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Full text of "Urgeschichte der Schweiz"

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LIBRARY I 

DMtVRSITY Of l 
^ CAUFORHIA/ 

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REESE LIBRARY. 
UNIVERSITY OF CALIFOpNIA. 




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Bronze-Urne mit figuralem Bildwerk, gefunden in einem 
Grabhügel bei Gr^chwil. 



zed.yGOOg[e 



URGESCHICHTE 



SCHWEIZ 



JAKOB HEIERLI, 



MIT 4 VOLLBILDERN UND 423 TEXT-ILLUSTRATIONEN. 



I.■^ iVFr.5,- . I 



ZÜRICH, 
VERLAG VON ALBERT MÜLLER 



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<5--SE 






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Vorwort 

Der Menschengeist strebt unablässig, die dunkeln Fragen des 
Seins und Werdens zu ergründen. Mit immer neuen Mitteln, neuen 
Methoden, neuen Wissenschaften sucht er in die Vergangenheit ein- 
zudringen. Das neunzehnte Jahrhundert hat uns auch in dieser Be- 
ziehung „eine neue Welt erschlossen"; es hat uns Blicke thun lassen 
in eine Zeit, die Jahrtausende hinter uns liegt, viel, viel weiter von uns 
entfernt, als die Perioden, von denen die ältesten Urkunden berichten. 
Wie das verschleierte Bild von Sais, so stand früher die Urzeit vor 
dem Beschauer. Nicht plötzlich hob sich der Schleier, nicht auf 
einmal enthüUte sich jenes Bild, sondern Schritt Rir Schritt drang 
die Forschung in die Vergangenheit und beleuchtete dieselbe. Heller 
und heller wurde es und heute schon blicken wir mit Stolz auf die 
Erfolge dieser Arbeit des menschlichen Geistes. 

Auch die Schweiz hat mitgewirkt an der Aufhellung der ur- 
geschichtlichen Zeiten und wir brauchen nur an die Verdienste 
Ferd. Keller's und seiner Zeitgenossen zu erinnern, um den Beweis 
geleistet zu haben, dass unser kleines Land an diesem ideellen 
Wettkampf der zivilisierten Nationen lebhaft teilgenommen hat Es 
ist eine Ehrenpflicht für uns Nachgeborene, nicht Geringeres zu 
leisten, ab unsere Vorfahren, 

Die Ui^eschichte der Schweiz, die ich in den folgenden Blättern 
entrollen möchte, sollte nach zwei Seiten fruchtbrii^end wirken. 
Sie will einerseits die Resultate der bisherigen Ausgrabungen und 
Forschungen in grossen Zügen zusammenlassen, anderseits aber zu 
neuen Unternehmungen anregen. Sie versucht, dem Gelehrten und 
dem Laien etwas zu bieten; dem erstem möchte sie manche neue 
Thatsache, manch neuen Gedanken vorlegen, bei dem letztem aber 
durch Bilder aus der Vergangenheit das Interesse für die Forschung 
wecken und beleben. Seit 20 Jahren habe ich das litterarische Material 
zusammengetragen, das die Grundlage zu dieser Urgeschichte bildet, 
und es ist wohl nii^ends in ähnlicher Vollständigkeit zu finden. 
Dazu kommen noch meine zahlreichen Ausgrabungen. Fast alle 
in diesem Werke erwähnten Fundorte sind von mir besucht worden. 



ISTGöO 



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wenn möglich mit den Findern der bezeichneten Objekte; die Be- 
richte und Publikationen wurden kritisch gesichtet und so glaube 
ich denn fiir die Richtigkeit des Mitgeteilten bürgen zu können. 

Freilich war es, schon des Raumes wegen, unmöglich, den 
Fundberichten gleich die Quellenangaben beizufügen. Dem Forscher 
stehen meine urgeschichüichen Materialien ja zur Benutzung offen 
und in der archäologischen Karte der Schweiz wird das ganze 
Quellenmaterial angegeben sein (vgl, z, B. Archäol. Karte des Kts. Aar- 
gau), Zur Bequemlichkeit des Lesers wurden einige Illustrationen 
wiederholt, dafiir zahlreiche andere in je eine Nummer zusammen- 
gefasst. Um das Auffinden der Ortsnamen auf einer Karte zu 
erleichtern, ist überall der Fundortsangabe die politische Gemeinde, 
in welcher der betreffende Ort liegt, beigefugt worden. 

Es gereicht mir zum wahren Vergnügen, hier Öffentlich für die 
vielfache Unterstützung danken zu können, die mir bei meinen 
Arbeiten zu teil wurde. So hat mir z. B. der Vorstand der Anti- 
quarischen Gesellschaft Zürich ertaubt, eine Reihe von Illustrationen 
aus den Publikationen dieser um die Erforschung der Urgeschichte 
meiner Heimat hochverdienten Vereinigung zu benutzen, Direktionen 
von Museen übermittelten mir Photographien und Originalzeich- 
nungen und endlich bin ich vielen Lehrern, Forschem und Gelehrten 
für wertvolle Winke und Mitteilungen verbunden, so den Herren 
Dr. E. v, Fellenberg, Prof. Dr. C. Keller, Prof. Dr. Weber u, a. 
Auch der Verleger hat nichts gespart, um das Buch gut aus- 
zustatten und dasselbe, besonders durch Hinzufugung zahkeicher 
Illustrationen, zu einem eigentlichen Volksbuche zu machen. 

Zürich, um Weihnachten 1900. 

J. Heierli. 



zed.yGOOg[e 



Inhalts- Verzeichnis. 



Die Elu«it od«r daa DUavinm 

A. Die Gletscher der Eisieit 

I. Zeugen derselben 

z. Aasbrntung der ^ten Gletscher 

B. Das Klima der Eisieit 

I. Die drei Gladalperioden 

3. Flora und Fauna des Diluviums 

C. Ursachen der Eiszeit und Alter derselben 

1. UiSBchen der Eiszeil 

2. Du Alter der Eiszeit . z6 

D. Die ältesten Spuren des Menschen in der Schweiz .... iS 

1. Geschichte des Diluvialmenschen 38 

2. Sporen des diluvialen Menschen in der Schweiz 33 

3. Der interglaciare Mensch 34 

E. Die Hchlenfunde von Thaingeo 37 

1. Der Fundort 37 

2. Die Tierwelt de» Kesslerloch's 40 

3. Die Produkte von Menschenhand 4z 

a) Die Fenerstrin-Objekte 43 

b) Gegenstande aus Knochen und Hom 4j 

c) Schmuck 47 

4. Zw:hnuiigen and Skulpturen 48 

F. Da» Schweizersbild bei Schaffhausen 55 

I, Fundgeschichte SS 

z. Die Fnndschichten 56 

3. Artefakte aus Silex, Knochen, Gagat n. s. <* 58 

4. Ornamente und Zeichnungen 61 

5. Die Fauna 64 

6. Alter der paläolithischen oder gelben Kulturschichl 65 



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Inhallg-VcTzeichn U. 



G. Die Kultur der patiolithis 

1 . Allgemeine Betrachtungen . 

2. Knlturstufen 

3. KleiduDg und Schmuck 

4. WsffeD und Gerate . . . 

5. Die Anfüge der Kunst 

6. GesetlschaiUiche Zust&nde . 



Die neolithlBohe oder Jüngere BteinMit 92 

A. Entdeckung der Pfahlbauten und ihre Verbreitung ... 92 

1. Der Pfahlbau Obenneilen 92 

2. Die Pfahlbanten der Schweiz 97 

3. Die Verbreitung der Pfahlbauten in Europa [Ol 

4. AuEsereuropBische Pfahlbauten 104 

B. Schweizerische Steinieit-Prahlbfluten 114 

I. Chavannes (Schafis) bei Neuvevüle [14 

I. Moosseedorf bei MOnchenbuchsee 119 

r 3. Robenhausen bei Wetiik on 123 

4. Der Pfahlbau Vinelz im Bielersee 131 

C. Neolithische Landansiedelungen 136 

t. Höhlen und primitive Bauten 136 

z. Wohngruben und Feuerstellen 13S 

3. Wallbauten 140 

D. Werkstätten und Einielfunde 143 

1. Werkstätten der Steinzeit 143 

2. Einzelfunde 144 

E. Gräber der jüngeren Steinzeit 145 

1. HShlengräber ' 147 

2. Hockergräber 151 

3. Grabhügel 157 

F. Kultur in neolithischer Zeit 158 

1. Kulturstufe 158 

I. Kleidung und Schmuck der Neolilhiker 162 

3. Werkzeug und Waffen 166 

4. Die Textil-Industrie 172 

5. Die Keramik der Steinzeit 182 

6. Geistige Kultur in neolithischer Zeit 191 

Drittes Kapitel. 

Die BroQseperiode 201 

A. Pfahlbauten der Bronzezeit 2o8 

1. Die Stationen von Morges 209 

2. Wollishofen bei ZQrich 212 



zed.yGOOgle 



Inhalts -Verzeichn IE. V|[ 

Stile 

3. Der BromepTahlbau Mflrigen 22z 

4. Die Sution CofcelWtes 226 

5. Die Funde von Epsacb, Kanton Bern 230 

B. Die Landaniiedelungea 230 

1, Eberaberg bei Berg am Irchel 230 

2. Das Reliigiuin auf dem Oüihei^ bei Zürich 232 



C. Dipöt- uud Bergfunde 235 

I, Dtpetfonde 235 

3. Die Berg- oder Fassfnnde 237 

D. Bionzezeitlicbe Gribetfunde der Schweiz 24J 

I. Küteng^ber 243 

a. Skeletgraber in freier Erde 246 

3. Grabbflgel 250 

4. BnudgrlLber in fladier Erde 251 

5. Die kfliperlichen Reste branzezeiüicber Bewohner der Schweiz . , 234 

E. Die Kultur der Bronzeperiode 256 

1. Klädung und Schmuck 256 

2, Die WafTen 264 

]. Das Handwerksgelät 270 

4. Beschäftigung 276 

j. Handel und Verkehr in der Stein- und Bronzezeit zSj 

6. Geistige Kultur in der Bronzeperiode 300 

F. Die Bronze, Ursprung, Verbreitung und Alter derselben . 303 

1. Bronze- Analysen 3'34 . 

2. Ursprungsort der Bronse 307 ' 

3. Das Alter der Bronzeperiode 309 

4. Chronolt^e der bronzeidüichen Funde der Schweiz 31 ( 

Viertes Kapitel. 

Di« Biflenaelt 316 

A. Das erste Auftreten des Eisens in der Schweiz 321- 

B. Eisenzeitliche Ansiedelungen 325 

1. Villen (St. GflUen) 317 

2. Zürich 330 

3. Die Funde im Aarekanal bei Port und Brügg 336 

4. La T^ne 34' 

5. Spuren vorrömischer Ansiedelungen im nachmals römischen Vindonissa, 

in Aventicum, Octodurus u. s. w 352 

C. Die Gräber der Eisenzeil 35') 

I. Grabhügel 361 

a) Dörflingen 3f>3 

b) Die Funde vom Eggbühl bei Russikon 3(>5 

c) Der Fünfbühl bei ZoUikon 366 

d) Lunkhofen 3''H 

e) Grächwil bei Meikirch 372 



zed.yGOOgle 



Inhalts ■VerieichBi». 



■ In» - . ■ ■ 37* 

g) Die GiabhOgel von Bofflens 374 

a. Die Flachgrtber der südlichen Schweiz 374 

a) Die eiieozeiüicben Gräber des Wallis 375 

b) EiscDzeitliche Gräber im Tessin und Misoi 380 

3, Die I^ T4ne-Gtftber der schweizerischen Hochebene 385 

D, Funde vorrömischer Münien und Inschriften 393 

I. Münzen aus der Eisenzeit 394 

a. Vorramische Inschriften 401 

E, Die Kultur der Eisenzeit 402 

I. Die Wohnungen 402 

a. Kleidung und Schmuck 405 

3. BeschafHgung 410 

a) Jagd und Krieg 410 

b) Viehzucht und Ackerbau 41z 

c) Handwerk und Technik 413 

d) Handel und Verkehr 414 

4. Geistige Kultur 41(1 

a) Eigenschaften der Helvetier ,41g 

b) Gesellschaftliche and staaUiche Einrichtungen 419 

/ I) Druiden 419 

2) Der Adel 420 

3) Das Volk 420 

4I Die Sklaven 421 

* c) Die Religion der Helvetier 41 1 

F, Die frühesten historischen Nachrichten über die Schweiz . 423 
liuss 436 



zed.yGOOg[e 



Verzeichnis der Vollbilder. 

BiOEze-Ume mit figuralem Bildwerk, geümden in einem Grabhügel 

bei Gßchwil (Bera) (Titelbüd) 

Kleidmig der ersten Eisenzeit. (Nach F. Keller) (zu Seite 363) 

BUdwetk auf der BroDze-Utne von Grächwil (Bern) ( „ „ 372) 

Eiseozeitlicher Grabfand von Steinbausen (Zug) ( „ „ 3S9) 



Verzeichnis der Abbildungen. 

Stiw 

ya I. Hehle Kesslerloch bei Tbaingen. (Nach Phologntphie) 3S 

, 2. KenutAck (Nucleos) »ns Feuerstein von Tbaingen 43 

. 3. FeaerBteinmener aiu Tbaingen 43 

, 4. Fenersteiiunesser „ „ 43 

, 5. Rnndschaber ans Feuerstein von Tbaingen 44 

, 6. Feuersteinschaber aus Tbaingen 44 

, 7. Schaftglltter aus Fenerslein von Tbaingen 44 

, S. Silei^itze aus „ 44 

, 9, Feuersteinbobrer aus „ 44 

, 10. Gravier-Instnunent aus Feuerstein von Tbaingen 44 

, II. Knochennadel „ „ 4J 

, 12. Speerspitze aus Hom „ „ 45 

, 13. Knochen-Speerspitze mit Kerben „ „ 45 

, 14. Knochen-Speerspitze mit ( Eigentum s-?)Marken aus Thaingen ... 45 
, 15, 16. Ein- und zweiseitig mit Zahnen versehene Harpunen aus Thaingen, 

wovon eine mit Verzierungen 46 

, 17. Verziertes Homstück aus Tbaingen 46 

, iS. Rentierboiu mit erbabenem Raatenornament aus Thaingen ... 46 

, 19. Zahn als Schmuckgeh£oge von Tbaingen 47 

, 10. Schmnckgebünge ans Knochen von ThaingeB 47 

, ZI, 22. Jura-VersteincTungeii, als Schmuck gelr^en, aus Thaingen . 47 

, 13. Hli^eschmuck aus Kohle von Tbaingen 47 

, 24, 25, 26. Hängeschmack aus Kohle von Thaiugen 47 

, 27, Das „weidende Rentier", auf einen sogen. Kommandostab gezeichnet, 

gefunden im Kesslerloch bei Tbaingen 50 

, z8. Zeichnong auf einem Kommandostab im Kesslerloch bei Tbaingen . Jl 
, 19 a, b. Vorder- und Hinlerseite eines Stierkopfes, geschnitzt von einem 

Tri^lodytea in Tbaingen 52 

, 30. Steinplättchen mit eingeritzten Zeichnungen, vom Schweizersbild. 

(Nach Photographie) 63 

, 31. Netritbeil mit Hirschhorn fassung ans dem Pfahlbau Obermeilen . . 94 



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Verzeichnis der Abbildangen. 



Seile 
31. Steinmeissel mit Fassung aus dem PraUbau Obenncilen .... 94 
33i 34< 35i 3^> 37- Ahlen und Pfriemen aus Knochen und Hörn aus 

dem prahltiau Obenneüen 94 

38. Nerrit-GehOnge aus dem Pfahlbau Obermeilen 95 

39. Bemsleinperle „ „ „ „ 95 



41. Ein schweizerischer Pfahlbau. (Idealbild) 96 

41. Ffahlbaukarte des Bodensees 9S 

43. Die PfohlbauteD des Genfetsees 100 

44. Kaire, ein neuzeitlicher Pbhlbau in Neu-Ouinea iii 

45. FeuerEteinlanze aus dem Pfahlbau Chavannes (Schaüs) .... 115 
46,47,48, 49. Feuerstein-Pf«lq)itzen aus dem Pfahlbau Chavannes (Schafts) 11; 
50, 5t. Steinbeile in HoUfassungen (rekonstruiert) aus Scbafis ... 117 
jz. Steinbeil in Homfassung mit Holischafl aus dem Pfahlbau Schafis 117 
S3> S4' Steiabeilc in Homfassung und Holzschaft aus SchaSs . . . 117 

55. FeueisteinsBge, mit Anhalt in die HbUfassung eingekittet, aus dem 

Pfahlbau SchafU 118 

56. Holuchale aus dem Pfahlbau Chavannes llS 

57. HinchhoTubecher aus dem Pfahlbau Schafis 116 

58. Thonbechet „ „ „ „ 1 iS 

59. Hiiscbhonigehtnge aus Moosseedorf 121 

60. Eibenholzkamm aus dem Pfahlbau Moosseedorf izi 

61. Schfissel mit einem Dreieck-Ornament aus Birkeniinde. Fundort: 

Pfahlbau MoOEseedorf 111 

63. (Nach Hebk) [. Kleiner Pfahlbauweizen (Trit.Tulg. antiq.). 2. u. 3. 
Sechszeitige Geiste (Hordeom hei. densum et sanclaml, 4. Ägyp- 
tischer Weizen (Trit. turgidumj. 5. Emmer (Trit. dicoccum). 

6. Hine (Panicum miliaceum), 7. Feuuich (Setaiia ilalica) 136 

63. Flachsrasem aus Robenhausen liS 

64. Flachsfaden „ „ 118 

65. FlachsschaOre und Stricke aus dem Pfahlbau Robenhauaen . 128 

66. Weberknoten aus Robenhausen 119 

67. Flachsnetz „ „ 129 



69. Taftgewebe „ „ 119 

70. Köporgewebe „ „ 129 

71. Fransen aus dem Pfahlbau RobenhanteD 129 

72. GusslAfTel „ ,. ,. ,. 130 

73> 74. Silei-Pfeilspitien aus dem Pfehlbau Virelz 131 

75. Sileidolch mit Fassung aus VineU 132 

76. Knpferdolch „ 13* 

77. Steinbeil mit Homfassung und Holiscliaft aus Vinelz 132 

78. Kupfermeissel aus Vinelz 132 

79. Veriiertes Thongefäss aus Vinelz 133 

80. Nadel mit Öse und Knopf, gefunden in Vinelz 133 

Bi— -84. Knochen» und Homnadeln aus dem Pfahlbau Vinelz ... 133 

85. HirschhomknOpfe aus Vinelz 133 

86. Kupfeigehänge „ , '34 

87. Kupferperle „ „ '34 

88. Die „Heidenburg" im Aathal 140 



zed.yGOOgle 



Veneichnis der Abbildungen. 



rigor 8g. Grab mit PygmEcD in der Hahle DacbseDbQhl bei HerbllngcD. . 

„ 90. Serpul^Krlen und Zabngehaoge aus dem Dachsenbühl .... 

91. Steioperle aus dem DachseobBbI 

93. Hocke^Tsb in GUs {WaUis) 

9J. SteiokuOpfe >m einem Hockergrab in Glis (Aosicbt von der Seite 

uDd von unten) 155 

94. Thon-Idol aus dem Pfahlbau Laibach. (Krainl 163 

9J. Knocbennidel ans dem Pfablbau Schafis 163 

96. Knochennadel ans dem Pfahlbau Obenneilen 163 

97. „Scbaofeliiadel" aus dem Pfahlbau Vioeli 163 

gS. Knochennadeln aus Meilen und Vinelz 163 

99. Knocheonadel aus dem Pfahlbau Vinelz 16] 

100. Betosteinperle aus Meilen 164 

loi. Bitenzahn als Schmuck. Faodort: St. Aubin 164 

101. Schmuckgehisge aus Wangen 164 

103. Doppelt durchbohrter Eberiahn ans Moosseedotf 164 

104. KnocbengebSnge aus GeiolfiDgCD 165 

105. Gehänge aus dem Pfahlbau Font 165 

106. KnpfergehSnge ans Vinelz 165 

107. Kupferperle aus Vineli 165 

loS. Kupfelperlen ans dem Pfahlbau Gerolfingen 165 

109. Doppelbeil ans dem Pfahlbau Bauschanze (Zfiiich) 167 

110. Kupferbeilchen ans dem Pfahlbau WoUishofen-Zürich 167 

111. Knpferbeil aus Sion 167 

1 12. Knpferniasse v,d. Fonn eines IDoppelbeilesaus dem FfahlbanLQscherz 167 
113 u. 114. Steinbeile mit einfachem Molischafl j68 

115. Steinbeil in Hirschhotnfassung. Fundort: St. Aubin 168 

116. Neiiitbeil in Hirschhorn fassni^. Fundort; Meilen 16S 

117. Strinbeil mit Hirschhomfassung und Holzschail 168 

iiS. Steinhsmmer aus dem Pfahlbau Concise 168 

119. Steinbohiappant der Neolithiker. (Rekonstruktion) löo 

izo. Stein mit angefallener Bohrung ans Chevroox 169 

izt. KQi>che]iineissel ans dem Pfahlbau Wauwil (Luzem) .... 169 

:ii. Steinmeissel mit Hirschhomfassung aus dem Pfahlbau Obermeilea 169 

113. Kupfenneissel ans dem P&blbau Vineli ibg 

114. Ii5( iz6. Knochenplriemen aus dem Pfablbau Obermeilen . . 170 

117. Eibenholzmesser ans Wanwjl 170 

12S, 129, 130, 131. Feuerstein-Pfeilspitzen ans dem F&hlbau Schafis . 171 

13z, 133. Pfeilspitzen aus dem Pfahlbau Vinelz 171 

134. Flachsbreche aus Robenhausen 17z 

135, Flachsfasern „ „ 174 

'361 '37- Flachsfaden aus dem Pfahlbau Robenhansen 174 

138. Schnüre und Stricke aus Robenhausen 174 

139. Stricknadel aus dem Pfahlbau Mörigen (Bielersee) 175 

140. Weberknoten aus Robenhausen 175 

141. Netz ans dem Pfahlbau Robenhausen 171; 

14z. Fransen aus Robenhausen 17^ 

■43, 144. Baslgeftechte aas dem Pfahlbau Wangen Im Bodensee. . . 175 

145. Taftgewebe aus Robenhausen 17'' 

146. KOpergewebe aus „ 17') 



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XII Veneichnis der Abbildungen. 

Sei» 

Figur 14;. Aufrechter Webstuhl. (Rekonstruktion) tJJ 

„ 14S. Webstuhl von den FarOer 180 

„ 149, auadb. Schemate rar VeranschaalichuDg des Webens beim Web- 
stuhl von den FaiOer 180 

„ 150. Webstuhl ans BraüUen 181 

„ 15t. Holzschale aus dem Pfahlbau Schafis 184 

,1 152. Verzierter Hirschhombecher aus Schafis 184 

„ 153. Thonbecher aus Scha<is 188 

„ 154. ThoDgeftss BUS dem Pfahlbau Guivani im Murtnersee .... 188 

„ 155. Tbonger^ss aus Moosseedorf 189 

„ 1 56. ThoDschale aus dem Pfahlbau BauEchanze in Zürich 1 89 

„ 157. Thongeflss ans dem Pfahlbau Vinelz 189 

„ 158. Tbongefftss aus dem Pfahlbau WoUisholen-Zürich 1S9 

„ 159. TboDScherbe mit verzierten Buckelchen vom kleinen Hafner (ZOrich) 190 

„ läo. Thooscherbe mit Buckel und Leisten von Wollishofen (Zürich) . 190 

„ 161. Thonscherbe mit Ösen und Buckel aus „ „ . 190 

„ 162. ThODScheibe mit doppelt durcblocbten Buckeln ans Wollishofen . 190 

,. 163. Thonscherbe mit Leiste aus Wollishofen (Zürich) 19O 

„ 164, 165. Bionzebeile aus der Station des Roseanx bei Morges . . . 210 

„ 166. Brontering aus der Grande cit£ de Morges 211 

„ 16;. Bronzeschwert aus Wollishofen (ZOrich) 213 

„ 16S. Verziertes Bronzeschwert aus Wollishofen (Ztlrich) 213 

„ 169, 170, 171. Bronzedolche „ „ , 214 

„ 171. BroDze-LaDzeospitze „ „ 115 

» 173> I74i >75> 17a- Bronze-Pfeilspilzen aus Wollishofen (Zürich) . . 215 

,, 177. Bronzebeil „ „ „ ... 215 

„ 178, 179, iSo, iSi. Bronzemesser „ „ ., . . , 215 

„ 1S2. Massiver Bronzemeissel „ „ ., . . . 116 

„ 183. Bionzemaissel mit FlachgrifT „ „ „ . . . 116 

„ 184, 185. Dflllenmeissel „ „ 216 

„ 186. Hoblmeissel mit DaUe „ „ 217 

„ 187. „Durchschlag" „ „ 117 

„ iSS. Bronzehammer „ „ 217 

„ 1 89. Amboss „ „ „...217 

„ 19a. Thonscbale mit Mäander- Verzierung „ „ „ . . . llS 

„ 191. Pokal (P) aus dem Pfahlbau „ „ . . . 21S 

„ I9>. Thom^chen aus dem Pfahll>au ,, ziS 

„ 193 — 196. Bronzenadeln „ „ 2>o 

„ 197. Bronzelibel „ „ „ . . . 220 

„ 19S. Bronzeübei ans Auvemier 2ZO 

„ [99, 200. Glasperlen aus Wollishofen (Zürich) 220 

„ 20 1 . Bemsteinperle „ „ „ 220 

„ 202. Gehänge (Amulet) aus „ „ 121 

„ 203. Btonzeknopf „ „ „ 111 

„ 204. Zinnrfidchen „ „ „ 221 

,, 205, Bronzespange „ „ „ ijl 

„ Z06. Fibula a giandi coste aus dem Pfahlbau Marigen 12z 

„ 107, a, b, c, d. Gussform aus M6r^n: a von aussen gesehen, b — d die 

einzelnen Teile 224 

„ 208, a, b, c. Gussform eines Querbciles aus MOrigen 225 



zed.yGOOgle 



Verzeichais der AbbilduDgen. XIII 

ZD9, a — c. Gussfoim eines Brouzebaninieni aus MOrigen 125 

310. GussTonn eines Hammers aus Möiigen iij 

III, a und b. GutsfonneD von Sicheln aus dem Pfahlbau Morigen . zi 5 

212. Gussfonn einer LaDMDspitxe aus MOtigen iif, 

313. Gussfbrm oner Schwertklinge aus MOrigen tib 

214. BTonz^ehange aus Corcelettes jiS 

115. Knocbengehinge (Amnlet) aus Corcelettes 32S 

2ili. Bronzering aus WoUishofcD 22S 

217. Thouleller „ „ 128 

Ji8. i^ondhom" vom Ebersberg (ergbut) 231 

219. Griecbisclier Scherben, gefunden auf dem Otliberg 234 

Z20. Schwert von ungarischem Typus aus Martigny 237 

121. Btonzeschwert von Liddes 238 

222. Broniedotch von Granges (Wallis) 238 

Z23 a, b, c, d. Bronzebeil von Paqjan 240 

224. Bronzeschwett aus Ilanz 242 

225. Brnniedolch aus Vals 242 

226. Bronzekelt mit ejngel^en Goldsdflen v. Rcnzenbühl b. Strfittligen 244 
227 a, b. Massengrab von Anvemier 245 

228. Verzierte Bronzespangen aus den GrEbem von Conthey .... 248 

229. Scbeibennadel ans dnem Bronzezeitgiab bei Conthey 248 

230. Gehänge aus nnem Grab „ „ 249 

231. 131, 233, Schnecken und Muscheln aus BronzezeiCgrSbem bei Con> 

they (Wallis) 249 

234. Scbeibennadel aus einem Grab in SaviÄse 250 

235. Gehänge aus einem bronzezeitiichen Grab in Savtöse 250 

236. Grabfunde aus Heiligkreuz bei Mels (SL Gallen) 252 

237. Bronzespange aus Glattfelden 2^3 

23S. Mohnkopfnadel aus Glattfelden 253 

239. Bronzespange aus Thalfaeim (Zürich) IJ3 

240. Doppelspirathaken aus Thalheim (Zürich) 253 

241. Eichensaig mit Miche ans dem Treenhsi, Amt Ribe (Dänemark) 257 

242. Ftauenkleid aus dem bronzezeitiichen GtabhOgel Bonim^EshOi 

Uülland) 258 

143, 244. NaJeln aus Keiligkreuz bei Mels 259 

245. Mohnkopfnadel aus einem Grab in Glattfelden 259 

246. Mohnkoplhadel aus dem Letten in Zürich 259 

247. a und b. „£pingle ctphalaire" aus Wollishofen 259 

248. Radnadel aus Anvemier 259 

249. Gehfinge aus dem Pfahlbau Corcelettes 260 

250. Bronzegehänge aus dem Pfahlbau Concise 2&0 

251. Bronzeschmuck aus dem Pfahlbau Nidau 260 

252. ZierrEdchen aus dem Pfahlbau Anvemier 260 

253. Fibel aus Auvemier 261 

254. Fibel „ „ ^ 261 

355. Halbkreisförmige Fibel aus Wollishofen 261 

356. Fibe! aus Mdrigen 261 

>57, Gfirtelblech aus einem Grabe von Lens (Wallis) 261 

3j8. Gürtelhaken ans Morigen z62 

259. Spiral-Doppelhaken aus einem Grabe von Thalheim (Zürich) . . 262 



zed.yG00gle 



XIV Veneicbnis der Abbildiuigen. 

Seiu 

Figur z6o. Bleiklumpen aus dem Pfahlbau WollUhofen 263 

361. VeTiierle BrODzespaoge aus dem Pfahlbau Nidau 163 

363. Bronzedolch ans dem Pfahlbau WoUishofcn z66 

263. Dolch ans Giaag«i (WallJs) i66 

164. Bronzedolch aus dem Pfahlbau WoUishofeu (Zürich) z66 

265. Dolch aus Heiligkreuz (Mels) ibb 

z66. Btonzedolch von Sioo a66 

167. Broniedolch mit Griffiunge aus Mflllheim {ThutgO 266 

a68. Bronzedolch mit Vollgriff. Fundort; Vals 266 

269. Seh Wertform igcr Bronzedolch am Zürich 267 

170. Cypri5cher Dolch aus der ThJelle 267 

271. Bronie'Kurischwert ans Port (Kt. Bern) 267 

272. Bronze-Kurzschwert aus Lidd«s (Wallis) 267 

273. Bronzeschwcrt aus Btilgg (Bern) 26S 

274. Schwert mit Griffzunge aus Niederurnen (Glarus) 268 

275. Schwert mit Griffdom ans Ilanz 268 

276. Bronzeschwcrt aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) . . . . 26S 

277. Bronzeschwert „ „ <, „ 1, .... 269 

278. Griff des Schwertes von Martigny 269 

279. BroQzeschwert ans dem Lac de Luyssel bei Bex 269 

280. Griechisches Schwert aus Adliswil (ZOricb) Z69 

281. Brqnzeschwert aus dem Pfahlbau Forel {Neuenbuiser See) . , . 270 

282. Leistenkelt aus dem Pfahlbau Meilen 270 

2S3. Lötfelkelt aus Sion 270 

284. Leistenkelt ans der Station des Roseaux bei Morges 270 

285. Lappenkelt aus Bünzen (Aargau) 271 

286. Düllenkelt ans dem Pfahlbau Cotcelettes bei Grandson .... 271 

287. Broniemesser aus Wollishofen (Zürich) 272 

z88, 289. BroDzemesser aus dem Grab von Heiligkreuz bei Mels . . 272 

290. MessermiiFlacbgriffu.EinUgenBusdem Pfahlbau WoIlishofen(ZQrich) 273 

19t. Bronzemesser aus Mets 273 

292. Düllenmesser aus dem Pfahlbau Onnens (Waadt) 273 

293. Messer aus einem Grab in Stirzenihal bei Egg (Zürich) .... 274 

294. Messer aus dem Pfahlbau Banschanze (Zürich) 274 

295. Messer aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 274 

296. Messer mit Eisenklioge nnd Bronzedorn aus dem Pfahlbau Colombier 274 

297. „Rasiermesser" au» dem Pfahlbau (Jorceletles bei Gmndson . . 274 

298. Doppelmesser aus dem Pfahlbau Gu^vaux [Vallamand?) .... 274 

299. Verzierter Hohlmeissel aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) . 275 

300. Durchschlag aus dem IMahlbau Wollishofen 275 

301. Broaieangel aus dem Pfahlbau Vallamand 275 

302. a und b. Sichelgriff aus dem Pfahlbau Corcelettes bei Grandson . 277 

303. „Pokal" aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 179 

304. Tüpfcheo aus dtm Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 279 

305. 306. Geßsse aus dem P/abIbau Municlier (Murtnersee) .... 279 

307. Bronzeschale mit getriebenen Buckeln aus dem Pfahlbau Corcelettes 
bei Grandson 280 

308. Kupfetait ungarischer Form ans Lieli (Aargau) 290 

309. BroDzeaxt von Parpan 291 

310. Fibelfragment aus dem Pfahlbau Cortaillod 192 



zed.yGOOgle 



Verzeichnis da* AbbilduDgcD, XV 

Figur 311, a und b. Nordisches Hängegeräsi aus dem Pfahlbau Cortaillod 

(NeuenbuTger See) 19a 

„ 313. Wageabeschläge aua dem PfaUbaa Chevroax im Neuenburger See 293 

II 3 1 3- iiMoudhom" vom Ebersberg (Zflricb) 30 1 

„ 314. TboDiSdchen aus dem Pfahlbau Wollishofen (Zürich) 303 

„ 315. EiseoschmelzofeD im Beiuer Jura (Idealbild) 323 

„ 316, Frth-La T*ne-Fibel von Leukerbad 329 

„ 317. Mittel-Ls Tine-Fibel von Msrigeo 3^9 

„ 31S, a und b. Eisenbeil mit SchoAlai^jen aus Zürich 33: 

„ 319, a und b. DüUeubetl aus Eisen von Zürich 331 

„ 310. Augefangenes Schveit aus Zürich 331 

„ 321. Bronzedolch ans Zflricb 333 

„ 33a. Bronzering aus Port (Bern) 336 

„ 3Z3. Kurzscbwert ans Schwademau (Bern) 337 

„ 324, 335, 326. Eisenlanzen aus La Tiae 342 

•t 3'7i 3^S, 329. Eisenlanzen mit Ein- und Ausschnitten aua La Tiae . 343 

„ 330. Früh T*ne-Schwert 345 

„ 331. Mittel Tine-Schwert 345 

„ 33z. Spät Tine-Schwert • . ■ . 345 

•• 333' 334' Schwertscheidenstticke aus La Tiae 346 

» 335' Ornamentierte Schweitscheide aus La T^ne 346 

„ 336. Fabrikmarken auf Schwertern von La T^ne 346 

„ 337. Potinmflnze der Sequaner 349 

" 338. 339' Münzen aus der Station La T^ne 350 

„ 340. Certosafibel aus Bronze von Freggio bei Osco 350 

„ 341. SilbermüQze aus Windisch 356 

„ 34z. Goldmünze aus Windisch 356 

„ 343. Elektronmflnze aus Brugg (Aargau) 3^6 

„ 344. Münzstempel aus Avenches 357 

•• 345- Vorrömische Mflnze aus Liddes (Wallis) 358 

„ 346. Paukenfibel von Russikon (Zürich) 363 

„ 347. Tonnen-Arm Wulst aus Bisikon bei lUnau 364 

„ 348. Tonnen- Arm wuIst aus einem Grabhügel bei Toussen-Obfelden (Zflricb) 364 

„ 349. TeUer aos einem Grabhügel von Trüllikon 364 

>t 350. Gürtelblech aus einem Grab bei Russikon 365 

„ 351. Durchschnitt durch einen Grabhügel im Fünfbfihl bei Zollikoo ■ 366 

„ 353. Grabhügel im FünfbflhI bei ZoUikon (Mantel abgedeckt) ... 366 

it 353' Inneres eines Grabhügels im Fünfbflbl bei ZoUikon 366 

•• 354' Glasringe aus einem Grabbügel im FUnfbUbl bei ZoUikon ... 367 

>• 355' s und b. Ohrgehänge aus Lunkhofeo 369 

» 35^' 357- Schmuckgeh&nge aus einem Grabhügel bei Unter-Lunkhofen 369 

„ 3s8,auodb. SilbemngmitGoldschliesse auseinemGrabhügelbeiLunkbofen 369 

.t 359- Fibel aus Untcr-Lunkhofen 369 

„ 360. Gürtelbescbläge von Unter-Lunkhofen 370 

„ 361, a und b. Kugelige Knöpfe, mit Goldblech überzogen, aus einem 

Grabhügel bei Ins 373 

„ 362. Goldblech aus einem Grabbügel bei Ins (Anet) 373 

„ 363. Schlangenfibel aus Ober-Neunfom 374 

„ 364. Hallstattschwert aus ebem Grab von Sitten (Sion) 376 

i> 3^5> 3^- Bronzespangen aus Grabem von Savi^se 377 



zed.yGOOgle 



Verzeichnis der Abhildungen. 



Figur 367. BtonzespoDge mit Walliser Ornament aus Sion 37t) 

„ 368, a— c. BrODzespange aus einem Grab von Sierre 378 

„ 369. Bronzespangen mit Walliser Ornament aus eineiQ Grab von Leukerbad 379 

„ 37a. Bronzeringe aus einem Grab von Leukerbad 379 

„ 371. Btooieting von Leukerbad 379 

„ 37a. Früh-Ls T4ne-Fibel von Leukerbad 379 

H 373, 374, Früh-La Ttne-Fibeln von Leukerbad 379 

„ 375. Broniefibel von Leukerbad 379 

„ 376. Getriebenes Bronzeblech vom Leukerbad 379 

377. a — d. Bronzespangen aus einem Grab von Leukerbad 380 

378. GOitelhaken von getriebener Arbeit aus einem Grab vonFreggio (Osco) 381 

379. Thonbeclier aus einem Grab von Moliikazio bei Arbedo .... 382 

380. Bronzekessel aus einem Grab von Casöone (Tessin) 38J 

3S1. Bronzecisle aus nnem Grab von Cerinascia (Tessin) 382 

381. Bronzegef^s aus einem Grabe von Castione (Tessin) 381 

383. Schoabelkanne aus einem Grab von Castione (Tessin) . . . . . 382 

3S4. Schlangenfibel ans einem Grab von Molinazzo bei Arbedo . . . 3S3 

38;. Homfibel aus einem Grab von Molinazzo bei Arbedo .... 38: 

386, 3S7, fironzeübeln aus Grabern von Castione (Tessin) 383 

388. Certosaübel aus einem Grab von Castione (Tessin) 3S3 

389. Einschneidiges Schwert aus Molinazzo bei Arbedo 383 

390. a und b. Schwert mil Scheide aus einem Grabe von Castione . . 383 

391. Eisenhelm von Molinazzo bei Arbedo 3S3 

39z. Bronzekette aus einem Grabe bei Morgen 3S8 

393. Silberfibel aus einem Grabe von Borgen 388 

394. Gagalring aus einem Grabe von Horgen 388 

395. 396. Blaue Glasringe aus einem Grab von Ho^en 388 

397. Silbemng mil Gemme aus einem Grab von Morgen 388 

39S, 399. Goidringe aus Horgen 388 

400, a und b. Goldmünze (Fhilipper) aus Motgen 38S 

401. „Gedrehter" Topf aus Horgen 388 

402. Bronzekette von Champagny (Gempenach) 391 

403, 404. Massaliotische SilbermOnzen von Burwein bei ContMs . . . 395 

405, a und b. MQnzsiempel aus Avenches 399 

406, ■ und b. SalassermQnze von Coliombey (-Muraz) 400 

407, a und b. Aliobrogermflnze von Liddes 400 

40S, 409, 410, 411. Orcilirii(Otgetorii)mflnzen aus Ost-Frankreich . . 400 
41a, a und b, Griechischer Scherben vom Olliberg bei Zötich u. daiu 

gehöriges Geßss , 4^4 

413. a und b. Aryballos aus Tägerwiien 404 

414. Sequaner in Friedenstracht (nach MommSEN) 406 

415. Gallier 407 

416. • und b. Bronzefibel aus Neunforn 408 

417. Bronz^fiitelhaken aus Mörigen 4<*8 

418. Bronzering von Longirod (Waadl) i . ■ 408 

419. Torquis aus einem Grabe von Rüti bei Winkel 409 

420. Broniehelm von Igis (Graubünden) 4" 

411, Bronzestatuetle von Sierre. (Ergänzt,) 4^* 

422. Bronzestatuette , 4*3 

423. Julius Cäsar 4** 



zed.yGOOgle 



Urgeschichte der Schweiz. 



Hcisrli, L'rgachichn der Schwe 



Digitized^yGOOgle 



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Einleitung. 



„Am Baum der Menschheil dringt «ich Blüi' a 
Nach tti-gta Regeln wiegen sie lieh d'rauf; 



In den folgenden Blättern möchte ich meinen Lesern auch einige 
Blüten vom Baume der Menschheit vor Augen fiihren, Bluten, die 
auf unserer Schweizererde entsprossen sind. Seit uralter Zeit ist 
der Mensch über den Boden der Schweiz dahin geschritten und 
Hunderte von Generationen haben uns ihre Spuren hinterlassen. 

Im Geiste eines jeden hat sich schon die Frage geregt: Wie 
ist der Mensch entstanden und wie hat sich das menschliche Ge- 
schlecht seit den ältesten 2^iten entwickelt! Dichter und Philosophen 
haben die Antwort zu finden versucht und manche Religionsbücher 
geben in schwungvollen Worten den Gedanken ihrer Verfasser dar- 
über Ausdruck, Noch ist die Frage ungelöst. Das möchte auffallen, 
aber die Menschheit gleicht hierin dem Kinde. Das Kind lernt 
zuerst die Dinge ausser sich kennen; es betrachtet sich lange Zeit 
selbst als ein Objekt der Aussenwelt. Für jedes von uns Erwachsenen 
war es ein wichtiger Tag, als wir zum erstenmal anstatt „Jakob 
wünscht Brot" und „Julie bittet um einen Apfel" sagten: „Ich 
wünsche Brot"; „ich bitte um einen Apfel". Mit dem Wörtchen 
„Ich" stellt sich das Kind der ganzen übrigen Welt gegenüber: Es 
ist zum Bewusstsein seiner selbst gekommen! Ähnlich die Mensch- 
heit! Sie hat schon in alter Zeit den Himmel und die Erde er- 



zed.yGOOgle 



4 Einleilnnp. 

forscht, aber erst, als diese Forschungen weit vorgeschritten waren, 
entstand die Wissenschaft vom Menschen selbst und seinen Thaten. 

Zwar hat dieGeschichtswissenschaft schon bei den alten Grie- 
chen eine Blütezeit erlebt, aber der Hellene schrieb nur die Geschichte 
seines eigenen Volkes und die andern Völker des Altertums kamen 
bloss insoweit in Betracht, als sie mit Griechenland in Verbindung 
standen. Nicht einmal mit dem ganzen Volke ihres Landes be- 
fassten sich die griechischen Historiker, sondern nur mit einem 
kleinen Bruchteil desselben. Bekanntlich ruhte der antike Staat auf 
der Institution der Sklaverei und ohne die Sklaven, die unterworfenen 
Ureinwohner des Landes, ist weder Sparta, noch das herrliche Athen 
denkbar. Die Geschichtsschreiber aber befassten sich nicht mit den 
Leibeigenen, sondern nur mit dem herrschenden Volke. 

Im Laufe der Zeit sind freilich immer mehr Völker in den 
Kreis der Geschichisforschung eingeschlossen worden, bis diese 
Wissenschaft sich endlich mit samtlichen zivilisierten Nationen der 
Welt zu befassen hatte, aber der Historiker betrachtete nicht alle 
Seiten des Völkerlebens, sondern schrieb wesentlich „politische 
Geschichte". Diese Form der Geschichtsschreibung ist heute noch 
in manchen Lehrbüchern zu finden, wo in den geschichtlichen Ab- 
schnitten Jahreszahlen, Herrschernamen und Schlachtenbilder sich 
folgen, statt dass das Leben der Völker geschildert würde. 

Die ersten Versuche, alle Seiten des Völkerlebens zur Dar- 
stellung zu bringen, also Kulturgeschichte zu schreiben, stammen 
aus dem XVIII. Jahrhunderte, da Voltaire seinen „Essai sur les moeurs 
et I'esprit des nations" herausgab, und Herder die „Ideen zur Philosophie 
der Geschichte" niederschrieb. 

Seither haben sich die Methoden der Historiker gebessert, ihre 
Hilfsmittel sind zahlreicher geworden und mehr und mehr wurden 
sie die „Biographen der Menschheit". Von ihnen sollte man also 
am ehesten eine Antwort erhalten auf die Frage nach dem Ursprung 
und der Entwicklung des Menschengeschlechts. 

Wenn wir an Hand der Geschichte unserer Heimat in die 
Schachte der Vergangenheit hinuntersteigen, so begleiten uns Ur- 
kunden und monumentale Werke etwa bis zur Karolingerzeit. Dann 
aber werden sie spärlicher und unvollständiger; bald bleibt uns nur 
hier und da eine Steininschrift aus römischer Zeit, eine vielleicht 
dunkle Stelle eines alten Historikers; endlich verschwindet auch dies 
und wir treten ein in das „Dunkel der Vorzeit". Der Geschichte 
entfällt die Führerrolle ganz und gar. Selbst für die ältesten Kultur- 
staaten, Babylon und Ägypten, reicht die historische Kenntnis nur 
etwa 7000 Jahre zurück und doch haben schon lange, sehr lange 



zed.yGOOg[e 



vorher Menschen gelebt und sind sich in Liebe und Hass näher 
getreten. Wer giebt uns Kunde von diesen? Wer belehrt uns über 
die Jugendzeit unseres Geschlechts? 

Viel tiefer, als die Geschichte, dringt die Sprachwissenschaft 
in die Vergangenheit ein. Die Sprache ist älter als die Schrift, und 
im Sprachschatz der verschiedenen Völker haben sich Erinnerungen 
uralter Zeit erhalten. Bei der Vergleichung der Sprachen zeigte 
sich eine weitgehende Ähnlichkeit mancher Sprachgruppen. Aus 
der Verwandtschaft der Sprachen schloss man auf die Verwandt- 
schaft der Völker, Aber diese Völker- und Sprachgruppen fuhren 
uns auch nicht weit genug in die Vergangenheit zurück. Lange bevor 
es Arier, Semiten u. s. w. gab, gab es Familien, Geschlechter, wohl 
sogar schon Stämme. Von ihnen sagt uns die Philologie wenig 
oder gar nichts. Noch mehr! Viele alte Völkerschaften sind unter- 
gegangen; die letzte Spur ihrer Sprachen ist verschwunden. Der 
Sprachforscher weiss also nichts von ihrem Dasein und doch möchten 
wir auch von ihnen etwas hören. 

Von einem ganz andern Standpunkte aus betrachtet der Natur- 
forscher, speziell der Paläontologe die uns interessierende Frage. 
Er untersucht die Gesteine, welche die Erdrinde zusammensetzen, 
um darin nach Resten alter Lebewesen zu spähen. In den tiefst- 
liegenden Schichten der Kruste, welche den Erdkern umgiebt, im 
Urgebirge, trifft er die ersten Spuren einstigen Lebens. Im Silur er- 
scheinen neben zahlreichen Mollusken und Korallen die ersten Fische, 
während die Pflanzenwelt durch Tange und einige Landpflanzen ver- 
treten ist. Im Devon entwickeln sich besonders die Kryptogamenj 
die in der darauffolgenden Steinkohlenformation ihre Blütezeit er- 
reichen. Im Perm erscheinen die ersten Reptilien, in der Trias die 
ersten Beuteltiere und Saurier, welche aber erst in der folgenden 
Epoche, dem Jura, sich recht entfalten, um dann, wie die zahlreichen 
Ammoniten und Belemniten, tn der Kreide zu erlöschen. 

Nirgends erkennen wir einen Unterbruch, nirgends eine plötz- 
liche Vernichtung alles Lebenden. Alte Formen sterben allmählich 
aus, während andere eben auftauchen, wie z. B. im Jura der Ur- 
vc^el (Archaeopteryx) erscheint und in der Kreide die ersten Laub- 
hölzer wahrzunehmen sind. Im Tertiär treten bekanntere Tierformen 
auf: Affenarten, wie der Cänopithecus von Egerkingen, der Hylobates 
aus der Braunkohle von Elgg und der Semnopithecus von Pikermi 
(bei Athen), der Stammvater unserer Pferde, der Urahne des Elephanten- 
geschlechts u. s. w. Im Tertiär war die Verteilung von Wasser und 
Land auf der Erdoberfläche derjenigen von heute ziemlich ähnlich 
und das Klima ein mildes, selbst in Nord-Europa ein subtropisches. 



zed.yGOOgle 



5 Einleitung. 

An mehreren Stellen der Erde glaubte man, Spuren des Menschen 
im Tertiär gefunden zu haben, aber noch sind diese Funde zu wenig 
zahlreich und zu wenig sicher, als dass wir den Tertia rmenschen 
als beglaubigt anerkennen dürften. 

Die dem Tertiär folgende Zeit des Diluviums zeichnete sich 
durch ihre Kalte aus. Von Nordeuropa drang ein gewaltiger Eis- 
strom über die Ostsee bis nach Mitteldeutschland und die Gletscher 
unserer Berge stiessen ihre Stirnen weit ins ebene Land hinaus. 
In dieser Periode, der Eiszeit, lebte der Mensch in Gegenden, die 
von Eis frei geblieben waren und mit dem Zurückweichen der 
Gletscher nahm er auch Besitz von unserer Heimat. Er lebte aber 
inmitten einer fiir uns fremdartigen Tier- und Pflanzenwelt und konnte 
nur mit Mühe und Not sein Dasein fristen durch steten Kampf mit 
der Natur. Dieser Kampf um seine Existenz hat ihn aber gezwungen, 
seine Fähigkeiten zu entwickeln und so finden wir den Diluvial- 
menschen bereits im Besitze einer gewissen Kultur. 

Nach und nach änderte sich der Charakter unserer Gegend; 
manche Tier- und Pflanzenformen verschwanden, andere erschienen, 
und es kam die Jetztzeit der Geologen, das Alluvium, 

Je höher wir stiegen im Schichtensystem der Erdrinde, um so ent- 
wickeltere Formen traten uns entgegen, bis schliesslich die heute 
lebende Flora und Fauna erschien und auch der Mensch auf den 
Schauplatz trat. Die Paläontologie zeigt uns die ganze Organismen- 
welt in stetiger Entwicklung begriffen. Sollte der Mensch davon 
ausgeschlossen sein? 

Nach dem Gesagten könnte es den Anschein haben, als ob 
der Paläontologe uns Aufschluss zu geben vermöchte über den Ur- 
sprung und die Entwicklung der Menschheit, da er die mensch- 
lichen Reste ja in den jüngsten Schichtsystemen eingeschlossen finden 
muss. Dem ist nicht so. Ungestörte Schichten mit Einschlüssen 
menschlicher Knochen sind selten gefunden worden. Es kommen 
aber hier nicht bloss die Skeletteile des Menschen selbst in Be- 
tracht, sondern auch die Werke seiner Hand, Die Produkte der 
Menschenhand lassen sich nicht mit denselben Hilfsmitteln beur- 
teilen, wie die Erzeugnisse der Natur. Lindenschmit hat das klar 
erkannt, wenn er sagt: „Gegenüber der Gleiphartigkeit, mit welcher 
alle unter sich verschiedenen Produkte der Natur doch überall be- 
stimmten Bildungsgesetzen folgen, zeigen die Werke der mensch- 
lichen Hand einen unendlichen Wechsel der Erscheinung je nach 
dem Wechsel gewisser periodischer Verhältnisse des vieltausendjähngen 
Zeitraums ihres Auftretens und der mannigfaltigen Wirkungen, welche 



zed.yGOOgle 



Einleitung. 7 

sich bei den einzelnen Völkern aus dem verschiedenzeitlichen Ein- 
tritt dieser Verhältnisse, aus dem Klima ihrer Wohnsitze und ihrer 
verschiedenen Geistesanlage ergeben mussten." In der That ist die 
Lagerung nur ein Kriterium für den Erforscher der Urgeschichte 
des Menschengeschlechts; und wichtiger müssen ihm Technik und 
Stil der Geräte und WaflTen, sowie der Schmucksachen erscheinen; 
in gajiz besonderem Masse wird er seine Aufmerksamkeit auch der 
Ornamentik zuwenden. 

Wer die Urzeit des Menschengeschlechts kennen lernen will, 
hat also nicht dieselben Gegenstände zu untersuchen, wie der 
Paläontologe, der den versteinerten Pflanzen und Tieren nachgeht, 
oder wie der Geologe, der den Schichtenbau der Erde und die Ver- 
änderungen an derselben erkundet. Die Verschiedenheit der Unter- 
suchungsobjekte verlangt andere Untersuchungsmethoden. Da muss 
eine Wissenschaft in die Lücke treten, welche die Forschungen des 
Erdkundigen in Bezug auf den Menschen weiter führt und sie ver- 
bindet mit den Untersuchungen des Historikers. Die Jünger dieser 
neuen Wissenschaft müssen geübt sein im naturwissenschaftlichen 
Forschen, wie im historischen Denken, Sie müssen, ähnlich dem 
Naturforscher, ihre Resultate auf induktivem Wege zu erhalten suchen 
und sie als Geschichte zu verwerten wissen. 

Die Wissenschaft, welche die Frage nach dem Ursprung und 
der Entwicklung des Menschengeschlechts zu beantworten hat, ist 
die Urgeschichte oder Prähi«torie. Sie führt uns die Jugendzeit 
unseres Geschlechtes vor Augen und ihr Forschung^ebiet erstreckt 
sich über den weitgedehnten, mindestens Jahrzehntausende umfassenden 
Zeitraum, der zwischen dem ersten Auftreten des Menschen und 
demjenigen Punkte liegt, da dieser Mensch begann, seine Schick- 
sale im geschriebenen Worte der Nachwelt aufzubewahren. 

Einer der bekanntesten Urgeschichtsforscher, Heinrich Schlie- 
MANN (t 1890), hat die Prähistorie die „Wissenschaft des Spatens" 
genannt, und in der That muss der Prähistoriker mit dem Spaten 
in der Hand nach den Schätzen suchen, deren er zu seinen Studien 
bedarf. Diese Schätze liegen im Mutterschosse der Erde und nicht 
ganz selten zeigt der Boden schon äusserlich an, wo der Spaten 
eingesenkt werden muss. Wo in Feld oder Wald regelmässig ge- 
baute Hügelchen zu sehen sind, da schlafen vielleicht Menschen der 
Urzeit ihren Todesschlaf; wo auf Wiesen und Feldern Ziegel- und 
Mörtelstücke herumliegen, da mag der Boden Gemäuer aus römischer 
Zeit bergen. Im Grund der Höhlen sind schon oft menschliche 
Reste zum Vorschein gekommen, vergesellschaftet mit Überbleibseln 
von Tieren, die heute nicht mehr in der Gegend leben. Seit 



zed.yGOOg[e 



S Einleitung. 

den fünfziger Jahren hat man im Schlamm der Seen am Nord- und 
Südfuss der Alpen nach Spuren vergangener menschlicher Geschlechter 
gesucht und es trat das Kulturbild der Pfahlbauten zutage. Manch- 
mal bieten auch Lokalnamen Gelegenheit, urgeschichtlicheForschungen 
zu unternehmen. Ein „Steinmürli" bedeutet im Kt, Zürich fast aus- 
nahmslos eine römische Niederlassung; verfluchte Orte, wie „Chäibe- 
hölzli", „Galgenbuck" weisen auf heidnische Fundstätten. Die „via 
d'Etraz" des Westschweizers ist die Via strata aus römischer Zeit. 
Nicht selten reisst der Pflug Gegenstände aus der Erde, die Jalir- 
hunderte lang darin lagen oder der Spaten des Torfgräbers stösst 
auf Reste vei^angener Epochen. Bei Fundamentierungen, Drainagen, 
Eisenbahnbauten, bei Eröffnung von Kiesgruben u. s, w. sind schon oft 
Gräberfelder entdeckt worden und manchmal leitet eine Sage uns 
zu einem verborgenen Schatze. 

Die Funde müssen aber nicht bloss soigfältig gesammelt, sondern 
auch nach Fundort, Lagerung und Material, Technik, Stil und 
Ornamentik untersucht und verglichen werden. Dadurch gelangt 
der Prähistoriker zu einem Einblick in die Kultur der verschiedenen 
Völkerschaften der Urzeit, ja sogar zu einer Art relativer Chronolt^e, 
die, je näher er der historischen Zeit rückt, allmählich in die absolute 
übergeht. 

Wer aber das Leben und Treiben der frühesten Völkerschaften, 
die uns ihre Spuren hinterlassen haben, aus den Funden ge- 
nauer kennen gelernt hat, überzeugt sich, dass durchaus Ahn- 
liches jetzt noch bei unkultivierten Stämmen und Horden zu be- 
obachten ist. Die Kuituranfänge unserer Lander scheinen sich 
anderwärts bis auf unsere Tage erhalten zu haben. Da tritt nun 
die Et h n o logi e ihrer Schwester , der Prähistorie , helfend zur 
Seite. Was für den Urgeschichtsforscher ein Aufeinander, ist 
für den Völkerkundigen oft nur ein Nebeneinander. Der Mensch 
ist eben, im Grunde genommen, überall derselbe und war es zu 
allen Zeiten, nicht bloss in seiner physischen Erscheinung, sondern 
auch in der Art seines Denkens, und Handelns. Die niederen 
Kulturstufen, welche von den zivilisierten Völkern unserer Zeit vor 
Jahrhunderten und Jahrtausenden durchlaufen wurden, finden wir 
jetzt noch, wenn auch oft in getrübter Form, bei weniger ent- 
wickelten Völkerschaften Afrika's, Amerika's u.s. w. Die Verschieden- 
heit der Kultur ist nicht erst in unserer Zeit vorhanden, sie war 
immer da. Die Mittel meervölker waren schon hoch gestiegen) als 
nordwärts der Alpen noch Barbaren wohnten und im NÜlande, wie 
in Mesopotamien, reicht die Kultur noch viel weiter zurück. 

Ausser der Paläontologie, der Ethnologie und Philologie müssen 



zed.yGOOgle 



Einleitung. q 

noch eine ganze Anzahl andrer Wissenschaften, worunter besonders 
auch die physische Anthropologie, die Zoologie und Botanik, 
femer die technischen Wissenschaften als Hilfsquellen zur Lösung 
ut^eschichtlicher Fragen beigezc^en werden, während andererseits 
die Urgeschichte wieder als Hilfswissenschaft ihrer Schwesterwissen- 
schaften erscheint 

Es ist noch nicht lange her, seit die Prähistorie ihre Arbeit 
begonnen, aber sie hat doch schon bedeutende Erfolge zu verzeichnen. 
An vielen Orten sind grosse Museen geschaften worden und zahl- 
reiche Funde in denselben geborgen. Allerorten studiert man eifrig 
solche Funde und die Urgeschichte, obwohl sie erst über wenige Lehr- 
stühle an Hochschulen zu verfügen hat, ist als ebenbürtig in den 
Kreis der Wissenschaften aufgenommen worden. 

Suchen wir den Gang der prähistorischen Forschung in einem 
Bilde darzustellent Mancher von uns ist schon auf sonniger Bei^es- 
höhe gestanden, während die Thäler in schwere Nebel eingehüllt 
waren, so dass die Gipfel der Berge gleich Inseln aus dem Meere 
au&tarrten. Die siegreiche Sonne aber zerteilte die Nebel. Bald 
da, bald dort wurde ein Kamm frei; deutlicher erschien nach und 
nach der Zusammenhang der Ketten und endlich lag das Ganze 
im Glanz des Uchtes vor uns. 

So war es auch mit der Urgeschichte! Früher kannte man 
nur einzelne Funde, die kaum beachtet und nicht verstanden wurden. 
Das XIX. Jahrhundert hat hierin Wandel geschaffen gleich der Sonne, 
die den Nebel zerteilt Man Bng an, jene unverständlichen Dinge, 
die dem Schoss der Erde entstammten, zu sammeln, zu untersuchen, 
zu veigleichen und siehe da: Eine neue Welt thaf sich auf Die 
Nebel lichteten sich. Je mehr man aber eindrang in die Urzeit, 
um so deutlicher wurde der Zusammenhang des Erschauten. Heute 
schweift der Blick des Forschers frei über Jahrtausende und es 
muss die Zeit kommen, wo die Sonne der Wissenschaft auch das 
beleuchtet, was jetzt noch im Dunkel liegt Dann wird jeder Ge- 
bildete das Emporringen der Menschheit aus der Nacht der Wild- 
heit bis zur Höhe der Kultur klar erschauen können. 

In der gezeichneten Aufgabe liegt aber nicht bloss der wissen- 
schaftliche Wert der Prähistorie angedeutet, sondern auch ihr prak- 
tischer Nutzen. Nur das kennt man, was man im Werden verfolgte. 
Wer den Menschen kennen lernen will, muss seine Vergangenheit 
verstehen. Unser Geschlecht hat sich mühsam von Stufe zu Stufe 
empor gehoben, oft zaudernd, oft in kräftigem Handeln. Manch- 
mal scheint es Irrwege eingeschlagen zu haben, aber es waren 
nur Umwege; oft zeigten ihm Führer den Pfad, oft auch suchte 



zed.yGOOgle 



lO EinleifuDE. 

es sich selbst seinen Weg. Aber wenn wir das Ganze überblicken, 
so erkennen wir doch eine Gesetzmässigkeit: das Gesetz der Ent- 
wicklung. 

Seit Jahrtausenden strebt der Mensch zum Licht und nie ist 
die Entwicklung stille gestanden. Sie wird auch in Zukunft nicht 
stille stehen, sondern kräftiger als je vor sich gehen. Den Führern 
der Menschheit aber zeigt die Urgeschichte die grossen, ehernen 
Gesetze, nach denen sich „unseres Daseins Kreise vollenden". 



zed.yGOOg[e 



ErateB KapiteL 

Die Eiszeit oder das Diluvium.) 

In je ältere Zeiten wir uns begeben', um so mehr finden wir 
das Menschengeschlecht in den Banden der Natur. Erst allmählich 
hat es sich aus diesen Fesseln gelöst und die Herrschaft über die 
Reiche der organischen und der unorganischen Welt zu erwerben be- 
gonnen. Wir werden darum die ersten Phasen menschlicher Ent- 
wicklung immer in Verbindung mit der umgebenden Natur betrach- 
ten müssen, während wir späterhin den Menschen an und für sich, 
sein Wollen und Vollbringen, zum Gegenstande unserer Untersuchung 
machen können. Beginnen wir also mit der Betrachtung der 
Eiszeit! 

A. Die Oletscher der Eiszelt. 

i. Zeugen derselben. Es gab eine Periode, da die Gletscher 
unserer Berge weit in die Thäler hinunterreichten und die Gegenden 
am Fuss der Alpen in einen Eismantel gehüllt waren. Noch 
heutzutage beobachten wir in der ebeneren Schweiz zahlreiche Reste 
jener Epoche. So zieht sich mitten durch die Stadt Zürich ein 
Hügelzug, der das Ende des Zürichsees umkränzt. Er lässt sich 
von der Neumünster-Kirche Über den Kreusplatz verfolgen bis zur 
hohen Promenade, setzt sich dann fort über die Winkelwiese zur 
obem Zäune, von wo er allmählich zur Limmat abfällt. Jenseits 
des Flusses aber steigt er steil empor zum Lindenhof, Dann fehlt 
er eine Strecke weit, tritt aber in der „Katze" im botanischen Garten 
wieder auf und setzt sich über das Villenquartier Enge hinaus fort 

>) Vgl. O, Heer, Urwelt der Schweiz, II. Aufl. Zürich 1883. 

Digitized^yGOOgle 



Erstes Kapitel. 

bis Wollishofen u. s. w. Das Innere dieses Hügelzuges besteht 
aus Sand, Schutt unti Geschieben, unter welch letzteren manche 
Schrammen oder Kiitze aufweisen. Diese Gesteine können nicht 
aus der Gegend von Zürich stammen, sondern müssen aus 
den Alpen an ihren jetzigen Standort transportiert worden sein. 
Ähnliche Hügelzüge finden sich am Nordende des Pföffiker- und 
Greifensees, am Hallwiler- und Balde^ersee und an vielen andern 
Orten. Wer aber transportierte dieses alpine Material? Man hat an 
ungeheuere Wasserfluten gedacht, welche aus den Bergen hervor- 
gebrochen sein sollten, aber dann müssten die Steine Spuren von 
Rollung zeigen und das Ganze wäre schichtenweise zur Ablagerung 
gekommen. Beides ist nicht der Fall. Und wie hätten überhaupt 
Wasserfluten freistehende Hügelzüge erzeugen können, die heute 
noch an manchen Stellen stundenweit zu verfolgen sind? Das 
Studium der Gletscher, jener langsam zu Thal fliessenden Eisströme 
der Alpen, brachte die Erklärung. Auf den Gletschern sieht man 
langgestreckte Wälle, gebildet aus dem Steinmaterial, das von den 
Felswänden auf das Eis hinunterfällt und mit demselben langsam 
thalwärts sich bewegt; Das sind die Moränen! Sie finden sich zu 
beiden Seiten der Gletscher und jede Endmoräne zeigt in ihren 
Gesteinen auf das Deutlichste, woher sie kommt. Wenn zwei 
Gletscher zusammenfliessen , so vereinigen sich zwei der Seiten- 
moränen zu einer Mitlelmoräne. Am untern Ende des Gletschers 
schmilzt das Eis fortwährend ab. Die auf demselben hergeführten 
Felsstücke fallen über den Rand und umsäumen die Gletscherstim 
in einem halbkreisförmigen Bogen. Wenn nun der Eisstrom sich 
zurückzieht, so bleibt diese Stirnmoräne als Zeichen seiner einstigen 
Mächtigkeit zurück und an sie schliessen sich die Seitenmoränen. 
Kommt der Gletscher zur Ruhe, so kann sich im Laufe der Jahre 
an seiner Stirn eine neue Moräne bilden; rückt er nachher wieder 
vor, so zerstösst er dieselbe. Die Moräne, welche sich durch die Stadt 
Zürich zieht, ist die Stirnmoräne des zurückweichenden Linth- 
gletschers, der also dereinst vom Tödi bis ans untere Ende des 
Zürichsees gereicht hat. Das ist aber nicht die einzige Spur, die 
derselbe zurückgelassen. Etwas oberhalb Baden ist eine ältere Stim- 
moräne desselben Gletschers und am Abhang des Zürichberges lassen 
sich Reste der dazu gehörigen Seitenmoräne erkennen. Die Halb- 
insel Hürden bei Rapperswil wurde teilweise von einer Endmoräne 
des immer mehr zurückweichenden Linthgletschers gebildet, die einer 
noch jungem Zeit angehört, als diejenige von Zürich. 

Ganz ähnlich wie der Linthgletscher, hat auch der alte Reuss- 
gletscher das Land von den Firnen der Alpen bis in die Ebene hinunter 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeil oder das Diluv 



13 



ausgefüllt und die Moränen in den Kantonen Luzern und Aargau weisen 
Gesteine auf, wie sie im Gebiet der Reuss anstehend gefunden werden. 
Vom Berner Oberlande floss der Aaregletscher zu Thal und von der 
Ostseite des Gotthard der ungeheure Rheingletscher, dessen äusserste 
Stimmoräne weit im Deutschen Reiche draussen, nördlich des 
Bodensees, gesucht werden muss. Der grösste Gletscher der Schweiz 
aber war der Rhonegletscher, der nicht bloss das Wallis ausfüllte, 
sondern sich vom obern Ende des Genfersees fächerartig ausbreitete 
und mit seinen ungeheuren Eismassen am Jura mehrere hundert 
Meter hoch stand, ja mit einer Eiszunge bis in die Nähe des 
heutigen Lyon vorstiess, wie eine dort entdeckte Stimmoräne 
beweist. 

An die Endmoränen der diluvialen Gletscher schliessen sich 
Kiesmassen, die von den Moränen abgespült wurden. Sie bilden 
entweder flache Ausfüllungen von Thalböden, oder aber Schotter- 
terrassen, die an den Gehängen sich oft in bedeutender Höhe über 
dem heurigen Flussniveau hinziehen. Thalaufwärts gehen diese Schotter 
nach und nach in die Moränen über; ihr Material wird allmählich 
gröber, die Schichtung verliert sich und schliesslich erscheinen ge- 
kritzte Geschiebe. Im Übergangskegel wechselt, oft mehrmals über- 
einander, echter Moränen Charakter mit typischer Schotterstruktur, 
ein Beweis dafür, dass zwar das Glelscherende lange an dieser Stelle 
stehen blieb, aber doch kleine Schwankungen ausführte. Wer den 
Rheinlauf von Schaffhausen bis Basel aufmerksam verfolgt, wird 
erkennen, dass der Strom sich an sehr vielen Stellen in die Schotter- 
massen eingeschnitten hat; an andern Orten ist er durch dieselben 
abgelenkt worden und hat sich durch festen Fels ein frisches Bette 
graben müssen. Der ganzen Strecke nach aber lassen sich Schotter- 
terrassen wahrnehmen und zwar in verschiedener Höhe. Wenn 
man vom deutschen Ufer des Rheins gegen die Alpen schaut, 
erkennt man deutlich, wie die Terrassen eigentliche Systeme bilden 
und den Charakter des nördlichen Teiles des Schweizerlandes 
bedingen. 

Es giebt in der ebeneren Schweiz noch andere Zeugen vom 
einstigen Dasein der Gletscher. Nicht selten werden in Wiesen und 
Wäldern, in Thälern und auf Höhen grosse Felsblöcke angetroffen, 
deren Heimat in den Bergen sich befindet und die ebenfalls durch 
Gletscher ins ebenere Land hinaus gelangten. Diese Blöcke nennt 
man Findlinge, Irrblöcke oder Erratiker. Sie erreichen oft eine 
erstaunliche Grösse und an manche derselben knüpfen sich uralte 
Sc^en. Der grösste Erratiker in der Schweiz ist wohl derjenige auf 
dem Montet bei Bex im untern Rhonethal mit einem Inhalt von über 



zed.yGOOgle 



l^ Erstes Kapitel, 

4000 cbm. Der „bloc du tr&or" bei Orsi^res hat auch über 2500 cbm 
und der „Pflugstein" ob Erlenbach am Zürichsee, ein Melaphyr, ist 
zwar kaum halb so gross wie der Monstre-Block bei Bex, hat aber 
immer noch ein Gewicht von 45000 q. Zahlreich sind kleinere Blöcke, 
die oft in Haufen beisammen liegen, wie z, B, in Monthey, wo man 
sich in ein Bergsturz-Revier versetzt glaubt. 

Manche dieser Findlinge gehören zu den rätselhaften Schalen- 
und Zeichensteinen, welche den Archäologen schon soviel Kopf- 
zerbrechen verursacht haben. In der That findet man auf erratischen 
Blöcken oft Schalen und andere Vertiefungen von einer solch regel- 
mässigen Form, dass man anzunehmen geneigt ist, sie seien von 
Menschenhand gearbeitet. 

Die besondere Wichtigkeit der Erratiker aber besteht darin, 
dass sie anzeigen, woher sie stammen. So giebt es z. B. im Glatt- 
Thal (Kt. Zürich) eine Art Granitblöcke, die nur aus dem Puntai- 
glastobel ob Trons im bündnerischen Oberlande stammen können 
und mit dem Rheingletscher zu Thal gekommen sein müssen. Die 
Arkesin-Gneisse bei Steinhof an der bemisch-solothu mischen Grenze 
stammen aus dem Massiv der Dent Blanche und wurden vom Rhone- 
glelscher an ihren Standort befördert, die Saussürite in der Moräne 
von Mörigen am Bielersee, welche schon von den Pfahlbauern als 
wertvolles Material gesammelt wurden, stammen aus dem Saas-Thal 
des Kts. Wallis. 

Wer einen zurückweichenden Gletscher beobachtet, bemerkt, 
dass der Untergrund desselben an vielen Stellen wie poliert ist und 
dass Vorsprünge des Felsbodens, über den ein Gletscher hingezogen, 
abgerundet erscheinen. Diese Rundhöcker sind im Gebiet der 
Alpen nicht selten und zeugen von ehemaliger Gletscherwirkung. 
Häufig liegt aber der Gletscher nicht unmittelbar dem Fels auf. Es 
können an seinem Rande oder auch durch Gletscherspalten leicht 
Steine in die Tiefe gelangen. Friert nun ein solcher Stein in das 
Eis ein, so wird er mit demselben thalwärts geschoben. Er reibt 
sich am Untergrunde und so werden sowohl an diesem, wie an 
ihm selbst Kritze, Schrammen entstehen. Geschrammte Steine 
lassen sich in den diluvialen Ablagerungen der Schweiz leicht zu 
Hunderten finden. 

Durch das Schleifen und Polieren am Gletschergrund wird das 
Material daselbst oft zu feinem Schlamm zerkleinert und diese Grund- 
moräne findet man nicht bloss im Bereiche der heutigen Gletscher, 
sondern auch in der Hochebene draussen. Auf den Grundmoränen 
treten, da sie schwer durchlässig sind, oft Quellen zu Tage, 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 1 5 

Zeugen der Eiszeit sind ferner manche der sogen. Riesentöpfe, 
wie sie z. B. im Gletschei^arten in Luzem zu sehen sind. Sie ent- 
standen, indem Wasser aus Gletscherspalten oder als Wasserfall 
Steine in drehende Bewegung versetzte und dadurch den Fel^rund 
aushöhlte. 

Ganz besonderes Interesse erwecken die erratischen Pflanzen 
und Tiere. So wenig als heute in der Gletscherregion unserer 
Berge das organbche Leben erloschen ist, so wenig werden wir an- 
nehmen dürfen, dass zur Eiszeit oder der Diluvial periode in den 
zeitweilig unter Eis begrabenen Gebieten Pflanzen und Tiere ver- 
schwunden gewesen seien. Allerdings wird das nasskalte Klima nicht 
die Mannigfaltigkeit der Formen haben aufkommen lassen, wie wir 
sie jetzt besitzen. Als sich die Gletscher zurückzogen, drangen neue 
Arten ins Land ein und „bald belebte sich die Erde". Wie aber 
die Erratiker als Zeugen veigangener Zeiten zurückblieben, so zogen 
auch nicht alle Lebewesen, die vordem in der Nahe der Eisströme 
„ihr Dasein vertraumt" hatten, mit dem Gletscher hinauf in das 
Hochgebirge, sondern ganze Kolonien von Tieren und Pflanzen blieben 
im tiefem Lande und erscheinen da wie Oasen in einer fremden 
Welt. Zwar können auch die Gewässer alpine Pflanzen in die 
Niederungen fuhren, und es darf uns gar nicht wundern, wenn in der 
Nähe unserer Flüsse solche angetrofTen werden. Der Wind kann manche 
Samen zu uns herunterbringen, und die Tiere sind überhaupt nicht an 
eine bestimmte G^end gebunden. Im obem Tössthal (Kt. Zürich) 
finden sich indessen alpine Pflanzen , die nicht durch geflügelte 
Samen oder andere Mittel zur Fortbewegung in diese Region ge- 
langt sind. Da haben wir nach Heer 74 Gebirgspflanzen, worunter 
40 alpine Arten. Es sind „Alpenrosen und gelbe Aurikeln, gross- 
blumige Enziane und Bergranunkeln, die wohlriechende Nigritelle 
und das Alpen-Vergissmeinnicht, ja auf dem Schnebelhorn überrascht 
uns sogar das Alpenglöckli, die Zwei^weide (Salix retusa L.) und 
der Feben -Ehrenpreis, die wir sonst nur in den höhern Alpen zu 
sehen gewohnt sind." Auf einigen Gebirgspflanzen dieser Gegend, 
so auf den Kompositen Petasites und Adenostyles sehen wir dieselben 
Chrysomelen, kleine Insekten, welche in der Innern Schweiz sie 
schmücken und am Tössstock lebt ein kleiner Käfer, der in den 
Bündnerbergen überall angetroffen wird. Ähnliche Verhältnisse lassen 
sich auch auf andern Vorbergen nachweisen und selbst Lägern und 
Irchel bergen mehrere Alpenpflanzen. 

Besonders Interessant ist das Vorkommen der Alpenrosen, die 
mancherorts in grosse Tiefen hinunter steigen, oft aber an Orten ge- 
troffen werden, wo man sie nicht erwartet Wir besitzen zwei Arten 



zed.yGOOgle 



l6 Erstes Kapitel. 

von Alpenrosen: die gewimperte und die rostfarbene. Die Art mit 
den gewimperten Blättern (Rhododendron hirsutum L.) hält sich an 
Kalkberge, Rhododendron ferrugineum L. dagegen liebt die hoch- 
gelegenen Zonen des Urgebirgs. Man darf demnach erwarten, die 
gewimperte Alpenrose hauptsächlich im Jura anzutreffen. In Wirk- 
lichkeit ist es aber die rostfarbene, die im Jura gefunden wird. 
Sie ist wahrscheinlich mit dem Blockmaterial der diluvialen Gletscher 
zu Thal gestiegen und lebt nun auf dem Verwitterungsprodukt der- 
selben. Sie kommt auch im Rüdernwald bei Schneisingen im Kt, 
Aargau vor, wo dieses Kind des Gebirgs, sorgfähig umzäunt, jeden 
Frühling in neuer Blütenpracht die Menschen erfreut. 

2, Ausbreitung der alten Gletscher. Aus dem Vorkommen dieser 
zahlreichen Zeugen einstiger Gletscher in der Schweiz hat man die Aus- 
dehnung derselben in der Eiszeit ziemlich genau konstatieren können. 
DerRheingletscher wurde gebildet aus all den Eisströmen der gegen 
das heutige Rheinthal offenen Bündner-Thäler und floss als majestä- 
tischer Strom von Chur an nordwärts. Am Gonzen teilte er sich 
in zwei Arme: der kleinere stiess über den Walensee vor, wo er mit 
dem Linthgletscher zusammentraf, und denselben möglichst nach 
links drängte. Im Kanton Zürich breitete er sich weithin aus und 
sogar auf dem Ziirichberg können wir Puntatgias-Granite, die mit 
diesem Rheingletscherarm dorthin gekommen, antreffen. Der rechte 
Arm des Rheingletschers floss das Rheinthal hinunter bis über den 
Bodensee. Er führte die auf der rechten Seite des Eisstroms an- 
stehenden Gesteine zu Thal, während man z. B. im Vorarlberg ver- 
geblich nach erratischem Puntaiglas-Granit suchen würde. Von der 
Gegend bei Bregenz an konnte dieser Arm des Rheingletschers sich 
freier ausdehnen und mit dem Walensee-Arm wieder vereinigen. 
Beide flössen dann gemeinsam weiter. Ihre Stirnmoräne nördlich 
des Bodensees bei Schussenried bezeichnet noch heute die Wasser- 
scheide zwischen Rhein- und Donaugebiet, Bei dieser Moräne hat 
man unfern Schussenried einen der ältesten menschlichen Wohnsitze 
nachweisen können. 

Mitten aus dem alten Rheingletscher starrte das Alpstein-Ge- 
birge, das im Säntis gipfelt, in den Äther hinauf Es war ebenfeUs 
vergletschert. 

Im Thal der Limmat floss der Linthgletscher dem Norden 
zu und berührte östlich den Walensee-Arm des Rheingletschers, 
während er westlich mit dem Reussgletscher zusammenstiess. Dem 
Linthgletscher gehören die Moränen bei Zürich an, die wir eingangs 
besprochen haben; er lieferte auch das Material zu der sogen, löchc- 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeil oder das Diluvium. 17 

rigen oder quaternären Nagelfluh, aus welcher der Gipfel des Ütli- 
bergcs besteht 

Der Reussgletscher bildete im Aargau ganze Systeme von 
Moränen. Sie bestehen aus Gesteinen des Reussthaies, besonders 
aus sogen. Gotthard-Granit. „Geissberger" nennt sie das Volk, 
während die im Gebiet des Linthgletschers vorkommenden Semifite 
gemeinhin als „rote Ackersteine" bekannt sind. Geissberger findet 
man schon oberhalb Dietikon, wohin sie der Reussgletscher brachte, 
indem er durch die Einsattelung der Mutschelle ins Limmatthal 
vorstiess. Wir erkennen daraus, dass die sich berührenden Gletscher- 
ränder pendelartig schwankten. Das eine Mal gelang es dem Reuss- 
gletscher, ins Linthgebiet vorzudringen, ein anderes Mal eroberte der 
Linthgletscher Terrain im Westen des Albiszuges. 

Der Aaregletscher war klein. Er erfüllte das Haslithal, von 
wo aus er einen Arm über den Brünig gegen den Vierwaldstätter 
See hinab sandte. Der Hauptstrom bedeckte die Becken des Brienzer- 
und Thunersees. Von Thun aus konnte er sich etwas mehr 
entfalten und hat bei Amsoldingen eine typische Moräne nland- 
schaft hinterlassen, eine „paysage morainique", wie Desor sie nannte. 
Bei But^dorf erreichte der Aaregletscher seine nördliche Grenze, 
Dort stiess er auf den riesigen Rhonegletscher und in der 
Nähe der Stadt Bern befinden wir uns wieder auf der Grenze beider 
Eisströme. 

Die unzähligen kleinen und grossen Gletscher des Wallis waren 
in der Diluvialperiode zu einem Eisriesen zusammengeflossen. Durch 
die enge Rhonepforte gings hinaus ins ebene Land, wo sich der 
Gletscher ausbreiten konnte. Die rechte Seitenmoräne lässt sich in 
der Richtung gegen Bern verfolgen', während sich die linke nach 
Genf zog. Dazwischen lagern die Mittelmoränen. An den erratischen 
Blöcken lässt sich ihr Verlauf heute noch mit Sicherheit feststellen. 
Die Stirn des Rhonegletschers zog sich von Aarau gegen Solothum. 
Westlich davon steigt sie an, gekennzeichnet durch zahlreiche 
Erratiker. Sie steht am Chasseral ca. 600 m hoch über der schweize- 
rischen Hochebene, am Chaumont 720 m und erreicht am Chas- 
seron ihre grösste Höhe von über 900 m über dem Neuenburger 
See. Dann sinkt sie allmählich wieder hinunter in den Thalgrund 
von Gex. Durch die Öffnung bei Genf und über die niedrigen Jura- 
pässe schob der Rhonegletscher Eiszungen bis nach Ostfrankreich vor. 

Auch am Südrande der Alpen gab es Gletscher und viele der 
reizenden Seen daselbst sind von eigentlichen Amphitheatern um- 
geben, die durch Moränen gebildet werden. 

Heierli, UrleichichK der Schweif. 3 



zed.yGOOg[e 



B. Das KUma der Eiszelt. 



I. DU drei Glacialperioden. Wer sich vorstellen wollte, es 
seien zur Diluvialzeit die Gletscher fortwährend gewachsen, bis sie 
ihre grösste Ausdehnung erreicht gehabt und hätten nachher wieder 
stetig abgenommen bis zu ihrem jetzigen Umfange, der würde irren. 
Es entspricht vielmehr den Thatsachen, wenn man ein oftmals wieder- 
kehrendes Schwanken der Glelscherausdehnung annimmt. Gerade wie 
es heutzutage Perioden giebt, während welcher die Gletscher abnehmen 
und andere, wo sie vorrücken, so wird es auch früher gewesen sein. 
Neben kleinen Schwankungen aber gab es grosse Veränderungen, ja es 
sind Zeiten konstatiert worden, in welchen die Eisströme sich ganz 
zurückzogen und das Land eisfrei wurde. In den Interglacialzeiten 
nahmen Pflanzen und Tiere „Besitz von der Erde" und diese Pe- 
rioden dauerten, wie wir sehen werden, lange genug, um auch den 
Menschen zu gestatten, an einigen Stellen Europa's sich niederzulassen 
und auf ehemaligem Gletscherboden als Jäger ihr Leben zu fristen. 

In Wetzikon (Kt. Zürich) machte man eine Entdeckung, 
welche in überzeugender Weise die Thatsache wenigstens einer 
interglaciären Epoche bewies. In der Schöneich bei Wetzikon wurden 
nämlich seit 1862 Schieferkohlen gewonnen. Das ICohlenfeld steht 
wahrscheinlich mit demjenigen des benachbarten Dürnten in Ver- 
bindung. Es wurde auf einer Fläche von 49500 m' aufgeschlossen, 
ist jetzt aber erschöpft. Über dem Kohlenflötz lagert Sand und 
Geröll. Nun aber fand man auch unter demselben gekritzte Kalk- 
steine und Puntaigiasgranit, Zeugen, dass auch dieses Gerölllager den 
Gletschern seinen Ursprung verdankt. Demnach wäre die Schiefer- 
kohle, die zu ihrer Bildung doch einige tausend Jahre nötig hatte, 
zwischen zwei Gletscherperioden, in einer Interglaciärzeit entstanden. 
Professor Morlot hatte, als der erste, den Gedanken ausgesprochen, 
dass es zwei Eiszeiten gegeben habe, und dass zwischen denselben 
eine wärmere Interglacialperiode anzunehmen sei, während welcher 
ein milderes Klima geherrscht habe. Er stützte seine Ansichten 
auf eine Eundstelle bei Thonon am Südufer des Genfersees, Nun 
sollte auch die Schieferkohle von Schöneich in diese Zwischen- 
eiszeit fallen und bald überzeugte man sich, dass die Kohle von 
Mörswil unfern St. Gallen ebenfalls interglaciären Alters sei. Die 
Grube Schöneich wurde mehrfach untersucht, z. B. von A. Escher 



zed.yGOOg[e 



Die Eiszeit oder das Dihivium. ig 

VON DER LiNTH, HeeRj Heim und Renevier, so dass über die Zeit der 
Entstehung unserer Schieferkohle heute kein Zweifel mehr existiert. 
Längere Zeit begnügte man sich in der Schweiz mit der An- 
nahme zweier Eiszeiten, da brachte Du Pasquier diese Ansicht zu 
Fall durch seinen Nachweis dreier grosser Gletscherperioden, welche 
durch zwei interglaciäre Epochen voneinander getrennt seien. Schon 
vor ihm hatte Penck für Bayern und Österreich drei Eiszeiten kon- 
statiert. 

Bei seinen Untersuchungen ging Du PAsquntR von einigen That- 
sacben aus, die er im Querthal Turgi-Koblenz beobachtet und weiter- 
hin verfolgt hatte. Bei Turgi (K.t. Aargau) fliessen Aare, Reuss und 
Limmat zusammen und bewegen sich dann durch das genannte 
Querthal in nördlicher Richtung dem Rheine zu. Längs dieses 
Laufes bemerkt man ca. 30 m über dem jetzigen Fluss eine grosse 
Terrasse, die sich sowohl aufwärts gegen Baden und das Binfeld, 
als besonders abwärts gegen Basel und in die Seitenthäler des Rheins, 
z. B, ins Frickthal, verfolgen lässt: das ist die Niederterrassse, 
Sie schliesst sich unter steter Gefällszunahme an die inneren Moränen 
an und erreicht in der Nähe derselben eine Mächtigkeit bis 60 m. 
Innerhalb der Moränen aber ist das Vorkommen dieser Schotter- 
massen ein sehr gestörtes. 

Das Material des Niederterrassen- Schotters stammt aus den Alpen. 
Die geringe Abnutzung der einzelnen Geschiebe, ihre auffallende 
relative Grösse, die Blockablagerungen, die in den Terrassen in der 
Nähe der Moränen sich zeigen, beweisen, dass die Schotter nicht 
vom Wasser allein transportiert wurden, sondern dass dabei auch 
Gletscher thätig waren. Dagegen lassen die dachziegelformige 
Lagerung der Geschiebe und die Schichtung den KinBuss des 
fliessenden Wassers erkennen. Wir haben in der Niederterrasse eine 
fluvioglaciale Bildung vor uns. Diese ist durch einen sogen. Über- 
gangskegel mit der Moräne verbunden. 

Etwa 60 m über der Niederterrasse zeigt sich bei Turgi eine 
höher gelegene Terrasse, ebenfalls aus Schottern bestehend. Sie 
lässt sich auf- und abwärts verfolgen. An ihr fällt besonders die 
Unregelmässigkeit des Verlaufes auf, während die Niederterrasse sehr 
regelmässig ist. Ihr Material ist stark verfestigt, oft gut geschichtete 
Nagelfluh und enthält Moränenblöcke, die in der Niederterrasse 
fehlen. Charakteristisch fiir die Hochterrasse ist das Auftreten des 
hellgelben, schichtenlosen Lösses. Dieser fehlt bei der Niederterrasse, 
wo er nicht etwa, wie in St. Jakob bei Basel, von oben herab- 
geschwemmt wurde. Zur Zeit der Bildung der Hochterrassen 
die Thäler schon existiert haben und ihre Tiefen waren 



zed.yGOOgle 



20 Erstes Kapitel. 

nicht wesentlich von den jetzigen verschieden. Die Thäler der 
Niederterrassen sind im Hochterrassen-Schotter au^ehöhlt. Wenn die 
Niederterrasse mit der letzten Gletscherzeit in Verbindung steht, 
durch AbspUlung des Schuttmateriales ihrer Moränen entstanden 
ist, so steht die Hochterrasse mit der zweitletzten Gletscherzeit in Be- 
ziehung. 

In der Nordschweiz haben wir noch ein drittes, weitverbreitetes 
Gletschergebilde, die löcherige Nagelfluh, die auf den niedern Berg- 
rücken ganze Decken bildet und deshalb als Deckenschotter be- 
zeichnet wird. Man darf sie nicht mit der viel älteren, kompakten 
Nagelfluh verwechseln, aus welcher Speer, Rossberg und ein Teil der 
Rigi bestehen. Die Geschiebe des Deckenschotters sind stark zersetzt; 
Eindrücke in denselben, wie sie z. B. bei der Speemagelfluh so 
häufig sind, findet man nicht Die Oberfläche vieler KalkgeröUe ist 
hart und rauh, ja manche sind durch die Sickerwasser ganz aus- 
gelaugt, welcher Umstand schuld ist am alten Namen dieses Schotters: 
löcherige Nagclfiuh. 

Die Geschiebe des Deckenschotters stammen zum Teil aus den 
Alpen, zum Teil aus dem Molasseland. Die alpinen Materialien sind 
seltener als in den Terrassenschottern; besonders Sernifit ist selten. 
Häufig dagegen sind Geschiebe aus der älteren, sogen, mioccnen 
Nagelfluh, ferner dunkle Kalke und Quarzite, Das Material des 
Deckenschotters ist gerundet und geschichtet, also haben wir auch 
hier Zeichen der Wasserwirkung. Gegen Süden erscheint eine Block- 
facies, gekritzte Geschiebe kommen vor. Beweise der Gletscher- 
wirkung. Der Deckenschotter ist ebenfalls ein fluvio-glaciales Gebilde, 
aber er ist nicht gleichalterig mit dem Hochterrassen-Schotter, wie 
schon die allgemeine Verfestigung, ganz besonders aber die Zu- 
sammensetzung ergiebt. Der Deckenschotter steht mit der ältesten 
Glacialperiode in Verbindung, ist ein Produkt derselben. 

Fassen wir die gegenwärtig gültigen Ansichten unserer Geologen 
über das Diluvium zusammen, so ergiebt sich folgendes Resultat: 
Die letzte grosse Faltungsperiode der Alpen liegt im Tertiär. 
Erst nach derselben begann die erste Eiszeit. Die Gletscher wuchsen 
und reichten im Linthgebiet etwa bis Lägern und Irchel. Nicht das 
Thal des Zürichsees, das damals von der Sih! durchflössen wurde, 
sondern das Glattthal ist der ursprüngliche Linthweg. Damals 
floss der Rhein gegen Ulm. Die Alpenthäler, sowie diejenigen des 
Mittellandes, waren noch wenig ausgebildet. Dann zogen sich die 
Gletscher zurück; es kam die erste Interglaciärzeit Das durch den 
Gletscher angehäufte Geschiebe wurde von den Schmelz wassern 
weggeführt, zahlreiche Thäler entstanden und nur auf den Berg- 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium, 21 

rücken blieben die alten Anschwemmungen erhalten (Deckenschotter). 
In dieser Zeit floss der Rhein durch das Klettgau. Flora und Fauna 
der Schweiz von damals sind uns noch unbekannt 

Zum zweiten Mal rückten die Gletscher vor. Die Thäler wurden 
bis auf etwa lOO m Höhe mit Kies gefüllt und darüber breitete sich der 
Gletscher aus. Wir wissen nicht, wie weit er reichte. Beim Zurück- 
gehen des Eises begann die Erosionsthätigkeit wieder. Die Wasser 
schneiden sich ein, lassen aber an manchen Stellen Schotterfetzen 
stehen (Hochterrassen). I>er Rhein scheint damals durch das Rafzerfeld 
geflossen zu sein. Die Linth nahm nun ihren Lauf durch das alte 
Sihl-, das heutige Zürichseethal. Ihr zum Glattthal gewordenes Stamm- 
thal widerstand der Erosion und es bildeten sich die Schieferkohlen. 
Die Sihl floss von Schindellegi an westwärts der Reuss zu. Der 
letzte Voi^ang dieser zweiten Interglaciärzeit dürfte die Lössablagerung 
gewesen sein. 

Wieder rückten die Gletscher vor und vor ihnen lagerten die 
Flüsse Geschiebe ab. Auf der Linie Schaffhausen — Bülach — 
Killwangen — Mellingen — Othmarsingen — Seon — Wangen an der 
Aare machten die Gletscher Halt, während ihre Schmelzwasser die 
Niederterrassen erzeugten. 

Endlich zogen sich die Eisströrae definitiv zurück. Die Sihl 
veränderte nochmals ihren Lauf und grub sich zwischen Albls und 
Zimmerbergkette ein neues Bett; der Rhein schnitt sich zwischen 
Buchberg und Irchel ein und die Aare floss statt durch das weite 
Gäuthal bei Aarbei^ hindurch. 

Die Eiszeit war zu Ende; mehr und mehr milderte sich das 
Klima, Fauna und Flora änderten ihren Charakter und unser Land 
erhielt nach und nach seine heutige Gestalt. 

2. Flora und Fauna des Diluviums. Das Klima der Diluvial- 
zeit werden wir am besten kennen lernen, wenn wir uns die Pflan- 
zen- und Tierwelt jener Epoche vor Augen führen. Die Reste der- 
selben sind in den Schieferkohlen und im Grundmoränen lehm der 
ebeneren Schweiz in beträchtlicher Zahl gefunden worden. Was 
zunächst die Flora des DUuviums angeht, so konnten in den Kohlen- 
lagern von Wetzikon, Dürnten, Utznach und Mörswil von Heer 
folgende Pflanzen konstatiert werden: Die Fichte oder Rottanne, 
verschiedene Föhren, worunter besonders Bei^ohren (z. B. die Zwer^- 
fÖhre), die Lärche, Eibe, Birke, Eiche, der Bergahorn, die Hasel- 
nuss. Dazu kommen Fieberklee, Schilfrohr, Seebinse, Himbeere, 
Wassernuss u. s. w., ferner zahlreiche Kryptogamen. In der zweiten 
Interglaciärzeit müssen auch die Tuffe von Flurlingen unfern Schaff- 



,_'''^ D,g,t,zed.yGOOgle 



22 Erstes Kapitel. 

hausen entstanden sein. Wehrli fand m denselben Reste des 
Bei^ahorn, des Buchsbaumes, der Esche, Weisstanne und Eibe, 
sowie Spuren von Rietgräsern. Diese Pflanzen kommen heute noch 
in der Gegend vor. Wir können aber auch bei Betrachtung der oben 
angeführten Reste aus den Schieferkohlen sehen, dass in der zweiten 
Interglaciärzeit das Klima der Schweiz nicht wesentlich vom heutigen 
verschieden war. 

Anders sind die Verhältnisse in den Glacialtonen. Bei Schwerzen- 
bach, ostlich von Zürich, befindet sich ein Lettenlager auf Moränen- 
schutt. In demselben wurden ebenfalls Pflanzen aus der Diluvialzeit 
gefunden, nämlich die Zwergbirke, vier Weidenarten, worunter die 
Polarweide, die Bärentraube, ein Knöterich und Dryas octopetata. 
Alle diese Pflanzen gehören dem Norden an und die Polarweide ist 
unserer Flora ganz fremd. Ähnliche Funde haben Nathorst und 
Schröter auch anderwärts in glacialen Tonlagern gemacht. Die 
Pflanzenwelt des letzten Teiles der Diluvialperiode weist auf ein 
kaltes, nordisches Klima. 

Eine Fundstelle, die in ihrem Alter wohl nicht sehr von der- 
jenigen in Schwerzenbach differiert, liegt bei Schussenried im süd- 
lichen Württemberg. Sie ist um so interessanter, als sie nicht 
bloss pflanzliche, sondern auch tierische Reste bietet, und selbst 
Menschenspuren sind dort zahlreich zum Vorschein gekommen. Im 
Grenzdistrikt zwischen den Flüsschen Schüssen und Feder, an der 
Wasserscheide zwischen Rhein und Donau , befindet . sich unfern 
des Dorfes Schussenried die Stirnmoräne des alten Rheingletschers. 
Zum Zweck der Gewinnung einer grössern Wassermenge liess der 
Müller an der Schüssen von der Quelle dieses Flüsschens an einen 
tiefen Graben ziehen und stiess dabei auf uralte Ansiedelungsreste. 
Sie lagen in einer Moosschicht von dunkelbrauner Farbe, deren 
Wassermenge alle tierischen und menschlichen Überbleibsel sorglich 
bewahrte. tJnter den Moosen fand Schimper durchweg hochnordische 
Formen. Im tiefsten Grund des Grabens befanden sich bis 2 m hohe 
Bänke von Hypnum sarmentosum, welches Moos nur in Lappland, 
Norwegen, auf den höchsten Teilen der Sudeten und der Tiroler Alpen, 
in Grönland, Labrador und Canada angetroffen wird. Hypnum 
aduncum kam in einer Varietät vor, die heute nur aus Grönland 
bekannt ist Hypnum fluitans var, tenuissimum wächst in den 
Alpen und im arktischen Amerika. Es wurde in der Abfallgrube 
an der Schussenquelie ebenfalls gefunden. Die Tierwelt, welche 
in diesem Fundorte konstatiert werden konnte, bestand nach 
Fraas aus dem Ren, dem Vielfrass, dem Gold- und Eisfuchs, 
einer Art Pferd, dem Braunbär, dem Singschwan u. s. w. Die 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 2} 

Zeichen der Anwesenheit des Menschen aber bestehen in zer- 
klopften Tierknochen, in Brandspuren, zugeschlagenem Feuerstein, 
Werkzeugen aus Rentierhorn, An Waffen fand man Dolche und 
Speerspitzen, Auch eine rote Farbmasse wurde entdeckt 

In der diluvialen Fauna finden sich zunächst eine ganze Reihe 
von Riesen, vor allem Elephanten, Im altern Diluvium ist Elephas 
meridionalis und E. antiquus vertreten. Elephas priscus wurde im Rhein- 
thal konstatiert und E. africanus, der jetzt noch lebt, kam in Sizilien 
zum Vorschein, was auf eine alte Verbindung mit Afrika hindeutet 
In Malta fand man Reste desZwergelephanten: Elephas Falconeri. Der 
bekannteste Repräsentant der ganzen Gruppe ist aber E. primigenius 
oder das Mamut, dessen Knochen häufig als menschlichen Riesen 
angehörig erklärt worden sind. Das Mamut war ein Bewohner des 
Nordens und im Eise Sibirien's liegen die Reste dieser Tier- 
form in solcher Menge, dass man Handel mit fossilem Elfenbein 
treiben kann. Aus dem gefrorenen Boden jenes Landes tauen ge- 
legentlich ganze Mamutleichen heraus. Bei solchen Funden konnten 
sich die Naturforscher überzeugen, dass dieser Elephaat, ungleich 
seinem tropischen Vetter, mit einem dichten Pelze bekleidet war, 
der vom und auf dem Rücken eine lange Mähne besass. Man 
untersuchte auch die Speisereste dieses 5 m langen und 3 m hohen 
Tieres und fand, dass es sich hauptsächlich mit Zweigen von Nadel- 
hölzern genährt habe. 

Im Eise Sibirien's fand man noch ein anderes Diluvialtier ein- 
geschlossen, dessen Heimat ebenfalls der Norden war, trotzdem 
seine heutigen Verwandten die Tropen bewohnen: Das zweihörnige 
Rhinoceros tichorhinus. Es ist der stete Begleiter des Mamut und 
war, wie dieses; mit einem dichten Haarkleide bedeckt. 

Unter den Unpaarhufern verdient neben dem Nashorn die Gattung 
Pferd eine besondere Erwähnung, da sie sich in der alten, wie in 
der neuen Welt fand. In Amerika hat sich aber keine der Pferde- 
arten erhalten und die heutigen Pferde der neuen Welt stammen von 
eingeführten europäischen ab. 

In grosser Zahl treten im Diluvium die Wiederkäuer auf, be- 
sonders die Hirsche. Der berühmteste fossile Hirsch ist Cervus 
euryceros, dessen Geweihenden gegen 4 m auseinander lagen. Viel- 
leicht ist der „grimme Scheich" des Nibelungenliedes auf den Riesen- 
hirscb zu beziehen. Daneben aber lebten noch der Edelhirsch und 
das Reh, das Ren und das Elen oder der Elch des Nibelungen- 
liedes. Ausser diesen nordischen Gestalten finden sich im Diluvium 
aber auch die alpinen Formen Gemse, Steinbock, Murmeltier und 
Alpenhase. 



zed.yGOOgle 



24 Erstes Kapitel. 

Das eben erwähnte Heldenlied der Deutschen erzählt von 
Siegfried: 

„D'tauf nuD schlug er schiere einen Wiseul und einen Elch. 
Starker Urc viere und einen grimmen Scheich." 

Ur und Wisent sind wilde Rinder, von denen das eine aus- 
gestorben ist und das andere sich nur noch an wenigen Stellen 
Europa's findet. Der Ur, Bos primigenius , existierte bis ins 
XVII, Jahrhundert hinein. Der Bison oder Wisent, Bos Bison 
lebt unter dem Schutze der russischen Regierung heute noch im 
Kaukasus und in Lithauen. Verwandt mit ihm ist der amerikanische 
Bison oder B, americanus. Ein echt nordisches Tier ist der Moschus- 
ochs (Ovibos moschatus), der gegenwärtig den hohen Norden 
Amerika's bewohnt, zur Diluvialzeit aber auch in Europa vorkam. 

Den gewaltigen Pflanzenfressern des Diluviums standen fürchter- 
liche Raubtiere gegenüber. Der Höhlenbär, Ursus spelaeus, erreichte 
eine Länge von 3 m und eine Höhe von i30 — 125 cm. Im Hohle- 
fcls in der Rauhen Alb fand Fraas in einem kleinen Raum 
HO Schädel und 275 Unterkiefer des Höhlenbären, ein Zeichen der 
Häutigkeit dieses Tieres. Unter den Resten (von ca. 400 Indi- 
viduen) waren alle Altersstufen und beide Geschlechter vertreten. 
Knochenbrüche wurden häufig bemerkt. Diese waren wohl meist 
durch das Pferd herbeigeführt, welches eine Lieblingsspeise des Höhlen- 
bären der Alb gewesen zu sein scheint, denn man fand seine Reste 
in der Bärenhöhle sehr häufig. 

Ausser Ursus spelaeus wurde noch ein anderes Diluvial- 
Raubtier gefunden, die Höhlenhyäne-. Hyaena spelaea. Aber diese 
mied die Gesellschaft des ersteren und ihre Reste fanden sich in 
der Rauhen Alb selten, wohl aber sind sie häufig in Italien, Frank- 
reich und England. 

Das Katzengeschlecht ist im Diluvium durch den Höhlenlöwen 
(besser Höhlentiger); Felis spelaea, vertreten, ein Tier von gewaltiger 
Grösse. In Südeuropa kommen dazu noch Panther-Arten. 

Lassen uns die eben erwähnten grossen Tiere des Diluviums 
manch interessanten Blick in die längstvei^angenen Zeiten thun, 
so sind die kleinen diluvialen Säugetiere noch viel charakteristischer 
und das Studium derselben ist gerade für unsere Frage sehr frucht- 
bringend, da sie mehr, als die grossen Tiere, an bestimmte Klimate 
gebunden erscheinen und weniger bedeutende Wanderungen aus- 
führen. Besonders war es Nehbing in Berlin, der auf Grund lang- 
jähriger und zahlreicher Untersuchungen von Tierresten in diluvialen 
Ablagerungen die Theorie aufstellte, dass an die Eiszeit in Mittel- 



zed.yGOOgle 



Die Eisi^eit nder das Diluvium. 25 

europa sich eine Periode anschliesse, in welcher grosse Teile des 
Landes ein tundrenartiges Aussehen hatten, wie Fauna und Flora 
bezeugen. Später folgte eine Steppenzeit mit einer Tierwelt, wie 
sie gegenwärtig in den russisch-sibirischen Waldsteppen heimisch ist, 
und endlich erschien die heute noch existierende Wald- (und 
Weide-) Fauna. 

Charaktertiere der Zeit der Tundren sind besonders die Lemminge, 
die einst über ganz Centraleuropa verbreitet waren. Lemmingsreste 
fanden sich z. B. bei Thiede (Thüringen) in Ablagerungen, die man 
einer Interglacialzeit zuschreibt. Neben denselben erscheinen Moschus- 
ochs, Ren, Vielfrass, Schneehase, veränderlicher Hase (Lepus varia- 
bilis), Hermelin, Schneehuhn u. s. w. An pflanzlichen Resten wurden 
jenen Ablagerungen entnommen: Zwergbirke (Betula nana), Polar- 
weide, Dryas octopetala u, a. m. 

Für die sogen. „Steppenzeit" sind vor allem die Springmäuse 
charakteristisch. Der grosse Pferdespringer, der in den diluvialen 
Ablagerungen von Westeregeln in Norddeutscbland sehr häufig er- 
scheint, ist leicht zu erkennen und führt sozusagen keine Wande- 
rungen aus. Er kann darum als „Leitfossil" für die Zeit der Steppen 
oder besser der Waldsteppen angesehen werden, ebenso der Zwerg- 
Pfeifhase, gleichfalls ein sesshaftes Tier. Daneben kommen in Be- 
tracht das Steppen -Murmeltier (Bobak), das rötliche Ziesel und 
einige Wühlmäuse. Ein echtes Steppentier ist das Wildpferd, 
ebenso der Dschiggetai oder Wildesel und die Saiga-Antilope, die 
einst bis nach Frankreich hinein verbreitet war. Wenn in mehreren 
Fundorten neben diesen Tieren auch Reste von Elephas primigenius 
(Mamut) und Rhinoceros tichorhinus vorkamen, so lässt sich das 
leicht erklären, denn das letztere liebte offenbar die Steppe und das 
Mamut verschmähte sie so wenig, als der Urstier. 

Repräsentanten der Waldfauna sind besonders Edelhirsch und 
Reh, Eichhorn, Baummarder, Wildkatze, Luchs und Wildschwein. 
Mit dem vorwiegenden Auftreten dieser Tiergesellschaft treten wir, 
geologisch gesprochen, in die Jetztzeit ein. 

C. Ursachen der Eiszeit und Alter derselben. 

I. Ursachen der Eiszeil. Nachdem die Eiszeit als solche erkannt 
und in vielen Teilen der Erdoberfläche nachgewiesen war, fragte 
man nach den Ursachen dieser merkwürdigen Erscheinung. Am 
nächsten lag es, eine andere Verteilung von Land und Wasser, die ja 
in frühem geologischen Epochen thatsächlich vorhanden war, als Ur- 
sache der Eiszeitanzunehmen. GewisswürdedieTemperaturWest-und 



zed.yGOOgle 



26 Erstes KapileL 

Mitteleuropa's sinken, wenn beispielsweise der Golfstrom uns keine 
Wärme mehr zuführte. Wir hätten dann, besonders wenn die europä- 
ischen Küsten zugleich noch den nordischen Gewässern offen waren, ein 
Jahresmittel, ähnlich demjenigen der mit uns unter gleicher Breite 
befindlichen Gegenden Nordamerika's. Das würde zwar noch keine 
Eiszeit bedingen, denn dazu brauchte es nicht bloss grössere Kälte, 
sondern auch viel Feuchtigkeit. Man half sich aber mit der An- 
nahme, dass in der Tertiärzeit die Sahara ein Meer gewesen sei, dessen 
Feuchtigkeit durch die Winde auch auf unsere Gegenden eingewirkt 
und dadurch eine Eiszeit herbeigeführt habe. Wir verstehen indessen 
nicht, wie die Sahara eine dreimalige Wiederholung des Glacial- 
phänomens bewirken konnte. 

Groll suchte die Eiszeit auf kosmische Einflüsse suriickzu- 
fiihren, indem er daran erinnerte, dass sowohl die Neigung der 
Erdbahn (Ekliptikschiefe), als die Elliptizität derselben infolge der 
Einwirkung der Planeten ihre Grösse verändere. 

Eine andere Annahme suchte die Veränderungen an der Sonne 
selbst in ursächlichen Zusammenhang mit der Eiszeit zu bringen. 
Dieser ungeheure Weltkörper sollte z. B. eine Wärme und Licht 
undurchlässige Hülle ausgeschieden haben, was zur Folge hatte, 
dass die Sonnenwärme auf der Erde geringer wurde. Jene Hülle 
versank bei zunehmender Dicke infolge ihrer eignen Schwere und 
die Wirkung der Sonnenstrahlung wurde auf der Erde wieder voll 
bemerkbar. 

Im Jahre 1894 hat Marchi die verschiedenen Hypothesen 
geprüft und gefunden, dass als wahrscheinlichste Ursache der 
Eiszeit die Abnahme der Durchsichtigkeit der Atmosphäre, ver- 
ursacht durch das Hinzutreten einer das Gewöhnliche über- 
schreitenden Menge von Wasserdampf anzunehmen sei. Die Folge 
davon war, dass ein dem jetzigen überlegener Grad von Be- 
wölkung und Regenfähigkeit erzeugt wurde. Woher aber jene 
Meißen Wasserdampf kamen und warum sie wieder verschwanden, 
ist noch nicht erklärt. 

Wir müssen also gestehen, dass die eigentliche Ursache des 
Eiszeit-Phänomens uns immer noch unbekannt ist Sicher ist nur 
die Thatsache, dass es eine Eiszeit gab. 

2. Das Alter der Eiszeit. Es hat schon im Altertum nicht an 
Versuchen gefehlt, das Alter des Menschengeschlechts zu bestimmen, 
und es ist ergötzlich, die Berechnungen zu lesen über die Zeit, die 
von Adam bis auf Christus verflossen sein sollte. Immerhin be- 
wegen sich die Angaben innert weniger Jahrtausende. Als aber 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit odn dm Diluvium. 27 

der Beweis geleistet war, dass der Mensch schon zur Eiszeit existiert 
hatte, als Geolf^ea und Astronomen, die gewohnt waren, mit 
grossen Zeiträumen zu rechnen, die Sache in die Hand nahmen, kam 
es ganz anders. Jetzt sollte das Alter der Menschheit nach Jahr- 
hunderttausenden gerechnet werden. 

Croll, der, wie wir gesehen haben, die Ursache der Eiszeit in 
der Ekliptikschiefe und in der Änderung der Exzentrizität der Erd- 
bahn suchte, berechnete danach die Periode der bedeutendsten 
Gletscherentwicklungen auf die Zeit um 850000 und 240000 vor 
unserer Zeitrechnung und das Ende der Eiszeit sollte 80000 Jahre 
hinter uns liegen. 

Lyell untersuchte die Hebui^en und Senkungen, welche Eng- 
land seit dem Tertiär durchgemacht, nahm per Jahrhundert eine 
mittlere Bewegung von 2^1^ Fuss an und erhielt so die Zahl von 
200000 Jahren. 

G. DE MoRTiLLET glaubte, ein natürliches Chronometer in dem 
Masse der Verwitterung von Felsoberflächen gefunden zu haben, die 
von Gletschern poliert worden waren. In Aix-Ies-Bains (Savoyen) 
ist ein solcher polierter Kalkfels. Derselbe war schon von den 
Römern benutzt worden. Man verglich nun die Verwitterungsfurchen, 
die seit der Zeit der Römer entstanden, mit denjenigen, die sich 
seit der Glacialzeit gebildet hatten und fand ein Verhältnis von 
2 — 3 mm zu I m. In 2000 Jahren hatten Furchen von 2 — 3 mm 
entstehen können; um i m tiefe Furchen erzeugen zu können, musste 
die Natur allermindestens 200000 Jahre gebraucht haben. So 
lange hatten also die Gletscher das Thal von Aix verlassen. 

MoRTiLLET hat die Zeit, da der Diluvialmensch in Frankreich 
lebte, in vier Perioden geteilt und diese nach berühmten Fundorten 
benannt Er kommt dabei zu folgenden Zahlen: 

1. Chelleen (Hauptfiindort Chelles, Dep, 

Seine-et-Oise), voreiszeitlich . , , 78000 Jahre umfassend 

2. Moust^rien (Hauptfundort LeMoustier, 

Dordogne), eiszeitlich looooo Jahre umfassend 

3. Solutr^en (Hauptfundort Solutr^, Dep. 

Saöne et Loire), nacheiszeitlich . . 11 ooo Jahre umfassend 

4. Magdal^nien (Hauptfundort La Made- 

leine, Dordogne) 33000 Jahre umfassend 

222000 Jahre. 

Eine andere Berechnung über das Alter der Eiszeit hat Prof. 
A. Heim gemacht: Vor dem Delta der Muotta im Vierwaldstätter 
See liegt eine Moräne, die sich ungefähr zwischen Gersau und Treib 



zed.yGOOgle 



28 Erstes Kapitel. 

hinzieht. Heim verglich nun die Deltas der Muotta und der Reuss 
untereinander und mit den beiderseitigen Samme! gebieten. Die 
Sand- und Schlammmassen, welche die beiden Flüsse jährlich in 
den Vierwaldstätter See fuhren, stehen in direkter Proportion zur 
Ausdehnung der zugehörigen Sammelgebiete und sind umgekehrt 
proportional zur Grösse der Ablagerungsflächen. Mit Berücksichtigung 
der Fehlerquellen haben Heim und Wehrli herausgerechnet, dass 
seit dem Beginn der Bildung des Muottadeltas, also seit dem defini- 
tiven Rückzug der Gletscher, ca. 16000 Jahre verflossen sind. 
Nehmen wir an, seit der letzten Eiszeit seien ver- 
gangen 15000—20000 Jahre 

und rechnen wir für die zweite Interglaciärzeit nur 5000 Jahre 

für die zweite Glaclalzeit wieder ca 20000 Jahre 

ftir die erste Interglaciärzeit, die mindestens sechs- 
mal länger dauerte als die zweite (nach 
den Erosionen zu schliessen), . . . 30000 Jahre 

für die erste Glacialzeit wieder 200OO J ahre 

so erhalten wir für die Zeit des Diluviums annähernd looooo Jahre. 
Es werden diese Zahlen durch ähnliche Berechnungen an 
anderen Schweizer Seen gestützt Sie können, das Hegt in der Natur 
der Sache, kein genaues Resultat, sondern wollen nur einen un- 
gefähren Begrifif geben vom Alter der Eiszeit Bemerkenswert ist 
immerhin, wie sehr die hier angegebenen Zahlen an Grösse hinter 
den früheren zurückstehen. 

Wenn also der Mensch in gewissen Teilen Europa's, z. B. in 
Frankreich, bei Beginn der Eiszeit lebte, so musste nach diesen Be- 
rechnungen unser Geschlecht daselbst schon vor ca. 100000 Jahren 
existiert haben. 



D. Die Ältesten Spuren des Menschen 
In der Schweiz. 

I. Geschichte des Diluvialmenschen. Im Jahre 1577 kamen 
beim Dorfe Reiden im Kt Luzern unter einer vom Sturm ent- 
wurzelten Eiche riesige Knochen zum Vorschein. Sie wurden nach 
Luzern gebracht. Dort sah sie einige Jahre später der berühmte 
Arzt Felix Platter, der sie für Gebeine eines Riesen hielt Er 
nahm nachher in Basel eine genauere Untersuchung des Fundes vor 
und wurde in seiner Ansicht bestärkt Im Anfang des XVIII. Jahr- 
hunderts waren nur noch 3 Riesenknochen in Luzern zu sehen. 
Der Züricher J. J. Scheuchzer, der als „Vater der Paläontolf^c" 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 29 

gefeiert wird, beschreibt sie als ein Stück des Schulterblattes und 
zwei Handknochen. Diese drei Knochen liegen gegenwärtig im 
Naturalienkabinet in Luzem. Es sind Skeletteile des Mamut Dass 
Platter sie als Menschenknochen von riesiger Grösse ansah, erklärt 
sich daraus, dass in der That einige Teile des Mamutskeletes den 
entsprechenden Knochen im menschlichen Körper ähnlich sehen. 

Der obgenannte Joh. Jakob Scheuchzer erhielt 1723 aus 
Oeningen am untern Bodensee eine Steinplatte, welche ein ziemlich 
vollständiges, beinahe 3 Fuss langes Skelet einschloss. Er publizierte 
den Fund und erklärte ihn als den Rest eines Menschen. Dieser 
„Zeuge der Sündflut" wurde dann häufig besprochen und ihn be- 
trifft das oft zitierte Sprüchlein: 

„Betrabtes Beingenist von einem alten Sünder, 
Erweiche Herz und Sinn der neuen Bosheitskinder!" 

Schon im Jahr 1755 sprach sich Gessner dahin aus, dass dieser 
Fund nicht auf den Menschen bezogen werden dürfe. Er hielt ihn 
fiir ein Welsskelet. Erst später ei^ab sich, dass es ein „Beinge- 
rüst" eines Riesensalamanders sei, von dem eine verwandte Form 
(Cryptobranches japonicus) heutzutage noch in Japan gefunden wird. 

Ähnliche Missdeutungen von Knochenresten, die in der Erde 
gefiinden, Hessen sich noch viele namhaft machen. Das erklärt uns, 
warum sich manche vermeintlichen „Heiligen-Gebeine" in Kirchen 
und Klöstern als Überbleiiisel vorweltlicher Riesentiere entpuppen 
konnten. 

Wie den Knochen des Menschen, so ergii^ es früher auch 
den Produkten seiner Hand. Sie wurden häufig nicht als solche 
anerkannt, sondern fiir Naturspiele, Zauberobjekte und dergl. ge- 
halten. Plinius erzählt z.B. von den steinernen Beilen, sogen. Donner- 
keilen, die man in der Erde gefunden und von denen man annahm, 
sie seien bei Gewittern entstanden: „Sotacus kennt zwei Arten von 
Donnerkeilen, eine schwarze und eine rote; beide sind Äxten ähn- 
lich. Die schwarze hilft zur Wegnahme von Städten und ganzen 
Flotten. Man nennt sie Baetyle, wenn sie rund ist; ist sie länglich, 
so behält sie den Namen Donnerkeil. Man kennt auch noch eine 
dritte Art, welche sehr selten ist und von den parthischen Magiern 
mit Eifer gesucht wird, weil sie sich nur an den vom Blitz ee- 
troflenen Orten vorfindet." Noch heute werden die Steinbeile hier 
und da als Blitzsteine erklärt und zu abergläubischen Zwecken be- 
nutzt. Ähnlich geht und ging es mit Pfeilspitzen aus Feuerstein u. s. w. 

Manchmal waren in früheren Jahrhunderten auch Urnen in der 
Erde geftinden worden. Man hielt sie aber nicht etwa fiir Gefasse, 



zed.yGOOgle 



30 Erstes Kapilel. 

von Menschenhand erstellt, sondern glaubte, sie seien an Ort und 
Stelle gewachsen. 

Nach und nach brach sich jedoch sowohl in Bezug auf die 
Beurteilung der Knochen des Menschen, als der alten Werke seiner 
Hand die richtige Auffassung Bahn und mit dem zu Ende gehenden 
XVIII. Jahrhundert war man so weit, die menschlichen Skeletteile 
als solche zu erkennen und die urzeitlichen Artefakte richtig zu 
beurteilen. 

Im Anfang des XIX. Jahrhunderts lebte der grosse Paläontologe 
G. CuviER. Er drang, wie kein zweiter vor ihm, in den Schichten- 
bau der Erdrinde, um darin die Spuren der Lebewesen zu erforschen. 
Er zeigte, wie man das relative Alter der geologischen Schichten 
an Hand der Tierreste erkennen könne und baute aus den erhaltenen 
Teilen der Skelette die Gestalten der längst dahin geschwundenen 
Tiergeschlechter vor den Augen seiner Zeitgenossen wieder auf. 
CuviER fand, die Vorzeit sei in scharf getrennte Abschnitte geschieden, 
jeder charakterisiert durch bestimmte Flora und Fauna, die weder 
vor-, noch nachher zu finden seien. So entstand seine Lehre von 
den Seh öpfungs- Perioden, die durch Erdrevolutionen von einander 
getrennt sein sollten. 

Der Mensch gehört nach Cuvier der letzten Schöpfungsperiode 
an; er lässt sich erst in postdiluvialen Schichten nachweisen. Die 
Jetztzeit, das Alluvium, ist geradezu durch das Auftreten des Menschen 
charakterisiert. Das wurde nun ein, besonders von theologischer Seite 
scharf hervorgehobener Glaubenssatz. Cuvier hatte zwar die Mög- 
lichkeit, dass der Mensch mit den diluvialen Säugetieren, mit au^ 
gestorbenen Elephanten, mit dem Höhlenbären u. s. w. zusammenge- 
lebt, nicht abgewiesen, aber die damals bekannten Funde menschlicher 
Reste aus dem Diluvium schienen ihm nicht beweisend zu sein. Seine 
Jünger waren exklusiver als der Meister und leugneten den diluvialen 
Menschen überhaupt. So kam es, dass selbst die sorgfältigen und 
mühevollen Forschungen Schmüeling's in den belgischen Höhlen, 
in welchen er den Menschen als Zeitgenossen des Mamut und des 
Höhlenbären kennen gelernt hatte, fast unbeachtet blieben, da man die 
Funde als zusammengeschwenimtes Material ohne wissenschaftlichen 
Wert betrachtete. Es schien, als ob die Katastrophentheorie jeden 
namhaften Fortschritt im Erkennen naturhistorischer und urgeschicht- 
licher Thatsachen hindern wolle. 

Vergebens hatte Lamarck dem System Ccvier's das Prinzip 
der Entwicklung entgegengesetzt: es blieb unverstanden. Da stellte 
Lyell in seinem berühmten Werke „Principles of Geology" 1830 
den Satz auf, dass die Umänderungen der Vorzeit nicht plötzlich 



zed.yGOOgle 



it oder das Diliiv 

vor sich gegangen, sondern durch jetzt noch wirkende kleine Ur- 
sachen langsam, aber stetig durchgeführt worden seien. Nun er- 
folgte ein völliger Umschwung in den geologischen Ansichten, aber 
auch jetzt blieb die Urgeschichte im Banne der veralteten Ideen 
und es bedurfte der zwanzigjährigen unverdrossenen Forscherarbeit 
eines Boucher de Perthes, um auch auf diesem Gebiete freie Bahn 
zu schaffen. 

Dieser Archäologe hatte Ende der dreissiger Jahre in den 
diluvialen Kieslagem von Abbevüle im Sommethal Nordfrankreich's 
Spuren menschhcher Arbeit gefunden. 

Er legte im I^ufe der folgenden Jahre eine ganze Sammlung 
von diluvialen Feuerstein-Objekten an, aber als er 1 847 seine 
„Antiquitfe celtiques et ant^äiluviennes" bekannt machte, wurde er 
als Sonderling und Schwärmer verlacht. Indessen war Boucher de 
Perthes nicht der Mann, der sich durch Spott und Hohn abschrecken 
Hess. Er sammelte eifrig weiter und schliesslich trug seine Beharr- 
lichkeit den Sieg davon. 

Im Jahre 1858 wurde die Brixham cave bei Torquay in Eng- 
land untersucht. Die englischen Forscher kamen dadurch ebenfalls 
auf die Frage nach dem diluvialen Menschen, Sie besuchten Abbe- 
ville, machten auch im Sommethal zahlreiche Ausgrabungen und 
überzeugten sich von der Richtigkeit dessen, was Boucher de Perthes 
behauptet hatte. Von Paris aus wurden nun gleichfalls Expeditionen 
zur genauen Untersuchung des Thatbestandes abgesandt Das Resultat 
war, dass man allgemein anerkannte, der Mensch habe schon während 
des Diluviums gelebt, zusammen mit jetzt zum Teil ausgestorbenen 
Tieren. 

Nun war das Eis gebrochen und die Leidensgeschichte von 
Boucher de Perthes hatte ein Ende. Jetzt erschienen auch die 
Höhlenfunde in einem andern Lichte. Man begann neue Unter- 
suchungen und es folgten sich hervorragende Entdeckungen in den 
verschiedensten Ländern Europa's, Im gleichen Jahr 1859, da der 
Diluvial mensch allgemein anerkannt wurde, erschien auch das epoche- 
machende Werk Darwin's über die Entstehung der Arten, das der 
Entwicklungstheorie Lamarck's zum Siege verhalf. 

Ein Franzose war es gewesen, der als einer der ersten den 
Diluvialmenschen erkannt hatte und P'rankreich hat auch später 
wichtige Funde geliefert, besonders als man begann, die Höhlen im 
Süden des Landes zu durchforschen. An der V&^re, einem Neben- 
flusse der Dordogne, liegen z. B. mehrere der berühmtesten Fund- 
orte, wie Le Moustier und La Madeleine, nach denen von Mor- 
TiLLET zwei Unterabteilungen der Diluvialzeit benannt wurden. 



zed.yGOOgle 



12 Erstes Kapitel. 

ferner Laugerie Haute und Laugerie Basse, Cro Magnon und Les 
Eyzies, 

Die Höhle von La Moustier zeichnete sich durch ihren Reich- 
tum an primitiven Feuerstein-Geratschaften aus, die denjenigen des 
Sommethales in Nordfrankreich nahe stehen. Es sind Beile, deren 
eine Seite durch einen einzigen Schlag hergestellt wurde. Aus 
La Madeleine stammen mehrere Zeichnungen, die von den einstigen 
Bewohnern der Höhle mit Feuersteinsplittern auf Rentierhom und 
Elfenbein graviert worden sind. Ausser in Zeichnungen hat sich die 
Kunstliebe der Troglodyten auch in Skulpturen verewigt 

In der Höhle von Cro Magnon fand man mehrere Schichten. 
Die oberste Fundschicht enthielt S Leichen. Ein Frauenschädel trug 
eine tiefe Wunde, die durch eine Feuersteinaxt geschlagen worden 
sein mochte. Die Wunde war 33 mm lang und 12 mm breit. Die 
Ränder derselben zeigten Vemarbung. Die Frau scheint also nach 
der Verwundung noch längere Zeit gelebt zu haben. 

Frankreich war in der Eiszeit nur zu einem kleinen Teil ver- 
gletschert. Der Mensch konnte sich damals fast überall in diesem 
Lande aufhalten; daher die Masse von Waßen, Geräten und 
Schmucksachen, die er uns hinterlassen. 

In Belgien wurden die Forschungen Schmerling's wieder auf- 
genommen und zahlreiche Höhlen im Thal der Maas und der 
Lesse untersucht. Der Grotte von Chaleux entnahm Dupont ca. 
30000 Feuerstein- Objekte. Bei Furfooz liegt das Treu des Nutons, 
eine weite Höhle, welche sich als uralte Troglodytenwohnung er- 
wies. Im benachbarten Trou du Frontal glaubte man die zu jener 
Ansiedlung gehörige Begräbnisstätte gefunden zu haben. 

Deutschland weist ein schon in prähistorischen Zeiten von 
Menschen benutztes Höhlengebiet auf, das als Fortsetzung des belgischen 
betrachtet werden kann und sich durch Westfalen nach dem Harz 
hinzieht. Eine andere Gruppe von Höhlenfundorten findet sich im 
schwäbischen und bayrischen Jura. 

Zahlreich sind die Höhlenfunde in Österreich, wo in dieser 
Beziehung besonders Mähren wichtig ist. An mehreren Orten da- 
selbst glaubte man in der Hinterlassenschaft der Troglodyten all- 
mähliche Übei^änge von der Diluvialperiode oder altern zur jungem 
oder neolithischen Steinzeit zu erkennen, wie dies auch in Frankreich 
der Fall war. 

Es bedarf wohl kaum des Hinweises, dass die Höhlen nicht 
bloss in der Steinzeit, sondern auch in spätem Epochen bewohnt 
wurden. Mancherorts werden sie heute noch als Wohnsitze benutzt 
und zwar nicht bloss in entlegenen Gegenden ferner Erdteile, sondern 



zed.yGOOg[e 



Die EiMWl oder äas Kluvinm. 



33 



auch in unserem civilisierten Europa, wo Hunderte von Familien in 
Höhlen hausen und von eigentlichen Felsdörfern gesprochen werden 
könnte. 

2. Spuren des diluvialen Menschen in der Schweis. An den 
Forschungen nach dem Diluvialmenschen beteiligte sich auch die 
Schweiz. Im Jahre 1867 fand man unfern Genf eine sogen. Rentier- 
station. Sie li^ zwar nicht mehr auf Schweizerboden, sondern am 
Fusse des Mont Sal^ve bei dem schweizerischen Dorfe Veyrier, 
wenige Schritte jenseits der Grenze. Ein Jahr später wurde die 
„grotte au Sc^" bei Villeneuve am oberen Ende des Genfersees 
untersucht und erwies sich ebenfalls als uralte Troglodyten-Wohnui^. 

In der Ostschweiz ist besonders der Kanton Schaffhausen mit 
Höhlen reich gesegnet 1873 fand man im Kesslerloch bei Thaingen 
Spuren, dass der Mensch zu einer Zeit darin gewohnt hatte, da das 
Ren noch in der schweizerischen Hochebene heimisch war. Die 
Ausgrabung, welche 1874 erfolgte, ergab dann eine solche Zahl von 
Funden, worunter selbst Zeichnungen und Skulpturen, dass Thaingen 
sich den wichtigsten Fundorten des Auslandes an die Seite stellen 
darf. Zu gleicher Zeit mit dem Kesslerloch wurde die Höhle an 
der Rosenberghalde im Freudenthal nördlich von Schaffhausen 
au^ebeutet und im Berner Jura war um dieselbe Zeit beim Bahn- 
bau in der Nähe von Liesberg eine Rentierstation durchgraben 
worden. Im Jahr 1883 wurde im Kaltbrunnerthal bei Grellingen, 
etwas östlich von Liesberg, eine Höhle untersucht und 1890 die 
Thiersteiner Höhle bei Büsserach im Kanton Solothurn. Im 
Herbst 1891 kam die Kunde, im Schweizersbild bei Schaffhausen 
sei ebenfalls eine grosse Rentierstation entdeckt worden. Dort be- 
findet sich zwar keine Höhle, wohl aber haben uns die Rentieijäger 
unter einem etwas überhängenden Fels ihre Speiseabtalle, Waffen, 
Geräte und Schmuck zurückgelassen. Schweizersbild ist ein „abri 
sous röche". 

Wenn wir alle bis jetzt in der Schweiz bekannt gewordenen 
Fundorte von Resten diluvialer Menschen übersehen, so finden wir, 
dass sie von verschiedener Art sind. Die meisten Funde stammen 
aus Höhlen, einige andere wurden unter Felsvorsprüngen entdeckt 
und nur ein einziger, zudem nicht ganz sicherer Fund entstammt 
diluvialen Flussablagerungen. Nach den Lokalitäten verteilen sich 
die verschiedenen Funde folgendermassen: 

a) Funde aus eiszeitlichen Schottern: Bellerive bei Del^mont 
(= Delsberg), Kt. Bern. 

b) Höhlenfunde: Villeneuve, Thierstein bei Büsserach, Lies- 
berg, Kaltbrunnerthal, Freudenthal bei Schaffhausen und 

Hcierli, Utgcuhichu der SchweEt. 3 



zed.yGOOgle 



24 EiBtes Kapitel. 

Thaingen. Der letztgenannte Fundort soll, als der be- 
deutendste, eine gesonderte Betrachtung erhalten. 
c) Funde unter Felsvorsprüngen: Schweizersbild bei Schaff- 
hausen, eine interessante Station, auf die wir noch spezieller 
zurückkommen werden. 

Alle diese Funde sind nacheiszeitlich, postglacialj indessen glaubte 
man auch den interglaciären Menschen in der Schweiz konsta- 
tiert zu haben. 

3. Der interglaciäre Mensch. Dr. Scheuismank, ein Basler 
Jurist, übergab im Jahre 1874 dem durch seine zoologisch -anato- 
mischen Forschungen rühmlichst bekannten Prof. Rütimever vier 
zugespitzte Holzstäbe, die er selbst in einem Block Schiefer- 
kohle gefunden hatte. Herr Scheuermann sammelte Pflanzenabdrücke 
und bereitete deshalb die Schieferkohlen für seinen Ofen selbst zu. 
Bei dieser Arbeit fand er die vier nebeneinander liegenden Stäbe, 
die in ihrem Aussehen Sich durchaus nicht von der sie umgebenden 
Kohle unterschieden. Letztere stammte aus der Grube Schöneich 
bei Wetzikon, wie sich an der Hand der Bücher des Handelshauses, 
das die Kohlen geliefert hatte, mit voller Sicherheit konstatieren Hess. 
RüTiMEVER hielt die Zuspitzung der Stäbe für eine künstliche, d. h. von 
Menschenhand gemachte und glaubte, dadurch den Beweis leisten 
zu können, dass der Mensch in der Schweiz schon zu der Zeit existiert 
habe, da sich die Kohle von Wetzikon, Dümten u. s, w, bildete, 
also in der zweiten Interglaciärzeit. Er wurde darin von dem Botaniker 
ScHWENDENER unterstützt, der die Stäbe mikroskopisch untersucht hatte. 
Der besterhaltene Stab hat eine Länge von 13 — 14 cm. Seine 
Spitze ist 6 — 7 cm lang; das vordere Ende derselben liegt aber 
nicht in der Achse des Stabes, sondern etwas seitlich. Nahe der 
Basis der Spitze, etwas hinter derselben, zeigt sich eine Art Ein- 
schnürung. Der ganze Stab war in bröckelige Kohle eingebettet 
Auch der zweite Stab lag in solcher Masse. Seine Spitze ist 
viel kürzer, ca. 4 cm lang und schien den ersten Untersuchem zum 
Teil mit einer fremden Rinde und zwar in querer Richtung um- 
wickelt zu sein. In Bezug auf den Durchschnitt gleichen sich die 
Stäbe; der Druck hat sie zusammengepres.st. 

Nach ScHWENDENER Sollten die Stäbe aus dem Holz der Rot- 
tanne {Abies excelsa) bestehen. Es seien wahrscheinlich Aste, nicht 
Stämmchen. Rötimever hielt daftir, dass sie einem korbähnlichen 
Geflecht angehört haben dürflen, in welchem die „fremde" Rinde 
die Verbindung zwischen den einzelnen Stäben hergestellt hätte. 

Sofort nach der Publikation dieser sögen. Wetzikonstäbe im 
„Archiv fiir Anthropologie" wurden Zweifel erhoben, ob man es 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvii 



35 



in ihnen mit Menschenwerk zu thun habe. Jap. Steenstrup machte 
darauf aufmerksam, dass, nach der Abbildung zu schliessen, die „Ein- 
schnürungen" grosse Ähnlichkeit mit Biberstöcken zeigen, die ja in 
Torfmooren häutig vorkommen. Die fremde Rinde aber sei vielleicht 
Rindentorf, wie er sich in Mooren bilde, wo lose Rindenstücke sich 
über Hölzer legen und sie maskieren. Andere dachten an Zuspitzung 
der Stäbe durch Wasser und Sand, wie es jetzt noch in Bergbächen 
häufig zu beobachten ist, an Schwemmholz, an herausgefaulte Äste 
oder an besondere Wachstumsart der Hölzer. 

RüTiMEVER wies zwar diese Auffassungen zurück, aber die Sache 
wurde ihm schliesslich auch zweifelhaft. Er war daher gern bereit, 
die Stäbe einer neuen Untersuchung unterwerfen zu lassen. Biber- 
stöcke sind in Schieferkohlen der Schweiz allerdings nachgewiesen 
worden , z. B. in Zell im Kt. Luzern, Die Wetzikonstabe 
aber können keine Biberstöcke sein, wie sich aus der Ver- 
gleichung mit fossilem und recentem Material ergab. Die „Ein> 
schnürungen" haben nichts gemein mit Biberfrass und die Spitzen, 
an denen die Zahnspuren des Bibers besonders deutlich sichtbar 
sein müssten, sind durchaus glatt und sehen wie poliert aus. Die 
Zuspitzung erinnert vielmehr an Arbeit von fliessendem, kiesfiihrendem 
Wasser, Diese mechanische Arbeit des Wassers aber erklärt jene 
Einschnürungen nicht 

Prof. C. Schröter hielt die Stabe für herausgefaulte Äste und 
unternahm nun eine spezielle Untersuchung, welche zur Evidenz 
bewies, dass diese schon früher ausgesprochene Ansicht richtig 
sei. Durch zahlreiches Vergleichsmaterial bewies er, dass die 
Zuspitzung der Wetzikonstäbe sich bei herausgefaulten Ästen wieder- 
finde, wobei er aber zugab, dass die glatte Oberfläche der 
Spitze des ersten Stabes auf Arbeit von Wasser und Sand zu- 
rückzuführen sei. Die fremde Rinde erwies sich als Stamm- 
holz, das über den Ast gewachsen, und die Einschnürungen waren 
Spuren der Jahrringe, welche sich nicht bloss im Stammholz zeigten, 
sondern infolge des Druckes auch auf dem Astholz als Eindrücke 
sichtbar wurden. 

Wenn wir nun, wenigstens vorläufig, darauf verzichten müssen, 
den Menschen in interglaciären Ablagerungen der Schweiz nach- 
zuweisen, so sind dafür in Frankreich und Deutschland mehrfach 
Funde gemacht worden, die beweisen, dass der Mensch zur Inter- 
glaciärzeit wirklich in Europa gelebt hat In dem berühmten Fund- 
ort Chelles in Frankreich fanden sich charakteristische Werkzeuge 
von Menschenhand zusammen mit Knochen von Elephas antiquus, 



zed.yGOOgle 



jö Erstes KapiieL 

Rhinoceros Merckii und anderen Tieren, die oft sogar der ersten 
Interglaciärzeit zugerechnet werden. Mindestens eben so alt sind 
die Funde von Tilloux (Charente). Inmitten der dortigen Kreide- 
hügel fand man in einer Kiesgrube Feuersteinäxte, Schaber, Silex- 
spitzen u. s. w., zum Teil von ganz sorgfältiger Arbeit. In derselben 
Fundschicht aber lagen auch Zähne von Rind (Wisent?), Hirsch, 
Flusspferd, Rhinoceros und Elephant. Unter den Resten des letzt- 
genannten Tieres konstatierte M. Boule das Mamut, den ,, alten" 
Elephanten und den schon im jüngsten Tertiär vorkommenden Elephas 
meridionalis. Es ist das erste Mal, dass diese drei Tiere beisammen 
gefunden wurden. Elephas merid. verschwand schon zu Beginn der 
Diluvialzeit, Elephas antiquus hielt sich länger. In interglaciären 
Schichten fand man ihn neben dem Mamut, das die Eiszeit über- 
dauerte. 

Ein bekannter deutscher Fundort ist Taubach, -ein Dorf, das 
etwa i'/) Stunden südöstlich von Weimar am rechten Ufer der Um 
auf einer Terrasse liegt Unmittelbar bei diesem Dorf fand man 
beim Tiefgraben Knochen von Elephas antiquus, Rhinoceros Merckii, 
Bos priscus, Cervus euryceros, C. elaphus, C. capreola, Ursus arctos 
und Sus scrofe ferus. 

PoRiis konstatierte neben den genannten Tieren auch Equus 
caballus, Hyaena spelaea. Felis spelaea, Castor fiber, eine Canis-Art 
(vielleicht Wolf) und den Hamster. Er fand folgendes Profil: 

■ 1) Humus und Geröll: 0,2 — 0,3 m 

2) Kalktuff: 2 — 2,5 m mit einigen Knochen, 

3) Tuffsand: 2 m mit Knochen, Holzkohlen und Ge- 

räten, von Menschenhand verfertigt, 

4) Kies: 1,5 m und 

5) Ton. 

Die menschlichen Spuren bestanden in Knocheneinschnitten, 
zerschlagenen Knochen, Verkohlungsspuren, Feuerstellen und Feuer- 
steingeräten. Offenbar hatte die Gegend von Taubach zur Zeit der 
Ablagerung des Tuffsandes einen See dargestellt, welcher durch 
einen nördlich von Weimar befindlichen Thalabschluss erzeugt wor- 
den war. 

Später hat besonders Götze die Stelle untersucht. Er konstatierte 
vor allem, dass die Funde an primärer Statte lägen, wie Herdstellen 
und Koprolithen beweisen. Da sie sich aber in bedeutender Tiefe 
befinden, so muss der See infolge von Erdschwankungen oft zum 
Teil trocken gelegen haben, sonst hätte sich der Mensch nicht auf 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das IMluvium. a? 

seinem Grunde aufhalten können und hineinwerfen kann man Herd- 
stellen eben nicht. Über das interglaciäre Alter hat kein Forscher 
Zweifel geäussert und fragt es sich nur, ob die Fundstelle der ersten 
oder zweiten Intei^laciärzeit zugeschrieben werden soll 

Die Funde bestehen zunächst in Steinobjekten. Dabei befinden 
sich Schaber, besonders Rundschaber, Messer und meisselartige 
Stücke aus Feuerstein, der in der Umgebung Taubach's zu finden 
war. Dazu kommt noch ein Behaustein. 

Unter den Knochen- und Homobjekten bemerkt man sogen. 
Haubeile aus dem Unterkiefer des Bären, Messer oder Pfriemen, Haken 
aus Hirschhorn, Schlägel aus Hirschgeweih, gekritzte Knochen und 
Schlagspuren, welche von dem genannten Haubeil herrühren sollen. 
Femer sind Abfälle und angebrannte Stücke von Knochen zu er- 
wähnen und zudem Becher, sowie Löffel, welche aus Gelenkpfannen 
von Knochen hergestellt wurden. Endlich kam auch ein Schmuck- 
stück, ein knöchernes Gehänge, zum Vorschein. 

Was die Reste des Menschen selbst angeht, so gehören die 
zuerst gefundenen wahrscheinlich einer neolithischen Statioit an, die 
über den Tuffschichten konstatiert wurde. In letzter Zeit sind je- 
doch in den interglaciären Schichten menschliche Zähne gefunden 
worden, so besonders ein Milchzahn, der von Nehring untersucht 
worden ist. 

Es mag an der Besprechung dieser Fundorte geniigen, um zu 
beweisen, dass der Mensch schon vor dem Ende der Gletscherzeit in 
Europa lebte. Noch sind seine Spuren spärlich, aber wir stehen 
im Anfange prähistorischer Forschungen und von Jahr zu Jahr 
mehren sich die Funde. 



E. Die HöhlenfUnde -von Thalngfen. 



I. Der Fundort. Von der Stadt Schaffhausen zieht sich in 
nordöstlicher Richtung ein tiefeingeschnittenes altes Thal, das gegen- 
wartig von dem Fulachbache durchflössen wird und durch welches 
die Eisenbahn nach Singen fuhrt. Offenbar ist dieses Thal nicht 
von der Fulach ausgearbeitet worden, sondern verdankt mächtigeren 
Wassermassen seine Entstehung. 

Etwa einen Kilometer westlich der Station Thaingen scheint 
ein Felsriegel das Fulachthal abschliessen zu wollen und kaum 



zed.yGOOgle 



jS Erstes Kapitel. 

findet sich Platz genug für die Eisenbahn, die durch diesen Riegel 
in die Ebene hinausfahrt. Zur Gletscherzeit stiessen die Eismassen 
des Rheingletschers an die Jurafelsen von Thaingen und flössen 
über sie hinweg. Als aber der Eisstrom sich zurückzog, da gruben 
seine Schmelzwasser sich Abflusswege und einer dieser Abflüsse des 
alten Rheingletschers schuf das Fulachthal, 

Nur wenig westlich von dem oben erwähnten Gebirgsriegel 
von Thaingen mündet von Norden her ein Wiesenthälchen in das 



Fulachthal und an der Vereinigungsstelle beider, dem Jurariegel 
gegenüber, liegt hart an der Bahniinie das sogen. Kesslerloch, 
eine Höhle, die früher herumziehendem Volke, Kesselflickern, 
Zigeunern u. s. w, zum zeitweiligen Aufenthalte diente. (Fig. i.) Im 
Kesslerloch haben aber auch Menschen ihre Spuren hinterlassen, 
die vor Tausenden von Jahren lebten: die Rentierjäger der post- 
glacialen Zeit. 

Die Thainger Höhle hat zwei Eingänge. Der Haupteingang 
schaut nach Osten und liegt auf dem Niveau des Thaies. Er 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 3Q 

ist II — 12 m breit und gegenwärtig 3,5 m hoch. Der andere Ein- 
gang befindet sich auf der Südseite und liegt einige Meter über 
der Thalsohle. Das Kesslerloch steigt im Innern an und seine 
ca. 190 m' grosse BodenBäche wird durch eine Art Kulisse in 
zwei Abteilungen geteilt Von detn etwa 15 m vom Osteingange 
abstehenden Höhlen-Hintergrunde schiebt sich nämlich eine Felswand 
vor, und vor derselben steht noch ein mächtiger Felspfeiler. Da- 
durch wird der südlichej höher gelegene Teil der Höhle vom 
grösserettj niedriger gelegenen und nach Osten offenen Räume ab- 
getrennt Die Lage war für den Rentierjäger eine ganz vorzüg- 
liche, denn während der Haupteingang gegen das Wiesenthälchen 
schaut, beherrscht der Südeingang das nordöstliche Ende des 
Fulachthales, 

Im Sommer 1873 kam Reallehrer Merx in Thaingen anlässlich 
einer botanischen Exkursion zum Kesslerloch und da stieg in ihm, 
wie er erzählt, der Gedanke auf, es könnten in dieser Höhle, wie 
in ähnlichen Bildungen Frankreich's, uralte Menschenspuren zu finden 
sein. Eine Versuchsgrabung, die er mit Hilfe seines Kollegen Wepf 
und zweier Schüler im Dezember des genannten Jahres vornahm, 
erwies die Richtigkeit seiner Vermutung. Am 19. Februar 1874 
wurde die systematische Ausbeutung an Hand genommen; sie 
endete am ij, April, dauerte also sieben Wochen. Aber auch 
nach Beendigung der Ausgrabung wurden im Schutte zahlreiche 
Feuersteingeräte und Knochenobjekte gefunden; es soll sogar eine 
Tierzeichnung, die gegenwärtig in der polytechnischen Sammlung 
in Zürich liegt, auf diese Weise entdeckt worden sein. Die Höhle 
ist bis auf einen kleinen Rest ausgeräumt worden; indessen könnte 
am Osteingange in der Tiefe, wohin man wegen des Grundwassers 
nicht dringen mochte, noch manch wertvolles Fundstück ver- 
borgen li^en. 

Kleinere Ausgrabungen wurden 1893 und 1899 von Dr. Nüesch 
vorgenommen, Sie waren recht ergiebig und bewiesen, dass das 
Kesslerloch der reichste bis jetzt bekannte Höhlenfundort der Schweis 
ist Hoffentlich wird schliesslich noch der an den Osteingang 
anschliessende Teil des Wiesenthälchens trotz des andringenden 
Wassers untersucht und dadurch ein Gesamtbild der Funde er- 
möglicht 

Merk fasste die Resultate seiner Ausgrabung zusammen in 
der Monographie: „Der Höhlenfund im Kesslerloch bei Thayngen, 
Kt Schaffhausen", die 1875 in den Mitteilungen der Antiquar. Ge- 
sellschaft Zürich (Bd. XIX, i) erschien. In dieser Publikation be- 



zed.yGOOgle 



^O Erstes Kapitel. 

schrieb der Verfesser ausführlich die Art und Weise des Ausgrabens 
und die Funde. 

Dem Originalbericht Merk's war eine Veröffentlichung von 
Prof, Heim über den wichtigsten Fund, das sogen, „weidende Ren- 
tier" bereits vorang^angen, und seitdem ist eine grosse Litteratur 
über das Kesslerloch und seinen Inhalt entstanden. 

Zu oberst im Höhlenboden lag eine 6o — 140 cm dicke Schutt- 
schicht, gebildet durch Gesteinstrümmer, die im Laufe der Zeit 
von der Decke abgestürzt waren. In dieser Schicht kamen Menschen- 
und Tierknochen, sowie Topfscherben zum Vorschein; diese sind 
nicht zum eigentlichen Höhlenfünd zu rechnen, sondern jüngeren 
Datums. Unter der Deckschicht fand Merk an zwei Steilen Kalk- 
sinterlagen von einigen Zoll Dicke, welche in ihren tiefsten Teilen 
Knochen, hier und da auch Feuersteine eingelagert enthielten. Die 
Bildung der Sinterschichten hat also unmittelbar nach oder schon 
während der Zeit begonnen, da die Höhle bewohnt war. Unter 
dieser Decke von Gesteinstrümmem und Sinterlagen befand sich 
die obere oder schwarte Kulturschicht, welche neben Kalksteinen, 
die offenbar auch von der Decke und den Wandungen 'der Höhle 
stammten, nesterweise ganze^Massen von Tierknochen und Arte- 
fakten enthielt. Ihre Mächtigkeit war vom am Haupteingang 39 cm 
und nahm nach dem Hintergrunde bestandig ab, so dass sie hinten 
nur noch etwa 10 cm ausmachte. In dieser Schicht wurden mehrere 
Herdplätze oder Feuerstellen gefunden, Zeichen der ungestörten 
Lagerung. Auf der Nordseite der Höhle entdeckte man drei, in 
feine Lehmmasse eingebettete Kalkplatten, die Merk als erhöhte 
Ruheplätze betrachtet, die aber wohl eher Arbeitsplätze zu 
nennen sind, da um dieselben herum die Fundschicht besonders 
mächtig war. 

Unter der schwarzen Kulturschicht folgte eine rötlich gefärbte. 
Sie enthielt ebenfalls Knochen, welche aber besser erhalten waren, 
als diejenigen der oberen Schicht. Diese untere Kulturschicht erstreckte 
sich auch über den ganzen Höhlenboden und hatte eine Mächtig- 
keit von 6 — 36 cm. Sie wurde von einem gelben Lehm unter- 
lagert, der keine Spuren des Menschen aufwies und sich im Vorder- 
grund in unergründeter Mächtigkeit ausdehnte, während hinten die 
untere Kulturschicht direkt auf dem Felsboden ruhte. Noch muss 
bemerkt werden, dass alle Schichten im Höhlengrunde sich nach 
Osten neigten und dass die Kulturschicht noch unter den Boden 
des vor der Höhte draussen liegenden Terrains sich hineinzieht, wo 
sie nicht untersucht worden ist, 

2. Die Tierwelt des Kessler locf^s. Unter den Funden in den 



zed.yGOOgle 



Die Eiaz«i( oder das Diluvium. ^I 

sogen. Kultur-, d. h, Fundschichten Überwogen die Tierknochen. 
Es mögen etwa 15 q. gewesen sein. Die Röhrenknochen sind aus- 
nahnislos zerschlagen, wohl um das Mark zu gewinnen. Von Be- 
nagung durch den Hund zeigt sich keine Spur. 

Die faunistische Ausbeute des Kesslerlochs umfässt nach Rüri- 
HEVER 24 Arten Säugetiere, 8 Vi^elspezies und einige Reptilien. 
Eine Anzahl Knochen musste als zufallige Funde oder spatere , 
Zuthaten betrachtet werden , z. B. Knochen von Spitznifius, I 
Frosch, Ringelnatter, femer von einigen Haustieren, wie Rijid und ■ 
Schwein. Der Mensch war nur durch wenige Knochenreste ver- 
treten. 

Unter den ausgestorbenen Tieren erscheinen im Kessler- 
loche Höhlenlowe, Mamut, Rhinoceros (Rhin. tich.) und Urstier, 
Nach dem hohen Norden sind au^ewandert: Ren, Vielfrass, Eisfuchs, 
Rotfuchs, Schneehuhn (Tetrao l^opus) und auf die Alpen haben 
sich zurückgezogen: Gemse, Steinbock, Murmeltier und Alpenhase 
(Lepus variabilis). Ausser diesen Gruppen giebt es eine Reihe von 
Tieren, die in der Höhle von Thaingen constatiert wurden, welche 
zwar nicht mehr in derselben Gegend vorkommen, wohl aber sonst 
in Mitteleuropa sich finden, so der Edelhirsch, der Braunbär, die 
WildkatzCj Luchs und Wolf, femer der Hamster, der Singschwan, 
eine Gans und der Fischadler. Nehmen wir die Reste der ge- 
nannten Tiere weg, so bleiben nur zwei Arten, die heute noch in 
der Gegend leben: Fuchs und Rabe. 

Der Oberarmknochen des Singschwans wurde zu kleinen Pfeifen 
verarbeitet Der Oberarm des Sctmeehuhns fand sich nach Merk 
in etwa 200 Stücken, während z. B, die Kopfknochen dieses Tieres 
vollstä ndig fe hlten. Das seltenste Geschöpf in Thaingen war das 
Murmelthier, das zahlreichste der Alpenhase mit mindestens 800 Exem- 
plaren. Der Braunbär ist durch höchstens vier Individuen vertreten; 
ebenso zahlreich ist der Vielfrass. Das Katzengeschlecht wird re- 
präsentiert durch ein Exemplar der Wildkatze, drei Luchse und 
drei Höhlenlöwen, die Familie der Hunde durch 20 Wölfe, zwei 
gemeine Füchse, über 60 Eis- und etwa 80 Rotfüchse. Durch einen 
Homzapfen konnte die Gemse konstatiert werden; etwas zahlreicher 
war der Steinbock und noch häufiger der Edelhirsch. In mindestens 
25Q_Exemplaren fand sich das Ren, dessen Knochen der Masse 
nach etwa 90 Prozent des Knochenmaterials aus dem Kesslerloch 
ausmachten. Darunter waren viele Reste junger Tiere. Selten 
war der Urstier, etwas häufiger der Wisent Das Wildpferd konnte 
in ca. zweij)utzend' Individuen nachgewiesen werden. Das Mamut 
war nicht bloss in Resten erwachsener Individuen vorhanden, sondern 



zed.yGOOgle 



^2 Ei5t«E Kapitel. 

auch in solchen von Ferkeln, Weniger häufig zeigten sich Spuren 
des Rhinoceros. 

Nach RüTiMEVER war die untere Kulturschicht voni^ Wasser 
' abgelagert; die darin enthaltenen Knochen erschienen zum Teil 
gerollt, diejenigen der obern Schicht dagegen sind ohne Spuren von 
Abnutzung. Die untere^Schicht enthielt die Mehrzahl der Knochen 
\ von Mamut und Rhinoceros, "Urstier und Pferd, femer einen Teil 
derjenigen von Vielfrass, Eisfuchs und Ren, die zwar erst in der 
obern Schicht zahlreich wurden. Die Reste des Höhlenlöwen lagen 
über der Mamutschicht, und der Braunbär ist eine der jüngsten Ge- 
stalten. Dachs, gemeiner Hase, Reh, Wildschwein und Fischotter 
fehlen im Kesslerloch. 

Es ist schade, dass die kleinen Säugetiere, die ihre Reste in 
Thaingen zurückgelassen haben, nicht bekannt sind. ROtihever 
erwähnt in dieser Beziehung nur den Hamster. 

3. Die Produkte von Menschenkamd. Die Thainger Höhle hat 
zahlreiche Objekte auf uns kommen lassen, die der kunstfertigen 
Hand des Menschen ihre Entstehung verdanken, also sogen. Artefakte. 
Zwar werden wir nicht erwarten dürfen, hölzerne Geräte und Waffen, 
z. B. Holzkeulen, zu finden, da sich das Holz nicht so lange er- 
halten haben wird, sondern wir können höchstens durch Analogie- 

^schlüsse zu beweisen versuchen, dass da s Holz von den Höhlen- 

( bewohnern zu allerlei Werkzeug benutzt wurde. 

Die Geräte und Waffen, welche im Kesslerloch gefunden wurden, 
bestehen aus Feuerstein (Silex), Korn, Knochen, Zähnen u. s, w. 
Es sind Hämmer, Messer, Schaber, Bohrer, Lanzen- und Pfeilspitzen, 
Harpunen, Nadeln u. dergl. In Thaingen gab es aber auch Schmuck- 
sachen. Sie bestehen oft aus Zähnen von erlegten Tieren, durch- 
lochten Versteinerungen, und endlich aus eine y Ar t Kohle, die dem 
Lias, der untersten Schicht der Juraformation, entstammt: es ist 
die Pechkohle oder der Gagat 

a) Die Feuerstein-Objekte. Die Thainger Höhle liegt im 
sogen. Plattenkalke, einer der jüngsten Bildungen der Jurafomiation. 
Dieser Kalk enthält nicht selten Knollen von Feuerstein, die in- 
dessen in den übrigen jurassischen Schichten durchaus nicht fehlen 
(und auch in der Kreide vorkommen). Man kann heute noch auf 
den Feldern von Thaingen Feuersteine von allen möglichen Formen 
und Farben zusammenlesen. Das hat schon der Troglodyte ge- 
than. Er suchte sich die tauglichsten Stücke aus, schlug sie mit 
Steinen, die als Hämmer dienten, zurecht, oder brachte sie in seine 
Höhle, um mit Stein- und Horngeräten die gewünschte Form heraus- 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Dilu\ii 



43 



zuarbeiten. Merk erlangte bei seiner Ausgrabung etwa 12000 Feuer- 
steinobjekte, ausserdem kamen auch die Kernstücke oder Nuclei, 
von welchen jene abgesprengt worden, zum Vorschein, sowie massen- 
haft Abfälle mit Schlagspuren. 

Da die Feuersteinknollen des Jura nicht gross sind, so haben 
die Geräte, welche aus denselben hergestellt wurden, geringe Dimen- 
sionen und fehlen aus diesem Grunde jene grossen Beile, die aus 
diluvialen Ablagerungen Frankreich's so gut bekannt sind. 

Wollte der Troglodyte einen Süexknollen bearbeiten, so schlug 
er zuerst ein Stück weg, um eine Schlagfläche zu erhalten. An 
den Kernstücken (Fig. 2) erkennt man häufig 
nicht bloss diese Schlagfläche, sondern auch 
Schlagpunkte, d. h. Stellen, wo der Schlagstein 
aufschlug. Durch Schl^e sprengte man nämlich 
einen Feuersteinspan noch dem andern vom 
Kerne ab. Freilich bedurfte es grosser Übung, 
um gleich eine Silexlamelle von der gewünschten 
Form zu erhalten, aber den Höhlenbewohnern Fig, *. 

von Thaingen gelang dies, wie ein Blick in das Kermtück (Nucleus) aus 
Rosgarten-Museum in Konstanz lehrt, das die euer« «nvon ^aiDgen. 
Kesslerloch-Funde enthält. 

Da finden sich Lamellen mit dreieckigem oder trapezoidem 
Querschnitt und scharfer Schneide, sogen. Messer (Fig. 3 und 4). 
Andere Späne mit ähnlichem Durch- 
schnitt, aber weniger scharfer Schneide, 
wurden als Schaber benutzt (Fig. 5 
und 6). Seltener sind wohl ausge- 
arbeitete Sägen. Bei manchen La- 
mellen sind die Schmalseiten sorg- 
fältig bearbeitet; sie mögen hobelartig 
benutzt worden sein. Manchmal fin- 
den sich an Silexlamellen schon 
polierte Einkerbungen, unregelmässig 
verteilt. Derartige Instrumente dien- ' . - > 

ten zum Glätten und Polieren der ^ ^'^■. *' ^ ^"^■. *■ 

Feuerslein messer FeueisleinmeBser 
Speer- und Pfeilschäfte (Fig. 7). Es aus Thaingea. aus ThaingeD. 

darf indessen angenommen werden, Vi °'^ Gr. 'j, nat. Gr. 

dass diese Geräte nicht exklusiv 

einem einzigen Zweck dienten; manchmal ceigt sich das schon durch 
die äussere Form. 

Unter den Spitzen aus Feuerstein dürfte die Mehrzahl als Speer- 
und Pfeilspitzen Verwendung gefunden haben (Fig. 8). Sehr zierlich 



zed.yGOOgle 



sind die oft prachtvoll erhaltenen Bohrer (Fig. 9). Ein eigentüm- 
liches Gerät aber tritt uns entgegen in gewissen Formen (Fig. 10} 



Fig. S. 


Fig. 6. 


Fig. 7. 


Riuidschaber aus Feuerstein 




Schaftglatter at 


von Thaingen. 


aus Thaingen. 


Feuerstein voi 


Nat. Gr. 


Nat. Gr. 


Thaingen. 
'/, nat. Gr. 



mit dachartiger Zuspitzung. Der First dieses Daches oder die kleine 
Schneide bietet an den Ecken scharfe Punkte, die beim Gravieren 



Fig. 8. 


Fig. 9. 


Fig. 10. 


Silejspitie aus 


Feuersteinbohrer 


Gravis r-Iostrument aus 


ThaiDgen. 


ans Thaingen. 


Feuerstein von Thaingen. 


Nat. Gr. 


Nat. Gr. 


Nat. Gr. 



in Hörn und Knochen benutzt worden sein mögen. Mit diesen 
Gravi er-Instrumenten haben wohl die „Künstler" unter den Hohlen- 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder dai Diluvium. 



45 



bewohnern die Zeichnungen ausgeführt, von denen wir zu sprechen 
haben werden, 

b) Gegenstände aus Knochen und Hörn. Im Höhlen- 
grunde findet der Ausgrabende oftmals Erde mit Feuersteinen, 
Knochen und Homstücken fest zu einer Art Breccie zusammen- 
gekittet Löst man dieselbe voneinander, so erkennt man auf 
den Knochen eine Art Kerben, die aber nicht künstlich sind, 
sondern von Insekten und Larven herrühren. Das geübte Auge 
unterscheidet sie leicht von den Schnitten, die mit Feuerstein ge- 
macht wurden und auch von den Kerben, die der Rentierjäger in sein 
Eigentum als Erkennungszeichen oder zur Verzierung eingraviert 
hat Häufig sind Schlagspuren und nicht selten stösst man auf 



Fig. u. 
KnocheDnadel 
aua Thaingen. 
■/, ->«. Gr. 



Fig. 13. 
Knochen-Speer- 
spitze mil Kerben 
aus Thaingen. 
V. Dat Gr. 



Fig. 14. 
Knochen -Speer- 
spitM mit(Eigeii- 
tums-f) Marken 



'/, Hat. Gr. 



Knochenstücke oder Hornstangen, welche eigentliche Kinnen auf- 
weisen, die mit Feuerst ei nmessern oder -sägen erzeugt worden sind. 

Das Rohmaterial zu den Knochen- und Hornobjekten lieferte be- 
sonders das Ren. Das Geweih desselben wurde zu allen möglichen 
Geräten verarbeitet. Sobald ein solches Tier erlegt worden, schlug 
der Jäger das Gehörn weg, um zur wannen Gehirnsubstanz, einem 
Leckerbissen, zu gelangen. Die Spitzen des Geweihs wurden nachher 
entfernt, aus der Stange aber schnitt man sich kleinere Werkzeuge 
heraus. Die Knochen des Ren sind ebenfalls sehr fest und wurden 
deshalb gern benutzt. 

Im Kesslerloch bei Thaingen waren abgeschlagene Geweih- 
stücke nicht selten. Manche Geweihstangen sind unten schaufel- 
artig zugehauen und mögen zum Ausgraben von Wurzeln be- 
nutzt worden sein; andere weisen Rinnen auf, die mit Feuerstein 
erzeugt wurden. Bei einigen Stücken kann man [deutlich sehen, 
dass Werkzeuge aus den Stangen herausgeschnitten worden sind. 



zed.yGOOgle 



Auf diese Weise erlangte man Ahlen und Pfriemen , ja sogar 
feine Nadeln (Fig. ii), in weiche mit Silexspitzen kleine Löcher ge- 
bohrt wurden. Diese Nadeln sind oft von grosser 
Feinheit. Geweihspitzen wurden zu Pfeilen oder 
Lanzen bearbeitet, oder als Dolche benutzt 
(Figg. 12 — 14). Pfriemen mit abgerundeter 
Spitze und wenig scharfen Kanten mögen als 
Schaber oder Löser beim Abhäuten des er- 
legten Wildes gedient haben. 

Interessant ist das Vorkommen von Har- 
punen im Kesslerloch, während doch Fisch- 
reste fehlen. Vielleicht benutzte man diese 
Waifen beim Erlegen von Vögeln. Die Har- 
punen bestehen ebenfalls aus Renderhom. 
Sie sind manchmal nur auf einer, oft aber auf 
beiden Seiten mit Zähnen versehen (Fig. 15 
und 16). Hier und da tragen sie Verzierungen, 
ähnlich den zahlreichen Speerspitzen. 

