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Full text of "Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg"

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UNIVERSITY  OF 
TORONTO  PRESS 


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URKUNDEN  UND  ACTENSTÜCKE 

ZUR  GESCHICHTE 

DES 

KURFÜRSTEN  FRIEDRICH  WILHELM 

VON  BRANDENBURG. 


AUF  VERANLASSUNG  SELNER  HOCHSELIGEN  MAJESTÄT  DES  KALSERS 
FRIEDRICH  ALS  KRONPRINZEN  VON  I'REUSSEN. 


VIERZEHNTER  BAND. 


BERLIN. 
DRUCK  UND  VERLAG  VON  GEORG  REIMER. 

1890. 


URKUNDEN  UND  ACTENSTUCKE 

ZUR  GESCHICHTE  DES 

KURFÜRSTEN  FRIEDRICH  WILHELM 

VON  BRANDENBURG. 


AUSWÄRTIGE  ACTEN. 


DRITTER  BAND. 
ERSTER  THEIL. 

(OESTERREICH.) 


HERAUSGEGEBEN 


DR-  ALFRED  FRANCIS  PRIBRAM, 

PRIVATDOCENTEN  AN  DER  UNIVERSITÄT  ZU  WIEN. 


BERLIN. 

DRUCK  UND  VERLAG  VON  GEORG  REIMER. 
1890. 


11 


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Vorwort. 

1/er  vorliegende  Band  der  „Urkunden  und  Actenstücke 
zur  Geschichte  des  Kurfürsten  Friedrich  Wilhelm  von  Branden- 
burg", in  welchem  die  diplomatischen  Beziehungen  Oesterreichs 
und  Brandenburgs  im  Zeitalter  Friedrich  Wilhelms  urkundlich 
dargestellt  werden  sollen,  ist  der  dritte  in  der  Reihe  der  aus 
auswärtigen  Archiven  geschöpften  Beiträge  zur  Geschichte 
des  „Grossen  Kurfürsten".  Ein  viertel  Jahrhundert  ist  seit 
dem  Erscheinen  der  beiden  ersten  Bände  verstrichen,  deren 
Gegenstand  die  Beziehungen  Brandenburgs  zu  Frankreich 
und  zu  den  vereinigten  Provinzen  der  Niederlande  gebildet 
hatten.  Der  Umfang  der  vorliegenden  Publication  übertrifft 
den  der  beiden  früher  erschienenen  um  ein  bedeutendes.  Die 
Erklärung  hiefür  wird  leicht  gegeben  werden  können.  Der 
Band  „Frankreich"  enthält  nur  Berichte  aus  wenigen  Jahren; 
nur  5  von  30  Fascikeln,  welche  die  im  Pariser  Archive  auf- 
bewahrte Correspondenz  der  Herrscher  Brandenburgs  und 
Frankreich  umfasst,  konnten  durchgesehen  und  excerpirt  wer- 
den. Der  Band  „Niederlande"  dagegen  enthält  nur  den  sehr 
geringen  erhaltenen  Theil  der  wirklich  in  jenem  Zeitalter 
geführten  Correspondenz.  Für  die  Beziehungen  des  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  zum  Reichsoberhaupte  —  Bezie- 
hungen, die  mindestens  so  lebhafte  und  bedeutende  waren,  als 


VI  Vorwort. 

jene  mit  irgend  einer  anderen  Macht  — ,  liegen  die  Verhält- 
nisse ganz  anders.  Die  Berichte  der  am  kurfürstlichen  Hofe 
weilenden  kaiserlichen  Gesandten  sind  —  insbesondere  von 
der  Mitte  der  60^r  Jahre  des  ITten  Jahrhunderts  an  —  in 
seltener  Vollkommenheit  erhalten,  und  ihrer  Verwerthung  haben 
sich  keine  wie  immer  gearteten  äusseren  Hindernisse  in  den  Weg 
gestellt.  Es  waren  im  Ganzen  an  50  Fascikeln,  von  denen 
viele  eine  grössere  Anzahl  Seiten  umfassen  als  die  beiden  Theile 
der  vorliegenden  Publication  zusammen  genommen,  deren  In- 
halt den  Fachgenossen  möglichst  vollständig  mitgetheilt  werden 
sollte.  Man  wird  unter  Berücksichtigung  dieser  Thatsache, 
wie  der  Herausgeber  hofft,  die  vorliegende  Publication  nicht 
zu  umfangreich  finden,  zumal  wenn  man  erwägt,  dass  es 
fast  ausschliesslich  jungfräuliches,  zum  grossen  Theile  sehr 
werthvolles  Material  war,  das  verarbeitet  werden  sollte.  An- 
dererseits wird  kein  billig  Denkender  von  dem  Herausgeber 
eine  vollständige  Wiedergabe  alles  dessen  fordern,  was  sich 
in  der  erwähnten  Anzahl  Fascikeln  des  Wiener  Staatsarchives 
vorfindet.  Es  ist  bei  derartiger  gekürzter  Wiedergabe  des  In- 
haltes schwer,  ja  unmöglich,  jedem  recht  zu  thun  und  es 
kann  hier  nur  wiederholt  werden,  was  der  Herausgeber  einer 
stattlichen  Reihe  von  Bänden  dieses  Urkundenwerkes  gleich 
anfangs  betont  hat  —  ein  gewisses  Vertrauen  in  den  guten 
Willen  und  die  Fähigkeit  des  Herausgebers  thut  unbedingt 
Noth.  Gewiss  liegt  die  Gefahr  für  denjenigen,  der  sich  Jahre 
lang  mit  einer  engumgrenzteu  Periode  europäischer  Geschichte 
beschäftigt,  nahe,  den  einzelnen  Ereignissen  dieser  Zeit  eine 
allzugrosse  Bedeutung  beizumessen;  allein  abgesehen  davon, 
dass  eine  ununterbrochene  Beschäftisung-  mit  weiteren  Ge- 
bieten  der  allgemeinen  Geschichte  den  Blick  für  das  Wesent- 
liche einer  bestimmten  Zeit  freier  erhält,  ist  es  eine  unleug- 
bare Thatsache,  dass  nur  ein  sehr  eingehendes  Studium  einer 
umfassenden     Actenmasse     eine     richtige     Abschätzung     des 


Vorwort.  V'II 

Werthes  der  einzelnen  Documente  unter-  und  zu  einander  er- 
mög'liclit.  Die  Gesichtspunkte,  von  denen  sich  der  Heraus- 
geber bei  der  Auswahl  der  einzelnen  Actenstücke  leiten  liess, 
waren  im  wesentlichen  folgende:  In  erster  Linie  sollte  alles, 
was  auf  directe  Verhandlungen  der  beiden  Staaten  Bezug  hat 
und  zwar  nicht  blos  auf  jene  Verhandlungen,  die  am  Hofe  zu 
Berlin,  sondern  auch  auf  jene,  welche  am  Wiener  Hofe  gepflogen 
worden  sind  —  letztere  natürlich  nur  insoweit,  als  dieselben 
noch  nicht  in  der  bis  in  die  Mitte  der  60^''  Jahre  geführten 
Abtheilung  „Politische  Acten"  entsprechende  Berücksichtigung 
gefunden  hatten  —  möglichst  vollständig  mitgetheilt  werden. 
Dann  hat  der  Herausgeber  geglaubt,  alles  was  persönliche 
Verhältnisse  des  Kurfürsten  und  seiner  Umgebung  betrifft, 
was  geeignet  sein  könnte,  unsere  Kenntnisse  von  den  Be- 
ziehungen Brandenburgs  zu  den  übrigen  europäischen  Mächten 
zu  vermehren,  oder  die  Fähigkeit  der  Berichterstatter  zu  be- 
leuchten ,  wiedergeben  zu  sollen.  Schliesslich  hat  er  es  für 
seine  Pflicht  gehalten,  den  Umfang  der  Mittheilungen  der 
einzelnen  Berichterstatter  durch  kurze  Andeutungen  anzuzeigen, 
um  weitere  Nachforschungen  bezüglich  einzelner  Fragen  zu 
erleichtern.  Wörtlich  wiedergegeben  sind  selbstverständlich 
nur  die  wichtigsten  Stellen  der  Berichte,  die  Auszüge  je  nach 
der  Bedeutung  der  einzelnen  Mittheilungen  mehr  oder  minder 
kurz  gefasst.  In  manchen  Fällen  wurde  überhaupt  von  einer 
Wiedergabe  des  Inhaltes  der  einzelnen  Berichte  Abstand  ge- 
nommen und  in  zusammenfassender  Form  das  Resultat  der  in 
den  einzelnen  Acten  zum  Ausdruck  kommenden  Verhand- 
luno^en  mitgetheilt.  Sämmtliche  in  der  Publication  verwerthe- 
ten  Documente  —  mit  Ausnahme  einiger  Acten,  die  auf  die 
Schwiebuser  Frage  Bezug  haben  und  dem  Archive  des  Mi- 
nisteriums des  Innern  entnommen  sind  —  finden  sich  in  den 
Beständen  des  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchives  zu  Wien.  Es 
sind   vornehmlich   drei  Abtheilungen,  die   für  die  vorliegende 


VIII  Vorwort. 

Publicatioii  in  Betracht  kamen.  Die  Berichte  der  Gesandten, 
die  Wcisung-en  der  Herrscher  und  eine  Abtheilung,  welche 
unter  dem  Titel  „Brandenburgica"  neben  der  officiellen  Corre- 
spondenz  der  beiden  Höfe  auch  die  Protocolle  über  die  in  Wien 
mit  den  brandenburgischen  Vertretern  gepflogenen  Verhand- 
lungen, Gutachten  der  Minister  an  den  Monarchen  und  sonstige 
nicht  in  die  beiden  anderen  Gruppen  einzureihende  Docu- 
mente  enthält  Von  einer  näheren  Bezeichnung  des  Ortes, 
an  dem  das  eine  oder  andere  Actenstück  zu  suchen  wäre, 
konnte  Abstand  genommen  werden.  Für  weitere  Nach- 
forschungen genügt  die  Angabe  des  Datums.  So  weit  es 
irgendwie  möglich  war,  wurden  die  Documente  in  chronolo- 
gischer Reihenfolge  mitgetheilt ;  die  Datirung  ist,  wo  nicht 
ausdrücklich  das  Gegentheil  angegeben  wird,  die  neue. 

Bezüglich  der  äusseren  Form,  in  der  die  Acten  der  Be- 
nutzung der  Fachgenossen  übergeben  werden,  hat  sich  der 
Herausgeber  im  Wesentlichen  an  die  Vorschriften  gehalten, 
welche  Erdmannsdörffer  vor  mehr  als  einem  viertel  Jahr- 
hundert aufgestellt  hat  und  die  von  ihm  und  seinen  Mit- 
arbeitern bis  auf  den  heutigen  Tag  befolgt  worden  sind.  Doch 
muss  derselbe  aufrichtig  gestehen,  dass  er  bezüglich  der  Ab- 
weichung von  der  Orthographie  des  17^^°  Jahrh.  gerne  noch 
um  einen  Schritt  weiter  als  Erdmannsdörffer  gegangen  wäre. 
Eine  Einigung  über  die  Principien,  nach  denen  Actenstücke 
des  ITten  und  Ißteu  Jahrh.  edirt  werden  sollten,  thäte  dringend 
Noth.  Nur  in  einer  Hinsicht  hat  der  Herausgeber  eine  Aen- 
derung  in  der  bisher  bei  dieser  Urkundenpublication  angewen- 
deten Methode  eintreten  lassen,  indem  er  bei  jedem  Actenstücke 
angegeben  hat,  in  welcher  Ausfertigung  es  ihm  vorgelegen  hat. 
Es  wurden  dabei  Autogramme,  Originalien,  Concepte  und  Co- 
pien  von  einander  geschieden;  mit  Autogramm  jenes  Stück  be- 
zeichnet, welches  wirklich  von  der  unterzeichneten  Person 
geschrieben  wurde,  mit  Original  jenes,  das  blos  eigenhändige 


Y  0  r  w  0  r  t.  IX 

ünterzeiehimng  aufweist,  im  übrigen  aber  von  Cancellisten  ge- 
schrieben worden  ist.  Eine  weitere  Unterscheidung  der  ver- 
schiedenen Formen  der  Concepte  schien  überflüssig.  Auto- 
gramme sind  in  der  Weise  mitgetheilt  worden,  wie  Urkunden  des 
Mittelalters  edirt  zu  werden  pflegen,  d.  h.  mit  Beibehaltung  fast 
sämmtlicher  Merkmale  des  Schriftcharacters.  Die  verhältnis- 
mässig geringe  Anzahl  solcher  Autogramme,  die  in  der  vor- 
liegenden Publication  erscheinen,  dürfte  hinreichen,  erkennen 
zu  lassen,  dass  von  einer  Consequenz  bei  der  damaligen 
Schreibweise  keine  Rede  sein  kann.  Im  übrigen  galt,  wie 
dies  auch  bei  den  übrigen  Bänden  der  Fall  war,  als  Editions- 
princip  die  Beibehaltung  des  Sprachlichen  und  die  Aenderung 
des  Orthographischen.  Doch  m'öchte  der  Herausgeber  —  wie 
dies  Erdmannsdörffer  seinerseits  gethan  —  nicht  unterlassen 
zuzuo-estehen,  dass  er  sich  in  vielen  Fällen  ausser  Stande  sah 
mit  Bestimmtheit  zwischen  Sprachgebrauch  und  Orthographie 
zu  scheiden.  Da  die  Collationirung  des  Druckes  mit  den 
Originalien  durchgeführt  werden  konnte,  glaubt  der  Heraus- 
geber wenigstens  im  allgemeinen  dafür  bürgen  zu  können^ 
dass  die  sprachlichen  Inconsequenzen,  die  sich  oft  in  ein  und 
demselben  Actenstücke  finden  —  wie  z.  B.  nicht  und  nit, 
Vortl  und  Vorteil,  weil  und  weilen  u.  a.  m.  —  den  Schrift- 
stücken eigen  sind.  Auch  die  Namen  von  Personen  und 
Orten  wurden  meist  in  der  richtigen  Schreibweise  wieder- 
gegeben. Lateinische,  französische,  italienische  Schriftstücke 
sind  im  allgemeinen  in  der  Form  wiedergegeben,  die  uns 
überliefert  ist. 

Bezüglich  der  einleitenden  Bemerkungen,  die  den  ein- 
zelnen Abschnitten  vorangestellt  sind,  glaubt  der  Herausgeber 
nur  erwähnen  zu  müssen,  dass  dieselben  blos  dazu  dienen 
sollen,  in  grossen  Zügen  die  diplomatischen  Beziehungen  der 
beiden  Staaten  im  Zeitalter  des  Kurfürsten  Friedrich  Wilhelm 
darzustellen  und  den  Werth  der  mitgetheilten  Documente  an- 
Mater, z.  Gesch.  (1.  G.  Kurfürsten.    XIV.  B 


X  Vorwort. 

zudeutei).  Die  Noten  sind  vielleicht  etwas  reichlicher  als  in 
anderen  Bänden;  eine  P^rscheinung,  deren  Erklärung  einerseits 
in  der  Nothwendigkeit  gefunden  werden  muss,  auf  die  bereits 
erschienenen  Bände  der  Urkunden  und  Actenstücke,  auf  Pufen- 
dorf  und  Droysen  zu  verweisen,  andererseits  in  dem  Bestreben 
des  Herausgebers  durch  Heranziehung  eines  oder  des  anderen 
Werkes  älteren  oder  jüngeren  Datums  eine  Handhabe  zur 
Beurtheilung  des  Mitgetheilten  zu  bieten,  wobei  jedoch  keines- 
weges  an  eine  Kritik  der  einzelnen  Nachrichten  gedacht 
worden  ist. 

Der  erste  Theil  des  Werkes,  der  hiemit  der  Oeffentlich- 
keit  übergeben  wird,  enthält  die  Actenstücke  bis  zum  Aus- 
bruche des  schwedisch-brandenburgischen  Krieges  im  Jahre 
1675.  Der  zweite  Theil  —  der  ein  beide  Bände  berück- 
sichtigendes Register  enthalten  wird  —  dürfte  längstens  inner- 
halb Jahresfrist  in  den  Händen  der  Benutzer  sein. 

Schliesslich  sei  es  dem  Herausgeber  gestattet,  die  ange- 
nehme Pflicht  zu  erfüllen,  dem  Director  des  Haus-Hof-  und 
Staatsarchives  zu  Wien,  S»".  Excellenz  H-^  Geheimrath  Alfred 
R.  V.  Arneth,  dem  eifrigen  Förderer  aller  wissenschaftlichen 
Bestrebungen,  sowie  H^  Staatsarchivar  D'".  G.  Winter,  der  den 
Herausgeber  mit  unermüdlicher  Ausdauer  bei  seinen  Arbeiten 
unterstützt  hat,  seinen  verbindlichsten  Dank  auszusprechen. 

Wien.  24.  Mai  1890. 

A.  F.  Pribram. 


SXÜ 


Inhalt. 


Seite 

Vorwort V 

Inhalt      XI 

I.     Mission    Blumenthals.     Der  Jülich-clevische  Streit.      Die  Jägerndorfer 
Streitfrage.     1640—165-1. 

Einleitung o 

Acten      14 

IL     Der   nordische  Krieg.     1655 — 1660.    Missionen  Fernemonts,  Schütz's 
Strozzi's. 

Einleitung 65 

Acten      76 

III.  1660 — 1664.    Mission  Lisola's. 

Einleitung 127 

Acten      134 

IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.   Januar  1665 — Mai  1668. 

Einleitung 191 

Acten 199 

V.     Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.  Oct.  1668 — Sept.  1671. 

Einleitung 389 

Acten      400 

VI.     Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

Einleitung 501 

Acten      511 


/ 


1. 

Mission  Blumentlials.    Der  Jülich- 

clevisclie  Streit. 

Die  Jägerndorfer  Streitfrage. 

1640—1654. 


Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV. 


^ 


Einleitung. 


Als  Bundesgenosse  Kaiser  Ferdinand  III.  schied  Kurfürst  Georg  Wilhelm 
von  Brandenburg  aus  dem  Leben.  Fünf  Jahre  vor  seinem  Tode  hat  er  sich 
entschlossen,  Parteigänger  des  Wiener  Hofes  zu  werden.  Nicht  aus  Neigung 
für  das  Reichsoberhaupt  —  eine  solche  lag  ihm  fern  — ,  sondern  lediglich  in  der 
Ueberzeugung,  dass  die  Politik  der  freien  Hand  unter  den  gegebenen  Verhält- 
nissen nicht  aufrecht  zu  erhalten  sei  und  in  der  Hoffnung,  durch  den  Anschluss 
an  den  Kaiser  die  Durchführung  seines  vornehmsten  territorialen  Anspruches 
—  den  auf  Pommern  —  zu  ermöglichen.  Diese  grösste  und  älteste  Anwart- 
schaft vom  Kaiser  und  Reich  garantirt  zu  wissen,  schien  dem  Kurfürsten  mit 
keinem  Zugeständnisse  zu  theuer  bezahlt.  Er  liess  sich,  um  dieses  Ziel  zu  er- 
reichen, die  Schwächung  seiner  territorialen  Selbständigkeit  gefallen,  er  willigte 
darein,  dass  seine  Truppen  zugleich  für  Kaiser  und  Reich  in  Pflicht  genommen 
wurden.  Das  Resultat  des  gemeinsam  geführten  Kampfes  um  den  Besitz  dei- 
1637  heimgefallenen  pommerschen  Lande  entsprach  aber  den  Erwartungen,  die 
man  hegte,  durchaus  nicht.  Wohl  gelang  es  den  brandenburgischen  Truppen 
im  Frühjahre  1638  sich  des  grössten  Theiles  Vorpommerns  zu  bemächtigen ; 
allein  bald  genug  gieng  das  eroberte  Gebiet  wieder  verloren.  Die  Entscheidung 
über  das  Schicksal  Pommerns  hieng  aber  —  und  darin  lag  das  wesentliche  — 
überhaupt  weniger  von  dem  Resultate  des  zwischen  Brandenburg  und  Schweden 
geführten  Kampfes,  als  von  dem  Ausgange  der  grossen  Conflicte  ab,  in  welche 
die  Häuser  Bourbon  und  Habsburg  gerathen  waren.  Diese  Entscheidung  war 
noch  nicht  gefallen,  als  nach  dem  Tode  Georg  Wilhelms  sein  einziger  Sohn, 
Friedrich  Wilhelm,  den  Thron  seiner  Väter  bestieg. 

Es  waren  ungewöhnlich  schwierige  Verhältnisse,  unter  denen  der  junge 
Fürst  im  Jahre  1640  das  Regiment  antrat.  Die  Politik  seines  Vaters  hatte  sich 
nicht  bewährt.  Der  innige  Anschlass  an  das  Haus  Habsburg  hatte  nicht  zur 
Erwerbung  Pommerns,  wohl  aber  zur  Isolirung  Brandenburgs,  zur  Schwächung 
der  kurfürstlichen  Macht  in  den  Marken  geführt.  Auf  diesem  Wege  durfte 
man.  sollte  die  Existenz  des  brandenburgischen  Staates  nicht  aufs  Spiel  gesetzt 
werden,    nicht    fortschreiten.      Die    Lösung    der   deutschen  Frage   im  Sinne  der 


4  Kinleitung'. 

llalishiiigei'  koiuil»'  nur  ziiiii  Siege  des  Katliolicisiuiis  und  des  kaiserlichen  Ab- 
sülutisnuis  führen  und  Brandenburgs  Zukunft  lag  in  der  Stärkung  der  pro- 
testantischen Territorialgewalt.  Dazu  kam,  dass,  wie  die  Verhältnisse  lagen, 
selbst  im  Falle  des  Anschlusses  an  den  Kaiser,  eine  Förderung  der  brandeii- 
burgischen  Frbansprüche  auf  Pommern  nicht  zu  erhoffen  war.  Denn  Ferdi- 
nand III.,  damals  bereits  ausser  Stande  gegen  die  vereinigte  Macht  der  Fran- 
zosen und  Schweden  anzukämpfen,  suchte  die  Letzteren  für  einen  günstigen 
Separatfrieden  zu  gewinnen  und  war  bereit  Pommern  zu  diesem  Zwecke  zu 
opfern.  In  diesem  Sinne  hatte  er  Avenige  Wochen  vor  dem  Tode  Georg  Wil- 
helms die  Reichsstände  aufgefordert,  die  Frage  der  scliwedischen  SatiAfaction 
zum  Gegenstande  ihrer  Berathungen  zu  machen,  und  die  Bereitwilligkeit  mit 
der  die  Vertreter  der  Kurfürsten  von  Baiern  und  Köln  für  die  Vornahme  dieser 
Frage  stimmten.  Hess  mit  Sicherheit  eine  den  Interessen  Oesterreichs  ent- 
sprechende Friedigung  dieser  Angelegenheit  erwarten ').  Für  Brandenburg  aber 
bedeutete  die  Anerkennung  der  schwedischen  Herrschaft  in  Pommern  nicht  nur 
den  Verlust  dieses  weiten  für  die  fernere  Entwickelung  des  branden  burgischen 
Staates  unentbehrlichen  Gebietes,  sondern  auch  die  unmittelbare  Nachbarschaft 
der  gewaltigen  nach  Vergrösserung  des  Besitzes  und  des  Einflusses  strebenden 
schwedischen  Militärmacht.  Wohin  sich  aber  wenden,  um  dieser  Katastrophe  vor- 
zubeugen? Im  Reiche  hatte  der  Kurfürst  von  Brandenburg  nur  wenige  Freunde, 
im  Auslande  gar  keine.  Der  sofortige  gänzliche  Bruch  mit  der  von  seinem  Vater 
in  den  letzten  Jahren  beobachteten  Politik,  der  innige  Anschluss  an  des  Kaisers 
Feinde.  —  ein  Vorschlag,  der  ihm  von  verschiedenen  Seiten  gemacht  wurde  — , 
war  viel  zu  gewagt  und  die  Aussicht  von  Schweden  als  Lohn  für  diesen  Schritt 
Pommern  zu  erhalten  viel  zu  gering,  als  dass  der  junge  Fürst  auf  diese  Rath- 
schläge  hätte  eingehen  können;  ganz  abgesehen  davon,  dass  ihn  die  oppositio- 
nelle Haltung  der  Stände  und  die  grosse  Schuldenlast,  die  er  vorfand,  nöthigten, 
für's  erste  jeden  Schritt  zu  vermeiden,  durch  den  er  in  Gonflicte  gerathen  konnte, 
die  nur  durch  das  Schwert  zu  entscheiden  waren.  Unter  diesen  Umständen, 
wo  die  Fortsetzung  der  bisherigen  Politik,  die  insbesondere  von  dem  für  Oester- 
reich  ganz  gewonnenen  Schwarzenberg  empfohlen  wurde,  ebenso  unzweckmässig 
schien,  als  der  sofortige  Anschluss  an  Habsburgs  Gegner,  wird  es  als  Zeichen 
eines  richtigen,  staatsmännischen  Blickes  angesehen  werden  müssen,  dass  Frie- 
drich Wilhelm,  obgleich  jung,  ehrgeizig  und  von  verschiedenen  Seiten  zum 
Kriege  gedrängt,  sich  für  jene  Politik  der  bewaffneten  Neutralität  entschied, 
durch  die  allein  er  sein  innerlich  schwaches,  von  allen  Seiten  bedrohtes  Land 
vor  gänzlichem  Untergange  zu  schützen  vermochte.  Die  Haltung  dem  Kaiser 
gegenüber  —  und  nur  diese  ist  Gegenstand  dieser  Betrachtung  —  war  damit 
gegeben.  Es  galt,  sich  der  kaiserlichen  Autorität,  welche  bisher  bestimmend 
auf  die  Entschliessungen  der  kurfürstlichen  Politik  eingewirkt  hatte,  nach  und 
nach  zu  entziehen,  die  pommersche  Successionsfrage  —  falls  mit  Schweden 
selbst  ein  entsprechendes  Abkommen  nicht  sollte  getroffen  werden  können  — 
van  dem  Forum  des  Reichstages,  wo  eine  die  Interessen  Brandenburgs  berück- 


')     Vergl.  Ulk.  u.  Act.  I.  CM. 


Einleitung.  5 

sichtigende  Erledigung  nicht  zu  erwarten  war,  weg,  vor  das  der  gesammten 
europäischen  Diplomatie  zu  ziehen  und  durch  Anknüpfung  besserer  Beziehungen 
zu  den  einflussreichsten  Fürsten  des  Continentes,  einen  Ersatz  für  den  bis- 
herigen Rückhalt  an  das  Reichsoberhaupt  zu  finden.  Der  Gang  der  im  Laufe 
der  ersten  Regierungsjahre  Friedrich  Wilhelms  in  diesem  Sinne  mit  dem  Wiener 
Hofe  und  dessen  Vertretern  geführten  Verhandlungen  ist  aus  den  im  ersten  und 
Vierten  Bande  der  „Urkunden  und  Acten'^  mitgetheilten  Documenten  deutlich 
zu  ersehen '). 

Gegen  Schwarzenbergs  Antrag,  die  pommerische  Successionsangelegenheit 
auf  dem  Reichstage  zu  Regensburg  entscheiden  ?u  lassen  und  sich  den  Ver- 
fügungen des  Kaisers  zu  unterwerfen-),  entschloss  sich  der  junge  Fürst  dem 
sächsischen  in  Regensburg  abgegebenen  Gutachten  seine  Zustimmung  zu  geben, 
nach  welchem  die  Frage  der  Entschädigung  Schwedens  als  eine  causa  externa 
auf  dem  allgemeinen  Congresse  erledigt  werden  sollte^)  und  liess  überdies  von 
den  Vertretern  Ferdinand  III.  das  Versprechen  fordern,  dass  die  zu  Hamburg 
zwischen  Oesterreich  und  Schweden  begonnenen  Verhandlungen  ohne  Mitwirkung 
des  Kurfürsten  von  Brandenburg  nicht  fortgesetzt  werden  sollten  ^).  Der  Wiener 
Hof  erwies  sich  sehr  entgegenkommend;  er  billigte  die  Forderungen  des  jungen 
Fürsten,  stellte  ihm  die  Absendung  eines  Bevollmächtigten  nach  Hamburg  frei 
und  verpflichtete  sich,  nur  mit  Gutheissung  des  kurfürstlichen  CoUegiums  in 
der  pommerschen  Frage  bindende  Abmachungen  zu  treffen.  Kein  Zweifel,  dass 
diese  freundliche  Haltung  der  Wiener  Regierung  der  Hoffnung  entsprang,  den 
Kurfürsten  ganz  zu  gewinnen,  eine  Hoffnung,  die  um  so  berechtigter  schien, 
als  Friedrich  Wilhelm,  obgleich  persönlich  der  heftigste  Gegner  Schwarzenbergs, 
im  Hinblicke  auf  den  Zustand  seines  Staates,  von  der  Entsetzung  des  verhassten 
Mannes  —  der  die  Österreichische  Partei  am  Berliner  Hofe  vertrat  —  abge- 
standen war.  Allein  bald  genug  trat  der  Gegensatz  der  österreichischen  und 
brandenburgischen  Politik  scharf  und  klar  hervor.  Die  Entscheidung  des  Kur- 
fürsten bezüglich  des  Ortes,  an  dem  die  pommersche  Successionsangelegenheit 
erledigt  werden  sollte  und  seine  Haltung  gegenüber  den  von  Sclnvarzenberg 
bezüglich  der  inneren  Verhältnisse  getroffenen  Verordnungen,  sowie  die  Heran- 
ziehung von  Männern  zu  seinem  Dienste,  die  als  Gegner  des  leitenden  Staats- 
mannes galten,  Hessen  erkennen,  dass  die  ßelassung  Schwarzenbergs  in  Amt 
und  Würden  nicht  zugleich  die  Fortdauer  des  bis  dahin  herrschenden  politischen 
Sistemes  bedeute.  In  überaus  bezeichnender  Weise  betonte  Loben,  der  Principal- 
gesandte  Friedrich  Wilhelms  in  Regensburg  —  wohl  nicht  ohne  dessen  aus- 
drückliche Ermächtigung  — ,  die  Selbständigkeit  seines  Herren,  indem  er  auf 
die  Klagen  des  Reichsvicekanzlers  über  das  verminderte  Vertrauen,  das  der 
Kurfürst  dem  Grafen  Schwarzenberg  schenke,  erwiderte,  .,dass  I.  C.  D.  theils 
dero  Diener,    derer  theils  Ihr  vor  diesem   zuwider  gewesen,  theils  auch  selbst 


')  L  696 if.,  871  ff.    IV.  8Uff. 

■)  Urk.  u.  Act.  I.  697. 

^)  Ebendaselbst. 

')  Urk.  u.  Act.  I.  70.') if. 


g  Killleitung. 

ihren  Abscheid  be.ücliret.  Ix'iirlaiibtcn.  das  ginge  Ihrer  Kay.  May.  nichts  an  und 
würde  verhoffentlicli  liicht  wol  jemand  zu  finden  sein,  die  sich  unterstehen 
wollte,  I.  C.  D.  vorzuschreiben,  wie  Sie  Ihren  Hofstaat  formiren  und  was  Sie 
vor  Leute  im  Dienst  nehmen,  behalten  oder  abdanken  sollten" ').  Und  kurz 
darauf  zeigte  es  sich,  dass  man  diese  Selbständigkeit  nicht  auf  die  "Wahl  der 
Räthe  zu  beschränken  Willens  war.  Denn  die  Versuche  des  Kaisers  und  seiner 
Vertreter  in  Regensburg,  sowie  des  eigens  zu  diesem  Zwecke  nach  Königsberg 
gesendeten  Grafen  Martinitz,  den  Kurfürsten  zur  Wiederaufnahme  des  Kampfes 
gegen  die  Schweden  zu  vermögen  -'),  blieben  ohne  Erfolg.  Friedrich  Wilhelm 
weigerte  sich  auf  das  entschiedenste  mit  den  Schweden  weiter  zu  kämpfen  und 
führte,  aller  Bemühungen  der  Wiener  Regierung  ungeachtet,  die  Idee  der  Her- 
stellung eines  Waffenstillstandes  im  Laufe  des  Jahres  1641  durch.  Zu  gleicher 
Zeit  machte  sich  beim  Kurfürsten  bezüglich  der  Reichsfragen  eine  entscheidende 
Meinungsänderung  bemerkbar.  Bereits  im  April  1641  hatte  er  seinen  Vertretern  in 
Regensburg  seine  Ansicht  in  diesen  Dingen  dahin  eröffnet  „Was  den  Prager  Frie- 
densschluss,  die  Reichsgravamina  und  das  Kaiserl.  Hof  und  Cammergericht  zu 
Speier  betrifft,  halten  Wir  es  avoI  nicht  dafür,  dass  es  beim  Prager  Friedensschluss 
gelassen  werden  könne,  dieweil  eben  darum  und  nicht  um  Pommern,  wie  man 
Uns  einbilden  will,  der  Krieg  eigentlich  geführt  wird;  sondern  es  wird  derselbe 
bei  den  künftigen  Tractaten  wol  in  vielen  geändert  werden  müssen'*).'^  Damit 
war  der  Bruch  mit  der  von  seinem  Vater  vertretenen  Richtung  vollzogen.  Der 
Prager  Friede,  der  die  Unterwerfung  der  Hohenzollern  bedeutet  hatte,  wurde 
von  Friedrich  Wilhelm  nicht  anerkannt;  er  erklärte,  durch  das  Vorgehen  des 
Wiener  Hofes  aller  Verpflichtungen  gegen  denselben  ledig  zu  sein  und  betonte 
scharf  und  klar  seine  Stellung  als  evangelischer  Fürst*).  Aber  noch  in  einem 
anderen  Punkte  traten  die  differirenden  Interessen  des  Kaisers  und  des  Kur- 
fürsten zu  Tage.  Für  Ferdinand  HI.  war  es  von  besonderem  Vortheile  gewesen, 
dass  die  in  den  märkischen  Ländern  lagernden  Truppen  nicht  nur  dem  Kur- 
fürsten von  Brandenburg,  sondern  auch  dem  Kaiser  und  dem  Reiche  den  Eid 
der  Treue  geleistet  hatten.  Um  so  empfindlicher  musste  es  ihn  daher  berühren, 
dass  Friedrich  Wilhelm  auf  das  energischeste  mit  der  Reduction  und  Auflösung 
dieser  Truppen  begann  und  diesem  Doppelverhältnisse  der  Armee  zum  Landes- 
herrn und  zum  Kaiser  ein  Ende  zu  machen  beflissen  war^).  Nach  alle  dem 
konnte  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  dass  der  junge  Fürst  nicht  in  den 
Bahnen  seines  Vaters  zu  wandeln  gewillt,  vielmehr  entschlossen  war,  durch 
geschickte  Benützung  der  Verhältnisse  der  Idee  einer  selbständigen  auf 
Erhaltung  und  Vergrösserung  des  ererbten  Besitzes  gerichteten  Politik  zum 
Siege    zu    verhelfen.     In    diesem   Sinne   sind   denn  auch  alle  Bestrebungen  des 

^)  Ulk.  u.  Act.  I.  720. 

'^)  Vgl.  Droysen  Gesch.  der  preussischen  Politik  III.  22Sf.  Acten  über  diese 
Sendung  des  Grafen  Martinitz  haben  sich  im  Wiener  Archive  nicht  voigefundeu. 

3)  ürk.  u.  Act.  I.  737  f. 

*)  Vgl.  die  bezeichnenden  Stellen  in  des  Kurfürsten  Weisung  vom  2.  Juni  1641. 

Urk.  u.  Act.  I.  745 ff. 

'")  Die  darüber  geführten  Verhandlungen  ürk.  ii.  Act.  I.  739 ff. 


Eiuleitung.  7 

Kiirfürsten  in  den  ersten  8  Jahren  seiner  Regierung  gemeint  gewesen.  Von 
der  Fortsetzung  des  Krieges  erhoffte  er  für  seine  Zwecke  nichts;  daher  sein 
unablässiges  Drängen  auf  Beendigung  desselben.  Niemand  hat,  als  im  Jahre 
KUl  die  Frage  über  Fortführung  oder  Beendigung  des  Krieges  zur  Verhand- 
lung kam.  schärfer  die  Bedenken  gegen  die  Fortdauer  des  Kampfes  klargelegt, 
als  die  Vertreter  Friedrich  Wilhelms.  Sie  behaupteten  —  und  der  Kurfürst 
l)illigte  ihre  Erklärungen  — ,  dass  der  Krieg  kein  gerechter  sei  und  längst  hätte 
l)ecndigt  werden  können ;  sie  wiesen  nach,  dass  zur  Fortsetzung  des  Krieges 
alle  Mittel  fehlten:  dass  daher  unter  allen  Umständen  der  Friede  erwirkt  wer- 
den müsse,  für  dessen  Durchführung  sie  in  erster  Linie  allgemeine  Amnestie, 
Aufhebung  des  Edictes  von  1629,  Erläuterung  des  Religionsfriedens  in  einer 
die  evangelischen  Interessen  berücksichtigenden  Weise,  Abänderung  einiger 
Punkte  des  Prager  Friedens,  Abstellung  der  Gravamina,  Revision  des  Justiz- 
wesens und  die  Beilegung  der  Hauptstreitfragen  bezüglich  der  Reichsverfassung 
forderten^).  Und  als  dann  der  Krieg  von  neuem  ausbrach,  hielt  der  Kurfürst, 
aller  Bemühungen  des  Kaisers  und  dessen  Anhänger  ungeachtet,  die  ihn  zur 
Wiederaufnahme  des  Kampfes  zu  bewegen  suchten,  an  dem  vom  Beginne  der 
Regierung  an  gefassten  Plane  der  strengen  Einhaltung  einer  bewaffneten  Neu- 
tralität fest.  Dieser  Politik  der  Rücksichtsnahme  auf  die  eigenen  Interessen 
'Mitsprach  auch  die  Haltung  des  Kurfürsten  in  der  Frage  der  pommerischen 
Restitution.  Rettung  vor  den  Ansprüchen  der  Schweden  gewährte,  das  wusste 
der  Kurfürst,  weder  Kaiser  noch  Reich.  Nur  das  Eintreten  der  Grossmächte  Eu- 
ropa's,  denen  eine  allzugrosse  Machterweiterung  Schwedens  bedenklich  erscheinen 
musste,  konnte  ihn  retten.  Daher  sein  unablässiges  Drängen  auf  Ueberweisung 
der  pommerischen  Restitutionsfrage  an  den  allgemeinen  Congress,  daher  seine 
Freude  als  dieser  Versuch  von  Erfolg  begleitet,  als  die  Möglichkeit  einer  Eini- 
gung zwischen  Schweden  und  dem  Kaiser  über  die  Geschicke  Pommerns  durch 
das  Eingreifen  der  französischen  Diplomatie  endgiltig  beseitigt  war.  Begreif- 
licher Weise  war  unter  solchen  Verhältnissen,  bei  der  entschiedenen  Weigerung 
Friedrich  Wilhelms  die  Sache  des  Kaisers  zu  fördern,  ihm  zu  Liebe  auf  die 
Durchführung  seiner  verschiedenartigen  Ansprüche  zu  verzichten,  von  einem 
innigen  Verhältnisse  der  beiden  Regierungen  keine  Rede. 

Der  Wiener  Hof  war  über  die  selbständige,  den  Interessen  des  Kaisers 
wenig  Rücksicht  tragende  Politik  des  jungen  Kurfürsten  sehr  entrüstet  und 
wenn  dieser  Missbilligung  nicht  deutlicher  Ausdruck  gegeben  wurde,  so  hatte 
dies  seinen  Grund  lediglich  darin,  dass  man  Friedrich  Wilhelm  durch  ein 
offenes  Bekenntnis  der  Unzufriedenheit  und  durch  ein  schroffes  Ablehnen 
jedes  diplomatischen  Verkehres  mit  demselben  zu  beleidigen  und  ganz 
auf  die  Seite  der  Gegner  zu  drängen  fürchtete,  was  im  Hinblicke  auf  die 
schwierige  Lage  des  Kaisers  unter  allen  Umständen  vermieden  werden  musste. 
Doch  blieb  der  Verkehr  der  beiden  Höfe  bis  zum  Abschluss  des  westphälischen 
Friedens  ein  äusserst  beschränkter.  Von  dauerndem  Aufenthalte  eines  Gesandten  ist 
keine  Rede;    nur  zur  Intervention  bei  besonderen  Gelegenheiten  erscheinen  die 


')     Urk.  u.  Act.  L  7.Ö3. 


3  Einleitung. 

Vertreter  der  einen  oder  der  anderen  Macht  an  den  Nachbarhöfen.  In  diesem 
Sinne  sind  die  Sendungen  von  Loben  und  Kleist  nach  Wien  in  den  Jahren 
1641,  1644  und  1647'),  die  Georgs  von  Plettenberg  nach  Berlin  im  Jahre  1646 
aufzufassen  -) ;  in  diesem  Sinne  auch  die  Sendung  Blumenthals  an  den  Hof 
Friedrich  Wilhelms  im  Jahre  1647. 

Anlass  zu  dieser  Mission  ßlumenthals,  mit  der  die  vorliegende  Publication 
eröffnet  werden  soll,  gab  das  vom  Kaiser  tief  empfundene  Bedürfnis,  einen  Er- 
satz für  die  durch  Baierns  Abfall  erlittene  Schwächung  zu  erlangen  und  der 
Wunsch  noch  einmal  das  Kriegsglück  gegen  Schweden  zu  versuchen.  Maxi- 
milian von  Baiern  hatte  sich  durch  den  mit  Habsburgs  Gegnern  am  14.  März 
1647  zu  Ulm  geschlossenen  Neutralitätsvertrag  verpflichtet  von  jeder  Feind- 
seligkeit gegen  Frankreich  und  Schweden  abzustehen,  jede  Verbindung  mit  dem 
Kaiser  aufzugeben,  eine  Reihe  wichtiger  Plätze  an  die  Schweden  abzutreten^). 
Die  Folgen  von  Baierns  Abfall  zeigten  sich  sogleich.  Wrangel  sammelte  seine 
Truppen  und  setzte  sich  gegen  Böhmen  hin  in  Bewegung.  Man  erwartete  auf 
schwedischer  Seite  keinen  erheblichen  Widerstand  des  Kaisers ;  man  hoffte  den- 
selben leicht  zu  besiegen  und  dann  zur  Unterzeichnung  eines  den  schwedischen 
Interessen  ensprechenden  Friedensvertrages  zu  zwingen.  Selbst  den  Franzosen 
war  die  den  evangelischen  Standpunkt  überaus  scharf  hervorkehrenden  For- 
derungen der  Schweden  nicht  recht.  Umso  lebhafter  machte  sich  am  Wiener 
Hofe  das  Bestreben  geltend,  dieselben  zurückzuweisen.  Der  Kaiser  dachte  ernst- 
lich daran,  noch  einmal  eine  grosse  Action  gegen  Schweden  in  Scene  zu  setzen 
und  entwickelte,  gedrängt  von  der  spanischen  und  jesuitischen  Partei,  eine  un- 
gewöhnliche Energie.  Er  erliess  Avocatorien  an  die  im  baierischen  Dienste 
stehenden  Truppen,  denen  Soldaten  und  Führer  Folge  leisteten,  und  suchte 
Spanien,  Dänemark,  Sachsen,  Braunschweig  und  andere  Mächte  zu  gemeinsamen 
Operationen  zu  vermögen'*).  Auch  Brandenburg  sollte  nun  für  diesen  Plan 
einer  letzten  bewaffneten  Abwehr  der  schwedischen  Angriffe  gewonnen  werden. 
Man  wusste,  dass  gegen  Schluss  des  Jahres  1646  eine  gänzliche  Aenderung 
der  kirrfürstlichen  Politik  stattgefunden,  dass  Friedrich  Wilhelm  den  Gedanken 
fallen  gelassen  hatte,  die  pomraersche  Frage  durch  eine  enge  Verbindung  seines 
Hauses  mit  dem  der  Wasa  zu  lösen  und  jede  Umkehr  durch  seine  Heirath  mit 
der  Tochter  des  Oraniers  unmöglich  gemacht  hatte.  Man  wusste  auch,  wie 
ungern  sich  der  Brandenburger  den  Forderungen  Schwedens  gefügt,  wie  schwer 
Friedrich  Wilhelm  sich  zur  Verzichtleistung  auf  den  grössten  Theil  von  Vor- 
pommern entschlossen,  wie  ernstlich  er  sich  mit  dem  Gedanken  getragen  hatte 
im  Vereine  mit  Dänemark,  Polen  und  den  Staaten  den  Kampf  gegen  die  Schwe- 


')  Urk.  n.  Act.  I.  790,  871  fi'.;  IV.  814  ff.  Für  die  Mission  Kleists  ist  auch  zu 
vergl.  Koch  M.  Gesch.  des  deutschen  Reiches  unter  Ferd.  111.  II.  391  ff. 

-)     Urk.  u.  Act.  I.  475,  u.  a.  0. 

^)  Der  ülmer  Neutralitätsvertrag  Baierns  mit  Frankreich  und  Schweden  ist  ge- 
druckt bei  Condorp  Act.  publ.  VI.  186 ff.  (mit  Schweden).  Meiern  Acta  Pacis  West. 
V.  6  ff.  (mit  Frankreich). 

*)    Vergl.  Koch  M.  1.  c.  II.  2G3ff.;  Dioysen  1.  c.  Uli.  323ff 


Eialeitung.  9 

den  aiifzanelimeii.  Um  so  eher  dachte  man  ihn  jetzt  gegen  das  Versprechen, 
ganz  Pommern  für  ihn  zu  gewinnen,  zur  energischen  Antheilnahme  an  dem 
Unternehmen  gegen  Schweden  zu  vermögen.  Und  keine  geeignetere  Persön- 
lichkeit hätte  man  zu  diesem  Zwecke  auswählen  können,  als  Joachim  Friedrich 
von  Blumenthal,  der  Jahre  lang  dem  Kurfürsten  Georg  "Wilhelm  gedient  hatte, 
l>ei  Friedrich  Wilhelm  in  hohem  Ansehen  stand,  demselben  auch  als  kaiser- 
licher Coramissär  gute  Dienste  geleistet  hatte  und  als  Vasall  des  Kurfürsten 
^on  vorneherein  auf  herzlichen  Empfang  und  vertrauensvolles  Entgegenkommen 
rechnen  durfte ').  Die  im  nachfolgenden  mitgetheilten  Actenstückc  zeigen  den 
Verlauf  der  von  Blumenthal  am  kurfürstlichen  Hofe  gepflogenen  Verhandlungen. 
Dieselben  haben  bekanntlich  zu  keinem  Ergebnisse  geführt;  vornehmlich  dess- 
halb,  weil  Friedrich  Wilhelm,  solange  Baiern  dem  Kaiser  feindlich  gegenüber- 
stand, den  Kampf  gegen  die  Feinde  des  Hauses  Habsburg  aufzunehmen,  für 
allzu  gefährlich  hielt,  später  aber  in  den  sichtbaren  Fortschritten  der  mit  den 
bairischen  Truppen. seit  dem  Herbste  1647  wiedervereinigten  kaiserlichen  Armee 
für  sich  keinen  Vortheil  erblickte  und  überdies  an  der  Aufrichtigkeit  der  kai- 
serlicherseits  gemachten  Anerbietungen  zweifelte.  „Ahn  Kayserlicher  undt  Span- 
nischer seiften,  schrieb  der  Kurfürst  wenige  Monate  vor  der  Ankunft  Blumen- 
thals, Werden  Sie  alles  thun,  Was  ich  begeren  werde ,  daferne  ich  mich  nur  mitt 
Ihnen  coniungiren  W^erde,  aber  es  ist  zu  besorgen  nur  so  lange,  als  Sie  meiner 
Werden  von  notten  haben-)."  Und  er  täuschte  sich  nicht.  Der  Wiener  Hof 
zeigte,  sobald  der  Ausgleich  mit  Baiern  erfolgt  war,  geringe  Neigung,  die  von 
Friedrich  Wilhelm  geforderten  Zugeständnisse  zu  machen ,  zu  denen  in 
erster  Linie  die  Räumung  Hamms,  die  Verschonung  der  Grafschaften  Mark 
und  Ravensberg  mit  Contributionen ,  die  Lösung  der  jülischen  wie  der 
jägerndorfischen  Fragen  gehörten.  Und  dies,  obgleich  Blumenthal  und  der 
wenige  Monate  später  mit  Friedrich  Wilhelm  verhandelnde  kaiserliche  General 
Melander  von  Holzapfel  in  ganz  bestimmter  Weise  für  die  Befriedigung  der 
kurfürstlichen  Forderungen  eintraten,  Avenigstens  soweit  diese  die  Räumung 
Hamms  und  die  Verschonung  der  Grafschaften  Mark  und  Ravensberg  mit  Con- 
tributionen betrafen.  Begreiflich  daher,  dass  Friedrich  Wilhelm  in  seiner  Mei- 
nung von  der  Eigennützigkeit  der  kaiserlichen  Politik  bestärkt  und  bewogen 
wurde,  auch  fernerhin  strenge  auf  die  Einhaltung  der  Neutralität  zu  sehen, 
und  immer  von  neuem  auf  die  Beendigung  des  Krieges  drang.  Der  sehnsüchtig 
erwartete  Friede  kam  endlich  zu  Stande.  Freilich  ein  Universalfriede,  wie  ihn 
der  Kurfürst  gewünscht  hätte,  war  es  nicht.  Frankreich  und  Spanien  blieben 
nach  wie  vor  offene  Feinde  und  die  Verhältnisse  im  Norden,  die  Bewegungen  in 
Schweden  und  Polen  Hessen  den  baldigen  Wiederausbruch  des  Krieges  erwarten. 
Aber  auch  sonst  entsprach  der  Friede  von  1648  nicht  in  jeder  Hinsicht  den 
Wünschen  Friedrich  Wilhelms.  W^enn  er  sich  schweren  Herzens  entschlossen 
hatte,  Rügen,  Vorpommern  nebst  Stettin  an  Schweden  abzutreten,  so  hatte  er 
dies  in  der  Voraussetzung  gethan,   durch  dieses  Opfer  in  gute  Beziehungen  zu 


*)     Ueber  Bhimentbal  verffl.  Deutsche  Biographie  II.  752 f. 
0     Ulk.  u.  Act.  IV.  5.34. 


10  Einleitung. 

der  ihn  bedrohen  den  schwedischen  Militärmacht  zn  treten  nnd  ungehindert  in 
den  Besitz  der  ihm  als  Ersatz  zugewiesenen  Domainen  zu  gelangen.  Nun  war 
aber  auf  dem  Friedenscongresse  die  Grenzregulirung  zwischen  Brandenburg  und 
Schweden  nicht  erfolgt,  vielmehr  die  Austragung  dieser  Angelegenheit  den  bei- 
den Mächten  selbst  überlassen  worden,  deren  gänzlich  differirende  Interessen 
eine  gütliche  Beilegung  des  Streites  nicht  erhoffen  Hessen.  Und  ebenso  wenig 
gelang  die  sofortige  Besitzergreifung  der  dem  Kurfürsten  durch  den  Friedens- 
vertrag zugewiesenen  deutschen  Gebiete.  Auch  hier  traten  die  Schweden  dem 
Kurfürsten  hinderlich  in  den  Weg.  In  Halberstadt  und  Minden  weigerten  sich 
die  schwedischen  Officiere  das  von  ihnen  in  Besitz  genommene  Territorium  zu 
verlassen.  Und  doch  durfte  Friedrich  "Wilhelm  es  nicht  wagen,  den  Schweden 
den  Krieg  zu  erklären,  da  er  bei  der  financiellen  Ohnmacht  seines  Landes  und 
bei  der  oppositionellen  Gesinnung  der  Stände,  die  seine  Schwäche  in  ihrem 
Interesse  zu  benützen  und  vor  allem  jeden  Ansatz  zur  Kräftigung  der  landes- 
herrlichen Gewalt  im  Keime  zu  ersticken  bestrebt  waren,  ausser  Stande  war, 
den  Kampf  gegen  den  überlegenen  Gegner  mit  Erfolg  zu  führen.  Allein  alle 
seine  Vorschläge,  welche  dahin  giengen,  auf  gütlichem  Wege  eine  Einigung  zu 
erzielen,  wurden  von  der  schwedischen  Regierung  zurückgewiesen.  Ewald  von 
Kleist,  der  sich  als  Vertreter  Friedrich  Wilhelms  nach  Stockholm  begeben  hatte, 
kehrte  nach  IV2 jährigem  Aufenthalte  in  der  nordischen  Hauptstadt  ohne  einen 
Erfolg  erzielt  zu  haben ')  im  Februar  1651  nach  Berlin  zurück  und  die  Ver- 
handlungen der  Grenzregulirungscommission  in  Stettin  Hessen  deutlich  erkennen, 
dass  die  SchAveden  nicht  gewillt  waren,  von  ihrem  vermeintlichen  Rechte  um 
Haares  Breite  zu  -weichen.  In  dieser  Lage  gab  es  für  Friedrich  Wilhelm  nur 
eine  Rettung.  Der  Kaiser  allein,  er,  der  nur  der  Noth  gehorchend  den  Frieden 
mit  Schweden  geschlossen  und  dessen  Macht?uwachs  im  nördlichen  Deutschland 
nur  ungern  gesehen  hatte,  konnte  ihn  aus  seiner  Lage  befreien.  Schweden  war 
ja  durch  den  Besitz  von  Vorpommern  Mitstand  des  Reiches  geworden ,  als 
solcher  genöthigt  Rücksicht  auf  die  Wünsche  des  Reichsoberhauptes  zu  nehmen, 
und  das  umsomehr,  als  Christine  mit  Vorpommern  noch  nicht  belehnt  worden 
war  und  es  in  dem  Belieben  des  Kaisers  stand,  der  Königin  die  Belehnung  zu 
versagen  und  ihren  Vertretern  jeden  Antheil  an  den  Berathungen  des  bevor- 
stehenden Reichstages  zu  verweigern,  bis  die  Restitution  von  Hinterpommern 
erfolgt  sei.  Die  Verhandlungen,  die  Friedrich  Wilhelm  in  diesem  Sinne  durch 
Matthias  von  Crockow  seit  dem  Frühjahre  1651  am  Wiener  Hofe  pflegen  Hess, 
sind  im  4.  Bande  der  Urkunden  und  Acten  ausführhch  erörtert  worden-').  Die- 
selben haben  bekanntlich  zu  keinem  Ergebnisse  geführt.  Die  Berechtigung  der 
kurfürstlichen  Forderungen  wurde  zwar  von  dem  Reichshofrathe  anerkannt 
und  die  entsprechenden  Ermahnungsschreiben  an  die  Königin  von  Schweden  ab- 
gelassen, allein  zu  energischen  Massregeln  kam  es  nicht,  vornehmlich  desshalb, 
weil  es  nicht  im  Interesse  des  Wiener  Hofes  lag,  in  diesem  Momente,  wo  der 
Reichstag  vor    der   Thüre  stand,    der   über  die  Stellung  des  Reichsoberhauptes 


')     Für  diese  Verbandlungen  Urk.  u.  Act.  lY.  82'Jif. 
■')     Urk.  u.  Act.  IV.  837 f.:  89011. 


Einleitung.  11 

zu  den  Ständen  die  Entscheidung  Illingen  musste,  mit  dem  schwedischen  Hofe 
um  dieser  poramerschen  Differenz  willen  in  ernstliche  Conflicte  zu  gerathen; 
dann  aber  auch  weil  man  in  Wien  eine  Schwächung  der  kurfürstlichen  Macht 
nicht  ungern  sah.  Anders  freilich  gestalteten  sich  die  Dinge,  als  Ferdinand  III. 
mit  dem  Plane  hervortrat,  seinen  Erstgeborenen  noch  bei  seinen  Lebzeiten 
zum  römischen  König  wählen  zu  lassen.  Die  Durchführung  dieser  Wahl  war 
eine  Sache  von  so  Aveittragender  Bedeutung  und  lag  dem  alternden  Kaiser  so 
am  Herzen,  dass  es  möglich  wurde,  Ferdinand  III.  zu  energischen  Massregeln 
gegen  die  Schweden  zu  vermögen,  und  dies  um  so  mehr,  als  man  am  Wiener 
Hof  sehr  wohl  wusste,  dass  von  der  Zustimmung  Friedrich  Wilhelms  die 
günstige  und  schleunige  Erledigung  der  Wahlsache  abhieng.  In  der  That  haben 
denn  auch  zwischen  Ferdinand  111.  und  Friedrich  Wilhelm  in  Prag,  wohin  der 
Kaiser  Herbst  1652  die  Wähler  zu  einer  Besprechung  berief,  Abmachungen 
stattgefunden,  durch  die  der  Kaiser  sich  dem  Kurfürsten  gegenüber  verpflichtete, 
den  Schweden  weder  die  Belehnung  noch  einen  Indult  für  dieselbe  zu  erthei- 
len,  und  ihnen  solange  Sitz  und  Stimme  auf  dem  Reichstage  zu  verweigern, 
bis  sie  dem  Kurfürsten  den  Besitz  von  Hinterpommern  zugestanden  haben  wür- 
den ').  wogegen  Friedrich  Wilhelm  seine  Zustimmung  zur  Vornahme  der  Wahl 
Ferdinand  IV.  gab-).  '  Das  Eingreifen  des  Kaisers  hatte  den  gewünschten  Erfolg. 
Die  Schweden  mussten  sich  bequemen,  ihre  Zustimmung  zu  einer  die  Interessen 
des  Brandenburgers  berücksichtigenden  Beilegung  der  Grenzregulirnngsstreitig- 
keiten  zu  geben.  Am  16.  Juni  1653  erfolgte  zu  Stettin  die  feierliche  Ueber- 
gabe  von  Hinterpommern  an  die  brandenburgischen  Commissäre;  am  30.  Juni 
die  Eröffnung  des  Reichstages  zu  Regensburg;  einen  Monat  vorher  war  Ferdi- 
nand IV.  zum  römischen  König  gewählt  worden.  Das  gemeinsame,  einträch- 
tige Vorgehen  des  Wiener  und  Berliner  Hofes  in  der  pommerschen  Grenzregu- 
lirungs-  und  in  der  Wahlfrage  erregte  in  der  diplomatischen  Welt  ungeheueres 
Aufsehen.  Sollten  doch  auf  dem  bereits  einberufenen  Reichstage  die  wichtigsten 
Fragen  über  die  Stellung  des  Reichsoberhauptes  zu  dessen  Gliedern  erörtert 
werden.  War  nun  das  Verständnis  der  beiden  Höfe  ein  vollkommenes,  ent- 
schloss  sich  Friedrich  Wilhelm,  mit  der  bisher  verfolgten  Politik  der  freien 
Hand  zu  brechen,  sich  ganz  dem  Kaiserhofe  anzuschliessen  und  dessen  Interesse 
zu  vertreten,  dann  war  für  die  Opposition  nicht  viel  zu  hoffen,  dann  durfte  der 
Wiener  Hof  mit  grosser  Beruhigung  der  Entscheidung  entgegensehen.  In  der 
That  gab  es  Männer  in  der  Umgebung  des  Kurfürsten,  w^elche  den  völligen 
Anschluss  an  den  Kaiser  riethen;  vor  Allen  Blumenthal,  der  AAaeder  in  den 
Dienst  des  Kurfürsten  getreten  und  im  Sinne  einer  Einigung  seiner  beiden 
Herrn  zu  wirken  bestrebt  war.  In  Prag  Avaren  auch  Ansätze  zu  einem  Aus- 
gleiche der  schwebenden  Streitfragen  gemacht  worden;  allein  sobald  die  Wahl- 
und    die    pommersche   Grenzregulirungsfrage  erledigt'  waren,    zeigten    sich    die 


')     Meiern,  Acta  Corait.  Ratisp.  ].  21. 

-)  Acten  über  die  in  Prag  gepflogenen  Berathungen  haben  sich  im  Wiener 
Archive  nicht  vorgefunden:  was  im  4.  Bande  der  Urk.  u.  Act.  0J5fi'.  mitgetheilt  ist, 
reicht  nicht  bin,  um  den  dort  gopflogenen  Berathungen  bis  in's  Einzelnste  zu  folgen. 


12  Einleitung. 

Gegensätze  der  beiderseitigen  Interessen  in  ihrer  vollen  Schärfe.  Die  Be- 
mühungen des  Kurfürsten,  für  Jägerndorf  und  für  die  Breslauer  Schuld  eine 
entsprechende  Entschädigung  zu  erhalten,  blieben  erfolglos,  seine  Intervention 
zu  Gunsten  der  Protestanten  in  den  österreichischen  Erbländern,  sowie  seine 
Bestrebungen,  das  Reichsjustizwesen  in  einer  den  Interessen  der  Evangelischen 
entsprechenden  Weise  zu  reformiren,  fanden  keine  Berücksichtigung,  seine  Oppo- 
sition gegen  die  Geltung  der  Majoritätsbeschlüsse  im  Fürstencollegium  in  Steuer- 
sachen blieb  unerhört.  Immer  deutlicher  zeigte  sich,  dass  zwischen  den  nach 
absoluter  Herrschaft  strebenden  katholischen  Habsburgern  und  den  nach  Selb- 
ständigkeit ringenden  protestantischen  HohenzoUern  eine  schier  unübersetzbare 
Kluft  gähnte.  Insbesondere  am  kurfürstlichen  Hof  brach  sich  diese  Erkennntnis 
immer  mehr  Bahn.  Friedrich  Wilhelm  entschloss  sich,  von  Georg  Friedrich  von 
Waldeck  gedrängt,  zu  einem  entscheidenden  Schritte ;  er  gab  die  Rücksicht,  die  er 
auf  dem  Reichstage  dem  Kaiser  gegenüber  bis  dahin  beobachtet  hatte,  auf,  stellte 
sich  —  in  vielen  Dingen  auch  im  Gegensatze  zu  seinen  Mitkurfürsten  —  an 
die  Spitze  der  fürstlichen  und  protestantischen  Opposition  und  bekannte  sich 
offen  zu  dem  in  erster  Linie  von  Waldeck  betonten  Grundsatze,  dass  die  Zu- 
kunft des  brandenburgischen  Staates  in  einer  der  Verstärkung  der  kaiserlichen 
Macht  entgegengesetzten  Richtung  zu  suchen  sei.  Alle  Bemühungen  der  Wiener 
Regierung  wie  des  Kurfürstencollegiums,  Friedrich  Wilhelm  umzustimmen,  blie- 
ben erfolglos.  Die  Gründung  einer  protestantischen  Partei  unter  Brandenburgs 
Führung  wurde  vollzogen.  Die  Folgen  zeigten  sich  alsbald.  Die  wichtige 
Frage  der  Gleichheit  der  katholischen  und  protestantischen  Stimmen  im  Kur- 
fürstencollegiura,  sowie  jene  über  die  Reichssteuern  wurden  in  einer  die  In- 
teressen der  Protestanten  berücksichtigenden  Weise  geordnet,  bezüglich  anderer 
Dinge  eine  Erledigung  im  Sinne  des  Kaisers  verhindert.  Brandenburgs  Einfluss 
machte  sich  überall  geltend  und  da  derselbe  zu  bedeutend  war,  um  überwunden 
zu  werden,  entschloss  sich  der  Kaiser  zur  Auflösung  des  Reichstages,  die  dann 
auch  trotz  aller  Gegenbemühungen  der  Protestanten,  unter  denen  auch  diesmal 
der  Brandenburger  in  erster  Linie  thätig  war,  am  17.  Mai  1654  erfolgte. 

Die  Beziehungen  des  Wiener  und  Berliner  Hofes  zu  einander  in  den  Jahren 
1648 — 1654  sind  urkundlich  bereits  im  4.  und  6.  Bande  der  „Urkunden  und  Acten'^ 
dargelegt  worden ').  Aus  den  Beständen  des  Wiener  Archives  sind  für  diese 
Zeit  nur  wenige  Ergänzungen  möglich  gewesen.  Dieselben  betreffen  die  Haltung 
des  Wiener  Hofes  während  des  brandenburg-pfälzischen  Conflictes  im  Jahre  1651 
und  die  in  den  Jahren  1652  und  1653  in  der  jägerndorfischen  Frage  gepflogenen 
Berathungen. 

Bezüglich  der  ersteren  Frage  sei  bemerkt,  dass  ich  mich,  mit  Rücksicht  auf 
die  zahlreichen  bereits  publicirten  Actenstücke^),  auf  die  Wiedergabe  der  Con- 
ferenzprotocolle  der  Wiener  Regierung  und  auf  Auszüge  aus  den  Berichten 
Hatzfeld's  und  Anethan's,  die  zur  Schlichtung  des  Conflictes  an  die  Höfe  der 
beiden    streitenden  Fürsten    gesendet  wurden,   beschränkt  habe.     Was  sich  an 


')     IV.  8!)()ff. :  VI.  Iff,  139fl". 

-)     ürk.  w.  .\cr.  VL  lOff.;   V.  -iOoff.:  III.  (ifS: 


Einleitung.  _  13 

angedruckter  Correspondenz  zwischen  dem  Kaiser  und  dem  Kurfürsten  aus 
dieser  Zeit  vorfand,  ist  von  keiner  Bedeutung  und  durfte,  soweit  es  in  den 
Noten  keine  Verwendung  fand,  wie  ich  denke,  füglich  bei  Seite  gelassen  wer- 
den. Eine  Aenderung  der  bisherigen  Auffassung  von  der  Haltung  des  "Wiener 
Hofes  in  diesem  brandenburg- pfälzischen  Conflicte  werden  die  im  Folgenden 
mitgetheilten  Conferenzprotocolle  nicht  bewirken.  Sie  erhärten  vielmehr  die 
bereits,  bekannte  Thatsache,  dass  die  Sympathien  der  Wiener  Regierung  auf 
Seite  des  Neuburgers  standen,  dass  es  derselben  aber  in  erster  Linie  doch  um 
die  möglichst  baldige  Beilegung  dieses  den  österreichischen  Interessen  durchaus 
abträglichen  Conflictes  zu  thun  war.  Die  Auszüge  aus  den  Berichten  der  kai- 
serlichen Commissäre  Hatzfeld  und  Anethan  dürften  eine  erwünschte  Ergän- 
zung der  von  Monier  „Märkische  Kriegsoberste"  333ff.  gegebenen  Auszüge  aus 
dem  Berliner  Archive  bieten. 


L    Mission  Blumenthals. 

Der  Jülich-clevische  Streit. 

Die  Jägerndorfer  Streitfrage.     1640 — 1654. 

Mission  Joachim   Friedrichs  von  Bkniienthal. 


Instruction  für  Bkuufenthal.     Hauptquartier  zu  Pilsen 
19.  August  1647.     Conc. 

[Nothwendigkeit  eines  gemeinsamen  Vorgehens.     Bitte  um  ünterstütziiug.] 

19.  Auo-.  Es    ist    dem    Blumentlial    bekannt,    dass    Baiern   mit   des  Kaisers  und  des 

Reiches  Feinden  einen  höchst  präiudicirlichen  Waffenstillstand  geschlossen  ^)  und 
dadurch  den  Kaiser  genöthigt  hat,  die  den  Baiern  anvertraute  Reichsarmee  an 
sich  zu  ziehen.  Blumenthal  soll  nun  dem  Kurfürsten,  dem  der  Kaiser  traut,  den 
gefährlichen  Zustand  des  Reiches  vorhalten,  „und  dass  von  beeden  Kronen 
Frankreich  und  Schweden  ohne  bessere  Zusammenset/.ung  der  Stände 
des  Reichs  unter  sich  selbst  und  ihrer  mit  uns.  als  dem  rechtmässigen 
Oberhaupt,  kein  rechter  Frieden  durch  gütliche  Tractaten  nimmermehr 
zu  hoffen  oder  zu  erlangen,  sondern  das  Reich  endlicii  zu  Grund  und 
Boden  gehen  und  in  fremder  Völker  Dominat  und  Dienstbarkeit  zu  un- 
auslöschlichem Spott  der  deutschen  Nation,  unsers  lieben  Vaterlands  ge- 
rathen  müsste,  wohl  repräsentiren;  auch  I.  Ld.  darauf  ersuchen  und  er- 
mahnen, dass  sie  in  Betrachtung  dessen  allen  und  was  ihr  und  iinem 
Hause  darüber   für  VcM-Just   und  Schaden    kann    erfolgen   und    bereits  er- 


')  Geraeint  ist  der  kurbaierisciie  Neutralitätsvertrag  mit  Frankreich  und  Schwe- 
den d.  d.  14.  ilärz  1G47.  Gedruckt  u.  a.  Du  Mont.  Corps  universel  diplomatique 
du  droit  des  gens  VI.  i.  377fF.  Vergl.  auch  Urk.  u.  Act.  IV.  322.  Droysea  Gesch. 
der  preuss.  Pol.  III.  317.     Koch  il.  Gesch.  P^erd.  III.  Bd.  II.  282 f. 


liluuieiitlials  Instruction.     Des  Kurfürsten  Gesinnung.  15 

folgt  ist,  sich  mit  uns  und  anderen  treuen  Chur-  und  Fürsten  recht  zu- 
sammensetzen, uns  mit  ihren  noch  bei  Händen  habenden  Kräften  wirk- 
lich unter  die  Arm  greifen  und  sich  daran  keine  widrige  impressiones, 
als  wann  es  ihrer  Religion  und  Libertet  zu  Schaden  reichen  würde, 
nichts  irren  lassen." 

Blumenthal  soll  trachten,  eine  baldige,    günstige  Erklärung  des  Kurfürsten 
zu  erwirken'). 


Blumenthal  an  den  Kaiser.   Dat.  Cleve  20.  Sept.  1647 -).   (Aut.) 

[Wicqueforts  Verbandlungen   mit   dein  Kurfürsten   wegen  üeberlassung  brandenburgi- 
scher   Truppen    an   Frankreich.     Bemühungen   Blumenthals    das   zu   verhindern.     Des 
Kurfürsten   Erklärungen  über  Baiern.     Unterredung  Blumeuthals   mit   der  Princessin 
von  Oranien.     Des  Kurfürsten  Gesinnung.] 

Vohr  3  tagen  ist  einer  Ficfort")  genandt  per  posta  von  paris  alhier -20.  Sept. 
eingelanget,  der  sollicitiret  die  Überlassung  der  Churbrandeburgischer 
Völcker  gegen  einer  nahmhaften  summa  geldes^).  Ich  habe  Ihrer  Chur- 
fürstl.  D.  gehorsambst  angezaigt,  wie  sogahr  eigentlich  hierauss  zu  sehen 
wehre,  das  franckreich  keinen  frieden  begehrete,  sondern  vielmehr  allen 
Churfürsten  die  noch  wehnige  defensiousmittel  aus  den  Henden  Spilen 
wolte;  mit  uuterthänigster  bitte  ihn  abzuweisen;  So  auch  ganz  gewiss 
geschehen  wirdt.  Dieser  Mensch  gibt  vohr,  dass  Chur-Bayern  ganz  nicht 
wider  die  Schweden  derweniger  franckreich  gehen,  Sondern  die  dritte 
partei  in  Reich  stabiliren  undt  dadurch  den  frieden  befördern  würde. 
So  viel  alss  ich  vernehme,  so  wirdt  man  mihr  hier  keine  resolufionen 
geben,  ehe  der  abgesandter  von  Clest^)  wider  angelanget  ist,  oder  ge- 
schrieben hatt,  wes  er  vohr  hoffnung  habe  zu  seiner  expedition.      Dieser 

')  Das  Creditif  für  Blumenthal  ist  datirt  Pilsen  19.  Aug.  1647,  angeführt  in 
Urk.  u.  Act.  IV.  fi05. 

-)  In  einem  Schreiben  d.  d.  Cleve  14.  Sept.  1647  meldet  Blumenthal  seine  An- 
kunft in  Cleve  und  den  freundlichen  Empfang,  der  ihm  seitens  des  Kurfürsten  zu 
Tbeil  wurde. 

■')  Abraham  de  Wicquefort,  diplomatischer  Agent;  vergl.  über  ihn  Urk.  n.  Act. 
I.  612;  II.  Stf.;  Droysen,  Zur  Quellenkritik  der  deutschen  Geschichte  des  17.  Jahrb.; 
Forsch,  zur  deutsch.  Gesch.  IV.  24 ff.;  über  seine  Thätigkeit  in  dieser  Zeit  Urk.  u. 
Act.  I.  657 ff.;  Puf.  De  rebus  gestis  Fr.  W.  III.  20:  Droysen  1.  c.  III.  323. 

*)  Ueber  die  wirklichen  Absichten  Frankreichs  vergl.  Urk.  u.  Act.  I.  664  ff. ; 
IV.  772 ff.;  Droysen  1.  c.  III.  323. 

")  Ewald  von  Kleist;  vergl.  über  ihn  Klaproth,  Staatsrath  354;  über  seine 
Sendung  nach  Prag  1647—1648  Urk.  u.  Act.  IV.  814 ff.  Es  handelte  sich  vornebm- 
licii  um  die  Räumung  der  von  den  kaiserlichen  Truppen  besetzten  Festung  Hamm 
in  der  Grafschaft  Mark, 


16  I.    Mission  Hltimenthals  etc. 

von  pariss  ankomineiier  Mensch  gibt  vohr,  das  fraückreich  nicht  davohr 
halte,  das  friede  zu  Münster  werden  könne,  den  die  Schweden  wehren 
zu  mächtig  in  Reich.  Es  müsse  eine  (hütte  partei  in  Reich  gemacht 
werden,  dieselbe  aber  müsse  ganz  nichts  gemeines  mit  E.  Mayst.  undt 
dero  hauss  haben,  sondern  allein  den  frieden  begehren.  Ich  habe  Ihre 
Churf.  D.,  welche  doch  auch  ohne  dem  es  gnugsamb  mercken,  dajegen 
vorgestellet,  das  hierauss  gnugsamb  zu  sehen  wehre,  das  franckreich 
undt  Schweden  sich  mit  einander  wolverstanden  undt  hiedurch  allein 
continuation  des  kriges  undt  Separation  der  Stende  von  E.  Kays.  Mayst. 
sucheten.  Ihre  Churf.  D.  geben  Chur-Bayern  zum  hohesten  unrechten  undt 
halten,  das  dero  Völcker  niemandes  als  E.  Kays.  Mayst.  undt  des  Reichs 
waft'en  sein,  wollen  aber  davohr  halten,  dass  Chur-Bayern  sich  baldt 
eines  bessern  erkleren  werde').  Die  alte  princessin  von  Uranien  ist  noch 
hier'"*).  Mit  derselben  habe  ich  lezt  lange  discuriret  undt  meinet  dieselbe 
das  ohne   vorhehrgehende  Zusammensezung  der   Stende  kein  friede  von 

Schweden   werde    zu    hoffen    sein Das    gemüht    undt  herz   Ihrer 

Churf.  D.  und  derselben  intention  gegen  E.  Kays.  Mayst.  finde  ich  gewiss 
guht;  aber  es  wirdt  das  werk  an  ihn  selber  derselben  von  teils  der 
Berlinischen  Rehten  sehr  Schwehr  undt  gefehrlich  vohrgestellet  undt 
gerahten  sich  passive  zu  halten.  Ihre  Churf.  D.  beklagen  zum  hohesten, 
das  Sie  so  von  mittein  entblosset  sein,  w'ehren  Sonsten  gewillet  sich  zu 
bemühen,  von  den  drei  Statischen  Regimentern,  so  abgedanckt  sollen 
werden,  etliche  Compagnien  undt  wo  müglich  2  Regimenter  werben 
undt  richten  zu  lassen^). 


Conferenzprotocoll.     Dat.  Prag  23.  Sept.  1647.     Conc. 

[Kleists  Anerbietungen.     Verhandlungen  mit  demselben.] 

23.  Sept.  Blumenthals  Bericht  vom  20.  Sept.  wird  verlesen.     Zugleich  wird  gemeldet, 

dass  Kleist  angekommen  und  wegen  Hamm  Erklärung  verlangt  ■*);  „nachgehends 


')  In  der  That  hatte  Kurfürst  Maximilian  von  Baiern  bereits  am  7.  Sept.  1647 
mit  dem  Kaiser  den  Pilsner  Vertrag  geschlossen,  durch  den  er  von  dem  ülmer  Neu- 
tralitätsvertrage zurücktrat;  gedruckt  u.  a.  bei  Du  Mont.  I.e.  VI.  i  399f. :  vergl.  Urk. 
u.  Act.  IV.  588;  Koch  1.  c.  II.  310ff. 

-)     Amalie  von  Solms. 

•')  Dieser  Bericht  ist  benutzt,  und  zum  Theile  widergegeben  bei  Koch  1.  c. 
II.  377. 

•*)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  IV.  814f.  In  einem  Schreiben  vom  17.  Juli  1647  hatte 
Erzherzog  Leopold  Wilhelm  dem  Kaiser  Mittheilung  gemacht,  dass  Friedrich  Wil- 
helm   mit    Rücksicht    auf   die  ihm   zugegangenen    Nachrichten    von   den   Plänen  der 


Verbandlungen  mit  Kleist.  17 

soweit  herausgegangen,  dass  seinen  gnädigsten  Churfürsten  und  Herren 
ganz  beschwerlich  fallen  thäte,  dass  sich  die  Schweden  des  völligen  do- 
minii  des  baltischen  Meers  zu  unterfangen  im  Sinn  hätten  und  zu 
dessen  Behuf  auch  in  terra  continenti  Mechelburg,  Pommern,  auch  die 
preussische  Länder,  ohne  welche  sie  dasselbe  nicht  behaupten  könnten, 
vermittels  der  Waffen  unter  ihr  Joch  zu  bringen  gedächten;  mit  dem 
vertraulichen  Andeuten,  dass  da  E.  K.  M.  derselben  mit  dero  Hilf  und 
Assistenz  beispringen  wollten,  so  wären  auf  solchen  Fall  I.  Ch.  I).  auch 
erbietig  sich  in  eine  Verfassung  zu  stellen  und  auf  etlich  tausend  Mann 
auszurüsten;  das  müsste  aber  in  solcher  Geheim  gehalten  werden,  dass 
die  Schweden  das  geringste  nicht  davon,  eher  Knall  und  Fall  zugleich 
abgienge,  vermerken  könnten;  dann  die  Schweden  hätten  gleichsam  itzo 
das  ius  vitae  et  necis  über  sie  und  wann  mau  vor  der  Zeit  damit  aus- 
brechen thäte,  würden  sie  nicht  allein  ein  Bein  darüber  zerfallen,  son- 
dern auch  gar  den  Hals  zerbrechen;  sie  müssten  auch  desswegen  viel 
dissimuliren  und  sich  anders  gegen  sie,  als  ihnen  ums  Herz  wäre,  er- 
zeigen, welches  Gebhard ')  ad  referendum  angenommen."'  Die  Räthe  be- 
scliliessen  dem  Kaiser  die  Billigung  von  Blumenthals  Vorgehen  und  die  Auf- 
forderung an  den  Kurfürsten  zu  empfehlen,  wie  Baiem  für  die  Erlangung  des 
Friedens  zu  arbeiten.  Mit  Kleist  aber  soll  mündlich  verhandelt  und  getrachtet 
werden,  genau  zu  erfahren,  was  der  Kurfürst  wilP). 


Blumenthal  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  24.  Sept.  1647.     (Or.) 

[Verhandlungen  Blumenthals  mit  den  kurfürstlichen  Käthen.  Erklärungen  der  Räthe: 
Stellung  Baierns;  Brandenburgs  Haltung  in  der  Friedensfrage;  ünzweckmässigkeit 
einer  Conjunction  der  kurfürstlichen  mit  den  kaiserlichen  Truppen;  Nothwendigkeit 
der  Unterstützung  des  Kurfürsten  durch  den  Kaiser.  Erwiderung  Blumenthals  be- 
züglich Baierns,  der  Friedensfrage,  der  Religionsangelegenheit,  der  Braunschweiger 
Fürsten  und  Pommerns.     Nothwendigkeit  gemeinsamen  Vorgehens.     P.  S.     Abdankung 

staatischer  Truppen.] 

Vor   dreien    Tagen  hat  I.  Ch.  D.  Oberkämmerer,  der    von  Borgss-  24.  Sept. 
dorff^),    mich   ersuchen  lassen,    zu    ihme  in   sein   Zimmer   zu   kommen, 

Schweden  -vom  Kaiser  die  Abberufung  seiner  Truppen  aus  Hamm  und  Ersetzung 
derselben  durch  die  des  Kurfürsten  und  die  Neutralitätserklärung  für  diese  in  der 
Mark  gelegene  Stadt  wünsche.  Der  Erzherzog  empfiehlt  dieses  Begehren  dem  Kaiser 
in  diesem,  wie  in  einem  zweiten  Schreiben  vom  7.  Sept.  1647. 

')     Justus  von  Gebhard;  Reichshofrath. 

-)     üeber  die  Verhandlungen  mit  Kleist;  Urk.  u.  Act.  IV.  81 5f. 

")  Conrad  v.  Burgsdorf;  Tcrgl.  Deutsche  Biographie  III.  61.5  ff.  (B.  Erdmanns- 
dörffer.) 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV.  2 


lg  I.    Mission  Blutnenthals  etc. 

dann  er  und  andere  geheime  Räte  über  meine  gethane  Proposition 
sich  erstlich  gern  unter  sich  eines  Gewissen  unterreden,  und  dann  ihre 
Gedanken  P.  Ch.  D.  unterthänigst  zu  erkennen  geben  wollten:  Als 
ich  nun  erschien,  funde  ich  vor  mir  ietztgemelten  den  von  Borgssdorff, 
den  neuen  Präsidenten  Hörn')  und  Doctor  Seideln'),  und  fieng  der  von 
Borgssdorff  an,  einen  langen  Discours  zu  machen  von  P.  Ch.  D.  guten 
Intention  und  Devotion  gegen  E.  K.  M.,  vornehmlich  aber  bestund 
die  Proposition  in  diesen  dreien  folgenden  Puncten:  1.  Ob  P.  Ch.  1). 
in  Bayern  actiones  auch  so  gemeinet  sein  möchten,  wie  I.  K.  M.  es 
darfürhielten.  2.  :  Ob  zu  hoffen  wäre  durch  neue  Handlung  aus  den 
Sachen  zu  kommen,  oder  was  man  widerigen  falls  zu  thun  hätte.  3.  Ob 
E"".  K.  M.,  dem  Reich  und  Ch.  D.  zu  Brandenburg  dienete,  dass  sie 
jetzt,  da  sie  noch  in  keiner  gnugsamer  Verfassung  wären,  das  wenige 
Volk,  so  sie  auf  den  Beinen  hätten,  E.  K.  M.  untergeben  und  dar- 
durch  ohne  Nutz,  zu  Schaden  des  Reichs  ihre  Lande  in  Gefahr  des  Ver- 
lustes setzen  sollte,  : 

AVas  das  Erste  anlangete,  da  könnten  I.  Ch.  D.  nicht  eigentlich 
wissen,  ob  es  auch  Chur  Bayern  Ernst  sei,  sich  gegen  E.  K.  M.  zu 
setzen,  vielleicht  möchte  ihr  Wesen  und  Vorhaben  E.  K.  M.  und  dem 
Reich  nützlich  sein:  vermöchten  nicht  wohl  zu  glauben,  dass  Chur- 
Bayern,  wie  die  Worte  lauteten,  gleichsam  so  gottlos  sein  sollte,  und 
E.  K.  M.  Haus,  welches  ihro  so  nahe  anverwandt  wäre,  und  von  deme 
er  vor  vielen  anderen  so  stattliche  Begnadigungen  und  Beistand  genossen 
hätte,  auf  diese  Weise  zu  verlassen:  und  möchte  der  weitere  Verfolg 
der  Sachen  noch  wohl  in  eifectu  weisen,  dass  E.  K.  M.  ihre  Treue  würk- 
lich  sehen  und  deroselben  darfür  zu  danken  hätten.  W^idrigenfalls  aber, 
und  da  P.  Ch.  D.  intentiones  also  sein  sollten,  wie  E.  K.  M.  es  be- 
sorgeten,  so  würden  sowohl  E.  K.  M.  als  anderer  getreuer  Churfürsten 
und  Stände  insgesammt  und  eines  jeden  absonderlicher  fernerer  Er- 
innerung von  Nöten  sein,  und  würden  I.  Ch.  D.  dem  Werk  weiter  nach- 
sinnen. !:  2.  Wären  I.  Ch.  D.  mit  E.  K.  M.  Meinung  auch  in  so  weit 
einig,  dass  schwerlich  in  der  Güte  aus  diesem  Werk  würde  zu  kommen 
sein,  I.  D.  hätten  nun  eine  lange  Zeit  ihr  einziges  Absehen  auf 
innerliche  Verständnus  und  gute  Einigkeit  der  Stände  unter  sich  selbst 
und  mit  E.  K.  M.  gehabt.  :  I.  Ch.  D.  hätten  jüngst  die  Schweden 
und    Stände    erinnert    den   Frieden    anzunehmen,    das    würden   sie   auch 


')     Philipp  Hörn:  brandenburgisciier  geheimer  Rath;  Klaproth  I.e.  352. 
-)     Erasmiis  Seidel;  Klaproth  I.  c.  344f. 


Die  Tereiniffun?  der  kurfürstlichen  Truppen  mit  denen  des  Kaisers.  19 

gerne  weiter  thun,  wann  nur  E.  K.  M.  wegen  der  Religion  sich  noch 
in  etwas  überwinden  und  darein  den  klagenden  Ständen  Satisfaction 
geben  könnten.  Sie  vor  ihre  Person  und  Lande  hätten  ganz  nicht  7a\ 
klagen,  gestünden  auch  gerne,  dass  von  E.  K.  M.  viel  geschehen  und 
nachgegeben  worden;  rieten  dieses  alles  zu  dem  Ende,  damit  sie  mit  so 
mehrern  Fundament  hinfüro  weiters  den  Schweden  und  Ständen  zureden 
könnten.  Nach  diesem  hielten  sie  darfür,  j:  dass  dasjenige,  so  E.  K. 
j\I.  Chur-Brandenburg  hätte  vortragen  lassen,  auch  den  Herzogen  zu 
Braunschweig  und  Lünenburg  und  den  evangelischen  Ständen  wäre  zu  er- 
kennen zu  geben,  entweder  vermittels  einer  gleichmässigen  Abschickung 
an  dieselbe,  oder  dass  E.  K.  M.  solches  Chur-Brandenburg  leichtlich 
Gefahr  causiren  können  (sie),  dann  dieser  beeder  Häuser  Räthe  wären 
theils  ganz  schwedisch  gesinnet.  :| 

Sonsten  hätten  I.  Ch.  D.  in  diesen  und  andern  das  ihrige  ge- 
than,  und  würden  E.  K.  M.  dasselbe,  wann  sie  nur  den  Zustand  des 
Anfangs  ihrer  angetretener  Regierung  gedächten,  befinden.  Bei  den 
Tractaten  hätten  I.  Ch.  D.  den  Schweden  zu  ihrer  Satisfaction 
nimmer  E.  K.  M.  Lande  vorgeschlagen,  sondern  wären  vielmehr  dar- 
wider  gewesen'),  hergegen  käme  der  Grues  (wie  die  Worte  lauteten) 
dass  die  Schweden  Pommern  haben  sollten,  von  E.  K.  M.  alleine  her. 

|:  Dass  Drittens  Ch,  D.  zu  Brandenburg  w'ürkliche  Coniunction 
mit  E.  K.  M.  mehr  schädlich  als  nützlich,  wäre  leicht  zu  begreifen, 
dann  erstlich  wären  L  Ch.  D.  in  keiner  gnugsamer  Verfassung,  beides 
ihre  Land  zu  conserviren  und  dem  Reich  zu  dienen;  die  Schweden 
könnten  allemahl,  wann  sie  wollten  den  Strick  zuziehen,  L  Ch.  D. 
das  Garaus  machen,  insonderheit  jetzo,  da  L  D.  aus  ihren  Landen 
wären,  :  j  E.  K,  M.  hätten  für  diesem  dreissig  und  mehr  Tausend 
Mann  darein  gehabt,  die  hätten  nichts  ausgerichtet,  als  wüste  Städte 
und  Dörfer  gemachet,  und  hätten  doch  endlich  wider  daraus  gemusst; 
jetzund  würden  j:  die  Schweden,  wie  sie  oftmahls  zu  thuen  gedrohet 
hätten,  eine  liefländische  Mauer  um  Pommern  machen  und  die  ganze 
Chur-Brandenburg  bis  an  die^)  ...,  See  abbrennen,  dies  Preussen  wür- 
den sie  L  Ch.  D.  als  warnach  sie  lang  getrachtet  hätten,  in  eine  ge- 
fährliche masquerada  bringen;  wann  aber  die  Güte  bei  den  Fremden 
nit    helfen    wollte,    so    müssteu    Ch.  D.    vor  allem    sich    erst    in    aller 


')     Für    Brandenburgs    Haltung    bei    den   westphälischen    Friedensverhandlungen 
Urk.  u.  Act.  IT.  34.3 ff. 
■')     Ein  Wort  fehlt. 


20  I.    Mission  Blumenthals  etc. 

Still  in  Verfassung  setzon.  wären  dasselbe  auch  zu  tbueu  Willens,  hätten 
zu  dem  End  von  E.  K.  M.  den  Hamm  und  die  contributiones  bei  den 
Grafschaften  Mark  und  Ravensberg  gebeten,  dardurch  würden  sie  etwas 
considerabel,  wären  aber  nit  erklecklich,  sondern  man  würde  wissen 
müssen,  woher  mehr  Assistenz  kommen  sollte;  E.  K.  M.  müssten  etwas 
durch  die  finger  sehen,  helfen  deroselben  auf  die  Beine,  alsdann  könnten 
sie  mit  besseren  Respect  reden  :|;  ausser  deme  möchten  die  Fremden, 
als  deren  Macht  wegen  der  vielen  besetzten  Städte  und  vielen  Anhangs 
gross  wäre,  E.  K.  M.  Macht  Überwegen.  Von  ]:  denenselben  wären  I. 
Ch.  D.  :|  zwar  nicht  directe,  sondern  durch  die  zehende  Hand,  diese 
und  dergleichen  j:  Hilfsmittel  weit  mehr  vorgeschlagen,  um  sich  consi- 
derabel zu  machen,  warzu  mau  aber  bis  hierzu  kein  :;  Gehör  geben 
wollen.  Und  dieses  wären  also  über  die  drei  Puncten  ihre  Gedanken; 
hielten  darfür,  E.  K.  M.  würden  ihr  dieselben  nicht  zuwider  sein  lassen, 
und  begehreten  also,  ich  möchte  ihm  doch  hierunter,  was  ich  meinete, 
dass  E.  K.  M.  Intention,  und  T.  Ch.  D.  und  dero  Landen  Bestes  sein 
würde,  Bericht  geben,  und  zwar  nicht  allein  |:  als  E.  K.  M.  Rath  und 
Diener,  sondern  auch  wie  I.  Ch.  D.  Lehenmann  und  Vasallus  :|,  aller- 
massen  sie  denn  das  gänzliche  Vertrauen  zu  mir  hätten,  dass  deroselben 
ich  in  diesem  schweren  Werk  also  rathen  würde,  wie  ichs  gegen  Gott 
und  derselben  würde  zu  verantworten  haben.  Ich  habe  mich  erstlich 
dieser  gnädigsten  Confidenz  untertänigst  bedanket,  mit  dem  Vermelden, 
dass  ich  mit  Gott  bezeugen  wollte,  dass  mit  derjenigen  Proposition,  so 
Namens  E.  K.  M.  von  mir  wäre  abgeleget  worden,  mein  ganzes  Herz 
und  Gemüth,  und  nicht  allein  als  E.  K.  M.  Diener,  sondern  auch  wie 
P.  Ch.  D.  Unterthan  übereinstimmete,  und  weilen  sie  drei  capita  ge- 
machet hätten,  so  wollte  ich  auch  ordine  auf  dieselben  antworten. 

So  viel  nun  das  Erste  belangete,  so  wäre  nöthig  zu  wissen,  dass 
zu  der  Zeit,  als  E.  K.  M.  diese  Briefwechseluug  mit  I.  Ch.  D.  in 
Bayern  gepflogen,  sie  nicht  anders  hätten  schliessen  können,  als  dass 
P.  Ch.  D.  actiones  E.  K.  M.  und  dem  Reich  vor  hochschädlich  und 
sehr  nachtheilig  zu  achten  wären,  in  Betrachtung,  dass  dieselbe  sich 
mit  allen  ihren  Völkern,  so  doch  E.  K.  M.  und  dem  Reich  allein  zu- 
ständig wären,  ganz  und  zumahl  bis  zu  erfolgenden  Frieden  in  der  ganzen 
Christenheit  (wie  die  Worte  lauteten,  welches  vielleicht  zu  ewigen  Zeiten 
nicht  geschehen  möchte)  separirt  hätten,  verschiedene  vornehme  Reichs- 
Städte,  so  ihr  allein  zu  besetzen  wären  anvertrauet  worden,  ohne  alle 
Noth,    und    freisvillig    dem    Feind    übergeben   und   reciproce   neutral  ge- 


Bitte  des  Kurfürsten  um   Unterst iitzuiiof.     Erwiderung  Blumentlials.  21 

machet:  E.  K.  M.  Völkern  den  Pass  durch  ihre  Lande  versaget,  hergegen 
dem  Feinde  solchen  vergönnet,  und  was  dergleichen  mehr  vorgegangen 
wäre.  Nachdem  nun  E.  K.  M.  hiergegen  dasjenige  zu  thun  wären  ge- 
uöthiget  worden,  w-as  sie  vermöge  ihrer  kaiserl.  Authoritet  und  tragen- 
den Amts  thun  müssen;  als  hätten  sie  P.  Ch.  D.  hiervon  zu  dem 
Ende  ausführlichen  Bericht  zu  geben  nöthig  befunden,  damit  sie  dero 
friedliebendes  Gemüth,  und  dass  dennoch  I.  K.  M.  nichts,  als  worzu  sie 
befugt  wären,  gethan  hätten,  erkennen  könnten,  und  keinen  widrigen 
oder  ungleichen  Bericht,  so  P.  Ch.  D.  sowohl  wiegen  P.  K.  M.  starker 
Verfassung,  als  den  ausgegangenen  Patenten  geschehen  möchte,  Statt 
oder  Glauben  zu  geben  hätten.  Im  Fall  aber  L  Ch.  D.  solche  gute 
Gedanken  bei  Aufrichtung  solches  armistitii  gehabt  hätten,  so  wäre 
nicht  zu  zweifeien,  sie  würden  dasselbe  mit  und  neben  P.  K.  M.  ge- 
schlossen, oder  wenigst  derselben  einige  Nachricht  von  ihrer  Intention, 
welches  doch  nicht  geschehen,  gegeben  haben,  und  wären  meines  Ermessens 
dieses  nur  der  fremden  Kronen  Griffe,  die  dieses  also  auslegeten,  da- 
mit sie  die  andern  Churfürsten  und  Stände  so  viel  mehr  von  E.  K.  M. 
separiren  und  an  sich  behalten  möchten. 

Zwarten  würden  diese  angezogene  Ursachen,  als  die  nahe  Anver- 
wantnus^)  und  die  empfangene  stattliche  Gnaden  und  Assistentien 
von  mir  vermüglich  genug  geachtet,  dass  L  Ch.  D.  dardurch  hätten 
können  und  sollen  bewogen  bleiben,  bei  E.  K.  M.  zu  halten,  aber  ihr 
wäre  dagegen  bekannt,  wie  unglücklich  E.  K.  M.  und  dero  Haus  hierin- 
nen wäre,  dass  theils  hohe  Häuser,  so  fast  nichts  in  der  Welt  hätten» 
als  was  dero  Voreltern  von  denenselben  erhalten,  sogar  auf  ihr  Parti- 
culier  und  sich  Selbsten  sehen,  dass  allein  dahero  und  aus  Furcht  in 
ihrem  Particulierstatu  Schaden  zu  leiden,  sich  aller  schuldiger  Assistenz 
und  Beihülfe  entzögen. 

Sonsten  wäre  ich  auch  nun  schon  bei  zwo  Wochen  und  zwar  aus 
München  selbst,  vertraulich  berichtet  worden,  als  ob  L  Ch.  D.  sich 
wieder  in  ganz  Kurzem  zu  E.  K.  M.  wenden  und  gegen  die  fremden 
Kronen  operiren  würden^),  und  möchte  dasselbe  so  viel  ehender  seine 
Richtigkeit  erlangen,  wann  L  Ch.  D.  darzu  von  andern  ihren  col- 
legis  erinnert  würden,  und  könnte  solches  L  Ch.  D.  Andeuten  nach 
collegialiter  oder  absonderlich   am   allerehesten   oder  alsdann  geschehen. 


')     Kurfürst  Maximilian  war    in    zweiter  Ehe  mit  Maria   Anna,    Tochter  Kaiser 
Ferdinand  IL;    Ferdinand  II.  mit  Maximilians  Schwester  Marie  Anna  vermählt. 
^)     War  durch  den  Vertrag  von  Pilsen  bereits  geschehen. 


22  I-    Mission  Blumenthals  etc. 

wann  sie  sehen  würden,  dass  andere  Chur-  und  Fürsten  sich  nach  Müg- 
ligkeit  in  gleichmässiger  Verfassung  setzen  thäten,  ausser  welchem  ich 
nicht  sehe  ohne  Vorwurf,  dass  man  andere  erinnerte,  und  selbst  still 
sässe,  fruchtbarlich  geschehen  könnte. 

Was  die  |:  zweite  Frag  belangete,  ob  durch  gütliche  Handlung  aus 
der  Sachen  zu  kommen,  kurz,  da  wüsste  ich  wohl,  E.  M.  sonders  lieb 
würde  zu  vernehmen  sein,  dass  I.  Ch.  D.  sich  so  derselben  hierunter  :| 
conformireten;  zweifelte  auch  nicht,  es  würde  ein  jeder  unpassionireter 
Mensch  gnugsam  begreifen,  dass  E.  K.  M.  fast  mehr  aus  Liebe  zum 
Frieden  gethan,  als  man  mit  einigem  Fug  hätte  vermeinen  sollen,  viel- 
weniger begehren  können;  und  |:  wie  E.  K.  M.  darzu  zu  gelangen  die 
Zusammensetzung  der  Stände  unter  sich  und  mit  derselben  vor  das 
einzige  Mittel  aus  diesem  Uebel  zu  eluctiren  hielten,  also  würden  sie  mit 
sonderbaren  Freuden  vernehmen,  dass  I.  Ch.  D.  darunter  ferner  coope- 
riren  wollten;  löblich  wäre,  auch  ganz  darvorzuhalten,  dass  wann  die 
fremden  Kronen  dergleichen  sehen  sollten,  sie  sich  endlich  eines  bessern 
erklären  würden.  :| 

Betreffend  die  Religion,  da  wäre  ich  bei  der  Bekanntnus,  so  zu 
Augsburg  übergeben  worden,  auferzogen  worden,  müsste  aber  dennoch  in 
meinem  Gewissen  bekennen,  dass  E.  K.  M.  sich  darunter  dergestalt 
allergnädigst  erkläret  hätten,  dass  alle  Chur-  und  Fürsten,  denen  nur 
von  Theils  ihren  Käthen  die  Sache,  wie  sie  an  sich  selber  wäre,  recht 
vorgestellet  und  ein  freies  Urtheil  gelassen  würde,  darmit  billig  zufrie- 
den sein  sollten :  Man  möchte  doch  nur  bedenken,  mit  was  Fug  E.  K.  M. 
das  könnte  in  ihren  Erbkönigreichen  und  Landen  gestritten  werden,  was 
dieselbe  allen  Fürsten,  Grafen,  fast  einem  jeden  Edelmann  im  Reich 
frei  Hessen,  und  ob  im  Gewissen  zu  verantworten  stünde,  dass  man  durch 
fernere  Opiniastritet  in  diesem  puncto  verursachete,  dass  hiernechst, 
wann  die  Sachen  anders  liefen,  auch  von  dem  resiliret  würde,  zu  dessen 
Erlangung  zu  Münster  einmal  wäre  beim  erfolgenden  Schluss  Zusage 
gegeben  worden;  zumahlen  hätten  ja  L  Ch.  D.  im  Geringsten  nicht 
zu  klagen,  und  würde  deroselben  Perseveration  bei  den  anderen  Ständen 
in  diesen  Punct  E.  K.  M.  dahero,  dass  sie  nicht  zu  klagen  hätten,  so 
viel  mehr  beschwerlicher  fallen.  Jedoch  wäre  zu  vernehmen,  worinnen 
dann  in  specie  von  E.  K.  M.  ein  mehrers  begehret  werden  könnte,  so 
hätte  ichs  allerunterthänigst  zu  berichten. 

l*.  Was  bei  den  Herzogen  von  Braunschweig  und  Lünenburg  zu 
suchen   wäre    erinnert    worden:!,    da   wüsste    ich   wohl,    dass    E.  K.  M. 


Poramersche  Fragen.     Geringer  Verkehr  des  Wiener  mit  dem  Berliner  Hofe.  23 

Obrister  Hofmeister^)  alles  gethan  hätte,  was  miiglich  war,  es  auch 
weiter  thun  lassen  würden,  ; :  aber  weil  I.  Ch.  D.  selbst  gesagt  hätten, 
class  der  v.  Lampadius"^)  und  Langerbeckh^)  ganz  schwedisch  gesinnet 
wären:],  so  w'iirde  E.  K.  M.  meiner  Meinung  nach  nicht  wenig  gedient 
sein,  wann  dieselbe  auf  Mittel  bedacht  wären  :  dieselbe  ausser  Credit 
zu  setzen  :|. 

Was  den  Grues  wegen  Pommern  anlangete,  da  wüsste  ich  gewiss, 
dass  E.  K.  M.  den  Schweden  Pommern  nimmer  offeriret  hätten,  sondern 
jene  hätten  dieses  und  andere  Lande  mehr  begehret;  daferue  nun  I. 
Ch.  D.  mit  E.  K.  M.  zu  heben  und  zu  legen,  oder  wenigst  zu  dessen 
Recuperation  ihre  eigene  Kräfte  nebst  andern  Ständen  beizutragen  sich 
hätten  erklären  wollen,  so  würde  gewiss  nimmer  dergleichen  geschehen 
sein;  zudeme  so  hätten  I.  Ch.  D.  Zusage,  vor  dasjenige  Theil,  so 
Schweden  von  Pommern  erlangete,  eine  ansehnliche  Recompenz  wider 
zu  bekommen.  Ueber  diesem  wollten  sie  doch  bedenken,  wie  E.  K.  M. 
so  gar  wenig  oder  nichts  von  I.  Ch.  D.  oder  dessen  Intention  hätten 
vernehmen  können,  also  dass  ich  davorhielte,  dass  wehrender  deroselben 
Churfürstlicher  Regierung  sie  au  E.  K.  M.  ausser  des  Grafen  von 
Schwarzenbergs  Sache*),  deren  sie  aber  doch  auch  auf  E.  K.  M.  Be- 
gehren keine  Abhülfe  gegeben,  nicht  drei  Schreiben  gethan  hätten;  da- 
hero  dann  viel  und  die  meiste  von  den  Verständigsten  in  diese  Mei- 
nung gerathen  wären,  als  ob  I.  Ch.  D.  mit  Schweden  wegen  Pommern 
schon  verglichen  wären  und  sie  allein  darum  in  ihrer  Contradiction  ver- 
harreten,  damit  sie  nach  getroffener  Heirath  mit  Schweden  so  viel 
mehrere  Lande  bekommen  möchten^);  hergegen  hätten  sie  viele  Male 
und  zwar  ihre  vornehmste  und  geheimste  Räthe  nacher  Schweden'')  und 
Frankreich ')    geschicket,    E.  K.  M.    aber   von    ihrer  Werbung   und  Ver- 

')     Graf  Trauttmannsdorfi". 

-)  J.  Lampadius;  vergl.  über  ihn  Köcher  A.  Geschichte  von  Hannover  und 
Braunschweig  1648 — 1714.  I.  15.  Deutsche  Biographie  XVII.  .^74 ff.  (Köcher)  und 
Sybel  Historische  Zeitschrift  Band  LIII. 

■'')  H.  Langenbeck,  cellischer,  dann  hannover'scher  Kanzler;  vergl.  Köcher  Gesch. 
Hann.  I.  26 f.;  Deutsch.  Biog.  XVII.  602 ff. 

■•)  Ueber  die  verschiedenen  Differenzen  des  Kurfürsten  mit  dem  Grafen  .Joh. 
Adolf  Schwarzenberg:  Urk.  v.  Act.  I.  439ff.,  481  ff.,  771  ff.  u.  a.  0.    Bd.  IV.  178f. 

"■)  Es  handelte  sich  um  den  Plan  der  Heirath  Friedrich  Wilhelms  mit  Christine 
von  Schweden. 

'')  Ueber  die  brandenburg- schwedischen  Beziehungen  Urk.  u.  Act.  I.  .509 ff.; 
IV.  .3.51  ff. 

')  Ueber  die  brandenburg-französischen  Beziehungen  Urk.  u.  Act.  1.607  ff. ; 
II.  6 ff. 


24  I-     Mission  Bluraenthals  etc. 

richtung  ganz  nichts  wissen  lassen;  welches  ich  allein  zu  dem  Ende  an- 
zöge, dass  man  sehen  sollte,  dass  E.  K.  M.  nichts  wegen  Pommern  zu 
imputiren  stünde. 

Was  nun  |:  die  würkliche  Coniunction  anlangete,  da  wäre  zwar 
dieselbe  nit  ohne  Gefahr,  aber  unser  Vaterland  und  aller  Chur-  und 
Fürsten  Zustand  wäre  jetzo  leider  also  beschaffen,  dass  man  sich  ohne 
Gefahr  und  Verfassung  darein  zu  contentiren  nit  vermöchte  :\.  Hier  wäre 
Schweden  und  Frankreich,  die  wollten  sich  ins  Reich  theilen,  und  das 
müsste  ohne  Resistenz  ohnfehlbarlich  geschehen.  Sollten  aber  dieselbe 
sehen,  dass  die  Stände  unter  sich  und  mit  E.  K.  M.  sich  vereinigten 
und  in  Defension  setzeten,  so  würden  sie  von  ihrer  bisherigen  Unbillig- 
keit abstehen  und  den  Frieden  schliessen  müssen.  ; :  Die  General- 
Staaten  und  König  in  Dänemark  würden  gegen  die  Schweden  zu  agiren 
animiret  werden,  wann  sie  nur  Chur-Brandenburgs  Resolution  sehen; 
dass  aber  alle  Chur-Brandenburgs  Vorhaben  und  Verfassung  in  höchster 
Geheimnus  gehalten  werde,  solches  würden  E.  K.  M.  gleichergestalt 
nöthig  achten  und  darzu  L  Ch.  D.  nach  Möglichkeit  assistiren,  dahero 
dann  jetzo  das  Nöthigste  würde  sein,  von  I.  Ch.  D.  eigentlich  zu 
wissen,  wie  bald  sie  den  Anfang  zu  mehrer  Verstärkung  machen,  wie 
stark  sie  ihr  Corps  richten,  ob  sie  gegen  alle  E.  K.  M.  Feinde  offensive 
operiren,  auch  bis  zu  Ende  des  Kriegs  bei  E.  K.  M.  an  Hilfe  und 
Mittlen  begegnen  wollten  :|;  so  wäre  ich  erbötig,  E.  K.  M.  die  Notdurft 
unterthänigst  zu  berichten,  ausser  Zweifel  setzend,  E.  K.  M.  würden 
I.  Ch.  D.  alles  gnädigstes  Contentement  geben.  Welches  E.  K.  M.  ich 
hiermit  allerunterth.  hinterbringen  sollen. 

P.  S.  (eigenhändig).  Auch  allergnädigster  Herr  habe  E.  K.  M. 
ich  allerunterthänigst  berichten  sollen,  das  die  Statengeneralen  Etliche 
achtzig  Compagnies  zu  fues  inner  Monatsfrist  abdancken  werden. 
Etliche  davon  vermeinen  I.  Ch.  D.  zu  bekommen,  sorgen  aber  wie  sie 
dieselbe  werden  unterhalten  kennen,  weiln  diese  Stende  bei  aufsagung 
ihrer  pflicht  begehren  die  Velcker  abzudancken  oder  abzuführen. 


Bliimenthal  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  27.  Sept.  1647.  (Or.) 

[Erklärungen  des  Kurfürsten  über  seine  Haltung  in  den  verschiedenen  Fragen.] 

27.  Sept.  Vor    4  Tagen  ist  mir  von  dem    von  Borgssdorff  wieder    angesaget 

worden,    dass    ich    desselben  Tages    noch  einmahl  über  meine  gethane 
Proposition    sich    eines    gewissen   zu   entschliessen  zu  ihnen  den  Räthen 


Zweck  der  Coniimction  der  Truppen.     Erklärungen  des  Kurfürsten.  25 

mich  erheben  möchte;  weilen  aber  denenselben  andere  Verhindernüssen 
etliche  Tage  nach  einander  eingefallen  und  also  wir  nicht  ehender  können 
zusammen   kommen,    so  trug  sichs   gestern  zu,  wie  niemand  bei  I.  Ch. 

D.  war  als  der  von  Borgssdorff  und  Präsident  Hörn  und  ich,  dass  der 
von  Borgssdorff  I.  Ch.  D.  folgender   Gestalt    anredete:    Gnädigster  Herr, 

E.  Ch.  D.  wissen  sich  zu  erinnern,  dass  Sie  uns  gnädigst  anbefohlen  haben 
mit  dem  von  Blumenthal  abermahl  zusammen  zu  kommen ;  nachdem 
wir  aber  ietzo  alliier  bei  einander,  so  deucht  mich,  E,  Ch.  D.  thäten  am 
besten,  dass  Sie  demselben  Hire  eigentliche  Meinung  selbst  sagten ;  wo- 
rauf dieselbe  eine  ziemliche  klare  Erleuterung  ihrer  Intention  von  sich 
gaben,  j:  welche  und  was  ich  darauf  geantwortet  E.  K.  M.  bei  nächster 
Post  allerunterthänigst  von  mir  soll  bericht  werden.  Hauptsächlich  gieng 
alles  dahin:  Dass  Ch.  D.  zu  Brandenburg  E.  K.  M.  Zeit  ihres  Lebens 
nimmer  nit  lassen  werden:  wären  auch  erbietig  sich  in  Verfassung  zu 
stellen,  wann  E.  K.  M.  nur  derselben  zu  etwas  Mitteln  helfen  würden 
auch  gegen  die  Schweden,  im  Fall  sie  den  Frieden  nit  annehmen  woll- 
ten, zu  operireu.  Ehe  sie  aber  in  solchen  Werk  etwas  thuen  könnten, 
wäre  ihro  nit  zu  rathen,  dass  sie  etwas  gegen  dieselbe  anfinge.  Dero- 
halben  möchte  ich  solches  E.  K.  M.  berichten  und  bitten,  dass  sie  erst- 
lich Ch.  D.  zu  Brandenburg  an  die  Hand  geben  wollten,  wie  solches  bald 
und  in  der  Stille  geschehen  könnte,  entzwischen  wollten  sie  sehen,  was 
bei  den  Herzogen  zu  Braunschweig  und  Lünenburg  und  theils  andern 
gutes  zu  richten  sein  würde.  Vor  allen  Dingen  aber  thäten  sie  hoffen, 
E.  K.  M.  würden  derselben  zu  Facilitirung  des  Anfanges  dieser  ihrer 
Intention  die  beiden  Grafschaften  Mark  und  Ravensberg  lassen;  sobald 
dasselbe  geschehen,  so  wollten  sie  den  Schweden  und  Hessen  die  Con- 
tributionen,  so  sie  fordern,  alsobald  aufsagen  lassen  und  keinen  Heller 
geben,  sondern  alles  zu  Werbungen  anwenden.  An  Volk  wird  es  Chur- 
Brandenburg  nit  fehlen,  dann  die  Generalstaaten  werden  etliche  80  Com- 
pagnien  abdanken.  Mir  ist  gestern  gesagt  worden,  dass  Chur-Branden- 
burg  nacher  Hamburg  schicken  und  200000  Rthlr.  auf  ihre  Zölle  in  der 
Mark  aufnehmen  wollen,  aber  ich  zweifle,  ob  er  solches  sobald  haben 
werden.  Schade  ist's  wohl,  dass  bei  diesem  tapfern  Herrn  nit  gnugsame 
Leute  sein,  so  ihme  in  seiner  guten  Intention  ohne  Forcht  angelegen 
sein  lassen  ....   :i 


26  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

Der   Kaiser  an    Blumenthal.      Dat.    1.  Oct.   1647.     (Concept.) 

[Einigung    des    Kaisers    mit    Baiern   und   Köln.     Nothwendigkeit   eines  gemeinsamen 
Vorgehens  der  Stände  des  Reiches  mit  dem  Kaiser.] 

1.  Oct.  Schreiben  vom  20.  September  erhalten:  „mögen  dir  in  kais.  fJnadeu 
nicht  verhalten,  dass  seitdeni  wir  dir  zu  des  Churfürsten  zu  Branden- 
burg L.  die  bewusste  Commission  in  con.sequentiam  dessen,  was  wir  an 
S.  L.  vorhero  den  14.  Juli  selbst  schriftlich  gelangen  lassen,  aufgetragen, 
sich  die  Sachen  durch  Verleihung  des  Allmächtigen  so  wohl  geschicket, 
dass  unsers  freundgeliebten  Vetters  und  Schwagers  des  Churfürsten  in 
Bayern')  sowohl  als  Chur-Cöllns  L.  L.^)  sich  mit  uns  wirklich  wieder 
coniungirt  und  dem  königlich  schwedischen  Feldmarschall  Wrangel ') 
das  armistitium    aufgekündt,    wir  auch  entgegen  S.  L.    die   unterhabende 

Reichsvölker    mit    dem    schuldigen    Gehorsam    wieder    angewiesen 

Dahero  dann  Churbrandenburgs  L.  von  diesem  Werk  gar  wohl  geurtheilt, 
und  weil  die  Sachen  dergestalt  in  einen  andern  Stand  gerathen,  auch 
die  Churbayerische  Reichsvölker  mehrerntheils  schon  in  diesem  unserm 
Erbkönigreich  ßöhaimb  uns  zum  Succurs  ankommen,  die  Ueberigen  vor 
Memmingeu  liegen  und  der  Feind  nunmehr  im  Weichen  ist*),  als  wollest 
du  deine  Verrichtung  bei  Churbrandenburgs  L.  auch  nach  diesem  statu 
richten  und  S.  L.  wohl  repräsentieren  und  zu  (iemiith  führen,  wie  schwer 
der  Frieden  durch  die  bisanhero  gepflogene  Tractateu  in  der  Güte  zu 
erlangen  und  was  Ihrer  L.  und  ihrem  Haus  daran  gelegen,  dass  der 
Gegentheil  in  Entstehung  eines  billigen  und  erträglichen  Friedens  nit 
wieder  über  sich  kommen,  sondern  mit  ehistem  gedämpft  und  völlig 
wieder  zurück  getrieben  werde.  Unsere  ietzige  Coniunctur  mit  Chur- 
bayerns  L.  und  theils  in  ihrem  Ausschreiben,  worüber  sie  das  armisti- 
tium aufgekündiget,  wohlgesetzte  Ursachen  sollten  billig  Sr.  des  Chur- 
fürsten zu  Brandenburg  L.  und  allen  andern  treuen  Chur-Fürsten  und 
Ständen  Anlass  geben,  sich  mit  uns  als  dem  Oberhaupt,  vermög  des 
heil.  Reichs  Constitutionen  und  geleisten  treuen  Pflichten  gleicher  gestalt 
zu  vereinigen  und  ihre  Waff'en  zu  den  unserigen  zu  stossen,  massen 
auch  einen  jeden  sein  eigen  Interesse,  nachdem  sonderlich  die  Schweden 


')     Maximilian  hatte  die  Schwester  Ferd.  III.,  Marie  Anna  geheirathet. 

2)  Kurfürst  Max.  Heinrich  von  Köln  hatte  schon  am  15.  Aug.  den  Rücktritt 
vom  Ulmer  Neutralitätsvertrage  ausgesprochen. 

^)     Karl  Gustav  Wrangel,  schwedischer  Feldmarschall. 

*)  Später  dazu  bemerkt  am  Rande  „schon  über  das  Gebirge  in  Meissen  ge- 
wicben".  üeber  die  Kriegsverhältnisse  dieser  Zeit:  Koch,  Gesch.  Ferd.  III.  Bd.  II. 
303  ff. 


Zweckmässigkeit  eines  gemeiusamen  Vorgehens  gegen  Schweden.  27 

im  Werk  selber  gnugsam  zu  erkennen  geben,  class  sie  anders  nicht  als 
einen  dominatum  über  das  baltische  Meer  und  die  angräuzende  Pro- 
vincien  des  römischen  Reichs,  ia  über  Teutschland- selbsten  affectiren, 
dozu  billig  nöthigen  und  treiben  und  die  Gelegenheit  nicht  allzeit  so 
sut  als  anietz,  dasselbe  nützlich  in  das  Werk  zu  richten,  vorhanden  sein 
möchte  ')  ....     Der  Kurfürst   möge   also  nicht  säumen,  sich  zu  entschliessen. 


Blnmentlial   an   den   Kaiser.     Dat.    Cleve  2.  Oct.   1647.    (Or.) 

[Des   Kurfürsten    Schreiben    an    den   Kaiser    bezüg-lich   Hamms.      Versicherungen   der 
kurfürstlichen  Räthe  betreffs  der  Haltung  des  Kurfürsten.] 

|:  Der  von  Borgstorff  hat  mich  heut  wieder  bitten  lassen  zu  ihm  zu  2.  Oct. 
kommen:  als  ich  erschien,  fände  ich  für  mir  ihn,  den  von  Hörn  und 
zeigete  der  von  Burgstorff  an,  dass  von  Brandenburg  er  Befehl  hätte, 
mir  ein  Schreiben  vorzulesen,  so  an  E.  K.  M.  sie  eigenhändig  wegen 
Einräumung  des  Hamms  geschrieben  hätten');  dasselbe  wollten  sie  mir 
verlesen  und  weil  sie  noch  zur  Zeit  ihre  guten  Intention  nichts  schrei- 
ben dörften,  aus  Furcht  der  Interception,  bäten  sie,  dass  an  E.  K.  M. 
ich  schreiben  und  bitten  wollte,  an  I.  Ch.  D.  treuer  Devotion  keinen 
Zweifel  zu  setzen  und  den  Hamm  nebst  den  Contribiitionen  beide  Graf- 
schaften Mark  und  Ravensberg  einzuräumen,  sie  wollten  mir  eine  solche 
Resolution  geben,  damit  verhoffen tlich  E.  K.  M.  allergnädigst  zufrieden 
sein  würden.  Auf  weiteres  Drängen  Blumentbal's  erklären  sie  „Ch.  D.  zu 
Brandenburg  würden  E.  K.  M.  vermittels  ihrer  Resolution,  die  sie  mir 
geben  würden,  also  versichern,  dass  wann  E.  K.  M.  es  bei  dem  instru- 
mento  pacis,  so  der  Graf  von  Trauttraannsdorff  zu  Münster  am  letzten 
übergeben  hätte ^),  würden  verbleibenlassen  und  Cli.  1).  zu  Brandenburg 
zu  Mitteln  zu  mehrer  Verfassung  helfen  würden,  sie  alsdan  mit  E.  l\.  M. 
gegen  diejenigen,  so  den  Frieden  nit  annehmen  wollten,  sich  coniungiren 
würden  :| 


0  Am  2.  Oct.  den  Grafen  Trauttmannsdorff  und  Holzapfel  von  Justus  v.  Geb- 
hard,   am  3.  dem  Kaiser,   am  4.  dem  Grafen  Schlick  verlesen. 

'')  Schreiben  Friedrich  Wilhelms  d.  d.  Cleve  2.  Oct.  1647  (Aut.).  Der  Kurfürst 
bittet  den  Kaiser  seinem  Ersuchen  bezüglich  Hamms  zu  willfahren. 

^)  Das  Project  der  Kaiserlichen  für  das  Friedeusinstrument  mit  Frankreich  war 
Anfangs  Juni  übergeben  worden,     v.  Meiern  IV.  557  ff.;  V.  130ff. 


28  f-     Mission  Blumenthals  etc. 

Blumenthal   an   den   Kaiser,     Dat.   Cleve   4.  Oct.   1647.  (Or.) 

[Unterredungen    Blumenthals    über    die   Stellung   Brandenburgs   zum    Kaiser    und    zu 

dessen  Feinden.] 

4.  Oct.  ]:  Ich  verspüre  wohl  soviel,   dass    I.  C.  D.  darvor  halten,    dass  sie 

sich  vor  Erlangung  E.  K.  i\I.  Resolution  wegen  des  Hamms  nit  erklären 
werden  :j.  Ich  bin  zwomahl  nach  einander  mit  sonderbarem  Eifer  ge- 
fraget worden,  ob  E.  K.  M.  auch  beständig  gemeinet  wäre,  dasjenige 
zu  halten,  was  sie  in  einem  und  andern  durch  den  Grafen  von  Trautt- 
mannsdorff  zu  Münster  hätten  versprechen  lassen  ^)  und  mit  was  Grund 
P.  Ch.  D.  ich  solches  versichern  könnte,  worauf  ich  geantwortet,  dass  ich 
nicht  anders  wüsste,  als  dass  E.  K.  M.  darbei  verblei l)en  würden,  wann 
sie  nur  sehen  thäten,  dass  man  ohne  etwas  neues  zu  begehren  sofort 
schliessen  wollte.  Ich  sehe  aber  nicht,  was  die  Fremden  vor  Ursach 
haben  könnten  zu  schliessen,  so  lange  sie  sehen,  dass  die  Stände  sich 
nicht  unter  einander  und  mit  E.  K.  M.  vereinigten  und  mit  derselben 
sich  coniungireten. 

Die  Stände  Cleve's   dringen   sehr  darauf,   dass   der  Kurfürst  Ende  October 
ausser  Landes  gehe. 


Conferenzprotocoll.     Dat.   Prag  7.  und  8.  Oct.   1647.     (Conc.) 

[Gutachten  bezüglich  der  Uebergabe  von  Hamm  und  der  Antwort  an  Kleist.] 

7.  Oct.  Die  Räthe  sind  einhellig  der  Meinung,  dass  noch  zur  Zeit  Hamm  nicht  ab- 

zutreten sei,  denn  es  ist  der  einzige  Hauptort  neben  Dorsten,  durch  welchen 
der  Kaiser  den  westphälischen  Kreis  noch  in  Devotion  erhalten  und  dem  Feinde 
eine  Diversion  machen,  auch  die  Contributionen  einbringen  könne  und  wollte 
er  diesen  Ort  weggeben,  würden  Kurtrier  wegen  Ehrenbreitensein,  Kurköln 
wegen  Dorsten  und  andere  mit  ihren  Plätzen  alsogleich  nachfolgen.  Eine  Be- 
lagerung Hamms  ist  lücht  zu  fürchten. 

„Wann  aber  der  Churfürst  sich  mit  E.  K.  M.  couiungiren  thäte, 
da  wären  zwar  etliche  Räthe  der  Meinung,  dass  man  ihm  den  Ort 
sammt  beiden  Grafschaften  Ravensberg  und  Ravenstein  wiegen  des  pra- 
gerischen  Friedensschlusses^)  nicht  wohl  würde  fürhalten  können,  andere 
aber  wolltens  gleichwohl  für  gefährlich  halten  und  sich  nicht  dazu  ver- 
stehen." 


')  üeber  Trauttmannsdorif's  Verhandlungen  mit  den  Vertretern  Friedr.  Wilh.  zu 
Münster  ürk.  u.  Act.  IV.  421  ff.  u.  a.  0.     Koch  1.  c  II.  Abschn.  XI.  und  XII. 

2)  Prager  Friede  vom  20./30.  Mai  1635;  Brandenburg  trat  am  29.  Juli  1635  bei; 
vergl.  Mörner,  Kurbrandenburgs  Staatsverträge  1600 — 1700,  113  ff. 


Abtretung  von  Hamm.     Antwort  an  Kloist.     Des  Kurfürsten  Gesinnung.  29 

Bezüglich  der  Kleist  zu  ertbeilenden  Antwort  sind  die  Ansichten  getheilt. 
Ein  Theil  der  Käthe  hält  dafür,  ihm  dilatorische  Antwort  zu  geben,  weil  eine 
Abweisung  üble  Folgen  haben  könnte;  ein  anderer  Theil  ist  aber  dafür,  Kleist 
erst  mündlich,  eventuell  aber  auch  schriftlich  auseinander  zu  setzen,  warum 
der  Kaiser  unter  den  gegenwärtigen  Verhältnissen  in  die  üebergabe  Hamms  an 
den  Kurfürsten  nicht  willigen  könne.  Schliesslich  wurde  beschlossen,  den  end- 
giltigen  Entschluss  bis  zur  Rückkehr  des  Reichsvicekanzlers ')  und  bis  nach 
Einlangung  fernerer  Berichte  über  die  Verrichtung  bei  Kurbaiern  aufzuschieben. 


Bluraenthal  au   den  Kaiser.     Dat.  Cleve  8.  Oct.  1647.     (Or.) 

[Des  Kurfürsten  gute  Gesinnung.] 
Hofft  noch  diese  Woche  abgefertigt  zu  werden.  \ :  Ch.  D.  wollen  nit  8.  Oct. 
haben,  dass  ich  viel  schreiben,  sondern  meinen,  es  seie  sicherer,  dass 
ich  bei  meiner  Ankunft  bei  E.  K.  M.  alles  mündlich  referiren  sollte. 
Dessen  können  E.  K.  j\I.  sich  festiglich  versichern,  dass  das  Herz  und 
Gemiith  Ch.  D.  zu  Brandenburg  gut  und  treu  gegen  E.  K.  M.  ist  und  es 
ihro  mehr  an  den  Mitteln  als  Willen  mangelt,  solches  zu  beweisen. 
Die  conditiones,  vermittels  deren  sie  sich  künftig  mit  E.  K.  M.  zu 
coniungiren  gemeint  sein,  halte  ich  zwar  sehr  schwer,  aber  doch  dabei 
also  beschaffen,  dass  die  meisten  zu  superiren  sein  werden  :|. 


Der  Kaiser  an  Blumenthal.     Dat.  Prag*  8.  Oct.  1647.  (Conc.) 

[Baierns  Gesinnung.      Des    Kaisers  Vorgehen    beim    Friedenscongresse    bezüglich    der 
Religionsfrage.     Bitte  um  Förderung  der  kaiserlichen  Pläne  durch  Brandenburg.] 

Als  Antwort  auf  Blumenthals  Schreiben  vom  24.  und  27.  Sept.  erklärt  der  8.  Oct. 
Kaiser,  1^  Baiern  meint  es  aufrichtig;  2".  Der  Kaiser  bleibt  bei  seinem  Be- 
schluss  den  Frieden  möglichst  zu  befördern.  Dass  wir  uns  aber  mit  der 
Religion  und  anderen  schweren  Puncten  in  unserem  Erbkönigreich  und 
Landen  sollten  leges  praescribieren  lassen,  das  wollten  und  könnten  wir 
ein  für  allemahl  nit  leiden  und  so  der  Frieden  sich  darob  zerstossen 
sollte,  wollten  wir  daran  entschuldigt  sein.  Es  gereicht  uns  aber  zu 
sonderbarem  gnädigen  Gefallen,  dass  besagtes  Churfürsten  zu  Branden- 
burg L.  diesfalls  in  uns  nit  dringen,  sondern  es  endlich  auf  unser 
gnädigstes  Gefallen  stellen  thuet,  auch  zu  Münster  und  Osnabrück  neben 
des  Churfürsten    zu   Sachsen  L.   sowohl   die  Schweden  als  Protestirende 


-')     Graf  Ferdinand  Khurtz. 


30  I-     Jiission  Rlumenthals  etc. 

ermahnen  lassen,  sich  destwegen  länger  nit  vom  Schluss  des  Friedens 
aufzuhalten,  sondern  mit  unsern  Erbieten  allerdings  zu  contentiren  ')  und 
zweiflen  wir  nit  dran,  es  werde  besagtes  Churfürsten  zu  Brandenbuig  L. 
nicht  für  billig  halten,  das,  was  sie  selbst  in  ihren  Landen  nicht  gern 
leiden  wollten,  dass  sie  es  einem  andern  in  dem  seinigen,  zumahlen  uns, 
als  dem  höchstgeehrten  Oberhaupt  im  Reich  in  dem  unserigen  zumuthen 
sollten. 

Der  Kaiser  hofft  überdies  auch,  dass  Brandenburg,  falls  die  Gegenpartei 
nicht  nachgeben  wolle,  mit  Sachsen  energisch  für  die  Durchführung  dieses 
Planes  wirken  wird.  An  die  Herzöge  von  Braunschweig-Lüneburg  hat  der 
Kaiser  eine  gleiche  Mahnung  ergehen  lassen.  Auch  hält  der  Kaiser  dafür,  dass 
jetzt  die  beste  Gelegenheit  für  Brandenburg  sei,  vorzugehen. 


Bliimenthal  an  den  Kaiser.    Dat.  Cleve  15.  Oct.  1647.    (Or.) 

[Unterredung  Blumenthals    mit    dem   Kurfürsten  über  die  Vorgänge   zu  Münster  und 

Osnabrück.    Religionsfrage.    Haltung  der  Evangelischen  und  Katholischeu.    Brederode's 

Mittheilungen  über  die  spanisch-staatischeu  Verhandlungen.     Bluinenthals  Urtheil  über 

des  Kurfürsten  voraussichtliche  Politik.] 

15.  Oct.  Als  ich  in  gänzlicher  Gewissheit  gestanden,  morgen  oder  übermorgen 

mit  solch  einer  Resolution,  womit  E.  K.  M.  für  erst  verhoffentlich  aller- 
gnädigst  zufrieden  sein  möchten,  von  hinnen  abgefertiget  zu  werden,  so 
traget  sich  zu,  dass  ein  Schreiben  von  einem  gewissen  Mann,  dessen 
Namen  ich  bis  nochzu  nicht  erfahren  können,  an  S.  Ch.  D.  vom 
8.  Octobris  des  Inhalts  gebracht  wird,  dass  die  Catholische  insgemein 
mit  derjenigen  letzten  Resolution  oder  iustrumento  pacis,  so  E.  K.  M. 
durch  dero  Obristen  Hofmeistern,  Grafen  von  Trauttmannsdorff,  den 
Schwedischen  oder  Evangelischen  einliefern  und  darbei  beständig  zu 
verbleiben  sich  allergnädigst  erklären  lassen^),  nicht  allein  nicht  zufrieden 
wären  ^),  sondern  sich  vieler  andern  weitaussehenden  und    dem  Friedens- 


')  Die  Frage  über  die  Stellung  der  Evangelischen  in  den  österreichischen  Erb- 
ländern und  über  das  Recht  des  Friedenscongresses  auch  bezüglich  dieser  Länder  bin- 
dende Bestimmungen  zu  treffen,  wurde  vom  Febr.  1647  an  lebhaft  erörtert.  Während 
nun  die  Evangelischen  freie  Ausübung  der  Augsburger  Confession  in  den  österreichi- 
schen Erblanden  forderten,  wiesen  die  kaiserlichen  jede  solche  Einmischung  entschie- 
den zurück  (Meiern  1.  c.  IV.  95,  144).     Act.  u.  Urk.  IV.  548  ff. 

'0  Ueber  Trauttmannsdorffs  Verhandlungen  mit  den  Schweden:  Meiern  1.  c.  IV. 
üb.  29  und  30  p.  486 ff.;  das  österreichische  Vertragsproject  IV.  557 ff. 

•')  Ueber  die  von  den  Katholischen  erhobenen  Schwierigkeiten  Meiern  1.  c.  IV. 
G08ff. 


Religionsfrage  in  Münster  und  Osnabrück.  31 

zweck  ganz  zngegenlaufenden  Dingen,  bcdräulicb  vernehmen  lie^^sen,  in- 
sonderheit aber  in  die  abgeredete  schwedische  Satisfaction  und  zuvör- 
derist  dem  Aeqiiivalent  !■".  Ch.  D.  zu  Brandenburg  nicht  geheelen  woll- 
ten; dahero  miissten  I.  Ch.  D.  von  mir  ehe  und  zuvor  sie  dero  schrift- 
liche Resolution  über  mein  Anbringen  ertheileten,  erst  von  mir  vernehmen, 
ob  ich  wüsste,  dass  dieses  alles,  was  die  catholische  Stände  in  diesem 
passu  thäten,  mit  E.  K.  M.  Vorwissen  und  Einwilligung  geschehe,  denn 
im  Fall  dem  also,  und  E.  K.  M.  mit  Chur-Bayern  und  andern  catholi- 
schen  Churfürsten  und  Ständen  hierunter  einig  wären,  so  miissten  1.  Ch. 
D.  sehr  anstehen,  ob  der  Friede  auf  solche  Weise,  da  man  wieder 
zurück  tractiren  und  bei  dem,  was  von  E.  K.  M.  wäre  versprochen  wor- 
den, nicht  verbleiben  wollte,  würde  zu  erheben  sein.  Ich  habe  daraui 
geantwortet,  dass  I.  Ch.  D.  sich  ob  diesem  allen  von  Ertheilung  ihrer 
vorgehabten  Resolution  nicht  dürften  abhalten  lassen,  in  Betrachtung, 
dass  der  catholischen  Stände  Contradictiou  in  etlichen  Puncten,  so  sie 
entweder  in  ihrer  Conscienz  schwer,  oder  eben  in  diesem  instrumento 
pacis  nicht  gehörend  zu  sein  hielten,  nicht  neue,  sondern  eine  alte 
Sache  wäre,  und  hätten  die  Evangelischen  daher  E.  K.  M.  so  viel  grössere 
Obligation  allergehorsamst  zuzutragen,  dass  dieselbe  non  attenta  aliquo- 
rum  contradictione  sich  vor  Abzug  dero  gevollmächtigten  Abgesandten, 
vorbesagten  Hr.  Grafen  Trauttmannsdorff '),  dahin  hätten  erklären  lassen, 
dass  sie  bei  allem  beständig  verbleiben,  auch  die  übrige  catholische 
Stände  zu  Ertheilung  ihres  consensus  vorm  Schluss  nach  Möglichkeit 
disponiren  wollteoi,  und  könnten  I.  Ch.  D.  nunmehr  so  viel  klärer 
sehen,  wie  übel  die  evangelischen  Stände  gethan,  dass  sie  den  Schweden 
nicht  besser  zugeredet,  dieselben  mit  dem,  was  versprochen  worden,  zu 
acquiesciren  bewogen,  und  dardurch  des  Herrn  Grafen  von  Trauttmanns- 
dorffs  Abreise  verhütet  hätten;  nicht  zweifelend,  dass  nunmehr  der  Friede 
(indem  ich  hörete,  dass  die  Evangelische  jetzo  mit  dem  letzten  instru- 
mento pacis  zufrieden  sein  möchten)  durch  göttlichen  Beistand  ehest 
würde  haben  können  geschlossen  werden;  ich  meines  Theils  könnte  auch 
den  Catholischen  keinesweges  verdenken,  dass  sie  nicht  so  stracks  zu 
allem  ja  sageten,  weilen  sie  sich  neben  Ertheilung  ihrer  Resolution  noch 
zu  Antretung  einer  Confereuz  erkläreten,  bei  welcher  alles  abgehandelt 
und  verglichen  werden  könnte.  2.  So  sehe  ich  nicht,  was  sie  durch 
ihre  Geheelung  in  alles  vor  Nutzen  schaffen  könnten,  so  lange  die  Schwe- 
den und  Evangelische  sich  nicht  erklären  würden,  ohne  weiter  etwas  neues 


')     Trauttiuanusdorff  hatte  am   IC.  Juli   1G47  den  Congress  verlassen. 


J52  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

zu  begehren,  sofort  zu  schliessen;  wann  aber  dieses  geschehe,  so  stünde 
zu  hoffen,  die  Catholische,  als  denen  so  wenig  als  andern  mit  dem  Kriege 
gedienet  wäre,  würden  sich  durch  E.  K.  M.  Gesandten  wohl  zur  Billig- 
keit bewegen  lassen.  Worauf  weiters  gefraget  ward,  was  denn  auf  solchen 
Fall,  da  Chur-Bayern  (E.  K.  M.  unwissend)  mit  Frankreich  und  allen 
andern  catholischen  Ständen  geschlossen  hätten  in  diesen  Frieden  keines- 
weges  zu  consentiren,  sondern  in  dem  Krieg  zu  verbleiben,  zu  thun  sein 
würde?  Ich  gäbe  zur  Antwort,  dass  weilen  ich  sowohl  in  voriger  als 
dieser  Frage  von  E.  K.  M.  nicht  instruiret  wäre,  und  dannenhero  so 
eigentlich  darauf  keine  Antwort  geben  könnte,  so  bedünkte  mich  doch, 
dass  ein  solcher  Fall  nicht  leichtlich  zu  besorgen  wäre,  in  Betrachtung, 
dass  E.  K.  M.  nicht  würden  zugeben  können,  dass  Frankreich,  wie  auf 
solche  Weise  zu  besorgen  stünde,  dergestalt  den  Meister  im  Reich  spie- 
len sollte,  und  würden  dergleichen  Dinge  so  viel  weniger  zu  fürchten 
sein,  wann  nur  I.  Ch.  D.  und  andere  evangelische  Churfürsten  und 
Stände  sich  in  besserer  Verständnus  und  Verfassung  sowohl  unter  sich 
Selbsten  als  zuvörderst  mit  E.  K.  M.  setzen  thäten.  So  lauge  aber  die- 
selbe dessen  nicht  gnugsam  versichert  wären,  stünde  leicht  zu  ermessen, 
wie  gefährlich  E.  K.  M.  wäre,  denen  Catholischen  in  allem  entgegen  zu 
sein,  oder  aus  Händen  zu  gehen.  Worauf  mir  zum  Bescheid  ertheilet 
ward,  I.  Ch.  D.  hätten  das  gehorsamste  Vertrauen,  sie  würden  bei 
deme,  was  sie  eiumahl  denen  Evangelischen  zu  Gute  versprechen  und 
zusagen  lassen,  auch  was  T.  Ch.  D.  Aequivalents  wegen  wäre  ver- 
glichen worden,  wohl  verbleiben  lassen  würden,  und  wollten  I.  Ch.  D. 
mir  dero  Resolution,  so  bald  als  es  nur  geschehen  könnte,  ertheilen 
lassen,  welche  Anzeige  mir  in  Beisein  des  von  Borgsdorffs,  Horns, 
Schwerins')  und  Seidels  gegeben  ward. 

Gestern  ist  der  Herr  von  Brederode  aus  Niederland,  und  der  Herr 
V.  Aspern,  so  auch  einer  von  dem  Rath  der  General- Staaten  ist,  nach- 
dem sie  die  Churfürstin,  welche  ihre  Frau  Mutter  für  14  Tagen  hinunter- 
begleitet, anhero  gebracht  haben,  wieder  hinunter  gereiset.  Derselbe 
versicherte  mich,  dass  weilen  die  spanische  plenipotentiarii  sich  nunmehr 
sehr  wohl  erkläret  hätten,  er  gewiss  dafür  hielte,  dass  sie  noch  diesen 
Monat  mit  der  Krön  Spanien  schliessen  würden^),  gestalt  denn  alle 
Provincen    als    heute    deliberireten,    ob   man  nunmehr  schliessen   sollte. 


')     Otto  von  Schwerin  der  ältere. 

^     Der  Friede  zwischen  Spanien  und  den  Staaten  wurde   am  30.  Jan.  1648  ge- 
schlossen, gedruckt  u.  a.  bei  Du  Mont    1.  c.  VI.  429lf. 


Verbindung  der  Reichsstände  mit  dem  Kaiser.  33 

|:  Diese  Herrn  sagen  öffentlich,  dass  im  Fall  die  Schweden  sich  wegen 
der  Commercien  und  Zölle  in  der  Ost-See,  auch  theils  andern  impor- 
tierenden Sachen,  nit  viele  änderst  als  wie  bishero  geschehen,  anschicken 
thäten,  es  nit  sechs  Monat  nach  ihr  geschlossenem  Fried  anlaufen  würde, 
dass  sie  einander  nit  in  die  Haare  kommen,  dann  sie  könnten  ihre  Inso- 
lentien  nit  lange  leiden.  So  viel  als  ich  penetriren  kann,  werden  I.  Ch. 
D.  wegen  Pommern  in  ganz  Kurzem  mit  den  General-Staaten  über 
einer  Alliance  tractieren  lassen'),  auch  zu  Chur-Sachsen,  Herzogen  zu 
Braunschweig-Lüneburg^),  Hamburg,  Lübeck  und  Bremen  schicken,  so- 
bald sie  nur  versichert  seien,  dass  E.  K.  M.,  was  sie  einmahl  den  evan- 
gelischen Ständen  versprechen  lassen,  fest  und  unverbrüch  halten  und 
manuteniren,  zuvorderist  aber  I.  Ch.  D.  in  etwas  mit  den  nöthigen 
Mitteln  aushelfen.  :  I 


Der  Kaiser  an  den  Kurfürsten.     Prag  16.  Oct.  1647.  (Conc.) 

[Erklärungen  an  Kleist.     Wunsch  einer  Verbindung  der  Stände  mit  dem  Kaiser.] 

Es  thut  dem  Kaiser  leid,  bisher  dem  Kleist  keine  andere  Antwort  haben  16.  Oct. 
geben  zu  können,  als  dieser  dem  Kurfürten  wird  gemeldet  haben  ^) ;  der  Kaiser 
konnte  nicht  anders,  sonderlich  weil  er  nicht  wisse,  was  der  Kurfürst  Blumen-  i 
tbal  für  Erklärungen  machen  werde,  „davon  mir  E.  L.  in  ihrem  Schreiben 
Hoffnung  machen,  dass  ich  mich  content  befinden  würde.  Der  ganzen 
Sachen  aber  wird  ihr  abhelfliche  Maass  gegeben  werden,  wann  E.  L.  und 
andere  Chur-  und  Fürsten  und  Stand  sich  mit  mir  getreulich  coniungiren 
und  andere,  denen  der  feindlichen  Kronen  überhandnehmende  Macht 
nichts  anders  als  den  Untergang  bringen  kann,  zugleich  mit  an  sich 
ziehen,  da  ich  und  mein  Haus  begehren,  das  Reich  und  dessen  treue 
Stände  nicht  unterzudrücken,  sondern  bei  ihrer  Herrlichkeit  und  Freiheit 
zu  erhalten." 


ConferenzprotocoU  Prag  16.  Oct.  1647. 

Nachdem  der  Reichsvicekanzler  ^)   zurückgekehrt,   wurde  nochmals   wegen  16.  Oct. 
Hamm  berathen  und   beschlossen,   dasselbe  nicht  in  Neutralität  zu  stellen  und 


1)  üeber  die  Beziehungen  der  Staaten  zum  Kurfürsten  in  dieser  Zeit  Urk.  und 
Act.  III.  15  ff. 

-)  Nach  Sachsen  und  Braunschweig  gieng  Conrad  von  Burgsdorf:  vergl.  ürk. 
u    Act.  IV.  762  ff. 

3)     Urk.  u.  Act.  IV.  815  ff. 

■*)     Ferdinand  Khurtz. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV.  O 


34  I-     Mission  Rlumenthals  etc. 

dem  Kurfürsten,  solange  er  sich  nicht  gleich  anderen  Kurfürsten  mit  dem 
Kaiser  wirklich  conjungirt  hat,  nicht  zu  übergeben.  In  diesem  Sinne  erfolgte 
die  Erklärung  an  Kleist  d.  d.  16.  Oct.  1647  ').  Unter  dem  24.  Nov.  übergibt 
dann  Kleist  auf  Befehl  des  Kurfürsten  ein  neues  Memorial,  In  welchem  dieser 
\vieder  um  Ueberlassung  von  Hamm  bittet,  indem  er  das  Versprechen  gibt,  wenn 
die  kurfürstlichen  Truppen  sich  zur  Vertheidigung  des  Platzes  nicht  als  ge- 
nügend erweisen  sollten,  den  Kaiser  um  Hilfe  anzugehen. 


Blumentlial   an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve   18.  Oct.   1647.  (Or.) 

[Rath  Blumenthals,  Hamm  zu  räumen.] 

18.  Oct.  Die  wenig   befriedigenden   Meldungen   Kleists   veranlassen    den    Kurfürsten 

Blumenthal  durch   seine  Räthe  auffordern  zu    lassen,   an  den  Kaiser  wegen  der 
Hammangelegenheit  zu  schreiben. 

Dessen  versichere  E.  K.  M.  ich,  dass,  wann  dieselbe  mich  bei 
den  Pflichten  damit  ihro  ich  verwandt  bin,  frageten,  was  hierinnen  zu 
thun  wäre?,  ich  beständig  rathen  würde,  |:  dass,  wann  C.  D.  zu  Branden- 
burg bei  der  guten  Devotion  und  Intention,  die  ich  täglich  verspüre, 
bleiben  und  mich  also  abgefertiget  hätten,  als  ich  gehört,  dass  sie  mich 
abfertigen  wollten,  ich  nimmer  anders  rathen  würde  oder  könnte,  als 
P.  Ch.  D.  zu  Brandenburg  hierinnen  und  in  mehrerm  contento  zu  geben; 
dann  ich  weiss,  dass  I.  Ch.  D.  den  Frieden  mit  höchsten  Eifer  befördern 
thuen,  auch  da  derselbe  durch  Tractaten  nit  bald  zu  erlangen  sein 
würde,  sie  sich  gegen  Schweden  setzen  und  denselben  mit  allen,  was 
in  ihren.  Kräften  ist,  in  der  That  erlangen  helfen  werden,  daferne  man 
nur  ihro  mit  Mitteln  beim  Anfang  zu  Hülfe  kommen  wollte  :|*). 

Am  18.  Oct.  1647  erhält  Blumenthal  die  Resolution  des  Kurfürsten  auf 
seine  Werbung  (gedruckt  in  Urk.  u.  Act.  IV.  605ff.) 


')     Vergl.  ürk.  u.  Act.  IV.  817. 

-)  Blumenthal  war  als  er  diesen  Brief  absendete  noch  nicht  im  Besitze  der 
Weisung  vom  IG.  Oct.  1647,  durch  die  ihm  Kunde  von  der  dem  Kleist  in  der  Frage 
bezüglich  Hamms  ertheilten  Antwort  gegeben  wird.  Unter  dem  30.  Oct.  fordert  der 
Kaiser  Blumenthal  auf,  den  Kurfürsten  nochmals  zur  Conjuuction  mit  dem  Kaiser  zu 
eimabnen. 


riamm.     Pommersche  Grenzregulirungsfrage.  35 

Blumenthal   an  den  Kaiser.     Dat.  Bonn  3.  Nov.  1647.     (Or.) 

[Des    Kurfürsten    Erklärungen    über    seine  Rüstungen.     Verbindung   mit  dem  Kaiser. 

Bitte  um  Verständigung  des  Kaisers  mit  den  Staaten  bezüglicii  Pommerns.     Branden- 

burg-braunschweigische  Verhandlungen.     Rath  Blumenthals  bezüglich  der  YOm  Kaiser 

dem  Kurfürsten  betreffs  Pommern  zn  ertheilenden  Antwort.] 

I :  Was  Chur  Brandenburg  vor  und  bei  meinem  abreisen  mir  unter  3.  Nov. 
andern  angezeigt,  war  dieses:  Erstlich,  dass  E.  K.  M.  ich  festiglich  ver- 
sichern sollte,  dass  I.  Ch.  D.  den  Anfang  sich  in  mehrere  Verfassung 
zu  setzen,  gemacht  hätten,  indeme  sie  in  Preussen,  in  Chur  Branden- 
burg und  hiesigen  Landen  alle  ihre  Compagnien  zu  Ross  und  Fuss,  ver- 
stärken und  an  2  Orten  ziemliche  starke  Summen  Gelds  vermittels  Ver- 
pfändung grosser  Stück  von  ihro  Landen  negotieren  lassen.  Sie  wären 
auch  eigentlich  gemeinet  mit  E.  K.  M.  sich  würklich  zu  coniungiren, 
wo  die  Schweden  nit  bald  den  Frieden  annehmen  wollten,  bäten  allein, 
E.  K.  M.  wollten  nit  so  hart  in  C.  D.  dringen  es  ehender  zu  thuen,  bis 
sie  auf  den  Beinen  sein  würden,  dann  es  sonsteu  L  Ch.  D.  ganz  rui- 
niren  und  wann  sie  es  so  frühzeitig  thuen  sollten,  E.  K.  M.  und  ihr 
eigenes  Vorhaben  hindern  würden  ....  Weiters  so  würde  höchst  nöthig 
sein,  dass  E.  K.  M.  mit  den  General  Staaten  alsbald  suchten  in  engere 
Verständnus  wegen  Pommern  zu  kommen,  dann  ohne  deren  Assistenz 
würden  E.  K.  M.  es  nebst  L  Ch.  D.  schwerlich  recuperiren  können  .... 
L  Ch.  D.  würden  den  Anfang  an  ihrem  Ort  auch  ehest  machen,  in- 
gleichen auch  mit  den  Städten  Hamburg,  Lübeck  und  Bremen.  Ich 
habe  auch  wohl  soviel  penetriret  und  vor  gewiss  erfahren,  dass  Chur- 
Brandenburg  den  Herzogen  zu  Braunschweig  die  Insel  Rügen  und  eine 
gewisse  Stadt  übergeben  und  die  Herzogen  von  Braunschweig  zu  ewigen 
Tagen  frei  von  allen  Zöllen  lassen  wollen.  Es  ist  auch  gar  von  dem 
Fürstenthum  Cleve  geredt  worden,  wann  die  Herzogen  sich  obligiren 
wollten,  ohne  weitere  Kosten  die  Schweden  aus  Pommern  zu  bringen  .... 

Das  beste  Mittel  wird  sein  Chur-Braudenburg  zu  schleuniger  Reso- 
lution zu  befördern,  wann  ihm  E.  K.  M.  anzeigen  Hessen,  dass  sie  nie- 
manden lieber  bei  Pommern  als  ihn,  Chur-Brandenburg,  manutenirt  sehen, 
wollten  auch  dazu  behilflich  sein,  wann  "er  das  seinige  mit  thäte  und 
dabei  einen  terminum  von  4  Monaten  setzten,  wo  nit,  so  müssten  E.  K. 
M.  benachbarte  Assistenz  an  der  See  suchen,  welche  doch  Pommern  nit 
würden  quittiren  ohne  Erstattung  der  Kosten.  :| 


Von  Cleve  reist  Blumenthal  über  Köln  und  Bonn  nach  Frankfurt,  woselbst 
er  ein  Schreiben    des   Kurfürsten    erhält   (Dat.  Cleve  14.  Nov.  1647),   mit  dem 

3* 


36  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

Ersuchen,  am  Wiener  Hofe,  wohin  Blumenthal  sich  begeben  will,  für  eine 
energische  Beendigung  des  Friedenswerkes  in  Münster  zu  wirken  und  die  Hamm- 
angelegcnheit  im  Sinne  des  Kurfürsten  zu  fördern  (Schreiben  Blumenthals  Dat. 
Frankf.  a/M.  13.  Dec.  1647).  Da  eine  Einigung  in  der  Hammangelegenheit  in 
diesen  Tagen  aber  nicht  erfolgte '),  setzten  die  brandenburgischen  Minister,  ins- 
besondere Schwerin,  ihre  Mahnungen  an  Blumenthal,  der  sich  zu  Beginn  des 
Jahres  1648  in  Hammelburg  aufhielt,  fort.  Blumenthal  berichtet  darüber  ge- 
wissenhaft nach  Wien  (Schreiben  vom  24.,  29.  und  31.  Januar  1648).  Unter- 
dessen erhielt  Blumenthal  vom  Kaiser  Befehl  (13.  Dec.  1647)  sich  zum  Kur- 
fürsten zu  begeben,  um  mit  demselben  über  das  Instrumentum  pacis  zu  ver- 
handeln (Instruction  vom  13.  Dec.  1647.  Conc);  gibt  aber  in  einem  Schreiben 
vom  21.  Januar  1648  die  Gründe  an,  warum  er  nicht  geeignet  sei,  dieses  Amt 
zu  übernehmen,  vornehmlich,  weil  die  Hammangelegenheit  noch  nicht  zu  Gunsten 
des  Kurfürsten  erledigt  sei  (Schreiben  vom  21.  Jan.  1648).  In  der  That  erhält 
er  denn  auch  die  Weisung  (29.  Jan.  1648)  die  Reise  zu  unterlassen,  wie  es  in 
dem  Schreiben  heisst  „weil  ■wir  dann  verhoffen,  dass  inmittels  die  Krone  Schwe- 
den und  Protestirende  ihre  Erklärung  über  unser  instrumentum  pacis  heraus- 
gegeben haben  werden  und  also  die  Sachen  nit  mehr  in  dem  Stand  begriffen 
sein  möchten,  als  wir  dir  unsere  Instruction  zugefertigt  haben^.  In  dieser  Zeit 
hat  der  kaiserliche  General  Peter  Melander,  Graf  v.  Holtzappell  mit  dem  Kur- 
fürsten Unterredungen,  in  denen  er  im  Sinne  Blumenthals  den  Kurfürsten  zur 
Conjunction  mit  dem  Kaiser  auffordert.  Melander  berichtet  darüber  an  den 
Kaiser  in  dem  nachfolgenden  Schreiben. 


Graf  Holtzappeir^)  an   den  Kaiser.     Hammelburg  22.  Januar 

1648.     (Or.) 

[Unterredung  Holtzappeirs  mit  Friedrich  Wilhelm.  Nothwendigkeit  gemeinsamen 
Vorgehens,  betont  von  Holtzappell.  Erwiderung  des  Kurfürsten.  Hamm.  Contri- 
butionen  in  den  Grafschaften  Mark  und  Ravensberg.  Unterredung  über  die  Urheber 
der  ungünstigen  Entscheidung  bezüglich  Pommerns.  Letzte  Erklärungen  des  Kur- 
fürsten.    Rath  Holtzappel's.] 

22.  Jan.  Er  berichtet  über  seine  Unterredung  mit  dem  Kurfürsten  in  Altenau.     Er 

hielt  dem  Kurfürsten  vor,  wie  gut  es  der  Kaiser  mit  dem  Reiche  und  dessen 
Interessen  meine  und  wie  gefährlich  die  Lage  sei.  „\\'elcher  vor  Augen 
stehender  Gefahr  nun  zu  entfliehen  kein  sicherers  Mittel  wäre,  als  wann 
die  evangelische    Stände    unter  sich    und  mit  E.  K.  M.  sich  förderlichst 


')     Urk.  u.  Act.  IV.  818. 

^)  Peter  Melander,  Graf  von  Holtzappell  (Holzapfel);  vergl.  über  ihn  Deutsche 
Biographie  13,  21  ff.  Rommel.  Neuere  Gesch.  von  Hessen  Bd.  IV.  Koch,  Ferd.  III. 
Band  IL 


Hamm.     Contributionsfrage.  37 

mit    allen    ihren   Kräften  vereinigten   und   mit  zusammengesetzter  Macht 
denen  Fremden  auf  den  Hals  drüngen.     Zuforderist  aber,  dass  I.  Ch.  D., 
als  welche  vor  allen  andern  Ständen  hierbei  am  meisten  interessirt  wäre, 
die  vornehme  Mittel,  so  sie  ...  in  Händen  hätten,  ohne  weitere  Zeitver- 
lierung    anwenden    und  vermittels   derselben    sich    bestmöglichst  in  aller 
Eil    verstärketen,    hingegen    aber    der    Krön    Schweden    keinen    weitern 
Vorschub,  als  wie  bishero  zu  E.  K.  M.,  des  Reichs  und  I.  Ch.  D.  eignen 
höchsten  Nachtheil  geschehen  wäre,   aus   ihren  Landen   erstatten  Hessen 
und  darbei  sich  würklich    mit    E.  K.  M.  vereinigen  und  mit  zusammen- 
gesetzten Rath    und   Macht    dem    Feind    sich    entgegen    zu    setzen    ent- 
schliessen  wollten.     Worauf  I.  Ch.  D.    mir  zur  Antwort  gaben,   dass   E. 
K.  M.  auch  eben  dergleichen  durch  den  von  Blumenthal  bereits   bei  ihr 
hätte    suchen   lassen   und  dass  sie  darauf  sich  schriftlich,   soweit  als  sie 
der  Zeit  noch  thuen  können,   erklärt  [:  vornehmlich   aber  von  ihrer  end- 
lichen  Entschuldigung    zu    E.  K.  M.    und    des   Reichs   Dienst    dem   von 
Blumenthal  mündliche  Versicherung  gegeben  :],  dabei  wollten  sie  es  auch 
noch   allerdings   bewenden  lassen."     Sodann   betont   der  Kurfürst  die   Xoth- 
wendigkeit,   ihm   Hamm    zn    übergeben    und    die  Contributionen    in   den   Graf- 
schaften Mark   und  Ravensberg  zu  sistiren.     Holtzappell    versichert,    wenn   der 
Kurfürst    sich    rüste   und   halte,   was   er  versprochen,   werde   es  an  Seiten  des 
Kaisers  nicht  fehlen.     „Worauf  mk  wiederum  die  l'ernere  Antwort  ertheilet 
wurde,    [:  dass  Brandenburg    dem    von    Blumenthal    diese    Versicherung 
mündlich  gegeben,  dieselbe  auch  E.   K.  M.    zu    überschreiben  anbefohlen 
hätten,    dass    auf    den    Fall    E.  K.  M.    es    bei    demienigen,    was   sie  zu 
Münster  und  Osnabrück   durch   dero   gevollmächtigten    Gesandten  Grafen 
von  Trauttmannsdorff  hätte  versprochen  und  zugesagt,  würden  bewenden 
lassen  und  die  fremden  Kronen  diesen  Winter  auf  die  ihnen  angebotene 
Wege  den  Frieden  daunoch  nicht  schliessen  wollten,  sich  mit  E.  K.  M.  zu 
Erlangung  desselben   eigentlich    vereinbaren  wollte,    welches   auch,   wann 
E.  K.  M.  derselben   mehr  bemeltermassen  behülf  sein  würde,  sich  recht 
in  Verfassung  zu  setzen  und  auf  die  Bein  zu  kommen,  um  soviel  ehen- 
der  geschehen  könnte  :].     Als  auch  unter  anderm  angezogen  worden,  dass 
I.  Ch.  D.  sich  hierdurch  in  grosse  Gefahr  und  alle  ihre  Lande  und  Leute 
gleichsam  in  die  Schanze  setzeten,  so  habe  ich  darauf  geantwortet,  dass 
dieselbe    meinem  Urtheil    nach  wenig  wagten,   indem  sie  ja  ihre  Lande 
nicht    mehr   hätten,   sondern   die   Schweden   allbereits   Meister  derselben 
wären  ....     Sie  L  Ch.  D.  wollten  doch  nur  bedenken,  was  Pommern  für 
ein    köstliches   Kleinod   wäre    und    dass   derienige,   welcher  es  in  seinen 
Mächten  hätte,  auch  unfehlbarlich  Meister  von  I"".  Ch.  D.  Churfürstenthum 


38  I.     Mission  Blumenthals  etc. 

und  den  preussischen  Landen  wäre.  Als  nun  von  I.  Ch.  D.  mir  zur 
Antwort  gegeben  ward,  dass  nicht  von  derselben,  sondern  E.  K.  M.  her- 
käme, dass  man  den  Schweden  Pommern  lassen  sollte,  so  habe  ich  da- 
rauf diesen  Gegenbericht  ertheilet,  dass  E.  K.  M.  sie  hierunter  zu  viel 
und  Unrecht  thäten,  und  dass  solches  E.  K.  M.  Wille  nieraahlen  gewesen 
wäre.  I.  Ch.  D.  aber  wollten  sich  darmit  nicht  zufrieden  geben,  sondern 
sagten,  es  wäre  ja  weltkündig  und  offenbar,  dass  E.  K.  M.  Gesandte  den 
Schweden  Pommern  zu  ihrer  Vergnügung  angetragen  und  dass  P.  Ch.  D. 
beschehenes  vielfältiges  Gegensprechen  darwider  nichts  hätte  verfangen 
wollen.  Ich  bäte  abermahlen,  sie  wollten  solches  E.  K.  M.  nicht  auf- 
biirden, ich  wäre  derselben  Diener  und  könnte  nicht  gestatten,  dass  ihro 
einiges  Unrecht  geschehe.  I.  Ch.  D.  möchte  dasselbe  wohl  von  ihren  zu 
Münster  und  Osnabrück  habenden  Gesandten,  welche  selbsten  und  nicht 
E.  K.  M.  schuldig  daran  wären,  sein  berichtet  worden."  Es  sei  vielmehr  von 
Seiten  der  Evangelischen  und  in  erster  Linie  von  den  Vertretern  des  Kurfürsten 
vom  Kaiser  begehrt  worden,  dass  zuerst  die  fremden  Kronen  entschädigt  wer- 
den, während  der  Kaiser  vorerst  die  Ordnung  und  Ruhe  im  Reiche  habe  her- 
stellen wollen.  Zudem  seien  die  kurfürstlichen  Gesandten  wiederholt  gefragt 
worden,  ob  sich  der  Kurfürst  ganz  auf  die  Seite  des  Kaisers  schlagen  wolle, 
hätten  sich  aber  niemals  erklärt.  Die  Richtigkeit  dieser  Erklärungen  mussten 
der  Kurfürst  und  seine  Räthe  zugeben.  „Was  sonsten  I.  Ch.  D.  ertheilte 
Erklärung  anlanget,  gienge  dieselbe  hauptsächlich  dahin,  j:  dass  sie  es 
allerdings  dabei  Hessen,  was  sie  dem  v.  Blumenthal  E''.  K.  M.  vorzubringen 
anbefohlen  hätten  und  mich  damit  auf  gleiche  Weise  versicherten,  dass, 
wann  zwischen  der  Zeit  und  den  künftigen  Brachmonat  die  Feinde  den 
Frieden  auf  die  Bedingnus,  welche  der  Graf  von  Trauttmannsdorff  ihnen 
den  Ständen  versprochen  hätte,  nicht  schliessen,  E.  K.  M.  aber  dieselbe 
alle  fest  halten  und  zuvorderist  Churbrandenburg  auf  die  Beine  zu  kom- 
men behilflich  sein  werden,  sie  zu  E.  K.  M.  würklich  treten  wollte;  in- 
mittels  wollten  sie  sich  nach  aller  Möglichkeit  in  gute  Verfassung  setzen, 
hätten  sich  auch  schon  nach  gewissen  Generalspersonen  umgethan,  auch 
zu  Chursachsen  und  den  Herzogen  zu  Braunschweig-Lüneburg  geschickt'), 
dieselbe  zu  gleichmässiger  Meinung  zu  bringen  :  ." 

Der   Kurfürst    hofft    dagegen,    dass    der   Kaiser    sein    Begehren    bezüglich 
Hamm  und  der  beiden  Grafschaften  erfüllen  wird. 

„Ich   an   meinem  wenigen   Ort  kann  aus  allen    denen  mir  geführten 
vertreulichen    Gesprächen    und    gethanen    Versicherungen    nichts    anders 


')     Gemeint  ist  die  Sendung  des  Burgsdorf;  Urk    u.  Act.  IV.  762 ff. 


Hamm.     Contributionsfrage.  39 

rathen,    als    dass   E.  K.  M.    P.  Ch.  D.    vermittels  dieses   Begehrens   Ein- 
willigung allergnädigst  zu  willfahren  hätten  ')." 


Gutachten  der  Käthe  über  Holzappells  Relation  17.  Febr.  1648 
(Khurtz,  Gebhard). 

[ErkläruDsen  bezüglicli  Hamms  und  der  Contiibntionea    in  Mark   und    Ravensberg  an 

Kleist.] 

Die  letzten  Erklärungen  Brandenburgs  bieten  zwar  nicht  genügende  Sicher-  17.  Febi 
heit,  aber  sie  sind  doch  so,  dass  die  Räthe  glauben,  man  solle  das  ganze  Werk 
in  Bewegung  halten  und  soviel  Hamm  betrifft,  dem  Kleist  sagen,  es  sei  nicht 
zu  zweifeln,  dass  entweder  bald  der  Friede  erfolgen,  oder  die  Erkenntnis  sich 
Geltung  verschaffen  werde,  dass  die  fremden  Kronen  den  Frieden  nicht  wollen. 
Der  Kaiser  zweifelt  nicht,  dass  der  Kurfürst  seinen  Versprechungen  gemäss  in 
diesem  letzteren  Falle  alles  thun  w^erde,  um  das  Reich  zu  schützen.  In  beiden 
Fällen  ward  dem  Kurfürsten  wegen  Hamm  Genugthuung  werden.  Unterdessen 
möge  sich  der  Kurfürst  gedulden:  inzwischen  habe  der  Kaiser  der  Generalität 
im  w^estphälischen  Kreise  befohlen,  dass  bei  beiden  Grafschaften  Mark  und 
Ravensberg  alle  Moderation  bei  Einbringung  der  Contribution  gebraucht  werde -'). 
Der  Kaiser  gestatte  auch,  dass  aus  den  eingehenden  Kreismitteln  eine  Anzahl 
kurfürstlicher  Truppen  erhalten  werde,  auch  wolle  der  Kaiser  dem  Comman- 
danten  in  Hamm  Weisung  zukommen  lassen,  dass  er  dem  Kurfürsten  zur  Ret- 
tung von  dessen  Ländern  Unterstützung  leiste  und  sich  hiezu  der  in  der  Mark 
und  Ravensberg  liegenden  Völker  bedienen  solle.  Bevor  man  diesen  Bescheid 
gibt,  soll  man  dem  kölnischen  Gesandten  Fürstenberg ^)  davon  Mittheilung 
machen. 

Am  20.  wird  dieses  Gutachten  verlesen  und  der  Kaiser  bestimmt:  Mit 
Kleist  soll  mündlich  verhandelt  werden,  die  im  Gutachten  ausgeführte  Antwort 
soll  ihm  gegeben,  jedoch  der  Punkt  wegen  der  Weisung  an  den  Commandanten 
zur  Hilfeleistung  an  Brandenburg  ausgelassen  werden  ^). 

')  Vergl.  über  diese  Unterredung  und  den  Eindruck,  den  sie  bei  Schweden  und 
Frankreich  machte;  Urk.  u.  Act.  H.  17f.,  Puf.  1.  c.  HI.  20.  22. 

^)     Vergl.  weiter  unten. 

^)  Franz  Egon  Graf  von  Fürstenberg.  Vergl.  für  seinen  Aufenthalt  in  Wien 
Urk.  11.  Act.  IV.  819,  821. 

■')  Vergl.  Urk.  u.  Act.  IV.  818  f.  In  der  dem  Kleist  am  28.  Febr.  1648  gegebenen 
Antwort  auf  ein  von  ihm  am  12.  Febr.  übergebenes  Memorial,  erscheint  dann  doch 
der  Passus,  dass  der  Commandant  von  Hamm  Befehl  erhalten  soll,  so  viel  als  möglich 
den  Wünschen  des  Kurfürsten  zu  willfahren. 


40  I-     Mission  Blumentbals  etc. 

Der  Kurfürst  an   den   Kaiser.     Cleve  10.  Febr.  1648.     (Or.) 

[Contribution  in  der  Mark  und  Ravensberg.     Räumung  von  Hamm.] 

10.  Febr.  Bittet  den  Kaiser,  darauf  zu  sehen,   dass    der  Kurfürst  von  Köln   und  der 

Feldmarschall  Lamhoy')  Befehl  erhalten,  mit  den  Contributionen  in  der  Mark 
und  Ravensberg  einzuhalten  und  diese  Länder  die  vom  Kaiser  zugestandene 
Neutralität  geniessen  zu  lassen  ^).  Zu  gleicher  Zeit  bittet  der  Kurfürst  um  Ein- 
räumung von  Hamm. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Cleve  11.  Febr.  1648.     (Aut.) 

[Bitte  um  Verbot  für  Kurköln  und  Lamboy  die  Mark  und  Ravensberg  mit  Contribu- 
tionen zu  beschweren.] 

11.  Febr.  Ich  zweiffelle  nicht.    e.s  werde  E.  K.   M.  al.-;chon    underthenigst  vor- 

bracht Sein,  welcher  gestaldt  zu  erhaltung  undt  nicht  zu  gentzlicher 
verherung  meiner  So  sehr  hochbedrengten  Grafschaften  Marck  undt 
Ravensperg,  wie  auch  zu  Unterhaltung  eigenen  volcker,  welche  ich  dem 
Reich  mitt  zum  be.sten  auff  die  beine  gebracht,  ahn  Chur  Collens  L"*^" 
wie  auch  ahn  H"  Veldt  Mar.'^chalck  Lamboy^)  so  woll  schrift-  als  Mündt- 
lichen  umb  gentzliche  nachlassung  der  contribution  verschidene  mahlle 
anhalten  undt  anregung  thun  lassen,  wie  dan  die  abschriften  nehbenst 
meinen  weittleuftigen  underthenigsten  Schreiben  ahn  E.  K.M.  mit  mehrem 
aussweissen,  damitt  E.  K.  M.  Ich  nicht  zu  lange  behelligen  möge,  ziehen 
thu,  besagen  werden.  Demnach  Ich  auch  befürchten  muss,  das  mir  solches 
durch  missgunstige  ubell  gedeuttet  werden  möchte;  als  hab  solches  zu 
E.  K.  M.  allergnedigsten  Wissenschaft  underthenigst  uberschicken  undt 
hinterbringen  wollen,  mitt  unterthenigster  bitte,  E.  K.  M.  genedigst  ge- 
ruhen w^erden,  die  in  obgemelter  Schrift  angezogene  erhebliche  motiven 
undt  Ursachen,  insonderheitt  aber  die  von  E.  K.  M.  diesen  landen  vor- 
lengst  allergenedigste  bewilligtten,  auch  mitt  den  Staadten  Generali  ge- 
schlossene undt  veracordirte  Neutralitet  in  genedigster  reiffen  conside- 
ration  zu  ziehen,  auch  meinen  gehorsambsten  suchen  in  kayserlichen 
genaden,  rahum  undt  stadt  geben  undt  S.  Ld.  dem  Churfürsten  zu  Collen, 
wie  auch  obgemelten  von  Lamboy  allergenedigst    undt  ernstlich  anzube- 


^)  Graf  Wilhelm  Lamboy,  kaiserlicher  Feldmarschall;  vercfl.  Deutsche  Bieg.  17. 
557  ff.  (Hallwich). 

2)  Vergl.  für  diese  Streitfrage,  ürk.  u.  Act.  I.  G76;  II.  21;  IV.  654 f.,  819, 
821,  823. 

*)  Die  Correspondenz  des  Kurfürsten  mit  Lamboy.  liegt  vor.  Dieselbe  enthält 
nichts  wesentliches. 


Contributionsangelegenheit.  41 

fehllen,  meine  landen  ferners  mitt  allen  alten  undt  neuen  auflagen  gentz- 
lich  zu  verschonen  .... 


Contributionsangelegenheit. 

Die  Contributionsfrage  zieht  sich  Monatelang  hin;  es  erfolgen  immer  neue 
Schreiben  seitens  Brandenburgs ')  und  Kölns  -)  und  Berathungen  der  Confereuz. 
Am  10.  und  16.  März  bestimmt  die  Conferenz,  es  mögen  die  Acten  vom  Jahre 
1635,  auf  die  sich  Brandenburg  beruft,  eingesehen,  unterdess  aber  alle  mili- 
tärischen Executionen  in  den  Grafschaften  Mark  und  Ravensberg  eingestellt  wer- 
den. Nach  neuen  Berathungen,  welche  nach  Einkommen  neuer  Schreiben  von 
Brandenburg  gepflogen  wurden  (Conferenzprotocolle  vom  25.  u.  29.  April),  wird 
am  29.  April  dem  kurfürstlichen  Gesandten  bezüglich  der  Contributionen  eine 
günstige  Erklärung  gegeben,  indem  die  beiden  Grafschaften  von  Contributionen, 
bis  auf  Reichs-  und  Kreisverwilligungen,  befreit  sein  und  bleiben  sollen.  Wegen 
Hamm  bleibt  der  Kaiser  bei  seinen  früheren  Erklärungen  2).  Erst  am  14.  Juli 
erfolgt  dann  die  kaiserliche  Entscheidung,  dass  dem  Kurfürsten  Hamm  über- 
lassen werden  soll,  unter  den  Bedingungen  :  l'*.  Dass  den  kaiserlichen  Völkern 
durch  Hamm  Pass  und  Repass  offen  stehen  soll,  wenn  sie  solchen  begehren 
würden.  2°.  "Wenn  Hamm  angegriffen  wird,  muss  der  Kurfürst  nicht  nur  das- 
selbe so  gut  als  möglich  selbst  vertheidigen,  sondern  sich  hiezu  keines  anderen 
als  des  Kaisers  Succurs  bedienen  und  3''.  dass  I.  Ch.  I)..  das  von  den  kai- 
serlichen Gesandten  zu  Händen  der  Schweden  unter  dato  den  11.  Mai 
d.  J.  hinausgegebene  instrumentum  pacis  durchgehends  genehm  halten, 
dessen  sich  gegen  die  schwedischen  Gesandten  in  lücis  tractatuum  er- 
klären und  mit  und  neben  andern  Ständen  solches  manuteniren  helfen 
wollen  und  werden.  Neue  Verhandlungen  mit  dem  kurfürstlichen  Gesandten, 
der  von    der  Aufnahme    der   letzten  Bedingung    in    den  Vertrag  nichts   wissen 


')  Schreiben  des  Kurfürsten  toid  10.,  27.  und  31.  März  1648.  Auch  Kleist  be- 
tont in  seinen  Eingaben  vom  12.  Febr.  und  14.  ilärz  1648  neben  anderen  Punkten, 
bezüglich  derer  der  Kurfürst  Satisfaction  wünsche  —  Räumung  von  Hamm,  Ersatz 
für  Jägerndorf,  Entscheidung  in  der  Streitfrage  Schwarzenbergs  gegen  die  clevischen 
Regierungsräthe  —  auch  die  Frage  des  Verbotes  der  Contribution  in  der  Mark  und 
Ravensberg. 

^)  Der  Kölner,  der  beim  Kurfürsten  zu  Cleve  sich  entschuldigte  und  den  Kaiser 
als  Urheber  alles  geschehenen  bezeichnete  (vergl.  Urk.  u.  Act.  IV.  820),  stellte  iu  Wien 
Friedrich  Wilhelms  Vorgehen  als  ein  höchst  gefährliches  dar.  (Kölns  Meinung  und 
Eröffnung  über  Brandenburgs  Handlung  wegen  Hamm  und  der  Contributionen. 
d.  d.  30.  März  1648.) 

')  Vergl.  Urk.  u.  Act.  IV.  821.  In  einem  Schreiben  vom  29.  April  1648  Conc. 
d.  d.  Prag  an  den  Kurfürsten  erklärt  der  Kaiser,  er  könne  dem  Kurfürsten  von  Köln 
und  Lamboy  nicht  alle  Schuld  beimessen;  in  erster  Linie  sei  die  schlechte  Zusammen- 
setzung des  deutschen  Reiches  Schuld  an  diesem,  wie  allem  anderen  Unheil. 


42  ^-     Mission  Blmnenthais  etc. 

wollte,  führten  dahin,  dass  sich  der  Kaiser  am  30.  Juli  in  einem  neuen  Bescheid 
an  Kleist  dahin  erklärte:  „Allermassen  I.  K.  M.  nicht  zweifeln,  S.  Ch.  D. 
werde,  soviel  das  inslrumentum  pacis  betrifft,  deroselben  Vorantwort 
vom  8.  Juni  zu  Folge,  sich  selbst  gegen  I.  K.  M.  dergestalt  erklären, 
wie  es  die  Rettung  des  allgeraelnen  Vaterlandes  und  dero  selbst  eigenes 
churfiirstliches  Amt  erfordert",  ist  der  Kaiser  zur  Uebergabe  von  Hamm 
bereit,  gegen  das  Zugeständnis  des  freien  Durchzuges  und  der  Verthei- 
digung  Hamms  nur  mit  kaiserlicher  Hilfe  ').  Ganz  in  diesem  Sinne  lautet 
die  Urkunde,  die  am  31.  Juli  ausgestellt  ist. 


Die  Jülich -clevische  Streitfrage. 

Gutachten    der    deputii-teii  Käthe   bezüglich   der  JUlich-clevi- 
schen  Streitfrage.     21.  Juli. 

21.  Juli.  Das  Gutachten  der  deputirten  Räthe  vom  21.  Juli  beschäftigt  sich  sehr  ein- 

gehend mit  der  brandenburg-pfälzischen  Streitfrage-). 

Es  werden  die  Schreiben  der  Fürsten  von  Neuburg.  Brandenburg.  Baiern, 
Sachsen,  Mainz  u.  a.  m.  verlesen  und  die  von  beiden  Partheien  vorgebrachten 
Rechtfertigungsgründe  in  Erwägung  gezogen^).  ,,  Alles  dieses  haben  die  gehor- 
samsten Räthe  mit  besonderem  Fleisse  erwogen  und  Itefinden  ie  länger, 
ie  mehr,  dass  des  Hn.  Churfürsten  zu  Brandenburg  fiirgenommene  That- 
handkmg  ie  länger,  ie  weniger  zu  verantworten,  nicht  allein  quoad  mo- 
dum  procedendi,  sondern  auch  quoad  rem  ipsam."  Da  nun  aber  klar  ist, 
dass  Brandenburg  die  Succession  in  diesen  Ländern  und  zwar  mit  Waffengewalt 
anstrebt,  so  erhebt  sich  die  Frage,  ob  man  kaiserlicher  Seits  jemanden  an  den 
Hof  des  Brandenburgers  schicken  soll,  um  ihn  zu  gütlicher  Niederlegung  der 
Waffen  und  Acceptirung  der  zum  Ausgleiche  eingesetzten  Gommission  ■*)  zu  be- 
wegen,  wie  Köln    und  Baiern   gerathen  haben.     Die  Räthe   halten  dies  für  un- 


0     Vergl.  ürk.  u.  Act.  IV.  822  ff. 

-)  Vergl.  für  die  Geschichte  dieses  Streites  ürk.  u.  Act.  VI.  Iff.,  V.  403  ff. .  III. 
fi6ff ;  Droysen  I.e.  III]  349 ff,  III2  lOff.;  Mörner,  Märkische  Kriegsoberste  182  ff.,  2n9ff ; 
Erdmannsdörffer,  Graf  Waldeck  26  ff. 

^)  In  seiner  Resolution  d  d.  Wien  9.  Juli  1651  (Urk.  u.  Act.  VI.  46)  hatte  der 
Kaiser  bereits  deutlich  seine  Misbilligung  über  des  Kurfürsten  unberechtigtes  Vor- 
geben gegen  den  Herzog  von  Neuburg  ausgesprochen. 

*)  Am  16.  April  1649  waren  auf  specielleu  Antrag  des  Pfalzgrafen,  Kurfürst 
Ferdinand  von  Köln  und  Herzog  August  von  Braunschweig-Wolfenbüttel  zu  Com- 
missären  „zur  Ordnung  des  Kirchen-  und  Religionswesens  in  den  Jülich-Clevischen 
Landen"  vom  Kaiser  ernannt  w^orden.     Vergl.  Urk.  u    Act.  VI.  5  f. 


Jülich-clevische  Streitfrage.     Urtheil  über  Brandenburg.  43 

nöthig,  vergeblich  und  unrathsam,  weil,  wenn  das  Dehortationsschreiben  an  den 
Kurfürsten')  und  die  Blumenthal  gegebene  Resolution'-)  nichts  helfen,  ein  Ge- 
sandter auch  nichts  ausrichten  wird,  sondern  es  würde  das  die  Sache  nur  ver- 
zögern und  aussehen,  wie  wenn  der  Kaiser  seinen  Schreiben  selbst  nicht  be- 
deutenden Werth  beilegen  würde;  „ad  partera  aber  und  noch  zur  Zeit  pri- 
vatim einen  vornehmen  hohen  ministro  und  etwa  den  Grafen  von  Hatzfeld^) 
in  Bereitschaft  und  dort  in  loco  unvermerkt  zu  haben,  wäre  das  aller- 
sicherste".  Auch  gegen  die  von  Baiern  und  Köln  vorgeschlagene  Interposition 
der  benachbarten  Fürsten  sprechen  sich  die  Räthe  mit  Rücksicht  auf  die  da- 
durch verletzte  Autorität  des  Kaisers  aus;  abgesehen  davon,  dass  auch  dieser 
Weg  wegen  der  vielen  Interponenten  die  Sache  hinausschieben  würde.  Die 
Räthe  sind  vielmehr  der  Ansicht,  der  Kaiser  solle,  wie  Pfalz-Neuburg  ersucht 
und  Mainz  in  seinem  letzten  Schreiben  gerathen  habe,  neue,  strenge  Dehortations- 
schreiben an  Brandenburg  ergehen  lassen  und  den  Kurfürsten  zur  Niederlegung 
der  Waffen  und  Annahme  der  Commission  bewegen;  man  könnte  auch  die 
Clausel  hinzufügen,  dass  auf  den  widrigen  Fall  E.  K.  M.  zu  andern  Mitteln 
greifen  und  nach  Inhalt  des  Friedensschlusses  mit  Chur-Fürsten  und 
Ständen  des  Reichs  demienigen  Theil  wirklich  assistiren  und  Hilfe  leisten 
miissten,  welcher  sich  zu  Fried  und  Recht  erbietig  machen  thäte  und 
allein  in  terminis  defensivis  hielte.  Es  entspricht  dies  den  Wünschen  der 
anderen  Fürsten  und  den  Bestimmungen  des  Friedens.  Dann  sollen  neue 
Schreiben  an  die  Stände  von  Jülich  und  Berg  erlassen  und  dieselben  neuer- 
dings aufgefordert  werden,  Neuburg  gegen  Brandenburg  zu  unterstützen^). 
Avocatorische  Schreiben  an  den  Pfalzgrafen  und  seine  Soldaten  zu  richten,  wie 
dies  bei  Brandenburg  geschieht,  halten  die  Räthe  nicht  für  recht,  weil  der 
Pfalzgraf  in  iustissiraa  et  licita  et  necessaria  defensione  steht.  Ferner  sollen 
Schreiben  an  die  Obersten  der  benachbarten  Kreise  ergehen,  i.  e.  westphälischen, 
oberrheinischen  und  kurrheinischen,  sich  zu  rüsten,  um  nöthigenfalls  Neuburg 
Hilfe  zu  leisten  und  ihnen  aufgetragen  werden,  Werbungen  für  Brandenburg  in 
ihren  Ländern  nicht  zu  gestatten,  auch  Brandenburgs  Soldaten  keinen  Durchzug, 
noch  Munition  etc  zu  gewähren.  Die  Commissäre  wegen  des  Religionspunktes, 
—  der  Bischof  von  Münster s)  und  der  Herzog  August  zu  Braunschweig''),  — 
sollen    ihre   Untersuchungen    fortsetzen    und    an    Stelle   Augusts,   wenn    er  sich 


')  Vergl.  das  Schreiben  des  Kaisers  au  den  Kurfürsten  d.  d.  Wien  3.  Juli  1651; 
Urk.  u.  Act.  VI.  40 ff. 

-)  Resolution  des  Kaisers  an  Biumeuthal,  Wien  9.  Juli  1651;  Urk.  und  Act. 
VI.  46. 

^)     Graf  Melchior  von  Hatzfeld. 

*)     üeber  die  Haltung  der  clevischen  Stände  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  V.  403  ff. 

•)  Christof  Bernhard  von  Galen,  vergl.  Alpen,  Job.  ab,  De  vita  et  gestis  Ch.  B- 
Tücking,  K.  Gesch.  des  Stiftes  Münster  unter  Christof  Bernhard  von  Galen. 

'")  Herzog  August  von  Braunschweig-Wolfenbüttel,  vergl.  über  ihn  Köcher  1.  c. 
I.  343ff. 


44  ^-    Mission  Blumenthals  etc. 

widerwärtig  zeigt,  der  Landgraf  Georg  zu  Hessen-Darmstadt  gewählt  werden. 
Mainz,  Cöln  und  Baiern  sollen  Dankschreiben  für  ihren  Rath  erhalten.  Alle 
diese  Fürsten  sollen  auch  die  Staaten  von  Eingriffen  abrathen').  Auch  an 
Sachsen  soll  ein  Schreiben  mit  Rechtfertigung  des  kaiserlichen  Vorgehens  er- 
lassen werden -).  Blumenthal  kann  man  schriftlich  die  Unhaltbarkeit  seiner  Be- 
hauptungen klarlegen'*).  (Beschlossen  von  Khurtz,  Oettingen,  Gebhard.  In  der 
Sitzung  vom  24.  Juli  werden  diese  Beschlüsse  gebilligt'').) 


3.  August  1651. 

Aug.  Der  Neuburger 5)  bedankt  sich  unter  dem  15.  Juli  für  die  an  Brandenburg 

erlassenen  Dehortationsschreiben;  er  fürchtet  aber,  dieselben  werden  keinen  Er- 
folg haben,  bittet  daher  den  Kaiser  avocatoria  und  poenalia  mandata  auch  an 
alle  Reichsvasallen  und  Unterthanen,  in  specie  aber  an  die  clevischen,  märki- 
schen und  ravensbergischen  Landstände  zu  erlassen  und  ihn  mit  Waffen  zu 
unterstützen;  auch  berichtet  er  unter  dem  19.  Juli  von  Einfällen  und  Plünde- 
rungen der  Brandenburger  G)  und  über  der  Generalstaaten  angebotene  Me- 
diation'). Ebenso  berichtet  der  junge  Pfalzgraf**)  über  des  Brandenburgers 
Vorgehen.  Die  Räthe  glauben,  dass  die  Interposition  der  Staaten  nicht  unge- 
fährlich ist,  auch  sei  zweifelhaft,  ob  sie  für  den  Neuburger  vortheilhaft  sein 
wird,  doch  rathen  die  Räthe  dem  Kaiser  nichts  gegen  diese  Mediation  einzu- 
Avenden,  da  sie  bereits  erfolgt  und  der  Neuburger  nach  den  Bestimmungen  des 
Friedens  von  1648  zu  solchem  Bündnisse  das  Recht  habe.  Ob  der  Kaiser  aber, 
wie  der  Neuburger  wünscht,  gleichfalls  sich  zur  Mediation  erbieten  solle,  ist 
schwer  zu  sagen,  es  spricht  manches  dagegen,  manches  dafür;  entscheidet  sich 
der  Kaiser  für  die  Mediation,  so  soll  Hatzfeld  hingesendet  werden,  mit  dem 
Befehl  bei  Mainz  und  Köln  Mittheilung  von  seiner  Mission  zu  machen,  und  der 
Reichshofrath  Anethan  ^)  soll  ihn  begleiten.  Dem  Neuburger  wäre  zu  schreiben, 
er    solle    sich    den   Aussprüchen   der  Commissäre '")   fügen.     Bezüglich  der  be- 


')  Ueber  das  Verhältnis  der  Staaten  zu  diesem  Streite  Urk.  u.  Act.  III.  66 ff. 
und  die  dort  citivte  Literatur. 

-)  Alle  diese  Schreiben  sind  gemäss  den  Beschlüssen  der  Conferenz  am  24.  Juli 
ausgefertigt  worden. 

^)  üeber  die  Verhandlungen  mit  Blumeathal  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  VI.  56  ff. 
Mörner,  Märkische  Kriegsoberste  274  ff. 

■*)  Vergl.  das  Schreiben  Ferd.  III.  an  den  Kurfürsten  d.  d.  Wien  24.  Juli  1651, 
Urk.  u.  Act.  VI.  57  ff. 

^)     Gemeint  ist  Wolfgang  Wilhelm 

^)  Ueber  die  Kriegsereignisse  im  brandenburg-pfälzischen  Kriege  Droysen  1.  c. 
III2  28ff. ;  Puf.  1.  c.  IV.  25;  Erdmannsdörffer  Graf  Georg  Friedrich  von  Waldeck  26  ff. 

')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  III   70ff;  Aitzema  1.  c.  III.  672ff. 

0     Philipp  Wilhelm. 

^)     Dr.  Johann  Anethan. 

'")     Münster  und  Braunschweig-Wolfenbüttel. 


Bliimenthals  Memorial  bezüglich  der  Jülich-clivischen  Sache.  45 

gehrten  Hilfe  sind  die  beiden  Neuburger  auf  die  vom  Kaiser  bereits  angeordnete 
Hilfe  der  benachbarten  Kreise  zu  verweisen;  doch  empfehlen  die  Räthe  dem 
Kaiser,  sich  in  Verfassung  zu  setzen,  (ßeschluss  von  Khurtz,  Oettingen, 
Gebhard.) 

Dem  Kaiser  am  5.  August  vorgelesen  und  beschlossen  wie  gerathen,  nur 
soll  der  staatischen  Mediation  in  den  kaiserlichen  Schreiben  nicht  gedacht  wer- 
den und  dem  Hatzfeld  die  poenalia  mandata  nicht  mitgegeben  werden  '). 


8.   Auo^ust. 


Das  Memorial  Blumenthals  vom  5.  Aug.  ^)  ist  zwar  ziemlich  subtil  8.  Aug. 
gestellt,  dann  es  soll  dem  äusserlichen  Ansehen  nach  eine  Sinceration 
und  Parition  des  Herrn  Churfürsten  auf  E^  K.  M.  erste  dehortatorias  mit 
sich  bringen,  wann  maus  aber  recht  beim  Licht  besieht,  so  hält's  nichts 
weniger  als  dies  in  sich  und  hat  fast  einen  Schein,  als  wann  man  E. 
K.  M.  hierdurch  a  scopo  suae  dehortationis  gänzlich  divertiren  wollte; 
dann  es  hält  in  substantia  nichts  mehr  als  diese  3  Punkte  in  sich. 
1°.  Erklärung,  dass  der  Kurfürst  in  der  Neuburger  Frage  sich  nicht  mit  einer 
andern  Macht  geeinigt  habe.  2".  Der  Kurfürst  ist  auf  das  kaiserliche  Schreiben 
hin  bereit  sich  zu  gütlicher  Beilegung  der  Sache  zu  bequemen.  3".  Bitte,  dass 
der  Kaiser  vor  Blumenthals  Abreise  sich  auf  seine  und  Crockows  Forderungen 
in  der  pommerschen  Angelegenheit  entschliesse  und  dem  Kurfürsten  zu  wirk- 
licher Erlangung  dieser  Lande  behilflich  sei^).  Was  den  ersten  Punkt  betrifft, 
soll  dem  Gesandten  erwidert  werden,  wenn  der  Kurfürst  für  sich  allein  die 
Sache  unternommen,  könne  er  sie  um  so  eher  aufgeben.  Der  zweite  Punkt 
ist  ganz  leer  auf  E.  K.  M.  Abmahuungsschreiben,  dann  dieses  geht  nicht 
dahin,  dass  sich  der  Kurfürst  zu  gütlicher  Beilegung  dieses  Streites  be- 
queme, sondern  von  den  Gewaltthätigkeiten  abstehe,  seine  Völker  aus 
den  jülischen  und  bergischen  Landen  alsobald  abführen  solle;  die  güt- 
liche Beilegung  ist  für  den  ganzen  Successionsstreit  gemeint.  Diese  falsche 
Auslegung,  glauben  die  Räthe,  müsse  betont  und  gerügt  werden.  Der  Punkt 
wegen  Pommern  gehört  nicht  hieher.  Man  möge  also  Blumenthal  dahin  ant- 
worten: Die  Erklärungen  des  Memoriales  vom  5.  August  genfigen  nicht;  der 
Kaiser  fordere  Abberufung  der  Truppen,  Wiederherstellung  des  vorigen  Standes; 
auch  soll  der  Kurfürst  der  Commission,  die  den  Religionspunkt  entscheidet,  Folge 
leisten.  Unterdess  werde  der  Kaiser  mit  uninteressirten  Reichsfürsten  den  Suc- 
cessionsstreit zu  erledigen  suchen. 


^)     Der  Kredenzbrief  für  Hatzfeld  ist  datirt  Wien  5.  Aug.  1651. 
2)     Vergl.  den  Inhalt  bei  Urk.  u.  Act.  VI.  80 f. 

^)     Es  handelte  sich  um  die  langwierige  Grenzregulirungsfrage ;    vergl.  Urk.  und 
Act.  IV.  829ff. ;  über  Crockows  Mission  nach  Wien  Urk.  u.  Act.  IV.  890if. 


46  I-     Mission  Blumentlials  etc. 

Am  10.  August  dem  Kaiser  vorgelesen  und  beschlossen  wie  eingerathen, 
iedoch  soll  der  Bescheid  etwas  glimpflicher  eingerichtet  und  P.  K.  M. 
abgelesen  werden. 


18.  August   1651. 

18.  Aug.  Von  Pfalz-Neuburg')  und  Brandenburg-)  sind  Schreiben  eingekommen. 

Die  Räthe  halten  dafür,  obwohl  des  Brandenburgers  Schreiben  an  Pfalz- 
Neuburg  ^)  die  Intention  zur  gütlichen  Handlung  zeigt,  dass  dies  nur  geschehen 
sei,  um  Zeit  zu  gewinnen.  Die  Räthe  können  es  daher  dem  Neuburger  nicht 
verdenken,  dass  er  nicht  sogleich  darauf  eingegangen,  sondern  vorerst  die  Ab- 
führung der  brandenburgischen  Truppen  und  andere  Gewährleistungen  gefordert 
habe*).  Weil  aber  das  Streben  des  Kaisers  darauf  gerichtet  ist,  Friede  zu 
machen,  zu  diesem  Behufe  Hatzfeld  abgeordnet  worden  sei,  sind  die  Räthe  da- 
für, man  möge  dem  Pfalzgrafen  zur  Annahme  der  Verhandlungen  zureden  und 
ihm  durch  Hatzfeld  des  Kaisers  Ansichten  genau  auseinandersetzen  lassen. 
Bezüglich  Brandenburgs  halten  es  die  Räthe  nicht  für  rathsam,  dass  der  Kaiser 
des  Kurfürsten  Schreiben  beantworte,  damit  sie  nicht  vermeinen,  dass  durch 
Acceptirung  und  Beantwortung  dieses  ihres  Schreibens  die  vergangene 
Thathandlung  und  nicht  erfolgende  Parition  bereits  vergessen  und  ver- 
geben sei,  sondern  man  möge  noch  einige  Zeit  mit  der  Antwort  warten. 
(Khurtz,  Oettingen,  Gebhard.)     Am  20.  beschlossen  wie  eingerathen. 


1.  September  1651. 

1.  Sept.  Inhalt   des   kurfürstlichen   Schreibens    vom  21.  Aug.  1651^).     Um   zu  ent- 

scheiden, wer  Recht  hat,  müsste  man  den  Bericht  von  Neuburg  haben.  Die 
Räthe  halten  doch  darvor,  wann  man  den  statum  causae  betrachten 
will,  dass  der  Zeit  nicht  zu  reden  sei,  quid  de  iure  faciendum,  sed 
quid  facto  opus  sit  und  sind  der  einhelligen  Meinung,  dass  E''.  K.  M. 
und  des  heil.  Reichs  Dienst  erfordere,  dass  dieser  Krieg  je  eher  je  besser 


*)  Das  Schreiben  Neuburgs  ist  vom  5.  Aug.  und  enthält  Klagen  über  Branden- 
burgs Vorgehen  und  die  Bitte  um  energisches  Vorgehen  seitens  des  Kaiserhofes. 

-)  Das  Schreiben  des  Kurfürsten  au  den  Kaiser  vom  5.  Aug.  in  ürk.  u.  Act. 
VI.  79  f.  über  die  Wirkung  desselben,  89  f. 

2)  Schreiben  Fried.  Wilh.  an  Wolfgang  Wilh.  vom  25.  Juli  16Ö1,  in  welchem 
der  Kurfürst  um  eine  persönliche  Zusammenkunft  ersucht;  gedruckt  unter  anderem 
Urk.  u.  Act.  VI.  64 f. 

"•)  Schreiben  Wolfgang  Wilhelms  an  Fried.  Wilh.  d.  d.  27.  Juli  1G51 :  gedruckt 
unter  anderen  ürk.  u.  Act.  VI.  65  f. 

^)     ürk.  u.  Act.  VI.  93  f. 


Veränderter  Stand  der  Ding-e.     Nothwendigkeit  die  Waffen  niederznlegen.  47 

gedämpfr,  werde;  es  leide  endlich,  wer  da  wolle.  Die  Räthe  halten  dafür, 
der  Kaiser  möge  Hatzfeld  und  Anethan,  den  Commissären,  Mittheilung  von  des 
Kurfürsten  Schreiben  machen  und  die  gütliche  Beilegung  so  rasch  als  möglich 
fortsetzen.  Der  Neuburger  ist  vom  Kaiser  zu  ermahnen,  doch  seinerseits  alles 
zu  thun,  was  die  Herstellung  des  Friedens  beschleunige.  Brandenburg  ist  aber 
vom  Kaiser  dahin  zu  verständigen,  dass  die  Erklärungen  des  Kurfürsten  und  die 
mit  Neuburg  gepflogenen  Unterhandinngen  ')  dem  Kaiser  grosse  Freude  bereitet 
und  dass  der  Kaiser  alles  aufbieten  werde,  um  den  Neuburger  zur  Fortsetzung 
der  Verhandlungen  zu  vermögen  -).     (Beschlossen  Khurtz,    Oettingen,  Gebhard.) 


21.  September  1651. 

Nach  Verlesung  sämmtlicher  eingelaufener  Berichte  erklären  die  Räthe,  sie  21.  Sept. 
fänden  den  statum  rerum  geändert  und  dass  der  Herr  Pfalzgraf  zu  Neuburg 
durch  die  Verhandlungen  zu  Angerort ^)  und  Essen*)  merklich  verkürzt  worden, 
indem  er  mit  dem  aufgerichteten  armistitio  aus  seinem  Vortheil  gebracht  sei.  den 
Herzog  von  Lothringen  und  seinen  Sohn  beleidigt^)  und  der  Vortheile,  die  ihm 
des  Kaisers  Mediation  geboten,  sich  begeben  habe.  Denn  früher  hat  Branden- 
burg als  Verletzer  des  Friedens  gegolten,  jetzt  aber  behauptet  der  Kurfürst 
alles,  was  der  Kaiser  gefordert,  gethan  zu  haben  und  dass  auf  Seite  Neuburgs 
der  Grund  der  Verzögerung  zu  suchen  sei'').  Auch  ist  durch  Neuburgs  Vor- 
gehen die  Mediation  der  Staaten  so  bedeutend '),  dass  die  Räthe  nicht  sehen, 
wie  der  Kaiser  salva  reputatione  sich  in  die  Sache  mischen  könnte;  wundern 
sich  auch  sehr,  dass  Köln  sich  so  habe  gebrauchen  lassen.  Auch  halten  die 
Räthe  es  für  gänzlich  verfehlt,  dass  die  Verhandlungen  geführt  werden  sollen, 
während  man  beiderseits  noch  Waffen  führt.     Um  die  Autorität  des  Kaisers  zu 


')  Gemeint  ist  die  Verhandlung  des  Kurfürsten  mit  dem  Pfälzer  zu  Angerort; 
Mörner  1.  c.  315ff.;  Wicquefort,  Hist.  des  Prov.  Un.  II.  97;  Urk.  u.  Act.  VI.  91f ,  129ff.; 
Aitzema  1.  c.  III.  677;  Erdmannsdörffer  Waldeck  1.  c.  39f. 

^)     Der  Kaiser  an  den  Kurfürsten  2.  Sept.   1651,  Urk    u.   Act.  VI.  95. 

^)     Vergl.  Anm.  1. 

*)  Ueber  die  Verhandlungen  zu  Essen  Mörner  1.  c.  324ff. ;  Aitzema  1.  c.  III. 
681  ff.;  Urk,  u.  Act.  III.  75 ff.,  VI.  99 ff. 

^)  Ueber  die  Politik  des  Herzoges  Karl  von  Lothringen  und  seine  Stellung  in 
diesem  brandenburg-pfäJzischen  Kriege,  Urk.  u.  Act.  III.  8f.  u.  passim;  d'Haussonville, 
llist.  de  la  reunion  de  la  Lorraine  ä  la  France  IL;  Erdmannsdörffer  Waldeck    157 ff. 

'')  Vergl.  das  Schreiheu  des  Kurfürsten  an  den  Kaiser  vom  19.  Sept.  1651  Urk 
u.  Act.  VI.  108  ff.  Schon  in  2  früheren  Schreiben  d.  d.  Duisburg  6.  Sept.  und  Cleve 
15.  Sept.  1651  hatte  der  Kurfürst  darauf  hingewiesen,  dass  er  den  Befehlen  des  Kai- 
sers sich  gefügt,  der  Neuburger  dagegen  sich  veränderlich  gezeigt  und  den  Waffen- 
stillstand unter  dem  Vorwande  gekündigt  habe,  Brandenburg  hätte  ihn  durch  sein 
Zögern  dazu  vermocht.  In  beiden  Schreiben  fordert  der  Kurfürst  die  Unterstützung 
des  Kaisers. 

')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  IIL  76  ff. 


48  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

wahren,  halten  die  Räthe  für  nothwendig,  dass  die  Commission  auf  Hatzfeld  und 
Anethan  dahin  erklärt  werde,  dass  E.  K.  M.  Meinung  nit  gewesen,  mit  der- 
selben auf  was  mehrers,  als  auf  gänzliche  vollständige  Abführung  beiderseits 
Kriegsvölker  und  Einstellung  aller  weitern  Hostilitäten,  sodann  auf  Fort- 
setzung deren  auf  den  Herrn  Bischof  zu  Münster  und  Herrn  Landgrafen  zu 
Hessen-Darmstadt  in  p°  religionis  verordneten  Reichscommission  zu  gehen 
und  wider  denienigen  Theil,  welcher  sich  hiezu  nicht  verstehen  würde, 
die  kaiserlichen  mandata  avocatoria  zu  publiciren,  hierunter  aber  wider 
Churbrandenburg  als  primum  aggressorem  den  Anfang  zu  machen.  Dem 
Kurfürsten  von  Brandenburg  soll  geschrieben  werden,  er  möge  die  Waffen 
niederlegen  und  sich  bezüglich  der  Religionsfrage  den  Beschlüssen  der  kai- 
serlichen Commissäre  fügen;  dann  werde  der  Kaiser  dafür  sorgen,  dass  Neu- 
burg sich  auch  füge ').  Davon  ist  dem  Hatzfeld  Nachricht  zu  geben,  mit  dem 
Befehle,  auf  die  Durchführung  dieses  kaiserlichen  Befehles  zu  sehen.  Den  Kur- 
fürsten von  Mainz,  Köln,  Baiern  und  Sachsen  ist  von  diesen  Entschlüssen  des 
Kaisers  Mittheilung  zu  machen.  Neuburg  ist  zu  rathen,  die  Waffen  niederzu- 
legen, und  die  Gefahren  zu  schildern,  die  ihm  bei  Weigerung,  dies  zu  thun, 
drohen. 


29.  September  1651. 

29.  Sept.  Die  Räthe  finden,   dass   die   kaiserlichen  Abgesandten-)  sehr  wohl  gethan, 

dass  sie  sich  bei  Pfalz-Neuburg  über  dessen  Stimmung  in  puncto  depositionis 
armorum  als  dem  Hauptwerk  ihrer  Commission  erkundigt  und  ihn  und  den 
jungen  Herrn  zur  gütlichen  Ablegung  der  Waffen  und  Acceptirung  der  kaiser- 
lichen Commission  in  puncto  religionis  so  beweglich  ermahnt  haben,  da  dies 
für  die  weiteren  Verhandlungen  unerlässliche  Vorbedingung  sei.  Ob  nun  wohl 
der  iunge  Herr  fast  hitzig  für  der  Stirn  und  sich  sowohl  gegen  die  kai- 
serlichen Abgesandten,  als  dem  Herrn  Vater  selbst  sehr  eifrig  zum  Krieg 
und  dessen  Continuation,  bis  er  seine  Revanche  und  praetendirte  Satis- 
faction  erlangt,  vernehmen  lassen,  so  merken  doch  die  Räthe  aus  des 
alten  Herrn  so  müud-  als  schriftlicher  Erklärung,  dass  derselbe  mehr  zu 
Fried  und  Ruhe,  als  zu  weiterer  Continuirung  dieses  unnothwendigen 
Kriegswesens  Beliebung  trägt,  da  er  sich  nicht  blos  zur  Einstellung  aller 
Feindschaften  bereit  erklärt  hat,  sobald  Brandenburg  als  „primus  aggressor*^ 
hiemit  den  Anfang  machen  und  die  kaiserliche  Commission  als  Richter  in  dem 
Religionswesen  anerkennen  würde,  sondern  das  bereits  aufgekündigte  armistitium 
um    4  Tage  verlängert   hat,    um  den  kaiserlichen  Commissären  Zeit  zu   geben 


')     Vergl.  das  Schreiben  des  Kaisers  an  den  Kurfürsten  d.  d.  Ebersdorf  22.  Sept. 
1651,  ürk.  u.  Act.  VI.  Ulf. 

^)     Hatzfeld  und  Anethan;  vergl.  weiter  unten. 


Gutachten  über  die  vom  Kaiser  in  der  Jülich-ciev.  Frage  zu  beobachtende  Politik.        49 

mit  den  Brandenburgern  zu  sprechen.  Dieser  Commissäre  Bericht  ist  abzuwarten 
und  wenn  nichts  besseres  als  bisher  einlangt,  so  ist  der  jüngsten  Resolution 
gegen  Brandenburg  zu  inbaeriren,  das  sich  nicht  fügen  und  die  Waffennieder- 
legung  mit  der  Ausgleichung  der  Religionsfrage  zugleich  erledigt  haben  will. 
Ferner  sei  zu  ersehen,  dass  der  Kurfürst  die  Entschliessung  in  der  Religions- 
frage ganz  den  Staaten  überlassen  will,  was  gegen  die  Bestimmungen  des  Frie- 
dens von  1648  und  gegen  die  Ehre  des  Kaisers  Verstösse,  daher  fest  auf  An- 
erkennung der  kaiserlichen  Commission  in  diesem  Punkte  bestanden  werden 
müsse.  An  eine  Realsatisfaction  seitens  Brandenburg,  wie  sie  besonders  der 
junge  Neuburger  wünscht,  ist  nicht  zu  denken,  andererseits  kann  man  es  be- 
greifen, dass  Neuburg  für  den  erlittenen  Schaden  etwas  will;  der  alte  Neu- 
burger, der  die  Entscheidung  in  dieser  Frage  gleichfalls  dem  Kaiser  überlassen 
will,  begehrt  nur,  dass  er  dem  Kurfürsten  die  100  000  Thaler,  Avelche  er  dem- 
selben nach  dem  Vertrage  von  1647  zu  zahlen  verpflichtet  ist '),  nicht  zu  zahlen 
brauche  und  dass  seinem  Sohne  40000  Thaler  gegeben  werden.  Die  Räthe 
glauben,  Brandenburg  könne  einen  so  billigen  Vorschlag  nicht  ablehnen  und 
rathen,  die  kaiserlichen  Gesandten  dahin  zu  instruiren,  von  diesem  Vorschlage 
dem  Kurfürsten  Kenntnis  zu  geben.  Ferner  empfehlen  die  Räthe,  es  mögen 
beide  Theile  sich  auf  fürstliches  Wort  für  sich  und  ihre  Nachkommen  ver- 
pflichten, sich  nicht  mehr  via  facti  zu  beleidigen;  solche  Versprechen  sollen 
aber  auch  die  beiderseitigen  Stände  geben  und  sich  zur  Opposition  gegen  den 
Angreifer  verpflichten. 

Zur  Entscheidung  der  Streitfragen  könnten  Räthe  beider  Partheien  zusam- 
mentreten, auch  Vertreter  der  Stände  könnten  zugezogen  werden;  können  diese 
sich  nicht  einigen,  so  wenden  sie  sich  an  den  Kaiser  als  obersten  Richter. 
Wenn  die  Verhandlungen  zwischen  Brandenburg  und  Neuburg  im  Gange  sind, 
sollen  die  kaiserlichen  Gesandten  darauf  sehen,  dass  der  Kaiser  das  arbi- 
trium  und  directorium  mit  Absonderung  der  holländischen  Mediation  erhalte; 
ferner,  dass,  wenn  Köln  mitwirken  will,  Mainz  auch  herangezogen  wird;  dass 
die  Frage  der  Waffenuiederlegung  mit  jener  der  Ausgleichung  der  Religionsfrage 
nicht  confundirt  werde;  dass  der  Religionspunkt  der  kaiserlichen  Commission 
zur  Entscheidung  zugewiesen  werde.  In  diesem  Sinne  sind  die  Schreiben  der 
verschiedenen  Fürsten  zu  beantworten. 

(Beschlossen  von  Khurtz,  Oettingen,  Gebhard.) 

Lectum  coram  S.  C.  M'®.  in  consilio  secreto  5.  Octobris  1651  et  ab 
eadem  conculsum,  weil  die  Sachen  durch  die  nach  diesem  geschlossenen 
voto  einkommene  Schreiben  von  den  kaiserlichen  Gesandten  sowohl  als 
beiden  interessirten  Theilen  de  datis  19.,  23.  und  24.  Sept.  nächsthin, 
insoweit  abermahlen  geändert  worden  und  sich  täglich  mehr  ändert; 
dass  den  kaiserlichen  Gesandten  ein  Recepisse  zu  ertheilen  cum  appro- 
batione  actorum  und  dass  I.  K.  M.  das  von  dem  Anethano  Herrn  Reichs- 


^)     Vergl.  Mörner,  Kurbrandenbuigs  Staatsverträge  139. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XTV.  4: 


50  I-     Mission  Bluraenthals  etc. 

vicekanzler  eingeschlossene  Project')  Ihro  allergnädigst  gefallen  lassen, 
weil  aber  Churpfalz  dem  Friedensschluss  bis  dato  kein  Genügen  gethan, 
Hessen -Cassel  auch  Churbrandenburg  nahe  beschwägert,  also  sollten 
die  kaiserlichen  Gesandten  bei  Churbrandenburg  daran  sein,  dass  S.  Ch. 
D.  andere  unpartheiische  Chur-  und  Fürsten  vorschlagen  wollten,  dessen 
sie  dann  Pfalz-Neuburg  ebenmässig  zu  erinnern;  2°.  dass  sie  die  man- 
data  wider  Neuburg  noch  nicht  publiciren  sollen;  3°.  promoveatur  com- 
missio  in  puncto  religionis  und  wann  Braunschweig  auf  seinem  Unfug 
in  puncto  praecedentiae  contra  den  Bischof  von  Münster  beharren  wollte, 
dass  alsdann  solche  durch  den  Herrn  Landgrafen  zu  Hessen  fortzusetzen. 


Aus    den   Berichten    des   Melchior   Grafen   von  Hatzfeld  und 
des  J.  Anethan.     1651'). 

Unter  dem  31.  August  berichtet  Hatzfeld  von  der  zu  Langenschwalbach 
stattgehabten  Unterredung  mit  dem  Kurfürsten  Johann  Philipp  von  Mainz. 
Dieser  lässt  Isaac  Volmar  aus  Frankfurt  kommen  und  macht  den  kaiserlichen 
Vertretern  Mittheilung  von  den  zwischen  Brandenburg  und  Neuburg  getroffenen 
Verabredungen^).  Ob  der  Streit  wirklich  beendet  sei,  was  insbesondere  von 
den  Vertretern  der  Staaten  gewünscht  werde,  um  der  Mediation  des  Kaisers 
vorzubeugen,  msse  der  Mainzer  nicht.  Derselbe  räth  dem  Hatzfeld  zum 
Kurfürsten  von  Köln  zu  gehen,  der  ihm  in  allen  Fällen  mit  gutem  Rathe  an 
die  Hand  gehen  werde.  Des  Mainzers  Ansicht  ist,  dass  der  Kaiser,  falls 
eine  Beilegung  der  Differenzen  noch  nicht  erfolgt  sei,  die  Mediation  anbieten 
solle,  um  den  Staaten  die  Erledigung  dieser  Sache  nicht  zu  lassen,  da  in 
solchem  Falle  die  catholische  Religion  unter  allen  Umständen  Schaden  leiden 
würde*). 

Aus  Engers  meldet  Hatzfeld  dann  am  7.  Sept.,  dass  er  in  Köln  von 
Philipp  Wilhelm  von  Neuburg  vernommen  habe,  Kurbrandenburg  bestehe  bei 
der  Versammlung  zu  Essen  bezüglich  der  Hauptfragen  und  besonders  der  Re- 

^)     Vergl.  weiter  unten. 

2)  Vergl.  dazu  die  Mittheihmgen  bei  Mörner,  Märkische  Kriegs-Obersten  des 
17.  Jahrb.  333 ff.,  die  sich  aber  blos  auf  die  letzten  Verhandhmgen  beziehen;  Puf.  I.e. 
IV.  35;  Aitzema  I.e.  III.  684  ff.  Biographisches  über  Melchior  Hatzfeld,  Grafen  von 
Gleichen,  der  im  Kriege  gegen  die  Schweden  eine  hervorragende  Rolle  gespielt  hat, 
im  Jahre  1G57  zum  Führer  der  österreichischen  Hilfstruppen  gegen  Karl  Gustav  er- 
nannt wurde  und  am  9.  Januar  1658  starb,  Allgera,  deutsch.  Biog.  XI.  35  f. 

^)  Ueber  den  damaligen  Stand  der  Begebenheiten,  Urk.  u.  Act.  VI.  91ff. ;  Mörner 
1.  c.  31 5  ff. 

*)  Die  Mainzer  Resolution  d.  d.  Langenschwalbach  31.  Aug.  1651  auf  Hatz- 
felds  Erklärungen  lautet  wie  der  Bericht  Hatzfelds.  Der  Mainzer  ist  ganz"  für  die 
gütliche  Beilegung  der  noch  bestehenden  Differenzen. 


Verbandlungeu  Hatzfeld's  mit  dem  Neubiirger.     Dessen  Gesinnung.  51 

ligionssacbe  auf  seineu  unbilligen  Forderungen')  und  bezwecke  mit  dem  Waffen- 
stillstände nichts  anderes,  als  die  Abscbaffung  der  lothringischen  Völker  aus 
seinem  Lande  und  die  Instandsetzung  der  Orte  Hamm,  Lippstadt,  Soest,  Biele- 
feld. Der  junge  Pfälzer  ist  für  den  Bruch  des  Waffenstillstandes ;  Hatzfeld  räth 
ab,  fürchtet  aber,  dass  es  doch  dazu  kommen  werde.  Der  Erzbischof  von  Köln 
äussert  sich  ähnlich  wie  der  Mainzer-)  und  räth  dem  Hatzfeld  zum  Branden- 
burger zu  eilen,  wozu  Hatzfeld  auch  entschlossen  ist.  Er  wünscht  nur  die  An- 
kunft des  Anethan  abzuwarten^). 

Unter  dem  13.  Sept.  berichten  dann  Hatzfeld  und  Anethan  über  ihre  den 
kaiserlichen  Befehlen  entsprechenden  Verfügungen  bezüglich  der  Verhandlungen 
mit  den  Jülich-Clev-ßergischen  Ständen,  die  dahin  führen,  dass  die  Absendung 
einer  Deputation  der  Stände  an  die  kaiserlichen  Deputirten  behufs  Anhörung 
der  kaiserlichen  Proposition  beschlossen  wird^).  Verschiedene  Zeichen  deuten 
darauf  hin,  dass  es  zum  neuerlichen  Kampfe  zwischen  Brandenburg  und  Neu- 
burg kommen  dürfte.  Die  Gesandten  lassen  den  Pfalzgrafen  von  Neuburg 
ersuchen,  jeden  Bruch  zu  vermeiden  und  ihre  Ankunft  abzuwarten.  Aus  Düssel- 
dorf d.  d.  16.  Sept.  melden  die  Vertreter  des  Kaisers  dann  von  ihrer  Unter- 
redung mit  Wolfgang  Wilhelm,  der  darüber  klagt,  dass  der  Kaiser  ihm  die 
Action  in  den  brandenburgischen  Landen  untersage.  Seine  Völker  könnten  aus 
Mangel  an  Fourage  in  den  bergischen  Landen  nicht  mehr  bleiben^).  Den  Waffen- 
stillstand habe  er  aufgekündigt  ^),  weil  Brandenburg  in  den  Religionssachen  nicht 
nachgebe,  die  Cognition  und  Judicatur  weder  dem  Kaiser  und  dem  Reiche,  noch 
der  Reichscommission  zugestehe,  sich  derselben  nicht  unterordnen,  noch  für  den 
zugefügten  Schaden  Ersatz  leisten  wolle.  Auf  diesen  Forderungen  bestehe  aber 
der  Neuburger  und  werde  ohne  Durchführung  derselben  die  Waffen  nicht  nieder- 


^)  üeber  die  Zusammenkunft  zu  Essen  Mörner  1.  c.  324 ff. ;  Urk.  u.  Act.  VI.  99 ff.; 
m.  75 ff.;  Aitzema  IIL  681ff. 

-)    Resolution  d.  d.  Bonn  4.  Sept.  1651.  Cop. 

^)  unterdessen  hatte  Friedrich  Wilhelm  in  einem  Schreiben  d.  d.  Duisburg 
31.  August  1651  dem  Hatzfeld  von  dem  Staude  der  mit  dem  Neuburger  gepflogenen 
Verbandlungen  Mittheilung  gemacht,  seine  Friedensliebe  betont  und  Hatzfeld  ersucht, 
dahin  zu  wirken,  dass,  falls  der  Neuburger  den  Waffenstillstand  brechen  sollte,  das 
gerechte  Vorgehen  des  Brandenburgers  anerkannt  werde.  In  seiner  Antwort  d.  d.  Köln 
4.  Sept.  spricht  Hatzfeld  die  Hoffnung  auf  die  gänzliche  Beilegung  der  herrschenden 
Differenzen  aus  und  kündigt  seine  Reise  an  den  Hof  des  Kurfürsten  an,  wozu  er  durch 
ein  neues  dringendes  Schreiben  Philipp  Wilhelms  von  Neuburg  d.  d.  Köln  5.  Sept. 
aufgefordert  wird. 

*)    Für  diese  Angelegenheit  Urk.  u.  Act.  V.  534  ff. 

^)  In  diesem  Sinne  lautet  das  Schreiben  des  Wolfgaug  Wilhelm  d.  d.  Düsseldorf 
8.  Sept.  1651. 

^j  Schreiben  des  Neuburgers  an  den  Brandenburger  d.  d.  Düsseldorf  13.  Sept. 
1651.  In  dem  Antwortschreiben  d.  d.  Cleve  14.  Sept.  weist  Friedrich  Wilhelm  die 
Behauptung,  als  habe  er  den  Waffenstillstand  gebrochen,  zurück,  macht  den  Neu- 
burger für  alle  Folgen  verantwortlich  und  erklärt  seinem  Feldzeugmeister  Sparr  Be- 
fehl ertheiit  zu  haben,  womöglich  die  Ruptur  zu  verhindern. 

4* 


52  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

legen.  Die  Vertreter  Ferdinand  III.  betonen  in  ihrer  Erwiderung  die  Forderung 
der  Waffenniederlegung  und  erklären,  der  Kaiser  werde  jenen,  der  zuerst  von 
Feindseligkeiten  absteht,  unterstützen.  Bisher  habe  der  Kaiser  den  Neuburger 
unterstützen  können,  weil  auf  dessen  Seite  das  Recht  gewesen;  sollte  der  Neu- 
burger aber  jetzt,  wo  doch  der  Brandenburger  die  Truppen  abgeführt  und  den 
"Waffenstillstand  beobachtet  habe,  den  Krieg  beginnen,  blos  auf  die  Vermuthung 
hin,  dass  Brandenburg  die  kaiserliche  und  die  Reichsiudicatur  zurückweisen 
werde,  so  würde  der  Kaiser  seine  Hand  nothwendig  von  Neuburg  ab-  und 
Brandenburg  zuwenden.  Nichtsdestoweniger  blieb  Wolfgang  Wilhelm  dabei,  die 
Waffen  erst  dann  niederlegen  zu  wollen,  wenn  der  angerichtete  Schaden  wider 
gut  gemacht  und  gegen  künftige  Schäden  entsprechende  Fürsorge  getroffen  sein 
würde ').  Eine  ähnliche  Unterredung  findet  am  folgenden  Tage  zwischen  den 
kaiserlichen  Commissären  und  dem  jungen  Pfalzgrafen  Philipp  Wilhelm  statt, 
nur  dass  dieser  noch  viel  heftiger  als  sein  Vater  gegen  das  Vorgehen  Friedrich 
Wilhelms  von  Brandenburg  spricht,  die  Nothwendigkeit  eines  Schadenersatzes 
noch  stärker  betont  und  auf  die  in  diesem  Momente  seinem  Vater  zur  Ver- 
fügung stehenden  Hilfskräfte  hinweist.  Auch  ihm  gegenüber  betonen  die  kaiser- 
lichen Commissäre  die  Nothwendigkeit  der  W^affenniederlegung  und  machen  auf 
die  grosse  Gefahr  aufmerksam,  die  dem  Pfalz  Neuburger  von  den  Generalstaaten 
im  Falle  eines  neuen  Waffenganges  drohe.  Nach  langen  Bemühungen  gelingt 
es  den  kaiserlichen  Bevollmächtigten  Philipp  Wilhelm  zu  dem  Versprechen  zu 
vermögen,  den  Marsch  der  neuburgischen  Truppen  bis  nach  erfolgter  Unter- 
redung der  kaiserlichen  Commissäre  mit  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg  zu 
verschieben.  Hatzfeld  und  Anethan  denken  am  17.  Sept.  nach  Cleve  zu  reisen. 
Von  dort  berichten  sie  denn  auch  am  19.  Sept.  über  ihre  Verhandlungen  mit 
Friedrich  Wilhelm^).  Die  kurfürstlichen  Käthe,  die  zu  den  Unterredungen  be- 
stimmt werden,  unter  anderen  Moritz  von  Nassau,  behaupten,  der  Neuburger 
habe  keine  Veranlassung  zur  Aufkündigung  des  Waffenstillstandes  gehabt  und 
Seidel,  einer  der  Deputirten  des  Kurfürsten  in  Essen,  berichtet  über  die  daselbst 
gepflogenen  Berathungen  in  ganz  anderer  W'eise  als  die  Vertreter  Kölns  und 
Neuburgs.  Seidel  erklärt,  Brandenburg  habe  die  kölnischen  Forderungen,  welche 
pro  ultimo  gradu  die  kaiserliche  und  Reichsdecision  vorschlagen,  keinesweges 
Zurückgewiesen,  sondern  nur  Bemerkungen  gemacht,  die  in  substantia  dem  Vor- 
schlage nicht  zuwider  waren.  Allein  von  Seite  der  Staaten  sei  gegen  diese 
kölnische  Proposition,  die  ganz  dem  Gebrauche  bei  Mediationen  zuwiderlaufe, 
—  da  man  den  Staaten  von  derselben  keine  Mittheilung  gemacht  habe  —  Pro- 
test erhoben  und  der  Kurfürst  mit  Rücksicht  auf  seine  Stellung  zu  den  Staaten, 
die  seine  festen  Plätze  innehätten,  zur  Nachgiebigkeit  genöthigt  gewesen.  Die 
Deputirten    des  Kurfürsten   berichten   ferner,    dass   die  staatischen  Deputirten") 


^)  Auf  die  schriftliche  Proposition  der  kaiserlichen  Commissäre  d.  d.  Düsseldorf 
14.  Sept.  erwidert  Wolfgang  Wilh.  in  der  oben  mitgetheilten  Weise  am  16.  Sept.  1651. 

')  Die  schriftliche  Proposition  der  Kaiserlichen  ist  datirt  Cleve  19.  Sept.  1651; 
vergl.  Mörner  1.  c.  333. 

^)  Die  staatischen  Deputirten  waren  Job.  v.  Gent,  Jakob  Wassenaer  von  Opdam, 
Anton  Karl  Parmentier  und  Job.  van  der  Beek. 


Verhandlungen  der  kaiserlichen  Commissäre  mit  den  Brandenburgern.  53 

ein  Project  aufgesetzt,  den  kölnischen  Deputirten  communicirt  und  iu  beider 
Namen  den  brandenburgischen  ^)  und  neuburgischen  "^)  Vertretern  extradirt  hätten, 
von  denen  die  ersteren  es  angenommen,  die  letzteren  es  zurückgewiesen  hätten^); 
dasselbe  sei  mit  einem  zweiten  Vorschlage  geschehen  ^),  worauf  dann  von  Seite 
des  Neuburgers  die  Aufkündigung  des  Waffenstillstandes  erfolgt  sei.  Die  kai- 
serlichen Käthe  machen  den  Kurfürsten  darauf  aufmerksam,  dass  er  sich  der 
Mediation  der  Staaten  entledigen  könnte,  wenn  er  sich  der  Entscheidung  des 
Kaisers  und  des  Reiches,  durch  Annahme  der  dieserseits  ausgegangenen  Com- 
mission,  unterwerfen  wollte^). 

Unter  dem  28.  Sept.  berichten  die  Vertreter  Ferdinand  III.  von  ihren  wei- 
teren Bemühungen.  Anethan  war  nach  Düsseldorf  gereist  und  hatte  dem  Neu- 
burger am  23.  Sept.  in  Gegenwart  des  Vicekanzlers  Althoff  über  die  mit  den 
brandenburgischen  Deputirten  gepflogenen  Berathungen  Mittheilung  gemacht. 
Auf  die  erste  Proposition  der  kaiserlichen  Commissäre,  in  welcher  Niederlegung 
der  V>'^affen,  Annahme  der  Reichscommission,  Satisfaction  ratione  danini  und  Ver- 
änderungen für  die  Zukunft  gefordert  wurde  (d.  d.  19.  Sept.  1651),  habe  der  Kur- 
fürst erwidert,  er  habe  die  Waffen  niedergelegt  und  sei  auch  jetzt  bereit  Frieden 
zu  halten,  wenn  auch  Neuburg  abrüste.  Der  Reichscommission  wolle  er  sich  nicht 
entziehen,  nur  eine  ausserordentliche  Commission  wolle  er  nicht  anerkennen^). 
Die  Staaten  und  Köln  hätten  die  Sache  auch  bereits  sehr  weit  geführt.  Satis- 
faction wird  der  Kurfürst  dem  Neuburger  nicht  geben,  auch  die  Schuld  von 
100  000  Thaler,  welche  bereits  dem  Grafen  von  Schwarzenberg  cedirt  sei,  nicht 
erlassen;  dagegen  muss  der  Neuburger  für  den  in  der  Waffenstillstandszeit  in 
der  Grafschaft  Mark  zugefügten  Schaden  Ersatz  leisten').  Bezüglich  der  Asse- 
curation lässt  es  der  Kurfürst  geschehen,  dass  der  kaiserlichen  Commissäre 
Vorschlag  zu  Folge,  die  Assecuration  auf  beider  Kurürsten  und  Fürsten  Parole 
und   Zusage   bestehe    und    dass    darüber  vom  Kaiser  eine  Conservatiou  ertheilt 


^)  Brandenburgs  Vertreter  in  Essen  waren  Graf  Joh.  Moritz  von  Nassau,  Eras- 
mus  Seidel,  Joh.  Portmann  imd  Adam  Isinck. 

-)  Freiherr  Heinrich  v.  Walpot,  Freiherr  von  Weschpfennig,  Joh.  H.  v.  Winckel- 
hausen,  Dietrich  v.  Althoif,  H.  Snell  und  Dr.  Voetz. 

^)  Dieser  Vorschlag  lautete:  Es  soll  in  den  Religionsangelegenheiten  alles  pro- 
visionaliter  so  gelassen  werden,  wie  es  gegenwärtig  ist;  sowohl  respectu  der  Kirchen 
mit  den  dazu  gehörigen  Renten  und  Einkommen,  als  des  publici  et  privati  exercitii, 
jedoch  dass  die  Freiheit  der  Conscientien  in  allen  Orten  solle  zugelassen  werden 
und  dass,  wenn  wegen  dieser  Angelegenheit  eine  Einigung  nicht  erzielt  werden  könnte, 
ein  Krieg  nicht  begonnen  werden  sollte. 

*)  Dieser  Vorschlag-  lautete:  Beide  Tbeile  sollen  innerhalb  einer  festzusetzenden 
bestimmten  Zeit  die  Waffen  niederlegen  und  ihr  Kriegsvolk  abdanken;  die  übrigen 
Differenzen,  tam  in  ecclesiasticis  quam  politicis,  sollen  in  dem  Stande  bleiben,  wie 
sie  vor  gegenwärtiger  Armatur  gewesen. 

^)  Vergl.  auch  das  Schreiben  des  Kurfürsten  an  den  Kaiser  d.  d.  Cleve  19.  Sep- 
tember 1651.    Urk.  n.  Act.  VI.  108  ff. 

^     Die  ausführliche  Begründung  dieses  Punktes  bei  Mörner  1.  c.  334 f. 

')     Mörner  1.  c.  334 f. 


54  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

werde').  In  der  Antwort  auf  diese  Erklärung  betonen  die  Gesandten  des  Kai- 
sers nochmals  die  Nothwendigkeit  der  Annahme  der  vom  Kaiser  vorgeschlagenen 
Reichscommission  und  legen  dem  Kurfürsten  ein  Ausgleichsproject  vor,  nach 
welchem  die  Streitigkeiten  der  beiden  Fürsten  sowohl  wegen  der  Kirchen  und 
der  geistlichen  Güter,  als  auch  des  publici  et  privati  exercitü  religionis  von 
den  vom  Kaiser  in  dieser  Religionssache  bereits  verordneten  Commissären,  dem 
Bischöfe  zu  Münster  und  dem  Herzoge  von  Braunschweig-Lüneburg,  dahin  ent- 
schieden werden  sollen,  ob  diese  Streitfrage  durch  die  Friedensbestimmungen 
von  1648  bereits  erledigt  sei  oder  nicht.  Falls  die  Entscheidung  negativ 
ausfällt,  dami  sollen  nebst  der  kaiserlichen  Commission  die  Delegirten  der  Kur- 
fürsten und  Fürsten  über  den  Inhalt  des  Vertrages  von  1647  und  der  Rever- 
salen  von  1609  entscheiden.  Beiden  Theilen  ist  überdies  erlaubt,  zu  den  vom 
Kaiser  verordneten  Commissären  noch  ein  und  anderen  Reichsfürsten  pari  nu- 
mero  religionis  dem  Kaiser  zu  denominiren,  die  dann  der  Commission  zu  ad- 
jungiren  wären.  Kommt  es  dann  zu  keiner  Einigung,  oder  billigt  einer  der 
Theile  die  getroffene  Entscheidung  nicht,  so  soll  der  Kaiser  mit  Zuziehung  an- 
derer uninteressirter  Fürsten,  oder  auf  dem  Reichstage  entscheiden  und  diese 
Entscheidung  muss  anerkannt  werden.  Alles  bleibt  bis  dahin  in  dem  Stand, 
wie  es  sich  jetzt  befindet  und  es  darf  unter  keinem  Vorwand  zu  den  Waffen 
gegriffen  werden.  Auch  über  die  Satisfactionsansprüche  wird  die  erwähnte 
Commission  entscheiden.  Sobald  dieser  Vergleich  unterzeichnet  ist,  soll  die 
Kriegsverfassung  abgestellt  werden.  Der  Kurfürst  erwiderte  auf  diese  Anträge, 
er  wolle  aus  Rücksicht  für  den  Kaiser  diese  Vorschläge  annehmen,  und 
bestimmte  seinerseits  als  Commissäre  den  Kurfürsten  von  Heidelberg,  den 
Herzog  August  zu  Braunschweig  und  den  Landgrafen  Wilhelm  von  Hessen- 
Cassel.  Doch  liess  er  in  dem  von  ihm  ausgestellten  Projecte  den  Passus  wegen 
der  Erledigung  der  Satisfactionsansprüche  aus  und  fügte  der  Stelle  bezüglich 
Belassung  der  Dinge  in  dem  gegenwärtigen  Stande  bis  zur  Austragung,  die 
Worte  hinzu  ,,und  dass  die  Verhältnisse  durantibus  hisce  motibus  den 
Catholischen  oder  Evangelischen  zum  Nachtheil  nicht  verändert,  .... 
auch  an  den  Orten,  da  weder  publicum  noch  privatum  exercitium  reli- 
gionis de  praesenti  ist,  soll  es  ratione  libertatis  couscientiae  und  was 
dem  anklebet,  dem  iustrumento  pacis  gemäss  gehalten  und  auch  Nie- 
mand deswegen  . . .  beschwert  werden,  auch  beiden  Chur  und  Fürsten 
freistehen,  mit  solchen  officiis,  so  von  einem  dependiren,  zu  Zeiten  die- 
jenige, so  nicht  von  ihrer  Religion  sein,  zu  versehen".  Alle  Bemühungen 
der  kaiserlichen  Commissäre,  den  Kurfürsten  zur  Annahme  des  kaiserlichen 
Projectes  zu  vermögen,  scheitern.  Der  Herzog  von  Neuburg  beklagt  sich  schrift- 
lich 2)  und  mündlich  Anethan  gegenüber  über  des  Kurfürsten  von  Brandenburg 
Vorgehen,  insbesondere  über  die  von  Brandenburg  zur  Ergänzung  der  Com- 
mission vorgeschlagenen  Fürsten.     Die  Vertreter    des   Kaisers    berühren    diesen 


1)  Ebendaselbst. 

2)  Schreiben  des  Herzogs  Wolfgang  Wilhelm  d.  d.  Düsseldorf  25.  Sept.  1651.    Cop. 


Erklärungen  des  Kurfürsten  von  Brandenburg.  55 

Punkt  bei  ihren  weiteren  Verhandlungen  mit  den  Brandenburgern,  doch  vermei- 
den sie,  deswegen  einen  Bruch  herbeizuführen.  Der  Kurfürst  entschliesst  sich 
auf  den  Vortrag  der  Gesandten  hin,  die  Commission  anzunehmen,  bleibt  aber  bei 
der  Adjunction  und  schlägt  die  Fürsten  von  Heidelberg  und  Hessen-Cassel  vor;  für 
den  Ersteren  könne  auch  der  Fürst  von  Anhalt  gewählt  werden.  Die  Räthe  be- 
tonen in  ihrer  Antwort  die  Nothwendigkeit  der  Unterwerfung  unter  die  Reichs- 
commissiou,  doch  bleibt  der  Kurfürst  bei  der  Adjunction.  Nach  neuen  Verhand- 
lungen am  Nachmittage  des  27.  kommt  es  dann  zu  einer  Einigung,  die  im 
wesentlichen  den  Intentionen  des  Kurfürsten  entspricht ').  Mit  Rücksicht  darauf, 
dass  bei  längerer  Dauer  des  Streites  die  Staaten  und  andere  Mächte  sich  zum 
Nachtheil  des  Reiches  und  des  Kaisers  in  den  Streit  mischen  könnten,  haben 
die  kaiserlichen  Commissäre  die  von  Brandenburg  salva  adjunctione  acceptirte 
Commission  „als  eine  gnugsame  Parition  dero  kaiserlichen  Befelchs  ange- 
nommen und  in  übrigen  strittigen  Punkten  den  Recess  mit  den  Chur- 
brandenburgischen  abgehandelt.  Acceptiren  nun  S.  ¥.  D.  denselben,  so  hat 
es  darbei  sein  Verbleiben,  widrigenfalls  und  da  insonderheit  Pfalz-Neu- 
burg dero  Waffen  fort  operiren  lassen  wollten,  ist  uns  kein  ander  Mittel 
solches  zu  stillen  übrig,    als    die  Publication  E.  K.  M.  Avocatorien  und 


')  In  einem  Gutachten  vom  27.  Sept.  geben  die  kaiserlichen  Commissäre  dem 
Kurfürsten  Kunde  von  den  Entscbliessungen  des  Neuburgers,  der  bezüg^lich  des  Ver- 
gleichsobjectes  vornebmüch  Aufnahme  des  Passus  über  die  Satisfaction,  Auslassung 
der  Adjunction  und  die  Belassung  der  weltlichen  und  kirchlichen  Dinge  bis  zur 
Entscheidung  in  dem  gegenwärtigen  Zustande  ohne  den  von  Brandenburg  geforderten 
Anhang  wünscht.  An  der  Berathung,  welche  darauf  am  Nachmittage  stattfindet, 
nehmen  Hatzfeld,  Anethan,  Meel,  und  von  Seite  Brandenburgs  Moritz  von  Nassau, 
Blumenthal,  Seidel  und  Portmann  [theil.  Portmann,  der  im  Namen  des  Kurfürsten 
spricht,  erklärt,  sein  Herr  müsse  bei  der  Adjunction  bleiben,  wolle  aber  als  Zeichen 
besonderen  Entgegenkommens  andere  Fürsten  statt  Heidelberg  und  Hessen-Cassel 
wählen,  wenn  Neuburg  mit  der  Denomination  vorangehe.  Bezüglich  der  Satis- 
faction ist  der  Kurfürst  bereit,  obgleich  er  von  dem  Neuburger  für  den  in  der 
Grafschaft  Mark  erlittenen  Schaden  Ersatz  zu  fordern  berechtigt  sei,  gegenseitige 
Aufhebung  zu  proponiren.  Anethan  erwidert,  er  habe  alles  aufgeboten  um  den 
Neuburger  für  die  Adjunction  zu  gewinnen,  doch  seien  seine  Versuche  erfolglos 
gewesen.  Nach  längerer  Berathung  erklären  dann  die  Brandenburger  als  letztes 
Zeichen  des  Entgegenkommens  „die  uf  den  Bischofen  zu  Münster  und  Braunschweig 
erkannte  Commission  dergestalt  zu  acceptiren,  dass  diesen  verordneten  beiden 
kaiserlichen  commissariis  noch  zwei  andere,  dem  instrumento  pacis  gemäss,  adjungirt 
und  zu  Fortsetzung  der  Commission  man  sich  beiderseits  eines  gewissen  termini  ver- 
gleiche'^. Brandenburg  schlägt  neben  Braunschweig,  so  vorhin  hierzu  dependirt,  den 
Fürsten  von  Anhalt  und  Grafen  von  Nassau-Dillenburg  vor;  der  Kurfürst  ist  aber 
auch  zufrieden,  wenn  einer  allein  nach  Belieben  adjungirt  wird.  In  diesem  Sinne 
wurde  dann  der  Revers  ausgefertigt;  als  Vertreter  des  Kurfürsten  neben  Münster  und 
Braunschweig,  Anhalt  und  Nassau-Dillenburg  genannt;  bezüglich  der  Religion  der 
Anhang  Brandenburgs  gestrichen  und  nur  der  Passus  beibehalten  „auch  niemand  der 
Religion  halber  wider  das  instrumentum  pacis  beschwert  werden". 


56  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

dass  wir  S.  F.  D.  zu  unserer  Ankunft,  die  Gefahr,  worin  sie  sich  und 
ihr  Haus  durch  Coutinuation  des  Kriegs  stürzen,  wohl  remonstriren." 
In  einem  P.  S.  melden  sie  ihre  Ankunft  in  Düsseldorf  und  dass  der  Herzog 
von  Neuburg  zwar  mit  der  Praeterition  des  puncti  satisfactionis  nicht  wohl  zu- 
frieden gewesen,  jedoch  sich  vor  Verlesung  des  Vergleichsprojectes  nicht  habe 
erklären  wollen.  Die  Verhandlungen  mit  dem  Neuburger  sind  von  Erfolg  begleitet. 
Die  Gesandten  können  dem  Kaiser  am  6.  Oct.  melden,  dass  sie  das  Vergleichs- 
project  mit  dem  Neuburger  „und  zwar  nicht  ohne  grosse  Difficultät  und  Oppo- 
sition dergestalt  abgehandelt,  dass  wir  dasselbig  bei  I.  Ch.  D.  zu  Brandenburg 
zur  Expedition  zu  bringen  verhoffen".  Ueber  diese  letzten  Verhandlangen  beim 
Brandenburger  und  Neuburger  berichten  die  Gesandten  dann  in  dem  umfang- 
reichen Schreiben  d.  d.  Köln  21.  Oct.  1651. 


Hatzfeld  und  Anethan  an  den  Kaiser.     Dat.  Köln  21.  October 

165r). 

[Verhandlungen  mit  den  Brandenburgern.     Ausfertigung  der  Recesse.] 

21.  Oct.  E.  K.  M.    Courier  hat  uns  zwei  dero  Befehlschreiben  vom  26.  Sep- 

tember das  jülich'sche  Kriegswesen  und  die  deswegen  uns  allergnädigst 
aufgetragene  Commission  betreffend  in  Cleve  am  9.  dieses  wohl  über- 
liefert, daraus  E.  K.  M.  allerguädigsten  Willen,  so  dieselbe  in  unverzüg- 
licher Niederlegung  der  von  beiden  Herrn  Chur-  und  Fürsten  ergrijffener 
Waffen  und  was  wir  zu  Erreichung  solchen  Zwecken  bei  einem  und  an- 
dern neben  Einhändigung  der  an  dieselbe  abgelassene  Schreiben  vor- 
und  anbringen,  auch  endlich  mit  Insinuation  der  Mandaten  verfahren 
sollen,  mit  allerunterthänigster  Veneration  ablesend  wohl  eingenommen 
und  des  Empfangs  allerguädigsten  Befehls  uns  trefflich  bedienet,  weilen 
am  churbrandenburgischen  Hof  in  zwei  Tagen  zu  keiner  Conferenz,  we- 
niger zur  cathegorischen  Resolution  in  etlichen  noch  unverglichenen 
Punkten  über  das  mitgebrachte  Pfalz-Neuburgische  Project  gelangen 
können  und  wir  dahero  mutmassen  müssen,  ob  hätte  die  zur  Beilegung 
dieser  Streitigkeiten  vorhin  dies  Orts  gerühmte  und  contestirte  zum 
Frieden  zielende  gute  Inclination  durch  die  annoch  zu  Cleve  sich  be- 
findende Deputirte  der  H".  Staaten  sich  in  etwas  geändert.  Diebald 
aber  E.  K.  M.  Schreiben  S.  Ch.  1).  zu  Brandenburg  zu  Händen  kommen, 
wir  auch  vorhero  den  zur  Conferenz  deputirten  Räthen  von  empfangener 
Instruction  und  kaiserlichen  Mandaten  Apertur  gethan  und  auf  schrift- 
liche cathegorische  Resolution  —  soviel  die  Disarmirung  verlangt  — ,  ge- 

^)     Aus  dem  Dresdner  Archiv,  nach  einer  mir  von  Prof.  W.  Arndt  in  Leipzig  zur 
Verfügung  gestellten  Abschrift. 


Yerhaudlungen  der  Commissäre  mit  dem  Brandenburger.  57 

drungen,  sind  die  Käthe  bei  uns  erschienen  und  endlich  nach  langem 
disputiren,  auch  auf-  und  abreferiren  beigehenden  Originah'evers  '),  unter 
'geschöpfter  gewissen  Zuversicht  I.  F.  D.  des  H"'.  Pfalzgrafen  daraus  er- 
folgender Ratification  abgehandelt  und  ausgefertigt,  in  Erwägung  dieselbe 
vermög  Extracts  protocolli')  bei  der  Abreis  nach  Cleve  sich  dahin  be- 
ständig erklärt  und  zu  Bezeugung  ihrer  endlichen  Resolution  sich  co- 
piam  protocolli  geben  lassen,  falls  nemlich  mit  Churbrandenburg  auf  das 
Pfalz-Neuburgische  mitgegebene  Project  nicht  schliessen  könnten,  dass  wir 
alsdann  im  Tractat  und  im  Schluss  auf  das  erste  so  wir  von  Cleve  mit- 
bracht; auch  punctum  satisfactionis,  wann  derselbig  ja  nicht  in  den  Re- 
cess  zu  bringen  wäre,  auslassen  möchten,  auf  welche  Pfalz-Neuburgische 
Veranlassung  wir  dann  desto  sicherer  bei  Schliessung  des  Vergleichs 
gehen  können. 

Uns  hätte  zwar  obgelegen,  E.  K.  M.  Befehl  und  Instruction  zu  Folge 
die  H°.  Chur-  und  Fürsten  alsobald  bei  Anfang  unserer  Negotiation  aus 
den  Waffen  zu  bringen,  dazu  auch  billig  das  grosse  Verderben  unschul- 
diger Land  und  Leute  dieselbe  von  sich  selbsten  bewegen  sollen,  es  hat 
aber  bei  beiden  Theilen  daran  erwundeu,  dass  Churbrandenburg  die 
Reichscommission  auferlegter  Massen  ohne  Adjunction  einiger  Stände 
von  der  reformirten  Confession  nicht  acceptiren  wollen,  hingegen  Pfalz- 
Neuburg  bei  Antretung  der  Commission  und  hernach  bis  auf  unsere 
letztere  Abreis  nach  Cleve  ganz  beständig  vor  Abführung  und  Licentirung 
ihrer  Völker  auf  wirkliche  Refusion  der  Kriegsschäden  und  Kosten,  oder 
dass  ihro  dieselbe  im  Recess  rechlich  auszuführen  vorbehalten  werden 
sollte,  bestanden,  welche  beide  puncta  die  Tractaten  und  consequenter 
die  Disarmirung  bei  beiden  Theilen  und  insonderheit  bei  Pfalz-Neuburg 
darum  retardirt,  dass  L  D.  behaupten  wollen,  E.  K.  M.  und  wir  in  dero 
Namen,  hätten  deroselben  die  Niederlegung  der  Waffen  sub  conditione 
anbefohlen,  wann  Churbrandenburg  zuvor  disarmiren,  die  Reichscom- 
mission annehmen  und  wenigstens  die  prätendirte  Satisfactiou  zu  E.  K.  M. 


')  Abgedruckt  bei  Londorp  VI.  632;  Dumont  VI2.  22;  Lünig  Reichsarchiv  p. 
spec.  IV.  138;  Auszug  bei  Mörner,  Kurb.  Staatsvertr.  164. 

-)  Extract  protocolli  über  die  Pfalz-Neuburgiscbe  Declaration  vom  5.  Oct.  1651. 
Arn  8.  Oct.  zu  Cleve  verlangen  die  kaiserlichen  Gesandten  von  Friedrich  Wilhelm 
Annahme  des  pfälzischen  Projectes,  die  Abänderungen,  die  der  Pfälzer  vorgenommen, 
beschränken  sich  doch  auf  Worte:  der  Kurfürst  meint,  der  Pfälzer  sei  ein  gefährlicher 
Mann  und  erklärt,  nachdem  er  den  Vertrag  durchgelesen,  lieber  niemals  seine  Ein- 
willigung zur  Unterzeichnung  geben  zu  wollen,  „als  von  ihrem  lugress,  darin  die  Re- 
versaleu  de  anno  1609  und  der  Provisionalvertrag  de  anno  1647  pro  causa  suscepti 
belli  gesetzt  werden,  abstehen  und  diesen  passum  aus  dem  Recess  lassen  würden". 


58  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

Decision  stellen  würde.  lieber  welche  conclitiones  man  vor  allem  hinc 
inde  handeln  und  darin  Richtigkeit  trefteu  und  die  dazu  erforderte  Zeit 
anwenden  müsse  . .  . 

Was  sonsten  bei  den  Conferenzen  gegen  einander  vor-  und  ange- 
bracht worden,  das  ist  von  dem  zur  Coramission  angenommenen  secretario 
protocoUirt  worden');  daraus  abzunehmen,  dass  das  Proemium  des  Re- 
cesses  zu  verschiedenen  Malen  geändert  werden  müssen,  endlich  auch 
die  Tractaten  einzig  und  allein  darum  auf  der  Ruptur  bestanden,  weil 
Churbrandenburg  causam  belli  auf  die  reversales  und  Provisionalverträge 
de  anno  1647  sehen,  hingegen  Pfalz -Neuburg  vieler  Ursachen  wegen 
nicht  nachgeben  wollen,  dahero  wir  auf  cathegorische  Resolution  über 
die  von  E.  K.  M.  gnädigst  anbefohlene  Deposition  der  Waffen  gedrungen''*), 
nach  deren  Erlangung  ohne  weitere  Handlung  in  übrigen  Punkten,  unsern 
Abschied  nehmen,  und  nachdem  hierüber  die  Resolution  gefallen,  von 
Köln  aus  E.  M.  Befehl  gemäss,  die  eingeschickte  mandata  poenalia  durch 
einen  kaiserlichen  Herold  publiciren  lassen  wollen;  dessen  auch  die  chur- 
brandenburgische  ministri  von  uns  avisirt  worden.  Es  haben  aber  end- 
lich I.  Ch.  D.  sich  eines  andern  bedacht  und  mit  uns  geschlossen,  wie 
oben  angezogene  Original-Recess  mehreres  ausweiset,  S.  Ch.  D.  gleichwohl 
vor  der  Subscription  und  Siegelung  einen  von  uns  in  Vorschlag  gebrachten 


')     Die  Protocolle  umfassen  die  Zeit  vom  8. — 12.  Oct. 

Am  8.  Die  kaiserlichen  Gesandten  lassen  nach  langen  Verhandlungen  den  pfalz- 
neuburgischen  Ingress  fallen  und  es  wird  bestimmt,  dass  der  Ingress  in  genere  gesetzt 
werden  soll;  im  übrigen  setzen  die  kaiserlichen  Gesandten  auseinander,  wie  sie  von 
dem  Pfälzer  das  Project  erhalten. 

Am  10.  berichtet  Blumenthal,  der  Kurfürst  habe  im  Interesse  des  Friedens  so 
manches  nachgesehen;  der  Ingress  soll  so  eingerichtet  werden,  „dass  occasioue  der  Re- 
versalen  und  vorigen  Verträge,  wie  auch  Religionswesens  die  jetzigen  Missverständ- 
nisse, Irrungen  und  Gebrechen  und  darauf  erfolgte  Kriegsverfassung  entstanden".  Die 
kaiserlichen  Gesandten  erklären,  das  werde  Pfalz-Neuburg  niemals  unterzeichnen,  man 
könne  es  auch  nicht  fordern;  man  möge  vielmehr  die  Sache  so  einrichten,  man  sei 
beiderseits  in  unvorhergesehenen  Krieg  und  Thätlichkeit  gerathen.  Die  brand.  Käthe 
nehmen  dies  ad  refi^rendum.  Auch  über  andere  Punkte  wird  verhandelt.  Die  Räthe 
begeben  sich  zum  Kurfürsten,  der  sich  in  allem  den  kaiserlichen  Rathschlägen  fügt, 
nur  den  Ingress  so  will,  wie  seine  Räthe  angegeben  haben.  Die  kaiserlichen  Räthe 
erklären,  das  könne  nicht  sein. 

Am  11.  einigt  man  sich  dann  bezüglich  des  Ingresses  dahin,  dass  die  von  Bran- 
denburg gewünschten  Worte  in  den  Vertrag  nicht  aufgenommen  werden,  dagegen  ihm 
ein  Revers  von  den  kaiserlichen  Gesandten  ausgestellt  werden  soll,  ..dass  durch  die 
Auslassung  der  in  ingressu  brandenburgico  gesetzten  Worte  occasione  der  Reversalen 
und  Verträge,  ihro  kein  Präjudiz  inskünftig  zugezogen  werden  wolle". 

-)     Memorial  der  kaiserlichen  Gesandten  an  Brandenburg  s.  d. 


Ausfertigung  der  Recesse.  59 

Schein  de  non  praejndicando  begehrt,  warob  wir  kein  Bedenken  getragen, 
sondern  denselben  ausgefertigt')  und  damit  bei  S.  Ch.  D.  Abschied  ge- 
nommen, dabei  sie  Namens  E.  K.  M.  sincerirt,  dass  was  bei  dieser  Hand- 
lung vorgegangen  und  kaiserlichen  Amts  wegen  und  auf  Einrathen  der 
uninteressirten  Herrn  Fürsten,  E.  K.  zu  thuen  veranlasset  worden,  zu 
anders  nicht  angesehen  noch  gemeint  gewesen,  als  zwischen  beiden  hohen 
Chur-  und  fürstlichen  Häusern  und  deren  von  soviel  Jahren  her  durch 
Kriegsgewalt  gleichsam  eviscerirten  Landen,  Fried  und  Einigkeit  zu  stif- 
ten ....  Der  Kurfürst  dankt  den  Gesandten  des  Kaisers  für  ihre  Bemühungen. 
In  Düsseldorf  —  wohin  sich  die  beiden  Räthe  begaben  —  wurden  erst 
Sohwieriofkeiten  erhoben,  endlich  aber  der  Vertrag  am  16.  unterzeichnet-),  den 
die  Gesandten  dem  Kurfürsten  gesendet  haben.  Sie  haben  sich  darauf  nach 
Köhi  begeben,  um  darauf  zu  achten,  ob  von  beiden  Seiten  den  Bestimmungen 
des  Vertrages  gemäss  vorgegangen  wird,  und  ersuchen  den  Kaiser  die  beiden 
Fürsten  zur  schleunigen  Ratification  des  Vertrages  aufzufordern. 


')  Reversus  de  non  praeiudicando  wegen  des  ausgelassenen  churbrandenbiu-gi- 
schen  Ingress  im  Vergleich.    Cleve  11.  Oct.  1651. 

Die  Worte  „zu  wissen  demnach  zwischen  Brandenburg  und  Pfalz-Neuburg,  wegen 
der  Reversalen  de  anno  1609  und  Provisionalvergleiches  de  anno  1647  Gebrechen  und 
Irrungen  und  dahero  Krieg  und  Thätlichkeiten  entstanden"  sind  auf  Bitten  der  Ge- 
sandten von  Fr.  Wilh.  endlich  ausgelassen  worden.  Die  Gesandten  erklären,  dass  die 
Auslassung  weder  in  agendo  noch  excipiendo  noch  in  einige  andere  Wege  an  ob- 
gedachten  ihren  juribus,  actionibus  et  praetensionibus  vor  der  Reichscommission,  noch 
sonsten  vor  Tribunalien  im  heiligen  röm.  Reich  ibro  schädlich  noch  präiudicirlich 
sein  solle. 

-)  Doch  wurden  die  Gesandten  auch  hier  zur  Ausstellung  eines  Reverses  ge- 
nöthigt  „super  ommissa  satisfactione  et  transpositione  reversalium"  d.  d.  Düsseldorf 
16.  Oct.  1651,  durch  welchen  Pfalz-Neubm-g  erklärt,  seine  Satisfactionsansprüche 
aufrecht  zu  erhalten,  sich  auch  nicht  gebunden  zu  erachten,  die  im  Vertrage 
von  1647  Brandenburg  schuldig  gebliebenen  100  000  Thaler  zu  zahlen.  „Auch 
habe  sich  Pfalz-Neuburg  bei  Ausfertigung  des  Recesses  ob  der  gethanen  Trans- 
position der  Reservalen  de  anno  1609  und  dem  Provinzialvertrag  de  anno  1647  be- 
schwert gemacht  und  dabei  bestanden,  dass  bei  der  Recommission  über  den  Verstand 
gemeldeten  Vertrages  vorher  cognoscirt  und  gesprochen  werden  müsse,  ehe  und  zuvor 
die  Reversalen  und  deren  intellectus  ad  cognitionem  et  decisiouem  kommen  könnten. 
Die  kaiserlichen  Gesandten  bezeugen  dies  und  dass  sie  sowohl  als  die  Churbranden- 
burgischen  bei  Abhandlung  des  Recesses  und  darin  gesetzter  Reversalen  und  Vertrags 
allein  ad  ordinem  temporis  (indem  die  Reversales  älter  sind  als  der  Provisionalvertrag) 
geschehen,  sonsten  aber  I.  F.  D.  die  kaiserlichen  Gesandten  zu  benehmen  gar  nicht 
gemeint  gewesen,  quo  ordine  sie  bei  der  Commissiou  den  Provisionalvertrag  und  die 
Reversalen  und  die  daraus  habende  jura  et  actiones  in  ihren  Schriften  ein-  und  aus- 
zuführen, am  rathsamsten  erachten  und  halten  werden. 


60  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

Jägerndorfisclie  Prätensioii. 

Von  Brandenburg  wird  10./20.  Nov.  1652  eine  species  facti  übergeben,  die 
Restitution  des  Fürstenthums  Jägerndorf  betreffend.  Die  wesentlichen  Gründe, 
welche  die  Brandenburger  in  ihrer  species  facti  für  ihre  Sache  anführen,  sind: 
1'^.  dass  Jägerndorf  ein  Allod  ist;  2°.  dass  es  daher  Fideicommiss  der  Familie 
ist;  3".  wegen  des  Verbrechens  des  Markgrafen  Hans  Georg  confiscirt  worden 
sei  und  4'\  dass  der  Kaiser  die  Billigkeit  der  brandenburgischen  Forderungen 
einsehend,  im  Jahre  1636  versprochen  habe,  den  Kurfürsten  anderweitig  zu  ent- 
schädigen. 

Die  kaiserlichen  Räthe  verfassen  über  diese  species  facti  ein  Gutachten.  Sie 
bezweifeln  die  Richtigkeit  der  Behauptung,  dass  Jägerndorf  als  Allod  verkauft  sei; 
wenn  aber,  so  binde  das  den  Kaiser  nicht,  weil  so  etwas  nur  inter  partes  Bedeu- 
tung habe.  König  Ludwigs  Consens  von  1523  sei  nicht  absolut,  dass  die  Mark- 
grafen mit  diesen  Gütern  thun  könnten,  was  sie  wollten,  weil  der  Consens  express 
auf  Markgraf  Georg,  seinen  Bruder  und  ihre  Erben  restringirt  sei,  worunter  die 
Kurlinie,  Agnaten  im  14.  oder  15.  Grade,  nicht  eingeschlossen  sei.  Auch  ist  die 
Clausel  angehängt,  dass  sie  von  diesen  Gütern  verpflichtet  sind  zu  leisten,  was 
die  übrigen  Vasallen  leisten,  ferner  ist  dieser  Besitz  als  Gut  und  nicht  als 
Fürstenthum  in  diesem  Jahre  gekauft  worden,  noch  im  selben  Jahre  aber  zum 
Fürstenthum  gemacht  worden,  da  in  einem  Schreiben  vom  selben  Jahre  der 
Markgraf,  Herzog  in  Schlesien  zu  Jägerndorf  genannt  wird;  daher,  weil  alle 
Herzogthümer  in  Schlesien,  keines  ausgenommen,  feuda  sind,  auch  Jägerndorf 
ein  feudum  gewesen  sein  muss;  was  um  so  sicherer  ist,  als  Markgraf  Georg 
Friedrich  des  erstgenannten  Georgs  Sohn  1557  und  1567  der  Eid  als  Lebens- 
mann geleistet  hat.  Ja  es  ist  aus  den  Schreiben  von  1607  und  1624  zu  er- 
sehen, dass  der  Markgraf  wiederholt  um  die  Vollmacht  ersucht  hat,  über  seinen 
Besitz  frei  verfügen  zu  können,  was  ihm  aber  nicht  gestattet  wurde;  was  er 
nicht  gethan  hätte,  wenn  Jägerndorf  Allod  gewesen  wäre.  Dann  behaupten 
die  Brandenburger,  der  letzte  Besitzer  hätte  durch  Testament  Jägemdorf  an  die 
Kurlinie  abgetreten;  erstens  ist  eine  solche  Bestimmung  nicht  vorgewiesen  wor- 
den, und  zweitens  wäre  eine  solche  Verfügung  eines  Lehensmannes  ohne  Ge- 
nehmigung des  Lehensherrn  nicht  statthaft.  Damit  ist  der  3.  Einwurf  widerlegt, 
dass  Jägerndorf  wegen  der  Verbrechen  Hans  Georgs  eingezogen  worden  sei.  Was 
die  Vertröstung  von  1636  betrifft,  so  ist  in  derselben  nur  von  einer  Belohnung 
für  alte  und  neue  Verdienste  die  Rede,  nicht  von  Restitution  von  Jägerndorf. 
2o.  Die  Berichte  der  kaiserlichen  Gesandten  aus  Regensbiirg  zeigen,  dass  Bran- 
denburgs Vertreter  ausdrücklich  erklärt  haben,  sie  hätten  nicht  Befehl  von  des 
Kaisers  Erblanden  Satisfaction  zu  fordern.  Trauttmannsdorff  habe  die  branden- 
hurgischen  Gesandten  zu  Osnabrück  fragen  lassen,  ob,  wenn  man  Brandenburg 
das  Stift  Minden  überlasse,  es  seine  Prätension  auf  Jägerndorf  fallen  lassen  wolle. 
Da  nun  die  Sache  sich  so  verhält,  der  Besitzer  Jägerndorfs,  Fürst  Carl  Eusebius 
von  Lichtenstein,  den  Kaiser  um  "Wahrung  seiner  Rechte  ersucht,  halten  die 
Räthe  dafür,  man  möge  die  brandenburgischen  Räthe  davon  verständigen  und 
hinzufügen,  dass  der  Kaiser  im  übrigen  sich  der  treuen  Dienste  des  Hauses  wohl 


Jägerndorfische  Praetension.  61 

erinnere,  und  es  auch  bei  dem,  was  den  12.  Nov.  1636  beschlossen,  bewenden 
lasse  und  sich  bei  Gelegenheit  so  erklären  wolle,  dass  der  Kurfürst  die  kaiser- 
liche Affection  zu  versnüren  haben  werde. 

Am  18./28.  Nov.  wurde  den  brandenburgischen  Räthen  dies  mitgetheilt; 
diese  antworteten  durch  ein  neues  Memorial,  in  welchem  sie  ihre  früheren  Be- 
hauptungen vertreten  und  schliesslich  um  Restitution  von  Jägerndorf  oder  ein 
Aequivalent.  wie  das  Herzogthum  Grossglogau  für  Jägerndorf  und  die  Bres- 
lauer Schuld  '),  bitten. 

Während  des  Reichstages  zu  Regensburg  wurden  von  Seiten  der  Branden- 
burger immer  wieder  Versuche  gemacht,  in  den  Fragen  bezüglich  Jägerndorfs  und 
der  Breslauer  Schuld  eine  Entscheidung  herbeizuführen.  Das  wesentliche  ist 
aus  den  Berichten  der  brandenburgischen  Vertreter  Urk.  u.  Act.  VI.  148  ff.  zu 
ersehen.     Im  nachfolgenden  nur  einige  Ergänzungen  zu  dem  dort  mitgetheilten. 

Am  13.  Mai  wird  in  der  Conferenz  beschlossen,  auf  das  Memorial  der 
Brandenburger  vom  2./12.  Mai  1653,  (Urk.  u.  Act.  VI.  209)  den  Brandenburgern 
bezüglich  der  Breslauer  Schuld  zu  zeigen,  dass  der  Kaiser  die  Sache  beizulegen 
wünsche;  man  möge  den  Kaufbrief  über  Crossen  begehren,  mit  ihnen  in  die 
Compensationshandlung  eintreten;  ihnen  aber  auch  zeigen,  dass  die  Sache  un- 
möglich vor  der  Abreise  des  Kaisers  geordnet  werden  könne,  sondern  dass  es 
nothwendig  sei,  die  gänzliche  Ordnung  bis  zur  Rückkehr  des  Kaisers  zu  ver- 
schieben. Ebenso  soll  wegen  Jägerndorf  geantwortet  werden,  dass  der  Kaiser, 
was  er  1636  versprochen,  halten  wolle,  üeber  die  Verhandlungen,  die  am 
4./14.  Mai  mit  den  Brandenburgern  gepflogen  wurden,  berichten  diese  d.  d. 
15.  Mai  1653  (Urk.  u.  Act.  VI.  211  ff.).  Am  10./20.  Juni  ersuchen  die  Vertreter 
Friedrich  Wilhelms  von  Neuem  um  Aufnahme  der  Verhandlungen.  Nachdem 
dann  neue  Verhandlungen  gepflogen  worden  sind  (Urk.  u.  Act.  VI.  262  ff.),  die 
aber  zu  keinem  Ergebnisse  führen,  da  die  kaiserlichen  Räthe,  nachdem  sie  end- 
lich die  Berechtigung  der  Breslauer  Schuldforderung  anerkennen.  Gegenforde- 
rungen stellen  (Urk.  u.  Act.  VI.  310),  welche  die  Brandenburger  nicht  gelten 
lassen  wollen,  wenden  sich  die  Vertreter  Brandenburgs  neuerdings  unter  dem 
3./13.  Nov.  an  den  Kaiser  mit  einem  Memorial,  in  welchem  sie  um  Entscheidung 
des  Kaisers  bezüglich  der  Schuldfrage  und  Jägerndorfs  bitten.  Darauf  erfolgt 
am  27.  Nov.  der  Bescheid  des  Kaisers,  der  sich  bereit  erklärt,  dem  Kurfürsten 
-an  den  hundert  Römermonaten,  so  I^  K.  M.  bei  dem  gemachten  Friedensschluss 
bewilliget,  ihr  Contingent  von  dero  Churlanden,  ingleichen  in  Erwägung,  dass 
I.  Ch.  D.  eine  so  geraume  Zeit  ihre  hinterpommerische  Lande  entrathen  müssen, 
auch  von  denselbigen  Landen  ausser  denjenigen  Posten,  so  mit  I.  Ch.  D.  Ge- 
nehmhaltung allbereit  etlichen  Particularen  der  Orten  assignirt  und  übergeben 
worden,  völlig  zu  überlassen.  Ingleichen  sind  I.  K.  M.  zufrieden,  dass  S.  Ch. 
D.  auch    von    den    Cleve-Mark-Ravensberg-Minden-  und  Halberstädtischen  Lan- 


')  Die  Breslauer  Schuld  hieng  mit  bvandenburgischen  Darlehen  an  die  Kaiser 
Maximilian  II.  und  Matthias  zusammen,  die  auf  die  schlesischen  Einkünfte  des  Kaisers 
hypothecirt  worden  waren.  Vergl.  Urk.  u.  Act.  IV.  609,  VI.  221  ff.,  VII.  417.  Koch, 
1.  c.  I.  457. 


62  I-     Mission  Blumenthals  etc. 

den  ihr  zustehend  Contingent  au  gedachten  100  Römermonaten  für  obgemelte 
Schuld  der  180  000  Thaler  behalten  solle."  Und  wenn  diese  Summen  nicht  die 
Höhe  der  Schuld  erreichen  sollten,  will  der  Kaiser  von  anderen  jetzt  und  künf- 
tigen Reichsbewilligungen  die  Sache  ausgleichen;  aber  der  Kaiser  versteht  dies 
so,  dass  der  Kurfürst  mit  Rücksicht  auf  die  schlechte  Finanzlage  des  Kaisers 
diesem  die  Zinsen  erlassen  Avird.  Was  Jägemdorf  betrifft,  lässt  es  der  Kaiser 
bei  dem  bewenden,  was  1636  geäussert  worden  ist,  und  bestimmt  die  Gnade, 
die  er  dem  Kurfürsten  zu  Theil  werden  lassen  will,  auf  100  000  Thaler.  Be- 
greiflich, dass  sich  die  Vertreter  Brandenburgs  mit  solchen  Erklärungen  nicht 
zufrieden  gaben;  auch  im  Jahre  16.54  wurden  Verhandlungen  gepflogen  und 
die  Vertreter  Brandenburgs  erklärten  in  ihrer  Antwort  auf  des  Kaisers  Bescheid 
d.  d.  Regensburg  15.  März/4.  April  als  äusserstes,  ihre  Forderungen  auf  300  000 
Thaler  für  Capital  und  Zinsen  formuüren  zu  können;  die  100  000  Thaler,  die 
der  Kaiser  für  Jägerndorf  biete,  würde  der  ICurfürst  nur  als  Abschlagszahlung 
für  diese  300  000  Thaler  annehmen,  nicht  aber  als  Aequivalent  für  Jägerndorf. 
Darauf  erfolgt  nach  Beschlüssen  der  Conferenz  vom  25.  April  der  Bescheid  des 
Kaisers,  durch  den  er  sich  bereit  erklärt,  die  Summe  von  300  000  Thaler  für 
die  Schuld  zu  acceptiren,  davon  aber  das,  was  für  die  Anweisungen  auf  Cleve, 
Halberstadt,  Minden,  Mark  und  Ravensberg  festgesetzt  worden,  abziehen  und 
den  Rest  aus  den  demnächst  eingebenden  Reicüscontributionen  und  Bewilli- 
gungen richtig  machen  zu  wollen.  Wegen  Jägerndorf  aber  bleibt  der  Kaiser  bei 
dem,  was  er  gesagt.  In  derselben  Weise  lautet  der  Bescheid,  der  am  1.  Dec. 
1655  dem  in  Wien  weilenden  Loben ')  gegeben  wird. 


0     Joh.    Friedrich   von   Loben;    über    seine  Mission    in  Wien   ürk.  u.  Act.    VIL 
416  ff. 


I 


IL 

Der  nordische  Krieg  1655—1660. 

(Missionen  Fernemont's,  Schütz's,  Strozzi's.) 


Einleitung. 


Das  Jahr  1654  bezeichnet  den  Höhepunkt  der  anti-österreichischen  Politik 
am  Berliner  Hofe.  Der  furchtbarste  Gegner  Oesterreichs,  der  Urheber  und  rast- 
lose Förderer  des  Planes  der  Errichtung  eines  reichsständischen  Bundes  zur 
Abwehr  der  Uebergriffe  des  Reichsoberhauptes,  Graf  Waldeck,  geniesst  das  un- 
bedingte Vertrauen  seines  Herrn,  bestimmt  fast  unumschränkt  die  Geschicke 
des  Staates.  Nach  allen  Seiten  sieht  er  nach  Bundesgenossen  aus;  mit  den 
deutschen  evangelischen  und  katholischen  Reichsständen  sowohl,  als  mit  den 
grossen  Mächten  des  Continentes,  in  erster  Linie  mit  Schweden  und  Frankreich, 
sucht  er  Verbindungen  anzuknüpfen.  Zum  Theil  wenigstens  mit  Erfolg.  Dass 
Ferdinand  IV.,  der  jugendliche  König,  nach  dessen  Wahl  der  Wiener  Hof  seine 
auf  Stärkung  der  kaiserlichen  Autorität  im  Reiche  gerichteten  Pläne  am  Reichs- 
tage ungescheut  hatte  vernehmen  lassen,  plötzlich  —  9.  Juli  1654  —  starb, 
bestärkt  Waldeck  in  seiner  Auffassung  um  ein  bedeutendes.  Er  glaubt  darin 
ein  sichtbares  Zeichen  Gottes  zu  sehen,  auf  der  betretenen  Bahn  vorwärts  zu 
gehen  und  seinen  Herrn  für  die  Durchführung  seiner  Pläne  zu  gewinnen,  was 
ihm  auch  gelang.  Da  traten  die  grossen  Ereignisse  im  Norden  Europa's  ein. 
Königin  Christine  entsagte  dem  schwedischen  Throne  zu  Gunsten  ihres  Vetters, 
des  Pfalzgrafen  Karl  Gustav,  der  kaum  zur  Regierung  gelangt,  die  Eroberungs- 
politik Gustav  Adolfs  aufnahm  und  das  von  allen  Seiten  bedrohte,  im  Inneren 
verfaulte  Polenreich  mit  Krieg  überzog.  Die  Interessen  des  Brandenburgers 
waren  damit  in  erster  Linie  berührt,  insbesondere  mit  Rücksicht  auf  seinen 
preussischen  Besitz.  Dieser  allein  schon  nöthigte  Friedrich  Wilhelm  Stellung 
zu  den  kriegführenden  Mächten  zu  nehmen,  sich  für  oder  wider  Karl  Gustav 
zu  erklären.  Eine  Entscheidung  von  unermesslicher  Bedeutung,  und  um  so 
schwerer  zu  treffen,  als  den  Auseinandersetzungen  der  schwedischen,  wie  jenen 
der  polnisch-österreichischen  Partei  an  seinem  Hofe  eine  gewisse  Berechtigung 
nicht  abzusprechen  war  und  Neigung  den  Kurfürsten  weder  zur  einen,  noch 
zur   anderen  Partei    zog.     Denn   die  Stärkung  der  schwedischen  Macht  konnte 


1)     Vergl.  Erdmannsdörffer.  B.  Graf  Waldeck  152 ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV. 


