur Zeit, da noch Pfahlbauten im See
draussen zu sehen waren. Gegen Ende der Bronzeperiode zogen
auch die letzten Pfahlbauer aufs feste Land; das eisenzeitliche Zürich
auf dem Lindenhofe aber entwickelte sich weiter bis zum Auszuge
der Helvetier, wo wahrscheinlich auch diese Ortschaft in Brand auf-
ging, wie die anderen 1 2 Städte und 4CK) Dörfer, von denen Cäsar
dasselbe Schicksal vermeldet. Dass in der Eisenzeit auch der Nach-
bar Zürich'sj der Ütliberg, bewohnt war, beweisen die Gräber aus
dem vierten vorchristlichen Jahrhundert, die oberhalb des Bahnhofes
im Wall des Refugiums zum Vorschein kamen. Die Umgebung
der Limmatstadt muss überhaupt damals zahlreiche Bewohner ge-
habt haben, wie die häufigen eisenzeitlichen Gräberfunde uns be-
weisen, deren einer, derjenige der Hügelgräber im Bui^hölzli, 1832
zed.yGOOgle
3*6 VierWs Kapitel.
Veranlassung gab zur Gründung der Antiquarischen Gesellschaft
Zürich durch F. Keller.
3. Die Funde im Aarekanal bei Pert und Brügg. Gegen Ende
der sechziger Jahre des XIX. Jahrhunderts wurde zum Zweck der
Entsumpfung der Gegenden am Muriner-, Neuenburger- und Bielersee
die Jurawässer-Korrektion begonnen. Es sollten die Niveaus dieser
drei Seen tiefer gelegt, ihre Zu- und Abflüsse reguhert werden.
Besonders die Aare sollte einen durchaus anderen Lauf erhalten.
Dieses grosse Werk wurde im Laufe mehrerer Jahre durchgeführt
und heute liegt der Spiegel der drei Seen viel tiefer, als vor 50 Jahren.
Das ehemalige Aarebett zwischen Aarberg und Büren ist nahezu
trocken; die Aare tliesst in einem Kanal von Aarbei^ an gegen
Westen und mündet bei Hageneck in den Bielersee, dessen Ausfluss,
die alte Thielle, ebenfalls kanalisiert wurde. Im grossen Moos,
Fig. 322.
Bronzering aus Port (Bern).
zwischen Bieler- und Murtnersee, werden Jahr für Jahr Landstrecken
urbar gemacht, die Sümpfe südlich von Yverdon und an der Thielle, d. h.
der Verbindung zwischen Neuenburger- und Bielersee sind wesentlich
kleiner geworden. Auch an den Ufern der Seen selbst wurde viel
Land für den Anbau gewonnen.
Durch die Juragewässer-Korrektion sind zahlreiche ehemalige
Pfahlbaustellen trocken gelegt worden und es war möglich, die
Kulturschicht selbst zu untersuchen. Bei der Anlegung der zahl-
reichen Kanäle kamen aber noch weitere Funde zum Vorschein, so
z. B. an der Thielle und nicht minder am Aarekanal, der vom
Bielersee weg in der Richtung des ehemaligen Bettes der unteren
Thielle bis nach Büren gezogen wurde. Bei Nidau wurden mittel-
alterliche Objekte ausgebaggert. Etwas weiter unten liegt das Dorf
Port, dessen Name anzudeuten scheint, dass der See dereinst bis
da hinunter gereicht habe. Bei Port fand man die Spuren eines
Steinzeit-Pfahlbaues und unterhalb des Dorfes wurden 3—4 m unter
dem Flussbett eisen zeitliche Funde gemacht. Dort bestand in ur-
alter 2^it eine Brücke; bei den Pfählen derselben fand man gegen
Digitized^yGOOgle
Die Eisenzeit.
SO Eisenschwerter von der Form, wie
sie ganz besonders häufig in La T^ne
zum Vorschein kamen. Mehrere dieser
Schwerter besassen Scheiden aus Eisen
oder Bronzeblech. Daneben fanden sich
Lanzen, Äxte, Meissel, Sensen, Sicheln,
Pferdegebisse, Hufeisen u. s. w., ähn-
hch denen von La Töne. Auch eiserne
Herdketten und mehrere Bronzegefässe
wurden gefunden. Alle diese Objekte,
ca. 1 50 Stück, lagen in weichem Lehm
oder Thon.
Unter den Funden von Port liegt
ein merkwürdiger Ring aus Bronze, der
in Fig. 322 reproduziert ist. Er trägt
Vt^elfiguren , kugelartige Vorsprünge
und Tier(Ochsen-)köpfe , Hörner mit
Kugeln an den Enden. Dieser Ring
fand sich, auf einem Eisenbeil festsitzend,
„bei den Stüdeh". Er gehört zu den
amuletartigen Objekten und muss der
zweiten Eisenzeit zugerechnet werden.
Etwas weiter unten am Aare-Kanal liegen
die Dörfer Ägerten und Büren, deren
resp. Territorien durch das Wasser ge-
schieden werden. Vereinzelte prähisto-
rische Objekte fanden sich überall
im Kanal bis nach Schwadernau, an
welchem Orte u. a. ein jetzt im Museum
zu Bern liegendes eisernes Kurzschwert
gefunden wurde, das als hinteren Ab-
schluss des Eisengritfes einen Knopf
besitzt, der mit Bronzeblech überzogen
ist und die deutlichen Gesichtszüge
eines Menschen aufweist Auch das
Haar ist nicht ohne Geschick heraus-
gearbeitet (Fig. 323, a — d).
Die Hauptmasse der Funde unter-
halb Brügg konzentrierte sich wieder um
alte Flussübergänge. Während aber die
Gegenstände bei der oberen, zwischen
Port und Brügg konstatierten Brücke den
Hcierli, UrgHchicbM äet Schwcii.
^tf
„Google
338 Viertes Kapitel.
Charakter derjenigen von La T^ne zeigen, sind die Objekte, welche
unterhalb Brüg^ zum Vorschein kamen, zum grossen Teil älter und
reichen bis in die Bronzeperiode hinauf. Da ist z. B. ein Kurz-
schwert von Bronze, das nicht ganz 40 cm lang ist und ähnlich
dem Schwert aus dem Bronzezeitgrab von „Chäteau neuP' bei Sion,
am Gnmd der Klinge verbreitert erscheint An dieser Stelle wurde
der Griff mittels vier grosser Nietnägel befestigt. Noch kürzer ist
die Klinge eines Schwertes , das in einen Dorn ausläutt. Ein
anderes Bronzeschwert hat eine Länge von ca. 60 cm. Seine
Klinge ist im Durchschnitt rautenförmig und verschmälert sich
etwas nach hinten. Ganz nahe dem Grund sind zwei Locher für die
Nietnäget , mit welchen der Griff fest gemacht war. Einige andere
Schwerter haben Flachgriffe mit etwas erhöhten Rändern, Die
schilfblattfbrmige Klinge weist in der Mitte eine schwache, wulst-
artige Verdickung auf. Das grösste Bronzeschwert dieser Form
misst im ganzen 74 cm, wovon auf die Griffzunge nur ca. 10 cm
fallen.
Ansehnlich ist die Zahl der Bronzelanzen von Brügg, Sie
gleichen durchaus denjenigen aus Pfahlbauten. Einige Beile be-
stehen ebenfalls aus Bronze. Darunter sind Leistenkelte mit halb-
kreisförmiger Schneide, ferner Beile mit Schaftlappen. Unter
den Messern erscheint eines mit Flachgriff.
Eigentliche Werkzeuge sind Bronzesicheln, die denjenigen aus
Pfahlbauten gleichen. Ein Bronzeangel hat 12 cm Länge. Daneben
fanden sich eine Armspange und eine Drahtfibula von La Tene-Form.
Im ganzen kamen aus diesem Fundort 66 vorrömische Gegen-
stände in das historische Museum Bern. Es unterliegt aber keinem
Zweifel, dass die Zahl der wirklich vorhandenen bedeutend grösser
war. Man muss eben bedenken, wie schnell die Baggerkörbe beim
Ausheben hinaufsteigen und sich dann entleeren. Der Arbeiter hat
nur einen Augenblick Zeit, die oben im Korb liegenden Gegen-
stände zu ergreifen. Was im Schlamm und Kies selbst steckt,
sieht er nicht und kleine Gegenstände sind, selbst wenn man sie
bemerkt, schwer zu erhaschen. So ist denn die Ausbeute bei den
Baggerungen, die nicht speziell zu archäologischen Zwecken vor-
genommen werden, relativ gering, selbst wenn sich die Ingenieure
und Arbeiter alle Mühe geben, die Fundstücke zu sammeln. Wenn
nun dem Kanalstück der Aare von Port bis Schwademau trotzdem
über 200 Objekte aus vorrömischer Zeit enthoben werden konnten,
so beweist das nur um so mehr, dass die Flussübei^änge daselbst
häufig benutzt wurden, dass Kämpfe um dieselben stattfanden, oder
dass an den Flussufern prähistorische Ansiedelungen existierten.
zed.yGOOgle
Die EiseQi«it.
339
Die Artefakte aus der unteren Station gehören zum grossen Teil
der Bronzezeit an, andere sind eisenzeitlich und gleichen den Funden
aus dem archäologisch berühmten Hallstatt in Ober-Österreich.
Die aus der oberen Station stammenden Gegenstände dagegen
ähneln denjenigen von La Tdne; nur wenige, worunter ein prächtiges
Bronzeschwert mit VoIIgriff, sind älter. Die Funde aus dem Aare-
kanal repräsentieren also in ihrer Gesamtheit, gleich denen vom
Lindenhof in Zürich, eine grosse Spanne Zeit und geleiten uns von
der Bronzeperiode bis zum Ende der Eisenzeit
Noch eines Fundstückes aus den eben besprochenen Stationen
bei Port und Brügg möchte ich gedenken; Es sind die kleinen Huf-
eisen. Man hat sich schon oft gefragt, wo und wann die Pferde-
eisen erfunden worden seien. Im eigentlichen Römerlande, also in
Mittel- und Süditalien, begegnet man in archäologischen Funden keinen
Spuren des Hufbeschlages, auch wird durch die Alten ausdrucklich
bezeugt, dass die Römer ihre Pferde und Maultiere nicht beschiugen.
Allerdings hatten sie zum Schutze kranker Hufe eine Art Hufschuhe,
die Solea, die mit Lederriemen festgebunden wurden; — die Spartea
wird ebenfalb als Hufschutzmittel genannt; — aber Hufeisen fiir
gesunde Pferde waren unbekannt. Man musste also von der Meinung
abgehen, dass auch diese Erfindung, wie so viel anderes, von den
Römern in die Länder nordwärts der Alpen gebracht worden sei.
Daher die Annahme, der Pferdebeschlag sei erst in der Zeit der Völker-
wanderung erfunden worden. Lindenschmit wies auf den Fund eines
Hufeisens im Grabe Childerich's (gest. 481) hin, welches Objekt zwar
auch als Schildbeschlag aufgefasst werden könnte. Er bemerkte,
dass in vielen Gräberfeldern aus merovingischer Zeit Hufeisen gänz-
lich fehlen, so z, B. in den Beckumer Gräbern, wo i ^ Pferdeskelete
zum Vorschein kamen, ebenso im grossen Grabfeld von Nordendorf
Indessen fiel es doch auf, dass an vielen Fundorten aus römischer
Zeit kleine Hufeisen mit gewelltem Rand oder mit Rinne, in welcher
die Nägel sitzen, erschienen. Selbst in Grabhügeln und Ansiede-
lungen der Eisenzeit wollte man solche Eisen gefunden haben.
Freilich ist meines Wissens der Beweis, dass die Hufeisen in der
Fundschicht von römischen oder vorrömischen Ansiedelungen und
in der eigentlichen Grabstelle innerhalb der Grabhügel (nicht etwa
nur im Mantel desselben, bei Nachbestattungen) gelegen, nie er-
bracht worden. Dennoch wurde mehrfach die Ansicht ausge-
sprochen, der Hufbeschlag sei nordwärts der Alpen erfunden
worden und zwar schon vor der Zeit des Eindringens der
Römer.
In schweizerischen Funden aus römischer Zeit sind die kleinen
zed.yGOOgle
340 Viertes Kapitel.
Hufeisen nicht selten. Einige Beispiele werden das beweisen, wobei
wir uns gleich auch überzeugen können, dass das Gewicht derselben
sehr gering ist Ein Hufeisen, das aus Albisrieden (Zürich) stammt,
wiegt 270 g; ein anderes, in Oberwinterthur gefunden, ist 215 g
schwer. Das römische Vindonissa lieferte zwei Pferde-Eisen von
230 resp. 235 g Gewicht.
Derartige Hufeisen mit gewelltem Rand oder mit Nagelrinne
sind aber auch in vorrömischen Ansiedelungen konstatiert worden,
so in La Töne selbst; in Vorboui^ bei Del^mont sollen mindestens
20 Stück zum Vorschein gekommen sein. Drei solcher Objekte
stammen von Port-Brügg, eines aus dem Refugium oberhalb Weiach
{Zürich}. Ein Hufeisen von dem in römischer und vorrömischer Zeit
besetzten Ütliberg hat ein Gewicht von l8og, ein anderes wiegt 225 g.
Die genannten Funde machen es wahrscheinlich, dass der
Hufbeschlag in der Schweiz schon in ,vorrömischer Zeit geübt
wurde, aber entscheidend für die Frage sind nur die bezüg-
lichen Funde aus Grabhügeln. Ein solcher wurde bei Wallisellen
(Kt. Zürich) abgetragen und enthielt „zwischen Mitte und Rand"
ein 400 g schweres grosses Hufeisen. Dieser Fund ist darnm nicht
beweisend, weil unklar ist, ob^ das Pferdeeisen wirklich zum
Grab gehörte oder später, vielleicht zufällig, in den Mantel des
Hügels gelangte. Ähnlich verhält es sich mit den Hufeisen in den
Grabhügeln von Breitenbach (Solothurn), von Murzelen bei Wohlen
(Bern), und wohl auch mit demjenigen vom kleinern Hügel von
Allenlüften bei Mühleberg (Bern), das ausserhalb des Steinkernes
lag, welcher das eigentliche Grab umschloss.
In den Grabhügeln von Grächwil bei Meikirch (Bern), denen
wir spater noch eine besondere Betrachtung widmen werden, wurde
dagegen ein Fund gemacht, der schon mehr besagt. Im grössern
der beiden Hügel entdeckte man mehrere Nachbestattungen, die
aus der Zeit der Völkerwanderung herrühren. In der Tiefe aber
kamen vorrömische Begräbnisse vor. Diese enthielten Urnen,
worunter eine, die aus Bronze besteht und mit (etruskischem) Bild-
werk geschmückt ist Bei den Urnen fanden sich auch Reste eines
Streitwagens, In der untersten Schicht wurde ein kleines Hufeisen
mit Nagelrinne entdeckt. Wenn wir also dem Bericht des Unter-
suchers dieses Hügels Glauben schenken dürfen — und ich habe
keinen Grund, an der Wahrheit seiner Mitteilung zu zweifeln, — so
hätten wir hier einen sichern Fund, der mehrere Jahrhunderte vor
unsere Zeitrechnung hinaufsteigt, in die erste Eisenzeit. Er bestätigt
die Annahme, dass der Hufbeschlag nordwärts der Alpen erfunden
worden sei.
zed.yGOOgle
Die Eisenzeil.
341
4, La Thu. Der berühmteste eisenzeitliche Fundort in der
Schweiz ist unzweifelhaft La T^ne. Man spricht von La Tene-Fibeln,
La T^ne-Schwertem , von La T^ne-Gräbern, ja eine ganze Kultur-
periode wird einfach die La T^ne-Zeit genannt Wir werden das
Alter derselben genau bestimmen, nur müssen wir erst die Funde,
welche sie repräsentieren, kennen lernen.
La T^ne ist trotz seiner wissenschaftlichen Bekannt- und Be-
rühmtheit heute nicht etwa eine volkreiche Stadt, ein grosses Dorf,
oder eine durch die Natur besonders begünstigte Gegend, sondern
ein stilles Plätzchen am Neuenburger See, nahe der Stelle, wo die
Thielle den See verlässt. Kein Haus befindet sich in unmittelbarer
Nähe, die nächste grössere Ortschaft liegt fast eine halbe Stunde entfernt.
Aber schön ist's doch daselbst Vor dem Besucher von La Töne
dehnt sich der See aus und von Süden schaut der eisbedeckte Kranz
der Alpen hoch herein. In ganz kurzer Zeit lässt sich von hier
aus der Bielersee erreichen und nicht viel weiter ist es bis zur
Mundung der Broye, die vom Murtnersee herkommt. Bei La TÄne
fiihrt aber auch die Hauptstrasse durch die Thaler des Neuenburger
Jura vorbei, zugleich ein wichtiger Weg nach dem Östlichen Frank-
reich. Diese Umstände mussten in prähistorischer Zeit dem Platz
eine militärische Bedeutung geben, und wir dürfen uns daher nicht
wundem, wenn wir in La Tine eine befestigte Anlage, „un oppidum
helvöte", wie Gross es genannt hat, finden.
Die Station La Töne liegt im Gebiet der Gemeinde Epagnier,
unweit des grossem Dorfes St Blaise, drei bequeme Stunden von
Neuchätel. Beim alten Wasserstand des Sees bedeckte das Wasser
die Stelle der alten Ansiedelung nur 60 — 80 cm tief und das ver-
anlasste die Leute, derselben die Namen La T^ne beizulegen, was
im Dialekt dortiger Gegend soviel heisst, als „Untiefe", Nach der
Ansicht von Emile Vouga, eines der besten Kenner der Station,
floss die Thielle, oder wenigstens ein Arm derselben, einst hier aus
dem See, so dass La T^ne zum Teil auf einer Insel, zum Teil aber
über dem Flusse gelegen hätte. Heute ist es infolge der Juragewässer-
Korrektion trockenen Fusses zu begehen.
Bald nach der Entdeckung der Pfahlbauten wurde auch der
Fundort La Töne bekannt. Man betrachtete ihn ebenfalls als Pfahl-
bau. Erst später wurde seine wirkliche Natur bekannt. Anfangs
arbeitete man daselbst mit dem Handbagger und der Zange und
bald hatten Schwab und Desor hübsche Sammlungen beisammen,
die jetzt in den Museen von Biel und Neuchätel liegen. Nach dem
Sinken des Seespiegels um 1876 konnte man mit den eigentlichen
Grabungen beginnen. Borel in Neuchätel und E, Vouga explorierten
zed.yGOOgle
342
Viertes Kapilel.
nun die Station, bis endlich der Staat das alleinige Recht der
Ausgrabung an die Historische Gesellschaft Neuenburg's verlieh, die
durch E. Vouga und Prof. Wavre neue Untersuchungen vornehmen
liess. Gegenwärtig sind die bedeutendsten Sammlungen von LaT^ne-
Funden in den Museen von Neuchätel, Biel und Bern niedergelegt
Im Schweizerischen Landesmuseum ist die ergiebige Station ebenfalls
gut vertreten, da durch den Ankauf der Sammlungen von Gkoss
■ und E. VoucA die Eidgenossenschaft in den Besitz zahlreicher Funde
aus La T^ne gelangt ist.
Wenn man in irgend einem der genannten Museen die La T^ne-
Funde überblickt, so fallen ganz besonders die Waffen auf und
zwar sowohl wegen ihrer Zahl, als in Bezug auf Form und Technik.
Unter den Waffen erscheinen einige Pfeilspitzen aus Eisen, mit oder
ohne Widerhaken. Sehr zahlreich sind die Lanzen spitzen, Sie
zeichnen sich oft durch ihre schlanke Form aus (Fig. 324— 32Q.
Widerhaken kommen sehr selten vor. Der Lanzenschaft steckte in
zed.yGOOgle
Die EUtDzeit,
343
einer Diille, an deren unterm Ende häufig noch die Löcher fiir
die Nietnägel bemerkbar sind, Lanzen mit flachen Blättern oder
KUngen finden sich nicht oft. Bei den meisten erhebt sich in der
Mitte ein Grat oder aber ein Wulst. Das letztere ist ganz besonders
dann der Fall, wenn der DüUenteil der Lanzenspitze kurz ist, die
Diille selbst aber sich in die Klinge hinein fortsetzt Diese hat
oft die Form eines Olivenblattes, ist spitzoval und schmal. Bei
einer andern Gruppe von Lanzen wird der DüUenteil kurz, die
Fi?- 3^?-
. 3*8.
Eiaeolanzen mit Ein- und i
F'B- 3*9.
:tinitten >us La Tine.
Klinge aber verbreitert sich beträchtlich und erhält das Aussehen
eines Birnbaumblattes oder sie wird gar spitzeiförmig. Auf einer
dieser breitblättrigen Lanzen sind Ornamente von jener t>'pischen
Form zu sehen,' wie sie von den Galliern auch sonst bekannt sind.
Bei einzelnen breitblättrigen Lanzen ftnden sich Ein- und Ausschnitte
in den Klingen, so dass ganz unsymmetrische Formen resultieren
(Fig. 327 — 329}. Auch Lanzen mit welligem Rand kommen vor.
Selten sind die Eisenspitzen, welche unten an der Lanze als Schaft-
schuhe angebracht wurden, gefunden worden.
zed.yGOOgle
^4^4 Viertes Kapilel.
Die charakteristische La Tene-Waffe ist das Schwert. Bei den
Funden von Vilters haben wir eine Früh-La Tine-, eine Mittel-
La T^ne- und eine Spät'La T^ne-Fibel unterschieden. In analoger
Weise kann man Früh-, Mittel- und Spät-La Tine-Schwerter nach-
weisen. Alle bestehen aus dünnem Eisen; alle haben einen Griff-
dorn, der meist in einem Knöpfchen endet, und fast alle besitzen eine
Eisenscheide, die immer aus zwei dünnen Metallblattem hergestellt
wurde.
Beim Früh-La T^ne-Schwert (Fig. 330) geht der Dorn allmählich
in die Klinge über. Von einer Parierstange ist keine Spur vor-
handen. Die Schwertspitze ist lang, allmählich abnehmend. Die
Eisenscheide erscheint am Munde gerade abgeschnitten oder sehr
wenig ausgeschweift. An der Spitze trägt sie flügelartige Ver-
zierungen.
Beim Mittel-La T^ne-Schwert (Fig. 331) geht der Griflfdorn auch
noch allmählich in die Klinge über. An Stelle der Parierstange
erscheint eine Art geschweifter Bügel, der die Klinge umfasst Die
Schwertspitze ist kürzer geworden; sie beginnt sich zu runden.
Die Klinge besteht ebenfalls aus Eisen; sie trägt nicht selten am
Munde eingravierte Verzierungen. Die flügelartigen Ansätze des
untern Scheiden-Endes sind fast ganz verschwunden.
■ Beim Spät-La T^ne-Schwert {Fig. 332) setzt der Griflfdom scharf
gegen die Klinge ab, deren Spitze ganz gerundet erscheint. Die
Schwertscheide besteht nicht selten aus Bronze. Sie ist am Mund-
ende geradlinig abgeschnitten. Gegen das Ortband weist sie mehrere
Verbindungsstege auf, welche die beiden Blätter der Scheide zu-
sammenhalten; die Ansätze sind ganz verschwunden.
In der Station La Tdne wurden ca. 100 Schwerter gefunden,
fast lauter Mittel-La T^ne-Typen; die anderen Formen sind beide
gleich spärlich vertreten. Die Länge der Schwerter beträgt
80 — 100 cm, wovon ca. 15 cm auf den Griff kommen. Die Klingen
sind zweischneidig, meist ohne Mittelrippe, 4 — 6 cm breit.
Das Material, aus dem diese Wafien bestehen, ist ein vor-
zügliches, aber weiches Eisen. Die Schwerter mussten sich beim
Kampfe biegen. Diesen Umstand berichten uns in der That die
alten Schriftsteller von den Schwertern der Gallier. Polvbios
erzählt, wie die römischen Führer sich dies zu Nutze machten
und dadurch die Gallier besiegten. Sie Hessen nämlich die
Speere der Triarier, die hinten standen, den vordersten Reihen
geben und befahlen, nach dem ersten, zumeist gefurchteten
Anprall der Barbaren die Speere wieder auszuwechseln und zum
Schwert zu greifen. „Sobald nun die Schwerter der Kelten
zed.yGOOgle
Die Eiseiudt
345
infolge der gegen die Speere geführten Hiebe unbrauchbar ge-
worden waren, wurden sie (die Römer) mit jenen handgemein
und machten sie kampfunfähig, indem sie ihnen die Gelegenheit
zum Kampf auf Hieb durch Geradbiegen des Schwertes be-
nahmen — und dies ist die Eigenart gallischer Kampfweise — denn
Fig- 33 z-
Spät T^ncSehwert.
ihr Schwert hat absolut keine Spitze (?), Sie selber aber (die Römer)
brauchten ihr gerades (kurzes) Schwert nicht zum Hieb, sondern
zum Stich, wobei die Spitze an demselben sehr wirksam war, und
trafen Brust und Gesicht der Gegner, Schlag auf Schlag führend,
und vernichteten die Mehrzahl ihrer Feinde,"
Die Schwertscheiden von La T^ne, fast nur aus Eisen be-
stehend, weisen eine grosse Anzahl von eingravierten Ornamenten
zed.yGOOgle
346 Vierte« Kapitel.
auf {Fig. 333—334)- Kreise, Spiralen, Doppel Spiralen und Schlangen-
linien erscheinen in mannigfachen Kombinationen. Interessant ist
das häufige Vorkommen des Triquetrums, d. h. des in Spiralen oder
in Schnörkel ausgezogenen Dreiecks. Auf einer prächtigen Eisen-
F'E. 333- F'g- 334- Flg- 335-
Schwerlscheidenstücke aus Ornamentierte Schweitscheide
La T4ne. aus La T*ne.
scheide, die sich im Museum Neuenburg befindet, kommen drei ge-
hörnte Pferde, die bekannten gallischen Einhornpferde, vor (Fig. 335),
Bei einer anderen Schwertscheide sieht man schlangenartige Un-
r
^d
1 La Tfioe,
getüme, die sich, in zusammenhängenden Spiralen angeordnet, gegen
einander wenden.
Die La Tene-Schwerter wurden mittels eines an der Scheide be-
festigten Halters am Gürtel aufgehängt. Der Griff bestand aus ver-
gänglichem Material; keine Spur desselben ist erhalten geblieben.
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit, a^7
Manche Schwerter trugen Marken, Fabrikzeichen (Fig. 336,, unter
denen z, B. der Eber, ein gallisches Symbol, erscheint. Auch
„angefangene Schwerter" hat man in La T^ne aufgefunden.
Die Krieger von La Tine besassen auch Schutzwaffen. Es
fanden sich SchiMbuckel und Schildhalter von Eisen, feroer Sfwrea
und endlich sind Platten zum Vorschein gekommen, die man als
Helmzierden außasst. Gross spricht nämlich in seinem Werke über
La Tene den Gedanken aus, es möchten die kleinen, runden
Bronzescheiben, die man früher als Schmuck betrachtete, Bestand-
teile eines primitiven Helmes gewesen sein, wie er in dem Gräber-
feld von St. Margarethen in Österreich (Krain) konstatiert wurde.
Dieser Helm bestand aus einem dichten Geflecht von gespaltenen
Haselnuss-Zweigen und war mit Leder überdeckt. Die Spitze des
Helmes bildete ein doppelt gewölbter Buckel aus Bronzeblech mit
einem Eisendorn und rings um den Helmrand waren sechs Bronze-
scheiben befestigt. Der übrige Raum auf der Aussenseite war
mit Bronzestiften dicht besetzt. Darstellungen derartiger Helme
finden sich bei einer Kriegei^ruppe in der obersten Zone der
Certosa-Situla von Bologna, die reich mit Figural-Omamentik ver-
sehen ist.
La T^ne hat auch ein vollständiges Wagenrad geliefert, ausser-
dem Wagenbeschläge, Pferdetrensen u. s. w., die wir im Anschluss
an die Waffen erwähnen , weil diese Funde den Charakter der
Station als einen militärischen bezeichnen und Pferde und Wagen
wohl auch demselben Zwecke dienten.
Gegenüber den Waffen treten die Geräte in La Tene an Zahl
sehr zurück; sie fehlen indessen nicht ganz. Unter den Beilen
finden sich wieder Formen, die wir schon bei den Funden aus dem
eisenzeitlichen Zürich erwähnten, nämlich Eisenbeile mit Schaft-
lappen; freilich sind es hier nicht vier, sondern nur zwei solcher
Lappen. Diese schliessen sich und bilden eine Dülle, In La Tine
kann man alle Übergänge vom eisernen Lappenkelt bis zum völlig
geschlossenen DüUenbeil finden. Daneben treten nun aber auch
Äxte mit transversalem Loch auf, wie wir sie heute benutzen. Bei
einigen derselben lässt sich die Entstehungs weise dieser Axtform er-
kennen. Man schmiedet ein längliches Eisenblatt auf der einen Seite
zu einer Schneide aus, das andere Ende aber wird über einen Dorn
gelegt und dann zusammengeschweisst. An Stelle des Domes, der
entfernt wird, hat man nun ein Schaftloch. Ein Beilchen von La
Töne besteht aus Bronze; es war vielleicht ein Vodvbeil.
Was die Messer angeht, so findet man die elegant ge-
schweiften und schön verzierten Formen der jüngeren Pfahlbau-
zed.yGOOg[e
348 Viertes Kapitel.
funde nicht mehr. An ihre Stelle sind sehr einfache^ zum Teil
unschöne Typen getreten. Die kleinen einschneidigen „Rasier-
messer" der Pfahlbauten haben ebenfalls einfachen Eisen messerchen
Platz machen müssen. Überhaupt fällt uns bei den La T^ne-Funden
die Seltenheit an eigentlichen künstlerischen Darstellungen auf Die
Leute, welche uns diese Dinge hinterhessen, legten ihr Hauptgewicht
auf das Waffenhandwerk; die Künste des Friedens wurden weniger
geübt.
Meissel und Ahlen, Hämmer und Durchschläge, Sägen und
Feilen, Nadeln und Nägel aller Arten vervollständigen das Inventar
des Handwerkers der Eisenzeit. Die Ackerbauer benutzten eiserne
Sicheln und auch Sensen sind in La T^ne zum Vorschein ge-
kommen. Dem Wohnen am See entspricht es, wenn wir einige
Angeln, Bootshaken, Eisenstachel hnden. Die Hausgeräte sind
durch Thonscherben, Herdketten, Bronze- und Eisengefässe re-
präsentiert. Auch die Schere, deren Form an die heutigen Schaf-
scheren erinnert, fehlt nicht, ebenso wenig die Nähnadel. Ja sogar
eine Nadelbüchse ist gefunden worden.
In einer kriegerischen Niederlassung erwartet man keinen
Schmuck; aber wir wissen, dass die Gallier sich mit Kostbarkeiten
behängten, wenn sie in den Kampf zogen und die Bewohner von
La Tene waren ja gallischen Stammes. Das beweisen z. B. die
Schwerter, die in denselben Formen auf dem helveto-römischen
Schlachtfeld von Bibrakte und in den Laufgräben des gallischen
Alesia (AHse-Ste-Reine) sich wiederfanden; das beweisen die Fibeln,
die wir überall antreffen, wo Kelten der letzten Jahrhunderte vor
unserer Zeitrechnung weilten; das beweisen vor allem auch die
Münzen, die gallisch sind u. s. w.
Unter den Toiletten-Gegenständen und Schmucksachen von
La T^ne stossen wir auf Pincetten, Schmucknadeln, Glasperlen und
Glasringe, auf Spangen und Ringe aus Gagat, Bronze, Eisen und
Gold, auf Gürtelhaken, besonders aber auf Fibeln oder Sicherheits-
nadeln. Es sind zumeist Mittel-La Tene-Fibeln, die uns im \'erein
mit den Schwertern zeigen, dass unsere Station lur die mittlere
La Tene-Zeit typisch ist, wie wir das an Hand der Gräberfunde
besonders gut nachweisen können. Ganz vereinzelt treten ältere
Fibelformen auf, aber auch Spät-La Tene- und römische Fibeln sind
selten. Wir finden hier also dasselbe Verhältnis, wie bei den Schwer-
tern und wir werden etwas Ähnliches bei den Münzen erkennen.
Bevor wir auf die Münzen eintreten, sei noch einiger Objekte
gedacht, die uns Andeutungen über Sitten und Gebräuche der zu
Ende gehenden Eisenzeit geben. Da ist zunächst ein Objekt, das als
zed.yGOOgle
Die Eiscoreit, 249
Rauchpfeife erklärt wird. Was hat man wohl damals geraucht?
In vielen römischen Ansiedelungen sind eiserne Pfeifchen zum Vor-
schein gekommen, die, wie besonders ein Stück aus Baisthal be-
weist, mit einem hölzernen Mundstück versehen waren. In ihrer
Form gleichen sie den Meerschaumpfeifen von heute.
Auch Spielwürfel sind in La T^ne zum Vorschein gekommen,
ähnlich wie in der gleichalterigen Station HradiSt bei StradoniC in
Böhmen. Sie bestehen aus Knochen und erscheinen als längliche
Körper von der Form vierseitiger Prismen.
Zu diesen Objekten gesellt sich noch eine Tierfigur aus Bronze,
einen Hund darstellend.
Was nun die Münzen von La Töne angeht, so bestehen die-
selben aus Potin, d. h. einer Legierung von Kupfer, Zinn und Blei,
aus Silber oder Gold. Die ersteren zeigen zumeist auf dem Avers
einen Kopf in barbarischer Darstellung und auf dem Revers ein ge-
hörntes Pferd (Fig. 337). Das sind
die in der Schweiz häufigsten gal-
lischen Münzen, die im Gebiet der
Helvetier, Sequaner und Äduer ge-
funden werden. Im letzten Jahr-
hundert vor Christo waren die Se-
quaner die westlichen Nachbarn der PoänmOnze der Sequaner.
Helvetier und sassen im schweize-
rischen Jura und im östlichen Frankreich, wo sie an die Äduer stiessen.
Die genannten Münzen wurden auch auf dem Mont Beuvray, dem
alten Bibrakte, in grosser Zahl gefunden. Neben ihnen giebt es
solche, die zwar auch aus Potin bestehen, aber ein anderes Gepräge
zeigen. Auf der einen Seite erscheint wieder das Einhornpferd, auf
der andern aber ein Gebilde, das aussieht, wie der Stab des
Merkur, der Caduceus.
Zu den Potinmünzen kommen einige römische Stücke aus
Bronze. Es sind Münzen der Kolonien Nemausus (Nimes) und
Vienna (Vienne), Manche Potin- und Bronzemünzen sind absichtlich
geteilt, partagiert worden, wahrscheinlich, weil es an kleineren
Münzsorten fehlte. Alle gehören den letzten Jahrhunderten vor
unserer Zeitrechnung an.
Die Silbermünzen von La T&ne tragen eine Aufedirift, die
dort, wo sie vollständig ist, KALETEDOY heisst Sie gehören
ebenfalls den letzten Zeiten vor Christi Geburt an und wurden in
der Schweiz und im östlichen Frankreich, also in den Gebieten der
Helvetier, Sequaner, Äduer und auch der Lingonen nicht selten
gefunden (nach BABTHeLEMv).
zed.yGOOgle
3.;o
Viertes Kapitel.
Als primitivste Goldmünzen werden längliche Perlen betrachtet,
die in La T^ne zum Vorschein kamen. Daneben erscheinen aber
auch Viertel stater und Stater, Nachbildungen der Münzen des
makedonischen Königs Philippos. Sie habea auf dem Avers einen
lorbeerbekränzten Kopf, auf dem Revers das Zweigespann, die
Biga (Fig. 338 und 339) und etwa ein „gallisches" Symbol, z. B.
den Vogelkopf mit Wickelschwanz. Die Goldmünzen dürften, aus
Fig. 338.
ihrer Seltenheit zu schliessen, lange im Kurs gewesen sein; ent-
scheidend für das Alter von La T^ne sind vielmehr die Münzen
aus Potin und Bronze oder aus Silber.
Wie alt ist nun La Töne? Das Alter der La Töne-Zeit im
allgemeinen lässt sich genau bestimmen. Ums Jahr 400 v. Chr.
wurde das etruskische Bologna von den Kelten
erobert. In der Nekropole der Certosa bei
Bologna lassen sich die etruskischen Gräber
scharf von den keltischen unterscheiden. Die
beiden Gruppen sind auch lokal verschieden;
ihr Inhalt, obwohl er viele Übereinstimmungen
zeigt, weist doch ganz bestimmte Verschieden-
heiten auf Nehmen wir ein Objekt, das der
wechselnden Mode unterworfen war, wie z. B,
die Fibula, so finden wir in den jüngsten
etruskischen Gräbern die sogen. Certosa-Fibel
(Fig. 340). Sie besteht aus einem einfachen
Bügel , an den sich auf der einen Seite
die Spirale mit der Nadel, auf der anderen
Seite der Fuss mit dem Nadelhalter anschliesst.
Die Spirale ist aber nur auf einer Seite
des Bügels gerollt (nicht wie bei der Früh-La Töne-Fibel auf beiden
Seiten derselben) und der Fuss ist aufgerichtet (nicht gegen den
Bügel zurückgelegt) und endigt in einen flachem Knopf Diese
Certosa-Fibel finden wir in der Schweiz im Anfang der zweiten
Eisenzeit, eben der La Töne-Periode. Diese muss also in unserem
Lande im vierten vorchristlichen Jahrhundert begonnen haben, was nicht
tig. 340.
Certosafibel aus i
von FregBio bei Osco.
„d, Google
Die Eisenzeit.
351
bloss durch die Fibeln, sondern auch durch andere charakteristische
Fundgegenstände bewiesen wird.
In den ältesten Keltengräbern bei Bologna findet sich nun
eine der Certosaform ganz ähnliche Fibel. Auch sie hat einen
einfachen Bügel; auch bei ihr ist der Fuss aufgerichtet; aber
die Spirale ist auf beiden Seiten des Bügelendes gewunden. Das
ist die älteste La T^ne-Fibel; aus ihr entwickelt sich durch Zurück-
legen des aufgestellten Fusses an den Bügel die Früh-La Tene-
Fibel, die auch in der Schweiz der Certosa-Fibel folgt. Dann kommt
die Mittel-La Tine- und nachher die Spät-La TÄne-Fibel. Die letztere
erscheint bei uns fast immer zusammen mit römischen Funden;
sie ist gleichalterig mit denselben. In La Tfene selbst ist die Spat-
La Tene-Fibel sehr selten, ebenso das Spät-La T^ne-Schwert und
mit ihnen finden sich auch einige wenige römische Objekte. Wir
können also sagen: Die Station La T^ne ist untergegangen, als die
Mittel-La Tene-Zeit eben zu Ende war. Das lässt sich nun zahlen-
mässig feststellen.
Im Jahre 58 v, Chr. haben die Helvetier unser Land verlassen
und sind nach dem heutigen Frankreich ausgewandert, wo sie,
bei Bibrakte, von dem römischen Feldherrn Julius Cäsar geschlagen
und wieder in ihre alte Heimat geschickt wurden. Dieses Bibrakte
ist gefunden und untersucht worden. Es lieferte dieselben Mün-
zen, dieselben Mittel-La Tdne-Schwerter, dieselben Mittel-La T^ne-
Fibeln, wie La Töne selbst. Wir können also das Ende der Mittel-
La T^ne-Zeit in der Schweiz mit Hilfe der Funde von Bibrakte
bestimmen.
Eine eigentliche Spät-La Töne-Zeit haben wir in unserem Lande
nicht; sie fallt zusammen mit dem Eindringen römischer Kultur, ist
gleichalterig mit der beginnenden römischen Kaiserzeit.
Die La T^ne-Zeit in der Schweiz hat also vom vierten bis zum
ersten vorchristlichen Jahrhundert gedauert. Sie teilt sich in zwei,
nach den Funden zu schliessen, ungefähr gleichwertige Perioden, so
dass also für die Früh-La T^ne-Zeit etwa das vierte und dritte, für
die Mittel-La Töne-Zeit das zweite und letzte vorchristliche Jahr-
hundert angenommen werden muss. La T^ne selbst gehört der
Mittel-La Töne-Zeit an. Die Früh-La Töne-Kultur ist in dieser
Station fast gar nicht nachweisbar, die Spät-La Tene-Kultur nur in
spärlichen Funden repräsentiert: Also werden wir die Zeit, da die
Station La Töne existierte, auf die beiden letzten vorchristlichen
Jahrhunderte bestimmen. Ohne Zweifel war dieses Oppidum, wie
Zürich, Port u. s. w. einer der Orte, welche von den Helvetiem und
ihren Nachbarn beim Auszuge zerstört wurden.
zed.yGOOgle
352 Viertes Kapitel.
5. Spuren vorrömiscfter Ansiedelungen im nachmals römischen
Vindonissa, in Äventicum, Octodurus u, s. w. Scheffel hat uns
in seinem „Ekkehard" ein Kulturbild des X. Jahrhunderts entrollt,
das Tausende erfreut. Wie er dazu gekommen, erzählt er in
der Vorrede zu seinem Buche mit folgenden Worten; „Der
Schreiber dieses Buches ist in sonnigen Jugendtagen einstmals mit
etlichen Freunden durch die römische Campagna gestrichen. Da
stiessen sie auf Reste eines alten Grabmals und unter Schutt und
Trümmern lag auch, von graugrünem Akanthus überrankt, ein Haufe
auseinander gerissener Mosaiksteine, die ehedem in stattlichem Bild-
und Omamentenwerk des Grabes Fussboden geschmückt. Es erhob
sich ein lebhaft Gespräch darüber, was all die zerstreuten gewürfelten
Steinchen in ihrem Zusammenhang dargestellt haben mochten.
Einer, der ein Archäolog war, hob die einzelnen Stücke gegens Licht
und prüfte, ob weisser oder schwarzer Marmor; ein anderer, der
sich mit Geschichtsforschung plagte, sprach gelehrt über Grabdenk-
male der Alten, — derweil war ein Dritter schweigsam auf dem
Backsteingemäuer gesessen; der zog sein Skizzenbuch und zeichnete
ein stolzes Viergespann mit schnaubenden Rossen und Wettkämpfern
und viel schöne jonische Ornamentik darum; er hatte in einer Ecke
des Fussbodens einen unscheinbaren Rest des alten Bildes erschaut,
Pferdefiisse und eines Wagenrades Fragmente, da stand das Ganze
klar vor seiner Seele, und er warf s mit kecken Strichen hin, derweil
die andern in Worten kramten,"
Es ist schade, dass Scheffel nicht auch eine „Urgeschichte der
Schweiz" geschrieben hat, worin er, wie im „Ekkehard", es gemacht,
wie jener kecke Zeichner in der Campagna. Wir andern Leute
haben es nicht so gut Wir heben nur „die einzelnen Stücke gegens
Licht" und überiassen das phantasievolle Eigänzen derselben gern
den Lesern, höchstens dass wir ihnen ein klein wenig helfen. Gerade
hier, wo wir die Spuren jener 12 Städte und 400 Dörfer suchen,
welche die Helvetier bei ihrem Auszug aus der Schweiz verbrannt
haben sollen, wäre manchmal die dichterische Imagination nicht
unwillkommen. Ob aber das Bild dann der Wirklichkeit entspräche?
Wenn ich bedenke, wie viel durch phantasievolle Betrachtung der
Vergangenheit schon gesündigt worden ist, so ziehe ich vor, wie
bisher, die Funde selbst sprechen zu lassen, hoffend, dass im
Geiste des Lesers diese einzelnen Thatsachen sich doch zu einem
lebensvollen Gesamtbilde vereinigen werden.