Wenn m^i bei Höhlenfunden von Ver- 
zierungen spricht, so muss zugestanden werden, 
dass bisher manches als Ornament 
angesehen worden ist, was keinen 
veisehene Har- Anspruch darauf erheben kann. 
So sind die schräglaufenden Paral- 
lelen am untern, keilförmigen 
Ende mancher Speer- und Pfeilspitzen 
lediglich der bessern Befestigung wegen 
gemacht worden (vergl. Fig. 13). Einfache 
Kerben , gerade Linien , Winkel und 
Dreiecke auf Speeren mögen Eigentums- 
marken sein (vei^l. Fig. 14). Als wirk- 
liche Ornamente aber dürfen die kom- 
plizierteren Gebilde gelten, wie Reihen 
von Kerben (Fig. 17), Zickzack- und 
Wellenlinien (vergl. Fig. 16) oder dann 
gar en relief gearbeitete Leisten mit 
Kerben oder vorspringende Rauten, die 
der Längsrichtung der Speerspitze folgen. 
Das Rautenornament (Fig. 18) ist fiir die 
Höhlenfijnde, speziell diejenigen Schaffhausen's, charakteristisch; es fend 
sich nicht bloss im Kesslerloch, sondern auch im Schweizersbild und 
im Freudenthal, In Funden jüngerer Epochen fehlt es gänzlich. 



Fig. 15. Fig. 16. 
Ein- 11 nd zweiseitig mit 
ZShnea 

von eine mit VeriieningcQ. 



Homstflck au 
Thai n gen. 



Thaiogen. 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. a-j 

c) Schmuck, Alle Naturmenschen schmucken sich. Der 
Höhlenbewohner der Urzeit wird sich ebenfalls nicht für schön genug 
gehalten, sondern nach Mitteln gesucht haben, sich zu schmücken. 
Der Kulturmensch sucht sich seltene und teure Sachen aus, um sich 
selbst und besonders seine Lieben zu schmücken. Wem die Ver- 
mögensverhältnisse es gestatten, der wählt sogar Perlen und Diamanten 



# 



I 



Fig. 19. Fig. 20. Fig. 31 nad zi. Fig. 23. 

Zahn als Schmudt- Schmuckgehfioge aus JurB-VeTSteinenuigeD, Haugeschmuckaus 
gehiiige von Thaia- Kuocben von Thaingen. als Schmnclc getragen, Kohle von Tbain' 
gen. '/f nat. Gt. aus Thaingen. gen. 

Vi nat. Gr. '/. "at- <"■ '/. "a'- Gr. 

als Schmuck. Dem urzeitlichen Bewohner unserer Gegenden standen 
diese Dinge nicht zur Verfügung; er musste sich mit durchlochten 
Zähnen, Knochenstücken, Steinolijekten, Holz, Federn u. s, w. begnügen. 



) 



i 



Flg. 24. Flg. as. Fig. 26. 

Hlngescbmuck aus Kohle, Höngescbmuck ans Kohle, Hingeschmuck aus Kohle, 

von Thaingen. von Tbaingen, von Thaingen. 

'/, nat Gr. '/i "»t- Gr. '/» "at- f". 

Es war fiir den mit so unvollkommenen Waffen, wie wir sie 
beschrieben haben, ausgerüsteten Jäger gewiss eine schwere Auf- 
gabe, den Urstier oder den Wisent zu erlegen und den Höhlen- 
bären zu besiegen. Gelang es aber dennoch, so mag der kühne 
Mann sich eine Trophäe als Andenken behalten haben. Der Eck- 
zahn des Bären, durchbohrt und als Schmuck getr^en, war das 
Zeichen der glücklich vollbrachten Jagd. 

Durchbohrte Zähne waren im Kesslerloch nicht selten. Sie 
stammen von Wolf, Eisfuchs, Pferd u. s, w. (Flg. 19). Einige andere 
Gehänge bestehen aus Knochenstücken oder Knochenscheiben, die 



zed.yGOOgle 



^g Erstes Kafütel. 

mit Aufhängeloch versehen worden waren (Fig. 20). Da der Jura, 
in dem sich die Höhlen der Troglodyten des Kts. SchafThausen 
befanden, zahlreiche Versteinerungen enthält, so sind auch solche 
Stücke durchbohrt und als Schmuckgehänge benutzt worden (Fig. 21 
u, 22). Neben durchbohrten Ammoniten kamen Pectunculus und 
l Centhium im Kesslerloch vor. Indessen fanden sich auch Schmuck- 
^^achen aus einem Material, das man nicht in Höhlen erwartet: 
dem Gagat oder der Pechkohle, welcher Stoff heute in der Jet- 
Industrie Verwendung findet {Fig. 23 — 26). 

Merk hielt die Gagatobjekte fiir Braunkohlenstücke und glaubte, 
das Material stamme vom Schienerberg, nördlich vom unteren Bodensee. 
O, Fraas aber zeigte, dass die Troglodyten von Thaingen den 
Gagat wahrscheinlich aus dem Lias der Rauhen Alb bezogen, sofern 
sie ihn von der nächsten Lagerstätte erhielten. Es wäre wohl mög- 
lich, dass die Rentieijäger ihre Jagdzüge bis dorthin au^edehnt 
hätten, um das kostbare Material zu holen und „nach Hause" zu 
tragen, wo es dann zu Schmuckperlen, Scheiben, Gehängen, Berlocken 
verarbeitet wurde u. s. w., deren Zierlichkeit den Forscher er- 
freut. Manche dieser Objekte sind auch noch durch Punktreihen 
und Perlbänder verziert. Auf einigen Kohlenstiickchen finden sich 
Ornamente, die Zweigen oder Famwedeln gleichen und ein Plättchen 
aus Gagat zeigt verworrene Striche, in denen ein phantasievoller 
Beschauer 6ine urweltliche Landkarte zu erkennen glaubte, 

Wir haben aber noch bedeutendere Kunstwerke von den alten 
Höhlenbewohnern. Sie haben auf Rentierhom Zeichnungen von 
Tieren (in Frankreich sogar von Menschen) eingeritzt und aus dem- 
selben Material Skulpturen gearbeitet. Diese frühesten Beweise einer 
hohen Kunstfertigkeit sind von der Forschung mit Misstrauen auf- 
genommen worden und da sich gerade auch in Thaingen ein 
Arbeiter absichtliche Fälschungen zu schulden kommen Hess, so ist 
es angezeigt, diese ältesten Erzeugnisse der Kunst etwas genauer 
und kritisch zu prüfen. 

4. Zeichnungen und Skulpturen, „wu er.i, nachdeni jiüin«is=inie v.raosMn, 



Sobald die Kunde von der Entdeckung im Kesslerloch fläch 
Zürich gelangte, reisten einige Forscher nach Thaingen, um Gra- 
bungen vorzunehmen. Dabei fand nun Prof. Heim an der Grenze 
der beiden Kulturschichten in I m Tiefe an einer vollkommen un- 
verletzten Stelle des Höhlenbodens das Fragment eines Rengeweihes, 
auf dem er eine tiefe Furche und quer zu derselben mehrere 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. aq 

schwächere Ritze erkannte. Da solche bereits an mehreren Stücken 
konstatiert worden waren, so bemerkte Heim, sich an die neben 
ihm arbeitenden Herren Choffat und Messikommer wendend: „Da 
sind noch feinere Querritzen!" Dann legte er das Stück in den 
Korb, in welchen alle Funde wanderten. Als er nach Hause 
reiste, wurden die während seiner Anwesenheit gefundenen Ob- 
jekte verpackt und gelangten schon am folgenden Tage (den 
7. Januar 1874) ins Polytechnikum nach Zürich. Am S. Januar 
wurde die Kiste ausgepackt und Stück für Stück des Inhalts mit 
feinem Bürstenpinsel und Wasser gewaschen. Beim Durchmustern 
der Funde fand Heim auch das Hornstück mit den Querritzen 
wieder. Als er dasselbe umdrehte, entdeckte er noch mehr 
Linien, welche die Hinterbeine eines Tieres darzustellen schienen. 
Die Zeichnung war undeutlich^ dem Abwart, der die Reinigung 
vorgenommen, war sie völlig en^angen. Nun rief Heim voller 
Freuden den eben in der Sammlung arbeitenden Geologen Choffat 
herbei und den vereinten Bemühungen gelang es, endlich das ganze 
Tier autzutinden: Es war ein weidendes Rentier. Da die Zeichnung 
durch Travertin oder einen mit kohligen Teilchen erfüllten Kalk- 
überzug verdeckt war, wurde die natürliche Oberfläche des Geweih- 
stückes durch Anätzen mit verdünnter Salzsäure und Waschen mit 
Terpentinöl blosse legt. 

Bei der Publikation seines Fundes war sich Heim wohl be- 
wusstj dass die an Feinheit alles bis dahin Entdeckte übertreflTende 
Zeichnung Anlass zu Zweifeln an der Echtheit des Stückes geben 
könnte und er erklärte deshalb, dass er „mit seiner ganzen Ehre" 
für dieselbe einstehe. 

Betrachten wir nun das Meisterwerk des Troglodyten von ' 
Thaingen, das jetzt eine der kostbarsten Perlen des Rosgarten- 
Museums in Konstanz ist (Fig. 27)! Heim hält dafür, dass der Rücken 
des Tieres zuerst gezeichnet wurde. Die Betrachtung der Extremi- 
täten desselben ergiebt, dass die Vorderbeine viel besser au^efallen 
sind, als die Hinterbeine. Von den drei vorhandenen Bauchtinien 
ist die unterste die endgültige. Die falschen, erstgezeichneten, stehen 
mit den Hinterbeinen in Verbindung, also sind diese vor dem Kopf 
und den Vorderbeinen gezeichnet worden. Es hat demnach der 
Künstler links angefangen und zuerst Rücken und Hinterbeine in 
die polierte Rentierstange eingeritzt Erst nachher kamen Kopf 
und Brust an die Reihe. Sie wurden offenbar etwas weiter nach 
unten gezeichnet, als beabsichtigt gewesen war, daher die Bauch- 
linie auch mehr nach unten verlegt wurde. Die Mehrzahl der in 
französischen Höhlen gezeichneten Tiere schaut nach links. Das ist 

Hcierli, Urgeicliichtc der Scboreii. 4 

Digitized^yGOOgle 



eben&lls ein Fingerzeig da- 
für, dass man mit dem Zeich- 
nen links anfing, also wahr- 
scheinlich mit der rechten 
Hand zeichnete. 

Das weidende Rentier 
von Thaingen ist trotz der 
eben besprochenen Fehler 
als Musterleistung eines zeich- 
nenden Troglodyten zu be- 
trachten. Die Lebendigkeit 
der Darstellung, ihre Natur- 
treue, lassen es vergessen, 
dass der Zeichner mit Feuer- 
stein auf Rentierhom ritzte. 
Die Kunst hat die Materie 
überwunden. 

Es kamen im Kesslerloch 
noch mehrere andere Zeich- 
nungen vor. In der obersten 
I 1^ Lage der schwarzen Kultur- 

S " Schicht fand man gleich bei 

o- ^ Heginn der Ausgrabungen 

teine Gravierung, die wohl den 
Kopf einesRens darstellen soll. 
p. Aus 0,7 m Tiefe beim 

grossen Pfeiler in der Höhle, 
stammt eine von Schenk im 
Beisein von Merk und Wepf 
gefundene Rentierstange mit 
einem Loch. Diese Stange 
enthält drei Zeichnungen. 
Die best erhaltene derselben 
stellt ein Pferd dar, das Kopf 
und Hals über jenes Loch 
streckt. Die Mähne ist auf- 
wärts gerichtet , wie dies 
auch bei später gefundenen 
Pferdezeichnungen konstatiert 
wurde. Während das Pferd 
auf unserer Stange nach 
links schaut, schreiten die 



r 



I 



„d, Google 



Die Eisieit oder das Diluvium. 



_li 



anderen Tiere nach rechts. Die Köpfe sind nicht erhalten, was 
die Bestimmung der Tierspezies schwierig macht Es mögen Ren- 
tiere sein. 

Unmittelbar neben dieser mit Zeichnungen geschmückten Ren- 
tierstange, also auch an der Grenze zwischen der schwarzen und 
roten Kulturschicht , machte Schenk einen noch schöneren Fund: 
Es war eine ebenfalls durchlochte Stange mit der sehr gut aus- 
geführten Zeichnung eines Pferdes (Wildesels?) oder Füllens, zu 
welch letzterer Deutung der unverhältnismässig kleine Kopf des 
Tieres Anlass gab. Unglücklicherweise zerbrach das Stück b«m 
Herausnehmen, indes ist die Zeichnui^ wenig beschädigt. Diese 



Fig. 38. 
Zeichnung auf einem Kommandostab im Kesslerlocb bei Thaingen. 

Stange befindet sich jetzt im Naturhistorischen Museum Schaffhausen. 
Wie bei der von Heim entdeckten Rentierzeichnung befinden sich 
auch hier die Hufe nicht auf derselben Seite der Stange, wie das 
übrige Tier und sind ebenfalls nicht deutlich sichtbar. Der ganze 
Körper des Tieres erscheint mit Haaren bedeckt. Die Mähne sträubt 
sich in die Höhe. Der Kopf ist im ganzen klein zu nennen. Die 
Ohren sind aufgerichtet. Der Leib erscheint rund und voll, aber 
doch elegant; der Schwanz erreicht nahezu den Boden, Auch 
dieses Tier ist in schreitender Bewegung gezeichnet und schaut nach 
rechts (Fig. 28). 

Im mittlem Teil der Thainger Höhle fand sich in der schwarzen 
Kulturschicht, ca. 1,2 m tief, ein Geweihstück mit der Zeichnung 
des Hinterteils eines Schweins. Sie befindet sich jetzt im Rosgarten 
zu Konstanz. 



zed.yGOOgle 



e 2 Erstes Kapitel. 

Eine letzte Tierzeichnung aus Thaingen ist auf Gagat eingeritzt 
und zwar auf ein 42 mm breites, 57 mm langes und 6 mm dickes 
Plättchen. Auf jeder Breitseite desselben erscheint ein Pferdekopf. 
Auch hier ist die charakteristische Mähne vorhanden. Die Ohren 
scheinen bei der einen Zeichnung zu fehlen. Die Augen zeigen 
deutliche Lider; in einem Auge erkennt man die Pupille. Die 
Nüstern sind sehr deutlich gehalten; die ganze Zeichnung macht 
einen guten Eindruck. 

Der Originalbericht Merk's enthalt nun noch zwei Tierzeich- 
nungen in Text und Tafeln. Es sind diejenigen, die sich später 
als Fälschungen herausstellten. Die eine derselben stellt einen 
Bären, die andere einen Fuchs dar. Beide Figuren sind auf Knochen 
von Bison (oder Nashorn?) 
eingeritzt. Schon dieser 
Umstand musste auffallen, 
da alle andern Tierzeich- 
nungen, welche im Kess- 
i,_ lerloch zum Vorschein ka- 

men, auf Rentierhom und 
Gagat eingraviert waren. ' 
Bevor wir indessen auf die 
Geschichte der Fälschun- 
gen von Thaingen ein- 
b. treten, wollen wir uns nach 

Fig. 29. den Skulpturen der Ren- 

Vorder- und Hinlerseite eines Stierkopfes, geschnitzt tierstation daselbst um- 
von einem Trt^lodyten in ThiüngeD. sehen. 

Die eine dieser Skulpturen (Fig. 29} stellt einen Stierkopf mit 
einem Teil des Halses dar. Augen, Ohren und Homer sind voll- 
ständig erhalten, Schnauze und Nase fehlen. Merk hielt (nach 
Rütimever) die Darstellung für diejenige eines Moschusochsen, da 
die Form der anliegenden, herablaufenden Hörner durchaus nicht 
zum Ur passe. Ranice dagegen ist der Ansicht, dass einfach eine 
freie Darstellung eines Stierkopfes vorliege. Die Form der Homer 
habe man so gewählt, um deren Abbrechen zu verhindern. 
Knochen des Moschusochsen selbst sind im Kesslerloch nicht ge- 
funden worden, die Stierfigur aber wurde von Schenk im mittlem 
Teil der Höhle und zwar in der schwarzen Kulturschicht ent- 
deckt. Die Länge des Stückes betr<^ nur 6 cm; es befindet sich 
in Konstanz. 

Die zweite Skulptur kam erst nach der systematischen Aus- 
grabung zum Vorschein; sie liegt im Naturhistorischen Museum 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium, 53 

SchafThauseti. Der Finder war als durchaus ehrlich bekannt und 
es nahm auch Merk die Skulptur ohne Bedenken in seinen Be- 
richt auf. Sie stellt einen Pferdekopf dar. 

Beide Skulpturen bestehen aus Rentierhom und werden heut- 
zutage nicht als ausser den übrigen Kunstprodukten aus dem 
Kesslerloche stehend betrachtet. 

Die Freude an den herrlichen Funden von Thaingen wurde 
bald getrübt durch eine Abhandlung L. Lindenschmlt's im Archiv 
für Anthropologie, in welcher er die Abbildung des Bären aus 
Thaingen neben diejenige des Bären aus dem SpAMER'schen Kinder- 
buche; „Die Thiergärten und Menagerien mit ihren Insassen" 
stellte. Beide Bilder stimmen überein. Auf derselben Seite der 
genannten Abhandlung wird dem Fuchs von Thaingen ein anderer 
Fuchs aus demselben Kinderbuche an die Seite gestellt und beide 
Bilder sind einander so ähnlich, dass jedem Beschauer sofort klar 
war, woher der angebliche troglody tische Zeichner vom Kessler- 
loche die Vorbilder für seinen Fuchs und seinen Bären geholt. 
LiNDENscHMiT beoutztc diese Gelegenheit zu Ausfällen gegen Merk, 
auf den er nicht undeutlich als den Urheber der Fälschungen hin- 
wies. Er ging noch weiter und sprach seine schon früher ge- 
äusserten Zweifel an der Echtheit aller Kunstprodukte unter den 
Höhlenfunden schärfer und bestimmter aus. 

Zwar konnte Merk den Verdacht, dass er der Fälscher sei, von 
sich abwälzen durch den Nachweis, dass die Zeichnungen von Fuchs 
und Bär, ebenso der diese Bilder begleitende Text, gegen seinen 
deutlich au^esprochenen Willen in die Abhandlung, die seinen Namen 
trage, aufgenommen worden sei, aber er musste sich den Vorwurf 
gefallen lassen, dass er die Untersuchung nicht mit der nötigen 
Genauigkeit und Umsicht geführt und seinem Berichte keine Be- 
merkung beigefügt habe, woraus ersichtlich wäre, dass nicht er der 
Verfasser jener Begleitworte sei, und dass die Bilder von ihm zurück- 
gewiesen worden seien. Zur grossen Beruhigung der wissenschaft- 
lichen Welt aber konnte Merk mitteilen, dass der Fälscher in der 
Person eines Arbeiters bereits entdeckt sei. 

In der deutschen Anthropologen -Versammlung zu Konstanz 
1877 kam die Sache nun ebenfalls zur Sprache und die Verhand- 
lungen gestalteten sich zu eigentlichen Gerichtssitzungen. Die 
persönliche Ehrenhaftigkeit Merk's wurde allgemein anerkannt Die 
Debatte drehte sich um die Frage, ob die Kunstprodukte unter den 
Höhlenfunden nicht samt und sonders mehr oder weniger grobe 
Fälschungen seien. 



zed.yGOOgle 



54 Erstes Kapitel. 

Die Gegner der Echtheit stützten sich in erster Linie auf „das 
artistische Moment" und erklärten, nicht glauben zu können, dass 
ein solch rohes, unkultiviertes Volk, wie die Höhlenbewohner, 
Zeichnungen von der Schönheit der in Thaingen gefundenen 
anzufertigen imstande wäre. Wenn man ethnolc^psche Vergleiche 
herbeiziehen wolle, so sei denn doch ein „himmelweiter" Unter- 
schied zwischen den besten Zeichnungen der Eskimo's und den 
Gravüren vom Kesslerloche. Auch das „technische Moment" spreche 
nicht für die Echtheit und was das Geologische anbetreffe, so seien 
Irrungen in diesen Dingen ausserordentlich leicht möglich. Das 
„zoologische Moment" endlich sage, dass die Zeichnungen in Thaingen 
und ähnlichen Fundorten entweder zur Zeit gemacht worden, da die 
ausgestorbenen und ausgewanderten Tiere noch in Mitteleuropa 
lebten, oder aber in allemeuester Zeit, da ja einige der in Betracht 
kommenden Tiere erst in unsem Tagen wieder bekannt worden seien. 

Auf diese Bemerkungen wurde erwidert, dass es sich hier nicht 
darum handle, ob man es fiir möglich oder unmöglich halte, dass 
die Troglodyten die vorliegenden Zeichnungen haben machen 
können, sondern dass es sich nur darum handle, zu wissen, wie und 
unter welchen Umständen diese Kunstprodukte gefunden worden seien. 
Einen schlagenden Beweis gegen die technischen Bedenken der 
Gegner erbrachte Graf Wurmbrand, der auf einen frischen Knochen, 
welcher vom Mittagsmahl der Festgenossen stammte, mit Feuerstein in 
'/^ Stunden das „weidende Rentier" gezeichnet hatte. Für O. Fraas 
war das geologische Moment ausschlaggebend, denn unter Tuff- 
decken praktiziere man nichts hinein, ohne dass man es merke und 
in Bezug auf das zoologische Moment bemerkte derselbe Redner, 
der selbst in Höhlen gegraben (aber keine Zeichnungen gefunden) 
hatte, dass er zweifle, ob im Jahre 1873/74 in ganz Süddeutschland 
ein Künstler zu finden gewesen wäre, der einen Moschusochsen 
hätte schnitzen können und wenn man ihm „weiss Gott, wie viel 
dafür versprochen hätte". 

Seit der Konstanzer Versammlung hat besonders Fraas noch- 
mals das Wort ergriffen. Es haben die Zeichnungen aus dem 
P^rigord, wie die von Thaingen, den gleichen, aber eigentümlichen 
Stil. Der Fälscher müsste also der Erfinder eines besondem Stiles 
sein. Er hätte aber auch sehr ausgedehnte naturwissenschaftliche 
Kenntnisse besitzen und genugende Geldmittel zur Verfügung haben 
müssen, um seine Tollheiten in Frankreich und der Schweiz treiben 
zu können. Den wichtigsten Beweis für die Echtheit der Thainger 
Funde aber findet Fraas im Material, auf dem die Zeichnungen er- 
scheinen. Es sind nämlich alle auf Rentierhorn, nie auf Knochen 



zed.yGOOgle 



Die Eiizeil oder das Diluvium. ei 

gemacht und zwar aufJHschea_H.orn. Versuche ei^aben, dass altes 
Geweih in seiner Rinde zu Mulm wird, der keinen scharfen Strich 
mehr zu ziehen gestattet Entfernt man aber die Rinde, so geht 
es erst recht nicht, denn der Kern ist „versteint". Wenn nun, wie 
an den Hörnern des Moschusochsen, die Rindensubstanz noch am 
Objekte erhalten blieb und scharte Striche aufweist, so muss die 
Arbeit zu einer Zeit entstanden sein, wo es frisches Rengeweih gab. 
An abgeworfenes Geweih kann man nicht denken, da solches von 
den Atmosphärilien schon nach wenig Jahren zur Bearbeitung un- , 
brauchbar wird. Zur Zeit Cxsar's lebte allerdings das Ren noch 
in Mitteleuropa. I) Es ist aber nicht anzunehmen, dass etwa ein 
römischer Soldat in müssigen Stunden die Sachen im Kesslerloch 
gemacht, denn wie würde sich der Stil erklären lassen und woher 
käme die Übereinstimmung desselben in Dutzenden von Zeichnungen 
Südfrankreich's und der Schweiz? 

Heutzutage ist wohl jeder Zweifel an der Echtheit der Thainger 
Kunstprodukte, natürlich mit Ausnahme der notorischen Fälschungen, 
geschwunden. Die wichtigsten Stücke daselbst sind übrigens im 
Anfang der Ausgrabungen zum Vorschein gekommen. Seither aber 
hat man nicht bloss in andern Höhlen ähnliche Zeichnungen und 
Skulpturen entdeckt, sondern bei heute lebenden Völkerschaften, 
die auf derselben Kulturstufe stehen, wie unsere Diluvialmenschen, 
sind ebenfalls derartige Kunstleistungen angetroffen worden. 



F. Das Schw^elzersbild bei Schaffhausen. 

I. Fundgesckickte. Wer von Schaffhausen aus nordwärts 
wandert, gelangt nach wenig mehr als einer halben Stunde zu der 
Stelle, wo das Merishauser- und das Freudenthal sich zu vereinigen 
streben. Da ist das Schweizersbild, am Nordfiisse des Geiss- 
berges gelegen. Inmitten einer kleinen Ebene erheben sich einige 
Felsen und einer derselben, auf den speziell der Name Schweizersbild 
übergegangen ist, hangt gegen Südwest Über. Diesen „abri sous 
röche" hatten einst die Rentierjäger als Wohnsitz inne. 

Der überhängende Felsen umfasst einen nahezu halbkreis- 
förmigen Raum. Im Hintergründe desselben ist man vor dem 
Regen ziemlich gesichert und im Sommer — das haben die an der 
Au^rabung Beteiligten erfahren — herrscht daselbst eine bedeutende 

I) Mree Ansicht von Fkaas isl nicht haltbar, da die betreffende Stelle bei Cäsar 
(ich sicher nicht auf das Ren bezieht. Vielleicht war das Elen gemebt. 



zed.yGOOgle 



j6 Eutes Kapitel. 

Hitze. Der Ort mochte sogar im Winter meist schneefrei sein. Der 
diluviale Mensch hat wohl sein Heim im Sommer durch Laubhütten 
wohnlicher eingerichtet, im Winter vielleicht durch Vordächer, die 
mit Pelzwerk verhängt waren. Die Reste seiner Nahrung und die 
Abfälle bei seiner Arbeit wurden weggeworfen und bildeten im Lauf 
der Zeit einen Wall, der sich von einem Ende der Febnische zum 
andern 20g. Dieser Wall wurde auch in jüngerer Zeit durch zeit- 
weilig am Schweizersbild hausende Bewohner, sowie durch die Vege- 
tation erhöht Der Platz war gut gewählt; in seiner Nähe befindet 
sich eine reichlich fliessende Quelle. 

Im Jahr 1891 zogen die Herren Dr. Noisch und Dr. H&usler 
einen Versuchsgraben durch den Wall und fanden in geringer Tiefe 
Feuersteinobjekte' und zerschlagene Knochen, besonders vom Ren. 
Dadurch war ihnen klar geworden, dass im Schweizersbild Reste des 
Diluvialmenschen vorhanden seien und sie beschlossen, die Stelle 
zu untersuchen. Zunächst wurde der Graben quer durch den Wall 
von dessen äusserem Rande bis zum Fels gefuhrt und bis auf den 
natürlichen Kiesgrund hinunter fortgesetzt. Später grub man in der 
Längsrichtung des Walles rechtwinklig zum ersten Graben. Die 
Ausbeute war sehr reich. 

Im folgenden Jahre wurde die Untersuchung des östlichen Teils 
begonnen und fiir das Jahr 1893 blieben dann noch etwa ■/, des 
ganzen Ausgrabungsgebietes übrig. Nachdem die Arbeit beendigt, 
erwarb die Eidgenossenschaft den Hauptteil der Funde fiir das 
Landesmuseum in Zürich, Eine Gesamtpublikation über Schwei- 
zersbild von Dr. Nüesch ist in den „Denkschriften der AUg. Schweiz. 
Gesellschaft für die gesamten Naturwissenschaften" erschienen 
{Bd. XXXV. 1896). 

2. £>if Fundsckichien. In Thaingen waren die Funde aus den 
zwei Kulturschichten nicht auseinander gehalten worden, um so mehr 
musste man wünschen, dass im Schweizersbild die einzelnen Schichten 
und ihre Einschlüsse sorgfaltig geschieden würden. Zu oberst, 
direkt unter der Grasnarbe, lag eine Humusschicht, die mannig- 
fache Störungen auftvies. Darunter befand sich die sogen, schwarze 
KulturschJcht, die besonders in der Nähe der Felswand grosse 
Mengen von Aäche in sich schloss. Sie enthält aber auch rohe 
Thonscherben, geschliffene Steine und andere Objekte aus der Zeit, 
da das Schleifen und Polieren des Steins allgemein geübt wurde, 
also aus einer Zeit, da die Tierwelt, wie wir sie in den grossen Höhlen- 
funden kennen lernen, längst verschwunden war, um der jetzigen 
Fauna Platz zu machen. Die Funde aus der schwarzen Kultur- 
schicht waren zwar nicht so reichlich, dass man hätte annehmen 



zed.yGOOgle 



Die Eisieit oder das Diluvium. 57 

können, der Mensch wäre zur Zeit ihrer Bildung am Schweizers- 
bild wohnhaft gewesen, wohl aber mag er sich zeitweilig dort auf-, 
gehalten haben. 

Unter der schwarzen Kulturschicht folgte eine Lage von Ge- 
steinstrummem, zwischen denen zahlreiche Reste von Nagetieren ge- 
funden wurden; dann folgte nach unten die „gelbe Kulturschicht", 
in welcher, wieder vermengt mit Gesteinstrümmem, Tausende und 
Abertausende von bearbeiteten Feuersteinen lagen, Kernstücke, Ab- 
fälle, sowie viele Silexgerate, femer Knochen und Knochengerate, 
Schmucksachen aus Gagat oder Pechkohle, aus durch lochten 
Muscheln u, s, w. Das waren dieselben Spuren des Menschen, wie 
sie aus dem Kesslerloch bei Thaingen, oder aus der nahe dem 
Schweizersbild gelegenen Höhle im Freudenthal bekannt geworden: 
Es waren die Spuren des diluvialen Rentierjägers. 

In der gelben Kulturschicht fand man auch mehrere Feuer- 
steilen oder Herdplätze, Einer derselben ist vorsichtig heraus- 
genommen und im Schweizerischen Landesmuseum aufgestellt worden. 
Auch Arbeiisplätze^ gekennzeichnet durch Steinplatten und Klo£f- 
steine, sowie durch ringsum angehäufte Abfälle von Feuersteinen, 
wurden konstatiert und zwai^ sowohl in der gelben, als in den 
schwarzen Kulturschicht. 



¥ 



Humusschicht 



Schwarze Kultuncbicht 



Obere Nagetienchicht 



Gelbe Kolturachidii 



Untere Nageüerschicht 



Alle bisher genannten Schichten sind stellenweise gestört; 
darum fand man in der obern Kulturschicht hier und da Gegen- 
stände, die aus der tiefer liegenden gelben oder paläolithischen 
Schicht stammten; ebenso Tierreste aus der Nagetierschicht und 
umgekehrt. Diese Schichtenstörung rührte her von Gräbern. Es 



zed.yGOOgle 



5 8 Ente* Kapitel. 

sind über zwd Dutzend solcher Gräber am Schweizersbild entdeckt 
worden, aber keines barg die Reste des Dituvialmenschen. Die 
ältesten Gräber gehören der jüngeren Steinzeit an. Wir werden 
sie später betrachten und sehen, dass sie zum Teil unser volles 
Interesse in Anspruch nehmen dürfen. 

Unter der gelben oder paläolithischen Kulturschicht lag wieder 
eine Nagetierschicht, die ihrerseits auf einem Bette von gerollten 
Kieseln ruhte, das in den ersten, vorläufigen Publikationen irriger- 
weise als Diluvium bezeichnet wurde. Es ist Anschwemmungs- 
material des Freudenthaler Baches, 

Die Schichten, die wir eben genannt haben, bedeuten nur 
Hauptabteilungen im Profil vom Schweizersbild, wie sie besonders 
im östlichen Teil des Ausgrabungsgebietes klar zu Tage traten. 
Einige derselben gingen ineinander über, andere keilten sich aus, 
so z. B. die obere Nagetierschicht. Nach der Angabe M, Boüle's, 
der den Ausgrabungen mehrere Tage lang beiwohnte, war die obere 
Nagetierschicht im ostlichen Teil durch eine sterile Kiesbank in 
zwei Abschnitte getrennt Gegen die Felswand ging die schwarze 
oder neolithische Kulturschicht ganz in eine „Aschenschicht" über. 
Nach Westen nahmen die Kulturschichten ab und scheinen stellen- 
weise gefehlt zu haben. Im Ganzen war die östHche Hälfte 
reicher an Funden, als die westliche; am zahlreichsten waren jene 
in der Mitte, d. h. in den zuerst geöffneten Gräben. 

Interessant ist die Angabe, dass sogar in der untern Nagetierschicht 
eine Feuerstelle nachgewiesen worden sei. Produkte von Menschen- 
hand Hessen sich ebenfalls bis in diese Schicht hinunter verfolgen. 

3. Artefakte aus Silex, Knochen, Gagat u. s. w. Bei den Arbeits- 
plätzen der gelben oder rentierzeitlichen Kulturschicht lagen steinerne 
Klopfer. Rundliche Steine wurden auch bei den Feuerstellen ge- 
funden. Man bezeichnet sie als Hitzsteine, Glühsteine u. s. w. und 
glaubt, sie hätten zum Erhitzen des Wassers gedient. Das Wasser 
mochte in lederne Säcke oder ausgehöhlte Holzstöcke gefasst worden 
sein und, um es zu erhitzen, warf man glühend gemachte Steine in 
dasselbe, wie das noch von heute lebenden Naturvölkern, z, B. in 
Nordwest-Amerika, berichtet wird. 

Die eigentlichen Steingeräte vom Schweizersbild bestehen aus 
Feuerstein und sind sehr zahlreich. Bei der Kleinheit derselben fragt 
man sich unwillkürlich, ob es denn möglich sei, mit dergleichen Werk- 
zeugen zu arbeiten und gar feine Zeichnungen zu gravieren, wie sie 
in Thaingen gefunden wurden und auch im Schweizersbild nicht völlig 
fehlen. Da war es denn ein günstiger Zufall, dass Dr. Hausler, der 
die Ausgrabungen eine Zeit lang dirigierte, in Neuseeland selbst mit 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluviam. cg 

solchen Objekten hatte arbeiten sehen. Er konnte uns über die ver- 
schiedenen Formen und deren Handhabung belehren und den Be- 
weis erbringen, dass man mit derartigen Messern, Sägen, Schabern, 
Glattem, Höbein, Spitzen, Bohrern, Gravierinstrumenten u. s, w. 
recht wohl feine Arbeiten erzeugen könne, wenn die nötige Zeit 
nicht fehle und Kopf und Hand geschickt genug seien. In der 
Sitzung der Naturforschenden Gesellschaft SchalThausen vom 9, No- 
vember 1891 wies er auf die Maon Neuseeland's hin, namentlich 
die Arawastamme. Diese sind berühmte Holzschneider, welche mit 
den einfachsten Geräten ihre Kunstwerke anzufertigen wissen. 
Dr. Häusler beschrieb sodann nicht weniger als 35 verschiedene 
Feuersteinwerkzeuge vom Schweizersbild, „die zum Schmieden, 
Sägen, Meissein, Hobeln, Bohren, Schaben, Polieren, Ritzen und 
Zeichnen gedient haben." 

„Offenbar waren die Rentierjäger mit der Natur der einzelnen 
Varietäten unserer jurassischen Feuersteine sehr vertraut Gewisse 
Silexarten (wie die harten , spröden , bräunlichen ,) eignen sich 
besonders zu Messern, andere, wie die milchweissen , die nicht 
leicht splittern, zu breiten, konvexen Schabern, und die gelblich- 
braunen, weichen Varietäten zu den grossen, konkaven Schabern 
und Hobeln." 

„Durch Schlag und Druck wurden die später noch mehr oder 
weniger zugearbeiteten Splitter abgesprengt Messerchen, also gerade 
die in Museen und Sammlungen den Ehrenplatz einnehmenden 
Feuersteinwerkzeuge, sind am leichtesten herzustellen. Bei etwas 
Übung springen solche mit jedem Schlage auf die Kante einer 
scharfen Bruchfläche ab. Die kleineren, mehr oder weniger quad- v 
ratischen Instrumente mit Hobelkanten dagegen scheinen durch ' 
bedeutenden Druck hergestellt worden zu sein." 

„Aus der Art der Abnutzung der Kanten und Spitzen können 
wir in der Regel schliessen, zu welchem Zwecke das Instrument 
diente, das heisst, ob sogenannte Messer zum Schneiden von Holz, 
Geweih, Häuten oder Fleisch benutzt wurden. Beim Bearbeiten von 
harten Substanzen brachen oft Stücke der Schneide und der Spitze 
ab; es entstanden dadurch neue Instrumente, wie Bohrer, Hobel 
und Sägen, die zum neuen Zweck noch weiter vervollkommnet 
wurden. Es ist daher irrig, der allgemeinen Form so viel Wichtig- 
keit zuzuschreiben, wie dieses meistens geschieht Auch das Studium 
modemer Steinwerkzeuge beweist, dass die allgemeine Form oft 
zufällig ist und dass in solchen Fällen die Beschaffenheit der Kanten 
oder einzelner Partien derselben und der Spitze beim Klassifizieren 
von höchster Bedeutung ist" 



zed.yGOOgle 



6o Erstes Kapilel. 

„Nach der Art der Anwendung zerfallen die Feuersteinwerkzeuge 
in Messer, Sägen, Ziehmesser, Schaber, Hobel und Bohrer, Meissel, 
Keile und Hämmer, und diese wieder in zahlreiche Unterabteilungen." 

„Die Messer sind verschieden, je nachdem deren ganze Kante, 
bloss die vordere Hälfte oder nur die Spitze gebraucht wurde. Sie 
umfassen sieben leicht unterscheidbare Typen zum Zerschneiden von 
Fleisch, Tierfellen, zum Einritzen von Furchen und zum Ausschneiden 
von Nadeln, Meissein, Pfeilspitzen u. s. w. aus Knochen und zum 
Zuschneiden von Geweihen, Je nach dem Zwecke ist die Form 
länglich, elliptisch, pfeilspitzähnlich und die schneidende Spitze 
gerade oder gebogen und in der Mittellinie oder seitlich gelegen. 
Selbstverständlich sind Grösse, allgemeine Form und Anzahl der 
Sprengflächen je nach der Natur des Feuersteins und der Ge- 
schicklichkeit des Arbeiters verschieden, was beim Vergleichen der 
vielen hundert Exemplare leicht ersichtlich ist" 

„Die Sägen besitzen entweder eine gerade oder eine gezähnte 
Schneide. Sie sind meistens klein und äusserst kunstvoll gearbeitet. 
Die eigentlichen feinen Sägen mit sorgfältig abgerundetem Rücken 
zum Schutze des Zeigefingers dienten wohl hauptsächlich zur Her- 
stellung von kleinen Homplättchen." 

„Mit den sogenannten Ziehmessern wurden sehr verschieden- 
artige Arbeiten ausgeführt, Tierfelle gereinigt, scharfe Kanten an 
Holz und Hörn entfernt u. s. w. Sie sind oft an beiden Enden 
sorgfältig bearbeitet, um die Finger nicht zu verletzen." 

„Schaber, Hobel und Polierer bilden drei wichtige Gruppen 
von Werkzeugen, von denen die Ausgrabungen eine grosse Menge 
zu Tage förderten." 

„Aus der Beschaffenheit der Spitzen und Kanten, die oft fein 
abgerundet sind, der Länge und Stärke des in der Hand gehaltenen 
Teiles, der grösseren oder kleineren Konkavität und der Bearbeitung 
des beim Gebrauche die Handfläche berührenden hinteren Endes 
lässt sich der Zweck der verschiedenen Formen erkennen. Die 
Werkzeuge zum Reinigen der Tierhäute, zum Aushobeln der kon- 
kaven Meissel und zum Polieren der feinen Nadeln können als die 
Haupttypen der Gruppe gelten. Die letzteren waren in der be- 
nachbarten Freudenthaler Höhle häufiger als im Schweizersbild," 

„In grosser Mannigfaltigkeit und in auffallend kunstvoll ge- 
arbeiteten Exemplaren traten die Bohrer auf Die Häufigkeit 
einiger Formen Hess das Auffinden zahlreicher Bruchstücke von 
Kommandostaben mit Tierfiguren erwarten, da sie zum Bohren der 
Löcher gedient haben, welche diese auszeichnen. Grosse Be- 
wunderung erregten die kunstvoll und scharfsinnig konstruierten 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 5j 

Centrumbohrer mit nadelfeiner, allseitig abgerundeter Spitze. Die 
verschiedenen zum Durchbohren von Knochen, Hörn, Zähnen, Holz 
und Fellen dienenden Formen sind gut charakterisiert, auch infolge 
ihrer Vielgestaltigkeit und Ausstattung von hohem Interesse." 

Die Knochen im Schweizersbild sind fast ausnahmslos zer- 
schlagen, sofern sie markfiihrend waren. An manchen derselben 
sieht man die Schlagspuren, und aus der Art, wie die Markknochen 
zerschlagen wurden, erkennt man die Arbeit des Menschen. Die Tibien 
des Rens sind z. B. immer bei der Epiphyse abgebrochen, was 
nicht der Fall sein konnte, wenn zufällige Schläge dieselben zer- 
trümmert hätten. Hier und da bemerkt man unregelmässige Kerben 
auf den Knochen, die von Insektenlarven herrühren, ferner Wurzel- 
eindrücke, sodann Schnitte, die leicht als Arbeit mit schneidenden 
Werkzeugen (Feuersteinmessem u. dergl.) zu erkennen sind. Ebenso 
ist es mit den Stücken aus Rentierhom. 

An Geräten aus Knochen und Hom ist kein Mangel. Da sind 
Ahlen und Pfriemen, Meissel, Speerspitzen, Pfeifen aus Rentierknochen 
und IJadclo von grosser Feinheit, mit oder ohne Ohr, zum Teil aus 
Elfenbein bestehend. Seltener kommen Harpunen vor, häufig durch- 
bohrte Geweihstangen u. s. w. 

Die Zahne wurden durchlocht und zu Schmuck verwendet. 
Der Rentierjäger vom Schweizersbild sammelte auch Versteine- 
rungen, z. B. Cerithiuoi und Haifischzähne (Lamna), Pectunculus, '^ 
Turritella u. s. w., um sie als Schmuck umzulegen. Zu Schmuck- 
sachen wurde ferner_Gagat oder Liaskohle verwendet, ähnlich wie ) 
in Thaingen, Freilich muss man s^en, dass Schweizersbild in Be- 
zug auf Reichtum an Schmucksachen bedeutend hinter dem Kessler- 
loch zurücksteht. Dies gilt auch für die Zeichnungen. 

4. Ornamente und Zeichnungen. Schon in der ersten Aus- 
grabungs-Campagne im Schweizersbild war ein Fragment eines sogen. '■ 
Kommandostabes zum Vorschein gekommen, der ein Stück einer 
Rentierzeichnung trug. Später fand man noch andere Gravüren; 
zahlreicher jedoch sind die eingeritzten Kerben,- Striche und Strich- 
systeme, also die Ornamente. Es ist zwar, wie schon oben be- 
merkt, ganz unmöglich, zu erkennen, ob wir in den einfachem 
dieser Ornamente nicht etwa Eigentumszeichen oder Stammesraarken 
vor uns haben, vielleicht sogar Schriftzüge (wie auf den „Boten- 
stöcken" der Australier), aber wenn das auch der Fall war, so 
haben wir doch bei den meisten derselben anzunehmen, dass sie 
in zweiter Linie einem ästhetischen Bedürfnis entgegen kamen, also 
Ornamente sind. 



zed.yGOOgle 



62 Erstes Kapitel. 

Bei einem pfeilartigen Gerät aus Knochen, das der gelben 
Kulturschicht entstammt, bemerkt man ein fischgrätartiges Muster, 
bestehend in schräg gegen einander laufenden, kommaförmigen 
Kerben. An andern Stücken sind Parallelstriche zu sehen. 

Ein Harpunenfragment, das auf beiden Seiten Zähne besass, 
welche aber nur noch als Stummeln vorhanden sind, trägt im 
Mittelteil je drei Parallelen, die im Zickzack angeordnet erscheinen, 
ohne sich jedoch zu berühren. Ein anderer ornamentierter Knochen 
zeigt ein wirkliches Zickzackmuster. 

Der gelben Kulturschicht entstammt ein Stück eines Röhren- 
knochens , auf welchem Rechtecke eingraviert sind. Jedes der 
Rechtecke ist durch zwei Längslinien in drei Zonen abgeteilt und 
jede äussere Zone wurde durch Querstriche in kleine Rechtecke 
zerlegt 

Als Material sind von den zeichnenden Troglodyten häufig 
I Geweihstangen benutzt worden. Im Schweizersbild fand sich auf 
' einer solchen Stange eine Fischzeichnung. Das Rentierbild, von 
dem wir oben sprachen, ist nur fi'agmentarisch erhalten. Deudich 
sind die Vorderbeine sichtbar, ebenso ist die Brustlinie zu erkennen. 
Weniger leicht wird man über einige Striche klar werden, die viel- 
leicht Barthaare vorstellen. Die Füsse sind schlecht gezeichnet und 
scheinen in Grasbüscheln zu stecken. Die Bauchlinie ist deutlich. 
Von derselben gehen zwei Parallelen gegen den Rücken. Bei den 
Hinterbeinen ist der Stab abgebrochen; auch der Rücken des Tieres 
fehlt. An Stelle des Kopfes sieht man eine Anzahl Furchen, die nichts 
erkennen lassen und etwas weiter vom befindet sich das Loch des 
hier abgebrochenen Kommandostabes. Das interessante Stück wurde 
von Dr. Häusler selbst gefunden. 

Ein Kommandostab mit Zeichnung von zwei Diluvialpferden 
kam 1893 zum Vorschein. Er fand sich in einer Nische im nord- 
östlichen Teil der Felswand und zwar auch in der gelben Kultur- 
Schicht. Das Stück wurde mit Sorgfalt herausgenommen, war aber 
so mürbe, dass Teile abbrachen. Jetzt ist es restauriert und mit 
den andern wichtigeren Funden aus dem Schweizersbild im Landes- 
museum in Zürich aufgestellt 

Schon anlässlich der zweiten Ausgrabungs-Campagne, im Jahre 
1892, war ein weiterer Fund gemacht worden: Ein Kalkplättchen 
mit vielen Tierzeichnungen. Am 10. Oktober 1892 wurde, wie 
Dr. NCesch berichtet, eine Felsnische au^eräumt 2 m tief unter 
der ursprünglichen Oberfläche, in der gelben Kulturschicht, fanden 
sich zerschlagene Knochen und Zähne von Ren und Pferd, wohl- 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 63 

erhaltene Kieferstücke des Alpenhasen, sowie bearbeitete Feuersteine. 
Da entdeckte ein Arbeiter ein Kalksteinplättchen mit Kritzen, ein 
ajiderer Arbeiter wusch es und sah Zeichnungen auf demselben. 
Das Plättchen war unr^elmässig, ca. 8 cm lang und 4'/^ bis 7 cm 
breit. (Fig. 30). 

Auf der einen Seite sind drei Tierzeichnungen. Ein eselartiges 
Tier mit schmalem ICopf, langen aufgerichteten Ohren, schlankem 
Leibe, dünnen Beinen und langem Schwanz repräsentiert wohl den 
Kulan oder den durch Zähne im Schweizersbild nachgewiesenen 



Fig. 30. 
SteinpISItchen mil eingeriUlen Zeichnungen, vom Schweizersbild. 

Nach Pholographit.J 

Wildesel (Dschiggetai = Equus hemionus). Er schaut nach links, ähn- 
lich dem Ren auf dem ersterwähnten Kommandostabe. Unter dem 
Wildesel befindet sich die Zeichnung eines fiillenartigen Tieres, das 
mit eingezogenem Hinterleib den Eindruck erweckt, als sei es eben 
sehr erschreckt worden oder wittere Gefahr. Weniger charakteristisch 
ist ein drittes Tier, das im Gegensatz zu den beiden Gefährten nach 
rechts läuft. Die Zeichnung desselben liegt schräg gegen den Hals 
des Wildesels. Der Zeichner wollte wohl ein Rentier darstellen. 

Die Hinterseite des Plättchens weist ein eigentliches Gewirr 
von Linien auf. Zwei Pferde mit aufgerichteten Mähnen sind in 
aniger Deutlichkeit zu erkennen, ferner ein drittes Tier, dessen 
Kopf aber wegen des abgebrochenen Plattenstückes fehlt, endlich 



zed.yGOOgle 



einige andere Tiere oder besser gesagt, Tierfragmente, deren Deu- 
tung sehr schwer ist und in deren einem man sogar ein Mamut 
sehen will. 

Aus dem Gesagten geht hervor, dass auch im Schweizersbild 
eine interessante Fundstelle vorliegt. Wissenschaftlich wichtig aber 
sind neben den menschlichen Überbleibseln besonders die Tierreste 
dieser Station. 

S- Die Fauna. Wenn das Kesslerloch in Bezug auf die Frage, 
was fiir Spuren seines Könnens der Diluvialmensch hinterlassen, 
unter allen Rentierstationen der Schweiz die beste Antwort hatte 
geben können, so ist es das Schweizersbild, dessen Funde uns den 
genauesten Aufechiuss über die Tierwelt der Schweiz in jener Zeit ver- 
mitteln. Besonders die kleinen Säugetiere, unter welchen viele Charak- 
tertypen sich finden, sind in dieser Beziehung höchst interessant und 
ei^änzen und berichtigen die Folgerungen, die man aus dem Auf- 
treten ausgestorbener oder ausgewanderter Säuger gezogen hat, in 
erwünschtester Weise. Genaue Aufechlüsse über die Fauna vom 
Schweizersbild verdanken wir vor allem den Professoren Nehring 
und Studer, von denen der erstere mehr die kleineren Tiere, der 
letztere die grössern bestimmte. 

Aus der grauen (neolithischen) Kulturschicht vom Schweizersbild 
bestimmte Nehring das Eichhörnchen, den Baummarder (Mustela 
martes), Fuchs, Schermaus (Arvicola amphibius), Maulwurf u, s. w, 
Studer stellte in derselben Schicht die Anwesenheit folgender Tier- 
spezies fest: Edelhirsch (Cervus elaphus), Reh (C. capreolus), Wild- 
schwein, Torfrind, Pferd, Braunbär {Ursus arctos), Dachs, Marder, 
Maulwurf, Schneehase, Schneehuhn, Ren u. s. w. Das ist nun eine 
charakteristische Waldfauna. 

In der oberen Nagetierschicht fand NEHRrNC den Gartenschläfer 
{Eliomys sp.), die Maus {Mus agrarius?}, Maulwurf, Spitzmäuse, 
Schermaus, andere Wühlmausarten, worunter Arvicola ratticeps, 
eine Hasenart, den Zwerg-Pfeifhasen (Lagomys pusillus), das Hermelin, 
das kleine Wiesel, das Ren, mehrere Vögel, eine Schlange und eine 
Kröte, Studer traf einige Arten, die ein Gemisch von Wald- und 
Steppenfauna bezeichnen. 

Aus der gelben Kulturschicht konnte Nehring feststellen: An'i- 
cola amphibius. Wühlmausarten, Hamster (Cricetus frumentarius), 
Maulwurf, eine Zieselart: Spermophilus Eversmanni, den Zwerg-Pfeif- 
hasen und mehrere Vogelarten, Studer fand in dieser Schicht 
zahlreiche Reste vom Ren, Schneehasen, Diluvialpferd, Vietfrass, 
Höhlenbär, Eisfuchs, Wolf, Urstier, Steinbock und Birkhuhn. 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 65 

In der untem Nagetierschicht konstatierte Nehrisg den Pfeif- 
hasen (Lagomys pusillus), eine Hamsterart, viele Wühlmausreste, 
worunter Arvicola gregalis und A, nivalis, einige Reste des Hasen, 
Sorex und Talpa, zahlreiche Spuren von Schneehühnern und be- 
sonders viele Reste des Halsband-Lemming's (Myodes torquatus). 
Studer fugt dieser Liste bei: Ren, Schneehase, eine kleine Pfeif- 
hasenart, Eisfuchs, Schneehühner u. s. w. Hier findet sich also 
einerseits eine arktische, anderseits eine subarktische Steppenfauna 
angedeutet. Ein charakteristischer Vertreter der ersteren ist der ■ 
Halsband-Lemming. Seine Reste fanden sich am tiefsten, die andern 
Lemmingsknochen lagen höher. Nach oben verschwanden sie ganz, 
während die Knochen der eigentlichen Steppennager an Zahl zunahmen, 
bis auch sie weiter oben durch eine Wald&una verdrängt wurden. 
Nach NEHRI^fG's Ansicht haben wir also im Schweizersbild, wie an 
vielen andern diluvialen Fundorten Mitteleuropa's, z. B, in Thiede 
bei Wolfenbüttel, zuerst eine Tundren-, dann eine Steppenfauna und ' 
endlich die Wald- und Weidefauna. 

Die untere Breccienschicht gehört grösstenteils der Lemmings- 
zeit an, doch treten neben den arktischen Gattungen auch Repräsen- ', 
tauten der subarktischen Steppenfauna auf, z. B. Cricetus phaeus, 
Lagomys pusillus und Arvicola gregalis. 

In der gelben, paläolithischen Kuiturschicht sind die Lemminge 
verschwunden, dagegen behaupten sich die Steppennager, zu denen 
noch eine Spermophilusart kommt 

Die graue oder schwarze Kuiturschicht enthält keine Reste von 
Steppennagern; es herrscht die heutige Waldfauna. 

Es erübrigt uns noch, mit einigen Worten einzutreten auf das 

6. A/ter der paläolithischen oder gelben Kuiturschicht. Wenige 
hundert Meter östlich vom Schweizersbild befindet sich eine Moräne 
des Rheingletschers mit typischen Bündnei^esteinen. Sie gehört 
zweifelsohne der dritten Eiszeit an. Dicht neben ihr zieht sich das 
sog. Muzenthäli ins Fulachthal hinunter. Dieses Muzenthäli ist ein 
alter Bachlauf, sei es, dass der Bach aus dem Freudenthal oder gar 
die Durach aus dem Merishauserthal dereinst diesen Weg genommen. 
Jeder der genannten Bäche floss am Schweizersbild vorbei und die 
Fundschichten daselbst ruhen auf dem Bachschotter, sind also jünger. 

Die Wasser, welche einstmals durch das Muzenthäli flössen, 
haben die erwähnte Moräne zum Teil verschwemmt. Die Ab- 
lagerungen dieser Wasser sind demnach jünger als die Moräne. 
Da nun die Fundschichten vom Schweizersbild auf den Bachschottern 
liegen und diese jünger sind als die Moräne der dritten Eiszeit, so 
darf mit Sicherheit angenommen werden, dass die paläolithischen 

HciErli, Urgeichichle &a Schwell. 5 



zed.yGOOgle 



66 Erstes Kapitel. 

Funde vom Schweizersbild nacheiszeitlich oder postglacial seien, 
\ gerade so wie die Höhlenfunde von Thaingen auch nach der Eiszeit 
abgelagert wurden. Die ältesten Spuren des Menschen in der Schweiz 
sind also postglacial und der eigentliche Diluvialmensch ist bis jetzt 
in unserm Lande noch nicht nachgewiesen worden. 



G. Die Kultur der palftollthlschen Zelt. 



1. Allgemeine Betrachtungen. Die Kosmogonien der Babylonier 
und Phönikier, der Perser, der Römer und vieler änderer Völker 
erzählen uns übereinstimmend, dass das Menschengeschlecht zuerst 
eine sehr niedere Kulturstufe eingenommen^ ja der neu platonische 
Philosoph PoRPHVRius lässt einen Gedanken aufblitzen, den erst die 
Neuzeit recht erfasst hat, wenn er in seinem Werke über die Ent- 
haltsamkeit sagt, die Tiere seien die nächsten Verwandten des 
Menschen und mit ihm gemeinsamen Urspnii^s. 

Die Idee vom niederen Urzustände unseres Geschlechts ist 
durch die prähistorische Forschung bestätigt worden. Wenn wir 
uns noch einmal das, was sich über das Leben der Höhlenbe- 
wohner von Thaingen und der Rentierjäger vom Schweizersbild aus 
den Funden erschliessen lässt, vergegenwärtigen, so werden wir ge- 
tehen, dasÄ jene ältesten Bewohner Schaffhausen's im ganzen doch 
eine tiefe Stufe auf der Leiter menschlichen Wissens und Könnens 
eingenommen haben. Sie verstanden ja noch nicht, Hütten zu 
bauen; ihre Waffen und Geräte waren aus Stein, Knochen, Hom 
u. dergl, geformt, von der Kenntnis der Töpferei findet sich keine 
Spur. Jene Leute wussten nicht, aus Fasern Gewebe zu bereiten 
und hatten keine gezähmten Tiere. Der Ackerbau war ihnen fremd, 
die Metalle kannten sie nicht. 

Wenn die Kultur immer abnimmt, je tiefer wir in die Ver- 
gangenheit hinuntersteigen, so licsse sich vermuten, dass auch in 
den körperlichen Resten des Menschen vergangener Epochen sein 
niederer Kulturzustand ausgeprägt erschiene, dass besonders am 
Schädel, diesem „Geföss des Geistes", eine Inferiorität der alten 
gegenüber den heutigen Rassen nachzuweisen wäre. Wirklich hat 
man früher an einem Schädel, der in Cannstatt (Württemberg) neben 
Mamutresten gefunden «orden sein sollte, die mächtige Entwickelui^ 
der Augenbrauenhöcker hervorgehoben und ihn als Repräsentant 
einer tiefstehenden europäischen Urrasse angesehen, aber dieser 
Schädel stammt nach den neuesten Forschungen aus einem hoch 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. g? 

über der Matnutschicht befindlichen frankischen Gräberfeld, ist also 
durchaus nicht prähistorisch. Noch berühmter ist der Neanderthal- 
schädel geworden, der in einer kleinen Höhle des Neanderthals un- 
weit Düsseldorf gefunden wurde und einem Menschen mit geradezu 
affenartigem Aussehen angehört haben soll. Nun hat aber Virchow 
nachgewiesen, dass derselbe durch Krankheitszustände von Jugend 
an pathologisch beeinflusst wurde. Zudem ist auch bei diesem 
Schädel das diluviale Alter nicht sicher zu beweisen. Im Jahr 1865 
entnahm Dupont der belgischen Höhle La Naulette ein Schädel- 
fragment, das in derselben Schicht mit Mamut- und Rentierresten 
gelegen hatte. Mortillet glaubte, der Mensch, von dem das Frag- 
ment stammt, habe noch keine Sprache besessen. 

In der Schweiz sind bis jetzt keine Skeletteile von Diluvial- 
menschen gefiinden worden. Überhaupt gehören diese Funde zu 
den Seltenheiten und die vorhandenen sind oft in Bezug auf 
Alter und Fundverhältnisse unsicher. Wenn wir das zuverlässige 
Material allein sprechen lassen und besonders auch die Gesetze 
beachten, welche die physische Anthropologie an den Schädeln der 
heute lebenden Völker und Stämme erkannt hat, so kommen wir 
durchaus zu andern Schlüssen, als den oben angedeuteten, die aus 
einer Zeit stammen, in welcher man nur wenig einschlägige Funde 
besass. 

Die Anthropologen haben längst eingesehen, dass sie sich ein 
möglichst grosses Untersuchungsmaterial verschaffen und dasselbe 
nach einheitlichen Gesichtspunkten verarbeiten müssen. Darum 
sind denn auch grosse Schädelsammlungen angelegt worden und 
ausserdem wurde, von Virchow angeregt, eine Statistik der Farbe der 
Augen und Haare von über 10 Mill, Schulkindern aufgenommen. 

Diese Statistik hat den Beweis geliefert, dass kein Volk von 
Europa, keine Provinz, ja kein einziges Dorf nur von einer Menschen- 
Varietät bewohnt wird, sondern dass überall die, Produkte einer 
starken Kreuzung vorliegen. Sie lehrt aber auch, dass Klima, 
Nahrung, kurz, die äussern Einflüsse nicht, wie man früher glaubte, 
eine bedeutende Wirkung auf die Umwandlung der Varietäten des 
menschlichen Geschlechtes ausüben. Die heutigen Völker Europa's 
sind ausnahmslos sehr komplizierte Mischungen von mindestens 
zwei Varietäten und ihrer Mischlinge. 

Bekanntlich unterscheidet man nach der Form der Schädel 
Langköpfe oder Dolichocephalen und Kurzköpfe oder Brachy- 
cephalen. Kollmann u. a. haben ausser der Schädelform noch das 
Gesicht in Betracht gezogen und unterschieden zwischen den 
Chamaeprosopen mit breitem, niedrigem Gesicht und den Lepto- 



zed.yGOOgle 



6g Ent«s Kapilel. 

prosopeti mit langem, schmalem Gesicht. Brett- und Schmalgesichter 
finden sich nun sowohl bei Brachy-, als Meso- und Dolichocephalen. 
So kann man rücksichthch der Schadelform 6 oder doch 5 Varie- 
täten von Menschen unterscheiden: 

1. Dolichocephale Leptoprosopen = langgesichtige Langschädel; 

2. Dolichocephale Chamaeprosopen = breitgesichtige Langschädel; 

3. Brachycephale Leptoprosopen = langgesichtige Kurzschädel; 

4. Brachycephale Chamaeprosopen = breitgesichtige Kurzschädel; 

5. Mesocephale Chamaeprosopen ■■ breitgesichtige Mittelschädel 

und vielleicht 

6. Mesocephale Leptoprosopen = langgesichtige Mittelschädel, 
Diese Varietäten sind durch ganz Europa verbreitet, nur das 

Zahlenverhältnis der Abkömmlinge der verschiedenen Kassen 
ist je nach den Gegenden verschieden, und darin liegt zum Teil die 
Erklärung dafür, dass jedes Land eine bestimmte rassen anatomische 
Physiognomie zeigt. Es könne auch keinem Zweifel unterliegen, 
meint Kollmafjn, dass jene Varietäten in alle Kontinente vorgedrungen 
seien, um dort zu den von uns als Rassen bezeichneten Abteilungen 
sich zu entwickeln. 

Die obgenannten Varietäten sind nun aber nicht nur in der 
jetzt lebenden Menschheit zu finden, sondern man konstatierte sie 
z, B, auch in den Reihengräbem der Völkerwanderungs-Epoche, in 
Gräbern und Grabhügeln römischer und vorrömischer Zeit, in Pfahl- 
bauten und Höhlen, Man fand nie und nirgends eine einheitliche 
Rasse, eine einzige Varietät, sondern soweit sich der Europäer 
zurückverfolgen Hess, war er rassenanatomisch schon fertig; er war 
nie im Werden, so tief auch die Forschung in das Dunkel der Vor- 
zeit eindrang, 

Kollmann hat ca. 1500 alte und neue Schädel aus Amerika 
nach den Gesichtspunkten untersucht, die er fiir unsern Kontinent 
aufgestellt und gefunden, dass die Urbewohner Amerika's auch keine 
rassenanatomische Einheit gebildet hätten, sondern dass die Mound- 
builders und Cliff-Dwellers denselben Rassen angehört haben, wie 
die heutigen Amerikaner. Es scheint also sowohl für die alte, wie 
für die neue Welt bewiesen zu sein, dass sich seit dem Diluvium 
die Rassenmerkmale nicht mehr geändert haben. Der Mensch ist, 
wie HuxLEY sich ausdrückt, ein Dauertypus, und das seit der Zeit, 
aus welcher menschliche Skeletteile auf uns gekommen sind, also 
seit dem Diluvium. Die in Höhlen und Anschwemmungsgebieten 
aus diluvialer Zeit geborgenen Schädel und Knochen des Menschen 
gehören zu denselben Typen, denselben Rassen, wie wir selbst 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 69 

Seit dem Diluvium hat auch in Bezug auf manche Tierformen, 
beispielsweise der Hirsche, wie ROtimeyer nachwies, keine Variation 
mehr stattgefiinden. 

Dieses Resultat der Forschung scheint in Widerspruch zu stehen 
mit dem tiesonders durch Dabwin's Forschungen zur allgemeinen 
Geltung gelangten Entwicklungsprinzip und ist natürlich von den 
Gegnern der DARwiN'schen Lehre mit Genugthuung begriisst 
worden. Kollmanh hat ihnen aber die Freude dadurch vergällt, 
dass er bemerkt, die Periode der Variabilität für den Menschen 
liege hinter dem Diluvium, vielleicht im Tertiär. Der „Tertiärmensch" 
ist demnach wissenschaftlich anerkannt, bevor auch nur sichere 
Spuren von ihm nachgewiesen sind. 

Der Lehre Darwin's zufolge hat sich der Mensch, gleich allen 
übrigen, höher ot^anisierten Formen des Tier- und Pflanzenreichs, 
aus einer tieferstehenden Art entwickelt. Es ist zwar eine Fabel, 
wenn behauptet wird, Darwin lasse den Menschen vom Affen ab- 
stammen. Jedes gegenwärtig existierende Tier, jede Pflanze, stellt 
eine Spitze am Baum der oi^anischen Welt vor, so auch der Mensch. 
So wenig die aussersten Enden, die Spitzen einer Baumkrone un- 
mittelbar miteinander in Verbindung stehen, eine aus der andern 
hervoi^ewachsen sind, so wenig sind die jetzt lebenden Organismen 
auseinander hervorgegangen. Aber die Zweiglein, an denen jene 
Spitzen sich befinden, vereinigen sich beim Baume weiter unten zu 
Zweigen, diese zu Asten, die Äste schliesslich zum Stammj aus 
gemeinsamer Wurzel kommen Stamm, Äste, Zweige und Zweiglein. 
Gerade so ist es in der organischen Welt Aus gemeinsamer Wurzel 
scheinen die Lebewesen hervot^egangen zu sein, aber sie haben 
sich differenziert, gleich den Asten und Zweigen des Baumes. Von 
gemeinsamen Ausgangspunkten stammen Pflanzen- und Tiergruppen, 
die sich heute nicht mehr gleichen. Diese Gruppen teilten sich im 
Laufe der Zeit wieder und wieder, bis schliesslich die fast unend- 
liche Mannigfaltigkeit der Formen entstand, welche wir vor uns sehen. 
Es ist erhebend, zu denken, dass in der Zukunft die Differenzierung 
immer weiter fortschreite, dass immer differenziertere Wesen die 
Erde bewohnen werden, dass alles, alles der Vollkommenheit zu- 
strebt. 

Auch der Mensch bildet eine Spitze der Organismenwelt. Er 
hat sich aus dem einfachen, primitiven Zustand herausgearbeitet zur 
„Krone der Schöpfung". Die klare Erkenntnis des Entwicklui^s- 
gesetzes sollte uns veranlassen, das immer mehr von uns abzustreifen, 
was als Erbteil uralter Vergangenheit noch an uns haftet, sollte in 
uns das Streben wachrufen, immer menschlicher zu werden. 



zed.yGOOgle 



■7Q Erste* Kapitel. 

Was wir eben in kurzen Zügen geschildert haben, ist freilich 
nur Hypothese, aber sie wird gestützt durch tausend Beobachtungen. 

Wir dürfen also nicht vergessen, dass der Mensch der Ver- 
gangenheit immer als Mensch uns entgegentritt, wo wir auch seine 
Skeletteile finden. Noch ist der „pr^curseur de l'homme" nicht 
gefunden und der „sprachlose" Urmensch ist noch nicht entdeckt. 
Nach dem Gesetz der Entwicklung, darüber herrscht kein Zweifel, 
muss dem heutigen Menschen ein primitiveres Wesen vorau^egangen 
sein, aber gefunden haben wir es bis zur Stunde noch nicht. 

Zu demselben Resultat über den Urmenschen, wie die Prähistorie, 
ist die Ethnologie gekommen. Sie kennt Völker, die auf sehr ver- 
schiedener Entwicklungsstufe stehen, aber sie findet nur immer 
Menschen, wirkliche Menschen und nicht Vorläufer derselben. Man 
hat eifrig nach den Unterschieden zwischen Mensch und Tier ge- 
sucht und sie sowohl im Körperbau, als ganz besonders in den 
geistigen Eigenschaften gefunden. Drei Hauptpunkte sind es, in 
denen sich auch die tiefststehenden jetzt lebenden Völkerschaften 
vor den höchstentwickelten Tieren unterscheiden: Der Mensch hat 
einen aufrechten Gang; er ist im Besitz einer artikulierten Sprache 
und kann Feuer machen. Was man früher berichtete über sprach- 
lose Menschen, hat sich als Irrtum herausgestellt und „feuerlose 
Menschen" giebt es auch nicht und gab es, soweit wir wissen, nie. 

Der erste grosse Schritt zur „Menschwerdung" war der auf- 
rechte Gang. Erst dadurch wurden die Arme und Hände frei 
zu besserer Arbeit als zum Gehen; erst dadurch wurde die Stimme 
feinerer Modulationen fähig; erst dadurch wurde der Kopf von der 
Erde weg und „der Geist auf den Himmel, das All gerichtet". 

Wenn man von den Urgütern der Menschheit spricht, so muss 
vor allem die Sprache erwähnt werden. Welche Mittel der Ur- 
mensch anwandte, um sich seinen Brüdern verständlich zu machen, 
ist eine noch umstrittene Sache. Es wird behauptet, dass das 
Kind in abgekürzter, sozusagen sprungartiger Weise die Entwicklungs- 
zustände wiederhole, welche die Menschheit im Lauf von Jahr- 
tausenden überwinden musste. Wir dürfen also hoffen, beim Kinde 
die Hauptphasen der Sprachentwicklung unseres Geschlechts wieder- 
kehren zu sehen. 

Im Schrei des Kindes liegt das Wetterleuchten der Gedanken. 
Der Schrei ist oft ein Ruf. Die Mutter versteht den Ruf und hilft. 
Der Schrei ist überhaupt die Reaktion des Kindes gegen einen Ein- 
griff in seine Existenz und der Schrei ist auch bei den Erwachsenen 
das erste und oft sogar das einzige Mittel, das wir einem gewalt- 



zed.yGOOg[e 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 7 j 

Samen EingrilT in unser Leben entgegensetzen. Zum Ruf kommt 
aber noch die Gebärde, Das Kind lernt die Gebärdensprache vor 
der Lautsprache. Durch den steten Verkehr mit der Umgebung 
lernt es allmählich die Laute fester fiigen: es lernt reden. 

Der Besitz einer artikulierten Sprache ist eines der Merkmale, 
die den Menschen vom Tier unterscheiden. Es ist gewiss, dass auch 
die Tiere sich untereinander verständigen können, dass sie sich 
Mitteilungen machen, dass sie sprechen. Auch sie haben ihre Warn- 
und Lockrufe, ihre Signale u. s. w. Ähnlich hat auch der Urmensch 
geschrieen und gerufen und erst nach und nach ist daraus die 
artikulierte, die Lautsprache entstanden. Charakteristisch für die 
menschliche Sprache, zum Unterschied von der tierischen, ist der 
Umstand, dass unser Geschlecht von Gebärden und Lauten zu 
Wurzelwörtem fortschritt, den Elementargebilden aller menschlichen 
Sprachen. 

Wie kam der Mensch zu den Wurzelwörtern? Nach der einen 
Theorie geschah dies infolge der Lautnachahmung oder Onomatopöie. 
Die Urmenschen lebten gesellig, sind ja doch auch die höchst- 
entwickelten Tiere sogen. Herdentiere. Setzen wir den Fall, eine 
Horde von Urmenschen hätte oft Ziegen beobachtet. Würde nun 
einmal einer derselben von der Ziege etwas haben berichten wollen, 
so hätte er vielleicht einfach den Schrei des Tieres nachgeahmt 
und sofort wäre er von den andern verstanden worden; sie hätten 
gemerkt, wovon er rede. 

Eine andere Theorie ist von L. Geiger b^ründet und von 
NoiEfi weiter entwickelt worden. Auch diese Forscher gehen von 
der Annahme aus, dass der Mensch von Anfang an in Gesellschaft 
gelebt habe. Sie versetzen ihn zudem in eine Natur, wo er arbeiten 
musste. Nun wissen wir. dass überall da, wo einfache Leute in ge- 
meinsamer, angestrengter Thätigkeit begriffen sind, sie diese Arbeit 
mit Ausrufen, mit Lauten, begleiten. Das können wir heute noch 
beobachten, wenn z. B. Arbeiter mit dem Rammklotz Pfähle in den 
weichen Grund treiben, oder Balken schieben u. s. w. Diese Laute 
nun sind nach Nome die Keime der Wurwln. Sie werden zu Be- 
griffen, sobald sie bewusst als Zeichen fiir die Thätigkeit und ihre 
Folgen benutzt werden. 

Die von ihm verrichtete Thätigkeit und deren Ergebnisse waren 
die ersten Objekte, die der Mensch erkannte; in ihnen vereinigten 
sich die subjektiven Empfindungen mit den ausser uns liegenden 
Objekten, Die Laute aber, welche jene Thätigkeiten begleiteten, 
bilden die Elemente der Sprache. Da die Tiere dem Menschen 
sehr nahe stehen, so wurden sie auch als ähnliche Wesen aufge- 



zed.yGOOgle 



72 Efstes Kapitel. 

fasst und man legte ihnen einen thätigen Willen bei. Aber auch 
die leblosen Naturkörper wurden von den Urmenschen mit solchem 
Willen begabt und dadurch in den Bereich des menschlichen Denkens 
einbezogen. Sagen doch jetzt noch unsere Kleinen, wenn sie sich 
am Tisch gestossen: du böser Tisch. 

Zuerst wurde also ein Laut auf eine Thätigkeit übertragen und 
als zweiter Akt folgte die Personifizierung der den Menschen um- 
gebenden Natur. Auch Eigenschaften konnten auf solche Weise 
erfasst werden. Wenn der Wilde z. B. eine bittere Frucht ass, so 
erschien ihm der Geschmack als beissend auf der Zunge und in 
der That bedeutet bitter eigentlich beissend. Nach und nach wurden 
immer mehr Begriffe gebildet; mit dem Denken entwickelte sich auch 
das Sprechen und aus den ursprünglich Thätigkeiten bezeichnenden 
Wortwurzeln entstanden im Laufe der Zeit die Wunderwerke der 
Sprachen, 

Die Reisenden, welche uns von den Australnegem, den Min- 
copie's auf den Andamanen, den Buschmännern, Feuerländern oder 
andern Völkerschaften mit primitiver Kultur erzählen, berichten 
noch von einem andern allgemeinen Besitztume der Menschheit, 
dem Feuer. Alle, selbst die rohesten Horden besitzen es, wenn 
sie es vielleicht auch nicht selbst zu bereiten verstehen. Die Ur- 
geschichte bestätigt dies für die vergangenen Zeiten und die Ethno- 
logie fiir die heutigen Völker niederer Kulturstufe. 

In den ältesten Ablagerungen, die menschliche Produkte ent- 
hielten, fand man neben Artefakten auch Spuren von Feuerplätzen, 
von Herdstellen. 

Ein französischer Forscher hat das Feuer geradezu „die Mutter 
der Zivilisation" genannt. Wie ist aber der Mensch in den Besitz 
desselben gekommen? Nach der griechischen Mythe hat Prometheus 
den .jgöttlichen" Funken im Himmel entwendet und auf die Erde 
gebracht. Bei fast allen alten Kulturvölkern finden wir Spuren 
göttlicher Verehrung des Feuers und einen Rest dieses Kultus hat die 
katholische Kirche bis in unsere Zeit in ihrem „ewigen" Licht bewahrt, 
Dass es jetzt noch Tausende von Feueranbetern giebt, ist bekannt. 

Wenn der Baum, vom Blitzstrahl getroffen, aufflammte, oder 
wenn im Vulkan die Feuer des Erdinnern emporzuckten, so be- 
greift man leicht, welch grossen Eindruck solche Erscheinui^en 
auf den primitiven Menschen machen. Aber von ihnen hat er das 
Feuer nicht erhalten; laut aufschreiend wird er vielmehr entflohen 
sein. Sollte die gewaltige Naturmacht in den Dienst der Mensch- 
heit gezogen werden können, so musste es an einem Orte ge- 
schehen, wo sie milde Wärme oder leuchtende Kraft spendete. 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder du Diluviun 



73 



wo sie gewissermassen Hausgenosse des Menschen geworden war. 
Nicht umsonst werden die Feuer von Baku am KaspJschen Meer 
seit alter Zeit verehrt. 

Ist der Mensch einmal im Besitz des wohlthätigen Feuers, so 
gilt es, dasselbe zu erhalten, um es beim Gebrauch stets zur Hand 
zu haben. Die Australier lassen auf ihren Wanderungen von den 
Weibern glimmendes Holz mittragen. Eine wichtige Erfindung des 
Menschen war die Erzeugung des Feuers durch Reibung, Erst da- 
durch wurde er eigentlich Beherrscher desselben. 

Um das Feuer lagerte sich der Urmensch. Wo das Feuer, da 
war sein Heim. Die Sorge, das Feuer des Herdes gegen Winde 
zu schützen, führte zum Windschirm und dieser vielleicht zum 
Hiittenbau. Mit dem Feuer konnte das Fleisch gedörrt und zur 
Aufbewahrung geeignet gemacht werden, im Feuer röstete man 
Kömer, mit Feuer brannte man später den Thon zu Gefässen und 
noch später verhalf die Flamme dem Menschengeschlecht zur Herr- 
schaft über die Metalle. Das Feuer war der erste Hausgenosse 
des Menschen; nie hat man es zur Seite gestellt und heute noch 
vollfuhren wir die schwierigsten Werke mit Feuerskraft, 

2. Kulturstufen. Um die Höhe der Entwicklung eines Volkes 
richtig zu erkennen, müssen wir einen Massstab haben, der das 
Charakteristische der verschiedenen Kulturphasen angiebt und zu- 
gleich einer sichern Bestimmung zugänglich ist Einen solchen 
Massstab finden wir in der Art und Weise, wie jedes Volk seinen 
Lebensunterhalt erwirbt, also in der Produktion, Diese ist abhängig 
von der Lage, dem Klima und der Beschaffenheit der einzelnen 
Länder und bedingt ihrerseits alle andern Kulturfaktoren. Schon 
vor langer Zeit hat man daher von Jäger- und Fischervölkem ge- 
sprochen, von Viehzüchtern oder Nomaden, von Ackerbauern und 
von zivilisierten Nationen. 

Der Diluvialmensch war ein Jäger, die Pfahlbauer (auch die- 
jenigen der sogen. Steinzeit) beschäftigten sich hauptsächlich mit Vieh- 
zucht und Ackerbau und diejenigen Völker, die eine phonetische 
Schrift benutzen, rechnet man zu den Kulturvölkern. Der Ethnologe 
verweist auf die Australier, die Buschmänner, die Feuerländer, Es- 
kimo's u, s. w. als blosse Jäger- und Fischervölker. Nomaden leben 
heute noch in manchen Gegenden Europa's und Asien's; zu ihnen 
gehören auch die Hottentotten und einige Kaffemstämme. Sesshafte 
Ackerbauer sind manche Negervölker und waren die Mexikaner und 
Peruaner des vorcolumbischen Amerika. 

Die fHihern Kultur-Geschichtsschreiber haben der Ansicht gehul- 
digt, die zivilisierten Völker wären zuerst Jäger und Fischer gewesen, 



zed.yGOOgle 



74 Erstes KaptteL 

dann Nomaden geworden, nachher zum Ackerbau voi^eschritten 
und hätten endlich die Lautschrift erfunden. Heutzutage sieht man 
die Sache von einem etwas anderen Standpunkte an, wenn auch jene 
Hauptgruppen anerkannt werden. 

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Australier, die Mincopie's 
der Andnmanen, die Buschmänner Südafrika's, die Feuerländer u. s, w, 
die niederste Stufe der jetzt lebenden Menschheit repräsentieren. 
Nach allem, was wir wissen, standen auch die Diluvialmenschen 
Europa's ungefähr auf derselben Stufe, die man mit Morgan die 
Wildheitsstufe nennen könnte. Alle diese Völkerschaften finsten ihr 
Leben mit der Jagd und mit Pflanzensammeln. Was in Waid und 
Flur Essbares sich findet, wird zu erlangen gesucht und dabei er- 
kennen wir bereits die erste Arbeitsteilung nach Geschlechtem, 
Während der Mann als Jäger auftritt und dem Wilde nachstellt, 
sucht die Frau Beeren, Nüsse, essbare Kräuter, Wurzeln, u. s. w. 
Das Schwergewicht der Gesellschaft der „Wilden" ruht dabei offen- 
bar auf der Seite der Männer, neben denen die Weiber eine, oft zwar 
nur wenig tiefere Stellung einnehmen. 

Von der Stufe der Jäger und Pflanzensammler aus konnte sich 
die Menschheit nach drei Seiten entwickeln. In denjenigen Gegenden, 
wo die Jagd sehr ergiebig war, also viel Gewild lebte, lohnte sich 
das Sammeln von Vegetabilien nicht so recht und es entwickelte 
sich aus dem Jäger der Viehzüchter. An andern Orten, z. B. 
auf der westlichen Halbkugel, herrschte Mangel an leicht zahmbaren 
Tieren, wogegen die Pflanzenwelt einige Arten darbot, die leicht 
in den Dienst des Menschen gezogen werden konnten. So entstand 
der Ackerbau. An einer dritten Stelle der Erdoberfläche verlegten 
sich die Bewohner nach Überwindung des Jägerlebens auf Viehzucht 
und Ackerbau zugleich. Wir werden sehen, dass die Pfahlbauer 
Europa's schon in der Steinzeit nicht bloss alle wichtigeren Haustiere 
besassen, sondern auch den Acker bebauten und die wichtigsten 
Getreidesorten anpflanzten. 

Die Menschheit ist aber nicht plötzlich von der Stufe der Jäger 
und Pflanzensammter zu derjenigen der Viehzüchter fortgeschritten 
oder direkt zum Ackerbau gelangt, sondern es waren beides die 
Früchte langer Zeiträume der Entwicklung. Der Jäger hat einen 
genauen Einblick in das Leben der Tiere, die er erlegt. Nicht alle 
stehen ihm gleich feindlich gegenüber; mit manchen befreundet er 
sich sogar. Zur Kurzweil und zum Vergnügen wird der Jäger der 
Vorzeit, wie der heutige Wilde, hier und da ein junges, niedliches 
Tier lebend heimgebracht und es gepflegt haben. Gewiss sind 
manche derartige Versuche gemacht worden und werden heute noch 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. TC 

gemacht, nicht alle mit demselben Erfolg. Einige Tiere schmiegen 
sich in der Gefangenschaft den neuen Verhältnissen an, befreunden 
sich gewissermassen mit ihrem Herrn, andere nicht. Der Mensch 
seinerseits sieht ein, da.ss ihm die neuen Hausgenossen mancherlei 
Nutzen gewähren, dass sie ihm besonders auch für den Fall der 
Not mit ihrem Fleisch, ihrem Pelz, ihrem Geweih u. s. w. dienen 
können. Was er anfangs nur zum Vei^ügen that, thut er jetzt 
mit Absicht. Wenn er die Tiere zuerst ohne genaue Wahl an 
sich heranzog, wählt er sich jetzt die tauglichsten Arten aus, nicht 
um sie nur zeitweilig, sondern bleibend bei sich zu haben. Die 
Pflege dieser Haustiere wird mehr und mehr Hauptbeschäftigung; 
die Jagd tritt allmählich zurück. Bietet eine Gegend nicht mehr 
genug Futter für das Vieh, so sucht man ein neues Weideland. So 
wird der Viehzüchter zum Nomaden. 

Sobald der Mensch einsehen gelernt, welchen grossen Nutzen 
ihm die Haustiere gewähren, wird er suchen, dieselben möglichst 
zu mehren und für die besten Weideplätze zu sorgen. Das aber 
hat oft Streit mit andern, Raub und Diebstahl zur Folge. Der 
EigentumsbegrifT hat jetzt einen sehr reellen Gehalt bekommen, der 
im Notfall mit Gewalt gegen jedermann geltend gemacht wird. 
Dies alles führt zu militärischer Oi^anisation, die, verbunden mit 
der Beweglichkeit des Nomaden überhaupt, oft einen durchaus 
^ressiven Charakter annimmt. Die grossen Eroberer der Urzeit 
waren Nomadenstämme. 

Bei den viehzüchtenden Nomaden hat das Weib eine tiefe, eine 
unwürdige Stellung. Sie wird zur Sklavin des Mannes, der alleiniger 
Herr des Eigentums ist, da er ja allein für den Lebensbedarf sorgt. 
Anders bei den Ackerbauern. 

Auf der primitivsten Kulturstufe, wie sie z. B. die Australier 
repräsentieren, bildet neben der Jagd, die von den Männern aus- 
geübt wird, das Pflanzensammeln die zweite Art des Nahrungserwerbes 
und dieses liegt den Frauen ob. Ihr Sammeln ist ein Ernten ohne 
vorheriges Säen und ein sofortiges Geniessen. Erst im Laufe der 
Zeit erfand man die Kunst, die Speisen zu kochen, und es wurden 
Vorräte angelegt. Ursprünglich sammelte man alles mögliche Ess- 
bare, aber nach und nach unterschied man Wichtiges und Unwich- 
tiges. Die wichtigsten Nährpflanzen wurden nun geschont. Neben 
Nährpflanzen aber gab es andere, die auch Nutzen brachten, wenn 
schon keine essbaren Früchte, Knollen u. s. w. von ihnen zu erhalten 
waren. Vielleicht benutzte man ihre Säfte als Heilmittel oder ihre 
zähen Fasern zum Flechten und Spinnen. Endlich dürfen wir die 
Zierpflanzen nicht vergessen. Der Mensch in pflanzenreicher Gegend 



zed.yGOOgle 



76 Entes Kapitel. 

hat gewiss auch einige Gewächse zu blossem Vei^ügen gehegt . 
und gepflegt. Wie der Mann Tiere, so nahm das Weib Pflanzen 
gewissermassen als liebe Freunde in Schutz und Pflege, Nähr-, 
Nutz- und Zierpflanzen mögen sogar an geeignete Orte versetzt 
worden sein. Die ersteren lieferten regelmässig ihre Kömer, Beeren, 
Nüsse, Knollen u. s. w., während die letzteren durch Farbenpracht 
das Auge erfreuten. So entstand eine Art Gartenbau, aus dem sich 
im Laufe der Zeit der eigentliche Ackerbau entwickelte. 

Schon auf der untersten Kulturstufe ist das Pflanzensammeln 
Sache der Frau. Entstand aus diesem Sammeln in einer Gegend, 
die nicht reich an Wild war, der Ackerbau, so musste das weib- 
liche Geschlecht der Mittelpunkt der Gesellschaft werden, und 
wie bei den Nomaden sich das Patriarchat entwickelte, so war 
hier Gelegenheit für das Weib, eine Vorrechtsstellung zu erlangen. 
Die extreme Form des Matriarchats, die, in Analogie der Verhalt- 
nisse bei den Nomaden, mit der gänzlichen Erniedrigung des Mannes 
geendet hätte, findet sich zwar weder in alter noch in neuer Zeit, 
weil, wie Grosse richtig bemerkt, der Mann das Übergewicht, das 
er als Ernährer verloren hatte, als Beschützer wieder gewann. 

Aus derselben Wurzel, wie das Nomadentum und der reine 
Feldbau, nämlich aus der Stufe der Jäger und Vegetabiliensammler, 
lässt sich auch die Kultur herleiten, welche Viehzucht und Acker- 
bau gleichmässig betreibt. Man hat früher schon darauf hingewiesen 
und zwar mit vollem Recht, dass sich der Ackerbau besonders in 
fruchtbaren Niederungen ausgebildet haben werde, wie z. B. am 
Nil, am Euphrat und am Ganges, während die Nomaden in den 
weidereichen Steppengebieten und Hochländern zu finden gewesen 
seien und bekanntlich heute noch sind. Während das Nomadentum zu 
kriegerischer Organisation drängte, war der sesshafte Ackerbauer 
friedlich gesinnt Ein Krieg konnte, auch im besten Fall, nur 
Schaden bringen. Die reichen Vorräte der ackerbautreibenden 
Völker mussten den kriegerisch gesinnten Nomaden anlocken. Die 
Gefahr war für ihn nicht gross und seine zentralisierte Oi^nisation 
verhalf ihm zum Sieg, „Aus einer solchen gewaltsamen Vereinigung 
von ackerbauenden und viehzüchtenden Gruppen sind nachweislich 
alle grossen Kulturstaaten hervoi^egangen", sagt Hoernes in seinem 
interessanten Buche: Die Anfänge der Kunst. Nowacki ist nicht 
derselben Meinung, sondern hält dafür, dass die Hamiten, die 
Semiten und die Indogermanen nach Überwindung des Jägerlebens 
Ackerbau und Viehzucht in gleicher Weise betrieben hätten. 

An und für sich lässt sich die Möglichkeit nicht wegleugnen, 
dass die gewaltsame Vereinigung von Nomaden und Ackerbauern 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. 77 

ZU einem grossen Kulturfortschritt geführt haben kann, aber 
schwieriger wäre der Nachweis, dass die zivilisierten Staaten so 
entstanden seien. Wir haben indessen auch positive Beweise fiir die 
Richtigkeit der Anschauung Nowacki's, In vollem Umfange werden 
wir sie bei Betrachtung der neolithischen Kultur kennen lernen, 
aber schon hier sei darauf aufmerksam gemacht, dass speziell bei 
den Pfahlbauern der Steinzeit, die doch sicher keine zivilisierten 
Völker waren, nicht bloss unsere heutigen wichtigsten Haustiere 
konstatiert wurden, sondern auch zahlreiche Spuren eines intensiven 
Ackerbaues nachgewiesen werden konnten. Freilich ist hier die 
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Kultur der Pfahlbauer 
durch gewaltsame Vereinigung von Nomaden und Ackerbauern, 
nicht aber durch friedliche Entwicklung zustande kann. 

Fassen wir zusammen! Die tiefststehenden aller bis jetzt be- 
kannt gewordenen Horden und Stämme sind Jäger (im weitesten 
Sinne) und Pflanzensammler. Die Jagd liegt den Männern ob, das 
Sammeln von Vegetabilien den Weibern. Das ist die Stufe der 
Wildheit, Ihr gehören in der Gegenwart z. B. die Australier, ihr 
gehörten in der Vei^angenheit die Diluvialmenschen an. Die 
nächst höhere Bildungsstufe, die man auch etwa als die Stufe der 
Barbarei erklärt hat, umfasst einerseits die viehzüchtenden Nomaden, 
andererseits die sesshaften Ackerbauer und drittens Völkerschaften, 
die Viehzucht und Ackerbau glcichmässig pflegen und pflegten. Bei 
den Nomaden herrscht das Patriarchat oder das Vaterrecht, bei 
den Ackerbauern ein mehr oder weniger ausgeprägtes Matriarchat 
oder Mutterrecht, und bei der dritten Abteilung der Barbaren, zu 
welchen neben den Neolithikern der Vergangenheit z. B. viele Pa- 
puanen und Malayen von heute gehören mögen, liegt das Schwer- 
gewicht wieder auf der Seite der Männer, aber nirgends nimmt die 
Frau jene niedrige Stellung ein, wie bei manchen nomadisierenden 
Horden mit extremem Patriarchat. 

Je niedriger die Kulturstufe, um so länger verharrt der Mensch 
in derselben, um so langsamer ist der Fortschritt. Wir sind noch 
nicht dazu gekommen, auch nur für ein Kulturvolk die Länge der 
Zeit zu bestimmen, während welcher es in der Barbarei verharrte 
und noch viel weniger lässt sich der Zettraum ermessen, den es 
im Zustande der Wildheit zugebracht. Was aber die dritte Kultur- 
stufe, diejenige der Zivilisation betriffi, so ist sie verhältnismässig jung. 
Die ältesten Kultumationen, wie die Chaldäer und Ägypter, datieren 
ihre „Geschichte" nur 6 — 8 Jahrtausende zurück. 

3. KUidung und Schmuck. Bei Betrachtung der Kulturstufen 
haben wir die Art und Weise kennen gelernt, wie die verschiedenen 



zed.yGOOgle 



78 Erste» Kapitel. 

Stämme und Horden sich ihre Nahrung verschaflem es hangt aber 
auch Kleidung und Schmuck mit der Bildungsstufe des Menschen 
einigermassen zusammen. 

Alle Reisenden, welche primitive Völkerschaften besuchten, be- 
richten, wie wenig Kleidung viele Stämme an sich tragen, wie sehr 
sie dagegen begierig sind, sich zu schmücken. Die Australier, Busch- 
männer, Feuerländer, Botokuden gehen oft total nackt, d. h. ohne 
Kleidung, während Schmuck sozusagen nie fehlt. Nur die Eskimo's 
haben eine Kleidung, weil sie in ihrem Lande sonst zu Grunde 
gingen. 

Der primitive Mensch beweist, dass es eines der ersten und 
mächtigsten Bedürfhisse unseres Geschlechtes ist, sich zu schmücken. 
Darum dürfen wir uns nicht wundern, schon beim Diluvialmenschen 
eine ganze Reihe von Schmucksachen zu finden, die gewiss nur 
einen sehr geringen Teil des in Wirklichkeit vorhandenen Schmuck- 
materials ausmachen. 

Die heute lebenden Stämme der niedersten Kulturstufe, die 
Jäger und Pßanzensammler, haben festen und beweglichen Schmuck. 
Zum erstem gehören z. B. Narbenzeichnung und Tättowierung, zum 
letztem alles mögliche Gut, das an Kopf und Haar, an Hals und 
Hüften, an Armen und Beinen befestigt oder aufgehängt wird. Ein 
Mittelglied zwischen festem und beweglichem Schmuck bildet die 
Körperbemal ung, die wohl auch in der Urzeit schon geübt wurde, 
wie Funde von rotem Eisenocher u. dergl. anzudeuten scheinen. 

Warum schmücken sich die Menschen? Man hat gesagt, dass 
der Hüftschmuck infolge der Regungen des Schamgefühls entstanden 
sei, aber wir haben einsehen gelernt, dass das Schamgefühl bei 
den Primitiven ebenso fehlt, wie bei unsem kleinen Kindern. Warum 
soll sich einer schämen, wo alle nackt gehen? Der Scham- 
schmuck ist gewiss vielmehr ein Lock-, ein Reizmittel und das 
Schamgefühl ist sicher ein Produkt der zunehmenden Kultur, der 
Zivilisation, 

Was den übrigen beweglichen Schmuck angeht, so vertritt 
auch er bei vielen Horden nicht etwa die Kleidung, wird nicht zum 
Schutz gegen schlechtes Wetter getragen, sondern dient als Aus- 
zeichnung, oft auch als Zeichen des Reichtums, Wenn ein Australier 
eine sehr grosse Zahl Kaninchen schwänze als Schmuck trug, so 
stellte er sich damit das Zeugnis eines guten Jägers aus. Ein guter 
Jäger ist aber nicht bloss angesehen im elg'nen Stamm; er wird 
auch als Krieger zu fürchten sein und ist ein Schrecken der Feinde. 

Derselbe Gedanke wird in uns wach, wenn wir den festen 
Schmuck betrachten. Wer die Operation des Narbenzeichnens oder 



zed.yGOOgle 



Die Eisieit oder das Diluvium. 7g 

Tättowierens ruhig aushält, hat eine Mutprobe bestanden und Mut 
macht den Mann nicht bloss dem Feinde furchtbar, sondern auch 
dem Freunde lieb und dem Weibe begehrenswert. 

Bei den Australiern gilt es als unschicklich, wenn die Weiber 
sich schmücken; bei Buschmännern und Feuertändern schmücken 
sich fast nur die Männer. Warum? Sie sind die Werbenden, nicht 
aber die Frauen. Diese sind bei den Primitiven sicher, Männer zu 
bekommen. Schmuck aber dient in erster Linie als Reizmittel und 
er wird, wie Grosse treffend bemerkt hat, bleiben, so lange es zwei 
verschiedene Geschlechter unter den Menschen geben wird. 

4. Waßnt und Geräte. Der Urmensch war in mehrfacher Be- 
ziehung fiir den Kampf ums Dasein weniger gut ausgestattet, als 
die Tierwelt, die ihn umgab und bedrohte. Er hatte nicht das 
fürchterliche Gebiss der Raubtiere, nicht die Schnelligkeit des Hirsches 
und nicht die Kraft des Bären. Sein Auge war nicht von derselben 
Schärfe, wie das des Adlers; Krallen und Klauen fehlten ihm. Die 
Not des Lebens führte ihn deshalb dazu, seine geistigen Kr.äfte um 
so mehr anzustrengen und er erfand sich Waffen und Werkzeuge. 

Als erste Waffen dienten dem Menschen die Faust, die Nägel 
und die Zähne. Mit ihrer Hilfe erwarb er sich seine Beute, grub 
er die essbaren Wurzeln aus u. s. w. Aber bald bewehrte er die 
Faust mit dem Stein und erhielt so den ersten Hammer. Er fühlte, 
dass, je länger der Arm, desto grösser die Wucht des Steins 
und verlängerte den Arm dadurch, dass er den Stein an einen 
Holzschaft befestigte. Es ist also, wie man richtig gesagt hat, 
das erste Gerät des Menschen eine „Projektion seiner Organe" 
gewesen. 

Nicht bloss der Arm mit der Faust wurden nach aussen projiziert 
in Hammer und Keule, sondern auch die Nägel mit ihren Schneiden, 
die Zähne, der steife Finger gaben Modelle lur Geräte. Die 
schneidenden Klingen aus Feuerstein kennen wir ja schon beim 
Diluvialmenschen als Messer, Sägen, Schaber u. s. w. Der steif vor- 
gestreckte Finger war vielleicht das Original des Bohrers, der Pfeil- 
und Lanzenspitze. 

Bald gab es Kombinationen, Der Hammerstein wurde mit 
einer Schneide versehen und es entstand das Beil, die Axt, die am 
Knieholz befestigt wurde. Die scharfe Spitze aus Knochen diente 
alsDolch. Knöcherne oder steinerne Spitzen, an gerade Stäbe gebunden, 
bildeten Wurfspeere. Wenn nun noch die Erfindung des Bogens, der 
aber nicht eine Projektion menschlicher Organe zu sein scheint, dazu 
kam, so hatte man Pfeil und Bogen, Lanzen und Schleudersteine als 
Femwaffen, Beil, Hammer, Keule und Schlagstein als Nahwafien 



zed.yGOOgle 



zur Verfügung. Das Schwert, die erste eigentliche Waffe, fehlte 
den Höhlenbewohnern und fehlt heute noch den primitiven 
Völkern. 

hn Anfang war Waffe und Werkzeug dasselbe. Mit derselben 
Axt, mit welcher der Mann den Baum fällte, schlug er den Feind 
nieder und mit derselben Hacke, mit welcher das Weib Wurzeln 
ausgrub, tötete es die Schlange, die sich nahte. Schneidende und 
stechende Geräte aber brauchte man auch nicht nur als Waffen, 
sondern als Messer, Sägen, Schaber, Glätter, als Bohrer, Ahlen, 
Pfriemen und Nadeln zu friedlicher Arbeit. Erst in der jungem Stein- 
zeit und heute auf der Stufe der Barbarei erkennt man die voll- 
zogene Differenzierung zwischen Waffen und Werkzeug. 

•,. Die Anfänge der Kunst. Was man Fortschritt in der Zivilisation 
heisst, beruht zu einem grossen Teil auf dem Freiwerden von den 
Fesseln, welche die Natur um den Menschen geschlossen hat. Wir 
verweisen mit Stolz darauf, dass wir der Erde die Metalle entrissen, 
die Kraft des Dampfes in unsem Dienst genommen, den Blitz ge- 
bändigt, den elektrischen Funken als Knecht zu uns gesellt. Berge 
durchbohrt und die Meere, diese von der Natur selbst zwischen 
den Ländermassen errichteten Schranken, zu Strassen gemacht haben, 
auf denen uns die Produkte der fernsten Länder zugeführt werden. 
Diese Errungenschaften hat das menschliche Geschlecht durch Jahr- 
tausende dauernden Kampf sich erworben. Es hat den Kampf mit 
den armseligsten Mitteln aufgenommen, aber selbst diese musste 
der Gegner liefern: Die Holzkeule, das Steinbeil. Heute noch giebt 
es Völkerschaften, die diesen ersten Kampf kämpfen müssen. Aber 
inmitten des dunkeln Bildes, das uns ihr Leben darbietet, erkennen 
wir einen hellen Punkt. Gleich einem Sonnenstrahl scheint Mutter 
Natur ihren unentwickeltsten Kindern den Sinn für das Schöne, fiir 
die Kunst ins Herz gelegt zu haben. 

Auf Rentierstangen, Knochen und sogar auf Steinplatten sind 
im Kesslerloch bei Thaingen und im Schweizersbild bei SchafThausen 
Zeichnungen der Höhlenbewohner der Diluvialzeit erhalten geblieben; 
daneben kommen auch Ornamente und sogar Skulpturen vor. Ähn- 
liche Funde wurden am Mt. Salöve bei Genf gemacht, besonders 
zahlreich aber sind sie im Gebiet der Dordogne im südwestlichen 
Frankreich, wo Höhlenzeichnungen zu Dutzenden entdeckt wurden. 
Sie kommen ferner in Belgien und England vor. 

Man hat sich staunend gefragt, ob es denn möglich sei, dass 
Leute, die nicht einmal Hütten zu bauen verstanden, solche Kunstwerke 
ausfuhren konnten. Wir wissen ja, dass bei Anlass der Thainger Funde 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. gf 

vie! darüber gestritten wurde, aber es sind heute lebende primitive 
Völker und Stamme nachgewiesen worden, die ebenfalls Zeichner und 
Schnitzer, sowie Maler unter sich haben. Freilich darf man nicht ohne 
weiteres jedes unkultivierte Volk, das Zeichner u. s. w. aufzuweisen 
vermag, neben die alten Höhlenbewohner stellen, sondern man muss, 
wie wir es bei frühem Vergleichen thaten, Stämme auswählen, welche 
im Ganzen dieselbe Kultur besitzen, wie die Troglodyten unserer 
Diluvialzeit. Es wäre deshalb irrig, wenn man z. B. auf die Schnitze- 
reien aus Neu - Guinea hinweisen und sie mit den Zeichnungen 
der Rentierjäger Schaffhausen's oder der Dordogne vei^leichen 
wollte. 

Unsere Höhlenbewohner waren Wilde und standen ui^efahr 
auf derselben Kulturstufe, wie die Australier von heute, wie die 
ausgestorbenen Tasmanier, die Mincopie's, die Buschmänner, die 
Feuerländer, wohl auch die Botokuden und viele Eskimostämme. 
Unsere Vergleichung soll sich nur auf diese beziehen. 

Bevor wir die Kunstwerke der Wilden betrachten, sei nur noch 
mit ein paar Worten die Frage nach dem Ursprung der Kunst überhaupt 
berührt Die primitiven Horden befinden sich geistig auf der Kind- 
heitsstufe. Wie unsere Kleinen die Gedanken, die in ihnen schlummern, 
äusserlich zu gestalten versuchen, indem sie im Sande arbeiten, mit 
Kohlen u, dergl. die Wände vollkritzeln, weichen Thon formen, so 
macht es der Wilde, In seinen Mussestunden, wenn wir diesen 
Ausdruck gebrauchen dürfen, sucht er, wie das Kind, oft Gesehenes 
nachzubilden oder in freier Weise etwas zu gestalten. Es ma^ auch 
der Höhlenbewohner in den Sand zu zeichnen, aus Thon etwas zu 
formen, in Holz etwas zu bilden versucht haben. Diese Dinge sind 
nicht erhalten geblieben, wohl aber Arbeiten, die mit Feuerstein in 
Knochen und Hom geritzt, auf Elfenbein und Stein graviert wurden. 
Sobald der Wilde dazu kam, etwas, was seinen Geist beschäftigte, 
durch Farben oder durch den Zeichenstifl wiederzugeben, war der 
Anfang der Kunst gewonnen. 

■ Der Diluvial mensch griff mit seiner Kunst nicht weit aus. Er 
stellte das dar, was er am besten kannte: das Tier und besonders 
dasjenige Tier, das ihm seine Hauptnahrung lieferte: das Ren. Die 
Rentierzeichnungen sind deshalb zahlreich. Ziemlich häufig ist auch 
das Wildpferd, selten der Dschiggetai. Mamutzeichnungen fanden 
sich nur wenige. Selten erscheinen Darstellungen vom Urochs, 
Steinbock, Wildschwein u. a., weniger selten solche von Fischen. 
Pflanzen wurden, nur ganz ausnahmsweise gezeichnet. Der Mensch 
erscheint auch nicht sehr häufig in den Darstellungen der diluvialen 
Künstler; zudem ist er nicht so naturgetreu ausgeführt, wie viele 



zed.yGOOgle 



g2 Erstes Kapitel. 

Tierzeichnungen, unter denen einige Produkte wahre Kunstwerke 
sind, z. B. das „weidende Rentier" von Thaingen. 

Die Skulpturen sind weniger zahlreich, als die Zeichnungen. 
Im Kesslerloch kamen deren zwei zum Vorschein. In Frankreich 
fand man unter den Höhlenfunden Skulpturen, welche Rentiere, 
Mamute, Urochsen u. s, w. darstellten, gar nicht selten aber auch 
menschliche Figuren. 

Neben Skulpturen und Zeichnungen sind aus diluvialer Zeit 
auch Ornamente bekannt geworden. Dieselben bestehen in Kerben 
auf Hörn und Knochen, die manchmal Eigentumszeichen, Stammes- 
marken oder eine Art Bilderschrift bedeuten mögen. 

Die heutigen Wilden haben ebenfalls nicht bloss Zeichner unter 
sich, sondern auch Skulpteure und Maler. In Australien hnden 
sich auf Botenstäben und Zauberhölzern Zeichen, die vielleicht einen 
ornamentalen Zweck haben; auf Schwirrbrettem erkennt man Dar- 
stellungen von Menschen. Bekannt ist, dass die Zeichnungen von 
Reiserouten, die australische Wilde europäischen Reisenden ent- 
warfen, oft überraschend genau waren, wie man das auch von den 
Eskimokarten berichtet hat. Vom obern Murray sind Federskizzen 
und Bleistiftzeichnungen eines dortigen Eingeborenen bekannt ge- 
worden, die manchem gebildelen Europäer Ehre machen würden. 
Auf einem der Blätter ist unten ein australischer Tanz, der Korroborri 
dargestellt. Ein europäisches Paar schaut zu. Darüber befinden 
sich zwei Häuser mit rauchenden Schornsteinen. Auf dem übrigen 
Raum des Blattes sind Jagdszenen zu sehen: Ein Eingeborener ver- 
folgt mit geschwungener Axt eine jguana-Eidechse, ein zweiter be- 
droht zwei Emus, ein dritter speert einen Fisch und ein vierter 
endlich sucht von seinem Kahne aus eine Schildkröte zu erhaschen. 
Die ganze Zeichnung atmet Leben. 

Ebenso interessant sind die australischen Rindenzeichnungen. 
Mit Hilfe eines spitzen Steines, oder auch nur mit dem Fingernagel 
wurden auf Rindenstücke, welche durch Russ geschwärzt waren, Skizzen 
entworfen. Eine derselben stammt vom Lake Tyrrell. Sie zeigt uns 
eine europäische Farm unweit eines Teiches, sodann eine Anzahl 
Eingeborener, die einen Korroborri tanzen und seitwärts von ihnen 
die musizierenden Weiber. In der Mitte des Bildes stellt ein in 
einem Nachen befindlicher Jäger einem Wasservogel nach, während 
links davon zwei mit Beilen bewaffnete Männer auf eine Schlange 
zugehen. Der obere Teil des Bildes zeigt uns zwei unter Eukalyptus- 
bäumen befindliche Männer, von denen der eine, aufrecht stehende, 
ein Gewehr unter dem rechten Arm trägt Ein zweites Gewehr liegt 
nnweit hinter ihm neben einem Teiche, in welchem Schwäne sich 



zed.yGOOgle 



Die EisMit oder du IMluvium. g^ 

ei^ehen. Es gehört wohl dem zweiten Mann, der in hockender 
Stellung, die Pfeife rauchend, neben dem ersten gezeichnet ist. 
Die Männer befinden sich rechts auf dem Bilde und beobachten 
Emus, die in verschiedenen Stellungen gezeichnet sind. Auf der 
linken Seite steht ein Eukalyptus und ein Mann mit erhobener Axt 
scheint ihn besteigen zu wollen. In der rechten obem Ecke be- 
finden sich Känguruhs. (Vergl, Andres, Ethnographische Parallelen.) 

Zuweilen werden die Zeichnungen von den Australnegern mit 
Muscheln oder Zahnen in HolzstUcke eii^raviert oder gar in Stein 
geritzt. Angas fand selbst schwer zugängliche Strandfelsen bei Port 
Jackson auf diese Weise geschmückt Känguruhs, Opossums, Haie, 
besonders menschliche Figuren mit Schilden, Bumerangs u. s. w. 
waren dargestellt Ähnliche Gravierui^en fanden sich auch ander- 
wärts, z. B. in der Nähe von Sidney, wo u. a. Fische in den Sand- 
stein eingeritzt waren. 

Auf der Depuch-lnsel, die zur Forestiergruppe gehört, entdeckte 
Stokes eine Bildergallerie anderer Art Der Fels daselbst ist stark 
verwittert und zeigt eine rote Farbe, Die Künstler klopften nun 
Bilder in den Fels ein und entfernten dadurch einen Teil der Ver- 
witterungsschicht, so dass im Grund der Figuren das unverwitterte 
grüne Gestein sichtbar wurde, wodurch ein schöner Kontrast 
der grünen Zeichnung zur roten Umgebung derselben zustande 
kam. Die Wilden haben Tiere und Menschen dargestellt; letztere 
erscheinen aber weniger gut gemacht, als die Haie, Känguruhs, 
Hunde u. s, w. 

Die Australier sind auch Maler. Auf der Clacks-Insel an der 
Nordostküste wurde ein Felsen zuerst rot grundiert, sodann mit 
weissem Thon bemalt Man kann dort über 1 50 Figuren bemerken, 
worunter Haie, Schildkröten, Känguruhs, Hunde, Kähne, Keulen u.s. f. 
sich befinden. Die rote Farbe wird durch Brennen von einer Art 
Thon gewonnen. Für Gelb und Weiss lässt sich ebenfalls Thon 
benutzen und für das Schwarz die Kohle, 

Am obem Geneig entdeckte Grey eine Anzahl Höhlen mit 
Felsmalereien. Die menschlichen Figuren trugen den australischen 
Kopfschmuck (Oogee). Der Mund fehlte bei allen. Besonders inter- 
essant war die dritte Höhle. Das Hauptgemälde in derselben, 
10 Fuss und 6 Zoll lang, stellte einen Mann dar, der ein talar- 
artiges Kleid trug und dessen Haupt von einer Reihe rot, gelb und 
weiss gefärbter Bänder umrahmt war. Mund und Nase fehlten, die 
Finger waren in Fünfzahl angegeben, die Füsse auswärts gestellt. 
Der Mann ist wahrscheinlich kein Australier, aber der Maler war 
ein Eingeborener, wie seine Technik beweist 



zed.yGOOgle 



§4 Erstes Kapitel. 

Den australischen ähnlich sind die künstlerischen Werke der 
Buschmänner. Auch diese Leute sind gute Zeichner, Graveure und 
Maler. Auch bei ihren Werken muss man die scharfe Beobachtung 
und die charakteristische Zeichnung bewundern. Fritsch, der 
drei Jahre in Südafrika weilte, entdeckte unweit Hopetown tausende 
von verschiedenen Tiergestalten, die in Felsen eingeklopft waren. 
Bei Gestoppte Fontein sah Hübner über zweihundert Figuren in 
weichen Schiefer eingegraben, in den Drakenbergen sollen die 
Wände der Höhlen oft ganz mit Buschmann-Malereien bedeckt sein. 
Nach Hahn werden die Farben mittels Kohle, gelbem Mergel, 
fettigem Rötel, Honig, Gummi und Fett hergestellt. Das beste Werk 
der buschmännischen Maler hat Andres in seinen „Ethnographischen 
Parallelen" veröffentlicht. Es befindet sich etwa 2 km von der 
Missionsstation Hermon in einer Höhle und zeigt eine Anzahl Kaffem, 
welche eine Schar Buschmänner verfolgen, die ihnen Vieh gestohlen 
haben. Die Buschmänner sind klein von Gestalt; als WaiTen tragen 
sie Bogen und Pfeile, während die Kaffern mit Schild und Lanze 
bewehrt erscheinen. Indes einige Buschmänner das Vieh forttreiben, 
decken ihre Stammesgenossen den Rückzug, indem sie die Feinde 
mit einem Pfeilhagel aufhalten. Ergötzlich ist besonders der Unter- 
schied zwischen den riesengrossen Kaffem und den kleinen Busch- 
männern, den der Maler natürlich absichtlich übertrieben hat. 

Weder bei den Mincopie's auf den Andamanen, noch bei den 
Feuerläxidem hat man bis jetzt zeichnerische Produkte oder Skulp- 
turen gefunden, wohl aber bei den Völkern im Norden Amerika's 
und Asien's, besonders bei den Eskimo's und den Tschuktschen. 
Auch bei ihnen, wie bei Australnegern und Buschmännern, sind die 
dai^estellten Objekte der eigensten Erfahrung, dem Beobachtungs- 
kreise der Künstler entnommen, und es überraschen auch hier die 
realistische Auflassung und die charakteristische Wiedei^ahie des 
Gesehenen. Der Eskimo zeichnet auf Walrosszahne oder malt auf 
Tierfelle. Es fehlen bei ihm die Felszeichnungen, die Basreliefe und 
die Felsenmalereien. 

Die Darstellungen entstammen dem täglichen Leben. Da er- 
scheint das Ruderboot des Hyperboräer's, sein Zelt oder seine Winter- 
wohnung. Rentiere in allen möglichen Stellungen sind Gegenstände 
der künstlichen Entwürfe; Wale, Hunde werden gezeichnet, auch 
Vögel und besonders häufig erscheint der Mensch in seinen zahl- 
reichen Verrichtungen. 

Von den Zeichnungen der Grönländer wollen wir nicht sprechen, 
sondern mehr die Produkte ihrer, weniger europäischen Einflüssen 
unterworfenen, westlicher wohnenden Brüder untersuchen. Ross 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. gc 

erzählt, dass ein Eskimo von Point Hope, der noch nie Papier und 
lileistift in Händen gehabt, einen Herrn der Expedition ganz gut 
in das Notizbuch gezeichnet habe. Die Tschiglit-Eskimo am Mackenzie 
malen in schwarz und weiss Jagdszenen von überraschender Treue; 
besonders die Darstellungen der Wale verdienen alles Lob. 

Indessen muss man doch sagen, dass die Zeichnungen und 
Malereien der Hyperboraer sich nicht über die Leistungen der 
Australier und Buschmänner erheben. Wohl aber ist dies der Fall 
mit den Skulpturen. Eigentliche Skulpturen haben weder die Ein- 
gebomen Neuholland's, noch die Buschmänner, dagegen leisten hierin 
die Eskimo's und die Tschuktschen ganz Bedeutendes. Chamisso er- 
hielt von den Aleuten Modelle von Waltieren, „an denen Zoologen 
ihre Studien hätten machen können". Bei den Tschuktschen ist 
NoRnENSKjöLD oiit seiner Vega-Expedition überwintert. In seinem 
Werke über die Reise spricht er sich anerkennend über die Kunst- 
leistungen seiner Wirte aus. Die Tschuktschen fertigten für die 
Schweden auch Zeichnungen an, die sie mit Bleistift oder rotem 
Oker auf Papier herstellten. Die etwas plumpen Darstellungen zeigten 
Hundegespanne, Wale, Jagden auf Eisbären und Walrosse, Fische, 
Hasen, Vi^el, Rentiere, Seehunde, Zelte u. s. w. Charakteristischer 
aber waren die Schnitzereien aus Walrosszahn, Fische, Wale, Eis- 
bären, Menschen u. s. f. darstellend. 

Wir haben im Vorstehenden erkennen können, dass das 
Zeichnertalent der Diluvialmenschen Mitteleuropa's keine Erscheinung 
ist, die ihresgleichen nicht hat, sondern dass es heute noch auf 
derselben Stufe der Kultur stehende Völkerschaften giebt, die im 
Zeichnen und Gravieren, im Malen und Schnitzen auch geschickt sind. 
Bei all diesen Werken sehen wir eine Bethätigung des Schönheits- 
sinnes, gestützt auf scharfe Beobachtung und manuelle Fertigkeit 
bei der Wiedergabe des Erschauten, also auf zwei Eigenschaften, 
wie sie eben das Jäger leben alter und neuer Zeit entwickelte. 
Jetzt erst verstehen wir, warum die Zeichnungen in spätem 
Epochen nicht mehr auf der Höhe derjenigen der Rentierjäger 
standen und es wird uns klar, warum Viehzüchter- und Ackerbauer- 
Stamme von heute den Jägerhorden in künstlerischer Beziehung 
nicht ebenbürtig sind. Gewiss hat Grosse Recht, wenn er sagt: 
„Weder die Ackerbauer noch die Viehzüchter bedürfen zu ihrer 
Erhaltung einer so hohen Ausbildung der Beobachtungsgabe und 
der Handfertigkeit; infolgedessen treten die Fähigkeiten bei ihnen 
zurück und mit ihnen das Talent für naturwahre Bildnerei." 

Man hat die Kunst der alten Höhlenbewohner ein Kind ohne 
Mutter und eine Mutter ohne Kind genannt, weil sie scheinbar ohne 



zed.yGOOgle 



86 Erstes KapileL 

Vorläufer plötzlich in relativ hoher Vollendung vor uns tritt und 
scheinbar ohne Weiterentwicklung mit den Diluvialmenschen ver- 
schwindet. Aber in Wirklichkeit ist weder die eine, noch die andere 
Anschauung richtig. Das wird uns klarer, wenn wir die Ornamentik 
der tiefststehenden Naturvölker, der Wilden alter und neuer Zeit 
und der nicht viel höher stehenden Stämme betrachten. 

Wir haben gesehen, dass unter den Höhlenfunden vom Schweizers- 
bild, von Thaingen u. s, w. öfters Hom- und Knochengeräte vor- 
kamen, welche Verzierungen aufweisen, und bei den Wilden unserer 
Tage finden wir ebenfalls Ornamente aller Art Die eigentlichen 
Ver/.ierungen lassen uns beim genauem Studium bald eine Gruppe 
erkennen, die ihren Ursprung in der Technik hat: die band-, säum-, 
schnurartigen Ornamente. Man ist schon längst darüber einig, dass 
das Flechtwerkmuster der Töpferprodukte bei den Mincopie's seinen 
Grund darin hat, dass die Töpferei erst nach der Flechterei entstand. 
Zuerst hatten die Andamanesen geflochtene Körbe, die sie nachher 
mit Thon auskleideten. Später, als das Brennen des Thones, vielleicht 
durch Zufall, bekannt geworden war, brauchte man das Flechtwerk 
nicht mehr, aber es blieb als Verzierung. 

Im Jahr 1890 habe ich in einem öffentlichen Vortrage in Zürich 
den Beweis zu erbringen versucht, dass die primitive Ornamentik 
eine ihrer Wurzeln in der Technik, eine andere aber in den Tier- 
zeichnungen der Wilden habe. Der letztere Gedanke ist seither 
auch von andern in zum Teil sehr interessanten Schriften ausge- 
führt worden. Bei der zweiten Xingu-Expedition fand Ehrenreich 
in der Häuptlingshütte der Bakairi in Brasilien, welcher Stamm noch 
durchaus in der Steinzeit lebt, schwarze Täfelchen aus Baumrinde, 
die an der Wand eine Art Fries bildeten. Auf diese Täfelchen 
waren mit weissem Thon Fischfiguren und Muster aller der von den 
Bakairi benutzten Ornamente gemalt. Den Besuchern schienen es 
geometrische Figuren zu sein; aber als sie nach der Bedeutung der- 
selben fragten, wurde ihnen gesagt, dass es Tiere seien. Eine 
Wellenlinie mit alternierenden Punkten war die durch ihre Flecken 
charakterisierte Riesenschlange Anaconda, eine Raute mit schwarzen 
Ecken bedeutete einen Lagunenfisch, ein Dreieck war die Dar- 
stellung des kleinen, dreieckigen Kleidungsstückes der Weiber u. s. w. 
Wirkliche Zeichnungen, wie sie bei den Wilden Australien's vor- 
kommen, fehlten. 

Diese Beobachtung ist nicht vereinzelt geblieben; sie wurde an 
vielen Stellen der Erdoberfläche gemacht und zwar immer bei 
Völkerschaften, die sehr tief stehen. So hat z, B. Stolpe die 
geometrische Ornamentik der Raratonga-Tubuai-Gruppe zum grössten 



zed.yGOOgle 



^ ' Die Eiszeit oder das Diluvium. g? 

Tdl ' atrf-9tittslerte menschliche Figuren zurückgeführt. Dadurch 
wird nun die primitive Ornamentik nicht bloss der heutigen Wilden, 
sondern auch unserer Faläolithiker in ein ganz neues Licht gerückt. 
Man darf sich also nicht mehr verwundern, wenn die naturalistischen 
Zeichnungen der Höhlenbewohner in spätem Perioden, z. B. bei den 
Pfahlbauem der jungem Steinzeit, nicht mehr angetroffen werden): 
Die Tiere sind mehr und mehr stilisiert und endlich zu geometrischen 
Ornamenten geworden. In der Ornamentik haben wir also eine 
Tochter der primitiven Naturzeichnungen. 

Fragen wir nach dem Grunde dieser Erscheinung, so können 
wir sagen, dass es schon auf der niedersten Kulturstufe dem Zeichner 
für gewisse Zwecke nicht darum zu thun sein musste, ein möglichst 
naturgetreues Bild des in Frage kommenden Tieres zu geben, z. B. 
auf Botenstaben, bei Stammesmarken; da genügte eine schematische 
Zeichnung, In dem Masse nun, wie der zum Viehzüchter oder 
Ackerbauer sich entwickelnde Jäger seine scharfe Beobachtung^abe 
und seine Handfertigkeit verlor, wird er von der naturalistischen 
Auflassung weg zum Stilisieren gelangt sein, bis zuletzt das geo- 
metrische Ornament entwickelt war. 

Bei den Jägern und Pflanzensammlern ist die Technik sehr 
unentwickelt, daher die Ornamentik in der Kindheitsstufe. Je mehr 
sich jene entwickelte, um so mehr musste sich das Ornament ent- 
falten. Die Entwicklung der Technik ging aber parallel dem Vor- 
schreiten der Kultur, also, auf unsere Zeichnungen angewandt, dem 
Ver&ll der naturalistischen Kunst und so musste denn aus beiden 
Gründen die Ornamentik nach und nach an die Stelle der alten 
Zetchenkunst treten. Die Australier sind Meister in naturalistischen 
Darstellungen, die Bewohner Neu-Guinea's dagegen leisten Vorzügliches 
in omamentaler Arbeit; die einen sind reine Wilde, die andern stehen 
schon höher. Ganz denselben Unterschied finden die Prahistoriker 
zwischen den Rentierjägem der Urzeit Mitteleuropa's und den Pfahl- 
bauem der jungem Steinzeit: die erstem waren Wilde, die letztem 
Ackerbauer und Viehzüchter; bei den erstem finden wir kunstvolle, 
naturgetreue Zeichnungen, bei den letztern ist die Ornamentik an 
deren Stelle getreten, 

6. Gesellschaftliche Zustände. Wir haben schon mehrmals Ge- 
legenheit gehabt, die gesellschaftlichen Verhältnisse bei den Jägern 
und Pflanzensammlem alter und neuerer Zeit zu berühren. Es sind 
uns Eigentumszeichen, Stamm es marken, Kommandostäbe, sogar eine 
Art schriftlicher Mitteilungen bekannt geworden. Bei einer Anzahl 
Höhlenfunde hat man Spuren von Menschenfresserei konstatieren 
wollen und dabei auf die weite Verbreitung der Anthropophagie 



zed.yGOOgle 



gg Erstes Kapitel. 

z. B. in Australien hingewiesen. Die prähistorischen Quellen geben 
uns geringen Aufechluss über religiöse Verhältnisse, über Familie 
und Geselbchaft der Urzeit. Wir sind hier, wie bei manchen der 
besprochenen Fragen, auf die Forschungen der Ethnologen ange- 
wiesen. Freilich lassen sich die Zustände, wie sie heute bei den 
Wilden Australien's, Afrika's und Amerika's getroffen werden, nicht 
ohne weiteres auf die Urzeit übertragen, aber wir gewinnen in der 
Kenntnis der heutigen Verhältnisse doch einen ungefähren Begriff 
von denen der Urzeit. Greifen wir also einige der wichtigeren dieser 
Verhältnisse heraus! 

Parry erzählt von einem Abende, den er in einer Eskimohütte 
zubrachte: „Wir hatten einige Male Gelegenheit, ihre Gastfreundschaff 
auf die Probe zu stellen und dabei allen Grund, zufrieden zu sein. Die 
besten Speisen und die beste Wohnstatte, die sie hatten, standen uns zu 
Diensten und die Art ihrer Aufmerksamkeit äusserte sich in einer Weise, 
wie sie Gastfreundschaft und eine gute Erziehung vorzuschreiben pflegen. 
Wir werden die zuvorkommende Freundlichkeit, mit der uns die 
Frauen anboten, unsere Kleider auszubessern und zu trocknen, 
unsere Vorräte zu kochen und uns Schnee zum Trinken zu schmelzen, 
nicht so leicht vergessen und sprechen ihnen dafUr unsere Bewunde- 
rung und Achtung unverhohlen aus. Als ihr Gast verlebte ich nicht 
nur einen behaglichen, sondern auch einen genussreichen Abend, 
Denn, als die Frauen arbeiteten und sargen, die Männer schweigend 
ihre Angelschnüre ausbesserten, die Kinder vor der Thür spielten 
und der Topf über der Flamme einer hellleuchtenden Lampe brodelte, 
vergass man eine Zeit lang, dass das Bild eines häuslich-glücklichen 
Stilllebens in einer Eskimohütte vor sich ging." Das Gegenbild zu 
dem Gesagten, etwa eine Kampfszene der Buschmänner, würde 
freilich einen anderen Eindruck auf uns machen; doch mag das 
Vorstehende genügen. 

Welche Familien- und verwandtschaftlichen Organisationen kennt 
der Wilde von heute? Zu dieser Frage glaubte man durch die 
Forschungen Morcan's die Antwort gefunden zu haben, aber es 
scheint, dass ^vir noch weit vom Ziele seien. Morgan lebte ca. 
^o Jahre lang unter den Irokesen und war von einem Stamme 
derselben, den Seneka's^ sogar adoptiert worden. Er sammelte eine 
Fülle von Material über die Lebensverhältnisse seiner neuen „Brüder", 
besonders über ihr Verwandtschaftssystem und verglich die von ihm 
gefundenen Verhältnisse mit solchen anderer Völkerschaften. Er 
fand nun, dass das Menschengeschlecht einmal in einem Zustande 
unbeschränkten Geschlechtsverkehrs gelebt haben müsse, welcher 
Urzustand freilich niroends auf der Erde mehr nachzuweisen sei. 



zed.yGOOgle 



Die Eiszeit oder das Diluvium. gg 

Aus ihm habe sich als erste Familienrorm die „Blutverwandtschafts- 
familie" entwickelt, in welcher die Generationen gesondert seien. 
Alle Grossväter und Grossmütter wären unter einander Mann und 
Frau, ebenso deren Kinder u. s, w. In Hawai sollten noch Spuren 
dieser Familie gefunden worden sein. 

Im weitem Verlauf der Entwicklung der Menschheit wurden 
Geschwisterehen verboten. Die Kinder der Ehegatten gehörten den 
Muttern. Nach und nach schloss man immer mehr Gruppen vom 
ehelichen Verkehre aus und schliesslich entstand die Einzelehe, 
die heute in der zivilisierten Welt die Herrschaft errungen. Die 
Kinder gehören jetzt dem Vater; sie erhalten seinen Namen und 
sein Eigentum. 

Nun haben aber die neueren Forschungen bei den primitivsten 
Horden und Stämmen ergeben, dass die Einzel- oder Sonderehe 
sich nicht allein bei den Kulturvölkern findet, sondern schon bei 
den tiefststehenden Völkerschaften existiert und zwar nicht als Aus- 
nahme, sondern als Regel Und es ist unrichtig, dass bei ihnen 
die Kinder der Mutter gehören, sondern überall ist der Vater 
Herr der Familie. Ja selbst da, wo die Kinder den Namen der 
mütterlichen Verwandtschaft annehmen, gehören sie dem Vater, der 
sein Herrscherrecht oft in der absolutesten Weise über Weib und 
Kind ausübt. Er betrachtet sie als sein Eigentum und sucht den 
grösstmögtichen Nutzen aus diesem Eigentum zu ziehen. 

Die primitiven Völker sind aber noch zu andern Organisationen 
vorgeschritten. Hier und da bleiben selbst die verheirateten Söhne 
bei den Eltern und so entsteht eine Grossfamilie, wie Grosse sie 
nennt. Zuweilen vereinigen sich, wenigstens zeitweilig, z. B. bei 
kriegerischen Unternehmungen oder bei Festen, alle diejenigen 
Familien, welche von demselben Ahnherrn oder derselben Ahnfrau 
stammen: die Sippen. Selten aber leben ganze Sippen beisammen. 
Die rohe und unergiebige Art, wie die Jäger- und Fischerhorden 
sich ihre Nahrung erwerben, zwingt zur Trennung. Die Sippen 
dienen mehr dem gegenseitigen Schutz, wenigstens da, wo Vater- 
sippen existieren. Bei der Mehrzahl der Australier, die Muttersippen 
haben, beschränkt die Sippe eigentlich nur die Eheschliessung, ist 
eine Namens-, keine Lebensgemeinschaft, 

Ein sehr schwieriges Problem involviert die Frage nach der 
Religion der niedrigst stehenden Völkerschaften. Man hat sich 
früher gern ausgemalt, wie der Mensch durch das Geheimnisvolle 
im Walde zum Baumkultus, durch die grossartigen Wirkungen des 
Feuers zur Feueranbetung gekommen sei u. s. w. Erst in neuester 
Zeit fing man an, bei den Wilden selbst zu fragen und die Sache 



zed.yGOOgle 



QO Erstes Kapitel. 

nicht mehr „durch die Kulturbrille", wie Karl v. d. Steinen es 
nennt, anzusehen. Der eben genannte Forscher erzählt, wie er in 
Zentral brasilien von dieser Art zu sehen geheih worden sei, als er 
einem „Erntedankfest" beiwohnte. „Wenn die Regenzeit ihrem 
Ende entgegen geht und die Früchte des Landbaus eingeheimst 
werden, wird mehrere Tage und Nächte hindurch unaufhörlich ge- 
tanzt und geschwelgt: was iag näher, als ein Erntedankfest voraus- 
zusetzen, zu Ehr* und Preis eines Himmlischen, der das Wachstum 
gesegnet — aber welche Auskunft erhielt ich auf meine Fragen? 
Eine ebenso befriedigende, wie einfache: Wir brauchen jetzt nicht 
mehr zu sparen; wir essen jetzt so viel, weil wir so viel haben, 
darüber freuen wir uns und tanzen. Ich kompliziertes Kulturwesen 
nahm diese Antwort im Anfang ordentlich übel und bedurfte einigen 
Überlegens, bis ich mich herzlich lachend mit ihrem Sinn vertraut 
machte." In den Sprachen der zentralbrasitianischen Indianer fand 
sich kein Wort für das, was wir unter Gott verstehen; sie tiirchteten 
keinen überirdischen Richter und baten auch keinen überirdischen 
Wohlthäter um Gehör. In ihren Festen feierten sie frohe und traurige 
Ereignisse, von irgend etwas Ethischem fand sich keine Spur. 

Die Religionen scheinen aus egoistischen Trieben hervorge- 
gangen zu sein. Der primitive Mensch wertet jedes Ding nach dem 
Schaden oder Nutzen, den es ihm bringt. Er ehrt den Früchte 
spendenden Baum, den belebenden Quell, das wärmende Feuer. 
Er furchtet den verheerenden Sturm, den stürzenden Fels, den 
rauchenden Vulkan, den Blitz und den Donner, Alles, was er liebt 
oder fürchtet, was sein Erstaunen oder seine Freude, seine Neu- 
gierde oder seine Bewunderung wachruft, begeht er auf sich. Aus 
diesen Su^estionen entstehen die primitiven Religionen und jene 
Suggestionen sind direkt der Natur entnommen, sind primär. Professor 
Stoll, der scharfsinnige Verfasser des Werkes: „Suggestion und 
Hypnotismus in der Völkerpsychologie", hält dafür, dass die primi- 
tiven Religionen ganz vorwiegend Kinder der Furcht seien, von der 
die „Gottesfurcht" der modernen Kulturvölker ein seltsames sprach- 
liches Relikt bilde. 

Auf einer hohem Stufe fängt der Mensch an, die Wesen und 
Sachen seiner Umgebung zu beseelen. Geister sind schuld am 
Rauschen des Waldes; Geister lassen die Früchte der Bäume reifen; 
sie sind es, die das erfrischende Nass liefern; sie sind schuld am 
Wachsen der Tiere; von Geistern hängt auch das menschliche Wohl- 
sein ab. Heute noch kennt man „heilige" Bäume, die Bäume des 
Bannwaldes „bluten, wenn man einen Streich darauf führte mit der 
Axt". Auch manche Tiere haben Kultbedeutung erlangt; man denke 



Digitized^yGOO^Ie 



Die Eiszeit oder das Diluvium. gi 

nur an den Apiskult in Aegypten, an den weitverbreiteten Schlangen- 
kult u. s. w. 

Wenn die Geister immer ins menschliche I-eben eingreifen, 
so muss man suchen, sie für sich einzunehmen. Feindliche Geister 
sucht der Barbar mit Opfern zu versöhnen, manchmal sogar mit 
Menschenopfern; freundliche Geister werden mit Opfern geneigt er- 
halten. Im Animismus, in der Beseelung der Naturobjekte findet 
Stoll eine Quelle sekundärer Suggestionen, Eine andere Quelle 
liegt nach demselben Forscher im Wechsel von Tag und Nacht, eine 
dritte im Gegensatz zwischen dem lebenden und toten Menschen. 

Erst nach und nach entwickelte sich aus dem Animismus der 
Anthropomorphismus und noch jünger ist der ethische und moralische 
Symbolismus, die Religion auf ethischen Grundlagen, die bereits 
eine relativ hohe Kultur involviert. 



zed.yGOOg[e 



Zweites EapiteL 

Die neolithische oder jüngere Steinzeit 

Die Bewohner der Schweiz in postglacialer Zeit waren Jäger. 
Sie wohnten in Höhlen oder unter Feisvorsprüngen. Das Klima 
jener Zeit war, wie wir gesehen haben, rauh und die Tierwelt trug 
ein nordisch-alpines Gepräge, Das wichtigste Nutzmaterial, aus 
welchem Geräte, Schmuck und Waffen erstellt wurden, war der 
Stein, speziell der Feuerstein. Man nennt diese Periode daher die 
Steinzeit. Neben dem Stein wurden allerdings auch Holz, Knochen, 
Hörn, Zähne, Gagat u. s. w. verwendet. Es giebt aber noch eine 
jüngere Phase der Steinzeit. Sie heisst die neolithische, im Gegen- 
satz zu jener altern oder paläolithischen Periode. 

Das Klima der neolithischen Steinzeit war milder, als dasjenige 
der paläolithischen Epoche; es glich dem heutigen und dieser Um- 
stand enthebt uns der Pflicht, hier, wie im vorigen Kapitel, dasselbe 
eingehend zu behandeln. Flora und Fauna stimmen ebenfalls mit 
der heutigen nahezu überein. Der Mensch der neolithischen Zeit 
war kultivierter als der Paläolithiker. Er verstand, Hütten zu bauen, 
Tiere zu zähmen und den Acker zu bereiten. Er hat uns nicht 
bloss Schmucksachen, Geräte und Waffen hinterlassen: wir kennen 
auch seine Gräber. Gegen das Ende der Steinzeit wurde bei uns 
das erste Metalt bekannt: das Kupfer. 

Die bekanntesten Funde aus neolithischer Steinzeit sind diejenigen 
aus den Pfahlbauten. 

A. Entdeckung' der Pfblilbauten und 
ihre Verbpeltungf. 

1. Der Pfahlbau Obermeilen. Im Winter 1853 auf 1854 sanken 
im Alpengebiet die Spiegel der Gewässer zu einer nie gesehenen 
Tiefe. Diesen Umstand benutzten die Anwohner des Zünchsees 



zed.yGOOgle 



Die neoUthuche oder jüngere Steinzeit. Ol 

zur Gewinnung von Land. Sie erstellten Mauem in dem trocken 
gewordenen Uferboden und füllten den dahinter liegenden Raum 
mit Material auf, das sie gleich nebenan dem Seegrund entnahmen. 
In der kleinen Bucht bei Obcrmeilen, unterhalb des Weilers Dollikon, 
wurden an zwei Stellen solche Landanlagen aufgeführt. Da kamen 
beim Ausstechen des Auffullmaterials zum Erstaunen der dabei be- 
schäftigten Leute Pfähle zum Vorschein und bei denselben lagen 
Geräte aus Stein, Knochen und Hom, ja sogar Scherben von roh 
gearbeiteten Gefässen, Der Lehrer des Ortes, Johannes Aeppli, 
sammelte die Funde aufs eifrigste und berichtete im Januar 1854 
der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, „dass man in der Nähe 
seiner Wohnung in dem vom Wasser verlassenen Seebette Über- 
bleibsel menschlicher Thatigkeit aufgehoben habe , die geeignet 
seien, über den frühesten Zustand der Bewohner unserer Gegend 
unerwartetes Licht zu verbreiten." Sofort begab sich eine Abord- 
nung der genannten Gesellschaft an den Fundort und überzeugte 
sich von der Richtigkeit der Ansichten Aeppli's. Es wurden weitere 
Untersuchungen vorgenommen; man erinnerte sich an ähnliche 
Funde in Männedorf am Zürichsee, in Mörigen und Nidau am Bieler- 
see und nun trat die Pfahlbauforschung ins Leben, hauptsächlich 
angeregt durch Ferdinand Keller, der in seinen „Pfahlbauberichten" 
die wichtigsten Funde jeweilen publizierte. Die Pfahlbauten sind 
heute noch nicht ganz erschöpft, obwohl in manchen Seen monate- 
lange Ausgrabungen stattfanden. 

Was nun den Pfahlbau (Ober-) Meilen angeht, so ist derselbe 
nicht bloss 1854 erforscht worden, sondern auch später noch wurden 
daselbst Ausgrabungen yoi^enommen. Auf dem Seegrunde fand 
man zuerst eine i — 2 Fuss (0,3 — 0,6 m) dicke Schlammschicht, auf 
welche nach unten die sogen, „Kulturschicht" folgte. In dieser 
2 — 2,5 Fuss {0,6 — 0,75 ™) dicken Schicht lagen die Funde. Darunter 
folgte wieder Schlamm. Die Pfähle ragten nicht über den Seegrund 
hinauf; ihre Köpfe befanden sich in der Kulturschicht, während 
die Spitzen tief in die untere Schlammschicht hinab reichten. Die 
Anordnung der Pfähle war ziemlich regelmässig. Ihre Köpfe schienen 
durch Querbalken mit einander verbunden gewesen zu sein. Unter 
den übrigen Funden ragten an Masse die steinernen Objekte hervor. 
Wie in den Höhlen, so war auch hier der Silex oder Feuerstein 
wieder benutzt zu Messern, Schabern, Sägen, welche zum Teil noch 
in ihren hölzernen Handhaben staken, in die sie mit Harz befestigt 
worden waren. Es fanden sich femer Pfeil- und Speerspitzen aus 
Feuerstein. Aber neben diesem Material waren auch andere Ge- 
steinsarten benutzt worden. Abgesehen von Polir- und Schleifsteinen, 



zed.yGOOgle 



94 



Zweites Kapitel, 



Herdplatten, Klopfern und dergl. kamen steinerne Hämmer zum 

Vorschein, zum Teil mit Stillöchera. Ein Serpentinhammer wies 

eine angefangene Bohrung auf (vei^l. Fig. izo Seite 169); andere 

Hämmer trugen auf einer Seite eine Schneide, Zahlreich waren 

Steinmeissel und Steinbeile, Sie bestehen zumeist aus hartem 

Gabbro, aus Hornblende oder Serpentin, aber eine nicht kleine 

Zahl erwies sich als aus Nefrit bestehend, einem Gestein, über dessen 

Herkunft man heute noch nicht im Klaren ist. Der Nefrit kommt 

nämlich wohl in Neuseeland, in Zentralasien u. s. w. vor, aber nicht 

in unserer Gegend, ja, soviel wir wissen, nicht einmal in den Alpen, 

Manche Beile und Meissel in 

Obermeilen trugen noch ihre 

ursprüngliche Hirschhomfässung 

(Fig. 31 und 32), die bestimmt 

war, in einen Holzschaft gesetzt, 

oder aber von Hand geführt zu 

werden. Aus Knochen und Hom 

bestanden einige hammerartige 

Objekte mit Schaftlöchem, sowie 

Meissel, Ahlen, worunter Nadeln 

mit Öhr (Fig. 33—37}. 

Die Zähne von Ebern, Bären 
u, s, w. wurden zum Teil aU 
Schmuck verwendet, denn man fand Aufhängelöcher an denselben. 
Einige Eberzähne waren gespalten, damit der harte Zahnschmelz 



Fig. 31- ^'S- ja. 
Nefritbeil mit Hirsch- Steinmeiisel mit 
homfassuDg aus d«m Fassung aus dem 
Pfahlbau Ober- Pfahlbaa Ober- 
meilen, meilen. 



<^ 



flg. 33- Fig- 34- Fig. 35. 

Ahlen und Pfriemen aus Knochen und Hörn a 



Fig. 36. Fig. 37. 

i dem Pfahlbau Obermeilen. 



als Schneide dienen könne. Solche Eberzahnmesser fanden sich 
auch in andern Pfahlbauten. 

Unter den Schmuckgegenständen von Obermeilen wurde eine 
Lamelle aus prächtig grünem Nefrit mit Aufhangeloch gefunden 
(Fig. 38), sowie eine Bernsteinperle {Fig. 39). 



zed.yGOOgle 



Di« neolilbische oder jflngere Steinzeit. 



95 



Thonscherben waren zahlreich; ganze Gefässe kamen keine zum 
Vorschein. Manche Scherben trugen Verzierungen^ z. B. das sogen, 
Schnuromament, das aussieht, als ob man eine oder mehrere Schnüre 
um den Hals des Gefasses gelegt und in den noch weichen Ton 
eingedrückt hatte. Bei andern Scherben, die Randstücke von Ge- 
fässen darstellen, fand sich parallel dem Rande eine Reihe von 
Löchern. Sie mögen zum Durchziehen von Tragschnüren gedient 
haben. Auch Wirtel aus Thon wurden gefunden. 

An Metall kam bei der Ausgrabung von 1854 nur eine ganz ein- 
fache Spange aus Bronze (einer Mischung von Kupfer und Zinn) 



/^ 



© 



Fig. 38. Fig. J9. 

Nerrit-GehODge Bernstein p«rle uns dem 
aus dem Pl^il. Pfahlbau Ober- 

bau Obenneilen. meilen. 



o 

Fig. 40. 
Bronzespange aus dem 



zum Vorschein, offenbar ein Armschmuck (Fig. 40), Später wurden 
noch zwei weitere Bronzen gefunden: ein Beil und eine Pfeilspitze. 

Die Tierknochen im Pfahlbau Meilen stammen nur zum Teil 
von wilden Tieren, wie Urochs, Hirsch, Reh, Steinbock, Wildschwein, 
Bär, Wolf, Fuchs, Marder, Dachs. Es kommen auch Reste von 
Haustieren vor, nämlich von Hund, Rind, Schwein, Schaf und Pferd. 
Unter den Jagdtieren ist besonders der Hirsch häufig gewesen, 
unter den Haustieren das Rind. Auch menschliche Skeletteile sind 
gefunden worden, bestehend in Rippen und besonders in einem 
Schädeldach, das von His und RiJtimever dem sogen. Siontypus 
zugeteilt wurde. Es ist ein brach ycephaler Schädel mit kugelig ge- 
rundetem Hinterhaupt, niedriger und fliehender Stirn. Er stammt 
wahrscheinlich von einem jungen Weibe. 

Die Leute, deren Spuren im Seegnind von Obermeilen ent- 
deckt wurden, haben in Pfahlhülten gelebt. Aber wie wurde ein 
Pfahlbau erstellt? Man hatte dazumal noch keine Rammklötze, 
um Pfähle in den weichen Seeboden zu treiben. Ein Anwohner 
des Zugersees erzählte dem Verfasser, in welcher Weise er Pfähle 
in Torf oder Seegrund treibe. Er stellt den Pfahl aufrecht an 
die Stelle, wo er eingetrieben werden soll und drückt ihn soweit 



zed.yGOOgle 



g6 Zweites Kapitel. 

wie möglich in den Boden. Dann bringt er etwas über Kopfhöhe 
am Pfahl mittels eines Seils einen Holzstab an, den er als Hebel 
benutzt Ein Knabe steht auf diesen Hebel und dient als Gewicht, 
Dann dreht man den Pfahl mittels des Hebels und jener bohrt 
sich infolge seines Gewichtes in die weiche Unterls^e ein. Auf 
diese Weise können auch die Pfahlbauer ihre ca. lo cm dicken 
Rundhölzer in den Seegrund getrieben haben. Wo der Grund zu hart 
war, wurden die Pfähle durch „Steinberge" gegen das Umfallen 
gesichert. 



Ein schweizerischer Pfahlbau. (Idealbild.) 

Die über das Wasser emporragenden Pfahlköpfe verband 
man durch Querhölzer und auf diese wurden dann dicht nebenein- 
ander liegende Rundhölzer gelegt. So entstand der Pfahlrost, ein 
Prügelboden, dessen Unebenheiten durch Thon oder Moos ausge- 
polstert werden konnten. Erst auf den Rost kamen die primitiven 
Hütten zu stehen, deren Dächer wohl nahezu den Boden erreichten 
iFig. 41). Sie waren viereckig; runde Hütten sind bis heute 
nicht gefunden worden. Die Hüttenwände bestanden aus Flecht- 
werk, selten aus Holzbalken und die Fugen wurden durch Moos 
oder Thon ausgefüllt. In Schussenried war der Boden der 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jOneere Steinzeit. <yj 

Pfahlhütten mit Birkenrinde bedeckt Die Dächer derselben scheinen 
zumeist aus Stroh, Tannenreisem und Moos bestanden zu haben. 

Ein Steg verband die Ansiedelung mit dem Lande, und wo 
dieser fehlte, fuhr man im au^ehöhlten Eichstamme, dem Einbaum, 
hinüber. Für das Vieh wurden besondere Hütten errichtet und die 
Tiere auch auf dem Pfahlbau gehalten. Am Lande dehnten sich 
weite Jagdgründe aus. Wald und Weide nahm den grössten Teil 
des festen Landes ein und zwischen ihnen lagen die kleinen Par- 
zellen, wo der Ackerbau sdne Pflege fand. 

2. Die Pfahlbauten der Sektveis. Nach der Entdeckung Aeppli's 
in Obermeilen besuchte Dr. Ferdinand Keller den Bielersee, um nach 
P^lbauten zu spähen. Er wurde bei seinen Forschungen unter- 
stützt von Oberst Schwab in Biel und Notar MDller in Nidau, die 
bald ansehnliche Sammlungen zusammenbrachten. Noch im Jahre 
1854 kam ICraxER's erster Ptählbaubericht heraus und nun mehrten 
sich die Funde rasch. Schon 1858 erschien der zweite Pfahlbau- 
bericht, der von neu entdeckten Pfählbauten im Zürcher- und Pfaffiker- 
see zu erzählen wusste, femer von solchen im Inkwilersee unfern 
Solothum, im Moosseedorfeee bei Bern, im Bieler-, McMaburger- 
und Genfersee, sowie im kleinen Lac de Luyssel oberhalb Bcx. Auch 
im Bodensee waren mehrere Stationen entdeckt worden, ebenso in Sa- 
voyen u.s.w. und bereits wies man hinaufähnllcheKonstrukticwienaus 
alter und neuer Zeit. Keller hat später noch sechs Pfahlbauberichte er- 
scheinen lassen und sich mehr und mehr aufdie schweizerischen Funde 
beschränken müssen. Seit dem Tode dieses Forschers ist der neunte 
Pfahlbaubericht erschienen, wie seine Vorläufer reich mit Tafeln ausge- 
stattet („siehe Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich"). 

Gegenwärtig kennen wir im Bodensee über 50 Pfahlbaustationen 
{Fig. 42), von denen fi-ellich nicht alle der Steinzeit angehören. In 
mehreren derselben sind nämlich auch Bronzegegenstände ge- 
funden worden, besonders in Bodmann am Nordende des Über- 
linger Busens. Der obere Teil des Bodensees enthält wegen seines 
starken Wellenschlages nicht sehr viele Pfahlbauten, doch wurden 
auf dem Schweizerufer solche konstatiert bei Arbon, Kesswjl, Güttingen, 
Altnau, Scherzingen, Bottighofen, Kurzrickenbach und Kreuzlingen. 
Zahlreicher sind die Pfahldörfer im Überlinger Busen und im Unter- 
see, wo sich fast vor jedem Dorfe eine oder mehrere Stationen 
fanden. Bei Ermatingen haben wir z. B. solche in Oberstad und 
im Westerfeld, bei Steckborn solche in der Schanz und beim ehe- 
maligen Kloster Feldbach. Die untersten P&hlbauten liegen an der 
St Othmars-Insel bei Eschenz und im Hof, einer seichten Stelle 
mitten im Rheinstrome unterhalb Stein a. Rh. 

Heierti, Uijuchichle det Schweii. 7 



zed.yGOOgle 



Einige kleine Stationen beünden sich in Torimooren im Kanton 
Tbui^u, so bei Berg und bei Niederwil- unfern Frauenfeld. Die 







J 



letztere Pfahlbaute ist ein s<^en. Packwerkbau. Urspriinglich bestand 
sie wohl nur aus einem Floss, das an seinen Ecken durch Pfähle 



zed.yGOOgle 



Di« neolitliische oder jADgei« Steinzeit gg 

festgehalten wurde. Es konnte sich nicht von der Stelle entfernen, 
wohl aber je nach dem Wasserstand steigen und fallen. Auf 
dem Flosse lebten die Pfahlbauer. Im Laufe der Zeit füllte sich 
das Holz mit Wasser und begann zu sinken. Die Bewohner des 
Flosses suchten durch Aufßillen mit Laub, Reisig, Kies, Thon u. s. w. 
sich über Wasser zu ertialten. Als aber das FIoss tiefer sank, blieb 
schliesslich nichts anderes übrig, als ein zweites Floss darüber zu 
bauen, das zum Wohnboden wurde. Auch dieses wird sich nach einer 
gewissen Zeit mit Wasser gesattigt haben und längs der Leitpfähle 
niedergeglitten sein. Wieder versuchte man auszufüllen, bis das 
dritte Floss erstellt werden musste. So legte sich nach und nach 
ein Floss über das andere, bis das unterste auf dem Seeboden aut- 
lag und über ihm sich ein dichtes Packwerk von Holzböden, Thon, 
Kies, Reisigschichten gebildet hatte, in welchem die ui^eschichtlichen 
Funde geborgen liegen. 

Der Pfäfhkersee im Kt Zürich enthält zwei Pfahlbauten: die 
durch ihre Gewebe und Stickereien bekannt ge^vordene Station Irgen- 
hausen bei Pfaffikon und den Pfahlbau Robenhausen, den wir noch 
spezieller betrachten werden. 

Der Greifensee hat mindestens sechs Stellen autzuweisen, wo 
ehemals Pfahlbauten bestanden; im Zürichsee waren zehn solche, 
worunter die reiche Bronzestation Wollishofen bei Zürich, aus weicher 
ca. 7000 Fundgegenstände bekannt geworden sind, obwohl sie nur 
zum Teil untersucht wurde. 

Auch der Zugersee enthielt mehrere Pfahldörfchen, Als vor 
einigen Jahren die Vorstadt Zug in den Seegrund rutschte, zeigten 
sich im Abris^ebiet die alten Pfähle und bei denselben wurden 
Steinartefakte und Knochengerate autgelesen. Bei Cham liegen 
drei Stationen und etwas südlich davon noch zwei, die ebenfalls der 
Steinzeit angehören. 

So wenig als am Walensee sind bisher am Vierwaldstätter 
See Pfahlbauten nachgewiesen worden. Ob im Hallwilersee solche 
existierten, ist zweifelhaft, di^egen wurde im Baldeggersee eine 
Station der Steinzeit entdeckt. Der Sempacher See enthielt mindestens 
sechs solcher Ansiedelungen und im Wauwiler Moos sind Packwerk- 
bauten aufgefiinden worden. 

Zwischen Solothum und Burgdorf ist der schon erwähnte Ink- 
wilersee und nur zwei Stunden von Bern der See von Moosseedorf 
Beide Seen enthielten steinzeitliche Pfahlbauten. Uhlmann, der die 
Station Moosseedorf mit grosser Genauigkeit untersuchte, entdeckte 
in derselben eine Feuerstein-Werkstätte der Neolithiker. 

In den Juraseen sind die Stellen, wo einst Leute auf Pfahl- 



zed.yGOOgle 



lOO ZwdtM KapiteL 

rosten über den Wassern gewohnt haben, besonders zahlreich. Im 
Bielersee wurden über 20 Stationen ausgebeutet, worunter der 
sogen. Kupferpfahlbau Vinelz (Fenil) und die Bronzestationen Nidau 




und Mörigen, welch' letztere mit einer Giesserei versehen war. 
Der Neuenburgersee enthielt mehr als 50 Pfahlbauten. Wo die Ufer 
flach sind, treffen wir solche vor jedem der heutigen Dörfer. Manch- 
mal liegt nahe dem Ufer eine Steinstation, weiter draussen im See 



zed.yGOOgle 



Dt« neoliÜUKhe oder jüngere Steinzeit. lOI 

eine bronzezeitliche Ansiedelung. Zu den wichtigsten dieser Bauten 
gehören Auvernier, Cortaillod, Corcelettes und Estavayer, 
Auch der Murtnersee war schon zur Steinzeit bewohnt Die Station 
Murten hat besonders viele Gewebe geliefert In den zwei 
P^lbauten von Muntelier (Montilier) und Vallamand sind viele 
Bronzen gefunden worden. Im Ganzen wurden in dem kleinen See 
etwa zehn Stationen konstatiert. 

In den drei Seen von Biel, Neuchätel und Murten war die 
Ausbeutung der Pfahlbaustellen sehr erleichtert durch die Jura- 
gewässer-Korrektion, Dadurch sanken die Seespiegel so, dass die 
meisten Stationen trocken lagen. Die Museen von Lausanne, Yverdon, 
Neuchätel, Bicl, Freibui^, Bern, sowie das Schweizerische Landes- 
museum in Zürich und viele Privatsammlungen legen Zeugnis davon 
ab, wie sehi* sich die Ausbeutung lohnte. 

Auch der Genfersee war mit Pfahldörfchen reichlich versehen 
(Fig. 43). Aus diesen Ansiedelungen haben die Sammlungen Troyon 
und Forel, die beide an das Museum von Lausanne Übergingen, das 
Museum von Genf und viele kleinere Museen und Privatsammlungen 
einen Teil ihrer Schätze erlangt. Als besonders wichtige Stationen 
nenne ich auf dem schweizerischen Ufer nur Morges, woselbst neben 
steinzeitlichen auch reiche Bronzefunde gemacht wurden und Genf, wo 
das Ausflussgebiet der Rhone ein grosses Pfahlbau-Territorium darstellt, 
in welchem besonders auch zahlreiche Gussformen gefunden wurden. 

Im Ganzen sind in der Schweiz über 200 P^lbauten nach- 
gewiesen worden; aber auch die bekannten Pfahlbaustellen sind 
noch nicht überall erschöpft und Jahr für Jahr werden neue Funde 
gemacht Doch konnte nur in denjenigen Seen, deren Niveau tiefer 
gelegt wurde, eine genaue Untersuchung durchgeführt werden, 

3. Die Verbreitung der Pfahlbauten in Europa. Die schweize- 
rischen Pfahlbau-Ansiedelungen liegen alle in den kleinem und 
grossem Seen am Nordfusse der Centralatpen, sowie in Torfmooren 
oder ehemaligen Seegebieten. Man durfte annehmen, dass auch 
der Südfuss der Alpen in seinen Seen Reste solcher Bauten bei^e, 
dass dieselben sich aber auch in den West- und Ostalpen finden 
werden. Dem war wirklich so. In Norditatien sind zahlreiche 
Stationen entdeckt worden, z. B. im Gardasee (u. a. der Bronzepfahl- 
bau Peschiera), im Lago di Pusiano, im Lago di Varese und beim 
Lago maggiore. Neben echten Pfahldörfem in den Seen fand man 
aber auch ähnliche Niederlassungen auf dem Lande, besonders süd- 
lich des Po, von Parma bis Modena. Das sind die mit Wall und- 
Graben versehenenTerramaren , welche, wie die echten Pfahlbauten, 
zum Teil der Steinzeit angehören, oft aber zahlreiche Bronzen ent- 



zed.yGOOgle 



I02 Zwmtes Kapitel. 

halten. Manche Terramarcn reichen sogar in eine Zeit hioetn, wo 
das Eisen benutzt wurde. 

In Frankreich ist besonders Savoyen reich an Seeansiedelungen. 
Im Lac d'Annecy, im Lac de Bourget und anderwärts finden sich 
Reste von Pfahlbauten der Steinzeit; oft auch Bronzestationen. Da 
giebt es, wie in Italien, einige Seedörfchen, in denen Eisen gefunden 
wurde, was bei uns nur ganz ausnahmsweise der Fall war. 

Wie das südliche und westliche Nachbarland der Schweiz 
Pfahlbaufunde aufweisen, so auch Süddeutschland und Österreich. 
Bereits haben wir die Stationen am deutschen Ufer des Bodensees 
erwähnt und auch den wegen des wohlerhaltenen Unterbaus seiner 
Hütten bemerkenswerten Steinzeitpfahlbau Schussenried angeführt. 
Bayern besitzt eine schöne Station auf der Roseninsel im Stam- 
berger- oder Würmsee, die neben Steingeräten auch einige Bronzen 
geliefert hat 

Wer die Funde aus den Seedörfern zu beiden Seiten der Alpen 
übersieht, wird erkennen, dass im Westen die Bronze vorherrscht, 
dass diese nach Osten allmählich abnimmt und mehr und mehr die 
Steinzeitstationen allein noch übrigbleiben. In den österreichischen 
Pfahlbauten kommen Bronzen schon viel seltener vor, als am Boden- 
see, an diesem wieder spärlicher als am Neuenburgersee. Im Salz- 
kammergut sind mehrere Stationen ausgebeutet worden, z. B. im 
Attersee und im Gmund'ner- oder Traunsee. Aus dem Mondsee 
wurden besonders zahlreiche Kupfei^eräte gehoben. Am Südfiiss 
der Ostalpen liegt der wegen der Ornamentik seiner Gefässe oft 
besprochene Pfahlbau Laibach, Die menschlischen Statuetten, 
welche in dieser Station gefunden wurden, zeigen uns, wie die 
Kleidung der Steinzeit beschaffen gewesen, (Verg!. Fig. 94 Seite 162.) 
Übrigens kamen in demselben Seegebiet auch Kupfer- und Bronze- 
objekte zum Vorschein, In Olmütz (Mähren) wurde eine Bronzestation 
entdeckt, am Neusiedlersee in Ungarn ein Steinzeitpfahlbau, Ungarn 
besitzt auch Terramaren. Im Altertum bildete es mit dem nordöst- 
lichen Teil der Balkan-Halbinsel die römische Provinz Dacien. Es ist 
nun interessant, zu sehen, dass auf der Trajanssäule in Rom, die zur 
Verherrlichung der römischen Siege in Dacien errichtet wurde, ein 
Pfahlbau dargestellt ist, der von römischen Kriegern in Brand ge- 
steckt wird. Wenn heute noch zahlreiche Getreidebehälter in der 
Walachei auf Pfählen errichtet sind, so können sie also auf uralte 
Vorbilder zurücl^führt werden. Ähnliche „Pfahlbauten" aus unserer 
Zeit sind die Getreidehäuschen in vielen Dörfern des Kts. Wallis und 
die Stabur's in Norwegen. 

Aus der Balkan -Halbinsel haben wir ein Zeugnis, dass zu 



zed.yGOOgle 



Die Deolithuche oder jQngere Steinzeit. IO3 

Herodot's Zeiten Pfahlbauansiedlungen im Prasias-See existierten. 
Der genannte Historiker beschreibt diese Seedörfer folgendermassen: 
„Mitten im See stehen zusammengefügte Gerüste auf hohen Pfählen 
und dahin führt vom Lande nur eine einzige Brücke, Und die 
Pfähle, auf denen die Gerüste stehen, richteten in alten Zeiten die 
Bürger selber auf; nachher aber machten sie ein Gesetz, und nun 
machen sie es also: Für jede Frau, die einer heiratet, holt er drei 
Pfähle aus dem Gebirge, das da Orbelos heisst und stellt sie unter; 
es nimmt sich aber ein jeder viele Weiber. Sie wohnen aber selbst 
auf folgende Art: Es hat ein jeder auf dem Gerüste eine Hütte, 
darin er lebt, und eine Fallthür durch das Gerüst, die da hinunter- 
geht in den See. Die kleinen Kinder binden sie an einem Fuss 
mit einem Seil fest, aus Furcht, dass sie hinunterrollen. Ihren Pferden 
und ihrem Lastvieh reichen sie Fische zum Futter. Ihrer ist eine 
so grosse Menge, dass, wenn einer die Fallthür aufmacht und einen 
leeren Korb an einem Strick hinunterlässt in den See und zieht ihn 
nach kurzer Zeit wieder hinauf, so ist er ganz voll." 

Das Pfahlbaugebiet, das wir bisher betrachtet haben, zieht sich 
im Ganzen längs der Alpen von den Pyrenäen bis in die Balkan- 
Halbinsel. Es giebt aber in Europa noch ein zweites, ähnliches 
Gebiet, das sich von Irland und England über Norddeutschland bis 
nach Russland hinein erstreckt Schon bald nach der Entdeckung 
von Obermeilen erkannte man, dass in den irischen Crannoges ein 
den Pfahlbauten verwandtes Phänomen vorliege. In mancher jener 
i^olzinseln" Irland's wurden Stein- und Bronzegeräte gefunden, 
einige Crannoges waren aber nachweislich noch im Mittelalter be- 
wohnt. Kach Wilde finden sich diese Bauten meistens da, wo beim 
Zusammenstossen mehrerer kleiner Seen aus Lehm und Mergel be- 
stehende Inselchen auftauchen, die im Sommer trocken liegen, im 
Winter aber vom Wasser bedeckt sind. Diese Inseln wurden nun 
durch eingerammte Pfähle befestigt und durch aufgehäuftes Holz 
oder durch Steinlagen erhöht Ein Damm oder ein Steg verband 
die Insel mit dem Land; meist aber war der gewöhnlich noch durch 
ein Palissadenwerk verstärkte Crannoge nur mit Schiffen zu erreichen. . 
Aus den irischen Annalen erfahren wir, dass z. B. 848 Cinaedh, 
Herr von Cianachta-Breagh, mit einer Schar Söldner das Crannoge 
von l.£^ore plünderte und niederbrannte. Im Jahr 1368 wurde 
Teige durch Verrat in seiner Festung Ard-an-choillin, einem Cran- 
noge im See Cairgin, gefangen genommen. 1586 wird von ONeÜl 
berichtet, dass er im Moore einen Wohnsitz erbaut und in demselben 
sich mit all seinen Leuten und seinem Vieh aufgehalten habe. 
Noch töio wird ein Crannoge in der Landschaft Galway genannt. 



zed.yGOOgle 



10^- Zvntes Kspit^. 

Wenig zahlreich sind die Spuren von Pfahlbauten in England 
und Holland, wohl aber besitzt Norddeittschland viele solche in 
Hannover, Holstein, Mecklenburg, Brandenburg, Pommern, Preussen 
u. s. w. Die meisten Stationen sind nicht alt und erinnern manch- 
mal an die Crannoges des Mittelalters. Sie werden den Wenden 
zugeschrieben, besonders diejenigen, die sich von Pommern und der 
Mark Brandenburg über Posen, West- und Ostpreussen bis nachRussland 
hineinziehen. Indessen giebt es einige Seedörfer in Norddeutschland, 
speziell in Mecklenburg, die bis in die Steinzeit zurückdatiert werden 
müssen, so z. B. die an Fundstücken reichen Stationen Wismar und 
Gägelow'. 

Wenn wir zusammenfassen, so können wir sagen, dass die 
europäischen Pfahlbauten sich der geographischen Lage nach in 
zwei grosse Gruppen teilen lassen, dass aber innerhalb der Gruppen 
bedeutende Unterschiede im Alter der einzelnen Stationen bemerk- 
bar sind. Neben Ansiedlungen, die in die Steinzeit zurück weisen, 
finden sich solche aus historischen Zeiten, ja sogar aus dem Mittel- 
alter. In einigen Gegenden hat sich der Pfahlbau in bestimmter 
Form bis heute erhalten, und wir. brauchen bloss an Venedig zu 
denken, um zu wissen, dass das System der Pfahlbauten immer 
noch angewandt wird. 