66  n.     Der  uoidische  Krieg  1655—1660. 

ilim  ebensowenig  zuträglich  erscheinen,  als  eine  Vergrössernng  der  kaiserlichen 
Autorität  im  Reiche,  gegen  die  er  soeben  noch  so  energisch  aufgetreten  war. 
Es  galt  also  lediglich  die  Vortheile  dieser  und  jener  Allianz  gegeneinander  zu 
halten,  eine  richtige  Entscheidung  darüber  zu  treffen,  von  welcher  Seite  er  mit 
grösserer  Wahrscheinlichkeit  auf  Unterstützung  zur  Erreichung  des  erwünschten 
Zieles  als  das  von  allem  Anfange  an  die  Souveränetät  in  Preussen  feststand,  rech- 
nen könne.  Begreiflich,  dass  Friedrich  Wilhelm  eine  solche  Entscheidung  zu 
treffen  nicht  wagte,  ohne  von  Neuem  nach  beiden  Seiten  hin  Unterhandlungen 
gepflogen  zu  haben.  Jene  mit  dem  Schwedenkönige,  zu  denen  in  erster  Linie 
Waldeck  drängte,  führten  zu  keinem  Resultate.  Die  Eroberungsgelüste  Karl 
Gustavs,  die  mit  seinen  Erfolgen  wuchsen,  seine  Absicht,  Memel  und  Pillau  zu 
gewinnen  und  die  Geringschätzung,  mit  welcher  er  die  Vertreter  Friedrich  Wil- 
helms behandelte,  Hessen  keinen  Vergleich  erhoffen.  Die  Partei  der  Polen- 
freunde am  kurfürstlichen  Hofe  erlangte  für  einige  Zeit  das  Uebergewicht.  Mit 
den  Ständen  des  königlichen  Preussens,  mit  den  Staaten  wurden  Verträge  zu 
gemeinsamer  Bekämpfung  der  von  Schweden  drohenden  Gefahr  geschlossen,  mit 
Polen  in  diesem  Sinne  Verhandlungen  geführt.  Auch  beim  Kaiserhofe  suchte 
Friedrich  Wilhelm  nach  einer  Verständigung  bezüglich  der  schwedisch-polni- 
schen Differenzen.  Er  liess  durch  Loben  dem  Wiener  Hofe  seine  Geneigtheit 
dazu  kundthun,  freilich  nicht,  ohne  zugleich  die  Beilegung  der  schwebenden 
Streitfragen  zu  fordern  und  seiner  Pläne  bezüglich  Preussens,  —  vorerst  aller- 
dings in  etwas  verhüllter  Form  —  Erwähnung  zu  thun.  Löbens  Sendung, 
über  die  im  7.  Bande  der  „Urkunden  und  Acten"  ausführlich  berichtet  ist '), 
führte  zu  keinem  Resultate.  Die  Friedensliebe  des  Kaisers,  das  Bedürfnis  des- 
selben nach  Ruhe  und  sein  Wunsch,  seinem  Sohne  Leopold  die  Krone  aufs 
Haupt  zu  setzen,  die  dessen  Bruder  nur  so  kurze  Zeit  geschmückt,  trugen  gleich- 
massig  dazu  bei,  Ferdinand  lU.  von  jedem  Conflicte  mit  den  Schweden,  deren 
Kriegstüchtigkeit  er  so  oft  erprobt  hatte,  zurückzuhalten.  Dazu  kam,  dass  man 
eine  Vergrössernng  der  kurfürstlichen  Macht,  die  Friedrich  Wilhelm  durch  die 
Austragung  der  alten  Streitfragen  über  die  Berechtigung  seiner  Ansprüche  auf 
Jägerndorf  und  auf  die  Breslauer  Schuld,  sowie  durch  seine  Forderungen  be- 
züglich der  Souveränetät  in  Preussen  zu  erzielen  hoffte,  durchaus  nicht  wünschte 
und  zur  Arlnexion  Polens,  welche  der  Kurfürst  zu  billigen  und  zu  unterstützen 
sich  bereit  erklärte,  keine  rechte  Lust  empfand.  Dieser  Stimmung  entsprach 
die  Haltung  des  Wiener  Hofes.  Man  hielt  Loben  hin  und  entschloss  sich  erst 
dann  zur  Annahme  der  von  Brandenburg  ursprünglich  gewünschten  Mediation 
zwischen  Polen  und  Schweden,  als  nach  den  glänzenden  Siegen  Karl  Gustavs 
an  einen  Erfolg  dieser  kaiserlichen  Vermittelung  nicht  mehr  zu  denken  war 
und  die  gütliche  Beilegung  des  Conflictes  auch  nicht  mehr  im  Interesse  des 
Kurfürsten  von  Brandenburg  lag,  der  unterdess  sich  immer  mehr  mit  dem  Ge- 
danken vertraut  gemacht  hatte,  die  herrschenden  Conflicte  zur  Erwerbung  der 
Souveränetät  in  Preussen  zu  benützen.  Begreiflich  daher,  dass  Friedrich  Wil- 
helm, der  zu  Ende  des  Jahres  1655   dieses  Ziel  im  Anschlüsse  an  Schwedens 

')    VII.  416  ff. 


Einleitung.  67 

Gegner  zu  erreichen  hoffte,  mit  den  ihm  seitens  des  kaiserlichen  Hofkriegs- 
rathes  Johann  Reichard  Grafen  von  Starhemberg ')  und  seinem  Gesandten  Loben  ■^) 
seitens  der  kaiserlichen  Käthe  gegebenen,  allgemein  gehaltenen  Erklärungen  nicht 
einverstanden  war  und  auf  das  eindringlichste  durch  Loben  und  den  zu  dessen 
Unterstützung  nach  \\' ien  gesendeten  geheimen  Rath  Georg  von  Bonin  ^)  ein  Bünd- 
nis zur  Abwehr  der  von  Schweden  drohenden  Gefahren  forderte.  Zu  einem  sol- 
chen wollte  sich  aber  die  Wiener  Regierung  unter  keinerlei  Umständen  verstehen, 
auch  dann  nicht,  als  Friedrich  Wilhelm  sich  nicht  mehr  verhüllt,  sondern  ganz 
offen  für  den  Plan  der  Erwerbung  Polens  für  den  Kaiser  aussprach  und  zu- 
gleich die  besten  Versicherungen  bezüglich  seiner  Haltung  bei  der  nächsten 
römischen  Königswahl  gab.  Zweifel  in  die  Aufrichtigkeit  dieser  Versprechen 
und  in  die  Möglichkeit,  sie  durchzuführen,  sowie  das  im  Laufe  der  Jahre  ge- 
steigerte Ruhebedürfnis  des  Kaisers,  dürften  neben  der  Abneigung  desselben 
die  Macht  des  Kurfürsten  zu  stärken,  die  Ursachen  dieser  ablehnenden  Haltung 
des  Wiener  Hofes  gewesen  sein,  der  zu  keinen  anderen  Zugeständnissen  zu  be- 
wegen war,  als  sich  zu  rüsten  und  die  Vermittelung  zwischen  Polen  und 
Schweden  zu  versuchen.  Von  dem  Ausgange  dieser  Verhandlungen  gedachte 
man  die  weiteren  Schritte  abhängen  zu  lassen. 

Vergebens  war  es,  dass  Friedrich  Wilhelm,  durch  die  Bewegungen  des 
siegreichen  Schwedenkönigs  auf  das  empfindlichste  getroffen,  immer  dringender 
den  Abschluss  eines  Vertheidigungsbündnisses  gegen  Schweden  forderte  und 
■die  bei  Verweigerung  eines  solchen  Begehrens  drohenden  Gefahren  betonte. 
Loben  musste  bemerken  „wie  behutsam  der  Kaiser  vorgeht"'  und  schliesslich 
seinem  Herrn  mittheilen,  dass  an  eine  wirkliche  Unterstützung  desselben  durch 
den  Kaiser  unter  den  gegebenen  Verhältnissen  nicht  zu  denken  sei.  Für  Frie- 
drich Wilhelm  ein  empfindlicher  Schlag.  Er  war  zu  tief  in  die  Wirren  des 
nordischen  Krieges  verwickelt,  zu  nahe  durch  die  Entscheidung  desselben  be- 
rührt, um  die  vom  Kaiser  empfohlene  zuwartende  Haltung  noch  weiter  beob- 
achten zu  können.  Durch  die  mit  dem  Wiener  Hofe  und  den  Gegnern  Schwe- 
dens gepflogenen  Verhandlungen  hatte  er  den  günstigen  Augenblick  versäumt, 
auf  dem  Fusse  der  Gleichheit  mit  Karl  Gustav  einen  Vertrag  zu  schliessen,  und 
sah  sich  jetzt,  von  dem  Kaiser  im  Stiche  gelassen,  von  den  Staaten  nur  lau 
unterstützt,  bei  der  Schwäche  des  polnischen  Königs  und  der  Republik,  ge- 
nöthigt,  das  lose  Unterthänigkeitsverhältnis,  in  welchem  er  zum  Könige  von 
Polen  gestanden,  mit  dem  harten  Joche  der  schwedischen  Leheusoberherrlich- 
keit  zu  vertauschen,  nur  um  sich  vor  gänzlicher  Unterwerfung  zu  sichern.  Es 
war  unzweifelhaft  ein  gewagtes  Unternehmen,  in  das  sich  Friedrich  Wilhelm 
einliess.  Er  verlor  seine  früheren  Freunde,  ohne  einen  neuen  zu  gewinnen; 
er  musste  fürchten,   im  Falle  der  Besiegung  Karl  Gustavs,   von  dessen  Gegnern 


^)  Ueber  die  Sendung  Starhembergs  nach  Berlin  haben  sich  im  Wiener  Archive 
keine  Documente  vorgefunden;  vergl.  für  den  Verlauf  dieser  Mission  Urk.  u.  Act.  VII. 
423;  Droysen  1.  c.  III j.  236. 

2)  Urk.  u.  Act.  VII.  425. 

3)  Urk.  u.  Act.  VII.  424,  442  ff. 

5* 


6g  IL     Der  nordische  Krieg  1655— 1C60. 

empfindlich  gestraft;  im  Falle  der  Schwedenkönig  siegen  sollte,  von  diesem  er- 
drückt zu  werden.  Trotzdem  wird  nicht  geläugnet  werden  können,  dass  nur 
auf  diesem  Wege  das  Ziel,  das  Friedrich  Wilhelm  sich  gesteckt,  erreicht  wer- 
den konnte.  Nur  indem  er  die  Verhältnisse  geschickt  benützend,  sich  bereits 
in  dem  Marienburger  Bündnisse  vom  25.  Juni  1656  ')  als  Bundesgenosse  neben 
Karl  Gustav  im  Kampfe  gegen  Polen  zu  behaupten  wusste,  indem  er  dann  die 
schwierige  Lage,  in  die  der  Schwedenkönig  bald  nach  dem  entscheidenden  Siege 
bei  Warschau  gerieth,  für  seine  Zwecke  auszubeuten,  sich  die  Souveränetät 
Preussens  seitens  Karl  Gustavs  zu  sichern  verstand'^)  und  dann  nach  glücklich 
erreichtem  Ziele  den  eigennützigen  Bundesgenossen  bei  Seite  schob,  seinem 
ehemaligen  Lehensherrn  gegen  die  Anerkennung  der  bereits  mrklich  erfolgten 
Loslösung  Preussens  von  Polen  die  Hand  bot,  vermochte  er  zwischen  den  strei- 
tenden Parteien  hindurchsteuernd  das  von  allem  Anfange  an  in's  Auge  gefasste 
Ziel  zu  erreichen. 

Die  Beziehungen  des  Wiener  und  Berliner  Hofes  in  der  Zeit  der  schwedi- 
schen Waffengemeinschaft  waren  keine  freundschaftlichen ;  dazu  giengen  die  In- 
teressen der  beiden  Herrscher  viel  zu  sehr  auseinander.  Denn  während  Frie- 
drich Wilhelm,  der  bisher  den  Kaiser  zu  energischer  Antheilnahme  an  dem 
Kampfe  gegen  Schweden  zu  vermögen  gesucht  hatte,  jetzt  im  wohlverstandenen 
eigenen  Interesse  darauf  bedacht  war.  den  Krieg  zu  locaüsiren  und  den  Kaiser 
von  jedem  Eingreifen  in  denselben  abzuhalten^),  überzeugte  sich  der  Wiener 
Hof,  der  dem  Kurfürsten  den  Anschlass  an  Schweden  verargte  und  von  der 
Waffengemeinschaft  dieser  beiden  Fürsten  Gefahr  für  die  Erblande  fürchtete, 
immer  mehr  von  der  Nothwendigkeit  an  dem  Kriege  theilzunehmen  und  begann 
den  stets  erneuerten  Bitten  der  Polen  Gehör  zu  schenken.  Schon  nach  dem 
entscheidenden  Siege  bei  Warschau,  der  das  Uebergewicht  Schwedens  über 
Polen  entgiltig  entschied,  war  an  den  verschiedensten  Orten  das  Gerücht  von 
einem  beabsichtigten  Zuge  des  kaiserlichen  Heeres  nach  Preussen  verbreitet*). 
In  der  That  gab  es  unter  den  Käthen  des  Kaisers  Männer  genug,  welche  bereits 
damals  nur  in  einem  energischen  Vorgehen  gegen  Karl  Gustav  und  dessen  Ver- 
bündete die  Möglichkeit  erblickten,  das  kaiserliche  Ansehen  zu  wahren  und  die 
von  allen  Seiten  drohenden  Gefahren  abzuwehren,  und  dieser  Ansicht  auch 
Ausdruck  verliehen.  Keiner  deutlicher,  vernehmlicher  und  unablässiger  als  der 
kaiserliche  Gesandte  Franz  von  Lisola,  der  Zeuge  der  schimpflichen  Behand- 
lung gewesen  war,  die  Karl  Gustav  den  Vertretern  des  Kaisers  hatte  zu  Theil 
werden  lassen,  als  sie  die  Vermittelung  Ferdinand  III.  in  dem  schwedisch-pol- 
nischen Conflicte  antrugen,  der  vom  Beginne  des  Krieges  an  gegen  das  zögernde 
Benehmen  des  Wiener  Cabinettes  Einspruch   erhoben,   den  Anschluss  an  Polen, 


1)     Mörner  I.e.  201  ff. 

^     Vertrag  von  Labiau  vom  10./20.  Nov.  1656;  Mörner  I.e.  211  ff. 

-)  Ueber  die  in  diesem  Sinne  erfolgte  llission  Dobrczenski's  nach  Prag  (Juli- 
Sept.  1656)  vergl.  Urk.  u.  Act.  VII.  621  ff. 

*)  Vergl.  Bericht  Lisola's  d.  d.  Sonnenberg  7.  Sept.  1656;  Berichte  Lisola  s  190 
und  das  Schreiben  Xeumauns  Urk.  u.  Act.  VII.  621  f. 


Einleitung.  69 

die  Heranziehung  Brandenburgs  und  der  übrigen  von  Schweden  bedrohten 
Mächte  gefordert  hatte  und  jetzt  nach  dem  Siege  Karl  Gustavs  bei  "Warschau 
stärker  denn  je  die  Nothwendigkeit  eines  energischen  Vorgehens  gegen  Schwe- 
den betonte.  In  der  That  verhalfen  die  Kraft  und  die  Wucht  seiner  Argumente 
der  Kriegspartei  am  Wiener  Hofe  zum  Siege.  Freilich  war  dies  nicht  das  Werk 
eines  Tages.  Es  bedurfte  vielmehr  Monate  lauger,  ununterbrochener  Be- 
mühungen und  Arbeit  bis  es  gelang,  die  Wiener  Regierung,  welche  mit  Rück- 
sicht auf  die  Friedensliebe  des  Kaisers,  auf  die  verschiedenartigen  Interessen, 
die  berücksichtigt  werden  mussten,  uud  in  der  Erkenntnis  der  Unzulänglichkeit 
der  vorhandenen  Mittel  eine  Entscheidung  mit  den  Waffen  zu  verhindern  be- 
müht war,  zu  einer  rückhaltlosen  Erklärung  gegen  Schweden,  zur  wirklichen 
Antheilnahme  au  dem  von  Polen  gegen  Schweden  geführten  Kriege  zu  vermögen. 
Je  allgemeiner  nun  am  Wiener  Hofe  die  Erkenntnis  von  der  Nothwendigkeit 
wurde,  die  mit  Karl  Gustav  bestehenden  Differenzen  durch  das  Schwert  zu  ent- 
scheiden, desto  stärker  empfand  man  daselbst  das  Bedürfnis,  sich  mit  jenem 
deutschen  Fürsten  zu  einigen,  der  durch  die  Zahl  und  die  Tüchtigkeit  seiner 
Truppen,  durch  die  Lage  des  Landes,  dessen  Herrscher  er  war,  und  durch  seine 
Beziehungen  im  Osten  und  Westen  Europa's  eine  entscheidende  Rolle  in  dem 
nordischen  Kriege  zu  spielen  berufen  war.  Dass  das  Bundesverhältnis,  in 
welchem  Friedrich  Wilhelm  zu  Karl  Gustav  stand,  kein  auf  persönliche  Zu- 
neigung oder  auf  der  Erkenntnis  gemeinsamer  Interessen  beruhendes  war,  wusste 
man  am  Wiener  Hofe.  Hatte  doch  Lisola  in  seinen  Berichten  immer  wieder 
auf  die  Schwäche  des  zwischen  Brandenburg  und  Schweden  geschlossenen 
Bündnisses  hingewiesen  und  zugleich  die  Behauptung  gewagt,  es  werde  dem 
Kaiser  bei  einigem  Entgegenkommen  gelingen,  Friedrich  Wilhelm  für  die  Sache 
der  Schwedenfeinde  zu  gewinnen.  Die  Gelegenheit  dazu  schien  günstig.  Der 
Kurfürst  hatte  alles  erreicht,  was  er  von  Karl  Gustav  zu  erreichen  hoffen  durfte. 
Durch  die  Bestimmungen  des  Labiauer  Vertrages  vom  November  1656  \var  ihm 
die  Souveränetät  in  Preussen  gesichert.  Eine  Fortsetzung  des  Krieges  lag  also 
nicht  in  seineminteresse.  Wohl  suchte  ihn  Karl  Gustav,  der  durch  die  von  allen 
Seiten  anmarschirenden  Feinde  bedroht  war,  durch  weitere,  grössere  Versprechun- 
gen zur  Theilnahme  an  neuen,  gewagten  Unternehmungen  zu  vermögen,  allein 
Friedrich  Wilhelm  wusste,  dass  der  Schwede  ihm  niemals  ein  wahrer  Freund  sein 
werde  und  hielt  die  Aussichten  eines  günstigen  Ausganges  der  von  Kail  Gustav 
geplanten  Unternehmungen  für  viel  zu  gering,  um  sich  ihretwegen  der  Gefahr 
der  gänzlichen  Vernichtung  auszusetzen.  Der  Gedanke,  den  lästigen  Neben- 
buhler im  Kampfe  um  die  Suprematie  im  nördlichen  Deutschland  bei  Seite  zu 
schieben  und  sich  dessen  Gegnern  gegen  die  Anerkennung  der  durch  den  La- 
biauer Vertrag  bezüglich  Preussens  getroffenen  Bestimmungen  anzuschliessen, 
nahm  immer  mehr  Besitz  von  Friedrich  Wilhelm.  Um  so  geneigter  zeigte  er 
sich,  dem  kaiserlichen  Gesandten,  Franz  von  Lisola,  entgegenzukommen,  als 
dieser  zu  Beginn  des  Jahres  1657  an  ihn  im  Namen  des  Polenkönigs  und  des 
Kaisers   mit    dem  Plane   einer  Aussöhnung   herantrat ').     Freilich  so  lagen  die 


')     Ueber  diese  erste  Mission  Lisola's  vergl.  dessen  Berichte,  212  ff. 


70  II.     Der  nordische  Krieg  1655—1660. 

Verhältnisse  nicht,  dass  es  gleich  beim  ersten  Versuche  hätte  gelingen  können, 
eine  Einigung  zu  erzielen.  Noch  hatte  der  Kaiser  sich  nicht  zur  Theilnahme 
an  dem  schwedisch-polnischen  Kriege  entschlossen,  noch  war  Friedrich  Wilhelm 
Bundesgenosse  Karl  Gustavs  und  die  Polen  weit  entfernt,  dem  Kurfürsten  die 
geforderte  Souveränetät  in  Preussen  zuzugestehen.  Erst  nachdem  der  Früh- 
jahrsfeldzug Karl  Gustavs  gänzlich  gescheitert  war,  erst  nachdem  der  Dänen- 
könig den  Schweden  den  Krieg  erklärt,  der  Kaiser  sich  mit  den  Polen  geeinigt, 
an  dem  Kriege  theilgenommen  und  die  Polen  zur  Anerkennung  der  Souveränetät 
Friedrich  "Wilhelms  in  Preussens  vermocht  hatte,  gelang  es  dem  unermüdlich 
thätigen  Lisola,  den  Kurfürsten  von  Brandenburg  zum  Abschlüsse  eines  Ver- 
trages mit  den  Polen  zu  vermögen ').  Dabei  konnte  man  aber,  sollte  nicht  alles 
in  Frage  gestellt  werden,  nicht  stehen  bleiben.  Zu  einer  gedeihlichen  Entwicke- 
lung  der  deutschen  und  der  europäischen  Verhältnisse  überhaupt  gehörte  die 
volle  üebereiustimraung  des  Kurfürsten  von  Brandenburg,  des  mächtigsten  pro- 
testantischen Reichsstandes,  mit  dem  Reichsoberhaupte  in  allen  strittigen  Punkten. 
Denn  erst  nach  der  Vereinigung  der  kaiserlichen  Truppen  mit  den  branden- 
burgischen war  eine  erfolgreiche  Action  gegen  den  Schwedenkönig  möglich,  nur 
bei  einem  gemeinsamen  Vorgehen  des  Kaisers  und  des  Kurfürsten  die  Abwehr 
der  von  Frankreich  und  den  übrigen  Reichsfeinden  drohenden  Gefahren  zu  er- 
hoffen. Die  letzten  Monate  des  Jahres  1657  und  die  ersten  des  Jahres  1658 
sind  mit  den  in  diesem  Sinne  geführten  Verhandlungen  ausgefüllt.  Man  sah 
am  "Wiener  wie  am  Berliner  Hofe  die  Nothwendigkeit  einer  Vereinbarung  ein, 
aber  so  gross  w^aren  die  Hindernisse,  so  zahlreich  die  Differenzen,  dass  die  er- 
wünschte Einigung  erst  nach  vielfachen  Mühen  und  auch  dann  nicht  vollständig 
gelang.  Denn  der  junge  österreichische  Herrscher,  der  gerade  in  jenen  Monaten 
den  heftigsten  Kampf  um  die  Kaiserkrone  auszufechten  hatte  und  in  erster 
Linie  durch  die  Nothwendigkeit  der  kurfürstlichen  Stimme  sicher  zu  sein,  sich 
zum  Abschlüsse  mit  dem  Brandenburger  bestimmen  liess,  wollte  kein  bindendes 
Versprechen  geben,  offensiv  gegen  Schweden  vorzugehen,  solange  die  Kaiser- 
krone sein  Haupt  nicht  schmückte.  Friedrich  "Wilhelm  aber  wollte  sich,  in  der 
richtigen  Erkenntniss,  dass  er,  einmal  mit  Oesterreich  und  Polen  verbunden,  die 
furchtbarste  Rache  der  Schweden  zu  gewärtigen  habe,  zum  Abschlüsse  der  von 
Dänemark  und  Polen  sehnsüchtig  erhofften  Allianz  mit  dem  Kaiser  nur  gegen 
das  Versprechen  des  letzteren  verstehen,  an  der  gegen  Schweden  in  Pommern 
geplanten  Action  theilzunehmen.  Es  ist  fraglich,  ob  unter  solchen  Umständen 
der  Abschluss  des  geplanten  Bündnisses  überhaupt  erfolgt  wäre,  wenn  nicht  die 
unumgängliche  Nothwendigkeit  der  brandenburgischen  Stimme  sicher  zu  sein, 
den  jungen  König  von  Ungarn  und  Böhmen  bewogen  hätte,  sich  den  "Wünschen 
des  Kurfürsten  zu  fügen  und  sich  zur  Theilnahme  an  der  gemeinsamen  Ope- 
ration gegen  Karl  Gustav  zu  verpflichten.  Das  Bündnis  vom  9.  Februar  1658, 
durch  das  die  Einigung  der  beiden  Höfe  erfolgte-'),   war  von  ausschlaggebender 


')     Verträge  von   "Wehlau    und    Bromberg,    19.  Sept.,  6.  Nov.  1657;  Mörner  I.e. 
220 ff.,  226 ff. 

')     Mörner  1.  c.  229  ff.,  683  ff. 


Einleitung.  71 

Becleutung.  Durch  die  Umkehr  des  Kurfürsten,  durch  die  Vereinigung  seiner 
Truppen  mit  denen  des  Kaisers  und  der  übrigen  Schweden  feindlichen  Mächte 
wurde  dem  Kriege  die  letzte,  entscheidende  Wendung  gegeben. 

Die  Acten  über  die  Beziehungen  des  brandenburgischen  Hofes  zum  öster- 
reichischen während  dieser  ereignisreichen  Monate  sind  bereits  in  ihrer  Gänze 
mitgetheilt  worden.  Ueber  die  Sendungen  Kittelmanns  und  Löbens  nach  Wien 
enthält  der  8.  Band  der  Urkunden  und  Acten  ^)  die  entsprechenden  Documente. 
Ebendaselbst  sind  in  2  gesonderten  Abschnitten  alle  auf  die  Haltung  Branden- 
burgs in  den  Fragen  des  Rheinbundes  und  der  Kaiserwahl  bezüglichen  Urkunden 
veröffentlicht  worden  ^).  Die  sehr  umfangreichen  und  wichtigen  Berichte  des 
kaiserlichen  Gesandten,  Franz  von  Lisola,  sind  durch  eine  besondere  Publication 
den  wissenschaftlichen  Kreisen  zugänglich  gemacht  worden  ^).  Neue  Documente 
von  Bedeutung  aus  dieser  Zeit  haben  sich  im  Wiener  Archive  nicht  vorgefun- 
den. Die  Weisungen  Leopolds  an  seine  Vertreter  liegen  nur  äusserst  selten 
vor  und  zeichnen  sich  durch  eine  besondere  Kürze  aus.  Soweit  denselben 
eine  Bedeutung  beizamessen  ist,  sind  sie  in  der  Einleitung  und  in  den  Noten 
zur  Ausgabe  der  Lisolapapiere  verwerthet  worden. 

Dagegen  hat  sich  eine  Ergänzung  der  im  8.  Bande  der  „Acten  und  Urk." 
mitgetheilten  Documente*)  über  die  Beziehungen  der  beiden  Staaten  nach  dem 
Abschlüsse  des  AIKanzvertrages  vom  9.  Februar  als  nothwendig  erwiesen.  Ins- 
besondere dürften  die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Auszüge  aus  den  Be- 
richten der  kaiserlichen  Gesandten  Fernemont  und  Schütz  eine  erwünschte  Er- 
gänzung der  über  ihre  Missionen  bereits  bekannt  gewordenen  Documente  bil- 
den. Johann  Franz  von  Barwitz,  Freiherr  von  Fernemont,  dessen  Sendung  an 
den  Berhner  Hof  erfolgte,  als  die  beiden  Vertreter  Leopolds,  welche  die  be- 
deutungsvollen Verhandlungen  mit  Brandenburg  geführt  hatten,  noch  vor  Aus- 
tausch der  Ratificationen  Berlin  verlassen  mussten  —  Montecuccoli,  um  das 
Commando  über  die  kaiserlichen  Truppen  zu  übernehmen,  Lisola,  um  in  Polen 
die  Interessen  Oesterreichs  zu  wahren  — ,  war  ein  erprobter  Krieger,  aber  kein 
gewandter  Diplomat.  Er  war  kaiserlicher  Kriegsrath,  Generalfeldzeugmeister, 
hatte  in  der  Schlacht  bei  Leipzig  im  Jahre  1642  die  Infanterie  commandirt, 
war  bei  dieser  Gelegenheit  von  den  Schweden  gefangen  genommen  worden, 
und  bekleidete  nach  erlangter  Freiheit  die  Stelle  eines  Commandanten  der 
Festung  Grossglogau "").  Seine  Aufgabe  am  Berliner  Hofe  war  keine  leichte. 
Wohl  war   durch  die  Bestimmungen   des  Vertrages   vom  9.  Februar  die  Grund- 


1)  Urk.  u.  Act.  VIIL  339. 

2)  Vin.  433  ff.,  519  ff. 

^)  Die  Berichte  des  kaiserlichen  Gesandten  Franz  von  Lisola  aus  den  Jahren 
1655 — 1660.  Mit  Einleitung  und  Anmerkungen  herausgegeben  von  A.  F.  Pribram 
(Archiv  für  Kunde  österreichischer  Geschichte  Bd.  LXX.  Die  Verhandlungen  Lisola's 
mit  dem  Brandenburger  speciell  212ff.,  286ff.). 

*)     355  ff 

'")  Biographisches  über  Fernemont  bei  Kneschke  1.  c.  III.  232;  er  starb  1667  als 
Gouverneur  und  Commandant  zu  Grossglogau. 


72  11-     Der  nordische  Krieg  1G55— 16G0. 

läge  für  eine  Verständigung  gegeben,  allein  es  fehlte  viel  zu  einer  völligen 
Vereinbarung.  Eine  solcbe  war  auch  mit  Rücksicht  auf  das  verschiedenartige 
Interesse  beider  Fürsten  nicht  gut  möglich,  Leopold  hatte  kein  Interesse  daran, 
dass  der  Krieg  im  Nordosten  Europa's  fortgesetzt  werde;  er  plante  keine  Er- 
oberung in  jenen  Gegenden  und  fürchtete  durch  ein  allzu  energisches  Vorgehen 
die  Einmischung  der  Westmächte  zu  veranlassen.  Wenn  es  gelang,  die  Ueber- 
griffe  Schwedens  zurück  zu  weisen,  der  Ausbreitung  der  schwedischen  Macht 
in  Deutschland  ein  Ziel  zu  setzen,  die  Integrität  Polens  zu  behaupten,  so  war 
den  Wünschen  der  Wiener  Regierung  vollauf  Rechnung  getragen  und  es  gab 
Männer  in  der  Umgebung  des  jungen  Königs,  welche  behaupteten,  dieses  Ziel 
auch  auf  anderem  Wege,  als  auf  dem  des  Krieges  erreichen  zu  können.  Vor 
allen  Dingen  aber  lag  es  im  Interesse  Leopolds,  den  Ausbruch  des  Krieges 
gegen  Schweden  unter  allen  Umständen  bis  nach  Beendigung  des  Wahlkampfes 
hinauszuschieben.  Wenn  sich  daher  der  junge  Herrscher  nach  langem  Zögern 
zum  Abschlüsse  eines  Offensivbündnisses  gegen  Schweden  entschlossen  hatte,  so 
hatte  er  dies  doch  nicht  in  der  Absicht  gethan,  den  Kampf  gegen  Karl  Gustav 
wirklich  zu  beginnen,  bevor  die  Wahlfrage  entschieden  war.  Friedrich  Wilhelm 
dagegen  hoffte  durch  eine  schleunige,  unerwartete  Action  gegen  den  in  Däne- 
mark beschäftigten  Karl  Gustav  nicht  nur  dessen  Macht  zu  brechen,  sondern 
auch  bedeutende  Erwerbungen  in  Pommern  zu  machen,  und  rechnete  auf  die 
energische  Mitwirkung  Oesterreichs,  ohne  die  ihm  die  Durchführung  seines  Planes 
unmöglich  schien. 

Um  dieses  Ziel  zu  erreichen,  war  es  aber  unerlässlich,  die  Antheilnahme 
Oesterreichs  an  dem  Kampfe,  der  noch  immer  zwischen  Frankreich  und  Spanien 
ausgefochten  wurde,  zu  hindern.  Wenn  daher  Friedrich  Wilhelm  sich  bereit 
erklärt  hatte,  die  Wahl  Leopolds  zu  fördern,  seine  Stimme  für  ihn  abzugeben, 
so  hatte  er  deswegen  durchaus  nicht  den  Gedanken  aufgegeben,  durch  eine  in 
die  Wahlcapitulation  aufzunehmende  Clausel  die  Actionsfreiheit  Leopolds  nach 
dem  Westen  hin  zu  beschränken,  um  ihn  auf  diese  Weise  zur  Antheilnahme  an 
dem  im  Nordosten  Europa's  tobenden  Kriege  zu  vermögen.  Aber  auch  sonst 
gab  es  der  Differenzen  genug.  Die  alte  Streitfrage  bezüglich  der  Berechtigung 
der  Ansprüche  Brandenburgs  auf  das  vom  Kaiser  zu  Beginn  des  30jährigen 
Krieges  eingezogene  Fürstenthum  Jägerndorf  war  durch  den  Vertrag  vom 
9.  Februar  1658  nicht  beigelegt,  den  Wünschen  des  Kurfürsten  bezüglich  der 
Stellung  der  Evangelischen  im  Reiche  und  in  den  Erblanden  nicht  Rechnung 
getragen  worden.  Das  Misstrauen  des  Kurfürsten  in  die  Aufrichtigkeit  der  kai- 
serlichen Politik,  die  Eifersucht  des  Wiener  Hofes  auf  den  immer  grösser  wer- 
denden Einfluss  des  protestantischen  Nachbarn  bestanden  fort.  Alles  dieses  er- 
schwerte die  Verhandlungen  Fernemonts,  der  in  der  That  nicht  viel  auszurichten 
vermochte.  Als  er  nach  einem  Aufenthalte  von  wenigen  Monaten  in  Folge 
anderweitiger  Beschäftigung  Berlin  verliess,  konnte  er  als  den  einzigen  Erfolg 
seiner  Mission  die  Auswechselung  der  Ratification  des  Vertrages  vom  9.  Februar 
bezeichnen;  in  allen  übrigen  Dingen  hatte  er  entweder  den  Wünschen  des  Kur- 
fürsten Rechnung  tragen,  oder  die  strittigen  Fragen  unentschieden  lassen  müssen. 

Ebensowenig  wie  dem  Freiherrn  von  Fernemont  gelang    es    seinem    Nach- 


Einleitung.  73 

folger  Johann  Helwig  Sinolcl  genannt  Schütz ')  den  Kurfürsten  in  der  Wahl- 
frage, um  derentwillen  er  vornehmlich  nach  Berlin  entsendet  wurde,  zu  einer 
den  Wünschen  des  Kaisers  entsprechenden  Entschliessung  zu  vermögen.  Allen 
Erwägungen  des  kaiserlichen  Gesandten  gegenüber  betonte  der  Kurfürst  die 
Nothwendigkeit  unter  2  Uebeln  das  kleinere  zu  wählen  und  forderte  immer 
dringender  die  Annahme  der  Kaiserkrone  unter  den  zur  Wahrung  des  Eeichsfrie- 
dens  unerlässlichen  Beschränkungen  der  kaiserlichen  Macht,  sowie  die  energische 
Antheilnahme  Oesterreichs  an  den  Kriegsoperationen  gegen  Schweden.  Wie 
bekannt  blieb  dem  jungen  Herrscher  nichts  übrig,  als  sich  den  Forderungen 
seines  mächtigen  Nachbarn  zu  fügen.  Leopold  unterzeichnete  die  nach  dem 
Projecte  des  Brandenburgers  in  die  AVahlcapitulation  aufgenommenen  Artikel, 
die  ihm  jede  Antheilnahme  an  dem  spanisch-französischen  Kriege  unmöglich 
machten,  und  erklärte  sich  bereit,  als  Bundesgenosse  Friedrich  Wilhelms  dessen 
gegen  Schweden  gerichtete  Unternehmungen  zu  unterstützen.  Die  auf  die  ge- 
meinsame Kriegsführung  bezüglichen  Documente  haben  aus  principiellen  Grün- 
den in  diese  Publication  keine  Aufnahme  gefunden"^);  die  politischen  Acten  für 
diese  Zeit  der  Waffengemeinschaft  sind  bereits  zum  Theile  im  8.  Bande  der 
„Urkunden  und  Acten"  ^),  zum  Theile  in  den  Berichten  Lisola's  mitgetheilt  wor- 
den ■•);  wesentliches  Neue  hat  sich  in  den  Beständen  des  Wiener  Archives  nicht 
gefunden.  Dagegen  schien  es  zweckmässig,  die  bereits  mitgetheilten  Documente 
über  die  Beziehungen  Oesterreichs  und  Brandenburgs  gelegentlich  der  zu  Oliva 
geführten  Friedensverhandlungen^)  durch  die  weiter  unten  folgenden  Berichte 
des  nach  Berlin  gesendeten  kaiserlichen  Generals  Grafen  Peter  Strozzi  zu  er- 
gänzen. Während  des  ganzen  Verlaufes  des  nordischen  Krieges  waren  sowohl 
von  den  Kriegführenden,  als  auch  von  den  durch  den  Krieg  in  ihren  Interessen 
berührten  westeuropäischen  Mächten  Versuche  einer  gütlichen  Ausgleichung  der 
bestehenden  Differenzen  gemacht  worden.  Dieselben  hatten  lange  zu  keinem 
Resultate  geführt;  vornehmlich  deshalb,  weil  Karl  Gustav,  solange  er  siegreich 
war,  unerfüllbare  Forderungen  stellte  und  in  den  Zeiten  der  äussersten  Be- 
drängnis auf  das  Interesse  der  Westmächte  rechnend,  die  ihm.  von  seinen  Geg- 
nern vorgeschlagenen  Bedingungen  nicht  annahm.  Erst  als  nach  dem  unglück- 
lichen Verlaufe  des  zweiten  dänischen  Krieges  die  westeuropäischen  Mächte, 
insbesondere  Frankreich,  das  aus  eigennützigen  Gründen  ein  gänzliches  Unter- 


')  Johann  Helwig-  Sinold  genannt  Schütz  war  Reichshofrath  unter  Ferdinand 
imd  Leopold  und  trat  nach  17jähriger  Thätigkeit  am  Wiener  Hofe  als  Kanzler  in  die 
Dienste  Georg  Wilhelms  von  Lüneburg-Celle. 

^  Das  Archiv  des  Reichskriegsministerium  enthält  eine  Fülle  neuer  Documente 
über  die  Theilnahme  Oesterreichs  am  schwedisch-polnischen  Kriege,  die  demnächst  in 
anderem  Zusammenhange  verwerthet  werden  dürften.  Die  vorliegenden  Darstellungen 
über  diesen  Krieg,  soweit  er  Oesterreich  betrifft,  sind  ungenügend. 

3)     355  ff. 

*)     1.  c.  384  ff 

^)  Neben  dem  älteren  Sammelwerke  von  Joh.  Gottl.  Böhm  „Acta  pacis  Oliviensis 
inedita  Vratisl.  1763",  insbesondere  Urk.  u.  Act.  VIII.  687ff. 


74  n.     Der  nordische  Krieg  1655 — 1660. 

liegen  Karl  Gustavs  verhindern  zu  müssen  glaubte,  immer  von  neuem  der  Frie- 
densidee das  Wort  sprachen  und  die  Vermittelung  ernstlich  in  die  Hände  nahmen, 
gab  der  Schwedenkönig  seine  Zustimmung  zur  gütlichen  Ausgleichung  der  be- 
stehenden Differenzen.  Principieller  Widerspruch  gegen  die  Vornahme  der 
Friedensverhandlungen  wurde  nun  von  keiner  Seite  erhoben.  Dänemark,  Polen, 
Oesterreich  und  Brandenburg  hiessen  das  Unternehmen  gut.  Doch  waren  die 
Forderungen,  welche  von  den  Vertretern  der  einzelnen  Fürsten  gestellt  wurden 
und  die  Interessen  derselben  so  differirende,  dass  erst  nach  langen  Vorbe- 
rathungen  und  mühseligen  Verhandlungen  und  auch  dann  nur  unter  dem  Ein- 
drucke der  von  Frankreich  und  Spanien  nach  den  Bestimmungen  des  pyrenäi- 
schen  Friedensinstrumentes  ausgesprochenen  Drohung  des  gemeinsamen  Kampfes 
gegen  die  Friedensstörer,  die  energische  Inangriffnahme  der  Verhandlungen  er- 
folgte. Die  Interessen  der  Herrscher  Oesterreichs  und  Brandenburgs  waren  in  die- 
sem Momente  nur  zum  Theile  die  gleichen.  Beide  wünschten  die  Schwächung  der 
schwedischen  Macht  und  die  Herstellung  eines  Universalfriedens,  der  ihnen  Sicher- 
heit gegen  jeden  Uebergriff  Karl  Gustavs  bot.  Während  aber  der  Kaiser  sich  mit 
der  Herstellung  des  status  quo,  mit  seiner  Aufnahme  unter  die  Garanten  des 
Friedens  zufrieden  erklärte  und  mehr  darauf  bedacht  war,  den  Franzosenkönig 
in  seine  Schranken  zurückzuweisen,  hatte  sich  Friedrich  Wilhelm  nach  dem 
glücklichen  Verlaufe  der  Kriegsereignisse,  insbesondere  nach  dem  glänzenden 
Erfolge  der  Expedition  nach  Pommern,  mit  der  Idee,  einen  Theil  Vorpommerns 
für  sich  zu  gewinnen,  immer  mehr  befreundet  und  suchte  jetzt  seine  Verbün- 
deten für  den  Plan  der  Fortsetzung  des  Kampfes  zu  gewinnen,  falls  Karl  Gustav 
und  die  vermittelnden  Mächte  die  Abtretung  eines  Theiles  von  Vorpommern  an 
Brandenburg  weigern  sollten.  Allein  weder  bei  den  Polen  noch  beim  Kaiser 
fand  dieser  Vorschlag  Anklang.  Leopold  erklärte  sich  in  seinen  an  den  Kur- 
fürsten gerichteten  Schreiben,  wie  in  den  Verhandlungen  mit  Wreich,  des  Kur- 
fürsten in  jenen  Tagen  in  AVien  weilenden  Vertreters '),  zur  Unterstützung  des 
Kurfürsten  bereit,  falls  der  Friede  nicht  zu  Stande  kommen  sollte,  er  liess  durch 
Montecuccoli  und  durch  den  Fürsten  Gonzaga  über  die  eventuellen  Kriegs- 
operationen berathen^),  allein  er  suchte  zu  gleicher  Zeit  den  Kurfürsten  von 
der  Nothwendigkeit  zu  überzeugen,  in  der  Frage  der  Restitution  der  pommer- 
schen  Eroberungen  um  des  allgemeinen  Friedens  willen  nachzugeben.  Die 
Verhandlungen,  welche  in  diesem  Sinne  neben  anderen  Männern  Graf  Peter 
Strozzi'')  am  Hofe  des  Kurfürsten  geführt  hat,  sind  im  Folgenden  mitgetheilt. 
Dieselben  waren  bekanntlich  von  Erfolg  begleitet;   bereits  Ende  Februar  theilte 


1)  Urk.  u.  Act.  VIII.  415  ff. 

2)  Urk.  u    Act.  VIII.  422  ff.,  428  ff 

^)  Ueber  die  Sendung  Strozzi's  vergl.  auch  Urk.  u.  Act.  VIII.  41of.  Graf  Peter 
Stro/zi  1626  geboren,  von  Ferdinand  lY.  zum  Kämnaerer  ernannt,  trat  nach  dessen 
Tode  in  die  Dienste  Ferd.  III.,  diente  1656  in  Italien  und  machte  dann  den  Feldzug 
gegen  die  Schweden  unter  Montecuccoli  mit.  _  Nach  dem  Frieden  von  Oliva  wurde  er 
in  Ungarn  verwendet,  reiste  1663  nach  Frankreich,  um  den  Beistand  Frankreichs  für 
den  Kampf  gegen  die  Fürsten  zu  erbitten,  was  ihm  auch  gelang  und  fiel  am  22.  Mai 
1664  bei  Serinvar;  vergl.  Zedier  XL.   1053 f. 


I 


Einleitung.  75 

Friedrich  Wilhelm  dem  Kaiser  den  Entschliiss  mit,  sich  der  Nothwendigkeit  zu 
fügen  und  von  der  Forderung  einer  Gebietsabtretung  in  Pommern  seitens  der 
Schweden  abzustehen. 

Ueber  die  Schreibweise  des  Freiherrn  von  Fernemont,  Schütz'  lind  des 
Grafen  Strozzi  ist  nicht  viel  zu  sagen.  Der  erste  und  der  letzte  lassen  in  ihren 
Berichten  den  Soldaten  erkennen;  sie  beobachten  gut  und  beschränken  sich  auf 
das  nothwendige.  Schütz  ist  etwas  weitschweifig;  der  Inhalt  seiner  Berichte 
steht  in  keinem  richtigen  Verhältnisse  zu  dem  Umfange  derselben,  daher  er- 
schien es  auch  zweckmässig,  die  Auszüge  aus  seinen  Schreiben  so  kurz  als 
möglich  zu  gestalten. 


IL    Der  nordische  Krieg  1655—1660. 

Mission    des   Franz   von   Barwitz,    Freiherrn   zu 

Fernemont. 


Instruction   für   Fernemont.     Dat.  Windslieim   27.  Febr.  1658. 

(Concept.) 

[Ratification  des  geschlossenen  Vertrages.     Secretartikel  wegen  Verwendung  der  pom- 
merschen  Eroberungen.     Vorschläge  und  Forderungen  des  Kaisers.] 

27.  Febr.  Da  Montecuccoli  mid  Lisola  anderweitig  beschäftigt  Averden   müssen '),  hat 

der  Kaiser  sich  entschlossen,  Fernemont  zum  Kurfürsten  zu  senden,  damit 
deroselben  in  ünserm  Namen  vermög  beiliegenden  Creditifs  (Dat.  27.  Fe- 
bruar 1658)  anfügen  wollest,  wasmassen  dir  nit  allein  unsere  Ratification 
über  die  gepflogene  Tractaten')  zugeschickt  und  du  selbige  auszuant- 
worten  befelchet,  auch  P.  Ld.  Ratification  hinwider  zu  empfangen  be- 
vollmächtiget seiest,  bei  welcher  Auswechslung  und  Empfang  du  dann 
fleissig  in  Acht  zu  nehmen  haben  wirst,  damit  die  Churfürstliche  Un- 
serer königl.  Ratihabition  in  der  Form  ganz  einig  seie^). 

Soviel  aber  die  Approbation  des  articuli  secreti   belangen  thuet*),  da 
hast  du  P.  L.  mit  guter  Manier  glimpflich  zu  repräsentireu,  obzwar  Wir 


')  Montecuccoli  als  Führer  der  kaiserlichen  Hilfstruppen  gegen  Schweden;  Li- 
sola als  Gesandter  in  Polen. 

-')  Gemeint  sind  die  am  D.Februar  1658  abgeschlossenen  Verträge;  Mörner  I.e. 
229  ff.,  683  ff. 

^)  Vergl.  über  die  Differenzen  bei  diesen  Verhandlungen  und  Verträgen  Pri- 
bram  A.,  Berichte  Lisola's  1655-1660,   Archiv  für  Kunde  ö.  G.  LXX.  341  ff. 

■*)  Wegen  kurfürstlicher  Besatzung  in  eventuell  zu  erobernden  pommerschen 
Plätzen;  Mörner  1.  c.  689 f. 


Instruction  für  Fernemont.  77 

L  L.  alles  liebs  und  guts  gönnen  und  wünschen,  auch  von  denen  pommeri- 
schen  Landen,  da  Gott  der  Allmächtige  Unsere  Waffen,  wie  zu  hoffen, 
gesegnen  möchte,  Uns  etwas  zu  apropriiren  nicht  gesinnt,  so  wolle  Uns 
iedoch  nicht  allein  nachdenklich,  sondern  auch  für  frühezeitig  vorkom- 
men, etwas  von  Erhaltung  und  Couservation  einiger  Länder  und  Plätze, 
oder  auch  von  deren  Theilung,  was  zu  melden,  oder  zu  handien,  ehe 
selbige  eingenommen  und  wolle  Uns  dahero  rathsamer  zu  sein  gedünken, 
wann  man  sich  mit  Vergleichung  dieses  Articuls  noch  etwas  gedulden 
und  es  uf  gelegenere  Zeit  verschieben  thäte.  Wofern  du  aber  hiebe! 
wahrnehmen  solltest,  dass  solches  von  des  H°.  Ch.  L.  schwer  zu  erhalten, 
hättest  auch  du  dich  hierinnen  nit  länger  aufzuhalten,  doch  benebenst 
L  Ld.  zu  Gemüth  zu  führen,  wann  Wir  in  diesen  iirticul  alsogleich 
einwilligten,  was  für  ein  grosses  onus  Wir  für  Uns  und  zu  was  für 
grossem  Vorthel  Wir  solches  für  L  Ld.  auf  Uns  nehmen  thäten.  Wir 
wollten  dahero  ganz  nit  zweiflen,  L  L.  würden  dieses  hinwiderum  ge- 
bürend  erkennen  und  nicht  allein  bei  der  jetzt  bevorstehenden  Kaiser- 
wahl ')  Uns  zum  besten  zur  Superirung  aller  Difficulteten  so  noch  gereget 
werden  möcliten,  müglichst  cooperiren,  auch  anietzo  von  aller  uf  Jägeru- 
dorf  führender  Prätension  ablassen  und  derselben  uf  ewig  renunciiren, 
sondern  auch  inskünftig  Unseres  löbl.  Erzhauses  Dienste  und  Nutzen, 
dafern  die  Sachen  durch  göttliche  Verleihung  wohl  ausschlagen  sollten, 
hinwider  bedenken.  Wofern  nun  L  L.  darin,  wie  zu  hoffen,  willigen  würde, 
hättest  Du  dero  schriftliche  Versicherung  hierüber  zu  begehren.  Sollten 
sich  aber  des  H°.  Ch.  L.  soviel  die  Renunciation  uf  die  jägerndörfische 
Prätension  betrifft,  anitzo  zu  erklären  Bedenken  tragen,  gleichwohl  dessen 
Hoffnung  geben  und  die  Erkenntnus  versprechen,  so  hättest  du  gleich- 
falls auch  dieses  instrumentum  approbationis  über  diesen  Articul  neben 
Unserer  andern  Ratification  gegen  Empfahung  der  churfürstlichen  Ratifi- 
cation auszuhändigen.  —  Bei  diesem  allem  hast  du  zuvorderst  gebührend 
zu  erinnern  und  daran  zu  sein,  damit  ietz  bemelter  Articul  in  höchster 
Geheim  gehalten  werden  möge  ^). 


0  üeber  Brandenburgs  Verhalten  in  der  Wahlfrage  Urk.  u.  Act.  II.  126  ff. ;  VIII. 
Abschn.  VI.  und  VII.  (p.  436  Änm.  die  Literatur,  dazu  Heide,  Die  Wahl  Leopolds. 
Forschungen  zur  deutschen  Gesch.  XXV.  Iff.  Pribram,  Zur  Wahl  Leopolds.  A.  f. 
K.  ö.  G.  LXXIIL  149 ff.;  Pribram,  Berichte  Lisola"s  1.  c.  p.  286 ff.) 

2)  Vergl.  für  Fernemont's  Mission;  Urk.  u.  Act.  VIII.  372,  382,  502 f.;  II.  164, 
168;  Puf.  1.  c.  Vn.  52;  Droysen  1.  c.  IIL  382. 


78  n.     Der  nordische  Krieg  1G55— 1660. 

Fernemont  an  den  Kaiser.     Dat.  Colin  an  der  Spree  28.  März 

1658.     (Gr.) 

[Verhandlungen  Fernemonts  mit  den  Ruthen  des  Kurfürsten.     Die  Jägerndorfer  Frage. 

Ratificationsangelegenheit.    Brandenburgs  Kriegspläne.    Zustand  der  brandenburgischen 

Armee.     Unterredung  mit  Hoverbeck  über  den  Secretartikel.] 

28.  März.  Ist  am  20.  März  angekommen  und  hat  am  24.  Audienz  beim  Kurfürsten  ge- 

habt, der  sich  zur  Auswechslung  der  Ratificationen  geneigt  zeigt.  Am  folgen- 
den Tage  seind  dero  geheime  Räthe,  Schwerin,  Hoverbeck ')  und  Som- 
nitz^),  um  mit  mir  in  einige  Cünferenz  zu  treten,  in  mein  Logiament  zu 
mir  geschicket,  von  ihnen  aber  gleich  anfänglichen  begehret  worden,  ob 
nebst  Auswechselung  bemelter  Instrumenten,  ich  etwas  mehrers  und  son- 
derlichen wegen  Jägerndorf  anzubringen  in  commissis  hätte.  Worauf 
ich  ihnen  geantwortet,  dass  ausser  gedachter  Auswechselung  ich  zu 
einem  mehrern  nicht  instruiret,  wegen  Jägerndorf  aber  es  ohne  das  von 
denen  neulichst  beisammen  gewesten  Deputirten  auf  die  Seiten  gesetzet 
worden  und  hinterblieben  wäre^),  benebst  aber  glimpflichen  und  gleich- 
sam lachendes  Mundes  soviel  zu  verstehen  gegeben,  dass  eine  Stadt 
Stettin  mehr  dann  viel  Jägerndorf  werth  seie,  darbei  sie  es  auch  be- 
wenden lassen  und  mir  beigefallen,  sich  auch  selbsten  dahin  beschieden, 
dass  bei  vorigen  Congressen  wegen  Jägerndorf  nichts  zu  melden  be- 
schlossen worden  seie. 

Es  folgen  dann  Berathungen  über  die  Auswechslung  der  Ratificationen 
und  die  Brandenburger  fordern,  dass  nothwendig  der  Tenor  des  zwischen 
beederseits  hiebevorn  beisammen  gewesten  ministris*)  aufgerichteten 
auch  also  abgehandelten  foederis  defensivi  et  conventionis  ad  operationes 
bellicas  sammt  beederseits  Deputirten  Vollmacht  und  Namen  der  Rati- 
habition  zu  inseriren,  wie  auch  ein  absonderliches  gleichförmiges  Instru- 
mentum  über  die  Convention  de  operatione  armorum  abgeredt  und  sonst 
auch  gewöhnlicher  Massen  zu  verfertigen  seie.  Die  Versuche  Fernemonts 
eine  Aenderung  in  diesem  Beschlüsse  zu  bewirken  bleiben  ohne  Erfolg;  er 
bittet  daher  um  Weisung,  wie  er  sich  zu  verhalten  habe. 


')  Johann  v.  Hoverbeck,  langjähriger  Vertreter  des  Kurfürsten  in  Polen;  vergl. 
Klaproth,  Staatsrath  347;  Isaacsohn,  Geschichte  des  preussischen  Beamtenthums  II. 
99,  212. 

2)  Lorenz  Christof  von  Somnitz;  vergl.  Klaproth  1.  c.  357 f.;  Isaacsohn  1.  c. 
II.  237. 

•^  Ueber  die  Verhandlungen  in  der  Jägerndorfer  Angelegenheit  in  dieser  Zeit 
vergl.  Urk.  u.  Act.  VIII.  339  ff.,  500. 

^)  Unterhändler  waren  kaiserlicherseits  Montecuccoli  und  Lisola;  seitens  der 
Brandenburger  Schwerin,  Somnitz  und  Hoverbeck. 


Ratificationsaustauscb.     Pläne  des  Kurfürsten.  79 

In  den  ^kurzen  Observationen",  die  Ferneraont  dem  Schreiben  beilegt,  finden 
wir  neben  einer  abfälligen  Beurtheilung  der  Dänen  in  ihrem  Kampfe  mit  Schwe- 
den'),  auch  folgendes  erwähnt:  „Wie  der  Churfürst  von  E.  K.  M.  Armee 
discurriret,  hat  er  zwar  die  Völker  sehr  gelobet,  doch  dies  dabei  er- 
wähnet, dass  die  Regimenter  fürnemlich  bei  der  Cavagleria  ziemlich  stark 
und  wenig  Officirer  nach  der  Proportion  der  Soldaten  dabei  wären,  da  hin- 
gegen   die    Schweden  viel   Officirer    in    dem    ersten   Glied,    auf  welchem 

alles  bestünde,  voransetzen  thäten Das  fiirnehmste,  so  man  sowohl  aus 

I"".  D.  als  dero  ministris  Discursen  abnehmen  können,  ziehlen  sie  nun- 
mehr nicht  daliin,  dass  man  anfänglich  offensive  gegen  dem  Feind  agiren 
würde  können,  weil  sie  ihn  gar  zu  mächtig  hielten  und  er  den  Vortheil 
hätte,  sie  leichtlich  zu  Wasser  von  einem  Ort  zum  andern  zu  praeoccu- 
piren.  Es  werde  nur  moles  belli  in  Pommern  auszustehen  seien,  allwo 
die  schwedische  Armee  ungezweifelt  aus-  und  ansetzen  würde,  beinebenst 
aber  auch  ein  neues  Corpo  zwischen  der  Elbe  und  Weser  aufrichten, 
gegen  dem  Reich  eine  grosse  Diversion  und  ihnen  einen  mehrern  Anhang 
dardurch  zu  machen  ^)  . . . .  Soviel  nun  die  churfürstl.  Armee  und  Völker 
anlanget,  kann  man  änderst  nicht  sagen,  als  dass  es  der  Generalen  Be- 
richt nach  ein  starkes  Corpo  von  wohlgekleideten  und  sehr  disciplinirten 
Völkern  ist;  dabei  tapfere  und  gute  Generalen  und  durchgehend  ansehn- 
liche Officirer  vorhanden.  Was  ich  unterweges  und  hier  gesehen,  kann 
ich  bezeugen,  dass  ich  mich  selbst  verwundert  habe  und  ist  bei  solcher 
Menge  der  Völker  fast  im  Lande  nicht  zu  spüren,  dass  fast  eine  Armee 
vorhanden  seie,  so  scharf  werden  sie  eingehalten,  dagegen  aber  das 
Land  sehr  erschöpfet  und  in  nicht  geringen  Unwillen  gebracht ....  Wie 
in  der  nächsten  Conferenz  des  articuli  secreti,  dessen  Ratihabition  und 
Instrumentum  sie  in  gnugsamer  Richtigkeit  gefunden,  Meldung  geschehen 
und  ich  dabei,  wie  E.  K.  M.  bei  Occupirung  der  pommerischen  für- 
nehmsten  Posten  nichts  vor  sich  behalten  thäten  und  ihre  grosse  Aftec- 
tion  und  treuherzige  Intention  freiwillig  ohne  fernere  Consideration  ihro 
daraus  zuwachsendes  odii  bei  anderen  Potentaten  erweiseten,  in  etwas 
exageriren  wollen,  hat  mir  der  von  Hoverbeck  zur  Antwort  gegeben,  dass 
sothane  Declaration  E^  K.  M.  so  viel  als  keinem  anderen  Confoederirten 
zustatten  käme,  weilen  dadurch  sowohl  die  Holländer  als  andere  be- 
nachbarte Stände,  welche  wegen   des   dänischen  Verlusts   nothwendig  in 


')  üeber  diesen  Kampf  vergl.  Carlson,  Gesch.  Schwedens  IV.  229  ff.  Pufendorf  S., 
De  rebus  gestis  Caroli  Gustavi  über  V. 

^  Ueber  Brandenburgs  Kriegspläne  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  YIII.  353  f.  u. 
a.  0.     Droysen  1.  c.  III2  376  f. 


I 


80  n.     Der  nordische  Krieg  1655—1660. 

eine  Jalousie  gerathen  müssten,  sich  desto  leichter  bewegen  würden 
lassen,  wann  sie  versichert,  dass  das  hochlöblichste  Erzhaus  Oesterreich, 
dessen  grosse  Macht  ihnen  sonst  allezeit  suspect  seie,  an  den  Seekanten 
keinen  festen  Fuss  zu  setzen  und  etwan  mittlerzeit  den  spanischen 
Schiffen  einzuräumen,  so  sie  zum  meisten  fürchten  thäten,  Vorhabens 
wäre. 


Fernemont  an   den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Spree   29.  März 

1658.     (Or.) 

[Ratificationsangelegenheit.  Des  Kurfürsten  Bemühungen  bei  den  Braunschweigern 
und  Polen.  Brandenburg-französische  Beziehungen.  Verhalten  des  polnischen  Secre- 
tärs.     P.  S.  Ratificationsangelegenheit.    Hoverbecks  Mittheilungen  über  die  Erklärungen 

Blondels.] 

29.  März.  Befehl  vom  12.  März  erhalten  (d.  d.  Aschaffeuburg)  „und  daraus  mit 

Freuden  gehorsambist  verstanden,  dass  dadurch  meine  wenige  in  vorge- 
meltem  Bericht  enthaltene  considerationes,  wegen  des  articuli  secreti 
mich  in  keine  Weitleuftigkeit  einzulassen,  allergnädigst  confirmiret  worden". 

Fernemont  macht  dem  Kurfürsten  entsprechende  Mittheilungen,  erhält  aber 
bezüglich  der  Auswechslung  der  Ratihabitionsinstrumente  keine  andere  Antwort 
als  vorher. 

Der  Kurfürst  reist  nach  Magdeburg,  um  den  Versuch  zu  machen,  die  braun- 
schweigischen  Fürsten  auf  seine  und  des  Kaisers  Seite  zu  bringen ')  und  sendet 
Sparr^)  und  Hoverbeck  nach  Polen,  um  durch  Intervention  Montecuccoli's  mit 
den  Polen  bezüglich  Conjunction  der  Waffen  und  über  die  Kriegsoperationen 
zu   berathen  ^). 

Gestern  waren  Schwerin  und  Hoverbeck  bei  Blondel^);  Fernemont  weiss 
noch  nicht,  was  sie  mit  demselben  berathen  haben '"). 

So  habe  ich  auch  verspüret,  dass  der  polnische  Lescynskische  all- 
hier  hinterlassene  Secretarius  bei  gedachtem  französischen  Residenten 
sehr  familiär    ist    und    sich   mit   mir   nicht   mehr  so  vertreulich    als  die 


0  Ueber  die  Conferenz  zu  Magdeburg  und  über  das  Verhältnis  Brandenburgs 
zu  den  Braunschweiger  Fürsten,  vergl.  Köcher,  A.,  Geschichte  von  Hanuover  und 
Braunschweig  1648—1714.  I.  243fP.     Joachim  I.e.  o08f. 

''')  Feldmarschall  Otto  Christof  von  Sparr;  Mülverstedt,  Georg  Adalbert,  Die 
brandenburgische  Kriegsmacht  unter  dem  Grossen  Kurfürsten  439;  Mörner,  Märkische 
Kriegsoberste  151  ff. 

^)     Vergl.  über  diese  Gesandtschaft  Urk.  u.  Act.  VIII.  496. 

■*)  üeber  Blondel,  Frankreichs  Vertreter  in  Brandenburg,  Urk.  u.  Act.  II.  117 ff. 
und  die  117  Anm.  angeführte  Literatur. 

^)     Ueber  die  Verhandlungen  Blondels  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  II.  158  ff. 


Auswechselung  der  Ratificationen.     Unternelimungen  gegen  Scliweden.  81 

erste  Tage  beschehen,  in  Discurs  auslasset'):  dannenliero  ich  dem  Lisola 
in  particulari  auch  7Aisciireil)0  hei  der  dortigen  Conferenz  ein  wachtsames 
Äuge  darauf  zai  haben,  üb  nicht  etwas  widriges  auch  in  gcheirab  möchte 
negotiiret  werden,  und  würde  meines  geringen  Erachtens  das  beste  sein, 
wann  man  nur  sowohl  die  Polacken  als  den  Churfiirsten  durch  Coniunc- 
tion  der  AVaffen,  wie  bälder  ie  besser  impegniren  könnte,  wormit  ihnen 
die  Gelegenheit  auf  andere  Resolution  zu  gedenken,  benommen  würde''). 

P.  S.  Uebersendet  das  von  den  kurfürstlichen  Räthen  entworfene  Project 
der  Ratificationeu^). 

Hoverbeck,  der  gestern  bei  mir  gewesen,  hat  unter  anderen  Discursen 
erwähnet,  dass  der  französische  Resident  bei  ihrer  gehabten  letzten  Con- 
ferenz, worvon  ich  oben  Anregung  getlian,  cathegorice  gesagt  hätte,  wann 
man  bei  diesem  Hof  und  in  Polen  sich  recht  rathen  wollte  lassen  und 
die  Sache  zu  einem  Vergleich  bringen,  W'olltc  er  versprochen,  dass  der 
König  in  Schw'eden  weder  an  ein  noch  dem  anderen  Orte  einzige 
Ungelegenheit  zu  machen  suchen  würde,  sondern  seie  einen  Weg  als  den 
anderen  absolute  resolviret  ehister  Zeit  den  nächsten  Weg  auf  E.  K.  j\l. 
Erbländer  loszugehen  und  sedem  belli  dahin  zu  führen;  man  wüsste 
wohl,  was  er  vor  einen  grossen  Anhang  daselbst  finden  würde. 


Die  Schreiben  Fernemonts  vom  April  entlialten  nichts  von  Bedeutung;  die 
Auswechslung  der  Ratificationen,  die  der  Kaiser  (d.  d.  11.  April)  an  Ferneniont 
übersendet,  wird  von  Seite  Brandenburgs  verzögert'')  (Ferneniont  d.  d.  23.  April 
1658),  dessen  Kurfüi-st  in  einem  Schreiben  vom  29.  März,  an  den  Kaiser,  zugleich 
mit  der  Versicherung  auch  jetzt,  nach  erfolgtem  Frieden  zwischen  Schweden 
und  Dänemark  ■') ,  alles  zur  Erreichung  des  geraeinsamen  Friedens  tbun  zu 
Avollen,  die  Frage  stellt,  ob  er  dem  Schwedcnköuige,  wenn  dieser  durch 
seine  Länder  ziehen  wolle,  freien  Durchmarsch  gewähren  solle.  Der  Kaiser 
befiehlt  darauf  Feruemont  (d.  d.  19.  April)  um  so  eifriger  auf  die  Aus- 
wechslung   der    Ratificationen    und    auf    die    Erfüllung    der    in    den    Verträgen 


')  Jobann  Lesczynski,  Woiwode  von  Posen,  über  seine  Mission  in  Berlin  —  er 
vertrat  Polen  bei  den  Verliandluugen  Oesterreiclis  mit  Brandenburg  in  Berlin.  — 
Ürk.  u.  Act.  II.  150;  Puf.  1.  c.  VII.  15;  Lettres  des  Desnoyers  369f.:  Pribram,  Be- 
richte Lisola's  1.  c.  309  ff. 

-)     Ueber  Lisola's  Thätigkeit  in  dieser  Zeit  Pribram  1.  c.  305  ff. 

")  Brandenburg  wünschte,  dass  die  Ratificationen  separat  für  das  Defensiv  und 
für  das  Offensivbündniss  erfolgen  sollten. 

■*)     Vergl.  über  diese  Frage  Urk.  u.  Act.  VIII.  50'2f. 

'")  Gemeint  ist  der  Vertrag  von  Roeskilde  vom  17./27.  Februar  1658:  Dumont 
1.  c.  VI.,  205 ff.;  vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  271  ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kuifiiisteu.     XIV.  D 


82  H-     Per  nordische  Krieg  1655— IGCO. 

eingegangenen  Verpfliclitnngen  zu  sehen.     Ueber  diese  Unterredungen  berichtet 
Fernemuiit  in  dem   folsrenden  Sclireibcn. 


Fernemont    an    den    Kaiser.      Dat.    Colin   a.  d.  Spree    1.  Mai 

1658.     (Or.) 

[Zweck    der    brandenburgischen   Interpellation    bezüglich    des  Passes  für  schwedische 
Truppen  durch  kurfürstliches  Gebiet.     Brandenburgs  Pläne  bezüglich  der  Operationen 
gegen    Schweden.     Wahlaugelegenheit.     Capitulation.     Politik    des    Mainzers.     Rhei- 
nische Allianz.] 

I.  Hai.  ...  So  viel   nun    die    von    den    churbrandenburgischen  Abgesandten 

an  E.  K.  M.  sowohlen,  andei'c  Chur-  und  Fürsten  gestellte  Frage,  wann 
der  König  in  Schweden,  welcher  in  Holstein  wieder  angelangt  wäre  und 
seinen  Marsch  geoen  Pommern  gerichtet  haben  solle,  den  Pass  und 
Durclizug  in  Polen  und  l^eussen  durch  I.  Ch.  D.  Landen  begehren 
würde,  ob  sie  ihme  denselben  gestatten  sollten,  anlanget,  hat  mir  der 
Churfürst  geantwortet,  dass  dieselbe  nur  dahin  gerichtet  gewesen,  um 
zu  vernehmen,  was  Einer  oder  der  Andere  im  Schild  führen  und  darauf 
antworten  würde.  Er  wüsste  gar  wohl,  dass  solches  die  aufgerichtete 
Confoederation  nicht  zulassen  thäte  und  er  vielmehr  derogleichen  mög- 
lichst zu  verhindern  hätte.  Der  Kurfürst  erklärt,  er  halte  es  nicht  für  ratb- 
sam,  jetzt  etwas  offensives  gegen  Schweden  zu  unternehmen,  mit  Rücksicht  auf 
des  Kaisers  Walil;  auch  wünschten  die  Polen  selbst  den  Frieden  und  hätten 
ihn    um   seine  Vermittlung  bei   Schweden   ersucht ').     Schwerin  soll  demnächst 

zu  den  Schweden  reisen Und  ist  gar  leicht  aus  der  ganzen  Connexion 

dieser  Sachen  abzunehmen,  dass  der  Churfürst  auch  sehr  zum  Frieden 
mit  Schweden  und  mehr  als  zum  Krieg  geneigt  seie,  w^eil  er  befindet, 
dass  er  itzt  nach  gemachten  dänischen  Frieden  und  bei  zunehmender 
Macht  der  Schweden  sein  Interesse  und  Zwec'k  in  Pommern,  worumben 
alles  bei  ihme  zu  thun  gewesen,  nicht  erreichen  werde  können,  auch  der 
König  in  Dänemark  also  niedrig  kommen,  dass  ihme  nicht  mehr  zu 
helfen  seie,  fürnemlich,  weil  durch  der  Franzosen  und  Engelländer  Per- 
suasion  und  des  von  Uhlfelds  continuirende  Verrätherei,  der  gute  König 
dahin  beredet  werde,  dass  die  Krön  Schweden  ihme  selbiges  Königreich, 
was  noch  übrig  bleibet,  erblich  zu  possidiren  behülflich  sein  wolle,  wor- 
mit  er  nun  den  Adel  desto  mehr  ofFendire  und  endlichen  von  ihnen  gar 


^)  Ueber  Polens  Verhalten  in  dieser  Zeit  und  die  Beziehungen  zu  Brandenburg 
Puf.  De  rebus  gestis  Fr.  Wilh.  \U.  46 ff.;  Desnoyers  I.  c.  402,  418 ff.;  Rudawski,  Bist. 
Poloniae  ab  excessu  Wlad.  IV.  414;  Urk.  u.  Act.  VIII.  283 f. 


Unternehiaungen  gegen  Karl  Gustav.    Wahlangelegenheit.    Rheinischer  Bund.  83 

Verstössen  uiul  die  Krön  Schweden  desto  besser  ihr  Interesse  alsdann 
observiren  könne;  welches  I^  Ch.  1).  von  gar  guter  Hand  eines  dänischen 
ministri  zukommen  wäre;  dass  also'  diese  considerationes  zusammen 
gnugsame  Ursache,  der  sonst  ohne  das  durch  geschlossene  Confoederation 
versicherten  Conjunction,  die  operationes  in  etwas  zu  retardiren,  bis  man 
recht  sehen  könne,  wie  sich  ein  und  anderes  und  fürnemlich  die  Wahl 
anlassen  werde. 

Bezüglich  dieser  giebt  der  Kurfürst  die  besten  Versicherungen  seinerseits 
und  sagt,  dass  ihme  von  Frankfurt  auch  ein  Project  der  Capitulation,  wie 
es  eingegangen  \Yerden  möchte,  zugeschicket  worden  wäre,  welches  er 
aber  nicht  achten  thäte,  sondern  der  Meinung  wäre,  es  sollten  E.  K.  M. 
nur  alles,  was  in  der  Capitulation  proponiret,  eingehen  und  darzu  Ja 
sagen,  bis  sie  römischer  Kaiser  wären,  alsdann  stünde  es  bei  E.  M.  zu 
lassen  oder  zu  halten,  was  sie  dem  Keich  und  ihr  selbsten  nützlicher 
zu  sein  befinden.  Auf  welches  ich  mit  geziemender  modestia  zu  repliciren 
meiner  Schuldigkeit  erachtet,  dass  E.  M.  sich  auf  eine  solche  Intention 
niclit  wohl  einlassen  würden,  weil  sie,  ihrer  Vorfahren  und  de^  hoch- 
löblichsten Hauses  in  allem  gewöhnlichem  Brauche  nach,  lieber  nichts, 
was  sie  nicht  zu  halten  vermeinten,  versprechen  würden,  damit  sowenig 
dem  Reich  als  anderen  fremden  Potentaten,  wie  es  gleichwohl  zu  viel 
geschieht,  sich  auf  einzige  Weise  und  mit  guten  Fundament  zu  be- 
schweren und  widerwärtige  Gedanken  zu  machen,  Ursache  hätten;  stünde 
derohalben  in  I.  D.  grosser  Freundschaft  und  schon  gnugsam  verspürter 
guter  Zuneigung  in  diesem  hochwichtigen  Werk  den  letzten  Streich  zu 
thun  und  vermittelst  eines  reiterirten  Befehls  an  die  Gesandten,  dass  sie 
die  majora  auf  Weis  uiid  Weg,  wie  es  im  Project  verfasset  und  Chur- 
Trier,  Sachsen,  als  Bayerische  Gesandtschaft  schon  approbando  hätte 
gefallen  lassen,  schliossen  möchten')  ....  Endlichen  ist  der  ganze  Dis- 
curs  auf'n  Churfürsten  von  Mainz")  gefallen,  dass  er  kein  Ursach  je- 
mals gehabt  hätte,  diese  Wahl  und  in  solchen  terminis  solang  zu  pro- 
trahiren;  es  werde  nur  den  fremden  Kronen  ie  länger  je  mehr  dadurch 
das  Reich  zu  turbiren  Anlass  gegeben,  auch  die  Authorität  des  Chur- 
fürstl.  collegii  durch  Vorbringung  solcher  schweren  und  fast  unbillichen 
Capitulationen    geschwächet    und    ie    länger  ie   mehr   neue  factiones  im 


0  Ueber  die  Verhandlungen  zu  Frankfurt  bezüglich  der  Capitulation  Urk.  und 
Act.  VI II.  478 ff.  u.  a.  0.;  11.  166 ff.;  Heide  1.  c.  49 ff. 

-)  Johann  Philipp  von  Schünborn;  für  seine  Politik  in  der  Wahifrage,  Pribram, 
Zur  Wahl  Leopolds  1.  c.  lOoff. 

6* 


\ 


34  II.     Der  nordische  Kriej^  1G55— 1660. 

Reiche  suscitirct:  massen  eben  der  Churfiirst  von  Mainz  eine  neue  Allianz 
aufzurichten  sich  bemühen  thiite,  zu  welcher  er  nicht  allein  die  geist- 
lichen Churfürsten  und  umliegende  Fürsten  des  Rheinstroms,  sondern 
auch  das  Haus  Braunschweig,  ihne  Churfürsten  zu  Brandenburg,  ia  sogar 
die  Krön  Frankreich  ziehen  und  drein  einwickeln  wollte').  Er  hätte 
aber  seines  Orts  solche  schwere  conditioncs  und  Bedenken  drauf  ein- 
geben, dass  er  verhofü'e,  er  wolle  diese  prätcndirtc  Allianz  wohl  hinter- 
treiben und  soviel  möglichen  verhindern'-)... 


Feniemoiit    an    den    Kaiser.     Dat.   Colin   a.  d.  Spree    7.  Mai 

1658.    (Or.) 

[Unterhandlungen  Fernemonts  mit  den  kurfürstlichen  Ministern  iil)or  die  gegen 
Schweden  und  in  Frankfurt  zu  beobachtende  Politik.    Des  Kurfürsten  gute  Erklärungen.] 

7.  M;ii.  2  Tage  nach  Absendung  des  letzten  Berichtes  sind  die  kurfürstlichen  Käthe 

zu  Fernemout  gekommen  und  besonders  Schwerin  hat  neue  Bedenken  erhoben. 
Als  erstlichen,  ob  auch  bei  so  sehr  verändertem  statu  in  Dänemark 
von  ihnen  das  instrumentum  foederis  offensivi  sollte  angenommen  wer- 
den? Andertens,  ob  nicht  vielmehr  E.  K.  M.  auf  solchen  Fall,  wann  ia 
etwas  wider  die  Schweden  in  Pommern  oder  dem  Reiche  zu  tentiren 
wäre,  mit  ihren  Waffen  als  principalis  den  Namen  führen,  oder  ia  die 
Polen  darzu  disponiren  wollten,  damit  das  odium  nicht  auf  sie  fallen 
thäte.  Und  drittens,  ob  nicht  bevor  und  ehe  die  Gesandten  zu  Frank- 
furt ihr  Votum  zu  Vollziehung  der  Wahl  geben  und  ablegen  möchten, 
denen  Franzosen  wegen  der  von  E.  K.  M.  in  Niederland  und  Italien, 
welche  für  fremde  Potentaten,  wie  sie  selbte  nennen,  gehalten  würden, 
zugeschickten    Hülfe   einige   »Satisfaction   gegeben    werden   sollte^)?      Als 


')  Gemeint  ist  die  rheinische  Liga,  die  am  14.  und  15.  August  1658  geschlossen 
wurde:  vergl.  für  dieselbe  Joachim  E.,  Entwickelung  des  Rheinbundes  von  1658. 
Pribram,  Beitrag  zur  Gesch.  des  Rheinbundes;  Sitzungsber.  der  W.  A.  CXY.  99 ff.; 
Köcher  1.  c  195ff. ;  Valfrey,  Hugues  de  Lionne  II.  155ff. ;  Cheruel,  Histoire  de  Ma- 
zarin  III.  124  ff. 

-)  Ueber  Brandenburgs  Verhalten  zum  Rheinbunde  neben  den  erwilhnten  Schriften 
Urk.  u.  Act.  VIII.  Ö19tf.;  Droysen  1.  c.  III2  409  ff. 

■"')  Um  diese  Frage  der  Unterstützung  der  Spanier  in  den  Niederlanden  und 
Italien  durch  den  Kaiser  drehten  sich  vornehmlich  die  Verhandlungen  in  Frankfurt, 
da  Frankreich  durch  das  Verbot  für  den  Kaiser  den  König  von  Spanien  zu  unter- 
stützen die  Macht  des  Hauses  Habsburg  zu  brechen  hoffte.  Die  Verhandlungen  in 
dieser  Sache  finden  sich  in  den  bereits  angeführten  Werken  über  die  Wahl  Leopolds; 
die  in  dieser  Frage  erschieneneu  Flugschriften  sind  u.  a.  gedruckt  bei  Londorp,  Acta 
publica  VIII.  182f.,  24üff.:  Oesterreichs  Erwiderung   294  ff. 


Haltung  gegenüber  Schweden  und  Frankreich.  85 

ich  nun  solche  auf  ein  neues  gethane  propositiones  und  vorgebrachte 
])ifficultäten,  welche  mir  nicht  geringen  Argwohn  gegeben,  gesehen,  habe 
ichs  mit  einer  mehrern  Bewegnus  als  sonst  empfunden  ihnen  Deputirtcn 
desto  ernsthafter  zugeredet  und  die  proponirte  puncta  so  gut  ich  gewusst, 
widerleget.  Ad.  I"'".  Dass  nämlich  das  foedus  offensivura  von  E.  K. 
M.  niemahls  augeboten,  sondern  durch  den  articulum  secretum  von  I"".  Ch. 
1).  Selbsten  stark  urgiret,  indeme  ich  bald  bei  meiner  Auherokunft  in 
primo  congressu,  ob  ich  diesfalls  auch  einen  richtigen  Bescheid  mit  mir 
brächte,  befragt  worden,  solches  auch  l"".  Ch.  I).  mehr  als  E^  K.  M.  vor- 
träglich anzunehmen  wäre  und  würden  es  E.  K.  M.  auch  nicht  sogar 
hochachten,  wann  sie  es  nicht  begehren  würden;  stünde  also  bei  ihnen, 
ob  sie  das  foedus  offeusivum,  w-elches  von  E.  K.  M.  vielmehr  aus  Affec- 
tion  und  Freundschaft  gegen  I.  Ch.  1).  wegen  Pommern  als  diesorths 
einziger  verhoffter  Ersprissligkeit  geschehen  wäre,  halten  wollten  oder 
nicht. 

Ad  2 '*""'.  . .  Dass  man  solches  E.  K.  M.,  welche  nur  als  ein  con- 
foederirter  König  allhier  ihre  copias  auxiliares  darzu  geschicket,  vor  der 
römischen  Wahl  und  würklicher  Antretung  der  kais.  Dignität  annoch 
keines  Weges  zumuthen  könne,  wiewohlcn  es  alsdann  schon  seinen  ge- 
wissen Weg  finden  würde. 

Ad  3''"'".  Soviel  die  in  Niederland  und  Italien  als  fremden  von  ihnen 
also  gehaltenen  Potentaten  geschickten  Succurs  anlanget,  wäre  wegen  des 
Einen  bei  Ferdinand  IV.  christmildister  Gedächtuus  vorgenommenen  AVahl 
alles  guugsam  ausgeführet  und  applaniret  worden^),  sintemahlen  es  nichts 
Neues  im  Reich,  dass  auch  anderen  Potentaten  darinnen  zu  werben  zuge- 
lassen  w'erde.  Wegen  des  in  Italien  abgeschickten  Corpo  aber  hätten  I.  K.  M. 
allerglorwürdigsteu  Andenkens,  solches  ohne  Vorwissen  der  Churfürsten 
und  vorhin,  wie  bräuchlichen,  beschehene  vielfältige  Warnungen  und  Al)- 
mahnungen  auch  nicht  gethan,  sondern  es  wäre  alles,  was  in  derogleichen 
Fällen  gegen  einem  widersetzlichen  Stand  des  Reichs  vorzunehmen  jeder- 
zeit bräuchlich  gewesen,  gegen  dem  Herzog  von  Modena  observiret  worden. 
Die  Minister  nehmen  dies  ad  referendum  und  der  Kurfürst  erklärt  sich  damit 
zufriedengestellt.  ...  Im  Uebrigen  wird  sich  verhoffentlich  alles  w'ohl 
schicken,  weilen  von  dem  Churfürsten  selbsten  ich  bei  heutiger  Audienz 
dessen  nochmahls  versichert  worden,  auch  sonsten  viel  neue  demon- 
strationes  seines  guten  Willens  habe  verspüren  können.     Dann  wie  ihme 


')     Ueber  die  bei  der  Wahl  Ferd.  IV.  geführten  Verhandlungen  ürk.  u.  Act.  VI. 
•JOGff.;  Droysen  1.  c.  IIIo  109  ff. 


gß  II.     Der  nordische  Krieg  1605 — lfi60. 

ich  (los  Haron  de  Ooess ')  aus  Kopenhagen  vom  8.  April  abgelassenes 
aber  erst  gestern  erhaltenes  Schrcil^en  (.'oiniminiciret,  in  welchem  er  be- 
richtet, dass  der  Dänemärker  noch  leicht  auf  guten  Weg  zu  bringen 
seie,  die  Schweden  auch  weder  in  Fiihnen-,  See-  noch  Jütland  wegen  t\c<, 
aufm  Meer  gehenden  grossen  Eises  dato  nicht  absegeln  könnton  und 
annoch  Zeit  seie,  eine  nützliche  und  gute  Diversion  zu  machen,  hat  er 
geantwortet,  man  sollte  ihme  nur  desswegen  die  Sorge  keck  lieh  lassen, 
wann  nur  die  Wahl  zu  Frankfurt,  worauf  er  sein  Absehen  gerichtet,  bald 
geschehen  sein  möchte.  Es  wäre  noch  eine  andere  Gelegenheit  vorhan- 
den, indeme  er  mit  dem  Commendanten  in  Bremervörde,  so  in  die  G 
oder  700  Mann  hätte,  in  geheimer  Correspondenz  stünde,  dass  er  den 
Schweden  solchen  Ort  noch  sobald  nicht  einräumen  würde,  wann  er  nur 
wüsste,  dass  sich  jemand  änderst  dessen  annehmen  wollte.  Sonsten 
würde  er  keine  Zeit  verlieren,  2000  ^lann  den  Polen,  ihre  Intention  in 
Preussen  werkstellig  zu  machen,  herzugeben,  sintemahlen  es  mit  den 
Schweden  ohne  das  lange  nicht  mehr  anstehen  könnte,  sondern,  was  sie 
zu  thun  Vorhabens  sein,  sich  bald,  und  ob  der  König  aus  Schweden, 
wie  der  Cardinal  Mazarini  dem  Churfürsten  von  Mainz  zugeschrieben 
haben  solle,  mit  18000  Reutern  die  Wahl  zu  Frankfurt,  wann  sie  nur 
bis  zu  End  des  Mai  aufgeschoben  werden  könnte,  zu  verhindern  sich 
unterstehen  möchte,  würde  ausweisen  müssen,  welches  eben  aus  Holland 
anhero  berichtet  wird.  Auf  welchen  letzteren  Fall  aber  mehrhöchst- 
gedachte  I.  Ch.  D.  resolviret  das  Aeusseriste  zu  thun,  sich  mit  E.  K.  M. 
Waffen  zu  coniungiren  und  den  Schweden  den  Weg  schwer  gnug  zu 
machen. 


Fernemont    an    den    Kaiser.     Dat.   Cöln  a.  d.  Spree   14.  Mai 

1658.     (Or.) 

[Brandenburg-englische   Beziehungen.     Unterredung  Fernemonts   mit   dem    Kurfürsten 
über    die    Schweden    gegenüber    zu    beobachtende   Politik.     Des   Kurfürsten   gute  Er- 
klärungen.] 

14.  Mai.  Uebersendet    das    Protocoll    der    Conferenz    zwischen    Schlippenbach    und 

Schwerin  zu  Prenzlau  den  28.  April  st.  v.  -). 

So  ist  auch   dieser  Tagen    ein  engeländischer  Gesandter  von    dem 
Cromwell    auf    zuvorn    beschehenes    Anmelden    allhier    eingeholet    wor- 


')     Graf  Johann  von  Goess;  vergl.  über  ihn  weiter  unten  Abschnitt  IV. 
2)     Vergl.  für  diese  Conferenz  ürk.  u.  Act.  II.  163 ff.;  VIII.  241  f.;   Puf.  de  rebus 
gestis  Car.  Gust.  V.  64;  Droysen  1.  c.  IIL  ?/J3:  Th.  Europ.  VIII.  589. 


Brandenbuig-englisehe  Beziehungen.  87 

den  ').  welcher  liei  I.  Ch.  D..  wie  ich  von  wlauhwiirdigen  Orten,  ia  sogar 
ministris  berichtet,  gar  eine  kurze  Proposition  getlian  und  in  derselben 
dieses  vorgebracht  haben  solle:  dass  nämlich  S.  Ch.  D.  anitzt  ihr  CUiick 
in  Acht  nehmen  und  das  besorgliche  grosse  Unglück  vermeiden,  der 
österreichischen  Alliance  renunciren  und  sich  hinwideram  mit  dem 
Schweden,  welchem  sein  Protector  nebst  Frankreich  möglichst  beistehen 
würde,  vereinigen  sollte;  massen  I.  Ch.  D.  sich  zu  versichern,  dass  der 
Schwede,  welcher  Preussen  nur  blos  defendiren  wollte,  wider  Deutsch- 
land nichts  tentiren  würde,  sondern  seine  Intention  einig  und  all  ine 
wider  die  österreichische  Länder,  Böhmen  oder  Schlesien  zu  gehen,  ge- 
richtet hätte.  Dass  er  also  den  Churfürsten  halb  schmeichelnd  halb 
dräuend  zu  einiger  Resolution  zwar  bewegen  wollen:  es  solle  ihme  aber 
der  Churfürst  darauf  ziemlich  abschlägliche  Antwort  gegeben  haben  und 
er  damit  ehisten  Tages  widerum  unverrichter  Sachen  von  hinnen  verreisen. 
Weilen  ich  nun  sowohlen  aus  der  Schwerinischen  mit  dem  Graf 
Schlippenbach  gehaltenen  Conferenz,  als  des  englischen  Gesandteus  so- 
thanen  Proposition,  sonsten  auch  von  anderen  eiukommenden  Avisen 
verstanden,  dass  der  Schweden  Vorhaben  blos  in  des  hochlöblichsten 
Hauses  Oesterreich  Erbländer,  fürnemlich  in  Schlesien,  wegen  des  allda 
verhoffenden  Anhangs,  auch  guter  Gelegenheit  sich  allda  gegen  Böhmen 
und  Polen  zu  wenden,  sedem  belli  einzuführen  gerichtet  seie,  habe  ich 
meiner  allerunterthänigsten  Schuldigkeit  zu  sein  erachtet,  mit  P.  Ch.  D. 
hieraus  zu  reden,  auch  alsobalden  um  Audienz  angehalten  und  dieselbe 
heunte  früh  um  7  Uhr  erlanget,  bei  welcher  ich  U.  Ch.  Ü.  solches  alles, 
um  dero  Gemüthsmeinung  hierüber  zu  vernehmen,  gebührend  vorgetragen. 
Welche  mich  dann  auch  gar  gerne  angehöret  und  gleich  mit  grossem 
Eifer  darauf  geantwortet,  weilen  dieses  der  Schweden  Dissein  gar  gewiss 
und  aber  keinesweges  rathsam  wäre  denenselben  in  Holstein,  Pommern 
oder  derer  Orten  entgegen  zu  gehen,  indeme  ihme  nur  gar  zu  wohl 
wissend,  dass  dadurch  die  Wahl  merklich  gehindert  oder  gar  zurück- 
gesetzet  möchte  werden,  dass  ich  solches  E^  K.  M.  schleunig  hinterbringen 
sollte,  hiermit  dieselbe  das  Churf.  CoUegium  zu  einer  guten  Disposition 
sowohlen  wegen  der  Wahl  als  sonsten  bewegen,  fürnemlich  aber  Chur 
Sachsen  .  .  .  wie  auch  Chur  Bayern  in  gute  Verfassung  bringen  und  man 
also  dem  Feind  .  .  .  überlegen  sein  könne.     Gestalten  E.  K.  M.  wegen  sol- 


')  Lord  William  Jepson;  vergl.  Puf.  Friedr.  Willi.  VII.  55;  CG.  V.  83;  Urk. 
u.  Act.  II.  165:  YII.  793fif.j  Orlich,  Geschichte  des  preussischen  Staates  im  17.  Jahrh. 
I.  183. 


88  n.     Der  nordische  Krie.ir  165Ö— 1660. 

clicii  leindliclic'ii  l)esorgen(len  Einbruches  doro  Völker  kocklicli  zusammen 
ziehen  und  an  die  Frontiren  legen,  auch  die  Plätze  stärker  besetzen,  mit 
Ammunition  und  Vivres  wohl  versehen,  die  alten  Regimenter  recroutiren 
und  Proviant  an  die  Hand  schallen  möchten.  Er  wolle  seiner  eigenen 
Länder  auch  nicht  verschonen,  sondern  an  den  Grenzen  seine  Völker, 
die  er  auf  3000  Mann  gleichfalls  zu  verstärken  Willens  und  bereits  im 
Werke  ist,  schon  derogestalt  beisammen  halten,  dass  sobald  der  Feind 
entweder  in  Holstein  oder  Pommern  avanciren  würde,  er  sich  mit  E. 
K.M.  Armee  und  denen  Polen  coniungiren  und  dem  Feinde,  wo  er  auch 
entweder  durch  Pommern,  Polen  oder  die  Mark  durchbrechen  wollte, 
nächst  göttlicher  Hülfe  gnugsam  begegnen  könne;  inmassen  er  bei  itzt 
bestellter  Saate  Heu,  Hafer  und  Korn  in  die  Plätze  sich  auf  eine  Zeit 
lang  zu  halten  einzuführen  befohlen  hätte.  Sollte  aber  auch,  wie  neu- 
lichermassen  ich  allergehorsambist  berichtet,  er  gegen  Frankfurt  den 
W^ahltag  zu  verhindern,  einige  Cavalcada  vorzunehmen  willens  sein,  würde 
er  demeselben  gleichfalls  mit  ganzer  Macht  zu   folgen  nicht  unterlassen. 


In  den  Weisungen  vom  Mai  1658  drängt  der  Kaiser  einerseits  auf  die  Aus- 
folgung der  Ratificationen  (d.  d.  8.,  30.  Mai),  andererseits  auf  ein  energisches 
Vorgehen  Friedrich  Wilhelms  in  der  Waldfrage  (5.,  9.  Mai).  Bezüglich  dieser 
letzteren  erklärt  der  Kurfürst  (Schreiben  Fern.  d.  d.  21.  Mai),  er  bedauere, 
dass  die  widerwertige  Churfürsten'),  der  Franzosen  einstreuende  excep- 
tiones  und  darauf  folgende  protestationes  und  fürnemlich  Chur  Heidel- 
bergs erst  neulich  eingegebenes  so  grosses  absurdum,  welches  dem  rö- 
mischen Kaiser  und  den  Churfürsten  selbsten  sehr  despectirlich  wäre, 
so  weit  annehmen  und  die  Fremden  nicht  aus  der  Stadt  schaffen  thäten'''). 
Und  wiewohlen  sie  ihre  Gesandten  begehrtermassen  allreits  gnugsam 
instruirt  und  befehlichet,  so  wollten  sie  doch  nicht  unterlassen  dero  hie- 
bevorige Befehlich  mit  dieser  abgehenden  ordinari  an  dieselbe  anderweit 
zu  erfrischen,  damit  dieses  wichtige  Werk,  woran  der  ganzen  Christen- 
heit, fürnemlich  aber  dem  heiligen  Reiche  ein  so  gross  und  vieles  ge- 
legen, ohne  ferneren  Verzug  zu  seiner  erwünschten  Endschaft  gebracht 
werde  ^). 


')     Mainz,  Köln,  Pfalz. 

-)     Vergl.  Cap.  I.  §  20  der  Goldenen  Bulle.     Harnack,  Geschichte  des  Kurfiirsten- 
collegiums  211  f. 

^)     Yergl.   das   Schreiben   Friedrich  Wilhelms   vom   1.  Juni   IGöS;    Urk.  und   Act. 
VIII.  508  f. 


Ratificationsaustau.seh.     Wahlfraofe.  89 

Bezüglich  der  Ratificationen  ergeben  sich  neue  Schwierigkeiten,  da  die  kur- 
fürstliclien  Räthe  an  dem  instrumentum  de  conventione  armorum  einiges  auszu- 
setzen haben  und  Fernemont  das  instrumentum  de  defensione  allein  nicht  an- 
nelimen  will.  Bevor  aber  noch  der  Kaiser  ihn  für  diesen  Fall  ermächtigen 
konnte  (30.  Mai),  war  die  Auswechslung  der  beiden  Verträge  durch  den  Kur- 
fürsten selbst  bereits  erfolgt  (28.  Mai)  ^). 


Fernemont    an    den    Kaiser.     Dat.  Colin    a.  d.  Spree  22.  Mai 

1658.    (Or.) 

[Des    Kurfürsten    Bemerkuugcu    über  Schwedens    Friedensaneibietuugen.      Vorschläge 
des  Kurfürsten  über  die  Schweden  gegenüber  zu  beobachtende  Politik.] 

Auf  die  Frage  Fernemonts,  Avas  der  Kurfürst  von  seinem  Gesandten  wegen  22.  Mai. 
des  bei  Kurmainz  im  Namen  des  Königs  von  Schweden  des  Friedens  halber 
gethanen  Anerbietens  für  Nachricht  hätte'-),  antwortet  Friedrich  Wilhelm,  gar  zu 
viel  und  gnugsam  ....  Es  haben  aber  I.  Ch.  D.  «ich  .selbsten  dabei  ver- 
lauten lassen,  dass  es  den  Schweden  nicht  so  grosser  Ernst  zum  Frieden 
seie  und  wann  sie  am  meisten  davon  redeten,  zum  wenigsten  solches 
im  Sinn  hätten  und  gemeiniglich  bis  sie  ihre  Intention  erreichet,  was 
anderes  darunter  im  Schikle  fiihreten;  I.  Ch.  D.  aber  begehrten  noch- 
mals wider  die  Schweden,  wann  dieselbe  das  Reich  unangefochteu  Hessen, 
wegen  E.  K.  ]\I.  selbsteigenen  Interesses  nichts  zu  tentiren  ....  Und 
wäre  kein  Wunder,  dass  Chur-Mainz  ihme  die  schwedische  offerta  wegen 
des  Friedens  und  Correspondenz  mit  dem  General  Wrangel  so  hoch  an- 
gelegen sein  liesse,  weilen  mau  gleich  von  einer  glaubwürdigen,  gewissen 
und  wohlintentionirten,  in  vielen  Sachen  sehr  iuformirten  Person,  so 
durch  die  schwedische  Armee  und  Hamburg  und  dieser  Tagen  allhier 
durchgereiset,  berichtet  worden,  dass  er  Churfürst  von  Mainz  des 
Wrangeis  Satisfactiongelder  und  also  obsides  vivos  et  pignora  annoch 
in  Händen  hätte  und  ihme  nur  jährlichen  das  Interesse  davon  bezahlen 
tliäte,  wormit  er  auf  allen  Fall  der  Schweden  sich  desto  besser  zu  ver- 
sichern hat.  Nach  diesem  haben  I.  D.  absonderlichen  mir  zu  verstehen 
gegeben,  dass  anitzo  eine  gute  Gelegenheit  wäre  den  Schweden  ohne 
einigen  Streich  und  Gefahr  zu  ruiniren:  wann  nemlich  E.  K.  M.  sich  an- 


0  Fernemont  übersendet  die  Original- Ratification  des  Kurfürsten  als  Beilage 
seines  Schreibens  vom  4.  Juni  1658  aus  Grossglogau.  Vergl.  die  Erklärung  Ferne- 
monts bezüglich  der  Auffassung  der  Oifensivallianz  vom  23.  Mai  1658  bei  Mörner  1.  c. 
233:  Puf.  1.  c.  VII.  52. 

-)     Gemeint  ist  das  Schreiben  des  Schwedenkönigs  d.  d.  Gothenburg  17.  Mai  1G58. 


90  II-     r*er  nordische  Krieg  1655—1660. 

griffen  und  iliine  ('hurfürstcn  100  000  Rliilr.  Mittel  machen  tliäten,  so 
wollte  er  die  meisten  und  fiirnemsten  deutschen  Ordcirer  und  Völker 
(massen  er  bereits  welche  Truppenweise  angenommen)  zu  E.  K.  M. 
Diensten  überkommen,  zumahlen  dieselbe  sehr  schwierig,  weilen  sie  in 
Dänemark  weder  die  Beute  noch  ihren  Unterhalt  über  Winter  bekommen 
hätten  und  wegen  solcher  ihrer  Satisfactiongelder  auf  Schlesien  und 
Böhmen,  wann  sie  hineinkämen,  vertröstet  würden.  Sonsten  habe  ich 
sowohlen  von  dem  Churfiirsten,  als  aus  deme  mit  dem  Freiherrn  von 
Schwerin,  welcher  morgen  zu  dem  Könige  in  Schweden  abreisen  solle, 
geführten  Discurs  von  solcher  seiner  Absendung  kein  anderes  ver- 
nehmen können,  als  dass  er  demeselben  ausdrücklich,  wie  man  ihme 
einzigen  Pass  durch  die  churfürstlichen  Länder  nicht  gestatten  wolle, 
andeuten,  dabei  aber  auch,  weilen  fürnomlich  das  churfiirstliche  Col- 
legium  stark  auf  I.  D.  sich  dessen  anzunehmen  dringe,  noch  einen  An- 
wurf  wegen  des  Friedens  thun  solle '). 


Fernemont    ;iii    den    Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Spree   29.  Mai 

1658.     (Or.) 
20.  Mai.  P.  S.     Es  scheinet,    dass    hiesiger  Churfürst   sich  wegen   der  franzö- 

sischen Satisfaction,  weilen  die  anderen  so  stark  drauf  dringen,  alleinc 
auch  nicht  verhasst  machen  wolle:  wann  aber  die  anderen  Churfürsten 
als  Bayern,  Sachsen  und  Trier  auf  den  rechten  Weg  disponirt  könnten 
werden,  er  seinestheils  auch  demselben  gemäss  würde  votireu  lassen'). 
Gestalt  er  mir  allzeit  nebst  seiner  Antwort  dieses  annectiret,  man  sollte 
nur  auf  ein  geringes  nicht  sehen  und  nur.  was  immer  möglich,  ver- 
sprechen: es  würde  sich  darnach  schon  finden,  wie  es  gehalten  könnte 
werden.  Fürnemlich  aber  sei  es  mehr  als  Zeit  dies  Werk  zum  End  zu 
bringen  und  würde  er  seinerseits  änderst  nicht  thun  können,  als  nun- 
mehr nach  geschlossener  Alliance  E.  K.  M.  intentiones  so  viel  möglich  zu 
secundiren.  . .  . 

Am  selben  Tacre  hat  fernemont  seine  Abschiedsaudienz  beim  Kurfürsten. 


')  lieber  den  Zweck  von  Schwerins  neuer  Sendung  zum  Schwedenkönige  Urk. 
u.  Act.  VIII.  242  ff. 

-)  Unterdessen  hatte  Brandenburg  bereits  die  ausschlaggebende  Erklärung  in 
Frankfurt  abgeben  lassen. 


Haltung  ges^enüber  Karl  Gustav's  Plänen.  91 

Mission  Jobaiin  Helwig  Sinolts,  genannt  Schütz. 

Instruction  für  Johann  Helwig-  Sinolt,  genannt  Schütz. 
Frankfurt  13.  Juni   1658.     (Gr.)') 

[Assistenzfrage.     Artikel  Vif.  der  Capitulation.      Aenclerung  desselben.     Wünsche  be- 
züglich   der    Art.  XI.  und  XXXVl.    der    Capitulation    und    anderer    Reichsangelegen- 

heitea.     Rheinbundfrage.] 

Schütz  soll  dem  Kurfürsten  vorhalten,  was  in  der  "Wahlcapitulationssache  ];;.  Jun 
vorgegangen,  was  die  brandenburgischen  Gesandten  am  3.  Mai  für  ein  Votum 
abgegeben-)  und  anf  welche  Weise  man  die  Sache  nachgehends  bald  in  den 
2.,  bald  in  den  7.  und  bald  in  den  11.  Artikel  versetzt  und  dieselbe  haupt- 
.sächHch  in  articulum  septimum  und  zwar  dahin  in  fornialibus  ausge- 
fallen, dass,  wann  auch  inskünftig  ein  römischer  Kaiser  oder  wir  (wie 
dieser  articulus  dann  auf  uns  gedeutet  wird)  unserer  eigenen  Lande 
halber  einige  Bünthuis  machen  würden,  so  sollte  solches  anderer  Ge- 
stalt nicht  als  unbeschädigt  des  Reichs  und  nach  Inhalt  des  instru- 
menti  pacis  und  also  zu  mehrer  Befestigung  des  Friedens  geschehen. 
Und  damit  das  geliebte  Vaterland  deutscher  Nation  oder  wir  selbsten 
in  neue  Ungelegenheit  nicht  eingetlochten  werden  möchten,  dass  wir  uns 
in  die  Kriege,  so  in  Italien  und  dem  burgiuidischen  Kreis  anietzo  ge- 
führt werden,  in  keinerlei  Weis,  weder  vor  uns  als  römischer  Kaiser 
noch  unsers  Hauses  wegen  einmischen  und  wider  die  Krön  Frankreich 
und  dero  Bundsgeuossen  in  gemeltem  Italien  und  dem  burgundischen 
Kreis  nit  kriegen,  unter  einigem  Streit-  oder  Kriegs-ürsach  keine  Hülf 
senden,  noch  sonsten  auf  einige  Weis  Vorschub  und  Beistand  leisten 
wollten.  Damit  auch  das  Reich  seines  beständigen  Friedensstands  ge- 
sichert bleibe,  so  sollten  und  wollten  wir  sobald  nach  unserer  Erhebung 
zur  kaiserlichen  Regierung  uns  alles  Ernstes  angelegen  sein  lassen,  auf 
dass  zwischen  beeden  meist  in  des  Reichs  Eigenthum  kriegenden  Kronen 
die  Friedenstractaten  in  Deutschland  wiirklich  ausgestellet  und  ihren 
Königreich  und  ünterthanen,  auch  der  gemeinen  Christenheit  und  ganzem 
Reich  zum  besten  vermittelst  göttlicher  Gnad,  ehist  geschlossen,  gleich- 
falls auch  die  polnische  Friedenshandlung  befördert  und  zum  Schluss  ge- 
bracht würde  ^). 

')     Die  Vollmacht  für  Schütz  ist  datirt  8.  .Juni   1658. 

-)     Vergl.  Heide  1.  c.  54  Anm.  f. 

■^)  Diese  Bestimmungen  —  welche  den  von  Köln  beantragten  Zusatz  zum  Art. 
VII.  —  später  zum  Art.  XI.  ausmachten  —  wurden  schliesslich  in  den  Artikeln  XIII. 
und  XIV.  der  Wahlcapitulation  Leopold  I.  untergebracht.  Vergl.  den  Wortlaut  des 
Kölner  Zusatzes  bei  Heide  1.  c.  57  Anm. 


92  I'.     Der  nordische  Kriet,^  1655—1(500. 

Leopold  sielit  die  Berechtigung  der  Kurfürsten  für  die  Rciclisruhe  zu 
sorgen  ein,  aber  diese  Art  sei  nicht  die  richtige,  da  er  durch  dieselbe  ganz 
gefesselt  wäre  und  nicht  gegen  England  oder  selbst  gegen  die  Türken,  wenn  die- 
selben als  Verbündete  Frankreichs  angesehen  würden,  sich  vertheidigen  dürfte. 
Desswegen  liahe  Leopold  den  Schütz  an  den  kurfürstlichen  Hof  gesendet,  um 
Friedrich  Wilhelm  zu  ersuchen,  seinen  Gesandten  Befehl  zu  ertheilen,  dass  diese 
Formulirung  des  7.  Artikels  ganz  fallen  gelassen  werde  und  derselbe  die  Form 
erhalte,  die  er  in  der  Wahlcapitulation  Ferdinand  IV.  habe '). 

Wann  aber  ja  (welches  unser  Abgeordneter  pro  2°  gradu  zu  obser- 
vlren)  wegen  mehrer  Befestigung  des  Friedens  einige  weitere  und  mehrere 
Specialerwähnung  in  gedachter  Wahlcapitulation  zu  thuen  für  nothwendig 
geachtet  werden  wollte,  es  diesfalls  bei  dem  in  obbemeltera  ihrem  den 
3.  Mai  abgelegten  Voto  inserirtem  Entwurf  articuli  undecimi  allerdings 
verbleiben  möchte,  wie  wir  uns  dann  versichert  hielten,  dass  Chur-Triers, 
Chur-Bayerns  und  Chur-Sachsens  LLL''*^"  uns  dies  Orts  nit  aus  Händen 
gehen  würden "). 

Ist  das  nicht  zu  erreichen,  so  soll  Scliütz  pro  tertio  gradu  dahin  sehen, 
dass  in  mehrerwähntem  diesem  articulo  wenigst  obbesagtc  Clausul, 
dass  ein  Kaiser  „sich  auch  wegen  seines  Hauses"  in  selbige  Kriege  nit 
einmischen  solle,  „und  deren  (nemlich  der  Krön  Frankreich)  Confoede- 
rirten"  ausgelassen  werde  ....  Wäre  aber  dieses  letztere  wegen  Auslas- 
sung der  Krön  Frankreich  Confoederirten  I.  L'*'^"  Vermeiuens  auch  be- 
denklich, so  kann  alsdann  unser  Abgeordneter  pro  ultimo  gradu  endlich 
nachgeben,  dass  der  Krön  Frankreich  Confoederirten  .  .  .  jedoch  gegen 
Auslassung  obgedachter  Wort  „wegen  seines  Hauses",  in  diesem  articulo 
Meldung  geschähe. 

Schütz  soll  den  Kurfürsten  bewegen,  seinen  Gesandten  Befelil  zu  ertheilen, 
bezüglich  des  §  36  der  Wahlcapitulation  sich  auf  die  Seite  Leopolds  zu  stellen''), 
und  alles  zur  Beschleunigung  des  Wahlwerkes  zu  thun. 


')  Artikel  7  der  Capitulatiou  Ferd.  IV.  lautet:  „Wir  sollen  und  wollen  vor  uns 
selbst  als  erwöLlter  Römischer  König  in  des  Reichshändeln  keine  Verbündnuss  oder 
Eynung  mit  frembden  Nationen  noch  sonsten  im  Reich,  wir  haben  dann  zuvorhero 
der  Churfürsten,  Fürsten  und  Ständen  Bewilligung  hierzu  erlangt,  machen;  es  wäre 
dann,  dass  publica  salus  et  utilitas  eine  mehrere  Beschleunigung  erforderte,  da  sollen 
und  wollen  wir  dann  der  7  Churfürsten  samtlichen  willen  zu  gelegener  Zeit  und  Mahl- 
statt und  zwar  auf  einer  Collegial-Zusammenkuuft  und  nicht  durch  absonderliche  Er- 
klärungen, bis  man  zu  einer  gemeinen  Reichsversamblung  kommen  kan,  erlangen." 

-)  Baiern,  Sachsen  und  Trier  erklärten  sich  am  6.  und  7.  Mai  mit  dem  von 
Brandenburg  am  3.  Mai  formulirten  Assistenzartikel  —  damals  XL  der  Capitulation  — 
nachdem  unwesentliche  redactionelle  Aenderungen  durchgeführt  worden  waren,  einver- 
standen.    Heide  1.  c.  54  f. 

^)     Es  handelte  sich  bei  diesem  §   —  der  von  der  Beobachtung  der  Capitulation 


Instruction  für  Schütz.  93 

P.  S.  Coiic.  Scliütz  soll  den  Kurfürsten  ersuchen,  mit  dem  Kaiser  reffen 
die  Aufnahme  der  von  den  Stiftern  Bamberg,  Trient  und  Brixen  prätendirten 
Exemption  ihrer  in  den  österreichischen  P^rblauden  gelegenen  Gütern  und  Herr- 
schaften und  eines  auf  Abolition  des  Landgerichtes  in  Schwaben  abziehenden 
Artikels  in  die  ArVahlcapitulation  zu  wirken '). 

In  einer  "Weisung  vom  selben  Datum  wird  Schütz  auch  aufgefordert,  dem 
Kurfürsten  die  Mittheilung  zu  machen,  Leopold  hoffe,  es  werde  I.  L.  von  ihren 
allhie  anwesenden  Gesandten  ungezweifelt  referirt  worden  sein,  was  das 
cliurmainzische  Reichsdirectoriura  denen  alliirten  Chur-  und  Fürsten  am 
Rheinstrom  über  die  zwischen  ihnen  zu  Defensiou  und  Erhaltung  ihrer 
Land  und  Leute  bei  dem  münsterischen  Friedenschluss  geschlossen-  und 
verglichene  Ründnus.  auch  wegen  Aufrichtung  einer  correspondentiae  de- 
fensivae  mit  dem  König  in  Frankreich  adversus  quoscunque  aggressores 
et  invasores  instrumento  pacis  et  capitulationi  contraventuros  für  ein 
Project  zugestellt  und  welchergestalt  dasselbe  nit  allein  auf  das  instru- 
mentum  pacis  und  die  darauf  fundirte  AVahlcapitulation,  sondern  auch 
auf  den  künftigen  Reichsabschied  gegründet  werden  wolle").  Wie  nun 
dies  ein  Werk  von  sehr  weitem  Aussehen  und  höchstgefährlicher  Conse- 
quenz  sein  würde:  da  man  denen  auswendigen  und  benachbarten  Kronen, 
die  sonst  vermög  des  klaren  Buchstabens  erst  gedachten  instrumenti 
pacis  einem  römischen  Kaiser  zustehende  Execution  und  Cognition  nit 
allein  über  den  Friedenschluss,  sondern  auch  die  Manutenenz  über  die 
AVahlcapitulation  selbst  einräumen  sollte,  und  es  dergestalt  nunmehr 
das  Ansehen  gewinnen  wolle,  als  wann  man  zu  höchstem  Despect  der 
toutschen  Nation  ihnen  das  arl)itrium  über  das  römische  Reich  einräu- 
men und  vermittelst  ihrer  Macht  und  Assistenz  ein  anders  Oberregiment 
über  das  Kaisertum  selbst,  wider  die  güldene  Bull  und  Fundameutal- 
gesetze  des  Reichs  einführen  wollte;  gibt  Leopold  dem  Kurfürsten  zu  be- 
denken, welch'  üble  Folgen  ein  solches  Zugeständnis  haben  müsste,  und  hofft, 
er  werde  seinen  Vertretern  in  Frankfurt  Befehl  ertheilen,    dass  sie  sich  dies- 


luindelt  —  um  die  von  den  Gegnern  Leopolds  gewünschte  Ersetzuncc  der  in  Paren- 
these des  §  36  befindlichen  Worte  „wann  derselbe  auf  angelegte  Bitt  der  Churfürsten 
ohne  erhebliche  genügsame  Ursachen  verweigert  werden  sollte"  durch  die  Worte 
..wann  zumahlen  derselbe  und  wir  selbsten  wider  die  Capitulation  thäten  oder  zu 
thuen  verschaften  und  auf  C'ollegialerinnerung  der  Churfürsten  es  nicht  aijschaffeteu". 
Vergl.  Heide  1.  c.  63  Anm. 

')  Ueber  den  Zweck  der  Mission  des  Schütz  vergl.  Urk.  n.  Act.  VIII.  509;  Piif. 
I.e.  YIL  41. 

-')  Es  war  damals  der  zweite  Entwurf  zum  Rheinbundrecesse  fertig  gestellt  wor- 
den :    über  die    Berathungen   der   verschiedenen  Fürsten   bezüglich  desselben,  Joachim 

i.e.  406 tr. 


94  I  n.     Der  nordische  Krieg  IfiSS— 16t50. 

falls  zu  keinem  widrigen  verleiten  hissen,  diese  sub  specic  securitatis 
publicae  also  entworfene  und  auf  die  Bahn  gebrachte  Allianz  ihres  Orts 
nit  allein  nicht  belieben,  sondern  auch  bei  Revidirung  der  abgefassten 
Wahlcapitulation  das  Werk,  zumal  in  puncto  securitatis  und  was  sonst 
meiner  Intention  zuwider  hinein  gerückt  worden,  durch  ihre  ('ooperation 
in  die  Wese  richten  helfen  wolle. 


Schütz  an  den  Kaiser.     Dat.  Cöln  a.  d.  Sp.  24.  Juni  1658. 

(Aut.) 

[Unterreiiun.n'    mit    dein    Kurfürsten   und  Iloverlieck    bezi'itrlirli    der  Walilangelecrenlieit 
und  Capituiation.     Rheinische  Liga.] 

24.  Juni.  Schütz  ist  am  22.  Juni  in  Berlin  angekommen  und  am  23.  vom  Kurfürsten 

in  Audienz  empfangen  worden.  Der  Kurfürst  versichert  in  der  Wahlangelegenheit 
die  entsprechenden  Weisungen  gegeben  zu  haben')  und  erklärt  sich  bereit,  falls 
einige  Kurfürsten  noch  längere  Zeit  zögern  sollten,  nnt  den  gutgesinnten  allein 
zur  Wahl  zu  schreiten.  P.  S.  Hoverbeck  ist  zu  Schütz  gekommen,  versichert 
die  Geneigtheit  seines  Herrn  in  allem  dem  Kaiser  zu  willfahren,  betont  die 
Schwierigkeit,  .in  der  Capitulationsangelegenheit  jetzt  noch  etwas  durchzusetzen, 
da  man  Mainz  und  Cöln  nicht  offendiren  dürfe  [:  alss  welche  sich  ausstrück- 
entlich  vernemben  lassen,  im  fall  man  der  Cron  Frankreich  in  puncto 
securitatis  nicht  satisfaction  thuen  würde,  Sie  zu  der  wähl  nicht 
schreitten,  sondern  re  infecta  nacher  liauss  abraissen  wolten^):].  E.  K.  iM. 
hochlöblichste  vorfharen  betten  bey  aufrichtung  der  capitulationen  sich 
jedesmahl  gar  mildt  undt  willfhärig  erwiesen.  Solches  erforderten  die 
jezige  conjuncturen  umb  so  viel  domehr.  Facta  electione  würden  sich 
mittel  finden  die  besorgende  inconvenientia  zu  superiren.  Articulus  7'''"'"* 
seye  einmal  schwer  undt  von  grosser  consequentz.  I.  Ch.  D.  ...  hette 
deswegen  mit  dem  frantzösischen  Abgesandten  vielfältig  conferiren  undt 
versuchen  lassen,  ob  derselbe  gemildert  werden  möchte,  aber  ohne  effect^). 
Die  dispositio  Instrumenti  Pacis  in  §  Et  ut  eo  sincerior,  gehe  gar  weit. 
Undt  behaubte  maim  ex  parte  Galliae  im  Burgundischen  Crayss  seye  kein 
neuer  krieg,  müsse  also  darbey  sein  Verbleibens  haben.  So  viel  dann 
den  2.  undt  3.  punct,  die  praetensiones  einiger  Stiffter,  auch  gesuchte 
abolition  des  laodtsgerichts  in  Schw'aben  betreffend,  anlangen  thue, 
könten  solche  so  considerabel  nicht  seyn,  dass  derentwegen  die  wähl 
aufzuhalten.     Die    aenderuug    des    36.  articuls    könne   verbleiben.     Dass 


1)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  YIII.  510  und  Anm. 

^)     lieber  des  Mainzer  und  lü'ilner  Verhalten  in  dieser  Zeit;  Heide  1.  c.  50 ff. 

3)     Urk.  u.  Act.  II.  171. 


"Wahlfrage.     Rheinbund.  95 

aber  auf  E.  K.  ^I.  beständige  residentz  im  Reich  getrnngen  werde, 
hatten  die  protestantes  zu  dem  endt  movirt,  ob  hac  via  das  Exer- 
citium  Augustanae  Confessionis  für  Ihre  Gesande  undt  Agenten  zu 
erhalten  seyn  möchte.  Übrigens  hetten  I.  Ch.  D.  die  maturirung  der 
walil  Ihren  Gesandton  verschiedentlich  anbefholen ,  . .  .  Demenechst  ist 
gedachter  von  Hoverbeck  auch  auf  die  bevorstehende  alliance  zwischen 
denn  beeden  Croncn  Franckreich,  Schweden  undt  Chur  Mayntz,  Colin 
undt  andre  Ständte  gefallen  undt  in  vertrauen  nachricht  begehrt  |:ob 
und  wass  zu  hindertreibung  derselben  E.  K.  M.  zu  thuen  oder  negotieren 
zu  lassen  geraeint;  Es  seye  ein  weit  ausssehendes  werkh  und  nunmehr 
an  deme  nicht  zu  zweiHen;  die  Abschickung  so  Jüngst  nacher  Paris  ge- 
schehen')  seye  under  andern  auch  auf  disses  geraeint  gewessen,  I.  Ch.  1). 
haben  sich  noch  nicht  eingelassen.  :[") 

Schütz  sucht  in  seiner  Antwort  nochmals  den  Standpunkt  des  Wiener  Hofes 
in  der  Capitulationsangelegenheit  festzuhalten,  sieht  aber  selbst  ein,  dass  zumal 
I)ei  dem  articulo  septimo  eine  wesentliche  Aenderung  sclnverlicli  zu  erhalten 
sein  werde. 


Schütz   an   den    Kaiser.     Dat.  C^öUn   a.  d.  Sp.    25.  Juni   1658. 

(Aut.) 

[Des  Tvuifürsten  Entschciduna    in    der  Assislenzfrage   und  bezüglicii   der  übrigen  For- 
lierungen    des    Kaisers.     Erwiderung  des  Schütz.     Verhandlungen   bezüglich  der  strit- 
tigen Punkte.     Mediation  zwischen  Frankreich  und  Spanien.     JSgerndorf.     Hoverbecks 
Mittheibingen  über  die  Lage.] 

Der  Kurfürst  lässt  Schütz  als  Antwort  auf  des  Kaisers  Begehren  mit-  25.  Ji(ni. 
tlieilen.  er  habe  schon  seinen  Vertretern  in  Frankfurt  Befehl  zugesendet  und 
zwar  ad  articulum  septimum,  dass  bei  der  Revision  desselben  sie  Erinnerung 
thäten,  dass  in  ihrem  den  3.  Mai  abgelegten  Yoto  clausula  eingerückt  würde: 
„Gleich  den  auch  die  Cron  Franckreich  in  offtgedachtera  Westphälischein 
Frieden  zu  allen  iezgedachten  gegen  uns,  dem  heyl.  Römischen  Reich, 
sarabtlichen  Churfürsten,  Fürsten  undt  Ständten  ebenerraassen  verbunden." 
Solches  würde  ex  parte  Franckreich  undt  in  dem  gewis.slich  manc|uiren, 
dass  selbiges  Schweden  hülff'  leisten  undt  also  E.  K.  M.  ursach  gewinnen 
würde,  auch  andervvertig  dero  hohen  hauses  Interesse  zu  beobachten^). 

')  Gemeint  ist  die  Sendung  Fürstenbergs  und  Riunis  nach  Frankreich;  vergl. 
Joachim  1.  c.  415. 

-)  lieber  Brandenburgs  Verhalten  bei  den  Verhandlungen  über  die  rheinische 
Allianz  Urk.  u.  Act.  VIII.  519 ff. 

")     Urk.  u.  Act.  VIII.  510  und  Anm. 


96  n.     Der  nordische  Krieg  1C55— IGGO. 

Bezüglich  des  2.  und  3.  Punktes,  die  Prätensionen  Bambergs  und  die 
Abolition  des  Landgerichts  in  Scliwaben   betreffend,  sei  nichts  zu  ändern. 

Ad  articulum  oG'"'"  ratione  depo.sitionis  solle  ein  uüdt  andre  jetzo 
substituirte  clausul  ausgelassen  nndt  hingegen  dieses  eingerückt  werden, 
dass  bey  den  Churfiirstentagen  auch  dieses,  wie  die  capitulation  obser- 
virt,  erwogen  undt  falss  einiger  raangel  hierbey  sich  finden  würde,  de 
remediis  zu  deliberiren  seyn.  Bey  dem  puncto  Residentiae ')  müsten 
I.  ('h.  D.  gewissens  halben  sich  bedingen,  dass  Sie  änderst  nicht  darvon 
absetzen  könte,  es  willige  dann  E.  K.  M.  das  exercitium  Augustaoae 
Confessionis  bey  dero  hoff  Statt  für  der  Churfürsten,  Ständte,  Gesanden, 
Reichshoff  Rhät  undt  Agenten  ein  .... 

Schütz  entgegnet  hierauf,  erklärt,  die  Clausul  für  den  7.  Artikel  sei  unge- 
nügend-), worauf  die  kurfürstlichen  Gesandten  mit  ihrem  Herrn  Aveiter  darüber 
verhandeln  zu  wollen  erklären.  Auch  bezüghch  des  2.  und  3.  Punktes  kömmt 
es  zu  Verhandlungen,  die  aber  nicht  zu  einer  Einigung  führen. 

Der  Kurfürst  verlangt  durch  seine  Räthe  überdies  die  Ansicht  des  Ge- 
sandten über  die  Frage  des  Eintrittes  Brandenburgs  in  die  Reihe  der  Mediatoren 
zur  Beilegung  des  Kampfes  zwischen  Frankreich  und  Spanien-''),  erkundigt  sich 
in  wie  weit  Schütz  bezüglich  Jägerndorfs  instruirt  sei  und  lässt  demselben  von 
Schwedens  gefährlichen  Reden  Mittheilung  machen^).  Bey  dem  abschiedt  ge- 
dachte der  von  Hoverbegk,  es  würde  einmal  nach  jezigen  conjuncturen 
das  beste  seyn,  die  capitulation,  wie  Sie  unter  den  Churfürsten  verglichen, 
zu  acceptiren,  bevorab  da  solche  änderung  in  Flandren  Vorgängen  undt 
mann  gar  von  einer  conjunction  des  Königs  in  Schweden  mit  Frauck- 
reich  redete.   .  .  . 


Schütz  an  den  Kaiser.     I)at.  Colin   a.  d.  Sp.  2.  Juli  1658. 

(Äut.) 

[Neue  Verhaudlungen    bezüglich    der    Capitulation.     Rath    des    Kurfürsten    in    dieser 
Frage  und  bezüglich  der  Österreich-schwedischen  Beziehungen.    Erwiderung  des  Schütz.] 
2.  Juli.  Am  27.  Juni  in  neuer  Audienz  spricht  Schütz  wiederum  von  den  verschie- 

denen vom  Kaiser  gewünschten  Aenderungen  in  der  Capitulation;    der  Kurfürst 

')  Brandenburg  forderte,  dass  der  Kaiser  in  einer  Stadt  residire,  „da  das  Exer- 
citium für  beide  Religioneu  wäre",  falls  er  nicht  die  freie  Religionsübung  am  kaiser- 
lichen Hofe  zu  Wien  gestatte;  vergl.  Ürk.   u.  Act.  VIII.  510. 

2)    Urk.  u.  Act.  VIII.  510  Anm. 

^)  Ueber  die  von  dem  Mainzer  Kurfürsten  angei'egte  Frage  der  Mediation  deut- 
scher Fürsten  zwischen  Frankreich  und  S|ianien;  Heide  1.  c.  21ff. ;  Pribram,  Zur  Wahl 
Leopolds,  165-i— 1G58;  1.  c.  114  ff. 

^)  lieber  Schwedens  Haltung  in  dieser  Zeit;  Carlson  I.e.  IV.  303  ff. ;  Droyseu 
1.  c.  IIL  4Ü0ff.:  Urk.  u.  Act,  VIII.  243 f. 


Capitulationsangelegenheil.  97 

vorspriclit  neue  Berathnng  und  Entscheidung.  Die  Anwesenheit  der  Königin 
von  Polen  bewirkt  hierauf  einen  melu-tägigen  Aufsoliub  dieser  Berathungen '). 
Am  1.  Juli  überbringen  Loben  und  Somnitz  dem  Scliütz  die  ErkUirung  des  Kur- 
fürsten, des  Inhaltes,  er  halte  es  mit  Rücksicht  auf  die  ihm  aus  Frankfurt  zu- 
gekommenen Mittheilungen-)  für  das  zweckmässigste,  wenn  der  Kaiser  von 
2  Uebeln  das  kleinere  wähle  und  den  Artikel  VII.  annehme,  da  im  Falle  der 
Zurückweisung  die  Aufschiebung  der  Wahl  zu  befürchten  sei^).  Ferner  warnt 
der  Kurfürst  vor  Eingehen  in  die  von  Schweden  Oesterreich  gestellten  Friedens- 
anerbietuugen^)  und  begehrt  in  allen  Punkten  Schützens  Ansicht. 

Schütz  versucht  in  seiner  Antwort  nochmals  die  Interessen  des  Kaisers 
beim  Artikel  VII.  zu  vertreten,  beruhigt  Friedrich  Wilhelm  bezüglich  Oesterreichs 
Stellung  zu  Schwedens  Friedensanerbietungen,  erhält  aber  von  den  Vertretern 
des  Kurfürsten  auch  dann  wenig  günstige  Erklärungen  in  den  strittigen  Fragen 
der  Wahlcapitulation. 


Schütz   an    den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  4.  Juli  1658. 

(Aut.) 

[Beratluingen    des   Schütz    mit   den   kurfürstlichen  Käthen  bezüglich   der  Walilcapilu- 
lation.     Form   des  Assistenzartikels.     Reichsangelegenheiteu.] 

Loben,  Hoverbeck  und  Somnitz  kommen  zu  Schütz  und  erklären,  der  Kur-  4.  Juli, 
fürst  halte  dafür,  das  ganze  werck  sey  nach  wie  vor  von  grosser  Wich- 
tigkeit undt  miisten  in  der  meinung  verharren,  dass  E"'.  K.  M.  undt 
dero  hohem  Ertzhauss  vorträglicher  seyn  würde,  bey  dem,  was  qiioad 
punctum  assistcntiae  von  Einem  Churf.  collegio  allbereit  concludirt,  zu 
acquiesciren  .  .  .  zumal  aber,  wann  die  clausula  reciprocae  obligationis 
nicht  zwar,  wie  in  ihrer  Gesanden  voto  de  tertia  Mai  enthalten  undt 
anfänglich  in  Vorschlag  kommen,  sondern  in  forma  magis  extensa  undt 
also  eingericht  würde,  wie  E.  K.  M.  in  lezt  projectirtem  articulo  septimo 
gegen  Franckreich  verbunden  werden  wolten.  Darauf  verliest  Somnitz 
das    Concept    des    kurfürstlichen    Befehls    an    die    Gesandten    in    Frankfurt''); 


')  Vergl.  für  die  Anwesenheit  der  Königin  von  Polen  in  Berlin  Puf.  ].  c.  VII.  50; 
Desnoyers  1.  c.  418f.;  Koohowski  Anualium  Poloniae  Climacter  II.  268£F.;  Rudawski  1.  c. 
414;  Urk.  u.  Act.  11.  172 ff. 

-)  üeber  die  Verhandlungen  in  Frankfurt  in  dieser  Zeit  Urk.  n.  Act.  VIII.  511  ft'.; 
Heide  1.  c.  63  ff. 

2)  Der  kölnische  Zusatz  war  ursprünglich  als  Appendix  dem  §  7  der  Capitulation 
angefügt  worden. 

■•)  Vergl.  weiter  imten  die  Weisung  Leopolds  vom  5.  Aug.  1658:  Droyseu  1.  c. 
IIL  406 f.;  Urk.  u.  Act.  III.  126 ff. 

■■)     Eine  Weisung  dieses  Inhalts  erfioss  am  25.  Juui;  Urk.  u.  Act.  \'III.  510. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kiiifüibten.    XIV.  i 


98  n.    Der  nordische  Krieg  1655—1660. 

bezüglich  des  Artikel  VII.  heisst  es,  (lass  zwar  J.  Ch.  D.  die  von  seiteu 
E.  K.  M.  angefhiirte  motiven  erheblich  undt  also  gethan  befanden, 
(lass  dero  begehren  billich  statt  gethan  werden  solte;  dieweil  aber 
hiernebenst  die  jezigc  conjuncturen  wol  zu  beobachten,  so  solten  Sie 
E'".  K.  M.  die  hierbey  besorgende  gefhar  noch  weiter  undt  übrigens 
so  viel  reprüsentiren,  dass  wann  die  clausula  rcciprocae  obligationis  ')  in 
forma  magis  ampla,  als  in  deren  voto  befindtlich,  inserirt  würde,  E^ 
K.  M.  hierbey  fhürende  besch werde  vermittels  deren  erhoben,  auch 
solche  als  aller  billigkeit  gemäss  von  niemandt  würde  difficultirt  werden 
können;  falss  aber  auch  E.  K.  M.  hierbey  noch  weiter  anstehen  solten, 
vernehmen,  ob  undt  was  für  ein  näheres  expediens,  so  ohne  gefhar 
practicirt  werden  könte,  zu  ergreifen.  In  ermauglung  dessen  undt 
da  gleich  wie  hier  mann  bey  dem  project,  So  sie  in  ihrem  voto  de 
3'^  Mai  eingerahten,  bestehen  wolte,  so  solten  Sie  alsdann  moderationem 
offtberührtem  articuli  7"'"'  nach  inhalt  erwehnten  ihres  voti  suchen:  Je- 
doch also  undt  dergestallt,  dass  Sie  zuforderst  alles  ernstes  ihnen  ange- 
legen seyn  Hessen,  dass  keine  trennung  undt  zumal  super  hoc  puncto 
'n  dem  collegio  causirt  würde;  dann  bemelte  moderation  undt  insonder- 
heit offterwehnte  clausulam  reciprocae  obligationis  bey  den  sämbtlichen 
herrn  Churfürsten  begeren;  wolen  aber  solche  von  allen  nicht  applaci- 
dirt  werden,  alsdann  mit  Chur  Trier,  Bayern  undt  Sachsen,  deren 
sich  E.  K,  M.  hierbey  versichert  halten  weiten,  sich  hierinn  verein- 
bharen  undt  in  so  weit  E"".  K.  M.  content©  geben.  Bezüglich  der 
Exemptionen  der  Stifter  Bamberg,  Brixeii  und  Trieiit  und  der  gesuchten  Abo- 
lition des  schwäbischen  Landgerichtes  sollen  die  Gesandten  Friedrich  Wilhelms 
gleichfalls  den  Wünschen  des  Kaisers  zum  Theile  Rechnung  tragen.  Im  allge- 
meinen findet  der  Gesandte  die  Erklärungen  des  Kurfürsten  sehr  günstig. 


')  Es  handelte  sich  bei  dem  Vorschlage  dei-  Brandenburger  um  das  Verbot  für 
Frankreich  und  dessen  Verbündete,  den  Feiaden  des  Kaisers,  seines  Hauses,  des 
Reiches  oder  einzelner  Stände  irgendwie  Hilfe,  Beistand  oder  Vorschub  zu  leisteu ; 
wie  auch  alles,  was  in  dem  Art.  XIV.  vom  Kaiser,  dessen  Hause  und  dem  Reiche  ge- 
sagt worden,  gleichergestalt  für  deren  Bundesgenossen  gelten  sollte.  Vergl.  den  Wort- 
laut des  brandenburgischen  Vorschlages  bei  Heide  1.  c.  64  Aum.  Es  kam  nach 
langen  Verhandlungen  zur  Annahme  einer  solchen  Reciprocitätsformel,  jedoch  wurde 
die  Bedeutung  derselben  durch  die  Ersetzung  der  Worte  „unseres  Hauses"  durch 
„unseres  deutschen  Hauses"  und  durch  die  Auslassung  des  Passus  „als  es  zur  Zeit 
des  instrumenti  pacis  gewesen",  bedeutend  abgeschwächt.  Vergl.  Heide  1.  c.  MS.; 
Vvk.  u.  Act.  VIII.  512  ff. 


Operationen  gegen  Karl  Gustav.     Rlieinlmnd.  99 

Schütz  an  den  Kaiser.     Colin  an  der  Sp.   13.  Juli  1658. 

(Aut.) 

[Brandenburgs  Urtheil  über  Schwedens  Friedensanträge.  Vorschläge  der  Polen  bezüg- 
lich der  Kriegsoperationen  gegen  Schweden.  Des  Kurfürsten  Urtheil  in  dieser  Frage. 
Hoverbecks  Mittheilungen  über  die  Ereignisse  zu  Flensburg.  Hoverbecks  Aeusserungen 
über  die  Nothwendigkeit  eines  gemeinsamen  Vorgehens  des  Kurfürsten  und  des  Kaisers 
und  über  die  rheinische  Allianz.] 

Auf  die  von  Schütz  dem  Kurfürsten  nach  Weisung  Leopolds  (d.  d.  28.  Juni)  13.  Juli, 
gemachten  Mittheilungen  über  das  von  Schweden  durch  Mainz  dem  österreichischen 
Herrsclier  angetragene  Freundschaftsbündnis  erklärt  Friedrich  Wilhelm,  er  halte 
das  Anerbieten  Schwedens  für  unehrlich  und  rathe  dringend  ab.  Ueber  die 
Vorschläge  der  Polen  zur  Zeit  der  Anwesenheit  der  Königin  von  Polen  in  Berlin 
erzählt  der  Kurfürst,  |:  der  Pollen  Vorschlag  seyen  gewesen,  Posen  zu  be- 
lägern, oder  posto  an  der  Elb  zu  fassen,  beydes  hetten  Sie  nicht  vor  rath- 
samb  achten  khöuneu,  Sondern  dass  man  in  ieziger  postur  stehen  bleibe, 
und  der  Schweden  auch  des  Zarnezky ')  actioues  und  wohin  Sie  sich  wen- 
den, observire,  absonderlich  dass  selbige  Impressen  darzue  vorkhämen 
und  etwo  Königsperg  attaquirten,  welcher  orth  Ihnen  ein  grosses  four- 
niren  khönte  und  Seyen  Sie  der  biirger  nicht  versichert;  andrer  gestalt 
zu  weichen  seye  gefährlich  und  würde  dem  Schweden  grossen  Vortheil 
geben,  hingegen  dissseits  bey  dem  Soldat  furcht  erweckhen.  :|  E.  K.  M. 
hetten  Sie  ersucht,  mit  noch  zwey  Regiment  zu  pferdt  dero  armada  zu 
versterken;  die  höchste  nothurfft  erfordere  solches;  die  Schwedische 
Cavallerie  erstrecke  sich  auf  18000  manu;  hetten  gestern  nachricht  be- 
kommen, dass  selbige  etlich  1000  in  die  lusul  Wollin  ausgesezt,  wor- 
von  Sie  dem  Zarnesky  so  baldt  avertiren  lassen,  E^  K.  M.  feldt- 
marschalck")  aber  nicht,  weil  deren  armada  von  der  ihrigen  bedecket 
stünde.  :  Sie  würden  es  ohne  grossen  Vortl  zu  kheiner  Bataglie  khom- 
men  lassen;  in  confidentia  wolten  Sie  entdeckhen,  dass  Sie  iezo  nacher 
Bremenverde  einen  expressen  geschickt  und  den  Gubernatorn  tentiren 
lassen,  in  Ihre  pflicht  zu  ti'etteu,  müsteu  den  erfolg  erwarten  :  |  '). 

Bald  darauf  besucht  Hoverbeck  den  kaiserlichen  Gesandten  und  theilt  ilnu 


')     Stefan  Czarnecki,  polnischer  Heerführer. 

^)  Montecuccoli,  über  die  Beziehungen  desselben  zum  Kurfürsten  Urk.  u.  Act. 
VIII.  358f. 

^)  Vergl.  für  die  militärischen  Pläne  des  Kurfürsten  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act. 
VIII.  359. 


100  II.     Der  nordische  Krieg  1055—1660. 

ausfiilulioh    den    Gang    der    gescheiterten   Verhandlungen   Schwerin's   und  Wei- 
mann's  zu  Flensburg  mit '). 

Seines  ohrts,  fährt  Hoverbeck  fort,  seye  Er  allezeit  der  meinung  ge- 
wesen, Sein  Gnädigster  herr  könte  ohne  E"".  K.  M.  |:  Sicher^)  die 
seinige  nicht  weil  haben;  der  Schwed  würde  E"".  K.  M.  Erblande  inva- 
diren;  Solte  Er  obsiegen,  würde  Er  Ihm  Böhaimb  oder  Schlesien  nicht 
l)egehren  zu  behalten,  aber  woll  Brandenburg,  Pommern  und  das  Aequi- 
valens  für  seinen  Churfürst  auss  Böhaimb  und  Schlesien,  zöhe  Er  den 
kürzern,  so  litte  seines  Churfürsten  Landt  doch,  und  seye  also  dass 
sicher,  mit  E''.  K.  M.  zu  agiren.  :  | 

Ferne]-  räth  Hoverbeck  nochmals  wegen  der  Wahlcapitulationen  keine 
Schwierigkeiten  zu  machen.  Nechstdem  würde  der  mit  den  frembden  be- 
vorstehenden alliance  der  Ständen  halber  wol  zu  vigiliren  seyn.  :  Der 
Schluss  seye  bisshero  von  1.  Ch.  D.  mit  dem  aufgehalten  worden,  dass 
selbiger  zugleich  dem  Churfürsten  von  Sachsen  communicirt  werden 
müste''');  Nun  würdet  solches  nicht  attendiret  werden;  dieweilen  aber  der 
Holländische  Abgesandte^)  ihnen  erst  vor  wenig  tagen  entdecket,  dass 
er  das  project  berührter  alliance  den  Staden  nomine  totius  Collegii  Ele- 
ctoralis  communicirt  und  begehrt  worden  mit  einzutretten;  Alss  würden 
Sie  solchem  inhäriren.  Unterdessen  urgirten  solche  fürnemblich  Braun- 
schweig, Lüneburg^)  und  Pfalz-Neuburg;  Diser  gebe  dem  Mazzarini  zu 
vill  gehör.  Jene  suchten  Ihren  privatnuzon,  weillen  Sie  iezo  das  Obrister 
Ambt  under  sich  hetten.  Wan  Herzog  Augustus  todt,  würde  eine  Ände- 
rung zu  hoffen  sein,  dan  I.  Ch.  D.  und  E.  K.  M.  bey  dem  regierenden 
Prinz  ein  guetes  vermöchten.  :| 


Am  23.  Juli  gratulirt  Schütz  zu  der  am  18.  erfolgten  Wahl  und  berichtet 
von  den  friedlichen  Erklärungen  des  französischen  Gesandten  am  kurfürstlichen 
Hofe'^),  denen  aber  wenig  Glauben  geschenkt  werde.  —  Unterdessen  hatte  Leo- 


')  Die  Acten  über  diese  Zusammenkunft  wurden  bald  gedruckt;  so  Th.  Europ. 
VIII.  722  ff.;  Londorp  1.  c  VIII.  336  ff.;  vergl.  Droysen  1.  c.  III.,  402  Aniu.ff.;  ürk.  n. 
Act.  VIII.  192;  Aitzema  Sachen  von  Orlogh  IV.  277ff. :  Pnf.,  De  rebus  gestis  ('.  G. 
V.  65;  Fr.  Wilh.  VII.  57;  Desnoyers  1.  c.  423 f. 

^)     A.,  für  Sicherheit. 

=*)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  VIII.  550. 

^)     Johann  Ysbrandts;  für  seine  Thätigkeit  in  dieser  Zeit;  Urk.  u.  Act.  III.  123f. 

'•")  Ueber  das  Verhältnis  der  braunschweig-lüneburgischen  Fürsten  zum  Rhein- 
bünde in  dieser  Zeit;    Köcher  1.  c.  I.  249 ff.;  Joachim  1.  c.  409 ff. 

*')     Ueber  Blondeis   Verhandlungen  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  II.  175  f. 


Verhandlimgen  zwischen  Oesterreich  und  Schweden      Jägerndorf.  101 

pold  dem  Gesandten  in  2  Schreiben  vom  12.  nnd  16.  Jnli  Mittheilnng  gemacht 
v.on  dem  Versnclie  Björnclaw's  eine  Unterredung  mit  Leopolds  Ministern  zu  er- 
halten, zu  der  sich  Leopold  erst  auf  vieles  Drängen  von  Mainz  und  Sachsen 
nnd  mit  vorheriger  Gutheissung  der  brandenburgischen  Gesandten  entschlossen 
habe,  welches  Vorgehen  der  Kurfürst  gutheisst,  indem  er  zu  gleicher  Zeit  noch- 
mals vor  jedem  Vertrauen  Schweden  gegenüber  warnt  und  zu  energischem  Vor- 
gehen auffordern  lässt  (Schreiben  von  Schütz  30.  Juli  1658). 


Schütz  an  den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  6.  August  1658- 

(Aut.) 

[Oesterreich-schwedische  Verhandlungen.     .Jügemdorfer  Angelegenheit.] 

Somnitz  meldet  im  Auftrage  des  Kurfürsten,  es  seien  vom  Schwedenkönige  fi.  k\v2 
einige  Personen  in  des  Kaisers  Erblande  gesendet  worden,  um  die  Bevölkerung 
aufzuwiegeln.  —  Loben  klagt  in  einer  Unterredung  vom  5.  über  die  Nichtein- 
haltung der  von  Leopold  nnd  Penneranda  vor  der  Wahl  gegebenen  Versprechen 
in  der  jägerndorfischen  Angelegenheit ')  und  lässt  im  Namen  des  Kurfürsten 
den  Kaiser  durch  Scliütz  bitten,  keine  weiteren  Conferenzen  mit  den  Schweden 
zu  halten  und  von  der  ersten  gehaltenen  Conferenz  dem  Kurfürsten  entsprechende 
Mittheilnngen  zukommen  zu  lassen.  Schütz  erklärt  bezüglich  dieser  Angelegen- 
heiten nicht  weiter  instruirt  zu  sein  und  von  weiteren  Conferenzen  der  kaiser- 
lichen Minister  mit  Björnclaw  nichts  zu  wissen. 


Auf  die  dem  Kurfürsten  nach  Weisung  vom  26.  Juli  gemachten  Eröffnungen 
über  die  von  Mainz  und  Cöln  geplante  Mediation  zwischen  Frankreich  und 
Spanien    erwidert    der   Kurfürst    (Schreiben  von  Schütz  10.  Aug.  16.58).    dass, 


')  Portia,  Khurtz,  Nostiz  und  der  Hofkammerpräsident  verhandelten  am  :.'8.  Juli 
mit  den  Vertretern  Brandenburgs:  diese  fordern  Jägerndorf  oder  als  Aeqinvaleut  ent- 
weder das  dem  Grafen  Tattenbach  gehörige  Regenstein  und  100  000  Thaler,  oder 
180  000  Thaler  ohne  Regenstein:  in  jedem  Falle  einen  Theil  des  Geldes  baar:  die 
kaiserlichen  Gesandten  erklären  sich  zur  Zahlung  von  100  000  Thalern  bereit  und 
nach  längerem  Verhandeln  versprechen  sie  beim  Kaiser  für  die  Zahlung  von  150  000 
Thalern  einzutreten,  allein  jetzt  sei  kein  Geld  aufzubringen  (Beilage  der  Weisung  vom 
30.  Juli  1658).  Durch  die  Weisungen  vom  oO.  Juli  imd  3.  August  wird  Schütz  von 
diesen  Resultaten  in  Kenntnis«  gesetzt  und  ihm  zugleich  die  Jlittheilung  gemacht, 
dass  Leopold  die  1.^0  000  Thaler  von  den  ihm  von  den  Polen  angewiesenen  Einkünften 
aus  den  Salzbergwerken  von  Wieliczka  zahlen  wolle.  Diese  Erklärungen  des  Schütz 
werden  am  kurfürstlichen  Hofe  nicht  freundlich  aufgenommen;  der  Kurfürst  erklärt, 
er  hoffe,  Leopold  werde  ,Ihro  in  Ihrer  gerechten  Sach  willfahren"  (Bericht  des  Schütz 
vom  10.  Aug.  1658).  Bald  darauf  werden  die  Verhandlungen  über  diese  Angelegen- 
heit von  Friedrich  von  Jena,  der  Sept.  1658  nach  Wien  reist,  daselbst  aufgenommen. 
(Vergl.  für  Jena's  Sendung  Urk.  u.  Act.  VHI.  383 ff.;  Puf.  1.  c.  VII.  63 f.) 


102  ff-     ^^^  nordische  Krieg  1655—1660. 

obzvvar  Sic  den  frieden  zwischen  bceden  Cronen  Spanien  undt  Fraiick- 
reichs  gleichfals  gern  befördert  sehen  möchten  ...  so  käme  ihr  doch  nach- 
mahlig  frembdt  für,  dass  Chiir  Mayntz  undt  Colin  sich  dieses  hochwich- 
tigen wercks  undt  zwar  im  nahmen  der  särabtlichen  herrn  Churfiirsten 
unternehmen  theten.  . .  .  Die  abschickung  nach  Paris  seye  auch  in  ge- 
dachter beeder  Cluufiir.steu  undt  Churpfaltz  nahmen  allein  geschehen. 


Der  Kaiser  an  Schütz.     Dat.   Frankfurt  5.  Aug.  1658.    (Gr.) 

[Schwedens  Pläne  bei  den  Verhandlungen  mit  den  verschiedenen  Mächten.     Des  Kai- 
sers Verhalten  und  Ansicht  in  dieser  Frage.] 

5.  Aug.  Uebersendet   ihm    die   dem    Björnclaw    gegebene  Antwort   sowie  desselben 

weitere  Erklärungen^),  aus  welchem  klar  genug  abzunehmen  ist,  als  dass 
man  an  selten  Schweden  durch  diese  aller  Orten  suchende  Particulartrac- 
taten  nichts  anders,  als  eine  höchstschädliche  Trennung  zwischen  uns  und 
unseren  Confoederirten  suchen  thut.  Damit  aber  beeder  Churfiirsten  zu 
Mainz  und  Sachsen  L'**",  welche  sich  hierunter  bemühet  haben,  nicht  etwa 
bei  unserer  jetzt  vorhabender  Abreis  in  die  Opinion  gerathen,  samb  man 
unserseits  alle  Friedensgedanken  beiseits  setzen  wollte,  so  haben  wir 
beeden  Ihren  L.L.  von  obgemeltem  Protocollo  ebenergestalt  parte  gegeben 
und  dieselbe  darbei  sinceriren  lassen,  dass  wir  neben  unseren  Confoede- 
rirten ein  als  dem  anderen  Weg  mit  Schweden  einen  billichen  und  sicheren 
Frieden  einzugehen  beständig  entschlossen  verbleiben. 

Im  P.  S.  vom  6.  nur  eine  Wiederholung  des  hier  gemeldeten. 


Schütz   an   den   Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  10.  Aug.  1658. 

(Aut.) 

[Schwerins  Erklärungen  über  die  gegen  Schweden  zu  beobachtende  Politik.     Branden- 
burgs Erwiderung  auf  die  schwedische  Anklageschrift.     Urtheil  des  Schwerin  über  die 

rheinische  Allianz.] 

10.  Aug.  P.  S.  2'^"™.    Als  ich  den  7.  dieses  bey  dem  von  Schwerin  gewesen, 


^)  In  der  auf  Rath  des  Mainzers  am  30.  Juli  abgehaltenen  Conferenz  der  kaiser- 
liehen Räthe  Khurtz,  Oettingen  und  Volmar,  hatte  Khurtz  den  Standpunkt  Oesterreichs 
nur  mit  den  Confoederirten  abzuschliessen  betont,  darauf  aber  Björnclaw  seinen  Auf- 
trag mit  Oesterreich  allein  zu  verhandeln  nochmals  hervorgehoben,  so  dass  es  zu  einer 
Einigung  nicht  kam.  „Per  discursum  hat  er  vermeldet,  wann  man  der  Krön  Schwe- 
den das  königliche  Fürstenthum  Preussen,  Samogitiam  und  Churland  überlasse,  so 
werde  es  bald  seine  Richtiarkeit  haben." 


Verhalten  gegenüber  Karl  Gustav.     Rheinische  Allianz.  103 

gedachte  selbiger,  dass  zwar  E^  K.  M.  re.solution  über  de.-^  Obr.  Pölnitzen') 
atibringen  zu  erwarten  stünde,  I"".  Cli.  D.  wolle  aber  nicht  wol  möglich 
fallen,  ihre  armee  also  länger  aus  dem  ihrigen  zu  halten.  Schweden 
intentirte  zwar  bey  seiner  cunctation  nichts  anders,  als  den  unglimpf 
der  ruptur  auf  die  allürte  zu  bringen;  nachdem  aber  derselbe  biss  noch 
auf  des  Reichsboden  mit  einquartierungen  undt  durchzügen  nach  gefallen 
grassirte,  wehre  mann  diesseits  in  dem  Instrumento  Pacis  undt  der  Exe- 
cutionsordtnung  gnugsam  fundirt.  Undt  würde  zumal  aller  schein  an 
Schwedischer  Seiten  verschwinden,  \Yann  die  gravirte  Ständte  zur  iniplo- 
ratiun  undt  Chur  Sachsen  als  Crayss-Obrister  seine  authorität  mit  zu 
interponiren  bewogen  werden  könte;  wann  auch  gleich  die  imploratiun 
nicht  erfolgen  solte,  so  würde  mann  doch  propter  interesse  Iraperii  ex 
officio  verfharen  können. 

Müste  nechstdem  errinnern,  ob  E.  K.  M.  des  Königs  in  Schweden 
wieder  dieselbe  undt  I.  Ch.  1).  aus  Flensburg  an  das  Churf.  Collegium 
abgelassenes  höchst  anzügliches  schreiben  zu  ihrem  theil  nicht  würden 
beantW'Orten  lassen.  I.  Ch.  I).  Hessen  anjezo  ein  manifest  dargegen 
in  truek  publiciren;  undt  seye  deroselben  übrigen  sehr  beschwerlich 
fürkommen,  was  ,:  Mainz  jüngsten  loco  der  antwort  im  nahmen  col- 
legii  aufgesezt  :j,  dass  Schweden  darinn  die  begierde  zum  frieden 
positive  zugelegt  werde,  Polen  aber  undt  P.  ('h.  D.  w-eiter  nicht,  ([uara 
quod  ajant:  auch  diese  undt  andre  von  Ihren  Gesandeu  dargegen  ge- 
thane  errinnerunge  nicht  attendirt  werden  wollen.  I.  Ch.  D.  ^:  würden 
noch  könten  dem  herrn  Churf.  dergleichen  eigenmechtiges  procedere 
nachsehen  :j.  So  erfördere  auch  die  hohe  noht,  dass  E.  K.  M.  \:  die 
vorwesende  allianz  zwischen  Franckreich  und  des  Reichs  hindern 
Hesse;  iezo  wolle  man  I.  Ch.  D.  und  Schweden  aussschliessen  und  ob- 
zw^ar  darauf  geantwortet  werden  möchte:,  ob  seye  kein  sonderbhare 
gefhar  hierbey  zu  besorgen,  so  dörffte  doch  der  eventus  ein  andres 
geben.  Auf  welches  leztere  ich  geantwort,  dass  ehe  undt  bevor  E.  K. 
M.  P.  Ch.  D.  beyräthige  gedancken  auf  was  weiss  undt  durch  was  mittel 
solches  am  füglichsten  geschehen  könte,  würde  vernehmen  wollen;  undt 
stellte  demnach  zu  seinem  belieben,  ob  Er  mir  hierunter  etwas  weiter 
au  handt  geben  wolte;  dessen  Er  mich  vertröstet  undt  ich  annoch  ge- 
wärtig bin. 


')  Gerhard  Bernhard  Pöllnitz:  vergl.  über  seine  Sendung  —  er  sollte  officiell 
die  Glückwünsche  Friedrich  Wilhelms  zur  erfolgten  Wahl  überbringen  —  Puf.  1.  c. 
VII.  41. 


104  II      !-*?'■  norrlische  Krieg  IGöö — IT.GO. 

P.  S.    Stii'm. 

[Rüstungen  Hranrlenburgs    zur  See   gegen   Schweden.     Bitte  um  Unterstützung  durch 
den  Kaiser.     Schwedens  Einquartierungen  im  Mecklenburgischen.] 

Hat  der  Churl".  Canzler  Zoraenitz ')  im  nahmen  P.  Ch.  1).  den  8. 
dieses  bey  mir  anbracht,  es  gebe  die  tägliche  erfharung,  dass  bisshero 
die  Schweden  mit  wenigen  geringen  schiffen  die  alliirte  in  Preussen 
vielfältig  incommodirten  undt  an  andrem  nützlichen  vornehmen  verhin- 
derten ^).  Solches  7A1  verhüten  hetten  höchstgedachte  I.  Ch.  ü.  auch 
etliche  schiff  ausrüsten  lassen,  so  Sie  im  Pillauischen  haffen  hielten. 
Dass  auch  dergleichen  von  Polen  geschehen  möchte,  hette  Sie  allbereit 
der  ohrten  errinnerung  thun  lassen  undt  würde  umb  so  viel  do  mehr 
ein  guter  effect  darob  zu  hoffen  seyn,  wann  E.  K.  M.  einige  aufzubringen 
undt  zu  erhalten  sich  gleichfalls  allergnädigst  resolviren  solten.  Zu  den 
schiffen  wehre  in  ?«iiederlandt  leicht  zu  kommen,  auch  an  mittel  nicht 
manglen  solche  sicher  durchzubringen  undt  könten  Sie  ihre  Station  in  ge- 
dachtem Pillauischen  haffen  haben. 

Referirte  deinnechst,  dass  der  Expresser,  so  I.  Ch.  D.  an  H.  herzogen 
Christian  zu  Mecklenburg  abgeschickt  gehabt  mit  schreiben  des  inhalts 
—  dass  Er  herzog  die  in  seinem  an  hiesige  marck  stossendem  territorio 
einquartirte  Schwedische  Reuter  abschaffen  möchte,  wiedrigenfalss  I.  Ch. 
D.  Ihrer  landen  Sicherheit  halber  nicht  weniger  der  ohrten  fuess  zu 
fassen  genöthigt  würde ;  solte  Er  der  herzog  in  der  gute  oder  sonst 
gedachte  Schwedische  Reuter  nicht  ausschaffen  könen,  wolten  Sie  sich 
zur  assistentz  erbotten  haben  undt  würde  nöthig  undt  nützlich  seyn,  dass 
Er  herzog  diese  der  Schweden  thätligkeiten  an  E.  K.  M.  brächten  undt 
urab  remedirung  nachsuchte  —  zurückkommen,  undt  antwortete  ge- 
dachter herzog,  dass  gemelte  Reuter  auf  sein  bey  dem  König  in  Schwe- 
den in  person  gethanes  anhalten  bereit  würcklich  abgefhürt,  hette  auch 
den  Burgemeister,  so  Sie  zu  Grabo  eingelassen,  zur  straft'  gezogen,  wolten 
nichtsdoweniger  bei  E.  K.  M.  einkommen,  undt  bedanckte  sich  wegen 
angebottener  hülff. 


0     Somnitz. 

^     Für  Schwedens  Verhalten  in  dieser  Zeit:  Carlson  1.  c.  IV.  310  ff. 


Operationen  gegen  Schweden.     Schwedens  Friedensvorschläge.  105 

Schütz   an   den   Kaiser.      Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  12.  Aug.   1658. 

(Aut.) 

[Jlittheilungen  des  holländischen  Gesandten  über  Schwedens  Friedensvorschläge.     Des 

Somnitz  Mittheilungen  über  die  Erklärungen  des  moskowitischen  Gesandten  und  über 

die  schwedischen  Friedenspropositionen.] 

E.  K.  M.  soll  allergehorsamst  nicht  verhalten,  dass  der  Holländischer  1-.  Au^ 
Ambassadeur^)  gestriges  tages  bey  P.  Ch.  D.  audiectz  gehabt  undt 
referirt,  welcher  gestallt  der  König  in  Schweden  auf  Sein  undt  des 
frantzösischen  de  l'ombres")  beschehene  remonstrationes  des  friedens- 
werclis  halber  sich  erklärt^).  1°.  Dass  Er  coniunctim  mit  allen  confoede- 
ratis  auch  sogar  dem  [Moscoviter  die  tractaten  antretten  wolle;  2''°  sol- 
ten  Ihre  Königl.  Mt.  in  Polen  alles  deren  auf  Schweden  praeteudirten 
Erbrechts,  auch  danneuhero  fhiirenden  titul  undt  Wapens  sich  begeben; 
wie  auch  3"''  die  Cron  Polen  sich  ihres  rechtens  in  lieflandt.  4"*  Preussen 
wolte  Er  abtretten,  jedoch  dass  anstatt  desselben  undt  pro  satisfactione 
ihm  Churlandt  eo  jure  et  titulo,  wie  es  von  dem  jetzigen  hertzogen 
besessen  wirdt,  eingeräumbt,  sodann  fünff  millionen  Rthler,  (deren  er 
anfänglich  zehen,  nachgehendts  acht  gefordert)  in  gewissen  terminen 
zhalt  würden;  hingegen  undt  zum  5**^"  solte  gedachtem  hertzogen  loco 
aequivalentis  Samogitien  von  der  Cron  überlassen  werden.  Mit  diesen 
conditionibus  seye  der  frantzösische  von  Stetin  nacher  Warschau  ver- 
reiset, deme  Er  innerhalb  wenig  tagen  folgen  werde;  undt  würde  numehr 
an  dem  seyn,  dass  höchstgedachte  Ihre  Königl.  Mt.  undt  die  Cron  Polen 
dis  salvos  conductus  extradirte,  welche  Schweden  jedoch  zu  acceptiren 
difficultirte,  es  seye  dann  seinen  bey  den  Lübeckischen  tractaten^)  ratione 
der  Wapen  undt  titul  gethaneu  postulatis  willfhart  undt  seye  insonderheit 
undt  noch  ferner  von  gedachten  König  in  Schweden  begehrt  worden, 
dass  von  der  Cron  Polen  ihm  solcher  titul  gleich  er  ietzo  fhiiren  thäte? 
darinn  gegeben  werden  möchte.  Zu  bezeugung  seiner  begierde  zum  frie- 
den wolle  er  auch  ohnverlangt  Seine  commissarios  auf  Stetin  schicken, 
deren    principal    der    Graf  von    Schlippenbach  ^).     Allem    Ansehen   nach 


1)     Ysbrandts. 

-')  Antoine  de  Lumbres;  vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  35f :  für  seine  Thätigkeit  in  dieser 
Zeit  Urk.  u.  Act.  II.  175  fF.;  Desnoyers  1.  c.  4oOf. 

^)  Ysbrandts  war  Ende  Juli  nach  Wismar  gereist  und  hatte  mit  Karl  Gustav 
und  Schlippenbach  über  die  Bedingungen  des  Friedens  mit  Polen  verhandelt.  (Für 
diese  Verhandlungen  Aitzema  1.  c.  IV.  263.) 

^)     Ueber  die  Verhandlungen  zu  Lübeck  Carlson  1.  c.  IV.  "29  f. 

'")     Graf  Christoph  Karl  von  Schlippenbach. 


lOf)  II.     Der  nordische  Krieg  IR.'j.ö- irjf.O. 

werde  Kr  im  Reich  nichts  vornehmen,  sondern  im  Preiissen  ugireii,  ge- 
stallt Kr  l)cy  seiner  des  Gesanden  abreyss  etlich  1000  mann  embanjuiren 
lassen ') 

P.  S.  16.  Aug.  Vorschlag  des  Kurfürsten  im  Interesse  der  rascheren 
Communication  an  dem  jeweiligen  Centralpunkte  der  Operationen  Vertreter  aller 
Verbündeten  sich  aufhalten  zu  lassen. 

P.  S.  18.  Aug.  Ist  den  15.  dieses  der  Cauzler  Zomenitz  bey  mir 
gewesen  undt  krafft  habenden  Churfürstl.  befhelchs  referirt.  Krstlich  des 
Moscovitischen  sich  jetzo  allhier  befindender  Gesanden^)  anbringen  gienge 
dahin,  dieweil  die  Polen  die  mit  seinem  herrn  getroffene  Wildische  ^) 
tractaten  zu  vollziehen  difficultirteu,  I.  Ch.  D.  deswegen  undt  umb 
offectuirung  derselben  bey  dem  König  undt  Seuatoribus  nachtrücklich  ein- 
kommen  wolten*),  deren  wiederantwortlicher  erklärung  Er  allhier  zu  er- 
warten befhelcht.  Falss  auch  die  Vollziehung  nicht  erfolgen  solte,  würde 
sein  herr  mit  Schweden  sich  vergleichen  undt  den  Krieg  wieder  Polen 
reassumiren,  worbey  Er  jedoch  des  erbiethens,  mit  P.  Ch.  D.  die  bisshero 
gepflogene  freundtschafft  zu  erhalten,  doch  dass  Selbige  auch  ihres  ohrts 
den  Polen  wieder  Ihn  kein  assistentz  leisteten.  Undt  betten  Sie,  die 
churf.  Ministri  so  viel  wahrgenommen,  dass  diesen  leuten  nicht  allein 
durch  der  Schweden  in  Denuemarck  gehabte  progress  ein  grosse  furcht 
eingejagt,  sondern  auch  dieses  beybracht  worden,  sambt  wolte  cler  König 
in  Schweden,  falss  Sie  in  ein  foedus  offensivum  mit  ihm  eintretten  wolten, 
die  im  Preussen  von  ihm  detinirte  platz  einräumen  undt  ihren  disegni 
ratione  Polen  beförderlich  seyn;  worgegen  gedachtem  Gesanden  bey 
lezter  audienz  gnugsame  remonstratioues  geschehen;  sonsten  würde  der- 
seits  an  Schweden  die  einräumung  Lilf-  undt  Ingermanlandts  pro  con- 
ditione  Pacis  praetendirt.  Zweytens:  Was  der  Staaden  Abgesander  seiner 
bey  Schweden  gehabter  Verrichtung  halber  zurück-  undt  bey  höchstge- 
dachter P.  Ch.  D.  vorbracht  ^),  das  dann  mit  demjenigen  so  bey  lezter  post 
d.  d.  12.  huj.  allergeh,  bericht,  überein  kommen;  ausser  dass  so  viel  die 
friedenstractateu  belangt,  der  König  in  Schweden  zwar  geschehen  lassen 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  VIII.  286  ff. 

-)  Iwaaowitsch  Nestoroff;  über  seine  Mission  am  brandenburgischen  Hofe  ürk.  u. 
Act.  VIII.  60ff.;  Hirsch,  Ferdinand,  Die  ersten  Anknüpfungen  zwischen  Brandenburg 
und  Russland,  Programm  des  Königstädtischen  Realgymnasiums  zu  Berlin  II.  Theil 
1886,  20  ff. 

^)     Gemeint  ist  der  Waffenstillstand  zu  Wilna  vom  24.  Oct./3.  Nov.  1656. 

••)  Vergl.  das  Schreiben  des  Kurfürsten  an  den  König  von  Polen  vom  3./13.  Aug. 
1658  ürk.  u.  Act.  VIII.  67;  die  Antwort  Johann  Casimirs  ebend.  68  f. 

^)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  126  f. 


Schwedens  Friedensvorschlä<Te.  107 

wolle,  class  alle  Intei-essirte  sich  an  einem  ohrt  befinden  thäten,  undt 
mit  denselben  tractirt  würde;  jedoch  weil  jedes  theil  ein  sonderbhare 
sach  undt  absonderliches  Interesse  hette,  könte  Er  auch  änderst  nicht 
als  cum  singulis  singulatim  tractiren.  Welcher  modus  tractandi  dann 
nichts  anders,  als  die  Separation  der  alliirten  nach  sich  fhiire.  Bey 
Churlandt  habe  Er  es  auf  diese  alternatiou  gestellt,  dass  die  Cron  Polen 
ihm  das  jus  directi  dominii  cedire,  oder  aber,  w'elches  ihm  lieber  seyn 
solte,  dasselbe,  wie  es  von  ietzigem  hertzogen  besessen  wirdt,  einräume 
undt  hingegen  gedachtem  hertzogen  ein  theil  von  Samoitien  abtrette. 
Diese  condition  seye  aber  auch  unbillich  undt  w'erde  der  Hertzog  von 
Churlandt  utroque  modo  unschuldig  gravirt;  dann  wie  die  Schw'eden  ihre 
Vasallos  hielten,  die  tägliche  erfharung  zu  erkennen  gebe.  Ueber  dieses 
wolle  Er,  biss  ihm  die  fünft"  million  Rthlr.  (welche  jedoch  wie  der  von 
Schwerin  gedacht  der  Schwedischen  Ministrorum  anzeig  nach,  wofern 
mann  an  pollnischer  selten  nur  quoad  reliqua  herbey trotte,  wol  in  pol- 
nische gülden  verwandtlet  werden  könten)  zhalt,  die  in  Preussen  ein- 
habende ohrt  innbehalten.  Nun  seye  Polen  solche  summ  geldts  aufzu- 
bringen nicht  allein  unmöglich,  sondern  auch  mehr  als  gewiss,  dass  w-ann 
hierinn  undt  in  die  retention  gemelter  Preussischer  platz  coudescendirt 
werden  solte,  deren  recuperation  nimmer  erfolgen  würde,  sondern  mann 
würde  Schwedischen  theils,  gleich  iezo  in  Denneraarck  beschehe,  mit 
ein  undt  andrer  herbeygesuchten  praetension,  die  abtrettung  decliniren. 
Zudem  begehre  Er  noch  ferner,  dass  wann  Preussen  von  ihm  restituirt, 
es  allerdings  in  dem  Standt,  w^orinn  es  für  diesem  krieg  gewesen,  gelassen 
undt  dann  inskünfftig  kein  König  in  Polen  ohn  sein  geuemhaltung  er- 
wehlet  werden  solte. 

Alss  ich  auch  erwehnt,  es  würde  gedachter  Gesander  sonders  zweifei 
auch  etwas,  so  die  übrige  coufoederirte  concerniren  thäte,  augebracht 
haben,  antwortete  Er  Cautzler  nichts,  alss  der  König  hette  auf  I.  Ch.  D. 
ein  grossen  wiederwillen  gefast  undt  beruhe  iezo  das  werck  auf  der 
ausfertigung  und  extradition  der  salvorum  conductuum.  Undt  nachdem 
ich  hierunter  incidenter  meldete,  dass  E.  K.  M.  die  frantzösische  rae- 
diation  nicht  admittireu  könte'),  gäbe  Er  zur  antwort,  dass  solche 
einmal  gefhärlich  seye  undt  dörffte  besorglich  zu  einer  Separation  der 
Confoederirten  ursach  geben .  .  .  Seinem  gnädigsten  herrn  fiele  etwas 
schwer  auf  das  Moscovitische  anbringen  sich  zu  resolviren,  bevorab,  weil 


')     Yergl.    für    diese  Frage    der    französischen    Mediation  Pribram   Ber.    Lisola's 
424  u.  a.  0.;  Cheruel  1.  c.  III.  348  ff. 


108  J^-     I'CT  nnrdische  Kriejr  lG5ö— IfiGO. 

Sie    nicht    wüsten,    wie  weit    E'.  K.   i\I.    hohes  Ertzhauss  ratiune  succes- 
sionis  hev  Polen  berechtigt. 


Scliütz   an   den    Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  8p.  2G.  Auf>\   1658. 

(Aut.) 

[Mittheiluiigen    über    Karl    Gustav's    Kriegspläne.     Entschluss   des  Kurfürsten.     Des- 
selben Billigimg  der  Haltung  Leopolds  bei  den  Verhandlungen  mit  Björnclaw.] 

26.  Aug.  Der  Kurfürst  theilte  dem  Schütz  mit,  wie  dass  in  selbiger  stundt  von 
ihren  bisshero  in  des  Königs  zu  Schweden  suitte  verdeckter  weiss  unter- 
liultenen  undt  numehr  hier  angelangten  dienern  Sie  berichtet,  dass  ge- 
dachter König  sanabt  dem  Wrangel  mit  der  gantzen  Infanterie,  etlichen 
Regimentern  zu  pferdt  undt  20  canouen  von  Kiel  auss  den  14.  dieses 
sich  zur  See  begeben  undt  nacher  Preussen  gehe').  Weil  Sie  dann  Ihro 
hierbey  kein  andre  gedancken  machen  könte,  als  dass  gedachter  König 
auf  Königsberg  sein  absehen  gericht;  so  habe  Sie  allbereit  Ordre  ertheilt, 
dass  dero  völcker  auch  dahin  marchiren  solten,  denen  Sie  inner  wenig 
tagen  in  person  folgen  wolten.  Im  Uebrigen  bezeigt  der  Kurfürst  sein  Ein- 
verständnis bezüglich  des  Vorgehens  Leopolds  in  den  Verhandlungen  mit  Björn- 
claw und  verspricht  ein  Gleiches  zu  thun. 


Schütz   an    den    Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  8p.  29.  Aug.  1658. 

(Am.) 

[Kriegspiäne    des    Kurfürsten.      Zug    nach    Holstein.      Verwendung    der    kaiserlichen 

Truppen.     Verhandlungen  des  Schütz  mit  dem  Kurfürsten  und  mit  dessen  Räthen  über 

diesen  Punkt.     Reise  des  brandenburgiscben  Hofes  nach  Crossen.     Urtheil  des  Schütz 

über  des  Kuifürsten  Pläne.] 

29.  Aug.  Abschiedaudienz  beim  Kurfürsten.     Dieser  betheuert,    dass    er    in    schul- 

diger Devotion  gegen  E.  K.  M.  beständig  verharren  würde,  und  vermel- 
det, wie  dass  Sie,  nachdem  der  König  in  Schweden  ohn  einige  begrün- 
dete ursach  Dennemarck  de  novo  feindtlich  angefallen  undt  durch  die 
im  hertzogthumb  Hollstein  verübende  hostilitäten  den  Reichsfrieden  vio- 
lirt,  an  E^  K.  M.  feldtmarschalcken  Grafen  von  Montecucoli  durch 
einen  Expressen  gelangen  lassen,  den  allbereit  auf  Thoren  vorgenom- 
menen   march    einzustellen,    ohne    versäumuug    einiger   zeit  sich  zurück 


')     Urk.  u.  Act.  V11L2S8.     In  der  That  wendete  sich  Schweden  gegen  Dänemark; 
Carlson  1.  c.  IV  olOff. 


Kriegsoperationen  gegen  Schweden.  109 

nach  der  Neumarck  zu  ziehen,  daselbst  mit  höchstgedachter  I.  Ch.  D. 
zu  couiuugiren  undt  nacher  gedachtem  Hollstein  zu  gehen  undt  der 
Schweden  progress  zu  hindern').  Die  Infanterie  solte  gleichfa,ls  nach 
den  Neumarckischeu  gräntzen  gefhürt  undt  daselbst  so  lang  beysam- 
men  gehalten  werden,  biss  man  sehe,  wie  es  sich  in  Hollstein  anlasse. 
Zarnetski  hetten  Sie  ebenmässig  zu  eylender  conjunction  requirirt  undt 
thäten  sich  versehen,  manu  würde  von  beeden  ohrten  sich  willfhärig 
erweisen  undt  daran  seyn,  darmit  diese  so  vortheilhafftige  occasion 
nicht  abermahlig  verlohren  gehe.  Ob  suramum  morae  periculum  könte 
dieses  zuvor  an  E.  K.  ^I.  nicht  gebracht  werden.  Es  seye  aber  in  er- 
wegung  aller  umbständten  nicht  zu  vermutheu,  dass  E.  K.  M.  ihro 
solches  zuwieder  seyn  lassen,  sondern  vielmehr  dero  höchsterleuchtem 
verstaudt  nach  es  vor  gut  ermessen  undt  genehm  halten  wäirden,  Sinte- 
mal Schweden  durch  diese  ietzige  Invasion  der  Hollsteinischen  platz 
erst  auf  des  Reichs  boden  gebrochen  undt  obzwar  vorgegeben  werden 
wcille,  Dennemarck  hette  mit  I'".  Ch.  D.  sich  in  alliance  einlassen  wollen, 
so  seye  doch  solches  ohne  grundt^):  die  gefhar  so  aus  negligiruug 
(lieser  abermahlig  sich  an  handt  gebenden  occasion  zu  besorgen  undt 
der  vortheil,  so  hingegen  die  Alliirte  hierbey  zu  hoffen,  seye  am  tag; 
auch  an  dem  verlangtem  success  kein  zweifei;  die  königlichen  Vestuugen 
würden  denselben  zur  retraitte  nicht  allein  offen  stehen,  sondern  [:  Sie 
hofften  es  auch  so  weit  zu  bringen,  dass  Sie  etwa  von  E.  Iv.  M.  Volk 
zur  Guarnison  einnemmen:].  Ob  nun  schon,  Allergnädigster  Kayser 
und  Herr,  ich  von  dem  foedere  undt  E"".  K.  M.  lezteren  resolution,  so 
Sie  l"".  Ch.  D.  Abgeschickten  Obristen  Pelnitz  gnädigst  ertheilet,  keine 
wissenschafft  habe,  dahero  auch  bey  lezt  gehaltener  conferentz,  wie  nicht 
weniger  wegen  mangel  befhelchs  hierin  mich  nichts  vernehmen  lassen 
können  noch  sollen;  nachdem  jedoch  E"".  K.  M.  Rhat  Lisola  mich 
berichtet,  dass  der  Churbr.  Abgesander  zu  Warschau  der  von  Hover- 
beg  eine  fast  dergleiche  proposition,  dass  Schweden  als  ein  Reichs- 
feindt  von  E''.  K.  M.  bekriegt  werden  möchte,  daselbst  gethan,  dar- 
nebenst  aber,  dass  solches  den  Berlinischen  tractaten  nicht  gemäss; 
als  habe  mit  gebührendem  respect  erwehnet,  dass  zwar  von  E^  K.  M., 
wie  mehrmahlig  gedacht,  auf  dergleichen  uegotia  nicht  instruirt;  seye 
mir    auch    verborgen,    was  deroselben   feldtmarschalck   Graf  Montecucoli 


')     Für  die  Verliandluugeii  des  Kurfürsten  mit  Jlonteciiocoli  ürk.  u.  Act.  VIII.  oGOf. 
'-')     üeber    die    biandenburg-dänischen    Beziehungen    dieser   Zeit,    Uik.    und  Act. 
VIII.  588 f. 


1  IQ  II.     Der  nordische  Krieg  1G55— IGGO. 

cucoli  iu  befhelch  hette;  höchstgedachter  I''.  Ch.  D.  seye  aber  vorhin 
gnädigst  bewust,  wie  hoch  sich  die  übrige  Stände  des  Reichs  bey  diesem 
werck  interessiit  macheu  möchten.  Undt  dieweil  ab  der  dänischen  Be- 
dienten bericht  so  viel  zu  vernehmen,  dass  die  haubtvestungen  in  be- 
rührtem Hollsteiu  sich  uuch  ein  paar  monat  halten  könten,  auch  die  der 
olirten  stehende  Schwedische  Völcker  allein  etwas  haubtsächliches  dar- 
gegeu  vorzunehmen  nicht  wol  vermögen  würden,  über  das  alles  auch 
E"".  K.  M.  feldtmarschalck  allbereit  vor  Thoren  angelangt  seyn  undt 
solche  impresa  ungern  verlassen  würde;  so  Hesse  zu  P.  Ch.  1).  nach- 
dencken  gestellt  seyn,  ob  dieselbe  E"".  K.  M.  resolution  hierüber  jez 
zugleicii  einzuholen  Ihro  belieben  lassen  wolte;  darmit  wann  etwann 
E''.  K.  M.  feldtmarschalck  vorberührter  ursach  undt  insonderheit  des 
wercks  hohen  Wichtigkeit  halber  anstehen  solte,  mann  alsdann  nichts 
doweniger  umb  so  viel  do  eher  zu  einer  den  sambtlichen  AUiirteu  zum 
besten  gereichenden  resolution  schreiten  undt  die  noch  übrige  wenige 
zeit  zur  campagne  mit  nutzen  anwenden  könne.  Worauf  I.  Ch.  I).:  Sie 
hetten  all  bereit  beschlossen,  den  D.  Jena  an  E"".  K.  M.  hoff  dieser 
Sachen  halber  abzuschicken 'j;  biss  dahin  aber  könte  mann  Schweden 
der  ohrten  nicht  agiren  lassen,  undt  würde  die  hülff  zu  spät  fallen,  i:der 
Successe  in  Ihren  handeu  und  bedörffte  es  alssdan  keiner  verautwort- 
tung;  wan  Montecucoli  Ihr  iezo  nicht  wilifaiirte,  muesteu  Sy  mit  Schwe- 
den Frid  machen.  E.  K.  M.  hetten  Ihm  befohlen  zu  agiren,  wo  es 
I.  Ch.  D.  guet  befanden:;.  Ich  wiederholte  meine  eutschuldigung  undt 
dass  gedachter  Graf  Montecucoli  E'.  K.  M.  befhelch  nachkommen 
würde,  nicht  zu  zweiflen;  worauf  also  von  P.  Ch.  I).  dimittirt  worden. 
Dieselbe  haben  kurtz  hernach  dero  geheimbde  Rhäte  Somenitz  undt 
Jena  zu  mir  geschickt  undt  nechst  gewöhnlichen  curialien  mir  andeuten 
lassen,  Sie  hetten  so  viel  wahrgenommen,  als  ob  ich  in  zweiffei  stünde, 
dass  E.  K.  M.  des  dähnischen  wercks  sich  annehmen,  oder  dero 
feldtmarschalck  Montecucoli  zu  der  verlaugten  eyligen  conjunction  sich 
verstehen  würden.  Begehrten  demnach  gnädigst  mich  hierüber  etwas 
klarer  vernehmen  zu  lassen:  Sintemal  auf  den  fall  Sie  berührter  con- 
junction sich  nicht  versichert  Vt'issen  solten,  Sie  andre  resolution  ergreiffen 
müsten.  Ich  bin  aber  bey  meiner  eutschuldigung  verblieben,  dass  auf 
dergleichen  negotia  ich  nicht  instruirt.  Was  ich  bey  diesem  novo  emer- 
gente  erwehnt,  seye  aus  gehorsamster  devotiou  undt  privatim  geschehen. 
Wessen    der    feldtmarschalck    sich    erklären   würde,    seye    mir  gleichfals 


*)     Ueber  Jena's  Mission  in  Wien  Urk.  u.  Act.   VIII.  363 1 


Des  Kurfürsten  Pläne.  111 

unwissendt.  üudt  würden  übrigens  I.  Ch.  D.,  sodann  dero  Ministri.  als 
denen  alle  umbständte  zur  gnüge  bekannt,  ohne  mein  errinnern  undt 
besser  dijudiciren  können,  ob  E^  K.  M.  resolution  zuforderst  ein- 
zuholen, ob  auf  die  querelen,  so  des  Reichs  Ständte  hierüber  moviren 
möchten,  mehr  als  auf  den  vortheil  oder  gefhar,  so  ein  oder  andren 
falss  zu  gewarten,  zu  rellectircn;  ob  auch,  wann  maim  sich  des  Königs 
in  Dennemarck  anzunehmen  resolviren  solte,  dasselbe  des  Reichs  halber 
undt  nicht  vielmehr  ex  alio  capite  zu  behaubten?  An  selten  E"". 
K.  M.  fhüre  mann  ein  aufrichtige  Intention  undt  werde  des  Grafen  von 
Montecucoli  erklärung  zu  erwarten  stehen.  Gleichwie  dann  der  Zomenitz, 
als  ich  ihn  für  dieser  conferentz  besuchte,  ultro  das  dubium  movirte, 
weil  von  dieser  revolution  bey  Schliessung  der  alliance  nichts  abgeredt, 
es  möchte  diesgedachter  Graf  Montecucoli  E''.  K.  M.  ordre  nach  er- 
wehnter  alliance  aussdeuten,  undt  die  Cooperation  in  gemeltem  Holl- 
stein difficultiren.  Also  gedachte  D.  Jhena,  Ihm  seye  bekannt,  was  dieser 
materi  halber  bey  jüngstem  Wahltag  passiret,  undt  mache  Er  ihm  die 
gedancken,  es  möchte  dieses  werck  an  selten  E'.  K.  M.  in  weiteres 
bedenckeu  gezogen  werden.  Alss  ich  auch  nachgehendts  bey  dem 
von  Schwerin  gewesen,  hat  derselbe  dasjenige,  was  I.  Ch.  D.  obver- 
meltermassen  erwehnt,  weitläufftig  recapitulirt,  auch  wie  dass  I.  Gh.  I). 
an  der  spitzen  undt  der  gefhar  am  nechsten  sitzen  thäten,  dannenher 
auch  ietzige  conjuncturen  umb  so  viel  domehr  zu  beobachten  hetten.  In 
Preussen  könten  die  Armeen  nicht  beysammen  stehen,  oder  würden  sich 
selbst  ruiuiren.  Es  würde  zwar  Schweden  nicht  unterlassen  durch  offe- 
rirung  annehmlicher  conditionen  E.  K.  M.  von  dero  Alliirten  zu  tren- 
nen, I.  Ch.  D.  aber  trügen  zu  deroselbeu  das  gehorsamste  vertrauen, 
Sie  würden  von  deroselben  nicht  verlassen  werden.  Jetzhöchstgedachte 
I.  Ch.  D.  seyndt  übrigens  anheut  sambt  dero  Frau  Gemahlin  auf  Crossen 
gereist,  werden  daselbst  mehrgedachtes  feldtmarschalck  Grafen  von  Monte- 
cucoli erklärung  erwarten  undt  nach  derselben  ferneren  anstallt  machen. 
Tndt  gleichwie  zeit  meines  anwesens  allhier  ab  allem  so  viel  wahrzu- 
nehmen gehabt,  dass  mann  nicht  so  wol  in  Preussen  es  agirte,  dann 
auch  Schweden  daselbsten,  als  andrer  ohrten  Schweden  zu  incommo- 
diren  getrachtet;  als  ist  bey  höchstgedachter  P.  Ch.  D.  undt  dero  sambt- 
lichen  Ministris  nichts  andres  zu  vermercken,  als  dass,  falss  nur  E"". 
K.  M.  feldtmarschalck  sich  verlangtermassen  erklären  solte,  I.  Ch.  D. 
künfftige  woch  mit  dero  Cavallerie  gewiss  aufbrechen  undt  nacher 
Hollstein    gehen    werde.     Es  wirdt    auch    des    D.  Jena  reyss  noch  fünft" 


112  If-     1^6'"  nordische  Krieg  16ö5— 16G0. 

oder  sechs  tag  sich  verweilen,  undt  wie  der  von  Schwerin  mir  andeutete, 
soll  seine  instruction  so  viel  in  specie  diess  wesen  belangt,  mehr  dahin 
gericht  werden,  E''.  K.  M.  in  nuterthänigkeit  vorzustellen,  warumb  dero 
Resolution  nicht  erwartet  werden  können '). 


Votum  deputatorum  vom  13.  Sept.  auf  des  Schütz  Relationen 
vom  16.,  18.,  21.  und  2b.  Aug-ust. 

[Bessere  Correspondenz  unter  den  Alliirten.     Französische  Mediation  bei  Polen. 

.Jägerndorf.] 

28.  Ang.  Man    möge    Schütz   schreiben,    er    soll    dem  Kurfürsten   melden,   dass  der 

Kaiser  in  Erwiderung  des  von  Schwerin  und  Weimann^)  gestellten  Antrages, 
dass  die  Verbündeten  bessere  Correspondenz  pflegen  mögen,  den  Kurfürsten  er- 
suche, einen  Gesandten  nach  Wien  abzufertigen,  dann  werde  der  Kaiser  auch 
seinerseits  jemanden  nach  Berlin  senden.  Schütz  soll  ferner  trachten  zn  erfahren, 
was  der  nach  London  bestimmte  brandenburgische  Gesandte  für  Instructionen 
liabe').  und  gleichwie  er,  Schütz,  gar  recht  gethan,  dass  er  in  puncto 
der  französischen  Mediation  bei  den  polnischen  Tractaten  auf  dessen 
Exclusion  bestanden,  also  sollte  er,  wann  und  so  oft  deren  von  den 
Churbrandeuburgischen  ministris  gedacht  wird,  dies  Orts  E.  M.  Befehlch 
und  Intention  stricte  nachkommen;  in  der  jägerndorfischen  Sache  aber 
für  sich  nichts  melden,  sondern  erwarten,  was  mau  au  ihne  weiter  bringen 
wird;  und  solches  sodann  ad  referendum  nehmen.  Sollte  Schütz  bereits 
von  Berlin  abgereist  sein,  so  soll  Fernemont  dorthin  abgesendet  werden. 
(Portia,  Khurtz,  Schwarzenberg.) 

Zu  Linz  am  15.  Sept.  wird  beschlossen,    Plettenberg    nach   Berlin  zu   sen- 
den; allein  auch  dieser  gieng  nicht  dahin. 


^)  Vom  18.  Aug.  1658  st.  v.  datirt  auch  ein  Schreiben  des  Kurfürsten  an  den 
Kaiser,  in  welchem  der  erstere  dem  letzteren  mittheilt,  er  könne  die  Recrutirung  und 
Erhaltung  seiner  Truppen  nicht  mehr  allein  auf  sich  nehmen,  da  aber  eine  starke 
Rüstung  unbedingt  nothweudig  sei,  „so  habe  E.  K.  M.  hiermit  fürstellen  wollen,  ob  die- 
selbe nicht  allergnädigst  gut  finden,  an  einige  im  westphälischen  Kreise  und  an  an- 
dern Orten  mir  angrenzende  Reichsstände,  Schreiben  ergehen  zu  lassen,  dass  sie  zu 
Richtung  und  Aufbringung  der  hochnöthigen  Recruten  einige  Quartier  und  Muster- 
plätz  in  ihren  Landen  ohne  ihren  sonderlichen  Schaden  und  Beschwer  verstatten 
möchten."  Vom  selben  Tage  datirt  ein  zweites  Schreiben,  in  welchem  der  Kurfürst 
bezüglich  seiner  A'^erhandlungen  mit  Schütz  auf  dessen  Berichte  verweist. 

2)     Ueber  Dr.  Daniel  Weimann  ürk.  u.  Act.  V.  774ff.,  VIII.  4 f. 

^)  Man  plante  damals  Daniel  Weimann  nach  London  zu  schicken,  doch  unterblieb 
die  Reise;  ürk.  u.  Act.  Vlll.  802  Anm.  Vertreter  Brandenbm'gs  in  London  war  da- 
mals Adolf  Friedrich  Schlezer:  verijl.  über  ihn  ürk.  u.  Act.  VI.  647  Anm.:  Vlll.  715 if. 


Instruction  für  Strozzi.  113 

Mission  des  Grafen  Peter  Strozzi. 
Instruction  für  Strozzi.     Dat.  Wien  14.  Jan.  1660.     (Conc.)^) 

[Frage  der  Evacuation  Pommerns.] 

Da  in  den  mit  Brandenburg  geschlossenen  Tractaten  bestimmt  worden  ist,  14.  Jan. 
dass  kein  Theil  ohne  Wissen  und  Consens  des  Anderen  die  Evacuation  der  oc- 
cupirten  Orte  pactiren  soll-),  hat  der  Kaiser,  als  er  vor  etlichen  Monaten  ver- 
nommen, dass  die  schwedischen  Friedensbevollmächtigten  bereits  in  Preusseu 
angelangt  seiend),  Montecuccoli  an  den  Hof  des  Kurfürsten  gesendet,  um  mit 
demselben  sich  bezüglich  dieses  Punktes  zu  einigen*).  Da  nun  der  Kurfürst 
in  seiner  dem  Montecuccoli  gegebenen  Erklärung  der  Evacuirung  und  Einräu- 
mung der  pommerschen  Orte  keine  Erwähnung  thut,  das  pommersche  Wesen 
aber  bei  den  Friedensverhandlungen  zuerst  vorgenommen  werden  dürfte,  soll 
Strozzi  sich  zum  Kurfürsten  begeben  und  demselben  erklären:  „Es  hätte  uns 
unser  Feldmarschalk  der  Graf  Montecuccoli  Sr.  Ld.  Erklärung  auf  das- 
jenige, was  wir  ihm  unter  dato  den  8.  Nov.  jüngsthin  in  Sachen  das  be- 
vorstehende Friedenswerk  betreffend,  mit  derselben  zu  conferiren  anbe- 
fohlen gehabt,  gebührend  hinterbracht  ^) ;  wären  auch  anderweit  von  jder- 
selben  gnugsam  versichert  worden,  dass  sie  einige  Particularfriedens- 
tractaten  mit  der  Krön  Schweden  einzugehen,  noch  von  uns  sich  zu 
separirn,  nicht  gesinnet  wären."  Dasselbe  verspricht  der  Kaiser  dem  Kur- 
fürsten'5).  Da  nun  beider  Wille  die  Herstellung  des  allgemeinen  Friedens 
ist.  Frankreich  und  Spanien  sich  in  dem  geschlossenen  Frieden  zur  Herstel- 
lung eines  allgemeinen  Friedens  verpflichtet  haben  ^)  und  sich  dafür  interponiren 
AvoUen'*),  wie  der  spanische  Botschafter-')   dem  Kaiser  bereits  mitgetheilt  habe. 


1)  Ursprünglich  war  die  Instruction  für  Fernemont  ausgestellt  worden,  an  dessen 
Stelle  dann  in  letzter  Stunde  Strozzi  trat. 

-)  Letzter  Abschnitt  des  avticulus  secretus  des  Vertrages  vom  9.  Feb.  1658; 
Mörner  1.  c.  232. 

^)  Die  Vertreter  Schwedens  in  Oliva  waren:  Magnus  Gabriel  de  la  Gardie,  Bene- 
dict Oxenstjerna,  Graf  Karl  v.  Schlippenbach,  A.  Güldenclaw.  lieber  die  Friedens- 
verhandlungen zu  Oliva;  Böhm,  Acta  pacis  Olivensis  inedita,  Wrat.  1763.  Pribram, 
Lisola  536 ff.,  Urk.  u.  Act.  VIII.  683  ff. 

•')     Ueber  Montecuccoli's  Verhandlungen  mit  dem  Kurfürsten  Urk.  u.  Act.  VIII.  410  ff. 

'")  Die  Berichte  Montecuccoli's  au  den  Kaiser  aus  dieser  Zeit  sind  im  St.-A. 
nicht  vorhanden. 

^  Vergl.  auch  die  Correspondenz  Leopolds  mit  dem  Kurfürsten  in  dieser  Zeit: 
Urk.  u.  Act.  VIII.  413;  Londorp  1.  c.  VIII.  680. 

'')  Durch  den  §  0  I.  des  Pyrenäischen  Vertrages  vom  7.  Novbr.  1659;  vergl. 
Dumont  1.  c.  VI.o  278. 

^  Seitens  Frankreich  erschien  in  Wien  der  Präsident  Colbert:  vergl.  Recueil 
des  Instructions  I.  33ff. ;  seitens  Spanien  de  Lutiani:  vergl.  Pribram,  Lisola  537,  557. 

^)     La  Fuente. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kuifiirstcn.    XIV.  O 


;[1^4  ^^-     ^^'"  nordische  Kriep  1655 — IGßO. 

liat  der  Kaiser  nicht  blos  diese  Tnterposition  angenommen,  sondern  noch  über- 
dies seine  friedfertige  Stimmung  betont  und  ist  überzeugt,  dass  der  Kurfürst 
derselben  Meinung  ist ').  Da  nun  schon  die  Verliandlungen  in  Oliva  begonnen 
und  zuerst  die  pommersclie  Angelegenheit  vorgenommen  werden  dürfte,  habe 
der  Kaiser  Strozzi  abgeordnet,  um  mit  dem  Kurfürsten  über  diese  Angelegenheit 
zu  sprechen  und  bitte  Friedrich  Willielm  um  seine  Meinung.  „Du  wirst  aber  . .  . 
dich  nur  in  generalibus  und  also  zu  verhalten  haben,  dass  S.  Ld.  kein 
Anlass  daraus  nehmen,  zu  erkennen,  ob  wir  zu  Enträumung  gedachter 
Platz  geneigt  oder  nicht  geneigt  seien."  Im  übrigen  hat  Strozzi  dahin  zu 
sehen,  dass  die  guten  Beziehungen  zwischen  beiden  Höfen  aufrecht  erhalten 
werden. 


Strozzi    an    den   Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Febr.  1660.     (Or.)^) 

[Verhandlungen  Strozzi"s    mit    dem    Kurfürsten  und  dessen  Rätheu   bezüglich   des  in 
Oliva  einzuschlagenden  Verfahrens.] 

Febr.  Strozzi    macht    dem  Kurfürsten  von  Spaniens    und    Frankreichs   Mediation 

Mittheilung  und  fordert  im  Namen  des  Kaisers  gemeinsames  Vorgehen  Oester- 
reichs  und  Brandenburgs  zu  Oliva.  Der  Kurfürst  verspricht  das  und  beordert 
Schwerin  und  Jena  zu  Berathungen  mit  Strozzi^').  Strozzi  hat  sowohl  bei 
P.  Ch.  D.,  als  Fürsten  von  Anhalt  (welcher  durch  die  jüngste  nähere 
Verwandtschaftsverbündnus  *)  noch  in  höherem  Credit  und  Affection  bei 
I.  Ch.  D.  wachset)  klar  penetrirt,  dass  S.  Ch.  D.  vor  kein  beständiges 
Werk  und  Versicherung  einziger  Ruhe  im  römischen  Reich,  absonderlich 


')  Nachdem  der  Kurfürst  in  einem  Schreiben  vom  29.  Dec.  1659  st.  v.  dem 
Kaiser  von  dem  ihm  von  Mazarin  übersendeten  Drohschreiben  (gedr.  Urk.  u.  Act.  II. 
330if. ;  Londorp  I.e.  VIII.  664)  llittheilung  gemacht,  meldet  er  in  einem  Schreiben 
d.d.  3.  Jan.  1660  st.  v. :  Strozzi  habe  ihm  einen  Extract  des  Schreibens  des  spani- 
schen Gesandten  an  den  Kaiser  wegen  Erzielung  eines  allgemeinen  Friedens  übergeben 
und  von  der  Geneigtheit  des  Kaisers  gesprochen,  diese  Mediation  anzunehmen,  wenn 
sie  wirklich  den  Frieden  bezwecke.  Der  Kurfürst  erklärt  sich  zur  Annahme  der  Medi- 
ation bereit,  erwähnt  aber,  dass  Frankreich  gedroht  habe  den  Schweden  im  Frühjahre 
mit  30  000  Mann  zu  Hilfe  zu  eilen  und  gibt  zu  bedenken,  ob  man  nicht  darauf  sehen 
müsse,  Frankreich  in  terminis  der  Mediation  zu  erbalten.  In  jedem  Falle  hofft  Frie- 
drich Wilhelm,  dass  es  Leopold  gelingen  werde,  von  Spanien  das  bindende  Ver- 
sprechen zu  erlangen,  einem  eventuellen  Vordringen  Frankreichs  entgegentreten  zu 
wollen. 

-)  Für  Strozzi's  Mission  im  allgemeinen  Urk.  u.  Act.  VIII.  -tlSf. ;  Puf.  I.e. 
VIII.  63. 

^)     Vergl.  das  folgende  Stück. 

*)  Er  hatte  im  Juli  1659  Henriette  Katharina,  Tochter  des  Prinzen  Friedrich 
Heinrich  von  Oranien,  Vater  der  Louise  Henriette,  des  Kurfürsten  Gemahlin,  ge- 
heiratliet. 


Verhandlungen  zu  Oliva.     Pommer'sche   Restitutionsangelegenheit.  115 

aber  E^  K.  M.  Erbkönigreiche  und  Landen,  wie  auch  seiner  Gränitzen 
durch  einzige  Friedensschliessung  halten  können,  so  lang  Schweden  einen 
festen  Fuss  im  Reich,  oder  ium  wenigsten  den  Oderstrom  in  seinem  Ge- 
walt erhalten  würde;  derowegen  Stettin  und  dergleichen  ihnen  nothwen- 
dig  müssten  entzogen  werden  und  obwoln  in  dem  Protocoll  specifice 
Stettin  nit  gemeldet  wird,  so  werden  E.  K.  M.  ex  sensu  tanquam  acces- 
sorium  des  Oderstroms  allergn.  das  couclusum  finden. 


Protocoll  der  Conferenz  zwischen  Strozzi,  Jena  und  Schwerin. 
Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  25.  Jan.  st.  v.  1660.     (Or.) 

Am  23.  begaben  sieb  Schwerin  und  Jena  auf  Befebl  des  Kurfürsten  zu  25.  Jan. 
Sti'ozzi  und  erklärten:  Der  lüirfürst  finde,  dass  die  von  Strozzi  vorgebrachte 
Proposition  in  2  Dingen  bestehe;  1".  will  der  Kaiser  nur  einen  allgemeinen 
Frieden;  2".  will  er  wissen,  wie  der  Kurfürst  über  die  Rückgabe  der  pommer- 
scben  Eroberungen  denke.  Bezüglich  des  ersten  Punktes  ist  der  Kurfürst  ganz 
der  Meinung  des  Kaisers.  "Was  den  zweiten  Punkt  betreffe,  habe  auch  Schwe- 
den jetzt  denselben  in  die  Proposition  aufgenommen,  daher  der  Kurfürst  seine 
Gesandten  dahin  instrnirt  habe,  zu  sagen,  er  Averde,  wenn  Schweden  ernste 
Neigung  zu  einem  allgemeinen  Frieden  zeige,  sich  so  in  diesem  Punkte  zeigen, 
dass  deswegen  der  allgemeine  Friede  nicht  gestört  werde ;  der  Kurfürst  wünsche 
des  Kaisers  Ansicht  in  diesem  Punkte  zu  hören.  Es  würde  sonsten  I"",  K. 
M.  nicht  unbekannt  sein,  was  man  wegen  der  pommerischen  Oerter  bei 
Abhandlung  einer  Allianz  für  considerationes  gehabt  und  dass  man  dafür 
gehalten,  es  wüi'de  bei  so  gestalten  Sachen  weder  I.  K.  M.  noch  das 
röm.  Reich,  noch  auch  Polen  rechtschaffene  und  nöthige  Sicherheit  haben 
können;  und  obgleich  dazumahl  auch  die  Stärke  des  Landes  und  der 
Schweden  sowohl  in-  als  ausserhalb  des  Reichs  habende  Freunde  und 
Alliirte  vorkommen  und  dabei  in  Acht  genommen  worden,  so  wäre  je- 
dennoch  die  offenbare  Gefahr  und  Unsicherheit  vor  vorbenannte  Staaten 
geblieben  und  stünde  daher  zu  versuchen,  dass  diese  allezeit  offene  Ge- 
legenheit die  Benachbarte  nach  Belieben  zu  iufestiren,  beschränket  und 
durch  bessere  und  nöthige  Einrichtung  des  Oderstromes  zur  Sicherheit 
ein  Grund  gelegt  und  dergestalt  der  höchstnöthige  Friede  im  heil.  röm. 
Reich  und  den  benachbarten  Königreichen  und  Fürstenthümern  mit 
mehrer  Beständigkeit  beibehalten   werde. 

Der  Graf  erwiderte,  er  wolle  das  schriftlich  haben. 


116  If-     r)P''  noi-disclie  Krieg  IGD.'j— IGGO. 

Strozzi  an   den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  11.  Febr.  1660. 

(Ol-.) 

[Brandenburg-braunschweigische  Beziehungen.] 
11.  Febr.  ...  Es  ist  mir  sub  manu  beigebracht  worden,  dass  P.  Ch.  D.  Kammer- 

präsident, der  von  Canstein,  in  deroselben  Namen  mit  den  braunschwei- 
gischen  Gesandten  zu  Tangermiinde  in  einziger  C'onferenz  sich  befinde'); 
cuius  materiam  aber,  (welches  letztere  ich  doch  nit  pro  certo  asseriren 
darf)  sein  sollte,  dass  Braunschweig  und  Lüneburg  wegen  ihrer  Länder 
von  allen  Insulten  und  Belegungen  von  1'.  Ch.  D.,  dero  Völker  halber,  ver- 
langten versichert  zu  werden,  mit  Gegenerbietung,  sich  sammt  dem 
niedersäxischen  Kreis  zu  verobligiren  I"".  Ch.  D.  dero  Länder,  so  jenseits 
der  Elbe  liegen,  auch  vor  allen  feindlichen  Anfall  frei  und  in  ihrer 
Alliatice  respective  begriffen  zu  halten. 

Strozzi  hat  darüber  an  Schwerin  geschrieben,  worauf  dieser  im  Namen  des 
Kurfürsten  antwortet,  „was  anlanget  die  Zusammenkunft,  wüssten  S.  Ch. 
D.  selbst  noch  nicht,  was  dabei  vorgehen  mögte,  weiln  dieselbe  von 
Seiten  des  Hauses  Braunschweig  wäre  begehret  worden;  so  bald  aber 
der  Herr  Kammerpräsident  wiederum  zurück  käme,  sollte  P.  K.  M.  und 
dem  Feldmarschall "),  alles  was  vorgegangen,  communiciret  werden^). 


Strozzi  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  Febr.  1660.     (Or.) 

[Verschiedene  Pläne   am    brandenburgischen  Hofe  über  die  gegen  Schweden  zu  beob- 
achtende Haltung.     Erklärungen  des  Kurfürsten  an  Strozzi  in  dieser  Sache.] 

Ich  habe  soviel  penetriren  können,  dass  sowohl  I.  Ch.  D.,  als  der 
dänischer  allhiesiger  Abgesandte^)  seines  Theils  nicht  glauben,  dass  die 
polnische  Tractaten  auf  einzigen  Universalfrieden  sollten  ablaufen,  son- 
dern halten  vor  sicher,  Polen  wird  sich  in  ein  Particularwerk  einlassen, 
welches  des  Königs  in  Schweden  einzige  Intention  ist;  und  hatten  sich 
die  Consilien  allhier  in  2  Theil  gespalten,  der  Erste  hat  vermeint,  mau 
sollte  Pommern  den  polnischen  Tractaten  mit  lassen  einschliessen,  Däne- 

0  Für  die  Beziehungen  der  Braunschweiger  zu  Fr.  Wilh.  in  dieser  Zeit,  Köcher 
1.  c.  288  ff. 

-)     Montecuccoli. 

^)  Durch  eine  Weisung  vom  11.  Febr.  wird  dem  Strozzi  Jlittheilung  von  dem 
an  Montecuccoli  ertheilten  Befehle  gemacht,  beim  Kurfürsten  die  Ordnung  der  Frage 
der  Restitution  der  pommerschen  Eroberungen  zu  versuchen.  In  gleichem  Sinne  soll 
Strozzi  thätig  sein. 

•»)     Detlef  von  Ahlefeld;  vergl.  Fuf.  1.  c.   Vlll.  G4. 


Pläne  Fr.   Wilh.  siegen  die  Schweden.  117 

mark  aber  zu  secundiren  gleichwohl  sich  vorbehalten,  als  wie  es  vor 
dem  pommerischen  Einfall  gewesten.  Die  Andern  aber,  welche  potiores 
sein  und  es  erhalten,  schliessen,  man  solle  Pommern  keineswegs  fahren 
lassen,  sondern  auf  künftige  Campagna  das  Werk  also  einrichten,  damit 
ein  gebührliches  Corpo  in  Pommern  gelassen  würde,  um  Wolgast,  Au- 
clam,  Greifswalde  zu  attaquiren,  da  dann  nach  Einnehmung  solcher 
Platz,  Stettin  wohl  vor  sich  selbsten  fallen  würde;  derohalben  aber  um 
gnugsame  Kriegsmunition,  absonderlich  aber  Proviant  und  Lebensmittl 
(dessen  allhier  ein  Mangel  erscheinet)  in  Aufrichtung  bequemlicher  Ma- 
gazinen, nunmehro  schon  zu  gedenken  sein  wird. 

Das  übrige  Corpo  (allwo  der  nervus  von  der  Cavallerie  sein  sollte) 
müsste  über  die  Elbe  und  in  das  Bremische  gehen,  als  1"°  unsere  pom- 
merische  Attaquen  zu  bedecken  und  frei  zu  halten,  2*^°'  die  Plätze  Stade, 
Buxtehude  und  Bremervörde  suchen  hinweg  zu  nehmen,  da  dann  Werben 
etwas  versichert  gemacht  werden  solle,  um  einziges  Magazin  alldorten 
aufzurichten,  auch  Tangermünde  (wiewohl  es  zwar  unbewarth)  von  P. 
Ch.  D.  darzu  müsste  gelassen  werden.  Sollten  die  Franzosen  sich  in 
das  W^erk  mischen,  müsste  man  das  Corpo,  so  in  Bremen  agiret,  tan- 
quam  das  stärkste  und  an  grösserer  Anzahl  Cavallerie  bestehend,  darzu 
die  dänischen  Völker  stossen  sollten,  gedachten  Franzosen  directe  ent- 
gegen gehen  lassen,  um  sie  vorzukommen;  derohalben  man  sich  auch 
auf  E^  K.  M.  höchsterleuchtende  vorsichtige  Gedanken  verlasset,  dass  in 
dero  Erbkönigreichen  und  Landen,  wie  auch  anderwerts  solche  praepa- 
ratoria  gemacht  werden,  dass  ein  Corpo  allezeit  in  reserva,  um  überall, 
wo  die  Nothwendigkeit  erfordert,  hinzuschicken,  verbliebe '). 

Der  Kurfürst  wünscht  die  Anwesenheit  Montecuccoli's,  um  mit  diesem  zu 
berathen.  Montecuccoli  befindet  sich  bereits  auf  dem  Wege  nach  Berlin  .... 
Es  haben  I.  Ch.  D.  in  calore  gegen  mir  sich  mündlich  so  weit  ausge- 
lassen, sie  seien  intentionirt  die  Völker  (welche  am  nächsten  und  be- 
quemlichsten  an  dem  bremischen  und  niedersäxischen  Kreis  liegen)  zu 
beordnen,  sich  in  Bereitschaft  zu  halten,  dass,  im  Fall  die  niedersäxi- 
sche  Liguirten  sich  denen  Schweden  wieder  die  Dänen  würklich  zu 
helfen  moviren  möchten,  gedachte  kurf.  Völker  und  Generalmajor  Pfuel') 
nit  allein  denen  dänischen  diesseits  secundiren,  sondern  alsobalden  den 
Liguirten  auf  den  Hals  gehen  sollten,   um  solche  gleichsam  in  partu  zu 


>)     Vergl.  Ulk.  ii.  Act.  VIII.  4-22. 

'■')     Georg  Adam  von  Pfuel:  vergl.  Mülverstedt,  Die  brandenburgische  Kriegsmacht 
unter  dem  Grossen  Kurfürsten  355 f. 


118  II-     D^i"  nordische  Krieg  1655—1660. 

suffociren;  doch  weiss  ich  noch  nicht  die  endliche  Resolution.  Dieweilen 
ich  deswegen  meines  Verhaltens  keine  Ordre  hatte,  hab  ich  mich  nee 
affirmative  nee  negative  meiner  Opinion  halber  einlassen  dörfen;  hoffe 
durch  stündliche  Ankunft  Feldm.  Montecuccoli  wird  dieses  reiflichst  per- 
pendirt  werden.  .  . . 


Strozzi  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  Febr.  1660.     (Or.) 

[Brandenburgs  Haltung  bei  den  Verliandlungen  in  Oliva.] 

25.  Febr.  Der  Kurfürst  fordert  bezüglich   der  pommerschen  Angelegenheit  und  über- 

haupt circa  modum  assecurationis  pacis    vorerst    des    Kaisers   Meinung    zu  ver- 
nehmen. 

Im  Uebrigen,  was  I.  Ch.  D.  dero  Gesandten')  in  Polen  durch  über- 
morgige Post  zukommen  lassen  werden,  habe  ich  so  viel  von  Herrn  von 
Schwerin  heraus  gebracht,  um  E.  K.  M.  allerunterthänigst  zu  berichten, 
dass  man  sich  diesseits  erklären  solle,  man  würde  durch  das  pommerische 
Werk  ein  general  sichern  Frieden  nicht  zerstossen  lassen,  aber  cum 
special!  clausula  supranominata,  dass  es  ein  Generalfrieden  sein  sollte, 
dardurch  dann  nit  allein  Dänemark,  sondern  Holland  mitbegriften  wäre; 
vermeinte  auch  Herr  v.  Schwerin,  E"".  K.  M.  Gesandten  in  Polen  ^)  incli- 
nirten  gar  zu  sehr  ohne  Dänemark  sich  einzulassen,  welches  dann  kein 
Generalfrieden  wäre;  setzten  mir  auch  hierbei,  dass  gedachte  Antwort 
zwar  noch  nit  in  Deliberation  genommen,  sondern  erst  morgen  darüber 
Rath  würde  gehalten  werden,  glaubte  aber  wohl,  ich  könnte  solches 
E^  K.  M.  als  Meinunssweis  unterthänigst  berichten.  .  . . 


Strozzi  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  28.  Febr.   1660.     (Or). 

[Verhandlungen  Strozzi's  mit  dem  Kurfürsten  über  die  gegen  Schweden  zu  beobachtende 
Politik.  Erklärung  des  Kurfürsten  bezüglich  der  Evaciiation  Pommerns.  Schwerin's 
Aeusserungen  in  dieser  Sache  und  über  das  Verhältnis  des  Kaisers  zu  Brandenburg. 
Erwiderungen  Strozzi's.  Unterredung  Strozzi's  mit  Ahlefeld.  P.  S.  Das  Schreiben  des 
Kurfürsten  an  den  Kaiser  betreffend.] 

28.  Febr.  Befehl  vom  19.  erhalten^).     Der  Kurfürst  hat  sich,  als  Strozzi  von  ihm  eine 

categorische    Erklärung    forderte,    etwas   und   sehr   perplext   befunden,  vor- 


^)  Brandenburgs  Vertreter  waren  Hoverbeck,  Somnitz  und  Albrecht  von  Ostau; 
über  ihre  Thätigkeit  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  VIII.  718 IT. 

^)  Kolowrat,  Lisoia  und  Thiren.  Brandenburgs  Vorwurf  bezüglich  Oesterreichs 
in  der  Frage  des  Einschlusses  Dänemarks  in  den  Frieden  war  unbegründet;  vergl. 
Pribram,  Lisoia  537  ff. 

^)     Liegt  nicht  vor. 


Verhandlungen  zu  Oliva.     Evacuation  Poinineins.  119 

wendent,  sie  liiitten  niehemalen  zu  der  pommerischen  Hostilitiit  consen- 
tiren  wollen;  seie  auch  der  Angriff  leider  ohne  ihren  Willen  geschehen, 
da  sie  dann  hernach  nothwendig  tanquam  accessorie  mit  dero  höchsten 
Unkosten  und  Schaden  hätten  secundiren  müssen.  Gaben  beinebens  zu 
verstehen,  was  wenig  Sicherheit  in  einzigen  schwedischen  Frieden  auf 
die  Weise,  (wie  E.  K.  M.  Gesandten  in  Polen  verlangten,)  zu  hoffen  seie; 
wollten  aber  die  Sachen  in  Deliberation  nehmen.  Auf  welches  ich  ge- 
antwortet, dass  was  den  pommerischen  Angriff  belanget,  befinde  ich  dar- 
bei  keinen  Schaden  oder  Impediment,  dieweilen  nichts  verloren,  sondern 
mehr  gewunnen  und  conditio  possideutis  die  beste  wäre.  Im  übrigen  be- 
tont Strozzi  nochmals  die  Nothwendigkeit  einer  Entscheidung  seitens  des  Kur- 
fürsten, worüber  dieser  mit  seinen  Ministern,  unter  denen  sicli  auch  die 
von  Strozzi  in's  Vertrauen  Gezogenen,  der  Fürst  von  Anhalt  und  Schwerin 
befinden,  sich  zu  berathen  verspricht.  Am  27.  lässt  Schwerin  dem  Strozzi 
mittheilen,  dass  in  einer  am  selben  Tage  gehaltenen  Berathung  der  Kur- 
fürst zu  einem  Entschlüsse  gelangt  sei,  von  dem  er  selbst  dem  Kaiser 
Mittheilung  machen  wolle  ^).  Strozzi  begab  sich  darauf  zu  Schwerin, 
welcher  sich  ziemlich  beängstigt  erweisend  zu  mir  also  gesprochen: 
Er  könnte  einmahl  mir  nicht  bergen  und  klar  an  Tag  zu  geben 
unterlassen,  wie  dass  S.  Ch.  D.  (nach  üeberlesung  und  Ponderirung 
E"".  K.  M.  allergnädigsten  Brief^)  im  Rath)  sammt  dero  ministris  sowohl 
derowegen,  als  aus  allen  andren  Umständen  ganz  völlig  perplext  wor- 
den und  nicht  mehr  wussten,  was  sie  daraus  muthmassen  und  schliessen 
sollten,  da  ihre  intentiones  ziemlich  klar  das  sub  dato  den  ö**^"  Februarii  ' 
gehaltenen  Conferenz  ProtocoU  E.  K.  M.  ausweiset;  sie  gleichwohl  denuo 
nicht  allein  so  sehr  auf  so  cathegorische  U.  Ch.  D.  Erklärung  dringen, 
sondern  auch  sowohl  dero  höchstbemelter  Brief,  als  in  Polen  Gesandten 
äusserist  Bemühen  gnugsam  zu  erkennen  gibt,  wie  dass  man  einzig  und 
allein  den  Frieden  mit  Schweden  durch  die  Enträumung  der  eroberten 
pommerischen  Plätzen  zu  beschleunigen  gedenket  und  dass  E^  K.  M.  Ge- 
sandten mehrers  als  Polen  und  Schweden  selbsten,  um  Dänemark  in 
polnischen  Tractateu  nicht  einzuverleiben  lassen,  sucheten;  da  es  auch  ja 
also  wäre,  wüssten  I.  Ch.  D.  und  dero  consilium  nicht,  warum  I.  K.  M. 
also  klar  P.  Ch.  D.  ihre  Intention  und  Verlangen  zu  eröffnen  Bedenken 
trügen,  absonderlich  so  es  nicht  anders  sein  könnte,  (adiectis  similibus 
formalibus);  hätten  E.  K.  M.  gar  wohl  freignädigst  erindern  mögen,  wie 
weit  sie  mit  dero  Waffen  sich  einlassen  könnten,  oder  die  Impossibilitet 

')     Vergl.  da,s  Schreiben  des  Kurfürsten  vom   21.  Febr.  st.  v.  1660,   Urk.  u.  Act. 
VIII.  424  ff. 

'-')     Schreiben  Leopolds  vom  19.  Februar,  Inhalt  in  Urk.  u.  Act.  VIII  413f. 


120  n.     Der  nordische  Krieg  lß55--1660. 

erweisen,  nna  die  Kriegsoperationen  ces.siron  zu  lassen  und  einem  solchen 
Frieden  sich  zu  untergeben,  wordurch  keine  andere  Realsicherheit  (als 
vor  diesem  Krieg  gewesen)  zu  hoffen  wäre  und  I.  Ch.  D.  unterdessen  in 
nichts  anders  als  Schad  und  Ruine  gerathen,  absonderlich  aber  in  dem 
römischen  Reich  bei  meisten  Fürsten  und  Ständen  durch  das  pommeri- 
sche  Werk  und  durch  solche  Operationen  verhasst  sein  worden,  da  doch 
gedachte  Ch.  D.  allezeit  vorhero  dem  pommerischen  Einfall  und  Hostili- 
täten  widersprochen,  solche  und  dergleichen  Inconvenienzen  vorsehend 
und  wäre  gedachter  pommerischer  Kriegszug  und  Attaque  E^  K.  M.  Seits 
ohne  des  Kurfürsten  Wissen  und  Willen  resolvirt  und  intentirt  worden, 
da  man  dann  ihn  mit  also  hineingebracht.  Derowegen  auch  billig  E. 
K.  M..  1™"  Ex  hoc  capite.  2"  Dieweillen  sie  der  Stärkeste  Theil  und  also 
besser,  wie  weit  sie  das  Kriegswerk  bestreiten  können,  höchsterleuchtest 
erkennen.  3°  Dieweilen  sie  in  der  oftermelter  gefassten  Resolution  und 
Execution  der  pommerischen  Attaquen,  diesen  Erfolg  höchst  vernünftigst 
werden  vorgesehen  haben.  4°  Dass  sie  als  das  höchste  Haupt  forderist 
die  allgemeine  Assecuration  Deutschlands  bestens  zu  beobachten  wüssten: 
also  dero  allergn.  Intention  zu  offenbaren  hätten;  und  zuletzt  könnten 
E.  K.  M.  aus  eigener  Authoritet  sagen  lassen,  sie  verlangten  es  auf  eine 
solche  oder  andere  Weis  zu  haben.  Sagte  auch  hierbei  ihme  von 
Schwerin  schmerzte  hoch,  dass  durch  dergleichen  ümschweifungen  P. 
Ch.  D.  einzige  umbrae  verursachet  würden  zu  glauben,  man  verlangte 
von  ihnen  alles  heraus  zu  forschen,  um  sie  durch  dero  Erklärung  so- 
wohl bei  den  Schweden  als  bei  aller  Welt  weiters  zu  verharten,  ja  gar 
auch  odiose  zu  machen,  und  alles  Werk  auf  sie  zu  reduciren;  Hesse  mich 
Selbsten  consideriren,  dass  soviel  noch  in  P.  Ch.  D.  Landen,  ja  auch  in 
dero  Consilien  widerwärtige  Gemüther  verbleiben,  welche  mit  ganz 
schielen  Augen  solche  Verbündnus  ansehen,  sich  an  diese  Procedur  sehr 
stossen,  ja  wegen  dero  anderwerts  gesetzten  Affecten  gegen  L  Ch.  D. 
dessen  sich  wohl  zu  praevaliren  wüssten;  derowegen  dann  schliesslichen 
er  w^eiter  nit  wüsste,  ja  auch  I.  Ch.  D.  selbsten  haesitirten,  was  zu  thun 
wäre,  da  dann  l.  Ch.  D.  Einer  im  Rath  selbsten  (welchen  er  mir  nit 
nennen  wollen)  vorgebracht:  er  glaubte  selbsten  ich  trüge  gemessene 
Antwort  in  meinem  Sack  P.  Ch.  D.  Erklärungen  proportionabiliter  nach 
und  nach  zu  begegnen.  Strozzi  dankt  in  seiner  Antwort  vorerst  für  das 
Vertrauen,  betont  nochmals  die  guten  Gesinnungen  des  Kaisers  für  den  Bran- 
denburger lind  gibt  als  Gründe,  warum  der  Kaiser  dem  Kurfürsten  in  der  Ent- 
räumungsangelegenheit  nicht  vorgreifen  wolle  an.  1".  dieweilen  L  Ch.  D.  ver- 
mög  der  geheimen  Articuln  mit  Pommern  primario   und   directe  interes- 


Verhältnis  des  Brandeuburgers  zu  Leopold.  121 

slrt:  2"  weilen  dero  Länder  also  situirt,  dass  zu  allerseits  wider  Schwe- 
den in  allen  Yorbegebenheiten  solche  den  ersten  Stoss  empfangen  und 
ad  translationem  belli  gleichsam  7a\  einer  Brücken  nothwendig  sein 
miissten;  ...  3°  dieweilen  (im  Fall  Polen  sich  von  uns  separirte)  I.  Ch.  D. 
forderist  und  allein  das  Licht  geben  könnten,  wie  dero  preussische  Lan- 
den versichert  bleiben,  oder  aber  der  pommerischen  Unruhe  coincidenter 
involvirt  möchten  werden,  und  in  diesem  P.  Ch,  D.  pur  einziges  Interesse 
vergirte;  4°  hätten  E.  K.  M.  billiges  Bedenken,  L  Ch.  D.  inhabende  Oerter 
ohne  Vernehmung  dero  Intention  resolutive  per  se  um  einen  Frieden  zu 
veralieniren  und  auch  e  contra  ohne  L  Ch.  J).  ...  sich  in  einen  L^ni versalkrieg 
und  Generalw^erk,  welches  ein  grosses  Aussehen  hätte,  simpliciter  gleich 
einzulassen;  5°  und  letztlichen  seie  meines  wenigen  Urtheils  die  Begehrung 
einer  Gemütseröffnung  ein  Zeichen  eines  Vertrauens.  Der  Kaiser  werde  übrigens 
die  Erklärungen  des  Kurfürsten  schleunigst  beantworten.  Dann  sucht  Strozzi  von 
Neuem  nachzuweisen,  wie  sehr  das  Vorgehen  des  Kaisers  den  Interessen  des 
Kurfürsten  entspreche  und  dass  Leopold  nur  einen  dauernden,  die  Interessen  aller 
Alliirten  berücksichtigenden  Frieden  anstrebe.  Schwerin  zeigt  sich  mit  Strozzi's 
Auseinandersetzungen  einverstanden  und  erklärt  schliesslich:  Er  könnte  zwar 
denen  im  Rath  sitzenden  etlichen  das  Mund  nit  stopfen:  werde  aber 
sich  allezeit  bemühen,  deroselben  etlicher  üblen  Beginnen  vorzubauen 
und  abzulehnen  und  wollte  handien  als  ein  ehrlicher  Mann. 

Der  dänische  Gesandte  Ahlefekl  ist  zu  Strozzi  gekommen  und  da  er  dis- 
coursweis  sich  des  allhiesigen  ministerii  beklaget,  sagte  er  expresse,  er 
finde  viel  schwedische  Magen,  die  sich  beraüheteu,  zwischen  seinen  König 
und  dem  Churfürsten  eine  üble  Correspondenz  zu  pflanzen,  es  seie  ihm 
auch  gesagt  worden,  E,  K.  M.  werden  sich  in  einen  Particularfrieden  und 
ohne  Dänemark  einlassen,  welches  er  nicht  glaube;  er  kennte  dergleichen 
Ausbreiter  wohl.  Ich  antwortet  ihm,  meine  Handlung  allhier  wäre  nit 
momenti  und  consequent;  doch  könnte  ich  ihn  versichern,  dass  wie  E. 
K.  M.  sich  in  so  kostbare  Kriegsoperationen  ohne  einziges  ander  Parti- 
cularinteresse  hätten  eingelassen,  als  amore  pacis  universalis  (darunter 
auch  Dänemark  E"",  K.  M.  Hilf  noch  geniessen  thäte),  also  würden  auch 
E.  K.  M.  nimmermehr  in  einen  Particularfrieden  sich  einlassen,  sonderlich 
wo  Dänemark  nicht  auch  darunter  expresse  begriffen  würde. 

P.  S.  vom  1.  März. 

Da  heute  Nachmittag  von  Neuem  über  des  Kaisers  Brief  Rath  gehalten 
worden,  begab  sich  Strozzi  zu  Schwerin,  der  ihm  mittheilte,  es  werde  an  der 
Antw-ort  bereits  gearbeitet;  als  Strozzi  sich  beklagte,  dass  gegen  die  frühere 
Abmachung  der  Kurfürst  von  einer  eigenhändigen  Antwort  abstehe,  entschuldigt 
Schwerin  dies  mit  der  Unpässlichkeit  des  Kurfürsten  und  fügt  hinzu,  der  Kur- 


122  n.     Der  nordische  Krieg  1655—1660. 

fürst  könnte  sich  nicht  besser  erklären,  als  dass  er  sich  ganz  an  E.  K. 
M.  remittirte;  darzu  würde  kaum  der  Courrier  zu  Wien  ankommen, 
dass  man  den  polnischen  Friedensschluss  mit  Schweden  schon  vernehmen 
würde,  welcher  in  wenigen  Tagen  geschehen  sollte. 

Unter  dem  10.  März  bestätigt  der  Kaiser  den  Empfang  der  Berichte  Strozzi's 
vom  25.,  28.  Februar  und  1.  März  und  erklärt,  er  habe  niemals  eine  andere 
Idee  gehabt,  als  die  Restitution  der  pommerschen  Eroberungen  nur  unter  Zu- 
sicherung eines  Universalfriedens  zuzugestehen.  Zugleich  theilt  er  Strozzi  die 
bevorstehende  Ankunft  Gonzaga's  in  Berlin  mit '). 


Strozzi  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  März  1660.     (Or.) 

[Gute  Erklärungen  des  Kurfürsten.     Mission  Gonzaga's.    Erklärungen   des  Kurfürsten. 

Ahlefeld.] 

24.  März.  Die  Weisung    Leopolds   vom   10.  März    hat    Eindruck    gemacht,    die  weilen 

ich  aus  diesem  Grund  sowohl  I.  Ch.  I).  als  dero  ministros  von  neuem 
also  sincerirt.  dass  wohlgedachte  I.  Ch.  D.  nit  allein  mit  ruhigen  Gemüt 
wiederum  zu  leben  mich  versichert,  sondern  diese  Forraaüen  zu  mir  ge- 
sprochen hat:  Ich  sehe  und  glaube  gewiss  nunmehr  I.  K.  M.  allergnä- 
digste  standhafte  Gedanken;  meines  Theils  aber  versichere  von  neuem 
in  meiner  unterthänig.sten  einraahl  gelobter  treuer  Devotion  zu  verharren. 
Einmahl  ist  es  klar,  dass  Ich  bei  der  ganzen  Welt  gleichsam  und  ab- 
sonderlich bei  meisten  Fürsten  und  Ständen  des  Reichs  ganz  verhärtet 
und  verfeindet  bin  worden,  weiss  also  und  habe  meine  einzige  Zuflucht 
zu  P.  K.  M.,  hoffe,  Sie  werden  mich  mit  dero  Gnad  und  Schutz  bedenken 
und  mich  nicht  verlassen.  Habe  E"".  K.  M.  diese  formalia  mich  erkühnet 
allerunterthänigst  beizusetzen  de  verbo  ad  verbum,  wie  es  gelautet,  und 
kann  E.  K.  M.  ich  allerunterthänigst  versichern,  dass  nunmehr  alle  Um- 
brositäten  aufgehoben,  um  welchen  keinen  Raum  zu  geben  der  Fürst 
Don  Hannibal  Gonzaga  de  modo  contrahendae  pacis  und  gerendi  belli 
die  erste  Eröffnung    unmassgeblich    zu    seiner   Ankunft    werdet    machen 


')  Für  die  Mission  des  Fürsten  Hannibal  Gonzaga,  Vicepräsidenten  des  Hof- 
kriegsrathes  vergl.  Urk.  u.  Act.  VIH.  420f.,  427  fr.;  Puf.  1.  c.  VIII.  64;  Droysen  1.  c. 
III. 2  488.  Im  Wiener  Staatsarchive  finden  sich  nur  vor  ein  Memorial  für  Gonzaga  vom 
10.  März,  durch  welches  Gonzaga  aufgefordert  wird  dem  Kurfürsten  mitzutheilen,  dass 
Leopold  fest  dabei  verharre,  Dänemarks  Einschluss  in  den  Vertrag  von  Oliva  zu  for- 
dern und  des  Kurfürsten  Ansicht  bezüglich  Pommerns  zu  vernehmen  wünsche  und 
ein  Verzeichnis  der  dem  Gonzaga  am  19/29.  April  mitgetheilten  Forderungen  des 
Kurfürsten,  das  in  Urk.  u  Act.  VIII.  429  zusammenfassend  mitgetheilt  ist. 


Mission  Gonzaga's.  123 

müssen:  dann  sie  allhier  in  hoc  passu  sehr  kitzlich  sein;  dessen  sich 
dann  noch  übel  devote  schwebende  Gemüther  um  Mistrauen  zu  disse- 
miniren,  sich  bei  P.  Ch.  D.  (als  wie  ich  es  erfahren)  dextrc  gebrauchen 
können.  Dem  dänischen  Gesandten')  hat  der  Kurfürst  neuerdings  das  Ver- 
sprechen gegeben,  dass  ohne  Dänemark  in  Oliva  nichts  verhandelt  werden  solle. 


Strozzi  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  31.  März  1660.     (Or.) 

[Mission  Gonzaga's.     Ahlefelds  Erklärungen.     Uebernahme  dänischer  Truppen.] 

Der  Kurfürst  verbleibt  hei  seinen  Absichten  bezüglich  des  Friedens  und  31.  März, 
der  Rüstungen^);  erwartet  Gonzaga's  Ankunft^).  Schwerin  hat  nochmals  be- 
tont, wie  nothwendig  es  sei,  dass  Gonzaga  mit  den  Erklärungen  beginne.  Der 
dänische  Gesandte  hat  mitgetheilt,  dass  sein  Herrscher,  nach  ihm  zugegangenen 
Berichten,  sich  genöthigt  sehen  werde,  dem  Drängen  der  Franzosen,  Engländer 
und  Holländer  nachgebend,  mit  Schweden  einen  Separatfrieden  zu  schliessen*); 
gestehe  (der  Gesandte  Dänemarks),  dass  es  kein  beständiges  Werk  und 
solcher  Fried  nicht  2  Jahr  subsistiren  könne;  er  aber,  Gesandter,  ver- 
meine ein  Project  zu  machen  und  sowohl  mir  als  I.  Ch.  D.'ministris  zu 
communiciren,  damit  E.  K.  M.  und  S.  Ch.  Ü.  einzige  Disposition  machen 
lassen,  um  die  dänische  beste  Trouppen  (da  einzige  Abdankung  ge- 
schehen möchte)  an  sich  zu  bringen  und  solche  denen  Schweden  zu  ent- 
ziehen. 

Bei  einer  Besprechung  mit  Schwerin  über  diese  Angelegenheit,  spricht  sich 
dieser  gegen  diese  Uebernahme  dänischer  Truppen  aus. 


Unter  dem  7.  und  14.  April  berichtet  Strozzi  von  der  Sehnsucht,  mit  wel- 
cher man  in  Berlin  der  Ankunft  Gonzaga's  entgegensehe,  und  bittet  um  die 
Erlaubnis,  sich  nach  Gonzaga's  Ankunft  zu  seinem  Regimente  begeben  zu  dürfen. 
—  Am  18.  April  macht  er  von  einem  Gespräche  Mittheilung,  das  er  mit  dem 
dänischen  Gesandten  Ahlefeld  über  Dänemarks  Lage  geführt,  aus  dem  zu  ersehen, 
dass  Dänemark  mit  Schweden  abscbliessen  werde.  — 


1)     Ahlefeld;  vergl.  Puf.  1.  c.  VIII.  65. 

-)  Vergl.  den  „Eventuellen  Kriegsplan  für  bevorstehendes  Frühjahr"  vom  23.  Fe- 
bruar st.  V.  Act.  u.  Urk.  VIII.  423 f.,  unterzeichnet  vom  Kurfürsten  und  von  Monte- 
cuccoli. 

^)     Gonzaga  hatte  seine  erste  Audienz  am  11.  April  st.  v.    ürk.  u.  Act.  VIII.  428. 

*)  Der  Friede  zwischen  Dänemark  und  Schweden  kam  erst  am  27.  Mai  zu  Stande: 
Dumont  i.  c.  VI.o  319fif.;  Carlson  1.  c.  IV.  371  f. 


\ 


^24  II-     I^^r  nordische  Krieg  1655—1660. 

Bald  darauf  verliess  Strozzi  Berlin,  wurde  jedoch  nach  Abschluss  des 
Oliva'er  Friedens  durch  kaiserlichen  Befehl  d.  d.  7.  Juni  von  neuem  an  den 
Berliner  Hof  gesendet,  woselbst  er  am  21.  Juni  anlangte.  —  Angelegenheiten 
von  Bedeutung  wurden  während  dieses  zweiten  Aufenthaltes,  der  bis  Ende 
August  währte,  nicht  verhandelt.  Die  wenigen  Berichte  Strozzi's  aus  diesen 
Monaten  berühren  vornehmlich  die  Frage,  welche  Stellung  der  Kaiser  den  Türken 
gegenüber  einnehmen  iind  ob  er  die  durch  den  Friedensschluss  frei  gewordenen 
brandenburgischen  Truppen  in  Dienst  nehmen  wolle. 


III. 
1660-1664. 

(Mission  Lisola's.) 


Einleitung. 


Der  Friede  von  Oliva  bezeichnet  einen  wichtigen  Abschnitt  in  der  Ge- 
schichte der  Regierung  Friedrich  "Wilhelms.  Der  brandenburgische  Staat  war 
mit  demselben  unzweifelhaft  um  einen  Schritt  weiter  in  seiner  Entwickelung 
gelangt.  Gewiss,  nicht  alles  war  erreicht  worden,  was  der  Kurfürst  in  jenen 
Tagen  erhofft  hatte,  da  seine  Truppen,  mit  denen  des  Kaisers  vereint,  den 
Siegeszug  durch  Holstein  und  Pommern  unternahmen.  Schweden  trat  nicht  einen 
Zoll  breit  Landes  ab,  willigte  nicht  in  die  Revision  des  Grenzvertrages  von 
1653,  blieb  nach  wie  vor  Herr  der  Odermündung  und  iui  Rücken  Brandenburgs 
im  Besitze  der  offensiven  Stellungen  gegen  die  Havel  und  die  Elbe  wie  gegen 
die  AVarthe  hin.  Dazu  kam,  dass  Friedrich  Wilhelm  im  Verlaufe  des  Krieges 
in  Contlicte  mit  verschiedenen  Mächten  gerathen  war,  die  auch  durch  den 
Oliva'er  Frieden  nicht  gänzlich  beigelegt  wurden.  Der  Besitz  Elbings  wurde 
ihm  trotz  der  Bestimmungen  der  Verträge  von  Wehlau  und  Oliva  vorenthalten, 
die  preussischen  Stände  wehrten  sich  verzweifelt  gegen  die  stramme  Organi- 
sation, durch  die  Friedrich  Wilhelm  jene  Gegenden  seinem  Staate  eigentlich 
erst  gewinnen  wollte,  über  Waldeck's  Amnestie  gerieth  er  mit  Schweden,  über 
die  Danziger  Post  mit  Polen,  über  die  Gottorper  Souveränetät  mit  Dänemark  in 
Streit.  Seine  Finanzen  waren  erschöpft,  seine  Unterthanen  erbittert,  Frankreich 
beleidigt,  die  Staaten  unzufrieden.  Und  neben  der  Anerkennung  der  bereits 
durch  die  Verträge  von  1656  und  1657  erworbenen  Souveränetät  in  Preussen 
durch  die  Garanten  des  Friedens,  bestand  der  ganze  Machtzuwachs  Brandenburgs 
blos  in  dem  Besitze  Lauenburgs  und  Bütows  als  Lehen  und  des  Amtes  Dra- 
heim  als  Pfand  der  Krone  Polen.  Trotzdem  wird  man  bei  näherer  Betrachtung 
den  Erfolg,  der  aus  diesem  mehrjährigen  Kriege  für  Brandenburg  resultirte, 
unschwer  erkennen.  Es  war  vor  allem  für  die  weitere  Entwickelung  des  bran- 
denburgischen Staates  von  der  wesentlichsten  Bedeutung,  dass  Friedrich  Wil- 
helm in  diese  nordischen  Wirren  neben  den  mächtigsten  Fürsten  Europa's  selb- 
ständig und  ausschlaggebend  eingegriffen  hatte.  Der  brandenburgische  Staat, 
der  noch  während  des   SOjährisen    Krieges    sich    an    Macht    und   Bedeutung  in 


128  ni.    1660—16(34.     -Mission  Lisola's. 

keinem  Falle  mit  Baiern  hatte  messen  können,  den  Vergleich  mit  Sachsen  nur 
schwer  hätte  aushalten  können,  hatte  sich  unter  der  geschickten  Leitung  seines 
Fürsten  als  der  mächtigste  neben  dem  Oesterreichischen  erwiesen,  und  dieser 
Fürst  hatte  damit  die  Berechtigung  erlangt,  die  Fiihrerrolle  unter  den  protestan- 
tischen Reichsständen  und  Berücksichtigung  seitens  der  europäischen  Mächte 
bei  allen  künftigen  Ereignissen  zu  fordern.  Dann  aber  kam  hinzu,  dass  der 
gesicherte  Besitz  des  Herzogthums  Preussen  Friedrich  Wilhelm  dem  Reiche, 
insbesondere  aber  dessen  Oberhaupte  gegenüber  eine  wesentlich  freiere,  unab- 
hängigere Stellung  gab.  Denn  wenn  der  Kurfürst  von  Brandenburg,  so  gross 
auch  sein  Einfluss  im  Reiche  war.  immerhin  als  Reichsstand  dem  Oberhaupte 
gewisse  Rücksichten  schuldete  und  genöthigt  war,  sich  den  von  der  Reichsver- 
sammlung gefassten  Beschlüssen  auch  dann  zu  fügen,  wenn  dieselben  nicht  in 
jeder  Hinsicht  seinem  Interesse  entsprachen,  so  war  ihm  jetzt  als  Herzog  von 
Preussen,  als  Herrscher  eines  von  dem  Reiche  gänzlich  unabhängigen  Staates, 
die  Möglichkeit  geboten,  nach  seinem  freien  Belieben,  unbekümmert  um  die  In- 
teressen des  Reiches,  vorzugehen.  Freilich  so  lagen  die  Verhältnisse  nicht, 
dass  er  gleich  von  allem  Anfange  an  jede  Rücksicht  auf  seinen  Verbündeten 
im  nordischen  Kriege  und  obersten  Lehensherrn  für  die  Reichslande  hätte  ausser 
Acht  lassen  dürfen.  Bei  der  drohenden  Haltung  Schwedens,  das  dem  Branden- 
burger unter  allen  Gegnern  am  meisten  zürnte  und  nur  die  günstige  Gelegen- 
heit abzuwarten  schien,  um  denselben  für  seine  Treulosigkeit  zu  züchtigen ;  bei 
der  Abneigung  der  Polen,  die  den  Verlust  der  Souveränetät  in  Preussen  nicht 
verschmerzen  konnten  und  nur  darauf  aus  waren,  dem  Kurfürsten  den  Besitz 
des  neu  erworbenen  Landes  zu  verbittern;  bei  der  Verstimmung,  von  der  die 
herrschende  Partei  in  Holland  gegen  den  Kurfürsten  erfüllt  war,  dem  man  die 
lange  Verzögerung  der  Friedensverhandlungen  Schuld  gab;  bei  der  wenig 
günstigen  Stimmung,  die  am  Hofe  Ludwig  XIV.  über  Friedrich  Wilhelm  herrschte, 
der  sich  auf  das  entschiedenste  gegen  die  von  Frankreich  gewünschte  Unter- 
ordnung gewehrt  hatte  und  bei  den  heftigen  Conflicten,  in  die  Friedrich  Wil- 
helm mit  den  Ständen  im  Osten  und  Westen  sdnes  Landes  gerathen  war, 
musste  es  -sielmehr  eine  Hauptaufgabe  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  sein, 
die  guten  Beziehungen  zum  Kaiserhause  aufrecht  zu  erhalten.  Und  um  so  eher 
vermochte  Friedrich  Wilhelm  dieses  Ziel  zu  erreichen,  als  der  Kaiser,  ohne  eine 
lebhafte  Neigung  für  den  Brandenburger  zu  fühlen,  oder  eine  beträchtliche  Ver- 
grösserung  seines  Einflusses  zu  wünschen,  es  als  eine  Nothwendigkeit  erkannte, 
unter  den  gegebenen  Verhältnissen  die  guten  Beziehungen  zum  Nachbarstaate 
aufrecht  zu  erhalten.  Man  hatte  w^ährend  der  nordischen  Verwickelungen  und 
gelegentlich  der  Kaiserwahl  beobachten  können,  dass  Friedrich  Wilhelm  durch- 
aus nicht  gewillt  war,  sich  in  eine  ähnliche  Stellung  drängen  zu  lassen,  wie 
die  seines  Vaters  in  dessen  letzten  Lebensjahren  gewesen  war.  Die  selbstän- 
dige, den  eigenen  Vortheil  in  erster  Linie  berücksichtigende  Politik  Friedrich 
Wilhelms  liess  keinen  Zweifel  darüber  aufkommen,  dass  nur  bei  steter  Berück- 
sichtigung des  brandenburgischen  Sonderinteresses  ein  dauerndes  gemeinsames 
Vorgehen  des  Wiener  und  Berliner  Hofes  werde  möglich  sein  und  dass  der  Kur- 
fürst keinen  Augenblick   zögern   werde,   in   einem  Conflicte    seiner  Pflichten  als 


Einleitung.  129 

Reichsfürst  und  Landesherr,  die  ersteren  hintanzusetzen.  Man  hatte  aber  zu 
gleicher  Zeit  Gelegenheit  gehabt  den  Einfluss  kennen  zu  lernen,  den  der  Kur- 
fürst im  Reiche  und  in  Europa  besass  und  zweifelte  nicht  daran,  dass  eine 
neuerliche  Abwendung  des  Kurfürsten  vom  Reichsoberhaupte  für  diesen  von 
den  verderblichsten  Folgen  begleitet  sein  würde.  Da  nun  die  Wiener  Regierung 
einerseits  ein  weiteres  Wachsthum  des  bereits  allzugrossen  Einflusses  des  Kur- 
fürsten nicht  wünschte,  anderseits  im  wohlverstandenen  eigenen  Interesse  Frie- 
drich Wilhelm  nicht  verletzen  wollte,  war  ihr  Bestreben  dahin  gerichtet,  alles 
zu  vermeiden,  was  eine  neuerliche  Stärkung  der  kurfürstlichen  Autorität  und 
Macht  mit  sich  bringen  musste,  zugleich  aber  die  äusserlich  guten  Beziehungen 
zum  Nachbarstaate  dahin  auszunützen,  um  Friedrich  Wilhelm  bezüglich  der 
vielen  Fragen,  deren  Erledigung  in  Aussicht  stand,  für  die  Pläne  des  Kaisers 
zu  gewinnen.  Am  besten  gelang  dies  bezüglich  der  Reichsangelegenheiten. 
Der  Kurfürst  unterstützte  —  allerdings  erfolglos  —  den  Kaiser  in  dessen  Be- 
mühungen die  Verlegung  des  wider  Wunsch  in  Frankfurt  tagenden  Deputations- 
tages nach  Regensburg  durchzusetzen ')  und  hat  jede  energische  Förderung  der 
Berufung  des  von  der  Opposition  immer  dringender  geforderten  Reichstages, 
obgleich  er  das  Zusammentreten  desselben  wünschte  und  anderen  Fürsten  das 
Versprechen  gegeben  hatte,  in  diesem  Sinne  beim  Kaiser  zu  wirken,  unterlassen, 
sobald  ihm  Leopold  seine  Abneigung  kundgethan  und  darauf  hingewiesen  hatte, 
dass  er  nach  dem  Abschlüsse  der  rheinischen  Liga  auf  eine  Oesterreich  günstige 
Erledigung  der  Streitfragen  durch  die  Reichsversammlung  nicht  rechnen  könne. 
Und  auch  dann,  als  der  Reichstag  zusammengetreten  war.  zu  dessen  Ein- 
berufung Leopold  erst  nach  langem  Zögern  und  nachdem  alle  von  ihm  in  Vor- 
schlag gebrachten  Auswege  seitens  der  an  dem  gefassten  Entschlüsse  starr  fest- 
haltenden Opposition  abgelehnt  worden  waren,  unwillig  seine  Zustimmung  ge- 
geben, zeigte  sich  Friedrich  Wilhelm  zur  Billigung  der  kaiserlichen  Forderungen 
geneigt. 

Dieses  gemeinsame  Vorgehen  der  beiden  Höfe  in  den  Fragen  der  Reichs- 
politik hinderte  aber  nicht,  dass  unterdes  sich  bereits  eine  merkliche  Aenderung 
in  den  beiderseitigen  Beziehungen  vollzogen  hatte.  Friedrich  Wilhelm  war  nicht 
Mitglied  des  Rheinbundes  geworden,  als  dieser  durch  die  Verträge  vom  14.  und 
15.  August  1658  seine  endgiltige  Form  erhielt.  Sein  feindseliges  Verhalten  gegen- 
über dem  gleichfalls  zum  Eintritte  eingeladenen  Schwedenkönige,  die  enge  Ver- 
bindung, die  er  mit  dem  Kaiser  eingegangen,  gegen  den  doch  in  erster  Linie 
der  Rheinbund  gerichtet  war,  hatten  den  Kurfürsten,  der  sich  Anfangs  nicht  ab- 
geneigt gezeigt  hatte,  dem  Bunde  beizutreten,  bewogen,  den  rheinischen  Alliirten 
den  Rücken  zu  kehren  und  mit  dem  Kaiser  gegen  das  Zustandekommen  des 
geplanten  Bündnisses  zu  wirken. 

Je  weniger  aber  im  Verlaufe  der  nächsten  Jahre  das  Vorgehen  Oesterreichs 
seinen  Erwartungen   entsprach,  je  grösser  die  Gefahr  wurde,   die  ihm  von  den 


')  Ueber  diese  Frage  der  Translation  der  Frankfurter  Reichsdeputation  vergl. 
S.  Grössler,  Der  Streit  um  die  Translation  der  Frankfurter  Ordinari-Reichsdeputation 
1658  —  1661;  über  Brandenburgs  Haltung  speciell  Urk.  u.  Act.  XI.  lOff. 


Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV. 


130  ni.     1660-1664.     Mission  Lisola's. 

mit  Schweden  verbündeten  Rheinbundfürsten  drohte,  desto  wunschenswerther 
schien  es  Friedrich  Wilhelm  sich  durch  den  Eintritt  in  den  Bund  gegen  die 
Uebergriffe  einzelner  Mitglieder  desselben  zu  schützen.  Noch  während  des  nor- 
dischen Krieges  war  ihm  ein  dahin  zielender  Vorschlag  seitens  der  braunschwei- 
gischen  Fürsten  gemacht  worden'),  und  er  hatte  denselben  nicht  sogleich  und 
unbedingt,  oder  aus  principiellen  Gründen,  sondern  erst  dann  zurück  gewiesen, 
als  der  Kaiser  sich  entschieden  gegen  diesen  Vorschlag  ausgesprochen  und  die 
von  dem  Kurfürsten  zu  Gunsten  desselben  geltend  gemachten  Gründe  widerlegt 
hatte.  Es  kann  daher  nicht  Wunder  nehmen,  dass  Friedrich  Wilhelm,  als  nach 
dem  Abschlüsse  des  Friedens  von  Oliva  die  braunschweigischen  Fürsten  und 
später  Frankreich  ihn  von  neuem  zum  Eintritte  in  den  Rheinbund  zu  bewegen 
suchten"^),  sich  schliesslich  bereit  erklärte,  Verhandlungen  über  diesen  Punkt 
zu  führen  und  gegen  Ende  des  Jahres  1662,  als  er  der  Hülfe  Ludwig  XIV.  im 
Hinblicke  auf  die  ihm  in  Polen,  in  Preussen  und  in  seinen  Avestlichen  Besitzungen 
bereiteten  Schwierigkeiten  dringend  bedurfte,  sich  dazu  verstand,  seinen  Eintritt 
in  die  rheinische  Liga  zu  versprechen,  falls  ihm  die  Auslassung  der  gegen  ihn 
gerichteten  Artikel  des  Allianzvertrages  zugesagt  und  die  Verhandlung  mit  den 
einzelnen  Mitgliedern  des  Bundes  vor  seinem  Eintritte  gestattet  werde.  Am  Wiener 
Hofe  rief  die  Nachricht  von  diesem  Schritte  des  Kurfürsten  grosse  Bestürzung  her- 
vor. Man  wusste  daselbst,  dass  Franzosen,  Schweden  und  die  französische  Partei 
in  Polen  alles  aufbieten  würden,  den  Kurfürsten  zu  gewinnen,  um  an  demselben 
nicht  nur  in  den  Reichsangelegenheiten,  sondern  auch  in  der  polnischen  Suc- 
cessionsfrage  eine  bedeutende  Stütze  zu  finden ;  man  wusste  daselbst  auch,  dass 
die  Furcht  vor  feindlichem  Eingriffe  der  Franzosen  und  Schweden  in  die 
zwischen  dem  Kurfürsten  und  seinen  Ständen  im  Westen  und  Osten  seiner  Be- 
sitzungen bestehenden  Conflicte  im  Falle  der  Weigerung,  die  Hoffnung  auf 
Unterstützung  im  Falle  der  Zusage  in  den  Rheinbund  eintreten  zu  wollen,  den 
Kurfürsten  in  erster  Linie  für  den  Plan  des  Anschlusses  an  Oesterreichs  Gegner 
gewinnen  könnten.  Diesen  Wechsel  der  brandenburgischen  Politik  zu  verhindern 
war  aber  ein  um  so  dringenderes  Bedürfnis  für  den  Wiener  Hof,  als  derselbe 
die  Unterstützung  des  Kurfürsten  nicht  allein  bei  eventuellen  Conflicten  mit 
Frankreich  und  Schweden,  wie  in  der  polnischen  Successionsfrage  nicht  ent- 
behren konnte,  sondern  in  diesem  Momente  die  energische  Antheilnahme  des 
Brandenburgers  an  dem  Kampfe  gegen  den  Erbfeind  wünschte.  Zu  einer  solchen 
hatte  sich  aber  Friedrich  Wilhelm  noch  nicht  verstehen  wollen,  obgleich  er 
schon  zu  Beginn  des  Jahres  1661  dem  kaiserlichen  Gesandten  CoUalto  gegen- 
über seine  Bereitwilligkeit  kundgethan  hatte,  des  Kaisers  Pläne  in  Ungarn  zu 
fördern^)  und  obgleich  er  später,  als  das  geplante  Unternehmen  nicht  an  seiner, 
sondern  seiner  Mitkurfürsten  ablehnender  Haltung  scheiterte  und  Leopold  sich 
zur  Berufung  des  Reichstages  entschliessen  musste,  die  Forderungen  des  Kaisers 


')     Vergl.  über  diese  Verhandlungen  Köcher,  A.,  Geschichte   von    Hannover  und 
Braunschweig  L  283  flf. 

-)     Versl.  ürk.  u.  Act.  IL  243 if.:  IX.  599  ff. 
3)     Puf.   1.  c.   IX.  77:  Urk.  n.   Act.  XI   288. 


Einleitung.  131 

in  lebhaftester  Weise  unterstützt  hatte.  Denn  er  selbst  wollte  zu  dieser  von 
dem  Reiche  zu  gewährenden  Hilfeleistung  gegen  den  Erbfeind  nichts  beitragen 
und  bedang  sich  ganz  ausdrücklich  als  Lohn  für  die  Förderung  der  kaiser- 
lichen Pläne  aus,  seinerseits  von  jeder  Verpflichtung  ledig  erklärt  zu  wer- 
den'). Je  näher  nun  die  Entscheidung  rückte,  je  aussichtsloser  die  zwischen 
dem  Kaiser  und  den  Türken  geführten  Verhandlungen  wurden,  desto  drin- 
gender wurde  bei  der  geringen  Hilfeleistung  die  das  Reich  als  solches  ge- 
währte, das  Bedürfnis  des  Wiener  Hofes,  sich  eine  bedeutende  Unterstützung 
des  Brandenburgers  zu  sichern,  schon  darum,  damit  nicht  der  Kurfürst  statt 
an  dem  Kampfe  gegen  den  Erbfeind  des  christlichen  Glaubens  theilzunehmen, 
die  Abwesenheit  der  kaiserlichen  Truppen  zu  feindlichem  Eindringen  in  die 
Erblande  benütze,  eine  Furcht,  die,  obgleich  unbegründet,  nicht  wenig  zur 
energischen  Inangriffnahme  der  Verhandlungen  beitrug.  Denn  während  noch 
zu  Regensburg  über  die  Türkenhilfe  berathen  wurde,  erschien  am  Hofe  Frie- 
drich Wilhelms,  der  ihm  durch  seinen  Aufenthalt  in  den  Jahren  1657  und  1658 
wohlbekannte  Franz  von  Lisola,  mit  der  Absicht,  den  Kurfürsten  nicht  allein 
zur  Unterstützung  des  Kaisers  in  Ungarn  zu  bestimmen,  sondern  auch  von  dem 
Anschlüsse  an  die  Rheinbundfürsten  abzuhalten.  Ueber  den  Aufenthalt  dieses 
ausgezeichneten  Diplomaten  am  Hofe  des  Kurfürsten,  wie  über  die  Österreich- 
brandenburgischen  Beziehungen  dieser  Zeit  überhaupt  sind  zahlreiche  Acten 
bereits  im  11.  Bande  der  „Acten  und  Urkunden"  mitgetheilt  worden'^).  Trotz- 
dem dürften  die  im  Nachfolgenden  publicirten  Berichte  Lisola's,  die  leider  nur 
einen  Theil  seiner  Avirklich  geführten  Correspondenz  bilden,  eine  wünschens- 
werthe  Ergänzung  des  über  diese  Zeit  bereits  Bekannten  bieten.  Dieselben 
reihen  sich  würdig  den  vielen  Documenten  an,  die  Lisola  seiner  Regierung  in 
der  Zeit  des  nordischen  Krieges  zugehen  Hess.  Auch  bei  dieser  Gelegenheit 
hat  sich  Lisola  als  der  weitblickende,  die  grossen  Verhältnisse  niemals  aus 
den  Augen  verlierende  Staatsmann ,  als  scharfer  Denker  und  Beobachter  be- 
währt. Ein  Muster  einer  Denkschrift  wird  man  ohne  Zweifel  sein  zur  Infor- 
mation der  Wiener  Regierung  im  Frühjahre  1663  verfasstes  Memorial  nennen 
dürfen.  Wie  richtig  ist,  was  er  in  dieser  Schrift  über  die  Stellung  Friedrich 
Wilhelms  und  über  die  von  den  verschiedenen  Mächten  aufgewendeten  Be- 
mühungen mittheilt,  denselben  zu  gewinnen,  wie  weise  versteht  er  es  aus  der 
ihm  zur  Verfügung  stehenden  Fülle  von  Daten,  jene  auszuwählen,  welche  die 
von  ihm  zu  vertretende  Ansicht  zu  begründen  geeignet  sind.  Wie  deutlich 
weiss  er  die  Verhältnisse  klar  zu  machen,  unter  denen  der  Kurfürst  zum 
Anschlüsse  an  Habsburgs  Gegner  bewogen  werden  könnte,  die  Gefahren  zu  be- 
tonen, die  aus  dem  Wechsel  der  brandenburgischen  Politik  für  die  AViener  Re- 
gierung erwachsen  müssten,  die  Mittel  anzugeben,  durch  die  es  gelingen  könnte, 
den  Kurfürsten  für  die  Sache  des  Kaisers  zu  gewinnen.  Denn  von  der  Noth- 
wendigkeit,  den  gänzlichen  Abbruch  der  österreich-brandenburgischen  Beziehungen 
zu  vermeiden,  war  Lisola  vollkommen  durchdrungen.     Auf  das  deutlichste  tritt 


1)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  291  ff. 
'-*)    XI.  290  ff. 

9* 


132  HI.     1660—1664.     Mission  Lisola's. 

auch  bei  dieser  Gelegenheit  der  Gegensatz  seiner  auf  das  wesentliche  gerichteten 
und  der  kleinlichen,  engherzigen  Politik  der  leitenden  Minister  am  Kaiserhofe 
hervor.  Obgleich  durchaus  kein  Freund  Friedrich  Wilhelms,  dem  er  schon  als 
eifriger  Katholik  ferne  stand  und  über  dessen  ehrgeizige  Pläne  er  keinen  Augen- 
blick im  Unklaren  war,  trat  Lisola  in  seinen  Berichten  auf  das  entschiedenste 
für  die  Befriedigung  des  Kurfürsten,  insbesondere  für  die  Beilegung  der  jägern- 
dorfischen  Streitfrage  ein.  Er  wusste  eben,  dass  für  eine  erwünschte  Austra- 
gung der  vielen  Conflicte,  in  welche  die  Wiener  Regierung  dieser  Tage  mit  den 
verschiedenen  Mächten  des  Ostens  und  Westens  gerathen  war,  ein  gemeinsames 
Vorgehen  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  und  des  Kaisers  unerlässlich  sei  und 
er  zweifelte  keinen  Augenblick  daran,  dass  nur  durch  ein  ziemlich  weitgehen- 
des Entgegenkommen  des  Wiener  Hofes,  durch  die  Förderung  des  brandenbur- 
gischen Sonderinteresses,  Friedrich  Wilhelm  bewogen  werden  könnte,  die  grossen 
Vortheile,  die  ihm  beim  Anschlüsse  an  Oesterreichs  Gegner  winkten,  auszu- 
schlagen und  sich  in  allen  strittigen  Dingen  für  den  Kaiser  zu  erklären.  Allein 
am  Wiener  Hofe  war  man  durchaus  nicht  gewillt,  die  Freundschaft  des  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  mit  dem  Verzichte  auf  Jägerndorf  zu  bezahlen.  Man 
wünschte  zwar  den  Kurfürsten  von  dem  Eintritte  in  den  Rheinbund  abzuhalten, 
ihn  zu  energischer  Unterstützung  des  Kaisers  gegen  die  Türken,  zur  Förderung 
der  Pläne  Oesterreichs  in  Polen  zu  vermögen;  aber  man  dachte  dies  auch  ohne 
Berücksichtigung  der  kurfürstlichen  Forderungen  erreichen  zu  können  und  blieb 
so  oft  und  dringend  auch  Lisola  die  Beilegung  der  jägerndorfischen  Streitfrage 
forderte  und  so  unermüdlich  er  in  der  Erfindung  neuer  Auswege  war,  stets 
dabei,  unter  den  gegebenen  Verhältnissen  nicht  einmal  die  bereits  vor  Jahren 
versprochenen  180  000  Thaler  momentan  erlegen  zu  können.  Kein  Wunder, 
dass  unter  solchen  Umständen  die  Bemühungen  Lisola's  nicht  in  allen  Stücken 
von  Erfolg  begleitet  waren.  Wohl  gelang  es  ihm,  Friedrich  Wilhelm  zur  Sen- 
dung von  1000  Mann  zu  Fuss  und  einer  ebensolchen  Anzahl  Reiter  nach  Un- 
garn zu  vermögen,  aber  er  musste  sich  dazu  bequemen,  die  Erhaltung  dieser 
Truppen  durch  den  Kaiser  zuzugestehen  und  es  gutheissen,  wenn  Friedrich 
Wilhelm  mit  Rücksicht  auf  diese  Hilfe  jeden  Beitrag  zur  Ausrüstung  und  Er- 
haltung des  von  Reichswegen  bestimmten  Contingentes  ablehnte.  Ja  er  konnte 
auch  nicht  hindern,  dass  Friedrich  Wilhelm,  durch  die  Zurückhaltung  des  Kai- 
sers in  seiner  längst  gefassten  Meinung  von  der  Misgunst  der  Wiener  Re- 
gierung und  der  Aussichtslosigkeit  seiner  Bemühungen  von  dieser  Seite  her 
Unterstützung  seiner  auf  Mehrung  seines  Einflusses  gerichteten  Pläne  zu  erlangen, 
bestärkt,  sich  Oesterreichs  Gegnern  näherte,  sich  zum  Eintritt  in  den  Rheinbund 
verpflichtete,  mit  dem  Könige  von  Frankreich  das  zu  Beginn  des  Jahres  1656 
geschlossene  Defensivbündnis  auf  6  Jahre  erneuerte ')  und  nach  einer  Einigung 
mit  Schweden  suchte-).  Die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Berichte  verdeut- 
lichen   die    Haltung,    die  Lisola  all  diesen   und  den  übrigen  Fragen  gegenüber 


^)     Vertrag  von  6.  März  1664;  Mörner  1.  c.  258. 

-)     Für    die   brandenburg-schwedischen  Beziehungen   dieser  Zeit  Urk.  und  Acten 
IX.  729  ff. 


Einleitung.  133 

beobachtete,  die  in  jener  Zeit  am  Berliner  Hofe  zur  Sprache  kamen.  Sie  zei- 
gen, dass  er  über  den  jeweiligen  Stand  der  Angelegenheiten  auf  das  genaueste 
unterrichtet  war,  sich  über  die  Pläne  der  einzelnen  Staaten  und  ihrer  Vertreter 
am  kurfürstlichen  Hofe  ein  richtiges  Urtheil  gebildet  und  seiner  Regierung  mit 
nicht  genug  zu  rühmenden  Freimute  die  verderblichen  Folgen  ihrer  zögernden 
Politik  vorgehalten  hat. 

Von  besonderem  Interesse  ist  der  unverkennbare  Wechsel  in  dem  Urtheile 
Lisola's  über  des  Kurfürsten  geistige  Begabung.  Während  er  im  Jahre  1657 
ein  nicht  allzu  günstiges  Urtheil  über  die  Befähigung  Friedrich  Wilhelms 
gefällt  hatte  und  ein  gewisses  Misverhältnis  zwischen  Wollen  und  Können  als 
characteristisch  hervorheben  zu  müssen  glaubte^),  wird  er  jetzt  nicht  müde,  die 
aussergewöhnliche  Umsicht  und  staunenswerthe  Arbeitskraft  dieses  geistig  hoch- 
stehenden Fürsten  zn  betonen-).  Er  hatte  eben  Gelegenheit  gehabt  den  Kur- 
fürsten näher  kennen  zu  lernen  und  einzusehen,  dass  er  sich  getäuscht,  als  er 
die  kurfürstliche  Politik  im  nordischen  Kriege  für  eine  haltlose  erklärt  hatte, 
während  das  fortwährende  Schwanken  des  Kurfürsten  und  der  Wechsel  der 
Allianzen  nur  darauf  berechnet  gewesen  war,  dem  vom  Anfange  an  in's  Auge 
gefassten  Ziele  näher  zu  kommen. 


^)  Bericht  Lisola's  vom  13.  Jan.  1657  d.  d.  Braunsberg  (Berichte  Lisola's  225). 
Caeterum,  ut  electori  non  sublime  Ingenium,  ita  nee  infimi  ordinis,  vagum  tarnen  ac 
nutans,  nee  satis  tenax  propositi,  facile  aulicorum  artibus  patens,  magna  spirans, 
nihil  modice  appetens,  sed  nondiu  famam  generositatis   aifectans  ac  näaitialis  indülis_ 

-)  Bericht  Lisola's  vom  30.  Nov.  1663.  iliror  istum  Electorem,  qui  in  deliciis 
habet  longas  relationes  cum  minutissimis  circumstantiis  et  hoc  expresse  ministris 
suis  demandat,  omnia  legit,  resolvit,  expedit;  ad  omuia  respondet,  combinat  unam 
cum  alia  et  nil  negligit. 


III.     1660—1664. 

Mission  Lisola's. 


Memorial  Lisola's;  vor  April  1663,     (Or.) 

[Gesinnung  des  Kurfürsten  von  Brandenburg.  Bemühungen  der  verschiedenen  ilächte, 
insbesondere  Frankreichs,  Brandenburg  zu  gewinnen.  Gründe  für  Brandenburg  sich 
Frankreich  anzuschliessen.  Die  aus  einer  Verbindung  Brandenburgs  mit  Frankreich 
zu  befürchtenden  Gefahren.  Aufgaben  der  nach  Berlin  bestimmten  Gesandtschaft.  In- 
struction für  diese  Gesandtschaft.  Mittel,  den  Kurfürsten  für  die  Sache  des  Kaisers 
zu  gewinnen.  Des  Kaisers  Mediation  in  der  Streitfrage  Brandenburgs  mit  Neuburg. 
Vermittelung  der  Polen.  Vortheile  dieser  Vermittelung.  Vorschläge  Lisola's  bezüglich 
derselben.  Bedeutung  der  Intervention  der  Prinzessin  von  Oranien.  Mittel  diese  zu 
erlangen.  Anerbieten  der  Unterstützung  des  Kurfürsten  durch  den  Kaiser  gegen  alle 
Feinde.  Jägerndorf.  Behandlung  der  Acatholiken  in  Oesterreich.  Nothwendigkeit 
den  Fürsten  von  Anhalt  zu  gewinnen.  Bedeutung  der  Unterstützung  der  österreichi- 
schen  Pläne    bei   Brandenburg    durch    Sachsen.     Mittheilungen    über  den   Stand   des 

Türkenkrieges.] 

Summe  timeadum  est,  ne  consilia  Ser"'.  Braii'^'.  Electoris  conver- 
tendi  se  ad  Galliam  altiores  egerint  radices,  /juara  ut  evelli  possint,  ac 
ulterius  extendantur,  quam  extrinsecus  apparent.  Jam  pridem  enim 
subolfeci,  quod  omnes  Gallorum,  Suecorum  et  aulae  Polonicae  artes  eo 
collimare  viderentur,  ut  illum  qua  lautis  oblationibus,  qua  aliis  artificiis 
ad  partes  suas  allicerent,  ex  quo  maxima,  non  in  imperio  solum,  sed 
praecipue   in  rebus  polonicis,  sperari  possunt  emolumenta. 

Ideoque  supponendum  est,  ipsos  nihil  ex  parte  sua  omissuros,  ut 
propositiones  Electoris  tarn  Parisiis  quam  Koloniae  suum  sortiantur  effe- 
ctum').    Coniicere  etiam  licet,  quod  non  nudis  Electoris  oblationibus  am- 

')  In  Paris  verhandelte  Christof  Caspar  v.  Blumenthal  für  den  Kurfürsten;  vergl. 
Puf.  1.  c.  IX.  56 ff.;  Urk.  u.  Act.  IL  278:  IX.  616 ff. 


GesiDüuug  Friedrich  Wilhelms.  Fraulireichs  Bemühungen  denselben  zu  gewinnen.      135 

plectandi  Rhenani  foederis  acquiesceut'),  sed  quod  omuem  operam  sint 
adhibituri,  ut  illum  totaliter  illaqueent  et  ante  omnia  avellant  ab  ami- 
citia  Austriaca;  ac  licet  mihi  persuadeam,  ipsiim  non  nitro  nee  tarn  fa- 
cile  passurum  se  eo  deduci,  nihilominus  ubi  semel  in  primum  gradum 
impegerit,  nee  retrocedendi  facilitas  competet,  nee  quidquam  libere  dene- 
gandi,  ideo  metuendum  est,  ne  eadem  motiva,  quae  illum  eo  usque  de- 
duxerunt,  ut  nitro  subscriptioni  foederis  annueret,  illum  ex  necessaria 
connexione  impellant,  ut  se  totum  Gallis  mancipet,  ne  post  offensos 
Austriacos  Gallis  etiam  fiat  exosus. 

Haec  autem  motiva  (quantum  ex  perspecta  eins  politica  ratione 
coniicere  licet)  ex  duobus  promanare  videntur  fontibus,  quibus  hominum 
mentes  plerumque  moveri  solent,  spe  videlicet  et  metu. 

Metus  quidem  aemulationis  Neoburgicae  ^),  quem  Gallis  charuni  videt, 
et  in  illorum  amicitia  spes  suas  fundantem,  tentatio  est  cadens  in  con- 
stantem;  veretur  quippe,  ne  si  se  illis  nimis  refractarium  exhibeat  ac 
Austriacis  pertinaciter  adhaerentem,  Galli  hunc  ipsius  aemulum  extollant, 
quem  ipsi  obiicere  possint,  eumque  in  causa  Juliacensi  armis  et  authori- 
tate  sua  protegant,  dum  ipse  Interim  auxiliis  vel  protectione  Austriaca 
lente,  parce  aut  praepostere  inefficaciter  fulcietur. 