Als die Helvetier nach dem Unglückst^ von Bibrakte in ihre
alte Heimat zurückkehrten, da haben sie sich gewiss ofbnals an der
Stelle ihrer früheren, vor der Wanderung zerstörten Wohnsitze neue
zed.yGOOgle
353
gebaut, und manche derselben sind seither ununterbrochen be-
wohnt geblieben. Wir müssen also die Reste der eisenzeitlichen
Ansiedelungen manchmal an Orten suchen, wo auch die Römer weilten;
denn diese kamen ja unmittelbar nach den Helvetiern in unser
Land. Einer dieser Orte scheint das heutige Windisch zu sein.
Bekanntlich errichteten die Römer am Zusammenfluss von Aare,
Reuss und Ummat den Waffenplatz Vindonissa, der in Verbin-
dung mit den zahlreichen Kastellen und Wachttürmen am Rhein die
Aufgabe hatte, die Nordgrenze des römischen Reiches zu schützen
und welchem zudem die Überwachung der römischen Heerstrasse
durch Helvetien oblag. Das römische Vindonissa ist längst zerfallen
und kaum eine äussere Spur in der Gegend beweist das einstige Vor-
handensein der Römerfeste. Da, wo sich die Kohorten und Legionen
ihren Übungen hingaben, stehen heute eine Anzahl kleinerer Ort-
schaften: Brugg, Windisch und Gebensdorf. Bei Tiefgrabungen stösst
man im Umkreis derselben an vielen Stellen auf römisches Gemäuer;
häufig werden kleinere Funde gemacht, Gräber geöffnet und
Münzen entdeckt. Alte Chroniken wussten schon vor Jahrhunderten
zu erzählen, dass einst eine Stadt da gestanden und in unsem Museen
ist manch interessanter Fund aus Vindonissa geborgen. Die Sprach-
forscher haben darauf auünerksam gemacht, dass im Namen dieses
Römerortes ein keltisches Wort stecke und dass Vindonissa wohl
in vorhistorische Zeit hinunterreiche. Es wird sich nun fragen,
ob wir diese Vermutung durch Funde stützen können, ob neben
römischen auch vorrömische Objekte zum Vorschein gekommen seien.
Schon Dr. F. Keu-er beschrieb „Überreste keltischer Wohnungen"
in Windisch, die ihm der Altertumsgräber Laupper gezeigt hatte.
Dieser „hatte nämlich in einer Tiefe von mehreren Fuss einen aus
Letten (Lehm) verfertigten Estrich (Boden) angetroffen, wovon er mir
einen Teil biossiegte und als Begrenzung desselben einen länglichten
Haufen von Thonstücken zeigte, der, wie er sich überzeugt hatte, in
einem Kreise und nicht in geraden Linien einen mit Kohlen und
Asche bedeckten Innern Raum umschloss. Ausserhalb der Letten-
wände kamen eine Menge ganzer und zerbrochener keltischer Thon-
geschirre, Knochen von Schweinen und Pferden, auch Menschen,
wie er meinte, ferner eherne Haflnadeln (Fibeln), vertostetes Eisen-
geräte u. dergi. Dinge zum Vorschein. Mitunter waren, wie ich
selbst sah, die Lettenwände mit weisser und roter Farbe (Rotstein)
angestrichen." Könnten in Bezug auf den eben mitgeteilten Passus
noch Zweifel entstehen, ob wir es mit Resten von vorrömischen
Wohnsitzen zu thun hätten, so sucht Keller diese Zweifel in seiner
Statistik der römischen Ansiedlungen der Ostschweiz zu zerstreuen.
zed.yGOOgle
354 Vierte» Kapitel.
indem er sagt: „Von den Altertümern, welche auf der Ebene
Vindonissa's hervorgegraben worden sind und sich auf vorrömische
Zeit beziehen, nennen wir ein paar sogen. Schalensteine, eine Ansah!
von Steingerätschaften, wie Steinbeile, Feuersteinmesser, sogen. Kom-
quetscher u, s. w. Der verstorbene Ammann Laupper, der hier
längere Zeit das Ausgraben römischer Altertümer betrieb, fend Topf-
scherben mit den bekannten keltischen Verzierungen, Stücke von
Lehmwänden mit Ruthen-Eindrücken, Schleuderkugein aus Thon,
Gegenstände, welche teilweise den aus P&hlbauten enthobenen Alter-
tumsresten vollkommen ähnlich sind."
Es ist mir unbekannt, wohin Laupper all die erwähnten vor-
römischen Fundstücke verkaufte. Einige derselben kamen nach
Zürich. Daselbst befinden sich nämlich Stein- und Thonkugeln aus
Windisch, die zum Teil so klein sind, dass man sie als Spiel-
zeug für Kinder bezeichnen möchte. Keller hielt sie für Schleuder-
kugeln und suchte mit denselben die dunkle Stelle bei Cäsar, bell.
gall.V,43 zu erklären, wo von den„fu5ili ex argilia glandes" die Rede
ist. Darunter verstand Kellier eben solche Thonkugeln, die in
glühendem Zustande, ähnlich den steinernen, wohl imstande gewesen
seien, die Strohdächer eines römischen Winterlagers in Brand zu
setzen. Aus Windisch stammen ein Feuersteinschaber und zwei
andere St lex- Artefakte, von denen das eine ebenfalls als Schaber
aufgefasst werden kann, das zweite aber eine Speerspitze sein mag.
Aus Brugg ist ein Steinbeil und von Hausen, unfern Windisch,
eine Beilfassung aus Hirschhorn nach Zürich gekommen. In
Windisch sind auch Schmuckgegenstände gefunden worden, deren
Alter vielleicht in die Steinzeit hinunterreicht: ein Gehänge aus
Stein und ein durchlochter Bärenzahn, der wohl eben&lls als Schmuck
getragen wurde. Derartige Stücke sind aus neolithischen Stationen,
z, B, aus Pfahlbauten, wohl bekannt. Die Deutung einiger Objekte
aus Windisch macht Schwierigkeiten. Eines derselben wird als
Schleifetein (Wetzstein) bezeichnet; ausser demselben liegt ein ge-
schliffenes Dioritplättchen im Schweizerischen Landesmuseum.
in Windisch und Umgebung kamen auch alte Bronzen zum
Vorschein. Schon im Jahr 1874 wurde ein Bronzeschwert publiziert,
das im Vogelsang bei Gebensdorf gefunden worden war. Im
Museum zu Aarau befindet sich ein Bronzemesser aus Windisch. Es
ist eine seltene Form. Ein ähnliches Messer wurde im Bronze pfähl bau
Genf gefunden. Von Windisch wird auch der Fund mehrerer Bronze-
beile gemeldet. Es ist mir bis jetzt nicht gelungen, eines derselben
zu sehen, wohl aber liegt im Landesmuseum in Zürich ein schmaler
Meissel aus Bronze, der einem Stücke aus dem bronzezeitlichen
zed.yGOOgle
Die EUntz«it
355
P^lbau Wollishofen-Zürich und einem weitem Exemplare aus einem
Grabe (?) in G^ronde bei Sierre (Wallis) gleicht Beim Ausstemmen
tiefer Balkenlöcher mag dieses Gerät gute Dienste geleistet haben.
Noch sei eine Bronzesichel aus Brugg erwähnt, die ebenfalls nach
Zürich gelangte. Es ist eine jener Knoptsicheln, die in Landtunden
unserer Gegend gar nicht selten sind, während sie in Pfahlbauten
nur in wenigen Stücken konstatiert werden konnten. Zu den Schmuck-
sachen aus Bronze müssen wir vier Nadeln rechnen; die eine der-
selben ist eine „geschwollene" Nadel mit Loch, wie sie in Bronze-
stationen und bronzezeitlichen Gräbern öfters angetroffen werden.
Eine andere stellt eine Form dar, wie wir sie ebenfalls aus Bronze-
Pfahlbauten und Gräbern der reinen Bronzezeit kennen. Ihr Hals
ist mit scharfkantigen Reifen versehen. Der Kopf der dritten weist
fünf kleine Ringe auf, die an Stielen sitzen. Sie sind, ähnlich
einem unpaarig gefiederten Blatte, zu zwei Paaren und einem einzelnen
Ringlein angeordnet. Zwischen den Ringpaaren sitzen je zwei kleine
domartige Fortsätze auf Stielen. Die Spindel der Nadel ist
schmucklos. Derartige Nadeln kommen auch ausserhalb der Schweiz
selten vor. Ein Stück aus dem Pfahlbau Peschiera im Gardasee
weist nicht fünf, sondern nur drei Ringe am Nadelkopfe auf
Noch interessanter, als die bronzezeitlichen Spuren in der
Gegend von Vindonissa, sind diejenigen der Eisenzeit. Auf dem
Gebensdorfer Hörn befindet sich ein durch zwei Wälle ge-
schütztes Refugium und im Bruggerbei^-Wald vermutete man einen
Tumuius, den ich aber noch nicht habe finden können; da-
gegen scheint in Hausen bei Windisch ein helvetisches Grab
entdeckt worden zu sein. Auf dem Birrfelde zu Hausen wurden
nämlich in einem Einschnitte der Südbahn neben einem auf eine
Eichenbohle gelagerten menschlichen Gerippe nach dem Berichte
von RocHHOLZ zwei Armringe aus Glas nebst einem bronzenen Hals-
kettchen mit Schliesse und mehreren Breloquen gefunden. Der eine
der Glasringe ist kobaltblau und trägt an der vortretenden Mittel-
linie ein Bandzickzack von weissem Glase; der obere, sowie der
untere Rand haben gelbe Zickzacklinien aufgesetzt. Der zweite Glas-
ring ist heilgelb, mit vortretendem Mittelgrat Das Grab gehört nach
diesen Funden der sogen, mittleren La T^ne-Zeit an.
Beweist uns das Grab in Hausen, dass in den letzten Jahr-
hunderten vor unserer Zeitrechnung die Gegend um Vindonissa
herum bewohnt war, so wird diese Annahme noch unterstützt durch
einige andere Funde in Windisch und Brugg. An erstgenanntem
Orte kamen nämlich mehrere Fibeln vor, die durch ihre charakte-
ristische Form deutlich zeigen, dass sie der Mittel-La Töne-Zeit
23*
zed.yGOOgle
356 Viertes Kapitpl,
zugerechnet werden müssen. Das historische A^useum Bern enthält
einen Halsring aus Windisch, der ebenfalls der zweiten Eisenzeit
angehört. Dass in dieser Periode der römische Einfluss sich in Gallien
geltend zu machen anfing, wird auch durch einen Fund bewiesen,
der in Windisch zum Vorschein kam. Es wurde nämlich daselbst
das oben erwähnte Bild des Merkur der Erde enthoben, das sich
durch die Technik, besonders auch durch die Bulga, deutlich als
gallisches Werk kennzeichnet.
Zu den wichtigsten Funden auf dem Boden des alten Vindonissa
gehören die vorrömischen Gold- und Silbermünzen. Eine Silber-
münze aus Windisch weist ein ganz barbarisches Gepräge auf
(Fig. 341). Derartige Münzen sind in der Schweiz nicht selten,
in Frankreich aber finden sie sich besonders häufig im Gebiet der
Senoner. Eine andere Münze aus Windisch ist ein Viertelstater
in Gold (Fig. 342). Der Revers
zeigt unter dem Zweigespann den
„gallischen Hahn" und als Inschrift
erscheinen einige griechische
Buchstaben des Wortes Philippos,
wodurch sich dieses Stück als
Fig. 343- Nachahmung der makedonischen
Elektronmünze aus Brugg (Aargau). philippermünzen ZU erkennen giebt
Einige andere Münzen wurden in oder bei Brugg gefunden. Eine
derselben besteht aus Silber und weist ein sehr wenig deutliches Ge-
präge auf. Eine zweite ist eine Elektronmünze (Fig. 343). Der
Typus, den diese Münze repräsentiert, ist auch bei Schaffhausen
entdeckt worden und ähnelt demjenigen, welcher durch einen in
Aventicum gefundenen Münzstempei sich als helvetisch erzeigt.
Die Hauptstadt des römischen Helvetien, Aventicum, das
heutige Avenches unweit des Murtnersees, war vor der Aus-
wanderung der Helvetier auch schon bewohnt. Darauf deuten
ausser Steinbeilen, Bronzelanzen und Spangen aus Bronze, sowie
einem etruskischen Metallspiegel, besonders auch gallische Münzen
und ein vorrömischer Münzstempel. Hallek erwähnt eine Münze
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit. ^^y
des Orgetorix, die in Avenches zum Vorschein gekommen sein
soll , aber nicht mehr vorhanden ist. Mever führt in seiner
Abhandlung über die in der Schweiz gefundenen gallischen
Münzen zwei Typen an, die im Boden des alten Aventicum ent-
deckt wurden. Beides sind Silbermünzen. Die eine trägt die
uns schon bekannte Inschrift KALETEDOY; die andere aber
zeigt auf dem Avers das Brustbild eines geflügelten Genius
und die Inschrift ATEVLA , auf dem Revers ein nach rechts
schreitendes Tier (Pferd?) mit einem Hörn auf der Stirn. Unter
dem Einhorn erblickt man ein Zeichen, wohl ein gallisches Symbol.
Als Umschrift findet sich das Wort VLATOS.
In der Nähe der Reste des römischen Amphitheaters in Avenches
fand man in den sechsziger Jahren das interessanteste vorrömische
Objekt, das bis jetzt an diesem Orte zum Vorschein gekommen:
einen gallischen Münzstempel (Fig. 344), Derselbe besteht aus einem
rundlichen Stück Eisen, etwa zwei Finger breit, auf dessen oberer
Seite ein rundes Stück Erz ein-
gekeilt ist. Die Aussenseite des
Erzes ist vertieft und weist ein
feines Gepräge auf, nämlich einen
unbärtigen Kopf, der einen Kranz
trägt. Dieses Gepräge hat grosse ., , V
.. s '^ ^ ^ MüQzsterapel aus Aveaches.
Ähnlichkeit mit dem ApoHokopi
auf makedonischen Münzen und findet sich in verwandter Form auf
mehreren Gold- und Elektronmünzen , die in der Schweiz zum Vor-
schein gekommen sind.
Wo sich Münzstempel finden, muss eine bedeutende Ansiedelung
vorhanden gewesen sein. Es ist also nicht ohne Grund, dass man
in Aventicum die Hauptstadt des vorrömischen (eisen zeitlichen) Hel-
vetien vermutet hat.
Die vorrömischen Funde von Vindonissa und Aventicum zeigen,
dass in der That an manchen römischen Plätzen in unserm
Lande auch eine prähistorische Besiedelung nachgewiesen werden
kann. Diese Beispiele liessen sich leicht vermehren. So hat man
in Oberwinterthur (dem römischen Vitudurum) „mitunter keltische
Münzen und Gerätschaften und keltisches Geschirr in grossen Haufen
gefunden". Bei vereinzelten Stücken aus der Eisenzeit könnte man
immer noch denken, die Helvetier hätten nach ihrer Rückkehr eben
noch derartige Objekte benutzt und nur allmählich das bessere
römische Erzeugnis angenommen, wo aber die Funde ,jin grossen
Haufen" vorliegen, da kann man sie nicht wohl dem sehr zusammen-
geschmolzenen Volke, das von Gallien zurückkehrte, zuweisen,
zed.yGOOgle
icg Viertes Kapitel.
sdoderti muss sie den Helvetiern vor der Auswanderung zuschreiben.
Dass besonders auch nach dem Jahr 58 v. Chr. keine neuen hel-
vetischen Münzen mehr geprägt wurden, versteht sich von selbst
Wo also solche Münzen nicht bloss vereinzelt zum Vorschein kom-
men, haben wir an vorrömische Zeit zu denken.
Gerne würde ich eine Anzahl weiterer Orte der Eisenzeit in
der Schweiz besprechen, wie z. B. das durch seine Heilquellen damals
schon bekannte Baden (Aargau), oder das sogen. „Helvetische
Schlachtfeld" in der Tiefenau bei Bern schildern, oder besonders
noch Ansiedelungen an Hand der zahlreichen eisenzeitlichen Gräber-
funde aufsuchen — wo Gräber vorhanden, können doch Wohnsitze
nicht ferne sein — wenn ich nicht überzeugt wäre, dass das Ge-
sagte genügt, um zu zeigen, dass zur Eisenzeit in der Schweizerischen
Hochebene wehrhafte Plätze und bevölkerte Ortschaften nicht fehlten.
Werfen wir noch einen Blick ins Thal der Rhone! Schon in sehr
alter Zeit wurde der Pass über den grossen St. Bernhard begangen.
Um denselben in ihre Hände zu bekommen, unterwarfen die Römer
das Wallis, das, von seinen Nachbarn durch hohe Gebirge getrennt,
eine Art Eidgenossenschaft fiir sich bildete. Die Bevölkerung
dieses „Thaies" (Vallis heisst Thal) war zahlreich, denn es kämpften
30000 (!) Mann gegen die Römer, Einer der Volksstämme, die
Veragrer, hatte den St. Bernhard inne und auf der Höhe des Passes
stand das Heiligtum des Jupiter Pöninus. Da, wo der Bemhardsweg
das pöninische Thal (d. h. das Rhonethal) erreichte, liegt Martigny,
das römische Octodurus. Seine Lage macht es an und fiir sich
schon wahrscheinlich, dass daselbst in prähistorischer Zeit eine An-
siedelung existierte und die Funde haben dies auch bestätigt
In Martigny-Combe sind massive Bronze-Armringe zum Vor-
schein gekommen, die mit dem später zu besprechenden Walliser
Ornament geschmückt sind. Ein kleiner gelber
Glasring erinnert ganz an denjenigen aus
einem Grabe von Wetzikon (Zürich), welcher der
mittlem La T^ne-Zeit angehört. Auch eine
Fig. 34s. jener Münzen aus Potin, wie wir sie schon bei
Vorrömisehe müdk aus Zürich und La T^ne erwähnten, mit dem
Einhornpferd, ist bei Martigny gefunden wor-
den und ähnliche Münzen sind an andern Stellen des Bernhards-
passes, z. B. in Liddes (Fig. 345) und auf dem Berge selbst, dem
Schoss der Erde enthoben worden.
Wenn diese Funde mit Sicherheit der zu Ende gehenden Eisen-
zeit beigezählt werden dürfen, so giebt es auch ältere Stücke. In
La Plaine bei Martigny fand sich ein Bronzeschwert mit reichverziertem
zed.yGOOg[e
Die Eisenzeit. 359
VoUgriff. Daneben sind zu erwähnen einfache Bronzeringe, femer
Sfuralringe aus demselben Material, Bronzeröhrchen, ein Bronzebeil
und Bronzelanzen. Nicht bloss Reste von Ansiedelungen hat man
bei Martigny entdeckt, auch Gräber kamen zum Vorschein.
Die eisenzeitlichen Gräberfunde sind im Wallis so häufig, dass
wir schon daraus auf eine sehr dichte prähistorische Bevölkerung
im pöninischen Thal schliessen müssen. Besonders sind es die
Gegenden um Sion (Sitten) und Sierre (Siders), die in dieser Be-
ziehung sehr ergiebig waren. Zu den Gräberfunden aber kommen
noch Ansiedelungsspuren und Einzelhinde in grosser Zahl. In
Sierre kamen sogar gallische Götterbilder zum Vorschein.
C. Die Gräber der Eisenzelt.
In der Eisenzeit Mitteleuropa's können wir zwei grosse Kultur-
strömungen erkennen. Die eine hat ihren Sitz im Osten, die andere
mehr im Westen. Beide durchdringen sich lokal.
Die ostliche Kultur ist die ältere. Sie wird nach einem be-
rühmten Fundorte die Hallstattkultur genannt. In dem schönen
Salzkammergut Ober-Österreichs liegt das Dorf Hallstatt an dem
nach ihm benannten See. Es lehnt sich an die steilen Gehänge,
die sich am Südrande des Hallstättersees erheben. Hoch ob
Hallstatt liegt ein kleines Bergthal und in demselben erblickt man
die Eingänge in das Salzbergwerk. Man hat daselbst uralte Stollen
gefunden, in denen Werkzeuge und Geräte aus prähistorischer Zeit,
in das Salz eingewachsen, zum Vorschein kamen. Auch Felle,
Pelzwerk und sogar Wollstoffe wurden ans Tageslicht gefordert.
Der Salzbergbau In Hallstatt ist also sehr alt. Kein Wunder, dass
sich in dem genannten Bergthälchen Anzeichen von Ansiedelungen
und besonders Gräber fanden, die bewiesen, dass schon lange vor
unserer Zeitrechnung da oben eine zahlreiche Bevölkerung existierte.
Das Gräberfeld ob Hallstatt wurde von 1846 an ausgebeutet
Über IOC» Gräber sind wissenschaftlich untersucht worden. Die
Funde liegen in ihrer Mehrzahl im k. k. Naturhistorischen Hof-
museum in Wien" (prähistorische Abteilung). Sie zeigen, dass die
Bewohner des alten Hallstatt, die Salzleute, reich genug waren, um
manch herrliches Gerät, manch schönen Schmuck sich verschaffen
zu können.
Die Gräber von Hallstatt lagen in freier Erde und enthielten
sowohl Skelete, als auch verbrannte Leichen. Die Beigaben waren
sehr zahlreich und bestanden aus den verschiedensten Materialien.
zed.yGOOgle
j60 Viertes Ka)HleI.
Stein und Thon, Faserstoffe, Gold, Bronze und Eisen, Bernstein
und Glas wurden verwendet. Besonderes Interesse erregen die zahl-
reichen Bronzegefässe mit ihren aus dem Süden wohlbekannten
Formen und den mannigfachen Verzierungen, die zum Teil reich
mit Gold geschmückten Waffen, der Bemsteinschmuck, die Giirtel-
bleche von getriebener Arbeit u. s. w. Manche dieser Objekte
stimmen mit Funden aus etruskischen und proto-etruskischen Gräbern
überein. Unleugbar hat der Salzhandel von Hallstatt diese Produkte
aus dem Süden nach dem Gebirgsorte gebracht, wie er ihm auch
den Bernstein des Nordens zuführte.
Die Hallstattkultur iässt sich nicht bloss in Österreich, sondern
auch in Süddeutschland, der Schweiz und in Frankreich nachweisen.
Repräsentanten derselben finden sich sowohl südwärts der Alpen,
als auch in Norddeutschland u. s. w.
Die jüngere Kulturströmung der Eisenzeit ist die La T^ne-
Kultur, nach der Station La T^ne so genannt. Sie hat ihren Sitz
mehr im Westen Europa's, im alten Keltenlande Frankreich und streckt
drei mächtige Arme nach Osten. Der eine derselben geht dem Main
entlang nach Böhmen, der zweite durch die Schweiz, der dritte aber
reicht über Norditalien und Südösterreich nach Ungarn, wo uns diese
Kultur, ähnlich wie in Böhmen, in reicher Entfaltung entgegentritt.
Es gab eine Zeit, wo man jeden archäologischen Fund einem
bestimmten Volke zuschrieb und das Lieblingsvolk der Prähistoriker
alten Stils waren die Kelten. Heute wissen wir, dass die Prähistorie
fiir sich allein die Fragen nach der ethnologischen Zugehörigkeit
der Völkerschaften, mit deren Hinterlassenschaft sie es zu thun hat,
nicht lösen kann und so reden wir denn nicht von einer keltischen
Eisenzeit in Mitteleuropa, sondern von der Hallstatt- und der
La T^ne-Periode. Vielleicht müssen einst beide Kulturen den Kelten
zugeschrieben werden, da sie im Bereich der durch schriftliche
Denkmale beglaubigten Sitze dieses Volkes ihre Blüte erreichten.
Wie die Ha 11 Stattsachen hier und da ausserhalb ihrer eigent-
lichen Heimat angetroffen werden, so auch die La T^ne-Funde.
Sie mögen durch Handel und andere Verbindungen der Völker in
entfernte Gegenden gelangt sein und dienen uns heute zur Be-
stimmung der gleichzeitigen Funde verschiedenster Länder.
In den La T^ne-Funden fehlen die prächtigen Gürtelbleche der
Hallstattperiode; es fehlen die prunkenden Waffen und die wunder-
baren Schmucksachen, die jene aufweist. Geräte und Schmuck sind
einfach, die Waffen sind praktisch, fiir den Gebrauch hergestellt.
Die ganze La T^ne-Kultur scheint einem Kriegervolk angehört zu
haben, ein Denkmal kriegerischer Zeiten zu sein.
zed.yGOOgle
Die Eisenieit. igl
Aus der Betrachtung der eisenseitlichen Ansiedelung der Schweiz
haben wir die Überzeugung geschöpft, dass in unserem Lande so-
wohl die Hallstatt-, als die La T^ne-Kultur nachgewiesen werden
kann, und dass nach dem Jahr 400 v. Chr. die erstere von der
letztem abgelöst wurde. Sehen wir nun, wie sich die Gräberfunde
dazu verhalten!
I. Grabhügel.
Zwei Hügel macht uns beiden, erwählt die Stell'
Auf jeder Seil' der Meerbucht ao blauer Well';
Denn lieblich töot's dem Geist, wenn die Wc^e singet,
Und Wellenschlag am Strand, wie die Drapa klinget.
Um&äumt der Mond die Berge mit bleichem Schein
Und netit der Thau der Mittnacht den Bautastein,
Dann sitien wir, o Thorsten, auf beiden Seiten
Und reden über's Wasser vom Lauf der Zeiten . . ."
(Frilhjofs-Sage.l
Die Gräber der schweizerischen Eisenzeit liegen entweder
in Grabhügeln oder in freier Erde. Grabhügel haben wir in
der Nordostschweiz schon am Ende der Steinzeit konstatieren
können. In der Bronzeperiode finden sie sich häufiger, doch nur im
östlichen Teile der schweizerischen Hochebene. Zur Eisenzeit werden
die Tumuli ungemein häufig, doch kommen sie durchaus nicht
überall vor. Zunächst ist in den Gebirgsthälern unseres Landes
noch nie ein wirklicher Grabhügel angetroffen worden, dagegen
liegen die Gräber manchmal in natürlichen, hauptsächlich in
Moränenhügeln eingebettet. Manche derartige Vorkommnisse sind
früher als Grabhügeifunde bezeichnet worden.
Man hat sich gefragt, ob dieses Fehlen der Grabhügel den eigen-
tümlichen Sitten der im Gebirge lebenden Stämme und Völkerschaften
zuzuschreiben sei oder ob es daher komme, dass der kleine Hügei,
den man im Flachlande von einiger Entfernung bemerkt, im Gebirge
so zu sagen verschwindet. Thatsache ist, dass in den Kantonen Wallis
nnd Tessin, welch letzterer Teil der Schweiz doch in die lombar-
dische Tiefebene hinausreicht, bis jetzt keine Tumuli bekannt ge-
worden sind. Diese fehlen femer in Unterwaiden, Uri und Schwyz,
ja selbst in Zug, Aus dem Kt. Luzem ist nur eine einzige
Notiz über Grabhügel funde bekannt geworden. Die Gegenden der
Schweiz, wo in historischer oder protohistorischer Zeit die Rätier
Sassen, also Graubünden, Glarus, St. Gallen und Appenzell, sowie
der südliche Teil des Thurgau, zeigen denselben Mangel an Grab-
hügeln, obwohl andere eisenzeitiiche Funde nicht fehlen.
zed.yGOOgle
202 Viertes Kapitel.
Die am weitesten nach Osten liegenden Tumuli in der
Schweiz fanden sich auf dem Geissbei^ bei Kreuzungen unweit
Konstanz. Weiter westlich werden sie bald häufiger, so schon
zwischen Ermatingen und Wäldi, In Hemishofen unfern Stein am
Rhein kann man im Sankert eine grosse Anzahl solcher Hügel
von verschiedenen Dimensionen in einer Gruppe beisammen liegend
bemerken. Andere finden sich beim benachbarten Kamsen. In Dörf-
lingen, Östlich von Schalfhausen, liegen 1 5 Grabhügel. Eine kleinere
Gruppe wurde bei Büsingen, einer badischen Exciave in der Nähe
SchaffTiausen's, konstatiert und auch der Klettgau hat solche Hügel
aufzuweisen.
Im Kanton Zürich sind Hügelgräber häufig. So wurden auf
dem Hatlebuck bei Trüllikon deren etwa ein Dutzend untersucht,
andere fanden sich unweit davon am Hausersee bei Ossingen. Bei
Bülach konnten ebenfalls mehrere Grabhügel durchforscht werden,
ebenso bei Pfäfiikon, Grüningen, besonders auch in der Umgebung
von Zürich, ja im Stadtgebiet selbst. Die Grabhügel im Burghölzli
bei Zürich haben wir oben erwähnt. Nördlich der Stadt liegen die
Tumuli von Affoltern und Höngg, südöstlich derselben die Grab-
hügel von ZoUikon. Früher glaubte man, in dem westlich des Albis
und Ütliberg gelegenen Kantonsteil fehlen die Grabhügel, ähnlich
wie im angrenzenden Zug. Es sind aber seither bei Hedingen,
Obfelden und Ottenbach mehrere solcher Denkmale entdeckt worden.
Der Kanton Aargau besitzt oberhalb Lunkhofen wohl die grösste
Grabhügelgruppe der Schweiz. Aber auch in anderen Teilen des
Kantons fehlen sie nicht. Ebenso wenig ist dies im Kanton Basel
der Fall, wo wir aus den Hügeln von Muttenz und Pratteen sehr
schöne Funde besitzen, die, ähnlich wie diejenigen aus den Grab-
hügeln vom Mönchhof bei Neunforn (Thurgau) und anderen Orten
zum Teil bis in die Früh-La Töne-Zeit hinabreichen.
Der Kt. Solothum weist ebenfalls nicht bloss einzelne Tumuli
auf, sondern auch Gruppen solcher, z. B. bei Boningen, Messen und
Subigen. Geradezu reich an Hügelgräbern ist Bern, besonders das
Seeland. Dieser Teil des Kantons weist hochinteressante Funde aus
der Eisenzeit auf, Gräber von Stammeshäupdingen, die in Hügeln
beigesetzt wurden. Grabhügel kommen auch im Bemer Jura vor
und anderseits lassen sie sich bis gegen Thun hinauf verfolgen.
Im Oberland fehlen sie.
Dasselbe Verhältnis findet sich in Freiburg. Im gebirgigen Teil
des Kantons fehlen die Grabhügel, im ebeneren Lande kommen sie
häufig vor. Im Raspenholz bei Cordast liegen deren circa 20, in
Luftigen etwa 16 beisammen. Im Kt. Neuenburg sind bis jetzt
zed.yGOOgle
Kleidung der ersten Eisenzeit
(Nach F. Keller.)
Digitized^yGOOgle
„Google
Die Eisenzeit, ^6?
nur sehr wenige solcher Grabdenkmale konstatiert worden und im
Kt. Waadt kommen sie auch nicht mehr häutig vor. Gegen den
Genfersee hin verschwinden auch die letzten derselben. Erst
jenseits des Jura, in Ostfrankreich, erscheinen sie wieder in be-
deutender Zahl.
Einige wichtigere Grabhügelfunde der Schweiz mögen hier
speziell erwähnt werden.
a) Dörflingen (Schaffhausen). Am waldigen Abhang des Gai-
linger-Berges, unweit der Strasse von Dörflingen nach Randegg,
wurden in den vierziger Jahren etwa 15 regelmässig gebaute Hügel-
chen von 1,5— 6 m Höhe und 10 — 20 m Durchmesser nach Steinen
durchwühlt, bei welcher Arbeit Skelete und verbrannte Leichenreste
nebst allerlei Grabbeigaben zum Vorschein kamen. Diese Vorkommnisse
bewogen ein in der Nähe wohnendes Mitglied der Züricher Antiqua-
rischen Gesellschaft, die Funde zu sammein. Beim Weitei^raben
fand man unter anderem ein Frauengrab mit interessanten Beigaben.
Beim Schädel lagen Lederreste und Bronzenadeln mit grossen ver-
zierten Köpfen, wie sie aus Pfahlbauten der jüngeren Bronzezeit
wohlbekannt sind. Ein ähnlicher Fund wurde in den Grabhügeln
von Trüllikon gemacht. Daselbst scheint eine der Leichen ebenfalls
ein Lederband um den Kopf geschlungen
gehabt zu haben und in dieser Binde steckten
mehrere Bronze nadeln mit Bemsteinköpfen,
Als weiterer Schmuck waren Zinnperlen in den
Bernstein eingelassen worden und zwar in der
Äquatorialgegend der Köpfe. (Siehe Vollbild
bei Seite 405.}
Die Dörflinger Frau trug Ohrringe aus
Bronze. In der Halsgegend lag ein hohler
Ring. Auf der Brust befanden sich zwei Fig. 346.
Fibeln, welche die Kleider zusammengehalten Paukenfibel von Rnssikoo
hatten. Es waren sogen. „Paukenfibeln", wie '"^ *"
sie in Trüllikon und Russikon ebenfalls gefunden wurden (Fig. 346).
Der Bügel dieser Fibeln war zu einer Halbkugel ausgearbeitet
worden, sah also einer umgestürzten Pauke ähnlich; daher der
Name.
Auf der Brust der Toten &nd man noch einen anderen inter-
essanten Gegenstand. Seine Breite betrug ca. 2 dm, die Höhe wenig
mehr. Er besteht aus Leder, das ganz dicht mit Bronzeperlen be-
setzt gewesen. Diese Perlen bildeten kleine halbierte Hohlkugeln,
die durch Stiftchen am Leder befestigt worden waren. Derartige
Lederstücke sind in unseren Grabhügeln nicht selten; wir werden
der Leichen ebenfalls
„d, Google
3^4
Viertes Kapitel.
unten sehen, dass ihre Verbreitung mit derjenigen der gleich zu
besprechenden Armwülste und Gürteibleche zu sam mental lt.
In der Gegend des Gürtels entdeckte man in dem Frauengrab
von Dörflingen Fragmente eines Giirtelbleches, sowie eigentümliche
Knöpfe aus Bronze. Die merkwürdigsten Fundstücke aber lagen an.
den Vorderarmen. Es waren fässchen- oder tonnenförmig geformte.
Fig- 347. Fig. 348,
Tonnen -Arm wulst aus Bisikon bei Toonen-Armwulst aus einem GrabhOgel
Illnau. bei Toussen-Obfelden (Zürich).
reichverzierte Uronzeringe, die von den Händen fast bis zu den Ellen-
bogen reichten. Man nennt sie „Tonnen-Armwülste". Sie sind für
die Zeit unserer Grabhügel geradezu charakteristisch und fanden
sich auch in Ülnau (Fig. 347) und
Obfeiden (Fig, 348} im Kt Zürich,
in Ins im Kt. Bern u. a. O.
Hand- und Fussgelenke waren
durch Bronzeringe geschmückt.
Unweit des Skeletes lagen Ge-
fässe aus Thon, mehrere Schüsseln
und zwei Teller. Diese sind in- und
auswendig schwarz und rot be-
malt und tragen ausserdem noch
eingestochene oder eingegrabene
Verzierungen in Form von Drei-
ecken und Kreisen (Fig. 349). Der-
artig bemalte und verzierte Ge-
fässe sind tn Hallstattfunden sehr
häufig.
Unter den übrigen Funden aus den Grabhügeln von Dörflingen
ist besonders ein Kurzschwert zu erwähnen. Es hat eine Form, wie
sie aus Hallstatt wohl bekannt ist. Klinge und Griff bestehen aus
Fig 349-
Teller aus einem Grabhügel v
Tt^llilton.
zed.yGOOg[e
Die Eisenzeit. ige
einem Stück Eisen. Hinten am Griff erheben sich zwei Arme, zwischen
denen ein Eisenköpfchen hegt. Ein ähnliches, noch schöneres HaU-
statt-Kurzschwert fand sich in den Fiachgräbern in der „Rue de Lau-
sanne" in Sion (Wallis). Aus einem Grabhügel im Niederhart bei
Langenthai (Bern) stammt ein Dolch von verwandter Form. Er
wurde mit Bronze-Armspangen zusammen gefunden.
Aus den zahlreichen Anklängen an Hallstatt, die sich in den
Funden von Dörflingen erkennen lassen, erhellt die Zeitstellung der-
selben zur Genüge. Während in den Gräbern der Bronzezeit der
Nordost-Schweiz nur Leichenbrand konstatiert werden konnte, haben
wir in den Dörflinger Hügelgräbern Skeletbestattung und Leichen-
brand nebeneinander und ebenso ist es bei den der Hall Stattperiode
angehörigen Grabhügeln von Trüllikon.
b) Die Funde vom Eggbühl bei Russikon (Zürich) zeigen
einige andere Eigentümlichkeiten der Hallstatt-Epoche. Es fänden
Gürtelblech aus eineni Grab bei Russikon.
sich daselbst folgende Objekte: eine Paukenfibel (siehe Fig. 346
Seite 363), eine Nadei und Ringe aus Bronze, ein dünnes Bronze-
blech, das neben getriebenen Buckeln und Leisten Verzierungen
aufweist, die mit dem Tremolierstichel angebracht worden waren
(Fig. 350). Dieses Stück ist das Fragment eines jener Gürtelbleche,
wie sie in vielen Grabhügeln der Schweiz vorkamen. Frachtvolle Gürtel-
bleche sind namentlich aus Hallstatt selbst bekannt.
Zwei der oben genannten Bronzeringe sind sehr interessant. Sie
weisen nämlich auf der Aussenseite Vertiefungen auf, welche ur-
sprünglich wohi Email-Einiagen enthielten. Der grössere Ring besitzt
ausserdem Leisten und vier je in gleichen Abständen von ein-
ander befindliche Medaillons, in denen noch Reste von Email vor-
handen waren.
Aus dem Eggbüh^ stammt auch ein Kessel aus Bronze.
Er hat die Form eines Kegelstumpfes, der auf der kleineren Basis-
fläche steht: Es ist eine Situla. Die Wand derselben zeigt nii^ends
eine Lötung, wohl aber sieht man, dass die Ränder des Bronze-
bleches, welches die Wandung bildet, übereinander gelegt und ver-
zed.yGOOgle
366
Viertes Kapitel.
nietet worden sind. Der Kessel besitzt keine Henkel mehr, wohl aber
vier Löcher unterhalb des Randes, welche einst zur Befestigung
derselben dienten.
c) Der Fünfbühl bei Zollikon (Zürich). Unter den fünf
Grabhügeln oberhalb Zollikon am Zürichsee, welche zu dem Namen
„Fünfbühl" Anlass gegeben haben mögen, ist besonders einer etwas
genauer untersucht worden. Er enthielt eine verbrannte Leiche
und Hess die Art seines Aufbaues deutlich erkennen (Fig. 351 — 353).
„Wie es fest immer geschah", sagt Keller, „war die Stelle, welche
der Grabhügel einnehmen sollte, von Laub und Baumreisem nicht
gereinigt worden, ausnahmsweise aber, fiir unsere Gegend, hatte
FiR. 351-
] Grabhügel i
FOcrbilhl bei Zollikon.
man hier ein etwa 6 Zoll tiefes, rundliches Loch in den Boden ge-
graben, das zur Aufnahme der Überreste des Verstorbenen und der
Beigaben bestimmt war."
„Der hier zu bestattende Leichnam war der Verbrennung über-
geben worden, und zwar auf der Stelle des Grabhügels selbst, wie
F'ß. 35^-
Grabhügel im Fünfbühl bei Zollikon
(Mantel abgedeckt).
F'E- 353-
es Grabhügels im FünfbflW
bei Zollikon.
eine sich auf dem gewachsenen Boden verbreitende Kohlenschicht
deutlich bewies. Auf diese Feierlichkeit folgte das Sammeln der
Gebeine und das Verwahren derselben in einer Urne, welche in die
Mitte der eben erwähnten Vertiefung gestellt wurde. Um diese
herum kamen mehr aLs ein Dutzend, sowohl topf- als tellerartige
Tliongeschirre zu stehen, auch eine Trinkschale von der gewöhn-
lichen, ganz einfachen Form. Es ist kein Zweifel, dass diese Gefässe
ursprünglich mit Lebensmitteln angefüllt waren, da zwischen den-
selben die Gerippe von sechs Schweinchen und die Knochen des
Hinterteiles einer Kuh gefunden wurden. Bei einem der Schweins-
knochen lag ein Messer, das zum Zerlegen des Fleisches nieder-
gelegt worden war. Nun wurde die Vertiefung und ihr Inhalt mit
zed.yGOOgle
Die Eisenzeil. 36?
einem Ring von Steinen umstellt und diese Einfassung mit von Steinen
befreiter Walderde ausgeschüttet, endlich zum zweiten Schutze der
Totenreste und geweihten Dinge mit Steinen belegt, so dass dieselben
eine Art Gewölbe bildeten, jetzt erst schritt man zur Errichtung des
Hügels, wobei man auf die Natur des Materials keine Rücksicht
nahm, reine Walderde, oder grössere und kleinere Steine, wie man
sie eben in der näheren oder ferneren Umgebung fand, herbeitrug
und ohne bestimmte Ordnung auf die Mitte des Hügels hinwarf."
„Als der Hügel eine Höhe von 4 — 5 Fuss (1,2 — 1,5 m) erreicht
hatte, fand die Beisetzung der Grabgeschenke statt, die im vor-
liegenden Falle, in ganz verschiedenartigen Dingen bestehend, eher
auf weibliche, als männliche Bedürfnisse und Verrichtungen hin-
deuteten und bei dem gänzlichen Mangel von Kriegs- oder Jagd-
geräten den Hügel als das Grab eines Weibes betrachten liessen.
Die Geschenke waren nämlich: Ein bronzener, mit eisernen Ringen
zum Aufhängen versehener Kessel, ein bron-
zenes Stirnband, vier bronzene Heftnadeln,
wovon je zwei einander ganz ähnlich, zwei
bronzene Ohrringe, eine bronzene Stecknadel,
zwei Ringe von blauem Glase (Fig. 354), ein
Schleif- oder Polierstein. Das Hauptstuck dieser
Geschenke war unstreitig der Kessel, dessen Fig. 354.
Durchmesser an der Bauchung 32 cm beträgt GUsringe aus einem Grab-
bei einer Höhe von 17 cm. Er ist mit ^*^' '" ,^f ""^ ^'
eisernen Ringen zum Aufhängen versehen,
unten au^erundet und seiner Bestimmung nach ein Kochkessel.
Nicht weniger als der Kessel dürfte die Verfertigung der übrigen
Zieraten, die mit ungemeinem Fleisse und Geschmack gearbeitet
sind, fremder Kunstfertigkeit zuzuschreiben sein. Der Schieitstein
ist eine wunderliche, obwohl nicht ganz seltene Beigabe. Wir haben
ihn auch in zwei anderen Grabhügeln angetroffen."
„Noch dürfen wir nicht vergessen, dass auch in diesem Hügel
eine bedeutende Zahl von Scherben meistenteils grosser Töpfe von
der geringsten Sorte eingestreut war, welche, gesammelt, sich nie
zu einem Ganzen vereinigen lassen. Die Meinung, dass man beim
Totenraahle die Geschirre absichtlich zerschlagen habe, um deren
Gebrauch fortan profanen Zwecken zu entziehen, scheint weniger
haltbar, als die, dass sie als zerbrochene Ware hergebracht und
dem Ritus der Bestattung zufolge in den wachsenden Hügel ge-
worfen worden seien. Was die Kohlen betrifft, die in grösserer
oder geringerer Menge in fast jedem Grabhügel angetroffen werden,
so scheinen dieselben von den Feuern herzurühren, welche meisten-
zed.yGOOgle
368 Viertes Kapitel.
teils auch bei Hügeln mit unverbrannten Toten, wie de Ring glaubt,
zur Reinigung und Weihung des Platzes angezündet wurden. Ein
absichtliches Einstreuen von Kohlen scheint ausser Zweifel zu sein.
Wenn wir unterliessen, den in dem Körper des Hügels vorkommenden
Wechsel von Stein- und Erdschichten zu erwähnen, so geschah es
in der Überzeugung, dass die Verschiedenheit des Materials ganz
zufällig und das Zahlen und Beschreiben etwa auffallend grosser Steine
völlig unnütz ist, sind ja die Grabhügel im allgemeinen je nach der
Gegend oft aus Erde ohne Steine, oft aus Steinen ohne Erde aufgeführt."