4. Äussereuropäische PfahlbmUen, Als Hojeda im Jahre 1499 
der Nordküste von Südamerika entlang fuhr, ging er, wie Herrera 
meldet, oft ans Land und trieb Handel mit den Eingebornen, „bis 
sie zu einem Hafen kamen, wo sie ein Dorf auf dem Wasser er- 
blickten, welches gebaut war, wie Venedig. 26 grosse Häuser, der 
Form nach Glocken ähnelnd, standen da auf Pfählen. Zugbrücken 
vermittelten die Verbindung der Häuser untereinander." Bekannt- 
lich hat der ganze Landstrich den Namen Klein- Venedig oder 
Venezuela erhalten; jener Hafen aber mag die Maracaybo-Bucht 
gewesen sein, wo heute noch Pfahlbauten zu finden sind. Der 
Indianer, verliess das feste Land, um den Moskitos und dem Fieber- 
hauch der Sümpfe zu en^ehen. Er holt die Stämme von stein- 
harten Palmen aus dem Walde, treibt die Pfähle tief in den Grund, 
l^gt die Batken darauf und verbindet sie mit Schlingpflanzen. Palm- 
blätter bilden das Dach; die Wände werden mit Matten verhängt 
oder mit gespaltenen Palmstämmen vergittert. Im Innern wird die 
Hütte in zwei Teile geteilt; hinten ist die Schlafstelle von Weib und 
Kind, vorn die des Mannes. Der Hütte gegenüber liegt die Küche, 
unter dem Vordach einer zweiten Hütte, dem Vorratshause. An dem 
Stege, der die beiden Häuschen verbindet, wird das lange, schmale 
Kanoe, ein Einbaum, festgebunden. 



zed.yGOOgle 



Die oeolitllisclie oder jQiqieTe Steinzeit. iqiJ 

Es scheint, als ob der ganzen Nordküste SUdamerika's entlang 
jetzt noch F&hlbauten existierten. Daneben kommen aber auch 
Baumwohnungen vor, besonders am Orinoco, dessen Fluten manch- 
mal sehr rasch anschwellen und die ganze Gegend .unter Wasser 
setzen. Solche Baumwohnungen sind im kolumbischen Amerika 
besonders in Centralamerika benutzt worden, und der Historiograph 
DE Brv beschreibt die Insassen derselben als sehr streitbar und 
reich an Gold und Silber. Den grössten Piählbau ^den die Spanier 
im alten Mexico, das zum Teil auf Pfählen, zum Teil aber auf 
schwimmenden Inseln erbaut war, wie mehrere andere Städte des 
Landes. 

Ganz im Süden Amerika's, in Argentinien, treffen wir heute 
noch Pfahlbauten. Abgesehen von den Kornmagazinen in den 
Pampas, die zum Schutz gegen den Zahn des Pampashasen auf 
Pfähle gestellt werden, finden sich wirkliche Pfahlbauten am La 
Plata-Strom. Drei Kilometer südlich von Buenos Ayres liegt die 
Boca del Riachuelo, wo das ganze Dorf auf l — 2 m hohen Pfählen 
ej-baut ist. 

Die Reisenden, welche den „dunkeln Erdteil" erforschten, sprechen 
gar nicht 'selten von Pfahlbauten. Am Benue, einem Nebenflusse 
des Niger oder Quarra, gelangte Baikie in ein Dorf, das ganz im 
Wasser stand. Einige Tagemärsche oberhalb der Benue-Miindung 
ist Loko, der Hauptiibergang über den Fluss, auf einer Insel ge- 
legen. Zur Zeit der Hochwasser beziehen die Eingebornen Pfahl- 
bauten, während sie sonst in Strohhütten auf dem Lande wohnen. Die 
erstem sind rund und werden je von vier gabeligeo, etwa 3 m 
hohen Pfählen getragen; die letzteren haben eine viereckige Form. 

Am untem Kongo errichten sowohl europäische Kaufleute, als 
Eingeborne mit Vorliebe Pfahlhäuser, um dem tötlichen Hauch des 
fiebererzeugenden Bodens eher entgehen zu können. Am obern 
Kongo fand Caueron eine ackerbautreibende Bevölkerung, die über 
dem Wasser lebte und auf Einbäumen den See beAihr. Ihre Hütten 
sind klein, viereckig und ruhen auf lai^en Pfählen. Bewohner des 
Morjasees im Gebiet des Lualaba, eines Nebenflusses des Kongo, 
wohnen auf schwimmenden Inseln, die mit Pfählen festgestellt sind. 
Die Felder der Leute befinden sich am Lande; hier und da werden 
auch die schwimmenden Inseln bepflanzt Die Ursache des Pfahl- 
wohnens ist hier das Suchen nach Schutz, hauptsächlich vor den 
Sklavenhändlern. 

Im Zambesi gebiet sind Pfahlbauten mehrfach nachgewiesen, 
z. B. am Abfluss des Njassa-Sees, dem Schire. „Als wir den Schire 
hinabfiihren ," erzählt Livingstome , „fanden wir in dem breiten 



zed.yGOOgle 



I06 Zweites Kapitel. 

Papyrusgürtel um den kleinen See Pomalombe herum, zu welchem 
sich der Fluss erweitert, eine Anzahl Manganja-Familien versteckt, 
welche durch die Ajawa-Einfälle aus ihren Wohnorten vertrieben 
worden waren. Der Papyrus wuchs so dicht, dass er, wenn er 
niedergedrückt wurde, ihre kleinen, einstweiligen Hütten trug, ob- 
wohl er, wenn sie von einer Hütte zur andern gingen, unter ihren 
Füssen, wie bei uns dünnes Eis, sich hob und senkte. Zwischen 
sich und dem Lande Hessen sie einen dichten und undurchdring- 
lichen Wald von Papyrus stehen und es würde nie jemand, der 
auf Jener Seite vorübei^ng, vermutet haben, dass dort drin mensch- 
liche Wesen wohnten." Diese Leute ernähren sich hauptsächlich von 
den massenhaften Fischen des Sees. 

In Madagaskar hat Professor C. Keller Photographien von Saka- 
laven-Wohnungen aufgenommen, die ebenfalls im Ffahlbaustil er- 
baut sind. 

Im Nilgebiet finden sich Pfahlbauten bei den Bongo und Niam- 
Niam. Interessanterweise lieferte auch der alte Kulturstaat Aegypten 
einen Beitrag zur Kunde der Pfahlbauten in einem Relief aus Theben. 
Die Schwester des Königs Thutmosis III. hatte eine Expedition ans 
Rote Meer abgesandt, und bewahrte in dem genannten Relief das An- 
denken an ihre That der Nachwelt auf. 

Die Expedition der ägyptischen Königin gii^ wahrscheinlich 
ans arabische Ufer des Roten Meeres und so leitet uns diese Be- 
trachtung von Afrika zu Asien hinüber. Auch in diesem Erdteil 
werden wir Pfahlbauten kennen lernen, die heute noch bestehen, 
andere, die dem Mittelalter angehören und noch andere, die weit 
in die Urzeit zurückreichen. 

In der Nähe des alten Sardes in Kleinasien befindet sich der 
Gygäische See, jetzt Mermere-ghöl genannt Der „Berg der tausend 
Gräber", der sich am Westufer des Sees erhebt, birgt viele Grab- 
hügel und bei Anlass von Eisenbahnbauten kamen im See selbst 
Pfahlbauten mit Steinwafien und Werkzeugen zum Vorschein, 

Der ums Jahr 1300 lebende Fürst Abulfeda berichtet von den 
Seen am Orontes in Syrien, wovon der nördlichste der See der 
Christen heisse, da er von christlichen Fischern bewohnt werde, 
die auf dem Wasser in hölzernen Hütten leben, welche auf Pfählen 
erbaut seien. 

Mesopotamien wäre wohl geeig^net zu Pfahlbauanlagen. Wirk- 
lich sollen bei den Arabern in den Marschen am Euphrat solche 
angetroffen worden sein und unter den Reliefs von Kujundschik 
(Ninive) hat man einige gefunden, die auf Pfahl- oder Flossbauten 
hinzuweisen scheinen. 



zed.yGOOgle 



Die neolithUche oder j&agere Steinzeil. IO7 

In Ostindien existieren zahlreiche Seedörfer und neben ihnen 
kommen Baumwohnungen vor, die vielleicht als Prototypen der 
eigentlichen Pfahlbauten aufgefesst werden müssen. In der Land- 
schaft Sikkim in Vorderindien sind die letztem allgemein in Ge- 
brauch wegen der grossen Regenmengen, die Überschwemmungen 
zur Folge haben. Weiter östlich, in Bhutan und bei den Kasia's und 
Naga's, fehlen Pfehlbauten auch nicht, wohl aber im östlichen Asam, am 
linken Ufer des Bramaputra. In Hinterindien werden sie sehr zahl- 
reich. Im Delta des Irawaddi und an diesem Flusse hinauf bis über 
Awa und Amarpura sind selbst Tempel und IClöster über Pfählen 
erbaut, in Burma kommen solche Bauten sogar auf trockenem 
Lande, ja auf Höhen, vor. Das lässt sich nur erklären, wenn man 
bedenkt, welch' grosse Macht die Gewohnheit ist und wie schwer 
der Mensch von den Sitten der Väter lässt 

Die Hauptstadt Siam's, Bangkok, ist zum Teil eine schwimmende 
Stadt, d. h. viele Häuser sind auf Flösse gebaut Das östlich da- 
von gelegene Bathambong dagegen ruht auf Pfählen. Längs des 
Menäm und am Mekhong erstrecken sich weitgedehnte Reisfelder. 
Der Bebauer derselben aber hat zum Schutz ' gegen Feuchtigkeit 
und Überschwemmung , sowie gegen Schlangen , Ratten , Skor- 
pione u, s. w. sein Häuschen auf Pfähle gestellt. Dieses Hüttchen 
ist fast ganz aus Bambus gebaut und wird von Kokospalmen «be- 
schattet 

Im östlichen Teil des Meerbusens von Bengalen liegt die Insel- 
gruppe der Nicobaren. Die Bewohner derselben sind Pfahlbauer 
und die auf den Nicobaren lebenden Europäer haben dieses Bau- 
system adoptiert Man rammt Pfeiler in die Erde und bringt 10 bis 
12 Fuss (3 — 4 m) hoch oben durch Binden eine Balkenlage an. Die 
Wände bestehen aus Bast; das Dach wird aus Palmblättem gebildet 
Der Zugang erfolgt durch eine Leiter. Dem Eingang gegenüber 
befindet sich die Feuerung, Oberhalb des Feuerplatzes sind die 
Pandanusbrote und die Wassergefässe aus Kokosnuss aufgestellt. 
Zur Linken steht ein Götterbild; zur Rechten befinden sich Holz- 
bildsäulen. In der Nähe der Thüre hängen Speere, Messer, Haus- 
geräte, Die Kuppel des Hauses enthält meist noch einen Verschlag 
für Vorräte. Der Raum unter der Hütte dient als Schattenplatz 
beim Arbeiten. Auch sind daselbst Verschlage für Hühner, Vorräte 
unverarbeiteter Früchte und grosses Gerät zu finden. 

Es können nach dem gegenwärtigen Stand unseres Wissens 
auch in Asien zwei Zonen unterschieden werden, in welchen Pfahl- 
bau-Konstruktionen vorkommen. Die eine zieht sich, wie wir 
gesehen haben, von Kleinasien, Armenien und Syrien über Meso- 



zed.yGOOgle 



I08 Zweites Kapitel. 

potamien nach Ostindien, die andere hat eine Nordsüd-Rlchtung und 
zieht von Kamtschatka und dem östlichen Sibirien gegen Hinterindien. 
Auf dieser Halbinsel vereinigen sich beide Gruppen und setzen dann 
auf den austral-asiatischen Archipel über. 

JedeKamtschadalen-Familie besitzt zwei Häuser: einSommer- 
und ein Winterhaus. Das erstere besteht aus Holz und ist hoch 
auf Pfählen errichtet, der Form nach rund oder, noch häufiger, 
viereckig. Die Winterwohnung hegt mit ihrem Fundament einige 
Fuss unter der Erde. 

Ähnliche Dörfer, wie in Kamtschatka, finden sich bei den in 
bergigen Teilen des Gouvernements Irkutsk lebenden Korjaken. 
Der Plählbaustil ist auch bei den Giljaken am Amur nachgewiesen. 
In Japaii kennt man ihn nur noch aus alten Bildern und ein An- 
denken an die Zeit der Pfahlbauten mögen die heute noch auf 
Pfählen stehenden Vorratshäuser der Afno's sein, welch letztere man 
als die Ureinwohner des Landes betrachtet. 

Auch chinesische Bilder zeigen uns Pfahlbauten; indessen scheinen 
solche in Wirklichkeit nicht mehr zu existieren, wohl aber sind 
in China Hunderte von schwimmenden, künstlich erstellten Inseln 
gegenwärtig noch bewohnt. 

Die Pfahlbauer par exellence sind die Malayen. Wer den 
austral-asiatischen Archipel besucht, wird gewiss Singapore anfahren. 
Da kann man nun schon die Pfahldörfer überall in den von Malayen 
oder Chinesen bewohnten Stadtteilen und Vorstädten sehen. Selbst 
die Europäer bauten, um vor dem Fieber besser geschützt zu sein, 
ihre Häuser auf Holz- oder Steinpfosten. 

Im Innern der Insel Sumatra leben die in der Kultur zurück- 
gebliebenen Batta's oder Battaker, die zum Teil noch auf Bäumen 
wohnen. Sonst aber sind sowohl bei ihnen, als bei den einge- 
wanderten Malayen und Europäern Pfahlbauten die gewohnliche 
Bauart. Daneben kommen z. B. in Palembang auch schwimmende 
Wohnungen vor. Nach Seelhorst hat der Umstand, dass die Hütten 
ursprünglich nur an Flüssen gebaut wurden und die Notwendigkeit, 
sich gegen den Besuch grosser und kleiner Tiere zu schützen, zum 
Pfahlbau gefiihrt 

Im Osten von Sumatra liegt die Stadt Palembang, welche der 
Moesifluss mit dem Meere verbindet. Diese Stadt besitzt neben den 
sogen, Rakkits oder schwimmenden Wohnungen auch 4500 Pfahl- 
häuser. An demselben Flusse befindet sich das 2500 Seelen zählende 
Dorf Soensang, dessen Häuser mehrere hundert Schritt vom Ufer auf 
6 — 8 m hohen Pfählen errichtet sind. 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jOngete Steinzeit. Iqq 

Auf Java sind die Pfahlbauten seltener, doch kommen sie vor. 
Jacor besuchte z. B. das Dorf Paniteng, das nur zu Schiff zu er- 
reichen war und ganz auf Pfählen stand. 

Je tiefer wir uns nun aber in den Archipel hinein begeben, um 
so zahlreicher werden die Pfehldörfer und Pfählstädte. Es ist un- 
möglich, auch nur die grossem derselben anzuführen; wir müssen 
uns mit einer Übersicht begnügen. 

Auf Bomeo finden sich Pfehl- und Flossbauten in allen Teilen 
des Landes, Interessant sind die Häuser der Eingebornen oder 
Dajaker, deren jedes gewissermassen ein Dorf bildet, in welchem 
eine ganze Sippe wohnt Sie sind oft 200 — 300 Fuss .(60 — 90 m) 
lang und 40 — 50 Fuss (12 — 15 m) breit. In Samarinda an der Ost- 
küste stehen die Häuser auf Bambuspfählen 8 — 10 Fuss(2 — 3 m) über 
dem Boden, und zwischen und unter ihnen befinden sich die Gräber 
der Verstorbenen. Tangarung, ein Ort mit 50CXJ Einwohnern, gleicht 
Samarinda; doch kommen daselbst auch Flosswohnungen vor. Das 
Venedig Bomeo's ist Bandjer oder Bandjermasin mit 38 OCX) Ein- 
wohnern, Die Häuser dieser Stadt stehen entweder auf Stelzen im 
Wasser, oder sie schwimmen. Auch Brunei, die Hauptstadt des 
gleichnamigen Sultanats, ist eine echte Pfahlbaustadt. 

Auf den Philippinen finden sich ebenfalls zahlreiche Pfahl- 
bauten. Dieser Archipel ist ausgezeichnet durch eine Menge kleiner 
Flüsse mit weiten Mündungen. Solche Örtlichkeiten haben von 
jeher eine grosse Anziehungskraft für Ansiedler gehabt Der Fluss 
ist eine von der Natur gegebene Strasse, und vielerorts sind bis 
auf den heutigen Tag keine andern Wege vorhanden. An den 
Ufern gedeihen Kokos- und Nipapalmen, hinter welchen sich 
die Reisfelder ausbreiten. In den Flussmündungen ist der Fischfang 
am ei^ebigsten, und die Uferstrecken liefern Muscheln, Krabben 
und essbare Algen. An solchen Orten errichtet der Eingebome 
sein Haus auf Pfählen an der Grenze zwischen Ebbe und Flut 
Es steht die Hütte des Tagalen über den Flüssen Manila's; die 
Behausung des Igorroten auf Luzon ist auf 4 Pfähle gestellt; die 
Bambushütten von Mindanao befinden sich auf Pfehlwerk einige 
Fuss über der Erde. 

In der Inselgruppe der Molukken finden sich Pfahlbauten auf 
Celebes, Amboina, Ceram und Kilwaru. Der reichste Fürst von 
Celebes, Beherrscher des Königreichs Goa, wohnt in einem Pfahl- 
bau, 4 km südlich von Macassar, welche Stadt auch Pfahlhütten 
aufweist. Die in Nordcelebes gelegene Stadt Tondano ist schon 
durch DuMONT d'Urville beschrieben und in seinem Werke Voy^e 
de l'AstroIabe abgebildet worden. Früher wohnten die Eingebornen 



zed.yGOOgle 



HO ZweilCB Kapitel. 

ganz über dem See von Tondano, um Schutz vor den Seeräubern 
zu finden. Die Häuser waren durchschnittlich Ö5 Fuss (19,5 m) lang 
und 35 Fuss (10,5 m) breit Das Dach bestand aus Sagoblattem oder 
Palmfa^ern. Eine Treppe, die des Nachts autgezc^en wurde, führte ins 
Wasser hinunter. Schon im Jahre 1658 kämpften diese Pfahlbauer 
gegen die Niederländer, und noch 1809 erhoben sie sich gegen ihre 
Bedrücker. Den Kanonen verdankten die Europäer den schliesslichen 
Sieg. Seither dürfen die Häuser nicht mehr in den See gebaut 
werden und ziehen sich jetzt am Ufer hin. 

Die schweizerischen Forscher F. und P. Sabasin, welche ganz unbe- 
kannte Gegenden von Celebes bereisten, haben ebenfalls P&hlbauten 
angetroffen, Sie sind der Ansicht; daas die Sorge um grössere Rdnlich- 
keit die Leute veranlasste, ihre Wohnsitze über Wasser aufzuschlagen. 

Auf Ceram leben die heidnischen Alfuren des Innern in grossen, 
für 50 und mehr Personen berechneten P^lhütten. An der Küste 
sind manche Häuschen auf den blossen Boden gestellt, und man wohnt 
familienweise, nicht in Sippen beisammen. Den .merkwürdigsten 
Pfahlbau bildet die auf einer Sandbank zwischen Ceramtaut und 
Kissa mitten' im Meer erbaute Stadt Kilwaru, ein Emporium des 
Handels der Molukken und Neu-Guinea's. 

Das Pfahlbauten - Eldorado ist nun aber die grosste Insel 
des Archipels und deren Umgebung. Schon der erste Pfahlbau- 
bericht von Keller erwähnt die Pfählbauten in Neu-Guinea. Nach 
der Schilderung von Dumont d'Urville sind die Bewohner von Dore'i 
an der Nordwest-Spitze der Insel in vier Pfahldörfer verteilt Ein 
Dorf begreift 8 — 15 Häuser in sich. Jedes derselben besteht aus 
einer Reihe von Zellen und nimmt mehrere Familien auf. Die 
Hütten lassen überall das Tageslicht hindurch und schwanken 
unter den Tritten des Besuchenden. A. R. Wallace erzählt, dass 
zwei der Dörfer ganz im Wasser stehen und man zu ihnen auf 
langen Brücken gelangt Die Pfähle sind kleine, krumme, unregel- 
mässig aufgestellte Stocke, die aussehen, als ob sie umfallen wollten. 
Die Fussboden der niedrigen Hütten sind auch aus Stöcken ge- 
macht, die so lose und weit auseinander liegen, dass es fast un- 
möglich ist, auf ihnen zu gehen. Dr. Finsch teilt oait, dass die 
Pfahlbauten in Neu - Guinea erstellt werden zum Schutz gegen 
Feinde und dann infolge der Gewohnheit der Papuas, welche 
viel mit dem Meere zu thun haben. Auch grössere Reinlichkeit 
ergiebt sich auf den Pfahlbauten. Die Pfähle sind 3 — 4 m hoch, 
und man steigt auf einer Leiter zu den Wohnräumen hinauf Neben 
den Pfahlbauten giebt es hier und da auch noch Baumwohnungen. 

Östlich von Port DoreY ist die Geelvink-Bay, welche ebenfalls 



zed.yGOOgle 



Die neoUthisctie nder jflngeie Steinzeit. i i i 

grosse Familienhäuser aufweist, die bis lOO m lang werden und 
an die FouRiEB'schen Phalanst^res erinnern. Die Hütten an der 
Humboldt-Bay, in der Mitte der Nordküste, gleichen in ihrer Form 
mehr oder weniger unsern Zuckerstöcken. In den Dörfern Tobadi, 
Todus und Wawa wohnten bis zur Ankunft der Europäer, also bis 
in unsere Zeit, wirkliche Steinzeitleute. In Tobadi befindet sich ein 
grosses Gebäude, das i s m hoch ist und als Versammlungsort dient. 
An mehreren Orten giebt es solche Gebäude, die auch als eine 
Art Tempel betrachtet werden, so auf der Insel Waigeu im Nord- 
westen von Neu -Guinea. 

Sudlich von Waigeu ist die Galewa- Strasse, in welcher, wie 
im benachbarten Mc. Cluer Golf, ebenfalls P&hlbauten nachgewiesen 
sind. An lebterer Bucht finden sich Befestigungen der pfahl- 
wohnenden Ansiedler, die sich dadurch gegen ihre Feinde zu schützen 
suchten, und bei denen das erste Erscheinen der Europäer einen 
wahren Aufruhr hervorrief. 

Im Papua-Golf, an der Südostküste von Neu-Guinea, sind 
Pfahlbauten sehr häufig. An der Westseite des Golfes trafen die 
Reisenden Kanibalen und gastfreundliche P&hlbauer, die auf ihren 
Pfahlgerüsten lo Fuss {3 m) hoch über den Sümpfen, hier und da 
s<^ar Gärtchen angelegt hatten. Im Osten der Bucht, z. B. in Port 
Moresby, ist die Steinzeit jetzt im Verschwinden infolge des Ver- 
kehrs der Eingebornen mit Europäern. Da linden sich Pfahldörfer 
im Wasser und auf dem Lande. Sie sind oft sehr gross und volk- 
reich. Das auf dem Trocknen erbaute Pfahldorf Maupa hat 9 Längs- 
strassen aufzuweisen. Die Häuser sind 3^3,5 m breit und 10 m 
lang. Im Ganzen stehen ca. 250 Häuser beisammen mit gegen 
I5CX> Einwohnern. Kleiner ist das durch seine Reinlichkeit hervor- 
ragende Dorf Parematta mit 30 — 40 Häusern und ca. 200 Ein- 
wohnern, Diese züchten Schweine und haben zahme Hunde, Ausser- 
dem besitzen sie eigentliche Plantagen von Zuckerrohr, Haine von 
Kokospalmen und gewinnen auch Bananen, Tarro, Yams, Brotfi-ucht 
und Sago. 

Interessant ist das in der Hood Bay befindliche Dorf Kaire 
(Fig. 44). Vom Lande aus gelangt man zu Schiff zum Missions- 
hause und zur Missionskirche, die unter sich und mit zwei Häuser- 
reihen durch Stege oder Brücken verbunden sind. Die einzelnen 
Häuser haben breite Plattformen. Das Dorf Hula in derselben Bucht 
besteht aus ca. 100 in einem Halbkreis erbauten Häusern, deren 
Giebel Spitzbogenform haben. Das Fischerdorf Alt-Hula weist 50 bis 
60 Hütten auf, die sich am Lande befinden und 250 — 300 Ein- 
wohnern Obdach gewähren. Doppelt so gross ist Keräpuno mit 



.y Google 



112 Zweite» Kipitel. 

etwa lOo Häusern, worunter einige turmartig gebaut sind, und 
800 — tooo Bewohnern. 

Im Moresby-Hafen liegen die Dörfer Anapata und Ellewalla, 
die zur Ebbezeit trocken Hegen. Westlich davon ist das nur 
15 Häuser umfassende Dörfchen Derani, 




1 nenzritKcher Pfthlbto i: 
Nea-GiuDO. 



Fig. 44. 



Im Innern Neu-Guinea's sind z. B. bei den Koiari die st^rlc 
befestigten Dörfer auf Felsbergen angelegt Die Häuser befinden 
sich auf Bäumen; oft s^gar geht der Baum durch das Wohnhaus 
selbt hindurch. Ganz ähnliche Zufluchtsorte fand man nach Ratzel 
auf Ysabel, einer Insel der Salomon's -Gruppe, wo oberhalb der 
Tagwohnungen auf Bäumen Schlafstätten erstellt worden waren. 



Kein Erdteil ist ohne Pfahlbauten. Diese sind weder an be- 
stimmte Völker, noch an bestimmte Zeiten gebunden. Während 
beispielsweise die Seeansi ed Jungen der Schweiz der Stein- und 
Bronzezeit angehören, also zum Teil schon über 4000 Jahre alt 
sind, spricht Herodot von Pfahlbauten aus der Zeit von 500 vor 
unserer Zeitrechnung, Das Relief von Theben stellt solche Ansied- 
lungen dar aus dem II. Jahrtausend vor Christo, während diejenigen 
im „See der Christen" in Syrien ins XII. Jahrhundert nach Christi 
Geburt fallen. In Amerika hat Hojeda zur Zeit des Kolumbus 
Pfahlbauten kennen gelernt, und heute noch giebt es ähnlich kon- 
struierte Gebäude in Argentinien. Ein grosser Teil der malayischen 
Menschenrasse wohnt gegenwärtig auf Pfählen. In den Pfahlbauem 



zed.yGOOgle 



Die neoliihische oder jOD^re S 



von Neu-Guinea haben wir Steinzeitleute unsrer Zeit keimen ge- 
lernt, die neben Fischfang etwas Viehzucht und Ackerbau treiben. 

Wenn man aber nachforscht, warum die Leute auf Pfählen wohnen, 
so ist es in letzter Instanz immer das Suchen nach Schutz, das 
sie aufe Wasser hinaus getrieben. Der Bewohner der Maracaybo- 
Bucht in Südamerika sucht Schutz vor den Moskito's, der Anwohner 
des Orinoko flüchtet bei den oft plötzlichen Überschwemmungen 
in seine Baumwohnung oder seine Pfahlhütte. Die Manganja's des 
Pomalombe-Sees in Afrika haben vor ihren Todfeinden im Papyrus- 
dickicht Schutz gesucht, und der Bewohner der Nikobaren will 
dem Fieberhauch des Bodens entgehen, indem er seine Hütten auf 
Pfähle stellt. Der Battaker Sumatra's sucht sich und besonders 
seine Kinder vor dem Tiger und anderem Getier zu schützen, und 
zudem sind ja die in der Höhe befindlichen Wohnsitze treffliche 
Auslugpunkte, von denen aus der heranschleichende Feind leichter 
bemerkt werden kann. Wenn Bewohner des austrat -asiatischen 
Archipels sich vor den Piraten auf ihre Pfahlwohnungen flüchten, 
so treibt sie das Suchen nach Schutz, und derselbe Grund ist es, 
der die Anwohner des Papua-Golfes zwang, ihre Hütten über Wasser 
und Erde zu stellen. Die Kaufleute, welche fremde Küsten besuchen, 
wohnen auf ihren Schiffen bei den Waren; sie sichern dieselben, 
indem sie sie isolieren. Wir verstehen nun, warum manche grossen 
Handelsplätze des Ostens Pfahlbauten sind; Sie sollen dadurch 
isoliert werden. 

Nicht überall, wo Pfahlbauten stehen, lasst sich beweisen, dass 
die Bewohner Schutz suchen vor feindlichen Menschen oder wilden 
Tieren, vor Überschwemmungen oder dem Fieberhauch des Bodens. 
Oft hat sich diese Sitte eben einfach aus alter Zeit erhalten, oder 
es sind Gründe massgebend geworden, die ursprünglich erst in 
zweiter Linie in Betracht kamen, z. B. die Sorge für Reinlichkeit, 
die Leichtigkeit des Fischfangs, die bequeme Wasserstrasse. 

Fragen wir, nach der Ursache, welche Veranlassung gab zur 
Erstellung der Pfahlbauten in der Schweiz, so ist gewiss auch hier 
der Wanderer, wenn möglich, den Wasserläufen nachgezogen, und 
hat der Fischer oft genug sein Netz in die Seen gesenkt Aber 
hier, wie anderwärts, liegt die eigentliche und ursprüngliche Ur- 
sache des Wasserwohnens im Suchen nach Schutz. Zwar muss 
man gestehen, dass die Tierwelt der Schweiz in neolithischer Zeit 
wenige gefährliche Raubtiere aufwies, vor denen man sich hätte 
flüchten müssen. Auch gegen feindliche Menschen bot der Pfahlbau 
nicht viel Schutz und war nicht nur auf Flossen und Einbäumen, 
sondern auch mit Brandpfeilen leicht zu erreichen. Im Winter zu- 

Heierli, Urceichlch» dir Schweii. 8 



zed.yGOOgle 



114 Zweites K«[Mtel. 

mal, wenn der See zugefroren war, konnte man die Ansiedluiig leicht 
umzingeln. Aber man darf nicht vergessen, dass niemand gern im 
Urwalde wohnt, und in den Waldwiesen und Sümpfen mögen dazu- 
mal auch bei uns fieberschwangere Dünste der Erde entstiegen sein, 
vor denen der Mensch dadurch Schutz suchte, dass er seine Hütten 
in seichte Buchten stellte, wo er noch manche andere Vorteile 
genoss. Der See !K:hützte seine Herden wenigstens einigermassen vor 
nächtlichem Besuch von Bären und Wölfen; er bot ihm einen Teil 
der Nahrung; die Wasseradern waren die damaligen Strassen, die 
den Jäger in sein Revier, den Nachbar zum Nachbarn, den Händler 
zum fremden Stamme geleiteten. 



B. Schwelzerlscbe Steinzelt-Pflalilbauten. 

Kehren wir von der Wanderung, die wir zu den Pfahlbauem in den 
verschiedenen Gegenden der Erde gemacht, zu unserm Schweizerlande 
zurück, so erscheint das Bild unserer Seedörfer in Beziehung auf die 
Alters- Verschiedenheit der einzelnen Stationen nicht so bunt, wie wir es 
anderwärts angetroffen haben. Die schweizerischen See-Ansiedelungen 
gehören in ihrer Mehrzahl der neolithischen Steinzeit an. Indessen 
dauerte dieser Zeitraum offenbar sehr lange und darum kann man 
unter den Funden nicht bloss lokale Unterschiede wahrnehmen, 
sondern auch zeitliche Differenzen nachweisen. In den ältesten 
Stationen waren z. B. die Gefässe von sehr primitiver Technik und 
Form, während sie in spätem Zeiten feiner und schöner wurden. 
In den ältesten schweizerischen Pfahlbauten traten die Haustier- 
knochen hinter den Jagdtierresten zurück, in den Jüngern wurden 
sie zahlreicher und jene verschwanden fast ganz. Noch eine Reihe 
solcher Thatsachen, die auf eine allmähliche Zunahme der Kultur hin- 
weisen, wird uns bekannt werden, wenn wir nun einige typische 
Pfahlbaustationen der Steinzeit spezieller behandeln. 

I. Chavatmes {Schafis) bei Neuvrville. Eine der ältesten Pfahl- 
bauten lag ca. 15 m vom Nordufer des Bielersees bei Chavannes 
;Schafis) unfern Neuveville. Sie war schon im Jahr 1858 bekannt, 
aber an derOberfläche wurden nur wenige und schlechte Funde gemacht 
und in die Tiefe zu dringen, war schwierig wegen des Wurzelfilzes 
von Binsen und Schilf. Nachdem die Jur^ewässer-Korrektion den 
Spiegel des Bielersees gesenkt, unternahm Dr. E. von Fellekberg in 
Bern 1873 eine genaue, mehrere Monate dauernde Untersuchung der 
Kulturschichte selbst. 

Der Pfahlbau war auf drei Steinbergen erbaut, d. h. auf Un- 



zed.yGOOgle 



Die Dcolithisclie oder jüogere Steiozeit. 1 1 c 

tiefen, die oberflächlich zur Hauptsache aus Steinhaufen bestanden. 
Zwei derselben hingen miteinander zusammen, der dritte war etwa 
15 m davon entfernt. Zu oberst fand man bis in 10 — 15 cm Tiefe 
nur Steine mit Sand, dann folgte die Kulturschicht, die bis 70 cm 
mächtig war; darunter lag die Seekreide. Die grösste Länge des 
Pfahlbaues betrug 195 m, die grösste Breite 50 m; die Messung 
der Gesamtoberfläche ergab 63 a. 

Die Pfähle waren dünne Rundhölzer oder Spältlinge. Der 
Rost wurde durch Palissaden vor dem Wellenschlag geschützt Eine 
Leiter führte in das Wasser hinunter. Die einzelnen Hütten be- 
standen zum grossen Teil aus Flechtwerk und waren durch acht 
Brücken unter sich und mit dem Lande verbunden. 
In ihrem hinem fand man Reste von Bänken, Tischen 
und Thüren. Am Boden lag eine Schicht Lehm. 
Häufig erkannte man Brandspuren, ein Beweis, dass 
der Pfahlbau durch Feuer untergegangen war. 

Was die Funde angeht, so treten die Feuerstein- 
Artefakte in den Vordergrund. Es fanden sich präch- 
tige, bis 25 cm lange Lanzenspitzen (Fig. 45), welche 
wohl nicht aus einheimischem Material bestehen, 
da die heute bekannten Feuersteinknollen aus dem 

Iura nur klein sind. Indessen mögen den Pftihlbauem, ^ *' ?\ 
•^ ° Feuersteidlanze 

die auf ihren Jagdzügen gewiss häufig Feuerstein- aus dem Pfahl- 
Fundorte entdeckten, bessere Stellen bekannt gewesen *>"» Chavannes 
sein, als uns. ( » )■ 

Neben Silexspitzen (Fig. 46 — 49) wurde auch eine Spitze aus 
Bei^krystall gefiinden; eine andere besteht aus Jaspis. Der Feuer- 



ä 



Fig. 46. Fig. 47. Fig. 48. Flg. 49. 

Feuersteid-PreiUpitzen aus dem PTahlbau ChavanDes (Scluifis). 

stein oder Silex erscheint in verschiedenen Farben: rot, gelb, grau, 
weiss und wurde auch benutzt zu Sägen, Schabern, Messern u. s. w. 
Die Artefakte aus wachsgelben, fettglänzenden, braunen und violetten 
Varietäten von Silex stammen höchst wahrscheinlich aus den Küsten- 
gegenden an der Nord- und Ostsee und aus Frankreich. 



zed.yGOOgle 



I iC Zweites K^t«l. 

Die Steinbeile sind klein. Sie bestehen aus den verschiedensten, 
mehr oder weniger harten einheimischen Gesteinsarten; doch finden 
sich auch Nefritoide unter ihnen, nämlich Nefrit, Jadeit, Chloromelanit 
und Saussurit. Nur der Saussurit kommt anstehend in der Schweiz 
vor und zwar im Gebiet des Kts. Wallis. Die Pfahlbauer haben 
ihn aber nicht im Gebirge geholt, sondern den in der Nähe ihres 
Wohnortes befindlichen Moränen des alten Rhonegletschers enthoben. 
Anders ist es mit den übrigen Arten der genannten Gesteine, die 
man ihrer Härte und Schönheit wegen auch etwa als Halbedelsteine 
bezeichnet Der Nefrit, dessen Farbe vom Milchweiss zum Grün, 
zum Gelb und bis zum Rot variiert, ist in Europa bis jetzt nur in 
Schlesien bekannt geworden und auch diese Stelle wurde erst 
durch Bergbau erschlossen. NefiHt tritt in Centralasien , in Neusee- 
land, in Alaska u. s, w, häufig auf und man glaubte früher, die P&hl- 
bauer hätten ihn auf ihren Wanderungen von der Urheimat Asien 
mitgebracht. Aber abgesehen davon, dass die Hypothese der 
sogen, arischen Wanderung heute lebhaft bestritten wird, ergab die 
Untersuchung der verschiedenen Nefrite, dass der Pfahl bau -Nefrit 
eine besondere, z. B. vom centralasiatischen verschiedene Varietät 
ist. Vor einigen Jahren hat man in Österreich am Südfusse der 
Ostalpen zwei Rollstücke aus Nefi-it entdeckt und so ist nicht aus- 
geschlossen, dass wir dieses Gestein in den Alpen finden werden, 
wenn auch die bisherigen Nachforschungen erfolglos geblieben sind. 

Noch eigentümlicher steht es mit der Frage nach der Herkunft des 
graugrünen bis milchweissen Jadeits, der in neolithischen Funden nicht 
selten erscheint. Er kommt in Hinterindien, besonders im obern Burma, 
ferner in Centralamerika, vor, aber in Europa und den benachbarten 
Teilen von Asien und Afrika ist er bis jetzt noch nicht gefunden worden. 
Unter dem Gesteinsmaterial der Pfahlbauer befindet sich auch der 
dunkelgrüne Chloromelanit, der so hart ist, dass man Glas damit ritzen 
kann. Dieses Gestein ist nur aus dem Gebiet des Monte Viso als an- 
stehend bekannt. 

Was den Verbreitungsbezirk der Funde aus Nefritoiden anbetrifft, 
so kommen Artefakte aus Nefrit in Mittel-Europa am zahlreichsten in 
der Nähe der Alpen vor. Die Jadeite sind viel gleichmässiger über 
Frankreich, Deutschland und die Schweiz verteilt. Die Chloromelanite 
erscheinen in Frankreich am häutigsten, doch sind sie auch in der Schweiz 
und in Deutschland in beträchtlicher Zahl zum Vorschein gekommen. 
In Osterreich und Italien sind die Nefritoide nicht häufig, ebenso wenig 
in Spanien, wo ein venvandtes Material, derFibroüt, in prähistorischen 
Funden auftritt und als Stellvertreter jener Gesteine anzusehensein durfte. 

In Schafis sind durchlochte Steinbeile und -hämmer zum Vor- 



zed.yGOOgle 



Die neolithisrtte oder jüngete Steiozeil. 



117 



schein gekommen, doch beschränken sie sich nach einer gütigen 
Mitteilung von Fellenberg's auf den abseits Hegenden, vereinzelten 
Steinberg , dessen Kulturreste im allgemeinen einen etwas ent- 
wickelteren, jüngeren Charakter zeigen, als diejenigen der beiden 




a HomfassoDg mit Holzschsft a 



I dem PfaUbati Schafis. 



andern Teile des Pfahlbaues. Die Nefritoide sollen auch zum grössten 
Teil von dem kleineren Steinberge herstammen. 



Fig. 53 und 54, 

Steinbeil« in HornfassuDg und HolzschaO ans Schafis. 

Viele Steinbeile aus dem Pfahlbau Schafis stecken noch in 

ihren Fassungen, sei es, dass sie direkt in den Holzschaft eingesetzt 

oder zuerst in Hirschhornfassungen befestigt wurden (Fig. 50 — 54). 

Hölzerne Stiele" fiir Äxte, Fassungen fiir Meissel und Schläge! 

sind mehrfach gefijnden worden. Manche Feuersteinsägen zeigen. 



zed.yGOOgle 



I [ 8 Zweites Kapitel. 

dass sie mit Asphalt in Holz-Handhaben befestigt worden sind 
(Fig- SS). 

Aus Holz bestehen femer schalenartige Gefässe (Fig. 56), aus 
Rinde dagegen einige Gehänge, die vielleicht als Schmuck ver- 
wendet wurden. 

Knochen und Hörn konnten zu verschiedenen Dingen benutzt 
werden. Man fand knöcherne Pfeilspitzen, welche mit Schnüren am 
Holzschaft befestigt waren, Ahlen und Pfriemen, Dolche, Meissel und 



^*!SS^SS^I^^^^Ipp5vf^ 



Feuei^teinlttge, mit Asphalt 



Fig- SS- 
1 die Holzfassung eiagekittct, a 



I dem Pfahlbaa Sclufis. 



Hämmer aus demselben Material. Rippen dienten, zusammengebunden 
oder durch Asphalt miteinander verkittet, als Hecheln. Aus Knochen 
oder Hom bestanden ferner Haken, Angeln und Harpunen. Selbst 




Fig. 56- 


Fig. 57. 


Fig. 58. 


Holzschale aus dem Pfnhlbau 


Hirsch höinbechet 


Thoobecher aus dem 


Chavonaes (Schafts). 


aus dem Pfahlbau 
Schaiis. 


Pfahlbau Schafis. 



Gefässe aus Hirschhorn, besonders Schalen und Becher, kamen zum 
Vorschein (Fig. 57). 

Die Pfahlbauer von Schafis besassen auch mancherlei Schmuck. 
Man fand viele durchlochte Bärenzähne, Perlen und Amulete aus 
Hirschhorn, knöcherne Nadeln u. s. w. 

Die Thongefässe und Scherben zeigen eine sehr primitive 
Technik. Die Wände sind fingersdick, der Thon ist mit vielen 
Steinchen untermischt, schlecht gebrannt, bröckelig. Die Gefässe 
besitzen meist eine cylindrische, eine Becherform (Fig. 58). 



zed.yGOOgle 



Die «eolithiiche oder jüngere Steiauit. I Iq 

Was die Textilien angeht, so ^d man in Chavannes neben 
Spinnwirteln aus Thon und H0I2, Hechein aus zusammengebundenen 
Rippen und dergl Fadenknäuet, Schnüre, eine Quaste und sorgsam 
au^efuhrte Gewebe. 

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die Tier- und 
Pflanzenwelt von Schafis, so finden wir nur wohlbekannte Arten, 
weder ein au^estorbenes Tier, noch eine verschwundene Pflanze. 
Wohl aber haben sich einige Formen andere Sfandplätee aufgesucht: 
sie sind ausgewandert. 

Von Pflanzen wurden in unserm Pfahlbau konstatiert: die Weiss- 
tanne, deren Stammholz zu Pfählen und Balken, deren Äste und 
Zweige als Streu benutzt worden sein mögen; die Birke, Eiche, der 
Apfelbaum und der Hollunder, dessen Beeren vielleicht als Nahrung 
dienten. Der Attich (Sambucus ebulus), mag zum Blaufärben gedient 
haben; Brombeeren und Himbeeren verwendete man als Speise. 
Nicht selten war die Gespinstpflanze der Pfahlbauer, der Flachs, welcher 
kultiviert wurde. Binsen und Schilf sind zur Bedachung, Moose zur 
Herrichtung der Lagerstellen benutzt worden. Daneben erscheinen 
noch Adierfam und Wasserhahnenhiss. 

Was die Tierwelt angeht, so bilden die Wildtiere eine stattliche 
Reihe. Wir erwähnen nach den Bestimmungen Studer's den Stein- 
marder, Wolf, Fuchs (?), Gerase (?), Reh, Hirsch, Elen, Braunbär, 
Dachs, Biber, Eichhorn (7) und Wildschwein. Die Haustiere bestanden 
in Torfhund, Torfrind, Torfschwein, Ziege und Schaf. 

Auch vom Menschen selbst sind im Pfahlbau Schahs Skelet- 
teile zum Vorschein gekommen. Ein brachycephaler Schädel ge- 
hörte einem jungen Mädchen an. In der Kuiturschicht fand man 
ferner ein mesocephales Schädeldach, das bearbeitet (und als Trink- 
becher benutzt?) worden zu sein scheint Was würde dieses Kra- 
nium altes erzählen können, wenn es seine Erlebnisse mitzuteilen 
imstande wäre! 

2. Moosseedorf bei Miindunbuchsee. Zwei Stunden nördlich 
von Bern legt der kleine See von Moosseedorf, der von der Ur- 
tenen durchflössen wird. Im Jahr 1856 wurde der Bach kanalisiert 
und das Seegelände entsumpfr. Der Wasserspiegel sank etwa 
8 Fuss (2,4 m). Da fand man am ostlichen Ende des Sees, da, 
wo die Urtenen demselben entfliesst, einen Pfahlbau, der etwas 
jünger sein mag, als der ältere Teil der Station Chavannes (Schafts , 
Wie jener dem altem, so scheint dieser dem mittlem Teil der neo- 
lithischen Zeit anzugehören. Er wurde hauptsächlich von Dr. Uhl- 
HANN ausgebeutet, dessen Sammlungen nach dem Tode dieses 
gewissenhaften Forschers nach Bem kamen. Während die Aus- 



zed.yGOOgle 



Zweite« Kapitel. 



grabungen stattfanden, entdeckte Uhlmann eine zweite Station am 
westlichen Ende des Sees. 

Das Pfahlwerk am Ostufer des Moosseedorfsees hatte eine 
Länge von ca. 20 m und eine Breite von mindestens i6 m. Das 
Ganze bildete ein Rechteck, in dessen Inneren die Pfähle sehr dicht 
bei einander standen. Unter dem Seeschlamm ^d sich eine 
0,5 — 1,5 m dicke Torfschicht, in welcher die Funde eingebettet 
waren. Nur die Spitzen der 1,5 m langen Pfähle reichten tiefer 
hinab in den ehemaligen Seegrund, den blanc fond. Die Pfähle 
bestanden teils aus ganzen, teils aus gespaltenen Stämmen von 
Eichen, Birken, Eschen, zumeist aber von Tannen. Sie konnten 
mit der Schaufel ohne weiteres abgestochen werden. Gegen das 
alte Ufer hin zeigten sich Reste einer Brücke. Offenbar war die 
Ansiedelung durch Feuer untei^egangen , wie Kohlenmassen, ange- 
brannte Hölzer u. s. w, bewiesen. An manchen Stellen fand man 
Spuren von Lehmverkleidung der Pfahlbauhütten. 

Oberflächlich kamen nur wenige Funde zum Vorschein; die 
meisten Arteiäkte lagen, wie schon bemerkt, im Torf. Zahlreich 
waren Feuersteinstücke. Es hatte in Moosseedorf eine eigentliche 
Feuersteinwerkstätte bestanden. Neben Abfällen und Kernstücken 
(sogen. Nuklei) fand man Messer, Schaber und Sägen, letztere hier 
und da noch in den Holzhandhaben steckend (Vergl. Fig. 55, S. 118). 
Die Pfeilspitzen bestanden nicht immer aus Silex, sondern oft auch 
aus Knochen . und Bergkrystall (vergl. Fig. 46 — 49). Ein Stück ist 
wohl ein Nefrit Pfeil- und Lanzenspitzen scheinen mit Erdpech an 
den Holzstab befestigt worden zu sein. 

Unter den gewöhnlichen Steingeräten befanden sich Beile aus 
Nefrit, Gabbro, Serpentin u. s. w. Einige sind an der Schneide 
auf der einen Breitseite flach, auf der andern gewölbt, also hobel- 
artig. Auch durchbohrte Stücke kamen vor, daneben dicke Stein- 
hämmer, femer Mühlsteine, Wirtel, Schleif- und Poliersteine. Manche 
Beile staken noch in ihren Fassungen aus Hirschhorn oder Holz. 
(Vergl. Fig. 50—54 S. 117.) 

Die Objekte aus Knochen und Hörn bestehen in mehreren 
Dolchen, die aus dem zugespitzten Ulnaknochen hergestellt wurden, 
ferner kamen Harpunen, besonders aber Pfriemen und Ahlen zum 
Vorschein. Zwei Knochennadeln besassen Köpfe aus Asphalt. Auch 
durchbohrte Knochen fanden sich. Ein sehr zierliches Becherchen 
besteht aus Hirschhorn. Aus demselben Material waren auch schön 
polierte und mit Stichomament versehene Gehänge erstellt worden 
(Fig. S9). Durchbohrte Bärenzähne, Eberhauer u.s, w. dienten eben- 
falls als Schmuck. 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jüngere Steiozeil. {21 

Das interessanteste Fundstück ist ein Kamm aus Eibenholz 
(Fig. 60). Aus demselben Material bestehen einige Dolche, Dass 
Holzschäfte fiir Beile vorkamen, wissen wir bereits. Ausserdem 
fanden sich hier, wie in Schaßs, hölzerne Schalen. 



Fiß. 59. Fig. 60. 

HirschhomgeliäDge aus Moos- Eibenholzkanini aus dem Prahlbau Moos- 

seedorf, seedorf. 

Die Töpferei ist entwickelter als an dem eben genannten Orte, 
Zwar trifft man auch unter den Scherben von Moosseedorf solche 
aus grobem, mit Steinchen untennischtem Thon, aber daneben schon 
feinere Arbeit, grössern Wechsel von Formen und Verzierungen. Becher- 
formen sind selten; häufiger erscheinen Schalen und Töpfchen, be- 
sonders aber Schüsseln 
von charakteristischer Ge- 
stalt, Ein Fragment einer 
solchen Schüssel (Fig. 61} 
ist besonders interessant, 
weil es am Bauche einen 
Belag von Asphalt auf- 
weist, auf welchem Birken- 
rinde aufgeklebt wurde, '^' '' 

. ,, , ^ . , Schüssel mit einem Dreieck-Oraarneol aus Birkenrinde. 
die em zierliches Dreieck- ^^^^^^.^ pßj,,ba„ Moosseedorf. 

muster bildet Die Schüs- 
sel war mit durchlochten Buckelchen versehen, wohl zum Durch- 
ziehen einer Tragschnur. Manche Thongefässe von Moosseedorf 
weisen auch Finger-Eindrücke und Tupfen auf; andere sind mit 
erhabenen Leisten versehen. Bei einigen schalenartigen Gefässen 



zed.yGOOgle 



122 Zweites Kapitel. 

ist der Thon sehr gut geschlemmt und besser gebrannt, als bei den 
grössern, groben Schüsseln. 

Interessant ist das Vorkommen von Asphalt, der in vielen Pfahl- 
bauten erscheint und wahrscheinlich aus dem Traversthal (Neuen- 
bürg^ stammt 

In Moosseedorf war das Flechten und Weben auch bekannt 
Ausser dem Flachs (Hanf ist in den Pfahlbauten noch nie gefiinden 
worden) sammelte Uhlmann jedoch noch eine Menge anderer Pflanzen- 
reste: Rot- und Weisstanne, Föhre, Eiche, Buche, Zitterpappel, 
Birke, Haselnuss, Schlehe, Kirschbaum (?), Himbeere und Brombeere. 
Ferner kam verkohltes Getreide zum Vorschein und wurden Wasser- 
nuss, Binsen, Schilf, verschiedene Moose, sowie der Feuerschwamm 
(Polyporus igniarius) konstatiert 

Die Tierreste sind von ROtimevek untersucht worden. Er 
legte der Sammlung aus der Station Moosseedorf ein besonderes 
Gewicht bei. Vom Menschen fend sich der abgelöste Bogen eines 
ersten Rückenwirbels von einem ungefähr vierjährigen Kinde, „ein 
Beweis von nicht geringer Stärke, dass menschliche Leichname mit 
Sorgfalt aus dem Bereich der Pfahlbauten entfernt wurden." 

An Wildtieren konnten konstatiert werden: der Braunbär in 
mindestens drei Exemplaren , Dachs , Haus- und Baummarder, 
Iltis und Fischotter. Der Fuchs ist durch wenigstens sechs Indivi- 
duen vertreten. Der Wildkatze und dem Igel gehörten wenige 
Knochenreste, wogegen der Biber in lo — 12 Exemplaren nachge- 
wiesen werden konnte. Sehr häuhg war der Edelhirsch, seltener 
das Reh. Auch das Elen lebte in der Gegend von Moosseedorf 
und sogar vom Urochs (Bos primigenius Boj.) sind einige Knochen 
gefunden worden. Das Eichhorn, eine Anzahl Vögel, Reptilien, 
worunter die europäische Süss Wasserschildkröte und einige Fische, 
z. B. der Lachs, vervollständigen die Tierliste aus dieser Station. 

An Haustieren fand sich der Hund, das Schwein, welches in 
Moosseedorf sehr häufig gewesen sein muss, wie auch das Rind, 
seltener das Schaf und die Ziege und endlich das Pferd, welches 
indessen nur durch einen einzigen Knochen, der Spuren künstlicher 
Bearbeitung zeigt, repräsentiert ist. 

Die Pfahlbauer haben die Tierknochen sehr soi^ältig benutzt. 
Sämtliche Markknochen sind aufgebrochen, die Schädel zertrümmert 
worden, nur Fusswurzelknochen, Wirbel und dergl. blieben ganz. 
Man ersieht daraus, dass die Nahrungsmittel der Neolithiker immer 
noch spärlich genug gewesen sein müssen, trotzdem bereits einige 
Tiere gezähmt waren und etwas Landbau getrieben wurde. 



zed.yGOOgle 



Die neoUthische oder jünger« Steinzeit, I23 

3. Robenkausfn bei Wetzikon. Für die genaue Kenntnis der 
Pfahlbauten sind die in Torfinooren liegenden Stationen viel wichtiger 
geworden, als diejenigen der offenen Seen. In den letzteren verdirbt 
der Wellenschlag vieles und an den Orten, wo die Ansiedelung 
zeitweise im Trockenen lag, konnte sich von den leichter vergäng- 
lichen Objekten nichts erhalten. Wo dagegen Torftnoore unter den 
Pfahlhütten sich befanden, erhielten sich speziell Tierknochen und 
Sämereien, Geflechte und Gewebe ganz gut Brannte schliesslich 
solch eine Baute nieder, so wuchs der Torf über die in die Tiefe 
gesunkenen Trümmer und hüllte sie ein. Mancherorts liegen zwei 
oder sogar drei solcher Brandschichten übereinander, jede von der 
andern durch eine Torischichte getrennt Ein derartiger Pfahlbau ist 
Robenhausen in der Gemeinde Wetzikon, am Pfäffikersee. 

Im Jahre 1857 wurde ein Nagelfluhriff der Aa, des Abflusses 
des Pfäffikersees, wcj^esprengt, um dem Wasser bessern Ablauf 
zu verschaffen und dasselbe für industrielle Zwecke nutzbar zumachen. 
Sodann wurde das Aabett ausgetieft und gereinigt und bei dieser 
Arbeit stiess man 1858 in dem den See südlich begrenzenden 
Torfmoore auf alte Pfähle. Messiromher kam an die Fundstelle 
und der erste Zug, den er „mit der Baggerschaufel that, forderte 
Scherben ans Tageslicht, ähnlich denjenigen im prähistorischen Grabe 
bei der Spinnerei Schönau" in derselben Gemeinde. 

Die Baggerungen geschahen von Hand und Messikoumer sam- 
melte nun eifrig Steinbeile, Hirschgeweihstücke, Tierknochen, Topf- 
scherben, Sämereien, sogar Pfählbauerbrot Er kaufte das Land, 
in welchem sich der Pfahlbau befand und begann die Ausbeutung 
desselben, die er, so oft es der Wasserstand erlaubte, bis zum heu- 
tigen Tage fortsetzte. Dabei ergab sich, dass der ganze Pfahlbau 
in zwei ca. 15 m voneinander entfernte Stücke zerfiel. 

Zuerst wurde im Anschluss an die Korrektions -Arbeiten der 
Aa hauptsächlich der westliche Teil der Ansiedelung untersucht; er 
erwies sich denn auch als der reichere. Dabei stiess man eines 
Tages auf die ersten Textilprodukte. Doch lassen wir dem Finder 
selbst das Wort! „Es frappierte mich dieser Fund und ich wusste 
ihn mir nicht zu deuten. Ich schickte ihn Dr. Ferdimand Keller 
und er schrieb mir, »ich solle nichts von diesem Funde verkaufen, 
es sei ja Pariser Posamenterarbeit«. Vierzehn Tage nachher fand 
man aber eine Menge Gewebe, Geflechte, Bändchen, Faden, Schnüre, 
Fischeraetze, angefangene Fransen, Reiste (d. h. ungezwimte Flachs- 
fasern) u. s. w., kurz den Beweis einer ausgedehnten Flachsindustrie." 
Diese Textilsachen waren nur ca. 6 cm über dem alten See- 
boden und mindestens 3 m unter der ehemaligen Oberfläche des 



zed.yGOOgle 



124 



s Kapitel. 



Torfmoores zum Vorschein gekommen, gehörten also der ältesten 
Zeit an. 

In den Jahren 1864 und 1865 wurde eine durchgreifende Korrek- 
tion der Aa vorgenommen und dieselbe in einem Kanal mitten 
durch das Pfahl bau gebiet geführt. So konnte dieses auf eine 
Länge von 40 m und eine Breite von 8 m untersucht werden. Bei 
dieser Arbeit zeigten sich drei, in verschiedener Höhe befindliche 
Pfahlreihen und drei dazu gehörige Kulturschichten, jede von der 
andern durch ca. i m Torf geschieden. 



III 


Kultuisehicht. 


Torf, ca. »/, m 


II. 


Kulturschicht 


Torf 


L 


Kulturschichl 



Duixihscbnitt durch einen Teil des prablbauE Robenhausen. 

Es waren also an dieser Stelle drei Pfahlbauten übereinander 
nachgewiesen, Messikommer merkte sich auch die Fundstellen von 
Gerste, Weizen, Mühlsteinen, Schleifsteinen u. s. w, und fand, dass 
sie sich auf die 40 m fiintinal in ziemlich regelmässigen Distanzen 
wiederholten. Es mussten also, so schloss er, in dieser Richtung fünf 
Hütten nebeneinander gestanden haben. 1870 wurde der Raum 
zwischen dem alten und neuen Aabett, ca. 9 a, auf eine Tiefe von 
2^, — 3 ni untersucht, welche Arbeit 1875 und im Winter 1881/82 
fortgesetzt werden konnte. 

Auch der östliche Teil ist untersucht wordenj und es ergab 
sich, dass die ganze Station etwa eine Hektare umfasste. Im östlichen 



Digitized^yGOO^Ie 



Die neolithische oder jüngere Steinzeit, t2C 

Teil li^en nur zwei Ansiedlungen übereinander, und diese entsprechen 
den beiden untern Fundschichten der westlichen Abteilung. Zwei- 
mai ist der Pfahlbau Robenhausen abgebrannt Der dritte Bau war 
kleiner und scheint freiwillig verlassen worden zu sein, da Brand- 
spuren in der dritten Kulturschicht fehlten. 

Was nun die Funde betrifft, so ist zunächst die Masse der 
Tierknochen und der Sämereien sehr interessant. Rötimever hat 
etwa 30 q. Tierreste untersucht und 63 verschiedene Arten konstatiert. 
Dazu gehört eine Tiergestalt, die au^estorben ist: der Urstier 
(Bos primigenius), der in 3 — 4 Exemplaren vorhanden war. Zahl- 
reicher sind die Reste seines Verwandten , des Wisent , der in 
30 Exemplaren auflxat. Beide Rinder lebten schon zur Oiluvial- 
zeit und repräsentieren mit dem Elen und dem Biber in Roben- 
hausen eine im Niedergang begriffene Tierwelt. Als noch heute in 
Mitteleuropa vorkommend, sind Edelhirsch und Reh, Gemse, sodann 
Wildschwein, ferner Wolf, Fuchs, Wildkatze, Igel, Iltis, Fischotter zu 
nennen, die alle zur Steinzeit am Pfäffikersee lebten. Dazu kommen 
zahlreiche Vogelarten: Steinadler, Milan, Star, Amsel, Wildtaube, der 
graue Reiher, Storch, Wasserhuhn, Möve, Singschwan, Schneegans und 
Ente. Auch der Frosch Hess dazumal schon sein Gequak hören, 
und von Fischen sind konstatiert: Flussbarsch, Karpfen, Hasel, 
Rötel, Nase, Trüsche, Hecht und Lachs. 

Unter den Haustieren treffen wir in den Pfahlbauten drei ver- 
schiedene Rinderrassen. In Robenhausen war speziell die Prirai- 
geniusrasse häufig; sie stammt nach Rotiueyer vom Ur ab. Das 
Schwein erscheint in der Form des Torfschweins, dessen Nachkommen 
sich im Bündner Oberland bis auf unsere Tage erhalten haben. 
In derselben Gegend finden sich auch noch die Abkömmlinge des 
neolithischen Torfschafes (Naipserschafe). Dass der Hund den Pfahl- 
bauer begleitete, wissen wir schon aus den Funden von Schafts, wo 
auch Schaf und Ziege vorkamen. Robenhausen hat ausser diesen 
Tieren noch Reste des Pferdes auf uns kommen lassen. 

Vom Menschen sind nur vereinzelte Knochen erhalten geblieben; 
ein ganzes Skelet kam nicht zum Vorschein. Jene Reste mögen 
etwa acht Personen angehört haben. 

Kaum ein anderer Pfahlbau kann sich im Reichtum an Säme- 
reien mit unserer Station messen. Über 50 Pflanzenarten waren in 
Robenhausen bekannt. Massenhaft kamen Reste von Getreide zum 
Vorschein, worunter zwei Sorten Gerste, drei Arten Weizen, Emmer, 
Hirse und Fennich (Fig. 62). Nicht bloss Körner von diesen Ge- 
treidearten sind gefunden worden, sondern auch geröstetes Getreide 
und BroL Offenbar war der Ackerbau recht ergiebig. 



zed.yGOOgle 



1 26 Zweites Kapilel. 

Eine interessante Thatsache ist das Vorkommen des kretischen 
Leinkrautes, Silene cretica, welches Unkraut oflenbar mit dem Ge- 
treide von den Mittelmeerländem zu uns gekommen ist Aus den- 
selben Gegenden stammt auch der Flachs, 

Die Reste des Flachses sind sehr zahlreich und bestehen in 
Wurzel- und Stengelstücken, in Zweigen, Kapseln und Samen. 
Dazu fanden sich die Produkte der Flachsindustrie als Flachsfasern, 
Faden, Schnüre, Stricke, Netze, Geflechte, Gewebe, ja sogar Fransen 



Fig. 62 (nach Heer), 

I. Kleiner Pfahlhauweiieo (Trit. vuig. anliq.). z. und 3. Sechsieilige Gerste (Hor- 

deum hei. densum et «ancturo. 4. Ägyptischer Weiien (Trit. turgidum). 5. Kminer 

(Trit dicoccum). 6, Hine (Panicum miliaceum), 7. Fennich (Setaria italica). 

und Quasten. Wir werden noch Gelegenheit haben, über die 
Weberei der neolithischen Zeit zu sprechen. 

Der Pfahlbauer von Robenhausen, wie derjenige von Schafls 
und Moosseedorf, war also nicht genötigt, sich in Felle zu kleiden, 
sondern er hatte Kleider aus Leinwand und auch von Wolle, 
Diese letztere hat sich im Torf nicht erhalten, aber das Vorhanden- 
sein von Schafen und Ziegen macht es doch wahrscheinlich, dass 
die Wolle in den Seedörfern ebenfalls verwendet wurde. Man hatte 
überdies Farbstoflle, um die Kleider zu färben, Schwarz konnte aus. 



zed.yGOOgle 



Die Denlithigcbe oder jüngere Steinzeit. I27 

Kohle erhalten werden, indem man sie mit Fett zusammenrieb, das 
Rot lieferte der Rötel oder Roteisenstein, den man in Robenhausen 
häufig genug in der Nahe der Texti Isachen fand. Eine gelbe 
Farbe wurde aus der Reseda luteola, dem Wau, gewonnen und 
blau aus Sambucus ebulus, dem Attich. 

Die Bäume des Waldes lieferten dem Pfahlmann das Material 
2u seinen Bauten. Zu Pfählen wurde vor allem Eichenholz ge- 
nommen, aber auch Buche, Erle, Eibe, Tanne, Ahorn u. s, w. sind 
nachgewiesen. Die Früchte mancher Bäume und Sträucher wurden 
gegessen, z. B. Kirschen, Holzäpfel, Haselnüsse u. a. Aus den Buch- 
eckern hat man vielleicht öl gejiresst; auch der Mohn wurde 
angepflanzt Die Eicheln mögen zur Schweinemast verwendet 
worden sein. 

Die Wassemuss (Trapa natans) muss zur Zeit der Pfahlbauer 
in Robenhausen häufig gewesen sein; jetzt ist sie aus der Gegend 
verschwunden. Die Samen-Kontrollstation des Eidgenössischen Poly- 
technikums machte den Versuch, die Wassemuss auf dem Pfahlbau- 
gebiet wieder anzupflanzen. Die Pflanze schien zu gedeihen, brachte 
es aber nicht zur Fruchtbildung. 

Dass die Ptahlbauer Beeren aller Art sammelten und wir des- 
halb in Robenhausen Samen von Erdbeeren, Himbeeren und Brom- 
beeren häufig finden, lässt sich leicht begreifen, aber zu welchem 
Zwecke sie z. B. Vorräte der Melde, Chenopodium album, oder vom 
Labkraut, Galium palustre, anlegten, ist schwer zu sagen. Sind es 
vielleicht Rückstände von Getreide- und Futter -Vorräten oder 
solche vom Dreschen* Der Wasserhahnenfüss muss auch häufig 
gewesen sein, ebenso die Seerose, die noch heute die Tümpel des 
Torftnoores schmückt 

Waflen und Geräte bestehen auch hier wieder aus Stein, Holz, 
Knochen, Hom und Thon. Einige derselben verdienen besondere 
Beachtung. So kommen neben den gewöhnlichen Pfeilspitzen aus 
Feuerstein, wie in Moosseedorf, auch solche aus Bergkrystall und 
Nefrit vor, Messer und Sägen sind aus Silex verfertigt; die letztern 
erscheinen hier und da mit Erdpech in die hölzernen Handhaben 
eingekittet 

Auch hölzerne Messer und Dolche wurden gefunden; sie be- 
stehen aus Eibenholz. Die Steinbeile sind nicht zahlreich; einige 
derselben erwiesen sich als Serpentine, Nefrite u, s. w, Beilhämmer 
aus Serpentin wurden mit Stiellöchem versehen. Mühlsteine und 
Quetscher zum Zerreiben des Kornes kamen mehrfach zum Vorschein, 
ebenso Schleif- und Poliersteine; selten aber sind Schmucksachen 
aus Stein. Ein merkwürdiges Stück aus sogen. Splügenmarmor ist 



zed.yGOOgle 



128 Zweites Kapitel. 

doppelt durchbohrt und wurde wohl als Schmuck getragen. Ein anderes 
Gehänge besteht aus rotem Quarzit. {Vergl. Fig. 91, Seite 148.) 

Unter den Holzobjekten kommen Eibenholzbogen vor, ferner 
Keulen, Messer, Dolche. Ein Etnbaum, der im Pfahlbau-Gebiet entdeckt 
wurde, konnte nicht gehoben werden. Dem Fischfang dienten Schwim- 
mer und hölzerne Quirle, die heute noch in ganz ähnlicher Form in 
der Arve bei Genf gebraucht werden. Unweit des Pfahlbaus Jänd 
sich im Torf von Kobenhausen ein Ruder. Es muss sehr alt sein, 
denn die Pflanzenwurzeln sind vollständig durch das Holz desselben 
hindurchgewachsen. Einige Schalen, Schöpfer und Schüsseln bestanden 
aus Ahornholz, einige Becherchen aus Hirschhorn. 

Hirschhomperlen dienten als Hängeschmuck, sowie auch Zähne 
von Tieren und längliche Hornstücke, welche 
einfach verziert waren. Aus Knochen und Hom 
machte man femer verschiedene Ahlen und 




Fig. 63. 


Fig. 64, 


Fig. 65. 


FUchsfasern aus 


Flflchsfaden aus Roben- 


FlachsscbDilie uod Stricke aus 




bauien. 





Pfriemen, Pfeilspitzen, Schaufeln und Hacken, Der zugespitzte Ulna- 
knochen diente als Dolch, 

Die Töpfer Produkte bestehen aus Schalen und Schüsseln, aus 
Töpfen und Krüglein. Sie sind häufig unverziert. Hier und da er- 
scheint das Schnurornament, das Netz- oder auch das sogen, Stich- 
ornament, Das letztere besteht einfach aus eingestochenen Punkten. 
Dieselben sind bei einigen Stücken regellos über die Fläche zer- 
streut, bei andern um den Halsteil in Bändern, oder in aneinander 
gereihten Dreiecken angeordnet. Um die nach unten schauenden 
Spitzen der Dreiecke sind oft Gerade oder Wellenlinien gezogen, 
die manchmal schnurverziert erscheinen. 

Die Flachsprodukte kommen in Form von gereinigten Fasern, 
Faden, Schnüren, Stricken, Knoten, Netzen, Geflechten (die oft auch 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jUogere Steinzeit. I 20 

aus Bast bestehen) und von Geweben vor (Fig. 63—70). Sogar 
Fransen {Fig. 7 1) und Quasten sind gefunden worden. 

An Metall kam in den Kulturschichten selbst noch nichts 
zum Vorschein, wohl aber im Aushub. Da fand man nämlich ein 
Kupferbeilchen vom Steinbeiltypus und ein Bronzebeil von einfacher 
Form. Indessen waren schon 18 Jahre vor dem ersten Metailfiind 
thöneme Gusslöffel dem Torfgrund des Pfahlbaues Robenhausen ent- 
hoben worden. 



Fig. 66. Fig. 67. Fig. 68. 

WeberknoteD aus Roben- Flachsneti »us Roben- Bastgeflecht aus Roben- 

bansen. btaxD. hausen. 

Diese Station hat also bis zum Bekanntwerden der Metalle ge- 
dauert, aber ihr Beginn fällt in eine viel frühere Zeit Jene Metall- 
objekte scheinen der zweiten Niederlassung zu entstammen. Diese 



Fig. 69. 


Flr. 70. 


Fig. ri. 


rebe aus Roben- 


Köpergewebe aus 


Fransen aus dem Pfahlbau 


hauseo. 


Robenhausen. 





enthielt auch die Gusslöffel, aber tief unter ihr lag eine ältere 
Fundschicht, welche das Ende der ersten Niederlassung, deren Unter- 
gang bezeichnet. Der Pfahlbau hat jedoch noch früher existiert, denn 
es sind auch vereinzelte Objekte im Torf unter der ersten Kultur- 
schicht zum Vorschein gekommen. 

Die drei Fundschichten von Robenhausen weisen charakteristische 
Unterschiede auf. Die unterste, älteste Station ist durch Feuer 
zu Grunde gegangen. Ihre Pfähle sind Rundhölzer; zwischen den- 
selben fand man Steingeräte und Knochen, Thonscherben und Arte- 



zed.yGOOgle 



I 10 Zweites Kapitel. 

fökte aus Holz und Hora. Interessant ist das Vorkommen von Saus- 
suritbeilen in dieser Schicht. Hier kamen auch die Produkte entwickelter 
Flachsindustrie zum Vorschein, die erwähnt worden sind: Faden, 
Schnüre, Geflechte, Gewebe, Quasten und Fransen. 

Die zweite Ansiedelung über dem Torfmoor Kobenhausen hat 
uns ihre wichtigsten Gegenstände ebenfalls in einer Brandschicht 
hinterlassen, welche aber von der unteren Fundstelle durch eine 
ca. I m dicke Torfmasse getrennt ist. Oflenbar wurde die erste 
Ansiedelung nach dem Brande wieder aufgebaut, bestand lange 
Zeit, und unterdessen wuchs der Torf über die Brandmasse 
der früheren Station. Endlich ging auch der zweite Pfahlbau 
in Flammen auf, und wieder lagerte sich ein guter Teil des 
Inventars der Ansiedelui^ im weichen Torigrunde. Das ist die 
zweite Kulturschicht, Sie enthielt 
ebenfalls Geflechte, Gewebe,Scher- 
ben und ganze Töpfe, Stein-, Holz- 
und Knochen gerate, Getreide und 
Früchte, auch Reste von Rindern, 
Schafen und Ziegen. Es fanden 
sich hier durchbohrte Steinbeile 
und Hämmer, die in der unter- 
sten Schicht fehlen; Pfeilspitzen 
aus Bergkrystall wurden gefun- 
den, Langbogen ausEibenholz und 

„. . Schüsseln aus Ahornholz kamen 

Flg. 72. 
Gusslöffel aus dem Pfahlbau Robenhausen. ^UO» Vorschein. Daneben aber fand 
man auch eigentumliche, oft mit 
Handhaben versehene Schalen oder Löffel, die in starkem Feuer ge- 
legen hatten. Ihr Material ist Thon, welchem zerhacktes Stroh 
u. dergl. beigemischt wurde. Am Rande scheinen sie manchmal mit 
einer Art Glasur überzogen zu sein. Bei drei Stücken fanden sich 
Klümpchen von geschmolzener Bronze, bei einem andern Reste von 
reinem Kupfer. Diese Schalen waren die schon erwähnten Guss- 
löfTel; sie zeigen, dass zur Zeit der zweiten Niederlassung in Roben- 
hausen Metall bekannt war. {Fig. 72). Aus dem Schutt der 
zweiten Ansiedlung stammt vielleicht auch das obenerwähnte 
Kupferbeilchen , während das Bronzebeil über derselben gefunden 
wurde. 

Im westlichen Teil der Pfahlbaute lagen drei Kulturschichten 
übereinander. Zwischen der zweiten und dritten liegt abermals nahezu 
I m Torf. Die dritte Station war auf Pfählen errichtet, die zu- 
meist gespaltene Baumstämme darstellten. Sie ist nicht, wie die 



zed.yGOOgle 



A A 



Die neoliUiische oder jQngcre SlciDieil. I 3 i 

beiden älteren Siedelungen, durch Feuer untei^egangen, sondern, wie 
es scheint, freiwillig verlassen worden. In der obersten Kulturschicht 
land man keine Geflechte und Gewebe; die Steinbeile waren zahl- 
reich, aber klein. Nicht selten kamen Nefrite und Jadeite vor; so 
wurde auch die erwähnte Nefritpfeibpitze in dieser Schicht ent- 
deckt 

4. Der Pfahlbau Vinelz im Bielersee. Infolge der Juragewässer- 
Korrektion war der Spiegel des Bielersees beträchtlich gesunken. 
Etwas nördlich vom Dorfe Vinelz hatte sich hinter dem Strande 
Wasser angesammelt, welchem Abfluss verschafll werden sollte. Zu 
diesem Zwecke wurde ein tiefer Graben gezogen. Dabei stiess 
man im Strandboden schon in 30 — 40 cm Tiefe auf eine Menge 
von Pfählen und 60 — 80 cm tief befand sich eine schwarzbraune 
Morastschicht, in welcher Knochenreste, verfaultes Holz, Thon- 
scherben, Hörn- und Knochenartefakte, 
Feuersteine und Steinbeile in grosser Menge 
vorkamen. Man hatte einen Pfahlbau der 
Steinzeit entdeckt. An den Ausgrabungen 
beteiligte sich besonders Dr. E. von Fellin- Fig. 73. Fig. 74, 

BERG. Dabei traten wesentlich neue Er- Silei-Pfeilspiuen biis dem 
scheinungen zu Tage. Man fand über ^'^'^'' ^'"^''■ 

100 Kupferobjekte und der Pfahlbau Vinelz entpuppte sich als die 
reichste „Kupferstation" der Schweiz. 

Die Mehrzahl der Funde von Vinelz stimmt mit denjenigen 
überein, die wir aus den Steinzeit-Pfahlbauten bereits kennen, aber 
im Detail kann man doch manches flnden, was andernorts selten ist 
oder ganz fehlt. 

Unter den Waffen erscheinen Pfeilspitzen aus Feuerstein in den 
verschiedensten Varianten von der Dreiecksform bis zu den Spitzen 
mit Stiel und Widerhaken. Bei den letzteren finden sich Exemplare 
mit gerade abgeschnittenen Flügeln, wie man sie sonst im Norden 
anzutreffen gewohnt ist (Fig. 73 und 74). Manche Feuersteinlanzen 
imponieren durch ihre Grösse; das Material, aus dem sie bestehen, 
ist fremden Ursprungs. Ein sihr wertvolles Stück ist der in 
Fig. 75 abgebildete Feuersteindolch, der noch in semer originalen 
Holzfassung steckt und mit Bändern an derselben befestigt ist. 
Neben diesem Dolch kamen auch Waffen aus Kupfer vor. Es sind 
dreieckige Klingen, die mittels Nietnägeln mit dem wahrscheinlich 
hölzernen Griff verbunden waren (Fig. 76). 

Zahlreich sind Steinbeile (Fig. 77) und Steinmeissel, bei denen 
zwar die Nefritoide zurücktreten. Durchbohrte Steine und Bohr- 
zapfen kamen nicht selten vor. Häufig waren auch die Hirsch- 



zed.yGOOgle 



132 



Zweit» Kapit«1. 



horn- und Holzfassungen. Unter den erstem traten gabelige Stücke 
auJ, die in der Ostschweiz fehlen, am Neuenburger See aber sehr 
häufig sind. Das Loch in der Fassung ist manchmal viereckig 
und man sieht, dass es mit 
Meissein ausgestemmt wurde. 
In andern Fällen ist es rund, 
gebohrt. 

Einige Meissel bestanden 
ausKupfer; darunter erscheinen 

Breit- und Schmalmeissel 
(Fig. 78). Zahlreicher sind 
kupferne Ahlen, deren eine 
noch in einer Fassung steckt, 
die aus einem Stück Knochen, 
wahrscheinlich einer Tibia, ver- 
fertigt wurde. 

Die Beile sind Waffen und 

Werkzeuge zugleich, ebenso 

; Kupfer besteht. Unter den 



Sileidolch mit Fassang 
sus Viaetz. 



Fig. 76. 

Kupferdolch «us 

Vineli. 



die Messer, von denen eines 
eigentlichen Geräten sei noch eine interessante Sage erwähnt. Sie 
wird von einem Stück Holz gebildet, in welches Feuersteine 1 
gesetzt worden waren. 



Fig. 77. 


Fig. 78. 




Kupfermeissel 


Vineli. 


Vineli. 



Die Küchengeräte treten uns in Form von Holz- und Thon- 
gefässen entgegen (Fig. 79). Die Hoizgefasse haben Schalenform, 
wie diejenigen von Robenhausen und Moosseedorf, Bei den Thon- 
gefässen begegnen uns ausser Schalen noch Becher und Töpfe, 
ja sogar eine Form, die sich derjenigen des Kruges nähert. 
Manche Töpfe haben Buckeln mit und ohne Ösen oder kleine Henkel. 

Was die Verzierungen angeht, so ist das Stichomament, 
das wir in den oberen Schichten von Robenhausen kennen ge- 



zed.yGOOgle 



Die Deolithische oder jüngere Stein; 



"33 



lernt haben, in Vinelz sehr häufig und ebenso das Schnuroma- 
ment. Das letztere wurde zur Einfassung der Stichmuster benutzt^ 
oder aber es zog sich parallel dem Rande des 
Topfes herum (Fig. 79). Wahrscheinlich ist es 
von technischen Motiven herzuleiten. Man hat 
wohl ursprünglich die Töpfe häufig genug an 
Schnüren getragen. Diese letzteren wurden über- 
flüssig, blieben aber als Ornament erhalten. Im 
übrigen kommen auf den verzierten Scherben von 
Vinelz Leisten, Finger- und Fingernagel-Eindrücke 
häuüg vor. Die Stichmuster bestehen in Drei- 
ecken, Rauten, Bändern und Halbkreisen, deren 
Inneres durch einge- 
stochene Punkte ge- 
schmückt ist. 

Der Pfahlbau Vinelz 
hat auch Schnüre, Netze, 
Geflechte und Gewebe 
geliefert. An einer Stelle 
fand sich ein ganzes Netz 
und an demselben die 
zu beiden Seiten ein- 
gekerbten, flachen Stein- 
plättchen, die als Netz- 
senker dienten und in altsteinzeitlichen Pfahlbauten der Schweiz 
noch nie gefunden wurden. Kleine Hoizschiffchen werden als Spiel- 
zeug betrachtet. 




Fig. 79. 

Verziertes Tbongeßlss i 

Vineh. 



Fig. 80. 

Nadel mit Öse und 
Knopf, gef. in Vincli, 



trlT 



F[g. 81—84. Fig. 85. 

Knochen- and Hoinnadeln sua dem Pfahlbau Vinelz. HirschhornluiCpfe aus Vinelz. 

Zu den Schmucksachen gehören eigentümliche Knochennadeln 
mit Ösen (Fig. 80) und andere, die oben mit runden Querbalken 
oder schaufei artigen Enden versehen sind und in reinen Stein- 
zeit-Stationen nie gefunden werden (Fig. 81 — 84). Kupferspiralen 
mögen als Halsschmuck getragen worden sein. Sodann kommen 



orgitized^yGOOgle 



I 34 Zweites Kapitel. 

Gehänge und Knöpfe aus Hirschhorn vor {Fig. 85). Manche Ge- 
hänge bestehen in durchlochten Steinchen, in Versteinerungen, Hirsch- 
homstiicken, durchbohrten Eberzahn -Lamellen oder Bärenzähnen, 
besonders aber in Kupferobjekten. Da sind zunächst dreieckige 
oder trapezoide Hängebleche aus Kupfer (Fig. 86), die um den 
Hals gehängt worden sein mögen. Dem Pfahlbau Vinelz entstammt 
ft aber auch ein Collier von 45 doppelt- 

n\ konischen Kupferperlen, (Fig. 87), die 

te\ (^jk ^^^ einem kleinen Räume beisammen 

6Ui^ ^^^ lagen. Einen ähnlichen Perlen- 

Fig. 86. Fig. 87. schmuck lieferte die Station Gerol- 

KuprergehiDgeaus Kupfeiperle ans fingen, die ebenfalls im Bielerscc ge- 
Vinalz. VineU. j^^^^ -^^ 

Woher hatten die Pfahlbauer ihr Kupfer? In der Schweiz giebt 
es in einigen Thälem des Wallis und Graubünden's etwas Kupfer, 
aber bis jetzt deutet nichts darauf hin, dass diese geringfügigen 
Vorkommnisse schon den Ffehlbauem bekannt gewesen seien. Auch 
das Kupfererz der Mürtschenalp, das noch im XV. Jahrhundert aus- 
gebeutet wurde, ist in prähistorischer Zeit wohl kaum benutzt 
worden. In den Kupferstationen hat man noch nie Rohkupfer, 
Kupferkuchen u. s. w, entdeckt, und doch muss es dort auch 
gegossen worden sein, wie die Gusslöffel beweisen, die nur in 
Kupferstationen gefunden wurden, nie in_ solchen der Bronzezeit, 
wo doch Gussformen, Gusstiegel und Gussklumpen zum Vorschein 
kamen, die ihrerseits in den Ansiedelungen der Kupferzeit fehlen. 
Was die Bronzezeit angeht, so ist es schon hinsichtlich der Quan- 
tität unmöglich, dass die Pfahlbauer ihr Kupfer aus den heutigen 
Schweizeralpen bezogen haben. Woher also das Kupfer? 

Wenn wir bei Besprechung der Fauna und Flora der Pfahl- 
bauten häufig Anlass hatten, auf die Mitte Imeerl ander als Herde 
uralter Kulturen hinzudeuten, so ist es interessant, auch in Bezug 
auf den Handel mit Kupfer wieder Spuren zu finden, die nach diesen 
Ländern weisen. Abgesehen davon, dass man in Ägypten auf den 
Inschriften als Zeichen des Kupfers einen Schmelztiegel gefunden, 
der den Gusslöffeln von Robenhausen, St Blaise u. s. w. sehr ähn- 
lich ist, wurde in der Thielle ein Kupferdolch entdeckt, der eine 
jener scharf ausgeprägten Formen besitzt, die man als cyprische 
bezeichnet. Ausser Cypern dürften aber auch Spanien und be- 
sonders Ungarn in Betracht kommen, auf welch letzteres Land einige 
alte Fundstücke der Schweiz als ihre Heimat hinweisen, 

Vinelz ist aber nicht etwa die einzige Kupferstation der Schweiz, 
sondern im Bielersee gehören dazu noch Sutz, eine der Stationen 



zed.yGOOgle 



Die Deolithiiche oder jOngere Steinzeit. i 3 e 

bei Lattrigen, Gerolfingen und die östlichste der Pfahlbauten von 
Lüscheiz, im Neuenburger See St, Blaise, eine der Stationen bei 
Estavayer u, a. m. 

Verhältnismässig häufig sind in Vinelz menschliche Knochen, 
speziell Schädel zum Vorschein gekommen. Ein Schädeldach ist 
nach Studer und Bannwarth brachycephal; ein jugendlicher Schädel 
wird als mesocephal bezeichnet, die anderen Schädel sind dolicho- 
cephal. Der eine derselben gehörte einem Manne mit niedriger Stirn, 
der zweite einem erwachsenen Menschen, dessen Geschlecht sich 
nach den vorhandenen Resten nicht bestimmen lasst, der dritte 
endlich einem jungen, starken Manne, 



Aus dem Studium der bisher besprochenen Piahlbauten ei^eben 
sich drei Phasen der jüngeren oder neolithischen Steinzeit. Die 
älteste Phase wird durch die Station Chavannes bei Neuyeville reprä- 
sentiert, eine zweite, mittlere, durch den Pfahlbau Moosseedorf bei 
Münchenbuchsee und die dritte durch die Kupferstation Vinelz, In 
Meilen haben wir eine Ansiedelung kennen gelernt, die durch alle 
drei Perioden dauerte; in Robenhausen muss die unterste Kultur- 
schicht der zweiten Periode zugezählt werden, während die beiden 
oberen KulturschitJiten uns Abschnitte der dritten Epoche vor Augen 
fuhren. Dr, V, Gross hat in seinem inhaltreichen Werke: „Les Proto- 
helvites" diese drei Abschnitte der neolithischen Steinzeit ebenfalls 
hervoi^ehoben, Sie sind etwa folgendermassen zu charakterisieren; 
I. Älteste neolithische Periode: Die Steinbeile sind klein und 
bestehen aus einheimischem Material. Beilhämmer, sowie Knochen- 
und Homobjekte sind schlecht gearbeitet. Von Verzierungen hat 
man bis jetzt weder auf Waffen und Werkzeugen, noch auf den 
rohen Töpferprodukten Spuren gefunden. Gewebe und Geflechte 
kommen vor. Die Bevölkerung der Schweiz scheint damals noch 
spärlich gewesen zu sein. Die Wildtiere überragen die Haustiere an 
Zahl und Bedeutung. 

- II, Mittlere neolithische Periode: Die Waffen und Werkzeuge sind 
vollkommener, die Steinbeile fein poliert und oft durchbohrt. Neben 
gewöhnlichem Material erscheinen die Nefritoide in Menge. DieTöpferei 
weist feineren Thon auf; es erscheinen Buckel mit Ösen und einfache 
Ornamente, Die brachycephale Bevölkerung ist ziemlich zahlreich. 
Haus- und Jagdtiere halten sich das Gleichgewicht. Die erstem bestehen 
nach Studer aus einem Spitzhunde, dem Torfschwein, der Ziege, 
dem Schaf und zwei Rinderrassen. Das Torfrind ist häufiger als die 
Primigenius-Rasse, die durch Zähmung aus dem Urstier entstanden ist. 



zed.yGOOgle 



Zweites Kapitel. 

III. Kupferzeit: Die Beilhämmer sind oft prachtvoll gearbeitet, 
Hom- und Knochengeräte zweckmassig geformt. Die Nefritoide 
treten zurück. Die Töpferei weist geschmackvolle Formen auf; das 
Schnurornament erscheint. Manche Geräte, Waffen und Schmuck- 
gegenstände bestehen aus Metall, d. h, aus Kupfer. Die Kupfer- 
beile sind flach und haben die Form der Steinäxte. Die Haustiere 
zeigen eine höhere Entwickelung gegen früher und überwiegen gegen- 
über den Jagdtieren. Besonders häufig ist das Rind. Es tritt eine 
neue Form des zahmen Schafes auf Unter den menschlichen 
Resten sind neben brachycephalen auch mehrere dolichocephale 
Schädel nachgewiesen worden. 



C. Neolltbische Landansiedelungren. 

In der jüngeren Steinzeit waren in der Schweiz nicht bloss die 
Seeufer bewohnt, sondern auch auf dem Lande wurden mehrfach 
Reste von Ansiedelungen aufgedeckt Dieselben sind verschiedener Art : 

I. Höhlen und primitive Bauten. Die von der Natur dar- 
gebotenen Nischen, Spalten und Hallen im Kalkgestein des Jura 
wurden auch in neoüthischer Zeit bewohnt Wie wir bei den Pfahl- 
bauten gesehen haben, dass sie weder einer bestimmten Zeit, noch 
einer bestimmten Gegend eigentümlich sind, sondern in allen Perioden 
und in allen Erdteilen nachgewiesen werden können, so ist es mit 
den Höhlen. Auch sie sind zu allen Zeiten benutzt worden. 

Neolithische Reste in Höhlen der Schweiz fanden sich z. B. in 
der sogen, grauen Kulturschicht des Schweizersbildes bei Schaff- 
hausen, in einer kleinen Höhle bei Neuhausen am Rheinfall, in den 
Felsen von Mettemberg im Bemer Jura, in der Grotte von Troisrods 
unfern Boudry (Neuchätel), in einer Höhle oberhalb des Dorfes 
Baulmes im Kt. Waadt u. a. O. An all diesen Stellen kamen Knochen 
von Haustieren vor, geschliffene Steinwerkzeuge, besonders aber 
Scherben von Töpfen, Beweise, dass sie nicht der paläotithischen, 
sondern der neoHthischen oder jüngeren Steinzeit zugerechnet werden 



Höhlen finden sich nur in felsigen Landstrichen; der Neolithiker 
aber lebte mit seinen Herden in den ebeneren Gegenden. Da 
mögen ihm bei Ui^ewitter hohle Bäume Schutz geboten haben, 
oder er suchte das Dickicht auf. Gewiss ist in ihm der Gedanke auf- 
gestiegen, die Höhlen künstlich nachzubilden, einen primitiven Bau 
aus Steinen zu errichten, wie es unsere Hirten jetzt noch etwa thun. 
Dieser Steinbau ist im Laufe der Jahrtausende zu hoher Vollendung 



zed.yGOOgle 



Die □«olilhische oder jüngere Steinzeit. 137 

gelangt Wenn wir die steineren Paläste unserer Städte betrachten 
und die Entwickelungsreihe dieser Bauten rückwärts verfolgen, so 
kommen wir schliesslich zum ersten Steinbau, der Nachbildung der 
noch älteren Höhlenwohnung. 

Eine künstliche Höhle der neolithischen Epoche ist bei Ober- 
Erlisbach unweit Aarau nachgewiesen worden. Da fand man in 
der Erde am Bergabhang die Reste eines primitiven Steinbaues, 
einer Hütte aus Steinen. An den schmalen Eingang schloss sich 
ein ovaler Raum, der sehr klein war, aber doch einigen Menschen 
Obdach gewährt haben mochte. Die Wände waren aus losen 
Steinen aufgebaut. Der Boden enthielt viele Asche und in der- 
selben Reste von Töpferwaren, sowie zwei bearbeitete Jaspisstücke. 
Ein Beilchen aus Rogenstein fand sich ganz in der Nähe. Ähnliche 
Bauten, wie die Steinhütte von Ober-Erlisbach, mögen auch die 
sogen. „Heidenhüttchen" in den Kantonen Glarus, Schwyz und Unter- 
waiden dargestellt haben. 

Ein anderes Prinzip, als in den Steinbauten tritt uns in der 
Holzarchitektur entgegen. Der Batta auf Sumatra haust noch 
jetzt etwa auf Bäumen, die ihm natürliche Schutzdächer darbieten. 
Der Australneger baut Windschirme zum Schutze des Feuers. 
Tacitus sagt in der ,, Germania": „Der Fenne ist ausserordentlich 
wild und entsetzlich arm; er hat nicht Waffen, noch Ross, noch 
Wohnung. Seine Nahrung ist das Kraut auf dem Felde, seine 
Kleidung ein Tierfell, sein Lager die Erde . . . Die kleinen Kinder 
haben vor Tieren und Unwetter keine andere Zuflucht als ein Ge- 
flecht aus Baumzweigen) da kehrt auch der Mann ein und birgt sich 
der Greis." Ein ähnlich primitiver Bau ist das Zelt des Nomaden. 

Manche afrikanische Stamme, z, B. die Somali, sind über diese 
Stufe hinausgeschritten. Sie schneiden starke Zweige ab, die sie 
kreisförmig in den Boden pflanzen und oben verbinden. Auf diese 
Ruten werden Felle oder Reisighaufen gelegt und die Kegelhütte 
ist fertig. Nach Strabo waren die Häuser der Beigen mit hohen, 
kuppelförmigen Dächern versehen und bekanntlich sind auch die 
Barbarenhäuser auf der Trajanssäule, sowie auf derjenigen Marc 
Aurel's von runder Form. Rundbauten waren femer die Kuppel- 
gräber des goldreichen Mykene in Griechenland, die wohl, ähnlich 
den Gan^räbern Skandinavien's, Typen älterer Wohnstätten konser- 
viert haben. In der Form des Grabes wurden die Bilder der urzeit- 
lichen Hütten den späteren Epochen übermittelt. 

In den schweizerischen Pfahlbauten war der Grund riss der 
Hütten, der z. B. im Wauwilermoos (Kt. Luzern) und in Niederwil 
bei Frauenfeld mit Sicherheit erkannt werden konnte (noch besser 



zed.yGOOgle 



Ijg Zweites Kapitel. 

freilich in Schussenried, wo der Unterbau der Hütten selbst erhalten 
war}, viereckig. Dieser rechteckige Grundriss fuhrt zu geraden 
Gassen, der Kegelstil der Hütten zu mehr zerstreuter Ansiedelung, 
zum Einzelwohnen. 

Wie die Höhlen der Ausgangspunkt waren für den Steinbau, 
so haben wir im Zelt des Nomaden, in der lehmverkleideten Hütte 
des Pfahlbauers die primitiven Formen der Holzarchitektur. 

2. Wo/mgruben und FcuerstelUn. Tacitus sagt: „Dass die 
germanischen Volker keine Städte bewohnen, ja, dass sie nicht 
einmal zusammenhangende Wohnsitze lieben, ist allbekannt. Ein- 
sam und abgesondert siedeln sie sich an, wo gerade ein Quell, 
eine Au, ein Gehölz einladet . . . Jeder umgiebt sein Haus 
rings mit einem freien Platz, entweder zum Schutz gegen Feuers- 
gefahr, oder vielleicht, weil sie es überhaupt nicht besser ver- 
stehen. Sogar Mauersteine und Ziegel sind ihnen unbekannt; 
' alles wird rohes Gebälk ohne Bedacht auf Schönheit und Anmut . . . 
Auch unterirdische Höhlen graben sie aus, die sie oben mit einer 
starken Dungschicht beschweren, als sichere Wohnung im Winter 
und zum Bergungsort für Feidfrüchte." 

Ähnliche Bauten beschreibt Vitruv aus Westasien: „Die Phrygier 
hingegen, welche in Ebenen wohnen, wo an Wäldern Mangel ist, 
wählen natürliche Hügel, höhlen diese im Mittel aus, graben Ein- 
gänge hinein und geben dem inneren Räume so viel Ausdehnung, 
als es immer die Beschaffenheit des Ortes zulässt. Oben darüber 
errichten sie aus verbundenen Pfählen eine Kegelsäule, welche sie 
mit Stroh oder Schilf decken und mit Erde überhäufen. Bei dieser 
Einrichtung ihrer Häuser wohnen sie im Winter sehr warm, im 
Sommer angenehm kühl." 

Man hat solche halb oder fast ganz unter der Erde liegenden 
Wohnsitze in vielen Ländern Europa's nachgewiesen und manche 
derselben reichen bis in die neolithische Zeit zurück. Ihre Reste 
bestehen oft in grossen Trichtergruben (Mardellen), in deren Grunde 
eine Menge von Asche und Kohle in Erde liegt. Diese Kultur- 
schicht enthält dann Tierknochen , Thonscherben , Steingeräte, 
Herde u. s. w. In der Nähe des Stamberger Sees hat Verfasser eine 
solche Mardelle gesehen von ca. 3 m Tiefe und einem obern Durch- 
messer von 10 — 15 m. Dieses Loch war einst vom Oberbau der 
Wohnung überdeckt. 

Oft sind die Spuren der neolithischen Ansiedelungen auf dem 
Lande so verwischt, dass man sie kaum mehr erkennt; dann müssen 
die Feuer- und Herdstellen als Leitsterne (lir steinzeitliche Wohn- 
plätze dienen. 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jüngere Steinzeil. I^g 

Was nun die schweizerischen Fundorte der beschriebenen Art 
betrifft, so haften an ihnen, wie anderwärts auch, viele Sagen. Die 
Mardellen von Les Planches bei Sergey (Waadt) sollen vom Teufel 
ausgehöhlt worden sein; diejenigen von Gals (Bern) befinden sich 
in der Nähe des Heidensteins, neben welchem 1848 ein „Opferptatz" 
konstatiert worden sein soll und in der Trichtei^rube von Pohlem 
im Berner Oberland hütet eine Fee ihren Schatz. 

In Guntalingen, einem Dörfchen in der Gemeinde Waltalingen 
{Kt. Zürich), fand man an einem Abhang in 3 — 4 m Tiefe unter der 
Erdoberfläche eine Lage humoser Erde, welche Holzbalken, Scherben 
und auch Herdplätze enthielt Die letztem bestanden in zurecht 
gelegten Feldsteinen und bei denselben lag Asche und Kohle. Die 
Scherben stammten von Gefässen, die nicht auf der Töpferscheibe 
verfertigt worden waren. Der Thon war schlecht geschlemmt und 
wenig gebrannt. Unter den Verzierungen befanden sich Finger- 
eindrücke, daneben kamen Buckeln vor. Offenbar hatte man es mit 
neolithischen Objekten zu thun. 

Eine ähnliche Ansiedelung wurde am Rand der Hochterrasse 
von Unter-Siggenthal konstatiert, oberhalb des Dörfchens Ober 
Siggingen, unweit des Zusammenflusses von Aare, Reuss und Limmat. 
Wer von dem genannten Dorfe gegen das sogen. Moos hinaufgeht, 
erreicht die Fundstelle einige Schritte, bevor er die Hochterrasse 
betritt. 

Auf der rechten Seite des Weges, der weiter unten in Molasse 
eingeschnitten ist, fand man 50 — 80 cm unter der Erdoberfläche 
eine 10 — 40 cm dicke, schwärzliche Erdschicht, die sich ca. 25 m 
weit erstreckte. In derselben kamen Herdplätze, Kohlen, Knochen, 
Steingeräte und Thonscherben zum Vorschein, Aus Feuerstein und 
Jaspis bestanden Messer, Schaber und Spitzen; aus anderem harten 
Gestein z. B. ein scharf zu geschliffenes Beilchen. Die Knochen 
stammten von Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Pferd. Dazu kamen 
ein durchbohrter Bärenzahn und zwei Hirschspiesse, nach Rütimeyer 
wohl vom Damhirsch. Sehr hübsch ist ein aus der Ulna eines 
Rindes angefertigter Dolch. 

Zahlreich waren die Scherben. Zu unterst in der Fundschicht 
wurde nur grobes Geschirr mit ca. i cm dicken Wänden gefunden. 
Es zeigte eine schwarze Farbe; der Thon war mit weissen Quarz- 
kömem durchsetzt Manchmal erschienen auch Buckel oder Henkel. 
In den höheren Lagen kamen feinere Scherben zum Vorschein. 
Die Verzierungen bestanden in Farallellinien und Fingernagel-Ein- 
drücken, in eingestochenen Punkten innerhalb rautenähnlicher Vier- 
ecke, in Hohlleisten u. s. w. Die Ansiedelung hat bis in die 



zed.yGOOgle 



jAO Zweites Kapitel. 

Kupferzeit hinein bestanden, wie das Schnurornament , das nicht 
selten war, beweist. 

3. Walliautfn. Die Forschungsreisenden, welche barbarische 
Völkerschaften besuchen, erzählen uns fast immer, dass die Ansiede- 
lungen derselben befestigt seien. , .Dort darf der Nachbar nicht dem 
Nachbarn trauen." Entweder sind die Dörfchen auf fast unzugänglichen 
Höhen erbaut, oder in schwer erreichbaren Sümpfen angelegt, vielleicht 
auch im Waldesdickicht oder in Schluchten verborgen. Aber selbst 
da, wo sie im freien Feld, in der Ebene, sich befinden, sind sie 
durch Palissaden oder durch Wall und Graben beschützt. Manch- 
mal wird der Fremde durch ein eigentliches Labyrinth von Gängen 
geführt, bis er sich im Dorfe befindet, und schwierig müsste eine 
Erstürmung solcher Plätze sein. 



Fig. 88. 

Die „Heidenburg" im Aathal. 

Die Pfahlbauten standen im Wasser und boten etwelchen Schutz 
gegen Überfälle; die Ansiedelungen auf dem festen Lande aber 
wurden in unseren Gegenden gewiss auch irgendwie be\vehrt. So 
ist es denn kein Wunder, wenn wir häufig Wallbauten antreffen, 
die zum Teil bis in die Steinzeit hinunter reichen, sich aber auch 
in allen folgenden Perioden der Urgeschichte nachweisen lassen. 

Im Aathal, zwischen Uster und Wetzikon, befindet sich die 
sogen. ,, Heidenburg", zu der Gemeinde Seegräben (Zürich) gehörend 
Fig. 88). Diese „Burg" ist ein hochgelegener, viereckiger Platz, der 
auf der Seite gegen das Thal in fast lotrechter Nagelfluhböschung und 
auf zwei anderen Seiten steil zu einem Wiesenthälchen abfällt Auf 
der vierten Seite war ursprünglich der Zugang leicht, da der Platz 
der Heidenburg einfach die Fortsetzung der kleinen vor demselben 
gelegenen Ebene ist. Auf dieser Seite musste der Wohnsitz geschützt 
werden. Man erstellte nun zwei Gräben und Jiess zwischen denselben 
einen Wall stehen. Die Erde des äusseren Grabens wurde, wenigstens 
zum Teil, auf diesen Wall geworfen und derselbe dadurch über das 



zed.yGOOgle 



Di« neolithische oder jüngere Steioieil. Ij.t 

vorliegende Terrain erhöht. War der äussere Graben und dieser 
Wall überschritten, so kam man zum zweiten, tieferen Graben, dessen 
Inhalt am inneren Rand desselben, also am Ende des befestigten 
Terrains, zu einem Wall aufgeschichtet worden, der höher war als 
der erste, der Vorwall. 

Rückte ein Feind heran, so war es für ihn ganz unmöglich, vom 
Thal aus einen Angriff zu machen und vom Wiesenthälchen aus 
die steile Böschung zu erstürmen, dürfte, besonders wenn oben etwa 
Palissaden standen und hinter derselben eine Schar tapferer Männer 
den Ansturm wehrte, fiir Krieger ui^eschichtlicher Zeit wenig Aus- 
sicht auf Erfolg gehabt haben. So blieb also nur noch die vierte 
Seite übrig, die aber durch Doppelwall und zwei Gräben geschützt 
war. Dabei konnten die Verteidiger vom zweiten, höheren Wall aus 
über die Köpfe ihrer den Vorwali verteidigenden Brüder den Feind 
mit Pfeilen und Speeren erreidien. Die „Heidenbui^" besass ein 
nach Nordwest voi^eschobenes Reduit, von dem aus ein allfätlig 
im Wiesenthälchen befindlicher Feind sehr wirksam beunruhigt 
werden konnte. 

Die Funde von dieser Wallburg sind nicht zahlreich und ver- 
teilen sich zudem auf verschiedene Epochen. Eine eiserne Lanze, 
ein Messer aus demselben Material und eine Römermünze beweisen, 
dass das Refugium, als welches es gewöhnlich bezeichnet wird, noch 
in relativ späten Zeiten benutzt wurde. Ein Bronzemesser mit Griff- 
dorn, das Kie^räber im Aathal am Fuss der Heidenburg fanden, 
gleicht ganz den entsprechenden Messern aus Pfahlbauten. Bei 
Grabungen auf dem Refiigium selbst kamen ausser einer Steinmühle 
besonders viele rohe Scherben von Thongefässen zum Vorschein, die 
grösstenteils der Steinzeit angehören, wie auch ihre Verzierungen 
beweisen. 

Ein anderes Refugium derselben Gegend liegt hart am Rande 
des jetzigen Pfäffikersees, wenige Minuten vom Pfahlbau Robenhausen 
entfernt. Es ist der Himmerich, Gemeinde Wetzikon, der gegen- 
wärtig das Seegebiet vom Torfland scheidet. Dieser Platz ist einer 
derjenigen, die Cäsar im Auge hatte, wenn er von den Eburonen 
bemerkt: „ . . , Der eine war hierhin, der andere dorthin geflüchtet, 
wo ihnen gerade ein verstecktes Thal, eine Waldgegend oder ein 
schwer zugangliches Moor Schutz und Rettung zu bieten schien." 

Der Untei^jrund des Himmerich scheint die Wallmoräne zu 
sein, welche die Bildung des Torfmoors Robenhausen veran- 
lasste. Über dem Moränenmaterial fand man Torf und Humuserde, 
in welcher die Artefakte lagen. Dieselben bestehen in Feuerstein- 
stücken, Bergkrystali, Holz- und Knochengeräten, Scherben primi- 



zed.yGOOgle 



142 Zweites Kapitel. 



tiver Art u. s. w. Daneben kamen aber auch römische Objekte vor, 
z. B. Münzen. 

Der Himmerich ist an seiner höchsten Stelle nur etwa l m über 
dem Hochwasserstande und senkt sich nach allen Seiten, so dass er 
nur mit Schiffen bequem zu erreichen war. Wahrscheinlich wurde das 
Refiigium auf der Seeseite, d. h. gegen Norden, durch Palissaden 
geschützt, was Pfahle, die man entdeckte, anzudeuten schienen. Von 
der Südseite, also vom Moore aus, waren wenige, nur den Ein- 
heimischen bekannte Zugänge offen; auf der Westseite schützte die 
Aa und im Osten der Kempterbach und das Moor. Der Platz ist 
also von den Steinzeitleuten gut gewählt worden, 

Refiigien vom Typus des Himmerich bei Wetzikon konnten in 
der Schweiz bis jetzt nicht weiter konstatiert werden; Wallbauten, 
wie die Heidenburg, sind dagegen häufig in den Kantonen Waadt, 
Bern, Solothurn, Aargau, Zürich, Thui^u u. s. w. Freilich 
wurden nur wenige derselben untersucht, und so muss es vorläufig 
unbestimmt gelassen bleiben, wie viele der neolithischen Epoche 
angehören. 

In der Westschweiz tragen die Wallbauten sehr oft den Namen 
Chätelard. Auf dem Chätelard bei Bevaix, am Ufer des Neuenburger 
Sees gelegen, hat noch zur Zeit der Schlacht vonGrandson eine kleine 
Burg existiert, die aber jetzt vollständig verschwunden ist. Dieser 
Hügel muss indessen auch in römischer Zeit benutzt worden sein, ja 
die Funde auf und an demselben beweisen, dass schon in der Stein- 
zeit daselbst eine Anlage bestand. Nach A. Vouga sind in der 
Gegend des Chätelard über 250 Steinbeile gefunden worden, wo- 
runter eines mit Fassung, ferner fünf Stücke aus Nefrit, Sodann 
kamen zum Vorschein: ein Nefritmeissel, ein knöcherner Dolch, 
acht Lanzenspitzen aus Feuerstein, 48 geschlagene Feuersteine, 
16 Abfallstücke aus Silex, ein Quetscher, mehrere durchlochte Steine, 
Steinwirtel, Schleifsteine, Tierknochen und Hirschhornstücke. 

Aus spätem Zeiten stammen Bronze- und Eisenfunde. Die 
römische Epoche und die Zeit der Völkerwanderung sind durch 
Einzelfiinde und Gräber repräsentiert. 

Am Fusse des Chätelard dehnt sich ein Pfahlbaugebiet aus, dem 
hauptsächlich Steingeräte enthoben wurden. Auch einige Bronzen 
kamen vor. Nur wenige Dutzend Schritte weiter gegen Norden 
liegt die Bronzestation L'Abbaye; die ganze Ufergegend aber wird 
vom Chätelard beherrscht, das wohl nicht ein eigentliches Refii- 
gium, ein Zufluchtsort war, sondern eher ein Herrschersitz oder ein 
Platz, auf dem die Leute der urgeschichtlichen Zeiten sich zu ge- 
sellschaftlichen oder religiösen Zwecken zusammenfanden. 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jünEere Sleinzeil. I41 

D. Werkstätten und Einzelfunde. 

r. Werkstätten der Steinteit. Im Pfahlbau Moosseedorf be&nd 
sich, wie wir schon bei Betrachtung dieser Steinzeitstatton gesagt 
haben, eine Feuersteinwericstätte. In derselben kam neben Silex 
auch Bergkrystall zur Verarbeitung. Zahlreiche Abfälle desselben 
lagen mitten unter den Feuersteinsplittem. Die letztem waren sehr 
verschieden in der Farbe; am häutigsten fand man weisse und gelbe 
Varietäten, seltener hochrote oder ganz dunkle. Die Kernstücke 
(Nuklei) waren klein, wie auch die Geräte selbst. Die letztern 
lassen Messer, Schaber, Sagen, Hobel, Glatt- und Polierinstrumente, 
Pfeil- und Speerspitzen erkennen. Merkwürdigerweise kamen auch 
einige Feuersteinbohrer zum Vorschein, wie sie wohl aus Höhlen- 
fiinden, nicht aber aus Pfahlbauten bekannt geworden sind. 

Es ist leicht begreiflich, dass sich auf Pfahlbaustationen oder 
in deren unmittelbaren Nähe oftmals Werkstätten konstatieren lassen, 
wo Stein, Knochen, Thon und am Ende der Steinzeit sogar Kupfer 
verarbeitet wurden. Seltener aber sind solche Orte entfernt von Seen. 

Etwa zwei Stunden nördlich von , Zürich liegt Rümlang, 
wo eine Töpferwerkstätte aus dem Ende der Steinzeit oder dem 
Beginn der Bronzeperiode untersucht werden konnte. Der Fund- 
ort befindet sich unweit des sogen. Katzensees; indes ist weder 
in diesem See, noch in der Umgebung desselben eine stein- 
oder bronzezeitliche Ansiedelung zum Vorschein gekommen. Die 
alte Töpferwerkstätte liegt zudem auf dem Rücken eines Hügels, 
während man Thonvorkommnisse doch sonst in Thälem zu suchen 
g«vohnt ist. Das erklärt sich jedoch dadurch, dass wir uns hier 
im Gebiete der diluvialen Gletscher befinden. Der Thon bei Rüm- 
lang ist nichts anderes als Grundmoränen-Lehm. Die Leute in 
prähistorischer Zeit haben dieses Thonvorkommnis gekannt und da- 
selbst, wie es scheint, einen ovalen Töpferofen erstellt, in welchem 
sie die aus dem Lehm der nächsten Umgebung geformten Gefässe 
brannten. Der Ofen hatte einen Längsdurchmesser von 2 m und 
einen Querdurchmesser von 1,5 m. War die Ware gebrannt, so 
wurde sie mitgenommen; gefehltes oder zerbrochenes Geschirr Hess 
man liegen und der Ofen zerfiel. Bald deckte der Rasen alles zu 
und der Wald breitete sich über das Gelände aus. Erst nach Jahr- 
tausenden kamen die Reste der alten Töpferwerkstatt wieder zu 
Tage. 

Heute noch steht ein Wald auf dem Hügel zwischen Rümlang 
und dem Katzensee, Einer der grossen Waldbäume wollte nicht 
recht gedeihen und wurde deshalb gefällt. Beim Fallen riss er mit 



zed.yGOOgle 



X44 Zweites Kapitel. 

seinen Wurzeln drei Gefässe aus der Erde. Der Eigentümer des 
Waldes, ein intelligenter Mann, wünschte eine Untersuchung durch 
Fachleute. So bekam Verfasser Kenntnis von diesem Funde und grub 
nun die Keste des Altertums an dieser Stelle vollständig aus. 

Zu oberst lag eine halbmetertiefe Schicht lehmiger Walderde, 
dann folgte die mit Asche und Kohle durchsetzte Kulturschicht, die 
schuld gewesen, dass der Waldbaum nicht recht hatte gedeihen 
wollen. Auf und in der Asche und Kohle lagen viele Thonstücke 
mit Leisten, die nur auf einer Seite gebrannt waren, Reste des 
Töpfe rofens. Tiefer in der Erde befanden sich Thonscherben und 
einige ganze Gefässe, aber weder Steingeräte, noch solche aus 
Hirschhorn oder Knochen. Unter der Kulturschicht lag die natür- 
liche Lehm-Masse, welche den Hügel weithin bedeckt 

Die aufgefundenen Gefässe sind entweder Schalen, den Kaffee- 
tassen ähnlich, oder kleine Becher von der Form gewöhnlicher 
Trinkgläser, oder es sind Töpfchen, teils mit flachem, teils mit 
rundem Boden. Unter den Scherben fanden sich solche, die grossen 
Gefässen angehört haben müssen. Auf geometrischem Wege be- 
rechnete ich den Umfang eines flachen Topfbodens zu 35 cm. Ein 
anderer Topf muss, an der weitesten Stelle gemessen, einen Umfang 
von nahezu einem Meter gehabt haben. 

Einige der Gefässe, die wir fanden, scheinen Kinderspielzeug 
zu sein. Ein kleines Töpfchen zeigt einen gewellten Rand; ein 
anderes, das leider nicht vollständig gehoben worden konnte, weist 
am Bauche einen Fingereindruck auf, der vielleicht auch als Ver- 
zierung aufgefasst werden darf. Dagegen sind zwei Furchen in 
einem grossem Töpfchen mit rundem Boden gewiss nicht beab- 
sichtigt worden. Ein fleischrotes Töpfchen von 4— 4'/^ cm Höhe 
trägt aussen schwache, schräglaufende Verzierungen, die von Fingern 
herrühren dürften. Das Töpfchen steht aber ganz schief auf seinem 
runden Boden. Der obere Rand ist uneben, und das Ganze macht 
den Eindruck einer gefehlten Arbeit. Grössere oder kleinere Fehler 
machen sich auch an den andern Stücken bemerkbar. 

Der Töpferofen von Rümlang ist darum so interessant, weil er 
meines Wissens der einzige ist, der ein so hohes Alter besitzt, dass 
man ihn dem Ende der Stein-, oder dem Anfang der Bronzeperiode 
zurechnen kann. 

2. Einzelfunde. Sie zählen zu tausenden. In der grossen Zahl 
sind einige besonders zu beachten, weil sie über gewisse Fragen Auf- 
schluss geben. Einzelfunde hat man manchmal in Gegenden gemacht, 
wo Ansiedelungen und Gräber der Steinzeit fehlen. Sie können also 



zed.yGOOg[e 



Di« neolilhigche oder jüngere Steinzeit. I^g 

das Gebiet umgrenzen, das von den Neolithikem betreten wurde, 
und da gewahren wir denn, dass ganze ICantone der Schweiz noch 
keinen einzigen Steinzeitfund geliefert. Es sind Gebii^skantone, 
Wir haben aber gesehen, dass die Pfahlbauer Bei^krystall verarbeiteten, 
Serpentin in Form von Beilen besassen, Schmucksachen aus Mate- 
rialien sich verschafft hatten, die weither geholt werden mussten. 
Freilich wissen wir, dass die Pfahlbauer des Bielersees den Saussurit 
nicht im Wallis holten, wo er ansteht, sondern ihn den an ihrem 
heimatlichen See vorkommenden Moränen des ehemaligen Rhone- 
gletschers entnehmen konnten. Aber die Bewohner von Roben- 
hausen und vom Greifensee fanden das Material zu ihren Serpentin- 
beilen nicht in der Nähe; sie waren genötigt, mindestens bis 
zum Rhein hinauf zu ziehen, oder es in den Bündnerbei^en zu 
holen. 

Derartige StreiJzüge haben nichts Unwahrscheinliches an sich, 
aber man muss sich doch fragen, ob denn schon die Neolithiker 
in die Gebirgsgegenden eingedrungen seien. Da geben uns nun 
Einzelfiinde Aufschluss. An der Luziensteig obeiiialb Maienfeld und 
bei der Ruine Aspermont oberhalb Jenins hat man Steinbeile ge- 
funden, ebenso bei Seewis im Prättigau. Im Domleschg sind in 
Canova bei Paspels und bei Rothenbrunnen Feuersteinobjekte in 
Form von Lamellen zum Vorschein gekommen. Die Gegend des 
Vierwaldstattersees weist zwar keine Pfahlbauten auf, indessen ent- 
deckte man Steinbeile in Luzern und bei Stansstad. Auch der 
Rhone nach zogen die Besiedler der Schweiz aufwärts. Man sieht, 
die Neolithiker hielten sich im ganzen an die ebenen Teile des 
Landes und gingen höchstens den Flussthalem nach bis in die 
Nähe des Hochgebirges. Die Alpen haben sie jedenfalls nicht über- 
schritten. 

Die Einzelfunde lehren uns auch den Verbreitungsbezirk gewisser 
Materialien kennen, z. B. der NefVitoide, und ebenso umgrenzen sie 
das Vorkommen gewisser Formen oder Techniken, deren Entstehungs- 
ort dadurch mit einiger Sicherheit bestimmt werden kann. 



E. Gräber der JÜog-eren Steinzeit. 

Die Völker niederer Kulturstufen glauben die Welt von guten 
und bösen Geistern beherrscht. Alle Erscheinungen der Aussenwelt 
werden sorgfältig beobachtet und tiefer Kummer ergreift manche 
Stämme, wenn die Sonne oder der Mond sich verfinstert, oder wenn 
im Spätherbst die ganze Natur zu sterben scheint. Aber sie stirbt 

Heicrii, UcgEUhichie der Schwcii. lO 



zed.yGOOgle 



Ia6 Zweites Kapitel. 

nicht. Im Frühling spriesst neues Leben; wieder beginnt das Blühen 
und tönt der Vogelsang. Isf s wohl beim Menschen auch so, wie in 
der Natur? Im menschlichen Leben folgt auf den Jugendfrühling der 
Sommer mit seinen Gewittern; nachher kommt der Herbst, früchte- 
beladen, und endlich streut der Winter aufs Haupt des Alten Schnee. 
Wenn dann der Mensch stirbt, ist er wirklich tot oder giebt es fiir 
ihn, wie für die Blume des Feldes, ein Auferstehn? So fragt nicht 
bloss der Wilde, der Barbar, so fragt auch der Kulturmensch. 

Als ein Forschungsreisender auf Neu-Guinea eine Mutter, die 
auf dem Grabe ihres Erstgebornen klagte und weinte, fr^e, ob 
der Knabe tot sei und nicht wieder komme, erhielt er zur Antwort: 
Er ist nicht tot, er schläft nur! Und wie beim Naturvolk dieser 
Glaube vorkommt, so trösten auch die höchst entwickelten Religionen 
ihre Anhänger mit dem Glauben an die Auferstehung. 

Wenn der Mench nach seinem Tode erwachen soll zu neuem 
Leben, so muss er während seines Schlafes wohl behütet werden. 
Damit er aber im Schlafe Ruhe habe, bettet man den Toten in den 
kühlen Schoss der Erde. Das Grab ist die Wohnung des Toten 
und darum gleicht es mancherorts auch ausserlich der Behausung 
des Lebendigen oder dieser überlässt dem Verstorbenen sogar seine 
eigene Wohnung als Ruheplatz. 

Die Höhle war der primitive Wohnsitz des Diluvialmenschen 
und war es öfters auch fiir den Neolithiker. Was Wunder, dass 
manche Steinzeitgräber in natürlichen und künstlichen Höhlen sich 
finden? Ist denn das Flachgrab von heute nicht auch eine kleine 
Höhle, künstlich erstellt in der Erde? 

Die Stelle, wo Tote ruhen, wird von Freund und Feind ge- 
mieden, denn da halten die Geister der Verstorbenen Zwiesprache; 
so denkt der Naturmensch. Der Friedhof ist auch fiir manche der 
heute Lebenden noch ein Ort, der gemieden, der mit einer Art 
Grausen, besonders zu ungewohnter Zeit, betreten wird. Grab- 
schändung wird schon bei Barbaren als eine Frevelthat betrachtet 

Pietätvoll ist der Verstorbene begraben worden; die Totenge- 
sänge zu seinen Ehren sind verhallt, die Opfer dargebracht; bald 
wird auch das .Andenken an ihn erloschen sein. Vielleicht zieht 
der Stamm weiter und kommt nicht mehr an den Ort zurück. 
Wenn er aber auch nach Jahr und Tag wiederkehrt, wer will sj^n, 
wo die Väter begraben sind? Wer hat Kunde von der Stätte, wo 
der grosse Häuptling, von dem die Stammessagen melden, seine 
Ruhe gefunden hat? Man musste suchen, durch äusserliche Zeichen 
den Ort anzugeben, wo die Stammesgenossen gebettet waren, und 
ist schliesslich zu bleibenden Malen gekommen, deren einfachstes 



zed.yGOOgle 



Die aeolithische oder jünger« Steinzeit. 147 

der Hügel war, den man aus Erde und Steinen über dem Grabe 
aufschüttete und der zudem die Toten noch besser schützte. 

Schon in der Steinzeit begegnen uns neben Flachgräbem auch 
Grabhügel. Besonders Häuptlingen mag man zum Gedächtnis grosse 
Hügel errichtet haben und die Pyramiden Ägypten's sind auch 
nichts anderes, als ins Riesenhafte angewachsene Grabhügel. Wie 
heute an manchen Stellen der Erdoberfläche die Gräberstätten noch 
durch grosse Steinbauten hervorgehoben werden, so finden wir es 
in der Urzeit. Aufgerichtete Riesenblöcke, Steintische, Steinkreise 
kommen schon in der neolithischen Periode Europa's vor. 

Wie die Troglodyten von Thaingen, vom Schweizersbild und 
andern Orten ihre Toten geehrt und wo sie diese bestattet haben, 
wissen wir nicht, aber in der jüngeren Steinzeit können wir für die 
Schweis schon mehrere Arten von Begräbnissen nachweisen. 

I. HoMei^ääer. Nur wenige Minuten vom Schweizersbild ent- 
fernt liegt in der Gemeinde Herblingen der Dachsenbühl. Dieser 
Hügelzug besteht aus Jurakalk, welcher bekanntlich reich ist an 
Klüften, Spalten und Höhlen, Am Ostabhang des Dachsenbühts, 
nur wenige Meter oberhalb der Sohle des Thälchens , das sich 
zwischen ihm und dem Hohbei^ durchzieht, liegt eine kleine Höhle, 
die 1874 von Dr. von Mandach untersucht wurde. Der Eingang ist 
mit zwei Schritten durchmessen; dann erweitert sich der Hohlraum 
. nach den Seiten und nach oben. Der Grundriss bildet nahezu ein 
Trapez, dessen Ecken ziemlich genau nach den Himmelsgegenden 
orientiert sind. 

Bei der Untersuchung des Höhlenbodens ^d man zu oberst 
eine schwarze Humusschicht von ca. 5 cm Dicke, welche Kalksplitter, 
neuzeitliche Artefakte und Knochen kleiner Nager enthielt. Darunter 
lag eine 50 — 80 cm mä<;htige Schicht von humusartigetn Lehm mit 
grossem Kalkbrocken und zu unterst folgte ein rötlich gelber Lehm, 
der unmittelbar dem Gestein aufsass. Die Spuren der Vorzeit fanden 
sich ausschliesslich in der mittleren Schicht. 

Schon am Eingang der Höhle kamen in dieser Kulturschicht 
Scherben, Knochen von Menschen und Tieren, links auch ein „Feuer- 
steinmesser" zum Vorschein. Die Scherben gehörten zu Gefässen mit 
ebenem Fuss und ohne Verzierung. Eine grössere und feinere 
Scherbe zeigte die Form einer Urne, zu welcher ein Henkel 
gehörte. Auch dieses Manufakt muss von freier Hand geformt 
worden sein. Der Ton war sehr schwach gebrannt und wies ein- 
gesprengte Quarzkörner auf, die bei den roheren Scherben eine be- 
deutende Grösse erreichten. 

Da, wo der Eingang in den eigentlichen Höhlenraum übergeht, 



zed.yGOOgle 



1^8 Zweites KapiieL 

stiess man in der Kulturschicht auf grosse Steine, welche einen un- 
vollkommenen Verschluss der Höhle vorstellten. Innerhalb derselben 
fanden die Arbeiter rechts und links wieder menschliche Knochen- 
reste, worunter auch Schädetteile. Weiter hinten entdeckte maW 
rechts Feuersteinsplitter und Tierknochen, welche Spuren von Be- 
arbeitung auiwiesen. Einer der Knochen war ahlenartig zugespitzt 
Links hinten wurde der anstehende Felsen blossgelegt, und auf dem- 
selben Scherben, zerbrochene Tier- und Menschenknochen gefunden. 
In des Hintergrundes Mitte stiess man auf eine eigentliche Grab- 
kammer, die aus losen Steinen erbaut war. Diese umgaben die Kammer 
nicht nur auf den Seiten, sondern bedeckten sie ganz. Die Richtung 
des Grabes war West-Ostj seine äussere Länge betrug 1,8 m, die 




Fig. 89. Fig. 90. 

Grab mit Pygmlen in der Serpulaperlen uodZahugebänge ansdeniDachsenbtthl. 
Hohle DachscnbUtil bei Fif. 91. 

Herblingeo. Steinperle aus dem Dachsenbflhl. 

Breite 0,6 m. Als die Decksteine weggeräumt waren, fand man den 
Innenraum nur 1,5 m lang und 40 cm breit. Der Inhalt wurde nun 
soi^fältig von der ihn bedeckenden Erde befreit und da traf man 
zwei auf dem Bauche liegende Skelete, deren Köpfe im Osten lagen. 
Die Beine des einen Skeletes kreuzten diejenigen des andern (Fig. 89). 
Trotz der Kleinheit der Knochen muss man annehmen, dass im 
Dachsenbiihl erwachsene Menschen (Mann und Frau?) bestattet wor- 
den seien: Es waren Pygmäen, 

Als Beigaben entdeckte man in der Gegend des Bauches eine 
Anzahl Perlen aus einem steinartigen Material (Fig. 90). Es waren 
I — 2,5 cm lange Röhrchen, ca. 30 an der Zahl. Ähnliche Perlen hat 
man im Steinzeit-Pfahlbau Bodmann gefunden. Sie bestehen nach 
der Untersuchung von Prof Dr. Maver-Eymar aus den Schalen der 
Serpula, des Röhrenwurms. Diese Schalen finden sich nun aber 



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Die neoliüiische oder jflngeie Steinzeit. 149 

nicht in unserer Gegend, wohl aber sind sie in Nord-Italien häufig. 
Sie werden also als importierte Ware aufzufassen sein. Zu diesem 
Halsschmuck gehört auch ein durchbohrter Eberzahn. Es fand sich 
noch ein anderer Schmuckgegenstand in der Höhle im Dachsen- 
bühl, nämlich eine jener roten Steinperlen mit zwei Durchbohrungen 
{Fig. 91], wie sie in zwei Exemplaren im Pfahlbau Kobenhausen 
zum Vorschein kamen. Diese Perle besteht aus rotem Kiesel und 
lag zur Seite eines Skeletes. Mit seinem Schmuck versehen, trat 
der Verstorbene die Reise ins Totenreich an: 

„ . . . Bringet her die letzten Gaben, 
Stimmt die ToteDklag! 
Alles sei mit ihm begraben, 
Wh« ihn freuen mag! ..." 

(Schiller.) 

Die Grabkammer lieferte an Werkzeugen nur einen Knochen- 
meissel, der neben dem Schenkel eines der Bestatteten gefunden 
wurde. 

Auch ausserhalb der Grabkammer fand man menschliche Spuren: 
Es waren Schädelfragmente, denen man deutlich ansah, dass sie 
angebrannt worden waren. 

Was nun die Tierreste angeht, die in der Höhle gefunden 
wurden, so kommen für uns nur diejenigen der mittlem Schicht in 
Betracht; diese aber weisen auf die Steinzeit zurück und zwar in 
die jüngere, wo die wichtigsten unserer Haustiere bereits gezähmt 
waren. Neben Knochen vom Hasen , der Wildkatze und dem 
Edelhirsch fanden sich solche eines kleinen Hundes und des 
Schweins: Sus scrofa palustris, das in den Pfahlbauten der Stein- 
zeit häufig war. 

In Bezug auf die menschlichen Knochen entdeckte man neben 
den Skeleten der Grabkammer in der Höhle noch Reste von etwa 
sechs Menschen, worunter zwei Kinder. Einige Wirbel bewiesen, 
dass die Arthritis deformans (Gicht), welche die Gelenke steif macht 
und den Rücken verbiegt, schon den Steinzeitleuten bekannt war. 

Wie hat man sich nun aber jene angebrannten Menschenknochen 
zu erklären? Sind vielleicht die Sketete der Grabkammer später 
beerdigt worden, als die andern Leichen, deren Knochenreste man 
gefiinden? Sind etwa beim Ausheben der Erde behufs Errichtung 
der Kammer menschliche Knochen ausgeworfen worden, die dann 
zufällig in das Feuer gerieten, welches zu Ehren der Toten angezündet 
wurde? Gegen diese Auffassung spricht, dass in Bezug auf das 
Alter der Funde nichts konstatiert wurde, was eine Verschiedenheit 
erkennen liesse. 



zed.yGOOgle 



I ^Q Zweites KapileL 

Wenn aber alle Leichen gleichzeitig in den Boden der Höhle 
gelangten, so ist es auffallend, dass nicht alle in derselben Weise 
behandelt sind und vorab die angebrannten Knochen! Sie rühren 
nicht von Leichenbrand her, da ja keine Brandgraber vorliegen, 
sondern Skeletgräber. Auch deutet nichts darauf hin, dass gleich- 
zeitig Leichenbrand und Beerdigung stattgefunden. Die Brandspuren 
sind nur an vereinzelten Knochen beobachtet worden und das lässt 
sich allerdings durch die Annahme erklären, dass dazumal Anthro- 
pophagie , Menschenfresserei , die bekanntlich unter den Völkern 
niederer Kultur weit verbreitet ist, vorkam, Oder sollte ein Sklave 
oder ein Kriegsgefangener zu Ehren des Toten verbrannt worden 
sein? Warum dann die spärlichen Brandspuren? 

Die unverbrannten menschlichen Knochen ergeben zwei Arten der 
Beerdigung. Die Leichen in der Grabkammer sind soi^ältig be- 
stattet worden, angethan mit ihrem Schmuck, der teilweise aus der 
Feme stammt Die übrigen Leichen machen den Eindruck, als seien 
sie hier zum zweiten Mal beerdigt. Nirgends fand von Mandach ein 
Skelet in einiger Vollständigkeit oder in regelrechter Lage, sondern 
an verschiedenen Stellen nur immer vereinzelte Knochenreste von 
Erwachsenen und Kindern. Soll diese Verschiedenheit auf Standes- 
unterschiede zurückgeführt werden? War etwa das Paar in der 
Grabkammer ein Häuptling mit seiner Frau und waren die andern 
Bestatteten ihre Sklaven? Dass bei der Bestattung des hochgestellten 
Paares ein Leichenschmaus stattfand, scheinen auch die Tierknochen 
zu beweisen, besonders Hirsch und Schwein. Nach und bei diesem 
Mahle könnten die Sklaven und der Hund des Herrn getötet worden 
sein. Leider sind derartige Funde aus der Steinzeit noch zu wenig 
zahlreich, um sichere Schlüsse zu gestatten. Es muss vorläufig ge- 
nügen, jene Fragen aufgeworfen zu haben. 

Schon bei Betrachtung der paläolithischen Funde vom Schweizers- 
bild bei Schaffhausen haben wir darauf aufmerksam gemacht, 
dass daselbst auch eine grosse Zahl von Gräbern entdeckt worden, 
die jünger sind, als die Objekte der gelben Kulturschicht. Im Ganzen 
konnten 27 Bestattete nachgewiesen werden. Sie lagen in 22 Gräbern 
und sind unter sich selbst wieder verschiedenen Alters. Die ältesten 
gehören der neolithischen Steinzeit an, andere sind jünger. Auf- 
fallend ist die grosse Zahl von Kindergräbern. Unter den 27 be- 
statteten Personen befanden sich nicht weniger als 12 Kinder unter 
7 Jahren. 

Diejenigen Gräber, welche mit Beigaben versehen waren, die 
das neolithische Alter derselben ausser Zweifel setzen, sind ausnahms- 
los Kindergräber. Das erste derselben lag in etwa i m Tiefe und 



zed.yGOOgle 



Die Molithiscbe oder jÜDgere Steinzeit. i c r 

gehörte einem Neugeborenen, das mit einer Serpulaschnur um den 
Hals geschmückt worden war. Das zweite Grab enthielt den Körper 
eines Kindes von etwa 2 Jahren und bei demselben lag ebenfalls ein 
Halsband aus Serpul aperlen. Ein drittes Grab, das ungefähr in der- 
selben Tiefe sich befand, wie die beiden andern, enthielt gleichfalls 
Serpularii^e, Die Skeletteile lagen auf grossen Steinen, sind aber 
nur teilweise gehoben worden. Sie gehörten einem 5 — 6jährigen 
Kinde. Tiefer wurde ein Kinderskelet mit 21 Serpularingen und 
Silexgeräten als Beigaben gefijnden. Ein fünftes Grab lag in im 
Tiefe und barg das Skelet eines Kindes und bei demselben befanden 
sich Serpularinge und Werkzeuge von Silex. 

Das wichtigste dieser Kindergräber kam tn 1,5 m Tiefe auf einer 
schüsselformigen Unterlage von RoHsteinen zun> Vorschein. Die 
Grabbeigaben bestanden in Silexobjekten und einer Raubtierkralle. 
Interessant war die Lage der Knochen. Das Kind lag da, als ob 
es schlummere. Die Arme und Füsse waren in die Höhe gezogen, 
so dass eine Stellung erreicht wurde, die man als Hockerstellung 
bezeichnet. Hockergräber sind auch anderwärts gefiinden worden, ja 
sie erscheinen in den neolithischen Gräberfeldern Europa's sehr 
häufig. Wir werden gleich nachher sehen, dass die „Hockei^räber" 
in der West-Schweiz mehrfach konstatiert worden sind. 

Professor Kollmann in Basel hat die Skeletreste vom Schweizers- 
bild untersucht und ist zu der Überzeugung gekommen, d.-jss daselbst 
neben einer hochgewachsenen Menschen varietät auch eine sehr 
kleine, pygmäenhafte begraben liege, die aber nichts Krankhaftes 
an sich trage, also nicht mit Zwergen identisch sei. Da fand sich 
z. B. ein 16 — 18 Jahre altes Mädchen von ca. 1,22 m Höhe. Eine 
30jährige Frau mag etwa 1,35 m hoch gewesen sein und ein Mann(?) 
von etwa 40 Jahren hatte eine Höhe von ungefähr 1,45 m. 

2. Hockergräber. Versetzen wir uns im Geiste an die sonnigen 
Gestade des Lemansees. Besonders das Nordufer desselben ist mit 
herrlich gelegenen Dörfern und Städten geschmückt. Von Süden 
schauen die eisigen Firnen der Alpen herein, während am See selbst 
die Traube reift und ein mildes Klima an südlichere Gegenden 
gemahnt. In diesem schönen Gelände haben sich schon in der 
Urzeit zahlreiche Ansiedler niedergelassen, wie z. B. gegen 50 Pfahl- 
baustationen beweisen. Wo aber liegen die Gräber dieser Anwohner 
des Genfersees? 

Zur Steinzeit wurden dort die Toten in kleinen, kistenartigeti 
Särgen der Erde übergeben. Solche Kistengräber fanden sich be- 
sonders in der Gegend von Pully und Lutry, 

Beim Fundamentieren eines Hauses in Chamblandes (champ blanc). 



zed.yGOOgle 



t^2 Zweites Kapitel. 

Gemeinde Pully, stiess man in ca. 2 m Tiefe auf fiinf Grabkisten. 
Jede derselben bestand aus vier rohen Steinplatten, welche die Seiten- 
wände bildeten, während eine fünfte als Deckel diente. Die ersten 
Gräber wurden von Arbeitern geöffnet; erst die fünfte Kiste konnte 
wissenschaftlich untersucht werden, Sie enthielt das Skelet einer 
alten Frau, deren Gesicht gegen die Erde gekehrt war. Zu den 
Seiten des Gerippes \vurden gespaltene Eberzahn - Lamellen auf- 
gefunden, die an beiden Enden durchbohrt waren. Auch in den 
vier andern Kisten sind diese Schmuckstücke in grosser Menge zum 
Vorschein gekommen. Das fünfte Grab enthielt ausserdem noch 
eine durchbohrte Meermuschel, die als Halsschmuck, als Amulet 
getragen worden sein kann. 

Im Jahr r88i wurde die Untersuchung des Gräberfeldes weiter 
geführt und wieder fanden sich solche Kisten aus bearbeiteten Stein- 
platten, versehen mit einem Deckelstein. Alle Gräber waren in 
Ost-VVest-Richtung angelegt, alle ca. i m lang, 50 cm breit und 
tief. AUerdii^ stiess Morel-Fatio auch auf kleinere Kisten, — eine 
derselben hatte eine Seitenlänge von nur 34 cm — aber es fend 
sich in denselben nur Erde, nie Knochen. Die meisten Grabkisten 
enthielten i Skelet; es gab aber solche, die deren 2 — 5 bargen, 
ohne dass deswegen die Dimensionen der Kiste andere geworden 
wären. Fanden sich ein oder zwei Skelete in einem Grabe, so 
lag immer der Kopf im Osten. Ein Grab mit vier Skeleten aber 
zeigte die Schädel in den vier Ecken der Kiste. Die übrigen Kno- 
chen waren in der Mitte unordentlich aufgehäuft. Der ganze In- 
halt gehörte jungen Individuen an, was aus den dünnen Schädel- 
wandungen erhellte. In einem Grab, das zwei Leichen barg, 
schienen sich die Toten zu betrachten. Die Wirbel lagen den 
Seitenwänden entlang, die Bein- und Armknochen übereinander, so 
dass also die Toten ihre Beine gegen die Oberkörper eingeknickt 
hatten. Zu Seiten des links liegenden Skelets sammelte man in 
der Höhe der Brust ca. 40 Eberzahn-Lamellen, die in zwei Reihen 
lagen. Alle waren an den beiden Enden durchbohrt. Auch gelber 
oder roter Ocker, sowie durchbohrte Muscheln kamen zum Vor- 
schein und endlich ein Klumpen einer Art Fett oder Harz, der 
beim Verbrennen einen starken Rauch entwickelte. Mehrere Gräber 
enthielten nur Knochen, 

Eine Kiste wurde aufgedeckt, in welche keine Erde eingedrungen 
war, da der Deckel sehr gut schloss. In diesem Grab ruhte ein 
etwa 20jähriger Mensch, dessen Gebeine noch ganz erhalten waren. 
Der Schädel neigte sich etwas nach links, die Wirbel befanden sich 
läi^ der Nordplatte, die Beine waren gegen die Brust gezogen und 



zed.yGOOgle 



Die neolithisdie oder jüngere SteinzeiL 1 1:3 

eingeknickt. In der Gegend des Halses fand man fünf doppelt-durch- 
bohrte Mittel meermuscheln; vor dem Kopfe lagen vier Stücke roten 
und gelben Ockers und zwei Fragmente von Menschenschädeln, 
welche Spuren von Bearbeitung zeigten. Zerstreut im Grabe wurden 
kleine Perlen aus Korallen oder Bernstein gefunden. 

Diese Funde gaben Veranlassung, dass auch im benachbarten 
Grundstück Nachgrabungen veranstaltet wurden, die noch einige 
Gräber ans Tageslicht brachten. Eines derselben enthielt drei durch- 
bohrte Schnecken und einen Steinhammer. Eine letzte Kiste mass 
70 cm in der Lange und ihre Breite betrug 34 cm. Sie umschloss 
das Skelet eines Ideinen Kindes. Die östliche Hälfte der Kiste ent- 
hielt nur einen Teil eines Schädels, der tassenartig da lag und drei 
flache, runde Steinchen barg. In der Mitte des Grabes tiefend sich 
ein Häufchen Knochen, im Westen aber sammelte man eine Menge 
Kohlen und Knochen, von welch letzteren einige verbrannt waren. 
Dies erinnert an die Spuren von angebrannten Knochen in der Höhle 
bei Herblingen. Auch hier, wie in den Pfahlbauten von Lüscherz 
und Inkwil, ist die Benutzung eines Schädeldaches des Menschen 
als Gefäss auf Anthropophagie gedeutet worden. Diese ist aber 
auch hier nicht bewiesen, wenn freilich zugegeben werden muss, 
dass die schreckliche Sitte möglicherweise in der Steinzeit hier, wie 
anderwärts ihre Opfer forderte. Denken wir uns aber, es hätte der 
Brauch bestanden, die Leichen erst längere Zeit nach dem Tode 
zu beerdigen oder ihnen eine provisorische Bestattung zuteil werden 
zu lassen, um erst, nachdem die Weichteile verschwunden, den Rest 
definitiv in Kisten niederzulegen, so könnten die angebrannten Knochen 
unabsichtlich dem Feuer ausgesetzt worden sein, daszumBeerdigungs- 
Ceremoniel gehörte und die bearbeiteten Schädelstücke könnten von 
Kindern und Sklaven herrühren, ohne dass gerade Anthropophagie 
angenommen werden müsste. Auch die gestörte Ordnung in mehreren 
dieser Gräber scheint auf eine Zeit der Bestattung hinzuweisen, wo 
die weicheren Teile der Körper verschwunden waren. Bei einigen 
wilden Völkern hat man die Sitte des Wiederöffnens der Gräber 
nachgewiesen, welcher Brauch auch in der Steinzeit geübt worden 
sein könnte. Weitere Funde werden uns über die Verbreitung der 
Anthropophagie in der neolithischen Epoche aufklären. 

Es scheint dem beschriebenen Friedhofe der Steinzeit bei Pullj' 
auch ein Grab anzugehören, das fünf Skelete enthielt Die Kiste 
war 1,20 m lang, 45 cm tief und 48 cm breit Die Steinplatten 
hatten eine Dicke von 4 — 6 cm, waren also sehr dünn und stammten 
ihrem Material nach aus der Nähe. Die Richtung des Grabes war 
Ost-West Im Westen lagen zwei grosse Köpfe, im Osten ein kleiner 



zed.yGOOgle 



IC^ Zweites Kapitel. 

Schädel. Die Beckenknochen gehörten einem Manne und einer 
Frau, einige Wirbel einem unerwachsenen Individuum. Offenbar 
war die Frau rechts, die unerwachsene Person links von dem Manne 
beerdigt worden. Die Extremitäten-Knochen musstenbeim Freiwerden 
von den Sehnen und Muskeln in verschiedene Stellungen niederfallen, 
daher ihre verworrene Lage, welche auch in andern Gräbern viel- 
leicht auf diese Weise erklärt werden muss. Im östlichen Teil der 
Kiste fanden sich noch Reste von drei Kindern. 

Auch dieses Grab enthielt durchbohrte Eberzahn-Lamellen, 
34 an der Zahl, im Gewicht von 850 g. Die Länge dieser Stücke 
beträgt im Mittel nahezu i dm, ist also sehr beträchtlich. Ihre Lage 
in diesem, wie in andern Gräbern, in der Mitte der Kiste, beweist, 
dass sie wohl nicht als Hals-, sondern eher als Giirtelgehänge auf- 
zuessen sind. 

Von den Skeletresten aus Chamblandes haben Studer und 
Bannwabih einige untersucht, die einer alten Frau und einem Manne 
angehören. Der Schädel der erstem war meso-, nahezu brachy- 
cephal, das Gesicht schmal, die Stirn breit und ziemlich hoch, das 
Becken auflallend klein. Die Körpei^össe wurde auf 1,42 m be- 
rechnet. Der Schädel des Mannes war auch mesocephal, seine 
Stirn breit und niedrig, das Gesicht chamäprosop. Die Jochbogen 
waren stark entwickelt. Die Körpei^rösse wurde auf ca. 1,50 m 
berechnet. Also haben auch in Pully zur Steinzeit kleine, pygmäen- 
artige Leute gelebt und aus dem Pfahlbau Moosseedorf sind Reste 
von einem Menschen erwähnt worden, der ebenfalls nur 1,51 m 
hoch war. 

In der Gemeinde Pully hat man noch an einer zweiten Stelle 
Hockergräber gefunden. Schon um 1825 kamen bei Pierra Portay 
etwa 1 5 Grabkisten von je ungefähr 1 m Länge und etwa halb so 
viel Breite und Tiefe zum Vorschein. Einige derselben enthielten 
zwei Skelete, in einer lagen sogar vier Leichen. Als Beigaben wurden be- 
arbeiteter Feuerstein und ein Fragment eines Steatitbeilchens gefunden. 

Auch in Chätelard bei Lutry entdeckte man solche Gräber. 
Die Kisten, über 30 an der Zahl, enthielten ausser Skeleten durch- 
bohrte Schnecken schalen, zwei Feuerstein-Lanzenspitzen von ca. 20 cm 
Länge und zwei durchlochte Klopfsteine oder Hämmer. 

Hockergräber will man auch im Bemer Jura gefunden haben. 
In Beurnev^sain sollen Silexobjekte in derartigen Gräbern entdeckt 
worden sein. Selbst im gebirgigen Wallis sind Gräber mit Hockern 
konstatiert und zwar am Fusse des Simplon, in Glis bei Brig. Am 
Westabfall eines alten Schuttkegels fanden sich wiederholt kleine 
Kistengräber, im Ganzen über ein Dutzend, von denen drei durch 



Digitized^yGOO^Ie 



Die neolitbische oder jflngere Steinzeit lec 

Frofeaaor Imbsch untersucht wuidcn. I^ erste cntiiielt drei Skelete 
und bei denselben lag ein Stück eines Muschelringes. Das zweite 
Grab bai^ zwei Skelete, das dritte nur eins. Dieses Skelet war 
gut erhalten und konnte photographiert werden (Fig. 92). Die Knie 
sind gegen die Brust, die Füsse gegen die Oberschenkel gezogen. 
In der Hüftgegend lagen zahlreiche Steinperien (Fig. 93) von knopf- 
artigem Aussehen. 

Ein sehr grosses Grab, dessen Seitenplatten 1,25 cm massen, 
enthielt zwei Skelete. Bei einem derselben lag etwas unterhalb des 
Kopfes ein 23 cm langes Feuersteinbeil. In der Gürtelgegend fend 
man ein zweites, kleineres Silexbeil 
und noch etwas näher den Füssen 
wurde eine Pfeilspitze aus Feuerstein 
gefunden. 

Auch in diesem Grabe fanden 
sich an einem Arm fast unkennt- 
lich gewordene Reste eines Muschel- 
ringes, ferner Steinknöpfe oder 
-perien, die „um die Armknochen, 
ja selbst um die Fingerknochen ge- 
reiht waren". 

Was bei all diesen Gräbern am 
meisten auffällt, ist die kauernde, 
hockende Stellung der Toten. Die- 



Fig. 9z. Fig. ^3. 

Hocliergrab in Glis (Wallis). SieinkDOpre «u einem Hocke^rab in 

Glis (Aulicht vdd derSeite und vod unten). 

selbe mochte dem Verstorbenen vor Eintritt der Leichenstarre ge- 
geben worden sein. 

Es ist interessant, dass Hockergräber noch im historischen Alter- 
tum erwähnt werden. Herodot berichtet von den Nasamonern in 
Libyen, dass sie ihre Toten sitzend begraben. „Sie geben genau 
acht, wenn er das Leben aushaucht, dass sie ihn aufrichten und er 
nicht auf dem Rücken liegend stirbt". 1851 entdeckte man in den 
Ruinen Babylon's Thon-Sarkophage von 50 cm Höhe, 40 cm Breite 
und 36 cm Länge, Die Toten mussten in kauernder Stellung, die 
Knie beim Kinn, den Grabbehältem übergeben worden sein. 

Noch heute giebt es Indianerstämme, die, ähnlich den alten 
Peruanern, ihre Toten in sitzender Stellung begraben. Auch bei 



zed.yGOOgle 



1^6 Zweit«! Kapitel, 

den Hottentottea sollen Hockergräber üblich sein und die Guanchen, 
die Eingeborenen der Ranarischen Inseln, scheinen denselben Brauch 
geübt zu haben. 

Die blosse Thatsache der steinzeitlichen Beerdigung ist ein Beweis 
fiir die Pietät, welche die Neolithiker ihren Toten gegenüber besassen. 
Nicht achtlos wurde der Dahingeschiedene bei Seite gelegt, sondern 
sorgsam der Erde übergeben. Zum Schutz des Toten baute man 
die Steinkiste oder verschloss die Grabhöhle mit grossen Steinen, 

Wozu aber ein Schutz fiir den Toten, der doch dessen nicht 
bedarf? Die Leute der Steinzeit glaubten, dass er ihn bedürfe, 
sonst hätten sie nicht ihre Steinkisten und Grabkammern erbaut. 
Warum bedurfte er des Schutzes? Offenbar war der Verstorbene 
nicht eigentlich tot, sondern, wie jene Frau sagte, er schlief nur 
und sollte später zu einem andern Leben erwachen. So zeigt uns 
denn diese sorgfältige Bestattung, dass der Glaube an eine Fort- 
dauer des Lebens nach dem Tode, der Qlaube an die Auferstehung, 
schon in grauer Vorzeit in den Herzen der Menschen lebendig war. 

Noch mehr! Der Verstorbene sollte eigentlich nur eine kleine 
Spanne Zeit in der Erde ruhen, bis er zu neuem Leben erwachte. 
Da nun die Erde als die Ernährerin des menschlichen Geschlechtes 
unser aller Mutter ist, so ruhte nach dem Glauben der Steinzeit, 
wie Troyom meint, der Verstorbene im Schosse der Mutter, bis für 
ihn ein neues Leben begann. Der Mensch war gleichsam zu seiner 
Mutter zurückgekehrt, um wieder geboren zu werden. Und wie das 
Kind im Mutterschosse in zusammengekauerter Stellung den Augen- 
blick erwartet, wo es das Licht der Welt begrüssen soll, so musste 
der aus diesem Leben Geschiedene im Schosse der Erdenmutter in 
derselben Stellung, die er als ungebomes Kind eingenommen, der 
Stunde gewärtig sein, da ihn die höchste Macht zu einem neuen, 
bessern Leben rufen würde, welches ewig dauert. 

Es ist ein schöner Gedanke, den Troyon dem Brauche, die 
Toten in hockender Stellung zu begraben, zu Grunde legt, aber 
ich wage doch nicht, mich seiner Ansicht anzuschüessen, weil sie 
eine Kenntnis der anatomischen Verhältnisse beim Menschen und 
ein philosophisches Denken voraussetzt, wie wir sie bei den Neoli- 
thikem nicht annehmen dürfen. Ich glaube vielmehr, dass hier 
die kühlere Betrachtungsweise Virchow's am Platze ist, welcher 
sagt, dass das Kind im Mutterleibe die zusammen gekauerte Lage 
annimmt, weil es ihm zu einer andern an Kaum gebricht, und dass 
das Bedürfnis der Raum- resp, Arbeitsersparnis sich auch geltend 
macht, wenn Leichen Erwachsener in Erdlöchern oder sogar Thon- 
gefässen beigesetzt werden. Die hockende Lage ist zudem manchen 



zed.yGOOgle 



~^~ _ - Die neolithische oder jQngere Steinzeit 157 

Völkern Asien's und Afrika's heute noch die bequemste, und sie 
kehren auch liegend in dieselbe zurück. 

3. Grabhügel. Östlich von Burgdorf liegen die Gisnauflühen. 
Oberhalb der nördlichsten derselben befanden sich auf dem sanft geneig- 
ten Terrain zwei längliche Hügel, die gegen Ende der siebziger Jahre 
untersucht wurden. Der erste, untere Hügel war 35 m lang, 24 m breit 
und 4,5 m hoch. Vom obern Hügel schied ihn ein tiefer Graben. 
Der zweite Hügel hatte eine Länge von 47 m, eine Breite von 16 m 
und eine Höhe von 1,6 m. Er war vom hoher gelegenen Lande 
ebenfalls durch einen tiefen Graben getrennt. Bei der Untersuchung 
ergab sich, dass der erste Hügel aus drei Schichten bestand, wovon 
die beiden untern mit Kohlen durchspickt waren. In denselben 
kamen Feuersteinmesser, drei Silex-Pfeilspitzen und viele Abfälle oder 
Splitter von Feuerstein ans Tageslicht, femer rohe Scherben und 
ein Steinbeilfragment. Nahezu im Centrum des Hügels, also in der 
untersten Schicht, fand sich der Rest eines Steinbettes. 

Noch besseren Aufschluss über die oben berührte Fr^e nach 
dem Vorkommen von Brandgräbem in der Steinzeit erhalten wir 
durch Grabhügel im Gebiet der zürcherischen Gemeinden Ober- 
wenigen und Schöffiisdorf, auf der ^g nördlich der Lagern. 
Sechs derselben wurden von Ferd. Keller untersucht Der erste war 
von bedeutendem Umfange, aber, gleich den übrigen, wenig hoch. 
In der Mitte des Hügels fand man Steine, Scherben und Kohlen; 
auf dem Urboden lagen die Überreste eines verbrannten Leich- 
nams. Einige Stücke der Hirnschale waren von Kupferoxyd grün 
gefärbt „Es war dies die einzige Spur von Metall in all den 
sechs aufgedeckten Hügeln", Im zweiten Hügel kamen Kohlen und 
Scherben, die einem ca. 15 cm hohen, flachbodigen Töpfchen an- 
gehört hatten, zum Vorschein. Im dritten Hügel stiess man auf 
eine Kohlenstätte, „in welcher sich verkohlte Scheiter und Äste 
so erhalten hatten, dass man ganze Stücke derselben herausziehen 
konnte". Der vierte Hügel barg Steine, Kohlen, drei kleine Töpfe 
und zwei Feuersteinstücke. Das eine der Gefässe zeigt das für 
unsere Kupferzeit charakteristische Schnurornament, das andere das 
Stichomament , das wir im Kupferpfahlbau Vinelz ebenfalls häufig 
antrafen. Im fünften Grabhügel kam eine Thonschale zum Vor- 
schein; der sechste Hügel ergab keine Funde. 

Die Grabhügel von Oberwenigen und Schöfflisdorf gehören 
offenbar dem Ende der Steinzeit an, der Kupferperiode. 

Wir können das Resultat unserer Untersuchung über die neo- 
lithischen Gräber kura zusammenfassen und sagen: In der jungem 
Steinzeit wurden die Toten entweder in Höhlen und unter Felsvor- 



zed.yGOOgle 



Ijg Zweitet K^itel. 

Sprüngen, oder in kleinen Steinkisten in freier Erde begraben. Gegen 
das Ende der Epoche aber kam, wenigstens in der deutschen Schweiz, 
die Sitte auf, die Leichen der „reinigenden Kraft des Feuers" zu 
unterwerfen und über dem zusammengesunkenen Scheiterhaufen einen 
Grabhügel zu errichten. 



F. Kaltar In neollthlscher Zeit. 

I. Kulturstufe. Wo die Natur dem Meosdien allzu verschwen- 
derisch ihre Gaben darbietet, nimmt der Geist desselben keinen 
hohem Flug, wo sie ihm aber nur ein karges Mahl bereitet, da 
strebt er empor. In den Tropen muss vielleicht die Urheimat des 
Menschengeschlechts gesucht werden, aber hohe autochthone Kultur 
treffen wir dort nicht. Sie ist auch nicht in den Gegenden zu Bnden, 
wo die Kalte alles Leben zu ersticken droht, sondern in den mittlem 
Zonen, deren Klima ein gemässigtes ist. Diesen Zonen gehört 
Europa an, dessen Bewohner mit ihren Abkömmlingen gegenwärtig 
die Welt beherrschen. 

Ganz allmählich sind die Bewohner Europa's zu der Kulturstufe 
empor gestiegen, die sie heute einnehmen. Der europäische Neo- 
lithiker beispielsweise stand noch recht tief, er verschaffte sich seine 
Nahrung durch Fischfang und Jagd, durch Viehzucht und Ackerbau. 

Fischschuppen fanden sich im Pfahlbau Kobenhausen manchmal 
in ganzen Lagen; Fischknochen sind in den Seedörfem nicht selten. 
Angeln und Harpunen von Hom und Knochen, Netzsenker, Schwimmer, 
Quirle und verschiedenartige Flachsnetze dienten als Fischergerät. 
Mehrfach sind auch Einbäume, zumeist ausgehöhlte Eichstämme, 
gefunden worden und im Pfahlbau Arbon, sowie im Himmerich ;Wetzi- 
kon) kamen Ruder zum Vorschein. Der Einbaum ist erst in unserm 
Jahrhundert aus den Schweizerseen verschwunden. Noch vor 50 Jahren 
existierte er im Aegerisee, im Küssnachter Busen des Vierwal dstätter 
Sees, im Sempachersee u. s. w. 

Unter den Jagdtieren der Jüngern Steinzeit ist der Urochs heute 
ausgestorben; mehrere Tiere sind ausgewandert, wie Elen, Biber, 
Wisent, Gemse. Das Elen wurde nach Rütimever noch im Jahre 1 746 
in Sac^isea geschossen; jetzt liegt die Südgrenze seines Verbreitungs- 
bezirks in Preussen und Lithauen. Der Biber lebte noch 1705 an 
der Birs bei Basel. Gegenwärtig ist er in Deutschland nur noch in 
einer einzigen Kolonie an der Elbe vorhanden; eine noch südlichere 
Kolonie hat sich an der Khonemündung in Frankreich erhalten. Der 
Wisent, ein Buckelochse, von dem das Zürcher Dorf Wiesendangen 
(Wisuntwangas 804) seinen Namen erhielt, lebt unter dem Schutze 



zed.yGOOgle 



Die ncolithuche oder jOngere Steinzeit. i ^g 

der russischen Regierung noch in einigen hundert Exemplaren im 
Kaukasus und in Lithauen. 

Eine Reihe anderer Tiere der Steinzeit kommen in Mitteleuropa 
noch vor, so Dachs, Marder, Bar, Wolf, Fuchs, Wildkatze, Reh, 
Edelhirsch, welch letzterer schon in Chavannes (Schafis; bei Neuve- 
ville in ausgezeichnet grossen Exemplaren konstatiert wurde, und 
das Wildschwein. An Vögeln wurden konstatiert: Milan, grauer Reiher, 
Krähe, Steissfuss, Kolkrabe, Wildgans und Sägertaucher. 

Wir haben schon gesehen, dass selbst im ältesten Pfahlbau 
Schafis die bekanntem Haustiere vorkamen. Unter den Höhlen- 
funden ist kein einziges nachweisbar gewesen. In der Zeit zwischen 
dem Verlassen der paläolilhischen Höhlen und den ersten Pfahlbauten 
der Schweiz müssen also die Haustiere entweder gezähmt oder von 
irgend woher eingeführt worden sein. Das leitet uns auf die Frage 
nach der Herkunft der Haustiere überhaupt, an deren Lösung der 
mehrfach erwähnte Prof. L. Rütiueyer t)edeutsamen Anteil hat. 

Schon Sophokles hat in der Zähmung der Tiere eine hervor- 
ragende That des Menschen gesehen. 

„Sein WiUe zihmt dag Wild der Be^eshOh'n, 
Knirachend gehorcbt das Rom dem Gewaltigen, 
Stöhnend ei^ebt sich der Stier, der unbändige. 
Beugt vor ihm den stolzen Nacken." 

Das erste Tier, das gezähmt wurde, war der Hund. Er entstand 
als Haustier an verschiedenen Orten und aus verschiedenen Wild- 
formen, Einer der Stammväter ist der Schakal. Der Inkahund des 
kolumbischen Amerika's stammt vom amerikanischen Wechselwolf 
ab. Bei der Ankunft der Europäer in der neuen Welt fanden sie 
daselbst drei verschiedene Hunderassen. Auch bei den Malayen ist 
dieses Haustier früh aufgetreten. Auf afrikanischem Boden entstanden 
nach den Forschungen Prof. C, Kellsr's die in Alt-Ägypten so häu- 
figen Windhunde aus dem spitzschnauzigen Wolfe Aethiopien's, In 
Europa treffen wir in neolithischer Zeit einen Hund von der Grösse 
des Wachtelhundes, bald aber erscheinen grössere Formen, 

Das Rind ist ebenfalls an verschiedenen Orten entstanden. Die 
Heimat des Zebu ist Südasien. In Ägypten sind schon um 5000 v. Chr. 
Rinder, verbunden mit Kultvorstellungen, nachweisbar. Dann gelangte 
dieses Tier nach dem übrigen Afrika und dürfte von dort aus nach 
Südeuropa ausgewandert sein. Das kurzhömige Rind der Eringerrasse, 
das in unsern Berggegenden sich findet, stammt sicher aus dem Süden. 

Das Rind ist aber teilweise auch auf europäischem Boden ent- 
standen. Die schweren Rinder Italien's, Ungam's u. s. w. haben andere 
Stammeltern, als das kleine Rind der Alpen. Ihre Ursprungsform 



zed.yGOOgle 



l60 Zweites Kapitel, 

finden wir im Urstier, der als Wild den NeoKthikem noch bekannt 
war und erst in historischer Zeit ausstarb. 

Das Schwein ist ursprünglich bei den Malayen gezähmt worden. 
Aus ihrem Gebiete kam die Stammform aller orientalischen Schweine. 
Das Torfschwein des neolithischen Europa ist asiatischen Ursprungs, 
Es hat sich bis heute im Bündner-Obertand erhalten. Zur Steinzeit 
bildete es die einzige Schweinerasse; erst in den spätem Pfahlbauten 
kommt das europäische Schwein dazu. 

Ziege und Schaf stammen wohl aus Asien; doch sind die For- 
schungen darüber noch nicht als abgeschlossen zu betrachten. 

Das Pferd lebt in einer wilden Form in Zentralasien; wahrscheinlich 
haben es schon die alten Babylonier gejagt. Von der asiatischen Wild- 
form stammen die orientalischen Pferde, die sich bis nach Aegypten 
verbreiteten. Ein zahmes Pferd ist aber auch auf europäischem Boden 
entstanden. Der orientalische Typus ist breit-, der europaische lang- 
köpAg. Noch zu Ekkehard's Zeiten lebten in Europa Wildpferde; 
ja diese wurden in Preussen bis ins XVI. Jahrhundert angetroffen. 
Unser Karrengaul stammt von diesem europäischen Wildpferde, dem 
Diluvial pferde, das in Solutre im östlichen Frankreich eine Unmasse 
seiner Reste zurückgelassen hat. In den altem Pfahlbauten kommt 
das Pferd noch nicht vor; erst gegen Ende der Steinzeit scheint es 
als Haustier bekannt geworden zu sein. 



„Windet zum Kranze die goldenen Ähren, 
Flechtet auch blaue Cyauen hioeiD, 
Freude soll jede» Auge verkitten, 
Dean die KSnigiD ziehet ein. , . ." 

(Schiller,) 

Neben der Viehzucht treffen wir beim NeoUthiker der Schweiz 
auch schon die Anfänge des Ackerbaus. Er machte überhaupt 
vielfachen Gebrauch von den Hilfsmitteln, welche die Flora seiner 
Zeit ihm darbot. Das Holz zahlreicher Bäume benutzte er fiir seine 
Bauten, so das der Eiche, der Buche, der Linde, des Ahorn, der 
Birke, der Eibe, der Tanne und der Föhre. Auch die Früchte 
mancher Bäume boten Nutzen. Die Eicheln wurden, wie wir gesehen 
haben, zur Schweinemast verwendet, die Buchnüsse vielleicht zur Her- 
stellung von Öl benutzt, Dass die Fruchte von Kirschbäumen, Birn- 
und Apfelbäumen, vom Haselstrauch und von der Schlehe gegessen 
wurden, ist zweifellos. Unter den Äpfeln aus Pfahlbauten giebt es 
so grosse Exemplare, dass man sich unwillkürlich fragen muss, ob 
nicht schon eine gewisse Kultivierung von Obstsorten stattgefunden. 



zed.yGOOgle 



Die Dcolithische oder jüngere Steinzeit. l6l 

In vielen Stationen findet man Kerachen von Himbeeren und Erd- 
beeren, auch Reste von Heidel- und Brombeeren. 

Der Bast der Linde wurde zu Geflechten verarbeitet, das Holz 
des Ahorn zu Gefässen benutzt. Die Rinde der Birke breitete man im 
Pfahlbau Schussenried über den Hiittenboden aus. Im Bielersee fand 
man Beutelchen aus Birkenrinde, welche Steinchen enthielten und 
als Netzsenker gedient haben mögen. Das Eibenholz, das von allen 
Holzarten dem Wasser des Torfmoores am besten widerstanden hat, 
lieferte Materia! zu sogen. Kleiderhaken, zu Messern und Dolchen. Der 
HoHunder erscheint in zwei Varietäten, von denen die eine, Sambucus 
ebulus, derAttich, einen Farbstoff lieferte, der zum Blaufärben benutzt 
wurde. Vom Wau (Reseda luteola) kam ein gelber Farbstoff. 

O. Heer, dessen Forschungen über die Pflanzen der Pfahlbauten 
denjenigen Rütimever's über die alte Fauna an die Seite zu stellen 
sind, hat besonders auch eine grosse Anzahl von Flachsresten in 
den Stationen der Steinzeit nachgewiesen. Der Flachs war von der- 
jenigen Art (Linum angustifolium), die noch heute in den Mittel- 
meergegenden wild wächst. Es sind Stengel und Wurzelstücke, 
Früchte, Samen, Flachsbündel und Flachskuchen gefunden worden 
und überdies zahlreiche Spuren der Leinen-Industrie. 