Idem  metus  illum  urget  circa  res  Prussicas,  ne  artibus  Suecorum 
et  Gallicae  in  Polonia  factionis  concitentur  in  ipsum  subditi,  et  inter 
civiles  motus  provincia  sua  exuatur,  haud  ignarus,  quanti  Suecis  referat 
illam  sibi  .addicere  ^).  Cum  itaque  se  inermem  videat  ac  Suecos  in  dies 
armari,  iuste  metuit  vicinos  uudequaque  ditionibus  suis  imminentes^) 
nondum  obliterata  practeritarum  ott'ensionum  materia,  armis  vero  Austria- 
cis aut  bello  Lusitanico  implicitis  aut  Turcarum  periculo  nondum  solutis. 

Videt  praeterea  promissas  ipsi  et  nitro  oblatas  ab  aula  Hispanica 
pensiones  executioni  non  demandari,  ex  quibus  militem  colligere  destina- 
verat,  quo  inter  tot  pericula  constitutus  securitati  suae  consuleret*). 


0  lieber  die  Beziehungen  Brandenburgs  zur  rheinischen  Allianz,  Urk.  u.  Act. 
XI.  437 ff.;  IL  243 ff.;  IX.  599 ff.;  üroysen  1.  c.  III. 3  53. 

2)  üeber  die  Beziehungen  Brandenburgs  zu  Neuburg  Urk.  u.  Act.  XI.  485  ff. 
und  die  dort  verzeichnete  Literatur. 

^)  Ueber  die  Beziehungen  des  Kurfürsten  zum  Herzogthume  Preussen  in  dieser 
Zeit  Urk.  u.  Act.  IX.  310 ff.:  Droysen  1.  c.  IIL2  517 ff. 

■•)  Ueber  die  brandenburg-schwedischen  Beziehungen  disser  Zeit  Urk.  u.  Act. 
IX.  729  ff. 

'")  Philipp  IV.  hatte  dem  Kurfürsten  versprochen,  ihm,  solange  er  das  Bündnis 
mit    dem  Kaiser   aufrecht   erhalte,    eine  jährliche  Subsidie    von    100  000  Thalern    zu 


136  III-     1660— 1G64.     Mission  Lisola's. 

Ex  adverso  vero  magni  ipsi  apparent  ex  parte  Galliae  spei  montes; 
1°.  quod  Galliae  accedendo  securus  sit  a  Neoburgico,  imo  et  forte  su- 
perior,  cum  multa  sint,  quae  Galliam  movere  debent,  ut  illum  Neobur- 
gico praeferat;  securum  quoque  se  credet  hoc  pacto  a  Suecis  et  aula 
Polonica  sicque  Pruthenicos  subditos  absque  ullo  prorsus  obstaculo  ad 
nutum  suum  rediget;  accedet  forte  etiam  spes  promovendi  filii  ad  suc- 
cessionera  Polonicam  mediante  matrimonio  cum  Reginae  nepte '),  quem 
in  finem  iam  misisse  dicitur  in  Angliam,  ut  regis  mentem  eliceret,  an 
consultum  censeret,  ut  ad  adipiscendum  hoc  regnum  filium  suum  initiari 
pateretur  fidei  catholicae,   cui  propositioni  annuisse  fertur  rex  Angliae  '■*). 

Supponendum  est  autera,  quod  arctissima  inter  regem  Angliae,  Do- 
mum  Auraicam  et  Brandenburgicam  intercedat  unio^),  Electorem  vero 
ex  innato  genii  sui  instinctu  ad  magna  ferri,  et  aliquid  supra  sortem 
spirare. 

Oblata  etiam  ipsi  forte  fuit  esca  Elbingae,  quae  licet  ipsi  in  trac- 
tatu  Velaviensi  promissa*),  Gallicae  tamen  in  Polonia  factionis  et  Sue- 
corum  artibus  ipsi  hactenus  denegata  fuit^). 

Nee  deerunt  ex  parte  Gallorum  promissa  pecuniaria,  tam  Ser™". 
Electori  quam  primariis  eius  ministris,  nee  probabile  est,  ipsos  in  re  tanta 
sumptibus  parcituros. 

Damna  inde  metuenda  haud  facile  possunt  exprimi;  hoc  enim 
magnum  intentioni  Gallicae  in  Polonia  poudus  adiiciet,  hoc  aditum  pate- 
feciet  Suecis  et  Gallis,    ut  qua  terra  qua  mari  copias  immittere  possint 

zahlen,  la  Fuente  aber,  der  die  Zahlung  leisten  sollte,  hatte  dies  nicht  gethan. 
Vergl.  für  diese  Angelegenheit  und  die  im  Jahre  1663  und  1664  darüber  geführten 
Verhandlungen  Urk.  u.  Act.  XL  298  Anm.f.,  322 ff.;  IX.  569 ff. 

^)  Gemeint  ist  Anna  Henriette,  die  Tochter  des  Pfalzgrafen  Eduard,  die  am 
11.  Dec.  1663  den  Prinzen  Heinrich  Julius  von  Conde  geheirathet  hat. 

-)  Brandenburgs  Vertreter  in  England  war  damals  Christof  Brandt;  vergl.  seine 
Correspondenz  ürk.  u.  Act.  IX.  693  ff. 

^)  Mit  Karl  II.  von  England  hatte  Friedrich  Wilhelm  bereits  am  20.  Juli  1661 
ein  Defensivbündnis  auf  10  Jahre  geschlossen;  vergl.  Dumout  1  c.  VI.«  364 ff.;  Mörner 
1.  c.  254ff. ;  über  die  Beziehungen  Brandenburgs  zu  England  und  zu  dem  Hause  Oranien 
vergl.  Urk.  u.  Act.  IX.  468  ff. 

•*)  Vergl.  die  Ratification  des  Wehlauer  Vertrages  durch  den  König  von  Polen, 
bei  welcher  Gelegenheit  der  König  dem  Kurfürsten  wegen  der  Waffenvereinigung  die 
Stadt  Elbing  sammt  Territorium  mit  vollem  Hoheitsrechte  abtritt  und  bestimmt,  dass 
dieselbe,  sobald  sie  den  Schweden  entrissen,  dem  Kurfürsten  übergeben  werden  solle; 
Mörner  1.  c.  226. 

=)  Vergl.  über  die  von  Brandenburg  in  dieser  Sache  geführten  Verhandlungen 
Urk.  u.  Act.  IX.  7  7  ff. 


Aufgabe  der  nach  Berlin  bestimmten  kaiserlichen  Gesandtschaft.  137 

in  Poloniam,  quibus  nunc  vel  tempore  interregni  res  misceant,  hoc 
Aug.™^®  Domus  Austriacae  amicos  summopere  consternabit  ac  Gallicae 
factionis  famam  plurimum  augebit  in  imperio.  In  primis  verendura  est, 
ne  hoc  exemplum  Ser""™.  Electorem  Saxoniae')  et  Heidelbergensem^) 
in  transversum  agat,  sicque  totum  electorale  collegium  transeat  ad  Gal- 
los, ideoque  niilla  cura  ommittenda  videtur,  ut  haec  mala  praeverti 
possint,  aut  saltem  mitigari. 

Commissio,  quam  S.  C.  M*"^  ad  Ser"'"".  Electorem  Brand""",  desti- 
nare  decrevit,  ad  hos  potissimum  fmes  institui  posse  videretur:  1°.  Ut 
ggj.mus    Elector  penitus  abstrahatur  a  consiliis  Galileis  et  Suecicis. 

2°.  Si  a  foedere  Rhenano  diverti  nequeat,  saltem  retineatur,  ne  in 
totum  transeat  ad  Gallos  et  Suecos,  aut  foederibus  Austriacis  renuntiet 
et  aliquid  cum  aemulis  nostris  in  perniciem  nostram  moliatur.  3°.  Ut 
saltem  expiscemur,  quo  tendat,  et  quorsum,  ac  quousque  feratur. 

Primum  quidem  arduum  erit,  cum  res  non  sit  amplius  integra,  nee 
liberum  videatur  Electori  post  oblatam  foederis  admissionem  retrocedere, 
cum  praesertim  negotium  ipsi  sit  cum  potentioribus,  quibus  in  promptu 
vindicta  est. 

Quia  tarnen  multa  Parisiis  intercedere  poterunt  cum  Blumendalio''), 
quae  tractatus  suspendant,  aut  irritent,  aut  difficiliores  reddant,  ideo 
non  abs  re  erit  invigilare  occasionibus  iisque  iuxta  rei  exigentiam  dex- 
tre  uti. 

Rationes,  quibus  demonstrari  potest,  non  esse  e  re  ipsius,  ut  Rhe- 
nanum  foedus  admittat,  variae  sunt  et  satis  plausibiles,  quas  hie  recen- 
sere  longum  foret,  cum  praesertim  nun  in  illis  positum  sit  negociationis 
fundamentum,  sed  totus  difficultatis  nodus  in  eo  praecipue  consistat, 
ut  radicem  mali  recta  petamus,  et  motiva,  quae  praefatum  Electorem 
invitum  forsan  ad  illud  foedus  impellunt,  praescindamus,  ad  quod  se- 
quentia  adhiberi  possent  media. 

Primo  ut  S.  C.  M'^^  omnem  operam  adhibeat  conciliandae  con- 
troversiae  inter  Brand""",  et  Neoburgicum  seque  illius  mediatorem 
reddat,    quo   pacto  pulcherrimam   habebit   occasionem  utrumque  sibi  de- 


')  Johann  Georg  11.  lieber  seine  Beziehungen  zu  Frankreich  Heibig,  Die  diplo- 
matischen Beziehungen  Joh.  Georg  II.  von  Sachsen  zu  Frankreich.  Arch.  f.  sächsische 
Gesch.  I.  Bd.  Neuestens  M.  Auerbach's  Diplomatie  fran^aise  et  la  cour  de  Saxe  de 
1648—1680.    Paris  1887. 

^)     Karl  Ludwig. 

3)  Ueber  Blumentbals  Verhandlungen  in  Paris  ürk.  u.  Act.  IX.  616  ff. ;  Puf.  1.  c. 
IX.  56  ff. 


138  III.     1660-1664.     Mission  Lisolas. 

vinciendi  et  sensim  a  Gallis  avellendi;  .sicut  enim  hodie  metus  Neobur- 
gici  Brand""^.  impellit  in  Gallicas  partes,  ne  ipsius  aemulus  a  Gallis 
contra  ipsum  adiuvetur,  ita  ante  sex  annos  Neoburgicus  cernens  uuionem 
Brandenburgici  nobiscum  ad  Gallos  se  convertit,  ut  ab  illis  protegeretur, 
unde  facile  apparet,  hanc  aemulationem  in  solam  Aug""'^  Domus  perni- 
ciem  et  Gallorum  utilitatem  redundare  et  utrumque  reddere  a  Gallis 
dependentem;  ideoqne  maximae  industriae  foret  tanti  mali  scaturiginem 
obstruere. 

Circa  quod  coniicere  licet  Gallos  eo  collimaluros,  ut  illius  arbitrium 
controversiae  sibi  vindicent,  quodque  illam  tandiu  suspensam  tenebunt, 
prout  rebus  suis  expedire  videbitur,  modo  unum  modo  alterum  spe  lac- 
tantes  et  utrumque  sibi  eo  nomine  obnoxium  reddentes. 

Ut  autem  S.  C.  M'^^  huic  negotio  efficaciter  intercedere  possit, 
expedire  videretur,  ut  minister  Caesareus  illuc  mittendus ,  per  vias 
indirectas  pertentaret  mentem  Electoris,  an  ad  compositionem  rae- 
diante  Caesare  inclinaret,  ad  quod  illum  antehac  valde  propensum  ani- 
madverti ;  si  vero  constiterit  illum  in  eadem  intentione  perseverare,  tunc 
minister  Caesareus  oblata  vel  quaesita  occasione  dextre  ipsi  insinuare 
poterit,  S^".  C''^'".  M'^™.  non  solum  e  bono  et  tranquillitate  imperii, 
sed  e  privata  etiam  ipsius  Electoris  rationc  arbitrari,  ut  dissidium  illud 
amicabili  aliqua  compositione  sopiatur,  quo  durante  nunquam  ipsi  tuta 
quies  aut  securitas,  sed  pericula  continua,  metus,  diffidentiae,  importuni 
respectus,  et  necessitas  alendi  continuo  militis  ipsi  continuo  impende- 
bunt,  nee  defuturos  unquam,  qui  aut  specie  consanguinitatis  aut  foederis 
aut  protectiouis  ex  iis  scintillis  flammas  eruant  alantque  incendium; 
sublato  vero  hoc  impedimento  Electorem  fore  omnino  liberum  in  suis 
operationibus,  nee  ullis  amplius  respectibus  impeditum  iri,  quin  ea  con- 
silia,  quae  propriam  et  imperii  dignitatem  concernent,  tuto  sectari  possit ; 
nee  deerunt  aliae  rationes  efficacissimae,  quibus  ipsi  demonstretur,  hanc 
propositionem  esse  ipsi  summe  conducibilem. 

Si  eo  adduci  posset,  ut  interpositionem  quoad  hoc  Caesareara  ad- 
mittat,  multa  inde  eliciemus  commoda;  1°.  hoc  creabit  inter  ipsum  et 
Gallos  diffidentiae  principium,  2°.  hoc  sistet  aut  suspendet  tractatus 
Galileos  cum  ipso;  3'°.  hoc  praeripiet  occasionem  regi  Galliarum  deri- 
vandi  in  se  arbitrium  illius  negotii:  4°.  per  hoc  extolletur  S'*^.  C^'-"^.  M*'*. 
fama  et  cura  ipsius,  et  vigilantia  in  rebus  imperii  promovendis  luculenter 
apparebit,  quod  summe  interest,  maxime  hoc  tempore,  ne,  si  remissiores 
in  rebus,  quae  ad  Imperium  spectant,  videamur,  Gallus  inde  occasionem 


Notbwendi>,'keit  Friedrich  Wilhelm  zu  gewinnen.    Daraus  erwachsende  Vortheile.        139 

ariipiat  iisdem  se  immiscendi;  5".  haec  sollicitudo  binis  titulis  spectat 
ad  S-'"".  0'^='™.  M'<^°\;  1".  ratione  imperatorii  muneris;  2".  quod  in  no- 
vissimo  tractatu,  qui  inter  praefatum  Electorem  et  ducein  Neoburgicum 
anno  1652  intercessit  ^),  S.  C.  M^^  gloriosissimae  memoriae,  non  media- 
toris  solum,  sed  evictoris  officium  sustinuit;  6°.  constat  mihi  ex  authen- 
ticis  informationibus,  quod  dux  Neoburgicus  hanc  conventionem  summe 
disideret  et  quod  haec  sit  tutissima  et  fere  unica  via,  qua  ilkim  a  Gallis 
possimus  avellere. 

Si  8°""^  Elector  hanc  propositionem  approbaret,  illico  eadera  me- 
thodo  pertentari  poterit  dux  Neoburgicus;  si  propositionem  amplectatur, 
tunc  S.  C.  M''^  aditum  habebit  apertum,  quo  utrumque  sibi  devinciat, 
si  vero  illam  repudiaverit,  hoc  Electorem  magis  reddet  ab  ipso  et  Gallis 
alienum,  interea  vero  non  deerunt  modi,  quibus  dextre  disponi  possit 
Neoburgicus  ad  nostras  intentiones. 

Quia  vero  ex  certis  relationibus  mihi  constat,  ducem  Neoburgicum 
summam  concepisse  diffidentiam  de  negociatione  Brand'''  apud  Gallos, 
non  abs  re  fore  videretur,  clam  per  vias  indirectas  ipsi  cumulare  suspi- 
ciones  et  ob  oculos  ponere  omnia  pericula  et  damna,  quae  ex  coniunc- 
tione  Brand*"',  cum  Gallis  possunt  in  domum  Neoburgicam  redundare, 
tarn  ratione  controversiae  Juliaceusis  quam  successionis  Polonicae  alia- 
rumque  praeeminentiarum,  ad  quas  Neoburgica  domus  aspirare  posset^); 
cum  certum  sit,  Electorem  Brandenburgicum,  ubi  Gallis  accesserit,  sem- 
per  ab  Ulis  praelatum  iri  Neoburgico,  utpote  magis  necessarium,  tarn 
intuitu  dignitatis  electoralis,  quum  Prussiae  Ducalis  et  portuum  in  mari 
balthico  et  quanto  magis  Elector  erit  Gallis  commendabilis,  tanto  Neo- 
burgicus apud  ipsos  vilescet,  quod  si  dextre  apud  Neoburgicum  agitetur 
per  non  suspectas  personas,  varia  inde  elicieraus  comraoda;  1°.  quod 
a  Gallis  recedere  cogetur  et  ad  nos  se  convertere;  2°.  eo  avidius  recon- 
ciliationem  quaeret  cum  Electore,  quo  magis  metuet  se  a  Gallis  postha- 
bitum  iri;  3°.  hoc  impediet,  ne  Gallus  utrumque  vana  spe  lactando 
reddat  se  arbitrum  negotii,  quod  unice  videtur  intendere;  4°.  hoc  mo- 
vebit  Neoburgicum,  ut  ipsemet  per  suos  in  Gallia  confidentes  inturbi- 
det  tractatus  Brand'^°^  in  aula  Gallica. 


')  Gemeint  sind  die  Verhandlungen  der  kaiserlichen  Commissäre  Hatzfeld  und 
Anetban,  die  den  Abschluss  des  Vertrags  vom  11.  October  1651  herbeiführten  (vergl. 
weiter  oben  p.  50ff.):   das  im  Texte  angegebene  1652  ist  wohl  nur  ein  Schreibfehler. 

^)  Ueber  des  Neuburgers  Pläne  in  Polen,  vergl.  Krebs  Oskar,  Vorgeschichte 
und  Ausgang  der  polnischen  Königswahl  im  Jahre  1669,  Zeitschrift  der  historischen 
Gesellschaft  für  die  Provinz  Posen  III.  Bd.  151  ff. 


140  in.     16G0— 1(jG4.     Mission  Lisola's. 

Alius  mudus  haud  ineficax  Electoris  a  Gallia  avertendi  est  raedi- 
antibus  Polonis,  praesertim  procancellario  Lezinsky '),  qui  maxima  apud 
ipsum  pollet  authoritate;  quem  in  finem  summe  conducibile  ceiiserem 
procurare,  iit  praefatus  procancellarius  vel  conferat  se  ad  Electorem 
(prout  non  ita  pridem  meditabatur),  vel  per  litteras  ipsi  fortiter  in- 
culcet,  quod  solus  rumor  de  Blumendalii  missione  in  Galliam  Polonorum 
aiiimos  ab  Electore  pluriraum  alicnaverit.  adeo  enim  exosum  esse  apud 
nobilitatem  polonicam  Gallicum  nomen,  ut  Elector  ipsis  aecedere  non 
possit,  quin  pristina  cum  Polonis  confidentia  statim  excidat,  aliaque  id 
genus,  quae  praememoratus  procancellarius  tanquam  zelo  electoralis  com- 
modi  impulsus  dextre  iniiciet,  ex  quibus  agnoscat,  hanc  viam  esse  Ele- 
ctoris intentionibus  laethalem;  quin  potius,  si  ad  coronam  pol^^"".  aspiret, 
quaerendam  ipsi  esse  Austriacorum  amicitiam,  qui  quantum  in  exclu- 
dendis  Gallis  potuerint  abunde  patefecerunt^);  Polonos  enim  ita  esse 
constitutos,  ut  licet  in  Austriacum  successorem  non  sint  facile  consen- 
suri,  talem  tamen  cupiunt,  qui  Austriacis  acceptus  sit,  et  in  eo  situm 
arbitrantur  fundamentum  tranquillitatis  reipublicae  suae  ;  haec  si  vel  voce 
vel  scripto  serio  per  Lezenskium  Electori  proponantur.  certo  mihi  constat 
non  parum  profutura. 

Ut  autem  Elector  tanto  evidentius  agnoscat,  quid  in  Polonia  possi- 
mus,  summe  necessarium  videtur,  si  unquam  alias,  nunc  vel  maxime 
sedulo  excolere  factionem  nostram,  ac  praesertim  praefatum  procancella- 
rium  quantum  fieri  poterit  contentum  reddere:  cum  autem  ipse  recenter 
mihi  significavit  operae  pretium  fore,  ut  arcanum  mecum  ineat  collo- 
quium,  S.  C.  M*'^  iudicio  humillime  submitto,  an  non  expediret  me  in 
transitu  cum  ipso  cougredi  in  confiniis  Silesiae,  ubi  locum  iam  elegiraus 
tutissimum  ac  secretissimum,  quo  remotis  indicibus  et  citra  omue  suspi- 
cionis  periculum  convenire  licebit,  quo  pacto  intima  quaeque  rerum  Po- 
lonicalium  perscrutari  et  ulteriora  in  futurum  cousilia  capessere  poteri- 
mus,  et  supramemoratam  apud  Electorem  mediante  procau^°.  adornare 
machinam. 

Experientia  etiam  didisci,  valde  ad  nostros  fines  profuturum,  si 
principissam  Auraicam^)  mediante  legato  Hispanico*)  et  ablegato  Caes°. 

^)     Jobann  Lesczynski;  vergl.  über  ihn  Urk.  u.  Act.  IX.  26  Anm. 

2)  Es  war  vornehmlich  dem  österreichischen  Einflüsse  zuzuschreiben,  class  im 
Jahre  1663  durch  ein  Reichsgesetz  die  Frankreichs  Pläne  durchkreuzende  Bestimmung 
getroffen  wurde,  dass  von  der  Wahl  des  Nachfolgers  bei  Lebzeiten  Johann  Casimirs 
nicht  geredet  werden  solle;  Krebs  1.  c.  166. 

3)  Amalie  von  Oranien,  Schwiegermutter  Friedrich  Wilhelms. 
*)     Don  Estevan  de  Gamarra. 


Einwirkting  der  Prinzessin  von  Oranien  und  Lesczynski's.  141 

in  Hollandia')  commorante  posseraus  inducere,  ut  Electorem  aut  abstra- 
hat  a  cousiliis  Galileis  aut  saltem  retineat  in  amicitia  et  foedere  Caes°. ; 
ad  quod  validissimae  ipsi  suggeri  poterunt  rationes,  ut  illa  principissa 
agnoscat  totius  domus  Auraicae  plurimum  Interesse,  ne  Ser"'"'.  Elector 
Gallis  se  mancipet  et  accessione  sua  illam  potentiam  augeat,  quam 
maxime  debent  formidare,  cum  aliae  Galloram  intentiones  et  ratio  Status 
omnino  requirant,  ut  domus  Auralca  vel  omnino  deprlmatur  in  Hollandia, 
vel  saltem  non  resurgat  ad  pristinum  authoritatis  fastigiuin:  vereri  enim 
debet,  ne  si  iuvenis  princeps  Auraicus  ^)  avitam  potestatem  et  dignitatem 
retineret  apud  Status,  tunc  domus  Auraica  Angliae  regis  viribus  suffulta 
formidandam  erigeret  potentiam,  quae  Galliae  oculos  perstringeret  et 
Status  unitos  taudem  e  republica  in  monarchiam  traducere  posset,  quod 
Galliae  non  expedit,  quae  sub  statu  reipublicae  facilius  introducere  pot- 
est  factiones  suas,  quam  si  unius  imperio  provinciae  illae  regerentur. 
Ideo  ratio  domus  Auraicae  exigit,  ut  Galliam  respiciat  tanquam  incre- 
mentis  suis  oppositam,  expedit  etiam  eidem  domui,  ne  Gallos  sinat  in 
imperio  praevalere  aut  Rlieno  dominari,  per  quod  tarn  ipsi  quam  Status 
Hollandiae  undequaque  obsiderentur  a  Gallis  et  precario  vivere  cogoren- 
tur;  ideoque  accessio  Elect'^  Brand'^'.  ad  Gallos  laethale  infligeret  vulims 
tarn  domui  Auraicae  quam  securitati  statuum  Belgii  unitorum. 

Ad  causam  vero  Juliacensem  quod  attinet,  periculosum  fore,  si 
Elector  illam  commiteret  arbitrio  regis  Gallici,  qui  sub  illo  praetextu 
piscari  posset  in  turbido  et  controversas  ditiones  tanquam  in  sequestrum 
occupare,  cum  nihil  magis  Gallorum  intersit  in  praesenti  rerum  statu, 
quam  ut  in  ripa  belgica  Rheni  pedem  figant,  prout  iam  in  Germanica 
per  Brisakum  et  Philisburgum  solide  fixerunt. 

Haec  aliaque  quam  pkirima  tarn  ipsi  Principissae  quam  suprame- 
moratis  ministris  notissima  magnam  vim  habere  poterunt,  si  dextre  ipsi 
pro  re  uata  representari  curentur^). 


')     Friquet  Johann. 

"-)     Wilhelm. 

^)  üeber  die  Verhandlungen  Friquets  mit  Amalie  von  Oranien  ürk.  u.  Act.  XI. 
490ff.:  Puf.  1.  c.  IX.  71  ff.;  in  einem  Schreiben  d.d.  Haag  29.  März  1663  Aut.  be- 
richtet Friquet ;  „Ritorno  adesso  di  casa  della  Sigi^a  principessa  d'üranges,  la  quäle 
m'haveva  fatto  dire,  che  desiderava  di  parlarmi  inanzi  ch'io  mandassi  le  raie  lettere 
alla  posta.  La  sostanza  de'suoi  discorsi  consiste  in  questo  punto,  che  puo  essere  che 
Felettore  di  Brandenburg  si  contentera  d'entrare  nella  lega,  per  opporsi  alle  negocia- 
tioni  secrete  del  Duca  di  Neuburg,  mä  che  non  passera  piü  avanti  et  in  particolare 
che  non  fara  cosa  nissuna,  che  Toblighi  a  separarsi  da.  S.  M.,  o  vero  ä  romper  il 
trattato  nell'osservauza  del  quäle  egli  fonda  la  sicurezza  e  conservatione  de'suoi  stati. 


142  in.    1660— 16G4.     Mission  Lisola's. 

4"".  modus  est,  ut,  qui  a  S.  C.  M'^  destinabitur  ad  Electorem,  possit 
ipsum  plene  ccrtum  reddere  de  protectioue  Caes'*.  contra  quoscuuque  neu 
solum  per  viam  iuris  sed  etiam  de  realibus  auxiliis,  quoties  necessitas 
postulaverit  iuxta  pacta  publica  et  privata;  quod  eurn  in  finem  S.  C. 
M'ä*.  deliberaverit  omnibus  modis  expedire  se  a  bello  Turcico,  ut  eius 
arma  libera  sint,  quibus  foederatis,  quoties  opus  fuerit,  adsistat;  esse  in 
praesens  S.  C.  M''.  veteranum  militem  sub  signis,  et  si  ab  amicis  non 
deseratur,  non  esse,  quod  simul  iuncti  cuiusquam  potentiam  metuant, 
secus  vero,  si  dividamur,  omnes  seorsim  perituros. 

Quod  si  duriorem  in  desideriis  nostris  experiemur  Electorem,  non 
abs  re  fore  videretur,  ipsi  vel  eius  saltem  ministris  dextre  subindicare, 
quod  S.  C.  M'^^  Electoris  amicitiam  tanti  faciat,  ut  pro  ea  acquirenda 
non  tirauerit  ducem  Neoburgicum  alienare,  et  omnibus  constet,  nuilam 
aliam  rationem  coniunxisse  Neoburgicum  Gallis,  quam  quod  Imperatorem 
viderit  Electori  nimis  coniunctum,  ideoque  si  Elector  ab  hac  unione  re- 
cederet,  Imperatorem  quoque  coactum  iri,  arctiori  se  vinculo  copulare 
Neoburgico,  tarn  circa  res  imperii,  quam  circa  polonicas,  ex  quo  si  quid 
postea  damni  in  Electorem  emergat,  id  gallicis  consiliis  imputet. 

5"^  quoties  mihi  aliquod  cum  Ser'"".  El""*,  negotium  transigendum 
accidit,  semper  in  ipso  limine  duo  mihi  puncta  obtrusit,  in  quibus  sibi 
desiderat  satisfieri:  primum  est  ratione  Carnoviae  seu  Jegerdorfiani  do- 
minii:  alterum  est,  ut  in  terris  haereditariis  paulo  mitius  agamus  cum 
acatholicis,  quarum  profugi  gravissimas  ad  ipsum  querelas  deferunt. 

Ad  ultimum  quidem  suppetunt  abunde  rationes,  quibus  me  expe- 
diam,  ad  primum  vero  difficilius  mihi  accidit.  Memini  quidem  quod 
anno  5'°  dum  tractarem  cum  ipso  Berlinii'),  habuerim  in  mandatis  a 
gcra_  Qea_  ]^pe__  ^^  jpgj  ratioue  Jegerdorfianac  praetentionis  summam  osten- 
dere  offerremllOOOOO  Imperialium  ad  contributiones  imperii  in  proximis 


Hö  risposto  che  daro  conto  a  S  M.  di  quello  ch'ella  m'haveva  detto,  mä  che  S.  A.  El. 
e  assai  informata  ch'il  Re  di  Francia  propone  come  conditione  sine  qua  non  a  tutti 
i  principi  che  desiderano  d'entrare  nella  lega,  che  devono  rinonciar  a'trattati  che 
hanno  con  S.  M.  e  l'Aug™»  casa.  Der  Kaiser  erwidert  am  23.  April  mit  der  Mitthei- 
lung der  Sendung  des  Lisola  an  den  kurfürstlichen  Hof  und  der  Aufforderung  an 
Friquet  bei  der  Princessin  dahin  zu  wirken,  dass  diese  den  Kurfürsten  vom  Eintritte 
in  den  Rheinbund  abzuhalten  suche. 

')  Ueber  Lisola's  Verhandlungen  in  Berlin  in  den  Jahren  1657  und  1658  vergl. 
Pribram,  Die  Berichte  des  kaiserlichen  Gesandten  Franz  von  Lisola  1655 — 1660, 
Archiv  für  Kunde  österreichischer  Geschichte;  Bd.  LXX. ;  für  die  Jägerndorfer  Ver- 
handlung-en  insbesondere  ürk.  u.  Act.  VIII.  339 ff.  u.  a.  0. 


Dem  Kurfürsten  zu  machende  Versprechungen.  143 

comitiis  decernendas.  assignandam:  quia  tarnen  Electür  non  tunc  acquievit 
illi  propositioni  et  nihilorainus  transivimus  ad  conclusionem  tractatuura,  hoc 
puncto  ad  ulteriorem  Francofurti  inter  ministros  Caes°^  et  B^and''"^  trac- 
tationem  reiecto,  non  mihi  ab  eo  tempore  constitit,  quid  ulterius  in  hac 
causa  fuerit  gestum,  ideoque  huraillime  cuperem  informari,  quo  loco 
nunc  res  sit,  quidve  Electori  circa  hoc  (si  ipse  prior  incipiat  ac  urgeat, 
ego  enira  solerter  quaestionem  declinabo)  spei  lacere  possim  ad  tollen- 
dos ipsi  conquerendi  praetextus,  quos  quaerere  solet,  qui  vult  recedere 
ab  amico^). 

Queritur  etiam  saepiuscule,  quod  in  causis  quas  plerumque  contra 
proprios  vasallos  habet  in  concilio  aulico  decreta  ferantur  contra  ipsum, 
ipso  non  praemonito,  idque  authoritati  suae  plurimum  derogare  et  an- 
sam  dare  subditis  ad  excutiendam  reverentiam;  ideo  optaret,  ut  saltem 
quoties  aliqua  causa  occurret,  in  qua  pars  adversa  debeat  praevalere, 
ipse  amice  prius  et  confidenter  praemoneatur,  ut  vel  ultro  desistat,  vel 
conveniat,  ne  palam  confundatur. 

Quia  vero  princeps  Anhaltinus  eiusque  factio  multum  praeponderare 
videretur  apud  Electorem,  plurimum  referret,  hunc  nobis  principem  de- 
mereri,  circa  quod  etiam  uecessarium  erit  specifice  informari  ministrum 
Caesaricum,  qui  ad  Electorem  mittendus  est. 

S.  C.  M*''^  recordari  dignabitur,  quod  dum  nomine  ipsius  sus- 
cepi  ad  fontem  baptismatis  filium  Electoris  secundo  geuitum  anno 
1657 ").  eadem  mihi  clementer  iudicavit  litteris  suis,  se  iuxta  solitum 
morem  destinaturum  aliquod  munus  a  me  nomine  M''^  Suae  filiolo 
offerendum,  prout  Rex  Christianissimus,  qui  etiam  ad  hanc  solemnitatem 
invitatus  fuit,  pro  parte  sua  praestitit,  quod  cum  ob  itinera  S._C.  M"^- 
fuerit  oblivioni  traditum,  altissimo  eins  iudicio  submitto,  an  non  expe- 
diret,  id  hac  occasione  adimplere. 

Similiter  altissimae  eiusdem  considerationi  subiicio,  an  consultum 
iudicaret,  agere  etiam  apud  Electorem  Saxonicum,  ut  agnoscat,  quanti 
referat  tarn  pro  propria  ipsius  quam  totius  circuli  Saxonici  securitate 
Electorem  Brand""",  suaviter  abduci  a  commerciis  Galileis  et  Suecicis 
eumque  inducere,  ut  apud  praefatum  Brand''"'",  fortiter  se  interponat,  ne 
a  Iritis  deflectat  s^estigiis,  et  novas  suspectäsque  amicitias  antiquis  prae- 


^)  Für  die  Verhandlungen  in  der  .Jägerndorfer  Frage  von  1658—1663,  vergl. 
ürk.  u.  Act.  XL  291  f. 

^)  Friedrich,  der  nachmahlige  erste  König  von  Preussen;  über  diese  Angelegen- 
heit Pribram,  Lisola  310 f. 


144  IH-     166U— 16G4.     Mission  Lisola's. 

ferat;  huc  pacto  saltem  expi^caliimur  Electoris  Saxonici  mentera,  ostende- 
mus  ipsi  cüiifidentiam,  et  illum  retinul/muis  ne  iisdem  artibus  capiatur, 
efficieudo,  ut  fortiter  apprehendat  sequelas  iude  metuenda.s. 

Qiiia  vero  certus  sum  Brand''""'.  Electorem  auxie  quaesiturum  de 
statu  pacis  Tiircicae.  ex  cuius  eventu  omnes  fere  tarn  public!  imperii 
Status  quam  prlvatorum  eius  membrorum  resolutiones  pendent,  ideo  ne- 
cessarium  foret  ministrum  Caes"™.  informari,  quid  ipsi  quoad  hoc  respon- 
dere  et  qualem  informationem  dare  poterit  et  ipsi  quantocius  per  Cur- 
soren! significari,  si  quid  certi  postmoduni  in  lioc  negotio  contigerit. 


Instruction  für  Lisola.     Dat.  Wien  23.  April  1663.     (Conc.) 

[Schädlichkeit  des  Rheinbundes.  Haltung  des  Xeuburgers.  Brandenburgs  Verhand- 
lungen in  Paris.  Zweck  der  Mission  des  Lisola.  Verhaltuugsmassregeln  für  diesen. 
Bündnis  des  Kurfürsten  mit  dem  Wiener  Hofe.  Stellung  Brandenburgs  zur  rheinischen 
Allianz.     Die  Frage    der  Differenzen    mit  Neuburg    und    der    polnischen  Königswahl. 

Jägerndorf.] 

23.  April.  Dem  Lisola    dürfte    nicht  unbekannt  sein,   wie  schädliche  Beschlüs.se   von 

dem  scheinbar  zur  Wahrung  des  ^vestphälischen  Friedens  geschlossenen  Rhein= 
bunde  gefasst  worden  sind  und  wie  Frankreicli  es  versucht  hat.  andere  deutsche 
Fürsten  unter  den  verschiedensten  Yorwänden  zum  Eintritte  in  den  Bund  zu 
vermögen').  Eam  nimirum  S'"°.  Duci  Neoburgico  (ut  de  aliis  nunc  tace- 
anius)  foederis  illius  Rhenani  suscipiendi  causam  fuisse,  quo  videlicet 
rationes  suas  in  negotio  coutroversae  successionis  Juliacensis  contra  in- 
teressatos  et  maxime  contra  S™"'".  Electorem  Brandenburgicum  amicitia 
et  foedere  uobiscum  inito")  subnixum,  colligatorum  armorum  robore  mu- 
niret,  vix  est,  qui  dubitet;  cum  igitur  ad  uos  perferatur  etiam  a  modo 
dicto  Electore  Brandenburgico  nuper  unum  ex  consiliariis  suis  Parisios 
fuisse  ablegatum  ^),  verisimiliter  hac  potissimum  de  causa,  ut  eodem  ipse 
etiam  fulcro  causam  suam  contra  Neoburgici  et  aliorum  consilia  firmet; 
tametsi    quidem  verendum   sit,    si    Dil".    Sua  illam    viam  iam   ingressa 


')  üeber  den  Rheinbund  seit  dem  Abschlüsse  der  Verträge  vom  14.  und  15.  Aug. 
1658  gibt  es  noch  keine  genügende  Darstellung.  Die  Tbätigkeit  Frankreichs  ist  un- 
genügend bei  Mignet  im  zweiten  Bande  der  Negociations  relatives  ä  la  succession 
d'Espagne  sous  Louis  XIV.  und  von  Cheruel  in  seinem  Aufsatze  „La  ligne  du  Rbin" 
im  Januarhefte  der  Comptes-rendus  de  l'Academie  des  sciences  morales  et  politiques 
1885  behandelt;  vergl.  auch  ürk.  und  Act.  XL  442 ff.;  IL  269 ff.;  Köcher,  Adolf,  Ge- 
schichte von  Hannover  imd  Braunschweig  I.  305  ff.  u.  a.  0.    Droysen  1.  c.  III. 3  9  ff.  u.  a.  0. 

^     Gemeint  ist  das  Bündnis  vom  9.  Feb.  1658. 

')     Blumentha' 


Instruction  für  Lisola.  145 

sit,  ne  ab  ea  tarn  facile  se  diverti  sit  passura;  non  desperemus  tameo, 
quin  si  eidem,  quae  in  contrarium  militant  rationes,  apposite  ob  oculos 
ponantur,  ab  eo  consilio  vel  penitus  revocari  possit,  vel  si  id  non  obti- 
neretur,  sisti  tarnen  in  proposito,  vel  saltera  eius  sui  consilii  rationes 
penitius  explorari  queant.  Desshalb  sendet  der  Kaiser  Lisola  an  den  Hof 
des  Kurfürsten  mit  dem  Befehle,  demselben  die  alte  Freundschaft  der  beiden 
Höfe  üi's  Gedächtnis  zurückzurufen  und  zu  betonen,  wie  sehr  die  Aufrecht- 
erhaltung derselben  unter  den  bestehenden  Verhältnissen  Noth  thue.  Der  Kaiser 
erinnere  sich  auch  mit  Dank  der  Bereitwilligkeit,  mit  welcher  der  Kurfürst  zu 
Regenshurg  Hilfe  gegen  die  Türken  zugesagt  habe ')  und  sende  Lisola,  um  über 
diese  und  andere  Angelegenheiten  mit  dem  Kurfürsten  zu  berathen.  Aeussert 
der  Kurfürst  in  seiner  Antwort  etwas  über  die  Aufgabe  des  nach  Paris  gesen- 
deten Ministers,  dann  ist  Lisola  die  Möglichkeit  gegeben,  über  die  Angelegen- 
heit, um  derentwillen  er  eigentlich  zum  Kurfürsten  gesendet  wird,  zu  sprechen. 
Er  soll  dies  so  thun  „ne  ipse  in  particulari  aliud  aliquod  medium  saluti 
et  securitati  suae  consulendi  propouat  ac  defendat,  quam  quod  sive  in 
dicto  instrumento  pacis  Westphalicae,  sive  in  eo  quod  Olivae  conclusum 
fuit  continetur;  in  his  abunde  de  nobis  quae  cum  ad  universalem  om- 
nium,  tum  cuiusque  in  particulari  conservatioDem  pertinent,  esse  pro- 
visum  . . . ,  alia,  quae  a  nonnullis  ante  hac  non  necessario  consilio  arrepta 
fuerunt  media  particularium  pro  sua  securitate  initarum  colligationum 
ad  dissolutionem  potius  universi  corporis  et  cousequenter  ad  singulorum 
in  particulari  mox  inde  consecuturam  servitutem  quam  conservationem 
et  libertatem  pertinere,  prout  cuivis  rem  sine  passione  et  prudenter  con- 
sideranti  non  possit  non  esse_obvium,  ...  nee  dubitare  se,  ablegatum 
nostrum,  quin  Dilectio  Sua  ab  eiusmodi  consiliis  ex  perspectis  eorundem 
consuetis  perniciosis  eveutibus  abhorreat.  Wenn  der  Kurfürst  aber  nicht 
selbst  von  dieser  Gesandtschaft  spricht,  dann  wird  es  Lisola's  Aufgabe  sein  auf 
irgend  einem  Wege  die  Sache  zur  Sprache  zu  bringen.  In  jedem  Falle  aber 
soll  er  den  Kurfürsten  zur  Fortsetzung  der  guten  Beziehungen  mit  dem  Wiener 
Hofe  aufmuntern.  Ist  der  Kurfürst  dem  Rheinbunde  bereits  beigetreten,  oder 
ist  sein  Beitritt  nicht  zu  hintertreiben-),  'so  soll  Lisola  dahin  sehen,  ne  condi- 
tionem  aliquam  in  praeiudicium  foederis  nobiscum  icti  tendentem  admittat. 
Auch  soll  Lisola  trachten  die  Gründe  zu  erfahren,  die  den  Kurfürsten  im  ge- 
setzten Falle  zum  Abschlüsse  mit  Frankreich  treiben.  Quod  si  igitur  inter 
illas  rationes,  quod  credibile  est,  etiam  metum,  quem  ex  Ducis  Xeoburgici 


1)  Yergl.  Urk.  u.  Act.  XL  170 ff. 

2)  Die  Verhandlungen  Frankreichs  mit  dem  Kurfürsten  über  dessen  Eintritt  in 
die  rheinische  Allianz  waren  damals  im  Gange,  aber  noch  nicht  abgeschlossen;  sie 
führten  nach  verschiedenen  Uebergangsstadien  am  1.  April  1665  zum  definitiven  Ein- 
tritte Brandenburgs  in  den  Rheinbund;  vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  437 ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV.  10 


146  III-    H;(;0-l(;(;4.     Mission  Lisola's. 

cum  rege  Franciae  colligatione  conceperit,  iie  videlicet  is  in  causa  Julia- 
censi  poteutia  Gallica  contra  se  praevaleat,  poneret;  ad  eum  metum 
discutiendum  argumentis  iam  delibatis  ex  in.strumentis  pacis  tum  West- 
phalicae  tum  Polonicae  deductis  veris  ac  solidis  utetur;  auscultabit 
etiam,  ne  forte  Dilectio  Sua  propensionem  aliquam  ad  amicabiliter  de 
Juliacensi  controversia  transigendum  cum  aliis  interessatis  ostendat;  quo 
casu  et  si  Dilectio  Sua  id  desideraret,  ablegatus  noster  illud  ad  referen- 
dum  recipiet  et  de  eo  per  proprium  cursorem  sine  mora  nos  edocebit; 
qui  alit)(}uin,  ut  ipse  tale  medium  ultro  proponat,  graves  ob  casus  noli- 
mus.  (^)uae  spes  S'"°  Electori  successionis  in  regno  Poloniae  pro  secuudo 
genito  suo ')  obiici  possit,  non  ignoramus;  sed  cum  eo  usque  progredi 
multae  prohibeant  rationes,  de  ea  re  ablegatum  nostrum  omni  negocia- 
tione  supersedere  satius  ducimus.  Lisola  soll  nur  inündlich  verhandeln. 
Si  S™"^  Elector  de  consilio  nostro  imperiali  aulico  conqueratur,  excuset 
oportune  et  ad  referendum  accipiat;  si  de  praetensione  Jägerndurfensi 
quid  moveretur,  excusatione  deficientis  inlormationis  utetur  et  similiter 
ad  referendum   accipiet'). 


Lisola  an  Walderode').    Dat.  König'sberg  26.  Juni  1663.  (Aiit.) 

[Zustand  am  kurfürstlichen   Hofe.] 

26.  Juni.  Veni,    vidi,    sed   nondum    vici;    extrinsecus   quidera  apparet  optima 

rerum  facies,  quid  vero  intus  lateat,  nondum  satis  licuit  perscrutari. 
Certum  est,  quod  Ser'""^  Elector  eximii  sit  erga  nos  animi;  ;:  anglt  tarnen 
illum  Suecorum  et  Galliae  metus  ac  diffidentia  virium  nostrarura,  acce- 
dunt  ingentia  Galliae  promissa  ministris  Brandenburgicis,  praesertim  An- 
haltino  et  Ratzivilio")  :j. 


')  Friedrich. 

-)  Vom  23.  April  1663  datirt  auch  das  Creditif  für  Lisola.  Einige  auf  die  Sen- 
dung Lisola's  bezügliche  Schreiben  Leopolds  an  den  Kurfürsten  in  ürk.  ii.  Act.  XL 
294  f. 

^)  Johann  Walderode  von  Eckhusen,   Geheimrathssecretär,  später  Reichshofrath. 

-')  Fürst  Boguslaw  Radziwill,    Statthalter  von  Preussen;    über   seine  Thätigkeit, 

Urk.  u.  Act.  IX.  passim. 


Unterstützung  des  Kurfürsten.     Jägerndorfer  Frage.  147 

Lisola  an  Walderode.     Dat.  Königsberg  6.  Juli  1663.  '  (Aut.) 

[Lage  der  Dinge.     Nothwendigkeit  reeller  Unterstützung  des  Kurfürsten  und  Beilegung 

der  Jägerndorfischen  Streitfrage.     Anhalt.     Hoverbeck.     Jena.     Bitte  um  Abberufung. 

Yermittelung  zwischen  Brandenburg  und  Neuburg.     Lothringische  Angelegenheit.] 

Ex  relationibus  meis  ad  S.  C.  M*"™. ')  intelliget  111*='^  V'\,  quo  loco  6.  Juli, 
res  versentur  et  quidem  longe  meliori  quam  speraveram  et  brevi  Deo 
juvaute,  si  ex  parte  nostra  correspondeamus,  totaliter  ad  votum  nostrum 
redigeudo;  sed  realitatibus  opus  est,  uou  verbis.  Utiuam  ex  parte  Hispa- 
niae  vel  nihil  oblatum  vel  exacte  adimplendum  sit.  Seusibilis  est  ac 
delicatus  iste  priaceps,  nee  vult  se  deridiculo  haberi;  caeterum  indoles 
optima,  generosa,  et  Austriacae  domui  teuere  addicta.  Rogo  quam  iu- 
stantissime  quatenus  cooperari  velit,  ut  non  remittatur  secretarius  raeus 
cum  uudis  verbis,  cum  semicocta  et  indigesta  instructione  aut  cum  dila- 
tionibus  aut  mediis  terminis.  lam  habent  aures  istis  omnibus  occlusas 
et  Gallis  praesehtia  ac  realia  offerentibus  obsistere  non  potero  cum 
futuris  et  incertis;  uegotium  istud  Jegerdorfianum  debet  tandem  aliqua 
ratione  terminari,  si  solidum  in  istius  principis  amicitia  velimus  collo- 
care  fundamentum ^).  Anhelat  ad  pugnandum  contra  Turcas,  si  bellum 
(quod  absit)  protrahi  debeat;  cur  non  posset  adhiberi  et  hoc  pacto  nobis 
totaliter  alligari?  Scio  rationes  esse  pro  et  contra  magni  ponderis;  sed 
ubi  semel  pro  nobis  forsan  strinxerit,  non  contra  Turcas  solum,  sed  ad 
omnes  alios  usus  habebimus  illum  obnoxium.  Principem  Anhaltinum 
nobis  demereri  tanti  refert,  quanti  interest  Electorem  a  nobis  non  alienari. 
Dom.  Overbokius  ipsius  est  manus  dextera;  instanter  petit  titulum 
baronis,  jam  olim  ipsi  a  Ferdinando  3°  gloriosae  memoriae  imperatore 
promissum.  Possemus  illum  levi  pretio  obligare,  si  diploma  in  bona 
forma  expeditum  ipsi  absque  sumptu  suo  mitteretur;  posset  S.  C.  W^. 
solvere  cancellariae  iura  vel  aliunde  supplere;  commendo  III''.  V***^.  hoc 
negotium  tanquam  rebus  nostris  et  etiam  Polonicis,  quarum  ipse  praeci- 
puam  directionem  habet,  essentialissimum.  S™"^  Elector  non  solum  con- 
sentit,  ut  ipsi  hie  titulus  conferatur,  sed  gratissimum  id  ipsi  accidet. 
Scribo  de  istis  omnibus  ad  excellentissimum  dominum  principem'');  sed 
vereor  ne  inter  immeusas  occupationes  id  ipsi  excidat.  Rogo  itaque 
jl]raam_  j)_  y.-im    quatcuus  supplere  velit  et  rem  ipsi  facilitare;  si  tam  cito 


')     Vergl.  das  folgende  Stück. 

'^)     Vergl.  auch  das  Schreiben  des  Kurfürsten  an  den  Fürsten  Portia  d.  d.  3.  Juli 
1663  Urk.  u.  Act.  XL  295. 
")     Portia. 

10* 


148  III-    KJfiO— KiG-i.     Mission  Lisola's. 

non  possit  expcdiri  diploma,  saltem  expediantur  ip.si  litterae  Caes''*'.  in 
quibus  ipsi  intimetur  haec  gratia  et  titulus  baronis  in  superscriptione 
apponatur;  diploma  postmodum  sequetur  cum  commoditate.  Certo  com- 
pertum  hal)eo  ex  clarissimis  documentis,  quod  ex  familia  antiquissima  et 
illustri  ex  Belgio  ortus  sit.  Si  domino  Jena  ')  aliquid  assignetur  ad 
menses  Imperiales  erit  utilissimus  suraptus;  experior  illum  satis  bene 
addictum  et  Gallis  aversum;  vir  est  efficax  et  audax,  qui  jam  multum 
praevalet. 

Da  Lisola  keine  Beschäftigung  für  sich  hier  sieht,  bittet  er  um  seine  Abberu- 
fung. Si  negotium  compositionis  Neoburgicae  suscipiatur,  S™°.  Electori  gra- 
tissimum  accideret,  si  haec  mihi  provincia  imponeretur,  prout  Intimi  eins 
ministi-i  mihi  aliquoties  insinuaruut;  qua  de  re  tarnen  nihil  ad  aulam 
Caes*'''™.  perscribo,  ne  id  videar  affectare.  Hoc  autem  apud  V.  111="°. 
D'™.  confidenter  deponendum  duxi;  quia  scio  id  profuturum  ad  ipsam 
negotii  substautiam;  per  hoc  enim  Ser'^^  Sua  majorem  in  nostra  media- 
tione  accipiet  tiduciam.  Summe  refert  hoc  negotium  non  deserere  nee 
protrahere,  ne  mora  evanescat,  aut  praeoccupemur  a  Gallis.  Pertentari 
poterit  quoad  hoc  mens  Ser™\  Ducis  Neoburgici,  an  velit  mediationem 
Caes*'.  admittere;  id  commode  fieri  posset  per  D.  Friquet,  iam  ipsi 
notum  et  charum  et  sie  apud  utrumque  principem  fidem  nanciscetur 
nostra  mediatio,  quae  si  effectum  sortiatur,  magnum  certe  addet  poudus 
rebus  nostris  in  imperio.  .  .  . 

Hie  valde  apprehendunt  negotium  Lotharingicum  et  vellent  habere 
fundamenta  et  occasionem  aliquid  hac  de  re  movendi  in  comitiis.  A 
me  anxie  quaesiverunt,  an  Lotharingia  sit  ex  natura  sua,  vel  in  totum, 
v.el  ex  parte  feudum  imperii;  certum  teneo  illam  talem  esse  ex  natura 
sua,  licet  ex  speciali  privilegio  ab  homagio  exemptam,  optarent  habere 
aliqua  huius  rei  documenta'). 


0     Gi#meint  ist  Friedrich  Jena. 

^)  Es  handelte  sich  damals  um  die  Uebertragung  Lothringens  und  Bar's  an 
Frankreich;  vergl.  D'Haussonville.  Ilistoire  de  la  reunion  de  la  Lorraine  IIL  204ff., 
Huhn,  Eugen,  Geschichte  Lothringens  IL  288 ff. 


Des  Kurfürsten  Pläne  und  Eikläruiigen.  149 

Auszug-  aus  des  Lisola  Bericht  vom  6.  Juli  1663'). 

[Audienz  beim  Kurfürsten.  Verbandlungen  mit  Anhalt  und  Hoverbeck.  Anhalts 
Aeusserungen  in  Gegenwart  des  spanischen  Botschafters.  Des  Lisola  und  des  Ucedo 
Erwiderungen.  Urtheil  Lisola's  über  des  Kurfürsten  Pläne.  Unterredung  Lisola's  mit 
Hoverbeck  über  die  Mittel  der  Beilegung  des  brandenburg-neuburgischen  Streites. 
Neue  Verhandlungen  und  Erklärungen  des  Kurfürsten  und  seiner  Räthe.] 

Lisola  kam  am  22.  Juni  nacli  Königsberg  und  wurde  dort  sehr  freundlich  6.  Juli, 
aufgenommen-).  Am  23.  hatte  er  Audienz  beim  Kurfürsten,  in  welcher  er  um 
offene  Mittheilungen  ersucht.  Am  24.  besucht  ihn  der  Fürst  von  Anhalt  und 
theilt  ihm  mit,  dass  er  und  Hoverbeck  für  die  Unterhandlungen  seitens  des  Kur- 
fürsten ausersehen  seien.  Am  25.  erste  Conferenz;  die  Brandenburger  fordern 
Erklärungen  von  Lisola;  dieser  erwidert,  er  sei  hierhergeschickt,  um  die  Pläne 
der  Brandenburger  zu  vernehmen.  Es  zeigte  sich,  dass  es  sich  um  3  Dinge 
handele,  1.  um  die  Fürstenfrage,  2.  um  die  Reichsangelegenheiten,  vornehmlich 
um  den  Reichstag,  und  3.  um  die  auswärtigen  Angelegenheiten,  Die  Räthe  des 
Kurfürsten  bedauern  den  Eüifall  der  Türken  gerade  zu  dieser  Zeit  3).  Hover- 
beck meint,  die  Königin  von  Polen*)  habe  absichtlich  diesen  Sturm  gegen  den 
Kaiser  heraufbeschworen,  um  desto  sicherer  ihre  Pläne  betreffs  der  Nachfolge 
durchführen  zu  können.  Am  26.  spricht  der  Kurfürst  den  Wunsch  aus,  dass 
ia  Gegenwart  des  spanischen  Botschafters'')  verhandelt  werde.  Am  27.  erklärt 
der  Fürst  von  Anhalt  in  Gegenwart  des  spanischen  Botschafters.  „Videri 
punctum  auxiliorum  contra  Turcam  ita  cütmexum  es^e  cum  puncto  secu- 
ritatLs  in  comitiis  tractandae  ^),  ut  unum  sine  altere  tractari  neu  possit. 
Gallos  in  dies  fieri  potentiores  et  ipsorum  pecunia  et  amicitia  Suecos^); 
quid  consilii  contra  hos  ad  defensionem  statuura  electoralium?  an  non 
temporizandum  cum  dictis  Gallis  et  Suecis.     Lisola    antwortet:    totum  re- 


')     Der  Bericht  Lisola's  ist  nicht  erhalten:  wohl  aber  der  oben  mitgetheilte  Auszug. 

-)  Ueber  Lisola's  Verhandlungen  Urk.  n.  Act.  XL  294  fr.  u.  a.  0.;  IX.  647,  755; 
Droysen  1.  c.  IILj  44 f. 

^)  Vergl.  für  den  Türkenkrieg  —  der  eine  genügende  Darstellung  noch  nicht 
gefunden  hat  —  Rinteleu,  die  Feldzüge  Montecuccoli's  gegen  die  Türken  1661 — 1664 
(Oesterreichische  militärische  Wochenschrift  1828):  Campori,  Raimondo  Montecuccoli 
360  ff. :  Zinkeisen,  Geschichte  des  osmanischen  Reiches  IV.  901fr. ;  Rousset,  Louvois  I. 

■*)     Louise  Marie. 

^)  Sebastian  d'ücedo;  vergl.  über  dessen  Gesandtschaft  ürk.  und  Act.  XI.  306 
Anm.  f. 

^)  Für  die  Verhandlungen  über  die  Reichssicherheit  zu  Regensburg,  vergl. 
Urk.  u.  Act.  XL  185 ff. ;  Gemeiner,  Geschichte  der  öffentlichen  Verhandlungen  des  zu 
Regenshurg  noch  fortwährenden  Reichstages  I.  69ff. :  Pachner  von  Eggenstorff,  Voll- 
ständige Sammlung  aller  von  Anfang  des  noch  fürwährenden  Teutschen  Reichstages 
de  anno  1663  biss  anhero  abgefassten  Reichsschlüsse  I.  13f.,  25ff.  u.  a.  0. 

')  Ueber  die  französisch-schwedischen  Beziehungen  dieser  Zeit  Recueil  des  In- 
structions donnees  aux  Ambassadeurs  de  France  Tom.  IL  Suede  par  Geoffroy;  Ein- 
leitung p.  LH.  f. 


150  "l-    K'GO— 1064.     Mission  Lisola's. 

medium  repositum  esse  in  reuniendo  imperio  et  dissolvendo  foedere  Rhe- 
nano.  Der  spanische  Gesandte  spricht  ebenso  und  fügt  hinzu,  der  König  von 
Spanien  habe  zu  diesem  Zwecke  bereits  100000  Thaler  bestimmt.  Aus  all  den 
Reden  hat  Lisola  ersehen,  dass  der  Kurfürst  durch  grosse  Versprechen  Lesseins ') 
A'erführt,  die  Freundschaft  mit  Frankreich  nur  ungern  aufgeben  würde,  ebenso 
ungern  aber  auch  auf  die  mit  Oesterreich  verzichten  -würde;  vielmehr  die  Freund- 
schaft beider  zu  behaupten  suche.  Er  berichtet  darauf  über  die  Versprechen 
Lesseins  und  über  die  Verhandlungen  Blumenthals-). 

Et  cum  ex  Overbeckio  (Lisola)  cognovisset,  quod  praecipua  causa 
respectus  ad  Gallos  sit  causa  Juliacensis,  se  quasi  ex  se  proposuisse,  an 
non  posset  compositio  aliqua  eius  controversiae  tentari;  id  placuisse 
Overbekium  admodum,  qui  etiara  asseruit  ad  eam  Electorem  optime  esse 
dispositum ,  qui  Elector  non  ignoret,  quid  per  Friquetium  cum  Princi- 
pissa  Auraica  fuerit  actum  ^).  Gleiche  Versicherungen  habe  bald  darauf  der 
Kanzler  Jena  gegeben.  Am  28.  bringt  Jena  die  Antwort  des  Kurfürsten^).  Am 
29.  erfolgt  die  Antwort  des  Kurfürsten  auf  die  3  Punkte.  Am  30.  Juni  werden 
die  Verhandlungen  über  den  Rheinbund  geführt^).  Am  selben  Tage  berichten 
des  Kurfürsten  Räthe  über  die  Gesinnungen  des  Dänenkönigs'"');  „regem  ilium 
propendere  ad  foedus  cum  Austriacis,  tentandum  foedus  cum  Brandenbur- 
gicae,  Saxoniae  et  Bavariae  Electoribus,  ita  cum  Duce  Wirtembergensi  et 
Brunsviceusi,  cavendum  a  Moguntino:  Brunsvicenses  non  contemnendos; 
qui  non  sint  male  dispositi,  sed  a  ministris  corruptis  seducautur,  de- 
merendos  etiam  a  nobis  aliquos'').  Principi  Catholico  ex  illa  domo  propo- 
nendam  opem  successionis  in  Polonia.  Suecis  subduceudos  officiales, 
Würtzium,  Wrangelium^),  oblato  principatu  imperii  et  officiis  militari- 
bus.  Ad  foedus  Rhenanum  quod  attinet,  huic  vel  aliud  opponendum, 
vel  suscipiendum  illud  ab  omnibus,  videlicet  ab  imperatore  etc.  Cu- 
randum,  ut  in  comitiis  punctus  securitatis  ad  satisfactionem  statuura 
resolvatur  et  tunc  instandum,  ut  foecius  Rhenanum,  tanquam   non   neces- 


')  De  Lesseins,  französischer  Gesandter  in  Berlin ;  über  seine  Thätigkeit  daselbst 
ürii.  u.  Act.  n.  233 ff.;  IX.  599 ff.;  XI.  a.  v.  0. 

^  In  diesem  Auszuge  ist  nicht  genauer  darüber  berichtet ;  vergl.  Urk  u.  Act. 
II.  -278 ff.;  IX.  620ff. 

3)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  491;  Puf.  1.  c.  IX.  71  ff. 

*)    "Wird  hier  nicht  mitgetheilt. 

=)  "Wird  hier  nicht  mitgetheilt;  über  Brandenburgs  Stellung  zum  Rheinbunde, 
Urk.  u.  Act.  n.  269ff;  IX.  599ff.;  XL  442 ff. 

^)  Ueber  die  brandenburg-dänischen  Beziehungen  in  dieser  Zeit  Urk.  und  Act. 
IX.  721  ff. 

'')     Für  die  Haltung  der  braunschweigischeu  Fürsten  Köcher  1.  c.  321  ff. 

*)    Paul  Würtz,  Gustav  Wraugel. 


Des  Kurfürsten  Gesinnung.  151 

sarium  aboleatur,  vel  instare,  ut  omnes  ad  illud  admittantur.  Lisola 
habe  diese  Mittel  sehr  gebilligt  und  der  spanische  Gesandte  aus  seiner 
Instruction  den  Abschnitt  verlesen,  quod  pensio  hispanica  pro  Electore 
cum  foedere  Gallico  subsistere  oequeat.  Electorales  coütendisse,  tempori- 
zandum  esse,  foedus  BraDd-Gallicum  iam  vetus  esse  nee  renovationem 
negari  posse,  quin  palani  renuncietur  amicitiae  Gallicae.  Se  (Lisola)  con- 
testatum  esse,  quod  mirura  sibi  id  accidat,  ut  qui  de  illo  nesciret,  nee 
instructus  sit.  Petiisse,  ut  saltem  differatur  tractatus  in  Gallia,  donec 
Caesar  respondeat;  electorales  receperuut  ad  referendum.  Se  (Lisola) 
deinde  cum  principe  Anhaltino  privatim  de  eo  egisse  et  ostendisse,  quod 
Galli  per  illud  foedus  Intendant  Electorera  mancipium  suum  facere.  An- 
baltinum  quaesiisse,  an  gratum  futurum  esset  Caesari,  si  dissoluta  nego- 
ciatione  Blumenthal  revocetur?  Cumque  ipse  affirmasset,  illum  addixisse 
operam;  memorasse  tamen,  quanta  sibi,  Overbekio  et  Jena  a  Gallis  essent 
ublata. 

Am  2.  Juli  melden  die  Räthe  die  Entschlüsse  des  Kurfürsten  i);  betheuern 
ihre  wahre  Neigung  für  den  Kaiser,  beklagen  aber  kein  Zeichen  seiner  Aner- 
kennung, erhalten  zu  haben.  Ferner  klagen  sie  darüber,  dass  der  König  von 
Spanien  seine  Versprechen  nicht  erfülle-),  und  dass  in  der  Jägerndorfer  Sache 
dem  Kurfürsten  nicht  Satisfaction  gegeben  werde,  was  sie  besonders  stark  be- 
tonen. 


Lisohi  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  13.  Juli  1663.    (Or.) 

[Aeusserungen  des  Kurfürsten.     Dessen  Gesinnung.] 

Eine  Unterredung  mit  den  kurfürstlichen  Ministern  über  die  polnischen  13.  Juli. 
Verhältnisse  blieb  ohne  Erfolg.  Der  Kurfürst  besprach  mit  Lisola  den  Stand 
der  allgemeinen  Verhältnisse,  j:  plurima  etiam  de  Galli  ambitione  et  in- 
tollerabili  gallicae  dominationis  jugo  et  plurimorum  apud  principes  im- 
perii  ministrorum  corruptela  cum  tali  affectu  disseruit,  ut  satis  appareat, 
ipsum  ex  mentis  sententia  loqui;  nodus  rei  consistit  in  dissipando  motu, 
quem  de  Suecis  habet  maximum  et  media  communis  securitatis  ipsi 
demonstrandi,  quibus  etiam  ipse  non  indiligenter  incumbit:j. 


')     Werden  hier  nicht  mitgetheih. 
-)     Urk.  u.  Act.  XI.  306  Anm.f. 


152  ^^I-    lß60— inßl.     Mission  Lisola's. 

Lisola  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  18.  Juli  1663.   (Gr.) 

[Verhandluügen  Lisola's  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Türkeuiiilfe.  Erklärungen  des 
Kurfürsten  in  Bezug  auf  die  Türkenhilfe  und  die  dabei  vorzusehenden  Verhältnisse. 
Unterredung  mit  Anhalt  über  die  Ausübung  der  Religion  bei  den  protestantischen 
Truppen.  Unterredung  mit  Anhalt  und  Hoverbeck  über  die  Verwendung  der  kurfürst- 
lichen Truppen.     Nachrichten  aus  Polen.] 

18.  Juli.  Befehl  vom  3.  d.  M.  erhalten'). . . .    Accepta  M*'"*.  V^".  instructione  illico 

S™"'".  Electorem  addii  et  traditis  eidem  Caes'^-  litterLs  exposui  snramam 
commissionis  ip.sique  intimiim  rei  statum  ac  periculi  magnitudinem  fuse 
deduxi,  rogaus,  ut  quam  promptissima  ac  copiosissima  posset  auxilia  sub- 
mitteret.  Visus  est  rem  fortiter  apprehendere  etoranem  exhibere  promptitu- 
dinem;  dolet  praesentem  rerum  suarura  statum,  exhaustas  provincias, 
exautoratum  recenter  militem  et  maximam  quam  unquam  alias  pecuniae 
penuriam.  Institi,  ut  saltem  numerura  peditatus  augeret,  egi  quoque  eun- 
dem  in  finem  apud  primarios  eius  ministros  et  post  aliquot  conferentias 
haue  tandem  resolutiouem  aceepi:  Sua  Ser*^*.  electoralis  praeter  ea,  quae 
in  comitiis  Ratisbonensibus  per  legatum  suum  offerre  nuper  demanda- 
vit,  scilicet  150  menses  romanos")  ac  ea  quae  mihi  specialiter  ante  aliquot 
dies  declaravit,  nempe  1000  pedites,  200  equites  et  400  dragones;  addet 
praeterea  alios  300  dragones  et  300  equites,  quem  in  finem  statim  ad 
instantiam  meam  curavit  expedire  mandatum  ad  principem  ab  Holstein  ^), 
ut  copias  illas  duceret  ad  confinia  Silesiae  prope  Crossen  ibidemque 
mandata  S.  M"'*.  V'^'^.  vel  eius  in  Silesia  armorum  praefecti  praestola- 
retur  ac  sine  mora  exequeretur,  quod  ut  melius  praestari  possit,  in- 
^unctum  est  ipsi,  ut  expediret  aliquem  ad  generalem  tormentorum  prae- 
fectum  comitem  de  Souches,  qui  armis  in  Silesia  praeesse  dicitur,  ut 
eum  moneret  de  siio  adventu,  rogaretque  ut  commissarium  ad  dacendas 
per  destinata  loca  copias  ad  ipsum  destinaret,  omniaque  eum  in  finem 
necessaria  more  solito  ordinaret*).  Constitutum  etiam  est,  ut  copiae  post 
acceptum  ]\r'^.  V'"^.  mandatum  congregari  debeant  Grimbergae  in  Silesia 
quatuor  aut  quinque  Crossia  milliaribus;  interea  vero  prope  Crosnam  in 


')  Eine  Weisung  vom  S.Juli  liegt  nicht  vor;  sie  betraf,  wie  aus  dem  mitge- 
theilten  Berichte  Lisola's  zu  ersehen  ist,  die  Türkenhilfe. 

-')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XL  187  f. 

^)  August  von  Holstein,  seit  1659  im  Dienste  des  Kurfürsten;  vergl.  Hirsch, 
Die  Armee  des  Grossen  Kurfürsten  und  ihre  Unterhaltung  während  der  Jahre  1660 
bis  1666  (Hist.  Zeitschrift  N.  F.  XHI.  234ff.). 

■*)  Yergl.  das  Schreiben  des  Kurfürsten  an  August  von  Holstein  d.  d.  Königs- 
berg 20.  Juli  1(;g;J;  Urk.  u.  Act.  XL  296  f. 


Türkenhilfe.  153 

ditioDibus  electoralibus  subsistant;  prumissae  munitiones  bellicae  Franco- 
furti  erunt  ad  liberam  M*'^  Y^*.  dispositionem  apud  urbis  praefectum 
Goetz. 

Pro  securitate  vero  ditionum  electoralium  (quam  curam  nomine 
jjtis_  Yae_  eidem  suasi)  S""'^  Elector  indixit  urdinariam  nobilitatis  mo- 
tionem,  ut  parati  sint  sub  armis  in  Markia  quam  Mindae  et  Alber- 
stadii;  decimum  quoque  hominem  ex  plebe  sub  signis  constitui  iussit, 
quod  considerabilem  conflabit  militiae  numerum,  praeter  quem  carabit 
et  iam  de  facto  curat  novum  militem  conscribi ')  et  si  aliquid  ex  pro- 
missa  assistentia  a  S^°.  Rego  Catholico  percipiat,  totum  illud  ad  commu- 
nem  defensionem  insumet  et  in  omni  necessitatis  casu  M'\  V'"^.  copio- 
sius  subveuiet,  sese  impense  ac  omnia  sua  M''.  V="'.  offerens,  nihilque 
diligentiae  praetermittere  cupiens,  qua  M'".  V-'®.  constet,  quautam  com- 
munis causae  et  privatae  M'*®.  V"*®.  rationis  curam  gerat.  Indicavit  mihi 
princeps  Anhaltinus  nomine  Suae  Ser"*.,  quod  cum  copiae  illae  meris  pro- 
testantibus  coustent,  singulas  legiones  more  solito  Imbituras  suum  praedi- 
cantem,  nee  enim  posse  solatio  animarum  carere  ac  Ser*^™.  Suam  sperare 
nullam  quo  ad  hoc  motum  iri  difficultatem.  Respondi,  me  quidem  circa 
hoc  minime  instructum;  scire  tarnen  apud  nos  non  solitum  tollerari,  cum 
praesertim  hae  copiae  corpus  seorsivum  constituere  non  possint,  sed 
misceri  debeant  aliis,  quibus  id  nulla  ratione  permittitur  et  licet  hac  in 
re  S"^.  C*"^.  M^^  gratificari  cuperet  Ser™°.  Electori,  id  tamen  propter 
exemplum  et  sequelam  videii  summe  difficile,  curam  autem  illam  videri 
omnino  superfluam:  sive  enim  illae  copiae  mansurae  sint  in  Silesia,  sive 
in  Hungariam  perrecturae,  hoc  qualecumque  animarum  solatium  minime 
ipsis  defuturum,  abundare  enim  ditiones  illas  plus  quam  sufficienti  prae- 
dicautium  copia,  ita  ut  frustra  aliunde  sint  accersendi.  Hisce  non  ob- 
stantibus  expresse  requisivit,  ut  hoc  M"^'.  V''«.  significaretur.  Quia  vero 
in  praecedenti  declaratione  S.  Ser'=*^  intendebat,  ut  illae  copiae  auxiliares 
in  Silesia  retinerentur  pro  defensione  provinciae  et  confinium,  donec  sal- 
tem  S.  S'''^  aliunde  sibi  de  milite  prospexisset,  rogavi  principem  Anhal- 
tinum  et  Overbök,  ut  efficerent,  quatenus  S.  S'^^  id  pure  arbitrio  S.  C. 
M"^.  et  rerum  exigentiae  permitteret,  quod  quidem  in  se  susceperunt, 
suaserunt  tamen,  ne  id  nunc  nimium  urgerem,  ubi  enirrj  copiae  forent  in 
potestate  nostra,  haud  aegre  postmodum  fore  impetrare,  ut  absolute  ad 
nostram  dispositionem  relinquantur.  .  .  . 

P.  S.    Certo  nobis  ex  Polonia  nuutiatur,  res  ibi  ad  proborum  omnium 


')     Vergl.  Hirsch  1.  c.  242. 


154  in.   IGßO— 16G4.     Mission  Lisola's. 

Votum  compositas  regemque  adactum,  ut  promitteret,  Gallicae  factiu- 
iiis  conatus  omnino  supprimendos ;  exautorabitur  ibi  miles  Germanicus, 
qui  ulterius  Polonis  servire  detrectat  et  praestantissimo  constat  peditatu, 
quem  M''^  V*.  commodis  conditionibus  posset  sibi  conciliare.  Ad  hoc 
plurimum  referret  |:  Mareschallus  regni'),  nee  non  generalis  vigiliarum 
praefectus,  comes  Cellari,  Cracoviae  comendans.  :| 


Der  Kaiser  an  Lisola.     Dat.  Wien  26.  Juli  1663.    (Couc.) 

[Türkeuhilfe.  Reichsangelegenheiteii.  Mediation  des  Kaisers  in  der  braudenburg-neu- 
burgischen  Streitsache.  Brandenburg -französische  Beziehungen.  Die  lothringische 
und  elsässische  Angelegenheit.     Jägerndorfer  Frage.     Belohnung  Anhalts  und   Hover- 

becks.] 

26.  Juli.  Lisola  soll  dem  Kurfürsten   vorhalten,    wie   dringend   der  Kaiser   die  Hilfe 

gegen  die  Türken  benöthige,  eine  Erhöhung  der  Truppenzahl  nochmals  anstreben 
und  die  Erhaltung  der  zur  Hilfe  zu  sendenden  Truppen  durch  Friedrich  Wil- 
helm fordern.  Den  Herzog  von  Holstein  als  Führer  der  Truppen  lässt  sich  der 
Kaiser  gefallen;  doch  möge  Lisola  trachten,  dass  demselben  blos  der  Titel  eiues 
.,Colonellus"  und  nicht  der  eines  «generalis  vigiliarum  praefectus''  verliehen 
werde. 

Ad  alterum  deinde  caput  negociationis  tuae,  statum  videlicet  rerum 
in  imperio  et  comitiis  Ratisbonensibus  quod  spectat,  sicuti  probe  per- 
spicimus  et  sentimus  pleraque  omnia  difficJlia  et  turbata  ex  foedere  illo 
Rhenano  difficiliora  et  turbatiora  esse  facta;  ita  ex  senteutia  etiam  Di- 
lectionis  Suae  id  inprimis  ageudum  censemus,  ut  illud  quam  primum 
dissolvatur  et  aboleatur.  Inter  media  ad  hunc  finem  assequendum  nul- 
lum  nos  efficacius  et  promptius  reperire,  quam  ut  puuctus  securitatis 
publicae  iam  in  comitiis  propositus"),  quautocius  quam  appositissimo 
ad  omnes  modo  constituatur,  ac  tum  quicquid  expectatioue  huiusmodi 
constitutionis  separatim  introductum  fuit  cassetur. 

Bezüglich  der  Verwickelungen  des  Brandenburgers  mit  dem  Neuburger 
bietet  der  Kaiser  seine  Mediation  an.  Ad  foedus  illud  anno  1656  a  Di- 
lectione  Sua  cum  rege  Galliae  initum  quod  attinet^),  dextre  innues,  ex- 
perientia  ipsam  comperisse,  quam  parum  sibi  id  hactenus  profuerit, 
quantumque    incommodorum    toti    Sac.    Rom.    Imperii    statui    ex    eius- 


')     Georg  Lubomirski. 

2)     ürk.  u.  Act.  XL  189 ff.;  Pachner  1.  c.  L  25 ff. 

^)     Gemeint  ist  die  Defensivallianz   vom  24.  Februar  1656  auf  6  Jahre;   Mörner 
1,  c.  200  f, 


Türkenhilfe.     Reichsangelegenheiten.  155 

modi  foederibus  iam  a  primis  nuperi  belli  Germanici  initiis  contractum 
fuerit.  Dubium  erp;o  esse  non  posse,  quin  non  modo  recte  et  prudenter 
sed  heroice  etiam  factura  sit  Dileetio  Sua,  si  ulteriorem  eius  renovatio- 
nem  a  se  araoliendo  aliis  exemplo  ad  idem  faciendum  praeeat'). 

Ad  negotium  Lotharingicum  quod  spectat,  id  ita  comparatum  reperi- 
mus,  ut  exemplo  esse  possit,  quid  sibi  caeteri  eidem  coronae  vicini  et 
oportuui  mox  ab  illa  poUiceri  debeant.  Nee  dubitare  nos,  quin  si  prin- 
cipes  ipsi  Lothariugi  suam  causam  suo  loco  serio  proponerent,  non  modo 
commiserationem  sed  patrociüium  etiam  ac  opem  essent  inventuri;  mis- 
sum  quidem  fuisse  huc  nuper  Lignevillium  cum  litteris  ab  utroque  duce; 
adesse  etiam  hie  alterius  filium  nil  serio  agentes  sed  haesitantes,  ac  ut 
videtur  in  uullam  partem  satis  firmos.  Nos,  si  res  in  comitiis  propona- 
tur,  nee  ipsi  sibi  desint,  non  defuturos  iustis  ipsorum  rationibus.  Ad 
negociationem  Gallicam  Alsatiae  cum  corpore  Iraperii  reuniendae  quod 
attinet,  recte  respondisti,  eam  negociationem  Gallos  suscepturos  non  fuisse, 
nisi  spe  ingentis  alicuius  commodi  inde  consequendi,  quod  in  turbandis 
et  confundendis  consiliis  imperii  hactenus  constitit;  sed  cum  ad  nos  de 
ea  negociatione  hactenus  nihil  aliunde  relatum  sit,  causam  praeoccu- 
pandi  non  habuimus.  . .  . 

Betreffs  der  Jägerndorfer  Angelegenheit  ist  es  der  Wunsch  des  Kaisers 
diesen  alten  Streit  beizulegen,  jetzt  aber  bei  dem  Türkenkriege  ist  nicht  der 
geeignete  Moment  dazu. 

Den  Prinzen  von  Anhalt  würde  der  Kaiser  sehr  gerne  belohnen,  doch  fehlt 
ihm  jetzt  das  Geld.     Hoverbecks  Wunsch  bezüglich  der  Baronie  wird  erfüllt. 


Lisola  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  3.  Aug.  1663.    (Or.) 

[Unterredungen  des  Lisola  mit  dem  Kurfürsten  und  mit  dessen  Käthen  über  die  Frage 

der  Reichssecurität.] 

Ab  ultimis  meis  humillimis  relationibus  tam  8""^  Elector  quam  3.  Aug. 
eius  raandato  nonnulli  eius  ministri  mecum  aliquoties  collocuti  fuerunt 
circa  punctum,  de  quo  nunc  in  comitiis  Ratisbonsensibus  agendum  est; 
scilicet  de  modo  constituendae  securitatis  et  quietis  imperii,  de  quo  iam 
nonnulla  in  antecedentibus  meis  litteris  insinuavi:  cumque  a  suis  depu- 
tatis  Ratisbonae  degentibus  solicitetur,  ut  quam  primum  ipsis  quoad  hoc 


')     Die    Erneuerung    des    Vertrages    von    1G56    erfolgte   erst  am    G.März    1G64; 
Jlörner  l  c.  258. 


156  III.    1(560—1664.     Mission  Lisola's. 

mentem  et  intcntionem  suam  transmittat '),  ideo  in  omuibus  fere  ser- 
monibus,  quos  mecuni  habuit,  hanc  semper  materiam  adduxit  in  me- 
dium, saepius  piotestatus,  se  nunquam  a  rationibus  et  consiliis  S""^". 
Qpae  ]yitis_  yae  (Ji.scessurum.  Ego  tarn  cum  ipso  quam  cum  eius  mi- 
nistris  mansi  in  terminis  geueralibus,  primum  et  fere  unicum  fundamen- 
tum  securitatis  iraperii  in  eo  situm  esse,  ut  membra  capiti  perfecte 
reuniantur,  absque  lioc  omnia  cousiüa,  quantumvis  saluberriraa,  omnes 
leges  et  conventiones  incassum  abituras;  de  caetero  consultum  mihi  vi- 
deri,  si  Sei'-''*.  Sua  donec  de  mente  Caesaris  ipsi  plene  constaret,  manere 
dignaretur  in  generalibus,  intcriiam  reunioiiom  efficaciter  suadere  et  de- 
mandare  ablegatis  suis,  quatenus  cum  legatis  Caesareis  Ratisbona  existenti- 
bus  intime  coramunicent  et  ex  condicto  cum  ipsis  agant.  . .  , 


Lisola  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  24.  Aug-.  16ö3.  (Or.) 

[Unterredung  mit  dem  Kurfürsten  in  der  Türkenfrage.  Erklärungen  desselben.  Ver 
handlungen  mit  Anhalt  bezüglich  Jägerndorfs.  Erklärungen  des  Kurfürsten  in  beiden 
Fragen.  Erwiderung  Lisola's.  Neuerliche  Erklärung  des  Kurfürsten  bezüglich  der 
Türkenhiife.  Erwiderung  Lisola's.  Einigung  Lisola's  mit  Anhalt  in  der  Türkenfrage. 
Marsch  der  brandenburgischen  Truppen.  Des  Kurfürsten  Wünsche  bezüglich  der 
Streitigkeiten  mit  seinen  ünterthanen  und  dem  Neuburger.  Brandenburg-mainzische 
Beziehimgen.  Nothwendigkeit  Anhalt  zu  gewinnen.  Vorschlag  in  dieser  Sache. 
Unterredungen  Lisola's  mit  Anhalt  und  Jena  in  der  Jägerndorfer  Angelegenheit.  Des 
Kurfürsten  Erklärungen  in  dieser  Angelegenheit.  Lisola's  Erwiderung.  Vorschläge 
Anhalts.  Preussische  Souverenetät.  Bitte  um  Abberufung  in  Folge  Nutzlosigkeit 
seiner  Anwesenheit  aai  kurfürstlichen  Hofe.] 

24.  Aug.  Befehle    vom    26.  Juli  und   I.August    erhalten-).     Hat  den  Kurfürsten  in 

der  erbetenen  Audienz  ersucht,  die  für  den  Kampf  gegen  die  Türken  dem 
Kaiser  zur  Verfügung  gestellten  Hilfstruppen  auf  eigene  Kosten  zu  erhalten  und 
überdies  deren  Verwendung  vollkommen  dem  Gutdünken  des  Kaisers  zu  über- 
lassen. Aequissimo  anirao  et  hilari  vultu  S'^^  Sua  hasce  propositiones 
suscepit  meque  hoc  responso  dimisit;  se  deliberaturum  desuper  ac  me- 
cum  indicturum  conferentiam.  Posthac,  cum  aliqua  ad  aurem  principis 
Anhaltini,  qui  illic  aderat,  insusurasset,  idem  princeps  deduxit  rae  ad 
conclave  suum  et  ante  omnia  coepit  de  praetentione  Jegendorfiana  (quam 


')  Brandenburgs  Vertreter  in  Regensburg  waren  Gottfried  von  Jena  imd  Curt 
Asche  von  ilahrenholtz  (vergl.  über  sie  Urk.  u.  Act.  XL  156f.);  über  des  Kurfürsten 
Ansicht  in  dem  Puncte  der  Reichssecurität  vergl.  sein  Schreiben  vom  20./30.  Juli  1663 ; 
Urk.  U.Act.  XL  189 ff. 

■^)  Eine  Weisung  vom  1.  Aug.  liegt  nicht  mehr  vor.  Von  diesem  Tage  stammt 
ein  Schreiben  Leopolds  au  den  Kurfürsten;  Urk.  u.  Act.  XL  297L 


Türkenliilfe.     Jägerndorf.  157 

studio  apud  Electorem  suppresseram)  sollicite  inquirere,  quid  circa  illam 
mandati  accepissera.  Respondi,  S^™.  M"'"'.  V'^™.  tot  simul  malis,  periculis, 
occupationibus  oppressam,  morbo  etiam  tunc  praepeditam  mimine  quoad 
hoc  solidam  potuisse  rationem  investigare,  qua  hoc  negotium  compla- 
nari  posset,  rem  esse  ex  se  arduara,  litigiosam.  cui  Interesse  tertii  inter- 
cedebat;  S''.  Suae  minime  mirum  esse  debere,  si  S".  C^''.  l\t''^,  quae 
paucis  hinc  aunis  reguorum  administratiouem  difficillimis  temporibus 
suscepit,  tarn  brevi  tempore  inter  tot  tricas  negotium  illud,  quod  toto 
aug°".  parentis  et  avi  sui  aevo  perfici  non  potuerat,  non  posset  tarn  re- 
pente  absolvere;  serio  tamen  et  mature  deliberari,  qua  ratione  id  com- 
modissime  transigi  posset,  nee  me  dubitare,  quin  tandem  modus  inveuia- 
tur,  quo  Ser''.  Suae  plene  satisfiat;  Interim  rationem  temporura  et  arctae 
unionis  vincula  minime  suadere,  ut  privata  haec  negotia  cum  publicis 
confundantur,  aut  necessaria  ad  communem  salutem  consilia  inde  tan- 
tisper  retardentur.  Ad  haec  penitus  diriguit  et  talem  vultu  praetulit 
consternationem.  ut  prorsus  caruerit  responso;  |:  quod  probe  animadver- 
tens.  nullum  mihi  snpererat  consilium,  quam  illius  animum  spe  privatae 
remuneratiünis,  paulo  expressius,  quam  mea  ferret  instructio,  quantum 
licuit  erigere,  hoc  unicum  in  tanta  perplexitate  nactus  remedium,  cum 
satis  praeviderem  vulnus,  quod  Electori  Brandeuburgico  per  hoc  respon- 
sum  inflictum  il)at.  medicis  opus  habiturum,  qui  lenitivum  applicarent, 
cumque  optirae  eum  disposuissem,  ab  eo  secessi  praestolaturus  conferen- 
tiam  :  .  Sed  post  aliquot  horas  idem  princeps  mandato  Ser''^  Suae  me 
convenit  mihique  sequentia  significavit  eiusdem  nomine:  Ser'^'".  Suam 
maximo  sibi  infortuuio  ducere,  quod  post  tot  edita  fidei  ac  devotioniw 
suae  documenta,  tarn  parum  apud  ipsam  valuerit,  ut  ne  quidem  in 
aequissimis  praetentionibus,  iusticiam,  quam  ne  vel  infimo  civi  denegare 
solet,  impetrare  potuerit,  quodque  auxilia,  quae  pro  modulo  potestatis 
suae  obtulerat,  tam  parum  accepta  sint,  ut  in  omnibus  fere  punctis  ali- 
quid desiderandum  supersit;  rationes  omnes  et  excusationes  quas  ad- 
duxeram  et  spem  quam  ingerebam  apud  ipsum  valituras,  si  nunc  pri- 
mum  proferrentur,  sed  non  excidisse  ipsi  e  memoria,  quod  in  electione 
gae_  Q&e^  ]^jtis^  pulchcrrimam  habuerit  occasionem  evincendae  praetentionis 
suae,  dum  caeteri  electores  non  ex  stricto  iure,  sed  superabundantes  Caes^®. 
munificentiae  eifectus  elicerent;  ipsius  quidem  ministros  tunc  suasisse,  ut 
occasionem  praeterlabi  non  sineret,  si  non  gratias,  ius  saltem  suum  evin- 
cendi;  sed  cum  ministri  Caes".  ibidem  illum  rationibus  adorti  fuissent, 
quibus  nunc    etiam  utebar,    ut    nempe  generöse  et  pure  obligaret  M"^'", 


158  ni.    1()G0— IÜ64.     Mission  Lisok's. 

yrani  jj^  ^.^\\  occasiuiie,  uon  defuturam  postea  M"'".  V"'".  quin  pari  gene- 
rositate  in  negotio  Jegendorfiano  alilsque  omnibus  eidein  corre.'^pondcret, 
tuDC  se  ultro  contra  suorum  consilium  acquievisse'),  ideoque  8er'^™. 
Suam  sibi  persuadere  non  posse,  me  alia  non  habere  mandata,  quod 
vero  illa'  dissimularem,  me  certe  in  hoc  M''^  V''^®.  servitio  iniuime  con- 
sulere. 

Ad  petitam  vero  militis  siistentationem,  dolere  Ser'*".  Suam  se  non 
esse  in  illo  statu,  ut  satisfacere  possit  desideriu  no.stro  multo  minus,  ut 
militem  in  Hungariam  pergere  sinat,  cum  in  eo  unicum  sit  ipsius  prae- 
sidium  mediisque  destitutus  sit  alium  militem  comparandi,  cum  prae- 
sertim  probe  cernat  nihil  in  Hispanicis  subsidiis  fiduciae  coliocandum. 
nee  videre  cur  huc  ministrum  miserint  cum  nudis  promissis,  quarum 
iam  aures  toties  habuit  verberatas;  hoc  multum  ipsi  praeiudicare  tam 
apud  Hollandiae  status  quam  apud  alios,  qui  illum  pecunia  hispanica 
illaqueatum  credunt,  indeque  ansam  de  ipso  diffidendi  arripiunt,  cum 
tarnen  nullum  ex  Hispania  commodum  percipiat;  caeterum  quandu  quidem 
S''.  C^^.  M"'^  praefatis  conditionibus  oblatum  militem  suscipere  consul- 
tum  sibi  non  duceret,  se  loco  militis  pro  omni  subsidio  contra  Turcas 
resignaturum  S"-'^^.  M''.  V''*'.  promissam  ab  Hispanis  summam,  tam  pro 
quadrienuio  iam  elapso  quam  in  futurum. 

Ad  haec  nihil  consultius  duxi,  quam  totum  illum  discursum  quasi 
non  serio,  sed  animi  gratia  et  ut  me  tentaret,  prolatum  suscipere;  sub- 
ridens  itaque  respondi,  me  haec  omnia  optime  percepisse,  horum  autem 
ne  verbulum  quidem  ad  S.  C.  M"'".  relaturum;  optime  enim  nosse  vel 
hanc  non  esse  veram  Ser*'^  Suae  intentionem  vel  tranquilliori  mente 
postmodum  ipsimet  displicituram ;  praestolaturum  itaque  ut  desuper 
paulo  sedatius  deliberet.  Interim  coepi  singula  exactius  discutere,  et 
protracto  usque  ad  mediam  noctem  colloquio  variisque  mediis  invicem 
agitatis  illum  optime  dispositum  dimisi,  ut  omnem  operam  rebus  conci- 
liandis  adhiberet.  Fassus  est  mihi  tamen  et  aliunde  rescivi  hoc  totum 
ab  Jegendorfiano  negotio  procedere,  nee  deesse  ministros,  qui  illum  exsti- 
mulent  illique  persuadeant,  agi  de  ipsius  existimatione ;  omnibus  visum 
iri,  ipsum  parvi  fieri  ab  aula  Caes'"'.,  cum  rem  (ut  supponuut)  adeo 
liquidam  assequi  nequeat,  Gallos  ipsos  illum  continuo  circa  hoc  vellicare, 
ioco  ideutidem  a  Blumendalio  inquirentes,  an  de  Lisola  Jegendorfium  ipsi 
attulerit;    haec  menti   principis   continuo    obversari  et  novos   idemtidem 


')     Für  diese  Verhaudluugeu  in  deu  Jahren  1G57  und  1658;    Urk.  u.  Act.  VIII. 
339  ff.,  306  ir.,  .■)13f. 


Jägenulorf.     Bitte  um  Abherufung;.  159 

motus  concitare,  quos  non  proclive  foret  compescere:  aliunde  etiam  rescivi 
et  quidem  certo,  |:quod  iam  Galli  liberalius  cum  Blumendalio  agant,  et 
quibus  conditionibus  desiderent  illam  oppignorare,  idque  ut  opinor  Electore 
Moguntino  ')  suadente  : ' . 

Sequenti  die  deuuo  rediit  ad  me  princeps  Anhaltinus  retulitque  se 
animo  principis  sedando  uon  ineficaciter  adlaborasse  variaque  tempera- 
raenta,  quae  inter  nos  agitaveramus,  eidem  proposuisse,  et  haue  denique 
ultimam  a  Ser'®.  Sua  elicuisse  resolutionem,  scilicet  Ser'""™.  Electorem 
coudescendere,  ut  500  equites  et  700  dragones  pergant  in  Hungariam, 
dummodo  aggregentur  coi'pori,  quod  ad  partes  üanubii  sub  ductu  mare- 
schalli  Montecucoli  destinatum  est")  ex  adversa  fluminis  ripa:  1000  vero 
peditcs  iiianebunt  in  Silesia,  sive  ad  custodiam  lortaiitiorum,  sive  in 
castris  pro   libitu  S"■■*^  C«■'^   M''^ 

Optaret  Sua  Sei''"*.,  ut  media  ipsi  suppeterent  sustentandi  miütis, 
sed  quia  id  ipsi  omnino  impossibiie  accidebat  (et  re  vera  ex  certa  scien- 
tia  mihi  constat  illum  in  maximis  angustiis  versari)  loco  sustentationis 
concedet  pure  et  absque  obligatioue  refusionis  100000  Imperiales  a  Ser'"". 
Rege  Cath'^''.  debitos,   quos  autea  S.  M''.  V''*'.  titulo  mutui  obtulerat^). 

Praefatus  miles  stabit  sub  ductu  principis  ab  Holstein  cum  titulo 
generalis  Aägiliarum  praefecti,  ad  quem  iam  antehac  fuit  evectus  et  de 
facto  possidet*),  in  omnibus  tamen  suberit  imperio  et  mandatis  genera- 
lium  Caesareorum,  vel  eorum  qui  copiis  praeerunt;  subsistentia  submini- 
strabitur  militi,  tam  in  expeditione  quam  in  stativis  eadem  prorsus 
ratione  qua  militi  caesareo^). 

Non  distrahetur  aut  separabitur  ille  miles  in  varias  partes,  sed 
equitatus  in  duas  turmas  distribuetur,  dragones  vero  in  tres,  si  tamen 
ratio  bellica  postulet,  ut  iuterdum  ex  singulis  cohortibus  aliquot  milites 
seligantur  ad  aliqiiam  expeditionem,  id  stabit  penes  arbitrium  generalis 
caesarei,  operatione  vero  perfecta  quisque  sub  suis  signis  redibit. 


0     üeber  Johann  Philipp  von  Schönborns  Politik ;  Guhrauer  1.  c.  T.  Bd. 

^)     Montecuccoli  stand  in  der  Nähe  von  Pressburg.     Diar.  Europ.  X.  571. 

^)  Vom  4.  Juli  liegt  eine  schriftliche  Erklärung  Lisola's  vor,  dass  er  vom  Kur- 
fürsten eine  Quittung  über  100  000  vom  Vicekönige  von  Neapel  (Graf  Penueranda) 
an  denselben  zu  zahlende  Thaler  empfangen,  welche  der  Kurfürst  dem  Kaiser 
als  Hilfsgelder  zum  Türkenkriege  überlassen  habe.     Yergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  299  Anm. 

■*)  August  von  Holstein  war  am  4.  Juni  1663  zum  Generalwachtmeister  ernannt 
worden;  vergl.  Mülverstedt,  Georg  Adalbert,  Die  brandenburgische  Kriegsmacht  unter 
dorn  grossen  Kurfürsten,  256  Anm. 

^)     Vergl.  die  Instruction  für  August  von   Holstein  Urk.  u.  Act.   XI.  oOOff. 


160  in.    1660— 16t;4.     Mission  Lisola's. 

Similiter  peditatus  uunquam  ita  dividetur,  (|uin  saltem  duae  cohor- 
tes  seu  compagniae  ad  minimum  simul  maneant,  qui  vero  ex  illis  in  prae.si- 
diis  statuentur,  iuramentum  more  solito  praestabunt  S.  C.  M^'.  V'"";  quo- 
ties  in  aliqua  expeditione  officiales  Electorales  cum  Caesareis  in  pari 
gradu  concurrent,  Electorales  in  omnibus  cedent  Caesareis,  etiamsi  anti- 
quiores  essent  iu  officio  quam  Caesarei,  quod  Ser"""*.  Elector  singulari 
erga  S"'".  M'*™.  \'^"\  observantiae  tribuero  profitetur,  cum  id  nunquam 
concedere  voluerit  regi  Sueciae. 

Cum  peditatus  ab  equitatu  debeat  separari,  nee  unus  solus  praedicans 
possit  utrique  sufficere,  desiderat  S.  Ser'^^,  ut  licitum  sit  unum  in  pedi- 
tatu,  alterum  in  equitatu  ducere,  qui  tamen  extra  legionem  nulluni  prorsus 
ministerium  exercebunt. 

In  locum  eorum,  qui  in  acie  cadent,  vel  peste  absumentur,  S.  C. 
M''''^  noYOS  sufficiet,  ut  integer  numerus  ipsi  restituatur,  exceptis  tamen 
fugitivis. 

Copiae  illae  S''^  M''.  C'^^  inservient,  quamdiu  ille  opus  habebit 
contra  Turcas,  nisi  forte  Status  Ser™'.  Electoris  Interim  hostiliter  invade- 
rentur,  quo  casu  S.  C.  M'^^  illas  ipsi  restituet. 

Hisce  expositis  requisivit,  ut  scriptura  couficeretur,  qua  hasce  condi- 
tiones  acceptarem  iisque  subscriberem,  et  militem  confestim  perrecturum. 
Respondi  me  quo  ad  hoc  idouea  destitutum  plenipotentia,  uec  missum 
ad  ineundos  tractatus  de  auxiliis,  quae  a  pura  Ser*'^  Suae  gratuitate 
pendent,  sed  tan  tum  ad  exponendam  ipsi  eorum  pro  communl  salute 
necessitatem;  durum  praeterea  mihi  videri  peditatum,  quo  maxime  indi- 
gemus,  retinere  in  Silesia  otiosum;  Silesiam  enim  non  in  ipsa  Silesia, 
sed  in  Hungaria  defendendam  esse;  cumque  instaret,  nos  hoc  pacto  edu- 
cere  posse  copias  alias,  quae  sine  istis  subsidiis  deberent  ibi  remanere, 
subiunxi,  rem  secus  se  habere:  provinciam  enim  suscepisse  curam  pro- 
priae  defensionis  et  militem  sustentaudi,  qui  inde  extrahi  non  posset; 
sed  princeps  suasit,  ne  serius  nunc  quoad  hoc  instarem;  hoc  enim  pro- 
cedere  ex  privato  nescio  quo  principis  genio  et  affectu,  aegre  in  ipso  fer- 
vore,  sed  facile  ubi  resederit  inflectendo;  quam  primum  miles  in  Silesia 
foret,  facile  ad  minimam  nostram  instantiam  permissurum  Electorem,  ut 
alio  traducatur;  si  vero  ex  Hispania  aliquid  pecuniae  adveniret  Ser". 
Suae,  qua  copias  iustaurare  posset,  tunc  S'^'".  Suam  non  solum  illas,  sed 
etiam  alias  copias  plenae  dispositioui  nostrae  relicturam. 

Cumque  acrius  instaret,  ut  conventionem  iuxta  supradictas  condi- 
tiones  iniremus,    ego   v^ro  id  absolute   negarem,    tandem  ne  in  re  tarn 


Türkenhilfe.     Reicbshofiathsaugelegenheit.  161 

urgent!  per  hunc  obicem  mora  iniiceretur,  in  sequens  temperamentum 
convenimus:  quod  scilicet  daturus  sim  attestatlonem  a  me  subscriptam, 
me  a  principe  Anhaltino  nomine  Suae  Ser''^  accepisse  declarationem, 
quod  eins  intentio  sit,  ut  copiae  supraspecificatis  conditionibus  ad  S'^". 
Caes^^.  M'*^  V'■*^  subsidium  pergant  meque  de  omnibus  S.  C.  M"^'".  in- 
formaturum,  quo  pacto  moram  declinavi,  nee  tarnen  M'^'".  V'^'"".  uUa  in 
re  oppiguoravi ').  Interim  miles  perget,  et  ita  computavi  tempus,  ut  si 
S.  M.  V-'.  consultum  non  iudicet  hisce  conditionibus  niilitem  admittere, 
tempestive  poterit  misso  ad  principem  Holsatiae  Cursore  sistere  eins  pro- 
gressum  antequam  Grimbergiam  (locum  scilicet  pro  congregandis  copiis 
destiuatum)  pervenerit;  si  vero  M".  V""^*.  consultius  videatur  militem 
admittere,  nihil  ad  conditioues  vel  contra  respondendo,  poterit  postea 
pro  re  nata  illas  limitare,  dum  interea  sensim  disponere  conabimur  Ele- 
ctorem,  ut  ab  istis  restrictionibus  recedat,  quibus  etiam  ipse  princeps 
Holsatiae,  si  comiter  habeatur,  non  adeo  scrupulose  inliaerebit.  lam 
vero  si  acrius  quoad  hoc  insisterem  in  primo  illo  impetu,  perderem  ope- 
ram  illumque  magis  obfirmarem;  si  vero  didicerit  illis  copiis  carere,  nitro 
haec  omnia  remittet.  Haec  mihi  asserunt,  qui  genium  eins  noruut.  In- 
terim mandata  expediri  curavi  ad  principem  Holsatiae,  ut  illico  cum 
copiis  pergeret,  pars  vero  equitatus,  quae  hie  degit,  cras  deo  iuvante 
itineri  se  tradet  ita,  ut  iuxta  nostrum  calculum  circa  15""".  Septembris 
copiae  illae  omnes  adventurae  sint  Grimbergiam  sex  milliaribus  maiori 
Glogovia  dissitam;  si  tamen  paulo  diutius  aliquo  casu  morarentur,  com- 
missarii  M'^^  V'"®.  poterunt  per  paucos  dies  eorum  adveutum  praestolari; 
munitiones  bellicae  iam  pridem  Francofurtum  transmissae  sunt  ad  omnem 
]\pis_  Yae_  dispositionem  paratae,  prout  in  humillimis  meis  relationibus 
19^.  Julii  significavi.  Necessarium  itaque  erit,  ut  commissarii  M''^  V'"'*®. 
illarum  devectionem  procurent  easque  a  loci  commendante  recipiant. 

Querelas  quas  de  certis  decisionibus  concilii  Imp''^  aulici  aliquoties 
edidit,  non  eo  teudunt,  quod  cursum  iustitiae  impedire  praetendat,  sed 
quod  solummodo  desideret,  ne  cum  lis  aliqua  inter  ipsum  ipsiusque  va- 
sallos  agitatur,  decreta  statim  contra  ipsum  ferantur  ipso  non  antea 
monito;  cuperet  itaque  se  confidenter  antea  moueri,  quando  causa  aliqua 
ipsius  aequitati  minime  iunixa  videbitur,  ut  ab  ea  tempestive  resilire 
queat,  antequam  similia  decreta  emanent,  quae  ipsius  authoritati  apud 
SUDS  derogant  et  subditis  audaciam  concitant  litigandi.     In  negotio  vero 


^)     Vergl.  die  Convention  in  betreff  der  von  dem  Kurfürsten  für  den  Türkenkrieg 
zu  stellenden  Hülfstruppen.     Königsberg  23.  Aug.  1GG3;  Urk.  u.  Act.  XI.  298fiF. 

Mater,  z.  Gesell,  il.  G.  Kiirfiirsten.     MV.  11 


IQ2  III-    16<J0— 16C4.     Mission  Lisola's. 

j:Neoburgico  haeret  in  priori  resolutione,  et  officia  V".  C^*^.  M*'^  quoad 
hoc  lubens  expectat,  modum  autern  tractandi  Optimum  censot,  quem  iam 
antea  V*''.  C^*.  M''.  indicavi,  ut  scilicet  per  secreta  colloquia,  mediante 
principissa  Auraica,  Friquetii  cum  barone  de  Lairat')  res  ventiletur,  et 
si  spes  compositionis  apparuerit,  tum  negocium  Ratisbonae  mediante  V^. 
C^".  M'^.  cum  debitis  solennitatibus  tractetur;  quia  vero  dux  Neobm'gensis 
per  ministrum  suum  Ratisbonae  degentem")  proposuit,  ut  res  mediante 
Gallia  et  Electore  Moguntino  transigeretur,  respondit  Elector  Brauden- 
burgicus  commodius  absque  mediatoribus  posse  tractari,  ubi  vero  con- 
ventmii  foret,  tum  fore  liberum  cuilibet  parti.  nominare  eos,  quos  vellet 
ad  maiorem  solennitatem  tractatus  :1  . .  . 

j:Priucep.s  Auhaltinus  fidissimam  hactenus  navavit  operam  ac  totum 
se  V'""^.  C*^^  M''^  servitiis  devovet,  tentatur  assidue  Galliae  magnis  et 
realibus  oblationibus,  pauper  et  in  bivio,  ut  fortunam  figat  suam,  nee 
diu  praevalere  poterit  nuda  spe  contra  solidas  oblationes,  licet  vero  an- 
gustia  temporum  minime  patiatur,  ut  ipsi  realiter  subveniri  possit,  sal- 
tem  expedire  videretur  assignare  ipsi  summam  ad  media  extraordinaria, 
cuius  solutio  sensim  differri  posset  in  commodiora  tempora,  ut  illum 
Interim  nobis  obnoxium  teneret,  ita  ut  si  postmodum  non  corresponderet 
fiduciae  nostrae,  integrum  V-''^  C*^^  M''.  foret  ab  illo  promisso  resilire. 
Gallia  offert  in  paratis  centum  millia  Horenorum  gallicorum.  quae  sum- 
mam quinquaginta  millium  Rhenensium  efficiunt,  nee  nou  etiam  dinastiam 
in  Alsatia  vel  Lotharingia  ad  ipsius  electionem;  vidi  litteras  hac  de  re 
originales  mihi  uotissimas. :  |  Priuceps  Anhaltinus  nee  non  cancellarius 
Jena  cum  magna  anxietate  (prout  profitentur)  ex  sincero  in  M^®"".  V^"", 
studio  suadent,  ut  hoc  negotium  Jegendorffianum  componere  satagamus. 
Ser*'^'".  Suam  non  quidem  hoc  tempore  acrius  institurum,  ne  molestiam 
facessat  M".  V'^«.,  sed  mansurum  semper  lapidem  offensionis  et  in  omni 
occasione  id  semper  recursurum;  si  vero  ipsi  ultro  nunc  satisfieret, 
Ser^*™.  Suam  longe  hilarius  et  majori  fiducia  in  omnibus  cooperaturam 
]\jtis_  yae_  desideriis,  seque  sperare,  Electorem  tantum  ponderis  adiecturum 
communi  causae,  ut  M'^^  V"^.  expertum  sit  ipsorum  cousilium  fuisse  sa- 
nissimum.  Quaesivi,  an  igitur  Ser"".  Electoris  amicitia  a  tantilla  re 
penderet;    uum  ipsius  ratio  politica  illum  suapte  coniungeret  M*'.  V'"''^.; 


')  Baron  Lerodt,  pfalz-neuburgischor  Gesandte;  über  Friquets  Verhandlungen 
mit  ihm,  Urk.  u.  Act.  XI.  496 ff. 

'-')  Vertreter  Xeuburgs  zu  Regensburg  waren  der  Obrist  und  Rofrathspräsident 
Wolf  Jaiiüb  Ungelter  v.  Diessenhauseu  umi  llofraih  t>r.  Carrer  (Üia.  Europ.  IX.  508). 


Anhalt.     Jägerndorfer  Frage.  163 

num  amicitia  Caes*.  ipsi  decori  foret  ac  utilitati.  Responderunt,  rem 
omnino  ita  se  habere,  sed  l:ex  re  tantilla  Electorem  Brandenburg! cum 
coniicere,  quam  parvi  aestimetur  et  quid  in  majoribus  sperare  liceat,  ex 
illa  coutemptus  opinione  reddi  tepidiorem  et  interdum  commoveri,  ac 
inde  faciliorem  apperiri  aditum  pravis  suggestionibus  :|.  Longum  foret 
ac  taediosum  singula  recensere,  quibus  postquam  abunde  satisfecissem 
ac  varias  obiecissem  quoad  Jegendorfium  obtinendum  difficultates;  prin- 
ceps  Anhaltinus  post  aliqua  cum  Ser**.  Sua  colloquia  mihi  retulit,  se  eo 
rem  deduxisse,  ut  Ser™"'.  Elector  loco  Jegendorfii  congruam  aliquam 
compensationem  non  tarnen  in  pecunia,  sed  in  bonis  stabilibus  acceptare 
promittat,  si  vero  in  praesens  non  detur  ad  hoc  opportunitas,  petit  con- 
signari  interim  Jegendorfium  adiectis,  quas  libuerit,  cautelis  pro  iu- 
demnitate  et  securitate  religionis,  seque  daturum  reversales,  quod ,  quo- 
ties  ipsi  aequivalens  dominium  alibi  procurabitur,  illico  Jegendorfium 
S.  C.  M*'.  restituet.  Respondi  id  non  esse  in  potestate  S"^^  C*^®.  M"^ 
in  praeiudicium  tertii  possessoris,  qui  inde  non  posset  eiici  absque  forma 
iudicii.  Ad  haec  princeps  Anhaltinus  subiunxit,  se  quidem  proposuisse 
Ser".  Suae  comitatum  Reinstein,  sed  Ser*^™.  Suam  minime  id  approbasse, 
cum  iam  illud  quasi  suum  reputet,  utpote  sub  directo  dominio  suo  con- 
stitutum et  facile  ad  ipsum  devolvendum,  quo  pacto  nullam  novam 
faceret  acquisitionem '). 

Alia  vero  esse  dominia  non  magni  momenti  ac  iurisdictionis  prope 
Crosnam  iam  protestanticae  religioni  addicta"),  de  quibus  convenire 
posset  Elector,  ut  ex  illis  aliqua  seligantur  dominio  Crocensi  annectenda 
iuxta  taxam  proportionatam  valori  dominii  Jegendorfiani,  quo  pacto 
ggj.mus_  Elector  actiones  omnes  suas  adversus  Jegendorfium  M''.  V^»«. 
transcriberet,  ut  iis  pro  libitu  uti -possit,  et  qualecunque  inde  damnum 
sentiret,  resarcire.  |:  Nolui  curiosius  ab  ipso  inquirere,  quaenam  forent 
illa  dominia,  ne  viderer  exordium  dare  negociationi,  imo  neque  ad  refe- 


')  Regenstein  oder  Reinstein  war  von  dem  letzten  Administrator  von  Halber- 
stadt, Erzherzog  Leopold  Wilhelm  von  Oesterreich,  als  ein  halberstädtisches  Stifts- 
lehen angesehen  und  trotz  des  von  Braunschweig  erhobenen  Widerspruchs  dem  Grafen 
Leopold  von  Tattenbach  verliehen  worden.  Der  Versuch  des  Kurfürsten  nach  der 
Enthauptung  des  Johann  Erasmus  von  Tattenbach  sich  als  Lehensherr  in  den  Besitz 
dieser  Herrschaft  zu  setzen,  gab  Anlass  zu  einem  Rechtsstreite,  der  jedoch  bei  Auf- 
lösung des  Reiches  noch  nicht  beendet  war. 

2)  Damit  ist  wohl  auf  Schwiebus  gedeutet  worden;  wenigstens  scheint  dies 
die  Ansicht  Fridags  gewesen  zu  sein;  vergl.  dessen  Schreiben  vom  Dec.  1689  bei 
Pribrara  Oesterreich  und  Brandenburg  1688 — 1700,  p.  214. 

11* 


164  III-    ir.60— 1G64.     Mission  Lisola's. 

rendum  suscepi,  sed  quasi  rem  per  medium  discursus  acceptam  silentio 
praetermisi,  quam  tarnen  V^^  C"^^.  M*'.  miüime  dissimulandum  duxi,  ut 
desuper  statuat  quod  e  re  videbitur.  :| 

(Jommissarii  Polonici,  procancellarius  ^)  scilicet  ac  episcopus  Var- 
miensis'*),  pro  absolvendis  a  juramento  fidelitatis  Pruthenis  et  Ser™*'.  Ele- 
ctore  in  possessionem  supremi  dominii  iotroducendo,  huc  iutra  decem 
dies  adventuri  sunt;  absoluta  solemnitate  Ser'*^  Sua  illico  redibit  in 
Markiam,  quem  priuceps  Anhaltinus  praecedet  intra  sex  dies  hinc  dis- 
cessurus.  Quid  mihi  ulterius  hie  agendum  supersit,  non  video;  :  cum 
omnia,  quae  hie  agitavimus,  praesertim  ratione  Imperii  et  Ducis  Neo- 
burgensis  alibi  debeant  esecutioni  deduci,  nee  ulterius  hie  possint  promo- 
veri;  ratione  vero  Jagerudorfii,  si  V^.  C-^.  M'''^  realem  Electori  Branden- 
burgico  velit  dare  satisfactionem ,  seu  per  temperamentum  ab  ipsis  pro- 
positum,  seu  per  quodvis  aliud  remedium,  sufficiet  in  praesens:!,  ut  id 
ipsi  per  me  declaretur.  Conelusio  vero  hie  fieri  miuime  poterit,  nam 
qualiaeumque  ipsi  assignentur  dominia  sive  prope  Crosnam,  sive  alibi, 
opus  erit  eommissariis  ex  utraque  parte,  qui  lücum  inspiciant  et  taxent, 
quod  non  tarn  eito  absolvi  poterit,  nee  in  eo  potero  quidquam  operari. 
j:Si  vero  V.  C.  M-''^  consultius  iudicet  hoe  negocium  suaviter  protrahere 
et  ad  illum  saltem  retinendum  aliquam  aperire  negoeiationem,  nullus 
aptior  mihi  videretur  modus,  quam  si  negotium  ad  aulam  V^^.  C^*'=.  M"*. 
transferretur,  quia  ibi  posset  faeilius  detineri,  quam  hie,  ubi  eum  ipso 
principe  immediate  agetur,  qui  statim  in  impatientiam  prorumpit,  quando 
ad  ipsius  petita  non  praeeise  respondetur,  aut  defeetus  instructionis 
obtenditur,  ita  ut  si  diutius  manerem  absque  uUo  effeetu,  omni  fide,  quam 
haetenus  apud  ipsum  illibatam  eonservavi,  penitus  excederem,  imo  peni- 
tus  rupturam  et  indignationem  vix  possem  deelinare.  Quo  paeto  inutile 
prorsus  redderer  in  hac  aula  V"''.  C*''®.  M''^  instrumentum  et  praeseutia 
mea  nihil  aliud  operaretur  quam  praetensionum  suarum  memoriam  et 
repulsae  indignationem  :|. 


')     Johann  Lesczynski. 

^)    Johann  Stefan  Wydzga;  die  Verhandlungen  in  dieser  Frage  in  ürk.  und  Act. 
IX.  385  ff. 


Bitte  um   Abberufung.     Gesinnung  des  Kurfürsten.  165 

Lisola  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  4.  Sept.  1663.    (Or.) 

[Marsch  der  brandenburgischen  Truppen.     Nachrichten  von  einer  französisch-dänischen 

Allianz.     Entmuthigung  des  Kurfürsten  in  Folge  der  Nachrichten  von  Niederlagen  in 

Spanien  und  Ungarn.     Bemühungen  der  Gegenpartei.] 

Lisola  erhält  auf  seine  Beschwerde   wegen   der  Verzögerung  des  Marsches  4.  Sept. 
der  Truppen')  des  Brandenburgers  die  bestimmte  Versiclierung,    dass   die  kur- 
fürstlichen Truppen  Ende  September   in  Grüneherg    eingetroffen   sein   werden-'). 

Expectantur  hie  commissarii  Polonici  pro  resignanda  S™°.  Electori 
in  supremum  dominium  Prussia,  post  quorum  adventum  illico  Ser'""^ 
in  Marchiam  redibit  et  iam  omnia  ad  discessum  adornantiir.  | :  Elector 
Brandenburgicus  certam  habet  informationem,  quod  rex  Daniae  cum 
Gallia  foedus  iniverit,  nescit  tamen  an  foedus  defensivum  dumtaxat,  an 
foedus  offensivum  ^) :  quod  mirum  in  modum  ipsum  percellit  ac  conster- 
nat;  magnum  enim  in  regem  Daniae  collocabat  fundamentum.  Similiter 
clades  Lusitana*)  et  Forgatziana  ^)  anxium  illum  reddunt  et  sollicitum, 
nee  satis  possum  in  primo  illo  motu  eius  animum  erigere,  cum  praeser- 
tim  nullum  experiatur  effectum,  tarn  circa  praetensiones  suas,  quam 
circa  promissa  hispanica.  Interim  regina  Poloniae  omnia  movet,  ut  illum 
alliciat  Galliae,  blandius  agit  cum  Blumendalio  et  non  desunt  hie  in- 
centores,  hactenus  tamen  stetit  firmus:]. 


Lisola  an  Walderode.    Dat.  Königsberg  25.  Sept.  1663.   (Aiit.) 

[Gute  Stimmung  des  Kurfürsten.    Marsch  der  brandenburgi scheu  Truppen.    Werbungen 
des  Kurfürsten.     Blumenthals  Abberufung  aus  Paris.     Bitte  um  Abberufung.] 

Lange  keine  Nachricht  ans  Wien  erhalten.     Caeterum  8"""^    in    optima  25.  Sept. 
est  dispositione  et  nunquam  illum  vidi  tam  bene  animatum,  traeto  eius 
animum    quantum  possum  suaviter   et  efficaciter   et  hactenus  mihi  suc- 
cessit  ex  voto'').     Copiae  auxiliares  pergunt.     Iam  habemus  certa  nova, 

0  Lisola  an  den  Kurfürsten  d.  d.  Königsberg  1.  Sept.  1663,  ürk.  u.  Act.  XI. 
304;  vergl.  auch  das  Schreiben  Leopolds  an  den  Kurfürsten  vom  20.  Aug.  ähnlichen 
Inhalts  ebendaselbst,  Anm. 

-)     Der  Kurfürst  au  Lisola  d.  d.  Insterburg  4.  Sept.  1663.     ürk.  u.  Act.  XI.  304. 

^)  In  der  That  hatte  Frankreich  mit  Dänemark  am  3.  Aug.  1663  eine  Allianz 
geschlossen;  vergl.  Dumont  1.  c.  VI. 3  470 ff. 

*)    Vergl.  Th.  Europ.  IX.  1047  ff. 

^)  Graf  Forgatsch  hatte  ein  unglückliches  Gefecht  den  Türken  geliefert;  vergl. 
Dia.  Europ.  IX.  486 ff.;  Th.  Europ.  IX.  IM" ff. 

^  Vergl.  auch  das  Schreiben  Lisola's  an  den  Kurfürsten  vom  11».  Sept.,  dessen 
Antwort  vom  20.  Sept.  und  des  Kaisers  Schreiben  an  den  Kurfürsten  vom  23.  Sept. 
1663;    Urk.  u.  Act.  XI.  305  f. 


166  III-  1G60-1G66.     Mission  Lisola's. 

quod  pervenerint  Tauchelium  in  confiniis  Majoris  Poloniae  versus  Po- 
merellam,  inde  brevi  tempore  ad  Oderam  perventurae.  Excedent  nume- 
rum  2500  et  qiiidem  militis  selectissimi.  Jam  S'""^  novos  meditatur 
delectus  et  brevi  instructum  habebit  exercitum  decem  millium,  ad  omnem 
gcrae  Qeae^  ]y|tis  exigentiam  promptum,  et  si  vel  minimum  quid  ex  parte 
nostra  aut  hispanica  realitatis  acceperit,  experiemur  uberrimos  fructus 
eius  amicitiae.  Revocatus  est  ex  Gallia  Blumendalius,  sed  D.  Overbog 
novissime  scripsit  S'""'".  regem  Poloniae  in  Galliam  scripsisse,  ut  non 
tam  cito  dimitteretur ').  Bittet  um  Abberufung  von  Königsberg,  da  er  da- 
selbst nichts  mehr  zu  thun  habe. 

Die  Berichte  Lisola's  an  Walderode  aus  den  folgenden  Wochen  enthalten 
nichts  von  Bedeutung;  Lisola  dringt  auf  seine  Abberufung.  Unter  dem  7.0c- 
tober  meldet  er:  negotium  Prussiae  tandem  compositum  est,  S™"^  Elector 
consensit,  ut  statim  evacuetur  Braunsberga  et  mille  quingeutos  pedites 
statim  iuxta  pactorum  obligationem  submittere  promisit  in  subsidium 
Poloniae  contra  Moscos;  vice  versa  episcopus  Varmiensis  scripto  se  obli- 
gavit  ad  procedendum  ad  effectum  commissionis  suae  ideoque  dies  in- 
dicta  fuit  statibus,  ut  huc  convenirent  pro  iuramento  fidelitatis  S™". 
Electori  praestando,  die  18^  huius^)  et  statim  finita  solemnitate  S'""\ 
Elector  itineri  se  tradet  versus  Berolinum,  ut  vicinius  assistat  rebus 
imperii  et  Hungariae. 


Lisola  an  den  Kaiser.     Dat.  König-sberg  9.  Oct.   1663.    (Or.) 

[Unterredungen  Lisola's  mit  dem  Kurfürsten  und  Jena  wegen  der  Tüikenhilfe.     Ent- 
scheidung des  Kurfürsten.] 

9.  Oct.  Benignissima  S.  C.  M"^  mandata  29  Septembris ^) ,  4  huius  accepi, 

et  absente  S™°.  Electore  illico  etiam  uoctu  secretarium  meum  ad  ipsum 
cum  litteris  M'".  V"^  ac  verbali  instructione  destinavi,  cum  intentione 
etiam  ipsum  Electorem  quam  primum  illuxisset  adeundi,  nisi  mihi  certo 
nunciatum  fuisset  illum  eadem  die  rediturum. 

b^.  Ser""^  Elector  acceptis  litteris,  veuationem,  cui  tunc  intentus 
erat,  subito  deseruit  rediitque  in  civitatem  secretario  meo  cum  hoc 
responso  dimisso,  se  de  hoc  negotio  mecum  collocuturum .  .  .  Audito 
eius  adventu  illum  confestim  adii  et  difficilio  remquam  speraveram  nac- 

0     Ein  derartiger  Befehl  an  Blumenthal    erging   erst  am  9./ 19.  Nov.  1663;    ürk. 
U.Act.  IX.  665 ff. 

2)     Vergl.  Droysen  ].  c.  IIL.  618 ff.;  Puf  1.  c  IX.  51  ff.;  Urk.  u.  Act.  IX.  457 ff. 
^)     Liegt  nicht   vor. 


Türkenhilfe.  167 

tus  Silin;  quoties  enim  extraordinarii  cursores  adveniunt,  toties  ipsi  exci- 
tantur  species  Jegendorffii  et  statim  spem  concipit  illud  pro  studio  sup- 
priinere;  postea  vero  spes  in  consternatiouem  et  excandescentiam  desi- 
nit.  jMolui  illum  in  hoc  primo  impetu  acrius  urgere,  sed  re  proposita 
adductisque  rationibus  ad  alia  sermonem  deflexi  et  ab  ipso  digressus 
adii  cancellarium  Jena  (qui  re  vera  se  hactenus  M".  V'"'.  fidum  exhi- 
buit)  illiimque  sedulo  adhortatus  sum,  ut  S""".  Siiam  permoveret  ad 
condescendendum  M"^  V^^  desiderio '). 

6'^.  huius  idem  cancellarius  ad  me  rediit,  asseruitque  se  in  S'^  Siia 
magnam  invenisse  repugnantiam ,  idque  ex  duobus  capitibus;  1".  quod 
nullum  a  nobis  neqiie  ab  Hispanis  experiretiir  nondum  effectum;  2°.  quod 
vereretur,  ne  generalis  de  Souches  copias  illas  aiit  nimis  exponat  aut 
fatiget  ^),  suasit  denique,  ut  denuo  S'''"\  Suam  adirem  iterumque  effica- 
citer  urgerem,  se  quoque  pro  virili  adlaboraturum. 

7^.  huius  rursus  S**^"^.  Suam  conveni,  et  post  varios  nitro  citroque 
circa  hanc  materiam  sermones  tandem  ipse  rationibus  acquievit,  quibus 
illum  incitare  conatus  sum,  ut  M'*^'".  V^"'.  in  hac  occasione  pure  et 
generöse  obligaret,  omissis  tot  restrictionibus,  quae  magnam  gloriae  et 
beneficii  partem  coriiunperent ;  postquam  ex  hac  tempestate  emerseri- 
mus,  non  defutura  S'''^'^.  C^^*^.  M".  media,  quibus. S^'.  Suae  regratificare- 
tur;  satis  ipsi  constare,  quam  haec  tempora  aliena  sint  ab  huiusmodi 
praetentionibas  decidendis.  Colloquii  tandem  conclusio  fuit,  quod  Ser™"^ 
Elector  in  haec  verba  resolutionem  suam  mihi  dederit:  Se  non  in  hoc 
solum,  sed  in  omnibus,  quae  communem  causam  et  privata  S"'^*.  C'^*^ 
]y[tis_  yae  commoda  concernerent,  confirmaturum  semper  consilia  et  reso- 
lutiones  suas  M "*.  V"*^.  desiderio  ac  demandaturum  principi  ab  Holstein, 
quatenus  in  Moraviam  pergat  et  strenue  inserviat  ubi  opus  fuerit^).  .  .  . 
Adjecit  se  omnia  libenter  facturum  pro  S"*.  M"'.  V'*.  dummodo  saltem 
ipsi  constaret,  grata  esse  ipsius  servitia,  ad  quod  actis  debite  gratüs, 
nihil  mearum  partium  omisi,  ut  illum  in  bona  intentione  corroborarem 
ac  demonstrarem ,  uullam  spem  superesse  salutis,  quam  in  arctissima 
unione.  ...    Da  der  Kurfürst  nach   empfangener  Huldigung  der  preussischen 


')  Es  handelte  sich  um  die  Verwendung  der  kurfürstlichen  Hilfstruppen,  vor- 
nehmlich um  den  Marsch  der  Infanterie  bis  Mähren;  vergl.  Lisola's  Schreiben  an  den 
Kurfürsten  vom  4.  Oct.  und  des  Kurfürsten  Schreiben  an  den  Kaiser  vom  7.  Oct.  1663; 
ürk.  u.  Act.  IX.  308  ff. 

"O     A  =  exponant  vel  fatigant. 

3)     Urk.  u.  Act.  XI.  310  Anm, 


16g  III.   1660—1664.     Mission  Lisola's. 

Stände  nach  Berlin  reist,  verlässt  auch  Lisola  Königsberg.     Ueber  Küstrin  reist 
er  nach  Glogau,  aus  welcher  Stadt  er  den  folgenden  Bericht  absendet. 


Lisola  an  Walderode.     Dat.   Glogau   12.  Nov.  1663.      (Aut.) 

[Haltung  des  Kurfürsten.  Desselben  Reise  nach  Regensburg.  Unheil  Lisola's  über 
die  Reichsangelegenheiten  und  die  ihm  verweigerte  Mission  in  Regensburg.     Rückblick 

auf  seine  Thätigkeit.] 

12.  Nov.  Den  Brief  des  Kaisers  an  den  Kurfürsten  vom  26.  October ')  hat  Lisola  dem 

Kurfürsten  übersendet.  Non  dubito,  quin  S™"^  annuat  omnibus  nostris 
petitis,  licet  praevideam  illum  ex  responso  proregis  Neapolitani^)  ad  sua 
petita  et  toties  promissa  ultroque  ipso  non  cogitante  oblata,  alte  percul- 
sum  iri,  putabitque  sibi  illudi.  Utinam  nihil  unquam  oblatiun  fuisset'). 
Nee  minus  illum  percellet,  quod  de  Jegersdorfio  nihil  perscribatis  saltem 
spem  aliquam  faciendo  alicuius  compensationis.  Interim  fortiter  ab  aula 
Polonica  sollicitatur  et  iam  Galli  magis  blandiuntur  Blumendalio  ^). 

Scripsi  hac  de  re  antehac  nonnulla  arcana  ad  Ex™"™,  dominum  prin- 
cipem  a  Portia  ^),  quae  quia  puto  IIF.  V^''.  ab  eodem  communicata  bre- 
vitatis  causa  praetereo. 

Video  quidem  multas  rationes,  quae  suadent  iter  S™'.  Electoris  Ra- 
tisbonam  fore  utile  ^);  |:vereor  tarnen,  ne  cum  antiqua  illa  vulpe  collo- 
quatur.  Fallor  enim  nisi  illum  brevi  nobis  subducat  ac  mancipet  Gal- 
lis,  ac  vereor  ne  iam  aliquid  subsit  :|.  S''*^  Sua  iam  Electori  Moguntino 
instanter  urgenti  promisit  se  Ratisbonam  iturum.  Hodie  iter  instituam 
versus  Berolinum  et  pro  15"  huius  spero  me  illuc  cum  tota  familia  ad- 
futurum.  Ad  negotium  commissionis  meae  comitialis  quod  spectat,  per- 
lectis  scripturis,  quas  mihi  111'-'^^  V^.  communicare  dignata  est,  depre- 
hendi,  coniecturas  quas  antea  hac  de  re  feceram  nulla  in  re  aberasse. 
Doleo  vices  et  conditionem  clementissimi  nostri  domini,    cui  non  modo 

0     Liegt  nicht  vor. 

^)     Graf  Peuneranda. 

•■')  Es  haudelte  sich  um  das  Anerbieten  von  Subsidien;  vergl.  Urk.  u.  Act.  XI. 
306  ff. 

*)     Urk.  u.  Act.  IX.  661  ff. 

^)     Liegt  nicht  vor. 

^)  Der  Kaiser  wünschte  ein  energisches  Eingreifen  Brandenburgs  in  der  Frage 
der  Defensionsverfassung  (vergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  308,  für  des  Kurfürsten  Haltung  XI. 
201,  311  f.)  und  hatte  den  Kurfürsten  ersucht  persönlich  nach  Regensburg  zukommen 
(Gemeiner  I.e.  I.  II 6 f.).  Darüber  wurde  dann  im  geheimen  Rathe  berathen  (Urk. 
u.  Act.  XI.  204 f.). 


Reichsangelegenheiten.     Lisola's  Thätigkeit.  169 

intrudunt  ministros  in  intima  aulae  suae  secreta,  sed  eos  etiam  exclu- 
dere  satagunt.  qui  minime  ipsis  sunt  accepti.  Absit  autem,  ut  velim 
esse  petra  scandali;  cedo  lubens  rationl  status  seu  verae,  seu  sophisti- 
cae;  qui  Gallis  servire  cupiunt  optime  faciunt,  quod  me  a  suis  consiliis 
velint  amotum.  Facilitatem  optimi  nostri  archiepiscopi  SalLsburgensis ') 
non  possum  satis  demirari,  quod  tanta  pronitate  incidat  in  casses.  Si 
ita  sit  in  caeteris  rebus,  Deus  bone,  quid  non  credet,  quid  non  sibi  et 
nobis  imponet.  Ligam  Rhenensem  hactenus  credideram  non  se  extendere 
ultra  fines  imperii,  nee  scopum  alium  habere,  quam  communem  ipsorum 
in  imperio  securitatem ;  exhorrui  tarnen,  quod  iara  dilatare  illam  velint 
ad  res  Polonicas  et  ita  adhaerere  GallicLs  rebus  in  et  extra  imperium, 
ut  Tel  de  nomine  ipsis  invisus  sim,  quod  obstitisse  me  credant,  ne  Galli 
in  Polonia  regnarent.  Sed  absit,  ut  credam  adeo  coniuncta  ipsis  esse 
cum  Gallis  studia;  multos  enim  et  praecipuos  ex  ipsis  ligistis  esse  novi, 
qui  vel  lioc  ipso  mihi  sunt  addicti,  quod  putent  me  huic  Gallorum  in- 
tentioni  obstitisse.  Sed  quid  tandem  de  me  erit,  si  Gallos  auditis  aut 
eos,  per  quos  vobis  illudunt?  Trahendus  ero  ad  gemonias  tanquam  inu- 
tile  cadaver.  Si  enim  expectabitis  ipsorum  approbationem,  nullibi 
certe  me  volunt.  nolunt  me  in  Polonia,  nolunt  in  imperio,  nolunt  apud 
grauni_  Electorera  (prout  plurimae  litterae  testantur);  faxit  Deus,  ut  sal- 
tem  me  domi  otiosum  patiantur  serere  arbores  in  hortulo,  quod  certe  pro 
summo  dei  beneficio  ducerem.  Novit  Deus,  quod  haec  non  profero  ex 
aegritudine  animi  aut  taedio  laboris,  sed  si  nonnullis  videatur,  conni- 
vendo,  cedendo  et  tempori  serviendo  instaurari  posse  res  nostras,  ex  illo 
principio  sequitur  satius  esse  me  penitus  amoveri,  donec  saltem  tempus 
(quod  non  procul  abesse  videtur)  adveniat,  quo  possitis  iis  impune  uti, 
qui  Gallis  aut  eorum  mercenariis  minime  probati  sint.  Totam  hanc  in- 
vidiam  nitro  in  me  derivavi,  ut  aulae  Caes'^"*.  servirem  in  tali  occasione, 
ubi  de  summa  rerum  agebatur;  (quid  enim  de  nobis  iam  esset,  si  cona- 
tus  gallici  successissent);  reginam  mihi  olim  summe  propitiam  non  dubi- 
tavi  alienare,  sprevi  oblationes,  quae  fidem  superant,  passus  sum  perse- 
cutiones,  quae  vel  stoicam  vincerent  pacientiam;  sed  hoc  mihi  aegerri- 
mum  est,  quod  eo  nomine  apud  eos  ipsos  vapulare  debeam,  pro  quibus 
hisce  malis  me  obieci.  Hoc  non  me  percelüt,  novi  enim  humanam 
conditionem,  sed  videte  ne  multum  detrahatur  authoritati  Caesaris,  neve 
hoc  exemplo  caeteros  omnes  ministros  doceatis,  quam  periculosum  sit 
Gallis  displicere.     Regina  Poloniae  non  inconcinne  dicere  solet,  quod  si 

')     Guidobald  Graf  von  Thun. 


170  ni.  1660—1604.     MLssioü  Lisola's. 

voluissem  ipsi  tantisper  connivere,  auxissem  notabiliter  meam  furtuuam 
et  facile  Caesarei  actiones  meas  probassent.  Videte,  ne  deinceps  vobis 
praescribatur,  quos  ad  ministem  deligere,  quos  excludere  debeatis,  et 
ne  magis  ad  promotionem  conducat  ipsis  placere  quam  vobis.  Sed  haec 
nil  ad  me.  Non  satis  possum  mirari  bonitatem  optimi  archiepiscopi, 
qni  D.  Stokman  proponit  tanquam  in  tali  officio  constitutum,  qui 
possit  rebus  Caesareis  in  unam  vel  alteram  partem  prodesse  vel  obesse. 
jlpas  ya_^  quae  statum  Belgicum  novit,  facile  deprehendet,  quam  id 
procul  petitum  sit  ac  futile.  Caeterum  lubens  ab  hoc  omnique  alio 
munere  abstinebo.  Sola  mihi  honoris  cura  superest.  Quis  enim  non 
credet  me  ab  eo  fuisse  exclusum  tanquam  exosam  principibus  imperii 
et  inutile  in  illis  partibus  instrumentum,  quod  me  deinceps  non  solum 
apud  S.  C.  M**"™.,  sed  apud  S"""™.  regem  Catholicum  perderet;  nee 
ipsemet  vellem  in  ipsorum  praeiuditium  negotiis  adhiberi,  quae  si  male 
cederent  non  malae  aliquorum  inteutioni,  sed  odio  personae  meae  tri- 
bueretur. 

Quod  autem  illis  principibus  imperii  invisus  sim,  hoc  me  prorsus  latet; 
scio  autem,  quod  Elector  Palatinus  instanter  petierit  me  ad  se  mitti; 
scio  quod  Neoburgicus  maximam  mihi  testetur  propensionem,  de  Bran- 
denburgico  id  satis  liquet,  nee  non  de  utraque  domo  Badensi  ac  AVirten- 
bergica.  Interfui  tribus  comitiis,  tam  pro  civitate  quam  pro  archi- 
episcopo  Bisuntino ');  cum  omnibus  deputatis  lidam  amicitiam  colui,  nul- 
lum  a  me  offensum  dimisi,  multos  ex  deputatis  officiis  meis  demerui  et 
cum  iis  assiduam  colui  et  colo  adhuc  correspondentiam.  Optassera,  ut 
D.  archiepiscopus  hoc  suum  votum  paulo  melius  et  explicatius  propo- 
suisset,  nam  re  vera  praeter  Gravellium^)  Gallum,  quem  non  novi,  nemi- 
nem puto,  non  me  libenter  et  amice  amplexurum.  Hoc  saltem  unum 
rogo,  ut  consulant  honori  meo,  ne  post  adeo  solemnem  regis  catholici 
declarationem  videar  aliqua  mea  culpa  reiectus  et  gratia  tanti  regis  mihi 
cedat  in  opprobrium.  Totum  hoc  committo  IIP'*.  D.  V^^  prudentiae  et 
affectui.  Si  res  procedere  non  possit,  alia  foret  occasio,  in  qua  me  Regi 
Catholico  summe  necessarium  et  commendabilem  reddere  possem ;  scilicet 
in  Anglia,  cum  Rex  Catholicus  ibidem  legatum  habere  non  possit  et 
ipsi  summe  expediat,  fidam  ibi  esse  personam,  quae  rebus  ipsius  invigi- 
let.    Si  illuc  mitterer  specie  petendi  auxilii  (audio  enim  ad  omnes  prin- 


')    Besan^on,    Ueber  Lisola's  Thätigkeit  in  dieser   Stadt  vergl.   den  Aufsatz  von 
Reynald  im  27.  Bande  der  Revue  Historique  1885  p.  300  ff. 
'^)     Gravel  Robert,  Vertreter  Frankreichs  in  Regensburg. 


Polnische  Angelegenheit.     Französisch-brandenburgische  Beziehungen.  171 

cipes  Christianos    destinari    legatioues)    hoc   non   mihi  minus   acceptum 
foret,  quam  si  commissio  Ratisbonensis  procederet '). 


Lisola   an  Walderode.     Dat.  Cöln  a.  d.  Sp.  23.  Nov.  1663. 

(Aut.) 

[Polnische  Angelegenheit.] 
Empfiehlt  nochmals  seine  Angelegenheit  dem  Walderode. 

Res  polonicae  in  lubrico  versantur  statu;  factio  reginae  invalescit,  23.  Nov. 
contraria  senescit  et  assiduitate  ac  longanimitate  adversae  partis  fati- 
gatur.  Amicus  ille  urget  cathegoricam  resolutionem  et  mediante  tan- 
tillo  auxilio  certam  spem  facit  se  ad  extremum  perstiturum  et  cum  dei 
auxilio  superaturum,  sed  yult  assecurari,  secus  enim  torrenti  cedere 
cogetur  et  brevi  quidem.  Ser""^  Elector  multum  orat,  ut  rem  uon  de- 
seramus  et  nisi  concurramus,  vereor  ne  ipse  prior  cedat. 


Lisola  an  Walderode.     Dat.  Berlin  30.  Nov.  1663.     (Aut.) 

[Beruhigung    des  Berliner   Hofes    über  die  Vorgänge  am  Wiener  Hofe.     Französisch- 
brandenburgische  Beziehungen.     Polnische  Angelegenheiten.     Characteristik   des  Kur- 
fürsten.] 

Seit  langem  ist  Lisola  ohne  Weisung  vom  Hofe,  was  in  Berlin  heunruhi- 30.  Xot. 
gend  wirkt.  | :  Elector  Brandenburgicus  putat  actum  esse  de  gratia  prin- 
cipis  de  Portia  apud  imperatorem,  quod  alte  apprehendit;  nam  timet 
Auersperg  et  horret  Schwarzenberg. :  [  De  tractatibus  S''^  Suae  cum 
Gallis  certo  credat  nihil  esse,  redit  Blumendalius  a  S*^.  Sua  revocatus  ^), 
nee  proximam  video  ad  tractandum  dispositionem,  nisi  istum  principem 
nitro  alienemus,  quod  facile  eveniet,  si  se  despici  crediderit.  |:S™"^ 
quotidie  apud  me  instat  pro  resolutione  circa  res  Poloniae,  an  illas 
deserere  an  prosequi  velimus :  | ;  putat  mediam  viam  esse  exitiosam  et 
corti  sibi  consulet,    si  videat  nos  tepidos.     |:Scribit  mihi  Gerardinus^) 


^)  Zum  Verständnisse  dieses  Schriftstückes  sei  darauf  hingewiesen,  dass  von 
Seite  Portia's  und  W^alderode's  Lisola  als  Commissär  für  Burgund  zur  Regensburger 
Versammlung  vorgeschlagen  wurde,  während  andere  wünschten,  dass  Peter  Stockmann, 
der  vom  Beginne  des  Reichstages  an  dieses  Amt  versah,  dasselbe  auch  ferner  ver- 
sehen solle. 

2)     Urk.  u.  Act.  IX.  665 f. 

^)     Resident  des  Kaisers  in  Polen. 


172  ni.    1660—1664.     Mission  Lisola's. 

ex  Polonia,  quod  Mareschallus  regni ')  incipit  degustari,  quod  ad  omnia 
quae  proponit,  ne  bonum  quidem  verbum  reportaritis.  Vicecancellarius  ^) 
vehementer  instet  pro  responso.  :|  Si  istae  duae  bases  deficiant,  actum 
erit  de  aedificio;  ego  lavo  manus,  sed  de  bis  plura  proxime.  L'tinam 
mala  futura  paulo  plus  apprehenderetis  ac  minus  timeretis  praesentia. 

P.  S.  Miror  istum  Electorem,  qui  in  deliciis  habet  lougas  relationes 
cum  minutissimis  circumstantiis  et  hoc  expresse  ministris  suis  demandat; 
omnia  legit,  revolvit,  expedit;  ad  omnia  respondet.  combinat  unam  cum 
alia  et  nil  negligit. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Colin  a.  d.  Sp.  22.  Nov./2.  De- 
cember   1663.     (Or.) 

[Verwendung  der  kurfürstlichen  Hilt'struppen.     Klagen   über  Souches.] 

2.  Dec.  Des  Kaisers  Schreiben  vom  7.  Oct.  hat  der  Kurfürst   erhalten"').     _,0b   ich 

mm  zwar  gehofft,  es  würde  desfalls  bei  der  zu  Königsberg  genommenen  Abrede 
allerdings  gelassen  werden*)  und  E.  K.  M.  die  Fussvölker  weiter  nicht  dann  in 
Schlesien  oder  zum  höchsten  in  Mähren  begehren,  so  hab  icli  dennoch,  zu  Be- 
zeugung meines  zu  Beförderung  der  allgemeinen  Sicherheit  und  E^  K.  M.  Estats 
Wohlfahrt  treu  gemeinten  Eifers  und  aufrichtigen  Devotion  nicht  unterlassen 
wollen,  E.  K.  M.  gnädigstem  Gesinnen  in  gehorsamster  Willfährigkeit  ein  Gnügen 
zu  leisten  und  an  hochgemelten  Herzogen  von  Holstein  L^"\  geschrieben,  die 
Reuter  und  Dragoner  zu  E"".  K.  M.  Diensten  der  ersten  Ordre  gemäss  nur  fort- 
zuschicken, mit  der  Infanterie  aber  auf  Begehren  nicht  allein  bis  in's  Mark- 
grafenthum  Mähren  zu  gehen,  sondern  auch  die  Hälfte  derselben  zur  Execution 
der  etwa  fürhabenden  Impresa  herzugeben,  nach  deren  Verrichtung  aber  solche 
wider  in's  Markgrafenthum  zu  ziehen  ^).'^  Empfiehlt  die  Truppen  dem  Schutze 
des  Kaisers.  Der  Herzog  von  Holstein  habe  ihm  gemeldet,  dass,  als  er  dem 
kaiserlichen  Befehle  vom  11.  Oct.**)  entsprechend  sich  mit  den  Reutern  und 
Dragonern  bei  Souches  eingefunden,  dieser  nicht  nur  die  Hilfe  als  unnöthig 
zurückgewiesen,  sondern  auch  zu  verstehen  gegeben  habe,  des  Kaisers  Wille 
und  Verordnung  wäre  keines weges  diese  Völker  mit  nöthiger  Verpflegung  ver- 
sehen zu  lassen').  Der  Kurfürst  begreift  nicht,  wohin  Souches  mit  solchen 
Reden  zielt,  zweifelt  auch  nicht,    dass  er  dies  ohne  Wissen  des  Kaisers  gethan 

*)  Georg  Lubomirski. 

-)  Johann  Lesczynski. 

^)  Liegt  nicht  vor. 

*)  Gemeint  ist  die  Convention  vom  23.  Aug.  1663;  Urk.  u.  Act.  XI.  298ff. 

^)  Auszug  aus  diesem  Schreiben  in  Urk.  u.   Act.  XI.  316. 

ß)  Soll  wohl  heissen  11.  Nov.  (vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  314). 

')  Vergl.  des  Herzogs  Schreiben  vom  28  Nov.:  Urk.  u.  Act.  XI.  314 f. 


Yerwendung-  der  kurfnistlichen  Truppen.     Des  Mainzers  Politik.  173 

hat;  der  Kurfürst  meldet  dies  dem  Kaiser,  in  der  Erwartung,  der  Kaiser 
werde  darauf  seilen,  dass  die  Völker  nicht  ruinirt,  sondern  gehörig  verpflegt 
werden. 


Lisola   an  Walderode.     Dat.  Cöln  a.  d.  Sp.  3.  Dec.  1663. 

(Aut.) 

[Verwendung    der    kurfürstlichen    Truppen.     Reise   des  Kurfürsten   nach  Regensburg. 
Brandenburg-französische  Beziehungen.     Lisola's  Bestallung  in  Regensburg  betreffend. 

Des  Mainzers  Politik.] 

Scripsi  fuse  posta  praeterita;  quod  addam  noii  habeo,  nisi  quod  3.  Dec. 
gmus_  Elector  taudem  iion  .siue  magna  reluctantia  consenserit,  ut  S.  C. 
M''^  libere  de  copiis  suis  et  de  ipso  peditatu  possit  ubicumque  locorum 
disponere.  Reliqua  quoad  iter  S"^  Suae  Ratisbouense  manent  in  eodem 
statu,  |:sispes  sit  generalatus ')  abit;  si  minus,  manebit.  Tractatus  cum 
Gallia  suspensi  sunt,  nun  rupti.  Certum  est  quod  adit  Galliam,  sed 
timet  ac  ad  omnes  casus  vult  esse  conparatus. :  Bono  ex  loco  admonitus 
fui,  quod  Auersperg  toto  nisu  mihi  obstet  pro  nota  commissione ;  quod 
iam  satis  antea  collegeram;  aliunde  etiam  intellexi,  quod  idem  antiquam 
habeat  correspondentiam  cum  Stockmanno,  unde  certa  mihi  fuit  suspi- 
cio,  quod  :  litterae,  quas  Salisburgensis  ^)  scripsit,  fuerint  ab  Auerspergio 
dictatae  :].  Si  hoc  ita  est,  quid  tiet  in  aliis,  quo  loco  erit  princeps  Por- 
tia;  hoc  enim  magnam  denotaret  ac  profundam  intelligentiam,  quam 
etiam  suspicor  extendi  ad  Electorem  Moguntinum,  qui  iuxta  ea  princi- 
pia,  quae  sequi  videtur  et  quae  confidens  eius  minister  aperuit  Electori 
Brandenburgico,  |:  non  potest  esse  addictus  nostro  principi,  qui  illam 
politicam  prorsus  oppositam  sequitur.  Nam  Elector  Moguntinus  indigna- 
tur,  quod  Imperator  sit  uimis  addictus  Regi  Catholico  ac  denuo  per  fu- 
turum matrimonium  ^)  arctius  ligandus;  Portia  vero  e  diametro  contrariam 
sectatur  doctrinam.  Ideo  probabile  est,  quod  Moguntinus  iis  magis  affi- 
cietur,  quos  eius  dogmatibus  insistere  credet.  Cavete  autem,  ne  archi- 
episcopus  Salisburgensis  cum  Moguntino  conveniat,  aut  ab  eo  decipia- 
tur,  nam  ut  ex  copia  litterarum  eius  in  negotio  noto  colligere  possim, 
debet  esse  vir  simplex. :  | 


^)     Ä  =  genlatus. 
2)     Guidobald. 

^)     Gemeint    ist    die  Werbung  Leopolds  um  Margaretha  Theresia,   mit  der  sich 
Leopold  später   —   16G6,  —  vermählt  hat. 


174  in.    1660— 1GG4.     Mission  Lisola's. 

Lisola  an  Walderode.     Dat.  Berlin   17.  Dec.   1663.     (Ant.) 

[Zustand  am  berliner  Hofe.   Nachrichten  aus  Polen.    Lisola's  Mission  nach  Regensburg.] 
17,  Dec.  |:  Spcro  111'*™.  Y^"\  iam  Ratisbonam  pervenisse,   ubi  omnia  foelicia 

opto  magis,  quam  spero.  Res  hie  pessumeunt,  prout  ex  meis  ad  prin- 
cipem  Portiam  videbit').  Res  Poloniae  nisi  attendamus  brevi  collaben- 
tur;  tempestive  semper  moneo,  sed  nunquam  nisi  post  cventum  mihi 
creditis,  et  tarnen  post  tot  veras  praedicationes  totiesque  probatas  meum 
calendarium  deberet  esse  apud  vos  in  aliquo  pretio. 

Scribit  mihi  ex  Polonia  Girardinus,  quod  ntiirabiliter  omnes  mur- 
murent  contra  principem  Portiam  et  quod  omnes  depraedicent  merita 
Auerspergii.  Hoc  provenire  potest  ex  ignorantia  populari,  cavendum 
tamen,  ne  id  ex  ipsa  factione  Auerspergiana  proveniat,  regina  Poloniae 
etiam  forte  clam  fovente;  iam  pridem  monui  attendendum  esse  actioni- 
bus  Schaffgozii,  qui  crebro  (prout  intellexi)  ad  aulam  Polonicam  mittit. 
Multa  circa  hanc  materiam  oretenus  dicenda  reservo;  subvereor  profun- 
diora  et  si  mihi  fides  daretur  facile  funditus  investiganda;  si  mihi  sal- 
tem  tanquam  privato  liceret  ad  pedes  S,  C.  M*'^  accedere,  dicerem 
multa,  quae  ipsi  aperirent  oculos  et  principi  Portiae  plurimum  pro- 
dessent,  quae  ab  ipso  tam  facile  ac  tam  efficaciter  dici  nequeunt  in  sua 
propria  causa;  dicerem  autem  tali  modo,  ut  sperarem  id  non  sine  fructu; 
denique  audaciter  dicerem,  nihil  enim  metuo,  utpote  cui  certo  consti- 
tutum sit  (si  haec  factio  praevaleat)  ad  quietem  domesticam  recedere.  . .  . 
Iam  eidem  significavi  mandatum  domini  Stockmani  transmissum,  ut 
Ratisbona  discedat,  etiam  si  illuc  nondum  pervenissem,  quod  eo  uuice 
coUimat,  ut  tollatur  omnis  praetextus  iis,  qui  me  impedire  conantur. 
Hoc  pulcherrimam  dabit  ansam  meis  amicis  res  meas  promovendi;  sed 
languor  nostri  principis  tam  in  hoc  quam  in  reliquis  ipsum  et  suos 
amicos  perdet. :  | 


Lisola  an  Walderode.     Dat.  BerHn  19.  Dec.  1663.     (Aut.) 

[Nachrichten  von    den  Plänen  Frankreichs  und   des  Mainzer  Kurfürsten,     ürtheil  Li- 
sola's über  des  letzteren  und  Auerspergs  Politik.] 

19.  Dec.  \'  Scripsi    posta    praecedenti    sat    copiose;    hoc    unicum    addendum 

occurrit,    quod  a  viro  valde  perito  mox  litteras   acceperim,    quibus  mihi 
haec  formalia  significat  his  verbis:   Credo  quod  intentio  Galliae  coliimet 


')     Liegt  nicht  vor. 


Urtheil  Lisola's  über  des  Mainzer  und  Auserspergs  Politik.  175 

ad  separandum  Imperatorem  ab  Hi.spanis  et  quod  Elector  Moguntinus  ad 
hoc  insudabit;  niiper  enim  a  viro  niagnae  notitiae  aiulivi,  quod  Elector 
Moguntinus  ipsi  fassus  fuerit,  hoc  quidem  fore  iniquum  sed  necessarium 
et  sine  quo  iraperium  nunquam  foret  quietum.  Haec  ille;  si  autem  hoc 
ita  sit,  consideret  111"'^  V*.,  an  nunc  ex  consequentia  praesumi  possit 
illos,  qui  hoc  intendunt,  non  facile  laturos  regimen  principis  Portiae, 
quem  sciunt  habere  principia  prorsus  opposita  et  nunc  magis  ipsis  placere 
debeat,  ut  machina  devolvatur  ad  Auerspergium,  quem  sciunt  Hispanis 
exosum.  Meminerit  etiam  UV"^.  V=*.,  quod  iam  pridem  Auerspergius  eo 
collimare  videtur,  ut  se  bonura  imperalistam  venditet.  Quidquid  autem 
credatis,  aut  vobis  appareat  de  alienatione  Electoris  Moguntini  ab  ipso, 
ego  mihi  hanc  suspicionem  avellere  non  possum,  quin  secreto  inter  ipsos 
conveuiat.  .  .  .  :| 


Lisola  an   den   Kaiser.     Dat.    Cöln   a.  d.  Spr.  21.  Dec.  1663. 

(Ol-.) 

[Brandenburg-schwedische  Beziehungen.  Des  Kaisers  Stellung  zu  Schweden.  Frage 
der  Investitur  Schwedens  mit  Pommern.  Pvath  Lisola's  in  dieser  Frage.  Geplante 
Berathung  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  mit  dem  Sachsen  und  den  Braunschwei- 
geru.  Unterredung  Lisola's  mit  Anhalt  und  Schwerin  über  die  in  Regensburg  zu 
beobachtende  Politik,  insbesondere  mit  Rücksicht  auf  den  Krieg  gegen  die  Türken. 
Vorschlag  Wrangeis  in  dieser  Frage.] 

gae    (^'ae    ]i^fti    yae^    humillime    significandum   duxi,    quod   cum   mihi  2L  Dec. 

nuper  cum  S'*.  electorali  sermo  incidisset  de  ipsius  cum  Suetia  tractati- 

bus ').    de    quiLus   iam  antehac  ad  M"''".  V^'^.  perscripsi;  8"""^    mihi  in- 

sirmavit,    se  apud  Suecos  institisse,   ut  S.  C.  M^^  V*.  iisdem  tractatibus 

includeretur,  qui  minime  se  alienos  exhibuerant;  recentissimis  vero  litteris, 

quas  a  suo  in  Svetia  residente  ^)  acceperat,  intellexisse,  Suecos  in  eadem 

quidem  propositione  perseverare  et  ad  sinceram  cum  S.  M'^  V''.  unionem 

ac  correspondentiam  esse  dispositos;  unicum  tantum  obstaculum  obesse, 

denegatam  scilicet  aut  saltem   suspensam  Pomeraniae  investituram,    pro 

qua  denuo  petenda  post  acceptam  repulsam,  novam  legationem   mittere, 

nisi  priores  invitarentur,  sibi  omuino  indecorum  iudicabaut  •'^).     Si  itaque 


^)  Ueber  die  brandenburg-schwedischen  Beziehungen  in  diesen  Jahren  Urk.  u. 
Act.  IX.  7.59  ff. 

-)     Krockow,  Lorenz  Georg;  vergl.  über  ihn  Urk.  u.  Act.  IX.  732. 

^)  Ueber  diesen  schwedischen  Investiturstreit  vergl.  Heyne,  S.,  Der  schwedische 
luvestiturstreit  1648—1664:  Urk.  u.  Act.  XI.  95  ff.,  213.  Die  Belehming  erfolgte  erst 
am  5.  Mai  1664. 


176  in.  1660—1604.     Mission  Lisola's. 

S™"^  Elector  lianc  Suetiae  cum  S.  C.  M^".  V''.  correspondeutiam  sancitam 
cuperet,  cunsiiltum  füre,  si  submoveudis  obicibus  incumberet  et  uecessaria 
quoad  hoc  apud  S.  M'^'".  V^'".  interponeret  officia,  qua  de  re  se  ad  M'*™. 
V^™.  scripturum  asseruit  meque  ut  scriberem  requisivit. 

I :  Licet  vero  facile  crediderim  hanc  e.sse  escam  nobis  iniectam  a 
Suecis,  ut  ip.sorum  circa  investituram  postulatis  facilius  annuamus,  tarnen, 
utut  sit,  humillime  ceuserem  negociationein  illam  ininime  temnendam,  vel 
ad  hoc  solum,  ut  Elector  Brand"'**,  nil  nisi  coniunctiin  nobiscum  agat, 
ut  participes  fiamus  omnium  quae  tractabuntur;  quo  pacto  facilius  erit 
impedire,  ne  quidquam  in  V".  C^^^  M^'^  praeiudicium  concludatur,  vel 
ut  negociatio,  si  ita  expediat,  dissolvatur,  aut  saltem  iniectis  identidem 
difficultatibus  protrahatur;  cum  autem  negotium  iuvestiturae  a  sola 
Y^  C«\  M'^  non  pendeat,  facile  V''^  C^^\  M*'.  erit  ab  hac  instantia 
se  expedire,  offerendo  ipsis  omnem  operam  rei  apud  comitia  promoven- 
dae,  quod  si  postea  successu  caruerit,  id  statibus  imperii  non  V"".  C^^^ 
M''.  imputandum  erit.  :|  Interim  cum  Ser™"^  Elector  brevi  missuiu  sit 
expressum  ministrum  Holmiam,  humillime  consultum  ducerem,  si  aliquis 
etiam  ex  parte  M''^  V**^.  vel  specie  petendi  auxilii,  vel  directe  ad  in- 
terveniendum  hisce  tractatibus,  eodem  tempore  destinaretur. 

giiius_  Elector  intra  paucos  dies  iturus  est  ad  confinia  Saxoniae,  ut 
ibi  cum  S'"°.  Saxoniae  Electore  congrediatur  et  quid  in  rem  praeseutem 
consultum  sit,  statuat');  aderunt  etiam,  ut  sperat,  aliqui  ex  domo  Bruns- 
vicensi');  promittit  S'""^  Elector  se  omnem  operam  navatiirum,  ut  isti 
principes  fortia  et  generosa  cousilia  amplectantur  et  oculos  aperiant. 
üt  autem  melius  indagari  possit,  quid  hoc  tempore  potissimum  expe- 
diat, 8"""^  Elector  demandavit  principi  Anhaltino  et  Schweiino,  ut  mecum 
inirent  colloquium^).  Summa  propositonis  fuit:  S™"".  Electorem  atten- 
tis  rerum  et  temporum  circumstantiis  et  imminentibus  undequaque  peri- 
culis,  probe  expendere,  quantopere  expediat  promptas,  efficaces  ac  solidas 
resolutiones  capessere.  Ipsum  nihil  in  votis  habere,  quam  ut  in  hisce 
comitiis  omnia  iuxta  M*^^  V*^  intentiones  et  commoda  dirigi  queant; 
ipsi  quidem  ob  invaletudinem  aliasque  rationes  minima  licitum  illuc  se 
conferre;    expediturum  tamen  ministros,    qui  ipsius  vices  diligeuter  obi- 


0  Vergl.  über  diese  Verhandlungen  und  die  Zusammenkunft  zu  Torgau  Urk.  u. 
Act.  XI.  262  ff. 

-)  üeber  die  Haltung  der  Braunschweiger  Fürsten  zur  Frage  der  Türkeuhilfe 
Köcher  1.  c.  321  ff. 

^)  Vergl.  für  die  Verhandlungen  in  diesen  Angelegenheiten  üik.  u.  Act.  XI. 
317  ff. 


Beziehungen  zu  Schweden.     Reichsfiagen.     Tüikenkriecr.  177 

rent,  quos  ut  melius  instriieret,  optaro  S"'"\  Suam  a  me  intelligere  meu- 
tern S.  C.  M^-'-V"*".,  quid  scilicot  potissimum  in  votis  habeat  M■■'^  V^.  et 
qua  in  re  S'^^  Sua  gratum  aliquod  obsequium  eidem  praestare  queat 
et  eiusdem  intentionibus  suffragari.  Respoiuli,  actis  primum  gratiis, 
optandum  quidem  fuisse,  ut  S'""^  Ratisbonam  excurrere  potuisset,  pu- 
riores  ex  ipso  fönte  aquas  hausurus  et  praesentia  sua  plurlnuun  negotiis 
pondeiis  et  probis  animi  additurus;  si  tarnen  hoc  sperari  non  posset 
supplendum  saltem  qualitercumque  tales  destinando  ministros  itaque 
instructos,  ut  efficacia  ab  ipsis  officia  sperari  possint.  Me  quidem  in 
specie  de  AP'^  V-''^  intentionibus  instructum  non  fuisse,  eo  quod  aula 
C*^".  speraverit  S"^  Suae  illuc  adventum  omniaque  coram  communicanda 
reservarit;  rem  tarnen  per  se  loqui:  Turcam  esse  ad  portas;  maximum 
quod  M".  V'^^  praestari  (meo  quidem  debili  iuditio)  servitium  posset, 
hoc  fore,  si  S™"\  eo  incumberet,  ut  punctum  auxiliorum  remotis  ambagi- 
gus  et  forraalitatum  circuitibus,  ea,  quam  res  exigebat,  celeritate  con- 
cluderetur  et  tali  modo,  ut  ipsi  liaec  auxilia  defensioni  forent  non  oneri 
temporique  adessent ').  Caeterum  non  parum  rebus  Caesaris  et  imperii 
additum  iri,  si  S'""^  palam  non  verbo  solum  sed  opere  contestaretur,  se 
a  Caesareis  partibus  inseparabilem  ac  capiti  suo  in  omnibus  mordicus  ad- 
haesurum  nee  passurum  unquam  se  ullis  aliis  commerciis  implicari;  deuique 
consultissimum  fore,  si  deputatis  suis  mandatum  absolutum  et  generale 
daretm*  consilia  sua  cum  ministris  Caesareis  combinandi  et  omnia  ex 
condicto  cum  ipsis  statuendi. 

Ad  haec  exceperunt:  Se  omnia  ad  S"^'".  Suam  relaturos  nee  dubi- 
tare,  quin  ab  ipsa  approbentur,  eamque  iam  de  faoto  eundem  in  finem 
ad  varios  imperii  principes  serio  rescripsisse,  a  quibus  talia  acceperat 
responsa,  ut  spem  facereut  res  ad  votum  fluituras.  Inter  caeteros  S"""". 
Electorem  Moguutinum  eidem  per  litteras  asseruisse  punctum  auxiliorum 
nulla  alia  re  impeditum  iri');  se  tarnen  multas  praevidere  difficultates, 
non  tam  in  substantia  quam  in  modo,  inter  tot  diversorum  sensuum 
capita.  Qualia  enim  praestabuntur  auxilia,  an  pecuniaria  dumtaxat? 
an  militaria?  Primum  sperari  vix  posse,  alterum  innumeris  scatere  in- 
commodis;  quis  enim  praeficietur  huic  corpori?  quomodo  fient  deleclus? 
an  ab  ipso  duce,  an  a  quolibet  membro  per  particulares  cuiusque  de- 
lectus  in  suo  districtu?    Quoad  primum  vix  consensuros,  secundum  vero 


^)     üeber    die  Verhandlungen    zu    Regensburg   in   dieser  Frage  Urk.  u.  Act.  XI. 
209fr.;  Gemeiner  1.  c.  I.  124 ff.;    Pachner  1.  c.  I.  .')!  ff. 
-)     Urk.  u.  Act.  XI.  ol7. 

M:iter.  z.  Gesell,  d.  G.  Kiiriüisteii.     XIV.  1  "2 


178  ni.   lGG0-lGn4.     Mission  Li.-ola's. 

forc  |)i"0])cniocUiin  inutile;  Dam  tot  membra  separata  vix  unquam  iiivicem 
cohaesura,  nunquam  uno  spiritu  animanda,  nunquam  in  veram  cliscipli- 
nam  coalitura;  delectus  sine  delectu  factum  iri,  unumquemque  obtrusurum 
necessarios  aut  consanguiueos  suos  pro  militaribus  officiis,  nee  tarn  fore 
exercitum  quam  plebem  collecticiam.  A  quo  demum  instructionem  acci- 
piet  dux  exercitus?  an  plenae  et  absolutae  S.  M.  V'®.  dispositioui  (quod 
vix  sperare  licet  inter  tot  animorum  divisiones  ac  diffidentias)  reliuque- 
retur?  an  ab  ipso  imperio?  qui.sque  a  sui  districtus  directore  expectare 
debebit  praeliandi  leges  et  operationum  bellicarum  praescripta?  an  ipsi- 
met  duci  plenum  relinquetur  arbitrium?  quod  periculosum  foret,  autliori- 
tati  Caesareae  exitiale.  Circa  hacc  omnia  S'^'".  Suam  innumeras  prae- 
videre  confusiones,  quibus  dcclinandis,  quid  S^^  ll^\  Y'"^.  consilii  sit  et 
qualiter  S'*^  Sua  cooperari  debeat,  edoceri  cupere.  Ad  haec  aliud  referre 
non  potui.  quam,  me  omnia  ad  referendum  suscipere  et  interim  per- 
quirere,  quid  circa  haec  S'""^  Elcctor  sentiret,  ut  melius  M"^'".  V'"".  in- 
formare  possem;  mihi  enim  dubium  nulluni  esse,  quin  eins  consilia  S*''""'^. 
M".  V^*^.  forent  acceptissima.  Ad  haec  princeps  Anhaltiuus  subiunxit, 
generalem  Vrangelium  in  privato  discursu  cum  residente  electorali  Hol- 
miae')  de  bello  Turcico  disserentem  haec  supradicta  omnia  incommoda 
recensuisse  ac  demum  conclusisse,  se  nihil  omnino,  aut  parum  in  iis 
auxiliis  collocarc.  Optimum  quidem  l'ore  et  necessarium,  habere  in  Hun- 
garia  bonum  militem,  qui  hostibus  opponatur,  sed  praeter  hoc  oppor- 
tunissimam  belli  gerendi  rationem  fore  per  diversiones,  si  scilicet  corpus 
25000  hominum  conflaretur  ex  Succicis,  Brandenburgicis,  Saxonicis  et 
Polonicis  copiis  ad  invadendam  Yalachiam;  se  illius  exercitus  imperium 
(si  ita  videretur)  libenter  suscepturum  et  magnam  hostium  partem  in  se 
avocaturum,  quod  faciliores  nobis  in  Hungaria  redderet  progressus  ^). 
S™°.  Electori  haue  propositionem  non  parum  placere  ac  ad  contribuen- 
dum  pro  parte  sua  militem  omnino  propendere.  Hoc  unum  ipsi  videri 
metuendum,  ne  forte  Vrangelius  cum  tali  exercitu  gallicos  conatus  in 
Pölonia  promoveret,  aut  ipsemet  Ilungariae  posset  imminere;  sed  non 
defutura  huic  periculo  remedia;  si  nimirum  ex  illis  copiis  pauciores 
forent  Sueci,  ut  praevalere  non  possent;  Polonis  vero,  qui  admiscerentur, 
praeficeretur  vir  aliquis  bonarum  partium.  . . . 


')     Crockow. 

-)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  IX.  TGOf. 


Verliandlmigeu  zwischen  Fiankreich  uud  Braudeuburg.  179 

Lisola   an   den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  2.  Januar  1664. 

(Or.) 

[Brandenburg-französische  Yerbantlliingen.  JHssion  Lesseins.  Erkläiiingen  des  Kur- 
fürsten. Bemühungen  deutscher  Fürsten  den  Kurfürsten  zum  Anschlüsse  an  Frank- 
reich zu  vermögen.  Mission  Blumenthals  nach  Frankreich.  Dessen  Verhandlungen 
in  Paris.  Lisola's  Bemühungen  den  Abschluss  derselben  zu  verhindern.  Letzte 
Weisung  an  Blumenthal.  Lisola's  Bemühungen  in  dieser  Angelegenheit.  Urtheil 
Lisola's  über  die  Lage.  Nothwendigkeit  der  Beilegung  der  Streitfrasfe  über  Jägern- 
dorf. Des  Kurfürsten  Haltung  und  Gesinnung.  Rath  Lisola's  über  die  bei  den  Ver- 
handlungen mit  Brandenburg  einzuschlagende  Politik.] 

Cum    tractatus   S'"'.    Electoris  Brandenburgici    in  Gallia    in    dies    a  2.  Jan. 
Blumendalio  promoveatur')  et    valida  factio  hie  continuo  vaiiis    artificiis 
gmura_  Electorem   ad    conclusionem    instigare    non    desinat;    mei   imineris 
esse  duxi  intimum  illius  negociationis  statiim  mihi  probe  exploratum  cum 
Omnibus  circumstantiis  M".  V"*'.  humillime  referre. 

Initio  anni  praeteriti  destinatus  fuit  ex  Gallia  nobilis  quidam  nomine 
de  Lessen^)  ad  S'""'".  Electorem  Brand"'"',  cum  magnis  oblationibus  tam 
Electori  quam  eins  ministris,  si  Galileis  partibus  accedere  vellet,  Rhena- 
uum  foedus  amplocti  et  electioni  ducis  Anguiani  in  Pulonia  cooperari ^). 
Post  varias  ultro  citroque  conferentias  discessit  ablegatus  Galliens  re  in- 
fecta  et  de  responso  electoiali  parum  contentus*).  Haud  ita  multo  post 
ministri  electorales,  nonnuUi  amore  Galliae.  alii  metu  circumstantium 
undequaque  periculorum,  suaserunt  S'"°.  Electori,  ut  cum  Gallia  si  non 
intimam  saltem  apparentem  amieitiam  inire  conaretur  illamque  et  Sue- 
ciam  foederis  alicuius  titulo  sibi  alligare,  ne  tam  facile  in  ipsius  ditiones 
aliquid  moliri  posset.  Hoc  consilium  foverunt  nonnulli  protestantes  Ger- 
maniae  principes  foederi  Rhenauo  adstricti,  praecipue  vero  Bruusvicen- 
ses^)  et  varia  adhibueruut  officia,  ut  Electorem  ad  foedus  Rhenanum 
amplectendum  promoverent,  quo  pacto  ipsi  certo  pollicebantur,  se,  si  post- 
modum  a  Suecis  aut  Gallis  violarotur,  ipsi  potenter  adfuturos.  Cessit 
S™"\  Elector  (et  sane  contra  geuium)  tot  instigationibus  et  Blumendalium 
in    Galliam    expedivit,    ut    renovationem    foederis    defensiv!    anno    1651 


')  Ueber  Blumenthals  Verhandlungen  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  IX.  069 ff. ; 
Puf.  1.  c.  IX.  58;  Droysen  1.  c.  IILg  59 f. 

0  Lesseins;  er  war  Anfang  1602  nach  Berlin  gekommen;  über  seine  Verhand- 
lungen daselbst  Urk.  u.  Act.  II.  243 ff.;  Puf.  1.  c.  IX.  34—36. 

3)     Urk.  u.  Act.  II.  250;  Puf.  IX.  36. 

*)     Urk.  u.  Act.  II.  277;  Puf.  1.  c.  IX.  36. 

'=')  Ueber  die  Thätigkeit  der  Braunschweiger  Fürsten  in  dieser  Zeit;  Kodier  I.e. 
I.  312 ff.;  Urk.  u.  Act.  XL  1  ff . 

12* 


180  ni.    IGGO— inr,4.     llission  Lisola's. 

initi ')  ad  sexenniuin  cum  Gallia  .  .  .  postularet,  cum  aliqua  tamen  addi- 
tione  respectu  inclusionis  foederatorum  et  evictionis  Prussiae.  Sed  Blu- 
mendalius  initio  quidem  frigidissime  fuit  exceptus,  tum  quod  Gallia 
ipsius  propositionibus  non  fideret,  tum  quod  motueret  suspicionem  Neo- 
burgico  Duci  creare,  si  Brand'^"\  minister  blandius  haberetur:  ubi  vcro  ad 
iiegociationem  deventum  fuit,  Gallia  Electori  duo  proposuit  Electori  pror- 
sus  dura,  primum,  ut  foederati  omnes  Galliae  specifice  includerentur  illo 
tractatu  sicut  et  foederati  Electoris,  excepta  tamen  S.  C.  M'^.  \'''. '*); 
alterum,  ut  Neoburgicus  admitteretur  ad  garanthiam  Olivensem  ^). 

Ad  piimum  respondit  S'""^  Elector,  se  nuUatenus  unquam  quoad 
hoc  consensurum,  sed  tamen  temperamentum  proposuit,  ut  ab  utraque 
parte  nullus  ex  foederatis  specifice  nominetur,  sed  tantum  generice  com- 
prehendantur  sub  communi  foederatorum  vocabulo,  ad  quod  Gallia  hacte- 
nus  consentire  noluit,  et  illud  punctum  huc  usque  manet  indecisum.  .  .  . 

Ad  2"'".  declaravit  S'""^  Elector,  se  quidem  non  obstiturum,  quin 
in  garanthia  Olivensi  comprehenderetur  Dux  Neoburgicus,  si  caeteri  etiam 
iuteressati  et  praesertim  Imperator  in  id  consentirent,  quod,  cum  Galliae 
non  placeret,  inventum  fuit  hoc  temparamentum,  ut  Elector  pro  parte 
sua  tantum  et  sine  praeiuditio  aliorum  illum  ad  garanthiam  Olivensem 
admitteret  et  hie  articulus  iam  plene  compositus  est. 

3^  difficultas  est  ratione  garanthiae  Prussiae,  ad  quam  S'""\  Elector 
cupit  hoc  foedus  extendi;  circa  quod  post  varias  contestationes  Rex  Chri- 
stianissimus  declaravit,  quod  se  obligare  velit  ad  garanthiam  eorum  om- 
nium,  quae  S'""-.  Elector  possidet  in  Prussia;  sed  per  hoc  minime  satisfit 
S"^.  Suae  desiderio,  qui  articulum  etiam  secretum  ratione  Elbingae  in 
tractatu  Bidgoschiensi  contentum*)  et  in  Olivensi  per  separatum  etiam 
articulum  confirmatum  eadem  garanthia  expresse  includi  desiderat  et 
|:hactenus  per  Electorem  ßrand'^"™.  aliosque  ministros  rumpendi  illius 
tractatus  cupidos,  effecimus,  ut  Elector  Brand'^"^  huic  praeteusioni  mor- 
dicus  iuhaeserit,  cum  nobis  probe  constet,  difficile  admodum  fore 
Galliam  garanthiam  Elbingae  in  se  suscipere,  ue  se  odiosam  reddat  Po- 
lonis  et  reginae  Poloniae  noceat  et  hoc  punctum  adhuc  indecisum  manet  :|. 


')  Gemeint  ist  die  Allianz  vom  24.  Februar  1G56;  die  Zalil  1G51  im  Texte 
dürfte  auf  einen  Schreibfehler  zurückzuführen  sein.  Vergi.  Blumenthals  Instruction 
bei  Urk.  u.  Act.  IX.  620  ff. 

2)  ürk.  u.  Act.  IX.  630. 

3)  Vergl.  ürk.  u.  Act.  IX.  G26ff. 

*)  Vergl.  Mörner  1,  c.  225;  über  die  Verhandluntren  iti  dieser  Frage  in  Paris 
Urk.  u.  Act.  IX.  GGy  a.  a.  0. 


Verhandlungen  zwischen  Frankreich  und  Brandenburg.  181 

Sed  Galli.  ut  se  ab  illa  molestia  expedireiit  aliud  proposuere  tcmpera- 
mentum,  se  scilicet  loco  illius  garanthiae  certam  pecuniae  summam 
Electori  tradituros  ad  rationem  summae  300000  imperialium,  ipsi  a  Po- 
lonis  pro  redimenda  Eibinga  promissae,  qua  in  re  multos  sibi  simul  fines 
proponere  potest  Rex  Christianissimus,  nempe  liac  pecunia  Electorem  sibi 
demerendi  cuius  domi  res  esse  angustas  novit;  deinde  titulum  sibi  ad 
Elbingam  tanquam  cessionario  Electoris  acquirere.  quem  postea  in  vegi- 
nam  vel  ducem  Anguianum  transmittere  potent;  3°  denique  apud  Po- 
lonos  meritum  sibi  arrogare,  quasi  illos  ab  onere  praetentionis  Elec- 
toris propria  pecunia  redemerit. 

Galliae  amici  in  hac  aula  lianc  propositionem  vehementer  exaggera- 
runt.  1 :  Ego  vero  ministris  nobis  addictis  non  intermisi  suggerere,  quae 
in  rem  erant,  et  ad  oculum  demonstrare.  quantuln  sibi  hoc  pacto  Elector 
Braud'^"^  praeiudicaret  apud  Polonos,  si  talem  praetensionem  regi  Galliae, 
cuius  potentiam  tantopere  formidant,  rcsignaret;  per  hoc  summopere 
promotum  iri  electionem  ducis  Anguiani,  ipsi  porrigendo  titulum  uccu- 
pandae  Elbingae,  clavi  scilicet  Prussiae  Ducalis  et  Poloniae  freno;  Elec- 
torem Brand*^"'".  per  hoc  nil  lucraturum:  praetensionem  seu  ad  Elbin- 
gam seu  ad  summam  promissam  differri  quidem  ipsi  ad  tempus  ob 
praesentem  inopiam  vel  ob  aemulorum  artes.  non  tamen  excludi,  quin 
suo  tempore  illam  evincat  et  fortasse  cum  maiori  compendio;  quibus  ratio- 
nibus  tandem  Elector  Brandenburgicus  acquievit. :  Quarta  diflicultas  in 
eo  versatur,  qiiod  Rex  Christianissimus  praetendat,  ut  (praeter)  memoratum 
foedus  defensivum  8°""^  Elector  etiam  Rhenano  foederi  pure  et  simpliciter 
accedat,  quod  S'""^  Elector  tali  modo  acceptare  detrectat;  offert  tamen,  se 
speciale  foedum  cum  aliis  Rheni  foederatis  initurum  cum  debitis  reserva- 
tionibus;  sed  hoc  hactenus  non  satisfecit  Regi  Galliae.  S'""^  Rex  Chri- 
stianissimus proponi  curavit  Blumendalio  per  Yicecomitem  Tureniura '), 
ut  S™"^  Elector  in  illo  foedere  se  obligaret  ad  cooperandum  intentioni- 
bus  gallicis  in  imperio.  quae  propositio  S™".  Electori  plurimum  displicuit. 

Circa  haec  omnia  advenit  huc  nuper  a  Blumendalio  prolixa  relatio, 
omnia  haec  capita  cum  variis  retlexionibus  continens  et  ultimam  desuper 
cum  plena  jiotestate  concludendi  resolutionem  postulans').  Circa  quod 
habitum  fuit  hie  pridie  discessus  S''^  Suae  consilium  et  nova  instructio 


^)  Ueber  Turenne's  Thätigkeit  bei  den  Verhandlungen  Blumenthals  in  Paris; 
ürk.  u.  Act.  IX.  614  ff. 

2)  Gemeint  sind  wohl  die  Berichte  Blumenthais  vom  4./14.  und  vom  IL, 21.  Dec; 
Urk.  u.  Act.  IX.  6fi9ff. 


182  III-  K560— 1664.     Mission  Lisola's. 

I-Jliimeiululio  ti-aiismissa,  >oi|ueiitia  (pruut  fido  ex  lücu  acccpi)  capita  coii- 
tincns,  Mib  quihiis  dalur  ipsi  facultas  cüticludondi  et  non  aliter'). 

1".  iit  Aiig'"''.  Domus  Austriaca  exprcssc  nominetur  et  iucludatur 
tiactatu  vol  saltem  implicite  sub  generali  inclusione  foederatorum,  nemi- 
nem ex  utraque  parte  specifice  nominando;  2"  ut  obligatio  garanthiae 
expresse  cxtendatur  ad  articulum  separatum  tractatus  Bidgoschiensis  et 
Olivensis  ratione  Elbingeosis  praetensionis;  cui  puncto  iubetur  ipsi  raor- 
dicus  insistere;  3°.  quoad  oblationera  pecuniae  pro  praetentione  Eibin - 
gensi  S'""'".  non  posse  illam  accipere,  nisi  a  solis  Polonis;  4"  consentit 
gmus_  Eiector  pro  sua  parte  salvo  aliorum  interessatorum  iure,  ut  S'""^ 
Dux  Neoburgicus  admittatur  ad  garanthiam  Olivensem  eiusque  benefitio 
f'ruatur;  5''  S""'"".  non  posse  quidem  pure  et  sirapliciter  acceptare  foedus 
Rhenanum,  sed  paratum  esse  particulare  foedus  cum  aliis  in  Rhenano 
foedere    interessatis   ad    normam  praesentis   cum  Gallia    ineundi  sancire; 

6".  S'""™,  non  posse  se  adstringere  ad  favendum  Gallis  in  rebus 
iraperii  propter  iuramentum  et  fidem,  qua  imperio  adstringitur;  nullum 
imperatorem  uncpam  ab  ipso  tale  quid  exegisse  aut  exigere  potuisse  et 
si  quid  siraile  promitteret,  se  redditum  iri  suspectum  toti  imperio. 

Haec  est  summa  ultimae  instructionis  ßlumendalio  transmissae, 
!:quam  mediantibus  ministris  Y"®.  C*''''.  M'".  addictis  conatus  sum  eo 
dirigere.  ut  Elector  Brand*^"*".  firmiter  in  illis  punctis  haereret,  quos  a 
Gallia  difficilius  concedi  posse  persentiscebat  et  eodem  ipso  tempore 
adlaboro  per  vias  indireetas,  ut  diffidentia  de  illis  tractatibus  iniiciatur 
Duci  Neoburgensi,  nee  non  etiam,  ut  Rex  Galliae  suspicionibus  impleatur 
de  modo  procedeudi  Electoris  Brand".,  quasi  hoc  foedus  tractet  tantum 
ad  speciem  et  cum  tacito  aulae  Caesareae  conseusu  ad  ligandum  manus 
Gallis  et  Suecis,  ne  possint  in  ipsum  hoc  tempore  quidquam  moliri.  Si 
enim  ex  parte  Galliae  vel  minima  conclusioui  difficultas  aut  remora  in- 
iiciatur, facile  erit  Electorem  Brand*^"'".  iam  sponte  sua  aversum  ab 
illis  tractatibus  penitus  alienare;  dummodo  praetextus  ipsi  a  Gallia  prae- 
beatur.  Hie  est  geuuinus  negociationis  status,  circa  quod  summe  vereor, 
ne  tandem  Gallia  ad  illaqueandum  quocuuque  modo  Electorem  Braud"^"™. 
omnes  illas  diflicultates,  quas  studio  iniecimus,  ultro  complanet,  quo 
pacto  non  video,  qua  ratione  Elector  Brand'^"^  retrocedere  possit  absque 
aperta  Galliae  offensione,  quae  ipsi  hoc  tempore  minime  quadraret,  et 
ipse  Blumendalius  pro  certo  credit,  quod  aula  gallica  non  sinet  illuna  re 


0     Vergl.    die  Weisungen    des    Kurfürsten   vom    8.18.,  14.24.  und  20./30.  Dec. 
1663;  Ulk.  u.  Act.  IX.  670f. 


Urtheil  Lisola's   i'lber  die  biauclenburt^isch-französischen  ßpzieliungon.  183 

infecta  discctlerc  :|.  Iliscc  non  ob.stantiI)iis  si  modus  invcniri  posset 
componendi  negotii  Jegersdorffiaui,  de  quo  mihi  hie  assidue  aures  velli- 
cant,  omnino  confiderem  possc  adhuc  horum  tractatuiun  cursura  inter- 
cidi;  sed  maturato  opus  foret;  res  enim  ad  ultimara  periodura  vergit 
vixque  aperire  os  possum,  quin  statim  mihi  Jegersdorff  obtrudatur  et 
ii  qui  M".  V''^.  siucerius  student,  id  acrius  apud  me  urgent,  alii  vero, 
qui  Galliae  sunt  addicti,  hoc  non  apud  me,  sed  apud  Electorem 
exaggerant. 

Circa  haec  omnia  humillime  cuperem  informari,  qua  rationc  mc 
gerere  debeam  et  an  :  si  tractatus  gallici  impediri  nequeant,  debeam 
hac  de  re  propalare  disgustum,  an  vero  simuhire,  quasi  V".  C*^".  M''^ 
eins  intentionem  et  motiva,  quae  ipsam  ad  hoc  impellunt,  approbaret; 
ne  si  id  uobis  renitentibus  contigisse  credat  Elector  Brand"'^,  diffidentia 
inde  oriatur  et  hoc  ipsum  ad  arctiorem  cum  Gallis  unionem  impellat. 
Certum  est,  quod  principis  animus  non  propendeat  in  Gallos,  imo  genium 
habet  ipsis  ex  opposito  alienum,  horret  ipsorura  dominationem,  metuit 
progressus  et  si  ratio  aliqua  iuveniri  posset,  qua  illis  potenter  obsista- 
mus,  ipse  libenter  accedet.  Offert  etiam,  quod  si  V"*.  C«-'*.  M^^  aliquod 
foedus  particulare  inire  voluerit  cum  quibusvis,  tam  imperii  quam  aliis 
principibus  et  Rege  Hispaniae  pro  defensione  augustissimae  suae  domus, 
so  illud  non  detractaturum.  Adverto  etiam,  quod  in  rebus  polonicis 
constanter  operetur  contra  inteutiones  Galliae  et  in  rebus  imperii  serio 
mihi  pollicetur,  :l  se  omnibus  M''^  V'''°.  desideriis  sedulo  suffragaturum, 
quod  W^.  Y'^.  in  ipso  loco  ex  modo  procedendi  ministrorum  ipsius  cer- 
tius '  dignoscere  poterit.  |:  Hoc  unicum  vereor,  ne  si  semel  quocunque 
modo  Galliae  pactis  irretitus  fuerit,  sensim  ad  arctiorem  cum  ipsis  confi- 
dentiam  seu  oblationibus,  seu  metu  impellatur  et  iugum  tandem  cogatur 
induere;  non  enim  facile  est  reluctari  desideriis  potentioris  foederati. 
Ideo  omnibus  bcne  perpeusis  humillime  censerem,  nil  ommittendum,  ut 
haec  pacta  abruinpantur,  quod  si  fieri  nequeat,  ut  saltem  novum  ipsi 
proponatur  foedus  cum  V^.  C«'"'.  M"'. ,  Rege  Hispaniae,  Rege  Daniae 
aliisque  accedere  cupientibus  pro  communi  defensione  et  securitate,  quo 
pacto  Galliae  fiet  suspectus  et  V-"*®.  C^"^.  W\  novo  et  arctiori  vinculo 
colligabitur :  L 


184  in.   IfiHü  -1G64.     .Mission  Lisola's. 

Liöoia  au   den    Kaiser,     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  6.  Januar  1664. 

(Or.) 

[Unterredung  Lisola's    rait   dem  Kurfürsten   über   die  Gegenstände  der  Berathung  des 

letzteren    mit    dem   Kurfürsten  von   Sachsen.     Erfurter  Angelegenheit.     Mittheilungen 

Friedrich  Wilhelms  über  seine  Unterredung  mit  dem  Kurfürsten  von  Sachsen.] 

(i.  Jan.  Der  Kurfürst  fragte  ihn,   wie  er  am  besten  die  Interessen  des  Kaisers  bei 

der  bevorstehenden  Zusammenkunft  mit  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  Avahrneh- 
men  könnte.  Lisola  erklärt  darüber  nicht  instruirt  zu  sein;  seine  Ansicht  gehe 
aber  dahin,  der  Kurfürst  möge  mit  dem  sächsischen  Kurfürsten  dahin  wirken, 
„quatenus  punctum  auxiliorum,  suspensis  Interim  aliis  quaestionibu.s, 
quam  citissime  absolvatur;  deinde,  ut  subsidia  periculo  et  exigentia  pro- 
portionata  conferantur,  quae  tanto  hosti  possimus  opponere.  S*^'.  Suac 
etiam  constare,  quam  necessariura  sit  S'■'■^^  C''''"^.  M''.  V'*".  .subveuiri 
summa  pecuniaria,  sine  qua  bellum  geri  noquit,  palam  esse  omnibus, 
quam  exhausta  sint  regna  et  provinciae  haereditariae,  quodque  in  hac 
occasione  extremos  conatus  exeruerint,  raultum  etiam  attendendum  esse 
in  modo,  quo  subministrabuntur  et  ordinabuntur  auxilia,  ut  simul  et 
maturc  adveniant,  ut  ad  omnes  necessarias  operationes  prompta  sint,  ut 
certae  disciplinae  et  regimini  subsint;  denique  me  arbitrari,  S.  C.  M'". 
V'"'.  gratissimum  futurum,  si  S""'™.  Electorem  Saxoniae  disponeret  ad  iter 
Ratisbonense  maturandum,  quae  omnia  S™"^.  Elector  lubens  excepit  pro- 
misitque  se  iis  operam  daturum.  Subticuit  mihi  tameu  causam  (ut 
opinor)  principalcm  itineris  sui,  nempe,  ut  cum  Electore  Saxonico  de 
modo  liberandi  Erfurdii  communicaret '). 

Postquam  vero  S'''\  Sua  rediisset^),  reperi  illam  non  nihil  turba- 
tam  et  oft'ensam  ratione  Erfurdii  et  adeo  totus  erat  in  illo  negotio,  ut 
de  aliis  non  nisi  perfuuctorie  loqui  licuerit;  ]:  indignabatur  summopere 
Elect.  Moguntino,  quod  hoc  tempore,  quo  gravissima  etiam  dissidia 
communi  christianitatis  periculo  immolanda  forent  aut  saltem  suspen- 
denda,  Elector  Moguntinus  nitro  carbones  irritaret  et  semina  jaceret 
novi  religionis    belli    in  imperio'^):!  ...    Quid    vero   circa   hoc   negotium 


')  Es  handelte  sich  bei  dieser  Frage  um  die  Stellung  der  Stadt  Erfurt  zum 
Mainzer  P>zbischofe;  vergl.  über  diese  Sache  v.  Tettau,  Die  Reduction  von  Erfurt 
und  die  ihr  vorausgegangenen  Wirren  1647 — 1665  (Jahrbuch  der  Erfurter  Academie 
1863).  Kirchhoff,  Die  Besitzergreifung  Erfurts  durch  Kurmainz  1664  (Zeitschrift  für 
preussische  Gesch.  und  Landeskunde  VIII.  97ff.).     Urk.  u.  Act.  XL  351  ff. 

-)     Die  Unterhandlungen  fanden  zu  Torgau  statt;    vergl.  Urk.  u.  Act.  XL  262 ff. 

^)  Ueber  des  Mainzers  Beziehungen  zu  Sachsen  in  dieser  Zeit,  welche  gerade  in 
dieser  Zeit  zum  geheimen  Vertrage  zu  Torgau  30.  Nov.  1663  führten;  Ilelbig,  Johann 


Uutcrredung  Friedrirli  Wilhelms    mit  dorn  s;i(;•hsi^cllen  Kurfürsten.  135 

inter  praefatos  electores  conclusum  fiierit,  nondiim  satis  exacte  potui 
penetrare '),  ...  |:ex  vultu  tarnen  et  sermonibus  Electoris  Brancl'^'.  nil 
pati  coniicio,  sed  potius  obfirmatum  noD  deserendae  illius  civitatis  ani- 
mum  :  . 

Ad  alia  vero  S™"*.  Elector  milii  obiter  recensuit,  sc  omnino  dispo- 
siiisse  S'*^"\  electoralem  Saxoniae  ad  iter  Ratisbonense  intra  octo  dies 
suscipiendum,  si  modo  ab  eius  subditis  conferatur  ipsi  pecunia,  qua 
summe  exhaustus  est').  Ad  subsidia  quod  attinet,  se  non  potuisse  illum 
ultra  triplam  contributionem  pellicere,  a  contributione  vero  pecuniaria 
prorsus  repugnare '). 


Lisola    an  Waklerode.     Dat.   Colin  a.  d.  Sp.  6.  Januar  1664. 

(Aut.) 

[Des  Kurfürsten  Urtheil  über  die  kaiserlichen  Minister.] 
Dem  was  er  an  den  Kaiser  geschrieben   fügt  er  hinzu,    :quod  S™"^Elec-  (3.  Jan. 
tor  a  reditu  suo  mihi  apparuerit    non  solum   frigidior  erga  nos,    verum 
etiam    male    impressionatus    de    principe   Portia,    de   quo    mihi   Elector 
Brand'■"^   dixit,    Electorem  Saxoniae   male  sentire    et    multa    loquutum 
fuisse   contra   ipsum;    circa  quod  ita   cum  ipso    disserui,    ut  mihi   visus       ^ 
fuerit  acquiescere.     Odit  enira  Swartzenbergium,  Auerspergium  vero  nee 
amat  nee  aestimat,    ideoque  plus  afflcitur  nostro  Portiae.     Hae  autem 
impressiones  in  aula  Electoris  Saxoniae  vereor,  ne  effectus  sint  factionum 
aulae  nostrae,  sicut  jam  de  Polonia  scripsi:,. 


Lisola  an  Walderode.     Dat.  Berlin   16.  Jan.   1664.     (Aut.) 

[Brandenburg-französische  Verhandlunseu.    Des  Kurfürsten  Stellung  zu  den  Parteiungen 

am  Wiener  Hofe.] 

Tractatus  Gallici  hie  a  uonnullis  assidue  et  miris   artificiis  promo-  IG.  Jan. 
ventur,  j:  remoram  iuiicio  quantuin  possum,   sed  tandem  dehcient  vires:'. 

P.  S.     Hodie  post  prandium    cum  S'"".  Electore    habui  longam   et 
intimam  cum  ipso  conferentiam,  vehementer  apprehendit,  j:ne  priuceps 


Philipp   von   Mainz    und    Joh.  Georg  II.    von   Sachsen   während    der   Erfurter  Wirren 
(Archiv  für  sächsische  Gesch.  III.  401  ff.). 

1)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  2G5,  268. 

■■^)     Vergl.  Urk:  u.  Act.  XI.  263,  267. 

=>)     Vergl.  Urk.  ii.  Act.  XI.  263,  266. 


186  IH-   Iti^^O— l(iii(;.     Mission  l.isoia's. 

Portia  (leturbetur  ab  Auerspcrgio,  quem  credit  a  se  aversum,  ideoque 
scripsit  ad  suos  plenipotentiarios  Ratisbonac,  iit  modis  oniiiil)iis  foveant 
ac  sustineant  partes  Portiae,  quem  habet  in  magna  opinione  probitatis :  |. 


Lisola  au  Walderode.     Dat.   Berlin  20.  Jan.   1664.     (Aut.) 

[Xothwcudigkeit  einer  Entschäfligung  BraiKlenburffs  in  der  Jägerndorfer  Frage.] 

20.  Jan.  Er  gönnt  Stockmann  das  Amt  in  Kegensburg;   nur  glaubt  er,  dass  er  hier 

nutzlos  verweile,  quamdiu  isti  principi  in  sua  praetentione  non  erit  satis- 
factura;  quomodo  autem  satisfieri  possit  hoc  tempore  non  video;  nisi 
forte  fieret  aliquod  projectum  conventionis  cuius  executio  in  meliora 
tempora  reiiceretur,  ut  salteni  isti  principi  constaret,  nos  non  in  totum 
eins  petita  coutemnore.  Credat  111''"*.  V''.,  quod  non  gratis  haec  scribo, 
video  enim  urgens  periculum,  cui  aliter  non  possum  mederi.  Rogo 
tarnen,  ue  ciiiquam  significet,  me  haec  scripsisse;  sed  pro  sua  tantum 
directione  utatur;  scio  enim,  quod  apud  vos  veritas  interdum  odium 
parit.  .  . . 


Lisola  an  Walderode.     Dat.  Berlin  3.  Febr.   1664.     (Aut.) 

[Des  Kurfürsten  Wunsch  bezüglich  persüniicher  Theilnahuie  am  Türkenkriege.] 

Febr.  Bezüglich  der  öffentlichen  Angelegenheiten  ;:credere   mihi  hactenus  no- 

luistis,  credetis  brevi  ipsimet  experientiae,  quaudo  videbitis  principem 
istum  cum  Gallis  et  Suecis  accommodatum  et  Galliam  in  Polonia  trium- 
phantem :  |. 

I :  Der  Kurfürst  beklagt  sich  sehr  darüber,  dass  seiner  gelegenthch  der  Aus- 
wahl der  für  den  Zug  gegen  die  Ungläubigen  bestimmten  Generäle  gar  nicht 
gedacht  wurde');  et  re  vera  neminem  video  magis  capacem  restituendi 
res  nostras  et  hoc  pacto  avelleremus  ipsum  a  Gallis,  assecuraremus  res 
polonicas  et  Polonorum  aliorumque  ingens  numerus  ad  nos  ultro  con- 
llueret.  Nota  loquor  et  compressa,  sed  (si)  aliqua  subsit  ratio,  quae  hoc 
impediat,  saltem  simulandum  uobis  erat,  nos  id  cupere,  nee  defuissent 
modi  hoc  per  alios  divertendi  etiam  sine  facto  nostro.  : 

■)     Vergl.  über  diese  Angelegenheit  Urk.  u.  Act.   Xl.  21(:),  "ilH. 


Jägerudorf.    Theilnahine  Fr.   Willi,  am  Tiiikeiiliiiec^e.     Püinische  Wahifiage.      ISl 

Der   Kaiser   an    Lisola.      Dat.    llegensbuig    3.  Februar  1664. 

(Conc.) 

[BilliguDg    seines  Vorgehens.      Haltung    beim    Abschlüsse    eines    brandenburg-frany.o- 
sischen  Vertrages.     Jägerndorfer  Frage.     Polnische  Wahlangelegenheit. J 

Schreiben  vom  3.  und  6.  Januar  erhalten.  Billigung  seines  Vorgehens.  ?>.  Fehr. 
„Ita  placet  nobis,  quod  nihil  operae  omiseri.s  ad  representandum  S'"". 
Electori,  quae  ipsi  iucommoda  et  pericula  ex  illo  Ibedere  ac  nominatim 
.■^i  se  ad  accipiendum  ex  manibus  Gallorum  pro  redemptione  Elbingae 
pecuniam  patiatur  induci,  immineant;  quam  operam  tuam,  ut  poiTü 
Omnibus  ingenii  viribu.s  coutinuas,  benigne  iubemus  .  .  .  Quod  si  tamen 
nulla  id  monitione  vel  cohortatioue  impediri  pos.set  et  res  conclusa  esset, 
operam  inprimis  omni  .studio  dabis,  ut  intima  tractatus  penetres  nobis- 
que  statim  perscribas;  nolimus  tarnen  te  super  tractatis  graviorem  de- 
monstrare  sensum,  sed  potius  rationibus  S'"'.  Electoris  iu  meliorem 
sensum  acceptis,  aequanimitatem  tuam  ac  spem,  quod  propterea  pristina 
illa  animorum  inter  nos  coniuuctio  et  bona  correspondentia  subverti  uun 
debeat,  ostendas.  Ad  Jegerndortt"  quod  spectat  omnem  negociationem 
quoad  fieri  poterit,  vitabis.  et  si  qua  fieret  apud  te  ulterior  instantia, 
eam  ex  presentium  necessitatum  et  periculorum  couiuucturis,  quam 
dextre  poteris,  declinabis.  Quoad  res  polonicas  ita  habeto;  quod  tamets^ 
iis  hoc  tempore  tam  accurate  non  possimus  attendere,  a  pristinis 
tamen  intentionibus  nostris  nullatenus  discedamus;  quae  sunt,  id  agere 
quod  in  nobis  e.st  et  procurare,  ut  successore  eligendo  sua  fuudamen- 
talibus   regni  constet  authoritas   et  statibus  libertas. 


Der   Kaiser   an   Lisola.      Dat.    Regensburg    6.  Februar  1664. 

(Conc.) 

[Brandenburgs  Tiirkeuhilfe.] 

Lisola  erhält  Auftrag  im  Sinne  des  am   gleichen  Tage   vom  Kaiser  an  den  G.  Febr. 
Kurfürsten    abgelassenen  Schreibens,    bei  Friedrich  Wilhelm  für  die  alsbaldige 
Ertheilung  eines  Befehles   an   seine   dem  Kaiser  für  den  Türkenkrieg  zur  Ver- 
fügung gestellten  Truppen,    durch    den  sie  in  allen  Stücken   den  Befehlen  des 
Kaisers  Folge  leisten  sollen,  zu  wirken. 


1>^3  II^-   in(;iO-'Ui(ir,.     Mis.sioii   Li.sola"s. 

Lisola  an  Walderode.     Dat.  Berlin   13.  Febr.   1664.     (Ant.) 

[Sparr's  Theilnahme  am  Türkenkriege.  Jägerndorf.] 
13.  Febr.  Bestätigt  den  Empfang  vieler  Briefe')-  S™*.  Electovis  Ratisbonae  depu- 
tati  huc  scripserunt,  mittendum  huc  cursorem  ad  postulandum,  quatenus 
generalis  Sparr')  concedatur  S.  f>'^  M''.  pro  hoc  praesenti  bello^);  !:quo 
audito  praefatus  generalis  huc  advolavit,  iit  mecum  conferret  ac  amicos 
disponeret  ad  eliciendum  ab  Electore  Brand*^".  consensum,  quod  tarnen 
arduum  erit,  cum  Elector  sit  valde  alienatus  propter  benedictum  illud 
Jegerndorfium,  uti  etiam  ex  eo,  quod  dominus  Holler*)  Austriae  deputa- 
tus  Ratisbonae  discurrendo  cum  ministris  Electoris  Brand*^'.  Ratisbonae  de 
subiectis,  quae  ad  generalatum  imperii  promoveri  possent,  noraina- 
verit  Condaeum,  Vrangelium  aliosque,  nulla  mentione  facta  Electoris 
Brand*^'.:]  ...  [:Iam  Elector  est  in  retibus  Gallorum.  Quid  circa  haue 
materiam  occurrat,  videre  dignabitur  Jll.  V*.  ex  adiuncta  relatione  ad 
Excell"'".  D"'".  principem  a  Portia  ^).  Faxit  deus,  ne  cogamur  restituere 
Jegerndorfium  ad  supercilium  Gallorum,  prout  Hispani  Juliacum  Duci 
Neoburgico  :  |.  Si  rem  adduxissemus  in  negociationem,  potuissemus  emer- 
gere  bonis  conditionibus  et  competens  tempus  ad  eas  praestandas  impe- 
trare  multaque  per  hoc  incommoda  decliuare '^). 


1)  Sind  nicht  vorhanden. 

2)  Otto  Christoph  von  Sparr;  brandenburgischer  Feldmarschall. 
■•')  Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  219 f.,  221. 

*)  Paul  Hocher;  der  spätere  österreichische  Uofkanzler. 

^)  Nicht  vorhanden. 

^)  Lisola  scheint  noch  längere  Zeit  in  Berlin  geweilt  zu  haben;  wenigstens  liegt 
ein  inhaltlich  belangloses  Schreiben  Lisola's    an  Walderode  d.  d.  Berlin  IH.  Juni   vor. 


IV. 

Erste  Mission 

des  Freiliemi  Johann  von  Goess. 

Jannar  1665— Mai  1668. 


Einleitung. 


Ein  Sturm  der  Entrüstung  erhob  sich  fast  aller  Orten,  -wo  man  die  Kunde 
vernahm,  dass  Kaiser  Leopold  I.  unmittelbar  nach  dem  Siege,  den  die  christ- 
lichen Truppen  bei  St.  Gotthard  über  die  Türken  davongetragen,  sich  zum 
Abschlüsse  eines  Friedens  entschlossen  habe,  der  den  Türken  nicht  nur  das 
von  ihnen  bisher  innegehabte  Gebiet  sicherte,  sondern  auch  eine  der  wichtigsten 
Festungen  des  dem  Kaiser  noch  zugehörigen  Landes  —  Neuhäusl  — -überwies.  In 
Regensburg  wurde  in  den  härtesten  Ausdrücken  von  der  Schwäche  der  "Wiener 
Regierung,  von  der  Schmach  gesprochen,  die  durch  den  Abschluss  des  Vertrages 
dem  Reiche,  ja  der  ganzen  Christenheit  angethan  werde;  in  Paris  wurde  man  nicht 
müde,  die  Ohnmacht  des  Kaisers  zu  betonen  und  die  Fürsten  des  Reiches  zur 
Unterwerfung  unter  Frankreichs  Oberhoheit  aufzufordern,  und  selbst  in  "Wien 
gab  es  der  Stimmen  die  Menge,  w'elche  das  Vorgehen  des  Kaisers  misbilligten. 
Um  so  auffallender  niuss  es  erscheinen,  dass  Friedrich  Wilhelm  nicht  blos  in 
der  üblichen  Form  dem  Kaiser  zu  seinem  Erfolge  gratulirte '),  sondern  auch  seine 
Gesandten  in  Regensburg  anwies,  ganz  im  Gegensatze  zu  der  von  der  überwie- 
genden Mehrzahl  der  Reichsstände  vertretenen  Ansicht,  die  Handlungsweise  des 
Kaisers  in  der  Türkenfrage  zu  billigen-).  Es  waren  gewiss  nicht  die  von  Leo- 
pold geltend  gemachten  Gründe  —  die  unzulängliche  Unterstützung  durch  die 
Reichsfürsten,  das  störrige  Benehmen  der  Ungarn  und  die  finanzielle  Schwäche 
der  Erblande  —  welche  dem  Kurfürsten  den  Abschluss  des  Friedens  wünschens- 
werth  und  vortheilhaft  erscheinen  Hessen.  Ihm  war  es  vielmehr  in  erster  Linie 
um  die  Sicherung  seines  Besitzes,  um  die  "Wahrung  seiner  Interessen  zu  thun 
und  wenn  er  des  Kaisers  Verhalten  in  der  Türkenfrage  billigte,  so  geschah 
dies  nicht  etwa,  weil  er  in  gleichem  Falle  ebenso  gehandelt  hätte,  sondern 
lediglich,  weil  ihm,  der  in  die  vielfachen  "Wirren,  die  im  Osten  und  "^^esten 
Europas  herrschten,  mit  verflochten  war,  die  Entlastung  des  Kaisers  durch  den 


')     Urk.  u    Act.  XI.  346 f. 
-)     Ulk.  u.  Act.  XI.  25.^ f. 


192      IV.     Kiste  Mission   des  l*reilierru  Joliann  von  Goess.     Jan.  1605 — Mai  IGGS. 

Abschluss  des  Friedens  mit  den  Türken  überaus  erwünsclit  sein  musste.  Denn 
wenngleich  die  Beziehungen  des  Wiener  und  Berliner  Hofes  in  dieser  Zeit  durch- 
aus nicht  sehr  innige  waren,  wenngleich  Friedrich  "Wilhelm  durch  das  Ver- 
sprechen dem  Rheinbunde  beizutreten  und  durch  die  mit  dem  Könige  von 
Frankreich  abgeschlossene  Allianz  den  Kaiser  empfindlich  verletzt  hatte  und 
bezüglich  der  herrschenden  Wirren  in  vielen  Stücken  andere  Interessen  ver- 
folgte als  der  Wiener  Hof,  so  war  doch  die  Möglichkeit,  die  zwischen  beiden 
Fürsten  bestehenden  Differenzen  auszugleichen,  nicht  ausgeschlossen.  Unter 
allen  Umständen  aber  gab  es  in  diesem  Momente  eine  Reihe  von  Fragen,  be- 
züglich derer  ein  gemeinsames  Vorgehen  den  Interessen  des  Kurfürsten  ebenso 
entsprach,  als  denen  des  Wiener  Hofes.  In  erster  Linie  die  polnische  Succes- 
sionsangelegenheit.  In  Berlin  und  in  Wien  empfand  man  gleich  drückend  die 
immer  erneuerten  Umtriebe  der  Franzosen,  die  von  der  Königin  Marie  Louise 
unterstützt,  die  Aechtung  des  Fürsten  Lubomirski,  des  Hauptes  der  Opposition, 
durchgesetzt  hatten  und  nun  darauf  aus  waren,  den  schwankenden,  arbeitsmüden 
König  zur  Abdankung  zu  bewegen.  Man  wusste  am  Hofe  Leopolds  Avie  an  dem 
Friedrich  Wilhelms,  dass  der  Sieg  der  französischen  Partei,  dass  die  Wahl  des 
Duc  d'Enghien  oder  des  Herzogs  von  Anjou  von  den  verderblichsten  Folgen 
nicht  nur  für  Polen,  sondern  auch  für  das  Reich,  insbesondere  aber  für  Bran- 
denburg und  Oesterreich  begleitet  seia  würde  und  man  zweifelte  keinen 
Augenblick  daran,  dass  nur  durch  ein  energisches,  gemeinsames  Vorgehen 
der  Vertreter  Leopolds  und  Friedrich  Wilhelms  am  polnischen  Hofe  der 
französischen  Partei  mit  Erfolg  werde  Widerstand  geleistet  werden  können. 
Dazu  kam,  dass  der  Kurfürst,  obgleich  mit  Frankreich  alliirt  und  Mitglied  des 
Rheinbundes,  keinesweges  gewillt  war,  sich  dem  Franzosenkönige  ganz  in  die 
Arme  zu  werfen,  dass  er  mit  wachsender  Besorgnis  dem  Umsichgreifen  Lud- 
wig XIV.  zusah,  der  seine  Stellung  als  Haupt  des  Rheinbundes  misbrauchte, 
sich  in  den  Erfurter  Wirren  die  Rolle  eines  Schiedsrichters  beimass,  England 
gegen  Holland,  Schweden  gegen  Dänemark  hetzte,  um  bei  dem  bevorstehenden 
Thronwechsel  in  Spanien  die  geplante  Erwerbung  der  spanischen  Niederlande 
um  so  ungehinderter  durchzusetzen  und  dann  sein  Uebergewicht  alle,  —  auch 
den  Brandenburger  —  fühlen  zu  lassen.  Dieser  Erkenntnis  der  eigennützigen 
Politik  des  Franzosenkönigs,  an  der  Friedrich  Wilhelm  trotz  der  lockenden  Aner- 
bietungen Ludwig  XIV.  festhielt,  entsprang  der  AVunsch  des  Kurfürsten,  sich,  wenn 
es  die  Umstände  gestatten  sollten  und  Leopold  sich  bereit  finden  würde  die  Son- 
derinteressen Brandenburgs  genügend  zu  berücksichtigen,  mit  dem  Reichsober- 
haupte zu  gemeinsamem  Vorgehen  gegen  Frankreich  und  dessen  Verbündete  zu 
einigen,  in  jedem  Falle  aber  die  Beziehungen  zum  Wiener  Hofe,  dessen  Alliirter 
er  noch  kraft  des  zu  Berlin  am  9.  Februar  1658  geschlossenen  Vertrages  war, 
nicht  abzubrechen,  um  unter  allen  Umständen  einen  Rückhalt  für  den  Fall  eines 
allzu  bedrohlichen  Vorgehens  des  Franzosenkönigs  zu  haben.  Gleiche  AVünsche 
beseelten  auch  den  Kaiser.  Auch  er  glaubte  bei  den  schwankenden  Zuständen 
des  Reiches,  bei  der  drohenden  Haltung  Frankreichs  und  im  Hinblicke  auf  die 
vielen  Fragen,  die  der  Lösung  harrten,  eine  V^erständigung  mit  dem  mächtigsten 
Reichsstande,  wenn  irgend  möglich,  herbeiführen,    unter  allen  Umständen  aber 


Einleitung.  193 

sich  über  die  Pläne  desselben  genau  inforniiren  zu  müssen  and  hielt  es  daher 
für  angezeigt  einen  seiner  erprobten  Räthe  als  ständigen  Vertreter  an  den  Hof 
des  Kurfürsten  abgehen  zu  lassen.  Johann  Freiherr  von  Goess,  der  für  diese 
Mission  ausersehen  wurde,  entstammte  einer  portugiesischen  nach  den  Nieder- 
landen ausgewanderten  Adelsfamilie,  war  vom  Cardinalinfanten  Don  Ferdinand, 
dem  Statthalter  der  Niederlande,  empfohlen  in  die  Dienste  Kaiser  Ferdi- 
nand's  getreten,  hatte  Jahrelang  unter  Trauttmannsdorf  in  Sachen  des  west- 
phälischen  Friedens,  wie  auch  in  ungarischen  und  türkischen  Geschäften  gear- 
beitet, dann  in  den  Zeiten  des  schwedisch-polnischen  Krieges  die  Interessen  des 
"Wiener  Cabinettes  am  dänischen  Hof  Avahrzunehraen  gehabt  und  später  den  ver- 
antwortungsvollen, schwierigen  Posten  eines  kaiserlichen  Vermittlers  bei  der 
Pforte  bekleidet ').  Jetzt  wurde  er  —  zu  Beginn  des  Jahres  1665  —  au  den  Hof 
Friedrich  AVilhelms  mit  dem  Auftrage  gesendet,  ein  gemeinsames  Vorgehen  beider 
Regierungen  in  der  polnischen  Successionsfrage  zu  fordern,  zugleich  aber  auch 
den  Ausgleich  bezüglich  der  zwischen  beiden  Fürsten  bestehenden  Differenzen, 
insbesondere  bezüglich  der  Jägerndorfer  Streitfrage  zu  erwirken  und  für  die 
Herstellung  eines  freundschaftlichen  Verhältnisses  zwischen  beiden  Staaten  Sorge 
zu  tragen. 

Die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Actenstücke  zeigen,  in  Avelcher  Weise 
Goess  sich  seiner  Aufgabe  entledigt  hat.  Von  der  festen  Ueberzeugung  durch- 
drungen, dass  Friedrich  Wilhelm  es  mit  seinen  Anerbietungen  ernst  meine  und 
dass  es  bei  einigem  Entgegenkommen  gelingen  müsse  ihn  zu  rückhaltlosem 
Eintreten  für  die  Pläne  Leopolds  zu  vermögen,  war  er  unablässig  darauf  bedacht, 
seiner  Regierung  die  Billigung  der  kurfürstlichen  Forderungen  zu  empfehlen  und 
das  umsomehr,  als  er  immer  von  Neuem  wahrnahm,  welch  gewaltige  Anstren- 
gungen Oesterreichs  Gegner  machten  den  Kurfürsten  auf  ihre  Seite  zu  ziehen. 
In  der  That  schien  es  anfänglich,  als  werde  das  Bemühen  des  Goess  von  Er- 
folg gekrönt  sein.  Die  beiden  Mächte  einigten  sich  dahin,  Lubomirski,  das 
Haupt  der  Franzosenfeindlichen  Partei  in  Polen  nicht  fallen  zu  lassen  und 
mit  vereinten  Kräften  jedes  weitere  Vordringen  des  französischen  Einflusses  in 
Polen  zu  verhindern.  Der  Kaiser  erklärte  sich  bereit,  das  von  seinem  Vertreter 
in  Vorschlag  gebrachte  Project  durch? uführen,  nach  welchem  die  jägerndorfische 
Streitfrage  durch  Ueberlassung  Reinsteins  an  den  Kurfürsten  zu  einem  beide 
Theile  befriedigenden  Abschlüsse  gebracht  w^erden  sollte,  wogegen  Friedrich 
Wilhelm  geneigt  schien,  bezüglich  der  Reichsangelegenheiten,  insbesondere  bei 
Erledigung  der  Wahlcapitulationsfrage  das  Interesse  des  Kaisers  zu  vertreten 
und  mit  demselben  nach  Beilegung  der  bestehenden  Differenzen  durch  die  Er- 
neuerung der  im  Jahre  1658  geschlossenen  Allianz  in  noch  innigere  Beziehungen 
zu  treten.     Allein  bald    genug    sollte    es   sich  zeigen,    dass  die  Interessen  der 


0  Biographisches  über  Goess,  der  bis  1G75  Vertreter  des  Kaisers  am  Hofe  Frie- 
drich Wilhelms  blieb,  dann  als  Bischof  von  Gurk  eine  bedeutende  Rolle  spielte  und 
während  seiner  letzten  Lebensjahre  als  Cardinal  die  Angelegenheiten  des  Wiener  Hofes 
in  Rom  vertrat,  in  der  Deutschen  Biographie  IX.  o"23if. 

Mater,  z.  Oeseh.  d.  G.  Kiiifihsteii.     XIV.  \'^ 


194      IV.    Kiste  Mission  des  Freihenn  Johanu  von  Goess.     Jan.  h'>C>^)  —  Mai  16G8. 

beiden  Fürsten  doch  zu  verschiedene  waren,  als  dass  ein  gemeinsames  Vorgehen 
in  allen  Fragen  hätte  stattfinden  können.  Die  Aveite  Kluft,  welche  den  nach 
Vermehrung  seiner  Autorität  strebenden  katholischen  Habsburger  von  dem 
um  Selbständigkeit  ringenden  protestantischen  Hohenzoller  trennte,  zeigte  sich 
sogleich,  als  der  Conflict,  in  Avelchen  der  kriegerische  Bischof  von  Münster, 
Bernhard  Christof  von  Galen,  mit  den  Staaten  gerathen  war,  die  beiden  Fürsten 
nöthigte,  Stellung  zu  dieser  Frage  zu  nehmen.  Denn  obgleich  der  Kaiser  von 
vorneherein  für  die  Widerherstellung  des  Friedens  eintrat  und  durch  Goess  in 
diesem  Sinne  dem  Kurfürsten  bestimmte  Zusicherungen  geben  Hess ,  obgleich 
Friedrich  Wilhelm  den  Staaten  durchaus  nicht  freundlich  gesinnt  war  und  eine 
Demüthigung  derselben  ihm  um  so  willkommener  hätte  sein  sollen,  als  der 
Leiter  der  niederländischen  Politik,  Jean  de  Witt,  nicht  müde  wurde  des  Kur- 
fürsten auf  die  Herstellung  freundschaftlicher  Beziehungen  zu  den  Staaten  ge- 
richtete Bemühungen  zu  durchkreuzen  und  seine  Forderungen  zurückzuweisen, 
Avar  die  Furcht  Friedrich  Wilhelms  vor  einer  Coalition  der  katholischen  Mächte 
und  vor  der  in  diesem  Falle  seinem  Staate  drohenden  Gefahr  eine  so  grosse, 
dass  er  die  von  Leopold  vornehmlich  im  Hinblicke  auf  Frankreichs  Haltung 
und  die  polnischen  Verhältnisse  gewünschte  Erneuerung  der  Allianz  vom  Fe- 
bruar 1658  solange  hinausschob,  bis  der  Friede  zwischen  dem  Bischöfe  von 
Münster  und  den  iS'iederlanden  zu  Stande  gekommen  und  damit  jede  Gefahr  für 
den  Protestantismus  beseitigt  war.  Die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Acten  ver- 
deutlichen die  Haltung,  die  der  kaiserliche  Gesandte  gelegentlich  der  in  diesem 
Sinne  zu  Cleve  gepflogenen  Berathungen  beobachtet  hat.  Sie  zeigen,  dass  der- 
selbe ciarauf  bedacht  war  den  Kurfürsten  von  jeder  Antheilnahme  an  dem 
Kampfe  abzuhalten,  da  er  eine  solche  zu  Gunsten  des  Bischofs  von  Münster 
nicht  hoffen  konnte,  zu  Gunsten  der  Niederländer  aber  nicht  wünschte,  dann 
aber,  als  aller  seiner  Bemühungen  ungeachtet  die  Einigung  des  Kurfürsten  mit 
den  Staaten  stattgefunden  hatte,  zum  Frieden  drängte  und  nach  Abschluss  des- 
selben die  lang  ersehnte  Erneuerung  des  Allianzvertrages  vom  9.  Febraar  1658 
zu  Stande  brachte ;  ein  Bündnis,  durch  das  sich  die  beiden  Fürsten  zu  gegen- 
seitiger Unterstützung  bei  jedem  Augriffe,  er  erfolge  von  wem  und  unter  welchem 
Vorwande  auch  immer,  verpflichteten '). 

Doch  muss  man  sich  hüten,  den  Werth  dieser  Einigung  für  den  Kaiser  zu 
überschätzen.  Gewiss,  derselbe  wäre  ein  überaus  hoher  gewesen,  wenn  Friedrich 
Wilhelm  sich  mit  Leopold  allein  zu  gemeinsamer  Abwehr  der  gemeinsamen  Ge- 
fahren verbunden  hätte;  so  aber,  wo  der  Kurfürst  zu  gleicher  Zeit  mit  Schwe- 
den^), mit  Dänemark 2),  mit  den  Niederländern*)  Bündnisse  einging,  wo  er  be- 
reits seit  langem  Bundesgenosse  des  Königs  von  Frankreich  und  Mitglied  des 
Rheinbundes  waiv    hatte   die  Erneueriuig   und   Modification    des  Vertrages   von 


')  Vertrag  vom  10.  ilai  16G6;  vergl.  ilörner  I.e.  279f. 

-)  Vertrag  vom  27.  ilärz  166G;  vergl.  Mörner  I.e.  277 f. 

^)  Vertrag  vom  23.  Mai  1666;  vergl.  Mörner  I.e.  281  fF. 

*)  Vertrag  vom  (;.  IG.  Febr.   1G66:  vergl.  Mörner  I.e.  272  ff. 


Eiüleitun<j.  195 

1658  für  den  ^Viener  Hof  nur  geringe  Bedeutung.     Für  Friedrich  ^Villlelm  aber 
hatte    diese  Kette   von  Defensivallianzen  nicht  nur  einen  grossen  moralischen, 
sondern  auch  practischen  AVerth.     Denn   wenn   das  Bestreben   der    mächtigsten 
Fürsten  Europas  ihn  zu  gewinnen  sein  Ansehen  in-  und  ausserhalb  des  Reiches 
steigerte,    so  gestatteten  ihm  die  mit  den  verschiedenen  Mächten  geschlossenen 
Verträge   vorerst  die  ihm  vortheilhafte  Neutralität    nach    allen  Seiten  hin  auf- 
recht zu  erhalten,  um  dann,  je  nach  dem  Gange  der  Ereignisse,  den  Anschluss 
an  eine  der  streitenden  Parteien  bei  möglichst  bedeutenden  Zugeständnissen  zu 
vollziehen,  unterdess  aber,  von  keiner  Seite  bedroht  und  nach  allen  Richtungen 
hin  gedeckt,  die  ihn  berührenden  Angelegenheiten  zu  einem  erwünschten  Ende 
zu   führen.     In  der  That    ist    denn  auch  das  Jahr  1666    durch    2    der    folge- 
reichsten   Ereignisse    der   Regierung  Friedrich   Wilhelms    ausgezeichnet.     Denn 
Avie    die  Erbhuldigung  Magdeburgs,    so  bedeutete  auch  die  definitive  Ordnung 
der   jüdisch-clevischen  Erbschaftsangelegenheit   einen    ausserordentlichen  Erfolg 
der  brandenburgischen  Politik^).     Der  Kurfürst  durfte   frohlocken;    er   sah  zum 
ersten  Male  seine  Besitzungen  als  ein  Ganzes   vor  sich,    sich  selbst    als   aner- 
kannten Herrn  in  seinen  Landen  und   alle  diese  Erfolge  hatte  er  jener  Politik 
der   freien   Hand    und    der   Fähigkeit   zu    danken,    gute   Beziehungen    zu    den 
sich  gegenseitig  befehdenden  Mächten  zu  erhalten.     Freundschaftlicher  Verkehr 
mit  Leopold  und  Ludwig  XIV.,  aber  keinesweges  Hingebung  an  den  einen,  oder 
den  anderen,  genaues  Abwägen  der  Vor-  und  Nachtheile  einer  noch  engeren  Ver- 
bindung mit  einem  der  beiden  Fürsten,    zu   gleicher  Zeit  aber  Wahrung  seiner 
Interessen,  waren  die  leitenden  Grundsätze  Friedrich  Wilhelms,  denen  er  seine 
bisherigen  Erfolge  verdankte  und  denen  er  auch  im  Verlaufe  der  Jahre  1667  und 
1668    treu   blieb.     Denn   wenn  Friedrich  Wilhelm    sich    auch    gegen  Ende   des 
Jahres  1667  mit  dem  Könige  von  Frankreich  über  die  in  der  polnischen  "Wahl- 
frage zu  beobachtende  Politik  einigte  2),   so  geschah  dies  erst,  als  Ludwig  XIV. 
sich   im  Hinblicke  auf  die  Ereignisse  in   den  Niederlanden  zur  Förderung  des 
brandenburgischen  Candidaten,  des  Herzogs  von  Neuburg,  entschlossen  hatte  und 
nachdem  alle  Versuche  den  Kaiser  zur  Billigung  dieser  Candidatur  zu  bewegen, 
gescheitert  waren.     Und  wenn  der  Kurfürst  von  Brandenburg  sich  zu  gleicher 
Zeit  verpflichtete,  in  den  zwischen  Spanien  und  Frankreich  in  den  Niederlanden 
geführten  Krieg  in  keinerlei  Weise,    es   sei  denn   als  Friedeusvermittler,   einzu- 
greifen, so  geschah  dies  erst,  als  die  Haltung  des  Wiener  Hofes  jede  Hoffnung 
auf   eine    energische  Zurückweisung    der  französischen   Uebergriffe    durch    den 
Kaiser  vernichtet  hatte  und  auch  dann  nur  in  der  Erkenntnis,    dass  die  Siche- 
rung seines  Besitzes  ein  Abkommen  mit  dem  siegreichen  Franzosenkönige  drin- 
gend erheische,  sowie  in  der  Voraussetzung,  dass  es  den  zur  Abwehr  Frankreichs 
geeinigten  Mächten  gelingen  werde,  Ludwig  XIV.  in  die  von  ihm  überschrittenen 
Schranken  zurückzuweisen. 


^)     Vergl.  die  den  Erbvergleich  mit  Neuburg  betreffenden  Acten  in  Urk.  u.  Act. 
XI.  731  ff. 

-)     Allianz  vom  5./15.  Dec.   16G7;  Mürner  I.e.  321  ff. 


196      IV.    Erste  Mission  des  Freilienn  Johann  von  Goess.     Jan.  lG(i,5  — Mai  1G68. 

Die  im  Naclifolgcnden  mitgetlieilten  Acten  zeigen  auf  das  deutlichste  die 
Haltung,  welche  die  Wiener  Regierung,  Goess  und  der  Berliner  Hof  bezüglich 
der  beiden  in  den  Jahren  1667  und  1668  meist  ventilirten  Fragen  —  der  pol- 
nischen Successionsangelegenheit  und  des  französisch-spanischen  Conflictes  — 
beobachtet  haben.  Sie  zeigen,  wie  fest  der  Kaiser  und  seine  Eäthe  bei  ihrer 
Ansicht  verharrten,  dass  jede  Einmischung  in  die  polnische  Wahlangelegenheit 
vermieden  werden  müsse ,  wie  entschieden  sich  dieselben  gegen  die  Vornahme 
der  Wahl  bei  Lebzeiten  des  Königs  aussprachen  und  wie  wenig  sie  geneigt 
waren,  die  Wahl  des  Neuburgers  zu  fördern,  oligleich  Friedrich  Wilhelm  durch 
seinen  Gesandten,  den  jüngeren  Blumenthal,  in  diesem  Sinne  den  Wiener  Hof 
zu  beeinflussen  suchte^)  und  später  nach  dem  Tode  der  Königin  Marie  Louise 
und  nach  erfolgter  Einigung  mit  Schweden  und  Frankreich  die  Förderung 
der  Wahl  des  Pfälzers  als  eine  unerlässliche  Vorbedingung  der  vom  Kaiser 
gewünschten  Erweiterung  des  im  Jahre  1666  abgeschlossenen  Vertrages  be- 
zeichnete und  obgleich  Goess  während  des  ganzen  Verlaufes  seiner  Mission 
auf  das  entschiedenste  für  die  Billigung  dieses  Begehrens  eintrat  und  die 
Befürchtung  aussprach,  Friedrich  Wilhelm  werde  sich  im  Falle  der  Weige- 
rung den  Gegnern  Leopolds  anschliessen.  Und  ebensowenig  wie  bezüglich  der 
polnischen  Successionsfrage  erfolgte  die  erwünschte  Einigung  bezüglich  der  Hal- 
tung, die  man  den  spanisch-französischen  Conflicten  in  den  Niederlanden  gegen- 
über beobachten  solle.  Vornehmlich  deshalb,  weil  der  Kurfürst  im  wohlver- 
standenen eigenen  Interesse  jede  definitive  Abmachung  mit  den  Gegnern  des 
Franzosenkönigs  solange  zu  vermeiden  suchte,  bis  er  über  die  Absichten  des 
Wiener  Hofes  im  klaren  war,  während  die  leitenden  österreichischen  Minister 
mit  dem  Vertreter  des  Franzosenkönigs  Gremonville  in  Unterhandlungen  be- 
griffen, sich  zu  der  von  dem  Kurfürsten  gewünschten  bindenden  Zusage  der 
energischen  Antheilnahme  an  dem  Kampfe  gegen  Frankreich  nicht  verstehen 
wollten  und  jede  Berücksichtigung  der  brandenburgischen  Sonderinteressea  zu- 
rückwiesen. 

Der  kaiserliche  Gesandte  aber,  der  von  den  letzten  Zielen  der  Wiener  Re- 
gierung keine  Kenntnis  besass,  vielmehr  stets  in  dem  Glauben  gelassen  wurde, 
dass  man  fest  entschlossen  sei,  sich  die  Uebergriffe  Frankreichs  nicht  mehr 
gefallen  zu  lassen  und  mit  dem  Marsche  nach  den  Niederlanden  nur  bis  zur 
Beendigung  der  nothwendigen  Vorbereitungen  zu  zögern  wünsche,  wurde  nicht 
müde  dem  Kurfürsten  die  Gutheissung  der  vom  Wiener  Hofe  geforderten  Er- 
weiterung der  Bündnisse  von  1658  und  1666  auf  die  Niederlande  zu  empfehlen, 
den  Ausgleich  zwischen  Brandenburg  und  Sachsen  zu  vermitteln,  betonte  immer 
von  Neuem ,  wie  fest  der  Wille  seines  Herrn  sei ,  das  gewaltthätige  Vorgehen 
Ludwig  XIV.  zu  hindern  und  stellte  den  baldigen  Anmarsch  der  kaiserlichen 
Truppen  in  Aussicht.  Ja  auch  dann  als  sich  die  Anzeichen  mehrten,  dass 
die  am  kurfürstlichen  Hofe  vertretene  Ansicht,  Oesterreich  meine  es  mit 
der  Vertheidigung  der  Niederlande  nicht   ernst,    die  richtige   sei,    als  trotz  all' 


0     Für    des   jüngeren    Blumenthal   Aufenthalt  am  Wiener   Hofe  vergl.  Puf.  1.  c. 
X.  08:  Droysen  1.  e.  III. p,  ISOf. 


Einleitung.  197 

der  dringenden  Vorstellungen  des  vom  Kurfürsten  neuerdings  nach  Wien  gesen- 
deten Bluraentlial '),    wie   des    kaiserlichen   Gesandten   seihst,    der  Wiener  Hof 
sich  weder  zur  Billigung    der  kurfürstlichen  Privatforderungen,    noch  zu   dem 
von  Friedrich  Wilhelm  geforderten  bestimmten  Versprechen  des  offenen  Kampfes 
gegen  Frankreich  verstehen  wollte,    blieb  Goess,    dem   der  Gedanke  ferne   lag, 
als  könnte    seine   Regierung   ihn  über  ihre  letzten  Pläne  im  unklaren   lassen^» 
dabei,  dass  nur  äussere  Umstände  Ursache  des  zögernden  Vorgehens  des  Wiener 
Hofes  seien.     Um  so  unbegreiflicher  war  es  Goess,    dass   auch  die  Mittheilung 
von  der  beabsichtigten  Sendung  eines  kurfürstlichen  Gesandten  nach  Paris  zur 
Feststellung  eines  Vertrages  über  die  von  Brandenburg  während  des  niederlän- 
dischen Krieges   zu   beobachtende  Politik    den  Kaiser  zu  einem  entscheidenden 
Schritte  nicht  zu  bewegen   vermochte,    dass   selbst  die  Nachricht  von  dem   er- 
folgten   Abschlüsse    des    brandenburg-französischen    Bündnisses    keinen    nieder- 
schmetternden  Eindruck    in  Wien    hervorrief.     Ohne   Kenntnis    von    dem,    was 
unterdess   am  Wiener  Hofe  geschehen,    vermochte   er   sich    das  Benehmen   des 
Kaisers  nicht  zu  erklären  und  gab,  wenn  auch  in  verhüllter  Weise,  seinem  Be- 
dauern darüber  Ausdruck,  dass  man  die  günstige  Gelegenheit  habe  vorübergehen 
lassen,    den   Kurfürsten    von  Brandenburg   gegen    geringe  Zugeständnisse    zum 
völligen  Anschlüsse    an    das   Kaiserhaus   zu  vermögen.     Die  AViener  Regierung 
aber  blieb   auch   im  weiteren  Verlaufe  der  mit  Friedrich  Wilhelm  gepflogenen 
Berathungen  dabei,  von  demselben,  falls  Frankreich  sich  mit  annehmbaren  Frie- 
densbedingungen nicht  zufrieden  geben  sollte,  Antlieihiahme  am  Kampfe  und  eine 
in  diesem  Sinne  gemeinte  Erweiterung   der  Bündnisse  von   1658  und  1666   zu 
fordern,  ohne  sich  ihrerseits  zu  der  von  Friedrich  Wilhelm  gewünschten  Förde- 
rung der  Wahl  des  Pfälzers,    oder  zum  Ausgleiche  der  jägerndorfischen  Streit- 
frage   entschliessen    zu    können.     Unter    solchen   Umständen    konnten    die   Be- 
mühungen des  Goess  von  keinem  Erfolge  begleitet  sein.     Denn  so   oft  derselbe 
auch    den  Plan   der  Erweiterung  der  Allianzverträge  von  1658   und  1666  vor- 
brachte, so  eifrig  er  auch  bemüht  war  den  Berliner  Hof   von  der  Unaufrichtig- 
keit    der  fi'anzösischen  Erklärungen    bezüglich    der  Förderung    der    pfälzischen 
Candidatar  zu  überzeugen,    immer  wieder  begegnete  er  dem  festen  Entschlüsse 
Friedrich  Wilhelms,    in  die  Erweiterung  der  mit  Leopold  eingegangenen  Bünd- 
nisse nur  dann  zu  willigen,  wenn  der  Kaiser  seinerseits  sich  den  Entschliessungen 
des  Kurfürsten  in  der  polnischen  Successionsfrage  füge.  Das  beste  was  unter  diesen 
Verhältnissen  geschehen  konnte,  hat  Goess  gethan,  indem  er  Friedrich  Wilhelm 
von  jedem  übereilten  Schritte  abzuhalten  suchte,  was  um  so  eher  gelang,  als  dieser 
selbst  entschlossen  war  jedes  bindende  Versprechen  nach  irgend  einer  Seite  hin 
zu  vermeiden.     So  kam  es,  dass  der  Friede  von  Aachen  am  22.  Mai  1668  ge- 
schlossen  wurde,   ohne  dass  der  Kaiser  oder  der  Kurfürst  Mitglied  der  Haager 
Allianz    geworden   wären.     Wenige  Tage   nach    dem  Abschlüsse    des   Aachener 
Friedens  verliess  Goess  Berlin.     Seine  Berichte  zeichnen  sich  keinesweges  durch 


')     Für  Blumeuthals   neuerlichen  Aufenthalt  in  Wien   Puf.  I.  c.  X.  59;    Droysen 
1.  c.  IlL,  217  ff. 


198      IV.    Erste  Mission  des  Freiherni  Johann  von  Goess.     Jan.  1665— Mai  1668. 

die  Weite  des  Blickes,  durch  die  Schärfe  der  Auffassung  oder  durch  die  Klar- 
heit der  Gedanken  aus,  die  wir  in  den  Schriftstücken  seines  Vorgängers,  des 
geistvollen  Lisola.  finden.  Doch  werden  sie  als  Quelle  für  die  österreich-bran- 
denburgisclien  Beziehungen  dieser  Zeit,  wie  für  die  Geschichte  des  Kurfürsten 
Friedrich  Wilhelm  überhaupt,  durch  ihre  zuverlässigen  Mittheilungen  über  eine 
Unmasse  von  Begebenheiten  gewiss  von  grossem  Werthe  sein.  Die  Weisungen 
der  Wiener  Regierung  aus  dieser  Zeit  sind  bereits  zahlreicher  und  ausführlicher 
wie  für  die  früheren  Perioden,  lassen  jedoch  noch  immer  an  Quantität  und 
Qualität  viel  zu  wünschen  übrig. 


IV.     Erste  Mission  des  Freiherrn  Joliann 
von  Goess.     Januar  1665 — Mai  1668. 


Instruction  für  Johann  von  Goess.    Dat.  Wien  12.  Jan.  1665. 

(Conc.) 

[Polnische  Wahlangelegenheit.] 

Goess  weiss,  wie  sehr  sich  die  Königin  von  Polen  bemüht  hat  den  12.  Jan. 
Duc  d"Enghien  zum  Nachfolger  ihres  Gemahls  zu  machen  nnd  die  Wahl  des 
Nachfolgers  noch  bei  Lebzeiten  ihres  Gemahls  durchzusetzen,  und  dass  sie  sich 
in  diesem  Plane  auch  nicht  durch  die  Opposition  habe  irre  machen  lassen ,  die 
sie  gefunden,  vielmehr  bestrebt  war,  ihren  vornehmsten  Gegner,  Lubomirski '), 
auf  gütlichem  Wege  zu  gewinnen.  Da  ihr  dies  nun  nicht  gelungen,  sucht  sie 
ihn  zu  verderben  und  hat  ihm  einen  schweren  Process  auf  den  Hals  geladen. 
Lubomirski  hat  sich  nach  Schlesien  zurückgezogen  und  den  Kaiser  um  Schutz 
angefleht.  Der  Kaiser  hat  Lubomirski  auch,  vornehmlich  mit  Rücksicht  darauf, 
dass  der  Königin  Vorhaben  gegen  die  Freiheiten  des  Landes  Verstösse,  in  seinen 
Schutz  genommen.  Der  Kaiser  will  sich  über  diese  Angelegenheit  mit  dem 
Brandenburger  besprechen  und  sendet  zu  diesem  Zwecke  Goess  nach  Berlin. 
Goess  soll  den  Kurfürsten  um  seine  Ansicht  in  dieser  Angelegenheit  ersuchen 
und  erklären,  der  Kaiser  würde  lieber  sehen,  wenn  in  Polen  alles  in  dem  alten 
Stande  bleiben  und  vor  dem  Tode  des  Königs  von  Polen  bezüglich  der  Nach- 
folge keine  Entscheidung  erfolgen  würde. 


Nebeninstruction  für  Goess.     Dat.  25.  Febr.  1665.     Copie. 

[Jägerndorf.] 

Wegen  Jägerndorf  soll  Goess  selbst  nichts  vorbringen,  sich  vielmehr  vorerst  25.  Febr 
über  den  Verlauf  der  bisherigen  Verhandlungen  in  dieser  Angelegenheit  orientiren. 


')     Der  Reichskauzier  Georg  Lubomirski. 


200      IV.    Erste  Mission  des  Freilierrn  Johann  von  Goess.     Jan.  lGfi.ö  — Mai  1GC8. 

Weiters  wird  er  data  occasione  deneu  cliurfürstlicUeu  miiiistris  bono 
modo  zu  verstehen  geben  und  sie  capace  machen  welcher  gestalt  unsers 
Herzogtjuims  Schlesien  jetzige  Verfassung  und  der  Status  publicus  unserer 
Erbkönigreich  und  Länder  es  nit  zugebe,  I.  L*^.  zu  Einräum-  und  Posse- 
dirung  selbigen  Fürstenthums  kommen  zu  lassen;  verhoffeten  dahero 
gnädigist,  I.  !/'''".  die  Unthunlichkeit  solcher  Prätension  selbst  erkennen 
und  von  derselben  abzustehen  geneigt  sein  werden;  ...  damit  die  Minister 
den  Kurfürsten  von  der  Verfolgung  seiner  vermeintlichen  Ansprüche  abbringen. 

Nechst  diesem  wird  er  bei  sich  eröffneter  Occasion  das  Verlangen, 
welches  wir  P.  L''*^".  zu  gratificiren  tragen,  beweglich  contestiren  und  die 
nicht  erfolgte  Abstattung  deren  I.  L'^^".  vor  etlichen  Jahren  versprochenen 
180000  Reichsthaler  ex  causa  calamitatis  et  uecessitatis  publicae  entschul- 
digen, mit  Versicherung,  dass  wir  auf  Mittel  und  Weg  bedacht  sein,  unser 
gnädigistes  dankbares  Gemüth  l"".  L'^"".  wirklich  und  in  der  That  zu  erkennen 
zu  geben.  Sollte  auch  unser  Abgeordneter  wahrnehmen,  oder  er  selbst 
durch  seine  Dexteritet  des  H".  Churfiirstens  L'^'^".  dahin  disponiren  können, 
dass  I.  L''''".  das  offerirte  Quantum  der  180000  Thaler  annehmen  und 
sich  darmit  befriedigen  lassen  und  wegen  Jägerndorf  weiter  keine  Praeten- 
sion  macheu  wollten,   .  .  .  dann  soll  Goess  gleich  nach  Wien  berichten. 

P.  S.  Sollte  auch  unser  Abgeordneter  verspüren,  dass  das  Quantum 
der  180000  Rthler  angenommen  und  allein  wegen  Ungewissheit  der  Be- 
zahlung angestanden  werden  wollte,  so  geben  wir  demselben  noch  weiter 
diese  gnädigste  Vollmacht  und  Gewalt,  dass  er  super  ipso  modo  solutio- 
nis sich  in  Handlung  einzulassen  befugt  sein  soll,  jedoch  per  gradus  und 
dergestalt,  dass  derselbe  vor  allen  Dingen  einige  bei  unser  kaiserlichen 
Hofkammer  rückständige  Reichsmittel,  auch  secundo  loco  die  Herrschaft 
Reinstein,  um  welcher  willen  bereit  vor  Jahren  einige  Anregung  ge- 
schehen, vorschlage  und  dann  endlich,  wann  es  auf  ein  anders  und  lei- 
dentlichers  nit  zu  bringen,  auf  jährliche  richtige  Abtragung  von  unser 
schlesischen  Kammer  von  30  bis  höchstens  40000  Rthlr.  sich  auslassen 
und  schliessen  solle.  Da  Schwerin's  Mitwirkung  dazu  förderhch  sein  würde, 
setzt  der  Kaiser  für  ihn  eine  Belohnung  von  5—6000  Rthlr.  aus. 


Am  12.  Januar  erhielt  Goess  Befehl  sicli  auf  den  Weg  zu  machen.  Vom 
selben  Datum  stammt  das  Credenzschreibeu  für  ilm  an  den  Kurfürsten  von 
Brandenburg,  vom  12.  Februar  das  an  den  Kurfürsten  von  Sachsen,  den  er  auf 
der  Durchreise  in  Dresden  aufsuchen  soll,  vom  21.  Februar  das  an  den  Fürsten 
von  Anhalt.     Unter  dem  5..  8.  und  11.  März  gil)t  der  Kaiser  dem  Goess  Kunde 


1 


Instruction  für  Goess.    Polnische  Walilfrage.    Reichsangelegenbeiten.  201 

von  dem  Anbringen  des  Secretärs  Lnbomirski's  '),  sowie  der  vom  Kaiser  darauf 
erfolgten  Antwort;  zugleich  mit  dem  Befehle  in  Berlin  zu  erfahren,  ob  es  wahr 
sei,  dass  der  Kurfürst  dem  Lubomirski  die  französische  Interposition  angetragen 
und  wenn  sich  dies  bestätigen  sollte,  diesem  Beschlüsse  entgegenzuarbeiten'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  März  1665.     (Or.) 

[Audienz.  Polnische  Angelegenheit.  Streitigkeiten  zu  Regensburg;  des  Kurfürsten  Er- 
klärungen in  dieser  Angelegenheit.  Unterredung  des  Goess  über  diesen  Punkt  mit 
Schwerin  und  Piaten.  Aeusserungen  des  Kurfürsten  über  die  rheinische  Allianz. 
Erwiderung  des  Goess.  Mittheilungen  Jena's  in  dieser  Frage.  Mittheilungen  des  Kur- 
fürsten über  seine  Unterredung  mit  Wrangel.  Bremen.  Lubomirski.  Audienz  bei 
der  Kurfürstin.  Die  Prinzen,  llittheilungen  Anhalts  und  Schwerins  über  die  pol- 
nische Angelegenheit.     Debatte   darüber.     [Jrtheil   des   Goess      Rath   des   Kurfürsten.] 

Am  21.  angekommen;  am  23.  erste  Audienz.  Goess  erklärt,  der  Haupt- 
zweck seiner  Jlission  sei,  sich  mit  dem  Kurfürsten  über  die  bezüglich  der  pol- 
nischen Angelegenheit  vorzunehmenden  Massregeln  zu  einigen.  Friedrich  Wil- 
helm erklärt,  darüber  berathen  lassen  zu  wollen").  Bezüglich  der  Regensburger 
Streitigkeiten^)  erklärt  der  Kurfürst  auch  ferner  die  Sache  des  Kaisers  vertreten 
zu  wollen  und  meldete,  dass  der  Chinfiirst  von  Mainz  etwas  an  sie  gelangen 
lassen  ^)  wegen  eines  vorhabenden  Collegialtags;  mich  fragend,  ob  destvvegen 
man  etwas  an  E.  K.  M.  gelangen  lassen.  Als  ich  geantwort,  dass  meines 
Wissens  zu  Zeit  meiner  Abreis  an  E.  K.  M.  dieshalber  nichts  einkommen, 
haben  sie  gemeldt,  sie  wollten's  E.  K.  M.  communiciren.  Im  Uebrigen 
stecketen  hinter  dergleichen  Zusammenkünften  bisweilen  andere  Ding,  die 
man  nicht  vorgäbe,  darum  man  sich  in  Acht  zu  nehmen.  Ich  habe  her- 
nacher  sowohl  mit  dem  Baron  von  Schwerin,  als  mit  dem  von  Platen*^),  als 
sie  mich  visitirt,  hieraus  geredt  und  von  ihnen  so  viel  vernommen,  welches 


')     Der  Reichskanzler  Georg  Lubomirski;  vergl.  Wagner,  Historia  Leopoldi  1.  199. 

^)  Für  die  Haltung  Brandenburgs  in  der  Sache  Lubomirski's  in  dieser  Zeit;  Puf. 
I.e.  IX  84 ff. 

^)  Es  handelte  sich  einerseits  um  die  Stellungnahme  in  dem  Streite  des  Königs 
mit  Lubomirski,  andererseits  um  die  Frage  der  Nachfolge  in  Polen. 

*)  Die  vornehmsten  Streitigkeiten  betrafen  die  Reichskriegsverfassung  und  die 
Wahlcapitulation.  Ueber  die  Verhältnisse  des  Regensburger  Reichstages  in  den  Jahren 
1663  und  1664  vergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  149  fF.;  auch  Köcher  I.e.  I.  321  ff.  Geraeiner 
1.  c.  1.  Bd.;  Droysen  I.  c.  III. 3  38 ff.,  87 ff. 

^)  Für  die  Beziehungen  Brandenburgs  zu  Mainz  in  dieser  Zeit  Urk.  und  Act. 
XI.  387  ff. 

^)  Claus  Ernst  Piaten,  Kriegscouiuiissäi-  und  geheimer  Rath,  vergl.  Klaproth 
1.  c.  355. 


202      IV.  Erste  Mission  des  Freiherni  Johann  von  Goess.     Jan.  1665 — Mai  1668. 

ich  auch  zu  Dresden  von  dem  geheimen  Rath  Heinrich  von  Friesen  ver- 
standen, dass  diese  Anregung  eines  Collegialtags  bis  dato  weiter  nicht 
geschehen,  als  dass  der  churmainzische  Director  zu  Regensburg  gegen 
den  churfürstlichen  Gesandten,  vielleicht  die  weltliche  Fürsten  hierdurch 
in  etwas  abzuschrecken,  von  Anstellung  eines  Collegialtags  Meldung  ge- 
than  '). 

Dann  ist  der  Churfürst  kommen  auf  die  rheinische  Allianz,  dass 
viel  der  darbei  iuteressirten,  sonderlich  die  Häuser  Braunschweig  und 
Hessen,  in  grosse  Umbrage  und  Jalousie  gerathen,  also  dass  diese  Liga 
sich  endlichen  wohl  gar  dissolviren  möchte.  Ego  subridens  et  excusans, 
dass  ich  alsogleich  anfangs  mich  mit  meine  Gedanken  so  vertreulich  gegen 
seine  Ch.  D.  herauss  Hesse,  habe  geantwort,  dass  die  AUiirte,  soviel  ich 
vernehmen  können,  darfür  hielten,  dass  diese  Liga  durch  die  Accession 
S^  Ch.  D.  nun  fester  stünde,  als  nie  vorhin  und  dass  dero  Exempl  auch 
andere  würde  hineinziehen.  Sie  haben  geantwort,  dass  Sie  hierin  nichts 
gethan,  als  mit  Vorwissen  E.  K.  AL;  hätten  sich  auch  also  vorgesehen, 
dass  dero  Diensten  nichts  praeiudicirlichs  hieraus  entstehen  könnte.  Je 
mehr  hinein  kämen,  je  schwächer  würde  die  Allianz  und  wann  E.  K.  M. 
Selbsten  mit  eintreteten,  möchte  dieses  das  kräftigste  Mittel  sein,  die- 
selbe gar  zu  dissolviren  ^).  .  .  .  Der  Canzler  Jena  hat  diese  Miteintretung 
des  Churfürsten  per  modum  accessionis  gegen  mir  sehr  improbirt;  es 
wäre  geschlossen  gewesen,  dass  der  Churfürst  als  Principalis  einen  neuen 
Tractat  vornehmen  solle  mit  den  Alliirten;  der  Reiffenberg  in  seinen 
Hiersein  hätte  diese  gute  Resolution  umgestossen. 

Aus  den  Unterredungen  mit  Wrangel '')  habe  der  Kurfürst  ersehen,  dass  die 
Schweden  einen  französischen  König  in  Polen  nicht  wollen.  Als  Meldung  von 
dem  Churfürsten  geschehen,  dass  die  Franzosen  trachteten  Döraitz  und 
Bützow  in  Mecklenburg  an  sich  zu  bringen  *),  hat  Wrangel  resolutamente 
geantwort,  Schweden  würde  dieses  in  Ewigkeit  nicht  gestatten  und  wür- 
den es  eher  auf  eine  völlige  Ruptur  lassen  ankommen:  man  merkte 
wohl,    dass  die  Franzosen  das  Aug  auf  die  Ostsee  haben    und   dass    sie 


0     Veigl.  Urk.  u.  Act.  XL  418. 

^)  Für  die  Stellung  Brandenburgs  zur  rheinischen  Liga,  vergl.  Urk.  u.  Act.  XL 
437ff.,  IX.  o65fF.,  IL  236ff.;  Puf.  1.  c.  IX.  63;  Droysen  1.  c.  IlL  353fF.  Für  die  Ge- 
schichte des  Rheinbundes  im  allgemeinen  die  p.  144  angeführten  Schriften. 

^)  Gustav  "Wrangel,  schwedischer  Reichsfeldherr;  aus  der  Correspondenz  des- 
selben mit  Friedrich  Wilhelm,  Urk.  u.  Act.  IX.  569  u.  a.  0. 

■•)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  73. 


Rheinische  Allianz      Bremen.     Polnische  Angelegenheiten.  203 

suchen  sich  darin  einzudringen,  dieses  könne  weder  Schweden  noch 
Dänemark  keineswegs  gedulden. 

Bezüglich  Bremens  glaubt  der  Kurfürst  wohl,  dass  Schweden  die  günstige 
Gelegenheit  benützen  werde  und  zweifelt,  ob  von  Reichswegen,  wie  Goess  meint, 
entsprechende  Hilfe  der  bedrohten  Stadt  gesendet  werden  würde  ^). 

Lubomirski's  Sache  steht  nach  des  Kurfürsten  Ansicht  gut. 

Goess  berichtet  dann  über  seine  Audienz  bei  der  Kurfürstin,  die  viel,  ins- 
besondere über  die  Türken,  mit  ihm  gesprochen.  Der  Chur-  und  der  jüngere 
Prinz  ^)  seind  hübsche  junge  Pierren,  zeigen  Vivacitet  und  haben  ihr  Com- 
pliment  gar  schön  wissen  abzulegen.  Darauf  Conferenz  mit  Anhalt  und 
Schwerin  wegen  der  polnischen  Angelegenheit;  diese  berichten  über  die  Ver- 
handlungen des  Kurfürsten  und  insbesondere  Hoverbecks^)  mit  dem  Polenkönige, 
der  erst  nach  langen  Unterredungen  und  nur  widerstrebend  sich  zur  Interven- 
tion Brandenburgs  entschlossen,  Lubomirski  aber  nur  seine  Privatgüter  zurück- 
stellen, nicht  aber  in  seine  Aemter  widereinsetzen  will'*),  zu  gleicher  Zeit  sich 
aber  über  verschiedener  Fürsten,  insbesondere  aber  des  Kaisers  Benehmen  be- 
klagt und  ihm  Unterstützung  Lubomirski's  vorgeworfen  hat.  Goess  antwortet,  in- 
dem er  auf  die  friedlichen,  auf  Aussöhnung  des  Königs  mit  Lubomirski  gerichteten 
Bemühungen  des  Kaisers  und  seiner  Gesandten  hinweist.  Der  Kaiser  habe  dem 
Polenkönige  angetragen,  die  Unterwerfung  Lubomirski's  zu  vermitteln.  Von 
einer  grösseren  Unterstützung  desselben  durch  den  Kaiser  könne  nicht  die  Rede 
sein.  Er  wüsste  überhaupt  nicht,  dass  Lubomirski  vom  Wiener  Hofe  Geld  er- 
halten habe,  wenn  aber,  so  sei  es  höchstens  soviel  gewesen,  als  er  zur  Erhal- 
tung seines  Lebens  bedurfte,  gewiss  nicht  Summen,  die  zu  Errichtung  eines 
Heeres  hinreichten.  .  .  .  Ich  verraercke,  dass  sowohl  S.  F.  Gn.  von 
Anhalt  als  andere  noinistri  bei  diesena  churfürstl.  Hof  der  Meinung 
seind,  dass  man  in  quemcumque  casum  den  Lubomirski  nit  könne  ganz 
hülflos  lassen,  massen  der  Hoverbeck  aus  P.  Ch.  D.  Befelch  dieses  auch 
dem  König  angedeut;  so  ohne  Zweifel  denen  interponirenden  officiis  um 
so  viel  mehr  pondus  geben  wird.  Man  förchtet,  dass  im  Fall  eines 
gänzlichen  Abandono,  Lubomirski  endlichen  würde  genöt  werden,  sich  in 
der  Königin  ^)  Will  zu  ergeben  und  die  französische  Interposition  zu 
suchen.     Reiffenberg  ist  hiehergekommen;  er  hat  sich  3  Tage  in  Dresden  auf- 


')  Für  die  Politik  Schwedens  in  dieser  Zeit  und  den  bremischen  Krieg;  Carlson, 
Gesch.  Schwedens  IV.  477 ff.;  Droysen  1.  c.  III.3  149 ff. 

^     Karl  Emil  und  Friedrich. 

•'')  Ueber  Johann  v.  Hoverbeck,  den  langjährigen  Vertreter  Brandenburgs  in 
Polen  und  seine  Correspondeuz  bis  1663,  Urk.  u.  Act.  I.6f.,  II.  97  u.  a.  ().,  VI.  bis 
IX.  an  vielen  Orten. 

*)     Vergl.  Puf.  I.  c.  IX.  88. 

•>)     Marie  Louise. 


204     IV.   Erste  Mi.ssion  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  —Mai  1668. 

gehalten.     Goess  glaubt  Reiffenberg's  Mission   dürfte  die  Erfurter  Angelegenheit 
betreffen. 

P.  S.  Der  Churfürst  hat  unter  andern  gegen  mir  gemeldt,  dass  ein 
starkes  Mittel  sein  würde  die  französische  Election  in  Polen  zu  hindern, 
wann  die  Türken  sich  darvvider  erklärten ').  Nun  erinnern  sich  E.  K.  M. 
gnädigst,  was  Lubomirski  in  hoc  passu  eingerathen.  Ich  habe  auch  von 
andern,  denen  der  Status  rerum  nit  unbekannt,  dergleichen  sentiraenti 
gehört.  Bei  ietzigeu  Conjuncturen  und  Disposition,  da  Frankreich  ohne 
das  dem  Türken  gelosia  gibt  und  ihre  Bedrohungen  um  so  viel  mehr 
zu  attendiren,  weiln  sie  mit  E.  K.  M.  in  Frieden,  hielte  ich  darfür,  dass 
wohl  gute  elTectus  daraus  erfolgen  möchten;  es  müsste  aber  dextramente 
und  gar  nit  operose  suggerirt  werden  ad  evitandas  alias  suspiciones, 
darzu  dem  Türken  leicht  geholfen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  31.  März  1665.     (Cr.) 

[Reiffenberg;    dessen    Urtheil    über    die    Erfurter    Angelegenheit.      Mittheilungeii    und 
Rathschläge  des  Kurfürsten  betreffs  des  Anbringeus  des  Reiffenberg.     Jägerndorf] 

31.  März.  Reiffenberg  ist  zu  mir  gekommen,    hat  mir  seine  Unterstützung  in  meinen 

Angelegenheiten  im  Namen  seines  Herren  angetragen^).  Auf  die  Frage,  wie  die 
Erfurter  Angelegenheit  stünde  3),  antwortete  er,  dass  wohl  und  so  gar  wohl, 
dass  sie  sich  für  niemand,  es  käme  einer  allein  oder  mehr,  fürchten 
thäten.  In  Uebrigen  meldete  er  gestern,  dass  sein  gnädigster  Churfürst 
sich  wohl  verstehen  würde  mit  denen  in  den  sächsischen  Kreisen  darzu  be- 
nennten commissariis  zusammen  zukommen  und  aus  der  Sachen  zu  reden"*). 


^)  Ueber  die  polnische  Wahl  gibt  es  eine  überaus  umfangreiche  Literatur;  die 
bis  1870  erschienenen  Schriften  sind  ziemlich  vollständig  verzeichnet  bei  S.  Celichowski, 
De  fontibus,  qui  ad  abdicationem  Johaunis  Casimir!  pertinent.  Dresden  1871. 
Neuestens  Oskar  Krebs,  Vorgeschichte  und  Ausgang  der  polnischen  Konigswahl  (Zeit- 
schrift der  historischen  Gesellschaft  für  die  Provinz  Posen.  IIl.  Jahrg.  151  ff.).  Für 
die  Verhältnisse  in  den  Jahren  bis  1663  insbesondere  Urk.  u.  Act.  IX.  Iff. 

^)  Philipp  Ludwig  Baron  von  Reiffenberg,  war  geheimer  Rath  Johann  Philipps 
von  Mainz ;  vergl.  Heibig,  Die  diplomatischen  Beziehungen  Johann  Georg  II.  zu  Frank- 
reich. Arch.  für  sächsische  Gesch.  I.  292  Anm.;  über  seine  Mission  am  Berliner  Hofe 
in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  XL  417  ff. 

^)  Es  handelte  sich  um  die  reichsrechtliche  Stellung  der  Stadt  Erfurt  zu  Mainz. 
Ueber  den  heftigen  Kampf,  der  sich  entspann  und  in  ganz  Europa  Aufsehen  hervor- 
rief, vergl.  die  p.  184  angeführten  Schriften.  Für  die  Stellung  Brandenburgs  speciell 
Urk.  u.  Act.  XL  351  ff. ;  allgemein  Droysen  1.  c.  III. 3  73ff. 

'*)  Die  sächsischen  Fürsten  waren  Schutzherren  der  Stadt  Erfurt;  über  die  Be- 
ziehungen Johann  Philipps  von  Mainz  zu  dem  Kurfürsten  Johann  Georg  II.  in  dieser 


Erfurter  Frasre.     Wahl  in  Polen.     Jägenidoif.  205 

Am  29.  März  lässt  der  Kurfürst  dem  Goess  mittheilen,  er  wolle  mit  ihm 
wegen  des  Reiffenberg's  Vorbringen,  von  dem  er  ihm.  mit  der  Bitte  um  Ge- 
heimhaltung insbesondere  vor  dem  Mainzer,  Kunde  gab '),  sich  unterreden. 

Bezüglich  des  ersten  Punktes,  der  Beschwerde  der  3  geistMchen  Kurfürsten 
gegen  den  Pfälzer  ratione  der  Wildfänge  -),  rieth  der  Kurfürst  zum  Betreten  des 
Rechtsweges,  gegen  jede  Gewalt. 

„Die  andere  Proposition  wäre,  dass  der  König  in  Frankreich  gänz- 
lich darauf  bestünde,  dass  die  |:  Wahl  eines  Königs  in  Polen  noch 
Advente  rege  miisste  vorgenommen  werden;  zwar  nit  eben,  dass  dieselbe 
auf  den  Duc  d'Anjou  oder  den  von  d'Enghien^),  oder  einem  Franzosen 
zu  fallen,  sondern  auf  einem  andern,  der  dem  König  darum  obligirt  sein 
würde  und  dass  er,  der  König,  die  Glori  darvon  hätte:!.  .  .  .  Wie  ich 
nacher  von  dem  Baron  Schwerin,  zu  dem  ich  gleich  gangen,  ferner  ver- 
nommen, hat  der  von  Reiffenberg  bei  der  darüber  gehaltenen  Conferenz, 
darbei  er,  der  von  Platen  und  Kanzler  Jena  gewesen,  seine  Proposition 
also  eingericht,  dass  es  das  Ansehen  gehabt,  als  wolle  der  Churfürst 
von  Mainz  dieses  Churfürsten  Meinung  und  Sentimenten  hierüber  allein 
vernehmen.  Der  Kurfürst  habe  abgerathen  und  erklärt  seine  Mitvvirkung 
dazu  nicht  versprechen  zu  können^).  In  der  Unterredung  mit  Friedrich 
Wilhelm  gibt  dieser,  auf  die  Frage  des  Goess,  welche  Gründe  Reiffenberg  für 
semen  Vorschlag  vorgebracht,  an,  1°.  den  Willen  des  Königs  von  Frankreich 
und  2.,  dass  man  vermeine,  dass  Oesterreich  nach  der  polnischen  Krone  strebe. 
Goess  verwahrt  sich  gegen  diese  letztere  Behauptung.  Bezüglich  Jägerndorfs 
hat  der  Kurfürst  und  Schwerin  den  Goess  interpellirt ;  Schwerin  hat  gesagt,  er 
wisse,  dass  Goess  nicht  nur  Instruction  zu  Verhandlungen  hätte,  sondern  die 
entsprechende  Satisfaction  zu  geben  ermächtigt  sei. 


Angelegenheit,  vergl.  S.  Heibig,  Johann  Philipp  von  Mainz  und  Johann  Georg  II. 
während  der  Erfurter  Wirren  1650—1667  (Archiv  für  sächsische  Geschichte  III.  401  ff.). 

^)     Vergl.  die  Propositionen  ReifFenbergs  in  Urk.  u  Act.  XI.  417 ff. 

-)  Für  den  bekannten  Wildfangstreit  —  der  Pfälzer  besass  gewisse  Rechte  über  die 
Unehelichen  und  Fremden  (Wilden),  zwischen  Kurpfalz  einer-,  Mainz,  Köln,  Trier, 
Bischof  von  Strassburg,  Herzog  von  Lothringen,  Reichsritterschaft  von  Schwaben, 
Franken  und  am  Rhein  anderseits;  vergl.  die  Darstellung  in  Urk.  u.  Act.  XI.  589 ff". 
und  die  daselbst  citirte  Literatur. 

^)     A  =  Anguien  =  Heinrich  Julius  Herzog  von  Enghien,  Sohn  des  Conde. 

■*)  Vergl.  für  den  Verlauf  der  Conferenz  zwischen  den  brandenburgischeu  Depu- 
tirteu  und  Reiff'enberg:  Urk.  u.  Act.  XI.  418 ff. 


206      IV.   Erste  Mission  des  Freiherrii  Johann  von  Goess.     Jan.  I6ß5— Mai  1GG8. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   6.  April  1665.  (Or.) 

[Weitere  Verhandlungen  mit  Reiffenberg.     Des  Kurfürsten  Haltung  in  der  polnischen 
Frage.     Reiffenbergs  Verabschiedung.] 

G.  April.  Mit  Reiffenberg  sind  neue  Conferenzen  gehalten  worden');  der  Kurfürst  hat 

von  Neuem  gegen  Frankreichs  Pläne  gesprochen.  In  einer  Unterredung  mit 
dem  Kurfürsten  über  diesen  Punkt  erwähnt  Goess,  dass  von  männiglichen 
glaubt  würde,  dass  wann  S.  Ch.  D.  nur  ein  einige  Disposition  herbei- 
bringen wollten,  sie  allen  andern  würden  praeferirt  werden;  daraufhaben 
sie  geantwort,  dass  sie  hierdurch  ihre  provincias  haereditarias  in  der 
grössten  Ungelegenheit  und  Confusion  setzen  würden;  sie  geschwiegen 
das  impedimentum  religionis.  Der  Baron  von  Schwerin  hat  mir  in  einer 
Visita  eben  dieses  gesagt  und  dass  die  Königin  in  Polen,  als  sie  zu 
Braunsberg  und  dahie  dem  Churfürsten  diesfalls  grosse  Offerten  gethan, 
er  nie  keine  Reflection  darauf  gemacht. 

Bezüglich  der  von  Frankreich  für  den  polnischen  Königsthron  gewünschten 
Person,  hat  sich  Reiffenberg  nicht  geäussert,  auch  nichts  schriftliches  eingegeben ; 
auch  ist  ihm  kein  schriftlicher  Bescheid  ertheilt  worden.  Am  31.  März  verliess 
er  Berlin. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  April  1665.     (Or.) 

[Stimmungen  am  Dresdner  Hofe.     Heinrich  von  Friesen.     Des  Kurfürsten  von  Branden- 
burg Aeusserung  bezüglich  der  Erfurter  Angelegenheit.] 

10.  April.  Berichtet  über  seine  Erfahrungen  in  Dresden.     Der  Kurfürst  Johann  Georg 

wiederholt  seine  aufrichtige  Devotion  dem  Kaiser  gegenüber,  zeigt  aber,  dass  er 
es  bitter  empfinde,  dass  der  Kaiser  nicht  öfter  Gesandtschaften  zu  ihm  schicke. 
Eine  ziemlich  starke  Hofpartei  sucht  den  Kurfürsten  dem  Kaiserhofe  feindlich 
zu  stimmen.  Mit  Heinrich  Friesen  hatte  Goess  eine  lange  Unterredung  wegen 
der  Erfurter  Angelegenheit.  Friesen  räth,  der  Kaiser  möge  die  Sache  energisch 
in  die  Hand  nehmen.  „Ich  finde  ihn,  den  Friesen,  sonsten  unter  denen 
IVIinistren,  die  ich  an  dem  chursächsischen  Hof  kenne,  für  einen  capablen 
Mann...,  zwar  hab  ich  observirn  können,  |:  dass  der  Churfürst  keine 
grosse  Zuneigung  zu  ihm  hat,  dannoch  in  consiliis  vermag  er  am  aller- 
meisten; kann  nicht  allein  etwas  guts  thun,  sondern  auch  das  Ueble 
verhindern,  dann  er  hat  grossen  Anhang  beim  Land:].  Auch  der  Kurfürst 
von  Brandenburg  hat  seine  Ansicht  in  der  erfurtischen  Angelegenheit  dahin 
geäussert,  er  hoffe,  der  Kaiser  werde  eine  seiner  Stellung  entsprechende  Haltung 
beobachten. 


')     Urk.  u.  Act.  XI.  4 19  f. 


Erfurter  Frage.     Friesen.     Luboniirski.     Polnische  Wahlfrao-e.  207 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   13.  April  1665.     (Or.) 

[Des  Kurfürsten    und  Schwerins  Aeusseruugen   über  Lubomirski.     Eine   russische  Ge- 
sandtschaft in  Sicht.     Concept  eines  brandenburg-schwedischen  Bündnisses.] 

Der  Kurfürst  wiederholt  seine  Erklärungen  bezüglich  Lubomirski's;  ebenso  13.  April, 
erklärt  Schwerin,  dass  S.  Ch.  D.  Erbieteo  allein  angesehen  gewe.sen  |:  ad 
tentandam  Luborairski  constantiam,  de  qua  nonnihil  dubitatur  und  dass 
solche  officia  und  Schreiben  an  den  König  aus  Frankreich  weder  abgangen 
noch  auch  abgehen  werden.  Wohl  ist  man  bei  diesem  churfürstlichen 
Hof  der  Meinung  den  Lubomirski  nicht  hilflos  zu  lassen,  dann  er  in  sol- 
chem Fall  genötiget  würde,  sich  der  französischen  Interpositionen  zu 
praevaliren  und  wolle  er  sonsten  nicht  verderben,  sich  den  Königen  zu 
accomodiren.  :  |  Eine  russische  Gesandtschaft  an  den  Kurfürsten  soll  dem- 
nächst hier  eintreffen').  Der  Canzler  Jena,  als  ich  ihn  gestern  besucht, 
hat  mir  ein  Concept  gezeigt  eines  foederis  defensivi,  so  dieser  Churfürst 
mit  denen  Schweden  tractirt,  so  gestellt  gewesen  in  terminis  ordinariis 
auf  Liefland,  Preussen  und  die  beederseits  besitzende  Länder  im  römi- 
schen Reich;  das  tempus  auf  10  Jahr,  die  Hiilf  von  schwedischer  Seiten  auf 
2000  Knecht,  500  Reiter,  Churbrandenburgische  aber  auf  1000  Knecht.  . . . 
E.  M.  und  beederseits  Confoederirte  waren  nit  eingeschlossen*). 


Der  Kaiser   au    Goess.     Dat.   Wien   16.  April  1665.     (Conc.) 

[Freude  über  des  Kurfürsten  Ansicht  in  der  polnischen  Frage.     Abberufung  Kinsky's ; 

Ersetzung  desselben  durch  Mayern.    Der  Kurfürst  soll  die  Mittel  angeben,  durch  welche 

die  Verbindung  Polens  mit  Russland  hintaugehalten  werden  kann.] 