„Nach der Beisetzung der Grabgeschenke wurde der Bau des
Hügels von 5 Fuss (1,5 m) fortgesetzt und zu neuen Feierlichkeiten ge-
schritten. Diese bestanden darin, dass oberhalb der Mitte des
Hügels an sechs bis sieben Stellen Feuer angezündet wurden, welche
sich durch Kohlenstätten ganz deutlich zu erkennen gaben, dass ferner
zwischen den Feuerstelten und der Krone des Hügels ein Kranz von
Steinen gesetzt und die letztere mit einer Anzahl von Steinen belegt
wurde. Hiermit war der erste Akt desBestattungs-Ceremoniels zu Ende,"
„Das ganze Grabmal war aber noch nicht vollendet. Sei es,
dass die Reste der heiligen Feuer nicht unbedeckt bleiben durften
und die Grabgeschenke zu wenig beschützt waren, oder dass, wie
es häufig geschah, die Beisetzung eines zweiten Körpers, von dem
aber jede Spur verschwunden war, stattfand, die Aufhöhung des
Hügels ging aufs neue vor sich und zwar so lange, bis derselbe
die Höhe von 6^/) Fuss erreicht hatte. Am Schluss der Arbeit wurde
am Rande des Hügels aus grösseren Steinen ein neuer Kranz er-
richtet, der ohne Zweifel den Hügel als Grabhügel bezeichnen und
das Betreten desselben verbieten sollte."
di Lunkhofen. Im Walde oberhalb Unter-Lunkhofen liegen
ca. 60 Grabhügel, die zum Teil wissenschaftlich untersucht worden
sind, Ihre Grösse ist sehr verschieden. Die einen erheben sich
nur wenig über die Umgebung, andere haben eine Höhe bis 4 m
und darüber. In den genauer untersuchten Hügeln stiess man fast
nur auf verbrannte Leichen. Manchmal fanden sich in ein und
demselben Tumulus mehrere Brände. Die Funde liegen zur Haupt-
sache in den Museen von Zürich und Aarau.
Waffen waren in den Grabhügeln von Lunkhofen selten, doch
ist ein eisernes Langschwert zum Vorschein gekommen, das den
Hallstattschwertern ähnlich sieht. Sein Erhaltungszustand lässt freilich
keine ganz genaue Bestimmung der Form zu. Ein ähnliches Lang-
schwert mit Griffzurige fand sich in einem Grabhügel bei Höngg (Zürich).
Die Messer von Lunkhofen sind von zweierlei Art. Die einen
haben rundliche, mondsichel förmige Klingen, die anderen, ebenfalls
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit. 3^9
aus Eisen bestehend, weisen sanftgeschweifte, mit Dorn versehene
Klingen auf, wie solche auch in Hallstatt gefunden wurden.
Unter den Schmucksachen aus unserer Nekro-
pole giebt es mehrere eigentümliche Formen. Neben
einfachen, körbchenartigen Gehängen (Fig. 355), die
wohl als Ohrschmuck benutzt wurden, finden sichring-
förmige Stücke mit angehängten Nachbildungen von
Füsschen (Fig. 356) und an zwei anderen Ringlein
hängt je ein Bronzefigürchen, Männlein und Weiblein
{Fig. 357). Diese Gegenstände dienten als Amulete,
Während die Schmucknadeln von Unter-Lunkhofen aus Bronze
bestehen, giebt es unter den Ringen solche aus Bronze, Silber und
vurucii.
F'g- 3SS-
Ohisehbtge au
Lunkbofen.
Schmuckgehänge i
Fig. 356 und JS7.
IG einem Grabhügel bei Unter-Lunkhoren,
Gold, sogar aus Gagat und Bernstein. Zwei hohle Armringe sind
aus Silber verfertigt, die über ihre Enden gezi^ene Schliesse oder
Schlaufe aber besteht aus reich-
verziertem Goldblech (Fig. 358).
Die Fibeln erscheinen spärlich;
eine derselben trägt eine sehr lange
T*
FiE- J5B.
SQberring mit Goldächliesse (b: vergrössert) a
einem Grabhügel bei Luakhofen.
Spirale und ist am aufgestellten Fuss mit eingelegtem Email versehen
(Fig. 359), eine andere weist eine Bügel- und eine Fusspauke auf.
Wir bilden in Fig. 360 ein Gürtelbeschläge aus den Grabhügel-
funden vom Bärhau ab, welches aus vier kleinen Bronzeringen und
einem viereckigen, an den Enden mit Knöpfen versehenen Mittel-
HiiitlL, Urgeichiehte der Schwelt ^4
zed.yGOOgle
3-Q Viertes Kapitel.
stück besteht. Ein ähnliches Beschläge stammt aus den Tumuli von
Trüllikon.
Zu den Schmucksachen müssen schliesslich noch Lederstücke
oder Tuchreste gerechnet werden, welche mit Bronzestiften ver-
sehen waren. Derartige Funde wurden auch in den Grabhügeln
von Hemishofen, Dörflingen, Affoltem bei Höngg, Langenthai,
Murzelen Bernl, Düdingen (Freiburg) Echan-
dens {Waadt; u. s. w. gemacht. Es ist dies
derselbe N'erbreitungsbezirk , wie wir ihn bei
den Gürtelblechen antreffen, von denen auch
Reste in den Grabhügeln von Unter-Lunk-
hofen zum Vorschein kamen. Ein Tumulus
von Allenlüften bei Mühleberg (Bern) hat
sogar zwei goldene Gürtelbleche geliefert.
Interessanterweise fanden sich in demselben
Gürteibeschiage von Unter- ^ugel auch Teile eines Streit(?)wagens aus
Lunkhofen. Holz. Offenbar war da eine hochgestellte
Person begraben worden.
Fast bei allen Grabhügel-Untersuchungen der Schweiz entdeckte
man Scherben von Thongefässen und doch finden sich die letzteren
in unseren Museen nicht häufig. Ganze Gefässe kommen allerdings
bei den Grabungen selten zum Vorschein; die meisten sind zerdrückt
Mit einiger Geduld kann man indessen fast alle wieder zusammen-
setzen, vorausgesetzt, dass die Ausgrabung eben mit derjenigen
Sorgfalt und Sachkenntnis vorgenommen wurde, die wir gegen-
wärtig verlangen müssen.
In der Nekropole von Ünter-Lunkhofen kamen mehrere ganz
erhaltene Schalen zum Vorschein. Einige derselben zeigen Ver-
zierungen, z. B. solche, die mit Graphit erstellt wurden. Über-
aus häufig aber waren Scherben. Sie wurden mit möglichster
Sorgfalt gehoben. Da ihre gegenseitige Lage in der thonigen Erde
der Grabhügel jeweilen genau notiert oder skizziert worden war und
die einzelnen Funde getrennt transportiert wurden, so gelang es,
fast alle Gefässe, sei es ganz zusammenzusetzen oder doch ihre
Form zu rekonstruieren. Dabei erweisen sich die Angaben früherer
Zeiten, dass man fast nur Scherben in die Grabhügel geworfen,
selten aber ganze Gefässe ins Grab gelegt habe (vgl. Seite 367),
als durchaus unrichtig. Im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich
wurden aus etwa 30 Grabhügeln von Ünter-Lunkhofen, die im
Jahre 1899 ausgegraben wurden, über 100 Gefässe aller Grössen zu
sa mm enge setzt, was allerdings keine ganz leichte Arbeit war.
Diese Gefässe bestehen in Schalen, Näpfchen, Schüsselchen,
zed.yGOOgle
Die EiEeiuat. 371
Schüsseln und Tellern von ansehnlicher Grösse und in becher-j topf-
und urnenartigen Gefässen von oft ganz bedeutender Höhe. Flaschen-
oder Krugformen sind selten. Einige Gefässe waren verziert oder
bemalt. Unter den Verzierungen erscheinen Parallele, Zickzacklinien,
das sogen, Wolfzahn-Omament, eingestochene Dreiecke, ein Gitter-
Ornament u. s.w. Auch eingravierte Kreise kommen vor. Bei graphiti-i
sierten Schalen finden sich um ein Kreuz gelagerte Dreiecke oder Zick-
zackbänder. Zur Bemalung wurde hauptsächlich die rote Farbe benutzt.
Es sei mir gestattet, noch einmal auf eine Art Schmuckringe
zurückzukommen, die in Grabhügeln nicht selten sind; die sogen.
Gagatringe. In Lunkhofen ist eine ringartige Perle aus Gagat ge-
funden worden, ebenso in einem Grabhügel bei Erattelen (Basel), '
Dei^leichen Perlen, sowie eigentliche Ringe aus Gagat oder Pech-
kohle lassen sich schon in Pfahlbauten nachweisen. So fanden sich
im Kupferzeit-Pfahlbau Lüscherz (Bielersee) Perlen, in Estavayer,
Auvernier, Mörigen, Wollishofen-Zürich u. s. w. Ringe aus dem ge-
nannten Material. Häufig werden die Funde indessen erst in der
Hallstattperiode, wo die Ringe manchmal eine Breite annehmen,
dass ein solcher Schmuck den Vorderarm zum grossen Teil decken
konnte. Derartige Schlaufen oder Armwülste sind in den Grab-
hügeln von Langenthai, von Murzelen bei Wohlen, vom Gross-
holz ob Ins, bei Diidlngen und bei St. Leonard {Wallis} gefiinden
worden. Die gewöhnlichen Ringe Hessen sich in den Hügelgmppen
von Muttenz und Frattelen, von Langenthai, Bolligen (Grauholz),
Neueneckj von Boiflens und Valleyres_(Waadt) u. s. w. konstatieren.
Sie erhielten sich noch in der La T^ne-Periode, wie z. B. Funde
von Schlieren und Horgen im Kt, Zürich, Champagny im Kt. Frei-
burg und in La T^ne selbst beweisen.
Was nun das Material anbetrifft, aus dem diese Schmucksachen
bestehen, so wird dasselbe allgemein als Gagat oder Pechkohle be-
zeichnet. Eine genauere Betrachtung zeigt aber bald, dass man es
in diesen schwarzen Perlen und Ringen mit verschiedenen Materialien
zu thun hat. Einige bestehen in der That aus reinem Gagat,
andere aber sehen aus, als ob sie aus Thon bestunden und sie sind
auch etwa als Thonringe beschrieben worden. Die Armwülste hat
man sogar schon als Holzringe bezeichnet. Einige chemische Ana-
lysen, die Professor Dr. Weber vornahm, machten wahrscheinlich,
dass ein Teil der sogen. Gagatfunde aus bituminösen Schiefem be-
steht, die in weichem, bei^euchtem Zustande sich leicht schneiden
lassen. Daneben aber kommt, wie schon gesagt, wirklich Gagat
vor. Bekanntlich wird derselbe (unter dem Namen Jet) auch jetzt
noch zu Schmucksachen verarbeitet.
zed.yGOOgle
372 Viertes Kapitel.
e) Grächwil bei Meikirch, Im Mantel eines Grabhügels
bei Grächwil, nordwestlich von Bern, entdeckte man Skelete, deren
eines einem Krieger angehört hatte. Bei der rechten Schulter lag eine
Fibel, bei der rechten Hand ein zweischneidiges Schwert aus ala-
mannisch-burgundionischer Zeit, eine sogen. Spatha, und darunter fend
sich ein Dolch mit Eisenscheide. Am rechten Fuss bemerkte man
einen eisernen Sporn. Offenbar haben wir hier eine Nachbestattung
aus frühgermanischer Zeit vor uns. Der Grabhügel selbst aber ist
älter, vorrömisch.
In ca. 2 m Tiefe stiess man auf das alte Grab. Unter grossen
Steinen lag eine prächtige Bronzeurne (siehe Titelbild), mit allerlei
Bildwerk verziert, Sie enthielt die verbrannten Reste eines Leich-
nams. In ihrer Nähe fanden sich Fibeln, Bronzereste, ein Hufeisen,
eine Thonurne und die Bestandteile eines Wagens, wohl des Streit-
wagens des verstorbenen Häuptlings.
Das interessanteste Fundobjekt ist die Figuralurne. Sie besteht
aus dunner Bronze, hat einen flachen Boden, von dem aus die
Wandung, sich bauchig erweiternd, aufwärts steigt. Oberhalb der
beiden Henkel, welche je zwei Leoparden zeigen, die rechts und
links einer PaWette liegen, verengt sich die Urne rasch zum Halse,
der oben sich zum Kesselrand ausweitet Am Hals sitzt ein merk-
würdiges Bronze-Bildwerk. (Siehe Vollbild.)
Auf einer Palmette steht eine geflügelte Göttin, die Erhalterin
alles Lebendigen. Sie trägt eine Krone auf dem Haupte, reichen
Ohr- und Halsschmuck. Der Oberkörper ist unbekleidet; von den
■ Hüften fällt ein gemustertes, enges Kleid zu den Füssen. In der
Hand hält die Göttin je einen. Hasen, das Symbol der Fruchtbar-
keit, und zu beiden Seiten sitzt auf einer Ranke der Fusspalmette
je ein Löwe, mit der einen Tatze das Kleid der Göttin berührend.
Von ihrem Haupte geht ein Schlangenpaar wagrecht nach links
und rechts und auf jeder Schlange ruht ein nach auswärts blickender
Löwe. Über der Krone aber findet sich die Figur eines Adlers.
Das ganze Bildwerk ist gut erhalten und muss wohl als etruskische
Arbeit angesehen werden, wie die Urne selbst mit ihren schönen Griffen.
f) Ins. Das Berner Seeland hat Funde aufzuweisen, die alles,
was in den übrigen Teilen der Schweiz aus Grabhügeln bis jetzt
zum Vorschein gekommen ist, überstrahlen. Zu diesen Funden
gehören auch diejenigen von Ins. Im Grossholz bei Ins_(Anet)
unweit des Bielersees fand man 14 Tumuli, deren Inneres sowohl
Leichenbrand als Skeletgräber enthielt und als Toten-H^igaben
kamen Gagat- und Bronzeringe, Gürtelbleche, Goldschmuck, Bronze-
kessel u. s. w. zum Vorschein. Der Fund ist durch den eifrigen
zed.yGOOgle
Bildwerk auf der Bronze-Urne von Grachwil (Bern).
Digitized^yGOOgle
DiBiimd, Google
Die Eisenzeit. ^^3
Forscher G. de Bonstetten beschrieben worden. Es genügt, hier
die wichtigsten Fundstücke hervorzuheben.
Zunächst sei eine Ciste erwähnt, d. h. ein gerippter Bronzekessel
von cylindrischer Form, mit Henkeln aus Bronze. Ein ähnliches Ge-
fäss kam bekanntlich auch in einem Grabhügel vom Grauholz (Gemeinde
Bolligen) unweit Bern zum Vorschein, zusammen mit den Resten eines
Wagens. Die Heimat der Cisten ist, ähnlich derjenigen der Situlae,
in Italien und dem angrenzenden Österreich zu suchen. Es kommt
in unsem Grabhügeln noch eine rundliche Art Bronzekessel vor.
Wir erwähnten einen sol-
chen bei den Funden
von 2^3llikon, Ein an-
derer solcher Kessel fand
sich in einem Grabhügel
von Düdingen ( = Guin) " ^'E- 3^'-
. r" ■ j- Kugelige Knöpfe, mit Goldblech überiogen, aus
neben Eisennneen, die ,- t,i.,i i i, ■ i
& J einem Grabhügel bei Ins.
mit Gold überzogen waren,
einer Gagat-Armschlaufe, einer vergoldeten Paukenfibel, Gürtelblech-
resten, W^enradreifen u. s, w.
Vom Grossholz bei Ins stammen auch Fragmente von Gürtel-
blechen aus Bronze, die teils durch getriebene Arbeit, teils durch
^^V
Fig. i(>2-
Goldblech aus eisem Grabhügel bei Ins (Anct).
Tremolierstich verziert waren. Neben Gagatsch laufen lagen ähn-
liche Armbänder aus Bronze, Diese Tonnen-Armwülste sind reich
verziert und fanden sich auch in den Hügeln von Allenlüften bei
Mühleberg, in Dozigen, Bannwil und, wie wir oben gesehen haben,
in ostschweizerischen Grabhügeln.
AufTallend in den Tumuli von Ins war der reiche Gold-
schmuck. Da fand man kugelige Knöpfe, mit prächtig verziertem
Goldblech überzogen (Fig. 361, a und d), mehrere massive kleine
Goldringe, ähnlich denjenigen vom Grauholz, eine Goldkette
und mehrere Goldbleche, die als Schmuckscheiben anzusehen
zed.yGOOgle
J74 Viertes Kapitel.
sind (Fig. 362), Sie tragen als Verzierung Kreise mit Punkten,
Dreiecken, Rauten u. s. w. in getriebener Arl)eit, jeweilen durch
kreisförmige Leisten voneinander getrennt. Der Fund von Ins ist
eine Zierde des Berner Museums, wohin er als Geschenk mit der
Sammlung Bonstetten gelangte.
g) Die Grabhügel von Bofflens (Waadt) hatten im Innern
Steinkerne und unter denselben lagen Skelete. Dabei beiänden
sich Schmucksachen, wie man sie zum Teil in den Flachgrabem
des Südens, nicht aber in Grabhügeln der schweizerischen Hoch-
ebene anzutreffen gewohnt ist, z, B. Gürtelhaken aus Bronze {statt
der Gürtelbleche). Zwei Bronzedolche weisen die alte Form mit
Nietn^eln auf, zwei Kinderklappem erinnern an Einzelfunde der
Bronzeperiode. Daneben erscheinen hohle und massive Ringe aus
Bronze oder Eisen, eine Nadel mit flachem Kopfe, eine Paukenfibel
mit Bügel- und Fusspauke, Bronzebeschläge, Gagatringe u, s, w.
Nur selten kommen, wie im Mönchhof
tbei Ober-Neunforn im Kt. Thurgau, Schlangen-
6bein in Grabhügeln vor (Fig. 363), noch sel-
tener sind Fibeln mit hornartigen Fortsätzen
(Burghölzli bei Zürich), und was das Vorkom-
men von Früh-La Töne-Fibeln anbetrifft, so
bilden auch diese Fälle Ausnahmen. Wenige
Tumuli reichen in die Früh-La Tine-Zeit
hinein und was an Jüngern Gräbern in Grab-
F'E- 3*3- hügeln der Schweiz gefunden wurde, gehört
Schlangenfibel a«s Ober- ^n^^ ^^ Nachbestattungcn. Es ist bei uns
Neunfom. ..... , ... ,
nicht em einziger^ wissenschaftlich unter-
suchter Tumulus bekannt, dessen Entstehung einer Jüngern, als der
Hallstattperiode zugerechnet werden muss. Wohl fand man hier und
da in Grabhügeln Reste aus römischer oder Gräber aus alamannisch-
burgundionischer Zeit, aber die Tumuli selbst sind älter, als jene
Funde und bei genauem Zusehen finden sich überall Reste eines
altern, freilich manchmal durch die Nachbestattung zerstörten Grabes.
2. Die Flachgräber der südlichen Schweiz. Das von himmelan-
strebenden Bergen eingefasste obere Rhonethal, die nach Süden
offenen Thalschatten von Tessin und Graubünden, sowie das Quell-
gebiet des Rheins waren schon lange vor der Römerzeit bewohnt,
zum Teil sogar dicht bevölkert. Aber die Kultur, die uns in den
prähistorischen Funden jener Teile des heutigen Schweizerlandes
entgegentritt, weicht in mancher Hinsicht von derjenigen der
Hochebene ab. Gerade was die Eisenzeit angeht, so haben wir
im Tessinthal und im Misox eine altitalische Kultur, während
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit.
375
nordwärts der Alpen die echte Ha II Stattkultur vorliegt. Im Kt Wallis
ist es recht schwierig, Hallstatt- und La T^ne-Funde zu unter-
scheiden, da sich die Kultur der Eisenzeit in diesem abgeschlossenen
Gebirgslande in einer ganz eigenartigen Weise manifestiert
a} Die eisenzeitlichen Gräber des Wallis. Als die „Rue
de Lausanne" in Sion (Sitten) erstellt und zu beiden Seiten der-
selben Fundament-Grabungen vorgenommen wurden, sttess man auf
ein ausgedehntes Grabfeld, dessen älteste Teile in die Bronzeperiode
zurückreichten, das aber besonders in der ersten Eisenzeit benutzt
worden sein muss. Eines der zuerst entdeckten Gräber dieses Fried-
hofs enthielt ein Skelet. Auf der Brust des Toten lag ein Gürtel-
haken italischer Form, beim Kopfe ein Halsring mit Torsion und
eingerollten Enden; bei den Armknochen fend man Bronzespangen,
die mit dem sogen. Walliser Ornament, d. h. Kreisen mit scharf
markiertem Mittelpunkt, verziert waren, sowie einen „Ring aus Holz"
oder sogen. Gagat. Ein Gürtelhaken derselben Art wurde auch in
einem der Gräber am Heidnischbühl bei Raron gehtnden. Rit^
mit eingerollten Enden und tordiertem (gedrehtem) Mittelstück sind
im Wallis häufig zum Vorschein gekommen.
Drei Meter von dem eben besprochenen Grabe der Rue de
Lausanne entfernt, fand man ein Skelet mit Halsring und Armband.
Westlich neben dem heutigen „Hotel de la Poste" (früher D^pen-
dance) stiessen die Arbeiter in lo Fuss (3 m) Tiefe auf Kohlen und
Knochenreste und bei denselben lagen einige Bracelets. Im hintern
Teil des Gebäude-Fundamentes wurden in 2,5 — 3 m Tiefe Skelete
und Urnen gefunden. Jede der letztem war mit einem Stein zu-
gedeckt und enthielt Asche, Erde und verbrannte Knochen,
Westlich neben diesem Hause wurde ebenfalls ein Fundament
au^ehoben und auch da kamen Gräber zum Vorschein. Sie enthielten
Skelete in Steinkisten. Einer der aufgefundenen Schädel ist das
Original zu dem von His und Rütimever in den „Crania helvetica"
angestellten Siontypus. Die Gräber, aus denen er stammt, enthielten
ein Fibelfragment und zwei kleine Bronzeringe.
Auf der andern Seite der Strasse, dem eben genannten Fund-
orte gerade gegenüber, kamen in 5 m Tiefe Gräber zum Vorschein.
Sie enthielten nach Thiolv einfache, gekerbte und tordierte Bronze-
spangen, ein flaches Gehänge von der Form eines vierspeichigen
Rädchens, ein Brillengehänge, ein Stück durchbrochen gearbeitetes
Gürteiblech und ein typisches Hallstatt-Kurzschwert mit gegabeltem
GrifTende (Fig. 364). Ein doUchocephaler Schädel aus diesen Grabern
gehörte einem Greise.
Westlich von dieser Fundstelle wurden ebenfalls Bronzen ent-
zed.yGOOgle
»76 Viertes Kapitel,
deckt und zwar ein Torquis (Halsring) und Armspangen, die jetzt
im Museum von Sitten liegen, während andere Funde in die Samm-
lungen von Genf, Lausanne, Bern, Zürich u. s. w. gelangten.
Ausser dem Grabfeld l)ei der Rue de
Lausanne in Sion sind im Kt. Wallis noch
mehrere andere zum Vorschein gekommen,
die ebenfalls der ersten Eisenzeit oder der Hall-
stattperiode zugerechnet werden müssen. Be-
reits haben wir einen Grabfund von Raron
genannt und in Grimisuat oberhalb Sion fand
man in einem Grabe Bronzespangen mit
Resten eines Gürtelblechs. Ein schöner Hall-
stattfund liegt im Museum auf VaJire in Sion,
Er stammt aus dem an Funden aller Art so
ausserordentlich reichen Conthey, westlich von
Sitten. In dem Weiler Sensine daselbst fend
man nämlich 1890 dünne Bronzefragmente,
die mit reicher Linear-Omamentik versehen
waren und als Reste eines Gefasses betrachtet
wurden. Ausserdem aber kamen noch zwei
schmale Armringe und Fibelfi-agmente zum
Vorschein. Jene verzierten Bronzereste sind
nun aber Teile eines Tonnen- Armwulstes.
Dieser Schmuck kommt, wie wir gesehen, in
Grabhügeln der schweizerischen Hochebene
nicht selten vor und gehört bei uns zu den
Typen der Hallstattperiode.
Im Jahr 1SS4 fand man in „Sensina"
ein mit Steinen umgebenes Grab ohne Deck-
platte, Es enthielt ein Skelet und schwere
Bronzespangen mit Walliser Ornament, Einen
andern Grabfund aus Sensine enthält das
Bemer historische Museum, Derselbe besteht
Fig. 364, aus massiven Bronzespangen, die mit dem
Hailsutt-Schwert aus einem Walliser Ornament geschmückt sind, und bei
(irab ^-on SiUen (Sion). ^j^^g^n^n ^^^ gj^^ Mittel -La Tine-Fibel.
Der Fund gehört also der zweiten Eisenzeit an und er bestimmt das
Alter der schweren „Walliser Spangen",
Gräber der La Tene-Zeit sind im Wallis häufig. Sie beweisen,
dass das Land damals dicht bevölkert war. Nicht bloss das Rhone-
thal, sondern auch die Seitenthäler müssen zahlreiche Bewohner
gehabt haben.
zed.yGOOgle
■ ^'' Die EUenzeit. yj-j
In Sembrancher fand man 1882 in einem Grabe das Skelet
einer jungen Frau. Bei demselben lagen vier Ringe und zwei Thon-
gefasse. Das eine Gefass befand sich beim Kopfe der Toten, das
andere in der Mitte des Grabes. Die Bronzespangen tragen das
Walliser Omameiiit. Ein Glasring wurde beim Aufdecken des Grabes
zerbrochen. Ein zweiter Ring, aus dunkelviolettem Glase bestehend,
lag zii Füssen des Skeletes.
Noch weiter hinten im Bagnesthal konnte Keber zahlreiche
Gräber konstatieren. Einige derselben sollen Bronzen und Töpfer-
ware enthalten haben. In einem Grabe von Bruson fanden sich
zwei schwere Bronzespangen mit tief eingegrabenem Walliser Orna-
ment und ein Glasring von dunkelvioletter Farbe.
Zwischen Martigny und Sion, auf der linken Seite der Rhone,
liegt Riddes, von wo der Inhalt vieler Gräber aus römischer und vor-
römischer Zeit ins Schweizerische Landesmuseum nach Zürich ab-
o o
Fig. 365. Fig. 366.
BtoQzespaDgeD aus GriberD von Savi^se.
geliefert wurde. Darunter befinden sich zahlreiche Thongefässe.
Ausserdem kamen in der Nekropole von Riddes schwere Walliser
Spangen und Fragmente von solchen vor, silberne Ringe, römische
Münzen und Fibeln,
Von der Höhe über Riddes schaut Is^rable zu Thal. Einen
prächtigen Grabfund aus Isärable besitzt das Historische Museum
Bern. Der Fund datiert aus der Mittet-La T^ne-Zeit. Er besteht
in einer schweren, viergliederigen Spange aus tordiertem Silberdraht,
zwei Fragmenten von violet-roten Glasringen und einem nahezu
kompleten Ringe aus durchsichtigem Glas mit eingebrannter gelber
Folie. Von demselben Fundorte stammen Reste einer dünnwandigen
Urne und dicke Scherben, die einem schüsseiförmigen Gefass an-
gehört haben mögen. Das Universitäts-Museum Genf besitzt eine
massive Walliser Spange aus Is^rable.
Die Gegend von V^troz, Conthey, Saviese (Fig. 365 und 366),
Sion (Fig. 367) war in der zweiten Eisenzeit besonders dicht bevölkert;
auch in und bei Sierre (Siders) (Ftg. 368) sind zahlreiche Funde aus
dieser Epoche zum Vorschein gekommen. Gegen das Oberwallis
Digitized^yGOOgle
378 Vierte» K«pitel.
und in den Seitenthälem sind die Gräber weniger häufig, aber die
eisenzeitlichen Funde lassen sich im Boi^nethal bis H^r6mencc, im
Einfischthal bis St. Luc, in den Visperthälem bis Zennatt und im
Rhonethal selbst bis hinauf nach Aemen und Reddngen, also bis in
die Nähe der Furka verfolgen.
Besonderes Interesse erregen die Gräber der Eisenzeit an Pässen,
so diejenigen am Grossen St. Bernhard, an der Furka und der
Gemmi. In Leukerbad sind mehrfach eisenseitliche Funde gemacht
worden. Bei den Häusern Zer Coppen wurde im Anfang des
XIX. Jahrhunderts ein Skelet in einer Steinkiste entdeckt und wenig
später fanden sich zwei ähnliche Gräber unweit des Weges nach der
Gemmi. Am rechten Ufer der Dala kam ein Skelet mit Bronze-
Fig. 367. Fig. 368.
Bronzespaoge mit Walliser-Ornamenl Bronnspange hui eiaem Grab von
aus Sion. SJerre.
Armbändern zum Vorschein. Beim Fundamentieren des „Hotel des
Alpes" stiess man wieder auf Kistengräber mit Skeleten. An Bei-
gaben wurden eine Fibel, Ringe und Spangen aus Bronze, sowie
ein Thongefass entdeckt. Römische Münzen und Gefässe aus diesen
Gräbern sollen verloren gegangen sein.
Am Wege nach der Alp Clavinen, beim ehemaligen „Bain des
Gu^risons", kamen 1886 mehrere Gräber zum Vorschein. Die Bei-
gaben bestanden in Bronze- und Eisenringen, Fibeln und Knöpfen.
Der Fund wurde von Thiolv zuerst als aus dem Lötschenthale
stammend publiziert; später berichtigte er seine Angaben. Die
Spalten aus diesen Gräbern haben als Finger-, Arm- und Bein-
schmuck gedient und zeigen das bekannte Walliser Ornament Die
grösseren Spangen sind, wie das auch bei vielen anderen Walliser-
funden konstatiert wurde, in der Mitte eigentümlich geknickt und
au^ebogen (vgl. Fig. 377 Seite 380).
Einen sehr schönen Grabfund von Leukerbad erwarb 1890 das
Historische Museum in Bern (Fig. 369 — 376). Er enthält Bronzespangen
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit,
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„d, Google
igO Viertes K^itel.
mit Walliser Ornament, Bronzeringe mit Kerben, andere mit Linear-
Verzierungen, einen kleinen Ring, ein Schmuckblech von getriebener
Bronze, eine Fibel, wie sie besonders aus der norditalienischen
Nekropole von Golasecca bekannt geworden (Fig. 375) und mehrere
Frtih-La Tene-Fibeln. Dadurch ist die Gleichalterigkeit der relativ
dünnen Bronzespangen mit Walliser Ornament und der Friih-La
T^ne-Fibeln bewiesen.
Im Juni 189Ö erhielt das Schweizerische Landesmuseum einen
ähnlichen Fund von Leukerbad. Derselbe bestand aus acht auf-
gebogenen Bronzespangen mit Walliser Ornament {Fig. 377 a — d),
wovon eine zerbrochen war, femer zwei gekerbten Spangen und
einer massig dicken Bronzespange mit Walliser Ornament. Die
erstgenannten Schmuckgegenstande lagen an Beinknochen.
Fig- 377.
Broniespangen aus einem Grab von leukerbad.
Die Funde aus dem Lötschenthal enthalten neben aufgebogenen
Walliser Spangen auch mehrere Fibeln, worunter Golasecca- und
Certosa- Typen. Sie beweisen, dass das schöne Thal an der Lonza
schon in der Eisenzeit Bewohner aufzuweisen hatte. Die ersten
Ansiedler scheinen aber nicht vom Rhonethal her eingedrungen zu
sein, sondern auf dem leicht passierbaren Wege vom Gemmipasse,
der, wie wir gesehen, eine uralte Verbindungslinie zwischen dem
Rhonethal und dem Thal der Aare darstellt.
b) Eisenzeitliche Gräber im Tessin und Misox. Der
Kanton Tessin ist sehr reich an vorgeschichtlichen Resten. Seit die
Aufmerksamkeit der Archäologen diesem Teile der Schweiz zu-
gewendet wurde, sind daselbst mehrere wichtige Funde gemacht
worden. Manche derselben gehören der Eisenzeit an. Gleich zu
oberst im Tessinthaie, bei Airolo, fanden sich solche Gräber, welche
dann aber weiter unten im Thale zahlreicher werden, wie Funde bei
Lavorgo und Freggio (Fig. 378), besonders aber diejenigen aus der
Umgebung von Bellinzona beweisen.
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit jgl
In Arbedo kamen im Jahre 1874 vier aus Feldsteinen gemauerte
Gräber zum Vorschein. Sie enthielten Skelete, ein gelbrotes Thon-
gefäss und viele Schmucksachen. Die letzteren bestanden in Nadeln,
Ringen, Gehängen und einem Gürtelhaken aus Bronze, in Glas-
korallen und Bernstein-Objekten, Unter den Fibeln treffen wir wieder
den Golasecca-Typus, der auch bei Freggio (Gemeinde Osco) ge-
funden wurde. Der Gürtelhaken besteht aus dünnem Bronzeblech
■ von ovaler Form. An einem Ende des Bleches wurde er am Leder
befestigt, das andere Ende
weist einen Haken auf Die
Oberfläche dieses Schmuck-
gegenstandes zeigt Buckei
und Leisten, ähnlich dem 1
Gürtelhaken von Lavorgo
(Gemeinde Calonico). Diese I
Leisten und Buckel sind
von innen herausgetrieben.
Die Gehänge bestehen in
Bronzeringen, welche aussen
knopfartige Fortsätze haben, ^'^- ^^^-
■ " ' Gürle*' — ' — — "-^"^ '
in amuletartigen Stücken aus
Bronze, in blauen Glasperlen,
die bis i cm Durchmesser aufweisen und in Bernsteinkugeln.
Ein grosses Gräberfeld der Eisenzeit, das sich wohl der am
untern Tessin entdeckten Nekropole von Golasecca an die Seite
stellen darf, kam bei Molinazzo in nächster Nähe von Arbedo
zum Vorschein und zahlreiche ähnliche Funde wurden in Castione,
Cerinascia u. a. O. gemacht Zu wiederholten Malen entdeckte man
daselbst Gräberfunde, aber erst in der letzten Zeit ist eine mehr
planmässige Untersuchung ins Werk gesetzt worden. Die Gräber,
deren Zahl auf ca. 1 50 geschätzt werden kann, enthielten teils Skelete,
teils waren es Brandgräber. Die Beigaben kamen in grosser Anzahl
zum Vorschein und bestanden hauptsächlich in Schmucksachen.
Waffen waren selten. In vielen Gräbern fand man Thon- oder Bronze-
gefässe. Die ersteren gleichen Bechern (Fig. 379), die letztern
zeigen Topf- und Krugformen; auch Schüsseln kamen vor. Die
Farbe der Thongefässe ist grau, gelb oder rötlich. Manche sind
bemalt, einige verziert. Die Bronzegefasse gehören zur Gruppe der
Situlae (Fig. 380), der Cisten (Fig. 381), einige sind, wie Töpfe, mit
Ausgussöffnung und seitlichen Henkeln versehen {vei^l. auch Fig. 382).
Daneben erscheinen Schnabelkannen (Fig. 383).
Unter den Schmucksachen fallen vor allem die Fibeln auf, an
a getriebener Arbeit an
(Osco).
zed.yGOOgle
382
Fig. 379.
Thonbecher aus einem Grab v
Mollnazzo bei Arbedo.
Fig, 381.
BroDzeciste aus einem Grab v
Cerina&cia (Tessin),
Fig. 382.
Bronzegefass aus einem Grabe «
Castione (Tessin).
Fig. 383-
Fig. 384.
Fig. 385.
Schlangenfibel aus einem
Homfibel aus einem
von Castione (.Tessin).
Gt^ von Molinazio bei
Arbedo.
bei Arbedo.
„d, Google
Die Eisenzeit.
Fig. 386. Fig. 387.
ut Grabern von Castit
(T^md).
w
Fig. 389.
Fig. 388.
Einschneidiges
Certosafibel aus einem
Schwert aus
Grab »on Castione
Molinuio bd
(Tesrin).
Arbedo.
Fig. 390-
Schwert mit Scheide a
einem Grabe von Castio
„d, Google
384 Viertes Kapitel.
denen oft zahlreiche Zieraten hangen. Besonders häufig sind die
Schlangen- und Hornfibeln (Fig. 384 u, 385), Golaseccafibeln mit
geradem (Fig. 386 u. 387) und die sogen. Certosafibeln (Fig. 388) mit
aufgestelltem Fuss. Selten erscheinen einfache Bügel-, sowie La T^ne-
hbeln. Am zahlreichsten sind die Gehänge. Sie bestehen zum Teil
in breioquen-artigen Bronzen, zum Teil aber in Bernsteinperlen, deren
Zahl sehr gross ist. Ausserdem kommen unter den Gehängen
auch kleine Ringe aus Bronze, amuletartige Stücke u. s. w. vor. Die
Gürtelbleche gleichen mit ihren getriebenen Leisten und Buckeln
denjenigen von Arbedo und Lavorgo. Auf einigen derselben er-
scheinen auch eingeritzte oder getriebene Tierfiguren.
Die Waffen bestehen zumeist in Schwertern (Fig. 389 u. 390),
doch sind selbst Helme (Fig. 391) zum Vorschein gekommen.
Ein Gräberfeld, das seinem Inhalte nach demjenigen von Moli-
nazzo gleicht, befand sich bei Castaneda an der Einmündung des
Calancathals ins Misox. Das Dörflein Castaneda liegt etwa eine
halbe Stunde oberhalb des schönen und grossen Dorfes Grono, am son-
nigen, fruchtbaren Bergabhange, umgeben von Kastanien- und Obst-
bäumen. Die Kirche, der Friedhof und einige benachbarte Häuser
stehen auf einer kleinen Ebene. Östlich davon, an den Friedhof
anstossend, trifft man Baumgärten, in denen man etwa nach Sand
gräbt Bei dieser Arbeit kamen in einer Ausdehnung von 15 — 20 m
alte Gräber zum Vorschein. Diese waren aus Steinplatten gebildet
und mit solchen zugedeckt. Sie lagen in der Tiefe von ca. i m.
Schon 1 87 5 wurden Grabfunde gemacht, sodann 1878, 1 880,
1882 u. s. w.
Auch in den Gräbern von Castaneda fand man Thongefasse
und Bronzekessel, getriebene Gürtelbleche, Fibeln, meist von Gola-
secca- und Certosa-Typus, Spangen, Ringe, ganz besonders aber
Hängeschmuck aus Bronze und Bernstein.
Etwas jünger, als die eben beschriebenen Grabfelder sind Gräber,
welche weiter oben im Misox entdeckt wurden. Schon beim Bau
der neuen Bemhardin Strasse (1818; sollen beim Weiler Breca, ober-
halb Mesocco, 24 Gräber zum Vorschein gekommen sein, welche
Skelete und Bronzen enthielten. 1831 fand man (römische?) Münzen.
In den achtziger Jahren wurden neue Funde gemacht, die beweisen,
dass das Gräberfeld bei Breca noch in römischer Zeit benutzt
wurde. Es fanden sich nämlich nach freundlichen Mitteilungen von
Major H. Caviezel vier Gräber, die 65 — 125 cm tief lagen. Sie waren
aus kleinen Steinen gebildet und mit je einer grossen Steinplatte
bedeckt Der Inhalt bestand aus La T^ne-Fibeln, worunter solche
von einer Form, die bis jetzt nur im Misox gefunden wurde, aus Bronze-
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit. ^g^
ringen, einem Fingerring aus Weissmetall (Zinn oder Blei?), einer
Bernsteinperle, einer gerippten Glasperle, einer Perle aus Silber, einer
Bronze-Pincette , einem Eisennagel, Messern und Lanzenspitzen aus
Eisen u. s. w. Jedes Grab enthielt einen Krug und einen Becher
oder eine Schüssel. Eine Bronzeurne war nur in Fragmenten vor-
handen. Dazu kommen noch vier römische Münzen der ersten
Kaiserzeit, eine Fibel mit römischer Inschrift, sowie römische Thon-
gefasse.
Die italische Kultur reichte also auch in die nach Süden
offenen Thäler der Schweiz; nordwärts der Alpen aber finden wir
bloss einige zersprengte Fundstiicke, welche an sie erinnern.
3. Die La Tine-Graber der sckweizerischen Hochebene. Ums
Jahr 4cx> vor Christo verschwand allmählich in unseren Gegenden die
Sitte, in Grabhügeln zu beerdigen. Die damaligen Bewohner der
Schweiz kehrten zur Erstellung von Flachgräbern zurück. Es sind dies
aber keine kleinen Grabkisten, wie sie in der Steinzeit vorkamen,
auch keine aus grossen Steinplatten erbauten Särge, wie sie in
der Völkerwanderungs- Periode üblich wurden; sondern es sind ein-
fache Gruben in flacher Erde, in welche die Toten gelegt wurden.
Die Leichen befinden sich in ausgestreckter Lage und nur hier und
da umgab man sie mit einem trockenen, d. h. ohne Mörtel er-
richteten Mäuerchen, das zu ihrem Schutze diente. Verbrannte
menschliche Knochen fehlen fast ganz; der Leichenbrand kommt
während der La Tdne-Zeit in der Schweiz selten vor.
Die Flachgräber der La T^ne-Zeit finden sich nicht nur im
Gebiet, wo Grabhügel vorkommen, sondern in allen Teilen unseres
Landes. Wir haben sie bei der Betrachtung der Gräber aus den
südlichen Alpenthälern mehrfach angetroffen und zwar sowohl im
Wallis, wo sie von einer stellenweise dicht wohnenden Bevölkerung
Zeugnis ablegten, als im Tessin. La T^ne-Gräber fanden sich femer
im Misox, aber auch in dem Teil des Bündnerlandes nordwärts der
südlichen Stammkette der Alpen. So ist in Luvis, südlich vom
Städtchen Ilanz, ein Grabfeld der Früh-La T^ne-Zeit entdeckt worden.
In der Nähe der steinernen Brücke über die Glenner, auf der linken
Seite des Val Pilacus, suchte man Material zur Beschotterung der
Strasse. Da stürzten von dem oben liegenden Gelände Gräber
herunter, Sie stammten aus Gräbern, weiche von Steinen gebildet
waren. Anfangs schenkte man denselben keine grosse Aufmerksam-
keit, doch gelangte schon 1887 eine sehr interessante Früh-La T^ne-
Fibel nach Chur. Der quer gerippte Bügel derselben trug eine
Längsrinne, in welcher Email oder Korallen eingesetzt gewesen war
Auf dem zurückgebogenen Fusse befand sich eine Platte, auf welcher
HcLerlL, UtgcMhichie der Schwtii. »S
zed.yGOOgle
386 Viertes Kapitel.
Email befestigt gewesen und über dieser Platte endigte der Fibel-
fuss in ein roh modelliertes menschliches Köpfchen.
Unter den Funden von 1892/93 ist besonders eine Kette aus
Bronzeringen zu erwähnen. An einem Ende der Kette schhesst ein
Haken ab, der in eine Art rohen Tierkopfes ausläuft; das andere
Kettenende bildet ein dreieckiges Bronzeplättchen, welches auf der
Basisseite drei Aufhängelöcher besitzt In zweien derselben sind
an Kettchen befindliche tonnenartige Gehänge befestigt, während
das dritte Gehänge fehlt. Ähnliche Ketten kommen in Gräbern der
La T^ne-Zeit nicht selten vor.