Häufig waren auch Mohnkuchen, femer Nüsse von Trapa natans 
Das massenhafte Vorkommen von Samen eines Labkrautes (Galium 
palustrej und einer] Melde (Chenopodium album) haben wir schon 
erwähnt. 

Ein ganz besonderes Interesse beansprucht das Getreide der 
neolithischen Zeit. Die verschiedenen Getreidearten weisen, wie 
manche Tierformen, auf Beziehungen der Pfahlbauer zum Kultur- 
kreis am Mittelmeer hin. Da erscheinen die kleine Pfahlbaugerste 
(Hordeum hexastichum sanctum), die schon auf Münzen von Meta- 
pont um 600 V. Chr. dargestellt ist, femer die sechszeilige Gerste 
(Hord. hex. densum), die zweizeilige Gerste (Kord, distichum); das 
Einkorn (Triticum monococcum), der ägyptische Weizen (Triticum 
tui^idum); der kleine Pfahl bau wetzen (Trit. vulgare antiquorum); 
der Pfahlbau-Emmer (Trit. dicoccum); der Binkelweizen fTrit, vulg,), 
der Fennich (Setaria italica); die Hirse (Panicum miliaceum) u. s, w. 
Ausser Getreide in Körnerform ist auch geröstetes petreide 
erhalten geblieben, ja sogar eigentliches Brot. Auf einfachen Hand- 
mühlen, die in keinem Pfahlbau fehlten, d, h, zwischen flachen 
Steinen, wurde das Getreide gemahlen und dann über heissen 
Steinen gebacken. 

Die Neolithiker waren also nicht mehr auf der untersten Stufe 
menschlicher Kultur; sie waren keine „Wilde" mehr, sondern hatten 



zed.yGOOgle 



I62 



Zweites Kapitel. 



schon eine höhere Stufe der Entwickelung erklommen. Das wird 
auch klar werden bei der Betrachtung ihrer Waffen und Gerate, 
ihres Schmuckes, sowie schliesslich ihrer gesellschaftlichen Ver- 
hältnisse. 

2. Kleidung und Schmuck der Neolitkiker. Der Höhlenbewohner 
deckte seine Blosse mit wannen Fellen, der Pfahlbauer aber besass 
ausserdem Leinen- und Wollenkleider. Das Schaf war ja sein Haus- 
tier und wenn sich auch keine Reste von Wollstoffen ehralten haben, 
so kennen wir dagegen zahlreiche Gewebe aus Flachs, die den Stein- 
zeit-Stationen entstammen. Nirgends ist eine vollständige Kleidut^ 




Thon-Idoi aus dem Ffiklübau Laibach. (Krain.) 

zum Vorschein gekommen; wohl aber fand sich im Pfahlbau Laibach 
ein Thon-Idol (Fig. 94 a und 6), das über die Kleidertracht der 
Steinzeit Aufschluss giebt. Die Figur ist mit einem hemdartigen 
Kleide angethan, welches vorn, zu beiden Seiten der Mitte, gemusterte 
Vierecke aufweist und ebensolche befinden sich auf der Oberseite 
der Ärmel. Aus Pfahlbauten, die dem Ende der Steinzeit angehören, 
wie die ältere Station Auvernier, Greng und Vinelz, kennen wir 
grosse Hirschhornknöpfe, die zum Festhalten der Kleider gedient 
haben mögen. (Vgl. Fig. 85 Seite 133.) 

Wichtiger als die Kleidung ist für die Naturvölker der Schmuck. 
Wenn wir auch gar keine Schmucksachen aus neotithischen Ansiede- 
lungen und Gräbern besässen, so dürften wir dennoch annehmen, dass 



zed.yGOOgle 



Die Dcollthische oder jQngsre Steinze 



■63 



die Steinzeitleute sich geschmückt hätten, weil bei den heute lebenden, 
niedrig stehenden Völkerschaften sich jedermann zu schmücken sucht. 

In den meisten Pfahlbauten der Schweizer 
Seen ist Roteisenstein (Rötel) gefunden worden. 
Er hat wohl zum Färben von Leinwand und Wolle, 
sowie zur Bemalung des Körpers gedient. Ob bei 
den Neolithikem auch die Tätowierung üblich war, 
wissen wir nicht, dagegen können wir recht wohl 
Aufechluss geben über die verschiedenen Dinge, 
mit denen sie ihren Körper behingen. 

Da sind zunächst Nadeln aus Knochen und 
Hirschhorn zu erwähnen, die schon in dem uralten 
Pfahlbau Schafts bei Neuveville am Bietersee gar 
nicht selten gefunden wurden. Manche derselben 
treten auf der einen Seite ein Knöpfchen mit Öhr, 
durch welches wohl eine Schnur gezogen wurde, 
um die Flechten des Haares festzuhalten (Fig. 95). 
Andere Knochennadeln endigen in Knöpfchen 
oder in breite Flächen, die hier und da durch- 
bohrt sind (Fig. 96—99). 

Wirkliche Schmuckgegenstände, nicht bloss 
Toilettenstücke, mögen auch die Eibenholzkämme ^'b- 95- 

sein, die z. B. in Moosseedorf, Concise, Sutz u.s.w. Ka°=tei.nadda«sdem 

' , , . , Pfahlbau Schafts. 

zum Vorschem kamen. 

Das schöne Bild von Anker, das eine Pfahlbauerin darstellt, 
welche, ihr kleines Kind im Arm, nach dem im See draussen weilenden 




?) 



T r 



T 



Fig. 96. Fig. 9?. Fig. 98. Fig, gg. 
Knochennadel „Schaufelnadel" Kjiocbcnnadeln aus Meilen und Knochemiadel 
aus dem Pfahl- aus dem Pfahl- Vinelz. aus dem Pfahl- 
bau Obenneilen. bau Vineli. bau Vinelz. 

Gatten ausschaut, zeigt uns, dass man in den alten Seedörfern auch 
Halsschmuck kannte. Perlen aller Art wurden zu einer Halskette 
aneinander gereiht, an welcher vielleicht vom ein Amulet hing. Gar 



zed.yGOOgle 



i64 



Zweites Kapitel. 



nicht selten sind Perlen aus Stein, meist mit künstlicher, seltener mit 
natürlicher Durchbohrung. Solche Steinperlen fanden sich z. B, in der 
älterer Station Mörigen, in Lattrigen und in dem Kupferpfahlbau Vinelz. 
Häufiger kommen Gehänge aus Stein vor, oft fein poliert oder aus halb- 
edelm Stein, wie Nefrit, bestehend. In den Öfeliplätzen bei Gerolfingen 
am Bielersee enthob man dem Seegrund lO — Ig cm lange, meissel- 
artige Steine, welche je ein kleines Löchlein aufweisen. Sie können 
nicht wohl als Werkzeug gedient haben, sondern sind eher Schmuck- 
gehänge oder Amulete. Es wäre möglich, dass wir in ihnen Zeugen 
eines Steinkultes hätten, der in seinen letzten Äusserungen, im aber- 
gläubischen Gebrauch der Donnersteine, bis in unsere Zeit hinein- 
reicht. Altertumsforscher, z. B. in Norddeutschland, konnten nämlich 



® 



Fig. 100. 
Bernsteinperle 



Schmuckgehänge a 



Fig. 103. 

Doppelt durchbolirter Eber- 

zahn aus Moosseedorf. 



diese Steinbeile oft nur schwer oder nicht von den Bauern erhalten, 
weil diese die vermeintlichen Zauberstücke in ihren Ställen benutzten, 
etwa so, dass sie solche schabten und die abgeschabten Teile unter 
den Viehtrank mischten, was gut sei gegen Blähungen u. s. w. 

Wenn der Pfahlbauer auf seinen Wanderungen und Jagdzügen 
eigentümliche Steine fand, so nahm er sie mit. Auf diese Weise 
muss das Vorkommen von Versteinerungen in den Seedörfern er- 
klärt werden. In St. Blaise kam z. B, ein versteinerter Ammonit 
zum Vorschein. Derselbe war durchbohrt und als Schmuck getragen 
worden. Ein ähnliches Stück fand sich in Gerolfingen, wo ein Pec- 
tunculus aus der Kreideformation, ebenfalls durchlocht, entdeckt 
wurde. Anderwärts fand man durchbohrte Seeigel, Rhyncho- 
nellen u. s. w. 

Hier mag noch erwähnt werden, dass in Meilen und St. Aubin 
auch Bernstein gefunden wurde (Fig. 100). Dieses fossile Harz 
erscheint zwar erst in bronzezeitlichen Pfahlbauten häufiger, aber 



zed.yGOOgle 



Die Deolithiscbe oder jDngere SIeinze 



165 



der Fund desselben an den genannten Orten beweist, dass schon 
sehr frühe Verbindungen mit weit entfernten Gegenden 'best anden. 

Dass auch die Jagdbeute Schmuck liefern musste, darf uns 
nicht wunder nehmen. Durchbohrte Bärenzähne sind z. B, aus 
Meilen, Lattrigen und St, Aubin (Fig. loi) bekannt; Wolfszähne 
wurden gefunden in Au- 
vemier, Gerolfingen u.s.w. 

Hunde- und Rinderzähne A 

sind nachgewiesen aus i: l\ 

Wangen(Fig. i02),M6rigen ' y \ 

u. a. O., Eberzähne aus 
Robenhausen, Lüscherz, 
Vinelz, Concise u. s. w. 
Manche Zähne sind ge- 
teilt und zugeschliffen wor- 
den (Fig. 103), 

Dem Trieb des Men- 
schen, sich zu schmücken^ 
diente ferner das Geweih 
desHirsches. Es wurde & 
sägt, poliert und erscheint 
in den verschiedensten Formen. Da kamen Perlen aus Hirschhorn 
in den Pfahlbauten von Lattrigen, Gerolfingen, Wauwil u. a. zum 
Vorschein; Gehänge aus demselben Material aber sind sehr zahlreich. 
Manche zeigen Einkerbungen, andere Punktverzierungen u. s. w, 
(vgl. Fig. 59 Seite 121}. In St Aubin und an den Öfeliplätzen bei 



Kuprergehänge 
aus Vineli. 



a 



Fig. 104, Fig. 105. 

Knochengehänge Gehänge aus dem 

s Gerolfingen. Pfahlbau FonL 



Fig. 107. 
Kupferpeile 

aus Vinelz. 



Fig. 108. 
Kuprerperlen aus dem Pfahlbau Gerolfingen. 

Gerolfingen entdeckte man Tierknöchelchen, die ebenfalls an einem 
Ende durchlocht worden waren (Fig. 104) und in Lüscherz wurde 
ein Knochenstäbchen gefunden, das offenbar auch als Schmuck ge- 
dient hat. Zahlreich waren solche Stäbchen in Lattrigen und Fig. 105 
stellt einen verwandten Fund aus Font dar. 

Der Pfahlbau Vinelz hat neben Waffen aus Kupfer auch Schmuck- 
sachen aus diesem Metall geliefert, z. B. Spiralen und Gehänge in 
Form von Plättchen {Fig. 106), Perlen {Fig. 107) und flachen Lamellen, 



zed.yGOOgle 



l66 Zweilu Kapitel. 

die vielleicht als Armspangen zu deuten sind. Ähnliche Funde 
stammen aus St. Blaise. Gerolfingen lieferte ein, demjenigen von 
Vinelz ähnliches, jedoch einfacheres Collier von Kupferperlen {Fig. 108) 
und dem Pfahlbau Obermeilen wurde eine Bronzespange enthoben. 
Diese Stücke fuhren uns aus der Steinzeit in diejenige Epoche 
hinein, wo die glänzende Bronze als neue Triebfeder Zur Anbahnung 
raschen Fortschrittes der Menschheit auftaucht, 

3, Werkzeug und Waffen. In der Faust des Menschen lag das 
Urbild der Waffen und in der Hand haben wir das erste Werkzeug, 
Die grosse Lehrmeisterin unseres Geschlechts, die Not, führte schon 
frühe zur Erfindung der Keule. Dieses Abbild des Armes mit 
der Faust hat sich lange Zeit erhalten: Die alten Schweizer haben 
in den ersten Freiheitskämpfen noch häufig den Morgenstern, die 
mit Nägeln besetzte Keule geschwungen. 

In den Pfahlbauten der Steinzeit sind Holzkeulen nicht selten 
gefunden worden,' so in Meilen, Niederwil bei Frauenfeld u. a. O. 
Ausserdem kamen rundliche Steine zum Vorschein, teils mit, teils 
ohne Kinnen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieselben in der 
nämlichen Weise gehandhabt wurden, wie die Bolas in Patagonien. 
Jedenfalls war auch die Schleuder frülizeitig in Gebrauch. 

Der Urmensch hat sich zuerst mit seinen Händen Wurzeln aus- 
gegraben; nachher benutzte er scharfkantige Muscheln, spitze Steine, 
Stöcke und dergl. Die steinerne Spitze, wie der zugeschärfte Knochen, 
konnten auch im Kampfe dienen. Wurde eine solche Spitze an 
einen Holzstab befestigt, so hatte man den Speer, In der Pfahl- 
baute von St, Aubin fand man Knochenspeere, ebenso an vielen 
andern Orten und noch häutiger sind in der Steinzeit die Lanzenspitzen 
aus Feuerstein, neben denen gewiss auch hölzerne Speere in Gebrauch 
waren. Ursprünglich war die Lanze beides: Werkzeug und Waffe; 
erst nach und nach wurde er ausschliessliches Kampfgerät. 

Uralt ist der Gebrauch des Beils, Es konnte auf der Jagd 
und im Kriege benutzt werden, wie zu Hause. Als geschätztes 
Werkzeug hat es sich in wenig veränderter Form von der Steinzeit 
bis heute erhalten; als Waffe wurde es von den höher entwickelten 
Völkern längst abgelegt. Doch sind noch die Franken mit ihrer 
Streitaxt, der Francisca, in den Kampf gezogen. 

In den steinzeitlichen Seedörfern sind die Beile sehr zahlreich, 
Sie bestanden aus den verschiedensten Gesteinen, Hochgeschätzt 
müssen vor allen die Äxte aus dem seltenen Nefrit und seinen 
Verwandten, dem Jadeit und Chloromelanit, gewesen sein. Daneben 
findet man häufig Serpentine; es kommen aber ^uch Äxte vor aus 
Materialien, die sich als ganz untauglich zu dem Zwecke erwiesen. 



zed.yGOOg[e 



Die oeoliihische odet j&Dgere Steinzeit. 167 

dem sie dienen solhen, z. B. solche aus Basalt und aus weichem 
Sandstein. Der Pfahlbauer bereitete sein Beil auf folgende Art: Er 
suchte sich unter den Kieseln des Baches oder Flusses in seiner 
Nachbarschaft einen aus, der ungefähr Keilform besass und schliff 
ihn dann zu. Oft geschah dies nur an der Schneide, oft aber auf 
allen Seiten. Wollte der Steinzeitmann einen grossem Block zu 
Beilen verarbeiten, so zersägte er ihn mit Hilfe von weichem Holz 
und hartem Sand. War eine etwa i cm tiefe Rinne gesägt, so 
wurde der Stein mittels eines geschickten Schlages entzwei gespalten 



Fig. 109. Fig. HO. Fig. III. Fig. 113. 

Doppelbeil aus dem Kupterbeilcheo aas dem Kupferbeil aus Kupremiasse von 
Platilbau Bauschanze Pfahlbau WoIlishofeD- Sinn. der Form eines 

(ZOrich). Zürich. Doppelbeiles aus dem 

PfalilbauLüscheri. 

und aus den Stücken schliff man die Äxte zurecht. Steine mit Säge- 
schnitten kommen nicht selten vor. 

Grösse und Form der Beile sind verschieden. Die einen sind 
dick, andere flach, die einen nur wenige Centimeter lang, andere 
gleichen in ihrer Grösse den heutigen Äxten. In einigen wenigen 
Stationen, z. B. im Pfahlbau Erlenbach und in der Bauschanze bei 
Zürich hat man Beile mit zwei Schneiden, sogen. Doppelbeile 
gefunden (Fig. 109). Gegen Ende der Periode erscheinen Kupfer- 
äxte, in ihrer Form anfangs flachen Steinbeilen gleichend (Fig. IIO 
bis 1 1 2). 

Die Schäfhing der Beile war verschieden. Oft wurde die Stein- 



zed.yGOOgle 



axt einfach in einen Holzschaft oder in einen Hirschhornunken ein- 
gefasstj oft aber steckte das Beil in einer Hirschhornfassung, die 



Fig. 113 und 114. 

Steinbeile mit einfachen) Holz- 

sihafi. 



Fig. 115. 

Steinbeil in Hirscbhornfassung. 
Fundort: St. Aubin. 



dann ihrerseits in einen Holzschaft eingelassen ward, wodurch das 
häußge Zersplittern der Holzteile einigermassen vermieden und der 




Fig. 116, 
Nefritbeil in Hirschhorn- 
fassung. Fundort: Meilen. 

Schlag in seiner Wirkung gemildert wurde, weil die Hirschhornfassung 

im Holzschaft elastisch wirkte (Fig. 113 — 117), 

Wurde das Steinbeil durchlocht, so konnte es 
auch als Hammer benutzt werden (Fig. 118). Die 
Durchbohrung geschah mit weichem Holz und har- 
tem Sand, der, mittels Bogen und Drehholz auf dem 
Stein gerieben, allmählich ein Loch bohrte (Fig. 1 19). 
Praktische Versuche haben gezeigt, dass es gar nicht 
schwierig ist, auf diese Weise selbst sehr harte Ge- 
steine zu durchbohren. Hammerbeile, deren manche 
erst angefangene Bohrung zeigen (Fig. 120), sind 
sowohl aus steinzeitlichen Stationen, als auch aus 
solchen der Bronzeperiode bekannt geworden. 
Auch Hirschhomstücke wurden mit einer 
Schneide versehen und am andern Ende durch- 
locht, so dass sie eine dem Hammerbeil ähnliche 
Form erhielten und als Hacken dienen konnten. 

-. . , '"'^ " ■ , Solche Hacken stammen z. B. aus dem Pfahlbau 

Stemhanimer aus dem 
Pfahlbau CoDcise. Lüscherz. 



zed.yGOOgle 



Die neolilhische oder jOngete Sleinzeit. 169 

Daneben giebt es aber auch Knochen- und Hirschhomstücke 
mit Schaftloch, welche als Hämmer benutzt worden zu sein scheinen. 
Solche sind z. B. aus Lüscherz, Vinelz, Schafts bekannt, während 



Steinbohrappai'at der Neoliihiker. (RekonstruktiOD). 

eigentliche Steinhämmer {ohne Schneide) z. B, in Robenhausen und 
St Aubin zum Vorschein kamen. 

Die zuletzt genannten Formen sind alles echte Werkzeuge. Es 
hat nämlich im Laufe der Zeit zwischen Waffe und Gerät eine 
Differenzierung stattgefunden. Zu den echten Werkzeugen gehören 



MI 



Fig. lao. Fig. 121. Fig. 122. Fig. 123. 

Stein mit angefange- KnticheDmeissel aus Steinmei^sel mit Kupfermeissel aus 

il«r Bohrung aus dem Prablbau Wauwil HirscbhornfassuDg aus dem Prahlbau 

Chevroui. {Lvuern). dem Pfahlbau Obermeilen. Viceli. 

auch die Meissel, Die Steinzeitleute besassen solche aus Holz, 
Stein, Knochen und Kupfer (Fig. 12I — 123). 

Jedes Steinbeil konnte als Meissel gelten. Die Knochen meissel 
wurden aus Fragmenten von Röhrenknochen, aus Rippen u. s. w. 
verfertigt. Sie 5nden sich in allen möglichen Breiten und in den 
verschiedensten Grössen vor. Auch kupferne Meissel sind nach- 



zed.yGOOgle 



I yo Zweites Kapitel. 

gewiesen und zwar in Stationen, die dem Ende der Steinzeit an- 
gehören, wie Vinelz und Gerolfingen im Bielersee. 

Wenn der Meissel immer schmäler und schmäler wird, so ent- 
steht schliesslich der Pfriemen, die Ahle. Damit soll aber nicht ge- 
sagt seio, dass dieses Gerät 
sich aus dem Meissel ent- 
wickelt habe. Vielleicht ist 
eher das Umgekehrte der 
Fall gewesen. Ahlen aus 
Knochen sind in Steinzeit- 
Pfahlbauten sehr häufig 
(Fig. 124—126), auch solche 
aus Hörn kommen vor. In 
Fig. 124. Fig. 115. Fig. ijfi. Kupferstationen entdeckte 



Knochenpfnemen aus dem F&hlbaa Obecmeilen. 



man Pfriemen aus Metall. 



Hier und da ist noch die Fassung, etwa ein Stück eines Röhren- 
knochens vorhanden. 

Feuersteinsplitter haben schon den Höhlenbewohnern als Bohrer 
gedient und ähnliche Spitzen fdnd man z. B. auch in Moosseedorf. 
Kleine Eibenholzbogen, wie einer in Vinelz zum Vorschein kam, 
wurden vielleicht zum Bohren benutzt 

In den Feuerstein-Werkstätten der Pfahlbauer kamen neben 
zahlreichen Kernstücken und sehr vielen Abfallsplittern auch Bohrer, 
Schaber, Messer, Pfeilspitzen u. s. w. zum Vorschein. Die Schaber 
aus Silex weisen eine durch zahlreiche Absplitterungen erzeugte 
Schabkante auf. 

Lange Lamellen von Feuerstein wurden als Messer und, 
wenn gezahnelt, als Sägen benutzt. Manche Silex- 

i sägen sind mit Asphalt in Holzfassungen eingekittet 

aufgefunden worden {vgl. Fig. 55 Seite 118). Solche 
kleine Instrumente kamen in Meilen , Lüscherz, 
St. Aubin, Auvernier, Vinelz u. s. w. zum Vorschein. 
Wenn Silexmesser häufig sind, so erscheinen 
pjg ,2^ dagegen hölzerne Messer selten (Fig. 127). Sie 
Eibenboizmesser wurden aus Eibenholz verfertigt, wie Funde in Roben- 
aus WhuwU. hausen und Wauwil beweisen. In Vinelz fand man 
schneidende Lamellen aus Kupfer, die man als Messer bezeichnet hat 
An die eigentlichen Werkzeuge seien noch die Wetz- und 
Poliersteine angeschlossen und endlich auch die Schleifeteine, 

Keule, Lanze und Beil haben zugleich als Werkzeug und 
als Waffe gedient Eine echte Waffe, wohl die älteste, ist der 
P f e i I , der von der Sehne des Bogens in die Ferne gesandt wird. 



zed.yGOOgle 



Die oeolithisch« oder jüngere Steinzeit. 



„Kamprpieii und Kfih' eibente uns der Bogen, 
Der Bogen si(se in des Kampfes Hitze, 
Der Bogen mach' dem Feinde Angst und Grauen, 
Der Bogen geb' im Siege uns die Welt!" 

(Rigveda VI 65,*). 

Zwar hat man unter den Knochenpfriemen gewiss viele als 
Pfeilspitzen aufeufassen — bei einigen ist das bewiesen — aber 
die steinzeitliche Pfeilspitze par excellence bestand aus Feuerstein 
(Fig. 128—133}. Gross beschreibt in seinem Werke: „Les Proto- 
helv^tes« die Art, wie die Feuerländer ihre Pfeile herstellen: Ils 
saisissent de la main gauche — en ayant soin de i'envelopper par 
un fragment d'^toffe pour le tenJr plus solidement — entre le pouce 
et l'index, l'^clat de silex ou de verre noir, avec lequel ils veulent 




Fig. 128. Fig. isg. Fig. 130. Fig. 131. Fig. 132. Fig. 133. 

Feuerstein-Pfeilspitzen aus dem Pfahlbau Pfeilspitzen aus dem Pfahl- 

Schafis, bau Vtoeiz. 

faire une flache; puis, en appuyant fortement sur les aretes avec 
un bout d'os ou de corne, ils en enlevent des ^clats et en faconnent, 
en moins d'une demi-heure, une flache tout-ä-fait semblable k celles 
de DOS lacustres." 

Auch über die Fassung der neolithischen Pfeilspitzen sind wir 
unterrichtet. In St Aubin z. B. hat man eine dreieckige Silexspitze 
in ein gespaltenes Holzstäbchen eingekeilt gefunden. Dasselbe war 
mit Faden umbunden und daä Ganze mit Asphalt verkittet. Gross 
hat im Pfahlbau Lattrigen (Bielersee) Knochenpfriemen entdeckt, 
welche mit Faden an Holz gebunden waren; über den Faden war 
eine Schicht Birkenharz gestrichen worden. Als seltene Vorkomm- 
nisse müssen eine Nefritspitze aus Robenhausen, femer einige dieser 
Waffen aus Bergkrystall verzeichnet werden, wie sie in genanntem 
Pfahlbau, aber auch im Moosseedorfsee u. s. w. vorkamen. 

Die Spitze in der Hand des Jägers wird zum Dolch. Im 
Pfahlbau Vinelz fand man eine Feuerstein-Lamelle in einem Holzgriff 
steckend, beides mit Binsen umwunden und durch Harz verkittet. 
Der Griff endete hinten in einen Knopf. Schon in altern Stationen, 
wie Robenhausen, kamen Dolche vor, aus der Ulna verfertigt und 



zed.yGOOgle 



172 Zweites Kapitel. 

sehr gut in die Hand eines Mannes passend. In dem eben ge- 
nannten Vinelz aber fand man, wie in Gerolfingen, St. Blaise u. s. w. 
auch Dolche von Kupfer. Es sind dies flache, dreieckige Klingen, 
welche mittels Nietnägeln mit der Fassung verbunden wurden, 

4. Die Textil-Industrie. £;„ schiirifin fähn mii winde»chneiie 



Ein Schüler Semper's erzählt, dass dieser Meister seine Vorträge 
über die Ornamentik mit dem Satze einzuleiten pflegte: „Im Anfang 
war die textile Kunst". Gewiss kannten schon die primitivsten 
Völkerschaften das Binden und Knüpfen. 
Aus dem Binden und Knüpfen aber 
entwickelte sich das Flechten und dieses 
führte zur Webekunst, die schon in sehr 
alter Zeit eine gewisse Höhe der Ent- 
wicklung erreichte. Selbst in den 
ältesten P&hlbauten der Schweiz finden 
wir Gewebe. 

Als Textil -Material stand dem 

Pfahlbauer der Steinzeit die biegsame 

Weide, Bast und Rinde von Bäumen, 

Stroh von Getreide, die Wolle der 

Schafe, ganz besonders aber der Flachs 

zur Verfügung. Von letzterem sind ja 

alle möglichen Reste aus dem Schlamm 

FlBch^bteche'^atL^Robenhausen. ""serer Seen und zwar in solcher 

Menge ■ herausgefischt worden, dass 

man annehmen muss, er sei schon in der Steinzeit kultiviert 

worden. Zu demselben Resultat führt die Betrachtung der Game, 

Fadenknäuel, Schnüre, Seile, Knüpfarbeiten, Geflechte, Gewebe und 

Stickereien. 

„Jede Hütte hatte ihren Webstuhl," schrieb Messikommer und 
gern denken wir uns mit der Spinn- und Webearbeit die Frauen 
der Pfahldörfer beschäftigt. Noch bei den Germanen hören wir, wie 
hoch der Flachs geschätzt wurde. Die Göttin Frigga, die Be- 
schützerin der Ehe, wurde mit dem Spinnrocken dargestellt. Flachs- 
blondes Haar und Augen, so blau wie die Blüte des Flachses, waren 
den schönsten Germanentöchtern eigen und diese haben bekanntlich 



zed.yGOOgle 



Die oeolithische oder jünEere SteinKit. j 7 j 

selbst römische Dichter zu Lobgesängen begeistert Sehen wir nun 
zu, wie die Pfahlbauerinnen den Flachs verarbeiteten. 

Man hat in der Station Robenhausen ein Stück Holz gefunden, 
das auf der einen flachen Seite schräg gegeneinander verlaufende 
Leisten zeigt Dieses Gerät mag als Flachsbreche gedient haben 
(Flg. 134). Nachdem der Flachs „gebrochen" war, kam die Arbeit 
des Zerteilens der Fasern der Stengel, das „Hecheln". Dazu dienten 
gespaltene Knochen, zusammengebundene Rippen, vielleicht auch 
kammartige Instrumente. Aus dem Pfahlbau Lüscherz stammt eine 
Holzplatte mit Griff, welche regelmässig durchlöchert ist Denkt 
man sich in jedem der Löchtein einen Holznagel befestigt, so ent- 
steht eine Karde, welche beim Flachsbereiten gute Dienste thun 
konnte. 

Nachdem die Fasern des Flachses gelöst waren, mussten sie 
gesponnen werden. Das Spinnen stand in alten Zeiten in hohen 
Ehren. An die Esche Yggdrasil haben die Nomen die Fäden der 
Schicksale der Welt geknüpft. Nach der Anschauung der Griechen 
hielt die erste der drei Schicksalsgöttinnen den Rocken, die zweite 
spann den Faden, welchen die dritte abschnitt. Von diesen Göttinnen 
mögen Wechselgesänge gehandelt haben, wie sie im Atrium von 
den spinnenden Frauen ertönten. Catull beschreibt dies mit 
den Worten: 

„Und die Fmger nipflea rüstig ihr ewiges Tagwerk, 

Und die Linke fosste den Rocken, mit Wolle bekleidet. 

Und ihre Rechte zog mit langgestreckten Fingern 

Sanft den Faden herab, und indessen der Damnen ihn drehte, 

Li«f die länglich runde, zierliche Spindel ini Kreise. 

Aber bestandig war die Arbeit vom Zahne geschlichtet; 

Auch blieb an der trockenen Lippe manch Flserchen Wolle, 

Das zuvor den glätten Faden venauhte, hangen. 

Und vor den Füssen verwahrten geflochleoe Körbe 

Zartes Vlies von schneeweiss glänzender Wolle der Lfimmerj 

Dieses zerzupften sie jetzt und sangen mit silberner Stimme 

Göttliche Wechselgesänge vom Schicksal." 

Spindeln sind, weil aus dem leicht verfänglichen Holze bestehend, 
in Pfahlbauten selten gefunden worden, sehr häufig aber kamen 
Spinnwirte] zum Vorschein, aus Thon und Stein, fast nie aus Knochen 
verfertigt Die Thonwirtel sind oft reich verziert. Hier und da fand 
man auch Spulen aus Thon, die wohl zur Aufnahme des Fadens 
dienten, den man zudem in Knäueln und Strängen dem Seegrund 
enthob (Fig. 135—137). 

Neben Faden treffen wir unter den Flachsprodukten der Neoli- 
thiker aber auch Schnüre, Stricke und Seile von wechselnder 



zed.yGOOgle 



'74 



Zweites Kapitel. 



Dicke (Fig. 138). Hervorragend als Fundorte solcher Gespinste 
erwiesen sich Robenhausen im Pfäffiker- und Vinelz im Bielersee. 
In Stein am Rhein, Moosseedorf,. Lüscherz, Murten u. s. w. sind 
ebenfalls derartige Funde gemacht worden. 

Die Hausfrau des Steinzeit-Pfahlbauers hat nicht bloss „um die 

schnurrende Spindel den Faden" gedreht und „die schimmernde Wolle, 

den schneeigten Lein" „im reinlich geglätteten Schrein" gesammelt, 

— sondern Ihr sind wohl auch die Produkte 

des Knüpfens und Wirkens, des Flechtens 

und Webens zuzuschreiben. Fleissig hat sie 

die Nadel geführt. Im Pfahlbau Schussenried 



(^ 



Fig. 135. Fig. 136. Fig. 137. Fig. 138. 

Flacbsrasern aus Ro- Flachsfaden aus dem Prahlbao SchnUre und Stricke aus 

benbausen, Robenliausen. Robenhausea. 

fand man sogar eine Filetnadel aus Hirschhorn und bei Bodmann 
im Ueberlinger Busen, wie in Mörigen im Bielersee, kamen Häkel- 
nadeln aus Holz zum Vorschein (Fig. 139). 

Die Produkte der Knüpfarbeit und des Wirkens sind da am 
zahlreichsten zU erwarten, wo diese in weichen Torf eingebettet 
wurden. In Robenhausen fand man denn auch Knoten, so den 
echten Weberknolen (Fig. 140), ferner Netze von den verschiedensten 
Maschenweiten, wie sie fiir Fischfang und Vogeljagd nötig waren. 
Bei einer weitmaschigen, starken Art Netz (Fig. 141) sind die 
Knoten so erstellt, dass dieselben längs des einen Fadens ein Stück 
weit sich verschieben konnten. Denken wir uns nun einen Fisch, 
der in dieses Netz geraten. Versuche machend, sich zu befreien, so 
wird er infolge dieser Verschiebbarkeit der Knoten um so mehr ein- 
geengt, je mehr er Anstrengungen macht, loszukommen. Möglicher- 
weise haben die Pfahl bauerinnen auch Netze gebraucht, um den reichen 
Schmuck ihres Haares in denselben zu beiden. 

Neben Netzen sind Fransen und Quasten gefunden worden. 
Einige gute Proben so Icher Posamen terie- Arbeit sind im Schweizerischen 
Landesmuseum in Zürich ausgestellt (Fig. 142). Fransen und Quasten 



zed.yGOOg[e 



Die neolithische oder jüogere Steinzeit. 



I7S 



mögen den Gürtet geschmückt haben, der den Liebreiz der Frauen 
hob. Hat ja doch auch die „hoheitblickende Here" sich, um Zeus 
zu gefallen , den Gürtel umgelegt , mit 
„lOO Quasten umbordet" und von Aphrodite 
noch den Zauber „der Lieb' und Sehnsucht" 
verlangt, mit welchem dieseGöttin „alle Herzen 



Fig. 139- 



Fig. I 



Stricknadel aus dem Pfahlbau Weberknolea aus Roben- 

MGrigen (Bielersee). hausea. 

der Götter bezähmt und sterblicher Erdenbewohner". Diese will- 
fahrte dem Verlangen und 

„löste vom Busen den köstlichen Gürtel, 
Buntgewirkt : dort waren die Zaubemnge vereonimell; 
Dort war schmachtende lieb' und Sehnsucht, dort das Getändel, 
Dort die schmeichelnde Bitte, die oft auch den Weisen beihöret." 
Wenn die Produkte des Knüpfens und Wirkens in den Stein- 
zeit-Pfahlbaustationen selten sind, so kehren dagegen unter den 
Funden die Geflechte häufig wieder. Es ist erstaunlich, wie viele 



Fig. 142. Flg. 143. Fig. 144. 

Flauten ans Robenhausen. Bastgeflechte aus dem Pfahlbau Wangen im Bodensee. 

dieser Kunstprodukte dem Zahn der Zeit getrotzt haben. Da sind 
zu erwähnen die Geflechte aus Bastfasern und Basiriemen aus 
Wangen (Fig. 143 — 144) und Robenhausen (vgl, Fig. 68 S. 129) und 
sodann die Geflechte aus Flachs der Stationen Wangen und Stein am 
Rhein am Bodensee, Niederwü bei Frauenfeld, Robenhausen im 
Pfäfiikersee, Lüscherz, Schafts und Vinelz im Bielersee u. s. w. Manche 



zed.yGOOgle 



I 76 Zweites Kapitel. 

dieser Geflechte sind kunstreich- Eines derselben ist eine eigentliche 
Matte, andere dienten jedenfalls zur Bekleidung des Menschen. Ein 
Flachsgeflecht aus Wangen sieht aus, wie eine Kappe; andere Ge- 
flechte sind so regelmässig, dass man nicht begreifen kann, wie es 
möglich war, auf dem blossen Flechtrahmen solche Arbeiten zustande 
zu bringen. 

Das Flechten führte ganz unmerklich zum Weben. Zahlreiche 
Stationen haben Gewebe geliefert, so Wangen, Stein a. Rh., Nieder- 
wil, Robenhausen (Fig. 145 u. 146), Irgenhausen, Schafts, Lüscherz, 
Vinelz, Murten und Meyriez. Reich vor allen anderen Pfahlbauten 
waren an Textilprodukten Robenhausen und Murten. 

In den Pfahlbauten sind nur Stücke von Leinengeweben zum 
Vorschein gekommen. Keines derselben zeigt eine Form, die einen 



Flg. 145- Fig. 146. 

Taftgewebe ans Robenhauscn. Köpergewebe aus Robeohauser. 

Schluss zuliesse über die Art der Kleidung der Bewohner unserer See- 
dörfer. Wir kennen dieselbe nur aus dem Thon-Idol von Laibach und 
ähnlichen Funden. EinseltenesGewebestückbewahrtdasSchweizerische 
Landesmuseum. Es wurden zwei viereckige Lappen auf drei Seiten zu- 
sammen genäht und so entstand eine Tasche. In derselben Samm- 
lung liegt ein Gewebe aus Irgenhausen, das mit anderen Flachsfaden 
bestickt war. Diese älteste Stickerei weist schöne Muster auf. 
Bedenken wir, dass die Pfahlbauer der Steinzeit ausser weiss und 
schwarz noch die drei Farben rot, gelb und blau zur Verfügung 
hatten, so dürfen wir uns wohl die Leute jener fernen Epoche auch 
in Bezug auf schöne Kleider nicht allzu ärmlich ausgestattet vorstellen. 
Womit haben die Pfahlbauer ihre Gewebe erstellt? Fast 
immer erscheinen die Produkte der Webekunst der Neolithiker 
als einfache Taftgewebe, die auf jedem Flechtrahmen hergestellt 
werden konnten. Doch sind manche derselben so regelmässig, 
dass man geneigt ist, anzunehmen, es sei damals schon eine 
Art Webstuhl in Gebrauch gewesen. Einige Funde scheinen die 
Existenz desselben zu sichern. Denken wir uns zwei Holzpfosten, 
deren obere Enden gegabelt sind, in die Erde gesteckt und ein 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jQngere Steinzeit. \-j-j 

Querholz in jene Gabeln gelegt, so haben wir den einfachsten 
aufrechten Webstuhl. Wer mit demselben arbeiten will, bindet 
einfach Faden an das Querholz und lässt sie frei hangen. Die 
Faden werden büschelweise zusammengenommen, unten durch Steine 
u. dgl. beschwert und angestreckt Damit die Faden dieses Zettels 
oder der „Kette" sich nicht verwirren, wird oberhalb der Zettel- 
strecker eine Schnur durchgezogen. Zettelstrecker sind in Pfähl- 
bauten mehrfach zum Vorschein gekommen. Es sind teils Thonkegel 
mit Aufhängeloch, teils flache Steine mit Rinnen oder einem Loch 
zum Durchziehen des Aufhängefadens. Auch Webepfosten glaubt 
man gefunden zu haben. 

Ist der Webstuhl (Fig. 147) in der beschriebenen Weise auf- 
gestellt, so nimmt der Weber ein langes, spitzes Holz, an welchem 
der Eintrag&den befestigt, wohl gar aufgewickelt ist Mit diesem 
primitiven Weberschifflein bringt er den Ein- 
tragfaden vor dem ersten ungeraden Faden 
des Zettels oder der Kette durch, dann 
hinter dem zweiten, geraden Faden, dann vor 
dem dritten, ungeraden Faden, hinter dem 
vierten, geraden u. 3. w, immer vor den un- 
geraden und hinter den geraden Faden. Ist 
er durch die ganze Kette hindurch, so geht es 
umgekehrt weiter. Beim zweiten „Schuss", d. h, 
beim zweiten Durchziehen des Fadens kommt 
derselbe vor alle geraden und hinter die 
ungeraden Faden der Kette zu liegen. Die 
dritte Reihe entspricht der ersten, die vierte der 
zweiten u. s. w. So geht es fort bis unten an ^*- "t^- 

, rr .. 1 t 1 i- 1 i~.- ^ r .■ < Aufrechter Webstubt. (Re- 

den Zettel, d. h, bis das Stuck fertig gewoben , , • , 

ist. Um dem Tuche die nötige Dichte und 

Festigkeit zu geben, wird jeder eingetragene Faden mit dem Stabe 
an das fertig Gewobene angeschlagen. Dieser Eintragsstab repräsen- 
tiert also zugleich das Weberschifflein und die Lade unserer heutigen 
Webstühle. 

Das Charakteristische bei dieser Webeart ist, dass die Faden- 
kreusungen nach jedem Schuss erscheinen. Dadurch entsteht das 
leinwandbindige oder Taftgewebe. Es ist das dauerhafteste, wenn 
auch nicht das schönste Gewebe. Finden die Kreuzungen nur nach 
einer, zwar immer noch geringen Anzahl von Schüssen statt, so ent- 
steht das Köpergewebe und sind jene Kreuzungen ganz selten, so 
haben wir den Atlas, der besonders bei seidenen Stoffen vorkommt. 
Da nämlich bei diesen Geweben die Eintragfaden sehr selten mit der 

Heierti, Utgcichich» der Schwuii. 12 



zed.yGOOgle 



lyS Zweites Kapitel. 

Kette verbunden werden, so wird sich ein einheitlicher Glanz geltend 
machen, denn die wenigen Unterbrechungsstellen im Verlauf der 
Faden fallen nicht auf Der Atlas ist also das schönste, glänzendste, 
aber mindest solide Gewebe. 

Der einfache Webstuhl, den wir beschrieben haben, diente zur 
Herstellung von Taftgeweben. Er kann aber in seiner Form ver- 
schiedene Modifikationen erleiden, wie auch die Art des Webens 
auf demselben wechseln kann. Der aufrechte Webestuhl ist bei 
Griechen und Ägyptern des Altertums benutzt worden und heute 
noch steht er bei vielen Naturvölkern im Gebrauch. Die Griechen 
Hessen ihre Frauen weben. Das geschah in der Art, dass das 
Gewebe am aufrechten Webstuhl von oben nach unten wuchs. 
Manchmal wurden während des Webens noch Bilder hineingeflochten. 
Auf diese Weise dürfte der auf einer Vase dargestellte „Webstuhl 
der Penelope" benützt worden sein. 

Bei den Ägyptern woben die Männer und Sophokles lässt den 
Ödypus von Ägypten sagen: 

„Dabeim am Webstuhl hocken dort die Mfioner, 
Die Wirtschaft aussen liegt deD Weibem ob." 

Die Ägypter hatten ebenfalls den aufrechten Webstuhl, aber 
sie woben nach unten, so dass der Stoff nach oben wuchs, Sie 
brauchten keine Webgewichte, da ihre Kettfaden in Rahmen ein- 
gespannt wurden. Zum Eintragen des Fadens benutzten sie, wenig- 
stens in späterer Zeit, Filetnadeln oder einen mit Haken versehenen 
Stab, der als Lade zum Anschlagen der Faden diente, wofiir im 
germanischen Norden bis in unser Jahrhundert hinein ein schwert- 
ähnliches Instrument in Gebrauch war, die Spatha. 

In Nordafrika hat sich der aufrechte ägyptische Webstuhl, dessen 
Abbildung von Welkinson in seinen „Manners and customs of the 
ancient Egyptiens" publiziert worden ist, bis heute erhalten. Desor 
beschreibt in seiner Abhandlung: „La Kabylie et les Kabyles" diesen 
Webstuhl, der als Hauptstiick in jedem Hause figuriert. Es ist ein 
einfacher Rahmen. Unten ist der Zeugbaum, auf den der gewobene 
Stoff aufgewickelt wird. Die Kabylin hat als einziges Instrument 
ein Rohr zum Eintragen des Fadens und einen Kamm {auch die 
alten Ägypter benutzten Webekämme) zum Ausgleichen des Ge- 
webes. Mit diesen einfachen Geräten verfertigt ihre Hand Wollen- 
tiicher von grosser Schönheit und von solcher Feinheit, „dass der 
weite Haik manches Häuptlings der Sahara durch den Armring 
eines Kindes hindurchgezogen werden könnte." 

Der in "Rahmen eingespannte Flechtwebstuhl, wie er bei den 
Kabylen getroffen wird, könnte natürlich auch in wagrechter Lage 



zed.yGOOgle 



Die neolithiiche oder jüngere Steiazeit. ]7g 

benutzt werden. In Beni-Hassan (Ägypten) ist nach Wilkinson ein 
Gemälde entdeckt worden, das diesen wagrechten Webstuhl zeigt. 
Und mit vier in die Erde geschlagenen Pflöcken verfertigten nach 
Klemm die mexikanischen Weber Tücher von einer Dichtigkeit, dass 
kein Regentropfen durchzudringen im stände war. 

Dass die Pfehlbauer am senkrechten Webstuhl arbeiteten, ist 
wohl keinem Zweifel unterworfen, aber ebenso wenig, dass sie schon 
entwickeltere Formen desselben kannten, als der bereits beschriebene 
war, der ja nur einen Flecbtrahmen repräsentierte. Denken wir uns 
den Weber oder die Weberin in dem Momente ihrer Arbeit, wo 
sie mit dem Eintragsstäbchen alle ungeraden Faden der Kette hebt, 
um den Faden durchzufuhren, so ist unter demselben ein keilförmiger 
Raum entstanden, das sogen. Fach. Wurde der Stab nach dem 
Zuschlagen des Fadens stecken gelassen, so war es nur nötig, die 
geraden Faden einzeln zu heben. Wenn dann die ungeraden Faden 
wieder an die Reihe kamen, so wurde einfach der Stab aufgezogen 
und mit ihm alle ungeraden Faden. Dadurch war die Arbeit des 
Webens um die Hälfte erleichtert. Noch bequemer war es, wenn 
jener Stab breit und flach war. Hatte man die geraden Faden zu 
heben und den Eintrag einzuflechten, so wurde der Stab auf die 
flache Seite gelegt. Mussten dagegen die ungeraden Faden gehoben 
werden, so stellte man den Stab auf die schmale Seite, also der 
Höhe nach und das Fach war gebildet. 

Mehr Schwierigkeiten bot die künstliche Bildung des zweiten 
Faches. Man konnte nicht einfach einen zweiten Stab einfuhren, 
um die geraden Fäden zu beben, denn der erste Stab war im Wege 
und verhinderte die Fachbildung. Da gab eine geistreiche Idee 
Anlass zu einer wichtigen Erfindung. Man Hess am Webstuhl die 
geraden Faden frei hangen, die ungeraden aber über einen vorge- 
stellten Stab laufen und es entstand ein natürliches Fach. Dann 
knüpfte man jeden Faden der hinteren Reihe an ein Schnürchen (Litzen) 
und alle Schnürchen an einen Stab, so dass man sie vor die un- 
geraden Faden ziehen konnte, und so entstand das zweite, kunstliche 
Fach. Liess man sie zurückfallen, so hatte man wieder das erste, 
das natürliche Fach. Jetzt war die Arbeit kein ganzes oder halbes 
Flechten mehr, sondern ein wirkliches Weben. Diesen Webstuhl 
hat man im Norden Europa's auf den Färöer und in Island, wie 
in Skandinavien noch bis zu „Grossvaters Zeit" benutzt. (Fig. 148 
und 149 a und b, siehe nächste Seite.) 

Eine etwas weitere Entwickelung finden wir im brasilianischen 
Webstuhl, den das Museum Neuchätel beherbergt (Fig. 150}. Bei 
diesen sind die einen {z. B. die geraden) Fäden mit einem 



zed.yGOOgle 




D,Biiu.d,Goo'^le 



Die ncolitliische od« jangere Steinzeil. iSl 

flachen Stab zu heben, die andern (ungeraden) Fäden mit Litzen 
und Stab. 

Es lag nun nahe, beide Fächer mittels Litzen und Stäben auf 
künstliche Weise zu bilden und so entstand denn ein Webstuhl, der 
im Prinzip so vollendet war, wie der unsrige. Es war nur noch ein 
kleiner Schritt bis zum Gedanken, statt jeden zweiten, je den dritten, 
vierten u. s. w. Faden an einen besonderen Stab zu knüpfen und 
statt zwei Fächer deren drei, vier oder mehr zu bilden. Derjenige 
Weber aber, welcher mit mehr als zwei Fächern arbeitet, webt Köper- 
oder Atlasgewebe. So weit scheinen es die Pfahlbauer gebracht zu 
haben, denn es wurden, wenigstens in Irgenhausen bei Pfäffikon, 
Köperstofle gefunden. Immerhin muss die Möglichkeit zugegeben 
werden, dass dieses Gewebe auf dem Flechtrahmen erstellt werden 
konnte. 

Die Weberei war schon zur Zeit der alten Griechen relativ hoch 
entwickelt. Die Mäonierin Arachne wagte es, mit Pallas Athene 




den Wettkampf einzugehen, wer schönere Gewebe zu Stande bringe. 
Nicht infolge der besseren Technik siegte die Göttin, sondern weil 
sie ihre Muster mit edlerer Seele belebte. Von feiner Art mögen 
auch die Gewände der Helena gewesen sein, von denen die Odysee 
im XV. Gesänge, 107 erzählt. Sie hob eines davon aus dem Kasten 
und „hell wie ein Stern" strahlte dasselbe. 

Die tiefen Denker haben oft und viel das Weben, wo sich 
gleichmässig Faden an Faden legt, bis zuletzt das Ganze geworden, 
benutzt, um Vergleiche zu ziehen. Nach Mosen „rauscht der Webe- 
stuhl der Wellgeschichte" und Goethe vergleicht die Natur mit 
einer Weberin. Er ruft uns zu: 

„So schauet mit besclieidenem Blick, 

Der ewigeD Weberin Meisterstück, 

Wo ein Tritt tausend Fäden regt, 

Die SchifTlein bioQber, herüber schiessen, 

Die Fäden ungeseheD fliessen, 

Ein Schlag lausend Verbindungen schlägt." 



„d, Google 



l82 Zweites Kapitel. 

Auch Jordan hat, über die Rätsel des Werdens und Entwickeins 
nachdenkend, die Weberin poetisch verherrlicht Er lasst in seinem 
Nibelungen-Epos die Nomen singen: 

„Es formt unsere Finger 
Aus ewigem Vorrat 
Den Faden des Lebens, 
Das einzelne Loos. 
Wir spinnen und spulen 
Und weifen und weben 
Den Teppich der lliaten 
Am Webstuhl der Welt. 
Gezogen vor Zeiten 
Von uns ist der Zettel, 
Deio eigeo der Einschlag, 
Das Muster, o Mensch, 
Boch je schaner dein SchilHein 
Die mächtigen Maschen 
Zum Bilde verbanden, 
Je naher der Neid. 
Wohl gönnen die Götter 
Des lauteren Lichtes 
AUmihlich zu mehren 
Daj menschliche Mass. 
Doch die Nachtwelt beneidet 
Das Wachstum gen Wallhall, 
Und Teil hat die Tiefe 
Am sterblichen Stoff. 
Sie mengt in die Musler 
Verbotene Bilder: 
Da trübt sich die Treue, 
Da schwindet der Schwur, 
Da knüpft sich der Knoten, 
Verwirrt das Gewebe, 
Und schnell dann zerscbneidets 
Die Schere der Schuld. ■'- 

Wir glauben bei diesen Worten des Sängers das Weberschiff- 
lein dahin fahren zu sehen; ^vir vermeinen die Bilder, die gewoben 
werden, zu verstehen und zu hören, wie sie uns von Glück und 
Unglück erzählen, vom Wechsel der Zeiten. 

5. Die Keramik der Steinzeit. Wenn der Geologe das Alter 
einer Gesteinsschicht erkennen will, so untersucht er nicht bloss die 
Art des Gesteins, sondern er sammelt auch Versteinerungen und zwar 
besonders solche, welche der zu untersuchenden Schicht eigentümlich 
sind, die also in anderen Schichten sozusagen nicht vorkommen: 
Er sucht Leitfossilien. Was diese Leitfossilien fiir den Geologen, 
das sind die utischeinbaren Thonscherben fiir den Prähistoriker. 



Digitized^yGOO^Ie 



Die neolilhische oder jüngere Steinzeit. ig^ 

Wie ist die Töpferkunst entstanden? Wir können uns heute einen 
Zustand kaum mehr denken, wo jedes Gefass mangelt. Es unterliegt 
aber keinem Zweifel, dass es eine Zeit gab, wo die hohle Hand als 
einziges Gefass des Menschen figurierte. An Stelle derselben traten 
dann Muscheln, Schalen von Früchten, Stücke von Bambusrohr, hohle 
Steine, sogar Menschenschädel. Bei den Weddah's auf Ceylon, den 
Mincopie's auf den Andamanen, den Australiern und anderen 
Völkern müssen jetzt noch derartige Objekte die Stelle von Ge- 
fässen versehen. 

Cook fand in Unalaschka eine besondere Art Töpfe: Die Leute 
hatten aufeinem flachen Stein Thonwände aufgebaut, gewiss eine primi- 
tive Ausübung keramischer Kunst Ganz ähnlich erstellten die Eskimo's 
Thonaulsätze über hohlen Steinen. Den Australiern fehlen Thon- 
gefässe, aber die Anwohner des unteren Murray kleiden ihre in die 
Erde gegrabenen Herdlöcher mit Thon aus, was man als den ersten 
Schritt zur Erfindung der Töpferei betrachten kann. Sie überziehen 
auch wohl Kürbisschalen und Holzgelässe mit Thon. Ganz ähnlich 
wird am Rio Grande do Sul verfahren und in der Union entdeckte 
man in den weiten Ebenen ösdich vom Mississippi alte Töpferwerk- 
stätten, Siedelungsplätze, in welchen, wie in Neu-Mexiko, oftmals 
Thontöpfe gefunden wurden, welche noch die Modellformen: Kürbis- 
schalen oder Körbe von Weidengeflecht enthielten. Das giebt uns 
einen weiteren Fingerzeig, wie die Töpferei entstanden sein mag. 
Kam ein solches mit Thon überzogenes Gefass dem Feuer zu nahe, 
so konnte es geschehen, dass das Geflecht verbrannte, aber das 
Gefass erhalten blieb. Durch einen solchen Zufall wurde vielleicht 
auch das Brennen der Gefässe erfunden. Die Eindrücke des Flecht- 
werfcs aber hafteten als Verzierung am Gefass, Man hat auch in 
Pfahlbauten derartige Ornamente gefimden, z, B. in Ermatingen. 

Das Material der Gefässe aus den steinzeitlichen Stationen ist ein 
sehr verschiedenes. In Robenhausen fand man Schöpfer, Becher, 
selbst einen Eimer aus Holz, in Wauwil kam eine hölzerne Schale 
zum Vorschein, ebenso in Schafls und Moosseedorf. An anderen 
Orten wurden Löffel oder Schopfer entdeckt, so in Lüscherz, Vinelz, 
Lattrigen u. s. w. (Flg. 151). 

Auch Hirschhorn wurde zur Herstellung von Gefassen benutzt 
Man fand z. B. Becherchen aus diesem Material (Fig. 1 52) in St. Aubin, 
Concise, beide im Neuenburger See gelegen, in Lüscherz und Latt- 
rigen im Bielersee u. a. O. In Concise kam eine Schale aus Hirsch- 
horn zum Vorschein, ebenso in Gerolfingen, femer bei Richensee im 
Baldeggersee, in Robenhausen u. s. w. Die Station Sutz lieferte 
Schöpfer und Löffel aus Hirschhorn. 



zed.yGOOgle 



lÜA Zweites Kapitel. 

Als seltenes Vorkommnis muss ein Töpfchen aus Asphalt be- 
zeichnet werden, dass in Robenhausen zum Vorschein kam. Ebenso 
selten sind Schädelkapseln von Menschen, die als Gefässe benutzt 
wurden. SolcheObjekte sind von Schafis und Sutz nachgewiesen worden. 

Die Töpferkunst konnte sich nur da entwickeln, wo das spezi- 
fische Material des Töpfers, der Thon, reichlich vorhanden war. 
Freilich wäre es falsch, daraus den Schluss zu ziehen, dass überall, 
wo der Thon vorhanden ist, sich nun auch die Keramik entwickelt 
habe. Ratzel hat ganz recht, wenn er sagt, dass hier auch noch 
der menschliche Wille in Betracht komme. Hart neben den in der 
Töpferei ausgezeichnet arbeitenden Mandan-lndianer Nord-Amerika's 
leben die Assiniboin, denen die Keramik ganz fehlt In Polynesien 
behilft man sich mancherorts ohne Thongefässe, obwohl das Leben 
dort nicht ganz geringe Ansprüche macht. Die Kunst des Töpfers, 
die auf den Fidschi-Inseln hervorragend entwickelt ist, wurde nicht 
auf den nahen Archipel von Tonga übertragen. „Die Erfindungen 



Fig. 'S*- 
Verzierter Hirschhornbeehcr aus Schafis, 

breiten sich eben nicht aus wie das Feuer der Steppe, das so weit 
fortbrennt, als es Nahrung findet." (Hoernes.) An manchen Orten, 
wo heute die Töpferei nicht geübt wird, war sie früher bekannt, 
so z. B. auf den Sandwich-Inseln, wo man alte Scherben von Gefässen 
entdeckte, die von freier Hand erstellt worden waren. Ebenso 
ist es auf den Neuen Hebriden, in Kalifornien und bei manchen 
Indianerstämmen, welche beim Erscheinen der keramischen Produkte, 
besonders der Metallgelässe der Weissen, ihre einheimische Thon- 
industrie verliessen. Dagegen giebt es allerdings Völkerschaften, die 
weder jetzt, noch in vergangenen Zeiten die Töpferei übten, z. B. 
die Feuerländer, Patagonier, Botokuden. Ebenso fehlt die Keramik 
in Neu-Irland und Neu -Britannien. Auf Atollen giebt es keinen Thon, 
daher der Mangel an Töpferprodukten. 

Die Naturvölker besitzen Thongefässe, deren Material mit Sand 
gemischt ist, so die Bewohner von Neu-Guinea, der Fidschi- und der 
Admiralitäts-Inseln, Auch bei den steinzeitlichen Pfahlbauten der 
Schweiz, erscheint dieses Material und aus sandgemischtem Thon 



zed.yGOOgle 



Die oeolitlitaclie oder jüngere Sleinie 



werden noch heute im Dorfe Casola in den Apeninnen von freier 
Hand Töpfe ersteilt, die guten Absatz finden. In Syrien mengt der 
Töpfer den Thon mit Lavaschlacken und die Arawaken mischen 
ihm pulverisierte Holzkohle bei, die nordamerikanischen Indianer 
dagegen Sand und Muschelreste. 

Wie heutzutage noch der Töpfer beim Formen nur wenige 
Geräte nötig hat, so in der Urzeit, Dasselbe sehen wir auch bei 
den Naturvölkern, Auf d«a Fidschi- Inseln genügt ein flacher Stein 
und einige Holzschlägel. Die Karaiben bedienen sich glatter Steine 
und Holzstabchen. So war's auch bei den Pfahl b au ern. Neben 
Poliersteinen sind einige Stäbchen gefunden worden, die als Töpfer- 
geräte gedeutet werden können. Wie bei den heutigen Natur- 
völkern, so scheint auch bei ihnen die keramische Kunst in den 
Händen der Frauen gelegen zu haben. In einem Pfahlbau fand 
man eine Thonscherbe von einem flachbodigen Topfe. Auf der- 
selben waren Eindrucke zu bemerken und als man sie ausgoss, 
zeigte es sich, dass es Eindrücke von so zierlichen Fingern gewesen, 
wie sie Frauen besitzen. Offenbar hatte die Pfahlbau-Töpferin bei 
ihrer Arbeit das Material an dieser Stelle berührt. 

In Moresby-Hafen auf Neu-Guinea nimmt die Töpferin eine 
Thonkugel vor sich, höhlt sie aus und treibt dann das Gefäss, wobei 
sie einen geschliffenen Stein und eineu flachen Klopfer benutzt Viel 
verbreiteter ist jedoch eine Art des Formens, wie sie in Amerika, dem 
klassischen Lande der Töpferei, vielerorts betrieben wird und auch 
in Syrien konstatiert wurde. Die Karaiben am Cuyuoi bilden näm- 
lich zuerst den Boden des Gefässes und setzen dann auf denselben 
schichten weise fingerdicke, mit den flachen Händen zubereitete Thon- 
rollen, die sie durch Bestreichen mit angefeuchteten Holzstücken 
verbinden. Infolge des Zusammendrückens und Ausdehnens der 
Masse entstehen dann die verschiedensten Formen. Mit dem Finger 
oder einem Holzstückchen werden schliesslich noch Zeichnungen in 
krummen Linien eingegraben und mit Russ oder einer scharlach- 
roten Farbe hervorgehoben. Auch bei den Indianern von Peru 
und Chile, sowie bei den Arawaken findet sich diese Technik 
und doch sind jene Leute imstande, Krüge herzustellen, die bis 
l8o Liter fassen. Die Formen sind manchmal so regelmässig und 
die Wände der Gefässe so dünn, dass ein europäischer Töpfer mit 
Drehscheibe Mühe hätte, sie nachzuahmen. 

Die Art des Brennens der Thonware ist sehr verschieden, 
und doch lassen sich auch hier aus ethnographischen Vergleichungen 
einige Anhaltspunkte gewinnen, die uns die dunkle Vergangen- 
hdt erklären helfen. Zumeist werden die Gefösse, nachdem sie ge- 



zed.yGOOgle 



Zweites Kapitel. 



trocknet sind, am offenen Feuer schwach gebrannt. Die Karaiben 
brennen sie in Gruben. 

In starkem rauchlosem Feuer brennen die Peruaner ihre Ge- 
schirre, wenn dieselben eine rötliche Farbe haben sollen; wird die 
schwarze Farbe gewünscht, so setzt man die Gefasse einem stark 
russenden Feuer aus. 

Die Beduinen in Gelidi, welche Revoil bei ihrer Töpferarbeit 
beobachtete, brannten die an der Sonne getrockneten Gefasse in der 
glühenden Asche von Maisstengeln. Die noch heissen Töpfe wurden 
in den Absud einer Baumrinde getaucht, wodurch sie eine kastanien- 
braune Färbung erhielten. 

Im Osten Neu-Guinea's werden die Töpfe zuerst an der Sonne 
getrocknet und dann zweimal gebrannt Man stellt vier bis sechs 
Töpfe zusammen-, faules Holz, Rinde, Palmblattrippen, grüne und 
trockene Blätter werden um dieselben aufgehäuft und dann angezündet. 
Während des Niederbrennens wendet man die Gelasse vermittelst 
langer Stöcke. Nachher bespritzt man die Ware und bestreicht sie 
mit einem Absud von Mangrove-Rinde, Dann wird sie zum zweiten 
Mal gebrannt, diesmal in einem Feuer von trockenen Palmblatt- 
rippen. 

Auf den Fidschi-Inseln werden die Töpfe, wenn sie noch heiss 
sind, mit Harz eii^erieben und erhalten so eine Art Glasur. Will 
man eine glänzende Oberfläche haben, so poliert man das Gefäss, 
bevor es dem Brande ausgesetzt wird. 

Ein vollständiges Brennen der Thonware ist nur möglich in 
einem Ofen und so fragt es sich denn, wann in der Urgeschichte 
der Töpferofen auftauche. So weit wir denselben gegenwärtig in 
Gebrauch sehen, gehört er nur Völkern an, denen Metalle bekannt 
sind. War das auch so in der Vorzeit? 

Dass der Töpferofen bei den Kulturvölkern des Altertums im 
Gebrauche war, ist sicher. Aus der Eisenzeit Mitteleuropa's sind 
Spuren von Töpferofen mehrfach zum Vorschein gekommen; ICasiski 
hat einen solchen Fund einlässlich beschrieben. Derselbe wurde in 
der Nähe von Neu-Stettin gemacht und bestand aus einer länglich 
runden Steinmauer, die inwendig mit Lehm verkleidet war und einen 
Raum von i m Länge und '/, m Breite einschloss. Die Decke des 
Ofens bestand aus Thon. Auf der Ostseite befand sich die verschliess- 
bare Öffnung zum Einsetzen der Gefasse. War nun der Ofen geheizt 
und das Holz verbrannt, so setzte man die Geschirre in die heisse 
Asche und schloss den Ofen. Bei dieser Art des Brennens konnte 
das Material nicht ganz fest werden, aber es erlangte doch eine 
grössere Dauerhaftigkeit. Der Reisende Jagor fand in Siut (Agyptenl 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jflngere Steinzeit. 1S7 

dnen ähnlichen Ofen, der indessen bessere Resultate lieferte. Dieser 
Brennofen bestand aus lufttrockenen Schlammziegeln und mass in 
der Höhe etwa i tn. In halber Höhe war eine durchlöcherte Stein- 
platte eingesetzt und unter derselben befand sich die Thür für die 
Feuerung. Hatte man die zu brennenden Gefässe recht gut ge- 
trocknet, so wurden sie in den Ofen verpackt Nun wurde die obere 
Öffnung mit einer Steinplatte verschlossen. Dann begann man mit 
Kuhmist zu heizen. Allmählich vergrösscrte sich die Hitze; end- 
lich heizte man mit Holz. Schliesslich wurde die Deckplatte ent- 
fernt und an ihre Stelle kam Kubmist zu liegen, der rasch zu glimmen 
anfing. Nach etwa acht Stunden konnten die Gefässe heraus- 
genommen werden. Ahnlich, wie die eben beschriebenen, mag auch 
der Ofen von Rümlang ausgesehen haben. 

Was nun die Thon- Objekte angeht, welche die Töpferin der 
Pfahlbauten erstehen Hess, so sind es Wirtel, Spulen, Spielsachen 
für Kinder, besonders aber Gefässe der mannigfaltigsten Art. Es 
ist bezeichnend, dass wir bis heute noch nicht zu einer Nomen- 
klatur der letzteren gekommen sind, so dass für ein und dasselbe 
Ding von Gelehrten und Laien die verschiedensten Bezeichnungen 
gebraucht werden. Manche Gefässe werden nach ihrer Verwendung 
benannt, z. B. der Schöpfer, andere nach der Form, z. B. der Kelch, 
wieder andere nach dem Material, z. B. das Glas, noch andere nach 
Art der Verzierungen u. s. w. Ich habe Hausfrauen gefragt, was 
denn der Unterschied sei zwischen Schüsseln und Becken, Näpfchen 
und Tassen, Eimern, Kufen und Kesseln und die widersprechendsten 
Antworten bekommen. Was fasst man nicht alles z. B. unter dem 
Namen „Urne" zusammen! 

Es müsste für den Archäologen wertvoll sein, eine einfache 
und klare Nomenklatur der Gefässe zu besitzen, damit Weitschweifig- 
keiten und Unverstand lichkeit möglichst vermieden würden. Zu- 
nächst müssen beim Aufstellen eines Namenschemas alle Spezial- 
formen eliminiert werden, wie Hüttenumen, Nachbildungen von Tier- 
fonnen U.S.W. Dann aber wird man nach einem Haupteinteilungsgrund 
suchen. Dieser kann sich nur auf die Form beziehen und erst bei 
Unterabteilungen können Zweck, Material und Verzierungen bei- 
gezogen werden. Ob beispielsweise ein Gefäss Henkel hat oder 
nicht, ist nicht von besonderer Bedeutung. Die Henkel sind keine 
integrierenden Formbestandteile; sie dienen nur der bequemeren 
Handhabung. ' 

Ich bin infolge solcher Erwägungen dahin gelangt, folgendes 
Schema aufzustellen und die in demselben enthaltenen Bezeichnungen 
vorzuschlagen: 



zed.yGOOgle 



Tricbterformen , 



2. OyllndrUohe Formen 

I 



3. Umgekehrte Triohter- 
formeu 



Becber Schale Flaaoh* 

(hieher geharen viele (hieher Nüpfcben, SchüsselcheD, \ 

sogen. Tiegel, Napf- viele Tassen, Löffel schalen mit \ 

eben, Trinkgläser) Stiel, Tiegel u. s, w.) \ 

^ ^ I ^ \ 

Topf Fokal ScbQeMl T«Uer Krag 

(hiebet viele (hieher Hum- (hieher Becher, (hieher sogen. 1 

Urnen , Pfan- pen, Kelche, NBpfe, liele Platten, Vor- , 

nen, Töpfe mit manche Vasen) Urnen) setischfisseln) I 

Stiel, Vasen 
Morset) 




- Eeuel 
{hieher Brente, Waone, EJtaer, Zuber q 

Die Steinzeit-Pfahlbauer haben nun freilich nicht alle diese 
Formen besessen, aber Schalen, Becher, Schüsseln, Töpfe, selbst 
Teller und Krüge kommen bei ihnen vor. Charakteristische Formen 
aus steinzeitlichen Funden der Schweiz zeigen uns die beistehenden 
Abbildungen, Eine typische Becherform repräsentiert das in Fig. 153 
dargestellte Gefass aus Schafis, dem ältesten Pfahlbau unseres Landes, 



Fig. 153- 
Thonbechet aus Schaßs. 



ThoDgefllss 



Leitformen weisen auch die Schüsseln aus den Pfahlbauten von 
Gu^aux und Moosseedorf auf (Fig. 1 54 und 1 5 5). Das letztere Ge- 
föss ist nur zum Teil erhalten. Die linke Seite unserer Abbildung 
giebt den Durchschnitt, auf der rechten aber bemerkt man das 
schon früher erwähnte Ornament aus Birkenrinde. Während das 
Schüsselchen von Moosseedorf nur Buckeln mit Ösen aufweist, zeigt 
die Schale aus dem Pfahlbau in der Bauschanze in Zürich ein 



zed.yGOOgle 



Die neolithisdie oder jüngere Sieinieit. 189 

Hcnkelchen, hat aber im übrigen die charakteristische Form der be- 
sprochenen Töpferprodukte ;Fig. 156). 

Geschweifte Töpfe mit charakteristischen Ornamenten stellen 
Fig. 157 und 158 dar. Das erstere Gefäss stammt aus dem be- 



Thongeßss ans Moosseedorf. 

kannten Kupferpfahlbau Vinelz, das letztere, wie jenes eine Über- 
gangsform von steinzeitlichen zu bronzezeitlichen Typen, wurde in 
Wollishofen bei Zürich gefunden. 



Fig. 156. Flf. 157. 

TboDschale Bus dem Prahlbaa Bauschanze in Thongersss aus dem PFahlbau 

Zürich. VineU. 

Wenn selbst der niedrigst stehende Naturmensch an Schmuck 
Freude hat, so dürfen wir von dem viehzüchtenden und Ackerbau 
treibenden Pfahlbauern der Steinzeit gewiss 
auch erwarten, dass er seinen Schönheitssinn 
an den Gefässen geübt habe. Er hat dies in 
der That gethan, nicht bloss in Bezug auf die 
Form, sondern auch in Bezug auf Verzierungen. 
Es erscheinen nämlich an den Thongefässen F'g. 'S8. 

aus Steinzeit-Stationen aufgesetzte Buckel, oft Thongefäss aus dem Pfahl- 
mit Ösen versehen, oder Leisten, Wülste, '''" Wollishofen -Zürich. 
sogar Henkel, dann aber auch Tupfen, Fingernagel-Eindrücke, 
Löcher, parallele Strichreihen, das Gitterornament, das Schnur- 
omament, Zickzacklinien, Wellenlinien und andere krummlinige 



zed.yGOOgle 



j^ Zweites Kapitel. 

Verzierungen. In Fig. 159 — 163 sehen wir Thonscherben aus 

zweien der Pfahlbauten im Gebiet der Stadt Zürich. Fig. 159 zeigt 

eine Scherbe aus dem sogen, kleinen Hafner. Sie weist einen 

Buckel auf, der von sehr einfachen Strich Verzierungen umgeben ist 

Die übrigen hier abgebildeten Stücke stammen aus Wollishofen, wo 

über einen steinzeitiichen Pfahlbau eine reiche Bronzestation sicherhob. 

Diese Scherben sind der steinzeitlichen Ansiedelung daselbst enthoben 

worden. Fig. 160 zeigt 

einen Buckel und eine 

mehrfach zerschnittene 

f Leiste , während in 

Fig. 1 63 der Buckel 
beidseitig leistenartig 
ausläuft, was die Töpfe- 
F'g- '59- Fig- 160. rin vielleicht der besseren 

Thonseherbe mit verzier- Thonscherbe mit Buckel und Handhabung, nicht der 

ten Buckelchen vom leisten von Wollishofen ,~. 

kleinen Hafner {Zürich). (Zürich). Verzierung wegen so 

machte. Fig. i6i zeigt 
Löcher parallel dem Rand des Getässes, ausserdem noch einen Buckel 
mit horizontaler Öse. In Fig. 162 weisen die zwei nahe bei einander 
sich befindenden Buckelchen je zwei Ösen auf. 

Manche der angeführten Dinge sind allerdings nicht in erster Linie 
Ornament, sondern hatten einen praktischen Zweck, waren vielleicht 



Fig. 161. Fig. 162. Fig. l6j. 

Thonscherbe mit Ösen Thonscherbe mit doppelt Thonscherbe mit Leiste 

und Buckel aus Wollishofen durchlochten Buckeln aus aus WolliEhofen 

(Zürich). Wollishofen. (Zürich). 

Eigentumsmarken oder Fabrikzeichen. Die Punkte an den Gefäss- 
rändern, die Fingernagel-Eindrücke, welche die Töpferin von Neu- 
Guinea ihren Waren mitgiebt, sind solche Marken. Ganz ähnlich 
sind Punkte und Zickzacktitiien auf keramischen Produkten der 
Fidschi-Insulaner als Hauszeichen zu betrachten. So mögen auch 
zahlreiche vermeintliche „Verzierungen" auf Pfahlbau-Gefässen auf- 
zufassen sein. 



zed.yGOOgle 



Die neolithische oder jüngere Steinieit. igi 

Wie das Gitter- oder Netzornament entstand, haben wir schon 
gesehen: Es deutet auf die alte Fabrikationsweise hin. Ganz das- 
selbe gilt von den Wülsten, die nur Nachahmungen der Endstäbe 
des ursprünglichen Flechtwerks waren. Die Buckel und Leisten 
dienten zur besseren Handhabung. Durch die Ösen zog man Schnüre, 
wie auch durch die Löcher, die man bei manchen Töpfen nahe 
am Rande findet Nach der Erfindung von Henkeln blieben sie 
als Ornamente, Die Schnüre, welche man ursprünglich an den Hals 
mancher Töpfe gelegt, um sie besser tragen zu können, wurden 
später zum Schnurornament. Die besprochenen Ornamente ergaben 
sich also aus Technik und Gebrauch. 

Eis giebt noch eine dritte Art der Entstehung des Ornamentes, 
wie wir bei den Mincopie's gesehen haben. Während des Formens 
konnten leicht kleine Fehler entstehen. Man bemerkte z. B. 
Fingerei ndrü cke , Tupfen und dei^l. Um sie nicht als Fehler er- 
scheinen zu lassen, wandte man dasselbe Mittel an, wie Kinder, die 
eine Ecke des Kuchens abgebissen. Sie beissen die anderen 
Ecken auch noch ab, der Symmetrie wegen. Die Töpferin aber 
machte zu den Eindrücken, die unfreiwillig entstanden, noch andere, 
symmetrische und das Ornament war da. Hatte man den weichen 
Thon zufällig mit einem Stäbchen geritzt, so legte man noch weitere 
symmetrische Ritzen dazu an. Waren irgend welche Striche ent- 
standen, so wurden ähnliche in symmetrischer Lagerung gemacht, 
bis ein Parallelen-Ornament, ein Band von Dreiecken, eine Zickzack- 
linie u, s. w. entstand. So eng sind Technik und Ornament ver- 
bunden, dass man die primitive Verzierung aus der Technik oft direkt 
ableiten, sie als den veredelten Ausdruck derselben betrachten kann. 

6. Geistige Kultur in neolitkischer Zeit. 

„Sirahlcndes Uchl igt du Gute, 
Do=h finsttr iM jtglich*. Bost." 
(FrilhJDf.ag.,) 

Nachdem wir in einem frühern Kapitel erfahren, wie die Familie 
sich möglicherweise entwickelt hat, nachdem wir über den Ursprung 
von Religion und Kunst uns Kunde verschafft, kann ich mich hier 
kurz fassen und will nur noch einige wenige Punkte herausgreifen. 

a) In der Schweiz trifft man häufig rätselhafteSteinmonumente. 
Bald sind es einzelne Felsblöcke, die vielleicht zum Andenken an 
irgend ein Ereignis aufgerichtet wurden, sogen. Menhirs, bald sind 
es Steinkreise oder CromJechs, sodann Dolmen oder Steintische, von 
Menschenhand erstellt. Ganz besonders zahlreich aber treten uns 
die schon früher erwähnten Schalensteine entgegen, die in allen 
Teilen des Landes vorhanden zu sein scheinen und in denen man 



zed.yGOOgle 



IQ2 Zweites Kapitel. 

Opfersteine, prähistorische Wegweiser oder Landkarten zu sehen 
vermeinte. Endlich müssen noch eigentliche Skulpturensteine er- 
wähnt werden, auf denen allerlei Zeichen eingegraben sind. 

In dem Werke von Vionnet über diese Denkmäler finden sich 
Photographien von Menhirs aus La Roche (Freibui^), aus Bonvillars 
und Corcelles bei Concise am Neuenbui^er See. Ein ähnliches 
Denkmal ist aus Bassecourt im Berner Jura bekannt geworden. Wer 
die Cromlechs in ihrer vollen Ausbildung kennen lernen will, muss 
ihren Spuren in der Nähe der Küste des atlantischen Ozeans nachgehen, 
in Nordfrankreich und England. Je weiter man sich vom Meere ent- 
fernt, um so bescheidener werden diese Monumente. Der Cromlech 
von Lapraz im Kt. Waadt z. B., der aus einem einfachen Steinkreis 
besteht, giebt nicht einmal eine Ahnung von dem überwältigenden 
Eindruck, den Stonehenge, obwohl nur ein Trümmerrest des ehe- 
maligen Bauwerkes, auf den Beschauer ausübt. Stonehenge bei 
Salisbury in England ist nämlich ein Rundbau aus Granitkolossen. 
Zu innerst befindet sich ein Ring von Steinpfeilern. Um diese 
Menhirs schliesst sich ein Oval, gebildet aus fünf Doppelpfeilern, 
deren jeder einen horizontalen Steinbalken trägt Der dritte Kreis 
bestand aus einzelnen Menhirs von mindestens 1,5 m Höhe, Die 
äusserste Pfeilerreihe war aus 30 je ca. 4,5 m hohen Säulen erstellt, 
deren einzelne Teile oben durch gewaltige horizontale Steinbalken 
verbunden waren. Das Ganze hatte einen Durchmesser von 88 m 
und war von einem kreisförmigen Graben umschlossen. Dieses 
Riesendenkmal befindet sich auf einer Haide, welche mehrere hundert 
Grabhügel trägt. Nilsson beschreibt die Wirkung von Stonehenge 
mit folgenden Worten: „Je näher man kommt, desto höher scheinen 
die dunkeln Steinriesen sich emporzu recken. Keine Beschreibung 
vermöchte den Eindruck wiederzugeben, den diese kolossalen Stein- 
massen machen. Man weiss und sieht, dass man ein Werk von 
Menschenhand vor sich hat, aber man vermag den Zusammenhang 
nicht zu fassen; man fiihlt nur, dass der kolossale Bau in unsere 
gegenwärtigen Verhältnisse nicht hineinpasst , sondern von Ge- 
schlechtem herstammt, welche längst vom Erdboden verschwunden 
sind." 

Längs der Küsten von Frankreich, England u. s. w. sind auch 
die Steintische sehr häufig. Sie finden sich oft sogar in Grabhügeln 
der Steinzeit. In der Schweiz werden sie selten angetroffen und die 
Dolmen von Oron und Vugelles-La Mothe, sowie die „table celtique" 
in Bure (Bern) erscheinen wie vorgeschobene Posten, Um so häufiger 
sind dagegen bei uns die sogen. Schalensteine. An viele derselben 
knüpfen sichSagen, was zumTeii schon aus ihren Namen zu erkennen ist 



zed.yGOOgle 



Die Deolithische oder jüngere Steinzeit. ig^ 

Eines der schönsten Beispiele eines Schalenstejns findet sich in 1700 m 
absoluter Höhe ob St Luc im Val d'Annivicrs (Einfischthal, Wallis . 
Es ist die „Pierre des Servagios". Unter den Servagios versteht der 
Anniviarde die Feen, die Kobolde, Zwerge u. s. w. Der Stein selbst 
ist ein Erratikcr. Die „bösen Geister der Berge" haben ihn in drei 
grosse und viele kleine Teile gespalten und wollten die Stücke auf 
das Dorf hinunterstürzen, aber die Bewohner der Gegend wehrten 
sich und vertrieben die Kobolde. Auf dem mittlem Block sind 
die Schalen besonders zahlreich , oft durch Rinnen miteinander 
verbunden. 

Einen ganzen ,,Monumenten-Cj'clus" entdeckte Reber in Gri- 
mentz, ebenfalls im Einfischthal gelegen. Etwa eine Vie.telstunde 
oberhalb des Dorfes, bei dem ehemaligen Minenhause, ist eine Wiese 
wie übersäet von riesigen Erratikern, deren mehrere Schalen tragen. 
Auch Fussabdrücke sind zu erkennen. Als Mittelpunkt des Ganzen 
ist der Marterstein, die „Pirra Martera" anzusehen, bei welcher der 
Sage nach von den wilden Ureinwohnern Menschen geopfert worden 
sind. Alte Stufen fuhren auf den Stein hinauf, sonst trägt er keine 
Spuren menschlicher Arbeit, Er bildet die östliche Ecke eines 
trocken gemauerten Rechtecks, dessen Eingang zwei kleinere Blöcke 
markieren. Die Ecken sind durch grosse Steine bezeichnet, die 
aber keine Schalen und dergl, aufweisen, wie zahlreiche andere Erra- 
tiker in der Nähe. 

Reber beschrieb auch Schalen, Ringe und eigentliche Skulpturen 
von Zermatt, dem vielbesuchten Fremdenort und von Salvan, einem 
Dorfe im Unterwallis, unweit des bekannten Wasserfalles Pissevache, 
westlich hoch über dem Rhonethal gelegen. Gleich vor dem Eintritt 
ins Dorf bemerkt man auf der linken Seite der Strasse in den Fels 
gemeisselte Ringe, als ob man römische Mühlsteine hätte heraus- 
schneiden wollen, aber in der Arbeit unterbrochen worden wäre. 
Wichtiger sind die Skulpturen, Schalen, Ringe u. s. w, auf dem 
,, Rocher du Planet" am Südrande des Dorfes. Da sieht man nicht 
bloss regelmässige Schalen, die oft untereinander verbunden sind, 
sowie kleinere und grössere Ringe, sondern auch kreuzförmige Figuren 
und Darstellungen, welche an Steigbügel erinnern. Es geht nun 
freilich hier nicht mehr an, wie es z, B, bei den Schalen auf der 
untern Fläche des Druidensteins am Ostabhange des Valeria bei 
Sion versucht wurde , diese Gebilde auf Erosions-Erscheinungen 
z u rückzufii hren. 

Gewiss wird man über die Bedeutung und das Alter der Stein- 
denkmäler, besonders der Schalensteine, nicht ins Klare kommen, 
bevor dieselben kritisch untersucht worden sind. Es unterliegt 

Heierli, UrECtduchlc der Schweb. '3 

Digitized^yGOOgle 



ig^ Zweites Kapital. 

auch keinem Zweifel, dass von Steinklopfern an den Gebirgs- 
strassen oftmals „Schalen" in die Unterlagsteine geklopft werden; 
ebenso wenig lässt es sich leugnen, dass es oft unmöglich ist, Ero- 
sionsgebilde von echten Schalen und andern Zeichen zu unterscheiden, 
aber es giebt Steinmonumente, deren Lage und Beschaffenheit jeden 
Zweifel ausschli essen, dass man es in ihnen mit urzeiilicher Menschen- 
arbeit EU thun habe. 

Ich habe schon oben angedeutet, dass die Ansichten über Zweck 
und Alter all' dieser Steindenkmäler weit auseinander gehen. Auch 
über diese Punkte wird erst ein umfassenderes Studium vielleicht 
Aufschluss bringen. Nicht in unserem Lande wird man des Rätsels 
Lösung erwarten dürfen, sondern in den Küstengegenden am Mittel- 
meer und am atlantischen Ozean, wo, wie bereits gesagt, diese 
Monumente in ihrer vollen Entwickelung dem Forscher nahetreten. 

Kein Besucher von Stonehenge hat daran gezweifelt, dass er in 
dieser Baute, deren Ringe als Cromlechs, deren Einzebteine als 
Menhirs aufgefasst werden können, eine Art Tempel, ein Heiligtum 
der Urzeit vor sich habe. Dasselbe ist der Fall mit dem Denkmal 
von Abury, ebenfalls in England. Hundertfach hat man Dolmen als 
Grabbauten kennen gelernt und auch Schalen- und Zeichensteine sind 
auf und sogar in stein- und bronzezeitlichen Gräbern angetroffen 
worden. 

Ähnliches werden wir für die wirklich alten Steinmonumente 
unserer Schweiz annehmen dürfen. Im Pfahlbau Morges ist ein 
Schalenstein zum Vorschein gekommen. Die „Pierre du Niton" beim 
Ausfluss der Rhone aus dem Genfersee liegt inmitten eines Pfahl- 
baureviers, Die Menhirs von Bonvillars und von Corcelles befinden 
sich in der Nähe von Pfahlbau-Stationen des Neuenbui^er Sees. In 
dem an archäologischen Funden so reichen Kanton Wallis werden 
diese Denkmäler fast immer an Orten getroffen, die eine weite 
Aussicht gestatten, oder an Stellen, wo Pässe und Strassen zu- 
sammentreffen, im Angesicht der majestätischen Alpenwelt. 

bj Die Ornamentik der Naturvölker hat sich aus der Tier- 
DarstelJung und aus der Technik entwickelt. Sie ist eine Abstraktion 
und deshalb nicht primär. Manche heute lebende Pfahlbauer von 
Neu-Guinea stehen auf der tj bergan gsstufe von der Naturdarstellung 
zum Ornament. Wir haben gesehen, dass die ursprünglich getreuen 
Nachbildungen von Tieren mehr und mehr stilisiert werden, und 
" sich nach und nach geometrische Figuren aus ihnen entwickeln. 
Auf einer höheren Stufe werden dann die Elemente derselben zu 
immer kunstreicheren Mustern zusammengestellt und erst ganz all- 
mählich versucht die Menschheit, wieder Pflanzen und Tiere dar- 



zed.yGOOg[e 



Die neolithbche oder jüngere Steiaieit. ige 



zustellen. Dadurch nähert sie sich scheinbar wieder dem Ausgangs- 
punkt der Kunst, in Wirklichkeit steht sie auf einer viel höheren 
Warte. Es ist, als ob ihre Entwickelung in der Form einer Spirale 
aufwärts gegangen wäre. Wer eine Illustration dazu haben möchte, 
der vergleiche die realistische Tierzeichnung eines Höhlenbewohners 
der Diluvialzeit mit der Darstellung eines Tieres durch einen griechischen 
Künstler und bedenke, dass der Weg von dem bildnerischen Produkte 
des Troglodyten zur Kunstleistung des Griechen über das Ornament 
zur Höhe geführt hat Er vergegenwärtige sich aber auch den 
Unterschied im Gesichtskreise der beiden Künstler, um ganz zu ver- 
stehen, was in jenem Satze von dem Autwärtsdringen der mensch- 
lichen Kultur in Form einer Spirale gesagt werden wollte. 

Die Neolithiker der Schweiz hatten in der Kunst die Stufe 
des Ornaments bereits erreicht. Leider ist von künstlerisch be- 
arbeitetem Holze nichts erhalten geblieben, so dass wir gezwungen 
sind, uns beim Studium der Ornamentik in der jungem Steinzeit 
fast ausschliesslich an die keramischen Produkte zu halten. Da ßnden 
wir denn, wie wir gesehen, schon in den ältesten Stationen Gefässe 
mit Leisten, Buckeln und Ösen, welche Anhängsel zwar zunächst 
zur Erleichterung des Tragens erstellt wurden, bei denen aber 
doch auch ästhetische Rücksichten sich geltend machten, in ganz 
gleicher Weise, wie bei den Löchern, die parallel den Rändern 
mancher Töpfe zu sehen sind. Daneben erscheinen netzartige Ver- 
zierungen, die sich über die ganze Aussenseite der Gefässe hinziehen 
oder eingedrückte Streifen, wie von schmalen Gräsern, Binsen u. dergl., 
welche am Hals von Töpfchen und Bechern vorkommen. Diese 
Verzierungsarten haben ihren Ursprung wohl in der Technik. Nicht 
selten sind Finger-Eindrücke, die besonders am Bauche der Töpfe 
vorkommen. Manchmal sind es nicht bloss Eindümpfungen, sondern 
die Eindrücke dürften dadurch entstanden sein, dass je zwei Finger- 
spitzen in den noch weichen Thon des Gefässes oder einer ringsum 
laufenden Leiste auf demselben eingriffen und den zwischen die 
Finger gefassten Thon zu einem kleinen Wulst zusammendrückten. 
Häufiger sind Eindrücke von Fingernägeln, Sie finden sich am 
Hauch oder Rand der Gefässe. 

Schon in der altern und mittlem Phase der neoüthischen Stein- 
zeit kommen regelmässig angeordnete Verzierungen vor, die mit 
Stäbchen erstellt wurden. Manchmal sind es einfache Linien, die 
sich um den Hals der Töpfe ziehen, manchmal Parallelen oder . 
Parallelen-Systeme, die sich kreuzen und so auch eine Art Netzornament 
erzeugen. Hier und da erscheinen Zickzacklinien oder aneinander 
gereihte Dreiecke (Wolfszahn-Omament) , Rauten oder auch Händer. 



zed.yGOOgle 



ig6 Zweites Ka[^tel. 

Oft schnitt man das Stäbchen, mit dem die Verzierungen ausgeführt 
wurden, zurecht und gar nicht selten ist der Fall, wo man aus dem 
Abdruck desselben erkennt, dass sein Durchschnitt ein gleichschenkliges 
Dreieck mit sehr kurzer Basis repräsentierte. Ein solches Stäbchen 
konnte senkrecht oder schräg in den Thon eingedrückt werden und 
je nachdem war die Form der Verzierung verschieden. 

Dass gegen Ende der Steinzeit, in der sc^en. Kupferperiode, 
das Tupfenornament und die Schnur-Verzierung auftraten, haben 
wir schon oben gesehen. Das Band-Ornament, das in manchen 
Gegenden Deutschlands und Österreichs fiir eine gewisse Phase der 
neoJithischen Periode charakteristisch ist, fehlt in der Schweiz fast 
ganz; wo es aber erscheint, wie im Pfahlbau „Kleiner Hafner" bei 
Zürich, geschieht es im Verein mit Gegenständen, welche der Kupfer- 
zeit oder der beginnenden Bronzeperiode angehören. Der Kreis 
ist in den Verzierungen der Steinzeit unseres Landes noch nicht 
aufgefunden worden; jene bestehen fast nur aus Geraden und Ver- 
bindungen von solchen. 

c) Schroff und ohne Anknüpftingspunkte ist in der Schweiz der 
Übergang von der altern oder paläolithischen Steinzeit zur Jüngern 
oder neolithischen, von der Zeit der geschlagenen zu derjenigen 
der geschliffenen Steingeräte. 

Wir scheinen es in der neolithischen Zeit mit einem neuen 
Volk zu thun zu haben. Woher kam es? Wohin ist das alte 
gegangen? Niemand weiss es und der Hypothese ist hier Thür 
und Thor geöffnet. Da sagt man; Die Höhlenbewohner waren 
die ursprünglichen Bewohner Europa's: Autochthonen; die Neoli- 
thiker sind die von Osten her eingewanderten Arier, der west- 
liche Zweig der indogermanischen Völkerfamilie. Es deuten die 
Haustiere nach Osten, die Kulturpflanzen wurden aus der Urheimat 
mitgebracht, dort gen Aufgang der Sonne liegt der Fundort von 
Nefrit und Jadeit, dorthin weisen die ältesten Sagen, dorthin unsere 
Sitten und selbst unsere Sprache ist ein lebendiger Zeuge fiir die 
arische Völkerwanderung, Vom Hochlande Pamir sind die Indier 
nach Osten gezogen und alle andern Stämme nach Westen und als 
Westasien erfüllt war, setzten sie nach Europa über, zuerst die Gräco- 
Italiker, dann die Germanen, endlich die Slaven. Die Verwandtschaft 
der Sprachen deutet immer noch auf die Verwandtschaft der Völker, 
auf ihr einstiges Zusammenleben an einem gemeinsamen Ursprungsort 
. und weist hin auf die Urheimat 

Es waren die Sprachforscher, welche die Theorie der arischen 
Wanderung aufgestellt hatten. Sie schien so gut begründet zu sein, 
dass jede Gegenrede verstummte. Sie erklärte alles so leicht und 



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Die DcoUthische oder jüngere Steinzeit. I97 

SO gut. Es war ein schönes Bild, zu denken, wie die Kultur, der 
Sonne gleich, von Ost nach West die Erde umkreise und die Herzen 
der Erdgebomen mit ihrem Lichte erhelle. 

Es gab- aber doch Gelehrte, welche diese Theorie mit Miss- 
trauen ansahen und darauf aufmerksam machten, dass alle Völker- 
wanderungen, von denen die älteste Geschichte rede, nicht von 
Ost nach West, sondern gerade umgekehrt von West nach 
Ost gegangen seien, und dass dieses Zurückfluten doch sehr 
merkwürdig sei. Man erinnerte an die Schlacht, welche Ramses 
den Meervölkem des Westens geliefert, an die Galater in Kleinasien, 
an den Heerzug nach Troja u. s. w. Man wagte zu sagen, die 
Verwandtschaft der Sprachen beweise nicht ein Zusammenwohnen 
der Völker im Osten. 

Die Archäologen meinten, die Beweise für die arische Wanderung 
in dem Fortschreiten der Kultur gen Westen finden zu können, 
aber sie fanden die Zeugen der primitivsten Kulturen nicht speziell 
im Osten, sondern überall oder vielmehr besonders im Westen und 
Nordwesten. 

Ausgrabungen bewiesen, dass die Formen von Geräten und 
Schmucksachen in West und Ost ganz verschieden seien, auf ganz 
verschiedene Entwickelung hinweisen und dass der Osten durchaus 
nicht die Prototypen der Formen des Westens ergebe. Kurz, von 
allen Seiten mehrten sich die Angriffe und es musste die ganze 
Theorie wieder geprüft werden. Dabei war es nun interessant 
zu sehen, wie die sogen. Urheimat der Arier allmählich nacli Westen 
rückte. Sie wurde nach Turkestan, Armenien, in die Steppen 
Russlands und endlich nach Süd-Skandinavien verlegt. Das letztere 
that Penka. 

Dieser Sprachforscher hat den sehr beachtenswerten Versuch 
gemacht, die Resultate der vergleichenden Sprachforschung, der 
prähistorischen Archäologie und der Anthropologie in Einklang zu 
bringen und man muss sagen, dass er seine Hypothese mit vielen 
Gründen stützt. Ihm scheint es, dass die arische Wanderung nicht 
von Asien, sondern von Süd-Skandinavien aus vor sich gegangen 
sei. Mit dem Ren zogen die Höhlenbewohner der Dordogne nach 
Norden. Sie kamen in rauhere Gegenden, wo des Lebens Not- 
durft schwerer auf ihnen lag. Darum hnden sich in den bel- 
gischen Höhlen jene Knochenzeichnungen und Skulpturen nicht 
mehr, wie sie das Kesslerioch und die Grotten Frankreichs er- 
geben haben. Am Ende des Kontinentes, zwischen Nord- und 
Ostsee machten die Wanderer Halt. Da lieferte ihnen das Meer 
Nahrung genug und aus den Trogiodyten wurden jene Fischer, 



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IqS Zweites Kapitel. 

welche uns die Kjökkenmöddinger hinterliessen; Abfallhaufen längs 
der dänischen Küsten, die zumeist Muschelschalen enthalteiij hin 
und wieder aber auch Artefakte der Steinzeit Diese Kiichen- 
abfälle oder Kjökkenmöddinger bilden nach Penka das Bindeglied 
zwischen paläolithischer und neolJthischer Steinzeit. Die Steinwerk- 
zeuge sind geschlagen, nicht geschliffen; die Haustiere, mit Aus- 
nahme des Hundes, fehlen noch. 

Von da aus strahlten nun in späterer Zeit die Arier aus und 
verbreiteten sich über alle Lande, wie ja auch in historischer Zeit 
aus dem Norden Scharen von Kriegern hervorbrachen und sich 
über Europa ergossen, 

Dass wirklich Skandinavien der Ausgangspunkt der Arier ist, 
scheint sich nach Penka aus anthropologischen, linguistischen und 
archäologischen Thatsachen zu ei^eben. Die Skandinavier sind 
Dolichocephalen und seit der Steinzeit hat sich dieser Typus im 
Norden erhalten, also sind die Leute jener Epoche auch Arier, meint 
er. Die Arier sind Langkopfe und da das erwähnte Land das 
Zentrum der Verbreitung der Dolichocephalen ist, so ist es wohl 
Ausgangspunkt, 

Die Tier- und Pflanzenwelt der nordischen Steinzeit stimmt mit 
dem, was die vergleichende Linguistik als urarisch herausgefunden 
hat. Die arische Ursprache kennt das Meer, also kann nicht das 
Innere eines Kontinents Urheimat der Indogermanen sein. Da, wo 
das Bindeglied der älteren und jüngeren Steinzeit sich befindet, ist 
die Urheimat, also in Dänemark mit seinen Kjökkenmöddingem. 
Die Germanen, al.s die echtesten Arier, haben die bestimmtesten Er- 
innerungen an die Heimat ihrer Urväter und sie haben auch am 
längsten ihre Reinheit bewahrt. Die Expansionskraft, die sie in der 
Urzeit offenbarten, zeigt sich noch in unseren Tagen und bekannt 
ist ihre Akklimatisations- und Kulturfähigkeit, 

Penka's Werk: „Die Herkunft der Arier" {1886) enthält eine 
solche Menge wissenschaftlichen Materials, dass es den Leser zu 
überzeugen geeignet ist. Indessen sind doch gerade die Gmndlagen 
der Hypothese sehr wenig sicher. Penka stützt sich vor allem auf 
die spezielle Anthropologie. Da ist es nun interessant, zu hören, was 
ein Anthropologe, wie Kollmann, dazu sagt. Er fasste seine Unter- 
suchungen über diesen Punkt in folgenden Sätzen zusammen: „In 
Europa müssen mindestens vier verschiedene Rassen (Typen) unter- 
schieden werden. Sie bestehen zweifellos nebeneinander seit der 
neoÜthischen Periode; sie haben, wie die Gräber und Höhlenftinde 
lehren, immer nebeneinander gelebt und sich gekreuzt. Die euro- 
päische Kultur ist deshalb ein gemeinsames Produkt aller europäischen 



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Die neolithische oder jüagere Steinzeit. Iqq 

Rassen (Typen). Von diesen Kassen kann, so weit unsere Kenntnis 
asiatischer Menschenrassen reicht, nur eine einzige, die dolichocephale 
leptoprosopc Rasse (langgesichtige Langköpfe) als ein direkt mit 
uns verwandter Typus betrachtet werden. Von Asien ging wahr- 
scheinlich nach der neolithischen Periode die geistige Wieder- 
geburt Europa's aus, wie heute das Umgekehrte der Fall ist, 
aber die Wiege der europäischen Menschheit hat wohl kaum dort 
gestanden." 

Die neolithische Kultur könnte ganz gut in West-Asien 
ihren Ursprung haben, wodurch das Vorhandensein mancher im 
Osten und Südosten entstandener Haustierformen und Kulturpflanzen 
erklärt wäre, ohne dass man annehmen müsste, die NeoUthiker selbst 
seien von Asien nach Europa gekommen, Dass Wanderzüge bei 
barbarischen Völkern, besonders bei Nomaden, sehr häutig sind und ■ 
dass solche auch im steinzeitlichen Europa vorgekommen, unterliegt 
keinem Zweifel. Wir haben unter den Pfahlbaufiinden Objekte ge- 
nannt, deren Vorhandensein auf Handelsverbindungen deutet und 
wir haben gesehen, dass die NeoUthiker der Schweiz Gesteine aus 
den Alpen benutzten, welche sie nicht etwa in Moränen und Fluss- 
geschieben in ihrer Nähe flnden konnten, sondern Stunden weit 
holen mussten. In den Pfahlbauten der Ostschweiz kommt z. B. 
Asphalt nicht selten vor; die nächstliegende Fundstelle dieses Materials 
ist das Travers-Thal im Kt. Neuenbui^. Die Seeansiedler haben 
ihren Bedarf dort geholt oder durch Tauschhandel von dort bezogen. 
Auch der primitivste Handel lässt sich nicht denken ohne Wande- 
rungen wenigstens Einzelner, die von Stamm zu Stamm die Ver- 
bindung herstellen. Misswachs und Hungersnot, Übervölkerung oder 
Seuchen zwingen und zwangen aber oft auch ganze Stämme zum 
Wandern. 

Wanderungen haben also in der neolithischen Zeit gewiss statt- 
, gefunden; aber damit ist nicht gesagt, dass mit den Völkerscharen 
auch eine bestimmte Kultur wanderte und sich in den späteren 
Sitzen derselben niederliess, mit anderen Worten; dass Wanderungen 
von Völkern identisch seien mit Wanderungen der Kulturformen. Ge- 
wiss hat man früher diese beiden Dinge oft nicht scharf genug aus- 
einander gehalten. Kulturen können sich ausbreiten, ohne dass die 
Völker ihre Wohnsitze verlassen. Das sehen wir heutzutage an grossen 
Beispielen: Von Europa aus wird die Kultur in alle Lande getragen. 
Nur wenige Vermittler sind dazu nötig. Aber auch der umgekehrte 
Fall ist uns bekannt, dass Völker siegreich in Länder eindrangen, 
in denen eine andere Kultur herrschte, als diejenige der Eindringlinge, 
Die Kultur des unterlegenen Volkes blieb jedoch erhalten, die Sieger 

( ' , .[ J^ \ Digitized^yGOOgle 



200 Zweites Kapitel. Die neolithische oder jüngere Steinieit. 

beugten sich ihr und ihre mitgebrachten Sitten und Gebräuche, 
sogar ihre Sprache verloren sich. 

Die arische Kultur könnte also von Asien gekommen sein, ohne 
dass auch die Arier dort ihre Heimat zu suchen hätten. Wir wissen 
nicht, ob die Neolithiker Europa's Arier waren, aber wir kennen 
ihre Kultur. Der Ursprung der Völker der jüngeren Steinzeit ist 
noch nicht ermittelt. Immerhin ist der Wert der Arbeit Penka's nicht 
zu verkennen. Sie zeigt ganz besonders deutlich, dass die wich- 
tigsten Fragen des Kultur- und Völkerlebens nicht von einer einzigen 
Wissenschaft beantwortet werden können, sondern durch gemeinsame 
Arbeit mehrerer Disziplinen ihrer Beantwortung entgegen geführt 
werden müssen. 

d; Wir kommen hier noch einmal auf die Hockergräber 
zurück , da ganz neue Untersuchungen uns eine der oben auf- 
geworfenen Fragen beantworten. Professor Martin in Zürich ent- 
deckte nämlich beim Reinigen eines der Schädel aus dem Grabfelde 
von Glis an der Nasenwurzel und auf der Stirn Spuren roter Be- 
malung. In der That zieht sich bei dem betreffenden Schädel ein 
roter Streifen über die Augenhöhlenlöcher bis zur Ohrgegend. Diese 
Bemalung (mit Ocker?), die auch in Frankreich und Italien an neo- 
lithischen Schädeln beobachtet worden ist, muss erfolgt sein, nach- 
dem der Tote schon längere Zeit in der Erde geruht, d. h. nachdem 
die Fleischteile sich vollständig von den Knochen abgelöst hatten. 
Das Grab wurde wieder geöffnet und der Schädel bemalt; vielleicht 
sind auch die übrigen Skeletteile aus dem provisorischen Grabe 
herausgenommen worden, um definitiv bestaltet zu werden. Die 
Bemalung des Schädels scheint also ein sekundäres Begräbnis an- 
zudeuten. 



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Drittes Kapitel. 

Die Bronzeperiode. 

Hesiod beschreibt in seinem Buche: „Werke und Tage" die 
fünf Weltalter und glaubt, dass zuerst ein goldenes Geschlecht 
über die Erde gewandelt sei, das den Göttern geglichen habe. Ihm 
folgte das -silberne und 

„Wieder erschuf ein drittes Geschlecht viellauliger Menschen 
Zeus der Vater, aus Erz, ungleich dem silberoen völli);; 
Eschen entsprosst, ein grause», E'"»"saines, welchem des Ares 
Jammergeschäft oblag und Beleidi^ng: nicht auch der Feldfruchl 
Assen sie, nein, mit der Härte des Demanls übten sie Starrsinn, 
Ungeschlacht; nur grosse Gewalt und unnahbare Hände 
Wuchsen daher von den Schultern, bei ungeheueren Gliedern. 
Diesen war die Waffe von Era, von Erz war die Wohnung, 
Die Feldgeräte von Erz und nicht war dunkeles Eisen." 

Als auch das eherne Geschlecht zum Hades hinabgestiegen war, 
entstanden die Heroen und erst nach diesen kam als fiinfte Gene- 
ration die eiserne. 

Viel näher der Wahrheit als Hesiod kam der römische Lehr- 
dichter LucRETius. Er ahnte, dass die Menschen der Urzeit in den 
primitivsten Verhältnissen und nicht im goldenen Zeitalter gelebt 
haben müssen. 

„Noch verstanden sie nicht zu behandeln die Dinge mit Feuer, 
Nicht der Felle Gebrauch und in Raub sich der Tiere za kleiden ; 
Sondern bewohnlGD die Büsche, die Wälder und Höhlen der Berge, 
Baigen unter Gesträuch die schmutzigen Leiber, gezwungen 
Sich TOT Regen tmd Wut der stürmischen Winde zu schützen." 

Mit Keulen und Sfeinwaffen gingen sie auf die Jagd, aber 
manche von ihnen verbluteten unter dem Zahn reissender Tiere. 
Später lernten sie Hütten bauen, verschaflten sich Feuer und be- 
deckten ihre Blosse mit Fellen. Erst jetzt, meint Lucrez, habe sich 



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202 Drittes Kapitel. 

das Sprachvermögen entwickelt, die Ehe und die Kindererziehung 
Platz gegriffen und bald gab es Bündnisse zwischen Nachbarn. Es 
entstanden Städte und Burgen, es gab Könige und Gesetze. Der 
Wohlstand mehrte sich, das Gold ward entdeckt und mit ihm wurden 
der Ehrgeiz und die niederen Leidenschaften entfesselt. In diese 
Zeit versetzt er auch die Entstehung von Religion und Wissenschaft, 
P-rst später wurden Erz und Eisen benutzt. 

,,Aber des Erzes Gebrauch ward früher erkannl, als des Eisens, 
Weil es geschmeidiger isl und in gtösscrer Menge sich vorfand. 
Erz umwühlte den Boden der Erd', Erz mischte die Wogen 

In der verheerenden Schlacht " 

„Nach und nach dann brachte man vor die Schwerter von Eisen 



Fing mit Eisen nun an zu brechen den Boden der Erde 

Auch entschied man mit ihm den Kampf der zweifelnden Feldschlachi." 

Wenn auch Dichtung und Wahrheit in dem Gemälde der 
Zeiten, wie es der römische Poet vor uns entrollt, wunderbar ge- 
mischt sind, so hat er doch die Hauptepochen der Vergangenheit 
klar erkannt. Zuerst war in der That der Stein das wichtigste Nutz- 
material, ihm folgte das Erz (die Bronze) und diesem das Eisen. 
Aber es ist ein grosser Schritt von der dichterischen Ahnung bis 
zur wissenschaftlichen Erkenntnis. Erst die Forschung des X!X. Jahr- 
hunderts hat den Beweis für die Richtigkeit der Anschauung des 
LucBEz erbracht, wenigstens für Europa und die angrenzenden 
Gebiete. 

Alle bewohnten Gegenden der Erde haben eine Steinzeit durch- 
gemacht. In dem archäologisch am genauesten bekannten Europa 
ist dieselbe überall nachgewiesen. Tausende und Abertausende von 
Funden in unseren Museen illustrieren diese fernabliegende Epoche, 

Die älteren Ägyptologen haben zwar geleugnet, dass es im alten 
Kulturlande am Nil einmal eine Zeit gegeben habe, wo die Metalle 
unbekannt gewesen seien, aber durch die tiefgründigen Forschungen 
der Neuzeit ist der Beweis geleistet worden, dass auch da eine sehr 
lang dauernde Steinzeit angenommen werden müsse. Zum gleichen 
Resultat gelangte man in Bezug auf das übrige Afrika: Im Norden, 
Westen, Süden und Osten des Erdteils fand man nicht bloss ver- 
einzelte Geräte und Waffen primitiver Form, alle aus Stein, sondern 
auch Feuerstein-Werkstätten, Depotfunde, Ansiedelungsreste u. s. w. 
Freilich ragt die Steinzeit mancher Gegenden Afrika's noch in unsere 
Zeit hinein. Die Buschmänner lebten bis vor kurzem in der Stein- 
zeit und selbst heute ist das Metall, das sie besitzen, nicht eigenes 
Fabrikat, sondern von Fremden überkommenes Gut. 



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Die Bronzeperiode. 201 

Älter als selbst die ägyptische scheint die Kultur Chaldäa's zu 
sein. Im Doppelstromlande Mesopotamien bestand vielleicht schon 
im siebenten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung ein zivilisierter 
Staat. Aus den Ruinen von Tello stammen Bronzen, deren Alter 
auf mehrere Jahrtausende vor Christo zurückweist. Aber auch hier 
gii^ der Metallperiode eine Steinzeit voraus, wie jetzt unwiderleglich 
dargethan ist. 

ScHLiEMANN hat durch seine Ausgrabungen in Hissarlik-Troja 
bewiesen, dass daselbst ursprünglich eine steinzeitliche Ansiedelung 
bestand. Er fand nämlich neun sogen. Städte über einander; die 
eine war auf dem Schutt der andern erbaut worden. Zu oberst 
stiess man auf Reste des römischen Ilium: Ruinen eines Tempels 
der Athene, Marmor-Inschriften u. s. w. Die sechste Stadt, von unten 
an gezählt, war das von Homer besungene Troja. Es muss zwischen 
1500 und looo V. Chr. existiert haben. Da wurde kein Eisen 
gefunden, wohl aber Bronze. In der zweituntersten Stadt kamen 
zwar noch zahlreiche Objekte aus Bronze, Silber und Gold zum 
Vorschein, aber daneben doch auch Steingeräte. Diese zweite Stadt 
besass eine Burg mit mächtigen Mauern und grosse Wohnhäuser 
aus Lehmzi^eln. 

Die unterste „Stadt" von Hissarlik-Troja konnte nur unvoll- 
ständig untersucht werden. Ihre Mauern bestanden aus Lehm und 
kleinen Bruchsteinen. Die Gerate und Waffen, die dabei gefunden 
wurden, waren Steinbeile, Steinhämmer, Messer und Sägen aus 
Feuerstein, einfache, aus freier Hand erstellte Thongefässe und 
ganz vereinzelte Kupferobjekte. Bronze und Eisen fehlte: Die 
erste Stadt Troja gehört der Steinzeit an und dauerte bis zum 
Ende dieser Periode. 

In Syrien und Palästina sind steinzeitliche Funde nicht selten 
und ebenso wenig in Vorder- und Hinter-Indien. Auch China und 
Japan haben eine Steinzeit erlebt. Ein echtes Steinzeitland ist 
Sibirien, wo es heute noch Völkerschaften giebt, die das ihnen von 
Europäern geschenkte Metall wie Stein behandeln. Wir haben oben 
die Tschuktschen erwähnt. Sie sind gute Schnitzer und Zeichner 
und leben auf einer Kulturstufe, die mit derjenigen unserer ältesten 
Pfahlbauer verglichen werden kann. Was sie an Metall besitzen, 
stammt von Europäern. 

Und wie die Tschuktschen im XIX., so lebten die Kanitscha- 
dalen im XVIII. Jahrhundert noch in voller Steinzeit. Ihre Äxte 
bestanden aus Stein oder Knochen und diese Materialien, vermehrt 
um das Holz, lieferten ihnen auch den Stoff zu den übrigen Ge- 
raten und Waffen. 



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204 Drittes Kapitel. 

Die Sil dsee- Insulaner besitzen auf ihren zum Teil von Korallen 
gebauten oder durch vulkanische Kräfte entstandenen Inseln keine 
Metalle. Sie erhielten solche erst von den Entdeckungsreisenden, 
lebten also bis zur Ankunft der Europäer in der reinen Steinzeit, 
obwohl ihre Kultur zum Teil eine beachtenswerthe Hohe erreicht 
hatte. Solche metallunkundige, aber kulturell ziemlich hochstehende 
Stämme waren z.B. die neuseeländischen Maori, die neukaledonischen 
Eingeborenen u. s. w. Besonders bekannt aber sind die Steinzeitleute 
des östlichen Teils von Neu-Guinea geworden, die erst in unseren 
Tagen von der Steinzeit zur Eisenzeit übei^ehen. 

Als Kolumbus Amerika entdeckte, lebten die Bewohner dieses 
Kontinentes zum grössten Teil noch in der Steinzeit Nur in Mexiko, 
Kolumbien und Peru war die Bronze bekannt. Eisen fehlte überall. 
Natürlich ist dieses „Kulturmetall" dann rasch eingedrungen, aber 
es sind im Innern Brasilien's doch vor wenigen Jahren noch Stämme 
gefunden worden, wie die Bakairi, welche vorher nie Metall gesehen 
hatten, also ebenfalls in der Steinzeit lebten. 

Von den Paraderos Ai^entinien's bis hinauf zu den zahlreichen 
Mounds des nördlichen Amerika sind ungezählte Steingeräte dem 
Schoss der Erde entnommen worden. Sie stammen aus alten 
Ansiedelungsresten, aus Depotfunden und Gräbern. Viele, ja die 
meisten dieser Funde, bestehen aus Feuerstein und den verwandten 
Silikaten, einige, z. B. in Central-Amerika, aus Obsidian und nur der 
kleinste Teil war aus den gewöhnlichen Felsarten des Landes her- 
gestellt worden. 

Auch die Eskimo's des hohen Nordens befanden sich, als die 
Europäer mit ihnen bekannt wurden, noch in der Steinzeit. Sie 
hatten zwar etwas Eisen, bei genauerer Untersuchung erwies es sich 
jedoch als Meteoreisen, Dasselbe war, ähnlich dem Stein, zerschlagen, 
kalt gehämmert und zu Pfeilspitzen und ähnlichen Gegenständen ver- 
arbeitet worden, Die Kunst des Giessens, die Behandlung des Eisens 
im Feuer blieb den Leuten unbekannt. Das Eisen war fiir sie Stein. 

!n ganz gleicher Weise bearbeiteten die nordamerikanischen 
Indianer die reichen Kupferlager ihres Landes. Am oberen See 
kommt fast reines Kupfer vor. Man holte sich dieses Metall zwar 
schon vor dem Eindringen der Europäer mittels Tagbaues, ja man 
hat daselbst sogar alte Stollen und Schächte gefunden. Das Kupfer 
wurde aber nicht geschmolzen und in P'ormen gegossen; deshalb 
lässt sich trotz der Funde von zahlreichen Kupferobjekten nicht von 
einer Kupferzeit Nordamerika's sprechen. Das Metall wurde zer- 
schlagen, kalt geschmiedet, d. h. mit Steingerät gehämmert und es 
entstanden Beile, Messer, Dolche, Lanzen, Meissel, Ahlen, Armspangen, 



zed.yGOOgle 



Die Bronreperiode, 205 

Ringe u. s. w. Nur in den zivilisierteren Staaten Amerika's, wie z. B. 
in Mexiko, war man zur Gusstechnik vorgeschritten und hat Gold, 
Silber, Bronze und Kupfer verarbeitet In Amerika folgte also auf 
die Steinzeit, ähnlich wie in Europa, eine Bronzeperiode. 



Der Däne Thomsen veröffentlichte im Jahre 1836 einen „Leit- 
faden für nordische Altertumskunde" und stellte darin, als der erste, 
den Grundsatz auf, dass die Urgeschichte Europa's sich teilen 
lasse in eine Steinzeit, eine Bronzeperiode und eine Eisen- 
zeit. Diese Anschauung brachte er im altnordischen Museum in 
Kopenhagen zur Darstellung. Unabhängig von Thomsen kamen auch 
Lisch in Schwerin und Danneil in Salzwedel auf dieses sogen, Drei- 
periodensystem. 

Es fehlte demselben jedoch nicht an Gegnern, Nach dem 
deutsch- dänischen Kriege von 1 864 wollte man in Deutschland von 
dem ,, skandinavischen" Systeme gar nichts mehr hören und erklärte 
es als einen Ausdruck dänischer National ei telkeit. Die bedeutendsten 
Gegner der Dreiteilung der europäischen Urgeschichte waren Host- 
mann und L. LiNDENscHMiT. Diese Forscher behaupteten nicht etwa, 
das ganze System sei unrichtig, denn auch sie unterschieden die 
Stdnzeit von der Metallperiode, aber sie hielten dafiir, dass es keine 
Bronzezeit, kein „ehernes Zeitalter" gegeben habe. Das Eisen sei 
während der ganzen Epoche, die nach der Bronze benannt werde, 
bekannt gewesen. Wenn es selten gefunden würde, so sei das eben 
die Folge seiner leichtem Vergänglichkeit. Übrigens habe man es in 
sc^en, Bronüegräbem thatsächlich gefunden. Zwischen den Zeilen 
liess sich deutlich lesen, dass die Gegner des Dreiperiodensystems 
glaubten, es seien, dem System zu liebe, Eisenfunde geradezu ver- 
heimlicht worden. Auch aus metallurgischen Gründen sollte es keine 
Bronzezeit gegeben haben können. Das Eisen ist ein Element, 
während Bronze eine Mischui^ von ca. 90°/o Kupfer und 10% Zinn 
darstellt. Nun sei, wurde behauptet, leicht einzusehen, dass ein ein- 
faches und zwar häutig vorkommendes Metall gewiss eher entdeckt 
und benutzt worden sei, als eine Legierung, welche ja die Kenntnis 
mehrerer Metalle voraussetze. Zudem sei Zinn, der eine Bestandteil 
der Bronze, verhältnismässig selten. Das Eisen habe zwar einen 
viel hohem Schmelzpunkt (Gusseisen i300° C, Gussstahl 1300 bis 
1400" C), als Kupfer (1050° C: und Zinn (250° C), sei aber doch 
leichter aus den Erzen abzuscheiden, weil es schon mit einer Hitze 
von 700° C, zu einer Luppe niedergeschmolzen werden könne, aus 
der sich ein gutes, stahlähnliches Eisen ausschmieden lasse. Und 



zed.yGOOgle 



2o6 Drittes Kapitel. 

Stahlmeisse! oder doch eiserne Geräte müsse man gehabt haben, 
um die Bronze so zu bearbeiten, wie sie z. B. in den reich ornamentierten, 
nordischen Hängegefässen uns entg^entritt 

Dass in den erbitterten Streit um die Existenz oder Nicht-Exi- 
stenz einer Bronzeperiode sich auch die Philologie mischte, kam 
daher, dass diese Wissenschaft vor einem halben Jahrhundert die 
Altertums-Wissenschaft noch vollständig beherrschte und es begreif- 
licherweise nicht gern sah, dass ihr Schützling sich so selbständig 
gebärdete. 

Besehen wir uns nun die angeführten Gründe gegen das „nor- 
dische Ei nschachtelungssy Stern " 1 Zunächst kann die Bemerkung 
zurückgewiesen werden: das Eisen müsse vor der Bronze bekannt 
gewesen sein, weil es ein einfaches Metall sei, die Bronze aber eine 
Legierung, Hier entscheiden einfach die Thatsachen, die Funde, 
nicht aprioristische Meinungen. Auch fr%t es sich gar nicht, ob 
Eisen oder Kupfer leichter aus den Erzen zu gewinnen sei, sondern 
es handelt sich um die Frage, ob es in Europa eine Zeit gab, wo 
Bronze zu Waffen und Werkzeugen, Geräten und Schmucksachen 
verarbeitet wurde, wahrend das Eisen nicht oder fast nicht be- 
kannt war und darüber entscheiden wieder die Funde. Dass man 
Bronze nur mit Eisen bearbeiten könne, war auch eine solche Lehr- 
meinung: Sie ist durch das Experiment längst als unhaltbar er- 
klärt worden. 

Stärker ins Gewicht fällt der Einwurf, das Eisen habe sich eben 
nicht erhalten. Dagegen sagt Hoernes in seiner „Urgeschichte des 
Menschen" mit Recht, dass wohl die Eisenobjekte an und für sich 
durch langes Liegen in der Erde zu Grunde gehen können, aber 
immer bleibe eine Rostspur, übrigens haben die sorgfältigen Aus- 
grabungen der Neuzeit gezeigt, dass das Eisen nie spurlos ver- 
schwindet Was die Eisenstücke betrifft, die in nordischen Hünen- 
gräbern der sogen, Bronzezeit gefunden wurden, so erklären sie sich 
einfach dadurch, dass durch spätere Eingriffe, so z. B. durch Nach- 
bestattungen, jüngere Objekte in Grabhügel gelangen können, Tiere, 
wie Füchse, Dachse u. s. w. schleppen auch etwa dergl. Sachen ein. 
Bei sorgfältiger Untersuchung wird sich aber immer ergeben, dass 
ein solcher Fall als Ausnahme zu betrachten ist und nicht bestimmend 
wirken kann. Die Eskimo's in Grönland zeigten uns einen anderen 
Fall, wie Elsen unter Steinzeitsachen gelangt ist. 

Wir sehen also, dass weder geistreiche Hypothesen, noch Aus- 
sprüche vonTechnikem, weder philologische noch chemisch-geologische 
Lehren in der uns vorliegenden Frage ausschlaggebend sind, sondern 
allein die Funde. Was lehren uns nun diese Funde? 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode. 207 

Sie lehren, dass für Europa und die zunächst liegenden Teile 
von Asien und Afrika das Dreiperiodensystem absolut richtig istj 
dass dasselbe aiso nicht nationaler Eitelkeit und Überhebung der 
Danen entsprang, Dünkel war eher auf Seiten ihrer Gegner und 
es muss rühmend hervoi^ehoben werden, dass die nordischen 
Forscher den Streit mit sachlicher Ruhe führten und selbst durch 
die beklagenswerten persönlichen Insulten, die sich ihre Angreifer 
zu Schulden kommen Hessen, nicht verleitet wurden, den wissen- 
schaftlichen Anstand zu verleugnen. Heute haben sie den Sieg 
errungen. 

Gerade wir In der Schweiz müssen bekennen, dass es eine 
spezielle Bronzezeit gegeben haben muss. Sie ist in manchen Pfahl- 
bauten prächtig repräsentiert, aber noch nie hat man in der Kultur- 
schicht der Bronzestationen eiserne Objekte in grösserer Zahl angetroffen. 
Solche sind überhaupt aus Pfahlbauten nur in wenigen Exemplaren 
bekannt. Die reiche Bronze- Ansiedelung WoUishofen-Zürich ergab 
ca. 7000 Fundobjekte, aber keine Spur von Eisen. Da kann man 
nicht sagen: Das Eisen hat sich im Seeschlamm nicht erhalten. 
In Mörigen im Bielersee, wo neben einer kleinen Steinstation ein 
grosser Bronze-Pfahlbau ausgebeutet wurde, fand sich z. B. ein Bronze- 
Armband mit feinen Eisenlamellen als Einlage. Schon dieser Umstand 
beweist, wie selten das Eisen damals war und wenn sich feine Lamellen 
erhielten, wird man nicht behaupten wollen, die massiven Eisenäxte, 
Eisenschwerter u. dergl. haben sich nicht erhalten können. 

Noch mehr! Mit Steinobjekten findet sich etwa Kupfer oder 
Bronze in bearbeitetem Zustande vergesellschaftet, aber in Stein- 
stationen findet man keine Eisensachen, Andererseits hat man in 
Gräbern und Ansiedelungen der Eisenzeit oft schon vereinzelte 
römische Funde gemacht, nicht aber in Ansiedelungen oder Gräbern 
der Bronzeperiode. 

Auch die Formen bronzezeitlicher Objekte sind manchmal mit 
solchen der Steinzeit in Beziehung zu setzen. So erscheint das erste 
Metallbeil in der Form des einfachen Steinbeils; die eisenzeitlichen 
Äxte dagegen sind viel mehr entwickelt. Ganz dasselbe Hesse sich 
von der Ornamentik nachweisen. Auch sie zeigt, dass nach der 
Steinzeit die Bronzeperiode folgte, welche ihrerseits ihr Ende fand, 
als das Eisen seine Herrschermacht zu entfalten begann. 

Wie wir in der Schweiz durch die Funde gezwungen wurden, 
das Dreiperiodensystem als richtig anzuerkennen, so geschah es nach 
und nach in allen Ländern Europa's. Die Bronzezeit ist aber auch 
für weite Länderstriche anderer Kontinente nachgewiesen, so besonders 
fiir Ägypten, Mesopotamien und Kleinasien. Es ist allgemein zu- 



zed.yGOOgle 



208 Drittes Kapitel. 

gegeben, dass im ganzen Kulturkreis, der das Mitteltneer umschliesst, 
zwischen Stein- und Eisenzeit eine Bronze-Epoche eingeschoben 
werden muss. 

Man ist weiter gegangen und hat die Bronzezeit in Unterperioden 
abgeteilt. So unterscheidet Monteuus für Skandinavien sechs Unter- 
abteilungen. In der Schweiz lassen sich, wie wir sehen werden, 
mindestens drei Perioden der Bronzezeit unterscheiden und für Nord- 
italien hat MoNTELius vier solcher nachgewiesen. Tischler teilte die 
Bronzezeit Norddeutschland's ebenfalls in vier Abschnitte ein. Die 
Theorie der Dänen ist auch bei den Deutschen zum Siege gelangt 
und es war interessant zu sehen, wie die „undeutsche" Dreiteilung 
plötzlich ganz gut deutsch wurde. In der That sind ja Lisch und 
Damneil, welche fast gleichzeitig mit Thomsen die Theorie aufgestellt 
hatten, keine Dänen gewesen, sondern Deutsche, 

Indessen hat der Streit doch auch sein Gutes gehabt. Zunächst 
wurde besonders von Lindenschuit immer wieder betont, dass den 
Völker-Verbindungen, dem Handel und Verkehr auch in der Urzeit 
eine viel grössere Bedeutung beizumessen sei, als die nordischen 
Forscher zugeben wollten. Ausserdem aber sah man ein, dass die 
Dauer der einzelnen Perioden der Urgeschichte verschieden gewesen 
sein müsse. In der Schweiz herrschte beispielsweise noch die reine 
Bronzezeit, während südwärts der Alpen schon das Eisen benutzt 
wurde. 

Wenn nun aber auch für einen grossen Teil der Erdoberfläche 
eine Bronzeperiode als prähistorische Epoche anzunehmen ist, so 
kann es doch Gegenden geben, welche, ähnlich den Südsee-lnsulanem 
von heute, von der Steinzeit direkt zur Eisenzeit übergingen. So 
kennt man in Afrika Völkerschaften, die ganz wohl verstehen, Kupfer 
zu verhütten, aber trotzdem kann südlich der Sahara eine Kupfer- 
oder eine Bronzezeit nicht nachgewiesen werden und ebenso scheinen 
die eisenkundigen Malayen eine Bronzezeit nicht gehabt zu haben, 
wie besonders Andree hervorgehoben hat. 

A. Pr^hlbauten der Bronzezeit. 



Die Pfahlbauer der Bronzeperiode besassen bessere Hilfsmittel 
für ihre Arbeiten, als diejenigen der neolithischen Zeit; das zeigt 
sich z. B. bei ihren Ansiedelungen. Diese sind weiter im See 
draussen zu suchen, als die Steinzeitstationen. Die Pfahle sind keine 



zed.yGOOgle 



Etie Bromeperiode. 209 

Rundhölzer mehr oder ganze Stamme, sondern sc^en. Spaltlinge. 
Manchmal erkennt man an ihrer Zuspitzung schon den Gebrauch 
metallener Werkzeuge. Zwar ist die Zahl der Bronzestationen nicht 
so gross, wie diejenige der Steinzeit-Pfahlbauten, dafür ist aber 
ihre Ausdehnung um so bedeutender. Während früher meist nur 
wenige Hütten beisammen standen und selten eine grössere An- 
siedelung, wie z. B. Wangen am Bodensee, konstatiert werden kann.' 
sind die Bronzestationen im allgemeinen als eigentliche Dörfchen zu 
betrachten und mit manchem derselben war noch eine Gusswerk- 
stätte, dne Töpferei und dcrgl. verbunden. 

Am schönsten sind die Bronzepfahlbauten im Westen unseres 
Landes entwickelt; sie fehlen indessen, wie wir gesehen haben, im 
Osten nicht ganz. Aber auch in der Bronzeperiode lassen sich in 
in den Seedörfem nicht bloss lokale, sondern wieder zeitliche Unter- 
schiede erkennen, die eine relative Chronologie begründen. Das 
dürfte schon aus der Betrachtung einiger weniger Stationen klar werden. 

I. Du Stationen von Morges. Am Genfersee muss zur Bronze- 
zeit eine relativ dichte Bevölkerung gelebt haben, denn von den ca. 
50 Pfahlbaustattonen (vgl. Fig. 43 S. 100), die an beiden Ufern des- 
selben konstatiert worden sind, weisen über 20 Bronzen auf. Sehr 
lehrreich sind die Funde, welche in der anmutigen Bucht von Morges 
zum Vorschein kamen. Nahe dem Ufer befindet sich daselbst die 
„Station de l'Eglise", die der reinen Steinzeit angehört Am See- 
grunde fand man eine Art Steinbei^, d. h. Häufen von zerschlagenen 
Steinen, welche durch Hinabwerfen von Material, das bei der Stein- 
bearbeitung als unbrauchbar weggeworfen wurde, entstanden sein 
mögen. Zwischen den Steinhaufen waren 4 — 6 m lange leere Räume 
zu bemerken, die wohl den Hütten entsprachen. An Artefakten fand 
man Steinbeile, Steinwirtel, Mühlsteine, grobe Thonscherbea u. s. w. 

Etwas weiter im See draussen entdeckten Troyon und Morlot eine 
grosse Bronzestation, die seither besonders von den beiden Forel, Vater 
und Sohn, untersucht worden ist und auf die wir gleich zu sprechen 
kommen werden. Etwa 400 m von dieser „Cit^" entfernt, stiess man 
auf einen kleinen, aber höchst interessanten Pfahlbau, die „Station 
des Roseaux", welche ihren Namen dem Umstände verdankt, dass 
daselbst Schillrohr in Menge vorkommt Diese Ansiedelung ergab 
neben Steinbeilen und andern steinzeitlichen Objekten auch eine 
Anzahl Bronzen von Formen, die man dem Beginn der Bronze- 
periode zuschreibt. Einige Eisensicheln entscheiden nichts über das 
Alter der Station, da sie wohl nur verloren gegangene oder un- 
brauchbar gewordene Werkzeuge sind, die beim Schilfschneiden 
benutzt wurden. 

Heierli, tiricKhichw der SchwEii, '4 

DiBiimd, Google 



2IO DritteE KApilel. 

Die Station des Roseaux war etwa loo m lang. Ihre Pfähle 
bestanden aus Eichen- und Tannenholz. Einige dieser Hölzer 
scheinen mit Metallgerät hergestellt worden zu sein. Unter den 
Tierresten fanden sich Knochen von Hirsch, Schaf, Rind und Schwein. 
Die Thonscherben sind grob und schlecht gebrannt. Neben ihnen 
erscheinen Feuersteinsplitter, Steinwirtel und Beile als Zeugen der 
Steinzeit, daneben aber drei Lanzetten von Bronze, eine Schmucknadel 
aus demselben Metall und i8 Beile von der Form desjenigen von 
Obermeilen. 

Diese Äxte zeichnen sich durch schwache Randleisten und aus- 
gebreitete Schneiden aus. (Fig. 164 u. 165), Sie sind in den Stationen 
der entwickelten Bronzezeit sehr selten. Ihre Form lässt sich leicht 
aus der Gestalt des Steinbeiles 
ableiten. Die ersten, einfachsten 
Beile aus Kupfer- imitieren näm- 
lich ganz die Form der stei- 
nernen. Nach und nach wurde 
die Schneide etwas ausgeschweift, 
wie das an den Kupferäxten 
von St. Blaise, Geroifingen u. s. w. 
zu bemerken ist Sodann wur- 
den, um eine bessere Schaftung 
zu ermöglichen, Leisten an- 
gebracht, ursprünglich wohl 

durch einfaches Hämmern, 

FiR. 164. Fig. 165. ..^ j u <- T - .. 

Bronzebeile aus d« Station d^ Roseaux «P«»«'" ^urch GuSS. Leisten- 

bei Mo^es, kelte finden sich schon in 

Kupferstationen, z. B. in Vinelz. 

Leisten kommen aber häutiger bei Beilen von kupferreicher Bronze 

vor und sodann bei Formen, die aus derjenigen Legierung bestehen, 

wie sie die eigentliche Bronzezeit kennt. Die Leistenkelte sind 

also der Übergangsperiode von Stein zu Bronze zuzuschreiben, 

oder besser dem Beginn der Bronzezeit. Mort[llet hat denn auch die 

Station des Roseaux als Typus seiner ersten Bronzezeit, der „Epoque 

morgienne", aufgestellt. 

In der „Grande Cit^ de Morges" haben wir einen Jüngern 
Pfahlbau vor uns. Die Leistenkelte fehlen fast ganz, die Steinwirtel 
sind durch thönerne Wirtel ersetzt, die Bronze erscheint in allen 
möglichen Formen. Diese Station ist ca. 200 m vom Ufer entfernt. 
Ihre Länge wird auf 400 m, ihre Breite auf lOO m geschätzt 
Ausser den Pfählen fanden sich auch horizontale Balken. Südwest- 
lich der Ansiedelung entdeckte man zwei Pfahlreihen, die zum Schutze 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode, 



gegen den Wellenschlag errichtet worden sein m<:^en. Zwischen 
den Pfählen fanden die Herren Forel einen Schalenstein. 

Die Tierreste von Morges bezeugen die Anwesenheit von Hirsch, 
Wildschwein, Bär, Pferd, Rind, Schaf, Ziege und Torischwein, Die 
Töpferware zeigt elegante Formen und feinen Thon. Unterstellringe 
für Gefässe mit spitzzulaufendem Boden waren häuBg. Daneben er- 
scheinen Thonkugeln, Wirtel, Netzsenker und rundliche Steine mit 
einer Rinne in der Mitte. Diese Diskussteine fand man auch in 
andern Stationen, besonders häufig im Pfahlbau Mörigen und auf 
dem Steinberg Nidau (Bielersee). 

An Bronzeobjekten kamen in der Cit^ de Morges über 6cx} Stück 
zum Vorschein. Prof. F. Forel erwähnt im neunten Pfahlbaubericht 
6i Beile mit Lappen (aus den Leisten durch Vergrösserung derselben 
entstanden), sechs Beile mit 
Diille, sechs Meisscl, vier 
Schwerter, 19 Lanzenspitzen, 
61 Messer, 23 Sicheln, 95 Arm- 
spangen, 79 Rii^e, 256 
Schmucknadeln und 23weitere 
Objekte , unter denen be- 
sonders eine vollständige Guss- 
form, aus Bronze bestehend, 
erwähnt werden muss. 

Diese Gussform ist nicht 

die einzige, die wir aus Pfahl- „ 1 ''^^ ' ^' - . j ., 

BrOQierlDg »us der Grande att de Morges. 
bauten kennen. In Genf sind 

z. B. mehrere Sandsteinformen gefunden worden. Auch an andern 
Schweizer Fundorten kamen solche zum Vorschein. Sie beweisen, 
dass zum mindesten ein Teil der Bronzen hier zu Lande gegossen 
wurde, also nicht alles fertig eingeführte Ware ist Was aber der 
Gussform von Moires ihre besondere Bedeutung giebt, ist das Material, 
aus dem sie besteht. 

Mehrere Bronzeartefakte von Morges tragen hübsche Ver- 
zierungen. Besonders schön sind einige Armspangen, sowie ein 
eigentümlich geformter Ring, der einen nierenförmigen Hohlraum 
offen lässt und als Schwurring bezeichnet wird (Fig. 166). Ein 
Schmuckgegenstand aus Bronze hat Rädchenform. Unter den Bronze- 
messern der Grande Cite finden sich solche mit einfachem Griffdorn, 
andere aber tragen eine kurze Dülle. Die zuletzt genannten Messer 
fehlen in den Pfahlbauten der östlicheren Gegenden der Schweiz, wohl 
aber kommen sie in den Seen Savoyen's vor. Ein ganz erhaltenes 
Bronzeschwert von Morges besitzt eine sanft geschweifte Klinge und 



zed.yGOOgle 



212 Drittes Kapitel, 

einen Flachgriff, auf welchem der eigentliche, aus Hörn oder Holz 
bestehende Schwertgriff mit Nietnägeln befestigt war. 

Schwerter sind in den Pfahlbauten nicht häufig. Wenn man be- 
denkt, dass in unserm Lande Zinn ganz fehlt und Kupfer nur in ganz 
unbedeutenden Mengen vorhanden ist, dass also die Rohmatenalien 
zu den Bronzen eingeführt werden mussten, daher einen grossen Wert 
repräsentierten, so begreift man, dass die Vermutung ausgesprochen 
wurde, die Schwerter der Bronzezeit seien nur Paradestücke der an- 
gesehensten Krieger, nicht aber wirkliche Waffen gewesen. Indessen 
tnuss gesagt werden, dass in den Bronzestationen die Waffen über- 
haupt sehr weit hinter der Menge der Werkzeuge, besonders der 
Schmucksachen zurücktreten. Dass aber Schwerter hier zu Lande ge- 
gossen wurden, beweisenGussformenvonSchwertgriff und Schwertklinge. 

Ein ähnliches Pfahlbau gebiet im Genfersee, wie das von Motges, 
liegt bei der „Pierre du Niton" in Genf. Auch dort tinden sich die 
Fundschichten mehrerer Bauten, die ebenfalls verschiedene Phasen 
der Vergangenheit repräsentierten. Die Funde waren noch zahlreicher, 
als in Morges, besonders die Gussformen, Ringe und Schmuck- 
nadeln. Die Lappenkelte traten zurück, dagegen waren die Düllen- 
beiie häufig. Im Ganzen mögen dem Pfahlbau Genf ca. 1 500 Bronzen 
entnommen worden sein. 

2. WoUishofen bei Zürich. Das untere Ende des Zürichsees 
war dereinst von einem ganzen Kranz von Pfahlbauten umgeben. 
Vor dem Ausfluss der Limmat liegt im See draussen eine Untiefe, 
der sog. , .grosse Hafner". Auf demselben fänden ach die Reste eines 
Pfahlbaues, Die Stelle scheint aber auch später noch besucht worden 
zu sein, denn es kamen bei den Grabungen daselbst mehrere 
römische Münzen zum Vorschein. Näher dem alten Ufer, jetzt zum 
Teil im aufgefüllten Terrain, erhob sich der „kleine Hafner", Auch 
er trug ein Pfahldorf, dessen erste Anlage in die Steinzeit zurück- 
weist, das aber, wie die Ansiedelung auf dem grossen Hahier, noch 
in der Bronzeperiode existierte. Auf der linken Seite des Limmat- 
Abllusses liegt die kleine Insel „Bauschanze", Sie ruht auf einem 
Pfahlbau. Noch vor 50 Jahren konnte man um das Inselchen herum 
uralte Pfahle sehen und zwischen denselben kamen Stein- und 
Bronzegerate zum Vorschein, ferner Knochen- und Hornobjekte, 
sowie zahlreiche Thonscherben. Besonders charakteristisch für diese 
Station sind Spitzhacken aus Hirschhorn. 

Ein vierter Pfahlbau liegt vor dem Bahnhof WoUishofen in 
Zürich 11, im sogen. „Haumesser". Dort Ist der wenig tiefe Seegrund 
mit Schlamm bedeckt. Als in den Jahren 1883 — 87 Auffullmaterial 
für das neue Quai gesucht wurde, Hess man die Baggermaschine 



zed.yGOOgle 



Die Btonisperiode. 21 3 

auch im Haumesser arbeiten und siehe da, es kam eine reiche 
Bronzestation zu tage, die zwar nur zum Teil au^ebeutet wurde, aber 
trotz der mangelhaften Ausbeutungs- 
art zahlreiche Fundstiicke lieferte. 

Der Pfahlbau Wollishofen exi- 
stierte ebenfalls schon in der Steinzeit, 
wie rohe Scherben, zahlreiche Stein- 
beile, Feuersteinsplittcr u. s. w, be- 
weisen. Diese Steinzeitstatioo dürfte 
durch Brand untergegangen sein, denn 
die Arbeiter wollten deutlich eine 
Brandschicht erkannt haben, die liefer 
Hege als die Stellen, wo Bronzen ge- 
funden wurden. Über dem in Asche 
gesunkenen Pfahlbau erhob sich ein 
neuer, der sich vei^rösserte und in 
seiner Blütezeit als ein Emporium 
des Bronzehandels betrachtet werden 
konnte. 

Unter den Funden erscheinen 
vier Schwerter. Das besterhaltene 
derselben weist eine sanft geschweifte 
Khnge auf, die mit Nietnägeln in den 
massiven Bronzegriff befestigt wurde. 
Es ist 62,5 cm lang (Fig. 167). Diese 
Schwertform findet sich durch ganz 
Europa. Merkwürdig ist die Kleinheit 
des Griffes (10 cm). Eine mittelgrosse 
Hand hat Mühe, ihn zu fassen. F'ührt 
man aber einige Hiebe, so sitzt die 
Hand so fest im Griffe, dass es grosser 
Kraft bedürfte, dem Kämpfenden das 
Schwert aus der Hand zu schlagen. 
Das zweite Schwert war nicht voll- 
ständig erhalten, aber von demselben V ^ ^ 
Typus wie das erstgenannte, nur be- ^.^ ^^^ ^.^ ^^^ 

saSS der Griff ursprünglich eine ßroizeschwerl Verziert« Broo«. 
durch drei Nietnägel befestigte, jetzt aus Wollislioren schwertausWoUis- 
verschwundene Einlage (Fig. 168.) (Zürich). hofen (Zürich). 

Der hintere Teil der Klinge, sowie der Griff sind zudem mit Ver- 
zierungen versehen. Diese bestehen zumeist aus konzentrischen 
Kreisen, um welche sich Punktreihen ziehen. 



zed.yGOOgle 



214 Dritt«» Kapitel. 

Wie die Schwerter, so sind auch die Dolche in den Pfahlbauten 
nicht häufig. Die Neolithiker brauchten zwar nur die UIna des Edel- 
hirsches zuzuschleifen, um einen handlichen Knochendolch zu be- 
sitzen. In Vinelz fand man, wie wir gesehen, einen Feuerstein- 
dolch mit seiner Handhabe, Wollishofen hat drei Bronzedolche 
geliefert (Fig. 169 — 171)- Häufiger sind 
Pfeil- und Lanzenspitzen. Die letztern 
sind mit Dülle versehen und oft verziert 
(Fig. 172), Die Pfeilspitzen tragen fast immer 
Widerhaken. Die Befestigung im Holzschaft 
geschah mittels eines Doms oder aber mit 
einer Dülle (Fig. 173 — 176). Der Bogen hat 
wohl aus Eibenholz be- 
standen, das am be- 
nachbarten Ütliberg 
nicht selten ist und 
noch im XVni. Jahr- 



Fig. 169. Fig. 170. Fig. iri. 

Bconzedolche aus Wollishofen (Zürich). 

hundert ausgeführt wurde, um für afrikanische Völkerstämme zu 
Bogen verarbeitet zu werden. 

Beile und Messer sind bald Waffen, bald Gerate. Im Pfahlbau 
Wollishofen fand man neben Steinbeilen auch ein solches aus Hirsch- 
horn, das ganz die Form der heutigen Äxte zeigt. Sodann kamen 
zwei Kupferbeile zum Vorschein, die in ihrer Form den Stein- 
beilen gleichen (vgl. Fig. 1 10 S, 167). Häufig waren die Bronzebeile, 



zed.yGOOgle 



Die Broniepetiode. 



2IS 



besonders diejenigen mit vier Schaftlappen (Fig. 177). Das schwerste 
derselben wiegt 506 Gramm. Auch Queraxte fanden sich, d. h. Beile, bei 
welchen die Schneide quer zur Richtung des 
Schaftes stand, die also sum Aushauen von 
Einbäumen dienten, von denen wirklich einer 
in Wollishofen entdeckt wurde. 




flg. 17a. Fig. 173. Fig. :74. Fig. 175. Fig. 176. 

Bronie-Lanieiispitie ans BroaM-Pfeilspiuen aus Wollishofen (Zürich). 

Wollishofen (Zürich). 

Die Bronzemesser variieren zwischen 2,5 und 22 cm Länge; ihre 
Klingen sind geschweift und häufig verziert (Fig. 178 — 181}. Die 
Ornamente fehlen weder auf der Breitseite der Klinge, noch auf 



aus Wollishofen (Zürich). 



zed.yGOOg[e 



2l6 



Drittes Kapitel. 



deren Rücken. Oft sind es Linien, die den Schneiden parallel laufen, 
oft Punktreihen. Manchmal erscheinen Halbkreise, die graviert oder 
mit Punzen eingeschlagen wurden. Auch konzentrische Kreise kommen 
vor. Hier und da lassen sich Steilen entdecken, wo der Stichel des 
Graveurs ausgeglitten ist. Zickzacklinien und Systeme von Parallelen 
fehlen nicht und zahlreich sind Kombinationen dieser Verzierungen. 
Aus zerbrochenen Messern lässt sich erkennen, wie wertvoll damals 
die Bronze war. Die Bruchstellen wurden ausgehämmert und das 
Instrument wieder benutzt. Die Abnutzung mancher Messer ging so 
weit, dass oft nur noch kleine Reste der Klingen vorhanden sind. 



f 



Fig. 182. Fig. 183. Fig. 184. Fig. 185. 

Massiver Bronze- Bronze meissel mit DttUenmHssel aus Wollishoren 

meissel ans Wollis- Flachgriff aus WoUis- (Zürich), 

hofen (.Zürich). hofen. 

Was die Messergriffe betritift, so ist am häufigsten ein Dorn vor- 
handen , an dem dann die Hörn- oder Holzhandhabe befestigt 
wurde. Hier und da finden sich oben am Dorn Ringe, die den- 
selben umfassen und bei zunehmender Breite als bewegliche DüUen 
aufgefasst werden können. Manche Messer haben Flachgriffe. Auf 
der Griffzunge eines der grössten Exemplare (Fig. 17g) hat sich die 
mit Bronzenägeln und Nieten befestigte Homeinlage noch erhalten. 
Ganz besonders schön sind die verzierten, massiven Griffe. Einige 
derselben gabeln sich am hintern Ende und beim reichstverzierten 
Stück (Fig. iSi) sind diese Gabeln spiralig eingerollt, ähnlich den 
Griffenden eines Bronzeschwertes vom Lac de Luyssel oberhalb Bex. 

Unter dem Handwerksgerät aus dem Pfahlbau WoUishofen stossen 
wir auf Ahlen und Pfriemen, Meissel mit massivem Körper oder mit 



zed.yGOOgle 



Die Bronzeptriode. 217 

Dulle (Fig. 182—186), Punzen (Fig. 18;), Hämmer (Fig. 188); so- 
gar ein prächtig verzierter kleiner Amboss (Fig. 189) ist gefunden 
worden; auch Gussformen von Sandstein kamen vor. Der Zweck, 
dem eigentümlich gebogene, Feuerzangen ähnelnde Bronze haken 
dienten, ist noch nicht erkannt. 

Die Fischereigeräte bestehen in einigen Angeln aus Bronze, 
einer Harpune aus Hirschhorn, einem Einbau mfragment und einigen 
Netzsenkern. Der unvollkommenen Art der Ausbeutung des Pfahl- 
baus ist es wohl zuzuschreiben, wenn die Zeugen des Ackerbaus in 
WoUishofen spärlich sind. Die aufgefundenen Reste der Flora be- 



J 



Fig. 186. Fig. 187. Fig. 188. Fig. 189. 

Hohlmnssal „Durch- Bronzebammfr Amboss aus WoUishofen 

mit DaUe aus schl^" aus aus WoUis- (Zürich). 

WoUJshofeo WoIliEhoreii hofen (ZOtich), 
(Zürich). (Zürich). 

schränken sich auf Weizen, Hirse, Haselnüsse, Holzäpfel und Feuer- 
schwämme. Daneben kamen Hirschhornhacken, eine prächtige Schaufel 
aus demselben Material, sowie ßronzesicheln zum Vorschein, zu 
welch' letztern auch eine Gussform dem Seegrund enthoben wurde. 
Bronzetrensen) eine Phalera oder Zierscheibe mögen fiir die An- 
wesenheit des zahmen Pferdes Zeugnis ablegen, ein teilweise ver- 
kohltes, starkes Krummholz dürfte als Joch gedient haben. Auch 
Wagenbestandteile glaubt man unter den Funden zu erkennen. 

Wohl in jeder Pfahlhütte war eine einfache Mühle, d. h. ein 
Stein mit konkaver Fläche und ein Reiber oder Quetscher vorhanden. 
Mühlsteine und Reiber kamen im Haumesser häufig vor, auch Mörser 
oder Stössel fehlten nicht. Dass die Hausfrauen in Bronzezeit- 
Pfahlbauten mit der Nadel umzugehen wussten, lehrt ein Blick in die 
Pfahlbausammlungen. Spinnwirtel von Thon, oftmals verziert. Spulen, 
Webgewichte beweisen die Kenntnis des Spinnens und Webens. 



zed.yGOOgle 



2l8 Dritte* Kapitel 

Ungemein zahlreich waren die keramischen Funde in Wollis- 

hofen. Hübsch verzierte, aus feinem Thon erstellte Schalen (Fig. igoy, 

Schüsseln und Teller (vgl. Fig. 217 S. 228), Töpfe mit spitzzulaufendem 

Boden und eigentliche Kessel wurden gefundenj sowie ganze Körbe 

voll Scherben. Einer derselben hat einem 

grossen Topfe angehört, der um den Hals 

eine Reihe kleiner Töpfe trug , deren 

Inneres durch Löcher mit dem Hauptgefäss 

korrespondierte. Ein anderes Thongefäss 

Th„..b.uL,'MLd„-v„- '" dreiteilig: Drei Töpfchen stehen durch 

ziening aus WoUishofen Röhren miteinander in Verbindung, Ähn- 

(Zürich). liehe Formen werden heute noch zur 

Blumenzucht benutzt Manche der altem Gefässe und Scherben 

weisen noch Buckel und Ösen auf, bei Jüngern erscheinen hier und 

da Henkel. Die Verzierungen bestehen in Geraden, Zickzacklinien, 

Kreuzen, Dreiecken, Rautenmustern, Rosetten, Wellenlinien, Guir- 

landen und Mäandern. Wie auf den Bronzen, so kamen auch auf 

Thongeräten Halbkreise und Kreise als Ornament vor. 



Pokal (?) B 

Fig. 191 stellt ein Thongefäss vor, das die Form eines Fokales 
repräsentiert. 

Manche Spitzgefässe zeigen rundum laufende Rinnen, in deren 
jeder ein Löchtein ist. Sehr selten ist es, dass man in einer dieser 
Rinnen noch den Rest des Bronze- oder Zinndrahtes findet, der 
einst das Gefäss schmückte und dessen Enden eben durch das kleine 
Loch geschoben wurden, um innen auseinander gelegt zu werden. 

Einige Thongefösse scJieinen als Lämpchen benutzt worden zu 
gcin, worunter eines mit drei Beinen. Es hat die Form einer Schild- 
kröte. Aus Thon bestanden femer die Gusstiegel. Auch Spielzeug 



zed.yGOOg[e 



Die Bronz«pericM9e. . 2 1 9 

fertigte der Töpfer (Fig. 192). Dass in Wollishofen in der Keramik 
sehr ausgiebig gearbeitet wurde, darf uns nicht wundem, wenn wir 
bedenken, dass ja in der Nähe, am Fusse des Ütlibcrges, grosse Thon- 
lager sich finden^ deren Material heutzutage noch benutzt und in 
mehreren grossen Backsteinbbriken verarbeitet wird. Den Beweis 
dafiir, dass wirklich schon die Pfehlbauer ihren Thon daselbst holten, 
liefern einige Bronze- und Homobjekte, die man im Lehm gefunden 
hat und die durchaus prähistorische Formen aufweisen. 

Neben Thongefässen erscheinen im Haumesser, obwohl selten, 
auch metallene. Da ist z. B. ein kleines Bronzetöpfchen. Wichtiger 
sind einige Bronzehenkel und Geßissstiicke, die identisch an den um- 
gekehrt konischen Bronzekesseln oder Situlen in Italien und Süd- 
Österreich sich finden. Nun gehören diese Formen aber daselbst 
schon der Eisenzeit an, während in Wollishofen nicht eine Spur 
von Eisen gefunden wurde. Die Bronzezeit muss also, wie ge- 
sagt, hier noch fortgedauert haben, während jenseits der Alpen 
schon das Eisen seine Herrschaft angetreten hatte. Es giebt noch 
andere Gründe, aus denen hervoigeht, dass die Bronzeperiode in 
der Schweiz ihre höchste Entwickelung erst fand, als im Süden 
das Eisen bereits bekannt war. 

Man hat beobachtet, dass viele Pfahlbauten sich dadurch aus- 
zeichnen, dass gewisse Formen in ihnen relativ häufiger erscheinen, 
als andere. In Auvernier z. B. waren grosse, reichverzierte Arm- 
spangen so häufig, dass man anzunehmen geneigt ist, es seien dort 
solche Schmuckgegenstände nicht bloss für den eigenen Bedarf, 
sondern auch fiir den Verkauf hergestellt worden. Im Haumesser 
bei Wollishofen kam ungemein viel Töpferware zum Vorschein und 
unter den Bronzen treten Beile und Messer in grösserer Zahl auf, 
als man nach den übrigen Funden von Geräten vermuten würde. 
Ganz besonders zahlreich aber sind Schmucknadeln, von denen weit 
über tausend Stück dem Seeschlamm enthoben wurden. 

Die meisten Schmucknadeln tragen Köpfchen (Fig. 193) und 
nur selten ist das der Spitze entgegengesetzte Ende derselben platt 
geschlagen und eingerollt (Fig. 194). Eine kleine Kopfnadel aus 
Wollishofen sieht aus, als käme sie eben aus der Gussform. Die 
Köpfchen sind häufig rund oder oval und fast immer verziert An 
einigen bemerkt man Linien, die wie Parallelkreise aussehen. Diese 
Linien können zu Furchen werden und schliesslich teilt sich der 
Nadelkopf in mehrere scheibenförmige Stücke, die sich zu Eltipsoiden 
abrunden. Solche mehrköpfige Nadeln finden sich nicht selten 
(Fig. 195), manchmal ist aber nur eine Scheibe übrig geblieben. 
Andere Nadelköpfe sind mit Linien verziert, die meridianartig von 



zed.yGOOgle 



220 Drittes Kapitel. 

Pol ZU Pol laufen. Um die Pole sind dann gewöhnlich Parallelkreise 
gezogen und so erhält das Ganze ein mohnkopfähnliches Aussehen. 
Neben Mohnkopfnadeln erscheinen keulenförmigej am schönsten aber 
sind diejenigen mit hohlen runden Köpfen, welch' letztere mit runden 
Löchern versehen wurden, in denen oft kleine Perlen von Bronze- 
blech sitzen (Fig. 196), Um diese „Augen" herum ziehen sich als 
—_ gewöhnliche Verzierung konzentrische Kreise, die meist 
t i durch parallele Linien und Punktsysteme untereinander 

verbunden sind. Die Augen, in Verbindung mit diesen 



r 



Fig. 193. 



Fig. 194. Fig. 195. 

Bronzenadeln aus Wollishofen (Züi 




Verzierungen, bilden Rosetten, deren Grundtypen manchmal als Drei- 
und Sechsecke, oft auch als Vier- und Achtecke oder als Fünf- 
resp. Zehnecke erscheinen. 




iimt 



•#" 



Fig. 199. Fig. 200. 

Glasperlen aus WollisholcD (Zürich). 



Bronzefibel aus WollishoTen (Züi 

Fig. 198. 

Broniefibel aus Auveroier. 



ch). 



nier. Bemsteinperle aus Wollishofen (Zürich). 

Viele der glänzenden Nadeln schmückten das Haar. Ein 
Bronzekammchen ist wohl auch als Haarschmuck aufzufassen. Fibeln 
oder Sicherheitsnadeln, die andernorts, z. B. in Italien, so häufig sind, 
kommen in unsem Pfahlbauten selten vor. In Wollishofen ist eine 
einzige Fibula gefunden worden: es ist eine sogen. Bogenfibel 
(Fig. 197), Weniger selten sind Gehänge, Perlen, Ringe u, s. w. 



zed.yGOOgle 



Die BroDicperiode. 22 1 

Neben Perlen aus Bronze erscheinen solche aus Glas und Bern- 
stein. Die Glasperlen sind meist tonnentormig, blau und weiss ge- 
streift (Fig. 199). Daneben giebt es auch „Augenperlen", d. h. solche, 
die mit Buckeln oder Augen versehen sind {Fig. 200). Bernsteinperlen 
deuten auf Verbindungen mit dem Norden (Fig. 201). Dreieckige, ver- 
zierte Bronzebleche mit Aufhängering sind wohl als Amulete aufzufassen, 
die um den Hals getragen wurden. Bei manchen derselben ist der 
untere Rand etwas eingezogen, konkav. Diese Einziehung kann so 
weit gehen, dass das Gehänge ein mondsichelartiges Aussehen be- 
kommt Die Sichelenden können grösser und grösser werden, sich 
berühren und endlich zusammen wachsen, so dass ein ringförmiges 
Amulet entsteht (Fig. 202). 




Fig. 202, Fig, ioy Fig. 104. 

Gehänge (Amulet) aus Bronzeluopr aus ZiDDrSdcben aus 

WoUishofen (ZüHch). WoUishofen. Wollishofen (Zürich). 

Nicht selten kamen im Pfahlbau Wollishofen Bronzeknöpfe zum 
Vorschein (Fig. 203) und radfbrmige Stücke aus Bronze oder Zinn 
(Fig. 204), die wahrscheinlich als Schmuck auf die Kleider genäht 
wurden. 

Unter den Armspangen (Fig. 205) und Ringen (siehe unten 
Fig. 216, Seite 228) haben wir nicht jenen Reichtum, wie er uns 
in mehreren westschweizerischen Pfahlbauten 
en^egentritt, indessen besitzt das Schweize- 
rische Landesmuseum doch eine stattliche 
Zahl solcher Schmucksachen aus Wollishofen. 
Es sind Ohr- und Fingerringe, Armspangen, 
Arm- und vielleicht auch Fussringe, Gürtel- 
ringe u. s. w., fast alle verziert Eine eigen- 
tümliche Spange verdient besondere Erwähnung. 
Ein tordierter Bronzestab wurde so gebogen, 
dass die beiden Enden neben- oder übereinander zu liegen kamen. 
Eine Schliesse greift über diese Enden und verhindert ihr Aus- 
einanderweichen. Dieser Ring mit Schliesse trägt eine Anzahl kleiner 
Ringe von der Form unserer Gardinen ringe. Da derartige Ringlein 
aus Bronze in einigen Pfahlbauten, z. B. in Hauterive am Neuen- 
burger See in grosser Zahl an Haufen liegend, gefunden worden sind. 




zed.yGOOgle 



222 Dritte» Kapitel. 

in anderen Stationen auch in Ringe gefasst vorkamen, so vermutete 
Desor, es seien Wertmesser, Geldringe. Wir hätten also auch in 
Wollishofen ein „Portemonnaie lacustre" gefunden. 

Von Resten des Menschen selbst ist in Zürich nur ein Schädel 
zum Vorschein gekommen. Derselbe dürfte nach Kollmahn einem 
kräftigen Weibe angehört haben und muss der breitgesichtigen Rasse 
Europa's zugezählt werden. Es ist ein Mesocephalus mit einem 
Längenbreitenindex von 76,6. 

3. Der Bromepfaklbau Morigen, Am sudlichen Ufer des Bieler- 
sees, beim Dorfe Mörigen, liegt eine ruhige Bucht, welche nahe dem 
Lande eine kleine Steinzeitstation enthält, weiter draussen im See 
aber einen reichen Bronzepfahlbau, durch dessen Pfahlgewirr man 
nach der Juragewässer-Korrektion zeitweise trockenen Fusses wandern 
konnte. Da war es denn auch möglich, die Kulturschichte selbst 
zu untersuchen. Die Grabungen wurden hauptsächlich von Dr. 
E. VON Fellenberc durchgeführt und von Dr. V. Gross in seinem 
Werke „Les Protohelv^tes" t>eschrieben. 

Wenn der Bronzepfahlbau Mörigen die Station Wollishofen in 
Bezug auf die Zahl der Schmucknadeln nicht erreicht, so übertrifll 
er sie in Bezug auf Zahl und Art der Ringe, 
Spangen , Gehänge. Oberflächlich wurden 
einige eisenzeiüiche und römische Fibeln ge- 
funden, aus der Kulturschicht selbst stammen 
zwei BronzeBbeln mit gekerbten Bügeln. Diese 
Form kommt in Italien nicht selten vor. Es ist 
die Fibula a grandi coste (Fig. 206). Mörigen 
d " ^ pfX^ ' mT'' '"* ^^^ mehrere Bernstein- und Glasperlen geliefert 
U[id unter den zahlreichen Schmuckgehängen 
giebt es welche, die aus Gold hergestellt wurden. Goldene Ringlein 
dienten wahrscheinlich als Ohrschmuck. Spiralfaden aus Bronze 
mögen um den Hals getragen worden sein. Zahlreicher sind bronzene 
Armspangen. Neben massiven, oft tordierten Ringen und Spangen 
finden sich grosse, hohle Stücke, aus Bronzeblech hergestellt. Sie 
erscheinen auf der Aussenseite häufig gerippt oder mit geometrischen 
Verzierungen geschmückt. Bei den schönsten Formen (vergl. Fig. 261, 
S. 263) finden sich, ähnlich wie bei den Kopfnadeln, konzentrische, 
durch Parallelensysteme unter einander verbundene Kreise. Eine 
hohle Spange, die, wie die meisten dieser Schmucksachen mit 
Endstollen versehen ist, tr^t auf der Aussenseite Einlagen von 
dünnen Eisen blättchen, wie schon bemerkt, ein genügender Beweis, 
dass Eisen sich erhalten hätte, wenn es den Pfahlbauem bekannt 
gewesen wäre. 




zed.yGOOgle 



Die Broozeperiode. 223 

In Mörigen fanden sich Gürlelhaken von Bronze und ferner ein 
Fragment getriebenen Bronzebleches, das an die Gürtelbleche der 
Eisenzeit erinnert und wohl als ein solches aufzufassen ist. Bronze- 
knöpfe, Zierscheiben, Pincetten u. s. w. vervollständigen das Inventar 
von Schmucksachen aus unserm Pfahlbau. 

Was die keramischen Produkte anbetritit, so sind in der Station 
Mörigen Schalen mit und ohne Henkel zum Vorschein gekommen, 
ferner Schüsseln und Teller, Becher und Töpfe, eigentliche Kessel 
und mehrteilige Gefasse. Überall in der entwickelten Bronzezeit 
kommen Spitzgefässe vor, zum Teil mit Rinnen und Löchlein ge- 
schmückt. Noch sei erwähnt, dass auch Fragmente von Saug- 
fläschchen für Kinder gefunden wurden, sowie thönerne Kugeln oder 
Vogelgestalten mit Steinchen im Innern, also Rasseln, die man den 
Kleinen als Spielzeug gab. Das letztere Gerät findet sich übrigens 
auch in Bronze. Die meisten Thongefässe waren verziert, einige 
sogar bemalt. Die Bemalung der Töpferware tritt anderwärts erst 
in der sogen. Hallstattperiode auf, in der ersten Eisenzeit. Das 
Vorkommen bemalter Scherben in Corcelettes, Mörigen, Nidau 
und anderen relativ jungen Pfahlbauten ist ein neuer Anhaltspunkt für 
die Zeitbestimmung derselben. Auch verzierte Bronzegefässe fehhen 
in Mörigen nicht. Es sind Schalen und Töpfchen. 

Wenn man von der Beschäftigung der Pfahlbauer sprechen 
soll, so wird man zunächst den Fischfang erwähnen. In Mörigen 
fanden sich zahlreiche Bronzeangeln, sogar einige Doppelangeln. 
Die Viehzucht wird, ausser durch die Knochen der Haustiere, 
unter denen an Zahl besonders das Schaf hervortritt, auch durch 
einige Geräte illustriert, z. B. durch Pferde trensen. Mehrere der- 
selben bestehen aus Hirschhorn, andere aus Bronze; eine einzige 
Trense aber besteht aus Eisen. Sie zeigt, dass der Bronzepfahlbau 
Mörigen bis zu der Zeit existierte, da in unserm Lande das Eisen 
nicht mehr bloss als seltenes, kostbares Material erschien, sondern 
schon zu Geräten benutzt wurde. 

Unter den Feldgeräten fand sich in Mörigen ein Holzgriff zu 
einer Sichel, in welchen das Bronze Werkzeug durch Holznägel be- 
festigt werden konnte. Der Griff ist sehr handlich und zeigt besondere 
Aushöhlungen für Daumen und übrige Kinger {vergl. Fig. 302, S. 277). 