Freut  sich,  dass  der  Kurfürst  in  der  Hauptfrage  bezüglich  Polens  mit  dem  ig.  April. 
Kaiser  einer  Ansicht  ist;  der  Kaiser  hofft,  dass  in  Zukunft  immer  ein  gemein- 
sames Handeln  in  dieser  Angelegenheit  mögUch  sein  wird.  Goess  soll  dem 
Kurfürsten  von  der  erfolgten  Abberufung  des  Grafen  Kinsky  und  der  Ersetzung 
desselben  durch  den  Hofkammerrath  Mayern  Mittlieilung  machen.  „Endlich 
haben  wir  wohl  in  Acht  genommen,  was  des  Ch.  L''*'".  erinnert,  dass  nem- 
lich  zu  Hintertreibung  anderer  Inconvenientien  nicht  unrathsam  sein 
möchte,  die  verlautende  Composition  und  Confoederatiou  zwischen  Polen 
und  Moscau  zu  verhindern.  Weiln  nun  diese  S'.  Ch.  D.  Gedanken  auch 
mit  denen  unsern  fast  einstimmen,  hättest  derselben  solches  dextre  bei- 


')     Vergl.  den  Bericht  vom  27.  April. 

^  Abgeschlossen  wurde  dieses  Bündnis  erst  am  27.  März  1G6G;  vergl.  Mörner 
I.e.  277ff.;  Puf.  1.0.  IX.  6Gff.;  für  die  Verhandlungen  Brandenburgs  mit  Schweden 
in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  IX.  798  ff. 


20S      IV.    Erste  Jlission  des  Freilienn  Joliaiiu  von  Gocss.     Jan.  1665 — Mai  16G8. 

zubringen  und  zu  vernehmen,   durch  wa.s  für  Mittel  und  Wege  sie  solches 
zu  Werk  zu  setzen,  voruelimen  wüllten." 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   17.  April  1665.     (Or.) 

[Jägerndoif.     Berichte    Crockow's    aus    Stockholm.     Des   Kurfürsten  Haltung    in  tlem 
braunschweig-liineburgischen  Erbfolgestreite.] 

17.  Apiil.  Schwerin  hat  neuerdings   die  jägerndorfische  Angelegenheit    vorgebracht'). 

Goess  gab  allgemeine  Antwort;  doch  sind  neue  Berathungen  vorauszusetzen. 
Crockow,  des  Kurfürsten  Gesandter  in  Stockholm,  meldet,  dass  Terlon,  Frankreichs 
Vertreter  daselbst,  unzufrieden  abgereist  sei  und  Crockow  gerathen  habe,  dem 
Kurfürsten  zu  schreiben,  er  möge  in  guter  Freundschaft  mit  Dänemark  bleiben -). 
Herzog  Georg  Wilhelm  von  Hannover  hat  den  Doctor  Müller^)  zum  Kurfür- 
sten geschickt.  Seine  Mission  betraf  die  Possession,  welche  der  Herzog  Johann 
Friedrich  zu  Celle  gleich  nach  seines  Bruders  Christian  Ludwig  Tode  apprehen- 
dirt*).  Der  Kurfürst  sendet  Jena  an  den  Herzog  von  Celle,  um  gütliche  Bei- 
legung des  Zwistes  zu  versuchen '"),  er  steht,  wie  Goess  bemerken  konnte,  auf 
Seite  Herzog  Georg  Wilhelms*^)  „und  apprehendire,  dass  es  mall  exempli, 
iu  chur-  und  fürstlichen  Häusern,  wann  der  Primogenitura  oder  auch 
dem  Seuio  Eintrag  geschehe";  auch  fürchtet  er  Bevorzugung  des  Johann  Fried- 
rich von  Celle  durch  den  Kaiser,  wegen  der  Religion"). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  April  1665.     (Or.) 

[Ankunft  des  moskowitischen  Gesandten.     Stellung  Russlands  zu  Polen.     Klagen  Jo- 
hann Kasimirs  über  den  Kaiser.] 

27.  April.  Schreiben  vom  16.  erhalten.  .  .  .  Betreffend  die  verlautende  Coraposi- 
tion  zwischen  Polen  und  Moscau  erinnere  ich  E.  K.  M.,  dass  der  mosco- 
vitischer  Abgeordnete  vorgestern  hieher  ankommen  und  als  heut  bei 
I.  Ch.  D.  privatim  (massen  er  begehrt)  wird  Audienz  haben.     Ich  kenne 


1)  lieber  die  Verhandlungen  in  dieser  Frage  zu  Regensburg,  vergl.  Urk.  u.  Act. 
XI.  239  ff. 

-)     Yergl.   den  Bericht  Crockow's   vom  8./18.  März  1665,   Urk.  u.  Act.  IX.  799 f. 

^)     Lorenz  Jlüller,  vergl.  Urk.  u.  Act.  IX.  563  Anm. 

■*)  Ueber  diesen  braunschweig -Kineburgischen  Erbfolgestreit,  der  durch  den  am 
25.  März  1665  erfolgten  Tod  Christian  Ludwigs  von  Celle  hervorgerufen  wurde,  vergl. 
Urk.  u.  Act.  IX.  559ff.  und  Köcher,  Gesch.  Hannovers  von  1618—1714  L  389 ff.; 
Droysen  i.  c.  III.,  llOf.;  Puf.  1.  c.  IX.  79. 

^)     Vergl.  die  Instruction  für  Jena  Urk.  u.  Act.  IX.  587 f. 

6)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  IX.  561  f. 

')     Urk.  u.  Act.  IX.  562. 


Braunscliweig-Iiineljuigischer  Erbfolgestreit.    Russisch-polnische  Verwickelungen.      209 

ihn  von  Reputation;  er  i.st  vor  diesem  auch  in  Dänemark  gewesen,  ist 
ein  vornehmer  Kaufmann  mit  Namen  Marseiis,  den  der  Czar  viel  ge- 
braucht; er  hat  einen  Bruder  in  Dänemark  gehabt,  der  seither  meiner 
Abreis  gestorben,  hat  noch  einen  anderen  zu  Amsterdam,  der  über  die 
Massen  reich  ist  und  dessen  sich  der  König  in  Dänemark  bei  vorge- 
westen  Kriegen  viel  bedient.  Nachdem  man  von  ihme  den  Zustand  in 
Moscau  und  was  er  in  coramissis  hat  wird  vernommen  haben,  wird  man 
mit  besserem  Grund   die  consilia  darnach  richten  können. 

Der  Churfürst  vermeinte,  dass  das  foedus  offensivum  und  defensivum, 
so  vor  sein  solle  zwischen  Polen  und  Schweden,  den  Moscoviter  a  tali 
compositione  abhalten  würde,  mich  aber  hat  fast  das  contrarium  gedünkt 
und  dass  sothanes  motivum  wenigsten  moscowitischer  Seiten  die  Compo- 
sitionstractaten  befürdern  möchte. 

Schwerin  meldet  dem  Goess,  der  König  von  Polen  habe  sich  Hoverbeck 
gegenüber  über  des  Kaisers  Benehmen,  insbesondere  über  sein  Verhalten  zu 
Lubomirski,  beklagt;  vermuthlich  werde  er  sich  dem  Vertreter  des  Kaisers  gegen- 
über ebenso  über  des  Kurfürsten  Vorgehen  aussprechen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  1.  Mai  1665.     (Or.) 

[Nachrichten  über  Johann  Casimir.     Unterredung  des  Goess  mit  Marseiis.     Des  Letz- 
teren Erklärungen.     Schreiben  Johann  Friedrichs  von  Braunschweig  an  Goess.] 

Der  Polenkönig  will,  wie  Goess  vernommen,  trotz  vielfachem  Abrathen  zur  1.  Mai. 
Convocation  nach  Litthauen  gehen,  aber  ohne  Begleitung  der  Vertreter  der  an- 
deren Mächte;  der  Kurfürst  aber  wird  dem  Hoverbeck  befehlen,  dem  Könige  zu 
folgen;  auch  wird  davon  gesprochen,  dass  Johann  Casimir  Elbing  und  Marien- 
burg um  eine  grosse  Summe  Geldes  dem  Könige  von  Frankreich  versetzen 
wolle.  Der  Gesandte  Russlands  sucht  Goess  auf  und  theilt  ihm  mit,  er  habe 
Befehl  sich  von  hier  direct  nach  Wien  zu  begeben,  um  dem  Kaiser  die  Media- 
tion zwischen  Russland  und  Polen  anzutragen  '),  die  sein  Herr  dem  Kaiser  und 
den  Königen  von  England  und  Dänemark  übertragen  wolle. 

In  einem  Schreiben  vom  selben  Tage  berichtet  Goess  über  ein  von  Johann 
Friedrich  Herzog  von  Braunschweig  an  ihn  gerichtetes  Schreiben  -),  worin  dieser 
ihm  die  Unterstützung  seiner  gerechten  Ansprüche  auf  Celle  an's  Herz  legt. 


')     üeber    die    russisch -polnischen    Verwickehmgen    in    dieser    Zeit;    Herrraann. 
Gesch.  des  russischen  Staates  III.  647  ff. 

■■')     Das  Schreiben  ist  datirt  Celle    13./23.  April  IGGö  Or. 


Mater,  z.  Gesch.  d.  O.  Kiirfiiisteii.    XIV.  14 


210  I^'-    Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1G65 — Mai  1668. 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  28.  April   1665.     (Or.) 

[Russisch-polnische  Verwickelungen.     Schwedisch-brandenburgische  Allianz.     Branden- 
burgs Eintritt  in  den  Rheinbund.] 

28.  April.  Es  ist  nach   den   eingelaufenen  Mittheilungen   wenig  Aussicht,    dass  Polen 

die  Mediation  des  Kaisers  annimmt,  es  sei  denn,  dass  Russland  erklärt  unter 
keiner  andern  Bedingung  mit  Polen  tractiren  zu  Avollen.  Goess  soll  sehen,  dass 
dem  Vertreter  des  Czaren  in  diesem  Sinne  vom  Kurfürsten  zugesprochen  werde. 
P.  S,  Goess  soll  eine  Abschrift  des  schwedisch-brandenburgischen  Vertrages 
zu  erhalten  und  sich  über  die  Verhältnisse  näheren  Aufschluss  zu  verschaffen 
suchen,  unter  denen  der  völlige  Eintritt  des  Kurfürsten  in  die  rheinische  Allianz 
erfolgt  sei. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  11.  Mai  1665.     (Or.) 

[Unterredung  mit  Schwerin  und  dem  Kurfürsten  bezüglich  der  Jägerndorfer  Angelegen- 
heit. Pläne  der  Kurfürstin.  Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  dieselben. 
Regenstein.     Mittheilungen   Anhalts.     Resolution   des  Kurfürsten  in   der  .Jägerndorfer 

Angelegenheit.     Marseiis. ] 

11.  Mai.  Nach  wiederholten  Unterredungen  mit  Schwerin,    dem  er  eine  dem  Kaiser 

angenehme  Lösung  der  Jägerndorfer  Frage  besonders  an"s  Herz  gelegt,  hat  er 
mit  dem  Kurfürsten,  auf  dessen  au? drücklichen  Befehl,  am  19.  April  über  diese 
Angelegenheit  eine  längere  Unterredung  gehabt.  Der  Kurfürst  beklagte  sich  heftig 
über  die  ihm  bezeigte  Nichtachtung  in  dieser  Sache  und  erklärte,  als  Goess  ihm 
die  Unrechtmässigkeit  seiner  Forderungen  und  das  weitgehende  Entgegenkommen 
des  Kaisers,  der  eine  so  bedeutende  Summe  angeboten,  auseinandersetzte,  er  wisse, 
dass  es  dem  Kaiser  und  dessen  Räthen  nicht  auf  das  Recht  ankomme,  son- 
dern E^  K.  M.  würden  von  dero  Räth  (darbei  er  in  specie  den  Grafen 
von  Nostiz ')  non  sine  excaudescentia  benennt)  vorgetragen,  dass  sie 
propter  rationes  politicas  ihn  in  Jägerndorf  nit  leiden  könnten;  dann 
hoch  et  cum  indignatione  exaggcrirt,  dass  man  mehr  Reflexion  machete 
auf  einen  Fürsten  von  Liechtenstein,  als  auf  ihme  und  dergleichen  quaerelae 
mehr,  weiche  ich  also  abgeleinet,  dass  ich  mich  auf  die  ante  acta  be- 
rufen, daraus  S.  Ch.  D.  ja  zu  ersehen ,  dass  E.  K.  M.  habendes  Recht, 
ehe  der  Graf  v.  Nostiz  je  geboren,  schon  vom  Kaiser  Rudolf  dargethan 
und  behauptet  worden  und  dass  im  Uebrigen  die  praesupponirende  Com- 
paration  mit  dem  Fürsten  von  Liechtenstein  weit  von  E^  K.  M.  Gedanken 
seie.  .  .  . 

Aehnlich  äussert  sich  Schwerin.     Als  ich  aber  nun  sehen  können,  dass 
auf   diesem  Weg    nit    fortzukommen,    nachdem    der    Churfürst    sich    so 


^)     Böhmischer  Kanzler.     Vergl.  Fiedler,  Venetianische  Relationen;   Fontes  rerum 
Austriacarum  XXVII...  134  u.  a.  0.     ürk.  u.  Act.  XI.  222. 


Jägerndorfer  Frage.  211 

rotunde  erklärt,  dass  er  von  keiner  Satisfaction  an  Geld  nichts  wissen 
wollte  und  sonsten  gute  Nachricht  erhalten,  was  gestalt  die  Churfürstin ') 
eine  sonderliche  Affection  zu  dero  secundogenito,  den  Prinzen  Friedrich'), 
tragen,  massen  sie  denselben  nach  möglichen  Dingen  sucht  zu  beneficirn 
und  den  Churfürsten,  dero  Gemahl,  dahin  vermögt,  dass  er  ihme  das 
Fürstenthum  Halberstadt  zu  seinem  Erbtheil  vermacht'),...  habe  ich  um 
soviel  mehr  das  Aug  und  die  Gedanken  auf  die  Grafschaft  Regenstein, 
welche  in  gedachtem  Fürstenthum  Halberstadt  liegt,  wiederum  gewendt, 
weilen  ich  sonsten  von  dem  Fürsten  von  Anhalt  verstanden,  dass  sie, 
die  Churfürstin,  Vorhabens  sei,  die  Grafschaft  Hohenstein  eben  zu  diesern 
Ende  von  denen  Grafen  von  Wittigstein  ^)  abzulösen;  so  hatte  mir  auch 
der  Kittelmann,  der  im  Halberstädtischen  Regierungsrath  und  Hauptmann 
zu  Egloff  ist,  etwas  hiervon  insinuirt.  Goess  bringt  das  vor,  Schwerin  ant- 
wortet darauf,  es  wäre  Regenstein  in  Comparation  von  Jägerndorf  gar 
schlecht  und  gering  und  wann  darvon  tractirt  solle  werden,  müsste  noch  ein 
gut  Stück  Geld  darzukommen.  Die  Grafschaft  wäre  ohne  das  ein  Lehen 
vom  Fürstenthum  Halberstadt  und  könnte  demselben  heunt  oder  morgen 
zufallen.  ...  Ich  habe  in  dieser  ganzen  Tractation  wegen  Jägerndorf 
genugsam  gemerkt,  dass  der  von  Schwerin  überaus  caute  und  circum- 
specte  hierin  gangen  und  sich  gehüet,  seinen  aemulis,  welche  zweifels- 
ohne darauf  invigilirn,  Occasion  zu  geben,  ihme  etwas  Ungleichs  hierbei 
zu  imputirn. 

Der  Fürst  von  Anhalt  berichtet,  wie  gerne  die  Kurfürstin  für  ihren  Sohn 
sorgen  würde,  und  wie  heftig  der  Kurfürst,  wie  auch  er  selbst  —  der  Fürst  von 
Anhalt  —  von  Lesseins  angegangen  würden  ^),  sich  auf  die  Seite  des  Königs  von 
Frankreich  und  der  Königin  von  Polen  zu  stellen.  Dabei  erwähnt  Anhalt  auch^ 
dass  E.  K.  M.  ihm  eine  kays.  Gnad,  wann  mir  recht  ist,  von  30000  Thalern 
ausgeworfen,  daran  ihm  an  die  quota  der  Türkensteur  von  dem  Fürsten- 
thum Anhalt  7CD0  Rthlr.  wären  abgeführt  worden.  Am  2.  Mai  wird  ihm  dann 
die  Resolution  des  Kurfürsten  in  dieser  Angelegenheit  zugestellt,  in  welcher 
der  Erwerb  der  den  Grafen  von  Tattenbach  gehörigen  Grafschaft  Regenstein  und 
eine  höhere  Geldentschädigung  gefordert  wird^).  Goess  findet  diese  Forderungen 
nicht  übertrieben  und  hofft  überdies  bezüglich  der  Geldeutschädiguug  noch  eine 
Ermässigung  der  Summe  zu   erreichen.     Er   räth   entschieden   diese  Angelegen- 


0  Louise  Henriette. 

-)  Der  nachmalige  erste  König. 

3)  Durch  das  Testament  von  1664;  vergl.  Droysen  1.  c.  IH-s  813,  l\.\  133. 

*)  Wittgenstein. 

^)  Vergl.  ürk.  u.  Act.  IL  233  ff. ;  Puf.  1.  c.  IX.  34—36. 

'')  Nicht  mehr  erhalten. 

14* 


212  IV.   Erste  Mission  des  Freilienn  Joliann  von  Goess.     Jan.  inO.j— Mai  1068. 

heit  im  Intere.s.se  der  allgemeinen  Lage  zu  ordnen,  weist  auf  die  grossen  Aner- 
bietniigen  hin,  welche  dem  Kurfürsten  von  der  gegnerisehen  Seite  gemacht 
wurden  und  fügt  hinzu;  der  Churfürst  macht  .son.sten  Profession  von  Ge- 
nerositet  und  ist  eines  fürstlich  hohen  Gemiiths;  man  hat  zu  glauben, 
dass,  wann  man  generosamente  mit  ilim  procedirn  wird,  er  werd's 
wissen  zu  aestimirn,  zu  erkennen  und  mit  gleicher  Generositet  widerum 
zu  vergelten. 

In  einem  separaten  Schreiben  vom  selben  Datum  gibt  Goess  weiteren  Auf- 
schluss  über  des  russischen  Gesandten  Peter  Marseiis ')  Aufenthalt  in  Berlin, 
und  über  dessen  Ansichten  bezüglich  der  bei  den  russisch-polnischen  Verhandlungen 
durchzuführenden  Mediation,  welche  dem  Kaiser  und  den  Königen  von  England 
und  Dänemark  angetragen  werden  soll. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  Mai  1665.     (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  den  Zweck  der  Partioularallianz  Hrauden- 
burgs  mit  Schweden.     Christian  Ernst  von  Baireuth.     Religionsedict.] 

18.  Mai.  Als    ich    Schwerin    gefragt,    was    den    Kurfürsten    zum    Abschlüsse    einer 

Particularallianz  vermöge,  und  ob  sie  vermeinen  nicht  besser  durch  den 
münsterischen  und  olivischen  Frieden,  als  durch  sothane  particulares 
tractatiis  gesichert  zu  sein,  hat  er  (Schwerin)  geantwort,  dass  er  diese 
Tractaten  nie  approbirt.  Wann  sie  Hülf  würden  von  ISöten  haben, 
würde  ihnen  die  Schwedische,  mit  welcher  man  wüsste  was  es  vor 
eine  Bewantnus  hätte,  uit  anstehen;  dasjenige  motivum,  so  die  suaden- 
tes  hierzu  gehabt,  wäre  gewesen,  dass  Schweden  hierdurch  insoweit 
mögte  abgehalten  werden  wider  I.  Ch.  D.  etwas  vorzunehmen,  weilen  sie 
auch  ratione  huius  foederis  vielmehr  schuldig  deroselben  zu  assistirn. 

Der  Markgraf  von  Baireuth  ist  hier ''^),  er  soll  vom  Kurfürsten  Beförderung 
seiner  Aufnahme  in  die  rheinische  Allianz.  Ausgleichung  seiner  Streitigkeiten  mit 


')  Er  schreibt:  Marseiis  ist  ein  Brabanter  und  von  dort  wegen  der  Religion 
ausgewandert.  Seinen  Bruder,  Coelium  Marseiis,  der  vor  kurzem  gestorben,  habe  er 
—  Goess  —  gut  gekannt,  derselbe  habe  dem  Könige  von  Dänemark  im  letzten  Kriege 
grosse  Summen  zur  Verfügung  gestellt;  ein  anderer  Bruder,  Gabriel  Marseiis,  sei  einer 
der  reichsten  Kaufleute  in  Holland  und  habe  sich  bei  Haarlera  ein  Schloss  gebaut, 
das  sehr  berühmt  sei.  Peter  Marseiis  sei  schon  3Ü  Jahre  in  Moscau,  daselbst  sehr 
begütert,  besitze  ein  grosses  Eisenbergwerk.  Von  König  Christian  wurde  er  für  die 
Verdienste,  die  er  sich  als  Vermittler  der  lleirath  des  dänischen  Königsohnes  Wal- 
demar  mit  des  Czaren  Tochter  erworben,  in  denAdelstand  erhoben. 

"-)     Christian  Ernst.     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  442 f.,  44G,  453. 


Religionsediut.     pjueueninu-  dei-  Allianz  von   Ifi.')S.  213 

Baiern  und  Begleichung   einer   von   seinen  Vorfahren   ihm    ülierkommcnen  For- 
derung von  30  000  Thalern  fordern. 

Uebersendet  das   vom  Kurfürsten  erlassene  Religionsedict,    das   in    lutheri- 
schen Kreisen  viel  Unwillen  erregt '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  Mai  1665.     (Or.) 

[Religionsedict.     Gesandtschaft  Johann  Friedrichs  von  Braunschweig.] 

Uebersendet  eine    neue  Declaration,    durch   welche  der  Kurfürst  sein  Vor-  25.  Mai. 
gehen    in    der  Religionsangelegenheit    zu    rechtfertigen  sucht').     Freiherr   von 
Eltz''),  der  Gesandte  Herzogs  Johann  Friedrich  zu  Braunschweig,  ist   hier;   wie 
Goess  vernimmt,   soll  der  Braunschweiger  die  Mediation   des  Kurfürsten  anneh- 
men^). 


Der  Kaiser  an  Goess.    Dat.  Laxenburg  29.  Mai  1665.  (Conc.) 

[Bereitwilligkeit    des  Kaisers   die  Jügerndorfer  Angelegenheit  zu  ordnen.     Erneuerung 
und  Erweiterung  des  Bündnisses  von  1658.     Ankunft  des  moskowitischen  Gesandten.] 

Die  Berichte  von  verschiedenen  Daten  empfangen.  Anerkennung  seiner  'Id.  Mai. 
Thätigkeit.  Der  Kaiser  ist  bereit  die  jägerndorfische  Sache  zu  erledigen,  wird 
sogleich  mit  dem  Grafen  Tattenbach  wegen  Regenstein  verhandeln  lassen;  so 
bald  dieser  Punkt  entschieden,  würden  die  anderen  vorgenommen  werden. 
Wollen  aber  nicht  gern,  dass  hievon  vor  der  Zeit  denen  Grafen  von 
Tattenbach  etwas  kund  gemacht  werden  sollte.  Und  da  was  des  Kaisers 
Vorfahren  versprochen,  mehr  als  Bezeigung  guter  Gesinnung  als  Anerkennung 
einer  Verpflichtung  aufznfasseu  sei,  so  wollen  wir  verhoffen,  S.  L.  (ob  sie 
zwar  dieser  Zeit  eines  andern  sich  vernehmen  lassen),  solches  wohl  er- 
kennen und  um  so  viel  mehr  Ursach  haben  werden,  nicht  allein  in  dem 
bishero  mit  uns  und  unserem  Haus  hergebrachten  guten  Vernehmen 
und  Zusammensetzung  beständig  zu  verharren,  sondern  solches  um  so 
viel  mehr  zu  bestettigen  und  zu  vermehren,  je  gefährlichere  consilia  und 
motus  sich  fast  aller  Orten  vermerken  lassen  und  herfiir  thun  wollen. 
Hättest  derowegeu  jetzt  bei  Zeiten  dextre  ein  Anwurf  zu  thun,  ob  S.  L. 
nicht  etwan  für  gut  befinden  möchten,    nicht   allein  die  bereits  im  Jahr 


^)  Vergl.  Diariutü  Europaeum  XII.  453ff.;  Landwehr:  Die  kirchlichen  Zustände 
der  Mark  unter  dem  grossen  Kurfürsten;  Forsch,  zur  brand.-preiiss.  Gesch.  I.  207 ff. 

^)  Declaration,  aus  was  Ursachen  im  Churfürstlichen  geistlichen  Consistorio  all- 
hier  zween  Prediger  der  Berlinischen  Kirchen  zu  St.  Nicolai  am  vergangenen  28.  Aprilis 
dieses  1665  Jahres  ihres  Dienstes  erlassen  worden,  4.  Mai  1665.  Gedruckt  u.  a.  im 
Diarium  Europaeum  XII.  523  If. 

^)     Friedrich  Casimir  von  Eitz. 

*)     Vergl.  Urk.  u.  Act.   XI.  5T5f.;  Kücher  1.  c.  I.  415f. 


214  '^'-  Erste  Mission  des  Freiherrn  Joiianu  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

1658  mit  derselben  geschlossene  Bündnis  zu  erneuern,  sondern  auch  noch 
weiter  zu  extendiren. 

Der  moskowitische  Gesandte  ')  ist  hier  schon  eingetroffen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  1.  Juni  1665.     (Or.) 

[Verhandlungen  des  Kurfürsten  und  seiner  Räthe  mit  Eltz.     Des  Goess  Vermittelung'.] 

1.  Juni.  Verhandlungen  des  Kurfürsten  und  seiner  Räthe  mit  Freiherrn  von  Eltz'-). 

Goess  sucht  den  kurfürstlichen  Käthen  klar  zu  machen,  dass  eine  gütliche  Bei- 
legung des  Zwistes  unter  den  Weifen  im  Interesse  der  deutschen  Sache  unbe- 
dingt nothwendig  sei.  Was  des  Palbitzki  ^)  Negociation  in  Warschau  bezwecke, 
hat  bisher  nicht  erforscht  werden  können. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  12.  Juni  1665.  (Or.) 

[Unterredung    des   Goess  mit    dem   Kurfürsten    über    die   Lage  des  Reiches  und  über 

den  Rheinbund.     Erklärungen   des  Kurfürsten.     Geneigtheit  desselben  und  Schwerins 

mit  dem  Kaiser  ein  Bündnis  zu  schliessen.     Pfälzische  Angelegenheit.] 

12.  Juni.  Befehl  vom  29.  Mai  erhalten.    Die  jägerndorfische  Sache  wird  er,  wie  be- 

fohlen, vornehmen.  Gelegenheit  mit  dem  Kurfürsten  über  Erneuerung  und  Er- 
Aveiterang  des  Bündnisses  von  1658  zu  reden,  ergab  sich  als  der  Kurfürst 
mit  Empfindlichkeit  dasienige,  was  Churmainz  und  Andere  wider  Chur- 
heidelberg  vornehmen,  geandet*),  auch  die  Sach  dahin  ausdeuten  wollen, 
als  wann  E.  K.  M.  hierin  etwas  an  dem,  was  dero  kay.  Amt  erforderet, 
versäumeten  und  dass  ein  jeder  nun  im  römischen  Reich  thäte,  was  ihm 
einfiele.  Darauf  ich  replicirt,  dass  nit  E.  K.  M.,  sondern  diejenige  dran 
schuldig,  welche  mit  ihren  Allianzen  und  Bündnussen  denen  Fremden 
alle  Authorität  im  Reich  zugespielt,  E^  K.  M.  entzogen,  das  Reich  in 
partes  getrennt  und  in  den  statum  gesetzt,  darüber  sie  sich  nun  be- 
klagen wollten.  Diese  meine  Replica,  obzwar  ich  mich  derselben  auch 
in  anderen  Occasionen  zuweilen  bedient,  ist  diesmal  sehr  uuvermuth 
vorkommen  und  haben  I.  Ch.  D.  änderst  nicht  darauf  zu  antworten  ge- 
habt, als  dass  eben  darum  dahin  zu  sehen,  dass  diese  Allianz  abgethan 
und  zu  nichten  gemacht  würde;    und  zwar,  dass  dasselbe  füglicher  nit 

^)     Marseiis. 

■•0     ürk.  u.  Act  XI.  .576;  Köcher  1.  c.  I.  415f. 

"')     Matthias  Palbitzki,  schwedischer  Diplomat:    vergl.  über   ihn  Urk.  u.  Act.  IX. 
762  u.  Anm. 

■*)     Mainz  war  in  pfälzisches  Gebiet  eingerückt;  vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  591  f. 


Erneuerung  der  Allianz  von  1658.     Marseiis.  215 

geschehen  könnte,  als  wann  K.  M.  selber  mit  darein  träten.  Nachdem 
sich  nun  der  Discurs  dahin  gezogen,  dass  die  ietzige  gefährliche  Coniunc- 
turn  und  was  man  darbei  zu  besorgen  in  Consideration  kommen,  habe 
ich  dem  Churfürsten  insinuirt,  dass  sowohl  E.  K.  M.,  als  S.  Ch.  D.  sich 
wohl  in  Acht  zu  nehmen  und  um  so  viel  mehr  auf  ihre  Conservation 
zu  gedenken,  ehe  gefährlichere  consilia  und  machinationes  sich  an  mehr 
Orten  vermerken  Hessen  und  dass  derowegen  gut  und  erspriesslich  sein 
möchte,  dass  die  vorhin  mit  E.  K.  M.  aufgerichte  Bündnus  erneueret  wür- 
den. Ich  hab  änderst  nit  verspüren  können,  als  dass  der  Churfiirst 
hierzu  nit  ungeneigt.  Er  hat  gemeldt,  E.  K.  M.  wären  sein  höchstes  Ober- 
haupt und  könnte  ihm  niemand  verdenken,  dass  er  sich  mit  deroselben 
verbinde;  es  würde  aber  gut  sein,  wann  man  Chur  Bayern  auch  in  der 
Bündnus  mit  einzöge. 

Dieselbe  gute  Intention  fand  Goess  bei  Schwerin.  Die  Hoffnung,  dass  die 
Weifen  sich  friedlich  einigen,  ist  grösser  als  vorher').  Der  Brandenburger  hat 
an  den  Mainzer  geschrieben,  er  hoffe  Mainz  werde  die  Differenzen  mit  Pfalz 
gütlich  oder  gerichtlich  ausgleichen,  wann  sie  gedenken  sollten  via  armo- 
rum  fortzufahren,  er  ratione  der  nahen  Anverwandtschaft  und  habender 
Bündnus  mit  Churp falz,  demselben  assistirn  würde"). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  17.  Juni  1665.    (Conc.) 

[ilarselis.     Nachrichten  aus  Polen.] 

Aus  des  Kaisers  Schreiben  vom  10.  dieses'')  wird  Goess  vernommen  haben,  17.  Juni, 
was  Marselis  vorgebracht.  .  Am  17.  hat  er  AVien  sehr  zufrieden  verlassen,  geht 
nach  Dänemark.  Mayern  schreibt  aus  Warschau  unter  dem  2.  dieses  über  die 
moskowitisch-polnischen  Verhandlungen,  über  Palbitzki's  Mission  daselbst  und 
dass  Schweden  dieser  Zeit  mit  Frankreich  einiges  anders  foedus  nicht 
habe,  als  der  guarantiae  pacis*).  Umsoviel  mehr  verlangen  wir  gründ- 
lich zu  wässen,  ob  und  was  dann  des  Churfürsten  zu  Brandenburg  L.  für 


^)     Vergl.  ürk.  und  Act.  XL  577 ff.;  Köcher  1.  c.  I.  417ff. 

2)  Gemeint  ist  das  Schreiben  vom  l./ll.  Juni  1665;  Urk.  u.  Act.  XI.  600; 
vergl.  daselbst  599  Anm.  2  auch  das  Schreiben  des  Kurfürsten  an  den  Kaiser  in 
dieser  Angelegenheit. 

^)     Nicht  erhalten. 

*)  Ueber  die  französisch -schwedischen  Beziehungen  dieser  Zeit;  vergl.  die  In- 
structionen für  Terlon  und  Pomponne  im  Recueil  des  Instructions  II.  55  ff.  und  Ein- 
leitung LV.ff.,  sowie  die  von  Mavidal  1861  herausgegebenen  Memoires  de  Pomponne 
II.  131  ff;  Carlson  I.e.  IV.  479  ff  i 


216  IV.  Eihte  Mission  des  Fieiherrn  Johann  von   (ioess.     Jan.  16(j.')  —  Jlai  16(i8. 

ein    neues  foediis    mit  Frankreich   oder  auch   mit  Schweden   habe,    oder 
noch  zu  schliessen   in  Willens  sei'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  22.  Juni  1665.  (Or.) 

[Verhandlungen  des  Kurfürsten  mit  dem  Syndicus    der  Stadt  Bremen.     Mittheilungen 

der    Prinzessin    Elisabeth    über    Pläne    am    französischen    Hofe.      Verhandlungen    der 

Stände.     Holländisch-englischer  Seekampf.     Anhalt.] 

22.  Juni.  Der  Syndicus  der  Stadt  Bremen-)  war  hier.  Schriftlich  wurde  nichts  fest» 
gesetzt,  doch  hat  der  Kurfürst  mündlich  das  Versprechen  gegeben,  die  Stadt, 
wenn  sie  von  den  SchAveden  bedroht  werden  sollte,  nicht  im  Stiche  zn  lassen. 
Die  Prinzessin  Elisabeth^)  ist  den  16  dieses  von  hier  nach  Herford  in 
Westphalen  abgereist.  Als  ich  von  ihr  Abschied  genommen,  hat  sie  mir 
in  Confidenz  ihrer  Frau  Schwester*)  (die  eine  Nonn  ist  in  Frankreich) 
Schreiben  gelesen,  darin  enthalten,  dass  man  zu  Paris  gedacht  hätte, 
ihre  Bas,  der  Herzogin  von  Anguien^)  Schwester*^),  im  Stift  Thorn  zu 
thun.  Man  habe  aber  die  Meinung  verändert,  weilen  man  vernommen, 
dass  man  daraus  heirathen  könne;  dann  weder  diese,  welche  die  Eltiste 
ist,  noch  die  dritte^)  wolle  man  heirathen  lassen,  damit  sie  gedachter 
Herzogin  von  Anguien  kein  Eintrag  in  der  Praetension  zu  der  Krön  Polen 
thun**) Es  ist  ein  Ausschuss  der  märkischen  Landstände  hie  beisam- 
men: diese  beide  Stadt  Cöln  ander  Spree  und  Berlin  begehren  an  sie, 
dass  sie  concurrirn  sollen  zu  den  Servizen  und  Einquartirungen  der 
Guarnison;   warzu  sie  sich  keineswegs  verstehen  wollen^). 

In   dem   grossen  Seekampfe  zwischen  England   nnd   Holland    soll   letzteres 


')  Mit  Frankreich  hatte  Friedrich  Wilhelm  am  6.  März  1664  das  Defensivbündnis 
von  1G56  erneuert;  am  25.  Mai  erklärte  er  seinen  Beitritt  zur  rheinischen  Allianz. 
Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  283 ff.  Mit  Schweden  wurde  das  Bündnis  erst  am  27.  März 
1666  geschlossen.     Vergl.  Urk.  u.  Act.  IX.  802f. 

2)     Eden. 

"')  Elisabeth,  Tochter  des  Kurfürsten  Friedrich  V.  von  der  Pfalz,  seit  1667 
Aebtissin  von  Herford;  über  ihren  Aufenthalt  in  Berlin  vergl.  den  Brief  der  Herzogin 
Sophie  bei  Bodemann;  Briefwechsel  der  Herzogin  Sophie  mit  Karl  Ludwig,  88. 

■*)     Louise  Hollandine,  Aebtissin  von  Maubisson  in  Frankreich. 

'")     Anna  Henriette,  seit  1663  vermählt  mit  Heinrich  Julius  von  Conde. 

'')     Louise  Marie,  1679  vermählt  mit  Karl  Theodor,  Fürst  von  Salm. 

'')  Benedicta  Henriette,  1668  vermählt  mit  Johann  Friedrich,  Herzog  von  Lüne- 
burg zu  Hannover. 

**)     Marie  Louise  suchte  die  Sucessiou  ihrer  Nichte  Anna  Henriette  zu  sichern. 

»)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  X.  477 ff.;  Drovsen  1.  c.  III.;,  284 ff. 


Frankreichs  Pläne.     Keielisangelegenlieiten.  217 

den  kürzeren  gezogen    haben.     Opdam   ist   mit   seinem  Schiffe   in    die  Luft   ge- 
flogen'). —  Der  Fürst  von  Anhalt  l)etheaert  seine  Devotion  gegen  den  Kaiser'-). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  Juli  1665.     (Gr.) 

[Stand    der    brandenburg-schwedischen    Verhandlungen.      Vertrag    Brandenburgs    mit 

Frankreich.] 

Befehl  vom  17.  Juni  empfangen.  Das  Bündnis  Brandenburgs  mit  Schweden  ■!•  Jidi. 
ist  seitdem  Goess  über  den  Stand  berichtet,  nicht  weiter  geführt  worden  ■'■);  das 
Bündnis  Frankreichs  mit  Brandenburg  betreffend,  habe  ich  supponirt,  dass 
es  E.  K.  M.  schon  vorhin  haben,  weilen  mich  der  Baron  von  Schwerin 
versicheret,  dass  sie  es  dem  del'Isola  gegeben.  Uebrigens  wird  Goess 
trachten  den  Vertrag  zu  erhalten^). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  9.  Juli   1665.  (Coric.) 

[Reichsangelegenheiten.     Protest  des  Kaisers  gegen  die  von  verschiedenen  Fürsten  ge- 
wünschten Aenderungen  in  der  Wahlcapitulatiou.] 

Auf  des  Kaisers  an  den  Kurfürsten  gerichtetes  Schreiben  vom  19.  Nov.  1664,  9-  Jidi. 
occasione  der  von  denen  fürstlichen  weltlichen  Stiinden  zusammenge- 
tragener monitorum  ad  capitulationem  perpetuam^),  dass  in  berührten 
monitis  solche  Zusatz  enthalten,  die  nicht  allein  der  kais.  Authorität  im 
Reich  verkleinerlich,  sondern  auch  unsers  Erzhauses  hergebrachten  Koch- 
ten und  privilegils  nachtheilig  und  dem  articulo  YIIP  instrumenti  pacis 
zuwider  wären,  mit  Ersuchen,  die  ihrige  dahin  zu  instruiren,  dass  sie  die 
Interessen  des  Kaisers  vertreten,  hat  der  Kurfürst  sub  21  geantwortet  und 
dem  Kaiser  anheim  gestellt,  dasienige  was  er  dem  Erzhause  an  vorberürten 
seinen  juribus  praeiudicirlich  zu  sein  erachte,  etwas  näher  zu  erläutern.  Da 
nun  bereits  der    3.  Punkt    der  Capitulation*^)  in  Regensburg  berathen  worden. 


')  Vergl.  Lefevre-Pontalis:  Vingt  annees  de  republique  parlamentaire  au  XVII 
siecle,  Jean  de  Witt  I.  345 f.     Droysen  1.  c.  III. 3  111. 

-)  Goess  übersendet  zugleich  ein  in  diesem  devoten  Tone  gehaUenes  Schreiljen 
des  Fürsten  von  Anhalt  d.  d.  Berlin  l./ll.  Juli  dem  Kaiser.    (Aut.) 

=*)     Vergl.  ürk.  u.  Act.  IX.  803. 

^)     Vergl.  Mörner  1.  c.  258;   Puf.  1.  c.  IX.  60. 

■')  Vergl.  über  die  Verhandlungen  in  dieser  Angelegenheit  und  über  die  zwischen 
den  kurfürstlichen  und  fürstlichen  Käthen,  wie  auch  über  die  zwischen  den  weltlichen 
und  geistlichen  Fürsten  herrschenden  Differenzen;  Urk.  u.  Act.  XI.  155 f.;  Gemeiner 
I.e.  II.  36 ff. 

^)  Betrifft  die  Privilegien  der  Kurfürsten;  vergl.  für  diese  Verhandlungen  Ge- 
meiner 1.  c.  II.  51  ff. 


218  IV.  Erste  Mission  des  Freilierin  Johann   von  Goess.     Jan.  1G65  — Mai  16G8. 

der  16. ')  und  18.  -)  das  Interesse  des  Erzhauses  merklich  berühren,  so  will  der 
Kaiser  dem  Kurfürsten  in  dieser  Angelegenheit  nähere  Mittheilung  machen.  Es 
betritft  dies  vornehmlich  zwei  Puncte.  I.  Der  Kaiser  soll  das  Hofgericht  zu 
Rothweil  sammt  anderen  Landgerichten  in  Schwaben  abrogiren^),  (das  moni- 
tum  der  weltlichen  Fürsten  zu  Artikel  18).  II.  Die  Fürsten  fordern,  dass 
die  im  kurfürstlichen  Projecte  nach  den  Worten:  Der  röm.  Kaiser  soll  und 
will  auch  einigen  Reichsstand,  folgenden  Worte,  der  die  Exemption  von 
der  Reichsjurisdiction  entweder  durch  Verträge  mit  dem  Reich  oder 
durch  rechtmässige  Titul  von  römischen  Kaisern  vorhin  nit  erlangt  noch 
in  deren  Besitz  erfunden  wird,  ausgelassen  und  dieser  Passus  nach  ihrer  der 
fürstlichen  weltlichen  Meinung  also  lauten  solle:  Der  römische  Kaiser  soll 
und  will  auch  einigen  Reichsstand  von  des  Reichs  höchsten  Gericht  sich 
zu  eximiren  und  auszuziehen  inskünftig  nit  gestatten.  —  Goess  erhält  Be- 
fehl dem  Kurfürsten  mitzutheilen,  der  Kaiser  habe  seinen  Gesandten  ■*)  in  Regens- 
burg Befehl  ertheilt,  dass  wann  man  sich  an  Seiten  der  fürstlichen  Stände 
eines  widrigen  conclusi  unterfangen  wollte,  sie  wider  solchen  sine  causae 
cognitione  et  nulle  competenti  iudicio  und  dahero  als  null  und  nichtig 
ergangenen  Schluss  expresse  protestiren.  Der  Kurfürst  möge  seine  Gesandten^) 
in  eben  diesem  Sinne  instruiren. 


Der  Kurfürst    an   den    Kaiser.     Dat.   Colin  a.  d.  Sp.  11.  Juli 

St.  V.  1665.     (Or.) 

[Wahlcapitulation  betreffend.] 

11.  Juli.  Aus  des  Kaisers  Schreiben  vom  9.  Juli*^)  und  aus  des  Goess  mündlichen  Er- 

klärungen hat  der  Kurfürst  des  Kaisers  Begehren  in  der  Frage  des  Artikels  III 
der  Wahlcapitulation  ersehen.  Wie  er  sich  erinnert,  hat  er  dem  Versprechen 
in  seinem  Schreiben  vom  21.  Nov.  1664  entsprechend,  damals  seine  Gesandten 
dahin  instruirt,  dass  E^  K.  M.  desideria  sie  nach  ihrem  besten  Vermögen 
befördern  helfen  und  ihres  Orts  abvvendeu  sollten,  damit  nichts  zu  E.  K. 


■)  Kriegsvölker  sollen  nicht  aus  dem  Reich  geführt  werden;  Art  der  Wer- 
bung. 

-)     Wie  es  mit  den  Processen  und  kaiserlichen  Hofgerichten  zu  halten. 

3)     Vergl.  §  18  der  Capitulation;  Theatrum  Europ.  VIII.  444. 

•*)  Kaiserlicher  Principalcommissarius  war  Erzbischof  Guidobald  von  Salzburg 
(Graf  V.  Thun),  neben  ihm  wirkten  der  Reichshofrathsvicepräsident  Graf  von  Wolken- 
stein und  Reichshofrath  Crane  (der  bald  nach  Eröffnung  des  Reichstages  starb)  als 
Commissäre.  Die  Oesterreichische  Gesandtschaft  bestand  aus  dem  Grafen  von  Weissen- 
wolf,  Volmar,  Scherer,  Hocher.     Diar.  Europ.  VIII.  567. 

'■•)     Gottfried  von  Jena  und  Gurt  Asche  v.  Mahreüholtz. 

^)     Ist  nicht  erhalten. 


AVahlcapitulation.     Odercanal.     Charaeteristik  Fr.  Wilh.  219 

oder  dero  hohen  Hauses  Praejudiz  in  die  Capitulation  hineingebracht 
werde.  Auf  das  neue  und  detaillirtere  Begehren  des  Kaisers  habe  er  nun  ent- 
sprechende Befehle  den  Gesandten  in  Regensburg  zukommen  lassen'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  13.  Juli  1665.    (Or.) 

[Odercanal.     Festung  Peitz.     Fürsorge  des  Kurfürsten  für   das   Militär.     Dessen  guter 
Zustand.     Charaeteristik  des  Kurfürsten.] 

War  mit  dem  Kurfürsten  am  Lande.  Den  Canal,  den  der  Churfürst  13.  Juli, 
von  der  Spree  in  die  Odera  führen  lässt,  hab  ich  gesehen;  wir  seind  fast 
auf  2  Meilen  darauf  gefahren  und  ist  derselbe  so  weit  gebracht,  dass 
nun  an  völliger  Verfertigung  desselben  und  zwar  inner  wenig  Monat  nit 
gezweiflet  wird.  Es  ist  ein  schönes  Werk  und  seind  sonderlich  die 
Schleussen  durch  ein  Holländer  sehr  wohl  gemacht.  .  .  . 

Ich  habe  die  Festung  Peitz ")  auch  gesehen ;  ist  klein  und  eng,  aber 
wohl  von  allem  versehen  und  wird  sehr  fleissig  unterhalten ,  auch 
immerzu  gebessert;  und  finde  ich  überall,  dass  I.  Ch.  D.  diesfalls  der 
Türken  Maxime  führen  und  vor  allem  ihre  Miliz  und  was  die  militaria 
concernirt,  wohl  bezahlter  und  bestellter  haben  wollen.  Die  Soldatesca 
hat  ein  grosses  beneficium  durch  die  Arbeit,  welche  der  Churfürst  an 
dem  Graben  und  andere  Fortificationen  durch  dieselbe  verrichten  lässt, 
dann  über  ihren  richtigen  Sold  werden  sie  weniger  nit  als  die  fremde 
Arbeitsleut  um  ihre  Arbeit  belohnet.  Sie  seind  frisch  und  gesund,  dar- 
bei  wohl  bekleidt  und  sonsten  mit  ihren  Notdurften  versehen.  I.  Ch.  1). 
vor  ihre  Person  seind  sehr  unmüssig  und  arbeitsam,  schlafen  wenig 
Stunden  und  seind  in  aller  Früh  auf;  sie  haben  mehr  Lust  mit  den 
Bürsten^),  darbei  sie  sich  trefflich  bemühen,  als  mit  dem  gesperrten 
Jagen.  Ich  hab  observirt,  dass  sie  von  allen  ihren  Aifairen  gute  und 
exacte  Wissenschaft  haben;  dann  fast  nichts  vorkommt,  davon  sie  vor- 
hin nit  Information  haben. 


')  In  dem  beiliegenden  Befehle  vom  11.  Juli  gibt  der  Kurfürst  seinen  Gesandten 
Befehl,  in  der  Rotbweii-  und  der  anderen  schwäbischen  Gerichte-Frage  sich  ganz  auf 
die  Seite  des  Kaisers  zu  stellen. 

-)     A  ^  Beizen. 

3)     =  A. 


220  '^-    I'-rste  Mission  des  Freihenn  Johann   von  Goess.     Jan.  IGCiö  — Mai  IfißS. 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  20.  Juli  166.5,    (Conc.) 

[Reichsangelegenlieiten.] 

.'0.  Juli.  Die  Meldungen  aus  Regensburg  über  die  von   den   weltlichen  Fürsten    bei 

Berathung  über  Artikel  3  der  capitulatio  perpetua  geforderten  Reservationen 
und  über  ihr  Benehmen  im  allgemeinen  lassen  erkennen,  dass  mit  dem 
weltlichen  fürstlichen  Stande  diesmal  kaum  in  dieser  Frage  der  Capitulation 
eine  Einigung  wird  herzustellen  sein.  Der  Kaiser  glaubt  nun ,  dass  es  das 
zweckmässigste  sein  dürfte  diese  Angelegenheit  fallen  zu  lassen  und  bezüglich 
der  übrigen,  wo  keine  Collision  zu  befürchten,  zu  einem  Reichsschlusse  zu  ge- 
langen.    Der  Kurfürst  möge  seine  Ansicht  darüber  äussern. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  22.  Juli  1665.    (Or.) 

[Haltung  des  Kurfürsten  und  Schwerins  in  der  Frae^e  der  Erneuerung  der  Allianz  von 
1658.     Rüstungen    des   Bischofes    von    Münster.     Schwerin  warnt  vor  den  geistlichen 
Fürsten.     Nachricht  vom  Siege  der  Portugiesen    über    die   Spanier.     Reichsangelegen- 
heiten.] 

22.  Juli.  Uebersendet  das  Project  des  schwedisch-brandenburgischeu  und  eine  Abschrift 

des  französisch-brandenburgischen  Bündnisses.  Auf  einige  Andeutungen  des  Goess 
bezüglich  der  Erneuerung  der  Allianz  von  1658  geben  der  Kurfürst  und 
Schwerin  nur  allgemeine  Antworten.  Die  Rüstungen  des  Bischofs  von  Münster 
erregen  hier  Befürchtungen  ').  Schwerin  sagt  dem  Goess  gelegentlich ,  er 
möchte  doch  den  Kaiser  erinnern,  auf  die  geistlichen  Fürsten  gut  zu  achten, 
die  min  aller  Orten  das  Reich  in  Unruhe  setzen.  —  Aus  Paris  und  Lon- 
don wird  gemeldet,  dass  die  spanische  Armee  von  der  Portugiesischen  besiegt 
worden  sei-). 

Vom  selben  Tage  ist  ein  anderer  Bericht  des  Goess  datirt  über  die  Regens- 
burger Angelegenheit,  bezüglich  derer  der  Kurfürst  und  seine  Minister  sich  ganz 
im  Sinne  des  Kaisers  entscheiden.  Der  Kurfürst  lässt  den  Befehl  an  seine  Ver- 
treter ergehen,  in  den  beiden  Punkten  der  Artikel  16  und  18  den  Wünschen 
des  Kaisers  zu  entsprechen^). 


')  üeber  den  Krieg  des  Bischofes  Christoph  Bernhard  von  Galen  gegen  die  Re- 
publik der  Vereinigten  Niederlande;  Droysen  1.  c.  III. 3  75ff. ;  Pufendorf  1.  c.  X.  9 ff. 
Tücking,  Geschichte  des  Stifts  Münster  unter  Christof  Bernard  von  Galen  114if. 
Urk.  u.  Act.  XI.  615fF. 

-)  Gemeint  ist  der  Sieg  der  Portugiesen  bei  Villa  Vitiosa.  Theatr.  Europaeum 
IX.  79  f. 

3)     Vergl.  p.  219. 


Reichsana:eleo-enlieiten.     Münsteier  Fra^e.  221 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Aug.  1665.    (Or.) 

[Stand    des    braunschweig-liinebuiffischen    Erbfolfjestreites.     Abneigung-   Johann    Frie- 

diiclis   gegen    die   Einmischung    PVankreichs.     Eindruck  der  Rüstungen  des  l^ischofes 

von  Münster  auf  den  Berliner  Hof.     Reichsangelegenheiten.] 

Die  Tractaten  zwischen  den  Weifen  stehen  in  besseren  terminis.  Herzog  ä.  Aug. 
Johann  Friedrich  soll  die  Einmischung  Frankreichs  nicht  gern  gesehen  und  um 
dieselbe  zu  verhindern  an  Courtin'),  Frankreichs  Gesandten  in  Dänemark,  ge- 
schrieben haben,  er  möge  de  Lumbres  von  der  Reise  abmahnen,  da  die  Ver- 
träge bereits  soweit  gediehen,  dass  seine  Einmischung  überflüssig  sei"-').  Die 
Rüstungen  des  Münsterer  Bischofes  geben  hier  immer  neuen  Anlass  zu  Klagen 
und  Befürchtungen.  Insbesondere  der  Franzosen  Benehmen  in  diesem  Punkte 
scheint  dem  Kurfürsten  verdächtig  und  fürchtet  er  ein  heimliches  Abkommen 
zwischen  Frankreich  und  Münster 3).  Ja  er  kommt  fast  auf  die  Gedanken, 
dass  die  300  000  Gulden,  die  der  Bischof  von  Münster  allbereit  soll 
empfangen  haben,  nit  von  dem  König  aus  Engelland,  der  selbst  des 
Gelds  bedürftig  und  daran  Mangel  hat,  sonderen  von  dem  von  Frankreich 
herkommen.  Goess  fürchtet  nur,  der  Kurfürst  könnte  in  dem  Glauben  bestärkt 
werden,  es  handle  sich  um  eine  grosse  Einigung  der  katholischen  Mächte  gegen 
die  Protestantischen. 

In  einem  eigenen  Schreiben  vom  selben  Datum  berichtet  Goess  über  seinen 
Vortrag  bezüglich  der  Regensburger  Angelegenheiten  im  Sinne  der  Weisung 
vom  20.  Juli  und  dass  der  Kurfürst  allsogleich  zustimmte  und  seinen  Vertretern 
entsprechende  Befehle  zusendete  für  den  Uebergang  zu  anderen  Angelegen- 
heiten zu  stimmen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  17.  Aug.  1665.    (Or.) 

[Pfälzisch -brandenburgische    Beziehungen.      Vorgehen    Münsters.      Mittheilungeu    des 
Landgrafen  Christian  von  Hessen  über  die  Schätzung   Friedrich  Wilhelms  seitens  des 

Kaisers.] 
Der  Generalwachtmeister  Feibrock*),  Gesandter  des  Fürsten  von  Pfalz  Neu-  n.  Aug. 
bürg,  hat  den  Kurfürsten  zur  Gevatterschaft  eingeladen.     Der  Kurfürst  war  er- 
freut und  hat  seine  baldige  Anwesenheit  in  Cleve  in  Aussicht  gestellt  und  den 
Wunsch    ausgesprochen    mit    dem     Pfälzer    in    guter    Freundschaft    zu    leben, 
wozu    beiderseits  Neigung  vorhanden    zu    sein    scheint  ■-).     Des  Münsterers  Vor- 


')     Honoratus  Courtin. 

-)  De  Lumbres,  Frankreichs  Gesandter  am  polnischen  Hofe,  damals  schon  auf 
der  Rückreise  von  Warschau  begriffen,  war  bereits  in  Hildesheim  angekommen. 
Vergl.  Urk.  u.  Act.  XL  583;  Köcher  1.  c.  L  421. 

3)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  625 ff. 

^)     Vermuthlich  identisch  mit  dem  bei  Puf.  X.  56  genannten  Veldburg. 

■')  Für  die  Verhandlungen  Brandenburgs  mit  Neuburg  in  diesen  Jahren  Urk.  u. 
Act.  XL  485 ff. 


222  IV.  Erste  Mission  des  Freiherrii  Joliann  von  Goess.     Jan.  IG6,5  — Mai  1668. 

gehen  in  seinem  Streite  mit  den  Holländern  gibt  dem  Kurfürsten  immer  wieder 
Anlass  zur  Klage.  Goess  gegenüber  bekräftigt  Feibrock  die  Neigung  seines 
Herrn  bezüglich  der  Jülich'schen  Streitigkeiten  zu  einem  Ende  mit  dem  Bran- 
denburger zu  kommen.  Die  Weifen  haben  sich,  wie  er  berichtet,  schon  fast 
gänzlich  geeinigt').  Der  Landgraf  Christian  von  Hessen  war  beim  Kurfürsten 
und  hat  ihm  mitgetheilt,  wie  hoch  der  Kaiser  ihn  (den  Kurfürsten)  schätze  und 
wie  gerne  er  bereit  ist,  ihm  in  der  jägerndorfischen  Angelegenheit  zu  Willen 
zu  sein. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  Aug.   1665.    (Or.) 

[Conflict  zu  Höxter.  Friedrieb  Wilhelms  Urtheil  über  die  Münsterer  Frage.  Reise 
nach    Cleve.     Urtheil    des   Goess    über  die    Pläne   des    Kurfürsten.     Stellung  zu    den 

Staaten.     Küstrin.] 

24.  Aug.  Der  Kurfürst  hat   am  18.  Blumenthal ^)   und   Brandt^)  zu  Goess  geschickt 

und  diese  brachten  vor,  dass  in  Höxter  die  Katholiken  den  Protestanten  eine 
Kirche  mit  Gewalt  weggenommen  hätten;  der  Kaiser  möge  solche  Gewaltthaten 
untersagen.  Goess  verspricht  die  Uehermittelung  an  den  Kaiser,  sucht  im  Uebri- 
gen  die  Sache  als  eine  unbedeutende  darzustellen;  umsomehr  da  er  erfahren,  der 
Kurfürst  nehme  die  Sache  sehr  ernst,  weil  er  beim  Bischöfe  von  Münster 
auch  im  Uebrigen  Pläne  gegen  die  Protestanten  voraussetze.  In  einer  Unter- 
redung mit  dem  Kurfürsten  zeigt  dieser  neuerdings  Furcht  vor  dem  Bischöfe 
von  Münster  und  dass  er  an  eine  gütliche  Beilegung  des  Zwistes  nicht  glaube**). 
Er  hat  auch  die  Reise  nach  Cleve  für  den  18.  October  festgesetzt  und  erklärt, 
als  Goess  ihn  auf  die  im  Osten  drohende  Gefahr  aufmerksam  macht,  die  Gefahr 
im  Westen  sei  grösser  und  näher.  Ich  spüre  auch,  das.s  des  Churfürsten 
Absehen  nit  allein  dahin  gehe,  dass  er  sich  in  Acht  nehme,  seiner 
eigenen  Securitet  vorsehe  und  de  damno  vitaudo  gedenke,  sonderen 
vielleicht  auch  wohl  de  lucro  captando  und  dass  er  sich  dieser  Con- 
iuncturn  zu  seinem  Vortheil  bedienen  wolle.  Die  Staaten -General 
forderen  eine  grosse  Summa  Gelds  an  ihm  wegen  der  also  genannten 
Hueifeissischen  ^)  Schuld,  haben  auch  seine  Festungen  in  dem  Land  zu 
Cleveu  in  Händen;  es  ist  nit  zu  zweifeln,  er  werde  sich  der  Gelegenheit 
bedienen. 

Ich    habe   Cüstrin    gesehen.     Die  Festung    ist  gut,    wohl    gehalten, 
wohl  versehen  und  von  treiflicher  Situation. 


')  Vergl.  Köcher  1.  c.  429  f. 

-)  Carl  Caspar  v.  Blumenlhal. 

^)  Christoph  von  Brandt. 

■*)  Vergl.  seine  Meinung  in  der  Conferenz  am  7./17.  Aug.  1665;  Urk.  u.  Act.  IX.  630. 

^)  Gemeint  ist   die   Hofyser'sche  Schuld.     Droysen  1.  c.  HI. 3  98 ff.;    Urk.  u.  Act. 

m.  141  ff. 


Pläne  des  Kurfürsten.     Polnische  Frage.     Rüstungen  des  Bischofes  von  Münster.      223 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  30.  Aug.  1665.  (Conc.) 

[Lubomirski.     Mittel  denselben  zu  unterstützen.] 

Lubomirski  hat  durch  Schreiben  und  Gesandte  den  Kaiser  um  Hilfe  ge- 
beten. Da  nun  der  Kaiser  die  Wahl  eines  Nachfolgers  zu  Lebzeiten  des  jetzigen 
polnischen  Königs  nicht  will,  die  Bemühungen  der  Gegenpartei  aber  nicht  auf- 
hören und  Lubomirski  vornehmlich  als  Verfechter  der  Idee  der  Nichtwahl  ver- 
folgt wird,  glaubt  der  Kaiser,  man  dürfe  wirklich  Lubomirski  nicht  hilflos  lassen. 
Da  nun  der  Kaiser  die  Hilfe  selbst  dem  Lubomirski  nicht  geben  könne,  soll 
Goess  den  Kurfürsten,  der  sich  ja  wiederholt  für  dieselbe  ausgesprochen,  zur 
Leistung  derselben  zu  bewegen  suchen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  Sept.  1665.    (Or.) 

[Verhandlungen  mit  Schwerin  wegen  Jägerndorf,  wegen  der   Rüstungen  des  Bischofes 

von  Münster,  der  Höxterer  Angelegenheit  und  der  Klagen  der  Bewohner  von  Tescheu 

bezüglich  Bedrückungen    durch   den  Kaiser  in   Religionsangelegenheiten.     Reise  nach 

Cleve.     Erklärungen  des  Goess  an  Anhalt  bezüglich  der  oberwähnten  Punkte.] 

Er  wird  sieb  nach  Carlsbad  zur  Cur  begeben.  Beim  Abschied  hat  ihn  2.  Sept. 
Schwerin  über  die  jägerndorfische  Sache  iuterpellirt  und  die  lange  Verzögerung 
beklagt.  Goess  vertröstet  ihn  und  stellt  die  baldige  Erledigung  in  Aussicht. 
Ferner  berichtet  Schwerin  wie  ungerne  der  Kurfürst  die  grossen  Rüstungen 
des  Bischofes  von  Münster  sehe,  und  dass  derselbe  nicht  ruhig  diesen  Werbungen 
werde  zusehen  können.  Der  Kurfürst  habe  ihn  (Schwerin)  beauftragt,  Goess 
zu  fragen,  wie  sich  der  Kaiser  zu  dieser  Sache  stelle.  Goess  entschuldigt  sich 
mit  mangelnder  Instruction,  fügt  aber  hinzu,  soviel  wisse  er  und  müsse  jeder 
sehen,  dass  der  Kaiser  alles  thue,  um  die  Sache  beizulegen,  die  übrigens  nicht 
die  Bedeutung  habe,  welche  ihr  vom  Kurfürsten  zugeschrieben  werde.  Auch 
die  Höxterer  Angelegenheit  bringt  Schwerin  wieder  vor  und  meldet,  dass  auch 
Schweden,  die  Braunschweiger  Fürsten  und  Hessen-Cassel  die  Sache  übel  auf- 
nehmen. Endlich  bringt  Schwerin  vor,  dass  die  Evangelischen  in  Teschen  den 
Kurfürsten  um  seine  Intervention  zu  Gunsten  der  Religionsausübung  beim  Kaiser 
angegangen,  worauf  Goess  kurz  antwortet,  der  Kaiser  gönne  seinen  Unterthanen, 
was  das  Instrumentum  pacis  mit  sich  bringe.  .  .  .  Der  Kurfürst  trifft  alle  Vor- 
bereitungen zur  Reise  nach  Cleve. 

P.  S.  Dem  Fürsten  von  Anhalt,  der  gleichfalls  mit  Goess  über  den  Bischof 
von  Münster  und  über  die  Frage  wegen  Höxter  gesprochen,  antwortet  er,  wie 
dem  Schwerin,  und  gibt  ihm  und  dem  Kurfürsten  die  Versicherung,  dass  E. 
K.  M.,  was  anbelangt  die  disegni  der  Katholischen  wider  die  Protesti- 
rende,  nicht  einmahl  dergleichen  in  Gedanken  kommen  und  dass  sie  vor 
diesem  höchlig  empfunden,  als  sie  vernommen,  dass  dergleichen  Ca- 
lumnien  von  einigen  übel  Intentionirten  spargiret  worden. 


224  JV.  Erste  Mission  des  Freilierrn  Joiiann  von  Goess.     Jan.  IG65  —  Mai  IfiGS. 

Der  Kaiser   im    Goess.     Dat.  Arastetten  13.  September  1665. 

(Copie.) 

[Voiliiufige  Entsclieidnug  in  der  Wiidfangstreitfrage.     Pläne  des  Schwedeniiünigs.] 

13.  Sept.  Meldet,    wie  durch  des  kaiscrliclien  Depntirten   Leopnid  Wilhelm  Graf  von 

Künigsegg')  und  des  Curt  Asche  v.  Mahrenholtz -)  Bemühung  der  Wildfangstreit 
zwischen  Pfalz  und  den  rheinischen  Fürsten  dahin  geordnet  worden  sei,  dass 
beschlossen  wurde,  die  Verhandlungen  zur  gütlichen  Beilegung  der  Angelegenheit 
in  Speier  am  8.  September  zu  beginnen  ^).  Goess  wird  überdies  aufgefordert 
vom  Kurfürsten  etwas  über  die  Intentionen  des  Schwedenkönigs  und  den  Grund 
von  dessen  Rüstungen  zu  erfahren^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Carlsbad  17.  Sept.  1665.    (Aut.) 

[Unterredung  mit  Schwerin  üljer  die  Erneuerung  der  Allianz  von  1658.  Geringe 
Neigung  des  Kurfürsten  dazu.     Aeusserungen  Schwerins  über  die  Macht  der  Jesuiten 

in  Wien.] 

17.  Sept.  Goess   versuchte  vor  seiner  Abreise  aus  Berlin,    bei  einer  Unterredung  mit 

Schwerin,  als  von  den  vom  Osten  her  drohenden  Gefahren  gesprochen  wurde, 
die  ^Nützlichkeit  der  Erneuerung  des  österreichisch-brandenburgischen  Bündnisses 
zu  betonen,  bemerkte  aber,  dass  die  Stimmung  dazu  wenig  günstig  war,  vornehmlich, 
wie  er  glaubt,  wegen  der  Münsterer  Angelegenheit.  Ich  habe  ihm  represen- 
tirt,  dass  wan  er  nur  unser  Interesse  considerirn  wolte,  so  würde  er 
dassselbe  also  gethan  befinden,  dass  dassselbe  gar  nit  leudte,  dass  E.  K. 
M.  bey  gegenwertigen  coniuncturn  sich  in  einen  weitausssehenden  Krieg 
einlassen,  oder  einflechten  solle.  Er  hat  geantwort,  er  hätte  freylich 
dieses  considerirt  und  dem  Churf.  ess  auch  also  vorgestelt.  Ess  mel- 
deten aber  andere  herentgegen,  man  wüste,  wie  vi!  die  P.  Jesuiter  bey 
deroselben  vermögten,  die  unterliess  nit  dieselbe  zu  animirn  und  zu 
stimulirn,  würffen  deroselben  auch  vor,  dass  alles  dass  unglückh,  so 
E.  K.  M.  widerfahre,  darumb  geschähe,  weiln  sie  sich  ihren  sinn  nach 
nit  eyfferig  genug  in  causa  Religionis  erzeigeten.  So  ich  zwar  an  mein 
orth  gnugsam  widerlegt,  doch  auch  darbey  verspüren  müssen,  dass  die 
Suspicio,    darvon   ich    E.  K.  M.   vor  diesen    gescbriben,    alls    wehre    da 


^)  Yergl.  das  Schreiben  Leopolds  an  den  Kurfürsten  d.  d.  23.  Juni  1665.  Urk. 
u.  Act.  XI.  601. 

-)  Ueber  dessen  Haltung  Urk.  u.  Act.  XI.  GOl  ff.:  die  vielen  Streitschriften  im 
Abdrucke  im  Diarium  Europ.  XII.  Appendix. 

3)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  606 f. 

*)  Sie  waren  gegen  Bremen  gerichtet;  vergl.  Urk.  u.  Act.  IX.  S04f. ;  Mem.  de 
Pomp.  II.  83 ff. 


Erneuerung  der  Allianz  von  1658.     Münster-stn,atischer  Conflict.     Jägerndorf.         225 

etxtass  grosses  vor  wider  die  protestirende  und  dass  mau  unserseits  ver- 
meint, dass  nun  die  coniuncturn  darzu  sehr  guett  und  tiefte  vvurtzl  muss 
geworff'en  haben. 

Ueber  Prag,  von  wo  er  dem  Kaiser  unter  dem  7.  October  berichtet,  dass 
er  von  dem  brand.  Ratb  Reinhardt  vernommen,  dass  Tattenbach  nach  Berlin  ge- 
schrieben und  gebeten  habe,  von  dem  Ankaufe  Regenstein's  absehen  zu  wollen, 
und  dass  Reinhardt  zugleich  den  Ankauf  einiger  Besitzungen  in  der  Grafschaft 
Mannsfeld  vorgeschlagen,  reist  Goess  nach  Leipzig,  von  wo  er  das  folgende 
Schreiben  an  den  Kaiser  sendet. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Leipzig-  24.  October  1665.  (Aut.) 

[Erklärungen  Reiffenbergs   über  die  Erfurter  imd  Wildfangstreitfrage.     Seine  Meinung 
über  die  vom  Kaiser  in  dem  llünster-staatischen  Conflicte  zu  beobachtende  Haltung.] 

Reiffenberg  theilt  bezüglich  der  Erfurter  Angelegenheit  mit,  dass  man  94.  Oct. 
Mainzischerseits  mehr  daran  denke,  zu  tractiren,  als  zu  schliessen.  Von  den 
Handien  am  Rhein  meldt  der  v.  Reift'enberg,  dass  sie  werden  müssen 
mit  dem  degen  aussgefiihrt  werden;  Churpfalz  werde  sonsten  sich  nie  zur 
billigkheit  bequemen.  Er  vermeint,  E.  K.  M.  solten  sich  vor  Münster 
declariren,  dass  Reich,  so  von  den  Holländern  underschidtlich  ledirt  und 
despectirt,  auf  sich  ziehen  und  wider  die  Staaden  General  loss  gehen.  Alls 
ich  ihme  die  weitleuff"tigkheit  und  motus  die  darauss  entstehen  möchten 
vorgehalten,  hatt  er  dieselbe  vil  weniger  alls  ich  gezeigt  zu  apprehen- 
diren,  auch  vil  bessere  opinion  von  den  franzosen  alls  ich  zu  haben. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Innsbruck  21.  October  1665. 

(Conc.) 

[Ausgleichung  der  Jägerndorfer  Streitfrage.     Erneuerung   der  Allianz  von  1658.     Ge- 
fährliches Benehmen  Frankreichs.     Vorgänge  in  Polen.     Kleihe's  Vorträge  in  Berlin.] 

Der  Kaiser  bedauert,  dass  Tattenbach  vom  Verkaufe  seiner  Besitzung  21.  Oct. 
Regenstein  nichts  wissen  will;  er  ist  bereit  auch  bezüglich  solcher  in  Maunsfeld 
in  Unterhandlungen  zu  treten,  Goess  möge  sich  darüber  näher  informiren.  Zu- 
gleich erhält  Goess  Auftrag  immer  wieder  die  Erneuerung  der  Allianz  von 
1658  vorzuschlagen,  dem  Kurfürsten  des  breiteren  auseinanderzusetzen,  wie 
wenig  der  Kaiser  oder  Spanien  zu  einem  Kampfe  gegen  die  Protestirenden  ge- 
neigt seien  und  wie  gefährlich  dagegen  das  Benehmen  des  Königs  von  Frank- 
reich sei.  Schliesslich  böten  auch  die  aus  Polen  einlangenden  Nachrichten 
hinreichenden  Grund  sich  zu  einigen,  um  allen  drohenden  Gefahren  vorzu- 
beugen. 

Mater,  z.  Gesch.  cl.  G.  Kurfürsten.     XIV.  lO 


226      IV.     Erste  Mission   des  Freilicrrn  Johann  von  Goess.    Jan.  1665 — Mai  1668. 

Unter  dem  3.  Nov.  d.  d.  Salzburg  theilt  dann  der  Kaiser  dem  Goess  mit,  dass 
der  Kurfürst  ihm  durch  ein  Sclireiben  vom  7.  Oct.  st.  v.  über  des  schwedischen 
Gesandten  Kleihe ')  in  Berlin  gehaltenen  Vortrag  Mittheilung  gemacht^),  nicht 
aber  angezeigt  habe,  was  seine  —  des  Kurfürsten  —  Ansicht  in  dieser  Angelegen- 
heit sei.  Goess  möge  den  Kurfürsten  nun  bitten,  seine  Meinung  darüber  kund 
zu  thun. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Strasswalchen  im  Stifte  Salzburg 
5.  November  1665.     (Conc.) 

[Der  Kaiser  hat  die  Mediation  im  Conflicte  Münsters  mit  den  Staaten  angenommen. 
Bitte  um  gleiches  Vorgehen  Brandenburgs.     Eventuelle  Reise  des  Goess  zum  Bischöfe 

von  Münster.] 

2.  Nov.  Goess  soll  dem  Kurfürsten  Mittheilung   machen,    dass  Georg  Christian  von 

Hessen  im  Namen  des  Bischofes  zu  Münster  den  Kaiser  um  Unterstützung  an- 
gegangen, und  dieser,  um  die  Sache  gütlich  beizulegen,  seine  Mediation  ver- 
sprochen und  Friquet  den  Auftrag  ertheilt  habe  im  Haag  davon  Mittheilung  zu 
machen  und  für  die  Beförderung  der  Angelegenheit  zu  wirken').  Der  Kaiser 
hofft  nun  Brandenburg  werde  gleichfalls  bei  den  Staaten  für  die  gütliche  Bei- 
legung wirken  und  durch  seinen  Vertreter  im  Haag*)  den  kaiserlichen  Gesandten 
Friquet  unterstützen  und  andere  Fürsten,  insbesondere  die  Braunschweiger,  zu 
ähnlichem  Vorgehen  bewegen;  dagegen  habe  sich  Goess,  wenn  der  Kurfürst  es 
wünsche,  zum  Bischöfe  von  Münster  zu  begeben  „und  dieselbe  nicht  allein  zu 
Annehmung  meiner  Mediation,  sondern  benebens  auch  nachdrücklich  anzu- 
mahnen, damit  dieselbe  nicht  ins  stecken  gerathe,  dass  sie  sich  aller  Thätlich- 
keit  enthalten  wolle''. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Eiins   9.  Nov.  1665.     (Conc.) 

[Der  Goess  Mission  beim  Bischöfe  von  Münster.] 
9.  Nov.  Da  aus  des  Gesandten  Schreiben  zu  ersehen,    dass  auch  der  Kurfürst  von 

Brandenburg  sehr  gerne  eine  gütliche  Beilegung  des  Gonflictes  zwischen  Münster 

0     Dietrich  Schweder  Kleihe. 

^)  Kleihe  suchte  in  Berlin  die  bevorstehende  Ankunft  der  schwedischen  Truppen 
auf  dem  Reichsboden  dahin  zu  rechtfertigen,  dass  dieselben  nichts  gegen  Oesterreich  oder 
Brandenburg  vorhätten,  sondern  nur  zur  Sicherung  der  schwedischen  Festungen  und 
Länder  bestimmt  seien.     Yergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  620;  IX.  806  ff. 

3)  Friquet  übergab  die  Proposition  am  25.  Nov.;  die  Staaten  erwiderten  am 
27.  mit  dem  Begehren,  der  Bischof  solle  vorerst  alle  occupirten  Plätze  räumen, 
dann  werde  mau  verhandeln;  doch  einigten  sie  sich  in  Conferenzen  mit  Friquet  da- 
hin, 5  Forderungen  an  Christoph  von  Galen  als  Grundlage  der  Friedensverhandlungen 
zu  stellen.     Aitzema  I.e.  V.  662.     Mem.   d'Estrades  III.  561  ff.     Urk.  u.  Act.  III.  169. 

*)  Matthias  Romswinckel;  Johann  Copes  ist  Resident  des  Kurfürsten  zu  gleicher 
Zeit.     Vergl.  für  diese  Verhandlungen  im  Haag  Urk.  u.  Act.  III.  156 ff.;  XI.  655ff. 


Mediatioa  des  Kaisers  in  dem  staatisch-inünsterischeu  Coullicte.  227 

und  den  Staaten  sehen  würde,  soll  Goess  sich  zum  Bischöfe  begeben  und  ihn 
bewegen  die  Waffen,  wenn  die  Gegner  ein  gleiches  thun,  niederzulegen;  der 
Winter  sei  vor  der  ThÜT,  dem  Bischöfe  würde  beschwerlich  fallen  die  Last  der 
Winterquartiere  im  eigenen  Lande  allein  zu  tragen  und  sie  den  benachbarten 
Fürsten  aufzuladen  nicht  gut  durchführbar.  Goess  möge  dem  Bischöfe  ferner 
vorhalten,  in  welche  Lage  er  gerathen  werde,  wenn  Frankreich  und  die  Staaten, 
wie  nicht  anders  zu  erwarten,  die  Sache  ernstlich  in  die  Hand  nehmen  sollten; 
ganz  abgesehen  davon,  dass  der  Kaiser,  wenn  ihm  von  Münster  die  Mediation  über- 
tragen werde,  ganz  anders  für  dasselbe  eintreten  könne,  als  sonst.  Nach  vollen- 
deter Mission  am  Hofe  des  Bischofes  zu  Münster  soll  Goess  sich  wieder  zum 
Kurfürsten  von  Brandenburg  begeben. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  18.  November  1665.  (Or.) 

[Besprechungen  mit  den  Braunschweiger  Fürsten.  Nachricht  von  einem  Siege  der 
ilünsterer  Truppen  über  die  der  Staaten.  Haltung  Brandenburgs  in  dieser  Frage. 
Verhandlungen  Taaffe's  mit  dem  Kurfürsten.  Rüstungen  des  Letzteren.  P.  S.  Mlt- 
theiluugen  des  Moritz  von  Nassau  über  Verhältnisse  in  der  Armee  des  Münsterers. 
Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über  die  zur  Wahrung  des  Reichsfriedens 

nothwendigen  Massregeln.] 

Auf   der  Reise   nimmt   er    die   Gelegenheit  wahr,    die  braunschweigischen  18.  Nov. 
Fürsten  zur  Ruhe  zu  ermahnen.     Nachrichten   sind  eingelangt,   nach  denen  des 
Bischofs  von  Münster  Truppen  die  Soldaten  der  Staaten  zurückgeworfen  haben  ^). 

Der  Kurfürst  von  Brandenburg  beharrt  noch  immer  dabei,  dass  er  gerne 
ein  Accommodement  vermitteln  möchte.  Der  Herr  Bischof  von  Münster  hat 
den  zu  ihm  geschickten  von  Schöneckh^)  mit  dieser  Resolution  zurück- 
geschickt, dass  er  des  Churfürsten  Interposition  gern  leiden  werd,  doch 
sich  darbei  erklärt,  sich  in  den  Tractaten  von  Engelland  nit  zu  separirn, 
welches  das  Werk  schwer  scheint  zu  machen  ^).  Ich  habe  diese  Zeit 
hero  auf  der  Reis  meine  Discurs  dahin  gericht,  dass  I.  Ch.  D.  nihil 
gloriosius  nee  utilius  vornehmen  könnten,  als  wann  sie  die  partes  eines 
mediatoris  hierin  vertreten  thäten  und  dass  ich  festiglich  glaubete,  dass 
E.  K.  M.  ihres  Orts  hierzu  treulig  cooperirn  würden. 

Graf  Taaffe*)  hat  Auftrag  von  seinem  Herrn  dem  Kurfürsten  eine  Allianz 
anzutragen  und  wenn  diese   nicht  zu   erreichen,    w'enigstens  dessen  Neutralität 


1)     Vergl.  Droysen  I.  c.  III.  3  116  f. 

^)  Gemeint  ist  Hans  Adam  von  Schöuing;  vergl.  für  dessen  Mission  Urk.  und 
Act.  XL  652  ff. 

3)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  659. 

*)  Ueber  die  Mission  dieses  Grafen  Taaffe  von  Carlingford,  sowie  die. des  Sir 
Walter  Vane  in  dieser  Zeit;  vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  654ff. ,  675 ff. ;  Köcher  1.  c.  I.  444; 
Puf.  1.  c.  X.  15. 

15* 


228      IV.  Erste  Slission  des  Freiherin  Johann  von  Goess.     Jan.  166.5 — Mai  16G8. 

zu  erwirken;  mit  Erklärung,  dass  des  Churfiirsten  Mediation  dem  König 
in  Engelland  würde  lieb  und  angenehm  sein.  Der  Churfiirst  hat  .sich 
gegen  ihm  erklärt,  dass  er  dem  König  noch  seinen  Confoederirten  nicht 
begehrte  zuwider  zu  thueu,  im  Uebrigen  sich  gern  bearbeiten  werde  ein 
gutes  Accommodament  der  schwebenden  Differenzien  zu  vermittelen.  .  . . 
Man  vermut  dahier,  dass  die  Engelländer  ebensowohl  als  die  Holländer 
des  Friedens  hoch  von  nöten  haben  und  denselben  verlangen.  . .  .  Dieser 
Churfiirst  fährt  auch  fort  mit  seinen  Werbungen  und  gedenkt  gar  nicht 
sich  inermem  finden  zu  lassen  bei  diesen  so  grossen  motibus,  so  sich 
aller  Orten  herfür  thuen. 

P.  S.  Aut,  Fürst  Moriz  von  Nassau  schreibt  an  den  Churfürsten, 
dass  er  vernehme,  dass  Hertzog  Wilhelm  zu  ßraunschweig  solle  general 
über  die  gantze  holländische  Armada  werden,  welches  er  sicherlich  ver- 
lange zu  wissen,  damit  er  seine  mesures  darnach  nehmen  khönne;  so 
dahin  scheint  zu  gehen,  dass  er  in  illum  casum  resignirn  wolle.  Er 
schreibt  auch,  dass  dess  bischoffs  v.  Münster  völckher  sehr  an  Hunger 
und  pest  leiden,  dass  auch  Fendrich  und  Leutenants  zu  den  Hollandern 
hinüberlauffen ').  Ich  bin  unterschidtliche  mahl  mit  dem  Churfürsten  in 
discours  gerathen,  wie  der  Sachen  zu  thun  sein  möchte,  damit  fridt  und 
ruhe  im  Rom.  Reich  erhalten  und  bey  disen  motibus  dem  Reich  nichts 
entzogen  werde.  Darzu  gehörete  eine  Zusamensetzung  der  guten  Pa- 
trioten die  ihr  Vatterlandt  denen  frembden  nit  wollen  sehen  zum  raub 
werden.  Ich  finde  diesen  Churfürsten  wohl  darzu  inclinirt  und  möchte 
wohl  und  guet  sein,  dass  mit  nachdruckh  darvon  gehandelt  würd. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  24.  November  1665.   (Or.) 

[Lubomirski.  Nachrichten  über  seine  Erfolge  und  Haltung.  Fruchtlose  Versuche  einer 
Erneuerung  der  'Allianz  von  1658.  Furcht  der  Protestanten  vor  katholischen  Be- 
wegungen. Verschiebung  der  Reise  nach  Cleve.  Unterredung  mit  dem  Kurfürsten 
bezüglich  seiner  Stellung  in  der  Münsterer  Frage.  Bemühungen  des  Goess  ihn  vom  Ab- 
schlüsse mit  den  Staaten  abzuhalten.] 

24.  Nov.  Den  Befehl   des  Kaisers   bezüglich  Unterstützung   Lubomirski's   durch    den 

Kurfürsten  hat  er  noch  nicht  ausgeführt,  da  im  Laufe  der  Zeit  von  Polen  die 
Nachricht  von  Kämpfen  des  Königs  mit  Lubomirski  und  von  des  letzteren  vollstän- 
digen Sieg  eingetroffen.  —  Von  Niemeritz  sind  auch  Mittheilungen  vorhanden, 
welche  der  Meinung  Ausdruck  geben,  j:  Lubomirski  habe  sich  seiner  Fortun 
und  der  Occasionen  nicht  gnugsam  zu  gebrauchen  gewusst  und  habe  ihm 


0     Vergl.  Köcher  1.  c.  L  450 ff. 


Münsterer  Frage      Erneuerung  der  Allianz  von   1658.  229 

an  guter  Resolution  gefehlt ;!.  Die  Erneuerung  der  Allianz  von  1658  anzu- 
tragen unterlässt  Goess  nicht;  bisher  aber  ohne  Erfolg.  Die  Besorgnisse  des 
Kurfürsten  betreffs  einer  allgemeinen  Einigung  der  Katholiken  gegen  die  Pro- 
testanten lassen  nach.  Diese  Angst  hat  die  Generalstaaten  vermocht  die  Jesuiten 
aus  Emmerich  zu  vertreiben^);  Goess  hat  sich  derselben  angenommen  und  auch 
des  Kurfürsten  Intervention  zu  Gunsten  derselben  erwirkt. 

Die  Reise  zum  Bischöfe  von  Münster  glaubt  Goess  noch  etwas  verschieben 
zu  müssen,  da  man  sich  sehr  bemühe,  den  Kurfürsten  zu  einem  Bündnisse  mit 
den  Staaten  gegen  Münster  zu  gewinnen  ■),  was  Goess  durch  verschiedene  Unter- 
liandlungen  zu  hintertreiben  sucht.  Auch  hat  der  Kurfürst  anfangs  auf  die  Er- 
klärung des  Goess,  der  Kaiser  wolle  die  Mediation  in  die  Hand  nehmen  und 
bitte  den  Kurfürsten  seinem  Vertreter  im  Haag  zur  Unterstützung  Friquets  die 
nöthigen  Weisungen  zukommen  zu  lassen,  seine  Bereitwilligkeit  dazu  erklärt, 
später  aber  diese  Resolution  nicht  zur  Ausführung  gebracht  mit  dem  Vor- 
wand, dass  I.  Ch.  D.  besorgeten,  es  möchte  E''.  K.  M.  Mediation  nit  an- 
genommen werden,  welches  dann  sehi-  disreputirlich  sein  würde;  darwider 
ich  replicirt,  dass  res  nit  mehr  integra,  ich  hätte  E"".  K.  M.  des  Chur- 
fürsten  willfährige  Erklärung  allbereit  überschrieben,  so  wäre  man  auch 
nit  mehr  in  questione  au,  dann  E.  K.  M.  hätten  dero  Interposition  schon 
wirklich  angetragen;  3°.  hätte  ich  gewissen  Nachricht,  dass  die  Staaten 
General  geneigt  sein,  unter  E"".  K.  M.  Mediation  zu  tractiren;  4°.  was 
E.  K.  M.  daran  verlieren  würden,  wann  dero  friedliebende  Intention  der 
ganzen  Welt  kund  gemacht  und  dieselbe  nit  angenommen  würde?,  und 
was  dergleichen  rationes  mehr  seiu,  in  specie,  dass  Frankreich  durch  die 
Parteilichkeit  nunmehr  der  Mediation  unfähig  ist.  Diese  Difficultet, 
meines  Erachtens,  ist  von  denen  gemacht  worden,  die  vorgesehen  haben, 
dass  bei  angenommener  Mediation  der  Churfürst  ebensowohl  als  E.  K.  M. 
dieselbe  vorschützen  möchte,  warum  er  sich  zu  keiner  Partei  declariren 
könnte.  Die  Sach  steht  noch  in  diesen  terminis,  mich  hat  doch  gestern 
gedünkt,  dass  mein  angewendter  Fleiss  etwas  profitirt,  und  habe  ich 
den  Fürsten  von  Anhalt  und  den  Baron  von  Schwerin  wohl  disponirt  ge- 
funden, dahin  zu  cooperiren,  damit  E"".  K.  M.  gnädigste  Intention  secun- 
dirt  werde,  massen  sie  sich  sonsten  in  allem  also  bezeigen,  dass  sie  sich 
gewiss  E^  K.  M.  kais.  Gnaden  wohl  würdig  machen. 

Ich  vermerke,  dass  die  Widerwärtige  sich  unter  andern  dieses 
Arguments  gebrauchen,  dass  der  Churfürst  nothwendig  armiren  müsse, 
wie  er  dann  wirklich  in  Werbungen  begriffen,  dass  aber  die  darzu  erfor- 
derte Geldmitteln  aufzubringen  schwer  falle,   warum  dann   der  Churfürst 


^)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  121. 

2)     Ueber  diese  Verhandlungen  vergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  625 ff.,  III.  151  ff. 


230     IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jau.  1G65 — Mai  1668. 

diejenige,  die  ihm  angetragen  werden,  nit  annehmen  und  sich  alienis 
expensi.s  in  guter  Postur  setzen  solle?  Dieses  und  dass  ich  vernommen, 
dass  man  die  Verzögerung  wegen  der  Satisfaction  für  Jägerndorf  anziehe 
des  Churfürsten  Gemüth  zu  exasperiren,  hat  mich  bewegt,  dass  ich  aufs 
neue  kräftig  versprochen,  nit  allein  daran  zu  sein,  dass  die  jägerndorfische 
Satisfaction,  an  derer  Verzögerung  sie  selbsten  wissen  dass  wir  keine 
Schuld  haben,  ehisten  wirklich  erfolge,  sondern  dass  ich  auch  Fleiss 
anwenden  werde,  damit  an  den  100  000  Thaler  jährlich,  welche  der 
König  aus  Hispanien  versprochen,  etwas  abgeführt  werde,  und  würde 
gewiss  beiderseits  sogar  wohl  und  recht  daran  geschehen,  dass,  wann 
man  auch  nichts  schuldig,  weder  ichtwas  versprochen,  dannoch  ein  gut 
Stück  Geld  nit  ansehen  solle,  damit  bei  gegenwärtigen  hoch  importiren- 
den  Coniuncturen,  ubi  de  retinenda  pace  in  imperio  aut  diuturno  et 
difficillimo  bello  agitur,  was  erspriesslich  befürdert  und  was  schädlich 
abgeweut  werde.  Dann  es  ist  da  nit  allein  darum  zu  thun,  :  dass  man 
den  Churfürsten  abhalte,  dass  er  sich  mit  Annehmung  der  Holländer 
Partei  in  diesem  Krieg  nicht  einmische;  sondern  bei  mir  ist  klar  und 
lasst  sich  auch  aus  des  französischen  Abgesandten  Strade ')  Thun  und 
Schreiben  an  diesem  Churfürsten  vermerken,  ist  auch  ohne  das  verisimile, 
dass  sie  diese  des  Churfürsten  Allianz  mit  den  Staaten  :|  soviel  emsiger 
verlangen  und  urgiren,  damit  sie  denselben  tauquam  per  gradus  con- 
sequenter  an  sich  ziehen  können,  zu  geschweigen,  dass  Schweden^),  das 
Haus  Braunschweig  ^)  und  die  ganze  nieder-  und  obersächsische  Kreis, 
grosse  Reflexion  auf  den  Churfürsten  zu  Brandenburg  machen  und  in 
vielen  ihre  resolutiones  nach  die  seinigen  richten  werden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  27.  November  1665.  (Or.) 

[Nachrichten    über    die  Wildfangstreitigkeit.      Kleihe's    Vorschlag    die     Ueberführung 

schwedischer  Truppen  auf  den  Reichsboden  betreffend.    Haltung  Friedrich  Wilhelms  in 

dem  Conflicte  der  Staaten  mit  Münster.     Des  Goess  Urtheil  und  Rath  in  dieser  Sache. 

Goess  reist  nach  Utrecht.     Zusammenkunft  mit  dem  Bischöfe  von  Münster.] 

27.  Nov.  Mainz  und  Consorten  einer-  und  Pfalz  andererseits  sollen  hier  eingelangten 
Nachrichten  zu  Folge  sich  verglichen  haben,  6  Monate  nichts  gegen  einander 
vorzunehmen  und  die  Verhandlungen  ungesäumt  zu  beginnen. 


')     D'Estrades.     üeber    sein  Verhalten    in    dieser    Zeit    Memoires   d'Estrades  III. 
565ff.;  Urk.  u.  Act.  II.  315ff.,  XI.  682ff.;  Droysen  1.  c.  III.3   119ff. 

^)    Ueber  Schwedens  Haltung  in  dieser  Zeit  Pomponne  1.  c.  IL  65  ff. 
3)     Vergl.  Köcher  1.  c.  -l^ef. 


Allianz  Brandeubiiigs  mit  den  Staaten.     Staatisoh-münsterischer  Conflict.       231 

Bezüglich  des  von  Kleilie  dem  Kurfürsten  betreffs  der  Ueberfülirung 
schwedischer  Truppen  auf  den  Reichsboden  gemachten  Vorschlages  hat  der 
Kurfürst  den  Goess  an  Schwerin  gewiesen,  der  aber  nur  gesagt,  dass  die  kur- 
fürstlichen Minister  in  terminis  generalibus  verblieben  seien. 

Der  Churfiirst  hat  nach  dem  Haag  geschrieben,  dass  die  seinige 
dero  Mediation  den  Staaten  Generain  antragen  und  des  Friquet  Negocia- 
tion  secundiren  sollen ').  j :  Bei  allem  dem  besorge  ich  gleichwohl,  wann 
gedachte  Staaten  die  conditiones  darnach  machen  thäten,  er  die  Trac- 
taten  mit  denselben  nit  ausschlagen  würde.  Und  kommt  mir  fast  für, 
dass  er  trachte  sie  in  die  Sorg  und  Forcht  zu  setzen,  dass  er  nit  eine 
contraire  Partei  annehme,  obwohl  sie  ihn  mit  den  inhabenden  Festungen 
in  denen  clevischen  Landen  so  subject  halten,  dass  er  gross  Bedenken 
muss  haben,  sich  wider  sie  einzulassen.:  In  alle  Weg  finde  ich  sehr 
nothwendig  zu  sein,  dass  E.  K.  M.  auf  alle  Weise  I:  suchen,  ihn  an  sich 
zu  halten,  damit  er  sich  nicht  parteiisch  mache,  sondern  bei  deroselben 
fest  halte  :|  und  dero  friedsame  intentiones  secundiren  helfe.  Goess  reist 
nach  Utrecht  um  sich  mit  Friquet  zu  unterreden,  hat  auch  den  Bischof  von 
Münster  um  Angabe  des  Ortes  und  der  Zeit  der  Zusammenkunft  gebeten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  4.  December  1665.    (Or.) 

[Des  Goess  Urtheil  über  der  Staaten  Vorgehen.  Du  Moulin's  Mission.  Klagen  der 
Bevölkerung  über  die  Plünderungen  der  Franzosen.  Brandenburg-staatische  Verhand- 
lungen.    Verabredungen    mit   Friquet.     Rücksichtnahme   der    Braunschweiger  auf  den 

Brandenburger.] 

Goess  ist  aus  Utrecht,  wo  er  mit  Friquet  gesprochen  hat,  zurückgekehrt.  4.  Dec. 
Friquet  wird  über  die  dortigen  Zustände  berichtet  haben.  Dass  der  Pensio- 
narius  de  Witt  widerraten  E"".  K.  M.  Mediation  denen  Staaten  Generalen 
zu  offeriren,  ist  die  Ursach  die  er  allegirt,  dass  man  dieselbe  tanquam 
Caesaris  in  causa  principis  imperii  et  quidem  ecclesiastici  für  suspect 
halten  möchte,  nur  ein  Praetext,  dann  in  effectu  haben  sie  kein  Bedenken 
sich  der  officiorum  dero  mediatiouis  zu  bedienen,  sondern  ich  halte, 
dass  sie  besorgen,  sie  möchten  Frankreich  hierdurch  disgustiren  und 
insuspettiren.  E"".  K.  M.  bleibt  nun  anheim  gestellt  zu  disjudiciren 
ob  sie,  wie  es  dem  decoro  caesareae  dignitatis  gemäss,  die  formale 
Mediation  acceptirter  haben  wollen,  oder  wohl  das  Werk  wie  es  an- 
gefangen, eine  Zeit,  bis  man  sehe,  wie  sichs  anlassen  werd,  fort- 
gehen lassen  wollen.  Ein  artigs  Begehren  ists  von  diesen  Leuten,  dass, 
da  sie  Bedenken  zeigen  E"".  K.  M.  Mediation  anzunehmen,    danuoch  die 


>)     Yergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  667 f. 


232      IV.    Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1668. 

Guaraiitie  von  deroselben  fordern  derfen;  nit  weniger  scheint  fremd,  dass 
nachdem  sie  tanta  mole  allenthalben  Secours  wider  den  Herrn  Bischof 
suchen,  ihn  nit  würdigen,  mit  ihme  zu  tractiren.  Die  Staaten  wünschen  im 
Uebrigen  ernstlich  den  Frieden.  Ein  französischer  Gesandte,  du  Moulin,  ist  an- 
gekommen ').  Ich  vernimm,  dass  seine  Negociation  dahin  gehe  diesen  Chur- 
fürsten  zu  der  holländischen  Partei  wider  Münster  zu  disponiren,  |:  besorge 
wohl,  dass  die  persuasiones  nit  in  blossen  Worten  bestehen,  sondern 
stärkere  arietes  und  machinae  hierbei  werden  gebraucht  werden  :|.  Es 
steht  nun  dahin,  ob  Frankreich  mit  England,  oder  England  mit  Frank- 
reich, sonderlich  bei  dem  Affront  und  Schaden  so  zweien  englischen 
Schiffen  durch  ein  französisch  neulich  geschehen,  brechen  werden.  So 
viel  ist's,  dass  hierdurch  die  Tractaten  auf  der  Staaten  General  Seiten 
schwerer  gemacht  würden,  weiln  sie  in  tali  casu  ohne  Frankreich  nit 
wohl  tractiren  könnten.  Sie  würden  auch  lieber  sehen,  dass  der  Bruch 
von  englischer  Seite  geschehe,  damit  Frankreich  ihnen  nicht  für  einer 
Obligation  imputire,  dass  selbiger  König  ihrentwegen  mit  England  ge- 
brochen. Grosse  Klag  habe  ich  überall  auf  dem  Weg  gehört  über  der 
Franzosen  ihrer  Disordre;  die  arme  Leut  meldeten,  die  bischöfliche  als 
Feind  hättens  nit  ärger  machen  können;  doch  rühmete  man,  dass  die 
Generales  und  Leut  von  Condition  ein  Misfallen  hierüber  gezeigt  und 
mit  aller  Bescheidenheit  procedirte.  Ich  bin  durch  die  Quartier  der 
französischen  Infanterie  durchgereist;  es  ist  fast  nirgends  kein  Baur  zu 
Haus  blieben,  sondern  seind  alle  entwichen,  allein  zu  Dorwerth  habe 
ich  ein  paar  Weiber  gesehen,  die  aber  die  salva  guardia  in  ihrem  Ge- 
sicht   und   Jahren    führten.      Die    Völker    lagen   guten  Theils    unter   den 

freien  Himmel  und  klagten  eben  so  stark  als  die  Inwohner 

Ihre  Handlung  mit  diesem  Churfürsten  betreffend,  ist  man  so  viel 
ich  vermerke  bei  den  Staaten  General  nit  eins  Sinns,  viel  und  sonder- 
lich diejenige  so  dem  Haus  Oranien  zugethan,  verlangen,  ob  zwar  meines 
Erachtens  auf  irrigen  principio,  dass  dem  Churfürsten  die  begehrte  Satis- 
faction  gegeben,  derselbe  hierdurch  auf  der  Staaten  Party  gebracht  und 
man  ihme  um  deren  Wohlstand  Obligation  habe,  quod  olim  in  favorem 
domus  Auriacae  et  amicorum  compeusaturus  sit;  die  andere  der  con- 
traire  Party  seind  dieser  Meinung  nit;  sondern  dass  sie  nach  nun  er- 
haltenen französischen  Secours  und  geschlossenen  Tractaten  mit  denen 
lüneburgischen  Fürsten   des  Churfürsten  nit   so    hoch   von  IS^öten    haben. 


1)     lieber  die  Sendung  du  Moulin's  vergl.  Uik.  u.  Act.  II.  309 ff.;  XI.  671  f.;  Mem. 
d'Estrades  III.  589  ff.,  IT.  17  f. 


Du  Moulin's  Mission.     Biandeuburg-stafitische  Verhandluugen.  233 

dass  sie  sich  grosse  Ungelegenheiten  hierum  zu  machen;  ja  sie  imputiren 
der  andern  Party,  dass  sie  den  Frieden  fast  suchen  zu  remoriren '), 
damit  obgedachte  ihre  Intention  vorhero  möge  erhalten  werden.  Es 
könnte  auch  sein,  dass  |:dem  Churfiirsten  der  französische  Secours  und 
die  Tractaten  mit  denen  Herzogen  von  Lüneburg  ex  hoc  capite  zuwider, 
weilen  bei  denen  Staaten  General  die  Necessität,  welche  sie  etwa  bewegt 
hätte,  ihme  die  verlangte  satisfactiones  zu  geben,  würde  geringer  werden. 
Wie  ich  dann  festiglich  glaube,  dass  allemahlen,  wann  er  dieselbe  wird 
erhalten  können,  er  diese  Occasion  ein  oder  andern  posto  von  der  Hol- 
länder Guarnison  zu  evacuiren  und  in  seine  Macht  zu  bringen,  sich  auch 
auf  andere  ihre  Unkosten  in  armis  zu  setzen,  nit  verabsäumen  werde. 
Mit  dem  Friquet  habe  ich  abgeredt  und  E^  K.  M.  Dienst  zu  sein  be- 
funden, dass  er  wie  vorhin  also  noch  ferner  P.  Ch.  D.  Interesse  und 
Angelegenheiten  nach  Vermögen  befürdern  helfe  und  mit  dero  Ministren 
in  guten  Vertrauen  und  Verständnus  leben,  dextre  uns  dahin  bearbeiten, 
dass  der  Churfürst  viel  mehr  den  Frieden  befürdern  helfe,  als  durch  Anneh- 
mung einer  Partei  den  Krieg  schwerer  und  weitleufiger  mache.  :|  Ich  höre, 
dass  die  Lünenburgische  gross  Absehen  auf  dem  Churfürsten  machen^), 
und  in  ihrem  Werk  fast  haesitiren  solang  der  Churfürst  nit  mit  ein- 
stimme, dessen  ihr  Deputirter  in  dem  Haag^)  sich  Ziemlichermassen 
hätte  vermerken  lassen.  Diesem  Churfürst  haben  sie  geantwort,  negando 
was  der  Graf  Taaffe  referirt,  als  sollen  sie  gegen  ihm  gemelt  haben,  dass 
8.  Ch.  D.  mit  ihnen  eins  wäre  betreffend  ihre  Tractaten  mit  den  Staaten 
General*).  Ich  hielte  meines  Orts  für  gut,  dass  man  von  |:  E"".  K.  M.  und 
andern  Churfürsten  und  Fürsten  Seiten  sich  gegen  alle  also  bezeige,  dass 
man  keineswegs  zusehen  will,  dass  dem  Reich  sub  quocunque  praetextu 
etwas  entzogen  werde  und  dass  wann  etwas  dergleichen  intentirt  vvollte 
werden,  das  Reich  sich  zusammenthuen  und  der  Sachen  Rat  schaffen 
würde  :|.  Plettenberg  hat  dem  Goess  geschrieben,  dass  er  von  Sachsen  zu  den 
braimschweigischen  Fürsten  zu  reisen  denkt.     Goess  wird  ihn  instruiren. 


')     A  =  rencoriren. 

-)     Ueber    die    brandeuburg-braunsciiweigischen    Beziehungen     in    dieser    Zeit; 
Köcher  1.  c.  I.  445 f. 

'0     Lor.  Müller;  vergl.  Köcher  1.  c.  447. 
*)     Köcher  1.  c.  444. 


234      IV.    Erste  Mission  des  Fieihcrni  Joliann  von  Goess.     Jan.  166ö  —  Mai  1668. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  8.  December  1665.    (Or.) 

[Brandenburg-münsterische    Differenzen.      Zustand    der    Armeen    des    Bischofes    von 
Münster  und  der  Staaten.     Du  Moulin's  Aufenthalt  am  Berliner  Hofe.] 

8.  Dec.  Auf  die  Beschwerde   des  Kurfürsten   von  Brandenburg   wegen  Baues  einer 

Sclianze  bei  Hamm  seitens  des  Biscliofes  von  Münster  hat  dieser  erwidern  lassen, 
er  wolle  mit  der  Errichtung  der  Schanze  innehalten,  wenn  er  nnr  versichert 
werde ,  dass  er  vom  Kurfürsten  nichts  feindliches  zu  erwarten  habe ').  Dem 
Goess  hat  der  Bischof  für  den  10.  ein  Rendezvous  in  Coesfeld  gegeben.  Des 
Bischofes  Infanterie  soll  in  sehr  schlechtem  Zustande  sich  befinden,  die  Caval- 
lerie  in  gutem;  im  allgemeinen  grosser  Geldmangel  herrschen.  Auch  bei  der 
holländischen  Armee  soll  es  Confusion  und  schlechte  Bestellung  geben  ^);  „die 
Prinzen  von  Oranien  gehen  ihnen  ab". 

Der  französische  Envoye  de  Moulin  ist  abgereist  und  kehrt  per  posta 
zurück  nach  Paris;  ich  habe  nit  änderst  vernehmen  können,  als  dass  er 
neben  Versicherung  des  Königs  Freundschaft  und  Adhortirung  dessen 
consiliis  in  dem  münsterischen  Werk,  sich  erkundigen  wollen,  in  was 
Stand  alles  bei  diesem  Hof  stünde  und  was  man  für  intentiones  dahie 
führe.  Hoch  hat  er  asseverirt,  dass  sein  König  nie  eine  so  öffentliche 
Tniustiz  werde  begehen,  dass  er  dem  König  in  Hispanien,  als  einen  Pu- 
pillen, der  ihme  so  nahe  verwandt,  mit  Krieg  in  den  niederländisc]ien 
Provincien  anfallen  wolle;  wann  aber  der  König  käme  zu  sterben,  würde 
freilich  der  König  sein  Herr  sein  habendes  Recht  nicht    versäumen.   .  .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Ludgersburg  bei  Coesfeld  17.  De- 
cember 1665.     (Or.) 

[Conferenz  mit  dem  Bischöfe  von  Münster.  Brief  des  Kurfürsten.  Des  Bischofes  Er- 
klärungen. Seine  Neigung  für  den  Kaiser.  Festhalten  an  der  Verbindung  mit  Eng- 
land.    Schwedisch-englische  Allianz.     Haltung  Schwedens.     Das    Heer   des  Bischofes. 

Dessen  Gesinnungen.] 

17.  Dec.  Am  10.  kommt  Goess  nach  Coesfeld,  stellt  dem  Bischöfe  die  grosse  Gefahr, 

die  ihm  drohe,  vor  und  räth  zum  Frieden ;  der  Bischof  erwidert  nur  mit  Klagen 
gegen  die  Staaten  und  erklärt  dann,  weiter  mit  Goess  verhandeln  zu  wollen. 

Am  12.  erhält  Goess  ein  Schreiben  vom  Kurfürsten  von  Brandenburg,  dass 
er  vom  Haag  aus  unterrichtet  werde,  dass  die  Staaten  nach  langen  Verhand- 
lungen, bei  denen  sie  zuerst  die  Absetzung  des  Bischofes  gefordert ,  sich  endlich 
bereit  erklärt  hätten,  den  Frieden  mit  dem  Bischöfe  unter  folgenden  Bedingungen 
zu  schliessen.     1.    Der  Bischof  gibt  alle  occupirten  Orte  zurück.     2.    Er  dankt 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  619 ff. 
^)     Vergl.  Köcher  1.  c.  I.  450. 


Brandenburg-münsterischc  Conflicte.     Gesinming  des  Bischofes  von  Münster.      235 

alle  Völker,  ausgenommen  jene,  welche  er  als  Guarnison  benöthigt,  ab.  3.  Er 
entsagt  allen  Praetensionen  an  die  Staaten;  verzichtet  4.  auf  die  Allianz  mit 
England ').  enthält  sich  5.  jeder  ferneren  Offension  und  anerkennt  6.  den  Kaiser 
und  den  Brandenburger  als  Garanten  des  Friedens.  Der  Kurfürst  erkennt  die 
Härte  dieser  Bedingungen  an,  räth  aber  zur  Annahme  und  verspricht  seine 
Mediation  zur  Herabsetzung  der  staatischen  Forderungen  -).  Der  Bischof  erklärt 
sich  darauf  bereit  Friedensverhandlungen  durch  Vermittelung  des  Kaisers  zu 
beginnen,  hält  aber  zugleich  die  Bedingungen  für  zu  hart  und  fordert  insbe- 
sondere die  Erlaubnis  Borkelo  für  sich  behalten  zu  dürfen^). 

Im  weiteren  Verlaufe  der  Unterhandlungen,  an  denen  neben  dem  Bischöfe 
der  Domdechant  Brabeck  ^)  und  der  geheime  Rat  Wiedenbrück  =)  theilnehmen, 
ergibt  sich,  dass  der  Bischof  hofft,  \venn  er  den  Winter  über  aushalten  kann, 
im  nächsten  Frühjahre  der  Sache  eine  andere  Wendung  geben  zu  können. 
Des  Frauzosenkönigs  Hass  resultire  aus  seiner  —  des  Bischofs  —  Inclination 
für  das  Haus  Oesterreich«).  Er  hoffe  daher,  dass  der  Kaiser,  wie  der  Landgraf 
von  Hessen-Homburg  berichtet,  j :  wann  die  Generalstaaten  sich  zu  keinem 
billichem  Frieden  bequemen  würden,  ihme  alsdann  nit  allein  mit  den  be- 
gehrten 6000  Mann,  sondern  auch  mit  einem  mehrern  assistiren  werde. 

Der  Bischof  zeigt  Begierde,  wenn  möglich,  nicht  ohne  England  den  Krieg 
zu  beenden  und  spricht  seine  Vermuthung  dahin  aus,  England  sowohl  als  Hol- 
land würden  sich  die  Intervention  des  Kaisers  gerne  gefallen  lassen,  welcher 
Ansicht  auch  Goess  beipflichtet.  Auch  gibt  der  Bischof  dem  kaiserlichen  Ge- 
sandten Nachricht  von  einer  Allianz  Schwedens  mit  England '')  und  dass  der 
unlängst  am  Hofe  des  Bischofes  anwesende  schwedische  Gesandte  Christian 
Habbaeus  Lichtenstern  mitgetheilt  habe,  seinem  Herrn  stehe  es  nach  diesem 
Vertrage  frei  sich  wider  die  Holländer  zu  erklären  oder  nicht,  mit  fernerem 
Vermelden,  dass  das  gute  Verhältnis  Schw-edens  zu  Frankreich  aufgehört  und 
Schweden  auf  Frankreich  keine  Rücksicht  mehr  nehme,  vielmehr  geneigt  sei 
in  das  beste  Verhältnis  zum  Kaiser  zu  treten.  Die  Cavallerie  des  Bischofs  be- 
trägt nicht  über  5000  Pferde,  das  Fussvolk  ist  in  schlechtem  Zustande,  |:also 
dass  der  Herr  Bischof  sein  Facit  und  Fundament  mehr  aufs  künftige 
und  erwartenden  Secours   als  auf  seine  gegenwärtige  Macht  zu  machen. 


^)  Gemeint  ist  die  Allianz  d.  d.  London  3./13.  Juni  1665.  Alpen.  loa.  ab. 
L)ecadis  de  vita  etc.  Christophori  Bernardi  670ff.  Tücking,  Gesch.  des  Stiftes 
Münster  unter  Christoph  Bernard  von  Galen  118f. 

'^)     Das  Schreiben  ist  vom  9.  Dec.  1665;  Auszug  in  Urk.  u.  Act.  XI.   674f. 

^)  Die  Antwort  des  Bischofes  an  Brandenburg  auf  das  Anerbieten  des  Goess  vom 
17.  Dec.  in  Urk.  u.  Act.  XI.  675  Anm.  2. 

*)     Jodocus  Edmund  Brabeck:  vergl.  Alpen.  I.e.  93f. 

^)     Bernhard  WiedenbrücJj. 

•>)  üeber  Frankreichs  Haltung  in  dieser  Frage;  Urk.  u.  Act.  II.  297 ff.;  Lefevre_ 
Pontalis  1.  c.  I.  367  ff. 

'■)     Allianz  vom   1.  März  1665;  vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  479f. 


236      IV.    Ei'.ste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  in(>5  —  Mai  l(i68. 

Es  sei  nun  sein  Status  wie  er  wolle,  so  muss  er  gleichwohl  guten  Muth 
und  Resolution  haben,  wie  er's  dann  auch  thut  und  ist  also  disponirt, 
dass  wann  es  auch  mit  ihm  ad  extrema  kommen  sollte,  er  sich  nit  leicht 
ad  iniquas  conditiones  gedenket  bringen  zu  lassen.  Würde  auch  alle 
seine  Ungelegenheit  und  Ruin  endlich  verschmerzen,  wann  er's  nur  da- 
hin bringen  könnte,  dass  E.  K.  M.  und  die  andere  Potentaten  sich  dieser 
Occasion  und  Coniuncturen  bedieneten  der  Franzosen  disegni  und  machi- 
nationes  wider  das  römische  Reich  und  dero  Haus  zu  brechen  und  das 
Reich  in  pristinam  libertatem  zu  vindiciren  :|. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  26.  December  1665.  (Or.) 

[Verhandlungen  der  Vertreter  der  Staaten  mit  dem  Kurfürsten.  Zweck  der  Verhand- 
lungen Henry  Walter  Vane's.  Dessen  Klage.  Blaspeils  Sendung  nach  dem  Haag. 
Schwierigkeit  für  Goess  den  Kurfürsten  vom  Abschlüsse  der  Allianz  mit  den  Staaten 
abzuhalten.     Verhandlungen    mit    Schwerin    und    Blaspeil    bezüglich    der    Massregeln 

gegen  Münster.] 

26.  Dec.  lü    meiner  Abwesenheit    seind    dahie    3  Deputirte    von    den   Herrn 

Staaten  General  gewest,  zwar  principaliter  den  Churfürsten  über  seine 
Ankunft  anhero  zu  complimentirn;  doch  ist  darbei  auch  vom  gegen- 
wertigen statu  und  sonderlich  wegen  der  obhabenden  Tractaten  zwischen 
diesem  Churfürsten  und  den  Staaten  General  gehandelt  worden,  wie  ich 
vernimm  mit  ziemlicher  Gelosia,  indem  der  de  ^Vitt  des  Pensionarii  in 
Holland  Vetter'),  denen  beiden  andern^),  so  gut  oranisch,  fleissig  in- 
vigilirt. 

Es  ist  derweil  auch  ein  ander  Envoye  aus  England  ankommen  mit 
Namen  Henrich  Vaen^),  den  ich  in  Dänemark  gekennt.  Seine  Xegocia- 
tion  geht  dahin,  dass  er  diesen  Churfürsten  zu  seines  Königs  Party 
bringe,  oder  doch  von  der  holländischen  abhalte.  Er  klagt  mir,  dass 
man  bis  dato  churfürstlicher  Seiten  in  terminis  generalibus  verbliebe 
und  besorgt,  dass  es  mit  den  Tractaten  mit  Holland  nit  etwo  all  zu  w'eit 
kommen.  Ich  habe  ihm  meine  Meinung  gesagt,  wie  ad  specialia  zu  ge- 
langen, nemlich  dass  er  sich  in  specie  erkläre,  was  sein  König  hierbei 
thun  wolle;  dann  ich  habe  vermerkt,   dass   es   bei  diesem  Hof  auf  Sub- 


')     Johann  de  Witt. 

2)  Ripperda    tot   Buirse    und    van    Haren.     Ueber   ihren    Aufenthalt    in    Cleve; 
Aitzema  V.  517,  670f.     Puf.  1.  c.  X.  12;  Urk.  u.  Act.  XI.  680f. 

3)  H.  Walter  Vane:  über  dessen  Sendung  Urk.  u.  Act.  XI.  fiTSflF.,  II.  321  u.  a.  0.; 
Memoires  d'Estrades  III.  608,  620;  IV.  14  u.  a.  0. 


Verhandlungen  des  Kurfürsten  mit  den  Vertretern  Englands  und  der  Staaten.      237 

sidigelder  angesehen.  Meine  Intention  ist  auf  dem  gericht,  dass  ich  den 
Churfürsten  ausser  Pertei  halte;  feindlich  wider  Holland  wird  er  sich 
diesmahlen  schwerlich  erklären.  Der  Vaen  haltet  darfür,  dass  E.  K.  M. 
Mediation  mit  England  angenehm  sein  würde  und  sagt,  dass  man  bei 
ihnen  zum  Frieden  inclinire. 

Es  ist  wehrender  meiner  Abwesenheit  der  Blaspeil  auch  im  Haag 
gev\'esen ').  Dieser  Churfürst  ist  gewichen  von  seiner  Praetention  der 
Restitution  Festung  Orsoy  aus  lauter  Generositet,  wie  da  vorgegeben 
wird;  ich  muthmasse  aber  aus  Einrathen  derjenigen,  so  der  oranischen 
Parthei  zugethan  und  weiln  man  vermerket,  dass  man  in  Holland  fest 
darauf  verharre  ihme  diese  Festung  solchergestalt  nit  einzuräumen^). 
Quidquid  sit,  diese  Resolution  solle  in  dem  Haag  sehr  applaudirt  sein 
worden  und  macht  mir  mein  Werk  den  Churfürsten  ausser  Partei  zu 
halten  viel  schwerer;  dann  es  seind  Offerten  da  von  considerablen  summa 
Gelds  zu  Unterhaltung  der  churf.  Völker.  Ich  unterlasse  doch  nit  mich 
zu  bearbeiten  und  alle  dienliche  rationes  einzuwenden,  damit  I.  Ch.  D. 
E''.  K.  M.  gnädigste  Intention  den  Frieden  zu  vermitteln  vielmehr  secuu- 
dire;  aber  ich  fechte  mit  ungeleichen  Waffen.  Der  Churfürst,  als  ich 
iudicire,  lasst  seine  Mediation  nit  formaliter  antragen,  damit  er  um  so 
viel  mehr  frei  bleibe  in  seinen  consiliis  in  Annehmung  einer  oder  an- 
dern Partei,  ut  res  feret. 

Den  22.  kommen  Schwerin  und  Blaspeil  zu  Goess,  besprechen  die  Lage  und 
fordern,  E.  K.  M.  sollten  schärfer,  nit  allein  mit  mandatis  poenalibus, 
sondern  auch  wohl  mit  Suspension  der  Regalien  wider  den  Herrn  Bischof 
verfahren  und  denselben  dardurch  zum  Frieden  nöthen;  ...  als  ich  nun 
vorgeschlagen,  ob  nit  rathsam  sein  möchte,  dass  man  den  Domdechant 
Brabeck  mit  guter  Manier  herbrächte,  damit  breviori  et  eficatiori  via  zur 
Sachen  geschritten  würde,  habe  ich  damahln  und  nacher  vermerkt,  dass, 
obzwar  sie  es  ad  referendum  angenommen,  doch  nit  darauf  applicirt;  so 
mich  in  meiner  Meinung  stärkt,  dass  man  dahie  in  den  consiliis  noch 
fluctuire. 

Die  Truppen  der  Staaten  haben  die  Winterquartiere  bezogen. 


^)     Werner  Wilhelm  Blaspeil;    über   diese   Sendung   ürk.  u.  Act.   III.  156 ff.,  XI. 
680f.;  über  Blaspeils  Person  III.  143. 

2)     Für  diese  Verhältnisse  Urk.  u.  Act.  III.  159  f.,  XI.  678. 


238      ^^-  E''«tü  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  16G5  — Mai  1G68. 

Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Gleve  30.  December  1665.   (Or.) 

[Staatisch-brandenburgische  Verhandlungen.     Urtheil    des    Goess    über    dieselben.     Du 
Moulin.     Anerbietungen  des  englischen  Gesandten.] 

30.  Dec.  ....  Der  Blaspeil,   welcher  fast  stets  bei  den  Handlungen  dieses  Chur- 

fürsten  mit  den  Staaten  General  gebraucht  wird,  ist  vor  2  Tagen  bei  mir 
gewest  und  hat  mir  referirt,  dass  obwohl  der  Churfürst,  sein  Herr,  dies- 
mahlen  gewichen  von  der  praetendirten  Restitution  der  Festung  Orsoy, 
dieienige  so  dem  Churfürsten  nit  wohl  zugethan,  dannoch  Bedenken 
haben  bei  der  angehängten  Conditiou,  die  wäre,  dass  nach  geendigten 
diesem  Krieg  mit  Münster  von  Restitution  der  churfürstlichen  Festungen 
solle  gehandelt  werden.  Es  ist  auch  wohl  zu  glauben,  dass  wie  die 
Staaten  General  diese  Restitution  nie  zu  thun  gedenken,  also  ihnen  alle 
darzu  angesetzte  termini  werden  unangenehm  sein.  Sie  wollen  diese 
Festungen  behalten,  dardurch  sie  nit  allein  ihre  Lande  bedecken,  son- 
dern auch  dem  Churfürsten  in  steter  Subjection  und  Dependenz  halten. 
Ihme,  als  einem  Herrn  von  grossen  und  genereusen  Gemüt  fallt  dieses 
überaus  schwer  und  fast  unleidentlich,  ist  auch  nit  zu  zweifeln,  wann  er 
die  Mittel  und  die  Gelegenheit  darzu  sähe,  er  würde  trachten  dieses 
Joch  vom  Hals  zu  schütten ;  in  gegenwertigen  Zustand  aber,  muss  er  die 
täglich  empfangende  disgusti  verschmerzen.  Ich  judicire,  dass  je  mehr 
der  Churfürst  sich  in  Postur  setzet  und  seine  Armee  verstärkt,  ie  näher 
kommt  er  zum  Schluss  der  Tractaten  mit  den  Staaten  General;  |:  es  wäre 
dann,  dass  anderwerts  Subsidigelder  erschienen,  dann  diese  findet  man 
absolutemente  nötig,  von  welchem  Ort  man  sie  auch  nehme  :{.  Sonsten 
gedünkt  mich,  dass  sie  Selbsten  dahie  wohl  befinden,  dass  ihr  Interesse 
und  Bestes  wäre,  wann  sie  frei  und  ohne  Annehmung  einiger  Party  der 
Sachen  noch  etwas  zusehen  thäten.  Wann  man  von  Subsidien  meldt, 
merke  ich  wohl,  dass  man  auf  E.  K.  M.  tacite  deute.  Nach  Brüssel 
und  Madrid  habe  ich  geschrieben  und  den  hiesigen  statum  bericht,  da- 
mit man  sehe  | :  ob  man  etwas  thun  könne  und  mit  Abführung  etwa  eines 
einigen  termini  der  versprochenen  jährlichen  Subsidien  den  Churfürsten 
von  Brandenburg  von  gefährlichen  Resolutionen  abhalte:]. 

Du  Moulhi  ist  wieder  hier;  bringt  gewiss  grosse  Offerten  mit.  Er  ist  mit 
dem  englischen  Gesandten^)  in  PÖlaitz  Haus  zusammen  getroffen.  |:Der  englische 
Envoye  thut  Offerten,  wann  der  Churfürst  seines  Königs  Partei  wider 
Holland  nehmen  wollte;  diesmal  sehe  ich  noch  keine  Disposition  darzu; 

^)     Henry  Vane. 


Verhandlungen  Brandenburgs  mit  England  und  den  Staaten.  239 

wann  er  aber  einige  Subsidien  offerirte  eleu  Churfürsten  bei  der  Neutra- 
lität zu  erhalten,  möchte   er's  tentiren.  :  | 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  6.  Januar  1666.    (Copie.) 

[Verhandlungen  des  Kurfürsten  mit  Vane.     ürtheil  des  Goess.] 

. .  .  Dem  englischen  Abgeordneten  hat  man  auf  seine  gethane  Proposi-  6.  Jan. 
tion  :  und  Offerten  von  etlichen  Millionen,  wann  der  Churfürst  für  Engel- 
land wider  die  Generalstaaten  agiren  wollte  :|'),  verbescheidet,  dass  S^  Ch. 
D.  Status  nicht  zuliesse,  sich  wider  Holland  hostiliter  zu  erklären^).  Es  ist 
ihme  aber  einigermassen  insinuirt  worden,  dass  gegen  Reichung  einiger 
Subsidien  man  die  Tractaten  mit  Holland  ausschlagen  und  neutral  blei- 
ben würde,  welches  dann  nit  für  ein  geringes  Avantage  des  Königs  aus 
Engelland  zu  halten^).  Diese  ist  die  Verbescheidung;  |:ich  vermerke  aber, 
dass  wann  das  Geld  sowohl  vorhanden  wäre,  als  die  Offerten  gethan 
worden,  dass  die  Tentation  gross  sein  würde.  Die  disgusti,  so  der  Chur- 
fürst täglich  von  den  Holländern  empfängt,  die  wenige  Estime,  die  sie 
zeigen  von  ihme  zu  machen,  die  immer  zunehmende  Verfolgungen  der 
von  Oranien")  und  die  Begierde  sich  mit  Eroberung  eines  oder  andern 
Posto  in  diesem  Land  in  besserer  Freiheit  zu  setzen:],  würden  viel  hier- 
bei thun.  Ich  habe  diese  Tag  Anregung  gethan,  ob  dem  Churfürsten 
nit  vorträglich  sein  würde,  dass  er  sich  bei  diesen  Coniuncturen  mit  dem 
Herzogen  von  Neuburg  völlig  vergliche^).  Man  zeigt  sich  darzu  geneigt 
und  solle  der  Blaspeil  zu  diesem  Ende  bald  eine  Reis  nach  Düsseldorf 
thun  '').  Die  im  Clevischen  einquartirten  staatischen  und  französischen  Truppen 
schaden  dem  Kurfürsten  sehr. 


')  Proposition  Vane's  vom  12.  Decbr.  in  Urk.  u.  Act.  XI.  675 f.;  vom  17.  Dec. 
678  f. 

2)  Resolution  des  Kurfürsten  vom   14.  Dec.  ürk.  u.  Act.  XI.  677  f. 

^)  Vergl.  den  Bericht  Colbert's  an  Lionne  vom  28.  Jan.  1666;  Urk.  und  Act. 
II.  329. 

•»)  Vergl.  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  387. 

^)  Vergl.  Droysen  1.  c.  III.  3  125. 

«)  Vergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  732 f. 


240     ^^-  Erste  Mission  des  Freihenn  Joliann  von  Goess.     Jan.  1GG5  —  Mai  1668. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  9.  Januar  1666.    (Or.) 

[Staatisch-brandenburgische    Beziehungen.     Misbilligung'  von   .Jeua's    Erklärungen   in 

Regensburg.     Plan  der  Staaten  jemanden  nach  Regensburg   zu   senden.     Unterredung 

des  Goess  mit  Schwerin.     Blaspeil  geht  nach  Düsseldorf.] 

9.  Jan.  .  .  .  Ich   vermerke   fast   immerzu    den    Churfürsten    mehr   animirter 

wider  die  Holländer.  Die  Protocolla  von  Regensburg,  als  ich  vernimm, 
bringen  so  viel  mit,  dass  man  allda  in  Deliberation  des  miinsterischen 
Werks  auf  das  Interesse  imperii  etwas  mehr  als  vorhin  anfangte  zu  ge- 
denken. Was  der  churfürstliche  Gesandte  Jena^)  wider  den  Herrn  Bischof 
zu  Münster  all  zu  eiferig  votirt,  ist  dahie  disapprobirt  und  ihme  be- 
fohlen worden,  sich  dessen  künftig  zu  enthalten.  Ich  vernimm,  dass  die 
Staaten  General  iemand  dahin  schicken;  es  werd  dienlich  und  gut  sein, 
wann  die  Stände  des  Reichs  sich  also  gegen  ihm  erweisen  werden,  dass 
sie  nit  zu  hoffen,  dass  das  Interesse  imperii  dergestalt,  wie  sie  supponiren, 

negligirt  und  aus  der  Acht  gesetzt  werde 

Der  Baron  von  Schwerin  fragte  mich  vorgestern,  ob  ich  darvor 
hielte,  |:dass  auf  des  engeländischen  Abgeordneten  Offerten  Fundament 
zu  machen;  gab  genug  zu  verstehen,  dass  wann  die  Gelder  vorhanden 
wären,  seine  Negociation  dardurch  einen  starken  Nachdruck  bekommen 
würden;  ....  fragte  mich,  ob  E.  K.  M.  im  Fall  sich  der  Churfürst 
wider  Holland  einliesse,  denselben  im  Fall  der  Not  mit  Volk  assistiren 
würden  :|;  zeigte  bessere  Hoffnung,  dass  das  Reich  endlichen  das  Werk 
besser  apprehendiren  und  andere  resolutiones  fassen  würde.  Ich  gäbe 
ihme  zur  Antwort,  dass  wie  ihme  bewusst  E.  K.  M.  dero  kais.  Sorgen 
dahin  anwendeten,  dass  durch  einen  guten  Frieden  der  Sach  geholfen 
würde;  wann  derselbe  nit  zu  erhalten,  würden  zweifelsohne  E.  K.  M. 
mit  dem  Churfürsten  und  anderen  Chur-  und  Fürsten  darauf  bedacht 
sein,  damit  alles  besorgendes  Unheil  vom  Reich  und  dessen  treuen 
Ständen  abgewendt  würde.  Er  ist  denselben  Tag  bei  dem  englischen  Ab- 
geordneten gewesen;  derselbe  schickt  heute  einen  eigenen  Courier  nach  England. 
|:  Diese  Negociation,  wann  sie  mit  Nachdruck  geschieht,  kann  die  mit 
Frankreich  etwas  zurückhalten.  Herentgegen  ist  zu  besorgen,  dass  je 
mehr  der  Churfürst  in  die  Waffen  kommt  und  sich  in  anderwertige 
Tractaten  einlasst,  ie  weniger  wird  er  geneigt  zum  Frieden  selben  zu 
befürdern  helfen.  :| 

Blaspeil  ist  nach  Düsseldorf;  der  Kurfürst  soll  sehr  gute  Bedingungen  für 
den  Neuburger  gegeben  haben  ^). 

1)  Gottfried  Jena. 

2)  Vergl.  Urk.  und  Act.  XI.  739  ff. 


Brandeuburg-englische  Beziehungeu.     Erneuerung  der  Allianz  von   1658.       241 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  16.  Januar  1666.    (Conc.) 

Billigt    des    Goess    Benehmen,    insbesondere    die    Bemühungen    desselben,  IG.  Jan. 
Friedrich  Wilhelm  zur  Wahrung  der  Neutralität  zu  vermögen,  deren  Werth  der 
Kurfürst  selbst  leicht  einsehen  dürfte.     Carlingford  ist  hier  angekommen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  16.  Januar  1666.   (Or.) 

[Brandenburgischer  Bescheid  für  den  englischen  Gesandten.] 
....  Dem  englischen  Abgesandten  hat  man  eine  in  3  Puucten  be-  IG.  Jan. 
stehende  Resolution  gegeben;  1°  ist  ein  Klag  gewesen,  wegen  2  churfiirst- 
licher  in  England  angehaltener  Schilf,  welches  der  Churfürst  hoch  empfindt; 
...  2°.  |:  hat  man  von  ihme  begehrt  zu  wissen,  was  er  für  Versicherung  geben 
könnte  wegen  der  gethanen  Geldofferten:  3°.  wie  Engelland  mit  Schwe- 
den stände  und  ob  sie  ihrer  versichert  wären.  Daraus  E.  K.  M.  zu  er- 
sehen, wie  ich's  auch  noch  seither  aus  des  Baron  von  Schwerin  Dis- 
cursen  abnehmen  können,  dass  man  den  engelländischen  Propositionen 
ziemlich  Gehör  gebe  und  bleibe  ich  meiner  Meinung,  wann  das  Geld 
vorhanden  wäre  und  von  Schweden  nichts  widerwertiges  zu  besorgen, 
dass  der  Churfürst  endlichen  wohl  die  engelländische  Partei  annehmen 
möchte.  .  .  .  :| 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  26.  Januar  1666.    (Conc.) 

[Wunsch,  dass  Brandenburg  neutral  bleibt  und  die  Alliance  von  1658  mit  dem  Kaiser 
erneuert.     Unterstützung  der   brandenburgischen  Forderungen   au  Spanien   durch  den 

Kaiser.     Carlingford.] 

Berichte  vom  6.  und  9.  Jan.  erhalten.  Hast  recht  und  zu  unserer  gnä-  2G.  Jan. 
digsten  Intention  daran  gehandlet,  dass  du  dich  fortan  S.  L''.  von  An- 
nehmung aller  Parteilichkeit  abzuhalten  und  zu  Befürderung  eines  guten 
Friedens  zwischen  denen  kriegenden  Theilen  anzutreiben  dich  bemühest; 
wie  nicht  weniger,  dass  du  auf  die  an  dich  gestellte  Frag,  wann  S.  L. 
sich  wider  Holland  einliesse,  ob  wir  derselben  im  Fall  der  Not  mit  Volk 
assistiren  möchten,  dich  in  terminis  generalibus,  dass  nemlich  der  Sach 
an  guten  Frieden  bestens  würde  geholfen  sein,  gehalten.  Zumahln  S.  L. 
auf  deine  so  oft  wiederholete  Einwurf  wegen  Erneuerung  und  Exteudirung 
der  mit  uns  bereits  habenden  Büuduus  sich  im  wenigsten  nichts  heraus 
lassen  wollen;  welches  du  derselben  auf  begebendem  Fall  gleichmässiger 
Occasion    kräftig    zu    repraesentiren    und   so  viel  zu  verstehen  zu  geben 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV.  16 


242      ^^^-  Ki'ste  llission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.     Jan.  IGfi')— Mai  1668. 

hättost.  dass  alsdann  die  hoste  Gelegenheit  von  denen  miituis  assisten- 
tiis  zu  handien  sein  würde.  Der  Kaiser  hat  noclnnals  nach  Spanien  geschrie- 
hen  wegen  Bezahlung  der  versprochenen  Pensionen  an  Brandenburg.  Carling- 
ford  hat  im  Namen  des  englischen  Königs  ein  Defensivbündnis  angetragen;  der 
Kaiser  hat  sich  im  Principe  einverstanden  erklärt.  Zu  specielleren  Berathuiigen 
ist  es  aber  noch  nicht  gekommen,  da  über  die  Verhandlungen  Englands  in 
Spanien  noch  keine  Nachricht  eingelangt  ist'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  27.  Januar  1666.  (Or.) 

[Verbandhingen  Beverningk's  mit  den  Brandenburgern.  Des  Pöllnitz  Verhandlungen 
im  Haag.  Notwendige  Rücksichtnahme  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  auf  Schwe- 
den.   Colbert.    Gerüchte  vom  englisch-spanischen  Frieden  und  spanisch-portugiesischen 

Waffenstillstände.] 

27.  Jan.  Goess    wird    der    kaiserlichen  Weisung   vom    4.  Jan.  entsprechend    darauf 

sehen,  dass  der  Kaiser  in  die  staatisch-münsterischen  Verhandlungen  nicht  zu 
tief  verwickelt  werde.  Beverningk '-')  ist  angekommen  und  hat  mit  den  kur- 
fürstlichen Ministern  berathen.  Sein  Negotium  ist,  wie  ich  vernimm  und 
verisimile  ist,  dass  er  die  mit  dem  Churfiirsten  angefangene  Tractaten 
völlig  zum  Schluss  bringe.  Ich  glaube  gänzlich,  |:dass  des  engelländi- 
schen  Envoye  Negotium  dahie  denen  Holländern  Jalousie  gegeben.  Sie 
haben  viel  Freund  und  die  von  ihnen  dependiren  bei  diesem  Hof;  unter 
andern  ist  der  Obriste  Stallmeister  Pöllnitz  vergangener  Tagen  im  Haag 
gewesen  und  wie  ich  von  dem  Friquet  bericht  werde,  unterschiedlich 
mit  dem  französischen  Gesandten  und  dem  Pensionario  de  Witt  nego- 
tiirt,  also  dass  die  Staaten  General  haben  können  innen  werden,  wie  weit 
es  mit  den  engelländischen  Tractaten  kommen  und  etwa  nothwendig 
befunden,  die  ihrige  um  so  viel  mehr  zu  befördern,  dann  ob  sie  viel- 
leicht vermeinen  möchten,  wie  es  bis  dato  das  Ansehen  gehabt,  dass  sie 
des  Churfürsten  Hilf  nicht  so  hoch  von  Nöten,  so  sehen  sie  doch  gnug, 
dass  ihnen  sehr  schädlich  sein  würde,  wann  der  Churfürst  ihrer  Feinde  Party 
nähme  :  I .  Beverningk  betont  die  Neigung  der  Staaten  Frieden  zu  schliessen. 
Der  Churfürst  muss  in  seinen  consiliis  grosse  Reflexion  machen  auf  die 
Schweden  und  jetzunder  um  so  viel  mehr,  weiln  sie  im  Reich  armirt  sein, 
er  hat  einen  von  Podewils^)  zu  dem  Feldherrn  Wrangel  abgefertigt,  zwar 
in  speciem  sich  für  die  Stadt  Bremen,   welche  S.  Ch.  D.  darum  gebeten. 


')     Ueber  Carlingford's  Mission  Klopp  1.  c.  I.  126f. 

-)     Hieronymus   Beverningk:    vergl   über  ihn  Urk.    u.  Act.  III.  14Gf.;   für    seine 
Verhandlungen  II.  329 ff..  III.  lOGff.;  Mem.  d'Est.  IV.  58ff. 

^)     Georg  Wilhelm  Podewils;   über  seine  Sendung  Puf.  I.e.  IX.  83. 


Braudeuburg-staatische  Verlianclluugeü.    Das  Haus  Oiaiiieu.  243 

ZU  interponiren,  aber  ich  glaube,  dass  viel  mehr  zu  penetriren  was  die 
Schweden  bei  gegenwärtigen  Coniuncturen  vor  consilia  führen.  Colbert') 
soll  hieher  kommen,  der  Kurfürst  dagegen  Blumenthal  nach  Paris  senden-). 
Es  wird  berichtet,  dass  zwischen  Spanien  und  England  der  Friede,  zwischen 
Spanien  und  Portugall  ein  30 jähriger  Waffenstillstand  geschlossen  worden  sei^). 
Der  Churfürst  hat  gegen  mich  gemelt,  dass  er  von  dem  Beverningk  so 
viel  vernommen,  dass  man  holländischer  Seite  sich  befriedigen  würde, 
dass  alles  im  vorigen  Stand,  wie  es  vor  dem  Krieg  mit  Münster  ge- 
wesen, restituirt  würde;  die  Differenz  wegen  Borkelo  aber  auf  weitere 
Handlung  oder  Compromissen  auszusetzen,  darzu  hätte  er  sich  nit  wollen 
verstehen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  3.  Februar  1666.    (Or.) 

[Rücksichtnahme    des   Kurfürsten   auf  das  Haus  Oranien.     Beverningk's  Urtheil  über 

die  Wiedereinsetzung-   des  Prinzen  Wilhelm.     Einflussnahme    der    Prinzessin    Amalie 

von  Oranien.     Der    Engländer    Erklärungen.     Urtheil   des  Goess   über  Friedrich  Wil- 

helm's  Pläne.     Eller.     Colbert.] 

Befehl  vom  16.  Jan.  hat  Goess  erhalten  und  wird  sich  weiter  bemühen  3.  Febr. 
den  Kurfürsten  für  die  Neutralität  zu  gewinnen.  Es  ist  ausser  allen  Zweifel, 
dass  man  bei  diesem  churfürstlichen  Hof  sehr  auf  das  Haus  Oranien 
reflectirt  und  nit  allein  ratione  sanguinis,  sondern  auch  der  eignen 
Convenieuz,  die  Restitution  des  Prinzen  von  Oranien  zu  seines  Vätern 
und  seiner  Vorfahren  Chargen  hoch  verlangt.  Es  fallen  aber  die  judicia 
nit  geleich,  wie  man  darzu  zu  gelangen.  Meines  Erachtens  werden  die- 
jenige, so  das  Guberno  ietzuuder  führen,  mit  guten  es  nie  darzu  kommen 
lassen.  Eine  grosse  Not  aber  möchte  die  orangische  Partei  und  das 
gemeine  Volk,  bei  welchem  nomen  principum  plausibl  ist,  praevaliren 
machen.  Der  von  Beverningk,  der  nun  diese  Allianz  dahie  tractirt,  ob 
er  wohl  derjenige  gewesen,  welcher  zu  Zeiten  des  Cromwell  die  Exclusion 
domus  Auriacae  von  dem  Guberno  auch  iniussu  statuum  in  England  ge- 
schlossen, excusirt  dieses  Factum,  wie  er  am  besten  kann  und  zeigt  so 
kräftig  seine  gute  Inclination  zur  Restitution  des  Prinzen  in  seines  Vä- 
tern Chargen,  dass  ich  vermerke,  dass  er  nit  wenig  dardurch  profitire. 
Nun  seie  nit  darvon  zu  reden;  der  Prinz  habe  die  Jahren  nicht  und 
könne  diesen  Chargen  nicht  vorstehen,  wann  ihm  das  Alter  darzu  taug- 


')     Colbert-Croissy  kam  anstatt  des  d'Estrades.    Droysen  1.  c.  III. 3  125;  für  seine 
Verhandlungen  Urk.  u.  Act.  II.  329 ff. 

^)     üeber  Blumenthal's  Sendung  uach  Frankreich  Urk.   u.  Act.  XI.  703  ff. 
^)     Die  Nachrichten  bestätigten  sieb  nicht. 

16* 


244      IV.   Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  Ifiß.j  — Mai  1668. 

lieh  mache,  könne  es  ihm  nicht  fehlen').  Sie  wollen  aber  nicht  darzu 
gezwungen,  sondern  wie  sie's  allein  thun  werden  aus  Dankbarkeit  und 
Estime  gegen  diesen  Haus,  also  solle  der  Prinz  und  sein  Haus  ihnen  und 
nit  anderm  darum  obligirt  sein.  Concludirt  also,  dass  I.  Ch.  D.  dieses 
Werk  besser  nicht  befürderen  können,  als  wann  sie  die  Staaten  ihres 
Orts,  sonderlich  in  diesen  Nöten  suchen  zu  obligiren;  qua  ratione  ille 
quidem  multum  profecit:  |:sed  Elector,  ni  fallor,  parum  proficiet.  Ich 
vermerke  auch,  dass  auch  die  alte  Prinzessin  muss  eingenommen  sein 
und  dem  Friquet  nicht  recht  beichte.  Ich  habe  gute  Nachricht,  dass  sie 
des  Beverningk  Reis  hieher  befördert  hat  und  dass  er  nicht  hinweg 
gewollt,  er  wäre  dann  des  guten  Success  seiner  Negociation  von  ihr  ver- 
sichert worden.  Zwar  weiss  ich  auch  gar  sicher,  dass  sie  an  dem  Chur- 
fürsten  geschrieben  und  ihn  sehr  stimulirt  sich  an  E.  K.  M.  und  das 
Reich  zu  halten;  aber  dies  ist  geschehen  dehortando  a  Gallorum  factione  :|. 
Dem  Beverningk  kommt  auch  wohl  zu  statt,  dass  eben  dieser  Tagen  des 
englischen  Abgeordtnen  Diener  aus  England  per  posta  zurückkommen; 
der  König  sein  Herr  zeigt  darfür  zu  halten,  dass  dieser  Churfürst  all  tief 
mit  den  Staaten  General  impegnirt  und  lässt  gleichsam  die  Negociation 
der  Allianz  fahren,  begehrt,  dass  der  Churfürst  wolle  neutral  bleiben, 
doch  gratis  und  ohne  Subsidien.  England,  vermeinen  sie,  seie  noch  in 
dem  Stand  nicht,  dass  sie  die  Neutralität  mit  Geld  zu  erhandeln.  Besser 
wäre  gewesen,  wann  man  nicht  so  kurz  abgebrochen,  sondern  die  Nego- 
ciation derweil  trainirt  und  fortgesetzt ....  Der  Churfürst,  wann  von  der 
Allianz  mit  Holland  geredt  und  ihme  die  Inconvenienzen,  so  aus  der 
Parteilichkeit  zu  besorgen,  vorgestellt  werden,  contestirt,  dass  auch  hier- 
bei seine  Intention  auf  den  Frieden  gericht  und  will  ich  glauben,  dass 
dem  also  seie  und  dass  er  bei  dieser  Allianz  mehr  auf  die  Geldhülfen 
und  etwa  andere  seine  emolumenta,  als  auf  andere  diseigni  gedenke. 
Er  hat  aber  darbei  zu  consideriren,  dass  dieselbe  ihm  theur  ankommen 
werden;  die  Gefahr  sich  in  einem  Krieg  einzuwickeln,  grosse  Potentaten 
zu  desobligiren,  seine  eigene  Freund  zu  inombragiren  und  dergleichen, 
seind  alle  Ding  von  grosser  Consideration.  Die  Ungewissheit  von  schwe- 
discher Seiten,  wie  dieselbe  nemlich  mit  England  und  Münster  stehen, 
macht  ihm  mehr  perplex  als  alles  andere.  Eller  hat  vom  Bischöfe  von  Mün- 
ster ziemlich  gute  Nachrichten  gebracht"-).  Colbert  ist  hier  und  fordert  den  Kur- 
fürsten zum  Anschlüsse  an  die  Staaten  auf. 


1)  Yergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  680. 

2)  Vergl.  Urk.  u.  Act  XI.  690. 


Der  Engländer  P^rklärungeu.     Englisch-französischer  Contlict.  245 

Goess  an   den  Kaiser.     Dat.  Cleve  10.  Februar  1666.    (Or.) 

[Trtheil  des  Goess  über  die  Einwirkung  der  Kriegserklärung  Frankreichs  an  England 
auf  den  Fortgang  der  staatisch-inünsterischen  Verhandlungen.  Stand  der  branden- 
burg-staatischen  Allianztractaten.  Unterhandlungen  der  Brandenburger  mit  dem  eng- 
lischen Gesandten.  Des  Goess  Intervention  in  den  neuburg-brandenburgischen  Ver- 
handlungen.] 

Die  Verhandlungen  mit  dem  Bischöfe  von  Münster  werden  fortgesetzt.  Wich-  10.  Febr. 
tig  ist,  wie  weit  die  Kriegserklärung  Frankreichs  an  England ')  auf  die  Haltung 
der  Staaten  einwirken  wird.  Ich  bilde  mir  fast  ein,  dass  die  pacifici  sich 
über  diese  Declaration  wenig  erfreuen  werden,  weiln  sie  das  Frieden- 
werk remoriren  und  sie  fester  an  Frankreich  binden  werd.  Wann  ich 
einige  Nachrichten,  die  ich  von  unterschiedlichen  Orten  bekommen,  com- 
binire,  so  muss  ich  fast  daraus  schliessen,  dass  der  König  in  Frankreich 
gern  sähe  propter  proprios  fines,  dass  der  Bischof  Fried  machete  und 
also  von  England  abgezogen  würde.  Ich  vermerke  aus  des  Domdechant 
Brabeck  Schreiben,  dass  etwas  dergleichen  bei  ihnen  unter  Hand  von 
Frankreich  proponirt  worden.  Bevemingk  ist  abgereist,  dürfte  bald  zurück- 
kehren. Obwohl  man  es  dahie  nicht  gestehe,  so  scheint  doch,  dass  die 
Tractaten  in  satis  proxima  dispositione  zum  Schluss  stehen,  die  Geld- 
subsidien  seind  so  viel  als  richtig;  quoad  quantum  soll  etwa  160000  Reichs- 
thaler sein  zur  Werbung  und  die  Verpflegung  auf  eine  gewisse  Anzahl; 
ratione  terminorum  solutionis  ist  man  noch  nicht  einig.  Der  Churfürst 
wollte  je  ehender,  je  lieber  die  Gelder  unter  Händen  kriegen,  den  Zoll 
zu  Gennep  will  der  Churfürst  auch  wieder  haben.  Wegen  Restitution 
der  clevischen  Festungen  bilde  ich  mir  ein,  dass  man  etwas  ambigui 
wird  hineinbringen,  was  ein  jeder  Theil  künftig  zu  seinem  Vortel  inter- 
pretiren  möge.  Mich  sucht  man  zu  persuadiren,  dass  wann  diese  Trac- 
taten auch  sollen  beschlossen  werden,  S.  Ch.  D.  dennoch  keinen  anderen 
finem  darbei  haben,  als  den  Frieden  zu  befürderen  und  will  ich  so  weit 
glauben,  dass  der  Churfürst,  nachdem  er  das  Geld  und  seine  bei  diesen 
Tractaten  führende  Intention  erhalten,  wohl  leiden  möchte,  dass  der 
Fried  zwischen  Münster  und  Holland  geschlossen  würden.  Ich  unterlasse 
doch  darum  nicht  bei  allen  Gelegenheiten  zu  repraesentiren,  wie  viel 
besser  und  sicherer  es  wäre,  wann  der  Churfürst  sich  ausser  Party  hielte 
und  die  Mediation  zum  Frieden,  derer  er  sich  sonsten  unfähig  machete, 
continuiren  thäte.  ',:  Das  Stärkeste  Motivum  zu  dieser  Intention  ist  metus 
a  Suecis,  wann  dieselbe  die  engelländische  und  münsterische  Party  wür- 
den annehmen:  massen  dessen  alle  Tag  einige  indicia  vorkommen:'. 


')     Vergl.  Klopp  1.  c.  I.  124;  Lefevre-Pontalis  1.  c,  I.  371  f. 


246     IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Joiiann  von  Goess.     Jan.  1^65  —  Mai  1668. 

Der  englische  Gesandte  forderte  wiederholt  eine  Erklärung  des  Kurfürsten 
in  puncto  neutralitatis.  Es  wurde  ihm  eine  Antwort  zu  Theil  dahin  lautend, 
dass  zwar  I.  Ch.  D.  noch  keine  Partei  genommen;  sie  könnten  doch  bei 
gegenwärtigen  Coniunctnren  änderst  nicht  thun.  als  sich  zu  armiren  und 
in  Postur  zu  setzen.  Diesen  Last  könnten  sie  und  ihre  ünterthanen 
allein  nicht  tragen,  sondern  müssten  Assistenz  und  Subsidien  darzu 
haben;  in  alle  Weg  aber  wollten  sie  die  Allianz  und  Freundschaft  mit 
dem  König  aus  England  fest  halten,  mit  welchen  sie  geschieden,  obwohl 
der  Abgeordnete  die  Incompatibilitet  ihrer  Contestation  mit  der  Hostilitet 
wider  seines  Königs  Alliirte  und  Freunde  remonstrirt.  Der  Gesandte  for- 
derte noch  am  selben  Tage  seine  Abschiedaudienz,  doch  Hess  er  sich  zu  fernerem 
Bleiben  bewegen  und  berieth  von  neuem  mit  den  Ministern  des  Kurfürsten; 
bislang  aber  ohne  Erfolg.  Der  Herzog  von  Neuburg  hat  Goess  um  seine  Ver- 
mittelung  beim  Brandenburger  ersucht;  Goess  bittet  um  Instruction  darüber. 


Der  Kaiser   au   Goess.     Dat.  Wien  11.  Februar  1666.    (Or.) 

11.  Febr.  Goess  soll  fortfahren  den  Kurfürsten  zur  Aufrechterhaltung  der  Neutralität 

zu  bewegen  und  dazu  beizutragen,  dass  zwischen  den  Niederlanden  und  Münster 
der  Friede  geschlossen  werde.  Ist  es  aber  nicht  möglich  den  Kurfürsten  vom 
Abschlüsse  mit  den  Niederländern  abzuhalten,  dann  hat  Goess  zu  fordern, 
dass  sie  sich  wider  einigen  Mitstand  die  Waffen  zu  führen  nicht  ein- 
lassen, sondern  viel  lieber  in  terminis  guarantiae  zu  allen  Seiten  ver- 
bleiben. Der  Kaiser  hofft,  dass  der  Bischof  von  Münster  wie  die  General- 
staaten seinen  Vorschlag  bezüglich  Borkelo's  gutheissen  werden. 


Goess  an   den   Kaiser.     Dat.  Cleve  17.  Februar  1666.    (Or.) 

[Staatisch -brandeuburgische  Allianz.     Klagen  des  Bischofes  von  Münster.] 

17.  Febr.  Beverningk  ist  am  11.  zurückgekehrt  mit  Vollmacht  zu  schliessen  und  hat 

so  gedrängt,  dass  der  Vertrag  bereits  so  gut  als  abgeschlossen  ist  ^).  Auf  meine 
Klag,  dass  das  Friedenwerk  hierdurch  gesteckt  und  die  Kriegsflammen 
nur  mehr  angezündet  werden,  antwortet  man,  dass  I.  Ch.  D.  hierbei  nichts 
anders  intendire,  als  sich  und  ihre  Landen  bei  diesen  gefährlichen  Leuf- 
ten  so  viel  möglich  in  Sicherheit  zu  setzen  und  im  üebrigen  ein  Weg 
als  den  anderm,  das  Friedeuwerk  nach  allen  Kräften  zu  befürdern,  sich 
in    keine   feindliche   Action   einzulassen,    man    schlage    dann    aequas    et 


')     Der  Vertrag  war  am  6./16.  Februar  imterzeichnet  worden.     Abdruck  u.  a.  bei 
Londorp  1.  c.  X.  iGlff.;  vergl.  Möruer  1.  c    2721?.;  Urk.  u.   Act.  II.  332ff.,  III.  164 ff. 


Brandenburg-englische  Beziehungen.     Allianz  Branden Ijurgs  mit  den  Staaten.      247 

honestas  conditiones  pacis  aus.  Zwar  kann  man  mir  nit  leugnen,  dass 
nach  genommener  solcher  Resolution  S.  Cli.  I).  weniger  qualificirt  die 
partes  eines  niediatoris  7a\  vertreten;  es  scheint  aber  man  habe  das 
tempus  in  Acht  nehmen  wollen  einige  Vortl  von  den  Holländern  her- 
aus zu  bringen ,  welche  sie  ausser  diesen  Coniunctureu  ihnen  nit  zuge- 
standen hätten.  Man  gibt  auch  vor,  dass  man  hierdurch  intendire  die 
Staaten  General  etwas  mehr  von  Frankreich  zu  detaschiren.  Die  Gefahr 
respectu  der  Schweden  macht  des  Beverningk  Asseveration  geringer,  der 
meldt,  dass  sie  von  Schweden  versichert,  wo  nit  der  Assistenz  doch  der 
Neutralitet.  In  facto  et  in  rei  veritate  kann  ich  ghiiiben,  dass  der  Chur- 
fürst  nit  so  gar  böse  und  weit  aussehende  Intention  hierbei  führe,  als 
man  sonsten  suspiciren  mögte  und  dass  er  nach  geschehenen  Schluss 
nit  nachlassen  werde,  das  Friedenwerk  wie  vorhin  und  vielleicht  noch 
mehr  zu  befördern.  Der  Bischof  von  Münster  gibt  blos  allgemein  gehaltene 
Erklärungen ,  klagt  über  das  Vorgehen  Brandenburgs  und  spricht  die  Befürch- 
tung aus,  es  werde  ihm  nichts  übrig  bleiben,  als  unter  grossen  Opfern  Schweden 
zu  gewinnen.  Der  englische  Gesandte  dürfte  demnächst  mit  möglichst  freund- 
licher Antwort  abgefertigt  werden. 


Goess  an   den  Kaiser.     Dat.  Cleve  20.  Februar  1666.    (Or.) 

[Verhandlungen  mit  Schwerin  und  Blaspeil  über  die  brandenburg-staatische  Allianz, 
über  die  vom  Kaiser  und  Kurfürsten  in  der  Streitfrage  zwischen  Münster  und  den 
Staaten  zu  beobachtende  Politik,    sowie   über  die  Beilegung  der  braudeuburg-neubur- 

gischen  Differenzen.] 

Vom  17.  dieses  habe  ich  E.  K.  M.  allerunterth.  erinnert,  dass  die  -20.  Febr. 
Allianztractaten  zwischen  diesem  Churfiirsten  und  den  Staaten  General 
auf  dem  Schluss  stünden :  nun  seind  eben  denselbigen  Tag  nach  dem 
Essen  der  Baron  v,  Schwerin  und  der  Blaspeil  aus  Befelch  des  Chur- 
fürsten  zu  mir  kommen  und  haben  mir  eben  dies  angedeut:  was  darbei 
hinc  inde  vorgebracht  worden,  ist  dieses.  Uli:  Ich  wüsste  mich  zu  er- 
innern, was  dieses  Allianzwerk  betreffend  unterschiedlich  wäre  gehandelt 
worden;  dass  man  nun  so  weit  darmit  kommen,  dass  I.  Ch.  D.  resol- 
virt  die  Tractaten  zu  schliessen.  Den  Frieden  hätten  dieselbe  sincere 
gesucht,  weilu  aber  derselbe  nit  zu  erhalten  gewesen,  insinuando  als 
hätte  es  bei  dem  Herrn  Bischof  gemanglet,  hätten  sie  auf  ihre  Securität 
gedacht  sein  müssen;  sie  wollten  dannoch  nit  unterlassen  das  Friedens- 
werk ferner  zu  befürdern,  auch  zu  den  Waft'en  nit  greifen,  es  wäre  dann, 
dass  aequae  et  honestae  conditiones  pacis  wollten  ausgeschlagen  werden, 


248      I^'^-  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  IfiGö  —  Mai  1668. 

inassen  dieses  expresse  im  Tractat  inscrirt;  wann",s  dem  Herrn  Bischof 
um  die  Räch  und  ressentimenti  zu  thun,  wie  es  das  Ansehen  hätte, 
vindictae  pkis  quam  satis;  er  hätte  denen  Staaten  General  solchen 
Schaden  zugefügt,  dass  sie  dergleichen  fast  zu  keiner  Zeit  gelitten; 
weiln  sie  dessen  keine  andere  (Kompensation  haben  könnten,  wollten  sie 
wenigsten  in  modo  tractandi  einige  praerogativam  haben  und  mit  dem 
Herrn  Bischof  immediate  nit  tractiren,  er  hätte  sich  dann  erklärt,  dass 
er  propositas  conditiones  acceptire;  wann  ich  aber  darfür  gut  sein  wollte, 
dass  die  vorgeschlagene  conditiones  würden  acceptirt  werden,  würden 
sie  die  Staaten  General  dahin  vermögen,  dass  sie  ad  tractatus  immediatos 
schreiten  würden;  dass  I^  Ch.  D.  Intention  bei  diesem  Werk  ganz  auf- 
richtig; praestare,  dass  sie  darbei  intervenirten,  als  dass  die  Staaten 
General  in  der  so  grossen  Dependenz  von  Frankreich  gelassen  würden; 
dass  der  Churfürst  nit  zusehen  wolle,  dass  ein  einziger  Fuss  Erden  weder 
dem  Reich  noch  dem  Herrn  Bischof  abgenommen,  S.  Ch.  D.  auch  nit 
allein  in  seiner  unterth.  Devotion  gegen  E"".  K.  ^I.  unverrückt  verharren, 
sondern  auch  die  Allianz  mit  deroselben  religiöse  beobachten  würde; 
haben  darbei  an  mich  begehrt,  dass  ich  E"".  K.  M.  das  Werk  also  vor- 
tragen wollte,  dass  diese  P,  Ch.  D.  gefasste  Resolution  nit  ungleich 
möchte  ausgedeutet  werden.  Ego  ad  haec:  Sie  wüssten  sich  gleichfalls 
zu  erinneren,  welcher  gestalt  ich  jederzeit  wohlmeinend  eingerathen  und 
gebeten,  dass  S.  Ch.  D.  in  unverfaugenem  Stand  bleiben,  sich  nit  par- 
teiisch machen,  sondern  neben  E"".  K.  M.  dero  Mediation  einen  guten 
Frieden  zu  stiften  interponiren  wollten,  E''.  K.  M.  consilia  und  Gedanken 
wären  alle  ad  hunc  scopum  gericht,  mit  den  Herrn  Staaten  General 
stünden  dieselbe  in  gutem  Vernehmen,  vergönneten  ihnen  gern,  was 
ihnen  zu  Guten  gereichen  möge;  weiln  aber  für  diesmahlen  diese  Allianz 
I.  Ch.  D.  in  solchem  Stand  setzete,  dass  sie  die  partes  mediatoris  nit 
sowohl  wie  vorhin  hinfüro  würden  vertreten  können,  die  so  starke  Partei 
als  da  gemacht  würde  auch  grosse  Jalousie  erwecken,  und  andere  die 
auf  ihre  Securität  auch  würden  gedacht  sein  ad  similia  foedera  bewegen 
möchten,  als  künnten  sie  leicht  erachten,  dass  E.  K.  M.  ungern  vernehmen 
würden,  dass  loco  restituendae  pacis  zu  grössere  Weitläufigkeit  Anlass 
gegeben  würde.  Ich  meines  Theils  künnte  glauben,  was  sie  wegen  I.  Ch. 
D.  hierbei  führenden  guten  Intention  meldeten;  quibus  argumentis  aber 
würde  man  anderen  und  sonderlich  dem  Herrn  Bischofen  dasselbige  per- 
suadiren?  Was  insinuirt  worden,  als  remorirete  der  Herr  Bischof  trac- 
tatus pacis,  müsste  ich  bekennen,  dass  ich  bei  meiner  mit  ihme  gehabten 


Braudenh.-staatischc  Allianz.   Slüuster-staati.schcr  u.  Neuburg-brandeiih.  Couflict.       249 

Negociation  das  nicht  befunden;  er  hätte  sich  also  erkläret,  dass  meines 
Erachtens  mit  Fug  ein  mehreres  von  ihm  nit  hat  können  begehrt  werden ; 
der  modus  tractandi,  den  die  Staaten  General  vorschreiben,  seie  ja  wider 
allen  Brauch  und  gleichsam  wider  naturam  contractuum.  Die  allzugrosse 
Verachtung  eines  Reichsfiirsten  solle  billich  allen  und  sonderlich  den 
andern  Chur-  und  Fürsten  des  Reichs  propter  exemplum  misfallen;  an 
aequum  oder  verantwortlich,  um  solcher  Punctillen  Willen  einen  grossen 
Theil  der  Welt  in  Combustion  zu  setzen  und  solchen  Krieg  zu  veran- 
lassen, dessen  vielleicht  unser  keiner  das  End  sehen  werd;  als  Blaspeil 
hierbei  interrumpirt,  dass  eben  dieses  bei  den  vorgewesten  Krieg  im 
Norden  practicirt  worden  und  der  Fried  denen  nordischen  Königen 
gleichsam  vorgeschrieben,  habe  ich  replicirt,  dass  dieses  nit  pro  exemplo, 
sondern  pro  scandalo  orbis  et  seculi  nostri  zuhalten;  mir  wäre  bewusst, 
wie  es  darmit  abgeloffen  ;  die  Gesandte^  als  sie  mit  ihrem  Project  auf- 
gezogen, wären  fast  schimpflich  von  dem  König  aus  Schweden  getractirt 
und  abgewiesen  worden,  es  hätte  der  Fried  auch  ehender  nit  können 
geschlossen  werden,  als  bis  die  kriegende  Parteien  per  plenipotentiarios 
suos,  wie  es  sich  gebührt  und  Herkommens,  mit  einander  getractirt  und 
geschlossen;  habe  zum  Beschluss  gemelt,  dass  E.  K.  M.  nit  aussetzen 
würden  ein  Weg  als  den  andern  den  Frieden  zu  befürderen,  exhortando, 
dass  man  ihrerseits  dergleichen  thun  wolle.  Ich  habe  observirt,  dass, 
als  ich  gemelt,  dass  der  Herr  Bischof  der  schwächere  Theil  wäre  und 
daher  der  Fried  bei  ihme  nit  stecken  würde,  dass  ich  auch  nit  wüsste 
zu  combiniren,  dass  man  ihn  einerseits  so  hoch  verachtete  und  ander- 
seits so  grosse  und  dispendiosa  foedera  wider  ihm  machete,  dass  sie  in- 
sinuirt,  als  glaubeten  sie  noch  einigermassen,  dass  etwas  Grosses,  was 
bis  dato  noch  nit  herfürkommen,  hinter  diesen  münsterischen  Wesen 
steckete. 

Ferner  melden  sie.  es  hätte  der  König  in  Frankreich  nitro  seine  Mediation 
angetragen  zu  Componirung  der  zwischen  S''.  Ch.  D.  und  H".  Herzogen 
von  Neuburg  noch  schwebender  Differentien  super  his  statibus  Juliacensi- 
bus'),  ob  E"".  K.  M.  nicht  möchte  beliebig  sein  bei  den  Fürsten  zu  hoher 
kaiserl.  Gnad  dero  kaiserl.  Authorität  auch  bei  diesem  Werk  zu  inter- 
poniren;  respondi,  dass  ich  hierüber  keine  andere  Information  hätte,  als 
was  etwa  discursweis  möge  darvon  sein  gemelt  worden,  dass  ichs  E^ 
K.  M.  unterth.  hinterbringen  wollte;  etwas  habe  ich  blicken  lassen,  als 
käme    mir    fremd    für,     was    sie    von    der    französ.    Mediation    gemelt. 


0     Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  314,  XL  739. 


250      I^'-  Krste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  166.')  —  ilai  1668. 

Blaspeil  ist  vergangenen  Tagen  wiederum  mit  einigen  Neuburgisclien  unter- 
wegs zwischen  Düsseldorf  zusammen  kommen  und  wird  man  zweifels- 
ohne sich  zum  Schluss  näheren  und  etwa  E^  K.  M.  Confirmation  und 
garantiam  darbei  suchen.  Ich  werde  E"".  K.  M.  gnädigsten  Befelch  hierüber 
erwarten. 

Vane  ist  abgereist;  Goess  hat  sich  bemüht  ihm  eine  gute  Meinung  von  des 
Kaisers  Absichten  beizubringen. 


Goess   an   den   Kaiser.     Dat.   Cleve  24.  Febr.   1666.    (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Allianz  mit  den  Staaten  und 
seine  Haltung  in  der  Münsterer  Streitfrage.  Rath  des  Goess.  Jena's  Sendung  zum 
Bischöfe   von    Münster.     Französische    Mediation    in    der    Neuburg-brandenburgischen 

Streitfrage.] 

24.  Febr.  Am    22.  Unterredung   mit  dem  Kurfürsten.     Dieselbe   haben  fast   sorg- 

fältig gesucht  mir  alle  ungleiche  Opinion  von  dieser  dero  Allianz  mit 
den  Staaten  General  zu  benehmen  ^).  Es  seind  darbei  fast  eadem  repetirt 
worden,  was  mit  dem  Baron  von  Schwerin  und  dem  Blaspeil  vorkommen. 
Allein  als  der  Churfürst  zu  einiger  Impatienz  ausgebrochen  und  gemeldt, 
wann  wir  von  Anfang  den  Herrn  Bischofen  inhibirt  hätten,  wäre  es  nit 
so  weit  kommen;  wann  ein  evangelischer  Stand  soviel  wie  er  gethan 
wären  schon  fulmina  vom  kays.  Hof  dargewesen;  es  wäre  kein  Exempl. 
dass  sich  einer  unterstanden,  was  der  Herr  Bischof  da  gethan  etc., 
habe  ich  geantwort,  E.  K.  M.  hätten  nichts  unterlassen,  was  dero 
kay.  Amts  wäre;  man  hätte  deroselben  gleichsam  die  Häud  gebunden. 
Exempla  wären  odiosa  und  könnten  dergleichen  wohl  andere  angezogen 
werden,  innuendo  ipsum  Electorem.  Mein  Bedenken  bei  dieser  Allianz 
wäre  hauptsächlich  dieses,  dass  grosse  Jalousie  hierdurch  gegeben  wird 
und  S.  Ch.  D.  von  dem  proposito  den  Frieden  zu  befürderen  scheinen  ab- 
zuweichen und  die  Kriegsflammen  noch  mehr  anzuzünden.  Darauf  sie 
abermahlen  hohe  und  theure  contestationes  gethan  den  Frieden  zu  desi- 
deriren  und  denselben  zu  wollen  helfen  befürderen.  Der  Herr  Bischof  solle 
nur  Fried  machen,  so  wolle  er  gleich  disarmiren,  es  wäre  sein  Interesse  und 
würde  er  solcher  gestalt  die  Unkosten,  in  welchen  er  sich  stecken  müsste, 
ersparen.  Allergnädigster  Kaiser!  quod  factum,  infectum  fieri  nequit; 
man  hat  nun  dahin  zu   sehen,    dass   man  das  beste  daraus  nehme   und 


')  Vergl.  das  Schreiben  des  Kurfürsten  an  den  Kaiser  d.  d.  Cleve  22.  Feb.  1666. 
Urk.  u.  Act.  XI.  688:  das  Antwortschreiben  des  Kaisers  vom  23.  März  ebendaselbst; 
Anm.  2. 


Der  Kurfürst  uud  die  Staaten.    Jeua's  Verliaudlungeii  mit  dem  Müiistercr.  251 

grösser  Unheil  abwende;    welcher  der  Zweck  ist,    wohin  ich  nun    meine 
Negociatiou  einrichte. 

Friedrich  Wilhelm  hat  .Jena  zum  Bischöfe  von  Münster  geschickt,  um  ihn 
zu  Friedensverhandlungen  zu  vermögen  ^).  Schwerin  fordert  den  Goess  auf  die 
guten  Beziehungen  des  Kurfürsten  zum  Wiener  Hofe  durch  geschicktes  Benehmen 
zu  erhalten  und  Berathimgen  zu  pflegen,  wie  man  sich  verhalten  solle,  wenn  es 
doch  vivente  rege  zur  Wahl  in  Polen  kommen  sollte.  Betreffend  des  Königs 
aus  Frankreich  Mediation  in  causa  Juliacensi,  hat  der  König  den  Lerodt, 
als  er  zu  Paris  wäre,  dieselbe  angetragen,  welche  der  Herzog,  sein  Herr, 
nit  ausschlagen  können;  gäbe  zu  verstehen,  dass  man  die  Tractateu  vor- 
hcro  schliessen  und  dem  König  hernacher  honoris  causa  darzunchmen 
künnte.  .  .  .     Der  Kanzler  Jena  betheuert  seine  gute  Gesinnung. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  3.  März  1666.    (Or.) 

[Abschluss    des    staatisch-brandenhurgiscben  Bündnisses.     Erklärungen   des  Bischofes 

von  Münster  an  Jena.] 

Schreiben  vom  11.  Februar  erhalten,  worin  ihm  befohlen  wird,  welcher  S.März, 
gestalt  ich  mich  dahin  zu  bemühen,  dass  dieser  Churfürst  ausser  Partei 
und  neutral  bleiben  möge.  Aas  des  Gesandten  Schreiben  vom  20.  und  24.  Fe- 
bruar wird  der  Kaiser  den  erfolgten  Abschluss  des  Bündnisses  und  des  Gesandten 
fernere  Unterhandlungen  ersehen  haben.  Der  Bischof  von  Münster  hat  sich 
Jena  gegenüber  bereit  erklärt,  die  Verhandlungen  zu  beginnen,  Aachen  als 
Verhandlungsort  vorgeschlagen  und  den  Kaiser,  Brandenburg,  Cöln,  Neuburg, 
Bischof  von  Paderborn-)  und  Herzog  August  von  Wolfenbüttel  als  Mediatoren 
gewünscht  ^).  Der  Kurfürst  ist  zufrieden,  macht  sich  Hoffnung  auf  Erfolg ;  Goess 
zweifelt  an  der  Aufrichtigkeit  des  Münsterers. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  10.  März  1666.    (Or.) 

[Frage  der  Zuziehung  des  Kaisers  als  Vermittler  in  der  Diiferenz  des  Bischofes  von 
Münster  und  der  Staaten.  Erklärungen  Frankreichs  in  dieser  Angelegenheit.  Blas- 
])eirs    Mission    nach    dein    Haag.     Colbert's  Erklärungen.     Stellung    des  Herzogs   von 

Wolfenbütte].] 

Der  Bischof  von  Münster  hat,  wie  aus  des  Jena  Berichten,  die  dem  Goess  10.  Mär/,, 
auszugsweise    vorgelegt    wurden ,     zu    ersehen ,     dem    Kurfürsten    freigestellt, 
Goess  zu  den  Tractaten   zu   ziehen.     Nun  habe  ich    dem  Herrn  Bischof  E''. 


')     Ueber  diese  Sendung  Jena's  Urk.  u.  Act.  IX.  689ff.;  Tücking  1.  c.  142. 

-)     Ferdinand  v.  Fürstenberg. 

")     Vergl.  Urk.  n.  Act.  XI.  693;  Tücking  1.  c.  142. 


252      IV.  Erste  Mission  des  Frciherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  16G5— ^ilai  16G8. 

K.  M.  Mediation  zu  Coesfeld  angetragen,  der  dieselbe  auch  damahlen 
acceptirt.  Ich  habe  doch  aus  E"".  K.  M.  P.  S.  vom  5.  Januarii')  so  viel 
vermerkt,  |:dass  dieselbe  zwar  gern  diesen  Frieden  befürderter  sehen 
thäten,  doch  dass  man  wegen  der  dabei  angedeuten  Ursachen  behut- 
sam darin  zu  gehen  und  andern  den  Schein  der  Negociation  lieber  zu 
überlassen  :|.  Auch  sei  es  zweifelhaft,  ob  die  Staaten  die  Mediation  des  Kaisers 
zulassen  würden.  Friquet  hat  Goess  wissen  lassen,  dass  der  d'Estrades  gegen 
dem  Pensionario  de  Witt  gemelt,  dass  sein  König  zwar  in  den  Frieden 
mit  Münster  consentiren  wolle,  doch  unter  diesen  2  ausdrücklichen  con- 
ditionibus;  1°.  dass  die  Tractaten  unter  E''.  K.  M.  Mediation  nit  vorge- 
nommen würden;  2°.  dass  der  Herr  Bischof  disarmiren  müsste.  Bittet 
daher  um  Instruction,  ob  er  sich  an  den  Friedensverhandlungen  officiell  bethei- 
ligen soll.  Die  Staaten  haben  bisher  sich  geweigert,  sich  in  feierliche  Ver- 
tragsunterhandlungen mit  dem  Bischöfe  einzulassen.  Blaspeil  ist  nach  dem  Haag 
gereist,  um  die  Staaten  dazu  zu  bewegen  und  die  Auszahlung  der  Gelder  zu 
urgiren-).  Viel  kommt  auf  Frankreichs  Stellung  an.  Der  Colbert  sagt,  dass 
sein  König  den  Frieden  desiderire  und  dass  er  Ordre  habe,  solang  dahie 
zu  verbleiben,  bis  derselbe  geschlossen^);  von  dem  Graf  Wilhelm  von 
Fürstenberg  rapportirt  er,  dass  Chur  Colin  und  der  Herzog  von  Neu- 
burg propositas  conditiones  pacis  so  aequitabl  befinden,  dass  sie  zu  An- 
nehmung derselben  den  Herrn  Bischof  nicht  allein  adhortiren,  sondern 
in  casum  renitentiae  darzu  necessitirn  helfen  wollen ').  Der  Kurfürst 
tlieilt  Goess  mit,  dass  der  Herzog  von  Wolfenbüttel  auf  die  Seite  der  mit  den 
Holländern  Verbündeten  getreten  ist. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  13.  März  1666.  (Conc.) 

[Nothwendigkeit    des    Friedens    zwischen    Münster    und    den    Staaten.     Billigung  der 

Bemühungen  des  Goess  in  dieser  und    der  Frage   des  Ausgleiches   zwischen  Neuburg 

und  Brandenburg.     Erneuerung  der  Allianz  von   1658.] 

13.  März.  Da  nach   den  Berichten   des  Gesandten   die  Sache   bereits   zum  Abschlüsse 

zwischen  Brandenburg  und  den  Staaten  gelangt  ist,  hat  Goess  alles  aufzubieten, 
damit  der  Vergleich  zwischen  Münster  und  den  Staaten  geschlossen  wird;  dem 
Münsterer  insbesondere  möge  er  vorhalten,  wie  nothwendig  es  für  ihn  sei, 
Frieden  zu  schliessen,  da  das  verhoffte  Bündnis  zwischen  Spanien  und  England 


')     Liegt  vor.     Inhalt  aus  dem  obigen  zu  entnehmen. 
2)     Vergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  694f.;  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  374f. 
^)     Für  Frankreichs  Haltung  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  II.  348 ff. 
*)     üeber   Colbert's  Verhandlungen    mit   Wilhelm    Fürstenberg    vergl.    Urk.    und 
Act.  II.  358  f. 


Münster-staatischer  Conflict.     Brandenburg-staatische  Allianz.  253 

SO  lange  nicht  erfolgt  sei.  Desgleiclieu  billigt  der  Kaiser  den  Plan  der  Aus- 
söhnung zwischen  Brandenburg  und  Neuburg  und  ertheilt  Goess  den  Befehl, 
alles  was  in  seiner  Macht  steht,  zur  Beförderung  dieser  Angelegenheit  zu  tlum, 
spricht  jedoch  zu  gleicher  Zeit  sein  Verwundern  darüber  aus,  dass  fremde 
Potentaten  in  diese  Sache  hineingezogen  würden.  Der  Kaiser  fordert  Goess 
schliesslich  auf  nochmals  die  Erneuerung  des  alten  Vertrages  von  1658  bei 
Brandenburg  vorzuschlagen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  17.  März  1666.    (Or.) 

[Abschluss  der  brandenburg-staatischen  Allianz.  Erklärungen  des  Kurfürsten  bezüg- 
lich derselben.  Unterredung  des  Goess  mit  den  Brandenburgern  über  die  dem  Bischöfe 
gestellten  Bedingungen.  Wicquefort.  Buschmann.  Geschenk  der  Franzosen  an  die 
Kurfürstin.  Schwerin's  Mittheilungeu  über  die  Friedenspropositiouen  der  Staaten. 
Ermahnungen  des  Mainzers.] 

Goess  übersendet  ein  Exemplar  des  staatisch-brandenburgischen  Vertrages;  17.  jjärz. 
er  vermuthet,  dass  Secretartikel  gemacht  worden  sind.  Zwar  protestirt  S.  Ch. 
D.,  dass  sie  nicht  zusehen  wollen,  dass  dem  Reich,  weder  dem  Herrn 
Bischof  ein  einziger  Fuss  Erden  entzogen  werde,  quod  ego  tamen  cum 
grano  salis  intelligo  und  wollte  mich  nit  gern  darauf  verlassen,  wann  es 
ad  arma  käme  und  sie  grosse  Progressen  darbei  thäten.  Die  neuen  Be- 
dingungen der  Staaten  scheinen  dem  Goess  sehr  hart,  er  hält  dies  für  eine 
Folge  des  Bündnisses  der  Staaten  mit  Brandenburg  und  sagt  dies  auch  dem 
Kurfürsten,  welcher  aber  wie  seine  Räthe  gegen  den  Bischof  in  heftige  Klagen 
ausbrechen.  Ich  kann  änderst  nicht  sehen,  als  dass  I.  Ch.  D.  serio  den 
Frieden  verlangen,  das  sehen  sie  aber  auch  nunmehr,  dass  sie  denselben 
anietzo  nit  also  wie  in  statu  neutralitatis  mit  Nachdruck  befürderen 
können.  Gut  ist,  dass  Jena')  sich  noch  aequanimem  erga  episcopum 
bezeige  und  ist  zu  verhoffen,  dass  er  |:die  articulos  zu  welcher  Aufsatz 
er  concurrirt,  als  raisonable  wird  helfen  manuteniren;  ich  habe  aber 
nicht  lassen  auf  die  Erd  fallen,  was  der  Churfürst  gegen  mich  :|  in  discursu 
gemeldt,  dass  nemlich  der  Colbert,  als  er  die  von  Jena  eingeschickte  articu- 
los provisiouales  gesehen,  dieselbe  für  billich  und  darfür  gehalten,  dass  die 
Staaten  General  kein  Bedenken  darbei  haben  sollten.  So  habe  ich  I.  Ch. 
D.  auch  erinnert,  dass,  als  sie  mir  eben  diese  conditiones  nach  Coesfeld 
nachgeschickt,  sie  damahleu  darbei  gemeldt^  dass  sie  dieselbe  zu  hart 
befunden  und  daran  sein  würden,  dass  sie  möchten  gemildert  werden. 
Goess  drängt  darauf,  dass  Schmising  und  Beveruingk  hieher  kommen,  damit 
man  mit  Nachdruck  in  der  Ausgleichfrage   verhandeln  könne.     Es  ist  ein  ge- 


')     üeber  Fr.  v.  Jena's  Sendung  in  dieser  Sache  Urk.  u.  Act.  XI.  689  ff. 


254      I^-  K'^^ite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1660  —  Mai  1668. 

wisser  Wicquefort,  von  dem  E.  K.  M.  werden  gehört  habeu,  der  in 
Holland  in  den  Intriguen  gar  viel  gebraucht  wird,  vergangenen  Tagen 
dahie  gewest;  der  hat  gegen  einem  in  Vertrauen  gemeldt,  dass  man  in 
Holland  den  Frieden  sehr  von  IS^öten  habe.  .  .  .  Von  Schweden  hat 
man  zwar  gute  Opinion  und  begehrts  anderen  auf  alle  Weis  zu  inpri- 
miren,  dass  dieselbe  wenigsten  werden  neutral  bleiben.  Der  kiiiköll- 
nische  Kanzler  Buschmann  war  hier'),  einen  Tag  nur.  Er  hat  sich  Goess  gegen- 
über über  den  Bischof  von  Münster  und  dessen  Kampf  beklagt;  aber  erklärt, 
auch  seni  Herr  glaabe,  man  müsse  die  Rechte  des  Bischofes  auf  Borkelo  aufrecht- 
erhalten und  einen  Ausgleich  auf  gütlichem  Wege  in  diesem  Punkte  versuclien. 
Colbert  hat  ein  schönes  Geschenk  für  die  Kurfürstin  aus  Paris  erhalten,  als  Dank 
für  die  Erlaubnis  das  Taufpathenamt  bei  dem  Prinzen  Friedrich  ausüben  zu  dürfe«. 
Es  ist  ein  Ameublement,  grosse  Leuchter  und  vieles  andere.  Goess  meint  auch 
der  Kaiser  sei  Schuldner  ex  eadem  occasione. 

Indem  ich  mit  der  Post  occupirt ,  ist  der  Baron  von  Schwerin 
zu  mir  kommen  und  referirt,  dass  der  Blaspeil  aus  dem  Haag  schreibe, 
dass  mau  in  Holland  nun  die  vor  diesem  projectirte  conditiones  fast  nit 
halten  wolle;  der  Herr  Bischof  hätte  dieselbe  nit  augenommeD,  sie  wären 
nit  daran  gebunden;  laesas  provincias  spirare  vindictam.  Niemand 
zeigete  nun  bessere  Intention  zum  Frieden,  als  der  de  Witt.  . . .  Ich  habe 
insinuirt,  dass  eben  dieses  alles  fructus  electoralis  novi  foederis  wären; 
das  foedus  aber  künnte  I.  Ch.  D.  nit  verbinden,  dass  sie  unbilligen  Dingen 
beifallen  müssten.  Wann  man  in  Holland  solche  Resolution  bei  dem 
Churfürsten  verspüren  würde,  hätte  man  zu  hoffen,  dass  sie  sich  bes.ser 
zur  Raison  legen  würden.  Non  negabat,  dass  sie  nun  nicht  so  frei 
sprechen,  noch  operiren  künnten,  dass  gleichwohl  die  conditiones  also 
gethan,  dass  der  Herr  Bischof  sich  darmit  befriedigen  künnte.  Au 
Borkelo  esse  tanti,  dass  man  sich  in  einem  gefährlichen  Krieg  darum 
einlassen  sollte?  Die  Schweden  würden  Interim  Bremen  occupiren,  mit 
des  Reichs  und  sonderlich  der  Benachbarten  höchsten  Schaden;  das 
Haus  Lüuenburg  würde  es  ungern  sehen  und  doch  geschehen  lassen 
müssen.  Facta  pace  würden  die  Schweden  dieses  Werk  nit  leicht  ten- 
tiren  und  mehr  Reflexion  auf  die  Benachbarte  machen  müssen. 

Der  Mainzer  ermahnt  den  Kurfürsten  den  Frieden  zwischen  den  Staaten 
und  dem  Bischöfe  von  Münster  zu  befördern. 


')     lieber  die  kölnisch-braudenburgisehen   Beziehungen   dieser  Zeit  ürk.  u.  Act. 
XL  706  ff. 


Verhandlungen  d.Geueralstaaten  mit  Münster.  Tlieilnahrae  d.  Kaisers  an  denselben.      255 

Der  Kaiser  an   Goess.     Dat.  Wien  23.  März  1666.    (Copie.) 

[Tbeiluahme    des  Kaisers   an   den  Friedensverhandlungen    zwischen  Münster   und    den 

Staaten.] 

Berichte  vom  3.  und  10.  März  erhalten.  Anlangend  ob  du  dich  des  -3.  März, 
officii  bei  Fortgang  der  Tractaten  sollst  annehmen,  stellen  wir  ausser 
allen  Zweifel,  nachdeme  wir  uns  dessen  vorhin  nicht  allein  gegen  beiden 
kriegenden  Parteien,  sondern  auch  seithero  allhier  gegen  dem  könig- 
lichen engelländischen  Abgeschickten  ')  ausdrücklich  erklärt  und  uns 
destwegen  aller  Hilfleistung  für  ein  und  andern  Theil  entschuldiget,  .  .  . 
sowohl  auch,  weil  die  Cron  Spanien  nunmehr  selbst  den  ihrigen  zu 
solchen  Tractaten  zu  concurriren  befohlen  und  solches  um  so  viel  mehr, 
weilen  uns  als  einen  römischen  Kaiser  bei  dieser  das  heil.  röm.  Reich 
so  hoch  concernireuden  Sach  die  Hand  zu  haben  vor  allen  andern  ob- 
liegen will,  dessen  wir  uns  um  so  viel  weniger  zu  begeben,  je  mehr 
und  ungescheueter  die  Krön  Frankreich  sich  darein  zu  schlagen  und  uns 
darvon  auszuschliessen  sich  bemühen  will. 

Dem  Kaiser  wäre  es  lieber,  wenn  die  Verhandlungen  nicht  in  feierlicher 
Weise  geführt  würden,  weil  man  so  schneller  zum  Abschlüsse  kommen  würde. 
Er  übersendet  Goess  Vollmacht  für  die  Verhandlungen  und  für  die  Garantie  des 
eventuell  zustande  kommenden  Vertrages. 

Bei  denen  Tractaten  aber  wirst  du  sonderlich  dahin  zu  gehen  haben, 
dass  uns  und  dem  heil.  Reich  nichts  benommen,  des  Bischofs  zu  Münster 
Altesse  da  möglich  und  die  Sach  an  sich  selbsten  als  wie  vorgegeben 
wird,  beschaffen,  Borkelo  verbleiben,  auch  im  übrigen  die  conditiones 
pro  re  et  tempore  auf  das  leidlichste  eingerichtet  und  der  Schluss  ehist 
befürdert  werde,  sonderlich  aber  wohl  in  Acht  zu  nehmen,  dass  die 
Sicherheit  des  Friedens  also  bestellt  werde,  damit  sich  nicht  weniger 
ein  als  der  ander  Theil  darauf  zu  verlassen  habe. 


Goess   an   den  Kaiser.     Dat.  Cleve  23.  März  1666.    (Copie.) 

[Nachrichten  vom  Abschlüsse    einer    spanisch-englischen  Allianz  und   eines  spanisch- 
portugiesischen Waifenstillstandes.     Verhandlungen  bezüglich   der  Münster-staatischen 
Differenz.     Brandenburg-schwedische  Allianz.] 

Der  Kaiser  wird  wohl  schon  des  Goess  Bericht  vom  17.  März  und  die  mit  23.  März, 
demselben  übersandte  Abschrift  des  Allianztractates  zwischen  Brandenburg  und 
den  Staaten  erhalten  haben.     Seitdem  ist    die  Nachricht  vom  Abschlüsse   einer 


')     Lord  Carlingford. 


256      ^^-  Eiste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  16G5  — Mai  16G8. 

Allianz  zwischen  Spanien  und  England  und  eines  Waffenstillstandes  zwischen 
Spanien  und  Portugal  eingetroffen').  Schmising^)  ist  am  17.  hieher  gekommen, 
hat  die  Bereitwilligkeit  seines  Herrn  sich  den  Bestimmungen  der  Mediatoren  zu 
fügen  ausgedrückt.  Der  Churfürst  ist  ziemlich  auf  dem  haagischen  Pro- 
ject  bestanden,  als  dem  Friquet  dasselbe  imputirend  und  excusirend, 
dass  nun  schwer  fallen  würde  hiervon  abzuweichen,  als  man  aber  ver- 
merkt, dass  ich  den  Schmising  informirt,  wie  es  mit  diesem  Project 
bewandt  und  wie  dasselbe  von  dem  Pensionario  de  Witt  entworfen,  hat 
mau  nacher  gemelt,  dass  P.  Ch.  D.  ministri  in  dem  Haag  parte  darbei  ge- 
habt und  aequitatem  conditionum  propositarum  behaupten  wollen.  Auf  die 
Nachricht,  dass  Beverningk  von  Seiten  der  Staaten,  die  den  Verhandlungen  nicht 
mehr  so  entgegenstehen,  nach  Cleve  gesendet  werde,  sucht  man  allerseits  alles 
für  die  Verhandlungen  vorzubereiten^). 

P.  S.  Der  Churfürst  hat  mir  erzählt,  dass  nachdem  die  Nachricht 
seiner  mit  den  Holländern  geschlossener  Allianz  nach  Stockholm  kommen, 
die  schon  lang  vorgehabte  Allianz  mit  der  Cron  Schweden  alsobald 
darauf  zur  Richtigkeit  kommen^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  14.  April.  1666.   (Or.) 

[Nenburg-brandenburgische  Verhandlungen.  Königswahl  in  Polen.  Deputirte  für  die 
Verhandhmgen  bezüglich  des  staatisch-münsterischeu  Friedens.  Antheilnahme  des 
Goess  an  den  Beralhungen  über  das  staatische  Friedensproject.  Fiesultate  derselben. 
Ankunft  des  dänischen  Gesandten.  Postwesen.  Jägerndorf.  Erneuerung  des  Bünd- 
nisses von  1658.  P.  S.  Urtheil  des  Goess  über  die  allgemeine  Lage.  Pläne  Frank- 
reichs, der  Staaten.  Erklärungen  Wilhelm  Fürstenberg's.  Urtheil  des  Goess  über  des 
Brandenburgers  Pläne.     Friedensneigung  des  Bischofes  von  Münster.] 

14.  April.  Was    den   Punct    der    zwischen  dem   Churfürsten    und   dem  Herzog 

von  Neuburg  obhandener  gütlichen  Tractaten  über  das  jülich'sche  Suc- 
cessionswerk  betrifft,  hat  der  Churfürst  mit  unterthänigen  Dank  ange- 
nommen, dass  E.  K.  M.  gedachte  Tractaten  gnädigst  begehren  zu  befür- 
deren.  Des  Königs  aus  Frankreich  hierbei  offerirter  und  acceptirter 
Mediation   wegen,    hat  er  die  Schuld  dessen  auf  dem  Herzog  von  Neu- 


')  Die  Nachrichten  waren  nicht  richtig.  Vergl.  für  diese  Verhältnisse  Klopp 
1.  c.  I.  126ff.,  131;  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  22f. 

■^)  Martthias  Koiif,  genannt  Schmising,  münsterischer  Domherr;  vergl.  über 
seine  Sendung  ürk.  und  Act.  XI.  702f,  TlOff.,  IL  371:  Alpen  1.  c.  716;  Tücking 
1.  c.  143. 

^)     Für  die  Verhandlungen  Beverningk's  vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  329£f.,  III.  166ff. 

*)  Allianz  vom  27.  März  1666;  vergl.  Mörner  I.  c.  277fF.;  vergl.  Urk.  und  Act. 
IX.  818 f.;  Puf.  1.  c.  IX.  70. 


Neuburg-brandenburgisehe  Verhandlungen.     Siaatisch-müasterischer   Friede.      257 

bürg  geworfen.  Nachdem  dieser  die.se]be  angenommen,  wüsste  er's  seiner 
Seit  nit  auszuschlagen.  Bezüglich  der  polnischen  Wahl  betont  Goess,  der 
Kaiser  wünsche,  dass  den  Polen  ihre  Wahlfreiheit  gelassen  und  zu  Lebzeiten  des 
regierenden  Herrschers  überhaupt  keine  Wahl  vorgenommen  werde.  Die  Vertreter 
der  verschiedenenMächte.  Beverningk  für  die  Staaten;  Schmising  und  Wiedenbrück 
für  Münster;  Schönborn  '),  Patz-)  und  Gudenus^)  für  Mainz;  Wilhelm  Fürstenberg 
und  Kanzler  Buschmann  für  Köln;  Giese'*)  für  Neuburg,  sind  eingetroffen,  nach 
ihnen  dann  der  Wolfenbüttler  Heimburg;  der  cellische  Vertreter  Dr.  Müller^); 
Dechant  Kotier*^)  für  Paderborn;  zuletzt  Grote')  und  Dr.  Hugo-)  als  Vertreter 
Hannovers.  Von  Brandenburg  sind  Schwerin  und  Blaspeil  abgeordnet  worden; 
diese  erklären  dem  Goess  gleich,  die  Staaten  dürften  bei  dem  Haager  Projecte 
nicht  bleiben  wollen.  Nachdem  Beverningk  den  brandenburgisclien  ein  Project 
übergeben,  wird  bei  Goess  über  dasselbe  berathen.  Goess  betont,  die  Haupt- 
sache sei,  dass  alles  im  vorigen  statum,  wie  es  vor'm  Krieg  gewesen, 
hergestellt  und  die  Strittigkeit  wegen  Borkelo  durch  ein  Compromis, 
wann  kein  sequestrum  zu  erhalten,  abgethan  würde,  ersucht  die  Vertreter 
Brandenburgs  mit  Beverningk  zu  sprechen  und  ein  neues  Project  zu  verfassen. 
Dies  geschieht,  doch  weicht  das  neue  Project  von  dem  Beverningk's  in  keinem 
wesentlichen  Punkte  ab.  Die  Käthe  Friedrich  Wilhelms  erklären,  sie  hätten 
von   Beverningk  nicht  mehr  erhalten  können. 

Am  2.  April  erhält  Goess  die  Vollmachten  zur  Mediation  und  zur  Er- 
neuerung des  Bündnisses  von  1658.  Da  der  Münsterer  ihn  schon  gebeten  hatte 
zu  interveniren ,  begibt  sich  Goess  zum  Kurfürsten  und  erklärt  demselben, 
dass  das  Werk  (Einigung  zwischen  Mün.ster  und  den  Staaten)  mit  besseren 
Nachdruck  müsste  angegriffen  werden,  wollte  man  änderst  daraus  kommen. 
Wann  I.  Ch.  D.  daran  sein  wollten,  dass  die  Staaten  General  das  haagische 
Project  mit  sammt  dem  Temperament  in  puncto  Borkelo  hielten  und  in 
den  übrigen  Punkten  einige  billichmässige  Moderation  litten,  wollte  ich 
mich  bemühen,  die  bischöflich-münsterische  dahin  zu  disponiren.  Habe 
viel  rationes  angezogen,  warum  der  Churfiirst  dieses  zu  thun.  Seine 
Allianz  mit  den  Staaten  General  thäte  ihn  zu  mehreren  nicht  verbinden 
und  könnte  ich  nit  glauben,  dass  S.  Ch.  D.,  als  so  ein  genereuser  Herr, 
den  Namen  haben   wollten,    dass,    was  sie  einraahl   approbirt,    nun    um 


')  Melchior  Friedrich  von  Schöuborn. 

■'O  Heinrich  Patz. 

^  Job.  Christ.  Gudeniis. 

■•)  Franz  Giese. 

■'')  Ernst  August  Müller. 

^)  Caspar  Philipp  v.  Ketler;  neben  diesem  auch  Joh.  Adam   v.  Fürstenberg  und 

Conrad  Meinders. 

')  Otto  Grote. 

*)  Ludolf  Hugo 

Mater,  z.  Gesell,  il.  G.  Kiirfüisteii.     XIV.  1  ( 


258      I^-    Kiste  Mission  des  Freiiierrn  Johann   von  Goess.     Jan.  1GG5 — Mai  IHGS. 

einige  geringe  Beneficien  oder  Nutzbarkeiten  disapprobiren  wollten. 
Der  Kurfürst  hat  versprochen,  was  er  kann,  zu  tliun.  Von  ihm  ist  Goess  zu 
den  Vertretern  des  Biscliofes  von  Münster  geeilt,  und  habe  sie  nach  vielen 
Difficulteten  vermögt,  dass  sie  sich  zu  obangedeuter  Intention  be- 
quemet; doch  dergestalt,  dass  sie  auf  sich  nahmen,  I.  F.  G.  von  Münster 
dahin  zu  disponiren,  dann  sie  wären  hierzu  nit  instruirt.  Darauf  beruft 
Goess  für  den  Nachmittag  alle  Räthe  zu  einer  Versammlung  in  sein  Haus. 
Nach  Beilegung  ceremonieller  Streitigkeiten  erklären  die  Vertreter  des  Branden- 
burgers, Beverningk  wolle  von  dem  haagischen  Project  wegen  Borkelo  nichts 
wissen;  er  erklärete  sich  in  hoc  puncto  also:  dominium  directum  in  Bor- 
kelo maneat  Domino  Episcopo;  renunciet  iuri  superioritatis,  salvis  iuribus 
imperii.  Den  änderten  Tag  hernach,  als  man  den  Artikl  mit  Vorbei- 
gehung der  Renunciation  hiernach  eingericht,  haben  die  churbranden- 
burgische,  nachdem  sie  mit  Beverningk  daraus  conferirt,  zurückgebracht; 
Beverningk  disputire  zwar  das  ins  directum  dem  Herrn  Bischof  nit,  er 
wolle  es  aber  in  dem  articulo  nit  haben').  Die  Sach  gienge  den  Staaten 
nit  an,  man  möchte  sehen,  wie  man  den  Grafen  von  Styrum  mit  dem 
Herrn   Bischof  vergliche^).    .  .  . 

E.  K.  M.  kurz  zu  referiren,  worin  unsere  consultatioues  bestanden, 
seind  dieselbe  über  diese  4  Puncten  hauptsächlich  gewesen.  1".  wegen 
Borkelo;  2°.  wegen  Renunciation  auf  allen  Praetensionen ;  3'^.  wegen  Ab- 
dankung der  Völker  und  limitirter  Anzahl  derienigen,  so  der  Herr  Bischof 
zu  behalten  und  4°.  wegen  künftiger  Werbung.  Die  Renunciation  iuri 
superioritatis  auf  Borkelo  retento  dominio  directo  et  salvis  iuribus  imperii, 
haben  endlichen  alle  darfür  gehalten,  dass  der  Herr  Bischof,  wann  man 
staatischer  Seiten,  nit  darvon  abstehen  wollte,  amore  pacis  dieselbe  thun 
möchte,  wie  nit  weniger  die  andere  auf  den  übrigen  Praetensionen, 
die  man  vagas  nennt  und  darvon  ohne  das  nit  viel  zu  hoffen  seie. 
Den  3.  Punct  der  Restriction  der  Völker  auf  2000  Mann,  so  der  Herr 
Bischof  nach  der  Abdankung  allein  zu  behalten,  haben  alle  tanquam 
summum  praeiudicium  iurium  principum  imperii  sehr  empfindlich  auf- 
genommen, wie  nit  weniger,  wann  man  in  4"  puncto  potestatem  conscri- 
bendi  militis  ultra  coustitutiones  imperii  restringiren  wollte.    Die  Münsteri- 


')  üeber  den  Gang  der  zu  Cleve  geführteu  Verlianuiuugeii  vergl.  Uik  u.  Act. 
XI.  TlOff.:  II.  ;i82fF 

-)  Graf  Jodocus  von  Liiuburg-Styrum;  ül)er  seine  Bedeutung  —  er  hatte,  wie 
seine  Vorfahren,  als  Verwandter  des  letzten  rechtuiässigen  Inhabers  der  Herrschaft 
Borkelo  auf  dieselbe  Ansprüche  erhoben  und  als  diese  von  dem  Bischof  von  Münster 
nicht  berücksichtigt  wurden,  sich  an  die  Regierung  von  Geldern  gewendet  —  vergl.  Urk. 
u.  Act.  XI.  GI.'j. 


Goess  und  die  Miinster-staatisclien  FriedensverhandUmiren.  259 

sehen  haben  sich  bereit  erklärt  ihrem  Herrn  von  den  Resultaten  dieser  Be- 
sprechungen Mittheilung  zu  machen.  Goess  spricht  im  Sinne  der  Beilegung  mit 
Beverningk,  der  aber  erklärt,  wann  der  Herr  Bischof  propositas  conditiones 
nicht  annehmen  wollte,  er  Befelch  hätte,  zu  abrumpireo  und  nach  Haus 
zu  kehren,  welche  minas  er  gar  dextre  zu  Hof  und  anderwerts  hat 
wissen  zu  intentiren;  daran  doch  ich  meines  Orts  mich  nit  viel  gekehrt, 
sondern  mit  Glimpf  geantwortet,  dass  ich  verhoffete,  er  würde  es  nicht 
thun,  sondern  vielmehr  das  Friedenwerk  bis  zum  völligen  Schluss  helfen 
beförderen;  wanns  aber  anders  geschähe,  so  würden  wir  ein  Wegs  als 
den  andern  unsere  officia  mediationis  continuireu  und  der  ganzen  Welt 
bekannt  machen,  dass  es  an  uns  nit  gemangelt,  dass  der  Fried  nit  erfolgt. 
Der  dänische  Gesandte,  Detlef  von  Ahlefeld,  ist  ruch  hier  angekommen,  er  soll 
I)ezüglich  Delmenhorst  Verhandlungen  pflegen.  Goess  hat  dem  Friquet  von  dem 
Staude  der  Verhältnisse  genauen  Bericht  erstattet,  damit  derselbe  im  Haag 
operiren  könne. 

Ich  befinde,  dass  der  de  Witt  die  Sach  viel  mehr  sucht  zu  facili- 
tiren,  als  der  Beverningk  allhier.  Zwar  sagen  die  churbrandenburgische, 
der  de  Witt  gebe  gute  Wort  und  wann's  zum  Werk  komme,  suche  er 
Ausflucht,  der  Beverningk  aber  gehe  viel  runder  und  aufrechter  um. 
Quidquid  sit,  ich  halte  pro  indubitato  und  hätte  mir  getrauet,  dass  wir 
viel  besser  mit  dem  durch  dem  Friquet  angefangenem  modo  tractandi 
fortgekommen  wären,  als  auf  die  jetzt  angefangene  Weis. 

Nach  neuen  Berathungen  fordert  man  von  Beverningk  eine  endgültige  Ent- 
scheidung; er  übergibt  durch  die  Brandenburger  ein  Project,  dass  er  als  Ulti- 
matum bezeichnet.  Die  Churbrandenburgische  hielten  darfiir,  dass  wann 
man  dies  Project  annähme,  die  Sach  darmit  abgethan  sein  würde. 
Die  Vota  der  Chur-  und  Fürsten  seind  dahin  gangen,  dass  man  denen 
Münsterischen  anzudeuten,  dass  die  mediatores  darfür  hielten,  dass  der 
Herr  Bischof  amore  pacis  in  der  Renuuciation  super  iure  superioritatis 
in  Borkelo  salvis  iuribus  imperii  einwilligen  möchte.  Was  in  puncto 
exauctorationis  gesetzt  wurde,  hierin  thäte  man  1.  F.  G.  weder  zurathen 
noch  widerrathen;  sie  würden  momenta  rerum  und  ihren  Zustand  am 
besten  kennen  und  dero  resolutiones  hiernach  wissen  zu  nehmen.  Wann 
aber  die  bischöflichen  pressirt  und  gefragt,  wann  sie  den  mediatoribus 
deferiren  und  dannoch  die  Staaten  den  Frieden  ausschlagen  würden,  was 
für  Assistenz  man  zu  gewarten,  hat  man  die  Achsel  geschupft  und  sich 
defectu  instructionis  excusirt.  Und  wäre  zu  wünschen  gewesen,  dass 
solches  intra  consessus  parietes  verblieben;  nachdem  aber  solche  dispo- 
sitiones   auf  unserer  Seiten   nit  allein   gemerkt,    sondern  auch  zuweilen 

17* 


260      I^'-    E'"«te  Mission  des  Freiheirn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665- Mai  16G8. 

gestanden  worden,  ist  leicht  zu  erachten,  dass  man  sich  um  so  viel 
mehr  auf  der  andern  Seiten  gestärkt  und  den  postulatis  inhaerirt. 
Giese  und  Grote  sind  mit  Wiedenbrück  zum  Bischöfe  von  Münster  geeilt,  um 
ihn  zur  Annahme  der  staatischen  Bedingungen  zu  bewegen. 

Ich  sehe,  dass  man  dahie  praesupponirt,  dass  der  Herr  Bischof 
propositas  conditiones  annehmen  werde  und  wann  gesagt  wird,  dass  sie 
gleichwohl  in  etlichen  Stücken  allzuhart,  so  antwort  man,  dass  die  Maul- 
schellen, welche  der  Bischof  den  Holländern  gegeben,  noch  viel  härter; 
auch  da.sjenige,  was  ihm  bei  ausschlagenden  Frieden  zu  gewarten  stehet, 
noch  viel  härter  fallen  werde. 

Das  Postwesen  betreffend,  wird  Goess  wiederholt  angegangen,  ob  die  Ent- 
scheidung des  Kaisers  auf  das  Begehren  des  Kurfürsten,  der  freie  Verfügung 
bezüglich  der  Post  in  seinen  Ländern  fordert,  noch  nicht  eingelaugt  sei.  Goess 
hat  sich  nicht  getraut,  das  was  der  Kaiser  ihm  diesbezüglich  geschrieben  dem 
Kurfürsten  mitzutheilen,  aus  Furcht  vor  üblen  Consequenzen  und  hat  daher  ge- 
sagt, er  erwarte  Bescheid.  Goess  bittet  um  Nachricht,  wie  er  in  dieser  Sache 
vorgehen  soll '). 

Jägerndorf  betreffend  wäre  gut  und  gewiss  fast  nöthig,  dass  dieses 
Werk  dermahlneinst  zum  End  käme.  E.  K.  M.  können  schwerlich 
glauben,  wie  zu  aller  Gelegenheit  unsere  Widerwertige  sich  dieser  Sach 
(darbei  sie  des  Churfiirsten  Empfindlichkeit  wissen  und  dass  ihme  das 
Geschwer  immerzu  wehe  thut)  zu  ihrer  bösen  Intention  und  zu  E"" .  K.  M. 
Schaden  bedienen.  In  allen  negotiis  stehet  mir  dieses  entgegen  und  ob 
ich  zwar  einiger  gnädigste  Zuneigung  zu  meiner  Person  und  so  weit 
eine  gute  Opinion  von  Aufrichtigkeit  bei  dem  Churfiirsten  erworben; 
auch  data  occasione  nit  unterlasse  zu  repraesentiren,  dass  dieser  Ver- 
schub  uns  nit  zu  imputiren  und  dass  man  thut  was  möglich  !■' .  Ch.  D. 
hierin  Satisfaction  zu  geben,  so  will  doch  alles  in  die  Länge  nit  helfen 
und  ist  gewiss  E"".  K.  M.  zu  rathen,  dass  sie  diesen  nun  all  zu  lang  in 
Weg  gestandenen  lapidem  offensionis,  daran  schon  all  viel  gute  negocia- 
tiones  gescheitert  cum  simili  in  posterum  periculo  —  massen  ich  täglich 
von  den  W^ohlintentionirteu  dessen  gewarnet  werde  —  ie  ehender,  ie  besser 
auf  die  Seite  räumen  lassen.  In  puncto  renovationis  et  extensionis  foe- 
deris, habe  ich  zwar  sowohl  bei  dem  Churfiirsten  als  dem  Baron  von 
Schwerin  angesucht,  damit  wir  darüber  zusammen  in  Conferenz  treten 
möchten,  darzu  S.  Ch.  D.  sich  auch  geneigt  erzeigen.  Es  haben  uns 
aber  diese  Friedensnegociationen  allerseits  also  anhebig  occupirt  gehalten, 


')     Yergl.  über  diese  Frage;   Orljch.  Geschichte  Preussens  1.  c.  II.  416 ff. 


Jägerncloif.     Eineuerimg-  des  Bündnisses  von  1658.     Pläne  Frankreichs.  261 

dass  ich  bis  dato  ait  darzu  kommen  können;  ich  werde  aber  antreiben, 
damit  es  ehister  Tagen  geschehe. 

P.  S.  Habe  E.  K.  M.  unterthänlgst  zu  erinnern  und  werdens  die- 
selbe für  sich  selbst  leicht  erachten  können,  wie  circumspect  und  behutsam 
ich  in  dieser  Negociation  gehen  müssen.  |:Ich  bin  gesessen  mitten  unter 
Leuten,  die  in  der  rheinischen  Allianz  und  sich  mit  Frankreich  verstehen 
und  alle  consilia  und  was  vorgehet,  dahin  communiciren  :|,  Nun  ist  nit 
ohne,  dass  in  Holland  auch  von  den  Unserigen  praesupponirt  wird,  der 
König  in  Frankreich  begehre  den  Frieden  zwischen  Münster  und  Holland. 
Colbert  hat  sich  dahie  fast  passive  gehalten  und  gemelt,  er  hätte  keine 
Ordre  circa  haec.  Er  hat's  thun  können,  nam  habuit  per  quos  ageret, 
eodem  tempore,  als  er  zu  Hof  sagte  in  puncto  der  Disarmirung  des 
Bischofs  zu  i\Iünster,  dass  sein  König  nit  so  lang  gefochten  pro  über- 
täte principum  Germaniae,  damit  er  ietzunder  dieselbe  helfe  unter  die 
Füss  bringen,  hat  er  gegen  dem  Beverningk  gemelt,  animando,  er  hätte 
des  Königs  Ordre  bei  sich  und  würde  Pradel  ad  nutum  operiren. 

Ich  setze  pro  fundamento,  und  also  werd's  von  männiglichen 
glaubt,  |:  dass  des  Königs  in  Frankreich  Intention  ist,  den  Krieg  wider 
Niderland  vorzunehmen;  das  macht  mir  suspectum,  dass  er  diesen 
Frieden  sincere  begehren  solle,  dann  es  scheint,  dass  die  Continuation 
des  Kriegs,  darein  wir  alle  allgemach  werden  eingewickelt  werden  und 
dardurch  zu  Haus  occupirt,  zn  diesem  seinem  disegno  diene.  Die  Ge- 
legenheit, die  abdankende  Völker  an  sich  zu  ziehen,  non  est  tauti,  dass 
sie  gegen  die  andere  Consideration  könne  gesetzt  werden.  Ich  weiss 
mit  gutem  Grund,  dass  der  König  in  Frankreich  Churcölln,  Neuburg  und 
Münster  stark  sollicitirt  zu  der  Eroberung  der  Niederland  ihme  zu  assi- 
stiren, promittendo  montes  aureos  et  partem  spoliorum ;  was  er  vermeint, 
dass  einem  ieden  ein  Appetit  machen  könnte.  Churcölln  hat  nit  könuen 
über's  Herz  bringen,  dass  er  E.  K.  M.,  die  ihm  mit  Blutfreundschaft 
verwandt,  unverschuldter  Dingen  soll  ein  solches  Unrecht  thun,  non 
obstante,  quod  urgent  ministri.  Neoburgicus  ist  denen  Spaniern  nicht 
hold  und  hat  privatas  simultates  mit  Castel-Rodrigo,  hat  die  fundamenta 
der  französischen  Praetension  auf  die  niederländischen  Provincien  extol- 
lirt,  renunciationem  esse  nullam  propter  non  solutam  dotem  und  w'as 
mehr  wider  des  Stockmans  publicirte  rationes  kann  gesagt  werden;  quid 
ad  se,  aut  alios  Belgium?  Der  Jalousie  halber  propter  vicinos  Gallos 
würde  sich  die  Sach  schon  künftig  schicken.  Münster  hat  die  Widerpart 
gehalten  und  die  gefährliche  Consoquenzcn  repraesentirt.     Man  solle  nun 


262      ^^  •   Erste  Mission  des  Freihenn  Johami  von  Goess.     Jan.  16G5— Mai  1668. 

zwar  völlig  von  diesen  Gedanken  abgangen  und  gewichen  sein,  sed  est 
timenda  recidiva  et  sunt  tiineudae  ingentes  sollicitationes.  Wird  also 
gut  sein,  dass  man  invigilire  und  dem  Uebel  so  viel  möglich  vorkomme, 
und  möchte  rathsam  sein,  dass  der  Herzog  von  Neuburg  spe  coronae 
Polonicae  so  viel  thunlich  lactirt  würde.  Ich  habe  derowegen  mich  in 
dem,  was  dies  Werk  angehet,  gegen  diesen  Churfürsten  also  verhalten, 
wie  E.  K.  M.  in  meinem  andern  Schreiben  ersehen,  contestando  in  reliquo 
affectum  V"^.  M'*^  erga  ducem  Neoburgicum  :|. 

Buschmann  ist  dem  Kaiser  w'ohl  gesinnt;  er  glaubt  nicht,  dass  die  er- 
wähnten Mächte  sich  werden  bewegen  lassen,  direct  gegen  die  Niederlande  zu 
operiren;  aber  er  kann  nicht  versprechen,  ob  sie  nicht  den  Durchzug  kaiserlicher 
Truppen  nach  den  Niederlanden  hindern  werden.  Wilhelm  Fürstenberg  ist  die 
rechte  Hand  Colbert's. 

Ich  halte  den  articulum  de  exauctoratione  dahin  entworfen,  dass 
auch  die  Staaten  General  pro  rata  et  pro  eo,  quod  ferret  bellum  cum 
Anglis,  wie  nit  weniger  dieser  Churfürst  und  die  Herzogen  von  Braun- 
schweig disarmiren  sollten.  Fürstenberg  hat  sich  darüber  also  erhitzt, 
dass  er  sich  blos  gegeben;  er  hätte  keinen  Befelch  iemand  einige  Disar- 
mation  zuzumuthen  und  möchte  man  leiden,  dass  man  dieser  Orten  noch 
mehr  armirter  stünde.  .  .  . 

Sonsten  hat  mir  der  Graf  von  Fürstenberg  in  discursu  gesagt,  dass 
der  König  von  Frankreich  gegen  ihm  unterschiedlich  gemelt,  dass  er 
wüsste,  dass  E.  K.  M.  und  dero  hochlöbl.  Haus  in  diesem  mün- 
sterischen Krieg  mit  interessirt;  er  hätte  dessen  gründliche  Nachricht 
und  zwar  von  Wien  aus.  .  .  .  Man  wolle  die  rheinische  Allianz  übern 
Haufen  werfen,  der  Bischof  sei  dem  Haus  Oesterreich  ganz  ergeben; 
Fürstenberg  hätte  opponirt,  wie  dem  cohaerirete,  dass  der  spanische  Bot- 
schafter noch  neulich  in  scripto  denen  Staaten  General  eine  Allianz  an- 
getragen. Der  König  hätte  bekennt,  dass  ihm  dieses  Particular  etwas 
anstehen  machen;  er  erwartete  aber  stündlich  hierüber  Nachricht  von 
Wien.  Ich  habe  einiger  Massen  observirt,  dass  man  dahie  bei  Hof, 
weder  auch  von  münsterischer,  noch  auch  holländischer  Seiten,  |:  Vertrauen 
in  dem  Grafen  von  Fürstenberg  gesetzt;  habitus  est  pro  Gallis  et  merito  :|. 
Dieser  Churfürst,  so  viel  ich  iudiciren  kann,  verlangt  diesen  Frieden; 
ich  glaube,  er  möchte  wünschen,  dass  die  Holländer  sich  besser  zur 
Raison  legeten,  obwohl  er  mit  seinem  foedere  eine  grosse  Ursach  ist, 
dass  sie  es  nicht  thun.  Er  lasst  ihnen  durch  die  Seinige  zwar  zu- 
sprechen, aber  wann  der  Beverningk  auf  seiner  Meinung  besteht,  so  fallt 
man  ihm   zu,    oder  doch  wenigsten  nit  ab  und  werden  die  rationes   ab 


Erklfiniugen  Wilh.  Fiirstenbergs.     Des  Kurfürsten  Pläne.  263 

aequitate,  existimatione  nominis  et  raalo  exeinplo  petitae  durch  dieienige 
elidirt,  welche  inculeiren,  dass  man  den  Staaten  keine  Umbrage  zu 
geben:  man  laborire  ohne  das  fama  non  exactae  constantiae;  man  habe 
die  Partei  angenommen,  man  müsse  darbei  verbleiben,  und  hat  mir 
der  Churfiirst,  als  ich  ihm  zum  letzten  gesprochen,  gesagt,  dass,  wann 
die  nach  Münster  gangen  nit  den  Frieden  brächten,  er  alsobald  agirn 
würde,  darauf  ich  nit  unterlassen  glimpflich  zu  repliciren  was  zur  Sachen 
gehört  und  dass  besser  sein  würde,-  wann  man  die  conditiones  suchete 
also  zu  moderirn,  dass  der  gewünschte  Fried  erhalten  würde.  Haec 
dicuntur  in  terrorem,  man  werd  meines  Erachtens  sich  nicht  also  vergehen 
noch  praecipitiren;  man  hat  noch  nicht  Nachricht,  dass  des  Churfürsten 
Allianz  mit  Schweden  unterschrieben  sei,  wohl  aber  dass  Schweden  die 
Allianz  zwischen  Dänemark  und  Holland  nit  gedenke  zu  gedulden,  son- 
dern ehender  zu  brechen ;  dass  ihre  Allianz  mit  Engelland  richtig, 
welches  auch  in  Holland  grosse  Reflexion  macht;  dergestalt,  dass  ich 
darfür  halte,  :  dass  wann  man  sich  dahier  nicht  so  schwach  erzeigte  und 
gleichsam  declarirte  in  quemcunque  casum  ehender  wider  dem  Herrn 
Bischof,  als  für  ihm  zu  sein,  der  Fried  all  leichter  und  besser  würde 
erhalten  werden.  Ich  muss  mich  also  hierin  in  Acht  nehmen  und  mich 
also  guberniren,  dass  E.  K.  M.  gnädigste  Intention  die  gute  Occasion  de 
desiderio  pacis  und  des  guten  Vertrauen  bei  männiglich  erhalten  werde, 
quod  dictu  facilius  quam  factu.  Wann  die  Schweden  also  fortfahren,  so 
wird  sich  Occasion  ereignen  die  Partei  also  zu  machen,  dass  wir  die 
französische  werden  können  coutrebalanciren  und  ihre  gefährliche  di- 
scigno  zurückzutreiben.  Facta  hac  pace  kann  dieser  Churfürst,  Holland 
herbeitreten  : ;. 

Bluraenthal  ist  von  Paris  kommen,  ubi,  ut  audio,  non  bene  sperant 
de  Sueco.  Der  Churfürst  gestellt  sich  zwar,  dass  er  facta  pace  disar- 
miren  wolle;  ich  zweifle  aber  doch  daran;  j:  videtur  quod  coquat  aliquid; 
was  es  auch  endlich  sein  mag;  ich  höre  etwas  susurrireu,  als  wann  er 
sich  wohl  an  Magdeburg  machen  w^ollte  :  [.  Er  ist  diesen  Leuten  sehr 
feind.  Neuburg  muss  sich  gleichwohl  auch  vorsehen,  quidquid  tractent. 
Mir  haben  S.  Ch.  D.  in  discursu  gesagt,  siemüssten  etwas  näher  nach  Polen 
kommen,  ihre  Interesse  der  Orten  zu  beobachten.  Liessen  sich  verneh- 
men, dass  sie  das  Amt  Tran'),  w^ann  ich  recht  behalten,  welches  ihnen 
vi  der  brombergischen  Tractaten  zukommt,  mit  Gewalt  wegnehmen 
wollten,    wann   man's   ihnen   nit   mit   guten   gäbe;    posset   latere   aliquid 

^)     =  Draheim. 


264      IV.    Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  Ifi65  —  Mai  1668. 

malus  und  möchte  er  wohl  dahin  sein  berufen  worden.  '  E.  K.  M.  er- 
innern sich  gnädigst,  wie  der  Churfürst  sich  gegen  mich  vernehmen 
lassen,  als  ich  ihm  zuweilen  |:  burlando  von  der  Krön  Polen  gesagt;  dicendo 
inter  caetera  haec  verba,  er  seie  kein  Kind  Gottes,  wann  er's  verlange. 
Wann  ich  aber  considerire,  was  nit  allein  seine,  sondern  auch  der  alten 
Princessin  von  Oranien  und  hieiger  ministrorum  Sentimenten,  als  von 
der  Princessin  Maria,  des  Churfürsten  Schwägerin,  Heirat  mit  dem  Herzog 
Sigmund  supposita  mutatione  religionis  getractirt  worden;  so  kann  ich 
fast  nit  weniger  als  a  simili  diesfalls  zu  argumentiren.  Die  CJiurfiirstin 
zwar  ist  hierin  heiklich  und  scrupuleus,  hat  dieienige  angefeindet,  die 
das  obbesagte  proponirt;  sie  wollte  lieber  ihre  Söhn  nach  dem  Kirchhof 
als  auf  dem  königlichen  Thron  sehen  tragen  mit  Veränderung  ihrer 
Religion  :|  .  .  .  . 

Wiedenbrück  hat  an  Schmising  geschrieben,  dass  der  Bischof  sich  endlich 
zum  Frieden  bequemen  werde,  doch  müsse  man  auf  Moderation  der  Bedingungen 
sehen. 


■  Goess  an  den  Kaiser,     üat.  Cleve  23.  April  1666.    (Or.) 

[Abschluss    des    Münster -staatischen  Vertrages.     Bemühungen    des  Goess  bessere  Be- 
dingungen   für    Münster    zu    erlangen.     Opposition    des   Goess   gegen   die   Zulassung 
Frankreichs  als  Mediator.     Neuburg -brandenburgische  Verhandlungen.     Ueberlassung 
münsterischer  Truppen  an  den  Kaiser.     Erneuerung  der  Allianz  von  1658.] 

23.  April.  Der  Vertrag  zwischen  den  Staaten  und  Münster  ist  geschlossen').  Goess 
hat  gesucht  eine  Besserung  des  Artikels  wegen  der  Abdankung  der  münsteri- 
schen Truppen  zu  erwirken  und  Bcverningk  hat  erklärt,  es  werde  nichts  auf 
sich  haben,  wenn  der  Bischof  über  die  3000  noch  4 — 5000  Mann  mehr  behalte. 
In  puncto  Borkelo  et  reservationis  iurium  imperii  habe  ich  abermahlen 
repraesentirt,  dass  uns  dahie,  nee  quoad  rem  ipsam,  uec  quoad  modum 
gebiihrete  E^  K.  M.  das  arbitrium  asserendorum  iurium  imperii  zu  be- 
schränken, weiln  aber  alle  darfiir  gehalten,  dass  man's  amore  pacis  also 
künnte  stehen  lassen,  habe  ich  allein  mich  nit  opiniatriren  wollen.  Der 
Herr  Bischof  hat  die  Renunciation  auf  Borkelo  um  so  viel  leichter  ein- 
gangen, weiln  er  verhofl't,  dass  E.  K.  M.  ihme  das  vorbehaltene  ins  im- 
perii überlassen  werden,  darzu  ich  dann  ad  facilitandam  pacem  meine 
officia  promittirt;  darauf  die  Abgesandte  gezeigt,  grosse  Hoffnung  zu 
stellen. 


')  Vertrag  von  Cleve  vom  18.  April;  gedruckt  bei  Dumont  I.e.  VI.3  106if.; 
Londorp  I.e.  IX.  4olif. ;  Alpen  I.e.  724  ff. ;  französisch  in  den  Mem.  d'Estrades  IV. 
227 ff.:  vergl.  ferner  Puf.  1.  c  X.  17;  Tücking  1.  c.  U.jff. 


Goess  und  die  Miiuster-staatischen  Friedensverhandlungen.  265 

Goess  protestirt  lebhaft  gegen  die  Zulassung  Frankreichs  als  Mediator  und 
erklärt  nach  vielen  Verhandlungen,  er  würde  lieber  sehen,  dass  überhaupt  der 
Mediatoren  keine  Erwähnung  geschehe,  als  dass  Frankreich  eingeschlossen  werde. 
Schliesslich  aber  hat  er,  da  des  Kaisers  Befehl  nur  dahin  lautete  die  Mediation 
Frankreichs  wenn  möglich  zu  verhindern,  nachgegeben,  wodurch  er  Gelegenheit 
erhielt  die  Opferwilligkeit  des  Kaisers  zu  betonen').  Auch  bei  der  Unterschrift 
ergeben  sich  Schwierigkeiten.  Beverningk  betont  vor  seiner  Abreise,  wie  sehr 
die  Staaten  dem  Kaiser  verpflichtet  seien  und  kündigt  eine  Gesandtschaft  nach 
Wien-)  an.     Colbert  hat  den  Goess  besucht^). 

Der  Bischof  von  Münster  schreibt  an  seine  hiesigen  Gesandten,  ein  Vertreter 
Englands  sei  zu  ihm  gekommen  mit  der  Meldung,  der  König  von  England  wolle 
seine  Differenzen  mit  den  Staaten  gleichfalls  zu  Cleve  beilegen.  Goess  glaubt 
nicht,  dass  dem  so  sein  kann  *).  Dem  Giese  ist  ein  Project  bezüglich  der  Ord- 
nung der  Religionsaugelegenheiten  von  den  Brandenburgern  übergeben  worden. 
Goess  bietet  des  Kaisers  Mediation  an  und  spricht  gegen  die  französische, 
welche,  wie  Giese  betont,  nothwendig  für  den  Neuburger  sei,  da  der  Branden- 
burger viel  mächtiger  wäre.  Auch  betont  Goess,  dass  der  König  von  Frank- 
reich immer  noch  für  Enghien  in  Polen  agitire.  Die  münsterischen  Officiere 
Gorgas  und  Ossery-")  tragen  dem  Kaiser  die  abzudankenden  münsterischen 
Truppen  an.  Die  Staaten  suchen  dem  Schwedenkönige  die  Furcht  wegen  der 
von  ihnen  beabsichtigten  Allianz  mit  Dänemark  zu  benehmen.  Wegen  Erneuerung 
des  Bündnisses  zwischen  Oesterreich  und  Brandenburg  hat  Goess  noch  nicht 
Gelegenheit  gehabt  zu  verhandeln. 


In  der  Weisung  vom  9.  April  wird  Goess  angewiesen  sich  zu  erkundigen, 
was  an  den  dem  Kaiser  von  Regensburg  zugekommenen  Mittheilungen  sei,  dass 
Brandenburg  und  Braunschw-eig  sich  erboten  hätten,  in  dem  Streite  zwischen 
dem  Könige  von  Schweden  als  Herzog  von  Bremen  und  der  Stadt  Bremen  in 
p'o.  immedietatis  **)  die  Mediation  zu  übernehmen.  Da  nun  die  Angelegenheit 
sowohl  beim  Reichshofrathe  anhängig  ist  und  über  dieselbe  im  Auftrage  des 
Kaisers  auch  zu  Regensburg  berathen  ')  wird,  so  erhält  Goess  Auftrag,  sich  dahin 
zu  bemühen,  dass  von  Seite  dieser  Fürsten  nichts  dem  Kaiser  praejudicirliches 
vorgenommen  werde.     In  der  Weisung  vom  21.  April  wird  Goess  davon  verstän- 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  718f.;  Aitzema  I.e.  V.  1031. 

'-')  Für  Beverningks  Aufenthalt  in  Cleve  in  dieser  Zeit  vergl.  Urk.  und  Act.  111. 
184  ff. 

■^)     Urk.  und  Act.  II.  376  u.  a.  0.,  XI.  718  u.a.  0. 

■•)  William  Temple's  Sendung  an  den  Bischof  von  Münster  galt  dem  Zwecke, 
denselben  vom  Abschlüsse  des  Friedens  abzuhalten;  vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  72üf. ; 
Alpen  1.  c.  721  ff. 

'-)     Alpen  1.  c.  687,  695. 

•>)     Vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  477ff. 

0  Vergl.  die  in  dieser  Angelegenheit  zu' Regensburg  gewechselten  Schriften  bei 
Pachuer  von    Eggenstorff,  Vollständige   Sammlung    der  Reichsschlüsse  I.  187  f.,  lOOff, 


266      IV.    Erste  Mission  des  Frcibenn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  16G8. 

digt,  dass  dem  Kaiser  sub  dato  1-4.  April  aus  Regensbiirg  mitgetheilt  worden 
sei,  dass  in  allen  3  Reichscollegien  beschlossen  worden,  dass  wir  durch  In- 
terposition  unserer  höchsten  kay.  Auctoritet  mit  Zuziehung  einiger  Stände 
des  Reichs  die  Güte  versuchen,  inmittelst  aber  durch  kay.  nachdrückliche 
Remonstration  und  fernere  Dehortation  aller  besorglicher  Thätlichkeit  vor- 
kommen wollten ').  Der  Kaiser  hat  zustimmend  geantwortet,  anfangs  die 
Wahl  der  Mitmediatoren  den  CoUegien  freigestellt,  später  aber  erklärt,  er  halte  es 
für  das  zweckmässigste,  wenn  neben  Kurbayern,  Brandenburg,  der  Bischof  von 
Paderborn  und  ein  Fürst  aus  dem  Hause  der  Weifen  zur  seiner  Unterstützung 
in  der  Bremer  Angelegenheit  gewählt  würden'-). 


Der  Kaiser   an    Goess.     Dat.  Wien  30.  April  1666.     (Conc.) 

[Verhandlungen  zu  Cleve  ^).     Wunsch  nach  Einigung  mit  Brandenburg.     Jägerndorf.] 

30.  April.  Der  Kaiser   hat  die  Berichte  vom   14.  und  23.  April  erhalten  und  erklärt 

sich  mit  des  Goess  Verhalten  zufriedengestellt.  Er  hat  recht  gehandelt 
Erinnerung  zu  thun  wegen  Erneuerung  und  Erweiterung  des  Bündnisses  mit 
Brandenburg.  Und  sintemahlen  wir  uns  leicht  bescheiden  können,  dass 
der  erste  Angriff  fortan  wegen  der  urgirenden  jägerndorfischen  Satisfaction 
ein  Anstoss  wird  leiden  müssen,  so  haben  wir  an  unsern  geheimen  Rath 
und  Hofkammerpraesidenten*)  die  mehrmalige  Verordnung  gethan,  auf 
alle  thun-  und  mögliche  Mittel  zu  gedenken,  wie  dieser  Ch.  L'^.  wegen 
selbiger  Praetension  ohne  einzigen  Verzug  entweder  in  Geld  oder  Gütern 
Satisfaction  gegeben  werden  möge.  Goess  möge  zu  erforschen  suchen,  wohin 
des  Brandenburgers  und  der  Staaten  Absichten  jetzt  gerichtet  sind.  Wirst 
auch  in  guter  Wachtsarakeit  zu  stehen  haben,  damit  deiner  unwissend 
zwischen  Engelland  und  denen  Staaten  nichts  gehandlet  und  sonderlich, 
dass  selbioe  Tractaten  nicht  uacher  Paris  «rezocen  werden. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  3.  Mai  1666.     (Conc.) 

[Postangelegenheit.] 

3.  Mai.  Auf   Wunsch    des  Kurfürsten    hat    der  Kaiser  nach  Unterhandlungen    mit 

dem  Erbpostmeister  Taxis  sich  entschlossen   Ihrer  L'^"".   die  Anordnung   und 


^)     Das  Schreiben  vom   14.  April  bei  Pachner  1.  c.  I.  '203. 
^)     V'ergl.  Pachner  1.  c.  I.  214. 

^)     Für  die  Verhandlungen  in  Cleve  vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  TlOfl. .  wo  auch  die 
Antheilnahme  des  Goess  hervortritt;  11.  382if. 
^)     Georg  Ludwig  Graf  Sinzendorf. 


* 


Erneuerung  der  Allianz  von  165S.     Postangelegenheit.     Jägerndorf.  267 

Bestellung  der  Pü&teu  in  allen  dero  Landen  völlig  zu  überlassen,  jedoch 
mit  dem  Geding  und  Verstand,  dass  sie  dargegen  sich  anderer,  welche 
ab  hoc  exemplo  dergleichen  Concession  zu  praetendiren  sich  unterstehen 
möchten,  nit  allein  nit  annehmen,  sondern  auch  wider  alle  diejenige,  so 
oberwähntes  unser  kay.  Postregal  bei  gegenwärtigem  Reichstag  oder  sonst 
in  andere  Wege  zu  irapugniren  gesonnen  sein  möchten,  ....  von  sich 
abweisen,  hingegen  auf  unsere  Seiten  treten,  unsere  Gerechtsame  bestän- 
dig secundiren  und  sich  nit  weniger  verbindlich  erklären,  ....  dass  unsere 
Schreiben,  Couriere  und  Staffetten  in  des  Churfürsten  Landen  .  .  .  wie 
vorhero  gegen  billichem  und  leidentlichem  Post-  und  Rittgeld  so  Tags 
so  Nachts  unweigerlich   befiirdert  werden. 


Goesä  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  15.  Mai  1666.    (Or.) 

[Schwedens    Verhalten    bezüglich    der    von    Braunschweig    und    Brandenburg    ange- 
botenen   Mediation    in    der   Bremer   Angelegenheit.     Unterredung  des  Goess  mit  dem 
Kurfürsten  bezüglich  dieser  Mediation.     Postangelegenheit.] 

Wrangel')  hat  des  Hauses  Braunschweig  Mediation  in  der  Bremerangelegen-  15.  Mai. 
heit  nicht  angenommen  und  die  des  Brandenburgers  nur  ad  referendum  ge- 
nommen, ohne  bisher  zu  antworten  -).  Der  Kurfürst  hat  daher,  als  Goess  ihm 
laut  Befehl  vom  21.  die  Mediation  antrug,  sich  anfangs  suchen  zu  decli- 
niren,  ohne  Zweifel  aus  Beisorge  in  einiger  Offension  der  Krone  Schweden 
zu  incurriren.  Erst  auf  Zureden  des  Goess  erklärt  er  sich  bereit  „mit  Hinzu- 
setzung dieser  Worte,  der  Churfürst  von  Bayern  werde  müssen  dero  Vorfechter 
sein".  Der  Kurfürst  hat  auf  des  Goess  öfteres  Drängen  seine  Gesandten  in 
Regeusburg  dahin  instruirt,  die  Interessen  des  Kaisers  in  der  Postangelegenheit 
zu  unterstützen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  15.  Mai  1666.    (Or.) 

[Verhandlungen  wegen  Erneuerung  und  Ausdehnung  des  Bündnisses  von  165S.  Jä- 
gerndorf. Reise  des  Kurfürsten  nach  den  Niederlanden.  Brandenburg-neuburgische 
Verhandlungen.      Brandenburg-schwedische    Allianz.      Action    des    Kurfürsten    gegen 

Magdeburg.] 

Befehl  vom  30.  April  erhalten.    Anlangend  nun  renovationem  et  exten-  15.  Mai. 

tionem    foederis,    habe    ich    nit    unterlassen,    alsobald    nach    erfolgten 

Schluss   des  Friedens,    dieses    Werk   emsig    zu  treiben.     Auf  P.  Ch.  D. 

Seiten  hat  maus  Anfangs  gesucht  zu  verschieben,  bis  wir  widerum  nach 


*)     Gustav  Wränge),  schwedischer  Reichsfeldherr. 

-)     Vergl.  Köcher  1.  c.  458 f.;  Droysen  1.  c.  III. 3  151  ff. 


268      IV.   Erste  Mission  des  Freihenu  Joiiaiin  von  Goess.     Jan.  16G5 — Mai  1G68. 

Beilin  zurück  kehren  möchten.  Als  ich  dann  darbei  observirt,  da.ss  das 
Absehen  dahin  gionge,  dass  man  zuvor  die  Satisfaction  für  Jägerndorf 
wollte  haben,  habe  ich  contra  morem  meum  so  starke  Versicherung 
gethan,  dass  dieselbe  ehisten  zu  I"";  Ch.  1).  Gniigen  erfolgen  würde,  dass 
man's  mir  sicherlich  glaubt.  Dann  ich  habe,  Gottlob,  dahie  den  Credit, 
dass  ich  gar  nit  freigebig  bin  mit  Zusagen,  was  ich  nit  gewiss  wisse, 
dass  es  soll  gehalten  werden;  welches,  allermassen  es  zu  E"".  K.  M. 
Dienst  in  viel  Wege  gereichen  kann,  also  versehe  ich  mich  unteithä- 
nigst,  dass  sie  meine  gegebene  Parola  diesfalls  disimpegniren  werden. 
Ferner  gaben  die  Brandenburger  als  Grund  der  gewünschten  Verzögerung  die 
Anwesenheit  Colberts  an.  Goess  betont  aber,  man  könnte  das  Geheimnis  ganz  gut 
wahren.  So  verhandelt  er  nur  mit  Schwerin,  in  Gegenwart  des  Secretärs 
Kessler,  der  alle  Schreibgeschäfte  persönlich  besorgte. 

Schwerin  wollte  im  Proemium  den  langen  Titel  des  Kurfürsten ;  Goess  glaubte 
dies  ohne  speciellen  Befehl  des  Kaisers  nicht  biUigen  zu  können  und  so  wurde 
beiderseits  der  abbrevirte  Titel  gesetzt. 

Im  Artikel  2  ist  als  Zeit  für  die  Unterstützung  statt  eines  Monates  gesetzt 
worden,  so  schnell  als  möglich,  jedesfalls  aber  2  Monate  nach  erfolgter  Ver- 
ständigung. Die  Truppenzahl  blieb  wie  1658,  obgleich  Schw'erin  eine  Verrin- 
gerung der  Kurfürstlichen  begehrte.  Weilu  I.  Ch.  D.  gleich  Anfangs  er- 
innern lassen,  dass  die  Obligation,  in  welcher  sie  dieses  foedus  setzet, 
zum  Türkenkrieg  nit  zu  extendiren,  ex  ratione  in  articulo  iuserta  und 
ich  selbst  einigermassen  judicirt,  dass  dieselbe  (obwohl  E.  K.  M.  sich 
gleichfalls  obligiren  dem  Churfürsten  extra  imperium  zu  assistirn)  einige 
speciem  aequitatis  habe,  der  Baron  von  Schwerin  mich  auch  ganz  kräftig 
versichert,  dass  der  de  Lisola  beim  letzt  gewesten  Türkenkrieg  zwar 
der  Hülf  wdder  den  Türken  auch  ex  foedere  praetendirt,  aber  hernacher 
gleich  darvon  gewichen,  als  habe  ich  den  paragraphum  destwegen  also 
einrichten  lassen,   wie  E.  K.  M.   ad   finem  articuli  IIL  zu  sehen').     Die 

')  Dieser  Passus  lautet:  Si  vero  bellum  cum  Turcis  iugruat,  S.  S.  E.  zelo  suo  pro 
(lefendenda  Christianitate  nihil  quidera  deesse  patietur;  sed  cum  in  taii  necessitate 
certa  auxilia  adversus  eosdem  Turcas  communi  imperii  placito  decerni  soleant 
Suaque  S.  E.  tanquam  Elector  et  Princeps  imperii  pro  rata  conferat  ac  subveniat,  ad 
ulteriora  hoc  casu  auxilia,  de  quibus  iu  hoc  foedere  agitur,  uon  obligabitur.  Tene- 
bitur  autem  S.  S.  E.  non  obstante  eo  quod  hoc  articulo  dicitur,  quod  una  pars  alteri 
nou  debeat  nisi  uno  in  loco  et  contra  unum  ex  hostibus  promissum  auxilium  sub- 
ministrare,  Suae  C«-''«.  M'».,  si  ab  aliquo  alibi  eodem  tempore  invaderetur,  pactum  hoc 
foedere  militem  auxiliumque  praestare.  Quod  si  etiam  Üagranti  bello  cum  Turcis,  ad 
quod  una  cum  caeteris  imperii  statibus  S.  S.  E.  auxilia  sua  miserit.  eodem  tempore 
S.  S.  E.  ab  aliquo  alio  hoste  in  territoriis  suis  invaderetur,  ne  tunc  quidem  inter- 
mittet  C  S.  M.,  prout  Turcici  belli  raoles  patietur,  Suae  S''.  E".  pro  viribus  succurrere. 


Erneuenin«:^  der  Allianz  von   1G58.     Jägerudorf.  269 

Reciprocation  darbei  auf  E''.  K.  M.  Seiten,  auch  wann  sie  im  Türkeukrieg 
begrifl'en,  habe  ich  für  ganz  unbillich,  auch  unmöglich  zu  practiciren,  be- 
funden; nachdem  aber  der  Baron  von  Schwerin  vorgevvendt,  dass  sie 
mehr  ad  faraam  auxiliorum  in  tali  casu,  quam  ad  auxilia  ipsa,  die  er 
Selbsten  bekennete,  dass  schwer  fallen  würden,  respicirten  und  man 
ihrerseits  E"".  K.  M.  ein  mehrers,  als  was  bei  solcher  Beschaffenheit  ge- 
schehen künnte,  nit  zumuten  würde,  habe  ich  auf  E^  K.  M.  gnädigster 
Ratification,  mit  Vermelden,  dass  ich  hierzu  nit  instruirt,  den  paragra- 
phum  aufgesetzter  Massen  passiren  lassen.  Sonst  sind  nur  unbedeutende 
Wortänderungen  vorgenommen  worden.  Goess  glaubt,  man  sollte  Schwerin 
und  den  Secretär  belohnen  und  auch  sonst  etwas  Geld-  aufwenden,  um  Leute 
am  Hofe  des  Kurfürsten  zu  gewinnen. 

Betreffend  die  Satisfaction  für  Jägerndorf  befinde  ich  des  Grafen 
von  Tattenbach  Begehren  also  gethan.  dass  ich  nit  sehe,  wie  auf  diesem 
Weg  fortzukommen,  und  weiln  der"  Churfürst  doch  auf  ein  Stück  Lands 
dringt  und  sich  mit  lauter  Geld  nit  will  contentiren  lassen,  als  ist  mir  bei- 
jL.  gefallen,  wann  E.  K.  M.  mit  dem  Grafen  von  Schwarzenberg  handien 
Hessen,  dass  er  deroselben  seine  in  der  Grafschaft  Mark  gelegene  Herr- 
schaft Gimborn  und  das  darbei  gelegenes  Amt  Neustadt  überlassen  thäte 
und  man  das  übrige,  allermassen  mit  Regenstein  geschehen  sollen,  in 
baarem  Geld  hinzugäbe,  dass  es  ein  Mittel  sein  möchte  S.  Ch.  1).  zu 
contentiren.  Ich  habe  zwar  von  weiten  etwas  sondirt,  finde  aber  nit 
rathsam  sich  hierüber  in  Tractaten  dahie  einzulassen,  es  sei  dann,  dass 
man  auf  E'".  K.  M.  Seiten  versichert,  dass  man  gedachte  Herrschaft  und 
Amt  haben  könne.  Im  übrigen  ist  man  dahie  allemahl  darauf  bestan- 
den, dass  wann  die  Herrschaft  Regenstein  auf  100  000  Reichsthaler 
geschätzt  würde,  wie  sie  dieselbe  nie  höher  geschätzt  haben,  noch 
100000  Reichsthaler  in  Geld  darzu  zu  geben,  neben  noch  einigen  andern 
beneficio,  welclies  sie  anfänglich  auf  die  Expectanz  einiges  Reichsleliens, 
so  sie  benennen  wollten,  gestellt;  nun  aber  haben  I.  Ch.  D.  durch  den 
Baron  von  Schwerin  das  Privilegium  de  non  appellando  in  ihrem  pom- 
merischen  Theil  darfür  begehren  lassen,  mit  diesem  motivo,  dass  weilu's 
die  Schweden  in  ihren  Theil  haben,  man's  verhoffe ntlich  dem  Chur- 
fürsten,  der  E.  K.  M.  in  allem  so  gewärtig,  auch  vergunnen  würde.  Ich 
habe  dieses  zwar  angenommen  bei  E'".  K.  M.  unterthänigst  anzubringen, 
doch  darbei  zu  verstehen  gegeben,  dass  die  Consequeuz,  wie  auch  dieses 
zu  besorgen,  dass  E"".  K.  M.  ungleich  möchte  ausgedeut  werden,  wann 
dieselbe  die  kaiserliche  iura  von  wegen  dero  Particularangelegenheiten 
vergeben  thäten.     Der  Baron  von  Schwerin   hat  hierauf  gemelt,    dass  es 


270      IV.    Erste  Mission  des  Freihenn  Joliann   von  Goess.     Jan.  16G5 — Mai  IfifiS. 

nit  eben  bei  diesem  Tractat  über  Jägerudoi'f  ge«clielien  nui.sste;  I.  Cli.  D. 
würden  zufrieden  sein,  wann  sie  nur  versichert  würden,  dass  deroselben 
inskünftig  bei  guter  Gelegenheit  dieses  Privilegium  würde  ertheilt  werden. 

Goess  sucht  die  Ueberlassung  münsterischer  Truppen  an  Spanien  zu  be- 
fördern. Der  Kurfürst  ist  am  11.  nach  Holland  abgereist,  um  dort  wegen  des 
Prinzen  von  Oranien  zu  verhandeln ').  Goess  ersucht  den  Kurfürsten  sich  dar- 
über Kenntnis  zu  verschaffen,  wie  es  mit  dem  in  Vorschlag  gekommenen  Bünd- 
nisse der  Staaten  mit  dem  Reiche  und  in  specie  mit  dem  benachbarten  Kreise 
stehe.  Das  beste  Mittel  England  vom  Abschlüsse  mit  Frankreich  abzuhalten, 
wäre  den  Engländern  eine  vortheilhaftere  Allianz  anzutragen.  Die  Verhand- 
lungen zwischen  Neuburg  und  Brandenburg  werden  fortgesetzt.  Ich  sehe  die 
Sach  zum  Vergleich  disponirt  und  verspürt  man  auf  des  Churfürsten 
Seiten  so  starke  Inclination  darzu,  dass  es  nit  allein  materiam  discur- 
reudi,  sondern  auch  fast  suspicandi  gibt.  .  .  .  Der  Herzog  von  Neuinirg 
desistirt  nun  von  seinem  hiebevor  gethaneu  Begehren  die  französische 
Mediation  hierbei  zu  haben. 

Colbert  hat  freundschafthchen  Abschied  von  Goess  genommen.  Der  schwe- 
dische Präsident  im  Herzogthume  Bremen,  Kleihe,  ist  am  7. Mai  hiehergekommen; 
wie  Goess  glaubt,  um  den  Stand  der  Dinge  zu  erfahren.  Der  Kurfürst  hat  gewünscht, 
derselbe  möge  so  bald  als  möglich  abreisen.  Das  foedus  defensivum  zwischen 
dem  König  in  Schweden  und  dem  Churfürsten  ist  unterschrieben  mit 
Auslassung  der  Hülfe,  die  man  schwedischer  Seiten  wider  Moskau  be- 
gehrt hatte  ^),  Man  hat  gemutmasset,  dass  der  Kleihe  käme  einen 
näheren  Tractat  auf  dieses  Fundament  zu  bauen;  sed  non  videtur;  |:der 
Churfürst  möchte  fast  mehr  zu  Dänemark  incliniren  propter  commune 
interesse  Hollandorum  :|.     Goess  hat  wiederholt  mit  Kleihe  gesprochen. 

Ich  habe  E.  K.  M.  in  P.  S.  unterm  14.  Aprilis  erinnert,  dass  ich 
vermerkete,  dass  |:  dieser  Churfürst  mit  seinen  Völkern  noch  einige 
Action  vor  hätte  und  etwas  wiegen  Magdeburg  gemeldt  :|.  Gestern  seind 
die  hie  gelegene  Völker  aufgebrochen.  Das  Rendez-vous  werd  bei  Hamm 
sein,  das  corpus  werd  bestehen  ungefähr  in  11000  Mann,  darunter 
7000  Knecht;  die  schwere  Artillerie  werd  man  von  der  Lippstadt  mit- 
nehmen. Der  Feldmarschall  Sparr,  Fürst  von  Holstein,  Goltz  und  die 
übrigen  generales  gehen  mit;  der  Fürst  von  Anhalt  aber  nit.  |:Ich  habe 
guten  Bericht,  ob  man  mirs  zwar  pro  incerto  vorgegeben,  dass  es  noch 
wider  Magdeburg  gemeint.  Die  Stadt  wird  beschuldigt  als  contumax, 
welche    bis    dato   die   Huldigung  verweigert;    man   wolle  sie    zu  Raison 


')     Yergl.  Droysen  1.  c.  III.3  147 f. 

2)     Der  Vertrag  ist  nach  dem  Wortlaute  des  Projectes  vom  27.  März  1GG6  unter- 
schrieben am  31.  März   1GG6.     Vergl.  Mürner  1.  c.  277;  Puf.  IX.  70. 


Staatisclie  Angelegenheiten.     Brandenburgs  Action  gegen  Magdeburg.  271 

bringen;  doch  scheint  es,  wann  sie  sich  werden  bequemen,  man  wolle 
es  nit  ad  extrema  kommen  lassen.  Der  von  Platen  und  Jena  werden 
mit,  wie  icli  vermute,  zu  tractiren,  si  erit  occasio.  Der  Herr  Admini- 
strator') ist  conscius  huius  cousilii  und  seind  Schreiben  darüber  ge- 
wechslet, ihme  auch  für  seine  Person  das  Amt  Rosenberg  pro  beneficio 
7A1  Lehen  versprochen.  Von  Chursachsen  kann  ich  nicht  befinden,  dass 
er  hierin  zustimme,  sed  dicitur  non  habere  militem  und  mit  der  Impresa 
wolle  man  bald  fertig  werden  und  hernacher  die  Armada,  wann  änderst 
nichts  vorfallt,  abdanken.  .  .  .  Der  Churfürst  hat  mir  von  allem  diesem 
nit  das  geringste,  sondern  omnia  alia  gesagt.  Man  vermeint,  er  werde 
mir  zu  seiner  Widerkunft  darvon  sagen.  Ich  habe  doch  durch  jemand, 
qui  faceret  tanquam  ex  suo,  gerathen,  man  solle  auf  keine  extrema  ge- 
denken und  dardurch  neue  Weitleufigkeit  erwecken,  sondern  placidis 
vlis  componiren,  darzu  mir  einige  Hoffnung  gegeben  w^orden,  wann  die 
Stadt  sich  nnr  zeitlich  bequemen  werde  :|. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  29.  Mai   1666.    (Or.) 

[Gesinnuntj  des  Kurfürsten.  Des  Kurfürsten  Aeusserungen  über  die  Politili  der 
Staaten  und  iliren  Wunsch  sich  mit  den  Fürsten  des  westphälischeu  Kreises  zu  ver- 
binden. Orauische  Angelegenheit.  l)iinisch- brandenburgische  Ailianzverhandlungen. 
Urtheil  des  Goess  über  des  Brandenburgers  Pläne.  Brandenburg -neuburgische  Aus- 
gleichsverhandlungen.    Magdeburg.] 

Der  Kurfürst  ist  am  22.  aus  Holland  zurückgekehrt.  Goess  hat  in  seiner  29.  Mai 
Abwesenheit  die  Kurfürstin  besucht,  die  .sich  friedlich  und  gut  kaiserlich  gesinnt 
zeigt.  Aus  des  Churfürsten  Discursen  ist  gnug  zu  vermerken,  dass  man 
in  Holland  den  Frieden  mit  England  sehr  verlange.  Die  Abrumpiruug 
der  Conferenzien  zu  Paris')  deuten  sie  zwar  zu  ihrem  Avantagio  aus; 
wünschen  aber  darbei,  dass  ein  ander  modus  tractandi  möchte  gefunden 
werden  und  haben  sie  gnugsam  zu  verstehen  gegeben,  dass  E.  K.  M.  viel 
guts  hierbei  thun  künnteu.  I.  Ch.  D.  haben  sich  w-illig  erzeigt  hierzu 
zu  cooperiren  und  hierdurch  nit  allein  die  Staaten  General  zu  obligiren, 
sondern  auch  den  König  in  England,  der  wegen  seiner  neulich  mit  Hol- 
land getroffener  Allianz  nit  wohl  zufrieden,  in  etwas  zu  besänftigen. 
Der  Kurfürst  denkt  den  Kanzler  der  Neumark,  Brandt  3),  nach  London  zu  senden. 
Eine  Verbündnus  mit  dem  westphälischeu  Kreis  verlangt  man  in  Holland 


')  Herzog  August  von  Sachsen. 
')  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  372. 
3)     Vergl.  Puf.  1.  c.  X   20. 


272      '^-  l"'i'ste  Mission  des  Freiherrn  Johuiiu  von  Goess.     Jan.   Hifi.j— Mai   KjßS. 

gar  hoch  und  I.  Ch.  J).  zeigen  grosse  Begierde  dieselbe  zu  liefurderen. 
Als  sie  mit  mir  daraus  geredt,  habe  ich  insinuirt,  dass  der  burgundischer 
Kreis  durin  mit  einzubegreifen.  Sie  haben  geantwort,  dass  die  Staaten 
von  wegen  Frankreich  diesmahlen  sich  nit  so  weit  herauslassen  würden; 
man  miisste  per  gradus  gehen  und  mit  diesem  Kreis  einen  Anfang 
machen,  welches  zur  Disposition  zum  iiljrigen  dienen  würde.  Durchgehend 
hätten  alle  mit  welchen  er  geredt  sich  gegen  ihm  vernehmen  lassen, 
dass  sie  nie  zusehen  würden,  dass  der  König  in  Frankreich  sich  der 
Niederlanden  bemJichtige;  um  soviel  mehr  wäre  der  Fried  mit  England 
zu  procuriren,  dann  dardurch  würden  sie  in  statu  gesetzt  ihre  Interesse 
ohne  so  starke  Reflexion  auf  Frankreich,  als  sie  ietzuuder  haben  müssten, 
zu  beobachten. 

In  des  Prinzen  von  Oranlen  Sachen,  vermerke  ich  zwar,  dass  man 
dem  Churfürsten  alle  gute  Hoffnung  gegeben;  ich  sehe  doch,  dass  die 
coutrari  Faction  sich  gedenke  zu  wehren,  so  lang  sie  werden  können  und 
unterdessen  'ein  oder  anders  beneficiuni  temporis  zu  erwarten.  Bever- 
ningk  hat  sich  nit  im  Haag  befunden,  welches  vielleicht  nit  casu  ge- 
schehen, dann  er  hatte  sich  dahie  ad  captandam  benevolentiam  allziem- 
lich herausgelassen.  Der  Churfürst  insinuirt,  dass  die  Education  des 
jungen  Prinzen  fast  zu  viel  auf  die  englische  Art  und  Hoheit  anschlage 
und  dass  er  qua  exemplo,  qua  consilio,  die  Popularität,  durch  welche 
seine  Vorfahren  sich  beliebt  gemacht,  suadirt.  .  .  . 

Der  dänische  Abgeordneter  Detlef  von  Ahlefeld  ist  auch  wiederum 
hieher  kommen  und  negociiret  renovationem  foederis  mit  diesem  Chur- 
fürsten'). Ich  vermerke  wohl,  dass  man  sowohl  dänischer  als  holländi- 
scher Seiten  trachte  den  Churfürsten  in  den  Krieg  mit  zu  impliciren, 
wann  es  mit  Schweden  zum  Bruch  kommen  sollte.  i:Ich  habe  meine 
Discurs  dahin  gericht,  dass  der  Churfürst  hierin  gemach  zu  gehen,  nichts 
zu  praecipitiren,  sich  mit  E"".  K.  M.  zu  vernehmen  und  dass  sehr  gefähr- 
lich fallen  würde,  wann  I.  Ch.  D.  sich  alsogleich  ohne  Not  in  alle  vor- 
fallende Krieg  unter  den  Benachbarten  impliciren  lassen  sollten.:] 

Man  müsste  sehen,  ob  nit  Mittel  gefunden  werden  möchten  dieses 
aufgehende  Feur,  ehe  es  weit  um  sich  greife,  zu  löschen  und  ist  mein 
|:  Absehen  hierbei,  dass  E,  K.  M.  Zeit  gewinnen  mögen  zu  deliberiren, 
quid  sibi  et  augustissimae  domui  expediat  in  diesem  ganzen  Werk, 
welches  ich  von  überaus  grosser  Importanz  zu  sein  erachte.  Der  Chur- 
fürst scheint  nun  auch  etwas  Zeit  zu  gewinnen  wollen:!. 


')     Vergl.  Droysen  1.  c.  IIT..  145. 


Staatit^che  Verhältnisse.     Dänisch-brandenbureische  Allianzverhandlungen.  273 

In  Ibedere  mit  Dänemark  hat  AWef^tild  begehrt,  dass  man  in  specie 
Contra  Suecos  setzen  solle ;  welches  der  Churfürst  nit  thun  will.  Es 
ist  ein  Project  eines  Defensivbündnisses  aufgesetzt  und  nach  Kopenhagen  ge- 
sendet worden,   wohin  der  Kurfürst  jemanden  abordnen  will. 

Ich  habe  bis  dato  unterschiedlich  vermerken  können,  |:  dass  dieser 
Churfürst  fast  mehr  nach  Dänemark  propendire.  Von  holläntlischer 
Seiten  unterlasst  man  nicht,  ihn  darzu  zu  stimuliren;  es  mag  ihm  auch 
gedünken,  dass  diese  Party  die  stärkeste  sein  werde,  vielleicht  auch 
wohl  Gedanken  einfallen  von  einiger  Occasion  Vorderpommern  zu  recu- 
periren  und,  wie  zuweilen  die  Reden  gehen,  Schweden  widerum  von 
Deutschland  zu  bringen.  Auf  der  andern  Seiten  will  gleichwohl  auch 
sehr  bedenklich  fallen,  mit  Schweden  zu  brechen:].  Eine  einige  See- 
schlacht, so  die  Engländer  gewinnen,  könnte  Dänemark  und  die  Confoe- 
derirte  in  grosser  Gefahr  setzen.  Man  gibt  zwar  vor,  Schweden  habe 
die  Mittel  nicht  sich  zur  See  auszurüsten;  England  seie  nicht  im  Stand 
dieselbe  zu  subministriren,  durante  minorennitate  regis  werde  die  Krön 
sich  in  so  einem  beschwerlichen  Krieg  nit  einlassen;  des  Wrangeis  mili- 
taria  consilia  seien  den  übrigen  Regierungsräthen  suspect,  als  w'olle  er 
alle  x^uthorität  an  sich  ziehen,  auch  wohl  vielleicht  ad  majora  aspiriren; 
die  contrari  Party  seie  sehr  stark,  herentgegen  haben  sie  von  Niemand 
als  von  England  (es  wäre  dann,  dass  das  Haus  Oesterreich  ihre  consilia 
verändere)  keine  sonderliche  Assistenz  zu  gewarten.  Mit  Moskau  wären 
sie  auch  nicht  richtig  und  dergleichen  considerationes  mehr,  die  ich  doch 
alle  nit  von  solchem  peso  erachte,  dass  ich  nit  wohl  glauben  könne, 
dass  entweder  ietzunder,  da  Dänemark  noch  nit  in  Postur,  oder  doch 
künftig,  w^ann  England  über  Holland  Avantage  haben  solle,  Schweden 
sich  möchte  zum  Krieg  resolviren,  zumahlen  sie  nit  aequis  oculis  die 
Anstalten,  welche  man  seither  erhaltener  Souverennität  in  Dänemark 
macht,  anschauen  sollen. 

Goess  spricht  mit  Ahlefeld  ausführlich  über  die  dänischen  Verhältnisse. 
Die  neuburgischen  Gesandten  sind  am  20.  Mai  wieder  angekommen ;  es  ist  Aus- 
sicht vorhanden,  dass  die  Verhandlungen  zwischen  Neuburg  und  Brandenburg 
zu  einem  erwünschten  Resultate  führen.  Der  Zug  der  braudenburgischen 
Truppen  gegen  Magdeburg  dauert  fort.  ] :  Ahlefeld  glaubt,  dass  der  Chur- 
fürst von  Sachsen  diesen  nit  zusehen  werde  noch  könne,  dass  E.  K.  M. 
von  wegen  des  Königreichs  Böhaim  und  der  Elb  auch  höchlich  darbei 
interessirt. : | 


Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsteu.    XIV.  13 


274      IV.    Ei"ste  Mission  des  Freihenii  Johann  von  Goess.     Jan.  16G.')  —  Mai   1668. 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Laxenburg  31.  Mai  1666. 

(Copie.) 

[Emeuerung  des  Vertrages  von  16.58.     Jägerndorfische  Angelegenheit  ] 

31.  Jlai.  Der    Kaiser   übersendet   das  Document   der  Garantie  für   den  Frieden   der 

Staaten  mit  dem  Biscliofe  von  Münster  und  die  Ratification  des  erneuerten 
österreichisch -brandenburgischen  Vertrages.  Die  einzige  Aenderung  die  der 
Kaiser  vorgenommen,  ist.  dass  er  anstatt  4000  zu  Ross  und  2000  Mann  zu 
Fuss,  die  der  Kaiser  und  2000  zu  Ross  und  1500  zu  Fuss,  die  Branden- 
burg zu  stellen  hat,  2000  zu  Ross  und  4000  zu  Fuss,  respective  l.'iOO  zu  Ross 
und  2000  zu  Fuss  gesetzt  hat,  welche  Aenderung,  wie  der  Kaiser  hofft,  der 
Kurfürst  billigen  wird ').  Erhebt  aber  der  Kurfürst  grosse  Bedenken,  dann  soll 
Goess  von  dieser  Forderung  abstehen  und  das  unveränderte  Exemplar  übergeben. 
Bezüglich  der  jägerndorfischen  Affaire  hat  der  Kaiser  der  Hof  kammer  befohlen 
ihm  genauen  Bericht  zu  erstatten.  Goess  soll  fortfahren  die  Aussöhnung  zwischen 
Brandenburg  und  Neuburg  zu  fördern. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  5.  Juni   1666.    (Gr.) 

[Unterredung  mit  dem  Kurfürsten  und  seinen  Käthen  bezüglich  der  polnischen  Königs- 
wahl.    Brandenburg- neuburgische  Verhandlungen.     Unterredung   des  Goess  mit  Frie- 
drich Wilhelm    über   die   Magdeburger  Frage.     Allianzpläne    der  Holländer.     Dänisch- 
brandenburgische Allianz.] 

5.  Juni.  Der  Kurfürst  lässt  Goess  fragen,    ob  der  Kaiser  die  Wahl  des  Neuburgers 

zum  Könige  von  Polen  fördern  wolle;  Goess  betont  in  seiner  Antwort  den 
Willen  des  Kaisers,  die  Wahlfreiheit  den  Polen  zu  erhalten.  Die  Brandenburger 
meinen,  da  es  den  Anschein  habe,  als  wolle  die  Gegenpartei  mit  Gewalt  ihre 
Pläne  durchführen,  so  würde  es  zweckmässig  sein,  sich  gleichfalls  in  Postur  zu 
stellen  und  sich,  wenn  auch  in  secreto,  über  die  zu  wählende  Person  zu  einigen. 
Sie  bitten  Goess  dem  Kaiser  von  diesen  Plänen  Brandenburgs  Mittheilung  zu 
machen.  |:  Ich  glaube  man  wolle  und  werde  dem  Herzog  all  stark© 
Hoffnung  machen,  ilime  zu  der  polnischen  Krön  zu  verhelfen.  Vielleicht 
intendirt  man  auch,  dass  ich  diese  anwendende  Diligenz  dem  von  Neu- 
burg referiren  solle.  Es  ist  auch  doch  nit  ohne,  dass  der  Churfürst  die 
französische  Meneen  in  Polen  apprehendirt.  Bei  der  Mention  so  hierbei 
des  Herzogen  von  Neuburg  geschehen, :  |  habe  ich  wie  vor  diesem  also 
..auch  diesmahlen  insinuirt,  dass  E.  K.  M.  demselben  mit  kais.  Affection 
wohl  zugethan  und  würde  der  Herzog  wissen  dero  kais.  Gnad  bei  allen 
Begebenheiten  zu  demeriren "). 


')     Diese  Aenderung  billigte  der  Kurfürst,  vergl.  Mörner  1.  c.  279. 
2)     Yergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  747 f. 


Erueueruiig  der  Allianz  von  1658.    Neuburg-brandenb.  Beziehungen.    Magdeburg.      275 

Den  3.  dieses  habe  ich  mit  I-".  Ch.  Ü.  wegen  der  neuburgischen 
Tractaten  geredt  und  zwar  solcher  gestalt,  dass  ich  darbei  fast  mehr 
das  Desiderium  die  Tractaten  zu  befürderen,  als  unsere  Religion  zu 
avantagiren,  welches  durch  die  neuburgische  Abgesandte  füglicher  ge- 
schehen kann,  verspüren  lassen.  Dieses  habe  ich  sonderlich  suggerirt, 
dass,  wann  I.  Ch.  D.  diese  Tractaten  beschlossener  verlangen,  sie  den 
Eifer  der  reformirten  ministrorum  nit  all  zu  viel  nachzugeben,  noch  dem 
Herzog  von  Neuburg  solche  Ding  zuzumuthen,  welche  er  (Gewissen  halber 
nit  thun  künnte,  noch  würde;  derentwegen  wir  auch  ad  aliqua  specialia 
kommen.  Sonsten  sehe  ich,  dass  der  Churfürst  supponirt,  dass  die 
Tractaten  zum  Schluss  kommen  werden;  ich  weiss  nicht,  an  ex  prae- 
supposito,  dass  er,  oder  der  Herzog,  oder  endlich  beide  von  ihren  prae- 
tensionibus  nachgeben  werden.  In  Holland,  gegen  Schweden  und  Däne- 
mark gibt  er  die  Tractaten  vor  geschlossen,  quod  non  caret  suo  mysterio 
bei  gegenwärtigen  Coujuncturen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  und  ehender  nit,  hat  mir  der  Churfürst  ent- 
deckt, dass  der  Marsch  seiner  Armee  wider  die  Stadt  jMagdeburg  ange- 
sehen; hat  sich  beklagt  über  der  Stadt  Arroganz  und  Hochmuth,  die 
weder  ihme  noch  dem  administratori  bis  dato  huldigen  wollen.  Die 
formula  homagii,  derer  er  authentica  instrumenta  in  archivo  habe,  seie, 
dass  sie  dem  administratori  treu  und  gehorsam  sein  sollen,  welches  sie 
nun  perfracte  detrectiren.  ...  Er  hätte  Nachricht,  als  wann  Chursachsen 
vorhabe  sich  gemelter  Stadt  zu  bemächtigen,  welches  zu  sein  Praejudiz 
und  Schmäleruug  seiner  Rechten  gereichen  würde.  Von  dem  Herrn  ad- 
ministratore  hat  er  zwar  also  geredt,  als  wann  er  diesfalls  mit  ihm  einig 
wäre;  doch  weiln  er  darbei  gemelt,  dass  der  von  Platen  und  der  Jena 
nun  zu  ihme  gereist  und  ich  sonsten  auch  nit  finde,  dass  dem  Herrn 
administratori  könne  gelegen  sein,  dass  der  Churfürst  sich  dieser  Stadt 
bemächtige,  stehe  ich  hierin  fast  an.  Soviel  hat  sich  der  Churfürst  ver- 
nehmen lassen,  dass  wer  ihn  hieran  hindern  wollte,  es  wäre  Chursachsen, 
Schweden  oder  das  Haus  Braunschweig,  denen  würde  der  Feldmarschall 
Sparr  nach  habender  Ordre  alsobald  mit  aller  Macht,  welche  gleichwohl 
in  14000  Mann  bestünde,  auf'n  Leib  gehen.  Ich  habe  hierauf  geant- 
wort,  dass  mir  sehr  leid  wäre,  dass  S.  Ch.  D.  sich  nit  belieben  lassen, 
mir  diese  dero  Intention  und  führende  Klagen  wider  die  Stadt  Magde- 
burg zu  vertrauen,  ich  würde  gewiss  bei  E^  K.  M.  daran  gewesen  sein,  dass 
deroselben  von  gedachter  Stadt  alle  billiche  Satisfaction  widerfahren  wäre; 
ich  lebete  auch  noch  der  Hoffnung,  dass  sie  nit  gedacht  wären,  mit  dieser 

18* 


27G      IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann   von  Goess.     Jan.  IGGö  — Mai  lß68. 

impresa  ad  extrema  und  so  weit  zu  verfahren,  dass  neue  motus  und 
Weiterungen  im  römischen  Reich  daraus  möchten  entstehen  kommen; 
sondern  dass  sie  sich  befriedigen  würden,  wann  die  von  der  Stadt 
Magdeburg  dasienige  praestirten,  worzu  sie  von  rechtswegeu  gehalten, 
darzu  sie  nicht  zu  zweifeln,  dass  E.  K.  M.  dero  kais.  Autorität  iuter- 
pouiren  würden.  Der  Churfürst  hat  sich  hierauf  gegen  mich  nit  recht 
ausgelas.sen,  sondern  geantwort,  dass  die  Magdeburger  obstinate  Leut 
wären,  von  welchen  mit  guten  keine  Satisfaction  zu  erwarten;  er  hätte 
Nachricht,  dass  sie  sich  zur  Gegenwehr  anschicketen;  viel  der  Bürger 
wären  ihm  wohl  affectionirt,  aber  etliche  unruhige  Köpf  praevalirten. 
Crockow  berichtet  aus  Stockholm ,  dass  Schweden  nicht  mehr  so  stark  gegen 
Dänemark  rüste  und  dass  den  Schweden  der  münsterische  Friede  unangenehm 
gewesen  sei '). 

Friquet  dürfte  dem  Kaiser  schon  von  dem  Plane  der  Generalstaaten  eine 
neue  Allianz  mit  Dänemark,  Brandenburg  und  Braunschweig  zu  schliessen  Mit- 
theilung  gemacht  haben.  Ablefeld  sagt,  dieser  Bund  soll  gegen  Schweden  ge- 
richtet sein.  Und  ist  nit  ohne,  dass  man  in  Holland  sucht  diese  Chur- 
und  Fürsten  in  dem  Krieg  wider  Schweden  zu  impliciren.  iiMir  i.st  die 
Sach  suspect,  weiln  die  Franzosen  die  Hand  darin  halten.  Ich  habe 
von  dem  Ahlefeld  so  viel  wahrgenommen,  dass  der  d'Estrades  zu  Fort- 
setzung dieser  Allianz  antreibt.  E.  K.  M.  werden  aus  des  Marques  de  la 
Fuente  Schreiben  au  dero  Obersten  Kämmerern  ersehen  haben,  dass  der 
König  in  Frankreich  diese  Allianz  garantiren  solle,  darvon  doch  Ahlefeld 
nichts  wissen  wollen.  Was  der  Marques  in  diesem  Schreiben  meldt  de 
secundo  fine  Electoris  bei  dieser  Allianz,  die  Krön  Polen  etwa  an  sich 
zu  bringen,  scheint  nit  verisimile,  noch  zu  quadriren  mit  dem,  w-as  mir 
in  favorem  Neuburg  propouirt  wird.  Es  ist  auch  zu  consideriren,  dass 
diese  Allianz  entweder  in  der  rheinischen  Allianz,  oder  doch  sonsten  mit 
Frankreich  alliirt.  Dem  Churfürsten  habe  ich  insinuirt ,  dass  man  sich 
hierin  wohl  vorzusehen;  finis  huius  foederis  möchten  uns  mit  Fleiss  ver- 
borgen werden;  Frankreich  suche  omnes  rimas  in  die  Ostsee  zu  kommen 
und  folgends  auch  in  Polen  :  i ;  wann  nichts  böses  hierunter  verborgen, 
könnten  E.  K.  M.  in  diese  Allianz  mit  eintreten;  opponirte  man  sich 
darwider,  wäre  es  ein  gewiss  Zeichen,  dass  gefährliche  intentiones  dar- 
unter verdeckt.  Der  Churfürst  applaudirte  dieser  letzten  Proposition 
und  sagte,  er  wollte  die  Gemüter  darüber  sondiren.  Ahlefeld  mit  dem 
Goess  spricht,  glaubt  aber,  man  solle  Anfangs  des  Beitrittes  des  Kaisers  mit 
Rücksicht  auf  Dänemark  und  Holland,  die  nichts  Frankreich  feindliches  werden 


')     Vergl.  Ulk.  u  Act.  IX.  815 ff. 