In der schweizerischen Hochebene finden sich solche Gräber
und Grabfelder häufig und auch im Gebiet des Jura fehlen sie nicht
In nächster Nähe des Bodensees kamen Grabfiinde der La T^ne-
Zeit bei Arbon und Kreuzungen zum Vorschein. An der west-
lichen Grenze des Thurgau's wurde ein Kriegergrab entdeckt, das
derselben Epoche angehört. Als man nämlich 1843 die Strasse
von Diessenhofen nach Andeltingen erstellte, wurde beim Dickehof,
Gemeinde Schlatt, bei Abtragung eines 3 m hohen natürlichen
Hügels ein Eisenschwert mit Scheide, eine Lanze und ein gekerbter
eiserner (Schwertkoppel -)Ring gefunden. Diese Objekte befinden sich
jetzt im Schweizerischen Landesmuseum.
Was den Kanton Zürich betrifft, so sind Gräber aus dem
älteren Abschnitt der La T^ne-Zeit, also aus dem vierten und dritten
vorchristlichen Jahrhundert von Rüti bei Winkel, Altstetten bei
Zürich, Ober-Redlikon bei Stäfa, Dachelsen bei Mettmenstetten
u. s. w. bekannt geworden. Dem zweiten und ersten Jahrhundert v. Chr.
gehören Gräber an, die bei Weisslingen, Wetzikon, in Zürich,
Horgen, Hedingen, in Mettmenstetten und anderen Orten zum
Vorschein kamen.
Zürich war, wie wir gesehen haben, in der Eisenzeit eine nicht
unbedeutende Ansiedelung und auf dem benachbarten Ütliberg er-
hob sich schon dazumal der feste grosse Wall, der den Gipfel zu
einem Refugium abschlo.ss. Man durfte also erwarten, bei Zürich
auch Gräber aus der genannten Periode zu finden. In der That
hat man im Burghölzli Grabhügel entdeckt. In denselben wurden
Gräber der ersten Eisenzeit (Hallstattperiode) und Nachbestattungen
aus alamannisch-fränkischer Zeit gefunden. Die zweite Eisenzeit ist
als Früh-La T^ne-Periode in Gräbern auf dem Ütliberg und in Enge
vertreten, als Mittel-La Ti!;ne-Periode in Gräbern von Wiedikon.
An letzterem Orte fanden sich sogar einzelne Münzen in den Gräbern
und zwar sind es „gallische" Potinmünzen, Sie lagen bei den Ober-
schenkeln der Skelete.
zed.yGOOgle
Die Eüeozeit. igy
Einen noch schöneren Münzfiind machte man in einem reichen
Frauengrabe in Horgen am Zürichsee. Bei Strasscnarbeiten im
„Thalacker" daselbst kamen nämhch bei menschlichen Knochen eine
Bronzekette, eine silberne Mittel-La T^ne-Fibula, ein sc^en. Gagat-
ring, zwei mit fischblasenartigem Ornament verzierte Glasringe vor,
ferner ein silberner Fingerring mit Gemme, zwei goldene Finger-
ringe, eine Goldmünze und .endlich ein Topf, der auf der Dreh-
scheibe erstellt worden war {Fig. 392 — 401}.
Das Grab von Horgen enthält eine Reihe von Gegenständen,
die fiir die letzten zwei Jahrhunderte vor Christi Geburt typisch sind,
so die Glasringe und die Fibel. Gtasringe kamen auch in den
der Mittel-La Tine-Zeit angehörenden Gräbern von Wetzikon und
Hedingen vor, und wir werden sie in den Gräbern von Mettmen-
stetten, Bern, Champagny, Echallens u. s. w. wieder treffen. Die
Horgener Glasringe sind durch Kobalt blau gefärbt Die Ringe
aus hellem, durchsichtigem Glase, welche in dem Grabe vom
Buchgrindel bei Wetzikon zum Vorschein kamen, besitzen auf
der Innenseite eine eingebrannte Folie, welche den Ring gelb
erscheinen lässL Im Grabe von Medikon (im sogen. Sandbühl)
bei Wetzikon lag auch ein kleiner Glasring mit gelber Folie, da-
neben eine eiserne Mittel-La T^ne-Fibel, ein Bronzering, ein Spiral-
ring aus demselben Material und, wie im Grab von Hoigen, ein
„gedrehter" Topf Die Drehscheibe muss in der heutigen Schweiz
während der mittleren La Tine-Zeit bekannt worden sein.
Die interessanteste Grabbeigabe in Horgen ist ohne Zweifel
die Goldmünze. Sie zeigt auf dem Avers einen lorbeerbekränzten
Kopf, auf dem Revers ein Zweigespann mit Wagenlenker.
Zwischen den Füssen der Pferde ist ein symbolisches Zeichen,
ein Vogeikopf mit Wickelschwanz. Unten trägt der Revers eine
Inschrift, in griechischen Lettern geschrieben. Es ist eine Ver-
stümmelung des Wortes Philippos und dadurch erweist sich die
Münze als eine barbarische Nachahmung von Goldmünzen des
makedonischen Königs Philipp. Solche Philippermünzen mögen von
Massilia aus in die keltischen Länder gekommen sein.
In Dachelsen, Gemeinde Mettmcnstetten, sind Flachgräber
mit Bronzeringen und Früh-La T^ne-Fibeln zum Vorschein ge-
kommen. Unter den ersteren ist ein eigentümlich gebogenes Ring-
lein bemerkenswert, das in seiner Form den Ringen ähnelt, die
heute noch in Ostindien als Fussschmuck verwendet werden. Der-
artige Ringe sind bis jetzt in der Schweiz nur aus Früh-La Tine-
Gräbern bekannt (Vgl. Vollbild zu Seite 389.}
Auf der Allmend Ober-Mettmenstetten wurden Gräber der
zed.yGOOgle
388
Fig- 392-
Brooiekette au» einem Grabe bei Horgen.
Fig- 393-
Silberfibel aus einem Gral>c
Fig. 394-
Gagatring auE einem Grab« von Horg«n.
Fig. 395 und 396.
Blaue Glasringe aus einem Grabe von Horgen.
Fig. 397-
Silbemng mit Gemmt
einem Grabe von Ho:
Fig. 398. Fig. 399.
Goldhnge aus Horgen.
a Fig. 400. 6
Goldmanie (Fhüipper) aus Horgci
Fig. 401.
„Gedrehter" Topf ai
Digitized^yGOOgle
Eisenzeitlicher Grabfund von Steinhausen (Zug).
Digitized^yGOOgle
„d, Google
Die Eisenzeit
389
Mittel-La T^ne-Zeit entdeckt. Sie enthielten Fibeln, Glasringe mit
gelber Folie und einen „gedrehten" Topf.
Der Kanton Zug hat, wie die übrige Centralschweiz, noch
keinen Grabhügelfund geliefert, wohl a^er wurden daselbst La T^ne-
Gräber entdeckt, so in Steinhausen, nördlich von Zug. In diesen
Gräbern lagen zahlreiche Bronzelibeln , die zum Teil der Früh-
La Töne-Zeit, zum Teil aber der Übergangsperiode zu Mittel-
La Töne zugeschrieben werden müssen (Siehe beistehendes Vollbild;.
Die eine dieser Fibeln zeigt auf dem Bügel (als Verzierung' drei
konzentrische Kreispaare. In einem dieser Kreispaare ist das sogen.
Triquetrum dargestellt.
Auch Bronzeringe fand man in den Gräbern von Steinhausen,
die in einer Kiesgrube entdeckt wurden. Ein gekrümmtes Ringlein
hat durchaus die Form desjenigen von Dachelsen. In Töne-Grabem
von Ober-Ebersol (Luzemi und Gempenach kam derselbe Ringtypus
zum Vorschein. Ein Armring ist mit kleinen Perlen geschmückt;
ein anderer Armring zeigt Verdickungen und zwischen denselben
erkennt man an drei Stellen je ein menschliches Gesicht.
Bei einem der Skelette von Steinhausen lag eine Potinmünze.
Sie gleicht den Münzen aus den Gräbern von Wiedikon-Zürich.
Der Avers zeigt eine sehr rohe Darstellung eines behelmten Kopfes,
der Revers das Einhompferd. Die Münze gehört also zu den in
der Schweiz so häufigen Sequanermünzen.
Das in der luzemischen Gemeinde Hohenrain gelegene Ober-
Ebersol ergab einen Grabfund der mittleren La Tene-Zeit und
gleichaltrig damit ist ein Kriegergrab im Kanton Aargau, wo
übrigens La Tene-Gräber mehrfach nachgewiesen sind, z. B. in
Villmergen, Lenzburg, Hausen. Nahezu 2 m tief in Kies gebettet,
fand man bei Mandach ein Eisenschwert, eine eiserne Lanze und
einen Schildbuckel aus demselben Metall. Das Schwert trägt noch
die aus dünnen Eisenblättern geschmiedete Eisenscheide. Die Lanze
gehört zu den mit Dülle versehenen, breitblätterigen Stücken, wie
sie aus La Töne selbst wohlbekannt sind. Auch die Schildbuckelform
von Mandach ist charakteristisch fiir die uns interessierende Epoche.
Aus dem Kanton Basel seien die Gräber von Muttenz mit
ihren email- verzierten Früh-La Töne-Fibeln und dem Halsring, sowie
der Fund von Schönenbuch erwähnt, welch letzterer neben Fibel
und Armband ebenfalls einen für die Früh-La Töne-Zeit typischen
Halsring mit eingelegten Pasten enthielt.
Im solothu mischen und bernischen Aaretal sind La Tene-Gräber
mehrfach nachgewiesen. E^ mag hier an die Funde mit Glasringen
erinnert werden, wie sie z. B, in Orpund und Meinisberg vor-
zed.yGOOgle
jQO Viertes Kapitel,
kamen. Ein wichtiger Platz muss in der zweiten Eisenzeit bei Bern
gelegen haben, wie zahlreiche Funde andeuten.
Wir haben schon früher das helvetische Schlachtfeld in der
Tiefenau erwähnt In der Nähe sind auch zahlreiche La Tene-
Gräber zum Vorschein gekommen. An Grabfunden aus der ersten
Phase der La T^ne-Zeit nenne ich beispielsweise diejenigen vom
Schwarzthor, von der SchosshaldCj von der Wabemstrasse und vom
Beundenfeld; als Repräsentanten der jüngeren Phase seien die Gräber
vom Schärloch, von Aaregg und dem Wylerfeld angeführt.
Die Skeletgräber vom Schwarzthor (bei Monbijou) haben Früh-
La T^ne-Fibeln geliefert; diejenigen von der Schosshalde neben
einer Früh-La Tene-Fibel auch Bronzeringe, ein Schwertfragment
und zwei Lanzenspitzen aus Eisen. An der Wabernstrasse fand man
Gräber mit Früh-La T^ne-Fibeln und Armringen. Auf dem Beunden-
feld kamen die Skelete von Mann, Frau und Kind zum Vorschein,
und bei denselben lagen wieder Armringe und andere Bronzen.
Vom Schärloch stammen Mittel-La T6ne-Fibeln, Bernstein-
perlen, ein kleiner und grosser Ring aus Glas, jeder mit einer
gelben Folie, ein blauer Glasring, ein Spiralring aus Bronze und
ein umenfbrmiger Topf aus Thon.
In unmittelbarer Nähe des Schärloch's ist die Lokalität Aaregg.
Beim Verbreitern eines Weges kamen daselbst im Jahr 184S ein
silberner Fingerring und eine massaliotische Silbermünze zum Vor-
schein, ferner Mittel-La T^ne-Fibeln, Glasperlen, blaue und gelbe
Glasringe und Thonscherben. Von demselben Orte bewahrt das
Historische Museum Bern ausser den genannten Funden noch eine
tordierte Armspange aus Silber, Bronzefragmente von kleinen Ringen,
ein feines Kettchen u. s. w. Möglicherweise bilden Schärloch und
Aaregg ein zusammenhängendes Fundgebiet von Ansiedelungsresten
und Gräbern.
Dem Schärloch und Aaregg gegenüber, ebenfalls unfern der
Tiefenau, aber auf der andern Seite des Aareflusses, liegt ausserhalb
der Vorstadt Loiraine das Wylerfeld. Aus Grabern, die daselbst
beim Bau der Eisenbahn aufgedeckt wurden, kamen drei Mittel-La
Töne-Fibeln, ein Spiral fin gerring, zwei Glasringe mit gelber Folie und
eine grosse blaue Glasperle mit eingelegten weissen und gelben Glas-
fäden in das Bemer Museum,
In der letzten Zeit wurde beim Spitalacker ein Grab entdeckt
Am einen Arm des daran befindlichen Skeletes fand man zwei
Ringe aus Bronze und eine Spange aus Eisen vom Typus derjenigen
von Isörable, ein seltener Fund.
Es dürfte aus diesen unvollständigen Mitteilungen schon klar
zed.yGOOgle
IMe Eiseni«it.
391
seiHj wie interessant eine illustrierte Urgeschichte der Stadt Bern
und Umgebung werden musste.
Wenden wir uns den Funden aus dem Bemer Oberlande zu,
so treten uns auch dort solche aus Gräbern der zweiten Eisenzeit ent-
gegen, z. B. in Kirchthumen, wo neben Skeleten eine Bronzeketle,
Mittel-La Tine-Fibeln, ein Glasring, ein silberner und ein goldener
Spiralfingerring zum Vorschein kamen.
In der Schonegg bei Spiez am Thunersee fand man zu ver-
schiedenen' Malen La T^ne-Gräber. Von Bonstetten bildete schon
im Jahre 1855 in seinem „Recueil" einen prächtigen Halsring der
Früh-La TÄne-Zeit ab, ferner geknotete Bronzespangen, ein Bronze-
ringlein, eine Certosafibel, zwei Früh-La T^ne-Fibeln aus Bronze
und ein Collier von Bemsteinperlen, welche Objekte alle aus dem
genannten Fundorte stammten. Er hatte selbst Grabungen vor-
genommen und fand die Gräber bis über i m tief in den Tuff ein-
gelassen. Ein Grab enthielt den Halsring und die Certosafibel, in
Fig. 40J.
BroQzekelte von Champagny (Gempenach).
einem zweiten lagen die zwei andern Bronzefibeln. Zwischen den
Gräbern stiess man auf runde Vertiefungen, die ca. 2 Fuss tief
waren und 1,5 Fuss Durchmesser hatten. Sie waren mit Asche und
Kohlen, zum Teil vermischt mit verbrannten Knochen und Scherben,
erfüllt. Von Bonstetten vermutet, das seien die Gräber armer Leute.
Ein grosses Grabfeld, das während der Früh- und der Mittel-
La Töne-Zeit benutzt wurde, dehntsichbei Gempenach [Champagny;
im Kt. Freiburg aus. Schon im November 1 830 stiess man daselbst
beim Abdecken der Kiesgrube auf Gräber. Sie enthielten Skelete,
die an den Armen und auf der Brust mit Schmuck versehen waren.
Drei der Armbänder bestanden aus Glas, ebenso zwei Fragmente,
zwei andere waren aus Bronze verfertigt. Aus Bronze bestand auch
eine Kette (Fig. 402). Seit dem Jahre 1830 sind nun in Gempenach
zed.yGOOgle
^g2 Vierte» Kapitel.
ofhnals wieder Funde gemacht worden. Die Mehrzalil derselben ge-
langte nach Bern, einiges ist zerstreut worden, and eres verloren gegangen.
Das Historische Museum Bern besitzt aus Champagny zahlreiche
Fragmente von Bronzeketten, ähnlich denjenigen von Sinneringen,
Kirchthumen, Oberhofen, Kehrsatz, Bikingen u. s. w,, femer Glas-
ringe von weisser, gelber und blauer Farbe, einen Gagatring, Spiral-
ringe aus Bronze, einen gekröpften Ring, Früh- und Mittel-La
T^ne-Fibeln, eine eiserne Lanzenspitze, Schwertfragmente, eine auf
der Drehscheibe erstellte Urne und Thonscherben.
Dass auch im Waadtlande die Flachgräber der La T^ne-Zeit
nicht fehlen, beweisen Funde aus Echallens, wo in Skeletgräbem
Armringe aus Glas und Gagat gefunden wurden, aus Ollon und
andern Orten. Bekanntlich ist die Gegend von Ollon schon zur
Bronzezeit bevölkert gewesen; sie blieb es auch in der Eisenzeit,
Einige der Skele^räber von Charpigny bei Ollon gehören wohl der
Haltstattzeit an; in Villy fand man Gräber der Früh-La T^ne-Periode,
in Antagnes und Fontaines solche der mittleren La T^ne-Zeit In
St Triphon kamen auch wieder Mittel-La Tene-Gräber zum Vor-
schein, aber sie haben ganz den Charakter der Walliser Gräber.
Jedenfalls war Ollon ein Hauptplatz des wallisischen Stammes der
Nantuates, deren Hauptort bei St. Maurice lag und deren Gebiet bis
an den Genfersee, wahrscheinlich bis in die Gegend von Vevey reichte.
4. Anthropologische Bemerkungen. Eine allerdings geringe Zahl
von Schadein aus Grabhügeln sind in dem grossen Werke von His
und RüTEMEYER (Crania helvetica) beschrieben. Seither haben Virchow
und andere die Skeletteile, welche in La Töne zum Vorschein kamen,
untersucht und endlich sind einzelne Gräber von Prof Martin ihrem
anthropologischen Inhalt nach durchforscht worden. Nach diesen
Untersuchungen scheint es, als ob die vorwiegend dolichocephale
Bevölkerung unseres Landes zur Bronzezeit (nach und nach?) einer
kurzköpfigen Rasse Platz gemacht habe.
In einem Grabe, das im Frühling 1896 im Grunde der neuen
Kirche Wiedikon {Zürich III) zum Vorschein kam, fanden wir ein
Skelet und bei demselben eine Mittel-La T^ne-Fibel aus Bronze,
einen Spiralarmring aus demselben Material, sodann zwei kleine
Bronzeringe, einen Spiralfingerring und eine Bemsteinperle. Der
Schädel war nur in Resten erhalten, so dass die Indices nicht be-
stimmt werden konnten. Aus der Art und dem Erhaltungszustand
der Zähne schätzte Martin das Alter auf 30—40 Jahre. Die ganze
Länge des rechten Femurs betrug 425, diejenige des linken 426 mm.
Die Maximallänge des rechten Radius ergab 232, diejenige des
linken Radius 228 mm. Daraus wurde von Martin die Körpergrösse
zed.yGOOgle
Die Eisemeit, 393
auf 156 — 159 cm berechnet. Der Bau der Femora und der Gaviculae
lässt auf ein weibliches Skelet schliessen. Wir haben also das Grab
einer 30 — 40 Jahre alten und 156 — 159001 hohen Frau vor uns.
Interessanterweise fand sich in diesem Grabe auch noch ein Wirbel-
körper eines Säugetiers.
In La T^ne wurden Reste von über 30 Personen aufgefunden.
Schon im VI. Pfahlbaubericht konnte F. Keller Knochen von circa
sechs Individuen namhaft machen. Auch Desor hatte einen Schädel
gefunden. Emile Vouga, der, wie Dr. Gross, eine Monographie über
La T^ne geschrieben hat, fand eine bedeutende Anzahl von Schädeln
und andern Skeletteilen. Ein Schädel zeigte auf dem Scheitel eine
Schwertwunde, ein anderer eine Difformitat. Leider sind von andern
Forschern unter den La T^ne-Schädeln auch zwei beschrieben worden,
die nicht in dieser Station gefunden wurden, sondern, wie Vouga
konstatierte, aus Burgundionengräbern stammen, die in der Nähe
von La T^ne zum Vorschein gekommen waren.
Von zehn Schädeln aus La Tene, welche Virchow untersuchte,
waren
5 brachycephal mit einem Index von 81,3
3 mesocephal „ „ „ „ 76,7
2 dolichocephal „ „ „ „ 70,7
10 Schädel. Mittlerer Index 77,8.
Bei 1 1 Skeletten konnte das Geschlecht bestimmt werden; dabei
ergab sich, dass 8 mannlichen Geschlechts waren. Gross macht in
seinem Werke über La T^ne noch besonders aufitnerksam auf das
ungleiche Aussehen der La T^ne-Schädel. Die kurzen und die
mesocephalen Schädel haben im allgemeinen eine grauweissliche
Farbe; die Langschädel dagegen sind braun und glatt, wie diejenigen
aus Pfahlbauten und Torfmooren. Es wäre, wie Gross bemerkt,
möglich, dass dieser Umstand Altersunterschiede andeuten würde,
dass z. B. die dolichocephalen Schädel aus dem alten torfigen Grunde,
die andern aus den darüber lagernden Alluvionen ans Tageslicht
gezogen worden wären.
D. Funde vorrömlscher Münzen und Inschriften.
Die Urgeschichte oder Prähistorie hat die Aufgabe, die Kultur
eines Landes oder Volkes bis zu dessen Eintritt in die eigentlich
historische Zeit zu beschreiben. Als Grenzmarke zwischen den
beiden eben genannten Epochen wird der Zeitpunkt betrachtet, da
ein Volk anfängt, seine Schicksale der Nachwelt durch die Schrift
zu übermitteln, wo also die Schrift erfunden oder angenommen
zed.yGOOgle
394 Viertes Kapilel.
wird. Die im Jahre 58 v, Chr. aus der Schweiz nach Gallien aus-
wandernden Helvetier hatten in ihrem Lager Verzeichnisse der
Auswanderer. Sie waren in griechischer Schrift geschrieben und
fielen dem römischen Feldherm in die Hände. Die Helvetier
waren also zur Zeit ihrer Auswanderung eben im Begriffe, in die
geschichtliche Epoche, und damit in die Reihe der kultivierten
Völker einzutreten.
Wenig früher lernten die Bewohner unseres Landes gemünztes
Geld kennen. Das Vorkommen desselben beweist regen Handel
und Verkehr. Bei Betrachtung von Ansiedelungen und Gräbern
der La Tinc-Periode haben wir bereits einiger Funde von Münzen
Erwähnung gethan. Die Münzfunde, im Verein mit einigen vor-
römischen Inschriften, helfen den Schluss der in strengerm Sinn
prähistorisch zu nennenden Periode der Vergangenheit des Schweizer-
landes illustrieren.
I. Münzen aus der Eisenzeit. Die ältesten in der Schweiz
gefundenen Münzen bestehen aus Gold, Elektron, d.h. einer Mischung
von Gold und Silber, aus Silber und Potin, d. h. einer Legierung
aus Kupfer, Zinn und Blei. Sie kamen in grösserer Anzahl in der
schweizerischen Hochebene zum Vorschein; indessen hat man sowohl
im Jura, als auch in den Alpen einige wichtige Münzfunde gemacht.
Im Kt. Tessin sind nur an zwei Stellen vereinzelte vorrömische
Münzen gefunden worden, dagegen kam schon im vorigen Jahr-
hundert eine grössere Anzahl solcher am Wege über den Julier
zum Vorschein. Als nämlich im Jahre 1786 ein Mann aus Conters
durch das Oberhalbstein fuhr, sah er, kaum einen Flintenschuss
vom Hofe Burwein entfernt, aus der Erde etwas Glänzendes hervor-
schimmern. Er grub nach und fand zwei ineinander liegende Kupfer-
kessel, von denen der innere noch gut erhalten war. Derselbe ent-
hielt goldene und silberne Armbander, worunter auch schlangenartig
gewundene, femer goldene und silberne Münzen. Ausserdem fanden
sich „griechisches" Erz, Würfet, eine Art Brille von gewundenem
Draht, kleine Pfeifchen und ein kleiner silberner Kessel von ge-
triebener Arbeit. Der Finder verkaufte den Schatz einem Italiener
und ein Goldschmied in Cläven (Chiavenna) schmolz den grössten
Teil desselben ein. Nur einige Münzen (vgl. Fig. 403 u. 404} und
ein kleines silbernes Weihrauchfass mit Kette blieben erhalten.
1 789 wurde an der Fundstelle in Burwein ein goldenes Münzchen
von der Form der sogen. Regenbogenschüsselchen gefunden. Die
erhaltenen Münzen kamen zum Teil in die Hände des bekannten
Altertumsforschers Schreiber, Professor in Freiburg i. B., der sie
beschrieb. Auch Mommsen publizierte eine Anzahl Burweiner Münzen
zed.yGOOgle
Die EisenieiL
395
und Dr. H. Mbver in Zürich stellte 1863 die bekannt gewordenen
Stücke ebenfalls zusammen. Das Rätische Museum in Chur besitzt
zehn Münzen aus dem Burweiner Funde.
Das „Weihrauchgefäss" war zuletzt im Besitz von Carl Ulysses
V. Salis- Marschlins, scheint aber seither verschwunden zu sein.
Glücklicherweise fand sich eine Zeichnung desselben in der Hinter-
lassenschaft des bekannten Züricher Dichters Martin Ustere.
Die erhalten gebliebenen Silbermünzen von Burwein bei Centers
bestehen aus Silber und einige von ihnen tr^en in griechischen
Lettern den Namen ihres Ursprungsortes Massilia (heute Marseille).
Die eine Seite des Gepräges zeigt einen lorbeerbekränzten Kopf,
Fig. 403. Fig. 404.
Massaliotiache Silbermünzen von Burweia bei Conteri.
die andere den massaliotischen Löwen, nicht, wie der erste Be-
schreiber derselben meinte, das trojanische Pferd.
Ein anderer Fundort von vorrömischen Münzen in der Ost-
schweiz ist die Gegend beim Schlosse Kastei ob Tagerwilen
(Thurgau), wo mehrmals Viertelstater aus Gold zum Vorschein
kamen. Einer derselben gleicht der Goldmünze von Morgen und
trägt, wie diese, in griechischen Lettern geschriebene Teile des
Wortes Philippos.
In der Umgebung von Schaffhausen wurde eine Elektron-
münze von konkaver Form der Erde enthoben und in Breiteten bei
Unter-Hallau will man eine gallische Münze gefunden haben.
Unten am Schlosse Laufen beim Rheinfall fand man im Jahre
1851 eine Potinmünze, die den Sequanern zugerechnet wird, und
vom gleichen Fundort stammt eine konkave Silbermünze von der
Grösse der griechischen Tetradrachmen, aber viel dünner. Es sind
barbarische Nachahmungen von makedonischen Münzen; sie werden
als helvetische Prägungen erklärt. Unweit Laufen ist das bekannte
Kloster Rheinau, in dessen Umgebung nebeii andern Altertümern
auch „gallische" Münzen gefunden wurden.
Eine konkave Goldmünze von der Art der am Rheinfall ent-
deckten Nachbildung makedonischer Münzen stammt aus der Gegend
von Winterthur und bei Weisslingen fend sich ein goldener
Philipper. Südlich von Bülach kam ebenfalls eine goldene Philipper-
zed.yGOOgle
aOÖ Viertes Kapitel.
münze zum Vorschein und bei Kloten soll eine massaliotische
Silbermünze ausgegraben worden sein.
Ein eigentümlicher Münzfund wurde neben der Börse in Zürich
der Erde enthoben. Bei Fundamentierungen stiessen die Arbeiter in
5 '/» ni Tiefe auf mehrere Metallklumpen, die sich bei der chemischen
Untersuchung als Potin erwiesen. Sie bestanden aus zusammen-
geschmolzenen Münzen, deren einige noch erkennbar waren. Der
grösste Klumpen wog 65 1^; im ganzen mag etwa i q, Metall
vorhanden gewesen sein. Die Münzen gleichen denjenigen der
Sequaner und weisen, wie jene, auf der. einen Seite das gehörnte
Pferd auf (gallisches oder Einhornpferd}, auf der anderen Seite aber
den Merkurstab (Caduceus). Es wäre nicht unmöglich, dass wir hier
die Scheidemünze der Helvetier vor uns hätten. Ob Zürich eine
Münzstätte gewesen und warum diese Münzen zusammengeschmolzen
wurden, wissen wir nicht, da die Fundstelle leider nicht genauer
untersucht wurde.
Übrigens sind in und bei Zürich auch noch andere Potin-
und sogar vorrömische Goldmünzen zum Vorschein gekommen.
Die Potinmünzen aus den Gräbern von Wiedikon haben wir be-
reits erwähnt und beim Bau der neuen Rathausbrücke fand steh
ebenfalls ein solches Stück. In Wiedikon, wie in dem benachbarten
Aitstetten, entdeckte man mehrere Goldmünzen, worunter Nach-
ahmungen makedonischer Philipper, zu denen noch der Viertel-
stater von Horgen kommt.
Im Kanton Zug ist die Münze von Steinhausen bis jetzt ver-
einzelt geblieben, dagegen hat Luzern mehrere Stücke geliefert. In
Buchs wurde eine jener grossen Nachahmungen makedonischer
Münzen in Silber gefunden, wie wir sie schon erwähnt haben. Bei
Sursee stiess man im Zellermoos auf eine gallische Münze, und von
Wauwil hat Reher zwei goldene Stücke publiziert. Sie haben die
Form der Regenbogenschüsselchen ; so genannt, weil sie der Sage
nach nur an Stellen zu finden sind, wo der Regenbogen die Erde
berührt hat
Goldene Viertelstater wurden im Freiamt des Kts, Aargau
gefunden. Bei dem durch seine römischen Ruinen bekannten Ober-
kulm kam eine Salassermünze zum Vorschein. Aus der Gegend
des alten Vindonissa sind mir vier vorrömische Münzen bekannt
Eine derselben besteht aus Silber und wird dem gallischen Stamm
der Senoner zugeschrieben; zwei andere gehören zu den grossen
Stücken, die vielleicht im helvetischen Lande selbst geprägt wurden.
Die eine dieser Münzen besteht aus Silber, die andere aus Elektron;
zed.yGOOgle
Die EUenieit
397
beide kamen in oder bei Bni^ zum Vorschein. Die vierte Münze
endlich ist ein Goldphilipper,
Die Münzsammlung des Schweizerischen Landesmuseums enthält
zwei vorrömische Münzen aus Baden. Die eine ist eine Sequaner-
münze, die andere muss den im östlichen Frankreich wohnenden
Äduern zugeschrieben werden. Bei den Ausgrabungen neben dem
evangelischen Pfarrhause kam 1892 eine zweite Sequanermünze
zum Vorschein.
In Leuggern fand man ausser einem Gold-Philipper zwei Silber-
münzen mit der Aufschrift SOLIMA (RIVS). Klingnau hat eben-
falls eine vorrömische Münze geliefert und endlich ist in Zurzach
«ne Sequanermünze gefunden worden.
Die Stadt Basel barg an mehreren Stellen gallische Münzen,
von denen zwei nach Zürich gelangten. Muttenz lieferte einen
Gold-Philipper, In Basel-Augst soll eine Sequanermünze gefunden
worden sein. Auch Oltingen, eine Gemeinde, von der aus der
Schafmattpass begangen werden konnte, lieferte Sequanermünzen.
Der Kt. Solothum war ergiebig an vorrömischen Münzen, An
der Ostgrenze desselben li^ Schönenwerd. Es wurden daselbst
Goldmünzen gefunden, die man den Mcdiomatrikem zuschreibt
Sie haben auf der Vorderseite einen mit Diadem versehenen Kopf
und auf dem Revers ein Flügelpferd oder ein Pferd mit mensch-
lichem Antlitz, Aus der Stadt Solothum sind u. a. Äduer-
münzen bekannt geworden. Ein solches Stück ist auch in Grenchen
zum Vorschein gekommen.
Baisthal hat einen ganzen Schatz von Münzen geliefert. Im
Winter 1839 — 40 stiess ein Bauer beim Holzschlitten auf einen
irdenen Topf, Dieser zerbrach und heraus fiel keltisches Silbergeld:
Äducr- und Sequanermünzen verschiedener Art.
Noch bedeutender ist der Münzfund von Nunnigen. Nord-
östlich von diesem hinter dem Passwang gelegenen Dorfe ist die
Risete, ein hochgelegenes Feld, in welchem man zahlreiche „Nun-
niger Erbschen" fand, d. h. kleine dicke Silberstückchen mit dem be-
helmten Kopf und dem springenden Pferd, sowie der Inschriit
KAAETEAO Y. Es sind Münzen des keltischen Stammes der
Aduer. Andere Stücke von Nunnigen tragen lateinische Schrift
und bezeichnen den Häuptling Quintus Docius, des Samillus Sohn.
Es sind ebenfalls Äduermiinzen. Sie gehören dem letzten Jahr-
hundert vor Christi Geburt an.
Der Kanton Solothum hat auch Regenbogenschüsselchen ge-
liefert Noch sei erwähnt, dass im Nordwesten des Kantons, in
zed.yGOOgle
J^ ViertcE Kapitel.
der Exclave von Mariastein bei Mctzerlen, eine Sequanennünze
zum Vorschein kam.
Nicht weniger ergiebig an keltischen Münzen, als der Kt.
Solothum, war der Berner Jura. In Courroux fanden sich Äduer-
und Sequanermünzen; auf dem Mont Terrible mischen sich viele
fremde Typen ein, die man noch nicht genau heimweisen kann.
Bei Porrentruy scheinen u. a. auch Münzen der Remier vorzu-
kommen.
Bei Biel fand sich eine Goldmünze, bei Studen, unfern des
römischen Petinesca, eine Potinmünze. In Burgdorf kam eine
silberne Münze (der Äduer?) zum Vorschein, bei Münchenbuch-
see eine goldene. Die Münzen aus den La T^ne-Gräbem von Bern
haben wir oben erwähnt. Es bleibt noch hinzuzufügen, dass in der
Tiefenau eine massaliotische Silbermünze, zwei den griechischen
Tetradrachmen an Grösse gleichkommende Nachahmungen make<
donischer Münzen, sowie einige gallische Potinmünzen gefunden
wurden. In Bern fand man auch eine Sequaner- und ausserdem
noch eine weitere Potinmünze. Einige seltene gallische Münzen
kamen in Belpberg Kum Vorschein. Aus demselben Funde stammt
z, B. eine Münze des Äduerfiirsten Dubnorex.
Im Hemer Oberland ist Uebischi bei Thun der einzige Ort,
der eine gallische Münze geliefert hat. Sie wurde 1847 in einer
Wiese beim Dorf gefunden und besteht aus Gold.
Die Station La T^ne ist auch in Bezug auf Münzen nicht
uner^ebig gewesen. Man &nd daselbst, wie schon erwähnt, bohnen-
fbrmige Stücke Gold, die Gross zu den Münzen zählt Das eine
derselben wiegt 2,496 mg, das zweite 2,558 mg. Ein drittes Stück
besteht aus Bronze, Die eigentlichen Münzen enthalten entweder
Potin, Silber oder Gold. Die Potinmünzen stammen von Äduem,
Sequanem und Helvetiern, die Silbermünzen von den Aduern und
aus Massilia und was die goldenen Stucke anbetriift, so findet sich
darunter ein Viertelstater (Philipper) und eine grosse Nachbildung
makedonischer Münzen.
Im Val del Ruz kam eine silberne Münze mit der Inschrift
Solimarius zum Vorschein und bei Colombier eine solche aus
Massilia. Eine Münze mit der Inschrift Dubnorex stammt ebenfalls
aus dem Ncuenbu loschen.
Colombier schräg gegenüber, am freiburgischen Ufer des Neuen-
burger Sees liegt Font in der Nähe von Estavayer. In Font
sollen keltische Bronzemünzen gefunden worden sein, ebenso auf
dem zwischen Neuenburger- und Murtnersee steh hinziehenden
Mont du Vuilly (Ober-Wistenlach). Nehmen wir zu den Funden
zed.yGOOg[e
Die Eisenzeit
399
von Font und Vuilly le Haut noch die Salassermünze von Cor-
pataux, so haben wir sämtliche bis jetzt bekannte Funde von
gallischen Münzen im Kt. Freiburg au^ezahlt.
Ein bedeutsamer Fund wurde in Avenches (Waadt) gemacht.
Beim Nachsuchen in den Resten des grossen und reichen römischen
Aventicum brachte Caspari einen metallenen Stempel zum Vorschein,
Es war bekanntlich ein rundes Stück Eisen von 4 — 5 cm Durch-
messer. Auf seiner oberen Seite ist ein rundes Stück Erz eingekeilt,
dessen Aussenseite poliert und vertieft erscheint Es lässt ein nur
wenig vertieftes Gepräge erkennen, einen unbärdgen Männerkopf, der
mit einem Kranz geschmückt ist Das ist ein Münzstempel (Fig. 405).
Er enthält den Avers jener Gold und Elektronmünzen, welche wir
so oft als Nachbildungen makedonischer Münzen namhaft gemacht
haben. Wenn im alten Aventicum schon vor der Zeit der Römer-
herrschaft Münzen geprägt wurden, so muss es ein bedeutender Ort
gewesen sein. Manche betrachten
es als Haupt ort des helvetischen
Landes. Es muss übrigens bemerkt
werden, dass in Avenches auch
gallische Münzen zum Vorschein
gekommen sind, von denen Mever f^'g- 405-
eine publiziert hat Münzstempel aus Avenches.
In Moudon wurde eine gallische Silbermünze gefunden, bei
Lausanne eine massaliotische Münze aus Silber und eine Kupfer-
münze, die als Inschrift denNamen„GermanusIndutiUif' tragt Nyon
hat ebenfalls mehrere gallische Münzen geliefert, worunter eine
goldene und mehrere silberne. Auch beim südwestlichen Ausgangs-
thor der Schweiz, in Genf, haben wir Funde von solchen Münzen
zu konstatieren. Sie bestehen aus Potin, Silber und Gold.
Es erübrigt uns noch, den Weg über den grossen St. Bernhard
in Bezug auf vorrömische Münzen zu untersuchen. Dabei tritt be-
sonders eine Gattung von Münzen auf, die wir bisher bloss von
Oberkulm und Corpataux namhaft gemacht haben. Mommsen schreibt
sie den goldreichen, am Südabhang des Bernhard wohnenden
Salassem zu. Eine solche Gold-Münze trägt die Inschrift „kasilos".
Sie stammt von Port Valais oberhalb des Genfersces. Zehn
Minuten vom Dorfe Collombey entfernt ist der „Roc de la Halme".
Als man daselbst für die Dammbauten an der Rhone Steine brach,
fand sich eine Goldmünze, die ebenfalls den Salassem zugeschrieben
wird (Fig. 406, a u. b).
In Martigny kam eine Sequanermünze zum Vorschein, Am
Bernhardswege liegt das Dorf Liddes. Im Jahr 1861 sah Dr. Mevsr
zed.yGOOgle
400
Viertes Kapitel.
beim dortigen Geistlichen neben 30 römischen auch 5 kettische
Münzen, von denen eine (Fig. 407) den AUobrogern gehört haben
dürfte. Zahlreicher sind vorrömische Münzftinde in dem ob Liddes
gelegenen Bourg St. Pierre, besonders aber am Mont Joux in der
Nähe des Bernhard-Hospizes, wo schon vor Beginn unserer Zeit-
rechnung ein Heiligtum bestanden hat. Das von Prof. von Duhn
publizierte Verzeichnis von Münzfiinden in dieser Gegend nennt
92 Münzen, die den Salassem, AUobrogern, den Sequanern, den
Fig. 406. Fig. 407.
Saiassermünze von Collonibey (Muraz). AllobrogennüDie von Liddes.
Volcae Arecomici, den Volcae Tectosages u. s. w, angehören.
Nicht selten sind massaliotische Silbermünzen. Einige Stücke tragen
Aufschriften, wie CRICIRV, TOC (Togirix), (Durn)ACOS, ATISIO-
REM(0), MEDIOMA u. s. w.
Orcitiri)i|Oigetoiii)inünzeD ans Ost-Franlt reich.
AufTallenderweise hat man in der Schweiz noch keine Münzen
des Orcitirix gefunden. Im östlichen Frankreich jedoch sind sie gar
nicht selten (Fig. 408 u. 41 1). Sie bestehen aus Silber und zeigen
verschiedene Typen. Die einen haben auf der einen Seite einen
behelmten Kopf, bei dem manchmal ATPILLI oder COIOS zu lesen
steht und auf der andern Seite ein springendes Pferd; bei den
andern erscheint auf dem Revers ein Bär, auf dem Avers ein oft
behelmter, oft unbehelmter Kopf, der hier und dadie Umschrift EDVIS
aufweist Der Name ORCITIRIX steht auf dem Revers, entweder
über dem Pierd oder unterhalb der Darstellung des Bären.
zed.yGOOgle
40I
Fragen wir nach der Verteilung der keltischen Münzen in der
Schweiz, so finden wir die Salassermünzen hauptsächlich an der
Bemhardroute, AllobrogermUnzen im Südwesten unseres Landes.
Die Äduermünzen reichen bis in die Ostschweiz und fanden sich
stellenweise in bedeutender Zahl. Noch weiter verbreitet sind die
massaliotischen Silberstücke. Fast in der ganzen ebeneren Schweiz
trifft man endlich die Sequanermiinzen, die, relativ gesprochen, sehr
häufig sind, ferner Nachahmungen von makedonischen Goldstücken,
sowie jene Potinmünzen, die man speziell den Helvetiem zuschreibt
Manche der genannten, z. B. die massaliotischen Münzen, sowie die
seltener erscheinenden Typen, mögen durch Handel und Verkehr in
die Schweiz gekommen sein, andere sind Geldstücke, die von be-
freundeten Nachbarn stammten und im Lande gleich den eigenen
Stücken Kurs hatten, dritte aber scheinen Völkerh>ewegungen anzu-
deuten, über die wir im nächsten Kapitel Näheres mitteilen werden.
2. Vorrömiscke Inschriften. Die Betrachtung der ältesten Münzen
hat uns an den Schluss der in strengerem Sinne prähistorischen. Zeit
geführt, die Inschriften geleiten uns in die geschichtliche Periode
hinein. Die vorrömischen Inschriften der Schweiz sind aber sehr
wenig zahlreich und bis jetzt nur aus dem Misox und dem Kt Tessin
bekannt geworden. Galtische Inschriften fehlen bei uns.
Auf einer Gneisplatte von 70 cm Länge und 25cm Breite, die im
Campo grande bei Benabbia unterhalb Mesocco zum Vorschein kam
und ins Rätische Museum in Chur gelangte, steht die zweizeilige In-
schrift: VALAVNAL RANENl. Dr. Pauli behauptet, dass die Schrift
dem lepontischen Alphabet eng verwandt und wie dieses eine Töchter
des Etniskischen sei. Bedeutung und Sprache der Inschrift sind
unbekannt.
In Davesco bei Lugano fand man 1S13 eine lepontische In-
schrift auf einer ca. 170 cm langen Granitplatte, die nach der von
CoRSSEN und Pauli voi^enommenen Auflösung und Übersetzui^
lautet:
SLANIAI : VERKALAI ; PALA
(Der Slanu Verkala Gtab)
TISrVI : PIVOTIALVI : PALA
(Des TisioB Pivotialos Grab).
Zwei weitere lepontische Inschriften wurden in Mendrisio ent-
deckt Sie stehen auf Granitplatten und beenden sich, wie die bisher
genannten, im Rätischen Museum in Chur. Diese Inschriften heissen:
I. MINECKV : KOMONOS
1. ALKOMINOS : ASKONETI
[Alkominos, des Asconetes (Soho)].
Hcicrii, Urguchichle dir Scbunii.
zed.yGOOg[e
402 Viertes Kapitel.
Man muss gestehen, dass diese Inschriften herzlich wenig sagen.
Sie sind uns zum Teil sogar ganz unverständlich. Da aber die
Gegenden, aus welchen sie stammen, archäologisch noch viel zu
wenig bekannt sind, so hegen: wir die Hoffnung, dass spätere
Funde unseren Wissensdurst in ausreichenderem Masse befriedigen
werden.
B. Die Kultur der Elsenzelt.
Mit der Eisenzeit, oder besser gesagt, mit der La Tene Periode
schliesst in der Schweiz die eigentliche ur- oder vorgeschichtliche
Zeit ab und es ist daher gerechtfertigt, noch einen Blick auf die
Kultur derjenigen Epoche zu werfen, die um den Beginn unserer
Zeitrechnung in eine Periode übergeht, aus der uns wenigstens hier
und da ein Stück geschriebener Geschichte erhalten geblieben ist.