Handwerkszeug war häufig. Ein Bronzebeil besitzt noch 
den vollständigen Holzschaft, einige der schön geschweiften Messer 
stecken mit ihrem Dorn im Hirschhorngriff, andere haben Bronze- 
Vollgriffe. Unter den breiten, dünnen Messerklingen, die man als 
Rasiermesser bezeichnet und deren einige den Holz- oder Metallgriff 
noch besitzen, giebt es solche mit Verzierungen, die an Armspangen 



zed.yGOOgle 



224 Drittes Kapitel. 

oft genug vorkommen: sie mögen teilweise aus zerbrochenen 
Schmuckspangen zurecht gehämmert worden sein. Meissel und 
Ahlen, Pfriemen und Sage, Hammer und Ambos weisen auf die Thätig- 
keit von Handwerkern, zahlreiche, schön verzierte Spinnwirtel, Näh- 
und Stricknadeln auf diejenige der Pfahlbauerinnen hin. 

Die Waffen sind fast ausnahmslos in Bronze hergestellt. Pfeil- 
spitzen mit Dorn oder Dülle lagen neben verzierten Bronzelanzen. 
Eine Lanzenspitze ist offenbar nichts anderes ab die abgebrochene 
und mit einem kurzen Dom versehene Spitze eines Schwertes. Wir 
haben mehrfach gesehen, wie zerbrochene Gegenstände aus Bronze 
wieder benutzt wurden. Das giebt uns ebenfalls einen Begriff 



% 



GuEsfOTin aus MArigeo: a von ausieo gesehen, b — d die einzelneli Telle- 

von dem Werte, den die Bronze haben musste. Die Bronzedolche 
in Mörigen treten vor den. Schwertern zurück. 

Ein gut erhaltenes Bronzeschwert ähnelt demjenigen aus 
Wollishofen, das mit sanft geschweifter, weidenblattartiger Klinge 
einen Vollgriff, der hinten in eine ovale Platte mündet, verbindet. 
Dieser Griff ist durch rundum laufende Rinnen verziert, welche mit 
Nietnägeln abwechseln. Ein Schwertfragment aus Bronze weist auf 
dem Griffe Einlagen von Eisenlamellen auf Ein anderes Schwert 
besitzt eine Klinge aus Eisen, welche die Bronzeklingeo an Lange 
übertriflt. Ihre Form gleicht indessen ganz denjenigen Klingen, die 
aus Bronze verfertigt sind. Leider ist der Griff dieses Schwertes 
nicht vollständig erhalten. Er besteht aus Bronze und weist auch 
wieder Eisenlamellen als Einlagen auf. 



zed.yGOOgle 



Ein Teil der Pfahlbaute Mörigen erwies sich als Hronze-Guss- 
werkstätte. Da finden sich zunächst Gusstiegel, Gussklumpen, zum 



H 



Flg. 208. 

!S Quetbeiles a 



Fig. 2 10, 

Gussfonn eines Hammers 

aus Mörigen, 



Gussfocmen vod Sicheln ans dem Pfahlbau MOrigen. 

Einschmelzen bestimmte Ware, sodann aber besonders Gussformen 
aus Thon und Sandstein (Fig. 207 — 213). In manchen derselben 



zed.yGOOgle 



226 Drittes Kapitel. 

Stack noch der Thonkem, der einen Hohlguss erzeugen half (Fig. 207 
und 209). Durch solche Werkstättenfunde, deren Spuren sich auch 
in anderen Pfahlbauten finden und denen sich, wie wir später sehen 
werden, Giessereien anschliessen, deren Reste ausserhalb der Seen 
zum Vorschein kamen, wird der Nachweis geleistet, dass die Bronze- 
objekte, wenigstens diejenigen der späteren Bronzeperiode, nicht als 
importierte Ware aufgefasst werden dürfen. Und zwar sind nicht 
etwa bloss Gussformen einiger weniger Geräte gefunden worden, 
sondern solche von Schmucksachen, wie Nadeln, Spangen, Ringen 



Fig. 212. Fig. 213. 

GussTorm Mner Lanzenspitze aus Gussform einer Schweitklinge aus 

Möiigeo. Mfitigen. 

und Gehängen, femer solche von Werkzeugen, wie Sicheln, Beilen, 
Messern, Hämmern, Ahlen, Meissein, endlich solche von Waffen, 
wie Pfeilspitzen, Lanzen und Schwertern. Neben Mörigen haben 
besonders das reiche Auvemier, Corcelettes und Genf viele Guss- 
formen und andere Reste von Gusswerkstatten geliefert. 

4. Die Station Corcelettes. Der Neuenburger See ist wohl der 
„pfahlbaureichste" See der Welt. Schon zur Steinzeit erhoben sich 
längs seiner Ufer, besonders des westlichen, Dutzende von kleinen 
Ansiedelungen. Der Bronzeperiode aber gehören die schon oben 
erwähnten grossen Stationen von Auvemier, Bevaix, Corcelettes, 
Estavayer u. s. w. an. Jede weist ihre Besonderheiten auf. Leider 
ist es unmöglich, sie alle hier zu beschreiben. Begnügen wir uns mit 
einigen Bemerkungen über eine derselben! 

Unweit des schlachtberühmten Städtchens Grandson liegt der 
Weiler Corcelettes, am westlichen Ufer des Neuenburger Sees, aber 
im Kanton Waadt gelegen. Vor dem Dörfchen fand man im alten 



zed.yGOOgle 



Die BToDMpenode. 227 

Seegrande die Reste eines kleinen Pfahlbaus der Steinzeit und dicht 
daneben die Spuren einer grossen Bronzestation, die durch eine 
Brücke mit dem festen Lande in Verbindung gestanden hat. Durch 
die Juragewässcr-Korreiction wurde der Steinzeitpfahlbau ganz, die 
weiter gegen den See hinausreichende Bronzestation zum grössten 
Teil trocken gelegt. Beides waren Rostpfahlbauten. Bemerkenswert ist, 
dass die bronzezeitliche Ansiedelung nach Norden durch drei Palissadrn- 
reihen, zwischen welchen massenhaftes Steinmaterial lag, gegen den 
Wellenschlag gesichert wurde. 

Die ersten Funde aus Corcelettes kamen in die Kollektion 
d'YvERNois', welche später an Dr. Gross überging und mit der 
Sammlung des letztem durch Kauf in das Schweizer Landesmuseum 
nach Zürich gelangte. Auch die Museen von Lausanne, Neuchätel, 
Bern u, s. w. besitzen Bronzen aus Corcelettes, und zudem existieren 
noch mehrere grosse Privatsammlungen mit Objekten aus diesem 
Fundorte. 

Unter den Schmucksachen von Corcelettes ist eine Art Fibel 
zu erwähnen, die aus einer Bronzenadel erstellt wurde. Die Schmuck- 
nadeln sind auch hier zahlreich. Es finden sich unter denselben 
solche mit reichverzierten, hohlen Köpfen, andere mit mehrteiligem, 
also gegliedertem Kopfe. Eine Nadel endigt in einen Trichter, Prof, 
L, R. VON pELtENBERG fand bei der chemischen Analyse einer etwa 
15 cm langen und 3^/, mm dicken Schmucknadel aus Corcelettes 
neben 90,1970 Kupfer und 8,79 "/o Zinn noch Spuren von Eisen, 
nickelhaltigem Kobalt und Silber. Schärfer tritt der Nickel- resp. 
Kobaltgehalt bei zwei andern Bronzen aus Corcelettes hervor, die von 
Fbllenberg analysierte. Die eine, ein Messer, enthielt neben 88,S4''/o 
Kupfer und 9,2970 Zinn nicht weniger als 1,51 "/o nickelhaltigen 
Kobalt; die andere, ein Lappenkelt, ergab 87,25 */u Kupfer, 9,83 "j^ 
Zinn, 1,5170 ^1^' ^'^'^ '>l'7o nickelhaltigen Kobalt. 

Manche der zahlreichen Bronzespangen aus unserer Station 
tragen Stollen an den Enden, sind aber hohl gegossen. Der Hohl- 
raum scheint mit Birkenharz gefüllt gewesen zu sein. Eine Spange 
weist eine Reparatur auf. 

Bronzegehänge in Form von dreieckigen Blechen (Fig. 214), 
Halbmonden oder (geschlossenen) Ringen wurden in Corcelettes häufig 
gefunden. Besonders interessant ist ein doppelt durchlochtes Scheib- 
chen, das aus einem (menschlichen?) Schädel herausgesägt worden 
zu sein scheint (Fig. 215). Wahrscheinlich haben wir in demselben 
einen Zeugen prähistorischer Trepanation vor uns. Man hat nämlich 
in einigen Gegenden Mittel-Europa's, z. B. in Frankreich, Schädel aus 
uralter Zeit gefimden, aus denen kleine Stücke herau^eschnitten worden 

"5* 



zed.yGOOgle 



228 Drittes Kqiitet. 

waren. Bei manchen derselben konnten die Schnitte des Feuerslein- 
messers deutlich erkannt werden. Die Operation scheint nicht etwa 
bloss an Verstorbenen, sondern auch an Lebenden vorgenommen 
worden zu sein, vielleicht um den bösen Geistern, die sich im Kopf 
eingenistet und daselbst Krankheit verursacht hatten, einen Ausweg 
zu schaffen. An verschiedenen dieser Schädel fand man Wundnarben 
und es wäre also möglich, dass die Trepanierten nach der Operation 
noch einige Zeit gelebt hätten. Gewiss ist es nicht verwunderlich, 
wenn ein, durch einen solchen chirurgischen Eingriff herausgesägtes 
Schädelstück ab Amulet getragen worden ist. 

Zu den Schmucksachen aus Corcelettes sind noch Zierscheiben 
zu rechnen, die als Phaleren oder in Form von Zierrädchen den Be- 



I 



Fig. 21b. 

Fig. 214: Broniegehänge aus Corcelettes. 

Fig. 215: Knochengehänge (Amulet) aus Coiceletles. 

Fig. il6: Broaienng aus WoUishoren, 

Fig. 217: Thonleller aus WoUishofen, 

sitzer schmückten. Eines der letztern besteht aus reinem Zinn. 
Pincetten und Knöpfe dienten als Toilettengegenstände. 

Wie Mörigen, so gehört auch Corcelettes zu den wenigen Sta- 
tionen, welche gemalte Gefässe oder Scherben solcher geliefert haben, 
ein Umstand, der auf die beginnende Eisenseit hinweist. Neben dieser 
relativ jungen, fand man aber auch viel ältere Töpferware. Die 
Gefässe der Bronzezeit besasscn häufig abgerundete, zum Teil spitz- 
zulaufende Bodenflächen. Solcher Gefässe mit ihren Unterstell- 
ringen kamen in Corcelettes manche zum Vorschein. Ein Thon- 
becher wies als Verzierung jene oben schon erwähnten ringsum 
laufenden Rinnen mit Löchlein auf In einigen dieser Rinnen aber 
lagen hier noch Reste von Zinnfäden, die sich recht hübsch von 
dem schwarzen Grunde abhoben. 



zed.yGOOgle 



Die Broajeperiode. 229 

Im Boden eines Thoi^efässes fand Forel jene sonderbaren Ein- 
drücke, welche man als Fingerspitzen einer Frau, resp. der Töpferin 
erkannte. 

In Corcelettes sind auch Bronzegefässe gefunden worden. Aus 
Thon bestanden dagegen lampenartige Objekte, femer ein Halb- 
mond („Mondhom", vgl. Flg. 218 Seite 431) und endlich eine un- 
deutliche Tierform, die aussieht, als ob der Verfertiger oder besser, 
als ob die Töpferin einen Maulwurf hatte darstellen wollen. Das 
Stück dürfte, ähnlich den Vogelgestalten aus Mörigen, ein Kinder- 
Spielzeug (oder ein Kultobjekt?) gewesen sein. 

Die Handwerksgeräte der Pfahlbauer von Corcelettes bestanden 
in Beilen, Messern, Meissein, Ahlen, Sägen, Hämmern u. s. w., alles 
aus Bronze. Die Messer erscheinen in verschiedenen Formen und sind 
meist verziert. Der Griff ist bei einigen derselben flach, bei anderen 
habep wir den Vollgriff und noch häufiger kommt der einfache Dom 
vor. Neben den eigentlichen Messem fanden sich auch sogenannte 
Rasiermesser. Eines derselben zeigt eine Reparatur. 

Aus Bronze bestehen ferner noch Angeln, Sicheln mit Flachgriff 
oder, wenn auch selten, mitDülle, Trensen, besonders aber Waffen, wie 
Lanzen und Schwerter, In Corcelettes fand sich ein Bronzeschwert mit 
massivem Griff, dessen Parierstange, wenn man die breite Ausladung 
des vorderen Griffendes so nennen darf, eine Reparatur aufweist. 
Ein anderes Schwert zeigt einen Griff, der hinten in Voluten endigt. 
Die ganze Waffe ist 67 cm lang, wovon 55 cm auf die Klinge fallen. 
Diese läuft in einen Dorn aus, der durch den Griff hindurch geht. 
Klinge und Griff sind durch drei Nietnägel miteinander verbunden. 

Die Frage, ob die Pfahlbauer von Corcelettes Bronze auch selbst 
gegossen und bearbeitet haben, darf mit Ja beantwortet werden. In 
der That hat man Zinn und Bronze in kleinen Stangen oder Barren 
gefunden, Reparaturen an Bronzeobjekten haben wir mehrfach zu 
erwähnen Gelegenheit gehabt und endlich sind auch Gussformen zum 
Vorschein gekommen, worunter diejenige eines Querbeils. Sie war 
175 mm lang und wog 485 g. 

Haben die Pfahlbauten bis in die Eisenzeit hinein existiert? 
Das Eisen muss zu der Zeit, da die Bronzestation in Corcelettes 
blühte, noch sehr selten gewesen sein. Darum ist kein einziges 
ganzes Gerät, keine Waffe aus Eisen entdeckt worden, wohl aber 
wurde dieses Metall zu Einlagen in Schmucksachen aus Bronze 
verwendet, so in Mörigen, in Corcelettes, Colombier u, a. 0, Nir- 
gends in der Schweiz aber fand sich eine Pfahlbauansiedelung, in 
welcher die Waffen und Geräte fast oder ganz ausschliesslich aus 
Eisen bestanden hätten. In einigen Pfahlbauten, zu denen auch 



zed.yGOOgle 



210 Drittes Kapitel. 

Corcelettes gehört, kommt allerdings Eisen vor, aber als sehr seltenes 
Material, Die Pfahlbauten haben also nur bis in den Anfang der 
Eisenzeit gedauert; die Mehrzahl der Stationen gehört der Stein-, 
eine beträchtliche Minderheit der Bronzeperiode an. 

5. Die Funde von Epsach, Kanton Bern. Die bisher betrachteten 
Pfahlbauten der Bronzezeit befanden sich alle in offenen Seen. Aber 
wie in der Steinzeit, so durften auch in der Bronzeperiode einige 
Icleinerc Stationen in Torfseen oder Torfmooren zu finden gewesen 
sein. Im Moor bei Epsach, unweit des Bielersees gelegen, fand 
man in ca. 2 m Tiefe Reste einer hölzernen Hütte: Balken, rohe 
Bretter und halbveräultes Flechtwerk. Dabei lagen zwei prächtige 
Bronzebeile, das eine mit halbkreisförmiger Schneide und schwachea 
Schaf^lappen, das andere mit viereckiger Dulle. In der Nähe fand 
sich unter der Dammerde eine Lanzenspitze mit Verzierung. Aus 
demselben Moor bewahrt das historische Museum Bern auch eine 
Bronzepfeilspitze auf, ebenso eine grosse, wohlerhaltene Kahnfibel. 



B. Die Landansledelungren. 



Die Reste der Pfahlbauten liegen im Schlamm der Seen oder 
im weichen Filze der Torfmoore geborgen. Viel weniger gut haben 
sich die Spuren von Landansiedelungen erhalten. Wenn die Holz- 
huttchen niederbrannten oder vor Alter zusammenstürzten, so war 
eben kein schützendes Medium da, die Reste aufzunehmen. Der 
Zufall konnte wohl etwa vereinzelte Werkzeuge und Geräte, Waffen 
und Schmuck in die Erde gelangen lassen, indessen begreift man, 
dass die Landansiedelungen nur in dürfUgen Resten auf uns ge- 
kommen sein können. Eine wohluntersuchte Bronzestation auf dem 
Lande ist diejenige vom Ebersberg am Irchel. Sie scheint von 
Pallissaden umgeben gewesen zu sein, während andere Landansiede^ 
lungen oder Refugien durch Wälle und Gräben geschützt waren. 
Auch Werkstätten der Bronzezeit sind gefunden worden und lassen 
uns einen Blick in die Arbeit der Erzkünstler jener Epoche thun. 

I, Eiersöerg bei Berg am Irchel. Südlich des Zusammenflusses 
von Thur und Rhein erhebt sich steil der Ebersberg, ein Vorhügel 
des Irchels, von diesem durch eine Bodensenkung getrennt Auf 
seiner Spitze soll einst die Burg Radeck gestanden haben. Etwas 
tiefer, westlich von der angeblichen Burg, im sogen. „Jösli", stiess 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode. 23 I 

man auf die Spuren einer Bronzestation, die sich über ca. 40 Aren 
Land ausgedehnt zu haben scheint. Unter dem Rasen kam eine 
Art Humusschicht zum Vorschein, in welcher Bronzen, Thonsachen, 
Kohlen, Steingeräte und Tierreste lagen. An einer Stelle liess sich 
deutlich ein Herdplatz erkennen: auf einem Pflaster von Kiesel- 
steinen lagerte sehr viel Kohle. Thonstücke mit Flechtwerk -Ein- 
drücken und scheibenförmige Thonmassen, die zum Ausfüllen von 
Zwischenräumen der Balken gedient hatten, gehörten neben dnem 
Estrich aus gestampftem Lehm zu den Überresten von Hütten. 

Als Hauptbeschäftigung der alten Bewohner des Ebersbei^; 
muss die Herstellung von Töpferprodukten angesehen werden. 
Scherben aus Thon kamen in Unzahl zum Vorschein, daneben 
mehr oder weniger vollständige Schalen, Teller und Töpfe. Auch 
Spitzgefässe wurden gefunden und Töpfchen mit Rinnen oder 
Löchern, wie wir sie aus den Pfahlbauten der Bronzeperiode kennen 
gelernt haben. 

Die Verzierungen an diesen Gefässen bestehen in Parallelen, in 
eingestochenen oder schraffierten Dreiecken (Wolfszahn-Omament), 
in Zickzack- und Grätenmustern, Netzflguren, Rauten, Mäandern, 
ährenförmigen Eindrücken, Bogen- und Wellenlinien, Guirlanden- 
Verzieningen und Kombinationen dieser Elemente. 

An zwei Stellen glaubte man die Reste von Töpferofen gefunden 
zu haben. Diese scheinen etwa 5 — 6 Fuss lang und 3 Fuss breit 
gewesen zu sein, stimmen also in den Dimensionen ganz genau 
mit dem Ofen von Rümlang überein. 

Aus Thon bestanden , 
auch Wirtel, Spulen und 
Webgewichte, die auf dem 
Ebersberg zum Vorschein 
kamen, sodann aber merk- 
würdige Gebilde, die ähn- 
lich aussahen wie Stier- 
hömer oder die Mond- 
sichel und die man als 
„Mondhömer" bezeichnet 

(Fig. 218). Derartige Ob- p. ^^^ 

jekte sind auch in Pfahl- „Moodhoni- vora EbeisberB (ergäD^t). 

bauten gefunden worden, 

z. B. in Auvernier, Mörigen, Nidau, WoUishofen-Zürich, Auf dem 
Ebersberg fanden sich ein Mondhom aus Thon und zwei Frag- 
mente von Mondhörnem aus Sandstein. 

Die Werkzeuge und Waffen, welche in dieser Landansiedelung 



zed.yGOOgle 



232 Drittes Kapitel. 

entdeckt wurden, bestanden nicht immer aus Bronze, sondern oft 
auch aus Stein. Neben einem Bronzebeil erscheinen mehrere Stein- 
beile, worunter eins aus Nefrit Ahlen und Pfriemen bestehen aus 
Bronze, ebenso Messer. Neben Bronze-Pfeilspitzen erscheinen Lanzen (?) 
aus Hom. Dass auch der Feuerstein benutzt wurde, bedarf kaum 
der Erwähnung. Komquetscher und Rinnensteine fehlen eben- 
falls nicht 

An Schmucksachen kamen zum Vorschein: Bronzenadeln, zum 
Teil mit Verzierungen geschmückt, eine Perle aus grünlich-blauem 
Glas, Spiralröhrchen aus Bronze, bronzene Ringe und Spangen. 

Unter den Tierresten traten die Wildtierknochen hinter den- 
jenigen der Haustiere zurück. Die Leute vom Ebersbeig hatten 
Hunde und züchteten das Rind, das Schwein, die Ziege und das 
Schaf. Der Edelhirsch und das Reh erscheinen als Jagdbeute. 

2. Das „Refugium'^ auf dem Utüberg bei Zürich. Nicht der 
Mensch allein hat Schicksale, sondern auch der Boden, auf dem er 
wandelt. Das Antlitz der Erde trägt oft scharftnarkierte Züge, die 
von Ereignissen aus der Vei^angenheit erzählen. 

Ein Wahrzeichen der Gegend von Zürich ist der Ütlibei^ oder 
Uto, der sich westlich der Stadt zu 873 ra Höhe erhebt. Wir haben 
schon früher gehört, dass die löcherige Nagelfluh, die seine Spitze 
bildet, nichts anderes ist, als Deckenschotter, d. h. verkittetes fiuvio- 
glaciales Geschiebe der ersten Eiszeit Der Kern des Berges 
besteht aus Molasse, deren Bildung in die Tertiärzeit zurückreicht. 
Seit jenen Tagen ist am Uto durch die geologischen Mächte, be- 
sonders das Wasser, bis auf heute unaufhörlich gearbeitet worden. 
Die Form jedoch, in welcher er sich unserer Generation vorstellt, 
ist keine endgültige. Sie muss ^ch wieder ändern; ja wir sehen 
die Veränderungen Jahr fiir Jahr vor unsern Augen vor sich gehen. 

Auch der Mensch hat dem Ütliberg den Stempel seines 
Daseins aufgedrückt. Sehen wir ab von unserer Zeit, wo das Dampf- 
ross keuchend die Gehänge hinanzieht, so können wir die mensch- 
lichen Spuren auf dem Uto bis in die Bronzeperiode zurück ver- 
folgen. Aus dieser Epoche stammen wohl die Wälle und Gräben, 
welche ihn fiir prähistorische Verhältnisse zu einer fast unbezwing- 
baren Festung gemacht haben. 

Wer vom Bahnhof auf dem Ütliberg gegen den Kulm hinauf 
wandert, den fiihrt die Strasse gleich oberhalb der Station durch 
einen Einschnitt in einem Wall, der die ganze Breite des Beig- 
ruckens überspannt und die oberhalb liegende Fläche der sogen. 
Ägerten (oder Almend), sowie die eigentliche Kuppe des Berges, 
gegen die einzig leicht zugängliche Seite, gegen Nordnordwesten, 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode. 233 

vollständig abschliesst Nach allen andern Seiten fallt der Uto steil 
ab und es genügte in der vorgeschichtlichen Zeit gewiss eine kleine 
Schar Krieger, um einen allfälligen Feind, der die Steilgehänge 
hinaufkam, zurückzuweisen. Innerhalb des grossen Walles ob dem 
Bahnhof soll früher ein Graben und ein zweiter, niedrigerer Wall 
sichtbar gewesen sein; jetzt ist das Gelände fast ganz ausgeebnet 
Dagegen schiebt sich an der östlichen Ecke des Walles, hart am 
Steilabfall gegen Zürich, eine Art Reduit vor, das eine vorzügliche 
Übersicht über die Umgebung gewährt haben muss. Ungefähr in 
der Mitte des grossen Walles ist der alte schmale Eingang ins 
Refugium. In der Nähe wurde ein Beilhammer aus Hirschhorn ge- 
funden. Abgesehen von diesem Funde beweisen mehrere Gräber, 
die 1874 beim Bahnbau im Mantel des Walles zum Vorschein 
kamen und dem Beginn der sogen, zweiten Eisenzeit, also etwa 
dem vierten vorchristlichen Jahrhundert angehören, das hohe Alter 
desselben. Da die Gräber im Mantel des Walles lagen, muss dieser 
jedenfalls älter sein. 

Die Ägerten bildet einen grossen, sanft geneigten Platz, der 
den daselbst Lagernden für mehrere Stücke Vieh Nahrung bot und 
zudem eine Quelle bii^, die heute noch am östlichen Steilabfall 
des Beides zu Tage tritt. Die Kuppe des Ütliberges ist von der 
Ägerten durch drei Wälle geschieden gewesen. Ihre Reste sind 
noch erkennbar. Allerdings ist der unterste Wall fast ganz ver- 
ebnet und vom dazu gehörigen Graben nichts mehr zu sehen; 
deutlich aber tritt der mittlere Wall und der erste Graben hervor. 
Durch diesen Graben, also zwischen dem ersten und zweiten Wall 
fährt ein schmaler Weg zu einer kleinen Quelle, die am Westfuss 
der Kuppe heraustritt. War die Ägerten gegen den andringenden 
Feind nicht mehr zu halten und musste sich die Besatzung auf den 
Kulm zurückziehen, so ging doch, dank dieser Quelle, das Wasser 
nie ganz aus und der Weg zu derselben war im Schutz des Forts 
gelegen. 

Im Mittelalter stand auf dem Utokulm eine Bui^. Der erste 
Graben wurde damals als Bui^graben benutzt. Der Eingang in die 
Burg — es ist der heutige Weg vom Hotel auf der Ägerten nach 
dem Kulm — führte am östlichen Rand des Berges hin. Der Ein- 
ziehende kehrte den Wällen also die rechte, unbeschildete Seite zu. 

Als 1836 die Fundamente zum Restaurant Kulm ausgegraben 
wurden, stiess man unter der etwa 30 cm dicken Dammerde auf 
die r,5 m dicke Schuttschicht jener Bui^, darunter aber kam wieder 
humose Erde und in derselben lagen römische und vorrömische 
Objekte. Die letzteren bestanden in rohen Scherben und Frag- 



zed.yGOOgle 



234 Drittes Kapitel. 

menten aus etwas feinerem Thon, welche Schalen und schüssei- 
förmigen Gefässen angehört haben mochten und mit Fi nger-Eind rucken 
und geradlinigen Ornamenten verziert waren. Auch Bronzen fanden 
sich dabei, z. B. Armspangen, eine Schmucknadel, ein Meissel und 
ein sogen. Rasiermesser; ferner kam ein 
Steinbeil zum Vorschein, sowie ein Thon- 
wirtel; endlich aber auch ein Messer, eine 
Lanze und ein Düdenkelt aus Eisen. Im 
Jahre 1840 wurde bei Gartenarbeiten ein 
Scherben gefunden, der einem griechischen 
^'R- "9- Gefäss angehört haben dürfte (Fig. 219) 

GriechiBcherScherl«n. gefunden ^^^ ^^f ^^^^^ ^^^^^ ^^^ j^ SchwarzCr 
auf dem Utlibere. , „ n 

Farbe gemaltes Palmetten-Ornament auf- 
weist. Unter den römischen Funden sind neben Ziegelfragmenten 
und Scherben besonders Münzen zu erwähnen, von denen fünf aus 
der Zeit Valentinian's stammen. 

Der Ursprung des Refugiums auf dem Ütlibcrg reicht, wie die 
ältesten der genannten Funde lehren, in die Bronzezeit zurück. 
Dasselbe ist aber offenbar auch in der Eisenzeit benutzt worden, 
wie sowohl einige Funde auf dem Kulm, als die Gräber oberhalb 
des Bahnhofes beweisen. Zur Zeit der römischen Herrschaft in 
Helvetien hat auf dem Uto wahrscheinlich ein Wachtturm gestanden 
und im Mittelalter trat an dessen Stelle eine Burg, die bis zum 
Jahr 1368 existierte, dann aber zerstört wurde. 

Eine ebenso alte und interessante Geschichte, wie der Uto, hat 
das Defil^ von Vorbourg, unfern Del^mont und Courroux, im 
Berner Jura. Dort bestand wohl in der Bronzezeit schon eine Art 
Fort zum Schutz des Weges, wie zahlreiche Funde von Thon- und 
Bronzegeräten andeuten. 

3. Brojtzegiessereien. Nicht bloss in bronzezeitlichen Pfahl- 
bauten, sondern auch in Werkstättenfunden auf dem Lande hat 
man die Beweise gesammelt, dass die Bronze zu einem Teil in 
unserm Lande gegossen und bearbeitet wurde. Das Metall kam 
nicht immer schon als Legierung in den Handel, denn man fand 
in Ffahlbaustationen und in Gusswerkstätten sowohl Kupferklumpen, 
als reines Zinn. 

In Echatlens (Waadt) wurde 1857 eine Giesserei entdeckt. IMe 
Funde gelangten an Trovon und nach dessen Tode ins Museum von 
Lausanne. Sie bestanden in Gussklumpen von Kupfer und in Bronze- 
stücken, die zum Einschmelzen bestimmt waren. Sodann fand man 
verfehlte Gussstücke und endlich Beile, die noch die Gussnähte 
aufwiesen. Ein ähnlicher Fund, in welchem besonders Beile und 



zed.yGOOgle 



Die Bronzeperiode. 23 C 

Arraspangen-Fragmente häufig waren, kam bei Kerzers (Freibiirg) 
zum Vorschein, 

Beim Hinzihofli, Gemeinde Grenchen (Solothurn), wurden beim 
Ziehen eines Grabens Bronzebeile, Knopfsicheln, sowie Fragmente 
eines Beils und eines Schwertes gefunden. Die Gegenstände lagen 
4Fuss(=i,3m)tief. Unter denselben fanden sich unregelmässig über- 
einander geschichtete, teilweise angebrannte Kalksteine und über 
denselben Kohle und Asche. Ein Stück gebrannten Thons dürfte 
als Gussform aufzufassen sein. 

In Tschugg (Bern) unfern des Bielersees, fand sich auch eine 
Guss werkstatte, ja selbst im Bemer Oberlande wurde beim Bade 
Heustrich, Gemeinde Aeschi, eine Giesserei entdeckt. An letzterem 
Orte fand Morlot Kupfermasseln und Zinnbarren. 

Die Ostschweiz besass in Veitheim (Zürich) eine Gusswerk- 
stätte und in dem benachbarten Wülflingen scheint die grösste 
bronzezeitliche Giesserei der Schweiz gestanden zu haben. Leider 
wurde der ganze Fund, bis auf wenige im Schweizerischen Landes- 
museum befindliche Stücke eingeschmolzen und ging dadurch für 
die Wissenschaft verloren. 

Beim Anlegen eines Kanals für die BEUGCER'sche Spinnerei in 
Wülflingen stiess man 1822 in etwa i m Tiefe auf einen von Sand- 
stein ersteilten Kanal, dessen Steine aussahen, als ob sie aus einem 
Schmelzofen kämen. In der Nähe kamen Bronzenadeln, Sicheln, 
Lappenkelte und Schwerter zum Vorschein. Nach F. Keller soll 
auch Erz in Klumpen gefunden worden sein, nach andern Berichten 
zudem noch Eisen. Etwa 15 q. Bronze wurde zum Guss neuer 
Maschinen verwendet. 



C. D6pöt- und Bergrftinde. 

1. Depotfunde. In Salez, Gemeinde Sennwald im St. Gallischen 
Rheinthal wurden beim Kiesgraben über 60 scheinbar nie gebrauchte 
Bronzebeile mit schwachen Randleisten und etwas verbreiterter Schneide 
gefiinden. Sie gleichen den Formen aus der Station des Roseaux 
bei Morges. Merkwürdiger Weise stimmen diese Beile aber nicht 
bloss in der allgemeinen Form, sondern auch in Grösse und Ge- 
wicht miteinander überein. Das letztere schwankt nämlich wenig um 
215 g herum; die Länge betrug ca. 125 mm und die Schneiden- 
breite ca. 50 mm. Die Beile sollen in Reihen geordnet gefunden 
worden sein. Ein ähnlicher, aber kleinerer Fund kam in dem 
benachbarten Gasenzen bei Gams zum Vorschein. Waren es 



zed.yGOOgle 



236 Drilles Kapitel. 

verboi^ene Schätze von Händlern, die nicht mehr wiederkehrten, 
oder müssen wir sie als Opfer-Gaben betrachten? 

Am Südabhange des Lindenberges, eine schwache Stunde von 
dem luzemischen Dorfe Hohenrain, ist der Hof Ober-Illau, Etwas 
nördlich von demselben, hart am Waldrand, wurde 1861 ein erratischer 
Block weggeschafft. Derselbe wog ca. 100 q und war von einer 
Tanne fast ganz überwachsen. Als man ihn aushob, entdeckte man unter 
dem Findling 25 zweischneidige Bronzeschwerter, alle von derselben 
langen, schmalen, dreieckigen Form. Nach dem Fundbericht haben 
sie strahlenartig dagelegen. Hinten endigten die Schwerter in kurze, 
mit Nietlöchem versehene Griffzungen, Mehrere der Waffen waren 
so stark oxydiert, dass sie beim Aufheben zerbrachen. Während sie 
in der Form genau übereinstimmten, variierten sie in Bezug auf die 
Länge; doch waren die meisten iS — 20 (alte) Zoll lang. Der Boden 
rings um den Fund war rötlich gefärbt. 

Auch im Hasli bei Bünzen (Aargau) fand man unter einem 
erratischen Blocke Bronzewaffen. Es waren vier Beile in Kies ge- 
bettet. Sie lagen da in Form eines vierspeichigen Rades, mit den 
Schneiden nach aussen. Schon früher waren in der Bünzener Gegend 
acht Flachkelte mit halbkreisförmiger Schneide und schwachen Rand- 
leisten unter einem Stein gefunden worden. 

Derartige Depotfunde kamen noch in mehreren andern Kantonen 
der Schweiz zum Vorschein. In Ringoldswil, Gemeinde Sigriswil, 
nördlich vom Thunersee, fand man 1840 auf einem Felsblock ca. 
zehn Bronzebeile, zwei Dolche und zwei Lanzenspitzen aus demselben 
Material. Der ganze Schatz befand sich in2Fuss(6ocm) Tiefe in der Erde, 
womit der Fels bedeckt war. Die Beile haben die Formen, wie wir sie 
in den Funden von Salez und BUnzen beschrieben. Die Dolche be- 
sitzen dreieckige, breite Klingen und massive, durch Nietnägel mit 
den Klingen verbundene Griffe. Derartige Formen sind in der übrigen 
Schweiz bis heute noch nie zum Vorschein gekommen, ausgenommen 
im Rhonethal. Sie weisen auf Italien hin. 

Troyon erwarb einen Depotfund aus Charpigny bei Ollon, 
zwischen Aigle und Bex. Da fand man nämlich, ebenfalls unter 
einem grossen Stein, elf Bronzebeile, drei grosse Ringe und eine 
Lanzenspitze. Diese Stücke waren auch wieder im Kreis angeordnet 
gefunden worden. 

Manche interessante Bronzefunde stammen aus Torfmooren. 
Einige derselben sind Einzelfunde. Unter den letztem erscheinen 
diejenigen am beachtenswertesten, welche im Gebirge, in Hoch- 
thälem, an Pässen oder auf Bei^gipfeln zum Vorschein kamen. 



zed.yGOOgle 



Die BromeperiDde. 23? 

2. Die Berg- oder Passfiinde. Der Neolithiker ist nicht ins 
eigentliche Hochgebirge eingedrungen, wenn er auch in manchen 
Thälern unserer Alpen seine Spuren hinterlassen hat. Früher glaubte 
man, dass die Alpenpässe überhaupt erst seit der Zeit der Römer 
oder wenig vorher benutzt worden seien. Kupfer, Zinn und Bronze 
sollten längs der Rhone in die Schweiz gelangt sein, ebenso die 
andern Produkte des Südens, welche in prähistorischen Funden an- 
getroffen werden. Seit aber die ui^eschichtliche Forschung ihre 
Fühler sogar in die Gebirgsthäler hinauf streckt, seit die kantonalen 
antiquarischen Gesellschaften auch prähistorische Funde sammeln, 
mehren sich die Anzeichen, dass die Pässe der Centralalpen schon 
lange vor unserer Zeitrechnung fiir den Lokalverkehr benutzt wur- 
den und selbst abgelegene G^enden, wie die 
Ormonts-Thäler oberhalb Bex ;Waadt) haben nicht 
bloss eisenzeitliche, sondern auch bronzezeitliche 
Funde ergeben. 

Schon sehr früh wurde der Pass über den 
Grossen St. Bernhard benutzt. In Martigny, 
am Ausgangspunkt dieses Alpen-Übergangesj fand 
man ausser einem Stück Feuerstein Spiralringe 
aus Bronze, eine Nadel mit eingerolltem Ende 
und seitlichen Knöpfen, femer Röhrchen, Beile 
und Lanzenspitzen aus diesem Material. Beson- Fig. aao. 

ders wichtig ist ein Bronzeschwert mit Vollgriff Sehwert von unga- 
und geschweifter Klinge (Fig. 220). Es wurde ""'' „arti""" "" 
in La Plaine bei Martigny gefunden und gelangte 
an das historische Museum Bern. Die Form, noch mehr aber das Spiral- 
Ornament auf dem Griff dieses Schwertes beweist, dass es kein ein- 
heimisches Produkt ist, sondern aus dem Osten stammt. Eine fast 
identische Waffe, ebenfalls aus Bronze, stammt vom Semmering in 
Österreich und in Ungarn ist dieser Schwerttypus ganz besonders häufig. 

Einige Stunden von Martigny entfernt, am Bemhardswege, liegt 
Sembrancher, Diesem Dorfe gegenüber, im Gebiet der Gemeinde 
Vollege, also auf dem rechten Ufer der Dranse, liegen die Weinberge 
von Plat-Choex. Bei den Reb-Arbeiten daselbst kamen Gräber zum 
Vorschein, die aus Steinplatten gebildet waren und Skelete enthielten. 
In einem dieser Steinkisten-Gräber entdeckte man Bronzenadeln mit 
scheibenartigem, flachem Kopfe, wie sie in Bronzezeitgräbem des 
Wallis mehrfach angetroffen wurden. 

Es darf hier daran erinnert werden, dass nach den Forschungen 
Reber's Östlich von Sembrancher, in Bagnes, eine Unmasse Stein- 
denkmäler, besonders Schalensteine, sich finden. 



zed.yGOOgle 



238 Drittes Kapitel. 

Höher an der Route über den Grossen St. Bernhard Hegt das 
DorfLiddes. In den Sammlungen des Hospitiums, das sich auf der 
Passhöhe befindet, allwo schon zur Eisenzeit ein 
Heiligtum sich erhob, liegen neben sehr inter- 
essanten römischen und eisenzeitlichen Funden auch 
drei Bronzen von Liddes; zwei Beilformen und 
ein Kurzschwert Fig. 22 ii. Das letztere besitzt eine 
geschweifte Klinge, die mit sechs Nietnägeln an den 
aus leicht vergänglichem Stoff bestehenden Griff be- 
festigt gewesen sein muss. Das Fundstück ist nur 
28,5 cm lang. 

Von einigen andern alten Bronzen in der 

Sammlung des Hospizes kennt man den genauen 

Fundort nicht; sie sind aber zweifellos ebenfalls 

am Bemhardswege gefunden 

worden. 

Wir haben schon früher auf 
eine Dolchform aufmerksam ge- 
macht, die sich im Berner 
Oberlande und im Wallis findet. 
Es sind dreieckige Bronzeklingen, 
die mittels starken Nietnägeln 
an dem massiven Griff befestigt 
waren. Solche Dolche kamen 
bei Sigriswil und bei Strättligen 
am Thunersee vor. Sie fanden 
sich aber auch z. B. in Granges 
i^Fig. 222) unfern Siders (Sierre) 
im Rhonethal und stammen sehr 
wahrscheinlich aus Italien, wo 
sie im Pfahlbau Polada, in den 
Depotfunden vonNuceto beiForli 
und Castione bei Parma u. s. w. 
konstatiert wurden. Sie kamen von Norditalien nach dem Wallis und 
von dort über die Gemmi an den Thunersee. 

Die Verbindung über die Gemmi wird ausser durch die schon 
genannten noch durch weitere Bronzefunde angedeutet. In Interlaken 
fand man ein Bronzeschwert, in Gsteig ein Bronzebeil. Die Funde 
von Strättligen und Sigriswil lieferten neben den Dolchen auch Nadeln, 
Spangen, Beile und Lanzenspitzen. Beim Bade Heustrich wurde 
die oben erwähnte Guss werk statte entdeckt und von der Zinsmaad- 
Egg bei Frutigen stammt ein Bronzebeil. 



Fig. 221. 


Fig. .». 


BroDzeschwert von 


Broniedolch von 


Liddes. 


Granges (WaUis). 



„d, Google 



Di« BrODzeperiod«. 239 

Auf der Walliser Seite beginnen die Funde dicht unter den 
Felsen der Gemmi, Das Bemer historische Museum bewahrt aus 
Leukerbad zwei Spangen mit schwachen Endstollen, die der Bronze- 
periode zugerechnet werden dürfen. Wahrscheinlich stehen auch 
bronzezeitliche Funde aus dem Lötschenthal mit dem uralten Handels- 
wege über die Gemmi in Verbindung, denn gewiss ist das Thal der 
Lonza nicht vom Rhonethal, sondern eher von dem in der Eisenzeit 
schon recht beträchtlichen Orte Leukerbad, resp. vom Gemmiweg 
aus besiedelt worden. 

Von Leuk selbst enthält das Universitätsmuseum der Stadt Genf 
eine Bronzenadel mit kleinem Kopf und im historischen Museum in 
Bern liegt eine grossköpfige Schmucknade! aus demselben Fundort 

Der Gotthardpass wurde in urgeschichtlicher Zeit jedenfalb 
nicht benutzt. Er bildet allerdings die kürzeste Verbindung zwischen 
Nord und Süd, aber die damals ungangbare Stelle beim heutigen 
Umerloch verhinderte einen regelmässigen Handelsverkehr mit dem 
Urserenthal, das bekanntlich auch im Mittelalter noch lange von Uri 
getrennt war und den Grafen von Rapperswil gehörte. Dagegen 
haben wir Gründe, anzunehmen, dass die Verbindung zwischen 
dem Wallis und dem Bündner Oberland, also der Weg über Furka 
und Oberalp, schon vor dem Eindringen der Römer offen war, reichen 
doch z, B. die Bronzefunde im Rhonethal bis oberhalb Fiesch, 

In den Waldstätten kamen nur wenige Bronzen zum Vorschein. 
Sie bezeugen aber doch, dass die Leute der Bronzezeit in die Thäler 
der Muotta und der Reuss eingedrungen sind und die Passhöhe des 
Brünig überschritten haben. 

An derAchereck bei Stansstad wurde ein Bronzebei! mit Schaft- 
lappen entdeckt, am Bürgenberg eine Lanze aus Bronze. Das Bronze- 
beil, welches in einem Steinbruch ob dem Geissboden beiLungern an 
der Brünigstrasse zum Vorschein kam, stellt die Verbindung her 
zwischen den Funden bei Stansstad und denen ob Meiringen, die 
nach der Grimsel weisen. Hinten im Melchthal sogar, auf der Frutt, 
Gemeinde Kerns, wurde ein Bronzebeil gefunden. 

Im Kanton Uri erwähnen wir das prächtige Bronzemesser, das 
bei der J^dmattkapelle in Erstfeld zum Vorschein kam und von 
Bürglen einen jGrab-?) Fund, welcher aus einer Mohnkopfnadel 
und einer Bronze-Spirale besteht. 

In Steinen am Lowerzersee fand man eine Schmucknadel und 
ein Messer, beide aus Bronze. In Brunnen am Vier«aldstättersee 
kam eine bronzene Pfeilspitze zum Vorschein, in Morschach ein 
Bronzebeil. In Rickenbach beim Flecken Schwiz wurde wieder ein 
Beil entdeckt und ebenso in Schwarzenbach-Gruobi im Muottathal. 



zed.yGOOgle 



240 



Drittes K«pit«l 



Von besonderer Wichtigkeit für die Frage, wann die schweize- 
rischen Passe zuerst überschritten worden seien, sind die Funde im 
Kt, Graubünden. Wir führen einige derselben an, um zu beweisen, 
dass mehrere Gebirgsübergänge bereits zur Bronzezeit bekannt 
waren. Das Prättigau mag schon zur Steinzeit, wenigstens zeit- 
weilig, besucht worden sein, wie der Fund eines Steinbeils in See- 
wis andeutet Auf der Drusatscha-Alp oberhalb Davos wurde ein 
Bronzebeil gefunden. Es liegt im Rätischen Museum in Chur und 




Paipan. 



ebendort befindet sich eine prachtvolle Lanzenspitze von Bronze, 
die beim Strassenbau auf der Höhe des Flüelapasses zum Vorschein 
kam. Etwas oberhalb Zernez, wo dieser Pass die Thaldäche des 
Engadin erreicht, in Scanfs, wurden ein Messer und ein Beil aus 
Bronze gefunden. 

Von Chur, dem Vereinigungspunkt der hauptsächlichsten Ge- 
birgsstrassen des Bündner Landes, zieht eine derselben südlich 
hinauf nach Parpan. Dort kam bei Anlegung der Churer Wasser 
leitung im sogen. Weldli eine prächtige Bronzeaxt zum Vorschein, 
deren Form an ungarische Typen erinnert (Fig. 223,11 — d). Von 



zed.yGOOg[e 



Die Btonteperiode. 24 1 

Parpan gehts über die Lenzerhaide hinunter nach der Albula. In 
Alvaschein unweit Tiefenkasten fand man nach der Mitteilung 
Caviezel's ein Messer und ein meisselartiges Werkzeug, beide aus 
Bronze bestehend. Weiter oben am Fluss, in Filisur, wurden 1887 
beim neuen Friedhof ein Bronzehammer und ein Gusstück aus dem- 
selben Metall entdeckt In Bergun, am Nordfusse des Albulapasses, 
kam eine Armspange aus Bronze zum Vorschein. Auf der andern 
Seite des Passes liegt das schon erwähnte Scan&, und etwas weiter 
oben im Engadin das vielbesuchte St. Moriz, wo ein Bronzebeil ge- 
funden wurde. 

Ein Hauptstrassenzug fuhrt von Chur über das durch Bronze- 
funde ausgezeichnete Ems ins Domlesc)^, wo in Rothenbrunnen 
und Katzts ebenfalls Reste der ältesten Zeiten konstatiert werden 
konnten. In der That sind schon im Jahre 1868 bei der Schfossruine 
Nieder-Juvalta in Rothenbrunnen drei Feuersteinmesser zum Vor- 
schein gekommen. Im selben Jahre fand man bei der Brücke zwischen 
Rothenbrunnen und Orthenstein eine Knopfsichel aus Bronze und 
unterhalb der Ruine Ober-Juvalta ein Bronzestück, das, wie die eben 
erwähnten Funde, ins Rätische Museum nach Chur gelangte. Bei 
Katzis wurde ein Bronzebeil entdeckt. In Tomils stiess man 
unterhalb der Kirche auf Gräber, bestehend aus Steinkisten, in 
welchen Bronzeschmuck gelegen haben soll. 

Am oberen Ende des fruchtbaren Domlesc)^ sind die Ruinen 
der alten Feste Hohenrätien auf dem Johannisfelsen bei Sils. Wie 
dieses Dorf den Eingang in die Schynschlucht hütet, so beherrschte 
jene Burg den Zugang zur romantischen Gegend der Viamala. Trotzig 
schaute sie dereinst ins Thal; jetzt liegt sie in Trümmern. Am 
Fusse des Johannisfelsens aber fand man Spuren, dass der Mensch 
nicht bloss vor Jahrhunderten, sondern schon vor Jahrtausenden in 
dieser Gegend sich aufgehalten. Es sind Schmucknadeln, eine 
Sichel und ein Beil, die der Bronzezeit beigerechnet werden müssen. 
Ob damals ein Weg über das Schams auf die Höhe des Splügen 
oder des Bemhardin benutzt wurde, wissen wir nicht sicher, aber 
bei Andeer fand man ein Bronzebeil und eine Bronzenadel, die auf 
eine sehr frühe Benutzung des Weges durch das Schams hindeuten. 

Nicht bloss im Hinterrheinthal hat man Bronzefunde ge- 
macht, sondern auch im Thal des Vorderrheins, z.B. bei Reichenau, 
wo ein Bronzeschwert entdeckt wurde. Wer von Reichenau aus, 
dem rechten Ufer des Stromes entlang wandernd, Ilanz erreichen will, 
kommt beim Eingang ins Savierthal zu dem Dorfe Versam. Hoch 
ob demselben, in Sculms, im genannten Thale, kam ein Leistenkelt 
mit halbkreisförmiger Schneide zum Vorschein, In Valendas, am 



zed.yGOOgle 



243 Drittes Kapitel. 

Rhein, land man beim Strassenbau zwei Bronzebeile und bei Ilanz ein 
sehr interessantes Schwert aus Bronze (Fig. 224). Bei dem noch 
höher gelegenen Waltensburg wurde auch wieder ein Bronzebeil 
gefunden. Von Ilanz zieht «ch ein jedenfalls sehr alter Weg der 
Glenner entlang nach Vals, von wo aus Bergpfade 
nach Savien und Rheinwald hinüberfuhren. Im 
Hertjste des Jahres 1869 nun brachte ein Hirte 
zwei Bronzedolche nach Vals hinunter, die er hoch 
droben auf dem Übei^ang nadi Savien gefunden 
hatte. Der eine der Dolche besitzt einen massiven 
Griff (Fig. 225), der andere eine flache Griffisunge, 
an welche der beim Aufheben des Fundes zer- 
fallende Hol^rifi" mittels zweier noch vorhandener 
Nietnägel befestigt war. 

Diese Bronzefunde beweisen, dass die Bündner 
Thäler, welche sich gegen den Bemhardinpass hin- 
ziehen, schon sehr früh begangen waren. Aber auch 
am Südabhang dieses Passes, im Misox, wurden 
archäologische Objekte entdeckt. Neben mehreren 
Graberfeldern in Castione, MoUnazzo bei Arbedo, 
Castanetta und Mesocco, die der Eisenzeit ange- 
hören, kam auch ein Bronzebeil zum Vorschein 
und zwar in Lostallo, 

Im Norden des Kantons Graubiinden liegt die 
Luziensteig. Sie hat ebenfalls Bronze geliefert und 
jm Rheinthal von Chur an abwärts 
gehören solche Funde natürlich 
auch nicht zu den Seltenhdten, hat 
man doch z, B. bei Untervaz 
sowohl im Val Cosenz, als auf der 
Untervazer Alp dei^leichen Dinge 
entdeckt. 

Aus dem Vorstehenden dürfte 
klar geworden sein, dass mehrere 
leichter zu begehende Gebirgs- 
übergänge schon in der Bronzezeit 
bekannt waren und es ist sogar 
wahrscheinlich, dass selbst ziemlich 
hoch gelegene Pässe überschritten 
wurden, wenn auch das uns heute vorliegende Beweismaterial noch 
nicht so sichere Schlüsse erlaubt, wie sie in Bezug auf die Frage 
der Begehung der Alpen in der Eisenzeit möglich sind. 



Fig. 224. 


Fig. 225. 


Broniescliwert am 


; BroDiedolch i 


Ikni. 


Val». 



„d, Google 



D. Bronzezeltlictie GrAberftinde der Schweiz. 

DiePiählbauten zeigen uns die Hinterlassenschaft von Generationen, 
die Gräber dagegen weisen auf die einzelnen Menschen hin. Die 
Bronzen aus jenen Seedörfem entwerfen grosse glänzende Kultur- 
bilder, jedes Grab aber markiert einen bestimmten Zeitpunkt der 
Vei^ngenheit. Sind die Funde der Pfahlbauten nötig zur Erkennt- 
nis des gesamten Lebens und Treibens in der Urzeit, so erweisen 
sich die Grabfunde wichtig fiir die Chronologe. In den von Fach- 
männern geleiteten prähistorischen Museen und Instituten wird seit 
geraumer Zeit die grösstmö gliche Sorg&lt auf exakte Gräberunter- 
suchungen verwendet, während bei der Ausbeutung der Pfahlbauten 
auch Laien wertvolle Dienste leisten konnten. 

Für die Steinzeit unseres Landes sind Skeletgräber charakte- 
ristisch. Die Skeletteile fanden sich oft in Steinkisten und zwar in 
hockender Stellung. Erst gegen Ende der Periode erscheinen in 
der deutschen Schweiz Gräber mit Leichenbrand in Grabhügeln. 

Was die Bronzeperiode anbetrifft, so begegnen wir im Osten 
und Westen einem merkwürdigen Unterschied in der Bestattungs- 
art. In der Westschweiz haben sich die Kistengräber erhalten und 
neben ihnen erscheinen Skeletgräber in freiftr Erde. In der Ost- 
schweiz dagegen finden sich in der Bronzeperiode, wie am Ende 
der Steinzeit, Grabhügel mit Leichenbrand und daneben stossen 
wir auf Flachgräber; aber auch diese enthalten in Urnen gesammelte 
Reste von verbrannten Leichen. Wenn man nun bedenkt, wie kon- 
servativ die Völker in Bezug auf Grabsitten und Totenkult sind, 
wenn man anderseits die im allgemeinen entschieden grössere Kultur 
der Westschweiz in der Bronzeperiode gegenüber derjenigen der 
Ostschweiz in Betracht zieht, so ist man angesichts der erwähnten 
Verschiedenheit der bronzezeitlichen Gräber in den genannten Teilen 
unseres Landes zu glauben versucht, es haben im Osten und Westen 
der Schweiz schon damals nicht Angehörige desselben Volkes ge- 
wohnt, sondern Stämme verschiedener Abkunft. Doch ist die Zahl 
der sorgfaltig untersuchten Bronzegräber zwischen Leman und Bodan 
noch zu klein, um ein Urteil in dieser Frage zu erlauben. 

I. Kistengräber. Unweit der Pfahlbauten von Morges ist der 
„Cret du Boiron" in der Gemeinde Tolochenaz. Als man 1833 da- 
selbst Bäume einsetzen wollte, kamen innerhalb roher Kisten aus 
Steinplatten Skelete zum Vorschein, deren eines zwei Armspangen 
enthielt, die nach Forel's Angabe durch ihre Arbeit und Verzierungs- 
weise der Zeit der „Grande cit^ de Moires" angehören. Man glaubte, 
in diesen Gräbern die Reste von Pfahlbauern gefunden zu haben. 



zed.yGOOgle 



2AA Drittes Kapitel. 

In Roche, unweit Villeneuve, wurde in einer Steinkiste neben 
Skeletteilen eine dreieckige, 30 cm lange Dolchklinge aus Bronze 
mit scharfer Mittelrippe und zwei grossen Nietnägeln gefunden. 

Die Gräber vom Renzenbühl bei Strättligen am Thunersee 
waren weniger sorgfältig gebaut, Sie bestanden aus unbehauenen 
Steinen. Neben einem Skelet kam ein dreieckiger Hronzedolch zum 
Vorschein, der durch fünf Nietnägel an den massiven Griff be- 
festigt war. In der Mitte verengte sich dieser Griff domartig und 
trug daselbst vier Bronzeringe, zwischen welchen 
ursprünglich Holz oder Bein als Einlage gedient 
hatte. Ausser dem Dolche fand man noch andere 
Er^egenstände, Ein zweites Grab enthielt ein 
männliches Skelet und daneben ein Fragment 
eines ehernen „Diadems", zwei Nadeln, sechs 
Ringe, eine Gurtschnalle, eine Speerspitze, alles 
aus „Erz" und endlich einen mit Goldstiften ver- 
zierten Leistenkelt (Fig. 226). 

In den Skeletgrabern vom Bunten feld bei 
Rickenbach {Solothurn), woselbst unter den 
Steinen eines Grabes neben andern Bronzen ein 
Sch*ert zum Vorschein kam, haben wir den Öst- 
lichst gelegenen der bis jetzt bekannt gewordenen 
sichern Skelet-Grabfiinde unserer Bronzezeit Die 
merkwijrdigste Entdeckung von bronzezeitlichen 
Gräbern aber ist in Auvernier gemacht worden, 
wo, ganz in der Nähe der bekannten reichen 
Pfahlbaute, ein Massengrab zum Vorschein kam. 
Flg. 226. Beim Fundamen tieren eines Hauses entdeckte 

BroDzekelt mit ein- -. ,- ■ ■ » ■ nr i_ 

eciegteo Goidstmeo '"^" namlich unweit Auvernier am Wege nach 
vom Renzeabühi bei Colombier in 2 m Tiefe einige grosse Steinplatten, 
Strättligen. welche mehrere Grabkammern bedeckten. Die 

Axe der ganzen Grabanlage war senkrecht auf die Ufer des Sees 
gerichtet, zog sich also von NW, nach SO. {Fig. 22ja u. 6). 

Um eine klare Vorstellung von der Form zu erhalten, muss 
man sich drei Steinplatten aufrecht in einer Reihe aufgestellt denken, 
die mit drei andern, welche 1,13 m davon entfernt sind, parallel 
laufen. So erhält man die Mittelpartie des Grabes. Sie war durch 
zwei Querplatten in drei Abteilungen geschieden und wurde sowohl 
gegen den See, wie auf der Rückseite durch grosse Steine ab- 
geschlossen. Die mittlere Abteilung bildete die Hauptkammer. 
Zu beiden Seiten der drei Grabkammern fand man je einen durch 
Steinplatten eingefassten seitlichen Gang. 



zed.yGOOgle 



Fig. 227- 
Massengrab von Auver 



„d, Google 



2^6 Drittes Kapitel. 

Die Hauptkammer in der Mitte der Anlage war mit einer 
1,6 m langen und 1,3 m breiten Deckplatte verschlossen. Ihre 
Länge betrug 1,6 m, die Breite 1,13 m und die Tiefe 1,8 m. Der 
Boden der Kammer war nur 0,6 m über dem Seeniveau und be- 
stand aus Kies. In dieser Grabkammer fand man, in Erde und 
Steine eingehüllt, Reste von 15 — 20 Skeleten, Die Schädel lagen 
an den Wänden, die übrigen Knochen in der Mitte. In einigen 
Schädeln kam^n Knochen von Händen und Füssen zum Vorschein. 
Wir haben also, wie in den steinzeitlichen Kistengräbern von Glis, 
Pully und Lutry, wahrscheinlich sekundäre Begräbnisse vor uns. 

Die Hinterkammer war 0,6 m lang und 1,13 m breit und mit 
zwei Steinen gedeckt Der Inhalt bestand aus zwei Schädeln und 
einigen anderen menschlichen Knochen, die, wie jene, in Erde und 
Steine gebettet waren. Die Vorkammer blieb unbedeckt; ihre Länge 
betrug 1,16 m. Auch in ihr fanden sich einzelne Knochen, sowie 
im nördlichen Seiteneingang. 

Ausser den Skeleten kamen im Massengrab von Auvernier 
auch Beigaben zum Vorschein, Dr. Gross, der das Grab hatte aus- 
heben lassen, erwähnt Fundobjekte aus Stein, Knochen, Zähnen 
und Bronze. Durchbohrte Zähne von Bär, Wolf und Eber waren 
oßenbar als Schmuck benutzt worden, ebenso eine Knochenscheibe 
und eine Perle aus Kupfer oder Bronze. Zwei beilchenartige Gegen- 
stände aus Stein wiesen kleine Löcher auf und scheinen als Amulete 
getragen worden zu sein. Aus Metall bestehen ausser der erwähnten 
Perle eine „geschwollene" Bronzenadel, deren Anschwellung unter- 
halb des flachen Kopfes ein Löchlein aufweist und ein offenes 
Ringlein (also eine kleine Spange] aus Bronze. Das histor. Museum in 
Bern bewahrt ebenfalls Stein-, Knochen- und Bronzeobjekte auf, die aus 
dem Pfahlbauergrab von Auvernier stammen sollen und, wie mir 
Dr. E. VON Fellenberg gütigst mitteilte, direkt vom Entdecker des 
Massengrabes erworben wurden. Sie bestehen in zwei Paar Bronze- 
spangen, Messern, Knöpfen und einigen Fragmenten aus Bronze, 
einem durchbohrten Zahn, einer Perle und Beilchen aus Stein, 

2. Skeletgräber in freier Erde. W'enige Tage nach der Ent- 
deckung des Steinkistengrabes von Auvernier wurde unfern des- 
selben ein Kinderskelet gefunden, das in freier Erde lag und als 
Beigaben ein Paar Spangen aus geripptem Bronzeblech aufwies, 
femer ein zweites Paar Bronzespangen von dreieckigem Querschnitt 
und mit Verzierungen versehen, sodann ein knopfartiges Schmuck- 
stück oder Beschläge und endlich eine Bernsteinperle, Alle diese 
Gegenstände stimmen so sehr mit Funden aus bronze'-eitlichen 
Pfahlbauten überein, dass wir sie derselben Epoche zuweisen r 



zed.yGOOgle 



Die Btonzeperiode. 247 

Derartige Gräber kamen auch in Cornaux, einem andern 
neuenbui^chen Fundorte, vor. Da fanden sich etwa ein halbes 
Dutzend Skelete auf Kies liegend und mit Erde überdeckt Eines 
derselben trug an jedem Arm ein Paar verzierte Bronzespangen. 
Die eine mit Weinen Endstollen versehene Spange war massiv, aus 
einem rundlichen Bronzestab verfertigt, die andere flach und mit 
Längsfurchen verziert Ein anderes Skclet wies an jedem Vorder- 
arm nur einen Schmucl^egcnstand auf: Am einen Arme lag eine 
verzierte Spange mit Stollen, am andern ein halbrunder Ring aus 
Lignit (Pechkohle). Ausserdem wurden in diesen Gräbern noch 
Gefässe und Scherben gefunden, wovon indessen nur eine Schale 
erhalten blieb. 

Bei dem historisch berühmten Schloss Chillon ^Gemeinde 
Veytaux) am Genfersee sind ähnliche Gräber entdeckt worden, 
ebenso in Bex, in St Prex, wo neben Skeleten auch Urnen mit Asche 
(von menschlichen Knochen)? gefunden wurden, in Montsalvens 
(Freiburg) und andern Orten der Westschweiz, besonders auch im 
WallU. 

Der Kanton Wallis ist nicht bloss topographisch ein in sich 
abgeschlossenes Ganzes, er bildet in mancher Richtung auch für 
den Archäologen gewissermassen eine Provinz für sich. Dieser Um- 
stand erschwerte das Studium der Funde aus dem obem Rhone- 
thal. Sie liessen sich nur f chwer mit Funden aus andern Gegenden 
in Parallele bringen und bis vor kurzem schien es unmöglich, eine 
prähistorische Chronologie für dieselben aufeustellen. Endlich ist 
es aber doch gelungen, und ich glaube den Nachweis geleistet zu 
haben, dass im Wallis auch die Bronzeperiode durch eine Reihe 
von interessanten Grabfunden belegt werden kann. 

Es scheint die Gegend von Sion damals, wie heute, der Mittel- 
punkt des Landes gewesen zu sein. Bei der Anlage von Rebbei^en 
in und bei Sion, Conthey, Saviöse, Ayent, Lens u. s. w. kamen zahl- 
reiche Gräber zum Vorschein, die zu einem beträchtlichen Teil die 
Bronzezeit repräsentieren. Einzelfunde hat man ebenfalls gemacht, 
ja man glaubt am Abhang des Burghügels Tourblllon sogar Reste 
von Ansiedelungen entdeckt zu haben. 

Im Spätherbst des Jahres 1890, als man beschäftigt war, das 
Gelände zwischen den die Stadt Sion überr^enden Hügeln Tourbillon 
und Val^re zu einem Weinberg umzuarbeiten, fanden sich unweit 
des bekannten Venetz-SteJns gegen 100 Skeletgräber. Die meisten 
Leichen hatten West-Ost-Richtung, nur wenige schauten gegen Süden, 
Dabei befand sich ein Massengrab, worin die Knochen ganz durch- 
einander lagen. Die Gräber waren mit Steinen umgeben und mit 



zed.yGOOgle 



24S Diittes Kapitel. 

rohen Felsplatten zugedeckt. Als Grabbeigaben fand man schlecht 
gebrannte Gefässe, worunter einige mit Henkeln, femer mehrere 
Bronzen. Es sind Armspangen aus Bronzeblech, die als Verwening 
konzentrische Kreise oder Kreise mit markiertem Mittelpunkt tragen, 
eine Verzierung, die uns unter den eisenzeitlichen Funden in typischer 
Entwickelung als sogen. „Walliser-Omament" entgegentreten wird. 



ScheibeoDad«! aus einem Bronie- 
zeitgiab bei Conthey. 

In der Nähe von Sion liegt das „Chäteau neuP', wo 1893 eben- 
falls eine grosse Anzahl Gräber entdeckt wurden. Eines derselben 
enthielt eine Bemsteinkugel und ein Kurzschwert aus Bronse. Die 
Klinge zeigt in der Mitte einen Grat, die Schneiden sind sanft ge- 
schweift. Das ganze Schwert ist nur 34 cm lang. Der hintere 
Teil ist verbreitert und trägt vier grosse Nietnägel, welche den aus 
Holz oder Bein bestehenden Griff mit der Klinge verbanden. 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode. 249 

Westlich von Sion dehnt sich das weingesegnete Conthey aus. 
Im Gebiete dieser Gemeinde sind schon oft Bronzegraber zum Vor- 
schein gekommen. Einer der schönsten Funde aus denselben 
ist eine Schmucknadel mit scheibenförmigem Kopfe, der zise- 
liert ist und getriebene Arbeit aufweist. Daneben befanden sich 
einfachere Bronzenadeln mit eingerolltem Kopfende. Zwischen die 
eigentliche Nadel und das Kopfende lagert sich ein flacher, in der 
Mitte verbreiterter Teil ein. Vier grosse, zum Teil reich verzierte 
Spangen dürften als Diademe au&ufassen sein (Fig. 228), Ausser- 
dem erscheinen zahlreiche Röhrchen aus Bronzeblech oder aus 
spiralig gewundenem Bronzedraht Einige runde, mit eingerollten 
Aufhängehaken versehene Scheib- 
chen , Amulete , zeigen getriebene 
Buckelchen. Endlich enthielt der 
Fund noch eine Anzahl Spiralringe, 
die als Armschmuck gedient haben, 
und schliesslich eine durchlochte 
Schnecke, die als Schmu ckgehange Fig, 230. 

verwendet worden war, Gehänge aus eiDem Grab bei Conthey. 

Muscheln und Schnecken, als Schmuck, verwendet, kommen auch 
in andern bronzezeitlichen Grabfunden von Conthey vor (Fig. 231 
bis 233), ferner in solchen aus Ayent. Zahlreich ist dabei beson- 
ders Columbella mstica vertreten, indessen finden sich auch austern- 
artige Stücke und Schalen von Pectunculus. 



ilinige runde, mit eingerollten 



$ 



Fig. 231. Fig. 23J. 

Schnecken und Muscheln aus Bronzezeit^bein 

Wer von Sitten nach Norden aufsteigt, gelangt nach einer 
Stunde rüstigen Wandems nach dem freundlichen Savi^se. West- 
lich des Dorfes liegt die Ruine „Chäteau de la Soie", von welcher 
das Gelände steil zur Moi^e abfällt Der Platz, auf dem das Schloss 
sich erhob, und der Fuss des Bui^hügels waren zur Eisenzeit be- 
wohnt, wie mehrere Funde beweisen, von denen ein Löffelkelt sogar 
der Bronzeperiode zugerechnet werden darf. 

Unweit des Mont de S6on, auf welchem die eben erwähnte 
Ruine sich erhebt, liegt Chandolin, das einen Grabfund geliefert hat, 



zed.yGOOgle 



2 CO Dritte» Kapitel. 

der aus drei durchlochten Keulennadeln, zwei Schmucknadeln mit 
eingerollten Enden und zwei Bronzespangen mit gewellten Aussen- 
seiten besteht. 

Unweit Chandolin, wie dieses noch 7,ur Gemeinde Savi^se 
gehörig, liegt Dröne, von welchem ebenfalls ein bronzezeitlicher 
Grabfund ins Schweizerische 
Landesmuseum gelangte. Er 
besteht aus einer Scheiben- 
iiadel von getriebener Arbeit 
(Fig. 234), zwei Spiralröhrchen, 
zwei aussen gewellten Bronze- 
spangen und einem verzierten 
Gehänge mit Ring (Fig. 235), 
Alle diese Objekte bestehen 
aus Bronze. 

Eine Gegend , die mit 
derjenigen von Sion in Be- 
zug aut Reichtum an Bronze- 
Fig, 234. Fig. 135. funden wetteifern kann, ist 

Scheibenofldel aus einem Gehänge aus einem diejenige von Ollon {Kanton 
Gr.b in Saviise. bronze.ei.lichea Grab ^^j^, ^ ^^^^^^^ ^.^^ ^.^^^^ 

in Saviese. ' 

bloss Gräber, sondern An- 
siedelungsreste und sogar Spuren von Werkstätten und Depotfunden. 
Doch dürfen wir, um nicht weitschweifig zu werden, hier nicht naher 
auf dieselben eintreten. 



(Beowulfslied.. 

Unter den bronzezeitlichen Funden der Ostschweiz giebt es 
keine solchen aus Kistengrabern mit Skeleten, wie wir sie aus dem 
Westen unseres Landes beschrieben haben, sondern hier liegen die 
Reste der Verstorbenen jener Epoche in Grabhügeln und Umen- 
feldem und nur einmal ist ein bronzezeitliches Skeletgrab in freier 
Erde gefunden worden. 

Im Hard bei Welach unfern Kaiserstuhl untersuchte H. Angst 
einige Grabhügel, in welchen unter einem Steinkerne Spuren von 
Leichenbrand zum Vorschein kamen und dabei mehrere einfache 
Bronzespangen, geschwollene Nadeln mit Löchlein und ein Bronze- 
dolch mit zwei Nietnägeln und Mittelgrat 



zed.yGOOgle 



Die Broniepericide. 2 5 1 

Das Oberholz bei Rickenbach unfern Winterthur bii^ eine 
Gruppe von Grabhügeln, die zum Teil der Halbtattperiode angehören. 
In einem der kleinsten Hügel wurden Spuren von Leichenbrand 
und zwar unter einem Stein lager entdeckt. Dabei fanden sich 
eine vereinzelte Thonscherbe, mehrere Bronzen und eine Bernstein- 
perle, Die Bronzen bestehen in zwei tordierten Spangen, einer 
Schmucknadel, einer kleinen Spirale und mehreren knopfartigen 
Besatzstücken. Spirale und Bemsteinperle sind wohl als Schmuck 
aufzufassen. 

Bei G o s s a u (Kt. Zürich) zeigten sich ähnliche Grabhügel 
im Altenbei^. In dnem derselben wurden zwei glattgeschliflene 
Steine, zwei ganze und eine fragmentarische Armspange, sowie eine 
Schmucknadel aus Bronze gefiinden. Eine der Spangen ist tordiert, 
die andere weist Endstollen auf. Die Nadel zeigt einen mehrteiligen 
Kopf und ist stielrund. Schon das Aussehen dieser Bronzen deutet 
auf Leichenbrand. Es darf vielleicht noch bemerkt werden, dass 
nicht weit entfernt von den Grabhügeln im Altenberg, in der Hexrüti 
(man beachte den Namen), ein schöner Schalenstein entdeckt wurde, 
der in die Sammlungen nach Zürich kam. 

4. Brandgräber in flacher Erde. Das Rätische Museum in Chur 
bewahrt einen interessanten Grabtiind von Mels (Fig. 236). Nur 
eine Viertelstunde von Saigans befindet sich die Kapelle Heilig- 
kreuz, früher „Heidenkirchlein" genannt. Dieses kleine Gotteshaus, am 
Fuss des Gonzen in der Gemeinde Mels gelegen, hat dem um- 
liegenden Weiler, der früher Tscherfingen hiess, den Namen gegeben. 
Bei der Kapelle wurden schon öfters Gebeine der Erde enthoben, 
aber sie fanden keine Beachtung. Als man im Jahre 1870 
neben der Bierbrauerei, die nur wenige Schritte vom Kirchlein ent- 
fernt ist, Erdgrabungen vornahm, stiess man auf eine mit Erde 
und verbrannten menschlichen Knochen gefüllte Urne und neben 
ihr lagen zahlreiche Bronzen, meist Schmuck. Die Urne selbst be- 
stand aus Thon, der mit Kieselsand vermischt war und trug am 
Bauche einen Kranz von Rautenverzierungen, an den sich nach oben 
rundumlaufende Striche anschlössen. (Fig. 236, 13). 

Was die Bronze-Gegenstände betrifft, so bestehen dieselben 
zunächst in vier Mohnkopfhadetn ^ig. 236, l — 3), in mehreren 
Nadelfragmenten, sodann Ringen von verschiedener Weite und 
Bruchstücken von solchen (Fig. 236, 7 — 9). Daneben erscheinen 
flache Spangen mit verbreiterten Enden und massive Spangen 
mit Kerben (Fig. 236, 10—12). Ein Bronzemesserchen ist 9, ein 
zweites 12 cm lang (Fig. 236, J und 6). Das merkwürdigste Stück 
des ganzen Fundes ist ein Dolch von 24 cm Länge, dessen Bronze- 



zed.yGOOgle 





DiBiimd, Google 



Sie BroMcperlode. 



253 



spitze fest in einem Griff aus demselben Material steckt, welcher 
aber ganz die Form eines Messer-, nicht eines Dolchgriffes 
hat. Er endigt hinten in eine Art flachen Knopf und weist drei 
Nietnägel auf, zwischen wejchen kleine Reifen um die Dulle laufen 
(Fig. 236, 4)- 

Ähnliche Urnengräber, wie in Heiligkreuz bei Mels, landen sich 
in Stirzenthal bei Egg und bei der Station Glattfelden an der 
Eisenbahnlinie Bülach — Eglisau (Fig. 237 und 238). Im „Brand" 
bei Thal heim, ebenfalls im Kt Zürich, kamen Gräber zum 
Vorschein, in denen zwei Mohnkop&iadeln und zwei tiefgekerbte 
Bronzespangen lagen (Fig. 239), femer ein achtförmig geschweifter 



^ 



Fig. 338. 

Mofaukopfaadel aw 
relden. 




(Zürich). 



Fig. 240. 
DoppeUpiralliBkea 
Thalheim (Zürich). 



Schmuckgegenstand, welcher aus einem runden Bronzedraht besteht, 
dessen Enden am Kreuzungspunkt der Acht liegen und spiralig ein- 
gerollt sind (Fig. 240). Ein ähnlicher Doppel-Spiralhaken wurde in 
Stirzenthal-Egg gefunden. 

Im Eschheim erthal unfern Schaffhausen kam beim Reuten ein 
Grab zum Vorschein, das einen Leistenkelt, eine verzierte Schmuck- 
nadel, emen tordierten Draht, Nägelchen oder Stifte und endlich 
einen Dolch mit zwei Nieten und einer Mittelrippe enthielt, alles 
aus Bronze. 

Bedeutendere Funde ergab das Gräberfeld am Galgenrain bei 
Wangen a. ä. Aare. In den dortigen Brandgräbem fanden sich 
Schmucknadeln, worunter wieder Mohnkopfnadeln, tiefgekerbte, sowie 
tordierte Spangen, Ringe und Fragmente von solchen, Spiralen, ein 
bronzenes Rasiermesser, Stücke von Flachsicheln, Pfeilspitzen und 



zed.yGOOgle 



254 Dritt«» KapiteL 

mehrere Schwertfragmente. Ausser den genannten Bronzen ist noch 
eine Fibel, ein Torquis (Halsring) und ein ornamentiertes Gold- 
blättchen zu erwähnen. Alles das 1^ unter den Wurzeln einer alten 
Tanne. 

Auch Binningen (Baseliand) hat einen bronzezeitlichen Grab- 
fund aulzuweisen. In freier Erde lagen Bronzespangen mit schwachen 
Endstollen, Bronzeringe und Fragmente von solchen, Nadeln mit 
mehrteiligen Köpfen, eine Bronzekette, deren Glieder, Ringe von 
der Grösse unserer Gardinenringe, durch umgebogene Bronzebleche 
verbunden waren, ein Bronzemesser mit Flachgriff, welcher aufgerichtete 
Randlappen und einen Abschlussring aufweist, und endlich ein 
prächtiges Goldblech, wohl ein Gürtelschmuck, von getriel)ener 
Arbeit, mit konzentrischen Kreisen, Zickzacklinien und Parallelen- 
Systemen verziert 

Es ist eine interessante Thatsache, dass auf dem kleinen Gebiet 
der heutigen Schweiz vier verschiedene bronzezeitliche Grabformen 
konstatiert werden konnten. Möglicherweise deuten dieselben nicht 
bloss auf ethnologische Verschiedenheiten der Bewohner unseres 
Landes, sondern auch auf chronologische Unterschiede. 

5. Di^ körperlichen Reste bronzeseitlicker Bewohner der Schweiz. 



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ViRCHow hat schon vor längerer Zeit aus den damals bekannten 
menschlichen Resten, die den Pfahlbauten der Schweiz entstammten, 
den Schiuss gezogen, dass in der Steinzeit die Kurzköpfe, in der 
Bronzezeit die Langköpfe an Zahl die anderen Typen überragt 
hätten. Diese Beobachtung ist heute, trotz des vermehrten Unter- 
suchungsmaterials, immer noch richtig. Die aus bronzezeitlichen 
Pfahlbaustationen und Gräbern stammenden menschlichen Schädel 
ergeben nach den neuesten Untersuchungen durch Studer und 
Bannwarth folgendes Resultat: 

a) Estavayer (Freiburg): dolichocephaler Schädel. 

b) CorceIettesbeiConcise(Waadt):dolichocephalerSchädel(!ndex7S,6), 
c} Bevaix (Neuchätel) : dolichocephaler Schädel (Index 72,7). 

d; Auvemier (Neuchätel), Bronzestation: 



zed.yGOOg[e 



Die BroDzeperiode. 2^K 

1. jugendlicher Schädel, dolichocephal. 

2. jugendlicher Schädel, dolichocephal. 

3. weiblicher Schädel, dolichocephal (Index 71,8). 

4. jugendlicher Schädel, mesocephal tindex 77,2). 

5. Schädel, dolichocephal. 

e) Auvcmier ^Neuchätel), Massengrab: 

1. Männlicher Schädel, dolichocephal (Index 75,5). 

2. Weiblicher Schädel, dolichocephal (Index 72,1). 

f) Twann (Bern), Petersinsel: ein dolichocephaler und 

ein brachycephaler Schädel. 

g) Mörigen (Bern), Bronzestation: 

1. Kind, brachycephal .Index So). 

2. Mann, mesocephal (Index 76,1). 

3. Weib, dolichocephal (Index 75,9). 

4. Kind, dolichocephal (Index 72,2), 

5. Kind, dolichocephal. 

6. Kind, brachycephal. 

h) Zürich, Grosser Hafner: dolichocephaler Schädel (Index 73,5). 
Wollishofen: Weib, mesocephal (Index 76,6.) 

Die menschlichen Reste aus Pfahlbauten gehören der Mehrzahl 
nach Weibern und Kindern an. Mehrere dolichocephale Männer- 
schädel stammen aus Stationen der jüngeren Steinzeit und manche 
derselben zeigen Verletzungen, die während des Lebens ent- 
standen sein müssen. Der Umstand ferner, dass es fast immer 
Schädel, selten andere Skeletteile sind, beweist, dass die Schädel 
schon isoliert in den Seegrund gerieten. Zudem sind ja manche 
bearbeitet oder durchbohrt, als ob sie zum Tragen an Schnuren, 
Bändern etc. eingerichtet worden wären. Dies bringt die genannten 
Forscher zu der Vermutung, dass bei den Pfahlbauern die Sitte 
bestand, die heute noch mancherorts nachgewiesen werden kann, 
die Köpfe erschlagener Feinde als Trophäen zu tragen. Bei den 
Weiber- und Kinderschädeln der Bronzeperiode denken wir an 
Kulthandlungen, Opfer, an Unglücksfälle u. s. w. 

Aus der Steinzeit sind fast nur Kurzköpfe (Brachycephalen) 
erhalten, so z. B. aus den Stationen Schahs bei Neuveville, Auvernier 
(Steinzeitstation), Mörigen (Steinberg) und Meilen. 

Gegen Ende der Steinzeit aber, in der sogen, Kupferperiode, 
erscheinen neben Brachycephalen auch Langköpfe, so z. B. in Vinelz, 
Lüscherz, Öfeliplätze bei Lattrigen, Sutz, Werd bei Eschenz. Im 
steinzeitlichen Pfahlbau Chevroux am Neuenburger See wurde ein 
männlicher Schädel gefunden mit dem Längenbreiten-Index (d. h. 



zed.yGOOgle 



2$6 Drittes Ktipitel. 

dem Verhältnis von Länge und Breite, die erstere = loo gesetzt) 
72,8; ein Weibetschädel hatte einen Index 66,8 und derjenige eines 
Kindes 68,5. In diesen Schädeln ist „der dolichocephale Typus in 
seiner extremen, man möchte sagen primitiven Form" vertreten. 
„Es ist derselbe Typus, den wir in Vinelz, in Sutz, in Liischerz und 
noch in der Bronzezeit, so in Corcelettes, antrefifen. Er steht 
in einem gemssen Gegensatz zu den edlen Schädelformcn, wie sie 
Vinelz geliefert hat. Schon damals scheinen in einer Rasse edlere 
Typen neben niederen Vulgärformen vorgekommen zu sein," 

Neben den Dolichocephalen erscheinen gegen Ende der Stein- 
zeit auch Mesocephalen, so in Sutz, Liischerz und Vinelz. In der 
Bronzezeit verschwinden die Brachycephalen fast ganz und es herrschen, 
wie aus obiger Tabelle ersichtlich, die Dolichocephalen. Fassen wir 
zusammen, so müssen wir sagen, dass aus der älteren Steinzeit aus- 
schliesslich brachycephate Schädel nachgewiesen wurden; mit dem 
Auftreten des Metalls erscheinen meso- und dolichocephale Schädel, 
welch letztere in der Bronzeperiode herrschend werden. 



E. Die Kultur der Bronzeperiode. 
I 

Die materielle Kultur eines Volkes ist zunächst ersichtlich aus 
dem Grade der Schönheit und Vollkommenheit der Kleider und 
Schmucksachen, der Geräte und Werkzeuge, endlich der Waffen; so- 
dann ist deren Art und Zahl von Bedeutung, endlich das Material, 
aus dem sie bestehen. Wenn das Gesagte in gewissem Grade sogarvon 
den heutigen Kulturvölkern gilt, so hat es vollen Wert bei Beurteilung 
des Bildungszustandes von Stämmen und \'olksgruppen, die sich auf 
niederer Kulturstufe befinden. Vei^leichen wir nur die Waffen, 
Gerate und Schmuckgegenstände unserer Höhlenbewohner mit solchen 
der Neolithiker oder diejenigen der letztern mit solchen der Bronze- 
zeit, so wird uns der bedeutende Kulturfortschritt von einer Gruppe 
zur andern sofort klar werden. 

Die Leute der Bronzezeit, um hier diese herauszuheben, müssen 
sich eines gewissen Wohlstandes erfreut haben. Ihre Schmucksachen 
sind sehr zahlreich und wenn man bedenkt, welchen Wert die Bronze 
damals gehabt haben muss, so staunen wir über den Reichtum 
an glänzenden Objekten, die einzelne Pfahlbauten ei^eben haben. 

I. Kleidung und Sckmiick. Schon die Neolithiker benutzten neben 
Fellen noch Geflechte und Gewebe, ja sogar Stickereien aus Flachs. 
Da das Schaf in den steinzeitlichen Pfahlbau-Stationen nicht selten ist 



zed.yGOOgle 



Die Bronzeperiode. 25? 

und in der Bronzeperiode an Zahl alle andern Haustiere übertraf, 
so dürfen wir annehmen, in der zuletzt genannten Epoche seien 
Wollkleider hauhg gewesen, wenn wir auch in der Schweiz keine 
entsprechenden Funde nachweisen können, da sich die Wolle im 
Seeschlamm eben nicht erhalten hat. Dagegen sind in Skandinavien 
mehrere Grabfunde gemacht worden, in denen ausser Bronze- 
schmuck und Bronzewaflcn auch vollständige Wollkleider erhalten 
■waren. 

Im- Jahr 1861 fand man, wie Montelius erzählt, im sogenannten 
Treenhöi, einem Grabhügel bei Havdrup im Amt Ribe in Dänemark 
einen Sarg, der aus einem gespaltenen und ausgehöhlten Eichen- 
stamme bestand. In diesem Sarge war ein Krieger in voller Ge- 
wandung und mit seinen WafTen beigesetzt worden (Fig. 241). Die 
Kleidung ist vollständig erhalten und besteht aus einer hohen, wollenen 
Mütze, einem weiten, rundgeschnittenen Mantel, einer Art Rock, der 
von den Hüften hinabhing und ein paar Wollstücken, die wahr- 



Fig. 241. 
Eicheosaif mit Leiche aus dem TreenhOi. Amt Ribe (Dänemark). 

scheinlich die Beine umhüllten. An den Füssen zeigten sich Leder- 
reste. Der Rock wurde durch einen langen, wollenen Gürtel zu- 
sammen gehalten. Derselbe war vom zugeknöpft und endigte in 
Fransen. In dem Grabe lag noch eine zweite Wollmütze und ein 
mit Fransen geschmückter Wollenshawl, dessen eine Hälfte zusammen 
gerollt als Kissen unter dem Köpfe des Toten angetroffen wurde, 
Eine Ochsenhaut umschloss den ganzen Inhalt des Sarges. Zur 
Linken der Leiche lag ein Bronzeschwert in seiner mit Fell gefütterten 
Holzscheide, zu Füssen des Toten eine Holzschachtel, die eine kleinere, 
ähnliche enthielt, in welcher die zweite Mütze, ein Hornkamm und 
ein Bronzemesser sich befanden, welch' letzteres vermutlich zum 
Rasieren diente. 

Zehn Jahre nach dem Funde im Treenhöi kam ein anderer 
zum Vorschein, der eine vollständige weibliche Kleidung ent- 
hielt, 187 1 untersuchte man nämlich einen Grabhügel bei Borum- 
Eshöi, unfern Aarhus in Jütland. Auch da war die Leiche 
in einem Sarge bestattet worden, der aus einem gespaltenen 
Eichenstamm durch Aushöhlen beider Hälften hergestellt wurde. 
Eine ungegerbte Rindshaut umschloss den Inhalt des Sarges. 



zed.yGOOgle 



35S Drittes Kapitel. 

Der tote Körper war in einen grossen Mantel gehüllt, der aus 
Wolle mit dazwischen gemischten Tierhaaren gewoben war. Das 
Haar schien mit einem Hornkamm auf- 
gesteckt gewesen zu sein und über 
demselben fand man ein aus Wolle 
geknüpftes Netz, Es kamen ausser- 
dem Reste eines zweiten Netzes zum 
Vorschein. Die Verstorbene war mit 
einer Ärmeljacke bekleidet und trug 
einen langen Rock, der um die Taille 
mit zwei ungleich feinen Wollen- 
bändern zusammen gehalten wurde. 
Das feinere Band war in drei Streifen 
aus Wolle und Tierhaaren erstellt 
worden und endigte in lang herab- 
fallenden, dicken und schönen Gürtel- 
quasten (Fig. 242). 

An Bronzeschmuck fanden sich 
in Borum-Eshöi eine Bronzefibel, 
ein Fingerring, zwei Armbänder und 
ein Haisring. Als Gürtelzierden er- 
schienen eine grössere und zwei 
kleinere, runde, schöngearbeitete 
Fig. »41. Bronzeplatten mit je einer Spitze in 

Frauenkleid aus dem bronwieitl Sehen jg^ Mitte. Merkwürdigerweise lag 
GrabhÜEel Bomm-Eshöi (Jüüand). „ . ,. .,,.", , . , 

zur Seite dieser weiblichen Leiche 

ein Bronzedolch mit Horngriff. Dolche sind auch in andern nor- 
dischen Frauengräbern der Bronzezeit zum Vorschein gekommen. 

Während in der Schweiz die Reste der Kleidung aus Pfahl- 
bauten, Landansiedelungen und Gräbern der Bronzezeit fast völlig 
fehlen, tritt uns eine nahezu überreiche Zahl von Schmucksachen 
aus denselben entgegen. In der Station WoUishofen bei Zürich, die 
doch nur zum Teil untersucht worden ist, kamen ja allein ca. 1500 
Schmucknadeln zum Vorschein und auch aus Gräbern sind mehrere 
Typen derselben bekannt geworden. Wichtig für die Forschung 
sind dabei jene Formen, die Anhaltspunkte bieten zu einer, vorläufig 
freilich nur relativen Chronologie. In Gräbern der älteren Bronze- 
zeit finden sich die „geschwollenen" Nadeln mit durchlochter An- 
schwellung. Sie kommen aber auch in Pfahlbauten vor, so in 
Estavayer, Nidau, WoUishofen bei Zürich. Der jungem Bronzezeit 
gehören die Mohnkopfnadeln an :Fig. 243 bis 246), deren typolo- 
gische Entwickelung durch eine Reihe von Gräberfunden belegt 



zed.yGOOgle 



Die Bronzeperiode. 



259 



werden kann. Sie fanden sich immer zusammen mit gekerbten, 
massiven Armspangen, bei welchen die Verzierungen (Kerben) in 
Ovale eingeschlossen waren. An Schönheit unübertroffen stehen die 
Bronzenadeln mit grossen hohlen Köpfen da, welche entweder von 



Fig. 245. 

Mohnkopr- 
nadel aus eioem 
Grab in Glatt- 



$C^ 



Fig. 247, 
„Ringle cipbalaire" aus 

Wollishoren. 
a Ansicht von oben 

6 Anweht von der Seite, 



(& 



Fig. 243. FiE. 244. 

Nadeln aus Heiligkreui bei Mels. 



Fig. 246. Fig, 148. 

Mohnkopfeadel aus Radnadel a 

dem Letten in Zürich. AuveraJer. 



innen herati^etriebene Buckeln aufweisen, wie z. B. eine Nadel aus 
dem Pfahlbau Nidau, oder aber — und dies kommt häufig vor — 
Löcher tragen, die auf der Aussenseite des Nadelkopfes durch geome- 
trische Ornamente verbunden sind und in deren Öffnungen hier 
und da noch die ursprüngliche Bronzeperle steckt, dargestellt durch 



zed.yGOOgle 



26o Drines Kapitel. 

gebogenes dünnes Blech (Fig. 247). Die Scheibennadeln haben sich bis 
jetzt nur im Wallis gefunden und noch seltener sind Radnadeln (Fig. 248). 
Die Bronzenadeln denkt man sich gewöhnlich als Haarschmuck 
verwendet, obwohl gewiss viele derselben als Kleiderzierde gedient 
haben. Ebenso zahlreich, wie die Nadeln sind Ringe und Spangen. 
In Mörigen, Auvernier, Concise, Estavayer, Muntelier u. a, O, fanden 
sich Ohrringe aus Bronze, in CortatUod auch solche aus Gold. Hals- 
ringe (Torques) sind selten. In Colombier kam ein solcher zum Vor- 
schein; sodann in Gräbern des Wallis, Häufiger fand man Spiralen 
aus Bronze, Röhrchen bildend, die wohl auch als Halszier au&u- 
fassen sind. 

Schmuckgehänge, Amulete u, s. w. wurden in grosser Zahl entdeckt 

Sie bestehen teils aus Gold, teils aus Bronze; auch Glas und Bernstein 

wurden verwendet. Der letztere muss durchHandelin unser Landgekom- 

^^^^ men sein. In dem Pfahlbau vom 

^WpK.jrjgft-^^B^^^ Grossen Hafner und in WoUishofen bei 

HCLs ^■*^^W^ ^M Zürich fand sich Bernstein in Form 

'^Bjffii' ^^^^^r ^°" Perlen, ebenso in Meilen, welche 

^^^^^ Ansiedelung nur bis zum Beginn 

^'^- ^'*'' der Bronzezeit existierte, sodann in 

Gehänge aus dem Pfahlbau Corceleltes. .... . , ■ r- . . ■ 

Morigen, Auvemier, St Aubin u.s.w. 

Noch interessanter als die Bernsteinfunde sind die Vorkomm- 
nisse von Glas in Pfahlbauten oder in Landansiedetungen der Bronze- 
zeit Ganz vereinzelt steht der Fund einer Pcrte aus grünlichem 
Glase in dem Packwerkbau Wauwil da, der zur Steinzeit gerechnet 
werden muss. In der darauf folgenden Periode aber wurden die 
Glasperlen häufiger, wie uns Funde aus Genf, Cortaillod, St. Aubin, 



^ <^ 



Fig. 150. Fig. iji. Fig. 252. 

Bronzegehänge aus dem BtODzeschmuck aus dem Zieirädchen aus dem 

Pfahlbau Concise. Pfahlbau Nidau. Pfahlbau Auvemier. 

Mörigen, der Petersinsel im Bielersee, aus WoUishofen bei Zürich, 
vom Ebersberg am Irchel u. s. w. bezeugen. 

Die Gehänge erscheinen in Form von Ketten aus Bronzedraht 
oder aus Ringen, die durch Bronzeblech oder Draht verbunden sind, 
oder sie bestehen in dreieckigen, halbmondförmigen und ringartigen 



zed.yGOOgle 



Die BroDzeperiode. 26 1 

Bronzen (Fig. 249), die manchmal die Form roher menschlicher Dar- 
stellungen annehmen (Fig. 250). Zu diesen, fast immer auf der äusseren 
Seite verzierten Amuleten und Gehängen gehören wohl auch rädchen- 
artige Zierstücke, die manchmal mit Aufhängeringen versehen, viel- 
leicht aber auch als Besatzstiicke auf Kleider befestigt wurden oder 
als Gürtelschliessen dienten (Fig. 251 u. 252). Merkwürdigerweise 
fand man, z. ß. in dem Massengrabe in Auvemier, Steinchen in Form 
von Beilen mit Aufhängeloch versehen. Anderwärts, wie auf der Peters- 
insel im Bieler- und inCortaillod amNeuenburgerSee kamen durchlochte 
Bronzebleche zum Vorschein, die eine Anzahl Klapperbleche trugen. 
Fibeln oder Sicherheitsnadeln sind in den Pfahlbauten der Schweiz 
äusserst selten und in bronzezeitlichen Gräbern kommen sie nur ver- 
einzelt vor. Wir entbehren also dieses für chronologische Bestimmungen 
so wichtige Objekt fast ganz. An seiner Stelle finden wir die Nadel. 
Ein Fund von Vallamand zeigt eine flachköpflge Nadel umgebogen 
und zurückgelegt, so dass eine primitive Art Fibula entstand. Nicht 
viel anders sind Fibeln aus Corcelettes bei Grandson und Auvemier 




Fig. 2S4- 

er. Fibel aus Auve 

Fig. »55- 
Halbkreisfömige Fibel bu 


Fig. J56. 
Tiier. Fibel aus Mörigen 

s WollishoftQ. 



gebildet (Fig. 253 und 254). WoUishofen bei Zürich hat eine ein- 
feche Bogen fibel geliefert (Fig. 255) und inMörigen kamen zwei schöne 
Fibeln (Fig. 256) mit gekerbten, raupenartig aussehenden Bügeln vor 
(Fibulae a grandi coste). Eine ähnliche Form ist in den Brandgräbern 
von Stirzenthal-Egg gefunden worden. 

Auch Gürtelbleche und Gürtelhaken aus 
Bronze, die in der ersten Eisenzeit häu5g 
werden, sind in unsem Bronzestationen selten. 
In Estavayer wurde ein Stück eines Bronze- 
gürtels gefunden. Er besteht aus einfachen 
Bronzeblechen, deren Ränder umgebogen sind GürtelblechauseinemGrabe 
und die durch Bronzehaften zusammengehalten '""' ^°=* (Wallis). 
werden. Parallel den Rändern des Gürtels ziehen sich als Verzierung je 
zwei Reihen eingeschlagener Punkte hin. Andere Bronzebleche sind als 
Beschläge für Ledergürtel aufeufassen(Fig.2S7). Der Pfahlbau Mörigen 




zed.yG00gle 



202 Drittes Kapitel. 

der sicher noch im Anfang der folgenden Periode existierte, hat auch 
in Beziehung auf Gürtel wieder seine Besonderheiten. Zunächst ist ein 
Stück getriebenen Bronzebleches zu erwähnen, das durchaus jenen 
Formen gleicht, die wir als typisch für die sogen. Hallstattperiode oder 
erste Eisenzeit kennen und ausserdem sind in dieser Bronzestation 
zwei Gürtelhaken gefunden worden, die ganz an altitalische Funde 
der ersten Eisenzeit erinnern und die, zusammen mit Eisenware, auch 
in der Schweiz in Gräbern der Hallstattperiode erscheinen (Fig. 258). 
Eine eigentümliche Art von Gürtelhaken kam in einigen bronzezeit- 
lichen Gräbern zum Vorschein: die Spiral-Doppel haken (Fig. 259), 
Bevor wir weitere Schmuckgegenstände betrachten, muss ich 
einige schwankende Begriffe fixieren. Es herrscht nämlich eine 
grosse Unklarheit in Bezug auf die Benennungen Ring und Spange. 
Manche verstehen unter den Spangen nichts anderes als Fibeln 
(Sicherheitsnadeln), andere aber wollen darunter Armschmuck ver- 
standen wissen, den wieder andere als Ringe zu bezeichnen gewohnt 
sind, wobei sie eigentliche {d, h. geschlossene) Ringe von den offenen 
unterscheiden. Es ist in der That beim 
Lesen manchmal schwer, zu erraten, was der 
Autor meint, wenn er von Ringen oder 
Spangen spricht. Wir haben die Fibeln bereits 
au^eschicden und wollen, dem einfachsten 
und natürlichsten Sprachgebrauche folgend, 
mit Spangen nur die offenen und mit Ringen 
nur die geschlossenen Ringformen bezeichnen. 





Fig- =59- 
Mörigen. Spiral-Doppelhalten aus einem 

Grabe von Thalheim (Zürich). 

Ein Schmuck, der beispielsweise in Form einer Spirale den Arm 
ganz umschliesst, ist ein Spiralring, ein Bronzeobjekt, das als Zierat 
am Arm getragen wird, denselben aber nicht völlig umschliesst, ist 
eine Spange. Es giebt also Arm- und Fussspangen; es giebt aber 
auch Arm-, Fuss-, Finger- und Ohrringe. 

Ringe und Spangen der Bronzezeit in der Schweiz bestehen nicht 
bloss aus Bronze, sondern auch aus Zinn, Gold und Gagat (Pechkohle). 
Gagat kommt nicht nur in Spangen, sondern auch in Ringen vor, indessen 
nicht häufig; es fanden sich jedoch einige Stücke in den Pfahlbauten von 



zed.yGOOgle 



Die Bionzc Periode. 263 

AuvemicTj WoUishofcn u. s. w. Diese Ringform wird erst in den Grab- 
hügeln der Eisenzeit zahlreicher. Goldene Ringe oder Spangen sind 
ebenfalls verhältnismässig selten. In Muntelier, Mörigen und Auvemier 
entdeckte man goldene Fingerringe, in St. Aubin goldene Spiral- 
ringlein und Rosettchen, aus diesem Edelmetall gearbeitet. Wollis- 
hofen lieferte ein ganz einfaches Goldringlein, Cortalllod mehrere 
goldene Ohrringe, Mörigen und Auvemier goldene Lamellen und 
Spiral gehänge. In Löhningen (SchafThausen) fand sich in einem Flach- 
grabe ein goldener Spiralring und schon oben haben wir von dem 
getriebenen, goldenen Gürtelblech von Binningen gesprochen. 

In Muntelier kam eine Spange, in Estavayer ein Ring aus reinem 
Zinn zum Vorschein. Die bereits erwähnten Zierrädchen bestehen 
nicht sehen aus Zinn. Daneben erscheinen noch Amulete aus diesem 
Metall. Die Bronzeleute kannten auch Blei. Nicht bloss in die hohlen 
Köpfe mancher Schmucknadeln ist Blei eingegossen worden, auch 
andere Schmuckstücke scheinen daraus gefertigt und neben Klumpen 
aus Zinn finden sich (als Handelsware) auch Klumpen aus Blei (Fig. 260}. 

Die Bronzeringe sind massiv oder hohl. Bei letzteren trifft man 
in dem hohlen Innern etwa noch Reste von Birkenharz. Die äussere 
Seite ist hübsch verziert durch eingegrabene Ornamente, durch 



« 



Fig. i6o. Fig. i6i. 

Bleiklumpen aus dem Pfahlbau Verzieite Btoniespange aut dem 

Wollishoreii. Pfahlbau Nidau. 

Leisten, Löcher, wie bei den Nadeln mit Hohlköpfen u. s. w. Spiral- 
ringe aus Bronze fand man einige Maie in Gräbern, z. B. in Schlatt 
(Thurgau) und auf dem Wippel bei Thaingen. Sehr zahlreich sind 
die Spangen. Neben einfachen Formen finden sich solche mit kunst- 
reichen Verzierungen. Besonders war der Pfahlbau Auvemier eine 
reiche Fundstelle von prachtvollen Spangen, deren einige sogar 
auf der innern, dem Arm zugekehrten Seite Ornamente tragen. 
Die grossen Armspangen, die in der Ostschweiz fehlen, da- 
gegen im westlichen Teil unseres Landes in um so grösserer Zahl 
erscheinen, sind innen hohl und endigen in Stollen (Fig. 261). In 
Mörigen, wie in Corcelettes, kamen Spangen aus Bronze zum Vorschein, 
die Einlagen aus dünnen Eiseniamellen aufweisen. 

Ausser den genannten Schmuckstücken giebt es noch allerlei 
Zierscheiben, besonders in Rädchenform, ferner Knöpfe aus Hirsch- 



zed.yGOOgle 



264 Drittes Kapitel. 

horn und Bronze, endlich eigentliche Toilettenstücke, wie Kämme 
und Pincetten. 

Um nun zu einem Gesamthilde der Kleidung und des Schmuckes 
zu kommen, wollen wir uns einmal vorstellen, wie denn z. B, 
eine reiche Pfahlbauerin der Bronzezeit im Festkleide ausgesehen 
haben möge. Über ihr schneeweisses Flachshemd, das sie mit 
eigener Hand kunstvoll am aufrechten Webstuhl gewoben, hat sie 
den wollenen Rock angezogen, der in den Farben rot, blau und 
gelb prangt und an den Hüften durch einen Gürtel festgehalten 
wird. Den Oberkörper umschliesst eine mit Ärmeln versehene 
Jacke, ebenfalls aus Wolle bestehend. Auf dem Kopfe sitzt ein 
Leinen - Häubchen, Die Füsse stecken in hölzernen Sandalen oder 
in einer Art Mocassins von feinem Leder, 

Über die Kleidung ist nun aber der golden glänzende Schmuck 
aus Bronze in verschwenderischer Mannigfaltigkeit ausgestreut. Auf 
dem Kopfe sitzt ein diademartiger Bronzereif und in den Flechten 
des Haares stecken Schmucknadeln. Ohrringe aus Gold oder 
Bronze tragen Bernstein-, Glas-, Bronzeperlen oder Gehänge. Den 
Hals schmücken Ketten oder Halsringe aus Bronzedraht oder aber 
Spiralröhrchen. Vielleicht sind auch Bernstein- oder Glasperlen zu 
einem Halsschmuck aneinander gereiht. Über der Brust hängen 
Amulete zum Schutz gegen die bösen Mächte. Auf dem Kleide 
sind Zierscheiben oder Zierrädchen festgenäht; die Jacke wird durch 
glänzende Knöpfe oder durch eine Fibula zusammengehalten. An 
den Armen blähen sich prachtvolle Armspangen und die Finger, 
wie die Knöchel der Füsse, sind mit Ringen geschmückt. Der 
Woll- oder Ledeigürtel trägt als Verzierung Bronzebeschläge, 
vielleicht ist er gar mit einem dünnen Goldblech überzogen. Diesem 
Bilde einer Frau aus einem reichen Bronzezeit-Pfahlbau müssen wir 
dasjenige eines Häuptlings oder Kriegers an die Seite stellen. Be- 
trachten wir also; 

2. Die Waffen. Es ist durch die Funde in Gräbern ausser 
Zweifel gesetzt, dass in der Bronzeperiode nicht bloss die Frauen 
und Kinder sich schmückten, sondern auch die Männer, Das hilft 
uns die relative Menge der Schmucksachen in den Bronzestationen er- 
klären. Mag der Mann indessen sich in weibischer Art mit Ringen und 
Spangen, mit Zierscheiben und Gürtelbeschlägen behängt haben, so 
setzte er sicher einen noch grösseren Stolz auf seinen Waffenschrauck, 

Sein Kleid ist aus Leinen und Wolle erstellt, aber er hat das 
Fell des mit starker Hand erlegten Bären um sich geworfen. In 
der Linken trägt er den Speer mit der bronzenen Spitze; an den 
Hüften ist das Schwert und der Dolch befestigt. Über die Schultern 



zed.yGOOgle 



Die Bronzeperiode. 265 

hat der Krieger den Bogen gehängt; die Pfeile werden im Köcher 
auf dem Rücken getragen. Der Häuptling hat den aus Strohgeflecht 
erstellten und mit Phaleren oder Zierscheiben bedeckten Helm auf 
den Kopf gesetzt und sich auch den von den Vätern ererbten Streit- 
keil am Lederbande umgelegt 

Solche Bilder schafft die Phantasie, Lasst uns aber sehen, ob 
das klare und kühle Auge des Forschers sie bestätige! 

Pfeil und Bogen waren schon den Neolithikern der Schweiz 
wohlbekannt In der Bronzezeit blieben sie weiter in Gebrauch, nur 
wurde nach und nach die steinerne Spitze mit der metallenen ver- 
tauscht Pfeilspitzen aus Bronze sind häufig gefunden worden. Sie 
tragen oft Widerhaken. Zur Befestigung in den Holzschaft diente 
ein Dorn, in selteneren Fällen eine DüUe. Diillen aber kommen 
hauptsächlich bei Lanzenspitzen vor und nicht selten stecken noch 
Reste des durch einen Nietnagel festgehaltenen Holaschaftes in den- 
selben. Die Diille ist häufig durch ziselierte Wülste, durch reifen- 
artige Gravierungen oder durch ein Wellenomament verziert Hier 
und da laufen auf den Flügeln der Lanze, offenbar eben&lls als Zierde, 
Linien parallel den Schneiden zur Spitze. 

Der berühmte französische Gelehrte G. de Mortillet hält ein 
beilfbrmiges Gerät aus Feuerstein, das besonders in den diluvialen 
Ablagerungen von St Achcu! in Nordfrankreich gefunden wurde, 
für das Universalwerkzeug der ersten Bewohner seiner Heimat. Aus 
ihm und nach ihm hätten sich die übrigen Geräte und Wafifen ent- 
wickelt Das Beil hat sich von jenen durch Jahrzehntausende von 
uns getrennten Zeiten bis heute erhalten. Im Anfang war es alles 
in allem, Waffe und Werkzeug, jetzt ist es nur noch Werkzeug, 
freilich ein unentbehrliches. Nicht bloss seine Verwendungsart hat 
gewechselt, auch seine Form und das Material, aus dem es bestand. 
In der Bronseperiode treffen wir zahlreiche Beile. Dieselben haben 
schmale Schneiden, Der Schaft wird durch Randleisten oder vier 
Lappen festgehalten, seltener steckt er in einer Dülle. 

Dolch und Lanze waren ursprünglich ebenfalls eins. Nur die 
Länge des Schaftes entschied über den Gebrauch. Es ist sogar bei 
den Metallfunden schwer, oft unmöglich, die einfachsten Dolche von 
den Lanzen zu unterscheiden. In bronzezeitlichen Ansiedelungen, 
Depotfunden und Gräbern begegnen uns meist dreieckige Dolch- 
klingen, die mit Nietnägeln an ihre Griffe befestigt wurden (Fig. 263 
und 263). Die ursprünglich flachen Klingen wurden allmählich ver- 
stärkt, so dass der Dolch in der Mitte am dicksten war (Fig. 264). 
Häufig findet sich an dieser Stelle eine Kante (Fig. 265). Das Griff- 
ende der Klinge verlängert sich zu einer Zunge oder einem Dorn 



zed.yGOOgle 



Fig. 263. Fig. «64. 

Dolch aus Granges (.Wallis), Broniedolch aus dem Pfahl- 
bau Wollishoren (Zürich). 



Fig. 265. 


Fig. 266. 


FiK- 267. 


Fig. j68. 


Dolch aus Heiligkren 


Bronzedokh vo 


n BroQiedolch mit 


BroQiedolch mi 


(Mels). 


Sion. 


Griffzunge aus 


Vollgriff. 






Mullheini(Thurg,). 


Fimdort: VaU. 



„d, Google 



Die BronzeperiodP. 267 

(Fig. 366 und 267); Vollgriffe aus Bronze erscheinen {Fig. 268} und 
endlich stossen wir auf Dolchfonnen, die ganz den Schwertern jener 
Periode gleichen (Fig. 269). Besonders interessant ist ein Hronze- 
dolch aus der Thielle, der durchaus die Form aufweist, wie sie 
cyprischen Dolchen eigen ist (Fig. 270) und eine andere Klinge aus 
Port erinnert an Mykenae-Typen, 

Während Beile und Messer, Dolche und Lanzen, Bogen und 
Pfeile schon in der Steinzeit benutzt wurden, ist das Schwert in der 
Schweiz erst in der Bronzeperiode erschienen. Es 
war anfangs nichts als ein verlängerter Dolch und 
wurde, wie jener, mit Nietnägeln an den Griff 
befestigt (Fig. 271 und 273). Sodann treten For- 
men mit Grifliungen oder Domen (Fig. 273 — 275) 
auf, die etwa in Metallgriffe eingelassen wurden, 
Die Klinge verlässt mehr und mehr die Dreiecksform, 
die Spitze verkürzt sich und die Schneiden werden 
zunächst parallel, dann geschweift. Parallel den 



Fig. 269. Fig. ijo. Fig. 271. Fig. 272. 

SchwertfÖnniger Cyprischer Dolch Btonze-Kurzschwerl Bronze .Kiuisch wert 

BroazedolchausZUrich, aus der TUelle. aus Port (Kl. Bern), aus Lidd es (Wallis). 

Schneiden erscheinen häufig Riimen oder vorstehende Linien und 
am Griffende der Klinge treten auch andere Verzierungen auf. 



zed.yGOOgle 



Fig. 273. Fig. 274. Fig, S75. Fig. 276. 

Bronieschwcrt aus Schwert mit Griff- Schwert mit Griff- Bronieschwert aus 

B^FTg (Bera). zangeausNiedcrnrneD dorn aus Ilanz. dcmPfahlbau'Wollis- 

(Glaius). hofeD (Zürich). 

Interessant sind die oft ebenfalls verzierten Metallgriffe (Fig, 276 
bis 278). Sie passen nur fiir eine kleine Hand, woraus man schloss, 



zed.yGOOgle 



Die BTomepctlckle. 269 

dass die Pfahlbauer der Bronzezeit kleine Leute gewesen seien. 
Aber vielleicht haben die Schwerter mehr zum Stoss, als zum 
Schlag gedient und dazu eignen sich die meisten sehr gut, da ihr 
Griff hinten in eine Platte endigt. 
Einige Schwerter, wie z. B. vom 
Lac de Luyssel und von Concise, 
haben Volutengriffe (^p^es k 
antennes] und sind vielleicht Parade- 
stücke gewesen (Fig. 279). Sehr 
interessant ist der Umstand, dass 
in Adliswil, unweit Zürich an der 
Sihl gelegen , ein griechisches 
Bronzeschwert neben anderen Bron- 
zen zum Vorschein kam (Fig. 280). 



I 



Fig. ijy. F^. 178. Fig. 279. Fig, *8o. 

BroDzeschwETt aus Griff des Schwer- Bronieschwert aus Griechisches Schwert 

dem Pfahlbau WoUis- tes von dem Lac de Luyssel ans Adliswil 

hofen (Zürich). Marögny. bei Bex. (Zürich). 

Einige Bronzeschwerter liefern mit den Beweis, dass nur wenige 
Pfahlbauten bis zum Beginn der Eisenzeit existiert haben, so das 
bereits besprochene Schwert von Mörigen und ein solches aus 
Cortaillod, welches im Vollgriff aus Bronze Einlagen von Eisen, in Form 



zed.yGOOgle 



270 



Drittes Kapitel. 



von feinen Lamellen, autweist Fig. 281 zeigt eine Form, die ander- 
wärts auch in Eisen vorkommt. 

Die Schwertscheiden dürften aus Leder be- 
standen haben und mit Bronzebeschlägen versehen 
gewesen sein. Das Leder ist vergangen, Beschläge, 
Ortbänder und Schwertkoppelringe sind mehrfach 
gefunden worden. 

Noch sei darauf aufmerksam gemacht, dass die 
Bronzeschwerter aus Gräbern fast ausnahmslos die 
einfachsten Typen zeigen. Der Griff ist dreieckig 
und mit einigen Nieten versehen. Von Schutz- 
waffen, wie Panzer und Schild, konnte weder in Grä- 
bern, noch in anderen Fundstellen der Bronzeperiode 
je eine Spur gefunden werden. Die verhältnismässige 
Seltenheit der Waffen überhaupt scheint zu be- 
weisen, dass die Leute dieser 2^it ein friedliches 
Leben führten, das ihnen gestattete, ihren Sinn fiir 
das Schöne zu pflegen. 



t\. l&l. 


Fig. 28!. 


Fig. Z83. 


Fig. 284. 


BroDKeschwert aus 


Leistenkell aus dem 


Löffelkelt aus 


Lebtenkelt aus der 


dem Pfahlbau Forel 


Pfahlbau MeUen. 


Sion. 


Station des Roseanx 








bei Morpes. 



3. Das HandwerksgerUt. Mit dem Bekanntwerden der Metalle 
war die Möglichkeit einer bedeutenden Entwickelung und Diflleren- 
zierung der Werkzeuge und Geräte gegeben. 



zed.yGOOgle 



Die Btonieperiod«. 27 1 

Was zunächst das Beil anbetrifft, so haben, wie wir sahen, die 
ältesten Metallbeile genau die Form der flachen Steinbeile. Nach 
und nach wird die Schneide etwas geschweift (Fig. 282 und 283), 
manchmal halbkreisförmig (Fig. 284) und an den Schmalseiten schiebt 
sich zur besseren Fassung des Holzschaftes jederseits der Kand 
leistenartig vor. So entstanden die sogen. Leisten- oder Kandkelte, 
wie sie in den ältesten Bronzestationen, z. B, in der Station des Roseaux 
bei Morges, in Depotfunden, wie z. B. in Salez bei Sennwald u. s. w., 
entdeckt wurden. Dabei blieb aber die Entwickelung nicht stehen. 
Die Randleisten wurden nach und nach grösser gemacht, bis sie 
Lappen bildeten und die Lappenkelte, oft auch Palstabe genannt, 
entstanden (Fig. 285). Bei der Mehrzahl der Palstäbe stehen die 
vier Lappen senkrecht zur Richtung der Schneide, es giebt aber 
auch Querbeile, deren Lappen in derselben Richtung verlaufen, wie 



Fig. 286. 

DQllenlielt aus dem Pfahlbau 

CorccletWs bei Grantlson, 

die Schneide. Die Lappenkelte sind in den grossen Pfahlbaustationen 
sehr häufig; daneben erscheinen auch Beile mit Leisten und Ab- 
sätzen, welch letztere die Ansatütelle des Hoizschaftes von der 
eigentlichen Klinge trennten. In den Pfahlbauten der Westschweiz 
kommen ausserdem noch sogen. Düllenbeile vor, bei welchen zwei 
der Lappen zusammengewachsen zu sein scheinen, so dass sie eine 
Dülle oder Schaftröhre bilden, während die anderen Lappen ver- 
kümmerten (Fig. 2S6). Mörigen hat ein Lappenbeil, noch in dem 
kniefbrmig gebogenen Holzschaft steckend, geliefert — ein seltenes 
Vorkommnis, Nie aber ist in Bronzestationen ein Metallbeil mit 
transversalem Loch, wie es unsere heutigen Beile tragen, zum Vor- 
schein gekommen; dagegen erscheinen ausnahmsweise Hirschhom- 
beile mit transversalem Loch, also von der Form unserer Äxte. 

Die Messer weisen, ähnlich den Beilen, verschiedene Typen 
auf. Die Bronzemesser, welche heutigen Formen gleichen, haben 



zed.yGOOgle 



2^2 Drittes Kapitel. 

oft einen Griffdorn, der in einer, jetzt verschwundenen, Fassung von 
Holz oder Bein Stack (Fig. 287). Die Klinge ist bei fast allen Messern 
sanft geschweift und trägt nicht selten Ver- 
zieningen, bestehend in konzentrischen Kreisen 
oder Reihen von Halbkreisen oder Kreisbogen. 
Hier und da erscheint auch das aus aneinander- 
stossenden schraffierten Dreiecken bestehende 
Wolfszahn-Ornament Häufig laufen Parallelen 
oder Punktreihen auf der Klinge dahin. Selbst 
der Messerrücken weist Parallelen-Systeme und 
sich kreuzende Geraden als Verzierungen auf. 
Bei einigen Messern ist der Dorn zu einer Zunge 
verbreitert, auf welche mittels Nieten der Holz- 



Fig. 2S7. Fig, i88. Fig. 289. 

Broniemesser aus Wollis- Bronzemesser aus dem Grab von HeUigkreuz 

hofen (Zürich). bei Mels. 

oder Homgriff befestigt wurde (Fig. 288 und 2S9). Oft zeigt die Grifl"- 
zunge, ähnlich den Leistenkelten, aufstehende Ränder (Fig. 290}. 
Hier und da ist dieser Rand ausgezackt und legt sich zierlich um 
die leichtvergängliche Einige (Fig. 291). 

DüUenmesser sind selten, in der Westschweiz häufiger (Fig. 292!, 
als im Osten unseres Landes, wo sie ganz zu fehlen scheinen. 
Doch lässt sich an einigen Messern vom Pfahlbau Wollishofen bei 
Zürich nachweisen, wie die Dülle im Lauf der Zeit entstanden sein 
könnte. Am Grund der Klinge zeigt sich nämlich zunächst eine 
Art Vollgriff, der erst etwas weiter hinten in den Dom übergeht. 
Der vordere Teil des Griffes ist mit rundum laufenden Unien ver- 
ziert. Diese eingravierten Kreise sind bei einigen Messern zu tiefen 
Kerben geworden und bei anderen Exemplaren löst sich das Ganze 
in bewegliche Ringlein au^ die den Dom umspannen oder aber, 
die vordere Partie des Griffes trennt sich als Ganzes vom Dom 
und umfasst den Hol^riff. Denken wir uns nun diese Hülse mit 
der Klinge zusammen gegossen, so nützt der Dorn nichts mehr, fällt 
weg und der eigentliche Griff' kann in die Dülle gesteckt werden. 



zed.yGOOgle 



Die BTODzeperiodc. 



273 



Bei einigen Messern haben sich Reste des Holzgriffes . er- 
halten, und ausserdem wurden mehrere Hirschhorngriffe gefunden, 
die zum Teil selbst wieder mit konzentrischen Kreisen ornamen- 
tiert sind. 

Von besonderer Schönheit sind die Messer mit Vollgriffen aus 
Bronze (Fig. 293 — 295), Die meisten derselben tragen reiche Ver- 
zierungen. Einige dieser massiven Griffe weisen Kombinationen der- 
selben Ornamente auf, wie die Klingen, andere sind tordiert, manche 



Fig. 290- 


Fig. 191- 


Fig. a92. 


Messer mit Flachgriff und 


BTonzemesser aus 


Diillenmesser ans dem 


Einlagen aus dem Pfahlbau 


Mels. 


PfahlUu OnnensCWaadt) 


WoUishofen (Zürich). 







zeigen Einziehungen und wieder andere endigen hinten in Spiralen, 
ähnlich den Antennenschwertern, mit denen sie gleichalterig sein 
mögen. Beide Formen dürften der jüngeren, entwickelteren Phase 
der Bronzeperiode zugerechnet werden, dem „bei äge du bronze", 
wie Desor es genannt hat. 

Bei einem Bronzemesser aus Colombier {Fig. 296) besteht die 
Klinge aus Eisen, der Griffdorn aus Bronze; aber der letztere greift 
über die Eisenklinge und die erstere zeigt genau dieselben Parallelen 
und eingravierten Bogenreihen, wie die Klingen aus Bronze, Das 



zed.yGOOgle 



274 



Dritte» Kapitel. 



ist wieder eines jener Stücke, welche beweisen, dass einige Pfahlbauten 
bis zum Beginn der Eisenzeit gedauert haben. 

Von ganz anderem Typus, als die bisher besprochenen, ist eine 
Gruppe von Bronzemessem, die dünne, aber breite Klingen besitzen. 



Fig. i93. Fig. 294. Fig. 295. Fig, 296. 

Messer aus einem Messer aus dem Messer aus dem Messer mit Eisenklinge 

Grab in Stirzenthal Pfahlbau Bau- Pfahlbau Wollis- und Bronzedorn ausdem 

bei Egg (Zürich). schanze (Zürich). hofen (Zürich). Pfahlbau Colombier. 

Sie sehen aus wie Schaber und werden für Rasiermesser gehalten 
(Fig. 297). Manche derselben zeigen, dass sie aus grossen hohlen 
Armspangen verfertigt wurden; die Ver- 
zierungen verraten das. Mehrere dieser „Rasier- 
messer" endigen in flache Knöpfe oder Ringe, 
andere in Gritfzungen; bei einem Exemplar 
aus Mörigen hat sich der angenietete Hirsch- 
horngriff erhalten. Es trägt hinten ein Auf- 
hängeloch. 



Fig. *9S. 
Doppelmesser aus dem Pfahlbau 



„d, Google 



Die BroDiepmod«. 



275 



Eine andere Art der sogen. Rasiermesser besitzt einen durch- 
brochenen Bronzegriff und eine mondsichelartig geschweifte Klinge 
(Fig. 298). Diese Form ist altitalisch. Sie kommt südwärts der Alpen 
oft vor; bei uns ist sie selten. Montelius rechnet sie zur dritten 
Bronzezeit (um 1500 vor Christi). 

Meissel und Ahlen sind in den Bronze- 
zeit-Niederlassungen häufig. Die ersteren er- 
scheinen als Schmal- oder Breitmeissel und 
neben solchen mit gerader Schneide giebt es 
auch Hohlmeissel. Der Griff ist manchmal 
massiv oder er stellt eine Zunge dar, die in 
einem Holz- oder Homgriff befestigt wurde. 
Diillenmeissel kommen ebenfalls vor. Der 
Schönheitssinn der Pfahlbauer zeigt sich auch bei 
diesen Geräten. Nicht bloss sind die Formen 
zierlich und fein, sondern manche Meissel 
tragen sogar eigentliche Ornamente (Fig. 399). 

Es bedarf kaum der Erwähnung, dass 
Hammer und Amboss dem Bronzeschmied 
nicht fehlten. Interessanterweise wurden auch 



Fig. 300. 
Durchschlag aus dem 
Pfahlbau Wollishofen. 



1 






u 



Bronzeangel aus dem Pfahl- 
bau VallomaDd. 



Fig, 399. 

Venierter Hohlmeissel aus 

dem Pfahlbau WoUisbofeD 

(Zürich). 



zerbrochene Beile zu Hämmern verwendet Neben Hämmern 
mit Dulle erscheinen solche mit transversalem Loch, aber letztere 
sind selten. Auch ein sogen. Durchschlag ist gefunden worden 
(Fig. 300), Er mochte, seiner Form nach zu schliessen, zum Ein- 
schlagen der Kreisbogen-Verzierung gedient haben. Sägen und 
Feilen aus Bronze, Polier-, Wetz- und Schleifsteine ver- 



zed.yGOOgle 



2/6 ßritle» Kapitel 

vollständigen das Inventar des Handwerkers der Bronzezeit, dem auch 
Nägel aus Metall nicht fehlten. 

4. Beschäftigung. Schon aus der Betrachtung der Schmuck- 
sachen, der Waffen und der Handwerksgeräte der Bronzezeit haben 
wir ersehen können, dass die Arbeitsteilung damals bereits recht vor- 
geschritten gewesen sein muss. Die Herstellung mancher Objekte 
forderte stete Übung, So wird der Bronzeschmied, der den oben be- 
sprochenen schönen Schmuck zu machen verstand, hauptsächlich dieser 
Arbeit obgelegen und die Zucht des Viehes, die Bebauung des 
Ackers andern überlassen haben. Umgekehrt wäre _es für die Faust, 
die den Stier bändigte und mit dem Pflug den Acker befuhr, kaum 
möglich gewesen, die feinverzierten Metallsachen zu verfertigen. Wir 
haben ferner erkannt, dass Objekte aus fremden Ländern in die 
Schweiz gelangten, und das Rohmaterial des Metallarbeiters war ja 
ebenfalls fremden Ursprungs — es müssen also Handelsbeziehungen 
vorhanden gewesen sein. 

Die Hauptbeschäftigung in der Zeit, von der wir sprechen, be- 
stand in Viehzucht und Ackerbau. Fischfang und Jagd waren zur 
Nebensache geworden (siehe indessen Fig. 301). Die Zahl der 
Repräsentanten der Jagdtiere unter den Knochenfunden der Bronze- 
periode sinkt gegenüber den Resten von Haustieren. Das häutigste 
Haustier war das Schaf Neben dem hornlosen Schaf erscheint die 
Ziege, ein kleines Rind, das gezähmte Wildschwein und ein grosser 
Schäferhund. Studer sagt, dass die Haustierrassen der Bronzezeit 
unvermittelt neue seien. Zu den genannten Tieren tritt als neue 
Form das Pferd und zwar die sogen, orientalische Rasse, nicht der 
Abkömmling der europäischen Wildpferde. Trensen, Gehänge und 
Reste von Wagenrädern in Pfahlbauten beweisen, dass dieses Pferd 
zum Ziehen benutzt wurde. 

Nicht bloss die Zahl der Haustiere hat sich in der Bronze- 
periode vermehrt, sondern auch diejenige der Kulturpflanzen ist 
eine grössere geworden. In neolithischen Stationen der Schweiz 
konnten drei Arten Weizen, drei Sorten Gerste, zwei Hirse- 
spezies, das Einkorn und der Binkelweizen nachgewiesen werden. 
Dazu kommen in der Bronzeperiode der Spelt und der Hafer und 
bei dem Gemüse haben wir neu die keltische Zwergackerbohne und 
die Linse. Roggen ist bis jetzt in unserm Lande nirgends mit bronze- 
zeitlichen Objekten zusammen gefunden worden, wohl aber kam er 
im Pfahlbau Olmütz in Mähren vor, der gleichzeitig mit unsem 
Jüngern Pfahlbau-Stationen existierte. 

Unter den Ackerbaugeräten der Bronze-Pfahlbauer sind Flach- 
sicheln sehr zahlreich. Diese Sicheln mit flacher Griffzunge kommen 



zed.yGOOgle 



Die BroDzeperiode. 277 

in Landfunden der Schweiz selten vor. Häufiger erscheinen 
Bronzesicheln mit Knopf am Griffende, welche Form dagegen in 
Pfahlbauten selten ist In Chevroux, Mdrigen u. s. w. wurden voll- 
ständig erhaltene Holzgriffe für Flachsicheln dem Seegrund enthoben 
(Fig. 302), Dieselben gleichen im ganzen den heutigen Formen, 
jedoch mit dem charakteristischen Unterschiede, dass bei ihnen 
fiir den Daumen und die übrigen Finger der Hand besondere Aus- 
höhlungen vorhanden sind. Diese Griffe passen für mittelgrosse bis 
kleine Hände. 

In mehreren Landern Mitteleu ropa's, z. B. in Bayern, hat man 
Spuren uralten Ackerbaues gefunden. Sie bestehen in eigentümlichen 



SichelgrifT aus dem Pfahlbau Corcelettes bei Grandson. 

Ackerbeeten, die jetzt bestehende Äcker oft schief oder quer durch- 
setzen, am deutlichsten aber in Wiesen- und Weideland auftreten. 
Das sind die sogen. Hochäcker. Sie sehen aus, als ob z. B. Kar- 
toffelfelder einige Jahre brach liegen gelassen worden wären. Manche 
Hochäcker erstrecken sich ohne Unterbrechung über grosse Distanzen. 
Die Beete haben eine Breite bis zu 1 5 und noch mehr Metern und 
ihre Länge steigt bis auf 3000 m. Man kann sich gar nicht vor- 
stellen, dass solch riesige Felder im Einzelbetrieb bebaut worden 
seien, besonders bei relativ geringer Bevölkerung einer Gegend; es ist 
vielmehr wahrscheinlich, dass die Hochäcker gemeinsames Eigentum 



zed.yGOOgle 



2^8 Drittes Kapitel. 

von Stämmen oder von Sippen gewesen und daher gemeinsam be- 
baut wurden. Manche Hochäcker sind altj denn auf denselben liegen 
nicht selten Grabhügel der Eisenzeit oder gar solche der Bronze- 
periode. Die Äcker ziehen unter den Hügeln durch; ihre Erstellung 
muss also in eine Zeit zurückreichen, wo die Grabhügel noch nicht 
errichtet waren. 

Hochäcker kommen, wie ich glaube, auch in der Schweiz vor. 
Freilich sind sie noch nicht untersucht und kann über ihr Alter 
nichts Genaueres mitgeteilt werden, aber die äussere Form gewisser 
ehemaliger Ackerbeete bei Romanshorn, bei Basel und bei Genf 
ist mir bei der ersten Begehung dieser Strecken als identisch 
mit derjenigen vorgekommen, die ich meinem Auge bei archäo- 
logischen Wanderungen am Starnberger- oder Wünnsee und 
seinen Nachbarn, dem Staffel- und Kiegsee Oberbayem's einprägen 
konnte. 

Spinnen, Flechten und Weben, die Ausführung von Nadel- 
arbeiten ist wohl, wie in der Steinzeit, so auch später, Sache der 
Frauen gewesen, ebenso die Bearbeitung des Thons. Über die Textil- 
kunst der Bronzeperiode lässt sich wenig Bestimmtes sagen, da io 
der Schweiz bezügliche Funde fast ganz fehlen, indessen darf man 
annehmen, dass neben Bast und Flachs besonders die Wolle der 
Schafe benutzt wurde. 

Die Keramik entfaltet in den Jüngern Pfahlbauten einen un- 
geahnten Reichtum an Formen und Verzierungen. Selbst die ein- 
fachen Schalen zeichnen sich durch zierliche Formen aus. Schüsseln, 
mit und ohne Henkel, erreichen zum Teil bedeutende Grösse, so 
dass sie als eigentliche Kessel erscheinen. Besonders schön ist «ne 
Schüssel aus dem Pfahlbau Cortaillod. Ihr Boden ist abgerundet. 
Oberhalb der Bauchmitte verengt sie sich etwas bis zu dem nur 
wenig ausladenden Rande. Dieser ganze obere Teil ist durch wag- 
rechte und senkrechte Linien in zwei Reihen Vierecke abgeteilt, 
die nahezu quadratisch sind, jedes Quadrat enthält ein Ornament. 
Im einen sind es vier Reihen konzentrierte Kreise, im andern ver- 
einigen sich Parallelen in DiagonalstelJung zu einer Art Gitter, beim 
dritten ist der Raum in neun kleine Quadrate geteilt, die in wechselnder 
Richtung schraffiert erscheinen u. s. w. Um den Reiz dieser Ver- 
zierungen zu erhöhen, sind dieselben mit Zinnfäden ausgeführt, die 
sich auf dem schwarzen Thongrunde sehr gut abheben. Derselbe 
Pfahlbau lieferte einen Thonteller, der ebenfalls Zinneinlagen ent- 
hält. Die ganze obere Tellerfläche ist durch Kreise, schraffierte 
Vierecke, fächerartige Verzierungen und Mäander aus Zinn geschmückt. 

Neu ist bä den bronzezeitlichen Gefässformen der Pokal (Fig. 303). 



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Die BroDieperiode. 



279 



Becher sind wenig zahlreich, wohl aber die Töpfchen und Töpfe. 
Die meisten derselben haben sehr elegante Formen {Fig. 304 — 306) 
und viele endigen unten in eine Spitze, so dass sie also, um nicht 
umzufallen, auf Unterstellringe, wie deren in allen Bronzepfahlbauten 
gefunden wurden, oder in Sand gestellt werden mussten. 



Fig. 303. 
aus dem Pfahlbaa WoUii- 
hofcD (ZSrich). 



Fig. 304. 

TOpfchen BUS dem Prohlbau 
WoUishoflai (Zürich). 



Auf den Töpfen fehlen natürlich die Vertierungen nicht Häufig 
erscheinen die schon öfter erwähnten, rings um das Gefass laufenden 
Kreislinieii, in deren Tiefe kleine Löcher sich finden, welche die 
Toptwand durchbrechen. Diese Löcher stehen schräg übereinander. 
Lange Zeit wusste man nicht, wozu sie gedient hatten. Da klärten 
einige gute Funde die Sache auf. Man fand nämlich, wie oben mitge- 
teilt, in einigen Jener Kreisrinnen Reste 
von feinem Bronze- oder Zinndraht 
OfTenbar hatten diese Metallfäden zur 
Verschönerung gedient Sie' wurden in 
die Kerblinien hineingedrückt, ihre 
Enden aber steckte man durch die 
Löcher auf die Innenseite der Töpfe, 
um sie dort auszulegen , damit sie 
festhalten. Dass Ösen und Henkel an 
den Töpfen nicht fehlen, braucht kaum 
gesagt zu werden. Interessant sind 
mehrteilige Töpfchen, sodann solche mit 
Ausgussröhrchen, ähnlich den Saug- 
flaschen für kleine Kinder Auch Ge- 
fäss-Deckel kommen vor, worunter solche, die ebenfalls durch Zinn- 
Einlagen verziert sind. 

Auch die unscheinbaren Thonscherben sind nicht ohne Interesse. 
An ihnen lässt sich am besten Ornamentik und Technik der Töpferei 




Fig. JOS und 306. 
Gefässe aus dem Pfahlbau 
Muntelier (Murtnersee). 



zed.yGOOgle 



280 Drittel Kapitel, 

studieren. Unter den Verzierungen der Bronzezeit kommen die schon 
in der Steinzeit benutzten Elemente, wie Punkt, Gerade, Parallele, 
Winkel, Zickzack, Dreieck, Quadrat, Raute, Kreuz in immer neuen 
Kombinationen vor. Die Zahl der krummlinigen Ornamente aber mehrt 
sich rasch und es erscheinen Kreis, Halbkreis, Kreisbogen, Wellenlinie, 
endlich auch Pflanzen-Ornamente. Manche Eindrücke im Thon sehen 
Pfötchenabdrücken gleich, andere umschlingen das Gefäss wie Guir- 
landen und ab klassisches Motiv tritt der Mäander auf. 

Erst gegen Ende der Bronzezeit kommen bemalte Gefässe 
vor, z. B. in den verhältnismässig jungen Stationen von Nidau, Mö- 
rigen und Corcelettes, wo die rote und weisse Farbe neben schwarzer 
zur Anwendung kam. Die Thonware der vorgeschrittenen Bronze- 



Fig- 307- 

BroD2Mchale mit getriebenen Buckeln aus dem Pfahlbau Corcelettes 

bei Grandson. 

Periode hat nämlich eine fast schwarze Farbe, während die steinzeit- 
lichen Gefässe bräunlich oder grau erscheinen. Jene schwarze Farbe 
rührt von der Art des Brennens her-. Die Töpfer haben das sogen, 
„Schwarzbrennen" geübt. Noch heute wird an manchen Orten^schwarz 
gebrannt, so in Chile, in Vorderindien, Ägypten, Böhmen, Sieben- 
bürgen u. s. w. Jagor beschrieb einen Schwarzbrennofen in Indien: 
Einige Kuhfladen und eine Hand voll Reisstroh werden auf den 
Boden eines grossen, gebrannten, aber unglasierten Topfes nieder- 
gel^ und die zu brennenden Gefässe darüber gepackt. Als Ver- 
schluss des Topfes dient ein Deckel, der mit Kuhmist und Thon, 
welchem Gemenge Asche beigegeben ist, aufgekittet wird. Hierauf 
breitet der Töpfer auf der Erde eine dreifache Schicht Kuhfladen 
aus, stellt den Topf darauf und umgiebt das Ganze mit Kuhmist. 
Dann folgt eine Lage Reisstroh und darüber ein zolldicker Thon- 
mantel, der ringsum nur eine handbreite Zone und oben eine Stelle 
von'15 cm Durchmesser offen lässt. Dann wird das Stroh angezündet 
und die Gefässe werden schwarzgebrannt 

Anders wird in Böhmen vorgegangen, wie mir ein Töpfer als 
Augenzeuge erzählte. Es wurde auf der Stätte, wo man Gefässe 
formte, ein primitiver Ofen aus Thon erstellt, in welchen das zu 
brennende Geschirr gepackt werden konnte. Dann heizte man, 



zed.yGOOgle 



Die BioDzeperiode. 28 1 

bis die Ware nahezu gar war, nachher aber legte man nasses Gras, 
grünes Holz und anderes russendes Zeug ins Feuer, verschloss alle 
Offnungen soi^altig mit Erde und liess den Brand weitergehen, bis 
die Gefässe durch und durch schwarz waren. Diejenigen Stellen 
derselben, welche einen Glanz erhalten sollten, waren vor dem Ver- 
packen fein poliert worden und erschienen nach dem Brande, wie 
mit Graphit abgerieben. Auf ähnliche Weise haben wohl auch 
schon die Ffahlbauer ihren Gefässen die schwarze Farbe verliehen. 
In der Bronzezeit treten neben Thongefässen auch solche aus 
Metall auf, so z. B. Bronzeschalen, zum Teil mit getriebenen Buckeln 
(Fig. 307), ferner kleine, äusserst zierliche Töpfchen aus Bronze. 



Zeiis' erfmdiuigirei 
BMati küniilichci 
Hachgtlehn >i> £1^ 



Wir dürfen, bevor wir von der Bronzezeit Abschied nehmen, 
nicht vergessen, der Metalltechnik noch einige Worte zu widmen. 
Es gab eine Zeit, wo man glaubte, nicht etwa bloss die rohe Bronze, 
sondern die fertigen Produkte aus diesem Material seien aus der 
Feme in unser Land eingeführt worden. Als man dann Gusswerk- 
stätteo entdeckte und da rohes Kupfer, Zinn- und Bronzebarren, 
Ware, die zum Einschmelzen bestimmt war, Erzklumpen und Erz- 
tropfen fand, ja sogar Objekte, die noch die Gussnähte an sich 
trugen und endlich auch Gussformen, Gusstiegel u. s. w., da musste 
zugegeben werden, dass schon in der fernen Vorzeit die meisten 
Bronzen unserer Fundstellen in der Schweiz selbst gegossen und 
bearbeitet wurden. Dabei dachte man sich immer noch die schönsten 
Stücke, wie z. B, die Schwerter, eingeführt Aber selbst diese Ansicht 
war nicht haltbar. 

Ganz sicher ist, dass die ersten Bronzen von der Fremde kamen, 
aber bald wurden sie nachgeahmt. Auch in der Folgezeit bezog 
man vom Auslande immer noch die Rohbronze und mit derselben 
konnten stets neue Impulse bezüglich der Metatltechnik hierher ge- 
langen. Aber nach und nach erstanden Meister im eigenen Lande, 
welche die Bronze gössen, abputzten, hämmerten, härteten, gravierten, 
stanzten, nieteten u. s. w. Die Gussformen an sich zeugen von der 
verschiedenen Art des Gusses. Sie bestanden zum Teil gewiss aus 
Wachs, das sich nicht erhielt. Wohl aber fanden sich Reste von 



zed.yGOOgle 



282 nritte» KapHel. 

Thonformen, von solchen aus Sandstein und endlich einige aus 
Bronze, Die hohe Stufe der Giesserkunst ist durch mehrere Funde 
bezeugt. Ein Bronzerad, das in dem mehrfach erwähnten Pfahlbau 
Cortaillod zum Vorschein kam, soll nach Aussage von Technikern 
ein Muster von Hohlguss sein. 

Dass Gebläse-Vorrichtungen in den Giessereien vorhanden waren, 
darf wohl als sicher angenommen werden. Durch Hämmern und 
geeignete Behandlung beim Abkühlen der Bronze wurde diese ge- 
härtet. Das zahlreiche und feine Handwerksgerät beweist, dass beim 
Gravieren und Stanzen der Bronzen kunstfertige Hände beschäftigt 
wurden. Das Löten scheint den Bewohnern der Schweiz zur Bronze- 
zeit unbekannt gewesen zu sein, aber sie wussten sich zu helfen. 
War z, B. eine Nadel abgebrochen, so wurden die beiden Bruch- 
stellen mit Bronze umgössen. Bei einer Schmucknadel mit trichter- 
förmigem Kopf verband man diesen mit der Nadel, indem man 
Blei {oder Zinn?) in den Grund des Trichters goss und so die zuvor 
eingesteckte Nadel festigte. 

Welch hohen Wert die Bronze besass, ersieht man aus den 
vielen reparierten Stücken. Oft wurden Bronzen, wenn sie zer- 
brachen, zu andern Zwecken benutzt, wie wir das bei einigen 
Bronzespangen nachwiesen, die zu Rasiermessern zurecht gedengelt 
und geschliffen worden waren. Eine abgebrochene Schwertspitze 
diente als Lanze oder als Dolch, ein abgebrochenes Messer wurde 
am Dorn zugespitzt und als Ahle benutzt 

Eine Frage, die viel Nachdenken verursachte, war die, ob denn 
die Bronze überhaupt mit Bronze-Instrumenten bearbeitet werden 
könne oder ob nicht, wie manche Techniker meinten, der Bronze- 
Arbeiter Stahl-Werkzeuge benötigt habe. Versuche ei^abcn aber, 
dass in der That Bronze mit (gehärteter) Bronze sich bearbeiten lässt 
Selbst die konzentrierten Kreise, die als Verzierungen auf Bronzen 
so häuhg sind, konnten mit Bronze-Instrumenten eingestanzt werden 
und die Untersuchung mit der Lupe ergab, dass diese und ähnliche 
Verzierungen auf Altsachen nicht bloss mit Bronze-Werkzeugen ge- 
macht werden konnten, sondern auch auf diese Weise gemacht 
worden sind. 

In der Bronzezeit waren aber noch andere Metalle bekannt, als 
Kupfer, Zinn und Bronze, nämlich Blei und Gold, Das erstere muss 
von fernher bezogen worden sein. Es erscheint in kleinen Barren 
oder Klumpen, oder aber als Bestandteil von Bronze-Objekten. Gold 
dürfte schon damals aus dem Sand einiger unserer Flüsse gewaschen 
und wegen seiner auffälligen Farbe verwertet worden sein. Es 
wurde zu Schmuck verarbeitet, z. B. zu Ringen. Einige Goldplätt- 



zed.yGOOgle 



Die BroDzeperiode. 283 

chen von Nidau haben wohl als Beschläge gedient, ähnlich dem 
getriebenen Goldblech aus den Gräbern von Binningen, das als 
Gürtel- Verzierung aufzufassen ist In Cortaillod fand man sechs 
Ohrringe aus Gold. Silber war den Leuten der Bronzezeit, wenigstens 
in Mitteleuropa, gänzlich unbekannt. 

Man sieht, dass damals nicht bloss die Schätze der Heimat, 
sondern auch diejenigen benachbarter Länder benutzt wurden, um 
sich das Leben ai^cnehmer zu gestalten. Es müssen also schon 
relativ weitreichende Beziehungen unter jenen Völkerschaften an- 
genommen werden. Wir widmen ihnen den folgenden Abschnitt: 

5. Handel und Verkehr in der Stein- wtd Bronzezeit. 



Als das Phänomen der Pfahlbauten sich enthüllte, da stürzten 
Gelehrte und Ungclehrte mit wahrem Feuereifer über dieses Gebiet 
her und sammelten und forschten, dass man meinen sollte, die 
Rätsel, welche da vorgelegt wurden, müssten rasch gelöst worden 
sein. Wer waren die Pfahlbauer, woher kamen sie, von welchen 
Völkern erhielten sie die merkwürdigen Sachen, die dem Seeschlamm 
enthoben worden und von denen einige aus Materialien bestehen, 
die bei uns nicht vorkommen, oder deren Urspnjngsort überhaupt 
unbekannt ist? Es hat zwar an kühnen Hypothesen nicht gefehlt, 
die diese Fragen beantworten sollten, aber es waren zumeist Femer- 
stehende, die dieselben aufstellten, während die Forscher, die sich 
am eingehendsten mit der Sache befassten, eine grosse Zurück- 
haltung beobachteten. 

Die glänzende Bronze hatte es den Leuten ganz besonders 
angethan. „Da haben wir Wohnsitze des erzkundigen Keltenvolkes 
vor uns," behauptete der eine. „Nein," sagte der andere, „die 
Pfahlbauten sind die Sommersitze einer reichen Fischerkaste, die 
einige Monate des Jahres am See die Freuden des Fischfanges ge- 
noss, um dann im Herbst wieder in ihre Wohnstellen auf dem 
Lande zurückzukehren." Ein prosaischer Mann stellte die Meinung 
auf, die Pfahldörfer seien die Magazine reicher Leute, die ihre 
Schätze an sichern, vielleicht geheiligten Orten im See aufbewahrt 
hätten. Ein Vierter erklärte: „Bewahre, es sind die Magazine phö- 
nikischer Händler, die von der uralten Kolonie Massilia (Marseille) 
mit ihren Waren zu den Barbaren unserer Gegend nordwärts wan- 
derten." 

Während die genannten Hypothesen darauf ausgehen, das häufige 
Vorkommen der Bronze in den Pfahlbauten zu erklären, behaupteten 



zed.yGOOgle 



284 Drittes Kapitel. 

vergleichende Sprachforscher, die Pfahlbauer seien Arier und be- 
sprachen die Herkunft der Leute selbst und ihrer Kultur. Die grosse 
arische Wanderung von Ost nach West, von Asien nach Europa, 
hätte die Seebewohner in die Schweiz gebracht Daher finde man 
schon in den ältesten Stationen unserer Seen Spuren von Viehzucht 
und Ackerbau; Die Arier kannten beides bei ihrem Auszug aus der 
Urheimat. Nicht bloss die Arier selbst, sondern auch ihre Haustiere 
stammen aus dem Orient Die Mehrzahl der letzteren haben die 
Pfahlbauer bei ihrer Herkunft schon besessen, neue Rassen und 
Formen, wie das Pferd, nachbezogen. Nach Südosten und Osten 
weisen auch die ältesten Getreide; im Orient glaubte man die 
Nefritoide anstehend zu hnden, sie mochten bei den grossen Wande- 
rungen mi^efiihrt worden sein. Auch die Ursprungsstätte der Bronze 
ist im Orient zu suchen; spätere Völkerschübe oder uralte Ver- 
bindungen mit Östlicher wohnenden arischen Stämmen dürften sie 
in unser Land gebracht haben. 

Wir haben oben gesehen, dass die Theorie der arischen Wande- 
rung heute bereits wailkt und mit ihr fällt auch die Hypothese 
betreffend der Herkunft der Pfahlbauer. Indessen könnte die Kultur 
doch direkt von Osten her gekommen sein; ICulturströmungen und 
Völkerwanderungen sind ja nicht identisch. Dann müssten wir die 
Wege, auf denen z. B. die Bronze in unser Land kam, an Hand 
der Formen erkennen können, zum mindesten wären die Prototypen 
unserer Bronze-Objekte im Osten zu finden. Das ist nicht der Fall, 
obschon Österreich-Ungarn und das Kaukasu^ebiet archäologisch 
wohl bekannt sind. In Bayern und Osterreich finden wir sogar eine 
gewisse Armut an Bronze und Beweise, dass dort das Eisen schon 
bekannt war, während in der Schweiz das „bei äge du bronze" 
blühte. Vergleichen wir aber die Formen und die Verzierungen 
der Funde der östlich der Schweiz gelegenen Länderstrecken, so 
sind sie sehr verschieden von dem, was wir in Pfahlbauten finden 
und dazu kommt noch, dass die Bronzefunde Österreich-Ungam's 
zumeist nicht aus Seen stammen und dass die Pfahlbauten am Nord- 
hiss der Ostalpen der Steinzeit angehören. Das Eintrittsthor in die 
Schweiz fiir die Bronze war der Genfersee, an den sie läi^ der 
Rhone gelangte, um sich von dort in die Gebiete der Aare und 
des Rheins zu verbreiten. 

Sehen wir indessen ab von der Bronzefrage, so haben die 
Forschungen über die Herkunft der Nefritoide, der Haustiere und 
der Kulturpflanzen ebenfalls dargethan, dass auch zur Steinzeit an eine 
und dieselbe Bezugsquelle der verschiedenen Dinge nicht gedacht 
werden kann, dass zudem keine Völkerwanderungen nötig sind, um 



zed.yGOOgle 



Die BroDieperiode. 285 

das Vorkommen der !n den Pfahlbauten gefundenen Materialien zu 
erklären. Viel wahrscheinlicher ist es, dass schon in alter^rauer 
Vorzeit viele Wege offen waren, auf denen Rohstoffe und fremde 
Kulturprodukte in die heutige Schweiz gelangten und wir werden 
später sehen, dass nicht bloss unser Land von der Fremde gesucht 
wurde, sondern dass die Pfahlbauer eben instinktiv auch in die 
Ferne strebten und dass, ihnen, was etwa vergessen worden sein 
mag, auch ein gewisser Anteil an der Herstellung von Beziehungen 
zum Auslande zugerechnet werden muss. 

Was die Kelten betrifft, so ist man davon at^ekommen, alles 
Schöne und Gute in Metallarbeiten des prähistorischen Mittel-Europa 
ihnen zuzuschreiben und ihre Kenntnisse in Bezug auf die Bronze- 
technik sind auf ein bescheideneres, aber den Funden entsprechenderes 
Mass zuriickgerührt worden. Während F. Keller im ersten Pfahl- 
baubericht von den „keltischen" Seedörfchen spricht, hat er schon 
im zweiten Bericht diese Bezeichnung fallen lassen und heutzutage 
wird es keinem Forscher einfallen, die Pfahlbauten oder speziell die 
Bronzetechnik den Kelten zuschreiben zu wollen. Er weiss, dass 
die Funde nur Andeutungen geben über die Kultur der Völker, 
nicht aber über deren ethnologische Zugehörigkeit. Es ist viel- 
leicht möglich, später, wenn noch mehr und besonders fachmännisch 
ausgegrabene Funde aus den verschiedenen Ländern vorliegen und 
das Auge des Denkers noch schärfer in all die tausend Einzelheiten, 
welche die stummen Zeugen der Vergangenheit darbieten, hineinblickt, 
auch auf die ethnologischen Fragen einzutreten, aber unsere Wissen- 
schaft ist noch jung und wir wollen uns bescheiden. 

Ahnlich wie mit den Kelten, ist es mit den Etruskern gegangen. 
Als die Prähistorie noch im Kindheitsalter stand und kaum den 
Namen einer Wissenschaft verdiente, da waren die Leute, die sich 
mit ihr befassten, schnei! mit einer Idee bereit und wagten sich mit 
Vorliebe an die schwierigsten Fragen. So probierte man denn, wie 
wir gesehen haben, die ganze Bronzetechnik einfach den Kelten zu- 
zuweisen, weil man von ihnen herzlich wenig wusste. Als das nicht 
mehr anging, sollten die Etrusker, deren Geschicklichkeit in aller 
Art technischen Könnens und deren Handelsgeist ja bezeugt waren, 
in die Lücke treten. Unterdessen sind aber die prähistorischen 
Forschungen in Italien zu einem so hohen Grade der Voll- 
endung gelangt, dass wir recht wohl Etruskisches von anderem 
unterscheiden. Auch die Beziehungen der Etrusker zu unserem 
Land sind klarer geworden, aber dass sie die Bronzesachen der 
schweizerischen Pfahlbauten verfertigt, lässt sich schlechterdings nicht 
beweisen. Wir überlassen es der Zeit und der Wissenschaft, diese 



zed.yGOOgle 



286 Drittes Kapitel. 

Fragen zu lösen und schleppen unterdessen immer mehr sorgfaltig 
bearbeitete Steine herbei zum Bau des Gebäudes, in dem die Prä- 
historie in Zukunft wohnen soll. 

Nach Pallmann sind die Pfahlbauten, wenigstens die Bronze- 
stationen, keine eigentlichen Wohnsitze gewesen, sondern Magadne 
von phönikischen Händlern. Desor kam dieser Theorie einiger* 
massen entgegen. Hochstetter hielt die See-Ansiedelui^en zwar 
für Wohnsitze der einheimischen Bevölkerung, aber diese sollte nur 
einige Wochen oder Monate des Jahres zur Ausübung des Fisch- 
fangs dort geweilt haben. Gegen beide Auffassungen wendete sich 
F. Keller. 

Die Pfahlbauten sind keine Magazine, sagte er; was sollten über 
20 Magazine im Bielersee und weit mehr als 50 im Neuenburger See 
genützt haben? Die Pfehlbauten waren bewohnt; das beweist uns 
das ganze Inventar jedes Dorfes. In Magazinen kommen gewisse 
Dinge sehr zahlreich, andere gar nicht vor. Da in den Pfahlbauten 
alles, was in menschlichen Wohnsitzen der Vorzeit überhaupt er- 
wartet werden kann, angetroffen wird, können sie nicht als Magazine 
gelten und dass es zudem Phönikier gewesen, die derlei Magazine 
errichteten, ist nicht zu beweisen. Die Pfahlbauten sind aber auch 
nicht nur temporär bewohnt gewesen, sondern dauernd. Heer hat 
z. B. von Robenhausen nachgewiesen, dass zu allen Jahreszeiten 
Menschen und Vieh in diesem Wasserdorf gelebt haben müssen. 
Keller wies auch den Gedanken zurück, dass in der prähistorischen 
Bevölkerung unserer Gegenden reiche Fischerkasten existiert hätten, 
welche im Besitz der See-Ansiedelungen gewesen seien. Er betonte 
immer, man solle lieber die Funde selbst soi^ältig und zwar im 
Detail studieren und weniger Hypothesen bauen. 

Wenn nun von den Handelsbeziehungen der Pfahlbauer ge- 
sprochen werden soll, so beabsichtige ich gar nicht, zu erklären, 
wie diese Beziehungen entstanden sind und unterhalten wurden, 
wohl aber mag der Versuch gewagt werden, überhaupt einmal Ver- 
kehr und Handel der Pfahlbauer unter sich und mit der Fremde 
nachzuweisen und auch Anhaltspunkte zu gewinnen über die Rich- 
tung des Verkehrs in prähistorischer Zeit 

Die meisten Materialien, welche in den Pfahlbaufunden er- 
scheinen, hat die Natur geliefert, sei es das organische oder un- 
organische Gebiet derselben. Was zunächst die eigentlichen Gesteine, 
speziell die Silicate angeht, so tritt, besonders in der Steinzeit, der 
Feuerstein in seinen verschiedenen Arten auf. In einigen See- 
dörfern, wie Ermatingen (untere Station}, Bodmann, Moosseedorf, trifft 
man nicht nur ganz ausserordentlich viele bearbeitete Stücke von 



zed.yGOOgle 



Die BroDzeperiode. 28? 

Silex, sondern auch Abfiille, Splitter und Rohstücke, Es müssen 
an diesen Orten eigentliche Feuerstein-Werkstätten existiert haben. 
Mehrere Pfahlbauten dienten den Bewohnern der Umgebung bis in 
unser Jahrhundert als Fundstellen von Feuerstein. So holte man vor 
der Einführung der Zündhölzchen am Westufer der Überlingersee's den 
Bedarf an Feuerstein auf der sogen. Feuerstein-Insel, d. h. dem Pfahlbau 
Wallhausen. Nun giebt es andere Ansiedelungen, in denen Feuerstein 
seltener ist, Rohstücke und Abfälle fehlen, dagegen erscheint dort 
vielleicht eine Werkstätte anderer Art, z. B. eine Töpferei in einem 
Steinzeit-Pfahlbau, eine Giesserei in einer Bronzestation. Ja, man hat 
bemerkt, dass fast jeder Pfahlbau ii^end eine Technik, irgend eine 
Art von Schmuck oder Geraten in besonderer Weise repräsentiere, ■ 
Was liegt nun näher, als zu denken, der Überschuss, den die Werkstätten 
produzieren, sei eben dem Verkehr übeigeben worden, den Nachbarn 
zu Gute gekommen? Was den Silex betrifft, so kommt noch ein 
weiterer Umstand in Betracht. Wir kennen nämlich aus unseren 
Gegenden wohl grauen, rötlichen, gelben und weisslichen Feuerstein, 
in Pfahlbauten aber erscheint ausserdem noch schwarzer in Rohstucken 
oder in bearbeiteter Form. Diese Varietät kann nur aus der Ferne, 
von Frankreich oder Norddeutschland, bezogen worden sein. Es 
lieferten ferner einige Stationen des Bielersee's Silex -Artefakte von 
solcher Grösse, dass wir gestehen müssen, dass sie nicht aus dem 
Rohmaterial unserer Gegenden haben erstellt worden können. Noch 
mehr! E. von Fellenberg machte darauf aufmerksam, dass unter den 
Pfeilspitzen aus Feuerstein solche vorkommen von speziell nordischer 
Form, (vgl. Fig. 73 u. 74 Seite 131), dass also auch manche Artefakte 
nach Norden und Nordwesten weisen. Wenn demnach die erwähnten 
Werkstätten auf Verkehr der Pfahlbauer unter sich hindeuten, so haben 
wir sowohl im Material, als auch in gewissen Formen der bearbeiteten 
Feuersteine einen Fingerzeig erhalten, wie weitreichend die Beziehungen 
waren und haben gesehen, dass es die Gegenden an der Nordsee 
und Frankreich waren, mit denen die Bewohner unserer heutigen 
Schweiz schon in der Steinzeit in Verkehr standen. 

Eine zweite Gruppe von Silikaten, die m Pfahlbauten erscheinen, 
bilden die Nefritoide, über welche eine reiche Litteratur existiert, 
ohne dass die dabei interessierenden Fragen endgültig gelöst wären. 
Schon im erstentdeckten Pfahlbau, in Meilen, fand man Keile aus 
einem Gestein, dessen Herkunft unbekannt war. Es war Nefrit, ein 
grünliches Material, das grosse Härte zeigte. Der Nefrit ist ein 
Calcium-Magn es ium- Silikat und gehört zur Amphibol-Gruppe, deren 
Varietäten häufig in Steinbeilen erscheinen. Im Verlauf der Pfahl- 
bau-Untersuchung ergab es sich aber, dass speziell die Stationen 



zed.yGOOgle 



288 Drittes Kapitel. 

des Bodensees zwischen Meersburg und Überlingen reich seien an 
Nefrit und seinen Verwandten, dem Jadeit und Chloromelanit, 
welche man in^esamt als „Nefritoide" bezeichnet. Das Rosgarten- 
Museum in Konstanz besitzt ca. looo Stücke von bearbeiteten 
Nefritoiden, aber auch Rohstücke fanden sich und solche, bei denen 
man Sägeschnitte bemerkte, wie Leimer berichtet. Die west- 
schweizerischen Seen lieferten auch einige hundert Nefritoide, be- 
sonders die Gegend von Estavayer am Neuenburger See, 

Nirgends in Europa hat man früher Nefrit, Jadeit und Chloro- 
melanit anstehend gefunden, nur den verwandten Saussurit kannte man 
aus dem Saasthal und den Ablagerungen des alten Rhonegletschers, 
von wo ihn die Bewohner der westschweizerischen Seen hohen, um 
ihn zur Erstellung von Beilen zu benutzen. Woher haben nun aber 
die Pfahlbauer den Nefrit, den Jadeit und Chloromelanit bekommen? 
Es ist nicht zu verwundem, dass man anfing, besonders die Nefnt- 
und Jadeitfunde (Chloromelanit ist nur eine Varietät des letzteren 
und viel seltener) zu registrieren, um aus der geographischen Ver- 
teilung derselben Anhaltspunkte für die Herkunft dieser Materialien 
zu gewinnen. Der Mineraloge Fischer in Freiburg i/Br. sammelte 
in zwanzigjähriger Spezialforschung ein grosses Material aus allen 
Erdteilen, das über die Vorkommnisse von bearbeitetem und 
anstehendem Nefrit, Jadeit und Chloromelanit Aufechluss giebt. 
Von Hochstetter brachte von seinem Aufenthalt in Neuseeland 
die Kunde, dass eine dem Pfahlbau-Nefrit sehr ähnliche Varietät auf 
dieser Insel anstehe und von den Eingebomen verwendet worden 
sei. Der kühne Reisende H. von Schlag in twe et entdeckte an- 
stehenden Nefrit in mächtiger Entwicklung in Turkestan, und die 
sibirischen Artefakte wiesen den Weg zu Nefritlagem im Ihianschan 
und seinen Vot^ebirgen. 1886 schenkte mir Kapitän Jakobsen ein 
Stück Nefrit, das er auf seiner Reise in Ostsibirien und Alaska an- 
stehendem Fels entnommen hatte. Auch im Zobtengebirge in 
Schlesien, also in Europa selbst, fand sich Nefrit, freilich erst durch 
Bergbau aufgeschlossen, aber es ist nicht der Pfehlbau-NefriL 

Überblickt man nun eine Karte, in welche alle Fundorte von 
Nefrit- Artefakten eingetragen sind, so bemerkt man sofort, dass sie 
um gewisse Centren gelagert erscheinen und man ist versucht, eben 
in diesen Centren das anstehende Gestein zu suchen. Wirklich ent- 
sprechen die Artefakte aus Neuseeland dem Nefrit, der daselbst 
lagert, diejenigen aus Südsibirien den Lagern am Thianschan. Die 
meisten europäischen Nefritfunde bestehen aus anderm Material, als 
der Zobten-Nefrit und finden sich in der Gegend der Alpen be- 
sonders häufig. Trotz aller Expeditionen in unseren Bergen 



zed.yGOOgle 



Die Bronzeperiode. 289 

hat man jedoch noch nie ein Stückchen dieses Materials anstehend ge- 
funden, so wenig, als in den diluvialen Ablagerungen an deren Nordfuss 
oder in der miocenen Nagelfluh von Rigi, Speer u. s. w. Zwar wurden 
zwei Stücke von Nefritoiden im Flussgeröll Süd-Österreichs entdeckt, 
aber sind es nicht etwa verloren gegangene und gerollte Objekte alter 
Zeit? Natürlich glaubten viele, die Nefrite Europa's, besonders der 
Pfahlbauten, stammten aus der Urheimat der Indogermanen, aus 
Centralasien oder Umgegend, wo man ja wirklich Nefrit fand. Dass 
man zwischen Thianschan und Mittel-Europa wenig Nelritfunde 
machte, sollte seine Ursache darin haben, dass diese Zwischenländer 
nicht erforscht waren. Aber die österreichischen Pfahlbauten sind 
gut bekannt und haben doch sozusagen keine Nefrite geliefert und in 
Ungarn hat man, besonders seit 1876, mit grossem Fleiss geforscht und 
die Nefriloide fehlen auch dort fast ganz. Die Theorie, dass die 
Pfahlbauer ihren Nefrit aus ihrer Urheimat mitgebracht, ist aber schon 
deswegen unhaltbar, weil die asiatischen Nefrite aus einer ganz 
andern Varietät bestehen, als die alpinen. 

Die Jadeite sind viel gl eich massiger über die Erde verteilt, als 
die Nefrite. Anstehend kannte man den Jadeit bisher nur im 
obem Burma Hinterindien), von wo das Material zu den zahlreichen 
Jadeit-Objekten, welche aus China zu unserer Kenntnis gekommen 
sind, stammte. Er scheint übrigens auch in Alaska (und Mexiko?) 
anzustehen, nicht aber in Europa, wo man ihn doch in prähistorischen 
Funden so oft sieht. Da nun der Jadeit schwerlich von Hinter- 
indien zu unsem Pfahlbauern gelangt ist, so müssen wir bekennen, 
dass man gegenwärtig noch nicht weiss, woher das Material zu den 
Nefrit-, Jadeit- und Chloromelanit-Stücken aus Pfahlbauten u. s, w. 
stammt. 

Eine dritte Gruppe von Materialien, welche zeigen, dass Ver- 
kehr und Handel, wenn auch noch so primitiver Art, den Pfahl- 
bauern nicht unbekannt geblieben ist, bilden die Hetalle. Das 
am frühesten auftretende Metall war das Kupfer. Kupfer ist in 
den Stationen der Ostschweiz selten, häufiger im Westen, wo 
einige See-An Siedlungen, wie Vinelz, St, Blaise, Chevroux, geradezu 
durch das Aufbieten dieses Metalls charakterisiert werden. EHese 
Kupferstationen zeigen noch andere Eigentümlichkeiten. Viele 
Funde aus denselben weisen eine Ornamentik auf, welche den 
Übergang von der Stein- zur Bronzezeit darzustellen scheint, wie 
z. B. das sogen. Tupfenomament auf Thongefässen. Die Formen 
vieler Artefakte der Kupferstationen verbinden steinzeitliche und 
bronzezeitliche Typen miteinander. Es sei hier z. B. an die Kupfer- 
dolche erinnert, an Beile, Armbänder, Gehänge u. s. w. Wir haben 



.y Google 



290 



Drilles Kapitel. 



deshalb von einer eigentlichen Kupferzeit gesprochen, welche von 
der Steinzeit zur Bronzeperiode überleitete und durch besondere 
Formen charakterisiert ist. 