BrandenburiT-clänische  Allianz,     ila^deburg.  277 

tliun  wollen,  keine  Erwähnung  thun.  Ahlefeld  ist  zu  dem  Herzoge  von  Braun- 
schweig abgereist.  Das  dahie  getractirte  foedus  hat  er  nit  geschlossen, 
sondern  den  Aufsatz  an  seinem .  König  remittirt.  Die  grösste  Difficul- 
täten,  daran  es  haften  solle,  seind,  dass  man  dänischer  Seiten  praeten- 
dirt,  dass  antiquum  foedus  noch  in  vigore  zu  bleiben  und  die  renovatio 
allein  contra  Suecos  angesehen,  brandenburgischer  Seiten  aber,  dass 
novum  foedus  aufgericht,  indem  das  alte  per  pacem  cum  Suecis  erloschen 
und  dieses  nit  contra  Suecos,  sondern  contra  quoscunque  solle  eingericht 
werden.  Die  Disparität  wird  von  dem  Ahlefeld  in  dem  gesetzt,  dass 
sie,  die  Dänen,  sich  fast  allein  gegen  Schweden  zu  versicheren,  der  Chur- 
fürst  aber  weitsichtige  Interesse  allenthalben  habe. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  12.  Juni  1666.  (Or.) 

[Magdeburg.  Cnterredung  mit  Anhalt  über  die  geplante  Allianz  zwischen  Dänemark 
Generalstaaten,  Brandenburg  und  Braunschweig.  Haltung  der  Franzosen.  D'Estrades_ 
Ürtheil  des  Kurfürsten  über  der  Franzosen  Vorgehen  bei  dieser  Allianz.  Schwerin 
plant  eine  Reise  nach  Amsterdam.  Mittheilungen  des  Kurfürsten  von  einer  geplanten 
Allianz  mit  Braunschweig  und  Schweden.     Abreise  der  neuburgiscben  Gesandten.] 

Mit  dem  Coadjutor  von  Magdeburg  soll  der  Kurfürst,  wie  Goess  vernimmt,  12.  Juni, 
einig  geworden  sein '). 

Ich  habe  dem  Fürsten  von  Anhalt,  als  er  mich  diese  Tagen  besucht, 
diejenige  Ding  vorgestellt,  [:  welche  ich  bei  der  vorgebender  Allianz  zwischen 
Dänemark ,  die  Staaten  General ,  diesem  Churfürsten  und  dem  Haus 
Braunschweig  considerire ').  ...  Der  Fürst  ist  mir  beigefallen  und  will 
nun  täglich  mehr  an  Tag  kommen,  dass  die  Franzosen  dieienige  sein, 
welche  dieses  Werk  durch  die  Holländer  treiben.  .  .  .  D'Estrades  incul- 
piretden  Beverningk  sehr,  dass  er  sich  bis  dato  bei  dem  Schw^erin  nit 
eingefunden  dieses  Allianzwerk  zu  perfectioniren  :  ;  sobald  der  de  Witt 
von    der   Flotte    kommen    würde '''),    würden    andere    von    denen   Staaten 


')  lieber  die  Beziehungen  des  Kurfürsten  zum  Coadjutor  von  Magdeburg  in 
dieser  Zeit;  Theat.  Eur.  X.  162f.;  Puf.  1.  c.  IX.  83;  Droysen  1.  c.  III.3  1.32ff.;  Mem. 
de  Pomp.  II.  181  ff.     Die  Verträge  vom  18.  und  28.  Mai  bei  Mörner  1.  c.  280f. 

2)  Gemeint  ist  die  Quadrupelallianz,  die  am  25.  Oct.  im  Haag  zwischen  den 
Staaten,  Dänemark,  Brandenburg  und  den  Herzogen  Ernst  August  und  Georg  Wil- 
helm abgeschlossen  wurde;  vergl.  den  Abdruck  bei  Aitzema  1.  c.  V.  905;  Dumont  1.  c. 
VI. 3  122;  Londorp  I.e.  X.  483£F. ;  Mörner  im  Auszug  I.e.  307  ff. ;  vergl.  auch  Puf. 
1.  c.  X.  27:  Droysen  1.  c.  III.3  158 ff.;  Urk.  u.  Act.  II.  409:  Köcher  1.  c.  1.  4.54ff ;  Mem. 
de  Pomponne  II.  272  ff. ;  Lefevre  1.  c.  I.  375. 

*)     Für  die  Verhältnisse  der  Staaten  in  dieser  Zeit;  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  376 ff. 


278  IV.   Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1(j65 — Mai  1608. 

General  hierzu  deputirt  werden.  Der  Churfiirst  sagte  mir,  ich  hätte 
recht  in  dem  was  ich  judicirete,  dass  die  Franzosen  diese  Allianz  pous- 
siren;  der  de  Witt  und  seine  Faction  hätten  das  Absehen  darbei,  sich 
durch  solche  Hülfen  wider  diejenige  zu  wehren,  welche  das  Haus  Oranien 
favorisiren  ').  Er  habe  dem  Schwerin  geschrieben,  dass  er  sich  wohl  in 
Acht  nehmen  und  in  dem  Werk  nit  vertiefen  solle.  Der  von  Schwerin 
werd  eine  Reis  nach  Amsterdam  thun,  sich  besser  in  allem  zu  infor- 
miren,  quod  ego  dissuasi.  Im  übrigen  meldete  der  Churfürst  gegen  mich, 
dass  er  gedachte  j:auf  eine  Allianz  mit  dem  Haus  Braunschweig;  Hesse 
auch  etwas  schiessen  von  einer  nähern  Allianz  mit  Schweden,  im  Fall 
die  Franzosen  :|  mit  sothane  ihre  diseigni  fortsetzen  sollten;  er  vernehme, 
dass  man  zu  Paris  sagete,  der  Churfürst  von  Brandenburg,  wie  er  sich 
auch  gesteilen  möchte,  wäre  nit  gut  französisch.  Ich  glaube,  dass  solche 
propositiones,  sonderlich  wann  sie  bei  Braunschweig  und  Schweden  ge- 
schehen, bei  diesen  Coniuncturn  angesehen  sein  mögen,  das  Magde- 
burgische Werk,  ohne  dass  dieselbe  sich  darum  annehmen,  desto  besser 
zu  gutem  End  zu  bringen.  Die  iieuburgischen  Abgesandten  2)  sind  nach 
Düsseldorf  gereist,  die  letzten  Verhandhingen  betrafen  p"™.  religionis  ^). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  W^ien  28.  Juni  1666.    (Conc.) 

28.  Juni.  Goess   soll  sich   bemühen  näheres  über  die  beabsichtigte  Liga  zu  erfahren 

und  das  Zustande  kommen  derselben  zu  hindern  suchen.  Bezüglich  der  Wahl 
in  Polen  soll  Goess  wiederholen,  dass  der  Kaiser  die  Wahlfreiheit  der  Polen 
gewahrt  sehen  wolle  und  gegen  eine  Wahl  zu  Lebzeiten  des  regierenden  Königes 
sei;  doch  soll  Goess  zu  erfahren  trachten,  auf  wen  Brandenburg  sein  Absehen 
gerichtet  hat. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  3.  Juli   1666.    (Gr.) 

[Verhandlungen  der  Neuburger.     Bremische  Streitfrage.] 

Juli.  Goess  ist  krank.      Die    neuburgische   Gesandte    fahren    fort    mit   ihre 

Tractaten ;    ich   sehe   aber,    dass   fast   täglich    neue   propositiones    herfür 
kommen.     Sie   seind   vorgestern    bei  der  Prinzessin   von  Oranien  gewest, 


^)  Für    diese  Verhältnisse    Lefevre-Pontalis  I.e.  1.388  ff. ;    Mem.    d'Estrades  IV. 
263  ff. 

-)  Joh.  lleiur.  v.   Winckeihausen  und   Franz   Giese. 

3)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  744 ff. 


Allianz  zwischen  Dänrmark,  Btandenhurfr,  Braunschweiü^  u.  den  Generalstaaten.      279 

welche  sie  stark  adhortirt  das  Werk  zu  befürderen  und  grosse  Beojierde 
gezeigt  zu  dem  Schluss  zu  cooperiren. 

Die  Magdeburger  haben  dem  Administrator  und  dem  Kurfürsten  von  Bran- 
denburg gehuldigt. 

Der  bremische  Syndicus  Eden  spricht  mit  Goess  über  den  Zustand  der 
Stadt  Bremen.     Goess  warnt  vor  einer  Particularinterposition. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  17.  Juli  1666.     (Or.) 

[Erneuerung  der  Allianz  von  1658.] 

Der  Baron  von  Schwerin  hatte  Anfangs  keine  Difficultät  gezeigt,  i".  Juli. 
dass  die  Anzahl  und  Qualität  der  Hülfen  in  der  verneurten  Allianz  also 
solle  gesetzt  werden,  wie  es  E.  K.  M.  begehrt.  Ich  befinde  aber,  dass 
iemand  nacher  per  caiculum  aritmeticum  ausgerechnet,  dass  solcher 
gestalt  und  nach  Anschlag,  was  die  Hülfen  monatlich  kosten,  die  Pro- 
portion nit  gleich  bleibe;  ich  habe  geantwort,  dass  mich  gedünkt,  dass 
es  fast  zu  sehr  scrupulisirt  seie;  weiln  er  doch  auf  sich  genommen, 
noch  einmahl  mit  P.  Ch.  D.  daraus  zu  reden,  habe  ichs  darbei  bewenden 
lassen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  24.  Juli  1666,    (Or.) 

[Verhandluno:en  des  Goess  bezüglich   der  polnischen  Throufrage.     Winckelhausens  Er- 
klärungen  über   das  Benehmen    seines  Herrn.     Allianz  zwischen  Dänemark,    Branden- 
burg,   Braunschweig    und    den    Staaten.      Magdeburg.     Bremische  Streitfrag:e.     Ueble 
Stimmung  in  England  gegen  den  Kurfürsten.     Schwedens  Pläne  auf  Bremen.] 

Bei  den  Verhandlungen  zwischen  Neuburg  und  Brandenburg  spielt  die  24.  Juli. 
"Wahlfrage  eine  grosse  Rolle,  obgleich  dies  von  beiden  Theilen  nicht  zugegeben 
werden  will.  Man  dringt  in  Goess,  dahin  zu  sehen,  damit  das  sul^jectum 
eligendum  zwischen  E"".  K.  M.  und  dem  Churfürsten  zeitlich  möchte  ver- 
glichen w^erden  und  fallt  mir  destwegen  um  so  viel  schwerer  das  gute 
Vertrauen  allerseits  zu  behalten,  die  weiln  ich  mich  hierüber  nit  so  weit 
herauslassen  will,  noch  kann,  als  man  praetendirt,  dass  vor  diesem  in 
favorem  des  Herzogs  von  Neuburg  von  E^  K.  IVI.  ministris  geschehen. 
Ich  evitire  so  viel  ich  kann,  damit  man  mir  diese  materiam  in  specie 
nicht  berühre  und  dannoch  ist  man  seither  allwiederum  an  mich  ge- 
wesen. 


280     IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Jobaun  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

Habbaeus  Avar  liier,  hat  mit  dem  Kurfürsten  gesprochen  und  ist  wieder 
abgereist.  Gewiss  ist,  dass  man  von  schwedisclier  Seite  viel  Aufmerksamkeit  der 
pohlischen  Wahlfrage  zuwendet').  Der  Kanzler  Winckelhausen,  der  ein 
Cavalier  von  redlichen,  deutschen  Gemüth  und  E^  K.  M.  und  dero  hoch- 
löblichem Haus  allzeit  wohl  zugethan  gewesen,  hat  mir  weitläufig  ge- 
klagt, welcher  gestalt  culpa  nostra  der  Herzog,  sein  Herr,  von  uns  ab 
alienirt  und  zu  der  französischen  Partei  komme,  da  er  doch  von  Jugend 
auf  so  gut  österreicherisch  gewesen,  als  wann  er  aus  dem  Haus  geboren 
wäre;  er  wäre  auch  zu  voriger  Devotion   wiederum  zu   bringen.  .  .  . 

Das  foedus,  so  da  vorgewesen  zwischen  Dänemark,  Churbranden- 
burg,  dem  Haus  Braunschweig  und  den  Staaten-General,  scheint  nun  eine 
Zeithero  nit  so  stark  getrieben  zu  werden.  Der  Baron  von  Schwerin 
sagt  mir,  dass  er's  auch  also  zu  Amsterdam,  als  er  da  gewesen,  befunden; 
er  hat's  dem  genio  der  holländischen  Republique,  w'elche  für  sich  selbsten 
langsam,  zugeschrieben;  ich  vermeine  aber  vielmehr,  es  geschehe  erst- 
lichen,  weiln  sie  sich  vor  Schw-eden  nimmer  so  sehr,  als  wie  vorhin, 
fürchten,  weiln  sie  auch  mit  dem  Haus  Braunschweig  in  einige  Misver- 
ständnus  gerathen  wegen  der  Völker,  so  diese  in  Ostfriesland  geschickt 
und  noch  darin  halten  und  dann  drittens,  dass  sie  vermerken,  ;:dass  der 
Churfürst  theils  sub  hoc  praetextu  und  theils,  damit  er  sich  denen 
uebrigen  gravirten  Reichsständen  nit  adjungire,  ihnen  abermahlen  Ursach 
such  abzupressen:].  Die  Franzosen,  wie  der  von  Schwerin  meldt,  sollen 
auch  dieses  foedus  nit  allzu  fest  urgiren  und  der  darbei  führender  Inten- 
tion nit  allerdings  trauen. 

Die  hier  anwesenden  magdeburgischen  Abgeordneten  beklagen  ihren  un- 
glückseligen Zustand.  I.  Ch.  D.  wollen  neben  dem  Commendanten,  den 
Herzog  Augustum  von  Holstein  als  Gouverneurn  in  der  Stadt  haben,  der 
Herr  Administrator  will  keine  Fürsten  an  der  Seiten  haben.  Der  Handel 
ist,  dass  gedachter  Herzog  dem  Churfürsten  allein  solle  verpflicht  sein. 
Die  churfürstliohe  Guarnison  ist  in  der  Stadt  und  ist  also  nit  zu  fragen, 
wer  in  diesen  Streit  triumphiren  werd. 

Die  bremischen  Abgeordneten  haben  beim  Kurfürsten  durchgesetzt,  dass  er 
2  Vertreter  nach  Stade  senden  wird;  auf  des  Goess  Bedenken  hin,  erklärender 
Kurfürst  und  Schwerin,  dass  dies  salva  der  kaiserlichen  und  der  Reichscommission 
geschehen  solle.  Aus  Paris  und  Stockholm  langen  Nachrichten  von  einer  Frank- 
reich günstigen  Stimn;ung  der  Schweden  ein.  Der  kurfürstliche  Secretär  Achen 
hat  aus  London  berichtet,  dass  man  daselbst  mit  dem  Kurfürsten  nicht  zufrieden 
sei;    man    imputire    ihm    nicht   allein    den  Frieden   zwischen  Münster   und   den 


1)     Mem.  de  Pomp.  II.  113  ff. 


Polnische  Wahl.     Bremische  Streitfrage.     Braunschweig  und  die  Staaten.  281 

Generalstaaten,  sondern  auch,  dass  er  durch  seine  und  des  Prinzen  von  Oranien 
Anwesenheit  bei  der  Flotte  grösseren  Zulauf  des  Volkes  zu  derselben  verursacht 
habe.  Das  letztere  soll,  wie  Goess  erfährt,  richtig  sein.  Ob  die  Mediation  von 
England  angenommen  wird,  ist  noch  ungewiss.  Der  neue  Prinz  ist  Ludwig  ge- 
tauft worden. 

P.  S.  25.  Juli.  Der  Churfürst  vernimmt,  dass  die  Schweden  die 
Stadt  Bremen  werden  attaquiren;  er  w'ürde  es  ungern  sehen,  auch  hin- 
deren, wann  er  kiinnte.  Der  Wrangel  hat  an  ihm  geschrieben  und  die 
vorhabende  Allianz  mit  den  Staaten  General,  dem  Haus  Braunschweig 
und  Dänemark  widerrathen,  der  Churfürst  sagt  mir  aber,  dass  er's  desto 
ehender  thuen  werde.  Die  Nachricht  von  Schwedens  Absicht  sich  in  die 
herrschenden  Differenzen  zwischen  Holland  und  England  nicht  zu  mischen.  >vird 
confirmirt. 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Cleve  4.  August  1666.  (Or.) 

[Schwedisch-bremischer  Conflict] 

Die  Schweden   sandten   dem  Kurfürsten  ihr  Manifest  gegen  Bremen.     Der  4.  Aug. 
Kurfürst  sendet  Räte  nach  Stade  um  zu  vermitteln '),  aber  S.  Ch.   D.    fragen 
mich   darbei,  im  Fall  die  Schweden  dannoch  fortfahren  sollten,  w-as  man 
unserseits  vermeint  darbei  zu  thun. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  14.  August  1666.    (Or.) 

[Urtheil   des   Schmising  über  die  Haltung  der  braunschweigischen  Fürsten  gegenüber 
den  Allianzanträgen  der  Staaten.] 

Schmising,  mit  dem  er  zu  Xanten  zusammentrifft,  theilt  ihm  mit,  dass  die  14.  Aug. 
Staaten  noch  immer  mit  den  braunschweigischen  Herzogen  wegen  eines  Bünd- 
nisses verhandeln.  Herzog  Johann  Friedrich  sei  derjenige,  der  am  meisten 
zurückhalte,  er  will  sich  ohne  Not  in  keinen  Krieg  einlassen.  Er  habe  auch 
grossen  Einfluss  auf  die  Käthe  seiner  Brüder.  Schmising  versichert,  dass  Johann 
Friedrich  gut  kaiserlich  gesinnt  sei;  der  Herzog  von  Celle  wünsche  auch  sich 
mit  dem  Kaiser  zu  einigen.  Der  Osnabrücker  verharre  von  dem  Grafen  von 
AValdeck  geleitet  noch  am  meisten  bei  den  früheren  Maximen-).  Schmising 
glaubt,  es  wäre  jetzt  eine  gute  Gelegenheit  für  den  Kaiser  sich  mit  den  Fürsten 
des  Reiches  zu  einigen.  Die  Verhandlungen  mit  Neuburg  stehen  nicht  so  gut. 
wie  zu  Avünschen  wäre. 


0     üt'ber  die  Verhandlungen  zu  Stade  vergl.  Köcher  1.  c.  471  f. 
'"0     Für  die  Haltung  der  braunschweigischen  Fürsten  in  dieser  Zeit  vergl.  Köcher 
1.  c.  454  ff. 


282  IV.  Erste  Mission  des  Freiherni  Joiiann  von  Goess.     Jan.   lGri5  —  Mai  1668. 

In  den  nächsten  Monaten  wird  die  Correspondenz  sehr  schwach  und  unbe- 
deutend. Die  Weisungen  beschäftigen  sich  fast  ausschliesslich  mit  den  Reichs- 
tagsangelegenheiten, die  sich  durchaus  nicht  in  einer  den  Wünschen  der  Wiener 
Regierung  entsprechenden  Weise  entwickelten.  Der  Kaiser  suchte  an  dem  Kur- 
fürsten einen  Bundesgenossen  gegenüber  den  immer  heftiger  auftretenden  For- 
derungen der  fürstlich-weltlichen  und  eines  Theiles  der  fürstlich -geistlichen 
Stände,  zu  gewinnen.  Unter  dem  5.  September  wird  Goess  dann  aufgefordert, 
mit  dem  Kurfürsten  über  die  vom  Kaiser  sehr  befürwortete  Prorogation  des 
Reichstages  auf  unbestimmte  Zeit,  mindestens  6  Jahre,  zu  berathen  und  dieselbe 
auf  alle  Weise  zu  empfehlen.  Goess,  der  im  Laufe  dieser  Monate  eine  gefähr- 
liche Krankheit  zu  überstehen  hatte,  konnte  nur  wenig  verhandeln.  In  der 
Prorogationsfrage  fand  er  den  Kurfürsten  in  einer  den  Wünschen  des  Kaisers 
günstigen  Stimmung.  Der  Churfürst,  schreibt  er  am  20.  Oct.,  incliniret 
darzu,  dass  man  sehen  solle  den  Reichstag  zu  Regensburg  so  gut  man 
kann  zu  schliessen  und  materiara  capitulationis  perpetuae  auf  eine  be- 
queme Zeit  zu  remittiren. 

Ende  October  kam  der  Graf  Rudolf  Sinzendorf)  an  den  Hof  des  Kur- 
fürsten von  Brandenburg,  um  mit  ihm  über  die  Massregeln  zu  berathen,  die  in 
den  Streitigkeiten,  welche  zwischen  dem  Könige  von  Schweden  und  der  Stadt 
Bremen  ausgebrochen  waren,  zu  ergreifen  wären-).  Die  Berichte  darüber  sind 
nicht  erhalten;  Goess  war  durch  Krankheit  verhindert  an  denselben  lebhaften 
Antheil  zu  nehmen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  3.  November  1666.    (Or.) 

[Mitthoilungen  des  Kurfürsten  bezüglich  der  bremischen  Frage  und  der  Wahl  in  Polen.] 

3.  Nov.  Der  Kurfürst  ist  am  30.  Oct-  nach  Berlin  aufgebrochen,  hat  mir  die  hohe 

Gnad  thuen  wollen  und  mich  den  Tag  vorher  in  meinem  Quartier  besucht, 
darbei  von  dem  gegenwärtigen  statu  ziemlich  weitläufig  geredt  worden. 
Hat  mir  erzählt,  dass  dero  Trompeter  vom  Wrangel  zurückkommen,  mit 
dieser  Antwort,  dass  er  sich  in  Tractaten  gern  einlassen  und  des  Chur- 
fürsten  Interposition  darbei  admittireu  wolle.  Die  Stadt  aber  zu  quit- 
tiren  und  die  Völker  abzuführen,  das  künnte  er  ohne  seines  Königs 
expressen  ßefelch  nit  thuen.    Auf  das  übrige  der  churfürstlichen  Schreiben, 


')  Berichte  des  Sinzendorf  liegen  nicht  vor,  wohl  aber  die  für  ihn  bestimmte 
Instruction,  welche  eine  detaillirte  Darstellung  der  bremischen  Frage  enthält  und  in 
die  Forderung  ausklingt,  der  Brandenburger  möge  seine  Ansicht  über  die  in  dieser 
Sache  zu  ergreifenden  Massregeln  mittheilen  (Instruction  vom  3.  Sept.   1666). 

-)  Für  diese  Verhältnisse  vergl.  Droysen  1.  c.  III.3  irjSif.:  Carlson  I.e.  IV.  489fP.; 
Mem.  de  Pomp.  II.  Cap.  VI.  und  VII. 


Bremischer  Conflict.     Polnische  Wahl.  283 

wo  der  Churfürst  angecleut  hatte,  dass  im  Fall  er  die  Belagerung  nit 
aufheben  würde,  I.  Ch.  D.  sich  nit  entbrechen  künnten  E"".  K.  M.  raan- 
datis  und  dero  tragenden  Pflichten  Gnügen  zu  thuen,  antwortet  er 
nichts.  .  .  .  Ich  habe  nit  unterlassen  I^  Ch.  D.  abermalilen  alles  das- 
jenige zu  repraesentiren,  was  sie  zu  Üeberuehmung  der  kaiserlichen 
Commission  und  Schick-  und  Conjungirung  ihrer  Völker  bewegen  möchte: 
habe  doch  keine  cathegorische  Erklärung  darauf  erhalten  können.  Sie 
antworteten,  dass  sie  ihre  Cavallerie  Ordre  ertheilt,  sich  zum  ■Marsch 
fertig  zu  halten;  dass  sie  besorgeten,  wann  die  Herzogen  von  Braun- 
schweig wider  den  Wrangel  anmarschiren  sollen,  dass  er  die  Belagerung 
eine  ^Veil  sein  lassen  und  auf  ihnen  losgehen  würde,  darbei  ich  dann 
nit  ermanglet  die  beschwerliche  Consequentien  fürzuhalten,  welche  daraus 
entstehen  würden,  wann  die  Herzogen  sollen  geschlagen  werden.  Die 
Landgräfin  von  Hessen,  seine  Frau  Schwester,  wollte  er  dahin  suchen  zu 
disponiren,  dass  sie  sich  dieses  Werks  mit  annähme.  Man  künnte  aber 
schwerlich  mit  ihren  ministris  fort  kommen,  welche  sich  in  allen  solchen 
Dingen  zu  entschuldigen  pflegten  mit  der  Minorennität  ihres  Herrn.  Den 
Jena  wollten  sie  nach  Hildesheim  schicken;  in  summa,  ich  habe  gnug 
merken  können,  dass  er  an  diesem  Securs  nit  gern  kommt,  dass  er  Zeit 
gewinnen  und  auch  sehen  will,  was  E.  K.  M.  bei  dem  Werk  thun  werden 
und  wann  er  endlichen  sich  ferner  nit  entziehen  könne,  dass  es  dann 
mit  der  Mass  und  Proportion  sein  wird,  die  ihn  pro  contingenti  be- 
treffen möge,  obwohln  die  ministri  stark  versichert,  dass.  wann  es  so 
weit  kommen,  man  alsdann  auf  solcher  Mass  noch  Proportion  nit  reflec- 
tiren  werd.  Der  Churfürst  hat  in  diesem  Discurs  mich  auch  ersucht, 
ich  möchte  bei  E''.  K.  M.  daran  sein,  dass  solche  commissiones  ihme  nit 
allein  aufgetragen  würden,  welches  dieienige  Suspicion  und  ümbrage 
anzeigt,  als  würde  man  bei  uns  kein  Bedenken  haben,  ihn  in  einem 
Krieg  einzuwickelen,  damit  wir  uns  daraus  hielten.  Ich  habe  geantwort, 
dass  S.  Ch.  D.  bei  diese  Commission  nit  allein  sein  und  dass  in  omnem 
casum  das  Reich  und  E.  K.  M.  auch  zutreten  und  securiren  wür- 
den. ... 

Dann  ist  der  Churfürst  kommen  auf  das  polnische  Werk;  dass  der 
Hoverbeck  mit  dem  de  Mayeru  darüber  conferirt  und  dass  dieser  E^  K. 
M.  von  allem  zweifelsohne  würde  bericht  haben:  dass  die  Königin  die 
Wahl  stärker  als  nie  triebe,  dass  der  König  zu  diesem  Ende  bei 
künftigen  Reichstag  gewiss  abdiciren  würde,  dass  derowegen  hochnötig, 
dass   man   sich   zwischen  E^  K.  ^I.   und    S^  Ch.  D.    t:  vereinigte    ratione 


284  IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Jobann  von  Goess.     Jan.  1C65— Mai  1668. 

subjecti,  welchem  man  zu  der  Krön  zu  helfen.  Darzu  wäre  niemand 
besser  als  der  Pfalzgraf  von  Neuburg  :j,  der  hätte  allbereit  viel  Freunde 
und  Adhaerenten  im  Reich,  wäre  auch  allerdings  qualificirt.  wann  dann 
E"".  K.  M.  und  seine  officia  darzukämen,  könnte  man  der  andern  Fac- 
tiün,  welche  den  Duc  d'Enghien  befürderen  will,  überlegen  sein.  Sonsten, 
wann  man  diesfalls  nit  einig  wäre,  würde  es  nur  der  contrari  Faction 
diseigni  befürderen.  Der  Churfürst  hat  micii  wiederholter  Dingen  er- 
sucht, dass  ich  dieses  alles  E^  K.  M.  überschreiben  und  dero  gnädigste 
Erklärung  darüber  einholen  solle;  bitte  derowegen  E.  K.  M.  allerunter- 
thänigst,  sie  wollen  mich  gnädigst  instruiren,  wie  ich  mich  hierin  zu 
verhalten.  Für  diesraahlen  habe  ich  geantwort,  dass  E.  K.  M.  das  Aug 
allzeit  darhin  gehabt,  dass  die  constitutioues  fundamentales  regni  erhalten 
und  von  keiner  Wahl  vivente  rege  sollte  gehandelt  werden.  Wann  es  aber 
zu  einer  Wahl  kommen  sollte,  so  zweillete  ich  nicht.  E.  K.  M.  wären 
dem  Herrn  Herzogen  von  Neuburg  mit  aller  guten  kais.  Aflfection  wohl 
beigethan  und  würde  derselbe  wissen  dieselbe  noch  ferner  zu  demeriren. 
Ich  sehe  den  Churfürsten  zu  diesem  Werk  stark  portirt.  Die  Herrschaft 
Ravenstein,  welche  vermöge  der  Tractaten  dem  Herzog  von  Neuburg 
verbleiben  sollen,  bis  durch  ein  Compromis  erörtert  würde,  wem  dieselbe 
zukäme,  solle  durch  einen  neuen  Tractat  nun  zu  Ostern  dem  Churfürsten 
eingehändigt  werden,  inter  caeteras  cum  hac  conditione,  dass  wofern  bei 
nächster  Vacanz  der  Herzog  oder  sein  Sohn  nit  sollen  zu  der  polnischen 
Krön  kommen,  dass  der  Churfürst  schuldig  sein  solle,  diesen  Herrschaft 
dem  Herzog  widerum  zu  retradiren  ^). 

Unter  dem  10.  Nov.  1666  berichtet  Goess,  Sinzendorf  melde,  dass  der  Kur- 
fürst und  die  Landgräfin  von  Hessen  bessere  Gesinnung  zeigen  Bremen  zu  unter- 
stützen. Mit  des  Goess  Gesundheit  geht  es  noch  immer  nicht  gut.  Unter  dem 
6.  Dec.  berichtet  er  aus  Brüssel,  dass  er  zur  Erholung  nach  den  Niederlanden 
gereist  sei.  Er  findet  dort  den  Friquet  sehr  krank  und  meint,  es  wäre  gut  dem 
Friquet  jemanden  beizugeben.  Nach  Mittheilungen  des  Sinzendorf  und  anderer 
ist  die  Sache  zwischen  Schweden  und  Bremen  so  gut  wie  beigelegt. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Cleve  24.  December  1666.  (Or.) 

[Unterredung  mit  Castel-Rodrigo.     ürtheii  über  denselben.] 
24.  Dec.  Er  hat  -wiederholt  mit  Castel-Rodrigo  gesprochen  und  habe  solche  Devo- 

tion und  Eifer  zu  allem,  was  zu  E"".  K.  M.  Dienst  gehören  mag  bei  ihm 


')     Vergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  762  ff. 


Castel-Roclrigo.     Urtheil  des  Goess  über  denselben.  285 

gefunden,  dass  ich  wohl  wünschen  möchte,  dass  alle  andere  spanische 
ministri  dergleichen  hätten.  Er  hat  mir  aber  selbsten  bekennt,  dass  nit 
alle  also  gesinnt  und  dass  man  auf  E^  K.  M.  Seiten  wohl  zu  invigiliren, 
damit  der  Widerwertigen  üble  Intention  möge  zurückgehalten  und  hinter- 
trieben werden.  Ich  habe  ihm  aufrichtig  und  in  unserm  von  langer 
Zeit  hero  hergebrachten  Vertrauen  entdeckt,  worüber  ich  vernommen, 
dass  man  sich  in  seinem  führenden  governo  beklage,  welches  er  als  ein 
Zeichen  einer  rechten  Freundschaft  von  mir  aufgenommen  und  mir  hin- 
widerum  die  Bewandtnus  der  Sachen  und  die  rationes,  so  ihn  zu  einem 
oder  zum  andern  bevvegeten,  vertraut.  Unter  andern  habe  ich  ihme 
gesagt,  |:dass  dieser  Churfürst  in  seiner  Affection  gegen  dem  Haus 
Spanien  sich  etwas  erkälte,  dass  er  das  nit  —  zuhalten  der  versprochenen 
iährlichen  28000  Reichsthaler  pro  contemptu  sui  interpretire  :j.  Auch  habe 
der  Kurfürst  sich  beklagt,  dass  Castel-Rodrigo  des  Kurfürsten  Notificationsschrei- 
ben  bezüglich  seiner  Ankunft  in  Cleve  nicht  direct  beantwortet  habe.  Castel- 
Rodrigo  sagt,  er  habe  den  M'«.  de  Conflans  zum  Kurfürsten  zu  senden  vorgehabt, 
habe  ihn  aber  mit  leeren  Händen  nicht  schicken  wollen,  die  Anweisungen  aus 
Spanien  seien  aber  bisher  nicht  gekommen.  Goess  rät  dem  Castel-Rodrigo  durch 
ihn  —  Goess  —  ein  Schreiben  an  den  Kurfürsten  gelangen  zu  lassen ;  er  werde 
dann  schon  trachten  ein  besseres  Verhältnis  widerherzustellen.  Castel-Rodrigo 
verspricht  den  Brief  zu  schreiben.  Mit  dem  Neuburger  ist  Castel-Rodrigo  nicht 
auf  gutem  Fusse ;  ceremonielle  Schwierigkeiten  erschweren  den  Verkehr.  Castel- 
Rodrigo  hält  die  Allianz  Spaniens  mit  England  für  nützlich  und  wenn  die  Nie- 
derlande angegriffen  werden  sollten,  für  nothwendig.  Er  meint  aber,  man  dürfe 
den  Bruch  mit  Frankreich  nicht  herbeiführen.  Er  hat  die  Reputation  bei 
allem  in  ganzen  Land,  dass  er  limpias  manos  habe  und  sich  durch  kein 
Interesse  verleiten  lasse;  auch  dass  er  die  Chargen  nach  Meriten  und 
nit,  wie  vor  diesem  soll  geschehen  sein,  nach  Gunst,  Recommendation, 
viel  weniger  um's  Geld  conferire,  welche  dann  Hauptstück  seind  in  einem 
Governatorn.  Die  übrige  Qualitäten,  Verstand,  Application,  Activität 
und  Eifer  in  seines  Herrn  Dienste,  weiss  man,  dass  sie  ihm  nit  abgehen. 
Ich  befinde,  dass  er  bei  den  wenigen  Mittelen,  die  er  gehabt,  viel  gethan 
hat  und  wann  er  besser  soll  assistirt  werden,  glaube  ich,  dass  er  das 
Land  in  gutem  Stand  setzen,  die  Grenzen  wider  ausländischen  Feind 
wohl  befestigen  und  den  Staat  inwendig  in  gute  Ordre  bringen  würde. 
Mit  Erbauung  der  Festung  Charleroy  hat  er  einmahl  in  der  kurzen  Zeit 
viel  praestirt  und  obzwar  unterdessen  die  Mittel  so  darzu  angewendt 
worden,  den  armen  Soldaten  und  andern  Nothwendigkeiten  gleichsam 
entzogen,  so  ich  doch  niemand,  der  nit  bekennen  müsste,  dass  es  ein 
hoch  nothwendiges  Werk  und  dass  das  Land,  nachdem  die  Grenzen  und 


286      ^^  ■    Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  lßG5  —  Mai  IßOS. 

feste   Plätze    der  Orten    den   Franzosen    durch    den   Frieden    eingeräumt 
worden,  bis  nach  Brüssel  ganz  offen  stünde. 

Anfang  des  Jahres  1667  hat  Goess  dann  eine  Reise  zum  Herzog  von  Neu- 
burg unternommen,  um  die  zwischen  diesem  und  dem  Grafen  Schwarzenberg  be- 
stehenden Differenzen,  vornehmlich  betreffs  des  Schlosses  Hückeswagen,  beizu- 
legen. (Bericht  Goess  d.  d.  Hildesheim  17.  Jan.  1667  Gr.) ')  Bei  seinen  Unter- 
redungen mit  dem  Herzoge  wird  auch  der  polnischen  Wahl  gedacht,  und  von 
dem  Herzoge  seine  Candidatur  dem  Kaiser  besonders  empfohlen.  (Bericht 
d.  d.  Hannover  23.  Jan.   1667.  Or.)     Anfang  Februar  ist  Goess  in  Berlin. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  30.  Januar  1667.    (Coiic.) 

[Verhandlungen  mit  Blumenthal,  vornehmlich  über  die  polnische  Wahlfrage.  Haltuns^ 
Schwedens.     Goess  soll  bezüglich  dieser  Punkte  sich  Klarheit  zu  verschaffen  suchen.] 

30.  Jan.  Blumenthal,  des  Kurfürsten  Vertreter,  hat  hier  wegen  der  von  den  Kosaken 

und  Tartaren  drohenden  Gefahr  gesprochen,  die  Nothwendigkeit  betont,  in 
der  polnischen  Wahlfrage  zu  bestimmten  Entschlüssen  zu  kommen  und  des 
Kaisers  Pläne  in  dieser  Angelegenheit  zu  vernehmen  gewünscht.  Der  Kaiser 
erklärt  darauf,  bei  seinem  Entschlüsse  eine  Wahl  zu  Lebzeiten  des  Königs  nicht 
vornehmen  zu  lassen,  zu  beharren,  und  zumahien  mehrerwähuter  von  Blu- 
menthal  sich  vernehmen  lassen,  dass  des  Churfürsten  L'^^".  bei  der  Krön 
Schweden  aus  gutem  Vertrauen  zu  unserem  Consens  einigen  Auwurf  zu 
Stiftung  einer  guten  Zusammensetzung  unter  uns  und  derselben  und 
anderen  gethan,  so  ist  unser  gnädigster  Befehl  hiemit  an  dich,  dass  du 
zuförderist  bei  des  Churfürsten  L'^''".  in  was  für  terminis  selbiges  Werk 
stehe  und  was  dieselbe  vermeinen,  dass  etwa  weiter  darinnen  zu  thun 
und  zu  schliessen  sein  möchte,  so  wohl  auch  ob  nicht  das  zwischen  uns 
und  S.  L.  erst  neulich  extendirte  und  prorogirte  foedus  wider  die  Tar- 
taren und  Türkon  und  dann  weiter  auf  andere  deutsche  Häuser  als 
Braunschweig  und  Hessen  zu  extendiren,  dich  eigentlich  erkundigest  und 
uns  alsobald  überschreibest^).  Da  Blumenthal  sich  hat  verlauten  lassen, 
Brandenburg  sei  dem  Pfälzer  in  der  Wahlfrage  zu  nichts  verpflichtet,  wolle  sich 
bezüglich  des  vorzuschlagenden  Candidaten  mit  dem  Kaiser  einigen,  soll  Goess 
auch  in  dieser  Sache  sich  Klarheit  zu  verschaffen  suchen. 


')  Auszüge  aus  diesem  Berichte,  Hannover  betreffend,  bei  Schleichl  Dr.  Fr.  Leo- 
pold I.  und  die  österreichische  Politik  während  des  Devolutionskrieges  1667  — 1668,  52  f. 

'^  Ganz  in  diesem  Sinne  lautet  auch  die  kaiserliche  Resolution  an  Blumenthal 
d.  d.  30.  Jan.  1667,  mit  dem  am  28.  Januar  in  dieser  Angelegenheit  eine  Conferenz 
gehalten  worden  war  (C'onferenzprotocoll  vom  28.  Jan.  1667,  W.  A.  Abtheilung  Frie- 
densacten  Fas.  166).  Für  Blumenthal's  —  es  ist  der  jüngere  Christoph  Caspar 
Blumenthal  —  Aufenthalt  in  Wien  Puf.  1.  c.  X.58f.;  Droysen  1.  c.  III.3  ISOf. 


Polnische  Wahlfrage.     Haltung  Schwedens  bezüglich  derselben.  287 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  7.  Februar  1667.    (Or.) 

[Tod  Lubomirski's.  Aeusseningen  des  Kurfürsten  über  die  nunmehr  in  der  polnischen 
Wahlfrage  zu  befolgende  Politik.  Schwedens  Haltung  in  der  Wahlfrage.  Schwerin 
über  diese  Angelegenheit.  Des  Kurfürsten  ürtheil  über  die  Haager  Allianz.  Wunsch 
des  Kurfürsten  ein  Einverständnis  zwischen  Schweden  und  dem  Kaiser  herzustellen. 
Hildesheimer  Allianz.  Blumenthals  Sendung  nach  Wien.  Des  Berlepsch  Sendung  nach 
Dresden.    Besorgnisse  des  Kurfürsten  wegen    der  Haltung  des  sächsischen  Kurfürsten.] 

Bei  seiner  Ankunft  erhält  er  die  Nachricht  vom  Tode  Lubomirski's  ^).  7.  Febr. 
I.  Ch.  D.  sagten  mir,  dass  man  darum  den  Muth  nicht  sinken  zu  lassen, 
discurrirten  über  die  Qualitäten  des  nun  verstorbeneu  Lubomirski  und 
vermeineten,  dass  sich  einige  Dinge  nunmehr  besser  schicken  würden, 
als  in  seinem  Leben.  [:  Die  gute  Patrioten  wären  bei  diesem  Zufall 
kräftig  zu  animiren,  damit  sie  bei  der  guten  Sach  beständig  verbleiben, 
sie  wären  sorgfältig  um  ihre  Schreiben,  die  bei  dem  Lubomirski  möchten 
gefunden  w'erden  und  wenden  Fleiss  an,  damit  man  dieselbe  zurück- 
bekomme.:! Di^  Nachrichten  aus  Schweden  lassen  erkennen,  dass  dieser 
Staat  geneigt  ist,  sich  in  die  polnische  Angelegenheit  zu  mischen  -).  Hoverbeck 
hat  die  Wahl  des  Neuburgers  dem  Könige  und  der  Königin  von  Polen  sehr 
empfohlen  ^). 

Auch  Schwerin  zeigt  durch  seine  Reden,  dass  man  am  kurfürstlichen  Hofe 
gewillt  ist,  die  polnische  Angelegenheit  energisch  zu  betreiben. 

Die  haagische  Allianz  betreffend,  finde  ich  den  Churfürsten  eben 
der  Meinung,  dass  die  Staaten  General,  solang  sie  im  Krieg  mit  Eng- 
land begriffen"),  niemand  darin  wider  des  Königs  in  Frankreich  Gut- 
bedünken  einnehmen  werden,  dass  der  Fried  zwischen  diesen  beiden 
Nationen,  um  so  viel  mehr  zu  procuriren.  .  .  .  Ich  vermerke,  dass  der 
Churfürst  sehr  verlange,  dass  |:E.  K.  M.  in  bessere  Verständnus  und 
Vertrauen  mit  Schweden  kommen  thäten;  beklagt,  dass  man  von  schwe- 
discher Seiten  den  Palbitzki  (welcher  zwar  sein  Unterthan,  aber  ein 
Mensch  von  seltsamen  und  difficilen  Humeur  seie)  an  den  kaiserlichen 
Hof  geschickt  :j. 

Betreffend  die  Allianz  und  Zusammensetzung,  darüber  man  zu  Hil- 


0     Er  starb  am  31.  Jan.  1667.     Vergl.  Krebs  1.  c.  168. 

-)  Für  die  Beziehungen  Schwedens  zur  polnischen  Wahlfrage  vergl.  Memoires 
de  Pomponne  II.  a.  a.  0.;  Carlson  1.  c.  IV.  487,  496 f.;  Droysen  1.  c.  HL 3  182 f. 

^)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  171  ff. 

•*)  Für  diese  Verhältnisse  Lefevre-Pontalis  I.  365 ff. ;  Klopp,  Onno  Gesch.  des 
Falles  des  Hauses  Stuart  I.  142  ff. 


288      ^^-  E'"'<<e  Mission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.     Jan.  1605  —  Mai  1668. 

desheim  tractirt'),  hat  man  dahie  rationes,  welche  ich  als  für  mich 
Selbsten  proponirt,  warum  E.  K.  M.  darin  mit  einzubegreifen,  ganz  billich 
gefunden  und  halte  ich  darfiir,  dass  wann's  E.  K.  M.  an  1.  Ch.  1).  ge- 
sinnen  würden,  dieselbe  es  nit  allein  nit  difficultiren,  sondern  vielmehr 
befürderen  helfen  werden;  sie  approbiren  nit,  dass  diese  Defension  also 
eingericht  werde,  |:  als  wäre  sie  in  specie  wider  die  Schweden  gemeint, 
dann  dieses  seie  odieus:|  und  diene  zur  Sache  nit;  ich  sehe  dieses  Defen- 
sionwerk  nit  eben  für  so  hoch  importirend  an,  dass  E.  K.  M.  sonderlich 
viel  daran  gelegen;  weiln  aber  die  Billichkeit  und  ratio  aequitatis  so 
augenscheinlich  darbei,  dass  auch  die  passionirte  dieselbe  erkennen 
müssen,  |:als  möchte  rathsam  sein  diesen  Eingang  zu  machen,  dardurch 
nach  und  nach  der  Weg  gebahnt  und  die  Disposition  zu  weiterer  Ver- 
bindung mit  diesen  Chur-  und  Fürsten  gemacht  würde;  massen  dann 
dieser  Churfürst  darfür  halt:|,  dass  E.  K.  M.  in  den  Allianzen,  welche 
im  Reich  gemacht  werden,  allzeit  wo  raüglich  mit  eintreten  sollen.  Der 
von  Blumenthal,  wie  ich  von  dem  Baron  von  Schwerin  vernimm,  hat 
in  instructione  ^),  dass  er  E"".  K.  M.  die  gute  Gelegenheit,  welche  sie 
anietzo  haben  das  Haus  Braunschweig  an  sich  zu  ziehen^),  repraesen- 
tire;  er  hat  darbei  wiederum  gemelt,  dass  E.  K.  M.  in  hoc  passu  un- 
glaublich viel  gewinnen  würden,  wenn  sie  circa  religionem  in  dero  Ei'b- 
ländern  etwas  indulgentior  sein  würden.  :  | 

Schlosshauptmann  Berlepsch  wird  nach  Dresden  geschickt;  die  Rüstungen  des 
sächsischen  Kurfürsten  erregen  hier  Bedenken,  die  Allianz  mit  Schweden  ver- 
mehrt dasselbe ;  der  Brandenburger  scheint  besonders  Magdeburgs  wegen  in  Sorge 
zu  sein^).  Der  Churfürst  hat  sich  gegen  mich  vernehmen  lassen,  j:  als 
gedenke  der  Churfürst  zu  Sachsen  sich  catholisch  zu  erklären:],  und  wolle 
sich  durch  die  Waffen  hierbei  versicheren;  dieses  würde  ihme  und  dem 
Churfürsten  zu  Sachsen,  und  E"".  K.  M.  sehr  schädlich  sein;  |:  ein  ander 
Minister  hat  bei  mir  schiessen  lassen,  als  geschehe  alles  mit  E''.  K.  M. 
Vor be wüst  :1.  ... 


')     Für   diese  Hildesheimer  Couferenz   vergl.    Köcher  I.e.  1.515  ff  ;    Droysen  I.e. 
III.3  164. 

-)     Vergl.  Droysen  I.e.  III.3  180 f. 

^)     Vergl.  Köcher  1.  c.  I.  519  f., 

*)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.3  178  und  Aum. 


Hildesheimer  Allianz.     Sachsen.     Polnische  Frage.  289 


Der  Kaiser  au  Goess.     Dat.   Wien  8.  Februar  1667.    (Couc.) 

[Lubomirski's    Tod.     Fortsetzung  seiner  Pläne.     Unveränderlicbkeit  der  kaiserlichen 
Resolution  in  dieser  Frage.     Plan   einer  Einigung  mit  Schweden,    Rraunschweig  und 

Sachsen  in  dieser  Frage.] 

Die  Nachricht  vom  Tode  Lubomirski's  ist  hier  eingetroffen.  Der  Kaiser  hat  S.  Febr, 
den  Anhängern  Lubomirski's,  die  seine  Sache  fortzusetzen  beschlossen,  die  Zu- 
sicherung geben  lassen,  sie,  wie  den  verstorbenen  Lubomirski,  unterstützen  zu 
wollen.  Einer  dieser  Männer,  der  Castellan  von  Posen,  Grzymaltowski,  will  zum 
Kurfürsten  von  Brandenburg,  um  mit  ihm  über  die  zu  ergreifenden  Massregeln 
zu  berathen.  Goess  soll  dem  Kurfürsten  Avie  dem  Castellan  mittheilen, 
dass  des  Kaisers  Resolution  unverändert  geblieben  ist.  Sonderlich  hast  du 
dich  auch  zu  bemühen  zu  sondiren,  ob  I.  Ch.  D.  nicht  für  rathsam  halten 
möchten,  dass  nicht  allein  die  Krön  Schweden,  sondern  auch  das  Haus 
Braunschweig,  wie  auch  des  Churfürston  von  Sachsen  L'^'=".  zu  einer  ge- 
meiner Verbüudnus  und  Zusammensetzung  mit  uns  und  des  Churfürsten 
zu  Brandenburg  L'^'^".  vermögt  werden  möchten.  Auch  soll  Goess  den  Kur- 
fürsten ersuchen,  seinerseits  alles  aufzubieten,  um  sich  Klarheit  über  die  Pläne 
des  sächsischen  Kurfürsten  zu  verschaffen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   18.  Februar  1667.     (Or.) 

[Neigung  des  Kurfürsten  für  die  Candidatur  des  Neuburgers.  Urtheil  des  Goess  über 
die  Haltung  des  Kurfürsten  in  dieser  Frage.  Auslegung  des  kaiserlichen  Wunsches  in 
der  polnischen  Wahlfrage.  Umtriebe  der  Königin  von  Polen.  Neue  Unterredungen 
des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  und  Schwerin  über  die  polnische  Wahlangelegenheit. 
Nachrichten  aus  Stockholm.  Ausdehnung  des  Bündnisses  gegen  die  Türken  und  Tar- 
taren.   Unterredung  mit  Schwerin  wegen  des  Privilegiums  de  non  appellando  und  der 

Religionsverhältnisse.] 

Goess  findet  den  Kurfürsten  sehr  für  die  Candidatur  des  Neuburgers  ein-  18.  Febr. 
genommen,  mit  dem  er  eifiügst  verhandelt.  Goess  glaubt,  dass  der  Kurfürst 
diese  Verhandlungen  ehrlich  meine,  vornehmlich  mit  Rücksicht  auf  sein  preussi- 
sches  Interesse ').  Man  weiss,  wie  er  mit  Polen  stehe,  auf  welche  Weis 
er  die  Souverännität  in  Preussen  erhalten;  hat  billich  zu  besorgen,  dass 
wann  ein  König  in  Polen  kommen,  welcher  ihm  nit  wohl  gewogen  und 
die  Gelegenheit  und  Coniuncturen  sich  darzu  praesentiren  möchten,  ihnie 
künftig  allerlei  Difficultäten  würden  gemacht  werden. 

Von  Schweden   möchte   ihm    dasselbe  nit   allein   vergönnt,    sondern 


1)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.  3  183  ff. 

Mater,  z.  Gesell,  d.  (1.  Kiirfilrsten.     XIV.  19 


290      IV.    Erste  Mission  des  Freiiierrn  Johann   von  Goess.     Jan.  16r>5  —  Mai  1668. 

auch  wohl  procui'irt  werden;  derowegen  ist  er  sorgfältig,  dass  er  eiuen 
benevolum,  ja  auch  sibi  devinctum  regem  in  Polen  kriege;  |:und  hat  ein 
vornehmer  Minister  mir  in  Vertrauen  einmal  gesagt,  dass  der  Kurfürst 
auf  alle  Weis  dahin  sehen  werd  und  solle,  dass  wer  König  in  Polen 
wird,  ihme  darum  Obligation  habe.  :  Darzu  kommt  auch,  dass  er  in 
dem  Clevischen  in  steten  Sorgen  leljcn  müssen,  sonderlich  bei  dem  Atta- 
chement  des  Herzogs  von  Neuburg  an  Frankreich,  darum  die  Stände 
selbiger  Landen  diesen  Vergleich  sehr  verlangt  und  eingerathen.  Ich 
habe  den  Churfürsten  fast  in  keiner  Occasion  so  pacient  und  geduldig 
gesehen,  nun  nachzugeben,  nun  die  vorfallende  Difficultäten  zu  superiren, 
daraus  ich  schliessen  müssen,  dass  ihme  starke  rationes,  warum  er  diesen 
Vergleich  einzugehen,  zu  Gemüth  gangen'). 

Unsere  rationes,  warum  vivente  rege  zu  keiner  Wahl  zu  schreiten, 
1:  möchten  wohl  dahin  ausgedeutet  werden,  als  thäten  E.  K.  M.  ent- 
weder auf  sich  Selbsten,  oder  doch  auf  einen  andern  candidatum  post  fata 
regis  gedenken.  Und  habe  ich  dieselbe  hiebei  zu  erinnern,  dass  ich 
etwas  susurriren  hören,  als  hätten  sie  dem  Lubomirski  seel.  die  Fiirsten- 
thiimer  Ratibor  und  Oppeln  versprochen,  non  exprimendo  ad  quem  finem, 
sed  magnus  aliquis  procul  dubio  praesumitur;  auf  dem  Prinz  Carl  von 
Lothringen^)  merke  ich  auch,  dass  man  suspicire,  dass  E.  K.  M.  incli- 
niren;  meines  Erachtens  hat  man  in  diesem  Werk  sehr  behutsam  zu 
gehen  ^):L  Wann  die  neuburgische  Abgeordnete  Schweden  dahin  ver- 
mögen könnten,  massen  man  bei  selbiger  Krön  bis  dato  diesfalls  gute 
Propension  zu  dem  Herzog  von  Neuburg  gezeigt,  |:  würde  dieser  Chur- 
fürst  sich  leicht  zu  ihnen  schlagen  und  die  Wahl  in  favorem  des  Her- 
zogs endlichen  auch  wohl  armis  durchdringen  helfen.  Dass  er  der  fran- 
zösischen Wahl  beifallen  solle,  wie  der  von  Blumenthal  insinuirt,  darzu 
sehe  ich  keine  Apparenz;  es  müsste  dann  .  der  Status  rerum  in  totum 
sich  verändern.  Der  Kremski  ■*)  ist  fort  nacher  Polen,  imbuirt  mit  dieser 
Maxime,  dass  Polen  keine  Ruhe  zu  hülfen,  man  benehme  dann  durch 
eine  Wahl  der  Königin  die  Hoft'nuug   zu  ihrem  Intent  zu  gelangen  :|. 

Die  Hilfe,  welche  Hoverbeck  der  Königin  von  Polen  gegen  die  Türken  an- 


')  Für  die  brandenburg-neuburgischeu  Beziehungen  ürk.  ii.  Act.  XI.  731  if.; 
Puf.  1.  c.  IX.  75f.;  Droysen  1.  c  173£f. 

-)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.  3  184  f. 

^)  Vergl.  auch  die  Weisung  Friedrich  Wilhelms  an  Blaspeil  bei  Droysen  1.  c. 
III.3  185  Anm. 

•*)     Pfalz-Neuburgischer  Gesandte;  vergl.  Puf.  I.  c.  X.  65. 


Polnische  Wahlfrage.  291 

geboten'),  war  ihr  nicht  recht;  Goess  meint,  man  hätte  es  lieher  unterlassen 
sollen. 

Des  Ragefski^)  Reis  nach  der  Porten  glaubt  man,  dass  dahin  an- 
gesehen seie,  dass  man  den  Tiirkenkrieg  auf  alle  Weis  suche  von  sich 
|:  und  herentgegen  auf  E.  K.M.  zu  wälzen;  mit  vorgeben,  dass  dieselbe 
nach  der  polnischen  Krön  trachten;  man  solle  bei  der  Porten  gedenken, 
was  für  eine  formidabl  Potenz  sie  hierdurch  an  der  Seiten  bekommen 
würden.  Die  Königin  suche  unterdessen  dem  König  aus  Frankreich 
diesen  Dienst  zu  thuen  und  seine  anderwertige  diseigni  hierdurch  zu 
facilitiren,  weilen  sie  bis  dato  in  dem  Wahlwerk  ihrem  Versprechen 
nach  nit  fortkommen  können^).  Es  wären  ja  grausame  consilia.  Ich 
bericht's  allein,  damit  E.  K.  M.  dessen  Nachricht  haben  und  sich  vor- 
sehen mögen,  wann  etwas  daran  wäre:|. 

Unterdessen,  weiln  man  dieses  ad  mundum  abschreibt,  bin  ich  bei 
P.  Ch.  D.  und  dem  Baron  von  Schwerin  gewesen;  haben  insinuirt,  dass 
man  in  Couferenz  mit  mir  treten  würde  ....  und  besteht  man  ihrer- 
seits darauf,  dass  zwar  ausser  der  grössten  Not  |:  vivente  rege  zu  der 
Wahl  nicht  zu  schreiten;  wann  aber  dieselbe  durch  der  Königin  unauf- 
hörlichs  Treiben  wollte  durchgetrieben  werden  und  der  König  zu  diesem 
Ende  unversehens  thäte  abdiciren,  da  w"äre  ja  in  alle  Weg  nöthig,  dass 
wir  uns  unter  einander  verstünden  und  verglichen,  wen  man  pro  candi- 
dato  solle  praesentiren.  Man  hat  sich  darbei  beklagt,  dass  der  de  Lisola 
und  Friquet  den  Herzog  von  Neuburg  :  j  von  E^  K.  M.  wegen  hierzu  pro- 
ponirt  und  dass  man  sich  diesseits  auf  diesem  Fundament  weiter  in  der 
Sach  eingelassen;  nun  aber  wolle  mau  bei  E''.  K.  M.  Hof  nichts  darvou 
wissen  und  |:  exclamirt  der  Churfürst,  wann  er  E^  K.  M.  publicis  ministris  :| 
nit  trauen  kann,  wem  er  dann  endlichen  trauen  könne.  Er  hat's  anfangs 
dahin  ausgedeut,  als  wann  man  bei  E^  K.  M.  Hof  nit  gern  sehe,  dass  er 
sich  mit  dem  Herzog  von  Neuburg  verglichen.  Ich  habe  S"".  Ch.  D.  aber 
remonstrirt,  dass  vielmehr  E.  K.  M.  meinen  darbei  angewendeten  Fleiss, 
der  niemanden  besser  als  deroselben  bekannt,  nit  allein  approbirt,  son- 
dern mir  jederzeit  befohlen,  noch  ferner  darin  zu  continuiren.  Der  Baron 
von  Schwerin  setzete  ferner  hinzu,  dass  wann  E.  K.  M.  damalen,  als 
von  diesem  W^erk  anfangs  gehandelt  worden,  dero  Intention  |:ratione 
candidati  änderst  entdecket,    der  Churfürst  weniger  nit   als    wegen    des 


1)  Yergl.  Droysen  1.  c.  III.s  183  f. 

2)  Radziejowski. 

=*)     Vergl.  Droysen  ].  c.  III.3  191  ff. 

19- 


292      IV.  Erste  Mission  des  Freilierrn  Johann  von  Goess.     Jan.  lfiG5— Mai  1G68. 

vorgeschlagenen   Herzogs  von   Neuburg  geschehen:!    sich  mit    deroselbcn 
conformirt  hätte. 

Crockow  meldet  aus  Stockholm,  dass  das  Ansehen  der  Franzosen  daselbst 
immer  grösser  werde,  dagegen  könne  er  nicht  glauben,  dass  die  Schweden  die 
von  Frankreich  intendirte  Wahl  in  Polen  unterstützen  werden ').  Ueber  die 
Herstellung  eines  guten  Vernehmens  zwischen  dem  Wiener  und  Stockholmer 
Hofe  durch  Vermittelung  des  Berliner  Hofes  wird  in  Berlin  zwar  gesprochen, 
aber  bisher  noch  nicht  gehandelt. 

|:Ratione  exteosionis  foederis  etiam  contra  Turcas  et  Tartaros  haben 
I.  Ch.  D.  zwar,  dass  dasselbe  und  viel  weniger,  dass  andere  Häuser  als 
Braunschweig  und  Cassel  :|  darin  mit  eintreten  möchten,  nit  improbirt, 
sondern  insinuirt,  dass  sie  sich  diesfalls  mit  E''.  K.  M.  wohl  vergleichen 
werden;  sie  haben  sich  doch  nie  positive  erklärt,  dass  sie  ihrestheils 
mit  der  Extension  zufrieden,  sondern  man  hat  dilatorie  gcantwort,  man 
erwarte  Bericht,  wie  sich  die  Tractaten  zu  Hiklesheim  veranlassen''), 
darnach  man  sich  besser  werde  richten  können.  Der  Churfürst  hat  sich 
im  übrigen  anerboten  bei  den  andern  Häusern  seine  gute  Officia  zu  inter- 
poniren.  ,  .  . 

Der  Baron  von  Schwerin  hat  mich  abermalen  ersucht,  dass  ich  bei 
E"".  K.  M.  meine  officia  interponiren  wolle,  damit  I.  Ch.  D.  das  privilegium 
de  appellando  im  Herzogthum  Pommern,  allermassen's  die  Schweden  haben, 
erhalten  mögen.  Man  hätte  Nachricht,  dass  der  H.  Markgraf  von  Bai- 
reuth  auch  darum  angehalten  und  gute  Vertröstung  bekommen.  Ich 
habe  gefragt,  ob  sie  dann  zufrieden,  wann's  keiner  bekomme.  Der  von 
Schwerin  sagte  von  nein  und  dass  er  hierin  ein  sonderliches  Interesse 
habe,  dann  auf  ihm,  als  der  darin  begütert,  sonsten  ungleicher  Verdacht 
fallen  möchte.  Er  hat  darbei  repetirt,  was  ich  neulich  erinnert,  wie  viel 
E.  K.  M.  durch  ein  wenig  mehr  ludulgenz  in  dero  Erblanden  gegen  den 
Protestirenden  gewinnen  würden.  Als  ich  regerirt,  wie  sie  das  an  E.  K. 
M.  begehren  könnten,  da  sie  in  ihren  Landen  denen  catholicis  ganz 
keine  exercitium  zuliesseu,  hat  er  geantwort,  wir  möchten  nur  propo- 
niren  und  Vorschlag  thun,  sie   würden  sich  ihrerseits  gern  finden  lassen. 


1)     Vergl.  Droysen  1.  c.  IU.3  185 f.;   Pomponne  Mein,  il  Cap.  VI.  u.  VII. 
-)     Vergl.  Köcher  1.  c.  I.  518  ff. 


Eiweiteruug  des  brandeuburg-oesterreichischen  Bündnisses.  Polnische  Wahlfiago.      293 

Goess    an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  Februar   1667.    (Or.) 

[Rathschlag  des  Goess  in  der  polnischen  Wahlangelegenheit.  Verhandlungen  mit  dem 
Kurfürsten  und  dem  Herzoge  von  Neuburg.  Sachsen.  Reiffenberg.  Des  Kurfürsten 
Verhalten  in  der    Frage    bezüglich    Extendirung    der    Allianz  gegen  die  Türken  und 

Tartaren.] 

Berichtet  über  die  in  dem  anderen  Schreiben  bereits  gemeldeten  Gespräche  18.  Febr. 
mit  dem  Kurfürsten  und  seinen  Ministern. 

Ich  befinde,  dass  sehr  nothwendig  sein  werd,  dass  E.  K.  M.  sich  in 
dem  polnischen  Wahlwerk  also  verhalten,  |:dass  dem  Herzog  von  Neu- 
burg und  consequenter  dem  Churfiirsten  die  Hoffnung  zu  ihrem  Intent 
zu  gelangen  nicht  benommen  werde.  Dann  wann  E^  K.  M.  consilia  de 
non  eligendo  successore  vivente  rege  aut  conveniendo  de  candidato  dahin 
sollen  ausgedeut  werden,  dass  sie  entweder  auf  sich  oder  praeterito  Neo- 
burgico  auf  einen  andern  candidatum  gedachten,  wäre  zu  besorgen, 
dass  sie  herentgegen  andere  consilia  und  resolutiones  fassen  und  verur- 
sacht würden  per  quamcunque  demum  viam  zu  ihrem  Intent  zu  ge- 
langen:]. ...  Die  rationes,  welche  ich  kräftig  deducirt,  warum  für  dies- 
malen  von  keiner  Wahl  zu  tractiren,  können  sie  dahie  nit  verwerfen, 
sondern  lasst  man  dieselbe  gelten,  [:sed  hactenus,  wann  keine  Gefahr 
da,  dass  der  polnische  Hof  unterdessen  die  vorhabende  Wahl  gleichsam 
per  forza  möchte  durchtreiben;  in  quem  casum  wir  unserseits  müssten 
gefasst  und  ratione  candidati  eins  sein  :|.  Dieser  Ursachen  halben  habe 
ich  mich  beflissen,  sowohl  dem  Herzog  von  Neuburg,  als  auch  dem  Chur- 
fürsten,  E"".  K.  M.  gegen  gedachten  Herzog  tragender  gnädigsten  guten 
Affection  zu  versicheren,  auch  dasjenig  zu  erinnern,  wodurch  der  Herzog 
dero  kay.  Gnad  und  Benevolenz  zu  erwerben;  :  dann  hier  liegen  sco- 
puli  verborgen,  daran  man  leicht  zu  scheiter  gehen  könnte  und  möchte 
ein  König  in  Polen  werden,  der  an  niemand  weniger  als  an  E.  K.  M. 
darum  vermeinte  obligirt  zu  sein:|.  ... 

Was  das  Bündnis  gegen  die  Tartaren  und  Türken  betrifft,  ist  der  Kur- 
fürst gewillt,  alles  was  in  seiner  Macht  steht  bei  Schweden,  Braunschweig 
und  auch  bei  Sachsen  zu  thun ').  Wegen  Sachsen  gaben  I.  Ch.  D. 
zu  verstehen,  dass  wann  sie  wohl  auf  wären,  auf  Mittel  und  W^ege 
wollten  gedacht  sein  mit  demselben  etwa  zusammen  zu  kommen  und 
sich  zu  unterreden.  Man  ist  dahie  der  Meinung,  |:  dass  der  Administrator 
zu  Hall  tam  pro  suo  affectu  erga  Suecos,  als  aus  Suggestion  des  Diet- 
richs,  der  vor  diesem  E''.  K.  M.  Reichshofrath  gewesen,    dem  Churfürst 


')     Vergl.  Puf.  I.  c.  X.  61. 


294      ^^'-  Erste  Mission  des  Freiiienn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1G68. 

seinem  Brüdern  allerlei  Dinge  im  Kopf  bringe,  so  dann  dessen  Allianz 
mit  Schweden  von  dem  Herrn  administratore  unterschrieben:].  Was 
aber  bei  dem  chursächsischen  Hofe  |:  mit  dem  König  aus  Frankreich 
vor  neue  Verständnus  oder  Anschlag  gemacht  worden  sein  mögen'),  das 
werd  alles  dem  von  Reiffenberg,  welcher  seine  Tage  an  Frankreich  ge- 
henkt, imputirt,  der  solle  dem  Churfürsten  auch  die  Aemulation  mit 
diesem  Churfiirsten  im  Kopf  gebracht  und  hierdurch  zu  armiren  und  ad 
ineunda  foedera  :|  stimulirt  haben,  mit  Vorwand,  dass  er  sonsten  bei 
der  Welt  in  keiner  Consideration  sein  würde.  Nun  will  verlauten,  |:als 
wann  gedachter  von  Reiffenbergs  Credit  bei  selbigen  churfürstlichen  Hof 
ziemlich  fallen  solle  :  i.  . ..  So  viel  ich  vermerken  kann,  werd  der  Chur- 
fiirst  gern  und  treulich  darzu  cooperiren,  damit  auch  die  andere  E"".  K. 
M.  Begehren  nach  in  der  Bündnus  mit  eintreten.  Extra  hoc  aber  habe 
ich  bis  dato  die  Erklärung  von  demselben  nit  heraus  bringen  können, 
dass  er  für  sich  allein  |:  das  foedus  etiam  contra  Turcas  et  Tartaros  wolle 
extendiren  lassen;  wann  er's  auch  thuen  möchte,  so  zweifle  ich  nicht,  er 
werd  diese  Praecaution  daibei  haben,  dass  demienigen,  was  in  nostro 
foedere  wegen  der  Hülf  wider  den  Türken  excipirt  worden,  nicht  prae- 
iudicirt  werde  :|.  Die  Tractaten  zu  Hildesheim  ^),  darauf  mau  sich  be- 
rufen, stehen,  wie  ich  von  P.  Ch.  D.  vernommen,  in  solchen  terminis, 
dass  ChurcöUn  deroselben  beigefallen,  dass  in  demselben  foedere  oder 
Zusammensetzung  das  Werk  nit  also  einzurichten,  als  wäre  es  wider 
Schweden  und  ratione  der  Stadt  Bremen  gemeint.  Sie  haben  sich  darbei 
beklagt,  dass  bei  dem  quanto  der  15000  Mann,  in  welchen  dieses  Defen- 
sionwerk  bestehen  solle,  dero  quota,  welche  auf  6000  Mann  belaufen 
würde,  allzu  hoch  komme,  sonderlich  weiln  sie  mehr  andere  foedera 
haben;  sie  wollten  sich  lieber  obligiren  mit  ganzer  Macht  den  Atta- 
quirten  zu  Hülf  zu  kommen. 


Goess    an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  Februar  1667.    (Or.) 

[Nachrichten    über    den    beabsichtigten    Angriff    der    spanischen    Niederlande    durch 
Frankreich.     Spanisch -portugiesischer   Conflict.     Lisola's   Haltung    in    dem    englisch- 
holländischen Kriege,     ürtheil  des  Goess.    Sehnsucht  der  Handelsvölker  nach  Frieden. 
Hildesheimer  Congress.     Schwedisch-französische  Beziehungen.] 
ü.Febr.  |:  Wir    haben    dahie    durch   Mittel    gewisser,    allem   Ansehen    nach 

ganz  sicherer  Correspondenz,   dass  der  König  in  Frankreich  resolvirt  die 

')     Für  die  sächsisch-französischen  Verbindungen  in  dieser  Zeit;  Heibig  1.  c.  295 if.; 
Auerbach  1.  c.  238  ff. 

-)     Yergl.  Köcher  1.  c.  I.  519 f. 


Sachsen.     Frankreichs  Pläne  gegen  die  spanischen  Niederlande.  295 

.•^panische  Niederlanden  zu  attaquiren '):  dass  auch  der  Generalstaaten  Ge- 
sandter zu  Madrid  seine  principalos  berichtet,  der  Vergleich  mit  Portugal 
nun  in  der  Spanier  Hände  stehen  solle.  Es  ist  mir  auch  eben  auf's 
Fundament  dieser  Correspondenz  dahie  gesagt  worden,  dass  der  de  Lisola 
den  Frieden  zwischen  England  und  Holland,  soviel  er  kann,  bei  dem 
König  in  England  verhindere").  Nun  habe  ich  auch  anderwerts  einige 
gute  Nachricht,  was  für  Maximen  er  bei  diesem  Werk  führe  und  lass 
ich  dahin  gestellt  sein,  welcher  gestalt  er  von  E^  K.  M.  instruirt  und 
was  man  bei  diesem  Krieg  oder  Fried  zu  dero  und  dero  hochlöblichen 
Hauses  Convenienz  dienlich  und  rathsam  zu  sein  befinde.  Ich  halte 
doch  darfür,  dass  wann  etwa  für  E.  K.  M.  besser  sein  möchte,  dass  dieser 
Krieg  noch  eine  Zeit  continuirte,  doch  in  alle  Weg  um  so  viel  mehr 
schädlich  sein  würde,  dass  man  diese  dero  Intention  vermerkte,  weilen 
sie,  wie  ich  berichtet  werde,  dero  Mediation  zu  Bofürderung  dieses  Frie- 
dens antragen.  Ich  will  nun  nit  sagen,  dass  man  nit  allein  die  General- 
staaten, sondern  auch  alle  dieienige  disobligiren  würde,  welche  diesen 
Frieden  verlangen:;.  Bei  diesen  Hof  und  bei  allen  denen,  welche  ent- 
weder an  das  Meere  gelegen,  oder  durch  Strom  in's  Meer  auslaufen 
können,  sehnt  man  sich  nach  dem  Frieden  zwischen  England  und 
Holland  trefflich,  um  willen  bei  wehrenden  Krieg  alle  commercia  ge- 
sperrt, die  Früchten  nit  können  verhandelt  werden  und  die  Zölle  fast 
nichts  eintragen  und  also  ein  grosser  Mangel  am  Geld  nothwendig  erfolgt. 
Goess  sucht  dem  Fürsten  von  Anhalt,  der  das  über  Lisola  mittheilt,  solche  An- 
sichten mit  des  Kaisers  angetragener  und  bereits  angefangener  Mediation  in 
London  auszureden. 

Die  zu  Hildesheim  Versammelten  sind  auseinandergegangen  und  wollen  im 
März  wieder  zusammen  kommen. 

Von  einem  mit  schwedischen  Verhältnissen  Vertrauten  erfährt  Goess,  dass 
Schweden  wohl  Frankreich  beim  Angriffe  auf  die  Niederlande  unterstützen 
werde.  Verhandlungen  wurden  gepflogen;  die  Differenz  sei  nur  noch  bezüglich 
des  Zahlunostermines   der  Subsidien. 


')  Für  diese  Verhältnisse  Ranke,  Franz.  Gesch.  lU.  230 ff. ;  Droysen  1.  c.  IIb 3 
187 ff;   Lefevre-Pontalis  L  -il.')!!.:  Klopp  1.  c.  L  157 ff. 

-)  Dass  dies  nicht  der  Fall  war,  dass  Lisola  vielmehr  alles  that  um  den  Frieden 
zwischen  den  Staaten  und  England  zu  vermitteln,  geht  ans  Lisola's  Berichten  hervor; 
vergl.  Klopp  1.  c.  1.  l-ioff. 


296      I^-  Kiste  Mission  des  Freiheirn  Johanu  von  Goess.     Jan.  1GG5  — Mai  1668. 

Goess  an   den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  Februar  1667.    (Or.) 

[Des  Berlepsch  Rückkehr  aus  Dresden.  Dessen  Mittheilungen.  Friquets  Mittbeilungen 
über  die  Ansicht  der  Holländer  über  Lisola's  Vorgehen.  Mittheilungen  Blaspeils  über 
die  Pläne  des  Herzogs  von  Neuburg  und  des   Königs  von   Frankreich.     Königin  von 

Polen] 

25.  Febr.  Der  Sclilosshauj3tmann  Berlepsch  ist  aus  Dresden  zurück  und  meldet,  dass 

ein  Bündniss  zwischen  Frankreich  und  Sachsen  geschlossen  sei;  den  Inhalt 
kennt  er  nicht,  er  habe  doch  so  viel  von  den  dänischen  bei  dem  sächsischen 
Hof  anwesenden  conamissariis,  welche  das  Werk  nit  approbiren  sollen, 
und  dann  von  andern  guten  Freunden  vernommen,  dass  gedachte  Allianz 
zwar  in  terminis  ziemlich  generalibus;  es  wäre  aber  ipsa  generalitas, 
als  welche  von  denen  mächtigem  pro  libito  et  proprio  commodo  ausge- 
deut  werde,  bedenklich.  Er  hätte  bei  einem'  sondirt,  ob  sie  auch  wohl 
zu  Verstattung  des  Passes  der  französischen  Völker  nach  Polen  angesehen 
sein  möchte,  der  hätte  die  Achsel  eingezogen  und  geantwort,  nihil  negat, 
qui  omnia  dicit.  Die  alte  Räth  sollen  das  Werk  ganz  nit  approbiren 
und  dahin  gedacht  sein,  wie  dasselbe  widerum  zu  redressiren.  Der  chur- 
sächsische  geheime  Rath  Gersdorf  solle  zu  diesem  Ende  ehisten  hieher- 
kommen und  wie  ich  von  meinen  Leuten  vernimm  schon  ankommen 
sein  mit  Intention,  einige  Bi^indnus  zu  Defension  dieser  Kreis  mit  diesem 
Churfürsten  zu  veranlassen.  Ich  werde  darbei  nit  unterlassen,  dasienige 
zu  beobachten,  was  mir  E.  K.  M.  wegen  Miteinschliessung  des  Churfürsten 
zu  Sachsen  in  nostro  foedere  gnädigst  anbefohlen.  Urheber  und  Förderer 
des  säclisisch-franzüsischen  Bündnisses  ist  Reiffenberg,  den  der  Kurfürst  von 
Mainz  in  Würzburg  in  Verhaft  genommen  hat  und  an  dessen  Stelle  Schönborn 
zum  Statthalter  zu  Erfurt  eingesetzt  worden  ist. 

Friquet  meldet  aus  dem  Haag,  dass  auch  dort  Lisola's  Benehmen  dahin 
gedeutet  werde,  als  wolle  der  Kaiser  den  Frieden  zwischen  Holland  und  Eng- 
land hindern.  Ist  derowegen  wohl  a  tempo  kommen,  dass  der  de  Lisola 
so  gute  Disposition  zum  Frieden  auch  mit  Entwerfung  der  Conditionen 
dem  Friquet  bericht'),  dass  es  scheint,  dass  man  im  Haag  nun  bessere 
Meinung  destwegen  hat. 

Blaspeil  berichtet  aus  Cleve,  dass  der  Herzog  von  Neuburg  seinen  Kanzler 
Giese-)  nach  Wien  senden  wolle,  um  in  seiner  Angelegenheit  zu  verhandeln 
und  seine  Devotion  dem  Kaiserhause  zu  bezeugen;  wenn  der  Herzog  ohne  Hoff- 
nung gelassen  werde,  würde  er  sich,  —  berichtet  Blaspeil.  —  nothwendig  an 
Frankreich  ferner  halten  müssen.  Man  wäre  im  Werk  von  französischer 
Seiten    ein    foedus    mit  den   benachbarten  Chur-  und  Fürsten   dahin    zu 


1)     Vergl.  Klopp  1.  c.  I.  1 44. 
-)     Franz  Giese. 


Sächsische  Politik.     Lisola's  Vorgehen.     Privilegium  de  uon  appellando.  297 

proponiren,  dass  den  kals.  Völkern,  wann  einige  nach  Niederland  —  welches 
er  praesupponirt,  dass  unfehlbarlich  dies  Jahr  von  Frankreich  solle  atta- 
quirt  werden  —  geschickt  würden,  der  Pass  nit  gestatjtet  werde.  Hover- 
beck  berichtet  von  der  schweren  Erkrankung  der  Königin  von  Polen. 


Der  Kaiser  an  Goess.    Dat.  Wien  27.  Februar  1667.    (Conc.) 

[Vorschlag    einer    Zusammenkunft    der    Kurfürsten    von    Brandenburg    und    Sachsen. 
Schwedisch-oesterreichische  Beziehungen.     Privilegium  de  non  appellando.] 

Goess  soll  dem  Kurfürsten  den  Vorschlag  machen,  er  möge  gelegentlich  27.  Febr 
seiner  vorhabenden  Reise  nach  Carlsbad  in  Dresden  mit  dem  Kurfürsten  von 
Sachsen  zusammenkommen  und  die  Allianz  mit  diesem  Kurfürsten  zu  fördern 
suchen.  Der  Kaiser  wird  durch  seinen  Residenten  in  Stockholm  ^)  mit  dem 
Könige  von  Schweden  sich  zu  einigen  suchen,  Goess  soll  mit  Wrangel  bei 
dessen  Anwesenheit  in  Berlin  verkehren.  Bezüglich  des  Privilegiums  de  non 
appellando  werden  schon  die  nothwendigen  Nachforschungen  gepflogen. 


Goess*  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  März  1667.    (Or.) 

[Gersdorf's  Verhandlungen  in  Berlin.  Vorsicht  des  Brandenburgers  bei  diesen  Ver- 
handlungen. Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  bezüglich  der  französischen 
Pläne.  Unterredung  mit  Gersdorf.  Geringe  Geneigtheit  Brandenburgs  Sachsen  An- 
lass  zur  Rüstung  zu  geben.  Des  Goess  Urtheil  über  Frankreichs  Pläne  bezüglich 
Brandenburgs  und  Sachsens.  Gersdorfs  Erklärungen  bezüglich  Polens  und  Frank- 
reichs.    Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin.     Gninski.] 

Gersdorf,  des  Kurfürsten  von  Sachsen  Minister-'),  war  in  Berlin,  vornehm-  4.  März, 
lieh  über  das  polnische  Wesen  und  über  den  niederländischen  Krieg  zu 
berathen.  Ich  vermerke,  dass  man  von  beiden  Seiten  behutsam  und  mit 
einigen  Mistrauen  procedire  und  dass  dieser  Churfürst,  sonderlich  nach- 
dem der  von  Sachsen  mit  Frankreich  Allianz  gemacht,  besorge,  dass 
seine  Intention  und  Gedanken  den  Franzosen  möchten  entdeckt  v^erden. 
Als  ich  diesem  Churfiirsten  wegen  Niederland  repraesentirt,  dass  circulus 
Burgundicus  ein  membrum  imperii,  derowegen  das  Reich  sich  dessen 
anzunehmen,  dass  was  in  instrumento  pacis  und  in  der  kaiserlichen  Capi- 
tulation,  denselben  betreffend,  enthalten,  ad  praeterita  et  iam  compo- 
sita  bella  und  nit  ad  futura  zu  ziehen,  dass  der  Chur-  und  Fürsten  des 


')     Basserode. 

-)     Nicolaus  Gersdorf. 


298  J^-  5*-i"ste  Slission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  166S. 

Reichs  Interesse  nit  leide,  dass  der  Krön  Fiankreich  Potenz,  welche  ohne 
das  nun  der  ganzen  Welt  leges  vorschreiben  wollte,  noch  grösser  werde, 
haben  I.  Ch.  D.  mir  geantwort,  :  dass  sie  eben  dieses  und  dann  noch 
ferner  den  Gersdorf  insinuirt,  dass  man  ihrerseits  vielmehr  dahin  zu 
sehen,  dass  des  Hauses  von  Oesterroich  Macht  besser  emporkomme  und 
die  Französische  dardurch  balancirt  werde:. 

Der  von  Gersdorf  hat  mir  bekennt,  dass  der  Churfürst,  sein  Herr, 
eine  Allianz  mit  Frankreich  aufgericht,  dass  dieselbe  durch  dem  von 
Reiffenberg  und  dem  von  Burkersrode  und  dem  Gravel  negociirt  und 
ihren  geheimen  Räthen  erst  neulich  communicirt  worden');  ...  dass  die- 
selbe nichts  in  sich  hielte,  als  wozu  der  Churfürst  ohne  das  ex  instru- 
mento  pacis  obligirt;  ob  vielleicht  secreti  articuli  ad  partem  aufgericht, 
sagete  er,  dass  er's  nicht  wüsste;..  .  hat  sich  ziemlich  beklagt  über  die 
bei  ihnen  eingeführte  Novitäten,  doch  alles  mit  gebührenden  Respect 
gegen  dem  Churfürsten,  seinem  Herrn,  dessen  Sincerität  und  Facilität 
andere  zu  dero  eigenen  Schaden  zuweiln  misbraucheten.  Als  de  reme- 
diö  discurrirt  wurde  und  ich  sondirt,  ob  nit  die  Sach  mit  dem  zu 
redressiren,  j:dass  zwischen  E*".  K.  M.,  diese  beide  Churfürsten  und  auch 
Schweden,  als  welche  mit  ihren  Landen  der  bei  Polen  androhenden  Ge- 
fahr am  nächsten,  eine  Bündnus  gemacht  würde,  :j  hat  er  geantwort, 
dass  die  Devotion  seines  Churfürsten  gegen  E.  K.  M.  beständig  und  inte- 
gerrima  verbliebe,  dass  man  bei  diesem  churfürstlichen  Hof  sich  dies- 
falls nit  explicirete,  dass  zwar  der  Baron  von  Schwerin  etwas,  aber  nur 
gar  in  genere  innuirt:  er  von  Gersdorf  hätte  auch  nit  Ordre  weiter  zu 
gehen. 

|:  Als  ich  nun  bei  diesem  Hof  suggerirt,  dass  es  gut  sein  würde, 
dass  man  sich  etwas  nähender  ratione  der  in  Vorschlag  kommender  Zusam- 
mensetzung expliciren  möchte,  habe  ich  fast  observirt.  dass  man  diesseits 
nit  verlange,  dass  Chursachsen  Occasion  habe  zu  armiren,  als  von  dessen 
armis  man  nicht  wisse,  pro  quo  aut  contra  quem  dieselbe  angesehen  :  |. 
Ich  mache  mir  die  Gedanken,  dass  nachdem  Frankreich  gesehen,  dass 
dieser  Churfürst  und  der  Herzog  von  Xeuburg  sich  mit  einander  ver- 
glichen und  also  der  Herzog  inskünftig  nit  Ursach  haben  w-erd  den 
Franzosen  so  fest  wie  vorhin  zu  adhaeriren,  dass  E.  K.  M.  auch  Mittel 
haben,  sich  denselben  durch  dero  Befürderung  zu  der  polnischen  Krön 
zu  devinciren,  massen  es  der  Pomponne  zu  Stockholm,  als  er  wegen 
Befürderung  gedachten  Herzogen  requirirt  worden,  gnugsam  zu  verstehen 


')     Yergl.  Heibig  1.  c.  292 ff.:  Auerbach  1  c.  200ff, 


Gersdorfs  Verhandlungen  in  Berlin.     Polnische  Walil frage.  299 

gegeben,  der  König  in  Frankreich  dem  Churfürsten  und  das  Haus  Sachsen 
mit  der  Hoffnung  lactire,  dass  er  sie  zu  ihre  praetendirende  Gerechtsame 
und  Possession  der  Jülich'schen  Landen  verhelfen  wolle,  oder  auf's 
wenigst,  dass  man  das  Werk  bei  diesem  Hof  also  apprehendire. 

Gersdorf  hat  während  seiner  Anwesenheit  bezüglich  der  Pläne  seines 
Herren,  des  Kurfürsten  von  Sachsen,  vornehmlich  zw^eierlei  betont;  dass  Sachsen 
in  den  zu  gewärtigenden  polnischen  Wirren  keinen  Krieg  in  den  sächsischen  Län- 
dern wolle  und  zweitens,  dass  Sachsen  es  für  zweckmässig  erachte,  Avenn  Frank- 
reich die  ^Niederlande  überfallen  sollte,  sich  neutral  zu  verhalten.  Es  wurde 
nichts  bestimmtes  mit  Gersdorf  verabredet. 

Als  ich  mit  dem  Baron  von  Schwerin,  wegen  dessen  was  der  Gers- 
dorf vom  Krieg  in  Niederland  gemelt,  geredt,  hat  er  gefragt,  wie  viel 
Chur-  und  Fürsten  im  Reich  ich  wohl  vermeinete,  dass  ratione  des 
Passes  für  dero  Auxiliarvölker  auf  E^  K.  M.  Seiten  sein  würden;  ich  habe 
geantwort,  die  meiste  und  in  primis  der  Churfürst,  sein  Herr,  und  dass 
ich  auch  eben  dieses  von  dem  Herzog  von  Neuburg  verhoffen  wollte. 
Hie,  ja  wohl,  wann  des  Canzlers  Giese  Negociatiou  darnach  sein  werd;  und 
als  mau  hac  occasione  von  dieser  Materie  wiederum  zu  Redt  w'orden  (sie), 
hat  er  gesagt,  wann  E.  K.  M.  dero  Resolution  diesfalls  nur  soweit  zurück 
halten,  |:  bis.  der  Herzog  deroselbeu  alle  verlangende  Satisfactiou  und 
Assecuration  seiner  beständigen  Freundschaft  gegeben:],  wäre  es  nit  un- 
billich;  wann  man  aber  bei  uns  andere  Gedanken  und  etwa  Intention 
hätte  I :  iemand  andern  (abermalcn  auf  den  Prinzen  von  Lothringen  deu- 
tend) zu  der  polnischen  Krön  (zu)  befürdern,  so  hätte  ich  leicht  zu  er- 
achten, was  daraus  zu  gewarten  :|. 

Gniiiski,  der  Abgeordnete  des  Königs  von  Polen,  hat  Versprechungen  des- 
Kurfürsten  von  Brandenburg,  welche  seine  Erwartungen  übertrafen,  erhalten '). 
Der  Kurfürst  will  mit  einer  Armee  von  nicht  unter  8000  Mann  nach  Polen 
kommen.  Goess  sucht  dem  Gninski  gegenüber  die  Beziehungen  des  Kaisers  zu 
Lubomirski  zu  rechtfertigen. 


Goess   an   den  Kaiser.     Dat.  BerUn  11.  März   1667.     (Or.) 

[Privilegium  de  non  appellando.     Erkrankung  der  Königin  von  Polen.     Mittheilungen 

Stratmans.] 

Der  Markgraf  von  Baireuth'-')    ist  hier;    er  erklärt  Hoffnung  zu  haben  vom  H.  ilärz. 
Kaiser  das  Privilegium  de  non  appellando  zu  erhalten  und  bittet  Friedrich  Wil- 


1)    Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  61. 

^)     Christian  Ernst, 


300      IV.  Erste  Mis.sion  des  Freiljcnn  Johann  von  Goess.     Jan.  Ififirj  —  Mai  1G68. 

heim  um  Förderung  in  dieser  Angelegenheit.  Dieser  will  dies  al)er  nicht  thun, 
bis  er  nicht  gewiss  ist,  dass  er  selbst  das  Privilegium  de  non  appellando  für  die 
l)ommer'schen  Länder  erlangt.  Hoverberk  meldet  die  schwere  Erkrankung  der 
Königin  von  Polen. 

Stratman'),  des  Neuburgers  Resident  in  Cleve,  der  nach  Berlin  gekommen, 
um  hier  zu  verhandeln,  empfiehlt  die  Sache  des  Neuburgers  beziiglich  Polens 
dem  Kaiser.  Er  hat  mir  erzählt,  welcher  gestalt  der  Churfürst  von  Köln^) 
zu  Düsseldorf  gewesen  |:und  wie  der  Bischof  von  Strassburg  ^)  die  vor- 
habende Bündnus  treibe  ad  intercludendos  succursns  Caesareos  in  Bel- 
gium  *);  dass  der  Bischof  von  Münster^)  auch  stark  tentirt  werde:]  und 
darum  sehr  gut  gewesen,  wann  ich  denselben  en  passant  gesprochen; 
wie  nit  weniger,  dass  die  Opinion  nit  ohne  Fundament  seie,  dass  Frank- 
reich mit  England  a  parte  tractire  et  quidem  conscio  de  Witt^).  Der 
Romswinckel,  clevischer  Vicecanzler,  hätte  in  hoc  passu  all  viel  im  Haag 
penetrirt.  Ein  vornehmer  Mann  und  der  arcanorum  pariiceps  wäre,  hätte 
ihm  hiervon  etwas  und  dieses  darbei  gesagt,  |:dass  der  de  Witt  de- 
sparata  und  halsbrecherische  consilia  führe  :|.  Ich  lasse  dahin  gestellt 
sein ,  was  daran  ist;  ich  kann  dieses  aber  nit  wohl  glauben;  es  werd 
darbei  auch  gesagt,  dass  der  König  in  Engelland  intentionirt  sei,  sich 
catholisch  zu  erklären  und  seine  consilia  dahin  anstelle. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  14.  März   1667.    (Or.) 

[Mistrauen  des  Berliner  Hofes  bezüglich  des  Vorgehens  des  Kaisers  in  der  polnischen 
Wahlfrage.     Rath  des  Goess.     Wolfrad.     Gniuski.] 

14.  Jlürz.  j:   Seither    die    brandeburgische    Abgesandte^)    von    Wien    zurück- 

kommen, vermerke  ich,  dass  die  Diflidenz  dahie  merklich  zugenommen; 
man  vermeint  in  intima  arcana  penetrirt  zu  haben  und  dass  E.  K.  M. 
wegen  der  Krön  Polen  nicht  auf  den  Herzog  von  Neu  bürg,  sondern  auf 
den  von  Lothringen  gedenken,  welches  dahie  allerlei  Gedanken  und  fast 
nova  consilia  verursachen  will.:].  Es  wäre  daher  sehr  gut,  wie  Goess 
meint,  wenn  man  dem  Giese  in  Wien  eine  gute  Erklärung  geben  würde. 


')  Der  nachmahlige  österreichische   Hofkauzler  Graf  Theodor  .Stratmau. 

-)  Maximilian  Heinrich. 

•^)  Franz  Egon  v.  Fürstenberg. 

*)  Vergl.  Ennen,  Frankreich  und  der  Niederrhein  I.  184  f. 

'")  Christof  Bernhard  von  Galen. 

ß)  Für  diese  Verhältnisse  vergl.  Klopp  I.e.  I.  146 ff. ;  Ranke,  Franz.  Gesch.  III.  231. 

^)  Blumenthal. 


Stratraan's  Erklärungen.  Polnische  Wahlfrage.  Schutz  der  spanischen  Niederlande.      301 

Der    schwedische   Resident   "Wolfrad').    soll   hier  längere  Zeit   verbleiben. 
Gninski  ist  abgereist,  soll  nach  Kopenhagen  und  Stockholm. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   18.  März  1667.     (Or.) 

[Gesundheitszustand    des  Königs   und   der  Königin   von  Polen.     Stratman's  Pläne' be- 
züglich   des    Schutzes    der    spanischen    Niederlande.      Unterredung    des    Goess    mit 
Schwerin  über  diese  Angelegenheit.     Pläne  Brandenburgs.] 

Schlechte  Nachrichten  über  den  Gesundheitszustand  des  Königs  und  der  18.  März. 
Königin  von  Polen.  Letztere  dürfte  sterben.  Stratman  sagt  mir,  |:  dass 
wann  dem  Herzog  von  Js^euburg  von  E"".  K.  M.  Seiten  eine  gute  Satlsfac- 
tion  gegeben  würde,  die  Sach  dahin  kiiunte  gericht  werden,  dass  der 
westphälisclie  Kreis  sich  in  gutei"  Verfassung  stellete  und  der  Defension 
der  Niederländer,  wann  dieselbe  von  Frankreich  angegriffen  würden,  an- 
nähme; nit  zwar,  dass  man  von  Anfang  sich  erklärte,  weder  vermerken 
liesse,  dass  sothane  Verfassung  dahin  gemeint;  aber  wann  man  schon  in 
guter  Postur  stünde,  würde  man  mit  guter  Manier  den  Kreis  dahin 
bringen  können.  Der  Herzog  von  Neuburg  und  dieser  Churfürst,  der 
sich  dessen  Promotion  als  seiniges  Interesse  lasst  angelegen  sein,  als 
beide  directores,  werden  hierzu  können  obligirt  werden  durch  E"".  K.  M. 
favorable  Resolution  für  gedachten  Herzog  von  Neuburg.  Der  Herr 
Bischof  von  Münster  könnte  auch  per  aliquod  praemium  darzu  disponirt 
werden:].  ...  Ich  habe  den  Baron,  von  Schwerin  ein  wenig  darüber 
sondirt  mit  Vorstellung  der  allgemeinen  Gefahr,  ]:  wann  P'rankreich  sich 
der  Niederländer  bemächtigen  sollte.  Er  Hess  sich  vermerken,  dass 
man  freilich  es  ungern  sehen  würde,  der  Pass  auch  den  kaiserlichen 
Succursen  nicht  zu  verwehren;  dass  sie  aber  die  Hand  mit  anlegen  und 
den  Krieg  wider  Frankreich  mit  antreten  sollten,  das  wäre  allzu  be- 
denklich. Ich  glaube,  dass  sie  hierin  sehr  starke  Reflexion  auf  Schweden 
machen  und  wann  sie  derer  versichert,  wider  Frankreich  desto  bessere 
Resolution  ergreifen  möchten.  Ich  habe  gute  Nachricht,  dass  sie  unter 
der  Hand  officia  bei  dem  König  in  Frankreich  thuen  lassen,  damit  der- 
selbe des  Herzogs  von  Neuburg  Promotion  favorisire,  indeme  die  di- 
segni  des  Duc  d'Englien  einmal  impracticabl.  Als  mir  der  Churfürst 
vorgestern  in  discursu  proponirt,  wie  doch  der  Sachen  zu  thun  wäre  und 
man  die  allzuweit  um  sich  greifende  Macht  der  Franzosen  besser  zurück- 
halten künnte  und  ich  darauf  geantwortet,  dass  wir  alle,  die  wir  Interesse 


')     Herrmann  Wolfrad. 


302      IV.  Erste  Mission  des  Freihenn  Jobann  von  Goess.     Jan.  16G5  —  Mai  1668. 

darbel  hätten,  uds  7>u.sanimen  zu  thun  und  deren  gefährliclien  Disegnen 
zeitlich  zu  begegnen,  hat  er  mir  gesagt,  dass  er  vermerkete,  dass  die 
Schweden  :|  eben  destwegen  gro.sse  gelosia  hätten  und  etwa  mit  herbei- 
zutreten wohl  künnten  disponirt  werden. 


Die  nächsten  Berichte  des  Goess  enthalten  nichts  von  Bedeutung.  Der 
neue  schwedische  Resident')  versichert  Goess,  Schweden  wolle  die  Freund- 
scliaft  Oesterreichs  (Ber.  vom  25.  März)  und  der  Kurfürst  fährt  fort  im  Sinne 
des  Neuburgers  wegen  der  "Wahl  in  Polen  zu  verhandeln  (Berichte  vom  8. 
und  15.  April).  Goess  betont  immer  wieder  die  Nothwendigkeit,  nicht  blos 
wegen  des  Neuburgers,  sondern  vornehmlich  mit  Rücksicht  auf  den  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  dem  neuburgischen  Kanzler  in  Wien  eine  so  günstige 
Antwort  zu  geben,  dass  der  Verdacht  beseitigt  werde,  als  begünstige  der  Wiener 
Hof  unter  der  Hand  die  Wahl  des  Lothringers  (22.  April).  Trotz  all  dieser  Er- 
klärungen bleibt  die  Wiener  Regierung  bei  dem  Entschlüsse  zu  Lebzeiten  Johann 
Casimirs  keine  Wahl  vornehmen  zu  lassen  (Weisung  vom  16.  u.  19  April  1667). 
Im  Uebrigen  billigt  der  Kaiser  das  Vorgehen  seines  Gesandten  und  lässt  den 
Kurfürsten  von  Brandenburg  ersuchen,  die  Mission  des  kaiserlichen  Gesandten 
Basserode,  der  nach  Stockliolm  gesendet  wird,  zu  unterstützen  (Weisung  vom 
19.  April  1667). 


Goess  an  de«  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  Mai  1667.    (Or.) 

[Millet.  Dessen  officielle  Mission.  Erklärung  des  Kurfürsten,  ürtheil  des  Goess  über 
Friedrich  Wilhelms  Haltung  in  der  polnischen  Wahlfrage.  Defensionswerk  im  west- 
phälischen  Kreis  betreffend.  Bereitwilligkeit  des  Kurfürsten  Basserode's  Mission  in 
Stockholm  zu  unterstützen.     Erkrankung   der  Kurfürstin.     Brandts  Reise   nach  Breda 

betreffend.] 

6.  Mai.  Millet,  der  Vertreter  Frankreichs  ist  am  1.  an  den  Hof  des  Kurfürsten  gekom- 

men -j,  um  im  Namen  seines  Herrn  die  Erlaubnis  des  Durchzuges  für  die  auf  die 
Bitte  der  Polen  hin  vom  Könige  der  Franzosen  für  einen  Krieg  gegen  die  Türken 
gewährten  Truppen  nachzusuchen'').  Der  Kurfürst  hat  sich  dilatorisch  erklärt 
und  ist  nach  der  Audienz  in  mein  Zimmer  zu  mir  kommen  und  hat 
mir  erzählt  was  vorgangen  und  also  darvon  iudicirt,  dass  diese  Proposi- 
tion und  Begehren  der  französischen  Faction  in  Polen  mehr  Schaden  als 
Nutzen  schaffen  würde.  Auf  die  vom  Kurfürsten  nach  dem  Begehren  des 
Goess  gestellte  Forderung  einer  schriftlichen  Erklärung  antwortet  Millet  ableh- 
nend.    Der  Kurfürst  hat  darauf  in  einer  längeren  ünterreduno;  mit  Millet   auf 


0  Wolfrad. 

-)  Ueber    Jeure    Millet    und    dessen    Mission    in    Berlin   Urk.   u.   Act.  I.  427 ff. ; 

Mignet  1.  c.  II.  279  ff.,  Mem.  de'Pomponne  IL  492;   Puf.  1.  c.  X.  42  ff.  u.  a.  0. 

3)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  428;  Puf.  1.  c.  X.  50. 


Millet.     Polnische  Wahlfrage.     Krankheit  der  Kurfürstin.  303 

die  Ueberfliissigkeit  der  UnterstiitzAuig  Polens  gegen  die  Türken,  von  denen 
nichts  zu  befürchten  sei,  hingewiesen  und  auf  das  Drängen  Miilet's,  der  Kur- 
fürst möge  die  Pläne  Frankreichs  in  Polen  unterstützen,  geantwortet,  Frankreichs 
Pläne  seien  undurchführbar ').  Goess  spricht  die  Befürchtung  aus,  es  könnte  der 
Kurfürst,  falls  der  Kaiser  sich  dem  Neuburger  nicht  so  günstig  zeige,  Avie  man 
in  Berlin  wünsche,  insbesondere  aber  wenn  Frankreich,  was  nicht  ausgeschlossen, 
sich  entschliesse  die  Candidatur  des  d'Enghien  aufzugeben  und  die  Neuburgische 
zu  unterstützen,  sich  auf  die  andere  Seite  schlagen. 

Wegen  des  Defensionswerk  im  westphälischen  Kreis,  habe  ich,  dass 
darbe!  der  Biirgundische  in  Acht  zu  nehmen,  mit  niemand  anderm,  als 
mit  dem  Baron  von  Schwerin  daraus  geredt  und  würde  sich  freilich  nit 
thun  lassen,  dass  man  gleich  anfangs  aperto  diese  unsere  Intention  solle 
entdecken.  .  .  . 

Der  Kurfürst  hat  auf  des  Goess  Mittheilung  von  der  Sendung  Basserode"s  nach 
Stockholm,  erklärt,  er  werde  seinem  Vertreter  Crockow  Befehl  zugehen  lassen, 
Basserode  in  jeder  Hinsicht  zu  unterstützen.  Die  Kurfürstin  ist  schwer  erkrankt. 
Der  kurfürstliche  Minister  Brandt  in  London  schreibt  zu  wiederholten  Malen, 
der  König  von  England  wünsche,  dass  er  nach  Breda  zu  den  daselbst  stattfinden- 
den Verhandlungen  reise.  Der  Kurfürst  wünscht  des  Kaisers  Ansicht  darüber 
zu  wissen. 


Goess  an  den  Kaiser,     Dat.  Berlin  16.  Mai  1667.    (Or.) 

[Zustand  der  Kurfürstin.  Mission  Brandts  nach  Breda.] 
Der  Kurfürst  und  die  Kurfürstin  sind  vor  einigen  Tagen  hier  angekommen-).  IG.  Mai. 
Der  Fürst  Moritz  von  Nassau,  welcher  die  Churfürstin  aus  dem  Haag 
hieher  begleitet,  hat  mich  den  anderen  Tag  darauf  besucht  und  der 
Churfürstin  Zustand  also  repraesentirt,  als  wäre  fast  keine  Hoffnung  ihres 
Aufkommens.  Er  hätte  auch  nit  vermeint,  dass  ers  lebendig  hieher 
bringen  würde  und  dannoch  hat  sie  aus  lauter  Begierde  den  Churfürsten 
und  die  Prinzen  zu  sehen,  also  geeilt,  dass  er  mit  Beschleunigung  der 
Reis  ihr  nie  gnug  thun  können.  Sie  ist  ganz  von  Fleisch  und  Kräften 
abkommen  und  solle  hecticam  und  phtisin  zugleich  haben,  darzu  dann 
auch  ein  Durchbruch  kommen,  welcher  sie  am  meisten  abmattet.  .  .  . 
Wie  ich  vernimm,  zeigt  sie  sich  über  die  Massen  resolut  und  resignirt, 
bekümmert  sich  allein  wegen  des  Churfürsten  grosser  Betrübnus  und 
wegen  der  jungen  Prinzen. 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  432f. 
2)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  433. 


304      i^  •   Kf^^te  Mission  des  P'reiherrii  Johann  von  Goess.     Jan.  IGfiö— Mai  16G8. 

Auf  wiederholtes  Bitten  des  Königs  von  England  wird  der  Kurfürst  seinen 
Gesandten  in  London,  Brandt,  nach  Breda  zum  Congress  senden'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Mai  1667.    (Or.) 

[Tod  der  Königin  von  Polen.  Millets  Erklärnngen  über  Frankreichs  Pläne  in  Polen 
und  über  die  Polen  selbst.  Durchzugsfrage.  Urtheil  am  Berliner  Hofe  über  des 
Kaisers  Pläne  in  der  polnischen  Thronfoigefrage.  Nothwendigkeit  Giese  in  guter 
Stimmung  zu  erhalten.  Millets  Bemühungen  für  Conde.  Frankreichs  Vorgehen  in 
der  poloischeu  Wahlfrage.     Hoverbeck.     Des  Mainzers  Urtheil  in  der  l)ur(;hzugsfrage.] 

20.  Mai.  Die  Nachricht  vom  Tode  der  Königin  von  Polen  ist  eingelangt 2).     Als  ich 

Millet  eben  den  Tag  besucht,  hat  er  mir  persuadiren  wollen,  dass  man 
ihrerseits  auf  keine  Election,  vivente  rege,  gedacht.  Es  wäre  ein  Phan- 
tasma, durch  welches  man  die  Leut  abgeschreckt,  sie  hättens  ihnen  auch 
nichts  kosten  lassen,  also  wären  sie  auch  nit  die  dupirte,  noch  die  be- 
trogene; prognosticirete  in  posterum  schlechten  Zustand  in  Polen.  Der 
Hof  und  das  Land  wären  ihme  gnug  bekannt;  er  hätte  noch  neulich 
2  Jahren  aneinander  unter  sie  gelebt. 

Der  Kurfürst  hat  Millet  eine  schriftliche  Resolution  in  der  Durchzugsfrage 
zukommen  lassen  3).  .  .  .  Die  conditiones  auf  des  römischen  Reichs  Consens 
und  der  polnischen  Republique  Begehren  der  französischen  Assistenz,  haltet 
man  für  Ding,  die  nie  geschehen  werden.  .  .  .  Ich  vermerke,  dass  man 
dahie  darfür  haltet,  dass  durch  diesem  Tod  der  Königin  des  Giesen  Nego- 
ciation  nocli  schlechteren  Fortgang  als  vorhin  gewinnen  werde,  dass  man 
bei  uns  darauf  gewartet,  dass  man  gedenke  dem  König  die  ältere  Erz- 
herzogin inTyrol*)  zu  geben;  in  summa,  dass  wir  ganz  andere  Absehen 
bei  dem  polnischen  Werk  haben.  Ich  observire  auch,  dass  Giesen  sehr 
schleclite  relationes  an  seinem  Herrn  thun  muss,  nam  quotidie  tarn  ibi 
quam  hie  minus  speratur,  welches  ich  ungern  sehe,  dann  unterdessen 
verlauft  man  sich  mit  den  consiliis.  E.  K.  M.  habe  ich  unterthänigst 
erinnert,  dass  ich  für  rathsam  erachtete,  dass  Giesen  bei  guten  Mut  und 
auch  in  seinem  particulari  bei  guter  Satisfaction  erhalten  würde.  Der 
Millet  hatte  seine  Negociation  für  Conde  mit  grossen  Eifer  angefangen^); 


')     üeber  Christoph  Brandts  Mission  in  England;   Puf.  1.  c.  X.  2 ff. 

2)     10.  Mai  1667;   vergl.  Krebs  I.e.  170. 

^)  Die  Resolution  liegt  in  Copie  bei.  Der  Kurfürst  erklärt  in  der  Durchzugs- 
frage nur  gemeinsam  mit  den  übrigen  Fürsten  vorgehen  zu  können  und  hat  daher  an 
diese  geschrieben.     Vergl.  ürk.  u.  Act.  II.  432 ff. 

•*)     Claudia  Felicitas,  die  nachmalige  Gemahlin  Leopold  I. 

5)     Urk.  u.  Act.  II.  439  f. 


Tod  der  Königin  von  Polen.  Polnische  Wahlfrage.  Angriff  auf  die  span.  Niederlande.  305 

ich  glaube,  dass  er  nuD  darvoQ  relaschircu,  die  Hoffnung  ziemlich  ver- 
lieren und  die  Batterie  veränderen  werde;  er  schiesst,  wie  ich  höre  und 
Ursach  habe  zu  glauben,  wo  nit  mit  vergift,  doch  mit  gefährliche  Kugel 
und  solche,  qui  per  medios  Ire  satellites  et  perrumpere  amant  saxa 
potentius  ictu  fulmineo.  Die  Furcht,  dass  Frankreich  sich  jetzt  für  iS'euburg 
ausspricht,  wächst.  Es  seind  nur  2  Tagen,  dass  wir  den  Bericht  wegen  der 
Königin  Tod  haben  und  solle  allbereit  die  Proposition  geschehen  sein, 
|:  dass  der  König  in  Frankreich  gegen  gewissen  Conditionen  nicht  allein 
dem  Herzog,  zu  der  Krön  helfen ,  sondern  ihme  auch  Geld  hierzu  vor- 
strecken wolle,  welches  er  ehender  nicht  als  adepta  corona  zu  resti- 
tuiren:|,  quod  mihi  fit  credibile;  Papa  Leo,  wie  man  per  proverbium 
sagt,  gäbe,  w^as  er  nicht  behalten  kuunte,  die  Franzosen  wordenes  ver- 
kaufen und  zw^ar  theur  gnug,  wann  ihnen  hierdurch  gerathen  solle  |:den 
Herzog,  diesen  Churfürsten  und  andere  von  £•■.  K.  M.  und  dero  hochlöb- 
lichem Haus  bei  gegenwärtigen  Coniuncturen  zu  abalieniren  :  |.  Branden- 
burgs Vertreter  in  Polen,  Hoverbeck,  geht  den  Anhängern  des  Neuburgers  nicht 
energisch  genug  für  dessen  Sache  vor;  der  Kurfürst  hat  ihm  darüber  geschrieben, 
er  sich  gerechtfertigt').  Der  Kurfürst  von  Mainz  hat  dem  Berlepsch  erklärt, 
er  halte  für  nothwendig,  dem  Franzosenkönige  rundweg  den  Durchzug  der 
Truppen  nach  Polen  durch  Deutschland  abzuschlagen-). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  Mai  1667.    (Or.) 

[Mittheilung  Castel  Rodrigo's  über  die  Pläne  Frankreichs  auf  die  Niederlande.     Noth- 
wendigkeit  seitens  Spaniens  etwas  für  den  Kurfürsten  zu  thun.] 

Castel-Rodrigo  hat  wie  an  alle  Kurfürsten  auch  an  den  Brandenburger  Mit-  23.  Mai. 
theilung  gelangen  lassen  von  den  Absichten  Frankreichs  auf  die  Niederlande  3). 
Ich  habe  wohl  treulich  die  Vorsorg  gehabt,  damit  man  von  spanischer 
Seiten  doch  etwas  an  der  versprochenen  Pension  abführen  und  also  diesen 
Churfürsten  bei  guter  Satisfaction  erhalten  möchte.  Unschwer  ist  vor- 
zusehen gewesen,  dass  man  seiner  künftig  würde  bedörfen;  die  negocia- 
tiones  erforderen  materiam  praeparatam  und  gute  vorangehende  Disposition 


1)  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  63. 

2)  Für  diese  Sendung  des  Berlepsch  Puf.  I.  c.  X.  34. 

3)  Das  Schreiben  d.  d.  Brüssel  5.  Mai  1G67  liegt  in  Copie    bei ;    vergl.  Londorp 
1.  c.  X.  525. 


Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV.  20 


306      IV.     Erste  Mission  des  Freihcrin  Johann  von  Goess.    Jan.  IGGo — Mai  IGfiS. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  Mai  1667.    (Or.) 

[Unterredung  mit  Schwerin  in  der  polnischen  Wahlfrage.     Berichte  der  neuburgischen 
Gesandten  in  Stockholm   über  ihre  Verhandlungen  in   der  Wahlfrage.     Grosse  Zuge- 
ständnisse des  Kurfürsten  in  dieser  Sache.     Rath  des  Goess  in    der    niederländischen 
Angelegenheit.     Schwedens  Stellung  zu  Frankreichs  Plänen,  in  Polen.] 

Mai.  Schwerin  forciert  im  Namen  des  Kurfürsten  bestimmte  Erklärungen  in  der 

polnischen  Angelegenheit,  indem  er  zugleich  betont,  wie  nützlich  die  Candidatur 
des  Neuburgers  sein  würde.  Aus  Stockholm  berichten  die  Vertreter  des  Neu- 
burgers, dass  sie  Hoffnung  hätten  ihre  Negociation  baldigst  mit  guter  Satis- 
faction  zu  beschliessen  und  dass  das  Werk  nur  daran  hafte,  dass  man  sich  ent- 
weder einer  gewissen  summa  für  des  Königs  aus  Schweden  Praetension  auf  die 
Jülichschen  Lande  verglichen  möge,  oder  dass  dem  König  sein  Recht  wie  vorhin 
vorbehalten  bliebe.  Damit  E.  K.  M.  nun  sehen,  wie  weit  dieser  Churfiirst 
sich  des  Herzogs  Promotion  lasst  angelegen  sein,  so  hat  er  sich  erklärt, 
dass  er  den  halben  Theil  der  summa,  so  man  den  Schweden  zu  geben, 
beitragen  will;  |:  et  insuper  hat  er  seinem  Abgeordneten,  dem  vom 
Crockow^)  Befehl  gegeben,  wann  einige  ministri  hierzu  mit  Geld  zu  ge- 
winnen und  die  Sach  darmit  zu  heben,  dass  er  sich  bis  auf  die  200  000 
Reichsthaler  hierin  einzulassen:].  Auf  Giese's  Drängen  dürfte  trotz  aller 
Gegenbemühungen  des  Goess  ein  Vertreter  des  Kurfürsten,  wahrscheinlich 
Meinders,  nach  Wien  entsendet  werden. 

Bezüglich  der  niederländischen  Angelegenheit  räth  Goess,  der  Mainzer  Kur- 
fürst möge  dem  Franzosenkönige  schreiben  und  seine  Mediation  antragen,  um 
so  den  gänzlichen  Bruch  zu  vermeiden.  Berichte  aus  Schweden  zeigen,  dass 
Schweden  nicht  geneigt  ist  die  Pläne  Frankreichs  bezüglich  Polens  zu  unter- 
stützen. Was  des  Kurfürsten  Haltung  in  der  niederländischen  Sache  betrifft, 
glaubt  Goess,  dass  er  bis  dato  dieses  consilium  führe,  dass  man  der 
Sachen  ein  wenig  zusehen  und  was  einer  und  ander  darbei  thun  werde, 
beobachten  wolle.  |:Zu  dem  Krieg  wird  er  nicht  leichtlich  die  Hand  mit 
anschlagen ,  er  sähe  dann  die  Party  auf  unsere  Seiten  stark  genug  und 
dass  man  ihm  gute  Avantage  darbei  mache.  :| 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Laxenburg  30.  Mai  1667.   (Conc.) 

[Erklärung  des  Kaisers  bezüglich   des   polnischen  Wahlwerkes  und    der  Pläne  Frank- 
reichs.    Wunsch    der    Nichterneuerung  der  rheinischen   Allianz.     Wahrung    des  spa- 
nischen Interesses  in  Breda.] 

30.  Mai.  Bezüglich  des  polnischen  Wahlwerkes  beharrt  der  Kaiser  auf  seinen  früheren 

Entschlüssen.     Gegen  die  Niederlande,    hofft  der   Kaiser,    wird  Ludwig   nichts 


')     Für  Crockow's  Verhandlungen  in  dieser  Zeit;  Puf.  1.  c.  X.  56. 


Polnisclie  Wahlfrag^e.  Niederländische  Angelegenheit.  Massregeln  gegen  Frankreich.   307 

uiiternelimen,  bis  er  von  Spanien  Antwort  auf  seine  Erklärungen  erhal- 
ten'). Da  aber  allgemein  bekannt  ist,  wohin  die  Franzosen  ihre  Pläne  ge- 
richtet, soll  der  Gesandte  den  Kurfürsten  um  seine  Ansicht  fragen,  wie  den 
drohenden  Gefahren  am  besten  zu  begegnen  sei,  sonderlich  aber  ein  An- 
warf thuest,  sintemahlen  aus  allen  Umständen  klar  herfürkoramt,  dass 
die  Krön  Frankreich  zu  dergleichen  widerrechtlichen,  unfreundlichen  und 
unnachbarlichen  Irapresen  fast  durch  nichts  anders  mehreres,  als  durch 
die  Sicherheit  und  Vorschub,  so  sie  von  gedachter  rheinischer  Allianz 
hat,  animirt  werde  und  nun  die  in  derselben  bedingte  Zeit  in  dem 
nächst  bevorstehenden  Monat  Augusto  zu  Ende  laufet,  ob  nicht  zu  er- 
halten sein  möchte,  dass  solche  weiter  nicht  prorogirt,  sondern  w'enigst 
mit  Verschieb  -  oder  Verweigerung  der  Renovation  tacite  gleichsam 
aufgebebt  und  cassirt  werde.  Den  gleichen  Befehl  hat  Basserode  in  Stock- 
holm erhalten.  Es  wäre  gut,  wenn  Brandenburg  dies  Unternehmen  gutheissen 
und  bei  Schweden,  Braunsclnveig  und  Hessen  Cassel  unterstützen  würde'-'). 
Auch  möge  der  Kurfürst  seinen  Gesandten  in  Breda  ^)  Befehl  ertheilen,  darauf 
zu  sehen,  dass  das  Interesse  Spaniens  Frankreich  gegenüber  geAvahrt  werde. 


Goess   an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3.  Juni  1667.    (Or.) 

[Unterredung    mit    dem  Kurfürsten  und  Schwerin  bezüglich    der  gegen  Frankreich  zu 

ergreifenden  Massregeln.     Mittheilungen  aus  dem  Haag.     De  Witt.     Ansicht  des  Goess 

über  dessen  Pläne.     Brandenburg-schwedisches  Vertragsproject.] 

Der  Kurfürst  ist  bestrebt  den  Neuburger  in  seinen  Plänen  zu  fördern.  3.  Juni. 

Bezüglich  der  niederländischen  Angelegenheit  hält  Goess  dem  Kurfürsten 
und  Schwerin  vor,  dass  bei  veranlasster  Collegialoiferirung  der  churfürst- 
lichen  luterposition,  dieselbe  sich  darbei  gegen  dem  König  in  Frankreich 
dergestalt  vernehmen  zu  lassen,  dass  weder  sie,  noch  das  römische  Reich 
den  burgundischen  Kreis  als  ein  vornehmes  Glied  dessen  nit  abandon- 
niren  noch  hilflos  lassen  könnten  und  W'ollten.  Der  Churfürst  insinuirte, 
dass  die  Bedrohung  wenig  considerirt  würde,  wann  man  nit  die  Macht 
darbei  hätte.  Weiln  ich  dann  bei  dieser  Proposition  und  sonsten  guug 
in  Acht  nehmen  können,  dass  man  Bedenken  habe  dieses  gleichsam 
pro  consilio  et  tanquam  consilii  autores  an  Churmainz  zu  schreiben,  als  • 
habe  ich  vorgeschlagen,  dass  man  diesen  Schlosshauptmann,  den  Obersten 

^)  Vergl.  diese  Schriften  im  Theat.  Europ.  X.  67-4 ff;  Diarium  Europ.  XV.  p.  II. 
App.;  Londorp  X.  526 ff. 

-)  Für  des  Kurfürsten  Haltung  in  der  Frage  der  Prorogation  der  rheinischen 
Allianz;  Urk.  u.  Act.  XI.  469  ff. 

•')  Blaspeil  und  Brandt. 

20* 


308      ^^-    Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

von  Berlepsch,  zu  I.  Cli.  Gn.  von  Mainz  zu  diesem  Ende  abschicken  und 
alles  mündlich  ablegen  lassen,  | :  dessen  Meinung  hierüber  sondiren  und 
das  Werk  ad  propositum  scopum  dirigiren  solle  :|.  Dies  ist  auch  ge- 
schehen ').  Oberstlieutenant  von  Isselstein,  der  im  Auftrage  des  Herzogs  Georg 
Wilhelm  zu  Celle  nach  Berlin  gekommen'^),  hat,  wie  Goess  von  Schwerin  er- 
fährt, Befehl  dem  Kurfürsten  zu  melden;  1".  der  König  in  Frankreich  hätte 
ihm,  Herzogen,  seine  genommene  Resolution  wider  die  Niederlanden 
notificirt,  quaerit,  quid  respondendum;  2".  man  wüsste  nicht,  was  Schwe- 
den in  Sinn  hätte,  die  gäben  mit  ihre  Armee  in  der  Nachbarschaft 
grosse  gelosia;  3°.  dergleichen  thäte  der  Herr  Bischof  von  Münster, 
welchen  man  vernehme  den  clevischen  Tractaten  zuwider  Werbungen 
anzustellen;  4'^.  man  würde  einen  Tag  zu  Hameln  anstellen^),  ob  der 
Churfürst  jemand  der  seinigen  möchte  dahin  schicken.  Ad  primum,  uti 
audio,  werd  geantvvort,  dass  hie  noch  keine  Notification  geschehen,  wann 
aber  einige  geschehen  würde,  künnte  man  änderst  nit  antworten,  als 
remissive  an  dem,  was  das  Reich  thun  werde;  ad  secundum  verhoffe 
man,  weiln  die  Sach  mit  Bremen  nun  abgethan,  habe  man  weniger 
Ursach  zur  Diffidenz,  wann  aber  noch  einige  Strittigkeit  übrig,  oft'ertur 
electoralis  interpositio;  ad. 3"'"  man  wolle  den  Herrn  Bischof  abmahnen, 
massen  ich  vernimm,  dass  einer,  Ledebur  genannt*),  dahin  geschickt 
werden,  um  so  viel  mehr,  weiln  von  vielen  Orten  Bericht  einlaufen,  als 
habe  der  Herr  Bischof  mit  dem  König  in  Frankreich  neulich  einige 
Tractaten  gemacht^)  und  gehe  diese  Werbung  in  dessen  favor;  ad  quar- 
tum,  wann  der  angesetzte  Tag  zu  Hameln  den  Churfürsten  notificirt 
werde,  wollen  sie  der  ihrigen  jemand  dahin  schicken;  suadet,  dass  man 
den  Feldherrn  Wrangel  auch  darzu  einladen  solle.  .  .  . 

Die  churfürstlichen  ministri  '^)  aus  dem  Haag  berichten,  dass  man  allda 
dieses  Vornehmen  des  Königs  aus  Frankreich  sehr  apprehendire.  Der 
Pensionarius  de  Witt  hätte  solito  confidentius  mit  ihnen  darüber  deli- 
berirt;  sehr  hinderlich  ist  darbei,  dass  dieser  Churfürst  überaus  schlechtes 
Vertrauen  zu  demselben  hat,  welches  am  meisten  herkommt  von  wegen 


')  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  34. 

-)  Vergl.  Köcher  1.  c.  I.  528  Anm.  5;  er  wird  dort  als  Major  bezeichnet. 

=5)  Vergl.  Köcher  1.  c.  I.  528  ff. 

■*)  Gerhard  Jan  Ledebur;    über    seine   Mission    zum   Bischöfe   von  Münster  Puf. 

1.  c.  X.  39. 

^)  In  der  That   hatte   Münster  am  4.  Mai    mit  Frankreich   abgeschlossen;    vergl. 

Mignet  1.  c.  II.  35  f. 

'■)  Blaspeil,  Romswiuckel. 


De  Witt's  Pläne.     Morstyn.     Reiclisangelegeiilieiten.  309 

des  Haus  Orauien  Interesse,  welchen  der  de  Witt  gehalten  wird  zuwider 
zu  sein.  Der  Baron  von  Schwerin  hat  mich  gefragt,  was  ich  darvon 
iudicirte;  ich  habe  ihme  unterscliiedliche  rationes  vorgestellt,  warum  ich 
glauben  müsste,  dass  des  Pensionarii  Intention  hierbei  gut  wäre;  dass  ihre 
Status  es  nit  änderst  litte  und  dass  es  des  Pensionarii  Ruin  sein  würde, 
wann  man  vermerken  sollte,  dass  er  einige  ConniVenz  hierin  gegen  Frank- 
reich brauchete ').  Der  von  Schwerin  ist  mir  beigefallen.  Goess  theilt 
dann  die  we.-entlichen  Punkte  des  schwediscli-brandenburgischeu  Allianzpro- 
jectes  bezüglich  der  polnischen  Wahl  mit-). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  Juni  1667.    (Or.) 

[Notificationsschreiben  Frankreichs.     Nachrichten  aus  Polen   über  die  Abdication  des 
Königs.     Morstyn.     Reichsaugelegenbeiten.] 

Dem  Kurfürsten  ist  jetzt   des   Franzosenköniges  Notification   und  Manifest  10.  Juni. 
aus  Regensburg  zugekommen^). 

Ich  habe  von  dem  Churfürsten  selbsten  verstanden,  dass  des  Her- 
zogs zu  Cell  Meinung  dahin  gienge,  dass  man  zufürderst  eine  gute  Armee 
auf  die  Bein  zu  bringen  und  dann  von  Mediation  oder  Interposition  zu 
reden.  Der  Churfürst  wollte  sich  gern  interponiren,  damit  alle  Diffidenz 
zwischen  Schweden  und  dem  Haus  Braunschweig  möchte  aus  dem  Weg 
geräumt  werden  *).  Die  Berichte  aus  Polen  melden,  dass  man  dort  sehr  stark 
an  die  Abdication  des  Königs  denke.  Der  Kurfürst  von  Brandenburg  ha 
den  auf  der  Durchreise  von  Paris  nach  Warschau  liier  abgestiegenen  Morstyn  ■') 
ermahnt,  dass  er  bald  die  gute  Partei  nehmen  und  nit  der  letzte  herbei 
zu  treten  sein  solle. 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Datum  berichtet  Goess  die  Bereit- 
willigkeit des  Kurfürsten  in  der  Bamberger  Angelegenheit  die  Sache  des 
Kaisers  in  Regensburg  zu  fördern. 


1)  Für  de  Witt's  Verhalten  in  dieser  Zeit   vergl.  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  4160.; 
Klopp  I.  c.  I.  159  ff. 

2)  Vergl.  Mörner  1.  c.  314 ff. 

^)     Das  Schreiben  bei  Londorp  1.  c.  X.  527  f. 
*)     Vergl.  Köcher  I.e.  I.  528 f. 

=)     Andreas  Morstyn;    über  seine  Verhandlungen  in  Berlin,  Mem.  de  Pomponne 
II.  428 ff.;  Puf.  1.  c.  X.  56,  61,  67;  ürk.  u.  Act.  II.  441  ff. 


310      IV.   Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  IGß.')  — Mai  16()8. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  13.  Juni  1667.    (Or.) 

[Morstyns  Aeusserungen    über  die   polnischen  Angelegenheiten  dem    Goess    und    dem 
Kurfürsten  gegenüber.     Schweden.] 

13.  Juni.  Morstyn    spricht  Goess  gegenüber   sehr  ruhig  über  die  polnischen  Sachen, 

dem  Kurfürsten  und  seinen  Ministern  aber  empfiehlt  er  ungescheut  den  Prinzen 
von  Conde  und  erzählt  wie  alles  zwischen  dem  Könige  von  Polen  und  dem  von 
Frankreich  bereits  abgemacht  sei").  Goess  spricht  die  Vermuthung  aus,  dass 
Morstyn  dies  alles  mit  Gutheissen  des  Millet  gethan^).  Basserode  berichtet 
aus  Stockholm  zwar  gutes,  aber  Goess  fürchtet  doppeltes  Spiel  seitens  der 
Schweden  ^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  17.  Juni  1667.    (Or.) 

[Verschiedene  Ansichten    über    den    Zweck    der    Morstyn'schen  Sendung.     Urtheil  des 
Goess  über  Brandenburgs  Haltung  in  diesem  Kampfe  gegen  Frankreich.] 

17.  Juni.  Ueber  die  Bedeutung  und  den  Zweck  der  Morstyn'schen  Aeusserungen  gibt 

es  hier  verschiedene  Meinungen;  einige  halten  sie  für  Wahrheit,  viele  für  einen 
von  Frankreich  ausgehenden  Schreckschuss.  Ich  vermerke,  dass  man  dahie 
rem  belgicam  nit  in  gleicher  Consideration  habe,  noch  so  sehr  zu 
Herzen  fasse  als  rem  polonicam;  nit  dass  man's  nit  apprehendire, 
sondern  dass  man  nit  gedenke,  sich  so  leicht  darin  zu  irapliciren.  Der 
Churfürst  hat  mich  gefragt,  was  E.  K.  M.  hierbei  thäten.  Ich  habe  ge- 
antwort,  dass  sie  es  leicht  zu  erachten,  dass  ich  Nachricht  hätte,  dass 
man  bei  uns  die  alte  Regimenter  recrutirte  und  neue  würbe.  Gegen 
andere  aber,  vernimm  ich,  dass  der  Churfürst  gesagt,  ich  triebe  an  ihm, 
dass  er  sich  dieses  Werks  annehmen  solle  und  wir  selbsten  thäten  nichts 
darzu.  Man  lasst  gnug  vermerken,  dass  man  sich  dieser  Seit  (man  sehe 
dann  zuvorn  eine  starke  Partei  gemacht)  hierin  nit  leicht  einlassen 
werde.  Der  Herzog  von  Neuburg  hat  sich  dahie  erkundiget,  was  man 
hierin  zu  thun  vermeine.  Mich  gedünkt  und  ich  hab's  auch  so  ver- 
nommen, dass  man  schwache  Antwort  bis  dato  gebe.  Mir  konnut  vor, 
man  gehe  französischer  Seiten  diesen  Weg,  dass  man  sich  gestelle,  als 
würden  sie  endlichen  des  Herzogs  von  Neuburg  Promotion  nit  zuwider 
sein,  damit  sie  die  darbei  interessirte  um  so  viel  besser  aus  den  nieder- 
ländischen Krieg  halten  können.  . . . 


')  Vergl.  das  Schreiben  Morstyns   in  Urk.  u.  Act.  II. -441  ff. 

^  Ueber  dieses  Verhältnis  Urk.  u.  Act.  II.  440  ff. 

^)  Für  die  schwedische  Politik  in  dieser  Zeit;  Carlson  1.  c.  IV.  494 ff. ;  Puf.  1.  c. 
X.  66. 


Morstyn.     Brandenburgs   Haltung'  Frankreich    gegenüber.     Tod   der  Kurfiirstin.      311 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Juni  1667.    (Or.) 

[Tod  der  Kurfürstin.     Frankreichs  Krieg  gegen  Spanien.     Jodoci's  Reise  nach  Frank- 
reich.    Haltung  Brandenburgs  in  der  Frage  der  Prorogirung  der  rheinischen  Allianz.] 

Am  18.  ist  die  Kurfürstin  gestorben').  Frankreich  hat  trotz  alles  Ent-  20.  Juni, 
gegenkommens  Spaniens  den  Angriff  auf  die  Niederlande  begonnen  und  fort- 
gesetzt^). Die  Reise  des  kurfürstlich  mainzischen  Rathes  Jodoci  nach  Frank- 
reich dürfte  erfolglos  sein  3).  Die  Befehle  bezüglich  der  rheinischen  Allianz 
wird  Goess  befolgen.  Man  gestellt  sich  dahie,  dass  man  wenig  Reflexion 
auf  gedachte  Allianz  mache,  dass  sie  auch  in  der  That  von  wenigen 
Effect;  weiln  die  Franzosen  auf  die  Prorogation  dringen,  hat  der  Herzog 
von  Neuburg  dieses  Churfürsten  Sentiment  darüber  begehrt  zu  vernehmen. 
Ich  sehe,  dass  man  diesseits  bis  daher  fast  inclinirt,  dieselbe  in  vorigen 
terminis  zu  prorogiren;  steht  nun  dahin,  ob  diese  neue  von  Frankreich 
erweckende  motus  andere  Gedanken  verursachen  werden.  Sonsten  hat 
man  diesfalls  die  grösste  Reflexion  auf  Schweden  und  weiss  ich  nit 
änderst,  als  dass  die  churfürstliche  Gesandte  zu  Regensburg  Befelch  haben, 
sich  in  hoc  passu  mit  den  schwedischen  zu  vernehmen  und  bis  dieselbe 
sich  erklären  zurück  zu  halten*).  .  .  .  Diese  Couiunctur,  da  man  sieht, 
wie  Frankreich  dieser  Allianz  zu  Unterdrückung  des  Reichs  misbraucht, 
solle  sonsten  sehr  favorabl  sein.  Ich  muss  aber  darbei  E.  K.  M.  er- 
innern, dass  ich  von  guten  Orten  habe,  dass  einige  im  Reich  eben  diese 
Occasion  scheinen  nehmen  zu  wollen  mit  Frankreich  in  einer  engern 
Verbündnus  zu  treten;,  sub  praetextu,"  dass  man  hierdurch  mehr  Confidenz 
gewinnen  und  bequemer  werd  sein  per  viam  mediationis  den  Krieg  in 
Niederland  zu  sistiren  und  zu  vermittelen  ^). 

Schliesslich   weist  Goess    die  Zumuthung  zurück,    als   suche   er  den  Kur- 
fürsten zu  einer  Schweden  feindlichen  Stimmung  zu  vermögen. 


0  Vergl.  Orlicb,  Gesch.  Preussen  im  XVII.  Jahrh.  I.  549  ff. 

-)  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  433 ff. ;  Klopp  1.  c.  I.  171  ff. ;  Ranke,  Franz.  Gesch.  III. 
23-2  ff. 

3)  Ueber  dessen  Sendung  Puf.  1.  c  X.  34. 

'')  Vergl.    das    Schreiben    des    Kurfürsten   an  die  Gesandten  vom  10.  Mai  1667; 

Urk.  u.  Act.  XI.  471. 

^)  Vergl.  Köcher  I.  c.  I.  533  ff. 


312      IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1GG5  — Mai  16G8. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  24.  Juni  1667.    (Or.) 

[Geringe  Aussiebt    auf  ein   energisches  Einschreiten  der  Reichsfürsten   gegen  Frank- 
reich.    Brandenburg -schwedisches    Allianzproject.     Rheinische   Allianz.     Mitinclusion 
Burgunds  in  den  Frieden  von  Breda.] 

24.  Juni.  Es  ist  wenig  Hoffnung,  dass  Brandenburg  und  auch  die  übrigen  Mitglieder 

des  Reiches  etwas  energisches  zur  Yertheidigung  des  burgundischen  Kreises 
thnn  werden.  Die  Verzögerung  der  schwedisch -brandenburgischeu  Verhand- 
lungen ist  dem  Kurfürsten  sehr   unangenehm. 

Die  rheinische  Allianz  betreifend,  begreifen  T.  Ch.  D.  zwar,  dass 
billich  bedenklich  fallen  solle  dieselbe  bei  gegenwärtigen  Coninnctiiren 
zu  prorogiren  und  glaube  ich,  dass  sie  gern  sehen  werden,  dass  Schwe- 
den sich  zu  der  Prorogation  nicht  verstehe;  solle  aber  schwedischer 
Seiten  darin  gewilligt  werden,  so  werd  schwerlich  zu  erhalten  sein,  dass 
sie  sich  diesfalls  von  gedachter  Krön  separiren.  Durch  Stratman  hat  Goess 
dem  Kurfürsten  über  dieselbe  Angelegenheit  Mittheihmg  zukommen  lassen.  Das 
Haus  Braunschweig  ist,  wie  der  Kurfürst  meint,  sehr  für  die  Prorogation  der 
Allianz '). 

Wegen  Mitinclusion  des  burgundischen  Kreis  in  dem  Friedenschluss, 
so  zu  Breda  möchte  gemacht  werden^),  erbiet  man  sich  zwar  dahie,  die 
churbrand.  ministros  dahin  zu  instruiren.  Weiln  aber  I.  Ch.  D.  weder 
Mediator  noch  pars  sei,  als  vermeinen  sie,  dass  sie  wenig  darbei  werden 
thun  können,  und  werd  auch  darfür  gehalten,  dass  dergleichen  Inclusion 
von  wenigen  Effect  seie^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  1.  Juli  1667.    (Or.) 

[Verhandlungen  des  Kurfürsten  mit  Millet  wegen  Prorogation  des  Rheinbundes  und 
Passes  kaiserlicher  Truppen  durch  kurfürstliches  Territorium.  Massnahmen  des  Kur- 
fürsten in  diesen  Fragen.  Bessere  Stimmung  des  Kurfürsten.  Unterredung  desselben 
mit  Goess  über  den  belgischen  Krieg.  Urtheil  des  Goess  in  dieser  Frage.  Klagen 
über  Werbungen  des  Bischofs  von  Münster.  Millets  Frage  wegen  Beschickung  des 
Kölner  Congresses  seitens  des  Kurfürsten.] 

1.  Juli.  Der  französische  Envoye  Millet  hat  vergangenen  Tagen  prorogationem 

foederis  Rhenani  gesucht  und   dann   dass    der  Churfürst  sich  cathegorice 
erklären  wollte  keinen  Secursen    nach  Niederland    den  Pass   durch  seine 


^)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  471  f.:  Köcher  1.  c.  I.  .53.3 ff. 

2)  Vergl.  Klopp  I.e.  I.  185;  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  30ff.  Der  Friedensvertrag 
gedruckt  bei  Londorp  1.  c.  IX.  506  if. 

^)  Vergl.  für  diese  Frage  Mignet  1.  c.  II.  2581;  Köcher  1.  c.  538;  die  Acten,  die 
zu  Regensburg  gewechselt  wurden,  Londorp  I.e.  IX.  551iF. 


Rheinische  Allianz.     Der  Krieg  gegen  die  spanische  Niederlande.  313 

Landen  zu  verstatten.  I.  Ch.  I).  haben  auf  beide  propositiones  remissive 
auf  dem,  was  die  übrige  consortes  oder  auch  Stände  des  Reichs  thun 
würden,  geantwort;  sie  allein  künnten  hierin  nichts  statuiren  *).  Ich 
habe  die  Bedenken  darwider  weitläufig  vorgestellt  und  haben  dieselbe 
dem  Generallieutenant  Goltz'-)  und  dem  geheimen  Rath  Reinhardt^), 
welchen  sie  zu  den  Herzogen  von  Braunschweig  geschickt^),  abermahlen 
Ordre  nachgeschickt,  denen  Herreu  Herzogen  wohl  zu  repraesentiren,  wie 
bedenklich  bei  sothanen  Coniuncturen  diese  prorogatio  falle,  weniger  nit 
dem  Crockow  zu  Stockholm^),  allda  dergleichen  zu  thun,  quod  summo- 
pere  refert,  aufgetragen,  der  auch  die  unbegründte  Opinion  zu  beneh- 
men, als  thäte  man  von  E''.  K.  M.  Seiten  die  Krön  Schweden  bei  Chur- 
sachsen  und  Churbrandeuburg  odieux  und  suspect  machen;  imgleichen 
ist  auch  an  den  churbrandenburgischen  ministris  nach  Breda **),  wegen 
dessen  was  E.  K.  M.  gnädigst  begehrt  circa  inclusionem  circuli  burgundici 
in  den  dasigen  Tractaten,  geschrieben  worden.  Soviel  ich  alle  diese 
Tagen  observiren  können,  zeigen  I.  Ch.  D.  fast  mehr  Eifer  als  vorhin 
ihre  und  des  Reichs  Libertät  zu  beobachten  und  zu  vertheidigen  und 
begreifen  sie  gnug,  wohin  des  Königs  aus  Frankreich  vasti  diseigni  hinaus 
wollen.  Auch  die  Namen  der  Servitut  und  der  Sclaverei  können  sie  ohne 
Entrüstung  nit  hören:  beklagen  sich  darbei  zum  höchsten,  dass  Chur-  und 
Fürsten  des  Reichs  und  zwar  die  geistliche  zuforderist  das  edle  Kleinod 
ihrer  Freiheit  nit  besser  in  Acht  nehmen.  Mich  fragen  sie  wiederholter 
Dingen,  was  E.  K.  M.  circa  bellum  belgicum  thun  werden.  Ich  antworte 
generalia,  dass  S.  Ch.  D.  leicht  erachten  können,  was  man  zu  thun, 
wann  man  einem  sein  und  seines  Haus  Patrimonium  mit  Gewalt  hin- 
weg nimmt,  dass  E.  K.  M.  römischer  Kaiser,  die  Niederlanden  ein  Kreis 
des  Reichs  sein,  dass  die  gefährliche  Consequentien  von  Seiten  Frank- 
reich deroselben  gnugsam  vor  Augen  liegen  etc.  Ein  mehrers  gebührt 
mir  ohne  gnädigste  Ordre  nit  zu  sagen;  darbei  ich  an  meinem  geringen 
Ort  sehr  zweiflen  muss,  ob's  E'.  K.  M.  Diensten  vorträglich,  dass  bis  dato 
im  Reich  gleichsam  dubitirt  werde,  ob  E.  K.  M.  sich  der  niederlän- 
dischen Provinzen  annehmen  werden  oder  nicht. 


1)  Vergl.  ürk.  u.  Act.  II.  451  ff. 

2)  Joachim  Rüdiger  von  der  Goltz. 
^)  Johann  Georg  Reinhardt. 

■*)  Vergl.  Köcher  1.  c.  528;  ürk.  u.  Act.  II.  452. 

'=)  Vergl.  Droysen  1.  c.  ni.3  194. 

*^)  Christoph  Brandt  und  Werner  W.  Blaspeil;    über  ihren  Aufenthalt  in  Breda 
Puf.  I.e.  X.  21  ff. 


314      IV.  Erste  Mission  des  Frcihonii  Joliami  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1668. 

Der  Kurfürst  wünscht,  dass  der  Kaiser  der  von  den  Generalstaaten  er- 
hobenen Beschwerde  wegen  der  Rüstungen  des  Bischofes  von  Münster,  die  den 
clevischen  Tractaten  zuwider  seien,  abhelfe  ^).  Wie  Aveit  die  hier  von  den  Wer- 
bungen des  Bischofes  cursirenden  Gerüchte  der  Wahrheit  entsprechen,  will 
Goess  nicht  entscheiden,  dass  ist  aber  gewiss,  dass  Tractaten  mit  Frank- 
reich obhanden^)  |:  und  der  Herr  Bischof  von  Münster  nicht  allein  dar- 
bei  interessirt,  sondern  auch  französisch  Geld  dar  bei  mit  unterlaufen 
möge,  derowegen  E.  K.  M.  am  Rhein  wohl  zu  invigiliren  :|. 

Millet  hat  diesen  Churfiirsten  gefragt,  ob  er  nicht  zu  dem  Convent 
nach  Köln  schicken^)  und  sich  demjenigen,  was  allda  gut  befunden,  con- 
formiren  würde;  eines  Theils  möchte  es  gut  sein,  damit  man  die  con- 
silia  der  Orten  erfahren  könnte,  andererseits  aber  auch  periculeux,  | :  dann 
es  werden  allda  emissarii  Gallici  nicht  ermanglen.  Wie  ich  dann  höre, 
dass  de  dividenda  praeda,  wann  Niederland  soll  verloren  gehen,  agitirt 
werde  :|. 

Die  Berichte  vom  4.  und  15.  Juli  enthalten  nichts  von  Bedeutung  als  die 
Meldung  von  der  verunglückten  Sendung  Jodoci's  nach  Frankreich'*).  Ebenso- 
wenig bedeutend  sind  auch  die  Weisungen  des  Kaisers  aus  dieser  Zeit.  Es 
wird  in  denselben  dem  Goess  immer  wieder  aufgetragen  die  Erneuerung  der 
rheinischen  Allianz  zu  verhindern  und  im  allgemeinen  sich  über  die  Pläne  des 
Kurfürsten  von  Brandenburg  zu  informiren  (18.  u.  25.  Juni).  Erst  in  der  Wei- 
sung vom  11.  Juli  spricht  sich  der  Kaiser  über  das  von  Goess  in  der  nieder- 
ländischen Angelegenheit  zu  beobachtende  Verfahren  aus. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  11.  Juli  1667.    (Conc.) 

[Niederländisches  Wesen.     Congress  zu  Köln.     Sendung  Mannsfelds   nach  Berlin.] 
11.  Juli  Du   hast    auf  die    Frag,    was  wir   in    dem    niederländischen  Wesen 

zu  thun  gesinnet,  wann  solche  wieder  fürkommt,  neben  dem,  was  du 
bereits  wohl  geantwortet,  auch  dieses  zu  vermelden,  dass  wann  es  Zeit 
und  die  Bereitschaft  vorhanden  sein  werde  ...,  wir  uns  alsdann  weiter 
hierüber  vernehmen  zu  lassen  nicht  ermanglen  werden.  Verhalten  dir 
benebenst  nicht,  dass  Gottlob,  zwischen  der  Krön  Spanien  und  Engelland 
ein  beständig  Fried  geschlossen^).     Anlangend  die   von   des  Bischofs   zu 


1)  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  39. 

-)     Der  Vertrag  war   bereits   am  4.  Mai  1667  geschlossen  worden;   vergl.  Ennen 

1.  c.  I.  186. 

2)  lieber  diesen  Kölner  Convent;  Mignet  1.  c.  II.  178 ff.;  Köcher  1.  c.  I.  530f. 
*)     Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  34. 

s)     Der  Vertrag  vom  23.  Mai  1667;   abgedruckt  bei  Londorp  I.e.  IX.  529 ff.;  Du- 
mont  1.  c.  VII.  27  ff 


Niederlande.     Congress  zu  Köln.     Poluisciie  Wahiaui^elegenheit.  315 

Strassburg ')  1/ .  vorgeschlagene  Zusammenkunft  nacher  Köln"'),  ob  zwar 
nicht  viel  zuträglichs  für  uns  darvon  zu  hoffen;  jedoch  da  dieselbe  ja 
ihren  Fortgang  gewinnen  wollte,  so  hielten  wir  für  nicht  unrathsam,  dass 
des  Churfürsten  zu  Brandenburg  I/.  auch  jemanden  von  denen  ihrigen 
dorthin  schicketen.  wenigst  die  schädliche  consilia  wo  nicht  zu  hindern, 
jedoch  zur  Nachricht  zu  vernehmen;  so  du  dextre  bei  derselben  zu  in- 
sinuiren. 

Zur  Condolirmig   Avegen  der  Kurfürstiu  Tod  wird  der  Kaiser   den  Reichs- 
hofrath  Franz  Max.  Grafen  von  Mannsfeld  nach  Berlin  senden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  22.  Juli  1667.   (Or.) 

[Geplante  Zusammenkunft  der  Kurfürsten  von  Brandenburg  und  Sachsen.  Brandenburg- 
schwedischer  Vertrag  bezüglich  Polens.  Des  Meinders  und  des  Kurfürsten  Erklärungen 
in  der  polnischen  und  schwedischen  Angelegenheit.  Des  Goess  Urtheil  in  der  letz- 
teren Frage.  Sendung  Beyers  nach  Köln.  Des  Kurfürsten  Haltung  in  der  nieder- 
ländischen Frage.] 

Auf  des   Goess  Ersuchen  spricht  der  Kurfürst  von  Brandenburg   dem  zur  22.  Juli. 
Trauerfeier  nach  Berlin  gekommenen  sächsischen  Abgeordneten  Flug  den  AVunsch 
aus,  sich  mit  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  über  die  bei  der  gefährlichen  Lage 
nothwendigen  Vorkehrungen  zu    berathen.     Der  Vertrag  zwischen  Brandenburg 
und  Schweden  pro  manutenenda  libertate  reipublicae  Polonicae  ist  geschlossen^). 

Meinders  hat  dem  Goess  Im  Namen  des  Kurfürsten  vorgeschlagen;  1*^.  er 
möge  dahin  wirken,  dass  durch  des  Kaisers  Vermittelung  der  Papst ^)  dem  Polen- 
könige und  dem  Clerus  von  der  Abdication  abratlie;  2°.  es  möge  von  Seite 
Oesterreichs  alles  aufgeboten  werden,  um  mit  Schweden  eine  Allianz  zu 
schliessen.  Meinders,  wie  auch  der  Kurfürst,  halten  zu  diesem  Zwecke  eine  jähr- 
liche Subsidie  von  200  000  Rthlrn.  für  Schweden  sehr  wünschensw^erth.  Der 
schwedische  Resident  in  Berlin  =)  erklärt  wiederholt,  wie  günstig  sein  Hof  einer 
Einigung  mit  Oesterreich  gesinnt  sei.  Ich  vernimm  ungern,  dass  auch  gegen 
ihn  I.  Ch.  D.  etwas  wegen  obgedachter  Pension  schiessen  lassen,  dann 
obwohl  ich  darfür  halte,  dass  wann's  darauf  ankommen  sollte,  E.  K.  M. 
ein  Stück  Gelds  nit  anzusehen,  damit  sie  die  Krön  Schweden  von  Frank- 
reich abstrahireu  und  an  sich  ziehen  mögen,  welches  dann  bei  diesen 
Coniuncturen    ein   hoch  importireudes  Werk   wäre,    auch   nit   zu    hoffen, 


')  Franz  Egon  von  Fürstenberg. 

-)  Vergl.   Ennen  1.  c.  I.  188  f;  Köcher  1.  c.  I.  531  ff. 

2)  Vergl.  Mörner  1.  c.  3Uff  ;  Puf.  1.  c.  X.  56;  Mem.  de  Pomponne  IL  407f. 

*)  Clemens  IX.  seit  20.  Juni  1667. 

^)  Wolfrad. 


31G      I^  •   Kiste  Mission  des  Freihena  Johann  von  Goess.     Jan.  1GG5— Mai  1668. 

dass  mau  einen  Flus.s  ex  suo  tilveo,  den  er  von  lauger  Hand  genuunueu, 
bringen  und  in  einen  anderen  werfen  könue  ohne  starke  und  kräftige 
machiuas  darbei  zu  adhibiren,  .so  wäre  doch  be.s.ser  gewe.seu  und  erfor- 
derte es  ordo  tractandi,  dass  man  darmit  bis  zu  seiner  Zeit  zurück- 
gehalten hätte.  ...  Er  scheint  da.sjenige,  was  de  praestandis  subsidiis 
da  in's  Mittel  kommt  gleichsam  für  Praeliminar  und  tamquam  conditio, 
ohne  welcher  von  der  Sach  nit  zu  reden,  zu  halten:  sonsteu  vermeint 
der  Churfürst ,  dass  diesmahlen  die  Occasion  und  Coniuncturen  mit 
Schweden  zu  haudien  sehr  gut  sein.  Der  Feldherr  Wrangel  scheint 
die  französische  impresa  wider  Niederland  zu  apprehendiren  und  dass 
man  derselben  nit  also  zuzusehen  und  weiln  man  den  Frieden  zu  Breda 
für  geschlossen  halt'),  ...  auch  darfür  gehalten  ward,  dass  das  Accommo- 
dament  der  Differenzien  zwischen  Schweden  und  den  Staaten  General 
darauf  folgen  werde  ^),  als  möchten  um  so  viel  mehr  die  Schw'eden  ihre 
etwa  bishero  geführte  Gedanken  verändern  und  die  von  vielen  unter  sie 
eingerathene  Maxime  ergreifen,  sich  mit  E"^.  K.  M.  und  dem  römischen 
Reich  in  guten  Vertrauen  und  Verständnus  zu  setzen.  .  .  .  Der  Kurfürst 
hat  auf  Drängen  Stratman's  den  clevischea  Rath  Beyer'')  nach  Köln  zum  Con- 
gress  abgeordnet,  der  sich  aber  bezüglich  der  Fragen  der  rheinischen  Allianz 
und  des  Schutzes  der  Niederlande  mit  mangelnder  Instruction  zu  entschuldigen 
hat.  Ich  kann  änderst  nit  spüren,  als  dass  der  Churfürst  gute  intentiones 
habe  und  dass  ihme  die  weit  aussehende  diseigni  des  Königs  aus  Frank- 
reich sehr  zu  Gemüth  gehen.  Der  Millet  und  die  französische  ministri 
anderstwo  zeigen  sich  mit  dem  Churfürsten  nit  wohl  zufrieden  zu  sein*). 
Blaspeil  meldet  aus  Brüssel  von  seinen  Verbandlungen  mit  Castel-Rodrigo. 

Die  beiden  nächsten  Berichte  vom  19.  Juli  und  1.  August  enthalten  nichts 
neues.  In  neuen  Unterredungen  mit  dem  Kurfürsten  und  dem  schwedischen 
Residenten  in  Berlin  zeigt  sich,  wie  unerlässlicli  eine  grössere  Geld  Unterstützung 
für  die  Durchführung  der  österreichisch-schwedischen  Alhanzprojecte  ist. 


^)  Der  Vertrag  wurde  erst  am  31.  Juli  1G67  unterzeichnet;  I'rucii  u.  a.  iu  den 
Mem.  d'Estrades  V.  458  ff. 

-)  Vergl.  Carlson  1.  c.  lY.  498;  die  Verträge  bei  Dumout  1.  c.  VII.  1,  37 ff.; 
Diarium  Europaeum  XX.  App.  39  ff. 

^)     Johann  Beyer;  vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  706 ff. 

^)     Vergl.  ürk.  u.  Act    II.  457 ff.;  Miguet  I.  c.  II.  279 f. 


Schtt'eden.    Niederlande.    Erweiterung-  der  österreichisch-brand.  Allianz.  317 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  26.  Juli  1667.    (Conc.) 

[Das  niederländische  Wesen  betreifend.     Erweiterung  der  österreioh-brandenburgischen 

Allianz.] 

Castel-Rodrigo  und  der  hiesige  spanische  Gesandte ')  hahen  ernstlich  die  26.  Juli. 
Hilfe  des  Kaisers  für  die  Niederlande,  letzterer  überdies  gefordert,  der  Kaiser 
möge  dem  Goess  befehlen  den  Markgrafen  Herrmann  von  Baden  bei  seinen  Unter- 
handlungen mit  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg  zu  unterstützen^).  Gleich- 
wie uns  uun  billich  zuforderst  gedachter  unversehener  ganz  unbefugter 
Ueberfall  der  Niederlanden  zu  Gemiith  und  Herzen  gehet  und  uns  be- 
wegt alle  mügliche  Mittel  wie  demselben  zu  steuern  an  die  Hand  zu 
nehmen,  gestalt  wir  zu  solchem  Ende  unsere  Kriegsvölker  bis  auf  eine 
gewisse  competirende  Anzahl  eilends  zu  stärken  im  Werk  sein,  auch 
unserm  Hofkammerratli,  dem  Freiherrn  von  Lisola,  bereits  Vollmacht  er- 
theilt,  nicht  allein  ein  vor  diesem  obhanden  gewesenes  foedus  mit  des 
Königs  in  Engelland  I/.,  sondern  auch  mit  des  Königs  in  Schweden  L*^., 
wie  auch  mit  denen  Staaten  der  vereinigten  niederländischen  Provinzen 
pro  defensione  mutua  und  sonderlich  der  obberührten  niederländischen  Pro- 
vinzen zu  schliessen  ^);  wie  nicht  weniger  auch  unserem  Reichshofrath, 
dem  von  Basserode,  befohlen  seine  Negociation  in  Schweden  miiglichsten 
dahin  zu  befürdern,  dass  selbige  Krön  zu  Annehmung  eines  solchen  Fleisses 
foederis  ehist  vermögt  werden  möge;  also  wollen  wir,  dass  du  nicht  allein 
obbemeltes  Markgrafen  von  Baden  L'^.  zu  Behauptung  seines  Intents  bei 
des  Churfürsten  zu  Brandenburg  L''.  alle  mügliche  Assistenz  leistest, 
sondern  auch  mit  beweglicher  Vorstellung  aller  Umstände,  so  bei  ge- 
dachtem Ueberfall  concurriren,  .  .  .  dich  dahin  bemühest,  dass  des  Chur- 
fürsten r/.  sowohl  wegen  der  gesuchten  Extension  unsers  mit  einander 
habenden  foederis  auf  gedachte  niederländische  Provinzen,  als  auch 
wegen  dero  Cooperation  bei  dem  Haus  Braunschweig,  damit  dasselbe 
auch  ehist  darzu  vermögt  werden  möge,  unverlangt  sich  erklären  wollen  ^). 
Goess  soll  in  allen  Fragen  die  Intentionen  des  Kurfürsten  zu  erforschen  suchen. 
Unter  dem  1.  August  erhält  dann  Goess  die  Vollmacht  zur  Erweiterung  des 
zwischen  Oesterreich  und  Brandenburg   bestehenden  Bündnisses. 


0     Mis  de  Malagon. 

■^)  Ueber  die  Sendung  des  Markgrafen  Herrmann  von  Baden  nach  Berlin;  Piif. 
1.  c.  X.30f.;   Mignet  1.  c.  IL  220fF.;  Urk.  u.  Act.  II.  463;  Droysen  1.  c.  III.o  201fr. 

'■')  Ueber  Oesterreichs  Verhalten  in  dieser  Zeit  und  über  die  Stellung  Lisola's 
vergl.  Klopp  1.  c.  I.  177 ff.;  Schleicht  I.e.  73 ff.;  Mignet  1.  c.  II.  336 ff. 

■*)     Ueber  Braunschweigs  Haltung  in  dieser  Zeit;  Köcher  1.  c.  538 f. 


318  IV.   Erste  Slission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  IGG.')  — Mai  1GC8. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Küstrin  8.  August  1667.   (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  bezüglich  der  niederländischen  Ange- 
legenheit. Des  Knrfürsten  Sendung  zum  Braunschweiger  Convent.  Seine  Erklärungen 
bezüglich  der  Erweiterung  der  Österreich-brandenburgischen  Allianz  auf  die  Nieder- 
lande. Unterredung  mit  Schwerin.  Des  Goess  Urtheil  über  die  von  Brandenburg 
gegen  Frankreich  vermutlich  erfolgenden  Massnahmen.  Stratman's  Sendung  nach 
Düsseldorf.     Des  Goess  Bemühungen  bezüglich  des  Neuburgers.     Mannsfeld.] 

8.  Aug.  Goess  trägt  dem  Kurfürsten  den  Inhalt  der  Weisung  vom  26.  Juli  vor;  Frie- 

drich Wilhelm  ist  für  die  Beschleunigung  der  Verhandlungen ;  nur  bezüglich  Braun- 
schweigs  zweifelt  er  an  der  guten  Intention.  Den  22.  huius  soll  ein  Convent 
zu  Braunschweig  gehalten  werden');  dahin  schicken  I.  Ch.  D.  dero  ge- 
heimen Rath  Jena  mit  guter  Instruction,  wie  ich  vernimm  und  sonder- 
lich, dass  weder  er,  noch  die  churfürstlichen  Abgesandte  zu  Regens- 
burg ^),  in  der  Prorogation  der  rheinischen  Allianz  consentiren  sollen^), 
massen  ich  in  hac  materia  alle  mit  unterlaufende  considerationes  wieder- 
holt, occasione  desjenigen  was  zu  Köln  bei  dem  Convent  vorgeht.  .  .  . 
Der  Herr  Markgraf  von  Baden  ist  noch  nit  ankommen:  auf  der  Proposition, 
so  ich  gethan  wegen  Extension  unsers  foederis  auf  die  niederländische 
Provinzien,  haben  I.  Ch.  D.  Anfangs  generaliter  mit  Contestation,  dass  sie  E^ 
K.  M.  und  dero  hochlöblichen  Hauses  Interesse,  wie  ihr  eigenes,  sich  allzeit 
werden  lassen  angelegen  sein,  beantwort;  nachdem  ich  aber  ferner  urgirt, 
sich  dahin  vernehmen  lassen,  es  wäre  ein  Werk  von  grösserer  Impor- 
tanz,  als  dass  sie  sich  sogleich  darauf  resolviren  künnten;  sie  würden 
die  Sach  in  Deliberation  ziehen.  Unterwegs  zu  Landsberg  habe  ich  mit 
dem  Baron  von  Schwerin  geredt  und  kann  ich  gnugsam  merken,  dass 
der  Churfürst,  es  werde  dann  eine  gute  Partei  gemacht,  sich  nit  leicht- 
lich  in  einem  Krieg  wider  Frankreich  einlassen  werde;  wann  aber  die 
Party  gemacht  künnte  werden,  sehe  ich  wohl,  dass  er  für  seine  Person 
darzu  inclinirt;  die  Räthe  aber  werden  sehr  langsam  darin  gehen,  massen 
ich  verspüre,  dass  ihre  consilia  auf  Dilatation  und  Gewinnung  der  Zeit 
gehen  und  wanns  auch  endlichen  darzu  kommen  solle,  so  werden  alsdann 
die  propositiones,  von  welchen  ich  zum  öfftern  geschrieben,  wegen  der 
Conditionen,  so  man  dem  Churffirsten  zu  machen,  herfür  kommen.  In- 
terim inculcirt  man,  dass  der  Churfürst  liberas  manus  zu  behalten. 

Der  neuburgische  Resident  Stratman    ist    mit    uns   hieher  kommen, 


1)  Vergl.  Köcher  1.  c.  I.  535 f.;  Urk.  u.  Act.  IL  464. 

2)  Gottfried  Jena  und  Mahrenholtz. 

^)     Vergl.  für  die  Politik  Brandenburgs  in  der  rheinischen  Allianzfrage  in  dieser 
Zeit  Urk.  u.  Act.  XI.  473  ff. 


Niederlande.  Erweiterung  der  östcrreichisch-brand.  Allianz.  Herrraann  von  Baden.      319 

er  solle  eine  Reis  nach  Düsseldorf  tluin;  der  Churfiir.st  hat's  propo- 
nirt  und  der  Herzog  angenommen.  Hac  occasione  habe  ich  P.  Ch.  D. 
suggerirt,  dass  sie  dem  Herzog  durch  dem  Stratman  von  dem,  was  am 
Rhein  vorgenommen  will  werden,  kräftig  dehortiren  wollen.  Sie  habeu's 
zwar  gethan,  aber  der  Stratman  insistirt,  dass  der  Herzog  von  der  Party 
am  Rhein  nit  abweichen  kann,  mau  zeige  ihme  dann  eine  andere  dar- 
be! er  seine  Sicherheit  finden  könne;  und  habe  ich  mich  beflissen, 
dass  der  Churfürst  seine  Intention  und  Resolution  dem  Herzog  w-issen 
lassen  solle,  damit  er  sich  derselben  conformireu  und  dardurch  animirt 
werden  könne.  Aber  hierzu  ist  es  nit  zu  bringen  gewesen,  sondern  man 
lässt's  darbei  bewenden,  dass  der  Herzog  sich  uit  zu  engagiren  und  dass 
er  nit  zu  zweiflen,  dass  eine  gute  Party  werd  gemacht  werden. 

Graf  Mansfeld  ist  vom  Kurfürsten  freundlich  empfangen  worden;    derselbe 
wird  über  seine  Mission  selbst  berichten  '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  August  1667.   (Or.) 

[Ankunft  des  Markgrafen  Herrmann  von  Baden.  Unterredung  des  Goess  mit  dem- 
selben bezüglich  Jägerndorfs  und  einer  neuen  Heirath  des  Kurfürsten.  Des  Markgrafen 
Instruction.  Dessen  Erklärungen  bezüglich  der  Mittel  den  Kurfürsten  zu  gewinnen. 
Castel-Rodrigos  Aeusserung  über  denselben  Punkt.  Urtheil  und  Verhandlungen  des 
Goess  mit  Schwerin  über  die  Sache.  Dessen  Erklärungen  und  Urtheil  über  Schweden. 
Urtheil  in  Deutschland  über  des  Kaisers  Vorgehen.  Urtheil  des  Goess  über  die  Lage. 
Millet's    Erklärungen.      Mittheilungen    Stratmans    und    des    schwedischen   Residenten. 

Grave  in  Dresden.] 

Markgraf  Herrmann  von  Baden  ist  den  12.  d.  hieher  gekommen.  [:  Von  is.  Auo-. 
wegen  des  Herzogthum  Jägerndorf  und  ob  man  mit  Offerirung  desselben  :| 
den  Churfürsten  nit  zu  gewinnen,  hat  er  zwar  mündlich  mit  mir  dis- 
currirt ;  er  hat's  aber  in  seiner  Instruction,  die  ich  gesehen,  nit  gehabt; 
ich  habe  ihme  die  rationes  vorgehalten,  warum  daran  nit  zu  gedenken. 
Wohl  hat  er  in  instructione  zu  sondiren,  ob  nit  etwa  |:  dieser  Churfürst 
inclinire  ad  secunda  vota  zu  schreiten  und  ob  er  nicht  auf  einige  unsere 
Herzogin  gedenken  möchte  :|;  doch  ohne  sich  hierin  im  geringsten  zu 
engagiren;  worüber  ich  ihn  auch  informirt  und  hoß"entlich  capace  ge- 
macht, dass  erstlich  j:  der  Churfürst  solche  Intention  nicht  merken 
lassen  :|  und  dann,  dass  wann's  auch  darzu  käme,  dergleichen  negotia 
nit  besser  können  ruinirt  werden,    als  wann  man  unzeitlich  einigen  An- 


')     Vergl.  weiter  unten  den  Bericht  Mansfeld's  praes.  23.  August;  vergl.  Urk.  und 
Act.  11.463;  Mignet  11.285. 


320     ^^  ■   Krste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665^Mai  1668. 

wuif  darvon  thuet.  Der  Markgraf  macht  dem  Goess  Mittheilung  von  dem  Inhalte 
seiner  Instruction').  .  .  .  Als  ich  den  Markgrafen  vorgehalten,  was  massen 
Spanien  mit  nit  —  zu  halten  den  Credit  bei  diesem  Churfürsten  merklich 
verloren,  ihn  exhortirt  mit  sothanen  leeren  promissis  nit  aufzuziehen, 
und  inquirirt,  was  er  für  Mittel  mitbrächte  diese  schwere  Negociatiün 
durchzutreiben,  hat  er  für  sich  selbsten  gedeut  auf  Einräumung  eines 
Theils  des  Gelderlands,  ja  auch  der  Festung  Geldern  selbsten^),  darvon 
er  doch  in  seiner  Instruction  nichts  hat,  ausser  dass  etwa  zwischen  sie 
mündlich  möge  darvon  gered  sein  worden.  Im  übrigen  sagte  er  mir, 
dass  wann  der  Churfürst  mit  Geld  zufrieden  und  ein  mehrers  nit  be- 
gehrete,  es  daran  nit  ermanglen  würde,  dass  sie  auch  von  dem  Chur- 
fürsten ehender  nichts  begehreten,  bis  das  Geld  nit  vorhanden.  Mir 
schreibt  der  Marques  de  Castel  Rodrigo  in  seinem  jüngsten  Schreiben 
vom  30.  Juli,  dass  er  zu  diesen  Tractaten  mit  dem  Churfürsten  Voll- 
macht aus  Spanien  bekommen,  dass  man  demselben  sichere  hypotecas 
würde  einräumen,  welche  ohne  Zweifel  abermahlen  auf  das  Gelderland 
zu  verstehen.  Mich  hat  man  vor  diesem  schon  unterschiedliche  Malen 
destwegen  sondiren lassen.  Ich  habe  ad  disponendam  materiam  allzeit  geant- 
wort,  dass  man  sich  hispanischer  Seiten  zu  dem  was  raisonabl  gern  ver- 
stehen würde.  Wann  der  Feind  ein  Theil  der  Landen  weg  nehme  und  der 
Freund  den  andern  begehrete,  was  dann  demienigen,  dem  man  helfen 
wollte,  verbleiben  würde.  Ich  bekennete  unsere  Noth  und  Interesse, 
aber  erkennete  darbei  auch  gar  wohl,  dass  der  Churfürst  hierbei  auch 
ein  grosses  Interesse  proprium  hätte:  dann  wüsste  ich  auch,  dass  die 
Staaten  General  pro  suo  interesse  sich  zu  einige  subsidia  für  dem  Chur- 
fürsten verstehen  würden,  alles  dahin,  damit  die  Begehren  an  uns  desto 
moderater  fallen  möchten.  Meines  Erachtens,  wann's  darzu  kommen 
sollte,  wird  man  dem  Churfürsten  wenigsten  Pfand  weis  und  zu  Ver- 
sicherung der  Gelder,  so  ihm  versprochen  werden,  ein  Stück  von  Gelder- 
land müssen  einräumen;  in  quo  casu,  wann  man  auch  die  Praetension 
auf  Einräumung  der  Festung  und  Stadt  Geldern  extendiren  wollte,  stell 
ich  zu  E"".  K.  M.  gnädigsten  Belieben,    ob  sie  mir  dero  gnädigstes  Senti- 

ment  und  Meinung  darüber  eröffnen  wollen Ich  bin  gestern  Abends 

spät  bei  dem  Baron  von  Schwerin  gewesen  mit  ihm  aus  der  Sach  zu 
reden  und  das  Werk  bestermassen  zu  recommandiren.  Ich  habe  ihn  in 
seiner  vorigen  Meinung  beständig  befunden,  dass  nemlich  der  Churfürst, 


1)  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  30. 

2)  Vergl.  Mignet  1.  c.  IL  283;  Droysen  1.  c.  III. 3  202. 


Verhandlung'en  mit  Henmann  von  Baden.     Niederlande.  321 

sein  Herr,  zwar  grosse  Interesse  darbei  habe,  dass  die  spanische  Nieder- 
landen im  vorigen  statu  verbleiben,  dass,  wann  eine  sufficiente  Party 
darzu  gemacht  würde,  der  Churfürst  mit  einzutreten;  dass  er  aber  allein 
und  wie  die  Sachen  bis  dato  stehen,  sich  hierin  einzulassen,  könnte  er 
nit  finden.  Und  dieses  ist,  was  auf  meine  Proposition  von  Extension 
unsers  foederis  auf  die  spanische  Niederlanden  gleichfalls  magis  tacite  quam 
expresse  geantwort  wird.  Er  hatte  einige  Nachricht,  dass  die  Franzosen 
vor  Brüssel  stünden')  und  wollte  ihm  fast  gedünken,  quod  semper  timui, 
dass  das  malum  incurabile  wäre.  Derowegen  ich  mich  bemühet  das 
contrarium  zu  remonstriren  und  dass  der  Franzos  bishero  nit  ein  einige 
tenable  Festung  erobert,  ja  auch  nit  attaquiren  dürfen;  suchete  famam 
victoriarum  mit  Eroberung  fast  offenstehender  Stadt,  zweifelsohne  mit 
Hoffnung  das  Land  ad  aliquam  defectionem  zu  bringen  und  die  benach- 
barte von  dem  Secours  zu  decouragiren;  zeigete  ihm,  dass  es  eine  suffi- 
ciente Party  sein  würde,  wann  E.  K.  M.,  dieser  Churfürst,  das  Haus 
Braunschweig  und  etwa  die  Staaten-General  und  vielleicht  England  mit 
zu  der  spanischen  Party  träten  und  wann  einige  hierunter  abgiengen 
und  sich  nit  aperte  declariren  wollten,  würden  sie  es  doch  gern  sehen, 
uns  nichts  im  Weg  legen,  auch  wohl  heimliche  Vorschub  thun.  Von 
Schweden  hat  der  von  Schwerin  diese  Opinion,  dass  sie  zwar  nit  leicht 
wider  Frankreich  mit  agiren,  doch  wohl  neutral  bleiben  möchten;  welches 
mir  darum  schwer  zu  glauben  vorkommt,  weiln  Schweden  heraus  arrairt 
und  solcher  gestalt  nit  länger  subsistiren  kann  und  dann  propter  genium 
des  Feldherrn  AVrangel  ^). .  .  . 

Ich  muss  E^  K.  M.  andeuten,  dass  unangesehen  dessen  allen,  was 
ich  hier  angebracht,  mau  nit  allein  hier,  sondern  fast  allenthalben  dar- 
für halt,  dass  dieselbe  nit  serio  resolvirt  sich  der  Niederlanden  anzu- 
nehmen, quod  perniciosissimum  und  böse  effectus  verursacht;  was  räau 
von  Recruten  und  Verstärkung  unserer  Armee  sage,  seien  nur  leere  An- 
stalten, man  sehe  bei  allen  dem  keine  effectus;  beim  Rhein  wirft  man 
vor,  E.  K.  M.  hätten  weiters  nichts  als  allein  die  Mediation  begehrt; 
ja  einige  sollen  praetendiren  E"".  K.  M.  Willen  und  Wunsch  hierin  erfüllt 
zu  haben,  dass  sie  dero  Secursen  den  Pass  verweigeren  und  also  einen 
Praetext  non  mittendi  subministriren.  Mich  piquiren  solche  Discursen 
in  der  Seel,  dann  mich  gedünkt,  man  greife  E.  K.  M.  in  dero  Reputation 
an,    wann   man  sich  könne  lassen   einfallen,    dass  sie   ein  so  stattliches 


')     Vergl.  Lefevre-Pontalis  1.  e.  I.  423. 

^     Für  Schwedens  Haltung  in  dieser  Zeit  Carlson  1.  c.  IV.  497  ff. 

Mater.  ■/..  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV.  21 


322      IV.    Erste  Mission  des  Fieilienn  Johann   von  Goess.     Jan.  IGG.')— Mai  1GG8. 

patrinonium   ihres  hochlöblichen  llanscs  sollen  lassen   wegnehmen,    ohne 
einmal  den  Degen  darum  zu  zucken. 

Der  Mediation  halber  habe  ich's  allezeit  darfiir  gehalten,  dass  die 
P'ranzosen  derselben  primi,  obzwar  occulti  autores;  wenigsten  ist  klar 
und  am  Tag,  dass  für  ihnen  nichts  fürträglicheres  erdaclit  werden 
könne;  sonderlich  da  man  zusieht,  dass  sie  unterdessen  mit  den  Waffen 
agiren,  scilicet,  nun  seie  von  der  Gegenverfassung  nit  zu  reden,  bis  man 
den  effectum  gedachter  Mediation  sehe,  unterdessen  kommt  die  Sach  in 
Niederland  ad  terminos  desperatos  und  was  ist  von  der  Metliation  zu 
erwarten,  wann  halb  Niederland  werd  hin  sein?  Vielleicht  werden  die 
mediatores  wider  Frankreich,  wann  der  König  die  Billichkeit  werd  aus- 
schlagen, die  Waffen  ergreifen  und  nit  vielmehr  Spanien  adhortiren,  sie 
sollen  das  verlorene  und  vielleicht  noch  ein  Stück  des  noch  behaltenen 
paci  publicae  sacrificiren?  Der  Millet  intonirt  nun  dahie  assidue,  dass 
die  mediatio  das  einzige  Mittel  seie  aus  der  Sach  zu  kommen;  ganz 
Europa  würde  in  Combustion  gerathen,  wann  andere  sich  armis  in  die- 
sem Krieg  einmischen  würden.  Sein  König  werde  sich  so  raisonabl 
darbei  zeigen,  dass  man  ein   meiirers  an  ihm  nit  zu  desideriren  ').  ... 

Stratman,  Neuburg's  Gesandter,  betont  wiederholt,  dass  der  Neuburger 
lieber  durch  Vermittlung  Oesterreichs  als  Frankreichs  sein  Ziel  in  Polen  erreichen 
würde,  und  wenn  die  Heirath  zwischen  dem  Könige  von  Polen  und  der  Prin- 
zessin von  Neuburg  ■■^)  sich  realisiren  liesse  ^),  diese  auch  mediantibus  officiis 
des  Kaisers  lieber  als  durch  die  Franzosen  haben  wollte. 

Der  schwedische  Resident  in  Dresden,  Grave^),  ist  hier  und  theilt  Goess  mit, 
dass  man  am  sächsischen  Hofe  fürchte,  Brandenburg  suche  Sachsen  beim  Kaiser 
verdäclitig  zu  machen  und  benütze  dazu  das  sächsisch-französische  Bündnis. 
Audi  soll  in  Sachsen  sehr  stark  von  Seite  der  Franzosen  für  eine  Rüstung  ge- 
arbeitet werden. 


1)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  46Gf. 

-)  Eleonore  Magdalena;  später  Gemahlin  Leopold  I. 

^)  Vergl.  für  diese  Angelegenheit  Urk.  u.  Act.  II.  45Gf. 

^)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  469. 


Des  Goess  ('rtheil  iilier  die  Lage.  Vei'haii(lliin<;'en  mit  dem  Markgrafen  von  Baden.      323 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  22.  August  1667.  (Or.) 

[Verhandlungen  des  Markgrafen  von  Baden  mit  dem  Kurfürsten.  Unterredungen  des 
Goess  mit  dem  Kurfürsten  und  Schwerin  über  diese  Angelegenheit.  Schwerin's  Er- 
klärungen bezüglich  einer  Anweisung  ö.sterreichischen  Erblandes  an  den  Kurfürsten 
für  den  Fall  des  Aussterbens  des  Hauses  Habsburg.  Des  Goess  Antwort.  Schwe- 
rin's Aeusserungen  bezüglich  der  Jägerndorfer  Angelegenheit.  Des  Goess  Antwort. 
Des  Markgrafen  Reise  zu  Castel-Rodrigo.  Urtheil  des  Goess  über  die  Pläne  Branden- 
burgs. Brandt's  Berichte  aus  London.  Schwerin's  Urtheil  über  Arlingtou  und  Cla- 
rendon.    Zusammenkunft  der  Kurfürsten  von  Brandenburg  und  Sachsen.] 

Auf  Wunsch  des  Kurfürsten  begab  sich  Goess  am  19.  d.  nach  Potsdam.  22.  Aug. 
Der  Markgraf  von  Baden  gibt  ilim  Nachricht  von  dem  Stande  der  Verhandhingen. 
Bald  hat  er  (Markg.)  vermerken  können,  wessen  ich  ihn  zuvorn  ge- 
warnet, dass  die  Hauptdifficultät  1°.  circa  Suecos  und  dann  2°.  circa 
media,  so  man  dem  Chuifiirsten  hierzu  zu  geben,  bestehen  w'iirde:  sie 
gaben  ziemlich  cathegorice  zu  verstehen,  dass  man  die  Sach  dahin  zu 
bringen,  dass  Sueci  entweder  für  uns  oder  doch  wenigsten  sich  neutral 
erklärten,  sonsten  wäre  in  der  Sach  nichts  zu  thun.  Der  Markgraf  ant- 
wortete, dass  man  allen  Fleiss  hierzu  anwenden  würde,  wann's  aber  nit 
zu  erhalten  und  man  dem  Churfürsten  Mittel  geben  sollte,  dass  ausser 
was  wider  Frankreich  gebraucht  würde,  sie  noch  ein  Corpo  von  8000 
Mann,  darzu  von  E.  K.  M.  auch  ein  anders  Corpo  zu  stossen,  formiren 
künnten,  ob  man  dann  auch  ohne,  ja  auch  wider  Schweden  den  Krieg 
nit  könnte  vornehmen,  worauf  sie,  wie  der  Markgraf  referirt  und  der 
Baron  von  Schwerin  gegen  mich  darauf  bezogen,  affirmative  geantwortet. 
Betreffend  die  subsidia  antwortete  der  Markgraf,  dass  man  ihrerseits  zu- 
frieden wäre,  dieselbe  zu  richten  nach  dem  was  die  Staaten  General 
dem  Churfürsten  bei  dem  vorgewesten  münsterischen  Krieg  gegeben '), 
die  Recompenz  müsste  man  beim  Feind  suchen ;  im  übrigen  wäre  der 
König  genereus  und  würde  jederzeit  die  Freundschaft  wissen  zu  er- 
kennen .... 

.  Der  Herr  Markgraf  ist  mit  allem  diesem  ziemlich  wohl  zufrieden 
gewesen.  Nachdem  ich  mit  dem  Churfürsten  geredt,  welcher  sich  auf 
die  gehaltene  Conferenzien  bezogen  uud  im  übrigen,  wie  vorhin,  gute 
Intention  bezeigt,  bin  ich  zu  dem  Baron  von  Schwerin,  mit  welchem 
ich  das  Werk  abermalen  durchgangen.  Unterwegs  als  ich  nach  Pots- 
dam hinausführe,  bekäme  ich  ein  Schreiben  von  dem  Fürsten  von  An. 
halt,  welcher  vor  2  Tagen  vorher  von  Dessau  dahin  kommen,  in  welchem 
er  mich  erinnerte,  ich  solle  allein  sehen,  dass  ich  ihnen  nur  die  Schwe- 


1)     Vergl.  MGrner  I.e.  274f.;  §  6,8  —  10  des  Vertrages  vom  6./1G.  Febr.  1666. 

21* 


324      I^'-    Erste  Mission  dos  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  IGCi  —  Mai   HJG8. 

derrvomllals  hielte,  so  würde  alles  wohl  gehen,  mit  dein  iil)rigen  würde 
man  schon  Mittel  finden.  \n  facto  ist  bei  dem  Churfürsten  diese,  wie 
ich  von  langer  Hand  observirt,  die  grüsste  Difl'icultät.  Goess  tritt  für  die 
Notliweudigfceit  eines  Bündnisses  mit  Scliweden,  oder  wenigstens  der  Sicherung 
der  Neutralität  seitens  dieser  Macht  ein. 

Bezüglich  der  Subsidien  sucht  Goess  den  Kurfürsten  zur  Herabsetzung  seiner 
Forderungen  zu  bewegen.  Schwerin  erklärt  aber,  dass  der  Churfiirst  hierin 
(durch  die  Theilnahme  am  Kriege  gegen  Frankreich)  dem' ganzen  .hochlöbl. 
Haus  so  ansehnliche  Dienste  thun  würde,  dass  er  nit  allein  bei  dem  König 
in  Hispanien,  sondern  auch  bei  E^  K.  M.  eine  Recompenz  dardurch  ver- 
diene; massen  der  Churfiirst  befohlen  mir  dasselbe  zu  insinuiren. 

Mit  dem  de  Lisola  hätte  er  vor  diesem  in  gewisser  Occasion  daraus 
geredt,  dass  E.  K.  M.  diesen  Churfürsten  sich  in  perpetuum  devincirn 
künnten,  wann  sie  ihme  eine  Expectanz  auf  einigen  Stück  dero  Landen, 
welcher  sie  viel  und  gleichsam  übrig  haben,  im  Fall  das  hochlöbl.  Haus 
solle  kommen  abzugehen,  ertheilen  thäten.  Er  wünsche  demselben  die  Per- 
petuität  und  dass  der  casus  nie  geschehen  möge;  es  seie  der  ganzen  Christen- 
heit so  viel  daran  gelegen,  dass  er  gleichsam  cum  juramento  asseverirt, 
dass  er  zwar  mit  Pflichten  dem  churfürstlichen  Haus  Brandenburg  zu- 
gethan,  auch  W'Ohl  vorsehe,  dass  grosse  Unheil  daraus  entstehen  würde, 
wann  dasselbe  solle  abgehen;  doch  propter  bonam  universale  und  aus 
treuer  unterthänigster  Devotion  gegen  E.  K.  M.  würde  er  ehender  des 
Churfürstlichen  als  E"".  K.  M.  hochlöblichen  Hauses  Untergang  ver- 
schmerzen. Der  de  Lisola  als  ziemlich  religieus  hätte  das  einzige  Be- 
denken bei  dieser  Proposition  wegen  der  Religion  gehabt.  Ich  wüsste 
aber,  wie  L  Ch.  D.  in  diesem  particulari  beschaffen,  und  wie  gnädig  sie 
sich  erga  catholicos  erzeigeten.  So  könnten  auch  Mittel  gefunden  wer- 
den die  Religion  allerdings  zu  versichern,  der  casus  würde  hoffentlich 
nie  kommen;  unterdessen  verbünden  sich  E.  K.  M.  den  Churfürsten 
strictissimis  vinculis  und  würden  grosse  beneficia  und  Vortheile  daraus 
empfangen.  Ich  habe  geantwort,  dass  mich  verwunderte,  dass  der  de 
Lisola,  der  von  allem  so  gute  Information  hat,  allein  die  Difficultät 
wegen  der  Religion  berührt;  er  habe  ja  nit  ignoriren  können  die  pacta, 
welche  der  Succession  halber  bei  dem  hochlöblichen  Haus  seien;  wie 
nun  hierin  regi  minorenni  könne  praeiudicirt  werden?  Er  hat  replicirt, 
dass  ich  mir  wohl  einbilden  künnte,  dass  infinitae  und  sehr  schwere 
difficultates  vorfallen  würden,  wann  es  einmal  ad  hunc  casum  des  Ab- 
gangs des  hochlöblichen  Hauses  käme  und  derowegen  sehr  vorträglich 
sein  würde,  einen  mächtigen  benachbarten  Churfürsten  zum  Freund  und 


Anwaltschaft  auf  österr.  Gebiet  für  dieUohenzollern.  DesGoessUrtheil  über  die  Lage.  32Ö 

mit  intcres.sirt  zu  haben.  Ratione  minoreimitatis  des  Königs  in  Hispanien 
hat  er  gemelt,  dass  einige  unter  ihre  ministros  destwegeu  Scrupl  gehabt 
sich  in  Tractaten  mit  Spanien  einzulassen,  als  wann  man  nit  gnug  dar- 
bei  könnte  versichert  sein;  worauf  ich  ihrae  die  Notdurft  geantwort. 
Weiln  der  Marques  de  Castel  Rodrigo  in  seine  Schreiben  an  mich  von 
Hypotheken  Meldung  thut  und  ich  billich  besorge,  dass  man  mit  dem 
Geld  nit  aufkommen  möchte,  habe  ich  dem  von  Schwerin  sondirt,  ob  sie 
nit  sichere  hypothecas  annehmen  und  das  Geld  interim  vorschlessen 
wollten.  Er  hat  geantwort,  quoad  subsidia  müsste  baar  Geld  dar  sein, 
wegen  der  Recompenz  aber,  wäre  davon  zu  reden. 

Er  hat  auch  hierbei  Meldung  gethan,  ob  das  Jägerudorfsche  Werk 
occasione  dieser  Negociation  nicht  könnte  abgethan  werden,  quasi  de 
restitutione  intelligeret.  Ich  habe  mich  darbei  beklagt,  dass,  nachdem 
ich  mich  so  viel  in  diesem  negotio  bemühet  und  alles  zu  Wegen  gebracht, 
was  sie  selbsten  verlangt,  man  hernacher  auf  ihrer  Seiten  resilirt  und 
gleichsam  mit  Fleiss  eine  materiam  disgustuum  ernähren  wollen;  dieses 
wäre  vielmehr  eine  Mittel,  dass  sie  ein  guts  Stück  GeUKs  bekommen 
und  ein  Theil  der  Werbungen  gegeu  gute  Assecuration  bestreiten  künnteu. 
nie,  dem  Churfürsten  käme  allzuschwer  an  und  künnte  darzu  nit  ge- 
l)racht  werden ,  dass  er  ein  Fürstenthum  seines  Hauses  um  ein  Stück 
Geld  solle  fahren  lassen.  Der  Markgraf  wird  auf  AYunsch  des  Kurfürsten  zu 
Castel-Rodrigo  eilen;  bei  einer  Zusammenkunft,  zu  der  auch  Vertreter  an- 
derer Fürsten,  welche  in  eine  solche  Allianz  einzutreten  willens  seien,  einge- 
laden werden  sollen,  soll  dann  die  Sache  erledigt  werden.  Ich  merke,  dass 
man  sucht  Zeit  zu  gewinnen,  bis  die  Sach  sich  besser  maturire  und 
man  sehe,  was  man  am  einen  und  andern  Ort  für  Resolution  wird 
nehmen. 

Die  Berichte  Brandts  aus  London  lassen  erkennen,  dass  England  energische 
Antheilname  des  Kaisers  an  den  Ereignissen  wünscht').  Der  Baron  von 
Schwerin  warnete  mich  auch,  dass  nit  dienlich,  dass  der  de  Lisola  allzu 
fest  sich  an  dem  secretario  Arlington  hielte.  Der  Grosskanzler")  nähme 
Jalousie  darvon;  der  erste  wäre  zwar  dem  König  lieb  und  bei  ihm  in 
Faveur,  dem  Canzler  aber  nit  gleich  in  Talenten,  noch  Autorität  in 
dem  Guberno  und  wäre  der  Canzler  auch  den  Franzosen  nit  so  sehr  zu- 
gethan,  als  etwa  gesagt  würde.  Auf  besonderen  "Wunsch  des  Kurfürsten 
von  Sachsen  wird  Goess    sich   zu  der  zwischen  Brandenburg   und  Sachsen  für 


')     Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  28;  Klopp  1.  c.  I.  187  ff. 
2)     Clarendon. 


326      I^'-    Krste  Mission  des   Fieihenn  Juliann  von  Goess.     Jan.  1665 — Mai  1668. 

den  24.  st.  v.  festgesetzten  Zusammenkunft  im  Kloster  Zinna')  begeben.  Das 
Bestreben  des  biesigen  Kurfürsten  gelit  dabin,  Sachsen  und  Frankreicb  zu  ent- 
zweien und  Johann  Georg  von  der  Fortsetzung  der  mit  französischem  Gelde 
begonnenen  Rüstungen  abzuhalten. 


Goess  an  den  Grafen  von  Lamberg-.     l>at.  Berlin  22.  August 

1667.  (Copie.) 

[Heiratbspläne  zwisclien  Brandenburg  und  Oesterreich.     Belohnun2'  der  kurfürstlichen 

Minister.] 
22.  Aug.  Bei    deme    vom  Freihcrrn  von  Schwerin  mir  gehaltenen  Discurs  ist 

mehrmalen  eine  Anregung  geschehen  von  einem  Heirath  zwischen  da- 
hiesigen  Churprinzen  mit  einer  aus  denen  kaiserlichen  Prinzessin  zu  stif- 
ten, warzu  dann,  soviel  ich  vermerke,  dies  Orts  die  Inclination  täglich 
sich  vermehret.  Und  dieweiln  bei  gegenwärtigen  Coniuncturen  äusserist 
daran  gelegen  ist,  sich  mit  dahieigem  Churhaus  aufs  stärkist  zu  ver- 
einigen, also  mögte  ich  wünschen,  dass  I.  K.  M.  allergnädigst  geruhen 
wollten,  reiflich  zu  überlegen,  was  dies  Orts  dero  Convenienz  sein  mögte; 
zumal,  dafern  dieselbe  darfür  halten  thäten  in  diesem  weiter  zu  gehen, 
befinde  ich  die  Sachen  dahier  dergestalt  disponirt,  dass  man  dahier  sich 
W'Citer  herauslassen  würde,  bevorab,  weiln  der  Churfürst  ein  grosses  Ver- 
langen bezeiget  seinen  H".  Sohn  aufs  ehist  möglichst  zu  vermählen, 
sonsten  aber,  wie  gesagt  wird,  ].  Ch.  D.  selbsten  gedenken  mögten,  sich 
wiederum  zu  verheirathen.  .  .  .  Est  ist  zwar  nicht  ohne,  dass  I.  Ch.  D. 
3  Prinzen  haben,  welches  keine  geringe  circumstantia  ist;  dagegen  aber 
ist  auch  der  Zeit  kein  geringes  Interesse  und  Vortheil  mit  diesem  Herrn 
auf  was  Weise  es  sei,  sich  zu  vereinigen,  zumalen  vorhero  die  Experieuz 
gegeben,  wie  viel  derselb  der  abgeleibten  Churfürstin  deferirt  gehabt. 
Auch  einiges  Geld  zur  Belohnung  der  kurfürstlichen  Minister  hält  Goess  für 
nothwendig  und  zweckmässig-. 


Maximilian  Graf  Mansfeld  an  den  Kaiser.     Praes.  23.  August 

1667.    (Aut.) 

[Unterredung  mit  dem  Kurfürsten    bezüglich   der   niederländischen  Angelegenheit  und 

der  Nothwendigkeit   Schweden    zu    gewinnen.     Der  Kurfürst  klagt  über   die  Kenntnis 

der  Franzosen  von  allen  Verhandlungen  zwischen  Brandenburg  und  dem  Kaiser.    Des 

Kurfürsten  Aeusserungen  zu  den  polnischen  Gestindten.     Wolfrad.     Stratman.] 

23.  Aug.         Mansfeld  hatte  Befelil  blos  zu  condoliren;    allein  Goess  machte  ihn  darauf 
aufmerksam,  dass  er  so  niclit  durchkommen  werde    und  instrnirte  ilm.     In  der 

1)     Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  35:  Urk.  u.  Act.  IL  470 f. 


Heirathspläne  zwischen  Oesterreich   und    Brandenburg.     Niederlande.  327 

Tliat  war  des  Kurfürsten  erste  Frage  nach  x\.ble,<ning  der  Curialien;  ob  sich 
I.  K.  M.  wegen  des  Nideiländischen  unwesen  bekümmeren,  solchen  übel 
abzuhelffen  band  anlegen,  oder  aber  sich  darein  zu  mischen  nicht  ver- 
langten. Wiewol  es  dass  leztere  zu  sein  vill  mit  Verwunderung  glauben, 
so  könne  ehr  es  doch  an  seinen  ohrt  nicht  ersinnen,  wie  I.  K.  M.  ihr 
Erbland  wollen  lassen  verlohren  gehen,  darbey  es  auch  vvol  noch  nit 
etwan  beruhen  würde:  es  sßie  ein  weit  ausssehcnde  sach.  Mansfeld  er- 
widert, der  Kaiser  habe  in  einer  so  wichtigen  Sache  nicht  leicht  sich  ent- 
schliessen  können,  jetzt  aber  treffe  derselbe  alle  Massregeln,  um  das  Werk 
durchzuführen.  Der  Kaiser  habe  sich  entschlossen  10  000  Mann  frisch  zu 
werben  und  rechne  bei  seinen  Vertheidigungsplänen  mit  in  erster  Linie  auf  den 
Kurfürsten  von  Brandenburg.  Darüber  der  Churfürst  ein  grosse  frewd 
gezeugt,  versicherte  seine  trew  und  vermainte,  wan  alle  Chur-  und 
t'ürsten  des  Reichs  sich  also  ihrer  pflicht  und  nutzen  erihnereten,  würde 
l'ranckhreich  dergleichen  Rumor  nit  machen;  Ehr  wolle  mit  P.  ]\I.  fest 
halten,  so  lang  es  ihme  möglich  sein  wirt;  man  solle  ihm  nur  solche 
partie  machen,  dass  ehr  etwass  mit  Ehren  bestehen  kan;  es  ist  nöttig, 
dass  die  geringste  zeitt  nit  versäumet  werde,  wie  wol  dass  spill  vor 
uns  jezt  guett  seie,  aber  die  franzosen  feweren  nit  mit  häufiig  geld 
die  Schweden  zu  gewinnen,  die  T.  iM.  vor  dissmahl  nit  können  muessig 
gehen,  wiew^olen  der  Schweden  interesse  vor  dissmahl  also  beschaffen, 
dass  sie  P.  M.  umb  die  helll'te  und  noch  weniger  als  Franckhreich 
dienen  werden.  Er  frevve  sich,  dass  wir  disen  zweckh  gefunden  und 
wie  seine  zeittungen  melden,  denen  Schweden  zu  hamburg  hundert  und 
sechzig  tausendt  Rther.  aussgezelet;  hete  es  allzeit  wollen  vorsagen,  wie 
der  Schweden  ihr  interesse  auch  möchte  beschaffen  sein,  so  würde  doch 
ohne  geld  dise  negotiation  niehmals  sein  zu  End  kommen.  Ich  aber 
entschuldigte  mich,  dass  ich  von  solcher  ausszahlung  der  gelder  zu  ham- 
burg keine  nachricht  hete,  glaube  auch  nit,  dass  es  geschehen:  jedoch 
der  herr  basseroda  vor  P.  M.  interesse  mögligst  zu  beobachten  gnueg- 
sarae  Instruction  habe;  darauf  der  Churfürst  widerumb  vermanete  kein 
zeitt  zu  versäumen  und  koste  wass  es  wolle  dissmahl  die  Schweden 
nit  ausszulassen;  diss  werde  alles  dass  übrige  nachziehen:  bezeugte 
grossen  unlust  wider  an  seinen  hoff  Residierenden  franzesischen  ministrum  '), 
wie  auch  schlechten  nutzen  auss  des  graimonville'')  an  Wesenheit,  weilen 
der  erste  alle  seine  propositiones  läugnet,   sogar  dass  der  Churfürst  ver- 


1)  Millet. 

^)     Jacques  Brethel  de  Gremonville;  vergl.  Recueil  des  Inst.  I.  Göff.;  Miguet  I.e. 
II.  335 ff. 


328     IV.   Erste  Mission  des  Fieüieirii  Johann  von  Goess.     Jan.  16G5— Mai  1G68. 

schw obren  iiit  mehr  ohne  protocollanten  mit  ihm  zu  reden,  und  der 
andere  von  I"".  M.  und  dero  hoff  liönisch  schreibe,  dafon  nachricht 
absonderlich  der  Niderhindischen  hilff  wegen  auf  Perlin  kommen,  wie 
auch  unglaublich  die  expeditiones  erforsche,  dessen  ehr  sich  selbst 
rühmet  in  seinen  schreiben  uacher  Perlin  an  dem  M''.  Millet,  dass  ich 
von  P.  ]\I.  neben  den  Condoglienz  schreiben  ein  anderes  handbriefl'l 
mitbringe,  gantz  in  geheym,  betreffent  die  Niderländische  hilff;  Millet 
wolle  sich  nur  gedulden,  künftige  post  soll  ehr  unfelbahr  de  verbo  ad 
verbum  dises  brieffs  und  negotiation  copiam  erhalten.  Ich  solle  diss  P. 
M.  hinterbringen ,  es  geschehe  ihnen  hirdurch  unausssprechlicher  scha- 
den. Bezeugte  ferner  wie  hefftig  ehr,  der  Churfürst,  von  franckhreich 
solliciert  worden  umbzutretten  und  hab  Millet  sich  bey  fürsten  von  An- 
halt beglagt,  ehr  möchte  doch  darob  sein,  dass  wan  der  Churfürst  gleich 
jezt  dem  konig  aussschlage,  so  möchte  ehr  seiner  doch  etwan  ein  andere 
zeitt  nötigh  haben,  wolle  also  auf's  wenigste  unterlassen  P.  M.  den 
kayser  aufzuhezen.  Verspricht  auch  ferner  mehrgedachter  Churfürst 
zu  Praunschweig  besseren  effectum  der  Zusammenkunft,  als  zu  Collen 
geschehen;  welches  ich  alles  P.  M.  gehorsamist  vorzutragen  und  P.  D. 
guette  intention  zu  Rühmen  versprochen. 

Es  befanden  sich  auch  aldort  bolnische  gesandte  von  der  Republique, 
gegen  denen  der  Churfürst  ober  der  taffl  öffentlich  ser  hizig  geantet,  wie 
dass  sein  minister  noch  nit  seie  zur  Audienz  gelassen  worden').  Er 
lasse  sich  nit  affrontieren;  exagerierte  sehr  dises  unrecht;  es  seie  nur 
auss  befelch  des  franzesischen  ministri"),  der  schon  jezt  vermaint  herr 
zu  sein,  da  noch  der  andere  könig  die  krön  auf  den  köpf  hat;  wass  als- 
dan  sie  tuen  würden,  wan  sie  den  Zepter  in  banden  beten;  ermante 
sie  zu  Republique  freyheit  zu  beschitzen;  könig  von  Schweden  und  ehr 
wollen  ihnen  vermög  der  liga^)  möglichist  beystehen;  disen  übrigen  dis- 
curs  zwar  hat  ihnen  der  Churfürst  nit  mehr  öffentlich,  sondern  nach  dem 
essen  in  der  retirata  gehalten  und  mir  ihm  neben  den  baron  de  goes 
erzelet,  wie  auch  dass  sie  zur  antwort  geben,  dass  soferne  der  baisier  *) 
nit  mit  guetten  den  hoff"  mayde,  werde  ihm  die  Republique  mit  gewalt 
eiicieren  ^).  Dise  gsandten  besuechten  baron  de  goes  untl  mich;  biten 
umb  P.  M.  Assistenz,   so  wir  ad  reft'erendum  angenommen. 


1)  Hoverbeck;  vergl.  Puf.  I.e.  X.  68. 

2)  Bischof  Beziers. 

^)  Gemeint  ist  der  Vertrag  vom  22.  Jnni  1667. 

'')  Beziers. 

'■)  Das  geschah  denn  auch;  vergl.  Kveijs  1.  c.  178. 


Bi'aniieubiirg  und  Polen.     Niedeiiande.     Jägenidorf.  329 

Der  schwedische  Gesandte  Wolfrad  versichert  die  Geneigtheit  seines  Herrn 
mit  dem  Kaiser  sich  zu  einigen.  Stratman.  der  Resident  des  Neuburgers,  empfiehlt 
die  Sache  seines  Herrn. 

Beim  Abschiede  sagte  der  Kurfürst  zu  Mansfeld,  man  möchte  nur  bald 
darzue  tuen,  ein  iede  stund  seie  schad,  so  man  verliehre,  da  wir  sollen 
feweren  und  der  widerteil  operieren;  ehr  werde  allzeit  verbleiben  trew 
gehorsamer  Churfürst  E'".  K.  M. 


Der  Kaiser  nn  Goess.     Dat.  Wien  25.  August  1667.    (Conc.) 

[Niederländisches  Wesen.     Jägerndorf.     Verhalten    bei    der   Zusammenkunft   der  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  und  Sachsen.] 

Auf  sein  Schreiben  vom  18.  Ang.  erhält  er  Befehl  in  verschiedenen  Punkten.  25.  Aug. 
Was  nun  das  niederländische  Wesen  belanget,  wollen  wir  deiner  fernem 
Relation,  was  vorgedachtes  Markgrafen  zu  Baden  L'^.  über  gemelter  seiner 
Negociation  für  resolutiones  erlangen  wird,  mit  nächsten  gewertig  sein; 
lassen  es  sonsten  annoch  in  hoc  passu  bei  unserer  vorigen  dir  ertheilteu 
Instruction  gnädigst  bewenden,  mit  dieser  Specialerinnerung,  dass  du  bei 
des  Churfiirsten  L'^  expresse  dich  erkundigest,  auf  den  Fall  wir  einigen  Suc- 
curs  in  gedachte  niederländische  Provinzien  destinirteu,  ob  S.  ]/.  demselben 
durch  ihre  Länder  den  Pass  verstatten  würden.  |:  Was  aber  den  sehr  gefähr- 
lichen Vorschlag  auf  das  Fürstenthura  Jägerndorf  belanget,  verwundern  wir 
lins,  dass  du  dich  mit  dem  Pfalz-Neuburgischen  ministro')  hierüber  so  ver- 
treulich eingelassen'),  da  das  Werk  selbst  redet,  mit  was  für  gefährlichen 
consiliis  des  Pfalzgrafen  L^.  hierinfalls  umgehe.  Gleichwie  du  nun  in  der 
mit  demselben  pflegenden  Correspondenz  dich  aller  Behutsamkeit  zu  ge- 
brauchen; also  wirst  du  insonderheit  in  dem  was  gedachtes  Fürstenthum 
belangt,  dich  also  zu  comportiren  haben,  damit  die  Sach  in  kein  gefähr- 
liches Compromiss  gesetzt,  sondern  in  vorigen  terminis  verbleiben  möge  :L 

Der  Zusammenkunft  der  Kurfürsten  von  Sachsen  und  Brandenburg  soll 
Goess  unbedingt  beiwohnen;  der  am  Dresdener  Hofe  befindliche  Vertreter 
Oesterreichs,  der  böhmische  Appellationsrath  Freiherr  von  Blum,  wird  gleich- 
falls anwesend  sein,  beide  sollen  dahin  trachten,  wie  nicht  allein  die  desti- 
nirte  Abschickung  des  von  Burkersrode  und  Kanne  an  des  Churfürsten 
zu  Mainz  sowohl  als  Königs  in  Frankreich  L.  L.  ganz  revocirt  oder  doch 
so  lang  müglich  zurückgehalten  werde,  sondern  auch  damit  sonsten  mehr 


')     Stratman. 

-)  Zu  diesem  Passus  bemerkte  Leopold  eigenhändig:  Lieber  Walderode!  Wann 
dieser  passus  ein  wenig  glimpflicher  eingericht  werde,  wär's  wol  besser,  wann  auch 
der  Courier  umb  etlich  Stundt  spetter  wegh  sohlt;  dann  Ich  sorge,  der  Goessen  werde 
Sehr  disconsolirt  werden. 


33Ö      JV.    Purste  ilission  des  Freiherrn  Joliaiiii  von  Goess.     Jan.  lG6ö  — Mai  1668. 

ermeltes    (Jhurfiirsten    zu   Sachsen  L''.    sich    feruer    nicht    mit   der   Knni 
Frankreich  intricire '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   1.  September  1667.    (Gr.) 

[Verbalten  des  Kurfürsten  gegenüber  llünster.  Klagen  desselben  über  die  Fürsten- 
bergs. Neuburgische  Heirath  betrefTend.  Stimmung  der  Braunschweiger  Fürsten. 
Mittiieilungen  aus  Regensburg  über  Schwedens  Verhalten  in  der  Frage  der  Prorogation 
der  rheinischen  Allianz.  Unterredungen  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  und  des  Kur- 
fürsten mit  dem  schwedischen  llesidenten.  ilittheilungen  des  Scultetus  über  polnische 
Verhältnisse.     Russischer  Gesandte.] 

1.  Sept.  Der  Kurfürst  spricht  sich  gegen  die  von  Holland  und  Braunsclnveig-)  ge- 
plante Unternehmung  gegen  den  Bischof  von  Münster  aus  ^).  Die  scharfe  Sprache 
des  letzteren  dem  Bischöfe  von  Strassburg^)  gegenüber,  hat  dem  Kurfürsten 
sehr  gefallen  und  liesse  derselbe  sich  gegen  mich  vernehmen,  dass  wann 
der  Herr  Bischof  zu  Münster  sich  zu  der  guten  Party  wollte  begeben, 
er  demselben  redlich  mit  aller  Macht  beistehen  wolle.  Er  kann  nit 
leiden,  was  die  von  Fürstenberg  sich  aller  Orten  unterfangen;  hat  sich 
sehr  geärgert,  als  er  unlängsten  gehört,  dass  sie  von  E^  K.  M.  zum 
Fiirstenstand  erhebt  worden^)  und  mich  vielmalen  cum  aliqua  indigna- 
tione  gefragt,  ich  solle  ihme  doch  sagen,  womit  sie  diese  Gnad  bei 
E^  K.  M.  verdient  hätten,  oder  was  dieselbe  bewogen  für  so  viel  übles,  als 
sie  bei  aller  Gelegenheit  deroselbeu  thun,  ihnen  solche  Gnad  zu  erweisen. 
Wegen  des  Herzogs  von  Neuburg  und  dessen  Tochter  Heirath  haben 
I.  Ch.  D.  vertreulich  mit  mir  daraus  geredt  und  bekennt,  dass  sie  dest- 
wegen  an  dem  König  in  Frankreich  geschrieben"),  nit  dass  sie"s  gut 
finden,  sondern  dem  Herzog,  der  es  begehrt,  hierin  Satisfaction  zu  geben. 
Im  übrigen  misfallt  ihnen  sehr,  dass  sich  der  Herzog  soweit  an  Frank- 
reich henke.  Diese  Heirath  werde  mit  keiner  guten  Intention  von  den 
Franzosen  vorgeschlagen,  seie  auch,  wann  sie  geschehen  solle,  dem 
Herzog  zu  seiner  Intention  mehr  hinderlich  als  vorträglich,  beklagte  sich, 
dass  der  Herzog  seine  gute  cousilia  nit  folgete man    bedaurt   doch. 


')     Yergl.  Urk.  u.  Act.  II.  470:  Heibig  1.  c.  296 f. 

-)     Ueber    die    staatisch-braunschweigischen   Beziehungen  in   dieser  Zeit    Köcher 

I.  c.  II.  5i2l 

3)     Köcher  1.  c.  I.  .^44;  Tücking  1.  c.  IGl. 
■*)     Franz  Egon  von  Fürstenberg. 

'")     20.  März  1667;  vergl.  Münch,  Ernst,  Gesch.  des  Hauses  und  Landes  Fürsten- 
berg III.  117  ff. 

«)     Das   Schreiben    vom    10.  Juli  1667   in   Urk.  und  Act.  II.  456f.;    ilignet  1.  c. 

II.  280. 


Münster.     Für.stenberg'.     Schweden  u.  die  Prorogation  der  rheinischen  Allianz.      Hol 

(lass  E.  K.  M.  die  Gelegenheit  verabsäumt,  den  Herzog  durch  einige  dem 
Giesen  gebende  gute  Vertröstung  von  der  französischen  Party  ab-  und 
auf  die  ihre  zu  bringen,  welches  gleichwohl  bei  diesen  Coniuncturen  ad 
dissolvenda  lila  consilia  Rhenana  sehr  importirlich  gewesen  wäre. 

Nach  Berichten  Jena's  sollen  die  braunschweigischen  Fürsten  bei  guter 
Stimmung  sein;  Blum  dürfte  dasselbe  dem  Kaiser  gemeldet  haben'). 

Nach  Berichten  des  Mahrenholtz  hat  Snoilski,  SchAvedens  Vertreter  zu 
Regensburg.  erklärt,  die  Erfahrung  habe  gezeigt,  dass  die  rheinische  Allianz  den 
Evangelischen  mehr  Schaden  als  Nutzen  gebracht  habe.  Sollten  aber  die  an- 
deren Alliirten  die  Continuation  wollen,  so  werde  er  sich  nicht  ausschliessen; 
jedenfalls  sei  es  zweckmässig  die  Entscheidung  noch  etwas  hinaus  zu  schieben, 
und  die  Prorogation,  zu  der  er  instruirt  sei,  zu  verzögern-).  Ich  habe  hier- 
über bei  diesem  Hof  repraesentirt;  1°.  dass  diese  rheinische  Allianz  nun- 
mehr allbereit  expirirt;  2°.  dass  die  Renovation  derselben  bei  dem  von 
Frankreich  angefangenen  Krieg  viel  bedenklicher  als  vorhin  fallen  müsste, 
zumalen  einige  der  Alliirten  dieselbe  soweit  extendiren  wollen,  dass 
man  auch  vi  huius  foederis  dem  König  in  Frankreich  wider  die  Nieder- 
landen zu  assistiren;  3°.  dass  man  in  Schweden  erkennt,  dass  dieses 
foedus  dem  evangelischen  Wesen  mehr  Schaden  als  Nutzen  gebracht 
hätte;  4".  dass  man  darin  anders  nit  consentirt,  als  weiln  man  prae- 
supponirt,  dass  die  andere  Alliirte  alle  hierin  schon  eins  und  Schweden 
sich  nit  allein  separiren  wolle;  5".  dass  der  schwedische  Gesandte  Ordre 
hat  di  concerto  mit  der  churbrandenburgischen  Gesandtschaft  zu  gehen; 
weiln  dann  weder  I.  Ch.  D.  noch  auch  das  Haus  Braunschvveig  gut  noch 
rathsam  finden  diese  Allianz  zu  prorogiren,  als  habe  man  nit  zu  zweiflen, 
dass  Schweden  nach  eingenommeneu  rechten  Bericht  sich  mit  ihnen 
conformiren  werde.  .  .  .  Dem  schwedischen  Residenten  Wolfrad  erklärt  der 
Kurfürst,  es  käme  deroselben  diese  in  Schweden  genommene  Resolution 
fremd  vor,  Schweden  hätte  sie  bis  dato  animirt  und  angefrischt  in  keiner 
fernere  Prorogation  dieses  foederis  einzuwilligen  und  nun,  da  sie  sich  hier- 
auf verlassen  und  ihre  consilia  darnach  angestellt,  wollte  man  sie  in  Stich 
lassen;  sie  kannten  und  wollten  sich  zu  dieser  Prorogation  nit  verstehen. 

Scultetus*),  früher  des  Hoverbeck  Secretär,  berichtet  dem  Goess  über  seine 
im  Auftrage  des  Kurfürsten  unternommene  Reise,  um  den  Grosskanzler  von 
Polen  ^)  mit  dem  Palatiu  von  Posen  auszusöhnen. 


')  Für  die  Haltung  Braunschweigs  in  dieser  Zeit  Köcher  1.  c.  544  ff. 

"Ö  Vergl.    das    Schreiben    des   Mahrenholtz   d.d.    Regensburg   9./19.  Aug.  1GG7; 

Urk.  u.  Act.  XI.  474f. 

3)  Scultetus  V.  ünfried  vergl.  Isaacsohn   1.  c.  II.  260. 

•*)  Johann  Leszcynski. 


332      IV.    Erste  Mission  des  Fieiliemi  Johann  von    Goess.     Jan.  ITiGö  —  Mai  ITiGS. 

Der  anwesende  russische  Gesandte  meldet  die  Beunrnliigung.  welche  Frank- 
reichs Vorgehen  in  Polen  bei  den  Russen  verursache  und  fordert  den  Kur- 
fürsten zur  Herstellung  eines  dauernden  Friedens  zwischen  Russland  und  Polen 
auf).  In  einem  P.  S.  bestätigt  Goess  den  P^mpfang  der  Weisungvom  25.  August 
und  bittet  nm  fernere  speciellere  Instruction,  was  er  aufbieten  könne,  um 
Sachsen  von  Frankreich  zu  trennen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  Sept.  1667.    (Or.) 

[Stratman.] 

Sept.  Empfiehlt  Stratman    dem   Kaiser    für    den   kaiserlichen  Dienst,    in  welchen 

einzutreten  Stratman  bereit  ist,  insbesondere  mit  Rücksicht  auf  das  Alter  und 
den  schlechten  Gesundheitszustand  Friquets,  den  zu  ersetzen  Stratman  besonders 
geeignet  sei.  Der.  Strutmaü  ist  gebürtig  von  Cleve,  sein  Vater  ist  ein 
84jähriger  Mann,  vir  antiqui  moris  et  probitatis,  der  in  seiner  Zeit  dieses 
Churfürsten  und  des  alten  Herzog  von  Neuburg-')  Rath  gewesen,  seind 
Leut  pro  ordine  illo  von  guten  Mitteln.  Er  hat  wohl  gestudirt  und  cum 
laude  gradum  licenciatus  in  der  Universität  zu  Löwen  genommen,  hat 
auch  gute  praxin  in  iure,  hat  die  deutsche,  niederländische  und  fran- 
zösische Sprach,  hat  ziemlich  gereist;  ist  ungefähr  30  Jahren  alt;  in 
publicis  hat  er  gute  Erfahrung,  wie  er's  dann  dahie  bei  seiner  Negocia- 
tion  erwiesen;  guts  juditium,  gratiam  et  modum  in  tractaudo,  Discretion 
und  Bescheidenheit,  dardurch  er  sich  bei  hohen  und  nieder  Standsper- 
sonen  beliebt  gemacht;  in  genere  morura:  Conscienz,  Pietät  und  Probität, 
keine  Laster,  kein  Geldinteresse,  noch  sordes,  welche  auch  die  gute 
Qualitäten,  sonderlich  in  solcher  Profession,  inutil  und  auch  schädlich 
machen;  hat  Weib  und  Kinder  und  ist  die  ganze  familia  boni  ordinis 
et  existimationis.  .  .  . 


Der  Kaiser  an  Goess.'   Dat.  Wien  3.  Sept.  1667.    (Conc.) 

[Massregeln    bezüglich    Sachsens.      Nothwendigiieit     des    Abschlusses     der    Verträge. 
Frage  des  Passes  für  kaiserliche  Truppen  durch  kurfürstliches  Gebiet.] 

3.  Sept.  Goess  soll  trachten  Sachsen  und  Frankreich  zu  entzweien,  dem  Kurfürsten 

von  Brandenburg   die    Gefahr  bei  Verzögerung  der   vorhabenden  Tractate  vor- 
stellen  und  ihn  ersuchen   den  Schluss  in  Berhn,   oder  in  London  oder  Stock- 


1)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  471,  476;  Puf.  1.  c.  X.  Gl. 

2)  Wolfgang  Philipp. 


Stratman.     Sachsen      Zusamraeukunft  zu  Zinna.  ooo 

holm,  wo  Vertreter  der  verschiedenen  Mächte  anwesend  seien,  vorzunehmen '). 
unterdessen  aber  alle  Vorkehrungen  zu  treffen,  um  im  nächsten  Frühjahre  zum 
Kampfe  schreiten  zu  können.  . . .  Und  gleich  wie  du  benebenst  des  Chur- 
fürsten  L''^".  wohl  versicheren  kannst,  dass  wir  auch  unsers  Theils  uns 
in  gute  Postur  zu  setzen  nicht  unterlassen,  also  wirst  du  auch  unseren 
vorigen  Befelchen  nach  nicht  ermanglen  dich  zu  erkundigen  und  uns  mit 
nechsten  zu  berichten,  ob  1.1/'^°.  auf  den  Fall,  da  wir  einigen  Succurs 
nacher  den  Niederlanden  abgehen  lassen  wollten,  sie  denenselbeii  durch 
ihre  Länder  den  sichern  Pass  verstatten  werden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Kloster  Zinna  7.  Sept.  1667.  (Or.) 

[Zusammenkunft  der  Kurfürsten  von  Sachsen  und  Brandenburg.     Millet's   Benehmen 

daselbst.     Erklärungen  des  Kurfürsten  von  Sachsen.     Verhandlungen  über  ein  Bündnis. 

Forderungen  an  Goess.     Friesen.] 

Da  der  französische  Gesandte  Millet  erklärt,  wenn  Goess  sich  nach  Zinna  7.  Sept. 
begebe,  dahin  zu  folgen,  bleibt  Goess,  als  der  Kurfürst  Berlin  verlässt,  zurück 
und  fährt  erst  später  ab.  Millet,  der  ihn  beaufsichtigen  lässt,  erfährt  davon, 
und  reist  nach.  Goess  beklagt  sich  über  dieses  Vorgehen;  am  anderen  Tage 
verlässt  Millet  das  Kloster,  nachdem  er  den  Fiirwitz  mit  einem  guten  Rausch 
gebüsst ").  ...  Chur-Sachsen  hat  gegen  den  Canzler  Stein  ^)  gemelt,  er 
wäre  ihm  in"s  Zimmer  gefallen,  wie  eine  wilde  Sau.  Seine  Proposition 
bei  demselben,  wie  ich  höre,  seie  gewesen,  dass  er  nit  hoffen  wollte,  dass 
diese  meine  Negociation  etwas  praeiudicirliches  wider  seines  Königs 
Dienste  auswirken  werde;  bei  dem  Churfürsten  zu  Brandenburg  hat  er 
repetirt,  dass  er  darum  herauskommen  wäre,  weiln  ich  heraus  kommen. 
Blum  ist  nicht  hiehergekommen,  sondern  in  Jüterbogk,  V2  Meile  von  hier,  ab- 
gestiegen. Goess  wird  vom  Kurfürsten  von  Sachsen  sehr  freundlich  aufgenom- 
men; der  Kurfürst  sagt  ihm,  dass  sie  bei  deroselben  (dem  Kaiser)  und  bei 
dem  Reich  allzeit  thun  werden,  was  einem  ehrlichen,  aufrechten  Chur- 
fürsten  gebührt;    seine  Allianz    mit   Frankreich*)    würde   mit  Unfug  von 


^)  Es  handelte  sich  um  den  Abschluss  des  Bündnisses  gegen  Frankreich:  vergl. 
für  die  damaligen  Verhältnisse  Droysen  1.  c.  III.;;  206 ff.;  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I. 
435ff.;  Klopp  1.  c.  I.  193 ff.:  Mignet  1.  c.  II.  a.  v.  0. 

2)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  471  f. 

^)     Carl  Stein,  Vertreter  des  Markgrafen  von  Balreuth. 

*)  Das  Bündnis  war  am  2./12.  April  1664  zunächst  auf  4  .Jahre  geschlossen 
worden;  abgedruckt  mit  falschem  Datum  bei  Dumont  I.e.  VI. 3  7ff. ;  später  wurden 
Zusätze  gemacht  und  die  Dauer  des  Vertrages  für  ewige  Zeiten  ausgesprochen ;  vergl. 
Heibig  1.  c.  293 ff.;  Auerbach  1.  c.  200ff. 


334      1^-   Hii^te  Mission  des  Freiiieriii  .loiiann  vou  Goess.     Jan.  Kißö — Mai  l(i68. 

einigen  bei  E'.  K.  M.  übel  ausgedeut,  dieselbe  hielte  nichts  in  sich,  als 
was  ohnedas  das  instrumentum  pacis  vermöge,  .  .  .  Goess  sucht  ilira  die 
Notlnveiidigkeit  energisch  gegen  Frankreich  vorzugehen  nachzuweisen,  bemerkt 
aber,  dass  man  starke  Mittel  werde  anwenden  müssen,  um  Sachsen  zu  ge- 
winnen '). 

Der  Churfürst  vou  Brandenburg  hatte  des  Tags  zuvor  weitläufig 
und  vertreulich  mit  Chursachsen  gesprochen:  unter  andern  auch  dieses 
gemelt,  dass  er  leicht  gedenken  kiiunte,  dass,  wann  er  sich  ferner  mit 
Frankreich  vertiefen  sollte,  dahin  deutend,  wann  Werbungen  mit  fran- 
zösischen Geld  wollten  angestellt  werden,  dass  weder  E.  K.  M.  noch 
S.  Ch.  D.  diesen  in  der  Nähe  nit  zu  sehen  könnten,  sondern  auf  ihre 
Sicherheit  miissten  gedacht  sein.  Als  ich  nun  deroselben  referirt,  wie 
es  mit  meiner  Audienz  abgangen  und  der  Baron  von  Schwerin  darzu 
kommen,  hat  man  befunden,  dass  man  etwas  näher  zusammentreten  und 
eine  Conferenz  zwischen  den  Ministren  zu  halten,  darbei  ich  gemerkt, 
dass  man  beiderseits  dahin  gangen,  dass  man  einer  des  andern  Theils 
Gedanken  vernehmen  und  also  sehr  behutsam  gehen  wollen,  welches 
zwar  bei  so  gestalten  Dingen  wohl  von  Nöten,  Ich  habe  doch  1.  Ch.  D. 
zu  Brandenburg  darbei  erinnert,  dass  es  nöthig  sein  würde,  wolle  man 
änderst  Nutzen  von  dieser  Zusammenkunft  haben,  sich  gegen  einander 
in  guten  deutschen  Vertrauen  etwas  besser  zu  expectoriren  und  die  con- 
silia  zusammenzutragen.  Man  hat  unserseits  zuförderist  das  Absehen 
dahin  gehabt,  dass  Chursachsen  seine  Abgeschickte  nach  Frankreich'^) 
möchte  revociren,  oder  doch  unterwegs  lassen  eine  Zeit  subsistiren;  von 
der  französischen  Allianz  denselben  also  stracks  abzubringen,  oder  sich 
sonsten  mit  uns  einzulassen,  vermeinete  der  Schwerin,  dass  es  nit  zu 
erhalten  sein  würde,  man  müsste  sich  coutentiren,  wann  der  Churfürst 
nichts  für  Frankreich,  weder  auch  nichts  wider  uns  thäte.  Ich  bin  der 
Meinung  gewesen,  dass,  wie  des  Churfürsten  Gedanken  und  cousilia 
giengen,  dieses  solchergestalt  nit  würde  zu  erhalten  sein:  ob  nit  etwa 
rathsamer  sein  möchte  den  Churfürsten  durch  eine  Allianz  mit  uns,  von 
derjenigen,  so  er  mit  Frankreich  hat,  indirecte  zu  abstrahiren;  zumalen 
nit  zu  verhoffen,  dass  dieser  Herr,  welcher  vermeint,  dass  es  wider 
seine  Reputation  wäre,  derselben  directe  und  also  platt  renuuciiren  solle. 
Bei  der  Conferenz,  die  darauf  zwischen  Schwerni  einer-,  Friesen  und  Rams- 
dorf anderseits  gehalten  wird,  bringt  Schwerin  vor,  wie  nothwendig  es  sei,  sich 


')     Vergl.  für  diese  Zusammenkimft  Heibig  1.  c.  299;  Puf.  1.  c.  X.  35;  insbesondere 
aber  Auerbach  1.  c.  264  ff. 

-)     Burkersrode  und  Kanne, 


Verhnndhmsjeii  zu  Zinna.  335 

gesren  Frankreich  zu  einigen  und  wie  unangenehm  es  den  Kurfürsten  von  Bran- 
denburg berühre,  dass  in  dem  sächsisch-französischen  Bündnisse  Artikel  ent- 
halten seien,  nach  welchen  der  König  von  Frankreich  den  Kurfürsten  von 
Sachsen  in  seine  Protection  nimmt  —  was  der  Würde  Sachsens  nicht  entspreche  — 
und  dass  der  Kurfürst  von  Sachsen  widerum  versprochen  habe,  hei  den  Ver- 
handlungen über  Allianzen  nur  Räthe  zu  gebrauchen,  die  Frankreich  genehm  sein 
W'erden.  Auch  klagt  Schwerin  über  die  Sendung  sächsischer  Räthe  nach  Frank- 
reich. Die  sächsischen  Räthe  nehmen  die  Sache  ad  referendum.  Da  aber  der 
Kurfürst  fürchtet,  wenn  man  nicht  energiscii  vorgehe  und  ad  specialia  schreite, 
nichts  zu  erreichen,  hat  er  den  sächsischen  Ministern  folgende  Vorschläge  ge- 
macht: P.  Burkersrode  und  Kanne,  die  nach  Frankreich  gesendet  worden,  er- 
halten Befehl,  dort,  wo  sie  von  dieser  "Weisung  Kenntnis  erhalten,  zu  bleiben, 
bis  die  braudenburgischen  Räthe  sie  treffen,  die  gleichfalls  die  Interposition 
anbieten  werden.  2".  Beide  Kurfürsten  bemühen  sich  den  Waffenstillstand  zu 
befördern  und  w^erden  Ludwig  XIV^.  antragen,  ihm  zu  dem,  was  ihm  recht- 
mässig zukomme,  zu  verhelfen,  zugleich  aber  andeuten,  dass  die  Fürsten  des 
Reiches  nicht  zusehen  könnten,  dass  Frankreich  in  den  Ausschreitungen  fort- 
fahre. 3°.  Beide  Kurfürsten  Avollen  ein  Bündnis  zur  Wahrung  des  Reichsfrie- 
dens errichten  und  darauf  achten,  dass  dem  Reiche  nichts  entzogen  werde. 
Sachsen  erwidert  ad  I:  die  Gesandten  zurückzurufen  werde  zu  spät  sein;  ad  II 
wünscht  Sachsen  die  Auslassung  des  Passus  „dass  Chur-  und  Fürsten  nit  zu- 
sehen könnten,  dass  mit  diesem  Werk  also  fortSefahren  würde";  ad  III 
meldete  Friesen,  dass  die  Clausel.  dass  man  nicht  gedulden  wolle,  dass  dem 
Rniche  etwas  entzogen  werde,  womit  tacite  die  Niederlande  gemeint  wären,  erst 
dann  einzufügen  sei,  wenn  das  Bündnis  bereits  völlig  formirt  worden.  Es  ist 
gniig  zu  vermerken,  dass  man  chursächsischer  Seiten  abhorrire  von  allein, 
was  sie  im  Krieg  mit  impliciren  möchte.  Der  Churfürst  meldete  gegen 
mich  in  Beisein  des  Clmrfürsten  zu  Brandenburg,  dass  sich  das  Reich 
in  keine  fremde  Händel  zu  impliciren;  ich  gäbe  aber  zu  verstehen,  dass 
unsere  eigene  Glieder  weder  dem  corpori  noch  den  Gliedern  unter  sich 
für  fremd  gehalten  werden  müssten. 

Goess  hat  doch  darauf  geachtet,  dass  dem  Burkersrode  und  dem  Kanne 
der  Befehl  nachgesendet  werde;  er  hofft  auch,  dass  sie  die  Weisung  noch  recht- 
zeitig erhalten  werden. 

Ob  nun  zwar  nit  ein  grosses  mit  diesen  also  eingerichten  punctis 
gericht,  so  bin  ich  doch  der  Meinung  gewesen,  dass  sie  in  alle  Weg 
von  beiden  Churfürsten  sollen  verfertigt  und  unterschrieben  werden,  wie 
geschehen');    damit  es  nit  das  Ansehen  habe,  als  scheidete  man  unver- 


0  Zwischen  beiderseits  ehurfürstliehen  Durchleuchtigkeiten  zu  Sachsen  und 
Brandeburg  ist  bei  jetziger  Anwesenheit  folgends   beliebt  und  beschlossen  worden: 

I.  Erstlicheu  wollen  S.  Ch.  D.  zu  Sachsen  dero  nach  Frankreich  destinirten  Ge- 
sandten Befehl  thun,  dass,  wo  selbiger  sich  aunoch  zu  Köln  am  Rhein,  oder  der  Oerter 


B36      IV.  Erste  Mission  des  Freihemi  Johann   von  Goess.     Jan.  10(55 —  Mai  1668. 

richter  Sache  von  einander  und  dann  damit  fernere  Tractaten  veranlasst 
werden,  sonderlicli  aber,  weiln  ich  weiss,  dass  der  Churfiirst  zu  .Sachsen 
seine  Handsclirift  sehr  religiöse  sucht  zu  beobachten,  massen  er  circa 
foedus  gallicum  immerzu  pflegt  zu  melden,  dass  der  König  seine  Hand- 
schrift, welche  er  nit  in  Stich  lassen  könne,  in  Händen  habe.  Derowegen 
ist  nit  ohne  also  zu  handien,  nit  als  muthete  man  S"".  Ch.  D.  zu  etwas 
den  gepflogenen  Tractaten  zuwider  zu  thun,  sondern  dass  deroselben 
unverwehrt  bleibe  auch  mit  andern,  sonderlich  mit  dero  Oberhaupt  und 
mit  Churfürsten  und  anderen  Fürsten  ferner  nach  dero  Belieben  und 
Gelegenheit  zu  tractiren.  So  ist  auch  nit  zu  zweiflen,  dass  von  dieser 
Negociation  all  mehr  werd  praesumirt  werden,  als  in  sich  Selbsten  daran 
ist,  so  die  wohl  intentionirte  animiren,  die  andere  aber  zurückhalten 
werd.  Eine  Inconvenienz  möchte  darbei  zu  besorgen  sein,  dass  Frank- 
reich hieraus  nit  etwa  bewogen  werde,  dem  Churfürsten  mehr  Geld  zu 
geben,  als  sie  sonsten  nit  gethan  hätten,  obwohl  auf  die  andere  Seiten 
sie  auch  mehr  möchten  darmit  an  sich  halten  aus  Beisorg,  dass  sie  das 
Geld  nit  etwa  umsonst  ausgeben  dörften,  welches  der  König,  wie  der 
Millet  hier  selbsten  sagt,  nit  pflegt  zu  thun. 

Als  man  de  foedere  ineundo  gedacht,  ist  mau  alsobald  von  beiden 
Seiten  an  mich  kommen  und  von  mir  zu  wissen  begehrt,  wessen  ich 
hierzu  instruirt  wäre  und  habe  ich  gnus;sam  merken  können,  dass  man 
praesupponirt,  dass  ich  sine  plenipotentia  nit  daherkommen  seie  und  zwar 


antreffen  würde,    daselbst  solang   zu  gubsistiren,    bis  S.  Ch.  D.  zu  Brandeburg    auch 
die  ihrige  mitschicken  und  die  Interposition  ofFeriren  lassen  könnten. 

II.  Zum  änderten  erbieten  sich  beiderseits  Ch.  D^n.  anfänglich  den  Stillstand  der 
Waffen  zu  befördern  und  darbei  Frankreich  zu  ofFeriren,  ihm,  warzu  es  mit  Recht 
befugt,  zu  verhelfen. 

III.  Und  damit  drittens  beiderseits  Ch.  D^".  die  ietzige  Gefahr  desto  besser  ab- 
wenden und  selbst  destwegen  keine  Widerwertigkeiteu  zu  besorgen  haben  mögen,  so 
wollen  sie  unter  sich  eine  Biindnus  aufrichten,  dessen  Zweck  fürnehmlich  sein  solle, 
die  Beobachtung  des  instrumeuti  pacis,  die  Erhaltung  der  chur-  und  fürstlichen  Frei- 
heit und  Sicherheit,  auch  sonderlich,  dass  das  heil.  röra.  Reich  bei  seiner  löbl.  Har- 
monie, Integrität  und  Verfassung,  auch  dessen  Glieder  bei  Dignität  und  Würde  con- 
servirt  werden  möchte,  welche  Bündnus  ehistens  in  extensa  forma  aufgesetzt,  mit 
Chursachsen  Projectsweis  vertreulich  communicirt  und  dero  wohlmeinenden  Erinnerungen 
darbei  zu  thun  und  allerdings  fi'eigelasseu  werden  sollen. 

Wann  nun  von  beiderseits  Ch.  D«".  die  Conditionen  und  Puncten  allenthalben 
richtig  gemacht,  so  soll  der  Rom.  K.  M.,  Krön  Schweden  und  dem  fürstl.  Hause 
Braunschweig,  wie  auch  andern  mehr,  so  solche  Intention  haben  und  des  heil.  rö:n. 
Reiches  Consistenz  und  Ruhestand  erhalten  helfen  wollen ,  mit  darzu  zu  treten  frei 
und  offen  gelassen  werden.  Signatura  zu  Zinna  26.  Aug.  1667  (Copie).  Yergl.  Auer- 
bach 1.  c.  28G  Anm. 


Verhaudlungeii  im  Kloster  Zinna.  337 

dahin,  dass  ich  dem  Churfürsten  von  Sachsen  eine  summa  Gelds  zu 
offeriren,  entweder  sich  in  Postur  zu  setzen  dem  foederi  gemäss,  oder 
doch  ihn  von  Frankreich  ab-  und  auf  unserer  Seiten  zu  bringen;  wie 
ich  dann  bericht  worden,  dass  der  Churfürst  von  Sachsen  so  sehr  nach 
mich  verlangt,  dass,  wann  ich  länger  ausblieben,  man  mir  einen  Courier 
geschickt  hätte.  Der  von  Schwerin  und  der  von  Friesen  seind  beide  auch 
destwegen  an  mich  gewesen  und  inständig  hierzu,  als  ohne  dem  nichts 
geschehen  künnte,  adhortirt.  Der  Baireuth'sche  Canzler  Stein,  welcher 
bei  diesem  ganzen  Werk  gute  Intention  zeigt  und  sich  auch  bei  der 
Zusammenkunft  befunden,  liat  mir  persuadiren  w'ollen,  ich  möchte  doch 
nur  etwas  versprechen,  wann  ich's  auch  nit  in  Befelch  hätte,  er  wiisste 
gewiss,  dass  E.  K.  M.  mich  nit  würde  stecken  lassen.  .  .  . 

Der  Churfürst  selbst,  als  man  Montag  Abends  stark  getrunken  und 
ich  ihn  in  sein  Gemach  begleitet,  hat  mich  noch  eine  Zeit  aufgehalten 
und  im  starken  Rausch  und  unter  vielen  Contestationen  seiner  treuen 
Devotion  gegen  E.  K.  M.  etlichemalen  repetirt;  ich  solle  machen,  dass 
er  100  000  Ducaten  von  E''.  K.  M.  bekäme;  er  würde  deroselben  solche 
Dienste  leisten  und  sich  in  solchem  Stand  setzen,  dass  er  dieselbe  bei 
der  kaiserliche  Krön,  welche  er  ihro  hätte  helfen  auf'm  Kopf  setzen, 
auch  treulich  würde  helfen  manuteniren.  Dieses  aber  hätte  ich  niemand 
zu  sagen,  auch  seinem  Oberkämmerling')  nit.  Ich  habe  aber  nit  be- 
funden, dass  ich  aus  meiner  Instruction  zu  schreiten  und  zwar  um  so 
viel  weniger,  weiln  ich  bei  E^  K.  M.  hierüber  unterthänigste  Nachfrag 
gethan  und  dieselbe  nit  gut  befunden,  mir  hierauf  etwas  ferners  zu  be- 
fehlen, 

Goess  bittet  um  Instruction  in  diesem  Punkte.  Der  Kurfürst  von  Branden- 
burg und  seine  Minister  haben  sich  die  redlichste  Mühe  gegeben,  Sachsen  zu 
gewinnen  und  verdienen  den  Dank  des  Kaisers. 

Friesen  zeigt  sich  sehr  kaiserfreundlich;  es  wäre  zu  wünschen,  dass  er  beim 
Kurfürsten  von  Sachsen  das  alte  Vertrauen  gewänne.  Friesen  sagt,  das  Gemüth 
des  Kurfürsten  von  Sachsen  sei  für  den  Kaiser,  man  möge  nur  seine  W^ünsche 
erfüllen  und  ihm  die  gehörige  Achtung  erweisen.  Insbesondere  in  der  Jülich'- 
schen  Angelegenheit  möge  man  die  Forderungen  Sachsens  berücksichtigen  -).... 
AValdeck  kommt  nach  BerUn;  das  gibt  die  Möglichkeit  mit  den  Braunschweiger 
Fürsten  zu  verhandehi. 


^)     Wolframsdoif. 

-)     Vergl.  Heibig  1.  c.  299. 


Mater,  z,  Gesch.  d.  G.  Kurlüi-steu.    XIV.  22 


338  IV.   Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665 — Mai  1668. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Sept.  1667.  (Or.) 

[Bemühungen  Jodoci's  den  Kurfiärsten  für  den  Plan  der  Mediation  zu  gewinnen.    Er- 
klärungen des  Kurfürsten  und  des  Goess  in   dieser  Sache.     Plan  des  Kurfürsten  eine 
Kurfiirstencouveution  zu  berufen.     Abreise  Jodoci's.     Unterredung  desselben  mit  Goess. 
Schwedens  Verhalten  bezüglich  der  Prorogation  der  rheinischen  Allianz.] 

16.  Sept.  Des  Mainzer  Kurfürsten  Vertreter  Jodoci,    der  in  Frankreich   und  Brüssel 

gewesen,  ist  Melier  gekommen  und  hat  den  Kurfürsten  für  den  Plan  der  Media- 
tion zu  geAvinnen  gesucht.  Der  Kurfürst  stimmt  bei,  sagt  aber,  dass  zur  Me- 
diation mehr  Indifferenz  und  Impartialität  erfordert  würde,  als  die  bis 
dato  am  Rhein  geführte  consilia  und  gegebene  resolutiones,  sonderlich 
wegen  der  Durchzüge,  nit  zeigeteu.  Dasselbe  nur  in  schärferer  Art  hält 
auch  Goess  dem  Jodoci  vor;  insbesondere  auch  das  Interesse,  welches  das  Reich 
an  der  Erhaltung  des  burgundischen  Kreises  habe.  Ich  bin  der  Meinung, 
dass  man  am  Rhein  in  den  bishcro  geführten  consiliis  etwas  vacillire, 
weiln  man  leicht  sehen  kann,  wo  es  darmit  hinaus  will;  sonderlich 
aber,  weiln  man  wahrnimmt,  dass  man  dieser  Orten  andere  consilia 
führe  und  etwa  besorgt,  dass  eine  solche  Party  da  möchte  gemacht 
werden,  der  die  ihrige  nit  bastant  sein  würden.  Habe  derowegen  I.  Ch. 
D.  gebeten,  sie  möchten  gegen  dem  Jodoci  um  soviel  mehr  Resolution 
verspüren  lassen,  welches  auch  allziemlich  geschehen.  Den  vom  Kurfürsten 
von  Brandenburg  vorgebrachten  Vorschlag,  eine  Versammlung  aller  Kurfürsten 
betreffs  der  gegen  Frankreichs  Vorgehen  zu  ergreifenden  Massregeln  zusammen- 
zurufen, billigt  Goess  mit  Rücksicht  auf  die  zu  gewärtigende  Jalousie  der  Fürsten 
und  der  übrigen  Stände  nicht.  Auch  von  einer  Zusammenkunft  zwischen  dem 
Brandenburger  und  Mainzer  zu  Erfurt  ist  gesprochen  worden.     Den  14.  dieses 

ist  der  Jodoci  von  hier  widerum  nach  Mainz  abgereist.  Ich  habe  ihn  noch 
selbigen  Tag  gesprochen  und  hat  er  sich  gänzlich  der  Meinung  zu  sein 
gezeigt,  dass  zuförderist  aller  Fleiss  anzuwenden,  damit  durch  interpo- 
nirender  Mediation  der  Fried  erfolge,  darbei  aber  man  sich  in  solcher 
Verfassung  zu  setzen,  dass  man  in  quemcunque  casum  parat  seie,  nit 
läugnend,  dass  dieses  auch  ad  tractatus  ipsos  viel  coutribuireu  künnte, 
wann  man  in  guter  Postur  stünde  und  gute  Resolution  verspüren  Messe, 
quod  vanum  esset  sine  armis,  ut  sunt  vanae  sine  viribus  irae  ').  Dem 
Basserode  hat  Goess  Mittheilung  gemacht,  dass  Brandenburg  fest  entschlossen 
sei  gegen  die  Erneuerung  der  rheinischen  Allianz  aufzutreten,  dass  also  des 
Snoilski")  Behauptung,  als  folge  Schweden  bei  dem  Entschlüsse  in  die  Er- 
neuerung zu  willigen  nur  dem  Beispiele  Brandenburgs,  unrichtig  sei. 


')    Vergl.  ürk.  u.  Act.  II.  475. 

-)     Schwedischer  Gesandter  in  Regensburg;  vergl.  ürk.  u.  Act.  XI.  477. 


Jodoci's  Aufenthalt  in  Berlin.     Sächsiscli-brandenburgische  Beziehungen.  339 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  16.  Sept.  1667.   (Conc.) 

[Billigung   des  Verhaltens  Goess'    gegenüber   Sachsen.     Gesandtschaft  Sachsens  nach 
Paris    betreffend.      Sächsisch -brandenburgische    Allianz.     Vorsicht    im    Verkehre    mit 

Castel-Rodrigo.] 

Der  Kaiser  billigt,  dass  du  in  Beobachtimg  der  fast  unerschwing-  IG.  Sept. 
liehen  und  bei  diesen  gefährlichen  Coniuncturen  noch  immer  zuwachsen- 
den Ausgaben  unserer  Hofkammer,  dich  über  vorgedachte  summa  Gelds 
mit  des  Churfürsteu  zu  Sachsen  L*^^".  ferner  nicht  eingelassen  hast. 
Der  Kaiser  hofft  auch,  dass  die  von  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg  mit 
Sachsen  eingegangene  Abrede,  dass  des  letzteren  Gesandtschaft  nach  Frankreich ') 
solange  verzögert  werden  solle,  bis  der  Brandenburger  auch  seine  Gesandte 
dahin  abordne,  dahin  gemeint  sei,  dass  dieselbe  dadurch  überhaupt  unterlassen 
werde;  denn  sonst  wäre  die  Sache  ja  noch  viel  schlechter.  Die  Allianz 
zwischen  Brandenburg  und  Sachsen  möge  Goess  befördern,  aber  darauf  sehen, 
dass  wir  als  des  heil.  Reiches  Oberhaupt  nicht  nur  per  accessum  in  die- 
selbe admittirt,  sondern  principaliter  darinnen  begriffen....  Ferner  haben 
wir  dich  zu  erinneren  eine  Notdurft  erachtet,  dass  gleich  wie  du  daran 
wohl  gethan,  dass  du  dem  Marques  de  Castel  Rodrigo  des  Churfiirsten 
zu  Brandenburg  L''*°.  Eventualerklärung  wegen  Passirung  der  Succursen 
durch  dero  Landen  nicht  ihres  ganzen  Inhalts,  sondern  verdeckter  und 
in  terminis  ambiguis  wuderantwortlich  wissen  lassen,  also  auch  forthin 
in  dergleichen  mit  demselben  um  so  viel  behutsamer  umgehest,  je  mehr 
zu  besorgen,  dass  derselbe  durch  Vorzeigung  dergleichen  Schreiben  uns 
sogar  vor  der  Zeit  und  ehe  wir  anderer  Fürsten  und  Stände  des  Reichs 
gnugsam  versichert,  in  das  niederländische  Wesen  mit  einzuzwingen 
trachten  möchte. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  Sept.  1667.   (Or.) 

[Unterredungen  des  Goess  mit  Waldeck.     Dessen  Erklärungen.     Klagen  über  schlechtes 

Bewahren    der    Geheimnisse    am    kaiserlichen    Hofe.      Sein    Urtheil    über    Schweden. 

Unterredung  des  Goess  mit   dem   Kurfürsten  über  die  Lage.     Urtheil  des  Goess  über 

die  Haltung  Brandenburgs.     Rathschläge.] 

Auf  des  Kurfürsten  Wunsch  hat   Goess  mit  AValdeck  öfters  gesprochen  -).  23.  Sept. 
Waldeck  versichert  ^\^ederholt  seine  gute  Gesinnung,   für  welche  auch  der  Kur- 
fürst einzustehen  sich  bereit  erklärt.     Waldeck    ist    demnach    kommen    auf 


^)     Burkersrode  und  Oberst  Kanne;  vergl.  Heibig  1.  c.  298. 
^)     Vergl.  für  Waldeck's  Aufenthalt  in  Berlin;  Köcher  1.  c.  545;  Rauchbar-Curtze, 
Graf  Waldeck  I.  •256f.;  Urk.  u.  Act.  IL  478f. 

22* 


340     I^'-  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

des  Königs  in  Frankreich  führende  grosse  diseigni,  um  welche  er  all 
ziemlich  viel  weiss,  auf  dem  Krieg  in  Niederland,  auf  die  consilia  bei 
Rhein,  auf  dem  gegenwärtigen  Zustand  im  Reich  und  benachbarten  Lan- 
den und  hat  geschlossen,  dass  wo  je  vorhin,  diesmalen  die  Freiheit 
unsers  Vaterlandes  deutscher  Nation  periclitire;  man  möge  von  ihm 
judiciren,  was  man  wolle,  aber  er  wolle  lieber  todt  sein,  als  diejenige 
Libertät,  welche  er  von  seinen  Voreltern  ererbt,  verlieren  und  unterm 
französischen  Joch,  welches  er  wohl  kennete,  leben. 

Im  weiteren  Verlaufe  des  Gespräches  betont  Waldeck  die  gute  Gesinnung 
der  braunschweigischen  Fürsten,  in  deren  Dienste  er  sich  befinde ').  Bezüglich 
der  Holländer  äusserte  sich  Waldeck:  Die  Plolländer  wären  vor  andere 
jaloux  über  die  französischen  Progressen  in  Niederland;  sie  hätten  aber  so 
starke  reflexioues  auf  Frankreich,  dass  sie  schwerlich  zu  etwas  zu  bringen, 
dardurch  sie  selbigen  König  directe  choquirten,  dero\Vegen  schlügen  sie 
und  sonderlich  der  Pensionarius  de  Witt  andere  Mittel  vor,  dardurch  sie 
per  indirectum  zu  ihrem  Intent  gelangen  könnten  und  wäre  dieses:  Der 
Herr  Bischof  von  Münster  armirete  in  favorem  Frankreich  dem  clevi- 
schen  Tractat  zuwider,  dessen  E.  K.  M.  Garant  wären.  Denselben 
sollen  dieselbe  dehortiren;  wann  er  nit  parirete,  dem  Churfürsten  von 
Brandenburg  und  dem  Haus  Braunschweig  commissionem  ad  exequendum 
auftragen;  die  Holländer  wären  ihrer  Seiten  fertig  darzu;  nähme  sich 
nun  Frankreich  um  dem  Bischof  an,  so  würde  man  einen  casum  foederis 
daraus  machen  und  wäre  der  Weg  zur  Action  gefunden.  Ich  replicirte, 
die  Sach  gienge  erstlich  einen  Geistlichen  an  und  dann  hörete  man  nit 
mehr  so  viel  von  des  Bischofs  Werbungen;  so  Hesse  er  sich  auch  noch 
also  an,  dass  nit  alle  Hoffnung  verloren  ihn  herbeizubringen,  darzu  die 
Coadiutoriestrittigkeiten  vielleicht  auch  helfen  würden;  iusinuando  die 
grosse  beneficia,  so  uns  dardurch  zuwachsen  würden;  welches  er  gern 
zugestanden,  und  was  die  Geistlichkeit  angieng,  müsste  er  lassen  dahin 
gestellt  sein,  wie  weit  E.  K.  M.  dieselbe  zu  consideriren ;  was  aber  seine 
Werbungen  angienge,  wäre  er  gewiss,  dass  er  8000  Mann  auf  die  Bein 
hätte  und  mit  allerlei  Inventionen  andere  irr  zu  machen  Anstalt  machete 
zu  raehrern.  .  .  .  Als  ich  ihn  gefragt,  indem  dieser  Vorschlag  etwa  Diffi- 
cultäten  haben  möchte,  wie  er  vermeinete,  dass  sonsten  das  Werk  an- 
zugreifen wäre,  ob  nit  die  Holländer  für  sich  dem  Herrn  Bischof  seine 
Werbungen  einstellen  möchten,  hat  er  darfür  gehalten,  dass  mau  (es)  keines- 


')     Ueber  Waldeck's  Einfluss  am  braunschweigischen  Hofe;    Köcher  I.e.  1.411  ff. 
u.a.  0.;  über  die  Haltung  der  Hraunschweiger  in'dieser  Zeit  ebendaselbst  545 ff. 


Erklärungen  Waldeck's  üb.  die  Lage  u.  üb.  die  vom  Kaiser  zu  beobachtende  Haltung.     341 

wegs  darzu  kommen  zu  lassen.  Es  wäre  nit  jedermann  bekannt,  was 
an  dem  westphälischen  Kreis  und  sonderlich  an  das  Bisthum  Münster 
gelegen;  wann  die  Holländer  einen  festen  Fuss  darin  kriegen  sollten, 
würde  sie  kein  Mensch  mehr  daraus  bringen  können  und  würde  der 
ganze  Kreis  in  grosser  Subjection  gesetzt;  derowegen  wäre  es  bei  dem 
vorigen  Krieg  für  alle  Ding  festgestellt,  dass  man  den  Holländern  in  dem 
Stift  Münster  nit  einen  Fuss  Erde  zu  lassen.  Da  ich  nacher  von  einer 
guten  Party  unter  uns  zu  macheu  einen  Anwurf  gethan,  hat  er  geant- 
wort,  dass  alsobald  die  Herrn  Herzogen  subsidia  hierzu  begehreu  würden, 
die  ich  aber  vermeint,  dass  mau's  bei  Holland  zu  suchen;  sowohl 
Spanien  als  wir  würden  sonsten  mit  uns  selbsten  gnug  zu  thun  haben. 
Seiner  Meinung  nach,  wann  man  den  Degen  solle  ausziehen  müssen, 
habe  man's  mit  der  Resolution  zu  thun,  denselben  nit  wiederum  einzu- 
stecken, man  habe  dann  sich  und  das  Reich  in  solchem  Stand  gesetzt, 
dass  man  nit  alle  Tag  und  bei  allen  sich  erregenden  Occasionen  neue 
insultus  und  Ueberfallungen  von  Frankreich  zu  gewarten;  darin  mich 
gedünkt,  dass  er  nit  Unrecht  hat. .  .  .  Waldeck  klagt,  dass  am  kaiserlichen 
Hofe  das  Geheimnis  nicht  gewahrt  werde.  Ich  kann  E.  K.  M.  nit  aus- 
sprechen, was  für  grossen  Schaden  dero  kaiserliche  Dienste  wegen  dieser 
fast  universal  Opinion,  dass  kein  secretum  bei  uns  seie,  leiden  ...,  wann 
unser  einer  für  sich  so  viel  Credit  erworben,  dass  man  ihme  wohl  etwas 
vertrauen  möchte,  so  halt  man  doch  zurück,  weiln  man  praesupponirt, 
dass  man's  nach  E''.  K.  M.  Hof  berichte  und  denen,  welchen  die  Sachen 
angeht,  nit  verhalten  bleibe.  Waldeck  betont  dann  die  Nothwendigkeit 
ernster  Verhandlungen  seitens  des  Kaisers.  Blum  und  Sinzendorf  hätten  ganz 
ungenügende  Vollmachten  gehabt').  Schweden,  glaubt  Waldeck,  wird  sich  nicht 
in  einen  Krieg  einlassen,  solange  der  König  minorenn  ist;  die  geistlichen  Kur- 
fürsten sind,  wie  er  glaubt,  der  Ansicht,  sie  könnten  allein  Frankreich  keinen 
Widerstand  leisten  und  es  sei  daher  besser  in  den  Verlust  eines  Theiles  der 
Niederlande  zu  willigen;  für  sich  hoffen  sie  in  diesem  Falle  Gebietsschonung. 
Waldeck  ersucht  den  Goess,  den  Kaiser  zu  bitten,  die  Verhandlungen  so  führen 
zu  lassen,  dass  er  —  Waldeck  —  keinen  Schaden  erleide. 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Tage  meldet  Goess,  dass  er  im 
Sinne  der  Weisung  vom  3.  Sept.  mit  dem  Kurfürsten  gesprochen  habe.  Ueber 
die  Erfolge  des  Markgrafen  von  Baden  sind  noch  keine  JS'acbrichten  eingelangt. 
London  oder  Stockholm  vorzuschlagen  hält  Goess  für  unzweckmässig,  weil  in 
London  gegenwärtig  kein  Vertreter  Brandenburgs,  in  Stockholm  kein  Vertreter 
Spaniens   anwesend  ist.     Als   ich   P.  Ch.  D.   kurz    vor  dero  Abreis   gesagt, 


')     Ueber  Sinzendorfs  Verhandlungen    mit    den    Braunschweigern   Köcher  1.  c.  I, 
539,  558  f. 


342      I\'-  E'"ste  Mission  des  Freiherrii  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1668, 

dass  man  auf  E''.  K.  M.  Seiten  ernstlich  darziithäte,  sich  in  guter  Postur 
zu  setzen,  haben  sie  mir  geantwort,  dass  wir  nit  einen  Mann  geworben 
und  können  E.  K.  M.  gnädigst  gedenken,  dass  Werbungen  und  Recruten 
solche  Ding  seind,  welche  nicht  in  occulto  geschehen.  Darzu  ist  man  dahie 
so  wohl  informirt,  dass  nit  allein  dergleichen,  sondern  auch,  was  arca- 
niora  und  ich  selbsten  vielmalen  nit  weiss,  ihnen  unverborgen.  Meine 
unterthänigste  Schuldigkeit  ist,  demjenigen  nachzukommen,  was  mir 
E.  K.  M.  gnädigst  befehlen.  Ich  hielte  doch  dafür,  wann  die  fernere 
Verfassung  um  erhebliche  rationes  noch  etwas  zu  verschieben,  dass  es 
dienlich  sein  möchte,  die  gute  Confidenz  in  dem  Churfürsten  zu  setzen 
und  denselben,  insoweit  sich's  thun  lässt,  dero  hierbei  führende  Intention 
ÄU  vertrauen;  dieses  würde  obligiren,  das  andere  thut  einmal  keinen 
guten  Effect.  Ich  kann  nicht  änderst  spüren,  ...  als  dass  dieser  Chur- 
fiirst  für  sich  gute  Intention  und  Gedanken  habe;  auch  sich  bemühe 
andere  zu  dergleichen  zu  disponiren;  meines  Erachtens  aber  würde  man 
sehr  irren,  wollte  auch  nit  gern,  dass  E.  K.  M.  dero  consilia  darnach 
richteten,  wann  man  inteudirte  oder  hoftete  den  Churfürsten  zu  einiger 
Action,  die  Niederlanden  zu  securiren,  zu  bringen,  es  sei  dann  mit  E^ 
K.  M.  zuförderist  und  dann  mit  anderen  eine  solche  Party  gemacht, 
dass  er  glauben  könne  gnugsam  darbei  gesichert  zu  sein,  und  wann  auch 
von  spanischer  Seiten  das  Geld  nach  Verlangen  erfolgen  sollte,  mit 
welchem  es  doch  all  schwerer  hergehen  möchte,  als  der  Markgraf  nit 
vermeint,  so  werd  es  danuoch  allzeit  auf  diese  Party  ankommen;  auf 
was  man  sich  dahie  heraus  gelassen,  auch  in  eum  casum,  da  die  Krön 
Schweden  weder  zu  Mitbeitretung,  noch  zur  Neutralität  zu  bewegen,  hat 
man  sich  meines  Ermessens  nit  zu  verlassen;  wann  aber  eine  gute  und 
starke  Party  gemacht  wäre,  hat  man  zu  glauben,  dass  sich  alsdann,  das 
Werk  zu  Regensburg  schon  finden  würde.  Bei  allem  dem  Eifer,  den 
man  hier  zeigt,  vermerke  ich  dannoch  wohl,  dass  man  sich  nit  also  mit 
uns  impegnire,  dass  man  bis  dato  nit  allzeit  freie  Hand  behalte,  die 
consilia,  nachdem  es  die  Coniuncturen  erforderen  möchten,  zu  ver- 
änderen; derowegen  man  dann  unsere  andamenti  überaus  fleissig  obser- 
virt  und  alle  Schritt  in  Acht  nimmt.  Millet  ist  attent,  andere  feiern 
auch  nit  und  werd  man  sich  um  so  viel  mehr  bewerben  den  Churfürsten 
zu  gewinnen,  je  mehr  man  erkennt,  dass  er  bei  der  Sachen  thun  kann 
und  je  grössere  Adhaerenz  er  hat;  derowegen  man  unsersseits  desto 
fleissiger  zu  invigiliien  und  so  viel  möglich  allen  Scrupl  und  Anstand 
zu  benehmen. 


Des  Kurfürsten  ürtheil  über  des  Kaisers  Haltung.  Das  Reich  u.  der  burgund.  Kreis.      343 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  24.  Sept.  1667.  (Conc.) 

[Frage  der  Haltung  des  Reiches  bezüglich  des  burgundischen  Kreises.] 

In  welcher  Weise  Gravel '),  der  französische  Gesandte,  in  Regensburg  das  24.  Sept. 
Vorgehen  Frankreichs  gegen  den  burgundischen  Kreis  zu  rechtfertigen  gesucht 
und  wie  die  Vertreter  Burgunds  dies  zurückgewiesen  haben,  dürfte  Goess  be- 
kannt sein^).  Beider  auf  Wunsch  der  burgundischen  Vertreter  vorgenommenen 
Berathung  hat  der  Fürstenrath  beschlossen,  dass  man  sich  des  burgundischen 
Kreises  als  eines  membri  imperii  von  Reichswegen  billich  anzunehmen 
habe;  theils  Stände  aber  wider  dasselbe  einige  Bedenken  movirt  und 
neben  den  Churfiirstlichen  darvor  halten  wollen,  abstrahendo  von  vorbe- 
rührter clausula,  dass  man  sich  dieses  besagten  Kreis  als  ein  membrum 
imperii  betreffenden  Werks  von  Reichswegen  billich  anzunehmen,  dass  man 
eine  gütliche  Beilegung  der  Differenzen  zwischen  Spanien  und  Frankreich  ver- 
suchen solle.  Goess  soll  trachten  den  Kurfürsten  von  Brandenburg  und  durch 
diesen  das  Haus  Sachsen  dahin  zu  vermögen,  dass  sie  ihren  Gesandten  in 
Regensburg  Weisimg  ertheilen,  ganz  im  Interesse  des  Wiener  Hofes  vorzugehen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  27.  Sept.  1667.   (Conc.) 

[Brandenburgs  Verträge  mit  Sachsen  und  Braunschweig.     Zusammenkunft   des  Main- 
zers und  Brandenburgers.     Schwedische   Truppenüberlassungen.      Stratman.     Burgun- 
dische und  Capitulationsangelegenheit] 

Goess  soll  dahin  wirken,  dass  der  Kurfürst  die  vorhabenden  Bündnisse  mit  27.  Sept. 
Sachsen  und  Braunschweig  abschliesse  ^). 

Von  der  Zusammenkunft  des  Mainzers  und  Brandenburgers  kann  der  Kaiser 
für  sich  nichts  gutes,  wohl  aber  schädliches  erwarten,  daher  Goess  dieselbe  zu 
verhindern  suchen,  wenn  sie  aber  zu  Stande  komme,  derselben  anwohnen  solle. 
Ueber  der  Schweden  Vorhaben,  ihre  Truppen  an  Frankreich  und  Brandenburg 
zu  überlassen,  wünscht  der  Kaiser  nähere  Mittheilungen.  Stratman  soll  mit  der 
Hoffnung,  in  den  Dienst  des  Kaisers  aufgenommen  zu  werden,  noch  einige  Zeit 
hingehalten  werden,  da  jetzt  keine  Stelle  frei  ist. 

Unter  dem  28.  erhält  dann  Goess  Befehl,  wie  in  der  burgundischen  so  auch 
in  der  Capitulationsangelegenheit  Brandenburg  und  durch  dieses  Sachsen  zur 
Unterstützung  der  kaiserlichen  Pläne  in  Regensburg  zu  vermögen. 


')  Robert  von  Gravel,  Vertreter  Frankreichs  in  Regensburg;  über  seine  Thätig- 
keit  daselbst  in  dieser  Zeit;  Mignet  1.  c.  II.  165 ff. 

^  Die  betreffenden  Schreiben  bei  Londorp  1.  c.  IX.  55Iff. ;  vergl.  auch  Gemeiner 
1.  c.  III.  20ff.;  Meinecke,  Fr.,  Der  Regensburger  Reichstag  imd  der  erste  Devolutions- 
krieg;  Sybel's  bist.  Zeitschr.  1888  LX.  193  ff. 

3)  Für  das  mit  Sachsen  vergl.  die  folgende  Note:  das  mit  Braunschweig  wurde 
schon  am  22.  August  geschlossen;  über  Braunschweigs  Beziehungen  zu  Brandenburg 
in  dieser  Zeit;  Köcher  1.  c.  I.  548 ff. 


344     IV.    Ersto  Mission  des  Freiherrii  Johann  von  Goess.     Jan.  Ißßö  —  Mai  1668. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  Sept.   1667.   (Or.) 

[Brandenburg -sächsische    Allianz.       Des    Kaisers     Interesse    bei     derselben.      Klage 
Crockow's  über  Basserode.     Besorgnisse  der  Schweden.     Congress  zu  Köln.] 

30.  Sept.  Die    angedeutete    Absendung    eines    Vertreters    Friedrich   Wilhelms    nach 

Frankreich  in  dem  Zinna'schen  Entwürfe  war,  wie  hier  behauptet  wird,  wirklich 
nur  ein  Vorwand  die  Sächsische  desto  sicherer  zu  verhüten.  Somnitz,  der 
sich  beim  Kurfürsten  befindet,  übersendet  Goess  auf  dessen  Bitte  das  Project 
der  brandenburgisch- sächsischen  Allianz').  Dieselbe  bietet,  wie  sie  jetzt  vor- 
liegt, dem  Kai.ser  wenig  für  seine  Zwecke  und  zur  Unterstützung  der  Nieder- 
lande; sie  zu  erweitern,  wird  aber  ohne  Opfer  schwer  möglich  sein.  Doch  glaubt 
Goess,  es  würden  100  000  Ducaten  als  Unterstützung  seitens  des  Kaisers  nicht 
nöthig  sein,  vielmehr  der  4'*^  Theil  genügen.  Goess  empfiehlt  wieder  dringend 
dem  Kaiser  Sachsen  und  Brandenburg  zu  gewinnen.  Ja  diese  und  dergleichen 
Bestellungen  seind  einzig  und  allein  dasjenige,  so  den  König  aus  Frank- 
reich zur  Raison  und  zu  Tractaten  kann  bringen.  Der  Baron  von 
Schwerin  hat  mir  ein  des  Telliers ')  in  Niederland  intercipirtes  Schreiben 
cominunicirt,  darin  er  meldt,  dass  der  König  die  obhandene  Allianz 
zwischen  E"".  K.  M.,  Schweden  und  Brandenburg  sehr  apprehendire.  Es 
wäre  mir  sehr  leid,  wann  E.  K.  M.  sonsteu  auf  einige  Mediation  oder 
Interposition  das  geringste  Fundament  thäten  machen.  Derowegen  wäre 
ich  der  unterthänigsten  Meinung,  dass,  wann  auch  diesmalen  ein  mehrers 
nit  als  ein  foedus  defensivum,  raassen  wir  mit  Churbrandenburg  all- 
bereit haben,    könnte   geschlossen  werden,    E.  K.  M.   dasselbe  nit  allein 


')  Nach  dem  von  Goess  eingesendetem  Projecte  beschlossen  die  beiden  Kur- 
ürsten  von  Sachsen  und  Brandenburg,  mit  Rücksicht  auf  den  dermaligen  Zustand  des 
römischen  Reichs  und  der  Zerrüttung  und  Unruhe  im  burgundischen  Kreise,  sich  über 
die  zur  Wahrung  der  Reichsfreiheit  und  Sicherheit  zu  ergreifenden  Massregeln  zu 
einigen  und  haben  festgesetzt: 

P.  Vertrauliche  Correspondenz  über  alles  soll  bestehen.  2°.  Beide  Kurfürsten 
weiden  sich  bemühen,  dass  der  Friede  zwischen  den  sich  bekriegenden  Parteien  herge- 
stellt werde  und  zu  diesem  Zwecke  gemeinsam  handeln.  3°.  Beide  Theile  werden  sich 
bemühen  die  Einigkeit  im  Reiche  herzustellen  und  ein  gemeinsames  Vorgehen  des 
Reiches  in  der  burgundischen  Frage  zu  erwirken.  4".  Sie  wollen  sich  bemühen,  dass 
allenthalben  und  also  auch  im  burgundischen  Kreis  keine  Aenderung  vorgehe,  sondern 
alles  in  den  Stand,  wie  es  vor  dem  Kriege  gewesen,  gesetzt,  dem  Reich  kein  fremdes  Di- 
rectorium  mit  Gewalt  aufgenöthigt  werde.     Diese  Intention  wollen  sie  in  Regensburg 

und  bei  der  Mediation  befördern.     5".  Beide  Theile  wollen  mit  Mann  gerüstet  sein. 

6°.  Solche  Truppen  sollen  zuförderst  zur  Defension  beider  Theile  Länder  gebraucht 
und  damit  ferner  nach  gemeinsamen  RaJh  zu  oberwähntem  Zweck  agirt  werden. 
7°.  Insbesondere  zur  Verhütung  jeder  Irruption  in  das  Reich,  Störung  der  Reichs- 
verfassung u.  d.  sollen  die  Truppen  verwendet  werden.  8°.  Kommt  es  zur  Action, 
so  wird  nach  gemeinsamen  Beschlüssen  vorgegangen.     Vergl.  Auerbach  1.  c.  279  ff. 

-)     Ueber  Le  Tellier's  Haltung  in  dieser  Zeit:  Rousset,  C,  Louvois  I.  145 f. 


Brandenburg-sächsische  Allianz.     Besorgnisse  der  Schweden.  345 

mit  Chursachsen,  sundera  auch  mit  dem  Haus  Braunschweig  und  andern, 
entweder  zugleich,  oder  doch  nach  einander,  wie  es  sich  am  besten 
schicket,  anzutreten.  Erstlichen  wiirde  es  dienen  zur  Reputation  der 
Party  et  ad  famam  armorum  et  potentiae  und  dann  zur  Disposition  ad 
ulteriores  tractatus,  zu  Facilitirung  der  Tractaten  mit  den  fremden  Kronen 
und  Republiquen,  zu  Abhält-  und  Reprimirung  derjenigen,  so  andere 
consilia  führen  und  letztlichen,  wann  es  zur  Handlung  und  Friedens- 
tractaten  kommen  solle,  zu  Verbesserung  der  Conditionen.  .  .  . 

Crockow  beklagt  sich  in  seinem  Schreiben  aus  Stockholm,  dass  Basserode 
ihm  von  seinen  Verhandlungen  mit  den  Schweden  keine  Mittheilung  mache. 
Goess  empfiehlt  dem  Kaiser,  Basserode  die  entsprechenden  Weisungen  zukom- 
men zu  lassen.  Der  Feldherr  Wrangel  hat  einige  Ombrage  vermer- 
ken lassen  wegen  des  neulich  zu  Braunschweig  gemachten  foederis 
defeusivi'),  als  wäre  es  eine  Continuation  desjenigen,  so  vor  diesem 
occasione  der  Stadt  Bremen  und  gleichsam  wider  Schweden  allda  ge- 
macht worden^)....  Somnitz  meldt,  dass  alle  consultationes  zu  Köln 
auf  die  Mediation  gehen;  de  defensione  imperii  aut  avertendis  manu 
armata  auxiliis  in  ßelgium  destinatis,  altum  silentium^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  7.  Oetober  1667.   (Or.) 

[Burgundischen    Kreis    lietreiTend.     Sachsens    Haltung    in    dieser   Frage.     Klagen  des 
Bischofes  von  Strassburg  über  des  Kaisers  Haltung  dem  Kurfürsten  von  Köln  gegenüber.] 

Im  Sinne  der  kaiserlichen  Weisung  vom  24.  Sept.  schreibt  Goess  an  den  7.  Oct. 
Kurfürsten'),  der  auf  der  Jagd  ist,  bezüglich  der  Streitsache  betreffend  den 
burgundischen  Kreis;  der  Kurfürst  antwortet  zusagend^)  und  weist  seine  Ge- 
sandten in  Regensburg  in  diesem  Sinne  an  ^).  Das  Benehmen  Sachsens  in  dieser 
Angelegenheit  zu  Regensburg  ist,  wie  Goess  meint,  ein  neuer  Beweis,  wie  noth- 
wendig  es  ist ,  dieses  Haus  von  Frankreich  ab-  und  auf  die  Seite  des  Kaisers 
zu  bringen. 


^)     Das  Bündnis  vom  22.  Aug.  1667  zu  Braunsehweig:  vergl.  Slörner  1.  c.  318ff. 

^     Das  Bündnis  vom  15. /25.  März  1667;  Mörner  i.e.  3131F. 
.    ')     lieber  die  Kölner  Berathungen;  Kocher  1.  c.  I.  539  f. 

•*)     Schreiben  vom  2.  Oct.  1667. 

=■)     Schreiben  vom  23.  Sept./ 3.  Oct.  1667. 

^)  Schreiben  vom  23.  Sept./ 3.  Oct.  1667.  Da  der  Kurfürst  vernommen,  dass 
der  französische  Envoye  zu  Regensburg  sich  bemühen  soll,  dass  cfas  im  fürstlichen 
Colleg  gefallene  conclusura  wegen  des  burgundischen  Wesens  möchte  geändert  und 
dahin  eingerichtet  werden,  dass  der  burgundische  Kreis  nicht  pro  raembro  imperii 
erkannt  noch  gehalten  werden  solle,  gibt  er  seinen  Gesandten  Kund,  dass  er  in  dieser 
Angelegenheit  bei  seinen  früheren  Beschlüssen  beharre. 