Betrachten wir zunächst:
I, Die Wohnungen. Schon bei der Besprechung der An-
^edelungsreste ist uns klar geworden, dass die EisenzeiÜeute in
unseren G^enden zumeist in leichten, aus Holz erstellten Häusern
gewohnt haben müssen. Cäsar sagt von den Helvetiern, dass
sie ihre Städte und Dörfer vor ihrem Auszuge verbrannt hätten.
Ebenso thaten ihre Nachbarn. Nach der Angabe Sträbo's er-
stellten die Gallier — und zu diesen gehörten ja die Helvetier
u, a, Bewohner der heutigen Schweiz — ihre Häuser aus Flecht-
werk und Holz, gross und kuppeiförmig und bedeckten sie mit
grossen Strohdächern. Derartige Gebäude sind auf der Antonins-
säule wirklich zu sehen.
Steinbauten müssen wir etwa unter den Tempeln suchen. Man
hält indessen für sicher, dass die Gallier noch zu Cäsar's Zeit den
Mörtelbau nicht kannten, sonst hätten sie ihn wohl auch bei den
Mauern ihrer Festungen angewandt. Diese Mauern aber wurden
folgendermassen gebaut: „Man legt Balken ununterbrochen, soweit
sich die Mauer erstreckt, rechtwinklig zur Umfassungslinie in
gleichen Zwischenräumen mit einem Abstand von je zwei Fuss auf
den Boden. Dieselben werden im Innern miteinander verbunden
und reichlich mit Schutt bedeckt, die erwähnten Zwischenräume
aber auf der Aussenseite mit grossen Steinen vollständig aus-
gefüllt. Auf diese Stein-Holzschicht wird eine zweite so gelegt, dass
jener nämliche Zwischenraum beibehalten bleibt und die Batken
einander nicht berühreUj sondern die einzelnen, gleich weit von-
einander entfernten Hölzer durch die dazwischen gelegten Steine in
ihrer Lage festgehalten werden. So wird von Stufe zu Stufe der
zed.yGOOgle
403
ganze Bau aufgeführt, bis die Mauer die nötige Höhe erreicht. Ein
solches Bauwerk ist bei dem regelmässigen Wechsel von Steinen
und Balken teils fiir das Auge gefällig, teils für die Verteidigung der
Plätze höchst zweckmässig; denn gegen das Feuer schützt der Stein
und gegen den Sturmbock das Holzwerk, das ununterbrochen
durch Balken von meistens 40 Fuss Länge verklammert, weder durch-
brochen noch auseinander gerissen werden kann" (Bell. gall. VII, 23).
Beiläufig mag erwähnt werden, dass die Gallier auch hölzerne
Brücken zu errichten im stände waren. Kahne und Flosse be-
nutzten die Helvetier bei Genf und zu ihrem Übergang über die
Saöne.
Kehren wir zur Betrachtung der Wohnungen zurück, so dürfen
wir in den letcht^ebauten Hütten, at^esehen von der Töpferware,
nicht viel Hausrat erwarten. Eine Truhe für die Rleider bildete
den Hauptbestandteil desselben. Man schlief auf der Erde oder auf
Fellen. Zum Essen setzten sich die Kelten, wie PosinoNtus meldet,
auf Heu um ihre sehr niedrigen Holztische. Als Schnei de Werkzeug
dienten ihnen die kleinen Messer, deren jeder eines an der Seite
seiner Schwertscheide in einem Futterale trug, Sie assen viel
Fleisch und wenig Brot; das erstere wurde gekocht, auf Kohlen ge-
röstet oder am Spiess gebraten.
Unter den Küchengeräten nahmen die Gefässe die erste Stelle
ein. In der Hallstattperiode überraschen uns die eleganten Formen
und die oft reiche Ornamentik. Schalen, Schüsseln und Teller,
Becher, Töpfe und Krüge treten auf. Einige derselben zeigen
Graphi^lanz, andere sind rot und weiss bemalt, viele mit Linear-
Verzierungen versehen. Diese Ornamentik kommt bei Schalen und
Töpfen weniger häutig vor als bei Schüsseln, wie sie in den Grab-
hügeln von Lunkhofen, Trüllikon, Kreuzungen und anderen Orten ge-
fiinden wurden. Recht niedlich ist eine Schale, die aus (einem Grabe?
in) dem durch einen Bergsturz verschütteten Felsberg bei Chur stammL
Die Aussenseite der Schale ist rot bemalt, der obere Rand schwarz.
An denselben schliessen sich einige schwarze, glänzende Dreiecke,
denen unten ähnliche Felder entsprechen. Die schwarzen Dreiecke
sowohl, als der rote Grund sind mit weissen Linien übermalt, die
in den Dreiecken Quadratnetze, auf dem Grunde aber Rauten bilden.
Die letzteren werden von weissen, sich kreuzenden Linien eingefasst.
In roter, weisser und schwarzer Farbe erscheinen besonders häutig
die Schüsseln. Selten sind bemalte etruskische oder griechische
Gefässe in der Schweiz. Auf dem Utiiberge bei Zürich fand
sich indessen ein Vasenfragment, das auf rotgelbem Grunde eine
schwarze, palmettenart^e Verzierung autweist (Fig. 412, a) und bei
zed.yGOOgle
a Fig. 411. 6
1 GKechische Scheibe vom Düiberg bei Zürich,
b Das dazu gehSrige Gef^.
Fig. 413-
Aryballos aus Tlgerwilen.
„Google
Die Eisens^ 405
Tägerwilen unfern Konstanz kam ein prachtvoller griechischer
Aryballos zum Vorschein (Fig. 413, a und 6). Wenn uns die eben
genannten Stücke auf die Lander südlich der Alpen als ihre Heimat
hinweisen, so ist ein Import aus dem Süden auch noch durch ver-
schiedene Bronzegefasse erwiesen, die in Grabhügeln gefunden
wurden. Schon bei Besprechung des bronzezeitlichen Ptahlbaus
WoUishofen (Zürich) haben wir eines Gefässfragmentes aus Bronze
Erwähnung gethan, das die Situlaform repräsentiert Eine ganz er-
haltene Situla kam in einem Grabe von Russikon vor, welches der
ersten Eisenzeit angehört. Die cylindrischen Bronzekessel, Cisten,
die ebenfalls aus dem Süden stammen, sind seltener. Ein Exemplar
im Museum Bern stammt aus einem Grabhügel im Grauholz, nord-
östlich der Stadt, ein anderes aus Ins. Schnabelkannen aus Arbedo
und Umgebung stehen im Landesmuseum. Das Museum Bern be-
wahrt den schönsten Bronzekessel fiind auf, der bis jetzt in der
Schweiz gemacht wurde: es ist der Kessel von Grächwil bei Mei-
Idrch (Kt Bern), den wir oben (Seite 372) besprochen haben.
Aus der zweiten Eisenzeit besitzen wir keine bemalten Gefässe,
die Ornamentik ist einfach. Die Bronzekessel sind wenig zahlreich
und ohne charakteristische Form und Verzierung. Überall zeigt sich
das Vorherrschen des Nützlichkeitsprinzips. In der Mitte!-La Tene-
Zeit wurde die Töpferscheibe bekannt, doch kommen noch in An-
siedelungen römischer Periode oft Scherben von Freihand-Gefässen vor,
2. Kleidung und Schmuck. Aus den Grabhügelfunden von Dörf-
lingen und Trüllikon hat schon F. Keller versucht, die Kleidung der
Frauen in der Hallstattperiode zu rekonstruieren (s. beistehendes Voll-
bild). Die Leichen schienen ihm mit einem tunika-ähnlichen Gewand
bekleidet gewesen zu sein. Dasselbe reichte bis nahe an die Fuss-
knöchel und liess den Hals frei. Auf der Brust hielt eine Fibel das
Kleid zusammen; um die Hüften wurde es von dem Gürtet gehalten.
Über dieser ärmellosen Tunika folgte ein Mantel, der vorn mit
Fibeln festgehalten wurde. An Fuss- und Handgelenken lagen
Schmuckringe; den Hals schmückte ein Perlband oder ein Ring
und auch Ohrringe fehlten nicht. Der Kopf war durch eine
Art Diadem umrahmt, das in seiner Form dem Haarschmuck
ähnelte, der heute noch bei den Frauen in der Brianza und im
südlichen Tessin üblich ist Dieser besteht aus mehreren zusammen
gesteckten Nadeln, die radial geordnet sind. Auch in den er-
wähnten Grabhügeln fand man Nadeln, die in radiärer Ordnung
lagen, Sie scheinen durch ein Lederband festgehalten worden zu
sein. Da mehrfach Funde von Lederresten in vorgeschichtlichen
Gräbern konstatiert wurden, so nimmt man an, es sei schon damals
zed.yGOOgle
4o6
Viertes Kapitel.
eine Methode des Ledergerbens bekannt gewesen. Es haben sich
auch Tuchfragmente erhalten und zwar kommen in den Grabhügeln
nicht selten solche Stücke vor, welche mit eingesetzten Bronze-
stiften geschmückt waren.
Mit der Kleidung der letzten Phase der Eisenzeit in unserem
Lande sind wir durch schriftUche Zeugnisse römischer Schriftsteller
in Frieden stracht (nach Momusen).
bekannt geworden. Die Kleidung der Gallier bestand in Bein-
kleidern, einem Leibrock und einem kurzen Mantel, Statt Leibrock
und Mantel wurde auch etwa ein Oberkleid mit Ärmeln und Kapuze
verwendet.
Bekanntlich gingen die Gäsaten, jene gefiirchteten Reisläufer
des Altertums, deren Heimat in den Alpen und nordwärts derselben
gesucht werden muss, nackt in die Schlacht und boten ihre grossen
Leiber den feindlichen Lanzen dar. Sonst aber waren die Gallier
zed.yGOOgle
Di« Ejsenzeit.
407
mit Hosen (braccae) bekleidet und daher erhielt das transalpine
Land von den Römern den Namen GallJa braccata. Der Leibrock
reichte bis über die Hüften und war mit Ärmeln versehen, das
Oberkleid mit Ärmeln und Kapuze könnte mit dem Kaput unserer
Soldaten verglichen werden.
Die keltische Kleidung bestand zumeist aus schafwollenen Stoffen.
DioDOR erwähnt die farbigen, buntgestreiften Zeuge der Gallier, Plinius
bezeichnet getupfte Stoffe geradezu
als gallische Erfindung. Mit einem
Kraute, Vaccinium, sollen s(^ar
die Kleider der Sklaven rot gefärbt
worden sein, und aus dem Hya-
zynthus gewannen die Gallier eine
Purpuriärbe. Auch Leinenstoffe
wussten sie anzufertigen; wenig-
stens erwähnt Strabo die Leinen-
webereien der Cadurci.
Durch Funde sind diese Dar-
stellungen der römischen Schrift-
steller bestätigt worden, Mohmsen
fiihrt beispielsweise einen Grab-
stein aus England an, der uns
einen Sequaner in Friedenstracht
vor Augen fuhrt (Fig. 414 ).
Der Mann ist mit dem kaput-
artigen Oberkleid angethan. Bei-
stehende Figur 415 stellt einen
Gallier mit Hosen, Leibrock und
Mantel dar. Wirkliche Stoffreste
aber sind in Gräbern gefunden
worden. Fig ^.^
. Unter den Schmucksachen der Gallier.
Eisenzeit treten die Nadeln, die
in der Bronzeperiode in so grosser Zahl vorhanden gewesen, zunick.
Die mit Köpfen aus Bernstein mit Zinneinlagen versehenen Haar-
nadeln von Trüllikon und Dörflingen sind als seltene Vorkomm-
nisse zu betrachten. Diademe scheinen ganz zu fehlen und die
Kämme kommen selten vor. Zahlreich sind dagegen die Fibeln
aus Bronze, Eisen und Silber.
Die ältesten in der Schweiz gefundenen Fibelformen gehören zu
der Gruppe der Sicherheitsnadeln mit halbkreisförmigem Bügel, so-
dann folgen, wie wir gesehen, die Fibulae a grandi coste, die Pauken-
zed.yGOOgle
4o8
Viertes KapiteL
fibeln mit paukenartiger Bügelmitte, zu der sich auch etwa eine Fuss-
pauke gesellt (Fig. 416), die Schlangenfibeln und die mit ihr ver-
wandten Homfibeln. Jünger sind die Golaseccaübeln mit geradem
und die Certosafibeln mit aufgerichtetem Fuss, welch letztere die
Grenzscheide zwischen Halbtatt- und La T^ne-Zeit markierten. Es
folgen die Früh- und die Mittel-La T^ne-Fibeln und bei Beginn unserer
Zeitrechnung, also ganz am Schlüsse der uns beschäftigenden oder
schon bei B^nn der folgenden Periode kommen Spät-La T^ne-
und römische Provinzialfibeln vor.
In der ersten Eisenzeit haben wir prachtvolle Gürtelbleche
kennen gelernt Sie bestanden aus Bronze, wie diejenigen aus den
Grabhügeln von Russikon, Bülach, Ins u. s. w,, seltener aus Gold,
wie diejenigen von Chatonnaye und Alienlüften bei Mühleberg. Die
Funde der zweiten Eisenzeit nördlich der Alpen entbehren dieses
T^
Fig. 416.
Broniefibel aus Nei
Fig. 417.
BroDZ«gürtelhaken a
: Merigeo.
Schmuckes. An Stelle desselben treffen wir einfache Gürtelhaken,
die in der Hallstattperiode seltener auftreten und zwar auch da, wo
sie vorkommen, meist importiert sind, wie z, B. die Gurtethaken von
Bisikon bei 111 nau , Mörigen (Fig. 4 1 7),
von Sion u. s. w. Jene grossen For-
men aus Bronze, wie sie inMolinazzo
und anderen Orten im Süden der
Schweiz gefunden wurden und die,
ähnlich den Gürtelblechen, ge-
triebene Arbeit auftveisen, fehlen
in der schweizerischen Hochebene.
Spangen und Ringe sind in der Eisenzeit als Schmuck beliebt
gewesen. Sie wurden als Ohr-, Hals-, Arm-, Finger- und Beinringe
getragen. Die Mehrzahl besteht aus Bronze; doch kommen auch
goldene und silberne Stücke vor und einige Ringe bestehen aus
Gagat. Manche Bronzespangen und Ringe sind hübsch verziert
(Fig. 418); als charakteristisch können diejenigen mit dem Walliser
Ornament bezeichnet werden.
Wir haben die Armschlaufen oder Tonnen -Armwülste be-
sprochen. Sie gehören der ersten Eisenzeit an und bestehen ent-
Broniering aus Longirod (Waadt).
zed.yGOOgle
JUe Eisenzeit. 4^9
weder aus fein ziseliertein Bronzeblech oder aus sogen. Gagat Der
Verbreitungsbezirk dieser Formen ist klein. Wenn auch z. B. in
Deutschland derartige Stücke vorkommen, so besitzen wir in unsern
Funden eben doch ganz besondere Typen, die sich anderwärts nicht
oder nur selten finden.
In der zweiten Eisenzeit sind Halsringe oder Torques häufig.
Die Gäsaten schmückten sich mit goldenem Zierat und darunter
bildete die schwere Halsspange ein wesentliches Stück. Auch später
treffen wir die Torques nicht selten. Manche derselben besitzen
Einlagen aus Fasten oder Email, wie diejenigen von Schönenbuch
(Basel), von Rüti bei Winkel, Kt Zürich (Fig. 4 19) und anderen Orten.
Spangen und Ringe aus edlem
Metall sind in den Grabhügeln
vom Buighölzli bei Zürich, von
Lunkhofen, in den Flachgräbem
von Horgen , Oberhofen (Bern),
Kirchthurnen,Is^rable(Wallis)u.s.w.
zum Vorschein gekommen. Schon
früher haben wir des goldenen
Gerätes aus dem Grabhügel von
Anet (■- Ins, Bern) Erwähnung
gethan.
Eine Merkwürdigkeit mancher "^"1"" ""^ <^^'" ^^ ""^ ^'"^ ^'
La Tene-Gräber sind Glasringe
von verschiedenen Farben. Sie wurden auch in Ansiedelungen ge-
troffen, wiewohl selten. Die meisten dieser Ringe haben wahr-
scheinlich als Amischmuck gedient. Einige sind jedoch selbst für
einen Kinderarm zu klein, für Fingerringe zu dick.
Glasperlen dienten als Hängeschmuck. Überraschend ist der
Reichtum einiger Grabfelder der Südschweiz an Bemsteinperlen.
Zu den Gehängen sind auch amuletartige Bronzeobjekte zu zählen.
In den Grabhügeln von Lunkhofen &ind man bekanntlich zwei
Bronzegehänge, deren jedes ein Füsschen darstellt, das an einem
Ringlein au^ehängt ist, während swei andere Gehänge aus den-
selben Grabhügeln Mann und Frau darstellen. Beide Figürchen
sind nackt und gehören zu den bei uns seltenen etruskischen Im-
portstücken. Darstellungen des Menschen oder zum mindesten
solche von menschlichen Köpfen haben wir bei Fibeln (vergl. die
oben erwähnte Fibel von Luvis) und Ringen (z. B. aus einem Grabe
in Steinhausen) namhaft gemacht.
Ausser den Gehängen fanden sich auch Schmuckketten, so in
Luvis, Weisslingen, Jerisberg, Gümmenen, Oberhofen, Kirchthurnen,
zed.yGOOgle
Aio Viertes Kspitel.
Gempenach u. s. w. Manche derselben zeigen in ihren Endgliedern
Übereinstimmung mit den Gürtelhaken der La T^ne-Zeit, Auch
rohe Nachbildungen von Tierköpfen kommen an solchen Ketten
vor. Bis vor kurzem wusste man nicht, wie diese Ketten benutzt
wurden. Die Untersuchung der La T^ne-Graber von Vevey durch
A. Näf hat darüber Klarheit verbreitet: Es sind Gürtelketten.
Endlich seien unter den Toiletten -Gegenständen noch die
Spiegel erwähnt. In Port Alban am Neuenbui^er See entdeckte
man einen vorrömischen Metallspiegel und im Schutte des alten
Aventicum wurde ein Bronzespiegel aufgefunden, der, wie der
früher erwähnte Münzstempel, aus der Zeit vor der römischen In-
vasion stammt. Er zeigt auf der einen Seite eine bildliche Dar-
stellung, die als das „Urteil -des Paris" erklärt worden ist
3, Beschäftigung. Wer im Naturhistorischen Hofmuseum zu
Wien die herrlichen Funde von Hallstatt durchmustert, oder in Wien
und Trieat die Ergebnisse der Ausgrabungen in dem grossen Gräber-
felde von Santa Lucia studiert, wer die Sammlungen von Lai-
bach, München oder anderen Orten, an denen die Hallstattzeit gut
repräsentiert ist, einer eingehenden Untersuchung würdigt, der muss
den Eindruck erhalten, dass in der ersten Eisenzeit in diesen G^enden
ein gewisser Reichtum vorhanden gewesen sei, der den Leuten er-
laubte, Luxus zu treiben, und er wird sich fragen, welches wohl die
Ursache dieses Wohlstandes gewesen sein möchte.
Wir haben schon früher bemerkt, dass in der zweiten Eisenzeit
die Luxusobjekte hinter den praktisch- nützlichen Gegenstanden zurück-
treten; aber dessenungeachtet weisen auch manche La T^ne-Funde
auf Wohlhabenheit der Bevölkerung hin und römische Schriftsteller
haben beispielsweise die Helvetier goldreich, andere gallische Stämme
reich an Herden genannt, oder die Fruchtbarkeit mancher Teile des
heutigen Frankreich hervorgehoben.
Die Quellen des Wohlstandes liegen in der Beschäftigung
eines Volkes. Die Leute der Eisenzeit der Schweiz beschäftigten
sich mit Jagd und Krieg, mit Viehzucht und Ackerbau, mit Hand-
werk, mit Handel und Verkehr.
a) Jagd und Krieg. Die in der Erde gefundenen Waffen aus
Bronze und Eisen haben zu allen Zeiten nicht bloss das Interesse
der Kenner erregt, sondern auch die Beachtung des Laienpublikums
gefunden. Wenn irgendwo ein Kriegergrab zum Vorschein kommt, in
welchem die Waffen leidlich gut erhalten sind, so macht die Nach-
richt davon die Runde durch alle Tagesblätter, finden sich aber in
dem Grabe nur Scherben, Asche und Kohlenstücke, so wirft der
Finder diese Dinge als wertlos bei Seite oder deckt sie zu. Und doch
zed.yGOOgle
Die Ks«Dzdl. 41t
sind, wie wir schon einmal gesagt, für die Wissenschaft solch un-
scheinbare Funde oft ebenso viel wert, wie jene anderen.
Aus dem Vorstehenden wird erklärlich, dass Waffenfunde relativ
häufig vorkommen, und dass die Werkzeuge der Jagd und des
Krieges, auch der Eisenzeit, wohl bekannt sind. Wir haben die
charakteristischen Formen der Hallstatt- und La T^ne-Lansen er-
wähnt, die eigentümliche Gestalt der Hallstatt-Dolchmesser hervor-
gehoben, auf die Unterschiede zwischen dem Kurz- und Langschwert
der ersten Eisenzeit gegenüber dem Schwert der Früh- und Mittel-
La T^ne-Zeit hingewiesen. Es ist bekannt, dass in der Eisenzeit
auch Schildbuckel vorkamen. Wir können beifügen, dass schon
Jahrhunderte vor Christo griechische und etruskische Helme ver-
' handelt wurden und in einzelnen Exemplaren sogar über die Alpen
gelangten, wie der im Rätischen Museum in Chur liegende Bronze-
helm von Igis beweist (Fig. 420.)
Im Tessin sind zudem Eisen -
helme (vgl. Fig. 391) und im alten
Gallien sog^ Sporne gefunden
worden.
Diese Funde werden in er-
wünschtester Weise durch Notizen
der Alten über die Bewaffnung
der Gallier, ihre Kriegslust und ^ig- A^".
ihre Jagden ergänzt. Bronzehelm von Igis (Graubtaden).
Als die Römer die Söhne des Nordens, Kelten und Germanen,
kennen lernten, erstaunten sie über deren imposante Gestalt und
Grösse. PoLYBnre' und l^vius berichten uns darüber, und auch Cäsar
erwähnt sie. Diodor schildert den Wuchs der Kelten, ihr rötliches
Haar, das sie von der Stime und vom Nacken gegen den Scheitel
zusammenfassten, ihre mächtigen Schnurrbarte, die sie im Gegen-
satze zu dem nur kurzen oder weggeschorenen Barte zu tragen pflegten.
Die Weiber, sagt er, sind nicht nur an Grösse, sondern auch an
Seelenstärke den Männern gleich.
Während das gemeine Volk dem Ackerbau und der Viehzucht
oblag, beschäftigten sich die adeligen Kelten mit Jagd und Krieg.
Casar berichtet, dass die Helvetier fast täglich mit den jenseits des
Rheins wohnenden Germanen gekämpft hätten. Auch von innem
Fehden bei den gallischen Stämmen hören wir. Der Reiterkampf
war sehr beliebt. Gallische Reiter begleiteten Cäsar fast überall hin.
Diese waren der römischen Reiterei überlegen, wurden aber ihrer-
seits von den Germanen übertroffen, denn diese kämpften mit Fuss-
gängem zusammen, die sie zwischen die eigenen Reihen stellten.
zed.yGOOgle
412 Vierte» Kapitel.
Die Freude der Gallier an den Pferden erkennt man schon daran,
dass auf ihren Münzen das Pferd so häufig erscheint. Auch hel-
vetische Reiter werden genannt und eine Orcitirix-(Orgetorix-)Münze
zeigt das Ross, wie es in vollem Laufe dahinstürmt.
Die Angriffswaffen der Kelten bestanden zunächst in einem
grossen Schwerte mit gerader oder krummer Klinge. Es wurde an
einer Kette oder an dem oft mit edlem Metall verzierten Gürtel auf
der rechten Seite des Mannes getr^en. Eine andere Lieblingswaffe
war die schwere Hasta, eine Art Lanze. Leichter waren die Matarae
und Tragulae, welche die Helvetier in der Entscheidungsschlacht
von Bibrakte zwischen den Wagen und Rädern ihrer Wagenburg
hervorwarfen. Das Gaesum, die Hauptwaffe der von den Römern
einst so gefiirchteten Gäsaten, erwähnt Cäsar nur noch bei den
Wallisem. Auch Bogenschützen müssen die Gallier gehabt haben.
Als Schutzwaffen dienten der mit Häuten überzogene grosse
Schild aus Holz oder Flechtwerk und der Helm, welcher, wie der
Schild, mit allerlei Zieraten geschmückt war. Die Helvetier hatten
bei Bibrakte in dicht geschlossenen Reihen den Anprall von Cäsar's
Reiterei ausgehalten. Die Schilde je zweier benachbarter Streiter
griffen übereinander und bildeten so eine Art Mauer. Aber die
Lanzen der Römer durchbohrten die Schilde, und da die Versuche,
sie herauszuziehen, vei^eblich waren, weil das Speereisen sich
krümmte, so hinderten diese zusammengehefteten Schilde die Krieger
in ihrer Bewegung, so dass viele die Schutzwaffen wegwarfen und
ungeschützt kämpften.
Unter dem Krieg^erät der Kelten befanden steh auch die
Trompeten und die Feldzeichen, bei welch letzteren der Eber, der
auch auf Münzen erscheint, eine grosse Rolle spielt
b) Viehzucht und Ackerbau. Drei Jahre, bevor die Hel-
vetier aus der Schweiz auswanderten, beschlossen sie, sich mit
grossen Massen von Vorräten zu versehen. Beim Auszuge selbst
hatte jeder Getreide für drei Monate bei sich, das überflüssige
aber wurde, weil man es nicht mitfuhren konnte, verbrannt Als
Erzeugnisse des gallischen Ackerbaues nennt Plinius Gerste, Roggen,
Weizen, Buchweizen, Hirse, Möhren und Zwiebeln. Aus dem Ge-
treide wurde auch eine Art Bier gebraut, das als Getränk und
ausserdem zur Bereitung von Hefe Venvendung fand. Ein anderes
Getränk wurde aus Bohnen dargestellt. Wein kam erst später zu
allgemeinerer Kenntnis. Er mochte, als er zuerst durch den Handel
bekannt wurde, auf die ihrer rauhen Natur so nahe stehenden Kelten
etwa dieselbe Wirkung ausgeübt haben, wie die geistigen Ge-
tränke, die den jetzigen Naturvölkern zugeführt werden, Plinius
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit. . 413
erzählt, der helvetische Zimmermann Helico sei in Rom gewesen
und habe zuerst trockene Feigen und Trauben nach Gallien
gebracht, ebenso öl und Wein, Dadurch seien seine Stammes-
genossen veranlasst worden, über die Alpen zu gehen und in das
Land einzubrechen, das solch köstliche Früchte erzeuge.
Von Feldgeräten nennt Plihius die Sichel, die beim Ernten
von Buchweizen und Hirse benutzt wurde. Beim Pfropfen der
Bäume wendeten die Kelten eine Art Bohrer an. Zum Schneiden
des Getreides wurden zweirädrige Karren von besonderer Kon-
struktion benutzt. Auf jedem Karren ruhte nämlich eine Wanne,
die so angebracht war, dass das gemähte Getreide in diese hinein-
fiel, wenn der vom oder hinten mit Zugvieh bespannte Wagen
durch die Saat hin und hergeführt wurde.
Im helvetischen Wanderzuge befanden sich zahlreiche Wagen.
Diese dienten in Friedenszeiten dem Ackerbau. Ihre Räder bestanden
aus Ulmenholz. Bekannt ist, dass die Wagen der gegen Rom an-
rückenden Kimbern geflochten und mit Häuten überzogen waren.
Im Kampfe errichteten die Kelten eine Wagenburg, Um diese
künstliche Schanze der Helvetier wurde bei Bibrakte noch in tiefer
Nacht gekämpft. Eigentliche Streitwagen fehlten den Galliern zur
Zeit CäsaHs, dagegen fand er solche in Britannien noch in Gebrauch.
In der ersten Eisenzeit müssen dieselben jedoch auch im Gebiet
der jetzigen Schweiz benutzt worden sein, denn es fanden sich Reste
von Streitwagen in den Grabhügeln von Alienlüften und Grächwil.
In Bezug auf die Viehzucht zeichnete sich Gallien durch seine
Schweine- und seine Schafherden aus. Wie gallische Wolle sogar in
Rom geschätzt war, so auch der gallische Schinken. Die Schweine
der Kelten fanden in den grossen und vielen Eichenwäldern Nahrui^
genug und da sie ihren Herren die Lieblingsspeise lieferten, so ist
es kein Wunder, dass Bilder von Ebern als Symbole auf Feld-
zeichen und als Fabrikmarken auf Schwertern benutzt wurden.
Weniger rühmend spricht Plinius von dem gallischen Käse. Er
fand seinen Geschmack zu scharf.
Auch Gewürz war den Kelten bekannt. Sie gewannen Salz
und es ist nur eine Bestätigung dieser Nachricht des römischen
Naturforschers für eine frühere Zeit, wenn es heisst, dass die An-
siedler von Hallstatt im österreichischen Salzkammergute die in den
Gräbern daselbst entdeckten Luxusgegenstände und ihren Reichtum
überhaupt dem Salz verdankten, das sie bergmännisch gewannen
und verhandelten.
c) Handwerk und Technik. Es bedarf wohl keines Beweises,
dass in der Eisenzeit die meisten der jetzt noch geübten einfachem
zed.yGOOgle
414 Viert» Kai^tel.
Handwerke bekannt waren. Wir haben uns die Schneider, Schuster,
Zimmerleute, Schmiede u. s. w. wohl hauptsächlich unter den Leib-
eigenen oder Sklaven zu denken. Sie werden die nicht seltenen
Geräte, die in unsern Museen unter den eisenzeitlichen Funden
liegen, benutzt haben. Diejenige Technik jedoch, in welcher die
Kelten sich besonders hervorthaten, war die Bearbeitung der Metalle.
Seit uralter Zeit wurde in Gallien sowohl, als auf den britischen
Inseln Bet^bau getrieben. Auch im Gebiet der alten Iberer war
dies der Fall und Strabo schreibt es der reicheren Ausbeute, welche
die Bergwerke in den Ländern der Kelten und Iberer lieferten, zu,
dass die Erzlager Ober-Italien's nicht mehr wie früher benutzt
wurden. Cisar erwähnt die Meta%ruben der Aquitanier, welch
letztere geschickte Bei^leute seien und daher den belagerten gal-
lischen Städten gegen die Laufgräben und Minen der Römer die
besten Dienste leisteten.
Zinn wurde aus Britannien eingeführt, das nach Cäsar weniger
Eisen besass, als Gallien und alles Kupfer vom Auslande bezog.
Strabo nennt die Goldbergwerke der Tarbelli, die Silbergruben der
Rutheni und Gabali, die Eisenhütten der Petrocori und Bituriges.
Er spricht von dem Golde des Arvemerkönigs Luerios. Die
Helvetier wuschen das edle Metall aus dem Sande der Flüsse.
Nach Plinius ist das gallische Gold das feinste von allem. Die reich-
haltigsten Goldbergwerke waren, wie gesagt, im Gebiet der Tarbeller.
Dort kamen laut Strabo's Bericht in den auf geringe Tiefe ge-
grabenen Gruben faustdicke, zuweilen nur geringer Läuterung be-
dürftige Goldstücke vor. Das übrige sei Goldsand und Erz, aber
auch diese erfordern nicht viel Arbeit.
Die Gallier verstanden , wie Punius berichtet , das Kupfer
so mit dem Zinn zu legieren, dass es dem Silber ähnlich schien.
Die Behandlung des Kupfers aber fand seine Billigung nicht; es
werde brüchig und schwarz. Blei &nd sich in Gallien sehr häufig.
Die Metalle wurden zur Herstellung von allerlei Schmuck, zur
Verfertigung von Waffen zu Schutz und Trutz, zur Erstellung von
Geräten aller Art und endlich zur Prägung von Münzen benutzt
d) Handel und Verkehr. „du d»riii nkhi weilen,
(Triilijoti Sagt)
Der Handel ist einer der wichtigsten Vermittler der Kultur. Er
bringt die Produkte anderer Länder und tauscht sie gegen Landes-
erzeugnisse oder gegen Geld um. Der primitive Handel beruht
auf Tausch und wir haben gesehen, dass schon in der Steinzeit
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit,
4IS
Tauschhandel getrieben wurde. In der Bronzeperiode muss derselbe
sehr rege gewesen sein, und dass er in der Eisenzeit auch vorhanden,
beweisen uns die „Fremdlinge" unter den Fundobjekten, d. h. Stücke,
deren Heimat nicht in der Nähe des Fundortes, sondern weit ent-
fernt liegt. Solche Fremdlii^e sind die Situlae und Cisten, sowie
die meisten andern Bronzegefässe in den Grabhügeln unserer ersten
Eisenzeit, die Bemsteinperlen von Molinazzo, die Korallen von
Trüllikon, manche Giirtelbleche, die Statuetten von Lunkhofen,
die Glasperlen und Glasringe, welch letztere uns in die zweite
Eisenzeit hinüberleiten, wo dann endlich die Münzen erscheinen
und für unser Land der Handel mit Geld als Wertmesser seinen
Anfang nimmt.
Was aber gab man, so fragen wir wieder, als Entgelt für all
die Schmucksachen und Luxu^egenstände, die von fernher kamen?
Schon oben haben wir auf den gallischen Schinken, die gallische
Wolle aufmerksam gemacht, die bis nach Rom gelangten. Metalle,
Getreide, Felzwaren und wohl auch Sklaven mc^n ebenfalls als
Tausch gegeben worden sein.
Der Handel bedarf der Wege und Strassen. Hatte er solche
in der Schweiz? Die Reste von Strassen sind schwer zu erkennen,
aber die Funde leiten uns. Für die letzte Phase der Eisenzeit
kommen auch die Nachrichten der Alten in Betracht, Wir wissen,
dass von Marseille, dem alten Massilia aus, der Rhone nach auf-
wärts ein uralter Handelsweg sich hinzog, der dann einerseits zum
Rheine, anderseits der Seine nach und hinüber nach Britannien
führte. Für die Verbindung von Rhone und Rhein kam einerseits
die Saöne mit dem Doubs, anderseits die Westschweiz mit den
Thälern der Aare und der Birs in Betracht.
Neben diesen Thalwegen aber dienten auch manche Gebirgs-
pässe schon in der Eisenzeit dem [wie wir sagen würden) inter-
nationalen Verkehr. Cäsar nennt die Handelsstrasse über den
grossen Sl Bernhard. Ihrer Sicherung wegen will er seinen Unter-
feldherm Galba ins Wallis gesandt haben. Freilich gelang das
Unternehmen erst später, nachdem die Salasser am Südabfall des
Passes bezwungen waren. Dass jedoch der Bernhardspass in vor-
römischer Zeit wirklich benutzt wurde, wissen wir aus den Funden,
die auch das Vorhandensein des Heiligtums der Veragrer auf der
Passhöhe sicher gestellt haben.
Die urgeschichtlichen Funde haben den Beweis erbracht, dass
auch andere Pässe in den Schweizer Alpen schon lange vor
dem Eindringen der Römer in unser Land benutzt wurden. Wer
eine archäologische Karte des Bündnerlandes erstellt, wird finden.
zed.yGOOgle
^.l6 Viertel Kapitel.
dass prähistorische Funde fast an allen heute begangenen Haupt-
routen vorkamen. Wir brauchen uns beispielsweise nur an den
Burweinerfund mit seinen etrusldschen (?) Gefässen und seinen
massaliotischen Münzen zu erinnern, um die Annahme bewiesen zu
finden, dass der Julier -Septimer -Weg in vorrömischer Zeit benutzt
worden sei. Der Gotthardpass freilich scheint nicht bekannt ge-
wesen zu sein, dagegen habe ich anderwärts darauf hingewiesen,
dass die Verbindung des Wallis mit dem Aarethal durch die
Gemmi, diejenige des mittleren Engadin und dem Rheinthal über
Flüela- und Albulapass hergestellt wurde. An der Furka reichen
die eisen- und bronzezeitlichen Funde bis nach Amen, Fiesch und
Reckingen hinauf.
Auch im Jura wurden einige Pässe benutzt, so z. B. der Schaf-
mattpass, an welchem besonders viele Sequanermünzen zum Vor-
schein kamen.
4. Geistige Kultur. Die uigeschichtliche Forschung hat es mit
den verschiedenen Kulturphasen zu thun, welche die Völker, die sie
ihrer Betrachtung unterwirft, durchlaufen haben; sie beschäftigt sich
dagegen nicht mit der ethnologischen Zugehörigkeit der Träger
dieser Kulturen, Wir kennen die Kultur, die sich in den Pfahl-
bauten unserer Seen manifestiert, ganz genau, aber welchem Volk
die Erbauer der Seedörfchen zuzurechnen sind, wissen wir nicht
Im Verlaufe unserer Betrachtung der Eisenzeit sind oft Dinge be-
sprochen worden, welche uns einen Einblick gestatteten in das
Kulturleben dieser Epoche, aber die Ui^eschichte schweigt über
die Ethnologie der Eisenzeit. Wir wissen nicht, ob die Hatlstatt-
leute Kelten oder Germanen, Ulyrier oder Iberer u. s. w. waren
Auch die Leute der La T^ne-Zeit in der Schweiz wären uns ethno-
logisch unbekannt, wenn nicht, wenigstens fiir die zu Ende gehende
Eisenzeit, ein Strahl der Geschichte dieses Gebiet der Forschung er-
hellte und uns zeigte, dass wir in den Helvetiem Glieder der grossen
Völkerfamilie der Kelten vor uns hätten, Stammesverwandte mit
den Bewohnern des heutigen Frankreich, des alten Gallien.
Man hat früher behauptet, die Grabhügel-Erbauer der schweize-
rischen Eisenzeit seien auch Kelten gewesen. Es ist aber heute
noch unmöglich, die Frage der Volkszugehörigkeit fiir jene Periode
zu beantworten, vielleicht bringt uns die Zukunft in dieser Beziehung
neue Aufschlüsse, Unter allen Umständen gehören solche Fragen
nicht vor das Forum der Urgeschichte, sondern vor dasjenige der
Geschichte.
zed.yGOOg[e
Die Eisenzeit. ^\j
Wir haben im Vorstehenden oft und viel von der Kultur der
älteren Phase der Eisenzeit gesprochen, über Kleidung und Schmuck,
Werkzeuge und Gerate, Waffen, über Wohnungen, Industrien, Handel,
über Ornamentik und Kunst manche Details gehört Ja sogar
über die geistige Kultur sind uns Aufechlüsse zu teil geworden.
Bei Besprechung der Grabhügel konnten wir Blicke in die Vor-
stellungswelt derjenigen thun, die ihre Toten unter diese Hügel ge-
bettet. Im Grabhügel von Grächwil fanden wir einen Häuptling in
seinem Streitwagen begrabeg. Es entrollte sich also da vor unserem
Auge ein Bild staatlicher Ordnung. Die Zeichen des Totenkultes
aber waren Zeugen von religiösen Anschauungen jener Zeit.
Auch aus den Gräbern der La T^ne-Zeit lassen sich die
Ideen der Bewohner über religiöse Verhältnisse, über staatliche
Ordnung herauslesen und bei den übrigen Funden können
auf Schritt und Tritt Beobachtungen über die Kultur der in Be-
tracht kommenden Periode gemacht werden. Zudem kommt uns
hier und da noch die Geschichte mit ihren Aufklärungen zu Hilfe und
so wissen wir denn auch, mit welchem Volk wir es hier zu thun
haben, und hören die Berichte der Alten über dasselbe. Wir wissen,
dass am Schlüsse der zweiten Eisenzeit, im letzten Jahrhundert vor
unserer Zeitrechnung, die Helvetier nebst einigen kleineren Völker-
schaften die Schweiz bewohnten; wir hören, dass diese Helvetier
und ihre Nachbarn Kelten waren, also an der durch andere Nach-
richten genauer bekannten Kultur dieser Völkerfamilien teilnahmen,
ihre Sprache redeten, dass ihre Priester die griechische Schrift be-
nutzten u. s. w.
Wir stehen hier an dem Punkte, wo die Prähistorie im Begriff
ist, die (uhrende Fackel der Erkenntnis an die Geschichte abzutreten.
Die Zeit ist hoffentlich für immer vorüber, da sich diese Schwester-
Wissenschaften gegenseitig benörgelten und, sagen wir es aufrichtig,
beneideten, da besonders die ältere der beiden, die Geschichte, ihre
jüngere Schwester als ihr nicht ebenbürtig betrachtete, da beide es
vermieden, auf den Grenzgebieten zu arbeiten, aus Furcht vor der
gegenseitigen Kontrolle. Es ist ja wahr, was Hoernes von der Ur-
geschichte als Wissenschaft sagt: „Sie steht heute, im Besitz einer
Reihe glänzender Errungenschaften, den Blick fest auf eine andere
Reihe von näheren und ferneren Zielen gerichtet, tiefatmend,
waffenschwer, in unanfechtbarer Grösse und Sicherheit da." Aber
sie darf nicht vergessen, dass auch sie nicht mehr und nicht
weniger ist, als alle anderen Wissenschaften: eine Dienerin der
Wahrheit. Und die Wahrheit wird oft nur durch treues und hin-
gebungsvolles Zusammenarbeiten vieler gefunden. Wenn Geologen
HeLtrli, UrgeschLchM der SchweLi. 2?
zed.yGOOgle
4l8 Viertes Kapitel.
und Anthropologen, wenn klassische Archäologen und Historiker
sich, wie es in den letzten Jahrzehnten vorkam, in immer steigen-
dem Masse mit den Resuhaten der urgeschichtlichen Forschung
vertraut machen, wenn viele von ihnen sich sogar, mit Hacken und
Spaten bewaffnet, an den Ausgrabungen beteiligen, so wollen wir
Ui^eschichtsforscher das dankend anerkennen und uns gleicher
Zuvorkommenheit befleissen.
Kehren wir nun zu unserem eigentlichen Thema zurück und
betrachten wir die durch Funde und_ historische Nachrichten be-
kannte Kultur der Helvetier!
a) Eigenschaften der Helvetier. Die Gallier achteten
Tapferkeit und Kriegsruhm sehr hoch und dass sie diesen Ruhm
auch verdienten, zeigt die Geschichte ihrer Kämpfe mit Rom,
namentlich mit Cäsar, Noch Greise trugen Waffen und nahmen an
Schlachten teil. Vor der Reife zum Kriegsdienst hatte kein Sohn
öffentlichen Zutritt zum Vater und es wurde als Schande betrachtet,
wenn ein Knabe ausser dem Hause an der Seite seines Vaters ge-
sehen ward.
Die Tapferkeit der Gallier führte oft dazu , dass sie im
Kampfe sowohl die Rüstung, als auch die übrige Kleidung ab-
legten und nackt, d. h. nur mit einem Lendenschurze bekleidet, sich
den Feinden entgegenstellten. Die Köpfe erschlagener Gegner
nahmen sie, wie Diodor und Posidonius berichten, als Zeichen des
Sieges mit nach Hause und schmückten damit den Eingang ihrer
Wohnungen.
Mit der Tapferkeit ging eine gewisse Prahlsucht und eine
grosse Putzliebe Hand in Hand; dazu kontrastierte eine Unbe-
ständigkeit und ein Wankelmut, der die Kelten im Glück über-
mütig, im Unglück verzagt machte. Auch der Leichtsinn, mit dem
sie plötzlich die wichtigsten Beschlüsse fassten, ihre grosse Neugier
und Leichtgläubigkeit werden getadelt Strabo schreibt ihnen
Offenheit, aber auch vorschnellen Zorn und Hitze zu. Diodor er-
zählt, dass bei den keltischen Gelagen, wo die Vornehmsten mit den
besten Stücken beehrt würden, durch die geringsten Veranlassungen
Zweikämpfe entstünden.