Was nun das Kupfer betrifft, so kommt dasselbe in der Schweiz in 
mehreren Thälern der Kantone Wallis und Graubünden vor, merkwür- 
digerweise also gerade in jenen Teilen des Landes, wohin die Nefritoide 
unseren Blick gelenkt haben. Allerdings können die Pfahlbauer ihr 
Kupfer auch von Südfi-ankreich oder Ungarn erhalten haben. Noch 
nie hat man Rohkupfer in den See-Ansiedelungen getroffen, wohl 
aber Gusslöffel in Stationen, wo Bronze zu fehlen scheint, wie in 
Niederwil bei Frauenfeld, einer Stein- 
station. Sehr interessant ist der cyp- 
rische Kupferdolch aus Pont de Thielle. 
Bekanntlich ist Cypem reich an Kupfer 
und prähistorischen Artefakten aus die- 
sem Metall. Der Name des Kupfers 
selbst erinnert an diese Insel, denn es 
hiess ursprunglich cyprisches Erz ^aes 
cyprium). Ungarische Formen haben 
wir in Fig. 308 und 30g vor uns; das 
erste dieser Beile besteht aus Kupfer 
und wurde in Lieli (Aargau) gefunden, 
das zweite stammt aus Parpan (Grau- 
bünden) und besteht aus Bronze. 

In Pfahlbauten kommen auch Blei 
und Zinn, rein und vermischt mitein- 
ander, vor. Blei erscheint zumeist in 
Klumpen, Zinn in Form von Ringen, Nadelköpfen, Schmuckrädchen, 
oder als Verzierung von Topferprodukten. Was das natürliche Vor- 
kommen von Blei angeht, so findet es sich in geringen Mengen abermals 
in den heutigen Kantonen Wallis und Graubünden. Zinn dagegen ist 
in der heutigen Schweiz nicht einmal in Spuren vorhanden, also sicher 
eingeführt Zinn ist überhaupt selten. Bekanntlich haben die Alten 
dieses Metall aus Süd-Britannien bezogen und es wäre möglich, da.ss 
auf dem Landwege auch englisches Zinn in unsere Gegenden gelangt 
wäre. Wir machten schon anlässlich der Besprechung der Feuer- 
stein-Artefakte auf Beziehungen mit Nordwest-Frankreich aufmerksam; 
auf demselben Weg könnte auch Metall in die Pfahlbauten gelangt 
.sein. Übrigens hat DaubrCe prähistorische Zinngewinnung im mittleren 
Frankreich nachgewiesen. 

Die Bronze besteht aus Kupfer und Zinn. Aus dem Schlamm 
der Seen sind seit der Entdeckung der Pfahlbauten Tausende von 



Kupfe 



Fig. 308. 
1x1 ungarischer Form a 
Lieli (Aargau). 



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Die Broazeptriode. 29 1 



Artefakten aus diesem Material zu Tag gefördert worden und darum 
müssen wir zur Bronzezeit einen sehr lebhaften Handelsverkehr 
der Pfahlbauer mit dem Auslande annehmen. Wenn nun auch die 
Bronze im allgemeinen auf den Pfahlbauten selbst verarbeitet wurde, 
so giebt es doch Artefakte aus diesem Material, die deutlich auf 
ihre fremde Heimat weisen. Ich will den etruskischen Spiegel von 
I'ortatban ausser acht lassen, da er einzig in seiner Art ist, da- 
j;egen mögen Fibeln oder Gewandnadeln erwähnt werden, die mit 



Bronzrait von Paipan. 

solchen aus italischen Gräbern völlig übereinstimmen. Nicht bloss 
ist dies mit der Bügelfibula von Wollishofen der Kai!, sondern be- 
sonders auch mit jenen Stücken aus Mörigen, welche die Fibulae a 
grandi coste repräsentieren. 

Bei einem Besuche des Museums Lausanne bemerkte Montelius 
unter den Pfahtbaufunden aus Cortaillod eine Fibulaform, die 
speziell in seiner nordischen Heimat ungemein zahlreich vorkommt, 
südlich aber nicht weiter, als bis zum Thüringer Wald reicht. 
Es ist die sogen. Scheibenfibel, bei welcher sowohl Kopf, als 
Fuss der Schliessnadel mit einer verzierten Bronzescheibe vei^ 



zed.yGOOgle 



292 Drilles Kapitel. 

bunden zu werden pflegt. Dieses in Fig. 310 dargestellte nordische 
Stück ist aber nicht das einzige seiner Art, Aus dem gleichen 
Pfahlbau Cortaillod stammt ein ebenfalls 
von dem genannten Forscher beschriebenes 
nordisches Hängegeläss mit seiner für die 
Ursprungsstätte so bezeichnenden Technik 
und Verzierung (Fig. 311), Andere Bronze- 
gefässe haben von Süden ihren Weg in 
die Schweizerseen gefunden, so z. B. ge- 
triebene Vasen und ganz besonders eine 
Fig_ jio, Situla aus demPfahlbau Wollishofen. Dieser 

FibeUragment aus dem Piähl- Bfonze-Kessel hat die wohlbekannte Form 
baa Cortaiiiod. gj^gg Kcgelstumpfcs, der auf der kleineren 

Grundfläche ruht. Er erweitert sich also nach oben und erst am kurzen 
Hals ist er etwas eingezogen. Eine Lotung ist nirgends zu be- 



Fig. 3"- 
Nordisches HängegeRiss aus dem Pr»hlbau Corlaillod {Neuenburger See), 

merken, nur Vernietung kommt vor. Auch die Henkel sind mit 
dem Kessel durch sorgfältige Nietung verbunden. Diese Situlae 



zed.yGOOgle 



293 



kommen nordwärts der Alpen nicht allzu selten vor, wie die Funde 
der Hallstattteit, besonders diejenigen aus Gräberfeldern beweisen. 
Die eigentliche Heimat dieser Kessel aber ist Itahen und Süd-Öster- 
reich und ihr Alter weist aut die erste Eisenzeit, also in das Ende 
der Pfahlbaupetiode. Auch Henkel grosser Bronzegefässe sind in 
Pfahlbauten gefunden worden und erweisen sich als identisch mit 
italischen Funden der Vorzeit. 

Unter den Werkzeugen und Geräten aus Bronze ist eine An- 
zahl von Messern mit Diillen bemerkenswert, in -welche der Stiel, 
die Handhabe, gesteckt wurde. Diese DüUenmesser kommen in 
einigen Stationen der Westschweiz vor, sind aber häufiger in den 
Khon fegenden und weisen demnach in südwestliche Richtung. 
Auch Wagenbestandteile wurden in Wollishofen, Concise und Esta- 



Fif. 3". 

Wagenbeschtäge aus dem Pfahlbau Chevroux im Neuenburger See. 

vayer dem Seegrund enthoben. Der Pfahlbau Cortaillod lieferte ein 
Bronzerad und in Chevroux bei F^tavayer fand sich eines jener Be- 
schläge (Fig. 312), welche Keller veranlassten, den „etruskischen" 
Wagen zu rekonstruieren. 

Was endlich noch die Bronzewaffen angeht, so haben wir das 
griechische Schwert von Adliswil angeführt. Die häufigste Schwert- 
form ist der Ronzano- oder Möriger Typus: weidenblatt- ähnliche 
Klinge, kurzer, mit einer runden oder elliptischen Platte und Knopf 
nach hinten abschliessender Griff, der gegen die Klinge mit einer 
kurzen, gerade abgeschnittenen Parierstange endigt. Neben dieser 
südlichen Form kommt auch die nach Osten weisende Hallstattform 
;vgl. Fig. 281), allerdings selten, vor. Die letzte Phase der Pfahlbau- 
Bronzeperiode war gleichzeitig mit der älteren Hallstattepoche anderer 
Gegenden. 



zed.yGOOgle 



294 Drittes Ka;Hte1. 

Gold erscheint in den Pfahlbauten in Form von Draht, von 
Lamellen (Nidau, Mörigenj, von Ringen (Cortaillod, Mörigen, 
Muntelier und Wollishofen -Zürich), von Spiralen (Mörigen), von 
Zwingen und Rosetten (Estavayer, St. Aubin) und als Perle (Concise'. 
Es mag aus dem Sand unserer Flüsse gewaschen worden sein. 

Selten triflll man unter den Pfahlbaufunden Eisen. In der 
eigentlichen Eisenzeit müssen die Seedörfer verfassen gewesen sein 
i oder nicht mehr existiert haben. Nur die Station Mörigen er- 
gab mehrere Eisenobjekte. Es fand sich daselbst ein Schwert 
vom Mörigcr Typus mit Eisenklinge und Bronzegriff, der seiner- 
seits wieder Eisenplättchen als Einlage aufweist Eine Eisen- 
trense von Mörigen zeigt grosse Ähnlichkeit mit entsprechenden 
Bronzen. Endlich aber enthob man diesem Pfahlbau ein Armband 
aus Bronze, welches, ähnlich dem eben (Erwähnten Schwert, schmale 
Eisenplättchen als Einlage zeigt Hätten die Pfahlbauer die Eisen- 
Lagerstätten unseres Landes gekannt und ausgebeutet, würden 
beispielsweise die Schlackenhalden in der Nähe des Gonzen von 
ihnen herrühren, so wäre das Eisen in den Pfahlbauten häuhger 
und würde nicht zu Schmuck, sondern vielmehr zu Geraten ver- 
wendet worden sein. Auch das Eisen scheint den Pfahlbauem also 
durch Handel zugekommen zu sein. 

Mit dem Eisen tritt in vorrömischcr Zeit auch Silber auf. 
In bronzezei^lichen Gräbern ist es noch nie konstatiert worden^ da- 
' gegen soll im Pfahlbau Estavayer am Kopf einer Haarnadel ein 
Reifchen dieses Metalls zum Vorschein gekommen sein. Als ver- 
einzelter Fund erlaubt das Stück keinen Schluss auf das etwaige 
Vorhandensein von Silberobjekten in der Bronzezeit der Schweiz. 

Mehrfach sind in unsern Pfahlbauten Glasperlen gefunden worden. 
Einige derselben tragen kleine, warzenartige Vorsprunge, sogen. Augen. 
Die Perlen sind entweder rund oder länglich, tonnenförmig. Ihre 
Farbe ist blau mit weissen Streifen oder aber grünlich. Mit Aus- 
nahme einer Perle aus dem Steinzeit-Pfahlbau Wauwil, die bei auf- 
fallendem Licht bläu lieh weiss, bei durchgehendem aber honiggelb 
erscheint, sind alte diese Glasfunde in Bronzestationen gemacht 
worden, so in Vallamand und Muntelier, in Concise, St Aubin 
und Auvernier, in Nidau und Mörigen. Der Pfahlbau WolHshofen- 
Zürich hat sieben Stück Perlen geliefert. Einer der bedeutend- 
sten Forscher, der zu früh gestorbene Königsberger Prahistoriker 
Dr. Otto Tischler fand Glasperlen dieser Art auch in Bronzezeit- 
Gräbern. Die Perlen sind also nicht etwa später zufaltig in den 
Schlamm des Seegrundes geraten und im Lauf der Jahrhunderte in 
immer grössere Tiefe, schliesslich in die Kulturschicht der Pfahlbauten 



zed.yGOOgle 



Di« Brooieperiode. 295 



gesunken, sondern sie sind Erzeugnisse der Bronzezeit und kamen 
mit den übrigen Resten des Pfahlbau -Hausrates in die Tiefe, Auch 
ihre Zahl und Fonn spricht gegen die erwähnte Vermutung. Da- 
gegen ist es, wenigstens bis jetzt, nicht gelungen, irgend einen Be- 
weis für die Möglichkeit zu finden, dass die Pfahlbauer das Glas 
selbst hergestellt hätten und auch die relative Sehenheit der Glas- 
perlen macht es wahrscheinlich, dass wir hier.ein Handelsobjekt vor 
uns haben. 

Eine vierte Hauptgruppe von Materialien, welche der Pfahlbauer 
benutzte, bilden, mineralogisch gesprochen, die Carbon- Verbindungen 
oder C&rbonide. Auch unter diesen beweisen mehrere, dass Handel 
und Verkehr in prähistorischer 2^it vorhanden war und der Bern- 
stein wird uns wieder einmal eine Richtung der Völkerverbindungen 
kennzeichnen. 

In mehreren Bronzestationen fänden sich Ringe aus Gagat 
oder Pechkohle. In Gräbern der ersten Eisenzeit werden sie häufig 
Fundstellen von Gagat finden sich im Lias, der untersten Abteilung 
der Juraformation. Im südlichen Württemberg ist diese Kohle häufig 
und es konnte deshalb in diesem Lande die Gagatindustrie in 
neuerer Zeit wieder zu frischem Leben erwachen. Da gerade gegen- 
wärtig Untersuchungen über die Pfahlbau -Artefakte aus Lignit oder 
Gagat im Gange sind, so dürfen wir vielleicht auch hier neue 
Winke über die Handelsbeziehungen der Pfahlbauer erwarten. 

Asphalt oder Erdpech wurde in den Steinstationen häufig ab 
Kitt verwendet und gebraucht, um Pfeilspitzen u. s. w. mit den dazu 
gehörigen Holzstäbchen zu verbinden. Asphalt findet sich in natür- 
lichem Zustande reichlich im Traversthale , an der Perte du Rhone \ 
und in Frankreich, deutet also auf Verkehr mit dem Westen hin, / 

Der Bernstein tritt in den Pfahlbauten zumeist in Form von 
Ferien auf und wurde zu Halsschmuck verwendet. In Steinzeit- 
Stationen fehlt er, dagegen fand er sich in der Übei^angsstation 
Meilen und dem kupferzeitlichen Pfahlbau Sutz. Häufiger wird er in 
Bronze-Pfahlbauten, wie Mörigen. Auch in Gräbern der älteren 
Eisenzeit kommt er nicht selten vor, wie die Grabhügel von Trüllikon 
bewiesen, wo ein Skelet eine Art Diadem trug, in welchem etwa 
zwölf Bronzenadeln mit Bernsteinköpfen steckten. Woher stammt 
nun der Bernstein? Es giebt verschiedene Lagerstätten desselben. 
Bekanntlich wusste man schon im Altertum, dass im Norden Bernstein 
gefunden werden kann. Nicht bloss wurde und wird an der Ostsee 
roher Bernstein in bedeutender Menge gewonnen, sondern auch die 
archäologischen Funde jener Gegend weisen der Bernstein-Industrie 
ein hohes Alter zu und gehen bis in die Steinzeit zurück. Italien 



zed.yGOOgle 



296 Drittes Kapitd. 

besitzt Bernstein in Sizilien, bei Bologna und im Appennin. Der 
rumänische Bernstein fällt für uns ausser Betracht, weil er viel 
seltener ist und durch seine eigentümliche Farbe mit den uns inter- 
essierenden Funden kontrastiert. Auch viele lokale, erst durch Berg- 
bau erschlossene Fundorte von rohem Bernstein in Österreich fallen 
nicht in den Bereich unserer Untersuchung, da sie den prähistorischen 
Bewohnern selbst jener Gegenden nicht bekannt sein konnten und 
zudem in wenig reichlicher Menge vorhanden sind. Aber ist der 
Bernstein der Pfahlbauten aus Italien oder dem Norden in unser 
Land gekommen? Helm hat, auf chemische Untersuchungen ge- 
stützt, die Frage zu lösen versucht. Er fand, dass der Ostsee- 
Bernstein reich sei an sogen. Bernsteinsäure, während der italienische 
dieselbe fast oder ganz entbehre. Auf dieses Untersuchungs-Resultat 
hin sind nun viele prähistorische Bernstein-Artefakte geprüft worden 
' und es zeigte sich, dass nicht bloss die nordischen Fundobjekte 
■ Bernsteinsäure enthielten, sondern auch alle untersuchten Gegen- 
stände aus Italien, die doch in der Gegend von Bologna und dem 
Appennin, wo, wie wir hörten, Bernstein lagert, gefunden wurden. 
Leider habe ich noch keine Analyse eines Bernstein-Artefaktes aus 
der Schweiz erhalten, aber nach dem Gesagten ist es sehr wahr- 
scheinlich, dass auch die Bcmsteinobjekte unserer Bronzestationen 
nach Norden weisen. 

Fassen wir nun zusammen! 

Es ist durch unsere Untersuchung wohl zur Genüge klar ge- 
worden, dass wirklich Beziehungen der Ffahlbauer sowohl unter sich, 
als mit der Fremde angenommen werden müssen. Welcher Art 
aber waren diese Beziehungen? Müssen wir an Handel und Verkehr 
denken oder an Wanderungen? Die Patagonier und andere Völker 
der alten und neuen Welt unternehmen bekanntlich auch oft 
weitausgedehnte Wanderungen und wenn die Pfahlbauer Ähn- 
liches thaten, so würde sich leicht erklären, dass Objekte in den 
See- Ansiedelungen sich finden, deren eigentliche Heimat in weiter 
F"erne liegt. Je tiefer ein Volk seinem Kulturgrade nach steht 
und je mehr das Land selbst zum Wandern einladet, um so häu- 
figer lassen sich Änderungen der Aufenthaltsorte wahrnehmen. So- 
bald aber ein Volk sesshaft wird und Ackerbau treibt, so machen 
die Wanderzüge allmählich dem Handel und Verkehr Platz und bei 
einigermassen dichter Bevölkerung kommen wohl Auswanderungen 
vor, aber nicht Wanderzüge von der Art der eben erwähnten. 
Nun mag unsere Schweiz zur Stein- und Bronzezeit nicht sehr zu 
solchen Wanderzügen eingeladen haben. Zudem waren schon die 
Steinzeit- Pfählbauer keine herumziehenden Nomaden mehr, sondern 



zed.yGOOgle 



Me BroDzcperiode. 297 

sesshafte Ackerbauer. Sind also, nach Analogie su schliessen, Wan- 
derungen schon deswegen sehr wenig zahlreich anzunehmen, so 
haben diese in der Bronzezeit wohl ganz aufgehört Demnach sollte 
man erwarten, in Steinzeitfunden viele, in bronzezeidichen weniger 
zahlreiche Anklänge an fremde Gegenden zu finden, aber gerade 
das Umgekehrte ist der Fall. Nur wenige Beziehungen weisen 
auf die Steinzeit zurück; in der Bronzeperiode dagegen sind die- 
selben sehr zahlreich, also muss doch wohl Handel angenommen , 
werden. 

Vor Jahrzehnten schien die arische Wanderung sicher kon- 
statiert zu sein und wenn auch neuere Forscher den Ursitz der 
Indogermanen mehr westwärts verlegten und Penka denselben gar 
im südlichen Skandinavien sucht, so ist es doch angezeigt, zu unter- 
suchen, ob die von uns besprochenen Beziehungen der Ffahlbauer 
mit der Fremde nicht eben auf diese Wanderung zurückzufuhren 
seien. 

Wenige Spuren deuten auf Ost -West -Wanderung. Allerdings 
fanden sich in Österreich-Ungarn auch alte Pfahlbauten, weiter östlich 
aber nicht. Wir mussten die Frage offen lassen, ob nicht Kupfer 
aus Ungarn bezogen wurde und die Hallstattform einiger Pfahl- 
bauschwerter weist nach den ostlichen Alpen. Viel bestimmter tritt 
der Norden in den Kreis unserer Betrachtungen. Auch da fand 
man Pfahlbauten der Steinzeit und vom Ende des heidnischen Zeit- 
alters, also aus relativ Junger Epoche, sind wieder Pfahlbauten in 
Norddeutschland konstatiert, die von Slaven erstellt oder bewohnt 
waren. Von Nord und Nordwesten stammen Rohstücke von F"euer- 
stein und gewisse Typen von Pfeilspitzen aus diesem Material. Von 
lingland kam vielleicht das Zinn in unsere Gegenden; nach Norden 
weisen die Scheibenfibula und das Hängegefäss von Cortaillod und 
von dorther ist wahrscheinlich auch der Bernstein den Pfahlbauem 
zugekommen. Wenn wir mit Penka annehmen, der Ursitz der Arier 
habe im Norden gelegen, so wäre es vielleicht möglich, jene Be- 
ziehungen der Pfahlbauer zum Norden mit der arischen Wanderung 
in Verbindung zu bringen. Aber auch Westen und Süden standen 
den „Protohelvetiem" offen. Von Frankreich stammen möglicher- 
weise Kupfer, Zinn und Blei und der Rhone entlang könnte Bronze 
in die Westschweiz gekommen sein, da man ja auch bronzezeit- 
tiche Pfahlbauten in Savoyen aufgefunden hat. Noch in späterer 
Zeit ist bekannüich der Handelsweg von Marseille aus an den Genfer- 
see oft benutzt worden, wie die massaliotischen Münzen, die in der 
Schweiz gefunden worden, beweisen. Aus Frankreich sind auch 
Feuersteine den Pfahlbauern zugekommen. 



zed.yGOOgle 



29S Drilles Kapitel. 

Besonders innig sind die Beziehungen zwischen unsern See- 
bewohnem und dem Süden gewesen. Abgesehen davon, dass in 
Norditalien Pfahlbauten entdeckt worden sind, ist wohl der grösste 
Teil der Bronze auf südlichen Ursprung zurückzuführen und bei 
den Kupferfunden haben wir von einem cyprischen Dolche gehört. 
Mehrere Bronzen zeigen ganz bestimmt südlichen Ursprung, wie der 
etruskische Bronzespiegel von Portalban, die Fibeln von Mörigen, 
Wollishofen, Estavayer u. s. w., die Situla von Wollishofen, die 
Wagenbestandteile von Cortaillod und Chevroux, die Ronzano- 
schwerter und das Möriger Schwert mit der Eisenklinge. Die Ser- 
pulaschalen mögen von Italien gekommen sein; die Getreidearten, 
ja sogar die Unkräuter in der Pfahlbauflora haben ihre Heimat 
in den Mittelmeerländern oder im Orient. Wir lernten den ägyp- 
tischen Mumienweizen, die indischen Hirsearten und das kre- 
tische Leinkraut kennen. Hier und da sind Fabrikate unserer Ge- 
gend auch ilach Süden gelangt, so z. B. verzierte Bronzeringe nach 
Aosta und eine Mohnkopfnadel in den Pfahlbau Peschiera. Müssten 
nun diese Beziehungen der Pfahlbauten zu den Mittelmeerländem mit 
der Einwanderung der See-Ansiedler in Verbindung gebracht werden, 
so wäre diese hauptsächlich in die Bronzezeit zu setzen, d. h. es 
müssten eben den Einwanderern der Steinzeit weitere Nachschübe in 
der Bronze-Epoche gefolgt sein. Dann wären wohl die Pfahlbauer der 
späteren Zeit viel zahlreicher, als diejenigen der Steinzeit Allerdings 
sind die Pfahlbau-Stationen der Steinzeit weniger au^edehni, als die- 
jenigen der Bronzeperiode, aber sie sind dafür viel zahlreicher. Also 
sind Völker-Nachschübe zurBronzezeit unwahrscheinlich. Zudem weisen 
die besprochenen Beziehungen nach allen Richtungen der Windrose 
und es ist doch nicht anzunehmen, dass von Nord und Süd, von 
Ost und West Vötkerscharen nach unseren Gegenden gezogen seien. 
Viel eher würde eine solche Annahme sich in Bezug auf Italien mit 
seinem milden Klima, seinem blauen Himmel und seinem Produkten- 
reichtum rechtfertigen lassen. 

Wir sehen, dass die bisher bekannten Thatsachen uns 
weder auf die arische Wanderung, noch auf temporäre 
Völkerzüge verweisen, um die Besiehungen der Pfahlbauer 
zu der Fremde zu erklären, sondern es waren eben Han- 
delsbeziehungen. Handel und Verkehr verbanden die See- 
Ansiedelungen unter sich und mit der Fremde. 

Wo Verkehr und Handel ist, müssen Transportmittel für Waren 
und irgend welche Wege vorhanden sein. Die Landwege der Bronze- 
zeit in der Schweiz lassen sich jetzt noch nicht nachweisen. Die 
wichtigste Strasse für den internen Verkehr war der Wasserweg. 



zed.yGOOgle 



Die BroDzeperiode. 2QQ 

Wir wissen auch, wie die Beförderungsmittel der Pfahlbauer 
aussahen. Fast in jeder Station sind ein oder mehrere Boote ge- 
funden worden. Es waren Einbäume, zumeist aus Eichenholz be- 
stehend. Manche derselben haben sich im Seeschlamm recht gut 
erhalten, so dass sie in die Museen geschafft werden konnten. 
Während die (Canoes der Steinzeit eigentlich nur ausgehöhlte Baum- 
stämme darstellen, besitzen manche Einbäume aus Bronzestationen 
oft noch Rippen, Sperrhölzer. Ein Einbaum von Vingelz ist 44 Fuss 
(= 13,2 m' lang, ein kleinerer aus derselben Station hat eine Lange 
von 19 Fuss 4 Zoll {= 5,82 m). Das grosse Kanoe besteht aus 
Eichen-, das kleine aus Pappelholz. An mehreren Booten bemerkt 
man Einschnitte für die Ruder und diese selbst sind ebenfalls ge- 
funden worden, z. B. im Pfahlbau in der Bleiche bei Arbon. Selten 
sind Vorrichtungen, die zum Einsetzen von Masten oder Segelstangen 
dienten. Das Segel scheint also erst später verwendet worden zu 
sein. Die Einbäume in den schweizerischen Seen sind erst vor 
kurzem ausgestorben. Am längsten hielt sich dieses primitive Boot 
im Ägerisee, aber seit einigen Jahren ist der letzte Einbaum da- 
selbst verschwunden und ein Dampfechiff zieht jetzt seine Furchen 
in dem kleinen See. 

Dass Wagen für den Verkehr zu Land benutzt wurden, lehren 
uns Funde von Wagenbeschlägen und Wagenrädern. Neben Bronze- 
rädern waren gewiss hölzerne in Gebrauch und als Zugtier dienten 
Ochsen und Pferde. Wo Wagen, da sind aber auch Wege. 

Womit bezahlten die geldlosen Leute der Stein- und Bronze- 
zeit? Hatten sie unter sich einen Wertmesser und was gaben sie 
speziell den Bronze- Lieferanten als Entgelt flir das kostbare Metall? 
In Bezug auf den letzteren Punkt kann man sich denken, dass 
Pelze, vielleicht auch Sklaven verhandelt wurden; was aber die Vor- 
läufer des Geldes, die antiken Wertmesser angeht, so können zuerst 
feine Beile oder Schmucksachen dazu benutzt worden sein, wie das 
jetzt noch bei unzivilisierten Völkerschaften vorkommt. Bei den Römern 
zur Zeit der Könige waren die Ausdrücke für Vieh und Geld gleichbe- 
deutend; so mag es auch bei uns gewesen sein. Zweifellos ist aber auch 
die Bronze als Zahlungsmittel verwendet worden. Wer denkt hier 
nicht an die Baugen und Ringe, den Kampfsold der alten Germanen? 

Bei sehr vielen Völkerschaften unserer Tage ist zwischen Schmuck 
und Geld nicht zu unterscheiden. War es auch so bei den Be- 
wohnern der Pfahlbauten? Indessen scheint man doch in der 
Bronzeperiode schon einen Schritt weiter gegangen zu sein: Im 
Pfahlbau Auvemier fand Desor's Fischer einst an einem Tage 
mehrere hundert kleine Bronzeringe. In Cortailiod, wie in Wollis- 



zed.yGOOgle 



lOO Driltei Kapitel. 

hofen (Zürich) kamen ähnliche Ringe vor, die von einem Sammet- 
ring umschlossen waren. Das waren wohl Geldringe. Ringgeld 
hatten nach Cäsar noch die alten Bretonen. Beowui.f nimmt dem 
Drachen den Schatz an gewundenem Gold. Mit den Ringen geht 
aber auch der Fluch des Goldes an den Besitzer über. In der 
nordischen Siegfriedsage erneuert Fafnir den Fluch, der auf den 
Baugen und Ringen des Goldschatzes lag und damit ist das Ver- 
hängnis Sigurd's besiegelt. Noch im Nibelungenlied finden sich die 
Spuren des Ringgeldes, Als Hagen am Donaustrande stand, rief 
er dem Fährmann, der ihn übersetzen sollte, zu, er werde ihm einen 
„bouch von golde rot" als Lohn fiir seine Mühe bezalilen. 

6. Geistige Kultur in der Bronseperiode. 



Das Bekanntwerden und die Benutzung des Metalls führte zu 
neuen Erfindungen und zu verbesserten Geraten aller Art- Damit 
aber steigerte sich die Produktion, besonders als noch neue Haus- 
tiere und Kulturpflanzen bekannt wurden. Die Arbeitsteilung wurde 
in vermehrtem Masse durchgeführt, der Reichtum erhöhte sich. 
Soweit bis jetzt untersucht werden konnte, scheinen die Leute der 
Bronzeperiode in der Schweiz Einzelhäuser besessen zu haben, was 
auf Privatbesitz hinzudeuten scheint, wenngleich der AUgcmeinbesitz 
sich noch über manches erstreckt haben mag, was heute ebenfalls 
in Etnzelbcsitz sich befindet. Wir wiesen schon bei Besprechung 
der zum Teil bis in die Bronzezeit hinunter reichenden Hochacker 
auf gemeinsame Bearbeitung des Bodens hin, der wohl auch Eigen- 
tum aller war, ähnlich den riesigen Almenden von Schwyz, Uri u. s. w,, 
die sich bis heute als Eigentum der alten Markgenossenschaften er- 
halten haben. 

Die Frage des Privateigentums führt ims zu der gesellschaft- 
lichen Ordnung. Freilich wis.sen wir darüber wenig genug, da die 
Funde aus der Bronzezeit hierin nicht deutlich sprechen. Wollen 
wir aber Analogie-Schlüsse gestatten, so können wir .sagen, dass 
überall, wo jetzt oder in historischer Zeit Völkerschaften angetroffen 
werden und wurden, deren allgemeiner Kulturzustand- demjenigen 
der Pfahlbauer der Bronzeperiode ähnlich ist und war, immer als 
gesellschaftliches Centrum die Gens, der Clan, der Stamm auftritt. 

Die Menschheit hat es nach Morgan bloss zu zwei Grundformen 
der Verfassung gebracht. Die eine, ältere, ist eine rein gesellschaft- 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode. jOI 

liehe; sie stützt sich auf die Verwandtschaft der Einzelnen: Das 
ist die Gentil Verfassung. Die andere ist jünger, politisch; sie stützt 
sich auf Privateigentum, auf Grund und Boden. Sie fuhrt zum Staat 
uad zur modernen Gesellschaft, 

Wie die beiden Gesellschaftsformen sich in der weiteren Entwick- 
lung der Menschheit ablösten, sehen wir z, B. bei den Griechen, In 
den ältesten geschichtlichen Zeiten finden wir sie in Genien ge- 
spalten, die sich zu Stämmen zusammen gethan. Später entstanden 
Stammbünde, aber der Mittelpunkt aller gesellschaftlichen und, auch 
der religiösen Verbände war immer noch die Gens, die Verwandt- 
schaftssippe. Als nun das Privateigentum eine immer grössere Rolle 
zu spielen anfing, als Städte entstanden, wo eine Reihe neuer Auf- 
gaben gelöst werden sollten, als die Trennung der öffentlichen Gewalten 
immer dringender wurde, neue Beamtungen geschaffen werden mussten, 
da erwies sich die Gentilverfassung als unzureichend. Nach ver- 
geblichen Versuchen anderer, eine neue Ordnung zu schaffen, hat 
endlich Solon eine solche wirklich durchgeführt und zwar dadurch, 
dass er zur Grundlage derselben nicht mehr die Gens, resp, das 
Venvandtschaftssystem, sondern das Privateigentum machte und das 
ganze Volk in Vermögensklassen einteilte. 

Für die Bronzezeit, ja selbst für die Eisenperiode Mitteleuropa's 
dürfen wir noch die reine Gentilordnung annehmen, denn der Über- 
gang zum Staat ist nachweislich erst in viel späterer, in historischer 
Zeit erfolgt. 

Auch über die religiösen Verhältnisse der Bronzeperiode sind 
wir wenig unterrichtet. Im Steinzeit- Pfahlbau Robenhausen hat man 
Spuren des einst weit verbreiteten Phallusdienstes getroffen und auch 
in Bodmann ist ein ähn- 
licher Fund gemacht wor- 
den. In den Seedörfem 
der Bronzeperiode, ebenso 
in gleichaltrigen Landan- 
.siedelungen sind nicht sel- 
ten jene Gebilde zum Vor- 
schein gekommen, die 
der Sichelform des Mondes 
oder .den Nackenschemeln 
der Nubier und anderer 



Fig. 3'3- 
„Mondhom" vom Ebereberg (Zürit 



Völkerschaften, oder end- 
lich Stierhörnern gleichen. 

Diese „Mondhömer" der Bronzezeit bestehen aus Thon oder aus 
Sandstein (Fig. 313;, Die meisten tragen Verzierungen in Form 



zed.yGOOgle 



102 Dritttea Kapitel. 



von Wülsten oder Leisten und von Furchen oder eingegrabenen 
Punkt- und Strichsystemen, Einige weisen sogar, ähnlich gewissen 
Thongefässen, Linien mit Löchlein auf zur Aufnahme von Zinn oder 
Bronzeiäden. 

Eine allgemein anerkannte Erklärung der „Mondhörner" ist 
noch nicht gefunden. Jedenfalls sind es keine Kopfschemel, dazu 
bestimmt, den Kopfputz während der Schlafenszeit vor Zerstörung 
oder Verwüstung zu sichern, denn manche dieser Hörner sind so 
klein, dass kaum ein Kindernacken Platz hätte. Zudem tragen 
einige dieser Gebilde, die in Üdenburg (Ungarn) in Gräbern ge- 
funden wurden, zwischen den Hörnern dünne Verbindungsstäbe, 
die beim Auflegen des Kopfes sicher hätten zerbrechen müssen. 

Bei vielen Indianerstämmen ist, wie Morgan berichtet, die In- 
stallierung der Gensvorsteher durch das „Aufsetzen der Hörner" 
symbolisiert und bei räumlich weit auseinander wohnenden Völker- 
schaften sind Hörner das Zeichen der Autorität oder des Amtes. 
Zu dieser Erklärung der Mondhörner will nun aber der Umstand, 
dass sie zum Teil in Gräbern gefunden wurden, nicht recht passen. 
Man muss wohl eher an eine religiöse Bedeutung denken. 

Die Meinung, dass die „Mondhörner" als Zeichen des Mond- 
dienstes der Bronzezeitleute aufzufassen seien, wird von Leiner 
nicht geteilt. Er glaubt, dass, wenn nachts die Sichel des 
wachsenden Mondes leuchtend am Himmel erschien, unsere Vor- 
fahren darin eher ein hehres, feuriges Stiergehörn erblickten, als 
umgekehrt im Stiergehörn ein Bild des Mondes. Er hält dafür, 
dass die Pfahlbauer im Stiere das Smnbild der physischen Kraft- 
entwickelung gesehen und deshalb die Abbilder des Stiergehöms 
in den Hütten aufgestellt, oder aussen am Hausgiebel befestigt haben, 
., ähnlich wie nordische Völker das Rentiergeweih, unsere Förster und 
Jäger Hirsch- und Rehgeweih zur Zier und als Sinnbild in ihrer 
Wohnung behandeln". 

Auf dunklere, aber auch abschreckendere Gebräuche der Bronze- 
periode scheint das Amulet hinzuweisen, das im Pfahlbau Corcelettes 
zum Vorschein kam. Es ist mit zwei Authängelöchern versehen 
und entstammt offenbar einem menschlichen Schädel {vergl. Fig. 215 
Seite 238,. 

Lieblichere Bilder entrollen sich, wenn wir unter den bronze- 
zeitlichen Funden die Zeichen sammeln, die an Familien -Verhältnisse 
gemahnen. Es sind vor allem die Spielsachen von Kindern, die 
uns auffallen. Da giebt es Schiffchen, die wie Modelle von Ein- 
bäumen aussehen; da sind Rädchen aus Bronze oder aus Thon 
Fig. 314), die zu Miniaturwagen gehören; da erscheinen kleine 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode. 3O3 

Schalen und Töpfchen, die unmöglich im Haushalt verwendet 
werden konnten, ferner Thonftguren, von denen die eine einen Vogel 
(z. B. Hauterive), die andere einen Maulwurf {z. B, Corcelettes) dar- 
stellt und endlich kommt ein Spielzeug, das noch heute unsere 
Kleinen immer wieder erfreut, die Kinder-Rassel, der „Rolli". Die 
Bronzestation Mörigen im Bielersee hat eine ganze Anzahl thö- 
nerner Kugeln geliefert, in deren hohlem Innern harte Thonkorper 
oder Steinchen einen rasselnden Ton erzeugen. Manche der Ton- 
kugeln sind sogar verziert. Eine 
dieser Klappern hat die Form eines 
Vogels. Im Ried bei Wetzikon 
wurden an Stielen aufgehängte, 
durchbrochen gegossene Hoh!- 
kugeln aus Bronze gefunden, in 
deren Innerem einige Steinchen 
lagen. Ein ahnliches Bronzeobjekt 
mit Dülle für den Hoizgriff ent- 
stammt dem Bronzepfahlbau Möri- 
gen. Das sind freilich nur Kleinig- 
keiten, aber sie zeigen, dass schon i-'ig. 3M' 
vor Jahrtausenden die Eltern ihre Tonradehen aus dem Pfahlbau Woius. 
Kinder liebten und diese Lieblinge 

mit Dingen umgaben, die ihre Anziehungskraft fiir die kleine Welt 
heute noch nicht verloren haben und auch in der Zukunft nie ver- 
lieren werden. 



F. Die Bronze, Ursprung-, Verbreitung- und 
Alter derselben. 

Am Ende der Steinzeit ist das Kupfer bekannt geworden. Fiir 
die Erstellung mancher Geräte war dasselbe von Vorteil, während 
andere Objekte immer noch aus Stein verfertigt wurden. Es ist mehr 
als Zufall, dass wir in den sogen. Kupferstationen so viele Dolche aus 
Metall Anden; der Kupferdolch war entschieden handlicher, als der 
kleine Feuersteindolch in Holzfassung. Die rote, leuchtende Farbe 
des Metalls machte dasselbe auch geeignet zu Schmucksachen, deren ja 
eine beträchtliche Anzahl zum Vorschein kamen, während eigentliche 
Geräte, wie Beile, Hämmer, Sägen u. s.w. selten sind. Das Kupfer hat 
nämlich dem Stein gegenüber einen Nachteil: es ist weich. Wenn 
es gelungen wäre, auf irgend eine Weise das Metall zu härten, so 
hätte es an Bedeutung gewinnen müssen. Nun enthalten die 
Kupfererze häufig Spuren anderer Metalle und beim Guss musste 



zed.yGOOgle 



304 Drittes Kapitel, 

demnach ein verschieden hartes Metall resultieren. Gewiss haben 
die prähistorischen Erzsucher sich diese Erfahrung zu Nutze gemacht 
Die Giesser l<amen auf die geistreiche Idee, verschiedene Erze zu 
mischen. Damit waren neue, weittragende Entdeckungen und Er- 
tindungen ermöglicht Irgendwo , vielleicht auch an mehreren 
Orten, fugte man dem Kupfer gelegentlich einmal Zinn in metal- 
lischem Zustande oder als Erz bei und erhielt dadurch eine härtere, 
last golden glänzende Legierung, die Bronze, Man darf sich 
nun aber nicht etwa vorstellen, als sei die Bronze gleich anfangs 
in ihrer endgültigen Zusammensetzung von ca. 9o7o Kupfer und 
io"/(, Zinn bekaimt geworden, sondern es haben die Analysen 
ergeben, dass selbst in Nordeuropa, also vielleicht sehr weit vom 
Ursprungsort der Legierung, die ältesten Bronzen nur wenige 
Prozente Zinn enthalten und dass erst allmähtich die oben genannte 
Zusammensetzung als die beste erkannt wurde. Man könnte daraus 
den Schluss ziehen wollen, als hätte jedes Volk, bei welchem sich 
solche Verhältnisse bei beginnender Bronzezeit nachweisen lassen, 
den Übergang von der Stein- zur Kupfer- und zur Bronzeperiode 
selbständig, also durch eigene Erfindung gemacht Virchow hat 
indes wohl Recht, wenn er diesen Gedanken abweist und annimmt, 
es habe eine Tradition, eine Lehre sich von gewissen Centren aus 
auf andere Steilen for^epflanzt, es seien also Wanderungen, über- 
haupt Verbindungen der Völkerschaften untereinander, wie sie sich 
ja auch sonst nachweisen lassen, anzunehmen. Der materielle 
Transport von Artefakten könne nur so erklärt werden. 

I. Bronze-Analysen. Die Frage, ob in der Schweiz die Bronze 
selbständig erfunden worden sei, müssen wir verneinen, da 
Zinn in unserem Lande durchaus fehlt Kupfer kommt an einigen 
wenigen Stellen vor, z. B. auf der Mürtschenalp unweit des 
Walensees und im Kanton Wallis, z. B. im Einfischthal (Val 
d'Anniviers). L. R, von Fellenberg-Rivier glaubte, durch die Bei- 
mengungen in der Bronze die Herkunft des Kupfers ermitteln zu 
können; wir verdanken ihm deshalb eine grosse Zahl chemischer 
Analysen von Objekten aus Kupfer, Zinn und Bronze. 

Ein Kupferklumpen, der in Echallens (Waadt) mit einem 
Kupferbeit zusammen gefunden wurde, ergab; 

Kupfer 96,52 "/o 

Schwefelkupfer 3^4 „ 
Zinn o>34 ]> 

Eisen 0,20 „ 



zed.yGOOg[e 



Die Broiuep«riode. JO5 

Ein Kupferbetl, das bei Schaffhausen zum Vorschein kam, 

«"*^'^'t Kupfer 98,17 7o 

Zinn 0,94 „ 

Eisen 0,89 „ 

100,00 "/o 

Ein Bronzeschwert aus dem Grabfelde von Stirzenthal bei Egg 
(Kt Zürich) zeigte bei der Analyse folgende Verhältnisse: 



ei|;ab: 



100,00 7(1 

Bei zweien von den in Ober-Iüau bei Hohenrain (Luzem) 
als Depotfund entdeckten Bronzeschwertern fand man: 

a) Kupfer 89,30 "/^ b) 86,86 "j^ 

12.17 » 



Kupfer 


89,897. 


Zinn 


9,35 „ 


Blei 


0,16 „ 


Eisen 


0,14 „ 


Nickel 


0,46 „ 




1 00,00 7„ 


Kupfer 


89,427. 


Zinn 


8,49 >, 


Blei 


0,8s „ 


Eisen 


0,09 „ 


Nickel 


0,98 ., 


Silber 


0,17 ,. 



Zinn 


6,71 „ 


Antimon 


2,90 „ 


Blei 


0,28 „ 


Eisen 


0,29 „ 


Nickel 


o,S2 „ 



0,16 „ 


0,29 „ 


0.19 » 


0,33 „ 



1 00,00 "/o 1 00,00 "/p 

Ein Bronzebeil aus dem Depotfund von Ringoldswil bei SigriS' 
wil iBern) enthielt: 



Kupfer 


88,97 7. 


Zinn 


8,0s „ 


Eisen 


0,4 1 „ 


Nickel 


2.21 „ 


Silber 


0,36 „ 



100,00 7o 

Was die Funde aus bronzezeitlichen Pfahlbaustationen anbetrifft, 
so fällt bei manchen derselben der hohe Gehalt an Blei, Nickel oder 

Mcicrii, UrgeichEchle der Schvfii. 20 

Digitized^yGOOgle 



306 




Drittes Kapitel. 








Kobalt auf. Betrachten 


wir z. B. einige 


Bronzen 


aus 


dem Pfahlbau 


Morges 












a 


Gussform 


b) Beil 


c) Beil 




d) Ring 


Kupfer 


83,54"/. 


86,90"/. 


88,2 5"/. 




8i,6s"/. 


Zinn 


9,30 „ 


9,84 „ 


9,26 „ 




■2,42 „ 


Bld 


6,05 „ 


2,87 „ 


— 




S,o6„ 


Eisen 


0,49 „ 


0,11 „ 


0,S2 „ 




0,22 „ 


Nickel 


0,55 ,. 'hS' 


0,27 „ 


1,85 „ 


kobal 


0,65 „ 


Silber 


0,07 „ 


0,01 „ 


0,12 „ 




— 



100,00 7o 100,00 7o 100,00 7o ioo,oo7o 

Das am Neuenbui^er See gelegene Corcelettes lieferte Bronzen 
i folgender Zusammensetzung: 



a) Schmuck nadel 


b) Messe 




c) Beil 


Kupfer 90,197,, 


88,54 7o 




87,25"/. 


Zinn 8,79 „ 


9.29 ., 




9,83 „ 


Blei — 


0,34 ., 




1,51 ,. 


Eisen 0,21 „ 


0,22 „ 




0,17 „ 


Kobalt 0,70 „ nickclh 


.i.ig i,si „ 






Silber 0,11 „ 


0,10 „ 




0.13 „ 


100,00 */^ 


1 00,00 7o 


100,00 "/„ 


Ein Bronzebeil vo 


Sutz am Bielersee 


ergab: 




Kupfer 88,15« 


. 






Zinn 10,48 








Blei 0,13 


, 






Eisen 0,07 


, 






Nickel 1,02 








Silber 0,1 5 








100,00" 


t 




Die Analyse zweier 


Bronzen aus dem 


Pfahlbau Mörig 




a} Sichel 


b) 


Gussmasse 


Kupfer 


92,97 7o 




93,91 "/, 


Zinn 


4-44 " 




4,69 „ 


Blei 


1,44 ., 




0,87 „ 


Antimon 


0,6s „ 




— 


Eisen 


0,05 „ 




0,07 „ 


Nickel 


0,25 „ 




0,42 „ 


Silber 


0,20 „ 




0,04 „ 



100,00 7n 



100,00 7o 



Wir wissen, dass namendich in der späteren Bronzezeit ein nicht 
unbedeutender Teil der Metallobjekte im Lande selbst verfertigt wurde, 
aber es fragt sich, woher die ersten Bronzen gekommen sind. 



zed.yGOOgle 



Die Bronieperiode, 307 

2. Ursprungsort der Bronze. Die Bronze besteht aus Kupfer und 
Zinn. Kupfer ist an vielen Orten vorhanden. Zinn ist viel seltener. 
Da die Alten Zinn von den Kassiteriden, also vom heutigen England 
bezogen und da in denselben Gegenden auch Kupfer vorkommt, 
so glaubte man, England als den Ursprungsort der Bronze 
ansehen zu müssen. Aber die Funde sprechen dagegen und aus 
Cäsar erfohren wir, däss man noch im letzten Jahrhundert vor 
unserer Zeitrechnung Bronze in England einführte, obwohl daselbst 
sowohl Kupfer, als Zinn gewonnen wurde, 

LiNDENSCHMiT Und HosTHANN wiesen auf Italien als das Land 
hin, welches die Bronze nach dem Norden sandte; auch Nilsson 
hielt die Mittelmeerländer für den Ursprungsort der Bronze, welch' 
letztere «on den Phönikiem nach Norden geschaflt worden sei. 
Diese Händler sollten an der skandinavischen Küste Faktoreien, ja 
Kolonien besessen und dort den Bernstein geholt haben. Aber der 
baltische Bernstein ist über Land nach Süden gelangt und die 
Phönikier kamen nur bis in die Nordsee. 

WoRSAAE und B. E. Hildebrand glaubten, dass ein Wandervolk 
die Bronze aus Asien gebracht. Dieses wandernde Volk sollten die 
Arier gewesen sein. Aber hier ist eine Hypothese die Stütze der 
andern und die Beweise fehlen. Es ist auch nicht nötig, die Ver- 
breitung der Bronze an Völkerwanderungen zu knüpfen; der Weg 
eines Kulturstromes kann an einem Orte über Leichen und Trümmer 
geführt haben, am anderen friedlich verfolgt worden sein. 

Ägypten hat kein Zinn, also kann es auch nicht die Heimat 
der Bronze sein. 

Lenormant suchte den Ursprung der Bronze im Kaukasus, aber 
Chantre und Virchow, welche ihre Aufmerksamkeit dieser Gegend 
zuwendeten, kamen zur Ansicht, dass der Ursprungsort anderswo zu 
suchen sei. Chantre wies auf Indien hin. Vom südlichen Teil 
dieses Landes zog seiner Meinung nach die Bronzekultur in einem 
Südstrom über die Tiefländer des Euphrat und des Nil nach Klein- 
asien, Griechenland und Italien und ein Nordstrom sollte um den 
Kaspisee und den Pontus herum das Donaugebiet erreicht haben. 
Auch die Vermittler des Bronzehandels zwischen Indien und Europa 
glaubte Chantre gefunden zu haben und zwar in den Zigeunern. 
Mortillet hatte schon früher die Bronzezeit als „Periode Boh^mienne" 
bezeichnet Aber es ist nicht einmal sicher, ob die Indier die Zinn- 
bronze überhaupt kannten, da ihre Bronzen zumeist aus Messing, 
d. h. aus Zink und Kupfer, bestehen. 

Es muss besonders Centralasien schärfer ins Auge gefasst 
werden, bevor die Frage nach der Herkunft der Bronze gelöst 



zed.yGOOgle 



308 Drittes Kapilcl. 

werden kann. In soi^ltiger Weise hat sich auch Sophus Müller 
in Kopenhagen mit der uns interessierenden Frage beschäftigt Er 
findet, dass die sibirische Bronzengruppe als eine Ausstrahlung von 
einem Centralpunkt zu betrachten sei, der anderseits auch von 
der europäischen Gruppe gesucht werde. Hoernes stimmt ihm in 
dieser Hinsicht bei und hält Mesopotamien für den Ursprungs- 
ort der Bronze. Lange vor der Blüte des Chaldäerreichcs zog ein 
turanischer Stamm, die Akkadier, aus Hochasien herab zu der 
feldbautreibenden Bevölkerung des Euphratlandes. Aus der Ver- 
bindung der kriegerisch organisierten Hirten mit der Kultur der 
sesshaften Ackerbauer entstand der erste Herrscherstaat in Meso- 
potamien. Dort finden wir sehr alte Bronzegräber und früh 
erscheint auch das Eisen, anfangs nur als Schmuck, Im 
Sumerisch-Akkadischen, dem Idiom der vorsemitischen Kulturträger 
des Doppelstrom landes, giebt es nun fiir Kupfer, Zinn und Bronze 
verschiedene Namen, wogegen im A|;yptischen der Name für Zinn 
fehlt. In der sumerisch- akkadischen Sprache existiert auch ein 
Hymnus, der dem Feuergott Gibil die Mischung von Kupfer und Zinn 
zuschreibt. Wahrscheinlich haben jene Bergbewohner das Kupfer nach 
Mesopotamien gebracht, wo dann die Bronze erfunden wurde. Das 
Zinn konnte man sich vom Paropamisus Iran's verschaffen. Die 
Sumero-Akkadier, Assyrer und Cheta bezogen nach Tomaschek das 
Kupfer aus den Gebirgen im Nordwesten des Landes oder aus 
Arabien, das Zinn aus dem Lande Midian. 

Von Mesopotamien aus könnte dann die Bronze auf zwei Wegen 
nach Europa gekommen sein, über Syrien und Ägypten einerseits 
und über das schwarze Meer anderseits. 

Im südöstlichen Winkel des schwarzen Meeres liegt ein erz- 
reiches Land. Dort sassen die Tibarener (Tubal der Bibel) und 
die Moscher (Mesech), von denen Hesekiel XXVII, 1 3 sagt: 
„, . . . Tubal und Mesech haben mit dir gehandelt und 
haben dir leibeigene Leute und Erz auf deine Märkte ge- 
bracht" In diesem Lande ist Kupfer reichlich vorhanden, nach 
verschiedenen Nachrichten aber auch Zinn. Dieses Metallgebiet 
zwischen Taurus und Kaukasus ist wohl die Mittelstation zwischen 
Mesopotamien und Europa. In der Nähe finden sich auch Eisen- 
erze und wohnte das Volk der Chalyber, die im Altertum als die 
Erztechniker par exceltence bekannt waren. Trapezunt ist heute 
noch berühmt durch seine Kupferindustrie. In jene Gegend ging 
auch der Argonautenzug. Von dort öffneten sich die W^e nach 
Südeuropa und ins Gebiet der Donau, 

Für unser Land ist der Zug der Bronzekultur, der über 



zed.yGOOgle 



Die BroDieperiode, 309 



Ägypten nach Griechenland und Italien nach dem centralen Europa 
gelangte, von grösster Bedeutung gewesen. 

Die Prähistoriker beschäftigen sich schon deswegen gern mit 
diesem Kulturweg, weil die Funde in den genannten Landern uns 
hier und da Blicke thun lassen in die absolute Chronologie der 
Vorzeit, denn in Ägypten fallt die Bronzeperiode zum guten Teil in 
die durch Inschriften beglaubigte historische Epoche und in Griechen- 
land entrollen die herrlichen Epen, die unter dem Namen Homer's 
allen Gebildeten bekannt sind, Bilder aus der Übergangs-Epoche 
zwischen Bronze- und Eisenzeit. 

3. Das Älter der Bronzeperiode. Für die G^enden des Kultur- 
kreises, der die Länder um das Mittelmeer in sich begreift, ist die 
Steinzeit von der Periode, da das Eisen seine Rolle zu spielen an- 
fangt, durch eine Epoche getrennt, in welcher das Kupfer und 
später die Bronze als hauptsächlichste Nutzmaterialien verwendet 
wurden. Um nun Anhaltspunkte für die Bestimmung des Alters 
dieser Bronzeperiode zu gewinnen, wenden wir uns dem uralten 
Kulturstaat Ägypten zu, allwo die Bronze schon im vierten vor- 
christlichen Jahrtausend bekannt gewesen ist. Der englische Prä- 
historiker Flinders Petrie hat in jahrelangen Forschungen Gräber- 
felder und sogar eigentliche Städte aus der Bronzezeit untersucht. In 
Kahun fand er zahlreiche Feuersteingeräte, daneben Beile, Messer, 
Meissel u. a. Geräte aus Bronze, aber keine Spur von Eisen. In den 
Gräbern von Gurob herrschte die Bronze über den Stein vor. Es 
fanden sich Beile, Messer, Meissel, Angelhaken, Lanzenspitzen aus 
Bronze, aber auch hier fand sich keine Spur von Eisen. Die Bronze- 
zeit in Ägypten hat also lange gedauert Das beweisen die eben 
genannten Gräber, die der 18, bis 19. Dynastie angehören. Das be- 
weisen auch die Funde im Grabe der Königin Aahotep, der Gemahlin 
des Königs Kamos aus der 17. Dynastie, die um 1500 v. Chr 
regierte. In diesem Grabe fanden sich zahlreiche goldene Schmuck- 
sachen, Waffen aus Bronze und Gold, aber Eisen fand sich nicht. 
Im XV. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung lebte König Thutmosis 
{Thutmes III.) von der 18. Dynastie. Zahlreiche Bronzen aus alt- 
ägyptischen Gräbern tragen seinen Namen und beweisen , dati 
zu jener Zeit die Bronze sehr häufig verwendet wurde. Ja, Ge- 
mälde im Grabe Ramses' III., der um 1200 v. Chr. lebte, lassen 
neben eisernen auch noch Bronzewaffen erkennen; jene sind blau, 
diese rot gemalt. Das Ende der ägyptischen Bronzezeit kann also 
nicht vor 1500 v, Chr. eingetreten sein. 

Ein Wandgemälde im Grabe des eben genannten Ramses' III. 
zeigt eine mykenäbche Bügelkanne, wahrscheinlich nach einem 



zed.yGOOgle 



Drines Kapitel, 



Original gemalt, das nach Ägypten gelangte. Es muss also die Zeit 
der Erstellung der Bügelkannen, sowie der Kuppelgräber und Grab- 
kammem, in denen sie gefunden wurden, ins XII. oder XUI. lahr- 
hundert v. Chr. gesetzt werden. Nun sind aber die Schacht- 
graber von Mykenae älter und dürften also dem XIV. Jahrhundert 
angehören, was mit den schon früher von den Archäologen auf- 
gestellten Daten durchaus stimmt. Ein Bronzeschwert, welches 
SchliemanN dem kyklopischen Gebäude auf der Akropolis von 
Mykenae entnahm, ist gleichalterig mit dem Inhalt der KuppelgräUer 
und zeichnet sich dadurch aus, dass es eine Griffzunge mit auf- 
gerichteten Rändern besitzt, ähnlich mehreren Schwertern aus Ungarn, 
Deutschland und der Schweiz. 

Der bekannte, mit Gold eingelegte Dolch aus dem Schacht- 
grabe 5 von Mykenae erinnert durchaus an Vorkommnisse in ägyp- 
tischen Wandgemälden der 17. Dynastie. Ein Skarabäus des Königs 
Amenhotep III. von der 18. Dynastie (circa 1400 v. Chr.) lag 
in einer Grabkammer zu Jalysos und ein Skarabäus von Titi, wahr- 
scheinlich Gemahlin jenes Königs, in einem Hause der Bui^ Mykenae, 
Man darf also die mykenärsche Kultur in Griechenland zwischen 
1400 und 1200 V. Chr. ansetzen. 

Damit sind nun aber eine Anzahl altitalischer Funde zeitlich 
bestimmt. In Kuppelgräbern von Mykenae fand man zwei Bronze- 
fibeln „ad arco di violino", welche in den jüngeren Terramaren 
Italien's häufig sind und in einem Haus des berühmten griechischen 
Fundortes wurden drei Bronzefibeln entdeckt, von denen zwei den eben 
erwähnten gleichen, die dritte eine etwas entwickeltere Form der- 
selben darstellt. Dadurch wird nun aber der Beweis geleistet, dass 
eine Reihe von Terramaren noch im XII. Jahrhundert vor unserer 
Zeitrechnung existiert haben; andere sind älter und Montelius setzt 
daher den Beginn der Bronzezeit Italien's in die erste Hälfte des 
zweiten vorchristlichen Jahrtausends. 

Wir haben im Verlauf unserer Untersuchung gesehen, dass 
einige Funde in der Schweiz, die der reinen Bronzezeit angehören, 
identisch sind mit solchen aus Italien, die aber dort schon der 
Eisenzeit zugerechnet werden müssen. Ich erinnere nur an die 
Schwerter mit Spiralenden {^p^es a antennes) und an die koni- 
schen Bronzekessel (Situlae). Es ist zur Zeitbestimmung der prä- 
historischen Funde unseres Landes wichtig, dass diese Stücke, die 
wohl durch Handel in die heutige Schweiz gelangten, in Bezug auf 
das Alter ebenfalls annähernd bestimmt werden können, da die 
Chronologie der Eisenzeit Italien's auch durch einige absolute Zahlen 
erhellt wird. Die etruskischen Gräber von Marzabotto z. B. ent- 



zed.yGOOgle 



Die Bronzepeiiode. 3 1 1 

hielten Vasen des um 450 v, Chr. lebenden griechischen Malers 
Chachrylion. Die Herrschaft der Etrusker in Felsina (heute Bologna) 
wurde um 400 v, Chr. von den keltischen Boiem gebrochen 
und wir kennen sowohl die etrusktschen, als die keltischen Gräber 
in der Certosa bei Bologna. Die ältesten sogen. La T^e-Fibeln sind 
mit den nach der Certosa genannten Sicherheitsnadeln in der Form 
ähnlich und in Bezug auf das Aller gleich. 

Bevor wir uns nun der Chronologie der bronzezeitlichen Funde 
der Schweiz zuwenden, sei noch die Bemerkung gestattet, dass der 
Beginn der Bronzeperiode von den verschiedensten Forschem für 
die verschiedenen Länder Europa übereinstimmend in die erste 
Hälfte des II. vorchristlichen Jahrtausends angesetzt wird, also 
zwischen 2000 und 1 500 v. Chr. fällt. Dagegen variieren die 
einzelnen Lander sehr in Bezug auf die Dauer dieser Epoche. Es 
giebt, wie Hoeiines sich ausdrückt, entwickelungsarme und entwicke- 
lui^sreiche Bronzeprovinzen. In den ersteren wurde da.": Eisen 
frühzeitig bekannt, in den letzteren erhielt sich die Herrschaft der 
Bronze viel länger. In Griechenland muss das Eisen seine Herr- 
schaft schon vor der Zeit der Entstehung der homerischen Epen 
angetreten haben. Die italische Eisenzeit beginnt nach Montelius 
ca. 1200 V. Chr. Was Mitteleuropa betrifft, haben wir in Ungarn 
und der Schweiz entwickelungsreiche Bronzeprovinzen, in Süd-Öster- 
reich und Frankreich dagegen wurde das Eisen früh bekannt. Für 
Bayern hat Naue den Beginn der Eisenzeit um ca. 950 v.Chr. fixiert. 

Den Beginn der Bronzezeit Skandinavien's setzt Montelius um 
1700 an und ihr Ende um ca. 500 v. Chr. Er teilt die Zwischen- 
zeit in sechs Perioden; je drei derselben bilden die ältere und die 
jüngere Bronzezeit. Tischler, der die Epoche der Bronze fiir Nord- 
Deutschland in vier Abteilungen zerlegte, schloss sich in der ab- 
soluten Chronologie an Montelius an. 

Überall wurde zuerst versucht, eine relative Chronologie für die 
Bronzezeit durchzufuhren, besonders an Hand der Gräberfunde, 
Sowie in diese relative Zeitbestimmung durch die Verbindungen der 
betreffenden Gegenden mit alten Kuiturcentren ein Lichtfunke aus 
der Geschichte dieser Kulturländer fiel, war ein Anhaltspunkt für 
die Feststellung der absoluten Zeitbestimmung gewonnen und je 
zahlreicher derartige bestimmende Punkte sind, um so mehr ver- 
wandelt sich die relative Chronologie in eine absolute, um so eher 
übersdiauen wir das Mass der Zeit, die eine Kultur in Anspruch 
genommen hat 

4. Chronologie der bronze seitlichen Funde der Schweiz. Wenn 
wir uns all die Funde in der Schweiz ins Gedächtnis zurückrufen, die 



zed.yGOOgle 



212 Drittes Kapitel, 



wir bei unserer Betrachtung der Bronzeperiode erwähnten, so fallt 
es nicht allzu schwer, dieselben in Gruppen zu bringen, die ihrem 
Alter nach verschieden sein müssen. Zunächst bilden diejenigen 
Funde, welche in ihren Formen und Verzierungen an die Objekte der 
Steinzeit erinnern, eine Gruppe. Hierher gehören die Bronzebeile 
mit Randleisten und etwas verbreiterter Schneide, sodann die ent- 
wickelteren Beile mit halbkreisförmiger Schneide. Ferner gehören 
hierher dreieckige Dolche mit oder ohne Bronzegrifif, deren Klii^e 
durch Nietnägel an den Griff befestigt ist Später erscheinen auch 
Schmucknadeln und zwar sind es die sogen, „geschwollenen" Nadeln 
mit einem kleinen Loch am geschwollenen, etwas unterhalb des 
Kopfes befindlichen Teil der Nadel. 

Die Funde dieser ersten Gruppe stammen aus Ansiedelungen, 
wie z. B. der „Station des Roseaux" bei Morges, oder aus Depots, 
wie die Beilfiinde von Bünzen (Aai^au), Gasenzen bei Garns und 
Salez bei Sennwald (St Gallen), die Beil- und Dolchfunde von 
Ringoldswil bei Sigriswil (Bern). Der Schwerterfiind von Ober- 
lllau bei Hohenrain (Luzern) muss doch wohl der folgenden Gruppe 
zugezählt werden, trotz der primitiven Formen jener Waffen. Werk- 
stättenfunde fehlen, diejenigen von Wülflingen (Zürich) und Grenchen 
(Solothurn) gehören erst dem Ende der Zeit an, welcher diese 
Gruppe zugerechnet werden muss; sie sind vielleicht eher der 
folgenden Abteilung zuzuweisen. Dagegen erscheinen einige Grab- 
funde und zwar sind es solche aus Skelet-, wie aus [ostschweizerischen) 
Brandgräbem. Hierher gehören die Grabfunde von Chandoline 
bei Savi^se (Wallis), von Chillon bei Veytaux (Waadt), besonders 
auch die Funde aus dem Massengrab von Auvernier, die Objekte 
aus dem Skeletgrab im Eschheimerthal bei Schaffhausen und die- 
jenigen aus den Grabhügeln von Weiach (mit Leichenbrand). 

Als zweite Bronzezeit-Gruppe heben sich die Funde hervor, 
welche Lappenbeile oder halbkreisförmige Fibeln enthalten. Es er- 
scheinen hier Nadehi mit mehrteiligen Köpfen, auch die sogen. 
Mohnkopfnadeln. Unter den Waffen giebt es Dolche mit Griff- 
zungen; das Schwert erscheint. Neben schön' verzierten Messern 
kommen Bronzesicheln vor. Unter den Ornamenten beginnt die 
Kreisfigur sich geltend zu machen. 

Diese Abteilung umfasst diejenigen Fundorte, die als Repräsen- 
tanten des „bei ige du bronze" gelten können, der Blütezeit der 
Bronzekultur, Sie ist in reichen Pfahlbau-Ansiedelungen uns er- 
halten geblieben, wie in der „Grande cit6 de Morges", in Eaux Vives 
und Gen^ve, in Vallamand und Muntelier am Murtnersee, in Esta- 
vayer, Corcelettes bei Grandson, Cortaillod, Auvernier u, s, w. im 



zed.yGOOgle 



313 



Neuenbuiger See, in Nidau und Mörigen im Bielersee, in Wollishofen- 
Zürich u. s. w. Aber auch Ansiedelungen auf dem Lande gehören 
dieser Zeit an, wie die Station Ebersberg bei Berg am Irchel und 
gewiss hat dazuma) auch Windisch schon existiert. Hierher dürfen 
wir auch die Funde des befestigten Platzes Ütübei^ bei Zürich 
zählen. 

In der zweiten Abteilung der Bronzeperiode erscheinen Guss- 
werkstätten, wie Kerzers (Freiburg), Veitheim (Zürich) u. s. w. Die 
Gräber bestehen in Skeletgrabem, wie Cornaux (Neuchatel;, 
Tolochenaz bei Morges, Conthey, Savi^se und Ayent im Kanton 
Wallis. In der Ostschweiz kommen in dieser Zeit nur Brand- 
gräber vor und zwar sind es entweder solche in freier Erde oder 
Grabhügel. Ftachgräber der Bronzeperiode wurden nachge^viesen in 
Wangen a. A. (Bern), Glattfelden (Zürich), Thalheim (Zürich), Schlatt 
(Thurgau), Müllheim (Thurgau), Heiligkreuz bei Mels (St. Gallen,; 
bronzezeitliche Grabhügel mit Leichenbrand wurden untersucht am 
Altenberg bei Gossau und bei Kickenbach (Zürich). 

Unter den Einzelfunden, die hierher zu zählen sind, führe ich 
nur die Schwerter von Niederurnen (Glarus) an, weil sie für die ab- 
solute Zeitbestimmung gut verwendet werden können. Das eine 
hat nämlich eine flache Griffzunge mit aufgestellten Rändern, wie 
wir sie bei dem oben erwähnten Schwert aus Mykenae und bei un- 
garischen Typen wieder finden. Das zweite Schwert leitet zur 
folgenden Gruppe hinüber. Es besitzt einen VollgrifT und gehört zu 
jenen Typen, die in Italien erst in der Eisenzeit erscheinen. 

Die dritte Gruppe unter den Bronzefunden der Schweiz zeigt 
Formen, die an manch anderen Orten schon eisenzeitlich sind und 
endlich kommen auch vereinzelte Objekte aus Eisen in Bronze- 
stationen vor. Es erscheinen die konischen Kessel (Situlae), ge- 
triebene Bronzegefässe, bemalte Thongeschirre, Absatzkelte, Gürtel- 
haken, Schmucknadeln mit hohlen, reichverzierten Köpfen (^pingles 
cäphalaires), Wagen und Wagenbeschläge, Schwerter mit Voluten- 
griffen (epdes a antennes), Bronzen mit Eisen ein lagen. 

Manche der schon genannten Pfahlbau-Stationen reichen noch 
in diese Zeit hinein, z. B. Wollishofen-Zürich, wo Reste von Situlen 
zum Vorschein kamen, Nidau und Mörigen, wo bemalte Gefässe 
gefunden wurden. Der letztgenannte Pfahlbau enthielt auch Bronze- 
objekte mit Einlagen von Eisen, ja sogar Eisengeräte. Ähnlich 
war es in der Station Auvernier. Aus Colombier haben wir ein 
Eisenmesser mit Verzierungen der Bronzezeit und mit Bronzedorn 
erwähnt. Im Pfahlbau Cortaillod wurde ein Bronzeschwert mit 



zed.yGOOgle 



^JA Drittes Kapitel. 

Eiseneinlagen im Vollgriff entdeckt und bei Estavayer fanden sich 
Wagenbeschläge u. s. w. 

Auch die Pfahlbauten von Genf und Morgcs reichen bis ans 
Ende der Bronzezeit 

Der letzten Phase dieser Periode dürfte der Grabfund von 
Binningen (Basel) zuzurechnen sein, ferner einige Graber in der 
Rue de Lausanne in Sion (Wallis). 

Um nun an Steile der relativen Altersunterschiede in die Funde 
der Bronzeperiode die absolute Zahl einzufuhren, wollen wir uns 
erinnern, dass wir oftmals Gelegenheit hatten, zwischen unsem 
Gegenden und bronze- sowie eisenzeitlichen Funden anderer Länder, 
besonders Italien's, Beziehungen aufzudecken. Offenbar ist die Bronze 
selbst, resp. deren Bestandteile, der Hauptsache nach von Süden 
in die Schweiz gekommen, zuerst der Rhone nach, später auch 
über die Alpen, Und mit der Bronze kamen andere Produkte des 
Südens, neue Geräte, neue Techniken, neue Verzierungen, zu den 
Bronzezeitleuten im Norden der Central -Alpen, 

Eine aufmerksame Vergleichung der Form und Technik unserer 
Bronzefunde mit denen anderer Gegenden ergiebt eine grosse Reihe 
von Anhaltspunkten zur absoluten Zeitbestimmung, da, wie wir ge- 
sehen, die prähistorische Chronologie Italien's ziemlich genau fixiert 
ist. Wir erkennen daraus, dass der Beginn der Bronzeperiode in der 
Schweiz nicht wesentlich vom Anfang der Bronzezeit Norditalien's 
differiert; wir erkennen ferner, dass die Blütezeit unserer Bronzekultur 
ziemlich genau mit Monteuus' Bronzezeit 111 und IV von Norditalien 
zusammenfällt und wir sehen endlich, dass die dritte Abteilung der 
Bronzeperiode der Schweiz zeitlich etwa der ersten und zweiten Eisen- 
zeit unseres südlichen Nachbarlandes entspricht, also den Perioden, die 
nach berühmten Fundorten als Perioden Este I und II oder Benacci 
1 und 11 bezeichnet werden. 

Das Gesagte lässt sich zu folgender chronologischer Übersicht 
über die Bronzeperiode der Schweiz zusammenfassen: 

Bronzezeit 1: etwas vor der Mitte des zweiten vorchristlichen 
Jahrhunderts, Hauptsächlichste Fundorte: Morges {Roseaux', Rin- 
goldswil bei Sigriswil, Salez bei Sennwald, Auvernier (Grabfunde), 
Saviese; Weiach, 

Bronzezeit U (bei äge du bronze): XV. bis X. Jahrhundert 
v, Chr. Fundorte: Gen^ve, Morges (Grande cit^), Estavayer, Cor- 
taillod, Auvernier, MunteHer, Mörigen, Nidau, Windisch, Ebersberg 
bei Berg, Zürich, Ütliberg, Kerzers, Veitheim, lllau bei Hohenrain; 
Gräber von Conthey, Wangen a. A., Thalheim (Zürich), Schlatt 
(Thurgau), MüUheim, Heiligkreuz bei Mels, Gossau (Zürich). 



zed.yGOOgle 



Die BTonzeperiode. 3 i e 

Für den Spezialforscher wird sich das Bedürfnis ergeben, diese 
lange Periode noch weiter aufeulösen; fiir unsere Zwecke dürfte 
besser sein, die Blütezeit der Bronzekultur als Ganzes zu betrachten. 

Bronzezeit III: ca. 1000 — 700 v. Chr. Fundorte: VVollbhofen- 
Zürich, Nidau, Mörigen, Auvemier, Cortaillod, Chevroux, Lac de 
Luyssel bei Bex, Morges, Gräber von Binningen, Sion. 

Zur Vergleichung mögen hier noch die Zahlen folgen, welche 
für die Bronzezeit eines Landes aufgestellt worden sind, das unter 
ähnlichen Verhältnissen stand, wie die Schweiz. Dr. J. Naue teilt 
die Bronzezeit Bayern's folgendemiassen ein: 
Ältere Bronzezeit: I. Periode von ca. 1400 — 1250 v. Chr. 

IL „ „ „ 1250 — 1150. 

Jüngere Bronzezeit; I. „ „ „ 1150 — 1050 v. Chr. 

n. „ „ „ 1050 — 900 oder 950 V. Chr. 

Die Bronzeperiode hat in der Schweiz ungefähr ein Jahrtausend 
gedauert und eine hohe Entwickeiung erreicht Unterdessen war das 
Eisen bekannt geworden. In Ägypten wurde es etwa im XIV. vor- 
christlichen Jahrhundert zuerst benutzt, in Griechenland hielt sich 
die Bronzezeit etwas länger. Italien, speziell der Norden des Landes, 
lernte das „männerbezwingende" Eisen ums Jahr 1000 kennen; in 
der Schweiz beginnt die Eisenzeit um 700 v. Chr. 



zed.yGOOg[e 



Viertes Kapitel. 

Die Eisenzeit 

Die moderne Kultur ist undenkbar ohne das Eisen. Selbst viele 
halbzivilisierte Völker besitzen es. In den ältesten Kulturländern 
war es schon vor Jahrtausenden bekannt. 

Uralt ist die Eisenkultur in Afrika, besonders in Ägypten und 
dem Sudan. Dort findet sich das Rohmaterial in Form von Rasen- 
eisenerz fast überall, wie denn Eisenerze im „schwarzen Erdteil" über- 
haupt weit verbreitet sind. Die Verarbeitung derselben ist zwar auf 
primitiver Stufe geblieben; dennoch wird ein gutes Eisen gewonnen. 
Unter den Djur und Bongo triflk man oft Eisenarbeiter, die Vorzüg- 
liches leisten. 

Wie LuBBOCK berichtet, machen die Hottentotten an einem 
steilen Abhänge ein Loch, das zur Aufnahme von Erz bestimmt ist 
Etwas weiter unten wird ein zweites, kleineres Loch gegraben, das 
mit dem oberen durch einen engen Kanal in Verbindung steht 
Nun entzündet man im Erzloch ein grosses Feuer, um die umgebende 
Erde zu erhitzen. Dann wird das Eisenerz in die Grube geschüttet 
und über demselben ein starkes Feuer unterhalten, bis schliesslich 
das Eisen zu schmelzen beginnt und in das untere Loch hinab- 
rinnt. Sobald die Masse erkaltet ist, wird sie herausgenommen und 
in Stücke zerschlagen. Die formlosen Brocken werden dann ge- 
legentlich in der ebenfalls ganz primitiven Schmiede zu Waffen und 
Geräten verarbeitet. 

An anderen Orten in Afrika wird eine Art kleiner Ofen aus 
Thon gebaut und in demselben abwechslungsweise je eine Schicht 
Kohle und eine Schicht kleingeschlagenes Erz eingesetzt Unten ist 
der Ofen sehr eng; weiter oben erweitert er sich ansehnlich. Wenn 
er gefüllt ist, macht man Feuer und der frische Luftzug, der durch 
den Ofen streicht, bringt die Kohlen bald zum Brennen. Die Hitze 



zed.yGOOg[e 



Die Eiseiueit 317 

wird gross ^enug, um zu bewirken, dass das Eisen in den unteren 
Teil des Ofens zu einer Luppe niederschmiUt, die ein schmiedbares 
Eisen liefert, welches an Güte wenig hinter dem europäischen Stahl 
zurückbleibt. Dieses Verfahren hat den grossen Vorteil, dass man 
nur eine Hitze von ca. 700" C. braucht, also ohne kunstreiche Ge- 
bläse auskommen kann. In der Herstellung solcher Gebläse hat 
auch fiir den prähistorischen Menschen die Schwierigkeit gelegen. 

Der afrikanische Schmied bedient sich sehr einfacher Werkzeuge. 
Amboss und Hammer bestehen oft nur aus Stein. Zum Schneiden 
des rotglühenden Metalls dient ein Meissel, Als Zange benutzt er 
eine Pincette oder gar nur ein gespaltenes Holzstück. Blasebä^e 
sind jeweilen in doppelter Zahl vorhanden, um einen konstanten 
Luftstrom zu erzeugen. Bei einem Schmiede der Dschagga sah 
Thornton als Schweissmittel Stücke einer grossen Muschel im 
Gebrauch. 

Bei einigen Völkern Afrika's ist der Schmied verachtet, bei 
anderen hoch geehrt. Häufig gehört er nicht zu dem Stamme, bei 
dem er weilt Sein Stamm wanderte; er blieb. Wo das Eisen, da 
muss der Schmied bleiben; er kann nicht so leicht wandern, wie 
der Nomade. Er dient dem fremden Stamme, der ihn duldet, weil 
er seiner bedarf, ihn aber als Fremdling hasst und wegen seiner 
Kunst zugleich ehrt und furchtet Die griechische Göttersage hat die 
Gebundenheit des Schmiedes dadurch angedeutet, dass sie den kunst- 
reichen HephSstos hinken lässt Dem nordischen Weland sind die 
Sehnen zerschnitten, aber er schmiedet sich Flügel und entflieht 
durch die Lüfte, Der Schmied, der „das Esen bespricht", erscheint 
den Naturvölkern als Zauberer und bis -n unsere Zeit hinein ragen 
selbst in Europa die Spuren abergläubischer Verehrung vor dem- 
selben. 

Im Nilthale reicht die Kenntnis des Eisens bis ins zweite vor- 
christliche Jahrtausend zurück. Aber ganz im Gegensatz zum süd- 
lichen und westlichen Afrika, wo auf die Steinzeit sofort die Eisen- 
zeit folgte, kann man in Ägypten, wie schon erwähnt, eine Bronze- 
periode nachweisen. Die Herrschaft der Bronze fällt daselbst in 
historische Zeiten, in das alte Reich. Noch zu Ende des U. Jahr- 
tausends vor unserer Zeitrechnung hatte das Eisen die Bronze nicht 
völlig verdrängt. 

Die Ägypter entnahmen das Eisen den Erzlagern auf der Sinai- 
Halbinsel und in den Gebirgen an der Südwestküste des Roten 
Meeres. Schon sehr früh bezogen sie dieses Metall aber auch 
aus dem Süden. Dort wird heute noch sehr viel Eisenerz ver- 
arbeitet Voa den Somali- und Gallaländern berichtete Professor 



zed.yGOOgle 



jlS Vieites Kapitel. 

C. Keller, der daselbst weite Reisen machte, dass Hämatit 
oder Roteisenstein auf ungeheure Distanzen hin einfach in Knollen 
vom Boden aufgelesen werden könne. Aus dem Erz werden vor- 
zügliche Etsenwaffen erstellt. Es ist nicht unmöghch, dass sich am 
obern Nil oder in dessen Nähe einer der ältesten Sitze der Eisen- 
gewinnung und -Bearbeitung nachweisen lässL 

Auch in Vorderasien folgte der Steinzeit eine Bronzeperiode. 
In den Büchern Mose, deren älteste Teile vielleicht im XIV, Jahr- 
hundert vor Christo abge&sst wurden, wird „Erz", d. h. Bronze, 
häufiger erwähnt als Eisen, Tubalkain war Meister in Erz- und 
Eisenwerk, Die Israeliten scheinen das Eisen von Norden erhalten 
zu haben. 

In Chaldäa dürfte dieses Metall um 2000 vor unserer Zeit- 
rechnung bekannt gewesen sein, wenn nicht frühef. Das Rohmaterial 
fand sich io grossen Mengen zwischen den Quellen des Euphrat und 
dem Schwarzen Meere, wohin auch griechische Sagen als den Aus- 
gangspunkt der Eisen-Industrie weisen. 

Die Eisenkultur in Vorder-Indien wird durch alte Schlacken- 
halden bezeugt, aber ihr Alter ist schwer zu bestimmen. Heute 
noch findet man bei den indischen Bei^vÖlkem wandernde Eisen- 
arbeiter, wie in gewissen Teilen Afrika's. Ganz gewiss hat der 
Umstand, dass die Kenntnis der Gewinnung und Verarbeitung des 
Eisens in den Händen bestimmter Familien oder Kasten liegt, 
wesentlich dazu beigetragen, dass diese Kenntnis nicht verloren ging. 
Die Erfindungen, die ja zunächst nur ein Finden, ein Entdecken ge- 
nannt werden können, müssen, wie Ratzel sagt, festgehalten und 
immer grösseren Ganzen mi^eteilt werden, falls sie der Menschheit 
zu gute kommen sollen. 

In den archäologisch genauer bekannt gewordenen Teilen von 
Hinterindien, z. B. in Kambodscha, wurde ebenfalls eine Bronzezeit 
konstatiert. Gegenwärtig aber verstehen die Eingebornen aus den 
Erzen ein gutes, hämmerbares Eisen herzustellen. 

Die Malayen sind vorzügliche Metallarbeiter, Auf den Inseln des 
austral-asiatischen Archipels hat man bis jetzt noch keine Spuren 
einer ehemaligen Bronzezeit entdeckt, wohl aber in Japan und China, 
wo gegenwärtig Berg- und Hüttenbauwesen hoch entwickelt sind. 
In China nennt die Tradition als Erfinder der ersten metallenen 
Geräte den Tschigu. Erst im dritten Jahrhundert vor unserer Zeit- 
rechnung habe man das Eisen kennen gelernt. Die Bronzeperiode 
hätte also sehr lange gedauert. 

Im XV IL Jahrhundert begannen die Russen die Eroberung 



zed.yGOOgle 



Die EiseDzdt. 319 

Sibirien's. Sie stiessen auf manche Völker, die noch in der Steinzeit 
lebten und nur wenige waren mit der Gewinnung und Bearbeitung 
des Eisens vertraut. Vom Ural bis zum Altai wurden die sogen. 
Tschudenschürfe konstatiert, wo metallkundige Leute, eben die 
Tschuden, Kupfer und Gold gewonnen hatten. In und bei den 
Stollen und Schächten alter Bergwerke fanden sich Kupferwaffen, 
Schmelztiege!, Gusskuchen, Schlackenhaufen, aber kein Eisen, In 
den Tschuden grabern kamen neben kupfernen und goldenen Ob- 
jekten auch Bronzen zum Vorschein. 

Zur Zeit von Christi Geburt lebten am Jenissei Turkenstamme, 
in deren Grabhügel Eisen angetroffen wird. 

Die ältesten Gräberfelder im Gebiet des Kaukasus, wie die am 
Nordabhang des Gebirges gelegene Nekropole von Koban, enthalten 
viele Bronzen, wogegen Eisen noch selten ist Ihre Entstehung wird 
in die Zeit um looov.Chr. verlegt. Sie weisen Beziehungen mit Meso- 
potamien auf, erinnern in gewissen Formen an die Tschudengraber 
und zeigen G^enstände und Ornamente, wie sie im Donauthal, sowie 
im südöstlichen Europa geüunden worden sind. 

In Europa scheint das Eisen zuerst in Griechenland bekannt 
geworden zu sein. Jedoch fand es sich in Mykenae nicht; ebenso 
wenig in Tiryns, In diesen Fundplätzen haben wir vielmehr die 
hervorragenden Repräsentanten der Bronzezeit Griechenlands vor 
uns. Wahrscheinlich brachten die ums Jahr i loov.Chr.eindringenden 
Dorier das Eisen ins Land. Zur Zeit der Abfassung der Homeri- 
schen Gedichte, also ums Jahr looo, war es bekannt, wenn es auch 
noch nicht in ausgedehntem Masse benutzt wurde. 

Nach der Überlieferung haben die Griechen die Kunst der 
Eisengewinnung und Eisenbearbeitung von den Chalybern gelernt. 
Diese wohnten in dem erz- und eisenreichen Lande am Südostrande 
des Schwarten Meeres. 

Es fragt sich nun aber, wie die Menschheit überhaupt dazu kam, 
das Eisen zu benutzen, d. h. es aus den Erzen abzuscheiden, um es 
weiter zu bearbeiten. Hostmann, der bekannte Gegner des Drei- 
periodensystems, dachte sich den Vorgang folgendermassen : „Nach- 
dem der Mensch zunächst die glänzenden Stückchen der gediegenen 
Metalle Gold, Silber, Kupfer in der Kälte, dann die massenhaft auf 
der Oberfläche auftretenden oxydischen Erze des Eisens in glühen- 
dem Zustande unter dem Hammer zu bearbeiten gelernt, war der 
nächste Schritt das Einschmelzen der gediegenen Metalle; dann die 
Gewinnung des Kupfers und des Silbers aus den verschiedensten, 
mehr oder weniger leicht zugänglichen und aufeuschliessenden Erzen, 
was die Ausbildung der Gold- und Kupferschmiedekunst zur Folge 



zed.yGOOgle 



320 Viertes Kapitel. 

hatte; und endlich die Darstellung der Bronze oder die Entstehung 
der eigentlichen Formerei und Giesskunst, aber wegen der ausser- 
ordentlichen Seltenheit des Zinns nur an sehr vereinzelten Stellen." 
Olshausen machte darauf auftnerksam, dass die vorstehende Schilde- 
rung eine wesentliche Lücke enthalte, indem sie den Sprung vom 
Kaltschmieden der gediegenen Metalle zum Bearbeiten der Eisenerze 
in glühendem Zustande unter dem Hammer nicht erkläre. So, wie 
Hostmann die Sache darstellt, hätte es gehen können, es handelt 
sich aber darum, zu wissen, welche Wege die Metallindustrie wirk- 
lich gewandelt ist. Olshausen hat auf diese Frage Antwort gegeben. 

So lange der Mensch Metalle als solche überhaupt nicht kannte, 
musste die erste Darstellung eines Metalls aus seinen Erzen Sache 
des Zufalls sein. Es konnten z. B. Eisen oder Kupfer gelegentlich 
mit Feuer in Berührung kommen und Metall Itefem, etwa so, dass 
Eisenerzknollen als Unterlage von Kochtöpfen benutzt wurden. Das 
Eisen ist weit verbreitet, Kupfererze konnten ihrer schönen Farbe 
wegen die Aufmerksamkeit der Leute erregt haben. Es kann das 
Flüssigwerden übrigens auch an gediegenem Gold oder Kupfer be- 
obachtet worden sein. Die Eigenschaften mancher Erze, wie Schwere, 
Glanz, Farbe konnten dazu verleiten, diese Erze als eines jener 
Metalle anzusehen und sie dem Feuer auszusetzen. Hier war dann 
die Darstellung des Metalls schon eine Verbindung des Zufalls mit 
dem bewussten Suchen nach dem Metall. Vielleicht hatte nun aber 
das gewonnene Gussprodukt nicht die erwarteten Eigenschaften des 
Goldes oder Kupfers, und man erhielt statt dessen eine neue Sub- 
stanz, die aber alsbald erkennen liess, dass man ein verwandtes 
Material, ein ,, Metall" vor sich habe. Wurde dieses Experiment 
absichtlich wiederholt, so war der Begriff „Erz" gegeben. 

Zu den Erzen, welche zu solchen Verwechslungen fuhren 
konnten, Hesse sich allenfalls Hämatit oder Roteisenstein zahlen, 
denn er hat ein metallisches Äusseres und gleicht dem Kupfer in 
der Farbe. Seine Benutzung hätte dann aber zur Voraussetzung, dass 
schon früher Kupfer verwendet wurde. Mit Gold könnte Schwefelkies 
verwechselt worden sein, aber die Gewinnung des metallischen Eisens 
aus demselben musste auf grosse Schwierigkeiten gestossen sein, da 
durch einen Röstprozess erst der Schwefel hätte entfernt werden 
müssen. Much zeigte, dass es im Kleinbetrieb möglich ist, aus 
dem Kupferkies direkt (in einer einzigen Schmelzung) Kupfer zu 
erhalten und zwar von ziemlicher Reinheit. Derselbe Forscher hat 
auch nachgewiesen, dass man schon in urgeschichtiicher Zeit ver- 
stand, mittels eines zusammengesetzten Verfahrens Kupfererze so 
zu verhütten, dass nahezu alles Metall aus denselben gewonnen 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. 



321 



wurde. Nahm man zu den genannten Materialien noch das Bunt- 
kupfererz, so hatte man eine ganze Reihe von Erzen, die „leicht 
reduzierbar" waren. 

Es hing sehr vom Zufall ab, welches Metall zuerst aus den 
Erzen gewonnen wurde. Dass das Eisen das erste gewesen sein 
müsse, ist nicht erwiesen; in Europa war es sicher das Kupfer, oder 
lokal das Gold. In unserem Kontinent hat die Verwendung ge- 
diegenen Kupfers wohl eine ganz nebensächliche Rolle gespielt; 
wesentlich war die Gewinnung des Metalls aus den Erzen, also 
mittels Feuer; die weitere Verarbeitung erfolgte durch Guss. Die 
Schmiedekunst hat sich erst nachtr^lich entwickelt. Wenn aber 
in Europa das Kupfer im Anfang gegossen und erst nachher ge- 
hämmert wurde, so begreift man, dass in der Bronzeperiode die 
Objekte anfänglich durch Giessen geformt wurden, wie die nor- 
dischen Prähistoriker immer behauptet haben. 

A. Das erste Auftpeten des Eisens In der Schw^elz. 

Das Eisen erschien in der Schweiz, wie wir gesehen haben, zuerst 
in Form feiner Lamellen, die als Einlagen in Bronzen angebracht 
waren. Später kamen vereinzelte eiserne Objekte, wie die eiserne 
Schwertklinge und die Eisentrense in Mörigen, Das neue Metall 
stammte offenbar aus der Fremde und gelangte durch Handel 
in unser Land. Nach und nach mehrten sich die eisernen Geräte 
und Waffen. Sie finden sich jedoch nicht in Pfahlbau-Stationen, 
sondern auf dem festen Lande, Kein einziger Pfahlbau der Schweiz 
hat bis in die volle Eisenzeit hinein bestanden. 

Nicht immer treffen wir die Eisen-Artefakte in fertigem Zu- 
stande, sondern manche derselben scheinen halbvollendet in den 
Handel gebracht worden zu sein. So fand man im Limmatbett 
in der Stadt Zürich neben vereinzelten länglichen Eisenptatten mit 
Dom auch ein ganzes Bündel solcher „angefangener Schwerter". 
Eine andere Form von Handelsware der Eisenzeit ist in der 
Schweiz ebenfalls schon mehrfach gefunden worden. Es sind 
ca. 5 kg schwere Doppel pyramiden aus Eisen. Zwei derselben 
kamen im Moos bei Lommiswil (Solothum) zum Vorschein, ca. ein 
Dutzend bei Beimund (Bern). Andere Eisenmasseln entdeckte man 
in den Kantonen Waadt, Aargau, Zürich u. s. w., in welch letzterem 
Kanton aus einem Moor bei Hedingen zu wiederholten Malen dei^I. 
Roheisen enthoben wurde. 

Anfangs mochten die eisernen Gegenstände in unseren Gegenden 
eingeführt werden, bald aber wurde auch das einheimische Eisenerz 



zed.yGOOgle 



322 Viertes K^itel. 

abgebaut Das Eisen findet sich zwar in unserem Lande nicht in 
grossen Massen, aber kleinere Erzvorkommnisse sind nicht selten 
und an manchen Stellen dürften diese schon vor unserer Zeit- 
rechnung benutzt worden sein. So will der Bergwerks-Inspektor 
QuiQUEREz im Bemer Jura bei Montfevcrgier Spuren alter Eisen- 
gewinnung geftinden haben, bei welcher selbst noch Steingerate 
zur Verwendung kamen. In Pleigne habe er ausser den Resten 
einer primitiven Schmiede eine Axt aus der ersten Eisenzeit entdeckt 
und in Reb^velier seien neben zahlreichen Überbleibseln ehemaliger 
Eisenbearbeitung auch „keltische" Scherben zum Vorschein ge- 
kommen. 

Die Art und Weise, wie die Eisenzeitleute des Bemer Jura das 
Metall aus den Eisenerzen gewannen, beschreibt Quiquerez folgender- 
massen: Am Fusse eines Hügels oder sonstwo formte man zuerst 
aus plastischem Thon den Boden eines Ofens. Aus demselben 
Material wurden sodann die Wände erstellt und diese aussen durch 
Steine gestützt. Über die Steine selbst deckte man einen Erd- 
mantel. Der Hohlraum in diesem Schmelzofen war weder überall 
gleich weit, noch stieg er in gerader Richtung empor. Von aussen 
führte derselbe horizontal bis in die Mitte des Bodens und war mit 
Steinen ausgelegt. Dann stieg er, mehr oder weniger cylindrisch 
geformt, schräg in die Höhe. Seine Wände waren 30 — 45 cm dick 
und neigten sich in der Richtung der unteren Öffnung, der Thüre, 
Durch diese Konstruktion sollte verhindert werden, dass beim Ein- 
schütten der Kohle und der Erze diese sich vor der Thüre anhäufen 
konnten. Der Luftzug war ungehindert und sehr lebhaft. Der 
Schlot, durch den die Flamme loderte, hatte eine Höhe von 
ca. 2,5 m und war oben mit einem Steinkranz abgeschlossen, der 
die Beschädigung der Thonwände beim Füllen des Ofens unmöglich 
machte (Fig. 315). 

War ein neu errichteter Ofen genügend ausgetrocknet, so be- 
gann das Füllen, wobei je eine Schicht Kohle und eine Schicht 
Erz hineingebracht wurde. Dann machte man Feuer und regulierte 
den Zug durch Öffnen und Schliessen der Thür. Bildeten sich am 
Boden Schlacken, so wurden sie hervorgezogen. Endlich konnte 
ein we issglühender Metallkuchen herausgenommen werden, der dann 
tüchtig geschmiedet werden musste. Ein solcher Kuchen mochte 
15 — 25 kg Eisen liefern. Man begreift, dass das so gewonnene 
Eisen teuer und seine Verwendung eine recht sparsame war. 

Diese Methode der Gewinnung des Eisens erinnert ganz an die 
Art, wie die Afrikaner und Indier das Metall erhalten und sie hat 
wohl bei uns bis in die historische Zeit hinein fortgedauert. 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. 



323 



Nicht bloss das Eisenerz des Bemer Jura wurde in prähisto- 
rischer Zeit verwendet, sondern auch andere Gegenden der Schweiz 
lieferten solches. Das Eisenerz am „Feuerberg" bei Wölfliswil (Aai^au) 
scheint ebenfalls schon früh benutzt worden sein und alte Schlacken- 
halden an manchen Orten des Kts. SchaJThausen beweisen, dass 
die Bohnerze dortiger Gegend ebenfalls schon in alter Zeit zur 
Verwendung kamen. Über die Epoche, da dies zuerst geschah, lässt 
sich freilich noch nichts Bestimmtes sagen, dass sie aber weit zurück- 
liegt, wird einerseits durch die Schlacken, die noch viel Eisen 
enthalten, also Rückstände einer primitiven Art der Eisengewinnung 



fig- 315- 
Eisenschmelzofen im Bemer Jura (Idealbild). 

sind, bewiesen, anderseits aber durch Thonscherben, die man 
z. B. in Merishausen zwischen den Schlacken gefunden und die 
zum Teil ganz denjenigen gleichen, welche aus prähistorischen An- 
siedelungen bekannt geworden sind. 

Etwas genauer sind wir über den Bei^bau am Gonzen unter- 
richtet. Hoch ob Sargans finden sich fiinf Gruben, wo ein vor- 
zügliches Eisenerz gewonnen wurde. Gegenwärtig sind alle Gruben 
verfassen, die meisten derselben schwer oder nicht mehr zu begehen. 
Der Eingang zur Hauptgrube beim Knappenhaus ist zugemauert, 
da er ganz unsicher geworden war und zusammenzustürzen drohte. 
Es giebt aber weiter oben noch einen Zugang zu dieser Grube L 
Am Wege zu demselben sind die Ruinen eines älteren Knappen- 



zed.yGOOgle 



^24 Vierte» Kapitel. 

hauses. Der obere Zugang selbst ist nicht ganz mühelos zu er- 
reichen. Wir benutzten denselben, als wir mit dem ehemaligen 
Obersteiger das Bergwerk besuchten, um die Spuren alter Zeit zu 
besichtigen. In der That fanden wir solche in ansehnlicher Zahl 
und Ausdehnung. Schon die hohen Hallen, so behauptete der 
Obersteiger, miissten aus sehr alter Zeit herrühren, da jetzt niemand 
daran denken würde, solche Gewölbe auszubrechen. An manchen 
Stellen wurde das Erz mittels des sogen. Renfeuer- Verfahrens ge- 
wonnen, d. h. man setzte ein mächtiges Feuer an die erzhaltige Fels- 
wand, Dadurch wurde dieselbe mürbe, rissig, bröckelig, und konnte 
leicht mit Meissel und Pickel bearbeitet werden, besonders wenn man 
der Hitze eine plötzliche Abkühlung durch kaltes Wasser folgen üess. 
Dieses Verfahren ist noch in den letzten Jahrhunderten, also nach 
der Erfindung des Pulvers, angewandt worden. Der berühmte 
Heimreisende Scheuchzer sagt 1710-. „Das Erz wird in der Grube 
durch Feuer bezwungen, welches die Arbeiter am späten Abend an- 
zünden . . ," Man findet im Gonzen auch Schächte und Stollen, 
die mit Meissel und Hammer aus dem Gestein gearbeitet wurden. 
Wenn man von oben zum Haupteingang niedersteigt, so bemerkt 
der Wanderer, dass ein alter, steilerer Gang den neuen schief durch- 
schneidet und unfern des vermauerten unteren Eingangs ist ein 
Stollen in das taube Gestein getrieben, der nur so hoch und so 
breit Ist, dass ein Mann eben durchkommt und an dessen Wänden 
überall die Meisselhiebe deutlich sichtbar sind. 

Auch in den anderen Gruben, so erzählten sowohl der Besitzer 
derselben, als der alte Obersteiger, sind derartige Spuren zu sehen. 
Indessen bilden dieselben noch keinen zwingenden Beweis fiir die 
Annahme, dass der Abbau des Gonzenerzes in prähistorische Zeit 
zurückreiche. Eisenzeitliche Funde sind in der Nähe des Gonzen 
nicht selten. So haben die Ansiedelungen auf der Bui^ zu Viiters 
und auf Castel bei Mels schon vor unserer Zeitrechnung bestanden 
und sind noch in römischer Zeit nachweisbar. An diesen Stellen 
fand man mitten unter den römischen und vorrömischen Fund- 
Gegenständen Reste von Schmelztiegeln, Schlacken und Erz, das 
jedenfalls vom Gonzen stammt. 

In Heiligkreuz bei Mels, also am Fusse des Gonzen, wurde 
auch ein Schmelzofen entdeckt, der sehr alt sein muss, da in Ur- 
kunden nie ein Schmelzwerk in Heiligkreuz erwähnt wird. Die 
älteste Urkunde, welche vom Gonzen spricht, datiert erst aus dem 
XV'. Jahrhundert. Seither befanden sich die Schmelzstätten in Flums 
und später in Plöns. Der Schmelzofen von Heiligkreuz lag tief 
im Boden; er stammt wohl aus einer Zeit, wo das ganze Seez- 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. 



32s 



thal noch nicht so hoch mit Schutt und Schlamm ausgefüllt war, 
wie jetzt. Auch die Konstruktion des Ofens deutet auf ferne Zeiten. 
Um zwei cylinderförmige Hohlräume lagerten sich mächtige Steine, 
die Wandungen bildend. Die Zwischenräume waren mit einer Art 
Eisenschlacke erfiilh, aus welcher der Ofen eigentlich zu bestehen 
schien. Unten an den Cylindem befand sich eine Öffnung und 
durch dieselbe wird der durch das Gebläse regulierte Luftzug ein- 
getreten sein. In unmittelbarer Nähe des Ofens will man vor 
mehreren Jahren beim Fundamentieren eines Hauses die Reste einer 
alten Eisenschmiede gefunden haben. Eine Urkunde von 1550 er- 
wähnt Hammerschmieden in den benachbarten Orten Ragaz und 
Wartau, 

Auf der dem Gonzen gegenüber liegenden Thalseite, in Mädris, 
etwa '/j Stunden über Mels, heisst eine Gegend urkundlich „bei der 
Schmitten", obwohl weder zur Zeit der Anfertigung jener Urkunde, 
noch seither daselbst eine Schmiede- Werkstätte existierte. Doch fand 
man einen eigentlichen Schlackenhügel von über 30 m Länge und 
4 m Höhe. Der Entdecker dieses Hügels, Natsch, hält es fiir un- 
begreiflich, dass Gonzenerz ins Thal gebracht und auf der anderen 
Seite dann wieder mehr als eine halbe Stunde den Berg hinauf- 
transportiert worden sei. Man kennt cwar heute keine Eisenerz- 
Vorkommnisse in dieser Gegend, aber die Bemerkung Natsch's 
scheint dennoch aller Beachtung wert und es würde sich vielleicht 
lohnen, in der Nähe nach weiteren Erzlagern zu suchen. Vorläufig 
muss die Frage, woher das Eisen stamme, das Anlass zu jenem 
Schlackenhügel gab, offen bleiben. 

Seit den Tagen, da das Eisen in den Dienst des Menschen ge- 
zogen wurde, haben sich die Methoden der Gewinnung desselben 
wesentlich verbessert Gleichzeitig aber wurde der Kreis, dem das 
Eisen diente oder den es beherrschte, immer grösser und heute 
bildet es einen Grundpfeiler unserer hochentwickelten Technik. 



B. ElsenzeitUche Ansledelung'en. 

Die ältesten geschichtlichen Nachrichten, die wir über die 
Schweiz besitzen , zeigen uns dieselbe im Besitze verschiedener 
Völkerschaften. In den Gebirgen Graubünden's , im Kt Glarus 
und bis gegen den Zürichsee hinunter wohnten die Rätier. Sie 
wurden später ganz romanisiert. Die romanische Sprache hat sich 
in den genannten Gegenden bekanntlich bis auf den heutigen 
Tag erhalten, und wenn man im Kt. Glarus und im St. Graller Ober- 



zed.yGOOgle 



326 Viertes Kapitel. 

lande nach den Orts- und Flurnamen forscht, so finden sich massen- 
haft räto- romanische Worte, VValenstadt, Walensee und Watenbei^, 
obwohl deutsche Bezeichnungen, deuten an, dass wir uns da dem 
Sprach- und Volksgebiet der Walen, Welschen, der Räto-Romanen 
nähern. 

Die schweizerische Hochebene war im ersten Jahrhundert vor 
Christi Geburt im Besitz der tapfem Helvetier, eines gallischen 
Volkes, das in vier Stämme zerfiel. Im nordwestlichen Randgebiet 
der heutigen Schweiz sassen die mit den Helvetiern stammverwandten 
Rauracher, in den Bergen Neuchätel's die keltischen Sequaner; die 
Gegend von Genf, das alte Genava, gehörte zum Land der AUo- 
broger. 

Das obere Rhonethal, unser Kt. Wallis, wurde in vorchristlicher 
Zeit von vier kleinen Völkerschaften bewohnt. Im Unterwallis, um 
Tarnajae, das heutige St. Maurice herum, sassen die Nantuateo; 
bei Martigny, dem römischen Octodurus und in den südlich davon 
gelegenen Thälern wohnten die Veragrer, durch deren Land der 
schon lange vor unserer Zeitrechnung vielbegangene Weg über den 
Grossen St Bernhard zog. In der Gegend von Sitten (= Sion, römisch 
Sedunum) lebten die Seduner und im Oberwallis die Uberi oder 
Viberi, die man als einen Zweig der Lepontier betrachtet, welch 
letztere den heutigen Kt Tessin und das Thal von Domo d'OssoIa 
in ihrem Besitze hatten. Der Hauptsitz der Viberer im Rhonethal 
scheint Brig gewesen zu sein. Sie sind wohl erst zu den Zeiten 
Cäsar's ins Wallis gekommen. 

Über die ethnologische Zugehörigkeit der Walliser und Le- 
pontier sind die Ansichten verschieden. Die Nantuaten, Veragrer 
und Seduner werden allgemein als Gallier betrachtet; sie waren also 
Kelten. Wenn die Viberer zu den Lepontiem gezahlt werden müssen, 
so gehören sie wohl, wie diese, zu den Rätiern, aber die Rätier selbst 
waren vielleicht auch Kelten. 

Es fragt sich nun, ob wir tur die präliistorischen Zeiten des 
Wallis nicht eine ligurische Bevölkerung annehmen müssen, ob die 
Kelten nicht einfach diese abgelöst haben. Alte Sagen in manchen 
Walüser Thälern scheinen in der That auf eine längst verschwundene 
Urbewohnerschaft hinzudeuten und dazu kommen noch merkwürdige 
Haustierformen, die in diesem Berglande vorhanden sind, die wir 
aber sonst in der Schweiz nicht mehr antreffen. Im Val d'H^rens 
und im Va! d'Anniviers ist die sogen. Eringer Rindviehrasse zu 
Hause. Der aus römischer Zeit stammende Bronzekopf aus Martigny 
soll nach dieser Kasse modelliert worden sein. Die Eringer Rasse 
ist jedenfalls sehr alt und nach den Forschungen von Prof. C. Keli£R 



zed.yGOOgle 



Die EiEcnzeiL 



327 



etwas später, als das Torfrind, aus Südeuropa eingewandert. Aus 
der gleichen Region stammt die eigentümliche Ziege des Ober- 
wallis, sowie der Bemhardinerhund, dessen Stammform in den siid- 
europäischen Moiosserhunden zu suchen ist. Vielleicht bringt uns 
die weitere Erforschung dieser Beziehungen auch Licht in die 
dunkle Frage der Zugehörigkeit der vorhistorischen Bevölkerung 
des Khonethales. 

In der Eisenzeit war die Bevölkerung der Schweiz, nach den 
heute bekannten Funden zu urteilen, eine viel dichtere, ab zur Bronze- 
zeit. Selbst in G^enden, wo inxler Periode, da die Bronze das 
wichtigste Nutzmaterial war, die Spuren der Anwesenheit des Menschen 
spärlich sind, treten uns in der Eisenzeit Ansiedelungsfunde oder 
Gräberfelder, Schatz- oder Depotfunde, Reste von Verkehrswegen 
u. 3. w, entgegen, so z. B, in den gebirgischen Teilen des Landes, 
welche von den alten Wallisem und Rätiem besetzt waren. 

Was die Überbleibsel alter Ansiedelungen der Eisenzeit an- 
geht, so sind , wie wir oben gesehen haben, die Pfahlbauten 
verschwunden. Die Wohnsitze der „Eisenleute" befanden sich auf 
dem Lande. Sie repräsentieren sich uns als Mardellen, grosse Erd- 
gruben, wie sie vielerorts, z. B, auf dem Jolimont bei Gals und in 
Pieterlen (Kt. Bern) konstatiert wurden, oder als befestigte Plätze, 
die z. B. in den Kantonen Waadt, Bern, Aargau und Zürich (vergl. 
meine Archäologische Karte des Kts. Aai^u, diejenige von Zürich 
und vom Kt. Thurgau) häufig sind. 

Manchmal beweisen auch die heutigen Namen von Ortschaften, 
dass diese schon in prähistorischen Zeiten existiert haben. So hiess 
Zürich zur Römerzeit Turicum, ein Name, der nicht römisch ist, 
sondern auf einem altern fusst. Die Römer haben sich den kel- 
tischen Namen einfach mundgerecht gemacht. Ähnlich ist es mit 
den Ortsnamen auf durum, z. B. Vitodurum (Ober-Winterthur), Salo- 
durum (Solothum), ebenso mit Eburodunum (Yverdon), Minnodunum 
(Moudon) u. s. w. 

Betrachten wir nun einige der eisenzeitlichen Ansiedelungen in 
der Schweiz etwas genauer und beginnen wir mit einem Platze im 
atträtischen Lande! 

I. Viiters {St. Gallen). Unweit des berühmten Kurortes Ragaz 
liegt das Dorf Vilters. Wer von demselben nach Ragaz gelangen 
will, kann der Ebene des Rheins entlang auf guter Strasse die 
kurze Strecke zurücklegen. Viel schöner und angenehmer aber 
ist, besonders in den Sommermonaten, der Fussweg, der am 
Abhang des Vilterser Berges hinführt. Er geleitet den Wanderer 
bald in den kühlenden Schatten des Waldes, bald fuhrt er ihn zu 



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328 Viertes Kspilel. 

anem Aussichtspunkte, bald wieder in eine kleine Schlucht, wo die 
Wasser über bemooste Steine rieseln, oder schäumend über Fels- 
blöcke und Felswände stürzen. Gleich ausserhalb Vilters, hinter 
dem ins Rheinthal vorgelagerten Hügel Grestis, beginnt dieser Wald- 
pfed gegen das Almendli empor zu steigen. Beim vordem Loch- 
hof, etwa eine halbe Stunde von Vilters entfernt, gehen wir ein 
paar Schritte vom Wege links ab und erreichen eine Wiese n- 
tläche, die sich hart am Steilabfall gegen Osten befindet und eine 
prachtvolle Aussicht darbietet Das ist die sogen. Burg oder Sever- 
gall, 70 m Über dem Thal gelegen. Von dieser „Burg" aus er- 
btickt man gerade vor sich den Fläscherbei^, auf dessen östlichem 
Abfall der Luziensteig sich hinzieht; weiter südlich die Rätikonkette 
mit dem düsteren Falknis und der schneebedeckten Scesaplana. 
Zwischen diesen Bergen und unserem Standort dehnt sich das Rhein- 
thal aus: In der Mitte der Strom, an seinen Ufern weitgedehnte 
Getreidefelder; an den sanften Abhängen Rebberge, die den guten 
„Oberländer" liefern und mitten zwischen den Rebbergen die Dörf«r 
und Städtchen. 

Wenden wir den Blick thalabwärts, so erkennen wir die Scheide 
zwischen Rhein- und Seezthal. Vom Rheinthal grüsst die Ruine Wartau 
herauf; an der Übergangsstelle zum Seezthal liegen Burg und 
Städtchen Sargans und hinter ihnen erhebt sich die graue Felsmasse 
des Gonzen, des Ausläufers der Churhrstenkette. Im Seezthal selbst 
aber können wir weit unten noch das Kirchlein auf dem St. Georgen- 
berg ob Bärschis bei Walenstadt sehen, wo einst die Römer eine 
Feste gebaut 

Was Wunder, dass schon in alter Zeit Severgatl bei Vilters 
bewohnt wurde. Es liegt auf schroffem Hang hoch über dem Thal, 
beherrscht dasselbe und bietet eine Femsicht dar, die besonders 
den grossen Strategen des Altertums, den Römern, willkommen sein 
musste. In der That hat man daselbst bei Nachgrabungen die Reste 
einer römische Warte gefunden. Aber die Bui^ Vilters war schon 
viel früher bekannt und bewohnt Immler und Natsch entdeckten 
bei ihren Ausgrabungen Objekte, die bis in die Steinzeit hinunter- 
reichen, die jedenfalls beweisen, dass dieser Platz lange vor dem Ein- 
dringen der Römer in unser Land besetzt wurde. 

Die vorrömischen Funde von Severgall kamen hauptsachlich 
in das historische Museum St. Gallen. Es sind zunächst gelbe und 
rötliche Feuersteine in Form von Splittern und Lamellen, sodann 
Stücke aus Bergkrystall. Neben mehreren Stein- und Knochenmeissein 
fandensich Steinwirte!, Steinbeile,Steinhammer-Fragmenteund Quetsch- 
oder Mahlsteine. Die Scherben von Thongefässen sind sehr roh 



zed.yGOOgle 



Die Euenxcit 



329 



und. zeigen keine Spur von Anwendung der Töpferscheibe. Drei 
Schmucknadeln, ein Doppelknopf und eine Pfeilspitze bestehen aus 
Bronze und daneben erscheint ein Bronzemesser mit Griffdom und 
Verzieningrai der Bronzeperiode. 

Aus Bronze besteht auch ein kleiner Kamm, der zahlreiche 
eingravierte Kreise mit Mittelpunkt oder konzentrische Kreise als 
Ornament aufweist, also wohl der ersten Eisenzeit, der sogen, Hallstatt- 
Periode angehört. Einige Messer von Eisen erinnern an Formen 
der ersten Eisenzeit; eine Eisenlanze stimmt mit WafTenstücken aus 
der unten zu besprechenden Station La Töne iiberein. Wie wir 
sehen werden, giebt es in La Töne eine ganze Anzahl typischer 
Objekte, z. B. Glasringe, die wohl als Armringe benutzt wurden und 
ganz besonders Sicherheitsnadeln oder Fibeln, Unter den letzteren 



OB 



sind drei Formen besonders zu erwähnen, die als Früh-, Mittel- und 
Spät-La Tdne-Fibeln bezeichnet werden. 

Die Friih-La Töne-Fibel (Fig. 316) zeigt uns einen Bügel, an 
den sich einerseits ein Fuss mit Nadelhalter, anderseits eine Spi- 
rale mit der Nadet anschliesst Der Fibelfuss ist aufgebogen und 
legt sich nahe an den Bügel. Er endigt manchmal in ein Knöpf- 
chen, das etwa, aber selten, ein menschenkopf-ähnliches Aussehen 
erhält; oft aber verbreitert sich der aufgerichtete Fibelfiiss zu einer 
Platte, die hier und da Emailschmuck trägt. Was die Spirale an- 
betrifft, so ist dieselbe bei den sogen. La Tene-Fibeln immer beid- 
seitig, d. h. einige Spiralwindungen befinden sich rechts, die andern 
links vom Ende des Bügels. Schliesslich lauft die Spirale in die Nadel 
aus, welche die Verbindung mit dem Fuss herstellt. Die ganze Fibel 
in der einfachsten Form besteht aus einem einzigen Bronzedraht, 

Die Mittel-La Tene-Fibel (Fig. 317) zeigt in Bezug auf Spirale 
und Bügel im allgemeinen dieselbe Form wie ihre Vorgängerin; 



Digitized^yGOO^Ie 



dagegen ist der Fuss etwas anders gebildet Er erscheint zwar auch 
aufgerichtet und an den Bügel gelegt, aber er umfasst denselben 
lose mit einer Zwinge, durch welche also der Biigei frei hindurch- 
geht. Bei der Spät-La T6ne-Fibel, die in Gräbern der Schweiz 
zusammen mit den ersten römischen Fibeln vorkommt, sind Bügel 
und Fuss zu einem Ganzen verbunden. 

Auf der Burg Vilters kommen nun Früh-, Mittel- und Spät- 
La Tene-Fibeln vor. Aber auch Glas in Form eines gelben Arm- 
ring-Fragmentes ist gefunden worden, femer ein Stuck einer eisernen 
Pferdetrense, wie wir sie in La T^ne-Funden wiederfinden, endlich 
sind noch Eisenerz-Stücke, wahrscheinlich vom Gonzen stammend, 
Eisenschlacken, verglaste Steine, vielleicht Reste von Schmelztiegeln 
oder Schmelzöfen zum Vorschein gekommen. 

Das Gesagte dürfte genügen, um darzuthun, dass der Hügel 
Sevei^all wirklich schon lange vor den Römern bewohnt wurde. 
F. Keller glaubte auch einen aus gestampftem Lehm erstellten Boden 
auf der Burg Vilters als Überbleibsel dieser vorrömischen Ansiedelung 
auffassen zu sollen. Im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung 
setzten sich die Römer auf dem Platze fest und errichteten eine 
Specula daselbst, von welcher aus sie ihre Verbindungen mit der 
Warte auf dem St Georgenberg ob Walenstadt, mit der Gegend 
von Wartau und thalaufwarts mit der „Porta Romana" bei Pfäfers- 
Ragaz herstellten. 

2. Zürich. „MenichenlilMn gleithl dem Augenblicke. 



Cäsar spricht von Städten und Dörfern, welche die Helvetier 
bei ihrer Auswanderung, $8 Jahre v. Chr., verbrannt hätten. Sollte 
nicht auch Zürich darunter gewesen sein? In und bei Zürich, das 
sich durch seine Lage am Ausfluss der Limmat aus dem See, durch 
seine Bodengestalt und durch seine liebliche Umgebung zur Besiede- 
tung eignete, sind, abgesehen von den P&hlbaufiinden, eine Menge 
vorrömischer Artefakte zum Vorschein gekommen und zieren heute die 
Sammlungen des Schweizerischen Landesmuseums. Es fanden sich 
Waffen, wie Lanzen- und Pfeilspitzen, Dolche und Schwerter aus Bronze 
und Eisen, Die Werkzeuge des Friedens treten uns entgegen in der 
Form von Beilen, Messern, Spinnwirteln, Stricknadeln, Webgewichten, 
Angeln, Sicheln und Hacken. Man entdeckte sogar vorrömische 
Münzen in unserer Stadt und selbst eine Münzstätte, in der ganze 
Klumpen zerschmolzenen Münzmetalls gefunden wurden, ist ans 
Tageslicht gezogen worden. Die Schmucksachen sind vertreten 



zed.yGOOgle 



Die Eiseoieil. 



durch Nadeln, Ringe, Spaitgen, Fibeln und Giirtelhaken. Und nun 
die Fundorte dieser Objekte! 

Es ist besonders die Limmat gewesen, welche Altertümer barg, 
die durch viele Grabungen und Baggerarbeiten wieder zu Tage ge- 



D 



EHlUeDbeil aus Kisen von Zürich. 



FiR. 318. 
Eisenbeil mit ScbalUappen aus Zürich. 

fördert wurden. Bei der Wasserkirche fand man Scherben, Stein- 
und Knochengerät und auch ein Bronzeschwert, dessen Griff nur 
eine Verlängerung der Klinge bildet und mittels Niet- 
nägeln an eine Holzhandhabe befestigt wurde. Vor 
Meise und Rüden wurden im Limmatbett ein Beil- Wä 

hammer aus Serpentin, Scherben, Bronzenadeln, ein "^^^ 

Bronzekelt und ein Eisenbeil gefunden. Dieses letztere 
(Fig. 318) ist ein überaus seltenes Artefakt. Es besitzt 
nämlich genau die Form der Lappenkelte aus Bronze, 
ist eine Nachbildung derselben in Eisen. 

Je mehr man sich der 1881 neu erbauten Rat- 
haus- oder Gemüsebrücke nähert, um so dichter reihen 
sich die Funde aneinander. Vor dem Rathause 
wurden beim Baggern der Limmat folgende Arte- 
fakte enthoben: Beile aus Stein und Bronze und 
ein Eisenbeil mit Dulle (Fig. 319), wie wir solchen 
auf dem Uto, in der Ansiedelung La T^ne am 
Neuenburger See und an vielen andern Orten be- 
gegnen. Auch ein Kupferbeil in Steinbeilform wurde 
gefunden, femer ein Bronzedolch, eine Filetnadel, 
Knochenhacken und ein Bündel von „angefangenen 
Eisenschwertern" (Fig. 320). Ein Bronzeschwert von 
bedeutender Länge zeigt den Möriger- oder Ronzano- 
typus in der Variante, wo der massive Griff darauf 
berechnet war, eine Einlage aufzunehmen. Beim 



„AngefangeDes 
Schwert" aus 



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332 Viertes Kapitel. 

Neubau der Rathausbriicke kamen ebenfalls zahlreiche vorrömische 
Artefakte zum Vorschein: Nadeln, Hacken, Nägel, Ringe, Scherben, 
ferner Messer, Lanzen, ein „angefangenes Schwert" und Beile, wo- 
runter ein zweites Eisenbeil mit vier Schaftlappen, welche Form 
in der Schweiz sonst noch nie gefunden wurde. Mit diesen Objekten 
zusammen wurde auch eine Potinmünze zu Tage gefördert, die 
auf dem Avers das gallische Pferd zeigt. Ähnliche Münzen fanden 
sich in Zurzach, in La T^ne und in der Tiefenau bei Bern, wo 
man ein helvetisches Schlachtfeld gefunden zu haben glaubte. In 
Zürich nahmen unterhalb der Rathausbriicke die Funde wieder ab, 
aber bei Legung der Wasserleitung zwischen Rosengasse und Schipfe 
kamen zahlreiche Steinbeile zum Vorschein, worunter sogar Doppel- 
äxte, Thonwirtel, Bronzeangel, Kelte und eine Knopfeichel. Ver- 
einzelt wurden auch noch weiter unten Antiquitäten gefunden, z, B, 
bei der Wolfbachmündung am obem Mühlesteg ein Bronzekelt und 
eine Nadel und bei der Bahnhofbriicke Steinbeile und ein grosser 
Bronzeangel, 

Der zweite Hauptfundort vorrömischer Artefakte in Zürich liegt im 
Letten, oder genauer zwischen dem Drahtschmidlisteg und der Web- 
schule im Letten. Beim Bau des Kanals, welcher Limmatwasser zum 
Wasserwerk fuhrt, kamen in den Jahren 1877 — 1880 viele Objekte 
zum Vorschein, von denen einige dem Mittelalter angehören, andere 
der Römerzeit und eine nicht geringe Zahl auf noch fernere Perioden 
weist. Nur wenige Stücke fanden sich oberhalb des Drahtschmidli 
und nur zwei Objekte bei der Platjpromenade. Durchgeht man 
diese Funde aus dem Letten, so trifft man alle möglichen Gegen- 
stände: Waffen, Geräte und Schmucksachen. Nur einige seien 
speziell erwähnt: Da sind Eisenbeile mit Dulle, Schwerter aus 
Bronze und ein Schwert aus Eisen, dessen Form auf die letzten 
Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung weist. Auch „angefangene 
Schwerter", d. h. Eisenschienen mit Dom, wurden gefunden. Unter 
den Schmucksachen sind besonders La Tene-Fibeln zu nennen, wie 
sie in frühhelvetischen Ansiedelungen zum Vorschein kamen. 

In bemerkenswertem Kontrast zu den zahlreichen Funden aus 
der Limmat stehen die wenig häufigen Gegenstände, die im Fest- 
land bei Zürich gefunden wurden. Vereinzelte Artefakte aus vor- 
römischer Zeit fanden sich allerdings im Sihlfeld, in Wiedikon, bei 
der Eisenbahnbrücke über die Sihl, auf der Wollishofer Allmend 
und in Hottingen. In der Altstadt sind sie nicht häufig. Da ist 
der prachtvolle Bronzedolch zu erwähnen (Fig. 321), der bei der 
„Katze" im botanischen Garten gefunden wurde; da sind zu nennen 
Funde in den Stadthausanlagen u. s. w. Der geschichtlich interessan- 



zed.yGOOgle 



Die EiscDieit. 



333 



teste Punkt unserer Stadt, der Lindenhof, hat sich ganz besonders als 
Bewahrer von Zeugen alter Zeiten erwiesen. Bei den Nachgrabungen 
im Jahr 1837 kamen Scherben zum Vorschein, die, von freier Hand ver- 
fertigt, von ganz rohen Gelassen herstammten. Beim Kaminfegergäss- 
chen wurden ähnliche Scherben gefunden und ebenso neben dem 
ehemaligen Rennwegthor am Nordabhang des Lindenhofhügels, bei der 
Werdmühle. Zwar könnten diese Scherben auch aus der Zeit der 
Römerherrschaft stammen. Warum sollten nicht die Helvetier nach 
ihrer Rückkehr im Jahr 58 v. Chr. noch Gefässe nach 
alter Väter Sitte gemacht haben, wenn ihnen auch 
römische Töpfertechnik nicht lange mehr unbekannt 
blieb! Im Ötenbach wurde ein durchbohrter Stein- 
hammer und neulich eine helvetische Goldmünze ge- 
funden. Ähnlich wie am Sudost-Fuss des Lindenhofes, 
wo jedenfalls schon vor der Römerzeit ein vielbenutzter 
Flussübergang war (wie die zahlreichen Funde bei der 
Rathausbrücke uns lehren), so zeigen sich auch auf 
dem Nordwest-Abfall deutliche Spuren einer längst 
verschwundenen Bevölkerung. Und gewiss ist die 
Lage des Hügels derart, dass sie geradezu zur Be- 
siedelung einladen musste, wie denn ja auch die Römer 
ihr Kastell auf dem Lindenhof errichteten. 

Als 1 878 die Lettenfunde beschrieben wurden, 
glaubte man, dass in dieser Gegend ein Pfahlbau 
existiert habe und auch in Bezug auf die damals noch 
wenig zahlreichen Funde aus der obern Limmat nahm 
man an, dass in der Vorzeit Fischerhütten über dem 
Wasser gestanden hätten, wie es noch im vorigen Bromedoich 
Jahrhundert der Fall war. Die Funde schienen mit aus Zürich, 
solchen aus Pfahlbauten identisch zu sein. Seither 
hat sich nun das Material so beträchtlich vermehrt , dass wir 
viel genauer zu unterscheiden imstande sind. Wirklich tragen 
manche Gegenstände den Pfahlbautypus, aber daneben erscheinen 
Formen, wie sie den Schlachtfeldern von. Bibrakte und Alesia 
entstammen. Es treten die römischen Typen vor unser Auge 
und auch das Mittelalter ist repräsentiert. Schon die Zerstreut- 
heit der Fundobjekte würde gegen Pfahlbauten sprechen. Als man 
die Rathausbrücke fundamentierte, da entdeckte man keine Fund- 
schicht, wie sie sich im Lauf der Zeit gewiss gebildet hätte, wenn 
immerfort bewohnte Hütten über dem Wasser gestanden hätten. 
Ebenso wenig kam eine solche Kulturschicht im Letten zum Vor- 
schein. Ausserdem fehlen manche Gegenstände, die gewiss ins 



zed.yGOOgle 



334 Vierte« Kapitel. 

Wasser gelangt wären, wenn Pfahlbauten über der Limmat existiert 
hätten, so Scherben, Früchte, Reste von Geflechten u, s. w. Und 
erst die Pfähle! Wenn sich aus der Steinzeit die Pfähle der See- 
dörfer erhalten haben, warum sollten sie hier, in der Limmat, ver- 
schwunden sein? Aber könnten nicht alle unsere Funde von einer 
Ansiedelung herrühren, die etwa bei der Bauschanze bestanden hatte? 
Ein Fluss, der aus einem Seebecken so ruhig abfliesst, wie es bei 
der Limmat der Fall ist, hat zu wenig Stosskraft, um Gegenstände 
weithin zu verschwemmen j und warum sind dann die Funde 
nicht in der obern Limmat zerstreut, warum zumeist unten im 
Letten, und da alles am rechten Ufer? Freilich kommt unterhalb 
der Moräne die oft reissende Sihl in Betracht, und wenn je eine 
Ansiedelung im Bereich der Hochwasser dieses Flusses gestanden, so 
werden wir die stummen Zeugen der zerstörenden Gewalt des 
Wassers, wie Hausgeräte, Waffen, Schmucksachen, etwa da zu suchen 
haben, wo die Sihl ihre Stosskraft verliert, wie es eben von der 
Platzpromenade bis zur Webschule im Letten der Fall gewesen sein 
mag und noch ist. Auch der Erhaltungszustand der Artefakte spricht 
für die Ansicht, dass sie hergeschwemmt seien. Viele Gegenstände 
sind beschädigt, verbogen, eerbrochen. Können aber kleine Objekte, 
wie Haarnadeln, auch hergeschwemmt sein? Freilich wohl, denn, 
wenn der tobende Fluss den Grund auftiss und Sand, Schlamm und 
Steine fortfegte, warum sollen nicht auch Schmucknadehi, die ja bis 
40 cm lang waren, weiter geschwemmt worden sein? 

Alles, auch die Lage der Funde im Kies, deutet darauf hin, 
dass die Objekte zwischen Drahtschmidlisteg und Wasserwerk an- 
geschwemmt seien. Eis wäre indes denkbar, dass sie doch von 
einer Ansiedelung im Letten oder auf der Platzpromenade her- 
rührten. Allein der letztere Ort ist ganz unwahrscheinlich, weil er 
im Überschwemmungsgebiet der Sihl lag und zudem haben mehr- 
fache Grabungen daselbst nie eine Spur von Wohnstätten zu Tage 
gefördert. Eine Ansiedelung beim Drahtschmidlisteg aber tässt sich 
auch nicht annehmen, weil gerade dort ein freilich heutzutage ver- 
bauter Wildbach mündete, der oft arg getobt haben mag, wie er 
denn auch eine tiefe Schlucht ausgepflügt hat, die dem Spazier- 
gänger auf der Leonhard-Strasse auffallt. Sollten nun die ersten 
Landbewohner unserer Gegend ein Wildbachgebiet für ihre Nieder- 
lassung ausersehen haben? Weiter unten, im Letten, wäre aller- 
dings eine Ansiedelung leicht denkbar, aber die Annahme einer 
solchen erklärt uns die Funde nicht, die oben beim Drahtschmidli 
und am Fuss des steilabfallenden Geländes in der Nähe desselben 
gemacht wurden. 



zed.yGOOgle 



Die EiscDzeit. 



335 



In der Gegend des Letten bestand demnach weder ein Pfehl- 
bau, noch eine Ansiedelung auf dem festen Lande; die daselbst ge- 
fundenen Gegenstände müssen durch die Sihl dorthin geschwemmt 
worden sein. Wo mag nun die Stätte sein, der sie entstammen? 

Schon lange vor unserer Zeitrechnung war der Lindenhof be- 
wohnt. Denken wir uns nun diese Ansiedelung gedeihend und 
wachsend, so muss sie sich immer weiter ausgedehnt haben. Das 
mag besonders im Osten und Süden der Fall gewesen sein und 
gewiss haben am Ufer der Limmat schon zur Zeit der Helvetier 
Häuser gestanden. Aber auch nach Westen und sogar im Norden 
rückte die wachsende Ansiedelung Zürich immer tiefer am Abhang 
hinunter, wie die vorrömischen Funde bei der Werdmühle und im 
Otenbach beweisen. Nun kommen einige starke Hochwasser; eines 
und das andere erreicht eines der tiefst stehenden Hiittchen und 
zertrümmert es. Viele Gegenstände werden mitgefuhrt und weiter 
unten abgelagert, also etwa beim Zusammenfluss von Sihl und 
Limmat, im Letten. So erklärt sich nicht bloss die Einbettung der 
Funde in Sihlkies, sondern auch deren zerstreute Lage, indem die 
Fluten bald weiter oben, bald weiter unten sich in das Ltmmatbett 
ergossen. Es erklären sich auf diese Weise auch jene Funde, die 
im heutigen „Platzspitz" gemacht wurden. Es erklärt sich das 
Fehlen der Kulturschicht, die Abwesenheit von Geflechten und Ge- 
weben, von Scherben, Holzwerk, Sämereien u. s. w. Es wird be- 
greiflich, warum manche Metallsachen zerbrochen oder beschädigt 
sind. Wir haben im Letten die Reste der teilweise verschwemmten 
vorrömischen Ansiedelung Zürich. Die Funde in der oberen Limmat, 
wie diejenigen im Letten, rühren von derselben Ansiedelung her. 
Die Wiege der künftigen Stadt aber war der Lindenhof 

Die Landansiedelung, die sich auf dem Lindenhofe in Zürich 
bildete, existierte schon zur Zeit, da noch Pfahlbauten im See 
draussen zu sehen waren. Gegen Ende der Bronzeperiode zogen 
auch die letzten Pfahlbauer aufs feste Land; das eisenzeitliche Zürich 
auf dem Lindenhofe aber entwickelte sich weiter bis zum Auszuge 
der Helvetier, wo wahrscheinlich auch diese Ortschaft in Brand auf- 
ging, wie die anderen 1 2 Städte und 4CK) Dörfer, von denen Cäsar 
dasselbe Schicksal vermeldet. Dass in der Eisenzeit auch der Nach- 
bar Zürich'sj der Ütliberg, bewohnt war, beweisen die Gräber aus 
dem vierten vorchristlichen Jahrhundert, die oberhalb des Bahnhofes 
im Wall des Refugiums zum Vorschein kamen. Die Umgebung 
der Limmatstadt muss überhaupt damals zahlreiche Bewohner ge- 
habt haben, wie die häufigen eisenzeitlichen Gräberfunde uns be- 
weisen, deren einer, derjenige der Hügelgräber im Bui^hölzli, 1832 



zed.yGOOgle 



3*6 VierWs Kapitel. 

Veranlassung gab zur Gründung der Antiquarischen Gesellschaft 
Zürich durch F. Keller. 

3. Die Funde im Aarekanal bei Pert und Brügg. Gegen Ende 
der sechziger Jahre des XIX. Jahrhunderts wurde zum Zweck der 
Entsumpfung der Gegenden am Muriner-, Neuenburger- und Bielersee 
die Jurawässer-Korrektion begonnen. Es sollten die Niveaus dieser 
drei Seen tiefer gelegt, ihre Zu- und Abflüsse reguhert werden. 
Besonders die Aare sollte einen durchaus anderen Lauf erhalten. 
Dieses grosse Werk wurde im Laufe mehrerer Jahre durchgeführt 
und heute liegt der Spiegel der drei Seen viel tiefer, als vor 50 Jahren. 
Das ehemalige Aarebett zwischen Aarberg und Büren ist nahezu 
trocken; die Aare tliesst in einem Kanal von Aarbei^ an gegen 
Westen und mündet bei Hageneck in den Bielersee, dessen Ausfluss, 
die alte Thielle, ebenfalls kanalisiert wurde. Im grossen Moos, 

Fig. 322. 
Bronzering aus Port (Bern). 

zwischen Bieler- und Murtnersee, werden Jahr für Jahr Landstrecken 
urbar gemacht, die Sümpfe südlich von Yverdon und an der Thielle, d. h. 
der Verbindung zwischen Neuenburger- und Bielersee sind wesentlich 
kleiner geworden. Auch an den Ufern der Seen selbst wurde viel 
Land für den Anbau gewonnen. 

Durch die Juragewässer-Korrektion sind zahlreiche ehemalige 
Pfahlbaustellen trocken gelegt worden und es war möglich, die 
Kulturschicht selbst zu untersuchen. Bei der Anlegung der zahl- 
reichen Kanäle kamen aber noch weitere Funde zum Vorschein, so 
z. B. an der Thielle und nicht minder am Aarekanal, der vom 
Bielersee weg in der Richtung des ehemaligen Bettes der unteren 
Thielle bis nach Büren gezogen wurde. Bei Nidau wurden mittel- 
alterliche Objekte ausgebaggert. Etwas weiter unten liegt das Dorf 
Port, dessen Name anzudeuten scheint, dass der See dereinst bis 
da hinunter gereicht habe. Bei Port fand man die Spuren eines 
Steinzeit-Pfahlbaues und unterhalb des Dorfes wurden 3—4 m unter 
dem Flussbett eisen zeitliche Funde gemacht. Dort bestand in ur- 
alter 2^it eine Brücke; bei den Pfählen derselben fand man gegen 

Digitized^yGOOgle 



Die Eisenzeit. 

SO Eisenschwerter von der Form, wie 
sie ganz besonders häufig in La T^ne 
zum Vorschein kamen. Mehrere dieser 
Schwerter besassen Scheiden aus Eisen 
oder Bronzeblech. Daneben fanden sich 
Lanzen, Äxte, Meissel, Sensen, Sicheln, 
Pferdegebisse, Hufeisen u. s. w., ähn- 
hch denen von La Töne. Auch eiserne 
Herdketten und mehrere Bronzegefässe 
wurden gefunden. Alle diese Objekte, 
ca. 1 50 Stück, lagen in weichem Lehm 
oder Thon. 

Unter den Funden von Port liegt 
ein merkwürdiger Ring aus Bronze, der 
in Fig. 322 reproduziert ist. Er trägt 
Vt^elfiguren , kugelartige Vorsprünge 
und Tier(Ochsen-)köpfe , Hörner mit 
Kugeln an den Enden. Dieser Ring 
fand sich, auf einem Eisenbeil festsitzend, 
„bei den Stüdeh". Er gehört zu den 
amuletartigen Objekten und muss der 
zweiten Eisenzeit zugerechnet werden. 
Etwas weiter unten am Aare-Kanal liegen 
die Dörfer Ägerten und Büren, deren 
resp. Territorien durch das Wasser ge- 
schieden werden. Vereinzelte prähisto- 
rische Objekte fanden sich überall 
im Kanal bis nach Schwadernau, an 
welchem Orte u. a. ein jetzt im Museum 
zu Bern liegendes eisernes Kurzschwert 
gefunden wurde, das als hinteren Ab- 
schluss des Eisengritfes einen Knopf 
besitzt, der mit Bronzeblech überzogen 
ist und die deutlichen Gesichtszüge 
eines Menschen aufweist Auch das 
Haar ist nicht ohne Geschick heraus- 
gearbeitet (Fig. 323, a — d). 

Die Hauptmasse der Funde unter- 
halb Brügg konzentrierte sich wieder um 
alte Flussübergänge. Während aber die 
Gegenstände bei der oberen, zwischen 
Port und Brügg konstatierten Brücke den 

Hcierli, UrgHchicbM äet Schwcii. 



^tf 



„Google 



338 Viertes Kapitel. 

Charakter derjenigen von La T^ne zeigen, sind die Objekte, welche 
unterhalb Brüg^ zum Vorschein kamen, zum grossen Teil älter und 
reichen bis in die Bronzeperiode hinauf. Da ist z. B. ein Kurz- 
schwert von Bronze, das nicht ganz 40 cm lang ist und ähnlich 
dem Schwert aus dem Bronzezeitgrab von „Chäteau neuP' bei Sion, 
am Gnmd der Klinge verbreitert erscheint An dieser Stelle wurde 
der Griff mittels vier grosser Nietnägel befestigt. Noch kürzer ist 
die Klinge eines Schwertes , das in einen Dorn ausläutt. Ein 
anderes Bronzeschwert hat eine Länge von ca. 60 cm. Seine 
Klinge ist im Durchschnitt rautenförmig und verschmälert sich 
etwas nach hinten. Ganz nahe dem Grund sind zwei Locher für die 
Nietnäget , mit welchen der Griff fest gemacht war. Einige andere 
Schwerter haben Flachgriffe mit etwas erhöhten Rändern, Die 
schilfblattfbrmige Klinge weist in der Mitte eine schwache, wulst- 
artige Verdickung auf. Das grösste Bronzeschwert dieser Form 
misst im ganzen 74 cm, wovon auf die Griffzunge nur ca. 10 cm 
fallen. 

Ansehnlich ist die Zahl der Bronzelanzen von Brügg, Sie 
gleichen durchaus denjenigen aus Pfahlbauten. Einige Beile be- 
stehen ebenfalls aus Bronze. Darunter sind Leistenkelte mit halb- 
kreisförmiger Schneide, ferner Beile mit Schaftlappen. Unter 
den Messern erscheint eines mit Flachgriff. 

Eigentliche Werkzeuge sind Bronzesicheln, die denjenigen aus 
Pfahlbauten gleichen. Ein Bronzeangel hat 12 cm Länge. Daneben 
fanden sich eine Armspange und eine Drahtfibula von La Tene-Form. 

Im ganzen kamen aus diesem Fundort 66 vorrömische Gegen- 
stände in das historische Museum Bern. Es unterliegt aber keinem 
Zweifel, dass die Zahl der wirklich vorhandenen bedeutend grösser 
war. Man muss eben bedenken, wie schnell die Baggerkörbe beim 
Ausheben hinaufsteigen und sich dann entleeren. Der Arbeiter hat 
nur einen Augenblick Zeit, die oben im Korb liegenden Gegen- 
stände zu ergreifen. Was im Schlamm und Kies selbst steckt, 
sieht er nicht und kleine Gegenstände sind, selbst wenn man sie 
bemerkt, schwer zu erhaschen. So ist denn die Ausbeute bei den 
Baggerungen, die nicht speziell zu archäologischen Zwecken vor- 
genommen werden, relativ gering, selbst wenn sich die Ingenieure 
und Arbeiter alle Mühe geben, die Fundstücke zu sammeln. Wenn 
nun dem Kanalstück der Aare von Port bis Schwademau trotzdem 
über 200 Objekte aus vorrömischer Zeit enthoben werden konnten, 
so beweist das nur um so mehr, dass die Flussübei^änge daselbst 
häufig benutzt wurden, dass Kämpfe um dieselben stattfanden, oder 
dass an den Flussufern prähistorische Ansiedelungen existierten. 



zed.yGOOgle 



Die EiseQi«it. 



339 



Die Artefakte aus der unteren Station gehören zum grossen Teil 
der Bronzezeit an, andere sind eisenzeitlich und gleichen den Funden 
aus dem archäologisch berühmten Hallstatt in Ober-Österreich. 
Die aus der oberen Station stammenden Gegenstände dagegen 
ähneln denjenigen von La Tdne; nur wenige, worunter ein prächtiges 
Bronzeschwert mit VoIIgriff, sind älter. Die Funde aus dem Aare- 
kanal repräsentieren also in ihrer Gesamtheit, gleich denen vom 
Lindenhof in Zürich, eine grosse Spanne Zeit und geleiten uns von 
der Bronzeperiode bis zum Ende der Eisenzeit 

Noch eines Fundstückes aus den eben besprochenen Stationen 
bei Port und Brügg möchte ich gedenken; Es sind die kleinen Huf- 
eisen. Man hat sich schon oft gefragt, wo und wann die Pferde- 
eisen erfunden worden seien. Im eigentlichen Römerlande, also in 
Mittel- und Süditalien, begegnet man in archäologischen Funden keinen 
Spuren des Hufbeschlages, auch wird durch die Alten ausdrucklich 
bezeugt, dass die Römer ihre Pferde und Maultiere nicht beschiugen. 
Allerdings hatten sie zum Schutze kranker Hufe eine Art Hufschuhe, 
die Solea, die mit Lederriemen festgebunden wurden; — die Spartea 
wird ebenfalb als Hufschutzmittel genannt; — aber Hufeisen fiir 
gesunde Pferde waren unbekannt. Man musste also von der Meinung 
abgehen, dass auch diese Erfindung, wie so viel anderes, von den 
Römern in die Länder nordwärts der Alpen gebracht worden sei. 
Daher die Annahme, der Pferdebeschlag sei erst in der Zeit der Völker- 
wanderung erfunden worden. Lindenschmit wies auf den Fund eines 
Hufeisens im Grabe Childerich's (gest. 481) hin, welches Objekt zwar 
auch als Schildbeschlag aufgefasst werden könnte. Er bemerkte, 
dass in vielen Gräberfeldern aus merovingischer Zeit Hufeisen gänz- 
lich fehlen, so z, B. in den Beckumer Gräbern, wo i ^ Pferdeskelete 
zum Vorschein kamen, ebenso im grossen Grabfeld von Nordendorf 

Indessen fiel es doch auf, dass an vielen Fundorten aus römischer 
Zeit kleine Hufeisen mit gewelltem Rand oder mit Rinne, in welcher 
die Nägel sitzen, erschienen. Selbst in Grabhügeln und Ansiede- 
lungen der Eisenzeit wollte man solche Eisen gefunden haben. 
Freilich ist meines Wissens der Beweis, dass die Hufeisen in der 
Fundschicht von römischen oder vorrömischen Ansiedelungen und 
in der eigentlichen Grabstelle innerhalb der Grabhügel (nicht etwa 
nur im Mantel desselben, bei Nachbestattungen) gelegen, nie er- 
bracht worden. Dennoch wurde mehrfach die Ansicht ausge- 
sprochen, der Hufbeschlag sei nordwärts der Alpen erfunden 
worden und zwar schon vor der Zeit des Eindringens der 
Römer. 

In schweizerischen Funden aus römischer Zeit sind die kleinen 



zed.yGOOgle 



340 Viertes Kapitel. 



Hufeisen nicht selten. Einige Beispiele werden das beweisen, wobei 
wir uns gleich auch überzeugen können, dass das Gewicht derselben 
sehr gering ist Ein Hufeisen, das aus Albisrieden (Zürich) stammt, 
wiegt 270 g; ein anderes, in Oberwinterthur gefunden, ist 215 g 
schwer. Das römische Vindonissa lieferte zwei Pferde-Eisen von 
230 resp. 235 g Gewicht. 

Derartige Hufeisen mit gewelltem Rand oder mit Nagelrinne 
sind aber auch in vorrömischen Ansiedelungen konstatiert worden, 
so in La Töne selbst; in Vorboui^ bei Del^mont sollen mindestens 
20 Stück zum Vorschein gekommen sein. Drei solcher Objekte 
stammen von Port-Brügg, eines aus dem Refugium oberhalb Weiach 
{Zürich}. Ein Hufeisen von dem in römischer und vorrömischer Zeit 
besetzten Ütliberg hat ein Gewicht von l8og, ein anderes wiegt 225 g. 

Die genannten Funde machen es wahrscheinlich, dass der 
Hufbeschlag in der Schweiz schon in ,vorrömischer Zeit geübt 
wurde, aber entscheidend für die Frage sind nur die bezüg- 
lichen Funde aus Grabhügeln. Ein solcher wurde bei Wallisellen 
(Kt. Zürich) abgetragen und enthielt „zwischen Mitte und Rand" 
ein 400 g schweres grosses Hufeisen. Dieser Fund ist darnm nicht 
beweisend, weil unklar ist, ob^ das Pferdeeisen wirklich zum 
Grab gehörte oder später, vielleicht zufällig, in den Mantel des 
Hügels gelangte. Ähnlich verhält es sich mit den Hufeisen in den 
Grabhügeln von Breitenbach (Solothurn), von Murzelen bei Wohlen 
(Bern), und wohl auch mit demjenigen vom kleinern Hügel von 
Allenlüften bei Mühleberg (Bern), das ausserhalb des Steinkernes 
lag, welcher das eigentliche Grab umschloss. 

In den Grabhügeln von Grächwil bei Meikirch (Bern), denen 
wir spater noch eine besondere Betrachtung widmen werden, wurde 
dagegen ein Fund gemacht, der schon mehr besagt. Im grössern 
der beiden Hügel entdeckte man mehrere Nachbestattungen, die 
aus der Zeit der Völkerwanderung herrühren. In der Tiefe aber 
kamen vorrömische Begräbnisse vor. Diese enthielten Urnen, 
worunter eine, die aus Bronze besteht und mit (etruskischem) Bild- 
werk geschmückt ist Bei den Urnen fanden sich auch Reste eines 
Streitwagens, In der untersten Schicht wurde ein kleines Hufeisen 
mit Nagelrinne entdeckt. Wenn wir also dem Bericht des Unter- 
suchers dieses Hügels Glauben schenken dürfen — und ich habe 
keinen Grund, an der Wahrheit seiner Mitteilung zu zweifeln, — so 
hätten wir hier einen sichern Fund, der mehrere Jahrhunderte vor 
unsere Zeitrechnung hinaufsteigt, in die erste Eisenzeit. Er bestätigt 
die Annahme, dass der Hufbeschlag nordwärts der Alpen erfunden 
worden sei. 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeil. 



341 



4, La Thu. Der berühmteste eisenzeitliche Fundort in der 
Schweiz ist unzweifelhaft La T^ne. Man spricht von La Tene-Fibeln, 
La T^ne-Schwertem , von La T^ne-Gräbern, ja eine ganze Kultur- 
periode wird einfach die La T^ne-Zeit genannt Wir werden das 
Alter derselben genau bestimmen, nur müssen wir erst die Funde, 
welche sie repräsentieren, kennen lernen. 

La T^ne ist trotz seiner wissenschaftlichen Bekannt- und Be- 
rühmtheit heute nicht etwa eine volkreiche Stadt, ein grosses Dorf, 
oder eine durch die Natur besonders begünstigte Gegend, sondern 
ein stilles Plätzchen am Neuenburger See, nahe der Stelle, wo die 
Thielle den See verlässt. Kein Haus befindet sich in unmittelbarer 
Nähe, die nächste grössere Ortschaft liegt fast eine halbe Stunde entfernt. 
Aber schön ist's doch daselbst Vor dem Besucher von La Töne 
dehnt sich der See aus und von Süden schaut der eisbedeckte Kranz 
der Alpen hoch herein. In ganz kurzer Zeit lässt sich von hier 
aus der Bielersee erreichen und nicht viel weiter ist es bis zur 
Mundung der Broye, die vom Murtnersee herkommt. Bei La TÄne 
fiihrt aber auch die Hauptstrasse durch die Thaler des Neuenburger 
Jura vorbei, zugleich ein wichtiger Weg nach dem Östlichen Frank- 
reich. Diese Umstände mussten in prähistorischer Zeit dem Platz 
eine militärische Bedeutung geben, und wir dürfen uns daher nicht 
wundem, wenn wir in La Tine eine befestigte Anlage, „un oppidum 
helvöte", wie Gross es genannt hat, finden. 

Die Station La Töne liegt im Gebiet der Gemeinde Epagnier, 
unweit des grossem Dorfes St Blaise, drei bequeme Stunden von 
Neuchätel. Beim alten Wasserstand des Sees bedeckte das Wasser 
die Stelle der alten Ansiedelung nur 60 — 80 cm tief und das ver- 
anlasste die Leute, derselben die Namen La T^ne beizulegen, was 
im Dialekt dortiger Gegend soviel heisst, als „Untiefe", Nach der 
Ansicht von Emile Vouga, eines der besten Kenner der Station, 
floss die Thielle, oder wenigstens ein Arm derselben, einst hier aus 
dem See, so dass La T^ne zum Teil auf einer Insel, zum Teil aber 
über dem Flusse gelegen hätte. Heute ist es infolge der Juragewässer- 
Korrektion trockenen Fusses zu begehen. 

Bald nach der Entdeckung der Pfahlbauten wurde auch der 
Fundort La Töne bekannt. Man betrachtete ihn ebenfalls als Pfahl- 
bau. Erst später wurde seine wirkliche Natur bekannt. Anfangs 
arbeitete man daselbst mit dem Handbagger und der Zange und 
bald hatten Schwab und Desor hübsche Sammlungen beisammen, 
die jetzt in den Museen von Biel und Neuchätel liegen. Nach dem 
Sinken des Seespiegels um 1876 konnte man mit den eigentlichen 
Grabungen beginnen. Borel in Neuchätel und E, Vouga explorierten 



zed.yGOOgle 



342 



Viertes Kapilel. 



nun die Station, bis endlich der Staat das alleinige Recht der 
Ausgrabung an die Historische Gesellschaft Neuenburg's verlieh, die 
durch E. Vouga und Prof. Wavre neue Untersuchungen vornehmen 
liess. Gegenwärtig sind die bedeutendsten Sammlungen von LaT^ne- 
Funden in den Museen von Neuchätel, Biel und Bern niedergelegt 
Im Schweizerischen Landesmuseum ist die ergiebige Station ebenfalls 
gut vertreten, da durch den Ankauf der Sammlungen von Gkoss 



■ und E. VoucA die Eidgenossenschaft in den Besitz zahlreicher Funde 
aus La T^ne gelangt ist. 

Wenn man in irgend einem der genannten Museen die La T^ne- 
Funde überblickt, so fallen ganz besonders die Waffen auf und 
zwar sowohl wegen ihrer Zahl, als in Bezug auf Form und Technik. 
Unter den Waffen erscheinen einige Pfeilspitzen aus Eisen, mit oder 
ohne Widerhaken. Sehr zahlreich sind die Lanzen spitzen, Sie 
zeichnen sich oft durch ihre schlanke Form aus (Fig. 324— 32Q. 
Widerhaken kommen sehr selten vor. Der Lanzenschaft steckte in 



zed.yGOOgle 



Die EUtDzeit, 



343 



einer Diille, an deren unterm Ende häufig noch die Löcher fiir 
die Nietnägel bemerkbar sind, Lanzen mit flachen Blättern oder 
KUngen finden sich nicht oft. Bei den meisten erhebt sich in der 
Mitte ein Grat oder aber ein Wulst. Das letztere ist ganz besonders 
dann der Fall, wenn der DüUenteil der Lanzenspitze kurz ist, die 
Diille selbst aber sich in die Klinge hinein fortsetzt Diese hat 
oft die Form eines Olivenblattes, ist spitzoval und schmal. Bei 
einer andern Gruppe von Lanzen wird der DüUenteil kurz, die 




Fi?- 3^?- 



. 3*8. 



Eiaeolanzen mit Ein- und i 



F'B- 3*9. 
:tinitten >us La Tine. 



Klinge aber verbreitert sich beträchtlich und erhält das Aussehen 
eines Birnbaumblattes oder sie wird gar spitzeiförmig. Auf einer 
dieser breitblättrigen Lanzen sind Ornamente von jener t>'pischen 
Form zu sehen,' wie sie von den Galliern auch sonst bekannt sind. 
Bei einzelnen breitblättrigen Lanzen ftnden sich Ein- und Ausschnitte 
in den Klingen, so dass ganz unsymmetrische Formen resultieren 
(Fig. 327 — 329}. Auch Lanzen mit welligem Rand kommen vor. 
Selten sind die Eisenspitzen, welche unten an der Lanze als Schaft- 
schuhe angebracht wurden, gefunden worden. 



zed.yGOOgle 



^4^4 Viertes Kapilel. 



Die charakteristische La Tene-Waffe ist das Schwert. Bei den 
Funden von Vilters haben wir eine Früh-La Tine-, eine Mittel- 
La T^ne- und eine Spät'La T^ne-Fibel unterschieden. In analoger 
Weise kann man Früh-, Mittel- und Spät-La Tine-Schwerter nach- 
weisen. Alle bestehen aus dünnem Eisen; alle haben einen Griff- 
dorn, der meist in einem Knöpfchen endet, und fast alle besitzen eine 
Eisenscheide, die immer aus zwei dünnen Metallblattem hergestellt 
wurde. 

Beim Früh-La T^ne-Schwert (Fig. 330) geht der Dorn allmählich 
in die Klinge über. Von einer Parierstange ist keine Spur vor- 
handen. Die Schwertspitze ist lang, allmählich abnehmend. Die 
Eisenscheide erscheint am Munde gerade abgeschnitten oder sehr 
wenig ausgeschweift. An der Spitze trägt sie flügelartige Ver- 
zierungen. 

Beim Mittel-La T^ne-Schwert (Fig. 331) geht der Griflfdorn auch 
noch allmählich in die Klinge über. An Stelle der Parierstange 
erscheint eine Art geschweifter Bügel, der die Klinge umfasst Die 
Schwertspitze ist kürzer geworden; sie beginnt sich zu runden. 
Die Klinge besteht ebenfalls aus Eisen; sie trägt nicht selten am 
Munde eingravierte Verzierungen. Die flügelartigen Ansätze des 
untern Scheiden-Endes sind fast ganz verschwunden. 

■ Beim Spät-La T^ne-Schwert {Fig. 332) setzt der Griflfdom scharf 
gegen die Klinge ab, deren Spitze ganz gerundet erscheint. Die 
Schwertscheide besteht nicht selten aus Bronze. Sie ist am Mund- 
ende geradlinig abgeschnitten. Gegen das Ortband weist sie mehrere 
Verbindungsstege auf, welche die beiden Blätter der Scheide zu- 
sammenhalten; die Ansätze sind ganz verschwunden. 

In der Station La Tdne wurden ca. 100 Schwerter gefunden, 
fast lauter Mittel-La T^ne-Typen; die anderen Formen sind beide 
gleich spärlich vertreten. Die Länge der Schwerter beträgt 
80 — 100 cm, wovon ca. 15 cm auf den Griff kommen. Die Klingen 
sind zweischneidig, meist ohne Mittelrippe, 4 — 6 cm breit. 

Das Material, aus dem diese Wafien bestehen, ist ein vor- 
zügliches, aber weiches Eisen. Die Schwerter mussten sich beim 
Kampfe biegen. Diesen Umstand berichten uns in der That die 
alten Schriftsteller von den Schwertern der Gallier. Polvbios 
erzählt, wie die römischen Führer sich dies zu Nutze machten 
und dadurch die Gallier besiegten. Sie Hessen nämlich die 
Speere der Triarier, die hinten standen, den vordersten Reihen 
geben und befahlen, nach dem ersten, zumeist gefurchteten 
Anprall der Barbaren die Speere wieder auszuwechseln und zum 
Schwert zu greifen. „Sobald nun die Schwerter der Kelten 



zed.yGOOgle 



Die Eiseiudt 



345 



infolge der gegen die Speere geführten Hiebe unbrauchbar ge- 
worden waren, wurden sie (die Römer) mit jenen handgemein 
und machten sie kampfunfähig, indem sie ihnen die Gelegenheit 
zum Kampf auf Hieb durch Geradbiegen des Schwertes be- 
nahmen — und dies ist die Eigenart gallischer Kampfweise — denn 



Fig- 33 z- 
Spät T^ncSehwert. 

ihr Schwert hat absolut keine Spitze (?), Sie selber aber (die Römer) 
brauchten ihr gerades (kurzes) Schwert nicht zum Hieb, sondern 
zum Stich, wobei die Spitze an demselben sehr wirksam war, und 
trafen Brust und Gesicht der Gegner, Schlag auf Schlag führend, 
und vernichteten die Mehrzahl ihrer Feinde," 

Die Schwertscheiden von La T^ne, fast nur aus Eisen be- 
stehend, weisen eine grosse Anzahl von eingravierten Ornamenten 



zed.yGOOgle 



346 Vierte« Kapitel. 

auf {Fig. 333—334)- Kreise, Spiralen, Doppel Spiralen und Schlangen- 
linien erscheinen in mannigfachen Kombinationen. Interessant ist 
das häufige Vorkommen des Triquetrums, d. h. des in Spiralen oder 
in Schnörkel ausgezogenen Dreiecks. Auf einer prächtigen Eisen- 



F'E. 333- F'g- 334- Flg- 335- 

Schwerlscheidenstücke aus Ornamentierte Schweitscheide 

La T4ne. aus La T*ne. 

scheide, die sich im Museum Neuenburg befindet, kommen drei ge- 
hörnte Pferde, die bekannten gallischen Einhornpferde, vor (Fig. 335), 
Bei einer anderen Schwertscheide sieht man schlangenartige Un- 



r 



^d 



1 La Tfioe, 



getüme, die sich, in zusammenhängenden Spiralen angeordnet, gegen 
einander wenden. 

Die La Tene-Schwerter wurden mittels eines an der Scheide be- 
festigten Halters am Gürtel aufgehängt. Der Griff bestand aus ver- 
gänglichem Material; keine Spur desselben ist erhalten geblieben. 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit, a^7 

Manche Schwerter trugen Marken, Fabrikzeichen (Fig. 336,, unter 
denen z, B. der Eber, ein gallisches Symbol, erscheint. Auch 
„angefangene Schwerter" hat man in La T^ne aufgefunden. 

Die Krieger von La Tine besassen auch Schutzwaffen. Es 
fanden sich SchiMbuckel und Schildhalter von Eisen, feroer Sfwrea 
und endlich sind Platten zum Vorschein gekommen, die man als 
Helmzierden außasst. Gross spricht nämlich in seinem Werke über 
La Tene den Gedanken aus, es möchten die kleinen, runden 
Bronzescheiben, die man früher als Schmuck betrachtete, Bestand- 
teile eines primitiven Helmes gewesen sein, wie er in dem Gräber- 
feld von St. Margarethen in Österreich (Krain) konstatiert wurde. 
Dieser Helm bestand aus einem dichten Geflecht von gespaltenen 
Haselnuss-Zweigen und war mit Leder überdeckt. Die Spitze des 
Helmes bildete ein doppelt gewölbter Buckel aus Bronzeblech mit 
einem Eisendorn und rings um den Helmrand waren sechs Bronze- 
scheiben befestigt. Der übrige Raum auf der Aussenseite war 
mit Bronzestiften dicht besetzt. Darstellungen derartiger Helme 
finden sich bei einer Kriegei^ruppe in der obersten Zone der 
Certosa-Situla von Bologna, die reich mit Figural-Omamentik ver- 
sehen ist. 

La T^ne hat auch ein vollständiges Wagenrad geliefert, ausser- 
dem Wagenbeschläge, Pferdetrensen u. s. w., die wir im Anschluss 
an die Waffen erwähnen , weil diese Funde den Charakter der 
Station als einen militärischen bezeichnen und Pferde und Wagen 
wohl auch demselben Zwecke dienten. 

Gegenüber den Waffen treten die Geräte in La Tene an Zahl 
sehr zurück; sie fehlen indessen nicht ganz. Unter den Beilen 
finden sich wieder Formen, die wir schon bei den Funden aus dem 
eisenzeitlichen Zürich erwähnten, nämlich Eisenbeile mit Schaft- 
lappen; freilich sind es hier nicht vier, sondern nur zwei solcher 
Lappen. Diese schliessen sich und bilden eine Dülle, In La Tine 
kann man alle Übergänge vom eisernen Lappenkelt bis zum völlig 
geschlossenen DüUenbeil finden. Daneben treten nun aber auch 
Äxte mit transversalem Loch auf, wie wir sie heute benutzen. Bei 
einigen derselben lässt sich die Entstehungs weise dieser Axtform er- 
kennen. Man schmiedet ein längliches Eisenblatt auf der einen Seite 
zu einer Schneide aus, das andere Ende aber wird über einen Dorn 
gelegt und dann zusammengeschweisst. An Stelle des Domes, der 
entfernt wird, hat man nun ein Schaftloch. Ein Beilchen von La 
Töne besteht aus Bronze; es war vielleicht ein Vodvbeil. 

Was die Messer angeht, so findet man die elegant ge- 
schweiften und schön verzierten Formen der jüngeren Pfahlbau- 



zed.yGOOg[e 



348 Viertes Kapitel. 

funde nicht mehr. An ihre Stelle sind sehr einfache^ zum Teil 
unschöne Typen getreten. Die kleinen einschneidigen „Rasier- 
messer" der Pfahlbauten haben ebenfalls einfachen Eisen messerchen 
Platz machen müssen. Überhaupt fällt uns bei den La T^ne-Funden 
die Seltenheit an eigentlichen künstlerischen Darstellungen auf Die 
Leute, welche uns diese Dinge hinterhessen, legten ihr Hauptgewicht 
auf das Waffenhandwerk; die Künste des Friedens wurden weniger 
geübt. 

Meissel und Ahlen, Hämmer und Durchschläge, Sägen und 
Feilen, Nadeln und Nägel aller Arten vervollständigen das Inventar 
des Handwerkers der Eisenzeit. Die Ackerbauer benutzten eiserne 
Sicheln und auch Sensen sind in La T^ne zum Vorschein ge- 
kommen. Dem Wohnen am See entspricht es, wenn wir einige 
Angeln, Bootshaken, Eisenstachel hnden. Die Hausgeräte sind 
durch Thonscherben, Herdketten, Bronze- und Eisengefässe re- 
präsentiert. Auch die Schere, deren Form an die heutigen Schaf- 
scheren erinnert, fehlt nicht, ebenso wenig die Nähnadel. Ja sogar 
eine Nadelbüchse ist gefunden worden. 

In einer kriegerischen Niederlassung erwartet man keinen 
Schmuck; aber wir wissen, dass die Gallier sich mit Kostbarkeiten 
behängten, wenn sie in den Kampf zogen und die Bewohner von 
La Tene waren ja gallischen Stammes. Das beweisen z. B. die 
Schwerter, die in denselben Formen auf dem helveto-römischen 
Schlachtfeld von Bibrakte und in den Laufgräben des gallischen 
Alesia (AHse-Ste-Reine) sich wiederfanden; das beweisen die Fibeln, 
die wir überall antreffen, wo Kelten der letzten Jahrhunderte vor 
unserer Zeitrechnung weilten; das beweisen vor allem auch die 
Münzen, die gallisch sind u. s. w. 

Unter den Toiletten-Gegenständen und Schmucksachen von 
La T^ne stossen wir auf Pincetten, Schmucknadeln, Glasperlen und 
Glasringe, auf Spangen und Ringe aus Gagat, Bronze, Eisen und 
Gold, auf Gürtelhaken, besonders aber auf Fibeln oder Sicherheits- 
nadeln. Es sind zumeist Mittel-La Tene-Fibeln, die uns im \'erein 
mit den Schwertern zeigen, dass unsere Station lur die mittlere 
La Tene-Zeit typisch ist, wie wir das an Hand der Gräberfunde 
besonders gut nachweisen können. Ganz vereinzelt treten ältere 
Fibelformen auf, aber auch Spät-La Tene- und römische Fibeln sind 
selten. Wir finden hier also dasselbe Verhältnis, wie bei den Schwer- 
tern und wir werden etwas Ähnliches bei den Münzen erkennen. 

Bevor wir auf die Münzen eintreten, sei noch einiger Objekte 
gedacht, die uns Andeutungen über Sitten und Gebräuche der zu 
Ende gehenden Eisenzeit geben. Da ist zunächst ein Objekt, das als 



zed.yGOOgle 



Die Eiscoreit, 249 

Rauchpfeife erklärt wird. Was hat man wohl damals geraucht? 
In vielen römischen Ansiedelungen sind eiserne Pfeifchen zum Vor- 
schein gekommen, die, wie besonders ein Stück aus Baisthal be- 
weist, mit einem hölzernen Mundstück versehen waren. In ihrer 
Form gleichen sie den Meerschaumpfeifen von heute. 