346      IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Jobann  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

Burkersrode  —  einer  der  nach  Frankreich  bestimmten  sächsischen  Räthe  — 
schreibt  aus  Köln,  dass  die  Reise  nach  Frankreich  nicht  vor  sich  gehe.  Schwerin 
schreibt  an  Goess  über  die  Klagen  des  Bischofs  von  Strassburg  wegen  Nicht- 
beachtung des  Kölner  Erzbischofes  und  seiner  Person  seitens  des  Kaisers '). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  7.  October  1667.    (Conc.) 

[Die  zu  Köln  in  der  Mediationsfrage  getroffenen  Massregeln  betreffend.] 

7.  Oct.  Sinzendorf  hat  berichtet,  dass  bei  dem  zu  Köln  tagenden  Kreistage  in  der 

Mediationsconferenz  beschlossen  worden  ist,  den  Kaiser  durch  ein  besonderes 
Schreiben  um  seine  Unterstützung  bei  dem  Versuche  Spanien  zum  Frieden  zu 
vermögen  anzugehen.  Dieses  Schreiben  an  Spanien  ist  auch  bereits  concipirt  und 
dem  Kaiser  zur  Unterschrift  übersendet  worden.  Da  nun  bezüglich  der  Unter- 
schrift sich  Schwierigkeiten  ergeben  haben,  der  Kaiser  aber  sich  in  dieses  Media- 
tionswerk nicht  einlassen  will,  hat  der  Kaiser  Sinzendorf  beauftragt,  die  Ver- 
treter der  gut  gesinnten  Mächte,  wie  Trier,  Brandenburg  und  Braunschweig, 
aber  auch  Sachsen  —  mit  Rücksicht  auf  die  Jülich'sche  Successionssache  — 
zu  überreden,  sich  in  nichts  einzulassen.  Goess  soll  beim  Kurfürsten  von 
Brandenburg  dies  unterstützen-'). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  12.  October  1667.  (Conc.) 

[Erklärungen  Schwedens.] 
12.  Oct.  Basserode  übersendet  dem  Kaiser  ein  Project  einer  Allianz  mit  Schweden-^) 


')  Die  bezeichnende  Stelle  aus  diesem  Schreiben  Otto's  von  Schwerin  an  Goess 
d.d.  Landsberg  25.  Sept.  1667  (Copie)  lautet:  „Sonsten  verhalte  ich  E.  Exe.  nicht, 
dass  der  Bischof  zu  Strassburg  sich  neulicher  Tagen  zu  Köln  gegen  den  Herrn 
Blaspeil  sehr  beschweret,  dass  man  den  Churfürsten  von  Köln  und  ihn  so  gut  fran- 
zösisch hielte;  wobei  derselbe  auch  hoch  betheuert,  dass  er  eben  so  gut  spanisch  als 
französisch  wäre  und  sehr  beklaget,  dass  an  spanischer  Seiten  man  keinen  guten 
Rath  folgen  wollte.  Sein  Herr  Bruder,  Landgraf  Wilhelm,  wäre  im  Frühling  zu  Wien 
gewesen  und  hätten  sich  erboten  mit  einem  geringen  diesen  damals  bevorstehenden 
Krieg  abzuhelfen;  hätten  auch  bei  den  kaiserlichen  ministris  gute  Inclination  ver- 
spüret; insonderheit  da  er  sich  erboten  in  I"".  K.  M.  Gewalt  zu  bleiben,  bis  dass  er 
das  versprochene  praestiret;  allein  die  Spanische  hätten  es  verhindert.  S.  Ch.  D. 
haben  mir  gnädigst  befohlen,  mich  bei  E^.  Exe.  zu  erkundigen,  ob  sie  vorhin  Nach- 
richt haben,  dass  es  sich  also  verhalte:  Die  conditiones  wären  eigentlich  gewesen, 
dass,  wann  der  König  von  Spanien  stürbe,  die  Grafschaft  Burgund,  la  Franche  Comte 
genannt,  an  Frankreich  verbleiben  sollte.  (Ueber  Wilhelm  Fürstenbergs  Aufenthalt  in 
Wien;  Mignet  1.  c.  H.  325 ff.) 

2)  Ueber  die  Verhandlungen  in  Köln;  Köcher  1.  c.  I.  539f. ;  Alpen  1.  c.  II.  34ff.: 
Mignet  1.  c.  IL  270ff.;  Droysen  1.  c.  III.3  211  ff. 

3)  Vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  500  ff. 


Kölner  Convent.    Erklärungen  Schwedens.    Schweden  u.  die  rheinische  Allianz.      347 

und  berichtet ,  er  habe  vernommen,  dass  Schweden  auch  ohne  England  zu  einer 
Allianz  mit  Oesterreich  und  Spanien  bereit  sei,  wenn  nur  die  Geldforderungen 
genehmigt  und  Schweden  des  Reiches  sicher  sein  könnte.  Man  fordere  von 
Seite  Schwedens  das  Generalat  über  die  geraeinsame  Armee  für  Waldeck.  Goess 
soll  dem  Kurfürsten  all  dies  sagen  und  betonen,  wie  nothwendig  also  ein  Ent- 
schluss  des  Kurfürsten  sei. 


Goess   an    den  Kaiser.     Dat.  Berlin  14.  October  1667.    (Or.) 

[Brandenburg-staatische    Beziehungen.     Schwerins    Aeusserungen  über  die   Lage    der 
Dinge.     Sachsens  Haltung.     Schwedens  Haltung  in  der  rheinischen  Allianzangelegen- 
heit.    Klagen  llillet's    über   den   Kurfürsten.      Abdankung   schwedischer   Truppen   be- 
treffend.    Blumenthals  Sendung  nach  Wien.     Hammerstein's  Erklärungen.] 

Im  Haag  verhandeln  die  Vertreter  des  Kurfürsten  und  der  Holländer  über  14.  Oct. 
die  Art  einer  Einigung ').  Schwerin,  mit  dem  Goess  über  diese  Verhandlungen 
und  über  die  allgemeine  Lage  spricht,  betont  wiederum  die  Nothwendigkeit  einer 
reellen  Unterstützung  Brandenburgs  durch  Oesterreich  und  Spanien.  .  .  .  Von 
Sachsen  sind  keine  Nachrichten  eingelangt ;  man  fürchtet  der  Kurfürst  von  Sachsen 
schwanke.  Schweden  ist  bezüglich  der  rheinischen  Allianz,  wie  Goess  von  dem 
in  Berlin  befindlichen  Residenten^)  erfahren,  entschlossen,  dem  Werk,  son- 
derlich nach  vernommener  churbrandenburgischer  Resolution,  Anstand  zu 
geben  und  sich  nachdem,  wie  es  die  Zeit  und  Lauften  erforderen  werden, 
zu  reguliren  ^).  Millet  hat  sich  über  des  hiesigen  Kurfürsten  Benehmen  in 
der  rheinischen  Allianzfrage,  wie  auch  sonst,  sehr  beklagt.  Dem  Churfürsten 
selbst  hat  er  gesagt,  dass  wer  sich  in  dem  niederländischen  Krieg  ein- 
mischen würde,  sein  König  ihn  für  seinen  Feind  halten  würde.  Ich  sehe 
aber  nicht,  dass  man  für  solche  Bravaden  erschrecke.  Dann  hat  er  aber- 
maln  heftig  geklagt,  dass  S.  Ch.  D.  diejenige  sein,  welche  E.  K.  M. 
am  meisten  stimuliren,  sich  des  niederländischen  Werks  anzunehmen^). 
Wegen  Abdankung  und  Ueberlassung  der  schwedischen  Völker  ist  nichts  neues 
von  Bedeutung  dem  Goess  zu  Ohren  gekommen.  Blumenthal  wird  nächstens 
nach  Wien  gesendet,  einerseits  um  dem  Kaiser  zur  Geburt  des  Prinzen')  zu 
gratuliren,  dann  um  Verhandlungen  daselbst  zu  führen;  Schwerin  deutet  auf  das 
Privilegium  de  non  appellando  für  Pommern*^). 

')  Vergl.  Droysen  I.  c.  III.3  212 f.;  Urk.  und  Act.  111.  189f.;  Köcher  1.  c.  I.  546 ff. 

-)  Wolfrad. 

3)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  477  f. 

*)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  II.  483ff.;  Mignet  1.  c.  II.  287 f. 

^)  Ferdinand  Wenzel  geb.  28.  Sept.  1G67.     f  3.  Jan.  1668. 

^)  Ueber  Blumenthals  Sendung  nach  W^ien;   Puf.  1.  c.  X.  59;  Droysen  1.  c.  III.3 
2 17  ff. 


348      I^"-  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan   1665  — Mai  1668. 

Hammerstein,  der  im  Namen  der  Herzoge  Georg  Wilhelm  und  Ernst  August 
von  Braunschweig-Lüneburg  hier  verhandelt,  betont  die  gute  Intention  seiner 
Herren,  die  aber  unbedingt  zur  Erhaltung  ihrer  Truppen  eine  Geldunterstützung 
benöthigen '). 


Goess   an   den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  October  1667.    (Or.) 

[Mediationsangelegenheit.     Vorschlag  des  Goess  in  dieser  Angelegenheit.    Erklärungen 
Schwerins  und  des  Kurfürsten  in  dieser  Sache.] 

21.  Oct.  Goess  hat  bezüglich  der  ihm  in  der  Weisung  vom  7.  Oct.  vorgeschriebenen 

Verhandlungsweise  in  der  Mediatiousangelegenheit  sehr  vorsichtig  zu  Werke 
gehen  müssen,  da  man  hier  schon  behauptet,  Spanien  wolle  den  Frieden  nicht, 
wie  aus  den  von  dieser  Macht  gestellten  Friedensbedingungen  hervorgehe^). 
Goess  schlägt  daher  vor,  es  möge  diese  Mediationsangelegenheit  nach  Regens- 
burg remittirt  werden.  Der  Baron  von  Schwerin  hat  mir  hierzu  gute 
Hoffnung  gegeben,  1.  Ch.  D.  aber  meldeten,  da.ss  es  nun  zu  spät  fallen 
wollte.  Es  wäre  eine  verglichene  Sach;  sie  allein,  da  all  die  andere  es 
gut  befunden,  hättens  nit  hinderen  können.  Als  ich  darbei  vermerkt, 
dass  sie  nit  wohl  zufrieden,  umwillen  bei  der  zu  Mecheln  zwischen  dem 
Herrn  Markgrafen  von  Baden  und  dem  Blaspeil  und  Romswinckel  ge- 
haltener Conferenz  gedachter  Markgraf  mehr  an  sich  gehalten  als  vor 
diesem  und  die  Tractaten  verschoben  und  nach  dem  Haag  remittirt  wor- 
den''), habe  ich  mich  dessen  bedient  und  repräsentirt,  dass  durch  diese 
Abschickung  nach  Frankreich  man  spanischer  Seiten  in  einiger  ungleichen 
Suspicion  gerathen  und  die  Tractaten  dardurch  remorirt  werden  möchten; 
welches  mich  gedünkt,  dass  der  Churfürst  mehr  apprehendirt  und  ist 
demnach  mit  mir  auf  unterschiedliche  Anschlag  kommen,  wie  mit  diesen 
zu  Köln  veranlassten  Schickungen  zurückgehalten  und  herentgegen  das 
Werk  nach  Regensburg  remittirt  werden  könnte.  A'ermeineten,  wanns 
nur  bei  dem  Reichstag  in  die  Umfrag  gebracht  würde,  sie  wolltens  also 
lassen  secundiren,  dass  man  den  scopum  erreichen  thäte;  unterdessen 
könnte  die  Expedition  zu  Köln  mit  den  Difficultäten,  so  bei  der  Unter- 
schrift vorfallen,  aufgehalten  werden. 


^)     Georg  Ch.  Hamraerstein;    über    seine    Sendung  nach   Berlin;    Köcher  1.  c.  I. 
548  ff. 

2)  Für  die  allgemeine  Lage  in  dieser  Zeit  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  50fif.;    Fran- 
zösische Gesch.  111.  236f  ;  Klopp  1.  c.  I.  203 ff.;  Lefevre-Pontalis  1.  c    1.  443 ff. 

3)  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  40. 


Mediation  ia  der  niederländischen  Streitfrage.     Millet's  Klagen.  349 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  25.  October  1667.  (Conc.) 

[Des  Kaisers  Pläne  bezüglich  der  Niederlande.] 

Goess  soll  den  Kurfürsten  in  seinen  guten  Intentionen  bestärken,  massea  25.  Oct. 
du  dann  dieselbe  in  unserm  Namen  beständigst  zu  versichern  hast, 
nicht  allein,  dass  uns  niemals  in  Sinn  kommen  Ihre  L"^*^".  ohne  uns  und 
Vorbereitung  einer  guten  Partei  in  gedachtes  Wesen  einzumischen;  son- 
dern auch,  dass  eben  zu  solchem  Ende  wir  sowohl  mit  wirklichen  Re- 
crutir-  und  Werbungen  uns  in  Verfassung  stellen,  als  auch  durch  unter- 
schiedliche unsere  in  Schweden,  Engelland,  Holland  und  anderer  Orts 
obhabende  negociatioues  unsere  Partei  zu  verstärken  und  bestmöglichst 
zu  versicheren  suchen').  Der  Kurfürst  möge  seinerseits  alles  thun,  um  mit 
Sachsen  und  Braunschweig  zum  Abschlüsse  zu  gelangen. 


Goess   an   den   Kaiser.     Dat.  Berlin  28.  October  1667.    (Or.) 

[Millet's  Klagen.     Mittheilungen  Wolfrad's,    Schwerin's,    Giese's  und  Stratman's    üher 
die    polnische  Wablangelegenheit.     ürtheil    des   Goess  über   die  Lage  und  die  einzu- 
schlagende Politik.] 

Der  Kurfürst    hat    auf   des  Goess  Bitten   eingewilligt,   dass  in  Regensburg  28.  Oct. 
die  Umfrage    erfolge,    ob    man    nicht  von   Reichswegen    die  Mediation   in  den 
Irrungen  zwischen  Frankreich  und  Spanien  in  den  Niederlanden  antragen  solle. 

Millet  beklagt  sich  beim  Kurfürsten,    dass  dieser   dem  Kaiser  den  Durch-  , 

marsch  von  Truppen  nach  den  Niederlanden  gestattet  habe  und  den  Goess 
immer  antreibe,  den  Kaiser  zu  energischen  Massregeln  zu  ermuntern.  Auch 
bei  den  Ministern  sucht  Millet  die  friedliche  Stimmung  seines  Königs  und  die 
Zweckmässigkeit  der  Neutralität  Brandenburgs  nachzuweisen-). 

Somnitz  ist  von  Leipzig  zurück;  der  Kurfürst  von  Sachsen  sucht  alles  zu 
vermeiden,  was  dem  Könige  von  Frankreich  verdächtig  scheinen  könnte;  im 
übrigen  aber  soll  er  keine  Schwierigkeiten  betreffs  des  übersendeten  Vertrags- 
projectes  gemacht  haben "').  .  .  .  Die  geplante  Zusammenkunft  des  Brandenbur- 
gers und  Mainzers  dürfte  nicht  stattfinden.  Der  hiesige  schwedische  Resident^) 
macht  Goess  auf  die  Nothwendigkeit  aufmerksam,  dass  der  Wiener  Hof  sich 
bezüglich  der  in  Polen  zur  Königswahl  vorzuschlagenden  Person  entschliesse,  — 


')  Für  des  Kaisers  Verhalten  in  dieser  Zeit;  Klopp  I.e.  L  177 f.,  192,  208 f.; 
Mignet  I.e.   IL  228 ff. 

-)  Yergl.  ürk.  u.  Act.  IL  487  ff. ;  insbesondere  die  Unterredung  Millet's  mit  dem 
Kurfürsten  wegen  der  Mittheilungen  des  Goess  nach  Wien  über  des  Kurfürsten  Hal- 
tung 489  f. 

=)     Vergl.  Urk.  und  Act.  IL  487. 

^)     Wolfrad. 


350      IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1668. 

er  deutete  dabei  auf  Neuburg,  —  oder  wenigstens  in  den  Tractat  zwischen 
Brandenburg  und  Schweden  pro  manutenenda  übertäte  Polonica  mit  eintrete. 
Ich  halte  darfiir,  dass  er  diese  officia  ex  impulsu  aulae  und  auch  Neo- 
burgicorum  gethan.  Bald  darauf  hat  denn  auch  Schwerin  ganz  in  diesem 
Sinne  von  des  Kurfürsten  Plänen  bezüglich  Polens  gesprochen.  Ebenso  Giese 
und  Stratman '). 

P.  S.  |:  Ich  vermerke,  dass  man  von  allen  Orten  sehr  daran  arbeite, 
dass  man  diesen  Churfürsten  zur  Neutralität  in  re  belgica  bringe:  Alle 
die  andere  Churfürsten  scheinen  dieser  Intention  zu  sein.  Der  König 
in  Frankreich  verspricht  hier  aureos  montes.  Etliche  dieser  ministrorum, 
welche  ohne  das  darzu  incliniren,  möchten  völlig  gewonnen  werden. 
Nun  kommt  das  neuburgische  Werk,  welches  dem  Churfürsten  angelegen, 
wie  E.  K.  M.  wissen,  darzu.  Wann  der  König  in  Frankreich  verspricht 
des  Herzogs  Promotion  zu  secundiren  gegen  der  Neutralität,  so  er  von 
diesem  Churfürsten  begehrt,  wird  es  eine  grosse  Tentation  sein.  Die 
Neuburgischen  werden  sich  auch  auf  alle  Weis  bemühen  den  Chur- 
fürsten darzu  zu  disponiren.  Der  Herzog  ist  in  dieser  seiner  Intention  also 
verpicht,  dass  er  alle  Mittel  uud  Wege  darzu  versuchen  wird.  Ich  habe 
wahrgenommen,  dass  der  von  Schwerin  darfür  halte,  dass  es  sich  thuen 
lasse,  dass  E.  K.  M.  mit  dem  König  in  Frankreich  zur  Promotion 
des  Herzogs  concurriren;  also  seie  es  mit  der  Wahl  des  jetzigen  Königs 
und  öfter  geschehen  und  endlichen  besser  einigen,  als  kein  Theil  darbei 
zu  haben;  dann  sonsten  da  bei  gegenwärtigen  Zustand  in  Polen  der 
König  käme  zu  abdiciren,  werden  entweder  die  Franzosen  mit  ihren 
Dessein  aufkommen,  oder,  wann  sie  es  nicht  erhalten  könnten,  den 
Herzog  promoviren  und  den  Dank  allein  darzu  verdienen  und  in  quem- 
cumque  casum,  wann  einiger  Krieg  occasione  electionis  entstehen  wollte, 
würden  E.  K.  M.  darin  mit  implicirt  und  von  dem  niederländischen 
Secours  divertirt  werden.  Ob's  dann  nicht  besser  von  da  in  Zeiten  sich 
freie  Hand  zu  machen. 

Es  würde  meines  Erachtens  gut  sein,  wann  man  spanischer  Seiten 
die  Tractaten  mit  diesem  Churfürsten  beschleunigte,  dann  die  Ver- 
zögerung gibt  der  anderen  Partei  Gelegenheit  denselben  darvon  zu  di- 
vertiren  und  auf  andere  Gedanken  zu  bringen.  Ich  kann  mir  wohl  ein- 
bilden, dass  man's  lieber  bis  gegen  den  Frühling  würde  lassen  anstehen, 
sonderlich  quoad  subsidia;  es  ist  aber  die  Frage,  ob  der  Churfürst  bis 
dahin  darauf  warten  wird  :|. 


1)    Vergl.  Urk.  u.  Act.  IL  488;  Puf.  1.  c.  X.  51. 


Polnische  Wahlfrage.     Französisch-brandenburgische  Beziehunfren.  351 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  7.  November  1667.   (Or.) 

[Schwerin's  Klagen  über  Spaniens  und  des  Kaisers  Vorgehen.  Unterredung  des  Goess 
mit  Giese  über  die  französisch-brandenburgischen  Beziehungen.  Urtheil  des  Goess 
über  die  Lage.  Verhandlungen  mit  dem  Kurfürsten.  Erklärungen  Giese's  und  Strat- 
man's.     Neue  Verhandlungen   mit   dem  Kurfürsten  und  Schwerin.     Urtheil  des  Goess 

über  die  Lage.] 

Schwerin  theilt  dem  Goess  im  Auftrage  des  Kurfürsten  mit,  wie  bitter  es  dieser  7.  Nov. 
empfinde,  dass  Spanien  jetzt  den  Abschluss  des  Vertrages  so  sehr  verzögere, 
während  Frankreich  grosse  Versprechungen  mache,  wenn  der  Churfürst  nur 
neutral  bleiben  wolle.  Cnd  ebenso  lebhaft  empfinde  der  Kurfürst  das  zögernde 
Benehmen  des  Kaisers  in  der  polnischen  Sache,  welche  so  wichtig  ist,  dass 
der  Kurfürst  wissen  müsse,  Avohin  die  Absichten  des  Kaisers  gerichtet  sind. 
Goess  spricht  auch  mit  Giese  über  diese  Verhältnisse,  welcher  betheuert,  dass  mit 
Frankreich  von  Seite  dieses  Kurfürsten  noch  nichts  abgemacht  sei;  man  wolle  viel- 
mehr abwarten,  wie  sich  der  Kaiser  entscheiden  wird.  Ich  habe  aus  allem  was 
ich  aus  unterschiedlichen  Discursen  vernehmen  können,  so  viel  gemerkt, 
dass  der  Vorschlag  dieser  ist:  Frankreich  habe  eine  so  starke  Faction  in 
Polen,  dass  ohne  der  Zuthun  nit  wohl  zur  Krön  für  den  Herzog  von 
Neu  bürg  zu  gelangen;  herentgegen  habe  Frankreich  auch  das  niedcrläu- 
disehe  Werk  so  sehr  a  core,  dass  der  König  theils  wegen  dessen  und 
theils  wegen  der  bei  des  Conde  Promotion  erscheinender  Difficultäten '), 
endlichen  den  Herzog  von  Xeuburg  zu  dieser  Krön  helfen  möchte.  Und 
wäre,  wie  man  hier  vermeint,  es  darum  anzunehmen,  auch  supposita 
neutralitate,  welche  darfür  von  französischer  Seiten  begehrt  wird,  weiln 
dieselbe  weiter  nit  geht,  als  durante  mediatione  und  wann  darbei  die 
Billichkeit  wollte  ausgeschlagen  werden,  man  ein  Wegs  als  den  andern 
freie  Hand  behielte  und  sich  unterdessen  in  guter  Postur  stellen  künnte. 
Und  damit  der  Verzögerung,  so  Frankreich  hierbei  suchen  möchte,  vor- 
gekommen werde,  solle  zu  der  Election  ein  so  kurzer  Termin  angesetzt 
werden,  dass  man  bei  künftiger  Campagne,  si  Gallia  falleret,  nichts  ver- 
säumete,  sondern  um  so  viel  mehr  Ursach  hätte,  sich  des  niederländi- 
schen Werks  mit  allem  Ernst  anzunehmen.  .  .  .  Ich  habe  nun  hierwider 
viel  considerationes  repräseutirt,  sonderlich  dass,  nachdem  man  neuburgi- 
scher  Seiten  bekenne,  dass  man  ganz  frischer  Dingen  in  matrimonio 
principissae,  quod  ad  eandem  spectat  materiam.  eludirt  worden^),  mau 
keine  Ursach  habe  sich  abermalen  zu  prostituiren  und  zwar  um  so  viel 
weniger,  weiln  es  ganz  notorium,  dass  Frankreich  des  von  Conde  Pro- 
motion gegenwärtig  stärker  treibe,    als  nie  vor  diesem,    sie   auch  inter 


')     Vergl.  Krebs  1.  c.  172 f. 
-)     Mem.  de  Pomponne  II.  452. 


352      IV.  Erste  Mission  des  Freilierrii  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1668. 

has  turbas  a  Tartaris  et  calamitaten  regüi  und  dann  per  accessionem 
multorum  ad  illorum  partes,  welches  sie  selbsten  gestehen  müssen, 
nähender  darbei,  als  nie  vor  diesem.  Ich  vernimm,  dass  der  Churfürst 
selb.sten  zu  dem  Giesen  gesagt,  dass  sie  abermalen  werden  betrogen 
werden.  Gegen  mich,  als  ich  gestern  mit  P.  Ch.  D.  daraus  geredt,  seind 
sie  nit  so  weit  herausgangen;  wohl  aber  man  könne  ihnen,  den  Fran- 
zosen, die  volle  Mass  geben;  man  verliere  nichts  darbei;  man  werde 
nacher  nur  destomehr  Ursach  und  Praetext  haben,  sich  ihnen  in  Nieder- 
land zu  widersetzen.  Den  Giesen  habe  ich  pluribus  vorgestellt,  dass 
weilu  er  vermeint,  dass  allein  der  ein2;efalleue  Tod  der  Königin  und 
nova  spes  alicuius  matrimonii  mit  dem  König  (welche  nun  abermalen 
ganz  geschwunden)  den  guten  Success  seiner  Negociation  verhindert,  es 
möchte  das  beste  sein,  dass  er's  reassumirte,  wo  er's  gelassen  und  dass 
bis  dahin  diese  ihre  obhabende  negociationes,  welche  nichts  guts  und 
viel  übles  verursachen  könnten,  plane  bei  Seit  gesetzt  würden.  Er  hat 
gegen  mich  und  wie  ich  bericht  werde,  auch  gegen  andere  gezeigt,  dass 
er  meiner  Meinung  wäre.  Er  ist  den  3.  dieses  von  hier  nach  Düssel- 
dorf abgereist,  mit  der  Hoffnung,  dass  wann  der  Herzog,  sein  Herr,  seine 
Relation  werde  angehört  haben ,  er  die  Meinung  verändern  werde. 
Ebenso  spricht  Stratman.  Ich  habe  nit  unterlassen  fleissig  sowohl  bei  dem 
Churfürsten  als  bei  dem  Baron  von  Schwerin  zu  sondiren,  was  die  eigent- 
liche Intention  bei  diesen  nun  obhandenen  Negociationen  wäre.  I.Ch.  D.  zei- 
geten  sich  gestern  ziemlich  impatient  über  der  Spanier  Verzögerung  und 
Verweisung  von  einem  Ort  zum  andern.  Als  ich  deroselbeu  insinuirete, 
dass  allein  der  Rumor  der  in  Vorschlag  kommender  Neutralität  alle 
andere  Tractaten  in  Stecken  bringen  würde,  haben  sie  mir  geantwort, 
es  geschehe  ohne  das  nichts  darin  als  Verweisungen  von  Herode  zum 
Pilato.  .  .  .  Der  Baron  von  Schwerin  sagte  mir,  wann  nur  das  Geld  von 
spanischer  Seiten  und  von  E''.  K.  M.  Seiten  die  Erklärung  für  dem  Herzog 
von  Neuburg  herauskäme,  würde  man  von  des  Churfürsten  Seiten  alle 
diese  Tractaten  fahren  lassen.  Ich  mache  mir  auch  die  Gedanken,  dass 
es  wohl  also  sein  und  auch  vielleicht  meistens  darauf  angesehen  sein 
möchte ;  obwohl  auch  nit  zu  rathen,  dass,  ehe  man  gnugsam  nit  allein 
wegen  der  Assistenz  so  zu  leisten,  sondern  auch  super  scopo  et  fine  foe- 
deris versichert  und  verglichen,  man  zum  Seckel  greife.  ...  Der  D'Aubry, 
wie  der  Millet  hier  vorgibt,  ist  wegen  des  Buchs,  so  er  hat  ausgehen 
lassen,  „Des  justes  pretentions  du  Roy  sur  l'Empire"  in  der  Bastille  kom- 
men und  periclitire  er  de  capite,  quod  ego  non  credam  nisi  suspenso:  halte 


Klagen  der  Biamleiiburg;er  ülter  dos  Kaisers  Verhalten.    Hammerstein  iu  AVien.      353 

es  für  ein  lauter  Spieglfechteii  iiml  dass  ihme  praemia  et  pro  libro  et 
pro  carcere  versprocheu  worden');  sonsteii  miisste  man  viel  andere  fran- 
zösische autores  ausgraben  und  wie  mit  dem  Crom  well  geschehen,  nach 
ihrem  Tod  aufhenken. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  9,  November  1667.  (Coiic.) 

[Der  Kaiser  fordert  von  Ilammerstein  Uebermittelung  des  Allianzprojectes  zur  Sicherung 
des  burgundischen  Kreises.] 

Der  vor  3  Tagen  angekommene  In-aunscliweigische  Abgeordnete  Hammer-  9-  Nov. 
stein  hat  eine  Liga  zur  Unterstützung  des  burgundischen  Kreises  und  gegen 
Frankreich  in  Vorschlag  gebracht.  Seine  Herren,  die  Herzoge  von  Celle  und 
Osnabrück,  wollen  10—12000  Mann  stellen,  wenn  ihnen  eine  entsprechende 
Geldunterstützung,  soviel  als  Brandenburg,  zugestanden  werde-).  Da  nun  die 
Verhandlungen  mit  Brandenburg  nicht  so  weit  gediehen  sind,  hat  der  Kaiser 
von  Hammerstein  ein  Project  der  beabsichtigten  Allianz  gefordert  und  durch 
den  hiesigen  spanischen  Botschafter^)  Castel-Rodrigo  davon  in  Kenntnis  setzen 
lassen,  damit  auch  er  nicht  säume.  Audi  hat  Leopold  dem  Johann  Kram- 
prich  befohlen  seine  Reise  nach  dem  Haag  zu  beschleunigen^),  um  zu  er- 
fahren, was  man  an  Geldsubsidien  von  den  Staaten  zu  erwarten  habe. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  November  1667.  (Or.) 

[Bliimenthal  geht  nach  Wien.     Kinsky.     Klagen  Schwerins.     Verhandlungen   am  kur- 
fürstlichen Hofe.     Absendung  einer  Gesandtschaft  nach  Polen.] 

Nachdem  Goess  unter  dem  14.  die  Abreise  Blumenthals  nach  Wien  gemeldet  21.  Xov. 
und  mitgetheilt  hat,  dass  Graf  Kinsky^)  auf  der  Reise  nach  Düsseldorf  aus  Polen 
in  Berlin  sich  aufgehalten,  ohne  aber  nennenswerthe  Verhandlungen  geführt  zu 
haben,  berichtet  er  am  21.:  Der  Baron  von  Schwerin  ist  vorgestern  Nach- 
mittag zu  mir  kommen  und  hat  mir  proponirt;  1'^.  dass  I"".  Ch.  D.  sehr 
fremd  fürkommen,  dass  ein  foedus  zwischen  E"".  K.  AL,  dem  König  in 
Hispanien  und  dem  König  in  Schweden,  wie  sie  dessen  gewisse  Nach- 
richt hätten,  getrott'en  worden,  darvon  deroselben  die  geringste  Commu- 
nication  nit  geschehen;  ...  2".  dass  der  von  Basserode  nach  Wien  solle 


')  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  34;  Urk.  u.  Act.  11.  468f. 

')  Ueber  Hammersteins  Verhandlungen   in  Wien  Köcher  1.  c.  I.  5.58 f. 

^)  Malagoa. 

■•)  Friquot  war  bereits  im  August  16G7  gestoriien:  Kramprich  wurde  sein  Nach- 
folger. 

^)  Kinsky  war  Vertreter  des  I\aisers  in  Polen  gewesen. 

Mater,   z.   Cescti.   (1.  <i.   Kiirfiirsteii.     XIV.  23 


354  IV.  Erste  Mission  des  Freiherrn  Joliann  von  Goess.     Jan.  Ißß5  —  Mai  1668- 

berichtet  haben,  als  pro])onireten  I.  Ch.  D.  ein  foedus  unter  den  Pro- 
testanten, dardurch  diesell)e  hin  und  her  odieux  geraachet  würden;  .  .  . 
S'*.  dass  dieser  Churfürst  intcntionirt  wäre  nach  Brüssel  und  Frankreich 
zu  schicken,  den  Frieden  nit  allein  in  communi  mit  den  andern,  son- 
dern auch  in  particulari  bestermassen  7ai  beförderen.  Goess  denkt  an 
diesem  Tage  noch  mit  dem  Kurfürsten  zu  sprechen.  Diesmalen  hal^e  ich 
allein  erinneren  sollen,  dass  eben  vorgestern  eine  Conferenz  gewesen 
zwischen  dem  Millet,  dem  von  Schwerin,  Somnitz  und  Jena  und  dem 
neuburgischen  Residenten  Stratraan;  dass  diese  Abschickung  nach  Frank- 
reich diese  Negociation  betrifft,  von  der  ich  unterthänigst  bericht;  nem- 
lich,  dass  Frankreich  dem  Herzog  von  Neuburg  zur  polnischen  Krön 
verhelfen,  der  Herzog  und  dieser  Churfürst  herentgegen  sich  neutral  er- 
klären sollen,  welche  Neutralität  diese  weiter  nit  extendiren,  als  wann 
der  König  in  Frankreich  aequam  pacem  nit  ausschlagen  solle').  Ich 
habe  gesucht  und  werde  heut  mich  noch  ferner  bearbeiten,  dass  diese 
Abschickung  differirt  werde.  Ich  sehe  aber,  dass  man  dieselbe  beschleu- 
nigen wollte.  Der  Oberster  Stallmeister  PöUnitz  und  der  Secretarius 
Meinders,  wie  ich  vernimm,  —  darvon  mir  docli  der  von  Schwerin  nichts 
gemeldt  —  seind  diejenige,  so  zu  dieser  Abschickung  gebrauciit  sollen 
werden '). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  23.  November  1667. 

(Conc.) 

[Bemühungen    des    Kaisers    bei    Spanien.     Poluisciie   Wahlfrage.   '  Sächsiscii-branden- 

burgisches  Bündnis.] 

23.  Nov.  Der  Kaiser   sucht    sowohl    durch   den    spanischen  Gesandten  in  Wien,    als 

auch  durch  seinen  Vertreter  am  spanischen  Hofe,  Grafen  Poetting,  Spanien  zum 
Abschlüsse  des  Vertrages  mit  Brandenburg  zu  vermögen.  Bezüglich  der  polnischen 
Angelegenheit  soll  Goess  nicht  verhandeln ;  der  Kaiser  wird  sehen,  was  Blumen- 
thal in  dieser  Sache  für  Vorträge  halten  wird.  Dagegen  soll  Goess  sich  Mülie 
geben,  dass  die  Allianz  Brandenburgs  mit  Sachsen  zu  Stande  komme. 


')     Für  Brandenburgs  Haltung  in  dieser  Zeit  Puf.  1.  c.   X.  4If. 
-)     Vergl.  Mignet  1.  e.  II.  295. 


Verhandliuigen  am  kuifürstliclien  Hofe.    Friedr.  Wilh.'s  Urtheil  über  Fraiikveich.      355 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  November  1667.  (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über   die  von  letzterem  vorgebrachten 

Klagen.     Aeusserungeu  des  Kurfürsten  über  Frankreich  und  seine  —  des  Kurfürsten  — 

Rüstungen.     Characteristik    des   Pölinitz    und    des   Meinders.     Blaspeils  Vorgehen   in 

Brüssel.     Unzufriedenheit  mit  ihm.] 

Die  Nachricht  von  einem  Vertrage  zwischen  Oesterreich ,  Spanien  und  25.  Nov. 
Schweden  rührt,  wie  Goess  erfahren,  von  Blaspeil  her.  Goess  betont  dem  Kur- 
fürsten gegenüber,  da.s.s  mir  nit  bewusst,  dass  es  mit  des  Basserode  Tractat 
anders  beschaffen,  als  ich"s  gesagt.  Der  Churfürst  hat  mir  zwar  gesagt, 
dass  er  sicherlich  wüsste,  dass  ein  ander  Tractat  vorhanden;  wann  ich 
aber  solle  die  Wahrheit  sagen,  so  gedünkt  mich,  dass  sie's  Anfangs 
wohl  ein  wenig  mögen  apprehendirt  haben,  aber  re  bene  examinata  nir 
recht  glaubt. 

Die  zweite  Klage,  als  hätte  Basserode  nach  Wien  geschrieben,  dass  von 
Seite  Brandenburgs  eine  Liga  der  Protestanten  geplant  werde,  hat  keinen  Grund, 
wie  man  auch  hier  eingesehen  hat;  was  Basserode  gemeldet,  rührte  von  Crockow, 
Brandenburgs  Vertreter  her  und  bezog  sich  auf  allgemeine  Gespräche.  Bezüg- 
lich des  dritten  Punktes ,  der  Sendung  nach  Frankreich,  sucht  Goess  Schwerin 
und  den  Kurfürsten  zu  dehortiren.  Der  Kurfürst  antwortet,  als  wäre  die- 
selbe nur  allein  zur  Mediation  angesehen,  bis  ich  endlichen  deroselben 
gesagt,  dass  gleichsam  mit  Fleiss  von  andern  divulgirt  würde,  dass 
dieselbe  auf  das  polnische  Werk  und  bedingender  Neutralität  angesehen, 
dardurch  der  Welt  zu  persuadireu,  dass  S.  Ch.  D.  völlig  auf  die  franzö- 
sische Party  getreten.  Goess  sucht  mit  vielen  Gründen  dem  Kurfürsten  die 
schlechten  Pläne  Frankreichs  vor  Augen  zu  führen.  Der  Churfürst  hat  dan- 
noch,  nach  vielen  Remonstrationen,  selbsten  gestanden,  dass  er  glaube,  dass 
die  Franzosen  betrügen;  so  hat  er's  auch  seithero  zu  dem  Meinders  gesagt 
und  er  mir  referirt;  sie  w'ürden  aber  nichts  darbei  gewinnen:  er  schicke 
darum  alsüfort  hinein,  schleunig  auf  dem  rechten  Grund  zu  kommen  und 
vor  der  Campagne  in  claris  zu  versiren.  Unterdessen  würde  man  die 
Zeit  dannoch  nit  verlieren;  er  sei  all  etw^as  stärker  armirt,  als  nit  alle 
wissen;  getraue  sich  auch  mit  dem  übrigen  in  kurze  Zeit  aufzukommen. 
Seine  Gedanken  und  Absehen  seind  allzeit  auf  Widerbringung  des  Frie- 
dens gericht  gewesen  und  gehe  die  Neutralität  von  der  getractirt  werde, 
weiter  nit,  als  wann  Frankreich  billiche  conditiones  nit  ausschlage,  man 
könne  ihnen  die  volle  Mass  geben.  .  .  . 

Als  darauf  Goess  die  schädlichen  Folgen,  die  daraus  entstehen  könnten, 
dem  Kurfürsten  vorhält,  ist  er  mit  Impatienz  ausbrochen  und  gesagt: 
thun   doch    ohne    das    die  Spanier   nichts   und    bei    Enron  Hof   geschieht 

23* 


356      '^'-    V.ysta  Mission  des  Freilienn  Johann   von   Goess.     Jan.  Ififj')  —  Mai    IGGS. 

ebenso  wenig.  Als  ich  aber  darauf'  re[)licirt,  was  zur  Sach  (lionlich  gewesen, 
die  Abgelegenheit  der  Niederlanden  von  Spanien  hätte  die  \  erweilung 
verursacht;  im  übrigen  hätte  können  ein  Termin  angesetzt  werden, 
in  welchem  das  Geld  zu  erlegen;  wann  nacher  nit  zugehalten  wäre 
worden,  wäre  noch  Zeit  gewesen  auf  andere  consilia  zu  gedenken  etc.; 
haben  I.  Ch.  D.  und  ebenso  wohl  hernacher  der  Baron  von  Schwerin 
zu  verstehen  gegeben,  dass  diese  Negociation  die  andere  mit  Spa- 
nien nit  hinderte.  Ich  insinuirete,  ob  sie  dann  wohl  vermeineten, 
dass  Spanien  S^  Ch.  D.  ein  gross  Geld  geben  sollte,  damit  dieselbe  dar- 
be! in  Neutralität  verblieben.  Man  gäbe  zu  verstehen,  wann  S.  Ch.  D. 
das  Geld  annehmen,  würden  sie  aufrecht  und  redlich  halten,  was  sie 
darbei  versprochen.  Wann  ich  im  niederländischen  AVerk  mit  einiger 
beständigen  Replic  dem  Churfürsten  begegnete,  käme  er  auf  das  puluische 
und  vice  versa  auf  das  niederländische,  antwortete  mir  meistens  mit 
Gegenklagen  sowohl  in  einem  als  in  anderen.  ...  I.  Ch.  D.  wollten  nit 
gestehen,  dass  sie  von  ihren  vorigen  consiliis,  welche  auf  den  Frieden 
gericht  und  auf  dem  Krieg  nit  änderst,  als  wann  raisonable  conditiones 
wollten  ausgeschlagen  werden,  abgiengen,  sondern  versicherten  wieder- 
holter Dingen,  dass  sie  darbei  verharren  wollten;  ich  soll's  auch  E''.  K.  M. 
also  referiren.     Aehnlich  spricht  auch  Schwerin. 

Diese  Abschickung  nach  Frankreich,  was  ich  auch  darwider  sagen 
mögen,  bleibt  einen  Weg,  als  den  andern,  festgestellt  und  sollen  die 
Abgesandte,  als  der  Pöllnitz  und  der  Meiiiders,  die  künftige  Wochen  fort- 
gehen. Pöllnitz  wird  lür  ganz  französisch  gehalten,  ist  in  Frankieich  in 
des  Vicomte  de  Turenne  Haus  erzogen  und  des  Millet  grösster  Confi- 
dent;  möchte  auch  sein,  dass  er  aus  Hoffnung  hierbei  gebraucht  zu  wer- 
den und  grosse  Avantage  darbei  zu  haben,  bei  dem  Churfürsten,  bei 
welchem  er,  obzwar  er  unter  den  ministris  nit  gerechnet  wird,  viel  ver- 
mag, diese  Resolution  mit  poussirt.  Der  Meinders  ist  ein  grosser  Confi- 
dent  bei  dem  Churfürsten  und  haltet  sich  ausser  den  Factionen,  werd 
sehr  in  den  wichtigsten  expeditionibus  gebraucht  und  vermag  viel.  .  .  . 
Ich  habe  ihn  sonsten  von  guter  Intention  für  E.  K.  M.  befunden.  .  .  . 
Die  beiden  uelimen  ihren  Weg  iil)er  Diisseidorf,  um  dort  mit  dem  Herzoge  von 
Neuburg  zu  sprechen;   es  bleibt  abzuwarten,  was  dieser  sagen  wird. 

Ich  hal)e  nie  änderst  verspüren  können,  als  dass  bis  dato  der 
Churfürst  von  diesen  Handlungen  mit  den  Franzosen  sehr  alienus  ge- 
wesen; hat  in  dem  Herzog  zum  oftern  getadelt,  dass  derselbe  sich  an 
Frankreich  all  zu  viel   hielte.     Als  ihm   auch    diesmalen    das   Werk  für- 


I 


Klagen  Fr.  Wilh.'s  über  den  Kaiser.    Püllnitz  u.  Meind^rs.    Mistraueu  Fr.  Wilh.'s.      357 

gebracht  worden,  hat  er  anfang.s  nichts  darvon  hören  wollen,  es  für  einen 
Betrug  gehalten  nnd  noch:  ist  also  zu  verwundern,  dass  er  sich  nun  so 
weit  darin  eingelassen;  es  scheint  fast,  .  .  .  dass  die  Impatienz  und  Empfind- 
lichkeit, so  er  gehallt,  dass  er  weder  bei  uns  im  polnischen,  noch  bei 
Spanien  im  niederländischen  AVerk  fortkommen  können,  viel  darbei  ge- 
than.  j\Iau  hat  ihme  fast  nit  benehmen  können,  dass  E.  K.  M.  nit 
sncheten  mehr  andere  zum  niederländischen  Securs  zu  impegniren,  als 
Selbsten  ernstlich  darzu  zu  thun,  unangesehen  ich  ihme  wiederholter 
Dingen  contestirt,  dass  E.  K.  M.  ihme  nie  zumuthen  würde,  einen  Schritt 
dahin  zu  thun,  es  seie  dann,  dass  sie  mit,  oder  auch  voran  giengen.  Als 
S''.  Ch.  D.  referirt  worden,  dass  ich  mich  dessen  beklagete,  sollen  sie 
geantwortet  haben:  Ich  wäre  ein  guter  Mann,  meinetc  es  gut,  sagte 
daher,  was  mir  befohlen  würde.  Im  übrigen  vertraute  man  mir  nicht, 
was  die  Maximen  und  consilia  zu  Wien  wären.  Ich  wäre  ein  halber 
Spanier  mit  und  triebe  das  niederländische  Werk  mit  grossen  Eifer,  zu 
AVien  aber  wären  andere  Gedanken  und  sähe  man  nicht,  dass  mau  sich 
um  den  niederländischen  Succurs  recht  annähme;  daraus  E.  K.  M.  erst- 
lich zu  ersehen,  dass  meine  Simplicität  deroselben  schädlich  und  zu 
dero  kaiserlichem  Dienste  fürträglicher  sein  würde,  wann  sie  bei  diesem 
Ht>f  eines  ministri  von  besseren  Credit  und  Opinion  gebraucheten  und 
dann,  wie  tief  der  gefasste  Wahn  und  Verdacht,  von  dem  ich  E^  K.  M. 
zum  öftern  geschrieben,  bei  diesem  Churfürsten  eingewurzelt.  Ich  kann 
doch  nit  sagen,  dass  I.  Ch.  D.  bis  noch  eine  böse,  oder  E^  K.  M.  und 
dero  Diensten  widrige  Intention  bei  diesem  Werk  führen  sollen:  ob- 
wohln  sehr  zu  befahren,  dass  sie  nit  nach  und  nach  tiefer  hineinge- 
rathen.  Die  Sach  ist  ihr  plausibiliter  proponirt  worden,  allermassen 
Gomont ')  zu  Düsseldorf  auf  des  Herzogs  Instanzen  Apertur  darvon 
gethan  und  der  Millet  dahie  des  Königs  Ordre  und  Instruction  darüber 
vorgewiesen,  doch  darbei  sich  ferner  nit  eingelassen,  sondern  immer  be- 
gehrt, man  möchte  nach  Paris  schicken.  Das  polnische  AVerk  ist  dero- 
selben trefflich  angelegen;  sie  mögen  etwa  verhoft'en,  dass  durch  diesen 
Weg  sie  am  nächsten  sich  von  dieser  Sorg  befreiet  und  den  Herzog  zur 
polnischen  Krön  promovirt  sehen  möchten.  Sie  supponiren,  dass  des 
Königs  Abdication  und  die  vota  der  französischen  Faction  Zugethanen 
in  des  Königs  in  Frankreich  Hand  und  Willen  stehen,  dass  die  übrige 
Polen,    so    des  Elends    müd,    den  Herzog  gern  annehmen    werden,    dass 


')     Franzö.sischer  Gesandte   am  Kölner  Hofe;    vergl.   für    seine  Thütigkeit  Ennen 
1.  0.  I.  186 f.;  Kücher  1.  c.  I.  öaiff. 


358  IV.    Erste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1605 — Mai  1668. 

E.  K.  j\I.  in  .solchem  Fall  nit  darwider  sein  werden  wollen,  oder 
auch,  dass  man  in  solchem  Fall  ohne  deroselben  fortkommen  könne  und 
wann  dann  von  französischer  Seiten  ein  Betrug  darunter  stecke,  wie  sie 
es  besorgen,  so  vermeinen  sie  ihm  vorzukommen  mit  dem,  dass  sie  also- 
bald  nach  Frankreich  schicken  und  sich  ohne  Zeitverlioren  eclairciren; 
dass  in  allem  Fall  sie  bei  künftiger  Campagne  noch  a  tempo  kommen 
werden,  um  sich  den  französischen  Diseignen  um  so  viel  resoluter  zu 
opponiren,  je  mehr  sie\s  nach  verspürten  Iktrug  Ursach  haben  wer- 
den; sie  mögen  auch  glauben,  dass  E.  K.  M.  und  Spanien  allezeit  parat 
sein  werden  die  Tractaten  mit  deroselben  wiederum  zu  reassumiren, 
auch  unangesehen  der  Schickung  nach  Frankreich  ein  Weg  als  den 
andern  nach  gestalten  Dingen  fortzusetzen.  Die  Neutralität  belangend, 
darzu  sie  sich  zu  obligireu,  wann  sie  einmal  mit  der  Wahl  in  Polen 
richtig,  würden  sie  sich  apparentlich  nit  viel  darvou  abhalten  lassen, 
zumalen  ihr  eigenes  Interesse  gar  nit  zulasst,  dass  der  König  in  Frank- 
reich grössere  Progressen  in  Niederlaud  thun  solle  und  möchten  eben 
diese  auch  wohl  die  Gedanken  des  Herzogs  von  Neuburg  sein.  Ich 
förchte  aber,  man  flattire  sich  mit  all  zu  guter  Hoffnung;  sie  haben 
vielmehr  zu  besorgen,  dass  der  König  in  Frankreich  sie  eludiren,  prae- 
senta  commoda,  so  ihme  aus  dieser  Negociation  entstehen,  a  bon  conto 
annehmen  und  hernacher  in  Polen  thuen  werd,  was  die  Zeiten  und 
Coniunctureu,  auch  sein  Interesse,  an  die  Hand  geben  werden;  und  wann 
er  auch  dieses  Scandal  der  Welt  nit  geben  und  seine  parola  wegen  der 
polnischen  Krön,  wie  sies  hoffen,  halten  wollte,  so  werd  er  sich  nit 
allein  wegen  der  Neutralität  gnugsam  versicheren,  sondern  noch  vielmehr 
andere  Ding,  die  er  verlangen  möge,  als  die  Renovation  der  rheinischen 
Allianz  und  dergleichen  mehr  darzu  begehi'on  und  sich  von  seiner  Seiten 
mit  Praestirung  des  Versprochenen  keineswegs  übereilen;  massen  dann 
die  Schwächere  in  sothanen  Handelungen  mit  den  Mächtigen  gern  pflegen 
eiuzubüssen,  dessen  leider  man  im  Reich  all  zu  frische  exempla  hat. 
Ich  habe  Nachricht,  ob  man"s  zwar  gegen  mich  verbergt,  der  Mar- 
ques de  Castel-Rodrigo  mir  auch  nichts  geschrieben ,  dass  der  Plaspeil 
zu  Brüssel  ein  Provisioueltractat  mit  ihme  aufgericht;  soviel  ich  vernehmen 
kann,  ohne  praecise  Ordre,  oder  doch  ultra  limites  mandati').  Ich  höre, 
dass  man  dahic  iibel  darmit  zuiVieden,  nit  so  sehr  wegen  des  Tractats, 
den  man  sonsten  wohl  passiren  lasse,  sondern  wegen  der  obhandenen 
Negociation  mit  Frankreich,  indeme  man  besorgt,  wann  man"s  innen  wer- 


')     Vergl.  Puf.   1.  c.  X.  41. 


Blaspeil  in  Brüssel.      Semluug  brandeuburgischer  Räthe  nach   Frankreich.      359 

doii  solle,  der  Könii,^  in  Frankreich  von  dem  obhabenden  Tractat  nichts 
mehr  wissen  wollen  würde.  Gegen  mich  beklagt  man  sich  in  hoc  passu, 
die  Spanier  geben  magnifica  verba,  aber  kein  Geld  und  sagte  der  Chur- 
först,  es  wäre  nit  gnug,  dass  man  den  ersten  Termin  abführete,  es 
miisste  auch  wegen  der  künftigen  gnugsame  Versicherung  dar  sein. 
Ich  glaube  man  werde  an  dem  Marques  wiederum  schicken,  obwohl 
der  Blaspeil  darfür  gebeten,  im  Fall  I.  Ch.  D.  dasjenige,  was  er  tractirt, 
nit  ratiliciren  würden.  Er  hat  trefflichen  Eifer  und  guten  Intention  in 
diesem  Werk  bezeigt.  Mich  verdriesst,  dass  die  seine  Freund  sein  sollen, 
sich  seiner  nit  besser  annehmen.  Sonsten  haltet  man  dahie  für  gewiss, 
dass  wann  die  Spanier  dem  Churfürsten  100000  Ducaten  geben  können, 
sie  ihm  in  ihren  Werk  völlig  impegniren  würden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  December  1667.    (Or.) 

[Vergebliche  Versuche  des  Goess  die  Absendung  nach  Frankreich  zu  verhindern.    Des 
Kuifürsten   Aeusserungen.     Mittheilungen   Stratmans.      Pläne   der   Franzosen.     Wran- 
geis Unheil  über  der  Franzosen  Vorgehen.     Polnische  Wahlsache.] 

Goess  sucht  in  neuen  Unterredungen  die  Unterlassung,  oder  Avenigstens  2.  Dec. 
den  Aufschub  der  Sendung  nach  Frankreich  zu  erwirken;  allein  vergebens. 
Der  Churfürst  meldete  im  Discurs  etlichemalen,  es  würde  Fried  werden, 
insinuirend,  als  wüssten  sie  destwegen  etwas  mehr,  als  sie  nit  sagen 
wollten;  da  ich  aber  replicirete,  dass  dieser  Weg,  den  sie  nahmen,  nit 
der  rechte  wäre,  antworteten  sie;  ich  hätte  eben  dieses  gesagt  wegen 
der  Resolution,  die  sie  im  münsterischen  Werk  nahmen,  sich  mit  dem 
Holländer  auf  gewisse  Weis  und  Maass  zu  verbinden  und  wäre  dannoch 
Fried  worden.  Ich  replicirete,  dass  die  Experienz  es  gezeigt,  dass  da- 
malen  die  beste  Disposition  zum  Frieden  gewesen  wäre,  wann  S.  Ch.  I). 
sich  ausser  Party  und  beide  Kriegende  in  der  Sorg  gehalten,  dass  sie 
sich  wider  diejenige,  welche  die  Billichkeit  ausschlagen  thäte,  erklären 
würden;  dann  durch  dem,  dass  sie  die  Holländische  genommen,  welche 
ohne  das  die  stärkeste  wäre,  seind  dieselbe  so  hart  und  intractalsl  w'or- 
den,  dass  sie  gleichsam  die  conditiones  pacis  vorgeschrieben  und  alles 
nach  ihren  Sinn  und  Willen  emportiren  wollen;  welches  nun  in  prae- 
senti  casu  ...  in  alle  ^V'eg  zu  verhüten  und  vielmehr  daran  zu  sein, 
dass  eine  solche  Party  gemacht  würde,  weiche  der  König  in  Frankreich 
zu  consideriren,  von  seinen  allzu  grossen  Diseignen  abzulassen  und 
einen    billigen    Frieden    nit    auszuschlagen.  .  .  .     Der  Kurfürst  klagt   dann 


360     IV.    Erste  llission  des  Freiherm  Johann  von  Goess.     Jan.  16()5  — Mai  16G8. 

Aviederinn  über  das  langsame  Vorgehen  Spaniens  und  Oesterreiclis.  Wegen 
der  Abschickung  nach  Frankreich  habe  ich  unter  andern  gemelt,  das.s 
was  S.  Ch.  D.  hierin  thäten ,  allein  geschähe  contemplatione  ducis  iSeo- 
burgici,  dem  sie  zur  polnischen  Krön  verhelfen  wollten.  Nun  vernähme 
ich  von  dem  Stratman,  dass  der  Herzog  selbsten  diese  Abschickung  nit 
verlangete,  noch  gern  sähe,  derowegen  dann  dieselbe  um  soviel  domehr 
zu  unterlassen;  welches  ich  also  angezogen,  zu  vernehmen,  ob  dem  also, 
wie  der  Stratman  mir  gesagt.  Der  Churfürst  hat's  expresse  gestanden, 
dass  der  Herzog  noch  der  Stratman  diese  Abschickung  nit  verlangt.  . .  . 
Ich  habe  vorgeschlagen,  dass  vor  der  Abschickung  in  geheim  zwischen 
uns  die  Tractaten  könnten  geschlossen  werden;  solcher  gestalt  würden 
S.  Ch.  D.  gesichert  seien,  im  Fall  Frankreich  betröge,  wie  sie  es  selbsten 
fürchten.  Sie  antworteten,  bei  uns  wäre  das  secretum  woiil  darnach, 
dass  man  etwas  dergleichen  thun  könnte,  gaben  zu  verstehen,  dass  es 
Frankreich,  wie  alles  das  übrige,  gleich  innen  werden  würde.  Ich  repli- 
cirete,  die  Franzosen  rühmen  sich  oft  yax  wissen,  wo  nichts  daran  seie; 
also  wäre  es  mit  dem  Zinnischen  Froject  geschehen.  Der  Churfürst  ant- 
w'ortete,  der  Millet  hätte  ihme  von  Wort  zu  Wort  gesagt,  was  darin 
enthalten;  er  hätte  es  von  dem  Castrato  Bartholomeo,  welcher  bei  dem 
Churfürsten  zu  Sachsen  stets  im  Zimmer  und  alles  erfahren  kann, 
gehabt. 

Goess  räth.  sicli  mit  den  Iloliändern  womöglich  zu  einigen,  damit  diese 
nicht  allein,  zum  Nachtlieil  der  übrigen,  sich  mit  Frankreich  einigen. 

Ich  habe  seither  erfahren,  dass  die  Franzosen  bei  dieser  obhabender 
Negociation  mit  diesem  Churfürsten  nit  allein  auf  die  Neutralität,  son- 
dern auch  auf  Renovation  der  rheinischen  Allianz  gehen  und  hat  der 
Domdcchant  Groben '),  welcher  zu  den  Herzogen  von  Braunschweig  und 
den  Feldherru  Wrangel  geschickt  worden,  in  Befelch,  derer  Sentiraent 
hierüber  zu  vernehmen.  Ich  weiss  von  guter  Hand,  dass  es  dem 
Wrangel  sehr  übel  gefalle,  dass  er  die  Volubilität  dieses  Hofs  censurirt, 
welcher  die  Krön  Schweden  von  der  Prorogation  dieser  Allianz  dehortirt 
und  nijn  wegen  einer  artificieusen  Proposition  in  favorem  des  Herzogs 
von  Neuburg  sich  zur  Renovation  derselben  wolle  verleiten  lassen.  Er 
halt  das  ganze  Werk  für  ein  lauters  artificium,  diesen  Churfürsten  und 
andere  bei  künftiger  Campagne  aus  der  Sache  zu  halten  und  ihren  Des- 
sein  desto  besser  fortzusetzen.  Er  considerirt  den  Vorsatz  mit  der 
Armee,  so  der  Prinz  de  Condc  auf  die   Bein  bringt,  dahin,  dass  er  dar- 


')     Vergl.  Puf.  ].  c.  X.  4-J. 


Aeasseriingeu  Fr.  Wilb.  über  die  Sendung  nach  Frankreich.    Schwedens  Haltung.      361 

mit  und  mit  Macht  nach  Polen  durchbrcclion  wolle  und  könne;  welches 
von  einem  Capitalne  von  grosser  Reputation  und  den  dieser  Churfürst 
hoch  estimirt,  dahie  nit  geringes  Nachdenken  macht.  Der  schwedische 
Resident  sieht  dieses  Hofs  gegenwärtige  consilia  ungern  und  rathet  pro 
posse  darvon  ab.  —  Millet  setzet  schlechts  Vertrauen  7ai  ihm.  Nach 
den  Mittheilungen  Mayernbergs  sucht  Goess  den  kurfürstlichen  Ministern  klar 
zu  machen ,  dass  Frankreichs  Vorgehen  in  der  polnischen  Wahlsache  kein  auf- 
richtiges sei.  doch  gelingt  es  ihm  nicht. 


Der   Kaiser   an   Goess.     Dat.  Wien   2.  Decbr.  1667.    (Cone.) 

[Unrichtigkeit  der  Gerüchte  vom  Abschlüsse  einer  Österreich-schwedischen  Allianz. 
Verhinderung  der  Sendimg  kurfürstlicher  Gesandter  nach  Frankreich.  Allianzange- 
legenheit.] 
Dass  der  Kaiser  mit  Schweden  einen  Vertrag  abgeschlossen,  ist  nicht  wahr;  2.  Dec. 
der  Kaiser  wird  auch  ohne  Brandenburg  dies  nicht  thun.  Basserode  hat  nur 
von  einem  Gerüchte  über  ein  beabsichtigtes  Bündnis  der  Protestanten  ge- 
schrieben. Die  Sendung  nach  Frankreich  soll  Goess  womöglich  hintertreiben, 
was  ihm  um  so  leichter  fallen  werde,  weil,  wie  der  hiesige  spanische  Botschafter 
meldet,  der  Vertrag  zwischen  Blaspeil  und  dem  spanische  Gubernator  in  den  Me- 
derlanden  bereits  geschlossen  sein  soll.  Im  übrigen  soll  Goess,  da  Blumenthal  in 
der  Allianzsache  nichts  mitbringt,  in  Berlin  diese  Angelegenheit  betreiben  und 
auch  sehen,  dass  bei  der  bevorstehenden  Zusammenkunft  zwischen  Sachsen  und 
Brandenburg  diese  beiden  Kurfürsten  die  begonnenen  Tractate  zum  Abschlüsse 
brinfreu. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   12.  Deeember  1667.  (Or.) 

[Unzufriedenheit  des  Kurfürsten  mit  dem  spanischen  Vertrage.  Vorgänge  beim  Leichen- 
begängnisse der  Kurfürstin.  Verhandlungen  mit  Sachsen.  Haltung  der  Franzosen. 
Des  Czarensohnes  Candidatur.  Schwerins  Mittheilungen  über  die  niederländische  An- 
gelegenheit.] 
Man  hat  Goess  nichts  von  dem  x4bschlusse  des  Vertrages  zwischen  Blaspeil  12.  Dec. 
und  Castel-Rodrigo  gesagt,  bis  man  bemerkte,  dass  er  von  demselben  Kenntnis 
hatte.  Der  Berliner  Hof  ist  nicht  zufrieden  mit  dem  Vertrage,  als  nemlich, 
dass  die  capitulirende  Geldhilf  all  zu  gering  gegen  die  grosse  Unkosten, 
so  man  hierbei  anzuwenden  und  auch  gegen  die  Gefahr,  so  man  darbei 
anzutreten  und  würde  sonderlich  geandet,  j:  dass  Spanien  mit  2 monat- 
licher Vorabkündigung  jedesmal  a  foedere  recediren  kiinute:|;  die  Haupt- 
raisou  aber  ist  ohne  allem  Zweihd,  dass  man  sich  seithero  mit  Frank- 
reich so  weit  eingelassen  und  vor  geschehenen  Versuch,  wie  es  darmit 
aussehlagen  möge,  sich  die  Hand  nit  binden,  auch  Frankreich  hierdurch 
keine  Jalousie  geben   wolle.     Am  6.  Dec.  fand  das  Leiciieubegängnis  der  ver- 


362      I^  •  Erste  Mission  des  Freilierni  Joliann   vou  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1668. 

storbencn  Kurfürstiii  statt;  unter  den  zu  dieser  Feier  erschienenen  Personen, 
befindet  sieli  auch  der  Kurfürst  von  Sachsen  mit  Familie.  Es  wurde  stark 
getrunken.  Millets  Vetter,  der  etwas  deutsch  verstellt,  ist  während  der  ersten 
Malzeit  die  ganze  Zeit  hinter  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg  gestanden, 
zweifelsohne  anzuhören,  quid  vcritas  in  vino  proferret,  quod  non  latet  ambos 
electores.  —  Mit  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  verhandelt  Goess  und  drängt 
denselben  zur  Fortsetzung  der  Verhandlungen  mit  Brandenburg,  die  auch  that- 
sächlich  energisch  geführt  werden.  Es  Avird  ein  Project  eines  Bündnisses  auf- 
gesetzt, das  beiden  Kurfürsten  genehm  ist  und  dem  schwedischen  Residenten 
von  dem  Inhalte  desselben  Kenntnis  gegeben,  da  man  Schwedens  Eintritt 
wünscht.  Dem  Goess  wurde  das  Project  bisher  nicht  communicirt,  aus  Furcht 
vor  den  Franzosen;  doch  verspricht  Friesen,  der  Hauptvertreter  Sachsens,  dem 
kaiserlichen  Gesandten  die  Communicirung  des  Vertrages  an  den  Kaiser  durch- 
zusetzen. Die  französischen  Gesandten.  Millet  und  Chassan,  der  von  Dresden 
hieher  gekommen,  sind  mit  dem  Benehmen  der  beiden  Kurfürsten  nicht  ein- 
verstanden. Die  von  den  Franzosen  ausgestreute  Behauptung,  dass  der  Kaiser 
die  Candidatur  des  Czarensohnes  für  den  polnischen  Thron  begünstige  und  den- 
selben mit  einer  Erzherzogin  zu  verheirathen  denke,  erklärt  Goess  für  ein  leeres 
Gerede. 

Der  Baroii  von  Schwerin  in  Discurs,  den  ich  mit  ihm  von  wegen 
der  niederländischen  üinü;  gehalten,  hat  unter  andern  Raisons,  warum 
dieser  Churfiirst  sich  uit  leicht  in  diesem  Krieg  zu  impliciron,  auch 
dieses  gemelt.  dass  wie  die  Staaten  General  und  sonderlich  der  Pensio- 
narius  de  ^Vitt  sich  vor  diesem  in  diesem  Werk  ganz  eil'erig  erzeigt  und 
den  Churfürsten  und  andere  angefrischt;  also  führen  sie  ietzunder  ganz 
andere  consilia,  halten  andere  fast  ab  und  gehen  dahin,  dass  man  Spa- 
nien zum  Frieden  gleichsam  per  forza  zu  obligiren ');  zwar  hätten  sie  in 
diesem  partes  mediatoris  vertreten,  dass  wie  sie  dem  Don  Estevan  de 
Gamarra  zugemuth,  dass  Spanien  über  die  allbereit  conquerirte  Plätze 
noch  etwas  mehrers  dem  König  in  Frankreich  einzuräumen,  also  hätten 
sie  gedachten  König  die  Restitution  alles  dessen,  was  er  bei  diesem 
Krieg  occupirt,  hinwiderum  zugemuthet. 


Bescheid  für  Blumentlial.     Dat.  17.  December  1667.    (Copie.) 

[Was   dem  Blumentbal    auf    sein  mündliches  Anbringen   vom  14.  Dec.   bezüglich   des 
Bündnisses  pro    defensione  libertatum   regni  Poloniae   wider  mündbch  zu  antworten.] 
17.  Dec.  Der  Kaiser  dankt  dem  Kurfürsten  für  seine  Eröffnungen-). 

Soviel  nun  in  specie  die  Miteintretung  in  das  proponirte  foedus  be- 

')     Vergl.  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  öoff. :  Lefevie-Pontalis  I.e.  1.437  ff. 
'^)     üeber    Christoph   Caspar  Blumenthals  Sendung   nach  Wien  Puf.  I.  c.   X.  46: 
Drovscn  1.  c.  Hl.-..  217 f. 


Verhaiidl.  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  von  Sachsen.    Bescheid  für  Bhiinenthal.      363 

treffe,  hätten  I.  K.  M.  der  zuversichtliclieu  Holinung  gelebt,  der  Herr 
Churfiirst  ^viirde,  wo  nicht  vorhin,  doch  wenigvSt  bei  und  mit  diesem 
Vortrag  sich  über  den  ihro  von  Baron  von  Goess  bereits  vor  einem  halben 
Jahr  in  urgentissimo  motuum  belgicorum  negotio  proponirten  und  seithero 
eiferigst  getriebenen  foedere  schliesslich  vernehmen  lassen,  damit  solches 
ein  Fundament  solcher  verlangten  Miteintretung  hätte  sein  können:  Sie 
hätten  auch  um  so  viel  mehr  Ursach  I''.  Ch.  D.  cathegorische  Erklärung 
darüber  zu  erwarten,  je  grösser  die  Noth  sei  bei  jetzigem  Zustand  dem 
Niederland  eilfertig  zu  succurriren,  je  bessere  Hoffnung  ihro  aus  Schwe- 
den gemacht  werde,  dass  selbige  Krön  in  ein  solches  foedus  unverlangt 
sich  mit  einlassen  wird;  da  hingegen  man  in  Polen  um  der  Wahl 
willen  sich  einiger  Violenz  oder  Vergewaltung  nicht  zu  besorgen,  weilen 
die  Krön  Frankreich  von  selbsten  von  ihren  für  den  Prinzen  de  Condc 
angewendeten  officiis  abstehe;  und  zumalen  man  um  so  viel  weniger  mit 
der  Denomination  eines  promoveudi  fürzueilen,  weilen  die  Nachrichten  aus 
Polen  mitbringen,  dass  denen  zu  dem  in  nächstkünftigen  Januario  ausge- 
schriebeneu polnischen  Reichstag  verordneten  Landboten  mitgegeben,  dass 
sie  die  Abschaffung  vom  selbigen  Hof  des  französischen  Gesandtens  und 
hingegen  die  Admission  des  churbrandenburgischen  Gesandtens,  des  Frei- 
herrn von  Hoverbeck,  zur  königlichen  Audienz  absolute  urgiren  sollen. 
Wie  dann  auch  nicht  unzeitig  zu  befahren,  da  man  mit  der  Extension 
und  Einrichtung  des  für  den  Herzogen  zu  Neuburg  gemeinten  foederis  für- 
eilen und  solches  kundbar  werden  sollte,  die  polnische  Nobilität  selbst, 
sogar  auch  diejenigen,  so  vorhin  zu  einer  fürzeitigen  Wahl  eines  succes- 
soris  an  selbiger  Krön  bereit  und  begierig  gewesen,  —  als  welche  alle  das 
zwischen  der  Krön  Schweden  und  Churbrandenburg  pro  libertate  Poloniae 
entworfene  foedus  nicht  zum  besten  aufgenommen  —  noch  schwieriger 
darüber  werden  und  etwa  sich  an  den  Grossherzogen  in  der  Moscau  zu 
henken  Anlass  nehmen  möchten,  wann  sie  in  Erfahrung  bringen  sollten, 
dass  solches  foedus  noch  weiter  auf  I.  K.  M.  und  den  König  in  Frank- 
reich extendirt  werden  wollte;  gestalt  wissentlich,  dass  erwähnte  Nobili- 
tät und  sonderlich  die  Litthauische  zu  gedachtem  Grossherzogen  ohne  das 
geneigt  sei.  So  viel  sonsteu  des  Herrn  Herzogen  zu  Neuburg  Person  be- 
lange; derselbe  sei  zwar  P.  K.  M.  naher  und  lieber  Vetter;  sie  hätten 
aber  bisher  aus  dessen  actionibus  nicht  allerdings  zu  schliessen  gehabt, 
wessen  man  sich  auf  den  verlangten  Recommendationsfall  in  specie  gegen 
denselben  zu  versehen  hätte  und  hätten  I.  K.  M.  auch  desthalben  mehrere 
demonstrationes  zu  erwarten  Ursach.    Wann  nun  P.  Ch.  1).  des  Herzogen 


364      1^'-   Ei'ste  Mission  des  Freihcnti  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

dies  Orts  führende  inteiitiones  nicht  vorhero  in(li\i(Uialitei-  bekaiuit  waren, 
so  würde  nicht  undienlich  sein,  wann  sie  demselben  diese  P.  K.  M.  Ge- 
danken ehist  beibringen,  und  er,  Herr  Abgesandter,  derselben  von  diesen 
allen  parte  geben  und  inmittelst  bis  zu  einlangender  Antwort  sich  allhie 
aufhalten   thäte. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   19.  Deceniber  1667.   (Or.) 

[Brandenburg-sächsisches   AUianzproject.      Aufnahme    des   Kaisers    in    dasselbe.     Pol- 
nische Wahlsache.] 

li).  Dec.  Schwerin  tlieilt  dem  Goess  im  Auftrage  des  Kurfürsten  den  Inhalt  des  De- 

fensivbündnisprojectes  zur  Sicherung  beiderseits  Länder  und  Leute  zwischen 
Brandenburg  und  Sachsen  mit.  Vom  burgundischen  Kreise  habe  man  Sächsi- 
scherseits  keine  Meldung  darin  geschehen  lassen  wollen.  Schwerin  behauptet, 
dass  das  Project  noch  nicht  endgiltig  verfasst  worden,  weil  man  vorher  die 
Entscheidung  Schwedens  zu  kennen  wünsche.  Friesen  aber  hat  behauptet,  dass 
ein  solches  definitives  Project  bereits  abgefasst  worden;  dasselbe  behauptet  der 
schwedische  Resident  vom  Kurfürsten  vernommen  zu  haben.  Auch  ist  der  schwe- 
dische Resident  überhaupt  mit  dem  zurückhaltenden  Wesen  der  Brandenburger, 
die  offenbar  die  Verhandlungen  hinausschieben  wollen,  bis  man  Klarheit  über 
■  die  Verhandlungen  mit  Frankreich  hat'),  nicht  zufrieden.  Auf  die  Aufforderung, 
den  Kaiser  in  das  Defensivbündnis  zwischen  Brandenburg  und  Sachsen  aufzu- 
nehmen, gibt  Schwerin  ausweichende  Antworten. 

Im  polnischen  Werk  vermerke  ich,  dass  der  von  Hoverbeck  bessere 
Iloft'nung  hat,  dass  es  die  Franzosen  gut  und  recht  meinen.  Der  von 
Mayernberg  ist  ganz  anderer  Opinion.  Ich  bleibe  bei  der  meinen,  dass 
die  Franzosen  promissa  entweder  gar  nicht  oder  doch  so  langsam  als 
möglich  praestiren  werden  und  dass  ihr  vornehmster  Scopus  auf  das 
beneiicium  temporis  gericht.  Der  Stratraan  hat  heut  einen  Courier  von 
dem  Herzog,  seinen  Herrn,  bekommen;  er  sagte  mir,  dass  die  Franzosen 
in  ihren  sincerationibus  continuiren  und  dass  si  aliqua  fides  in  mundo 
supere'st,    man  da  gleichwohlen  etwas  trauen  nüisste. 


Der  Kaiser  an  Goess.    Dat.  Wien  21.  December  1667.  (Conc.) 

[Polnische  Wahlsaclie.     Brandenburg-österreichisches  Bündnis.] 

21.  Dec.  Goess  soll  sich  in  der  polnischen  Sache,  wie  bisher,  ganz  passiv  verhalten ; 

die  Ergebnisse  der  Verhandlungen  mit   Blumenthal   bewegen   den  Kaiser  nicht, 


')     Der  Veitiag  zwischen  Frankreich  und  Brandenburg   war   am  5., 15.  Dec.   1667 


l^raiulenburg-sitchsisches  und  brandeiibiirg'-österreichisches  Ailianzproject.  365 

seine  bisherige  Auffassniig  der  polnischen  Frage  zu  ändern.  P>  trachtet  dem- 
iiacli  dieselbe  vielmehr  zu  einer  besseren  Occasion  zu  reserviren,  als 
noch  zur  Zeit  eine  Negociation  darin  zu  veranlassen.  Blumenthal  liabe 
von  dem  im  Namen  des  Kaisers  von  Goess  dem  Kurfürsten  vorgeschla- 
genen weiteren  Bündnisse  nichts  wissen  wollen;  trotzdem  erhält  Goess  Befehl 
in  Berlin  mitzutheilen.  dass  gleich  bei  deiner  Ankunft  alldort,  du  P.  L. 
in  unserm  Namen,  obzwar  noch  ohne  Project,  iedoch  in  genore  eine 
fernere  Zusammensetzung  beeder  Theilen  denen  periclitirenden  Niederlan- 
den zu  Hilf  angetragen  und   bis  noch  inständiglich  sollicitiret  habest. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  Januar  1668.   (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über    ein   brandenburg-österreichisches  Bündnis 

und   über  die  aligemeiue  Lage.     Hoverbeck.     Polnische  Angelegenheit.     Brandeubnrg- 

sächsisch-schwedisches  Aliianzprojecl,.     Nachrichten  aus  Holland.] 

Der  Baron  von  Schwerin,  als  ich  ihn  gestern  besucht,  hat  gleich  "2.  Jau. 
anfangs  gemelt,  der  von  Blumenthal  hätte  referirt,  dass  man  beim  kai- 
serlichen Huf  gegen  ihm  Meldung  gethan,  wegen  eines  gewissen  von  mir 
proponirten  foederis.  I.  Ch.  I).  wiissten  nit  eigentlich,  ob  dasselbe  von 
dem  Zinnischen  oder  einem  anderen  zu  verstehen.  Ich  habe  geantwort, 
dass  von  demjenigen,  so  ich  unterschiedlich  zu  Rettung  und  zum  Securs 
des  burgundischen  Kreis  proponirt,  dessen  er  sich  zwar  alsobald  guugsam 
erinnert,  aber  gleich  darrait  abgebrochen.  Als  ich  nun  ferner  ange- 
worfen, ob  I.  Ch.  D.  nit  möchten  geneigt  sein,  dieses  foedus  noch  zu 
perfectioniren,  hat  er  geantwort,  dass  sie  zufürderist  den  Frieden  zu  ver- 
mittelen sucheten ;  diese  wären  allzeit  des  Churfürsten  consilia  gewesen 
und  befinde  man,  dass  Spanien  für  diesmal  nichts  nützlichers  procurirt 
werden  könne,  semper  insinuando,  dass  E"".  K.  M.  consilia  eben  dahin 
gericht.  Ich  habe  ihme  darauf  erzählt,  was  ich  für  Discursen  mit  dem 
churcöllnischen  Abgesandten,  dem  Baron  v.  Frenz,  geführt,  dass  nem- 
lich  wir  weniger  nit  als  sie  den  Frieden  verlangeten  und  wohl  gewünscht, 
dass  wir  denselben  behalten  mögen.  Die  quaestio  seie  allein,  wie  darzu 
zu  gelangen;  ob  man  nit  vermeine,  dass  die  mediatio  von  grösseren 
Nachdruck  sein  würde,  wann  durch  ein  Reichsconclusum  circulus  bur- 
gundicus  pro  membro  imperii  und  dass  man  sich  dessen  vom  Reichs- 
wegen   anzunehmen    erkennt    und    declarirt  und    die   gehörige   Anstalten 

zu  Stande  gekommen;  vergl.  Jlörner  I.  c.  321  ff.;  Puf.  1.  c.  X.  44;  Mignet  I.  c.  U.  29GfF.  ; 
Droyseu  1.  c.  IILo  215  fr. 


366      1^-  Ei'f'te  Mission  des  Freilieirn  .loliann  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

dem  concluso  gemäss  gemacht  würden,  als  wann  man  nit  allein  inermem 
und  dahero  contemptil)ilein.  sondern  auch  wie  diese  consilia  dahin  gehen, 
imposterum  non  armandam  raediationem  vornehme;  darauf  er  insinuirt, 
dass  auch  pendente  mediatione  an  diesem  Reichsconcluso  könnte  labo- 
rirt  werden.  Als  ich  gefragt,  ob  er  dann  hoffen  kiinnte,  dass  es  Frank- 
reich ernst  seie,  dass  sie  den  Frieden  begehren,  unangesehen  sie  so  stark 
armirt  und  die  übrige  aut  inermes  aut  pro  inermibus  zu  halten?  hat  er 
gesagt  von  ja;  nit  dass  er  den  König  von  Frankreich  pro  tarn  pacifico 
hielte,  sondern  dass  er  wohl  sehen  könnte,  dass  weder  das  Reich  noch 
England,  Holland,  Schweden,  noch  andere  Interessirte  dieser  Conqueste 
zusehen,  noch  ihm  mit  Niederland  gewehreu  lassen  würden.  .  . . 

Dem  Hoverbeck  ist  zugeschrieben  worden,  er  solle  nit  allzu  incre- 
duliis  sein  und  scrupulos  erwecken,  dardurch  man  Ombrage  geben,  der 
Churfürst  in  schwere  Händel  und  er  selbst  in  Ungelegenheit  gerathen 
möchte;  dahero  der  von  Hoverbeck  nun  timidior  sein  solle,  dasjenige, 
was  er  hie  unangenehm  zu  sein  weiss,  zu  berichten.  .  .  .  Gegen  mich 
ist  man  dahie  in  re  polonica  sehr  still  und  doch  darbei  sehr  dubieux,  ob 
sie  von  Frankreich  nit  betrogen  werden.  Ich  halte  darfür,  dass  ich 
besser  daran  thue,  dass  dem  Churfnrsten  durch  andere  dasienige,  was 
ich  destwegen  anbringen  könnte,  gesagt  werde,  als  durch  mich,  es  seie 
dann,  dass  es  geschehe  ex  occasione  data  et  tanqiiam  non  ex  professo.  . .  . 
Der  schwedische  Resident  lässt  Goess  das  ihm  libergebene  Project  der  brandeu- 
burgisch-säohsiscli-schwedischea  Allianz  lesen.  Die  contenta  seind,  dass  das 
foedus  zwischen  den  beiden  Churfürsten  und  dem  Ivönig  in  Schweden, 
als  Herzogen  zu  Bremen,  Pommern  und  Verden  sein  solle;  finis  foederis 
defensio  mutua  ihrer  allerseits  Chur-  und  Fürstenthümer  und  Landen; 
keinem  Menschen  zu  schaden;  die  Anzahl  des  Securs  wäre  in  blanco;  das 
Commando  und  übrige  Ding,  wie  die  foedera  pflegen  eingericht  zu  wer- 
den; wann  die  Anzahl  der  Mannschaft  nit  klecke,  solle  man  wegen  der 
Verhöcherung  sich  unter  einander  vergleichen.  Die  Fürsten  von  beiden 
churfürstlichen  Häusern  sollen  mit  eintreten  können.  Von  E^  K.  M.  ge- 
schieht nicht  die  geringste  Meldung;  mir  hat  man  von  diesem  Project  nichts 
communicirt,  sondern  vielmehr  auf  meine  Anfrag  dasselbe  verleugnet.  .  .  . 

Die  Nachrichten  aus  Holland  bringen  mit  heutiger  Post  abermalen, 
als  gedenke  man  sich  gewisser  conditionum  pacis  zu  vergleichen  und 
Spanien,  wann  man  sich  gutwillig  darzu  nit  verstehen  wollte,  mit  Ge- 
walt   zu    Annehmung   derselben   zu    ubligiren').     Dieser  Churfürst  zeigt 


')     Vergl.  Klopp  1.  c.  I.  '2\ll\.:  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  451  ff.;  Miy^net  1.  c.  I.  547 ff. 


Polnische  ^Yahlfl•ao;e.     Schwerins  Haltimg'.     Giese.  367 

eine  treffliche  grosse  Diffidenz  gegen  den  Pensionarium  de  Witt,  welcher, 
nachdem  er  seine  intentiones  expiscirt,  seines  gehabten  Vertrauens  nun 
zu  seinen  Schaden  misbrauche. 


Goess   an   den  Kaiser.     Uat.  Berlin  9.  Januar  1668.    (Or.) 

[Schwerins    Haltung.     Gremonville    theilt   dem  Millet  den  Verlauf  der  Verhandlungen 
mit  Rluraenthal  mit.     Giese.] 

Ich  habe  gute  Nachricht,  als  wollte  Schwerin  von  dem  foedus,  von  9-  J^^n- 
dem  ich  sprach,  nichts  wissen  und  dass  er  einiger  Maasen  geandet, 
dass  man  die  so  hoch  importirende  Resolution  im  polnischen  Werk  dest- 
wegen  aufschieben  wollte.  Es  ist  gleichwohl  viel,  dass  man  sich  ratione 
dessen,  was  ich  dahier  wegen  Assistenz  für  die  Niederlanden  continuo 
urgirt,  so  vergessen  anstelle,  da  doch  bekannt  und  sie  selbsten  es  nit 
dissimulirt.  .  .  .  dass  man  fast  darfür  halten  wollen,  ich  treibe  dieses  Werk 
so  stark,  mehr  als  ein  halber  Spanier,  wie  sie  es  aussprachen,  als  aus 
E"".  K.  j\I.  Befelcb,  welche  man  gnugsam'merkete,  ganz  andere  consilia  zu 
führen  und  am  Securs  der  Niederlanden  wenig  zu  gedenken.  Gremon- 
ville hat  au  Millet  aus  Wien  den  ganzen  Verlauf  der  Blumeiitharschen  Ver- 
handlungen überschrieben;  da  er  die  Nachrichten  nicht  von  Blumeuthal  haben  kann, 
vielmehr  sich  über  dessen  Unzugänglichkeit  beklagt,  wäre  es  nothwendig  den 
Vermittler  zu  erforschen  und  unschädlich  zu  machen.     Giese  wird  hier  erwartet. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Januar  1668.  (Or.) 

[Bau  der  Brücke  bei  Philippsburg  über  den  Rhein  seitens  der  Franzosen.    Des  D'Estra- 
des  Aeusserungen  über  Blaspeil.    Des  Goess  Erklärungen  an  Siratman  über  der  Fran- 
zosen Vorgehen.] 

Die  Nachricht,  dass  die  Franzosen  bei  Philippsburg  eine  Brücke  über  den  IG.  Jan. 
Rhein  verfertigen  lassen,  hat  den  Kurfürsten  sehr  beunruhigt;  ebenso  unange- 
nehm hat  ihn  der  Ausfall  des  d'Estrades  wider  Blaspeil,  wegen  der  BrüsseF- 
schen  Tractaten,  berührt.  Des  d'Estrades  Entschuldigung  ist  ärger  gewesen, 
als  das  erste  Verbrechen:  er  hätte  den  Blaspeil  nemlich  hier  nicht  als 
einen  Churbrandenburgischen.  sondern  als  einen  spanischen  ministrum 
considerirt.  Ich  habe  Gelegenheit  genommen  diese  Imperiosität  der 
Franzosen  ein  wenig  mit  ihren  Farben  vorzustellen  und  zugleich  partes 
araici  des  Blaspeil  zu  vertreten ').  ...      Blaspeil  hat   denn  auch  ein  Reclit- 


')     Ueber  D'Rstrados'   Thätigkeit  in  dieser  Zeit  Mem.  d'Estrades  VI.  159 ff. 


368      IV-  Eiste  ilission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.     Jan.  IGGö— Hai  1GG8. 

fertiguugssclireiben  erhalten.  Dem  Stratman  habe  ich  gesagt,  welcher 
ma.s.sen  der  von  Platen  ')  zu  I'ari.s  bravirt  und  gleichsam  bedrohet  wor- 
den, um  willen  die  Herzogen  von  Braunschweig  den  von  Hammerstein 
nach  Wien  geschickt^),  darbei  ich  remonstrirt,  was  man  zu  gewarten, 
wann  man  sub  jugo  sein  werde,  wann  schon  jetzo,  da  man  noch  nit 
subjugirt,  solche  leges  praescribirt  werden  wollen.  Der  Churfürst,  wie 
ich  vernimm,  hat  es  trefflich  ressentirt  und  lasse  ich  mit  Fleiss  solche 
Ding  nun  zuweilen  lieber  durch  jemand  andern  an  dem  Churfiirsten 
kommen  und  mai;  mehr  Effect  thun,  als  wann  ichs  selbsten  sase. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Januar  1668.    (Or.) 

[Den  französisch-spanischen  Frieden  betreffende  Unterredungen  des  Goess  mit  Schwerin. 
Giese.     Eindruck  der  französischen  Betheuerungen  in  der  polnischen  Wahlsache.] 

20.  Jan.  Schwerin  hat  dem  Goess  die  Bedingungen,  unter  denen  die  Generalstaaten 

den  Frieden  zwischen  Spanien  und  Frankreich  zu  richten^)  bereit  seien,  rait- 
getheilt.  Goess  übersendet  dem  Kaiser  einige  Schreiben,  welche  von  Frank- 
reich bezüglich  des  Congressortes  gewechselt  worden  sind^).  Als  ieh  ver- 
gangenen Tagen  hieraus  mit  dem  Baron  von  Schwerin  vor  des  Chur- 
fiirsten Bett  —  welcher  am  Podagra  liegt  —  geredt,  habe  ich  gefragt,  ob 
sie  wohl  vermerkt,  dass  die  Franzosen  das  portugiesische  Werk  in  dem 
^Niederländischen  suchen  zu  mengen  und  also  diese  Tractaten,  darzu  sie 
in  Apparenz  so  grosse  Begierde  gezeigt,  zu  eludiren^).  Der  Churfürst 
hat  geantwort,  dass  das  portugiesische  Werk  darhin  gar  nit  gehöre.  .  .  . 
Circa  causam  principalem  fragte  er  (Schwerin)  mich,  ob  ich  nit  vermeinete, 
dass  considerato  praesenti  statu  nach  allen  seinen  Umständen,  Spanien 
die  von  den  Staaten  General  proponirende  conditiones  anzunehmen.  Ich 
antwortete,  dass  er  hierüber  eben  diese  Antwort  von  mir  erwarten 
müsste,  welche  er  geben  würde,  wann  dem  Churfürsten  ein  so  grosses 
Stück  seines  patrimonii  solchergestalt  weggenommen  wäre  und  ihme  von 
Schwerin  dann  eine  solche  Frag,  wie  er  mir  thäte,  geschähe.  ...  Wegen 
Versicherung  dieses  Tractats  hat  der  von  Schwerin  die  Garantie  der 
Mediatorn  angezogen,  darauf  ich  geantwort,  dass  man  in  instrumento 
pacis  Garantie    gnug  habe,    wann  man  dieselbe  nur,    wie  es  von  Recht 

')  F.  E.  Platen,  osnabrück'scher  geheimer  Ratli. 

-)  Yergl.  Köcher  1.  c.  I.  5G5f. 

=)  Yergl.  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  458 f.;  Mignet  1.  c.  II.  549 ff. 

■*)  Schreiben  von  Lionne  21.  und  25.  Dec.   16()7. 

'•")  Vergl.  für  die  Stellung  Portugals  in  diesen  Fragen   M'gnet  1.  c.  II.  5Ci5ff. 


Frieden  zwischen  Frankreicti  und  Spanien  betreffend.    Polnische  Wahlsache.      369 

uiul  Billigkeit,  auch  des  Reichs  Interesse  wegen,  geschehen  sollte, 
praestiren  wollte  und  dannoch  würde  dieselbe  geleist,  wie  man  nun  sähe. 
Wegen  des  Stillstands  der  Waffen  bekenne  ich,  dass  ich  etwas  daran 
zweifle,  ob  auch  Frankreich  so  gern  darin  consentire;  sie  mögen  etwa  ge- 
denken, dass  zur  Zeit  die  Campagne  diese  Tractaten  entweder  geschlossen 
oder  gebrochen  werden  sein;  in  primo  casu  ist  kein  Armistitium  von  Nöten; 
in  2°  erklären  sich  die  Holländer,  wann  Spanien  praescriptas  conditiones 
ausschlage,  Frankreich  zu  assistiren  und  Spanien  darzu  zu  astringireu. 
Giese  ist  angekommen;  man  glaubt  jetzt  in  Berlin  an  der  Aufrichtigkeit  der 
französischen  Erklärungen  für  Neuburos  Candidatur  nicht  mehr  zweifeln  zu  dürfen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  Januar  1668.  (Or.) 

[Eindruck  der  Nachricht  vom  Tode  des  jungen  kaiserlichen  Prinzen.  Unterredung  des 
Goess  mit  Schwerin  über  die  allgemeine  Lage,  über  das  niederländische  und  das 
polnische  Werk.  Erneuerung  der  rheinischen  Allianz.  Urtheil  des  Goess  über  den 
Erfolg  dieser  Unterredung.    Schwedisch-österreichische  Allianz.    Unterredung  des  Goess 

mit   Spörcke.] 

Die  Nachricht  vom  Tode  des  jungen  kaiserlichen  Prinzen')  hat  hier  27.  Jan. 
grosse  Trauer  hervorgerufen.  Schwerin  drückt  Goess  das  Beileid  des  Berliner 
Hofes  aus.  Wir  seind  nächst  dem  in  einem  ziemlich  langen  Discurs  super 
praesenti  statu  rerum  gerathen ,  darin  ich  ihm  vorgestellt,  super  quam 
lubrico  fundamento,  als  fides  Gallorum  seie,  man  sich  diesseits  soweit 
eingelassen;  Frankreich  erhalte  de  praesenti  alles,  was  sie  verlangen, 
neutralitatem,  renovationem  foederis  Rhenani,  Unterbrechung  aller  ob- 
handenen  Tractaten  und  Discouragirung  derjenigen,  so  neben  dem  Chur- 
fürsten  pro  libertate  et  securitate  publica  stehen  wollen  etc.  Herent- 
gegen  was  hätten  sie  von  Frankreich  als  mera  promissa  und  schöne 
protestationes,  darbei  man  in  utroque,  sowohl  circa  pacem  in  Belgio, 
als  promotionem  Neoburgici  in  Polonia,  alle  Tag  mehr  Ursach  bekäme 
an  der  Franzosen  Sincerität  und  Zuhalten  zu  zweiflen.  Quaenam  hie 
esset  comparatio  und  ob  er  wohl  vermeinete,  dass  man  Ursach  gehabt 
von  den  vorigen  und  sicheren  consiliis  abzugehen  und  sothaue  neue  an- 
zutreten; dass  mir  pro  aff"ectu  meo  erga  ipsum  sehr  leid  sein  würde, 
wann  ihme  diese  schädliche  Veränderung  solle  imputirt  werden.  Er 
antwortete,  dass  alle  Räth,  nomine  excepto,  dieser  Meinung  gewesen, 
dass  etliche  darunter  noch  weiter  gangen  und  darfür  gehalten,  dass, 
wann  auch  Frankreich    nichts    offerirete,    der   Churfürst    dannoch    keine 


')     Ferdinand  Wenzel  f  3.  Jan.  1668. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  KuifilrsteD.     XIV.  24 


370      I^  •  Erste  Mission  des  Freiheirn  Johann  von  Goess.     Jan.  16G5  —  Mai  16fi8. 

andere  consilia  in  re  belgica  ergreifen  können:  beklagete,  dass  wir  hierzu 
Anlass  gegeben,  indeme  man  auf  so  viel  wiederholte  Instanzen  sich  nie 
erklären  wollen.  Mir  wäre  bekannt,  was  ihnen  an  dem  polnischen  Werk 
gelegen.  Ob  sie  nun  solche  Offerten,  die  ihnen  dar  unverhofft  gethan 
würden,  auszuschlagen  und  nit  viel  mehr  die  Gelegenheit  in  Acht  zu 
nehmen.  E.  K.  M.  und  sich  von  der  Seiten  in  Sicherheit  zu  stellen? 
^Vanu  man  zweiflete,  ob  die  Franzosen  sincere  von  ihren  Dessein  und 
von  dem  Conde  abstünden,  wann  andere  Ungelegenheiten  aus  diesem 
Werk  zu  l^efahren,  so  stünde  das  remedium  in  E"".  K.  M.  Hunde,  wann 
dieselbe  nur  hierin  sich  favorabiliter  für  dem  Herzog  erklären  woll- 
ten. .  .  .  Die  Gefahr  von  Moscau  apprehendirete  er  sehr,  bekennete 
auch,  dass  er  nie  demjenigen  den  geringsten  Glauben  gegeben,  was 
wollen  gesagt  werden,  als  verlangeten  E.  K.  M.  des  Moscowiter  Promo- 
tion mit  Absehen  auf  einige  Heirath  mit  einer  unser  Princessin;  dann 
es  wäre  zu  augenscheinlich  wider  dero  Interesse.  Vermeinete  aber  noch- 
malen, dass  die  Gefahr,  so  wegen  des  Moscowiters  als  des  Conde,  wann 
man  noch  auf  ihm  bestehen  wollte  und  alle  andere,  so  von  der  Seiten 
entstehen  könnten,  nicht  besser  abzuwenden,  als  wann  E.  K.  M.  den 
Herzog  von  Neuburg,  welcher  derentwegen  alle  desiderirende  Satisfaction 
geben  würde,  auch  zur  polnischen   Krön  verhelfen  thäten. 

Wegen  Renovation  der  rheinischen  Allianz  weiss  ich  nit  eigentlich, 
wie  weit  es  darmit  kommen.  So  viel  vermerke  ich,  dass,  wann  in 
quaestionem  an?  nit  absolute  vom  Churfürsten  consentirt,  doch  den  Fran- 
zosen destwegen  soviel  Versicherung  gegeben  worden,  (hiss  sie  darmit 
zufrieden').  Der  von  Schwerin  verneinete  es  nit,  als  ich  mich  darüber, 
als  über  eine  geschehene  Sach  beklagt  und  die  Inconvenienzien,  auch 
dass  des  Churfürsten  Reputation  nit  wenig  darbei  gelitten,  vorgestellt; 
insinuirete  allein,  ich  wüsste,  wie  es  mit  sothanen  foederibus  beschaffen: 
andere  foedera  hätten  den  Churfürsten  nie  dahin  gebracht,  dass  er  E^ 
K.  M.  in  etwas  geschadet  hätte;  dieses  würde  es  ebensowenig  thun.  Ich 
habe  diesen  ganzen  Discurs  dahin  gericht,  dass  ich  remonstrirt,  dass 
man  iu  Zeiten  diese  obhabende  periculosa  consilia  fahren  zu  lassen  und 
die  vorige  widerum  zu  reassumiren;  das  sich  darfür  hielte,  was  I.  Ch.  D. 
hierin  thäten,  wäre  motus  violentus,  man  solle  sie  widerum  ad  natura- 
lem, nempe  zur  Union  mit  E"".  K.  M.  kommen  lassen.  Ich  hätte  E"".  K.  M. 
noch  immerzu  versichert,  dass  unangesehen  alles,  was  vorgienge,  des 
Churfürsten  Affection  und  Devotion  gegen  E.  K.  M.  unverändert  verbliebe; 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  481  f. 


Erneuerung  der  rlieinisrhen   Allianz.     Schwedisch-oesterreicliische  Allianz.  ^71 

welches  er  zeigete  sehr  gern  zu  hören,  addito,  ich  hätte  mich  zu  ge- 
trö.sten  quoad  violenta,  nou  durarent  diu  und  wir  würden  noch  endlich 
aus  einem  Hören  blasen.  .  .  .  Mich  hat  gedünkt,  dass  einige  Ding,  so 
ich  hierbei  berührt,  ihme  all  ziemlich  zu  Gemüth  gangen.  Ich 
weiss  auch,  dass  er  narrando,  quae  inter  nos  erant  acta,  eine  ziemliche 
Veränderung  und  meliorem  spem  verspüren  lassen;  unde  nata  suspicio, 
ob  etwa  der  von  Blumenthal  einige  tröstliche  Zeitung,  sive  quoad 
publicum,  sive  quoad  privatum  des  Barons  von  Schwerin,  hieher  ge- 
schrieben. Vielleicht  mag  man  auch  die  in  diesem  Werk  vorfallende 
Difficultäten  täglich  mehr  gewahr  werden.  Ich  habe  auch  a  quo  con- 
silia  hie  mutata,  Fleiss  angewendt,  damit  die  opiuio  de  concludendo  foe- 
dere  zwischen  E,  K.  M.  und  die  Krön  Schweden  so  viel  möglich  möchte 
gestärkt  werden;  certus,  dass  dieses  ein  starkes  frenum  sein  würde,  den 
Churfürsten  in  zu  halten.  Die  von  verschiedenen  Seiten  einlaufenden  Be- 
richte stellen  das  österreichisch-schwedische  Bündnis  in  der  That  als  dem  Ab- 
schlüsse nahe,  ja  zum  Theile  als  bereits  abgeschlossen,  hin;  es  wäre  gut,  wenn 
Blumenthal  aus  Wien  dasselbe  berichten  würde.  Der  von  Sporcke  ist  von 
Seiten  des  Herzogs  von  Celle  hieher  gesendet  worden,  um  des  Kurfürsten  Pläne 
zu  erforschen.  Goess  theilt  ihm  den  Zustand  mit  und  betont,  wie  wichtig  das 
Vorgehen  der  Braunschweiger  Fürsten  für  die  Entscheidungen  des  Kurfürsten 
sein  würde.  Spörcke  versichert,  dass  sein  Herr  einen  sicheren,  raisonablen 
Frieden  haben  wolle  ^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3.  Februar  1668.  (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  polnische  und  über  die  niederländische 

Frage.     Des   Kurfürsten    Aeusserungen    über    seine    Stellung   zur   englisch-staatischen 

Allianz.     Blaspeil  und  Romswinckels  Reise  nach  Mecheln.] 

Mit  Schwerin  hat  Goess  am  1.  Febr.  eine  längere  Unterredung.  Schwerin  3.  Febr. 
betont  die  Nothwendigkeit  für  Neuburgs  Candidatur  einzutreten;  erzählt  wie 
gut  jetzt  Hoverbeck  vom  Könige  von  Polen  behandelt  werde-).  Goess  erklärt, 
diese  Aenderung  sei  ebenfalls  wie  die  frühere  auf  Frankreichs  Einfluss  hin  er- 
folgt. Dann  wird  auch  von  der  niederländischen  Frage  gesprochen;  Goess 
sagt,  was  Frankreich  fordere,  ist  zu  viel  ^).  Schwerin  gibt  zu,  dass  Frankreich 
viel  fordere,  aber  die  Verhältnisse  seien  zu  dessen  Gunsten;  sagete  aber,  es 
möchte  der  König  in  Frankreich  sich  endlich  mit  der  Grafschaft  Bur- 
gund,  welche  eine  abgesonderte  Provinz,  ...  contentiren,  zumalen  der  König 
ex  foedere,    welches    nun    im  Haag  zwischen  England  und  den  Staaten 


^)     Ueber  Spörcke's  Aufenthalt  in  Berlin  Köcher  1.  c.  577 f. 

^)     Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  6St.;  Droysen  1.  (,•■  IH-a  24Üf. 

=5)     Vergl.  Klopp  I.e.   1.221  ff.;  Lefevre-Pontalis  I.e.   I.  4r,Ifr. 

24* 


372      ^^-  ^'"rste  Mission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.     Jan.  IGGö— Mai  1668. 

General  geschlo.s.sen  worden  '),  leicht  zu  ersehen,  dass  man  seine  fernere 
Progressen  nit  gedachte  zuzusehen.  .  .  .  Der  Kurfürst  sagt  dem  Goess,  die 
Staaten  hätten  ihm  den  Eintritt  in  diese  Allianz  freigestellt,  er  hätte  aber  erst 
die  näheren  Bedingungen  derselben  zu  wissen  begehrt-).  Der  von  Schwerin 
hat  mir  unter  andern  geklagt,  dass  einer,  der  doch  wissentlich  den 
Franzosen  zugethan,  (ich  vermuthe,  er  habe  auf  dem  de  Witt  gedeut.) 
gegen  Don  Estevan  de  Gamarra  gemelt,  dass  dieser  Churfürst  nun  der- 
jenige seie,  der  nit  allein  von  den  vorigen  consiliis  abstehe,  sondern 
auch  andere  zu  der  rheinischen  Allianz  und  was  dergleichen,  urgire; 
daraus  ich  Occasion  genommen,  abermalen  zu  repraesentiren,  wie  glo- 
ricux  P.  Ch.  D.  die  bisher  geführte  consilia  gewesen  und  wie  ich  mir's 
für  eine  particulari  glori  gehalten,  dass  ich  mich  bei  diesem  churfürst- 
lichen  Hof,  da  pro  honore  et  securitate  gentis  germanicae  so  rühmliche 
und  tapfere  consilia  geführt  wurden,  in  E"".  K.  M.  Dienste  aufhalten 
thäte;  herentgegen  auch  um  so  viel  mehr  und  schmerzlicher  empfinden 
müsste,  wann  man  nun  darvon  abweichen  sollte.  Er  antwortete  erstlich, 
dass  der  Churfürst  nit  darvon  abwiche  und  dann,  wann  sie  hierin 
auch  etwas  mehr,  als  wir  verlangeten,  gethan,  hätten  wir's  selbsten,  in- 
dem man  sich  nie  declariren  wollen,  verursacht;  alles  hätte  facillime 
können  vermeidet  und  vorgekommen  werden;  man  wüsste,  was  dem 
Churfürsten  an  Preussen  gelegen  und  consequenter  an  der  Wahl  eines 
Königs  in  Polen.  Er  redete  mit  mir  im  gewöhnlichen  Vertrauen;  der 
Churfürst  wäre  gewiss  im  Herzen,  wie  bis  dato,  also  auch  noch  E"".  K.  M. 
mit  treuester  Devotion  zugethan;  wann  dieselbe  aber  sich  dem  Herzog 
von  Neuburg  im  polnischen  Werk  opponiren  sollten,  müsste  er  besorgen, 
dass  es  zu  grosse  Extremitäten  kommen  möchte.  Ich  insinuirete,  dass 
noch  weniger  der  Churfürst  sich  E^  K.  M.  guten  intentionibus  und  con- 
siliis zu  opponiren,  massen  ich  sonsten  zum  öfteren  repraesentirt,  dass 
es  wider  die  leges  .der  Freundschaft  seie,  wann  ein  Freund  sich  überall 
und  allzeit,  alle  commoda  und  eigene  Convenienz  arrogiren  und  seinem 
Freund  hinwider  die  seine  nit  vergönnen  wolle;  dass  fast  alle  Welt  sich 
verwundere  über  diese  ihre  consilia,  auch  nit  glaube,  dass  dieselbe 
allein  das  polnische  Werk  pro  motivo  haben.  Hierauf  antwortete  er  pro 
more,  dass  der  Churfürst  sich  nit  eingelassen,  als  nachdem  E.  K.  M. 
Selbsten  dem  Herzog  dero  Cooperation  vertröstet,  dero  ministri  auch  bei 


1)  Die  Tripleallianz  vom  13./23.  Jan.  1668:    gedruckt  bei   Du  Mont  I.e.  YII.  1, 
66  if.;  vergl.  Mignet  1.  c.  II.  549 ff.;  Rauke,  Franz.  Gesch.  III.  238;  Engl.  Gesch.  Y.  57 ff. 

2)  Vergi.  Droysen  1.  c.  III.3  220;  Puf.  1.  c.  X.  47. 


Die  poln.  u.  die  iiiedeiliimi.  Angelegenheit.    Brandenb.  u.  die  engl.-staat.  Allianz.      373 

diesem  Hof  das  Werk  in  dero  Namen  proponirt;  wann  man  frei  wäre, 
wollte  man  .<ich  gern  conformiren:  nun  man  sich  und  zwar  auf  E^  K.  M. 
ministrorum  Proposition  so  weit  impegnirt  und  die  Tractaten  mit  dem 
Herzog  von  iSeuburg  vornehmlich  zu  diesem  Ende  angetreten,  setzte  er 
das  unterthänigste  Vertrauen  zu  E"".  K.  iM., ...  sie  werden  dem  Churfiirsten 
und  dem  Herzog  diese  kaiserliche  Gnad  erweisen.  Wegen  das  übrige, 
dass  sie  andere  motiva  oder  Absehen  hierbei  haben  sollten,  sancte  iura- 
vit.  dass  ihnen  Vnrecht  geschehe.  Ob  ich  vermeinete,  wann  die  Ne- 
cessität  sie  nit  absolute  zu  die.sen  consiliis  in  re  polonica  obligirete, 
dass  nit  sowohl  dem  Churfiirsten  als  dessen  ministris  sonsten  sehr 
grosse  emolumenta  und  beneficla  offerirt  worden;  sie  hätten  aber  alles 
constanter  ausgeschlagen.  Giese  ist  am  30.  Jan.  nach  Warschau  gereist '). 
Dem  Abte  von  Biesen  gegenüber  vertritt  Goess  das  Vorgehen  des  Kaisers  in 
der  polnischen  Wahlfrage.  Blaspeil  und  Romswinckel  sind  nach  Mecheln  wegen 
der  Compromisssache.  Der  Churfiirst  hat  mich  vorgestern  lang  darmit 
unterhalten;  ich  rathe  zur  Composition  und  möchte  das  beste  sein;  sonsteu 
habe  ich  von  Anfang  nit  gern  gesehen,  dass  dieses  Compromiss  auf  das 
Parlament  zu  Mecheln  geschehen;  der  gewinnende  Theil  profitirt  keine 
Obligation,  der  verlierende  werd  disobligirt.  Der  Churfiirst  zeigt  sich 
zum  gütlichen  Accommodement  nit  ungeneigt;  die  Holländer  aber  schei- 
nen's  all  zu  hoch  zu  spannen  ^). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  6.  Februar  1668.    (Conc.) 

[Weisung  bezüglich  des   österreicbisch-brandenburgischen  Allianzprojectes.     Polnische 
Wahlsache.     Rheinische  Allianz.] 

Nachdem  der  Kaiser  am  30.  Januar  dem  Goess  aufgetragen  hatte,  beim  6.  Febr. 
Kurfürsten  die  Förderung  der  kaiserlichen  Wünsche  bezüglich  der  Wahlcapitu- 
lationsverhandlungen  zu  betreiben,  erhält  Goess  am  6.  Februar  als  Antwort  auf 
seine  Schreiben  vom  Januar  Befehl,  dass  soviel  die  mit  ihro  verlangte  engere 
Allianz  betrifft,  du  derselben  annoch  insistirest  und  nach  jetzigen  der 
Sachen  Umständen  dahin  anzutreiben  nicht  unterlassest,  damit  I.  L'^.  ohne 
Zeitverlierung,  wo  nicht  absolute,  jedoch  eventualiter  und  auf  den  Fall, 
da    die    Krön    Frankreich    zu    einem   billigen    Frieden   nicht  zu    bringen 


')     Ueber  seinen  Aufenthalt  daselbst  Puf.  1.  c.  X.  69. 

^)  Es  handelte  sich  vornehmlich  um  die  Räumung  von  Orsoy  und  um  die  Er- 
ledigung der  Hoefysei 'sehen  Schuldsache.  Yergl.  für  die  Beziehungen  des  Kurfürsten 
zu  den  Holländern  in  dieser  Zeit  Heinrich  Peter,  Johann  De  Witt,  Sybel'sche  Zeit- 
schrift XIII.  U2ff. 


374      ^^-  Ki'ste  Mission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.     Jan.  1665  — Mai  1668. 

wäre,  das  vorhin  mit  uns  habende  foedus')  auf  den  Succurs  der  Nie- 
derlanden erheischender  Notdurft  nach  extendiren  lasse.  Allermassen 
dem  uns  einlaufenden  Bericht  nach  zwischen  des  Königs  in  Eugelland 
L'\  und  denen  Generalstaaten  bereits  ein  solche  Eventualliga  geschlossen 
sein  solle^).  Wann  nun  S,  L''®".  sich  zu  solcher  Extension  zwar  einlassen, 
unsere  Mitverhelfung  aber  für  des  Herzogen  zu  Neuburg  I/*'".  zur  pol- 
nischen Krön  pro  conditione  darin  mit  einziehen  wollen;  gleich  wie  du 
deroselben  ein  solches  auf  alle  Weis  auszureden  und  zu  repraesentiren 
hättest,  wie  hoch  es  die  Polaken  und  zwar  zu  mehrer  des  Herzogens 
L<i.  Verbinder-  als  Beförderung,  empfinden  würden,  dass  exteri  super 
successione  in  regno  pro  certo  quodam  procurando  sich  vincviliren  und 
mit  dergleichen  Obtrusion  sie  in  der  freien  Wahl  gleichsam  irr  machen 
wollten,  also  könntest  du  gleichwohl  dabei  S"".  L'*.  zu  verstehen  geben, 
dass  vorermelte  engere  Allianz  per  se  zu  einer  guten  Vorbereitung  hierzu 
inskünftig  bei  uns  dienen  würde.  Der  Kaiser  wird  übrigens  demnächst  mit 
Blumenthal  über  die  polnische  Sache  verhandeln.  Goess  soll  sich  auch  sehr 
bemühen,  dass  der  Kurfürst  in  der  rheinischen  Allianzangelegenheit  bei  der  bis- 
herigen guten  Intention  verharre  und  derselben  Ausdruck  verleihe. 


Goess   an   den   Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  Februar  1668.    (Or.) 

[Abreise  des  Kurfürsten.     Inhalt   eines  Wrangel'schen   Schreibens.     Französisch-bran- 
denburgische   Beziehungen.     Inhalt    der    brandenburg-französischen   Allianz.     Oester- 
reich-schwedische  Allianz.     Blumenthal's   Berichte.     Unterredung   des  Goess   mit   dem 
Kurfürsten  über  Frankreichs  Vorgehen.] 

10.  Febr.  Der  Kurfürst  ist  nach  der  Neumark  verreist.     Der  schwedische  Resident^) 

zeigt  dem  Goess  das  Schreiben  WrangeFs,  worin  dieser  bedauert,  durch  Krank- 
heit bisher  an  der  gewünschten  Zusammenkunft  verhindert  worden  zu  sein. 
Er  meldt  auch,  dass  er  von  guter  Hand  aus  Paris  habe,  dass  dahie 
ein  gewisser  Tractat  mit  dem  Millet  geschlossen  worden;  welches  der 
Resident  nit  glauben  wollen.  Es  ist  doch  etwas  daran,  obzwar  die 
Ausmachung  des  Werks  auf  die  churfürstliche  Abgesandte  nach  Paris 
remittirt  worden;  es  lauft,  soviel  ich  darin  vernehmen  können,  einer 
Seiten  auf  die  Neutralität  und  Renovation  der  rheinischen  Allianz,  an- 
derer   aber    auf  des   Herzogs   zu  Neuburg  Promotion    in   Polen   und   den 


')     Gemeint  ist  das  Bündnis  vom  10.  Mai  166G. 

2)  Yergl    Klopp  I.e.  1.219;   Mignet  I.e.  II.  .549ff.;    Ranke,   Engl.  Gesch.  V.  63. 

3)  Wolfrad. 


Oestereich-brandenb.  Allianz.     Erandeub. -französische  Beziehungen.  375 

Frieden  in  Niederland  na(di  raisonablen  Conditionea  hinaus').  Die  Allianz 
zwischen  Oesterreich  und  Schweden  hält  der  Resident  in  quaestione  an?  für 
sicher;  Avird  davon  in  Berlin  Mittheilung  machen.  Ich  vermerke,  dass  mau 
dahie  von  dem  von  Biumenthal  einige  Nachricht  haben  muss,  als  Hesse 
man  sich  zu  Wien  wegen  Promotion  des  Herzogs  von  Lothringen  zur 
polnischen  Krön  etwas  mehr  heraus  und  als  wann  er  gewärtig  wäre,  dass 
ihme  einige  formelle  Proposition  destwegen  geschehen  möchte").  ... 

Der  Kramprich  hat  mir  nun  seither  copiara  des  im  Haag  geschlos- 
senen foederis  defensivi  und  der  übrigen  Resolutionen,  so  circa  hanc 
materiam  gefasst,  zugeschickt.  Als  ich  dem  Churfürsteu  hierüber  re- 
praesentirt,  dass  Frankreich  allbereit  im  Werk,  dies  alles  über  ein  Haufen 
zu  werfen,  den  gegenwärtigen  statum  rerum  zu  perturbiren  und  also  zu- 
gleich seine  gethane  protestationes  pacificas  und  diese  haagische  Trac- 
taten  zu  ekidiren,  indem  der  König  nun  in  Person  wider  die  Grafschaft 
Burgund  in  Anzug  wäre,  hat  er  geantwort.  dass  man  ihm  dieses  nit  so 
hoch  zu  verüblen,  dass,  da  kein  Stillstand  geschlossen,  er  seine  Pro- 
gressen  suchete  fortzusetzen.  Ich  replicirte,  dass  herentgegen  diejenige 
übel  gerathen,  welche  bei  so  grossem  Interesse,  als  sie  bei  diesem  Werk 
hätten,    otiosi  zusehen    und    Hessen  den  König  in  Frankreich  ge wehren. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   17.  Februar  1668.  (Or.) 

[Verhandlungen    des    schwedischen   Residenten    mit   Schwerin  wegen   der  französisch- 
brandenburgischen  Beziehungen.     Urtheil   des  Goess  über  Schwedens  Haltung    in  der 

polnischen  Wahlfrage.] 
Der  schwedische  Resident  hat  sich  Schwerin  gegenüber  über  die  zwischen  17.  Febi 
Brandenburg  und  Frankreich  ohne  Wissen  Schwedens,  —  was  doch  gegen  die 
Bestimmungen  der  Allianz  sei  —  geführten  Verhandlungen  beklagt.  Schwerin 
gibt  zu,  dass  Verhandlungen  gepflogen  worden,  behauptet  aber,  dass  nichts  ab- 
geschlossen worden  sei  und  verpflichtet  sich  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Com- 
munication  des  Prqjectes  an  Schweden  zu  sprechen  ;  die  Verhandlungen  —  sagt  er 
—  enthielten  nichts,  was  der  schwedisch-brandenburgischen  Allianz  zuwiderlaufe. 
Wie  aus  den  Erklärungen  des  schwedischen  Residenten  und  den  aus  Schweden 
kommenden  Nachrichten  zu  ersehen  ist,  dürfte  Schweden  die  Candidatur  Neu- 
burgs  in  Polen  unterstützen,  wenn  Schwedens  Praetensionen  bezüglich  der  Jü- 
lich'schen  Lande  Berücksichtigung  finden  3). 


')  Gemeint  ist  die  Allianz  vom  15.  December  1667;  vergl.  Mörner  I.e.  321  ff.; 
Droysen  1.  c.  III.3  219 f.;  Puf.  1.  c.  X.  44;  Mignet  I.  c.  II.  296 fP. 

-)     Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  59. 

^)  Die  Ansprüche  Schwedens  auf  die  Jülich -clevischen  Länder  wurden  von 
Magdalena,  der  Tochter  Wilhelois  des  Reichen,  die  mit  Job.  von  Zweibrücken  ver- 
mählt war.  hergreleitet. 


37ß      IV.  Erste  Mission  des  Freiberrn  Johann   von  Goess.     Jan   IRßö— Hai  1668. 

Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Berlin  24.  Februar  1668.  (Or.) 

[Stimmung  am  kurfürstlichen  Hofe.  Polnische  Wahlsache.  Erneuerung  der  rheini- 
schen Allianz.  Schwerins  Mittheilungen  an  den  schwedischen  Residenten  über  die 
brandenburg-französische  Allianz.  Mittheilungen  des  schwedischen  Residenten  Grave 
über    die    Zinna'schen  Verhandlungen.     Ratification    der    von   Blaspeil    geschlossenen 

Tractate  betreffend.] 

24.  Febr.  Die  Stimmung    am    kurfürstlichen  Hofe   bleibt 3 dieselbe:    man   erklärt  hier 

nicht  gebunden  zu  sein.  Stratman  fragt  Goess,  ob  er  es  für  vortheilhaft  er- 
achten würde,  wenn  der  Herzog  von  Neuburg  selbst  nach  Wien  reisen  würde. 
Im  übrigen  merke  ich  gnug,  dass  man  dahie  gar  sichere  Hoffnung  hat, 
dass  der  König  in  Polen  und  zwar  gar  bald  abdiciren  ward.  Wegen 
Renovation  der  rheinischen  Allianz  werd  man  bei  diesem  churfürstlichen 
Hof  darmit  nit  eilen,  sondern  vielleicht  gern  sehen,  dass  das  Werk  auf 
die  lange  Bahn  gebracht  werde;  dass  aber  der  Churfürst  für  diesmalen 
seine  vorige  consilia  reassumiren  und  sich  dieser  Renovation  widersetzen, 
oder  von  seiner  Erklärung  quaestiono  an?  abweichen  solle,  darzu  sehe 
ich  nit  die  geringste  Apparenz  und  kann  meines  Erachtens  nun  nichts 
bessers  darin  geschehen,  als  dass  man  Fleiss  anwende,  damit  die  Hand- 
lungen darin  aufgehalten,  das  W^erk  trainirt  und  soweit  es  sein  kann, 
res  integra  zu  besseren  Coniuncturen  gehalten  werde ').  Das  Haus 
Braunschweig  werd  hierzu  gern  concurriren  und  werd  Schweden  auch 
dergleichen  thun,  wann  sie  nit  soli  hierin  wider  Frankreich  zu  erklären, 
wenigsten  werden  sie  die  moras,  so  darin  gemacht  werden,  gern  leiden- 
Der  Baron  von  Schwerin  hat  seithero  ein  Briefl  an  dem  hiesigen  schwe- 
dischen Residenten  geschrieben,  darin  er  meldt,  dass  zwar  bei  seiner, 
des  Residenten,  Abreis  nach  Pommern,  mit  dem  Millet,  wie  ers  ihm 
damaln  gesagt,  nichts  geschlossen  gewesen,  weiln  aber  dem  Millet  her- 
nacher  fernere  Instruction  zukommen  und  die  Churfürstliche  nach  Paris 
destinirte  Abgesandte^)  stark  darauf  gedrungen,  dass  der  Tractat  dahie 
aufgesetzt  und  verfertigt  werden  möchte,  habe  man's  endlichen  gethau; 
ersucht  ihn,  Residenten,  instanter,  dass  er's  bei  dem  König,  seinem  Herrn, 
bestermassen  entschuldigen  wolle.  Nun,  dass  der  Resident  die  Zeit  und 
das  Werk  ein  wenig  überlegt  und  combinirt,  vermeint  er,  dass  er  leicht 
das  contrarium  und  dass  der  Tractat  noch  vor  seine  Abreis  geschlossen, 
beweisen  könnte.  Grave,  der  schwedische  Resident  in  Dresden,  hat  dem  Goess 
bei  seiner  Durchreise  nach  Bremen  gesagt,  ans  den  Zinna'schen  Verhandlungen 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  XI.  481  f. 
'^)    Pöllnitz  und  Meinders. 


Polnische  Wahlsache      Brandenb. -französische  Allianz     BUimenthal  in  Wien.      BT  7 

werde  nicht?  werden,  dass  er's  ex  mandato  sui  regis  bei  Chursachsen, 
welcher  ohne  das  nit  darzu  inclinire,  dissuadirt;  dass  sein  König  wenig 
darbei  zu  thun  haben  würde,  wann  er  allein  als  Herzog  zu  Bremen 
und  Pommern  darbei  solle  considerirt  werden.  Hätte  Churbrandenburg 
Lust  darzu,  könnte  er  in  ihr  foedus  mit  Chursachsen  mit  eintreten;  er 
sagte  mir  auch,  dass  dieses  foedus  seither  weiter  extendirt  worden '). 
Er  hat  die  gute  Meinung,  dass  Chursachsen  sich  an  Schweden  halten 
und  alle  Tag  mehr  von  Frankreich  abgehen  werde. 

Dem  Don  Estevan  de  Gamarra'-')  meldet  Goess  auf  dessen  Anfrage  wegen 
ßeschleunigung  der  Ratification  der  von  dem  Blaspeil  zu  Brüssel  geschlossenen 
Tractate,  dass  dieselbe  bisher  nicht  zu  erhalten  gewesen  sei. 


Der    Kaiser   an   Goess.     Dat.  Wien  29.  Febr.  1668.    (Conc.) 

[Entschliessuug  des  Kaisers  in  der  polnischen  Wahlsache.] 

Der  Kaiser  theilt  dem  Gesandten  mit,  dass  er  bezüglich  der  polnischen  An-  29.  Febv 
gelegenheit  bei  seinen  bishero  aufrecht  geführten  principiis,  nemlich  der 
polnischen  Republic  die  Wahlfreiheit  bis  ad  ipsum  casum  vacantiae 
vielmehr  zu  conserviren,  als  zu  unterbauen  und  den  König  bei  diesen 
so  gefährlichen  Coniuncturen  vielmehr  ad  perseverantiam  in  regno  als 
ad  abdicationem  zu  persuadiren,  noch  ferners  fest  zu  inhaeriren  gedenken. 
Blumenthal  habe  man  davon  auch  Mittheilung   gemacht^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  BerHn  9.  März  1668.    (Or.) 

[Blumenthars    Mittheilungen   aus  Wien.     Verhandlung    des    cellischen    Gesandten    in 

Berlin.     Millet.] 

Blumenthal  berichtet  ans  "Wien  von  dem  Fehlschlagen  seiner  Mission.    Die  9.  März, 
brandenburgischen  Gesandten    melden    aus  Paris,    dass  Frankreich  es  mit  den 
Verhandlungen  ernst  meine'').     Der    cellische   Abgesandte^)    hat   zu    unter- 
schiedlichemalen  dieses  Churfürsten  Intention,    ob  S.  Ch.  D.  in  der  neu- 
lich   im    Haag    gemachten   Allianz   mit   eintreten   wollen   oder  nicht   [zu 

')  Gemeint  ist  der  Vertrag  vom  G.Juli  1G66;  vergl.  Auerbach  210f. :  über  die 
Erneuerung  dieses  Vertrages  Ende  1667  Auerbach  1.  c.  295. 

■^)     Spaniens  Vertreter  im  Haag. 

^)  Conferenz  mit  Blumenthal  den  21.  Februar  1668;  Friedeusacten  Fase.  106; 
Puf.  1.  c.  X.  59. 

*)  Eine  ähnliche  Mittheilung  machte  Goess  bereits  in  einem  Schreiben  vom 
2.  März  1668. 

^)     W.  H.  Spörcke;  vergl.  Köcher  1.  c.  I.  577 f. 


378      I^  •    Erste  Mission  des  Frcihenu  Johann  von  Gocss.     Jan.  16(55  —  Mai  1668. 

erforschen  gesucht]'),  masseii  sowohl  dieselbe,  als  die  Herzogen,  seine 
Herrn,  darzu  invitirt  worden,  hat  aber  keine  cathegorische  Antwort  er- 
halten können.  Der  Churfiirst  lasst  sich  vernehmen,  dass  der  modus 
praescribendi  conditioues  pacis,  allzuhart;  bricht  auch  gegen  mich  und 
andere  zum  öfteren  aus  wider  die  Holländer.  Der  Cellische  vermeint 
und  möchte  wohl  recht  darin  haben,  dass  der  Churfiirst,  ehe  er  sich 
hierüber  erkh'ire,  des  Königs  in  P'rankreich  hierbei  führende  Intention 
etwas  näher  zu  vernehmen  verlange.  Sonsten  spricht  er,  der  Abge- 
sandte, gar  resolut  und  deutsch  heraus,  meldete  neulich  in  der  antica- 
mera,  wann  Brandenburg  gemuth  wäre,  wie  seine  Herrn,  wäre  der  Sachen 
bald  Rath  gefunden.  Da  der  Generallieutenant  Goltz  gefragt,  was  sie 
dann  thun  würden,  antwortete  er,  den  Franzosen  auf  die  Köpf  schlagen; 
ad  quae  Goltz:  Ihr  habt  den  König  in  Schweden  neulich  offendirt,  ietz- 
under  wollt  ihr  den  in  Frankreich  auch  olfendiren;  Spörcke  antwortete, 
dass  sie  mit  dem  König  in  Schweden  in  guten  Vernehmen  stünden.... 
Millet  soll  in  kurzem  nach  Paris  zurückkehren;  er  hat  nach  und  nach  grosse 
Geldsummen  erhalten.  Hier  wäre  mir  des  Davids  Kunst  und  Hülf  von 
oben  wohl  von  Nöten,  wann  ich  wider  solche  Goliath  inermis  fechten  solle. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  März  1668.    (Or.) 

[Abreise  des  cellischen  Gesandten.     Erfolg  von  dessen  Mission.     Braunschweiger  Con- 
vent.     Spanisch-portugiesischer  Frieden.] 

ß.  März.  Der  Kurfürst  weicht  Gesprächen    über   die  polnische  Frage  aus.     Der  cel- 

lische Abgesandte  Spörcke  ist  wieder  abgereist;  man  hat  ihm  den  Inhalt  des 
brandenburg-frauzösischen  Tractates  mitgetheilt,  den  Vertrag  selbst  aber  nicht 
übergeben.  Bezüglich  des  Eintrittes  Brandenburgs  in  die  haagische  Allianz  hat 
er  keine  bestimmte  Erklärung  erhalten.  Beim  Convent  in  Braunschweig  ist 
Schweden  für  Bremen  und  Pommern  in  das  im  vorigen  Monat  August  allda 
aufgerichtete  foedus  defensivum  mit  eingetreten-).  Spörcke  ist  sehr  gegen  die 
von  den  Generalstaaten  geforderte  Ueberlassung  von  4000  Soldaten  seitens  der 
braunschweigischen  Fürsten^).  Kramprich  berichtet  aus  dem  Haag  den  Ab- 
schluss  des  Friedens  zwischen  Spanien  und  Portugal''). 


')     Die  Worte  ,zu  erforschen  gesucht"  sind  vom  Herausgeber  hinzugefügt. 
-)     Vergl.  Köcher  1.  c  I.  583  if. 
^)     Vergl.  Köcher  1.  c.  I.  582. 

*)     Der  Friede  wurde  am  13.  Februar  1C6S  geschlo.sseu ;  Druck  des  Vertrages  bei 
Du  Mont  1.  c.  VII.  1  70  ff. 


Der  cellische  Gesandte  in   Berlin.     Waldeck.     Frankreichs  Pläne.  o79 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   19.  März   1668.   (Or.) 

[Klagen  Schwerin's  über  Misachtung  des  Kurfürsten  in  Wien.  Waldeck's  Erhebung 
in  den  Fürstenstand.  Polnische  Wahlsache.  Projectirte  Reise  des  Kurfürsten  nach 
Preussen.     Unterredung    des  Goess   mit  Schwerin   und   mit   dem  Kurfürsten  bezüglich 

Frankreichs.] 

Schwerin  beklagt  sich  im  Namen  des  Kurfürsten  über  die  geringe  Beach-  19  März, 
tung  der  kurfürstlichen  Wünsche  in  Wien ;  so  sei  die  von  Friedrich  Wil- 
helm gewünschte  Erhebung  des  Grafen  von  Waldeck  in  den  Fürstenstand  nicht 
erfolgt  und  statt  den  Neuburger  in  seinem  Bestreben  um  die  polnische 
Krone,  wie  Brandenburg  es  wünsche,  zu  unterstützen,  dem  Lothringer  zu 
dieser  Würde  zu  verhelfen  versucht  worden.  Der  Kurfürst  theilt  Goess  mit. 
dass  er  im  Juni  nach  Preussen  reisen  w^erde,  weil  die  wirthschaftlichen  Ver- 
hältnisse seine  Anwesenheit  daselbst  erforderlich  machen;  Goess  glaubt  aber 
die  Reise  habe  andere  Gründe,  und  zwar  hänge  dieselbe  mit  der  Abdication 
des  Polenkönigs  zusammen.  . . . 

Als  ich  mit  dem  Baron  von  Schwerin  wegen  des  geschlossenen 
Friedens  zwischen  Spanien  und  Portugal  und  der  von  Marques  de  Castel- 
Rodrigo  acceptirten  alternativae ')  und  jetzigen  Zustand  der  Sachen, 
da  entweder  der  König  in  Frankreich  auch  die  alternativam  annehmen, 
oder  die  Mascara  herunter  nehmen  miisste,  geredt;  fragte  ich  ihn,  ob 
er  nit  vermeinete,  dass  es  nun  Zeit  wäre,  unsere  consilia  etwas  näher 
zusammen  zu  tragen;...  er  antwortete  fere  in  generalibus;  sie  wären 
frei  und  zu  nichts  verbunden,  als  zu  Vermittelung  eines  raisonablen 
Friedens;  man  hoffe  doch  der  König  in  Frankreich  werde  sich  hierzu 
bequemen;  der  Churfürst  sagte  mir  von  den  seinigen  Nachricht  zu  haben, 
dass  der  Stillstand  bis  auf  den  15.  Mai  eingewilligt. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  26.  März  1668.  (Or.) 

[Haltung    Pirandenburgs    bezüglich    der    spanisch -französischen    Verwickelungen,    der 
polnischen  Wahl  und  der  haagischen  Allianz.] 

Es   laufen   Nachrichten    ein,    dass   grosse   Hoffnung   auf  Durchführung   des  26.  Mäiz. 
Friedens  zwischen  Spanien  und  Frankreich   sei.     In  Berlin  will  man   sich  trotz 
aller  Reden  des  Goess,   der  an  den  Frieden  nicht  glaubt,   in   eine  festere  Eini- 
gung  nicht    einlassen.     Nachrichten  aus  Polen  zeigen,  dass  die  Abdication  des 
Königs  beschlossene  Sache  ist.     Schwerin  spricht  von  neuem  für  den  Neuburger, 


')  Die  Alternative,  welche  Castel-Rodrigo  wählte,  war,  die  Freigrafschaft  bleibt 
spanisch,  dagegen  sollen  den  Franzosen  die  von  ihnen  eroberten  Plätze  in  den  Nie- 
derlanden überlassen  werden.  Yergl.  Ranke,  Franz.  Gesch.  III.  239:  Mignet  I.e.  II. 
620 ff.;  Lefevre-Pontalis  1.  c.  I.  468 ff. 


380      I^-  Ki'-~^te  Mission  des  Freiherrn  Joiiann  von  Goess.     Jan.  1665  —  Mai  1668. 

erklärt  ancJi  Schweden  sei  sehr  für  denselben.  In  die  haagische  Allianz  ist 
der  Kurfürst  noch  nicht  eingetreten.  Der  kurfürstliche  Resident  im  Haag.  Copes, 
berichtet,  dass  er  bisher  keine  Hoffnung  auf  Subsidien  seitens  der  General- 
staaten machen  könne. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  April  1668.    (Or.) 

[Geringe  Hoffnung  auf  Herstellung  des  spanisch-französischen  Friedens.  Unterredung 
des  Goess  mit  dem  schwedischen  Residenten  und  mit  dem  Kurfürsten  über  des  Kaisers 
Haltung  in  der  polnischen  Wahlsache.  Niederländische  Sache.  Haltung  des  Kur- 
fürsten bezüglich  der  Haager  Allianz.  Pöllnitz  und  Jleinders.  Geplante  Unterredung 
des  Kurfürsten  mit  Wrangel.] 

6.  April.  Die  Hoffnung  auf  Frieden  zwischen  Spanien  und  Frankreich  wird  immer  ge- 

ringer, der  hiesige  Hof  hofft  zwar  noch  auf  Frieden,  aber  bei  weitem  weniger  zuver- 
sichtlich als  vorher.  Der  Kurfürst  erwähnt  dem  schwedischen  Residenten  gegen- 
über die  Pläne  des  Czaren,  den  polnischen  Thron  für  seinen  Sohn  zu  gewinnen, 
und  dass  er  fürchte,  der  Kaiser  unterstütze  ihn,  indem  er  willens  sei  eine 
oesterreichische  Princessin  mit  dem  jungen  Fürsten  zu  vermählen.  Goess  zeigt, 
wie  ungerecht  und  unlogisch  ein  solcher  Vorwurf  sei.  I.  Ch.  D.,  dero  zwei- 
felsohne nit  lieb  gewesen,  dass  ich  dieses  alles  eben  in  Beisein  des 
schwedischen  Residenten,  dahin  man  zielt  und  uns  bei  Schweden  ver- 
diichtig  machen  will,  vorgebracht,  schaueten  bei  diesem  Discurs  immer 
zum  Fenster  hinaus.  .  .  .  Als  bei  diesem  Discurs  mit  dem  Churfürsten  auch 
wegen  des  niederländischen  Werk  Meldung  geschehen  und  der  Scrupul 
wegen  des  Marques  de  Castel-Rodrigo  Pienipotenz,  weiln  dieselbe  lang  vor 
der  Alternative  emanirt,  nit  für  unbillig  gehalten  werden  wollen  und  ich 
herentgegen  vorgestellt,  dass  die  Alternative  allein  conditiones  pacis  respi- 
cire,  auf  welche  der  Marques  amplissime  instruirt  und  er  endlichen  seine 
actiones  zu  verantworten;  hat  nach  meinem  Abzug  der  Churfiirst  zum 
Residenten  gesagt,  ich  nähme  mich  heisser  der  Spanier  an,  als  E.  K.  M. 
Selbsten  nit  thäten. 

Wegen  Miteintretung  in  das  haagische  foedus  haben  S.  Ch.  D.  gegen 
gemelten  Residenten  diesmalen  auch  gemelt,  dass  es  darmit  gut  Zeit 
hätte.  Ich  vermerke,  dass  sie  die  von  den  Herzogen  von  Lüneburg  ge- 
schehene Ueberlassung  theils  ihrer  Völker  an  den  Staaten  General  nit 
approbiren^);  sie  haben  nit  gute  Opinion  de  statu  interno  Angliae  und 
ominiren  fast  sinistra  von  Holland,  und  sonderlich  von  dem  Pensionario 
de  Witt  bleibt  immerzu  einige  Aversion.  Als  Meldung  geschehen 
wegen  des  Mechelischen  compromissi,    darvon  sie  sagten,    dass  Holland 


•)     Vergl.  Küoher  1.  c.  I.  588ff 


Spanisch-franz.  Frieden  betreffend.    Polnische  Wahlsache.    Haagische  Allianz.      381 

wollte  resiliiren,  ich  aber  suggerirete,  dass  sie  solcher  gestalt  viara  facti 
und  die  oft  angedrohete  executiones  per  forza  widerum  zu  besorgen, 
antworteten  sie,  wann's  darzu  käme,  würden  sie  solche  resolutiones 
nehmen,  dass  es  Holland  noch  lang  nach  ihrem  Tod  gereuen  würde. 
Pölliiitz  und  Meinders  dürften  auf  der  Rückreise  nach  Berlin  begriffen  sein. 
Der  beabsichtigten  Unterredung  zwisclien  dem  Kurfürsten  und  Wränge!  stellen 
sich  Schwierigkeiten  in  den  Weg. 


Die  Weisungen  aus  dieser  Zeit  enthalten  nichts  von  Bedeutung;  der  Kaiser 
erklärt,  bis  die' Verhältnisse  sich  geklärt,  keine  neuen  Befehle  geben  zu  können 
und  bei  den  bisher  gefassten  Beschlössen,  insbesondere  auch  bezüglich  des  pol- 
nischen Wahlwesens,  verbleiben  zu  müssen.    (Weisungen  vom  16.  März,  18.  April). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Beilin  20.  April  1668.    (Or.) 

[Mission  Detlefs  von  Ahlefekl.     Klagen  desselben  über  des  Kaisers  Vorgehen.     Unter- 
redung des  Goess  mit  demselben.     Heirath  des  Kurfürsten.] 

Detlef  von  Ahlefeld  ist  angekommen,  reist  zum  Kurfürsten  nach  Lehnin.  20.  April. 
Seine  Mission  betrifft  das  oldenburgische  Successionswerk ,  den  Zoll  auf  der 
Weser  und  dergleichen.  Er  beklagt  sich  Goess  gegenüber  wegen  des  Kaisers 
Vorgehen  in  diesen  Angelegenheiten.  Goess  widerlegt  diese  Klagen  und  rätli 
gütliche  Beilegung  des  Successionsstreites.  Der  dänische  Gesandte  erwidert, 
sein  Herr  wolle  eine  Summe  Geldes  hergeben;  Herzog  Joachim  Ernst  wollte 
Land  und  Leut  haben,  und  gleichsam  statum  in  statu  formiren;  darzu 
würden  sie's  nie  kommen  las.sen.  Ahlefeld  berichtet  auch,  dass  die  Gene- 
ralstaaten seinen  Herrn  zum  Eintritt  in  die  haagische  Allianz  eingeladen  hätten. 
Die  Heirath  des  Kurfürsten  mit  der  verwittweten  Fürstin  von  Celle  wird  immer 
wahrscheinlicher 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  April  1665.  (Or.) 

[Millet's  Erklärungen    in   der   Friedensfrage.     WrangeFs  Neigung   für  eine  Österreich- 
schwedische  Allianz.] 

Millet  erklärt  dem  Schwerin  und  dem  Goess,  sein  König  habe  in  die  Ver-  27.  April 
längerung  des  Waffenstillstandes  gewilligt;  der  Friede  dürfte  daher  bald  erfolgen. 
Der  schwedische  Resident  ist  aus  Pommern  zurück,   hat  Wrangel  in  günstiger 
Stimmung  für  eine  Allianz  mit  dem  Wiener  Hofe  gefunden.     Wrangel  wünscht 
die  Beschleunigung  der  Verhandlungen '). 

')     Vergl.  für  die  schwedisch-österreich  Beziehungen  dieser  Zeit  Carlsou  I.e.  [V.508f. 


382      '^'-  Ki'ste  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Jan.  1G65  —  Mai  1668. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  Mai  1668.  (Or.) 

[Unterredung    des   Goess    mit   Schwerin  über  die    niederländische  Angelegenheit  und 
Brandenburgs  Interessen  bei  derselben.     Geplante  Heirath  des  Kurfürsten.] 

4.  Mai.  Der  Kurfürst  ist  vom  Lande   in   die  Stadt  zurückgekehrt,  woselbst  er  die 

Nachricht  von  dem  Abschlüsse  des  Friedens  zwischen  Spanien  und  Frankreich 
erhält').  Der  Baron  von  Schwerin  hat  darbet  frei  bekennt,  dass  dieser 
Fried  nit  also  gethan,  noch  die  Sachen  in  solchem  Stand  gesetzt  wer- 
den, dass  man  grosse  Ursach  habe  sich  darüber  7a\  erfreuen;  ausser  dass 
der  cursus  armorum  Gallicorum  sistirt  würde.  Man  vernehme,  dass  die 
Königin  in  Hispanien  dem  Marques  de  Castel-Rodrigo  Ordre  gegeben, 
alles  zu  unterschreiben,  was  ihm  vorgelegt  würde;  welches  ich  insinuirte, 
dass  intra  terminos  alternativae  müsste  verstanden  werden,  er  aber  dahin 
deutete,  dass  man  spanischer  Seiten  etwa  gedachte,  alles  dieses  wider- 
um  über  Häuf  zn  werfen,  oder  wohl  sich  künftig  mit  Frankreich  oder 
England  wegen  der  Niederlanden  zu  vergleichen  und  Holland  ihres 
jetzigen  procedere  gereuen  zu  machen;  insinuando  mithin,  was  er  dem 
de  Lisola  zum  öftern  gesagt  hätte,  dass  er  wünschen  möchte,  dass  der 
Churfürst,  sein  Herr,  etwas  in  Sicilien  oder  anderswo  hätte,  was  man 
mit  dem  Obergelderland  vertauschen  und  also  der  Churfürst  des  Königs 
in  Hispanien  vasallus  werden  künnte.  Ad  quae  ego,  wann  sie  meinen 
guten  Rath  gefolgt,  dem  König  in  Hispanien  assistirt  und  ein  Theil  des 
Gelderlands  zur  Hypothec  der  vorschiessenden  Gelder  angenommen,  wie 
ich  ihm\s  proponirt  bei  des  Herrn  Markgrafen  von  Baden  Negociation 
bei  diesem  Huf,  möchte  es  eine  gute  Disposition  hierzu  gewesen  sein. 
Er  hat  mir  auch  gesagt,  dass  auch  diejenige  unter  ihren  Leuten,  welche 
am  meisten  gerathen,  dass  S.  Ch.  D.  in  das  haagische  foedus  mit  ein- 
treten sollten,  nun  bekennen,  dass  wohl  geschehen,  dass  man's  nit  ge- 
than, als  wann  man  nun  befunde,  dass  Holland  hierbei  gefährliche 
diseigni  führe  und  gleichsam  mit  Frankreich  colludire.  ...  Er  wollte 
nit  zustehen,  massen  ich's  iusinuirete,  dass  sie  hierin  Reflexion  auf 
Frankreich  genommen;  gestünde  doch,  dass  auf  Polen,  quod  tamen  hie 
idem  est  ...  Des  Churfürsten  Heirath  mit  der  vervvittibten  Herzogin 
zu  CelP),  haltet  man  für  gewiss  und  dass  dieselbe  noch  im  Junio,  post 


')  Der  Friede  wurde  am  2.  Mai  16G8  geschlossen;  vergl.  Du  Mont  1.  c.  YII.i  89ff. : 
Ranke,  Franz.  Gesch.  III.  -241;  Lefevre-Pontalis  I.e.  I.  485f.;  Klopp  I.e.  I.  222  ff.; 
Mignet  1.  c.  II.  632 ff. 

-)  Dorothea,  Tochter  Philipps,  Herzogs  von  Holstein-Sonderburg-Gliicksburg; 
vergl.  Orlich  I.e.  I.  .jälff. 


Niederlänilische  Angelegenheit.     Heiratli  des  Kurfürsten.     Oest.-schwed.  Allinnz.      383 

elap.sam  annuni   vicluitatis,  welches  auf  den  18.  eiusdem  sein  ward,  voll- 
zogen werden  werd  und  zwar  sine  pompa. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  11.  Mai  1668.    (Or.) 

[Drängen   der  Schweden  auf  Abschluss    der  oesterreich-schwedischen  Allianz.     Urtheil 
des  Goess.     Geplante  Reise  Giese's  oder  des  Herzogs  von  Neuburg  nach  Wien.] 

Im  Namen  Wrangeis  dringt  der  schwedische  Resident  in  Goess,  dieser  11.  Mai. 
möge  dem  Kaiser  dringend  zum  Abschlüsse  des  Bündnisses  mit  Schweden 
rathen,  weil  sonst  Gefahr  sei,  dass  Schweden  sich  wieder  an  Frankreich  hänge. 
Goess  meint  dem  Residenten  gegenüber,  Schweden  könnte  jetzt,  wo  kein  Krieg 
zu  führen,  seine  Forderungen  herabsetzen.  Ich  l)in  allezeit  der  Meinuua;  oe- 
wesen  und  noch,  dass  man  allen  Fleiss  anzuwenden,  auch  ein  gut  Stück 
Geld  nit  anzusehen,  damit  man  Schweden  von  Frankreich  ab  und  an 
uns  bringe.  Ich  kann  anders  nit  sehen,  als  dass  man  schwedischer 
Seiten  darzu  wohl  inclinirt,  die  Krön  hat  eine  grosse  Reflexion  auf  die 
beide  potentias  maritimas.  als  Eng-  und  Holland  und  sonderlich  auf 
England;  wann  diese  nun  in  dem  foedere  mit  eintreten  sollten,  würde 
es  bei  Schweden  ein  starkes  motivum  sein.  E.  K.  M.  wissen  gnädigst, 
was  für  eine  grosse  Reflexion  dieser  Churfürst  auf  Schweden  zu  machen 
und  möchte  vielleicht  kein  kräftigers  Mittel  gefanden  werden  können 
S.  Ch.  D.  auf  E^  K.  M.  Partei  zu  aff'irmiren,  als  wann  sie  Schweden  mit 
deroselben  wohl  vereinet')  und  mit  einer  guten  Allianz  wohl  verbunden 
sähen;  welches  nun  abermalen  all  viel  gute  Consequenzieu  nach  sich 
ziehen  würde,  sowohl  wegen  der  eigenen  Macht  S^  Ch.  D.,  als  wegen  des 
Absehens,  so  die  andere  Stand  im  Reich  auf  dieselbe  haben.  Der  Kur- 
fürst fragt  oft,  wie  es  mit  den  Verhandlungen  steht-).  Stratman  berichtet  dem 
Goess,  dass  Giese,  vielleicht  aber  der  Herzog  von  Neuburg  selbst,  nach  Wien 
reisen  werde. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  Mai  1668.  (Or.) 

[Gerüchte  von  einer  Einigung  Russlands  und  Spaniens.     Zweck  derselben.     Rückkehr 
des  Pöllnitz  und  des  Meiuders.    Geschenke  für  den  Kurfürsten.    Heirath  des  Kurfürsten.] 

Die  Franzosen  verbreiten  das  Gerücht,  die  Abgesandten  Russlands  in  Ma-  21.  Mai. 
drid  ■')    hätten    der  Königin  beständige  Freundschaft,   Union  Avider  die  Ungläu- 
bigen und  Assistenz  Avider  alle  Feinde   des  Hauses  Habshurg  angetragen,  wenn 


0     Im  Original  das  unverständliche  verinnest. 

-)     Vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  508  f. 

")     Ueber  diese  Gesandtschaft  Theat.  Europ.  X.  901  f. 


384      IV.  Erste  Mission  des  Freiherrii  Johann  von  Goess.     Jan.  If)ß5  —  Mai  10(^8. 

Spanien  die  Wahl  des  zweitgeboreuen  Sohnes  des  Czaren  znni  Pulenkünige  und 
die  Verheirathung  mit  einer  oesterreichischen  Princessin  fördern  wolle.  Nun 
ist  der  zweitgeborene  8  —  9  Jahre  alt.  Trotzdem  wird  die  Sache  hier  ernst 
genommen.  Die  Franzosen  wollen  durch  diese  Gerüchte,  wie  Goess  glaubt, 
die  oesterreicliisch-schwedische  Allianz  hintertreitien.  Meinders  und  Pöllnitz 
sind  aus  Paris  zurückgekehrt;  brachten  dem  Kurfürsten  einen  kostbaren  Degen, 
dessen  Werth  von  einigen  auf  50  000,  von  anderen  aber  auf  20  000  Rthlr.  ge- 
schätzt wird. 

Die  Heirath  des  Kurfürsten  soll  am  25.  Juni  stattfinden.  Ich  vernimm, 
dass  die  Princesse  von  Oratiien')  schon  3  Wochen  an  dem  Churfür.sten 
nit  schreibt;  man  vermeint,  es  seie  wegen  dieser  Heirath,  die  sie  nit 
gern  sehe. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  Mai  1668.    (Or.) 

[Religionsangelegenheiten.     Tod  des  Sparr.] 
25.  Mai.  Goess  denkt  demnächst  nach  Karlsbad  zur  Kur  zu  reisen. 

Vergangenen  Tagen  ist  die  Difficultät  wegen  der  Religion  und  dar- 
über ergangenen  churfürstlichen  Edicten  widerum  geregelt  worden.  Der 
Churfürst  hat  schon  längsten  verboten,  dass  so  Lutherische  als  Refor- 
mirte  sich  enthalten  sollen,  einander  zu  verketzeren  und  zu  verdam- 
men. Weiln  aber  die  churfürstliche  edicta  sehr  ad  specialia  kommen 
und  den  Lutherischen  gedünkt,  dass  sie  Gewissen  halber  hierin  nit  pa- 
riren  künnten,  als  haben  die  Predicanten  sich  geweigert,  gewisse  Revers, 
so  den  edictis  gemäss  verfasst  worden,  zu  beschwören  und  auch  zu 
unterschreiben.  Weiln  man  nun  vermuthet,  dass  sie  von  den  lutheri- 
schen Räthen  gestärkt  worden,  als  haben  L  Ch.  D.  an  dieselbe  begehrt, 
sie  sollten  eine  gewisse  Schrift  unterschreiben  und  sich  obligiren,  dass 
sie  daran  sein  wollen,  dass  gedachte  edicta,  welche  einigermassen  mo- 
derirt  worden,  gehalten  und  wann  etwas  darwider  geschieht,  dem  Chur- 
fürsten  dessen  advertirt  werden;  wann  auch  ihrer  einer  oder  ander  sich 
ad  consensum  fundamentalem  beider  Religion  nit  verstehen  könnte,  so 
solle  er  doch  a  coetu  suo  und  Religionverwaudtschaft  diejenige  nit  aus- 
schliessen,  welche  sich  hierzu  verstünden.  Der  Obermarschalk  Canstein 
hat  diese  Schrift  zwar  unterschrieben;  es  scheint  aber,  dass  er  nun 
Scrupl  darbei  habe  und  sich  beklage,  dass  er  übereilt  worden  und  hat 
er  eine  ausführliche  Declaration  zu  Papier  gesetzt,  wie  und  welcher  ge- 
stalt  er  diese  Schrift  verstehe  und  folgends  unterschrieben,  mit  Begehren, 

*)     Amalie. 


Keliiiionsangelegenheiten.    Allianz  zwischen  dem  Kaiser,  Schweden.  Sachsen  etc.      385 

dass  dieselbe  der  von  ihm  unterschriebenen  Schrift  beigelegt  werde. 
Die  andere  Räthe  alle,  wie  ich  vernimm,  wollen  sich  hierzu  keineswegs 
verstellen.  Meines  Erachtens  ist  es  eine  delicate  Materie,  darin  man 
sehr  behutsam  zu  verfahren.  Des  Churfürsten  Unterthanen  seind  meistens 
Lutherisch  und  sehe  ich,  dass  auch  die  devotiste  gegen  S.  Ch.  D.  sich 
hierüber  bekümmern.  Es  werd  von  einigen  glaubt,  weiln  nun  eine  lu- 
therische Churfürstin  kommen  solle,  dass  man  noch  vorhero  gern  dieses 
Werk  zu  der  Reformirten  Sicherheit  und  Avantagio  zu  behaupten  suche '). 
Sparr  ist  gestorben  ■). 


Goess  au  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  28.  Mai  1668.    (Or.) 

[Rurkersrode's  Rathschläge    bezüglich    einer  Allianz    zwischen   dem  Kaiser,   Schweden, 
Sachsen  und  Braudenhurg.] 

Burkersrode  ist  aus  Dresden  nach  Berlin  gekommen;  wie  Goess  glaubt.  25.  Mai. 
mehr  um  die  Stimmung  des  Berliner  Hofes  zu  erforschen,  als  eines  bestimmten 
Zweckes  halber.  Er  berichtet,  dass  zu  Dresden  von  einer  Allianz  zwischen 
dem  Kaiser,  Schweden.  Sachsen  und  Brandenburg  gesprochen  werde ;  das,s 
Sachsen  nicht  abgeneigt  sei,  aber  die  Verhandlungen  so  geführt  wünsche,  dass 
Frankreich  keine  Jalousie  fasse;  Geld  sei  dazu  in  erster  Linie  notbwendig;  als 
Mittel  dasselbe  aufzubringen,  schlägt  er  die  Besteuerung  der  Unterthanen  vor. 
Goess  denkt  am  29.  Mai  nach  Karlsbad  zu  reisen. 

')  Für  die  religiösen  Verhältnisse  im  allgemeinen;  Brandes,  Geschichte  der  kirch- 
lichen Politik  des  Hauses  Brandenburg  I.  229ft'. ;  Hugo  Landwehr,  Die  kirchlichen 
Zustände  der  Mark  unter  dem  Grossen  Kurfürsten,  Forschungen  zur  brandenb.  und 
preuss.  Geschichte,  I.  181  ff.;  Lehmann,  M.,  Preussen  und  die  katholische  Kirche  seit 
lfi4Ü,  L  42  ff.  Für  die  im  Texte  erwähnte  Angelegenheit  insbesondere,  vergl.  das 
Schj-eiben  des  Kurfürsten  vom   Ib.  Juli  16G8:  Orlich  I.  c.  HI.  175. 

-)  Otto  Christoph  Freiherr  \  on  Sparr,  Generalfeklmarschall:  er  starb  am  9.  Mai; 
Klaproth  1.  c.  354 f. 


Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfih-sten.     XTV.  25 


V. 

Zweite  Mission 

des  FreilieiTn  Johauu  von  Goess. 

Oct.  1668 -Sept.  1671. 


25* 


Einleitung. 


Die  erste  Mission  des  Freiherrn  von  Goess  war  oline  besondere  Erfolge 
geblieben.  Wohl  hatte  sich  Friedrich  Wilhelm  zur  Erneuerung  der  Allianz  von 
1658  entschlossen  und  bezüglich  der  Reichsangelegenheiten  eine  dem  Kaiser 
günstige  Haltung  beobachtet;  allein  er  hatte  dies  letztere  nur  insoweit  gethan, 
als  die  Interessen  des  Kaisers  denen  seiner  Mitkurfürsten  und  seinen  eigenen 
nicht  zuwiderliefen;  und  wenn  er  sich  die  Erneuerung  der  Allianz  von  1658 
hatte  gefallen  lassen,  so  hatte  er  doch  zu  gleicher  Zeit  mit  anderen  Mächten 
Abkommen  getroffen,  die  den  Werth  des  mit  Leopold  eingegangenen  Bündnisses 
wesentlich  beeinträchtigten.  Zumal  aber  während  des  Verlaufes  des  ersten 
Devolutionskrieges  trat  eine  bedenkliche  Verschlechterung  in  den  Beziehungen 
der  beiden  Staaten  ein.  Das  zögernde  Benehmen  des  Wiener  Hofes,  des  Kaisers 
entschiedene  Weigerung  durch  ein  energisches  Eingreifen  dem  in  den  Nieder- 
landen geführten  Kampfe  eine  entscheidende  W'endung  zu  geben,  verletzten  den 
Kurfürsten,  der  im  Laufe  des  Jahres  1667  sehr  lebhaft  an  dem  Plane  einer 
gemeinsamen  Abwehr  der  französischen  Uebergriffe  gearbeitet  hatte.  Immer 
fester  fasste  der  Gedanke  bei  Friedrich  Wilhelm  Wurzel,  dass  der  AViener  Hof 
es  mit  seinen  Erklärungen  gegen  Frankreich  nicht  ehrlich  meine,  dass  geheime 
Abmachungen  zum  isachtheile  der  Protestanten  zwischen  den  beiden  Höfen  ge- 
plant würden,  und  dieser  Gedanke  bewog  ihn,  da  er  auch  bei  den  Staaten 
Avenig  Entgegenkommen  fand .  in  rascher  Wendung  mit  Frankreich  ein  Ab- 
kommen zu  treffen ,  durch  das  er  sich  zur  Neutralität  im  niederländischen 
Kriege  gegen  das  Versprechen  Ludwig  XIV.  verpflichtete,  seine  Wünsche  in 
der  polnischen  Wahlfrage  zu  berücksichtigen.  Um  so  empfindlicher  musste  es 
ihn  daher  berühren,  als  alle  seine  Bemühungen  den  Kaiser  zu  einem  ähnlichen 
Versprechen  zu  vermögen,  erfolglos  blieben.  Mehr  als  alles  andere  hat,  wie 
aus  den  im  vorigen  Abschnitte  mitgetheilten  Acten  zu  ersehen  ist,  das  wenig 
entgegenkommende  Benehmen  des  AViener  Hofes  in  dieser  Sache  zur  Verstim- 
mung des  Kurfürsten  beigetragen.  Da  geschah  es  nun,  dass  wenige  W^ochen, 
na'chdem  Goess  Berlin  verlassen  hatte,  die  AViener  Regierung  den  Entschluss 
fasste,    die    bisher    in    der    polnischen    AV'ahlfrage    befolgte  Politik    aufzugeben 


390     V.  Zweite  Mission  des  Freihei-rn  .Toliaiui  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.  1671. 

und  —  wenigstens  officiell  —  für  die  Förderung  der  Wahl  des  Neuburgers 
einzutreten ').  Kein  Zweifel,  dass  in  erster  Linie  die  Ereignisse  in  Polen  selbst 
die  Veranlassung  zu  diesem  Umschwünge  in  der  Haltung  des  Wiener  Hofes 
gegeben  haben.  Johann  Casimir  hatte  sich,  aller  Abmahnungen  des  Kaisers 
ungeachtet,  dessen  Interessen  die  Fortdauer  der  Regierung  des  Herrschers  aus 
dem  Hause  Wasa  am  besten  entsprochen  hätte,  im  Laufe  des  Jahres  1668  zur  Ab- 
dankung entschlossen  und  schon  Mitte  des  Jahres  1668  zweifelte  man  in  unter- 
richteten Kreisen  nicht  mehr  daran,  dass  dieselbe  demnächst  erfolgen  werde.  Die 
französische  Partei  in  Polen  war,  obgleich  sie  durch  den  Tod  der  Königin  Marie 
Louise  ihre  bedeutendste  Stütze  verloren  hatte,  noch  immer  eine  überaus 
mächtige;  es  stand  zu  befürchten,  dass  Ludwig  XIV.  eine  fernere  Weigerung 
Leopolds  die  neuburgische  Candidatur  zu  fördern,  benützen  werde,  um  trotz 
all  der  gegebenen  Zusagen  die  Wahl  des  Prinzen  von  Conde  oder  eines  an- 
deren Mitgliedes  seines  Hauses  durchzusetzen,  und  es  war  bei  der  Zersplitterung 
der  Stimmen,  bei  der  Gewinnsucht  einzelner  Magnaten  und  mit  Rücksicht  auf 
die  reichen  Mittel,  welche  den  Vertretern  Ludwig  XIV.  zur  Verfügung  standen, 
mehr  als  zweifelhaft,  ob  es  gelingen  werde,  die  Wahl  eines  französischen  Can- 
didaten  zu  hintertreiben''*).  Unter  allen  Umständen  schien  es  dem  Kaiser,  der 
durch  den  Abgesandten  des  Herzogs  von  Neuburg  immer  wieder  um  Förderung 
der  neuburgischen  Candidatur  angegangen  wurde  und  der  von  den  Wünschen 
und  Bemühungen  des  Brandenburgers  in  dieser  Angelegenheit,  wie  von  dessel- 
ben zur  Förderung  der  pfälzischen  Candidatur  mit  Schweden  und  Frankreich 
abgeschlossenen  Verträgen^)  Kenntniss  hatte,  zweckmässig,  dem  Abgesandten 
des  Neuburgers,  Giese,  die  Versicherung  zu  geben,  dass  er  seinen  ganzen  Ein- 
fluss  aufbieten  werde,  um  die  Wahl  des  Neuburgers  zu  fördern  und  dem  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  von  diesem  Entschlüsse  Mittheilung  zukommen  zu 
lassen.  Schon  am  14.  August  1668  war  Goess,  der,  zu  dieser  Mission  aus- 
ersehen, sich  in  Karlsbad  aufhielt,  in  diesem  Sinne  verständigt  und  beauftragt 
worden,  nach  Berlin  zu  eilen.  Seine  Abreise  verzögerte  sich.  Unterdess  er- 
folgte aber  nicht  allein  am  16.  September  1668  die  Abdankung  des  Polenkönigs, 
sondern  es  lief  zu  gleicher  Zeit  in  Wien  die  Nachricht  ein,  dass  ein  grosser 
Theil  des  polnischen  Adels  auf  das  entschiedenste  gegen  die  Wahl  des  Neu- 
burgers   protestire,    dass   Friedrich  Wilhelm   die  Candidatur   nicht   ernst  nehme 


0  Die  Politik  des  Wiener  Hofes  bei  der  polnischen  Königswahl  von  1669  ver- 
diente eine  besondere  Darstellung;  was  bei  Grauert  „Ueber  die  Thronentsagung  des 
Königs  Kasimir  von  Polen  und  die  Wahl  seines  Nachfolgers"  Sitzber.  der  Wiener  Acad. 
der  Wiss.  VI.,  sich  findet,  genügt  nicht. 

^)  Die  Literatur  über  die  polnische  Königswahl  von  1669  bei  Krebs,  Oskar,  „Vorge- 
schichte der  polnischen  Königswahl  im  Jahre  1669",  Zeitschrift  für  die  Provinz  Posen 
1887;  p.  159  Anm.  Für  Frankreichs  Pläne  überdies  die  Instructionen  für  Beziers  in 
dem  Baude  „Pologne"  der  Recueil  des  Instructions  donnees  aux  ambassadeurs  fran- 
^aises.  I.  p.  53 ff.  und  die  Schrift  Waliszewski's;  Conde  et  d'Enghien,  candidats  au 
trone  de  Pologne. 

^)  Verträge  vom  5./15.  Dec.  1667  mit  Frankreich:  vom  6.  Mai  1668  mit  Schwe- 
den; Mörner  I.e.  321  ff.,  328ff. 


Einleitung.  391 

und  dass  Ludwig  XIV.  daran  sei,  4  —  5000  Mann  nach  Polen  zu  senden,  um 
dort  die  Wahl  in  einer  Frankreichs  Interessen  entsprechenden  Weise  durchzu- 
führen. Um  so  dringender  schien  es  nun  der  AYiener  Regierung  eine  Verein- 
barung in  dieser  Frage  mit  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg  zu  treffen.  Die 
im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Acten  zeigen  den  Verlauf  der  von  dem 
Vertreter  Leopolds  mit  dem  Kurfürsten  und  seinen  Räthen  geführten  Ver- 
handlungen. Goess  empfing  bei  seiner  Ankunft  in  Königsberg,  Avoselbst  der 
Kurfürst  damals  weilte  und  wo  Goess  gegen  Ende  des  Jahres  1668  eintraf,  den 
Eindruck,  dass  alle  Nachrichten  von  einem  Meinungswechsel  des  Kurfürsten 
bezüglich  der  neuburgischen  Candidatur  unbegründet  seien,  dass  Friedrich  Wil- 
helm vielmehr  fester  als  je  entschlossen  sei,  alles  was  in  seiner  Macht  stehe, 
zu  Gunsten  der  Wahl  des  Neuburgers  aufzubieten.  Und  da  nun  der  Kurfürst 
seinerseits  sich  mit  den  von  Goess  im  Namen  seines  Herrn  gegebenen  Ver- 
sicherungen überaus  befriedigt  erklärte,  bestand  die  wesentlichste  Differenz  in 
dieser  Zeit  der  ersten  Verhandlungen  darin,  dass  Goess  an  der  Aufrichtigkeit 
der  französischen  Erklärungen  zu  Gunsten  des  Neuburgers  nicht  recht  glauben, 
Friedrich  Wilhelm  aber  von  einer  Täuschung  nichts  wissen  wollte.  Je  näher 
aber  die  Zeit  der  Wahl  heranrückte,  desto  grösser  A\Tirden  die  Differenzen. 
Denn  während  es  Goess  mit  der  Zeit  gelang  den  Kurfürsten  davon  zu  über- 
zeugen, dass  Ludwig  XIV.  es  mit  der  Förderung  der  neuburgischen  Candidatur 
nicht  ehrlich  meine;  dass  der  Bischof  v.  Beziers,  der  Vertreter  Frankreichs  in  Polen, 
vielmehr  im  geheimen  noch  immer  für  den  Prinzen  von  Conde  agitire,  weigerte  sich 
der  Wiener  Hof  auf  den  Vorschlag  des  Kurfürsten  zur  Begegnung  jeder  derartigen 
Gefahr  einzugehen,  welcher  dahin  gieng,  den  Neuburger,  wenn  nöthig  auch  mit 
Waffengewalt,  gegen  jeden  anderen  von  einem  grösseren  oder  kleineren  Theile 
der  polnischen  Nation  gewählten  Fürsten,  in  seiner  Würde  aufrechtzuerhalten, 
und  bestärkte  dadurch  Friedrich  Wilhelm  in  dem  längst  gefassten  Argwohne, 
dass  auch  der  Wiener  Hof  es  mit  der  Wahl  des  Neuburgers  nicht  ehrlich 
meine,  vielmehr  die  Wahl  des  Prinzen  von  Lothringen  zu  fördern  willens  sei. 
Und  dieses  —  wie  wir  wissen  gerechtfertigte  —  Mistrauen  nahm  immer  zu, 
obgleich  der  Kaiser  und  seine  Vertreter  in  Polen  und  am  kurfürstlichen  Hofe 
nicht  müde  wurden,  das  Gegentheil  zu  behaupten,  und  schwand  auch  dann 
nicht,  als  in  Folge  der  Uneinigkeit  und  des  eigennützigen  Vorgehens  der  inter- 
essirten  Mächte,  die  Polen  sich  zur  Wahl  eines  Eingeborenen  entschlossen.  Denn 
neben  Vorwürfen,  mit  denen  der  Kurfürst  nicht  sparte,  so  oft  der  Wahl  Michael 
Wiesnowiecki's  gedacht  wurde,  bekam  Goess  auch  Aeusserungen  des  Mistrauens 
zu  hören,  das  sich  noch  steigerte,  als  die  Absicht  des  neuen  Polenkönigs  eine 
habsburgische  Prinzessin  heimzuführen,  in  Berlin  bekannt  wurde.  Die  Be- 
ruhigung des  Kurfürsten  bezüglich  der  Pläne  Oesterreichs  in  Polen  und  die 
Vermittelung  zwischen  Friedrich  Wilhelm  und  Michael  Wiesnowiecki  blieb  eine 
der  wesentlichsten  Aufgaben  des  kaiserlichen  Gesandten  am  Berliner  Hofe,  die 
derselbe,  wie  aus  den  im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Acten  zu  ersehen  ist, 
mit  vielem  Geschick  und  nicht  ohne  Erfolg  durchführte. 

In  denselben   Tagen,    da  man  dem   kaiserlichen  Gesandten  die  Instruction 
für  sein  A^'orgehen  in  der  polnischen  Wahlfrage  gab.    wurde  ihm  auch   die   ent- 


302      ^'-  Zweite  Mission  des  Freiherru  Johnnn  von   Goess.     Oct.   16G8 — Sept.  IßTl. 

sprechende  Weisung  üher  die  Haltung  übersendet,  die  er  hezüglicli  der  vielen 
Angelegenheiten  zu  beobachten  habe,  über  die  gerade  damals  zu  Regensburg  sehr 
lebhaft  verhandelt  wurde  und  für  deren  Erledigung  die  Entscheidung  des  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  von  ausschlaggebender  Bedeutung  werden  konnte. 
Schon  während  seines  ersten  Aufenthaltes  am  Berliner  Hofe  hatte  Goess  wieder- 
holt die  Gelegenheit  wahrgenommen  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Reichsange- 
legenheiten zu  sprechen,  und  er  hatte  denselben,  wenn  auch  nicht  bezüglich 
aller,  so  doch  bezüglich  der  Mehrzahl  der  Fragen  in  einer  den  Plänen  Leopolds 
günstigen  Stimmung  angetroffen.  Freilich  hatte  diese  Neigung  des  Kaisers  For- 
derungen zu  unterstützen  sich  stets  innerhalb  der  durch  das  eigene  Interesse 
umgrenzten  Bahnen  bewegt  und  war  in  erster  Linie  dem  Umstände  zuzu- 
schreiben, dass  Friedrich  Wilhelm  den  auf  dem  Reichstage  geplanten  Reorgani- 
sationen nur  sehr  geringes  Gewicht  beimass.  Auch  konnte  es  einem  aufmerk- 
samen Beobachter  nicht  entgehen,  dass  Friedrich  Wilhelm  jedes  bindende  Ver- 
sprechen in  der  Mehrzahl  der  Fälle  zu  vermeiden  suchte  und  seine  Entschei- 
dung in  den  verschiedenen  Reichsfragen  als  ein  geeignetes  Mittel  zu  betrachten 
schien,  um  den  Kaiser  in  anderen  Dingen  zur  Nachgiebigkeit  zu  vermögen. 
Von  all"  den  Fragen,  welche  die  Reorganisation  des  Reiches  betrafen  und  seit  der 
im  Jahre  1663  erfolgten  Eröffnung  des  Reichstages  zu  Regensburg  Gegenstand 
der  Berathung  gewesen  waren,  war  nicht  eine  einzige  erledigt  worden.  Noch 
immer  verhandelte  man  über  die  Sicherheit  des  Reiches,  über  die  Revision  der 
Matrikel,  über  die  Reichskriegsverfassung;  noch  immer  war  die  Frage  der  Wahl- 
capitulation  nicht  erledigt,  eine  Einigung  zwischen  Kurfür.sten  und  Fürsten, 
zwischen  Fürsten  und  Städten .  zwischen  den  evangelischen  und  katholischen 
Reichsständen  nicht  erfolgt. 

Von  Tag  zu  Tag  wuchsen  vielmehr  Uneinigkeit  und  Verwirrung.  Die 
weltliclien  Fürsten  wünschten  die  Macht  des  Kaisers ,  zugleich  aber  aber  auch 
die  der  Kurfürsten  zu  brechen;  die  Kurfürsten  ihrerseits  ihre  Vorrechte  zu 
wahren,  ohne  jedoch  die  auf  Vergrösserung  seiner  Macht  und  seines  Ansehens 
im  Reiche  gerichteten  Bestrebungen  des  Kaisers  billigen,  oder  die  Fürsten  in 
ihrer  Opposition  gegen  das  Reichsoberhaupt  unterstützen  zu  wollen ;  der  Kaiser 
widerum  gieng  darauf  aus  seine  Autorität  auf  Kosten  aller  Reichsstände  zu  ver- 
grössern.  Dieses  eigennützige  Vorgehen  aller  Parteien  kam  aber  keiner  der- 
selben, sondern  lediglich  den  auswärtigen  Mächten,  in  erster  Linie  Frankreich 
zu  Gute,  das  aus  dem  Wirrsal  und  der  gegenseitigen  Befehdung  der  verschiedenen 
Reichstände  Vortheil  zu  ziehen,  seinen  Einfluss  im  Reiche  zu  vergrössern  verstand. 

Gerade  in  jenen  Tagen  nun,  als  Goess  zum  zweiten  Male  an  den  Hof  des 
Kurfürsten  von  Brandenburg  gesendet  Avurde,  befanden  sich  die  Reichsangelegen- 
heiten in  der  grössten  Verwirrung,  drohten  dem  Kaiser  durch  das  Verhalten 
einzelner  Fürsten  schwere  Einbusse  an  Macht  und  Ansehen.  Denn  während 
die  weltlichen  Fürsten  bis  dahin  bei  ihren  Versuchen  die  Macht  des  Kaisers 
durch  den  von  ihnen  projectirten  Appendix  und  Epilog  zur  Wahlcapitulation 
zu  schmälern,  an  den  Kurfürsten  —  mit  Ausnahme  des  von  Baiern  —  ent- 
schiedene Widersacher  gefunden  hatten,  wurde  jetzt  am  Wiener  Hofe  immer 
vernehmlicher    davon    gesprochen,    dass   Friedrich  Wilhelm,    bislang   einer    der 


Einleitung.  393 

treuesten  Verfechter  der  kaiserlichen  Rechte,  schwanke  und  die  Forderungen  der 
Fürsten  zum  grossen  Theile  zu  billigen  vorhabe.  Auch  wurde  gemeldet,  dass  er  be- 
züglich der  den  Kaiser  auf  das  lebhafteste  interessirenden  Frage  nach  der  Autorität 
desselben  über  die  in  Kärnthen  gelegenen  Güter  des  Bischofes  von  Bamberg,  ganz 
entgegen  seinen  früheren  Versprechen,  die  Sache  des  Bischofes  zu  vertreten  sich 
geneigt  zeige,  überdies  aber  seinen  Vertretern  in  Regensburg  Befehl  ertheilt  habe, 
auf  den  baldigen  Schluss  des  Reichstages  zu  dringen.  Dieser  Wechsel  der 
Stimmung  des  Brandenburgers  drohte  dem  Kaiser  um  so  verhängnisvoller  zu 
werden,  als  Frankreich  unterdess  an  das  Reich  mit  der  Forderung  herangetreten 
war,  ihm  seine  durch  den  Frieden  von  Aachen  neuerworbenen  Besitzungen  zu 
garantiren  und  ihm  zugleich  Sitz  und  Stimme  auf  dem  Reichstage  zu  ertheilen 
und  bei  so  manchem  der  Kurfürsten  und  Fürsten  mit  Bestimmtheit  auf  die 
Billigung  und  Förderung  seiner  Pläne  rechnen  durfte.  Um  so  nothwendiger 
schien  es  der  Wiener  Regierung  den  Kurfürsten  von  Brandenburg,  der,  wie 
man  wusste,  von  Frankreich  immer  wieder  mit  grossen  Versprechungen  ange- 
gangen wurde,  von  jedem  Anschlüsse  an  Frankreich  abzuhalten,  und  man  hoffte 
dies  um  so  eher  zu  erreichen,  da  man  den  Wünschen  des  Kurfürsten  in  der 
polnischen  Wahlfrage  Rechnung  trug.  Die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten 
Documente  zeigen  den  Verlauf  der  Unterhandlungen,  die  in  den  Jahren  1669 
bis  1671  von  Goess  bezüglich  der  Reichsangelegenheiten  gepflogen  worden  sind. 
Sie  zeigen  ganz  deutlich,  in  wie  hohem  Grade  der  Kurfürst  seine  Erklärungen 
in  diesen  Dingen  von  dem  Stande  der  allgemeinen  Verhältnisse  abhängen  Hess, 
wie  geschickt  er  bindenden  Versprechen  aus  dem  Wege  zu  gehen  verstand 
und  Avie  sehr  er  darauf  ausgieng,  den  Kaiser  für  ein  Entgegenkommen  in  den 
Reichsangelegenheiten  zu  Gegenleistungen  zu  verpflichten.  Als  Goess  gegen 
Ende  des  Jahres  1668  in  Königsberg  erschien,  Mittheilung  von  dem  Entschlüsse 
seiner  Regierung  in  der  polnischen  Successionsfrage  machte  und  zugleich  dem 
Wunsche  des  Kaisers  Ausdruck  verlieh,  mit  dem  Kurfürsten  bezüglich  der  Reichs- 
angelegenheiten zu  einer  Vereinbarung  zu  gelangen,  da  erklärte  Friedrich  Wil- 
helm, in  der  Bambergerfrage  müsse  das  Recht  des  Kaisers,  das  er  vollkommen 
anerkenne,  gewahrt  werden,  er  zeigte  sich  ganz  damit  einverstanden,  dass  der 
Schluss  des  Reichstages  solange  verschoben  Averde,  bis  wenigstens  in  den  wich- 
tigsten Angelegenheiten,  in  der  Frage  der  allgemeinen  Sicherheit  und  der  Be- 
steuerung der  einzelnen  Reichsstände  eine  Entscheidung  erfolgt  sei,  er  ver- 
pflichtete sich,  dem  Kaiser  bei  der  Beschaffung  von  Römermonaten  behilflich 
zu  sein  und  sprach  sich  auf  das  entschiedenste  dahin  aus,  dass  man  dem  Fran- 
zosenkönige weder  Sitz  noch  Stimme  auf  dem  Reichstage  gewähren  dürfe  und 
auch  das  Zugeständnis  der  Garantie  für  seinen  neuerworbenen  Besitz  erst  zum 
Gegenstande  eingehender  Berathungen  machen  müsse.  Je  grösser  aber  im  Ver- 
laufe des  Jahres  1669  das  Mistrauen  des  Kurfürsten  in  die  Politik  des  Wiener 
Hofes  wurde,  je  weniger  er  des  Kaisers  Verhalten  in  der  polnischen  Walilfrage 
und  gegenüber  den  durch  die  Tripleallianz  geeinigten  Mächten  billigte,  desto 
weniger  vermochte  Goess  trotz  allem  Bitten  und  Drängen  den  Kurfürsten  zu 
definitiven  Erklärungen  bezüglich  all  dieser  Fragen  zu  vermögen.  Friedrich 
Wilhelm  zeigte   vielmehr  immer  geringere  Neigung  des  Kaisers  Pläne   zu   für- 


394      V.    Zweite  Mission  des  Fieiherin  Johann  von  (ioess.     Oct.   Iß68  —  Sept.   1G71. 

(lern.  Hatte  er  zu  Beginn  des  Jalires  1669  die  Forderung  des  Kaisers  an  die 
Reichsstände  bezüglich  der  Römermonate  zu  unterstützen  versprochen,  —  aller- 
dings nicht  ohne  für  sich  Befreiung  von  jedem  Beitrage  zu  fordern  —  so  er- 
klärte er  im  Sommer  desselben  Jahres  des  Kaisers  Begehren  überhaupt  nicht 
erfüllen  zu  können.  Und  wenn  er  zu  Beginn  des  Jahres  die  Rechte  des  Kaisers 
in  der  Bambergerfrage  für  unanfechtbare  erklärt  und  diese  Auifassung  bis  aufs 
äusserste  zu  vertreten  sich  bereit  gezeigt  hatte,  so  glaubte  Goess  aus  des  Kur- 
fürsten Haltung  am  Schlüsse  des  Jahres,  als  dieser  sich  von  allen  Seiten  be- 
droht und  verletzt  durch  das  Vorgehen  des  kaiserlichen  Gesandten  in  Warschau ') 
und  durch  die  Haltung  Leopolds  in  der  Tripleallianzfrage-),  an  Frankreich  an- 
geschlossen hatte,  zu  erkennen,  dass  derselbe  auch  bezüglich  dieser  Angelegen- 
heit nicht  mehr  geneigt  sei  des  Kaisers  Interesse  wahrzunehmen.  Die  erregten 
Debatten,  die  in  jenen  Tagen  zwischen  den  kurfürstlichen  Räthen  Jena  und 
Meinders  einer-  und  Goess  anderseits  stattfanden,  in  denen  die  Vertreter  Friedrich 
Wilhelms  wiederholt  darauf  hinwiesen,  dass  ihr  Herr  von  Leopold  seit  des  Goess 
Anwesenheit  in  Berlin  in  keiner  Sache  gefördert  worden  sei.  für  keine  Unbill 
Genugthuung  erlangt  habe  und  ihrer  Unzufriedenheit  mit  des  Kaisers  Benehmen 
unverhüllten  Ausdruck  verliehen,  zeigen  auf  das  deutlichste  die  Verbitterung  des 
Berliner  Hofes.  Diese  fand  denn  auch  ihren  Ausdruck  in  der  Entschiedenheit, 
mit  welcher  Friedrich  Wilhelm  sich  gegen  den  von  Mainz  in  Vorschlag  ge- 
brachten Antrag  aussprach,  nach  welchem  in  Berücksichtigung  der  resultatlosen 
Verhandlungen  in  Regensburg,  ein  Collegialtag  zur  Erneuerung  des  Kurvereines 
und  zur  Aufnahme  der  Krone  Böhmen  in  denselben  gehalten  werden  sollte, 
wie  in  der  Heftigkeit,  mit  der  er  sich  gegen  die  von  dem  Kaiser  gewünschte 
Aufnahme  einer  Clausel  in  die  Executionsordnung  aussprach,  nach  der  es  den 
Kurfürsten,  Fürsten  und  Ständen  nicht  erlaubt  sein  sollte,  ohne  Vorwissen  und 
Belieben'des  Kaisers  und  der  Kreisobersten  zu  werben  oder  werben  zu  lassen  ^). 
Alle  Bemühungen  des  kaiserlichen  Gesandten  den  Kurfürsten  in  diesem  Punkte 
zur  i^achgiebigkeit  zu  vermögen,  blieben  erfolglos.  Ja  zu  einer  Zeit,  zu  Beginn 
des  Jahres  1670,  schien  es  sogar,  als  werde  sich  derselbe  rückhaltslos  den 
Gegnern  Oesterreichs  anschliessen,  mit  Köln  und  Baiern  für  den  Abbruch  der 
Regensburger  Verhandlungen  eintreten.  Allein  Friedrich  Wilhelm  war  ein  viel 
zu  erfahrener  Staatsmann,  als  dass  er  sich  zu  einem  solchen  Schritte  hätte  hin- 
reissen  lassen.  Er  wusste  sehr  wohl,  dass  die  gänzliche  Vernichtung  der  kaiser- 
lichen Autorität  im  Reiche  seinem  Interesse  ebensowenig  entspreche ,  als  eine 
Stärkung  derselben;  dass  ein  geschicktes  Laviren  zwischen  den  von  dem 
mächtigen  Herrscher  im  AVesten  beeinflussten  Reichsständen  und  dem  Reichs- 
oberhaupte seinem  im  Aufblühen  begriffenen  Staate  am  vortheilhaftesten  sei; 
dass  es  daher  auch  seinem  Interesse  mehr  entsprach,  den  Kaiser  durch  ein 
zögerndes,  zurückhaltendes,   aber  nicht  abweisendes  Benehmen  zu  weiteren  Zu- 


')     Für  diese  Angelegenheit  vergl.  Puf.  1.  c.  X.  85;  Droysen  1.  c.  III. 3  264f. 
-)     Für  Oesterreichs  Beziehungen  zu  den  AUiirten  nach  dem  Frieden  von  Aachen 
vergl.  Wolf,  A.,  Wenzel  Lobkowitz  37()fF. 
^)     Vergl.  Droysen  1.  c.lir.3  354f. 


f 


Einleitung.  395 

geständnissen  zu  vermögen ,  als  denselben  durch  die  entschiedene  Weigerung 
in  irgend  welcher  Hinsicht  für  seine  Pläne  zu  wirken,  zu  den  äussersten  Mass- 
regeln zu  treiben.  Daher  das  stete  Schwanken  zwischen  gewähren  und  xer- 
sagen,  das  bald  entgegenkommende,  bald  zurückhaltende  Benehmen  des  Kur- 
fürsten, wenn  Goess,  was  in  den  Jahren  1670  und  1671  wiederholt  geschah, 
die  Gelegenheit  wahrnahm  mit  dem  Kurfürsten  über  Reichsanlegenheiten  zu 
sprechen.  Freilich  gewisse  Fragen  gab  es,  bezüglich  derer  der  Kurfürst  und 
dessen  Käthe  eine  ganze  entschiedene  Ansicht  sich  gebildet  hatten,  von  der  sie 
nicht  Hessen.  Zu  diesen  Fragen  gehörte  die  bereits  erwähnte  über  die  Clausel, 
welche  Leopold  in  die  Executionsordnung  aufgenommen  zu  sehen  wünschte,  nach 
welcher  es  Kurfürsten,  Fürsten  und  Ständen  nicht  gestattet  sein  sollte,  ohne  Vor- 
wissen und  Billigung  des  Kaisers  und  der  Kreisobersten  zu  werben  oder  werben 
zu  lassen.  Denn  welche  Mühe  sich  auch  Goess  geben  mochte,  das  der  landesherr- 
lichen Macht  verderbliche  dieser  Clausel  zu  bemänteln;  wie  energisch  er  auch 
darauf  hinweisen  mochte,  dass  der  Kaiser  von  den  Fürsten  eigentlich  nicht 
mehr  fordere ,  als  was  von  ihm  durch  das  Verbot  bei  den  Reichsfürsten  ohne 
Genehmigung  des  Reiches  zu  werben,  gefordert  worden  sei ,  Friedrich  Wilhelm 
liess  sich  von  der  Ueberzeugung  nicht  abbringen,  dass  durch  die  Aufnahme 
einer  solchen  Clausel  das  den  Fürsten  durch  die  Bestimmungen  des  westphäli- 
schen  Friedens  gewährleistete  Recht  der  freien  Action  in  bedenklicher  Weise 
geschmälert  werden  würde  und  beharrte  unerschütterlich  bei  seiner  Ansicht, 
dass  von  der  Einfügung  einer  solchen  Clausel  abgesehen  und  alles  beim  Alten 
gelassen  werden  müsse.  Und  ebenso  bestimmt  wie  in  diesem  Punkte  lautete 
der  Protest,  den  Friedrich  Wilhelm  gegen  den  kaiserlichen  Bescheid  erhob, 
durch  den  der  Kaiser  in  der  wichtigen  Frage,  ob  die  Landstände  oder  ihre 
Herren  über  das  Mass  dessen  zu  entscheiden  hätten,  was  die  Landstände  zum 
Unterhalte  der  einzelnen  Garnisonen  und  Festungen  beitragen  sollten,  sich 
mehr  auf  die  Seite  der  Stände  stellte,  indem  er  die  von  den  Fürsten  geforderte 
Extension  des  §  Und  gleich  wie')  für  die  Territorien  „wo  ein  mehr  nicht 
gleichmässig  hergebracht-'  ablehnte  und  den  Unterthanen  und  Landständen  falls 
sie  unbillig  beschwert  würden,  den  AVeg  Rechtens  offen  hielt.  Allein  gerade 
bei  dieser  Gelegenheit  zeigte  sich  der  wesentliche  Unterschied  der  Opposition 
des  Kurfürsten  von  Brandenburg  und  jener  Reichsstände,  die  im  Bunde  mit 
Frankreich  die  völlige  Untergrabung  der  kaiserlichen  Autorität  erstrebten.  Denn 
diese  —  Baiern  und  Köln  allen  anderen  voran  —  suchten  diese  Gelegenheit 
zu  benützen,  um  den  Reichstag  aufzulösen  und  entwarfen,  als  dieser  Plan  nicht 
zum  letzten  durch  die  Erklärung  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  gescheitert 
war,  dass  die  Weigerung  des  Kaisers  in  diesem  Punkte  die  Wünsche  der  Fürsten 
zu  erfüllen  nicht  hinreichend  sei  jede  Theilnahme  an  der  Ordnung  der  übrigen 
Reichsangelegenheiten  zu  weigern,  eine  Allianz,  die  sich  nicht  allein  gegen  die 
Aviderspenstigen  Unterthanen,  sondern  auch  gegen  jene  richtete,  die  den  Unter- 
thanen Beistand  leisten  würden  —  womit   in    erster  Linie   der  Kaiser   semeint 


')     Der  §  Und  gleich  wie  ist  der  180 te  des  Reichsabschiedes  von  1654,  Abdruck 
bei  Lünig,  Reichsarchiv  p.  gen.  L  620;  Mörner  1.  c.  697  Anni. 


396      V.   Zweite  Mission  des  Freilierrn  Johann  von  Goess.     Oct.  If)ß8  — Sept.  1671. 

war  —  und  beschlossen  zu  diesem  Behufe  die  Unterstützung  der  „fremden 
compaciscirenden  Kronen"  anzurufen.  Friedrich  Wilhelm  aber  weigerte  seinen 
Beitritt  zu  einer  solchen  Verbindung  und  wusste  die  übrigen  Alliirten  zur  An- 
nahme eines  Projectes  ?u  vermögen,  das  darcli  die  vorsichtige  Form,  in  der 
dem  Widerstände  gegen  die  Unterstützer  der  Stände  Ausdruck  verliehen  und 
von  den  im  Falle  eines  Angriffes  zu  ergreifenden  Massregeln  ge,sprochen  wurde, 
sehr  vortheilhaft  von  dem  ursprünglichen  Projecte  abstach  und  es  Friedrich 
Wilhelm  ermöglichte,  dem  Kaiser  zugleich  mit  der  Mittheilung  von  dem  Ab- 
schlüsse des  Bündnisses  die  Versicherung  zu  geben ,  dass  er  nach  wie  vor  die 
Interessen  des  Kaisers  in  allen  Stücken  wahrzunehmen  entschlossen  sei.  Und 
da  der  Kurfürst  zur  selben  Zeit,  da  die  Allianz  der  Extendisten')  zu  Stande 
kam,  in  der  Bamberger  Streitfrage  eine  dem  Kaiser  günstige  Haltung  beobachtete 
und  sich  auch  bezüglich  anderer  Punkte  zu  einer  Verständigung  geneigt  zeigte, 
so  erreichte  er,  dass  Leopold,  obgleich  erzürnt  über  des  Kurfürsten  Vorgehen, 
die  Verhandlungen  mit  demselben  nicht  abbrach,  vielmehr  später,  als  er  die 
Möglichkeit  die  Reorganisation  in  Regensburg  durchzuführen,  schwinden  sah, 
immer  ernster  sich  bemühte,  den  Brandenburger  durch  ein  Particularbündnis 
für  die  Förderung  seiner  Reichspläne  zu  gewinnen,  ein  Versuch,  dessen  Ge- 
lingen von  dem  Verlaufe  der  seit  langen  über  die  Fragen  der  allgemeinen  euro- 
päischen Politik  gepflogenen  Unterhandlungen  abhängen  musste. 

Wir  erinnern  uns,  dass  Friedrich  Wilhelm,  als  seine  Bemühungen  den 
Kaiser  und  die  Staaten  für  ein  energisches  Eingreifen  in  den  französisch-spa- 
nischen Krieg  zu  gewinnen,  gescheitert  waren,  mit  Frankreich  einen  Vertrag 
geschlossen  hatte,  der  ihn  gegen  entsprechende  Entschädigung  zur  Neutralität 
in  diesem  Kampfe  verpflichtete.  Dieser  Politik  der  bewaffneten  Neutralität 
blieb  nun  der  Kurfürst  auch  nach  dem  Abschlüsse  des  Friedens  von  Aachen 
treu,  obgleich  die  Mitglieder  der  Triplealliauz  und  nicht  weniger  der  Kaiser 
und  der  König  von  Spanien  ihn  immer  von  neuem  von  der  Nothwendigkeit 
und  Vortheilhaftigkeit  des  Anschlusses  an  Frankreichs  Gegner  zu  überzeugen 
suchten  und  obgleich  Ludwig  XIV.  in  seinen  Bemühungen  nicht  nachliess,  ihn 
durch  seine  Vertreter  und  die  seiner  Bundesgenossen  in  Deutschland  unter  Ge- 
währung bedeutender  Concessionen  für  den  gänzlichen  Uebertritt  zu  gewinnen. 
Es  entsprach  eben  dem  Interesse  des  Kurfürsten  von  Brandenburg,  sich  nicht 
voreilig  für  eine  der  beiden  grossen  Parteien,  in  die  das  damalige  Europa  ge- 
spalten war.  zu  entscheiden.  Er  verkannte  durchaus  nicht  die  grosse  Gefahr, 
die  dem  Reiche  von  Frankreich  drohte;  er  wusste  sehr  wohl,  dass  sich  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  in  nicht  allzuferner  Zeit  die  Nothwendigkeit  ergeben 
werde,  den  übermüthigen  Nachbar  in  die  von  ihm  überschrittenen  Grenzen 
zurückzuweisen;  allein  er  täuschte  sich  ebensowenig  darüber,  dass  weder  die 
Staaten,  noch  der  Kaiser,  noch  Spanien  sich  dazu  verstehen  würden,  die  von 
ihm  geforderten,  zur  Erhaltung  seiner  Armee  unerlässlichen  Subsidien  zu  zahlen, 
solange  die  von  Frankreich  einem  oder  mehreren  dieser  Mächte  drohende  Ge- 
fahr in  weiter  Ferne  lag  und  er  wusste  auch,    dass  er  im  gegebenen  Momente 


')     Defensivalliauz   vom  27.  Mai  Ti.  .Juni    llw  I  ;   Moiner  I.e.  342ff. 


Einleitung.  397 

seinen  Anschluss  an  Frankreiclis  Gegner  unter  um  so  vortlieilhafteren  Bedin- 
gungen werde  vollziehen  können,  in  je  innigeren  Beziehungen  er  zu  Ludwig  XIV. 
stehen  würde.  Dazu  kam.  dass  Friedrich  Wilhelm  der  Unterstützung  des  Fran- 
zosenkönigs dringend  bedurfte,  um  seine  Pläne  in  Polen  zur  Durchführung  zu 
bringen  und  bis  zur  Entscheidung  dieser  Frage  alles  zu  vermeiden  wünschte, 
was  Ludwig  XIV.  hätte  verletzen  können.  Dazu  kam  ferner  sein  wie  wir  wissen 
nur  allzu  berechtigtes  Mistrauen  in  die  Aufrichtigkeit  der  Erklärungen  der  eng- 
lischen und  schwedischen  Minister,  seine  entschiedene  Aversion  gegen  den  in 
Holland  herrschenden  Staatsmann,  Jean  de  Witt,  mit  dessen  selbstsüchtiger 
Politik  er  sich  niemals  hatte  einverstanden  erklären  können  und  dem  er  eine 
empfindliche  Niederlage  vom  Herzen  wünschte;  dazu  kam  endlich  der  stete 
Argwohn  Friedrich  Wilhelms,  dass  der  Kaiser,  trotz  all  der  Versicherungen 
von  der  Nothwendigkeit  dem  französischen  Uebergewichte  entgegen  zu  treten, 
mit  dem  Könige  von  Frankreich  auf  Kosten  der  Protestanten  zu  einer  Einigung 
zu  gelangen  wünsche.  Nichts  hat  das  unablässige  Bemühen  des  kaiserlichen 
Gesandten  den  Kurfürsten  für  die  Pläne  Leopolds  zu  gewinnen,  mehr  erschwert, 
als  dieses  Mistrauen  des  Kurfürsten  in  die  Aufrichtigkeit  der  Erklärungen  der 
Wiener  Regierung,  das  seinen  Höhepunkt  erreichte,  als  man  im  Verlaufe  des  Jahres 
1669  eine  wenn  auch  nicht  erschöpfende  Kenntnis  von  dem  Vertrage  erhielt,  der  im 
Januar  1668  zwischen  Frankreich  und  Oesterreich  geschlossen  worden  war  und  die 
Theilung  der  spanischen  Monarchie  zum  Inhalte  hatte.  Nur  unter  Zuhilfenahme 
all"  dieser  Momente,  der  Unmöglichkeit  die  Truppen  aus  eigenen  Mitteln  zu  er- 
halten, des  Mistrauens  in  die  Ehrlichkeit  der  Betheuerungen  der  englischen, 
schwedischen  und  österreichischen  Regierungen,  des  Hasses  gegen  den  leitenden 
Staatsmann  der  Niederlande ,  der  Furcht,  bei  längerem  Festhalten  an  der  seit 
Jahren  befolgten  Politik  der  freien  Hand  eine  Beute  der  grossen  Mächte  zu 
werden,  lässt  sich  der  Schritt  erklären,  zu  welchem  sich  der  Kurfürst  am 
letzten  Tage  des  Jahres  1669  entschloss,  als  er  den  lange  Zeit  unbekannt  ge- 
bliebenen Vertrag  mit  Frankreich  eingieng,  durch  den  er  sich  —  allerdings 
gegen  entsprechende  Entschädigung  — ,  nicht  nur  verpflichtete,  der  Tripleallanz 
fern  zu  bleiben,  gegen  die  Aufnahme  Böhmens  in  den  Kurverein  zu  stimmen 
und  für  die  Fortdauer  der  rheinischen  Liga  zu  wirken,  sondern  sich  auch  bereit 
erklärte,  falls  Ludwig  XIV.  nach  dem  Tode  des  kranken  Königs  von  Spanien 
seine  Ansprüche  auf  die  spanischen  Niederlande  geltend  machen  sollte,  den- 
selben mit  10000  Mann  zu  unterstützen  und  im  übrigen  Frankreichs  Interessen 
im  Reiche  zu  fördern  ^).  Dass  Friedrich  Wilhelm  aber  den  Vertrag  mit  Frank- 
reich nur  als  einen  Nothbehelf  ansah,  um  sich  für's  erste  vor  gänzlicher  Ver- 
nichtung zu  sichern  und  durchaus  nicht  gewillt  war,  sich  ganz  unter  das  Joch 
des  Franzosenkönigs  zu  beugen,  zeigte  sich,  als  Ludwig  XIV.  vorerst  durch 
die  Vertreter  seiner  deutschen  Bundesgenossen  und  später  durch  seine  eigenen 
Gesandten  den  Kurfürsten  zum  Abschlüsse  eines  Offensivbündnisses  gegen  Hol- 
land,   zum  gänzlichen  Anschlüsse   an  Frankreich  zu  bewegen  suchte'-).     Denn 

')     Vertrag  vom  21./31.  Dec.  1G69;  vergl.  Mürner  1.  c.  335ff. 
^)     Vergl.  Mignet,  Negociations  relatifs  etc.  III.  294 f.;    Droysen  1.  c.  370f. :    Puf. 
1.  c.  XI.  18f. 


398     V.    Zweite  Mission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.    Oct.  1G68  — Sept.  1671. 

Friedrich  Wilhelm  erklärte  von  derartigen  Plänen  nichts  wissen  zu  wollen, 
weigerte  sich  immer  entschiedener  seine  Hand  zur  gänzlichen  Vernichtung  der 
Niederlande  zu  reichen  und  blieb  diesem  Vorsatze  treu .  obgleich  Frankreich 
im  Verlaufe  der  Jahre  1670  und  1671  immer  grössere  Anerbietungen  für  den 
Fall  des  Uebertrittes  machte,  obgleich  England,  Schweden  und  eine  Reihe 
deutscher  Reichsfürsten  auf  Frankreichs  Seite  traten,  obgleich  die  Staaten,  von 
de  Witt  geleitet,  die  billigen  Forderungen  des  Kurfürsten  zu  erfüllen  sich 
Aveigerten  und  dessen  wohlgemeinte  Warnungen  in  verletzender  Weise  zurück- 
Aviesen,  obwohl  auch  das  Vorgehen  des  Kaisers  und  seiner  Räthe  in  dieser  Frage 
ihn  keineswegs  zu  energischem  Vorgehen  gegen  Frankreich  ermuthigen  konnte. 
Freilich  so  weit  gieng  die  Rücksichtnahme  des  Kurfürsten  auf  die  allgemeinen 
Verhältnisse  nicht,  dass  er  ihretwegen  die  Existenz  seines  Staates  auf's  Spiel 
gesetzt,  seine  Länder  schutzlos  der  Rache  des  beleidigten  Nachbars  preisgegeben 
hätte.  Ganz  richtig  bezeichnete  Goess,  der  wie  aus  den  im  Nachfolgenden  mit- 
getheilten  Acten  zu  ersehen  ist,  über  die  Verhältnisse  am  Berliner  Hofe  sehr 
genau  unterrichtet  war,  die  Gewährung  l)edeutender  Subsidien  als  ein  uner- 
lässliches  Erfordernis  für  eine  gedeihliche  Entwickelung  der  seit  langem  ge- 
planten Allianzverhandlungen  mit  Brandenburg  und  wies  treffend  darauf  hin, 
dass  das  zögernde  Vorgehen  der  Staaten  und  der  Höfe  von  AVien  und  Madrid 
in  diesem  Punkte  allein  die  Ursache  des  schwankenden,  zögernden  Benehmens 
des  Kurfürsten  seien.  Dieser  Auffassung  der  Verhältnisse  und  der  Erkenntni.s  der 
Nothwendigkeit  einer  Einigung  mit  Brandenburg  entsprach  es  auch,  dass  Goess 
immer  von  neuem  den  Kaiser  drängte,  den  Kurfürsten  zu  befriedigen,  indem  er 
zugleich  seiner  Ueberzeugung  dahin  Ausdruck  verlieh,  dass  Friedrich  Wilhelm 
trotz  aller  Anerbietungen  Ludwig  XIV.  und  trotz  der  ablehnenden  Haltung  de 
Witts  sich  viel  eher  mit  den  Holländern  als  mit  den  Franzosen  einigen  werde. 
Und  je  näher  die  Gefahr  heranrückte,  je  deutlicher  sich  die  Pläne  Ludwig  XIV. 
gegen  die  Niederlande  richteten,  je  grössere  Mühe  sich  die  Franzosen  und  ihre 
Bundesgenossen  gaben,  den  Kurfürsten  von  Brandenburg  zu  gewinnen,  desto 
lauter  erhob  der  kaiserliche  Gesandte  seine  Stimme,  um  Leopold  von  der  un- 
umgänglichen Nothwendigkeit  zu  überzeugen  sich  die  Mitwirkung  Brandenburgs 
für  alle  Fälle  zu  sichern.  Allein  was  auch  immer  Goess  thun  mochte  um  dieses 
Ziel  zu  erreichen,  wie  sehr  er  auch  zumal  seit  dem  Frühjahre  1671  darauf  aus 
war,  seiner  Regierung  den  Beweis  zu  liefern,  dass  die  Gelegenheit  den  Kur- 
fürsten zu  gewinnen  überaus  günstig  sei,  da  dieser  mit  Frankreich  nicht  ver- 
bunden, vielmehr  durch  Ludwig  XIV.  Vorgehen  beunruhigt  sei  und  daher  bei 
gebührender  Berücksichtigung  seiner  Bedürfnisse  leicht  zum  Anschlüsse  an 
Frankreichs  Gegner  werde  bewogen  werden  können;  wie  stark  er  auch  die 
Bedeutung  der  Entscheidung  des  Brandenburgers  betonte,  dem  viele  andere 
deutsche  Fürsten  folgen  würden  und  wie  unermüdlich  er  im  Ersinnen  von  Mit- 
teln zur  Beschaffung  der  nothwendigen  Subsidien  war,  alle  seine  Bemühungen 
blieben  ohne  Erfolg.  Denn  die  Wiener  Regierung,  deren  einflussreichste  Mit- 
glieder französisch  gesinnt  waren  und  seit  langem  mit  dem  Vertreter  Ludwig  XIV., 
dem  schlauen  Chevalier  Brethel   de  Gremonville   über   die  Ordnung  der  schwe- 


Einleitung.  399 

bendeii  Fragen  verhandelten ') ,  verharrte  in  ihrer  zuwartenden  Haltung  und 
weigerte  die  UnterstützAing  des  Kurfürsten,  während  zugleich  der  von  ihr  mit 
nicht  allzu  grossem  Eifer  betriebene  Versuch  von  Spanien  und  von  den  Staaten 
die  zur  Unterstützung  des  Kurfürsten  nothwendigen  Summen  zu  erhalten,  zu 
keinem  Resultate  führte.  Und  diese  jeder  definitiven  Abmachung  mit  Friedrich 
Wilhelm  bezüglich  der  Niederlande  abgeneigte  Stimmung  nahm  in  dem  Masse 
zu,  als  die  Aussichten  auf  ehie  Einigung  mit  Frankreich  grösser  wurden.  Goess 
aber,  der  von  den  Vorgängen  am  Wiener  Hofe  wie  vor  Jahren  auch  diesmal 
keine  Kunde  erhielt,  vielmehr  in  dem  Glauben  belassen  wurde,  dass  Leopold 
eine  Einigung  mit  Brandenburg  ernstlich  wünsche,  wurde  nicht  müde  die  guten 
Absichten  des  Kaisers  zu  betonen  und  wies  die  Behauptung  der  Käthe  Friedrich 
Wilhelms,  als  sei  Leopold  im  Begriffe  sich  mit  Frankreich  über  die  Niederlande 
zu  einigen  und  die  Eroberungspläne  Ludwig  XIV.  zu  billigen,  mit  Entrüstung 
zurück.  Und  doch  war,  was  Goess  als  „wahnsinnige  Idee"  bezeichnete,  der 
Entschluss  des  Wiener  Hofes.  Wenige  Wochen  nachdem  er  zum  zweiten  Male 
Berlin  verlassen,  wurde  in  Wien  der  Vertrag  unterzeichnet,  durch  den  der 
Kaiser  dem  Könige  von  Frankreich  gegen  die  Niederlande  freie  Hand  Hess. 


1)     Vergl.  ilignet  1.  c.  III.,  Part.  IV.,  Sect.  III. 


V.    Zweite  Mission   des  Freiherrn  Johann 
von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 


Memorial    für    Goess.     Dat.  Wien  14.  August  1668.    (Conc.) 

[Polnische  Successionsangelegenheit.] 

14.  Aug.  Goess  wird  sich  erinnern,   dass  der  Kaiser  stets  die  Ansicht  vertreten  hat, 

dass  man  sich,  bis  die  Vacanz  des  polnischen  Thrones  eintritt,  für  keine  be- 
stimmte Person  entscheiden  dürfe.  Nun  dürfte  Goess  erfahren  haben,  dass 
Johann  Casimir  am  12.  Juni  1668  im  Senat  öffentlich  seinen  Entschluss  abzu- 
danken kundgethan  hat.  Der  Kaiser  sucht  Johann  Casimir  zur  Fortführung  der 
Regierungsgeschäfte  zu  vermögen;  erklärt  aber,  falls  dies  nicht  gelingen  sollte, 
die  Wahl  des  Herzogs  von  Neuburg  befördern  zu  wollen.  Gleichwie  aber  wir 
vorberührte  unsere  dehortationes  bei  des  ietzigen  Königs  L**.  vor  allem 
eiferigst  werden  continuirn  lassen;  also  haben  wir  oftermeltem  unserni 
Reichshofrath  auch  von  solcher  Eventualdetermination  auf  mehrbesagtes 
Herzogen  f/.  zuvorderst  zu  dessen  Nachricht  und  dann  auch  zu  dem  Ende 
parte  zu  geben  gnädigst  für  gut  angesehen,  damit  er  des  Churfürsten  zu 
Brandeburg  I/.,  als  welche  uns  gedachte  Pfalz-Neuburgs  f/'.  zu  dieser 
Promotion  so  oft  und  eifrig  recommendirt  und  auf  dero  recommendationes 
wir  hiebei  ein  sonderbarer  Obacht  gehabt,  sousten  aber  niemanden,  in 
geheim  und  hergebrachten  Vertrauen  zu  verstehen  geben  .  .  .  möge. 

Unter  dem  28.  August  wird  Goess  aufgefordert  den  Kurfürsten   zur  Unter- 
stützung  der    kaiserlichen  Forderung  bezüglich  der  Römermonate  zu  vermögen. 


histniftionen  für  Goess.     Polnische  Frage.  401 

Neues  Memorial   für  Goess.     Dat.  Wien   20.  October  1668. 

(Conc.) 

[Polnische  Successionsangelegenheit.] 

Die  Verhältnisse  haben  sich  geändert;  der  König  von  Polen  hat  wirklich  20.  Oct. 
abdicirt;  für  die  neue  Wahl  werden  Vorbereitungen  getroffen.  Mayernberg  be- 
richtet aber,  als  wollte  sich  der  mehrere  Theil  in  Polen  nicht  allerdings 
gegen  mehrermeltes  Pfalzgrafen  L*^*^".  und  zwar  um  so  weniger  incliuirt 
erzeigen,  ie  mehr  daselbst  empfunden  und  apprehendirt  wird,  dass  des 
Churfürsten  zu  Brandeburg  L'''-'".  hoc  interregni  tempore  die  Possession 
der  Starostie  Draheim  apprehendirt  habe.  Sodann  auch  (haben  sich  die 
Verhältnisse  geändert) ')  indeme  erraelte  mayernbergische  Relation  vom  9- 
dies  nicht  unklar  indigitirt,  als  wann  Anzeigungen  vorhanden  sein  müss- 
teu,  dass  churbraudenburgische  Seiten  man  nicht  so  aufrecht  procedirn, 
als  Pfalzneuburgischerseits  etwa  praesupponirt  werden  möchte.  Goess 
soll  so  rasch  als  möglich  zum  Kurfürsten  eilen  und  dem  Memorial  vom  14.  Aug. 
gemäss  dem  Kurfürsten  von  der  Intention  des  Kaisers  bezüglich  der  polnischen 
Wahl  Mittheilung  machen;  dabei  aber  auch,  dass  sie  sich  nicht  etwa  mit 
der  Krön  Frankreich  —  allermassen  verlauten  wolle,  dass  dieselbe  4  bis 
5000  Mann  nacher  Üanzig  übersetzen  werde  —  der  polnischen  Wahlfrei- 
heit zum  jSachtheil  in  die  Wallen  einlassen,  äusserster  Kräften  zu  ver- 
hindern, mit  den  particularioribus  aber  gegen  dieselbe  nicht  sogleich 
herauszugehen,  sondern  vorhin  deroselben  Sentimenten  und  derzeit 
führende  priucipia  eigentlich  zu  sondirn  und  vor  allem  uns  darüber  zu 
referirn,  haben  werde. 

NebeniDstruction  für  Goess.     Dat.  Wien  26.  October  1668. 

(Conc.) 

[Reichsaugelegeuheiten.] 

Der  Kaiser  ist  mit  dem  Kurfürsten  eines  Sinnes,  dass  die  zu  Regensburg  26.  Oct. 
geführten  Verhandlungen  zum  Abschlüsse  gebracht  und  wenigstens  über  die 
wichtigsten  Materien  eine  Entscheidung  gefällt  werden  müsse-).  Da  aber  der 
von  den  Reichsständen  dem  Kaiser  vorgeschlagene  Termin  von  3 — 4  Monaten 
nicht  hinreichend  zur  Erledigung  dieser  Fragen  scheint^),  soll  der  Kurfürst  dem 
Kaiser  sagen,  wie  er  sich  die  Möglichkeit  eines  friedlichen  und  befriedigenden 
Reichsschlusses    und   Abschiedes   denkt.      Den    von    einigen    weltlich- fürstlichen 


')  Die  in  Klammern  befindlichen  Worte  sind  vom  Herausgeber  hinzugefügt. 

'■*)  üeber  den  Stand  der   Reichsangelegenheiten  in   dieser  Zeit  Droysen  1.  e.  III. 

351  fr.;  Gemeiner  1.  c.  III.  98 ff. 

•')  Reichsgutach teu  vom  9. '19.  Oct.  16G8;  Pachner  1.  c.  I.  348. 

iiutev.  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIII.  26 


402      V.  Zweite  Mission  dos  Fieiherni  Joliaiui  von  Goess.     Oct.  IßfiS  —  Sept.  1(17 1. 

Ständen  den  knrt'ürstliclirii  Oesanflteii  zugestellten  Apj)endix:  und  KpiloL,^  capi- 
tulationis  per[)e1iiae ')  kiinu  der  Kaiser  nicht  ainielinien,  weil  er  dadureli  niclit 
nur  an  2  verschiedene  Capitulationen  gehunden  wäre,  sondern  auch  weil  ihm 
durch  diesen  Appendix  alles  das  genommen  werde,  was  dem  geringsten  Stande 
des  Reichs  dnrch  das  instrumentum  pacis  articulo  S^'"  solidissime  bestätigt 
Avorden.  Da  nun  aber  gemeldet  werde,  dass  der  Karfürst  von  Brandenburg, 
der  wie  alle  übrigen  Kurfürsten,  Baiern  ausgenommen,  die  Auslassung  dieses 
appendicis  versprochen,  der  gegebenen  Zusage  zuwider  gesonnen  sein  soll 
Baiern  beizutreten  nnd  den  bambergischen  Unfug-)  zu  unterstützen,  soll  Goess 
sich  erkundigen,  ob  dem  so,  und  wenn,  den  Kurfürsten  davon  abzubringen  suchen. 
Ferner  soll  Goess  dahin  sehen,  dass  die  nothwendigen  Massregeln  gegen  die  von 
Frankreich  —  wie  aus  dem  von  Gravel  zu  Regensburg  vorgebrachten  Memoriale-) 
hervorgehe  —  geplanten  Unternehmungen  ergriffen  werden.  Wie  nun  dies  Me- 
morial also  gethan  ist,  dass  man  auf  alle  Weis  zu  verhindern,  damit  des 
Königs  in  Frankreich  L''^".  in  primo  membro  alternativae,  scilicet  junctionis 
cum  imperio,  durch  die  Stände  nit  willfahrt  werde,  indem  sie  die  eroberte 
Plätze,  eo,  quo  Burgundia  possidet,  modo  inzuhaben  i)egehren,  worunter 
nun  das  votum  et  sesslo  cum  imperio  implicite  et  sub  involucro  verboruin 
verstanden  wird;  zumulen  Spanien  wegen  des  völligen  burgundisclien 
Kreises  und  also  auch  [)ro  parte  wegen  dieser  eroberten  Landen  als  ein 
Erzherzog  von  Oesterreich  votum  et  sessionem  in  comitiis,  auch  zugleich 
sein  Stell  bei  der  Reichsdeputation  gehabt,  so  alles  Frankreich  in  simili 
und  benebens  auch  praetendiren  würde,  dass  das  Reich  .  .  .  ihne  wegen 
gehörter  Landen  contra  quoscunque  zu  protegiren  und  zu  garantiren 
schuldig  wäre.  ...  Es  ist  aber  zum  andern  das  secundum  membrum 
alternativae  Gallicae  auch  gefährlich,  weiln  dasselbe  dahin  gestellt  wird, 
dass  man  wegen  dieser  Landen  ein  solche  Cession  der  Krön  Frankreich 
einhändigen  solle,  als  wie  wegen  der  beim  westphälischen  Friedensschluss 
ermelter  Krön  eingeräumt  und  beschehen.  Dieweil  man  aber  vcrmög 
erstgehörten  Friedenschluss  solcher  vom  Reich  hingebener  Landen  halber 
ad  garantiam  verbunden,  also  thuet  Frankreich  solche  implicite  auch 
wegen  der  in  besagtem  letztern  Krieg  eroberten  Plätze  begehren  und  also 
quoad    onus   et    obligationera   garantiae  zwischen  dem  primo  et  secundo 

')  Ueber  diese  Angelegenheit  Droysen  !.  c.  111. :i  ;')")]  ff. :  Acten  bei  Pachner  I.  c. 
I.  300 f.,  323 f.  u.  a.  ü. 

^)  Es  handelte  sich  darum,  ob  (Jesteneich  nach  den  Bestimmungen  des  Reichs- 
abschiedes von  1548  und  nach  der  Capitulation  Leopolds  genöthigt  sei,  die  Streitfrage 
mit  Bamberg  wegen  dessen  käintnerischer  Güter  coram  caraera  verhandeln  zu  lassen, 
oder  ob  Bamberg  schuldig  sei,  seine  Klagen  bei  Oesterreich  anhängig  zu  machen  und 
Bescheid  zu  erwarten. 

=)     Memorial  vom  S.  Oct.:  praes.  -2.^12.  Oct.    IGCH.     Vergl.  Pacluicr    I.e.  I.  T.o.'jff. 


Reiclisaugelegenlifiteii.     Polnische  Wahlfrage.  403 

niembro  dictae  alternatlvae  kein  unterschied  ist.  Im  ersten  Punkte  kann 
Frankreich  gar  nicht,  im  zweiten  nur  soweit  nachgegeben  werden,  dass  end- 
lich das  Reich  so  viel  Recht  es  bei  und  auf  den  eroberten  Phitzen  ge- 
habt, sich  dessen,  doch  sine  obligatione  garantiae,  begebe.  In  solcher 
"Weise  werde  das  österreichische  Votum  eingerichtet  sein.  Vom  selben  Datum 
ist  das  Credenzscln'eibea  für  Goess  (26.  October). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg-  11.  Dec.  1668.  (Or.) 

[Haltung  des  Kurfürsten  in  der  polnischen  Wahlsache.  Nachrichten  über  Ludwig  XIV. 
Vorgehen  in  dieser  Angelegenheit.  Urtheil  des  brandenburgischen  Hofes  über  die 
Aussichten  der  verschiedenen  Caudidalen  für  die  polnische  Krone.  Verhandlungen 
wegen  Draheim.  Characteristik  der  Karfürstin  und  des  Kurprinzen.  Unterredung  mit 
Schwerin  wegen  der  Jägerndorfer  Angelegenheit.  Verhandlungen  mir  dem  Kurfürsten 
und  Schwerin  bezüglich  der  Reichsangelegenheiten.] 

Goess  langt  am  2.  Dec.  1G6S  in  Königsberg   an. 

Der  Kurfürst,  den  Goess  krank  antrifft,  erklärt  auf  die  Auseinandersetzungen  11.  Der 
des  Goess.  welche  darin  gipfeln,  dass  der  Kaiser  jetzt  sich  für  die  Kecomman- 
dation  des  Herzogs  von  Xeubnrg  zur  polnischen  Krone  entschlossen  habe,  das 
was  der  Kaiser  thue  sei  ihm  lieb.  Dasselbe  sagen  Schwerin  und  Hoverbeck. 
Ich  habe  anders  nit  vermerken  können,  liöre  es  auch  nit  anders,  als 
dass  man  bei  diesem  Hof  mit  voriger  Emsigkeit  und  Begierde  des  Her- 
zogs von  Neuburg  Promotion  sucht  zu  beförderen,  masseji,  wie  ich  von 
dem  neuburgischen  Residenten  Stratman  vernehme,  man  willig  und 
prompt  zu  allem  dem,  was  man  ihrer  Seiten  nur  immer  desideriren 
könne,  also,  dass  der  Churfürst  auch  seinen  eigenen  Säckel  angriffen  und 
Gelder  vorgeschossen,  ohne  dass  der  neuburgische  Resident,  aus  er- 
manglender  Ordre,  sich  zu  Widererstattung  obligiren  können  ').  Auch  aus 
Frankreich  laufen  überaus  günstige  Nachrichten  für  Neuburg  ein;  die  Leute 
hier  finden  das  Benehmen  Ludwig  XIV.  dem  Prinzen  von  Conde  gegenüber 
sogar  ungerecht,  insbesondere,  dass  er  von  ihm  die  Erklärung  gefordert,  dass 
wann  er  auch  von  den  Poln  erwählt  würde,  dannoch  die  Krön  nit  an- 
nehmen wollte.  .  .  .  Die  scrupulos,  so  mau  bei  allem  diesem  haben  und 
etwa  gedenken  möchte,  dass  die  artes  und  Dissimulation  die  ärgiste 
seien,  die  am  meisten  bedeckt  und  coprirt  werden,  interpretirt  man  in 
meliorem  partem.  Dass  Beziers,  von  welchem  man  wisse,  dass  er  in 
Pohl  sehr  exos  und  des  Prinzen  von  Conde  Faction  allzeit  trefflich  zu- 
gethan  gewesen,  wiederum  dahin  komme,  geschehe,  wie  sie  selbst  sagen, 
weiln  der  Herzog  und  sie  dahie  es  gut  gefunden. 


')     Vergl.  Droysen  1.  c.  IIL.  249 ff.:  Puf.  1.  c.  X  S2ff. 

26* 


404      V.  Zweite  Mis.siou  des  Freiherrn  Johauii  von  Goess.     Oet.  1G68  — Sept.  U!71. 

Die  Leute  hier  halten  die  Aussichten  des  Neuhurgers  für  glänzend,  trotz- 
ck'ui  die  einlaufenden  Berichte  wenig  Anlass  zu  einer  solchen  Hoffnung  geben. 
Für  den  gefährlichsten  Gegner  wird  allgemein  der  Herzog  von  Lothringen  ge- 
halten, der,  wie  man  hier  andeutet,  vom  Wiener  Hofe  geheim  unterstützt  wird. 
Goess  erklärt,  dass  diese  Behauptung  gar  keine  reale  Unterlage  habe  und  dass 
andererseits  Mayernberg  gewiss  nicht  hinter  dem  Rücken  des  Kaisers  oder  gegen 
dessen  Willen  die  Sache  des  Lothringers  vertreten  werde.  Furcht  vor  Wahl 
des  Czarensohnes  oder  des  Herzoges  Johann  Friedrich  von  Hannover  herrscht 
hier  nicht  mehr.  Wegen  der  von  diesem  Churfürsten  occupirten  Starostei 
Draheim'),  werd  von  Warschau  bericht,  dass  in  consilio  privato  sena- 
torum  veranlasst  worden,  dass  pro  restitutione  eiusdem  jemand  von  der 
Republik  wegen  an  S.  Ch.  D.  solle  abgeschickt  werden.  Der  Baron 
von  Schwerin  sagt  mir,  dass  der  Erzbischof ^),  der  Bischof  von  Krakau") 
und  andere  P.  Ch.  1).  Befugnis  und  rationes  also  vorgestellt,  dass  es  der 
von  Hoverbeck  nit  besser  thun  können;  dass  die  anirai  nun  all  ziemlich 
mitigirt  und  dem  Wisnowiecki  leid  sein  solle,  dass  er  so  acerbe  dar- 
über geschrieben.  Die  Kurfürstin  empfängt  Goess  sehr  freundlich.  Sie  hat 
die  reformirte  Religion  angenommen,  mit  so  grossem  Vergnügen  des 
Churfürsten,  als  Disconsolation  der  Lutherischen,  welche  eine  grosse 
Freud  gehabt,  eine  Churfürstin  ihrer  Religion  zu  haben,  massen  diese 
Stadt  Königsberg  dieselbe  durch  den  ungewöhnlich  stattlichen  Empfang 
bei  P.  Ch.  D.  Einzug  bezeigt.  Sie  ist  mit  grosser  Assiduität  immer, 
soviel  möglich,  um  den  Churfürsten,  gilt  überaus  viel  und  ist  zu  glauben, 
dass  sie  immerfort  mehr  gelten  werde.  In  negotiis  publicis,  soviel  ich 
vernehme,  mischt  sie  sich  nit  ein;  zeigt  eine  Freud  mit  allem,  was  dem 
Churfürsten  freuet,  und  sonderlich  bei  den  Jagen.  Ich  habe  gestern 
observirt  und  hatte  es  vorhin  gehört,  dass  sie  lauter  kräftige  und  auf 
braunschweigische  Art  zugerichte  Speisen  essen  thut:  auch  in  diesem 
werd  sie  dem  Churfürsten  gute  Gesellschaft  leisten,  dann  I.  Ch.  D.  un- 
geachtet ihres  Podraga  greifen  gern  zu  solchen  Speisen  zu.  .  .  .  Der 
Churprinz  kommt  mir  für,  dass  er  ziemlich  gewachsen,  seither  ich  ihn 
nit  gesehen:  er  werd  nun  im  15"^"  Jahr  gehen;  er  hat  ein  Strauss  aus- 
gestanden, weiln  er  nit  fort  studiren  wollen,  vermeinend,  dass  der  Degen 
und  der  Krieg  mehr  für  ihme  wäre  als  die  Pedanterie,  wie  er's  heisst; 
sein  Herr  Vater  aber  verstehts  nit  also  und  hat  ihn  etliche  Tag  nit  aus 


')     A  =  Traben;  vergl.  darüber  Puf.  1.  c.  X.  C4;  Droysen  1.  c.  III.-,  238f. 
-)     Erzbischof  vou  Gnesen  war  Nicolaus  Prazmowski. 
^)     Andreas  111.  Trzebieki. 


Draheim.     Cliaracteristik  der  Kiirfüistiu.     Jägerudorf.  405 

dem  Zimmei-  gelassen,  bis  die  Deprecation  gar  solemniter  geschehen.    Das 
werd  der  Prinz  mir  wohl  schwerlich  erzählen. 

Bis  jetzt  hat  der  Kurfürst  sich  über  den  Kaiser  noch  nicht  beklagt,  doch 
werden  Klagen  nicht  ausbleiben.  Schwerin  fragt  den  Goess.  ob  er  Befehl  habe 
in  der  jägerndoi-fischen  Angelegenheit  zu  verhandeln.  Ich  beklagete  mich 
darüber,  dass  ich  mich  so  weit  impegnirt,  E^  K.  M.  Hofkammer  und 
anderen  privatis  Ungelegenheit  gemacht,  damit  die  ilittel  zu  völliger 
Abthiuing  dieses  Werks  beigebracht  würden  und  nacher  hätte  man  mich 
nit  ohne  meiner  Confusion  und  Mortification  im  Stich  gelassen.  Er  re- 
plicirete,  dass  man  zwar  circa  quantum  so  weit  einig  gewesen,  nit  aber 
circa  modum  solutionis.  Goess  räth  wiederum  dem  Kaiser  die  Sache  auszu- 
gleichen, weil  sonst  grosse  Gefahren  zu  befürchten  seien.  Vom  selben  Datum 
ist  ein  zweites  Schreiben  des  Goess  erhalten,  worin  er  über  des  Kurfürsten 
Stellung  zum  Regensburger  Reichstage  berichtet ').  Friedrich  Wilhelm  beklagt 
die  lange  Dauer  und  wünscht  einen  baldigen  Reichsabschied.  Bezüglich  der 
savoyischen  Angelegenheit  schweigt  der  Kurfürst,  wie  Goess  glaubt,  aus  Rück- 
sicht für  Baiern.  In  der  Bamberger  Sache  erklärt  sich  Brandenburg  für  den 
Kaiser-),  bezüglich  des  punctum  securitatis  publicae  und  des  in  Vorschlag  kom- 
menden provisionalem  modum  ex  aequo  et  bono  contribuendi  ■^).  bis  die  Reichs- 
matrikel völlig  eingerichtet  sein  werde  ^),  findet  Schwerin,  mit  dem  Goess  darüber 
spricht,  wie  der  Kaiser,  dass  dieses  Werk  auf  allzu  weitläufigen  Weg 
wollte  gericht  werden,  und  glaubt,  dass  der  Kurfürst  sich  mit  dem  Kaiser  in 
diesem  Punkte  einigen  werde.  Betreffend  das  von  französischem  Plenipo- 
teutiariü  Gravel  dem  churmainzischen  Reichsdirectorio  zugestellte  Me- 
morial, haben  I.  Ch.  D.  gar  wohl  begriffen,  warum  von  dem  ersten 
membro  desselben,  als  de  sessione  und  voto,  nit  zu  gedenken,  fielen  also 
gar  leicht  auf  das  andere  membrum.  nemlich,  dass  die  occupirte  Oerter, 
gleich  wie  Elsass  beim  müusterischen  Frieden,  an  Frankreich  zu  über- 
lassen ;  als  aber  darbei  von  der  Garantie  geredt  worden  und  ich  den 
Unterschied  remonstrirt,  der  da  zwischen  der  Sach  mit  Elsass  und  dieser 
in  ^'iederland  occupirten  Oertern  wäre,  wie  nit  weniger  die  Inconvenien- 
zien,  die  daraus  zu  besorgen;  gaben  I.  Ch.  D.  zu  verstehen,  dass  bei 
den  aachischen  Tractaten  sich  einige  (hur-  und  Fürsten  —  nennete  in 
specie  Mainz  und  Cöln  —  zu  dieser  Garantie  verstanden;  dass  es  eine 
Sach  wäre  von  grosser  Wichtigkeit;  sie  könnten  allein  nichts  darin  thun. 


')  Am  19.  Dec.  erhält  Goess  neuen  Befehl  den  Kurfürsten  zu  bewegen,  seinem 
gegebenen  Versprechen  gemäss  in  der  Bamberg'schen  Frage  die  Sache  des  Kaisers  zu 
vertreten. 

^     Vergl.  für  diese  Angelegenheit  Pachner  1.  c.  I.  329,  348 f.  u.  a.  0. 

•^)     Vergl.  Pachner  1.  c.  1.  329:  Gemeiner  1.  c.  III.  lISflF. 


406      V.  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  IRHS— Sept.  1671. 

sondern  iniissten  os  mit  ihren  Herrn  Mitchuifür.stcn  überleiten;  man 
würde  nacher  noch  ferner  darvon  reden  können.  Als  nun  hernacher  der 
Baron  von  Schwerin  zu  mir  kommen  und  ich  diese  Sach  und  die  bei 
der  Garantie  unterlaufende  considerationes  abermaln  deducirt,  hat  er 
denselben  soweit  Platz  gegeben,  dass  er  befunden,  dass  man  sich 
zu  sothaner  Garantie  nit  einzulassen.  .  .  .  Von  den  Kömermonaten  hat 
Goess  noch  nicht  gesprochen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  18.  Dec.  1668.   (Or.) 

[Polnische  Wahlsache.] 

18.  Dee.  Die  Wahl  des  neuen  Königs  in  Polen  ist  für  den  2.  Mai  angesetzt.    Der  Bischof 

von  Beziers,  dem  zu  Danzig  mitgetheilt  worden  ist,  dass  die  RepubUk  seine  Reise 
nach  Polen  nicht  wünsche,  soll  sich  zu  Marienwerder,  etwa  9  Meilen  von  Thorn, 
aufhalten  •).  Die  Conferenz,  die  kurfiirstlicherseits  mit  Goess  verabredet  worden 
ist,  hat  noch  nicht  stattgefunden.  Meines  Ermessens  wäre  das  rathsamste,  si 
vel  in  sola  tractatione  de  talibus  modis  modici  simus  und  habe  ich  all- 
bereit occasione  data  innuirt,  dass  das  grösste  beneficium,  so  man  ex 
dilatione  comitiorum  electoralium  nehmen  könne,  seie,  dass  Interim  die 
in  Poln  gefasste  suspiciones  und  Ombrage,  sich  ein  wenig  setzen,  die 
exacerbirto  Gemüther  tranquilliren  und  bessers  Vertrauen  gewonnen  wer- 
den könne.  .  .  . 


Goess  an  ä^n  Kaiser.     Dat.  Königsberg  25.  Dec.  1668.  (Or.) 

L Verhandlungen    des   Goess    mit   Schwerin    und   Jena   in    der    polnischen    Wahlsache. 
Unterredungen  mit  Stratman  bezüglich  derselben  Angelegenheit.] 

2.").  Dec.  Am  18.  Dec.  Conferenz  mit  Schwerin   und  Jena    in   der  polnischen   Frage. 

Sie  bedanken  sich  im  Namen  des  Kurfürsten  für  die  günstigen  mündhchen  und 
schriftlichen  Erklärungen,  die  Giese  in  Wien  erhalten;  erklären,  dass  der  Kur- 
fürst die  Wahl  des  Neuburgers  energisch  bef(3rdern  wolle  imd  fragen  Goess,  in 
welcher  Art  er  sich  die  Unterstützung  des  Neuburgers  seitens  der  Beförderer 
seiner  Wahl  denke.  Goess  erklärt  nochmals  die  Geneigtheit  des  Kaisers  für 
den  Neuburger  einzutreten;  bezüglich  der  Art,  wie  dies  zu  geschehen,  habe  er 
(Goess)  keine  Instruction.  Die  Räthe  Friedrich  Wilhelms  nehmen  die  Erklä- 
rungen des  Goess  an,  fordern  aber  von  ihm,  sich  möglichst  bald  die  nöthigen 
Instructionen  für  die  Vorkehrungen  im  Interesse  der  Wahl .  des  Neuburgers  er- 
theilen    zu    lassen.     Stratman,    dem    Goess    den   Nachtheil  der  Propalirung  der 


^)     Vergl.  üroysen  1.  c.  HI.:,  l'49. 


Reichsangelegenheitea.     Polnische  Wahlfrage.  407 

kaiserlichen  Unterstützung  für  Neiihurg  vorhält,    versucht    die  Schuld   den   kai- 
serlichen Ministern  beizumessen. 

In  einem  P.  S.  berichtet  Goess  von  einer  Unterredung  mit  Stratman,  der 
eine  Erklärung  wünscht,  ob  der  Kaiser  auch  mit  Kriegsmacht  die  Wahl  des 
Neuburgers  aufrechterhalten  wolle,  wenn  eine  zwiespältige  Wahl  erfolgen  sollte. 
Goess  antwortet,  dieses  wären  propositiones,  die  man  zu  Wien  nit  zu  thuen 
und  die  sehr  fremd  fiirkommen  würden,  remonstrando  was  Paulus  sagt: 
haec  ne  quidem  norainentur  in  vobis.  Aus  den  weiteren  Erklärungen  und 
Fragen  Stratmans  sei  zu  ersehen,  dass  der  Neuburger  am  meisten  den  Loth- 
ringer fürchtet. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  31.  Dee.   1668.    (Conc.) 

[Reichsaugelegenheiteu.] 

Der  Kaiser  hofft,  der  Kurfürst  von  Brandenburg  werde  mitwirken,  auf  dass  31.  Dec. 
die  Reichsversammlung,  die  zum  Schlüsse  zu  bringen  auch  des  Kaisers  Absicht 
sei,    nicht    aufgelöst  werde,    bis    nicht  wenigstens   über  die  wichtigsten  Fragen 
eine  Entscheidung  erfolgt  ist.     Goess  soll  den  Kurfürsten  ersuchen,  in  der  An- 
gelegenheit der  Römermonate  des  Kaisers  Pläne  zu  fördern. 


Goess   an   den  Kaiser.     Dat.  Königsberg   1.  Jan.   1669.   (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  Scultetus  und  Schwerin  bezüglich  der  polnischen  Wahl- 
sache.    Reichsangelegenheiten.] 

Scultetus,  der  vom  Kurfürsten  nach  Warschau  gesendet  worden  war  und  1.  Jan. 
zurückgekehrt  ist,  berichtet,  dass  Narwiz,  der  des  Baron  von  Lisola  Secretär 
gewesen,  sich  in  Polen  für  den  Secretär  der  kaiserlichen  nach  Polen  bestimmten 
Gesandtschaft  ausgebe  und  ganz  offen  im  Interesse  des  Lothringers  wirke,  was 
bei  seiner  Begabung  und  Kenntnis  der  Leute  höchst  gefährlich  werden  könnte. 
Goess  erwidert,  wenn  das  wahr  wäre,  was  da  berichtet  werde,  dann  werde  sich 
zeigen,  dass  Narwiz  nicht  mehr  Secretär  der  kaiserlichen  Gesandtschaft  ist.  Ebenso 
erklärt  Goess  die  Behauptung,  dass  die  Jesuiten  für  den  Lothringer  wirken, 
für  unwahr.  Schwerin,  mit  dem  Goess  gleichfalls  über  diese  polnischen  Ange- 
legenheiten gesprochen  hat.  nimmt  die  Sache  wegen  Narwiz  leichter  und  be- 
hauptet, die  Sache  des  Neuburgers  stehe  gut;  wenn  der  Kaiser  für  denselben 
wirke,  dürfte  er  durclidringen. 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Datum  berichtet  Goess  von  seinen 
Verhandlungen    bezüglich    der   Reichsangelegenheiten  ^).     Schwerin,   dem  Goess 


')  In  den  Weisungen  vom  Ib.,  19.  und  'dl.  Dec.  1668  fordert  der  Kaiser  Goess 
auf,  den  Kurfürsten  zur  Förderung  der  kaiserlichen  Pläne  in  Regensburg,  insbesondere 
in  der  bambergischen  Frage  zu  enninitern  und  ihn  zu  bewegen,  gegen  die  von  Frank- 


408      V.  Zweite  Mission  (Jus  Freiherru  Johann  von  Goess.     Out.  IfiliS— Sept.  1671. 

von  den  Rüniernionaten  spriclit ').  erklärt  sich  für  den  Kaiser  ver\vend''n  zu 
wollen,  betont  aber,  wie  wenig  der  Kaiser  die  Wiinsclie  des  Kurfürsten  berück- 
sichtige; das  gleiche  that  der  Kurfürst.  Betreffend  die  französische  Prae- 
tensiün  zu  Regensburg  wegen  der  in  Niederland  occupirten  Plätze,  ver- 
meineten  I.  Ch.  D.  abermalen,  dass  man  ihnen  dieselbe  auf  die  Weis, 
wie  Elsass,  überlassen  sollte,  und  nahmen,  dass  das  Reich  sich  desjenigen 
Rechtens,  so  es  auf  die  occupirte  Plätze  haben  möchte,  begeben  könne, 
dahin  ein,  als  wann  das  Reich  ihnen  das  Recht,  so  es  darauf  hat,  cedirete, 
daraus  sie  endlich  sessionem  et  votum  praetendiren  würden.  Ich  infor- 
mirte  sie  aber  besser  und  dass  diese  die  Meinung  nit  wäre;  dass  man 
nit  allein  auf  gegenwärtiger,  sondern  auch  künftiger  Securität  und  Ruhe 
des  Reichs  müsste  gedacht  sein  und  keinen  Anlass  geben,  dieselbe  unter 
Vorwand  einer  praetendirenden  Garantie  oder  sonsten  zu  turbiren.  Man 
sähe  nun  in  Niederland  wie  es  hergehe,  da  unter  Praetext  der  Apper- 
tinenzien  der  obgemelten  Plätze  leicht  abermalen  ein  neuer  Krieg  möchte 
vorgenommen  werden.  Der  Baron  von  Schwerin  sagte  mir  in  hoc  passu, 
dass  ihre  Intention  nit  wäre,  sich  zu  dieser  Garantie  zu  impegniren. 
Der  Kurfürst  glaubt  nicht,  dass  der  Reichstag  bald  zu  einem  guten  Ende  ge- 
bracht werden  könne  und  bemerkt,  wann  der  Reichstag  sollte  ein  End 
nehmen,  so  würden  die  Fürsten  auf  eine  Deputation  dringen.  Ich  re- 
monstrirte,  dass  dieses  idem  per  di versa  wäre,  man  triebe  auf  den 
Schluss  des  Reichstags,  damit  die  Stände  der  schweren  Spesen  überhebt 
würden,  welche  bei  der  Deputation  eben  so  wohl  anzuwenden.  I.  Ch.  D. 
zeigeteu  sich  ganz  allen  von  der  Deputation  und  dass  sie  ihrenseits  darin 
nit  consentiren  wollten:  deuteten  an,  dass  dieselbe  nit  zu  des  Reichs, 
sondern  Particulariiiteresse  angesehen^). 


reich  beabsichtigten  Eingriffe  und  gegen  die  Auflösung  des  Reichstages  ohne  Reichs- 
abschied  oder  Einsetzung  eines  Deputationstages  zu  stimmen. 

^)  Vergl.  für  diese  Frage  Pachner  I.e.  I.  371  if.;  die  Antwort  der  Reichsstiinde 
ebendaselbst  398 f.;   weitere  Verhandlungen  402f. ;  Gemeiner  I.e.  III.  175f. 

-")  In  der  Antwort  auf  dieses  Schreiben  d.  d.  1.  Februar  1669  (Conc.)  bemerkt 
der  Kaiser,  dass  Goess  bezüglich  des  französischen  Memorials  und  des  punctum  ga- 
rantiae  richtig  betont  habe,  „dass  man  an  Seiten  des  Reichs  zu  derae,  was  diesfalls 
zwischen  Spanien  und  Frankreich  vorgangen,  nicht  verbunden  und  dahero  um  so  viel 
weniger  sich  zu  der  praetendirter  Garantia  zu  verstehen  schuldig  seie'^.  Sachsen 
hat  sich  in  dieser  Sache  gut  geäussert.  Goess  soll  trachten  den  Kurfürsten  in  der  An- 
sicht zu  bestärken,  dass  der  Deputationstag  „nicht  zu  des  Reichs-  sondern  blos  Parti- 
cularinteresse  angesehen  ist." 


Reichsangelegenlieiteu.     Poluische  Wahl.sache.  409 

Goess   an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg-  8.  Jan.  1669.    (Gr.) 

[Polnische  Wahlsache.     Unterredung  mit  Schwerin  über  Frankreichs  Haltung  in  dieser 

Angelegenheit  und  über  die    seitens    der   übrigen  Mächte  zu  ergreifenden   Massregeln. 

Stratmans     Aeusserungen  in  dieser  Frage.     Reichsaugelegenheiten.] 

Bisher  ha1ien  die  Brandenburger  behauptet  bezüglich  Frankreichs  nichts  8.  Jan. 
fürcliten  zu  müssen;  nun  aber  beginnen  sie  an  der  Aufrichtigkeit  Frankreichs 
zu  zweifeln;  auch  der  Neuburger  soll,  wie  Schwerin  Goess  mittheilt,  anfangen 
an  Frankreichs  Anfrichtigkeit  zu  zweifeln  und  sich  bei  Lionne  und  Beziers 
beklagt  haben,  welch'  letzterer  beständig  die  Geneigtheit  seines  Herrn  für  den 
Neuburger  einzutreten,  betone. 

Lerodt ')  und  Blumentlial  schreiben  aus  Paris  alles  gute  über  des  französi- 
>chen  Königs  Intentiimen.  Goess  gibt  dem  Schwerin  zu  bedenken,  dass  Lerodt 
als  Anhänger  der  französischen  Partei  sich  nicht  leicht  dazu  entschliessen  werde, 
einen  Verdacht  gegen  Frankreich  auszusprechen,  addendo,  dass  ich  wüuschen 
mögen,  dass  meine  treue  Warnung  Platz  gefunden.  Da  ich  remonstrirt, 
wie  periculeux  ihre  Tractaten  mit  Frankreich  wären,  bei  welchen  auf 
ihrer  Seiten  de  praesenti  an  Frankreich  alles  gegeben  würde,  was  man 
nur  verlangen  können,  herentgegen  von  Frankreich  nichts,  als  die  schöne 
Vertröstung  und  wie  sie  es  damaln  hoch  exaggerirten,  la  parole  royale. 
Er  bekennete,  dass  sie  sich  darauf  verlassen,  |:  hielte  es  noch  für  die 
grösste  perfidia  und  dem  grössten  scandalo,  so  je  geschehen  wäre,  wann 
man  französischer  Seiten  daran  manquiren  würde;  bei  allem  dem  sehen 
sie  Selbsten  genugsam  vor,  was  für  Praetexten  der  Impossibilität  mit 
Neuburg  aufzukommen  könnten  vorgeschützt  werden  und  was  das  ärgiste 
ist,  so  möchten  sie  unter  der  Hand  das  Werk  für  Neuburg  difficil  und 
also  ihren  Praetext  selbst  suis  manibus  machen  und  :|  zu  Wegen  bringen: 
unterdessen  hat  man  die  Freund,  welche  Neu  bürg  magna  ex  parte  propter 
odium  contra  Gallos  praeferirten,  verloren,  oder  gar  ex  eodem  odio  zu  Feinde 
gemacht  und  die  von  der  französischen  Faction,  welche  ein  Weg  als  den 
andern  auf  Conde  bestehen,  hat  man  nicht  gewonnen,  j:  Et  quid,  wann 
dieser  Anschlag  eben  von  Anfang  von  französischer  Seiten  dahin  gericht? 
Quis  credai,  dass  Franzosen,  wanns  ihnen  Ernst  gewesen,  nit  ein  ein- 
zigen ihrer  Faction  von  Prinz  Conde  ab  und  auf  den  Neuburger 
bringen  können?  :  Diese  Faction,  wie  man  dahie  bekennt,  tantum  abest, 
dass  sie  abnehme,  dass  sie  vielmehr  zunehme  und  stärker  werde.  Diesem 
allem  vorzukommen,  discurrirte  der  Baron  von  Schwerin,  dass  kein 
bessers  Mittel,  als  dass  diejenige,  welche  Neuburg  portiren,  sich  wohl 
unter  einander   vernehmen,    und   gieng  tanquam  per  gradus  mit  seinem 

')    Pfalz-neuburgischer  Gesandter. 


410      V.    Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  166S  — Sept.  1671. 

JJisciirs  endliclien  dahin,  \:  dass  man  sich  ferner  per  tractatus  zu  ver- 
gleichen, was  von  unserer  Seiten  in  solchem  Fall  zu  thuen  oder  zu 
lassen.  Es  möchte  darzu  kommen,  dass  theils  vota  für  einen,  die  andere 
für  einen  andern  ausfielen;  da  wäre  gleichwohl  zu  statuiren,  wie  wir 
unserem  caudidato  zu  assistiren  vermeinten.  Ich  antwortete,  dass  die 
Erfahrenheit  gegeben,  wie  viel  die  schon  gepflogene  Tractaten  geschadt; 
ob  er  nit  vermeinte,  dass  diese  proponirende  noch  viel  mehr  schaden 
würden.  Fatebatur,  wann  man's  in  Polen  innen  würde;  man  könnte  es 
aber  secret  halten.  Ich  allegirte  darwider  die  Experienz  und  wären  ihme 
der  Zustand  und  inclinationes  hominum  in  Schweden  bekannt;  wir  hätten 
gesehen,  dass  allda  den  Franzosen  nichts  verborgen  geblieben.  Er  deutete 
dies  auf  den  cancellarium  regni '):  quaerendo  a  me,  was  ich  vor  besser 
hielte,  dass  man  auch  cum  periculo  revelationis  die  gehörige  Anstalt 
vornähme,  oder  aus  dergleichen  Apprehension  dieselbe  unterliesse  und 
zusähe,  dass  unterdessen  unsere  contrari  cum  tanto  damno  nostro  mit 
ihrer  impresa  aufkämen^).  Er  sagte  darbei,  dass  von  dem  Churfürsten 
wollte  judicirt  und  gehalten  w^erden,  dass  S.  Ch.  D.  in  solchem  Fall  end- 
lichen dem  von  Conde  auch  beifallen  und  dieselbe  ebensowohl  als  wir 
mit  allerlei  Verdacht  beladen  würden,  welches  er  zwar  weit  wirft;  ich 
wollte  aber  nit  gern,  dass  der  casus  uns  auf  die  Prob  setzete.  Der 
Stratman,  welcher  sousten  überaus  gute  üpinion  von  der  diesseitigen 
guten  Intention  hat,  und  zwar  nit  ohne  Grund,  dann  die  demonstra- 
tiones  seind  gross,  scheint  sich  ebensowenig  auf  diese  Prob  zu  verlassen; 
er  förchtet,  dass  der  Vaubrun^),  welcher  allbereit  von  Paris  aufgebrochen, 
an  diesen  Hof  komme,  solchen  occasionibus  zu  invigiliren  und  mit  Mittel 
etwas  grosses  durchzudringen:  dieser  Hof  habe  sich  sehr  discouraglrt 
durch  das  Desarmement  von  Schv.eden;  um  soviel  nöthiger  seie,  dass 
man  ihn  von  E'.  K.  M.  Seiten  animire,  damit  der  Churfürst  von  Brande- 
burg wisse,  dass  er  sich  diesfalls  auf  E.  K.  M.  zu  verlassen  :|;  dass 
derwegen  hochuöthig,  dass  ich  hierzu  Befehl  und  Instruction  bekomme. 
Auf  der  ander  Seiten  habe  ich  dahie  einige  Apprehension  verspüret, 
dass  der  König  in  Frankreich  durch  anderwertige  anerbietende  grosse 
Satisfactiön  |:den  Herzogen  von  Neuburg  dahin  vermögen  möchte,  dass 
er  von  dieser  Praetension  desistirte  :|,  dessen  man  sich  doch  gegen  den 
Stratman  gar  nit  vernehmen  lasst. 

0     Magnus  de  la  Gardie. 

')     Ueber  Schwedens  Verhalten  in  dieser  Zeit  Carlson  I.e.  IV.  .')08f, 

*')     Nicolaus  Bautru,  Marquis  de  Vaubrun, 


Polnische  Wahlfrage.     Keichsangeleg'enheiten.  411 

In  einem  zweiten  iSchrciben  meldet  Goess,  dass  Schwerin  bezüglich  der 
bambergischen  Frage  die  besten  Versicherungen  gegeben  habe;  ebenso  bezüg- 
lich der  Römerraonate;  doch  will  der  Kurfürst  selbst  von  der  Zahlung  be- 
freit sein. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg-  15.  Jan.  1669.   (Or.) 

[Polnische  Wahlsache.] 

Schwerin  theilt  dem  Goess  mit,  dass  in  Litthauen  die  Dinge  für  den  Neu-  15.  Jan. 
burger  günstig  stünden;    die   grösste  Hoffnung  ruhe  aber  in  der  Sincerität  der 
französischen  Erklärung,  die  von  dort  aus  immer  behauptet  werde. 

! :  Der  von  Basserode  wird  E^  K.  M.  referirt  haben,  was  massen  man 
von  hier  aus  durch  den  nun  abgereisten  schwedischen  Resident  Wolfrad 
zu  Stockhohn  die  Impression  machen  wollen,  als  portiren  E.  K.  M.  zwar 
publice  den  Herzogen  zu  Neuburg,  occulte  aber  den  Herzogn  von  Loth- 
ringen; suggerendo,  dass  man  Pfalz-Heidelberg  wider  Lothringen  zu  assi- 
stiren '),  damit  er  zu  Haus  zu  schaffen  habe  und  dem  Herzogen  zu  Neu- 
burg kein  Eintrag  in  Polen  thue;  dass  man  diesseits  darzu  parat,  wann 
Schweden  auch  der  Intention  seie  :  1. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  16.  Jan.  1669.  (Conc.) 

[Polnische  Wahlsache.     Jägerndorf.] 

Der  Kaiser  bleibt   bei   seiner  Absicht,    Neuburg   zu   unterstützen,    alle  Ge-  16.  Jan. 
rächte,  die  das  Gegeutheil  behaupten,  sind  unbegründet:  dagegen  ist  der  Kaiser 
gegen   jede  bewaffnete  Manutenirung  der  künftigen  neuburgischen  Wahl.     Des 
Goess  Verfahren  in  der  jägerndorfischen  Angelegenheit  wird    gebilligt,    er  soll 
fortfahren  so  zu  reden. 


Die  nächsten  Berichte  des  Goess  enthalten  nichts  Wesentliches.  Von  Seite 
Frankreichs  beharrt  man  bei  der  Behauptung  es  mit  der  Förderung  der  Wahl 
des  Neuburgers  ernst  zu  meinen;  aus  Polen  langen  Nachrichten  ein.  die  für 
den  Neuburger  ungünstiger  lauten  (Berichte  vom  22.,  29.  Jan..  .5.,  12.  Febr.  1669). 
Fürst  Bogislaw  Radziwill,  der  als  Gesandter  der  Republik  Polen  nach  Königs- 
berg kommt,  besucht  den  Goess  und  betont  die  Bedenken,  die  gegen  den 
Neuburger  vorgebracht  würden  (Bericht  vom  19.  Febr.).  Auch  in  den  Reichs- 
angelegenheiten treten  keine  besonderen  Ereignisse  ein.  Der  Kurfürst  erklärt 
sich  bereit,  es  mit  dem  zum  Schlüsse  des  Reichstages  festgesetzten  Termine  nicht 


')     Für  diese  Streitigkeiten  Huhn  I.e.  II.  29(if, 


412      V.  Zweite  Mission  des  Freilieirii  Johann  von  Goess.     Üct.  1668  — Sept.  IHTl. 

genau  nehmen  zu  wollen  ;  ist  auch  für  den  Plan  einer  Reiclisarraada  einge- 
nommen (Bericht  vom  29.  Jan.) ;  dagegen  bleibt  er  dabei,  dass  an  Frankreich 
die  occupirten  niederländischen  Plätze  wie  ehedem  Elsas.s  überlassen  werden 
sollen  (Bericht  vom  22.  Jan.  1G69). 


Der   Kaiser   an   Goess.      Dat.    Wien    25.  ?'ebruar   1669. 

(Conc.) 

[Reichsangelegen  lieiteu.] 

25.  l''ehr.  -Goess    soll    fortfahren    den  Kurfürsten    in   der  Ansicht  zu   bestärken,    dass 

man  es  mit  dem  Endtermine  des  Reichstages  nicht  so  genau  nehmen  dürfe. 
Der  Kaiser  gibt  seinen  Gesandten  Befehl,  dahin  zu  sehen,  dass  die  wichtigsten 
Angelegenheiten  möglichst  rasch  zu  Ende  geführt  werden.  Bezüglich  der  Reichs- 
sicherheit hält  der  Kaiser  es  mit  Rücksicht  auf  Frankreichs  Vorgehen  gegen 
Lothringen  um  so  nothwendiger  zu  einer  Entscheidung  zu  gelangen  und 
wenigstens  eine  Provisionalmatrikel  zu  vergleichen,  damit  man  wissen  könne, 
was  jeder  Kreis  in  omnem  casum  necessitatis  pro  securitate  pubüca  beizutragen 
haben  würde.  Der  Kaiser  sieht  nicht  ein,  warum  diese  Sache  sich  nicht  durch 
Berathungen  der  einzelnen  Kreise  bewerkstelligen  Messe.  Dass  der  Kurfürst 
für  seine  Länder  keine  Römermonate  leisten  will,  ist  zu  hart;  der  Kaiser  glaubt, 
es  werde  sich  der  Kurfürst  bequemen,  von  den  .^iO  —  60  oder  mehr  Römer- 
monaten, die  der  Kurfürst  für  seine  Länder  ausschreiben  würde,  30  —  40  dem 
Kaiser  zu  geben. 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Datum  meldet  der  Kaiser, 
nachdem  wir  vernommeu.  dass  man  an  Seiten  des  churfärstlichen  coi- 
legii  in  die  Gedanken  gerathen,  als  ob  wir  durch  Auslassung  des  appen- 
dicis  ad  epilogum  capitulatiouis  perpetuae  förderist  dieses  suchen  thäten. 
samb  wir  dardurch  die  völlige  Frankfurter  Capitulation  cassirt  und  aui- 
gehebter  zu  haben  verlangten ,  hingegen  uns  nie  dergleichen  in  Sinn 
kommen,  sondern  wir  allein  die  Auslassung  des  appendicis  (wünschen')) 
und  darin  von  solcher  frankfurtischen  Capitulation  beschehende  Meldung 
für  unnöthig  erachten;  hat  Leopold  dies  dem  Kurfürsten  mitgetheilt -). 


^)     Vom  Herausgeber  hinzugefügt. 
-)     Nicht  erhalten. 


Reichsangelegenheiten.     Polnische  VVahlfiage.     Tiipleallianz.  413 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  26.  Febr.  1669.  (Or.) 

[Des  Kurfürsten   Erklärungen    in    der    polnischen  Wahlsache.     Nachrichten   über    die 

Tripleallianz.     Brandenburgs  Stellung  zu  derselben.     Urtheil  des  Goess.     Pomponne's 

Pieise  nach  dem  Haag.     Urtheil  über  de  Witt  in  Berlin.     Bemühungen  des  Goess  das 

Mistrauen  des  Berliner  Hofes  zu  beseitigen.] 

Goess  meldet  dem  Kurfürsten  die  Geburt  einer  kaiserlichen  Prinzessin');  2G.  Febr. 
der  Kurfürst  gratulirt  und  spricht  dabei  von  der  polnischen  Angelegenheit;  er 
betont,  man  rechne  auf  die  Aufrichtigkeit  Frankreichs ;  denn  es  wäre  die  grösste 
Perfidie,  wenn  es  nach  diesen  Erklärungen  im  geheimen  für  einen  französischen 
Candidaten  arbeiten  liesse.  Die  Befürchtungen  des  Kurfürsten,  es  könnte  der 
Czar  die  Krone  in  Polen  erhalten,  weiss  Goess  zu  beseitigen.  I.  Cli.  D.  sag- 
ten mir  auch,  dass  die  Polen  ihre  Grenzen  dieser  Seiten  mit  Völker  be- 
setzten und  dass  der  Koritzki'),  welcher  sonsten  für  gut  Condeisch  ge- 
halten worden,  in  Braunsberg  läge;  sie  wäreo  resolvirt  etliche  1000  von 
ihren  Völkern  aus  der  Mark  nach  Colberg  und  von  danneu  zu  Wasser 
hieher  kommen  zu  lassen.  . .  . 

Sie  haben  hier  Nachricht,  dass  in  puncto  subsidiorum  für  Schweden 
und  der  Universalgarantie,  so  die  Tripleallianz  zu  leisten,  die  Sach 
nun  ihre  völlige  Richtigkeit  habe,  die  Terminen  zu  Abführung  der  Gelder 
und  das  übrige,  w^as  dem  Werk  anhäncrig.  auch  schon  völlig  verglichen. 
Goess  glaubt  nicht,  dass  die  Sache  so  weit  gediehen  ist^). 

I.  Ch.  D.  meldeten  gegen  mich  mit  bezeigender  Empfindlichkeit,  als 
thäten  die  Staaten-General  sie  nun  auch  et  quasi  ultimo  loco  zur  Triple- 
allianz invitiren  *);  es  ist,  wie  E.  K.  M.  mit  mehreren  werden  sein  bericht 
worden,  auch  vorhero  mit  derselben  daraus  tractirt  worden.  Ich  kanu  aber 
glauben,  dass  sie  selbsten  hierin  temporisirt  und  Frankreich  bei  gegen- 
wärtigen Coniuncturen  nit  ingelosiren,  noch  disobligiren  wollen;  sie 
Hessen  in  diesem  Discurs  schiessen,  dass  i :  wann  man  einmal  mit  dem 
polnischen  Werk  fertig,  so  künnte  man  im  übrigen  seine  Mesuren  besser 
nehmen:  ,  welches  mich  neben  anderen  Reflexionen  um  so  viel  mehr  in 
dieser  meiner  Opinion  confirmirt;  ich  halte  auch  darfür,  dass  V.  Ch.  D. 
gelosia  gebe,  dass  man  von  Wegen  dieser  Tripleallianz  mit  dem  Haus 
Braunschweig  und  auch  mit  Chur  Mainz  und  Chur  Trier  tractire^):  ':  sup- 


')  Marie  Antonie,  später  vermählt  mit  ilax.  Emanuel  von  Baieru. 

-')  Christoph  Koritzki,  polnischer  Heerführer;  vergl.  über  ihn  Urk.  u.  Act.  IX. 
'2o  Anm. 

3)  Vergl.  Lefevre-Pontalis  1.  c.  JI.  8 f. 

■*)  Vergl.  für  die  Lage  in  dieser  Zeit  LetVvre-Pontalis  1.  r.  II.  I  tf. :   Ranke,  Franz. 

Gesch.  III.  •284ff. ;  Droysen  I.e.  III.,  -iöOff. 

'■')  Vergl.   Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  10. 


414      V.  Zweite  Mission  des  Freilienn  Joiiann  von  Goess.     Oct.  KWIS  —  Sept.  1671. 

ponendo  fore,  dass  die  subsidia,  welche  man  eben  so  gern  als'Schweden 
und  die  andere  haben  möchte,  pro  modo  necessitatis  und  dahero  geringer, 
als  wann  man  ihrer  hoch  von  Nöten,  werden  fallen.  Das  Mistrauen 
gegen  dem  de  Witt  continuirt;  vielleicht  nit  ohne  Ursach  :i.  Der  Pom- 
ponne,  wie  mir  auch  der  Wicka ')  schreibt,  werd  aus  Holland  stimulirt, 
seine  Reis  nach  dem  Haag  zu  beschleunigen  und  dass  er  sonsten  zu 
spät  kommen  möchte'').  Die  Difficultäten  wegen  Admissiou  des  Königs 
in  Spanien  zu  der  Tripleallianz^)  werden  dahie  dem  Pensionario  de  Witt 
meistens  imputirt,  dessen  Maxime  seie;  |:  sich  durch  Frankreich  zu  stabi- 
liren  und  das  Haus  Oranien  unterzuhalten;  et  forte  non  plane  errant,  ut 
puto,  in  hoc,  welche  glauben,  dass  1.  Ch.  1).  eben  sow^ohl  grosse  Reflexion 
(auf  Frankreich  nehmen)^)  und  eben  diese  verursacht,  dass  gegen  uns  nicht 
die  Confidenz,  wie  es  wohl  sein  solle,  gezeigt  werde.  So  zweifelt  man 
auch  immer  daran,  ob  E.  K.  M.  den  Herzog  von  Neuburg  so  privative 
und  auch  mit  solchem  Nachdruck,  wie  sie  wollten,  zur  polnischen  Krön 
zu  recommandiren  gemeint  sein:!.  Ich  thue  nun  zwar,  was  ich  kann, 
das  gute  Vertrauen  zu  erhalten;  dass  ich  aber  die  Diffidenz  in  vielen 
Stücken  und  zwar  mit  Nachtheil  der  übrigen  Negotien,  so  mir  obliegen, 
nit  vermerken  solle,  das  wäre  mir  und  ihnen  all  zu  viel  geheuchelt;  die 
Zeit  werd  solche  Ombrage  dissistiren  (sie)  und  wie  ich  da  zu  sagen 
pflege,  das  Werk  den  Meister  loben. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   12.  März  1669.  (Or.) 

[Polnische  Angelegenheit.     Geldsendungen   für  Beziers.     Unterredung   des   Goess  mit 

dem  Kurfürsten  über  Frankreichs  Vorgehen  gegen  den  Lothringer,     ürtheil  des  Goess 

über  den  Zusammenhang  dieser  Angelegenheit  mit  der  polnischen.] 

12.  März.  In  der  polnischen  Angelegenheit   schwankt  man  hier  zwischen  Furcht  und 

Hoffnung.  Dass  ein  Graf  von  Schlieben^),  der  im  kurfürstlichen  Preussen  zu 
Hause  ist,  die  Sache  des  Lothringers  bei  dem  Convent  zu  Graudenz  vertreten, 
bat  den  Kurfürsten  sehr  verdrossen. 

Dass  Beziers  aus  Frankreich    grosse   Summen  Geldes   erhalten,    wird    von 
allen  Seiten  berichtet*^). 


')     Kaiserlicher  Gesandter  in  Paris. 

-)  Ueber  Poraponne's  Thätigkeit  in  dieser  Zeit  veigl.  Mignet  1.  c.  III.  2l)9ff. :  Petei-, 
Sybel'sche  Zeitschrift  XIII.  152f.;  Lefevre-Pontalis  II.  25fr.;  Mem.  de  Pomponne  II. 
Cap.  IX.  u.  X. 

^)     Vergl.  Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  14f. 

■*)     Vom  Herausgeber  hinzugefügt. 

^)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.,  2ü\). 

^)    Vergl.  Droysen  1.  c.  111. ,  254. 


Uitheil  üb.  de  Witt  in  Berlin.  Polnische  Wahlfrage.    Frankreich  u.  der  Lothrincrer.      415 

Aus  Reo-enslinrg-  hat  Goess  Nachricht,  was  masscn  der  Diic  de  Crequi, 
nachdom  der  Herzog  von  Lothringen  auf  des  Königs  in  Frankreich  Ansuchen, 
oder  vielmehr  Bedrohungen  und  versprochene  Garantie  disarmirt,  Pont-k- 
Moussou  per  stratagema  eingenommen  ')  und  dass  gleichwohl  zu  Regeus- 
burg  Leut  gefunden  würden,  welche  solches  factum  unter  einem  und 
anderen  Praetext  wollten  excusiren.  Als  ich  I.  Ch.  D.  gefragt,  ob  deme 
also,  haben  sie  mir  gesagt  von  ja  und  dass  man  französischer  Seiten 
darzu  bewegt  worden,  weiln  der  Herzog  seine  Völker,  wider  geschehene 
Abrede,  zusammenzöge;  sonsten  j :  Hesse  der  Churfürst  von  Brandenburg 
in  dem  Discurs  wegen  der  Händel  zwischen  Churheidelberg  und  Loth- 
ringen auch  schiessen,  dass  der  König  in  Frankreich  Churheidelberg 
nit  würde  hilflos  lassen^).  E.  K.  M.  werden  sich  auch  gnädigst  er- 
inneren, was  ich  unter'm  15.  Januarii  bericht,  dass  der  von  Basserode 
mir  geschrieben,  dass  Churcöln  durch  den  hier  gewesten  schwedischen 
Resident  Wolfrad  die  schwedische  Regierung  adhortiren  lassen,  dass  man 
('hurheidelberg  wider  Lothringen  zu  assistiren  und  dass  sie  darzu  bereit, 
wann  Schweden  mit  concurrireu  wollte:  Alles  dieses  respicirt  ohne 
allem  Zweifel  das  polnische  AVerk  und  hat  man  gesucht  den  Herzog 
von  Lothringen  zu  Haus  zu  occupiren,  damit  er  seineu  Vettern  in  re 
Polonica  nit  könnte  assistirn.  Wie  man  nun  nit  gern  gesehen,  dass 
durch  die  resolvirte  Abdankung  der  Herzog  sich  von  dieser  Verhin- 
derung frei  gemacht,  also  werden  diese  neue  imbarazzi  nicht  unan- 
genehm sein;  steht  aber  dahin,  ob  alles  in  favorem  des  Herzogs  von 
Neuburg  vermeint.  .  .  .     Schwerin   ist  noch  immer  schwer  krank. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  19.  März  1669.  (Or.) 

[Reichsangelegenheiten.] 

Des  Kaisers  Befehlschreiben  vom  2.5.  Februar  hat  Goess  erhalten  und  mit  19.  Milrz. 
dem  Kurfürsten  über  die  Angelegenheit  des  Appendix  ad  perpetuam  capitula- 
tionem  gesprochen.  Sie  haben  kürzlich  darauf  geantwort,  dass  sie  die 
anteacta  und  protocolla  aufsuchen  und  die  Bach  würden  vornehmen 
lassen;  seind  aber  bald  auf  andere  Ding  und  zwar  cum  gravibus  querimo- 
niis  gefallen,  also  dass  ich  bei  solcher  Beschaffenheit  nit  rathsam  be- 
funden, die  übrige  in  E^  K.  M.    gnädigstem   Schreiben  enthaltene  puncta 


1)     Vergl.  Huhu  1.  c.  II.  -290. 

"-)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.  ^  "247  f. 


416      V.  Zweite  Mission  des  Fieihenn  Jobaim  von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 

ZU  berühren,    darauf  in  illa  commotione  aninii   keine  gute  Erklärung  zu 
vei'hoffen  gewesen. 

Der  Kurfürst  klagt  insbesondere  darüber,  dass  man  dem  Jena  im  Fürsten- 
ratbe  Session  und  Votum  für  Candn  verweigert  habe  und  über  die  quernhei- 
mische  Angelegenlieit 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  sell)en  Datum  berichtet  Goess,  dass  er  in 
Erfahrung  gebracht,  dass  Beziers  ül)er  grosse  Geldmittel  verfüge ;  den  Gerüchten, 
dass  auch  Brandenburg  sich  auf  die  Seite  Frankreichs  schlage,  aber  keinen 
Glauben  schenke,  da  er  keinen  Grund  habe  an  den  ehrlichen  Absichten  Fried- 
rich Wilhelms  zu  zweifeln.  Unter  dem  26.  März  berichtet  Goess,  dass  der  Mos- 
cowiter,  wie  aus  Warschau  gemeldet  werde,  eifrig  für  seinen  ältesten  Sohn  die 
Königskrone  von  Polen  zu  erlangen  strebe  und  selbst  den  Religionswechsel  des 
Prinzen  zugestehen  wolle ').  Unter  dem  2.  April  meldet  dann  Goess,  dass  diese 
russische  Werbung  nicht  vom  Czaren  direct,  sondern  von  Pac  "^)  geleitet  werde. 
Radziwill,  mit  dem  Goess  vor  dessen  Abreise  spricht,  meint,  alles  sei  noch  un- 
u'ewis.-s. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg-  9.  April  1669.   (Or.) 

[Reichsangelegenheiten.] 

y.  April.  Die  Stimmung  des  Kurfürsten   ist  noch   immer   die    gleiche;    Schwerin    ist 

krank.  Das  Antwortschreiben  des  Kurfürsten  auf  das  kaiserliche  Schreiben 
vom  25.  Febr.  ist  dem  Goess  nicht  übergeben  worden.  Ich  habe  durch  den 
secretariura  Meinders  remonstriren  lassen,  dass,  was  in  obgedachter  chur- 
fiirstlicher  Antwort  enthalten  wegen  eines  Schreibens,  so  das  churfiirst- 
liehe  Collegium  in  puncto  appendicis  an  E.  K.  M.  zu  thun  Vorhabens, 
idem  per  diversa  und  eben  so  viel  seie,  als  wann  der  Appendix  (dessen 
Auslassung  doch  per  majora  verglichen)  in  der  Capitulation  inserirt 
würde  und  dahin  zielete,  dass  das  conclusura  per  raajora  per  indirectum 
umgestossen  würde.  I.  Ch.  D.  hätten  hierbei  das  geringste  Interesse 
nicht,  die  Savoy'sche  und  Bamberg'sche  Sachen  würden  allein  hierdurch 
getrieben.  :  Wegen  Savoyen  meldete  er,  dass  sie  mit  Churbaiern  nit 
so  sonderliche  Communication  hielten;  sed  quidquid  ille  dicat,  bei  mir 
ist  richtig,  dass  Churcölln  sich  hierin  mit  Churbaiern  impegnirt  und 
wann  dieser  auf  bessere  Gedanken  zu  bringen,  Churbrandenburg  :i  sicher- 
lich keine  Difticultät  darin  machen  würde.  In  der  Bamberger  Sache  aber 
versichert  der  Kurfürst,  was  Goess  auch  für  richtiu'  hält,  des  Kaisers  Sache  ver- 


0     Veigl.  Theat.  Eur.  X.,.  34. 

-)     Christoph  Pac,    Kanzler   von   Litthauen:    veigl.    über   ihn    ürk.  und    Aft.  IX. 
38  Aum. 


Reichsangelegenheiten.     Schaffgotsch  in  Polen.  417 

treten  zu  wollen.  Bezüglich  der  Verlängerung  des  Aufenthaltes  der  kurfürst- 
lichen Gesandten  zu  Regensburg  erklärt  der  Kurfürst  sich  den  Beschlüssen  der 
übrigen  Stände  conforniiren  zu  wollen.  Punctum  securitatis  publicae  be- 
treffend, befinde  ich,  dass  man  daliie  uit  grosse  Hoffnung  hat,  dass  der- 
selbe ausgemacht  werde;  I.  Ch.  D.  melden  und  hat  mir's  der  Meinders 
weitläufig  ge.sagt,  dass  sie  sich  hierin  fast  vor  allen  anderen  Ständen 
willfährig  erklärt;  modum  contribuendi  betreffend,  will  ich  hoffen,  dass 
S.  Ch.  D.  sich  demjenigen,  welchen  man  für  gut  befinden  möchte,  nit 
würde  zuwider  sein  lassen;  wie  der  Meinders  discurrirt,  wann  einmal 
a  matricula  imperii  gewichen  werde,  könne  schwerlich  ein  anders  Mittel 
gefunden  werden,  sich  eines  Fuss  oder  simpli  zu  vergleichen;  ein  Stand 
werde  sich  nach  dem  anderen  richten  und  es  keinem  Vorwand  und  Prae- 
texten  sich  des  Lasts  zu  entschütteo  mangelen  ^).  Man  hat  hier  unter- 
schiedliche Nachricht,  dass  die  Franzosen  Pont-ä-Mousson  wiederum 
quittirt,  also  möge  diese  Gefahr  nun  auch  weniger  apprehendirt  werden, 
|:zumalen  auch  vorher  einige  gezeigt  sich  wenig  darum  zu  kümmern. 
AVegen  des  Commando  oder  Generalat  über  die  Reichsarmada  hat  sich 
hac  occasione  Churbrandenburg  weiter  nicht  ausgelassen,  wohl  aber  be- 
daurt,  dass  man  zu  Zeiten,  als  der  Fried  zu  Oliva  tractiret  wurde,  das 
Tempo  und  die  Occasion  nicht  in  Acht  genommen  :\;  wann  man  dero  Rath 
gefolgt,  würden  E''.  K.  M.  Sachen  anjetzo  in  einem  besseren  Stand  stehen; 
deducendo,  was  man  für  eine  considerable  Macht  hätte  können  beisammen 
bringen  und  was  darmit  können  gericht  werden. 