An diesen Nationaltugenden und Fehlern hatten auch die
Helvetier Teil. Sie waren sehr tapfer und ihre fast täglichen Kämpfe
mit den Germanen mehrten ihren Ruhm, Ihre Wanderlust führte
sie weit herum und wir werden noch sehen, mit welcher Leichtigkeit
sie auch ihre Wohnsitze in der Schweiz wieder verliessen, Ihre Ge-
schicklichkeit in manchen Dingen aber wird durch zahlreiche Funde
bewiesen.
zed.yGOOgle
Die Eisenieil. 41p
Was das Familienleben anbetrifft, so hat Cäsar aus Gallien
eine interessante Sitte berichtet: der Mann legt zu der Mitgift
der Frau ebenso viel aus seinen eigenen Mitteln hinzu. Diese Summe
wird dann gemeinsam verwaltet und der Gewinn aufgespart. Wer
das andere überlebt, erhält das Stammkapital und die aufgelaufenen
Zinsen,
Der Mann ist Herr über sein Weib und über seine Kinder; er
hat Gewalt über Leben und Tod. Bei seinem Tode versammelt
sich die Blutsfreundschaft und hält, wenn man wegen des Todes
Verdacht hat, Gericht über die Weiber und Sklaven. Findet man
einen Schuldigen, so wird er mit Feuer und allerlei Martern getötet.
Die Leichenbegängnisse sind prachtvoll und kostspielig. Alles, was
dem Verstorbenen im Leben wert gewesen, wird in das Feuer ge-
worfen, sogar Tiere. Vor Cäsar's Zeit waren auch Sklaven und
Schutzgenossen bei den Leichenbegängnissen verbrannt wordea
b) Gesellschaftliche und staatliche Einrichtungen. Die
Helvetier bestanden aus vier Stämmen. Der mächtigste derselben
war derjenige der Tiguriner. Als zweiten Stamm nennt C^^sar noch
den der Verbigen er. Strabo spricht nur von drei helvetischen
Stämmen, von denen er die Tiguriner und Tugener {oder Toygener)
nennt Den vierten Stamm bildeten wahrscheinlich die Ambronen,
welche bei Aquae sextiae 102 v, Chr. in der Schlacht zwischen
Römern und Teutonen erwähnt werden. Eis ist bezeichnend, dass
Cäsar wohl von Helvetiern (Helvetii), aber niemals von Helvetien
(Helvetia) spricht. Auch die Namen der einzelnen Stämme haben
durchaus nichts Geographisches an sich, sondern es sind Eigen-
namen.
Wenn wir nun auch über die politische Einteilung des helve-
tischen Gemeinwesens keine bestimmte Kenntnis haben, 50 sind wir
doch über die inneren Verhältnisse desselben unterrichtet, da sie bei
den Kelten überall dieselben waren. Nach den Mitteilungen Cäsar's,
die freilich nicht kritiklos angenommen werden dürfen, war die gal-
lische Bevölkerung aus folgenden Bestandteilen zusammengesetzt:
i) Druiden, eine Kaste von Priestern, Gelehrten und Richtern.
Ihnen lag zunächst die Besorgung aller derjenigen Verpflichtungen
ob, die auf Religion und geistige Bildung Bezug hatten; sodann war
ihnen in den meisten öfllentlichen und Privatstreitigkeiten das Richter-
amt übergeben und die Bestrafung der Verbrecher übertragen worden.
Auch bei der Wahl der Magistratspersonen wirkten die Druiden mit.
Von Kriegsdiensten und Steuern waren sie befreit. Ihr Ansehen
war gross; sie wussten sich überall Gehorsam zu verschaffen. Un-
gehorsame durften nicht mehr an den Opfern teilnehmen und das
27'
zed.yGOOgle
420 Viertes Kapitel.
galt als die fürchterlichste aller Strafen. Niemand wollte mit einem
solchen Menschen mehr etwas zu thun haben. Er war von allen
Ehren und Rechten ausgeschlossen.
2) Der Adel. Die Edlen besassen alles Land und bildeten den
Kern des Staates. Von ihnen ist bei den alten Schriftstellern, die
uns über Gallien berichten, besonders bei Cäsar, häufig die Rede.
Der Helvetier Orcitirix (Orgetorix) stiftete eine Verschwörung unter
dem Adel. Sein Schwiegersohn, der Äduer Dumnorix, ist mit den
vornehmsten Biturigen verwandt. Der Arverner Critognatus wird
wegen seiner- vornehmen Geburt geehrt. Manche Adelige wurden
von Rom mit dem Ehrentitel „Freunde" ausgezeichnet. Im Kriege
^eht der Adel zu Feld. Jeder Ritter hat seine Vasallen und Schutz-
genossen um sich. Je edler und reicher er ist, desto mächtiger ist
seine Begleitung. Der Staat aber, den dieser Adel bildet, ist in sich
doch ein demokratischer Staat und hat wechselnde Vorsteher, Das
Streben nach bleibendem Besitz der obersten Stelle im Staate wird
mit Tod bestraft. Die höchste Gewalt ruht in der Volksversamm-
lung. Vor sie wird der ehrgeizige Orcitirix geladen, um sich zu
verantworten. Bei den Trevirern erklärt die Volksversammlung
den Cingetorix fiir einen Feind und befiehlt, seine Güter zu ver-
steigern, weil er zu Rom hält. Die Volksversammlung der Aulerker,
Lexovier u. s. w. lässt die Senatoren sterben, weil sie nicht zum
Krieg gegen Rom stimmten. Nur in den Volksversammlungen darf
man über Staatssachen sprechen. Hört jemand etwas, was für den
Staat wichtig sein kann, so hat er es der Obrigkeit anzuzeigen und
diese entscheidet darüber, ob etwas davon und was dem Volke
mitgeteilt werden solle.
In besonders wichtigen Fällen, wenn ein Krieg bevorstand, trat
das Volk in Waffen zusammen. Dann erschienen alle Waffenfähigen
gerüstet und wer zuletzt erschien, wurde getötet. Einer Meinung,
die den Versammelten gefiel, stimmten sie mit Geschrei und Waffen-
geklirr bei.
3} Das Volk. Es war nicht mehr in voller Freiheit, sondern
lebte in kümmerlichen Verhältnissen. Die meisten waren Hörige,
Diener, Vasallen, Begleiter oder Leibwächter von Adeligen. Orge-
torix erschien mit lOOOo Klienten an der Volksversammlung, die
ihn verurteilen sollte und regte diese dadurch so auf, dass man die
ganze Macht des Staates gegen ihn aufgeboten zu haben scheint.
Der durch Reichtum und Freigebigkeit angesehene Äduer Dumnorix
hielt sich eine besondere Leibwache von Reitern, die er aus seinen
Klienten ausgezogen hatte. Die Klienten hatten also wohl persön-
liche Freiheit und eigenen Besitz, aber politisch waren sie in voll-
zed.yGOOgle
Die Euenzeit.
421
ständiger Abhängigkeit von ihrem Herni, dem sie zu gehorchen
hatten. Wie innig die Verbindung zwischen dem Herrn und seinen
Klienten werden konnte, sehen wir aus dem von Cäsar berichteten
Beispiel des Adiatumnus und seinen 500 Leibwächtern. Die Leib-
wache teilte mit ihrem Herrn alle Annehmlichkeiten des Lebens.
Ereilte ihn aber ein Unfall, so mussten sie dasselbe Schicksal mit
ihm teilen oder sich sogar selbst entleiben, „und wirklich hat sich
seit Menschengedenken noch keiner gefunden, der nach dem Tode
desjenigen, dessen Freundschaft er sich hingegeben hatte, zu sterben
sich geweigert hätte,"
4) Die Sklaven. Casar spricht von entlaufenen Sklaven der
Gallier, von den Sklaven des Orcitirix, von den als Sklaven ver-
kauften Verbigenem. Wir wissen nichts Genaueres über ihre Stellung
im Staate.
Innerhalb Gallien's bekämpften sich nun die einzelnen Staaten
sehr oft und innerhalb eines Volkes scheinen ebenfells Fehden
sich an Fehden gereiht zu haben. Es war ein Krieg aller gegen
alle und nur in seltenen Fällen vermochte ein gallischer Adeliger
mehrere Staaten zu gemeinsamem Vorgehen zu veranlassen, z. B.
zum Kampf gegen die eingedrungenen Römer, Wir treffen aber
doch Spuren von umfassenderen Oi^anisationen. Die Druiden ver-
sammelten sich alle Jahre einmal in der Mitte Galtien's. In
politischer Beziehung findet sich die Einrichtung, dass von Zeit zu
Zeit ein allgemeiner Landtag stattfindet, eine gemeinsame Beratung,
an welcher Abgeordnete aller Staaten Gallien's teilnehmen.
cj Die Religion der Helvetier. „Alle Gallier sind dem
Aberglauben sehr ergeben", sagt Cäsar, „und daher opfert man in
schweren Krankheiten, in Schlachten und Lebensgefahr Menschen,
oder gelobt solche Opfer, die man durch die Druiden verrichten
lässt, in dem Aberglauben, dass nur durch den Tod eines andern
Menschen sich ein Leben von den unsterblichen Göttern erflehen
liesse. Solche Opfer sind sogar durch Staats Verordnungen eingeführt.
Manche Orte haben ungeheuere Götzen von geflochtenem Reisig,
die man mit lebendigen Menschen anfüllt, in Brand setzt und samt
den Menschen verbrennt. Hinrichtungen von Dieben, Strassenräubern
und andern Missethätem hält man freilich den Göttern für an-
genehmer; fehlt es jedoch daran, so nimmt man auch wohl Un-
schuldige."
„Unter den Göttern verehren sie vorzüglich den Merkur, von
dem man überall Statuen sieht. Nach ihrer Ansicht ist er der
Erfinder der Künste, der Geleitsmann auf Wegen und Strassen und
hat einen grossen Einfluss auf Gewinn und Handel. Nächst dem
zed.yGOOgle
432 Viertes Kapitel.
Merkur verehren sie den Apollo. Mars, Jupiter und die Minerva."
„.Apollo heilt die Krankheiten, von der Minerva stammen Hand-
I werke und Künste, Jupiter führt die Herrschaft im Himmel und
Mars leitet den Krieg. Vor den Schlachten gelobt man ihm ge-
wöhnlich die Kriegsbeute und opfert ihm nach dem Siege das
erbeutete Vieh; das übrige wirft man auf einen Haufen zusammen.
So aufgetürmte Beutehügel kann man in vielen Staaten sehen und nur
selten geschieht es, dass jemand unter Nichtachtung seines Glaubens
etwas von der Beute zu verheimlichen oder von dem Haufen zu stehlen
wagtj auch ist die höchste Strafe und
i Marter dafür festgesetzt."
Diese Darstellung Cssar's ist
das Vollständigste, was die Alten
uns von der Götterlehre der Gallier
hinterlassen haben. Strabo erzählt
noch .von einem Bacchusdienst,
DioDOR von einem Dienste der
Dioskuren , Lukan spricht von
Teutates, Taranis und Hesus als
gallischen Gottheiten, von denen
besonders der letztgenannte einen
blutigen Kultus habe. Die Römer
erkannten, dass die gallischen Götter
mit den römischen manche Eigen-
schaften gemein hatten. Sie identi-
fizierten deshalb Hesus und Mars
miteinander, ferner Teutates und
Merkur, Taranis und Jupiter, Belenus
und Apollo und endlich Ogmius
und Herkules.
Fig. 4^1. Die Funde von gallischen
Bronzesiai^eiie^von Sierre. Götterbildern in der Schweiz sind
sehr wenig zahlreich. Sie erscheinen
zunächst auf Münzen, wie z. B. die Goldstücke von Schönenwerd, auf
der einen Seite den Kopf des Belenus- Apollo aufweisend, während
die Silberlinge von Baisthal mit der Darstellung eines beflügelten
Götterkopfes (nach Meisterhans: Teutates-Merkur" versehen sind.
Auch Statuetten, welche gallische Götter repräsentieren, sind
schon zum Vorschein gekommen. In Windisch wurde z, B. eine
Statuette gefunden, die uns den Merkur mit Flügelhut, Bulga und
Caduceus vor Augen fiihrt. Das Ganze ist äusserst roh aus Jurakalk
gearbeitet. Viel mehr Kunstsinn verrat sich an einigen Statuetten
zed.yGOOgle
Die Eisenzeit.
423
aus Bronze, die den Taranis oder Jupiter darstellen. Zwei derselben be-
finden sich imUniversitätsmuseumzuGenf. Beide stammen vonSiders
{Sierre) im Wallis (Fig. 42 1 und 422). Die kleinere Figur ist ca. 1 3 cm
hoch und stellt einen bärtigen Mann dar, welcher in der rechten
Hand ein Töpfchen oder eine Schale hält, während er die Linke in
die Höhe hebt, als ob sie irgend etwas umfassen sollte. Die Kleidung
des Gottes besteht in einem hemdartigen Rocke, über den sich in
der Lendengegend ein Gürtel schliesst. Die Beine, bis oberhalb
der Knie sichtbar, sind mit eng anliegenden Hosen bekleidet, die
Füsse mit Schuhen bedeckt.
Das von wallendem Lockenhaar und Bart eingerahmte Gesicht
der grössern Statuette (Fig. 422) trägt den Stempel der Hoheit und
schon den ersten Beschreibern fiel die Ähnlichkeit derselben mit
dem Zeus von Otricoli auf. Die Kleidung besteht auch hier wieder
aus der Tunika, unter welcher die engen Beinkleider sichtbar werden.
Die Füsse sind mit Bundschuhen bekleidet. Um den Hals der
Statuette legt sich ein ausgezackter Kragen und unterhalb desselben
zed.yGOOgle
424 Viertes Kapitel.
bemerkt man mehrere Epheublätter, die aus Silber bestehen und
in die Bronze eingelassen wurden. Auf der Brust befindet sich ein
nageiförmiges Gebilde, welches bis zum Gürtel reicht Die Stellung
der Figur ist derjenigen der kleineren ähnlich. Die Rechte hält die
Schale, die Linke aber ist erhoben und umfasste, wie vollständig
erhaltene Stucke aus Frankreich lehren, eine Stange, die oben ein
tonnenartiges Gefäss trug. Ähnliche Statuetten sind in Baden (Aar-
gau), femer in Pully und Lausanne zum Vorschein gekommen.
Wo aber verehrten die Gallier ihre Götter? Eichenhaine galten
den Druiden für heilig; in diesen standen die Götterbilder und bei den
Götterbildern werden wir uns die Tempel zu denken haben, sofern
solche überhaupt vorhanden waren, Desor hat aus dem Funde von
zwei Bronzerädchen in einer Höhle unfern Boudry geschlossen, dass
die Caveme ou Baume du four als ein heiliger Ort, eine Art Tempel
der Eisenzeit aufzufassen sei. Von einem Heiligtum der Veragrer
auf dem Grossen St. Bernhard sprechen die alten Schriftsteller und
die Ausgrabungen am Mont Joux in der Nähe des Hospizes haben
die Richtigkeit ihrer Angaben erwiesen. Einen vorrömischen Tempel
vermutete man auch auf der Höhe des Julier und die zwei daselbst
befindlichen Säulenstücke sollen von demselben herrühren. In Frank-
reich und England hält man auch grossartige Steinmonumente, wie
die Steinringe und Alleen von Locmariaker und Stonehenge von
Salisbury für geheiligte Orte der urgeschichtlichen Zeit.
Die religiösen Feierlichkeiten wurden von den Druiden geleitet,
Sie waren ja die Priester und Weissager; sie waren zugleich auch
Dichter und Sänger, Richter des Volkes, überhaupt die Träger der
Bildui^. Sie brachten die Opfer dar; sie schnitten am sechsten T^e
nach dem Neumonde die heilige Mistel vom Eichbaum; sie mischten
die Arzneien für die Kranken; sie beobachteten den Lauf der Gestirne
und kannten die Zeitrechnung. Sie kannten auch die Schrift und
benutzten dazu griechische, hier und da auch römische Buchstaben.
Die Druiden besassen eine Geheimlehre, die wesentlich anders
war, als die Religion des Volkes. Ihre Götter waren nicht bloss
personifizierte Naturgewalten, sondern Gebilde einer reichen Gedanken-
welt. Selbst die Idee von einem einzigen, höchsten Lenker der
Welt war in ihnen lebendig. Aber sie schrieben die alten heiligen
Lehren nicht auf, sondern vertrauten dieselben ihren Jüngern nur
mündlich an. In Sprüchen oder Versen mussten diese in jahre-
langem Studium die göttliche Weisheit in sich aufnehmen und wer
des Wissens tiefsten Grund kennen lernen wollte, der ging, nach-
dem er in Gallien seine Studien vollendet, zu den Druiden nach
Britannien hinüber.
zed.yGOOgle
Die Eileiudt
P. Die firühesten historischen Nachrichten
tlber die Schweiz.
In den auf uns gekommenen Schriften der Alten sind Nach-
richten über die Gebiete, welche heute die Schweiz bilden, äusserst
selten. Was die vorrömische Zeit betrifft, so ist ausser dem Werke
Julius Cäsar's über den gallischen Krieg, in welchem der Unter-
gang des helvetischen Volkes und ihrer Verbündeten beschrieben
wird, nichts Bedeutendes mehr vorhanden und müssen wir die Er-
eignisse in dieser Zeit mühsam aus kurzen Notizen verschiedener
Schriftsteller zu enträtseln suchen.
Auf eine andere Schwierigkeit, die früheste Geschichte unseres
Landes zusammenzustellen, hat schon Mommsem aufmerksam gemacht,
wenn er als erste Bedingung zum Verständnis jener Periode die
Forderung aufstellt, das heutige Gebiet der Eidgenossenschaft in
Gedanken aufzulösen und die einzelnen Stücke als integrierende
Bestandtheile der Nachbarländer sich vorzustellen. So wenig es ein
römisches Helvetien gab, so wenig gab es eine vorrömische Schweiz,
weder dem Namen, noch der Sache nach. Der heutige Kanton
Tessin muss zum Gebiet der Lepontier gerechnet werden; im Wallis
Sassen zuerst halbgermanische, dann keltische Völker und Genf ge-
hörte zum Gebiet der Allobroger. Die Helvetier hatten das Land
zwischen Genfer- und Bodensee inne und stiessen im Westen an
die Sequaner, Im Berner Jura sassen die Rauracher, in der Süd-
ostschweiz die Rätier und dazu kamen noch die Latobrigen, deren
Wohnsitze im Gebiet der Linth, der Reuss, oder vielleicht richtiger
im Berner Oberland gesucht werden. Jenseits des Rheins scheinen
zu Cäsar's Zeit Germanen gesessen zu haben.
Merkwürdigerweise tritt kein Teil der Schweiz in der Ge-
schichte 50 früh auf, wie das abgeschlossene Wallis, Der spät-
römische Dichter Rufüs Festus Avienus beschreibt nach Darstellungen
griechischer Schriftsteller des fünften vorchristlichen Jahrhunderts
den Oberlauf der Rhone. ,,Es strömt aber der Fluss von der
Quelle an durch das Gebiet der Tylangii jedenfalls der späteren
Tulinger), der Dalitemi, durch die Saaten der Clahilci und das
Temenische Land , . . Dann breitet er sich in zehn Biegungen
durch Stauung der Fluten aus; manche sprachen von einem un-
gesunden Sumpfe. Hierauf ergiesst er sich in einen grossen See
(Genfersee\ den die alte Sitte Griechenland's Accion nennt und fuhrt
die eilig dahinströmenden Fluten durch den Spiegel des stehenden
Gewässers hindurch."
zed.yGOOgle
426 Vierles Kapitel,
Die sumpfige Ebene oberhalb des Sees Accion ist die Gegend
um St. Triphon und im Wallis sassen also die Tylangi oder
Tulinger (im Oberwallisj, die Dalitertii, die Clahilci und die Be-
wohner des temenischen {lemanischen?) Landes. Professor Öchsli,
dessen Ausführungen wir hier folgen, hat nachgewiesen, dass diese
Völkerschaften halb germanisch waren.
Zu Cäsar's Zeit lebten im Kt. Wallis die Seduner, die Veragrer
und endlich die Nantuaten. Dass diese Stämme zu den Kelten
gezählt werden müssen, ist nie bestritten worden. Es muss also
eine Zeit gegeben haben, wo im oberen Rhonethal die Germanen
ganz zurückgedrängt wurden. Oechsli vermutet, das sei geschehen
anlässlich der Vernichtung der aus den Alpen stammenden Gäsaten-
oder Lanzknechtheere durch die Römer im dritten Jahrhundert vor
unserer Zeitrechnung,
Livius erzählt uns, dass am Schlüsse des fünften oder zu An-
fang des vierten vorchristlichen Jahrhunderts das grosse Gebiet der
Kelten an Übervölkerung litt. Deshalb sandte König Ambiatus, der
an der Spitze der keltischen Volksgemeinschaft stand, seine beiden
Neffen Secovesus und Bellovesus mit gewaltigen Heeressch wärmen
aus, um sich neues Land zu Wohnsitzen zu suchen. Segovesüs
zog über den Rhein nach Süddeutschland, Bellovesus aber führte
seine Scharen über die Westalpen nach Oberitalien, vertrieb die
Etrusker und liess sich mit den Seinen unter dem Namen Insubrer
um Mailand herum nieder. Ihm folgten andere Schwärme, die Bojer
und Lingonen.
Diese Wanderung der Kelten gegen Osten führte die Helvetier
an den Main und Neckar, die Vindelicier an den Oberlauf der
Donau, die Taurisker in die Ostalpen, die Insubrer, Senonen,
Bojer u. a. nach Italien. Einige keltische Schwärme drangen nach Rom
und Griechenland, ja selbst bis nach Kleinasien hinüber. Zu dieser
Zeit vermochte sich die germanische Bevölkerung des Wallis infolge
der Abgeschlossenheit des Landes der keltischen Einwanderung
besser zu erwehren, als es in den ebeneren Gegenden von Süd-
deutschland, der Schweiz und Italien möglich war.
Ais die Gallier der Poebene im dritten vorchristlichen Jahr-
hundert mit den Römern den Kampf um Sein oder Nichtsein
kämpften, riefen sie Söldner aus den Alpen zu Hilfe. Anfangs
wurde mit Abneigung gegen die Fremdlinge, später aber im innigen
Verein mit denselben gekämpft. Im Jahre 225 v.Chr. überschritten
die Gäsaten, so genannt wegen ihrer Hauptwaffe, dem Gaesum
oder der langen Lanze, in ungeheueren Scharen die Alpen, so
dass 50000 Mann zu Fuss und 200OO Reiter und Wagenkämpfer
zed.yGOOgle
Die Eisen zeit.
427
gegen die Römer aufgestellt werden konnten. Weder vor- noch
nachher machte die Tiberstadt so gewaltige Anstrengungen zur Ab-
wehr ihrer Feinde. Um den Zorn der Götter zu besänftigen, wurden
auf dem Eindermarbte in Rom ein Gallier und eine Gallierin, ein
Grieche und eine Griechin lebendig begraben. Zugleich rückten
140000 Mann Fussvolk und 8200 Reiter ins Feld und es wurde
die ganze übrige Streitmacht Italien's in Bereitschaft gestellt. Bei
Telamon an der toskanischen Küste kam es zur Entscheidungs-
schlacht. Die Römer siegten und die Gäsaten wurden völlig ver-
nichtet. 40000 derselben fanden den Tod, worunter König
Konkolitan, und loooo wurden gefangen genommen. Der zweite
Gäsatenkönig Aneroest nahm sich auf der Flucht das Leben.
Im Jahre 222 v. Chr. nahmen die Insubrer nochmals 30000 Gä-
saten in Sold. Diese standen unter König Viridomar, wurden aber
bei Clastidium, südlich von Parma, geschlagen. Damit war das
Schicksal der Insubrer besiegelt und die Gäsaten verschwinden aus
der Geschichte.
Die römischen Autoren, welche von den antiken Reisläufem,
den Gäsaten, berichten, geben als die Wohnsitze derselben die
Alpen, das Wallis und die Gegend am Rhein an. Die Zahl der
Lanzknechte ist zu gross, als dass sie alle aus dem Wallis ge-
kommen sein könnten. Wir werden ihre Heimat überhaupt in und
nordwärts von den Alpen bis an den Rhein suchen müssen, also in
der Schweiz. Jene Reisläufer aber waren weder reine Germanen,
noch reine Kelten, sondern ein Gemisch beider Volksstämme, Es
scheint also, als ob in der Schweiz der keltischen Bevölkerung eine
ältere germanische vorausgegangen sei.
Die wichtigsten Nachrichten über die Schweiz in vorrömischer
Zeit verdanken wir dem Besieger der Gallier, dem römischen Feld-
herrn und Staatsmann Julius Cäsar (geboren roo v. Chr., er-
mordet im Jahr 44 v. Chr. [vergl. Fig. 433]), In seinem \\'erke
über den gallischen Krieg (Commentarii de bello gallico) rühmt
er die in der schweizerischen Hochebene wohnenden Helvetier
als tapferer, denn die übrigen Gallier. Dieses Urteil ist um so
gewichtiger, als dasselbe von einem Manne herrührt, der die helve-
tische Tapferkeit im Kampfe kennen gelernt, ja der diese Tapferen
besiegt hatte.
Die Römer waren schon 50 Jahre vor C.War mit den Helvetiern
zusammen gestossen. Als Scharen der Kimbern und Teutonen
gegen das Römerreich anstürmten, da zogen auch viele Helvetier,
besonders aus dem Stamme der Tiguriner, mit den blondlockigen
Söhnen des Nordens. Die Helvetier müssen damals noch in dem
zed.yGOOgle
438 Viertes Kapitel.
Gebiet zwischen Böhmerwald, Schwabischem Jura, Rhein und Main
gewohnt haben, in das sie im vierten Jahrhundert, aus Frankreich
kommend , eingewandert waren. Als nämlich die Kimbern und
Teutonen nach der Schlacht von Noreia (113 v.Chr.) nach Norden
abzogen, gelangten sie, wie Öcksli bemerkt, ohne vindelidsches
oder rätisches Gebiet zu berühren, zu den Helvetiem; folglich sassen
diese noch nicht in der heutigen Schweiz. Die Tiguriner unter
Fig. 4?3.
Julius Cäsar.
Divico zogen nun mit den Kimbern zuerst gegen die Beigen und
später sogar nach Italien, aber nicht über den grossen St. Bernhard,
sondern über die Ostalpen,
Im Verlauf dieser kriegerischen Züge waren die Tiguriner mit
einem römischen Heere unter dem Konsul Cassius zusammen ge-
stossen. Man suchte den Schlachtort früher am Genfersee, es ist
aber ausser Zweifel gesetzt worden, dass er in der Nähe der heutigen
Stadt Agen an der Garonne in Südfrankreich gelegen haben muss.
Die Römer wurden geschlagen; der Konsul Cassius und der Legat
I'iso, der Ui^rossvatcr von CäsaHs Gemahlin Calpurnia, fielen;
zed.yGOOgle
Die EisenzeiL
429
die gefangenen Römer aber mussten zum Zeichen ihrer Schmach
unter dem Joch durchgehen.
Die Völkerwoge flutete weiter. Die Helvetier waren meist mit
den Kimbern vereinigt, hier und da auch mit den Teutonen ver-
bunden. Endhch trennten sich die beiden grossen Germanenheere.
Die Teutonen wollten von Gallien aus über die Westalpen nach
Italien ziehen, wurden aber bei Aquae Sextiae von Marius ver-
nichtet. Als dann nach langer Wanderung, wobei die Tiguriner
wohl ihre Heimat wieder besucht haben, die Kimbern über die Ost-
alpen in die Poebene niederstiegen, ereilte auch sie das Schicksat.
Auf den raudischen Feldern bei Vercellae kam es im Jahre 101 v.Chr.
zur Schlacht. Wieder siegten die Römer unter Marius. 140000 Bar-
baren sollen gefallen sein.
Nicht lange nach diesem Ereignis müssen die Helvetier ihre
Sitze am Main verlassen haben und in die Schweiz eingewandert
sein, etwas nach dem Jahr loo vor unserer Zeitrechnung. Casar
kennt ihre alte Wohnstätte als menschenleere Ode, Ptolemäus heisst
sie „die helvetische Wüste". Wahrscheinlich haben die vordringenden
Germanen die Kelten zum Wandern veranlasst und es ist die Ver-
mutung ausgesprochen worden, dass die Helvetier bei dieser Süd-
wanderung die Sequaner aus dem Gebiet der ebeneren Schweiz
nach Westen drängten, um sich in ihren Gegenden niederzulassen.
Dass die Niederlassung aber nur eine provisorische war, scheint
aus dem Umstand hervorzugehen, dass die Helvetier um das Jahr 60
beschlossen, auch ihre neuen Sitze zu verlassen und im süd-
lichen Gallien, von dem die alten Männer so viel zu erzählen
wussten, eine neue Heimat zu suchen, bei welchem Vorhaben sie
wieder mit den Römern zusammen stiessen.
Der reichste und angesehenste Helvetier zur Zeit Cäsar's war
Orgetorix oder wie er sich auf den Münzen nennt, Orcitinx.
Dieser ehrgeizige Mann stiftete, wie Casar berichtet, eine Verbindung
unter dem Adel und beredete seine Mitbürger zur Auswanderung.
Diese waren um so eher dazu bereit, als sie auf allen Seiten ein-
geengt waren. Die zukünftige Heimat mag ihnen wohl auch in
verlockenden Farben geschildert worden sein und der eigenen
Tapferkeit waren sie wohl bewusst. Zudem lebte ja noch der weise
Führer, der einst die Römer besiegt hatte: Divico. Man beschloss
also im Jahr 61 v, Chr., sich auf die Auswanderung vorzubereiten
und so viele Vorräte an Getreide zusammen zu legen, als möglich.
Im dritten Jahre, also im Jahr 58, sollte der Aufbruch stattfinden.
Orcitirix übernahm die Leitung des Ganzen. Er suchte be-
sonders die Völker zu gewinnen, durch deren Land der Zug allen-
zed.yGOOgle
430 Viertes Kapitel.
falls gehen musste. Er beredete den Casticus, der einst viele Jahre
lang die Sequaner beherrscht hatte, sich die Alleinherrschaft anzu-
eignen. Dem Äduer Dumnorix, einem Bruder des Divitiacus, gab
er seine Tochter zum Weibe und versprach ihm ebenfallls seine
Beihilfe zur Erlangung der Alleinherrschaft. So verbündeten sich
die drei ehi^eizigen Männer zu gemeinsamen Handeln. Aber das
Streben des Orgetorix nach Alleinherrschaft wurde verraten und
auf die „heimliche" Anzeige davon zwangen ihn die Helvetier, sich
zu verantworten. Orcitirix erschien vor dem versammelten Volke,
aber das Urteil konnte nicht geföllt werden, weil er zu seinem
Schutze seine Klienten mitgebracht hatte. Darüber empört, suchten
die Vorsteher des Volkes mit Gewalt die Rechte des Staates zu
wahren, da starb Orgetorix plötzlich. Wahrscheinlich hat er sich
selbst getötet, um der Strafe zu entgehen.
Die Auswanderung fand aber im Jahr 58 v. Chr. dennoch statt
Die Helvetier zündeten, um jede Hoffnung auf Rückkehr zu ver-
nichten, ihre Städte, zwölf an der Zahl, und ihre 400 Dörfer samt
den einzelstehenden Wohnungen an. Die Nachbarvölker, Rauracher,
Tulinger und Latobrigen, wurden zu demselben Voi^ehen ver-
anlasst und auch die Bojer schlössen sich als Bundesgenossen den
Helvetiern an.
Es muss ein sonderbarer Wanderzug gewesen sein, der sich im
März des Jahres 58 v. Chr. am Genfersee bildete, um über Genf
nach Südwesten zu ziehen. Nach den Verzeichnissen, die den
Römern bei Bibrakte in die Hände fielen, zogen aus: 263000
Helvetier, 36 000 Tulinger, 14000 Latobriger, 23000 Rauracher und
32000 Bojer, zusammen 368 OOO Köpfe. Darunter waren et\va der
vierte Teil wehrhafte Krieger, die übrigen Greise, Weiber und Kinder.
Auf schwerfälligen Gespannen führten sie ihre beste Habe mit sich
und jeder war für '/^ Jahr mit Mehl versehen.
Als die Auswanderer bei Genf, der ersten Stadt im Gebiet der
Allobroger, anlangten, fanden sie die Brücke über die Rhone ab-
gebrochen. In den Mauern der Stadt waltete der neu ernannte
Statthalter von Gallien, eben Julius Cäsar, seines Amtes, Als die
Helvetier durch eine Gesandtschaft um freien Durchzug baten und
versprachen, sich aller Feindseligkeiten in der römischen Provinz
(der heutigen Provence) zu enthalten, verlangte er Bedenkzeit. Unter-
dessen langten die aufgebotenen Tnippen an und wurde das Lager
befestigt. Als die Gesandten der Helvetier wieder erschienen, ver-
weigerte er ihnen den Durchzug. Sie versuchten, ihn mit Gewalt
zu erzwingen, aber ohne Erfolg.
Die Auswanderer mussten sich entschliessen, den Jura zu über-
zed.yGOOgle
_^".=!ü:1!^_ 431
schreiten. Dumnorix verschaflle ihnen die Erlaubnis, durch das
Gebiet der Sequaner zu ziehen. Cäsar eilte unterdessen nach Italien,
liess die VII., VIII, und IX. Legion aus dem Winterlager in Aquileja
aufbrechen, hob zwei neue Legionen aus und führte sie in Eilmärschen
über die Alpen ins Land der Allobroger und Segusianer. Dort wird
die X, Legion, die im Allobrogischen lag, zu ihm gestossen sein.
Unterdessen waren die Auswanderer durch das Sequanerland
gezogen und befanden sich im Gebiet der Äduer, Sie waren mit
der Überfahrt über den Arar 'die Saöne) beschäftigt, als Cäsar sie
ereilte, den auf dem linken Ufer zurückgebliebenen Stamm der
Tiguriner überfiel und besiegte. Dann schlug er eine Brücke über
den Fluss und führte sein Heer hinüber, um die anderen Helvetier
einzuholen. Diese schickten eine Gesandtschaft an ihn, an deren
Spitze Divico stand. Sie unterbreitete ihm folgenden Antr^: Stellten
die Römer die Feindseligkeiten ein, so wollten die Helvetier dahin
ziehen und sich da niederlassen, wohin Cäsar sie versetzen und an-
siedeln wolle. Führen sie aber damit fort, so möge er an die
frühere Niederlage der Römer und die alte Tapferkeit der Helvetier
denken. Dass er einen Teil ihrer Scharen unerwartet überfallen
habe, während die, welche schon jenseits des Flusses gewesen, den
Ihrigen" keine Hilfe hätten leisten können, das möchte er doch ja
nicht seiner Tapferkeit zu hoch anrechnen oder sie deshalb verachten;
sie hätten von ihren Vorfahren gelernt, es lieber mit Tapferkeit, als
mit List zu versuchen. Cäsar ging auf diese Vorschl«^e nicht ein.
Er versprach, Frieden zu machen, wenn sie Geiseln stellten und sich
bereit erklärten, den Äduem und ihren Bundesgenossen, sowie den
Allobrogem den zugefugten Schaden zu vei^ten. Da brach Divico
in die stolzen Worte aus: Die Helvetier seien von ihren Vätern ge-
wöhnt worden, Geiseln zu empfangen, nicht aber zu geben; die
Römer hätten davon den Beweis! Damit entfernte er sich.
Am folgenden Tag brachen die Helvetier auf, Cäsar folgte
ihnen auf dem Fusse. Ein Reitergefecht verlief ungünstig für die
Römer, weil Dumnorix mit seinen Äduern sich, den Helvetiern zu
Gefallen, zur Flucht gewandt hatte. Von nun an vermied Cäsar ein
Treffen, suchte aber die Feinde vom Fourragieren abzuhalten. So
ging es etwa 15 Tage lang fort.
Als die beiden Heere in der Nähe der Stadt Bibrakte (Mont
Beuvray unfern des heutigen Autun in Mitteifrankreich) angelangt
waren, wendete sich Cäsar nach dieser Stadt, um für den Unterhalt
seiner Truppen zu sorgen, besonders neues Getreide aufzunehmen.
Die Helvetier verstanden diese Bewegung falsch oder hofften, ihm
die Lebensmittel- Zu fuhr abschneiden zu können. Sie änderten ihre
zed.yGOOgle
432 Vieites Kapitel.
Marschrichtung und fingen an, den römischen Nachtrab zu verfolgen.
Doch lassen wir den römischen Feldherrn selbst den weitem Verlauf
der Entscheidungsschlacht erzählen!
„Sobald Cäsar dies wahrnahm, zog er sich mit dem Fussvolke
auf den nächsten Hügel und schickte seine Reiterei ab, den vor-
rückenden Feind aufzuhalten. Mit den vier alten Legionen bildete
er unterdessen auf der Mitte des Hügels eine dreifache Schlachtlinie,
dergestalt, dass die zwei neuen Legionen aus dem diesseitigen Gallien
und alle Hilfevölker über ihm auf dem Gipfel standen, und so liess
er den ganzen Hügel besetzen, das Gepäck auf einen Platz zusammen-
werfen und denselben durch die Soldaten der obersten Schlachtreihe
befestigen. Die Helvetier waren mit ihrer ganzen Macht nach-
gerückt, stellten das Gepäck zusammen, warfen unsere Reiter zurück
und kamen in geschlossenen Haufen bis an unser erstes Treffen
hinan."
„Um die Gefahr für alle gleich zu machen und die Hoffnung
zur Flucht zu benehmen, liess Cäsar zuerst sein Pferd, dann alle
übrigen entfernen, ermunterte die Seinen zum Treffen und begann
dann die Schlacht. Die Soldaten trennten durch die von oben herab-
geschleuderten W^urfspiesse mit leichter Mühe die Heerhaufen der
Feinde und machten dann sogleich mit gezogenen Schwertern einen
Angriff auf die Zersprengten. Zum grossen Nachteile der Gallier
in diesem Treffen wurden mehrere Schilde durch einen Wurfspiess
zugleich durchbohrt und aneinander geheftet; wenn nun das Eisen
sich umgebogen hatte, so konnte man ihn weder herausziehen, noch
auch mit dem so gehinderten linken Arme bequem genug streiten.
Viele warfen daher, nachdem sie den Arm lange hin und her gezerrt,
den Schild fort und fochten mit biossgestelltem Körper, Endlich
fing der Feind nach einem grossen Verluste an zu weichen und sich
auf einen ungefähr lOOO Schritt entfernten Berg zurückzuziehen.
Als jene den Berg erreicht hatten und die Unserigen nachfolgten,
fielen die Bojer und Tulinger, die mit ungefähr 15000 Mann den
Nachtrab bildeten und den Rücken deckten, von ihrem Zuge gerade
in unsere offene Seite und überflügelten uns. Das sahen kaum die
Helvetier von dem Berge, auf den sie sich schon zurückgezogen
hatten, so griffen sie wieder an und erneuerten die Schlacht. Die
Römer griffen sogleich mit veränderter Stellung in zwei Schlacht-
reihen an, so dass das erste und zweite Treffen sich den geschlagenen
und geworfenen Helvetiern entgegenwarf, das dritte aber die an-
rückenden Bojer und Tulinger in Empfang nahm."
„So wurde in unentschiedenem Kampfe lange und heftig gefochten.
Endlich konnten die Feinde unserm heftigen Andrang nicht länger
zed.yGOOgle
Die Eisenieit. ^jj
wideratehen und die Helvetier zogen sich, wie sie ange^gen hatten,
auf ihren Berg zurück, die Bojer und Tuünger aber wendeten sich
zu dem Gepäck und den W^en hin, denn fliehen sah man in dem
ganzen Kampfe niemand, obschon die Schlacht von 7 Uhr bis an
den Abend gedauert hatte. Der Kampf wurde sogar noch bis
spät in die Nacht bei dem Gepäck fortgesetzt, denn die Helvetier
.hatten statt eines Walles ihre Wagen aufgefahren und warfen ihre
Geschosse von einem höheren Standpunkt auf unsere anrückenden
Truppen. Manche schleuderten auch ihre leichten Wurfspiesse
zwischen den Wagen und Rädern hervor und verwundeten so unsere
Soldaten. Nach einem hartnäckigen Widerstände erst eroberten wir
endlich das Lager mit dem Gepäck und machten hier des Orgetorix*
Tochter nebst einem seiner Söhne zu Gefangenen,"
Die Schlacht von Bibrakte, die Cäsar uns in so brutal-einfachen
Zügen schildert, vernichtete die Helvetier. Es blieben fast nur
Weiber und Kinder übrig, die unter dem Schutze der Nacht ent-
flohen. Cäsar's Heer bedurfte der Erholung. Erst am vierten Tage
folgte er den Flüchtlingen. Schon vorher hatte er Boten und Briefe
an die Lingonen, zu denen die Helvetier geflohen waren, gesandt
mit der Drohung, er werde sie als Feinde behandeln, wenn sie
die Besiegten mit Lebensmitteln oder anderen Dingen unterstützten.
Endlich kamen helvetische Gesandte zu Cäsar, die um Frieden
baten. Er forderte Geiseln, Waffen und die übergelaufenen Sklaven.
In der folgenden Nacht suchten jedoch 6000 Mann aus dem hel-
vetischen Gau der Verbigener zu entfliehen, Cäsar schickte an die
Völker, durch deren Land sie gezogen waren, den Befehl, die Flücht-
linge zurückzubringen. „Die Zurückgebrachten behandelte er nun
als Feinde"; so steht in dem Berichte Cäsar^s geschrieben; das heisst
wohl: die Flüchtlinge wurden getötet oder als Sklaven verkauft.
Die Helvetier, Tulinger und Latobriger sandte Cäsar in Ihr ver-
lassenes Land zurück und beauftragte die Allobroger, ihnen Lebens-
mittel zukommen zu lassen. Diese Massregel war aber nicht etwa ein
Ausfluss von Milde, sondern der Staatsklugheit Die Helvetier sollten
das öde Land wieder- besetzen, ihre Dörfer und Städte wieder auf-
bauen und die Germanen von Italien, von Rom, abhalten helfen.
Den tapfem Bojem wurde auf Ansuchen der Äduer erlaubt, sich
im Aduergebiete niederzulassen. Jene gaben ihnen Felder und in
der Folge gleiche Rechte mit den Eingebornen.
Die Helvetier kehrten heim. Beim Anblick der Trümmer ihrer
einstigen Wohnsitze mag manche Thräne dem Auge der harten
Kri^er entronnen sein, die nie ein Feind weich gesehen. CHe Blüte
des Volkes lag auf dem Schlachtfelde von Bibrakte begraben. Von
Kiicrli, Urgcichich« der Schweii. 26
zed.yGOOgle
AXA Viertes Kafätel.
den 368000 Seelen, die mutig und hoffnungsfroh das Land verlassen
hatten, kehrten nur iioooo, nicht einmal der dritte Teil, in die
alte Heimat zurück. Als freie Menschen waren sie ausgezogen, als
Unterthanen kehrten sie wieder. Hinter ihnen ertönte der Schritt
der erzgepanzerten Legionen der weltbeherrschenden Roma. Wie
ein grosses Trauerspiel erscheint die von Cäsar berichtete Geschichte
des tapfem Volkes der Helvetier. Sie traten auf, um als Volk
gleich fiir immer zu verschwinden.
In ununterbrochenem Siegesläufe unterwarf der römische Feld-
herr in den Jahren 58 — $2 ganz Gallien und schuf sich ein Heer, auf
das er sich unbedingt verlassen konnte. Er durfte daran denken,
zur höchsten Würde, die Rom zu vergeben hatte, aufzusteigen.
Jeder Staatsmann aber, der Italien und Frankreich zugleich beherrschen
will, wird den Pass über den grossen St, Bernhard in seinen Besitz
zu bekommen suchen. Schon lange, bevor Cäsar seine geheimen
Plane enthüllte, hat er darum den Bernhardsweg in seine Hand zu
bringen versucht.