Auch Spielwürfel sind in La T^ne zum Vorschein gekommen, 
ähnlich wie in der gleichalterigen Station HradiSt bei StradoniC in 
Böhmen. Sie bestehen aus Knochen und erscheinen als längliche 
Körper von der Form vierseitiger Prismen. 

Zu diesen Objekten gesellt sich noch eine Tierfigur aus Bronze, 
einen Hund darstellend. 

Was nun die Münzen von La Töne angeht, so bestehen die- 
selben aus Potin, d. h. einer Legierung von Kupfer, Zinn und Blei, 
aus Silber oder Gold. Die ersteren zeigen zumeist auf dem Avers 
einen Kopf in barbarischer Darstellung und auf dem Revers ein ge- 
hörntes Pferd (Fig. 337). Das sind 
die in der Schweiz häufigsten gal- 
lischen Münzen, die im Gebiet der 
Helvetier, Sequaner und Äduer ge- 
funden werden. Im letzten Jahr- 
hundert vor Christo waren die Se- 

quaner die westlichen Nachbarn der PoänmOnze der Sequaner. 

Helvetier und sassen im schweize- 
rischen Jura und im östlichen Frankreich, wo sie an die Äduer stiessen. 
Die genannten Münzen wurden auch auf dem Mont Beuvray, dem 
alten Bibrakte, in grosser Zahl gefunden. Neben ihnen giebt es 
solche, die zwar auch aus Potin bestehen, aber ein anderes Gepräge 
zeigen. Auf der einen Seite erscheint wieder das Einhornpferd, auf 
der andern aber ein Gebilde, das aussieht, wie der Stab des 
Merkur, der Caduceus. 

Zu den Potinmünzen kommen einige römische Stücke aus 
Bronze. Es sind Münzen der Kolonien Nemausus (Nimes) und 
Vienna (Vienne), Manche Potin- und Bronzemünzen sind absichtlich 
geteilt, partagiert worden, wahrscheinlich, weil es an kleineren 
Münzsorten fehlte. Alle gehören den letzten Jahrhunderten vor 
unserer Zeitrechnung an. 

Die Silbermünzen von La T&ne tragen eine Aufedirift, die 
dort, wo sie vollständig ist, KALETEDOY heisst Sie gehören 
ebenfalls den letzten Zeiten vor Christi Geburt an und wurden in 
der Schweiz und im östlichen Frankreich, also in den Gebieten der 
Helvetier, Sequaner, Äduer und auch der Lingonen nicht selten 
gefunden (nach BABTHeLEMv). 



zed.yGOOgle 



3.;o 



Viertes Kapitel. 



Als primitivste Goldmünzen werden längliche Perlen betrachtet, 
die in La T^ne zum Vorschein kamen. Daneben erscheinen aber 
auch Viertel stater und Stater, Nachbildungen der Münzen des 
makedonischen Königs Philippos. Sie habea auf dem Avers einen 
lorbeerbekränzten Kopf, auf dem Revers das Zweigespann, die 
Biga (Fig. 338 und 339) und etwa ein „gallisches" Symbol, z. B. 
den Vogelkopf mit Wickelschwanz. Die Goldmünzen dürften, aus 



Fig. 338. 



ihrer Seltenheit zu schliessen, lange im Kurs gewesen sein; ent- 
scheidend für das Alter von La T^ne sind vielmehr die Münzen 
aus Potin und Bronze oder aus Silber. 

Wie alt ist nun La Töne? Das Alter der La Töne-Zeit im 
allgemeinen lässt sich genau bestimmen. Ums Jahr 400 v. Chr. 
wurde das etruskische Bologna von den Kelten 
erobert. In der Nekropole der Certosa bei 
Bologna lassen sich die etruskischen Gräber 
scharf von den keltischen unterscheiden. Die 
beiden Gruppen sind auch lokal verschieden; 
ihr Inhalt, obwohl er viele Übereinstimmungen 
zeigt, weist doch ganz bestimmte Verschieden- 
heiten auf Nehmen wir ein Objekt, das der 
wechselnden Mode unterworfen war, wie z. B, 
die Fibula, so finden wir in den jüngsten 
etruskischen Gräbern die sogen. Certosa-Fibel 
(Fig. 340). Sie besteht aus einem einfachen 
Bügel , an den sich auf der einen Seite 
die Spirale mit der Nadel, auf der anderen 
Seite der Fuss mit dem Nadelhalter anschliesst. 
Die Spirale ist aber nur auf einer Seite 
des Bügels gerollt (nicht wie bei der Früh-La Töne-Fibel auf beiden 
Seiten derselben) und der Fuss ist aufgerichtet (nicht gegen den 
Bügel zurückgelegt) und endigt in einen flachem Knopf Diese 
Certosa-Fibel finden wir in der Schweiz im Anfang der zweiten 
Eisenzeit, eben der La Töne-Periode. Diese muss also in unserem 
Lande im vierten vorchristlichen Jahrhundert begonnen haben, was nicht 



tig. 340. 
Certosafibel aus i 
von FregBio bei Osco. 



„d, Google 



Die Eisenzeit. 



351 



bloss durch die Fibeln, sondern auch durch andere charakteristische 
Fundgegenstände bewiesen wird. 

In den ältesten Keltengräbern bei Bologna findet sich nun 
eine der Certosaform ganz ähnliche Fibel. Auch sie hat einen 
einfachen Bügel; auch bei ihr ist der Fuss aufgerichtet; aber 
die Spirale ist auf beiden Seiten des Bügelendes gewunden. Das 
ist die älteste La T^ne-Fibel; aus ihr entwickelt sich durch Zurück- 
legen des aufgestellten Fusses an den Bügel die Früh-La Tene- 
Fibel, die auch in der Schweiz der Certosa-Fibel folgt. Dann kommt 
die Mittel-La Tine- und nachher die Spät-La TÄne-Fibel. Die letztere 
erscheint bei uns fast immer zusammen mit römischen Funden; 
sie ist gleichalterig mit denselben. In La Tfene selbst ist die Spat- 
La Tene-Fibel sehr selten, ebenso das Spät-La T^ne-Schwert und 
mit ihnen finden sich auch einige wenige römische Objekte. Wir 
können also sagen: Die Station La T^ne ist untergegangen, als die 
Mittel-La Tene-Zeit eben zu Ende war. Das lässt sich nun zahlen- 
mässig feststellen. 

Im Jahre 58 v, Chr. haben die Helvetier unser Land verlassen 
und sind nach dem heutigen Frankreich ausgewandert, wo sie, 
bei Bibrakte, von dem römischen Feldherrn Julius Cäsar geschlagen 
und wieder in ihre alte Heimat geschickt wurden. Dieses Bibrakte 
ist gefunden und untersucht worden. Es lieferte dieselben Mün- 
zen, dieselben Mittel-La Tdne-Schwerter, dieselben Mittel-La T^ne- 
Fibeln, wie La Töne selbst. Wir können also das Ende der Mittel- 
La T^ne-Zeit in der Schweiz mit Hilfe der Funde von Bibrakte 
bestimmen. 

Eine eigentliche Spät-La Töne-Zeit haben wir in unserem Lande 
nicht; sie fallt zusammen mit dem Eindringen römischer Kultur, ist 
gleichalterig mit der beginnenden römischen Kaiserzeit. 

Die La T^ne-Zeit in der Schweiz hat also vom vierten bis zum 
ersten vorchristlichen Jahrhundert gedauert. Sie teilt sich in zwei, 
nach den Funden zu schliessen, ungefähr gleichwertige Perioden, so 
dass also für die Früh-La T^ne-Zeit etwa das vierte und dritte, für 
die Mittel-La Töne-Zeit das zweite und letzte vorchristliche Jahr- 
hundert angenommen werden muss. La T^ne selbst gehört der 
Mittel-La Töne-Zeit an. Die Früh-La Töne-Kultur ist in dieser 
Station fast gar nicht nachweisbar, die Spät-La Tene-Kultur nur in 
spärlichen Funden repräsentiert: Also werden wir die Zeit, da die 
Station La Töne existierte, auf die beiden letzten vorchristlichen 
Jahrhunderte bestimmen. Ohne Zweifel war dieses Oppidum, wie 
Zürich, Port u. s. w. einer der Orte, welche von den Helvetiem und 
ihren Nachbarn beim Auszuge zerstört wurden. 



zed.yGOOgle 



352 Viertes Kapitel. 

5. Spuren vorrömiscfter Ansiedelungen im nachmals römischen 
Vindonissa, in Äventicum, Octodurus u, s. w. Scheffel hat uns 
in seinem „Ekkehard" ein Kulturbild des X. Jahrhunderts entrollt, 
das Tausende erfreut. Wie er dazu gekommen, erzählt er in 
der Vorrede zu seinem Buche mit folgenden Worten; „Der 
Schreiber dieses Buches ist in sonnigen Jugendtagen einstmals mit 
etlichen Freunden durch die römische Campagna gestrichen. Da 
stiessen sie auf Reste eines alten Grabmals und unter Schutt und 
Trümmern lag auch, von graugrünem Akanthus überrankt, ein Haufe 
auseinander gerissener Mosaiksteine, die ehedem in stattlichem Bild- 
und Omamentenwerk des Grabes Fussboden geschmückt. Es erhob 
sich ein lebhaft Gespräch darüber, was all die zerstreuten gewürfelten 
Steinchen in ihrem Zusammenhang dargestellt haben mochten. 
Einer, der ein Archäolog war, hob die einzelnen Stücke gegens Licht 
und prüfte, ob weisser oder schwarzer Marmor; ein anderer, der 
sich mit Geschichtsforschung plagte, sprach gelehrt über Grabdenk- 
male der Alten, — derweil war ein Dritter schweigsam auf dem 
Backsteingemäuer gesessen; der zog sein Skizzenbuch und zeichnete 
ein stolzes Viergespann mit schnaubenden Rossen und Wettkämpfern 
und viel schöne jonische Ornamentik darum; er hatte in einer Ecke 
des Fussbodens einen unscheinbaren Rest des alten Bildes erschaut, 
Pferdefiisse und eines Wagenrades Fragmente, da stand das Ganze 
klar vor seiner Seele, und er warf s mit kecken Strichen hin, derweil 
die andern in Worten kramten," 

Es ist schade, dass Scheffel nicht auch eine „Urgeschichte der 
Schweiz" geschrieben hat, worin er, wie im „Ekkehard", es gemacht, 
wie jener kecke Zeichner in der Campagna. Wir andern Leute 
haben es nicht so gut Wir heben nur „die einzelnen Stücke gegens 
Licht" und überiassen das phantasievolle Eigänzen derselben gern 
den Lesern, höchstens dass wir ihnen ein klein wenig helfen. Gerade 
hier, wo wir die Spuren jener 12 Städte und 400 Dörfer suchen, 
welche die Helvetier bei ihrem Auszug aus der Schweiz verbrannt 
haben sollen, wäre manchmal die dichterische Imagination nicht 
unwillkommen. Ob aber das Bild dann der Wirklichkeit entspräche? 
Wenn ich bedenke, wie viel durch phantasievolle Betrachtung der 
Vergangenheit schon gesündigt worden ist, so ziehe ich vor, wie 
bisher, die Funde selbst sprechen zu lassen, hoffend, dass im 
Geiste des Lesers diese einzelnen Thatsachen sich doch zu einem 
lebensvollen Gesamtbilde vereinigen werden. 

Als die Helvetier nach dem Unglückst^ von Bibrakte in ihre 
alte Heimat zurückkehrten, da haben sie sich gewiss ofbnals an der 
Stelle ihrer früheren, vor der Wanderung zerstörten Wohnsitze neue 



zed.yGOOgle 



353 



gebaut, und manche derselben sind seither ununterbrochen be- 
wohnt geblieben. Wir müssen also die Reste der eisenzeitlichen 
Ansiedelungen manchmal an Orten suchen, wo auch die Römer weilten; 
denn diese kamen ja unmittelbar nach den Helvetiern in unser 
Land. Einer dieser Orte scheint das heutige Windisch zu sein. 

Bekanntlich errichteten die Römer am Zusammenfluss von Aare, 
Reuss und Ummat den Waffenplatz Vindonissa, der in Verbin- 
dung mit den zahlreichen Kastellen und Wachttürmen am Rhein die 
Aufgabe hatte, die Nordgrenze des römischen Reiches zu schützen 
und welchem zudem die Überwachung der römischen Heerstrasse 
durch Helvetien oblag. Das römische Vindonissa ist längst zerfallen 
und kaum eine äussere Spur in der Gegend beweist das einstige Vor- 
handensein der Römerfeste. Da, wo sich die Kohorten und Legionen 
ihren Übungen hingaben, stehen heute eine Anzahl kleinerer Ort- 
schaften: Brugg, Windisch und Gebensdorf. Bei Tiefgrabungen stösst 
man im Umkreis derselben an vielen Stellen auf römisches Gemäuer; 
häufig werden kleinere Funde gemacht, Gräber geöffnet und 
Münzen entdeckt. Alte Chroniken wussten schon vor Jahrhunderten 
zu erzählen, dass einst eine Stadt da gestanden und in unsem Museen 
ist manch interessanter Fund aus Vindonissa geborgen. Die Sprach- 
forscher haben darauf auünerksam gemacht, dass im Namen dieses 
Römerortes ein keltisches Wort stecke und dass Vindonissa wohl 
in vorhistorische Zeit hinunterreiche. Es wird sich nun fragen, 
ob wir diese Vermutung durch Funde stützen können, ob neben 
römischen auch vorrömische Objekte zum Vorschein gekommen seien. 

Schon Dr. F. Keu-er beschrieb „Überreste keltischer Wohnungen" 
in Windisch, die ihm der Altertumsgräber Laupper gezeigt hatte. 
Dieser „hatte nämlich in einer Tiefe von mehreren Fuss einen aus 
Letten (Lehm) verfertigten Estrich (Boden) angetroffen, wovon er mir 
einen Teil biossiegte und als Begrenzung desselben einen länglichten 
Haufen von Thonstücken zeigte, der, wie er sich überzeugt hatte, in 
einem Kreise und nicht in geraden Linien einen mit Kohlen und 
Asche bedeckten Innern Raum umschloss. Ausserhalb der Letten- 
wände kamen eine Menge ganzer und zerbrochener keltischer Thon- 
geschirre, Knochen von Schweinen und Pferden, auch Menschen, 
wie er meinte, ferner eherne Haflnadeln (Fibeln), vertostetes Eisen- 
geräte u. dergi. Dinge zum Vorschein. Mitunter waren, wie ich 
selbst sah, die Lettenwände mit weisser und roter Farbe (Rotstein) 
angestrichen." Könnten in Bezug auf den eben mitgeteilten Passus 
noch Zweifel entstehen, ob wir es mit Resten von vorrömischen 
Wohnsitzen zu thun hätten, so sucht Keller diese Zweifel in seiner 
Statistik der römischen Ansiedlungen der Ostschweiz zu zerstreuen. 



zed.yGOOgle 



354 Vierte» Kapitel. 

indem er sagt: „Von den Altertümern, welche auf der Ebene 
Vindonissa's hervorgegraben worden sind und sich auf vorrömische 
Zeit beziehen, nennen wir ein paar sogen. Schalensteine, eine Ansah! 
von Steingerätschaften, wie Steinbeile, Feuersteinmesser, sogen. Kom- 
quetscher u, s. w. Der verstorbene Ammann Laupper, der hier 
längere Zeit das Ausgraben römischer Altertümer betrieb, fend Topf- 
scherben mit den bekannten keltischen Verzierungen, Stücke von 
Lehmwänden mit Ruthen-Eindrücken, Schleuderkugein aus Thon, 
Gegenstände, welche teilweise den aus P&hlbauten enthobenen Alter- 
tumsresten vollkommen ähnlich sind." 

Es ist mir unbekannt, wohin Laupper all die erwähnten vor- 
römischen Fundstücke verkaufte. Einige derselben kamen nach 
Zürich. Daselbst befinden sich nämlich Stein- und Thonkugeln aus 
Windisch, die zum Teil so klein sind, dass man sie als Spiel- 
zeug für Kinder bezeichnen möchte. Keller hielt sie für Schleuder- 
kugeln und suchte mit denselben die dunkle Stelle bei Cäsar, bell. 
gall.V,43 zu erklären, wo von den„fu5ili ex argilia glandes" die Rede 
ist. Darunter verstand Kellier eben solche Thonkugeln, die in 
glühendem Zustande, ähnlich den steinernen, wohl imstande gewesen 
seien, die Strohdächer eines römischen Winterlagers in Brand zu 
setzen. Aus Windisch stammen ein Feuersteinschaber und zwei 
andere St lex- Artefakte, von denen das eine ebenfalls als Schaber 
aufgefasst werden kann, das zweite aber eine Speerspitze sein mag. 
Aus Brugg ist ein Steinbeil und von Hausen, unfern Windisch, 
eine Beilfassung aus Hirschhorn nach Zürich gekommen. In 
Windisch sind auch Schmuckgegenstände gefunden worden, deren 
Alter vielleicht in die Steinzeit hinunterreicht: ein Gehänge aus 
Stein und ein durchlochter Bärenzahn, der wohl eben&lls als Schmuck 
getragen wurde. Derartige Stücke sind aus neolithischen Stationen, 
z, B, aus Pfahlbauten, wohl bekannt. Die Deutung einiger Objekte 
aus Windisch macht Schwierigkeiten. Eines derselben wird als 
Schleifetein (Wetzstein) bezeichnet; ausser demselben liegt ein ge- 
schliffenes Dioritplättchen im Schweizerischen Landesmuseum. 

in Windisch und Umgebung kamen auch alte Bronzen zum 
Vorschein. Schon im Jahr 1874 wurde ein Bronzeschwert publiziert, 
das im Vogelsang bei Gebensdorf gefunden worden war. Im 
Museum zu Aarau befindet sich ein Bronzemesser aus Windisch. Es 
ist eine seltene Form. Ein ähnliches Messer wurde im Bronze pfähl bau 
Genf gefunden. Von Windisch wird auch der Fund mehrerer Bronze- 
beile gemeldet. Es ist mir bis jetzt nicht gelungen, eines derselben 
zu sehen, wohl aber liegt im Landesmuseum in Zürich ein schmaler 
Meissel aus Bronze, der einem Stücke aus dem bronzezeitlichen 



zed.yGOOgle 



Die EUntz«it 



355 



P^lbau Wollishofen-Zürich und einem weitem Exemplare aus einem 
Grabe (?) in G^ronde bei Sierre (Wallis) gleicht Beim Ausstemmen 
tiefer Balkenlöcher mag dieses Gerät gute Dienste geleistet haben. 
Noch sei eine Bronzesichel aus Brugg erwähnt, die ebenfalls nach 
Zürich gelangte. Es ist eine jener Knoptsicheln, die in Landtunden 
unserer Gegend gar nicht selten sind, während sie in Pfahlbauten 
nur in wenigen Stücken konstatiert werden konnten. Zu den Schmuck- 
sachen aus Bronze müssen wir vier Nadeln rechnen; die eine der- 
selben ist eine „geschwollene" Nadel mit Loch, wie sie in Bronze- 
stationen und bronzezeitlichen Gräbern öfters angetroffen werden. 
Eine andere stellt eine Form dar, wie wir sie ebenfalls aus Bronze- 
Pfahlbauten und Gräbern der reinen Bronzezeit kennen. Ihr Hals 
ist mit scharfkantigen Reifen versehen. Der Kopf der dritten weist 
fünf kleine Ringe auf, die an Stielen sitzen. Sie sind, ähnlich 
einem unpaarig gefiederten Blatte, zu zwei Paaren und einem einzelnen 
Ringlein angeordnet. Zwischen den Ringpaaren sitzen je zwei kleine 
domartige Fortsätze auf Stielen. Die Spindel der Nadel ist 
schmucklos. Derartige Nadeln kommen auch ausserhalb der Schweiz 
selten vor. Ein Stück aus dem Pfahlbau Peschiera im Gardasee 
weist nicht fünf, sondern nur drei Ringe am Nadelkopfe auf 

Noch interessanter, als die bronzezeitlichen Spuren in der 
Gegend von Vindonissa, sind diejenigen der Eisenzeit. Auf dem 
Gebensdorfer Hörn befindet sich ein durch zwei Wälle ge- 
schütztes Refugium und im Bruggerbei^-Wald vermutete man einen 
Tumuius, den ich aber noch nicht habe finden können; da- 
gegen scheint in Hausen bei Windisch ein helvetisches Grab 
entdeckt worden zu sein. Auf dem Birrfelde zu Hausen wurden 
nämlich in einem Einschnitte der Südbahn neben einem auf eine 
Eichenbohle gelagerten menschlichen Gerippe nach dem Berichte 
von RocHHOLZ zwei Armringe aus Glas nebst einem bronzenen Hals- 
kettchen mit Schliesse und mehreren Breloquen gefunden. Der eine 
der Glasringe ist kobaltblau und trägt an der vortretenden Mittel- 
linie ein Bandzickzack von weissem Glase; der obere, sowie der 
untere Rand haben gelbe Zickzacklinien aufgesetzt. Der zweite Glas- 
ring ist heilgelb, mit vortretendem Mittelgrat Das Grab gehört nach 
diesen Funden der sogen, mittleren La T^ne-Zeit an. 

Beweist uns das Grab in Hausen, dass in den letzten Jahr- 
hunderten vor unserer Zeitrechnung die Gegend um Vindonissa 
herum bewohnt war, so wird diese Annahme noch unterstützt durch 
einige andere Funde in Windisch und Brugg. An erstgenanntem 
Orte kamen nämlich mehrere Fibeln vor, die durch ihre charakte- 
ristische Form deutlich zeigen, dass sie der Mittel-La Töne-Zeit 

23* 



zed.yGOOgle 



356 Viertes Kapitpl, 

zugerechnet werden müssen. Das historische A^useum Bern enthält 
einen Halsring aus Windisch, der ebenfalls der zweiten Eisenzeit 
angehört. Dass in dieser Periode der römische Einfluss sich in Gallien 
geltend zu machen anfing, wird auch durch einen Fund bewiesen, 
der in Windisch zum Vorschein kam. Es wurde nämlich daselbst 
das oben erwähnte Bild des Merkur der Erde enthoben, das sich 
durch die Technik, besonders auch durch die Bulga, deutlich als 
gallisches Werk kennzeichnet. 

Zu den wichtigsten Funden auf dem Boden des alten Vindonissa 
gehören die vorrömischen Gold- und Silbermünzen. Eine Silber- 



münze aus Windisch weist ein ganz barbarisches Gepräge auf 
(Fig. 341). Derartige Münzen sind in der Schweiz nicht selten, 
in Frankreich aber finden sie sich besonders häufig im Gebiet der 
Senoner. Eine andere Münze aus Windisch ist ein Viertelstater 
in Gold (Fig. 342). Der Revers 
zeigt unter dem Zweigespann den 
„gallischen Hahn" und als Inschrift 
erscheinen einige griechische 
Buchstaben des Wortes Philippos, 
wodurch sich dieses Stück als 
Fig. 343- Nachahmung der makedonischen 

Elektronmünze aus Brugg (Aargau). philippermünzen ZU erkennen giebt 
Einige andere Münzen wurden in oder bei Brugg gefunden. Eine 
derselben besteht aus Silber und weist ein sehr wenig deutliches Ge- 
präge auf. Eine zweite ist eine Elektronmünze (Fig. 343). Der 
Typus, den diese Münze repräsentiert, ist auch bei Schaffhausen 
entdeckt worden und ähnelt demjenigen, welcher durch einen in 
Aventicum gefundenen Münzstempei sich als helvetisch erzeigt. 

Die Hauptstadt des römischen Helvetien, Aventicum, das 
heutige Avenches unweit des Murtnersees, war vor der Aus- 
wanderung der Helvetier auch schon bewohnt. Darauf deuten 
ausser Steinbeilen, Bronzelanzen und Spangen aus Bronze, sowie 
einem etruskischen Metallspiegel, besonders auch gallische Münzen 
und ein vorrömischer Münzstempel. Hallek erwähnt eine Münze 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. ^^y 

des Orgetorix, die in Avenches zum Vorschein gekommen sein 
soll , aber nicht mehr vorhanden ist. Mever führt in seiner 
Abhandlung über die in der Schweiz gefundenen gallischen 
Münzen zwei Typen an, die im Boden des alten Aventicum ent- 
deckt wurden. Beides sind Silbermünzen. Die eine trägt die 
uns schon bekannte Inschrift KALETEDOY; die andere aber 
zeigt auf dem Avers das Brustbild eines geflügelten Genius 
und die Inschrift ATEVLA , auf dem Revers ein nach rechts 
schreitendes Tier (Pferd?) mit einem Hörn auf der Stirn. Unter 
dem Einhorn erblickt man ein Zeichen, wohl ein gallisches Symbol. 
Als Umschrift findet sich das Wort VLATOS. 

In der Nähe der Reste des römischen Amphitheaters in Avenches 
fand man in den sechsziger Jahren das interessanteste vorrömische 
Objekt, das bis jetzt an diesem Orte zum Vorschein gekommen: 
einen gallischen Münzstempel (Fig. 344), Derselbe besteht aus einem 
rundlichen Stück Eisen, etwa zwei Finger breit, auf dessen oberer 
Seite ein rundes Stück Erz ein- 
gekeilt ist. Die Aussenseite des 
Erzes ist vertieft und weist ein 
feines Gepräge auf, nämlich einen 
unbärtigen Kopf, der einen Kranz 

trägt. Dieses Gepräge hat grosse ., , V 

.. s '^ ^ ^ MüQzsterapel aus Aveaches. 

Ähnlichkeit mit dem ApoHokopi 

auf makedonischen Münzen und findet sich in verwandter Form auf 
mehreren Gold- und Elektronmünzen , die in der Schweiz zum Vor- 
schein gekommen sind. 

Wo sich Münzstempel finden, muss eine bedeutende Ansiedelung 
vorhanden gewesen sein. Es ist also nicht ohne Grund, dass man 
in Aventicum die Hauptstadt des vorrömischen (eisen zeitlichen) Hel- 
vetien vermutet hat. 

Die vorrömischen Funde von Vindonissa und Aventicum zeigen, 
dass in der That an manchen römischen Plätzen in unserm 
Lande auch eine prähistorische Besiedelung nachgewiesen werden 
kann. Diese Beispiele liessen sich leicht vermehren. So hat man 
in Oberwinterthur (dem römischen Vitudurum) „mitunter keltische 
Münzen und Gerätschaften und keltisches Geschirr in grossen Haufen 
gefunden". Bei vereinzelten Stücken aus der Eisenzeit könnte man 
immer noch denken, die Helvetier hätten nach ihrer Rückkehr eben 
noch derartige Objekte benutzt und nur allmählich das bessere 
römische Erzeugnis angenommen, wo aber die Funde ,jin grossen 
Haufen" vorliegen, da kann man sie nicht wohl dem sehr zusammen- 
geschmolzenen Volke, das von Gallien zurückkehrte, zuweisen, 



zed.yGOOgle 



icg Viertes Kapitel. 

sdoderti muss sie den Helvetiern vor der Auswanderung zuschreiben. 
Dass besonders auch nach dem Jahr 58 v. Chr. keine neuen hel- 
vetischen Münzen mehr geprägt wurden, versteht sich von selbst 
Wo also solche Münzen nicht bloss vereinzelt zum Vorschein kom- 
men, haben wir an vorrömische Zeit zu denken. 

Gerne würde ich eine Anzahl weiterer Orte der Eisenzeit in 
der Schweiz besprechen, wie z. B. das durch seine Heilquellen damals 
schon bekannte Baden (Aargau), oder das sogen. „Helvetische 
Schlachtfeld" in der Tiefenau bei Bern schildern, oder besonders 
noch Ansiedelungen an Hand der zahlreichen eisenzeitlichen Gräber- 
funde aufsuchen — wo Gräber vorhanden, können doch Wohnsitze 
nicht ferne sein — wenn ich nicht überzeugt wäre, dass das Ge- 
sagte genügt, um zu zeigen, dass zur Eisenzeit in der Schweizerischen 
Hochebene wehrhafte Plätze und bevölkerte Ortschaften nicht fehlten. 

Werfen wir noch einen Blick ins Thal der Rhone! Schon in sehr 
alter Zeit wurde der Pass über den grossen St. Bernhard begangen. 
Um denselben in ihre Hände zu bekommen, unterwarfen die Römer 
das Wallis, das, von seinen Nachbarn durch hohe Gebirge getrennt, 
eine Art Eidgenossenschaft fiir sich bildete. Die Bevölkerung 
dieses „Thaies" (Vallis heisst Thal) war zahlreich, denn es kämpften 
30000 (!) Mann gegen die Römer, Einer der Volksstämme, die 
Veragrer, hatte den St. Bernhard inne und auf der Höhe des Passes 
stand das Heiligtum des Jupiter Pöninus. Da, wo der Bemhardsweg 
das pöninische Thal (d. h. das Rhonethal) erreichte, liegt Martigny, 
das römische Octodurus. Seine Lage macht es an und fiir sich 
schon wahrscheinlich, dass daselbst in prähistorischer Zeit eine An- 
siedelung existierte und die Funde haben dies auch bestätigt 

In Martigny-Combe sind massive Bronze-Armringe zum Vor- 
schein gekommen, die mit dem später zu besprechenden Walliser 
Ornament geschmückt sind. Ein kleiner gelber 
Glasring erinnert ganz an denjenigen aus 
einem Grabe von Wetzikon (Zürich), welcher der 
mittlem La T^ne-Zeit angehört. Auch eine 
Fig. 34s. jener Münzen aus Potin, wie wir sie schon bei 

Vorrömisehe müdk aus Zürich und La T^ne erwähnten, mit dem 
Einhornpferd, ist bei Martigny gefunden wor- 
den und ähnliche Münzen sind an andern Stellen des Bernhards- 
passes, z. B. in Liddes (Fig. 345) und auf dem Berge selbst, dem 
Schoss der Erde enthoben worden. 

Wenn diese Funde mit Sicherheit der zu Ende gehenden Eisen- 
zeit beigezählt werden dürfen, so giebt es auch ältere Stücke. In 
La Plaine bei Martigny fand sich ein Bronzeschwert mit reichverziertem 



zed.yGOOg[e 



Die Eisenzeit. 359 

VoUgriff. Daneben sind zu erwähnen einfache Bronzeringe, femer 
Sfuralringe aus demselben Material, Bronzeröhrchen, ein Bronzebeil 
und Bronzelanzen. Nicht bloss Reste von Ansiedelungen hat man 
bei Martigny entdeckt, auch Gräber kamen zum Vorschein. 

Die eisenzeitlichen Gräberfunde sind im Wallis so häufig, dass 
wir schon daraus auf eine sehr dichte prähistorische Bevölkerung 
im pöninischen Thal schliessen müssen. Besonders sind es die 
Gegenden um Sion (Sitten) und Sierre (Siders), die in dieser Be- 
ziehung sehr ergiebig waren. Zu den Gräberfunden aber kommen 
noch Ansiedelungsspuren und Einzelhinde in grosser Zahl. In 
Sierre kamen sogar gallische Götterbilder zum Vorschein. 



C. Die Gräber der Eisenzelt. 

In der Eisenzeit Mitteleuropa's können wir zwei grosse Kultur- 
strömungen erkennen. Die eine hat ihren Sitz im Osten, die andere 
mehr im Westen. Beide durchdringen sich lokal. 

Die ostliche Kultur ist die ältere. Sie wird nach einem be- 
rühmten Fundorte die Hallstattkultur genannt. In dem schönen 
Salzkammergut Ober-Österreichs liegt das Dorf Hallstatt an dem 
nach ihm benannten See. Es lehnt sich an die steilen Gehänge, 
die sich am Südrande des Hallstättersees erheben. Hoch ob 
Hallstatt liegt ein kleines Bergthal und in demselben erblickt man 
die Eingänge in das Salzbergwerk. Man hat daselbst uralte Stollen 
gefunden, in denen Werkzeuge und Geräte aus prähistorischer Zeit, 
in das Salz eingewachsen, zum Vorschein kamen. Auch Felle, 
Pelzwerk und sogar Wollstoffe wurden ans Tageslicht gefordert. 
Der Salzbergbau In Hallstatt ist also sehr alt. Kein Wunder, dass 
sich in dem genannten Bergthälchen Anzeichen von Ansiedelungen 
und besonders Gräber fanden, die bewiesen, dass schon lange vor 
unserer Zeitrechnung da oben eine zahlreiche Bevölkerung existierte. 

Das Gräberfeld ob Hallstatt wurde von 1846 an ausgebeutet 
Über IOC» Gräber sind wissenschaftlich untersucht worden. Die 
Funde liegen in ihrer Mehrzahl im k. k. Naturhistorischen Hof- 
museum in Wien" (prähistorische Abteilung). Sie zeigen, dass die 
Bewohner des alten Hallstatt, die Salzleute, reich genug waren, um 
manch herrliches Gerät, manch schönen Schmuck sich verschaffen 
zu können. 

Die Gräber von Hallstatt lagen in freier Erde und enthielten 
sowohl Skelete, als auch verbrannte Leichen. Die Beigaben waren 
sehr zahlreich und bestanden aus den verschiedensten Materialien. 



zed.yGOOgle 



j60 Viertes Ka)HleI. 

Stein und Thon, Faserstoffe, Gold, Bronze und Eisen, Bernstein 
und Glas wurden verwendet. Besonderes Interesse erregen die zahl- 
reichen Bronzegefässe mit ihren aus dem Süden wohlbekannten 
Formen und den mannigfachen Verzierungen, die zum Teil reich 
mit Gold geschmückten Waffen, der Bemsteinschmuck, die Giirtel- 
bleche von getriebener Arbeit u. s. w. Manche dieser Objekte 
stimmen mit Funden aus etruskischen und proto-etruskischen Gräbern 
überein. Unleugbar hat der Salzhandel von Hallstatt diese Produkte 
aus dem Süden nach dem Gebirgsorte gebracht, wie er ihm auch 
den Bernstein des Nordens zuführte. 

Die Hallstattkultur iässt sich nicht bloss in Österreich, sondern 
auch in Süddeutschland, der Schweiz und in Frankreich nachweisen. 
Repräsentanten derselben finden sich sowohl südwärts der Alpen, 
als auch in Norddeutschland u. s. w. 

Die jüngere Kulturströmung der Eisenzeit ist die La T^ne- 
Kultur, nach der Station La T^ne so genannt. Sie hat ihren Sitz 
mehr im Westen Europa's, im alten Keltenlande Frankreich und streckt 
drei mächtige Arme nach Osten. Der eine derselben geht dem Main 
entlang nach Böhmen, der zweite durch die Schweiz, der dritte aber 
reicht über Norditalien und Südösterreich nach Ungarn, wo uns diese 
Kultur, ähnlich wie in Böhmen, in reicher Entfaltung entgegentritt. 

Es gab eine Zeit, wo man jeden archäologischen Fund einem 
bestimmten Volke zuschrieb und das Lieblingsvolk der Prähistoriker 
alten Stils waren die Kelten. Heute wissen wir, dass die Prähistorie 
fiir sich allein die Fragen nach der ethnologischen Zugehörigkeit 
der Völkerschaften, mit deren Hinterlassenschaft sie es zu thun hat, 
nicht lösen kann und so reden wir denn nicht von einer keltischen 
Eisenzeit in Mitteleuropa, sondern von der Hallstatt- und der 
La T^ne-Periode. Vielleicht müssen einst beide Kulturen den Kelten 
zugeschrieben werden, da sie im Bereich der durch schriftliche 
Denkmale beglaubigten Sitze dieses Volkes ihre Blüte erreichten. 

Wie die Ha 11 Stattsachen hier und da ausserhalb ihrer eigent- 
lichen Heimat angetroffen werden, so auch die La T^ne-Funde. 
Sie mögen durch Handel und andere Verbindungen der Völker in 
entfernte Gegenden gelangt sein und dienen uns heute zur Be- 
stimmung der gleichzeitigen Funde verschiedenster Länder. 

In den La T^ne-Funden fehlen die prächtigen Gürtelbleche der 
Hallstattperiode; es fehlen die prunkenden Waffen und die wunder- 
baren Schmucksachen, die jene aufweist. Geräte und Schmuck sind 
einfach, die Waffen sind praktisch, fiir den Gebrauch hergestellt. 
Die ganze La T^ne-Kultur scheint einem Kriegervolk angehört zu 
haben, ein Denkmal kriegerischer Zeiten zu sein. 



zed.yGOOgle 



Die Eisenieit. igl 

Aus der Betrachtung der eisenseitlichen Ansiedelung der Schweiz 
haben wir die Überzeugung geschöpft, dass in unserem Lande so- 
wohl die Hallstatt-, als die La T^ne-Kultur nachgewiesen werden 
kann, und dass nach dem Jahr 400 v. Chr. die erstere von der 
letztem abgelöst wurde. Sehen wir nun, wie sich die Gräberfunde 
dazu verhalten! 

I. Grabhügel. 

Zwei Hügel macht uns beiden, erwählt die Stell' 

Auf jeder Seil' der Meerbucht ao blauer Well'; 

Denn lieblich töot's dem Geist, wenn die Wc^e singet, 

Und Wellenschlag am Strand, wie die Drapa klinget. 

Um&äumt der Mond die Berge mit bleichem Schein 
Und netit der Thau der Mittnacht den Bautastein, 
Dann sitien wir, o Thorsten, auf beiden Seiten 
Und reden über's Wasser vom Lauf der Zeiten . . ." 

(Frilhjofs-Sage.l 

Die Gräber der schweizerischen Eisenzeit liegen entweder 
in Grabhügeln oder in freier Erde. Grabhügel haben wir in 
der Nordostschweiz schon am Ende der Steinzeit konstatieren 
können. In der Bronzeperiode finden sie sich häufiger, doch nur im 
östlichen Teile der schweizerischen Hochebene. Zur Eisenzeit werden 
die Tumuli ungemein häufig, doch kommen sie durchaus nicht 
überall vor. Zunächst ist in den Gebirgsthälern unseres Landes 
noch nie ein wirklicher Grabhügel angetroffen worden, dagegen 
liegen die Gräber manchmal in natürlichen, hauptsächlich in 
Moränenhügeln eingebettet. Manche derartige Vorkommnisse sind 
früher als Grabhügeifunde bezeichnet worden. 

Man hat sich gefragt, ob dieses Fehlen der Grabhügel den eigen- 
tümlichen Sitten der im Gebirge lebenden Stämme und Völkerschaften 
zuzuschreiben sei oder ob es daher komme, dass der kleine Hügei, 
den man im Flachlande von einiger Entfernung bemerkt, im Gebirge 
so zu sagen verschwindet. Thatsache ist, dass in den Kantonen Wallis 
nnd Tessin, welch letzterer Teil der Schweiz doch in die lombar- 
dische Tiefebene hinausreicht, bis jetzt keine Tumuli bekannt ge- 
worden sind. Diese fehlen femer in Unterwaiden, Uri und Schwyz, 
ja selbst in Zug, Aus dem Kt. Luzem ist nur eine einzige 
Notiz über Grabhügel funde bekannt geworden. Die Gegenden der 
Schweiz, wo in historischer oder protohistorischer Zeit die Rätier 
Sassen, also Graubünden, Glarus, St. Gallen und Appenzell, sowie 
der südliche Teil des Thurgau, zeigen denselben Mangel an Grab- 
hügeln, obwohl andere eisenzeitiiche Funde nicht fehlen. 



zed.yGOOgle 



202 Viertes Kapitel. 

Die am weitesten nach Osten liegenden Tumuli in der 
Schweiz fanden sich auf dem Geissbei^ bei Kreuzungen unweit 
Konstanz. Weiter westlich werden sie bald häufiger, so schon 
zwischen Ermatingen und Wäldi, In Hemishofen unfern Stein am 
Rhein kann man im Sankert eine grosse Anzahl solcher Hügel 
von verschiedenen Dimensionen in einer Gruppe beisammen liegend 
bemerken. Andere finden sich beim benachbarten Kamsen. In Dörf- 
lingen, Östlich von Schalfhausen, liegen 1 5 Grabhügel. Eine kleinere 
Gruppe wurde bei Büsingen, einer badischen Exciave in der Nähe 
SchaffTiausen's, konstatiert und auch der Klettgau hat solche Hügel 
aufzuweisen. 

Im Kanton Zürich sind Hügelgräber häufig. So wurden auf 
dem Hatlebuck bei Trüllikon deren etwa ein Dutzend untersucht, 
andere fanden sich unweit davon am Hausersee bei Ossingen. Bei 
Bülach konnten ebenfalls mehrere Grabhügel durchforscht werden, 
ebenso bei Pfäfiikon, Grüningen, besonders auch in der Umgebung 
von Zürich, ja im Stadtgebiet selbst. Die Grabhügel im Burghölzli 
bei Zürich haben wir oben erwähnt. Nördlich der Stadt liegen die 
Tumuli von Affoltern und Höngg, südöstlich derselben die Grab- 
hügel von ZoUikon. Früher glaubte man, in dem westlich des Albis 
und Ütliberg gelegenen Kantonsteil fehlen die Grabhügel, ähnlich 
wie im angrenzenden Zug. Es sind aber seither bei Hedingen, 
Obfelden und Ottenbach mehrere solcher Denkmale entdeckt worden. 

Der Kanton Aargau besitzt oberhalb Lunkhofen wohl die grösste 
Grabhügelgruppe der Schweiz. Aber auch in anderen Teilen des 
Kantons fehlen sie nicht. Ebenso wenig ist dies im Kanton Basel 
der Fall, wo wir aus den Hügeln von Muttenz und Pratteen sehr 
schöne Funde besitzen, die, ähnlich wie diejenigen aus den Grab- 
hügeln vom Mönchhof bei Neunforn (Thurgau) und anderen Orten 
zum Teil bis in die Früh-La Töne-Zeit hinabreichen. 

Der Kt. Solothum weist ebenfalls nicht bloss einzelne Tumuli 
auf, sondern auch Gruppen solcher, z. B. bei Boningen, Messen und 
Subigen. Geradezu reich an Hügelgräbern ist Bern, besonders das 
Seeland. Dieser Teil des Kantons weist hochinteressante Funde aus 
der Eisenzeit auf, Gräber von Stammeshäupdingen, die in Hügeln 
beigesetzt wurden. Grabhügel kommen auch im Bemer Jura vor 
und anderseits lassen sie sich bis gegen Thun hinauf verfolgen. 
Im Oberland fehlen sie. 

Dasselbe Verhältnis findet sich in Freiburg. Im gebirgigen Teil 
des Kantons fehlen die Grabhügel, im ebeneren Lande kommen sie 
häufig vor. Im Raspenholz bei Cordast liegen deren circa 20, in 
Luftigen etwa 16 beisammen. Im Kt. Neuenburg sind bis jetzt 



zed.yGOOgle 



Kleidung der ersten Eisenzeit 

(Nach F. Keller.) 



Digitized^yGOOgle 



„Google 



Die Eisenzeit, ^6? 

nur sehr wenige solcher Grabdenkmale konstatiert worden und im 
Kt. Waadt kommen sie auch nicht mehr häutig vor. Gegen den 
Genfersee hin verschwinden auch die letzten derselben. Erst 
jenseits des Jura, in Ostfrankreich, erscheinen sie wieder in be- 
deutender Zahl. 

Einige wichtigere Grabhügelfunde der Schweiz mögen hier 
speziell erwähnt werden. 

a) Dörflingen (Schaffhausen). Am waldigen Abhang des Gai- 
linger-Berges, unweit der Strasse von Dörflingen nach Randegg, 
wurden in den vierziger Jahren etwa 15 regelmässig gebaute Hügel- 
chen von 1,5— 6 m Höhe und 10 — 20 m Durchmesser nach Steinen 
durchwühlt, bei welcher Arbeit Skelete und verbrannte Leichenreste 
nebst allerlei Grabbeigaben zum Vorschein kamen. Diese Vorkommnisse 
bewogen ein in der Nähe wohnendes Mitglied der Züricher Antiqua- 
rischen Gesellschaft, die Funde zu sammein. Beim Weitei^raben 
fand man unter anderem ein Frauengrab mit interessanten Beigaben. 
Beim Schädel lagen Lederreste und Bronzenadeln mit grossen ver- 
zierten Köpfen, wie sie aus Pfahlbauten der jüngeren Bronzezeit 
wohlbekannt sind. Ein ähnlicher Fund wurde in den Grabhügeln 
von Trüllikon gemacht. Daselbst scheint eine der Leichen ebenfalls 
ein Lederband um den Kopf geschlungen 
gehabt zu haben und in dieser Binde steckten 
mehrere Bronze nadeln mit Bemsteinköpfen, 
Als weiterer Schmuck waren Zinnperlen in den 
Bernstein eingelassen worden und zwar in der 
Äquatorialgegend der Köpfe. (Siehe Vollbild 
bei Seite 405.} 

Die Dörflinger Frau trug Ohrringe aus 
Bronze. In der Halsgegend lag ein hohler 
Ring. Auf der Brust befanden sich zwei Fig. 346. 

Fibeln, welche die Kleider zusammengehalten Paukenfibel von Rnssikoo 
hatten. Es waren sogen. „Paukenfibeln", wie '"^ *" 

sie in Trüllikon und Russikon ebenfalls gefunden wurden (Fig. 346). 
Der Bügel dieser Fibeln war zu einer Halbkugel ausgearbeitet 
worden, sah also einer umgestürzten Pauke ähnlich; daher der 
Name. 

Auf der Brust der Toten &nd man noch einen anderen inter- 
essanten Gegenstand. Seine Breite betrug ca. 2 dm, die Höhe wenig 
mehr. Er besteht aus Leder, das ganz dicht mit Bronzeperlen be- 
setzt gewesen. Diese Perlen bildeten kleine halbierte Hohlkugeln, 
die durch Stiftchen am Leder befestigt worden waren. Derartige 
Lederstücke sind in unseren Grabhügeln nicht selten; wir werden 



der Leichen ebenfalls 



„d, Google 



3^4 



Viertes Kapitel. 



unten sehen, dass ihre Verbreitung mit derjenigen der gleich zu 
besprechenden Armwülste und Gürteibleche zu sam mental lt. 

In der Gegend des Gürtels entdeckte man in dem Frauengrab 
von Dörflingen Fragmente eines Giirtelbleches, sowie eigentümliche 
Knöpfe aus Bronze. Die merkwürdigsten Fundstücke aber lagen an. 
den Vorderarmen. Es waren fässchen- oder tonnenförmig geformte. 



Fig- 347. Fig. 348, 

Tonnen -Arm wulst aus Bisikon bei Toonen-Armwulst aus einem GrabhOgel 

Illnau. bei Toussen-Obfelden (Zürich). 

reichverzierte Uronzeringe, die von den Händen fast bis zu den Ellen- 
bogen reichten. Man nennt sie „Tonnen-Armwülste". Sie sind für 
die Zeit unserer Grabhügel geradezu charakteristisch und fanden 
sich auch in Ülnau (Fig. 347) und 
Obfeiden (Fig, 348} im Kt Zürich, 
in Ins im Kt. Bern u. a. O. 

Hand- und Fussgelenke waren 
durch Bronzeringe geschmückt. 

Unweit des Skeletes lagen Ge- 
fässe aus Thon, mehrere Schüsseln 
und zwei Teller. Diese sind in- und 
auswendig schwarz und rot be- 
malt und tragen ausserdem noch 
eingestochene oder eingegrabene 
Verzierungen in Form von Drei- 
ecken und Kreisen (Fig. 349). Der- 
artig bemalte und verzierte Ge- 
fässe sind tn Hallstattfunden sehr 
häufig. 
Unter den übrigen Funden aus den Grabhügeln von Dörflingen 
ist besonders ein Kurzschwert zu erwähnen. Es hat eine Form, wie 
sie aus Hallstatt wohl bekannt ist. Klinge und Griff bestehen aus 



Fig 349- 

Teller aus einem Grabhügel v 

Tt^llilton. 



zed.yGOOg[e 



Die Eisenzeit. ige 

einem Stück Eisen. Hinten am Griff erheben sich zwei Arme, zwischen 
denen ein Eisenköpfchen hegt. Ein ähnliches, noch schöneres HaU- 
statt-Kurzschwert fand sich in den Fiachgräbern in der „Rue de Lau- 
sanne" in Sion (Wallis). Aus einem Grabhügel im Niederhart bei 
Langenthai (Bern) stammt ein Dolch von verwandter Form. Er 
wurde mit Bronze-Armspangen zusammen gefunden. 

Aus den zahlreichen Anklängen an Hallstatt, die sich in den 
Funden von Dörflingen erkennen lassen, erhellt die Zeitstellung der- 
selben zur Genüge. Während in den Gräbern der Bronzezeit der 
Nordost-Schweiz nur Leichenbrand konstatiert werden konnte, haben 
wir in den Dörflinger Hügelgräbern Skeletbestattung und Leichen- 
brand nebeneinander und ebenso ist es bei den der Hall Stattperiode 
angehörigen Grabhügeln von Trüllikon. 

b) Die Funde vom Eggbühl bei Russikon (Zürich) zeigen 
einige andere Eigentümlichkeiten der Hallstatt-Epoche. Es fänden 



Gürtelblech aus eineni Grab bei Russikon. 

sich daselbst folgende Objekte: eine Paukenfibel (siehe Fig. 346 
Seite 363), eine Nadei und Ringe aus Bronze, ein dünnes Bronze- 
blech, das neben getriebenen Buckeln und Leisten Verzierungen 
aufweist, die mit dem Tremolierstichel angebracht worden waren 
(Fig. 350). Dieses Stück ist das Fragment eines jener Gürtelbleche, 
wie sie in vielen Grabhügeln der Schweiz vorkamen. Frachtvolle Gürtel- 
bleche sind namentlich aus Hallstatt selbst bekannt. 

Zwei der oben genannten Bronzeringe sind sehr interessant. Sie 
weisen nämlich auf der Aussenseite Vertiefungen auf, welche ur- 
sprünglich wohi Email-Einiagen enthielten. Der grössere Ring besitzt 
ausserdem Leisten und vier je in gleichen Abständen von ein- 
ander befindliche Medaillons, in denen noch Reste von Email vor- 
handen waren. 

Aus dem Eggbüh^ stammt auch ein Kessel aus Bronze. 
Er hat die Form eines Kegelstumpfes, der auf der kleineren Basis- 
fläche steht: Es ist eine Situla. Die Wand derselben zeigt nii^ends 
eine Lötung, wohl aber sieht man, dass die Ränder des Bronze- 
bleches, welches die Wandung bildet, übereinander gelegt und ver- 



zed.yGOOgle 



366 



Viertes Kapitel. 



nietet worden sind. Der Kessel besitzt keine Henkel mehr, wohl aber 
vier Löcher unterhalb des Randes, welche einst zur Befestigung 
derselben dienten. 

c) Der Fünfbühl bei Zollikon (Zürich). Unter den fünf 
Grabhügeln oberhalb Zollikon am Zürichsee, welche zu dem Namen 
„Fünfbühl" Anlass gegeben haben mögen, ist besonders einer etwas 
genauer untersucht worden. Er enthielt eine verbrannte Leiche 
und Hess die Art seines Aufbaues deutlich erkennen (Fig. 351 — 353). 
„Wie es fest immer geschah", sagt Keller, „war die Stelle, welche 
der Grabhügel einnehmen sollte, von Laub und Baumreisem nicht 
gereinigt worden, ausnahmsweise aber, fiir unsere Gegend, hatte 



FiR. 351- 
] Grabhügel i 



FOcrbilhl bei Zollikon. 



man hier ein etwa 6 Zoll tiefes, rundliches Loch in den Boden ge- 
graben, das zur Aufnahme der Überreste des Verstorbenen und der 
Beigaben bestimmt war." 

„Der hier zu bestattende Leichnam war der Verbrennung über- 
geben worden, und zwar auf der Stelle des Grabhügels selbst, wie 



F'ß. 35^- 

Grabhügel im Fünfbühl bei Zollikon 

(Mantel abgedeckt). 



F'E- 353- 
es Grabhügels im FünfbflW 
bei Zollikon. 



eine sich auf dem gewachsenen Boden verbreitende Kohlenschicht 
deutlich bewies. Auf diese Feierlichkeit folgte das Sammeln der 
Gebeine und das Verwahren derselben in einer Urne, welche in die 
Mitte der eben erwähnten Vertiefung gestellt wurde. Um diese 
herum kamen mehr aLs ein Dutzend, sowohl topf- als tellerartige 
Tliongeschirre zu stehen, auch eine Trinkschale von der gewöhn- 
lichen, ganz einfachen Form. Es ist kein Zweifel, dass diese Gefässe 
ursprünglich mit Lebensmitteln angefüllt waren, da zwischen den- 
selben die Gerippe von sechs Schweinchen und die Knochen des 
Hinterteiles einer Kuh gefunden wurden. Bei einem der Schweins- 
knochen lag ein Messer, das zum Zerlegen des Fleisches nieder- 
gelegt worden war. Nun wurde die Vertiefung und ihr Inhalt mit 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeil. 36? 

einem Ring von Steinen umstellt und diese Einfassung mit von Steinen 
befreiter Walderde ausgeschüttet, endlich zum zweiten Schutze der 
Totenreste und geweihten Dinge mit Steinen belegt, so dass dieselben 
eine Art Gewölbe bildeten, jetzt erst schritt man zur Errichtung des 
Hügels, wobei man auf die Natur des Materials keine Rücksicht 
nahm, reine Walderde, oder grössere und kleinere Steine, wie man 
sie eben in der näheren oder ferneren Umgebung fand, herbeitrug 
und ohne bestimmte Ordnung auf die Mitte des Hügels hinwarf." 

„Als der Hügel eine Höhe von 4 — 5 Fuss (1,2 — 1,5 m) erreicht 
hatte, fand die Beisetzung der Grabgeschenke statt, die im vor- 
liegenden Falle, in ganz verschiedenartigen Dingen bestehend, eher 
auf weibliche, als männliche Bedürfnisse und Verrichtungen hin- 
deuteten und bei dem gänzlichen Mangel von Kriegs- oder Jagd- 
geräten den Hügel als das Grab eines Weibes betrachten liessen. 
Die Geschenke waren nämlich: Ein bronzener, mit eisernen Ringen 
zum Aufhängen versehener Kessel, ein bron- 
zenes Stirnband, vier bronzene Heftnadeln, 
wovon je zwei einander ganz ähnlich, zwei 
bronzene Ohrringe, eine bronzene Stecknadel, 
zwei Ringe von blauem Glase (Fig. 354), ein 
Schleif- oder Polierstein. Das Hauptstuck dieser 
Geschenke war unstreitig der Kessel, dessen Fig. 354. 

Durchmesser an der Bauchung 32 cm beträgt GUsringe aus einem Grab- 
bei einer Höhe von 17 cm. Er ist mit ^*^' '" ,^f ""^ ^' 
eisernen Ringen zum Aufhängen versehen, 

unten au^erundet und seiner Bestimmung nach ein Kochkessel. 
Nicht weniger als der Kessel dürfte die Verfertigung der übrigen 
Zieraten, die mit ungemeinem Fleisse und Geschmack gearbeitet 
sind, fremder Kunstfertigkeit zuzuschreiben sein. Der Schieitstein 
ist eine wunderliche, obwohl nicht ganz seltene Beigabe. Wir haben 
ihn auch in zwei anderen Grabhügeln angetroffen." 

„Noch dürfen wir nicht vergessen, dass auch in diesem Hügel 
eine bedeutende Zahl von Scherben meistenteils grosser Töpfe von 
der geringsten Sorte eingestreut war, welche, gesammelt, sich nie 
zu einem Ganzen vereinigen lassen. Die Meinung, dass man beim 
Totenraahle die Geschirre absichtlich zerschlagen habe, um deren 
Gebrauch fortan profanen Zwecken zu entziehen, scheint weniger 
haltbar, als die, dass sie als zerbrochene Ware hergebracht und 
dem Ritus der Bestattung zufolge in den wachsenden Hügel ge- 
worfen worden seien. Was die Kohlen betrifft, die in grösserer 
oder geringerer Menge in fast jedem Grabhügel angetroffen werden, 
so scheinen dieselben von den Feuern herzurühren, welche meisten- 




zed.yGOOgle 



368 Viertes Kapitel. 

teils auch bei Hügeln mit unverbrannten Toten, wie de Ring glaubt, 
zur Reinigung und Weihung des Platzes angezündet wurden. Ein 
absichtliches Einstreuen von Kohlen scheint ausser Zweifel zu sein. 
Wenn wir unterliessen, den in dem Körper des Hügels vorkommenden 
Wechsel von Stein- und Erdschichten zu erwähnen, so geschah es 
in der Überzeugung, dass die Verschiedenheit des Materials ganz 
zufällig und das Zahlen und Beschreiben etwa auffallend grosser Steine 
völlig unnütz ist, sind ja die Grabhügel im allgemeinen je nach der 
Gegend oft aus Erde ohne Steine, oft aus Steinen ohne Erde aufgeführt." 

„Nach der Beisetzung der Grabgeschenke wurde der Bau des 
Hügels von 5 Fuss (1,5 m) fortgesetzt und zu neuen Feierlichkeiten ge- 
schritten. Diese bestanden darin, dass oberhalb der Mitte des 
Hügels an sechs bis sieben Stellen Feuer angezündet wurden, welche 
sich durch Kohlenstätten ganz deutlich zu erkennen gaben, dass ferner 
zwischen den Feuerstelten und der Krone des Hügels ein Kranz von 
Steinen gesetzt und die letztere mit einer Anzahl von Steinen belegt 
wurde. Hiermit war der erste Akt desBestattungs-Ceremoniels zu Ende," 

„Das ganze Grabmal war aber noch nicht vollendet. Sei es, 
dass die Reste der heiligen Feuer nicht unbedeckt bleiben durften 
und die Grabgeschenke zu wenig beschützt waren, oder dass, wie 
es häufig geschah, die Beisetzung eines zweiten Körpers, von dem 
aber jede Spur verschwunden war, stattfand, die Aufhöhung des 
Hügels ging aufs neue vor sich und zwar so lange, bis derselbe 
die Höhe von 6^/) Fuss erreicht hatte. Am Schluss der Arbeit wurde 
am Rande des Hügels aus grösseren Steinen ein neuer Kranz er- 
richtet, der ohne Zweifel den Hügel als Grabhügel bezeichnen und 
das Betreten desselben verbieten sollte." 

di Lunkhofen. Im Walde oberhalb Unter-Lunkhofen liegen 
ca. 60 Grabhügel, die zum Teil wissenschaftlich untersucht worden 
sind, Ihre Grösse ist sehr verschieden. Die einen erheben sich 
nur wenig über die Umgebung, andere haben eine Höhe bis 4 m 
und darüber. In den genauer untersuchten Hügeln stiess man fast 
nur auf verbrannte Leichen. Manchmal fanden sich in ein und 
demselben Tumulus mehrere Brände. Die Funde liegen zur Haupt- 
sache in den Museen von Zürich und Aarau. 

Waffen waren in den Grabhügeln von Lunkhofen selten, doch 
ist ein eisernes Langschwert zum Vorschein gekommen, das den 
Hallstattschwertern ähnlich sieht. Sein Erhaltungszustand lässt freilich 
keine ganz genaue Bestimmung der Form zu. Ein ähnliches Lang- 
schwert mit Griffzurige fand sich in einem Grabhügel bei Höngg (Zürich). 

Die Messer von Lunkhofen sind von zweierlei Art. Die einen 
haben rundliche, mondsichel förmige Klingen, die anderen, ebenfalls 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. 3^9 

aus Eisen bestehend, weisen sanftgeschweifte, mit Dorn versehene 
Klingen auf, wie solche auch in Hallstatt gefunden wurden. 

Unter den Schmucksachen aus unserer Nekro- 
pole giebt es mehrere eigentümliche Formen. Neben 
einfachen, körbchenartigen Gehängen (Fig. 355), die 
wohl als Ohrschmuck benutzt wurden, finden sichring- 
förmige Stücke mit angehängten Nachbildungen von 
Füsschen (Fig. 356) und an zwei anderen Ringlein 
hängt je ein Bronzefigürchen, Männlein und Weiblein 
{Fig. 357). Diese Gegenstände dienten als Amulete, 

Während die Schmucknadeln von Unter-Lunkhofen aus Bronze 
bestehen, giebt es unter den Ringen solche aus Bronze, Silber und 



vurucii. 



F'g- 3SS- 

Ohisehbtge au 

Lunkbofen. 



Schmuckgehänge i 



Fig. 356 und JS7. 
IG einem Grabhügel bei Unter-Lunkhoren, 



Gold, sogar aus Gagat und Bernstein. Zwei hohle Armringe sind 
aus Silber verfertigt, die über ihre Enden gezi^ene Schliesse oder 
Schlaufe aber besteht aus reich- 
verziertem Goldblech (Fig. 358). 
Die Fibeln erscheinen spärlich; 
eine derselben trägt eine sehr lange 




T* 



FiE- J5B. 

SQberring mit Goldächliesse (b: vergrössert) a 

einem Grabhügel bei Luakhofen. 

Spirale und ist am aufgestellten Fuss mit eingelegtem Email versehen 
(Fig. 359), eine andere weist eine Bügel- und eine Fusspauke auf. 
Wir bilden in Fig. 360 ein Gürtelbeschläge aus den Grabhügel- 
funden vom Bärhau ab, welches aus vier kleinen Bronzeringen und 
einem viereckigen, an den Enden mit Knöpfen versehenen Mittel- 

HiiitlL, Urgeichiehte der Schwelt ^4 



zed.yGOOgle 



3-Q Viertes Kapitel. 

stück besteht. Ein ähnliches Beschläge stammt aus den Tumuli von 
Trüllikon. 

Zu den Schmucksachen müssen schliesslich noch Lederstücke 
oder Tuchreste gerechnet werden, welche mit Bronzestiften ver- 
sehen waren. Derartige Funde wurden auch in den Grabhügeln 
von Hemishofen, Dörflingen, Affoltem bei Höngg, Langenthai, 
Murzelen Bernl, Düdingen (Freiburg) Echan- 
dens {Waadt; u. s. w. gemacht. Es ist dies 
derselbe N'erbreitungsbezirk , wie wir ihn bei 
den Gürtelblechen antreffen, von denen auch 
Reste in den Grabhügeln von Unter-Lunk- 
hofen zum Vorschein kamen. Ein Tumulus 
von Allenlüften bei Mühleberg (Bern) hat 
sogar zwei goldene Gürtelbleche geliefert. 
Interessanterweise fanden sich in demselben 
Gürteibeschiage von Unter- ^ugel auch Teile eines Streit(?)wagens aus 
Lunkhofen. Holz. Offenbar war da eine hochgestellte 

Person begraben worden. 
Fast bei allen Grabhügel-Untersuchungen der Schweiz entdeckte 
man Scherben von Thongefässen und doch finden sich die letzteren 
in unseren Museen nicht häufig. Ganze Gefässe kommen allerdings 
bei den Grabungen selten zum Vorschein; die meisten sind zerdrückt 
Mit einiger Geduld kann man indessen fast alle wieder zusammen- 
setzen, vorausgesetzt, dass die Ausgrabung eben mit derjenigen 
Sorgfalt und Sachkenntnis vorgenommen wurde, die wir gegen- 
wärtig verlangen müssen. 

In der Nekropole von Ünter-Lunkhofen kamen mehrere ganz 
erhaltene Schalen zum Vorschein. Einige derselben zeigen Ver- 
zierungen, z. B. solche, die mit Graphit erstellt wurden. Über- 
aus häufig aber waren Scherben. Sie wurden mit möglichster 
Sorgfalt gehoben. Da ihre gegenseitige Lage in der thonigen Erde 
der Grabhügel jeweilen genau notiert oder skizziert worden war und 
die einzelnen Funde getrennt transportiert wurden, so gelang es, 
fast alle Gefässe, sei es ganz zusammenzusetzen oder doch ihre 
Form zu rekonstruieren. Dabei erweisen sich die Angaben früherer 
Zeiten, dass man fast nur Scherben in die Grabhügel geworfen, 
selten aber ganze Gefässe ins Grab gelegt habe (vgl. Seite 367), 
als durchaus unrichtig. Im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich 
wurden aus etwa 30 Grabhügeln von Ünter-Lunkhofen, die im 
Jahre 1899 ausgegraben wurden, über 100 Gefässe aller Grössen zu 
sa mm enge setzt, was allerdings keine ganz leichte Arbeit war. 

Diese Gefässe bestehen in Schalen, Näpfchen, Schüsselchen, 



zed.yGOOgle 



Die EiEeiuat. 371 

Schüsseln und Tellern von ansehnlicher Grösse und in becher-j topf- 
und urnenartigen Gefässen von oft ganz bedeutender Höhe. Flaschen- 
oder Krugformen sind selten. Einige Gefässe waren verziert oder 
bemalt. Unter den Verzierungen erscheinen Parallele, Zickzacklinien, 
das sogen, Wolfzahn-Omament, eingestochene Dreiecke, ein Gitter- 
Ornament u. s.w. Auch eingravierte Kreise kommen vor. Bei graphiti-i 
sierten Schalen finden sich um ein Kreuz gelagerte Dreiecke oder Zick- 
zackbänder. Zur Bemalung wurde hauptsächlich die rote Farbe benutzt. 
Es sei mir gestattet, noch einmal auf eine Art Schmuckringe 
zurückzukommen, die in Grabhügeln nicht selten sind; die sogen. 
Gagatringe. In Lunkhofen ist eine ringartige Perle aus Gagat ge- 
funden worden, ebenso in einem Grabhügel bei Erattelen (Basel), ' 
Dei^leichen Perlen, sowie eigentliche Ringe aus Gagat oder Pech- 
kohle lassen sich schon in Pfahlbauten nachweisen. So fanden sich 
im Kupferzeit-Pfahlbau Lüscherz (Bielersee) Perlen, in Estavayer, 
Auvernier, Mörigen, Wollishofen-Zürich u. s. w. Ringe aus dem ge- 
nannten Material. Häufig werden die Funde indessen erst in der 
Hallstattperiode, wo die Ringe manchmal eine Breite annehmen, 
dass ein solcher Schmuck den Vorderarm zum grossen Teil decken 
konnte. Derartige Schlaufen oder Armwülste sind in den Grab- 
hügeln von Langenthai, von Murzelen bei Wohlen, vom Gross- 
holz ob Ins, bei Diidlngen und bei St. Leonard {Wallis} gefiinden 
worden. Die gewöhnlichen Ringe Hessen sich in den Hügelgmppen 
von Muttenz und Frattelen, von Langenthai, Bolligen (Grauholz), 
Neueneckj von Boiflens und Valleyres_(Waadt) u. s. w. konstatieren. 
Sie erhielten sich noch in der La T^ne-Periode, wie z. B. Funde 
von Schlieren und Horgen im Kt, Zürich, Champagny im Kt. Frei- 
burg und in La T^ne selbst beweisen. 

Was nun das Material anbetrifft, aus dem diese Schmucksachen 
bestehen, so wird dasselbe allgemein als Gagat oder Pechkohle be- 
zeichnet. Eine genauere Betrachtung zeigt aber bald, dass man es 
in diesen schwarzen Perlen und Ringen mit verschiedenen Materialien 
zu thun hat. Einige bestehen in der That aus reinem Gagat, 
andere aber sehen aus, als ob sie aus Thon bestunden und sie sind 
auch etwa als Thonringe beschrieben worden. Die Armwülste hat 
man sogar schon als Holzringe bezeichnet. Einige chemische Ana- 
lysen, die Professor Dr. Weber vornahm, machten wahrscheinlich, 
dass ein Teil der sogen. Gagatfunde aus bituminösen Schiefem be- 
steht, die in weichem, bei^euchtem Zustande sich leicht schneiden 
lassen. Daneben aber kommt, wie schon gesagt, wirklich Gagat 
vor. Bekanntlich wird derselbe (unter dem Namen Jet) auch jetzt 
noch zu Schmucksachen verarbeitet. 



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372 Viertes Kapitel. 

e) Grächwil bei Meikirch, Im Mantel eines Grabhügels 
bei Grächwil, nordwestlich von Bern, entdeckte man Skelete, deren 
eines einem Krieger angehört hatte. Bei der rechten Schulter lag eine 
Fibel, bei der rechten Hand ein zweischneidiges Schwert aus ala- 
mannisch-burgundionischer Zeit, eine sogen. Spatha, und darunter fend 
sich ein Dolch mit Eisenscheide. Am rechten Fuss bemerkte man 
einen eisernen Sporn. Offenbar haben wir hier eine Nachbestattung 
aus frühgermanischer Zeit vor uns. Der Grabhügel selbst aber ist 
älter, vorrömisch. 

In ca. 2 m Tiefe stiess man auf das alte Grab. Unter grossen 
Steinen lag eine prächtige Bronzeurne (siehe Titelbild), mit allerlei 
Bildwerk verziert, Sie enthielt die verbrannten Reste eines Leich- 
nams. In ihrer Nähe fanden sich Fibeln, Bronzereste, ein Hufeisen, 
eine Thonurne und die Bestandteile eines Wagens, wohl des Streit- 
wagens des verstorbenen Häuptlings. 

Das interessanteste Fundobjekt ist die Figuralurne. Sie besteht 
aus dunner Bronze, hat einen flachen Boden, von dem aus die 
Wandung, sich bauchig erweiternd, aufwärts steigt. Oberhalb der 
beiden Henkel, welche je zwei Leoparden zeigen, die rechts und 
links einer PaWette liegen, verengt sich die Urne rasch zum Halse, 
der oben sich zum Kesselrand ausweitet Am Hals sitzt ein merk- 
würdiges Bronze-Bildwerk. (Siehe Vollbild.) 

Auf einer Palmette steht eine geflügelte Göttin, die Erhalterin 
alles Lebendigen. Sie trägt eine Krone auf dem Haupte, reichen 
Ohr- und Halsschmuck. Der Oberkörper ist unbekleidet; von den 
■ Hüften fällt ein gemustertes, enges Kleid zu den Füssen. In der 
Hand hält die Göttin je einen. Hasen, das Symbol der Fruchtbar- 
keit, und zu beiden Seiten sitzt auf einer Ranke der Fusspalmette 
je ein Löwe, mit der einen Tatze das Kleid der Göttin berührend. 
Von ihrem Haupte geht ein Schlangenpaar wagrecht nach links 
und rechts und auf jeder Schlange ruht ein nach auswärts blickender 
Löwe. Über der Krone aber findet sich die Figur eines Adlers. 

Das ganze Bildwerk ist gut erhalten und muss wohl als etruskische 
Arbeit angesehen werden, wie die Urne selbst mit ihren schönen Griffen. 

f) Ins. Das Berner Seeland hat Funde aufzuweisen, die alles, 
was in den übrigen Teilen der Schweiz aus Grabhügeln bis jetzt 
zum Vorschein gekommen ist, überstrahlen. Zu diesen Funden 
gehören auch diejenigen von Ins. Im Grossholz bei Ins_(Anet) 
unweit des Bielersees fand man 14 Tumuli, deren Inneres sowohl 
Leichenbrand als Skeletgräber enthielt und als Toten-H^igaben 
kamen Gagat- und Bronzeringe, Gürtelbleche, Goldschmuck, Bronze- 
kessel u. s. w. zum Vorschein. Der Fund ist durch den eifrigen 



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Bildwerk auf der Bronze-Urne von Grachwil (Bern). 



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DiBiimd, Google 



Die Eisenzeit. ^^3 

Forscher G. de Bonstetten beschrieben worden. Es genügt, hier 
die wichtigsten Fundstücke hervorzuheben. 

Zunächst sei eine Ciste erwähnt, d. h. ein gerippter Bronzekessel 
von cylindrischer Form, mit Henkeln aus Bronze. Ein ähnliches Ge- 
fäss kam bekanntlich auch in einem Grabhügel vom Grauholz (Gemeinde 
Bolligen) unweit Bern zum Vorschein, zusammen mit den Resten eines 
Wagens. Die Heimat der Cisten ist, ähnlich derjenigen der Situlae, 
in Italien und dem angrenzenden Österreich zu suchen. Es kommt 
in unsem Grabhügeln noch eine rundliche Art Bronzekessel vor. 
Wir erwähnten einen sol- 
chen bei den Funden 
von 2^3llikon, Ein an- 
derer solcher Kessel fand 
sich in einem Grabhügel 
von Düdingen ( = Guin) " ^'E- 3^'- 

. r" ■ j- Kugelige Knöpfe, mit Goldblech überiogen, aus 

neben Eisennneen, die ,- t,i.,i i i, ■ i 

& J einem Grabhügel bei Ins. 

mit Gold überzogen waren, 

einer Gagat-Armschlaufe, einer vergoldeten Paukenfibel, Gürtelblech- 
resten, W^enradreifen u. s, w. 

Vom Grossholz bei Ins stammen auch Fragmente von Gürtel- 
blechen aus Bronze, die teils durch getriebene Arbeit, teils durch 



^^V 



Fig. i(>2- 

Goldblech aus eisem Grabhügel bei Ins (Anct). 
Tremolierstich verziert waren. Neben Gagatsch laufen lagen ähn- 
liche Armbänder aus Bronze, Diese Tonnen-Armwülste sind reich 
verziert und fanden sich auch in den Hügeln von Allenlüften bei 
Mühleberg, in Dozigen, Bannwil und, wie wir oben gesehen haben, 
in ostschweizerischen Grabhügeln. 

AufTallend in den Tumuli von Ins war der reiche Gold- 
schmuck. Da fand man kugelige Knöpfe, mit prächtig verziertem 
Goldblech überzogen (Fig. 361, a und d), mehrere massive kleine 
Goldringe, ähnlich denjenigen vom Grauholz, eine Goldkette 
und mehrere Goldbleche, die als Schmuckscheiben anzusehen 



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J74 Viertes Kapitel. 

sind (Fig. 362), Sie tragen als Verzierung Kreise mit Punkten, 
Dreiecken, Rauten u. s. w. in getriebener Arl)eit, jeweilen durch 
kreisförmige Leisten voneinander getrennt. Der Fund von Ins ist 
eine Zierde des Berner Museums, wohin er als Geschenk mit der 
Sammlung Bonstetten gelangte. 

g) Die Grabhügel von Bofflens (Waadt) hatten im Innern 
Steinkerne und unter denselben lagen Skelete. Dabei beiänden 
sich Schmucksachen, wie man sie zum Teil in den Flachgrabem 
des Südens, nicht aber in Grabhügeln der schweizerischen Hoch- 
ebene anzutreffen gewohnt ist, z, B. Gürtelhaken aus Bronze {statt 
der Gürtelbleche). Zwei Bronzedolche weisen die alte Form mit 
Nietn^eln auf, zwei Kinderklappem erinnern an Einzelfunde der 
Bronzeperiode. Daneben erscheinen hohle und massive Ringe aus 
Bronze oder Eisen, eine Nadel mit flachem Kopfe, eine Paukenfibel 
mit Bügel- und Fusspauke, Bronzebeschläge, Gagatringe u, s, w. 

Nur selten kommen, wie im Mönchhof 

tbei Ober-Neunforn im Kt. Thurgau, Schlangen- 
6bein in Grabhügeln vor (Fig. 363), noch sel- 
tener sind Fibeln mit hornartigen Fortsätzen 
(Burghölzli bei Zürich), und was das Vorkom- 
men von Früh-La Töne-Fibeln anbetrifft, so 
bilden auch diese Fälle Ausnahmen. Wenige 
Tumuli reichen in die Früh-La Tine-Zeit 
hinein und was an Jüngern Gräbern in Grab- 
F'E- 3*3- hügeln der Schweiz gefunden wurde, gehört 

Schlangenfibel a«s Ober- ^n^^ ^^ Nachbestattungcn. Es ist bei uns 
Neunfom. ..... , ... , 

nicht em einziger^ wissenschaftlich unter- 
suchter Tumulus bekannt, dessen Entstehung einer Jüngern, als der 
Hallstattperiode zugerechnet werden muss. Wohl fand man hier und 
da in Grabhügeln Reste aus römischer oder Gräber aus alamannisch- 
burgundionischer Zeit, aber die Tumuli selbst sind älter, als jene 
Funde und bei genauem Zusehen finden sich überall Reste eines 
altern, freilich manchmal durch die Nachbestattung zerstörten Grabes. 
2. Die Flachgräber der südlichen Schweiz. Das von himmelan- 
strebenden Bergen eingefasste obere Rhonethal, die nach Süden 
offenen Thalschatten von Tessin und Graubünden, sowie das Quell- 
gebiet des Rheins waren schon lange vor der Römerzeit bewohnt, 
zum Teil sogar dicht bevölkert. Aber die Kultur, die uns in den 
prähistorischen Funden jener Teile des heutigen Schweizerlandes 
entgegentritt, weicht in mancher Hinsicht von derjenigen der 
Hochebene ab. Gerade was die Eisenzeit angeht, so haben wir 
im Tessinthal und im Misox eine altitalische Kultur, während 



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Die Eisenzeit. 



375 



nordwärts der Alpen die echte Ha II Stattkultur vorliegt. Im Kt Wallis 
ist es recht schwierig, Hallstatt- und La T^ne-Funde zu unter- 
scheiden, da sich die Kultur der Eisenzeit in diesem abgeschlossenen 
Gebirgslande in einer ganz eigenartigen Weise manifestiert 

a} Die eisenzeitlichen Gräber des Wallis. Als die „Rue 
de Lausanne" in Sion (Sitten) erstellt und zu beiden Seiten der- 
selben Fundament-Grabungen vorgenommen wurden, sttess man auf 
ein ausgedehntes Grabfeld, dessen älteste Teile in die Bronzeperiode 
zurückreichten, das aber besonders in der ersten Eisenzeit benutzt 
worden sein muss. Eines der zuerst entdeckten Gräber dieses Fried- 
hofs enthielt ein Skelet. Auf der Brust des Toten lag ein Gürtel- 
haken italischer Form, beim Kopfe ein Halsring mit Torsion und 
eingerollten Enden; bei den Armknochen fend man Bronzespangen, 
die mit dem sogen. Walliser Ornament, d. h. Kreisen mit scharf 
markiertem Mittelpunkt, verziert waren, sowie einen „Ring aus Holz" 
oder sogen. Gagat. Ein Gürtelhaken derselben Art wurde auch in 
einem der Gräber am Heidnischbühl bei Raron gehtnden. Rit^ 
mit eingerollten Enden und tordiertem (gedrehtem) Mittelstück sind 
im Wallis häufig zum Vorschein gekommen. 

Drei Meter von dem eben besprochenen Grabe der Rue de 
Lausanne entfernt, fand man ein Skelet mit Halsring und Armband. 
Westlich neben dem heutigen „Hotel de la Poste" (früher D^pen- 
dance) stiessen die Arbeiter in lo Fuss (3 m) Tiefe auf Kohlen und 
Knochenreste und bei denselben lagen einige Bracelets. Im hintern 
Teil des Gebäude-Fundamentes wurden in 2,5 — 3 m Tiefe Skelete 
und Urnen gefunden. Jede der letztem war mit einem Stein zu- 
gedeckt und enthielt Asche, Erde und verbrannte Knochen, 

Westlich neben diesem Hause wurde ebenfalls ein Fundament 
au^ehoben und auch da kamen Gräber zum Vorschein. Sie enthielten 
Skelete in Steinkisten. Einer der aufgefundenen Schädel ist das 
Original zu dem von His und Rütimever in den „Crania helvetica" 
angestellten Siontypus. Die Gräber, aus denen er stammt, enthielten 
ein Fibelfragment und zwei kleine Bronzeringe. 

Auf der andern Seite der Strasse, dem eben genannten Fund- 
orte gerade gegenüber, kamen in 5 m Tiefe Gräber zum Vorschein. 
Sie enthielten nach Thiolv einfache, gekerbte und tordierte Bronze- 
spangen, ein flaches Gehänge von der Form eines vierspeichigen 
Rädchens, ein Brillengehänge, ein Stück durchbrochen gearbeitetes 
Gürteiblech und ein typisches Hallstatt-Kurzschwert mit gegabeltem 
GrifTende (Fig. 364). Ein doUchocephaler Schädel aus diesen Grabern 
gehörte einem Greise. 

Westlich von dieser Fundstelle wurden ebenfalls Bronzen ent- 



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»76 Viertes Kapitel, 

deckt und zwar ein Torquis (Halsring) und Armspangen, die jetzt 
im Museum von Sitten liegen, während andere Funde in die Samm- 
lungen von Genf, Lausanne, Bern, Zürich u. s. w. gelangten. 

Ausser dem Grabfeld l)ei der Rue de 
Lausanne in Sion sind im Kt. Wallis noch 
mehrere andere zum Vorschein gekommen, 
die ebenfalls der ersten Eisenzeit oder der Hall- 
stattperiode zugerechnet werden müssen. Be- 
reits haben wir einen Grabfund von Raron 
genannt und in Grimisuat oberhalb Sion fand 
man in einem Grabe Bronzespangen mit 
Resten eines Gürtelblechs. Ein schöner Hall- 
stattfund liegt im Museum auf VaJire in Sion, 
Er stammt aus dem an Funden aller Art so 
ausserordentlich reichen Conthey, westlich von 
Sitten. In dem Weiler Sensine daselbst fend 
man nämlich 1890 dünne Bronzefragmente, 
die mit reicher Linear-Omamentik versehen 
waren und als Reste eines Gefasses betrachtet 
wurden. Ausserdem aber kamen noch zwei 
schmale Armringe und Fibelfi-agmente zum 
Vorschein. Jene verzierten Bronzereste sind 
nun aber Teile eines Tonnen- Armwulstes. 
Dieser Schmuck kommt, wie wir gesehen, in 
Grabhügeln der schweizerischen Hochebene 
nicht selten vor und gehört bei uns zu den 
Typen der Hallstattperiode. 

Im Jahr 1SS4 fand man in „Sensina" 
ein mit Steinen umgebenes Grab ohne Deck- 
platte, Es enthielt ein Skelet und schwere 
Bronzespangen mit Walliser Ornament, Einen 
andern Grabfund aus Sensine enthält das 
Bemer historische Museum, Derselbe besteht 
Fig. 364, aus massiven Bronzespangen, die mit dem 

Hailsutt-Schwert aus einem Walliser Ornament geschmückt sind, und bei 
(irab ^-on SiUen (Sion). ^j^^g^n^n ^^^ gj^^ Mittel -La Tine-Fibel. 
Der Fund gehört also der zweiten Eisenzeit an und er bestimmt das 
Alter der schweren „Walliser Spangen", 

Gräber der La Tene-Zeit sind im Wallis häufig. Sie beweisen, 
dass das Land damals dicht bevölkert war. Nicht bloss das Rhone- 
thal, sondern auch die Seitenthäler müssen zahlreiche Bewohner 
gehabt haben. 



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■ ^'' Die EUenzeit. yj-j 

In Sembrancher fand man 1882 in einem Grabe das Skelet 
einer jungen Frau. Bei demselben lagen vier Ringe und zwei Thon- 
gefasse. Das eine Gefass befand sich beim Kopfe der Toten, das 
andere in der Mitte des Grabes. Die Bronzespangen tragen das 
Walliser Omameiiit. Ein Glasring wurde beim Aufdecken des Grabes 
zerbrochen. Ein zweiter Ring, aus dunkelviolettem Glase bestehend, 
lag zii Füssen des Skeletes. 

Noch weiter hinten im Bagnesthal konnte Keber zahlreiche 
Gräber konstatieren. Einige derselben sollen Bronzen und Töpfer- 
ware enthalten haben. In einem Grabe von Bruson fanden sich 
zwei schwere Bronzespangen mit tief eingegrabenem Walliser Orna- 
ment und ein Glasring von dunkelvioletter Farbe. 

Zwischen Martigny und Sion, auf der linken Seite der Rhone, 
liegt Riddes, von wo der Inhalt vieler Gräber aus römischer und vor- 
römischer Zeit ins Schweizerische Landesmuseum nach Zürich ab- 

o o 

Fig. 365. Fig. 366. 

BtoQzespaDgeD aus GriberD von Savi^se. 

geliefert wurde. Darunter befinden sich zahlreiche Thongefässe. 
Ausserdem kamen in der Nekropole von Riddes schwere Walliser 
Spangen und Fragmente von solchen vor, silberne Ringe, römische 
Münzen und Fibeln, 

Von der Höhe über Riddes schaut Is^rable zu Thal. Einen 
prächtigen Grabfund aus Isärable besitzt das Historische Museum 
Bern. Der Fund datiert aus der Mittet-La T^ne-Zeit. Er besteht 
in einer schweren, viergliederigen Spange aus tordiertem Silberdraht, 
zwei Fragmenten von violet-roten Glasringen und einem nahezu 
kompleten Ringe aus durchsichtigem Glas mit eingebrannter gelber 
Folie. Von demselben Fundorte stammen Reste einer dünnwandigen 
Urne und dicke Scherben, die einem schüsseiförmigen Gefass an- 
gehört haben mögen. Das Universitäts-Museum Genf besitzt eine 
massive Walliser Spange aus Is^rable. 

Die Gegend von V^troz, Conthey, Saviese (Fig. 365 und 366), 
Sion (Fig. 367) war in der zweiten Eisenzeit besonders dicht bevölkert; 
auch in und bei Sierre (Siders) (Ftg. 368) sind zahlreiche Funde aus 
dieser Epoche zum Vorschein gekommen. Gegen das Oberwallis 

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378 Vierte» K«pitel. 

und in den Seitenthälem sind die Gräber weniger häufig, aber die 
eisenzeitlichen Funde lassen sich im Boi^nethal bis H^r6mencc, im 
Einfischthal bis St. Luc, in den Visperthälem bis Zennatt und im 
Rhonethal selbst bis hinauf nach Aemen und Reddngen, also bis in 
die Nähe der Furka verfolgen. 

Besonderes Interesse erregen die Gräber der Eisenzeit an Pässen, 
so diejenigen am Grossen St. Bernhard, an der Furka und der 
Gemmi. In Leukerbad sind mehrfach eisenseitliche Funde gemacht 
worden. Bei den Häusern Zer Coppen wurde im Anfang des 
XIX. Jahrhunderts ein Skelet in einer Steinkiste entdeckt und wenig 
später fanden sich zwei ähnliche Gräber unweit des Weges nach der 
Gemmi. Am rechten Ufer der Dala kam ein Skelet mit Bronze- 




Fig. 367. Fig. 368. 

Bronzespaoge mit Walliser-Ornamenl Bronnspange hui eiaem Grab von 

aus Sion. SJerre. 

Armbändern zum Vorschein. Beim Fundamentieren des „Hotel des 
Alpes" stiess man wieder auf Kistengräber mit Skeleten. An Bei- 
gaben wurden eine Fibel, Ringe und Spangen aus Bronze, sowie 
ein Thongefass entdeckt. Römische Münzen und Gefässe aus diesen 
Gräbern sollen verloren gegangen sein. 

Am Wege nach der Alp Clavinen, beim ehemaligen „Bain des 
Gu^risons", kamen 1886 mehrere Gräber zum Vorschein. Die Bei- 
gaben bestanden in Bronze- und Eisenringen, Fibeln und Knöpfen. 
Der Fund wurde von Thiolv zuerst als aus dem Lötschenthale 
stammend publiziert; später berichtigte er seine Angaben. Die 
Spalten aus diesen Gräbern haben als Finger-, Arm- und Bein- 
schmuck gedient und zeigen das bekannte Walliser Ornament Die 
grösseren Spangen sind, wie das auch bei vielen anderen Walliser- 
funden konstatiert wurde, in der Mitte eigentümlich geknickt und 
au^ebogen (vgl. Fig. 377 Seite 380). 

Einen sehr schönen Grabfund von Leukerbad erwarb 1890 das 
Historische Museum in Bern (Fig. 369 — 376). Er enthält Bronzespangen 



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Die Eisenzeit, 



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igO Viertes K^itel. 



mit Walliser Ornament, Bronzeringe mit Kerben, andere mit Linear- 
Verzierungen, einen kleinen Ring, ein Schmuckblech von getriebener 
Bronze, eine Fibel, wie sie besonders aus der norditalienischen 
Nekropole von Golasecca bekannt geworden (Fig. 375) und mehrere 
Frtih-La Tene-Fibeln. Dadurch ist die Gleichalterigkeit der relativ 
dünnen Bronzespangen mit Walliser Ornament und der Friih-La 
T^ne-Fibeln bewiesen. 

Im Juni 189Ö erhielt das Schweizerische Landesmuseum einen 
ähnlichen Fund von Leukerbad. Derselbe bestand aus acht auf- 
gebogenen Bronzespangen mit Walliser Ornament {Fig. 377 a — d), 
wovon eine zerbrochen war, femer zwei gekerbten Spangen und 
einer massig dicken Bronzespange mit Walliser Ornament. Die 
erstgenannten Schmuckgegenstande lagen an Beinknochen. 



Fig- 377. 
Broniespangen aus einem Grab von leukerbad. 

Die Funde aus dem Lötschenthal enthalten neben aufgebogenen 
Walliser Spangen auch mehrere Fibeln, worunter Golasecca- und 
Certosa- Typen. Sie beweisen, dass das schöne Thal an der Lonza 
schon in der Eisenzeit Bewohner aufzuweisen hatte. Die ersten 
Ansiedler scheinen aber nicht vom Rhonethal her eingedrungen zu 
sein, sondern auf dem leicht passierbaren Wege vom Gemmipasse, 
der, wie wir gesehen, eine uralte Verbindungslinie zwischen dem 
Rhonethal und dem Thal der Aare darstellt. 

b) Eisenzeitliche Gräber im Tessin und Misox. Der 
Kanton Tessin ist sehr reich an vorgeschichtlichen Resten. Seit die 
Aufmerksamkeit der Archäologen diesem Teile der Schweiz zu- 
gewendet wurde, sind daselbst mehrere wichtige Funde gemacht 
worden. Manche derselben gehören der Eisenzeit an. Gleich zu 
oberst im Tessinthaie, bei Airolo, fanden sich solche Gräber, welche 
dann aber weiter unten im Thale zahlreicher werden, wie Funde bei 
Lavorgo und Freggio (Fig. 378), besonders aber diejenigen aus der 
Umgebung von Bellinzona beweisen. 



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Die Eisenzeit jgl 

In Arbedo kamen im Jahre 1874 vier aus Feldsteinen gemauerte 
Gräber zum Vorschein. Sie enthielten Skelete, ein gelbrotes Thon- 
gefäss und viele Schmucksachen. Die letzteren bestanden in Nadeln, 
Ringen, Gehängen und einem Gürtelhaken aus Bronze, in Glas- 
korallen und Bernstein-Objekten, Unter den Fibeln treffen wir wieder 
den Golasecca-Typus, der auch bei Freggio (Gemeinde Osco) ge- 
funden wurde. Der Gürtelhaken besteht aus dünnem Bronzeblech 
■ von ovaler Form. An einem Ende des Bleches wurde er am Leder 
befestigt, das andere Ende 
weist einen Haken auf Die 
Oberfläche dieses Schmuck- 
gegenstandes zeigt Buckei 

und Leisten, ähnlich dem 1 

Gürtelhaken von Lavorgo 

(Gemeinde Calonico). Diese I 

Leisten und Buckel sind 
von innen herausgetrieben. 
Die Gehänge bestehen in 
Bronzeringen, welche aussen 

knopfartige Fortsätze haben, ^'^- ^^^- 

■ " ' Gürle*' — ' — — "-^"^ ' 

in amuletartigen Stücken aus 

Bronze, in blauen Glasperlen, 

die bis i cm Durchmesser aufweisen und in Bernsteinkugeln. 

Ein grosses Gräberfeld der Eisenzeit, das sich wohl der am 
untern Tessin entdeckten Nekropole von Golasecca an die Seite 
stellen darf, kam bei Molinazzo in nächster Nähe von Arbedo 
zum Vorschein und zahlreiche ähnliche Funde wurden in Castione, 
Cerinascia u. a. O. gemacht Zu wiederholten Malen entdeckte man 
daselbst Gräberfunde, aber erst in der letzten Zeit ist eine mehr 
planmässige Untersuchung ins Werk gesetzt worden. Die Gräber, 
deren Zahl auf ca. 1 50 geschätzt werden kann, enthielten teils Skelete, 
teils waren es Brandgräber. Die Beigaben kamen in grosser Anzahl 
zum Vorschein und bestanden hauptsächlich in Schmucksachen. 
Waffen waren selten. In vielen Gräbern fand man Thon- oder Bronze- 
gefässe. Die ersteren gleichen Bechern (Fig. 379), die letztern 
zeigen Topf- und Krugformen; auch Schüsseln kamen vor. Die 
Farbe der Thongefässe ist grau, gelb oder rötlich. Manche sind 
bemalt, einige verziert. Die Bronzegefasse gehören zur Gruppe der 
Situlae (Fig. 380), der Cisten (Fig. 381), einige sind, wie Töpfe, mit 
Ausgussöffnung und seitlichen Henkeln versehen {vei^l. auch Fig. 382). 
Daneben erscheinen Schnabelkannen (Fig. 383). 

Unter den Schmucksachen fallen vor allem die Fibeln auf, an 



a getriebener Arbeit an 
(Osco). 



zed.yGOOgle 



382 



Fig. 379. 

Thonbecher aus einem Grab v 
Mollnazzo bei Arbedo. 



Fig, 381. 
BroDzeciste aus einem Grab v 
Cerina&cia (Tessin), 



Fig. 382. 

Bronzegefass aus einem Grabe « 

Castione (Tessin). 




Fig. 383- 


Fig. 384. 


Fig. 385. 




Schlangenfibel aus einem 


Homfibel aus einem 


von Castione (.Tessin). 


Gt^ von Molinazio bei 






Arbedo. 


bei Arbedo. 



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Die Eisenzeit. 




Fig. 386. Fig. 387. 

ut Grabern von Castit 
(T^md). 




w 


Fig. 389. 


Fig. 388. 


Einschneidiges 


Certosafibel aus einem 


Schwert aus 


Grab »on Castione 


Molinuio bd 


(Tesrin). 


Arbedo. 



Fig. 390- 
Schwert mit Scheide a 
einem Grabe von Castio 



„d, Google 



384 Viertes Kapitel. 

denen oft zahlreiche Zieraten hangen. Besonders häufig sind die 
Schlangen- und Hornfibeln (Fig. 384 u, 385), Golaseccafibeln mit 
geradem (Fig. 386 u. 387) und die sogen. Certosafibeln (Fig. 388) mit 
aufgestelltem Fuss. Selten erscheinen einfache Bügel-, sowie La T^ne- 
hbeln. Am zahlreichsten sind die Gehänge. Sie bestehen zum Teil 
in breioquen-artigen Bronzen, zum Teil aber in Bernsteinperlen, deren 
Zahl sehr gross ist. Ausserdem kommen unter den Gehängen 
auch kleine Ringe aus Bronze, amuletartige Stücke u. s. w. vor. Die 
Gürtelbleche gleichen mit ihren getriebenen Leisten und Buckeln 
denjenigen von Arbedo und Lavorgo. Auf einigen derselben er- 
scheinen auch eingeritzte oder getriebene Tierfiguren. 

Die Waffen bestehen zumeist in Schwertern (Fig. 389 u. 390), 
doch sind selbst Helme (Fig. 391) zum Vorschein gekommen. 

Ein Gräberfeld, das seinem Inhalte nach demjenigen von Moli- 
nazzo gleicht, befand sich bei Castaneda an der Einmündung des 
Calancathals ins Misox. Das Dörflein Castaneda liegt etwa eine 
halbe Stunde oberhalb des schönen und grossen Dorfes Grono, am son- 
nigen, fruchtbaren Bergabhange, umgeben von Kastanien- und Obst- 
bäumen. Die Kirche, der Friedhof und einige benachbarte Häuser 
stehen auf einer kleinen Ebene. Östlich davon, an den Friedhof 
anstossend, trifft man Baumgärten, in denen man etwa nach Sand 
gräbt Bei dieser Arbeit kamen in einer Ausdehnung von 15 — 20 m 
alte Gräber zum Vorschein. Diese waren aus Steinplatten gebildet 
und mit solchen zugedeckt. Sie lagen in der Tiefe von ca. i m. 
Schon 1 87 5 wurden Grabfunde gemacht, sodann 1878, 1 880, 
1882 u. s. w. 

Auch in den Gräbern von Castaneda fand man Thongefasse 
und Bronzekessel, getriebene Gürtelbleche, Fibeln, meist von Gola- 
secca- und Certosa-Typus, Spangen, Ringe, ganz besonders aber 
Hängeschmuck aus Bronze und Bernstein. 

Etwas jünger, als die eben beschriebenen Grabfelder sind Gräber, 
welche weiter oben im Misox entdeckt wurden. Schon beim Bau 
der neuen Bemhardin Strasse (1818; sollen beim Weiler Breca, ober- 
halb Mesocco, 24 Gräber zum Vorschein gekommen sein, welche 
Skelete und Bronzen enthielten. 1831 fand man (römische?) Münzen. 
In den achtziger Jahren wurden neue Funde gemacht, die beweisen, 
dass das Gräberfeld bei Breca noch in römischer Zeit benutzt 
wurde. Es fanden sich nämlich nach freundlichen Mitteilungen von 
Major H. Caviezel vier Gräber, die 65 — 125 cm tief lagen. Sie waren 
aus kleinen Steinen gebildet und mit je einer grossen Steinplatte 
bedeckt Der Inhalt bestand aus La T^ne-Fibeln, worunter solche 
von einer Form, die bis jetzt nur im Misox gefunden wurde, aus Bronze- 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. ^g^ 

ringen, einem Fingerring aus Weissmetall (Zinn oder Blei?), einer 
Bernsteinperle, einer gerippten Glasperle, einer Perle aus Silber, einer 
Bronze-Pincette , einem Eisennagel, Messern und Lanzenspitzen aus 
Eisen u. s. w. Jedes Grab enthielt einen Krug und einen Becher 
oder eine Schüssel. Eine Bronzeurne war nur in Fragmenten vor- 
handen. Dazu kommen noch vier römische Münzen der ersten 
Kaiserzeit, eine Fibel mit römischer Inschrift, sowie römische Thon- 
gefasse. 

Die italische Kultur reichte also auch in die nach Süden 
offenen Thäler der Schweiz; nordwärts der Alpen aber finden wir 
bloss einige zersprengte Fundstiicke, welche an sie erinnern. 

3. Die La Tine-Graber der sckweizerischen Hochebene. Ums 
Jahr 4cx> vor Christo verschwand allmählich in unseren Gegenden die 
Sitte, in Grabhügeln zu beerdigen. Die damaligen Bewohner der 
Schweiz kehrten zur Erstellung von Flachgräbern zurück. Es sind dies 
aber keine kleinen Grabkisten, wie sie in der Steinzeit vorkamen, 
auch keine aus grossen Steinplatten erbauten Särge, wie sie in 
der Völkerwanderungs- Periode üblich wurden; sondern es sind ein- 
fache Gruben in flacher Erde, in welche die Toten gelegt wurden. 
Die Leichen befinden sich in ausgestreckter Lage und nur hier und 
da umgab man sie mit einem trockenen, d. h. ohne Mörtel er- 
richteten Mäuerchen, das zu ihrem Schutze diente. Verbrannte 
menschliche Knochen fehlen fast ganz; der Leichenbrand kommt 
während der La Tdne-Zeit in der Schweiz selten vor. 

Die Flachgräber der La T^ne-Zeit finden sich nicht nur im 
Gebiet, wo Grabhügel vorkommen, sondern in allen Teilen unseres 
Landes. Wir haben sie bei der Betrachtung der Gräber aus den 
südlichen Alpenthälern mehrfach angetroffen und zwar sowohl im 
Wallis, wo sie von einer stellenweise dicht wohnenden Bevölkerung 
Zeugnis ablegten, als im Tessin. La T^ne-Gräber fanden sich femer 
im Misox, aber auch in dem Teil des Bündnerlandes nordwärts der 
südlichen Stammkette der Alpen. So ist in Luvis, südlich vom 
Städtchen Ilanz, ein Grabfeld der Früh-La T^ne-Zeit entdeckt worden. 
In der Nähe der steinernen Brücke über die Glenner, auf der linken 
Seite des Val Pilacus, suchte man Material zur Beschotterung der 
Strasse. Da stürzten von dem oben liegenden Gelände Gräber 
herunter, Sie stammten aus Gräbern, weiche von Steinen gebildet 
waren. Anfangs schenkte man denselben keine grosse Aufmerksam- 
keit, doch gelangte schon 1887 eine sehr interessante Früh-La T^ne- 
Fibel nach Chur. Der quer gerippte Bügel derselben trug eine 
Längsrinne, in welcher Email oder Korallen eingesetzt gewesen war 
Auf dem zurückgebogenen Fusse befand sich eine Platte, auf welcher 

HcLerlL, UtgcMhichie der Schwtii. »S 



zed.yGOOgle 



386 Viertes Kapitel. 



Email befestigt gewesen und über dieser Platte endigte der Fibel- 
fuss in ein roh modelliertes menschliches Köpfchen. 

Unter den Funden von 1892/93 ist besonders eine Kette aus 
Bronzeringen zu erwähnen. An einem Ende der Kette schhesst ein 
Haken ab, der in eine Art rohen Tierkopfes ausläuft; das andere 
Kettenende bildet ein dreieckiges Bronzeplättchen, welches auf der 
Basisseite drei Aufhängelöcher besitzt In zweien derselben sind 
an Kettchen befindliche tonnenartige Gehänge befestigt, während 
das dritte Gehänge fehlt. Ähnliche Ketten kommen in Gräbern der 
La T^ne-Zeit nicht selten vor. 

In der schweizerischen Hochebene finden sich solche Gräber 
und Grabfelder häufig und auch im Gebiet des Jura fehlen sie nicht 
In nächster Nähe des Bodensees kamen Grabfiinde der La T^ne- 
Zeit bei Arbon und Kreuzungen zum Vorschein. An der west- 
lichen Grenze des Thurgau's wurde ein Kriegergrab entdeckt, das 
derselben Epoche angehört. Als man nämlich 1843 die Strasse 
von Diessenhofen nach Andeltingen erstellte, wurde beim Dickehof, 
Gemeinde Schlatt, bei Abtragung eines 3 m hohen natürlichen 
Hügels ein Eisenschwert mit Scheide, eine Lanze und ein gekerbter 
eiserner (Schwertkoppel -)Ring gefunden. Diese Objekte befinden sich 
jetzt im Schweizerischen Landesmuseum. 

Was den Kanton Zürich betrifft, so sind Gräber aus dem 
älteren Abschnitt der La T^ne-Zeit, also aus dem vierten und dritten 
vorchristlichen Jahrhundert von Rüti bei Winkel, Altstetten bei 
Zürich, Ober-Redlikon bei Stäfa, Dachelsen bei Mettmenstetten 
u. s. w. bekannt geworden. Dem zweiten und ersten Jahrhundert v. Chr. 
gehören Gräber an, die bei Weisslingen, Wetzikon, in Zürich, 
Horgen, Hedingen, in Mettmenstetten und anderen Orten zum 
Vorschein kamen. 

Zürich war, wie wir gesehen haben, in der Eisenzeit eine nicht 
unbedeutende Ansiedelung und auf dem benachbarten Ütliberg er- 
hob sich schon dazumal der feste grosse Wall, der den Gipfel zu 
einem Refugium abschlo.ss. Man durfte also erwarten, bei Zürich 
auch Gräber aus der genannten Periode zu finden. In der That 
hat man im Burghölzli Grabhügel entdeckt. In denselben wurden 
Gräber der ersten Eisenzeit (Hallstattperiode) und Nachbestattungen 
aus alamannisch-fränkischer Zeit gefunden. Die zweite Eisenzeit ist 
als Früh-La T^ne-Periode in Gräbern auf dem Ütliberg und in Enge 
vertreten, als Mittel-La Ti!;ne-Periode in Gräbern von Wiedikon. 
An letzterem Orte fanden sich sogar einzelne Münzen in den Gräbern 
und zwar sind es „gallische" Potinmünzen, Sie lagen bei den Ober- 
schenkeln der Skelete. 



zed.yGOOgle 



Die Eüeozeit. igy 

Einen noch schöneren Münzfiind machte man in einem reichen 
Frauengrabe in Horgen am Zürichsee. Bei Strasscnarbeiten im 
„Thalacker" daselbst kamen nämhch bei menschlichen Knochen eine 
Bronzekette, eine silberne Mittel-La T^ne-Fibula, ein sc^en. Gagat- 
ring, zwei mit fischblasenartigem Ornament verzierte Glasringe vor, 
ferner ein silberner Fingerring mit Gemme, zwei goldene Finger- 
ringe, eine Goldmünze und .endlich ein Topf, der auf der Dreh- 
scheibe erstellt worden war {Fig. 392 — 401}. 

Das Grab von Horgen enthält eine Reihe von Gegenständen, 
die fiir die letzten zwei Jahrhunderte vor Christi Geburt typisch sind, 
so die Glasringe und die Fibel. Gtasringe kamen auch in den 
der Mittel-La Tine-Zeit angehörenden Gräbern von Wetzikon und 
Hedingen vor, und wir werden sie in den Gräbern von Mettmen- 
stetten, Bern, Champagny, Echallens u. s. w. wieder treffen. Die 
Horgener Glasringe sind durch Kobalt blau gefärbt Die Ringe 
aus hellem, durchsichtigem Glase, welche in dem Grabe vom 
Buchgrindel bei Wetzikon zum Vorschein kamen, besitzen auf 
der Innenseite eine eingebrannte Folie, welche den Ring gelb 
erscheinen lässL Im Grabe von Medikon (im sogen. Sandbühl) 
bei Wetzikon lag auch ein kleiner Glasring mit gelber Folie, da- 
neben eine eiserne Mittel-La T^ne-Fibel, ein Bronzering, ein Spiral- 
ring aus demselben Material und, wie im Grab von Hoigen, ein 
„gedrehter" Topf Die Drehscheibe muss in der heutigen Schweiz 
während der mittleren La Tine-Zeit bekannt worden sein. 

Die interessanteste Grabbeigabe in Horgen ist ohne Zweifel 
die Goldmünze. Sie zeigt auf dem Avers einen lorbeerbekränzten 
Kopf, auf dem Revers ein Zweigespann mit Wagenlenker. 
Zwischen den Füssen der Pferde ist ein symbolisches Zeichen, 
ein Vogeikopf mit Wickelschwanz. Unten trägt der Revers eine 
Inschrift, in griechischen Lettern geschrieben. Es ist eine Ver- 
stümmelung des Wortes Philippos und dadurch erweist sich die 
Münze als eine barbarische Nachahmung von Goldmünzen des 
makedonischen Königs Philipp. Solche Philippermünzen mögen von 
Massilia aus in die keltischen Länder gekommen sein. 

In Dachelsen, Gemeinde Mettmcnstetten, sind Flachgräber 
mit Bronzeringen und Früh-La T^ne-Fibeln zum Vorschein ge- 
kommen. Unter den ersteren ist ein eigentümlich gebogenes Ring- 
lein bemerkenswert, das in seiner Form den Ringen ähnelt, die 
heute noch in Ostindien als Fussschmuck verwendet werden. Der- 
artige Ringe sind bis jetzt in der Schweiz nur aus Früh-La Tine- 
Gräbern bekannt (Vgl. Vollbild zu Seite 389.} 

Auf der Allmend Ober-Mettmenstetten wurden Gräber der 



zed.yGOOgle 



388 



Fig- 392- 
Brooiekette au» einem Grabe bei Horgen. 



Fig- 393- 
Silberfibel aus einem Gral>c 



Fig. 394- 

Gagatring auE einem Grab« von Horg«n. 

Fig. 395 und 396. 

Blaue Glasringe aus einem Grabe von Horgen. 



Fig. 397- 
Silbemng mit Gemmt 
einem Grabe von Ho: 



Fig. 398. Fig. 399. 

Goldhnge aus Horgen. 



a Fig. 400. 6 
Goldmanie (Fhüipper) aus Horgci 



Fig. 401. 
„Gedrehter" Topf ai 



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Eisenzeitlicher Grabfund von Steinhausen (Zug). 

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„d, Google 



Die Eisenzeit 



389 



Mittel-La T^ne-Zeit entdeckt. Sie enthielten Fibeln, Glasringe mit 
gelber Folie und einen „gedrehten" Topf. 

Der Kanton Zug hat, wie die übrige Centralschweiz, noch 
keinen Grabhügelfund geliefert, wohl a^er wurden daselbst La T^ne- 
Gräber entdeckt, so in Steinhausen, nördlich von Zug. In diesen 
Gräbern lagen zahlreiche Bronzelibeln , die zum Teil der Früh- 
La Töne-Zeit, zum Teil aber der Übergangsperiode zu Mittel- 
La Töne zugeschrieben werden müssen (Siehe beistehendes Vollbild;. 
Die eine dieser Fibeln zeigt auf dem Bügel (als Verzierung' drei 
konzentrische Kreispaare. In einem dieser Kreispaare ist das sogen. 
Triquetrum dargestellt. 

Auch Bronzeringe fand man in den Gräbern von Steinhausen, 
die in einer Kiesgrube entdeckt wurden. Ein gekrümmtes Ringlein 
hat durchaus die Form desjenigen von Dachelsen. In Töne-Grabem 
von Ober-Ebersol (Luzemi und Gempenach kam derselbe Ringtypus 
zum Vorschein. Ein Armring ist mit kleinen Perlen geschmückt; 
ein anderer Armring zeigt Verdickungen und zwischen denselben 
erkennt man an drei Stellen je ein menschliches Gesicht. 

Bei einem der Skelette von Steinhausen lag eine Potinmünze. 
Sie gleicht den Münzen aus den Gräbern von Wiedikon-Zürich. 
Der Avers zeigt eine sehr rohe Darstellung eines behelmten Kopfes, 
der Revers das Einhompferd. Die Münze gehört also zu den in 
der Schweiz so häufigen Sequanermünzen. 

Das in der luzemischen Gemeinde Hohenrain gelegene Ober- 
Ebersol ergab einen Grabfund der mittleren La Tene-Zeit und 
gleichaltrig damit ist ein Kriegergrab im Kanton Aargau, wo 
übrigens La Tene-Gräber mehrfach nachgewiesen sind, z. B. in 
Villmergen, Lenzburg, Hausen. Nahezu 2 m tief in Kies gebettet, 
fand man bei Mandach ein Eisenschwert, eine eiserne Lanze und 
einen Schildbuckel aus demselben Metall. Das Schwert trägt noch 
die aus dünnen Eisenblättern geschmiedete Eisenscheide. Die Lanze 
gehört zu den mit Dülle versehenen, breitblätterigen Stücken, wie 
sie aus La Töne selbst wohlbekannt sind. Auch die Schildbuckelform 
von Mandach ist charakteristisch fiir die uns interessierende Epoche. 

Aus dem Kanton Basel seien die Gräber von Muttenz mit 
ihren email- verzierten Früh-La Töne-Fibeln und dem Halsring, sowie 
der Fund von Schönenbuch erwähnt, welch letzterer neben Fibel 
und Armband ebenfalls einen für die Früh-La Töne-Zeit typischen 
Halsring mit eingelegten Pasten enthielt. 

Im solothu mischen und bernischen Aaretal sind La Tene-Gräber 
mehrfach nachgewiesen. E^ mag hier an die Funde mit Glasringen 
erinnert werden, wie sie z. B, in Orpund und Meinisberg vor- 



zed.yGOOgle 



jQO Viertes Kapitel, 

kamen. Ein wichtiger Platz muss in der zweiten Eisenzeit bei Bern 
gelegen haben, wie zahlreiche Funde andeuten. 

Wir haben schon früher das helvetische Schlachtfeld in der 
Tiefenau erwähnt In der Nähe sind auch zahlreiche La Tene- 
Gräber zum Vorschein gekommen. An Grabfunden aus der ersten 
Phase der La T^ne-Zeit nenne ich beispielsweise diejenigen vom 
Schwarzthor, von der SchosshaldCj von der Wabemstrasse und vom 
Beundenfeld; als Repräsentanten der jüngeren Phase seien die Gräber 
vom Schärloch, von Aaregg und dem Wylerfeld angeführt. 

Die Skeletgräber vom Schwarzthor (bei Monbijou) haben Früh- 
La T^ne-Fibeln geliefert; diejenigen von der Schosshalde neben 
einer Früh-La Tene-Fibel auch Bronzeringe, ein Schwertfragment 
und zwei Lanzenspitzen aus Eisen. An der Wabernstrasse fand man 
Gräber mit Früh-La T^ne-Fibeln und Armringen. Auf dem Beunden- 
feld kamen die Skelete von Mann, Frau und Kind zum Vorschein, 
und bei denselben lagen wieder Armringe und andere Bronzen. 

Vom Schärloch stammen Mittel-La T6ne-Fibeln, Bernstein- 
perlen, ein kleiner und grosser Ring aus Glas, jeder mit einer 
gelben Folie, ein blauer Glasring, ein Spiralring aus Bronze und 
ein umenfbrmiger Topf aus Thon. 

In unmittelbarer Nähe des Schärloch's ist die Lokalität Aaregg. 
Beim Verbreitern eines Weges kamen daselbst im Jahr 184S ein 
silberner Fingerring und eine massaliotische Silbermünze zum Vor- 
schein, ferner Mittel-La T^ne-Fibeln, Glasperlen, blaue und gelbe 
Glasringe und Thonscherben. Von demselben Orte bewahrt das 
Historische Museum Bern ausser den genannten Funden noch eine 
tordierte Armspange aus Silber, Bronzefragmente von kleinen Ringen, 
ein feines Kettchen u. s. w. Möglicherweise bilden Schärloch und 
Aaregg ein zusammenhängendes Fundgebiet von Ansiedelungsresten 
und Gräbern. 

Dem Schärloch und Aaregg gegenüber, ebenfalls unfern der 
Tiefenau, aber auf der andern Seite des Aareflusses, liegt ausserhalb 
der Vorstadt Loiraine das Wylerfeld. Aus Grabern, die daselbst 
beim Bau der Eisenbahn aufgedeckt wurden, kamen drei Mittel-La 
Töne-Fibeln, ein Spiral fin gerring, zwei Glasringe mit gelber Folie und 
eine grosse blaue Glasperle mit eingelegten weissen und gelben Glas- 
fäden in das Bemer Museum, 

In der letzten Zeit wurde beim Spitalacker ein Grab entdeckt 
Am einen Arm des daran befindlichen Skeletes fand man zwei 
Ringe aus Bronze und eine Spange aus Eisen vom Typus derjenigen 
von Isörable, ein seltener Fund. 

Es dürfte aus diesen unvollständigen Mitteilungen schon klar 



zed.yGOOgle 



IMe Eiseni«it. 



391 



seiHj wie interessant eine illustrierte Urgeschichte der Stadt Bern 
und Umgebung werden musste. 

Wenden wir uns den Funden aus dem Bemer Oberlande zu, 
so treten uns auch dort solche aus Gräbern der zweiten Eisenzeit ent- 
gegen, z. B. in Kirchthumen, wo neben Skeleten eine Bronzeketle, 
Mittel-La Tine-Fibeln, ein Glasring, ein silberner und ein goldener 
Spiralfingerring zum Vorschein kamen. 

In der Schonegg bei Spiez am Thunersee fand man zu ver- 
schiedenen' Malen La T^ne-Gräber. Von Bonstetten bildete schon 
im Jahre 1855 in seinem „Recueil" einen prächtigen Halsring der 
Früh-La TÄne-Zeit ab, ferner geknotete Bronzespangen, ein Bronze- 
ringlein, eine Certosafibel, zwei Früh-La T^ne-Fibeln aus Bronze 
und ein Collier von Bemsteinperlen, welche Objekte alle aus dem 
genannten Fundorte stammten. Er hatte selbst Grabungen vor- 
genommen und fand die Gräber bis über i m tief in den Tuff ein- 
gelassen. Ein Grab enthielt den Halsring und die Certosafibel, in 




Fig. 40J. 
BroQzekelte von Champagny (Gempenach). 

einem zweiten lagen die zwei andern Bronzefibeln. Zwischen den 
Gräbern stiess man auf runde Vertiefungen, die ca. 2 Fuss tief 
waren und 1,5 Fuss Durchmesser hatten. Sie waren mit Asche und 
Kohlen, zum Teil vermischt mit verbrannten Knochen und Scherben, 
erfüllt. Von Bonstetten vermutet, das seien die Gräber armer Leute. 
Ein grosses Grabfeld, das während der Früh- und der Mittel- 
La Töne-Zeit benutzt wurde, dehntsichbei Gempenach [Champagny; 
im Kt. Freiburg aus. Schon im November 1 830 stiess man daselbst 
beim Abdecken der Kiesgrube auf Gräber. Sie enthielten Skelete, 
die an den Armen und auf der Brust mit Schmuck versehen waren. 
Drei der Armbänder bestanden aus Glas, ebenso zwei Fragmente, 
zwei andere waren aus Bronze verfertigt. Aus Bronze bestand auch 
eine Kette (Fig. 402). Seit dem Jahre 1830 sind nun in Gempenach 



zed.yGOOgle 



^g2 Vierte» Kapitel. 

ofhnals wieder Funde gemacht worden. Die Mehrzalil derselben ge- 
langte nach Bern, einiges ist zerstreut worden, and eres verloren gegangen. 

Das Historische Museum Bern besitzt aus Champagny zahlreiche 
Fragmente von Bronzeketten, ähnlich denjenigen von Sinneringen, 
Kirchthumen, Oberhofen, Kehrsatz, Bikingen u. s. w,, femer Glas- 
ringe von weisser, gelber und blauer Farbe, einen Gagatring, Spiral- 
ringe aus Bronze, einen gekröpften Ring, Früh- und Mittel-La 
T^ne-Fibeln, eine eiserne Lanzenspitze, Schwertfragmente, eine auf 
der Drehscheibe erstellte Urne und Thonscherben. 

Dass auch im Waadtlande die Flachgräber der La T^ne-Zeit 
nicht fehlen, beweisen Funde aus Echallens, wo in Skeletgräbem 
Armringe aus Glas und Gagat gefunden wurden, aus Ollon und 
andern Orten. Bekanntlich ist die Gegend von Ollon schon zur 
Bronzezeit bevölkert gewesen; sie blieb es auch in der Eisenzeit, 
Einige der Skele^räber von Charpigny bei Ollon gehören wohl der 
Haltstattzeit an; in Villy fand man Gräber der Früh-La T^ne-Periode, 
in Antagnes und Fontaines solche der mittleren La T^ne-Zeit In 
St Triphon kamen auch wieder Mittel-La Tene-Gräber zum Vor- 
schein, aber sie haben ganz den Charakter der Walliser Gräber. 
Jedenfalls war Ollon ein Hauptplatz des wallisischen Stammes der 
Nantuates, deren Hauptort bei St. Maurice lag und deren Gebiet bis 
an den Genfersee, wahrscheinlich bis in die Gegend von Vevey reichte. 

4. Anthropologische Bemerkungen. Eine allerdings geringe Zahl 
von Schadein aus Grabhügeln sind in dem grossen Werke von His 
und RüTEMEYER (Crania helvetica) beschrieben. Seither haben Virchow 
und andere die Skeletteile, welche in La Töne zum Vorschein kamen, 
untersucht und endlich sind einzelne Gräber von Prof Martin ihrem 
anthropologischen Inhalt nach durchforscht worden. Nach diesen 
Untersuchungen scheint es, als ob die vorwiegend dolichocephale 
Bevölkerung unseres Landes zur Bronzezeit (nach und nach?) einer 
kurzköpfigen Rasse Platz gemacht habe. 

In einem Grabe, das im Frühling 1896 im Grunde der neuen 
Kirche Wiedikon {Zürich III) zum Vorschein kam, fanden wir ein 
Skelet und bei demselben eine Mittel-La T^ne-Fibel aus Bronze, 
einen Spiralarmring aus demselben Material, sodann zwei kleine 
Bronzeringe, einen Spiralfingerring und eine Bemsteinperle. Der 
Schädel war nur in Resten erhalten, so dass die Indices nicht be- 
stimmt werden konnten. Aus der Art und dem Erhaltungszustand 
der Zähne schätzte Martin das Alter auf 30—40 Jahre. Die ganze 
Länge des rechten Femurs betrug 425, diejenige des linken 426 mm. 
Die Maximallänge des rechten Radius ergab 232, diejenige des 
linken Radius 228 mm. Daraus wurde von Martin die Körpergrösse 



zed.yGOOgle 



Die Eisemeit, 393 

auf 156 — 159 cm berechnet. Der Bau der Femora und der Gaviculae 
lässt auf ein weibliches Skelet schliessen. Wir haben also das Grab 
einer 30 — 40 Jahre alten und 156 — 159001 hohen Frau vor uns. 
Interessanterweise fand sich in diesem Grabe auch noch ein Wirbel- 
körper eines Säugetiers. 

In La T^ne wurden Reste von über 30 Personen aufgefunden. 
Schon im VI. Pfahlbaubericht konnte F. Keller Knochen von circa 
sechs Individuen namhaft machen. Auch Desor hatte einen Schädel 
gefunden. Emile Vouga, der, wie Dr. Gross, eine Monographie über 
La T^ne geschrieben hat, fand eine bedeutende Anzahl von Schädeln 
und andern Skeletteilen. Ein Schädel zeigte auf dem Scheitel eine 
Schwertwunde, ein anderer eine Difformitat. Leider sind von andern 
Forschern unter den La T^ne-Schädeln auch zwei beschrieben worden, 
die nicht in dieser Station gefunden wurden, sondern, wie Vouga 
konstatierte, aus Burgundionengräbern stammen, die in der Nähe 
von La T^ne zum Vorschein gekommen waren. 

Von zehn Schädeln aus La Tene, welche Virchow untersuchte, 
waren 

5 brachycephal mit einem Index von 81,3 
3 mesocephal „ „ „ „ 76,7 

2 dolichocephal „ „ „ „ 70,7 



10 Schädel. Mittlerer Index 77,8. 

Bei 1 1 Skeletten konnte das Geschlecht bestimmt werden; dabei 
ergab sich, dass 8 mannlichen Geschlechts waren. Gross macht in 
seinem Werke über La T^ne noch besonders aufitnerksam auf das 
ungleiche Aussehen der La T^ne-Schädel. Die kurzen und die 
mesocephalen Schädel haben im allgemeinen eine grauweissliche 
Farbe; die Langschädel dagegen sind braun und glatt, wie diejenigen 
aus Pfahlbauten und Torfmooren. Es wäre, wie Gross bemerkt, 
möglich, dass dieser Umstand Altersunterschiede andeuten würde, 
dass z. B. die dolichocephalen Schädel aus dem alten torfigen Grunde, 
die andern aus den darüber lagernden Alluvionen ans Tageslicht 
gezogen worden wären. 

D. Funde vorrömlscher Münzen und Inschriften. 

Die Urgeschichte oder Prähistorie hat die Aufgabe, die Kultur 
eines Landes oder Volkes bis zu dessen Eintritt in die eigentlich 
historische Zeit zu beschreiben. Als Grenzmarke zwischen den 
beiden eben genannten Epochen wird der Zeitpunkt betrachtet, da 
ein Volk anfängt, seine Schicksale der Nachwelt durch die Schrift 
zu übermitteln, wo also die Schrift erfunden oder angenommen 



zed.yGOOgle 



394 Viertes Kapilel. 

wird. Die im Jahre 58 v, Chr. aus der Schweiz nach Gallien aus- 
wandernden Helvetier hatten in ihrem Lager Verzeichnisse der 
Auswanderer. Sie waren in griechischer Schrift geschrieben und 
fielen dem römischen Feldherm in die Hände. Die Helvetier 
waren also zur Zeit ihrer Auswanderung eben im Begriffe, in die 
geschichtliche Epoche, und damit in die Reihe der kultivierten 
Völker einzutreten. 

Wenig früher lernten die Bewohner unseres Landes gemünztes 
Geld kennen. Das Vorkommen desselben beweist regen Handel 
und Verkehr. Bei Betrachtung von Ansiedelungen und Gräbern 
der La Tinc-Periode haben wir bereits einiger Funde von Münzen 
Erwähnung gethan. Die Münzfunde, im Verein mit einigen vor- 
römischen Inschriften, helfen den Schluss der in strengerm Sinn 
prähistorisch zu nennenden Periode der Vergangenheit des Schweizer- 
landes illustrieren. 

I. Münzen aus der Eisenzeit. Die ältesten in der Schweiz 
gefundenen Münzen bestehen aus Gold, Elektron, d.h. einer Mischung 
von Gold und Silber, aus Silber und Potin, d. h. einer Legierung 
aus Kupfer, Zinn und Blei. Sie kamen in grösserer Anzahl in der 
schweizerischen Hochebene zum Vorschein; indessen hat man sowohl 
im Jura, als auch in den Alpen einige wichtige Münzfunde gemacht. 

Im Kt. Tessin sind nur an zwei Stellen vereinzelte vorrömische 
Münzen gefunden worden, dagegen kam schon im vorigen Jahr- 
hundert eine grössere Anzahl solcher am Wege über den Julier 
zum Vorschein. Als nämlich im Jahre 1786 ein Mann aus Conters 
durch das Oberhalbstein fuhr, sah er, kaum einen Flintenschuss 
vom Hofe Burwein entfernt, aus der Erde etwas Glänzendes hervor- 
schimmern. Er grub nach und fand zwei ineinander liegende Kupfer- 
kessel, von denen der innere noch gut erhalten war. Derselbe ent- 
hielt goldene und silberne Armbander, worunter auch schlangenartig 
gewundene, femer goldene und silberne Münzen. Ausserdem fanden 
sich „griechisches" Erz, Würfet, eine Art Brille von gewundenem 
Draht, kleine Pfeifchen und ein kleiner silberner Kessel von ge- 
triebener Arbeit. Der Finder verkaufte den Schatz einem Italiener 
und ein Goldschmied in Cläven (Chiavenna) schmolz den grössten 
Teil desselben ein. Nur einige Münzen (vgl. Fig. 403 u. 404} und 
ein kleines silbernes Weihrauchfass mit Kette blieben erhalten. 

1 789 wurde an der Fundstelle in Burwein ein goldenes Münzchen 
von der Form der sogen. Regenbogenschüsselchen gefunden. Die 
erhaltenen Münzen kamen zum Teil in die Hände des bekannten 
Altertumsforschers Schreiber, Professor in Freiburg i. B., der sie 
beschrieb. Auch Mommsen publizierte eine Anzahl Burweiner Münzen 



zed.yGOOgle 



Die EisenieiL 



395 



und Dr. H. Mbver in Zürich stellte 1863 die bekannt gewordenen 
Stücke ebenfalls zusammen. Das Rätische Museum in Chur besitzt 
zehn Münzen aus dem Burweiner Funde. 

Das „Weihrauchgefäss" war zuletzt im Besitz von Carl Ulysses 
V. Salis- Marschlins, scheint aber seither verschwunden zu sein. 
Glücklicherweise fand sich eine Zeichnung desselben in der Hinter- 
lassenschaft des bekannten Züricher Dichters Martin Ustere. 

Die erhalten gebliebenen Silbermünzen von Burwein bei Centers 
bestehen aus Silber und einige von ihnen tr^en in griechischen 
Lettern den Namen ihres Ursprungsortes Massilia (heute Marseille). 
Die eine Seite des Gepräges zeigt einen lorbeerbekränzten Kopf, 



Fig. 403. Fig. 404. 

Massaliotiache Silbermünzen von Burweia bei Conteri. 

die andere den massaliotischen Löwen, nicht, wie der erste Be- 
schreiber derselben meinte, das trojanische Pferd. 

Ein anderer Fundort von vorrömischen Münzen in der Ost- 
schweiz ist die Gegend beim Schlosse Kastei ob Tagerwilen 
(Thurgau), wo mehrmals Viertelstater aus Gold zum Vorschein 
kamen. Einer derselben gleicht der Goldmünze von Morgen und 
trägt, wie diese, in griechischen Lettern geschriebene Teile des 
Wortes Philippos. 

In der Umgebung von Schaffhausen wurde eine Elektron- 
münze von konkaver Form der Erde enthoben und in Breiteten bei 
Unter-Hallau will man eine gallische Münze gefunden haben. 

Unten am Schlosse Laufen beim Rheinfall fand man im Jahre 
1851 eine Potinmünze, die den Sequanern zugerechnet wird, und 
vom gleichen Fundort stammt eine konkave Silbermünze von der 
Grösse der griechischen Tetradrachmen, aber viel dünner. Es sind 
barbarische Nachahmungen von makedonischen Münzen; sie werden 
als helvetische Prägungen erklärt. Unweit Laufen ist das bekannte 
Kloster Rheinau, in dessen Umgebung nebeii andern Altertümern 
auch „gallische" Münzen gefunden wurden. 

Eine konkave Goldmünze von der Art der am Rheinfall ent- 
deckten Nachbildung makedonischer Münzen stammt aus der Gegend 
von Winterthur und bei Weisslingen fend sich ein goldener 
Philipper. Südlich von Bülach kam ebenfalls eine goldene Philipper- 



zed.yGOOgle 



aOÖ Viertes Kapitel. 

münze zum Vorschein und bei Kloten soll eine massaliotische 
Silbermünze ausgegraben worden sein. 

Ein eigentümlicher Münzfund wurde neben der Börse in Zürich 
der Erde enthoben. Bei Fundamentierungen stiessen die Arbeiter in 
5 '/» ni Tiefe auf mehrere Metallklumpen, die sich bei der chemischen 
Untersuchung als Potin erwiesen. Sie bestanden aus zusammen- 
geschmolzenen Münzen, deren einige noch erkennbar waren. Der 
grösste Klumpen wog 65 1^; im ganzen mag etwa i q, Metall 
vorhanden gewesen sein. Die Münzen gleichen denjenigen der 
Sequaner und weisen, wie jene, auf der. einen Seite das gehörnte 
Pferd auf (gallisches oder Einhornpferd}, auf der anderen Seite aber 
den Merkurstab (Caduceus). Es wäre nicht unmöglich, dass wir hier 
die Scheidemünze der Helvetier vor uns hätten. Ob Zürich eine 
Münzstätte gewesen und warum diese Münzen zusammengeschmolzen 
wurden, wissen wir nicht, da die Fundstelle leider nicht genauer 
untersucht wurde. 

Übrigens sind in und bei Zürich auch noch andere Potin- 
und sogar vorrömische Goldmünzen zum Vorschein gekommen. 
Die Potinmünzen aus den Gräbern von Wiedikon haben wir be- 
reits erwähnt und beim Bau der neuen Rathausbrücke fand steh 
ebenfalls ein solches Stück. In Wiedikon, wie in dem benachbarten 
Aitstetten, entdeckte man mehrere Goldmünzen, worunter Nach- 
ahmungen makedonischer Philipper, zu denen noch der Viertel- 
stater von Horgen kommt. 

Im Kanton Zug ist die Münze von Steinhausen bis jetzt ver- 
einzelt geblieben, dagegen hat Luzern mehrere Stücke geliefert. In 
Buchs wurde eine jener grossen Nachahmungen makedonischer 
Münzen in Silber gefunden, wie wir sie schon erwähnt haben. Bei 
Sursee stiess man im Zellermoos auf eine gallische Münze, und von 
Wauwil hat Reher zwei goldene Stücke publiziert. Sie haben die 
Form der Regenbogenschüsselchen ; so genannt, weil sie der Sage 
nach nur an Stellen zu finden sind, wo der Regenbogen die Erde 
berührt hat 

Goldene Viertelstater wurden im Freiamt des Kts, Aargau 
gefunden. Bei dem durch seine römischen Ruinen bekannten Ober- 
kulm kam eine Salassermünze zum Vorschein. Aus der Gegend 
des alten Vindonissa sind mir vier vorrömische Münzen bekannt 
Eine derselben besteht aus Silber und wird dem gallischen Stamm 
der Senoner zugeschrieben; zwei andere gehören zu den grossen 
Stücken, die vielleicht im helvetischen Lande selbst geprägt wurden. 
Die eine dieser Münzen besteht aus Silber, die andere aus Elektron; 



zed.yGOOgle 



Die EUenieit 



397 



beide kamen in oder bei Bni^ zum Vorschein. Die vierte Münze 
endlich ist ein Goldphilipper, 

Die Münzsammlung des Schweizerischen Landesmuseums enthält 
zwei vorrömische Münzen aus Baden. Die eine ist eine Sequaner- 
münze, die andere muss den im östlichen Frankreich wohnenden 
Äduern zugeschrieben werden. Bei den Ausgrabungen neben dem 
evangelischen Pfarrhause kam 1892 eine zweite Sequanermünze 
zum Vorschein. 

In Leuggern fand man ausser einem Gold-Philipper zwei Silber- 
münzen mit der Aufschrift SOLIMA (RIVS). Klingnau hat eben- 
falls eine vorrömische Münze geliefert und endlich ist in Zurzach 
«ne Sequanermünze gefunden worden. 

Die Stadt Basel barg an mehreren Stellen gallische Münzen, 
von denen zwei nach Zürich gelangten. Muttenz lieferte einen 
Gold-Philipper, In Basel-Augst soll eine Sequanermünze gefunden 
worden sein. Auch Oltingen, eine Gemeinde, von der aus der 
Schafmattpass begangen werden konnte, lieferte Sequanermünzen. 

Der Kt. Solothum war ergiebig an vorrömischen Münzen, An 
der Ostgrenze desselben li^ Schönenwerd. Es wurden daselbst 
Goldmünzen gefunden, die man den Mcdiomatrikem zuschreibt 
Sie haben auf der Vorderseite einen mit Diadem versehenen Kopf 
und auf dem Revers ein Flügelpferd oder ein Pferd mit mensch- 
lichem Antlitz, Aus der Stadt Solothum sind u. a. Äduer- 
münzen bekannt geworden. Ein solches Stück ist auch in Grenchen 
zum Vorschein gekommen. 

Baisthal hat einen ganzen Schatz von Münzen geliefert. Im 
Winter 1839 — 40 stiess ein Bauer beim Holzschlitten auf einen 
irdenen Topf, Dieser zerbrach und heraus fiel keltisches Silbergeld: 
Äducr- und Sequanermünzen verschiedener Art. 

Noch bedeutender ist der Münzfund von Nunnigen. Nord- 
östlich von diesem hinter dem Passwang gelegenen Dorfe ist die 
Risete, ein hochgelegenes Feld, in welchem man zahlreiche „Nun- 
niger Erbschen" fand, d. h. kleine dicke Silberstückchen mit dem be- 
helmten Kopf und dem springenden Pferd, sowie der Inschriit 
KAAETEAO Y. Es sind Münzen des keltischen Stammes der 
Aduer. Andere Stücke von Nunnigen tragen lateinische Schrift 
und bezeichnen den Häuptling Quintus Docius, des Samillus Sohn. 
Es sind ebenfalls Äduermiinzen. Sie gehören dem letzten Jahr- 
hundert vor Christi Geburt an. 

Der Kanton Solothum hat auch Regenbogenschüsselchen ge- 
liefert Noch sei erwähnt, dass im Nordwesten des Kantons, in 



zed.yGOOgle 



J^ ViertcE Kapitel. 

der Exclave von Mariastein bei Mctzerlen, eine Sequanennünze 
zum Vorschein kam. 

Nicht weniger ergiebig an keltischen Münzen, als der Kt. 
Solothum, war der Berner Jura. In Courroux fanden sich Äduer- 
und Sequanermünzen; auf dem Mont Terrible mischen sich viele 
fremde Typen ein, die man noch nicht genau heimweisen kann. 
Bei Porrentruy scheinen u. a. auch Münzen der Remier vorzu- 
kommen. 

Bei Biel fand sich eine Goldmünze, bei Studen, unfern des 
römischen Petinesca, eine Potinmünze. In Burgdorf kam eine 
silberne Münze (der Äduer?) zum Vorschein, bei Münchenbuch- 
see eine goldene. Die Münzen aus den La T^ne-Gräbem von Bern 
haben wir oben erwähnt. Es bleibt noch hinzuzufügen, dass in der 
Tiefenau eine massaliotische Silbermünze, zwei den griechischen 
Tetradrachmen an Grösse gleichkommende Nachahmungen make< 
donischer Münzen, sowie einige gallische Potinmünzen gefunden 
wurden. In Bern fand man auch eine Sequaner- und ausserdem 
noch eine weitere Potinmünze. Einige seltene gallische Münzen 
kamen in Belpberg Kum Vorschein. Aus demselben Funde stammt 
z, B. eine Münze des Äduerfiirsten Dubnorex. 

Im Hemer Oberland ist Uebischi bei Thun der einzige Ort, 
der eine gallische Münze geliefert hat. Sie wurde 1847 in einer 
Wiese beim Dorf gefunden und besteht aus Gold. 

Die Station La T^ne ist auch in Bezug auf Münzen nicht 
uner^ebig gewesen. Man &nd daselbst, wie schon erwähnt, bohnen- 
fbrmige Stücke Gold, die Gross zu den Münzen zählt Das eine 
derselben wiegt 2,496 mg, das zweite 2,558 mg. Ein drittes Stück 
besteht aus Bronze, Die eigentlichen Münzen enthalten entweder 
Potin, Silber oder Gold. Die Potinmünzen stammen von Äduem, 
Sequanem und Helvetiern, die Silbermünzen von den Aduern und 
aus Massilia und was die goldenen Stucke anbetriift, so findet sich 
darunter ein Viertelstater (Philipper) und eine grosse Nachbildung 
makedonischer Münzen. 

Im Val del Ruz kam eine silberne Münze mit der Inschrift 
Solimarius zum Vorschein und bei Colombier eine solche aus 
Massilia. Eine Münze mit der Inschrift Dubnorex stammt ebenfalls 
aus dem Ncuenbu loschen. 

Colombier schräg gegenüber, am freiburgischen Ufer des Neuen- 
burger Sees liegt Font in der Nähe von Estavayer. In Font 
sollen keltische Bronzemünzen gefunden worden sein, ebenso auf 
dem zwischen Neuenburger- und Murtnersee steh hinziehenden 
Mont du Vuilly (Ober-Wistenlach). Nehmen wir zu den Funden 



zed.yGOOg[e 



Die Eisenzeit 



399 



von Font und Vuilly le Haut noch die Salassermünze von Cor- 
pataux, so haben wir sämtliche bis jetzt bekannte Funde von 
gallischen Münzen im Kt. Freiburg au^ezahlt. 

Ein bedeutsamer Fund wurde in Avenches (Waadt) gemacht. 
Beim Nachsuchen in den Resten des grossen und reichen römischen 
Aventicum brachte Caspari einen metallenen Stempel zum Vorschein, 
Es war bekanntlich ein rundes Stück Eisen von 4 — 5 cm Durch- 
messer. Auf seiner oberen Seite ist ein rundes Stück Erz eingekeilt, 
dessen Aussenseite poliert und vertieft erscheint Es lässt ein nur 
wenig vertieftes Gepräge erkennen, einen unbärdgen Männerkopf, der 
mit einem Kranz geschmückt ist Das ist ein Münzstempel (Fig. 405). 
Er enthält den Avers jener Gold und Elektronmünzen, welche wir 
so oft als Nachbildungen makedonischer Münzen namhaft gemacht 
haben. Wenn im alten Aventicum schon vor der Zeit der Römer- 
herrschaft Münzen geprägt wurden, so muss es ein bedeutender Ort 
gewesen sein. Manche betrachten 
es als Haupt ort des helvetischen 
Landes. Es muss übrigens bemerkt 
werden, dass in Avenches auch 
gallische Münzen zum Vorschein 
gekommen sind, von denen Mever f^'g- 405- 

eine publiziert hat Münzstempel aus Avenches. 

In Moudon wurde eine gallische Silbermünze gefunden, bei 
Lausanne eine massaliotische Münze aus Silber und eine Kupfer- 
münze, die als Inschrift denNamen„GermanusIndutiUif' tragt Nyon 
hat ebenfalls mehrere gallische Münzen geliefert, worunter eine 
goldene und mehrere silberne. Auch beim südwestlichen Ausgangs- 
thor der Schweiz, in Genf, haben wir Funde von solchen Münzen 
zu konstatieren. Sie bestehen aus Potin, Silber und Gold. 

Es erübrigt uns noch, den Weg über den grossen St. Bernhard 
in Bezug auf vorrömische Münzen zu untersuchen. Dabei tritt be- 
sonders eine Gattung von Münzen auf, die wir bisher bloss von 
Oberkulm und Corpataux namhaft gemacht haben. Mommsen schreibt 
sie den goldreichen, am Südabhang des Bernhard wohnenden 
Salassem zu. Eine solche Gold-Münze trägt die Inschrift „kasilos". 
Sie stammt von Port Valais oberhalb des Genfersces. Zehn 
Minuten vom Dorfe Collombey entfernt ist der „Roc de la Halme". 
Als man daselbst für die Dammbauten an der Rhone Steine brach, 
fand sich eine Goldmünze, die ebenfalls den Salassem zugeschrieben 
wird (Fig. 406, a u. b). 

In Martigny kam eine Sequanermünze zum Vorschein, Am 
Bernhardswege liegt das Dorf Liddes. Im Jahr 1861 sah Dr. Mevsr 



zed.yGOOgle 



400 



Viertes Kapitel. 



beim dortigen Geistlichen neben 30 römischen auch 5 kettische 
Münzen, von denen eine (Fig. 407) den AUobrogern gehört haben 
dürfte. Zahlreicher sind vorrömische Münzftinde in dem ob Liddes 
gelegenen Bourg St. Pierre, besonders aber am Mont Joux in der 
Nähe des Bernhard-Hospizes, wo schon vor Beginn unserer Zeit- 
rechnung ein Heiligtum bestanden hat. Das von Prof. von Duhn 
publizierte Verzeichnis von Münzfiinden in dieser Gegend nennt 
92 Münzen, die den Salassem, AUobrogern, den Sequanern, den 



Fig. 406. Fig. 407. 

Saiassermünze von Collonibey (Muraz). AllobrogennüDie von Liddes. 

Volcae Arecomici, den Volcae Tectosages u. s. w, angehören. 
Nicht selten sind massaliotische Silbermünzen. Einige Stücke tragen 
Aufschriften, wie CRICIRV, TOC (Togirix), (Durn)ACOS, ATISIO- 
REM(0), MEDIOMA u. s. w. 




Orcitiri)i|Oigetoiii)inünzeD ans Ost-Franlt reich. 

AufTallenderweise hat man in der Schweiz noch keine Münzen 
des Orcitirix gefunden. Im östlichen Frankreich jedoch sind sie gar 
nicht selten (Fig. 408 u. 41 1). Sie bestehen aus Silber und zeigen 
verschiedene Typen. Die einen haben auf der einen Seite einen 
behelmten Kopf, bei dem manchmal ATPILLI oder COIOS zu lesen 
steht und auf der andern Seite ein springendes Pferd; bei den 
andern erscheint auf dem Revers ein Bär, auf dem Avers ein oft 
behelmter, oft unbehelmter Kopf, der hier und dadie Umschrift EDVIS 
aufweist Der Name ORCITIRIX steht auf dem Revers, entweder 
über dem Pierd oder unterhalb der Darstellung des Bären. 



zed.yGOOgle 



40I 

Fragen wir nach der Verteilung der keltischen Münzen in der 
Schweiz, so finden wir die Salassermünzen hauptsächlich an der 
Bemhardroute, AllobrogermUnzen im Südwesten unseres Landes. 
Die Äduermünzen reichen bis in die Ostschweiz und fanden sich 
stellenweise in bedeutender Zahl. Noch weiter verbreitet sind die 
massaliotischen Silberstücke. Fast in der ganzen ebeneren Schweiz 
trifft man endlich die Sequanermiinzen, die, relativ gesprochen, sehr 
häufig sind, ferner Nachahmungen von makedonischen Goldstücken, 
sowie jene Potinmünzen, die man speziell den Helvetiem zuschreibt 
Manche der genannten, z. B. die massaliotischen Münzen, sowie die 
seltener erscheinenden Typen, mögen durch Handel und Verkehr in 
die Schweiz gekommen sein, andere sind Geldstücke, die von be- 
freundeten Nachbarn stammten und im Lande gleich den eigenen 
Stücken Kurs hatten, dritte aber scheinen Völkerh>ewegungen anzu- 
deuten, über die wir im nächsten Kapitel Näheres mitteilen werden. 

2. Vorrömiscke Inschriften. Die Betrachtung der ältesten Münzen 
hat uns an den Schluss der in strengerem Sinne prähistorischen. Zeit 
geführt, die Inschriften geleiten uns in die geschichtliche Periode 
hinein. Die vorrömischen Inschriften der Schweiz sind aber sehr 
wenig zahlreich und bis jetzt nur aus dem Misox und dem Kt Tessin 
bekannt geworden. Galtische Inschriften fehlen bei uns. 

Auf einer Gneisplatte von 70 cm Länge und 25cm Breite, die im 
Campo grande bei Benabbia unterhalb Mesocco zum Vorschein kam 
und ins Rätische Museum in Chur gelangte, steht die zweizeilige In- 
schrift: VALAVNAL RANENl. Dr. Pauli behauptet, dass die Schrift 
dem lepontischen Alphabet eng verwandt und wie dieses eine Töchter 
des Etniskischen sei. Bedeutung und Sprache der Inschrift sind 
unbekannt. 

In Davesco bei Lugano fand man 1S13 eine lepontische In- 
schrift auf einer ca. 170 cm langen Granitplatte, die nach der von 
CoRSSEN und Pauli voi^enommenen Auflösung und Übersetzui^ 
lautet: 

SLANIAI : VERKALAI ; PALA 

(Der Slanu Verkala Gtab) 

TISrVI : PIVOTIALVI : PALA 

(Des TisioB Pivotialos Grab). 

Zwei weitere lepontische Inschriften wurden in Mendrisio ent- 
deckt Sie stehen auf Granitplatten und beenden sich, wie die bisher 
genannten, im Rätischen Museum in Chur. Diese Inschriften heissen: 

I. MINECKV : KOMONOS 
1. ALKOMINOS : ASKONETI 
[Alkominos, des Asconetes (Soho)]. 
Hcicrii, Urguchichle dir Scbunii. 



zed.yGOOg[e 



402 Viertes Kapitel. 

Man muss gestehen, dass diese Inschriften herzlich wenig sagen. 
Sie sind uns zum Teil sogar ganz unverständlich. Da aber die 
Gegenden, aus welchen sie stammen, archäologisch noch viel zu 
wenig bekannt sind, so hegen: wir die Hoffnung, dass spätere 
Funde unseren Wissensdurst in ausreichenderem Masse befriedigen 
werden. 



B. Die Kultur der Elsenzelt. 

Mit der Eisenzeit, oder besser gesagt, mit der La Tene Periode 
schliesst in der Schweiz die eigentliche ur- oder vorgeschichtliche 
Zeit ab und es ist daher gerechtfertigt, noch einen Blick auf die 
Kultur derjenigen Epoche zu werfen, die um den Beginn unserer 
Zeitrechnung in eine Periode übergeht, aus der uns wenigstens hier 
und da ein Stück geschriebener Geschichte erhalten geblieben ist. 
Betrachten wir zunächst: 

I, Die Wohnungen. Schon bei der Besprechung der An- 
^edelungsreste ist uns klar geworden, dass die EisenzeiÜeute in 
unseren G^enden zumeist in leichten, aus Holz erstellten Häusern 
gewohnt haben müssen. Cäsar sagt von den Helvetiern, dass 
sie ihre Städte und Dörfer vor ihrem Auszuge verbrannt hätten. 
Ebenso thaten ihre Nachbarn. Nach der Angabe Sträbo's er- 
stellten die Gallier — und zu diesen gehörten ja die Helvetier 
u, a, Bewohner der heutigen Schweiz — ihre Häuser aus Flecht- 
werk und Holz, gross und kuppeiförmig und bedeckten sie mit 
grossen Strohdächern. Derartige Gebäude sind auf der Antonins- 
säule wirklich zu sehen. 

Steinbauten müssen wir etwa unter den Tempeln suchen. Man 
hält indessen für sicher, dass die Gallier noch zu Cäsar's Zeit den 
Mörtelbau nicht kannten, sonst hätten sie ihn wohl auch bei den 
Mauern ihrer Festungen angewandt. Diese Mauern aber wurden 
folgendermassen gebaut: „Man legt Balken ununterbrochen, soweit 
sich die Mauer erstreckt, rechtwinklig zur Umfassungslinie in 
gleichen Zwischenräumen mit einem Abstand von je zwei Fuss auf 
den Boden. Dieselben werden im Innern miteinander verbunden 
und reichlich mit Schutt bedeckt, die erwähnten Zwischenräume 
aber auf der Aussenseite mit grossen Steinen vollständig aus- 
gefüllt. Auf diese Stein-Holzschicht wird eine zweite so gelegt, dass 
jener nämliche Zwischenraum beibehalten bleibt und die Batken 
einander nicht berühreUj sondern die einzelnen, gleich weit von- 
einander entfernten Hölzer durch die dazwischen gelegten Steine in 
ihrer Lage festgehalten werden. So wird von Stufe zu Stufe der 



zed.yGOOgle 



403 



ganze Bau aufgeführt, bis die Mauer die nötige Höhe erreicht. Ein 
solches Bauwerk ist bei dem regelmässigen Wechsel von Steinen 
und Balken teils fiir das Auge gefällig, teils für die Verteidigung der 
Plätze höchst zweckmässig; denn gegen das Feuer schützt der Stein 
und gegen den Sturmbock das Holzwerk, das ununterbrochen 
durch Balken von meistens 40 Fuss Länge verklammert, weder durch- 
brochen noch auseinander gerissen werden kann" (Bell. gall. VII, 23). 
Beiläufig mag erwähnt werden, dass die Gallier auch hölzerne 
Brücken zu errichten im stände waren. Kahne und Flosse be- 
nutzten die Helvetier bei Genf und zu ihrem Übergang über die 
Saöne. 

Kehren wir zur Betrachtung der Wohnungen zurück, so dürfen 
wir in den letcht^ebauten Hütten, at^esehen von der Töpferware, 
nicht viel Hausrat erwarten. Eine Truhe für die Rleider bildete 
den Hauptbestandteil desselben. Man schlief auf der Erde oder auf 
Fellen. Zum Essen setzten sich die Kelten, wie PosinoNtus meldet, 
auf Heu um ihre sehr niedrigen Holztische. Als Schnei de Werkzeug 
dienten ihnen die kleinen Messer, deren jeder eines an der Seite 
seiner Schwertscheide in einem Futterale trug, Sie assen viel 
Fleisch und wenig Brot; das erstere wurde gekocht, auf Kohlen ge- 
röstet oder am Spiess gebraten. 

Unter den Küchengeräten nahmen die Gefässe die erste Stelle 
ein. In der Hallstattperiode überraschen uns die eleganten Formen 
und die oft reiche Ornamentik. Schalen, Schüsseln und Teller, 
Becher, Töpfe und Krüge treten auf. Einige derselben zeigen 
Graphi^lanz, andere sind rot und weiss bemalt, viele mit Linear- 
Verzierungen versehen. Diese Ornamentik kommt bei Schalen und 
Töpfen weniger häutig vor als bei Schüsseln, wie sie in den Grab- 
hügeln von Lunkhofen, Trüllikon, Kreuzungen und anderen Orten ge- 
fiinden wurden. Recht niedlich ist eine Schale, die aus (einem Grabe? 
in) dem durch einen Bergsturz verschütteten Felsberg bei Chur stammL 
Die Aussenseite der Schale ist rot bemalt, der obere Rand schwarz. 
An denselben schliessen sich einige schwarze, glänzende Dreiecke, 
denen unten ähnliche Felder entsprechen. Die schwarzen Dreiecke 
sowohl, als der rote Grund sind mit weissen Linien übermalt, die 
in den Dreiecken Quadratnetze, auf dem Grunde aber Rauten bilden. 
Die letzteren werden von weissen, sich kreuzenden Linien eingefasst. 
In roter, weisser und schwarzer Farbe erscheinen besonders häutig 
die Schüsseln. Selten sind bemalte etruskische oder griechische 
Gefässe in der Schweiz. Auf dem Utiiberge bei Zürich fand 
sich indessen ein Vasenfragment, das auf rotgelbem Grunde eine 
schwarze, palmettenart^e Verzierung autweist (Fig. 412, a) und bei 



zed.yGOOgle 




a Fig. 411. 6 

1 GKechische Scheibe vom Düiberg bei Zürich, 
b Das dazu gehSrige Gef^. 



Fig. 413- 

Aryballos aus Tlgerwilen. 



„Google 



Die Eisens^ 405 



Tägerwilen unfern Konstanz kam ein prachtvoller griechischer 
Aryballos zum Vorschein (Fig. 413, a und 6). Wenn uns die eben 
genannten Stücke auf die Lander südlich der Alpen als ihre Heimat 
hinweisen, so ist ein Import aus dem Süden auch noch durch ver- 
schiedene Bronzegefasse erwiesen, die in Grabhügeln gefunden 
wurden. Schon bei Besprechung des bronzezeitlichen Ptahlbaus 
WoUishofen (Zürich) haben wir eines Gefässfragmentes aus Bronze 
Erwähnung gethan, das die Situlaform repräsentiert Eine ganz er- 
haltene Situla kam in einem Grabe von Russikon vor, welches der 
ersten Eisenzeit angehört. Die cylindrischen Bronzekessel, Cisten, 
die ebenfalls aus dem Süden stammen, sind seltener. Ein Exemplar 
im Museum Bern stammt aus einem Grabhügel im Grauholz, nord- 
östlich der Stadt, ein anderes aus Ins. Schnabelkannen aus Arbedo 
und Umgebung stehen im Landesmuseum. Das Museum Bern be- 
wahrt den schönsten Bronzekessel fiind auf, der bis jetzt in der 
Schweiz gemacht wurde: es ist der Kessel von Grächwil bei Mei- 
Idrch (Kt Bern), den wir oben (Seite 372) besprochen haben. 

Aus der zweiten Eisenzeit besitzen wir keine bemalten Gefässe, 
die Ornamentik ist einfach. Die Bronzekessel sind wenig zahlreich 
und ohne charakteristische Form und Verzierung. Überall zeigt sich 
das Vorherrschen des Nützlichkeitsprinzips. In der Mitte!-La Tene- 
Zeit wurde die Töpferscheibe bekannt, doch kommen noch in An- 
siedelungen römischer Periode oft Scherben von Freihand-Gefässen vor, 

2. Kleidung und Schmuck. Aus den Grabhügelfunden von Dörf- 
lingen und Trüllikon hat schon F. Keller versucht, die Kleidung der 
Frauen in der Hallstattperiode zu rekonstruieren (s. beistehendes Voll- 
bild). Die Leichen schienen ihm mit einem tunika-ähnlichen Gewand 
bekleidet gewesen zu sein. Dasselbe reichte bis nahe an die Fuss- 
knöchel und liess den Hals frei. Auf der Brust hielt eine Fibel das 
Kleid zusammen; um die Hüften wurde es von dem Gürtet gehalten. 
Über dieser ärmellosen Tunika folgte ein Mantel, der vorn mit 
Fibeln festgehalten wurde. An Fuss- und Handgelenken lagen 
Schmuckringe; den Hals schmückte ein Perlband oder ein Ring 
und auch Ohrringe fehlten nicht. Der Kopf war durch eine 
Art Diadem umrahmt, das in seiner Form dem Haarschmuck 
ähnelte, der heute noch bei den Frauen in der Brianza und im 
südlichen Tessin üblich ist Dieser besteht aus mehreren zusammen 
gesteckten Nadeln, die radial geordnet sind. Auch in den er- 
wähnten Grabhügeln fand man Nadeln, die in radiärer Ordnung 
lagen, Sie scheinen durch ein Lederband festgehalten worden zu 
sein. Da mehrfach Funde von Lederresten in vorgeschichtlichen 
Gräbern konstatiert wurden, so nimmt man an, es sei schon damals 



zed.yGOOgle 



4o6 



Viertes Kapitel. 



eine Methode des Ledergerbens bekannt gewesen. Es haben sich 
auch Tuchfragmente erhalten und zwar kommen in den Grabhügeln 
nicht selten solche Stücke vor, welche mit eingesetzten Bronze- 
stiften geschmückt waren. 

Mit der Kleidung der letzten Phase der Eisenzeit in unserem 
Lande sind wir durch schriftUche Zeugnisse römischer Schriftsteller 







in Frieden stracht (nach Momusen). 



bekannt geworden. Die Kleidung der Gallier bestand in Bein- 
kleidern, einem Leibrock und einem kurzen Mantel, Statt Leibrock 
und Mantel wurde auch etwa ein Oberkleid mit Ärmeln und Kapuze 
verwendet. 

Bekanntlich gingen die Gäsaten, jene gefiirchteten Reisläufer 
des Altertums, deren Heimat in den Alpen und nordwärts derselben 
gesucht werden muss, nackt in die Schlacht und boten ihre grossen 
Leiber den feindlichen Lanzen dar. Sonst aber waren die Gallier 



zed.yGOOgle 



Di« Ejsenzeit. 



407 



mit Hosen (braccae) bekleidet und daher erhielt das transalpine 
Land von den Römern den Namen GallJa braccata. Der Leibrock 
reichte bis über die Hüften und war mit Ärmeln versehen, das 
Oberkleid mit Ärmeln und Kapuze könnte mit dem Kaput unserer 
Soldaten verglichen werden. 

Die keltische Kleidung bestand zumeist aus schafwollenen Stoffen. 
DioDOR erwähnt die farbigen, buntgestreiften Zeuge der Gallier, Plinius 
bezeichnet getupfte Stoffe geradezu 
als gallische Erfindung. Mit einem 
Kraute, Vaccinium, sollen s(^ar 
die Kleider der Sklaven rot gefärbt 
worden sein, und aus dem Hya- 
zynthus gewannen die Gallier eine 
Purpuriärbe. Auch Leinenstoffe 
wussten sie anzufertigen; wenig- 
stens erwähnt Strabo die Leinen- 
webereien der Cadurci. 

Durch Funde sind diese Dar- 
stellungen der römischen Schrift- 
steller bestätigt worden, Mohmsen 
fiihrt beispielsweise einen Grab- 
stein aus England an, der uns 
einen Sequaner in Friedenstracht 
vor Augen fuhrt (Fig. 414 ). 
Der Mann ist mit dem kaput- 
artigen Oberkleid angethan. Bei- 
stehende Figur 415 stellt einen 
Gallier mit Hosen, Leibrock und 
Mantel dar. Wirkliche Stoffreste 
aber sind in Gräbern gefunden 
worden. Fig ^.^ 

. Unter den Schmucksachen der Gallier. 

Eisenzeit treten die Nadeln, die 

in der Bronzeperiode in so grosser Zahl vorhanden gewesen, zunick. 
Die mit Köpfen aus Bernstein mit Zinneinlagen versehenen Haar- 
nadeln von Trüllikon und Dörflingen sind als seltene Vorkomm- 
nisse zu betrachten. Diademe scheinen ganz zu fehlen und die 
Kämme kommen selten vor. Zahlreich sind dagegen die Fibeln 
aus Bronze, Eisen und Silber. 

Die ältesten in der Schweiz gefundenen Fibelformen gehören zu 
der Gruppe der Sicherheitsnadeln mit halbkreisförmigem Bügel, so- 
dann folgen, wie wir gesehen, die Fibulae a grandi coste, die Pauken- 



zed.yGOOgle 



4o8 



Viertes KapiteL 



fibeln mit paukenartiger Bügelmitte, zu der sich auch etwa eine Fuss- 
pauke gesellt (Fig. 416), die Schlangenfibeln und die mit ihr ver- 
wandten Homfibeln. Jünger sind die Golaseccaübeln mit geradem 
und die Certosafibeln mit aufgerichtetem Fuss, welch letztere die 
Grenzscheide zwischen Halbtatt- und La T^ne-Zeit markierten. Es 
folgen die Früh- und die Mittel-La T^ne-Fibeln und bei Beginn unserer 
Zeitrechnung, also ganz am Schlüsse der uns beschäftigenden oder 
schon bei B^nn der folgenden Periode kommen Spät-La T^ne- 
und römische Provinzialfibeln vor. 

In der ersten Eisenzeit haben wir prachtvolle Gürtelbleche 
kennen gelernt Sie bestanden aus Bronze, wie diejenigen aus den 
Grabhügeln von Russikon, Bülach, Ins u. s. w,, seltener aus Gold, 
wie diejenigen von Chatonnaye und Alienlüften bei Mühleberg. Die 
Funde der zweiten Eisenzeit nördlich der Alpen entbehren dieses 



T^ 



Fig. 416. 
Broniefibel aus Nei 



Fig. 417. 
BroDZ«gürtelhaken a 



: Merigeo. 




Schmuckes. An Stelle desselben treffen wir einfache Gürtelhaken, 
die in der Hallstattperiode seltener auftreten und zwar auch da, wo 
sie vorkommen, meist importiert sind, wie z, B. die Gurtethaken von 
Bisikon bei 111 nau , Mörigen (Fig. 4 1 7), 
von Sion u. s. w. Jene grossen For- 
men aus Bronze, wie sie inMolinazzo 
und anderen Orten im Süden der 
Schweiz gefunden wurden und die, 
ähnlich den Gürtelblechen, ge- 
triebene Arbeit auftveisen, fehlen 
in der schweizerischen Hochebene. 
Spangen und Ringe sind in der Eisenzeit als Schmuck beliebt 
gewesen. Sie wurden als Ohr-, Hals-, Arm-, Finger- und Beinringe 
getragen. Die Mehrzahl besteht aus Bronze; doch kommen auch 
goldene und silberne Stücke vor und einige Ringe bestehen aus 
Gagat. Manche Bronzespangen und Ringe sind hübsch verziert 
(Fig. 418); als charakteristisch können diejenigen mit dem Walliser 
Ornament bezeichnet werden. 

Wir haben die Armschlaufen oder Tonnen -Armwülste be- 
sprochen. Sie gehören der ersten Eisenzeit an und bestehen ent- 



Broniering aus Longirod (Waadt). 



zed.yGOOgle 



JUe Eisenzeit. 4^9 

weder aus fein ziseliertein Bronzeblech oder aus sogen. Gagat Der 
Verbreitungsbezirk dieser Formen ist klein. Wenn auch z. B. in 
Deutschland derartige Stücke vorkommen, so besitzen wir in unsern 
Funden eben doch ganz besondere Typen, die sich anderwärts nicht 
oder nur selten finden. 

In der zweiten Eisenzeit sind Halsringe oder Torques häufig. 
Die Gäsaten schmückten sich mit goldenem Zierat und darunter 
bildete die schwere Halsspange ein wesentliches Stück. Auch später 
treffen wir die Torques nicht selten. Manche derselben besitzen 
Einlagen aus Fasten oder Email, wie diejenigen von Schönenbuch 
(Basel), von Rüti bei Winkel, Kt Zürich (Fig. 4 19) und anderen Orten. 

Spangen und Ringe aus edlem 
Metall sind in den Grabhügeln 
vom Buighölzli bei Zürich, von 
Lunkhofen, in den Flachgräbem 
von Horgen , Oberhofen (Bern), 
Kirchthurnen,Is^rable(Wallis)u.s.w. 
zum Vorschein gekommen. Schon 
früher haben wir des goldenen 
Gerätes aus dem Grabhügel von 
Anet (■- Ins, Bern) Erwähnung 
gethan. 

Eine Merkwürdigkeit mancher "^"1"" ""^ <^^'" ^^ ""^ ^'"^ ^' 
La Tene-Gräber sind Glasringe 

von verschiedenen Farben. Sie wurden auch in Ansiedelungen ge- 
troffen, wiewohl selten. Die meisten dieser Ringe haben wahr- 
scheinlich als Amischmuck gedient. Einige sind jedoch selbst für 
einen Kinderarm zu klein, für Fingerringe zu dick. 

Glasperlen dienten als Hängeschmuck. Überraschend ist der 
Reichtum einiger Grabfelder der Südschweiz an Bemsteinperlen. 
Zu den Gehängen sind auch amuletartige Bronzeobjekte zu zählen. 
In den Grabhügeln von Lunkhofen &ind man bekanntlich zwei 
Bronzegehänge, deren jedes ein Füsschen darstellt, das an einem 
Ringlein au^ehängt ist, während swei andere Gehänge aus den- 
selben Grabhügeln Mann und Frau darstellen. Beide Figürchen 
sind nackt und gehören zu den bei uns seltenen etruskischen Im- 
portstücken. Darstellungen des Menschen oder zum mindesten 
solche von menschlichen Köpfen haben wir bei Fibeln (vergl. die 
oben erwähnte Fibel von Luvis) und Ringen (z. B. aus einem Grabe 
in Steinhausen) namhaft gemacht. 

Ausser den Gehängen fanden sich auch Schmuckketten, so in 
Luvis, Weisslingen, Jerisberg, Gümmenen, Oberhofen, Kirchthurnen, 




zed.yGOOgle 



Aio Viertes Kspitel. 

Gempenach u. s. w. Manche derselben zeigen in ihren Endgliedern 
Übereinstimmung mit den Gürtelhaken der La T^ne-Zeit, Auch 
rohe Nachbildungen von Tierköpfen kommen an solchen Ketten 
vor. Bis vor kurzem wusste man nicht, wie diese Ketten benutzt 
wurden. Die Untersuchung der La T^ne-Graber von Vevey durch 
A. Näf hat darüber Klarheit verbreitet: Es sind Gürtelketten. 

Endlich seien unter den Toiletten -Gegenständen noch die 
Spiegel erwähnt. In Port Alban am Neuenbui^er See entdeckte 
man einen vorrömischen Metallspiegel und im Schutte des alten 
Aventicum wurde ein Bronzespiegel aufgefunden, der, wie der 
früher erwähnte Münzstempel, aus der Zeit vor der römischen In- 
vasion stammt. Er zeigt auf der einen Seite eine bildliche Dar- 
stellung, die als das „Urteil -des Paris" erklärt worden ist 

3, Beschäftigung. Wer im Naturhistorischen Hofmuseum zu 
Wien die herrlichen Funde von Hallstatt durchmustert, oder in Wien 
und Trieat die Ergebnisse der Ausgrabungen in dem grossen Gräber- 
felde von Santa Lucia studiert, wer die Sammlungen von Lai- 
bach, München oder anderen Orten, an denen die Hallstattzeit gut 
repräsentiert ist, einer eingehenden Untersuchung würdigt, der muss 
den Eindruck erhalten, dass in der ersten Eisenzeit in diesen G^enden 
ein gewisser Reichtum vorhanden gewesen sei, der den Leuten er- 
laubte, Luxus zu treiben, und er wird sich fragen, welches wohl die 
Ursache dieses Wohlstandes gewesen sein möchte. 