Bezüglich  der  Römermonate  spricht  Goess  mit  Meinders;  dieser  aber,  der 
Schwerin  und  den  Karfürsten  von  dem  Begehren  des  Kaisers  in  Kenntnis  setzt,  er- 
klärt, es  sei  geringe  Aussicht  auf  Unterstützung  des  Kaisers  durch  Brandenburg, 
selbst  wenn  der  Brandenburger  gänzlich  von  Zahlung  für  seine  Länder  befreit  würde, 
I :  dann  sie  wären  von  unterschiedlichen  Ständen  angeloflfen  und  von  Ver- 
willigung  dieser  Römermonat  dehortiret  worden  :  ].  Goess  hat  in  Erwartung 
einer  Abweisung  bisher  selbst  mit  dem  Kurfürsten  nicht  über  diese  Angelegen- 
heit gesprochen.  Der  Kurfürst  klagt  von  neuem  über  das  Vorgehen  des  Kaisers 
in  den  Camin'schen  und  quernheimischen  Angelegenheiten.  Goess  sucht  diese 
Klagen  zu  widerlegen. 

Unter  dem  15.  April  verständigt  der  Kaiser  den  Gesandten,  dass  er  Schaff- 
gotsch  mit  dem  Befehle  nach  Polen  geschickt  habe,  einzig  und  allein  die  Wahl 
des  Neuburgers  zu  befördern'-). 


1)  Vergl.  Gemeiner  1.  c.  III.  18.5 ff. 

2)  Uebei-  des  Christoph  Leopold  Schaffgotsch  Aufenthalt  in  Polen  Puf.  1.  c.  X.  82 ff. 
Droysen  1.  c.  III.3  257  ff. 


MatiM-.  /..  Gesch.  d.  G.  Kuifiirsteii.    XIV. 


418      ^'-  Zweite  Mission  des  Freiberrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1G68  — Sept.  1671. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  16.  April  1669.  (Or.) 

[ürtheil  des  Goess  über  den  Zweck  der  Mission  des  Crockow  nach  Schweden.    Unter- 
redung des  Kurfürsten  mit  Goess  über  die  Tripleallianz.] 

IG.  April-  Der  Kurfürst  theilt   dem  Goess   mit,    dass   er   die  Absicht  habe,   Crockow, 

der  schon  frülier  in  Schweden  gewesen,  wieder  dahin  abzusenden.  Diese  Ab- 
schickung,  wann  sie  geschieht,  werd  meines  Erachtens  sonderlich  dahin 
angesehen  sein,  damit  man  die  Gedanken  derselbigen  Regierung  expis- 
cire,  was  sie  darbei  zu  thuen  gemeint,  j :  wann  etwa  die  vota  in  Poln 
sich  zertheilen  und  auf  unterschiedliche  subjecta  gehen  sollen  und  dann 
auch,  wie  es  mit  den  Tractaten  wegen  der  Tripleallianz  und  so  fort  mit 
£"■.  K.  M.  eigentlich  stehe.  So  viel  ich  merken  können,  halten  I.  Ch.  D. 
diese  letzte  weiter  avancirt,  als  sie  re  vera  nit  sein,  und  sagten, 
dass  wir  mit  dem  Geldgeben  nit  so  sehr  zu  eilen.  Ego  dissiraulabam 
und  thäte,  als  verstünde  ich's  :|  auf  die  spanischen  Gelder  wegen  der 
Subsidien,  dass  England  und  Holland  dieselbe  pactuirt  und  Spanien  ser- 
vandae  tranquillitatis  publicae  causa  endlichen  darin  condescendirt:  sie 
sagten  mir  auch,  ut  videbatur  cum  aliquo  plausu,  dass  die  Schweizer  in 
die  Tripleallianz  nit  mit  eintreten  wollen  und  dass  der  Chevalier  Terlon 
von  dem  König  in  Frankreich  wiederum  in  Schweden  geschickt  würde, 
welches  doch  kein  anders  Fundament  hat,  als  dass  der  Terlon  dem  Pufen- 
dorf)  seine  Geneigtheit  nach  Schweden  zu  gehen  mitgetheilt  hat,  was  schwe- 
discherseits  aber  abgelehnt  wurde.  Der  Kurfürst  betont,  dass  er  eher  als  für 
Lothringen  und  Conde,  sich  für  den  Moscowiter  entschliessen  würde,  was  Goess 
nur  als  Redensart  betrachtet. 


In  den  nächsten  Wochen  ändert  sich  nicht  viel  in  der  polnischen  Wahl- 
frage. Man  zeigt  sich  am  kurfürstlichen  Hofe  mit  der  Instruction,  die  Schaff- 
gotsch  vom  Kaiser  erhalten  hat,  zufrieden,  beklagt  aber,  dass  Goess  sich  nicht 
deutlich  genug  über  des  Kaisers  Haltung  in  der  Wahlfrage  äussere  (Bericht 
7.  Mai  1669)  und  zeigt  noch  immer  Mstrauen  in  des  Kaisers  Absichten  zu 
setzen  (Berichte  vom  23.,  26.  und  30.  April  1669). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  21.  Mai   1669.  (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Meinders  bezüglich  der  polnischen  Wahlsache,  l'rtheil 
des  Goess  über  Frankreichs  Haltung  in  der  polnischen  Wahlfrage.  Mittheilung 
Kramprichs  aus  dem  Haag  über  des  Kurfürsten  Streben  nach  der  polnischen  Krone.] 

21.  Mai.  Meinders  meldet  dem  Goess,  Schaffgotsch  habe  mit  Beziers  gesprochen  und 

erklärt,  er  habe  blos  Befehl  für  den  Neubnrger  zu  wirken,  jedoch  auf  die  Frage, 


1)     Esaias  Pufeudorf  war  N'ertreter  Schwedens  in   Paris. 


Ciockow"s  Sendung  nach  Schweden.     Tripleallianz.     Polnische  Wahlfrage.      419 

wie  man  die  A\'ahl  des  Lothringers  zu  hindern  habe,  geschwiegen.  Goess  er- 
klärt, er  habe  darüber  hier  in  Königsberg  nicht  zu  verhandeln,  könne  aber 
nicht  umhin,  zu  betonen,  was  er  auch  Schwerin  gegenüber  gethan,  dass  man 
der  polnischen  Libertät  nicht  zu  nahe  treten  und  nichts  thuen  solle,  was  wider 
die  Honnetität  und  die  grossen  Potentaten  geziemende  Generosität  liefe.  Meinders 
bemerkte,  dem  Lothringer  sei  es  sehr  förderlich,  dass  sein  Regiment  in  der 
Nähe  liege.  Ich  replicirete,  dass  dieses  Regiment  in  Schlesien  einquartirt 
wäre,  ehe  diese  des  Prinzen  Praetension  herfürkommen;  dass  ein  jeder 
Privatoberster,  sowohl  bei  ihnen,  als  bei  uns,  sich  seiner  untergebenen 
Officier  in  dergleichen  Occasionen  zu  bedienen  pflege. 

Er  bezeigte  sehr  zu  besorgen,  wie  wohl  :  der  von  Beziers  sich 
auch  bezeige,  dass  inter  duos  litigantes,  der  Prinz  von  Conde  aufkommen 
möchte.  Wann  die  consilia  von  Frankreich  dahin  gericht,  wie  ich  meines 
Theils  allzeit  besorgt,  so  werd  der  Herzog  von  Neuburg  keinen  gefähr- 
licheren, obzwar  heimlichen  Opponenten  haben,  als  Frankreich;  man 
w'ird  palam  recommeudiren  und  sich  eiferig  stellen,  clam  aber  und  per 
tertios  (dann  von  der  Faction  genug  seind)  die  Sach  also  veranlassen, 
damit  Frankreich  sagen  könne,  man  habe  ihrerseits  alles  gethan,  was 
man  gekönnt  und  was  man  an  sie  begehren  mögen;  weilen  dannoch  mit 
Herzogen  von  Neuburg  uit  aufzukommen  gewesen,  seien  sie  nicht  zu 
verdenken,  dass  sie  endlich  den  Herzog  von  Conde'),  Lothringen,  welcher 
von  £•■.  K.  M.  heimlich  portirt  werde,  (nam  ut  video  hoc  agitur,  dass 
dieser  Praetext  allgemach  formirt  werde)  praeferiren  und  dann  wird  an 
Satisfactionen  für  den  Herzogen  von  Neuburg,  für  diesem  Chur-Branden- 
burg,  für  Schweden  und  für  die  in  Polen,  wie  solche  einer  für  dem 
andern  Party  zugethan,  nicht  ermanglen  und  wer  weiss,  was  E"^.  K.  M. 
Selbsten  möge  gedacht  werden.  Meinders  sagte  mir,  dass  die  Franzosen 
es  ungescheuet  jactiren,  dass  sie  diejenige  sein,  welche  E.  K.  M.  auf  den 
Herzogen  von  Neuburg  gebracht,  wann  sie  dieses  juxta  suam  opinionera 
vermögt,  ob  sie  nicht  praesumiren  können,  E.  K.  M.  wiederum  auf  eine 
andere  Party  zu  bringen,  zu  vermögen  :j.  ...  Als  nun  auch  darvon  ge- 
redt worden,  wessen  dieser  Churfürst  sich  zum  öfteren  vernehmen  lässt, 
dass  nemlich  er  endlichen  den  Moscowiter  tam  Condeo  quam  Lotharingo 
praeferiren  würde,  zeigete  der  Meinders,  de  Mosco  es  nit  so  eben  zu 
glauben,  wohl  aber,  dass  wann  mit  Neuburg  nit  aufzukommen,  S.  Ch.  J). 
Condeum  Lotharingo  praeferiren  w'ürden.  .  .  . 

Kramprich  meldet  aus  dem  Haag,    es  werde  dort  stark  davon  gesprochen. 


')     A  ^^  Herzog  von  Neuburg. 


27* 


420      V.    Zweite  Mission  des  Freiherrn  Jobann  von  Goess.     Oet.  1668  —  Sept.  1671. 

der  Kurfürst  wolle   katlioliscli   werden,    um   die    polnische  Krone  zu    erlangen. 
Goess  glaubt  nicht  daran. 


\ 


In  den  nächsten  Wochen  wiederholen  sich  die  gleichen  Dinge.  Der  Kur- 
fürst von  Brandenburg  und  seine  Räthe  klagen,  dass,  nach  den  aus  Polen  ein- 
langenden Berichten,  Schaffgotsch  heimlich  für  den  Lothringer  wirke;  Goes.s 
widerspricht  dem  und  ebenso  Schaffgotsch,  an  den  Goess  in  dieser  Angelegen- 
heit ('schreibt.  (Berichte  vom  28.  Mai,  4.  und  11.  Juni).  Allein  die  Klagen 
gegen  Schaffgotsch  dauern  fort  und  werden  durch  Ceremonialstreitigkeiten,  die 
zwischen  Schaffgotsch  und  den  kurfürstlichen  Käthen  bestehen,  noch  vermehrt'). 
Man  glaubt  übrigens  in  Königsberg,  dass  die  Franzosen  jetzt,  wo  die  Exclusion  des 
Prinzen  von  Conde  öffentlich  ausgesprochen  ist,  die  Auflösung  des  Reichstages  ver- 
suchen und  die  Vornahme  der  Wahl  verhindern  werden,  um  dann  den  Ausschluss 
Conde's,  als  durch  Gewaltmassregeln  in  Scene  gesetzt,  widerrufen  zu  lassen-) 
(Bericht  vom  18.  Juni). 

Auch  in  den  Reichsangelegenheiten  führen  die  Verhandlungen  zu  keinem 
Resultate.  Der  Kurfürst  bleibt  bei  seiner  Ansicht  bezüglich  der  Römermonate 
und  nimmt  die  von  Goess  im  Namen  des  Kaisers  vorgebrachten  Vermittelungs- 
vorschläge.  die  darin  gipfeln,  dass  ein  Theil  —  schliesslich  blos  der  vierte  Theil 
—  der  von  den  kurfürstlichen  Ländern  zu  erwartenden  Summen  dem  Kaiser,  das 
übrige  aber  dem  Kurfürsten  zufallen  möge  (Weisungen  vom  28.  Febr. ,  9.  Mai, 
21.  Juni  1660),  nicht  an  (28.  April,  24.  Mai),  sondern  sucht  vielmehr  die  Frage 
der  im  Verkehr  der  kaiserlichen  und  kurfürstlichen  Gesandten  zu  beobachten- 
den Ceremonien  mit  dieser  in  Verbindung  zu  bringen  (Bericht  vom  20.  Aug.) ; 
was  der  Wiener  Hof  aber  entschieden  zurückweist  (Weisung  vom  4.  Sept.). 
In  der  Frage  des  Appendix  zu  der  capitulatio  perpetua  oder  des  von 
Seiten  eines  Theiles  der  Kurfürsten  an  Stelle  des  Appendix  vorgeschlagenen 
Schreibens  an  den  Kaiser^),  sucht  Goess  den  Brandenburger,  im  Sinne  der 
kaiserlichen  Wünsche,  für  die  Unterdrückung  des  Schreibens  zu  stimmen.  Er 
bemerkt  unter  anderem,  dass  es  erscheine,  dass  sonsten  die  Chur- 
fiirsten  selbsten  au  der  Validität  ihrer  frankfurtischen  Capitulation  dubi- 
tiren,  wann  nöthig  sein  solle,  dass  dieselbe  in  hac  perpetua  durch 
gesammte  Stände  expresse  confirmirt  und  wann  dieses  nicht  geschieht, 
ihr  Recht  durch  sothane  vorschlagende  Schreiben  verwahrt  werde. 
Schwerin  ist  für  des  Kaisers  Pläne  in  dieser  Sache  eingenommen  und  lässt 
sich  den  Vorschlag.  Brandenburg  möge  sich  der  Majorität,  falls  der  Kaiser,  wie 
er  hoffe,  eine  solche  gewinne,  anschliessen,  Avohl  gefallen  (Ber.  vom  28.  Mai  1669). 


1)  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  84f.;  Droysen  1.  c.  III.3  264f. 

2)  Vergl.  Puf.  1.  c.  X.  86:  Krebs  1.  c.  182;  Droysen  1.  c.  III.3  258fT. 

3)  Vergl.  Droysen  1.  c.  IH.3  :ib9. 


Polnische  Wahlfrage.     Reichsangelegenheiten.     Des  Silvius  Verhandl.  in  Berlin.      421 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  25.  Juni  1669.  (Or.) 

[Wahl  Wisnowiecki's.     Urtheil    des  Kurfürsten    über  den  Ausgang  des  Wahlkampfes. 
Verhandlungen  des  Silvius  über  den  Eintritt  Brandenburgs  in  die  Tripleallianz.     Ver- 
halten des  Goess  in  dieser  Angelegenheit.     Nachrichten  des  Silvius   über  der  Braun- 
schweiger Verhalten  in  dieser  Angelegenheit.] 

Während  der  Kurfürst  neue  Klagen  gegen  den  kaiserlichen  Gesandten  er-  25.  Juni, 
heben  lässt .  langt  die  Nachricht  von  der  Wahl  Michael  Wisnowiecki's ')  in 
Königsberg  ein.  Ich  habe  mir  nun  wohl  einbilden  können,  dass  I.  Ch.  D.  nit 
ohne  grossen  disgiisto  diese  Nachricht  würden  vernomraen  haben,  habe 
derowegen  einen  Tag  entzwischen  hingehen  lassen,  ehe  ich  zu  deroselben 
kommen,  ex  praescripto  proverbii ,  da  locum  irae,  und  dannoch  habe 
ich  all  ziemliche  Alteration  und  Commotion  verspürt.  Sie  asserirten 
pro  indubitato,  wann  andere  gehalten,  was  versprochen  worden,  neminem 
nominando  und  wann  der  Herzog  von  Lothringen  nit  darzu  kommen, 
dass  der  von  Neuburg  gewiss  wäre  König  worden,  diese  Concurrenz  und 
daraus  entstandene  Division  hätte  ihn  darum  gebracht.  Goess  betont, 
dass  es  an  Seiten  des  Kaisers  nicht  gefehlt  habe,  übrigens  dürfte  der  erwählte 
König  dem  Kurfürsten  genehm  sein.  Ich  vermerke,  dass  man  die  Rech- 
nung macht,  dass  Polen  des  Churfürsten  Freundschaft  noch  wohl  von 
Nöten  haben  möchte.  Weil  der  erwählte  König  nit  verheirath,  wurde 
sowohl  von  dem  Churfürsten,  als  von  dem  Baron  von  Schwerin  von  einer 
Allianz  mit  Moscau  discurrirt,  zumalen  der  König  seine  Patrimonial- 
güter  auf  der  Seiten  hat.  Von  uns  thäten  sie  keine  Meldung;  steht  dahin, 
was  sie  mögen  gedacht  haben.  Ich  Hesse  es  alles  so  hingehen,  bin  aber 
der  Meinung  gar  nit,  dass  der  Moscowiter  sich  sehr  angreifen,  noch  in- 
commodiren  würde,  eine  Tochter  oder  Schwester  dahin  zu  verheirathen.  ,  .  . 

Der  englische  Abgesandte  Silvius  hat  seither  I.  Ch.  D.  zur  Triple- 
allianz invitirt");  hat  aber  keine  Vollmacht  zu  tractiren,  sondern  ver- 
meint, dass  im  Haag  mit  gesammter  gedachter  Allianz  zu  tractiren  seie. 
Der  Churfürst  begehrt  vor  allen  Dingen  zu  wissen,  was  die  Tripleallianz 
in  sich  halte:  suppouirt,  dass  articuli  secreti  darbei  sein,  mit  welchen 
man  nit  hervor  wolle;  hat  nit  das  beste  Vertrauen  zu  England;  sus- 
picirt,  dass  sie  anderwärts  mit  Frankreich  tractiren^).  Silvius  praeten- 
dirt  bei  mir,   dass  sein  negotium  causa  communis  seie;   ich  kann  mich 


1)  Die  Wahl  erfolgte  am  10.  Juni  1660.     Krebs  1.  c.  183. 
-)     Vergl.  für  die  Mission  des  Silvius  Puf.  1.  c.  XI. 3. 

^)  Vergl.    für    diese  Verhältnisse    Ranke,    Engl.   Gesch.  V.  T6fF. :    Klopp   1.  c.  I. 

251  ff.;  Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  56ff. 


422      V.   Zweite  JJis^^ion  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.  1671. 

aber  hierin  nit  weit  einlassen:  es  würde  mir  gehen,  wie  vor  diesem, 
als  vom  niederländischen  Secours  gehandelt  wurde;  man  würde  mich 
gleich  fragen,  was  wir  dann  hierbei  zu  thun  gemeint.  Der  Silvius  ist 
auch  bei  den  Herzogen  von  Braunschweig  gewesen;  alle  sollen  gute  In- 
tention gezeigt  haben,  ausser  des  Herzogs  Johann  Friedrich,  welcher  gar 
generaliter  geantwort  und  seiner,  des  Silvii,  Meinung  nach,  sehr  auf 
Frankreich  reflectirt.  Ich  halte,  dass  allda  ebensowohl  als  dahie,  es 
endlich  auf  die  Subsidien  ankommen  werde.  Silvius  vermeint,  dass  die 
Staaten-General  dieselbe  endlichen  verwilligen  möchten;  sonderlich,  wann 
es  zur  Action  und  zum  Krieg  kommen  solle;  tempore  pacis  möchte  es 
mehr  Difficultät  geben. 


Goess  an   den  Kaiser.     Dat.   Königsberg-  2.  Juli  1669.   (Or.) 

[Stimmung  am  Hofe  bezüglich  der  polnischen  Wahl.     Verhandlungen  des  Silvius  mit 
Schwerin.     Frankreichs  Vorgehen.     Urtheil    des    Goess    darüber  und   über  die   allge- 
meine Haltung  in  der  niederländischen  Frage.     Erklärungen    der  Franzosen  bezüglich 
der  Tripleallianz.     Unterredung  Schwerins  mit  Goess  in  dieser  Angelegenheit.] 

Juli.  Man   ist    am    kurfürstlichen   Hofe    mit    der   pohlischen  Königswahl    schon 

zufriedener,    da  man    von    dem    neuen    Könige    nichts    befürchten    zu    müssen 
glaubt').     Der  Kurfürst  denkt  im  August  nach  Berlin  zu  ziehen. 

Silvius  hat  mit  Schwerin  conferirt  und  leugnet,  dass  England  mit  Frank- 
reich, wie  Schwerin  behauptet,  a  parte  tractire;  aber  der  Baron  von  Schwerin 
sagt  mir,  dass  sie  von  allen  Orten  diese  Nachricht  haben,  Silvius  sei 
schon  lang  von  Haus  weg.  Don  Heronimo  de  Quinones  beklage  sich  zu 
Paris  über  England  und  auch  über  Holland  sehr,  sage  rundaus,  dass, 
wann  der  König  in  Frankreich  seine  Conquesten  in  Niederland  mit  den 
fortificationibus  in  den  Stand  gesetzt,  wie  er's  vor  hat,  könne  der  König 
in  Spanien,  sein  Herr,  was  er  in  Niederland  übrig  hat,  nit  behalten. 
Ich  bin  auch  allzeit  der  Meinung  gewesen,  dass  es  schwer  hergehen 
werd,  und  wann  Frankreich  fidem  publicam  besser  observirete  und  ein 
raisonabl  equivalens  könnte  gefunden  werden,  möchten  endlichen  solche 
resolutiones  erfolgen,  welche  alle  die  benachbarte  und  wohl  auch  die 
weit  abgelegene  sehr  zu  bereuen.  Wann  ich  vor  diesem  solche  Discours 
dahie  geführt,  hat  man's  mehr  für  einem  Streich  da  ministro,  dardurch 
ich  sie  in  dem  niederländischem  AVerk  impegniren  wollte,  als  dass  es 
sehr    zu   befahren,    aufgenommen;    quasi    vero    mit  Niederland   nit    ge- 


>)     Vergl.  Droysen  1.  c.  111. ^  262  ff. 


Verhandlungen  des  Silvius.     Fiiinkreich  und  die  Trijdeallianz.  423 

schehen  könne,  was  neulich  mit  Portugal  geschehen,  oder  die  Differenz 
so  gross  seie  zwischen  dem,  was  man  schon  verloren  und  was  man  in 
procinctu  steht  zu  verlieren  und  nit  manteniren  kann,  zumalen,  wann 
von  einem  Equivalente  soll  gehandelt  werden.  Nun  aber,  ob  zwar 
spät  und  noch  nicht  gnug,  scheint  man  all  mehr  Reflexion  darauf  zu 
machen.  Ich  sehe,  dass  man  spanischer  Seiten  auf  eine  Permutation 
der  französischen  Conquesten  dringe  und  habe  gelesen,  was  der  hollän- 
dische Resident  zu  Paris  an  seinen  Principalen  referirt,  dass  Don 
Heronirao  de  Quifiones  ihme  destwegen  vorgetragen.  Meines  Erachtens 
hinderen  sie  dieselbe  vielmehr  dardurch,  als  sie's  befiirderen.  Frankreich 
vermerkt,  wo  es  ihnen  wehe  thut,  werd  an  sich  halten,  auch  kein  Per- 
mutation annehmen,  wordurch  sie  nit  vermeinen  den  Ueberrest  besser 
als  durch  die  jetzt  besitzende  Conquesten  zu  eroberen;  wann  Spanien 
mit  der  andere  Proposition  der  völligen  Abtretung  der  Niederlanden  serio 
herfürkäme,  möchten  alsdann  die  benachbarte  und  interessirte  diese  Per- 
mutation, oder  auch  andere  Mittel  und  Rettung  kräftiger,  als  nun  nit  ge- 
schieht, befiirderen  und  besser  herbeitreten.  Die  Franzosen  sagen,  dass 
sie  sich  um  die  Tripleallianz  nicht  viel  bekümmeren,  und  dass  derent- 
wegen ihr  König  von  seinem  Dessein  nit  abstehen  werde  und  dannoch 
beHeissen  sie  sich  aller  Orten  so  sehr,  was  gemacht  ist,  zu  dissolviren, 
und  was  noch  im  Werk,  zu  unterbrechen.  Der  Baron  von  Schwerin 
sagte  mir  auch,  dass  auf  sothane  Allianzen  sich  nit  viel  zu  verlassen. 
Ich  replicirete,  dass  dannoch  dieses  das  einzige  Mittel  wäre,  sich  wider 
die  all  zu  hoch  steigende  französische  Potenz  zu  versicheren  und  wann 
diese  Dämme  nit  bastant  den  torrentem  auf-  und  in  seinem  Bett  zu 
halten,  möchte  ein  jeder  der  nit  überschwemmt  wollte  sein,  nun  die 
hohe  Berg  zur  Retirada  suchen. 


Goess   an   den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  9.  Juli  16B9.    (Or.) 

[Klagen  des  Kurfürsten  und  seiner  Räthe  über  Frankreichs  und  des  Kaisers  Haltung 

iu    der    polnischen  Wahlsache.     Bemühungen   Vaubruns    den   Kurfürsten    günstig   zu 

stimmen.     Gelegenheit  einer  Einigung  mit  Brandenburg.     Letzte  Verhandlungen  und 

Verabschiednng  des  Silvius.] 

Der  Kurfürst  und  seine  Räthe  sind  jetzt  überzeugt,   dass  Frankreich  nicht  9.  juij. 
aufrichtig  in   der  polnischen  Wahlangelegenheit  vorgegangen  ist,   vielmehr   die 
Candidatur  Conde's  bis  zum  letzten  Momente  aufrecht  erhalten  hat.    Desgleichen 
klagt  man  über  des  Kaisers  Benehmen,    der  den  Lothringer   unterstützt  habe, 
überdies  in  der  jägerndorfischen  Angelegenheit  kein  Entgegenkcmimen  zeige. 


424     V.  Zweite  Mission  fies  Freiiierrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 

Vaubnin ')  gibt  sich  alle  Mühe  des  Kurfürsten  ungünstige  Ansicht  üher 
Frankreichs  Verhalten  zu  beseitigen;  er  steht  in  reger  Con-espondenz  mit 
Beziers.  Es  sollen  grosse  Geldsuramen  in  Danzig  liegen;  vermutlich  wird  Frank- 
reich auf  diese  Weise  die  Klagen  des  Brandenburgers  und  Tseuburgers  zu  stillen 
suchen.  Die  Coniuncturen  lassen  sich  gegenwärtig  also  an,  dass  sich  nun 
wohl  Gelegenheit  ereigenen  möchte,  etwas  gutes  zu  negociiren  und  in 
besserer  Verständnus  mit  diesem  Churfiirsten  zu  kommen.  .  .  .  Der  eng- 
lische Gesandte  Silvius  werd  morgen  von  hier  aufbrechen  und  über'm  Haag 
sich  nach  Haus  begeben.  I.  Ch.  D.  haben  sich  gegen  ihme  erklärt,  dass  sie 
jemand  der  ihrigen  nach  London  und  dann  auch  ihre  ministros  nach  dem 
Haag  von  wegen  der  proponirenden  Trippleallianz  ferner  zu  handien  abfer- 
tio-en  werden.  Gegen  dem  Abgesandten  hat  man  nit  dissimulirt  zu  empfin- 
den, dass,  da  man  vor  diesem  destwegen  im  Haag  mit  denen  Herzogen  von 
Braunschweig  gehandelt,  S.  Ch.  D.  und  dero  ministri  gleichsam  negligirt 
oder  postpouirt  worden.  Ich  sehe  bis  noch  keine  grosse  Begierde  sich 
hierin  einzulassen,  das  Anerbieten  einiger  ausgebigen  Subsidien  möchte 
dieselbe  erwecken.  Goess  erwartet  Weisung,  Avie  er  sich  in  dieser  Ange- 
legenheit benehmen  soll. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  16.  Juli  1669.   (Or.) 

[Brandenburg-französische    Beziehungen.     Nachrichten   über  Frankreichs  Bemühungen 
für  Conde  in  Wien.     Rathschlag  des  Goess  in  dieser  Angelegenheit.] 

16.  JuH.  Obgleich  man  von  der  unehrlichen  Handlungsweise  Frankreichs  in  der  Wahl- 

angelegenheit überzeugt  ist,  ahndet  man  es  nicht  allein  nicht,  j:  ex  axiomate, 
odisse  horaiues,  praecipue  principes,  quos  laeserint,  sondern  (ich  sehe), 
dass  man's  mit  Fleiss  dissimulirt,  und  wann  endlichen  einige  Ahndung 
geschehen  solle,  möchte  es  meisten  Theils  dahin  angesehen  sein,  damit 
Frankreich  Ursach  habe  ihnen  mit  anderwärtigen  Satisfactionen  an  die 
Hand  zu  gehen;  massen  ich  darfiir  halte,  dass  selbiger  König  trachten 
werde,  diesen  Churfiirsten  aus  der  Triplealliance  und  saltem  in  ueutrali- 
tate  mit  einem  gutem  Stück  Geld  zu  halten^).  Man  hat  bei  diesem  Hof 
erfahren,  dass  der  König  in  Frankreich  bei  E^  K.  M.  Ansuchung  gethan, 
damit  sie  den  Prinzen  von  Conde  secundo  loco,  wann  neralich  mit  dem 
Herzog  von  Neuburg  nicht  aufzukommen,  zur  polnischen  Krön  helfen 
wollen.  Man  verwundert  sich  hoch  über  dieses  Fürtragen,  zumalcn  der 
König  in  Frankreich,  wie  gern  er's  zu  Wegen  gebracht,  sich  nie  unter- 


1)     Vergl.  Puf.  1.  c.  Xr.  5. 

")     Für  die  französisch -brandenburgischen  Beziehungen  Droysen  1.  e.  III.  3  265  ff. 


Polnische  Wahlfrage.     Französiseh-brandeuburgische   Beziehungen.     Meinders.     425 

standen  diesem  Churfiirsten  diese  Proposition  zu  thuenT  Ich  kann  nit 
sehen,  dass  es  E"".  K.  M.  Dienst  seie,  dass  sothanes  Vertrauen  zwischen 
dieselben  und  dem  König  in  Frankreich  dahie  praesupponirt  werde; 
weilen  man's  aber  schon  erfahren,  hielte  ich  darfür,  dass  gut  wäre,  dass 
sowohl  dem  Churfiirsten  als  dem  Herzog  von  Neuburg,  wegen  dieses  bei 
E"".  K.  M.  geschehenen  Ansuchens,  authenticum  aliquid  könnte  vorgezeigt 
werden,  oder  sie  dessen  certificirt  werden;  dann  wie  Frankreich  dieses 
ganze  Werk  mit  solchem  artificio  und  so  behutsam  geführt,  dass  ihnen 
schwerlich  auf  die  rechte  Spur  zu  kommen,  also  importire  es  gar  hoch, 
dass  der  Churfürst  und  Herzog  von  Neuburg  beiderseits  disingannirt  und 
consequenter  in  der  allbereit  gefassten  Opinion  gestärket  würden  :|. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  23.  Juli  1669.  (Or.) 

[Meinders.     Sein  Einfluss.     Unterredung  des  Goess  mit  ihm.] 

Baron  Platen,  der  geheimer  Rath  und  Generalcommissär  war,  ist  zu  Berlin  23.  Juli, 
gestorben  ^).  Meinders  hat  sein  Amt,  nicht  dem  Titel,  aber  der  Sache  nach,  er- 
erhalten.  |:Er  kommt  täglich  mehr  in  Credit,  und  hat  er  die  Hand  fast 
in  allen  vornehmen  negotiis.  Ich  habe  in  einem  Discurs,  den  ich  mit 
ihme  vor  seiner  Abreis  gehabt  und  sonsten  auch  noch  ferner  befunden, 
dass  sie  darfürhalten,  dass  sie  von  Frankreich  betrogen  worden;  item, 
dass  die  Erklärung,  so  E.  K.  M.  für  den  Herzog  von  Neuburg  gethan, 
allein  von  Franzosen  zu  Wegen  gebracht,  die  auch  totam  gratiam  dest- 
halben  sich  arrogirt;  dass  E"".  K.  M.  Vernehmen  mit  Frankreich  sich  so 
weit  erstrecke,  dass  auch  in  casum  mortis  regis  Hispaniae  etwas  gewisses 
verglichen^),  dahero  der  König  in  Frankreich  des  Don  Juan  Attentaten ') 
nunmehr  zuwider  sei.  Er  improbirte  der  Holländer  Thuen,  welche  sub 
praetextu  cautionis  Suecis  dandae  die  gelderische  Plätze  den  Spanischen 
extorquiren  w^ollten,  dass  dieselbe  besser  diesem  Churfiirsten,  welcher 
auch  mehr  darfür  thuen  würde,  zu  geben:  . 


1)     Claus  Ernst  v.  Platen. 

■-')  Bekanntlich  war  am  19.  Jan.  1668  der  Theilungsvertrag  geschlossen  worden: 
vergl.  Mignet  1.  c.  II.  325  ff. :  Klopp  1.  c.  I.  209  ff.  Die  Kunde  davon  war  schon  sehr 
bald  verbreitet;  vergl.  Droysen  1.  c.  III.3  226  Aum. 

•*)     Vergl.  Mignet  1.  c.  III.  384ff. 


426      V.  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johaun  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.  1671. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Königsberg  30.  Juli  1669.   (Cr.) 

[Confoederation  der  polnischen  Armee.     Frankreich  und   die  polnisch-österreichischen 

Heirathspläne.] 

30.  Juli.  Die   Mittheilung  von    der  Confoederation    der  polnischen  Armee,   die   hier 

verbreitet  worden  ist,  bestätigt  sich  nicht.  Dass  Frankreich  trachten  werde  die 
Heirath  des  polnischen  Königs  mit  einer  österreichischen  Prinzessin  zu  hinter- 
treiben '),  daran  sei  nicht  zu  zweifeln. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  13.  August  1669.    (Conc.) 

13.  Aug.  Der  Kaiser  rechtfertigt  sein  Vorgehen  in  der  polnischen  Angelegenheit  und 

berichtet  dem  Goess,  dass  Lisola  Befehl  erhalten  habe,  sich  nach  dem  Haag  zu 
begeben,  um  daselbst  im  Namen  des  Kaisers  sich  an  den  Tractaten  bezüglich 
der  Tripleallianz  und  der  Garantie  des  aachischen  Friedens  zu  betheiligen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  September  1669.  (Gr.) 

[Gerüchte  von    französisch-brandenburgischen  Allianzverhandlungen.     Des   Kurfürsten 
Erklärungen  bezüglich  Schwedens.     Nachrichten  aus  dem  Haag.] 

23.  Sept.  Goess  ist  über  Danzig  und  Stettin   nach  Berlin.      Ich    habe    zwar    auch 

von  anderwärts  einige  Nachricht,  als  solle  S.  Ch.  D.  mit  der  Krön 
F'rankreich  auf's  neue  in  heim-  und  nachdenklichen  Tractaten  begriffen 
sein^)  und  hat's  der  spanische  ministro  Iturieta  aus  Paris  also  bericht; 
ich  habe  aber  bei  diesen  Hof  hiervon  noch  nichts  vernommen,  ausser 
was  ich  wegen  anwendenden  Fleiss  von  französischer  Seiten,  diesen  Chur- 
fiirsten  ausser  der  Tripleallianz  zu  halten,  allbereit  unterthänigst  bericht; 
w^erde  mich  aber  befleissen,  unvermerkter  Dingen,  was  daran  ist,  innen 
zu  werden,  wie  nicht  weniger,  was  für  Sentimenten  oder  Inclination  der 
Churfürst  nun  weiter  gegen  oder  zu  der  Tripleliga  bezeige.  Soviel  habe 
ich  aus  dessen  Discurs  wohl  vernehmen  können,  dass  seines  Darfür- 
haltens  die  Schweden  nun  nit  in  statu  sein,  diejenige  Secoursen,  derer 
man  sich  etwa  getrösten  und  sie  versprechen  möchten,  wirklich  zu 
leisten.  Nach  dem  Haag  haben  S.  Ch.  D.,  wie  sie  sich  gegen  dem  Silvio 
erklärt,  noch  niemand  der  ihrigen  geschickt,  welches  ein  Zeichen  ist, 
dass  sie    in   diesem   Werk    nit  eilen.     Aus   des   de  Lisola    und    Kram- 


')     Die    Heirath    Wisnowiecki's    mit    Eleonore  von  Oesterreich    kam    dann  doch 
zu  Stande. 

-')     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  5;  Droysen  1.  c.  HI. 3  265 ff. 


Französ.-brandeub.  AUitinzpläne.     Unterredung  zwischen  Goess  und  Schwerin.       427 

pricli  Schreibeu  ersehe  ich,  dass  nit  allein  zwischen  Spanien  und  der 
Tripleallianz  wegen  der  Garantie  und  Determinirung  der  Anzahl  des 
Secours  vor  Erlegung  des  ersten  Termines,  sonderen  auch  zwischen  den 
Confoederirten  selbsten  noch  einige  Difficultäten  vorhanden,  welche  mau 
doch  verhofft  zu  superiren '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  September  1669.  (Or.) 

[Schwerins  Aeiisserungen  über  die  Pläne  de  Witt's.     Erwiderungen  des  Goess.    Unter- 
redung des  Goess  mit  Schwerin  über  Brandenburgs  Verhandlungen  mit  Frankreich  und 
über  die  niederländische  Angelegenheit.] 

Schwerin  äussert  sich  in  der  Angelegenheit  der  Tripleallianz  dahin ,  der  30.  Sept. 
Kurfürst  werde  seine  Vertreter  nach  dem  Haag  senden,  um  dort  zu  verhandeln. 
Er  ist  der  Meinung,  dass  der  Pensionarius  de  Witt  nit  verlange,  dass 
der  Churfürst  mit  darein  trete,  aus  der  Beisorg,  dass  I.  Ch.  D.  hierdurch 
mehr  Mittel  bekommen  würden,  den  Prinzen  von  Oranien  zu  seiner  Vor- 
eltern Chargen  zu  verhelfen;  die  übrige  Provinzien  wären  sonsten  dem 
Churfürsten  wohl  aft'ectionirt,  allein  einige  in  Holland  wären  S"".  Ch.  D. 
zuwider*).  Ich  antwortete,  dass  eben  hierum  dieselbe  in  der  Triple- 
allianz miteinzutreten,  dieser  malevolorum  Intention  zu  hintertreiben.  Er 
replicirete,  dass  in  dieser  ihrer  Macht  die  Mittel,  ohne  welchen  I.  Ch.  D. 
sich  hierzu  nit  resolviren  könnten,  stünden,  welches  auf  die  subsidia 
gemeint  und  werden  diese  wohl  das  erste  sein,  was  davon  dieser  Seiten 
werd  proponirt  werden.  Als  der  Discurs  dahin  ausgefallen,  dass  man 
wegen  der  Ombrage,  so  einer  von  dem  anderen  hat,  geredt,  hat  sich 
der  von  Schwerin  gleichsam  beklagt,  dass  einige  aussprengeten ,  als 
wären  I.  Ch.  D.  in  neue  Tractaten  mit  Frankreich  begriffen;  nähme  mich 
zum  Zeugen,  dass  nichts  daran  wäre  und  wollte  fast  emphuden,  da  ich 
regerirte,  dass  all  viel  da  tractirt  würde,  darum  ich  keine  Wissenschaft 
hätte.  Ich  habe  zwar  nit  erfahren  können,  dass  diese  Tractaten,  dar- 
von  ich  auch  anderwärtige  Nachricht  gehabt,  obhanden;  es  ist  mir  doch 
etw'as  verdächtig,  dass  der  von  Blumenthal  über  Winter  zu  Paris  ver- 
bleibe, obzwar  auch  seine  Unpässlichkeit  es  mit  verursachen  solle.  Der 
Baron    von    Schwerin    zeigt    nit  zu   glauben,    dass   es  in  Niederland    zu 

')  Ueber  Lisola's  Thätigkeit  in  dieser  Zeit  Klopp  1.  c.  I.  255 f.:  Grossmann, 
Lisola,  Archiv  f.  K.  ö.  G.  LI.  7 f. 

-)  Vergl.  für  de  Witt's  Haltung  in  dieser  Zeit  Lefevre-Pontalis  II.  löff. ;  Klopp 
1.  c.  I.  260;  Peter  1.  c.  155  ff. 


428     ^-   Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  16fi8 — Sept.  IGTl. 

neuer  Ruptur  von  französischer  Seiten  kommen  \Yerde,  es  wäre  dann, 
dass  dem  König  durch  Contravention  contra  pacem  Aquisgranensem  ein 
rechtmässiger  Praetext  gegeben  würde;  so  wären  diese  Conquesten  dem 
König  sehr  dispendieux,  imraensas  sumraas  impendi  die  Festung  zu  forti- 
ficiren,  quasi  hoc  non  magis  hat,  damit  er  von  dannen  aus  den  Ueber- 
rest  conquestiren  möge,  als  seine  Conquesten  zu  manteniren.  Haec  ita 
dicuntur,  damit  die  Noth  des  Secours  nit  so  gross  gemacht  werde.  Im 
Uebrigen,  wie  ich's  auch  erinnert,  ist  nit  wohl  abzusehen,  warum  man 
sich  mehr  auf  den  aachischen,  als  auf  den  pyräneischen  Frieden  zu 
verlassen;  addebam,  dass  wann  Spanien  nit  besser  assistirt  würde, 
die  Sach  endlichen  dahin  ausschlagen  möchte,  dass  man  auf  eine  Per- 
mutation der  Niederlanden  gedenken  müsste;  welches  ich  zu  dem  Ende 
iusinuirt,  damit  sie  auf  ihre  eigene  Convenienz  und  auf  die  Gefahr,  so 
ihnen  daraus  entstehen  würde,,  gedacht  wären.  Er  aber  antwortete,  dass 
man  in  solchem  Fall  auch  auf  I.  Ch.  ü.  zu  gedenken  und  das  Gelder- 
land deroselben  lieber  als  den  Franzosen  zu  vergunnen. 


Die  nächsten  Berichte  enthalten  nichts  von  Bedeutung.  Der  Kurfürst  ist 
auf  der  Jagd,  Schwerin  verreist.  Nach  der  Rückkehr  erklärt  Schwerin  sich 
in  puncto  fori  austriaci  in  einer  Weise,  aus  der  deutlich  zu  ersehen  ist.  dass 
man  an  Seiten  Brandenburgs,  vornehmlich  wegen  der  Ceremonialstreitigkeiten 
in  Warschau,  von  der  zum  öfteren  mündlich  oder  schriftlich  gegebenen  Er- 
klärung, den  Kaiser  und  sein  Haus  bei  der  Exemptionsgerechtigkeit  manuteniren 
zu  wollen,  gleichsam  zurücktrete.     (Bericht  vojn  21.  Oct.  1669.) 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  28.  October  1669.   (Or.) 

[Unterredung  mit  Schwerin  über  die  Beziehungen  Oesterreichs  zu  Brandenburg. 
Nothwendigkeit    die    kurfürstlichen  Minister    zu   gewinnen.     Vorschlag   des    Goess  in 

dieser  Beziehung.] 

28.  Oct.  In  einer  Debatte  mit  Schwerin,  iu  der  dieser  fragt,   w^orin  der  Kaiser  dem 

Kurfürsten  seit  der  Anwesenheit  des  Goess  in  Berlin  Avillfahrt  habe,  antwortet 
Goess,  in  der  polnischen  Angelegenheit.  Schwerin  erwidert,  nach  allem  was 
man  vernehme,  müsse  man  dafürhalten,  dass  man  kaiserlicherseits  mehr  für 
den  Lothringer  gearbeitet  habe.  Goess  bestreitet  dies.  Uebrigens  weiss  Goess 
aus  bester  Quelle,  dass  der  Kurfürst  und  die  Mehrzahl  seiner  Räthe  jetzt  davon 
überzeugt  sind,  dass  Frankreich  nicht  bona  fide  in  der  polnischen  Wahlange- 
legenheit gehandelt  hat. 

Als  ich  gegen  dem  von  Schwerin  mein  Unglück  und  dass  ich  sogar 


Oestcrreich-brandenburgische  Beziehungen.    Belohnung  kurfürstlicher  Minister.      429 

bei  diesem  Hof  nit  fortkommen  könnte,  beklagete,  iusinuando,  dass 
ich  das  gute  Vernehmen  I^  Ch.  D.  mit  E''.  K.  M.  so  hoch  schätzete  und 
verlangete,  dass  wann  meine  Person  einigen  Theil  bei  dieser  Misver- 
ständnus  hätte,  ich  auf  alle  Weis  meine  Avocation  procuriren  würde, 
antwortete  er  viel  Ding  zu  meinem  avvantaggio,  im  Gelächter  hinzu- 
setzend, es  sollen  nur  gute  resolutiones  vom  kaiserlichen  Hof,  Jägern- 
dorf, oder  ein  Stück  vom  Fürstenthum  Grossglogau  kommen,  so  würde 
ich  wiederum  der  liebste  und  angenehmeste  sein;  ad  quae  ego  wiederum 
im  Gelächter,  das  wäre  eine  schöne  Freundschaft  die  mit  Auszieh-  und 
Spolirung  des  Freunds  anfangen  müsste.  Ille,  das  wäre  eben,  was  sie 
klageten,  auf  Jägerndorf  deutend.  E.  K.  M.  erinneren  sich  gnädigst,  dass 
ich  zum  öfteren  vorgestellt,  dass  zu  Befürderung  der  Negotien  in  alle 
Weg  einige  Gcldmittelen  von  Nöten  wären,  einen  und  anderen  der 
Ministren  dardurch  zu  obligiren.  Dieses,  ob  zwar  nit  attendirt  worden, 
ist  dannoch  sicherlich  also  und  kann  ich  einmal  für  keine  gute  Oeconomie 
passiren  lassen,  dass  man  hierin  stretto  und  gesparsam  gehe.  Weilen 
ich  nun  diese  Mittel  nit  habe  und  des  Humeurs  gar  nit  bin,  etwas 
zu  versprechen,  was  etwa  nacher  nit  gehalten  und  also  auch  der  Credit 
und  gutes  Vertrauen,  so  ich  in  publicis  et  privatis  allzeit  gesucht  zu 
erhalten,  verloren  würde,  habe  ich  gegen  dem  von  Schwerin  wegen  der 
Römermonat  solcher  gestalt  Erwähnung  gethan,  dass  propter  exemplum 
und  damit's  nit  schiene,  dass  T.  Ch.  D.  gar  nichts  thun  wollten,  doch 
der  vierte  Theil  in  gedachten  Römermonat  von  deroselben  möchte  beige- 
tragen werden.  Es  wäre  eine  Bagatelle  und  würde  etwa  dienen,  denjenigen, 
so  E^  K.  M.  willfährig  erscheinen,  eine  Recompense  zu  verschaffen.  Er 
hafs  zwar  angehört  und  wegen  des  vierten  Theils  über  sich  genommen  zu 
referiren.  aber  der  Effect  hat  gewiesen,  dass  die  Mine  zu  schwach  war. . . . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  November  1669.   (Or.) 

[Verhandlungen  mit  Meinders  in  puncto  fori  austriaci  und  wegen  der  Verhandlungen 

Brandenburgs  mit  Frankreich.    Aeusserungen  des  ileinders  über  die  allgemeine  Lage. 

Klagen  über  der  Holländer  Vorgehen.     Heirathspläne  bezüglich  des  Kurprinzen.] 

Meinders,  dem  Goess  über  des  Kurfürsten  Vorgehen  in  puncto  fori  austriaci  4.  Nov. 
klagt,  erklärt  keine  genaue  Kenntnis  von  dieser  Angelegenheit  zu  haben,  betont 
aber    die  Unzufriedenheit  des  Kurfürsten  mit  dem  Wiener  Hofe.      Die    neue 
Tractaten  mit  Frankreich  betreifend,   nee  omnino  fatebatur,  nee  omuino 
negabat  und   ist  mir  fast  also    vorkommen,    als   wann   er   mich    gern    in 


430     ^-  Zweite  Mission  des  Fieiherru  Joliann  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.  1671. 

diesem  dubio  Hesse;  versichert  könnte  ich  sein,  dass  wider  E.  K.  ^I. 
nichts  würde  tractirt  werden.  Die  gegenwärtige  Conjuncturen  wären  aller 
Orten  wunder-  und  gefährlich,  P.  Ch.  D.  wären  nit  zu  verdenken,  dass 
sie  auf  sich  und  auf  ihre  Couservation  gedachten;  beriihrete  selbsten, 
dass  apprehendirt  würde,  dass  Spanien  den  Ueberrest  in  Niederland  an 
Frankreich  gegen  ein  Equivalent  ernstlich  überlassen  wollte.  Er  hätte 
von  mir  allzeit  gehört,  dass  es  E.  K.  M.  ungern  sehen  würden;  nun 
möchte  man  gedenken,  dass  auch  in  hunc  casum  ihnen  einige  grosse 
beneficia,  als  ein  Stück  an  Gelderlaud,  welches  grosse  Tentation  macht, 
von  Frankreich  versprochen  werde.  Ich  halte  sie  aber  zu  klug  darfiir. 
dass  sie  ihre  Interesse  und  ihre  Gefahr,  wann  es  darzu  käme,  nit 
besser  erkennen  sollten;  halte  vielmehr  darfür,  dass  sie  nit  glauben, 
dass  es  ernst  seie.  Ich  fragte  ihn,  wann  er  ein  spanischer  Rath  wäre 
und  darum  gefragt  würde,  ob  er  nit  für  besser  halten  würde,  ein 
Equivalent  wegen  dessen,  was  man  sonsten  nit  manteuiren  kann,  zu 
nehmen,  als  es  also  wie  das  vorige  zu  verlieren.  E.  K.  M.  würden  es 
freilich  nit  gern  sehen,  aber  Spanien,  so  beim  vorigen  Krieg  schon 
vermerkt,  dass  wann  E.  K.  M.  sie  auch  gern  assistiren  wollten,  dieselbe 
von  den  benachbarten  Chur-  und  Fürsten  hierin  nit  allein  nit  secun- 
dirt,  sonderen  vielmehr,  wie  zu  Köln  beim  vorigen  Krieg  geschehen,  daran 
gehindert  werden,  quasi  intersit  imperii,  dass  die  niederländische  Pro- 
vinzien  völlig  unter  Frankreich  kommen  möchte,  ihre  eigene  Convenienz 
in  Acht  nehmen  und  aus  Noth  eine  Tugend  machen.  Wie  ich  nun 
weiss,  dass  man  dahie  für  alles  einige  Geldshülf  und  subsidia  sucht, 
habe  ich  ihn  auf  die  Staaten-General  und  wie  sie  mit  denselben  stün- 
den, was  Romswinckel  von  dannen  berichte  und  dergleichen  gebracht, 
jnsinuando,  dass  ich  an  E^  K.  M.  ministros  ^)  der  Orten  geschrieben  und 
sie  exhortirt,  P.  Ch.  D.  Interesse  bestmöglichst  zu  secundiren.  Da  ist  er 
in  unterschiedliche  Klagten  ausgebrochen;  die  Holländer  thäten,  als  wann 
kein  Churfürst  von  Brandenburg  in  der  Welt  wäre,  caressirten  die  Herren 
Herzogen  zu  Braunschweig;  sie  hätten  doch  im  münsterischen  Krieg  er- 
fahren, dass  I.  Ch.  D.  ihnen  viel  genützt  und  auch  viel  schaden  hätten 
können;  mit  der  Hofyser'schen  Schuld,  obwohl  die  Sacli  per  corapro- 
missum  zu  Mecheln  decidirt,  mache  man  dem  Churfürsten  allerlei  un- 
nothwendige  Fastidien:  dergleichen  thue  man  in  den  Grenzstrittigkeiten 
zwischen  Cleve  und  Geldern;  dergleichen  in  denen  im  clevischen  Land 
von  Holland  inhabenden  Städten;  kein  Vertrauen  zeige  man  zu  S^  Ch.  D.: 


')     Lisola  nud  Krainprich. 


Meinders  Aeusseningen  über  d.  bvand. -franz.  Beziehungen  u.  über  die  allgeui.Lage.      431 

die  Party,  so  dem  Haus  Oranien  zuwider,  praevalire  und  halte  den 
Churfiirsten  ohne  ürsach  und  Fundament  suspect;  kam  nacher  darauf, 
dass  nach  alle  Bericht  Frankreich  wider  Holland  wolle  losgehen;  den 
Bischof  von  Münster  apprehendire  man  darbei  in  Holland  dergestalt,  dass 
man  ihme  alles  thue,  w-as  er  begehrt')  und  vernimm  ich,  dass  der  Gene- 
ralwachtmeister Eller,  welcher  von  Bielefeld  hieher  kommen,  referire, 
wie  grosse  Anstalt  gedachter  Herr  Bischof,  nit  soeben  mit  Werbungen, 
als  mit  anderen  praeparatoriis  zum  Krieg  mache.  In  summa  mich  ge- 
dünkt, dass  man  den  Holländern  den  Teufel  gern  so  schwarz  machete, 
dass  sie  dardurch  bewegt  würden,  P.  Ch.  D.  bessere  Satisfaction  zu  geben 
und  etwa  einige  subsidia,  welche  die  Braut,  darum  getanzt  wird,  ver- 
willigen möchten  und  wäre  es  meines  Erachtens  wohlgethan,  w'ann  sie 
sich  hierzu  resolviren  möchten;  Spanien  hat  dieselbe  ad  arbitrium  illo- 
rum  an  Schweden  und  zwar  allein  bezahlen  müssen,  die  von  der  Triple- 
allianz  haben's  mit  diesem  Vorwand  von  sich  geschütt,  dass  ihnen  ob- 
liegen würde,  diesen  Churfürsten  und  das  Haus  Braunschweig  diesfalls 
zu  contentiren.  . .  . 

Es  wird  sehr  stark  von  einer  Heirath  zwischen  dem  Kurprinzen  und  der 
Tochter  der  Fürstin  von  Nassau  gesprochen.  Der  Kurfürst  soll  mit  Rück- 
sicht auf  die  ovanische  Erbschaft  sehr  für  diese  Ehe,  der  Kurprinz  gegen  die- 
selbe sein. 


Der  Kaiser  an  Goess.    Dat.  Wien  16.  November  1669.  (Conc.) 

Goess    soll    fortfahren   alles   zu   thun,    um    ein    gutes  Verhältnis   zwischen  IG.  Nov. 
Brandenburg  und  dem  Kaiser  herzustellen,  über  des  Kurfürsten  Haltung  in  den 
verschiedenen  Fragen  berichten  und  angeben,    welche  unter  den  brandeuburgi- 
schen  Käthen  er  für  würdig  hält  einer  kaiserlichen  Unterstützung  theilhaftig  zu 
werden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  November  1669.   (Or.) 

[Franzö.Niscb-braudenburgische  Beziehungen.     Blumenthal.     Schwerins  Erklärungen  be- 
züglich der  österreich-brandenburgischen  Beziehungen] 

...  Man  bericht  mich  von   guter  Hand,    dass   der  König  in  Frank- 18.  Nov. 
reich  diesem  Churfürsten  keine  subsidia  vervvilligen  wolle,  wann  er  dar- 
für   mehr    nit    thun    solle,    als   sich   aus   der  Tripleallianz   oder    neutral 


')     Vergl.  Peter  1.  c.   154;   Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  10. 


432      V-  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept  1671. 

zu  halten;    dass   der  Churfürst  sich   nun  weiter  in  einige  Offensivallianz 
einlassen  solle,  werd  meines  Erachtens  all  gross  Bedenken  haben. 

Blumenthal  dürfte  aus  Paris  bald  abberufen  werden;  er  schreibt  selbst,  er 
glaube  nicht,  jetzt  mehr  im  Interesse  des  Kurfürsten  wirken  zu  können. 
Auf  was  ich  proponirt  wegen  Redintegrirung  der  vorigen  guten  Ver- 
ständnus,  hat  Schwerin  fast  bessere  Hoffnung  und  diese  V'ersicherung 
darbei  gegeben,  dass  des  Churfürsten  Gemüth  gegen  E.  K.  M.  allzeit 
ungeäudert  geblieben,  das  Mistrauen  gegen  einige  unserer  ministrorum 
seie  herentgegen  gross.  . . . 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Berlin  25.  November  1669.  (Or.) 

[Neue  Unterredung  des  Goess  mit  Meinders.     Frankreichs  Bemühungen  bei  England.] 

25.  Nov.  Aus  einer  neuerlichen  Unterredung  mit  Meinders   ersieht  Goess,   dass  man 

in  Berlin  der  Ansicht  ist,  Holland  lege  keinen  AVerth  auf  den  Kurfürsten  und 
seinen  Eintritt  in  die  Tripleallianz ;  Goess  sucht  Meinders  vom  Gegentheil  zu 
überzeugen.  Schwerin  theilt  dem  Goess  mit,  wie  sehr  sich  der  König  von 
Frankreich  bemühe  den  König  von  England  der  Tripleallianz  zu  entfremden  ^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  December  1669.    (Or.) 

[Belohnung    der    kurfürstlichen    Minister.     Jena.     Schwerin.     Meinders.     Blumenthals 
Rückkehr    aus    Paris.     Brandenburg-holländische  Beziehungen.     Mission  des  Ahlefeld 
in  Berlin.     P.  S.  Belohnung    für    den  Fürsten  von   Anhalt.     P.  S.  Brandenburg-fran- 
zösische Allianz.] 

2.  Dec.  Bezüglich  der  Unterstützung  der  kurfürstlichen  Räthe   glaubt  Goess,    dass 

man  Schwerin  2000,  Meinders  1000  Thaler  geben  und  weitere  2000  Thaler 
unter  die  übrigen  Räthe,  vornehmlich  Jena,  Somnitz,  Canstein,  vertheilen  solle. 
j :  Von  Jena  habe  ich  zwar  die  Hoffnung  nit ,  dass  er  uns  viel  guts 
thuen  wird;  es  haben  mir  aber  die  wohlintentionirten  gesagt  und  zum 
öfteren  eingerathen,  man  solle  dem  Teufel  die  Kerzen  anzünden,  ne 
noceat  und  ihme  etwas  geben,  damit  er  andere  in  ihrer  führenden  guten 
Intention  mit  seinen  gewöhnlichen  contradictionibus  nit  hindere;  sonsten 
mit  seinen  bisherigen  Comportament  hat  er\s  nit  verdient,  und  glaube 
ich  auch  nit,  dass  er's  erwarten,  viel  weniger  praeteudiren  könne.  .  .  . 
Vor  dem  Baron  von  Schwerin  weiss  ich  wohl,  dass  dasjenige,  was  ich 
jetztunter  ausgeworfen,    zu   wenig  ist.     Icii    halte   aber  für  besser,  dass 


')     Vergl.  für  diese  Verhältnisse  Mignet  1.  c.  III.  99fif. :   Klopp  1.  c.  I.  247 ff. ;  Le- 
fevre-Pontalis  II.  42  ff. 


Belohnung  der   kurfürstlichen  Minister.     Franzosisch-brandenburgische  Allianz.      433 

man  dasjenige,  was  man  ihme  geben  wollte,  abtheilen  und  dass  es  mehr 
ausgeben  werde,  wann  man  ihme  oft  etwas  moderats,  als  auf  einmal  eine 
grössere  summa  geben  thäte;  wäre  derowegen  mein  unterthänigstes  Ein- 
rathen,  E.  K.  M.  möchten  ihme  so  viel  als  jetztunter  ausgeworfen,  jährlich 
und  gleichsam  als  eine  Pension  versprechen  lassen.  Er  kann  so  vielfältiger 
dienen  und  sehe  ich,  dass  es  mit  seiner  Gesundheit  also  bestellt,  dass 
ich  besorgen  muss,  dass  er  diese  E''.  K.  M.  Munificenz,  welches  ich  ge- 
wiss sehr  bedaure,  nicht  lang  geniessen  möchte.  Eben  dieses  wäre  gut, 
dass  man  mit  dem  Meinders  thäte:  mit  den  übrigen  könnte  man  sich 
künftig  nach  der  Zeit  und  Gelegenheit  reguliren  :[. 

Blumenthal  hat  Befehl  erhalten  aus  Paris  zurück  zu  kehren.  Wie  ich 
vermerke,  ist  man  in  Holland  noch  nit  gesinnt  diesem  Churftirsten 
tempore  pacis  einige  subsidia  zu  vorwilligen.  Der  Pensionarius  de  Witt 
zeigt  einigen  Verdacht  zu  haben,  dass  der  Churfiirst  durch  seiu  trac- 
tiren  mit  den  Staaten-General  nur  Frankreich  ingelosiren  und  seine  con- 
ditiones  desto  besser  machen  wolle. 

Detlef  von  Ahlefeld  ist  als  dänischer  Abgesandter  hier  angekommen ;  Zweck 
seiner  Mission' ist  das  Oldenb arger  Successions werk  und  andere  zwischen  dem  Her- 
zoge Joachim  Ernst  zu  Plön  und  seinem  Herrn  bestehende  Streitigkeiten  beizu- 
legen '). 

P.  S.i  j:  In  puncto  der  miuistrorum  bei  diesem  Hof  und  derer 
Gratification,  habe  ich  vom  Fürsten  von  Anhalt  oben  keine  Meldung  ge- 
than,  weilen  es  mit  ihme  eine  andere  Bewandtnus  und  ein  mehrers  darzu 
gehöre.  Sonsten  ist  er  keineswegs  zu  praeteriren.  Ist  ein  Herr  von 
schönen  Qualitäten  und  zeigt  eine  sonderliche  Devotion  gegen  E.  K.  ]M. 
und  gegen  mich  lässt  er  sich  in  dem,  was  vorfällt,  vertreulicher  aus. 
So  viel  ich  vernimm,  haben  E.  K.  M.  ihn  vor  diesem  mit  einer  kaiser- 
lichen Guad  von  30  000  Reichsthalern  angesehen,  daran  mit  dem  Con- 
tingent  an  Römermonat  des  Fürstenthums  Anhalt  schon  einige  1000  ab- 
geführt worden:  wann  diesmalen  dergleichen  geschehen  könnte,  wäre  es 
sehr  gut  :|. 

P.  Sj.  |:Ich  werde  von  guter  Hand  bericht,  dass  dieser  Churfürst 
sich  in  neue  Tractaten  mit  Frankreich  eingelassen  uud  dass  Blumenthal 
dieselbe  mit  sich  bringe-).  Die  subsidia  zu  Unterhaltung  der  branden- 
burgischen Völker  werden  ein  starkes  motivum  darzu  gewesen  sein. 
Worzu  herentgegen  sich  Brandeburg  mag  obligirt  haben,  kann  ich  nicht 

')     Ueber  diese  Streitigkeiten  vergl.  Waitz,  Schleswig-Holsteinische  Gesch.  121  ff. 
'-')     Für  die  Verhandlungen,   die  zum  Abschlüsse   der  Allianz  vom  31.  Dec.  1G69 
führten,  vergl.  Üroysen  1.  c.  III. 3  265 ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurliirsteu.    XIV.  28 


434      V.  Zweite  Mission  des  Freihenn  Jobann  von  Goess.     Oct.  IGGS  — Sept.  1671. 

wissen;  wolil  aI)or  voi'meinc  icli,  dass  hier  gute  Leut  die  Sacli  nit 
ap[)rol)iren  und  dass  bei  den  anderen  das  Interesse  all  viel  werd  operirt 
haben.  Frankreich  wird's  nicht  achten,  wann  sie  für  diesmalen  den 
Churfiirsten  von  andern  Tractaten  divertiren  können  und  wird  per  gra- 
dus  denselben  weiter  zu  irapegniren  suchen.  Mir  ist  suggerirt  worden 
und  kann  mir  fast  einbilden,  von  weme  es  herkomme,  dass  wann  E.  K.  M. 
dem  Churfiirsten  einige  Hülf  thäten  zur  Unterhaltung  seiner  A^ölker, 
dass  derselbe  wiederum  auf  den  guten  Weg  zu  bringen  wäre,  dann  man 
erkenne  genugsam  die  Gefahr,  in  welche  man  sich  setze.  :  | 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  9.  December  1669.    (Or.) 

[ürtheil  des  Goess  über  die  Beziehungen  Brandenburgs  zu  Frankreich  und  über  des 
Kurfürsten  Haltung  im  allgemeinen.  Rath  des  Goess  über  die  vom  Kaiser  zu  beobach- 
tende Politik.  Haltung  der  deutschen  Fürsten.  Waldeck.  Münster.  Mittheilungen 
der  Landgräfin  von  Hessen-Cassel.     Mittheilungen  aus  dem  Haag  über  die  Allianzsache.] 

9.  Dec.  Was  ich  E"".  K.  M.  [ :  wegen  des   von  Blumenthal  und   dieses  Chur- 

fiirsten neue  Tractaten  mit  Frankreich  geschrieben:]  kommt  zwar  von 
guter  Hand ,  ich  kann  doch  bis  dato  E''.  K.  M.  keine  verlässliche  Ver- 
sicherung darvon  geben.  So  waren  bei  dieser  Relation  Umstände,  die 
bei  mir  dieselbe  etwas  verdächtig  machen;  nemlich,  dass  Fürst  Wilhelm 
von  Fürstenberg  hieherkommen  und  grössere  Ding  tractiren  würde.  Non 
est  illa  persona  grata  et  hoc  scitur  und  müsstens  all  favorable  Ding  sein, 
die  ihn  angenehm  macheten.  Ich  habe  mich  unter  der  Hand  erkundigt; 
|:  der  Churfürst  von  Brandenburg  hat  gegen  dem  von  Ahlefeld  schiessen 
lassen,  dass  er  sich  neutral  halten  wolle;  eben  dieses  referirt  mir  die 
Prinzessin  Elisabeth.  Wann's  aber  eine  pactuirte  Neutralität,  so  werden 
sicherlich  andere  conditiones  mehr  dabei  sein;  die  jüngste  Tractaten 
mit  Frankreich  hat  man  eben  mit  diesem  Praetext  bescheinen  wollen;  man 
bleibe  scilicet  neutral,  wie  man"s  ohne  das  als  Mediatorn  (zu)  verbleiben 
gehabt  :|.  Der  nodus  rei  bestehet  in  dem,  dass  der  Churfürst  entweder 
ein  Theil  seiner  Völker  abdanken,  oder  zu  Unterhaltung  derselben  sub- 
sidia  haben  müsse;  |:  primum  non  faciet,  nisi  valde  invitus,  secundum 
vix  impetrabit  pro  sola  neutralitate  :|;  daraus  man  soweit  den  Schluss 
machen  kann  ex  alia  parte,  dass  man  sich  weiter  vertiefen  und  in  ge- 
fährliche impegni  einlassen  solle;  darbei  werd  man  auch  gross  Bedenken 
haben;  wann  die  Staaten  General  nur  etwas  thun  wollten,  würde  meines 
Erachtens  der  Churfürst  feil  sein  und  sich  mit  leidentlicheu  Conditii»nen 


Des  Goess  Urtheil  über  des  Kurfürsten  Haltung.     Waldeck.  435 

befriedigen.  Die  drei  Herzogen  von  Braunscliweig,  Celle,  Wolfenbiittel  und 
Osnabrück,  seind  re.solvirt  sich  mit  der  Tripleallianz  einzulassen;  der 
Herzog  Johann  Friedrich  zu  Hannover  scheint  noch  zu  cunctiren,  wcrd 
sich  aber  schwerlich  von  seinem  Haus  separiren.  ...  |:  Der  Graf  von 
AValdeck  treibt  diese  Negociation  in  Gallia,  offert  aureos  montes  denen 
Herzogen  von  Lüneburg,  ihren  Frauen,  ministris;  . . .  dieses  Haus  muss 
der  Tripleallianz  zuhalten ;  haec  principissae  Elisabethae,  quae  inde  venit, 
uti  et  haec  opinio,  dass  der  Bischof  von  Münster  sicherlich  von  Frank- 
reich Geld  empfangen,  de  quo  multa  dicuntur,  sed  mihi  nihil  certi 
constat.  Die  Frau  Landgräfin  von  Hessen-Cassel ')  hat  mir  viel  erzählt 
von  deren  Menage  und  grossen  Spesen  dieser  Herren;  attribuirt  die 
Disordre  denen  französischen  Bedienten,  welche  bei  ihnen  häufig").  Sie 
zeigt  sich  der  Nation  nit  hold;  improbirt  die  Heirathen  der  Deutschen 
in  Frankreich,  sie  seie  sehr  darzu  solicitirt  worden,  aber  habe  sich  wohl 
darfür  gehütet  :|. 

P.  S.  Es  kommen  gleich  die  Brief  aus  dem  Haag,  die  Tractaten 
mit  der  Tripleallianz  stecketen  in  vorigen  terminis;  dieser  Churfürst  gibt 
vor,  dass  sie  gar  zerschlagen;  möchte  gut  sein,  wann  die  morae  abrum- 
pirt  und  ein  Schluss  gemacht  werden  könnte. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  December  1669.  (Or.) 

[Mittheilungen  über  die  geplante  Reise  Wilhelm  Fürstenbergs  nach  Berlin.  Aeusser- 
ungen  der  Landgräfin  von  Hessen-Cassel  über  des  Kurfürsten  Pläne  und  Ansichten. 
Unterredung  des  Goess  mit  der  Landgräfin  über  die  Tripleallianz  und  über  die  Haltung 
Englands.  Unterredung  der  Landgräfin  mit  dem  Kurfürsten.  Geplante  Zusammen- 
kunft der  Kurfürsten  von  Brandenburg  und  Sachsen.] 

Es  wird  nun  öffentlich  berichtet,  dass  Fürst  Wilhelm  von  Fürstenherg  hie-  16.  Dec. 
herkommt;     Goess    zweifelt    aber    noch    immer   an    der   Glaubwürdigkeit   der 
Nachricht. 

Als  ich  vorgestern  von  der  Frau  Landgräfin  von  Hessen-Cassel  Ab- 
schied genommen,  hat  dieselbe  sich  gegen  mir  in  publicis  ziemlich  ver- 
treulich, doch  mit  wiederholtem  Beding,  dass  ich's  menagiren  wolle, 
herausgelassen.  Sie  ghiubt  nit,  dass  der  Churfürst,  ihr  Herr  Bruder, 
sich  bis  noch  in  einige  neue  Tractaten  impegnirt  und  will  ihr  gedünken, 
dass  derselbe  nun  weniger,   als  da  sie  erst  herkäme,   inclinire,    sich  mit 


')     Sophie  Hedwig;  vergl.  Orlich  1.  c.  L  519 f. 

^)     Vergl.  Havemann,  Gesch.  Braunscbweigs  und  Lüneburgs  H.  150  f. 

28* 


436      V.  Zweite  Mission  des  Freiherni  Joliann  von  Goess.     Oct.  IGCiS— Sept.  1G71. 

Frankreich  einzulassen,  sonderen  vielmehr,  dass  er  neutral  und  in  Ruhe 
bleiben  wolle.  Schwerin  Iiahe  ihr  damals  dasselbe  gesagt.  Ich  bekenne, 
dass  mir  die  Sach  suspect  ist  und  zwar  desto  mehr,  weilen  der  von 
Schwerin  auch  der  Frauen  Landgräfin  persuadiren  wollen,  dass  Frank- 
reich wider  Spanien,  noch  wider  Holland  etwas  feindliches  vornehmen 
werde,  daher  scilicet  die  Neutralität  weniger  Bedenken  haljo  und  die 
commoda  unterdessen  sine  scrupulo  angenommen  werden  können.  Sie 
hat  auch  gnug  observiren  können,  dass  der  Churfürst  sehr  übel  mit 
Holland  zufrieden;  die  Triplealliauz  geben  S.  Ch.  D.  für  gänzlichen  dissol- 
virt  et  quod  uotavit  Landgravia,  sie  erzählen's  cum  aliquo  applausu. 
Ich  habe  der  Frauen  Landgräfhi  erzählt  in  quo  statu  es  darmit  seie,  dass 
sicherlich  die  Difficultäten  superirt  und  der  Schluss  erfolgen  werde;  was 
von  den  Tractaten  zwischen  England  und  Frankreich  über  dem,  was 
etwa  die  commercia  angehe,  darbei  gespargirt  werde,  sei  ein  artificium 
der  Franzosen,  die  hierdurch  andere  von  gedachter  Triplealliauz  abhalten 
und  zu  Secundirung  ihrer  Intention  induciren  wollen ;  man  müsse  aber 
das  Interesse  ansehen,  daraus  könne  man  am  besten  judiciren.  Wie 
ich  dann  der  Meinung  bin,  dass  die  morae,  so  von  England  bei  diesem 
Werk  verursacht  werden,  nit  auf  eine  Abtretung  von  der  Triplealliauz, 
zumalen  das  Parlament  darbei  festhalten  wolle,  sondern  allein  auf  einige 
avvantaggi  und  Beneficien,  so  sie  etwa  bei  Spanien  suchen,  angesehen 
und  wann's  mein  thun  gewesen,  hätte  ich  das  vom  Pensionario  de  Witt 
vorgeschlagene  Ten:iperament  angenommen;  dann  diese  morae  und  der 
Zweifel,  in  welchem  unterdessen  alle  Welt  gelassen  wird,  fällt  Spanien 
sehr  schädlich  und  Frankreich  hcrentgegen  vorträglich.  Sonsten  hat  der 
Frauen  Landgräfin  selbsteu  gedünkt,  dass  Spanien  mit  guter  Raison 
wegen  des  Secours,  so  die  Alliirte  zu  leisten,  begehre  versichert  zu  sein. 
Dem  Churfürsten  hat  sie  vorgestellt,  dass  die  Allianz,  welche  ihnen 
allen  am  besten  anstünde,  die  Vereinigung  wäre  der  Glieder  mit  ihrem 
Oberhaupt  und  unter  sich;  man  solle  die  Reichs  Verfassung  werkstellig 
machen,  dardurch  würden  sie  samentlich  nit  allein  in  Sicherheit  ge- 
setzt, sonderen  auch  Ijei  den  benachbarten  in  besserer  Consideration 
kommen  und  hat  ihme  besseren  Lust  zu  machen,  angeworfen,  er  könnte 
Generalissimus  (larül)er  werden.  Der  Churfürst  aber  machete  wenig 
Datum  auf  diese  Reichsverfassung,  wie  ich's  dann  auch  allemalen  bei 
S"".  Ch.  D.  also  verspürt  und  mag  dieses  deroselben  eben  von  denen  sug- 
gerirt  werden,  welche  sie  in  anderwärtigen  Allianzen  suchen  zu  im- 
peguiren.     Auf    was  die  Frau  Landgräfin   erwähnt  wegen   des  gegenwär- 


Aeusseruiigcü  d.  Landgrafiu  von  IIes.seii-Cas.sel.  Unteri'edg.  d.  Goess  mit  Schwerin.      437 

tigeu  Zustande  E''.  K.  M.  liochlöblichen  Hauses,  dass  dieselbe  noch  ohue 
Succession;  wann  ein  unglückseliger  Fall  geschähe,  dass  der  König  in 
Frankreich  die  römische  Krön  auf  alle  Weis  würde  suchen  zu  erapor- 
tiren  und  was  daraus  zu  gevvarten,  hat  der  Churfürst  replicirt,  darzu 
solle  er  nit  kommen;  er  würde  sich  destwegen  noch  steif  herum- 
schlagen. 

Goess  bedankt  sich  bei  der  Landgräfin  sehr  für  diese  Mittheikingen.  Eine 
Zusammenkunft  mit  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg  wird  vom  Kurfürsten 
von  Sachsen  sehr  gewünsclit. 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Berlin  23.  December  1669.  (Or.) 

[Uutenedimg  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  allgemeine  Lage  und  über  die   vorzu- 
kehrenden Massregeln.] 

In  einer  längeren  Unterredung  mit  Goess  betont  Schwerin  die  Nothwendig-  23.  Dec. 
keit  für  den  Kurfürsten  Subsidien  zur  Erhaltung  der  Truppen  zu  fordern.  Von 
Holland  und  von  Spanien  werden  vS.  Ch.  Ü.  uegligirt,  Frankreich  werde 
wider  Niederlaud  nichts  feindliches  vornehmen,  .  .  .  und  wann  Frankreich 
auch  etwas  attentiren  wollte,  würde  die  Tripleallianz,  wann  sie  vorher 
nit  geschlossen,  alsogleich  et  propter  hoc  ipsum  geschlossen  werden; 
diese  (wie  sie  bei  sich  raisoniren  mögen),  seie  zur  Resistenz  hastant; 
ergo  könne  man  neutral  sein  und  subsidia  nehmen.  So  seien  die  spa- 
nische Plätze  nun  besser  versehen,  die  Monarchie  auch  nit  so  im- 
par  Galliae,  als  man"s  darfür  halten  wolle;  leicht  könne  eine  Mutation 
einfallen,  welche  alles  in  einem  anderen  Stand  setze;  dann  werde  noch 
immer  stark  geredt  von  Permutation  und  Ueberlassung  der  Niederlanden 
an  Frankreich,  cui  casui  ab  electore  providendum  sit;  de  Suecorum  con- 
siliis  et  intentione  schiene  er  zu  dubitiren  und  hat  pro  iudicio  coutinu- 
andae  amicitiae  mit  Frankreich  angezogen,  dass  der  schwedische  Secre- 
tarius  Pufendorf,  welcher  darfür  bekannt,  dass  er  gar  nit  gut  fran- 
zösisch,   von  Paris  abgefordert  und  ein  ander  dahin  geschickt  worden '). 

Goess  sucht  in  seiner  Erwiderung  nachzuweisen,  dass  man  sich  auf  Frank- 
reich durchaus  niclit  zu  verlassen  habe  und  dass  Frankreich  niemals  Gekl  her- 
gebe, ohne  entsprechende  Dienste  dafür  zu  fordern;  übrigens  habe  er  schon  an 
des  Kaisers  Vertreter  nach  dem  Haag  geschrieben,  ob  dieselben  nicbt  dort  Sub- 
sidien für  den  Kurfürsten  erwirken  könnten.  Von  der  Zusammenkunft  der 
Kurfürsten  von  Brandenburg  und  Sachsen  hält  Schwerin  nichts. 


')     Ueber  Schwedens  Haltung  in  dieser  Zeit  vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  551  ff. 


438      V.  Zweite  Mission  des  Freihenu  Joiiunn  von  Goess.     Oct.  1GG8  — Sept.  1671. 

Goess  au  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  Dec^ember  löö9.  (Or.) 

[Brandenburg-siichsisclie  Zusaimnenkiinft.     Fiirstoiiberg.] 

30.  Dec.  ScUwcrin    tlicilt    dem  Goess    mit,    dass   Berlepscli   ein  Schreiben  des  Kur- 

fürsten von  Sachsen  an  diesen  Hof  gebraclit  habe,  in  welchem  der  Kurfürst 
von  Sachsen  den  von  Brandenburg  nach  Annaburg  einläd;  vor  dem  Frühjahre 
werde  aber  nichts  daraus  werden. 

Vaubrun  ')  besucht  den  Goess  und  sagt  ihm,   Lionne  liätte  ibm  nichts  von 
der  Hieherkunft  Fürstenbergs  gemeldet. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  Januar  1670.   (Or.) 

[Des  Kurfürsten  Gesundheit.     Uitheil  desselben  über  Auersperg  und  Wilhelm  Fürsten- 
bergs Mission.     Nachrichten  über  die  brandenburg-französischen  Beziehungen.] 

6.  Jan.  Der  Kurfürst  ist  vom  Lande  hereingekommen.    Befindet  sich  aussergewöhn- 

lich  wohl ;  er  schreibt  dies  vornehmlich  den  Medicamenten  zu,  die  er  von  einem 
„Chimico  Bonett  genannt"  erhält.  I.  Ch.  D.  haben  bei  mir  curiose  nach- 
gefragt, was  die  Ursach  wäre  der  Resolution,  so  E.  K.  M.  mit  dem  Fürsten 
von  Auersperg  genommen');  zeigeten  nit  zu  praesumireu,  dass  er  einiges 
grosses  delictum  begangen,  wohl  aber,  dass  wegen  seiner  Erfahrenheit 
in  Reichssachen  ein  notabler  Abgang  an  seiner  Person  bei  E''.  K.  M.  Hof 
sein  würde.  Von  dem  Fürst  Wilhelm  von  Fürsteuberg  und  dass  er  her- 
kommen werde,  wäre  zwar  unterschiedlich  geschrieben  worden;  sie  gaben 
aber  zu  verstehen,  dass  seine  Commission  nit  von  dem  König  in  Frank- 
reich, sondern  etwa  von  dem  Churfürsten  von  Köln  sein  müsste,  nach- 
dem der  Vaubrun  hier  anwesend  und  demselben,  was  von  Frankreich 
wegen  zu  negotiiren  wäre,  aufgetragen  würde.  .  .  .  Ich  habe  einigen  Be- 
richt, dass  dasjenige,  was  zwischen  Frankreich  und  diesem  Churfürsten 
solle  sein  tractirt  worden,  in  eum  casum  gericht,  wann  der  König  in 
Spanien  (Gott  bewahr  I.  M.)  solle  kommen  mit  Tod  abzugehen.  Ich 
zweifle  sehr,  ob  Frankreich  ante  casum  grosse  subsidia  geben  und  ob 
man's  post  casum  von  dieser  Seiten  bei  den  subsidiis  bewenden  lassen 
möchte. 


^)     Vertreter  Frankreichs  in  Berlin. 

-)     Ueber    den  Sturz  des   Fürsten  Auersperg  vergl.  Wolf,  A.,  Wenzel  Lobkowilz 
p.  185 ff.;  Mignet  1.  c.  III.  453 ff. 


Urtheil  des  Kuil'ürsteu  über  Auersperg.    Fürsteubergs  Unterredungen  uiit  Goess.      439 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  Januar  1670.  (Or.) 

[Fürstenbergs  Unterredungen  mit  Goess.] 

Fürsteuberg  ist  den  6.  dieses  hier  angekommen ').     Goess  besucht  ilin  und  10.  Jan. 
Fürstenberg   erklärt    der  Eeichsangelegenheiten  wegen 2)    au  den  kurfürstlichen 
Hof  gesendet  worden   zu    sein   und   nicht   im  Auftrage   des  Königs   von  Frank- 
reichs, was  Goess  jedoch  nicht  glaubt. 

Circa  statiira  publicum  Jiat  er  sicli  fleissig  bei  mir  erkuudiget,  wie 
es  mit  der  Triplealliauz  stünde;  wollte  mordicus  sustiniren,  dass  die- 
selbe auch  auf  den  casum  mortis  regis  Hispauiae  gericht;  . . .  vermeinete 
destwegen,  dass  E.  K.  M.  derselben  nit  beitreten  könnten;  die  hätten  ihr 
Recht  ex  testamento  regis  (ob  zwar  andere  behaupten  Avollen,  dass  hier- 
durch denen  constitutionibus  fundanientalibus  nit  könne  derogirt  werden) 
und  könnten  sie  derowegen  der  Tri})leallianz  Intention,  dass  sie  nemlich 
dem  assistiren  wollten,  welchen  die  Spanier  für  ihrem  König  und  Herrn 
erkennen  würden,  nit  gut  heisscn.  Ich  habe  ihm  kürzlich  gesagt,  dass 
er  in  diesen  seinen  praesu})[)Ositis  sehr  irre  und  dass  die  Triplealliauz 
auf  solche  Fälle  nit  gericht.  Dann  käme  er  auf  der  Nothvvendigkeit  sich 
bei  gegenwärtigen  gefährlichen  Lauften  wohl  vorzusehen;  es  attaquire 
Frankreich  die  Holländer,  oder  die  Holländer  Frankreich,  so  wären  sie 
am  Rhein  die  nächste  Nachbaren;  sie  müssten's  nit  machen,  wie  der 
abgestorbene  Herzog  von  Neuburg,  der  für  seine  Person  neutral  und 
darbei  sein  Land  praeda  der  streitenden  Parteien  wäre.  Churbrandenburg 
wäre  armirt  und  könnte  sich  besser  helfen;  der  Churfürst,  sein  Herr, 
stünde  blos  und  inermis.  Diese  Gefahr  abzuwenden,  trüge  er  die  Sach 
nit  allein  auf  die  Reichsverfassung,  sondern  auch  auf  eine  Particularunion 
der  benachbarten  Chur-  und  Fürsten  und  der  Chur-Rhein-westphälisch- 
und  niedersächsischen  Kreis  an"*);  es  wollte  ihme  gedünken,  dass  den 
Holländern  der  Handel  schwer  fallen  würde;  blieben  sie  im  jetzigen 
Stand,  wären  sie  zu  schwach;  armirten  sie,  müsste  das  Armament  stark 
sein,  dardurch  sie  sich  selbsten  consumiren  würden;  dann  dass  sie  wider 
Frankreich  losgehen  sollen,  das  wäre  nit  wohl  zu  glauben;  sie  hätten 
endlich  besser  gethan,  dass  sie  Spanien  beim  vorigen  Krieg  securirt  und 
lieber  mit  ihnen,  als  nun  allein,  wider  Frankreich  den  Krieg  geführt. 


')     Für  seineu  Aufenthalt  in  Berlin  Enneu  1.  c.  I.  235 fi'.;  Droysen  1.  c.  III.3  335  ff. ; 
Puf.  I.  c.  XI.  5. 

-)     Ueber  diese  Reichsangelegenheitcn  vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  5. 
^)     Yergl.  Droysen  1.  c.  III.  3  335. 


440     V.  Zweite  Missioa  des  Freihenu  Johann  von  Goess.     Oct.  16G8  —  Sept.  1671. 

Goess  au  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Januar  1670.  (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  und  Meinders  üi>er  die  brandenburg-kölnisehen 

Verhandlungen  bezüglich  der  Reichsangelegenhciten.     Fürstenbergs  Aeusserungen  über 

die     Tripleallianz     und     Frankreichs     Pläne.       lleichssicherheit    und    Vertheidigung. 

Urtheil  des  Goess  über  des  Fürstenberg  Mission.     Fürstenbergs  Haltung.] 

20.  Jan.  Am  17.  kamen  Schwerin   und  Meinders    zu  Goess   und  übergaben  ihm  die 

Proposition  Kölns  und  die  Autwort  Brandenburgs  ').  Aus  diesen  Schriften  ist 
zu  ersehen,  dass  beide  Kurfürsten  für  den  von  Mainz  vorgeschlagenen  kurfürst- 
lichen Deputationstag  nicht  eingenommen  sind.  Bezüglich  der  Einrückung  der 
Clausel  in  die  neue  Executionsordnung  und  allgemeine  Reichsverfassung,  dass 
nemlichen  solche  Executionsordnung  und  allgemeine  Reichsverfassung  nit 
änderst  als  nach  dem  instrumento  pacis  sollte  verstanden  werden, 
sind  beide  Kurfürsten  für  dieselbe  eingenommen.  Bezüglich  der  Römermonate 
sind  sie  einig  in  quaestione  an?  Köln  will  aber  einen  langen  Termin  und  der  Kur- 
fürst, wie  Schwerin  dem  Goess  mittheilt,  noch  immer,  wie  im  Vorjahre,  Verwen- 
dung des  aus  seinen  Ländern  eingehobenen  Geldes  für  sich.  Ich  habe  geant- 
wort,  dass  er  wiisste,  warum  ich  so  sehr  verlangt,  dass  sie  nur  etwas 
und  etwa  den  4**^"  Tlieil  beitragen  möchten,  damit  nemlich  E.  K.  M.  sehen 
möchten,  dass  sie  etwas  für  deroselben  zu  thun  begehrten  und  dass 
man  sich  des  guten  Exempels  bei  andern  bedienen  könnte. 

Ganz  einig  findet  Goess  die  Kurfürsten  von  Köln  nml  Brandenburg  in  dem 
Entschlüsse,  die  Forderung  zurückzuweisen,  dass  nemlichen  Chur-Fürsten  und 
Ständen  nicht  erlaubt  sein  sollte  ohne  Wissen  und  Belieben  P.  K.  M., 
ja  des  Kreisobristen.  auch  zu  ihrer  eigener  Nothwendigkeit  und  Sicher- 
heit in  ihren  selbst  eigenen  Landen  sich  in  einige  Verfassung  zu  setzen 
oder  AVerbungen  anzustellen,  viel  weniger  andern  zu  gestatten,  sondern 
allein  bei  1°.  K.  M.  und  dem  Kreisobristen  stehen  solle,  solches  zu  er- 
lauben ').  Die  Erklärungen  des  Goess  haben  keinen  Erfolg.  Die  Reichsver- 
fassnng  erklären  beide  Kurfürsten  fördern  zu  wollen,  allein  —  schreibt 
Goess  —  ist  doch  sicher,  dass  man  sehr  wenig  datum  darauf  mache 
und  seind  die  Gedanken  vielmehr  auf  andere  Allianzen  gericht.  AV'egen 
der  Tripleallianz  lebt  man  noch  immer  in  Ungewissheit,  ob  dieselbe 
noch  zur  Perfection  kommen  werd  oder  nicht,  unangesehen  ich  mich 
bemühe,    sie  zu    versicheren,   dass  mit  negstem  der  völlige  Schluss  un- 


')  Die  beiden  Schreiben  ..Der  Summarische  Inhalt  dessen,  was  der  churcölnische 
Abgesandter  praemissis  curialibus  im  Namen  seines  Principalen  bei  S.  Cb.  D.  zu 
Brandenburg  den  7.  Januari  1670  angebracht"  und  die  „churbrandenburgische  sum- 
marische   Erklärung    auf    diese   pnncta"    liegen    bei. 

-)     Vergl.  für  diese  Frage  Droysen  1.  c.  III. 3  354  f. 


Reichsangelegenheten.     Fürsteubergs  Mission  und  Haltung.  441 

gezweifelt  erfolgen  werde.  Der  Fürst  von  Fiirstenberg  vermeint  wohl 
iuformirt  zu  sein,  dass  diese  Tripleallianz  allein  zu  Manutention  des 
aachischen  Friedens  angesehen  und,  wann  die  Holländer  sollen  auge- 
fochten werden,  die  übrige  Confoederirten  vi  huius  foederis  ihnen  zu 
succurriren  nit  gehalten  sein  sollen.  Er  vermeint  darbei  auch  und 
sprichts  gar  positive  aus,  dass  Frankreich  wider  die  spanische  Nieder- 
landen uichts  tentiren  und  dann,  dass  der  Krieg  wider  Holland  gar  wohl 
könne  geführt  werden,  ohne  dass  die  spanische  Niederlanden,  w-ann  sie 
nit  selbst  w'ollen,  dessen  müssten  theilhaftig  werden,  welche  Dinge  sein, 
so  ich  mir  nit  so  leicht  persuadiren  lasse. 

Bezüglich  des  Schhisses  des  Reichstages  sind  beide  Fürsten  einig,  dass 
derselbe  möglichst  bald  erfolgen  solle;  nur  ist  Brandenburg  gegen  die  Ueber- 
weisung  der  unerledigten  Angelegenheiten  an  einen  Deputationstag,  —  Avelchem 
Köln  nicht  abgeneigt  ist  —  und  tritt  für  die  Ueberweisung  an  einen  künftigen 
Reichstag  ein'). 

Goess  sucht  dem  Kurfürsten  und  seinen  Räthen  die  Nothwendigkeit  eines 
Reichsschlusses  vor  Augen  zu  führen.  Es  contestirt  der  Baron  von  Schwerin 
gar  hoch,  dass  ihre  Meinung  in  alle  Weg  seie,  dass  man  ohne  förmlichen 
Reichsabscheid  nit  von  Regensburg  zu  scheiden. 

Die  proponirende  Zusammensetzung  nun  betreffend,  kann  ich  aus 
allen  darüber  geführten  Discursen  nit  anders  vermerken,  als  dass  die- 
selbe auf  Weis  und  Form,  wie  bei  vorigem  Krieg  die  kölnische  am 
Rhein  gewesen,  gemeint  und  angetragen  werde;  man  wolle  seine  Leut 
und  Lande  schützen,  keinen  Krieg  wolle  man  nit,  noch  auch  Theil  dar- 
bei nehmen,  welches,  wann  Niederland  mit  angefochten  werd,  wie  es, 
quidquid  dicant,  schwerlich  anders  sein  werd,  abermalen  auf  ein  Abandono 
des  burgundischen  Kreis  ausschlaget,  dahin  nun  die  französische  J)iligenzen 
und  negotiationes  zu  Regensburg  und  anderwärts  ungezweifelt  angesehen; 
dergestalt,  dass  bei  alle  dem  was  hie  vorgegeben  wird,  dass  der  Fürst 
von  Fürstenberg  nit  die  geringste  Negociatiou  für  Frankreich  mitbringe, 
mich  gleichwohl  gedünken  will,  dass  dasjenige,  was  er  negociirt,  Frank- 
reich so  util  und  avantageux  falle,  dass  es  gar  wohl  um  die  Mühe  stehe, 
dass  er  von  Pai'is  hieher  kommen.  Fürstenberg  sucht  seine  Haltung  zu 
rechtfertigen  und  erklärt,  niemals   etwas  gegen  Oesterreich  thun  zu  wollen. 

')  Puf.  l.  c.  XI.  5. 


442      V.  Zweite  Mifssion  des  Frcihenn  Johaiiu  von  Goess.    .Oct.  16G8  —  Sept.  1G71. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3,  Februar  1670.  (Or.) 

[Blumeuthals   Ansicht    über   Fiaiiiiieichs   Plilue.     Ciockow    soll   nach  Paris.     Fürstea- 
bergs  Mission.     Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  allgemeine  Lage.] 

3.  Febr.  Blumeutbal    ist    den    28.  Jan.    aus   Paris    hiehergekommen ;    er   behauptet, 

der  König  von  Frankreich  sei  zwar  übel  auf  die  Holländer  zu  sprechen, 
doch  ist  er  der  Meinung,  dass  es  Ludwig  XIV.  auf  die  spanische  Nieder- 
lande abgesehen  habe.  Der  zu  Stockholm  lang  gewester  Crockow  solle 
nun  nächster  Tagen  nach  Pari.s  verreisen'),  wie  mir  der  Baron  von 
Schwerin  sagt,  bis  noch  ohne  Credentialen  an  dem  König  und  nur  allein 
mit  ein  Schreiben  an  dem  de  Lionne  und  dieses  darum,  weilen  man 
zuförderist  sehen  wolle,  wie  diese  des  Churfürsten  ofiicia,  welche  der 
von  Schwerin  sancte  asseverirt,  dass  sie  allein  angesehen  den  König 
von  weiteren  Krieg  zu  dehortiren,  angenommen  werden  möchten.  Ich 
habe  in  diesem  Discurs  observirt,  dass,  nach  des  von  Schwerin  eigene 
Geständnus,  der  Fürst  von  Fürsteuberg  diesen  modum  snggerirt  et  qui- 
dem  ex  metu,  dass  diese  ofiicia  nit  gar  angenehm  sein  möchten ;  daraus 
UKin  nun  schliessen  kann,  dass  seine  Proposition  und  Negociatiou, 
wenigsten  in  Regard  von  Frankreich,  nit  so  gar  pacifica  gewesen,  als  man 
uns  glauben  machen  wollen.  Der  von  Ijlumenthal,  wie  mir  der  Baron 
von  Schwerin  es  selbst  gesagt,  bats  auch  dartur  gehalten,  dass  Fürsten- 
berg mit  französischer  Negociation  hieher  kommen;  es  möge  auch  an- 
fangs die  Meinung  gewesen,  aber  nacher  verändert  sein  worden,  weilen 
der  Pfalzgraf  von  Sulzbach')  dem  König  bericht,  dass  er  von  diesem 
Churfürsten  keinen  Beifall  noch  Assistenz  zu  gewarten  und  dass  es  viel 
sein  würde,  wann  der  Churfürst  sich  in  terminis  neutralitatis  hielte.  Bei 
der  grossen  Contestation,  die  mir  der  von  Schwerin  thäte,  dass  sie  nichts 
als  Fried  und  Ruhe  verlaugeten  und  alle  ihre  consilia  pacifica  wären, 
habe  ich  nit  unterlassen  vorzustellen,  dass  S.  Ch.  D.  um  diese  und  viel- 
fältige andere  considerationes,  so  ich  zum  öfteren  deducirt,  sich  voll- 
kommentlich  mit  E'.  K.  M.  als  derer  consilia  unice  ad  pacem  gericht,  zu 
vereinigen.  Er  zeigete  noch  der  Meinung  zu  sein  und  solle  ihn  der  von 
Blumenthal  noch  mehr  darin  bestärkt  haben,  dass  der  König  in  Frank- 
reich vivente  rege  Hispaniae  wider  Niederland  keinen  neuen  Krieg  vor- 
nehmen werd.  Von  der  Tripleallianz  und  dem  Schluss  mit  Spanien 
zeigt  er  immerfort  zu  dubitiren.  Er  gieng  etwas  frei  heraus,  dass  der 
Churfürst    sich  also,    wie    er's  thäte,    gegen  Holland    bezeigen    miisste; 


I)     Vergl.  Droyseu  1.  c.  111. 3  o37f.;  Puf.  I.  c.  XI. 
-)     Christian  August. 


Crockow's  Sendung-.    Allgemeiue  Lage.    Uraiuienburg-külaische  Beziehimgen.  443 

sonsten,  wann  die  Notli  nit  da  wäre,  machte  man  wenig  Reflexion  auf 
S.  Ch.  I).,  alle  andere,  ausser  derselben,  sucheten  die  Herren  Staaten- 
General,  Ich  insinuirete,  dass  die  Opiniun,  als  wären  sie  mit  Frankreich 
auf's  neu  engagirt,  die  meiste  Ursach  hieran  w'äre;  dann  besorgte  man 
in  Holland,  dass  sie  alsogleich  die  Restitution  der  clevischen  Plätze 
würden  begehren.  Ad  quae  ille,  das  wäre  wahr,  man  würde  es  auch 
ohne  das  thun,  und  wer  1''.  Ch.  I).  darum  verdenken  könnte?  Ich  liabe 
darbei  auch  observirt,  dass  seiner  Meinung  nach  das  römische  Reich 
noch  rechte  und  befugte  praeteusiones  habe  auf  Deventer,  Zwolle  und 
Kampen.  .  .  . 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  Februar  1670,  (Or.) 

[Nachrichten    und    Verhandlungen    über    die     brandenburg-kölnischen    Beziehungen. 

Romswiuckel  und  Blaspeil  sollen  wieder  nach  dem  Haag.     Anhalt  wird  Feldmarschall. 

Polnische  Heirathsangelegenheit.     Landtag.] 

Als  ich  dem  Baron  von  Schwerin  gesagt,  dass  der  von  Fürstenberg  10.  Febr. 
unterm  Praetext  der  verlorenen  ("redentialen  nicht  zu  den  Herzogen  von 
Braunschweig  gangen,  hat  er  darzu  gelacht,  doch  darauf  bestanden,  dass 
seine  Negociation  ein  mehrers  nit  in  sich  gehabt,  als  was  mir  communi- 
cirt  worden.  Dass  er  in  discursu  etwas  soudirt  habe,  wie  man  hier  in- 
teiitionirt  sein  möchte,  das  hat  er  nit  geleugnet,  auch  abermalen  wieder- 
holt, dass  Fürsteuberg  vielraalen  versichert,  Chur-Cölln  sehe  Rheinberg 
und  auch  Mastricht  lieber  in  der  Holländer,  als  in  der  Franzosen  Hände; 
sogar,  dass  er  auch  angeworfen,  ob  man  in  casum  belli  sich  nit  für 
Holland  zu  erklären.  Es  ist  ein  Project  aufgesetzt  worden  derjenigen 
Allianz  zwischen  Chur-Cölln  und  diesem  Churfürsten,  welche  der  von 
Fürstenberg  proponirt;  darvon  hat  man  mir  nichts  gesagt.  Ich  habe 
aber  sonsten  Nachricht  darvon  bekommen.  Der  Baron  von  Schwerin 
sagte  mir  hierauf,  dass  dieses  Project  nit  einmal  unterschrieben;  con- 
testirte  abermalen  sehr  hoch,  dass  der  Churfürst  pro  posse  den  Krieg 
divertiren  und  wann  ihme  dieses  nit  gelingen  wollte,  sich  doch  darin  nit 
impliciren  würde.  Ich  halte,  dass  sie  allgemach  etwas  mehr  an  der 
Tripleallianz  glauben.  Blaspeil  uud  Romswinckel  werden  wiederum 
nach  dem  Haag. 

Der  Fürst  von  Anhalt  ist  vom  Kurfürsten  zum  Feldmarschall  ernannt  wor- 
den ') ;  derselbe  hat  dem  Goess ,  der  ihm  gratulirte,  seine  Devotion  gegen  den 
Kaiser  ausgesprochen. 

')  Yergl.  das  Patent  vom  24.  Jan.  1G70  bei  Orlich  I.e.  III.  oCOf.;  Mülverstedt 
I.  c.  5t;6  f. 


444      V.  Zweite  Mission  des  Freihcrm  Joli;um  von  Gocss.     Oct.  1G68  —  Sept.  1G71. 

Der  Küiiig  von  Polen  hat  dem  Kurfürsten  vun  seiner  Ileiratli  Mittheilung 
zukommen  lassen '). 

Iki  diesem  Landtag  ist  man  auch  im  Werk  und  dringt  der  Chur- 
l'ürst  stark  darauf,  dass  die  Landschaft  von  den  Schuklcnlast  möge  be- 
freiet werden.  Die  creditores  werden  wohl  etwa  den  dritten  Theil  an 
den  Capitalien  fallen  lassen  müssen^). 


Der  Kaiser   an   Goes«.     Dat.    Wien   12.  u.  15.  Februar  1670. 

(Conc.) 

[l?atli  des  Kaisers  für  Brandenburg  bezüglich  der  Antriige  Fürstenbergs.     Ileichsange- 
legenheiten.     Römcrmonatc.     Rüstungen  im  Reiche.] 

1').  Febr.  Die  Lage  der    kurfürstlichen  Lande  und   das   allgemeine  Interesse   fordern, 

dass  der  Kurfürst  sich  in  keine  Particularallianz ,  auf  welche  es  Fürstenberg 
doch  abgesehen  haben  werde,  ehüasse,  sondern  sich  rüste  und  frei  bleibe.  Goess 
soll  alles  thun,  um  den  Kurfürsten  von  der  Richtigkeit  und  Vortheilhaftigkeit 
dieser  kaiserlichen  Rathschläge  zu  überzeugen.  Unter  dem  15.  erklärt  der 
Ivaiser,  die  immer  neuen  Clausein,  welche  Gravel  fordert,  nicht  zugestehen  zu 
wollen,  billigt  das  Vorgehen  des  Goess  in  dieser  Frage  und  empfiehlt  als  Aus- 
gleich, dass  in  die  Formel  der  Reichsverfassung  und  der  Exeeutionsordnung  als 
Artikel  VI  aufgenommen  werden  könnte:  „Wie  nun  dieses  alles  nach  den 
Reichssatzungen  und  des  instrumenti  pacis  inhaltlichem  Begriff  und 
dessen  eigentlichem  und  wahrem  Verstand  und  zu  keines  Praejudiz  und 
Schaden,  noch  zu  Abbruch  einigen  Stands  habenden  Befugnus  gemeint, 
als  solle  auch  solches  alles  gebiirend  beobachtet  werden",  nicht  aber  die 
von  Fürstenberg  vorgeschlagene  Addition  nach  dem  AVorte  „Stands"  „weder  der 
Compaciscirenden".  Darwider  sich  dann  zuversichtlich  einiger  Compacis- 
cent  nicht  zu  beschweren  haben  wird,  wann  in  dem  Project  das  in- 
strumentum  pacis  gleich  anfangs  salvirt,  im  übrigen  die  Exeeutionsord- 
nung sowohl  als  die  Reichsverfassung  nach  denen  Reichssatzungen  und 
unserer  oesterreichischen  Gesandtschaft  dabei  gethanen  Erinnerungen 
eingerichtet  und  benebens  wohl  praecavirt  wird,  damit  diu'ch  dergleichen 
Captiositäten  und  verdächtige  clausulas  anstatt  der  im  Mund  führender 
allgemeinen  Sicherheit  nit  vielmehr  zu  neuem  Krieg  und  Unternehmen 
Anlass  gegeben  werde.  Du  wirst  also  ...  bei  I''.  Ch.  D.  sowohl  selbst,  als 
bei  dem  von  Schwerin  und  anderen  ministris  zu  unterbauen  weissen, 
weiln    diese   Clausul    „et  non  aliter"    kein    allgemeines   Reichsconclusum 


^)     Wisnowieeki  hatte  Leopold's  Schwester,  Eleonore,  geheiiathet. 
'-')     Vergl.  für  diese  Angelegenheiten  ürk.  u.  Act.  X.  ."iöGf.,  4IGJf. 


r 


Reichsangelegeülieiteu.     Abreise  des  Kurfürsten.  445 

ist  und  wir  sammt  der  Krön  SpanioD  ebenso  wenig  nachgeben  werden 
noch  können,  dass  des  Königs  in  Frankreich  !/'■"".  solche  nach  ihrem 
Willen  und  Vorthel  sollten  interpretiren  mögen,  als  wenig  uns  sie  wer- 
den geständig  sein  wollen  selbige  für  uns  auszudeuten;  —  ob  wir  schon 
dessen  weit  mehrer  befugt  seind  —  dass  zu  Vorkommung  alles  unnötigen 
Disputats  a  qualicunque  clausula  aequivaleuti  allerdings  abstrahirt  und 
es  bei  obgesetzter  formula  gelassen  werde.  Die  Römermonate-Angelegenheit 
gedenkt  der  Kaiser  bald  wieder  vorzunehmen;  Goess  soll  trachten  den  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  für  des  Kaisers  Pläne  in  dieser  Sache  zu  gewinnen; 
derentwegen  wir  uns  mit  derselben,  soviel  ihrer  Chur-,  Fiirstenthum- 
und  Landen  Quota  betreften  thäte,  zu  derselben  hoffentlicher  Vergnügung 
ad  partem  billichen  Dingen  nach  zu  vergleichen  erbietig  wären. 

In  die  den  Fürsten  nach  den  Bestimmungen  der  Reichsgesetze  zustehenden 
Rechte  einzugreifen,  denkt  der  Kaiser  nicht;  er  weiss  was  ihnen  für  eine  Befugnis 
zur  Schliessung  von  Bündnissen  und  zur  Bewaffnung  zustehe;  wenn  man  aber 
dem  Kaiser  vor  einigen  Jahren  Rüstungen  im  Reiche  vorzuiiehmi'ii  verboten 
habe,  so  dürfe  man  jetzt  nocli  weniger  fremden  Potentaten  solcJie  gestatten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  Februar  1670.  (Or.) 

[Unterredung  mit  Vaubnin  über  des  Kaisers  Stelhing  zur  Triploallianz.] 
Vaubrun  verreist  heute;    er  hat  sich   bei   mir    erkundiget,    wie   es   E.  24.  Febr. 
K.  M.  respectu  der  Tripleallianz  machen  und  ob  sie  derselben  beitreten 
würden;    ich  habe    ihm  geantwort,    dass   ich  wüsste,    dass   allerlei  Dis- 
cursen    hiervon    geführt  würden;    er  würde  aber   in  facto  erfahren,   dass 
E'.  K.  i\l.  consilia  blos  und  allein  auf  Erhaltung  des  Friedens  gericht  sein. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  März  1670.  (Or.) 

[Abreise  des  Kurfürsten.     Nacbrichten  aus  Polen.     Reichsaugelegenbeiten.] 

Der  Kurfürst  ist  nach  Frankfurt  a.  d.  Oder  gereist.  Aus  Polen  wird  ge-  10.  März, 
meldet,  dass  die  Franzosen  alles  tluin,  um  die  Polen  gegen  den  König  Wisno- 
wiecki  aufzureizen.  Schwerin  versichert  dem  Goess  aus  dem  Haag  Nachrichten 
zu  haben,  welche  zeigen,  dass  die  Verhandlungen  bezüglich  der  Tripleallianz 
nocIi  immer  nicht  beendet  sind.  Goess  hat  anders  lautende  Mittheilungen. 
Wie  ich  die  consilia  dahie  observire,  sehe  ich  nit,  dass  man  intentionirt 
gedachter  Allianz  beizutreten,  es  wäre  dann,  dass  die  8taaten-(ieneral 
mit  Olferirung  einiger  Subsidien,  quod  pro  modo  non  facile  liet,  8.  Ch.  D. 
auf  andere  Resolution  brächten.     Man  vermeint,    man  habe  es  nit  Noth 


446     ^-   Zweite  Mission  des  Freiiierin  Joljann  von  Goess.     Oot.  1GG8— Sept.  ir.71. 

weder  etwas  widriges  von  einem  oder  anderen  Thcil  zu  besorgen  und 
mag  man  lieber  also  in  dieser  Postur  bleiben  wollen,  damit  man  Frank- 
reich ohne  Noth  nit  disobligire  und  man  freie  Hand  behalte,  mit  einem 
oder  anderen  Theil,  welcher  die  grösste  Avantage  olferire,  künftig  zu 
tractiren. 

P.  S.  Was  ich  heute  in  meiner  anderwärtigcn  Relation  wegen 
dessen,  was  der  ])aron  von  Schwerin  wegen  Beschliessung  oder  Ab- 
rumpirung  des  Reichstags  zu  Regensburg  gegen  mir  geraelt,  referirt, 
|:  hat  mir  nicht  wenig  Nachdenken  gemacht.  Ich  sehe,  dass  sie 
wenig  Reflexion  auf  die  comitia,  sondern  vielmehr  diese  Rechnung 
machen,  dass  wann  sich  etliche  der  Mächtigern  zusammen  thuen  und 
sich  unter  einander  vergleichen,  sie  sich  der  Uebrigen  halber  nit  son- 
derlich zu  bekümmern;  ob  etwa  zwischen  Chur-Cölln,  Bayern,  Brande- 
burg und  einige  andere  sothane  Union  obhanden  sein  möchte  :  |. 
Gravel,  wie  E.  K.  M.  gnädigst  wissen,  ist  neulich  zu  München  ge- 
wesen und  obzwar  von  Regensburg  bericht  werd,  dass  er  bei  weiten 
dasjenige,  was  er  gesucht,  nit  erhalten,  so  kommen  doch  billig  alle  diese 
Ding  verdächtig  vor ').  Ich  halte,  man  habe  um  so  viel  mehr  alle  Pa- 
tienz  aufzubieten  und  dahin  zu  trachten,  dass  der  Reichstag,  so  gut  er 
immer  sein  kann,  zu  einem  Schluss  gebracht;  oder  wann  je  wider  Ver- 
hoffen derselbe  abgebrochen  werde,  alle  Welt  zu  erkennen,  wer  daran 
Ursach  und  dass  E.  K.  M.  an  sich  nichts  erwinden  lassen. 

Unter  demselben  Datum  berichtet  Goess  in  einem  anderen  Sclu'eiben  über 
die  Reichsangelegenheiten.  In  dem  was  die  fremde  Werbungen  ad  con- 
stitutiones  imperii  zu  restriugiren  anbelangt,  finde  ich  gar  schlechte 
Disposition  darzu  und  werd  mir  fast  pro  omni  ratione  geantwort,  dass 
I.  Ch.  D.,  wie  ich  wüsste,  in  dergleichen  überaus  hecklich;  sonsten  was 
die  rationes  anbelangt,  gedünkt  mich,  dass  sie  dardurch  fast  selbst  con- 
vincirt  werden  und  habe  ich  Nachricht,  dass  die  churbrandenburgische  Ge- 
sandtschaft aus  Regensburg  Anfangs  an  dem  Churfürsten  geschrieben,  dass 
sie  in  hoc  puncto  anders  nit  zu  thun  gewusst,  als  den  Reichsconstitutioni- 
bus  nachzuleben;  dahero  ich  besorgen  muss,  dass  das  Exempl  und  Stimu- 
lation von  Chur-Cölln  und  Chur-Bayern  dahie  all  starken  Antrieb  hierzu 
gegeben.  Ich  insinuirte  gegen  dem  von  Schwerin,  dass  die  churfürstliche 
ministri  S.  Ch.  D.  in  dieser  Meinung  stärken  müssten;  die  grosse  Herren 
hätten  eben  nit  Zeit  über  die  Bücher  zu  liegen  und  die  Reichsabschied 
so  genau  zu  examinireu.     Er  antwortete,   dass  ich  hierin  irrete   und  nit 


')     lieber  GraveFs  Anfenthalt  in  Münrlien  Meai.   de  Pomp.  I.  '230 f. 


Reichsangelegenbeiten.  447 

wohl  7-11  glauben,  wie  I.  Ch.  D.  Selbsten  ihre  Meinung  auch  wider  das- 
jenige, so  etwa  darwider  inovirt  werd,  wissen  zu  defendiren.  Als  ich 
das  scandaluni  im  römischen  Reich,  ja  bei  aller  Welt  abermal  remon- 
strirt,  so  erfolgen  würde,  wann  ein  Stand  des  Reichs  dem  römischen 
Kaiser,  seinem  Oberhaupt,  die  Werbungen  verweigeren  und  herentgegen 
fremden  Potentaten  zulassen  würde,  hat  der  von  Schwerin,  ohne  Zweifel 
motus  indignitate  rei  geantwort,  dass  es  uit  darzu  kommen  werde  und 
man  zwar  potestatem  et  facultatem  capitulire,  sich  aber  derselben  solcher 
gestalt  zu  gebrauchen  nit  begehre ').  Bezüglich  der  Auflösung  des  Reichs- 
tages ohne  Reichsahschied  zeigt  er  zwar,  dieselbe  nicht  zu  wünschen,  gibt  aber 
zu  gleicher  Zeit  zu  erkennen,  dass  bei  der  geringen  Rücksichtnahme  auf  die 
Reichsschlüsse  auch  der  Autlösung  keine  besondere  Bedeutung  beizumessen  wäre. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  14.  März  1670.  (Conc.) 

[Erklärungen    des   Kaisers   in   der  Frage   der  Werbungen    im  Reiche  ohne  kaiserliche 

Bewilligimg.] 

Gegen  die  von  Köln,  Baiern  und  Brandenburg  auf  dem  Reichstage  zu  14.  März. 
Regensburg  ausgesprochene  Behauptung,  dass  ihnen  mit  und  ohne  kaiserliche 
Bewilligung  die  Verstattung  fremder  Werbungen  freistünde,  soll  Goess  vor- 
stellen, dass  diese  Behauptung  nicht  allein  gegen  die  Ordnungen  des  Reiches 
Verstösse,  sondern  dass  der  Kurfür-st  von  Brandenburg  viel  weniger  als  die 
übrigen  eine  derartige  Bestimmung  benöthige,  da  es  ihm  ja  freistehe  in  Preussen, 
das  nicht  zum  Reiche  gehöre,  "Werbungen,  in  welcher  Höhe  auch  immer,  anzu- 
stellen. 


Votum  vom  26.  März  1670    über   des  Goess   Schreiben   vom 

12.  März  1670. 

[Reichsangelegenheiten.] 

Der  Kaiser  hätte  vernommen,  was  Goess  mit  Schwerin  über  die  Clausel  (et  12.  März, 
non  aliter),  welche  in  die  Reichsverfassung  und  in  die  Executionsordnung  auf- 
genommen werden  soll,  gesprochen.  Das  arcanum  aber,  w^arum  mehrbe- 
sagter Gravel  auf  Behauptung  der  clausulae  („secundum  instrumentum 
pacis  et  non  aliter")  so  stark  beharrt,  seie  dieses,  weiln  Frankreich  alle 
Könige  und  Potentaten  Europae  zu  Garantirung  des  aachischen  Frie- 
dens eingeladen,  dass  Engelland,  Schweden  und  Holland  unter  dieser 
allzuweit  aussehender  französischer  Einladung  zu   so   gestalter  Garantia, 


')     Vergl.  über  diese  Dinge  auch  Üroysen  I.e.  IILo  354ff. 


448      ^-  ^' weite  Mission  des  Freiherru  Joliann  von  Goess.     Oct.  IfiGS  — Sept.  1G71. 

endlichen  die  Augen  soweit  geöffnet  worden,  weiln  sie  vermerkt,  dass 
Frankreich  E.  K.  M.  und  dero  Erzhaus  zu  dieser  Garantie  nit  mit  invitirt, 
dass  dessen  Intention  seie,  oblata  occasione  noch  weiter  um  sich  zu 
"■reifen  und  dahero  veranlasst  worden,  auf  die  nunmehr  geschlossene 
Tripleallianz  bedacht  zu  sein,  mithin  ihme  insoweit  das  Ziel  zu  stecken, 
damit  man  für  weitere  infestationes  gesichert  sein  möchte.  Diesen  nun 
ex  parte  Frankreich  begangenen  Fehler  einigermassen  zu  repariren,  hat 
man  seinerseits  vermeint,  dass  solches  durch  die  neuerlich  inventirte 
clausul  (secundum  instrumentum  et  non  aliter)  geschehen  und  mithin 
etwa  auch  die  Tripleallianz  zurückgetrieben  und  enervirt  werden  könnte. 
Ob  nun  zwarn  besagte  clausula  „et  non  aliter"  kein  allgemeines  Reichscon- 
clusum  seie,  E.  K.  M.  und  die  Krön  Spanien  auch  ihres  Orts  ebenso  wenig 
nachgeben  würden,  dass  Frankreich  solche  nach  seinem  Sinn  und  Vortheil 
interpretiren  möchte,  als  wenig  ei-  E"".  K.  M.  geständig  sein  würde,  selbige 
für  sich  und  dero  Erzhaus  auszudeuten,  ob  sie  schon  dessen  weit  mehrers  be- 
fugt seien,  so  hätte  er  von  Goess  doch  aus  E"".  K.  M.  Antw-ortschreibeu  vom 
15.  Febr.  vernommen,  dass  E^  K.  M.  zu  Vorkommung  alles  unnötigen  Dispu- 
tats  ihro  nicht  zuwider  sein  Hessen,  dass  a  qualicumque  clausula  aequiva- 
lenti  allerdings  abstrahirt  und  es  bei  der  ihme  überschriebener  formula 
gelassen  werden  möchte. 

Ganz  entsprechend  die  Weisung  vom  29.  März. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  28.  März  1670.  (Or.) 

[Unterredungen   mit  Sclimising   über   dessen  Verhandlungen   mit   dem  Kurfürsten  von 
Brandenburg  und  dessen  Ruthen.     Schmisings  Haltung.] 

28.  März.  Domdechant  Schmising,  Rath  des  Biscliofs  von  Münster,  ist  hier.    Er  erzählt 

dem  Goess,  er  sei  lediglich  hiehergekommen,  um  die  Ansichten  des  Kurfürsten  zu 
vernehmen;  dieser  aber  und  seine  Räthe  hätten  in  den  Unterredungen  sehr  an 
sich  gehalten.  Ich  hatte  ihme  vorher  gesagt,  dass  er  I.  Ch.  D.  all  ziem- 
licli  verändert  finden  würde;  er  hat  mir's  auch  alsobald  nach  der  ersten 
Audienz  bestätiget;  der  Churfürst  wäre  ihm  fast  pensif,  still  und  retirat, 
auch  etwas  melancolisch  fürkommen,  also,  dass  er  observirt,  dass  S.  Ch. 
D.  im  üiscurs  etlichemalen  geseufzet.  Dass  in  den  Conferenzen  gar  keine 
Vorschläge  gemacht  worden  seien,  wie  Schmising  behauptet,  glaubt  Gosss  nicht. 
Nach  neuerlichen  Weisungen  hat  Schmising  weitere  Unterredungen  mit  dem 
Kurfürsten.  Er  forderte  von  demselben,  wie  er  Goess  mittheilt,  zu  wissen,  ob 
Fürstenberg  hier  eine  Allianz  proponirt  oder  tractirt;  worauf  geantwortet  wor- 
den,   dass  er  nichts  tractirt,    als  was  seine   schriftliche   Proposition  und  dieses 


Schmisings  Verhandlungen  in  Berlin.     Reichsangelegenheiten.  449 

Kurfürsten  darauf  gethane  Erklärung  in  sich  hielten;  ferner  ob  der  Kurfürst  in 
das  neulich  zu  Hildesheim  zwischen  Münster  und  dem  Hause  Braunschweig  ab- 
geschlossene Bündnis ')  mit  eintreten  wolle,  worauf  geantwortet  wurde,  man  wolle 
die  Sache  in  Deliberation  ziehen.  Bezüglich  der  allgemeinen  Verhältnisse  zeigt 
Schmising,  der  am  26.  März  Berlin  verlässt,  schwankende  Gesinnung.  Als  ich 
gegen  dem  von  Schmising  den  Verdacht,  dass  dieser  Chiirfiirst  sich  aber- 
malen in  Tractaten  mit  Frankreich  eingelassen,  mit  Fleiss  stark  ver- 
merken lassen,  hat  er  mir  sehr  positive  gesagt,  dass  es  nit  geschehen, 
und  wann's  geschehen  wäre,  so  hätte  es  der  König  sicherlich  seinem 
Brüdern^)  nit  verhalten,  welche  so  grosse  Confidenz,  die  Wahrheit  zu 
sagen,  mir  fast  bedenklich  gefallen^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  7.  April  1670.    (Or.) 

[Ceremonialstreitigkeiten.     Verhandlungen   mit  Schwerin  über  Reichsangelegenheiten.] 

Goess  sucht  in  den  Ceremonialstreitigkeiten  zwischen  kurfürstlichen  und  T.April 
kaiserlichen  Gesandten  das  Recht  der  letzteren  nachzuweisen  und  fordert  von 
Schwerin,  dass  den  kurfürstlichen  Gesandten  in  Regensburg  Befehl  ertheilt 
werde  den  Vertretern  des  Kaisers  die  erste  Visite  abzustatten.  Bezüglich  der 
Frage  der  fremden  Werbungen  bleibt  Schwerin,  trotz  aller  Auseinandersetzungen 
des  Goess,  bei  der  früheren  Erklärung,  man  wolle  die  Erlaubnis  der  Fremden 
zu  werben  im  Principe  zwar  durchsetzen,  sie  nicht  aber  in  Wirklichkeit 
werben  lassen.  Ich  habe  Nachricht,  dass  an  der  churbrandenburgi- 
schen  Gesandtschaft  nach  Regensburg  die  Ordre  ergangen,  dass  sie 
auf  alle  Weis  sehen  sollen  den  Reichstag  zu  End  zu  bringen,  dass 
materia  capitulationis  perpetuae  auf  dem  künftigen  Reichstag  remittirt 
und  punctus  executionis  solchergestalt  abgethan  werde,  dass  die  Officier 
und  Generales  zwar  resolvirt,  doch  ohne  Sold  bis  auf  würkliclien  Krieg 
gehalten  werden.  Gute  woblintentionirte  Leut  bedauren  diese  Resolution 
bei  gegenwärtigen  Coniuncturen,  da  man  abermalen  einige  neue  motus 
in  Ungarn  und  gar  von  den  Türken  zu  besorgen. 


')  Vergl.  Tücking  I.e.  168 f.  Der  Vertrag  ist  geschlossen  am  25.  Febr. /7.  März 
1670. 

-)     Schmising's  Bruder  war  in  Paris  Vertreter  Münster's. 

^)  Goess  übersendet  in  diesem  Schreiben  eine  ..Copia  dessen,  was  man  in  P.  K.  M. 
zu  Dänemark  glorwürdigsten  xlndenkens  Calender  geschrieben  gefunden,  welches  sie  kurz 
vor  ihrem  Tod  mit  eigenen  Händen  hineingesetzt.  „Ich  wäre  in  meinem  Leben  einer 
Raquette  zu  vergleichen,  welche,  nachdem  sie  angezündt  und  in  einem  Augenblick 
in  die  Luft  fähret,  schön  und  helle  leuchtet.  Und  als  ich  im  höchsten  war  und  mit 
einem  Fünklein,  als  mit  tausend  Strahlen  prangete,  da  Hess  ich  plötzHch  einen  Krach 
und  Terschwand  vor  denen  Augen  derer,  die  mir  zusahen  und  fiel  auf  dem  Boden 
und  bin  zu  Staub,  Mehl  und  Asche  worden.     Mori  volo :   me  moriturum  esse  neu  eure." 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XiV.  29 


450     ^  ■  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Joliann  von  Goess.     Oct.  1GG8  —  Sept.  1G71. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  14.  April  1670.  (Or.) 

[Reichsangelegenheiten.     Oidcnburg\sche  Successionsstreitigkeiten.j 
14.  April.  Nachrichten  aus  Regensburg  melden,  dass  der  Kaiser  seine  Haltung  in  der 

Angelegenheit  der  Werbungen  fremder  Potentaten  aufgegeben  habe.  Der  Kur- 
fürst hat,  wie  Goess  erfährt,  seinen  Gesandten  in  Regensburg  zugeschrieben, 
wann  innerhalb  3  Monat  die  Executions-  und  Verfassungsmaterie  nit  zu 
völliger  Richtigkeit  kommen,  sie  sich  alsdann  von  dannen  weg  und  nach 
Haus  begeben  sollen.  Goess  setzt  dem  Kurfürsten  die  Gründe  auseinander, 
die  ein  derartiges  Vorgehen  unpolitisch  erscheinen  lassen.  Der  neue  König 
von  Dänemark ')  will  die  Ordnung  des  oldenburgischen  Successionswerkes 
hinausschieben.  Goess  arbeitet  für  die  baldige  Wiederaufnahme  der  zu  Ham- 
burg begonnenen  Verhandlungen,  Schwerin  erklärt  ebenfalls  in  diesem  Sinne 
wirken  zu  wollen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  14.  April  1670.  (Conc.) 

[Reichsangelegenheiten.] 

14.  April.  Da  der  Mainzer  eine  besondere  Gesandtschaft   nach  Sachsen  und  Branden- 

burg sendet,  um  diese  Mächte  in  den  Reichsangelegenheiten  für  die  Interessen 
des  Kaisers  zu  gewinnen-),  erhält  Goess  Befehl  dieselbe  dabei  zu  unterstützen 
und  mit  allem  Fleiss  daran  zu  sein,  damit  der  punctus  securitatis  der- 
malens  zum  Stand  gebracht  und  es  der  fremden  Werbungen  halber  bei 
dem  von  Chursachsens  L"^.  vorgeschlagenem  Temperament  per  relationem 
auf  den  letztern  Reichsabschied  de  anno  1G54  gelassen,  oder  aber,  wann 
auch  darmit  über  allen  angewendten  Fleiss  nicht  zu  spuntiren  sein  sollte, 
dass  alsdann  von  solchen  fremden  Werbungen  allerdings  abstrahirt  wer- 
den möchte.  Desgleichen  soll  Goess  die  Interessen  des  Kaisers  in  der  Corape- 
tenzstreitiekeit  vertreten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  April  1670.   (Or.) 

[Verhandlungen  des  Kurfürsten  mit  den  Deputirten  des  Mainzers  bezüglich  der  Reiehs- 
angelegenheiten.     Unterredung  des  Goess  mit  denselben.] 

25.  April.  Die  mainzischen  Abgesandten  Freiherr  von  Schönborn  und  Canzler  Bertram 

sind  am  18.  hier  angelangt,    haben  am  19.  Conferenz  gehabt  und  sind  am  20. 
wieder  abgereist^).     Die  schleunige  Abfertigung    hat  die   Gesandten,    wie   sie 


0     Christian  V. 

'•')     Für  des  Mainzers   Politik  in  den    Reichsangelegenheiten,   vornehmlich    in  der 
Werbungsfrage;     Guhrauer  1.  c.  I.  lOOff. 

3)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  5;  Guhrauer  1.  c.   I.  lU4f. 


Reichsangelegenheiten.  451 

Goess  mittbeilen,  sehr  in  Erstaunen  gesetzt,  da  sie  dieselbe  nicht  begehrt. 
Goess  glaubt,  der  Grund  sei  Furcht  vor  üblen  Reden  derer,  die  sich  über  des 
Mainzers  Politik  beklagen.  Bezüglich  des  von  Mainz  in  Anregung  gebrachten 
Collegialtages,  zu  dem  alle  Kurfürsten,  mit  Ausnahme  des  von  der  Pfalz,  ihre 
Zustimmung  bereits  gegeben  haben'),  erklärt  Friedrich  "Wilhelm,  der,  wie  Goess 
glaubt,  dem  Collegialtage  im  Grunde  abgeneigt  ist,  selbst  nicht  erscheinen  zu 
können,  wohl  aber,  wenn  die  übrigen  Kurfürsten  darfür  seien,  seine  Bevoll- 
mächtigten dahin  senden  zu  Avollen.  Goess,  der  über  des  Kaisers  Haltung 
diesem  Collegialtage  gegenüber  nicht  orientirt  ist,  macht  die  Vertreter  des 
Mainzer  Erzbischofes  auf  die  von  verschiedenen  Seiten,  insbesondere  von  dem  gut 
gesinnten  Schlosshauptmanne  Berlepsch,  gegen  denselben  vorgebrachten  Bedenken 
aufmerksam ,  welche  diese  aber  für  gänzlich  unbegründet  erklären.  Den  Bei- 
tritt zur  Tripleailianz ,  welchen  die  Vertreter  des  Mainzers  vorschlagen ,  hat 
Brandenburg  abgelehnt.  Ueber  die  Competenzstreitigkeiten  haben  sie  mit  dem 
Kurfürsten  nicht  gesprochen,  da  sie  die  Ansicht  ihres  Herrn  auf  das  vom  Kaiser 
diesem  zugeschickte  Schreiben  nicht  kennen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  l^erlin  28.  April  1670.  (Or.) 

[Verhandlungen  der  mainzischen  Gesandten.  Werbungsfrage.] 
Schwerin  theilt  dem  Goess  den  Inhalt  der  Unterhandlungen  mit  den  main-  28.  Ajiril. 
zischen  Deputirten  mit.  Wegen  des  Collegialtags  sehe  ich,  dass  er  darfiir 
halte,  erstlichen,  dass  er  nit  geschehen  werde  und  dann,  dass  wenig 
guts  darbei  gericlit  würde.  Neben  dem,  was  Goess  schon  berichtet,  haben 
die  Vertreter  des  Mainzer  Erzbischofes,  wovon  sie  Goess  keine  Mittheilung  ge- 
macht haben,  eine  Particularzusammensetzung  etlicher  Kur-  und  Fürsten  vorge- 
schlagen, darauf  man  Churbrandenburgischerseiten  referirt,  was  mit  Chur- 
cölln  bei  des  von  Fürstenberg  Abschickung  diesfalls  gehandelt  worden  und 
dass  I.  Ch.  D.  sich  mit  einem  und  anderen  pro  securitate  communi  gern 
verstehen  und  vereinigen  werden.  In  der  Werbungsfrage  hat  Goess  den 
sächsischen  Vorschlag  der  Relation  auf  den  Reichsabschied  von  1654  vorgebracht, 
der  dem  Schwerin  nicht  übel  gefallen  hat. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Laxenburg  4.  Mai  1670.  (Conc.)^) 

[Reiehsangelegenheiten.] 

Goess  soll  dem  Kurfürsten  von  der  Abberufung  seiner  Vertreter  in  Regensburg  4.  jjai. 
vor  fertiggestelltem  Reichsabscliiede  abrathen  und  noch  ferner  für  die  Fortsetzung 
der  Verhandlungen  zum  gütlichen  Vergleiche  der  Oldenburger  Snccessionsange- 


')     Vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  354. 

■-')     Nach  dem  Votum  der  Conferenz  vom  30.  April  1670. 

29^ 


452     V.  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johanu  von  Goess.     Oct.  1G68  —  Sept.  1671. 

legenlieit  eintreten.  Es  wäre  dem  Kaiser  erwünscht  gewesen,  wenn  Goess  der 
Zusammenkunft  zwischen  Friedrich  Wilhelm  und  Johann  Georg  II.  zu  Leipzig 
beigewohnt  hätte. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Leipzig  4.  Mai  1670.   (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  Burkersrode  bezüglich  des  Collegialtages.     Cereinonial- 
frage.     P.  S.     Mittheilungeu  Burkersrode's   über  des  Mainzers  Ansicht  von  der  Lage.] 

4.  Mai.  Da  Goess   es  im  Interesse  des  Kaisers   gehalten  hat    der   Zusammenkunft 

zwischen  Brandenburg  und  Sachsen  beizuwohnen'),    ist   er,  obgleich  er  keinen 
Befehl  dazu  erhalten,  nach  Leipzig  gereist. 

Burkersrode  theilt  dem  Goess  mit,  dass  Mainz  den  Collegialtag  selir  be- 
gehre. Goess  beklagt,  die  Meinung  des  Kaisers  in  dieser  Angelegenheit  nicht 
zu  kennen.  Ich  meines  Theils  halte  darfiir,  dass  der  Herren  Churfürsten 
ihre  Gemüther  vorhero  etwas  besser  müssten  disponirt  und  vereinigt 
werden,  ehe  man  zu  solchen  Collegialtag  käme  und  habe  ich  dem  von 
Burkersrode  vorgestellt,  dass  bei  dieser  der  beiden  Churfürsten  Unter- 
redung ein  guter  Anfang  hierzu  geschehen  künnte,  habe  ihme  die  obsta- 
cula  angezeigt  und  wie  dieselbe  zu  removiren  und  welchergestalt  man 
dann  zum  vorgesetzten  Zweck  gelangen  könnte.  Gravel  beklagte  sich  Bur- 
kersrode gegenüber  lebhaft  über  des  Mainzers  Vorgehen.  Bezüglich  der  Cere- 
monialfrage  steht  es  so,  dass  Brandenburg  den  kaiserlichen  Gesandten  in  Regens- 
burg die  ihnen  gebührenden  Vorrechte  erweisen  lassen  will,  wenn  den  Branden- 
burgischen in  Warschau  Genugthuung  gegeben  wird. 

P.  S.  I :  Wie  mir  der  von  Burkersrode  sagt,  habe  Chur-Mainz  gegen 
ihme  gemelt,  es  gehe  wie  es  wolle,  wann  der  König  in  Frankreich 
etwas  wider  Lothringen  vornehme,  wolle  er  dem  Herzogen  Karl  von 
Lothringen  mit  allen  Kräften  beistehen.  .  .  .  Der  Churfiirst  von  Mainz, 
sagt  Burkersrode,  lenke  sich  ganz  auf  E^  K.  M.  Party;  klage  allein  über 
unserer  irresolutionibus  und  dass  in  der  Zeit  der  Noth  kein  Nachdruck 
dar  seie;  verhoffe  doch,  dass  hinfüro  vigoureusere  consilia  werden  geführt 
werden.  Wie  mir  gegebene  Resolution  in  puncto  des  Succurs  lautet  und 
ich  die  Disposition  ansehe,  ist  darauf  kein  gross  Capital  zu  machen,  bis 
nit  ein  bessers  Vernehmen  gestifft  wird  :|. 


')     Diese  Zusammenkunft  ist  erwähnt  bei  Guhrauer  1.  c.  I.  109. 


Reichsangelegenheiten.     Rheinstein.     Tripleallianz.  453 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Leipzig  8.  Mai  1670.    (Or.) 

[Rheinstein.     Werbuugsfrage.] 

Der  Kurfürst  theilt  dem  Goess  mit,  dass  er  Rheinstein,  das  dem  Tatten-  S.Mai, 
bach  gehörte,  dessen  Güter  der  Kaiser  eingezogen,  durch  einige  seiner  Leute 
besetzt,  Herzog  Rudolf  August  zu  Wolfenbüttel  dieselben  aber  daraus  vertrieben 
habe,  wogegen  er  sich  mit  Waffengewalt  wehren  wolle').  Doch  hofft  Goess, 
dass  der  Kurfürst  so  lange  zögern  werde,  bis  der  Kaiser  sich  in  dieser  Streit- 
frage geäussert  haben  wird.  Wie  Friesen  ihm  mittheilt,  hat  Brandenburg 
sich  zur  Gutheissung  des  sächsischen  Vorschlages  in  der  Werbungsfrage  bereit 
erklärt. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Mai  1670.   (Or.) 

[Reichsangelegenheiten.     Brandenburgs,  Sachsens  und  des  Mainzers  Stellung  zur  Triple- 
allianz.  Rheinstein.] 

Brandenburg  hat  erklärt,  bezüglich  der  fremden  Werbungen  das  sächsische  16.  Mai. 
Expedienz  annehmen  zu  wollen.  Bezüglich  der  Römermonate  findet  Goess  die 
Kurfürsten  in  einer  dem  Kaiser  günstigen  Stimmung.  Friedrich  Wilhelm  hat  auf 
die  Erklärung,  dass  die  von  Baiern,  Köln  und  Brandenburg  gethane  Aeusserung 
Ende  Juni  den  Reichstag  zu  verlassen,  sehr  schädlich  sei,  gemeint,  er  habe 
dies  nur  zur  Aufmunterung  und  Beschleunigung  gethan,  denke  aber  nicht  daran 
wirklich  Ende  Juni  seine  Leute  abzuberufen.  Bezüglich  der  Reichsverfassung 
und  Einbegreifung  Böhmens  und  dessen  Nebenländer  hält  Goess  den  Räthen 
der  Kurfürsten  vor,  wie  nützlich  dieses  Werk  dem  Reiche  werden  könnte  2).  Den 
Collegialtag  würde  Sachsen  gerne  sehen;  Brandenburg  bleibt  bei  seinen  den 
mainzischen  Abgeordneten  in  Berlin  gegebenen  Erkläningen. 

Wegen  der  Tripleallianz  seind  I.  Ch.  D.  zu  Brandenburg  fest  auf  ihre 
vorige  Sentimenten  verblieben  und  hat  der  von  Friesen,  so  bei  dem 
Churfürsten  selbsten,  als  bei  dem  Baron  von  Schwerin^,  bald  wahrnehmen 
können,  was  ich  ihme  vorhero  gesagt,  dass  es  sonderlich  an  den  Subsidien 
und  an  der  wenigen  Satisfaction,  so  man  von  den  Holländern  habe, 
hafte.  Wie  nun  E"".  K.  M.  des  Churfürsten  zu  Mainz  Meinung  und  Ge- 
danken circa  hoc  triplex  foedus  bekannt  sein  werden,  also  sehe  ich 
Chursachsen  also  disponirt,  dass  derselbe  sich  mit  Churmainz  hierin 
leicht  conformiren  werde.  Der  von  Friesen  hat  sich  fleissig  bei  mir  er- 
kundiget, was  E.  K.  M.  hierbei  für  Intention  haben.  Ich  habe  nun  bei 
jüngster  Post  die  Nachricht  aus"m  Haag  erhalten,   dass  die  schwedische 


')    Vergl.  für  diese  Differenz  Puf.  1.  c.  XL  46;  Theatr.  Europaeum  X.,  187ff. 
-)     Für  diese  Angelegenheit  Droysen  1.  c    III. -j  354;  Pachuer  I.  c.  I.  4(51. 


454      V.  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von   Goess.     Oct.  1GG8  —  Sept.  1671. 

Ratification  in  o[)tiina  lorma  ein,[^e8cliicl<i  und  aJil)ci'eit,  ulnic  ^loviiung 
einiger  weitei'en  Praetension,  wie  es  der  von  Basserode  besorgt,  ausge- 
wechselt worden  '). 

Brandenburg  besteht  auf  seinem  Rechte  Rheinstein,  das  ein  Lehen  von 
Halberstadt  sei,  einzuziehen  und  ist  gewillt,  5000  Mann  unter  Führung  der 
Generäle  Dohna  und  Goltz  gegen  die  Braunschweiger  ziehen  zu  lassen. 


Der  Kaiser  an  Goess.    Dat.  Lilienfeld  20.  Mai  1670.  (Conc.)-) 

[Rlicinstein.] 

20.  Miii.  Tattenbach  ist  noch  nicht  verurtheilt  und  wenn  er  auch  verurtheilt  werden 

sollte,  fällt  sein  Erbe  seinem  Bruder  zu ;  daher  die  ganze  Streitfrage,  ob  Braun- 
schweig oder  Brandenburg  das  Recht  Rheinstein  einzuziehen  haben,  wegfällt. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  26.  Mai  1670.   (Or.) 

[Reichsaugeiegeuheiten.     Oldenburger  Successionsaugelegeuheit.     Rheiustein.] 

2G.  Mai.  Schwerin    gibt   neuerdings    gute   Versprechen    bezüglich   der  Nichterfüllung 

der  Drohung,  Ende  Juni  die  Gesandten  von  Regensburg  abzuberufen. 

In  puncto  der  fremden  Werbungen  sagt  mir  der  Baron  von  Schwerin, 
dass  P.  Ch.  D.  zu  Brandenburg  Meinung  nach  diese  Sach  uit  relative 
auf  dem  Reichsabschied  de  anno  1654,  wie  mir  der  von  Friesen  zum 
anderenmal  referiret,  zu  erörteren,  sonderen  vielmehr,  dass  man  allerdings 
darvon  zu  abstrahiren,  wodurch,  wie  der  von  Schwerin  raisonirte,  die- 
selbe doch  in  eilectu  bei  den  alten  constitutionibus  gelassen  wiirde. 
Die  hamburgische  Commission  für  die  oldenburgische  Successionsangelegenheit 
ist  resultatlos  auseinander  gegangen.  Der  Herzog  von  Wolfenbüttel  hat  ein 
freundlich  gehaltenes  Schreiben  an  den  Kurfürsten  in  der  rheinsteinischen  An- 
gelegenheit gericlitct,  worauf  dieser  seinen  marschirenden  Truppen  Halt  ge- 
boten hat. 


Unter  dem  30.  Mai  berichtet  Goess,  dass  Schwerin  gegen  die  Berufung  des 
Collegialtages  sich  deutlich  ausgesprochen  und  nicht  nur  hinzugefügt  habe,  dass 
die  Fürsten   noch  grossere  Jalousie  darvon  nehmen,    auch    etwa  materia 


')  Für  die  Veriiältnisse  der  damaligen  Zeit  Klopp  1.  c.  I.  258,  263  u.  a.  0.;  Le- 
fevre-Pontalis  i.e.  II.  45if.;  Raniie,  Engl.  Geseh.  V.  7711.:  Franz.  Gescb.  III.  283  ff.; 
Carlson  1.  c.  IV.  552. 

-)     Nach  dem  Votum  Schwarzenbergs  nnd  Ilocliers  vom   18.  Mai  1670. 


Reichsang-elegenheiten.     Oldenbiirgische  Successionsfrage.  455 

electiüiii.s  uuzeitig  auf  (.lie  Bahn  gebracht  werden  möchte,  sonderen  auch 
dieses  darbei  angezogen,  dass  von  unterschiedlichen  Orten  bericht  würde, 
als  wollten  E.  K.  M.  den  Prinzen  Karin  von  Lothringen  zur  römischen 
Krön  befürderen  helfen;  er  zeigete  doch  darbei  gnugsam  zu  begreifen, 
dass  diese  Nachricht  nit  allein  nit  wahr  seie,  sonderen  auch  ganz  nit  pro 
verisimili  könnte  gehalten  'werden. 


Der  Kaiser  an  Goess.    Dat.  Laxenburg  31.  Mai  1670.  (Couc.) 

[Werbungsfrag'e.] 

Trotz  der  Nachrichten  des  Goess,  dass  Brandenburg  sich  in  der  Werbungs-  31.  Mai. 
frage  bereit  erklärt,  das  sächsische  Expedienz  anzunehmen,  hat  der  Kaiser  ver- 
nommen, dass  die  Brandenburger  den  Werbungsartikel  so  erleutert  wissen  -wollen, 
dass  davon  abstrahirt  und  nur  gemeldt  werden  möchte,  dass  es  dies- 
falls nach  dem  instrumento  pacis  und  denen  Reichssatzungen  zu  halten 
wäre;  nicht  aber,  dass  man  sich  hierin  blos  auf  den  letztern  Reichs- 
abschied de  anno  1654  beziehen  sollte,  als  welches  Brandenburg  nicht 
hätte  approbiren  wollen.  Goess  soll  trachten  den  Kurfürsten  für  das  säch- 
sische Expedienz  zu  gewinnen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  9.  Juni  1670.   (Or.) 

[Frankreichs  Bemühungen    sein  Fernbleiben    von   den   kroatischen,    ungarischen    und 
polnischen  Bewegungen  nachzuweisen.     Polnische  Angelegenheit.     Werbungsfrage.] 

Der  König  von  Frankreich   thut   alles,    um   zu  beweisen,   dass  er  mit  den  D.Juni, 
kroatischen,  ungarischen  und  polnischen  Bewegungen  nichts  zu  thun  habe ')  und 
hat  in  diesem  Sinne  Crockow-)  beauftragt  an  den  Kurfürsten  von  Brandenburg 
zu  schreiben.    Goess  hält  dieses  Benehmen  Frankreichs  gerade  für  einen  Beweis 
der  Schuld. 

Die  Nachrichten  aus  Polen  rufen  in  Berlin  lebhafte  Bcunrnhigang  hervor  s). 
Sowohl  der  Churfiirst  als  der  Baron  von  Schwerin  zeigen  wohl  zu  con- 
sideriren,  was  ich  zum  öfteren  vorstelle,  wie  hoch  sowohl  E.  K.  M.  als 
S.  Ch.  D.  bei  diesem  polnischen  AVerk  interessirt  und  dass  man  dero- 
wegen  consilia  und  vires  zusammen  zu  tragen,  allen  von  dannen  be- 
sorgenden Unheil  zu  begegenen;  wie  die  Gefahr  fast  eben  diejenige  seie. 


')     Für    diese  Angelegenheiten  —  es    handelte    sich   vornehmlich    um  die  grosse 
Ungarnverschwörung  —  vergl.  Wolf  1.  c.  236 ff. 
■)     Brandenburgs  Vertreter  in  Paris. 
3)     Vergl.  Theat.  Europ.  X...  283 f.;  Puf.  1,  c.  XI.  13;  Droysen  I.  c.  III.3  297 ff. 


456      V.    Zweite  Mission  des  Freiheirn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 

um  welcher  willen  wir  uns  vor  diesem  untereinander  verglichen  und  ver- 
bunden; ja  wegen  unterschiedlicher  Umstände  und  sonderlich  wegen  der 
Beisorg,  dass  sich  die  Türken  dieser  Occasion  bedienen  und  samnit  an- 
deren barbaris  das  Königreich  Polen  anfallen  möchten,  noch  grösser 
worden ;  also  habe  man  die  consilia  eben  nach  dem  Schlag  einzurichten 
und  möchte  sein,  dass  dieses  ein  Mittel  wäre  mit  P.  Ch.  D.  in  besserer 
Verständnus  zu  kommen  und  dieselbe  von  anderen  consiliis  hierdurch 
allgemach  abzuziehen,  darauf  ich  nit  zweifle,  dass  E.  K.  M.  die  behörige 
gnädigste  Reflexion  nehmen  werden.  Sie  (Friedrich  Wilh.)  scheinen  zwar 
etwas  perplex  hierin  zu  sein, .  .  .  indem  sie  die  von  der  französischen 
Faction  fast  zu  viel  und  also  consideriren,  als  bestünde  in  derselben  der 
meiste  Theil  der  Republik.  Sie  haben  doch  in  dem  neulichen  casu  des 
Castellan  zu  Posen  sehen  können,  dass  wenigsten  in  Grosspolen  sie  nit 
darfür  gehalten  werden.  Ich  vernimm,  dass  S.  Ch.  D.  an  dem  König,  wie 
auch  an  den  Sobieski  und  andren  schreiben  wollen,  offerendo  sua  officia 
zu  einer  Reconciliation,  welches  ohne  Zweifel  aus  eben  diesem  principio 
herkommt,  dass  man  in  der  Mitten  durchgehen  und  an  keiner  Seiten 
propter  incertos  eveutus  rerum  nit  gern  anstossen  wolle  und  gehen  doro 
Sentimenten  dahin,  dass  der  König  vor  diesmalen  nach  möglichen 
Dingen  nachzugeben  und  sich  die  Malcontenten  quocunque  modo  zu 
reconciliiren. 

In  einem  Schreiben  vom  selben  Datum  meldet  Goess  von  den  Versuchen 
ßaierns  den  Brandenburger  in  der  Werbungsfrage  zu  gewinnen,  was,  wie  Goess 
hofft,  nicht  geschehen  Avird. 


Goess  an  deii  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Juni  1670.    (Or.) 

[Werbungsfrage.     Polnische  Angelegenheit.     Mission  des  Nicolarts.] 

IG.  .Juni.  Befehl  vom  31.  Mai  erhalten.    Schwerin  und  Geheimrath  Koppen '),  welcher 

die  Reichssacben  unter  sich  hat,  halten  in  ihren  Erklärungen  bezüglich  der 
Werhungsfrage  zurück.  Goess  sieht  Brandenburgs  Haltung  in  dieser  Frage 
niclit  mehr  für  so  günstig  an,  wie  vorher.  Schwerin  klagt  von  neuem  über  die 
polnischen  Verhältnisse.  Der  kurkölnische  Vicekanzler  Mcolarts-)  theilt.  Goess 
als  Zweck  seiner  Mission  an  den  Berliner  Hof  mit,  er  habe  die  Mediation  seines 
Herrn  in  der  rheinsteinischen  Angelegenheit  angeboten,  welche  beiderseits  ange- 
nommen worden  sei;  man  wolle  nur  das  Resultat  der  demnächst  stattfindenden 
ßerathungen   der  beiderseitigen  Vertreter   abwarten.     Ferner    habe    ich    von 

^)     Johann  Koppen;  vergl.  Klaprotb  !•  ^^  oG-"'- 
2)    Johann  Franz  Nicolarts, 


Polnische  Frage.     Reichsangelegenheiten.     Mission  des  Nicolarts.  457 

ihme  vernommen,  dass  inhaerendo  des  Fürst  Wilhelm  von  Fürsteuberg 
dahie  gethanen  Proposition,  er  eine  Zusammensetzung  und  Bündnus 
zwischen  beiden  Churfürsten  zu  Colin  und  Brandenburg,  dem  Herzog 
von  Neuburg,  dem  Herrn  Bischofen  zu  Münster,  das  Haus  Braunschweig 
und  die  Laudgräfin  zu  Cassel  zu  dem  End  proponirt,  damit  man  aller- 
seits Länder  und  Leut  bei  diesen  gefährlichen  Conjuncturen  desto  besser 
schützen  und  defeudiren  könne. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  Juni  1670.  (Or.) 

[Mission  des  Nicolarts.     Ansicht  des  Berliner  Hofes   über  Baierns  Politik.     Geplantes 

Bündnis  zwischen  Köln,  Brandenburg,  Neuburg,  Münster,  Braunschweig,  Cassel.   Wahrer 

Grund  der  Mission  des  Nicolarts.     Pläne  Frankreichs.     Unterredung  des  Goess  mit  dem 

Kurfürsten  und  Schwerin  über  Frankreichs  Pläne.] 

Neben  den  erwähnten  Punkten  betraf  die  Mission  des  Nicolarts  auch  die  23.  Juni. 
Collegialtag-  und  Reicbstagsprorogationsfragen.  Die  beiden  Kurfürsten  sind  gegen 
den  Collegialtag  und  für  die  Prorogation.  Nicolarts  ist  eine  Creatur  des  Bischofs 
von  Strassburg ;  er  wird  für  tüchtig  gehalten.  Von  dem  Churbayrischen  Hof 
judicirt  man  (in  Berlin),  dass  auch  derselbe  noch  wohl  auf  andere  Wege 
und  consiliis  zu  bringen  wäre.  Ich  sehe  zwar  einigermassen  die  obsta- 
cula  und  Difficultäten,  so  man  darbei  zu  besorgen;  man  haltet  sie  doch 
uit  für  insuperabl.  Das  vorschlagende  foedus  anbelangend,  ist  es  dest- 
halben  bei  dem  blossen  Vorschlag,  soviel  ich  bericht  werde,  verblieben, 
keine  materia  berührt,  kein  Ort  noch  Zeit  benennt,  auch  des  vorigen 
foederis,  so  mit  dem  Fürst  Wilhelm  von  Fürstenberg  projectirt  gewesen, 
keine  einzige  Meldung  weder  vom  Nicolarts,  noch  von  dieser  Seiten  ge- 
than  worden.  .  .  .  Die  Intention  scheint  dahin  gangen  zu  sein,  dass  beide 
Churfürsten  die  übrige  F'ürsten  hierzu  invitiren  sollten,  welches  doch 
pro  modo  von  dieser  Seiten  nit  placidirt,  sonderen  auf  andere  Zeit  hinaus 
gesetzt  worden,  zumalen  das  foedus,  so  vor  diesem  zu  Braunschweig 
gemacht  worden'),  darin  auch  Schweden  mit  comprehendirt"),  erst  im 
künftigen  Monat  Augusto  expiriren  solle. 

Diese  Ding  hat  mir  auch  der  Nicolarts  . . .  communicirt,  was  er  mir 
aber  verhalten  et  quidem  ex  mandato,  Cjuod  scire  me  puto,  ist  dasjenige 
gewesen,  warum  er  meines  Erachtens  herkommen  und  ist  dieses.  Der 
König    in  Frankreich   hat   dem  Fürsten  \Vilhelm    von  Fürstenberg,    dem 


')     Gemeint  ist  das  „Nähere  Defensivbündnis  zu  Braunschweig"  vom  22.  August 
1667  auf  3  Jahre;  Mörner  I.  c.  318  ff. 

-)     Schwedens  Beitritt  erfolgte  am  I.März  1668;  Mürner  1.  c.  323. 


458      ^-  /Zweite  Jlission  des  Freilierru  Johann  von  Goess.     Oct.  1(d68  —  Sept.  1671. 

Schmisiiig,  der  von  wegen  ^Uin.ster  zu  l'aris  wäre  und  dem  cluirl)randenb. 
Crocliow  einige  Proposition  thun  lassen,  ihre  principales  in  dem  Krieg, 
den  er  wider  Holland  vornehmen  wollte,  mit  zu  engagiren');  hierüber 
hat  Chur-Cölln  dieses  Churfiirsten  Intention  und  Meinung  vernehmen 
wollen,  und  würde  die  Zusammenkunft  von  dem  obgedachtem  foedere 
unter  mehr  andere  Fürsten  zu  handien  zu  diesem  End  meistens  vorge- 
schlagen, darmit  mau  darbei  von  diesem  Werk  wider  Holland  unver- 
merkt und  ohne  Jalousie  zu  geben,  deliberiren  und  sich  unter  einander 
vergleichen  könnte.  Was  für  Offerten  von  französischer  Seiten  einem 
und  anderen  hierzu  geschehen,  das  kann  man  nit  so  eigentlich  wissen; 
wohl  zu  vermuten  ist,  dass  sie  gross  und  eines  jeden  Verlangen  und 
Couvenienz  werden  proportionirt  sein.  Churbrandenburg,  wie  übel  man 
auch  mit  Holland  zufrieden,  will  sich  dannoch  nit  so  weit  einlassen, 
noch  offensive  wider  die  Staaten-General  gehen.  Man  hat  dem  Nico- 
larts  mündlich  geantw^ort,  dass  mau  durch  dem  ('rockow  dem  König 
eins  und  anders  vorstellen  lassen  und  bis  man  fernere  Nachricht  von 
demselben  habe,  sich  in  keine  weitere  Tractaten  einlassen  könne. 
Goess  betont,  wie  in  seinen  früheren  Berichten,  die  Gefahren,  Avelche  aus  einem 
näheren  Anschlüsse  Brandenburgs  an  Frankreich  für  den  Kaiser  erwachsen 
würden.  Aus  allem  ist  zu  ersehen,  dass  diese  Negociation  abermalen 
französisch  ist  und  dann  was  Frankreich  für  diseigni  führe,  wie  nit 
weniger,  dass  das  Vertrauen  zu  dem  Herzog  von  Neuburg  und  den 
Uebrigen,  welche  zum  obgemelten  foedere  sollen  eingeladen  werden, 
nit  so  gross  zu  sein  scheine.  Vom  Haus  IJraunschweig  und  sonderlich 
von  Celle  und  Osnabrück  verhofft  man  nit,  dass  dasselbe  sich  in  einige 
Tractaten  wider  Holland  einlasse.  Was  nun  Chur-Cölln  und  Münster  hier- 
zu bewegen  könne,  steht  dahin,  ich  erinnere  mich,  dass  vor  diesem 
zelus  religionis  unter  den  stärkesten  motivis  hat  wollen  gezählt  werden; 
der  ist  nun  gut,  sed  debet  esse  discretus,  sonderlich  da  man  vielfältig 
erfahren,  wie  sehr  man  sich  darin  Verstössen  köiuie  und  dass  unter  der- 
gleichen specieuse  Praetexten  andere  gefährliche  Ding  und  disseigni  zum 
öffteren  verborgen  stecken.  Wie  mir  einer,  dem  der  Nicolarts  es  ver- 
trauet, referirt,  scie  er  mit  dieser  seiner  Verbescheidung  nit  wohl  zu- 
frieden gewesen.  .  .  .  I.  Ch.  J).  haben  wegen  dieser  Proposition  Holland 
betreffend  gegen  mir  nit  das  geringste  merken  lassen.  Der  Baron  von 
Schwerin,  als  ich  ihn  mitFleiss  darüber  sondirt,  ist  ebenso  wenig  heraus- 
kommen;  sagte,   dass  S.  Ch.  D.  vielmehr   von  diesem  Krieg  dehortirten; 


1)     Yergl.  Puf.  1.  c.  XI.  11. 


Frankreichs  Pläne,     lirandenburg  und  die  Tripleallianz.  459 

daraus  ich  inferiron  wullen,  dass  sie  andere  darzu  inelinirt  befunden 
haben  müssten.  Er  hat  vor  diesem  mit  mir  wetten  wollen,  dass  der 
König  in  Frankreich  bei  seiner  nun  verrichten  Reis  nichts  feindliches 
wider  die  Niederlanden  vornehmen  würde  und  fragte  mich  nun,  wer  s 
gewonnen  hätte.  Er  wollte  abermalen  mit  mir  wetten,  dass  dergleichen 
auch  im  künftigen  Jahr  nit  geschehen  würde.  Ich  insinuirte,  welches 
eben  einer  unter  ihren  ministris  also  judicirt,  dass  etwa  der  Compass 
etwas  verrückt  worden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  Juni  1670.    (Or.) 

[Französisch -brandenburgische    Verhandlungen.     Stellung    Brandenburgs    zur    Triple- 
allianz.    Morstyn.] 

Brandenburg  scheint  durch  Crockow  direct  mit  Frankreich  sehr  eingehend  30.  Juni. 
zu  verbandehi ').  Sonsten  kommt  mir  auch  vor,  als  lasse  mau  nun  die 
Tripleallianz  dahie  besser  passiren  und  finde  man  weniger  daran  zu 
tadelen,  steht  dahin,  ob  die  Gedanken  auf  einige  subsidia  gehen  pro  sola 
neutralitate,  darvon  ich  zum  öfteren  Erwähnung  gethan.  Morstyn.  der 
hier  verhandelt  hat,  aber  durchaus  nichts  von  Bedeutung,  ist  nach  Polen  zurück- 
gekehrt-). 


Die  nächsten  Berichte  aus  Berlin  vom  Juli  enthalten  nichts  von  Bedeu- 
tung. Ende  Juli  geht  Goess  nach  Eger  und  Carlsbad,  von  wo  er  Ende  Sep- 
tember nach  Berlin  zurückkehrt.  Der  Kaiser  hatte  ihm  unterdes  aufgetragen, 
neuerdings  den  Kurfürsten  zur  Fortsetzung  der  Verhandlungen  in  Regensburg 
bis  zum  Reichsabscbiede  zu  bewegen  (Weisungen  vom  21.  und  27.  Aug.  Conc.) 
In  Berlin  findet  Goess  weder  den  Kurfürsten  noch  Schwerin;  aus  Schreiben 
Schwerin's^')  und  Bemerkungen  des  Sonmitz  ersieht  Goess,  dass  der  Kurfürst  be- 
reit sein  wird,  seine  Gesandten  noch  etwas  länger  in  Regensburg  zu  lassen. 
Dagegen  zeigen  die  Reden  Jena's,  dass  der  Kurfürst  in  der  Rheinsteinfrage  nicht 
nachgeben  Avird.  (Bericht  vom  29.  Sept.  1670.  Or.)  Ganz  in  diesem  Sinne 
äussert  sich  auch  Schwerin,  den  Goess  zu  Landsberg  besucht.  Der  französische 
Einfall  in  Lothringen  gibt  in  Berlin  zu  grosser  Beunruhigung  Anlass^j  (Bericht 
vom  6.  Oct.  1670.  Or.). 


')     Yergl.  Droyseu  1.  c.  III.;.  341  f.:  Puf.  1.  c.  XI.  lOf. 
-)     Vergl.  Puf.  1.  e.  XI.  100. 

^)     Schreiben  Schwerin's  d.  d.  Landsberg  8.  Sept.  1670    Or. 

^)     Vergl.  Puf.  I.e.  XI.  12;    Droyson  1.  c.  III.;,  34-2;    Klopp  1.  c.   1.274:    Mignet 
III.  487 f.;  Huhn  I.e.  II.  297 ff. 


460     V.  Zweite  Mission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.  1671. 

Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Berlin  13.  October  1670.  (Or.) 

[Unterredung-  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  polnischen  An.^elegenheiten.     Crockow's 

Berichte    über    die    lothringische    Augelegenheit.     Verhandlungen    mit    Schwerin    und 

Jena  über  die  Reichsangelegenheiten,    llheinsteinfrage.    Habbaeus.] 

13.  Oct.  Dem  Kurfürsten   sind,    wie  Scinverin   dem  Goess  mittheilt,  Berichte  zuge- 

kommen, dass  Mayernberg ')  die  Verhandlungen  der  brandenburgischen  Minister, 
welche  die  Beschwörung  der  Bromberger  Tractate  betreffen,  zu  durchkreuzen 
suche.  Goess  widerlegt  das  und  weist  nach,  dass  Mayernberg  sehr  viel  gethan 
habe,  ein  gutes  Einvernehmen  zwischen  dem  Könige  von  Polen  und  dem  Bran- 
denburger herzustellen.  Auch  die  Anklage,  als  ob  der  Kaiser  die  Erb- 
einigung mit  Lauenburg  hindere,  weist  Goess  zurück-').  Super  re  lotharin- 
gica  solle  der  von  Crockow  aus  Paris  hieher  bericht  haben,  dass  der 
König  selbiges  Herzogthum  dem  Duc  de  Guise  geben  wolle;  ob's  nun 
die  Meinung  habe,  oder  es  nur  also  divulgirt  werde,  den  Prinzen  Karin 
zu  Lothringen  besser  zu  die  conditiones,  so  man  ihme  vorschreiben 
wolle,  zu  bringen,  steht  dahin.  Ich  sehe  nit,  dass  man  hier  die  Re- 
flexion auf  dieses  Werk  mache,  so  dessen  grosse  Importauz  wohl  erfor- 
derte. .  .  .  Hier  sind  Gerüchte  von  neuen  Bewegungen  in  Ungarn.  Im  Dis- 
curs  von  den  dasigen  Dingen,  judicirete  der  Baron  von  Schwerin,  dass 
wann  E.  K.  M.  alle  diese  neue  Besatzungen  aus  dero  Erbländer  zu  er- 
halten, fast  mehr  Beschwernus  als  Vorthel  daraus  entstehen  würde.  Der 
von  Jena  aber,  a  proposito  des  so  lang  wehrenden  Reichstags  zu  Regens- 
burg, vermeinete,  dass  E.  K.  M.  selbst  dessen  Verlängerung  nit  zu  ver- 
langen, es  wäre  dann  vielleicht  respectu  der  hungarischen  Sachen, 
damit,  wann  der  Türk  sich  darin  mischen  sollte,  die  Stände  des  Reichs 
alsdann  bei  einander  und  nit  erst  zusammenzubringen  wären.  Ich  aber 
allegirte  die  Reputation  des  Reichs  und  dass  es  niemand  als  unsere 
Feind  wünschen  könnten,  dass  man  nach  so  viel  angewendte  Zeit  und 
Unkosten  von  einander  gehen  sollte,  ohne  einen  förmlichen  Abschied  zu 
machen  und  wenissten  die  anffefanoene  und  fast  erörterte  materias  zum 
völligen  Schluss  zu  bringen.  Die  Zusammenkunft  zu  Wernigerode  mit  den 
Braunschweigeni  soll  ohne  definitive  Abmachung  betreffs  Rheinsteins,  aber  in 
freundlicher  Weise  verlaufen  sein.  Habbaeus  ist  in  dänische  Dienste  getreten, 
er  kann  den  Schweden,  deren  Verhältnisse  er  genau  kennt,   leicht  schaden. 


')     Des  Kaisers  Vertreter  in  Polen. 

-)     Vergl.  für  diese  Verhältnisse  Puf.  1.  c.  XI.  100. 


Polnische  Frage.     Reichsangelegenheiten.     Der  Landgräfin  von  Kassel  Pläne.      461 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  October  1670.  (Or.) 

[Pläne  der  Landgräfin  von  Cassel,  vornehmlich  bezüglich  einer  Allianz  zwischen 
Brandenburg,  Mainz,  Braunschweig,  Münster,  Neuburg,  Cassel.  Unterredung  darüber 
zwischen  Goess  und  Schwerin.  Urtheil  des  Goess.] 
Die  Landgräfin  von  Cassel  kömmt  nach  Berlin.  Sie  soll  mit  den  con-  20.  Oct. 
siliis  diese.s  churbrandenburgischen  Hofs  nit  allerdings  zufrieden  sein. 
Das  lothringische  Wesen  nimmt  sie  zu  Herzen  und  apprehendirt  die 
Consequenzen  und  weil  sie  fast  die  Hoffnung  verliert,  dass  man  mit 
der  Reichsverfassung  zu  Regensburg  aufkomme,  gedenkt  sie  an  eine 
Particularzusammensetzung  etlicher  Chur-  und  Fürsten,  als  nemlich  Chur- 
brandenburg,  Churmainz,  das  Haus  Braunschweig,  Münster,  Neuburg  und 
das  Haus  Cassel.  Als  ich  den  von  Jena  hierüber  sondirt,  habe  ich 
wahrgenommen,  dass  der  Stratman,  von  dem  er  praesupponirt,  dass  ich's 
hätte  (so  doch  nit  ist,  sondern  von  dem  Berlepsch) '),  ihme  von  diesem 
Vorschlag  geschrieben.  Er  wäre  der  Meinung,  dass  wann  dieses  geschähe, 
der  König  in  Frankreich  sich  nie  unterstehen  würde  einen  Krieg  mit 
den  Staaten-General  anzufangen.  Goess  bittet  um  Instruction  in  dieser  An- 
gelegenheit. Ich  besorge,  dass  wann  man  hierzu  appliciren  solie,  um  so 
weniger  zu  Regensburg  an  Ansmachung  der  Universal-Reichsverfassung 
gethan  werden  möchte.  So  ist  auch  bei  der  grossen  Reflexion,  die  man 
auf  Frankreich  hat  und  aus  der  Behutsamkeit,  mit  ^Yelcher  man  um- 
geht, damit  man  selbigen  König  nit  ingelosire  oder  offendire,  leicht  zu 
erachten,  dass  man  E.  K.  M.  wenigsten  im  Anfang  nit  werd  wollen  dar- 
bei  haben.  Sonsten  möchte  zu  praesumiren  sein,  wann  man  je  seine 
eigene  Convenienz  und  das  gemeine  Interesse  nur  einigermassen  begreift 
und  beobachtet,  dass  diese  Zusammensetzung  wohl  pro  scopo  haben 
möchte  die  französische  aller  Orten  ausbrechende  gefährliche  diseigni 
zu  hintertreiben  oder  zu  hinderen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Ebersdorf  22.  Oct.  1670.  (Conc.) 

[Reichsangelegenheiten.  Rheinstein.] 
Der  Kaiser  ist  mit  den  Erklärungen  Brandenburgs  bezüglich  Verlängerung  22.  Oct. 
der  Anwesenheit  der  brandenburgischen  Gesandten  in  Regensburg  zufrieden. 
Die  Rheinsteinfrage  sei  von  Brandenburg  zu  früh  aufgegriffen  worden;  es  sei 
ja  noch  nicht  die  Verurtheilung  Tattenbach's  erfolgt.  Die  Streitfrage  selbst 
müsste,  wenn  der  Fall  eintrete,  vor  den  ordentlichen  Gerichten  entschieden 
werden. 


')     Die  Worte  „sondern  von  dem  Berlepsch"  sind  vom  Herausgeber  hinzugefügt. 


462      V-    Zweite  Mission  des  Freilierm  Jolianii  von  Goess.     Oct.  1GG8  —  Sept.  1G71. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.   Berlin  3.  November  1670.    (Or.) 

[Wilhelm    Fürstenberg.     Geplante  Allianz   deutseher    Fürsten.     Klaffen    Brandenburgs 

über  Polen.     Unterredung   des    Kurfürsten    mit    dem  Ilt^rzoge  von  Holstein  bezüglich 

der  ungarischen  Verhältnisse  und  der  Oldenhurg'srhen  Successionsangelegenheit.] 

Nov.  Wilhelm  Fiirstenberg  ist  zu  seinem  Bruder   nacli  Strassburg.     Er    soll    mit 

französischem  Credenzbriefe  nach  Berlin  kommen. 

Wegen  der  in  Vorschlag  kommender  Zusammensetzung  etlicher 
Chur-  und  Fürsten,  damit  man,  wann  Frankreich  weiter  einbrechen 
möchte,  gnugsam  gefasst  sein  könne,  habe  ich  gute  Nachricht,  dass  der 
von  Schwerin  auf  der  Präposition  geantwort,  es  würde  das  Werk  sehr 
grosse  Di fficul täten  haben  und  in  specie  angezogen,  die  rheinsteinisclie 
Strittigkeit  würde  respectu  des  Hauses  Braunschweig  sehr  hinderen: 
welches  andere  nit,  sondern  vielmehr  dafür  halten,  dass  auch  die  übrige 
Difficultäten,  auf  welche  der  von  Schwerin  deuten  möge,  sich  noch  wohl 
würden  superiren  lassen.  Der  Kurfürst  klagt  über  des  Polenkönigs  Benehmen, 
das  Goess  zu  rechtfertigen  sucht.  Den  Herzog  von  Holstein  Joliann  Adolf ')  fragt 
der  Kurfürst  sehr  eingehend  über  den  Stand  der  kaiserlichen  Truppen  und  über 
die  Gründe  der  Rebellion  in  Ungarn.  Der  Herzog  erklärt,  der  Kaiser  rüste  nnd 
die  Rebellen  hätten  Unrecht.  In  der  oldenburgischen  Successionssach  und 
andern  Strittigkeiten,  so  durch  die  kais.  Commission  beizulegen,  hat 
sich  die  Ch.  D.  gegen  den  Herzog  Johann  Adolf  alles  gutes  erboten; 
die  Conduite  des  Königs  in  Dänemark  haben  sie  gezeigt  nit  zu  appro- 
biren  und  will  gefähr-  und  bedenklich  scheinen,  dass  bei  der  noch  so 
neuen  Souveränität  und  erhaltener  Erbgerechtigkeit  man  die  fremde 
Miliz  abschaffe  und  anstatt  derer  eine  in  lautere  Nationalen  bestehende, 
auf  die  Weis,  wie  in  Schweden  geschieht,  !)estellen  wolle").  Der  C-iiur- 
fürst  hat  sich  auch  vernehmen  lassen,  dass  er  das  foedus,  so  er  mit 
Dänemark  hat  und  nun  in  kurzen  expiriren  solle''),  nit  zu  renoviren 
gemeint. 


')  Johann  Adolf  von  Holstein  hatte  als  Generalmajor  der  kaiserlichen  Cavallerie 
den  Türkenkrieg  von  1^64  mitgemacht. 

2)     Vergl.  Gebhardi  1.  c.  .50G. 

")  Gemeint  ist  wohl  die  auf  G  Jahre  am  25.  Oct.  1G6G  geschlossene  Quadrupel- 
defensivallianz; die  Erbdefensivallianz  vom  23.  Mai  1G66  war  auf  8  Jahre  geschlossen. 


Geplante  Allianz  deutscher  Füisteu.     Ungaiiscbe  Yerbültuisse.     Preussen.  463 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  November  1670.  (Or.) 

[Schwierigkeiten  bei  dem  Plane  einer  Einigung  der  deutschen  Fürsten.     Fürstenbergs 
Mission  in  Dänemark.     Nachrichten  über  des  Königs  von  England  Haltung.] 

Die  Landgräfin  von  Cassel  findet  bei  ihrem  Versuche  einer  Zusammensetzung  10.  Nov. 
etlicher  Kurfürsten  und  Fürsten  mehr  Schwierigkeiten  als  sie  erwartete,  insbe- 
sondere hemmend  wirkt  die  rheinsteinische  Angelegenheit.  Des  Bischofs  zu 
Strasshurg  Negociation  in  Dänemark  war  dahin  gerichtet,  dass  er  den  König- 
in Dänemark  in  einige  andere  Party  wider  die  Tripleallianz  engagireu 
wollen,  so  ihme  doch  nit  angangen  sein  solle.  .  .  .  Ich  bekomme  gleich 
Nachricht  mit  der  niederländischen  Post,  dass  England  fast  Anlass 
gebe  zu  zweifeien  an  Fortsetzung  der  vigom*eusen  Resolution,  so  der 
König  zeigte  wollen  zu  nehmen.  Des  Kramprich  Schreiben  zeigen  so 
viel  an,  dass  auch  im  Haag  man  destwegen  etwas  sorgfältig.  Will  doch 
hoffen,  der  König  werde  bei  der  guten  Resolution  verharren '). 


Die  nächsten  Berichte  enthalten  nur  Avenig  des  Interessanten.  Da  Nach- 
richten von  neuen  Conflicten  zwischen  den  kurfürstlichen  und  fürstlichen  Ver- 
tretern zu  Regenshurg  einlangen,  sucht  Goess  die  Minister  Friedrich  Wilhelms 
von  der  Nothwendigkeit  einer  Einigung  im  Sinne  des  Kaisers  zu  überzeugen 
und  gegen  die  Auflösung  des  Reichstages  ohne  Reichsschluss  zu  stimmen  (Ber. 
vom  1.  Dec.  1670.  Or.). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   5.  December  1670,   (Or.) 

[Reise    des    Kurfürsten    nach    Preussen.      Verhalten    des    Kurfürsten   gegenüber   den 
Preussen.     Nachrichten    über    Frankreichs  Pläne.     Geplante  Zusammenkunft  der  Ver- 
treter   Frankreichs,    Kölns,    Münsters  und   Baierns.     Des  üabbaeus  Bemühungen  ein 
gutes  Einvernehmen  zwischen  Brandenburg  und  Dänemark  herzustellen.] 

Die  Reise  des  Kurfürsten  nach  Preussen  wird  jetzt  ernsthafter  besprochen;  5.  Dec. 
er  will  noch  im  Winter,  trotz  aller  Unannehmlichkeiten,  mit  ungefähr  1000  Rei- 
tern und  1000  Fusssoldaten  dahin.  Man  hat  darfür  gehalten,  dass  was 
von  dieser  Reis  gemelt  worden  zu  dem  Ende  geschehen,  damit  es  zum 
Antrieb  bei  den  preussischen  »Ständen,  welche  die  begehrende  Yerwilli- 
gung  zu  Unterhaltung  der  Miliz  verweigeren,  dienen  solle.  Goess  glaubt 
aber,  dass  der  Kurfürst  nur  im  äussersten  Falle  sich  zur  Reise  nach  Preussen 
entschliessen  werde.    Dem  Herzog  von  Croy,  Statthaltern  in  Preussen,  haben 


')     Ueber    Englands    Verhalten    in    dieser    Zeit    Ranke,    Engl.    Gesch.    III.  Soff.; 
Klopp  1.0.  I.  262 ff. 

•-')     Vergl.  Pachner  1.  c.  I.  4G9. 


464     V.    Zweite  Mission  des  Freiberrn  Johann  von  Goess.     Oct.  16G8  —  Sept.  1671. 

sie  Ordre  gegeben,  dass,  warm  die  Stände  .sich  länger  in  der  Verweigerung 
der  zu  Unterhaltung  der  Soldatcsca  begehrter  Accisen  opiniastriren  wür- 
den, er  alsofort  20  polnische  Gulden  auf  jede  Hufe  Land  schlagen  und 
dieselbe  mit  allem  Ernst  einforderen  solle '). 

Hier  einlangende  Nachrichten  melden,  dass  der  König  von  Frankreich 
in  seinen  Plänen  gegen  Holland  etwas  nachlasse  und  der  grossen  Auslagen  für 
die  Pläne  in  Polen  müde  sei.  Aus  Polen  treffen  aber  ivaclu-ichten  ein,  welche  das 
Gegentheil  der  letzteren  Behauptung  beweisen-).  Man  hat  hier  auch  Nach- 
richt, dass  des  Grafen  von  Windischgrätz  Negociation  in  der  lothringi- 
schen Sach  wohl  guten  Success  haben  möchte^)  und  muss  ich  bekennen, 
dass  wie  die  Franzosen  das  Herzogthum  Lothringen  zurichten  und  im 
Grund  verderben,  mir's  nit  anders  fürkommt,  als  dass  man  gemeint, 
dasselbe  endlichen,  obzwar  mit  überaus  schweren  conditionibus,  zu  resti- 
tuiren,  doch  w'ie  gesagt,  also  zugericht,  wie  der  armen  Menschen  Leiber 
pflegen,  w^elche  von  bösen  Geistern  besessen  gewesen.  Zu  Lüttich  soll  eine 
Zusammenkunft  der  Vertreter  Frankreichs,  Kölns,  Münsters  und  Baierns  statt- 
finden. Habbaeus,  der  dänische  Resident,  ist  seit  einiger  Zeit  in  Berlin,  sucht 
ein  gutes  Verhältnis  zwischen  Brandenburg  und  Dänemark  lierzustelien  und 
Friedrich  Wilhelm  von  seiner  Abneis-ung  ffeuen  den  Mainzer  abzubringen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  12.  December  1670.  (Or.) 

[Nachrichten  von  der  Confoederation  in  Polen.     Kalckstein.] 

Die  Nachrichten  aus  Polen ,  dass  die  Armee,  mit  Ausnahme  von  20  Com- 
12.  Dec.  pagnien,  welche  auch  mit  Gewalt  dazu  gezogen  werden  sollen,  sich  confoederirt, 
und  den  Feldherrn  Sobieski,  den  Woiwoden  von  Kujavien  Potocki  und  den 
von  Reussen  Jablonowski  zu  Protectoren  erwählt,  bestärken  den  Kurfürsten  in 
dem  Vorsatze  nachPreussen  zu  ziehen.  Der  Kalckstein,  welcher  die  scharfe 
Memorialen  wider  S.  Ch.  D.,  dem  Könige  in  Polen  und  der  Republik 
unlängsten  übergeben"*),  ist  durch  einen  gewissen  churbrandenburgischen 
Lieutenant  Montgomery,  ein  Schott  von  Nation,  w-elcher  sonsten,  wie  man 
vorgibt,  auch  einige  Privatinimicitias  mit  ihme  gehabt  haben  solle,  zu  War- 
schau, als  man  ihn  vorhero  ganz  voll  angetrunken,  enlevirt,  auf  ein  Pferd 
geworfen,    nach  Preusseu   gebracht  und   in   die  Memel,    wie   ich    bericht 


')     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.3  300 ff. 

^)     Ueber  Frankreichs  Verhalten  in  Polen  in  dieser  Zeit  Droysen  1.  c.  IH-a  301  f. 
3)     Vergl.  Klopp  1.  c.  I.  275;  Mignet  1.  c.  III.  488,  494  ff. 

*)     Vergl.   Droysen    I.e.   III.s   302f.;    Puf.  1.  c.  XI.  103.     Neuestens    Josef  Pacz- 
kowski.  Der  Grosse  Kurfürst  und  Kalckstein,  Forsch,  z.  brand.  u.  preuss.  Gesch.  II.  192  ff. 


Braudeuburg-dänische  Beziehungen.     Kalckstein.     Reichsangelegenheiten.  465 

werde,  gesetzt  worden').  Die  Polen  dürften  Klage  darüber  erheben.  Strat- 
man  soll  nach  Berlin  kommen ;  er  wird  vermutlich  mittheilen  können,  was 
zwischen  Köln  und  Baiern  verhandelt  worden  ist. 


Unter  dem  15.  Dec.  berichtet  Goess,  dass  der  Bischof  von  Bamberg  in  einer 
Schrift  sein  Recht  in  puncto  fori  austriaci  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg 
auseinandergesetzt.  Goess  dagegen  opponirt  hat''').  Kalckstein  dürfte  schnell  ab- 
seurtheilt  und  hingerichtet  werden. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  17.  Dec.  1670.   (Conc.) 

[Reichsangelegenheiten.] 

Goess  soll  den  Kurfürsten  bewegen  seinen  Theil  der  Römermonate  zu  17.  Dec. 
bezahlen  und  die  Ansicht  widerlegen,  welche  des  Kurfürsten  Vertreter  zu 
Regensburg  geäussert,  sie  wollten  die  Römermonate  nicht  zahlen,  weiln  Theils 
solcher  Römermouat  auch  mit  zu  des  Herzogs  zu  Lothringen  T/.  Satis- 
faction  destinirt").  Was  die  Mittheilung  Schwerins  betrifft,  als  wann  die 
Fürstliche  denen  Churfürstlichen  alle  ihre  praerogativas  di.sputirlich 
machten  und  was  in  der  frankfurtischen  Capitulation^)  zu  Beibehaltung 
dessen  enthalten  ^)  in  die  jetzt  tractirende  perpetuam  nit  inseriren  lassen 
wollen,  wogegen  die  Kurfürsten  dem  prologo  der  perpetuirlicher  Capi- 
tulation  einige  clausulam  reservatoriam  unserer  Frankfurter  ausdrück- 
lich einverleibt  haben  wollen*^);  ist  uns  dieser  Vorschlag  darum  etwas 
fremd  vorkommen,  als  wir  uns  hiebei  alsogleich  erinnert,  dass  der  ge- 
sammten  Churfürsten  LL'^^".  in  ihrem  an  uns  gethanem  von  ihnen  aller- 
seits eigenhändig  unterzeichnetem  Collegialschreibeu  ausdrücklich  her- 
kommen lassen  (so  wir  gleichwohl  gegen  dich  in  zuverlässiger  höchster 
Enge  und  Geheim  gemeldet  haben  wollen,  ohne  dass  es  vor  der  Zeit 
publici  iuris  werde),  dass  sie  uns  zu  gehorsamisten  Respect  und  Ehren 
in  die  verlangte  Auslassung  des  appendicis  und  Relation  auf  unsere 
Frankfurter  Capitulation    ihres   Theils    um    so   viel    leichter    einwilligen 


J)  Vergl.  Droysen  1.  c.  III.3  307;  Puf.  1.  c.  XI.  103. 

'^)  In  einem  Schreiben  vom  4.  Jan.  (Conc.)  billigt  der  Kaiser  des  Goess  Vor- 
gehen in  dieser  Frage. 

^)  Vergl.  Pachner  1.  c.  I.  509  f. 

•*)  Die  Wahlcapitulation  Leopolds  von  1G58;  gedruckt  a.  0.  bei  Lünig,  Reichs- 
Archiv  Pars  Gen.  I.  791  flf. 

-■)     §  5  und  6  der  Wahlcapitulation  Lünig  1.  c.  I.  793 f. 

^)     üeber  diese  Angelegenheiten  Droysen  I.e.  III. 3  3.59ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV.  oO 


466      V.  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1GG8  —  Sept.  IfSTl. 

möchten,  weiln  sich  von  selbsten  verstehe,  dass,  was  hicrinfalls  nit  auf- 
gehoben, in  seinem  ungeänderten  Stand  verbleiben  thue;  jedoch  alles 
mit  der  Bescheidenheit,  dass,  wann  darin  ichtwas  begriffen,  so  unserm 
Erzhaus  an  dessen  von  vorigen  Kaisern  erlangten  und  hergebrachten 
privilegiis  zuwider,  ihre  der  Churfürsten  LL"^*^".  uns  darin  keinen  Nach- 
theil zuzufügen  gemeint  seien.     Das  soll  Goess  in  Berlin  vorhalten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  19.  December  1670.  (Or.) 

[Reise    des    Kurfürsten    nach    Preussen.      Geplante    Zusammenkunft    zwischen    Küln, 
Brandenburg,  Neuburg  und  Hannover.     Stratman.     Erklärungen  des  Habbaeus.] 

19.  Dec.  Der  Obermarschall  Baron  von  Canitz  theilt  dem  Goess  mit,   dass  der  Kur- 

fürst sich  demnächst  nach  Preussen  begeben  werde.     Goess  bittet  um  AVeisung, 
ob  er  dem  Hofe  folgen  solle. 

Der  Bischof  von  Strassburg  hat  an  dem  Baron  von  Schwerin  ge- 
schrieben und  eine  heimliche  Zusammenkunft  zwischen  Chur-Cölln,  Chur- 
Brandenburg,  den  Herzogen  von  Neuburg  und  Herzogen  Johann  Friedrich 
von  Hannover  vorgeschlagen.  Man  hat's  dahie  mit  diesem  Vorwand 
declinirt,  dass  der  Herzog  von  Neuburg  an  S.  Ch.  D.  geschrieben,  dass 
sie  ihro  den  Stratman  mit  nächstem  zuschicken  wollen.  Stratman  wird 
täglich  hier  erAvartet').  Habbaeus  ist  noch  hier;  er  erklärt  immer  von  Neuem, 
wie  sehr  man  sich  vor  Frankreich  vorsehen  müsse. 


Die  letzten  Berichte  des  Jahres  1670  enthalten  nichts  wesentliches.  Goess 
sucht  immer  von  neuem  den  Kurfürsten  zu  einer  den  Interessen  des  Kaisers 
günstigen  Haltung  in  den  Reichsangelegenheiten  zu  bewegen,  jedoch  ohne  be- 
sonderen Erfolg.  Unter  dem  31.  Dec.  erhält  Goess  Befehl  dem  Kurfürsten, 
falls  dieser  seine  Reise  nach  Preussen  antreten  sollte,  dahin  zu  folgen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  BerHn  5.  Januar  1671.  (Or.) 

[Kalckstein.    Fürstenbergs  Erklärungen  bezüglich  Frankreichs.    Urtheil  des  Goess  über 
Frankreichs    Pläne    bezüglich    Brandenburgs.      Jena.      Des    Kurfürsten    Stellung    zur 

Tripleallianz.] 
5.  Jan.  Der  Kurfürst  und  seine   Räthe  suchen   das  Vorgehen    gegen  Kalckstein  zu 

rechtfertigen  -). 

')     Ueber    die   Beziehungen   Neuburgs   zu   Brandenburg    in   dieser  Zeit  Puf.  1.  c. 
XI.  19. 

'-')     Die  Abführung  in  die  Citadelle  in  Meinel;  vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  307. 


Allianzpläne.     Frankreich  und  Brandenburg.     Tripleallianz.  467 

Stratman  ist  hier.  Willielm  Fürstenberg  und  Schmising  sollen  demnächst 
hieher  kommen.  Sonsten  hat  der  Fürst  Wilhelm  zu  Neuburg,  wo  er 
gewesen,  noch  fast  für  gewisser,  als  er  dahie  gegen  mich  gethan, 
asserirt,  dass  der  König  in  Frankreich  den  Krieg  wider  Holland  werd 
vornehmen  und  auf  diesem  unfehlbaren  supposilo  die  ganze  Deliberatiou 
gericht,  wie  sich  die  benachbarte  Chur-  und  Fürsten  pro  proprio  interesse 
et  conservatione  darbei  zu  verhalten;  weilen  dann  die  Neutralität  per  un 
partito  periculoso  gehalten  werd ,  als  ist  leicht  zu  erachten ,  wohin  man 
die  consilia  lenken  wollte.  Wie  nun  der  von  Schwerin  mit  seinem 
contrario  supposito,  dass  nemlich  Frankreich  wider  Holland  noch  auch 
wider  Spanien  nichts  anfangen  werd,  sich  mit  dem  Fürst  Wilhelm  dies- 
falls vergleichen  werd,  steht  dahin.  Wohl  begreife  ich,  dass  des  von 
Schwerin  suppositum  nit  weniger  gefährlich  als  des  Fürsten,  indeme  der 
Churfürst  dardurch  zu  Annehmung  der  von  Frankreich  ohne  andere 
Obligation  als  sich  neutral  zu  halten  geschehender  Offerten  disponirt 
kann  werden,  zumalen,  wie  es  die  Erfahrenheit  gegeben,  man  solcher- 
gestalt als  per  gradus  endlichen  zu  grösserem  impegno  kommt;  wohin 
zweifelsohne  Frankreich  das  Absehen  hat.  Es  ist  nit  zu  zweifeien,  dass 
man  auf  alle  Weis  suchen  werd  diesen  Churfiirsten  zu  gewinnen.  Mir 
ist  leid,  dass  der  von  Jena  schon  von  hier  nach  der  bielefeldischen  Zu- 
sammenkunft abgereist');  er  ist  gleichwohl  derjenige  gewesen,  der  bei 
der  vorigen  Negociation  des  Fürst  Wilhelms  vom  Bett  aus  (dann  er  läge 
krank),  durch  sein  votum  verhindert,  dass  es  nit  schon  damalen  zu  einem 
Schluss  kommen  und  vertraue  ich,  dass  er  diesfalls  noch  bei  seinen 
vorigen  Sentimenten  verharre. . .  . 

Man  fragt  fleissig  nach,  was  E  K.  M.  circa  triplex  foedus  zu  thun 
gesinnt;  dieser  Churfürst  zeigt  sich  sehr  alienum  darvon  und  werd  mir 
pro  certo  gesagt,  dass  er  nie  hierzu  zu  bringen  sein  werde. .  .  . 

Unter  dem  9.  Januar  berichtet  Goess  von  neuen  Unterredungen  bezüglich 
der  Bamberger  Streitsache;  er  sucht  den  Brandenburgern  klar  zu  machen,  dass 
die  in  der  Wahlcapitulation  §  32  besprochenen  Angelegenheiten  sich  nur  auf 
die  Reichsstände  beziehen,  was  Bamberg  für  die  kärtnerischen  Güter  nicht  sei. 


')     Vergl.  Droysen  1.  c.  IILs  369. 


30* 


468      V.  Zweite  Mission  des  Freilierrn  Johann  von  Goess.     Oct.  I6G8— Sept.  1671. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Januar  1671.   (Or.) 

[Reise  des  Kurfürsten  nach  Preussen.     Urtheil  Schwerin' s    über    Frankreich.     Klagen 
der  Brandenburger  über  des  Kaisers  Vorgehen  in  Polen.     Rath  des  Goess,  wie  Bran- 
denburg zu  gewinnen  sei.     Urtheil  dessseiben  über  des  Kurfürsten  Pläne.    Kalckstein. 
Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  in  dieser  Sache.] 

IG.  Jan.  Der   Kurfürst    bleibt   bei    seinem    Entschlüsse    nach   Preussen    zu    reisen. 

Goess  hat  aber  noch  immer  Hoffnung,  dass  diese  Reise  unterbleiben  wird. 
Man  scheint  auch  an  diesem  Hofe  den  französischen  Vorgängen  mehr  Gewicht 
als  vorhin  beizumessen. 

Der  Baron  von  Schwerin,  welcher  allzeit  behaupten  wollen,  da.ss 
Frankreich  wider  Spanien,  noch  auch  wider  Holland,  nichts  feindliches 
vornehmen  würde,  hat  vorgestern,  als  ich  ihn  visitirt,  fast  darin  vacil- 
liren  wollen,  mit  Vorvvenden,  dass  er  zwar  noch  der  Meinung  wie  vor- 
hin, dass  Frankreich  allein  es  nit  attentiren  würde,  allein  habe  man 
sich  zu  besorgen,  dass  der  König  in  Frankreich  nit  etwa  den  von  Eng- 
land auf  seine  Seiten  bringe.  .  .  .  Gegen  des  Kaisers  und  seiner  Vertreter 
Vorgehen  in  den  polnischen  Angelegenheiten  hören  die  Klagen  hier  nicht  auf. 
Alle  diese  Ding  Hessen  sich,  meines  Ermessens,  nit  besser  remediren, 
als  wann  Mittel  könnten  gefunden  werden,  das  gute  vorige  Vernehmen 
zu  restabliren,  die  disgasti  und  das  Mistraueu  hinweg  zu  nehmen  und 
solche  Vorschlag  zu  thun,  darbei  man  allerseits  seine  eigene  Conveuienz, 
Sicherheit  und  Avvantaggio  finden  möchte:  darzu  bei  allen  dem,  was 
jetzt  gemelt  worden,  die  gegenwärtige  Couiuucturen  und  rerum  status 
nit  allerdings  unbequem  zu  sein  scheinen.  Mit  Frankreich  contestirt 
man  dahie  gar  hoch,  dass  man  kein  impegno  habe,  bei  Apprehendirung 
der  gefährlichen  französischen  diseigni  möge  man  auch  Bedenken  haben, 
sich  mit  ihnen  einzulassen.  Der  Genius  des  Churfürsten,  die  Coniunc- 
turen  et  ratio  propriae  securitatis  suadent,  dass  derselbe  nit  allein,  w'ie 
bishero,  armirt  verbleiben,  sondern  seine  Kriegsvölker  verstärken  solle; 
propriis  mediis  will  sich  dies  nit  wohl  thun  lassen;  hinc  non  aequis 
oculis  spectantur  subsidia,  welche  au  Schweden  und  anderen  gegeben 
worden,  zumalen  man  vermeint,  dass  man  von  dieser  Seiten  wohl  bessere 
und  promptere  Dienst  darfür  thun  könnte.  Alle  diese  Ding  erwecken 
bei  mir  zum  öfteren  die  Reflexion,  sonderlich  anjetzo,  da  man  von 
schwedischer  Seiten  mehrere  subsidia  an  Spanien  begehrt,  damit  sie  ein 
corpo  d'armato  auf  den  Reichsboden,  die  Niederlanden  im  Fall  der 
Noth  zu  securiren,  halten  können,  j:ob  es  nit  zu  thun,  dass  man 
Distribution  der  zu  diesen  Subsidien  gehörigen  Mittelen  am  spanischen 
Hof  machete,  dass  dem  Churfiirsten  eine  erkleckliche  summa  darvon  zum 


Herstellung  eines  besseren  Verhältnisses  zwischen  Oesterreich  u.  Brandenburg.      469 

Tlieil  uud  derselbe  hierdurch  zum  Secours  der  spanischen  Niederlanden 
verbunden  würde.  E.  K.  M.  können  ohne  fernere  meine  Anführung  leicht 
erachten,  wie  importirlich  es  wäre,  wann  man  den  Churfürsten  von 
Frankreich  völlig  detachiren  und  auf  unsere  Seiten  bringen  könnte,  und 
dieses  nit  allein  wegen  seiner  Macht,  welche  gleichwohl  cousiderable, 
sondern  auch  wegen  der  Reflexion,  so  andere  Potentaten-,  Chur-  und 
Fürsten  des  Reichs  auf  ihn  nehmen.  Wir  haben  gesehen,  wie  schädlich 
es  gewesen,  dass  Chur-Cölln  und  Chur-Bayern  Mittel  gefunden  den  Chur- 
Brandeburg  in  ihren  consiliis  und  Maximen  zu  interessiren  und  mit 
einzullechten '),  ebenso  nützlich  würde  sowohl  respectu  des  Reichstags, 
als  anderen  Negocien  fallen,  wann  man  denselben  widerum  abstrahiren 
könnte  und  möchte  vielleicht  die  Conjunctur  diesmalen  gut  darzu  sein; 
dann  ich  habe  gute  Nachricht,  dass  man  Chur-Brandenburg  Seiten  auf 
die  Spur  kommen,  dass  eben  Chur-Cölln  und  Chur-Bayern  diejenige  ge- 
wesen, welche  die  fürstliche  in  ihren  nun  führenden  Maximen  sotto  mano 
gestärkt,  oder  gar  dieselbe  au  die  Hand  gegeben  uud  doch  hernacher 
sich  also  bezeugt,  auch  Chur-Brandenburg  dahin  inducirt,  dass  man  derent- 
wegen in  procinctu  gewesen  den  Reichstag  zu  zerreissen  :  | ,  darvon  ich, 
wann  ich  besser  auf  den  Grund  komme,  E"".  K.  M.  fernere  unterthänigste 
Nachricht  geben  werde.  Nun  zu  meiner  vorigen  Proposition  zu  kommen, 
gedünkt  mich,  dass  Spanien,  sonderlich  bei  jetzigen  Zustand  und  Mino- 
rennität des  Königs  ihr  Absehen  und  Gedanken  auf  diese  2  Stück  zu 
richten:  1°.  dass  man  den  Krieg  wo  möglich  divertire,  welches  nit  besser 
geschehen  kann,  als  wann  man  unsere  Party  also  wohl  formire,  dass 
den  Franzosen  die  Lust  und  die  Hoffnung  viel  beim  Krieg  zu  prosperiren 
vergehe  und  2'\  wann  dies  nit  zu  erhalten,  dass  man  sich  in  solcher 
Postur  setze,  dass  man  den  Feind  mit  gnugsamer  Macht  begegnen  könne. 
|:  Zu  beiden  Stücken  würde  meines  Erachtens  viel  zugeben,  wann  man 
den  Churfürsten  auf  unsere  Party  bringen  könnte;  wann  man  nun  diese 
Geldmittel,  welche  darzu  gehören  möchten,  considerirt,  wäre  ich  der 
Meinung,  dass  alles  dieses  mit  einer  geringeren  summa  auf  viel  Jahren 
zu  erhalten,  als  eine  halbe  Campagne,  wann's  zum  Krieg  kommen  solle, 
absorbiren  würde;  daraus  zu  ersehen,  wie  ein  nützlich  angelegtes  wäre  : |, 
wann  man  es  darzu  bringen  könnte;  es  möchte  auch  mit  den  Staaten- 
General  gehandlet  werden,  dass  sie  pro  propria  et  pro  communi  securi- 
tate  das  Haus  Braunschweig  gleichfalls  ad  eundem  scopum  und  zu  Man- 


^)     Ueber  Kölns  und  Baierns  Verhalten  vergl.  Ennen  1.  c.  I.  226 ff. ;  Droysen  1.  c. 
m.3  365. 


470     V.   Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.  1671. 

tenirung  des  Friedens  erhandelten,  |:  wann  nit  etwa  für  bedenklich  ge- 
halten werden  wolle,  dass  man  sich  da  mit  Potentaten,  zumalen  von 
anderer  Religion,  de  quo  tarnen  hie  nun  agitur :  5 ,  einlassen  thäte. 

Die  hierbei  kommende  gedruckte  Schrift  wider  den  Kalckstein ')  ist, 
wie  ich  vernimm,  von  dem  von  Somnitz  aufgesetzt  worden;  darin  werden 
E.  K.  M.  nun  gnädigst  sehen,  dass  man  sich  dahie  erklärt,  dass,  was  mit 
gedachtem  Kalckstein  vorgenommen  worden,  ohne  Wissen  und  Befehl  S'. 
Ch.  D.  geschehen.  Als  ich  mit  dem  Baron  von  Schwerin  hieraus  geredt 
und  er  mir  zu  verstehen  geben  wollen,  dass  man  den  Brandt  gleichsam 
zur  Demonstration  und  Bestrafung  nit  würde  lassen  nach  Hof  kommen^), 
habe  ich  subridendo  gesagt,  man  solle  ihn  mit  dem  d'Aubry  und 
Akakia  in  der  Bastille  thun;  von  jenem  sagt  der  Graf  von  Dohna,  dass 
er  sein  Lebtag  nit  besser  Tage  als  in  der  Bastille  gehabt;  von  diesem 
werden  E.  K.  M.  gesehen  haben,  was  der  de  Lionne  an  dem  Fantoni 
wegen  seiner  Incarcerirung  schreibt.  Worfür  müssen  uns  doch  die  Fran- 
zosen halten?  Ich  weiss,  was  bei  ihnen  bedeut,  wann  sie  fragen,  ob  man's 
für  einen  Deutschen  oder  für  einen  Polacken  halte?  Wir  können  uns 
revengiren,  wann  wir  sie  für  die  halten,  die  sie  seind. 


Unter  dem  25.  Januar  berichtet  Goess,  dass  er  vom  Kurfürsten  in  poncto  der 
Römermonate  zur  Satisfaction  des  Herzogs  von  Lothringen,  wie  er  erwartet, 
eine  negative  Antwort   erhalten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  26.  Januar  1671.  (Or.) 

[Streitigkeit  wegen  Uöxter.     Conflict  des  Erzbischofes  von  Köln   mit  der  Stadt  Köln. 
Frankreichs  Pläne  auf  Köln.] 

26.  Jan.  Schmising  ist  hier,    Rath   und  Hilfe  des  Kurfürsten   in   des  Bischofs   von 

Münster  Streitigkeit  mit  dem  Herzoge  von  Wolfenbüttel  wegen  Höxter  zu 
suchen  3).  Der  hiesige  Hof  findet  des  Wolfenbüttlers  Vorgehen  nicht  unbillig, 
erklärt  sich  aber  zur  Mediation  bereit.  Schwerin  zeigt  Besorgnis  wegen  der 
Conflicte  zwischen  der  Stadt  und  dem  Kurfürsten  von  Köln ^)  und  ersucht  Goess 


')     Christian  Ludovici  Kalcksteinii  Mores  et  Fatum.     Anno  M.  DCLXX. 

2)     Yergl.  Puf.  I.  c.  XI.  10.3;  Droysen  1.  c.  III.3  308f. 

^)  Yergl.  für  diese  Höxter'sche  Angelegenheit  —  der  Wolfenbüttler  Herzog  hatte 
bei  den  Streitigkeiten  des  Bischofes  von  Münster  mit  der  Stadt  Höxter,  die  letztere 
unterstützt  —  Droysen  1.  c.  111. 3  366 f.;  Tücking  1.  c  163 ff. 

*)  Für  diesen  Conflict  —  der  das  Verhäitniss  der  Stadt  zum  Kurfürsten  betraf  — 
Jlnnen  1.  c.  I.  196 ff.;  Theat.  Eujop.  X.  2,  431  ff.;  Londorp  1.  c.  IX.  728  ff 


Kalckstein.     Reicbsangelegenheiten.     Schmising's  Mission.  471 

den  Kaiser  um  seine  Mediation  zu  bitten.  Id  dem  Discurs  zeigete  er 
sonsten  nit  glauben  zu  köunen,  dass  der  König  in  Frankreich  sich  der 
Stadt  Colin  bemächtigen  wolle,  oder  auch,  wann  er's  gleich  wollte,  dass 
er's  in's  Werk  richten  könne.  Ich  aber  bin  sowohl  wegen  des  Willen, 
als  wegen  der  Macht  einer  anderen  Meinung  und  sehe  ich,  dass  die 
benachbarte  Fürsten,  welchen  der  Zustand  in  einem  und  anderen  am 
besten  bekannt  und  also  mit  besserem  Grund  darvon  judiciren  können, 
die  Gefahr  sehr  apprehendiren;  ist  auch  leicht  zu  ermessen,  wie  impor- 
tirlich  dieser  Ort  dem  König  in  Frankreich  zu  seinen  hin  und  wieder 
habenden  Diseignen  sein  würde. 


Unter  dem  30.  Jan.  berichtet  Goess  die  Ankunft  des  pohlischen  Gesandten 
Opazki'),  der  in  der  Kalcksteinangelegenheit  Erklärungen  und  Satisfaction  for- 
dern soll. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  Februar  1671.  (Or.) 

[Unterredung    des    Goess    mit    Schmistng.      Dessen    Mission.     Brandenburg-polnische 

Verhandlungen.] 

Schmising  ist  abgereist;  er  hat  dem  Goess  im  Auftrage  des  Bischofes  6.  Febr. 
von  Münster  von  dem  Zwecke  seiner  Mission  Mittheilung  gemacht  und  um 
Unterstützung  gebeten,  welche  ihm  Goess  zusagt;  die  Antwort  des  Kurfürsten 
war :  Annahme  der  luterposition  durch  Brandenburg  und  Neuburg  und  Ver- 
handlung der  strittigen  Angelegenheit  wegen  Höxter  zu  Bielefeld.  Schmising 
hat  diese  Erklärung  im  Namen  seines  Herren  angenommen,  ob  Wolfenbüttel  es 
annehmen  wird,  steht  noch  aus.  Goess  sucht  alles  vorzubringen,  um  die  Polen 
mit  dem  Brandenburger  auszusöhnen ;  bisher  haben  die  Verhandlungen  Opazki's 
wenig  Erfolg  gehabt;  er  ist  mit  den  mündlichen  und  schriftlichen  Erklä- 
rungen des  Kurfürsten  und  seiner  Käthe  nicht  zufrieden.  Goess  glaubt  die 
Auslieferung  Kalckstein's  werde  nicht  erfolgen.  Unter  dem  13.  Februar  be- 
richtet Goess  dann,  dass  Opazki  abgereist  sei  mit  dem  Anerbieten  des  Kur- 
fürsten, falls  der  Polenkönig  mit  seinen  Erklärungen  bezüglich  der  Herausgabe 
des  Kalckstein,  zu  welcher  sich  Friedrich  "Wilhelm,  mit  Rücksicht  auf  die  ihm 
von  diesem  Manne  drohende  Gefahr,  nicht  verstehen  könne,  nicht  zufrieden  sei, 
einen  besonderen  Gesandten  nach  Warschau  senden  zu  wollen,  auf  dass  dieser 
die  Angelegenheit  ordne. 

Die  freudige  Nachricht,  dass  der  Bischof  von  Münster  und  die  Vertreter 
des  Herzogs  von  Wolfenbüttel  sich  in  der  höxterschen  Angelegenheit  in  einer 
Münster   überaus   günstigen   Weise    geeinigt    (Höxter    soll    in   Kürze    von  dem 


')     Ueber  den  Aufenthalt  dieses  Albert  Opazki  in  Berlin  Puf.  I.  c.  XI.  104. 


472      V.    Zweite  Mission  des  FreilieiTii  Johann  von  Goess.     Oct.  lfi6S  — Sept.  1671. 

Wolfenbiittler  geräumt  werden),  von  der  Goess  (16.  Febr.)  berichtet,  wird  durch 
die  bald  darauf  erfolgende  Erklärung  des  Wolfenbiittlers,  die  Abmachung  seiner 
Vertreter  nicht  anerkennen  zu  wollen,  in  Frage  gestellt  (2ß.  Feltruar). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  März  1671.  (Or.) 

[Unterredung    des   Goess    mit   Schwerin  wegen   des  Streites  der  Aebtissin  von  Essen 

mit  dem  Kurfürsten,    über    die   Mittel    einer  Einigung   zwischen  dem  Kurfürsten  und 

dem  Kaiser  und  über  die  Reichsangelegenheiten.     Höxter'sche  Streitfrage.] 

6.  März.  Der  Kurfürst  klagt  über  des  Kaisers  Vorgehen  in  der  Streitfrage  zwischen 

der  Aebtissin  von  Essen  und  dem  Kurfürsten^).  Goess  bespricht  diese  Sache 
sehr  eingehend  mit  Schwerin  und  sucht  das  Vorgehen  des  Kaisers  zu 
rechtfertigen,  nicht  nur  in  dieser  Angelegenheit,  sondern  überhaupt.  So  kam 
die  Rede  wieder  auf  die  Nützlichkeit  einer  vollkommenen  Einigung.  Schwerin 
sagte,  die  Intention  und  was  ich  verlangte,  wäre  sehr  gut,  die  obstacula 
müssten  removirt  werden;  worüber  sie  sich  beklagten  hätte  ich  zum 
öfteren  angehört ;  ich  sollte  nun  sagen,  worin  wir  uns  hinwiderum  über 
S.  Ch.  D.  beklagten.  Ego,  meine  Gedanken  wären  vielmehr  dahin  ge- 
richt,  wie  die  gute  Freundschaft  zu  restabiliren,  als  die  Ursachen,  wor- 
durch  dieselbe  etwa  unterbrochen,  zu  examiniren  und  noch  viel  weniger 
zu  reprochiren.  .  .  .  Der  von  Schwerin  fiele  vor  sich  selbst  auf  die  comi- 
tialia;  er  erinnerte  sich,  dass  ich  mich  vor  diesem  beklagt,  dass  I.  Ch.  D. 
einige  Froideur  für  E.  K.  M.  in  puncto  fori  austriaci  gezeigt,  es  wären 
nun  seither  andere  und  bessere  Befelch  an  ihre  Gesandtschaft  destwegen 
abgangen;  ob  sie  in  der  Controvers  „super  §  Und  gleichwie"^),  wie  andere 
aufgestanden  und  ex  collegio  abgetreten.  Wann  man  vorgehabt  ihre 
Gesandtschaft  von  Regensburg  abzufordern,  hätten  I.  Ch.  D.  allemalen 
auf  E^  K.  M.  gnädigsten  Befelch  und  meine  Instantien  dieselbe  allda 
ferner  subsistiren  lassen;  wann  dann  1.  Ch.  D.  zuweilen  etwas  ferventior 

')  Es  handelte  sich  darum,  dass  die  Aebtissin  die  Reformirten  nicht,  sondern 
blos  die  Lutheraner  dulden  wollte:  Aebtissin  war  Anna  Salome  von  Salm-Reififer- 
scbeidt-Dyck. 

^)  Ueber  diese  Angelegenheit  vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  356 f.;  die  Acten  bei 
Pachner  I.  c.  I.  512  ff.  Der  Paragraph  „Und  gleich  wie"  ist  der  180'^  des  Reichs- 
abschiedes von  1654  und  bestimmte,  dass  die  Landstände  zum  Unterhalt  der  nöthigen 
Garnisonen  und  Festungen  ihren  Landesherren  mit  hülfreicbem  Beistand  an  die  Hand 
gehen  sollten  (vergl.  den  Druck  bei  Lünig  1.  c.  I.  620).  In  dem  Streite  wer  über  die 
Höhe  dieser  Abgaben  zu  bestimmen  haben  sollte,  hatten  die  Kurfürsten  und  die  Mehr- 
zahl der  Fürsten  ein  Reichsgutachten  zu  Stande  gebracht  (26.  Januar  1667),  das  zu 
ihren  Gunsten  lautete;  Leopold  gab  lange  keine  Antwort  und  als  diese  endlich 
erfolgte  (12.  Febr.  1671)  lautete  sie  zu  Gunsten  der  Stände. 


Reichsangelegenheiten.     Preussische  Ständefrage.  473 

gewesen  und  sich  emportirt,  keuiiele  ich  dcro  genium  und  dass  sie's 
darmit  nit  so  übel  meineten.  Ich  bliebe  auf  meinen  vorigen  proposito, 
beriihrete  obeuhiu,  dass  ich  allzeit  beklagt,  dass  occasione  des  polnischen 
Wahlwerk  und  was  dem  anhängig  gewesen,  allerlei  suspiciones  und  der 
guten  Freundschaft  nit  wenig  schädliche  Verdacht  eingeschlichen;  wäre 
mir  auch  nit  weniger  leid  gewesen  zu  vermerken,  dass  einige  Chur-  und 
Fürsten  Mittel  gefunden  I.  Ch.  D.  in  ihren  consiliis,  darbei  sie  sonsten 
meines  Erachtens  kein  sonderliches  Interesse  hätten,  mit  einzuflechten. 
In  puncto  fori  austriaci  wüsste  ich  die  bessere  Befelch,  so  I.  Ch.  D,  an  dero 
Gesandtschaft  gegeben,  nit  eigentlich.  Super  §  „Und  gleichwie"  erfreuete 
ich  mich  und  gereichete  F.  Ch.  D.  zu  grösstem  Ruhm,  dass  dero  Gesandte 
mehr  Moderation  hierbei,  als  von  anderen  nit  geschehen,  bezeigt,  zweifelte 
auch  nit,  wann  sie  also  darin  fortfahren  würden,  dass  es  den  Schluss 
des  Reichstags  und  des  allgemeinen  Wesens  Beste  nit  wenig  befürderen 
würde.  IJie  Correspondenz  mit  Chur-Cölln  und  Chur-Bayern  wäre  nach 
des  von  Schwerin  Aussagen  weiter  nit  gangen,  als  dass  man  ratione  pro- 
logi  et  epilogi  bei  dem  Capitulationswerk  das  gemeine  Interesse  der 
Herrn  Churfürsten  beobachtet,  darin  nichts  wider  E.  K.  M.,  noch  dero- 
selben  zu  Nachtheil,  geschähe  ').  Die  Verhandlungen  zu  Bielefeld  haben  in 
der  Streitfrage  über  Höxter  zu  einem  Resultate  geführt,  nach  welchem  Höxter 
von  den  Wolfenbüttler  Truppen  bald  geräumt  werden  dürfte. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   16.  März  1671.    (Or.) 

[Verhandlungen  am  kurfürstlichen  Hofe  in  der  preussischen  Ständeangelegenheit. 
Schwerins  Ansicht  in  diesem  Punkte.  Nachrichten  Schmisings.  Meldungen  von  der 
beabsichtigten  Sendung  des  Verjus  an  den  kurfürstlichen  Hof.  Schwerins  Meinung 
über  Frankreichs  Pläne.  Nachrichten  über  die  Verhandlungen  zu  Bielefeld.  Gerüchte 
von  Abmachungen  zwischen  dem  Kaiser  und  Frankreich.] 

Der  Kurfürst  ist  mit  den  Erklärungen  der  preussischen  Stände,  nach  iß.  jiärz. 
welchen  sie  42000  Rthlr.  in  4  Monaten  und  später,  wenn  ihre  gravamina  be- 
rücksichtigt worden 2),  ein  mehreres  erlegen  wollen,  nicht  zufrieden,  und  werd 
noch  immer  von  Hineinschickung  einiger  Kriegsvölker  oder  auch  von 
S^  Ch.  D.  Reis  dahin  in  Person  geredt.  Was  die  Hineinschickung  der 
Völker  anbelangt,  vernimm  ich,  dass  der  Baron  von  Schwerin  der  Mei- 
nung gewesen,  dass  man  dem  König  in  Polen  zu  Benehmung  aller 
Gelosie  diese  des  Churfürsten  Intention  durch  Schreiben  notificiren  solle, 


1)     Vergl.  Droysen  1.  c.  HI. 3  360. 

^)     Ueber  diese  Angelegenheiten  Droysen  1.  c.  III.  3  .311  f. 


474      V.  Zweite  Mission  des  Freihemi  Johann  von  Goess.     Oct.  1608 — Sept.  1671. 

andero  aber  wären  der  Meinung  nit  gewesen  und  solle  auch  unterwegs  ge- 
blieben sein.  Mich  hat  der  von  Schwerin  ersucht,  dass  ich  hiervon  etwas 
gegen  den  von  Mayernberg  melden  möchte,  wie  es  ohne  das  vorhin  ge- 
schehen. Er  hat  eine  andere  Maxime  in  den  preussischen  Dingen,  als  nit 
einige  andere  churfürstliche  ministri,  welchen  doch  I.  Ch.  D.  mehr  beizu- 
l'allen  scheinen  und  weilen  er  in  Preussen  begiitet,  seine  Frau  auch  von 
danneu  ist,  dahero  leicht  einiger  Verdacht  auf  ihm  fallen  möchte,  als  geht 
er  gar  behutsam  hierin  und  schiebt  die  Sach  von  sich,  so  viel  er  kann. 
Ich  meines  Theils  muss  seine  principia  für  gut  und  statui  rerum  gemäss 
und  convenable  halten;  die  gehen  dahin,  dass  man  die  Preussen  leni 
freno  regieren  und  zuweilen  lieber  etwas  nachgeben,  als  zu  stark  in  sie 
setzen  solle;  man  könne  doch,  wie  es  die  Erfahrenheit  gegeben,  zu  dem, 
was  man  verlangt  und  die  Conjuncturen  erforderen,  gelangen.  Soranitz 
hat  seine  Reise  nach  Warschau  noch  nicht  antreten  können.  Sclimising  hat 
hieher  berichtet.  Er  hat  sich  zu  Hildesheim  viel  Tag  aufgehalten,  er  gibt 
Hoffnung,  dass  der  provisionel  Tractat  zwischen  Münster  und  Braunschweig 
werd  ratificirt  werden');  im  übrigen  solle  die  Intention  sein  auch  das 
übrige  zwischen  den  Parteien  allein  und  ohne  Mediation  abzuthun.  Ich 
vernimm,  dass  nun  auch  Frankreich  sich  in  diesem  Werk  einmengen 
wolle")  und  dass  ein  M^  Verjus,  welcher  vor  diesem  in  Portugal  gewesen 
und  ein  kluger  Negociant  sein  solle,  heraus  komme").  Ich  sähe  nit  gern, 
dass  bei  diesen  Coniuncturen  er  oder  ein  ander  französischer  Minister  an 
diesem  Hof  käme.  Aus  des  Baron  von  Schwerin  Discurseu  vermerke 
ich,  dass  er  allwiderum  auf  seine  vorige  Opinion  komme,  dass  Frank- 
reich weder  wider  Spanien  noch  wider  Holland  einigen  Krieg  vornehmen 
werde,  daraus  nun  zuj  besorgen,  dass  consequenter  die  vorige  consilia 
und  Maximen,  in  welchen  man  sonsten  allziemlich  angefangen  anzu- 
stehen, gleichfalls  continuirt  werden  möchten.  .  .  . 

Aus  Bielefeld  schreibt  man  mir  und  ich  höre  es  auch  dahie,  dass 
die  Tractaten  allda  in  puncto  religionis  schwer  und  langsam  hergehen  *). 
Ich  vermerke  darbei,  dass  einige  allda  in  solchem  Wahn  begriffen,  wie 
ich  vor  diesem  dahie  vielmalen  verspürt,  dass  nämlich  E.  K.  M.  heim- 
lich sich  mit  Frankreich  wohl  verstehen,  und  solle  ein  vornehmer  catho- 


0  Der  Vertrag  wurde  am  5./15.  April  zu  Höxter  geschlossen;  Du  Mont  I.e. 
VII.,  147. 

-)     Ueber  Franlireichs  Verhalten  in  dieser  Angelegenheit  Droysen   1.  c.  III. 3  366. 

^)  Louis  de  Verjus,  Graf  von  Crecy,  der  bekannte  französische  Minister  in 
Regeusburg. 

^)     Ueber  diese  Zusammenkunft  zu  Bielefeld  Ennen;  I.e.  1.240. 


Veijus.     Frankreichs  Pläne.     Oesterreich-französische  Beziehungen.  475 

lischer.  Minister  gesagt  haben,  es  seie  aus  allen  E^  K.  M.  consiliis  und 
Actionen  zu  sehen,  dass  man  sich  denen  französischen  Beginnen  nicht 
im  geringsten  entgegensetze,  sogar  dass  man  den  Franzosen  dero  eigenes 
Patrimonium  ohne  einigem  Widerstand  wegnehmen  und  occupiren  lassen, 
und  wurde  hinzugesetzt,  dass  auch  die  jetzige  Negociation  des  Grafen 
von  Windischgrätz ')  zu  Paris  zwar  dem  Schein  nach  auf  Restitution 
des  Herzogthums  Lothringen^  re  ipsa  aber  wäre  dieselbe  auf  ganz  andere 
und  zwar  grössere  und  weitaussehende  Ding  angesehen;  was  ich  nun 
anders  darvon  melde  und  die  Vorschlag  die  ich  thue,  wie  man  sich  zu- 
sammen zu  thun  und  Frankreich,  worvon  einzig  und  allein  turbatio 
pacis  diesmalen  zu  besorgen,  in  Schranken  zu  halten,  das  möge  von  mir 
gar  wohl  gemeint  sein,  ich  wisse  aber  arcana  consiliorum  aulae  Cae- 
sareae  nicht. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  März  1671.  (Or.) 

[Keichsangelegenheiten.] 
Der  Befelch  an  die  churbranden burgische  Gesandtschaft  zu  Regens-  23.  März, 
bürg,  dass  sie  bei  E^  K.  M.  gnädigster  Resolution  super  §  Und  gleich 
wie  zu  acquiesciren,  war  dahie  schon  aufgesetzt  und  zur  Unterschrei- 
bung nach  Potsdam  geschickt;  allda  (ist)  aber  ganz  eine  andere  Reso- 
lution genommen  und  obgedachter  Gesandtschaft  befohlen  worden,  dass 
sie  bei  der  von  den  also  genennten  Extendisten  projectirten  ^)  und  seit- 
her auf  gewisse  Weis  und  Maass  moderirteu  Protestation  mit  zu  con- 
curriren,  . . .    Wieso  diese  Aenderung  eingetreten,  weiss  Goess  nicht. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  25.  März  1671.  (Conc.) 

[Kölner  und  Essen'sche  Streitfragen.] 

In  der  Streitfrage  zwischen  dem  Kurfürsten  von  Köln  und  der  Stadt  Köln  2.5.  März, 
wünscht  der  Kaiser,    dass    auch   Brandenburg  jemanden  in  die  Ausgleichscom- 
mission delegire^).     In  der  höxterischen  Angelegenheit  lässt  sich  vorerst  nichts 
thun.     In    der   Essen'schen    Sache    sind    die   Klagen   Schwerins    grundlos;    der 
Kaiser  müsse  die  Sache  den  We<'  Rechtens  nehmen  lassen. 


')  Ueber  Windischgrätz"  Mission  in  Paris  Klopp  1.  c.  I.  274;  Mignet  1.  c.  111. 
494  ff. 

^  Ueber  die  Pläne  der  Extendisten  und  ihre  Beziehungen  zu  Brandenburg 
Droysen  1.  c.  III. 3  357 f.;  Acten  bei  Pachner  1.  c.  I.  512ff. 

^)     A'ergl.  Ennen  1.  c.  I.  2 16  f. 


476     ^-   Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  März  1671.  (Or.) 

[Reichsangelegenheiteu.  Geplantes  Bündnis  zwischen  Küln,  Baiern,  Brandenburg, 
Neuburg,  Mecklenburg.  Stellung  Brandenburgs  zu  diesem  Plane.  Unterredungen  des 
Goess  mit  Schwerin  bezüglich    dieser  Angelegenheit  und  der  Essen'schen  Streitfrage.] 

30.  März.  Die    brandenburgische  Gesandtschaft    in  Regensburg   hat   hieher    berichtet, 

dass  Kurköln,  Baiern,  Neuburg  und  Mecklenburg  den  Protest  den  kaiser- 
lichen Commissären  überreicht;  sie  hätten  mit  ihrer  Entscheidung  zurück  ge- 
halten, bis  sie  neue  Befehle  erhalten').  Nun  hat  Chur-Bayern  vergangenen 
Tagen  einen  Courier  hieher  geschickt,  welcher  von  hier  aus  nach 
Chur-Cölln  gangen;  das  Negotium  hat  eben  diesen  §  Und  gleichwie 
anbetroffen  und  werd  von  Chur-Bayern  ein  foedus  zwischen  Colin, 
Bayern,  Brandenburg,  Neuburg  und  beide  Herzogen  zu  Mecklenburg 
zu  Behauptung  dieser  ihrer  Intention  vorgeschlagen.  Ich  habe  das 
Project  nit  zu  sehen  bekommen,  so  viel  aber  habe  ich  von  guter  Hand 
vernommen,  dass  es  dahie  den  guten  Efiect  gethau,  dass  man  ziemlich 
vermerkt  und  sich  nit  wenig  darüber  formalisirt,  dass  man  die  Sach  auf 
nachdenkliche  Extremitäten  anrichten  wolle.  Es  ist  auch  aus  F.  Ch.  D. 
zu  Brandenburg  darauf  gethaner  Erklärung  abzunehmen,  was  das  Pro- 
ject möge  in  sich  halten,  dann  dieselbe  solle  ausdrücklich  dahin  gangen 
sein,  dass  sie  sich  zu  solchen  foedus  weiter  nit,  als  allein  zu  Com- 
pescirung  der  ungehorsamen  Unterthanen  einlassen,  im  üebrigen,  dass 
etwas  darin  wider  E.  K.  M.,  wider  dero  kais.  Resolution,  auch  wider  dem, 
was  beim  Reichstag  möchte  geschlossen  werden,  hineingerückt  werde, 
nit  consentiren  wollen^).  Mir  ist  dieses  in  grosser  Geheim  vertrauet 
und  bin  ich  darbei  sehr  gebeten  worden,  es  also  zu  machen,  dass  man 
nit  innen  werde,  dass  ich  etwas  hierum  wisse.  Der  Baron  von  Schwerin 
hat  4as  ganze  Werk  gegen  mir  dissimulirt.  Auf  einige  Fragen  des  Goess 
in  dieser  Angelegenheit  antAvortet  Schwerin  ganz  leichthin.  In  der  Essen'schen 
Angelegenheit  klagt  Schwerin  von  neuem  und  behauptet  wieder,  dass  man  die 
Sach  wohl  besser  per  commissionem  caesaream  ex  officio  (dann  sie  wür- 
den's  nit  begehren),  als  durch  die  harte  erkennte  processus,  terminiren 
können,  wogegen  Goess  die  Nothwendigkeit  den  Rechtsweg  einzuschlagen 
betont. 


1)  Vergl.  für  diese  Angelegenheiten  Droysen  1.  c.  III.  3  358 f. 

2)  Vergl.  Droysen  I.e.  III. 3  358. 


Reichsangelegenheiten.     Bünilnis  von  ReicLsfürsteii.     Preussif^che  Stände.  477 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3.  April   1671.  (Or.) 

[Preussiscbe  Ständeangelegenheit.     Mission  eines   kurfürstlichen  Ministers  nach  Polen. 
Kölner  Streitfrage.     Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin   darüber  und  über  die  Ver- 
einbarung   in    dieser    Sache    zwischen   Brandenburg   und    Holland.     Frankreichs    Er- 
klärungen bezüglich  Kölns.     Höxter'sche  Streitsache.] 

Die  preussischen  Stände  haben  50  000  Rtlilr.  für  4  Monate   bewilligt;   er- 3.  April, 
bieten  sich  zu  mehr,   bitten  aber  dabei  um  Erledigung  ihrer  Beschwerden,    so 
dass  des  Kurfürsten  Reise  dahin  nur  verschoben,  nicht  aufgehoben  ist '). 

Opazki  hat  an  Schwerin  geschrieben  und  um  baldige  Sendung  des  Somnitz 
nach  Warschau  gebeten.  Da  dieser  aber  krank  ist,  auch  wenig  Lust  hat  nach 
Warschau  zu  reisen,  dürfte  Blumeuthal  dahin  gesendet  werden. 

In  der  Kölner  Commissionssache  zeigt  sich  der  Kurfürst  gut  gesinnt.  Der 
von  Schwerin  zeigete  grosse  Jalousie  wegen  der  Nachricht,  so  sie  haben, 
dass  die  Holländer  ein  Regiment  in  der  Stadt  Colin  legen ^);  dieses  würde 
nit  allein  der  benachbarten  Chur-  und  Fürsten  gross  Bedenken  machen, 
sondern  auch  Chur-Cöllu  und  etwa  auch  Frankreich  zu  andern  Resolutionen 
Anlass  geben.  Nun  hatte  ich  schon  vorhin  einige  Nachricht  wegen 
dieses  Regiment  und  kann  ich  mir  leicht  einbilden,  was  für  ein  Ab- 
sehen darbei  seie ;  dem  von  Schwerin  habe  ich  geantwort,  dass  zwar 
sowohl  in  der  Stadt  Cölhi  als  in  andern  Reichsstädten  die  Holländer 
möchten  werben  lassen,  es  hätte  aber  darum  die  Meinung  nit,  wie  er 
da  praesupponirte.  Weilen  ich  nun  vorhin  Nachricht  gehabt,  dass  man 
dem  Baron  de  Lisola  und  dem  Kramprich  von  wiegen  der  Staaten- 
General  einige  Proposition  dahin  gethan,  dass,  wann  dieser  Churfürst 
und  die  Herzogen  von  Braunschweig  ihre  Völker  in  der  Stadt  Colin 
legen  und  dieselbe  voi'  der  androhenden  Gefahr  versicheren  wollten,  sie 
sich  nit  zuwider  sein  lassen  würden  mit  einigen  Subsidien  hierzu  zu 
concurriren,  darvon  ich  nit  gut  befunden,  ehe  und  bevor  der  Churfürst 
wegen  Mitantretung  der  kais.  Commission  sich  erklärt,  Apertur  zu  thun; 
als  habe  ich  nun  diese  Gelegenheit  in  Acht  genommen  und  den  Baron  von 
Schwerin  hierüber  etwas  sondirt.  Er  embrassirte  die  Proposition  stracks, 
nam  subsidia  sunt  valde  persuasiva;  mich  hat  doch  gedünkt,  dass  nach 
etwas  mehrere  Reflexion,  ihme  einige  scrupuli  darbei  mögen  zu  Gemüth 
gangen  sein,  ohne  allem  Zweifel,  weilen  Chur-Cölln,  zufürderist  aber  der 
König  in  Frankreich  dieses  ungern  sehen  möchten;  ist  derowegen  im 
Vorschlag  kommen,  dass  die  Sach  in  secreto  zu  halten;  so  habe  ich 
auch    remoustrirt,    dass    sie  hierin  nichts  thäten,    als  was  E.  K.  M.  auf 


1)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  31-2 f. 

-)    Ueber  diese  Verhältnisse  Enuen  1.  c.  I   2 13  ff. 


478      V.  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.    Oct.  1G68  — Sept.   1671. 

untertliänigstes  Bitten  der  Stadt  denen  benachljarten  ausschreibenden 
Fürsten  allbereit  befohlen;  ich  halte,  man  werde  jemand  aus  Cleve  etwa 
unter  andern  Praetext  nach  dem  Haag  schicken,  hiervon  etwas  näher  zu 
handien,  oder  doch  die  Meinung  eigentlich  einzunehmen.  Ich  habe 
rathsam  geacht  bei  dieser  Occasion  diesen  Anwurf  zu  thun  und  wie  ich 
das  Werk  nach  allen  Umständen  considerire,  möchten  gute  effectus  daraus 
zu  hoffen  sein.  Im  übrigen  erklärt  Schwerin,  der  König  von  Frankreich  weise 
die  Zumuthung,  als  beabsichtige  er  etwas  feindliches  gegen  Köln,  mit  Ent- 
rüstung zurück.  Unter  dem  10.  berichtet  Goess,  dass  in  Berlin  der  Vertrag 
zwischen  Braunschweig  und  Münster  wegen  Höxter  für  perfect  gehalten  werde  ^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   17.  April  1671.  (Or.) 

[Kölner  Streitfrage.     Frankreichs  Pläne  bezüglich  Lothringens.] 

17.  April.  Schwerin  klagt  über  das  Benehmen   der   holländischen    Soldaten    in   Köln. 

Auf  den  von  Goess  in  Vorschlag  gebrachten  Modus  der  Besetzung  Kölns  durch 
brandenburgische  und  braunschweigische  von  Holland  besoldete  Truppen  ist 
noch  keine  weitere  Erklärung  erfolgt.  Dass  Frankreich  Lothringen  für  sich 
nehmen  wolle,  wie  Goess  dem  Schwerin  mittheilt,  erklärt  Schwerin  nicht  glau- 
ben zu  können. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  1.  Mai  1671.  (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Essen'sche  Streitfrage  und  über 
die  Kölner  Angelegenheit.     Aeusserungen    desselben    über    Frankreich,    Holland  und 

England.] 

L  Mai.  Goess  hat  in  Potsdam  eine  längere  Unterredung   mit  dem  Kurfürsten,    der 

vorerst  in  der  Essen'schen  Sache  dieselben  Klagen  und  Forderungen  vorbringt, 
wie  Schwerin,  worauf  Goess  mit  denselben  Argumenten  erwidert,  mit  denen 
er  dem  Schwerin  entgegnet  hat.  Wegen  der  cöUnischen  Sach  meldeten 
S.  Ch.  D.,  dass  sie  der  Stadt  zugeschrieben  und  ermahnt,  dass  sie  sich 
keiner  fremden  Völker  bedienen  wollte-);  sie  vermerkten,  dass  der  von 
deroselben  gethaner  Vorschlag  einige  Kreisvölker  in  der  Stadt  zu  legen, 
welchen  von  allen  Seiten  mehr  Respect  würde  getragen  werden,  den 
meisten  nun  wohl  gefiele.  Von  ihre  und  braunschweigische  Völker  darin 
zu  legen  auf  die  Weis,  wie  es  von  dem  Pensionario  de  Witt  E''.  K.  ^I. 
ministris  im  Haag  vorgetragen  worden,  thäten  sie  keine  Meldung  und 
habe  ich  von    dem    Baron  von  Schwerin  wohl   verspüren   können,    dass, 


')     Der  Vertrag  wurde  am  5./IÖ.  April  unterzeichnet;  Dumont  1.  c.  VIT. i   147. 
^)     Vergl.  Ennen  1.  c.  T.  "217. 


Essen-   uuil  Kölnische  Anirelegeuheiten.     Verjns  nnd  Nicolarts  in  Berlin.  479 

obzwar  die  Proposition  wegen  der  darbei  gemelten  Subsidien  anfangs 
angenehm  geschienen,  doch  nach  etwas  mehrerer  Reflexion,  diejenige,  so 
man  auf  Frankreich  und  etwa  auch  auf  Chur-Cölln  hat,  Bedenken  darbei 
gemacht.  P.  Ch.  D.  habe  ich  gesagt,  dass  es  nunmehr  wegen  des  hol- 
ländischen Regiments  keine  Difücultät  haben  würde,  sintemalen,  wie 
mich  der  Marques  de  Grana  bericht')  und  der  Kramprich  mir  vorhin 
aus  dem  Haag  geschrieben,  die  Staaten -General  dieses  Regiment  nit 
einmal  in  ihren  Pflichten  nehmen,  sondern  der  Stadt  überlassen  und  der- 
selben schwören  lassen  wollen.  ...  Frankreich  betreffend,  zeigeten  I. 
Ch.  D.  der  Meinung  zu  sein,  dass  der  König  keinen  Krieg  vornehmen 
und  etwa  seine  Armee  sehr  ruiniren  würde,  wann  er  seine  Franzosen, 
welche  der  Arbeit  nit  gewohnt,  zu  dem  Fortificationwerk  anhalten 
wollte.  AVider  die  Holländer  habe  ich  die  gewöhnliche  Animosität  und 
ünvergnüguug  verspürt;  sie  würfen  etwas  an,  als  correspondire  der  Pen- 
sionarius  de  Witt  noch  heutigen  Tags  mit  dem  König  in  Frankreich ■); 
auf  England  machen  sie  wenig  Fundament.  Weilen  nun  die  Herzogin 
von  York  gestorben^),  hielten  sie  darfür,  dass  man  in  Frankreich  auf 
einige  Heirath,  die  ihnen  avantageux  sein  möchte,  gedenken  würde; 
würfen  auch  etwas  an,  ob  nit  auf  die  Erzherzogin,  E"".  K.M.  Frau 
Schwester^),  möchte  gedacht  werden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  Mai  1671.  (Or.) 

[Ankunft  des  Verjus  und   des  Nicolarts.     Unterredung  des    letzteren   mit  Goess   über 

die  Kölner  Streitfrage  und  über  die  Bielefelder  Allianz.     Schwerins  Mittheilungen  über 

den  Zweck  der  Verjus'schen  Mission.     Bielefelder  Allianz.] 

Am  1.  Mai  kamen  der  französische  und  der  kurkölnische  Gesandte,  Verjus  4.  Mai. 
nnd  Nicolarts,  nach  Berlin  '•").  Nicolarts  sagt  dem  Goess,  sein  Herr  sei  bereit 
die  kaiserliche  Mediation  in  den  Streitigkeiten,  in  die  er  mit  der  Stadt  Köln 
gerathen,  anzunehmen,  doch  nur,  wenn  ihm  zugestanden  wird:  1".  dass  die 
Stadt  von  Fortsetzung  ihrer  Fortification  auf  P.  Ch.  D.  Grund  und  Boden 
abstehe;  2°.  dass  sie  die  fremde  Völker  abschaffe;  3".  sich  erkläre,  denen 


')  Ueber  Otto  Heinrich  Marquis  de  Grana's  Verhalten  in  dieser  Sache  vergl. 
Ennen  I.  c.  I.  2 16  f. 

■•')     Ueber  de  Witt's  Verhalten  in  dieser  Zeit;  Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  72  AT. 

^)     Anna  Hyde  war  am  31.  März  1671  gestorben. 

^)     Marie  Anna'Josepha;  1678  mit  Johann  Wilhelm  von  Neuburg  vermählt. 

")  Ueber  die  Anwesenheit  dieser  beiden  Männer  in  Berlin  vergl.  Puf.  1.  c.  XI. 
17  f.;  Droysen  1.  c.  III.j  369ff.;  Mignet  1.  c.  III.  289 ff. 


480      V.  Zweite  Mission  des  Fieiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.   1671. 

churfürstlichen  undisputirlichen  juribus  in  der  Stadt  kein  Eintrag  zu 
tbun;  4°.  wann  die  Güte  bei  der  kais.  Coramission  nit  verfangen  sollte, 
dass  alsdann  eben  die  kais.  comnaissarii  die  Sach  decidiren,  oder  ad 
compromissum  ausgestellt  werden  möge.  Auch  dem  Marques  de  Grana 
sei  in  diesem  Sinne  geschrieben  worden.  Goess  erklärt  aber,  Grana  habe  an 
ihn  und  an  den  Kurfürsten  von  Brandenburg  geschrieben,  die  Commission  des 
Kaisers  sei  pure  angenommen  worden. 

Der  zweite  Punkt  der  Mission  des  Nicolarts  betraf  den  §  Und  gleich  wie; 
Köln,  wie  die  übrigen,  gewähren  die  kurfürstlichen  Forderungen. 

Vom  dritten  Punkt  seiner  Negociation  hat  mir  der  Nicolarts  an- 
fangs nichts  gesagt;  der  ist  dieser,  dass  Chur-Cölln  wegen  Lüttich  be- 
gehrt in  der  zu  Bielefeld  zwischen  Chur-Brandenburg,  Münster  und  Neu- 
burg nur  projectirten,  wie  mir  der  von  Schwerin  sagt,  wie  ich  aber  von 
andern  habe,  von  den  Gesandten  schon  unterschriebenen  Defensivallianz') 
mit  admittirt  zu  werden.  Der  von  Schwerin  meldete  hierbei,  dass  das 
Stift  Lüttich  diesmal  locus  suspectus  und  da  leicht  einige  L'nruhe  ent- 
stehen könnte,  wäre;  dass  sie  lieber  sähen,  dass  Chur-Cölln  wegen  des 
Unterstifts,  so  ohne  das  am  nächsten  gelegen,  darunter  begriffen  würde; 
ist  also  leicht  zu  sehen,  dass  man  nit  gedenkt,  S.  Ch.  D.  daraus  zu 
halten.  Nicolarts  hat  mir  von  diesem  foedere,  als  wir  zum  andertenmal 
zusammen  kommen,  etwas  gesagt  und  gemelt,  dass  der  Churfürst,  sein 
Herr,  bis  noch  nit  darin  begriffen  ^).  ...  Der  König  in  Frankreich  ver- 
lange zu  obgedachter  westphälischer  Allianz  admittirt  7a\  werden;  als 
ich  iusinuirt,  dass  solchergestalt  dieselbe  auf  dem  Schlag,  wie  die 
rheinische  gewiesen,  angetragen  und  der  fremden  Interesse  mit  einge- 
flöchten  würden,  gienge  die  Antwort  dahin,  dass  es  etwa  ein  Mittel  sein 
möchte  die  Sicherheit  des  Kreises  um  so  besser  zu  erhalten,  weilen 
auch  der  König  sich  darzu  verobligirte;  ich  aber  vermeine,  dass  scopus 
huius  foederis  hierdurch  divertirt  oder  gar  verloren  würde;  man  raüsste 
von  der  Sachen,  wie  sie  an  sich  Selbsten  wäre,  reden.  Dieses  foedus 
wäre  in  Vorschlag  kommen  wegen  der  Gefahr,  so  man  von  Frankreich 
hat,  im  Fall  selbiger  König  den  Krieg  wider  Holland  oder  auch  wider 
Spanien  vornehmen  würde.  Quid?,  wann  die  Holländer  gleichermassen 
begehren  w'ürden  hierzu  admittirt  zu  werden?  Ob's  nit  besser,  sich  mit 
dem  Vorwand  zu  entschuldigen,    dass  diese  eine  Kreisverfassung,  worzu 


')  Das  Defensivbündnis  war  in  der  That  schon  am  7.  April  IIhI  zu  Bielefeld 
unterzeichnet  worden;  vergl.  Miirner  I.e.  3o9tf.;  Dumout  1.  c.  VIT. ,  145;  über  Köln's 
Haltung  daselbst  Eunen  1.  c.  I.  240. 

■■')     Köln  wurde  erst  am  S.Juli  aufgenommen:  vergl.  Möiner  1.  c.  844. 


Des  Nicolaits  und  des  Verjus  Mission.  481 

die  Fremde  nit  gehören,  oder  doch  sich  mit  E^  K.  M.  als  dem  Ober- 
haupt und  andern  vornehmen  Ständen  des  Reichs  zu  vereinigen?  Er 
gäbe  zu  verstehn,  dass  es  endlichen  dem  Churfürsten  seinem  Herrn 
würde  indifferent  sein,  ob  der  König  in  Frankreich  zu  diesem  foedere 
zugelassen  würde,  oder  nit. 

Des  Verjus  Mission  besteht,  wie  Schwerin  dem  Goess  mittheilt,  darin,  die 
friedlichen  Gesinnungen  des  Franzosenkönigs  gegenüber  Deutschland  zu  betonen, 
die  Mediation  Frankreichs  bei  den  Verhandlungen  zwischen  Braunschweig  und 
Münster  anzutragen  und  zu  erklären,  König  Ludwig  XIV.  habe  niemals  daran 
gedacht,  Köln  oder  Strassburg  anzugreifen ').  Verjus  habe  sich  auch  um  die 
zu  Bielefeld  abgeschlossene  Allianz  erkundigt  und  angefragt,  ob  Ludwig  XIV. 
in  dieselbe  aufgenommen  werden  könnte.  Nicolarts  sagt,  die  kaiserliche  Me- 
diation sei  desswegen  gar  nicht  intimirt  worden,  weil  das  Schreiben  gegen 
Brauuschweig  in  zu  harten  terminis  abgefasst  war.  P.  S.  Stratman  ist  von 
Bielefeld  hier  augekommen  und  berichtet  den  Abschluss  der  Alhanz. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  11.  Mai  1671.  (Or.) 

[Abreise    des    ^'icolarts.      Brandenburgs    Erklärungen  auf   dessen  Anfragen.     Reichs- 
angelegenheiten.    Wolfrad.] 

Kicolarts  ist  abgereist.  Bezüglich  der  3  ersten  Punkte  hat  Brandenburg  11.  Mai. 
versprochen  an  den  Kaiser  und  an  die  Stadt  Köln  zu  schreiben,  bezüglich  des 
Compromisses  hat  man  dafür  gehalten,  dass  über  diese  Frage  in  der  Com- 
mission  berathen  werde"-).  Den  §  Und  gleichwie  dürfte  man,  trotz  aller  Be- 
mühungen des  Goess,  in  der  von  Brandenburg  moderirten  Form  der  Extendisten 
annehmen.  Wegen  Aufnahme  des  Kurfürsten  von  Köln  in  die  zu  Bielefeld  ge- 
schlossene Allianz  ist  dieser  nach  Bielefeld  verwiesen  worden,  ebenso  Verjus. 
Der  ehemalige  schwedische  Resident  Wolfrad  ist  hier  angekommen,  ohne  be- 
sonderen Auftrag;  er  sucht  sich  über  die  Gesinnung  des  Berliner  Hofes  zu 
orientireu  ^). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  13.  Mai  1671.  (Or.) 

[Reichsangelegeuheiten.    Oesterreich-französische  Beziehungen.     Brandenburg-polnische 
Beziehungen.     Kölner  Streitfrage.] 

Der    Kaiser    billigt,    dass    Brandenburg,    wenn   die   Streitigkeiten  zwisclfen  13.  Mai. 
dem  Kurfürsten  und  der  Stadt  Köln    nicht    in    Güte   beigelegt  werden   können, 
als    Concommissarius    einige,    nicht    zwar    ihre,    sondern    Kreisvölker    zu 


')     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  18;  Droysen  1.  c.  III. 3  369 ff.;  Mignet  I.  c.  III.  289fr. 
-)     Die  Erklärungen  des  Kurfürsten  bei  Puf.  1.  c.  XI.  17. 
=)     Ueber  Wolfrads  Aufenthalt  in  Berlin  Puf.  1.  c.  XI.  32. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV.  jl 


482      ^  •  'Zweite  Mission  des  Freihenn  Joliami  von  Goess.     Oct.  lßfJ8  — Sept.  IGTl. 

mehrerer  Sicherheit,  in  die  Stadt  bringe.  Goess  soll  trachten  den  Kur- 
fürsten zu  bewegen  in  der  Bamberger  Sache  und  bezüglich  des  „§  Und  gleich  wie" 
die  Interessen  des  Kaisers  zu  vertreten  und  ihm  den  Beweis  liefern,  dass  der  Kaiser 
keineswegs  geheime  Correspondenz  mit  Frankreich  führe '),  dies  vielmehr  nur 
Ausstreuungen  Frankreichs  seien,  um  die  Einigkeit  des  deutschen  Reiches  zu 
stören.  Goess  soll  fortfahren,  dem  Kurfürsten  und  seinen  Räthen  vorzuhalten, 
■wie  nothwendig  die  Erhaltung  des  jetzigen  Königs  von  Polen  sei  und  sich  be- 
mühen die  Differenzen,  xvelche  zwischen  beiden  Höfen  bestehen'^),  auszugleichen. 
Unter  dem  16.  wird  ihm  dann  noch  besonderer  Befehl  gegeben  den  Kur- 
fürsten zur  Absendung  eines  Deputirten  zur  Beilegung  des  Kölner  Streites  zu 
vermögen  und  ihm  die  Ansicht  des  Kaisers,  einen  gütlichen  Vergleich  wenn 
möglich  durchzuführen,  vorzustellen^). 


Der   Kurfürst   an   den    Kaiser.      Dat.    Potsdam   13.  Mai   1671. 

(Or.) 

[Jägerndoifer  Angelegenheit.] 

13.  ilai.  Der  Kurfürst  hat  trotz  aller  Bemülmngen  für  seine  Ansprüche  auf  Jägern- 

dorf noch  keine  Satisfaction  erhalten;  er  bittet  den  Kaiser  daher  nochmals,  in 
Anerkennung  der  grossen  Verdienste,  die  er  —  der  Kurfürst  —  sich  um  das 
Haus  Habsburg  erworben,  ihn  nicht  zurückzuweisen,  sondern  vielmehr  Anla.ss 
(zu)  geben,  dass  ich  durch  Wiedererlangung  dieses  meines  Herzogthums 
und  Erstattung  deren  so  viele  Jahr  mir  vorenthobenen  Einkommen,  E.  K. 
M.  bei  allen  Begebenheiten  noch  ferner  treulichst  zu  assistiren  und  dero- 
selben  Interesse  zu  befördern   angefrischet  werden  möge. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  Mai  1671.  (Or.) 

[Reichsangelegenheiten.     Abreise  des  Verjus  und  des  Woifrad.     Erklärungen  der  Bran- 
denburger an  letzteren.     Dreyer.J 

Mai.  Aus  Regensburg    einlaugende  Nachrichten   zeigen,    dass    die  kurfürstlichen 

Räthe  sich  in  der  Bambergersache  den  Interessen  des  Kaisers  geneigt  zeigen. 
Verjus  ist  am  23.  abgereist ^);  am  selben  Tage  auch  Woifrad^),  dem  der  Kur- 
fürst   und    seine    Räthe    wiederholt    versichert   haben,   dass    sie    kein    Bündnis 


')  Für  die  österreit-h-französischen  Beziehungen  dieser  Zeit  Mignet  1.  c.  JIl.  .jUff. 

■^)  Für  die    brandenburg-polnischen  Beziehungen   dieser    Zeit  Droysea  1.  c.  III. 3 
309  f. 

=*)  Vergl.  Ennen  I.  c.   I.  •22():  Theat.  Europ.  X.^.  441. 

^)  Mignet  I.  c.   111.  -JW. 

'")  Vergl.  l'nf.  I.  c.  XI.  ?,•>. 


Reichsangelegenheiten.     Wolfrad.     Dreyer.     Kölner  Frage.  483 

mit  Frankreich  geschlossen  und  ein  solches  bei  den  gegenwärtigen  Verhält- 
nissen auch  nicht  zu  schliessen  gedenken.  Circa  triplex  foedus  Hessen 
I.  Ch.  ü.  alsogleich  sich  vermerken,  dass  sie  ganz  keinen  Lust  darzu 
haben,  dann  als  sie  vorgewendt,  dass  sie  nit  also  wie  sein  sollen  darzu 
invitirt  worden  und  Wolfrad  sich  erboten,  dass  man's  noch  mit  aller 
desiderirender  Solemnität  thun  würde,  hat's  der  Churfürst  declinirt,  mit 
Vermelden,  man  würde  dardurch  denen  Catholischen  Anlass  geben  auf 
andere  Gegenliguen  und  Bündnussen  zu  gedenken.  Im  übrigen  hat  mau 
den  Wolfrad  versichert,  dass  I.  Ch.  D.  bei  der  guten  Freundschaft  und  Ver- 
ständnus  mit  Schweden  in  alle  Weg  wollen  verharren  und  dass  sie  einen 
Abgesandten  nach  Stockholm  schicken  wollen,  stellen  dem  König  auch  frei, 
ob  er  von  wegen  des  Herzogthums  Verden  in  das  bielefeldische  foedus 
mit  eintreten  wolle;  sonsten  hat  man  ihm  auch  ziemlich  zu  verstehen 
gegeben,  dass  nit  alle  in  Schweden  bei  der  Tripleallianz  fest  bestünden, 
sondern  ihrer  viel  und  sonderlich  der  Grosskanzler  mit  seiner  Faction 
für  Frankreich  incliniren').  Ueber  des  Verjus  Mission  hat  Goess  niclits  mehr, 
als  er  bereits  berichtet,  erfahren  können.  . . .  Vorgestern  ist  dahie  ein  re- 
formirter  Minister,  Dreyer  genannt,  durch  den  Scharfrichter  aus  der 
Stadt  mit  Ruten  gestrichen  und  des  Landes  verwiesen  worden.  Er  hat 
des  Churfürsten  Hand  nachgemacht  und  einige  Gelder,  vermög  solcher 
falschen  churfürstlichen  Rescripten,  erheben  wollen  und  sonsten  allerlei 
Bubenstück,  sowohl  hier  als  bei  dem  Fürst  Moritz  von  Nassau,  bei 
welchem  er  vor  diesem  Hofprediger  gewesen,  gethan. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  29.  Mai  1671.  (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  Kölner  Streitfrage.     Nachrichten  über 
die  Verabschiedung  des  Kurfürsten  von  Verjus.     Mittheilungen  aus  Regensburg.] 

Schwerin  spricht  ausführlich  mit  Goess  über  die  Kölner  Streitfrage,  fordert  29.  Mai. 
dringend  die  Abführung  des  holländischen  Regimentes,  früher  werde  der  Kur- 
fürst seine  Delegirten  nicht  absenden.  Im  Uebrigen  zeigt  er,  dass  der  Kurfürst 
bereit  ist  für  die  Rechte  der  Stadt  Köln  einzutreten.  Goess  vernimmt,  Bran- 
denburg werde  an  den  Kaiser  das  Ansuchen  stellen,  dass  neben  Brandenburg, 
Mainz  und  Trier  auch  noch  Neuburg  dieser  kaiserlichen  Commission  adjungirt 
werde.  Mir  werd  referirt,  dass  L  Ch.  D.  als  er  (Verjus)  daraussen  zu  Pots- 
dam von  derselben  Abschied  genommen,  sich  ziemlich  resolut  gegen  ihm 
vernehmen  lassen,  sie  begehreten  des  Königs  Freund  zu  verbleiben,  wann 


')    Vergl.  für  Schwedens  Parteiverhältnisse  in  dieser  Zeit  Carlson  I.e.  IV.  553  ff. : 
Mignet  1.  c.  III.  295fr.:  Recueil  des  Instructions  II.  Suede  Einl.  LIX.  102 ff. 

31* 


484      V.  Zweite  Mission  des  Freiheiin  Johann  von  Goess.     Oct.  IfiGS  —  Sept.  1G71. 

aber  derselbe  etwas  wider  das  Reich  vornehmen  würde,  könnten  und 
würden  sie  nit  unterlassen,  sich  also,  wie  ihr  churl'iirstliches  Amt  er- 
forderte, darbei  zu  bezeugen  ').... 

P.  S.  Soeben  trifft  die  Nacliricht  aus  Regensburg  ein,  dass  die  Exteudisten 
sich  öffentlich  von  den  übrigen  Ständen  bei  der  re-  und  correlation  super  secu- 
ritate  publica  separirt"). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Juni  1671.    (Or.) 

[Somnitz'  Reise  nach  Warschau  betieifend.    Weibuncrsfrage.     Haltung  des  Kurfürsten 
in  der  Kölner  Streitfrage.     Braunschweigische  Angelegenheit.] 

Juni,  Der  Kurfürst    ist   von  Polen   aus  —  unter  anderen,    wie  man   sagt,    vom 

Grosskanzler ^)  —  gewarnt  worden,  Somnitz  daliin  zu  senden;  es  könnte  an 
demselben  Rache  genommen  werden  für  die  Behandlung  Kalckstein's'*).  Dem 
Goess  hat  der  Kurfürst  nichts  davon  erwähnt;  |:  quod  indicium  est  non  bonae 
confidentiae  erga  nos:l.  Bis  dato  haben  I.  Ch.  D.  noch  keine  Werbung 
vorgenommen,  zwar  sagten  sie  mir  jüngsten  zu  Potsdam,  dass  sie  ihre 
Sachen  dahin  anstellen  wollten,  dass  sie  16000  Mann  könnten  zu  Feld 
bringen;  :  ich  glaube,  sie  haben's  gegen  mich  also  erwähnt,  damit  die 
Polacken,  wann  sie  etwas  böses  wider  sie  im  Sinn,  abgeschreckt  würden  :|. 
In  der  cöllnischen  Sacli  finde  ich  sie  ziemlich  wohl  persuadirt,  dass 
man  von  der  Stadts  Seiten  sich  zur  Billigkeit  offerire,  aber  die  sonder- 
bare Reflexion  und  Deference,  so  sie  für  Chur-Cölln  haben,  macht,  dass 
sie  gemach  darin  gehen  und  nit  gern  etwas  thun  wollen,  wordurch  sel- 
biger Churfürst  sich  disobligirt  befinden  möchte;  bis  noch  haben  sie 
dahie  von  Chur-Cölln  keine  Nachricht,  dass  derselbe  bei  dem  nun  von 
dem  Baraphield'schen '")  Regiment  der  Stadt  geleisteten  Eid  acquiescire. 
]:  In  der  braunschvveigischen  Sach*^)  haben  mir  zwar  I.  Ch.  I).  so 
viel  gesagt,    dass   sie    denen  Herzogen   assistiren   wollten.     Ich  bekenne 


')  Vergl.  für  des  Kurfürsten  Auffassung  der  französischen  Anerbietungen  das 
Schreiben  desselben  an  Otto  von  Schwerin  bei  Orlich,  Friedrich  Wilhelm  118. 

-)  Vergl.  den  Vertrag  in  dieser  Angelegenheit  vom  27.  Mai/6.  Juni  zu  Regens- 
burg zwischen  Köln,  Baiern.  Brandenburg.  Xeubnrff  und  Mecklenburg-Schwerin  l)ei 
Mörner  1.  c.  o42f.,  G9Gff. 

^)     Johann  Lesczynski. 

■•)     Vergl.  Droysen  1.  c.  HJ..  309. 

'■")     A  =  Pamphilischen. 

'')  Vergl.  für  diesen  Streit  der  Herzöge  mit  der  Stadt  Braunschweig  Havemanu 
1.  c.  II.  UOff.;  Droysen  1.  c.  III.3  366 f;  Acten  im  Theat.  Europ.  X..  407  ff.;  Londorp 
1.  c.  IX.  769  ff 


Reichsangelegenheiteu.     Polnisch-brauclenburgische  Beziehungen.  485 

aber,  dass  ich  nit  glaube,  dass  es  ihr  Ernst  wäre..  Ich  kann  aber  ihr 
Interesse  darbei  nit  sehen,  der  regensteinischer  Strittigkeiten  zu  ge- 
schweigen.  Ich  habe  aber  seither  vernommen,  dass  ihr  rechter  Ernst 
sein  solle  und  mag  dahin  gesehen  werden,  dass  man  die  Herzogen  hier- 
durch dahin  bringen  wolle,  dass  sie  von  obgedachter  regensteinischer 
Praetension  abstehen.  So  mag  man  auch  darfür  halten,  dass  ohne  das 
und  ohne  des  Churfürsten  zu  Brandeburg  Hilf  die  Herzogen  sich  der 
Stadt  bemächtigen  werden.  Der  Herzog  Georg  Wilhelm  zu  Celle  hat  in 
seinem  Schreiben  gemelt,  dass  sie  mit  nächstem  einen  eigenen  an  Chur- 
Brandenburg  abschicken  wollen,  welche  es  nit  allein  für  angenehm  ge- 
nommen, sondern  sie  wollen  hinwider  auch  unter  den  ihrigen  jemand 
zu  den  Herzogen  abschicken.  Bei  diesen  also  resolvirteu  Dingen  wäre 
niemand  als  allein  der  Meinders  zu  Potsdam  :  . 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Datum  berichtet  Goess.  dass  der 
Kurfürst  sich  auf  die  Ermahnungen  des  Goess,  seine  Delegirten  für  die  kölnische 
Streitsache  abzusenden,  dazu  bereit  erklärt  habe. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Laxenburg  6.  Juni  1671.  (Conc.) 

Die  Thatsache ,    dass  Köln   für  Lüttich  und   dass  Frankreich  in  die  Biele-  6.  Juni, 
fehler  Allianz  einzutreten   begehren,  zeigt,  wie  wenig  diese  und  ähnliche  Eini- 
gungen das  Bedürfnis  der  Einigung  zwischen  dem  Oberhaupte  und  den  Gliedern 
des  Reiches  befriedigen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  15.  Juni  1671.   (Or.) 

[Poinisch-brandenburgische  Beziehungen.  Eindruck  der  ungarischen  Angelegenheiten 
in  Berlin.  Rath  des  Goess  bezüglich  dieser  und  der  Kölner  Sache.  Schwerin's  Mit- 
theilungen in  der  Kölner  Angelegenheit.  Des  Kurfürsten  Erklärungen  in  derselben 
Sache.  Urtheil  des  Goess  über  das  Bielefelder  Bündnis,  über  den  Kurfürsten  und 
dessen  voraussichtliche  Haltung  bei  den  nächsten  Conflicten.  Werbungsfrage.  Truppen 
des  Kurfürsten.     Bündnis  der  Extendisten.     Braunschweiger  Sache.] 

Der  Kurfürst  dürfte  dieses  Jahr  weder  nach  Preussen  noch  nach  Cleve  15.  Juni, 
reisen.  Das  Verhältnis  zwischen  Brandenburg  und  Polen  ist  ein  sehr  gespanntes. 
1:  I.  Ch.  D.  vermeint  gute  Nachricht  zu  haben,  dass  man's  in  Polen 
nit  gut  mit  ihr  meine,  sondern  der  König  selbst  einige  Propositiou 
gethan,  wie  die  praetendirende  torti  wider  Chur-Brandeburg  zu  ressen- 
tiren  und  zu  vindiciren*).     Ist  auch  ein  Zeichen,  dass  sie  nit  das  beste 


0     Vergl.  Droysen  1.  c.  111. .,  320!. 


486     ^-  Zweite  Mission  des  FreiLerrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  —  Sept.  1671. 

Vertrauen  zu  uns  liaben,  weilen  sie  unangesehcn  sie  nit  ignoriren  können, 
dass  ich  alle  gute  officia  zu  Restabilirung  dieses  guten  Vernehmen  thue, 
mir  dannoch  nichts  von  dem,  was  ihnen  da  hinterbracht  wird,  sagen:!. 

'  "Ol 

Goess  sucht  diese  Gedanken  dem  Kurfürsten  auszureden. 

Die  Patenten,  so  E.  K.  M.  in  Ilungarn  publiciren  lassen,  haben  sie 
dahie  schon  längsten  gesehen').  Ich  habe  observirt  :  dass,  als  ich  von 
dieser  Materi  der  hungarischen  Rebellion  etwas  erwähnt,  sowohl  der 
Churfürst  als  der  von  Schwerin  still  darzu  geschwiegen  und  sich  nicht 
herausgelassen:].  Neulich  aber,  als  ich  zu  Potsdam  Gelegenheit  ge- 
nommen darvon  zu  reden,  die  Atrocität  der  Rebellion  vorgestellt  und 
unter  andern  gemelt,  dass  man  E^  K.  M.  nach  dem  Leben  getracht,  .  .  . 
seind  sie  sehr  commovirt  worden  und  ausgesprochen,  es  könnte  keine 
Severität  wider  solche  undankbare,  meineidige  Leut  zu  gross  sein  und 
dergleichen  Sentimenten  vernimm  ich,  dass  sie  auch  gegen  andere  hören 
lassen.  |:Eins  hat  man  bei  diesem  hungarischen  Werk  wohl  zu  beob- 
achten, dass  die  Religionsinteresse,  wie  es  die  bös  intentionirte  suchen, 
Dicht  darein  gemengt  werden,  massen  ich  E.  K.  M.  vorhin  unterthänigst 
erinnert,  dass  man  vorgeben  wollte,  als  würden  allbereit  grosse  und 
starke  reformationes  in  Hungarn  vorgenommen.  Dahie  bei  diesem  Hof 
hat  man  bis  dato  doch  keine  rechte  Klag  destwegen  gegen  mir  geführt. 
In  dem  cöllnischen  Werk  wäre  ich  der  unterthänigsteu  Meinung,  dass 
man  die  Consideratipn  der  Religion  und  das  Praejudicium  so  derselben 
zuwachsen  möchte,  wann  Churbrandeburg  oder  der  westphälische  Kreis 
ihre  Völker  in  der  Stadt  legen  sollten ,  zu  dissimuliren  und  auf  andere 
Mittel  sich  dieser  offerta  zu  entschlagen,  zu  gedenken.:] 

Das  holländische  Regiment  hat  unnöthig  viel  Fastidien  und  Schwierig- 
keit gemacht,  meines  Erachtens  hätte  man  deren  guten  Theils  entübriget 
sein  können.  Der  von  Schw^erin  hat  gegen  mich  gemelt,  dass  wann 
E^  K.  M.  Völker  in  die  Stadt  gelegt,  sie  nit  die  geringste  Difficultät 
darbei  gemacht  hätten ;  nun  dass  das  Regiment  der  Stadt  geschworen  .  .  . 
ist  man  zw'ar  etwas  stiller  mit  dieser  Klag:  wann  aber  Chur-Cölln  und 
die  von  Fürstenberg,  wie  man  darvon  hört,  auf  ihre  vorige  Gedanken  ein 
Weg  als  den  andern  bestehen  sollten,  könnte  man  diesen  Churfürsten 
widerum  irr  machen;  sonsten  haben  mir  I.  Ch.  D.  vergangenen  Montag 
gesagt,  dass  sie  dero  Subdelegirten  allbereit  befohlen  sich  ad  locum 
commissionis  zu  begeben.     Keineswegs  ist  zu  vermuthen,  dass  I.  Ch.  D. 


')     Für  die  Beziehungen  Leopolds  zu  den  Ungarn    in  dieser  Zeit  Wolf.  A.,  1.  c. 

335  fr. 


ungarische  Verschwörung.  Kölner  Streitfrage.  Des  Goess  Urtheil  über  Brandenburg.  487 

gestatten  wollen  noch  können,  ilass  die  Franzosen  .sich  iu  der  Stadt  Colin 
einnesten  sollen,  es  lauft  all  zu  stark  wider  ihr  Interesse  und  bin  ich 
der  Meinung,  dass  wann  man  französischer  Seiten  dergleichen  intentiren 
wollte,  S.  Ch.  D.  wohl  den  Degen  wider  sie  darum  zücken  würden  '). 
Goess  erwartet  des  Grana  Mittheihmgen  in  dieser  köhier  Frage  und  sucht 
den  Kurfürsten  für  den  raschen  Fortgang  der  kaiserlichen  Commission  zu 
bewegen,  j:  Betreffend  das  neulich  zu  Bielefeld  zwischen  Brandeburg, 
Münster  und  Neuburg  geschlossene  foedus  defensivum,  .  .  .  scheint, 
dass  diese  Allianz  sonderlich  daher  veranlasst  worden,  weiln  man 
eine  Kuptnr  zwischen  Frankreich  und  Holland  besorgt  und  für  nöthig 
Jialten  mögen  sich  in  solcher  Postur  zu  setzen,  dass  man  von  beiden 
streitenden  Parteien  in  der  Nähe  nicht  incommodirt  würde:  wann  man 
Frankreich  daraus  halt,  wie  man  zeigt  gemeint  zu  sein,  will  ich  nit 
hoffen,  dass  dieselbe  so  schädlich,  wie  die  Rheinische  vor  diesem  ge- 
wesen, fallen  solle.  I.  Ch.  D.  werden  nit  leicht  bei  diesem  Krieg,  wann 
er  auch  erfolgen  solle,  Party  nehmen;  sie  verlangen  zwar  mit  Frank- 
reich in  gutem  Vernehmen  zu  verbleiben,  seind  auch  übel  mit  Holland 
zufrieden  und  möchten  gern  wenigsten  eine  ihrer  clevischen  Festungen 
zurück  haben ^);  aber  dieses  alles  gehet  nit  so  weit,  dass  sie  sich  wider 
dieselbe  so  leicht  erklären,  noch  die  französische  Macht  wider  ihr  eigenes 
Interesse  und  zwar  an  ihren  Grenzen  noch  mehr  bestärken  helfen  sollten. 
Man  vermeint  vielmehr,  dass  wann  Holland  die  conditiones  darnach 
stellen  thäte  und  die  Party  also  gemacht  würde,  dass  man  sich  bastant 
erachten  könnte,  der  Churfürst  sich  endlichen  viel  ehender  für  Holland 
erklären  würde  ^).  Der  Baron  von  Schwerin  und  andere  ministri  werden 
pro  posse  den  Churfürsten  von  dergleichen  impegno,  so  zum  Krieg  an- 
gesehen, suchen  abzuhalten.  I.  Ch.  D.  nähern  sich  allgemach  zum  Alter, 
die  Gesundheit  und  sonderlich  die  Füss  werden  immer  schlechter,  also 
dass  ihnen  das  gehen  und  stehen  schwer  ankommt.  Sie  seind  sorgfältig 
für  ihre  Succession  und  werden  nit  gern  dieselbe  mit  einem  Krieg  be- 
laden lassen;  sie  gewöhnen  sich  alle  Tag  mehr  zu  dem  Landleben  und 
den  darbei  fallenden  Divertissementen,  mögen  auch  gedenken,  dass  sie 
für  ihre  Person  genug  gethan  und  dero  churfürtlich  Haus  all  viel  acquirirt, 
dessen  Conservation  sie  sich  nun   zuforderist  angelegen   sein  zu  lassen; 


')  üeber  Brandenburgs  Verhalten  in  dieser  Frage  Puf.  1.  c.  XI.  '20;  Droysen 
1.  c.  III.  3  375  f. 

^     Orsoy,  Rees,  Emmerich  u.  a.  m. 

^)  üeber  die  Beziehungen  Brandenburgs  zu  den  Staaten  in  dieser  Zeit  ürk.  u- 
Act.  III.  191  fif.:  Puf.  XI.  14. 


488      V.  Zweite  Mission  des  Frcihenn  Jnhaiiii  von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 

darzu  ich  data  occasione  immeivAi  remonstrire,  dass  nichts  dienlichers 
sein  könne,  als  dass  der  Churfürst  sich  mit  E^  K.  M.  und  mit  dero 
hochlöbl.  Haus  arctissirae  und  beständigst  vereinige.  :j  Die  vorgehabte 
Werbung  der  60(X)  Mann  haben  sie  noch  nit  angefangen,  sehe  auch  noch 
keine  Apparenz  darzu,  dass  sie  dieselbe  so  bald  vornehmen  wollen;  dero 
auf  die  Bein  habende  Miliz  besteht  in  10  Regimenter  zu  Fuss,  neben 
noch  einige  einsichtigen  Compagnien  und  in  7  Squadronen  zu  Pferd  und 
2  Squadronen  J3ragoner.  Die  Regimenter  zu  Fuss  seind  des  Churprinzen 
und  des  Grafen  Dönhoff,  welche  beide  in  Preussen  liegen,  Schwerin  liegt 
zu  Colberg  und  der  Orten,  Goltz  in  Pommern,  Dohna  zu  Ciistrin,  die  Leib- 
guardi  unter  dem  Generalwachtmeister  Pöllnitz  dahie  zu  Berlin,  Herzog 
Augustus  zu  Holstein  zu  Magdeburg,  Fargel  zu  Halberstadt  und  aufm 
Rheinstein,  Kannenberg  zu  Minden  und  der  Orten,  Spaen  im  Clevischen, 
diese  Regimenter  seind  wenigsten  auf  1000  Mann  ein's  in's  ander  zu 
schätzen.  Die  Squadronen  zu  Pferd  und  Dragoner  werden  ungefähr 
200  Mann  stark;  Prinz  Friedrich  zu  Pferd  und  Görtzke  Dragoner  liegen 
in  Preussen;  die  Leibguardi  ist  dahie  zu  Berlin;  Anhalt,  Pfuel  zu  Pferd 
und  Derfflinger  Dragoner  liegen  in  der  Mark  Brandenburg,  Kannenberg  im 
Mindischen,  Eller  in  der  Grafschaft  Mark  und  Ravensberg,  Spaen  im 
Clevischen;  alle  diese  Völker  werden  von  den  Ländern  unterhalten  und 
bekommen  das  ihrige  gar  richtig.  Wann  nun  ein  Krieg  auskommt,  so 
machen  die  Lehenpferd  eine  considerable  Anzahl  an  Cavallorie,  massen 
die  Mark  Brandenburg  allein  deren  auf  1500  gibt.  Die  Artillerie  steht 
zu  Spandau  und  werd  alles  was  hierzu  gehört  allda  in  Bereitschaft  ge- 
halten, also  dass  nur  die  Zugpferd  darzu  zu  verschaffen').  |:  Das  andere 
foedus  zwischen  den  also  genannten  Extendisten  betreffend,  ist  dasselbe 
zwar,  so  viel  ich  vernimm,  noch  nit  unterschrieben,  wäre  aber  an  dem,  nach- 
dem der  Pfalz-Neuburgische  Abgesandte^)  wiederum  nach  Regensburg  an- 
gelaugt, dass  es  unterschrieben  werden  sollte  ^).  Die  churbrandenburgische 
Gesandtschaft^)  hat  damalen,  als  die  öffentliche  Separation  dieser  Exten- 
disten von  den  übrigen  Ständen  vorgangen,  hieher  geschrieben,  dass  sie 
auf  alle  Weis  getracht,  dieses  grosse  scandalum  zu  verhüten;  nun  aber 
in  ihrer  jüngsten  Relation  bitten  sie  den  Churfürsten  gar  inständig,  dass 
er    doch  super  hoc   §  „Und   gleichwie"   weiter  keine   protestationes  ab- 


1)  Vergl.  die  Angaben  über  die  Truppenzahl    bei  Orlich  I.  c.  II.  403fT. 