Im Jahr 57 v. Chr. schickte er den Legaten Servius Gatba
mit der XII. Legion und einem Teil der Reiterei ins Wallis, um
den Weg über den grossen St, Bernhard, „der gewöhnlich für Kauf-
teute sehr gefährlich und der vielen Zölle wegen kostspielig war,"
frei zu machen. Diese Erklärung war ftir den römischen Kaufmann-
stand bestimmt, Cäsar'n selbst ist zweifellos die militärische Bedeutung
des Passes klar gewesen und deshalb hat er den Kriegszug an-
geordnet.
Galba war in verschiedenen Gefechten glücklich und nahm den
Wallisem mehrere Kastelle weg. Als er von den Feinden Geiseln
empfangen, machte er Frieden, legte zwei Kohorten in das Gebiet
der Nantuaten, also wohl in das heutige St. Maurice, das alte Tar-
najae und mit den übrigen Truppen bezog er sein Winterlager in
Octodurus, dem Hauptort der Veragrer, d. h. im heutigen Martigny.
Er überliess den Galliern nur die eine Hälfte dieses durch die Dranse
in zwei Teile geteilten Ortes, den andern liess er zu einem Lager
herrichten und ihn mit Wall und Graben schützen.
Ein Teil des Winters war vorüber, viele Soldaten waren be-
urlaubt Diesen Umstand benutzten die Ver^rer und Seduner,
besetzten die um Octodurus gelegenen Anhöhen und stürmten gegen
das nur unvollständig erstellte Lager. Die Römer konnten sich nicht
lange halten. Die Feinde waren in erdrückender Übermacht —
Cäsar spricht von 30000 Mann, aber woher sollen diese gekommen
sein, da doch nur der halbe Kt. Wallis beteiligt war, — Proviant
war nur in ungenügender Masse vorhanden, Zuzug abgeschnitten.
zed.yGOOg[e
Die Eisenzeit.
435
Schon hatte die Schlacht über 6 Stunden gedauert Die Römer
fingen an zu ermatten, während die Feinde immer kräftiger an-
stürmten und schon begamien, den Wall zu durchbrechen und den
Graben auszufüllen. Da machten die Römer plötzlich einen Ausfall
und das Glück wendete sich. Über loooo Walliser fielen und der
Rest fioh.
Nachdem Galba die feindliche Macht zersprengt hatte, zog er
seine Truppen wieder im Lager zusammen. Am folgenden Tage
Hess er den Flecken Octodurus in Brand stecken und führte, ohne
weiter belästigt zu werden, seine Legion in das nantuatische Gebiet.
Dort wird er die daselbst stationierten zwei Kohorten an sich ge-
zogen haben. Dann begab er sich ins Land der Allobroger, wo er
den Winter zubrachte. Die Eroberung des Wallis war nicht gelungen.
Prof. Egll und Oberst Rothplktz haben an die Niederlage
der Walliser bei Octodurus im Jahr 57 v. Chr. die Hypothese
von der Entstehung der Legende von der bei St Maurice wegen
ihrer Glaubenstreue niedergemetzelten thebaischen Legion ange-
knüpft. Ihrer Ansicht nach ist ein Teil der Walliser nach dem
Siege Galba's thalabwärts gegen St Maurice geflohen. Dort liefen
sie den daselbst liegenden zwei römischen Kohorten in die Hände,
während im Rücken ihre Verfolger nahten. Von vom und
hinten gepackt, wurden sie bis auf den letzten Mann niedergemacht.
„Die Niedermetzelung einer ganzen grossen Scharj ohne dass ein
Einziger das Blutbad überlebte, war ein in das Gemüt des Volkes
tief eingreifendes Ereignis, dessen Erinnerung von Geschlecht zu
Geschlecht sich vererbte. Heidnische Opfer mt^en jährlich am
22. September die Lebenskraft der Sage weiter genährt haben, bis die
katholische Kirche in ihrem feinen politischen Gefiihl das Gemüt des
neu bekehrten Volkes fester an sich zog, indem sie ihm die alte
Heldensage liess und nur aus den im Kampf fürs Vaterland ge-
feUenen Kelten, im Handumdrehen, eine Legion christlicher Märtyrer
entstehen liess." Man begreift nur nicht, warum die Walliser rhone-
abwärts, also dem Feind in die Hände flohen und nicht thalaufwärts,
wo sie sicher gewesen wären.
Erst unter Augustus scheinen die wallisischen Stämme der
Nantuaten, Veragrer und Seduner, zu denen der Stamm der lepon-
tischen Uberer im Oberwallis gekommen, unterworfen worden zu
sein. Diese Uberer waren in die von den Tulingem (die wir als
Bundesgenossen der Helvetier kennen gelernt haben) verlassenen
Sitze eingerückt.
Schon vor den Wallisern wurden die am Südabfall des St. Bern-
hard ansässigen Salasser unter Rom's Herrschaft gebracht. Augustus
zed.yGOOgle
A36 Viertes Kapitel.
unterwarf aber auch die Rätier, die in den Thälem des Rheins und
des Inn in der östlichen und südöstlichen Schweiz sassen. Im
Jahr 15 V. Chr. sandte er seine beiden Stie&öhne Drusus und
Tiberius gegen sie. Drusus zog durch das Thal der Etsch und
unterwarf in hartnäckigem Kampfe die wilden Stämme in TyroL
Tiberius dagegen rückte von Westen vor, lieferte bei einer Insel des
Bodensees seinen Feinden eine siegreiche Schlacht und unterwarf
die westlicher wohnenden Rätier.
Damit war das ganze Gebiet der heutigen Schweiz in die Hand
Rom's gelangt, aber auch die Römer vereinigten die vorher ge-
trennten Lande nicht. Helvetien wurde zu Gallien geschlagen,
Wallis und Rätien fügte Augustus zu einem Ganzen und setzte einen
eigenen Beamten über diese Provinz, Sein Bestreben ging, wie
MOMMSBN sagt, dahin, die grossen Kommandos von der italienischen
Grenze fern zu halten. Keine Provinz sollte an Italien grenzen,
von deren Statthalter er etwas hätte furchten müssen. Darum um-
gab er seine engere Heimat im Norden ringsum mit einer Anzahl
kleiner, unter Prokuratoren und Präfekten aus dem Rittei^tande ge-
stellten Reichsteile. Erst unter Mark Aurel wurde Rätien eine
Provinz; das Wallis dagegen, das von Rätien abgetrennt wurde,
bildete von da an einen Bestandteil der die Westalpen umfassenden
Statthalterschaft.
Wir sind am Schlüsse unserer Untersuchungen angelangt.
Werfen wir noch einmal einen Blick zurück auf die Zeiten, die
wir eilenden Fusses durchmessen und deren Bilder wir in uns auf-
genommen haben! Beim Beginn der urgeschichtlichen Periode lag
unser schönes Schweizerland noch im Banne der Eisriesen, die ein
nordisch-alpines Klima hervorbrachten. Fremdartige Tiergestaltcn
zogen an unserem Auge vorüber und inmitten derselben erblickten
wir den Menschen als rohen Jäger und Fischer, in stetem Kampfe
mit der Natur, In der jüngeren Steinzeit ist vieles anders geworden.
Der Mensch hat die tiefsten Kulturstufen überwunden. Er wohnt
in Hütten, versteht Vieh zu züchten und pflegt den Acker, Seine
Geräte bestehen zwar immer noch zum grössten Teil aus Stein,
aber sie sind mannigfaltiger und besser geworden. Das Klima ist
dem heutigen gleich, Tier- und Pflanzenwelt der Eiszeit sind ver-
schwunden und haben den uns bekannten Formen Platz gemacht
In der Bronzeperiode wurde das erste Metall bekannt Die
Haustiere mehrten sich, der Ackerbau wurde bedeutender. Handel und
zed.yGOOg[e
Die Eisenzeit.
437
Verkehr zogen immer weitere Kreise in ihren Bereich. Schmuck,
Wericzeug und Waffen haben wieder eine Vermehrung erfahren und
sind besser^ praktischer geworden.
Die Eisenzeit führte die Völker noch näher zusammen und
gab ihnen das wichtigste Nutzmaterial, das Eisen. Der Handel
wurde bald nicht mehr durch Tausch bewerkstelligt, sondern der
denkende Menschengeist schuf einen Wertmesser, das Geld, und
erst jetzt konnte der Verkehr der verschiedenen Länder grössere
Dimensionen annehmen. Die Schrift wurde erfunden und gab sich
als ein Mittel zu erkennen, den nachkommenden Geschlechtem nicht
bloss die Schicksale der Väter zu erklaren, sondern auch deren
Wissen und Erfahrung zu übermitteln.
Die Verwendung der Schrift und des Geldes führt die Barbaren
in die Reihe der Kultumationen. Gerade als die Helvetier im Be-
griffe waren, diesen Schritt zu thun, gingen sie unter.
Völker vei^ehen, aber die Kultur steigt empor. Mit dem
Untergange der Helvetier schien jeglicher Fortschritt in unserem
Lande verunmöglicht zu sein. Dem war nicht so. An Stelle der
helvetischen trat die hochentwickelte römische Kultur und führte
die Bewohner einige Jahrhunderte lang, bis auch sie einer jüngeren,
lebenskräftigeren Schwester Platz machen musste.
Von der Urzeit weg bis auf unsere Zeit gewahren wir eine
stetige Entwickelung. Die Menschheit hat aber nicht nur je und je
die Formen der Geräte, der Waffen und Schmucksachen vermehrt
und veredelt, sie hat nicht bloss immer mehr Naturprodukte und
Naturkräfte in ihren Dienst genommen, sondern sie ist auch selbst
besser, gesitteter, edler geworden. Diese Entwickelung wird auch
in Zukunft nicht stille stehen, sondern das menschliche Geschlecht
zu immer höherer Gesittung fuhren.
Das ist eben die eminente Wichtigkeit des urgeschichtlichen
Studiums, dass wir dadurch die Gewissheit erhalten von dem
nie rastenden Weiterschreiten der menschlichen Kultur!
zed.yGOOg[e
Register.
Aahotep 309.
Aarau, Museum von 36S.
Aare^ 390.
Aareeletscher 13, 17.
Aathal 140.
Abbeville 31.
Aberglaube 411.
Absaukelle 313.
Abulfeda 106.
Abury 194,
Accion 425.
Ackerbau 74, i;S, 160, 176,
412.
Ackerbauer 77.
Adel 4JO.
Adiatumnus 431.
Adler 372.
Adlerfam 119.
AdÜEwil 269, 293.
AdmiralitStsinseln 184,
AduermüDzen 397, 398,401.
Aduer 349, 397, 398. 420,
43'. 433-
AlToIteni bei HOngg 370,
Agerisee 158, 29g,
ÄBerten 337.
Agyplen 106, 134. 14;. 159.
186, 207, 307, 309, 316,
, 3'7-
Act"«' 77, 178, 179-
Ägyptischer Humienweiieii
298.
Athiopieo 159.
Ante mit transversHlem Loch
34/-
Ahleu 46, 61, 80, 94, I iS,
120, 128, 170, 204, 216,
224. 229. 232. *7S- 348-
Abom 125, 160, 161
Ahonoholz iz8.
Aino laS.
Airolo 380.
Akkadier 308.
Akropolis 310,
Alaska ti6, 288, 289.
Aibisrieden 340.
Alesia 348.
Alfuren 1 10.
Alis« St. Reine 348.
Allenluften 340, 370, 375.
AUgemeinbesitz 300, 301.
Allobn^^r 326, 400, 425,
431. 433-
AllobrogenaOnzeii 401.
AtlumiDiuFT. 6.
Almend Z31, 300, 328, 332.
Alpeohase 23, 41.
Alpenrosen 1 6.
Alter der Eiszeit 26.
Alter der La T^ne-Zeit 350.
Altnau 57.
Ahstetten 386, 396.
Alvaschein 241.
Ambiatus 426.
Amboina 109.
Amboss 217, 224, 275, 317.
Ambronen 419.
Amenhotep 310.
Ammouiten 48, 164.
Amsel 12S.
Atnsoldingen 17.
Amuiete 118, 152, 163, 164,
228, 236, 246, 260, 2bi,
264. 302, 326, 369, 382.
Andamanen 183.
ADdeer 241.
Andree 83, 84, 208.
Aneroest 427,
< 373-
Angelu iiB, 158, 217,
"9. 330. 338, 348.
Angelhaken 309.
Animismus 91.
Anker 163.
Anthropomoiphismus 91.
Antbropophagie 150, 153.
Antimon 305.
Antiquar. Gesellschaft ZOricb
93. 336-
Aosta 29S.
Aprelbaum 119, iGo.
Aphrodite 175.
Apollo 4*3,
Appennin 296.
Aeppli, Joh. 93.
Aquae Sextiae 419, 429.
Aquitanier 414.
Arabien 308.
Arachne 181.
Arbedo j8l, 383. 384, 405.
Arbeitsplatz 40, 57.
Arbeitsteilung 74, 75.
ArboD 97, 158, 299, 386,
Archäologische Karte 327.
Archäopterix 5.
ArgentinieD 105, 204.
Argonautenzug 30S.
Arier 196, 283, 307.
Arische Ursprache 19S,
Arische Wanderung 1 96,
297-
ArkesJD -Gneise 14.
Armband, Arrobinder 258,
37S. 378, 389. 391. 392,
394-
Armringe 221, 355, 369, 376,
389-
Armschlaufe 373. 408,
Armspangen 166, 204, 21 1,
219, 121. 222, 234, 241,
248, 338.
Armwülste 371.
Arthritis deformans 149.
Arve
Arricola amphibius 64.
- gregalis 65.
- ratticeps 64,
„d, Google
Arzte 4 24.
Aschi 235.
Aspennont 145.
Asphalt I30, izi, 170, 1S4,
AÜas 178.
Atlo^ewebe 181,
Attersee 102.
Atticb iig, 117, 161.
AursetzcD der HCmer 302.
Aueustus 4)^.
Aulerker 410,
AnstraJien Si.
AustraUer 73, 74, 77, 183,
AustralnegeT 137.
AuBwandeniDg der HeWetier
4»t).
Autua 431.
Auvemier 101, 165, 170,219,
226, 231, 244, 245. 246,
»54. *S5. 259. 260, 261,
262. 263, 299, 312, 371.
Avenchei 356, 399.
AveDtikum 352, 356, 410.
Avienus 425.
Alt, Aste 79, 167, 210,
240, 322. 337, 347.
Ayent 313.
Baummarder 64. 122. 1
BaumwohnuDgeo 105.
Bauscbanze 167, 188, 1S9,
212. 274.
Bayern 315.
Bearbeitong von Feuerstein
42, 59-
Bearbeitung von Hom 4$.
Bearbeitung vod Knocbeu 61.
Bearbätung der Metalle 414.
Becher 37, 118, I20, I28,
144, 183. 188. 223, 279,
381, 385, 403.
Beduinen 186.
BegräbDis , sekundSces 20Q,
Babylon 155.
Babylouier 160.
Bacchusdienst 42z.
Baden (Aargau) 397, 424.
BaggeroDgen 123, 338.
Bagnei 257.
Bakairi S6, 204.
-Baku 73.
Baldeggersee 183.
Balkan-Halbinsel I02.
Balken 230.
Balsthal 397, 422.
Bananen l i i .
BAndcben 123,
Bandjei 109.
Band-Omameat 196,
Bangen 299.
Bangkok 107.
Bänke 115.
Bannwil 373.
Bär 139, 159, 211.
Bären Jihne 165.
Basalt 167,
Basel 19, 278, 397.
Basel-Augst 397.
Bassecourt 192.
Bast 129, 161, 172.
Bastgeflecht I29.
Balambang 107.
i!
Baulmes 136.
137-
246.
Bebaustein 37.
Beil, Beilchen 79.- 95. 120,
132, 139, 166, 204, 210,
211. 214, 223, 229, 235.
236, 237, 23S, 239, 240,
141, 243, 246, 265, 271,
305, 30*. 309. 31*. 328.
330, 33z. 347. 354. 358.
Beilhämmer 12S, 233.
Belenus 422.
Beigen 4 2 8.
Bellovesus 426.
Bemalung 371.
— des Körpers 163.
— des Schadeis 200.
— der Töpferware 223.
— der HOtteniTände 353.
Belmund 321.
Belpberg 398.
Beni-Hassan 179.
Benue 105.
Beowulf 300.
Beowulfslied 250.
Berg 313.
Berg am Irchel 230.
Bergbau 414.
Bergkrystall 115, 120, 12?,
141. 143. 17'-
Berg- oder Passfnnde 257.
Berg, Thutgau 98.
Bcrgün 241,
Bern 332, 337, 390, 398.
Bern, Museum 119, 237, 239,
246, 337, 338. 342, 356.
374. 37^. 377, 378. 390,
392. 405-
Bernhatdin 241.
Bernhardspass 434.
Bernstein 153, 164. 205, 260,
264, 307, 363, 369, 381,
382, 385, 390, 391. 392,
407.
Bernsteinknget 2 4 8.
Bemsleinperlen 94, 32a, 221,
222, 246, 251, 409.
Bemsteinsäure 196,
Beschäfligung 276, 410.
439
Beschläge 346.
Bestattung, provisorische 153.
Beslattungszeremonie 36S.
Betula nana 25.
Beundenfeld 390.
Bcvaix 142, 226, 254.
Bei 13, 247.
Bhutan 107.
Biber 119, 122, 125, 158.
Bibrakle 34S, 349, 351, 413,
431. 433>
Biel 398.
— Museum 341, 343.
Bieletsec 100, 131, 161, 183,
207.
Bier 412.
Bildwerke 372.
Binkelweizen 161.
BinniDgen 254, 263, 314, 393.
Binsen 119, 123, 171,
Birke 97, 119, 120, 123, )6o,
161.
Birkenbarz 22;
Birkenrinde i;
Birkhuhn 64.
Birnbaum 160.
Bituriges 414.
Blanc fond 120.
Blasebalg 317.
Blei 263, 290, 305, 414.
Blutverwandtschaflsfiimilie 89.
Boca del Riachuelo 105,
Bodensee 97, 436.
Bodmann 174, 286, 301.
Böhmen 280, 360.
Bozens 371, 374.
Bogen 79, 128, 170,314,365.
BogenÜbel 2ZO, 261.
Bogenschüt2en 412.
r 426, 430, 432, 433,
166.
371, 373-
29&, .
^oUigi
347, 350,
351-
Bongo 316.
Boningen 362.
Bonstelten, v, 373, 390, 391.
Bonviliars 193, 194.
Bootshaken 348.
Bomeo 1 09.
Bos bison 24.
— prlmigenius 34.
— priscus 36.
BoienstOcke 61, 82.
Bottighofen 97.
Boudry 1 36.
Beule, M. 36.
Bourg St. Pierre 400.
Boucher de Perthes 31.
„d, Google
440
Bn
407.
BTBchycephalen 68.
Bramaputia 107.
Brandgiäber 251, 3S1.
Brasilien 181, 204'
BrauDb£r zz, 41, 41,64, II9,
BreDte iSS.
BreloD«n 300.
Bretter ijo.
Briania 405.
Brig 326.
BritanDJen 190, 414, 415,414.
Brixhani cave 3:.
Brombeeren 119, 1Z2, 117,
161.
Bronze Z05, zäo, Z90, 304,
319, 348.
— Analyse 304,
BroDzebeil 129.
BroDzefigfirchcD 369.
Bronzehaken 117.
Bronzehandel 213.
Bronzekessel 219.
Broniemeissel ii6,
Bronzenadel , geschwollene
.46.
Bronzepeiiode zoi.
Bronzeschwerter Z]6.
Bronzeume 385.
Bronzezeit 314, 315.
Brot izs.
Brotfracht in.
Brücke 115, 120.
Bru€g353.354.3SS. 35^397-
Brtigg z68, 336, 340.
Brunei 109.
Brünig 239,
Brunnen 239.
Bruson 377.
Boche 122, iz;, 160.
Bucheckern izj,
BuchnUsse 160.
Buchs 396.
Buchweizen 412, 413.
Buckel 190.
BüEelkanoe 309.
Bülach 386, 395.
Buntkupfererz 321.
BQnzen 236, 312.
Büren 337
Burgdorf 157, 398.
BUrgenberg 239.
BurghSlzli 3S6.
BQrgien 239,
Burma 107, 1 16, 289.
Burwein 394.
Bnsclimänner 84. 202.
Büsserach 33.
Cadurci 407.
Calonico 381.
CalpumU 4.28.
Cuneron 105,
Cannstatt 66.
CaenopitfaecuG 5.
Cäsar 141, 3J5. 351, 354,
394, 4U. 414, 41s, 4'9.
421, 4Z2, 425, 427, 428,
430-
Caspari 399.
Cassius 42S.
Castaneda 384.
Casticus 430.
Castione .(Tessin) 238, 381,
382, 383-
Castor fiber 36.
Calull 173.
Caviezel 241, 3S4.
Celebes 109.
Centralamerika 105, 1 16, Z04.
Centrumbohrer 6:.
Cecani 109, ItO.
Cerinasda 38:, 383.
Cerithium 48, 61.
Certo&a 311, 350.
Certosa-Fibeln 350, 380, 383,
384, 391, 408.
Cervus capreola 36.
— elephus 36, 64.
— enryceros 23, 36.
Ceylon 183.
Chaldäa Z03, 318.
Chatdäer 77,
Chaleux 32.
Chalyber 319.
Cham 99,
Chamaeprosopen 68.
Champagny 371.
Chandolin 249,
Chätelard 142, 154.
ChatoDnaye 408.
Chavannes 114, 159.
Chelleen 27.
Chelles 27, 35.
Chenopodiucn 127.
Chevroux 169, 255, 277, 289,
193'
Childetich 339.
ChUe 185.
Chillon 247, 312.
China 108, 203, 31S.
Chloromelanit 116, 166, 288.
Chronologie 258, 309, 311,
3'4-
Chur, Museum 241, 251,
395- 41*-
eisten 373, 381. 382, 405.
Clan 300.
Claslidium 427.
Cliff-Dweller 68.
Collier 134.
CoUombey 399.
Colombier 229, 273, 274,
313. 398.
Columbella rustica 249.
CoQcbe 165, 168, 183, 260,
269, 293.
Conters 394.
Conlhey 148, 249, 313,376,
377-
Cook 183.
CorceletteK loi, 323 , 226,
22g, 230. 254. 256. *63,
277. 306, 312.
Corcelles 192, 194.
Cordast 362.
Cornaax 347, 313.
Corpataui 399.
"ortaillod lOl, 261, 263, 169,
278, 282, 291, 292, 293,
299. 3"3.
COUTTOUI 234, 398.
Cr^Dnoge 103.
Cricetus frumenlarius 64.
phaeus 65.
Critognatus 420.
Crotl 26, 27.
Cro Magnon 32,
Cromlechs 191.
Cryptobranctus j^onicus 29.
Cuvier, G. 30.
Cypera 134, 290.
Cyprischer Dolch 297.
Dachs 64, 95, 119, 122, 159.
Dacbsenbühl 147,
Dajaker 109.
Dalitemi 425.
Damhirsch 139,
Danemark 257.
Danneil 205.
Darstellung des Menschen 329,
337. 3&9. 386, 389, 409,
Darwin 31.
Daubrie 290.
Davos 240.
Deckenschotter 19. 232.
Delimont 33, 234.
Deisbei^ siehe DeltmonL
Depotfunde 235, 250.
Desor zzz, 341, 393-
Deutschland 311.
Devon 5.
Diademe 244, 249, 294, 405.
Dichter 424.
Diluvialmenscb 28, 67.
Diluvialpferd 64.
Diluvium 6, ]
..d=;Google
Diodor 407, 4[l, 41S, 411.
Dioskuren 411.
Diskussteine zu.
Dj«r 316.
Divico 428, 429, 431.
Divitiacus 430.
Docius 397.
Dolche 46, 79, 118. 120,
121, ,iJ7, ij8, 131, 139,
142, 161, 171. 204. 214.
224, 136, 238, 141. 144.
250, 251, 253, 358. 264.
265, »66, 3:0, 312, 330.
365. 374-
DoUchocephaleo 68.
Dolmen 191.
Domo d'Ossola 326.
Donoerkeile 29.
Doppelan^lD 223.
Doppelaxte 332.
Doppel bell 167.
Doppelkoopf 329.
Doppelspiialen 346.
Doppel-Spiralhaken 253.
DOtriiDgen 362, 363.
Doiigen 373.
Drehscheibe 387, 392.
Dreiperiodensysteni 205.
Drönc
250.
Druiden 419, 421, 424.
Dniidensteio 193.
Drusus 436,
Dachagga 317.
Dschiggetai 25, 63.
Dubnorei 398, 420, 430, 431,
Dödingen 370, 371, 373.
Duho, V. 400.
Düllenbeile 212, 347-
DUllenkelt 234.
Dtillenmeissel 2 16.
DüUeomesser 272, 293.
Dumnorix siehe Dubnorex.
DumoBl d'Ürville 109.
Du Pasquier 19.
Dupont 32, 67.
Durchscfalae 217, 275. i'\^-
Dum 415.
DUrnten i8.
Eaus Vive
Eberebe^ 230, 301, 313.
Eberzäluie 165.
EbeTZBbu'Lani eilen 152, 15.
Eberiahnmesser 94.
Eburodunutn 327.
Echalleas 234, 392,
Edelhirsch 23, 41, 64, ii<
122, 125, 149. 159. 23.
Egerkingen 5.
EpE »74. 305-
Egli 435-
Ehrenreich 86.
Eibe 160, 161.
Eibeuholz 121,
170,
Eiche 119, 120. 122, 160.
Eicfaeln 160.
Eicheahaine 424.
Eichenholz 210, 299.
EicheowSlder 413.
EichhOmchea 64, 119, 121.
Eigentumsmarken 46, 61, 190.
Eimer 1S3, iSS.
Einbaaro 97, 128, 15S, Z17.
299.
Eindrücke von Fingernägeln
195.
Eintischthal 193, 304, 378.
Einhomprerd 346, 349, 358,
389. 396.
Einkorn 161.
Einlagen von Eisenlamellen
224.
Einrammen der Pf&ble 9;.
Einlragsslab 177.
Eiazel- oder Sonderebe 89.
Eisen 294, 305, 309, 316,
315. 3JO-
Eisenbeil 332.
— mit Dülle 332.
Eisenerze 316.
Eisenhütten 414.
Eisenkultur 316.
Eisen lam eilen, Einlagen 236.
Eisenmassela 321.
Eisenscb miede 325.
Eisenslachel 348.
Eisenzeil 3 16.
Eisfuchs 22, 42, 64.
Eiszeit 6, I [, 20.
Ekkehard iba, 3^2.
Elektron 356, 396.
Elektron münze 399.
Elen 119. 122. 125, 158.
Elephas ariicaniis 23.
— antiquuB 23, 35, 36.
— Ffllconeri 23.
— meridionalis 23, 36.
— primigenius 23, 25.
— priscus 23.
^igg 5-
Email 329, 369, 385, 386,
409.
Emmer 125, 161.
Enge 386.
England 103, 104.
Ente 125.
Entwicklung der Kultur 436.
— der Kunst So.
— der Menschheit 3.
441
Entwicklung der Pflanzen-
I weit 5,
; — der Religion 89.
— der Sprache 70, 71,
I — der Tierwelt 5.
I Entwtcklungsprinzip 69.
lEpagnier 398.
I Eptes i auteones 269, 310,
I 3>3.
' Epingles ctphalüres 313.
Epsach 230.
Equus hemionus 63.
Erdbeeren 127, 161.
Erdpech 295.
Eringeirasse 159, 326.
Erle 127.
Erlenbacb, Zürich 14, 167.
Ermatingen 97, 183, 2S6,
362.
Erratiker 13, 193.
Erratische Pflanzen 15.
— Tiere 15,
Erstfeld 239.
Eschenz 97, 255.
Eskimo 78, 84, 88, 1S3, 204.
Estavayer 101, 135, 226,
2S4> 258, 260, 261, 288,
S93, S94. Ji«. 3'4i 37i-
Ethnolf^e 8.
Etrusker 285, 426.
Etruskische Gi^ber 350.
Htruskische GefSsse 403.
Etruskischer Spi^el 291.
Etsch 436.
Fabrikzeichen 190, 347.
Fach 179.
Faden 123, 126, 12S.
Fadenknäuel 119.
Fälschungen 48, 52.
Familien- Verhältnisse der Gal-
lier (Helvetier) 419.
Farbe, Farben 176, 18;, 280,
353. 371 ■
Farbstoffe 126, 161.
Färöer 179, 180.
Fasern 128.
Fassangen 107.
Fauna des Diluviums 21.
Feilen 348.
Feldgeräte 225.
Feldzeichen 412.
Felis spelaea 24, 36.
Fellenbei^, Dr. E. von :i4,
131, 227, 246, 287.
Fellenberg-Rivier 304.
Felsberg 403.
„d, Google
442
Register.
Fäsina 311. !
Fenne 137.
Fenoich iis> '^'^ 1
Feueranbeter 7J.
Feuetländer 74, 171.
FeuetEchwamm iiz, 117.
Feuerstein 139, 141, 157,103, j
204, 232, 337, 186, 33S,
3S4.
Feuetsteinartefakte 115. |
Feuersteininsel 2S7.
Feuersleinobjekte 42.
FeucTEteinmesser 241.
FeuerateinspliMer zio, 213.
Feueretellen 138,
Feueisteinstücke liO.
Feuerstein werk statte iio.
Feuerstein Werkzeuge 59. 1
Fibeln,Fibulae220, 222, 227,
254, 261, 264, 310. 329,
33». 34^. 3S3. 363. 369,
371- 376. 378. 379. 380.
381. 385, 587, 389, 390,
405-
Fibrolit 116.
Fidscbi-Inseln 184, 185, j86.
— Insulaner 190.
Fie»ch 239, 416,
Figuralurae 372.
Filetnadel 174, 178, 331.
Filisur 241.
Finger 133.
^ Fingereindrücke 195,
Fiugem^el - Eindrücke 133,
Fingerringe Z2I, 258, 365,
387.
Fingenpilzeo, 229,
Fischadler 41,
Fischer 288.
Fischereigeräte 158, 217.
Fischerkasle 283.
Fischfang 158, 223, 276.
Fischotter iii.
Fischschuppen r5S.
Fischzeichnung 6 z.
Flachgräber 374, 385.
Flachs 119, 112, 12b, 161,
17a.
FiBchsbieche 173.
Flachsbünde] 161.
Flachsfasern 126.
Flachsichelo 253, 276.
Flach sindastrie 126.
Flachskiichen 161.
FlachsneCz 129, 158.
Flasche iSS, 371.
Flechten 122.
Flechtwebstuhl 178.
Flechtwerk 230, 231.
FItnders Peine 308.
Flora des Diluviums 21.
Flosse 403.
Flossbauteo ia6.
Floss Wohnungen 109.
Flums 224.
Flurlingen 21,
Flussbarsch 125.
Föhre 122, 160.
Font 16s, 398.
Forel 101, 209, 129, 243,
270.
Fouiier 111.
Fraas, O. 22, 24, 4S, 54.
Flandsca 166.
Franken 1 66.
Fransen 123, 126, 139, 174.
Freggio 380, 381.
Freiaml 396.
P'reibeit, persönliche 420.
— ■ politische 420,
Freudental 33.
FriedenstTBchE 406.
Frigga 172.
FrilBch 84.
Frosch 125.
Froh -La T«ne-E"ibeln 329,
244. 39'. 39«-
Frutigen 238,
Fuchs 41,9s, 122, 125, 159.
Furfooz 32.
Futka 239.
Fussringe 221.
Fussschmuck 387.
Gabali 414.
Gagal 48, 61. 262, 29s, 348,
3t>9. 37". 1373- 374. 375.
387, 392. 408.
Gi^tring 388.
Gägelow 104.
Galba 415, 434.
Galium palustre 127.
Gallaländer 31S.
Gallia braccata 407.
Gallische Reiter 411.
Gals 327.
Garns 23S, 312.
Gardasee 101.
Gartenbau 76.
Gäsaten 406, 409, 426.
Gebensdorf 353. 354, 355.
Gebläse 282, 317.
Gefisse 118, 144, 153, 187,
211, 228, 230, 247, 248,
J7', 377, 381, 382, 403.
Gei^. griechisches 234.
Geftechle 123, 126, 128, 133.
175.
I Gehänge 37. 165,
»50, 27^ 354. 369. 375.
381. 38a-
Geiger, L, 7 1 .
Geistige Kultur 191, 300,416.
Geldringe 222.
Gemme 387, 388.
Gemmi J38, 378.
Gempenach 391.
Gense 23, 41, [25, 15S.
Geneva 326.
Genf loi, 128, 211, 213, 226,
312, 314, 399, 40J, 430.
Genf, Museom 239, 376, 377,
378, 4*3.
Genfersee 101, 209, 426.
Gens 300, 301.
Gentilver&ssung 301.
Geräte 79,
Germanen 425. 427.
Germanus Indutlllif 399.
Getmaneotöchter 178,
Gerolfingen [34. 135, 1 64,
165, 166, 170, 172, 183,
Gerste 134, 125, 412.
Geschichtswissenschaft 4, 4 t 7,
Geschweifte Töpfe 189.
Gespinste 174.
Gessner 29.
Getreide 122, 125. 161.
GetreidehSuschen i o3.
Gewebe 118, 123, 126, 139,
"33'
Gewinnung des Eisens 322.
Gewürz 413.
Gicht 149.
Giessen 304.
Giesserei 100, 334, 282.
Giljaken 108.
Gitteroma Ol ent 189,190,371.
Glacialperiodc iS.
Glacialzeit, 3. EisieiL
Glas 260, 264. 294, 330, 355,
358' 367. 377. 381. 385.
390. 39". 39».
Glasperlen 220, 221, 222,333,
390, 409.
Glasring 387, 3S8, 389, 390,
391. 409.
Glasur 186.
Glattfelden 253, 259, 313.
Glüttinstrumenle 143.
Glaube an die ADferstehung
146, 156.
Gletscher d. Diluvialzeit 11.
Gletscherkritze 14.
Glis 154, ZOO.
GIflhsteio« 58.
GmOndnei od. TraoDsee 103.
Golasecca 380, 381.
Golaseccatibeln 383, 384, 408.
Gold 305, 222, 260, 262, 363,
zed.yGOOgle
a64, 282, 294, 309, 319,
3«o, 348, 349, 369, 373,
388, 394, 39S, 398, 399,
40S, 414.
Goldbei^werke 414,
Goldblättcben 254.
Goldblech 254.
Goldfucbs 12.
Goldmanzen 356, 387, 399.
Goldpbilipper 397.
Goldacbiniedekuast 319.
Goldschmuck 373.
GoDzen 151, 294, 323, 330.
Gossau 251, 313,
Goethe iSl.
GClterbilder 421, 414.
Gölterlehre 42a.
Gotthardpass 239.
■ Götze 36.
GrabbeigabeD 273.
Grabhügel 147, 157,250.361.
Grächwil 340, 372.
Grande CitS de Morgee 210,
3"^
GrandsoD 142.
Granges 238, 266.
TjTaphit 370.
-Graphitglaoz 403.
Gräteomuster 231,
Grauholz 371, 373, 405.
Gravieren 85, 282.
CraviennstmmeDt 44.
Greifensee 99.
Grelltofien jj.
Grenchen 235, 397.
Giey 83.
Griecben 17S, iSl, 195, 301.
Griechenluid 311.
Griechisch 403.
GriechischeB Bronzeschwert
Gürtelachmucb 254.
Gurtschnalle 244.
Gusseisen 205.
Gussform von Bronze 211,
Gussformen 217, 226, 229,
235. 306.
Gusskuchen 319.
GuaslöITel 129, 130, 134, 290.
Gussmasse 30Ö.
Gussstahl 205.
Gussstück 241.
Gussliegel llS.
Gusswerkstätte 225, 235, 313.
Güttingen 97.
Gygaischer See 106.
- Schw.
1 293.
Grimentz 193.
Grimisuat 376.
Gross, V. 34, 135, 171, 222.
227, 246. 34'. 342. 347,
Grosse 79, 85, 89.
Grund morSncn 14,
— Lehm 143,
Gsteig 238.
Guanchen 156.
Gümmenen 409.
Guivaui 188, 274.
GuiD, s, DüdiDgen,
Guirlanden-Vetiierungen 231.
Gurob 309.
GUitel 257, 258, 264, 405.
Gürtelbeschläge 370.
Gürtelbleche 261. 263, 365,
370, 373, 37S> 376t 384.
Gürtelhaken 223, 261, 262,
313. 331, 374, 375. 38'-
Gtirtelringe 221.
Haarnadel 294
Hacken 118, 128, 168, 1
330-
Hafec 276.
Hafner, grosser 212, 255, 2
Hafner, kleiner 190. 196,3
Hahn 84.
Haifischzäbne 61.
HBkelnadehi 174.
Haller 356.
Hatlstatt 359, 4ID.
Hallslaltkultur 359.
Hallnrilersee 99.
Halsband-I-emming 65.
Halsrioge 254, 258. 260, 264,
375. 376, 389, 39'-
Halsschmuck 152, r63.
HSmatit 320.
Haselnuss 122, 127, 21;
I Haielslrauch 160.
Hasen 372.
Haste 412.
Htubchen 264.
Haubeile 37.
HäuptUng 150.
Hausen 354, 355. 359.
Hausier 56, 58.
Hauszeicben 1 90.
Hecheln 173.
Hecht 125.
Hedingen 321, 3S6.
Heer, Oswald II. 21,
286.
Heftoadel 367.
Heidelbeeren t6r.
Heidenburg 140.
HeidenhOttchen 137.
Heidenkircblein 25 1,
HeLdi
"39-
. 74 1
168, 217, 224, 225, 229,
24', *75. 317, 3ä8. 348.
Hammerbeil t68.
Hamtnerschmiede 325.
Hamster j6, 41, 42.
Handel 134, 283, 296. 298,
414.
Handelsbeziehungen 286.
Handelsstrasse 415.
Handelsware 263.
Handels wege 239.
Handhaben 93.
Händler 236.
HandmUhlen l6t.
Handwerk 413,
Handwerkern 229, 270.
Handwerkszeug 223.
Hangebleche 134.
HängegefSss 292.
Hängeschmuck 47, 409.
Harpunen 46, 61. iiS. 120,
IS«. II?.
Heiligen-Gebeine 29.
Heiligkreuz 252, 272, 324.
Heiligtümer 424.
Heim, A. 27. 40, 48.
Helena 181.
I Helm 165, 296, 382, 384,
41'. 4'2.
Helmzierden 347.
Helveüer326, 349, 398. 403,
418. 425. 427, 428, 429.
Hemmishofen 362, 370,
Henkel 189, 293.
Hephastos 317.
Herblingen 147.
Herder 4.
Herdketten 337, 348.
Herdplatten 94.
Herdplatz 40, 57, 231.
Here 175.
Htrtmence 378.
Herkules 422.
Herkunft der Haustiere 159,
283.
— der Kulturpflanzen 283.
— der Pfahlbauer 283.
Hermelin 64.
Herodot 102, 155.
Hesiod 201.
Hesus 412.
Heustrich 238.
Hildebrand 307.
Himbeeren 119, 122, 127,
161.
Himmerich 141.
Hinderiodien 107, 203, 318.
Hirsch 139, 165, 210, 211.
Hirschhorn 1 4 2.
Hirse hhomknöpfe 162.
Hinellj. 161, M7.,l!,,.3.
„d, Google
444
His u. Rütimeyer 375, 391.
Hissartik 203.
Historie, siehe Geschichts-
wissenschaft.
Hitisteine 5S.
Hobel 60, 143.
HochScker i;;.
Hochstettet 286, 288,
Hochterraase 19, 21.
Hocketgtatier 151, 154. 156,
Hohenrain 236, 305, 3 1 2.
389.
Hohenrhätiea 241.
Höhlea 136.
Höhleobar 24. 64.
HOUeDgräber 147.
HOhle, küDstlicbe 137.
HöhtGDhyäne 24.
HöhlcDlCven 24, 41, 42.
Hohlguss 282.
Hohlmeissel Z17, 275.
Hojeda 104.
Holland 104.
HollroaQD 151.
Hollnnder 119, 161.
Holzapfel 127, 217.
Hnliarchitektur 137,
HolzgelSss 132.
HoU- u. Knochengerfite 141.
Holzschl^el i8s.
Holztische 403.
HöDgg 369.
Hnod Bay lll.
Hordeum dislichum 161.
— hexastichum densum 161.
— heiastichum sanctum 161.
Hotgen 371, 386. 387, 388,
Danz 242, 2<)S.
ninau 364, 408.
Illyrien 416.
IIüs I
i^S-
Immler 328.
Indianer 184, 204.
Indien 280. 307.
Indische Hirsfarten 298.
Indogermanische Völker-
.96.
409.
Hoert
3""
Hoe
I 76, 184, 206, 308,
Hotnübeln 382, 384, 408.
Hosen 257, 407, 423.
Hospiz 400.
Hostmann 205, 307, 319.
Hottentotten 156, 316,
Hübaei 84.
Hüflschmuck 78.
HufeiEen 337, 339, 37'-
Hufschuhe 338.
Hula in.
Humpen 188,
Hunde III, 119, 112, I2t
149. 159. *3*. 349-
Hundeifibne 165.
Hfltteo 124.
HlilWnbau 73.
Hüttenurnen 187.
Haxleji 68.
Hyaena spelaea I4, 36.
Hyazynlhus 407.
Hylobktes 5.
farr
Inkahund
Inkwilersee 99.
Ins 364. 371, 372.
Inschrift 385, 387, 393, 399,
401.
Insubrer 426, 427.
I Inte^laciär-Zeil 18.
I Interlaken 238.
Irgenhausen bei Pfäflikon 99,
! 176, 181.
Isirable 377, 409.
Island 179.
I Israeliten 318.
' Jacke 258, 264.
-Jadeit 116, 166, 288.
Jagd 158, 276, 410.
Jäger 74.
Jagor 109, 186, 280.
Jakobsen 28g.
Japan 205, 31 8.
Jaspis 113, 137.
Java. 109.
Jenins 145.
Jerisbetg 409.
-^n 37^.
Joch 217.
Jordan 1S2.
Julier 424.
Julier-Septimt
I Jupiter 422.
I - pöninus 358.
I Juraformation 5.
I Juragewässel-Korrektion n
IJI. 336-
ijütland 257.
rr.Weg 4
]K«ire III, 112.
■ Kalifornien 184.
' Kaltbrunnerthal 33.
Kambodscha 318.
Kamm, Kämme 121, 163,
178, 257. 3^9. 407-
Kamtschadalen 203.
Kamtschatka 108.
Kuiarische Inseln 156.
Kanibalen in.
Kappe 176.
K^uze 406, 407.
Karatben 185, 1S6.
Karde 173.
Käse 413.
Kasilos 399.
Kassiteriden 307.
Kastelle 434.
Kataslrophentheorie 30.
Katzensee 143.
Katzis 241.
Kaukasus 307, 319.
Kegelbütte 137.
Kehrsatz 392.
Kelche iSS.
Keller, C. 159, 318.
Keller, F. 93, 97, 106, lio,
1^3. 157. 23S- '85, 286,
J9J. 3JO. 336. 353. 360.
393. 405-
Kellen 283. 285, 326. 414,
416, 417,
Keltengraber 351.
Keramik 182, 219, 278,
Keramik der Steinzeit 182,
Kerns 239,
Kernstücke 43, 120, 143.
Ketzers 234, 313.
Kessel iBS, 2l8, 223, 278,
292. 367, 373. 38*. 394.
— konischer Kessel J13.
Kesswil 97.
Kette 177, 254,
390. 391. 409-
Keule 79, 128, 166.
Keulen nadeln 250.
Kilwaru 109.
Kimbern 413, 427, 428, 429.
Kindergraber 150.
Kinderspielzeug 144.