Wir haben schon früher bemerkt, dass in der zweiten Eisenzeit 
die Luxusobjekte hinter den praktisch- nützlichen Gegenstanden zurück- 
treten; aber dessenungeachtet weisen auch manche La T^ne-Funde 
auf Wohlhabenheit der Bevölkerung hin und römische Schriftsteller 
haben beispielsweise die Helvetier goldreich, andere gallische Stämme 
reich an Herden genannt, oder die Fruchtbarkeit mancher Teile des 
heutigen Frankreich hervorgehoben. 

Die Quellen des Wohlstandes liegen in der Beschäftigung 
eines Volkes. Die Leute der Eisenzeit der Schweiz beschäftigten 
sich mit Jagd und Krieg, mit Viehzucht und Ackerbau, mit Hand- 
werk, mit Handel und Verkehr. 

a) Jagd und Krieg. Die in der Erde gefundenen Waffen aus 
Bronze und Eisen haben zu allen Zeiten nicht bloss das Interesse 
der Kenner erregt, sondern auch die Beachtung des Laienpublikums 
gefunden. Wenn irgendwo ein Kriegergrab zum Vorschein kommt, in 
welchem die Waffen leidlich gut erhalten sind, so macht die Nach- 
richt davon die Runde durch alle Tagesblätter, finden sich aber in 
dem Grabe nur Scherben, Asche und Kohlenstücke, so wirft der 
Finder diese Dinge als wertlos bei Seite oder deckt sie zu. Und doch 



zed.yGOOgle 



Die Ks«Dzdl. 41t 

sind, wie wir schon einmal gesagt, für die Wissenschaft solch un- 
scheinbare Funde oft ebenso viel wert, wie jene anderen. 

Aus dem Vorstehenden wird erklärlich, dass Waffenfunde relativ 
häufig vorkommen, und dass die Werkzeuge der Jagd und des 
Krieges, auch der Eisenzeit, wohl bekannt sind. Wir haben die 
charakteristischen Formen der Hallstatt- und La T^ne-Lansen er- 
wähnt, die eigentümliche Gestalt der Hallstatt-Dolchmesser hervor- 
gehoben, auf die Unterschiede zwischen dem Kurz- und Langschwert 
der ersten Eisenzeit gegenüber dem Schwert der Früh- und Mittel- 
La T^ne-Zeit hingewiesen. Es ist bekannt, dass in der Eisenzeit 
auch Schildbuckel vorkamen. Wir können beifügen, dass schon 
Jahrhunderte vor Christo griechische und etruskische Helme ver- 
' handelt wurden und in einzelnen Exemplaren sogar über die Alpen 
gelangten, wie der im Rätischen Museum in Chur liegende Bronze- 
helm von Igis beweist (Fig. 420.) 
Im Tessin sind zudem Eisen - 
helme (vgl. Fig. 391) und im alten 
Gallien sog^ Sporne gefunden 
worden. 

Diese Funde werden in er- 
wünschtester Weise durch Notizen 
der Alten über die Bewaffnung 
der Gallier, ihre Kriegslust und ^ig- A^". 

ihre Jagden ergänzt. Bronzehelm von Igis (Graubtaden). 

Als die Römer die Söhne des Nordens, Kelten und Germanen, 
kennen lernten, erstaunten sie über deren imposante Gestalt und 
Grösse. PoLYBnre' und l^vius berichten uns darüber, und auch Cäsar 
erwähnt sie. Diodor schildert den Wuchs der Kelten, ihr rötliches 
Haar, das sie von der Stime und vom Nacken gegen den Scheitel 
zusammenfassten, ihre mächtigen Schnurrbarte, die sie im Gegen- 
satze zu dem nur kurzen oder weggeschorenen Barte zu tragen pflegten. 
Die Weiber, sagt er, sind nicht nur an Grösse, sondern auch an 
Seelenstärke den Männern gleich. 

Während das gemeine Volk dem Ackerbau und der Viehzucht 
oblag, beschäftigten sich die adeligen Kelten mit Jagd und Krieg. 
Casar berichtet, dass die Helvetier fast täglich mit den jenseits des 
Rheins wohnenden Germanen gekämpft hätten. Auch von innem 
Fehden bei den gallischen Stämmen hören wir. Der Reiterkampf 
war sehr beliebt. Gallische Reiter begleiteten Cäsar fast überall hin. 
Diese waren der römischen Reiterei überlegen, wurden aber ihrer- 
seits von den Germanen übertroffen, denn diese kämpften mit Fuss- 
gängem zusammen, die sie zwischen die eigenen Reihen stellten. 



zed.yGOOgle 



412 Vierte» Kapitel. 

Die Freude der Gallier an den Pferden erkennt man schon daran, 
dass auf ihren Münzen das Pferd so häufig erscheint. Auch hel- 
vetische Reiter werden genannt und eine Orcitirix-(Orgetorix-)Münze 
zeigt das Ross, wie es in vollem Laufe dahinstürmt. 

Die Angriffswaffen der Kelten bestanden zunächst in einem 
grossen Schwerte mit gerader oder krummer Klinge. Es wurde an 
einer Kette oder an dem oft mit edlem Metall verzierten Gürtel auf 
der rechten Seite des Mannes getr^en. Eine andere Lieblingswaffe 
war die schwere Hasta, eine Art Lanze. Leichter waren die Matarae 
und Tragulae, welche die Helvetier in der Entscheidungsschlacht 
von Bibrakte zwischen den Wagen und Rädern ihrer Wagenburg 
hervorwarfen. Das Gaesum, die Hauptwaffe der von den Römern 
einst so gefiirchteten Gäsaten, erwähnt Cäsar nur noch bei den 
Wallisem. Auch Bogenschützen müssen die Gallier gehabt haben. 

Als Schutzwaffen dienten der mit Häuten überzogene grosse 
Schild aus Holz oder Flechtwerk und der Helm, welcher, wie der 
Schild, mit allerlei Zieraten geschmückt war. Die Helvetier hatten 
bei Bibrakte in dicht geschlossenen Reihen den Anprall von Cäsar's 
Reiterei ausgehalten. Die Schilde je zweier benachbarter Streiter 
griffen übereinander und bildeten so eine Art Mauer. Aber die 
Lanzen der Römer durchbohrten die Schilde, und da die Versuche, 
sie herauszuziehen, vei^eblich waren, weil das Speereisen sich 
krümmte, so hinderten diese zusammengehefteten Schilde die Krieger 
in ihrer Bewegung, so dass viele die Schutzwaffen wegwarfen und 
ungeschützt kämpften. 

Unter dem Krieg^erät der Kelten befanden steh auch die 
Trompeten und die Feldzeichen, bei welch letzteren der Eber, der 
auch auf Münzen erscheint, eine grosse Rolle spielt 

b) Viehzucht und Ackerbau. Drei Jahre, bevor die Hel- 
vetier aus der Schweiz auswanderten, beschlossen sie, sich mit 
grossen Massen von Vorräten zu versehen. Beim Auszuge selbst 
hatte jeder Getreide für drei Monate bei sich, das überflüssige 
aber wurde, weil man es nicht mitfuhren konnte, verbrannt Als 
Erzeugnisse des gallischen Ackerbaues nennt Plinius Gerste, Roggen, 
Weizen, Buchweizen, Hirse, Möhren und Zwiebeln. Aus dem Ge- 
treide wurde auch eine Art Bier gebraut, das als Getränk und 
ausserdem zur Bereitung von Hefe Venvendung fand. Ein anderes 
Getränk wurde aus Bohnen dargestellt. Wein kam erst später zu 
allgemeinerer Kenntnis. Er mochte, als er zuerst durch den Handel 
bekannt wurde, auf die ihrer rauhen Natur so nahe stehenden Kelten 
etwa dieselbe Wirkung ausgeübt haben, wie die geistigen Ge- 
tränke, die den jetzigen Naturvölkern zugeführt werden, Plinius 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. . 413 

erzählt, der helvetische Zimmermann Helico sei in Rom gewesen 
und habe zuerst trockene Feigen und Trauben nach Gallien 
gebracht, ebenso öl und Wein, Dadurch seien seine Stammes- 
genossen veranlasst worden, über die Alpen zu gehen und in das 
Land einzubrechen, das solch köstliche Früchte erzeuge. 

Von Feldgeräten nennt Plihius die Sichel, die beim Ernten 
von Buchweizen und Hirse benutzt wurde. Beim Pfropfen der 
Bäume wendeten die Kelten eine Art Bohrer an. Zum Schneiden 
des Getreides wurden zweirädrige Karren von besonderer Kon- 
struktion benutzt. Auf jedem Karren ruhte nämlich eine Wanne, 
die so angebracht war, dass das gemähte Getreide in diese hinein- 
fiel, wenn der vom oder hinten mit Zugvieh bespannte Wagen 
durch die Saat hin und hergeführt wurde. 

Im helvetischen Wanderzuge befanden sich zahlreiche Wagen. 
Diese dienten in Friedenszeiten dem Ackerbau. Ihre Räder bestanden 
aus Ulmenholz. Bekannt ist, dass die Wagen der gegen Rom an- 
rückenden Kimbern geflochten und mit Häuten überzogen waren. 
Im Kampfe errichteten die Kelten eine Wagenburg, Um diese 
künstliche Schanze der Helvetier wurde bei Bibrakte noch in tiefer 
Nacht gekämpft. Eigentliche Streitwagen fehlten den Galliern zur 
Zeit CäsaHs, dagegen fand er solche in Britannien noch in Gebrauch. 
In der ersten Eisenzeit müssen dieselben jedoch auch im Gebiet 
der jetzigen Schweiz benutzt worden sein, denn es fanden sich Reste 
von Streitwagen in den Grabhügeln von Alienlüften und Grächwil. 

In Bezug auf die Viehzucht zeichnete sich Gallien durch seine 
Schweine- und seine Schafherden aus. Wie gallische Wolle sogar in 
Rom geschätzt war, so auch der gallische Schinken. Die Schweine 
der Kelten fanden in den grossen und vielen Eichenwäldern Nahrui^ 
genug und da sie ihren Herren die Lieblingsspeise lieferten, so ist 
es kein Wunder, dass Bilder von Ebern als Symbole auf Feld- 
zeichen und als Fabrikmarken auf Schwertern benutzt wurden. 
Weniger rühmend spricht Plinius von dem gallischen Käse. Er 
fand seinen Geschmack zu scharf. 

Auch Gewürz war den Kelten bekannt. Sie gewannen Salz 
und es ist nur eine Bestätigung dieser Nachricht des römischen 
Naturforschers für eine frühere Zeit, wenn es heisst, dass die An- 
siedler von Hallstatt im österreichischen Salzkammergute die in den 
Gräbern daselbst entdeckten Luxusgegenstände und ihren Reichtum 
überhaupt dem Salz verdankten, das sie bergmännisch gewannen 
und verhandelten. 

c) Handwerk und Technik. Es bedarf wohl keines Beweises, 
dass in der Eisenzeit die meisten der jetzt noch geübten einfachem 



zed.yGOOgle 



414 Viert» Kai^tel. 

Handwerke bekannt waren. Wir haben uns die Schneider, Schuster, 
Zimmerleute, Schmiede u. s. w. wohl hauptsächlich unter den Leib- 
eigenen oder Sklaven zu denken. Sie werden die nicht seltenen 
Geräte, die in unsern Museen unter den eisenzeitlichen Funden 
liegen, benutzt haben. Diejenige Technik jedoch, in welcher die 
Kelten sich besonders hervorthaten, war die Bearbeitung der Metalle. 

Seit uralter Zeit wurde in Gallien sowohl, als auf den britischen 
Inseln Bet^bau getrieben. Auch im Gebiet der alten Iberer war 
dies der Fall und Strabo schreibt es der reicheren Ausbeute, welche 
die Bergwerke in den Ländern der Kelten und Iberer lieferten, zu, 
dass die Erzlager Ober-Italien's nicht mehr wie früher benutzt 
wurden. Cisar erwähnt die Meta%ruben der Aquitanier, welch 
letztere geschickte Bei^leute seien und daher den belagerten gal- 
lischen Städten gegen die Laufgräben und Minen der Römer die 
besten Dienste leisteten. 

Zinn wurde aus Britannien eingeführt, das nach Cäsar weniger 
Eisen besass, als Gallien und alles Kupfer vom Auslande bezog. 
Strabo nennt die Goldbergwerke der Tarbelli, die Silbergruben der 
Rutheni und Gabali, die Eisenhütten der Petrocori und Bituriges. 
Er spricht von dem Golde des Arvemerkönigs Luerios. Die 
Helvetier wuschen das edle Metall aus dem Sande der Flüsse. 
Nach Plinius ist das gallische Gold das feinste von allem. Die reich- 
haltigsten Goldbergwerke waren, wie gesagt, im Gebiet der Tarbeller. 
Dort kamen laut Strabo's Bericht in den auf geringe Tiefe ge- 
grabenen Gruben faustdicke, zuweilen nur geringer Läuterung be- 
dürftige Goldstücke vor. Das übrige sei Goldsand und Erz, aber 
auch diese erfordern nicht viel Arbeit. 

Die Gallier verstanden , wie Punius berichtet , das Kupfer 
so mit dem Zinn zu legieren, dass es dem Silber ähnlich schien. 
Die Behandlung des Kupfers aber fand seine Billigung nicht; es 
werde brüchig und schwarz. Blei &nd sich in Gallien sehr häufig. 

Die Metalle wurden zur Herstellung von allerlei Schmuck, zur 
Verfertigung von Waffen zu Schutz und Trutz, zur Erstellung von 
Geräten aller Art und endlich zur Prägung von Münzen benutzt 

d) Handel und Verkehr. „du d»riii nkhi weilen, 



(Triilijoti Sagt) 

Der Handel ist einer der wichtigsten Vermittler der Kultur. Er 
bringt die Produkte anderer Länder und tauscht sie gegen Landes- 
erzeugnisse oder gegen Geld um. Der primitive Handel beruht 
auf Tausch und wir haben gesehen, dass schon in der Steinzeit 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit, 



4IS 



Tauschhandel getrieben wurde. In der Bronzeperiode muss derselbe 
sehr rege gewesen sein, und dass er in der Eisenzeit auch vorhanden, 
beweisen uns die „Fremdlinge" unter den Fundobjekten, d. h. Stücke, 
deren Heimat nicht in der Nähe des Fundortes, sondern weit ent- 
fernt liegt. Solche Fremdlii^e sind die Situlae und Cisten, sowie 
die meisten andern Bronzegefässe in den Grabhügeln unserer ersten 
Eisenzeit, die Bemsteinperlen von Molinazzo, die Korallen von 
Trüllikon, manche Giirtelbleche, die Statuetten von Lunkhofen, 
die Glasperlen und Glasringe, welch letztere uns in die zweite 
Eisenzeit hinüberleiten, wo dann endlich die Münzen erscheinen 
und für unser Land der Handel mit Geld als Wertmesser seinen 
Anfang nimmt. 

Was aber gab man, so fragen wir wieder, als Entgelt für all 
die Schmucksachen und Luxu^egenstände, die von fernher kamen? 
Schon oben haben wir auf den gallischen Schinken, die gallische 
Wolle aufmerksam gemacht, die bis nach Rom gelangten. Metalle, 
Getreide, Felzwaren und wohl auch Sklaven mc^n ebenfalls als 
Tausch gegeben worden sein. 

Der Handel bedarf der Wege und Strassen. Hatte er solche 
in der Schweiz? Die Reste von Strassen sind schwer zu erkennen, 
aber die Funde leiten uns. Für die letzte Phase der Eisenzeit 
kommen auch die Nachrichten der Alten in Betracht, Wir wissen, 
dass von Marseille, dem alten Massilia aus, der Rhone nach auf- 
wärts ein uralter Handelsweg sich hinzog, der dann einerseits zum 
Rheine, anderseits der Seine nach und hinüber nach Britannien 
führte. Für die Verbindung von Rhone und Rhein kam einerseits 
die Saöne mit dem Doubs, anderseits die Westschweiz mit den 
Thälern der Aare und der Birs in Betracht. 

Neben diesen Thalwegen aber dienten auch manche Gebirgs- 
pässe schon in der Eisenzeit dem [wie wir sagen würden) inter- 
nationalen Verkehr. Cäsar nennt die Handelsstrasse über den 
grossen Sl Bernhard. Ihrer Sicherung wegen will er seinen Unter- 
feldherm Galba ins Wallis gesandt haben. Freilich gelang das 
Unternehmen erst später, nachdem die Salasser am Südabfall des 
Passes bezwungen waren. Dass jedoch der Bernhardspass in vor- 
römischer Zeit wirklich benutzt wurde, wissen wir aus den Funden, 
die auch das Vorhandensein des Heiligtums der Veragrer auf der 
Passhöhe sicher gestellt haben. 

Die urgeschichtlichen Funde haben den Beweis erbracht, dass 
auch andere Pässe in den Schweizer Alpen schon lange vor 
dem Eindringen der Römer in unser Land benutzt wurden. Wer 
eine archäologische Karte des Bündnerlandes erstellt, wird finden. 



zed.yGOOgle 



^.l6 Viertel Kapitel. 

dass prähistorische Funde fast an allen heute begangenen Haupt- 
routen vorkamen. Wir brauchen uns beispielsweise nur an den 
Burweinerfund mit seinen etrusldschen (?) Gefässen und seinen 
massaliotischen Münzen zu erinnern, um die Annahme bewiesen zu 
finden, dass der Julier -Septimer -Weg in vorrömischer Zeit benutzt 
worden sei. Der Gotthardpass freilich scheint nicht bekannt ge- 
wesen zu sein, dagegen habe ich anderwärts darauf hingewiesen, 
dass die Verbindung des Wallis mit dem Aarethal durch die 
Gemmi, diejenige des mittleren Engadin und dem Rheinthal über 
Flüela- und Albulapass hergestellt wurde. An der Furka reichen 
die eisen- und bronzezeitlichen Funde bis nach Amen, Fiesch und 
Reckingen hinauf. 

Auch im Jura wurden einige Pässe benutzt, so z. B. der Schaf- 
mattpass, an welchem besonders viele Sequanermünzen zum Vor- 
schein kamen. 

4. Geistige Kultur. Die uigeschichtliche Forschung hat es mit 
den verschiedenen Kulturphasen zu thun, welche die Völker, die sie 
ihrer Betrachtung unterwirft, durchlaufen haben; sie beschäftigt sich 
dagegen nicht mit der ethnologischen Zugehörigkeit der Träger 
dieser Kulturen, Wir kennen die Kultur, die sich in den Pfahl- 
bauten unserer Seen manifestiert, ganz genau, aber welchem Volk 
die Erbauer der Seedörfchen zuzurechnen sind, wissen wir nicht 
Im Verlaufe unserer Betrachtung der Eisenzeit sind oft Dinge be- 
sprochen worden, welche uns einen Einblick gestatteten in das 
Kulturleben dieser Epoche, aber die Ui^eschichte schweigt über 
die Ethnologie der Eisenzeit. Wir wissen nicht, ob die Hatlstatt- 
leute Kelten oder Germanen, Ulyrier oder Iberer u. s. w. waren 
Auch die Leute der La T^ne-Zeit in der Schweiz wären uns ethno- 
logisch unbekannt, wenn nicht, wenigstens fiir die zu Ende gehende 
Eisenzeit, ein Strahl der Geschichte dieses Gebiet der Forschung er- 
hellte und uns zeigte, dass wir in den Helvetiem Glieder der grossen 
Völkerfamilie der Kelten vor uns hätten, Stammesverwandte mit 
den Bewohnern des heutigen Frankreich, des alten Gallien. 

Man hat früher behauptet, die Grabhügel-Erbauer der schweize- 
rischen Eisenzeit seien auch Kelten gewesen. Es ist aber heute 
noch unmöglich, die Frage der Volkszugehörigkeit fiir jene Periode 
zu beantworten, vielleicht bringt uns die Zukunft in dieser Beziehung 
neue Aufschlüsse, Unter allen Umständen gehören solche Fragen 
nicht vor das Forum der Urgeschichte, sondern vor dasjenige der 
Geschichte. 



zed.yGOOg[e 



Die Eisenzeit. ^\j 

Wir haben im Vorstehenden oft und viel von der Kultur der 
älteren Phase der Eisenzeit gesprochen, über Kleidung und Schmuck, 
Werkzeuge und Gerate, Waffen, über Wohnungen, Industrien, Handel, 
über Ornamentik und Kunst manche Details gehört Ja sogar 
über die geistige Kultur sind uns Aufechlüsse zu teil geworden. 
Bei Besprechung der Grabhügel konnten wir Blicke in die Vor- 
stellungswelt derjenigen thun, die ihre Toten unter diese Hügel ge- 
bettet. Im Grabhügel von Grächwil fanden wir einen Häuptling in 
seinem Streitwagen begrabeg. Es entrollte sich also da vor unserem 
Auge ein Bild staatlicher Ordnung. Die Zeichen des Totenkultes 
aber waren Zeugen von religiösen Anschauungen jener Zeit. 

Auch aus den Gräbern der La T^ne-Zeit lassen sich die 
Ideen der Bewohner über religiöse Verhältnisse, über staatliche 
Ordnung herauslesen und bei den übrigen Funden können 
auf Schritt und Tritt Beobachtungen über die Kultur der in Be- 
tracht kommenden Periode gemacht werden. Zudem kommt uns 
hier und da noch die Geschichte mit ihren Aufklärungen zu Hilfe und 
so wissen wir denn auch, mit welchem Volk wir es hier zu thun 
haben, und hören die Berichte der Alten über dasselbe. Wir wissen, 
dass am Schlüsse der zweiten Eisenzeit, im letzten Jahrhundert vor 
unserer Zeitrechnung, die Helvetier nebst einigen kleineren Völker- 
schaften die Schweiz bewohnten; wir hören, dass diese Helvetier 
und ihre Nachbarn Kelten waren, also an der durch andere Nach- 
richten genauer bekannten Kultur dieser Völkerfamilien teilnahmen, 
ihre Sprache redeten, dass ihre Priester die griechische Schrift be- 
nutzten u. s. w. 

Wir stehen hier an dem Punkte, wo die Prähistorie im Begriff 
ist, die (uhrende Fackel der Erkenntnis an die Geschichte abzutreten. 
Die Zeit ist hoffentlich für immer vorüber, da sich diese Schwester- 
Wissenschaften gegenseitig benörgelten und, sagen wir es aufrichtig, 
beneideten, da besonders die ältere der beiden, die Geschichte, ihre 
jüngere Schwester als ihr nicht ebenbürtig betrachtete, da beide es 
vermieden, auf den Grenzgebieten zu arbeiten, aus Furcht vor der 
gegenseitigen Kontrolle. Es ist ja wahr, was Hoernes von der Ur- 
geschichte als Wissenschaft sagt: „Sie steht heute, im Besitz einer 
Reihe glänzender Errungenschaften, den Blick fest auf eine andere 
Reihe von näheren und ferneren Zielen gerichtet, tiefatmend, 
waffenschwer, in unanfechtbarer Grösse und Sicherheit da." Aber 
sie darf nicht vergessen, dass auch sie nicht mehr und nicht 
weniger ist, als alle anderen Wissenschaften: eine Dienerin der 
Wahrheit. Und die Wahrheit wird oft nur durch treues und hin- 
gebungsvolles Zusammenarbeiten vieler gefunden. Wenn Geologen 

HeLtrli, UrgeschLchM der SchweLi. 2? 



zed.yGOOgle 



4l8 Viertes Kapitel. 

und Anthropologen, wenn klassische Archäologen und Historiker 
sich, wie es in den letzten Jahrzehnten vorkam, in immer steigen- 
dem Masse mit den Resuhaten der urgeschichtlichen Forschung 
vertraut machen, wenn viele von ihnen sich sogar, mit Hacken und 
Spaten bewaffnet, an den Ausgrabungen beteiligen, so wollen wir 
Ui^eschichtsforscher das dankend anerkennen und uns gleicher 
Zuvorkommenheit befleissen. 

Kehren wir nun zu unserem eigentlichen Thema zurück und 
betrachten wir die durch Funde und_ historische Nachrichten be- 
kannte Kultur der Helvetier! 

a) Eigenschaften der Helvetier. Die Gallier achteten 
Tapferkeit und Kriegsruhm sehr hoch und dass sie diesen Ruhm 
auch verdienten, zeigt die Geschichte ihrer Kämpfe mit Rom, 
namentlich mit Cäsar, Noch Greise trugen Waffen und nahmen an 
Schlachten teil. Vor der Reife zum Kriegsdienst hatte kein Sohn 
öffentlichen Zutritt zum Vater und es wurde als Schande betrachtet, 
wenn ein Knabe ausser dem Hause an der Seite seines Vaters ge- 
sehen ward. 

Die Tapferkeit der Gallier führte oft dazu , dass sie im 
Kampfe sowohl die Rüstung, als auch die übrige Kleidung ab- 
legten und nackt, d. h. nur mit einem Lendenschurze bekleidet, sich 
den Feinden entgegenstellten. Die Köpfe erschlagener Gegner 
nahmen sie, wie Diodor und Posidonius berichten, als Zeichen des 
Sieges mit nach Hause und schmückten damit den Eingang ihrer 
Wohnungen. 

Mit der Tapferkeit ging eine gewisse Prahlsucht und eine 
grosse Putzliebe Hand in Hand; dazu kontrastierte eine Unbe- 
ständigkeit und ein Wankelmut, der die Kelten im Glück über- 
mütig, im Unglück verzagt machte. Auch der Leichtsinn, mit dem 
sie plötzlich die wichtigsten Beschlüsse fassten, ihre grosse Neugier 
und Leichtgläubigkeit werden getadelt Strabo schreibt ihnen 
Offenheit, aber auch vorschnellen Zorn und Hitze zu. Diodor er- 
zählt, dass bei den keltischen Gelagen, wo die Vornehmsten mit den 
besten Stücken beehrt würden, durch die geringsten Veranlassungen 
Zweikämpfe entstünden. 

An diesen Nationaltugenden und Fehlern hatten auch die 
Helvetier Teil. Sie waren sehr tapfer und ihre fast täglichen Kämpfe 
mit den Germanen mehrten ihren Ruhm, Ihre Wanderlust führte 
sie weit herum und wir werden noch sehen, mit welcher Leichtigkeit 
sie auch ihre Wohnsitze in der Schweiz wieder verliessen, Ihre Ge- 
schicklichkeit in manchen Dingen aber wird durch zahlreiche Funde 
bewiesen. 



zed.yGOOgle 



Die Eisenieil. 41p 

Was das Familienleben anbetrifft, so hat Cäsar aus Gallien 
eine interessante Sitte berichtet: der Mann legt zu der Mitgift 
der Frau ebenso viel aus seinen eigenen Mitteln hinzu. Diese Summe 
wird dann gemeinsam verwaltet und der Gewinn aufgespart. Wer 
das andere überlebt, erhält das Stammkapital und die aufgelaufenen 
Zinsen, 

Der Mann ist Herr über sein Weib und über seine Kinder; er 
hat Gewalt über Leben und Tod. Bei seinem Tode versammelt 
sich die Blutsfreundschaft und hält, wenn man wegen des Todes 
Verdacht hat, Gericht über die Weiber und Sklaven. Findet man 
einen Schuldigen, so wird er mit Feuer und allerlei Martern getötet. 
Die Leichenbegängnisse sind prachtvoll und kostspielig. Alles, was 
dem Verstorbenen im Leben wert gewesen, wird in das Feuer ge- 
worfen, sogar Tiere. Vor Cäsar's Zeit waren auch Sklaven und 
Schutzgenossen bei den Leichenbegängnissen verbrannt wordea 

b) Gesellschaftliche und staatliche Einrichtungen. Die 
Helvetier bestanden aus vier Stämmen. Der mächtigste derselben 
war derjenige der Tiguriner. Als zweiten Stamm nennt C^^sar noch 
den der Verbigen er. Strabo spricht nur von drei helvetischen 
Stämmen, von denen er die Tiguriner und Tugener {oder Toygener) 
nennt Den vierten Stamm bildeten wahrscheinlich die Ambronen, 
welche bei Aquae sextiae 102 v, Chr. in der Schlacht zwischen 
Römern und Teutonen erwähnt werden. Eis ist bezeichnend, dass 
Cäsar wohl von Helvetiern (Helvetii), aber niemals von Helvetien 
(Helvetia) spricht. Auch die Namen der einzelnen Stämme haben 
durchaus nichts Geographisches an sich, sondern es sind Eigen- 
namen. 

Wenn wir nun auch über die politische Einteilung des helve- 
tischen Gemeinwesens keine bestimmte Kenntnis haben, 50 sind wir 
doch über die inneren Verhältnisse desselben unterrichtet, da sie bei 
den Kelten überall dieselben waren. Nach den Mitteilungen Cäsar's, 
die freilich nicht kritiklos angenommen werden dürfen, war die gal- 
lische Bevölkerung aus folgenden Bestandteilen zusammengesetzt: 

i) Druiden, eine Kaste von Priestern, Gelehrten und Richtern. 
Ihnen lag zunächst die Besorgung aller derjenigen Verpflichtungen 
ob, die auf Religion und geistige Bildung Bezug hatten; sodann war 
ihnen in den meisten öfllentlichen und Privatstreitigkeiten das Richter- 
amt übergeben und die Bestrafung der Verbrecher übertragen worden. 
Auch bei der Wahl der Magistratspersonen wirkten die Druiden mit. 
Von Kriegsdiensten und Steuern waren sie befreit. Ihr Ansehen 
war gross; sie wussten sich überall Gehorsam zu verschaffen. Un- 
gehorsame durften nicht mehr an den Opfern teilnehmen und das 

27' 



zed.yGOOgle 



420 Viertes Kapitel. 

galt als die fürchterlichste aller Strafen. Niemand wollte mit einem 
solchen Menschen mehr etwas zu thun haben. Er war von allen 
Ehren und Rechten ausgeschlossen. 

2) Der Adel. Die Edlen besassen alles Land und bildeten den 
Kern des Staates. Von ihnen ist bei den alten Schriftstellern, die 
uns über Gallien berichten, besonders bei Cäsar, häufig die Rede. 
Der Helvetier Orcitirix (Orgetorix) stiftete eine Verschwörung unter 
dem Adel. Sein Schwiegersohn, der Äduer Dumnorix, ist mit den 
vornehmsten Biturigen verwandt. Der Arverner Critognatus wird 
wegen seiner- vornehmen Geburt geehrt. Manche Adelige wurden 
von Rom mit dem Ehrentitel „Freunde" ausgezeichnet. Im Kriege 
^eht der Adel zu Feld. Jeder Ritter hat seine Vasallen und Schutz- 
genossen um sich. Je edler und reicher er ist, desto mächtiger ist 
seine Begleitung. Der Staat aber, den dieser Adel bildet, ist in sich 
doch ein demokratischer Staat und hat wechselnde Vorsteher, Das 
Streben nach bleibendem Besitz der obersten Stelle im Staate wird 
mit Tod bestraft. Die höchste Gewalt ruht in der Volksversamm- 
lung. Vor sie wird der ehrgeizige Orcitirix geladen, um sich zu 
verantworten. Bei den Trevirern erklärt die Volksversammlung 
den Cingetorix fiir einen Feind und befiehlt, seine Güter zu ver- 
steigern, weil er zu Rom hält. Die Volksversammlung der Aulerker, 
Lexovier u. s. w. lässt die Senatoren sterben, weil sie nicht zum 
Krieg gegen Rom stimmten. Nur in den Volksversammlungen darf 
man über Staatssachen sprechen. Hört jemand etwas, was für den 
Staat wichtig sein kann, so hat er es der Obrigkeit anzuzeigen und 
diese entscheidet darüber, ob etwas davon und was dem Volke 
mitgeteilt werden solle. 

In besonders wichtigen Fällen, wenn ein Krieg bevorstand, trat 
das Volk in Waffen zusammen. Dann erschienen alle Waffenfähigen 
gerüstet und wer zuletzt erschien, wurde getötet. Einer Meinung, 
die den Versammelten gefiel, stimmten sie mit Geschrei und Waffen- 
geklirr bei. 

3} Das Volk. Es war nicht mehr in voller Freiheit, sondern 
lebte in kümmerlichen Verhältnissen. Die meisten waren Hörige, 
Diener, Vasallen, Begleiter oder Leibwächter von Adeligen. Orge- 
torix erschien mit lOOOo Klienten an der Volksversammlung, die 
ihn verurteilen sollte und regte diese dadurch so auf, dass man die 
ganze Macht des Staates gegen ihn aufgeboten zu haben scheint. 
Der durch Reichtum und Freigebigkeit angesehene Äduer Dumnorix 
hielt sich eine besondere Leibwache von Reitern, die er aus seinen 
Klienten ausgezogen hatte. Die Klienten hatten also wohl persön- 
liche Freiheit und eigenen Besitz, aber politisch waren sie in voll- 



zed.yGOOgle 



Die Euenzeit. 



421 



ständiger Abhängigkeit von ihrem Herni, dem sie zu gehorchen 
hatten. Wie innig die Verbindung zwischen dem Herrn und seinen 
Klienten werden konnte, sehen wir aus dem von Cäsar berichteten 
Beispiel des Adiatumnus und seinen 500 Leibwächtern. Die Leib- 
wache teilte mit ihrem Herrn alle Annehmlichkeiten des Lebens. 
Ereilte ihn aber ein Unfall, so mussten sie dasselbe Schicksal mit 
ihm teilen oder sich sogar selbst entleiben, „und wirklich hat sich 
seit Menschengedenken noch keiner gefunden, der nach dem Tode 
desjenigen, dessen Freundschaft er sich hingegeben hatte, zu sterben 
sich geweigert hätte," 

4) Die Sklaven. Casar spricht von entlaufenen Sklaven der 
Gallier, von den Sklaven des Orcitirix, von den als Sklaven ver- 
kauften Verbigenem. Wir wissen nichts Genaueres über ihre Stellung 
im Staate. 

Innerhalb Gallien's bekämpften sich nun die einzelnen Staaten 
sehr oft und innerhalb eines Volkes scheinen ebenfells Fehden 
sich an Fehden gereiht zu haben. Es war ein Krieg aller gegen 
alle und nur in seltenen Fällen vermochte ein gallischer Adeliger 
mehrere Staaten zu gemeinsamem Vorgehen zu veranlassen, z. B. 
zum Kampf gegen die eingedrungenen Römer, Wir treffen aber 
doch Spuren von umfassenderen Oi^anisationen. Die Druiden ver- 
sammelten sich alle Jahre einmal in der Mitte Galtien's. In 
politischer Beziehung findet sich die Einrichtung, dass von Zeit zu 
Zeit ein allgemeiner Landtag stattfindet, eine gemeinsame Beratung, 
an welcher Abgeordnete aller Staaten Gallien's teilnehmen. 

cj Die Religion der Helvetier. „Alle Gallier sind dem 
Aberglauben sehr ergeben", sagt Cäsar, „und daher opfert man in 
schweren Krankheiten, in Schlachten und Lebensgefahr Menschen, 
oder gelobt solche Opfer, die man durch die Druiden verrichten 
lässt, in dem Aberglauben, dass nur durch den Tod eines andern 
Menschen sich ein Leben von den unsterblichen Göttern erflehen 
liesse. Solche Opfer sind sogar durch Staats Verordnungen eingeführt. 
Manche Orte haben ungeheuere Götzen von geflochtenem Reisig, 
die man mit lebendigen Menschen anfüllt, in Brand setzt und samt 
den Menschen verbrennt. Hinrichtungen von Dieben, Strassenräubern 
und andern Missethätem hält man freilich den Göttern für an- 
genehmer; fehlt es jedoch daran, so nimmt man auch wohl Un- 
schuldige." 

„Unter den Göttern verehren sie vorzüglich den Merkur, von 
dem man überall Statuen sieht. Nach ihrer Ansicht ist er der 
Erfinder der Künste, der Geleitsmann auf Wegen und Strassen und 
hat einen grossen Einfluss auf Gewinn und Handel. Nächst dem 



zed.yGOOgle 



432 Viertes Kapitel. 

Merkur verehren sie den Apollo. Mars, Jupiter und die Minerva." 
„.Apollo heilt die Krankheiten, von der Minerva stammen Hand- 
I werke und Künste, Jupiter führt die Herrschaft im Himmel und 
Mars leitet den Krieg. Vor den Schlachten gelobt man ihm ge- 
wöhnlich die Kriegsbeute und opfert ihm nach dem Siege das 
erbeutete Vieh; das übrige wirft man auf einen Haufen zusammen. 
So aufgetürmte Beutehügel kann man in vielen Staaten sehen und nur 
selten geschieht es, dass jemand unter Nichtachtung seines Glaubens 
etwas von der Beute zu verheimlichen oder von dem Haufen zu stehlen 
wagtj auch ist die höchste Strafe und 
i Marter dafür festgesetzt." 

Diese Darstellung Cssar's ist 
das Vollständigste, was die Alten 
uns von der Götterlehre der Gallier 
hinterlassen haben. Strabo erzählt 
noch .von einem Bacchusdienst, 
DioDOR von einem Dienste der 
Dioskuren , Lukan spricht von 
Teutates, Taranis und Hesus als 
gallischen Gottheiten, von denen 
besonders der letztgenannte einen 
blutigen Kultus habe. Die Römer 
erkannten, dass die gallischen Götter 
mit den römischen manche Eigen- 
schaften gemein hatten. Sie identi- 
fizierten deshalb Hesus und Mars 
miteinander, ferner Teutates und 
Merkur, Taranis und Jupiter, Belenus 
und Apollo und endlich Ogmius 
und Herkules. 
Fig. 4^1. Die Funde von gallischen 

Bronzesiai^eiie^von Sierre. Götterbildern in der Schweiz sind 

sehr wenig zahlreich. Sie erscheinen 
zunächst auf Münzen, wie z. B. die Goldstücke von Schönenwerd, auf 
der einen Seite den Kopf des Belenus- Apollo aufweisend, während 
die Silberlinge von Baisthal mit der Darstellung eines beflügelten 
Götterkopfes (nach Meisterhans: Teutates-Merkur" versehen sind. 

Auch Statuetten, welche gallische Götter repräsentieren, sind 
schon zum Vorschein gekommen. In Windisch wurde z, B. eine 
Statuette gefunden, die uns den Merkur mit Flügelhut, Bulga und 
Caduceus vor Augen fiihrt. Das Ganze ist äusserst roh aus Jurakalk 
gearbeitet. Viel mehr Kunstsinn verrat sich an einigen Statuetten 



zed.yGOOgle 



Die Eisenzeit. 



423 



aus Bronze, die den Taranis oder Jupiter darstellen. Zwei derselben be- 
finden sich imUniversitätsmuseumzuGenf. Beide stammen vonSiders 
{Sierre) im Wallis (Fig. 42 1 und 422). Die kleinere Figur ist ca. 1 3 cm 
hoch und stellt einen bärtigen Mann dar, welcher in der rechten 
Hand ein Töpfchen oder eine Schale hält, während er die Linke in 
die Höhe hebt, als ob sie irgend etwas umfassen sollte. Die Kleidung 
des Gottes besteht in einem hemdartigen Rocke, über den sich in 
der Lendengegend ein Gürtel schliesst. Die Beine, bis oberhalb 



der Knie sichtbar, sind mit eng anliegenden Hosen bekleidet, die 
Füsse mit Schuhen bedeckt. 

Das von wallendem Lockenhaar und Bart eingerahmte Gesicht 
der grössern Statuette (Fig. 422) trägt den Stempel der Hoheit und 
schon den ersten Beschreibern fiel die Ähnlichkeit derselben mit 
dem Zeus von Otricoli auf. Die Kleidung besteht auch hier wieder 
aus der Tunika, unter welcher die engen Beinkleider sichtbar werden. 
Die Füsse sind mit Bundschuhen bekleidet. Um den Hals der 
Statuette legt sich ein ausgezackter Kragen und unterhalb desselben 



zed.yGOOgle 



424 Viertes Kapitel. 

bemerkt man mehrere Epheublätter, die aus Silber bestehen und 
in die Bronze eingelassen wurden. Auf der Brust befindet sich ein 
nageiförmiges Gebilde, welches bis zum Gürtel reicht Die Stellung 
der Figur ist derjenigen der kleineren ähnlich. Die Rechte hält die 
Schale, die Linke aber ist erhoben und umfasste, wie vollständig 
erhaltene Stucke aus Frankreich lehren, eine Stange, die oben ein 
tonnenartiges Gefäss trug. Ähnliche Statuetten sind in Baden (Aar- 
gau), femer in Pully und Lausanne zum Vorschein gekommen. 

Wo aber verehrten die Gallier ihre Götter? Eichenhaine galten 
den Druiden für heilig; in diesen standen die Götterbilder und bei den 
Götterbildern werden wir uns die Tempel zu denken haben, sofern 
solche überhaupt vorhanden waren, Desor hat aus dem Funde von 
zwei Bronzerädchen in einer Höhle unfern Boudry geschlossen, dass 
die Caveme ou Baume du four als ein heiliger Ort, eine Art Tempel 
der Eisenzeit aufzufassen sei. Von einem Heiligtum der Veragrer 
auf dem Grossen St. Bernhard sprechen die alten Schriftsteller und 
die Ausgrabungen am Mont Joux in der Nähe des Hospizes haben 
die Richtigkeit ihrer Angaben erwiesen. Einen vorrömischen Tempel 
vermutete man auch auf der Höhe des Julier und die zwei daselbst 
befindlichen Säulenstücke sollen von demselben herrühren. In Frank- 
reich und England hält man auch grossartige Steinmonumente, wie 
die Steinringe und Alleen von Locmariaker und Stonehenge von 
Salisbury für geheiligte Orte der urgeschichtlichen Zeit. 

Die religiösen Feierlichkeiten wurden von den Druiden geleitet, 
Sie waren ja die Priester und Weissager; sie waren zugleich auch 
Dichter und Sänger, Richter des Volkes, überhaupt die Träger der 
Bildui^. Sie brachten die Opfer dar; sie schnitten am sechsten T^e 
nach dem Neumonde die heilige Mistel vom Eichbaum; sie mischten 
die Arzneien für die Kranken; sie beobachteten den Lauf der Gestirne 
und kannten die Zeitrechnung. Sie kannten auch die Schrift und 
benutzten dazu griechische, hier und da auch römische Buchstaben. 

Die Druiden besassen eine Geheimlehre, die wesentlich anders 
war, als die Religion des Volkes. Ihre Götter waren nicht bloss 
personifizierte Naturgewalten, sondern Gebilde einer reichen Gedanken- 
welt. Selbst die Idee von einem einzigen, höchsten Lenker der 
Welt war in ihnen lebendig. Aber sie schrieben die alten heiligen 
Lehren nicht auf, sondern vertrauten dieselben ihren Jüngern nur 
mündlich an. In Sprüchen oder Versen mussten diese in jahre- 
langem Studium die göttliche Weisheit in sich aufnehmen und wer 
des Wissens tiefsten Grund kennen lernen wollte, der ging, nach- 
dem er in Gallien seine Studien vollendet, zu den Druiden nach 
Britannien hinüber. 



zed.yGOOgle 



Die Eileiudt 



P. Die firühesten historischen Nachrichten 
tlber die Schweiz. 

In den auf uns gekommenen Schriften der Alten sind Nach- 
richten über die Gebiete, welche heute die Schweiz bilden, äusserst 
selten. Was die vorrömische Zeit betrifft, so ist ausser dem Werke 
Julius Cäsar's über den gallischen Krieg, in welchem der Unter- 
gang des helvetischen Volkes und ihrer Verbündeten beschrieben 
wird, nichts Bedeutendes mehr vorhanden und müssen wir die Er- 
eignisse in dieser Zeit mühsam aus kurzen Notizen verschiedener 
Schriftsteller zu enträtseln suchen. 

Auf eine andere Schwierigkeit, die früheste Geschichte unseres 
Landes zusammenzustellen, hat schon Mommsem aufmerksam gemacht, 
wenn er als erste Bedingung zum Verständnis jener Periode die 
Forderung aufstellt, das heutige Gebiet der Eidgenossenschaft in 
Gedanken aufzulösen und die einzelnen Stücke als integrierende 
Bestandtheile der Nachbarländer sich vorzustellen. So wenig es ein 
römisches Helvetien gab, so wenig gab es eine vorrömische Schweiz, 
weder dem Namen, noch der Sache nach. Der heutige Kanton 
Tessin muss zum Gebiet der Lepontier gerechnet werden; im Wallis 
Sassen zuerst halbgermanische, dann keltische Völker und Genf ge- 
hörte zum Gebiet der Allobroger. Die Helvetier hatten das Land 
zwischen Genfer- und Bodensee inne und stiessen im Westen an 
die Sequaner, Im Berner Jura sassen die Rauracher, in der Süd- 
ostschweiz die Rätier und dazu kamen noch die Latobrigen, deren 
Wohnsitze im Gebiet der Linth, der Reuss, oder vielleicht richtiger 
im Berner Oberland gesucht werden. Jenseits des Rheins scheinen 
zu Cäsar's Zeit Germanen gesessen zu haben. 

Merkwürdigerweise tritt kein Teil der Schweiz in der Ge- 
schichte 50 früh auf, wie das abgeschlossene Wallis, Der spät- 
römische Dichter Rufüs Festus Avienus beschreibt nach Darstellungen 
griechischer Schriftsteller des fünften vorchristlichen Jahrhunderts 
den Oberlauf der Rhone. ,,Es strömt aber der Fluss von der 
Quelle an durch das Gebiet der Tylangii jedenfalls der späteren 
Tulinger), der Dalitemi, durch die Saaten der Clahilci und das 
Temenische Land , . . Dann breitet er sich in zehn Biegungen 
durch Stauung der Fluten aus; manche sprachen von einem un- 
gesunden Sumpfe. Hierauf ergiesst er sich in einen grossen See 
(Genfersee\ den die alte Sitte Griechenland's Accion nennt und fuhrt 
die eilig dahinströmenden Fluten durch den Spiegel des stehenden 
Gewässers hindurch." 



zed.yGOOgle 



426 Vierles Kapitel, 

Die sumpfige Ebene oberhalb des Sees Accion ist die Gegend 
um St. Triphon und im Wallis sassen also die Tylangi oder 
Tulinger (im Oberwallisj, die Dalitertii, die Clahilci und die Be- 
wohner des temenischen {lemanischen?) Landes. Professor Öchsli, 
dessen Ausführungen wir hier folgen, hat nachgewiesen, dass diese 
Völkerschaften halb germanisch waren. 

Zu Cäsar's Zeit lebten im Kt. Wallis die Seduner, die Veragrer 
und endlich die Nantuaten. Dass diese Stämme zu den Kelten 
gezählt werden müssen, ist nie bestritten worden. Es muss also 
eine Zeit gegeben haben, wo im oberen Rhonethal die Germanen 
ganz zurückgedrängt wurden. Oechsli vermutet, das sei geschehen 
anlässlich der Vernichtung der aus den Alpen stammenden Gäsaten- 
oder Lanzknechtheere durch die Römer im dritten Jahrhundert vor 
unserer Zeitrechnung, 

Livius erzählt uns, dass am Schlüsse des fünften oder zu An- 
fang des vierten vorchristlichen Jahrhunderts das grosse Gebiet der 
Kelten an Übervölkerung litt. Deshalb sandte König Ambiatus, der 
an der Spitze der keltischen Volksgemeinschaft stand, seine beiden 
Neffen Secovesus und Bellovesus mit gewaltigen Heeressch wärmen 
aus, um sich neues Land zu Wohnsitzen zu suchen. Segovesüs 
zog über den Rhein nach Süddeutschland, Bellovesus aber führte 
seine Scharen über die Westalpen nach Oberitalien, vertrieb die 
Etrusker und liess sich mit den Seinen unter dem Namen Insubrer 
um Mailand herum nieder. Ihm folgten andere Schwärme, die Bojer 
und Lingonen. 

Diese Wanderung der Kelten gegen Osten führte die Helvetier 
an den Main und Neckar, die Vindelicier an den Oberlauf der 
Donau, die Taurisker in die Ostalpen, die Insubrer, Senonen, 
Bojer u. a. nach Italien. Einige keltische Schwärme drangen nach Rom 
und Griechenland, ja selbst bis nach Kleinasien hinüber. Zu dieser 
Zeit vermochte sich die germanische Bevölkerung des Wallis infolge 
der Abgeschlossenheit des Landes der keltischen Einwanderung 
besser zu erwehren, als es in den ebeneren Gegenden von Süd- 
deutschland, der Schweiz und Italien möglich war. 

Ais die Gallier der Poebene im dritten vorchristlichen Jahr- 
hundert mit den Römern den Kampf um Sein oder Nichtsein 
kämpften, riefen sie Söldner aus den Alpen zu Hilfe. Anfangs 
wurde mit Abneigung gegen die Fremdlinge, später aber im innigen 
Verein mit denselben gekämpft. Im Jahre 225 v.Chr. überschritten 
die Gäsaten, so genannt wegen ihrer Hauptwaffe, dem Gaesum 
oder der langen Lanze, in ungeheueren Scharen die Alpen, so 
dass 50000 Mann zu Fuss und 200OO Reiter und Wagenkämpfer 



zed.yGOOgle 



Die Eisen zeit. 



427 



gegen die Römer aufgestellt werden konnten. Weder vor- noch 
nachher machte die Tiberstadt so gewaltige Anstrengungen zur Ab- 
wehr ihrer Feinde. Um den Zorn der Götter zu besänftigen, wurden 
auf dem Eindermarbte in Rom ein Gallier und eine Gallierin, ein 
Grieche und eine Griechin lebendig begraben. Zugleich rückten 
140000 Mann Fussvolk und 8200 Reiter ins Feld und es wurde 
die ganze übrige Streitmacht Italien's in Bereitschaft gestellt. Bei 
Telamon an der toskanischen Küste kam es zur Entscheidungs- 
schlacht. Die Römer siegten und die Gäsaten wurden völlig ver- 
nichtet. 40000 derselben fanden den Tod, worunter König 
Konkolitan, und loooo wurden gefangen genommen. Der zweite 
Gäsatenkönig Aneroest nahm sich auf der Flucht das Leben. 

Im Jahre 222 v. Chr. nahmen die Insubrer nochmals 30000 Gä- 
saten in Sold. Diese standen unter König Viridomar, wurden aber 
bei Clastidium, südlich von Parma, geschlagen. Damit war das 
Schicksal der Insubrer besiegelt und die Gäsaten verschwinden aus 
der Geschichte. 

Die römischen Autoren, welche von den antiken Reisläufem, 
den Gäsaten, berichten, geben als die Wohnsitze derselben die 
Alpen, das Wallis und die Gegend am Rhein an. Die Zahl der 
Lanzknechte ist zu gross, als dass sie alle aus dem Wallis ge- 
kommen sein könnten. Wir werden ihre Heimat überhaupt in und 
nordwärts von den Alpen bis an den Rhein suchen müssen, also in 
der Schweiz. Jene Reisläufer aber waren weder reine Germanen, 
noch reine Kelten, sondern ein Gemisch beider Volksstämme, Es 
scheint also, als ob in der Schweiz der keltischen Bevölkerung eine 
ältere germanische vorausgegangen sei. 

Die wichtigsten Nachrichten über die Schweiz in vorrömischer 
Zeit verdanken wir dem Besieger der Gallier, dem römischen Feld- 
herrn und Staatsmann Julius Cäsar (geboren roo v. Chr., er- 
mordet im Jahr 44 v. Chr. [vergl. Fig. 433]), In seinem \\'erke 
über den gallischen Krieg (Commentarii de bello gallico) rühmt 
er die in der schweizerischen Hochebene wohnenden Helvetier 
als tapferer, denn die übrigen Gallier. Dieses Urteil ist um so 
gewichtiger, als dasselbe von einem Manne herrührt, der die helve- 
tische Tapferkeit im Kampfe kennen gelernt, ja der diese Tapferen 
besiegt hatte. 

Die Römer waren schon 50 Jahre vor C.War mit den Helvetiern 
zusammen gestossen. Als Scharen der Kimbern und Teutonen 
gegen das Römerreich anstürmten, da zogen auch viele Helvetier, 
besonders aus dem Stamme der Tiguriner, mit den blondlockigen 
Söhnen des Nordens. Die Helvetier müssen damals noch in dem 



zed.yGOOgle 



438 Viertes Kapitel. 

Gebiet zwischen Böhmerwald, Schwabischem Jura, Rhein und Main 
gewohnt haben, in das sie im vierten Jahrhundert, aus Frankreich 
kommend , eingewandert waren. Als nämlich die Kimbern und 
Teutonen nach der Schlacht von Noreia (113 v.Chr.) nach Norden 
abzogen, gelangten sie, wie Öcksli bemerkt, ohne vindelidsches 
oder rätisches Gebiet zu berühren, zu den Helvetiem; folglich sassen 
diese noch nicht in der heutigen Schweiz. Die Tiguriner unter 



Fig. 4?3. 
Julius Cäsar. 

Divico zogen nun mit den Kimbern zuerst gegen die Beigen und 
später sogar nach Italien, aber nicht über den grossen St. Bernhard, 
sondern über die Ostalpen, 

Im Verlauf dieser kriegerischen Züge waren die Tiguriner mit 
einem römischen Heere unter dem Konsul Cassius zusammen ge- 
stossen. Man suchte den Schlachtort früher am Genfersee, es ist 
aber ausser Zweifel gesetzt worden, dass er in der Nähe der heutigen 
Stadt Agen an der Garonne in Südfrankreich gelegen haben muss. 
Die Römer wurden geschlagen; der Konsul Cassius und der Legat 
I'iso, der Ui^rossvatcr von CäsaHs Gemahlin Calpurnia, fielen; 



zed.yGOOgle 



Die EisenzeiL 



429 



die gefangenen Römer aber mussten zum Zeichen ihrer Schmach 
unter dem Joch durchgehen. 

Die Völkerwoge flutete weiter. Die Helvetier waren meist mit 
den Kimbern vereinigt, hier und da auch mit den Teutonen ver- 
bunden. Endhch trennten sich die beiden grossen Germanenheere. 
Die Teutonen wollten von Gallien aus über die Westalpen nach 
Italien ziehen, wurden aber bei Aquae Sextiae von Marius ver- 
nichtet. Als dann nach langer Wanderung, wobei die Tiguriner 
wohl ihre Heimat wieder besucht haben, die Kimbern über die Ost- 
alpen in die Poebene niederstiegen, ereilte auch sie das Schicksat. 
Auf den raudischen Feldern bei Vercellae kam es im Jahre 101 v.Chr. 
zur Schlacht. Wieder siegten die Römer unter Marius. 140000 Bar- 
baren sollen gefallen sein. 

Nicht lange nach diesem Ereignis müssen die Helvetier ihre 
Sitze am Main verlassen haben und in die Schweiz eingewandert 
sein, etwas nach dem Jahr loo vor unserer Zeitrechnung. Casar 
kennt ihre alte Wohnstätte als menschenleere Ode, Ptolemäus heisst 
sie „die helvetische Wüste". Wahrscheinlich haben die vordringenden 
Germanen die Kelten zum Wandern veranlasst und es ist die Ver- 
mutung ausgesprochen worden, dass die Helvetier bei dieser Süd- 
wanderung die Sequaner aus dem Gebiet der ebeneren Schweiz 
nach Westen drängten, um sich in ihren Gegenden niederzulassen. 
Dass die Niederlassung aber nur eine provisorische war, scheint 
aus dem Umstand hervorzugehen, dass die Helvetier um das Jahr 60 
beschlossen, auch ihre neuen Sitze zu verlassen und im süd- 
lichen Gallien, von dem die alten Männer so viel zu erzählen 
wussten, eine neue Heimat zu suchen, bei welchem Vorhaben sie 
wieder mit den Römern zusammen stiessen. 

Der reichste und angesehenste Helvetier zur Zeit Cäsar's war 
Orgetorix oder wie er sich auf den Münzen nennt, Orcitinx. 
Dieser ehrgeizige Mann stiftete, wie Casar berichtet, eine Verbindung 
unter dem Adel und beredete seine Mitbürger zur Auswanderung. 
Diese waren um so eher dazu bereit, als sie auf allen Seiten ein- 
geengt waren. Die zukünftige Heimat mag ihnen wohl auch in 
verlockenden Farben geschildert worden sein und der eigenen 
Tapferkeit waren sie wohl bewusst. Zudem lebte ja noch der weise 
Führer, der einst die Römer besiegt hatte: Divico. Man beschloss 
also im Jahr 61 v, Chr., sich auf die Auswanderung vorzubereiten 
und so viele Vorräte an Getreide zusammen zu legen, als möglich. 
Im dritten Jahre, also im Jahr 58, sollte der Aufbruch stattfinden. 

Orcitirix übernahm die Leitung des Ganzen. Er suchte be- 
sonders die Völker zu gewinnen, durch deren Land der Zug allen- 



zed.yGOOgle 



430 Viertes Kapitel. 

falls gehen musste. Er beredete den Casticus, der einst viele Jahre 
lang die Sequaner beherrscht hatte, sich die Alleinherrschaft anzu- 
eignen. Dem Äduer Dumnorix, einem Bruder des Divitiacus, gab 
er seine Tochter zum Weibe und versprach ihm ebenfallls seine 
Beihilfe zur Erlangung der Alleinherrschaft. So verbündeten sich 
die drei ehi^eizigen Männer zu gemeinsamen Handeln. Aber das 
Streben des Orgetorix nach Alleinherrschaft wurde verraten und 
auf die „heimliche" Anzeige davon zwangen ihn die Helvetier, sich 
zu verantworten. Orcitirix erschien vor dem versammelten Volke, 
aber das Urteil konnte nicht geföllt werden, weil er zu seinem 
Schutze seine Klienten mitgebracht hatte. Darüber empört, suchten 
die Vorsteher des Volkes mit Gewalt die Rechte des Staates zu 
wahren, da starb Orgetorix plötzlich. Wahrscheinlich hat er sich 
selbst getötet, um der Strafe zu entgehen. 

Die Auswanderung fand aber im Jahr 58 v. Chr. dennoch statt 
Die Helvetier zündeten, um jede Hoffnung auf Rückkehr zu ver- 
nichten, ihre Städte, zwölf an der Zahl, und ihre 400 Dörfer samt 
den einzelstehenden Wohnungen an. Die Nachbarvölker, Rauracher, 
Tulinger und Latobrigen, wurden zu demselben Voi^ehen ver- 
anlasst und auch die Bojer schlössen sich als Bundesgenossen den 
Helvetiern an. 

Es muss ein sonderbarer Wanderzug gewesen sein, der sich im 
März des Jahres 58 v. Chr. am Genfersee bildete, um über Genf 
nach Südwesten zu ziehen. Nach den Verzeichnissen, die den 
Römern bei Bibrakte in die Hände fielen, zogen aus: 263000 
Helvetier, 36 000 Tulinger, 14000 Latobriger, 23000 Rauracher und 
32000 Bojer, zusammen 368 OOO Köpfe. Darunter waren et\va der 
vierte Teil wehrhafte Krieger, die übrigen Greise, Weiber und Kinder. 
Auf schwerfälligen Gespannen führten sie ihre beste Habe mit sich 
und jeder war für '/^ Jahr mit Mehl versehen. 

Als die Auswanderer bei Genf, der ersten Stadt im Gebiet der 
Allobroger, anlangten, fanden sie die Brücke über die Rhone ab- 
gebrochen. In den Mauern der Stadt waltete der neu ernannte 
Statthalter von Gallien, eben Julius Cäsar, seines Amtes, Als die 
Helvetier durch eine Gesandtschaft um freien Durchzug baten und 
versprachen, sich aller Feindseligkeiten in der römischen Provinz 
(der heutigen Provence) zu enthalten, verlangte er Bedenkzeit. Unter- 
dessen langten die aufgebotenen Tnippen an und wurde das Lager 
befestigt. Als die Gesandten der Helvetier wieder erschienen, ver- 
weigerte er ihnen den Durchzug. Sie versuchten, ihn mit Gewalt 
zu erzwingen, aber ohne Erfolg. 

Die Auswanderer mussten sich entschliessen, den Jura zu über- 



zed.yGOOgle 



_^".=!ü:1!^_ 431 

schreiten. Dumnorix verschaflle ihnen die Erlaubnis, durch das 
Gebiet der Sequaner zu ziehen. Cäsar eilte unterdessen nach Italien, 
liess die VII., VIII, und IX. Legion aus dem Winterlager in Aquileja 
aufbrechen, hob zwei neue Legionen aus und führte sie in Eilmärschen 
über die Alpen ins Land der Allobroger und Segusianer. Dort wird 
die X, Legion, die im Allobrogischen lag, zu ihm gestossen sein. 

Unterdessen waren die Auswanderer durch das Sequanerland 
gezogen und befanden sich im Gebiet der Äduer, Sie waren mit 
der Überfahrt über den Arar 'die Saöne) beschäftigt, als Cäsar sie 
ereilte, den auf dem linken Ufer zurückgebliebenen Stamm der 
Tiguriner überfiel und besiegte. Dann schlug er eine Brücke über 
den Fluss und führte sein Heer hinüber, um die anderen Helvetier 
einzuholen. Diese schickten eine Gesandtschaft an ihn, an deren 
Spitze Divico stand. Sie unterbreitete ihm folgenden Antr^: Stellten 
die Römer die Feindseligkeiten ein, so wollten die Helvetier dahin 
ziehen und sich da niederlassen, wohin Cäsar sie versetzen und an- 
siedeln wolle. Führen sie aber damit fort, so möge er an die 
frühere Niederlage der Römer und die alte Tapferkeit der Helvetier 
denken. Dass er einen Teil ihrer Scharen unerwartet überfallen 
habe, während die, welche schon jenseits des Flusses gewesen, den 
Ihrigen" keine Hilfe hätten leisten können, das möchte er doch ja 
nicht seiner Tapferkeit zu hoch anrechnen oder sie deshalb verachten; 
sie hätten von ihren Vorfahren gelernt, es lieber mit Tapferkeit, als 
mit List zu versuchen. Cäsar ging auf diese Vorschl«^e nicht ein. 
Er versprach, Frieden zu machen, wenn sie Geiseln stellten und sich 
bereit erklärten, den Äduem und ihren Bundesgenossen, sowie den 
Allobrogem den zugefugten Schaden zu vei^ten. Da brach Divico 
in die stolzen Worte aus: Die Helvetier seien von ihren Vätern ge- 
wöhnt worden, Geiseln zu empfangen, nicht aber zu geben; die 
Römer hätten davon den Beweis! Damit entfernte er sich. 

Am folgenden Tag brachen die Helvetier auf, Cäsar folgte 
ihnen auf dem Fusse. Ein Reitergefecht verlief ungünstig für die 
Römer, weil Dumnorix mit seinen Äduern sich, den Helvetiern zu 
Gefallen, zur Flucht gewandt hatte. Von nun an vermied Cäsar ein 
Treffen, suchte aber die Feinde vom Fourragieren abzuhalten. So 
ging es etwa 15 Tage lang fort. 

Als die beiden Heere in der Nähe der Stadt Bibrakte (Mont 
Beuvray unfern des heutigen Autun in Mitteifrankreich) angelangt 
waren, wendete sich Cäsar nach dieser Stadt, um für den Unterhalt 
seiner Truppen zu sorgen, besonders neues Getreide aufzunehmen. 
Die Helvetier verstanden diese Bewegung falsch oder hofften, ihm 
die Lebensmittel- Zu fuhr abschneiden zu können. Sie änderten ihre 



zed.yGOOgle 



432 Vieites Kapitel. 

Marschrichtung und fingen an, den römischen Nachtrab zu verfolgen. 
Doch lassen wir den römischen Feldherrn selbst den weitem Verlauf 
der Entscheidungsschlacht erzählen! 

„Sobald Cäsar dies wahrnahm, zog er sich mit dem Fussvolke 
auf den nächsten Hügel und schickte seine Reiterei ab, den vor- 
rückenden Feind aufzuhalten. Mit den vier alten Legionen bildete 
er unterdessen auf der Mitte des Hügels eine dreifache Schlachtlinie, 
dergestalt, dass die zwei neuen Legionen aus dem diesseitigen Gallien 
und alle Hilfevölker über ihm auf dem Gipfel standen, und so liess 
er den ganzen Hügel besetzen, das Gepäck auf einen Platz zusammen- 
werfen und denselben durch die Soldaten der obersten Schlachtreihe 
befestigen. Die Helvetier waren mit ihrer ganzen Macht nach- 
gerückt, stellten das Gepäck zusammen, warfen unsere Reiter zurück 
und kamen in geschlossenen Haufen bis an unser erstes Treffen 
hinan." 

„Um die Gefahr für alle gleich zu machen und die Hoffnung 
zur Flucht zu benehmen, liess Cäsar zuerst sein Pferd, dann alle 
übrigen entfernen, ermunterte die Seinen zum Treffen und begann 
dann die Schlacht. Die Soldaten trennten durch die von oben herab- 
geschleuderten W^urfspiesse mit leichter Mühe die Heerhaufen der 
Feinde und machten dann sogleich mit gezogenen Schwertern einen 
Angriff auf die Zersprengten. Zum grossen Nachteile der Gallier 
in diesem Treffen wurden mehrere Schilde durch einen Wurfspiess 
zugleich durchbohrt und aneinander geheftet; wenn nun das Eisen 
sich umgebogen hatte, so konnte man ihn weder herausziehen, noch 
auch mit dem so gehinderten linken Arme bequem genug streiten. 
Viele warfen daher, nachdem sie den Arm lange hin und her gezerrt, 
den Schild fort und fochten mit biossgestelltem Körper, Endlich 
fing der Feind nach einem grossen Verluste an zu weichen und sich 
auf einen ungefähr lOOO Schritt entfernten Berg zurückzuziehen. 
Als jene den Berg erreicht hatten und die Unserigen nachfolgten, 
fielen die Bojer und Tulinger, die mit ungefähr 15000 Mann den 
Nachtrab bildeten und den Rücken deckten, von ihrem Zuge gerade 
in unsere offene Seite und überflügelten uns. Das sahen kaum die 
Helvetier von dem Berge, auf den sie sich schon zurückgezogen 
hatten, so griffen sie wieder an und erneuerten die Schlacht. Die 
Römer griffen sogleich mit veränderter Stellung in zwei Schlacht- 
reihen an, so dass das erste und zweite Treffen sich den geschlagenen 
und geworfenen Helvetiern entgegenwarf, das dritte aber die an- 
rückenden Bojer und Tulinger in Empfang nahm." 

„So wurde in unentschiedenem Kampfe lange und heftig gefochten. 
Endlich konnten die Feinde unserm heftigen Andrang nicht länger 



zed.yGOOgle 



Die Eisenieit. ^jj 

wideratehen und die Helvetier zogen sich, wie sie ange^gen hatten, 
auf ihren Berg zurück, die Bojer und Tuünger aber wendeten sich 
zu dem Gepäck und den W^en hin, denn fliehen sah man in dem 
ganzen Kampfe niemand, obschon die Schlacht von 7 Uhr bis an 
den Abend gedauert hatte. Der Kampf wurde sogar noch bis 
spät in die Nacht bei dem Gepäck fortgesetzt, denn die Helvetier 
.hatten statt eines Walles ihre Wagen aufgefahren und warfen ihre 
Geschosse von einem höheren Standpunkt auf unsere anrückenden 
Truppen. Manche schleuderten auch ihre leichten Wurfspiesse 
zwischen den Wagen und Rädern hervor und verwundeten so unsere 
Soldaten. Nach einem hartnäckigen Widerstände erst eroberten wir 
endlich das Lager mit dem Gepäck und machten hier des Orgetorix* 
Tochter nebst einem seiner Söhne zu Gefangenen," 

Die Schlacht von Bibrakte, die Cäsar uns in so brutal-einfachen 
Zügen schildert, vernichtete die Helvetier. Es blieben fast nur 
Weiber und Kinder übrig, die unter dem Schutze der Nacht ent- 
flohen. Cäsar's Heer bedurfte der Erholung. Erst am vierten Tage 
folgte er den Flüchtlingen. Schon vorher hatte er Boten und Briefe 
an die Lingonen, zu denen die Helvetier geflohen waren, gesandt 
mit der Drohung, er werde sie als Feinde behandeln, wenn sie 
die Besiegten mit Lebensmitteln oder anderen Dingen unterstützten. 

Endlich kamen helvetische Gesandte zu Cäsar, die um Frieden 
baten. Er forderte Geiseln, Waffen und die übergelaufenen Sklaven. 
In der folgenden Nacht suchten jedoch 6000 Mann aus dem hel- 
vetischen Gau der Verbigener zu entfliehen, Cäsar schickte an die 
Völker, durch deren Land sie gezogen waren, den Befehl, die Flücht- 
linge zurückzubringen. „Die Zurückgebrachten behandelte er nun 
als Feinde"; so steht in dem Berichte Cäsar^s geschrieben; das heisst 
wohl: die Flüchtlinge wurden getötet oder als Sklaven verkauft. 
Die Helvetier, Tulinger und Latobriger sandte Cäsar in Ihr ver- 
lassenes Land zurück und beauftragte die Allobroger, ihnen Lebens- 
mittel zukommen zu lassen. Diese Massregel war aber nicht etwa ein 
Ausfluss von Milde, sondern der Staatsklugheit Die Helvetier sollten 
das öde Land wieder- besetzen, ihre Dörfer und Städte wieder auf- 
bauen und die Germanen von Italien, von Rom, abhalten helfen. 
Den tapfem Bojem wurde auf Ansuchen der Äduer erlaubt, sich 
im Aduergebiete niederzulassen. Jene gaben ihnen Felder und in 
der Folge gleiche Rechte mit den Eingebornen. 

Die Helvetier kehrten heim. Beim Anblick der Trümmer ihrer 
einstigen Wohnsitze mag manche Thräne dem Auge der harten 
Kri^er entronnen sein, die nie ein Feind weich gesehen. CHe Blüte 
des Volkes lag auf dem Schlachtfelde von Bibrakte begraben. Von 

Kiicrli, Urgcichich« der Schweii. 26 



zed.yGOOgle 



AXA Viertes Kafätel. 

den 368000 Seelen, die mutig und hoffnungsfroh das Land verlassen 
hatten, kehrten nur iioooo, nicht einmal der dritte Teil, in die 
alte Heimat zurück. Als freie Menschen waren sie ausgezogen, als 
Unterthanen kehrten sie wieder. Hinter ihnen ertönte der Schritt 
der erzgepanzerten Legionen der weltbeherrschenden Roma. Wie 
ein grosses Trauerspiel erscheint die von Cäsar berichtete Geschichte 
des tapfem Volkes der Helvetier. Sie traten auf, um als Volk 
gleich fiir immer zu verschwinden. 

In ununterbrochenem Siegesläufe unterwarf der römische Feld- 
herr in den Jahren 58 — $2 ganz Gallien und schuf sich ein Heer, auf 
das er sich unbedingt verlassen konnte. Er durfte daran denken, 
zur höchsten Würde, die Rom zu vergeben hatte, aufzusteigen. 
Jeder Staatsmann aber, der Italien und Frankreich zugleich beherrschen 
will, wird den Pass über den grossen St, Bernhard in seinen Besitz 
zu bekommen suchen. Schon lange, bevor Cäsar seine geheimen 
Plane enthüllte, hat er darum den Bernhardsweg in seine Hand zu 
bringen versucht. 

Im Jahr 57 v. Chr. schickte er den Legaten Servius Gatba 
mit der XII. Legion und einem Teil der Reiterei ins Wallis, um 
den Weg über den grossen St, Bernhard, „der gewöhnlich für Kauf- 
teute sehr gefährlich und der vielen Zölle wegen kostspielig war," 
frei zu machen. Diese Erklärung war ftir den römischen Kaufmann- 
stand bestimmt, Cäsar'n selbst ist zweifellos die militärische Bedeutung 
des Passes klar gewesen und deshalb hat er den Kriegszug an- 
geordnet. 

Galba war in verschiedenen Gefechten glücklich und nahm den 
Wallisem mehrere Kastelle weg. Als er von den Feinden Geiseln 
empfangen, machte er Frieden, legte zwei Kohorten in das Gebiet 
der Nantuaten, also wohl in das heutige St. Maurice, das alte Tar- 
najae und mit den übrigen Truppen bezog er sein Winterlager in 
Octodurus, dem Hauptort der Veragrer, d. h. im heutigen Martigny. 
Er überliess den Galliern nur die eine Hälfte dieses durch die Dranse 
in zwei Teile geteilten Ortes, den andern liess er zu einem Lager 
herrichten und ihn mit Wall und Graben schützen. 

Ein Teil des Winters war vorüber, viele Soldaten waren be- 
urlaubt Diesen Umstand benutzten die Ver^rer und Seduner, 
besetzten die um Octodurus gelegenen Anhöhen und stürmten gegen 
das nur unvollständig erstellte Lager. Die Römer konnten sich nicht 
lange halten. Die Feinde waren in erdrückender Übermacht — 
Cäsar spricht von 30000 Mann, aber woher sollen diese gekommen 
sein, da doch nur der halbe Kt. Wallis beteiligt war, — Proviant 
war nur in ungenügender Masse vorhanden, Zuzug abgeschnitten. 



zed.yGOOg[e 



Die Eisenzeit. 



435 



Schon hatte die Schlacht über 6 Stunden gedauert Die Römer 
fingen an zu ermatten, während die Feinde immer kräftiger an- 
stürmten und schon begamien, den Wall zu durchbrechen und den 
Graben auszufüllen. Da machten die Römer plötzlich einen Ausfall 
und das Glück wendete sich. Über loooo Walliser fielen und der 
Rest fioh. 

Nachdem Galba die feindliche Macht zersprengt hatte, zog er 
seine Truppen wieder im Lager zusammen. Am folgenden Tage 
Hess er den Flecken Octodurus in Brand stecken und führte, ohne 
weiter belästigt zu werden, seine Legion in das nantuatische Gebiet. 
Dort wird er die daselbst stationierten zwei Kohorten an sich ge- 
zogen haben. Dann begab er sich ins Land der Allobroger, wo er 
den Winter zubrachte. Die Eroberung des Wallis war nicht gelungen. 

Prof. Egll und Oberst Rothplktz haben an die Niederlage 
der Walliser bei Octodurus im Jahr 57 v. Chr. die Hypothese 
von der Entstehung der Legende von der bei St Maurice wegen 
ihrer Glaubenstreue niedergemetzelten thebaischen Legion ange- 
knüpft. Ihrer Ansicht nach ist ein Teil der Walliser nach dem 
Siege Galba's thalabwärts gegen St Maurice geflohen. Dort liefen 
sie den daselbst liegenden zwei römischen Kohorten in die Hände, 
während im Rücken ihre Verfolger nahten. Von vom und 
hinten gepackt, wurden sie bis auf den letzten Mann niedergemacht. 
„Die Niedermetzelung einer ganzen grossen Scharj ohne dass ein 
Einziger das Blutbad überlebte, war ein in das Gemüt des Volkes 
tief eingreifendes Ereignis, dessen Erinnerung von Geschlecht zu 
Geschlecht sich vererbte. Heidnische Opfer mt^en jährlich am 
22. September die Lebenskraft der Sage weiter genährt haben, bis die 
katholische Kirche in ihrem feinen politischen Gefiihl das Gemüt des 
neu bekehrten Volkes fester an sich zog, indem sie ihm die alte 
Heldensage liess und nur aus den im Kampf fürs Vaterland ge- 
feUenen Kelten, im Handumdrehen, eine Legion christlicher Märtyrer 
entstehen liess." Man begreift nur nicht, warum die Walliser rhone- 
abwärts, also dem Feind in die Hände flohen und nicht thalaufwärts, 
wo sie sicher gewesen wären. 

Erst unter Augustus scheinen die wallisischen Stämme der 
Nantuaten, Veragrer und Seduner, zu denen der Stamm der lepon- 
tischen Uberer im Oberwallis gekommen, unterworfen worden zu 
sein. Diese Uberer waren in die von den Tulingem (die wir als 
Bundesgenossen der Helvetier kennen gelernt haben) verlassenen 
Sitze eingerückt. 

Schon vor den Wallisern wurden die am Südabfall des St. Bern- 
hard ansässigen Salasser unter Rom's Herrschaft gebracht. Augustus 



zed.yGOOgle 



A36 Viertes Kapitel. 

unterwarf aber auch die Rätier, die in den Thälem des Rheins und 
des Inn in der östlichen und südöstlichen Schweiz sassen. Im 
Jahr 15 V. Chr. sandte er seine beiden Stie&öhne Drusus und 
Tiberius gegen sie. Drusus zog durch das Thal der Etsch und 
unterwarf in hartnäckigem Kampfe die wilden Stämme in TyroL 
Tiberius dagegen rückte von Westen vor, lieferte bei einer Insel des 
Bodensees seinen Feinden eine siegreiche Schlacht und unterwarf 
die westlicher wohnenden Rätier. 

Damit war das ganze Gebiet der heutigen Schweiz in die Hand 
Rom's gelangt, aber auch die Römer vereinigten die vorher ge- 
trennten Lande nicht. Helvetien wurde zu Gallien geschlagen, 
Wallis und Rätien fügte Augustus zu einem Ganzen und setzte einen 
eigenen Beamten über diese Provinz, Sein Bestreben ging, wie 
MOMMSBN sagt, dahin, die grossen Kommandos von der italienischen 
Grenze fern zu halten. Keine Provinz sollte an Italien grenzen, 
von deren Statthalter er etwas hätte furchten müssen. Darum um- 
gab er seine engere Heimat im Norden ringsum mit einer Anzahl 
kleiner, unter Prokuratoren und Präfekten aus dem Rittei^tande ge- 
stellten Reichsteile. Erst unter Mark Aurel wurde Rätien eine 
Provinz; das Wallis dagegen, das von Rätien abgetrennt wurde, 
bildete von da an einen Bestandteil der die Westalpen umfassenden 
Statthalterschaft. 



Wir sind am Schlüsse unserer Untersuchungen angelangt. 
Werfen wir noch einmal einen Blick zurück auf die Zeiten, die 
wir eilenden Fusses durchmessen und deren Bilder wir in uns auf- 
genommen haben! Beim Beginn der urgeschichtlichen Periode lag 
unser schönes Schweizerland noch im Banne der Eisriesen, die ein 
nordisch-alpines Klima hervorbrachten. Fremdartige Tiergestaltcn 
zogen an unserem Auge vorüber und inmitten derselben erblickten 
wir den Menschen als rohen Jäger und Fischer, in stetem Kampfe 
mit der Natur, In der jüngeren Steinzeit ist vieles anders geworden. 
Der Mensch hat die tiefsten Kulturstufen überwunden. Er wohnt 
in Hütten, versteht Vieh zu züchten und pflegt den Acker, Seine 
Geräte bestehen zwar immer noch zum grössten Teil aus Stein, 
aber sie sind mannigfaltiger und besser geworden. Das Klima ist 
dem heutigen gleich, Tier- und Pflanzenwelt der Eiszeit sind ver- 
schwunden und haben den uns bekannten Formen Platz gemacht 

In der Bronzeperiode wurde das erste Metall bekannt Die 
Haustiere mehrten sich, der Ackerbau wurde bedeutender. Handel und 



zed.yGOOg[e 



Die Eisenzeit. 



437 



Verkehr zogen immer weitere Kreise in ihren Bereich. Schmuck, 
Wericzeug und Waffen haben wieder eine Vermehrung erfahren und 
sind besser^ praktischer geworden. 

Die Eisenzeit führte die Völker noch näher zusammen und 
gab ihnen das wichtigste Nutzmaterial, das Eisen. Der Handel 
wurde bald nicht mehr durch Tausch bewerkstelligt, sondern der 
denkende Menschengeist schuf einen Wertmesser, das Geld, und 
erst jetzt konnte der Verkehr der verschiedenen Länder grössere 
Dimensionen annehmen. Die Schrift wurde erfunden und gab sich 
als ein Mittel zu erkennen, den nachkommenden Geschlechtem nicht 
bloss die Schicksale der Väter zu erklaren, sondern auch deren 
Wissen und Erfahrung zu übermitteln. 

Die Verwendung der Schrift und des Geldes führt die Barbaren 
in die Reihe der Kultumationen. Gerade als die Helvetier im Be- 
griffe waren, diesen Schritt zu thun, gingen sie unter. 

Völker vei^ehen, aber die Kultur steigt empor. Mit dem 
Untergange der Helvetier schien jeglicher Fortschritt in unserem 
Lande verunmöglicht zu sein. Dem war nicht so. An Stelle der 
helvetischen trat die hochentwickelte römische Kultur und führte 
die Bewohner einige Jahrhunderte lang, bis auch sie einer jüngeren, 
lebenskräftigeren Schwester Platz machen musste. 

Von der Urzeit weg bis auf unsere Zeit gewahren wir eine 
stetige Entwickelung. Die Menschheit hat aber nicht nur je und je 
die Formen der Geräte, der Waffen und Schmucksachen vermehrt 
und veredelt, sie hat nicht bloss immer mehr Naturprodukte und 
Naturkräfte in ihren Dienst genommen, sondern sie ist auch selbst 
besser, gesitteter, edler geworden. Diese Entwickelung wird auch 
in Zukunft nicht stille stehen, sondern das menschliche Geschlecht 
zu immer höherer Gesittung fuhren. 

Das ist eben die eminente Wichtigkeit des urgeschichtlichen 
Studiums, dass wir dadurch die Gewissheit erhalten von dem 
nie rastenden Weiterschreiten der menschlichen Kultur! 



zed.yGOOg[e 



Register. 



Aahotep 309. 

Aarau, Museum von 36S. 

Aare^ 390. 

Aareeletscher 13, 17. 

Aathal 140. 

Abbeville 31. 

Aberglaube 411. 

Absaukelle 313. 

Abulfeda 106. 

Abury 194, 

Accion 425. 

Ackerbau 74, i;S, 160, 176, 

412. 
Ackerbauer 77. 
Adel 4JO. 
Adiatumnus 431. 
Adler 372. 
Adlerfam 119. 
AdÜEwil 269, 293. 
AdmiralitStsinseln 184, 
AduermüDzen 397, 398,401. 
Aduer 349, 397, 398. 420, 

43'. 433- 
AlToIteni bei HOngg 370, 

Agerisee 158, 29g, 
ÄBerten 337. 

Agyplen 106, 134. 14;. 159. 
186, 207, 307, 309, 316, 
, 3'7- 

Act"«' 77, 178, 179- 
Ägyptischer Humienweiieii 



298. 

Athiopieo 159. 

Ante mit transversHlem Loch 
34/- 

Ahleu 46, 61, 80, 94, I iS, 
120, 128, 170, 204, 216, 
224. 229. 232. *7S- 348- 

Abom 125, 160, 161 

Ahonoholz iz8. 

Aino laS. 



Airolo 380. 

Akkadier 308. 

Akropolis 310, 

Alaska ti6, 288, 289. 

Aibisrieden 340. 

Alesia 348. 

Alfuren 1 10. 

Alis« St. Reine 348. 

Allenluften 340, 370, 375. 

AUgemeinbesitz 300, 301. 

Allobn^^r 326, 400, 425, 
431. 433- 

AllobrogenaOnzeii 401. 

AtlumiDiuFT. 6. 

Almend Z31, 300, 328, 332. 

Alpeohase 23, 41. 

Alpenrosen 1 6. 

Alter der Eiszeit 26. 

Alter der La T^ne-Zeit 350. 

Altnau 57. 

Ahstetten 386, 396. 

Alvaschein 241. 

Ambiatus 426. 

Amboina 109. 

Amboss 217, 224, 275, 317. 

Ambronen 419. 

Amenhotep 310. 

Ammouiten 48, 164. 

Amsel 12S. 

Atnsoldingen 17. 

Amuiete 118, 152, 163, 164, 
228, 236, 246, 260, 2bi, 
264. 302, 326, 369, 382. 

Andamanen 183. 

ADdeer 241. 

Andree 83, 84, 208. 

Aneroest 427, 
< 373- 



Angelu iiB, 158, 217, 
"9. 330. 338, 348. 
Angelhaken 309. 
Animismus 91. 



Anker 163. 

Anthropomoiphismus 91. 
Antbropophagie 150, 153. 
Antimon 305. 
Antiquar. Gesellschaft ZOricb 

93. 336- 
Aosta 29S. 
Aprelbaum 119, iGo. 
Aphrodite 175. 
Apollo 4*3, 
Appennin 296. 
Aeppli, Joh. 93. 
Aquae Sextiae 419, 429. 
Aquitanier 414. 
Arabien 308. 
Arachne 181. 

Arbedo j8l, 383. 384, 405. 
Arbeitsplatz 40, 57. 
Arbeitsteilung 74, 75. 
ArboD 97, 158, 299, 386, 
Archäologische Karte 327. 
Archäopterix 5. 
ArgentinieD 105, 204. 
Argonautenzug 30S. 
Arier 196, 283, 307. 
Arische Ursprache 19S, 
Arische Wanderung 1 96, 

297- 
ArkesJD -Gneise 14. 
Armband, Arrobinder 258, 

37S. 378, 389. 391. 392, 

394- 
Armringe 221, 355, 369, 376, 

389- 
Armschlaufe 373. 408, 
Armspangen 166, 204, 21 1, 

219, 121. 222, 234, 241, 
248, 338. 

Armwülste 371. 
Arthritis deformans 149. 

Arve 






Arricola amphibius 64. 

- gregalis 65. 

- ratticeps 64, 



„d, Google 



Arzte 4 24. 

Aschi 235. 

Aspennont 145. 

Asphalt I30, izi, 170, 1S4, 

AÜas 178. 

Atlo^ewebe 181, 

Attersee 102. 

Atticb iig, 117, 161. 

AursetzcD der HCmer 302. 

Aueustus 4)^. 

Aulerker 410, 

AnstraJien Si. 

AustraUer 73, 74, 77, 183, 

AustralnegeT 137. 

AuBwandeniDg der HeWetier 
4»t). 

Autua 431. 

Auvemier 101, 165, 170,219, 
226, 231, 244, 245. 246, 
»54. *S5. 259. 260, 261, 
262. 263, 299, 312, 371. 

Avenchei 356, 399. 

AveDtikum 352, 356, 410. 

Avienus 425. 

Alt, Aste 79, 167, 210, 
240, 322. 337, 347. 

Ayent 313. 



Baummarder 64. 122. 1 

BaumwohnuDgeo 105. 
Bauscbanze 167, 188, 1S9, 

212. 274. 
Bayern 315. 
Bearbeitong von Feuerstein 

42, 59- 
Bearbeitung von Hom 4$. 
Bearbeitung vod Knocbeu 61. 
Bearbätung der Metalle 414. 
Becher 37, 118, I20, I28, 

144, 183. 188. 223, 279, 

381, 385, 403. 
Beduinen 186. 
BegräbDis , sekundSces 20Q, 



Babylon 155. 
Babylouier 160. 
Bacchusdienst 42z. 
Baden (Aargau) 397, 424. 
BaggeroDgen 123, 338. 
Bagnei 257. 
Bakairi S6, 204. 
-Baku 73. 
Baldeggersee 183. 
Balkan-Halbinsel I02. 
Balken 230. 
Balsthal 397, 422. 
Bananen l i i . 
BAndcben 123, 
Bandjei 109. 
Band-Omameat 196, 
Bangen 299. 
Bangkok 107. 
Bänke 115. 
Bannwil 373. 
Bär 139, 159, 211. 
Bären Jihne 165. 
Basalt 167, 
Basel 19, 278, 397. 
Basel-Augst 397. 
Bassecourt 192. 
Bast 129, 161, 172. 
Bastgeflecht I29. 
Balambang 107. 



i! 



Baulmes 136. 



137- 



246. 

Bebaustein 37. 

Beil, Beilchen 79.- 95. 120, 
132, 139, 166, 204, 210, 
211. 214, 223, 229, 235. 
236, 237, 23S, 239, 240, 
141, 243, 246, 265, 271, 
305, 30*. 309. 31*. 328. 
330, 33z. 347. 354. 358. 

Beilhämmer 12S, 233. 

Belenus 422. 

Beigen 4 2 8. 

Bellovesus 426. 

Bemalung 371. 

— des Körpers 163. 

— des Schadeis 200. 

— der Töpferware 223. 

— der HOtteniTände 353. 
Belmund 321. 
Belpberg 398. 
Beni-Hassan 179. 
Benue 105. 

Beowulf 300. 

Beowulfslied 250. 

Berg 313. 

Berg am Irchel 230. 

Bergbau 414. 

Bergkrystall 115, 120, 12?, 

141. 143. 17'- 
Berg- oder Passfnnde 257. 
Berg, Thutgau 98. 
Bcrgün 241, 

Bern 332, 337, 390, 398. 
Bern, Museum 119, 237, 239, 

246, 337, 338. 342, 356. 

374. 37^. 377, 378. 390, 

392. 405- 
Bernhatdin 241. 
Bernhardspass 434. 
Bernstein 153, 164. 205, 260, 

264, 307, 363, 369, 381, 

382, 385, 390, 391. 392, 

407. 
Bernsteinknget 2 4 8. 
Bemsleinperlen 94, 32a, 221, 

222, 246, 251, 409. 
Bemsteinsäure 196, 
Beschäfligung 276, 410. 



439 

Beschläge 346. 

Bestattung, provisorische 153. 

Beslattungszeremonie 36S. 

Betula nana 25. 

Beundenfeld 390. 

Bcvaix 142, 226, 254. 

Bei 13, 247. 

Bhutan 107. 

Biber 119, 122, 125, 158. 

Bibrakle 34S, 349, 351, 413, 

431. 433> 
Biel 398. 

— Museum 341, 343. 
Bieletsec 100, 131, 161, 183, 

207. 
Bier 412. 
Bildwerke 372. 
Binkelweizen 161. 
BinniDgen 254, 263, 314, 393. 
Binsen 119, 123, 171, 
Birke 97, 119, 120, 123, )6o, 






161. 
Birkenbarz 22; 
Birkenrinde i; 
Birkhuhn 64. 
Birnbaum 160. 
Bituriges 414. 
Blanc fond 120. 
Blasebalg 317. 
Blei 263, 290, 305, 414. 
Blutverwandtschaflsfiimilie 89. 
Boca del Riachuelo 105, 
Bodensee 97, 436. 
Bodmann 174, 286, 301. 
Böhmen 280, 360. 
Bozens 371, 374. 
Bogen 79, 128, 170,314,365. 
BogenÜbel 2ZO, 261. 
Bogenschüt2en 412. 



r 426, 430, 432, 433, 



166. 



371, 373- 
29&, . 



^oUigi 

347, 350, 
351- 
Bongo 316. 
Boningen 362. 

Bonstelten, v, 373, 390, 391. 
Bonviliars 193, 194. 
Bootshaken 348. 
Bomeo 1 09. 
Bos bison 24. 

— prlmigenius 34. 

— priscus 36. 
BoienstOcke 61, 82. 
Bottighofen 97. 
Boudry 1 36. 
Beule, M. 36. 
Bourg St. Pierre 400. 
Boucher de Perthes 31. 



„d, Google 



440 



Bn 



407. 

BTBchycephalen 68. 
Bramaputia 107. 
Brandgiäber 251, 3S1. 
Brasilien 181, 204' 
BrauDb£r zz, 41, 41,64, II9, 



BreDte iSS. 

BreloD«n 300. 

Bretter ijo. 

Briania 405. 

Brig 326. 

BritanDJen 190, 414, 415,414. 

Brixhani cave 3:. 

Brombeeren 119, 1Z2, 117, 

161. 
Bronze Z05, zäo, Z90, 304, 

319, 348. 
— Analyse 304, 
BroDzebeil 129. 
BroDzefigfirchcD 369. 
Bronzehaken 117. 
Bronzehandel 213. 
Bronzekessel 219. 
Broniemeissel ii6, 
Bronzenadel , geschwollene 

.46. 

Bronzepeiiode zoi. 

Bronzeschwerter Z]6. 

Bronzeume 385. 

Bronzezeit 314, 315. 

Brot izs. 

Brotfracht in. 

Brücke 115, 120. 

Bru€g353.354.3SS. 35^397- 

Brtigg z68, 336, 340. 

Brunei 109. 

Brünig 239, 

Brunnen 239. 

Bruson 377. 

Boche 122, iz;, 160. 

Bucheckern izj, 

BuchnUsse 160. 

Buchs 396. 

Buchweizen 412, 413. 

Buckel 190. 

BüEelkanoe 309. 

Bülach 386, 395. 

Buntkupfererz 321. 

BQnzen 236, 312. 

Büren 337 
Burgdorf 157, 398. 
BUrgenberg 239. 
BurghSlzli 3S6. 
BQrgien 239, 
Burma 107, 1 16, 289. 
Burwein 394. 
Bnsclimänner 84. 202. 
Büsserach 33. 



Cadurci 407. 
Calonico 381. 
CalpumU 4.28. 
Cuneron 105, 
Cannstatt 66. 
CaenopitfaecuG 5. 

Cäsar 141, 3J5. 351, 354, 

394, 4U. 414, 41s, 4'9. 

421, 4Z2, 425, 427, 428, 

430- 
Caspari 399. 
Cassius 42S. 
Castaneda 384. 
Casticus 430. 
Castione .(Tessin) 238, 381, 

382, 383- 
Castor fiber 36. 
Calull 173. 
Caviezel 241, 3S4. 
Celebes 109. 

Centralamerika 105, 1 16, Z04. 
Centrumbohrer 6:. 
Cecani 109, ItO. 
Cerinasda 38:, 383. 
Cerithium 48, 61. 
Certo&a 311, 350. 
Certosa-Fibeln 350, 380, 383, 

384, 391, 408. 
Cervus capreola 36. 

— elephus 36, 64. 

— enryceros 23, 36. 
Ceylon 183. 
Chaldäa Z03, 318. 
Chatdäer 77, 
Chaleux 32. 
Chalyber 319. 
Cham 99, 

Chamaeprosopen 68. 
Champagny 371. 
Chandolin 249, 
Chätelard 142, 154. 
ChatoDnaye 408. 
Chavannes 114, 159. 
Chelleen 27. 
Chelles 27, 35. 
Chenopodiucn 127. 
Chevroux 169, 255, 277, 289, 

193' 
Childetich 339. 
ChUe 185. 
Chillon 247, 312. 
China 108, 203, 31S. 
Chloromelanit 116, 166, 288. 
Chronologie 258, 309, 311, 

3'4- 
Chur, Museum 241, 251, 

395- 41*- 
eisten 373, 381. 382, 405. 
Clan 300. 
Claslidium 427. 



Cliff-Dweller 68. 

Collier 134. 

CoUombey 399. 

Colombier 229, 273, 274, 

313. 398. 
Columbella rustica 249. 
CoQcbe 165, 168, 183, 260, 

269, 293. 
Conters 394. 
Conlhey 148, 249, 313,376, 

377- 
Cook 183. 
CorceletteK loi, 323 , 226, 

22g, 230. 254. 256. *63, 

277. 306, 312. 
Corcelles 192, 194. 
Cordast 362. 
Cornaax 347, 313. 
Corpataui 399. 
"ortaillod lOl, 261, 263, 169, 

278, 282, 291, 292, 293, 
299. 3"3. 

COUTTOUI 234, 398. 

Cr^Dnoge 103. 

Cricetus frumenlarius 64. 

phaeus 65. 
Critognatus 420. 
Crotl 26, 27. 
Cro Magnon 32, 
Cromlechs 191. 
Cryptobranctus j^onicus 29. 
Cuvier, G. 30. 
Cypera 134, 290. 
Cyprischer Dolch 297. 



Dachs 64, 95, 119, 122, 159. 
Dacbsenbühl 147, 

Dajaker 109. 
Dalitemi 425. 
Damhirsch 139, 
Danemark 257. 
Danneil 205. 

Darstellung des Menschen 329, 
337. 3&9. 386, 389, 409, 
Darwin 31. 
Daubrie 290. 
Davos 240. 

Deckenschotter 19. 232. 
Delimont 33, 234. 
Deisbei^ siehe DeltmonL 
Depotfunde 235, 250. 
Desor zzz, 341, 393- 
Deutschland 311. 
Devon 5. 

Diademe 244, 249, 294, 405. 
Dichter 424. 
Diluvialmenscb 28, 67. 
Diluvialpferd 64. 



Diluvium 6, ] 



..d=;Google 



Diodor 407, 4[l, 41S, 411. 

Dioskuren 411. 

Diskussteine zu. 

Dj«r 316. 

Divico 428, 429, 431. 

Divitiacus 430. 

Docius 397. 

Dolche 46, 79, 118. 120, 

121, ,iJ7, ij8, 131, 139, 

142, 161, 171. 204. 214. 

224, 136, 238, 141. 144. 

250, 251, 253, 358. 264. 

265, »66, 3:0, 312, 330. 

365. 374- 
DoUchocephaleo 68. 
Dolmen 191. 
Domo d'Ossola 326. 
Donoerkeile 29. 
Doppelan^lD 223. 
Doppelaxte 332. 
Doppel bell 167. 
Doppelkoopf 329. 
Doppelspiialen 346. 
Doppel-Spiralhaken 253. 

DOtriiDgen 362, 363. 

Doiigen 373. 
Drehscheibe 387, 392. 
Dreiperiodensysteni 205. 



Drönc 



250. 



Druiden 419, 421, 424. 
Dniidensteio 193. 
Drusus 436, 
Dachagga 317. 
Dschiggetai 25, 63. 
Dubnorei 398, 420, 430, 431, 
Dödingen 370, 371, 373. 
Duho, V. 400. 
Düllenbeile 212, 347- 
DUllenkelt 234. 
Dtillenmeissel 2 16. 
DüUeomesser 272, 293. 
Dumnorix siehe Dubnorex. 
DumoBl d'Ürville 109. 
Du Pasquier 19. 
Dupont 32, 67. 
Durchscfalae 217, 275. i'\^- 
Dum 415. 
DUrnten i8. 



Eaus Vive 



Eberebe^ 230, 301, 313. 

Eberzäluie 165. 
EbeTZBbu'Lani eilen 152, 15. 
Eberiahnmesser 94. 
Eburodunutn 327. 
Echalleas 234, 392, 
Edelhirsch 23, 41, 64, ii< 
122, 125, 149. 159. 23. 



Egerkingen 5. 

EpE »74. 305- 
Egli 435- 
Ehrenreich 86. 
Eibe 160, 161. 
Eibeuholz 121, 



170, 



Eiche 119, 120. 122, 160. 
Eicfaeln 160. 

Eicheahaine 424. 
Eichenholz 210, 299. 
EicheowSlder 413. 
EichhOmchea 64, 119, 121. 
Eigentumsmarken 46, 61, 190. 
Eimer 1S3, iSS. 
Einbaaro 97, 128, 15S, Z17. 

299. 
Eindrücke von Fingernägeln 

195. 
Eintischthal 193, 304, 378. 
Einhomprerd 346, 349, 358, 

389. 396. 
Einkorn 161. 
Einlagen von Eisenlamellen 

224. 
Einrammen der Pf&ble 9;. 
Einlragsslab 177. 
Eiazel- oder Sonderebe 89. 
Eisen 294, 305, 309, 316, 

315. 3JO- 
Eisenbeil 332. 

— mit Dülle 332. 
Eisenerze 316. 
Eisenhütten 414. 
Eisenkultur 316. 

Eisen lam eilen, Einlagen 236. 
Eisenmassela 321. 
Eisenscb miede 325. 
Eisenslachel 348. 
Eisenzeil 3 16. 
Eisfuchs 22, 42, 64. 
Eiszeit 6, I [, 20. 
Ekkehard iba, 3^2. 
Elektron 356, 396. 
Elektron münze 399. 
Elen 119. 122. 125, 158. 
Elephas ariicaniis 23. 

— antiquuB 23, 35, 36. 

— Ffllconeri 23. 

— meridionalis 23, 36. 

— primigenius 23, 25. 

— priscus 23. 
^igg 5- 

Email 329, 369, 385, 386, 

409. 
Emmer 125, 161. 

Enge 386. 

England 103, 104. 

Ente 125. 

Entwicklung der Kultur 436. 

— der Kunst So. 

— der Menschheit 3. 



441 

Entwicklung der Pflanzen- 
I weit 5, 
; — der Religion 89. 

— der Sprache 70, 71, 
I — der Tierwelt 5. 

I Entwtcklungsprinzip 69. 

lEpagnier 398. 

I Eptes i auteones 269, 310, 

I 3>3. 

' Epingles ctphalüres 313. 

Epsach 230. 

Equus hemionus 63. 

Erdbeeren 127, 161. 

Erdpech 295. 

Eringeirasse 159, 326. 

Erle 127. 

Erlenbacb, Zürich 14, 167. 

Ermatingen 97, 183, 2S6, 
362. 

Erratiker 13, 193. 

Erratische Pflanzen 15. 

— Tiere 15, 
Erstfeld 239. 

Eschenz 97, 255. 

Eskimo 78, 84, 88, 1S3, 204. 

Estavayer 101, 135, 226, 
2S4> 258, 260, 261, 288, 
S93, S94. Ji«. 3'4i 37i- 

Ethnolf^e 8. 

Etrusker 285, 426. 

Etruskische Gi^ber 350. 

Htruskische GefSsse 403. 

Etruskischer Spi^el 291. 

Etsch 436. 



Fabrikzeichen 190, 347. 

Fach 179. 

Faden 123, 126, 12S. 

Fadenknäuel 119. 

Fälschungen 48, 52. 

Familien- Verhältnisse der Gal- 
lier (Helvetier) 419. 

Farbe, Farben 176, 18;, 280, 
353. 371 ■ 

Farbstoffe 126, 161. 

Färöer 179, 180. 

Fasern 128. 

Fassangen 107. 

Fauna des Diluviums 21. 

Feilen 348. 
Feldgeräte 225. 
Feldzeichen 412. 
Felis spelaea 24, 36. 
Fellenbei^, Dr. E. von :i4, 

131, 227, 246, 287. 
Fellenberg-Rivier 304. 
Felsberg 403. 



„d, Google 



442 



Register. 



Fäsina 311. ! 

Fenne 137. 

Fenoich iis> '^'^ 1 

Feueranbeter 7J. 
Feuetländer 74, 171. 
FeuetEchwamm iiz, 117. 
Feuerstein 139, 141, 157,103, j 

204, 232, 337, 186, 33S, 

3S4. 
Feuetsteinartefakte 115. | 

Feuersteininsel 2S7. 
Feuersleinobjekte 42. 
FeucTEteinmesser 241. 
FeuerateinspliMer zio, 213. 
Feueretellen 138, 
Feueisteinstücke liO. 
Feuerstein werk statte iio. 
Feuerstein Werkzeuge 59. 1 

Fibeln,Fibulae220, 222, 227, 

254, 261, 264, 310. 329, 

33». 34^. 3S3. 363. 369, 

371- 376. 378. 379. 380. 

381. 385, 587, 389, 390, 

405- 
Fibrolit 116. 

Fidscbi-Inseln 184, 185, j86. 
— Insulaner 190. 
Fie»ch 239, 416, 
Figuralurae 372. 
Filetnadel 174, 178, 331. 
Filisur 241. 
Finger 133. 
^ Fingereindrücke 195, 
Fiugem^el - Eindrücke 133, 

Fingerringe Z2I, 258, 365, 

387. 
Fingenpilzeo, 229, 

Fischadler 41, 
Fischer 288. 

Fischereigeräte 158, 217. 
Fischerkasle 283. 
Fischfang 158, 223, 276. 
Fischotter iii. 
Fischschuppen r5S. 
Fischzeichnung 6 z. 
Flachgräber 374, 385. 
Flachs 119, 112, 12b, 161, 

17a. 
FiBchsbieche 173. 
Flachsbünde] 161. 
Flachsfasern 126. 
Flachsichelo 253, 276. 
Flach sindastrie 126. 
Flachskiichen 161. 
FlachsneCz 129, 158. 
Flasche iSS, 371. 
Flechten 122. 
Flechtwebstuhl 178. 
Flechtwerk 230, 231. 
FItnders Peine 308. 



Flora des Diluviums 21. 

Flosse 403. 

Flossbauteo ia6. 

Floss Wohnungen 109. 

Flums 224. 

Flurlingen 21, 

Flussbarsch 125. 

Föhre 122, 160. 

Font 16s, 398. 

Forel 101, 209, 129, 243, 

270. 
Fouiier 111. 

Fraas, O. 22, 24, 4S, 54. 
Flandsca 166. 
Franken 1 66. 

Fransen 123, 126, 139, 174. 
Freggio 380, 381. 
Freiaml 396. 
P'reibeit, persönliche 420. 
— ■ politische 420, 
Freudental 33. 
FriedenstTBchE 406. 
Frigga 172. 
FrilBch 84. 
Frosch 125. 
Froh -La T«ne-E"ibeln 329, 

244. 39'. 39«- 
Frutigen 238, 

Fuchs 41,9s, 122, 125, 159. 
Furfooz 32. 
Futka 239. 
Fussringe 221. 
Fussschmuck 387. 



Gabali 414. 

Gagal 48, 61. 262, 29s, 348, 

3t>9. 37". 1373- 374. 375. 

387, 392. 408. 
Gi^tring 388. 
Gägelow 104. 
Galba 415, 434. 
Galium palustre 127. 
Gallaländer 31S. 
Gallia braccata 407. 
Gallische Reiter 411. 
Gals 327. 
Garns 23S, 312. 

Gardasee 101. 

Gartenbau 76. 

Gäsaten 406, 409, 426. 

Gebensdorf 353. 354, 355. 

Gebläse 282, 317. 

Gefisse 118, 144, 153, 187, 
211, 228, 230, 247, 248, 
J7', 377, 381, 382, 403. 

Gei^. griechisches 234. 

Geftechle 123, 126, 128, 133. 
175. 



I Gehänge 37. 165, 



»50, 27^ 354. 369. 375. 

381. 38a- 
Geiger, L, 7 1 . 
Geistige Kultur 191, 300,416. 
Geldringe 222. 
Gemme 387, 388. 
Gemmi J38, 378. 
Gempenach 391. 
Gense 23, 41, [25, 15S. 
Geneva 326. 
Genf loi, 128, 211, 213, 226, 

312, 314, 399, 40J, 430. 
Genf, Museom 239, 376, 377, 

378, 4*3. 
Genfersee 101, 209, 426. 
Gens 300, 301. 
Gentilver&ssung 301. 
Geräte 79, 
Germanen 425. 427. 
Germanus Indutlllif 399. 
Getmaneotöchter 178, 
Gerolfingen [34. 135, 1 64, 

165, 166, 170, 172, 183, 

Gerste 134, 125, 412. 
Geschichtswissenschaft 4, 4 t 7, 
Geschweifte Töpfe 189. 
Gespinste 174. 
Gessner 29. 

Getreide 122, 125. 161. 
GetreidehSuschen i o3. 
Gewebe 118, 123, 126, 139, 

"33' 
Gewinnung des Eisens 322. 
Gewürz 413. 
Gicht 149. 
Giessen 304. 
Giesserei 100, 334, 282. 
Giljaken 108. 

Gitteroma Ol ent 189,190,371. 
Glacialperiodc iS. 
Glacialzeit, 3. EisieiL 
Glas 260, 264. 294, 330, 355, 

358' 367. 377. 381. 385. 

390. 39". 39». 
Glasperlen 220, 221, 222,333, 

390, 409. 

Glasring 387, 3S8, 389, 390, 

391. 409. 
Glasur 186. 

Glattfelden 253, 259, 313. 
Glüttinstrumenle 143. 
Glaube an die ADferstehung 

146, 156. 
Gletscher d. Diluvialzeit 11. 
Gletscherkritze 14. 
Glis 154, ZOO. 
GIflhsteio« 58. 
GmOndnei od. TraoDsee 103. 

Golasecca 380, 381. 
Golaseccatibeln 383, 384, 408. 
Gold 305, 222, 260, 262, 363, 



zed.yGOOgle 



a64, 282, 294, 309, 319, 
3«o, 348, 349, 369, 373, 
388, 394, 39S, 398, 399, 
40S, 414. 

Goldbei^werke 414, 

Goldblättcben 254. 

Goldblech 254. 

Goldfucbs 12. 

Goldmanzen 356, 387, 399. 

Goldpbilipper 397. 

Goldacbiniedekuast 319. 

Goldschmuck 373. 

GoDzen 151, 294, 323, 330. 

Gossau 251, 313, 

Goethe iSl. 

GClterbilder 421, 414. 

Gölterlehre 42a. 

Gotthardpass 239. 
■ Götze 36. 
GrabbeigabeD 273. 
Grabhügel 147, 157,250.361. 
Grächwil 340, 372. 
Grande CitS de Morgee 210, 

3"^ 
GrandsoD 142. 
Granges 238, 266. 
TjTaphit 370. 
-Graphitglaoz 403. 
Gräteomuster 231, 
Grauholz 371, 373, 405. 
Gravieren 85, 282. 
CraviennstmmeDt 44. 
Greifensee 99. 
Grelltofien jj. 
Grenchen 235, 397. 
Giey 83. 

Griecben 17S, iSl, 195, 301. 
Griechenluid 311. 
Griechisch 403. 
GriechischeB Bronzeschwert 



Gürtelachmucb 254. 
Gurtschnalle 244. 

Gusseisen 205. 

Gussform von Bronze 211, 

Gussformen 217, 226, 229, 

235. 306. 
Gusskuchen 319. 
GuaslöITel 129, 130, 134, 290. 
Gussmasse 30Ö. 
Gussstahl 205. 
Gussstück 241. 
Gussliegel llS. 
Gusswerkstätte 225, 235, 313. 
Güttingen 97. 
Gygaischer See 106. 



- Schw. 



1 293. 



Grimentz 193. 
Grimisuat 376. 
Gross, V. 34, 135, 171, 222. 

227, 246. 34'. 342. 347, 
Grosse 79, 85, 89. 
Grund morSncn 14, 
— Lehm 143, 
Gsteig 238. 
Guanchen 156. 
Gümmenen 409. 
Guivaui 188, 274. 
GuiD, s, DüdiDgen, 
Guirlanden-Vetiierungen 231. 
Gurob 309. 

GUitel 257, 258, 264, 405. 
Gürtelbeschläge 370. 
Gürtelbleche 261. 263, 365, 

370, 373, 37S> 376t 384. 
Gürtelhaken 223, 261, 262, 

313. 331, 374, 375. 38'- 
Gtirtelringe 221. 



Haarnadel 294 

Hacken 118, 128, 168, 1 

330- 
Hafec 276. 

Hafner, grosser 212, 255, 2 
Hafner, kleiner 190. 196,3 
Hahn 84. 
Haifischzäbne 61. 
HBkelnadehi 174. 
Haller 356. 
Hatlstatt 359, 4ID. 
Hallslaltkultur 359. 
Hallnrilersee 99. 
Halsband-I-emming 65. 
Halsrioge 254, 258. 260, 264, 

375. 376, 389, 39'- 
Halsschmuck 152, r63. 
HSmatit 320. 



Haselnuss 122, 127, 21; 
I Haielslrauch 160. 
Hasen 372. 
Haste 412. 
Htubchen 264. 
Haubeile 37. 
HäuptUng 150. 
Hausen 354, 355. 359. 
Hausier 56, 58. 
Hauszeicben 1 90. 

Hecheln 173. 
Hecht 125. 
Hedingen 321, 3S6. 
Heer, Oswald II. 21, 

286. 
Heftoadel 367. 
Heidelbeeren t6r. 
Heidenburg 140. 
HeidenhOttchen 137. 
Heidenkircblein 25 1, 



HeLdi 



"39- 



. 74 1 



168, 217, 224, 225, 229, 

24', *75. 317, 3ä8. 348. 
Hammerbeil t68. 
Hamtnerschmiede 325. 
Hamster j6, 41, 42. 
Handel 134, 283, 296. 298, 

414. 
Handelsbeziehungen 286. 
Handelsstrasse 415. 
Handelsware 263. 
Handels wege 239. 
Handhaben 93. 
Händler 236. 
HandmUhlen l6t. 
Handwerk 413, 
Handwerkern 229, 270. 
Handwerkszeug 223. 
Hangebleche 134. 
HängegefSss 292. 
Hängeschmuck 47, 409. 
Harpunen 46, 61. iiS. 120, 

IS«. II?. 



Heiligen-Gebeine 29. 
Heiligkreuz 252, 272, 324. 
Heiligtümer 424. 
Heim, A. 27. 40, 48. 
Helena 181. 
I Helm 165, 296, 382, 384, 

41'. 4'2. 
Helmzierden 347. 
Helveüer326, 349, 398. 403, 

418. 425. 427, 428, 429. 
Hemmishofen 362, 370, 
Henkel 189, 293. 
Hephastos 317. 
Herblingen 147. 
Herder 4. 

Herdketten 337, 348. 
Herdplatten 94. 
Herdplatz 40, 57, 231. 
Here 175. 
Htrtmence 378. 
Herkules 422. 
Herkunft der Haustiere 159, 

283. 

— der Kulturpflanzen 283. 

— der Pfahlbauer 283. 
Hermelin 64. 
Herodot 102, 155. 

Hesiod 201. 
Hesus 412. 
Heustrich 238. 
Hildebrand 307. 

Himbeeren 119, 122, 127, 

161. 
Himmerich 141. 
Hinderiodien 107, 203, 318. 
Hirsch 139, 165, 210, 211. 
Hirschhorn 1 4 2. 
Hirse hhomknöpfe 162. 
Hinellj. 161, M7.,l!,,.3. 



„d, Google 



444 



His u. Rütimeyer 375, 391. 
Hissartik 203. 

Historie, siehe Geschichts- 
wissenschaft. 
Hitisteine 5S. 
Hobel 60, 143. 
HochScker i;;. 
Hochstettet 286, 288, 
Hochterraase 19, 21. 
Hocketgtatier 151, 154. 156, 

Hohenrain 236, 305, 3 1 2. 

389. 
Hohenrhätiea 241. 
Höhlea 136. 
Höhleobar 24. 64. 
HOUeDgräber 147. 
HOhle, küDstlicbe 137. 
HöhtGDhyäne 24. 
HöhlcDlCven 24, 41, 42. 
Hohlguss 282. 
Hohlmeissel Z17, 275. 
Hojeda 104. 
Holland 104. 
HollroaQD 151. 
Hollnnder 119, 161. 
Holzapfel 127, 217. 
Hnliarchitektur 137, 
HolzgelSss 132. 
HoU- u. Knochengerfite 141. 
Holzschl^el i8s. 
Holztische 403. 
HöDgg 369. 
Hnod Bay lll. 
Hordeum dislichum 161. 

— hexastichum densum 161. 

— heiastichum sanctum 161. 
Hotgen 371, 386. 387, 388, 



Danz 242, 2<)S. 
ninau 364, 408. 
Illyrien 416. 



IIüs I 



i^S- 



Immler 328. 
Indianer 184, 204. 
Indien 280. 307. 
Indische Hirsfarten 298. 
Indogermanische Völker- 



.96. 



409. 

Hoert 

3"" 



Hoe 



I 76, 184, 206, 308, 



Hotnübeln 382, 384, 408. 

Hosen 257, 407, 423. 

Hospiz 400. 

Hostmann 205, 307, 319. 

Hottentotten 156, 316, 

Hübaei 84. 

Hüflschmuck 78. 

HufeiEen 337, 339, 37'- 

Hufschuhe 338. 

Hula in. 

Humpen 188, 

Hunde III, 119, 112, I2t 

149. 159. *3*. 349- 
Hundeifibne 165. 
Hfltteo 124. 
HlilWnbau 73. 
Hüttenurnen 187. 
Haxleji 68. 

Hyaena spelaea I4, 36. 
Hyazynlhus 407. 
Hylobktes 5. 



farr 

Inkahund 

Inkwilersee 99. 

Ins 364. 371, 372. 

Inschrift 385, 387, 393, 399, 
401. 

Insubrer 426, 427. 
I Inte^laciär-Zeil 18. 
I Interlaken 238. 

Irgenhausen bei Pfäflikon 99, 
! 176, 181. 

Isirable 377, 409. 
Island 179. 
I Israeliten 318. 



' Jacke 258, 264. 
-Jadeit 116, 166, 288. 

Jagd 158, 276, 410. 

Jäger 74. 

Jagor 109, 186, 280. 

Jakobsen 28g. 

Japan 205, 31 8. 

Jaspis 113, 137. 

Java. 109. 

Jenins 145. 

Jerisbetg 409. 
-^n 37^. 

Joch 217. 

Jordan 1S2. 

Julier 424. 

Julier-Septimt 
I Jupiter 422. 

I - pöninus 358. 
I Juraformation 5. 
I Juragewässel-Korrektion n 

IJI. 336- 
ijütland 257. 



rr.Weg 4 



]K«ire III, 112. 

■ Kalifornien 184. 
' Kaltbrunnerthal 33. 

Kambodscha 318. 

Kamm, Kämme 121, 163, 
178, 257. 3^9. 407- 

Kamtschadalen 203. 

Kamtschatka 108. 

Kuiarische Inseln 156. 

Kanibalen in. 

Kappe 176. 

K^uze 406, 407. 

Karatben 185, 1S6. 

Karde 173. 

Käse 413. 
Kasilos 399. 
Kassiteriden 307. 
Kastelle 434. 
Kataslrophentheorie 30. 
Katzensee 143. 
Katzis 241. 
Kaukasus 307, 319. 
Kegelbütte 137. 
Kehrsatz 392. 
Kelche iSS. 
Keller, C. 159, 318. 
Keller, F. 93, 97, 106, lio, 

1^3. 157. 23S- '85, 286, 

J9J. 3JO. 336. 353. 360. 

393. 405- 
Kellen 283. 285, 326. 414, 

416, 417, 
Keltengraber 351. 
Keramik 182, 219, 278, 
Keramik der Steinzeit 182, 
Kerns 239, 

Kernstücke 43, 120, 143. 
Ketzers 234, 313. 
Kessel iBS, 2l8, 223, 278, 

292. 367, 373. 38*. 394. 
— konischer Kessel J13. 
Kesswil 97. 
Kette 177, 254, 

390. 391. 409- 
Keule 79, 128, 166. 
Keulen nadeln 250. 
Kilwaru 109. 

Kimbern 413, 427, 428, 429. 
Kindergraber 150. 
Kinderspielzeug 144. 
KjökkenmMdinger 198, 
Kirchthumen 391, 392, 409. 
Kirschbaume 160. 
Kirschen 12 7. 
Kissen 257. 
KistenErtber 151, 154, 243, 

378. 
Klapperbleche 261. 
Klappern 303. 
Kleiderhaken 161. 



zed.yGOOg[e 



, 388. 



Kleidung 77, 10z, 162, 256, 

357. 405. 422. fl*3- 
Kleidung der BroDzeperiode 

KleiduDg der Steinzeit loz. 

KleinasicD 106, 207. 

KlienteD 4Z0. 

Klima der Eiszeit iS. 

KlinEDflu 397. 

Klopfer 58, 94. 

KnBuel 173. 

KnOpre 134, ixi, 223, 22g 

246, 264, 373. 
KnOprsichelii 235, 241, 332, 

3S4. 
Knoten 128, 174. 
Knüprsibeit 174. 
Kobalt 227, 306. 
Koban 319. 
Kobold« 193. 
Köcher 265. 
Kolkrabe 159. 
Kokospalmen 1 1 1 . 
KoUmanD 67, 19S, 222. 
Kolnmbien 204. 
KommRodostab 50, 51, 62. 
Kongo 105. 
Konkolilan 427. 
Korstanz, Museum 51. 
Köp« 181. 

KBpergewebe 129, 176. 
Kopf, menschlicher 386. 
Kopfschemel 302. I 

Korallen 152, 385. 
Koijäken 108. 
Komquetscber 132, 354. 
Koamogonien 66. 
Krähe 159. 
Kreideform ati OD ;. 
Krelisches Leinkraut, 298. 
KreuzlingeD 97, 363, 386. 
Krieg 410. 
Kriegsbeute 422. 
Krug, KrQge 128. 132, 188, 

37", 381. 
Kujundcbik 106. 
Kultivierung des Obstes 160. 
KuKobjekt 229. 
Kultur 360. 
Kultuigescbichle 4. 
KulturpHanzen 276. 
Kulturscbicht 40, 56, 93. 

Kulturstaateo 76. 
Kulturstufen 73. 158. 
Kulturvorstellung 1 59. 
Kupfer 134, 205, 289, 302, 
304. 305. 308. 319. 320, 

Kupferbeile 129, 167, 214. 
Kupferlager 204. 
Kupfermasse 167. 
Kupfermasseln 235. 



Kupferobjekte 203. 

Kupferperiod« 157, 196. 
Kupferpetleo l6j, Z46. 
Kupferschmiedekunst 319. 
KupferstatioD 3S9. 
KupferzeitNordamerika's 204. 
Kuppelgtlber 137, 310. 
Kurakspfe 68. 
Kurzrickenbach 97. 
KuTzschwert 248. 337, 364, 
365, 375- 376- 



Labkraut 127. 

Lac d'Annecy lOi. 

Lac de Bourget 102. 

Lac de LuTssel 17, ai6, 263. 

Lachs 122. 125. 

Lade 177, 178. 

Lager der Römer 434. 

Lagerstellen 119. 

Lago maggiore loi, 

Logo di Fusiano loi. 

Lago di Varese 101. 

Lagomys puaillns 64, 65. 

Laibach io2, 162, 176. 

Lamna 61. 

La Madeteine 32. 

Lamarck 30. 

I^mellen 165. 

— von Feuerstein 170. 

— aus Kupfer 170. 
Lämpchen 218. 
Lampeu 229. 
La Naolctte 67. 
Landaosiedelang 136, 230. 
Landesmusenm , Schweiz., 

Zürich 62, 101, 175, 176, 
221, 227, 235, 250, 330, 
34*. 354. 368, 370, 377. 
380, 386, 405. 

Landkarten 192. 

Landtag 421. 

Landwege 298. 

Langeothal 365, 370, 371. 

Langköpfe 68, 

Langschwert 369. 

Lanzen 46, 79, 204, 229, 
232, 234, 2J9, 26s, 332. 
337. 338. 386, 412. 

Lanzenspitzen 79, II 5, 120, 
14z, 154. 211, 226, 224, 
230. 236. 237. 238, 240, 

309. 330. 34*. 385. 390, 
39*- 
Lanzeltep 210. 
Lanzknechte 427. 
j Lapraz 192. 

' Lappeokelte 212, 227, 235, 
I *7i. 347- 
I La Roche 19z. 



44S 

La Tire 332,341,360,371, 

398. 
La T4ne-Fibeln 311, 332, 

351. 38z. 
Latobrigen 425. 430, 433. 
Lattrigen 135, 164. 165, 171, 

'83. 255. 
Laufen 395. 
Lausanne 399, 424. 
Lausanne, Museum 29t, 376. 
Lavorgo 380. 381. 
Leder Z70. 370, 405. 
Ledergerben 406. 
Legion, Thebaische 435. 
Leibrock 407. 
Leichenbrand 373. 
Leichenschmaus 1 ;o. 
Leinen-Iudustrie 161. 
Leineakleider 161. 
Leinensloffe 407. 
Leinkraut 126. 
Leinwand 1 26. 
Leisten 133, 189, 190, 
Leistenkelte zio, 241. 244, 

33S. 

Leitfossilien l8z. 
Le Moustier 3 a. 
Lendeoschurz 418. 
Lei Der 302. 
LcDormant 307. 
Lenzburg 3 89. 
Leoparden 372. 
Leponüer 326, 425. 
Leptoprosopen 68. 
Lepus variflbilis 25, 41. 
Leuggem 397. 

Leukerbad 239, 329, 378, 
379. 380. 

Lias 48, 295. 

Libyen 155. 

Liddes 238, 267, 399. 

Lieli 290. 

Uesbeig 33. 

Linde 160. 161. 

Undenschmit 53, 205, zo8, 

307. 339- 
Lingoncn 349, 426. 433. 
Linguistik, vergleichende 198. 
Linse 276. 

linthgletscher 12, 16. 
Linum angustirotium 161. 
Lisch 205. 
Litzen 779. 
Livingstone 105. 
Livius 41 1, 426. 
Locmariaker 424. 
Löffel 37, 183. 
Löffelkelt 249. 
Löhoingen 263. 
Loko :os. 
Lommiswil 321. 
Longirod 408. 



„d, Google 



446 

Uiss 19, 

Lostallo 242. 

Litten 181. 

LOtscbGDthal 239, 3S0. 

Lötonf; !9J. 

Löwe 372. 

Lubbock 316. 

Luchs 4 t. 

LucTetius 201. 

Lukan 421. 

LiutgerD 239. 

LunkbofeD 363, 368, 409. 

LnrtigeD 361. 

Lüscherz 135, 165, 167, 16S, 
169, 170, 173, 174. 176, 
'83. »55. as6, 371. 

Lutry 154. 

Luvis 3S5, 409. 

Luxem 15, 145. 

Luziensteig 145, 242. 



Lyell 9 



109. 



30- 



Mäander 27S. 

Macassar 109. 

Mc. Clute Golf III. 

Madagaskar 106. 

MSdris 32;. 

Magazine 2S3, 2S6. 

MagdalinicD 27. 

MahUteiae 328. 

Maienreld 145. 

Malen 85. 

Malayen loS, 160. 208, 31S, 

Malla 23. 

Mamut 23, as, 29. 36, 41, 

MandaD'lndiatier 1S4. 

Manilla 109. 

Mantel 257, 405. 

Maorie 59, 204. 

Matscaybo Bucht 104. 

Matchi 26. 

Mardellen 138, 327. 

Marder 64, 9J. 119, 122,159. 

Marius 429. 

Marc Aurel 137, 436. 

MaikgenoBsen «haften 300. 

Mars 422. 

Marseille 283, 297, 387, 395, 

415. 
Maitcrslein 193. 
MartiRny 226, 237, 268, 358, 

399, 434- 
Martin 200, 391. 
MarzaboKo 310. 
Massilia283, 395, 398, 415, 
Masten 299. 
Matriarchat 76, 77. 
Mandacfa, v. 147, 3S9. 



R«S»ter. 

Maulwurf 64, 229. 
Mayer Eymar 148. 
Mecklenburg 104. 
Mediomatiker 397. 
Meermuschel 152. 
Meikirch 340, 372. 
Meilen 93, 164, 165, 168, 

'7o> 25s. 260, 270, 295. 
Meinisberf; 390, 
Meissel 61, 118, 131, 13z, 

169, 204, 211, 224, 229, 

»34. 27S. 309. 317. 3*8| 

337. 348. 
Meisierhaoa 422. 
Melde 127. 
Mels 251, 252, 259, 267, 

173. *73. 313. 3»4- 
Menhirs 191. 

Menschenfresserei 88, 150. 
Menschenopfer 421. 
Menschenschädel 183. 
Menschliche Darstellungen 

261. 
Merishausen 323. 
Merk 39, S3- 
Merkur 356, 4ZI. 
Merkurstab 396. 
Mennere ghöl 106. 
Mesocco 384. 
Mesocephale 68. 
Mesopotamien 106, 204, 207. 
Messen 362. 
Messer 37, 60, 79, 93, 115. 

120, 127, 128. 139, 143, 

214, 227, 229, 232, 234, 
239, 241. 246, 251. 254, 
257, 271, 306. 309, 312, 
3*9. 330, 333. 338. 347, 
354> 369. 385. 403- 

Mesäikomraer 123, 172. 

Messing 306. 

Metall 320. 

Metalltechnik 281. 

Metapont 161. 

Meleoreisen 204. 

Meltemberg 136. 

Mcttmenstetten386, 387, 389. 

Metzerlen 398. 

Mexico 105, 204, 205, 289. 

Meyer, H. Dr., Zürich 395, 
399- 

Meyriez 176, 

Midian 30S. 

Milan 118, 159. 

Mincopis 74, 86, 183, 191. 

Mindanao 109. 

Minerva 422. 

Minnodunum 327. 

MiäOx, siehe Mesocco. 

Mistal 424. 



*39. 



I Mocassin 264. 
j Mohnkopfnadeln 1 
I *S'> 2S3. «98. 
I Mohnkuchen 161. 
I Mehren 412. 

MoUnBzzo38i, 382, 383, 408. 

Molukkeo 109. 

Mommsen 394. 399, 406, 
4*S. 436- 

.Monddienst 302. 

MondhOnier 229, 231, 301. 

Mondte« 102. 

Monfaver^er 349, 431. 

Hont Beuvray 322. 

— Joux 400, 424. 

— de Sion 249. 

— Terrible 398. 

— du Vuilly 398. 
Monte Viso 1 16. 
Montelins 208, 275, 291, 

»57, 314- 
Monthey 14, 
Manlsalveos 247. 
Moose 22, 1 19, 122. 
Moosseedorf t 



170, 
2S6. 



'74, '83, 



Morlnen 12. 

Morel-Fatio 152. 
; Moresby-Haien 183. 
I Morgan 74, 88, 300. 
I MorgensterD 166. 

Morges lOl, 194, 209, 306, 
3". 3'4- 



'75> »07. 



00, 164, 174, 

22, 323, 23% 

»3i> »SS, »^o, »^», >(>i, 
269. 271, 274. 277, 280, 
291, 294, 29s, 303, 306, 
3'3, 371- 

Mflriger Typus 293. 

Morlol iS, 209, 293. 

Morschacb 239. 

MSr^er 188, 217. 

Mörswil 18. 

Mortiliet, de, G. 27, 67, 210, 
iH< 3°7- 

Moscber 308. 

Moschus-Ochs 24, 25, J2. 

Moses 318. 

Moudon 327, 399. 

Moundbuildcr 68. 

Mouättrien 27, 

Möve 



I Mahle 217. 
I Mühlebeig 340, 370, 
{Mühlsteine iza, 124 
i '93. *9, "7- 
! Maller, Notar 97. 
I — Sophus 30S. 
I Müllheim 266, 313. 



zed.yGOOg[e 



MüocheDbucluee 398. 
MiiDlelier loi , 26a. 263, 

ä79. ä9S, 3"a- 
MOnzcD 14a, 3JO, 33J, 349, 

377. 387. 396- 
MQDzfiiDde 393. 
Münjstätle 330, 396. 
MQntstempel 357, 399, 
MuotUtbal 239. 
Murmeltier 23, 41. 
Munen loi, 174, i;6. 
Murtnew« >o.. 312. 
Müitscheadp 134, 304. 
Mumien 340, 370, 37 1, 
Mascheb 15z, 153, 249. 
MuEchelreste 185. 
Muschelnnge 155. 
Mutleoi 362, 371, 397. 
Myken»« 137, 3'0- 
Myodes totqoatus 65. 



Nachbestattungen 374. 

Nadelbüchse 346. 

Nadelküpfe 290. 

Nadeln 46. 61, 80, 94. 133, 
163, 332, 237, 238, 239. 
244, 2sr, 354, 258, 259, 
260. 331. 33^. 348, 355- 
363. 365. 374. 381, 405- 

— , geschwollene 250, 312, 
355. 

Naer, A. 410. 

Nagel 276, 348, 385. 

Nagelfluh 16, 20. 

— , löcherige 232. 

Nahnadeb 224. 348. 
Nalpserschafe 125, 
Nantuaten 326, 392, 426. 

434- 
NäpfcbCD [SS, 371. 
NarbenzeichnuQg 78. 
Nasaroonet 155. 

Nathorst 22. 
NatioDaltugeodeii 41S. 
Natsch 324, 328. 
Naue, J. 311, 315. 
Nefrit 94, 116, 120, 127, 

[42, 166, 232, 287, 288. 
NefHtoideti6, 131, 287,388. 
Nehring 34, 64. 
Nemausus, Nime 349. 
Neolitbiker 136. 
Neolidtisch 93. 
Netie 126, 138, 133, 174, 

358. 
NetzfigareD 231. 
Netzoroanieiil 190, 195. 
Netzsenker 158, 161, 111, 

217. 



ReRistet. 

Neaenbiug , Museum von 

34'- 342, 
Neuenbuiger See 100, 143, 

'83, 193. 
Neueneck 371. 
Neu-Guinea 81, 110, 146. 

184, 185, 186, 190, 194, 

Neuhaosen 137. 
Neu-Hebriden 184. 
Neu-Meiiko 183. 
Neunrom 363, 408. 
Neuseeland 57, 59, 116, 288. 
Neu-Stettiu 186. 
Neuveville 1 1 4. 
Niam-Niam 106. 
Nibelungenlied 182, 300. 
Nicket 217, 305. 
Nicobaren 107. 
Nidau 100, 311, .133, 231, 

258. 259, 263. 294. 313, 

336- 
Niedetterrasse 19, 31. 
Niederterrassen-Schlotter 19, 
Niedenimen 268. 
Niederwil 98, 176, 390. 
NielUDg 392. 
Nilgebiel 106. 
Nilsson 192, 307. 



Ogmius 422. 

Obirioge 221, 364, 363, 367, 

405- 
Ohrscbmuck 369. 
OUon 236, 250, 393. 
Olmüti 102, 376. 
Olshauseu 320. 
Oltingen 397. 






NId 






Noirt 71. 

Nomadeo 75, 77. 

Norddeuuctilaad 104, 308. 

Nordiulien 360. 

Nomen 173. 

Nowaki 76. 

Nuceto 238. 

Nuclei I30, 143. 

Nunnigen 397. 

Nüescb 39, 56. 

NyoD 399. 



Oberalp 339. 
Ober-Erliäbach 137. 
Oberhofen 392, 409. 
Obet.Illau 136, 
Oberkleid 406, 407. 
Oberkiilm 396. 
ObermeLlen 92, 166, 1Ö9. 
Ober-Ncvinforn 374. 
Oberwenigen 157. 
Oberwinteithur 327 , 340, 

357- 
Ober Wistenlach 398. 
Obleldcn 364. 
Obsidian 204. 
Qchsenliaut 157, 
Öchsli 426, 428. 
Ocker 152, 153, 300. 
Octodurus 336, 352, 434. 
Odyssee 181. 



Onnens 373, 
Opfer 421, 422. 
Opfergaben 23a. 
Opferplatz 139. 
Opfertlein 192. 
Oppidum 341. 

Ordtiiix 357, 400, 420, 421, 
429. 

Orgetori X siehe Orcitim. 
Orinoco 105. 
OrmODts-ThSler 337. 
OmameDl 61, 62. 

Ornamentik 194, 403. 

Orontes 106, 
Orpund 390. 
Orsidres 14. 
Osco 381, 
Ossiogen 363. 
OstindieD 107. 
Ovibos moschatus 34. 



Fackwerkbau 98. 
FaUolithisch 93. 
Paläontologie 5, 6. 
Palästina 2O3. 
Palembang 108. 
Falissaden 115, 227. 
Pallas Athene 181. 
PaUmanii 286. 
Palmetten 372. 
Palmetten-Ornament 234. 
Pamir 166. 
Pampas 10;. 
Fanicum miliaceum 161. 
Pappelboli 399. 

Papua Golf 111. 
Papyrus 106. 
Parallelen-OrnameDt I9I. 

Paropamisus 308. 
Parpan 240, 290. 
Paspels 145. 
Pasten 409, 
PatagoDiea 166. 
Pat;4;onier 296. 
Patriarchat 76, 77. 
Paukenfibeln 363, 365, 373, 
374- 



zed.yGOOgle 



448 

Pelie 199. 
Penka 197. 
Perien 118, 134, 148, 

155, 163, 165, 146, 860, 

»94. 37'. 385- 

Perte de Rhone 195. 
Peru 1S5, Z04. 
Peruaner 155, 186. 
Peschiera 101. 198, 355. 
Petersinsel 255. a?'- 
PetToeori 414. 
Pf&fBkersee 9S. 
Pfahlbaubericlit 93, 97. 
Pfahlbauer 11 1. 
Pfahlbauerin der Bronzezeil: 

264. 
Pfkblbaugerste 161. 
prahlbauten 92, 96. 104, 106. 
— der BroDzeieit zo8. 
prahlbauweizen i6t. 
PbhlbüueD 95. 
Pfannen 188. 

Pfeifen, Pfeifchen 61, J94. 
Pfeidiase 65. 
Pfeil 79. '7'- 
PfeiUpiUe. Pfeilspitzen 4J, 79, 

93, 95, 120, 1*8, 141, 

"43. 155. "57. *04. *i4. 

230, 232, 253, 329, 330. 
Pferd 95 



■ 93. 



160, 1 



276, , 



Pferdegebiss 
PferdesprinRer 35. 
Pferdezeichuung 50. 
Pflanzensammler 74. 
Pfriemen 46, 61, 80, 



Poliei 
Poliei 

Polie,,..... 
■85. 367. 
'Polybios 344, ,... 
Polynesien 184. 
Polyporus igniarius 122. 
Pomalombe See 113. 
Font de Thielle 290. 
Porphyrius 66. 
Porren tniy 398. 
Port Albau Z90, 410. 
Port 336, 340. 
Portemonnaie lacustre 222. 
Portis 36. 
Port Moresby 111. 
Port Valais 399. 
Posamenterarbeit 123. 
Posidonius 403, 41S. 
Potin 349. 398, 399. 
Potinmünze 332, 386, 389, 

395. 398- 
Präbistorie siehe Urgeschichte. 
Prasias See 103. 
Prattelen 362, 371. 
Privatbesitz 300, 

PtolemSus 429. 
■ Pully 152, 154, 424. 
' Punktvenieningen 165. 

PuntaiglasgTBDit 14,16. 
Punzen 217. 

Purpurfarbe 407, ^ 

Pygmäen 148, 154. 
I^ramidea 147. 



Pfropfen 413. 

Pbalanstires lll. 

Phalera 217. 

Phallusdienst 301. 

FbilippermUnzen 387, 388. 

Philippinen 109, 

Philippos 350. 

Philologie siehe Sprachwissen- 
schaft. 

Phönikier 2 g 6, 307, 

Phrygicr 138. 

Pieterlen 327. 

Pikermi 5. 

Pincetten 223, 228, 317, 348, 
385. 

Piso 428. 

Pissevache 193. 

Platten iSS. 

Platter, Felix 28. 

Pleigre 322 



Quaste, Quasten 119. "6, 

129. 174. 175, 258. 
QuerSxte 215. 
Querbeile 225, 229, 271. 
Quetschet 127, 142, 217. 
Quiquerez 322. 
Quirle 128. 158, 



Pliii 



5 407. 



Plöns 324. 
Pokal 188, 2 
Polada 238. 



Rabe 41. 

Rad Z82. 

Rädchen 211, 218, 375. 

Radeck 230. 

Räder 302, 373, 

Rad nadeln 260. 

Ragatz 325. 

Ramsen 363. 

Ritmses III. 30Q. 

Raseneisenetze 316. 

Rasiermesser 223, 229, 234, 

253, *57. 274. a75- 
Rasseln 223. 302. 



jRätien 436. 

R&tier 326, 425, 436. 
.Ratzel 112, 1S4. 
I Rauchpfeife 349. 

Rauracher 326, 425, 430. 
. Rautenmuster ziS. 

Rautenomament 46. 
I Raron 375. 
I Reber 193, 377. 
I Rebevelier 322. 
! Reckingen 378, 416. 
I Reiugium 141, 142, 232. 
' RegeDbogenschüsselcheo 394, 
; 397- 

Reh 64, 9S, 119, 122, 125. 
! 159. -'3*- 
: Reiber z 1 7. 
i Reichenau Z41. 
j Reiden 28. 

Reisläufer 427. 
! Reiste 123, 

Römisch« Reiterei 411. 

Reilerkampf 411. 

Religion 89, 146, 421. 

Rcmier 398, 

Ren 22, 25, 4z, 64. 
I Reparaturen ZZ9. 

Reseda luteola 127, 161. 

Renfeuer 324. 

Reus^letscher [2, 17. 

Rheingan 395. 

Rheingletscher 13, 16. 

Rhinoccros Merbii 36. 

Rhinocetos tichorhüius 23, 
25. 4'> 

Rhone 425. 

Rboneglelscher 13, 17. 

RhynchonelleQ 164. 

Richensee 183. 

Richtet 424. 

Rickenbach 244, 251. 313. 
I Riddes 377. 
I Riegsce 278. 

Riesenhirsch 23. 

Riesensatamander 29. 

RiesentCpfe 15. 

Rigi Z89. 

Rigveda 171. 

Rind I 



276. 



Rinde 172, 

Rinderzähne 165. 

Rindshaut 257. 

Ringe 193, 205, ztl, 
zzo, zzi, ZZ2. 232, 
244. 'S'- 253. '&o. 2^2. 
273, 290, 299, 306, 331 
33*1 337. 359. 3^5. 3^7. 
369. 371. 373. 374. 375. 
377. 378, 379. 380. 381 
384, 386, 388, 38g. 390, 
392, 405, 408, 



zed.yGOOgle 



RinSEeld joo, 

Rio^ldswil 236, J05. 

Rinoenstcinr 231. 

Hobcnhias«D q<i. t!j. 134 
105, lt>v. tjo, 171. 171 
Ki. '7t- '75- ■:'■- 1*3 
184. tt>o. 301, 

Roche 144. 

Rochbob 355. 

Rock 257, i;S. 264.41z. 423 

Roggen 176, 41*. 

Rohknpr« i<io. 

Röhrcben 137, 149. j;;9. 

Ronunshom 176. 

RtHUauo 2g 3. 

Ros^ttcD Z18. 162. 204. 

Ro&gulen- Museum 4J. lüK 

Rostplkh1b3u""< "- 

Roteumitpii) 

3*0. 
RStEl 



Sakxtimiii 317. 
SilomoQS iioipp« I 

. Swobacos ebulos i 

Sl. Bcmhanl. '•i'^ 
32(., 3;8, 41:;. 4 
Sl. rnUen, Ma*jm 
. St. llai^^Teten 347. 
^1. Uoriu 14t. 
Sandalea 2(14. 
SiDd m-ich- In^l n 18, 



Soldes io<<. 

Sauf;lljschch<>(i 2 



127. 1Ö3, 31; 



RotbenbnianeD 14;. 
Rothpleli 435. 
Rnder 128. 
Rabq>Ut2 40. 
Rümbog 143. 1H7. 
RundbeckeT 14. 
RnndböUer 115. 
RoDibcluber 37, 44. 
RussikoD 363, 365, 
Rnten-EiDdiück? 3^4. 
RnÜi«tu 414. 
Rfltim«v€r 34. 41, 12 
158. '59. 



S»vi«e J41). 312, 313, 37 
, . Scnls J40. 

Schabet 37, 43, l-o, 70, u 
115. I20, 13.1, 143, 3; 
Schachtel 257. 
SchichlgTäbet 3(0. 
ächäddkapsolo 1^4. 
Schaf 9;, IIQ, 121. 12!,, 13. 

' '*«■ i'o. "*■ 2J^, »:' 

4'J- 

Sch-illhauscQ 33, 5^. 150,2;^; 



Sckiakrn 413. 

SthUchtwid, he!Tf!»:h« 3. 
ScbLirVUIlrn aDfBiaiit«n 1 



SchleiifD 288. 
fehlender It*. 
SchlfudCTtui:dn 3j4, 
Schleuder^teiiM r<l. 
Schliemann 7, 203, : 
Schhefeo 371. 
, -Schmi'lioffO 322, 3: 



!Schaliä 114. 

I .70. 1S3. 

' .Schafniattpa.'j 

I, 13^. Schaftt;!. 



35^ 39v 



■»4. 



Säge, Säf;ci 



43, <>°, 



I. 9J. 



Schafture der i^ile ii^^. 
Sch.-ikiil tjq. 
Schalen liB, 111. 12t!, 
i;7, 183, iBH. 103. 
j 2ä3, *34. ä4r, .V'3. 

403- 
; Schalen-^tdne 14. [<|i , 
">3- 



Schmi 
. Schmerlint; 30, 32. 

Schmiede 3H1, 317. 414. 

Schniiedekonst 311. 

Schmuck 77, 133, H)2, 240, 
jr\ 40>- 
. — der Bron/epfriMe 2jO. 
. Schmutkc'^h.inf:!.' 47, 1 (14, 24'j, 

Seh muck nadeln 210, j: t. 2 12. 
. 214. 227. 2J4. a>". »5'. 

**'4. i"<'. 3^". 348- 

Schmucklinge 405, 
. Schmucksachen 127. 
. Schmuckscheilvri 373. 

Schnabel kannen 3M , 3S3. 
405- 

Schnecken als Schmurk ■41). 

Schneehase !>;, <>4. 
, Schneehuhn 4 
, Schneider 414 

•H■hnei^inJ;e^ 



04- 



Schni 



1 8^. 



'8j, 



arS, 348> 
Sahara 178. 
Saiga Antilope 25. 
St. Acheal 2Ü5. 
St. Aubin 1(14, ) ' 

169, 170, i; 

262, 294. 
Sl. Blaise 134, T35, 164, 

172, 210, 289, 341. 
St. Lionard 371. 
St. Luc ly3, 378. 
St. Maurice 326, 434. 
St. Prex 247. 
St. Triphon 392. 
Salasser 399, 400, 415, 
Salasseim Unzen 3<)<), 4» 

HeiBtIi, UrgoKhichK 



229, ' Schärloch 390. 

I Schaufeln 12». 217. 
I Scheffel 352. 
I Scheihehfibel 2')0. 
Scheibennadel 24t<, 2(" 
, iIjB, ! Scheide 386. 
2(>o. I Schenk 50, 51, 52. 
j Schere 348. 
, l(t(\ Scheriinpen 97. 

I Scheuch/cr. J. J. 2S. 
I Schick sal^riltinncn 173 

' Schiff 302. 

ScMfflein 177. 

«Schild 412. 

' Schildbuckpl 347, 3!<9. 
43fi. Schildhaltcr 347. 
1. Schilf 119, 122. 

|Schnit/eT 22. 
der Schwell. 



40M. 



12<., 12B, 133, 

140, 1-^7, l».).' 
Schnutreriierunc i 
Sohölllistorf 1^7. 
Schßncnbueh 3S11, 
Schönenwerd 3((7, 422 
Schöpfer 12K, 183. 
Seh 0)1 funir-pt rinden 31) 
.Schosshaldc yto. 
Schot lertenasscn 13. 
Schreiber 394. 3'><>- 

Schrift, ;;ri«hischc 3^14 
Schröter 2i, 35. 
•Schuhe 423. 



zed.yGOOgle 



ScbuESCDiied i6, 3 

174- 



,i38,!SieiTe 355, 359, 377, 378, 1 Spinn wirtel 



Schuster 414. 
SchutidScher 137. 
Schutiwaffen 347, 4:*. 
Schwab, Oberst 97, 341. 
Schwademau 337. 
- Schwarzbrennen sSo. 
Schwerelkies 320. 
Schwein lll, 119,121,135, 

139, 149, iK "O, ^i^, 

413- 
ScbweiMtsbild 33, 55, 150. 
Schwendener 34. 
Schwert, Schwerter 2ti, 224, 

289, 23s. 237, »3", »4«, 

257, 264, 267, 268, 305, 

3'*t 3"3. 3JO. 332> 337. 

3'8, 344, 354. iS8, 383. 

384, 386, 389, 392. 
Schwertklioge 226, 
Schwertkoppel 386. 
Schwertkoppelringe 270. 
Schwertscheiden 270, 345, 
Seh w erzen bach 22. 
Schwimmer 128, 158. 
Schwurrinß 211, 
Schwyz 239, 300, 
Seduner 326, 426, 434. 
Seduuum 32a. 
Seegräben 1 40. 
Seeigel 164. 
Seerose 127. 
SeewU 145, 240. 
Segel 29g. 
S^ovesns 426. 
Segusianer 431. 

Sembrancher 237, 377, 
Semniering 237, 
SeoinopithecuH 5. 
Senipachersee 99, 158. 
Semper 172. 

Senowald 235, 312, 721. 
SeDonen 356, 426. 
Sensen 337, 14^- 
Sequaner 326, 349, J95, 396, 

406, 425, 429, 431. 
Sequanermtinzen 389, 397, 

398, 399, 401- 
Sen;ey 139. 
Serpentin 16C1. 
Serpulaperlen 148, 151. 
Setaria italica 161. 

Sibirien 203, 319. 

Sicheln 2;l, 217, 223, 225, 
329, 27(1, 306, 330, 337, 
338. 34B, 3SS. 413- 

SicherheiLsnadeln 220, ztil, 
34». 

Siedelungsplüt-ie 183. 



t"2. 4^3- 
Sigfricdsage 300. 
Sigriäwil 2jG, 305, 312. 
Sikkini 107. 
Silber 205, 227, 294, 305, 

349, 3ö9> 377. 385. 3^8, 

390, 394, 396. 398, 399, 

424. 
Silbergruben 414. 
SilbermüD2en 349, 356,422. 
Silene cretica 126. 

Silexarten 59. 

Silexbeil 155. 
Silexobjekle 154. 
SiUkate 286, 

Sii^schwan 41, 125. 

Sion 167, 193, 247, 266, 

*7o, 3'4, 3^6, 375, 378, 

408. 
Siontypus 95, 375. 
Sippen 89. 
Sitten s. Sion. 
Situla 219, '9', 3'0| 3"3, 

365. 381, 382- 
Skandinavien 179, 208. 

3'". 
Skarabius 310. 
Skeletgräber 246, 373. 
Sklaven 150, 421. 
Skulpturen 52, 85 
Skulpt 



"ii- 



Sohn 



397- 



Soli manu» _, 

Solon 301. 

Solothum 327, 397. 

Solulrt 27. 160. 

Somali 137, 318. 

Sophokles 159, 178. 

Spälllinge 209. 

Sparjjen 222, 232, 238, 239, 
24O, 247, 251, 253, 2(io, 
2b2, 26J, 331, 348, 375. 
376, 378, 384, 408. 

Spange mit Stollen 247. 

Spanien 1 34. 
I ^ipatha 178, 
I Spät-LaTtne- Fibeln 244, 329. 

Speer 166, 264, 289. 
I Speerspitze 43, 61, 93, 143, 
I 244. 
: Spelt 276. 

\ Spermopbilus Eversmanni 64. 
' Spielsachen 1B7. 
' SpielwOrfel 349. 
1 Spielzeug 218, 223, 221), 

Spieg 391. 
I Spindeln 173. 
I Spinnen 173. 
, Spinnrocken 172. 



Spiralannring 392. 
Spiral-Doppelhaken 262. 
Spiralen 165, 239, 253, 294, 

34&- 
Spiralfaden 222. 
Spiralfingeiring 390, 391,392. 
Spiralgehäoge 263. 
SpiralriLge 237, 249, 259, 

263, 387. 
Spiral rShrchen 232, 250, 264. 
Spitzen 139. 

Spit^el^sse 218, 223, 231. 
Spitzhacken 212. 
Splügen 241. 
Sporen 347, 41 1. 
Sprache der Tiere 71. 
Sprachwissenschaft 5, 206. 
Spulen :73, 187, 217. 231. 

Staats-EinrichlungeD 419. 

ISUfa 3S6. 
Isiaffelsee 278. 
' Stamm 300. 
' Stammbunde 301. 

Stimme der Helvetier 419. 
I Stiiiidesunterschiede 150. 
I Stansstad 145, 239. 

Stanzen 282. 

Star 128. 

Stamberger- oder Würmsee 
, 102, .38.^78. 

Station de l'Eglise 209. 

Station des Roseaui, Morges 






, »7'- 

Statistik der Farbe V. 

und Haaren 67. 
Statuetten 102, 369, 422, 423, 
Slealilbeil t54. 
Sieckborn 97. 
Stecknadel 367. 
Steenslrup, Jap. 35. 
Steg 97. 
Steigbügel 193. 
Stein a/Rhein 97, 174, 175, 
Steinadler 128. 
Steinbau 136. 
Steinbeile 115, 117, 117, 142, 

157, 203, 209, 213, 234, 

354. 
Steinbeig 96, 115, 209. 
Steinbock 23, 41, 64, 95. 
StondenkmÜer 193. 
Steinen I39. 
V. d. Steinen, Karl 90. 
Sleinhammer 203. 
Steinhausen 389, 396, 409. 
Steinbof 14. 
Steinkisten 241. 
Sleinkislengräber 237. 
SteinknOple 155. 



zed.yGOOgle 



Steinkobkorormation 5. 
Steinkreise 147, 191. 
Steiokuh 164. 
SteinmonDmenle 191, 
Steinmähle 141. 
Steinperlc 148, 155, 164. 
Steintiacbe 147, 191. 
SteiQOfittel 14z, 20i), Jio. 
Steinzeit 92. 
SteissfusE 159. 
SteppeDfauliB 65. 
Steppenieit 15, 
Stickmuster 133. 
Stichornament lao, 12R, ijj, 

'S7. 
Stickerei 176. 
Stirnband j6;. 
Stoffreste 407, 
Stoli 90. 
Stolpe 87. 

StoneheD);« [92, 414. 
StOssel 217. 

Strabo 137,407,4 14,4 18, 412, 
Stradopic 349. 
Strängen 173. 
Strassen 415. 
SträtUigen 23«, 244, 
Streilwacen 370, J72, 41J. 

Stricke 126, 128, 174- 

Stricknadeln 224, 330. 

Slroh 172. 

Studen 398. 

Studer 64, IJ9, 135, 276, 

Studeru.Bannwatth 135,154, 






18R. 



, 362. 



Südamerika 104. 
Sudsee- Insulaner 204. 
Sumatra loS, 137. 
Sumero-Akkadier 308. 
Snrsee 396. 
Sus scrofa fcrus 36. 
Sus scrola palustris 149, 
Sflsswasserschildkräte 122. 
SuU 135. '83. '84, *55, 

256, 29Si 306- 
Syrien 106, 185, 20j. 



Tacitus 137, 138. 
Taftgewebe 129, 176, 177. 
T^erwilen 404, 395. 
TagwoliDui^n 112. 
Tangarung 109. 
Tanne 127, 160, 
Tannenholz 210. 
Tatanis 422, 423, 
Taibelli 414. 

Tamadae, siehe Tamajae. 
Tamajae 31 6, 434. 
Tano III. 



Tältowiening 78, 163. 

Taubach j6. 

Taucher 159. 

Taurisker 426. 

Tauscbhandcl 199, 415. 

Technik 413. 

Telamon 427. 

TeUet 188, 218, 223, 371, 

40J- 
Tello 203. 

Temenisches l^nd 425. 
Tempel 424. 
Terramaren io[, 310. 
Tertiär 5, 20, 
Terliärzeit 2J2. 
Tessin 394. 
Teutales 422. 
Teutonen 427, 428, 429. 
Textilien 119, 123. 
Teitil-Induslrie 172. 

— Kunst 278. 

— Material 172. 
Thttingen 33, 263. 

. Thalhcim 253. 
Thebäer- Lebende 435. 

Thiede 65. 

Thielle 134, 267. 

Thierstein 33. 

Thioly 375, 378. 

Thomsen 205. 
' Thontigur 302. 

Thongeßsse 118, 132, 203. 

Thonkegel 177. 

Thonkugcln zu. 

Thonscberben 209, 210. 

Thonwirlel 173. 

ThOten 115. 

Thutmosis 106, 309. 

Tibarener 308. 

Tiberius 436. 

Tiefenau 390, 398. 

Tiegel 188. 

Tierfiguren 382. 

Tierknochen 95. 

Tierkopf 386. 

Tiguriner 419, 427. 

Tilloux 36. 

Tische 115. 
. Tischler, Otto 208, 294, 311. 

Tili 310. 

Tobfldi IM. 

Togirix 400, 

Tolochenaz 243, 313. 

Tomascheck 308. 

Tomils 241. 

Tondano 1 1 o. 

Tonnen -Arm Wulst 364, 373, 
408, 376. 

Topf, Töpfe, Töpfchen 128, 

132, 144, 157, 184, 188. 

, 218, 223, 279, 303, 367, 



4Ji 



144, 



' 381, 387, 388, 389, 390, 

403- 
Töpferei 121. 
Tl^ferin 185, 229. 
Töpferkunst " 
Töpfetofen 

23'. 
TCpferprodukte 128, 231. 
Töpferscheibe 405, 
Töpferwate 21 1. 
Töpferwerkstätten 183. 
Torfrind 64, 119. 
Torfschwein 160, 211, 
Tötques 254, 260, 376. 
Tolenkult 417. 
Toten mahle 367. 
Toygener 419. 
Tracht der Steinieil 163. 

Trajanssäule 102, 137. 
Transportmittel 298, 

Trapeiunt 308. 
Traversthal 122, 295. 
, Treenhöi 257. 
Treibarbeit 381. 
TremoUetstich 365, 373. 
Trensen 217, 223, 229, 27' 
330, 347. 

Trevircr ^20. 
Trias 5, 

Trieb te^rraben 138. 
Trinkschale 366. 
j Triqnelrum 346, 389. 
Triticum dicoccum 161. 



— turgidum 161. 

— vulgare 161. 

— vulgare anliquorum 161 
Ttoja 203. 

Ttoisroda 1 36. 
Trompeten 411. 
TroQ du Krontal 32, 
Troyon lOl, 209, 236. 
Truhe 403. 

Trüllikon 362, 363, 3(14, 
TrQsche 115. 
Tschudcn 319. 
Tschudenachürfe 319. 
Tschugg 23s. 
Tschuktschen 85, 203. 
Tubalkain jlS. 
Tuchresle 370. 
Tugener 419. 
Tulinger 425, 430. 432, 43 
Tunika 405, 423. 
Tupfen - 
Tupfe Dornament 1 
Turicum 327. 
Turritella 61. 



Tylan 



uA 



425. 



zed.yGOOg[e 



Uhim! 



1 99. 



Ulmeaholi 413. 
Uiulascbka 183. 
Ungarn 134, 360. 
UngariBche h'iinn 290, 
Union 1S3, 
UDter-Sigi^ntal 139. 
UnterstellrinEe ai i, zz8, ajg, 
Unletrai 142, 
Ur 24. 

Ucgeschichte y. 
Urheimat der Indogcnnancn 
289. 

— des Menschengeschlechts 
IS«. 

Urne 147, 1B8, 247, 151, 

57*. 37S. 39»- 
Urochs [22, 158. 
Ursachen der Eisieit 25. 
Ursache des Pfahlwohnens 

los, 112. 
Urspningsort der Brnnze 307, 
Urstier 41, 4z, 64, 125. 
Ursns arclos 36, 64. 

— spelaeus 24. 
Usleri, Martin 395. 
CtUbergZM, 219. zjz, 3rj. 

33S. 340. 3S6, 403- 



Vaccinium 407. 

VhI d'Anniviers 193, 3Z6. 

Val de Ruz 398. 

Vatendas 241, 

Vallamaiid loi, Z74, 275, 

Valleyres 371. 
Vals 242, z66. 
Vasallen 4Z0, 
Vasen 188, 29z, 
Veitheim Z35, 313. 
Venetz-Slein 247. 
Venezuela 104. 
Veraper 326, 4Z6, 434. 
Verbigener 419. 421, 433. 
Verbreitung der Pfablbaaten 

Vercellae 429. 
Verfassung 300, 
Verkehr 283, 414. 
Versam 241. 
Vereteineniogen 47, 164, 
Verwand tschaflssippe 301. 
Verwand Ischarisgruppe 88. 
Verrierunßen 1 3g. 
Vttroz 377. 
Vevey 410. 



Veyrier 33. 
Veytaui 247, 312. 
Viberi 326, 435. 
Viehiuchl 74, 158, 223, Z76, 

Vielfrass 22, 25, 42, 64. 
Vienna, Viennc 349. 
Vierwald stäl IC rsee 99, 158. 
Villeneuve 33. 
Villme^en 389. 
Vilters 327. 
Vindelicier 426. 
Vind(inissa340, 351,353,396. 
Vinel: loo, 131, 164, 165, 
-" 169 - 



■ Waltalingen 139. 
Waltensburg 242. 
. Wanderungen 199, 296. 
. Wanderungen der Kultur- 



176, 



forn 



199. 



174, 176, :83, 189, 
*I4. *SS. 256, 289, 

Vingelz 299. 

Vionnet 192, 

Virchow 156, 307, 393. 

V'iridomar 427. 

Viloduram 3 27, 357. 

Vilruv 138. 

Volcae Arecomici 400. 

— Tcctosagefi 400. 
Vöikerwanderungs - Periode 

385- 
Volksversammlung 4ZO. 
VoUige 237. 
Voltaire 4. 
Vorbourjt 234. 
Vordetasien 31S. 
Vorderindien 107, 203, 318. 
Vorkommen von Pfahlbauten 

92, HZ. 
Vorläufer des Geldes 299, 
VorsetzschOsseln 188. 
Vouga, A. 142. 

— E. 341, 34z, 393. 
Vugelles — 1^ Mothe 192. 



I Waffen 79, 166, 224, 229, 

264, 342, 382. 
[Wagen 299, 302. 3r3. 372, 
373. 413- 

Wagenbeschläge 347. 

Wagenburg 413. 432, 433. 

Wi^nrad 347. 

Waigeu 111. 

Walachei 102. 

Wfildi 362. 

Waldfauna 64. 

Walensee 99. 

Walensladt 328. 

Wallace. A. R. 110. 

Wallbauten 140. 

W^hausen 287. 

WaUisellen 340. 

Walliser-Omament 248, 375, 
376, 377. 378. 379. jSo. 



Wangen a/Ä, 165, 175 
*<»9. Z53, 305, 313. 

Wanne 1S8. 
. Wartau 325. 

: Wasserhähnen fuss 119, 127. 
1 Wassemuss 122, 127. 

Wau 127, 161. 

Wauwil 99, 169, 170, 183, 
! 39f.. 
. I Wavre 342. 
, ! Webekimme" 1 78. 
1 Weben lzz,~i76. 
I Weber 371. 
I Weberei 407. 
I Weberknoten 129, 174. 

■ Weberschifllein 177. 

■ Webgewichte 217, 231, 330. 
Webstuhl 172, 176, 177, 179, 
Webstuhl der Penelope 178. 
Wechselwolf 159. 
Weddah's 183. 
Wege 415. 

Weiach 250, 312, 340, 

Weib, Stellung dess. 75. 
I Weide 172. 

Weidendes Rentier 49. 

Weihraucbfass 394. 

Wein 412. 
' Weissager 424. 

Weisslingen 386, 395, 409. 

Weissmetall 385. 

Weisstanne 119, 122. 

Weilen 124,' 125, 217,412. 

Weland 317. 
I Wenden 104. 

■ Werkstätten 234, 250. 
Werkstitten d. Steinzeit 143. 
Werkzeug 166. 
Wertmesser 299. 
Westeregeln 25. 
Weliikon 18, IZ3, 141, l^'r 

302, 386, 387. 
Weliilton Stäbe, 34. 
Wetzsteine 170, 275, 
Wiedereröffnen' der Gräber 

'53- 
Wiedikon 386, 392, 396. 
Wiesel 64. 
Wilde 103, 
Wildgans 159. 
Wildkatze 41, izz, 125,149, 

IS9- 
Wildpferd 160. 
Wildschwein 64, 95, 119, 

Wildtaube 125. 
WiUunson 178. 



zed.yGOOgle 



WiDdhuDd ts<>. 


Würfel 394. 


Ztcrscheiben 217, 


^23. 


Windisch 313,353,354,355, 


Wurmbrand 54. 


264. 




356. 4J=- 




Ziesel 25. 




Windschinn 73, 137. 


, Wylerfeld 390. 


ZiRenncr 307. 




Winkel 409. 




Zimroerleute 414. 




Winleriager 434. 




Zinn 205, 290, 


304. 


WinterthDr 251, 395. 


y. ! 


263, 308, 414 




Wirken 174. 




ZinubaneD 235. 




Wirtel ijo, 210, 211, lu. 


Yams 111. ' 


ZiDoeinlagen 278, 


407. 


=34, 3^8. 


YBRdrasil T73. 


Zinnperlen 363. 




Wirtel aus Th.,r 95. 


Yverdon J27. 1 


Zitterpappel 122. 




WiscDdai^ea 15S. 






1. 


Wi«;nt 14, 41, .25, ts8. 


i 


Zollikon 366. 




Wiimar 104. 


Z. 


Zuber 188. 




Wnhngruben 138. 




Zuckerrohr ni. 




Wolf4i,64,95->'5.iS5,i59- 


Zange 3 [7. 


Zur 99. 




Wölfliswil 323. 


Zambcsisebiel 105, 


1 Zugersee 99. 




Wolfsiähne 165. 


Zaubethölier 82, 


Zugtier 299. 




Wolfsiahn-f >mamenl 1 95, 


Zebu 159. 


Zürich ir, 167, 


188. 


231, 272, 371. 


Zeichrungen 32, 48 61 80, 


190, 196, 207, 




WoUe 126, 172, 413. 


82. 


255, 259, 260. 


266, 




ZeilrechnuDR 424. 


272, 273, 275- 


294i 


Wollbhofen 99, If.;, .89, 


Zell SS- 


■ 327. 330, 36', 


371. 


190, 207, ZI2. 23'. Z5S- 


Zelt 137. 


1 38&. 392. 39*>i 


409. 


259, 260, 262, 263, 266, 


Zermatt 378. 


1 ZüHchseo 92, 99, 




268, 272, 273. 274, 275, 


, Zettelsirecker 177. 


1 Zuriach 332, 397 




279, «9'. *93. 294. 299, 


Zeus 4*3. 


' Zwf rgackerbohne 


276. 


302, 313, 355, 361, 371. 


Ziege 119, 122, 12s, [39, 


Zwe^birke 25. 




Worsaae 307- 


160, 211, 232, 276. 


Zwerge 193. 




Wülflingen 235, 312. 


, Ziehmesscr 60, 


1 Zwe^-Pfeifhasen 


64. 


Wülste 189. 


Zierrädchen 228. 


1 Zwiebeln 412. 





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