KjökkenmMdinger 198,
Kirchthumen 391, 392, 409.
Kirschbaume 160.
Kirschen 12 7.
Kissen 257.
KistenErtber 151, 154, 243,
378.
Klapperbleche 261.
Klappern 303.
Kleiderhaken 161.
zed.yGOOg[e
, 388.
Kleidung 77, 10z, 162, 256,
357. 405. 422. fl*3-
Kleidung der BroDzeperiode
KleiduDg der Steinzeit loz.
KleinasicD 106, 207.
KlienteD 4Z0.
Klima der Eiszeit iS.
KlinEDflu 397.
Klopfer 58, 94.
KnBuel 173.
KnOpre 134, ixi, 223, 22g
246, 264, 373.
KnOprsichelii 235, 241, 332,
3S4.
Knoten 128, 174.
Knüprsibeit 174.
Kobalt 227, 306.
Koban 319.
Kobold« 193.
Köcher 265.
Kolkrabe 159.
Kokospalmen 1 1 1 .
KoUmanD 67, 19S, 222.
Kolnmbien 204.
KommRodostab 50, 51, 62.
Kongo 105.
Konkolilan 427.
Korstanz, Museum 51.
Köp« 181.
KBpergewebe 129, 176.
Kopf, menschlicher 386.
Kopfschemel 302. I
Korallen 152, 385.
Koijäken 108.
Komquetscber 132, 354.
Koamogonien 66.
Krähe 159.
Kreideform ati OD ;.
Krelisches Leinkraut, 298.
KreuzlingeD 97, 363, 386.
Krieg 410.
Kriegsbeute 422.
Krug, KrQge 128. 132, 188,
37", 381.
Kujundcbik 106.
Kultivierung des Obstes 160.
KuKobjekt 229.
Kultur 360.
Kultuigescbichle 4.
KulturpHanzen 276.
Kulturscbicht 40, 56, 93.
Kulturstaateo 76.
Kulturstufen 73. 158.
Kulturvorstellung 1 59.
Kupfer 134, 205, 289, 302,
304. 305. 308. 319. 320,
Kupferbeile 129, 167, 214.
Kupferlager 204.
Kupfermasse 167.
Kupfermasseln 235.
Kupferobjekte 203.
Kupferperiod« 157, 196.
Kupferpetleo l6j, Z46.
Kupferschmiedekunst 319.
KupferstatioD 3S9.
KupferzeitNordamerika's 204.
Kuppelgtlber 137, 310.
Kurakspfe 68.
Kurzrickenbach 97.
KuTzschwert 248. 337, 364,
365, 375- 376-
Labkraut 127.
Lac d'Annecy lOi.
Lac de Bourget 102.
Lac de LuTssel 17, ai6, 263.
Lachs 122. 125.
Lade 177, 178.
Lager der Römer 434.
Lagerstellen 119.
Lago maggiore loi,
Logo di Fusiano loi.
Lago di Varese 101.
Lagomys puaillns 64, 65.
Laibach io2, 162, 176.
Lamna 61.
La Madeteine 32.
Lamarck 30.
I^mellen 165.
— von Feuerstein 170.
— aus Kupfer 170.
Lämpchen 218.
Lampeu 229.
La Naolctte 67.
Landaosiedelang 136, 230.
Landesmusenm , Schweiz.,
Zürich 62, 101, 175, 176,
221, 227, 235, 250, 330,
34*. 354. 368, 370, 377.
380, 386, 405.
Landkarten 192.
Landtag 421.
Landwege 298.
Langeothal 365, 370, 371.
Langköpfe 68,
Langschwert 369.
Lanzen 46, 79, 204, 229,
232, 234, 2J9, 26s, 332.
337. 338. 386, 412.
Lanzenspitzen 79, II 5, 120,
14z, 154. 211, 226, 224,
230. 236. 237. 238, 240,
309. 330. 34*. 385. 390,
39*-
Lanzeltep 210.
Lanzknechte 427.
j Lapraz 192.
' Lappeokelte 212, 227, 235,
I *7i. 347-
I La Roche 19z.
44S
La Tire 332,341,360,371,
398.
La T4ne-Fibeln 311, 332,
351. 38z.
Latobrigen 425. 430, 433.
Lattrigen 135, 164. 165, 171,
'83. 255.
Laufen 395.
Lausanne 399, 424.
Lausanne, Museum 29t, 376.
Lavorgo 380. 381.
Leder Z70. 370, 405.
Ledergerben 406.
Legion, Thebaische 435.
Leibrock 407.
Leichenbrand 373.
Leichenschmaus 1 ;o.
Leinen-Iudustrie 161.
Leineakleider 161.
Leinensloffe 407.
Leinkraut 126.
Leinwand 1 26.
Leisten 133, 189, 190,
Leistenkelte zio, 241. 244,
33S.
Leitfossilien l8z.
Le Moustier 3 a.
Lendeoschurz 418.
Lei Der 302.
LcDormant 307.
Lenzburg 3 89.
Leoparden 372.
Leponüer 326, 425.
Leptoprosopen 68.
Lepus variflbilis 25, 41.
Leuggem 397.
Leukerbad 239, 329, 378,
379. 380.
Lias 48, 295.
Libyen 155.
Liddes 238, 267, 399.
Lieli 290.
Uesbeig 33.
Linde 160. 161.
Undenschmit 53, 205, zo8,
307. 339-
Lingoncn 349, 426. 433.
Linguistik, vergleichende 198.
Linse 276.
linthgletscher 12, 16.
Linum angustirotium 161.
Lisch 205.
Litzen 779.
Livingstone 105.
Livius 41 1, 426.
Locmariaker 424.
Löffel 37, 183.
Löffelkelt 249.
Löhoingen 263.
Loko :os.
Lommiswil 321.
Longirod 408.
„d, Google
446
Uiss 19,
Lostallo 242.
Litten 181.
LOtscbGDthal 239, 3S0.
Lötonf; !9J.
Löwe 372.
Lubbock 316.
Luchs 4 t.
LucTetius 201.
Lukan 421.
LiutgerD 239.
LunkbofeD 363, 368, 409.
LnrtigeD 361.
Lüscherz 135, 165, 167, 16S,
169, 170, 173, 174. 176,
'83. »55. as6, 371.
Lutry 154.
Luvis 3S5, 409.
Luxem 15, 145.
Luziensteig 145, 242.
Lyell 9
109.
30-
Mäander 27S.
Macassar 109.
Mc. Clute Golf III.
Madagaskar 106.
MSdris 32;.
Magazine 2S3, 2S6.
MagdalinicD 27.
MahUteiae 328.
Maienreld 145.
Malen 85.
Malayen loS, 160. 208, 31S,
Malla 23.
Mamut 23, as, 29. 36, 41,
MandaD'lndiatier 1S4.
Manilla 109.
Mantel 257, 405.
Maorie 59, 204.
Matscaybo Bucht 104.
Matchi 26.
Mardellen 138, 327.
Marder 64, 9J. 119, 122,159.
Marius 429.
Marc Aurel 137, 436.
MaikgenoBsen «haften 300.
Mars 422.
Marseille 283, 297, 387, 395,
415.
Maitcrslein 193.
MartiRny 226, 237, 268, 358,
399, 434-
Martin 200, 391.
MarzaboKo 310.
Massilia283, 395, 398, 415,
Masten 299.
Matriarchat 76, 77.
Mandacfa, v. 147, 3S9.
R«S»ter.
Maulwurf 64, 229.
Mayer Eymar 148.
Mecklenburg 104.
Mediomatiker 397.
Meermuschel 152.
Meikirch 340, 372.
Meilen 93, 164, 165, 168,
'7o> 25s. 260, 270, 295.
Meinisberf; 390,
Meissel 61, 118, 131, 13z,
169, 204, 211, 224, 229,
»34. 27S. 309. 317. 3*8|
337. 348.
Meisierhaoa 422.
Melde 127.
Mels 251, 252, 259, 267,
173. *73. 313. 3»4-
Menhirs 191.
Menschenfresserei 88, 150.
Menschenopfer 421.
Menschenschädel 183.
Menschliche Darstellungen
261.
Merishausen 323.
Merk 39, S3-
Merkur 356, 4ZI.
Merkurstab 396.
Mennere ghöl 106.
Mesocco 384.
Mesocephale 68.
Mesopotamien 106, 204, 207.
Messen 362.
Messer 37, 60, 79, 93, 115.
120, 127, 128. 139, 143,
214, 227, 229, 232, 234,
239, 241. 246, 251. 254,
257, 271, 306. 309, 312,
3*9. 330, 333. 338. 347,
354> 369. 385. 403-
Mesäikomraer 123, 172.
Messing 306.
Metall 320.
Metalltechnik 281.
Metapont 161.
Meleoreisen 204.
Meltemberg 136.
Mcttmenstetten386, 387, 389.
Metzerlen 398.
Mexico 105, 204, 205, 289.
Meyer, H. Dr., Zürich 395,
399-
Meyriez 176,
Midian 30S.
Milan 118, 159.
Mincopis 74, 86, 183, 191.
Mindanao 109.
Minerva 422.
Minnodunum 327.
MiäOx, siehe Mesocco.
Mistal 424.
*39.
I Mocassin 264.
j Mohnkopfnadeln 1
I *S'> 2S3. «98.
I Mohnkuchen 161.
I Mehren 412.
MoUnBzzo38i, 382, 383, 408.
Molukkeo 109.
Mommsen 394. 399, 406,
4*S. 436-
.Monddienst 302.
MondhOnier 229, 231, 301.
Mondte« 102.
Monfaver^er 349, 431.
Hont Beuvray 322.
— Joux 400, 424.
— de Sion 249.
— Terrible 398.
— du Vuilly 398.
Monte Viso 1 16.
Montelins 208, 275, 291,
»57, 314-
Monthey 14,
Manlsalveos 247.
Moose 22, 1 19, 122.
Moosseedorf t
170,
2S6.
'74, '83,
Morlnen 12.
Morel-Fatio 152.
; Moresby-Haien 183.
I Morgan 74, 88, 300.
I MorgensterD 166.
Morges lOl, 194, 209, 306,
3". 3'4-
'75> »07.
00, 164, 174,
22, 323, 23%
»3i> »SS, »^o, »^», >(>i,
269. 271, 274. 277, 280,
291, 294, 29s, 303, 306,
3'3, 371-
Mflriger Typus 293.
Morlol iS, 209, 293.
Morschacb 239.
MSr^er 188, 217.
Mörswil 18.
Mortiliet, de, G. 27, 67, 210,
iH< 3°7-
Moscber 308.
Moschus-Ochs 24, 25, J2.
Moses 318.
Moudon 327, 399.
Moundbuildcr 68.
Mouättrien 27,
Möve
I Mahle 217.
I Mühlebeig 340, 370,
{Mühlsteine iza, 124
i '93. *9, "7-
! Maller, Notar 97.
I — Sophus 30S.
I Müllheim 266, 313.
zed.yGOOg[e
MüocheDbucluee 398.
MiiDlelier loi , 26a. 263,
ä79. ä9S, 3"a-
MOnzcD 14a, 3JO, 33J, 349,
377. 387. 396-
MQDzfiiDde 393.
Münjstätle 330, 396.
MQntstempel 357, 399,
MuotUtbal 239.
Murmeltier 23, 41.
Munen loi, 174, i;6.
Murtnew« >o.. 312.
Müitscheadp 134, 304.
Mumien 340, 370, 37 1,
Mascheb 15z, 153, 249.
MuEchelreste 185.
Muschelnnge 155.
Mutleoi 362, 371, 397.
Myken»« 137, 3'0-
Myodes totqoatus 65.
Nachbestattungen 374.
Nadelbüchse 346.
Nadelküpfe 290.
Nadeln 46. 61, 80, 94. 133,
163, 332, 237, 238, 239.
244, 2sr, 354, 258, 259,
260. 331. 33^. 348, 355-
363. 365. 374. 381, 405-
— , geschwollene 250, 312,
355.
Naer, A. 410.
Nagel 276, 348, 385.
Nagelfluh 16, 20.
— , löcherige 232.
Nahnadeb 224. 348.
Nalpserschafe 125,
Nantuaten 326, 392, 426.
434-
NäpfcbCD [SS, 371.
NarbenzeichnuQg 78.
Nasaroonet 155.
Nathorst 22.
NatioDaltugeodeii 41S.
Natsch 324, 328.
Naue, J. 311, 315.
Nefrit 94, 116, 120, 127,
[42, 166, 232, 287, 288.
NefHtoideti6, 131, 287,388.
Nehring 34, 64.
Nemausus, Nime 349.
Neolitbiker 136.
Neolidtisch 93.
Netie 126, 138, 133, 174,
358.
NetzfigareD 231.
Netzoroanieiil 190, 195.
Netzsenker 158, 161, 111,
217.
ReRistet.
Neaenbiug , Museum von
34'- 342,
Neuenbuiger See 100, 143,
'83, 193.
Neueneck 371.
Neu-Guinea 81, 110, 146.
184, 185, 186, 190, 194,
Neuhaosen 137.
Neu-Hebriden 184.
Neu-Meiiko 183.
Neunrom 363, 408.
Neuseeland 57, 59, 116, 288.
Neu-Stettiu 186.
Neuveville 1 1 4.
Niam-Niam 106.
Nibelungenlied 182, 300.
Nicket 217, 305.
Nicobaren 107.
Nidau 100, 311, .133, 231,
258. 259, 263. 294. 313,
336-
Niedetterrasse 19, 31.
Niederterrassen-Schlotter 19,
Niedenimen 268.
Niederwil 98, 176, 390.
NielUDg 392.
Nilgebiel 106.
Nilsson 192, 307.
Ogmius 422.
Obirioge 221, 364, 363, 367,
405-
Ohrscbmuck 369.
OUon 236, 250, 393.
Olmüti 102, 376.
Olshauseu 320.
Oltingen 397.
NId
Noirt 71.
Nomadeo 75, 77.
Norddeuuctilaad 104, 308.
Nordiulien 360.
Nomen 173.
Nowaki 76.
Nuceto 238.
Nuclei I30, 143.
Nunnigen 397.
Nüescb 39, 56.
NyoD 399.
Oberalp 339.
Ober-Erliäbach 137.
Oberhofen 392, 409.
Obet.Illau 136,
Oberkleid 406, 407.
Oberkiilm 396.
ObermeLlen 92, 166, 1Ö9.
Ober-Ncvinforn 374.
Oberwenigen 157.
Oberwinteithur 327 , 340,
357-
Ober Wistenlach 398.
Obleldcn 364.
Obsidian 204.
Qchsenliaut 157,
Öchsli 426, 428.
Ocker 152, 153, 300.
Octodurus 336, 352, 434.
Odyssee 181.
Onnens 373,
Opfer 421, 422.
Opfergaben 23a.
Opferplatz 139.
Opfertlein 192.
Oppidum 341.
Ordtiiix 357, 400, 420, 421,
429.
Orgetori X siehe Orcitim.
Orinoco 105.
OrmODts-ThSler 337.
OmameDl 61, 62.
Ornamentik 194, 403.
Orontes 106,
Orpund 390.
Orsidres 14.
Osco 381,
Ossiogen 363.
OstindieD 107.
Ovibos moschatus 34.
Fackwerkbau 98.
FaUolithisch 93.
Paläontologie 5, 6.
Palästina 2O3.
Palembang 108.
Falissaden 115, 227.
Pallas Athene 181.
PaUmanii 286.
Palmetten 372.
Palmetten-Ornament 234.
Pamir 166.
Pampas 10;.
Fanicum miliaceum 161.
Pappelboli 399.
Papua Golf 111.
Papyrus 106.
Parallelen-OrnameDt I9I.
Paropamisus 308.
Parpan 240, 290.
Paspels 145.
Pasten 409,
PatagoDiea 166.
Pat;4;onier 296.
Patriarchat 76, 77.
Paukenfibeln 363, 365, 373,
374-
zed.yGOOgle
448
Pelie 199.
Penka 197.
Perien 118, 134, 148,
155, 163, 165, 146, 860,
»94. 37'. 385-
Perte de Rhone 195.
Peru 1S5, Z04.
Peruaner 155, 186.
Peschiera 101. 198, 355.
Petersinsel 255. a?'-
PetToeori 414.
Pf&fBkersee 9S.
Pfahlbaubericlit 93, 97.
Pfahlbauer 11 1.
Pfahlbauerin der Bronzezeil:
264.
Pfkblbaugerste 161.
prahlbauten 92, 96. 104, 106.
— der BroDzeieit zo8.
prahlbauweizen i6t.
PbhlbüueD 95.
Pfannen 188.
Pfeifen, Pfeifchen 61, J94.
Pfeidiase 65.
Pfeil 79. '7'-
PfeiUpiUe. Pfeilspitzen 4J, 79,
93, 95, 120, 1*8, 141,
"43. 155. "57. *04. *i4.
230, 232, 253, 329, 330.
Pferd 95
■ 93.
160, 1
276, ,
Pferdegebiss
PferdesprinRer 35.
Pferdezeichuung 50.
Pflanzensammler 74.
Pfriemen 46, 61, 80,
Poliei
Poliei
Polie,,.....
■85. 367.
'Polybios 344, ,...
Polynesien 184.
Polyporus igniarius 122.
Pomalombe See 113.
Font de Thielle 290.
Porphyrius 66.
Porren tniy 398.
Port Albau Z90, 410.
Port 336, 340.
Portemonnaie lacustre 222.
Portis 36.
Port Moresby 111.
Port Valais 399.
Posamenterarbeit 123.
Posidonius 403, 41S.
Potin 349. 398, 399.
Potinmünze 332, 386, 389,
395. 398-
Präbistorie siehe Urgeschichte.
Prasias See 103.
Prattelen 362, 371.
Privatbesitz 300,
PtolemSus 429.
■ Pully 152, 154, 424.
' Punktvenieningen 165.
PuntaiglasgTBDit 14,16.
Punzen 217.
Purpurfarbe 407, ^
Pygmäen 148, 154.
I^ramidea 147.
Pfropfen 413.
Pbalanstires lll.
Phalera 217.
Phallusdienst 301.
FbilippermUnzen 387, 388.
Philippinen 109,
Philippos 350.
Philologie siehe Sprachwissen-
schaft.
Phönikier 2 g 6, 307,
Phrygicr 138.
Pieterlen 327.
Pikermi 5.
Pincetten 223, 228, 317, 348,
385.
Piso 428.
Pissevache 193.
Platten iSS.
Platter, Felix 28.
Pleigre 322
Quaste, Quasten 119. "6,
129. 174. 175, 258.
QuerSxte 215.
Querbeile 225, 229, 271.
Quetschet 127, 142, 217.
Quiquerez 322.
Quirle 128. 158,
Pliii
5 407.
Plöns 324.
Pokal 188, 2
Polada 238.
Rabe 41.
Rad Z82.
Rädchen 211, 218, 375.
Radeck 230.
Räder 302, 373,
Rad nadeln 260.
Ragatz 325.
Ramsen 363.
Ritmses III. 30Q.
Raseneisenetze 316.
Rasiermesser 223, 229, 234,
253, *57. 274. a75-
Rasseln 223. 302.
jRätien 436.
R&tier 326, 425, 436.
.Ratzel 112, 1S4.
I Rauchpfeife 349.
Rauracher 326, 425, 430.
. Rautenmuster ziS.
Rautenomament 46.
I Raron 375.
I Reber 193, 377.
I Rebevelier 322.
! Reckingen 378, 416.
I Reiugium 141, 142, 232.
' RegeDbogenschüsselcheo 394,
; 397-
Reh 64, 9S, 119, 122, 125.
! 159. -'3*-
: Reiber z 1 7.
i Reichenau Z41.
j Reiden 28.
Reisläufer 427.
! Reiste 123,
Römisch« Reiterei 411.
Reilerkampf 411.
Religion 89, 146, 421.
Rcmier 398,
Ren 22, 25, 4z, 64.
I Reparaturen ZZ9.
Reseda luteola 127, 161.
Renfeuer 324.
Reus^letscher [2, 17.
Rheingan 395.
Rheingletscher 13, 16.
Rhinoccros Merbii 36.
Rhinocetos tichorhüius 23,
25. 4'>
Rhone 425.
Rboneglelscher 13, 17.
RhynchonelleQ 164.
Richensee 183.
Richtet 424.
Rickenbach 244, 251. 313.
I Riddes 377.
I Riegsce 278.
Riesenhirsch 23.
Riesensatamander 29.
RiesentCpfe 15.
Rigi Z89.
Rigveda 171.
Rind I
276.
Rinde 172,
Rinderzähne 165.
Rindshaut 257.
Ringe 193, 205, ztl,
zzo, zzi, ZZ2. 232,
244. 'S'- 253. '&o. 2^2.
273, 290, 299, 306, 331
33*1 337. 359. 3^5. 3^7.
369. 371. 373. 374. 375.
377. 378, 379. 380. 381
384, 386, 388, 38g. 390,
392, 405, 408,
zed.yGOOgle
RinSEeld joo,
Rio^ldswil 236, J05.
Rinoenstcinr 231.
Hobcnhias«D q<i. t!j. 134
105, lt>v. tjo, 171. 171
Ki. '7t- '75- ■:'■- 1*3
184. tt>o. 301,
Roche 144.
Rochbob 355.
Rock 257, i;S. 264.41z. 423
Roggen 176, 41*.
Rohknpr« i<io.
Röhrcben 137, 149. j;;9.
Ronunshom 176.
RtHUauo 2g 3.
Ros^ttcD Z18. 162. 204.
Ro&gulen- Museum 4J. lüK
Rostplkh1b3u""< "-
Roteumitpii)
3*0.
RStEl
Sakxtimiii 317.
SilomoQS iioipp« I
. Swobacos ebulos i
Sl. Bcmhanl. '•i'^
32(., 3;8, 41:;. 4
Sl. rnUen, Ma*jm
. St. llai^^Teten 347.
^1. Uoriu 14t.
Sandalea 2(14.
SiDd m-ich- In^l n 18,
Soldes io<<.
Sauf;lljschch<>(i 2
127. 1Ö3, 31;
RotbenbnianeD 14;.
Rothpleli 435.
Rnder 128.
Rabq>Ut2 40.
Rümbog 143. 1H7.
RundbeckeT 14.
RnndböUer 115.
RoDibcluber 37, 44.
RussikoD 363, 365,
Rnten-EiDdiück? 3^4.
RnÜi«tu 414.
Rfltim«v€r 34. 41, 12
158. '59.
S»vi«e J41). 312, 313, 37
, . Scnls J40.
Schabet 37, 43, l-o, 70, u
115. I20, 13.1, 143, 3;
Schachtel 257.
SchichlgTäbet 3(0.
ächäddkapsolo 1^4.
Schaf 9;, IIQ, 121. 12!,, 13.
' '*«■ i'o. "*■ 2J^, »:'
4'J-
Sch-illhauscQ 33, 5^. 150,2;^;
Sckiakrn 413.
SthUchtwid, he!Tf!»:h« 3.
ScbLirVUIlrn aDfBiaiit«n 1
SchleiifD 288.
fehlender It*.
SchlfudCTtui:dn 3j4,
Schleuder^teiiM r<l.
Schliemann 7, 203, :
Schhefeo 371.
, -Schmi'lioffO 322, 3:
!Schaliä 114.
I .70. 1S3.
' .Schafniattpa.'j
I, 13^. Schaftt;!.
35^ 39v
■»4.
Säge, Säf;ci
43, <>°,
I. 9J.
Schafture der i^ile ii^^.
Sch.-ikiil tjq.
Schalen liB, 111. 12t!,
i;7, 183, iBH. 103.
j 2ä3, *34. ä4r, .V'3.
403-
; Schalen-^tdne 14. [<|i ,
">3-
Schmi
. Schmerlint; 30, 32.
Schmiede 3H1, 317. 414.
Schniiedekonst 311.
Schmuck 77, 133, H)2, 240,
jr\ 40>-
. — der Bron/epfriMe 2jO.
. Schmutkc'^h.inf:!.' 47, 1 (14, 24'j,
Seh muck nadeln 210, j: t. 2 12.
. 214. 227. 2J4. a>". »5'.
**'4. i"<'. 3^". 348-
Schmucklinge 405,
. Schmucksachen 127.
. Schmuckscheilvri 373.
Schnabel kannen 3M , 3S3.
405-
Schnecken als Schmurk ■41).
Schneehase !>;, <>4.
, Schneehuhn 4
, Schneider 414
•H■hnei^inJ;e^
04-
Schni
1 8^.
'8j,
arS, 348>
Sahara 178.
Saiga Antilope 25.
St. Acheal 2Ü5.
St. Aubin 1(14, ) '
169, 170, i;
262, 294.
Sl. Blaise 134, T35, 164,
172, 210, 289, 341.
St. Lionard 371.
St. Luc ly3, 378.
St. Maurice 326, 434.
St. Prex 247.
St. Triphon 392.
Salasser 399, 400, 415,
Salasseim Unzen 3<)<), 4»
HeiBtIi, UrgoKhichK
229, ' Schärloch 390.
I Schaufeln 12». 217.
I Scheffel 352.
I Scheihehfibel 2')0.
Scheibennadel 24t<, 2("
, iIjB, ! Scheide 386.
2(>o. I Schenk 50, 51, 52.
j Schere 348.
, l(t(\ Scheriinpen 97.
I Scheuch/cr. J. J. 2S.
I Schick sal^riltinncn 173
' Schiff 302.
ScMfflein 177.
«Schild 412.
' Schildbuckpl 347, 3!<9.
43fi. Schildhaltcr 347.
1. Schilf 119, 122.
|Schnit/eT 22.
der Schwell.
40M.
12<., 12B, 133,
140, 1-^7, l».).'
Schnutreriierunc i
Sohölllistorf 1^7.
Schßncnbueh 3S11,
Schönenwerd 3((7, 422
Schöpfer 12K, 183.
Seh 0)1 funir-pt rinden 31)
.Schosshaldc yto.
Schot lertenasscn 13.
Schreiber 394. 3'><>-
Schrift, ;;ri«hischc 3^14
Schröter 2i, 35.
•Schuhe 423.
zed.yGOOgle
ScbuESCDiied i6, 3
174-
,i38,!SieiTe 355, 359, 377, 378, 1 Spinn wirtel
Schuster 414.
SchutidScher 137.
Schutiwaffen 347, 4:*.
Schwab, Oberst 97, 341.
Schwademau 337.
- Schwarzbrennen sSo.
Schwerelkies 320.
Schwein lll, 119,121,135,
139, 149, iK "O, ^i^,
413-
ScbweiMtsbild 33, 55, 150.
Schwendener 34.
Schwert, Schwerter 2ti, 224,
289, 23s. 237, »3", »4«,
257, 264, 267, 268, 305,
3'*t 3"3. 3JO. 332> 337.
3'8, 344, 354. iS8, 383.
384, 386, 389, 392.
Schwertklioge 226,
Schwertkoppel 386.
Schwertkoppelringe 270.
Schwertscheiden 270, 345,
Seh w erzen bach 22.
Schwimmer 128, 158.
Schwurrinß 211,
Schwyz 239, 300,
Seduner 326, 426, 434.
Seduuum 32a.
Seegräben 1 40.
Seeigel 164.
Seerose 127.
SeewU 145, 240.
Segel 29g.
S^ovesns 426.
Segusianer 431.
Sembrancher 237, 377,
Semniering 237,
SeoinopithecuH 5.
Senipachersee 99, 158.
Semper 172.
Senowald 235, 312, 721.
SeDonen 356, 426.
Sensen 337, 14^-
Sequaner 326, 349, J95, 396,
406, 425, 429, 431.
Sequanermtinzen 389, 397,
398, 399, 401-
Sen;ey 139.
Serpentin 16C1.
Serpulaperlen 148, 151.
Setaria italica 161.
Sibirien 203, 319.
Sicheln 2;l, 217, 223, 225,
329, 27(1, 306, 330, 337,
338. 34B, 3SS. 413-
SicherheiLsnadeln 220, ztil,
34».
Siedelungsplüt-ie 183.
t"2. 4^3-
Sigfricdsage 300.
Sigriäwil 2jG, 305, 312.
Sikkini 107.
Silber 205, 227, 294, 305,
349, 3ö9> 377. 385. 3^8,
390, 394, 396. 398, 399,
424.
Silbergruben 414.
SilbermüD2en 349, 356,422.
Silene cretica 126.
Silexarten 59.
Silexbeil 155.
Silexobjekle 154.
SiUkate 286,
Sii^schwan 41, 125.
Sion 167, 193, 247, 266,
*7o, 3'4, 3^6, 375, 378,
408.
Siontypus 95, 375.
Sippen 89.
Sitten s. Sion.
Situla 219, '9', 3'0| 3"3,
365. 381, 382-
Skandinavien 179, 208.
3'".
Skarabius 310.
Skeletgräber 246, 373.
Sklaven 150, 421.
Skulpturen 52, 85
Skulpt
"ii-
Sohn
397-
Soli manu» _,
Solon 301.
Solothum 327, 397.
Solulrt 27. 160.
Somali 137, 318.
Sophokles 159, 178.
Spälllinge 209.
Sparjjen 222, 232, 238, 239,
24O, 247, 251, 253, 2(io,
2b2, 26J, 331, 348, 375.
376, 378, 384, 408.
Spange mit Stollen 247.
Spanien 1 34.
I ^ipatha 178,
I Spät-LaTtne- Fibeln 244, 329.
Speer 166, 264, 289.
I Speerspitze 43, 61, 93, 143,
I 244.
: Spelt 276.
\ Spermopbilus Eversmanni 64.
' Spielsachen 1B7.
' SpielwOrfel 349.
1 Spielzeug 218, 223, 221),
Spieg 391.
I Spindeln 173.
I Spinnen 173.
, Spinnrocken 172.
Spiralannring 392.
Spiral-Doppelhaken 262.
Spiralen 165, 239, 253, 294,
34&-
Spiralfaden 222.
Spiralfingeiring 390, 391,392.
Spiralgehäoge 263.
SpiralriLge 237, 249, 259,
263, 387.
Spiral rShrchen 232, 250, 264.
Spitzen 139.
Spit^el^sse 218, 223, 231.
Spitzhacken 212.
Splügen 241.
Sporen 347, 41 1.
Sprache der Tiere 71.
Sprachwissenschaft 5, 206.
Spulen :73, 187, 217. 231.
Staats-EinrichlungeD 419.
ISUfa 3S6.
Isiaffelsee 278.
' Stamm 300.
' Stammbunde 301.
Stimme der Helvetier 419.
I Stiiiidesunterschiede 150.
I Stansstad 145, 239.
Stanzen 282.
Star 128.
Stamberger- oder Würmsee
, 102, .38.^78.
Station de l'Eglise 209.
Station des Roseaui, Morges
, »7'-
Statistik der Farbe V.
und Haaren 67.
Statuetten 102, 369, 422, 423,
Slealilbeil t54.
Sieckborn 97.
Stecknadel 367.
Steenslrup, Jap. 35.
Steg 97.
Steigbügel 193.
Stein a/Rhein 97, 174, 175,
Steinadler 128.
Steinbau 136.
Steinbeile 115, 117, 117, 142,
157, 203, 209, 213, 234,
354.
Steinbeig 96, 115, 209.
Steinbock 23, 41, 64, 95.
StondenkmÜer 193.
Steinen I39.
V. d. Steinen, Karl 90.
Sleinhammer 203.
Steinhausen 389, 396, 409.
Steinbof 14.
Steinkisten 241.
Sleinkislengräber 237.
SteinknOple 155.
zed.yGOOgle
Steinkobkorormation 5.
Steinkreise 147, 191.
Steiokuh 164.
SteinmonDmenle 191,
Steinmähle 141.
Steinperlc 148, 155, 164.
Steintiacbe 147, 191.
SteiQOfittel 14z, 20i), Jio.
Steinzeit 92.
SteissfusE 159.
SteppeDfauliB 65.
Steppenieit 15,
Stickmuster 133.
Stichornament lao, 12R, ijj,
'S7.
Stickerei 176.
Stirnband j6;.
Stoffreste 407,
Stoli 90.
Stolpe 87.
StoneheD);« [92, 414.
StOssel 217.
Strabo 137,407,4 14,4 18, 412,
Stradopic 349.
Strängen 173.
Strassen 415.
SträtUigen 23«, 244,
Streilwacen 370, J72, 41J.
Stricke 126, 128, 174-
Stricknadeln 224, 330.
Slroh 172.
Studen 398.
Studer 64, IJ9, 135, 276,
Studeru.Bannwatth 135,154,
18R.
, 362.
Südamerika 104.
Sudsee- Insulaner 204.
Sumatra loS, 137.
Sumero-Akkadier 308.
Snrsee 396.
Sus scrofa fcrus 36.
Sus scrola palustris 149,
Sflsswasserschildkräte 122.
SuU 135. '83. '84, *55,
256, 29Si 306-
Syrien 106, 185, 20j.
Tacitus 137, 138.
Taftgewebe 129, 176, 177.
T^erwilen 404, 395.
TagwoliDui^n 112.
Tangarung 109.
Tanne 127, 160,
Tannenholz 210.
Tatanis 422, 423,
Taibelli 414.
Tamadae, siehe Tamajae.
Tamajae 31 6, 434.
Tano III.
Tältowiening 78, 163.
Taubach j6.
Taucher 159.
Taurisker 426.
Tauscbhandcl 199, 415.
Technik 413.
Telamon 427.
TeUet 188, 218, 223, 371,
40J-
Tello 203.
Temenisches l^nd 425.
Tempel 424.
Terramaren io[, 310.
Tertiär 5, 20,
Terliärzeit 2J2.
Tessin 394.
Teutales 422.
Teutonen 427, 428, 429.
Textilien 119, 123.
Teitil-Induslrie 172.
— Kunst 278.
— Material 172.
Thttingen 33, 263.
. Thalhcim 253.
Thebäer- Lebende 435.
Thiede 65.
Thielle 134, 267.
Thierstein 33.
Thioly 375, 378.
Thomsen 205.
' Thontigur 302.
Thongeßsse 118, 132, 203.
Thonkegel 177.
Thonkugcln zu.
Thonscberben 209, 210.
Thonwirlel 173.
ThOten 115.
Thutmosis 106, 309.
Tibarener 308.
Tiberius 436.
Tiefenau 390, 398.
Tiegel 188.
Tierfiguren 382.
Tierknochen 95.
Tierkopf 386.
Tiguriner 419, 427.
Tilloux 36.
Tische 115.
. Tischler, Otto 208, 294, 311.
Tili 310.
Tobfldi IM.
Togirix 400,
Tolochenaz 243, 313.
Tomascheck 308.
Tomils 241.
Tondano 1 1 o.
Tonnen -Arm Wulst 364, 373,
408, 376.
Topf, Töpfe, Töpfchen 128,
132, 144, 157, 184, 188.
, 218, 223, 279, 303, 367,
4Ji
144,
' 381, 387, 388, 389, 390,
403-
Töpferei 121.
Tl^ferin 185, 229.
Töpferkunst "
Töpfetofen
23'.
TCpferprodukte 128, 231.
Töpferscheibe 405,
Töpferwate 21 1.
Töpferwerkstätten 183.
Torfrind 64, 119.
Torfschwein 160, 211,
Tötques 254, 260, 376.
Tolenkult 417.
Toten mahle 367.
Toygener 419.
Tracht der Steinieil 163.
Trajanssäule 102, 137.
Transportmittel 298,
Trapeiunt 308.
Traversthal 122, 295.
, Treenhöi 257.
Treibarbeit 381.
TremoUetstich 365, 373.
Trensen 217, 223, 229, 27'
330, 347.
Trevircr ^20.
Trias 5,
Trieb te^rraben 138.
Trinkschale 366.
j Triqnelrum 346, 389.
Triticum dicoccum 161.
— turgidum 161.
— vulgare 161.
— vulgare anliquorum 161
Ttoja 203.
Ttoisroda 1 36.
Trompeten 411.
TroQ du Krontal 32,
Troyon lOl, 209, 236.
Truhe 403.
Trüllikon 362, 363, 3(14,
TrQsche 115.
Tschudcn 319.
Tschudenachürfe 319.
Tschugg 23s.
Tschuktschen 85, 203.
Tubalkain jlS.
Tuchresle 370.
Tugener 419.
Tulinger 425, 430. 432, 43
Tunika 405, 423.
Tupfen -
Tupfe Dornament 1
Turicum 327.
Turritella 61.
Tylan
uA
425.
zed.yGOOg[e
Uhim!
1 99.
Ulmeaholi 413.
Uiulascbka 183.
Ungarn 134, 360.
UngariBche h'iinn 290,
Union 1S3,
UDter-Sigi^ntal 139.
UnterstellrinEe ai i, zz8, ajg,
Unletrai 142,
Ur 24.
Ucgeschichte y.
Urheimat der Indogcnnancn
289.
— des Menschengeschlechts
IS«.
Urne 147, 1B8, 247, 151,
57*. 37S. 39»-
Urochs [22, 158.
Ursachen der Eisieit 25.
Ursache des Pfahlwohnens
los, 112.
Urspningsort der Brnnze 307,
Urstier 41, 4z, 64, 125.
Ursns arclos 36, 64.
— spelaeus 24.
Usleri, Martin 395.
CtUbergZM, 219. zjz, 3rj.
33S. 340. 3S6, 403-
Vaccinium 407.
VhI d'Anniviers 193, 3Z6.
Val de Ruz 398.
Vatendas 241,
Vallamaiid loi, Z74, 275,
Valleyres 371.
Vals 242, z66.
Vasallen 4Z0,
Vasen 188, 29z,
Veitheim Z35, 313.
Venetz-Slein 247.
Venezuela 104.
Veraper 326, 4Z6, 434.
Verbigener 419. 421, 433.
Verbreitung der Pfablbaaten
Vercellae 429.
Verfassung 300,
Verkehr 283, 414.
Versam 241.
Vereteineniogen 47, 164,
Verwand tschaflssippe 301.
Verwand Ischarisgruppe 88.
Verrierunßen 1 3g.
Vttroz 377.
Vevey 410.
Veyrier 33.
Veytaui 247, 312.
Viberi 326, 435.
Viehiuchl 74, 158, 223, Z76,
Vielfrass 22, 25, 42, 64.
Vienna, Viennc 349.
Vierwald stäl IC rsee 99, 158.
Villeneuve 33.
Villme^en 389.
Vilters 327.
Vindelicier 426.
Vind(inissa340, 351,353,396.
Vinel: loo, 131, 164, 165,
-" 169 -
■ Waltalingen 139.
Waltensburg 242.
. Wanderungen 199, 296.
. Wanderungen der Kultur-
176,
forn
199.
174, 176, :83, 189,
*I4. *SS. 256, 289,
Vingelz 299.
Vionnet 192,
Virchow 156, 307, 393.
V'iridomar 427.
Viloduram 3 27, 357.
Vilruv 138.
Volcae Arecomici 400.
— Tcctosagefi 400.
Vöikerwanderungs - Periode
385-
Volksversammlung 4ZO.
VoUige 237.
Voltaire 4.
Vorbourjt 234.
Vordetasien 31S.
Vorderindien 107, 203, 318.
Vorkommen von Pfahlbauten
92, HZ.
Vorläufer des Geldes 299,
VorsetzschOsseln 188.
Vouga, A. 142.
— E. 341, 34z, 393.
Vugelles — 1^ Mothe 192.
I Waffen 79, 166, 224, 229,
264, 342, 382.
[Wagen 299, 302. 3r3. 372,
373. 413-
Wagenbeschläge 347.
Wagenburg 413. 432, 433.
Wi^nrad 347.
Waigeu 111.
Walachei 102.
Wfildi 362.
Waldfauna 64.
Walensee 99.
Walensladt 328.
Wallace. A. R. 110.
Wallbauten 140.
W^hausen 287.
WaUisellen 340.
Walliser-Omament 248, 375,
376, 377. 378. 379. jSo.
Wangen a/Ä, 165, 175
*<»9. Z53, 305, 313.
Wanne 1S8.
. Wartau 325.
: Wasserhähnen fuss 119, 127.
1 Wassemuss 122, 127.
Wau 127, 161.
Wauwil 99, 169, 170, 183,
! 39f..
. I Wavre 342.
, ! Webekimme" 1 78.
1 Weben lzz,~i76.
I Weber 371.
I Weberei 407.
I Weberknoten 129, 174.
■ Weberschifllein 177.
■ Webgewichte 217, 231, 330.
Webstuhl 172, 176, 177, 179,
Webstuhl der Penelope 178.
Wechselwolf 159.
Weddah's 183.
Wege 415.
Weiach 250, 312, 340,
Weib, Stellung dess. 75.
I Weide 172.
Weidendes Rentier 49.
Weihraucbfass 394.
Wein 412.
' Weissager 424.
Weisslingen 386, 395, 409.
Weissmetall 385.
Weisstanne 119, 122.
Weilen 124,' 125, 217,412.
Weland 317.
I Wenden 104.
■ Werkstätten 234, 250.
Werkstitten d. Steinzeit 143.
Werkzeug 166.
Wertmesser 299.
Westeregeln 25.
Weliikon 18, IZ3, 141, l^'r
302, 386, 387.
Weliilton Stäbe, 34.
Wetzsteine 170, 275,
Wiedereröffnen' der Gräber
'53-
Wiedikon 386, 392, 396.
Wiesel 64.
Wilde 103,
Wildgans 159.
Wildkatze 41, izz, 125,149,
IS9-
Wildpferd 160.
Wildschwein 64, 95, 119,
Wildtaube 125.
WiUunson 178.
zed.yGOOgle
WiDdhuDd ts<>.
Würfel 394.
Ztcrscheiben 217,
^23.
Windisch 313,353,354,355,
Wurmbrand 54.
264.
356. 4J=-
Ziesel 25.
Windschinn 73, 137.
, Wylerfeld 390.
ZiRenncr 307.
Winkel 409.
Zimroerleute 414.
Winleriager 434.
Zinn 205, 290,
304.
WinterthDr 251, 395.
y. !
263, 308, 414
Wirken 174.
ZinubaneD 235.
Wirtel ijo, 210, 211, lu.
Yams 111. '
ZiDoeinlagen 278,
407.
=34, 3^8.
YBRdrasil T73.
Zinnperlen 363.
Wirtel aus Th.,r 95.
Yverdon J27. 1
Zitterpappel 122.
WiscDdai^ea 15S.
1.
Wi«;nt 14, 41, .25, ts8.
i
Zollikon 366.
Wiimar 104.
Z.
Zuber 188.
Wnhngruben 138.
Zuckerrohr ni.
Wolf4i,64,95->'5.iS5,i59-
Zange 3 [7.
Zur 99.
Wölfliswil 323.
Zambcsisebiel 105,
1 Zugersee 99.
Wolfsiähne 165.
Zaubethölier 82,
Zugtier 299.
Wolfsiahn-f >mamenl 1 95,
Zebu 159.
Zürich ir, 167,
188.
231, 272, 371.
Zeichrungen 32, 48 61 80,
190, 196, 207,
WoUe 126, 172, 413.
82.
255, 259, 260.
266,
ZeilrechnuDR 424.
272, 273, 275-
294i
Wollbhofen 99, If.;, .89,
Zell SS-
■ 327. 330, 36',
371.
190, 207, ZI2. 23'. Z5S-
Zelt 137.
1 38&. 392. 39*>i
409.
259, 260, 262, 263, 266,
Zermatt 378.
1 ZüHchseo 92, 99,
268, 272, 273. 274, 275,
, Zettelsirecker 177.
1 Zuriach 332, 397
279, «9'. *93. 294. 299,
Zeus 4*3.
' Zwf rgackerbohne
276.
302, 313, 355, 361, 371.
Ziege 119, 122, 12s, [39,
Zwe^birke 25.
Worsaae 307-
160, 211, 232, 276.
Zwerge 193.
Wülflingen 235, 312.
, Ziehmesscr 60,
1 Zwe^-Pfeifhasen
64.
Wülste 189.
Zierrädchen 228.
1 Zwiebeln 412.
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