2)  Johann   Ferdinand  Yrsch. 

2)  Es  war  bereits  am  6.  Juni  unterschrieben  worden. 

*)  Jena  und  Jlahreuhoitz. 


Brandenburgs  Truppen.     Extendisten.     Reichsaugelegenheiten.  489 

legen  lassen  wollte,  indeme  es  bei  den  andern  Ständen  sehr  ungleiche 
Gedanken  und  viel  Ts'achdenken  verursache.  Zu  wünschen  wäre,  dass 
Büttel  möchten  gefunden  werden  dieses  Schisma  aufzuheben.:! 

Der  Abgeordnete  des  Herzogs  Georg  Wilhelm  zu  Celle,  Hacken,  sucht  Goess 
gegenüber  das  Vorgehen  des  fürstlichen  Hauses  gegen  die  Stadt  ßraunschweig 
zu  rechtfertigen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.   Wien   16.  Juni  1671.  (Conc.) 

[Kölner  Streitfrage.     Reichsangelegenheiten.] 

Goess  wird  ersucht,  nochmals  die  Absendung  der  kurfürstlichen  Delegirten    16.  Juni, 
in  der  kölnischen  Streitfrage  beim   Kurfürsten   zu    urgiren  und   ihn  zur  Unter- 
stützung des  Kaisers  in  den  Reichsangelegenheiten  zu  ermahnen. 

In  einem  P.  S.  vom  seihen  Tage  wird  der  Gesandte  dann  aufgefordert, 
dem  Kurfürsten  die  Ungesetzlichkeit  des  Vorgehens  der  Extendisten  vorzuhalten 
und  um  dessen  Unterstützung  für  den  Kaiser  bei  seinen  Massregeln  zu  bitten. 


Die  nächsten  Berichte  des  Goess  sind  ohne  Bedeutung;  er  berichtet  von 
dem  Stande  der  Belagerung  und  der  üebergabe  Brannschweigs  (22.  u.  24.  Juni) 
und  seinen  wenig  erfolgreichen  Unterredungen  über  die  Kölner  Streitfrage.  Am 
29.  Juni  berichtet  er  dann  über  ein  Gespräch  mit  Schwerin  über  den  §  Und 
gleich  wie.  Schwerin  räth  dem  Kaiser  den  Ständen  hierin  etwas  nachzugeben; 
betont  dann  wiederum ,  wie  nützlich  es  wäre,  wenn  der  Kaiser  und  Branden- 
burg sich  völlig  einigen  würden.  Das  bielefeldische  Bündnis  erklärt  er  für  ein 
blosses  Defensionswerk  des  Kreises,  der  Kaiser  habe  durchaus  nichts  von  dem- 
selben zu  fürchten.  Der  Prinz  von  Uranien  ist  angekommen  und  überaus 
freundlich  aufgenommen  worden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3.  Juli   1671.  (Or.) 

[Unterredung    zwischen    Schwerin    und  Goess    über    die    brandenburg-polnischen   Be. 
Ziehungen   und   über   das  Bielefelder  Bündnis.     Canstein's  Reise  nach  Braunschweig.] 

Goess    sucht    dem  Schwerin    die  ^'othwendigkeit  eines   guten  Einverständ-  3.  Juli 
nisses    zwischen    Brandenburg  und   Polen   klar   zu    machen.     Schwerin    erklärt, 
der  Kurfürst  wolle  ein  solches  und  bedauere,  dass  Somnitz  krank  sei. 

Wegen  des  zu  Bielefeld  neulich  gemachten  foederis,  meldete  er,  dass 
soweit  darvon,  dass  man  den  König  in  Frankreich  darzu  zu  admittiren 
gedenke,  dass  man  dasselbe  vielmehr  in  rei  veritate  wider  Frankreich 
vermeint,  man  hätte  es  aber  uit  so  klar  und  deutlich  melden  dörfen, 
weilen  man  darfür  haltet,  dass  Münster  in  einiger  sonderlicher  Verständnus 


490     ^-  Zweite  51issioii  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 

mit  Kraukreicli  stehe.  .  .  .  Cansteiii  ist  gestern  nach  Braunschweig  abgereist, 
dem  Vorgeben  nach  in  Privatgeschäften,  wie  Goess  aber  erfahren,  um  ein 
besseres  Vertrauen  und  engere  Freundschaft  zwischen  beiden  Staaten  herzu- 
stellen. 


I)t;r  Kaiser  an  Goess.     Dat.   Wien  9.  Juli  1671.   (Conc.) 

[Die  Beziehungen  des  Kaisers  zu  den  braunschweigi.«chen  Fürsten  betreffend.] 

9.  Juli.  Durch  die  Uebergabe  der  Stadt  Braunschweig   an  den   Herzog   ist  die  dem 

Goess  aufgetragene  Mission  an  den  braunschweigischen ')  Hof  überflüssig  gewor- 
den. Da  aber  der  Kaiser,  wenn  möglich,  ein  Bündnis  mit  den  braunschweigi- 
schen Fürsten  abschliessen  möchte,  soll  Goess  dem  Schütz,  den  der  Kaiser 
durch  "Windischgrätz  für  den  Plan  eines  Bundes  sondiren  lässt,  gleichsam  wie 
aus  eigener  Initiative  einen  Vorschlag  machen  und  dem  Kaiser  berichten .  was 
er  —  Goess  —  selbst  von  einem  solchen  Bündnisse  denkt.  Auch  soll  Goess 
trachten,  dass  ein  gutes  Einvernehmen  zwischen  dem  Kaiser  und  dem  branden- 
burgischen Hofe  hergestellt  werde. 


Goess  an  den  Kaiser.'    Dat.  Berlin   10.  Juli   1671.  (Or.) 

[Die  Verhandlungen  mit  den  Herzogen  von  Kraunschweig  betreiTend.     Urtheii  des  Goess 

über    den  Plan    einer  Allianz  des  Kaisers    mit   denselben.     Mittheilungeu  Sriimisings 

über  das  Verhalten  des  Bischofs  von  Münster.     Unterredung    des  Goess  mit  Schwerin 

über  die  Reichsangelegenheiten,  wie  über  die  polnische  und  die  kölnische  Frage.] 

10.  Juli.  Des  Kaisers  Nebeninstruction   vom  27.  Juni   aus  der  Hofkanzlei  hat  Goess 

erhalten^);  ferner  das  Creditiv  an  den  Herzog  von  Braunschweig-Lüneburg, 
sowie  die  Abschrift  dessen,  was  der  Kaiser  dem  M'^  de  Grana  und  dem  Baron 
de  Lisola  wegen  ihrer  Verrichtung  beim  Bischöfe  von  Münster  aufgetragen.  Er 
hat  aus  des  Kaisers  Weisung  entnommen,  dass  derselbe  vermuthe,  Goess  werde 
sich  unterdess  schon  zum  Herzoge  von  Braunschweig  begeben  haben.  Nun 
wird  der  Courier,  der  Goess  diese  Nachricht  hätte  bringen  sollen  und  der  auf 
die  Mittheilung  von  der  Uebergabe  der  Stadt  Braunschweig  von  Dresden  nach 
Wien  zurückgekehrt  ist,  daselbst  angelangt  sein. 

Was  nun  anbelangt  das  inutuum  vor  E.  K.  M.  vorsehlagernle  f'oodus 
defensivum,  darüber  ich  hochgedachten  H°.  Herzogen  zu  sondiren,  ob 
sie  etwa  darzu  incliniren  möchten  und  wanu  ich  was  fruchtbarliches 
auszurichten  verhoffete,  auf  solchem  Fall  das  beigeschlossene  Creditiv  zu 
überliefern,  erinnere  ich  mich  wohl,  dass  die  Herren  Herzogen,  insonder- 


')     Vergl.  das  folgende  Stück. 

-)     Schütz,  braunschweig-cellischer  Kanzler. 

^)     Liegt  nicht  vor. 


Braudeuburg  u.  die  Biaunschweiger.  Oesterreich-braunschweigische  Beziehungen.     491 

heit  der  zu  Celle  und  Osnabrück,  E^  K.  M.  vor  diesem  durch  den  \on 
Hammerstein  ein  foedus  mit  Obligation  zu  einem  ziemlichen  starken 
Secours  offeriren  lassen');  es  waren  aber  ihre  praetensiones  so  hoch  ge- 
stellt, dass  E.  K.  M.  dieselbe  nit  annehmen  können.  E^  K.  M.  werd 
zweifelsohne  von  dero  österreichischen  Gesandtschaft  aus  Regensburg 
sein  hinterbracht  worden,  dass  das  Haus  Braunschweig  zu  Miteintretung 
in  das  foedus  super  §  Und  gleich  wie  sonderlich  durch  den  Neuburgi- 
schen sollicitirt  werde;  ich  habe  den  Stratraan  darüber  sondirt;  er  mel- 
dete, wann  dem  also  wäre,  müsste  es  durch  ihren  Abgesandten  zu 
Regensburg'-)  geschehen  sein;  er  hätte  keine  Wissenschaft  darvon. 

Des  M''*  de  Grana  und  Lisola's  Verhandlungen  beim  Münsterer  sind  abzu- 
warten. Der  Domdecbant  Schmising  theilt  dem  Goess  mit,  sein  Herr  sei  auf- 
richtig dem  Kaiser  ergeben;  ich  besorge  aber,  dass  die  bekannte  Animosi- 
tät, so  er  wider  die  Staaten-General  hat,  den  Franzosen  nit  Gelegen- 
heit gebe,  ihn  in  einigen  Tractat  mit  ihm  zu  impegniren; .  . .  die  branden- 
burgischen ministri  halten  darfür,  dass  er  ziemlich  gut  französisch  seie, 
so  ich  doch  nit  wohl  glauben   kann. 

Mit  Schwerin  spricht  Goess  wieder  über  die  Wege  eine  bessere  Einigung 
mit  dem  Kaiser  zu  stiften,  klagt,  dass  der  Kurfürst  immer  seine  persönlichen 
Interessen  betone,  dass  anstatt  bessere  Vereinigung,  das  foedus  super  § 
Und  gleich  wie,  ein  gefährlicheres  Schisma,  als  lang  nit  gewesen,  im 
Reich  gemacht,  käme  sofort  auf  die  polnische  Sach,  da  unser  commune 
Interesse  so  notorium  und  so  oft  vor  Augen  gestellt  worden  wäre.  .  .  . 
Super  §  Und  gleich  wie  bekennete  er,  dass  I.  Ch.  D.  noch  immer  stark 
bestünden  und  ist  wohl  zu  vermuthen,  dass  sie  sich  nit  leicht  von 
den  übrigen  Confoederirten  separiren  und  dass  auch  dieses  foedus  dem- 
jenigen, so  E.  K.  M.  da  vorschlagen,  so  viel  diesem  Churfürsten  anbe- 
langt, im  Weg  stehen  werde.  Wegen  der  polnischen  Dingen  gäbe  er  mir 
sowohl  ratiüue  communis  Interesse,  als  der  von  der  Seiten  zu  besorgen 
stehender  Gefahr,  Beifall,  contestirte  abermalen,  dass  I.  Ch.  D.  mit  denen 
Malcontenten  nit  die  geringste  Communication  noch  Verständnus  hätten, 
sie  wären  noch  intentionirt  ...  einen  Abgesandten  nach  Polen  zu  schicken.  ... 
Wegen  des  cöUnischen  Werks  kommt  ihm  zwar  bedenklich  vor,  dass 
selbiger  Churfürst  so  stark  werbe;  er  haltet  doch  noch  darfür,  dass  der 
König  in  Frankreich  sich  hierin  nit  einmengen  werde  und  versichert, 
dass  I.  Ch.  ü.  die  Stadt  in  alle  Weg  in  statu  quo  erhalten  helfen  werden.  .. . 

^)     Ueber  Hammerstein's  JJisssion  nach  Wien  im  Herbste  1667  Köcher  1.  c.  I.  551  ff. 
■)     Yrsch. 


492      V.   Zweite  Mission  des  Freihenn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668  — Sept.  1671. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   17.  Juli  1671.   (Or.) 

[Urtheil    des   Goess    über    die  vom   Kaiser    im  Reiche  einzuschlagende  Politik,    sowie 

über  das  geplante  Bündnis  mit  Braunschweig  und  Brandenburg.     P.  S.    Anerbietungen 

des  Neuburgers.     Urtheil  des  Goess  über  dieselben.] 

17.  Juli.  Befehl  vum  9.  erhalten.     Wird   an  Schütz   schreiben,   aber  nur  allgemein, 

bis  er  erfahren  hat,  was  Schütz  auf  des  Windischgrätz  Vorschläge  geantwortet, 
da  er  einen  Uebereifer  für  schädlich  hält. 

Ich  kann  mir  leicht  die  Gedankeu  machen,  (ias.s.  wie  es  wühl  das 
beste  wäre,  also  auch  E.  K.  M.  für  alles  verlangen,  dass  man  mit  der 
so  lang  getractirten  Reichsverfassung  aufkommen  und  dardurch  das 
Reich  in  bessere  Sicherheit  setzen  könnte  und  dass  weilen  hierzu  bishero 
nit  zu  gelangen,  sondern  üccasione  des  §  Und  gleich  wie  fast  grössere 
Trennung  eingerissen,  E.  K.  M.  bewogen  werden  auf  ein  solches  Particu- 
larfoedus  zu  gedenken,  damit  sowohl  sie,  als  die  Stände,  mit  welchen 
man  tractirt,  in  guugsamer  Verfassung  stehen,  geraelte  Stände  von  an- 
dern Gedankeu  abgehalten,  die  confoederirte  Exteudisten  auch  die  Rech- 
nung machen  mögen,  dass  ihnen  schwer  fallen  wcrd,  mit  ihrer  Intention 
wider  das  ganze  römische  Reich  durchzudringen;  also  ist  nicht  zu  zwei- 
feien, dass  diese  dero  gnädigste  Intention  und  vorgesetzter  Zweck  von 
allen  Wohlintentionirten  zum  höchsten  werd  geriihmet  werden;  wie  aber 
im  römischen  Reich  nichts  schädlicher,  als  dass  darin  gleichsam  altare 
contra  altare  aufgericht  und  sub  praetextu  foederum,  neue  und  gefähr- 
liche Trennung  und  Mistrauen  eingeführt  werden,  als  wäre  ich  der  unter- 
thänigsten  Meinung,  man  hätte  auf  alle  Mittel  und  Wege  zu  gedenken, 
damit  man  das  foedus  super  §  Und  gleich  wie  dissolvire,  die  darin  be- 
griffene Stände '),  welche  gleichwohl  von  grosser  Macht  und  Vermögen, 
zu  besserer  Einigkeit  bringe  und  also  dieses  aufgehende  Feuer  in  die 
Asche  dämpfe.  Ich  verhoffe,  die  darbet  interessirte  Stände  werden  sich 
um  so  tractabler  erzeigen,  weilen  sie  selbst  guugsam  absehen  können, 
zu  was  für  gefährliche  Extremitäten  dieses  Werk  mit  der  Zeit  ausschla- 
gen kann.  .  .  . 

Was  nun  diesen  Churfürsten  und  das  foedus,  so  E.  K.  M.  gleichfalls 
mit  demselben  gern  antreten  wollen,  betrifft,  habe  ich  P.  F.  G.  von  Lob- 
kowitz  unterm  27.  Martii  nächsthin  ziemlich  ausführlich  bericht,  wie  ich 
eins  und  anders  bei  diesem  Hof  disponirt  befunde')  und  was  zu  Befür- 
derung   E'.  K.  M.   gnädigster  Intention    dienlich  sein  möchte;    dahin  ich 


')     Es  waren  dies  Köln,  Baiern,  Brandenburg,  Neuburg,  Mecklenburg-Schwerin. 
^)     Liegt  nicht  vor. 


Des  Kaisers  Reichspolitik.    Neuburg.    Oesterreich-braunschweicr  Beziehungen.      493 

mich  auch  diesmalen  remittire,  jedoch  noch  dieses  hinzu  zu  setzen  habe; 
dass  wann  E.  K.  M.  ein  beständiges  foedus  mit  Schweden  eingehen 
sollten,  dieses  um  so  mehr  diesen  Churfürsten  zu  guten  Vernehmen  mit 
deroselben  antreiben  würde,  weilen  niemand  S^  Ch.  D.  rathen  könnte, 
dass  sie  sich  in  übler  Verständnus  zwischen  E.  K.  M.  und  die  Könige  in 
Polen  und  Schweden  finden  lassen  sollten. 

P.  S.  Aut.  Stratman  tlieilt  dem  Goess  mit.  sein  Herr  sei  dem  Kaiser  sehr 
günstig  gesinnt  und  wäre  bereit  im  Interesse  des  Kaisers  zu  wirken,  ja  selbst 
nach  Wien  zu  reisen,  wenn  das  secretum  gewahrt  bliebe.  Goess  glaubt  die 
Reise  des  Herzogs  von  Neuburg  nach  Wien  würde  auffallen;  doch  könnte 
Stratman.  der  beim  Herzog  sehr  viel  gilt,  nach  Wien  reisen  und  dort,  unter 
dem  Yorwande  eine  Entscheidung  über  des  Herzogs  Streit  mit  den  Ständen 
abzuwarten,  über  die  im  Interesse  des  Kaisers  zu  ergreifenden  Massregeln  be- 
rathen.  Goess  empfiehlt  dem  Kaiser  die  Annahme  dieses  Anerbietens  sehr,  da 
er  sich  von  der  Mitwirkung  des  Herzogs  von  Neuburg  und  Stratman"s  viel  ver- 
spricht. 


Die  nächsten  Berichte  des  Goess  enthalten  nichts  wesentliches.  Der  Kur- 
fürst und  Schwerin  zeigen  viel  mehr  Zuversicht  als  der  Kaiser  die  Kölner 
Streitfrage  auf  gütlichem  Wege  beizulegen.  An  eine  Abberufung  der  branden- 
burgischeu  Gesandten  aus  Regensburg  denkt  man  in  Berlin  nicht;  ebensowenig 
glaubt  man  an  einen  Gewaltstreich  des  Kurfürsten  von  Köln  oder  Frankreichs 
gegen  die  Stadt  Köln  (Berichte  vom  24.  Juli,  3.  und  7.  Aug.  1671). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  2.  August  1671.  (Conc.) 

[Particularbündnis    des    Kaisers    mit    Braunschweig.      Schwedisch-österreichische    Be- 
ziehungen.    Stratman's  Reise  nach  Wien  betreffend.] 

Goess  soll  in  seinem  Schreiben  an  Schütz  des  Particularbündnisses,   wenn  2.  Au^ 
auch  in  allgemeiner  Form,  Erwähnung  thun.   da  der  Kaiser   sich  entschlossen 
hat,  durch  ihn  und  nicht  durch  Windischgrätz  die  Sache  in  Vorschlag  bringen 
zu  lassen. 

Zu  einem  Bündnisse  mit  Schweden  ist  der  Kaiser  bereit  und  lässt  schon 
darüber  verhandeln. 

Die  Art  der  Verhandlungen  über  die  Herstellung  eines  engeren  -Verhält- 
nisses mit  Brandenburg  überlässt  der  Kaiser  vollständig  dem  Ermessen  des  Ge- 
sandten. Den  Plan  der  Reise  Stratman's  an  den  Wiener  Hof  billigt  der  Kaiser 
und  verspricht  alles  zur  Wahrung  des  secreti  vorkehren  zu  wulleu. 


494      V.  Zweite  Mission  des  Freiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  1668^Sept.  1671. 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  5.  Aug-.   1671.    (Conc.) 

[Kölner  Streitfrage.] 

5.  Aug.  Der  Kaiser  theilt  dem  Kurfürsten  mit,   dass   die  Staaten  sich  entschlossen 

haben,  der  Stadt  Köln  zu  Hilfe  zu  eilen.  Der  Kaiser  habe  dieses  Anerbieten 
mit  Dank  angenommen  und  beschlossen,  dass  das  Commando  sowohl  über  die 
staatischen  als  kaiserlichen  Truppen,  die  dahin  gesendet  werden  sollen,  der  vom 
Kaiser  verordneten  Commission  aufgetragen  werden  soll.  Da  nun  der  Kur- 
fürst zu  dieser  Commission  gehört,  zweifelt  der  Kaiser  niclit,  dass  der  Kurfürst 
des  Kaisers  Entschluss  gerne  vernehmen  und  fördern  wird. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin   14.  August  1671.  (Or.) 

[Brannschweigische    Beziehungen    betreiFend.     ürtheil    des  Goess   über  die  Stimmung 

am  brandenburgischen  Hofe.     Landgräfin  von  Hessen-Cassel.     Jena's  Bericht  über  die 

Abmachungen  zu  Bielefeld.     Stratman's  Reise  nach  Wien  betreffend.] 

14.  Aug.  Befehl  vom  2.  Aug.  erhalten;  wird  sobald  Schütz  auf  sein  voriges  Schreiben 

geantwortet,  demselben  wegen  des  Bündnisses  in  allgemeiner  Form  scbreiben. 
Bei  diesem  churfürstlichen  Hof  werde  ich  nichts  an  mich  erwinden  lassen, 
was  zu  Befürderung  E"".  K.  M.  Dienste  und  gnädigster  Intention  gereichen 
möge.  I:I)ie  Sachen  bleiben  noch  im  vorigen  statu;  auf  einer  Seiten 
ist  man  mit  uns  übel  zufrieden,  auf  der  andern  ist  die  starke  Reflection 
auf  Frankreich;  dann  ob  man  zwar  contestirt,  welches  ich  auch  einiger- 
massen  glauben  kann,  dass  man  mit  Frankreich  kein  impegno  habe,  so 
hütet  man  sich  doch  etwas  zu  thuen,  was  Disgusto  oder  Mistrauen  ver- 
ursachen möchte.  Der  Schwerin  hat  noch  unlängst,  als  Meldung  ge- 
schehen wäre  wegen  besserer  Vereinigung  mit  E^  K.  M.,  die  Difficultät 
darin  gesetzt,  dass  man  hierdurch,  gleichwie  Holland,  des  Königs  in 
Frankreich  Aversion  und  mithin  viel  böse  Händl  auf  sich  ziehen  möchte. 
Ich  bin  noch  der  vorhin  berichteten  unterthänigisten  Meinung,  wann 
Pfalz-Neuburg  auf  unsere  Seiten  gebracht  würde,  dass  durch  ihme  und 
durch  die  andere  nicht  wenig  bei  diesem  Hof  könnte  gerichtet  werden  :|. 
Berlepsch  überbringt  dem  Goess  die  Grüsse  der  Landgräfin  von  Hessen- 
Cassel,  welche  behauptet  bei  ihren  früheren  Beschlüssen  zu  verharren.  Goess 
wird  ihre  Ansichten  bezüglich  der  vom  Kaiser  gewünschten  Einigung  zu  er- 
fahren suchen.  Jena  ist  aus  Bielefeld  zurück;  seiner  Ansicht  nach  ist  wenig 
auf  diese  Kreisverfassung  zu  bauen;  er  misbilligt  sehr  die  grosse  Nachgiebigkeit 
des  Kurfürsten  von  Brandenburg  gegenüber  Neuburg ').  Stratman  wird  so  bald 
als  möglich  zum  Herzoge  von  Neuburg,  um  mit  demselben  über  die  Sendung 
nach  Wien  zu  sprechen. 

')     lieber  JeiKi's  Aufenthalt  in  Bielefeld  vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  '20. 


Kölner  Frage.    Stiininung  am  hrandenb.  Hofe.    Unterredung  Anhalts  mit  Oranien.      495 

Goess  UM  den  Kaiser.     Dat.   Berlin  28.  Aug-ust  1671.  (Gr.) 

[Unterredung  iles  Goess  mit  Schwerin  über  die  Kölner  Streitfrage  und  über  die  Reichs- 
verfassung. Mittheilungen  des  Fürsten  von  Anhalt  über  seine  Unterredungen  mit  dem 
Prinzen  von  Oranien  und  dem  Rheingrafen,  vornehmlich  Brandenburgs  Stellung  in 
den  grossen  Fragen  der  europäischen  Politik  betreffend,     ürtheil  des  Goess  über  diese 

Verhandlungen.] 

Goess  spricht  mit  Schwerin  bezüglich  der  Beilegung  der  zwischen  dem  28.  Aug. 
Kurfürsten  von  Köln  und  der  Stadt  Köln  herrschenden  Streitigkeiten  und  be- 
tont, dass  der  Kaiser  eine  friedliche  Entscheidung  will,  auf  die  strenge  Einhal- 
tung des  Weges  Rechtens  aber  sehen  müsse.  Schwerin  behauptet,  das  sei  auch 
die  Absicht  des  Kurfürsten,  der  alles  thun  wolle,  um  die  Stadt  bei  ihrem 
vorigen  Stand  und  Wesen  zu  erhalten. 

Goess  betont  auch,  dass  der  Kaiser  entschlossen  sei,  die  Angelegenheit  der 
Reichsverfassung  in  Regensburg  demnächst  wieder  zur  Sprache  zu  bringen ') 
und  ersucht  Schwerin  dahin  zu  wirken,  dass  des  Kurfürsten  Vertreter  die 
Kaiserlichen  zu  unterstützen  Auftrag  erhalten.  Wie  Goess  vernimmt,  ist  Schwerin 
zur  Wiederherstellung  eines  guten  Einvernehmens  zwischen  Brandenburg  und 
Oesterreich  sehr   geneigt. 

Wie  der  Fürst  von  Anhalt  dem  Goess  mittheilt,  hat  er  mit  dem  Prinzen 
von  Oranien,  der  sich  auf  der  Rückreise  nach  Holland  in  Dessau  aufhielt,  über 
verschiedene  Dinge  gesprochen.  |:  Er  sagt  mir,  dass  der  Prinz  gar  nit  gut 
französisch  seie,  sondern  zu  E"".  K.  M.  hochlöbl.  Erzhaus  Inclination  und 
Devotion  habe.  Er  und  der  junge  Rheingraf"),  welcher  catholisch  und  in 
spanischen  Dienste  ist,  haben  dem  Fürsten  erstlichen  diese  Fragen  gethan, 
ob  Churbrandenburg  mit  Frankreich  engagirt  und  dann,  ob  derselbe 
nit  viel  besser  ihr  Interesse  darbei  haben  würde,  wann  er  sich  mit 
Spanien  und  Evangelischen  wohl  verstünde.  Der  Rheingraf  hat  gezeigt 
wohl  informirt  zu  sein  von  allem  dem,  was  vor  diesem  von  spanischer 
Seiten  mit  Churbrandenburg  getractirt,  aber  nit  zugehalten  worden. 
Die  Sachen,  wie  er  gemeldet,  giengen  nun  auf  eine  andere  Weis  zu, 
und  wäre  der  Conde  de  Monterey^)  überaus  punctual  in  Zuhaltung 
dessen,  was  getractirt  und  verglichen  worden;  thäte  demnach  vorschla- 
gen, dass  man  Churbrandenburg  jährlich  vor  150  000  Reichsthaler  Bol- 
Salz,  welches  er  in  seinen  Landen  verschleissen  könnte,  gegen  einem  ge- 
wissen Succurs,  so  Churbrandenburg  an  Spanien  zu  thuen.  geben  würde. 
Der  Prinz  von  Oranien  s;chlüge  auf  der  andern  Seiten  vor,  wann  Chur- 
brandenburg   von    den    Holläiideiii    12  000  .Mann    begohrn    und    dieselbe 


^)     Vergl.  die  Acten  bei  Pachner  1.  c.  I.  540 ff. 

^)     Karl,  der  Sohn  Friedrichs. 

^)     Gubernator  der  spanischen   Niederlande. 


496      ^'-  i^weite  Slissiou  des  Fieiherrn  Johann  von  Goess.     Oct.  ITiGS  —  Sept.  1(571. 

halb,  halb  aber  die  andern  unterhalten  möchten,  ihme  oder  denen  Spa- 
niern in  Kriegszeiten  assistirn,  wollte  er  durch  seine  gute  Freunde  die 
Sach  wohl  dahin  richten  helfen,  dass  man  deroselben  auch  tempore  pacis 
ein  Subsidium  zu  Haltung  von  3 — 4000  Mann  reichen  solle.  Der  Fürst 
von  Anhalt  hielte  doch  darfür,  wann  diese  Offerten  von  der  andern  Seiten 
zu  erhalten,  dass  Churbrandenburg  völlig  auf  unsere  parte  zu  bringen 
sein  würde,  und  dann,  wann  dieses  geschehen,  dass  Frankreich  sich  nie 
unterstehen  w'ürde  einen  Krieg  anzufangen.  Nun  weiss  ich  nit,  mit 
was  Fundament  oder  Ordre  diese  Proposition  der  Rheingraf  gethan ; 
wegen  Spanien  bin  ich  allzeit  der  Meinung  gewesen,  was  man  sich  ge- 
trauet zu  praestiren,  dass  man  es  thuen  solle,  dann  der  contrarius 
agendi  modus  hat  allzeit  mehr  geschadet  als  genutzet.  Dieses  begreife 
ich  auch  wohl,  wann  dieser  Vorschlag  werkstellig  gemacht  und  der 
König  in  Frankreich  dardurch  wenigstens  solang,  bis  aber  der  König  in 
Spanien  zu  seinen  Jahren  komme,  vom  Krieg  künnte  abgehalten  werden, 
dass  utrinque  Geld  und  Salz  nit  allein  ex  ratione  politica,  sondern 
auch  oeconomica  sehr  wohl  angelegt  wäre.  Der  Fürst  von  Anhalt  ist 
mit  dem  Rheingrafen  verblieben,  dass  sie  das  Werk  den  ihrigen  weiter 
incaminiren  und  ihme  von  beiderseits  Resolution  Nachricht  geben  sollen. 
Ich  habe  insinuirt,  dass  mit  dem  Pensionario  de  Witt  nothwendig  Con- 
fidenz  zu  macheu,  dann  ohne  ihn  werden  sie  schwerlich  fortkommen. 


Goess  an  den  Kaiser,     Dat.  Berlin  7.  September  1671.   (Or.) 

[Mittheilungen    des    Schütz    über    die   Stellung    der  Braunschweiger  Fürsten.     Nach- 
richten über  Brandenburgs  Stellung  zur  Kölner  Streitfrage.] 

7.  Sept.  Schütz  hat   geschrieben ,    der  braunschweigischen  Angelegenheit  nur  kurz 

gedacht,  im  übrigen  aber  betont,  dass  die  Herzogen  von  den  Fremden 
fleissig  besucht  und  soUicitirt  werden  und  zwar  mit  vorwendender  so 
guter  Intention  zu  Beförderung  des  publici  boni,  dass  man  Mühe  habe 
zu  decliniren,  worzu  man  sonsten  nit  geneigt,  welches  zweifelsohne 
auf  des  Verjus  und  des  Fürst  Wilhelms  Negociation  vermeint')  Goess 
hat  geantwortet  und  der  Verbindung  der  Herzoge  mit  dem  Kaiser  im  Sinne  der 
kaiserlichen  Instruction  gedacht.  Man  theilt  dem  Goess  mit,  dass  der  Kurfürst 
von  Brandenburg  au  den  von  Köln  geschrieben  und  erklärt  habe,  ein  gewalt- 
sames Vorgehen  gegen  die  Stadt  Köln  nicht  dulden  zu  können;  Goess  hält 
dafür,  dass  Brandenburg  es  in  dieser  Frage,  schon  mit  Rücksicht  auf  das  eigene 
Interesse,  ehrlich  meine. 

1)     Vergl.  Enneu  1.  c.  I.  244;  Miguet  i.e.  III.  290f. 


Köln.  Streitfrage.     Des  Kurfürsten  Haltung.     Brandenbg.  u.  d.  Tripleallianz.  497 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Datum  bericMet  Goess,  dass  Kur- 
küln  in  die  Bielefelder  Union  aufgenommen  worden,  jedoch  ausdrücklich  be- 
stimmt worden  sei.  dass  die  Streitfrage  des  Erzbischofes  mit  der  Stadt  mit  dieser 
Einigung  nichts  zu  thun  habe^). 


Von  Berlin  begab  sich  Goess  nach  Carlsbad,  wo  er  das  kaiserliche  Schreiben 
vom  28.  Sept.  (Conc.)  erhielt,  durch  das  ihm  mitgetheilt  wurde,  dass  man  dem 
spanischen  Botschafter  von  den  Vorschlägen  des  Prinzen  von  Oranien  wegen 
des  Bolsalzes  keine  Mittheilung  gemacht  habe,  weil,  wie  Goess  selbst  behauptet, 
nichts  erspriessliches  zu  erwarten  sei.  Auf  diese  Weisung  antwortet  Goess  am 
(5.  Oct. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Carlsbacl  6.  October  1671.  (Or.) 

[Mittheilungen    aus   Berlin    über   des  Kurfürsten  Haltung.     Stellung  Brandenburgs  zu 

der  Tripleallianz.] 

Von  dem  Priuzeu  von  Oranien  ist  meines  ^Vissens  wegen  des  vor-  G.  Oct. 
hin  unterthänigst  berichten  Vorschlags  weiter  nichts  einkommen.  Von 
Berlin  aus  werde  ich  bericht,  dass,  als  der  Fürst  von  Anhalt  P.  Ch.  D. 
die  motiva  und  rationes  vorgetragen,  warum  dieselbe  sich  sonderlich  bei 
gegenwärtigen  Coniuncturen  allerdings  mit  E.  K.  M.  zu  vereinigen,  S. 
Ch.  D.  es  gern  angehört  und  gute  Disposition  darzu  vermerken  lassen 
Ich  habe  bis  dato  gegen  dieselbe  wegen  ihrer  Miteintretung  in  das  mit 
Chur-Mainz  und  andern  Chur-  und  Fürsten  geschlossenen  foederis  nichts 
gemelt^),  um  willen  ich  die  Disposition  nit  darnach  gesehen;  weilen 
ich  aber  aus  höchstgedachten  E^  K.  M.  gnädigsten  Schreiben  an  Chur-Mainz 
und  an  den  Marchese  de  Grana  so  viel  ersehe,  dass  auch  Chur-Cölln, 
der  Herzog  von  Neuburg  und  der  Bischof  zu  Strassburg  zur  Miteintretung 
in  dieses  foedus  sich  offeriren,  als  stelle  ich  zu  E^  K.  M.  gnädigsten 
Gutbefinden,  ob  nit  rathsam ,  dass  ich  an  den  Baron  von  Schwerin 
destwegen  ein  Anwurf  durch  Schreiben  thue,  damit  S.  Ch.  D.  sich  nit, 
wie  mit  der  Tripleallianz  geschehen,  beklagen,  dass  man  sie  negligirt 
und  nach  allen  anderen  erst  darzu  invitirt  .... 


')     Köln  war  am  8.  Juli  der  Bielefelder  Allianz  beigetreten.     Mörner  1.  c.  344. 
-)     Vergl.  über  dieses  Bündnis  und  die  Identität  desselben  mit  dem  Marienburger 
vom  10.  Jan.  167-2  Guhrauer  1.  c.  I38f. 


Mater,  z.  Uesch.  d.  G.  Kurfiiisleii.     XIV.  32 


VI. 

Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien. 

1672-1675. 


32* 


Einleitung. 


Es  war  eine  eigenthümliche  Lage,  in  der  sich  Leopold  gegen  Schluss  des 
Jahres  1671  befand.  Aufgewachsen  in  einer  Umgebnng,  die  von  dem  tiefsten 
Grolle  gegen  die  französische  Nation  erfüllt  war.  erzogen  A^on  Männern,  die  mit 
leidenschaftlichem  Eifer  den  Hass  gegen  das  gewaltig  aufstrebende  Haus  der 
Bourbonen  in  das  empfängliche  Gemüth  des  jungen  Fürsten  zu  pflanzen  bestrebt 
waren .  hatte  Leopold  von  Jugend  auf  in  dem  jungen  Könige  von  Frankreich 
nicht  blos  seinen  politischen,  sondern  auch  seinen  persönlichen  Gegner  gesehen 
und  diese  Antipathie  war  um  so  stärker  geworden,  je  häufiger  er  als  Herrscher 
Gelegenheit  gehabt  hatte,  das  feindliche  Vorgehen  Ludwig  XIV.  zu  beobachten; 
zu  sehen,  wie  der  junge  Fürst  alle  Kräfte  seines  weiten,  mächtigen  Eeiches 
anspannte,  um  ihn,  seinen  Nebenbuhler  im  Kampfe  um  die  Suprematie  in  Europa, 
zu  vernichten.  Und  mit  diesem  Manne,  den  er  im  Grunde  seiner  Seele  hasste 
und  gegen  den  er  eine  unüberwindliche  persönliche  Abneigung  hegte,  hatte 
Leopold  zu  Beginn  des  Jahres  1668  einen  Vertrag  geschlossen,  durch  welchen 
Ludwig  XIV.  kostbare  Theile  der  spanischen  Erbschaft  für  den  Fall  ihrer  Er- 
ledigung zugewiesen  wurden  und  diesen  Vertrag  am  1.  November  1671  nicht 
nur  erneuert,  sondern  durch  diese  neue  Vereinbarung  dem  Könige  von  Frank- 
reich gegen  die  Holländer  freie  Hand  gelassen.  Es  fällt  nicht  leicht,  diesen 
Schritt  Leopolds  zu  erklären.  Denn  dass  derselbe  von  der  Bedeutung  dieser 
Verträge  keine  rechte  Vorstellung  gehabt,  sich  ganz  auf  den  Fürsten  von  Lob- 
kowitz  verlassen  habe  und  dessen  Rathschlägen  blindlings  gefolgt  sei,  wird 
man  wohl  nicht  ernstlich  behaupten  wollen.  Viel  zu  genau  war.  wie  wir 
wissen,  der  Kaiser  von  dem  Gange  der  Unterhandlungen  unterrichtet  und  viel 
zu  eifersüchtig  auf  die  Wahrung  seiner  Autorität,  als  dass  er  blos  auf  den  Rath 
seines  von  ihm  allerdings  in  jenen  Tagen  hochgeschätzten  Ministers  seine  Zu- 
stimmung zur  Unterzeichnung  eines  Vertrages  gegeben  hätte,  welcher  ihn  mit 
alledem,  was  er  seit  seiner  Jugend  als  Regierungsmaxime  angesehen,  in  Wider- 
spruch brachte.  Aber  auch  die  anderen  zur  Erklärung  dieses  Schrittes  gel- 
tend gemachten  Gründe  erscheinen  nicht  ganz  hinreichend.  Denn  mag  auch 
die  Furcht  von  Frankreich  in  dem  Augenblicke  angegriffen  zu  werden,  wo  die 
Bewegungen  in  Ungarn  und  der  Kampf  gegen   die  Türken  seine  Kräfte  vollauf 


502  VI.  Goess  in  Jkrlin,  Aiihnlt  in  Wien.     1672—  1675. 

in  Anspruch  naiunen,  eine  sehr  grosse  gewesen  sein,  mag  auch  das  zum  Theile 
feindliche,  zum  Theile  zögernde  Benehmen  der  Reiehsfürsten  und  die  Zurück- 
haltung der  Staaten  den  Kaiser  sehr  verdrossen  haben,  mag  auch  der  Einfluss 
jener  Kreise  ein  sehr  bedeutender  gewesen  sein,  welche  auf  den  ungeheueren 
Vortheil  hinwiesen,  der  aus  der  Einigung  der  beiden  bedeutendsten  katholischen 
Mächte  erwachsen  würde,  die  Durchführung  einer  Vereinbarung  mit  Frankreich 
für  möglich  erklärten  und  dieses  Opfer  persönlicher  Neigung  vom  Kaiser  als 
Beweis  kaiserlicher  Gesinnung  forderten,  all  dies  hätte  Leopold  wohl  schwerlich 
vermocht  seine  Zustimmung  zu  einer  Politik  zu  geben,  durch  welche  die  Nieder- 
lande ihrem  Schicksale  überlassen  wurden,  wenn  er  nicht  der  festen  Ueber- 
zeugung  gewesen  wäre,  dass  die  protestantischen  Staaten,  in  erster  Linie  der 
Kurfürst  von  Brandenburg  dem  Untergange  Hollands  nicht  ruhig  zusehen,  viel- 
mehr die  "Waffen  zur  Aufrechterhaltung  des  Gleichgewichtes  ergreifen  Avürden. 
War  dies  aber  der  Fall,  konnte  der  Kaiser  mit  Bestimmtheit  darauf  rechnen, 
dass  der  Krieg  des  übermächtigen  Königes  von  Frankreich  gegen  die  Nieder- 
länder nicht  mit  der  gänzlichen  Vernichtung  der  letzteren  enden  werde,  dann 
konnte  ihm,  im  Hinblicke  auf  das  Sonderinteresse  seines  Hauses,  ein  französisch- 
holländischer Conflict  nicht  unerwünscht  erscheinen.  Denn  nur  ein  solcher 
liess  hoffen,  dass  Ludwig  XIV.  die  seit  Jahren  mit  den  Ungarn,  Polen  und 
Türken  gepflogenen  Unterhandlungen  abbrechen,  von  der  Unterstützung  aller 
unzufriedenen  Elemente  des  österreichischen  Staates  ablassen  und  dadurch  dem 
Kaiser  die  Unterwerfung  der  widerspenstigen  Unterthanen  und  die  Besiegung 
der  feindlichen  Nachbarn  erleichtern  werde.  Dass  diese  Auffassung  eine  irrige 
war,  ist  gewiss.  Leopold  bedachte  eben  bei  all  seinen  Erwägungen  nicht  den 
später  wirklichen  eingetretenen  Fall,  dass  es  Frankreich  gelingen  könne,  wie 
ihn,  so  auch  die  übrigen  Fürsten  Europa's  zur  Preisgebung  der  Niederlande  zu 
vermögen,  diese  ungestört  über  den  Haufen  zu  werfen  und  sich  dann  gegen 
das  Reich  und  den  Kaiser  zu  wenden;  ein  Versehen,  das  um  so  weniger  zu 
entschuldigen  ist,  als  es  an  seinem  Hofe  und  in  seiner  Umgebung  an  Männern 
nicht  fehlte,  welche  mit  nicht  genug  zu  rühmendem  Freimuthe  die  bedenklichen 
Folgen  dieser  Frankreich  freundlichen  Politik  betonten  und  mit  überzeugenden 
Gründen  die  Nothwendigkeit  eines  energischen  Vorgehens  gegen  Ludwig  und 
dessen  Verbündete  nachwiesen.  Allen  anderen  voran  der  alte,  unversöhnliche 
Gegner  Frankreichs,  der  geistreiche  Franz  von  Lisola,  der  seit  Jahren  an  dem 
Plane  eines  grossen  Bundes  gegen  Ludwig  arbeitend,  in  einem  zu  Beginne  des 
Jahres  1672  verfassten,  durch  Klarheit,  Schärfe  und  Praecision  gleich  ausge- 
zeichneten Memoriale  alle  Gründe  widerlegte,  welche  den  Kaiser  zum  Anschlüsse 
an  Frankreich  vermögen  könnten,  den  Krieg  Ludwig  XIV.  gegen  Holland  als  ein 
Vorspiel  des  Kampfes  gegen  das  Reich  und  den  Kaiser  bezeichnete  und  auf  das 
entschiedenste  für  den  gänzlichen  Bruch  mit  Frankreich,  für  den  Abschluss  mit 
den  Staaten  und  mit  allen  anderen  Mächten  eintrat,  die  an  dem  Kampfe  gegen 
Frankreich  theilzunehmen  willens  wären ').    Allein  weder  Lisola,  noch  die  übrigen 

^)     Vergl.  Grossmann,  Der  kaiserliche  Gesandte  Franz  von  Lisola  im  Haag  1672 
bis  1673.     Arch.  für  Kunde  öst.  Gesch.  LI.  p.  12 ff. 


Einleitung-.  503 

Männer,  die  seiner  Ansiclit  beipflichteten  —  unter  ihnen  Graf  Montecnccoli.  des 
Kaisers  bester  Feldherr  —  vermochten  gegen  den  übermächtigen  Einfluss  des 
Fürsten  Lobkowitz,  dessen  Ansichten  Leopold  theilte.  etwas  auszurichten.  Der 
Kaiser  blieb  dabei,  dass  das  Interesse  seines  Staates  die  Erhaltung  guter  Be- 
ziehungen zum  französischen  Hofe  erheische  und  es  bedurfte  erst  der  vielen  in 
den  näclisten  Jahren  eingetretenen  Ereignisse,  um  ihn  von  der  Irrigkeit  seiner 
Meinung  zu  überzeugen. 

Die  in  diesem  Capitel  mitgetheilten  Schriftstücke  gestatten  diesen  Um- 
schwung in  der  Auffassung  des  Kaisers  zu  verfolgen.  Sie  zeigen,  wie  Leopold 
durch  den  Gang  der  Ereignisse  sich  allmählig  von  der  Schädlichkeit  seiner 
Frankreich  freundlichen  Haltung  überzeugt,  wie  er  zu  der  von  ihm  ursprünglich 
befolgten  Politik  zurückkehrt  und  im  Vereine  mit  dem  Kurfürsten  von  Branden- 
burg und  mit  den  übrigen  von  Frankreich  bedrohten  Fürsten  den  Kampf  gegen 
den  einen  alle  bedrohenden  Gegner  aufnimmt. 

Die  Allianz  vom  23.  Juni  1672  und  der  Vertrag  von  Vossem  vom  6.  Juni 
1673  markiren  scharf  die  Phasen  dieser  Wandlung.  Noch  ganz  initer  dem 
Eindrucke  der  mit  Frankreich  getroffenen  Abmachungen,  unbekannt  mit  der 
Grösse  der  den  Niederlanden  drohenden  Gefahr,  von  der  Furcht  erfüllt,  durch 
ein  energisches  Eingreifen  in  die  holländischen  Verhältnisse  den  König  von 
Frankreich  zu  verletzen,  bleibt  der  Wiener  Hof  dem  Drängen  des  Kurfürsten 
gegenüber,  der  seit  dem  Beginne  des  Jahres  1672  an  den  bald  erfolgenden  Ueber- 
fall  der  Niederlande  durch  Frankreich  nicht  mehr  zweifelt,  ruhig,  zurückhaltend. 
Goess,  der  zum  dritten  Male  mit  der  Aufgabe  betraut  wird,  am  Hofe  des  Kur- 
fürsten das  Interesse  des  Kaisers  wahrzunehmen,  erhält  zwar  Befehl,  dem  Be- 
dauern des  Kaisers  über  Frankreichs  Vorgehen  Ausdruck  zu  geben,  er  wird 
auch  ermächtigt  Friedrich  Wilhelm  die  Hilfe  des  Kaisers  für  den  Fall  in  Aus- 
sicht zu  stellen,  dass  der  Brandenburger  sich  mit  Holland  einigen  und  als 
Bundesgenosse  der  Holländer  vom  Könige  von  Frankreich  in  seinem  Lande  an- 
gegriffen werden  sollte,  allein  es  wird  dem  kaiserlichen  Gesandten  zugleich  auf 
das  strengste  aufgetragen,  jedes  bindende  Versprechen  in  der  holländischen 
Angelegenheit  und  auch  sonst  alles  zu  vermeiden,  was  dem  Könige  von  Frank- 
reich Anlass  zur  Klage  geben  könnte.  Und  entgegen  dem  Wunsche  des  Kur- 
fürsten, der  den  Abschluss  eines  die  holländischen  Verhältnisse  betreffenden 
Bündnisses  wünschte,  wird  Goess  beauftragt  den  Eintritt  Friedrich  Wilhelms  in 
den  blos  zur  Wahrung  des  Reichsfriedens  mit  den  Fürsten  von  Mainz  und  Trier 
bereits  geschlossenen  Vertrag  zu  empfehlen.  Kein  Wunder  daher,  dass  Goess, 
wie  er  in  seinem  zu  Beginn  des  Jahres  1672  auf  Befehl  des  Fürsten  Lobkowitz 
abgefassten  überaus  vorsichtig  gehaltenen  Memoriale  vorher  gesehen  hatte,  in 
Berlin  in  die  schwierigste  Lage  gerieth.  Denn  während  er  seinen  Instructionen 
entsprechend  alles  aufbot,  um  den  Kaiser  in  keiner  Hinsicht  zu  binden  und  den 
Kurfürsten    für    den  Eintritt  in  das  Provisionalbündnis  zu  bewegen ').    das  mit 


')  Dieses  Bündnis  war  am  10.  Jan.  I(i72  zwischen  dem  Kaiser,  Mainz,  Trier, 
Sachsen,  Münster  und  Brandenburg-Culmbach  geschlossen  worden;  Dumont  C.  U. 
VILi  210. 


504  VI-  Goess  in  Berlin,   Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

der  holländischen  Angelegenheit  nichts  zu  thiiii  Iiatte.  forderte  der  Knrfürst.  ins- 
besondere seitdem  er  ungeachtet  der  Drohungen  Frankreichs  und  des  zögernden 
Benehmens  der  meisten  deutschen  Fürsten  mit  den  Staaten  sich  geeinigt'), 
immer  dringender  den  Eintritt  des  Kaisers  in  das  brandenburg-holländische 
Bündnis.  Allein  alle  diese  Bemühungen  des  Kurfürsten  und  seiner  Räthe,  so- 
wie des  in  Berlin  weilenden  Vertreters  der  Staaten,  Amerongen^),  wären,  ob- 
gleich es  ihnen  nicht  schwer  wurde,  Goess  von  der  Richtigkeit  ihrer  Behaup- 
tungen zu  überzeugen,  ohne  Erfolg  geblieben,  wenn  nicht  das  unerwartet  schnelle 
Vordringen  und  die  glänzenden  Erfolge  des  Königs  von  Frankreich  dem  Wiener 
Hofe  die  Ueberzeugung  aufgenöthigt  hätten,  dass  die  Rücksicht  auf  das  eigene 
Interesse  in  ebenso  hohem  Grade  als  das  Wohl  des  Reiches  wenigstens  die  Er- 
füllung eines  Theiles  der  kurfürstlichen  Wünsche  fordere.  Nur  dem  unmittel- 
baren Eindrucke  der  aus  den  Niederlanden  einlaufenden  Nachricliten  war  es 
zuzuschreiben,  dass  Leopold  die  mit  dem  Schwager  Friedrich  Wilhelms,  mit 
dem  Fürsten  Johann  Georg  von  Anhalt  seit  dem  Ende  des  Monates  Juni  nur 
lässig  geführten  Verhandlungen  rasch  zum  Abschlüsse  brachte  und  eine  Allianz 
unterzeichnete,  welche,  obgleich  sie  in  die  Form  einer  blossen  Erneuerung  der 
alten  Verträge  von  1658  und  1666  gekleidet  war  und  obgleich  in  derselben 
Hollands  nicht  Erwähnung  geschah,  für  die  weitere  Entwickelung  des  holländisch- 
französischen Krieges  von  ausschlaggebender  Bedeutung  werden  musste.  Denn 
Avenn  auch  in  dem  Vertrage  vom  13. /23.  Juni  1672 ")  nicht  direct  von  einer 
Diversion  zu  Gunsten  Hollands  die  Rede  war,  wenn  derselbe  sich  auch  lediglich 
auf  das  Reich  bezog  und  in  demselben  alles  vermieden  war.  was  dem  Könige  von 
Frankreich  Anlass  zum  Bruche  hätte  geben  können,  so  war  doch  durch  die 
Hervorhebung  der  Unerlässlichkeit  die  Integrität  des  Reiches  zu  behaupten,  die 
von  dem  Kölner  Kurfürsten  Maximilian  Heinrich,  Frankreichs  Verbündeten,  be- 
drohte Stadt  Köln  zu  schützen  ^),  wie  durch  das  Verbot  von  Werbungen,  Durch- 
zügen und  Einquartierung  fremder  Truppen  zum  Nachtheile  des  Reiches  und 
des  öffentlichen  Friedens,  insbesondere  aber  durch  die  Verpflichtung  auf  die 
Wahrung  der  Friedensschlüsse  von  1659  — 1668  zu  achten  und  zu  diesem 
Behufe  ein  Heer  von  24  000  Mann  bereit  zu  halten,  der  Keim  zu  Differenzen 
mit  Frankreich  gegeben,  die  im  Verlaufe  der  Zeit  zum  gänzlichen  Bruche  führen 
mussten. 

Dass  Friedrich  Wilhelm  dies  bezweckte,  ist  gewiss.  Er  sah  in  dem  Ab- 
schlüsse der  Allianz  vom  Juni  1672  nur  den  Beginn  einer  Reihe  von  Abmachungen, 
durch  die  der  Kaiser  —  von  dessen  Mitwirkung  ihm  der  Erfolg  abzuhängen 
schien  —  zur  energischen  Antheilnahme  am  Kampfe  gegen  Ludwig  XIV.  be- 
wogen werden  sollte,  und  glaubte  um  so  eher  an  einen  glücklichen  Ausfall 
seiner  Bemühungen,   als    der  Fürst  von  Anhalt    nicht    müde    wurde,   von    der 


')  Bündnis  vom  26.  April /6.  Mai  1672;  vergl.  Mörner  1.  c.  359ff. 
^)  Ueber  seine  Thätigkeit  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  IIL  195  ff. 
^)     Vergl.  Mörner  1.  c.  364  ff. 

*)     Für  diese  Fraeeu  verg-1.  Ennen,  Gesch.  von  Stadt  und  Kurstaat  Köln  seit  dem 
30jährigen  Kriege  I.  197  ff. 


Einleitung.  505 

Freude  zu  erzähleu.  mit  welcher  der  Wieuer  Hof  auf  des  Kurfürsten  An- 
erbietungen eingegangen  sei,  während  zugleich  die  nächsten  Schritte  der  Fran- 
zosen, der  Abzug  Turenne's  aus  den  Niederlanden  und  der  Marsch  desselben 
gegen  die  Reichsgrenzen  hin,  den  Beweis  lieferten,  dass  Friedrich  Wilhelm  sich 
in  seiner  Voraussetzung  über  die  Wirkung  des  Österreich-brandenburgischen 
Bündnisses  nicht  getäuscht  hatte. 

Am  Wiener  Hofe  gab  es  wirklich  in  jenen  Tagen  eine  grosse  Partei,  welche 
dafür  eintrat,  der  Kaiser  möge  die  Sache  des  Krieges  gegen  Frankreich  zu  seiner 
eigenen  machen,  sich  au  die  Spitze  der  Bewegung  stellen  und  mit  allen  ihm 
zur  Verfügung  stehenden  Truppen  den  Marsch  gegen  den  Feind  antreten. 
Ueberaus  characteristisch  ist  in  dieser  Hinsicht  das  weiter  unten  veröffentlichte 
Gutachten  des  kaiserlichen  Feldherrn  Montecuccoli,  in  welchem  auf  das  ent- 
schiedenste die  Theilnahme  am  Kriege  empfohlen,  zugleich  aber  die  Schwäche 
des  kaiserlichen  Heeres  auf  das  schonungsloseste  anfgedeckt  und  Abhilfe  ge- 
fordert wird.  Und  wie  Montecuccoli  sprachen  andere  Räthe,  äusserte  sich  auch 
Goess.  der  immer  wieder  Gelegenheit  hatte  sich  von  der  rastlosen  Thätigkeit 
des  Kurfürsten  im  Dienste  der  allgemeinen  Sache  zu  überzeugen.  In  der  That 
schien  es  einen  Augenblick,  als  werde  die  Kriegspartei  am  Wiener  Hofe  das 
Uebergewicht  behaupten.  Die  Versprechungen,  die  man  dem  Fürsten  von  An- 
halt gelegentlich  seines  zweiten  Besuches  in  Wien  zu  Beginn  des  Monates  Juli 
1672  gab,  Hessen  das  beste  erwarten.  Man  willigte  in  eine  Erhöhung  der  zum 
Kriege  vertragsmässig  versprochenen  Truppenzahl  von  12000  auf  16000  Mann 
und  versprach,  sobald  die  Furcht  vor  neuen  Einfällen  der  Türken  beseitigt  und 
die  Unruhen  in  Polen  beigelegt  sein  würden,  weitere  4000  Mann  abzusenden; 
man  erfüllte  das  Begehren  des  Kurfürsten,  der  den  zu  raschem  Vorgehen  ent- 
schlossenen Montecuccoli  zum  Comraandanten  der  kaiserlichen  Armee  ernannt 
zu  sehen  wünschte;  man  traf  alle  Vorbereitungen,  um  Dänemark,  Braunschweig, 
Sachsen  und  Hessen  zum  Eintritt  in  den  Bund  zu  vermögen  und  forderte  aus- 
drücklich vom  Brandenburger  Unterstützung  für  den  Fall,  dass  Frankreich  den 
Kaiser  in  seinen  vorder-  oder  oberösterreichischen  Besitzungen  angreifen  sollte. 
Friedrich  Wilhelm  war  mit  Anhalt's  zweiter  Mission  noch  zufriedener  als  mit 
der  ersten:  er  und  seine  Räthe  hofften  auf  eine  gänzliche  Umkehr  der  Wiener 
Regierung.  Keinen  besseren  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieser  Behauptung 
könnte  es  geben,  als  die  im  Folgenden  mitgetheilten  Gespräche  des  kaiserlichen 
Gesandten  mit  Schwerin,  welche  die  Heirath  des  Kurprinzen  mit  einer  Erz- 
herzogin zum  Gegenstand  hatten.  Aber  nur  zu  bald  sollte  der  Kurfürst  sich 
davon  überzeugen,  wie  sehr  er  sich  getäuscht,  wenn  er  die  Hoffnung  gehegt 
hatte,  der  Wiener  Hof  werde  sich  mit  dem  ganzen  Aufgebote  seiner  Kräfte  dem 
Kampfe  gegen  Frankreich  zuwenden.  Nur  allzubald  gewann  die  dem  Kriege 
abholde  Partei  das  Uebergewicht  am  Hofe  Leopolds.  Bereits  in  der  (Konferenz 
vom  11.  August  1672  wurden  Bedenken  gegen  die  mit  Brandenburg  getroffenen 
Verabredungen  laut.  Man  betonte  die  Gefahr,  welcher  sich  der  Kaiser  aus- 
setzen würde,  falls  er,  ohne  die  übrigen  Fürsten  für  den  Kampf  gegen  Frank- 
reich gewonnen  zu  haben.  losbrechen  wollte.  Man  sprach  sich  entschieden 
gegen  de'n  von  Brandenburg  gewünschten  schleunigen  Abmarsch  der  kaiserlichen 


50ß  VI.  Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1672  — 1R7.3. 

Truppen  ans  und  forderte  dringend,  dass  Goess  beanftraL't  werde,  die  Diffe- 
renzen, welche  zwischen  dem  Kaiser  und  dem  Kurfürsten  seit  langem  bestan- 
den, vorzubringen  und  den  Kurfürsten  von  Jedem  energischen  Vorgehen  gegen 
den  Biscliof  von  Münster.  Frankreichs  Verbündeten,  abzuhalten.  Und  diese 
dem  gänzlichen  Bruche  mit  Frankreich  al)geneigte  Stimmung  des  Wiener  Hofes 
zeigte  sich  immer  deutlicher,  je  mehr  der  Kurfürst  darauf  ausgieng  den  Kaiser 
zur  directen  Unterstützung  der  Holländer  zu  vermögen.  Auf  alle  Schilderungen 
des  Goess  von  den  grossen  Anerbietungen  des  französischen  Gesandten  Vau- 
guyon  und  der  ]S\)thwendigkeit  sich  des  Kurfürsten  anzunehmen,  erfolgte  stets 
die  Weisung,  Friedrich  Wilhelm  von  jedem  entschiedenen  Schritte  gegen  Frank- 
reich und  dessen  Verbündete  abzuhalten.  Auch  des  Kurfürsten  eigenhändige 
Schreiben  vermochten  den  Kaiser  nicht  umzustimmen.  Aus  der  Haltung  Monte- 
cuccoli^s,  an  dessen  persönlicher  Bereitwilligkeit  den  Kampf  mit  Eifer  zu  führen 
Friedrich  Wilhelm  nicht  zweifeln  konnte,  musste  man  ersehen,  wie  entschieden  die 
Wiener  Eegierung  auf  dem  Standpunkte  verharrte,  alles  zu  vermeiden,  was  Frank- 
reich Anlass  zum  offenen  Kampfe  hätte  geben  können.  Denn  Montecuccoli  blieb, 
obgleich  er  von  verschiedenen  Seiten  zu  entscheidenden  Operationen  gedrängt 
wurde,  dabei,  solche  nicht  wagen  zu  dürfen  und  nöthigte  durch  dieses  Vorgehen 
den  Kurfürsten  zu  einer  Zeit  ruhig  sitzen  zu  bleiben,  wo  ein  rascher  Vormarsch 
der  vereinigten  Armeen  seiner  Ansicht  nach  zum  Siege  hätte  führen  müssen. 
Begreiflich,  dass  der  Kurfürst  es  unter  solchen  Umständen  an  Klagen  nicht 
fehlen  Hess,  die  um  so  lauter  wurden,  je  empfindlicher  die  Verluste  waren, 
die  der  Kurfürst  erlitt,  je  schwieriger  sich  seine  Lage  gestaltete,  je  weniger 
Leopold  des  Kurfürsten  W'ünsche  bezüglich  der  Winterquartiere  zu  erfüllen  sich 
bereit  fand  und  dass  schliesslich  der  Gedanke  sich  der  leidigen  Bundesgenossen- 
schaft durch  ein  Abkommen  mit  dem  überlegenen  Gegner  zu  entziehen,  bei 
Friedrich  Wilhelm  zur  Reife  gelangte.  Die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten 
Actenstücke  zeigen,  wie  genau  Goess  von  der  durch  den  Abfall  Brandenburgs 
dem  Kaiser  drohenden  Gefahr  unterrichtet  war,  wie  eifrig  er  dem  Gange  der 
in  diesem  Sinne  zwischen  Brandenburg  und  Frankreich  gepflogenen  Berathungen 
folgte  und  wie  unablässig  er  darauf  bedacht  war,  den  Kurfürsten  vom  Abschlüsse 
mit  Ludwig  XIV.  Vertretern  abzuhalten.  Sie  zeigen  aber  auch  wie  in  dem 
Maasse.  als  Friedrich  Wilhelm  sich  vom  Kriegsschauplatze  zurück  zu  ziehen 
suchte,  das  Bestreben  des  Wiener  Hofes  wuchs,  ihm  zur  Fortsetzung  des 
Kampfes  zu  bewegen.  Denn  ebensowenig  als  eine  directe  energische  Intervention 
zu  Gunsten  Hollands  wünschte  der  Kaiser  die  gänzliche  Einstellung  der  Opera- 
tionen gegen  Ludwig  XIV.  Aber  weder  die  Bemühungen  des  kaiserlichen  Ge- 
sandten, der  unablässig  an  dem  Ausbaue  der  gegen  Frankreich  geplanten  Coa- 
lition  arbeitete,  dem  Kurfürsten  die  Grösse  der  aus  der  Trennung  der  öster- 
reichischen und  brandenburgischen  Truppen  erwachsenden  Gefahr  vorhielt,  mit 
dem  Prinzen  von  Oranien  und  dem  spanischen  Gouverneur  in  Brüssel  über  die 
Mittel  berieth  den  Kurfürsten  vom  Abschlüsse  des  Vertrages  mit  Ludwig  XIV. 
abzuhalten  und  nach  seiner  Rückkehr  an  den  Hof  Friedrich  Wilhelms  unaus- 
gesetzt in  diesem  Sinne  thätig  war,  noch  auch  jene  des  Wiener  Hofes,  welcher 
dem  in  Wien   weilenden   Vertreter    des    Kurfürsten,   Krockow,    die    Nachtheile 


Eiuleituug.  507 

eines  "Waffenstillstandes  klar  zu  machen  und  ihn  von  der  Xothwendigkeit  and 
Zweckmässigkeit  der  Fortsetzung  des  Krieges  zu  überzeugen  suchte,  waren  von 
Erfolg  begleitet.  Denn  wenn  der  Kaiser  seine  Geneigtheit  aussprach,  30000 
Mann  ins  Feld  zu  stellen,  so  bald  er  versichert  sei,  dass  Brandenburg  ein 
gleiches  thun  wolle ;  wenn  er  den  Eintritt  S})aniens  in  das  Österreich-branden- 
burgische Bündnis  und  die  Berathung  über  die  Art  der  Kriegsführung  im  Haag 
empfahl,  so  antwortete  der  Vertreter  Friedricli  Wilhelms  es  gebe  kein  anderes 
Mittel  den  Kurfürsten  zur  Fortsetzung  des  Kampfes  zu  vermögen,  als  die  offene 
Kriegserklärung  des  Kaisers  und  Spaniens  an  Frankreich.  Und  wenn  die  Wiener 
Regierung,  als  jede  Aussicht  anf  Fortführung  des  Kampfes  seitens  des  Kur- 
fürsten geschwunden  war,  an  denselben  mit  der  Forderung  herantrat,  keinen 
einseitigen  Waffenstillstand  mit  Frankreich  zu  schliessen,  dasselbe  vielmehr  zur 
Annahme  eines  allgemeinen  Waffenstillstandes  zu  nöthigen,  so  erwiderte  der 
Kurfürst  zwar,  er  werde  einen  einseitigen  W^affenstillstand  mit  Frankreich  nur 
dann  schliessen,  wenn  alle  seine  Bemühungen,  einen  allgemeinen  zu  Stande  zu 
bringen,  sich  als  nndurchführbar  erweisen  Avürden,  fuhr  aber  dem  ungeachtet 
in  seinen  Unterhandlungen  mit  dem  Könige  von  Frankreich  fort,  die  nicht  nur 
zum  Waffenstillstände,  sondern  zu  einem  Friedensschlüsse  führten,  durch  den 
Friedrich  Wilhelm  gänzlich  aus  der  Reihe  der  kriegführenden  Mächte  trat,  auf 
die  Unterstützung  der  Holländer  in  ihrem  Kampfe  gegen  Ludwig  XIV.  Verzicht 
leistete  und  die  gnten  Beziehungen  zum  Könige  von  Frankreich  wieder  auf- 
nahm, der  ihm  seinerseits  neben  bedeutenden  Subsidien  die  in  seinem  Besitze 
befindlichen  clevischen  Festungen  theils  gleich,  theils  nach  erfolgtem  Friedens- 
schlüsse mit  den  Staaten  zu  überlassen  versprach  ^). 

Der  Eindruck,  den  die  Xachricht  von  dem  Abschlüsse  des  Friedens  von 
Vossem  in  Wien  hervorrief,  war  ein  überaus  nachhaltiger.  Man  hatte  bis  zum 
letzten  Augenblicke  gehofft,  dass  es  der  Vermittelung  der  kaiserlichen  und 
staatischen  Vertreter  am  Berliner  Hofe  gelingen  werde,  Friedrich  Wilhelm  zu 
bewegen,  sich  mit  einem  Waffenstillstände  zufrieden  zu  geben,  in  welchem  auch 
dem  Kaiser  ein  Platz  gesichert  sein  sollte.  Man  hatte  auf  diese  Weise  wenig- 
stens für's  erste  die  dem  Kaiser  von  Frankreich  drohende  Gefahr  abzuwenden 
gehofft.  Nun  aber,  wo  dies  nicht  geschehen  war,  wo  der  Kurfürst  von  Bran- 
denburg sich  vom  Kriegsschauplatze  zurückgezogen  hatte,  Avährend  Turenne 
gegen  den  Rhein  marschirte  und  die  kaiserlichen  Erblande  bedrohte,  musste  man 
inne  werden,  welche  Gefahr  dem  Kaiser  und  dem  Reiche  von  dem  übermäch- 
tigen Gegner  drohte.  Jetzt  begann  Leopold  einzusehen,  dass  seine  Hoffnung 
durch  ein  vorsichtiges,  jeden  Couflict  vermeidendes  Vorgehen  dem  Kriege  mit 
Frankreich  zu  entgehen,  eine  irrige  gewesen,  dass  Lobkowitz  ihn  Wege  geführt, 
die  nicht  zur  Vermehrung,  sondern  lediglich  zur  Verringerung  seiner  Macht  und 
seines  Ansehens  im  Reiche  führen  konnten.  Der  Sturm  gegen  den  allmäch- 
tigen Minister  wurde  immer  heftiger.  Von  allen  Seiten  wurde  dem  Kaiser  der 
Verrath  des  Fürsten  Lobkowitz  vor  Augen  gestellt,  wurde  die  Xothwendigkeit 
betont,    sich    dieses    Rathgebers   zu  entledigen  und  zu  der  lange  Zeit  hindurch 


')     Vertrag  von  Vossem  vom  (?.  Juoi  1673;  Mörner  i.e.  373. 


508  VI.    Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1G72-1675. 

befoJLitoii  franzoscnfeindiichen  Politik  ziii-iickzukelircn.  Leopold  konnte  die  Be- 
rechtigung dieser  Behauptungen  nicht  leugnen.  Er  entzog  Lobkowitz  sein  Ver- 
trauen und  mit  dem  Sinken  der  Macht  dieses  Mannes  stieg  der  Einfluss  der 
Kriogspartei.  Montecuccoli  forderte  schleunigen  Aufbruch  der  Armee,  Lisola 
Unterstützung  der  Holländer,  Spaniens  Vertreter  den  Abschluss  mit  ihrem 
Könige  und  die  Kriegserklärung  an  Frankreich.  Allgemein  brach  sich  die  Er- 
kenntnis Bahn,  dass  man  den  Uebermuth  der  Franzosen  nicht  dulden  dürfe, 
dass  man  die  Reichsfürsten,  die  —  allen  anderen  voran  der  Kurfürst  von  Trier, 
dessen  Länder  von  dem  Könige  von  Frankreich  in  rücksichtslosester  Weise  ver- 
heert wurden  —  den  Kaiser  um  Hilfe  angegangen,  nicht  im  Stiche  lassen  könne, 
vielmehr  die  Gelegenheit  ergreifen  müsse,  die  im  Verlaufe  der  letzten  Jahre 
tief  gesunkene  Autorität  des  Kaisers  im  Reiche  und  in  Europa  wieder  zu 
heben.  Und  es  gelang  jenen,  w^elche  diese  Ansicht  vertraten,  um  so  leichter 
die  Zustimmung  des  Kaisers  zu  erlangen,  als  derselbe  persönlich  den  tiefsten 
Groll  gegen  Ludwig  XIV.  hegte  und  bei  genauer  Erwägung  der  Umstände  an- 
erkennen musste,  dass  der  gegenwärtige  Augenblick  ein  fiberaas  geeigneter  sei, 
den  Kampf  mit  dem  alten  Gegner  zum  Austrage  zu  bringen.  In  Ungarn  waren 
die  Empörer  gezüchtigt,  die  kaiserliche  Autorität  begründet,  die  Türkengefahr 
war  durch  die  Beziehungen  des  Sultans  zu  Polen  abgewendet.  Holland  und 
Spanien  boten  dem  Kaiser  für  den  Anschluss  die  denkbar  günstigsten  Bedin- 
gungen:  auf  die  Unterstützung  von  Dänemark  und  Sachsen  durfte  man  mit 
Bestimmtheit  rechnen ;  der  Kurfürst  von  Mainz  und  viele  andere  Reichsfürsten 
erklärten  sich  bereit  bis  aufs  äusserste  mit  dem  Kaiser  für  die  Aufrecliterhal- 
tung  der  Reichsintegrität  zu  kämpfen.  In  der  That  erfolgte  im  Verlaufe  des 
Sommers  1673  der  lang  ersehnte  Umschwung  am  Wiener  Hofe.  Bereits  Ende 
August  rückte  Montecuccoli  mit  ausgiebigen  Vollmachten  versehen  an  der  Spitze 
eines  Heeres  von  30  000  Mann  über  die  Grenzen  Oesterrcichs  nach  Franken 
und  trug  im  Herbste  und  Winter  1673  entschiedene  Vortheile  über  die  Fran- 
zosen davon.  Das  Vertrauen  zum  Kaiser  wuchs.  Spanien  erklärte  am  1.  Oct. 
an  Frankreich  den  Krieg  und  begann  in  Gemeinschaft  mit  den  Holländern  den 
Kampf,  während  die  Engländer  sich  vom  Kriegsschauplatze  zurückzogen.  Und 
obgleich  in  Folge  der  unzähligen  Differenzen  zwischen  den  ein?elnen  Reichs- 
ständen der  Krieg  an  Frankreich  erst  im  Frühjahre  1674  erklärt  wurde,  konnte 
doch  im  Herbste  1673  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  wie  endlich  die  Ent- 
schliessung  der  Majorität  der  Reichsfürsten  ausfallen  werde.  Denn  wenn  auch 
einzelne  unter  ihnen  mit  Erfolg  der  mächtigen  Bewegung  trotzten,  die  sich  in 
allen  Theilen  des  Reiches  gegen  die  unerhörten  Uebergriffe  des  westlichen 
Nachbarn  geltend  machte,  die  Mehrzahl  derselben,  —  unter  ihnen  die  treuesten 
Parteigänger  Ludwig  XIV.,  der  Kurfürst  von  Köln  und  der  Bischof  von  Münster  — 
trat  unter  dem  Drucke  der  Stimmung  des  Volkes  in  das  Lager  des  Kaisers 
und  seiner  Verbündeten  über. 

Auch  an  den  Brandenburger  trat  mit  der  Zeit  die  Noth wendigkeit  heran, 
sich  zu  entscheiden,  welcher  der  Parteien,  in  die  sich  die  damalige  politische 
"Welt  spaltete,  er  sich  anschliessen  wolle.  Denn  je  schärfer  sich  der  Conflict 
zwischen  den  Verbündeten  und  dem  Könige  von  Frankreich  zuspitzte,  je  klarer 


Eiuleitung.  509 

es  für  joden  richtig  Denkenden  wurde,  dass  in  kürzester  Zeit  der  Kampf  auf 
allen  Linien  werde  aufgenommen  werden  müssen,  desto  unerlässlicher  wurde 
es  für  den  Kurfürsten  schon  im  Hinblicke  auf  die  Lage  seiner  Länder  und  auf 
die  zur  Krhaltung  seiner  Truppenzahl  nothwendigen  Gelder,  diese  Frage  zu  er- 
wägen. \Vie  die  Dinge  beim  Abschlüsse  des  Vertrages  von  Vossem  lagen, 
stand  ihm  jeder  Weg  offen;  er  konnte  die  mit  Frankreich  wiederhergestellten 
freundschaftlichen  Beziehungen  benützend  ganz  auf  die  Seite  Ludwig  XIV. 
treten  und  durfte  mit  Bestimmtheit  darauf  rechnen,  dass  der  Franzosenkönig 
alles  aufbieten  werde,  sich  seiner  Mitwirkung  in  dem  Kampfe  gegen  die  Ver- 
bündeten zu  versichern;  es  war  ihm  aber  auch  die  Möglichkeit  geboten,  die  in 
dem  Vertrage  von  Vossem  ausbedungene  Reservation  dem  Reiche  gegenüber 
zur  Annäherung  an  die  Alliirten  zu  benützen,  auf  deren  freundliches  Entgegen- 
kommen er  hoffen  konnte,  und  es  stand  ihm  schliesslich  auch  frei  die  ihm  von 
Schweden  und  anderen  Mächten  zur  Gründung  einer  „dritten  Partei"  gereichte 
Hand  zu  ergreifen,  als  deren  Zweck  die  Herstellung  des  Friedens  bezeichnet 
wurde.  Es  scheint  nicht,  dass  Friedrich  Wilhelm  jemals  ernstlich  daran  gedacht 
hat,  den  ersteren  Weg  zu  betreten,  sich  ganz  auf  die  Seite  der  Franzosen  zu 
schlagen.  Er  brach  zwar  die  Verhandlungen  mit  denselben  nicht  ab,  aber  er 
hielt  den  Abgesandten  Ludwig  XIV.,  Verjus,  lange  Zeit  hin ;  er  erklärte,  sich  in 
ein  engeres  Bündnis  mit  Frankreich  nicht  einlassen  zu  können  und  wurde  um 
so  kühler,  je  deutlicher  die  verheerenden  Züge  Ludwig  XIV.  in  das  Gebiet  der 
Kurfürsten  von  Trier  und  von  der  Pfalz,  die  wahren  Absichten  desselben  ent- 
hüllten').  Goess,  der  in  dieser  Zeit  ununterbrochen  in  der  Umgebung  des 
Kurfürsten  weilte  und  in  seinen  im  Folgenden  mitgetheilteu  Schreiben 
sehr  eingehend  über  die  Haltung  desselben  berichtete,  empfing  von  allem  An- 
fange an  den  Eindruck,  als  ob  die  Einigung  Brandenburgs  und  Frankreichs  keine 
aufrichtige  sei.  Unmittelbar  nach,  dem  Abschlüsse  des  Vertrages  von  Vossem 
meldete  er  seinem  Hofe,  dass  der  Kurfürst,  der  sonst  die  Sache  der  ergriffenen 
Partei  mit  Feuer  zu  vertreten  gewohnt  sei,  nicht  aufhöre,  seine  Treue  gegen- 
über Kaiser  und  Reich  zu  betonen.  Viel  bedenklicher  als  die  Einigung  mit 
Frankreich  schienen  Goess,  wie  wir  glauben  mit  Recht,  die  Verhandlungen 
Friedrich  Wilhelms  mit  den  Schweden-).  Es  lag  etwas  bestechendes  in  den 
Plänen  dieser  Macht,  es  lag  etwas  verführerisches  in  dem  Gedanken  die  Rolle 
des  Vermittlers  des  europäischen  Friedens  zu  spielen,  die  ihm  nach  den  Mit- 
theilungen des  schwedischen  Gesandten  zufallen  sollte.  Die  im  Folgenden  mit- 
getheilteu Documente  zeigen,  wie  lebhaft  Goess  und  auf  seine  Aufmunterung 
hin  auch  die  Vertreter  der  übrigen  alliirten  Mächte  •'-)  die  Bemühungen  der 
„dritten  Partei"'  zu  durchkreuzen,  den  Kurfürsten  von  der  Unaufrichtigkeit  der 
schwedischen  Erklärungen  zu  überzeugen  bestrebt  waren,  ein  Bemühen,  das  um 
so  eher  von  Erfolg  gekrönt  wurde,  als  Friedrich  Wilhehu  selbst  durchaus  keine 


')     Für    die    brandenburg-franzüsischen    Beziehungen    dieser    Zeit    Dioysen  1.  c. 
III.3  461  f. 

-')     Vergl.  Droysen  1.  c.  III. r,  464f. 

^)     Für  die  Verhandlungen  der  Niedoilando  vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  4"20ff. 


510  VI.    Goess  in   Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1G75. 

Neigung  fühlte,  sich  ganz  an  eine  Macht  zu  halten,  vor  der  auf  der  Hut  zu 
sein  er  alle  Ursache  hatte  und  deren  Interes.se  dem  seinen  in  vielen  Stücken 
entgegenlief.  Unter  solchen  Verhältnissen  waren  für  die  Aufgabe,  der  sich  im 
Namen  des  Kaisers  Goess  unterzog,  die  besten  Vorbedingungen  gegeben.  Denn 
je  schwieriger  nach  dem  Verlaufe  des  Winterfeldzuges  von  1673  auf  1674  die 
Aufrechterhaltung  der  guten  Beziehungen  zu  Frankreich  wurde,  je  deutlicher 
die  Neigung  der  Mehrzahl  der  schwedischen  Staatsmänner  zu  Tage  trat,  von 
Frankreich  Subsidien  zu  nehmen  und  dessen  Sache  zu  vertreten,  desto  klarer 
stellte  sich  für  Friedrich  Wilhelm  als  einziger  Ausweg  aus  diesem  Labyrinthe 
der  innige  Anschluss  an  die  Gegner  Ludwig  XIV.  heraus.  Dass  trotz  dieser 
Erkenntnis  der  Abschluss  der  Verhandlungen,  die  den  Eintritt  Brandenburgs  in 
das  österreichisch-holländisch-spanische  Bündnis  bezweckten,  sich  so  lange  ver- 
zögerte, wird  nicht  einem  Verschulden  des  kaiserlichen  Gesandten,  sondern 
lediglich  den  Schwierigkeiten  zuzuschreiben  sein,  welche  der  Lösung  der  Sub- 
sidienfrage  im  Wege  standen.  Die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Actenstücke 
zeigen  vielmehr,  wie  unablässig  Goess  für  die  Ordnung  der  Subsidienfrage  im 
Sinne  des  Kurfürsten  wirkte,  wie  eifrig  er  diesmal,  unterstützt  von  den  kaiser- 
lichen Ministern,  bemüht  war,  die  Staaten  und  Spanien  zur  Uebernahme  der 
von  Brandenburg  geforderten  Geldsummen  zu  vermögen.  Trotzdem  bedurfte  es 
vielfacher  Verhandlungen  in  Berlin  und  in  Wien,  woselbst  seit  dem  Frühjahre 
1674  der  bereits  wiederholt  zu  Sendungen  an  den  AViener  Hof  verwendete 
Krockow  weilte,  bis  unter  dem  Eindrucke  der  iSachricht  von  der  Niederlage 
der  kaiserlichen  Annee  bei  Sinzheim  der  Vertrag  zum  Abschlüsse  kam,  durch 
welchen  Friedrich  Wilhelm  sich  zur  Stellung  von  16  000  Mann  gegen  die  Gewäh- 
rung einer  entsprechenden  Unterstützung  —  200  000  Gulden  AVerbegeld  und 
die  Erhaltung  von  8000  Mann  für  die  Dauer  des  Krieges  —  verpflichtete '). 
Von  der  Mittheilnng  der  eigentlichen  Kriegsacten  für  die  Feldzüge  von  1672 
auf  1673  und  von  1674  auf  1675  musste  aus  principiellen  Gründen  abgesehen 
werden.  Für  den  ersteren  Feldzug  ist  die  Schrift  Grossmann's,  Avelche  nach 
den  Acten  des  Kriegsarchives  gearbeitet  ist''');  für  den  Letzteren  das  Buch  von 
Peter  ■■*)  heranzuziehen.  Die  im  Nachfolgenden  mitgetheilten  Berichte  des  kai- 
serlichen Gesandten,  der  im  Lager  weilte  und  die  wenigen  Schreiben  Friedrich 
Wilhelms  an  Leopold,  welche  seine  Haltung  rechtfertigen  sollten,  dürften  immer- 
hin erwünscht  sein  und  das  über  diese  Feldzüge  bereits  Bekannte  nach  mancher 
Richtung  hin  ergänzen. 


')     Vertrag  vom  21.  Jimi/1.  Juli  1674;  Mörner  1.  c.  383  ff. 

-)     J.  Grossmann,  R.  Montecuccoli ;  Archiv  für  Kunde  österreichischer  Geschichte 

LVn.  p.  401ff. :  daselbst  auch  einige  Schreiben  imd  Metnoriale  Montecuccoli's  p.  446  ff. 

")     Peter,  H.,    Der  Krieg  des  Grossen  Kurfürsten  gegen  Frankreich,    Halle   1870. 


VI.    Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien. 
16T2— 1675. 


Memorial  des  Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Wien  9.  Jan.  1672. 

(Ol-.') 

[Differenzen  zwischen  Oesterreich  und  Brandenburg.  Urtheil  des  Goess  über  des 
Kurfürsten  und  der  brandeaburgischen  Minister  Politik.  Aenderung  in  der  Auf- 
fassung der  franzüsisch-hoUiindiscben  Bezieliungen.  Urtheil  des  Goess  über  Branden- 
burgs voraussichtliche  Haltung  bei  einem  französisch-holländischen  Kriege.  Ame- 
rongens,  Schmisings  und  St.  Geraas  Wirken  in  Berlin.  Des  Goess  Reise  nach 
Berlin  betreffend.  Sein  Rath  bezüglich  der  Stellung  des  Kaisers  zu  dem  holländisch- 
franzüsischen  Conflicte  und  zum  Kurfürsten  von  Brandenburg.     Mittel  den  Kurfürsten 

zu  gewinnen.] 

Auf  Befehl  des  Fürsten  Lobkowitz  ,verfasst  Goess  dieses  Memorial.  Die  9.  Jan. 
Competenzstreitigkeiten  beim  polnischen  Wahlwerke,  die  Conflicte  zu  Regensburg 
in  comitialibus  und  zu  Wien  in  judicialibus  et  cameralibus  haben  Anlass  zu 
Klagen  seitens  des  Kurfürsten  und  seiner  Räthe  gegeben.  Goess  sucht  diese 
Klagen  zu  widerlegen,  hält  aber  für  sehr  nützlich,  wenn  man  kaiserlicher  Seits, 
insbesondere  in  cameralibus,  wobei  vornehmlich  die  Jägerndorfer  Angelegenheit 
in  Betracht  komme,  dem  Kurfürsten  entgegen  kommen  würde. 

Die  coQsilia  bey  dem  Cliurbrandeuburgischen  Hoff  anbelangent,  .seiiidt 
dieselbe  nun  eine  geraume  zeit  dabin  gangen,  dass  man  sich  nit  gern 
unndt  ohne  grosse  noth  oder  grossem  vortel  in  einiger  weitleuftigkeit  oder 
krieg  iraplicireu  wollen:  I.  Ch.  D.  Jahren,  welche  nun  allgemach  zum 
alter  declinireu,  dero  Indisposition  am  Podagra,  so  immerforth  mehr  zu- 
nimbt,  der  zustandt  ihrer  Lander,  die  gefahr  von  ausswerts  unndt  das 
misstrauen  gegen  die  benachbarte  unndt  etwa  auch  die  convenienz  der 
vornembsten  Ministrorum,  mögen  sothane  consilia  suppeditirt  oder  fovirt 
haben. 


')     Bei  der  Widergabe  dieses  Memoriales  wurde  die  Orthographie  des  vorliegenden 
Actenstückes  beibehalten. 


512  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672 — 1675. 

Man  hat  stets  sustiniien  wollen,  dass  unangesehen  der  dispositionen, 
so  man  gleichwohl  auf  französischer  seithen  gesehen,  selbiger  künig 
keinen  krieg  wieder  Spanien  noch  auch  wieder  Hollandt  vornehmen  unndt 
dan,  wan  auch  der  König  die  Holländer  angreiffe,  Spanien  dannoch  nit 
würde  mit  in  dem  krieg  implicirt  werden ,  worauf  man  vielleicht  diese 
maxime  fundirt,  dass  umb  so  weniger  bedeucklich  were,  einige  beyhiilff 
oder  subsidia  zur  subsistenz  unndt  Unterhaltung  der  Churfürstlichen 
völckher  anzunehmen;  iedoch  haben  I.  Ch.  D.,  wie  auch  die  Ministri 
immerforth  asseverirt,  dass  sie  liberas  manus  unndt  ganz  kein  impegno 
mit  franckreich  haben.  Ja  sie  haben  grosse  empfindtlichkeit  gezeigt,  wan 
man  ein  anders  von  deroselben  glauben  oder  divulgiren  wollen.  Zwar 
haben  sie  wegen  ihrer  Länder  Situation,  die  mit  vielen  Potentaten  an- 
gräntzen,  underschiedtliche  foedera  defensiva  aufgericht.  Ich  habe  aber 
alzeit  wahr  genohmen,  dass  man  sich  auf  dergleichen  Bündtnus  nit  gar 
viel  verlasse,  wie  dan  die  tägliche  experienz  gibt,  dass  sich  wenig  dar- 
auf zu  verlassen,  w^o  nit  viel  mehr  das  commune  Interesse  et  propria 
utilitas  die  union  im  hertzen  unndt  gemiith  als  die  tractaten  aufm  Pa- 
pier veranlassen  unndt  stifften. 

Nun  vermerckhe  Ich  aus  des  Baron  von  Schwerin  schreiben,  dass 
mau  diese  biss  dato  gehabte  meinung  fallen  last  unndt  nunmehr  nit 
allein  den  krieg  zwischen  Franckreich  unndt  Hollandt  gleiclisamb  für  in- 
dubitabl,  sondern  auch  darfür  halte,  dass  Franckreich  Engllandt  auf  seine 
seithen  gebracht  unndt  diesen  krieg  wieder  Hollandt  mit  gesambter  macht 
vornehmen  wollen,  woran,  das  lezte  anbelangent.  Ich  doch  vermeine, 
dass  bis  noch  all  sehr  zu  zweiffeien;  meines  ermessen  w^erdt  der  König 
in  Engllandt  all  gross  bedenckhen  tragen,  sich  in  solchen  krieg,  den 
aufgerichten  tractaten  zuwieder,  unndt  zwar  iuvito  aut  non  consentiente 
Parlamento  einzulassen;  wans  weit  kombt,  möchten  die  gedanckhen  allein 
auf  eine  neutralitet,  welche  den  franzosen  thewr  ankomme  unndt  dan- 
noch nit  gehalten  werde,  auch  etwa  mehr  Franckreich  in  diesem  krieg 
zu  impegniren  unndt  ihr  vortel  ex  hac  collisione  vicinorura  statuum  zu 
nehmen,  als  auf  diese  presumirende  partialitet  oder  foedus  offensivuni 
gericht  sein '). 

Wie  man  nun  in  hoc  primo  presupposito  bey  dem  Churfürstlichen 
Hoff  scheint  geirret  zu  haben,    also  möchte  auch   in  dem  secundo,   dass 


')  Bekanntlich  hatte  Ludwig  XTV.  Karl  II.  schon  ganz  für  seine  Pläne  gewonnen; 
vergl.  Klopp  1.  c.  I.  262if.;  Mignet  1.  c.  III.  Iff.;  Ranke,  Eogl.  Gesch.  V.  98ir.;  Fran- 
zös.  Gesch.  III.  289 tf. 


Memorial  des  Goess.  513 

nemblich  Spanien  in  diesem  krieg  nit  solle  mit  implicirt  werden,  weniger 
nit  geirret  werden.  Ich  wolte  nit  gern,  dass  E.  K.  M.  sich  hierauf  ver- 
lassen, oder  ihre  consilia  darnach  richten  solten. 

Ob  nun  die  ruptur  zwischen  Franckreich  unndt  Hollandt,  wie  man 
zu  Berlin  unndt  fast  überall  glaubt,  erfolgen  werde,  oder  nit,  werdt  die 
zeit  unndt  der  eventus  baldt  geben. 

Was  nun  die  Haltung  Brandenburgs  bei  einem  solchen  Conflicte  zwischen 
Holland  und  Frankreich  betrifft,  werdt  es  fast  durchgehent  glaubt  unndt 
ist  es  auss  underschiedtlichen  schreiben,  so  Ich  von  den  Churbranden- 
burgischen  Ministris  habe,  allzimblich  abzunehmen,  dass  S.  Ch.  D.  zu 
Brandenburg  zu  der  Holländer  Party  sehr  incliniren.  Unterm  24.  ^o- 
vembris  st.  v.  schreibt  mir  der  Baron  von  Schwerin,  dass  der  krieg 
zwischen  Franckreich  unndt  Hollandt  g§wiss  vor  seye;  diese  weren  nit 
so  gut  Catholisch,  als  die  Statt  Colin,  es  würden  sich  dannoch  andere 
gute  rationes  finden,  warumb  man  sie  nit  im  stich  noch  verlohren  gehen 
zu  lassen;  sie  wüsten  bey  dem  Churbrandenburg.  Hoff  noch  nit,  was  E. 
K.  M.  bey  diesem  werckh  für  consilia  führen,  sie  erwartteten  meiner, 
damit  sie's  von  mir  vernehmen  möchten.  Aehnlicb  schreibten  auch  der 
Fürst  von  Anhalt  und  Somnitz.  Amerongen^),  Schmising  und  St.  Geran-)  sollen 
in  Berlin  operiren.  Des  Amerongen  Bemühungen  gehen  zweifelsohne  dahin,  den 
Kurfürsten  ganz  für  die  Holländer  zu  gewinnen.  St.  Geran  dürfte  verrauthlich 
blos  Neutralität  fordern  und  dafür  hohe  Subsidien  antragen,  Schmising  hat  wohl 
nur  die  Erforschung  der  kurfürstlichen  Stimmung  zur  Aufgabe. 

Die  Reise  des  Goess  nach  Berlin  dürfte  nun  gewünscht  werden,  weil  der 
Kurfürst  über  die  Pläne  des  Kaisers  klar  sehen  will.  Wan  S.  Ch.  ]).  zu 
Brandenburg  allein  auf  des  Reichs  unndt  ihre  eigene  Securitet  undt 
consequenter  das  absehen  dahin  ge rieht,  dass  sie  sich  mit  E"".  K.  M. 
unndt  andern  Chur-  unndt  fürsten  zu  dem  ende  vereinigen  undt  eine 
starckhe  Party  formiren  wollen,  damit  das  Reich  unndt  dessen  Stände 
von  dem  in  der  nachbarschaflft  erweckten  krieg  nit  betroffen,  weder  in- 
commodirt  werden,  were  freylich  gut,  dass  Ich  gegenwertig  were  unndt 
diese  consilia,  welche  Ich  supponire,  dass  sie  E"".  K.  M.  gnedigster  In- 
tention gemess,  befürderen  hülffe;  dan  zu  geschweigen,  dass  diese  union 


')  Godert  Adriaan  Baron  van  Reede,  Heer  tot  Amerongen:  \ergl.  über  seine 
Person  ürk.  n.  Act.  HI.  192ff.  Für  seine  Thätig^keit  in  Berlin  in  dieser  Zeit  Urk.  u. 
Act.  ni.  209ff.:  Puf.  1.  c.  XI.  47 ff.;  Droysen  1.  c.  UL^  382ff. 

-)  üeber  Bernhard's  de  la  Guiche,  Comte  de  St.  Geran,  Aufenthalt  in 
Berlin  in  dieser  Zeit  Mignet  1.  c.  HI..  (591  ff.:  Puf.  1.  c.  XI.  28f.;  Droysen  1.  c.  III.; 
382  ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Knrfiii-sten,    XIV.  33 


514  VI.    Goess  in  Berlin,    Aiiijalt   in   Wien.     1672—1675. 

der  zweckli  ist,  wohin  E.  K.  M.  iederzeit  coUimirt,  darauss  .so  innerhalb 
de.s  Reichs  iinndt  sonderlich  heym  Reichstag  7-u  Regenspurg,  als  ausser- 
halb, grosse  beneficia  unndt  avantagen  resultiren  würden,  so  würde  sie 
auch  eine  treffliche  disposition  unndt  preparation  zu  allem  dem  Jenigen 
sein,  was  die  zeit  unndt  die  coniuncturen  kiinnfftig  ferner  erforderen 
möchten. 

Wan  aber  S.  Ch.  I).  gemeint  weiter  zu  gehen  unndt  die  Party  der 
Staaten  General  anzunehmen,  wie  es  auss  obgedachten  schreiben  unndt 
anderen  indiciis  fast  abzunehmen,  herentgegen  E"".  K.  M.  convenienz  unndt 
Status  rerum  nit  zuliesse,  dass  sie  dergleichen  resolution  für  diessmahlen 
fassen  unndt  sich  ad  hunc  finem  mit  P.  Ch.  D.  vereinigen  könten,  darüber 
Ich  mich  doch,  wan  Ich  zu  Berlin  were,  zu  erklären  hette,  möchten 
diese  inconvenienzien  darauss  entstehen:  Es  würden  dadurch  die  Verhand- 
hingen Amerongens  gehmdert,  die  St.  Geran's  um  Neutralität  gefördert  werden, 
was  widerum  zur  Folge  haben  könnte,  dass  die  Holländer  sich  von  allen  Seiten 
verlassen,  den  Franzosen  in  die  Arme  werfen  und  unter  welchen  Bedingungen 
auch  immer  Frieden  schliessen  Avürden.  Ferner  aber  müsse  man  von  kaiserlicher 
Seite  auch  auf  die  spanische  Niederlande  und  darauf  Rücksicht  nehmen,  dass 
die  übrigen  deutschen  und  viele  andere  Fürsten  sicli  nach  dem  Kaiser  richten 
werden. 

Ferner  wissen  E.  K.  M.  gnedigst  unndt  habe  Ich  darvon  zum  öfftern 
bericht,  was  man  sich  für  eine  heimbliche  intelligenz  zwischen  E.  K.  M. 
unndt  den  könig  in  Franckreich  in  der  Welt  unndt  sonderlich  bey  dem 
Churbrandenburgischen  Hoff  zuweillen  eingebildet,  welche  nun  auf  ge- 
wisser abtheilung  der  Spanischen  Monarchie,  .  .  .  nun  ad  alios  fines  unndt 
zufürderist  auf  unterdrückhung  der  Protestirenden  unndt  propagirung  des 
Catholicismi,  ihrer  aussdeutung  nach,  angesehen  sein  solle,  welche  opinion 
hierauss,  wan  man  den  könig  in  Franckreich  mit  Hollandt  gewehren 
liesse,  besterckt  könte  werden ').  Dass  gröste  inconvenienz  aber  unter 
allen  ist  meines  erachtens  dieses,  dass  E.  K.  M.,  wie  sie  es  auch  machen 
unndt  wie  viel  sie  auch  nachgeben  mögen,  allem  ansehen  nach,  daunoch 
mit  dem  könig  in  Franckreich  entlich  werden  in  händel  gerathen.  . .  . 

Wie  gross  nun  auch  diese  Schwierigkeiten  sein  mögen,  die  es  unräthHch 
erscheinen  lassen,  dem  Kurfürsten  sogleich  mitzutlieilen.  dass  der  Kaiser  sich 
Hollands  nicht  annehmen  wolle,  noch  srefährlicher  würde  es  sein,  wan  E.  K.  M. 


')  Bekanntlich  hatte  der  Wiener  Hof  gerade  in  dieser  Zeit  —  1.  Nov.  1671  — 
mit  Frankreich  die  geheime  Allianz  afescli Jossen,  durch  die  Oesterreich  sich  v.ur  Neu- 
tralität im  Falle  eines  Uebeifalles  Hollands  durch  Frankreich  verpflichtete;  vergl.  ilignet 
1.  c.   III.  54öfl'.;  Wolf  J.  c.  37yff. 


Memorial  des  Goess.  515 

all  zu  precipitanter  unndt    zu    friihozeittig  sich  dieses  kriegs  theilhafftig 
machen  wolten. 

Denn  erstens  ist  der  Krieg  nocli  gar  nicht  erklärt,  dann  könnte  durch  die 
Erklärung  des  Kaisers  für  Holland  eintreten  zu  wollen,  Frankreich  sich  bewogen 
fühlen,  mit  den  Holländern  niclit  zu  brechen  und  sich  gegen  den  Kaiser  zu 
wenden.  Dazu  kommt,  dass  die  Sache  noch  nicht  reif  ist,  dass  die  Holländer 
selbst  dem  Kaiser  keinen  Antrag  gestellt  haben  und  endlich  die  Erwägung, 
dass  ein  Krieg  mit  Rücksicht  auf  die  Lage  des  Kaisers  möglichst  zu  vermei- 
den sei. 

Weillen  dan  der  jetz  in  utramque  partem  geraelter  motivorum 
halber  es  darauf  anzukommen  scheinet,  dass  E.  K.  M.  sich  dieses  kriegs 
weder  gänzlich  entschlagen,  weder  auch  biss  noch  teilhafftig  machen 
können,  so  möchte  etwa  ein  expediens  unndt  pro  nunc  dass  beste  sein, 
dass  man  trachte  die  sach  aller  orthen  in  solchen  terminis  zu  halten, 
dass  man  so  viel  diesen  krieg  betrifft,  allerseits  freye  handt  fernere  re- 
solutiones,  wan's  die  noth  erfordert,  zu  nehmen,  behalte.  Im  übrigen, 
weillen  der  raison  unndt  der  vernunfft  gemess,  dass  man  sich  im  Rö- 
mischen Reich  bey  so  grossen  in  der  nachbarschafft,  wo  nit  auf  dem 
Reichs-Boden  selbst,  vorstehenden  krieg  wohl  vorsehe,  unndt,  da  es  zu 
Regenspurg  mit  der  Reichs  Verfassung  all  zu  langsam  b  pro  presentissima 
hac  rerum  necessitate  hergeht,  auf  eine  solche  union  unndt  foedus 
zwischen  E.  K.  M.  unndt  etliche  der  vornembsten  Chur-  unndt  forsten 
gedacht  werde,  dardurch  nit  allein  das  Reich  unndt  dessen  Stände  in 
Sicherheit,  sondern  auch  in  respect  unndt  consideration  unndt  alles  in 
solcher  postur  gesezt  würde,  dass,  wan  die  zelten  unndt  coniuncturen 
künftig  ein  mehrers  erforderten,  man  sich  allerdings  darzu  gefast  befünde: 
als  könte  unmassgeblich  hierauf  angetragen  unndt  die  diessfals  von  mir 
bey  Churbrandenburg  schon  von  geraumer  zeit  her  geführte  negociation 
umb  so  nachdrücklicher  continuirt  werden,  ie  mehr  unndt  unentbehr- 
licher die  gegenwertige  gefährliche  leuffte  unndt  kriegsempörung  eine 
solche  union  unndt  zusahmensetzung  pro  Imperii  et  mutua  securitate 
erforderen.  Es  werden  vermuthlich  die  mehrere  Chur-  unndt  fürsten 
hierzu  inclinirn,  weillen  es  der  sicherste  weeg ;  auch  die  Jenige,  welche 
sonsten  die  holländische  Party  zu  nehmen  gedenckhen,  sich  nit  gern  vor 
der  zeit  blossgeben,  noch  das  werckh,  ehe  die  Party  wohl  gemacht,  an- 
greiffen  wollen. 

Wan  nun  die  Staaten  General  S'.  Ch.  1).  zu  Brandenburg  oder  an- 
deren Chur-  unndt  fürsten  solche  conditiones  uniult  uvantage  machten, 
dass    sie    sich    für  dieselbe   declariren   theten,   so   köntens  E.  K.  M.  umb 

33* 


516  ^'^-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

SO  mehr  geschehen  la.ssen,  weillens  cau.sae  publicae  nit  schädtlich  unndt 
sie  die  Chur-  unndt  fürsten  es  sine  infractione  Pacis  zu  thun  befuegt; 
es  were  ihnen  in  solchem  fahl  ein  grosser  vortel,  dass  sie  durch  obge- 
dachtes  foedus  eines  sicheren  rückhen  unndt  securs,  wan  sie  auf  dem 
Reichs  Boden  angegriften  würden,  (sich)  versichert  wüsten;  wan  aber  Chur 
Brandenburg  darauf  dränge,  dass  E.  K.  M.  saltem  eventualiter,  wie  der 
fürst  von  Anhalt  schreibt,  sich  mit  S^  Ch.  D.  unndt  folgents  mit  den 
Staaten  General  einlassen  solten,  so  könten  die  Jenige  rationes,  welche 
E^  K.  M.  statum  betreffen  unndt  die  reflexiones,  so  man  wegen  Hungarn, 
Fohlen  unndt  anderer  dero  angelegenheiten  zu  haben,  auf  solche  weis 
unndt  maass  representirt  werden,  dass  man  der  sachen  nit  zu  viel  unndt 
nit  zu  wenig  ...  thue,  sondern  den  impegno  de  presenti  evitire,  im  übrigen 
pro  futuro  sich  also  vernehmen  lasse,  dass  I.  Ch.  1).  unndt  andere  dar- 
durch  mehr  animirt  als  disanimirt  unndt  mithin  die  occasion,  auf  einige 
andere  tractaten  mit  Franckreich  zu  gedenckhen,  benohmen  werde. 
Goess  bittet  um  genaue  Instruction  in  dieser  Angelegenheit. 

Nachdem  aber  auch  abstrahendo  von  diesem  krieg  wieder  Hollandt, 
E.  K.  M.  sonderlich  verlangen  S.  Ch.  D.  zu  gewinnen  unndt  dieselbe  auf 
ihre  seithen  zu  bringen,  massen  Ich  meine  negociation  iederzeit  zu 
diesem  zweckh  gericht  unndt  dan,  dass  Ich  das  Jenige,  wordurch  der- 
selbe zu  erreichen  sein  möchte,  sugeriren  solle,  alss  werde  Ich  dahie 
nochmahlen  wiederholen,  wass  Ich  destwegen  in  underschiedtlichen  meinen 
underthänigsten  relationibus  E"".  K.  M.  vorgetragen. 

1".  Weren  die  gleich  anfangs  berührte  difficulteten  undt  disgusti, 
soviel  möglich  aus  dem  weeg  zu  räumen  unndt  dan  dahin  zu  sehen, 
dass  eine  solche  Party  gemacht  werde,  darbey  S.  Ch.  D.  darfür  halten 
mögen,  dass  sie  sonderlich  wieder  Franckreich  gnug  gesichert,  unndt 
hierin  werden  sie  sonderliche  reflexion  auf  die  anzahl  kriegsvölckher,  so 
E.  K.  M.  auf  die  bein  haben,  machen,  die  derowegen  besser  für  grösser 
als  geringer  anzugeben.  Als  Ich  noch  kurtz  vor  meiner  abreiss  von 
Berlin  diese  union  mit  E^  K.  M.  durch  einem  ihre  unndt  mir  vertraueten 
urgiren  lassen,  haben  sie  meinen  rationibus  zwar  statt  gegeben,  darbey 
aber  gemelt,  dass,  wan  sie  sich  also  öffentlich  erklären  solten,  in  alle 
die  inconvenienzien,  in  welche  andere  steckhen,  einrinnen  würden;  sie 
consideriren,  wie  die  Spanische  Niederlanden  beym  jüngsten  krieg  aban- 
donnirt.  der  hertzog  von  Lottringen  übern  hauffen  geworffen  worden, 
unndt  andere  Chur-  unndt  fürsten,  die  etwa  an  Franckreich  einige  Ja- 
lousie   gegeben,    in    gleichmessiger   apprehension    unndt    gefahr    stehen: 


Instruction  für  Goess.  517 

diesen  hazard  werden  yie  sich  nit  leicht  untei'werffen,  sondern  den 
sicheren  weeg  gehen  uundt  vor  allen  dingen  Eine  sufficientc  unndt 
sichere  Party  formirt  sehen  wollen.  . . . 

2°.  müsste  man  den  Herzog  von  Neuburg,  mit  dem  der  Brandenburger 
jetzt  enge  liirt  ist,  für  diese  Partei  gewinnen. 

3".  Auf  die  Subsidien  legt  der  Kurfürst  grossen  Werth  und  muss  es  auch, 
weil  er  seine  Truppen  mit  den  ihm  aus  seinem  eigenen  Lande  zur  Verfügung 
stehenden  Mitteln  nicht  erhalten  kann.  Wenn  der  Kaiser  ihm  keine  Subsidien 
gewähren  könnte,  müsste  man  dahin  sehen,  dass  Spanien  oder  die  Staaten  dem 
Kurfürsten  Geld  zur  Verfügung  stellen. 

4".  müsste  dem  Kurfürsten  nachgewiesen  werden,  dass  der  Kaiser  sich 
die  Erhaltung  eines  guten  Vernehmens  zwischen  Polen  und  Brandenburg  ange- 
legen sein  lasse. 

5^  wäre  eine  Allianz  des  Kaisers  mit  Schweden  der  Einigung  mit  Bran- 
denburg sehr  förderlich. 

6".  Ob  nicht  eine  persönliche  Unterredung  zwischen  dem  Kurfürsten  und 
dem  Kaiser,  zu  welcher  der  erstere  seine  Geneigtheit  ausgesprochen,  zu  empfehlen 
wäre,  überlässt  Goess  dem  Urtheile  des  Kaisers. 

Die  Erzeigung  von  Gnadenbeweisen  für  den  Kurfürsten  und  seine  Räthe 
würde  jedenfalls  den  Interessen  des  Kaisers  förderlich  sein. 


Instruction  für  Goess.     Dat.  Wien  4,  März  1672.  (Conc.y) 

[Reicbssicherheit.     Provisionalvertrag.     Eintritt  Brandenburgs  in  denselben.     Haltung 

in    dem    französisch -holländischen    Conflicte.      Justiz-    und    Cameralangelegenheiten. 

Köln.     Reichsangelegenheiten.     Accession    Braunschweigs    und  Neuburgs    zum  Provi- 

sionaltractat.     Subsidienangelegenheit.     Gnadenbezeigungen.] 

Goess  soll   sich  schleunigst   an  den  Hof  des  Kurfürsten   begeben   und  dort  4.  März, 
vorstellen : 

1".  Der  Kaiser  hat  die  Nothwendigkeit  für  des  Reiches  Sicherheit  Vor- 
sorge zu  tragen  eingesehen,  und  da  es  nun  mit  dem  seit  langem  auf  dem 
Reichstage  zu  Regensburg  deliberirten  puncto  securitatis  also  beschaffen,  dass 
in  Bälde  ein  Schluss  nicht  zu  erwarten,  hat  der  Kaiser  es  für  nothwendig  und 
zweckmässig  gehalten,  bis  dahin  ein  Bündnis  mit  den  mächtigen  Reichsmitglie- 
dern zu  schliessen,  hat  ein  Project  zu  einer  Provisionalverfassung  aufgesetzt, 
mit  dem  sich  bereits  die  Kurfürsten  von  Mainz  und  Trier  einverstanden  erklärt 
haben-).     Der   Kaiser   wünscht    nun,    dass    der   Kurfürst  von   Brandenburg  in 


')  Nach  dem  Votum  der  Conferenz  vom  27.  Jan.  1672,  an  der  Schwarzenberg, 
Hocher,  Lamberg  und  Abele  theilnahmen  und  in  der  beschlossen  wurde,  Goess  so- 
gleich nach  Berlin  zu  senden, 

^)  Gemeint  ist  das  Bündnis  vom  10.  Jan.  1672:  gedruckt  bei  Lünig.  R.  A.  p. 
sp.  cont.  I.  Abth.  I.  Absch.  1.  430ff. :  Dumont  I.e.  VIl.,  210fr.   (mit  falschem  Datum 


518  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

dieses  Bündnis  mit  eintrete  und  wann  .sie  vorhero  wirklich  darein  getreten 
sein  werden,  man  hernach  gesammter  Hand  weiters  von  jenigem  rede, 
wa.s  diesfalls  zu  Erhaltung  gemeiner  Sicherheit  und  Wohlfahrt  bei  Be- 
schaffenheit gegenwärtiger  gefährlichen  Umstände  in  einem  und  andern 
noch  ferrers  zu  thuen  sein  möchte;  wie  uns  dann  gar  nicht  zuwider,  da.ss 
man  destwegen  auf  solchem  Fall,  wann  sein  des  Churfürstens  zu  Bran- 
denburg L*^'".  vorhero  in  diese  Allianz  wirklich  getreten  sein  würdet, 
bei  ohnedas  nicht  nur  von  uns,  sondern  fast  von  jedem  Theil  zu  Colin 
habenden  Gesandten,  allda  in  Colin  oder  an  einen  anderen  beliebigen  Ort 
vertreulich  zusammen  komme  und  mit  einander  berathschlage,  wann  der 
von  Frankreich  wider  Holland  oder  jenige,  wo  Holland  defensive  assistiren 
■würden,  vorhabende  Krieg  noch  angehen  und  sich  darein  einige  Chur- 
und  Fürsten  des  Reichs  zur  Offension  eins  oder  andern  Theils  mischen 
sollten,  was  in  diesem  Fall  zu  thuen,  damit  Fried  und  Ruhe  im  römi- 
schen Reich  gleichwohlen  erhalten  und  alle  künftige  Gefährlichkeit  und 
Oppression  zeitlich  abgewendet  werde;  massen  eo  ipso,  dass  sein  des 
Churfürstens  von  Brandenburg  !/*".  in  obvermelte  Provisionalallianz  ein- 
treten, ihme  viel  folgen  und  also  ein  considerable  Macht  zusammen  ge- 
bracht werden  künnte. 

Der  Kaiser  erwartet  des  Kurfürsten  Jlrklärung  darüber  und  ist  bereit  an 
welchem  Orte  auch  immer  die  ferneren  Verhandlungen  fortsetzen  zu  lassen. 
Goess  soll  dem  Kurfürsten  die  Vortheile  zeigen,  die  demselben  durch  den  Ein- 
tritt in  die  Allianz  erwachsen  würden,  vornehmlich  die  Sicherheit  gegen  jeden 
Angriff  und  ihn  auffordern,  wenn  er  eingetreten  sein  wird,  den  Herzog  von 
Pfalz-Neuburg,  das  Haus  Braunschweig,  den  König  von  Dänemark,  Hessen-Cassel 
und  andere  zum  Eintritte  zu  bewegen.  Wenn  der  Kurfürst  sich  beklagt,  warum 
man  ihm  erst  jetzt  Mittheilung  von  dem  Provisionalvertragsprojecte  mache,  hat 
Goess  zu  antworten,  dass  der  Kaiser  die  Sache  nur  Mainz  und  Trier  anvertraut 
habe  und  dem  Brandenburger  schon  längst  Kenntnis  davon  gegeben  haben  würde, 
wenn  nicht  des  Goess  Unpässlichkeit  dessen  Reise  verzögert  hätte. 

Was  Goess  auf  die  vermnthlichen  Klagen  wegen  der  in  Ungarn  bevor- 
stehenden Religionsreformation  erwidern  soll,  wird  ihm  noch  vor  seiner  Abreise 
mitgetheilt  werden. 

Wegen  des  von  des  Königs  in  Frankreich  I/*"".  wider  Holland  vor- 
habenden Kriegs  und  unser  darbei  führenden  Gedanken,  da  haben  wir 
zwar  ganz  erhebliche  Bedenken  uns  dermalen  eines  mehrern,  als  hie  oben 
enthalten,  zu  erklären,  sondern  wir  wollen,  wie  sich  die  Sachen  noch 
weiters  anlassen,  den  Erfolg  noch  ein  Zeitlang  erwarten,     üahero  er  von 


10.  Oct.  1672).     Guhrauer  I.e.  II.  132ff.;    vergl.   für    die  in  dieser  Angelegenheit  ge- 
führten Unterhandlungen  Gubrauer  1.  c.  1.  129  fT. 


Instruction  für  Goess.  519 

Goessen,  wana  er  darum ben  gefragt  imd  er  fiudeü  würde,  dass  sein  des 
Churfiirstens  zu  Brandenburg  L"^.  dato  mit  keinem  Theil  impegnirt,  doch 
aber  auf  die  Seiten  der  Holländer  mehrers  inclinirt,  dahin  antworten 
könnte,  dass  er  zwar  unser  hierin  führende  Meinung  und  Vorhaben 
dato  nicht  eigentlich,  wohl  aber  dieses  wüsste,  dass  uns  sehr  schwer 
vorkomme,  dass  Frankreich  Holland  mit  Krieg  anfallen  und  die  ange- 
tragene Satisfaction  gar  nicht  anhören,  weniger  annehmen  wolle,  aus 
welchem  dann  die  Kriegsflammen  leicht  in  das  römische  Reich  getrieben 
werden  könnten:  item,  dass  uns  tief  zu  Herzen  gehe,  dass  von  Frank- 
reich der  Krön  Spanien  bedrohet  werde,  wann  sie  denen  Holländern 
assistiren  sollte,  dass  sie  solches  für  einen  Bruch  des  Friedens  halten 
und  darauf  selbige  Krön  in  Italia  und  sonsten  bekriegen  wollte,  da  doch 
der  Krön  Spanien  besagte  Assistenzleistung  in  beeden  pyrenäischen  und 
aachischen  Frieden  erlaubt  ist;  nicht  weniger,  dass  sich  dergleichen  Be- 
drohungen auch  wider  uns  und  jenige  Churfürsten  und  Stände  des  Reichs 
von  Frankreich  hören  Hessen,  so  hernach  auf  solchen  Fall  der  Atta- 
quirung  der  Krön  Spanien  Hülf  leisten  möchten,  welches  doch  vigore 
besagter  beeden  Frieden  ausdrückentlich  vorbehalten  und  also  wohl  die 
höchste  Noth  erfordert,  dass  man  an  Seiten  des  Reichs,  oder  wenigist 
etlicher  der  mitverwandten  Ständen,  sich  mit  uns  in  ein  nähere  und 
mächtigere  Zusammensetzung  stellen,  damit  dardurch  mehr  besagter 
lieber  Fried  noch  ferrers  erhalten  werde;  wie  wir  dann  ganz  geneigt 
wären,  mit  sein  des  Churfürstens  zu  Brandenburg  L'^«".  zu  dem  Ende 
bedeutes  Provisionalfoedus  einzugehen  und  auch  alsdann  die  weitere 
Nothdurft  zu  überlegen  und  abzuhandlen.   .  .  . 

Was  der  Kurfürst  auf  diese  Erklärung  erwidern  wird,  hat  Goess  zu  be- 
richten, unterdessen  dem  Kurfürsten  zu  verstehen  zu  geben,  dass  wir  ihne  an 
der  Hültieistuug  für  die  General-Staaten  nit  zu  verhindern  hätten,  und 
wann  er  wegen  der  in  iustrumento  pacis  und  Reichsconstitutionibus  zu- 
gelassener Assistenz  angegriffen  werden  sollte,  wir  unserseits  au  deme, 
was  unser  höchstes  kaiserliches  Amt.  auch  die  mit  einander  habende 
Allianz  erfordert,  nichts  erwinden  lassen  würden,  welches  alles  aber 
suaviter  und  cautissime,  damit  solches  Frankreich  nit  allzu  Frühe  er- 
fahre, zu  negotiiren;  wann  aber  sein  des  Churfürstens  zu  Brandenburg  L''*=". 
diesfalls  schon  mit  Frankreich  impegnirt  sein  sollte,  so  würdet  er  von  Goess 
hierinnen  cautissime  zu  gehen  und  sich  keineswegs  herauszulassen  haben, 
welches  wir  aber  fast  nit  glauben  können;  doch  haben  wir  hierinnen  nit  zu- 
viel zu  trauen,  weniger  uns  vor  der  Zeit  herauszulassen:  furderist,  weilen 


520  VI.    Goess  in  Eerliii,    Anhalt  in  Wien.     1672—167.5. 

wir  von  llüllaiul  .selbsten  dato  hierzu  nit  ersucht  wordeu,  aus.ser  was  im 
Haag  gegen  den  Lisola  und  von  demselben  nicht  zwar  in  ordine  contra 
Gallos,  sondern  in  ordine  ad  foedus  triplex  pro  Hispania  beschehen  ').... 
Sonsten  aber  und  wann  er  Baron  von  Goess  verspüren  sollte,  dass  sein  des 
Churfürsten  von  Brandenbuig  L'''"".  in  oftgemelte  Provisionalverfassung  nit 
eintreten  wollte,  sondern  gemeint  wäre  auf  andere  Weis  und  Weg  mit 
uns  zu  verbinden,  mag  er  gleichwohlen  solches  vernehmen,  uns  dessen 
berichten  und  sich  aber  hierinnen  also  behutsam  halten,  damit  haupt- 
sächlich auf  die  Sicherheit  des  Reichs  und  damit  jeder  Stand,  so  der 
Allianz  beitreten  will,  von  Gefahr  und  Ueberfall  befreiet  sein  künnte,  an- 
getragen und  die  Quaestion,  ob  jetztmalen  mit  den  General-Staaten  ein 
Biindnus  zu  machen,  declinirt,  gleichwohlen  aber  auch  sein  Churfiirstens 
j  den  vertraulich  eröffnet  würde,  dass  wir  zu  Manutenirung  des  münsteri- 
schen  und  aachischen  Friedens  gänzlich  resolvirt  wären. 

Bezüglich  der  .Justizangelegenheiten  kann  Goess  dem  Kurfürsten  die  Ver- 
sicherung geben,  dass  auf  ihn,  soviel  es  die  Justiz  zulasse,  gebührende  Reflexion 
genommen  werden  wird. 

Quoad  cameralia  und  zwar  wegen  Jägerndorf  kann  Goess  dem  Kurfürsten 
sagen,  wenn  das  Allianzwerk  verglichen  und  das  vorige  Vertrauen  wieder  her- 
gestellt sein  werde,  zweifle  er  —  Goess  —  nicht,  wir  würden  auf  alle  AVeis 
bedacht  sein,  S^  L.  auch  hierinnen  dermalen  wirklich  und  vollständige 
Satisfaction  zu  geben. 

Betreffs  der  Ceremonialstreitigkeiten  ist  Goess  zur  Genüge  instruirt^). 

Wegen  der  Stadt  Köln  wird  Goess  besondere  Instruction  erhalten^). 

Bezüglich  der  Reichsangelegenheiten  soll  Goess  um  Förderung  der  securitas 
publica,  der  Capitulation  etc.  ersuchen  und  unter  anderem  dem  Kurfürsten  vor- 
stellen, dass  um  so  viel  weniger  auf  die  Extension  des  §  Gleichwie  etc. 
weiters  zu  dringen  seie,  weilen  jenes,  so  zwischen  der  Krön  Frankreich 
und  Chur-Colln  passirt  ^),  anjetzt  klärlich  erweise,  wie  sub  praetextu  der 
Landdefension  und  juris  foederum  das  ganze  Reich  in  grosse  Gefahr  und 
Unsicherheit  gesetzt  werde. 

Der  Eintritt  des  Hauses  Braunschweig  in  diese  Provisionalverfassung  wäre 
gewiss  gut,  aber  es  ist  w-enig  Aussicht  auf  Erfolg,  ebensowenig  auch  bezüglich 
Pfalz-Neuburgs.     Wegen  Procurirung  der  Subsidien  von  Spanien   für  Branden- 


')     Ueber  Lisola's  Thätigkeit  in  dieser  Zeit  Klopp  I.e.  I.  271) ff. ;  Grossmann  I.e.  lOff. 
^     Es    handelte    sich   um   die    Stellung   der  kurfürstlichen    zu    den   kaiserlichen 
Vertretern. 

')     Ueber  den  Stand  dieser  Sache  in  diesem  Monate  vergl.  Ennen  1.  c.  I.  222  f. 
*)     Vergl.  Ennen  1.  e.  253 ff.:  Mignet  1.  c.  \U.  705. 


Instruction  des  Goess.     Erinnerungen  des  Goess  zu  dieser  Instruction.  521 

bürg  hat  Goess  keine  Huffnunir  zu  macheu,  doch  kann  Goess  dem  Kurfürsten 
mittheilen,  dass  der  Kaiser  demselben  die  Subsidien  von  Herzen  gönnen  würde. 
Zur  Vertheilung  an  die  kurfürstlichen  Minister  werden  Goess  10000  Gulden 
mitgegeben;  die  Vertheilung  wird  ihm  überlassen;  Schwerin  und  Meinders  kann 
er  überdies  auch  für  die  Zukunft  Vertröstung  geben;  Somnitz  das  Baronat  zu 
ertheilen,  ist  der  Kaiser  bereit. 


Erinnerung  des  Goess  über  die  ihm  ertheilte  Instruction  vom 
4.  März  1672;  an  Hocher.    s.  d.  (ür.) 

[Stellung    Brandenburgs    zum  Provisionalvertrag.     Reformation    in    Ungarn       Brauu- 
schweig-  und  Neuburgische  Accession  zum  Provisionalvertrag.     Subsidienfrage.] 

Goess  meint,  es  wäre  zweckmässiger,  falls  sich  Brandenburg  weigern  sollte    März, 
gleich  in  die  Provisionalallianz  einzutreten,  vielmehr  erst  Berathungen  über  die 
den    drohenden  Gefahren   gegenüber  zu   ergreifenden  Massregeln  fordern  sollte, 
diesem  Begehren  Folge  zu  leisten,  als  die  Verhandlungen  ganz  abzubrechen. 

Bezüglich  der  Reformation  der  Religion  in  Ungarn  erwartet  Goess  die 
Specialinstruction.  I.  K.  M.  haben  grösste  Ursach  sich  hierin  wühl  vor- 
zusehen und  nit  allein  die  gegenwärtige  Zeit,  sondern  auch  die  künf- 
tige und  was  hieraus  resultiren  kann,  zu  considerireu.  Es  ist  sehr  zu 
besorgen  und  geben's  schon  die  Bericht  von  allen  Orten,  dass  die  pro- 
testirende,  wann  in  Hungarn  einiger  Krieg  einfallen  sollte,  nit  allein 
die  Hand  abziehen,  sondern  auch  diese  Refornoation  pro  prognostico 
nehmen  werden,  was  sie  ihrer  Meinung  nach  im  Reich  zu  gewarten, 
wann  man  die  Macht  darzu  haben  würde. 

Neue  Nachrichten  aus  Berlin  über  die  Verhandlungen  mit  dem  französi- 
sischen')  und  holländischen-)  Gesandten  zeigen  die  Neigung  des  Kurfürsten  mit 
den  Holländern  zu  gehen  ^).  Goess  hält  es  für  zweckmässig  in  seinem  Namen 
ein  Schreiben  an  Schwerin  zu  richten,  aus  welchem  dieser  entnehmen  könne, 
dass  der  Kaiserhof  eine  Verbindung  Hollands  mit  Brandenburg  gerne  sehen 
würde.  Die  Accession  des  Hauses  Braunschweig  und  des  Pfalz-Neuburgers 
wäre  sehr  nützlich;  Goess  ist  daher  der  Ansicht,  dass  man  alles  aufbieten 
müsse,  um  sie  durchzusetzen.  Bezüglich  der  Subsidien  wird  dahin  zu  sehen 
sein,  dass  die  Generalstaaten  sich  mit  Brandenburg  vergleichen. 


^)     St.  Geran. 
^)    Amerongen. 

^)    lieber  die  brandenburg-hoUändischen  Verhandlungen  in  dieser  Zeit:    Urk.  u. 
Act.  Iir.  238  ff. 


522  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—167.3. 

Erinnerung  des  Goess  d.  d.  Wien  1.  April  1672  an  den  Kaiser. 

(Or.) 

[Besorgnis    des   Kurfürsten  wegen    der  Stadt  Köln.     .Schwedische   Angelegenheit.      St. 
Geran's  Vorschläge.     Holländisch-brandenburgische  Allianz.     Tiirkengefahr.] 

I.April.  Schwerin  hat  dem  Goess  unter  dem  10.  März  geschrieben,  der  Kurfürst  sei 

wegen  der  Stadt  Köln  besorgt  und  wünsche  darüber  mit  Goess  zu  sprechen ; 
unter  dem  14.  schreibt  Schwerin,  dass  die  mit  dem  Pompoune  zu  Stock- 
holm gepflogene  Tractaten  mit  dem  wollen  entschuldigt  werden,  dass 
Schweden  vom  kaiserlichen  Hof  negligirt  worden.  I.  Ch.  ü.  wünscheten, 
dass  von  E^  K.  M.  Jemand  dahin  geschickt  würde;  dann  aller  Apparenz 
nach  wäre  noch  nichts  geschlossen,  indeme  der  Graf  Königsraark  noch 
immer  zu  Paris  tractirete,  dieses  werd  ohne  Zweifel  Brandt  aus  Stock- 
holm bericht  haben  ...,  ad  Interim  habe  ich  dem  Baron  von  Schwerin 
geantwort,  dass  es  bei  E^  K.  M.  nit  gestanden,  dass  dieses  foedus 
schon  längst  geschlossen  seie  worden;  man  könne  sich  aber  in  der  Schwe- 
den Conduitc  nit  recht  finden '). 

Unter  dem  18.  berichtet  Schwerin,  dass  St.  Geran's  Vorschlag  blos  die 
Neutralität  betreffe  2)  und  dass  derselbe  sehr  misgestimmt  darüber  sei.  dass  der 
Kurfürst  von  einer  solchen  nichts  Avissen  wolle. 

Da  jetzt  gemeldet  wird,  dass  der  Brandenburger  mit  Holland  geschlossen  ■% 
gewiss  jedenfalls  die  Neigung  des  Kurfürsten  zu  einem  Bündnisse  mit  Holland  be- 
steht, glaubt  Goess,  dass  man  von  ihm  den  Beitritt  des  Kaisers  fordern  wird  und 
meint,  dass  daran  gedacht  werden  müsse,  damit  durch  die  darauf  thuende 
Erklärung  I.  Ch.  D.  nit  disanimirt,  noch  von  dero  guten  Vornehmen 
divertirt  werden.  Auch  wegen  des  drohenden  Türkenkriegs  in  Polen  <)  bittet 
er  um  Instruction. 


Instruction  für  Goess.     Dat.  Wien  2.  April  1672.  (Copie.) 

[Rüstungen  gegen  die  Türken.     Reicbsangelegenheiten.     Köln.j 

April.  Der  Kaiser  hat  mit  Rücksicht  auf  die  von  den  Türken  drohende  Gefahr  in 

seinen  Erbländern  mit  Anspannung  aller  Kräfte   rüsten   lassen  und  die  gleiche 
Rüstung    vom   Reiche    gefordert^);    der   Kurfürst    möge    dieses    Bestreben    des 

')     Vergl.   ilignet   I.e.  111.362  fr.:    Carlson   I.e.  IV.  555:    der    Vertrag    zwischen 
Frankreich  und  Schweden  wurde  am  14.  April  geschlossen. 

2)  Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  28:  Droysen  1.  c.  III.  3  383  f. 

3)  Der  Vertrag  wurde  erst  am  26.  April /6.  Mai  1672  geschlossen;  über  den  Stand 
der  Verhandlungen  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act.  III.  250 ff. 

4)  Vergl.  Theat.  Europ.  XI.  76  ff. 

^)     Vergl.  das  Schreiben  bei  Pachuer  1.  c.  I.  563. 


Instruction  für  Goess.     Hollänilisch-österreichische  Beziehungen.  523 

Kaisers  unterstützen.  Wa.s  die  Comitialien  und  zwar  vornehmlich  den  §  „Und 
gleich  wie"  betrifft,  ist  der  Kaiser  niemals  willens  gewesen,  den  Ständen  des 
Reiches  etwas  von  ihren  Rechten  zu  nehmen ;  seine  Resolution  geht  nur  dahin, 
dass  soviel  die  Executionsordnung  und  dasjenige,  was  zur  Sicherheit  des 
Reichs  auf  gemeinen  Reichstagen  geschlossen,  oder  sonst  einem  römischen 
Kaiser  verwilliget  wird,  betreffen  thuet,  sie  Chur-Fürsten  und  Stände  bei 
denen  wis.sentlichen  Reichsconstitutionen  gelassen  und  von  ihren  Ständen 
und  Unterthaneu  hierinnen  übertragen  werden  sollen  (sie)  und  folglich  ein 
jeder  Reichsstand  wegen  dessen,  so  in  puncto  securitatis  publicae  in 
Kraft  des  etwa  künftig  erfolgenden  Reichsschlusses  auszulegen,  überflüssig 
gesichert  ist,  dass  die  einem  jeden  gebührende  quotam  die  Unterthanen 
zu  entgelten  haben,  die  renitirende  sine  omni  litis  et  processus  suffla- 
mine  zur  Schuldigkeit  angehalten  und  sogar,  wann  sie  klagen  sollten, 
a  limine  iudicii  abgewiesen  werden  könnten,  also  dass  einiger  Reichs- 
stand unter  diesem  Vorwand,  als  ob  er  des  Beitrags  von  seinen  Unter- 
thanen nit  versichert  wäre,  angeregten  punctum  securitatis  publicae  in 
suspenso  zu  lassen,  je  nit  beursachet  ist.  Auch  habe  der  Kaiser  durch 
diesen  Paragraph  nichts  dem  Rechte  der  Landesfnrsten  praejudicirliches  aus- 
gesprochen. Der  Kaiser  hofft  daher,  der  Brandenburger  werde  seinen  Gesandten 
Befehl  ertheilen,  dahin  zu  wirken,  dass  die  schwebenden  Reichsfragen,  insbe- 
sondere der  punctus  securitatis,  zu  einem  erwünschten  Ende  gebracht  werden '). 
P.  S.  Goess  soll  vom  Kurfürsten  eine  Meinungsäusserung  bezüglich  des 
zwischen  dem  Kurfürsten  von  Köln  und  der  Stadt  Köln  herrschenden  Streites 
fordern. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  28.  April  1672.  (Conc.) 

[HoUändiscb-österreicbische  Beziehungen.     Kölner  Angelegenheit.] 

Bruijnincx.  der  staatische  Bevollmächtigte  am  kaiserlichen  Hofe  -),  hat  daselbst  28.  April 
ein  Defensivbündnis  vorgeschlagen,  worauf  ihm  eine  allgemein  gehaltene  Ant- 
wort gegeben  worden  ist.  Dem  Lisola  und  Kramprich  aber  hat  der  Kaiser  Befehl 
ertheilt,  dem  de  Witt  und  anderen  Confidenten  gute,  doch  keine  bestimmten  Ver- 
sprechen bezüglich  dieses  Bündnisses  zu  geben'').  Sobald  Goess  über  die  Stel- 
lung des  Kurfürsten  zu  Holland  genauen  Bericht  erstattet  haben  wird,  wird  sich 
der  Kaiser  definitiv  entscheiden.  Goess  soll  zu  erfahren  trachten,  ob  etwas 
wahres  an  dem  Gerüchte  ist,  dass  die  kurfürstlichen  Minister,  auch  Schwerin, 
von  Frankreich  Geld  empfangen  haben.     Mit  der  Stadt  Köln    sieht  es  schlecht 


^)     Vergl.  die  Acten  bei  Paehner  1.  c.  I.  573ff.  u.  a.  0. 
')     Hamel  Bruijnincz;  vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  249  u.  a.  0. 

^)     üeber  die  Haltung  Oesterreicbs  in  dieser  Zeit  und  die  Thätigkeit   des  Lisola 
vergl.  Klopp  I.e.  I.  .303ff.;  Grossmann  1.  c.  I.  20ff. 


524  VI.    Goess  iu  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

aus;  der  Kaiser  hat  dieselbe  auffurdeni  lassen,  sich  zu  vertheidigen  und  hat 
bei  den  Staaten  diese  Angelegenheit  zur  Sprache  bringen  lassen.  Goess  soll 
mit  dem  Kurfürsten  darüber  sprechen  und  dessen  Ansicht  dem  Kaiser  sogleich 
melden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  Mai  1672.   (Or.) 

[Ankunft  in  Berlin.     Stimmung  des   Hofes.     Urtheii    des   Goess    über    die  Lage.     St. 

Gerans  Verabschiedung.] 

2.  Mai.  Ueber  Dresden    ist    er  nach   Berlin    gereist.     Den  Kurfürsten  hat  er  noch 

nicht  gesprochen.  Aus  Schwerins  und  anderer  Räthe  Reden  ist  zu  entnehmen, 
dass  der  Kurfürst  |:  noch  bei  der  starken  vorigen  Inclination  die  hollän- 
dische Partie  zu  nehmen  verbleibt  und  sein  die  Tractaten  mit  dem  von 
Amerongen  so  weit  gebracht,  dass  sie  gleichsam  auf  dem  Schluss  stehen  '). 
Wie  aber  fast  alle  Räthe  dissuadiren,  dass  I.  Ch.  D.  diesmalen  schliessen 
und  sich  für  Holland  declariren  sollen,  dass  überall  starke  Empfindung  und 
Coramotion  vorgegangen,  als  welche  dem  Fürsten  das  Werk  schwer  ge- 
macht. Man  zeigt,  dass  man  auf  mich  mit  Verlangen  gewart  und  mögen 
die  ministri  sich  die  Hoffnung  machen,  dass  durch  meine  Negociation 
I.  Ch.  D.  von  ihr  gefassten  Resolution  abgehalten  und  das  Werk  nach 
ihrer  Intention  und  Meinung  dörfte  auslaufen;  es  ist  nun  in  crisi.  Ich 
wünschte  wegen  der  noch  zu  Wien  erinderten  Ursachen,  dass  meine 
Zurückreis  hiehin  noch  etwas  hätte  mögen  verschoben  werden.  Ich 
werde  zu  thuen  haben,  es  also  zu  machen,  dass  uns  nicht  einigermassen 
imputirt  werde,  dass  I.  Ch.  D.  von  der  bishero  gezeigten  starken  Reso- 
lution abgewichen  und  auf  andere  consilia  gerathen.  Moch  habe  ich 
nicht  vermerken  können,  dass  man  die  Gefahr  von  polnischer  Seiten  .  .  . 
so  stark  apprehendire;  man  ist  mit  allen  Gedanken  und  Application  in 
dem  niederländischen  Werk.  Den  St.  Geran  hat  man  in  terminis  gene- 
ralibus  mit  Contestation  guter  Freundschaft  abgefertiget  und  entschul- 
diget, dass  I.  Ch.  D.  sich  nicht  weiter  herauslassen  können^). :  | 


J)    Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  261  f. 

2)    Ueber  dessen  Abfertigung  Puf.  1.  c.  XI.  28;  Droysen  I.e.  III.  3  388. 


Goess  in  Berlin,    ürtlieil  desselben  über  die  Lage.    Des  Kurfürsten  Gesinnung.  525 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  Mai  1672.    (Or.) 

[Stelluns  des  Kurfürsten  zum  Provisionalvertrag  und  zur  holländischen  Allianz.  Unter- 
redung des  Kurfürsten  mit  Goess  über  die  Nothwendigkeit  eines  gemeinsamen  Vor- 
gehens. Aenderung  in  der  Haltung  des  Kurfürsten.  Gründe  derselben.  Anhalt's 
Sendung  nach  Wien.  Gründe  derselben.  Des  Goess  Verhalten  bei  den  Verhand- 
lungen. Unterredung  desselben  mit  Anhalt.  Dessen  Erklärungen  und  Rath.  Lockart. 
Schweden.  Haltung  des  Neuburgers  und  des  Baiernfürsten.  Vorgehen  des  Kölner 
Kurfürsten.  Inhalt  der  Schreiben  des  Bischofs  von  Strassburg.  Conferenz  des  Goess 
mit  den  kurfürstlichen  Ministern.] 

.  .  .  Von  dem  von  mir  proponirten  foedere  provisionali  haben  I.  Ch.  D.  6.  Mai. 
schlechte  Opinion,  zeigen  auch  wenig  darzu  zu  incliniren ;  doch  gedünict 
mich,  dass  ich  hacteuus  darin  so  viel  profitirt,  dass  mans  nit  undien- 
lich finden  möchte ;  supposito,  dass  Churbrandenburg  die  holländische 
Partie  nähmen.  Das  polnische  Werk  apprehendirt  man  in  re  ipsa  nit  so 
hoch,  non  displicet  tamen,  [:  dass  man  sich  dessen  bediene,  die  an  Polen 
angrenzende  Potentaten  pro  causa  communi  unter  sich  zu  vereinigen  :|... 
Des  von  Amerongen  Tractaten  gehen  hauptsächlich  dahin,  ;:dass  Chur- 
brandenburg den  Holländern  mit  20  000  Mann  assistiren  solle,  deren  der 
halbe  Theil  auf  gedachter  Holländer  Unkosten  zu  werben  und  zu  unter- 
halten. Brandenburg  für  ihre  Person  incliniren  trefflich  zu  diesem  Werk 
und  seind  einige  der  ministrorum  hierüber  in  bösen  Verdacht  kommen; 
man  suspicirt,  dass  sie  Geld  angenommen  und  darumben  dasselbe  suchen 
zu  divertiren,  quod  ipsum  diese  Sach  noch  schwerer  macht  und  rauss 
auf  ein  Remedium  gedacht  werden. 

Vorgestern  als  am  Mittwoch  zeigten  sich  I.  Ch.  D.  bei  einen  langen 
Discurs,  so  ich  mit  deroselben  gehabt,  allerdings  resolvirt,  das  Werk  in 
Gottes  Namen  anzutreten.  Der  von  Amerongen  erwartete  stündlich  mit 
Verlangen  die  Subscription,  mit  Intention,  sich  alsogleich  auf  Hamburg 
zu  begeben,  die  Gelder,  welche  allda  parat  liegen,  auszuzahlen');  und 
dies  conferirte  Brandenburg  mit  mir  weitläufig,  wie  sie  vermeinten,  dass 
die  Sach  anzugreifen;  vorhero  aber  ehe  sie  sich  so  weit  gegen  mir  aus- 
gelassen, seind  sie  zum  änderten  Mal  stark  an  mich  gewesen  und  auf 
alle  Weis  darauf  gedrungen,  dass  E.  K.  M.  das  Werk  mit  antreten,  ihro 
wenigsten  vier  tausend  Pferd  schicken  sollten  :|,  darbei  ich  nun  dasjenige 
gemelt,  was  meine  Instruction  in  sich  haltet  und  zufürderist  die  an- 
drohende grosse  türkische  Macht,  derentwegen  E.  K.  M.  schon  Assistenz 
vom  Reich   begehrt,  vorgestellt. 


1)    Vergl.  Urk.u.  Act.  IIL3  262. 


526  VI.    Goess  in  Berlin,    Anlialt  in  Wien.     1G72  — 1(;75. 

Gestern  habe  ich  I.  Ch.  I).  |:sehr  verändert  gefunden.  Sie  haben 
stärker  als  vorhin  in  mich  gesetzt,  dass  E.  K.  M.  das  Werk  mit  ihro 
antreten  und  deroselben  einige  Cavalleria,  wanns  endlich  auch  nur  ein 
paar  1000  Pferd  wären,  zuschicken  wollten;  sie  wiirdens  in  andern  wi- 
derumben  ersetzen;  die  Sach  müsste  sub  nomine,  autoritate  et  auspiciis 
E'.  K.  M.  angegriffen  werden  :|;  dolirten  sehr,  dass,  da  sie  das  ihrige  als 
ein  treuer  Churfürst  pro  libertate  patriae  gern  thun  wollten,  von  aller 
Welt  abandonnirt  würden.  Sie  miissten's  endlichen  Gott  befehlen  und 
ihre  consilia  änderst  einrichten;  insinuando,  dass  sie  von  anderen  Orten 
stark  gesucht  und  mit  grossen  Offerten  sollicitirt  würden.  .  .  . 

Die  Ursachen  dieser  Meimingsäuderung  sind.  1".  die  Krklärung  des  Herzogs 
von  Celle  nicht  mit  Brandenburg  sich  in  das  holländische  Werk  einlassen  zu 
Avollen')  und  2°  der  Beschluss  des  geheimen  Rathes,  der  dahin  gegangen,  dass 
es  unter  den  bestehenden  Verhältnissen  nicht  rathsam  für  Brandenburg  sei, 
sich  allein  mit  Holland  einzulassen'-'). 

|:Gnug  ist  zu  sehen,  dass  I.  Ch.  D.  ungern  von  dieser  ihrer  vorigen 
Resolution  abweichen;  sie  sagten  mir  gestern  zum  Beschluss,  dass  sie 
den  Fürsten  von  Anhalt  sub  aliquo  praetextu  nach  Wien  schicken  woll- 
ten E^  K.  M.  endliche  Resolution  zu  vernehmen,  nachdem  sie  ver- 
merken müssten,  dass  es  mir  an  Instruction  und  A'^ollmacht  fehlete. 

Nun  erkenne  ich  genug,  wo  dasselbe  hinaus  und  dass  man  E.  K. 
M.  entweder  zur  Declaration  bringen,  oder  deroselben  invidiam  facti, 
dass  den  Holländern  und  folgends  Spanien  nicht  assistirt  werde,  zu- 
und  aufwälzen  will.  Habe  mich  bemühet  es  con  bell  modo  zu  divertiren 
und  remonstrirt,  dass  diese  Abschickung  all  zu  gross  Aufsehen  verur- 
sachen und  was  gehandlet  werde,  vor  der  Zeit  an  Tag  geben  würde. 
Ich  habe  doch  auch  hierin  behutsam  gehen  müssen,  iudeme  man  voller 
Verdacht  und  auch  diese  remonstrationes  nicht  wohl  und  fast  pro  in- 
dicio,  dass  man  bei  uns  nichts  bei  der  Sach  thuen  will,  interpretiren 
wollen.  W'ie  ich  E"".  K.  M.  gnädigste  Intention  und  dero  Dienst  ansehe, 
muss  ich  da  sehr  caute  gehen  und  in  suadendo  aut  dissuadendo  die 
rechte  Maass  halten.  Sonsten  hat  mir  der  Churfürst  gesagt,  dass  der 
Graf  von  Monterey^)  ihne  versichert,  da  E.  K.  M.  die  Sach  für  Holland 
nicht  antreten,  sonsten  eine  völlige  Division  des  Hauses  erfolgen  würde.  . . . 
Ich  habe  folgends  eben  gestern  mit  dem  Fürsten   von  Anhalt  ausführlich 


0     Vergl.  Droysen  1.  c.  HI. 3  390;  Urk.  u.  Act.  IH.  2Cr2. 

-)     Für    die    Haltung    der    brandenburgischen    Rätlie    Peter,  H.,    Der    Krieg    des 
Grossen  Kurfürsten  gegen  Frankreich  IßT'J  — 1G75  27  f.  Urk.  u.  Act.  HI.  219,  221  u.  a.O. 
^)     Vergl.  über  ihn  Lefevre-Pontalis  I.e.  H.  171. 


Anhalts  Sendung  nach  Wien.    Verhandlungen  des  Goess  mit  Anhalt.    Schweden.     527 

von  diesem  ganzen  Werk  geredt'),  welcher  mich  dann  obligirt,  indeme  er 
in  gewöhnlichen  Vertrauen  mit  mir  gesprochen.  Er  zeigt  .sich  sehr  wohl 
inclinirt;  er  vermeint,  dass,  wann  er  nach  Wien  käme,  wann  änderst 
allda  einige  gute  Disposition  darzu,  viel  gutes  zu  richten  wäre  zu  einer 
vollkommenen  Vereinigung  zwischen  E.  K.  M.  und  diesen  Churfürsten; 
sagt  ganz  positive,  dass  niemand  Brandenburg  rathen  könne,  dass  .sie 
sich  solchergestalt  und  allein  in  diesem  Werk  impegniren  sollen. 
Anhalt  drängt  sehr  wegen  Ueberlassung  von  einigen  tausend  Mann  an  Branden- 
burg. Der  modus  ist  dieser,  dass  wie  ich  mich  winde  und  auf  alle 
Seiten  wende,  damit  E.  K.  M.  sich  diesmalen  nicht  zu  declariren,  also 
suchen  sie  auf  ihrer  Seiten  auf  alle  Weis,  dass  E.  K.  M.  sich  declariren 
und  wollen  nomen  et  autoritatem  realem  darbei  haben.  Wie  ich  ver- 
merke, so  setzen  I.  Ch.  D.  um  so  grössers  Vertrauen  in  den  Fürsten  von 
Anhalt,  je  grösser  die  Differenz  und  Suspicion  gegen  andern  ist.  .,.:j 

Der  englische  Milord  Lockart  hat,  wie  Goess  vernimmt,  bei  seiner  Audienz 
einen  gleichen  Vorschlag  gethan-),  wie  St.  Geran. 

|:  Schweden  hat  zwar  die  Tractaten  wegen  einer  Neutralität  mit 
Frankreich  geschlossen^);  es  scheint  aber,  dass  man  den  brandenburgi- 
schen Canzler  Brandt  zu  Stockholm  ein  Wink  geben;  so  sehe  ich  auch 
nicht,  dass  I.  Ch.  D.  für  diesmalen  Schweden  sonderlich  apprehendiren^). 
Ich  habe  remonstrirt,  dass  gut  und  auch  practicabl  sein  möchte,  da 
man  occasione  der  Gefahr  eines  Türkenkriegs  in  Polen,  Schweden  an 
uns  und  mithin  von  Frankreich  etwas  abziehen  thäte.  :| 

Nach  den  Mittheilungen  Stratman's  ist  der  Herzog  von  Neuburg  bereit  in 
den  Provisionalvertrag  einzutreten,  wenn  ihm  solche  Bedingungen  gemacht  wer- 
den, wie  Holland  Brandenburg  macht.  Baiern  hat  dem  Kurfürsten  abgerathen, 
sich  mit  Holland  einzulassen  und  die  Sache  des  Köhier  Kurfürsten  auf  alle 
Weise  unterstützt. 

Chur-Cölln  solle  auch  all  zimlich  hantisch  hieher  geschrieben  haben; 
bei  der  Conferenz  hat  man  mir  2  Schreiben  des  Bischofs  von  Strass- 
burg  ^)  an  den  Baron  von  Schwerin  vorgelesen;  in  einem  streicht  er  die 
Avantage,   so  Frankreich   habe,    also   aus,    dass   es    kein  Franzos  besser 


')  Anhalt  war  ein  Förderer  der  brandenburij-holländischen  Allianz,  vergl.  Peter 
1.  c.  28. 

-)     üeber  seinen  Aufenthalt  in  Berlin  l'uf.  1.  c.  XI.  30;    Droysen  1.  c.  III. 3  384. 

=>)  Der  Vertiag  vom  U.April  1672  ist  gedruckt  bei  Dumont  I.e.  VII. ,  1(16  ft".: 
vergl.  Mignet  1.  c.  III.  365 ff.;  Recueil  I.  c  LXII. 

*)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  34. 

^)  Ueber  des  Fürstenbergers  Benehmen  in  dieser  Zeit:  Knuen  I.  c.  I.  248ff. ; 
Münch   I.e.  III.  103 ff. 


528  ^ '•    üoess  in  ßerliii,    Anhalt  in  Wien.     1672 — 1675. 

thun  könne;  es  habe  England  für  sich  nunmehr  declarato  hello,  mit 
Schweden  habe  es  gleichfalls  geschlossen,  Dänemark  werde  folgen;  E. 
K.  M.  werden  nichts  bei  der  Sach  thun;  haben  andere  occupationes; 
Spanien  werde  auch  nit  Stand  halten  und  was  dergleichen.  Im  an- 
deren forrairt  er  eine  churcöllnische  Praetension  auf  den  halben  Theil 
der  Lippstadt,  welche  Churbrandenburg  allein  hypothecario  more  be- 
sessen, quod  in  hisce  coniuncturis  valde  suspectum,  ob  man  Lippstatt 
wohl  paris  conditionis  mit  Rheinberg  machen  wolle.  Dieser  Churfürst 
hatte  gegen  Chur-Cölln  geandet,  dass  man  Dorsten  auf  seinen  Grund  und 
Boden  fortificire,  da  sagt  der  Bischof,  dass  Chur-Cölln  wohl  mehr  Ursach 
hätte  die  Fortification  der  Lippstatt  zu  widersprechen.  .  .  . 

Die  puncta  der  obgemelten  Conferenz  waren  1".  Das  provisionale 
foedus,  so  man  nit  adequat  noch  zulänglich  befinde.  2°.  Die  Gefahr 
der  Stadt  Colin,  welche  weder  gnugsam  besetzt  noch  fortificirt  und  die 
umliegende  Macht  zu  fürchten  habe;  j:  es  wurde  gefragt,  ob  man  nicht 
eine  Anzahl  spanische  Völker  darein  werfen  könnte  :{.  3°.  Die  Gefahr 
der  Lippstatt,  und  ob  E.  K.  M.  S''.  Ch.  1).  nit  assistiren  würden,  wann 
dieselbe  wollte  attaquirt  werden.  .  .  .  Ich  habe  sie  versichert,  dass 
E.  K.  M.  in  alle  Weg  dem  mit  P.  Ch.  1).  habenden  foederi  nachleben 
werden  und  wäre  dieses  eben  ein  motivum,  warum  dieselbe  um  so  mehr 
in  die  Provisionelallianz  zu  treten.  Darbei  ist  die  Frag  auf  dem  Tep- 
pich kommen,  quid,  wann  S.  Ch.  D.  wegen  des  an  Holland  leistenden 
Securs  in  ihren  Landen  aufm  Reichsboden  attaquirt  würden.  |:Ego: 
Der  §  ut  eo  sincerior  wäre  klar;  Brandenburg  versirte  in  ratione  licita:! 
iuxta  instrumentum  pacis  und  also  würden  sie  wider  Recht  angegriffen. 

Amerongen  klagt  dem  Goess  sehr  über  des  Kurfürsten  zurückhaltendes  Be- 
nehmen, der  sich  vornehmlich  darauf  berufe,  dass  er  allein  sich  in  nichts  ein- 
lassen könne  und  dass  vom  Kaiser  nichts  zu  erhoffen  sei '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  9,  Mai  1672.  (Gr.) 

[Brandenburg-holländische  Allianz.     Schwerin.     Lockarts  Mission.     Haltung   der  kur- 
fürstlichen   Minister    bezüglich    Schwedens.     Köln.     Urtheil   des  Goess  über  die  hran- 
denburg-mainzischen  Beziehungen.] 

U.  Mai.  Die  Weisung  vom  28.  April  hat  Goess  erhalten    und  von  dem  Inhalte  dem 

Kurfürsten  und  Amerongen  Mittheilung  gemacht. 

Die    holländisch-brandenburgische    Allianzangelegenheit    ist    unverändert'-'), 


»)     ürk.  u.  Act.  III.  262. 

*)     Die  Allianz  war  bereits  geschlossen. 


Kurküln.     Mission  Lockarts.     Brandenburg  und  Schweden.  529 

Amerongen  reist  nach  Hamburg ').  Schwerin  erklärt  öffentlich,  die  Behauptung, 
dass  er  von  Frankreich  Geld  erhalten  habe,  sei  eine  unwahre-').  Lord  Lockarts 
Mission  hat  denselben  Zweck,  wie  die  St.  Görans^);  er  räth  dem  Kurfürsten 
zur  Neutralität ;  klagt  sehr  über  die  heftigen  Schreiben,  die  von  Holland  gegen 
England  erlassen  worden  seien  und  nur  den  Erfolg  haben  würden,  England  zu 
schärferen  Massregeln  zu  vermögen,  als  König  Karl  IL  eigentlich  vorhabe*). 

Auf  die  Frage  des  Goess,  ob  es  nicht  zweckmässig  wäre,  Schweden  zum 
Anschlüsse  an  den  Kaiser  und  Brandenburg  mit  Rücksicht  auf  die  in  Polen 
drohende  Türkengefahr  zu  bewegen,  erklären  die  kurfürstlichen  Räthe,  |:man 
höre  jetzt  nichts  von  dieser  Gefahr  und  überdies  sei  es  wahrscheinlich,  dass 
die  Schweden  einen  derartigen  Einfall  der  Türken  in  Polen  nicht  ungern  sehen 
würden,  damit  sie  in  turbido  fischen  und  das  königliche  Preussen  unter 
sich  bringen  könnten.  Sonsten  scheint  weder  der  Churfiirst,  noch  die 
andere  dahie  daran  zu  zvveiflen,  dass  diese  zugleich  vornehmende  Krieg 
von  Frankreich  und  dem  Türken  di  concerto  veranlasst  werden,  dessen 
ich  mich  utiliter  zu  bedienen.:] 

Wegen  der  Stadt  Colin  apprehendiren  J.  Ch.  D.  die  Gefahr  der- 
massen,  dass  sie  mir  gestern  sagten,  [:sie  hielten's  fast  vor  verloren; 
sie  wünschten,  dass  sie  ihre  Völker  daraus  hätten.  :| 

Mahrenholtz  geht  nach  Regensburg;  er  wird  zu  Würzburg  den  Mainzer 
sprechen^);  Goess  glaubt,  es  herrsche  bei  Brandenburg  die  Absicht,  sich  auf 
guten  Fuss  mit  Mainz  zu  stellen. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  3./13.  Mai 

1672.  (Copie.) 

[Marsch  der  Franzosen.     Bitte  um  die  vertragsmässige  Unterstützung.] 

Der  Kurfürst    hat   soeben    Bericht   erhalten,    dass   die    französische  Armee  13.  Mai. 
eiligst  heranmarschire;  ein  Theil  derselben  gegen  Köln,  ein  anderer  gegen  Lipp- 
stadt in  der  Mark,  um  diese  Städte  zu  belagern^). ...    Gleichwie  nun  ich  nicht 


1)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  IIL  263. 

2)  Schwerin  galt  wegen  seiner  Abneigung  gegen  die  brandenburg-holländische 
Allianz  als  von  Frankreich  bestochen;  vergl.  Peter  1.  c.  27 f. 

3)  Puf.  1.  c.  XL  30. 

'')  Ueber  die  Haltung  Englands  in  dieser  Zeit  vergl.  Ranke,  Engl.  Gesch.  V. 
ySff. ;  Klopp  1.  c.  L  300ff.  Die  zwischen  England  und  Holland  gewechselten  Schriften 
bei  Basnage,  Annales  H.  192 ff.;  Theat.  Europ.  XL  109 ff. 

5)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  45;  Guhrauer  1.  c.  L  158ff. 

**)  Vergl.  Ranke,  Französische  Gesch.  III.  292 ff. ;  Lefevre-Pontalis  [I.250ff.; 
Rousset  I.e.  I.  354ff. :  Droysen  I.e.  III. 3  .j99ff.;  Theat.  Europaeuin  I.e.  Xl.lSf.; 
Besnage  1.  c.  IL  204  f. 

Mater,  z.  (iescli.  d.  (i.  KiiilTirsteii.    XIV.  34 


530  VI.    Goesb  iu  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1(572  -  1075. 

nöthig  aclite,  E''.  K.  M.  weitläufig  vorzustellen,  was  bei  so  gestalten 
Sachen  für  eine  Gefahr  dem  römischen  Reich  dardurch  zustehe  und  wie 
die  allgemeine  Ruhe,  Fried  und  Sicherheit  werde  turbirt  werden,  ab- 
sonderlich wie  meine  Clev-märkische  und  ravensbergische  Länder  in  Ge- 
fahr und  äusseriste  Ruin  gerathen,  auch  was  für  grosses  Praejudiz  nicht 
allein  mir,  sondern  auch  dem  ganzen  westphälischen  Kreis  und  allen 
den  annachbarten  daraus  entstehen  werde  und  ich  mich  kraft  der  mit 
E^  K.  M.  getroffenen  Allianz  einer  mutuellen  Assistenz  versichere,  also 
hoffe  ich  unterthänigst  E.  K.  M.  werden  mich  nicht  lassen,  sondern  in 
dero  kaiserlichen  Schutz  mich  gnädigist  halten,  auch,  wann  dem  Ruf 
nach  die  Lippstadt  sollte  attaquirt  werden,  die  vermöge  solcher  Allianz 
verglichene  Hilfe  mit  dem  allerförderlichsten  überschicken;  gestalt  ich 
E.  K.  M.  diesfalls  gar  inständigist  implorire.  .  .  . 


Goess  an  den  Kaiser,     Dat.  Berlin  13.  Mai  1672.  (Or.) 

[Brandeubuig-holUindische  BeziehuBgen.     Anhalt.     Haltung    Brandenburgs    zum   Pio- 

yisionalvertrag.     Stellung    Nexiburgs    zu    demselben.      Des    Kurfürsten    Aeusserungeu 

über  der  Franzosen  Vorgehen.     Unterredung  des  Goess  mit  Lockart.     Opazki.] 

13.  Mai.  Des  Amerongen  Mission  scheint  so  zu  stehen,  |:  dass  pro  modo  die  Gelder 
P.  Ch.  D.  Darlehensweis  vorgestreckt  werden  :j,  dass  von  Amerongen  dest- 
wegen  an  seine  principales  geschrieben  und  die  Resolution  zu  Hamburg 
erwarte  ^).  Zu  glauben  ist,  | :  dass  die  Holländer  die  Gelder  nicht  her- 
geben werden,  es  seie  dann,  dass  sie  einigermassen  versichert,  dass  der 
Churfürst  sich  für  sie  declariren  wird.  .  . .  Mit  mir  redet  man  von  der 
Sachen  nicht  klar;  ich  frage  auch  directe  nicht  nach;  wohl  merke  ich, 
dass  zu  sonderlichen  Trost  gereiche,  wann  ich  insinuire,  dass  verhoffend 
sich  die  Sach  sicher  also  schicken  werde,  dass  ein  gute  Partei  gemacht 
und  die  französische  Dessein  unterbrochen  werden:!.  Ich  habe  hören 
susurriren,  als  wann  der  Fürst  von  Anhalt  unter'm  Praetext  nach  Dessau 
zu  gehen,  gar  nach  Wien  gehen  würde,  quod  vix  credo  ^).  Zu  das  foedus 
provisionale  zeigt  man  nun  bessere  Inclination.  Ich  habe  gestern  mit 
dem  von  Somnitz  daraus  geredt,  damit  I.  Ch.  ü.  sich  hierüber  positive 
erklären  und  was  darbei  zu  thun  werkstellig  machen  wollen;  wie  ich 
höre,  haben  sie  sich  durch  den  von  Mahrenholtz  gegen  Churmainz  hier- 


')     Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  262. 

2)     Bereits  am  5.  Mai  hatte  Johann  Georg  von  Anhalt  ein  Beglaubigungschreiben 
als  Gesandter  am  kaiserlichen  Hofe  erhalten. 


Der  Kurfürst  bittet  den  Kaiser  um  Kilfe.  Brandenb.-hoUänd.  Beziehungen.  Lockart.    531 

Über  einigermassen  erklärt').  Vorgestern  ist  der  Stratman  von  hier  ab- 
gereist, nachdem  die  Religionstractaten  schon  unterschrieben  worden"); 
er  vermeint,  dass  der  Herzog  sein  Herr  in  das  provisionale  foedus  gern 
mit  eintreten  werde.  Der  Kurfürst  hat  ihm  die  besten  Versicherungen  ge- 
geben. Dem  Goess  theilt  der  Kurfürst  mit,  dass  er  Nachricht  von  dem  directen 
Marsche  der  Franzosen  auf  Köhi  habe  und  dass  dieselben  zugleich  die  Lipp- 
stadt attaquiren  wollen,  welche  er  so  gut  er  kann  in  Vertheidigungszustand 
setze. 

Lockart  hat  den  Goess  besucht,  ein  Mann  von  gutem  tratto  und  modo, 
zeigt  auch  gute  Vernunft  und  eine  feine  Moderation  in  seinem  Discurs. 
Er  erklärt,  wie  unrecht  das  Vorgehen  Hollands  sei,  das  allein  seinen  König 
zum  Bruche  bewogen.  I.  Ch.  D.  haben  ihm  ein  Floh  in's  Ohr  gelegt, 
welche  ihn  sehr  inquietirt;  nemlich,  dass  vSpanien  sich  erklärt  habe  mit 
Frankreich  zu  brechen.  In  seines  Königs  Tractateu  mit  Frankreich, 
sagt  er,  dass  ein  expresser  Articul  seie,  quo  cavetur,  dass  Frankreich  mit 
Spanien  zu  keiner  Ruptur  kommen  solle.  Nach  Lockarts  Reden  dürfte 
übrigens  die  Allianz  zwischen  England  und  Frankreich  nicht  lange  dauern 
Circa  officia  raediationis,  so  I.  Ch.  D.  angeboten,  hat  er  sich  viel  trac- 
tabler  erzeigt,  als  der  von  St.  Geran,  welcher  solche  propositiones  nit 
einmal  anhören  wollen. 

Der  polnische  Gesandte  Opazki  ist  hier  um  vom  Kurfürsten  die  Ueber- 
lassung  und  Verpflegung  der  1500  Mann,  zu  deren  Sendung  dieser  nach  dem 
Bromberger  Vertrage ")  verpflichtet  ist,  nicht  für  2  Monate,  sondern  für  6  Mo- 
nate zu  fordern^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Mai  1672.   (Or.) 

[Anhalts  Sendung  nach  Wien.  Aeusserungen  Schwerins  über  die  brandenburg-hollän- 
dischen  Verhandlungen  und  über  die  brandenburg- österreichischen  Beziehungen. 
Verhalten  des  Goess.  Unterhandlungen  desselben  mit  Schwerin.  Pläne  Brandenburgs. 
Rath  des  Goess  bezüglich  des  Kaisers  Verhalten  zu  Anhalts  Anträgen.  Sachsen- 
brandenburgische Verhandlungen.  Massregeln  gegen  Frankreich.  Ungarisches  Reli- 
gionswesen. Erwiderungen  des  Goess  in  diesem  Punkte.  Abreise  Lockarts.  Dessen 
Ansicht.     Abreise  Opazki's.] 

Es  wird    dem  Goess    am    13.  mitgetheilt,    dass    der  Fürst  von  Anhalt  am  16.  Mai. 
Morgen    des   14.   nach  Wien    reisen  werde,   unter    dem  Verwände,  Angelegen- 


')  Ueber  des  Mahrenholtz  Mission  beim  Mainzer  Puf.  I.e.  XI.  44  f.;  Droysen 
1.  c.  m.  3  392  f. 

-)  Vergl.  den  Vergl.  vom  26.  April  1672  bei  Dumont  I.e.  VIL  i  ITlff.:  Mürner 
1.  c.  349  ff. 

3)     Vom  6.  Xov.  1657;  Mörner  I.e.  120ff. 

')     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  106 f.:  Droysen  1.  c.  IIl.;.  399. 

34* 


532  ^'I-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  iu  Wien.     1672—1675. 

lieiten  seiner  Schwester,  der  Herzogin  von  Brieg')  und  eigene  Geschäfte  daselbst 
zu  ordnen.  Mit  Schwerin  spricht  Goess  sehr  eingehend  über  den  Stand  der  Be- 
gebenheiten; er  entnimmt  den  Reden  Schwerin's.  ':dass  die  Tractaten  mit 
dem  von  Amerongeu  so  weit  geschlossen;  doch  solchergestalt,  dass  er 
noch  einige  Resolution  von  Haus  zu  erwarten  hierüber  hat.  Man  hat 
in  den  Tractaten  zum  öftern  variirt,  darüber  er  sich  sehr  beklagt.  Zu 
Darleihung  der  Gelder  seind  die  Holländer  ohne  Schliessung  des  Trac- 
tats  nicht  zu  bringen  gewest. :  ]  Schwerin  klagt  über  die  Unmöglichkeit  mit 
den  Staaten  etwas  in  secreto  zu  verhandeln. 

Was  nun  des  Fürsten  von  Anhalt  Instruction  seie,  das  hat  man 
mir  nit  soeben  gesagt;  wohl  aber,  dass  er  wegen  Beitretung  S"".  Ch.  D. 
in  das  foedus  provisionale  die  Resolution  .  .  .  mitbringe.  Im  Uebrigen 
meldete  der  Baron  von  Schwerin,  dass  bei  allen  seinen  Sorgen  und  ße- 
kümmernus  er  diese  Consolation  hierbei  hätte,  dass  verhoffentlich  diese 
Ding  und  Conjuncturen  ein  Mittel  sein  würden  I.  Ch.  D.  mit  E^  K.  M. 
und  dero  hochlöblichem  Haus  arctissime  und  beständig  zu  vereinigen.  . .  . 
Ich  habe  mich  sonsten  gestreckt  ad  omnem  longitudinem  et  latitudinem 
meiner  Instruction  und  was  ich  positive  nit  sagen  können,  habe  ich 
doch  innuirt,  alles  zu  diesem  Ende,  damit  E.  K.  M.  mit  dieser  Ab- 
schickung  nicht  übereilet  werden  möchten.  Es  haben  dannoch  I.  Ch.  D. 
darfür  gehalten,  es  auch  gegen  Jemand  vermerken  lassen,  dass  ich  noch 
w'ohl  etwas  mehrers  in  reserva  haben  würde;  —  unangesehen  der  Baron 
von  Schwerin  gemelt,  dass  diese  meine  Art  und  modus  negociandi  nit 
wäre,  w'ie  man's  dann  auch  gnug  erfahren  können  — ;  destwegen  haben  sie 
vielleicht  noch  einige  Tagen  zugesehen.  Die  Ursachen,  warum  E.  K.  M. 
sich  diesmalen  nit  weiter  herauslassen  können,  als  1".  die  Gefahr  vor 
den  Türken  und  2°.  dass  erst  neulich  die  erste  Proposition  durch  den 
holländischen  Residenten  geschehen"),  hat  der  von  Schwerin  zwar  gelten 
lassen;  doch  darbei  vermeint,  dass  E.  K.  M.  dannoch  das  ihrige  bei  der 
Sach  thun  würden  können.  Die  Tractaten  mit  Holland  betreffend,  habe 
ich  insinuirt  und  er  für  sich  gnug  begriffen,  dass  dieses  Werk  zwischen 
E.  K.  M.  und  die  Staaten-General  muss  abgehandelt  und  adjustirt  wer- 
den^)....  i:  Die  Intention  dahie  werd  vermutlich  und  so  viel  ich  aus 
den  Discursen  abnehmen  können,  dahin  gehen,  dass  wenigisten  I.  Ch.  D., 


')  Louise  von  Anhalt,  Wittwe  des  Februar  1672  verstorbenen  Herzogs  Christian 
von  Liegnitz.  Brieg  und  Wohlau, 

^)     Bruijnincz. 

•'')  Für  die  Österreich-holländischen  Beziehungen  dieser  Zeit  Klopp  I.e.  1.304  ff. ; 
ürossmaim  I.  >:.  22  fi". 


Anhalts  Sendimg  nach  Wien.    Unterhandlungen  des  Goess  mit  Schwerin  etc.  533 

die  sich  pro  communi  bouo  sacrificiren,  E^  K.  M.  etwa  durch  ein  engeres 
foedus  in  quemcumque  casum  mögen  versichert  sein.  ...  Ich  zweifle  nit, 
E.  K.  M,  werden  diesfalls  dero  gnädigste  resolutiones  also  einrichten, 
dass  I.  Ch.  D.  dardurch  animirt  und  zu  Fortsetzung  dero  generösen  Ge- 
danken  augefrischt  werden  mögen.  Sonst  erkennen  sie  wohl,  wie  ein 
schw^ere  Sach  sie  antreten;  die  ministri  haben  es  auch  zu  Genügen  re- 
monstrirt,  ihr  grosses  und  heroisch  Gemüt  superirt  dannoch  alles  und 
sagten  sie  vergangenen  Tagen  zu  dem  von  Schwerin,  ihn  zu  encoura- 
giren,  sie  setzeten  ihr  Vertrauen  auf  Gott,  der  hätte  sie  aus  viel  schwere 
Sachen  geholfen,  er  würde  sie  auch  diesmalen  nit  verlassen.  Es  muss 
gleichwohl  dahin  gesehen  werden,  dass  man  I.  Ch.  D.  in  so  grosser  und 
schwerer  impresa  nicht  allein  und  hilflos  lasse.  Ich  mache  die  Rech- 
nung, dass  vor  2  Monaten  Brandenburg  mit  ihren  Werbungen  nicht  fertig, 
noch  zur  Action  werden  gefasst  sein.  In  der  Zeit  werd  sich  ausweisen, 
w^ohin  der  Türken  disegno  gericht,  wie  der  Krieg  in  Niederland  und 
dann  auch  die  bei  E^  K.  M.  von  holländischer  Seiten  proponirte  Trac 
taten  sich  veranlassen  werden,  darnach  E.  K.  M.  ihre  Mesures  werden 
nehmen  können.  Unterdessen  werden  sie  sich  also  zu  erklären  wissen, 
damit  das  Werk  aufrecht  gehalten  und  I.  Ch.  D.  zu  Fortsetzung  des- 
selben bestermassen  animirt  werden.  :| 

Kursachsen  hat,  wie  Anhalt  dem  Goess  mittheilt,  gute  Intentionen.  Ich 
habe  gesehen,  was  beide  Churfürsten  zu  Sachsen  und  Brandenburg  zu 
Potsdam  mit  einander  conferirt  ^).  Sie  haben  beide  eigenhändig  das 
protocollura  darbei  geführt  und  sagt  man  mir,  dass  Chursachsen  sehr 
vernünftig  von  der  Sach  judicirt.  Churbrandenburg  vermeinete,  dass  die 
Religion  bei  dem  niederländischen  Krieg  stark  interessirt,  derentwegen 
die  evangelische  sich  darum  anzunehmen.  Chursachsen  hat  hierbei  ge- 
melt,  man  könne  die  Holländer  nit  lassen,  sie  wären  ein  guter  Stein 
im  Brett ;  Herzog  Georg  Wilhelm  ")  hat  herentgegen,  als  auch  ihme  nacher 
dergleichen  proponirt  worden,  diese  Meinung  weit  geworfen,  nihil  minus 
hie  agi,  quam  de  religione.  . ..  Auf  die  Quaestion  was  zu  thun,  wann  die 
Franzosen  einige  in  den  clevischen  Landen  mit  holländischer  Garnison 
besetzte  Stadt  attaquiren  sollten,  hat  Chursachsen  geantwort,  sie  wäre 
altioris  indaginis,  massen  S.  Ch.  D.  mir  zu  Dresden  gesagt,  dass  sie  es 
mit  Fleiss  gethaa,  ihren  Rechten  auf  selbigen  Landen  nit  zu  praeju- 
diciren.     Im  Uebrigen   haben    sie  das  Werk   auf  fernere   Communication 


')     Für  diese  Verhandlungen  Puf.  1.  c.  XI.  43;  Droysen  1.  c.  III. ;,  390f. 
-)     Herzog  von  Celle. 


534  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  167,0. 

und  Consultation,  so  Chursachseu  seither  etwas  declinirt  haben  solle, 
verschoben ').  Ich  habe  nit  alles  gesehen,  vermeine  und  habe  auch 
etwas  darvon  gehört,  dass  wohl  etwas  wegen  der  in  Hungarn  vermeint- 
lich vorgehender  Reformation  darbei  gemelt  worden.  Als  man  gegen 
mich  dieses  Werk  berührt,  habe  ich  geantwort,  dass  hierin  sehr  geirret 
werde;  keine  Reformation  seie  da  vorgangen;  die  Evangelische  bleiben 
in  exercitio  ihrer  Religion  an  allen  Orten,  wo  sie  es  vorhin  gehabt. 
Nit  ohne  seie,  dass  wiegen  einiger  Kirchen  zwischen  den  Catholischen, 
welche  klagen,  dass  dieselbe  ihnen  wider  Recht  entzogen  und  vorent- 
halten worden  und  den  Evangelischen  Strittigkeiten  vorhanden  sein; 
hierin,  wie  in  allen  anderen  Sachen,  müsste  ein  und  ander  Theil  Recht 
leiden^).  Lockart  ist  abgereist  und  war  mit  den  Erklärungen  Brandenburgs, 
obgleich  dieselben  blos  das  Offert  der  Mediation  enthielten,  zufrieden  3);  er 
hätte,  wie  man  merkt,  es  lieber  gesehen,  wenn  England  sich  nicht  in  den  Krieg 
gemischt  hätte.  Schwerin  ist  der  Meinung,  dass  diese  französisch-englische 
Allianz  nicht  lange  dauern  werde. 

Auch  Opazki  ist  abgereist,  bezüglich  des  Securses  ist  es  dabei  geblieben, 
dass  der  Kurfürst  sich  erbietet,  die  1500  Mann  mit  2  monatlichem  Sold,  den  er 
vermöge  des  Vertrages  zu  zahlen  nicht  verpflichtet  wäre,  oder  500  Dragoner 
mit  Verpflegung  für  6  Monate  hinzuschicken*). 


Goess  au  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Mai  1672.  (Or.) 

[Erklärungen    der    Braunschweiger    Fürsten    bezüglich    der    gegen   Frankreich    ein- 
zunehmenden   Haltung.     Verhandlungen    des    Canstein    mit    Herzog    Georg  Wilhelm. 
Beabsichtigte    Sendung    des    Pöllnitz    nach    Celle,    Anhalts    nach    Wien.      Truppen- 
werbungen.] 

20.  Mai.  Canstein    ist   von    seiner  Mission   in  Celle  zurückgekehrt').     Die  von    ihm 

angetragene  Zusammensetzung  pro  communi  securitate  ist  von  den  Herzogen 
von  Braunschweig  ambabus  manibus  amplectirt  worden;  als  er  mit  Georg 
Wilhelm  wegen  Unterstützung  der  Holländer  verhandelte,  war  dieser  anfangs 
nicht  abgeneigt;  da  aber  die  Holländer  mit  den  Zugeständnissen  karg  waren 
und  die  Brüder  des  Herzogs  diesen  gegen  den  Abschluss  eines  solchen  Vertrages 
einnahmen,  hat  er  dann  seine  Ansicht  geändert  und  erklärt,  er  und  der  Kur- 
fürst von  Brandenburg  seien  zu  schwach,   Holland  vor  Frankreich  zu   schützen. 


0  üeber  Sachsens  Politik  in  dieser  Zeit  Heibig  1.  c.  301.     Auerbach  1.  c.  361  ff. 

2)  Vergl.  Wolf  1.  c.  3-40  ff. 

3)  Puf.  1.  c.  XI.  30. 
*)  Puf.  1.  c.  XI.  106. 

*)  Vergl.  Peter  1.  c.  29. 


Ungarisches  Religionswesen.     Opazki.     Reichsangelegenheiten.  535 

vom  Kaiser  sei  Hilfe  nicht  zu  erwarten  etc.,  verraeineten  demnach,  dass  auf 
eine  dritte  Party  zu  ihrer  aller  Sicherheit  könnte  gedacht  werden. 

Canstein  begehrt  Antwort  auf  die  Frage,  ob  der  Herzog  mit  dem  Kur- 
fürsten sich  zur  Unterstützung  der  Holländer  verbinden  wolle,  wobei  man  sich 
von  brandenburgischer  Seite  bemühen  würde,  dass  er  alle  Satisfaction  bekäme; 
oder,  wenn  er  dies  nicht  thun  wollte,  ob  er  bereit  sei,  sich  zur  Unterstützung 
von  Brandenburg  zu  verpflichten,  falls  der  Kurfürst  von  Frankreich  angegriffen 
werden  sollte.  Ad  1"™  ist  es  darbei  blieben,  dass  es  einmal  nun  zu  spät 
wäre;  wann  aber  entweder  E.  K.  M.  oder  einer  der  nordischen  Kronen 
mit  beitreten  sollten,  wäre  er  bereit  darzu,  und  würde  er  alsdann  mit 
denjenigen  conditionibus,  welche  S"".  Ch.  D.  gemacht  würden,  sich  befrie- 
digen. Ad  2"'°  quod  non ;  wann  sie  dies  thun  wollten,  würden  sie  es 
ja  lieber  pro  pretio  und  offerirenden  subsidiis  als  gratis  thun.  Pöllnitz 
soll  nun  wieder  nach  Celle  geschickt  werden,  um  zu  sehen,  ob  man  des  Her- 
zogs Bedenken  beheben  und  von  den  Holländern  bessere  Bedingungen  für  Celle 
durchsetzen  kann. 

Ueber  Anhalts  Mission  hat  der  Kurfürst  Goess  gegenüber  noch  kein  AVort 
fallen  lassen.     Der  Kurfürst  wirbt  eifrig  Truppen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Mai  1672.  (Or.) 

[Reichsangelegenheiten.     Köln.] 

Meldet,  dass  die  Entscheidung  der  ihm  in  Reichsangelegenheiten  aufge-  20.  Mai. 
tragenen  Punkte  zum  grossen  Theile  von  dem  Verlaufe  der  Verhandlungen  in 
Regensburg  abhänge;  jedoch  hätte  man  ihm  so  viel  zu  verstehen  gegeben,  dass 
es  sich  in  Zukunft  hoffentlich  mit  diesen  Dingen  besser  schicken  werde.  Köln 
betreffend  sehe  man  gar  wohl,  dass  dasselbe,  wenn  die  Franzosen  es  angreifen, 
verloren  gehen  würde,  bezüglich  der  Abwehr  aber  rechnet  man  auf  den  Kaiser 
oder  auf  den  Gubernator  der  spanischen  Niederlande ').  Schwerin  glaubt  nicht, 
dass  die  Franzosen  Köln  angreifen  werden. 


Votum  vom    23.  Mai  1672    auf   des    Goess    Schreiben    vom 
6.  und  9.  Mai.    (Conc.) 

[Verhalten  Brandenburgs  und  der  übrigen  Mächte.    Defensivbündnis  mit  Brandenburg.] 

Die  Räthe  halten  dafür,  dass  der  Kaiser  durch  sein  Schreiben  vom  19.  Mai-)  23.  Mai. 
diese  Berichte  des  Goess  genügend  beantwortet  habe  und  Brandenburg  genug- 
sam invitirt,    dass  ihm    die  Würfel   auf  die  Tafel  geworfen  worden,  wann 


')     Monterey. 

'■')    Liegt  nicht  vor. 


536  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

er  spiüleii  und  sich  hierin  eigentlicli  erklären  will;  sonsten  besorgt  man  wohl, 
man  werde  die  Fuhr  versäumt  haben  und  daliero  besser  gewesen  wäre,  wann 
man  Churbrandenburg  gleich  anfangs  gcfasst  hätte,  dann  auch  dardurch 
Braunschweig  mitgezogen  wäre.  Anietzo  ist  selbiges  Haus  fast  völlig, 
Brandenburg  aber  etliche  Schritt  zurück,  Würtemberg  aestimirt,  Mainz 
und  Trier  aber  förchten  Frankreich.  Goess  ist  zu  spät  abgereist.  . . . 
Das  foedus  defensivum  solle  er  auf  alle  Weis  poussiren,  dann  dieses  ist 
der  erste  gradus,  nach  welchem  man  eines  und  das  andere  weiters  reden 
und  schliessen  werde  können,  und  dieses  apprehendirt  Frankreich 
mächtig. 


Der    Kurfürst    an    den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  24.  Mai 

1672.    (Or.) 

[Religionsangelegenheiten  in  Ungarn.] 

24.  Mai.  Der  Kurfürst  hat  mit  Betrüben  vernommen,  dass  den  Anhängern  der  Augs- 

burger Confession  in  Ungarn  ihr  bisher  gehabtes  freies  exercitium  religionis 
mehr  und  melir  genommen,  auch  die  Kirchen  weggenommen  oder  geschlossen 
werden.  Bei  E"".  K.  M.  bedarf  es  keiner  Anführung,  was  auf  solche  Ex- 
tremität zu  erfolgen  pflege  und  haben  es  die  traurige  exempla  in  vorigen 
Zeiten  gnugsam  erwiesen,  da  hergegen  kundbarlich  zu  Tage  stehet  und 
die  Erfahrung  lehret,  wie  die  unterthänigste  Devotion  und  Liebe  der 
Unterthanen,  welche  durch  Beibehaltung  derselben  Freiheiten,  sonderlich 
in  Gewissenssachen,  am  meisten  gewonnen,  vermehrt  und  conservirt  wird, 
der  rechte  Schild  und  die  sicherste  Wacht  sei,  dadurch  Königreiche  und 
Lande  wider  alle  auswärtige  Gewalt  bei  ihrem  Flor  und  Aufnehmen  er- 
halten werden.  Jnmassen  mir  und  meinen  Mitständen  zu  sonderbarer 
Consolation  gereichet,  dass  diese  Persecution  nicht  von  E''.  K.  M.,  sondern 
von  hitzigen  ihren  der  Evangelischen  Feinden  und  widerwärtigen  geist- 
liches Standes  herrühre.  Der  Kurfürst  bittet  um  die  Erlaubnis  für  die  Evan- 
gelischen intercediren  und  für  sie  Aufrechterhaltung  ihrer  Freiheiten  fordern 
zu  dürfen'). 


')     Vergl.  0.  Krauske,    Der   Grosse   Kurfürst    und    die    protestantischeu    Ungarn; 
Sybel's  Eist.  Zeitschr.  1887  58.  Bd.  465ff.  für  das  Jahr  1672  speciell  1.  c.  472 ff. 


Religionsangelegenheiten  in  Ungarn.     Oesterreich-brandenbiirgische    Allianz.  537 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  25.  Mai  1672.   (Conc.) 

[Allianz  mit  Brandenburg.     Anerbietungen  des  Kaisers  falls  Neigung  zur  Verbindung 

besteht.      Köln.     Sendung    Mayernbergs    nach    Mainz.     P.  S.    Anhalts    Mission.     Des 

Kaisers  eigenhändige  Bemerkung  in  dieser  Sache.] 

Schon  in  der  Weisung  vom  19. ')  hat  der  Kaiser  dem  Goess  Befehl  ertheilt,  25.  Mai. 
dass  du  auf  Treffung  des  foederLs  defensivi  provisionalis  auf  alle  Weis 
dringen  und  darbei  melden  wollest,  dass  wir  mit  seiner  L*^®".  selbige  zu 
Erhaltung  des  instrumenti  pacis,  des  clevischen  Friedens  und  pro  de- 
fensione  Rheni  gar  gern  eingehen  und  sobald  wir  gewiss  wissen,  wohin 
dann  S'.  L.  Gedanken  und  Intention  sowohl  circa  extensionem  desselben, 
als  auch  wegen  der  Holländer,  eigentlich  zielen  und  was  sie  diesfalls  in 
einem  und  andern  beständig  resolvirt  sein,  dass  auch  wir  uns  gestraks 
positive  darauf  gnädigst  resolvirn  und  dir  das  weitere  zukommen  lassen 
werden.     Bei  diesem  Entschlüsse  bleibt  es. 

Was  nun  das  Hauptwerk  und  die  mit  Churbrandenburg  vorhabende 
Tractaten  anberührt,  da  hast  du  gar  Recht  gethan,  dass  du  sein  des 
Churfürstens  zu  Brandenburg  L*'*".  sowohl  als  dero  ministros  wegen  der 
sich  noch  gut  schickenden  Sachen  dergestalt  getröstet.  Und  weilen  wir 
sehen,  dass  diese  Sach  je  länger,  je  besser  zeitig  wird,  als  wollen  wir 
dir  die  Hände  hiemit  so  weit  eröffnet  haben;  wann  du  an  Seiten  Chur- 
brandenburg zu  dem  foedere  defensive  ein  wahrhafte,  rechtschaffene  Nei- 
gung findest  und  man  dich  versichert,  oder  du  hoffen  kannst,  dass  auch 
Braunschweig  und  Dänemark  darein  treten  werden,  wir  uns  auch  einer 
gleichmässigen  Gegenassistenz  von  ihnen  wirklich  zu  getrösten,  wann 
wir  von  Frankreich  oder  andern  angegriffen  würden;  dass  du  solches 
nach  dem  dir  mitgegebenen  Project^)  vergreifen  und  uns  zu  unserer 
weitern  gnädigsten  Resolution  einschicken,  darbei  auch  die  Ver- 
sicherung geben  mögest,  dass  wir  auf  solchen  Fall  und  nach  solchen 
geschlossenen  foedere  resolvirt  sein,  nicht  2  oder  4000  Pferd,  sondern 
ein  ganzes  Corpo,  alldorten,  all  wo  es  die  Noth  oder  die  Coniuncturn  er- 
fordern, selbiges  sowohl  in  genere  als  in  specie  der  Stadt  Colin  und 
Lippstadt  und  die  miteintretende  confoederatos  darmit  zu  defendiren, 
mit  conjungirender  andern  confoederirten  W^affen  und  mit  dem  allge- 
meinen Gutbedünken  zu  schicken;  wie  wir  dann  an  Ein-  und  Zusam- 
menrichtung dieses  Corpo  .  .  .  bereit  in  wirklicher  Deliberation  begriffen. 

Im  änderten  wollest  du  dir  die  Erhaltung  der  Stadt  Colin  und  deren 


0     Liegt  nicht  vor. 
'^)     Liegt  nicht  vor. 


538  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

mehrere  Praesidiirung  ex  parte  Churbrandenbiu-g  bestes  angelegen  sein 
lassen  und  ehender  nicht  darvon  aussetzen,  oder  dem  Churfürsten  und 
dessen  ministris  in  Ohren  zu  liegen  aufhören,  als  bis  du  diesfalls  von 
ihro  ein  favorabl  Resolution  erhalten;  doch  aber  dieses  mit  solcher  Fiir- 
sichtigkeit  und  in  höchster  Geheim,  dass  es  Frankreich  nicht  zu  frühe 
erfahre,  weiln  uns  der  Marches  de  Grana ')  eriudert,  dass  V'^erjus^)  ge- 
sagt habe,  sobald  wir  oder  das  römische  Reich  in  dem  geringsten  seines 
Königs  Progressen  etwas  in  Weg  legen  wollten,  dass  sich  derselbe  noth- 
wcndig  der  Stadt  Colin  würde  bemächtigen  müssen.  Mayernberg  geht  nach 
Mainz,  hofft  dort  Mahrenholtz  anzutreffen. 

P.  S.  vom  26.  Mai. 

Schreiben  vom  16.  Mai  erhalten;  Goess  kann  Schwerin  die  Versicherung 
geben,  dass  der  Kaiser  alles  was  in  seiner  Macht  liege,  thun  werde,  um  Anhalt 
eine  befriedigende  Antwort  zu  geben. 

Der  Kaiser  fügte  diesem  P.  S.  eigenhändig  hinzu:  „Anheut  hat  gedachter 
Fürst  von  Anhalt  bei  mir  die  erste  Audienz  gehabt,  hoffe,  er  werde  mit  der 
Vorantwort  nicht  übel  zufrieden  gewest  sein  und  will  ich  bedacht  sein,  ihn 
bald  und  hoffentlich  almeno  con  ragione  contento  zu  depeschiren  ^).'' 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  Mai  1672.    (Or.) 

[Des    Pöllnitz  Aeusserungen   über    die   Erklärungen    des   Herzogs   von    Celle.     Unter- 
redung darüber  und  über  die   allgemeine  Lage   zwischen  dem  Kurfürsten   und  Goess. 
Mission  eines  neuen  französischen  Gesandten.     Karl  von  Lothringen.] 

17.  Mai.  Pöllnitz    ist    aus   Celle   zurückgekehrt;    er  bringt    dieselbe  Resolution  wie 

Canstein,  dass  der  Herzog  von  Celle  nur  dann  sich  zur  Unterstützung  Hollands 
entschliessen  könnte,  wenn  der  Kaiser  und  Dänemark  zugleich  gegen  Frankreich 
vorgehen  würden.  I.  Ch.  D.  haben  mir  trefflich  stark  zugesprochen,  man 
möchte  nun  sehen,  was  man  unsererseits  thäte;  es  käme  auf  uns  an; 
was  sie  anbelangete,  sollte  ich  glauben,  dass  sie  sich,  auch  mit  aner- 
bietenden Avantagen  aus  der  Sach  zu  ziehen  wüssten;  sie  sähen  aber, 
wo  es  hinaus  wollte.  |:  Churbaiern^),  Pfalz  und  Colin  wären  allbereit 
resolvirt  den  König  in  Frankreich  zum  römischen  König  zu  machen  :j; 
sie  für  ihre  Person  abhorrireten  a  Servitute  und  wollten  lieber   sterben. 


^)     Kaiserlicher  Bevollmächtigter  in  Köln. 

'-')     Vertreter  Frankreichs  in  Berlin,  später  in  Regensburg. 

3)  Ueber  Anhalt's  Aufenthalt  in  Wien  Puf.  I.e.  XL  49  ff.:  Droyseu  I.e.  III.  3 
395ff.;  Wolf  1.  c.  383 f.:  Mignet  1.  c  IV.  77 ff.;  Orlich  1.  c.  IL  52;  Wagner  1.  c.  L  281f. 

^)  Baiern  hatte  in  der  That  im  Vertrage  vom  Jahre  1670  ein  derartiges  Ver- 
sprechen gegeben:  vergl.  den  Vertrag  vom  21.  März  1670  bei  Buchner,  Gesch.  Baierns 
VIII.  15f.;  Recueil  VII.  Einl.  XII.  f. 


Verhalten  der  Braunschweiger.  Unterredung  zwischen  Friedrich  Wilhelm  u.  Goess.      539 

als  sich  das  Joch  über''u  Hals  ziehen  lassen;  allein  aber  könnten  sie  die 
deutsche  Libertät  nit  verfechten.  Hier  entdecketen  sie  mir,  dass  sie 
den  Fürsten  von  Anhalt  nach  Wien  geschickt,  damit  sie  E"".  K.  M.  ca- 
thegoricam  resolutionem  und  zwar  bald  haben  können.  In  his  terminis 
seind  sie;  auf  einer  Seiten  |:  sehen  sie  sich  in  imperio  noch  allein,  auf 
der  andern  Seiten  haben  sie  mit  Holland  schon  geschlossen,  wie  sie 
mir  selbst  gestünden  und  solle  das  Geld  nun  täglich  hieher  kommen:!. 
Goess  antwortet,  indem  er  darüber  klagt,  dass  der  Kurfürst  ihm  weder  von  dem 
Resultate  der  Verhandlungen  mit  Amerongen,  noch  von  der  Mission  Anhalts 
Mittheilung  gemacht;  gibt  im  übrigen  allgemein  gehaltene  gute  Versicherungen 
und  sondirt,  ob  dieses  nit  gut  befunden  werden  möchte,  dass  weilen 
E.  K.  ]\I.  in  dem  statu,  worin  sie  sich  gegenwärtig  befinden,  sich  nit 
so  weit,  als  sie  sonsten  wohl  thun  würden,  erklären  könnten,  S.  Ch.  D. 
und  die  übrige  Confoederirte,  wann  sie  in  ihren  Landen  angegriffen 
würden,  sich  dero  und  anderer  Mitconfoederirten  Securs  versichert  wüss- 
ten.  |:Sie  trungen  darauf,  dass  sie  einige  kaiserliche  Völker  darbei 
haben  müssten ;  sie  wolltens,  wann  ja  ein  Türkenkrieg  auskomme,  doppelt 
ersetzen.  M  an  zielet  auf  E^  K.  M.  Declaration  um  so  viel  mehr,  weilen 
man  siehet,  dass  die  Cellische  und  andere  darvon  dependiren.  E.  K.  M. 
können's  unmassgeblich  versuchen,  ob  auf  diesen  Schlag  etwas  zu  thuen 
sein  möchte,  die  werden's  im  Uebrigen  gnädigst  also  zu  verordnen  wissen, 
damit  Brandenburg  nicht  disanimirt,  noch  discouragirt  werde:'.  Was 
die  Tractaten  mit  Holland  anbelangt,  ist  ein  Werk  a  part  und  muss 
zwischen  E.  K.  M.  und  die  Staaten  General  abgehandelt  werden ').  Der 
Kurfürst  theilt  dem  Goess  mit,  dass  ein  neuer  französischer  Gesandter-)  unter- 
wegs sei,  der  die  Neutralität  und  die  Lippstadt  zur  Versicherung  begehren 
soll.  Der  Kaiser  dürfte  aus  dem  Haag  bereits  erfahren  haben,  dass  der  Herzog 
von  Lothringen  unter  gewissen  Bedingungen  den  Holländern  seine  Dienste  an- 
getragen hat.  Der  Kurfürst  glaubt,  wie  Goess,  dass  des  Lothringers  Dienste  der 
gemeinsamen  Sache  sehr  vortheilhaft  werden  könnten. 


Anhalt  an  den  Kaiser.     Dat.  Wien  19./29.  Mai  1672.   (Aut.) 

[Zweck  der  Mission  Anhalts   au   den  Wiener  Hof.     Nothwendigkeit  des  Widerstandos 
gegen  Frankreich.     Rath  des  Kurfürsten  in  dieser  Frage.] 

Allerunterthänigstes    memorial,    darinnen    auf    allergnädigstes    be-  29.  Mai. 


^)    Vergl.    für    den  Stand   der   Österreich-holländischen  Verhandlungen   in  dieser 
Zeit,  Grossmann  1.  c.  21  ff. 

2)    Fromenteau  Comte  de  la  Vauguion. 


540  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

geliren,  Ihr  Clmrf.  Gnaden  zu  Brandenburg  unterthänig.ster  fiirschlag  undt 
trewgemeintes  erbiethen  schrifftlich  fürgestellet  wirdt. 

Demnach  Ihr  Churf.  Gnaden  genugsam  wissen  undt  versichert 
seindt,  das  Ihr  keyserl.  Maiestät,  alss  des  H,  Rom.  Reichs  höchst  ge- 
ehrtes Oberhaupt,  die  ietzige  kriegsgefahr  sehr  zu  hertzen  nehmen  undt 
nicht  allein  daran  ein  sonderbahres  misslallen  tragen,  das  nunmehr  eine 
geraume  zeit  her  frembde  völcker  auf  des  Reichsboden  geführet,  des- 
selben Frontierstädte,  auch  mitten  im  Reich  gelegene  feste  platze,  damit 
beleget  undt  die  beste  manschafft  auss  Deutschlandt  für  frembde  weg- 
geworben undt  überführet  worden,  sondern  auch  mit  Ihr  Churf.  gnaden 
undt  anderen  getreuen  undt  wohlmeinenden  Reichs  Ständen  befahren, 
dass  das  kriegsfeuer  de  mehr  undt  mehr  umb  sich  greiffen  undt  durch 
gewaltsahmen  eintrag,  Überfall  undt  vielfältige  bedrängnüss  das  Rö- 
mische Reich  zerrüttet,  auss  den  theuer  erworbenen  frieden  in  unumb- 
gängliche  undt  hochverderbliche  unruhe  gesetzet  undt  entlich  dem  ietzigen 
ansehen  nach  gar  zergliedert  werden  möchte;  dagegen  aber  keine  zu- 
längliche mittel  zur  Sicherheit  des  Reichs  undt  verhüthung  oder  hinter- 
treibung solcher  gefahr  bey  banden,  sondern  die  Regenspurgischen  con- 
sultationes  wegen  der  Reichsverfassung')  einen  weg  wie  den  andern 
langsahm  von  statten  gehen  undt  die  Stände  bey  den  bekandten  umb- 
ständen,  da  der  eine  dieses,  der  andere  ein  anderes  absehen  hatt,  schwer- 
lich zum  einmüthigen  Schlüsse  zu  bringen  seindt;  alss  erkennen  Ihr 
Churf.  gnaden  sich  schuldig,  alss  ein  getrewer  Churfürst  des  Reichs,  Ihr 
K.  M".  unterthänigst  anzurahten  undt  dieselbe  gehorsambst  zu  ersuchen, 
das  Ihr  keyserl.  M".  solche  consilia  ergreiffen  wolle,  die  dero  hohen 
keyserlichen  authorität  fürträglich,  dem  Römischen  Reiche  erspriesslich 
undt  dadurch  dasselbe  für  obangeregter  gefahr  auff  das  schleunigste  undt 
mit  nachdruck  bewahret  undt  gesichert  werden  möge;  können  auch  hier- 
zu kein  besser  undt  zureichenders  mittel  besinnen,  alss  das  Ihr  keyserl. 
M".  ansehnliche  trouppen  nach  dem  Reinstrom  ehestes  marchiren  lassen 
undt  dadurch  andere  wohlmeinenden  Churf.,  fürsten  undt  ständen  einen 
gutten  muht  undt  höchstlöbliches  exempel  dergleichen  zu  thun  geben 
wolten.  Ihr  Churf.  Gnaden  seindt  auch  erbötig  Ihr  keyserl.  M".  mit 
raht  undt  that  gebührlich  an  banden  zu  stehen  undt  gleichfals  einige 
ansehnliche  trouppen  näher  dem  Reinstrom  marschiren  lassen,  umb  zu 
obigen  zweck  getreulich  zu  concuriren. 


')     Vergl.  die  Acten  bei  Pachuer  1.  c.  1.  öT^ff, 


Memorial  Anhalts.     Der  Kurfürst  bittet  um  Hilfe  gegen  Frankreich.  541 

Solte  es  auch  Ihr  key.sorl.  M".  allergnädigst  belieben  mit  Ihr  Churf. 
gnaden  .^ich  deshalben  absonderlich  zu  vernehmen,  wie  sothanes  defen- 
sion  werg  anzustellen  undt  die  praestanda  von  einer  undt  andern  Seiten 
festzusetzen,  so  wollen  Ihr  Churf.  gnaden  sich  Ihr  keyserl.  M".  gnädigsten 
gefallen  hierinnen  accomodiren  undt  in  allen  sich  also  erweisen,  das  Ihr. 
K.  M'*.  in  der  that  verspühren  werden,  wie  Ihr.  Churf.  gnaden  nichts 
liebers  seye,  alss  Ihr  keyserl.  M".  wohlgemeinte  Intention,  dero  ge- 
bührenden hohen  respect  undt  des  Römischen  Reichs  ruhe  undt  Wohl- 
fahrt nach  eüsserster  mügligkeit  zu  befördern '). 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  3.  Juni  st.  v. 

1672.    (Or.) 

[Einfall    der   Franzosen    in    die   kurfürstlichen   Länder.     Yorgfehen   des    Bischofes  von 

Münster.     Bitte    des  Kurfürsten    beim   Reiche    um   Abhilfe    einzuschreiten.     Dank  für 

die  bezüglich  Lippstadts  versprochene  Hilfe.] 

Ueber  der  Franzosen  Einfall  hat  der  Kurfürst  schon  berichtet.  Für  ietzo  3.  Juni, 
kann  ich  nicht  umhin,  E'".  K.  M.  unterthänigst  zu  berichten,  wie  dass  '^  '  ^" 
höchstbemelter  König  in  meine  clevische  Lande  gegangen  und  zweene  feste 
Oerter  darin,  als  Wesel  und  Orsoy,  zur  Uebergabe  gezwungen^).  Auf 
dem  platten  Lande  besagten  Herzogthums  seind  verschiedene  Hausleute 
erschossen,  Häuser  ausgeplündert  und  abgebrannt,  das  Getreide  auf  dem 
Felde  zertreten  und  das  Viehe  weggetrieben.  Dabeneben  w^erde  ich  auch 
berichtet,  wie  der  Bischof  von  Münster  die  Grafschaft  Lingen  mit  seineu 
Völkern  beleget  und  die  Einwohner  zur  Huldigung  gezwungen  ^).  Als 
nun  dergleichen  Thätligkeiten  dem  so  theuer  erworbenen  Frieden  im 
Reich  zuwiderlaufen  und  die  allgemeine  Ruhe  dadurch  gehoben  und  ge- 
störet, so  trage  ich  keinen  Zweifel,  E.  K.  M.  darunter,  dero  hohem  kai- 
serlichem Amte  nach,  die  höchstrühmliche  Anstalt  machen  werden,  dass 
denen  zu  Regensburg  versammleten  Reichsständen  solcher  Zustand  nicht 
allein  fürgestellet,  besondern  auch  dem  Uebel  durch  schleunigste  Hilfs- 
mittel gesteuert  werde.  In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Tage  dankt 
der  Kurfürst  dem  Kaiser  für  sein  Schreiben  vom  30.  Mai,  in  welchem  dieser 
Hilfe  für  Lippstadt  verheissen  und  bittet  nochmals  um  ebensolche  Unterstützung 
für  die  neuen  Gefahren. 


1)     Die  Instruction  für  Anhalt  bei  Puf.  1.  c.  XL  49;  Droysen  1.  c.  III. 3  394f. 
^     Vergl.  Droysen  1.  c.  III. 3  oddi.:    Ennen  1.  c.  I.  260 ff. ;    Orsoy  eapitulirte    am 
3.,  Wesel  am  5.  Juni. 

■')     Vergl.  Depping,  Gesch.  des  Krieges  der  Münsterer  und  Kölner  53. 


542  ^  I-    Goess  in  Berliu,    Aulialt  iu  Wien.     1672 — 1675. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3.  Juni  1672.   (Or.) 

[Schwedens  Politik.     Des   Mahrenholtz   Berichte.     Karl   von  Lothringen.     Werbungen. 

Stratmans  Erklärungen.     Amerongen.     Unterredung  mit  Schwerin  über  der  Holländer 

Benehmen  und  über  die  allgemeine  Lage.] 

3.  Juni.  Die  Schweden  suchen  den  Eindruck  des  mit  Frankreich  geschlossenen  Ver- 

trages') durch  beruhigende  Erklärungen  abzuschwächen.  Wolfrad,  Schwedens 
Vertreter  in  Berlin,  ersucht  Goess  für  den  Abschluss  der  Verträge  zwischen 
Schweden  und  dem  Kaiser  bei  dem  letzteren  zu  wirken.  Des  Mahrenholtz 
letzter  Bericht  über  seine  Unterhandlungen  mit  dem  Mainzer  ist  nicht  so  günstig, 
wie  die  früheren  -').  Schwerin  ist  nicht  so  begierig  wie  der  Kurfürst  den  Herzog 
von  Lothringen  an  sich  zu  ziehen.     Die  "Werbungen  gehen  fort. 

Stratman  berichtet,  dass  sein  Herr  noch  freie  Hand  habe.  Amerongeu  be- 
sucht Goess;  der  Vertrag  zwischen  Frankreich  und  Schweden  beunruhigt  ihn  wenig. 
Dem  Baron  von  Schwerin  gäbe  ich  vor  2  Tagen  zu  verstehen,  dass  ich 
mich  in  der  Holländer  Conduite  und  negociationibus  nit  finden  könnte, 
|:die  fast  an  allen  Höfen  sucheten  Assistenz,  offerirten  subsidia  und 
foedera.  Am  kaiserlichen  Hof  wüsste  ich  nit,  dass  dergleichen  noch 
geschehen,  da  sie  doch  in  der  That  verspiireten,  dass  E.  K.  M.  das  pri- 
mum  mobile  zu  sein,  ohne  welchen  auch  diejenige,  mit  welchen  sie 
tractirt,  nichts  thuen  wollten.  Er  gäbe  mir  recht,  vermeinte  darbei,  dass 
wann  man  die  Proposition  beim  kaiserlichen^)  Hof  anhören  möchte,  die 
Holländer  sich  aufs  äusserste  angreifen,  Brandenburg  sie'')  auch  aufs 
all  erkräftigste  hierzu  adhortiren  würde. :  i  Er  verhoffete,  dass  es  sich 
mit  dem  türkischen  Krieg  also  schicken  würde,  dass  E.  K.  M.  in  statu 
zu  verbleiben,  in  dem  niederländischen  Werk  die  Hand  mit  anlegen  zu 
können.  Ich  remonstrirete  hierbei,  dass  hierzu  nichts  dienlichers  sein 
könnte,  als  das  vorgeschlagene  foedus  zwischen  den  Benachbarten  für 
ihre  gemeine  Sicherheit  wider  die  Türken,  wann  sie  Polen  augreifen 
sollten. 


^)  Gemeint  ist  der  Vertrag  vom  14.  April  1672;  vergl.  Mignet  I.e.  III.  365 ff.: 
Dumout  1.  c.  VILi  166 ff.;  Puf.  1.  c.  XL  39;  Carlson  1.  c.  IV.  555. 

-)  Ueber  des  Mahrenholtz  Aufenthalt  beim  Kurfürsten  von  Mainz  Puf.  1.  c.  XI. 
45;  Guhrauer  I.e.  I.  184 ff. 

^)     A  :=  holländischen. 

■•)     A  =  sich. 


Schwedens  Politik.     Unterredung  zwischen  Schwerin  und  Goess.  543 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  Juni  1672.  (Or.) 

[ürtheil  des  Goess  über    das    bei    Brandenburg    einzuschlagende  Verfahren,    über  die 
bezüglich  Kölns  vorzunehmenden  Massregeln,   sowie   über   die  beim  Mainzer  zu  beob- 
achtende Politik.] 

Weisung  vom  25.  Mai  erhalten,  wird  nach  derselben  vorgehen ;  hält  es  aber  G-  Juni, 
für  angezeigt,  mit  der  Betonung  der  Schwierigkeiten  solange  zu  warten,  bis  er 
vom  Kaiser  Bericht  erhält,  wie  weit  man  mit  Anhalt  gekommen.  |:  Wecren 
der  Stadt  Colin  ist  freilich  dieselbe  solchergestalt  in  bessere  Sicherheit 
zu  setzen,  dass  die  Sach  geschehe,  ehunder  die  Franzosen  vorkommen, 
wie  ich  besorge,  dass  sie  es  zu  Lüttich  gethan  oder  auch  thuen  werden. 
Bezüglich  der  Holländer  muss  man  sich  in  Zeiten  wohl  vorsehen;  wann 
E.  K.  M.  sich  in  einige  Tractation  mit  ihnen  einlassen  sollten,  würden 
sie  sich  in  diesen  und  andern  Dingen  viel  faciliore.s  zeigen.  .  .  .  Sonsten 
kommt  es  mir  also  vor,  dass  für  diesmalen  E.  K.  M.  der  Orten  fast 
leichter  ein  corpus,  wenigisten  so  gross,  als  zu  dieser  Intention  gehört, 
formiren  und  zusammenbringen,  als  eines  von  andern  Ort  dahin  mar- 
schiren  lassen  könnten.  Mich  gedünkt,  dass  wann  dieselbe  bei  diesen 
Coniunctureu  ein  kleines  Corpo  in  Colin  oder  in  Gegend  thäten,  dass  es 
in  vielerlei  Weg  sehr  nützlich  gewesen  wäre;  die  800  lothringische  Pferd 
hätten  gar  wohl  ganz  gebraucht  werden  können;  wann  man  sich  mit 
denen  3  Churfürsten,  welche  Commissarien  in  der  Sach  gewesen '),  ver- 
stünde, könnte  von  ihren  Völkern  eine  Anzahl  zu  Formirung  dieses  Corpo 
ad  interim  gebraucht  und  nacher  wiederum ben  ersetzt  werden.  ...  Im 
Uebrigen  wäre  meines  Erachtens  fast  besser  diese  Stadt  in  statu  quo 
noch  zu  lassen,  als  mit  geringer  Armirung  des  praesidii  suspiciones  zu 
erwecken  und  mithin  Anlass  zu  geben,  dass  die  Franzosen,  welche  ein 
wachendes  Aug  darauf  haben,  uns  vorkommen^).  :|  Goess  empfiehlt,  den 
Kurfürsten  von  Mainz  zu  günstigen  Erklärungen  Mahrenholtz  gegenüber  zu 
animiren. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  Juni  1672.    (Or.) 

[Erklärungen    Wolfrads    bezüglich    des    schwedisch -französischen  Vertrages    und    der 
Haltung  Schwedens  in   der  allgemeinen  Lage.     Abreise    desselben.     Unterredung  des 
Goess  mit  Jena  über  den  schwedisch-französischen  Vertrag  und  über  Schwedens  Vor- 
gehen überhaupt.] 

Wolfrad,    mit  dem   die  kurfürstlichen  Minister  und  Goess  wegen    des   mit 


■)     Mainz,  Trier,  Brandenburg. 

■^)     üeber  die  Lage  in  dieser  Zeit   Ennen  1.  c.  I.  2GG ff. ;   Depping,  G.  B.,  Gesch. 
des  Krieges  der  Münsterer  und  Kölner,  49  ff. 


544  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  — 1675. 

Frankreich  geschlossenen  Vertrages  sprechen,  sucht  die  Sache  möglichst  harm- 
los hinzustellen  ').  Er  erklärt  dem  Goess  bezüglich  Kurkölns  und  des  Bischofs 
von  Münster.  |:  das?  wann  man  Frankreich  nur  nicht  directe  angreifen 
thäte,  die  Krön  Schweden  im  Uebrigen,  wegen  der  Holländer  leistenden 
Secursen,  sich  nicht  moviren  würde:!,  bittet  ihn  den  Kaiser  zur  Herstellung 
eines  guten  Einvernehmens  mit  Schweden  zu  ermuntern  und  beklagt  sich  über 
das  Mistrauen,  mit  welchem  man  ihm  in  Berlin  begegne.  Wolfrad  ist  abgereist, 
denkt  aber  bald  zurückzukehren.  Der  von  Jena  ist  gegen  mich  trefflich 
wider  diesen  Tractat  losgangen;  man  habe  denselben  weder  bei  E^  K.  M. 
noch  im  Reich  nit  zu  leiden;  Wolfrad  wäre  per  modum  interrogatio- 
num  so  viel  vorgestellt  worden,  dass  er  darauf  nit  zu  antworten  ge- 
wusst.  Im  Uebrigen  j :  considerato  praesente  statu  rerum  Sueciae  ver- 
meinte er  nit,  dass  sie  viel  bei  der  Sach  thueu  würden;  mochte  auch 
Wohlsein,  dass  sie  mehr  auf  Geld  als  dahin  angesehen  :|.  Er  vermeinte, 
dass  noch  wohl  daran  geschehen  würde,  wann  E.  K.  M.  das  projectirte 
foedus  mit  Schweden  schliessen  thäten. 


Puncte  von   dem  Kaiser   selbst  aufgesetzt  für  die  Conferenz. 
Dat.  10.  Juni  1672.  (Copie.) 

10.  Juni.  Lieber  Fürst')!     Bei    der    heut  haltenden  Conferenz,   vermeine  ich, 

werden  nachfolgende  puncta  zu  deliberiren  sein  als: 

1°.  Was  jüngst  durch  den  Montecuccoli  und  Hofkanzler  mit  dem 
von  Anhalt  gehandelt  worden:  ob  und  was  noch  ferners  zu  thuen  sei. 

2°.  Ob  und  was  man  davon  dem  spanischen  Gesandten  allhier") 
und  dem  von  Pötting  in  Spanien  zu  communiciren  und  zu  befehlen  sei. 

S*'.  Weiln  Gremonville^)  stark  mit  dem  Hof  kanzler ')  exclamiret, 
wie  man  sich  mit  ihme  zu  verhalten. 

4°.  Ob  die  durch  den  Kanzler  mit  dem  dänischen  eventualiter  ab- 
gehandelte puncta  zu  approbiren  und  was  ferners  mit  ihme,  dänischen, 
zu  handeln. 

5°.  Was  man  ferners  mit  den  Holländern  tractiren,  aucli  dem 
Lisola  befehlen  solle ''). 

')  Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  39. 

-)  Vermutblich  Lobkowitz. 

^)  De  los  Balbesos  (llarchese  Balbo,  Duee  di  Sesto). 

•*)  Französischer  Botsciiafter  in  Wien. 

^)  Hocher:  vergl.  Mignet  I.e.  IV.  77  ff. 

^)  Vergl.  Grossmann  1.  n.  24  if. 


Confereuzen  zwischen  Anhalt,  Montecuccoli  und  Hocher.  545 

6°.  Wird  man  de  foedere  Sueco-Gallico  reden  müssen  und  ob  nicht 
deswegen  auch  generaliter  mit  dem  Pufendorf  zu  reden'). 

Weil  der  Hofkanzler  irapossibilitirt  ist  zur  Conferenz  zu  kommen, 
als  habe  ich  ihm  befehlen  lassen  seine  Meinung  schriftlich  zu  eröffnen "). 


Conferenz  zwischen  Anhalt,  Montecuccoli  und  Hocher. 
Dat.   12.  Juni  1672.  (Copie.) 

[Bemerkungen    Anhalts    bezüglich    des    Allianzprojectes.      Zeit    des    Aufbruches    der 
Truppen.    Marschroute.    Proviantirunsf.    Commando.    Regimenter  der  Auxiliartruppen.] 

Am  12.  Juni  sind  Anhalt  und  Montecuccoli  bei  Hocher  erschienen,  alhvo  12.  Juni. 
I.  F.  G.  das  projectum  foederis  defensivi  inter  Caesarem  et  Electorem 
Brandenburgicum  vorgelesen  und  von  derselben  darwider  nichts  movirt, 
sondern  alles  approbirt  worden:  darauf  auch  in  militaribus  von  dem 
Fürsten  die  Anfrag  geschehen,  1.  Ch.  1).  begehrten  die  Zeit  zu  wissen. 
wann  die  Regimenter  könnten  beisammen  stehen  und  folgends  sich  con- 
jungiren,  worauf  die  Antwort  erfolgt,  sie  stünden  in  Böhmen  und  dahier 
in  der  Nähend,  könnten  aber  nit  lang  zu  Eger  subsistiren,  also  nit  ehen- 
der  aufbrechen,  bis  man  wisse,  dass  sie  gleich  fortgehen  sollen.  Als 
der  Fürst  weiters  gefragt,  ob  sie  den  30.  Juli  beisammen  sein  könnten, 
hat  inan  geantwortet,  es  werde  keine  Difficultät  sein.  Man  sagt  dem 
Anhalt  ferner,  sobald  der  Vertrag  ratificirt  sein  und  der  Kurfürst  den  Marsch  for- 
dern werde,  würden  die  Truppen  marschiren  und  zwar  halte  man  es  für  das 
zweckmässigste.  dass  sie  durch  das  Cnlmbach'sche,  Fuldische  und  Paderborn'- 
sche  marschiren,  oder  wo  sie  am  nächsten  mit  den  kurfürstlichen  zusammen- 
stossen  können.  Wegen  des  Proviantes  bleibt  es  dabei,  dass  der  Kurfürst  aus 
seinen  Magazinen  an  der  Elbe  und  Weser  die  kaiserlichen  Truppen  versorgt, 
um  den  Preis,  zu  dem  der  Knrfürst  das  Getreide  gekauft,  zahlbar  in  Geld  oder 
in  Ersatz  der  Waare.  Bezüglich  des  Commando's  wird  es  gehalten  werden,  wie 
es  bei  dem  vorigen  Feldzuge  und  bei  der  Vereinigung  mit  kurfürstlichen  Truppen 
gehalten  Avorden  ist.  Auf  Anhalts  Begehren  die  Regimenter  zu  wissen,  die 
der  Kaiser  senden  wolle,  Averden  ihm  folgende  angeführt^): 


')  Esaias  Pufendorf,  Schwedens  Vertreter  in  Wien:  vergl.  seine  von  Heibig 
1862  herausgegebene  Schilderung  des  Wiener  Hofes. 

^)  Vom  selben  Tage  stammt  die  Vollmacht  für  Goess  mit  Brandenburg  abzu- 
schliessen;  Wien  10.  Juni  1672.  Cone. 

^)  Für  diese  Kriegsereignisse  und  insbesondere  für  Montecuccoli's  Stellung  und 
Haltung  vergl.  Grossmann;  Raimund  Montecuccoli,  A.  f.  K.  ö.  G.  LVIl.  402ff.,  woselbst 
auch  einige  Schreiben  Montecuccoli's  aus  den  Jahren  1672  und  1G73  abgedruckt  sind, 
446 ff. ;  auch  ist  die  Biographie  Montecuccoli's  von  Campori  zu  vergleichen. 

.Mater,  z.   Oesch.   li.  G.  Kurfürsten.     XTV.  35 


546  VI.  Ooess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1GT2— 1675. 

Cavallerie:  Montecuccoli  890  Mann,  Sporck  890,  Schneidau  890,  Caprara 
890,  Heister  890  =  4450.  Infanterie:  Portia  2500,  Pio  1250,  Kaiserstein  1250, 
Knigge  1250,  Leslie  1250  =  7500;  in  summa  11950. 


Bericht  Hochers  über  seine  Unterredung  mit  Anhalt  und  über 
den  Gang  der  Verhandlungen   mit  demselben.     Dat.  12.  Juni 

1672.    (Aut.) 

[Verhandlungen    Hochers    mit    Anhalt    über    des    Kaisers    Beitritt    zur    brandenburg- 

staatischen  Allianz.     Berathungen  Anhalts  mit  Hocher  und  Montecuccoli.     Abfassung 

eines  Projectes.     Befehl  für  Goess.] 

12.  Juni.  Da  die  Erklärungen  Anlialts  zu  allgemein  waren,  liat  Hocher  mit  demselben 

im  Auftrage  des  Kaisers  verhandelt.  Anhalt  theilte  mit,  dass  der  Kurfürst  ein 
Bündnis  mit  den  Staaten  geschlossen,  nach  welchem  er  denselben  mit  20  000 
Mann  zu  Hilfe  kommen  solle ')  und  bat  im  Namen  des  Kurfürsten  um  den  Bei- 
tritt des  Kaisers  zu  dieser  Allianz.  Hocher  sagte,  wie  schwer  es  wäre  die 
Staaten  gegen  Frankreich  zu  unterstützen,  weilen  der  §  ut  autem  eo  sincerior 
des  Instrumenti  Pacis  Caes. -Galilei,  zumahlen  darinnen  et  liostium  prae- 
sentium  et  futurorum  meidung  gescliehe,  angezogen  werde,  und  das  letzte 
französisch-schwedische  Bündnis  zeige,  wie  sehr  Frankreich  sich  auf  diese  Worte 
stütze.  Man  sei  zwar  österreichischerseits  nicht  der  Ansicht,  dass  diese  Inter- 
pretation Frankreichs  richtig  sei,  allein  es  gebe  doch  zu  denken.  Dazu  komme, 
dass  es  sehr  gefährlich  wäre  direct  gegen  Frankreich  vorzugehen.  Der  Fürst 
von  Anhalt  sali  dies  ein  und  es  wurde  darauf  ein  Project  abgefassf-),  über  das 
zwischen  Anhalt  einer-,  Montecuccoli  und  Hocher  andererseits  berathen  wurde  ^). 
Anhalt  fand  dieses  Project  ganz  entsprechend  und  war  zur  Unterzeichnung  be- 
reit, die  aber  nicht  acceptirt  wurde,  da  Anhalt  keine  Vollmacht  hatte.  Viel- 
mehr soll  Goess  die  Sache  in  Berlin  zu  Ende  führen  und  wenn  etwas  von 
Brandenburg  gegen  das  Project  vorgebracht  werden  sollte,  soll  er  darüber  also- 
gleich berichten.  Der  Kaiser  hat  Anhalt  mittheilen  lassen,  dass  er  ohne  Sub- 
sidien  die  Staaten  nicht  werde  unterstützen  können.  Goess  soll  dem  Kurfürsten 
davon  Mittheilung  machen  und  ihn  ersuchen,  des  Kaisers  Begehren  bei  den 
Staaten  zu  befürworten;  der  Kaiser  lasse  durch  Lisola  und  Kramprich  im  Haag 
und  hier  mit  Bruijnincx  verhandeln*). 

')     §  1  des  Vertrages;  vergl.  Mörner  1.  c.  3G0. 

■•')     Liegt   nicht    vor;    es    entspricht    fast    wörtlich    dem    am    13. /2o.  Juni    abge- 
schlossenen Vertrage;  vergl.  den  Bericht  des  Goess  d.  d.  27.  Juni  1G72. 
^)     V^ergl.  das  vorige  Stück. 
'')     Vergl.  Grossinann  1.  c.  24  f. 


Vethancllungen  mit  Anhalt.   Eindruck  der  NaLhiicliten  über  Frankreichs  Vorgehen.      547 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  13.  Juni  1672.  (Or.) 

[Eindruck  der  Nachrichten  von  den  Erfolgen  der  Franzosen.  Unterredung  darüber 
zwischen  Goess  und  Amerongen.  Guter  Eindruck  der  Meldungen  Anhalts  aus  Wien. 
A'erhalten  des  Herzogs  von  Celle  und  des  Königs  von  Dänemark.  Sendung  Blumen- 
thals nach  Kopenhagen.  Urtheil  des  Goess  über  die  von  den  Holländern  zu  treffen- 
den Massregeln.  Vorgehen  Kölns,  Münsters  und  Paderborns  gegen  Holland.  Die 
Stadt  Köln  betreffend.     Ansicht  der  Holländer  über  das  vom  Kaiser  einzuschlagende 

Verfahren.] 

Die  Nachrichten  von  den  Erfolgen  der  Franzosen,  von  der  Einnahme  von  13.  Juni. 
Orsoy,  Wesel  etc.  und  von  ihrem  Vordringen  haben  hier  grosse  Bestürzung  hervor- 
gerufen. Amerongen  äussert  sich  zu  Goess  dahin,  dass  sie  verderben,  oder 
quocumque  modo  Fried  machen  miissten;  keine  so  prompte  Securs,  als 
es  die  Noth  erforderte,  könnten  sie  von  nirgend  erwarten.  Goess  sucht 
ihn  zu  trösten,  meint  aber  selbst,  dringende  Hilfe  thue  Noth,  wenn  man  Holland 
noch  retten  wolle  ^).  I.  Ch.  D.  seind  über  diese  Nachricht  zwar  sehr  sur- 
prennirt  gewesen,  aber  es  seind  zu  rechter  Zeit  eben  denselben  Tag,  als 
wir's  bekommen,  zwo  relationes  von  dem  Fürsten  von  Anhalt  eingeloffeu, 
I:  welche  dieselbe  sehr  animirt');  dann  sie  machen  nunmehr  keinen 
Zweifel,  dass  E.  K.  M.  ein  rechts  Corpo  einer  Armee  herabschicken  wer- 
den und  sagten  mir  gestern,  dass  allbereit  von  den  Regimentern,  welche 
darzu  destinirt,  gehandlt  würde.  Dass  der  Herzog  zu  Celle  sich  erklärt, 
wann  E.  K.  M.  :|  sich  hierzu  resolviren  thäten,  die  Party  mit  anzunehmen, 
habe  ich  schon  vorhin  bericht^).  Mit  Dänemark  solle  die  Negociation  in 
guten  terminis  stehen^).  I.  Ch.  D.  werden  morgen  oder  übermorgen  den 
von  Blumenthal  wiederum  nach  Kopenhagen  abfertigen^);  der  chur- 
brandenburgische  Resident  allda  gibt  gute  Vertröstung.  Die  Holländer 
werden  vermuthlich  durch  diesen  Streich  besser  aufwachen  und  ihre 
uegociationes,  über  derer  Langsamkeit  man  fast  allenthalben  geklagt, 
resoluter  und  schleuniger  fortsetzen,  | :  Ich  werde  daran  treiben,  da- 
mit sie  auf  alle  Weis  sehen,  Chursachsen  und  selbiges  Haus  zu  ge- 
winnen:!. Nach  meinem  Bedünken  thäten  sie  nun  besser,  dass  sie  ihr 
Geld  anwendeten  gute  fremde  Völker  zu  erhandlen,  als  dasselbe  in  eigene 
neue  Werbungen,  mit  welchen  sie  sehen,  wie  schlecht  ihnen  bedient,  zu 
stecken.     Alles   ist    an    dem    gelegen,   dass  man   die  Sach  nit  lasse  in 


«)    Vergl.  Urk.  u.  Act.  HI.  2G5  ff. 
2)     Urk.  u.  Act.  HI.  267;  Droysen  1.  c.  III.3  401. 

^)     Vergl.  für  diese  Verhandlungen  Brandenburgs  mit  Celle,  Orlicli  1.  c.  II.  51.55. 
*)     Vergl.  Orlich  1.  c.  H.  55;  über  die  brandenburg-dänischen  Beziehungen  dieser 
Zeit  im  allgemeinen  Puf.  1.  c.  Xl.  4If. 
^)     Puf   1.  c.  XI.  42. 

35* 


548  ^''-    Ooess  in   liciliii,    Anhalt  in  Wien.      1G7"2  — 1G75. 

Confusion  gerathen,  sondern  schleunig  clarzu  thue.  Wann  der  Conte  de 
Monterey  etliche  gute  Regimenter  entbehren  könnte,  wäre  sehr  gut,  dass 
sie  zu  den  Holländern  stossen  und  etwa  an  einem  oder  andern  Ort, 
welchen  die  Franzosen  attaquiren  möchten,  solchen  Widerstand  thäten, 
dass  man  Zeit  gewinnen  und  das  ganze  Werk  recht  fassen  könne. 
|:  Brandenburg  gehen  mit  ihren  Sachen  also  um,  dass  sie  sich  wider 
Frankreich  nicht  erklären,  noch  feindlich  bezeugen.  Ihre  Leut  im 
Clevischen  kommen  zu  den  Franzosen,  halten  salva  Guardien  und 
rühmen  die  Civilität  so  ihnen  gethan  werde.  Man  dissiraulirt  beeder- 
seits;  Brandenburg,  weilen  noch  nichts  in  Postur  ist  und  seine  Länder, 
so  lang  er  kann,  gern  conservirt;  die  Franzosen,  weilen  sie  anderwärts 
genug  zu  thuen,  das  Reich  vor  der  Zeit  nicht  allarmiren  wollen,  und 
etwa  Hoffnung  haben  mögen,  Brandenburg  von  der  Holländer  Partie  noch 
zu  abstrahiren.  Dieses  mag  sein,  wne  es  wolle,  man  hat  sich  dabei  all- 
wohl  in  Acht  zu  nehmen.  Fast  alle  ministri  bei  diesem  Hof  seind  dieser 
des  Brandenburgs  Resolution  zuwider  gewesen;  die  Sach  gerathet  nun 
zu  den  Extremitäten  :|. 

Kühl  hat  Holland  den  Krieg  erklärt'),  der  Bischof  von  Münster-)  hat  nicht 
viel  weniger  gethan ;  der  Bischof  von  Paderborn  ^)  soll  den  Münsterer  secun- 
diren. 

j:  Wegen  der  Stadt  Colin  unterlasse  ich  nicht  die  Notdurft  bei  allen 
Gelegenheiten  vorzustellen.  Ich  befinde  aber,  dass  man  diesfalls  dahie 
mit  Chur-Mainz  eines  seie  und  darfür  halte,  dass  man  wegen  der  Gelosie 
und  Anlass  zum  Bösen,  so  die  Franzosen  darauf  nehmen  würden,  die 
Stadt  noch  in  statu  quo  lassen  (solle) :  |.  . .  . 

1:  Wegen  der  völligen  Ruptur  mit  Frankreich,  so  die  Holländer  in 
allen  ihren  Tractaten  haben  wollen,  vermerke  ich  aus  des  Kramprichs 
Schreiben,  dass  der  Pensionarius  de  Witt  eben  diese  Maxime  führe  und 
vermeint,  dass  ihnen  darmit  nit  geholfen  wäre,  wann  E.  K.  M.  nur 
Assistenz  und  aber  dieselbe  und  Spanien  nicht  völlig  brechen;  worin  sie 
meines  Erachtens  eben  so  sehr  irren,  als  wann  sie  vermeinen  wollten, 
dass  andere  den  Krieg  ihnen  von  dem  Hals  wegnehmen  und  sich  selbsten 
aufladen  werden  ')  : !. 


')  27.  Mai  1G72.  Vergl.  Enncn  I.  c.  I.  260:  Theat.  Europ.  XI.  4 ff.;  Depping 
1.  c.  40  f. 

2)     18.  Mai  1672;  Theat.  Europ.  XI.  7f.;  Depping  I.  c.  4üf. 

^)     Ferdinand  von  Fürsteuberg. 

■')  F'iir  das  Vorgehen  der  Holliindei-,  speciell  de  Witts,  in  dieser  Zeit:  Lefevre- 
PontaJis  1.  c.  II.  4r)4  u.  a.  0. 


Haltung  Brandenburgs.     Köln.     Siege  der  Franzosen.     Anhalts  Mission.      549 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  14.  Juni  1672.  (Conc.) 

[Zufriedenheit    des  Kaisers   mit  Anhalts   Benehmen.     Köln.     Herzog   von    Lothringen. 
Religionsar.gelegenheiten  in  Ungarn.] 

Anhalt  dürfte  mit  der  ihm  gewordenen  Antwort  zufrieden  sein,  der  Kaiser  14.  Juni, 
war   mit   Anhalts    Benehmen    sehr   zufrieden^).     Goess   soll    fortfahren  für  die 
Erhaltung    der   Stadt   Köln    zu    wirken.     Bezüglich   des  Lothringers  soll  Goess 
trachten,  dass  ihm  von  Seite  der  Generalstaaten  das  Gewünschte  zu  Theil  werde, 
da  er  den  Staaten  sehr  nützlich  werden  kann. 

Die  Art,  wie  Goess  den  Klagen  der  Brandenburger  über  des  Kaisers  Vor- 
gehen gegen  die  Reformirten  in  Ungarn  entgegentritt,  billigt  der  Kaiser  und 
erinnert  ihn  daran,  dass  er  die  zu  Tyrnau  von  Anhängern  der  katholischen  und 
lutherischen  Religion  ausgesprochene  Strafe  gegen  die  evangelische  Gemeinde 
in  Pressburg  aus  Güte  noch  nicht  vollzogen  habe"-^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  17.  Juni  1672.  (Or.) 

[Siege  der  Franzosen.     Ankunft  Yauguions.     Urtheil   des  Goess    über    des  Kurfürsten 
Verhalten  zu  Frankreich.     Bedeutung  der  Meldungen  Anhalts.] 

Neue  Nachrichten  von  Siegen  der  Franzosen  laufen  ein  3).  Ein  neuer  fran-  17.  Juni, 
zösischer  Gesandter,  C'«.  de  Vauguion,  ist  hier  eingetroffen^).  |:  Es  ist  zu  ver- 
rautheo,  dass  der  König  alles,  was  ihme  möglich,  thuen  werde  Branden- 
burg von  den  Holländern  zu  abstrahireu.  Ich  bin  der  Meinung,  dass 
PM-audenburg  mit  Fleiss  verreist,  damit  sie,  ehe  sie  diesen  Envoye  hören, 
mit  der  morgigen  Post  vernehmen  mögen,  wessen  sich  endlich  E.  K.  M. 
gegen  den  Fürsten  von  Anhalt  erklärt,  oder  wohl,  dass  sie  verhoffen, 
dass  unterdessen  der  Fürst  selber  zurückkommen  werde.  Wann  dem 
also,  können  E.  K.  M.  gnädigst  erachten,  wie  hoch  es  importire,  dass 
der  Fürst  etwas  tröstliches  schreibe  oder  bringe  :  |. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Juni  1672.  (Or.) 

[Audienz    des   französischen    Gesandten.     Zufriedenheit    des   Kurfürsten    mit    Anhalts 
Schreiben.     Schwerins  Aeusserungen  über  Holland.] 

Der  französische  Gesandte   hat  heute  besondere  Audienz  beim  Kurfürsten;  20.  Juni. 


')  Ein  Schreiben  gleichen  Inhalts  an  den  Kurfürsten  ist  datirt  Wien  13.  Juni 
1672.     Conc. 

2)     Vergl.  Theat.  Europaeum  XI.  61. 

^)  Vergl.  Eunen  1.  c.  I.  266  ff.:  Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  4-lOff.;  Droysen  I.  c.  HI.., 
401:  H.Peter.   Der  Krieg  des  Grossen  Kurfürsten   gegen  Frankreich   1672 — 1675  44  f. 

*)     Vergl.  Puf.  I.  c.  XI.  52f.:  Droysen  1.  c.  III  ^  400 f.:  Mignet  1.  c.  IV.  89 ff. 


550  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt    in  Wien.     1672—1675. 

über  den  Zweck  seiner  Mission  schweigt  er  bisher ').  Aus  des  Kurfürsten 
Mienen  ersieht  Goess,  dass  derselbe  mit  des  Fürsten  von  Anhalt  eingelaufenen 
Schreiben  zufrieden  gewesen  sein  muss.  Schwerin  theilt  dem  Goess  mit,  in 
wie  schlechtem  Stande  die  Angelegenheiten  Hollands  seien;  die  Entscheidung 
über  des  Kurfürsten  Vorgehen  hänge  von  des  Kaisers  Erklärungen  ab. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  22.  Juni  1672.  (Conc.) 

[Erklärungen    des  Kaisers    bezüglich   des  Vorgehens  gegen  Frankreich.     Oesterreich- 

schwedische  Beziehungen.] 

22.  Juni.  Da    in    Folge    der    Fortschritte    Frankreichs    der    Brandenburger  vielleicht 

wankend  werden  könnte,  soll  Goess  den  Kurfürsten  aneifem  sich  nicht  ein- 
schüchtern zu  lassen,  und  sich  gnädigst  versprochener  Massen  versichern 
solle,  wann  zu  uns  beeden,  andere  und  sonderlich  Dänemark,  BrjMin- 
schweig  und  Hessen-Cassel  treten  und  ein  rechtschaffene  Zusammen- 
setzung der  Gemüther  und  Consilien  erfolgen  werde,  dass  wir  nicht 
allein  die  veranlasste  12000,  sondern  noch  wohl  mehrere  tausend  Mann 
zu  Ross  und  Fuss  fürderlich  zu  schicken  uns  resolviren  dörften^).  Der 
Kaiser  wird  sehen,  auf  welche  "Weise  die  durch  den  verstorbenen  Basserode 
mit  Schweden  geführten  Verhandlungen  mit  Pufendorf  in  Wien  wieder  aufge- 
nommen werden  können^). 


Votum  vom  24.  Juni  über  des  Kurfürsten  Schreiben  vom 

3.  Juni  1672. 

[Massregeln  des  Reichs  gegen  Frankreich.] 

24.  Juni.  Obgleich  die  übrigen  angegriffenen  Stände  sich    bisher   noch   nicht  an  den 

Kaiser  gewendet  haben,  daher  es  principiell  fraglich  wäre,  ob  man  sich  auf 
Brandenburgs  Erklärungen  allein  hin  zu  entscheidenden  Massregeln  herbeilassen 
solle,  halten  die  Räthe  mit  Rücksicht  auf  die  aus  einer  Weigerung  drohenden 
Gefahren  dafür,  dass  der  Kaiser  dem  Mainzer  Mittheilung  machen;  die  Sache 
vor  die  Reichsversammlung  bringen  lassen  und  von  derselben  energische  Mass- 
regeln zur  Behauptung  des  Reichsfriedens  und  Einhaltung  der  westphälischen 
Friedensbestimmungen  fordern  solle.  Specialmittel  anzugeben,  halten  die  Räthe 
nicht  für  thunlich;  auch  halten  die  Räthe  dafür,  das  Beeret  an  die  Stände  des 
Reichs  sei  iuxta  formalia  des  brandenburgischen  Anbringens  einzurichten. 


0     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  52;  Droysen  1.  c.  III. 3  400;  Mignet  1.  c.  IV.  90  ff. 
^)     Das    Bündnis    kam    dann    am    12./22.  Sept.  1672   zu  Stande;    vergl.    Mörner 
J.c.  367ff. 

2)     Vergl.  Heibig  1.  c  15f, 


Massregeln  gegen  Frankreich.    Verhandlungen  über  die  österr.-brandenb.  Allianz.      551 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  Juni  1672.  (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  Anhalt  und  mit  dem  Kurfürsten  bezüglich  der  Allianz. 
Anhalt  preist  den  Kaiser  und  den  Wiener  Hof.     Beralhungen  des  Goess  mit  Schwerin, 
Anhalt    und    Somnitz    über  das  Allianzproject  und  den  §  Und  gleich  wie.     Verhand- 
lungen der  Brandenburger  mit  Vauguion.     P.  S.  Den  Kurprinzen  betreffend  ] 

Die  kaiserlichen  Weisungen  vom  14.  Juni  hat  Goess  empfangen.  Bezüglich  24.  Juni, 
des  mit  Anhalt  in  Wien  verhandelten  Bündnisses  hat  Goess  mit  dem  zurück- 
gekehrten Anhalt  und  mit  dem  Kurfürten  selbst  gesprochen.  Ich  kann  nit 
gnug  sagen,  wie  höch.st  rülimlich  und  mit  was  vor  Bezeugung  unter- 
thäuigster  Devotion  der  Fürst  von  Anhalt  von  E^  K.  M.  höchsten  Person, 
von  den  hohen  kaiserlichen  Qualitäten,  mit  welchen  der  allerhöchste  sie 
begabt,  von  den  kaiserlichen  empfangenen  Gnaden  und  dann  von  der 
Magnificenz  dero  kaiserlichen  Hofs,  von  der  Civilität  und  Confidenz,  so 
E^  K.  M.  ministri  und  der  ganze  Hof  ihme  bezeugt,  hier  spricht  und  das 
nit  allein  gegen  mich,  sondern  gegen  I.  Ch.  D.  und  gegen  männiglich, 
also  dass  ich  eine  sonderbare  Freud  darüber  habe  und  alles  für  sehr 
wohl  angelegt  halte,  weilen's  der  Fürst  so  wohl  erkennt  und  zu  aesti- 
miren  weiss. 

I.  Ch.  D.  seind  mit  seiner  Verrichtung  und  mit  dem,  was  er  mit- 
gebracht, auch  sehr  wohl  zufrieden  gewesen,  haben  gegen  mich  grosse 
contestationes  gethan,  wie  Danknehmig  sie  alles  annehmen  und  wie  sie 
auf  alle  AVeis  bezeigen  wollen,  dass  E.  K.  M.  einen  treuen_^und  recht 
deutschen  Churfürsten  an  sie  haben. 

Am  Nachmittag  beräth  Goess  mit  Schwerin,  Anhalt  und  Somnitz  über  den 
Vertrag  und  die  von  Brandenburg  gewünschten  Aenderungen.  Dieselben  be- 
treffen nur  formelles,     Goess  widerlegt  die  Gründe  der  Brandenburger'). 

Bezüglich  des  §  ,,Und  gleich  wie"  ist  viel  verhandelt  worden;  Goess  hofft, 
dass  in  Zukunft  die  Angelegenheit  sich  besser  schicken  wird;  die  Ratification 
dieses  foederis  extendistici  haben  die  Churbrandenburgische  noch  nit 
aus  Händen  gegeben;  werd  hoffentlich  auch  nit  geschehen"').  Mau  ist 
in  Berlin  damit  beschäftigt  die  800  lothringischen  Pferde  in  des  Kurfürsten 
Dienste  zu  bringen. 

Gestern  ist  der  französische  Envoye,  Conte  de  Vauguion,  von  hier 
abgereist;  wie  mir  I.  Ch.  D.  gesagt,  habe  er  begehrt  zu  wissen,  wessen 
sich  der  König  gegen  dieselbe  zu  Versehen,  hat  unter  andern  ahnden  wol- 
len, dass  S.  Ch.  D.  zu  E.  K.  M.  und  dann  zu  unterschiedliche  andere  Po- 


')     Der  Vertrag  wurde  am  23.  Juni  geschlossen;    vergl  Mörner  I.e.  364ff. ;    Du- 
mont  1.  c.  Vir.,  201  ff. 

-)     Die  Ratification  war  bereits  am  20.  Sejit.  IfiTl  erfolgt:  Mörner  I.e.  342, 


552 


VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  167.5. 


tentaten  geschickt,  auch  Gehl  von  den  Holhändern  empfangen.  Was  das 
Geld  anbelangt,  haben  I.  Ch.  D.  gesagt,  dass  sie  es  Lehenweis  genom- 
men; im  übrigen  empfinden  sie,  dass  man  deroselben  verwehren  wolle, 
zu  E"".  K.  M.  und  andern  Potentaten  zu  schicken;  haben  viel  Klagen 
wider  der  Franzosen  Procedur  vorgebracht,  ...  in  summa,  wie  ich  bis- 
noch  bericht  werde,  habe  man  gesehen  den  Envoye  bono  modo  abzu- 
fertigen '). 

P.  8.  Aut.  Wass  mir  E.  K.  M.  Churprinz  betreffend  gnedigst  be- 
felchen^),  deme  werde  ich  schuldigster  massen  nachkhomraen.  Vor  diesem, 
wie  ichs  unterthänigst  erinnert,  hat  der  Bar.  v.  Schwerin  zum  öfftern 
mit  m.ir  von  dieser  materie  geredt,  nun  aber  eine  geraume  zeit  nit. 
Möchte  sein,  dass  nun  bessere  coniuncturn  sich  hierzu  eröffnen  thun. 
Dass  E.  K.  M.  mit  Prinzen  von  Anhalt  hierauss  nit  reden  lassen,  daran 
ist  gar  wohl  geschehen;  zwar  vermeine  ich,  dass  er  die  gehabte  hoif- 
nung  all  zimblich  verliehre;  quo  casu  und  wan  er  sonsten  P)randenburg 
inclinacion  verspiihrte,  er  auch  in  dieser  Intention  cooperiren  möchte.... 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.    Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  15./25.  Juni 

1672.   (Aut.) 

[Ansicht  über  das  Allianzproject.     Dank  für  des  Kaisers  Erklärungen  an  Anhalt.] 

25.  Juni .  Ew.  Kay.  May".  Allergnedigstes  handtschreiben  ist  mir  durch  S. 
des  Fürsten  von  Anhaldt  L'^''".  zu  recht  eingehendiget  worden.  Wie  nun 
Ew.  Kay.  May",  ahn  des  Fürsten  von  Anhaidts  L*^*^".  anbringen  undt 
negotiation  ein  gnedigst  gefallen  getragen.  Auch  Jhn  mitt  schleuniger, 
gutten  undt  gewirigen  resolution  abferttigen  undt  zu  dero  unsterblichen 
Ruhm  die  wollfahrdt  des  Römischen  Reichs  behertzigen  wollen;  Solches 
hab  Ich,  sowoll  auss  der  Alliance,  als  auss  des  Fürsten  von  Anhaldt 
erstatten  raündtlicheu  relalion  gehorsambst  ersehen.  Was  Ich  aber  bey 
den  Baron  de  Gos  in  der  Alliance  unvergreiflich  erinnert,  so  zu  mehrern 
heranbringung  anderer  Reichs-Stande,  die  etwa  dahero  bedencken  tragen 
möchten  Ew.  Kay.  ]\Iay".  wollgemeinte  Intention  zu  secundiren,  hievon 
wirdt  der  Baron  de  Gos  Allerunderthenigsten  bericht  abstatten.  Ich  für 
meine  person  hab  kein  bedencken  solche  unterschreiben  zu  lassen,  auch 
zu  ratificiren,  mitt  diessen  bedinge,    das  wegen  des  perineischen  fridens 


0     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  53. 

-)     Liegt  nicht  vor;    es  handelte  sich  um  die  ITeirath  des  Kurprinzen   und  einer 
österreichischen  Priucessin, 


Friedrich  Wilhelm  über  die  österr.-brandenb.  Allianz.    Verhandlungen  des  Goess.     553 

mitt  dem  könige  von  Spanien,  wan  einer  oder  der  ander  dagegen  han- 
delen  würde,  darüber  weitters  tractiren;  da  auch  die  actiones  mehre 
hülffe  erfuderen  möchte,  bin  Ich  der  underthenigsten  zuversich,  das  Ew. 
Kay.  May",  solche  gleichfals  schicken  werden.  Gegen  Ew.  Kay.  May", 
hab  Ich  mich  underthenigst  zu  bedancken  für  alle  gnadt,  so  dieselbe  in 
regardt  meiner  S.  L*^*".  haben  ahnthun  lassen.  Ich  werde  nicht  unter- 
lassen zuforders  Gott  umb  Ew.  Kay.  May",  gesundtheitt,  langen  leben 
undt  Überwindung  aller  dero  feinde  fleissig  anzuruffen,  Sonderen  Ich 
werde  mir  auch  höchstes  angelegen  sein  lassen,  solches  bey  aller  be- 
gebenheitt  gegen  Ew.  Kay.  May",  underthenigst  zu  verschulden. 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Berlin  27.  Juni  1672.   (Gr.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Somnitz  und  Blumenthal  über  die  bezüglich  der  Aufnahme 
Dänemarks,  Braunschweigs  und  Hessens  zu  treffenden  Vorkehrungen.  Brandenburg- 
österreichischer  A'ertrag.  Neue  Mission  Anhalts  nach  Wien.  Des  Goess  Bemühungen 
dieselbe  zu  hintertreiben.  Unterhandlungen  bezüglich  Vermehrung  der  kaiserlichen 
Truppen.  Aeusserungen  des  Goess  über  das  Vorgehen  der  Holländer  gegen  den 
Kaiser.  Älittheilungen  Schwerins  und  des  Pöllnitz  über  das  Verhalten  der  Holländer. 
Plan  des  Goess,  wie  sieb  die  Staaten  verhalten  sollen.  Unterredungen  darüber  mit 
Amerongen  und  dem  Kurfürsten.] 

Am  25.  Juni  hat  Goess  eine  Unterredung  mit  Somnitz  und  Blumenthal  27.  Juni, 
über  die  Art,  wie  man  den  Mächten  Dänemark,  Braunschweig  und  Hessen, 
deren  Eintritt  in  den  Bund  zu  bewirken  Brandenburg  versprochen  habe,  von 
dem  Vertrage  zwischen  dem  Kaiser  und  dem  Kurfürsten  Mittheilung  machen 
solle.  Goess  meint  und  das  sehen  auch  die  braudenburgischen  Räthe  ein,  man 
solle  erst  blos  allgemein  über  den  Inhalt  desselben  bei  diesen  Mächten  sprechen 
und  sehen,  wohin  dieselben  neigen.  Bezüglich  der  Anzahl  der  von  diesen 
Mächten,  falls  sie  beitreten  sollten,  zu  stellenden  Truppen,  meint  Goess  je  mehr 
desto  besser.  Am  selben  Tag  noch  übergibt  man  Goess  die  Ausfertigung  des 
österreichisch-brandenburgischen  Vertrages,  welche  dem  Projecte  des  Kaisers 
entspricht. 

Am  folgenden  Tage,  den  26..  theilt  der  Kurfürst  dem  Goess  mit,  dass 
Anhalt  wieder  nach  Wien  reisen  werde ').  Er  soll  die  Katification  des  Ver- 
trages überbringen,  den  Marsch  der  kaiserlichen  Truppen  dadurch  beschleu- 
nigen und  darauf  sehen,  dass  Montecuccoli  das  Commando  erhält,  ferner  den 
Kaiser  bitten  noch  einige  1000  Mann  zu  diesem  Corps  stossen  zu  lassen-'). 
Ultra  ea,    so   ich    bei   seiner    vorigen  Abschickuug  remonstrirt,  habe  ich 


^)     Der   Kurfürst   theilt    dem    Kaiser   dies   in    einem    Schreiben  vom   17./27.  Juni 
Hi72  mit. 

-')     Ueber  diese  zweite  Sendung  Anhalts  Puf.  1,  c.  XI.  50;  Droysen  1,  c.  III  3  407 f. 


554  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     Ifi72  — 1675. 

—  doch  ohne  mich  sehr  darin  zu  erhitzen,  welches  mehr  geschadet  als 
genützet  hätte  und  es  endlichen  zu  l^  Ch.  I).  Gutbefinden  stellend  —  in- 
sinuirt,  dass  die  Ratification  ohne  diese  Bemühung  des  Fürsten  gar  wohl 
könnte  hingeschickt  werden  und  was  den  Marsch  unserer  Völker  anbe- 
lange, könnten  sie  diesfalls  ohne  Sorg  sein;  sie  möchten  dieselbe  nur 
dahin  anwenden,  dass  ihre  Werbungen  beschleuniget  und  sie  zu  rechter 
Zeit  auf  das  Rendez-vous  erscheinen  könnten;  das  übrige,  was  uns  an- 
belangt, würde  ich  schon  über  mich  nehmen.  Bezüglich  Montecuccoli's 
werde  der  Kaiser  auch  ohne  Anhalts  Einfluss  eine  Entscheidung  fällen.  Goess 
hält  die  Sendung  Montecuccoli's  für  sehr  zweckmässig  und  glaubt,  dass  Monte- 
cuccoli  desshalb  vom  Kurfürsten  so  sehr  begehrt  werde,  weil  man  hoffe,  wenn 
Montecuccoli  den  Befehl  übernehmen  sollte,  würde  die  Vermehrung  der  Truppen 
leicht  durchzusetzen  sein  i). 

Dieses  puncti  der  mehreren  Völker  halber,  gienge  meine  Ant- 
wort dahin,  man  solle  zufürderist,  was  verglichen  und  abgeredt,  werk- 
stellig  machen  und  die  Execution  mit  neuen  propositionibus  nit  remo- 
riren;  es  könnte  hiervon  nacher  gesprochen  werden  und  dann  müssten 
sie  gedenken,  dass  E.  K.  M.  in  dem  statu,  wie  sie  zu  Haus  stünden, 
sich  nit  sogar  entblössen  könnten;  so  viel  Völker  als  sie  herunter- 
schicketeu,  müssten  sie  wiederum  hinzuwerben,  welches  gleichwohl  auch 
Zeit  erfordere.  Nun  ist  nit  ohne,  dass  all  sehr  bedenklich,  dass  man 
mit  diesen  24  000  Mann  diese  impresa  vornehmen  solle,  zumalen  F.  Ch. 
D.  Cavalleria  (ausser  etwa  1600  Pferd)  neu  geworbenes  Volk  ist  und 
alsogleich  an  den  Feind  solle  geführt  werden.  Weilen  der  Fürst  mir 
sagt,  wie  emsig  der  spanische  Botschafter  sich  diese  Sachen  angelegen 
sein  lassen,  als  habe  ich  ihn  gefragt,  wie  hoch  mau  dann  sich  an  spa- 
nischer Seiten,  so  an  Volk  als  sonsten,  hierbei  erklärt,  damit  wir  unsere 
Rechnung  darnach  machen  können;  dann  wann  sie  auch  12  000  Mann 
darzu  geben  könnten,  sähe  ich  die  Mittel,  wie  wir  von  beiden  Seiten 
den  Franzosen  die  Behauptung  dieser  ihre  Conquesten  all  schwer  machen 
könnten.  Seine  Antwort  bestünde  auf  nichts  positiv,  sondern,  dass  man 
spanischer  Seiten  nach  allen  Vermögen  darbei  concurriren  würde.  Ich 
frage  im  übrigen,  wann  der  König  in  Frankreich  thun  solle,  was  der  in 
Schweden  beim  vorigen  polnischen  Krieg  mit  Dänemark")  gethan  und 
auf  uns,  wie  es  probable,  mit  seiner  Macht  gienge,  was  dann  zu  thun; 
dann  rathsam  wäre  es  nicht  mit  disproportionirter  Macht    sich  in  einer 


0     Ueber  Montecuccoli's  Auffassung  vom  Kriege  Grossmanu  1.  c.  408  ff. 
2)     Gemeint  ist  der  plötzliche  Zug  Carl  Gustavs  gegen  Dänemark  im  Jahre  1657; 
vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  22!lff. 


Neuerliche  Sendung  Anhalts  nach   Wien.    Vermehrung  der  Truppen.     Holland.      555 

Actiou  einzulassen.  Hierbei  habe  ich  remonstrirt,  wie  viel  daran  ge- 
legen, dass  in  Zeiten  die  Stadt  Colin  wohl  verwahrt  werde;  darzu  der 
Fürst  zwar  einige  spanische  Völker,  darvon  gehandelt  worden,  vorschlägt; 
aber  auch  in  diesem  ist  nichts  verlässliches  gethan. 

Ich  käme  demnach  dahin,  dass  E.  K.  M.  noch  keine  Gegenver- 
sicherung noch  Tractat  mit  den  Holländern  hätten  und  dass  fremd  für- 
kommen miisste,  dass  die  Staaten-General  bei  allen  anderen  Potentaten 
foedera  suchen  und  subsidia  zu  Erhaltung  einigen  Secours  oft'eriren, 
herentgegen  gen  E,  K.  M.  nichts  dergleichen  thäten  und  dannoch  dieselbe 
mit  der  grössten  Macht  ihnen  beispringen,  sich  wegen  ihrer  in  Ding  von 
nit  wenig  Gefahr  impegniren  und  diese  grosse  Maschine  durch  ihr 
Exempl  und  Autorität  im  Gang  bringen  sollten,  welches  nun  dahie 
wohl  für  billig  erkennt  werden  mag;  aber  wie  die  Staaten-General  ad 
magnas  angustias  reducirt  werden,  also  mag  man  die  subsidia  anietzo 
für  eine  schwerere  Sach.  als  sie  vor  diesem  nit  wäre,  consideriren. 
Der  Baron  von  Schwerin  schreibt  mir  jetzt  gleich  aus'm  geheimen  Ralh 
beikommendes  Zettel '),  ad  quoad  respondi  affirmative  in  termiuis,  wie 
zur  Sach  dienlich  und  dass  der  Staaten-General  eigenes  Interesse  hierbei 
seie.  Alsogleich  kommt  der  von  Pöllnitz  zu  mir;  sagt  mir,  dass  die  heu- 
tige Schreiben  bringen,  dass  man  holländischer  Seiten  nit  gedenke  Utrecht 
zu  mainteniren,  sondern  sich  tiefer  in's  Land  zurück  zu  ziehen;  stellet 
mir  vor,  wie  schwer  es  nun  fallen  werd  mit  den  subsidiis  fortzukommen. 
Ich  habe  meine  Antwort  dahin  gerichtet,  wie  es  die  Holländer  zu  ani- 
miren  dienlich;  dann  es  zu  besorgen,  dass  sie  sich  praecipitiren  und  in 
einigem  beschwerlichen  Tractat  einlassen.  .  . . 

Der  von  Amerongeu  gedenket  noch  heut  mit  den  von  Pöllnitz  nach  dem 
Haag  aufzubrechen  .  .  .,  als  ich  gestern  Abschied  von  ihme  genommen  und 
occasione,  was  mit  Chursachsen  und  mit  Celle  zu  thun,  diese  materiam  sub- 
sidiorum  berührt,  ist  er  gar  frei  herausgangen,  ihr  Estat  wäre  nun  dahin 
kommen,  dass  von  7  Provinzien  nit  3  überblieben;  keine  Gelder  hätten 
sie  nun  nit  zu  geben,  würde  man  sie  pro  communi  Interesse  nit  secu- 
riren,  müssten  sie  sehen,   wie  sie  sich  sonsten  heraushelfen  könnten.... 

Weilen  man  vernimmt,  dass  die  Provinz  Utrecht  sich  für  sich  und 
absonderlich  in  des  Königs  in  Frankreich  Protection  begeben  wollen  und 


')  Schwerin  an  Goess  Aut. :  „Jay  faict  rapport  ä  S.A.  El.  de  ce  que  V.  Ex.  ma 
commende  touchant  les  subsides  de  Hollandois;  Sa  dite  A.  El.  est  preste  d  en  charger 
Monsieur  le  Grand  Escuyer,  mais  Elle  voudroit  bien  auparavant  scavoir,  si  Sa  ilaj. 
Imperiale  le  desire  et  en  a  donne  ordre  ä  V.  Ex.,  afinque  Ion  y  puisse  insister  tant  plus. 


556  'VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

sehr  zu  besorgen,  dass  die  äusserste  Noth  die  Staaten-General  jiit 
praecipitiren  mache,  massen  allerlei  seltsame  Vorschlag  gehört  werden, 
als  habe  ich  bei  I"".  Ch.  D.  angeworfen,  ob  ihnen  den  Staaten  nit  vielmehr 
zu  rathen,  auch  nützlicher  und  reputirlicher  sein  würde,  dass  sie  sich 
auf  gewisse  Weis  und  ^Fass,  ungefähr  wie  es  zu  Zeiten  Caroli  5'',  welcher 
alle  17  Provinzen  gehabt,  geschehen,  mit  dem  römischen  Reich  incorpo- 
rirten.  I.  Ch.  D.,  nachdem  sie  die  darbei  unterlaufende  considerationes 
gehört,  haben  den  Vorschlag  so  gut  befunden,  dass  sie  bald  hernacher 
den  von  Araerongen  zu  sich  kommen  lassen  und  ihme  die  Sach  proponirt. 
Als  ich  nun  zu  dem  von  Amerongen  kommen,  hat  er  eine  ziemliche 
Inclination  hierzu  erzeigt  und  mich  gebeten,  ich  möchte  es  doch  ent- 
werfen, wie  ich  vermeinete,  dass  die  Sach  anzugreifen  wäre.  Heut 
schickt  er  wiederum  zu  mir  und  ersucht  mich,  ich  wolle  nit  darauf 
vergessen.  Ich  vermeine  aber,  es  werd  besser  sein,  dass  es  1.  Ch.  D. 
thun.  Unterdessen  habe  ich  schon  an  E^  K.  M.  ministris  im  Haag  diesen 
meinen  Gedanken  überschrieben.  .  .  . 

Die  800  lothringischen  Pferde  sind  schon  gewonnen  für  Brandenburg. 


Votum  vom  27.  Juni  über  des  Goess  Scbreiben  vom  13.  und 

17.  Juni  1672. 

[Allgemeine  Lage.     Nolhwendigkeit  des  Abschlusses  der   österreich-brantlenburgischeu 
Allianz.     Befehle  für  Goess.] 

27.  .Juni.  Es  sei  dem  Goess  zu  antworten:  Frankreichs  Fortschritte  in  Holland  seien 

sehr  betrübend,  doch  dürfe  man  den  Muth  nicht  sinken  lassen,  sondern  müsse 
die  Einigung  des  Kaisers  mit  Brandenburg  sobald  als  möglich  perfect  machen. 
Goess  Süll  alles  thun,  auf  dass  die  Allianz  ratificirt  werde.  Auch  soll  er  zu 
erfahren  suchen,  was  man  von  Braunschweig  zu  gewärtigen  habe,  wie  Hessen 
gesinnt,  was  unterdes  mit  Dänemark  verhandelt  worden  und  den  Courier  nicht 
eher  abgehen  lassen,  bis  er  vom  Kurfürsten  eine  cathegorische,  gute  Resolution 
erlangt  haben  wird.  Goess  soll  dem  Kurfürsten  ferner  mittheilen,  dass  der 
Kaiser  auf  des  Kurfürsten  Klagen  die  Stände  des  Reichs  zur  Wahrung  des 
Friedens  aufgefordert,  die  von  Mainz  dem  Kaiser  angetragene  Mediation  zwischen 
Frankreich  und  Holland  zurückgewiesen  habe ')  und  dass  der  Kaiser  seinerseits 
hoffe,  der  Kurfürst  Averde  nicht  ruhen,  bis  er  von  Braunsch>veig,  Hessen  und 
Dänemark  die  Zusicherung  des  Beitrittes  zur  Allianz  erwirkt  haben  werde-) 

Nach  diesem  Votum  erfolgt  die  Weisung  am  29.  Juni  1{372. 

')     Für  die  Mediation  des  Mainzers  vergl.  Gubrauer  1.  c.  II.  16  f. 

-)     In  einem  Schreiben  vom  "27.  .luni  meldet  der  Kaiser  dem  Kurfürsten,  dass  er 


Rrandenbiirg-ü.stcrreii'hische  Allianz.     Nachrichten  aus  Holland.  557 

Goess   an   den    Kaiser.      Dat.   Berlin    1.  Juli  1672. 

(Or.) 

[Nachrichten  aus  Holland.     Urtheil   des  Goess  darüber.     Schlechter  Zustand    der  kur- 
fürstlichen   Länder.     Des  Goess  Mittheilungen    an    Mayernberg    über    des    Kurfürsten 

Stimmung  über  Mainz.] 

Anhalt  ist  nach  Wien,  Amerongen  nach  Hamburg,  Bhimenthal  nach  Kopeu-  1.  Juli 
hagen,  Canstein  nach  Celle. 

Man  hat  hier  die  Nachricht,  dass  Utrecht  sich  den  Franzosen  ergeben  habe, 
wogegen  die  Provinzen  Holland  und  Seeland  fest  entschlossen  sein  sollen,  sich 
bis  auf  äusserste  zu  vertheidigen  und  zu  dem  Ende  das  Land  durch  Eröffnung 
der  Schleussen  unter  Wasser  zu  setzen^).  Wann  sie  es  also  thun,  werd 
meines  Erachtens  die  Sach  noch  wohl  zu  redressiren  sein.  Wann  tapfere 
resolutiones  gefasst  werden,  möchte  dem  König  in  Frankreich  eben  so 
schwer  fallen  widerum  zurückzukorauieu,  als  ihme  leicht  gewesen  soweit 
hinein  zu  penetriren,  indeme  man  ihme  überall  Thür  und  Thor  eröffnet 
und  an  vielen  Orten  die  Schlüssel  entgegen  getragen. 

Es  hat  hier  nun  von  dem  ganzen  Frühling  her  zum  ersten  Mal  ge- 
regnet; weit  und  breit  herum  seind  die  Früchte  also  ausgedörret,  dass 
auf  vielen  Orten  nit  der  Samen  werd  eingeerudt  werden;  man  besorgt 
grosse  Theuerung;  sollen  darbei  diese  Unterthanen  mit  mehrere  Contri- 
bution  beschwert  werden,  I:  wie  es  zu  besorgen,  wann  die  subsidia  aus 
Holland  nicht  folgen  sollten,  :!  so  werden  sie  es  schwerlich  ertragen 
können. 

Goess  hat  dem  Mayernberg  mitgetheilt.  dass  der  Kurfürst  von  Brandenburg 
gute  Disposition  zur  Einigung  mit  Mainz  zeige-'). 


Votum  vom  Juli  über  des  Goess  Bericht  vom  24.  Juni  1672. 

[Sachsens  Verhältnis   zum  Österreich-brandenburgischen  Bündnisse.     Reichsangelegen- 
heiten.    Verhandlungen  mit  Vauguion.     P.  S.  Polnische  Angelegenheiten.] 

Man  möge  dem  Goess  antworten :   Der  Kaiser  freut  sich  darüber,  dass  der  Juli. 
Kurfürst   mit    den  Resultaten  der  Sendung  Anhalts    so  zufrieden  ist.     Was  die 
Accession  Sachsens  betrifft,  wird  dieselbe,  da  Amerongen  keinen  Befehl  hat  dem 
Kurfürsten  Gelder  zu  geben,   bei  so  schlimm  veränderten  holländischen  Sachen 


Goess   bezüglich    der   vom    Kurfürsten    gewünschten  Massregeln   gegen  Frankreich  in- 
struirt  habe. 

^)     Depping  1.  c.  57;  Mignet  1.  c   IV.  14 f.;   Peier  1.  c.  44 f. 

-)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  45. 


558  •       VI.    Goess  in  Beilin,    Anlialt  in  Wien.     1672  —  1(57,'». 

nicht  durchzuführen  sein.  In  comitialibus  hätte  er  gar  reclit  gethan,  da.ss 
er  den  §  Und  gleich  wie  vorgetragen  und  dass  die  Ratification  des  foe- 
deris extendistici  die  Churbrandenburgische  noch  nit  aus  Händen  ge- 
geben haben  und  sollte  er  noch  weiters  dahin  antragen,  dass  besagtes 
foedus  extendisticum  sowohl,  als  das  von  Churbaiern  herumgeschickte 
Collegialschreiben,  auch  inskünftig  weder  respective  von  Händen  ge- 
geben noch  unterschrieben  werde.  Goess  soll  zu  erfahren  trachten,  was 
mit  dem  französischen  Gesandten  Comte  de  Vauguion  verhandelt  worden  ist. 

Dem  Kaiser  vorgelesen  und  beschlossen  worden,  wie  gerathen. 

Die  Weisung  gleichen  Inhalts  an  Goess  ist  datirt  vom  5.  Juli.  In  einem  P.  S. 
vom  6.  Juli  bestätigt  der  Kaiser  den  Empfang  des  Berichtes  vom  27.  Juni,  mit 
der  Meldung  dass  Anhalt  wiederum  nach  Wien  kommen  werde. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  Juli   1670.  (Or.) 

[Stimmung  des  Kurfürsten.  Nachrichten  Romswinckels  über  die  Pläne  der  Holländer 
und  über  die  Stellung  des  de  Witt.  Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über 
die  zu  treffenden  Vorkehrungen.  Gute  Nachrichten  aus  Dänemark  und  Celle.  Ver- 
halten der  Landgräfin  von  Hessen  -  Cassel.  Schwedens  Politik.  Urtheil  des  Goess 
über  die  gegen  Frankreich  zu  beobachtende  Politik.     Belagerung  Nymwegens.] 

4.  Juli.  Weisung    vom    22.  Juni    erhalten.     Den    Kurfürsten    hat    Goess    trotz    der 

Nachrichten  aus  Holland  wohl  animirt  gefunden,  auch  der  Kurfürst  hofft,  dass 
noch  alles  sich  wird  gut  machen  lassen,  wenn  energische  Massregeln  er- 
griffen werden.  Romswinckel')  schreibt  aus  dem  Haag,  dass  einige  von  der 
Provinz  Holland  zum  Könige  von  England  geschickt  worden  seien,  mit  grossen 
Offerten  für  ihme  und  für  dem  Prinzen  von  Oranien^),  auch  grössere  als 
niemand  seiner  Vorfahren  noch  gehabt;  sie  wollen  sich  endlich  par  In- 
terest  der  Religion  und  sonsten  lieber  an  den  König  in  England  ergeben, 
als  dem  von  Frankreich;  einige  hätten  geraelt,  dass  wann  I.  Ch.  D.  in 
die  Nähe  wären,  sie  sich  an  dieselbe  ergeben  wollten.  Ton  dem  Pen- 
sionario  de  Witt  hat  man  immerfort  nit  gute  Opinion,  Friquet  seel. 
hats  allzeit  besser  gehabt.  Man  weiss  nit,  was  bedeut,  dass  des  Pen- 
sionarii  Bruder  ^),  der  auf  die  Flotte  wäre,  heimlich  darvon  ab-  und  nach 
Dorth  kommen;  es  ist  alles  voller  Verdacht  und  Suspicion   unter  ihnen, 


^)     Brandenburgs  Vertreter  im  Haag. 

2)  Die  nach  P>ngland  gesendeten  Männer  waren  Dykveldt,  d'Halewyn  und  Van 
Gemmeuick;  der  ständige  Vertreter  der  Staaten  in  England  Boreel;  über  diese  Männer 
und  ihre  Mission  in  England  vergl.  Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  375 f. 

2)  Cornelis  de  Witt. 


Verhandlimoen  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten.     Schwedens  Politik.  559 

welches  die  Bestellung  und  Regierung  bei  so  beschwerlichen  Coniuncturen 
noch  schwerer  macht '). 

Ich  zweifle  uit,  mit  dem  Fürsten  von  Anhalt  werd  alles  w'as  zu 
diesem  nun  vorhabenden  Werk  gehört,  überlegt  und  festgestellt  werden, 
massen  mir  I.  Ch.  D.  sagen,  dass  er  vollkommene  Instruction  darzu  habe. 
Dieselbe  besser  zu  animiren,  stellete  ich  vor,  |:  wann  E.  K.  M.  und  sie 
mit  einer  Armee  von  30  000  Mann  anmarschiren  würden,  dass  der  König 
alsbald  den  Kopf  wenden  müsste,  wo  dann  die  Holländer  Luft  bekämen 
und  sich  mit  den  Spaniern  conjungirten  und  wir  WitÜ  finden  uns  etwa 
an  den  Rhein  mit  einander  zu  conjungirn,  dass  dem  König  in  Frank- 
reich sowohl  die  Manutenirung  seiner  jetzt  gemachten  Conquesten,  als 
die  Zurückreis  nach  Haus  sehr  schwer  fallen  möchte.  Seind  demnach 
kommen  auf  die  Magazinen,  so  am  Rhein  und  Maiu  zu  machen,  wie 
auch  solchergestalt  die  Stadt  Colin  besser  zu  versehen  und  in  bessere 
Sicherheit  zu  setzen.  Es  ist  ihro  nur  leid,  dass  ihr  200  Mann  daraus 
kommen;  sie  würden  wohl  dahin  zu  bringen  sein,  dass  sie  1000  Mann 
der  ihrigen  hineinbrächten,  wann  Chur-Mainz  und  Chur-Trier  auch  der- 
gleichen thuen  wollten.  Es  müsste  aber  wohl  abgeredt  und  verglichen 
werden,  damit  alles  a  tempo  exequirt  würde  :  |.  . .  .  Von  Dänemark  hat  der 
Kurfürst"),  von  Celle  Goess  gute  Nachrichten, 

Wegen  der  Frau  Landgräfin  von  Hessen-CasseP),  hat  dieselbe  freilich 
S.  Ch.  1).  gar  stark  adhortirt;  .. .  es  sagen  aber  diese  ministri,  dass  wann 
es  zum  Hand  anlegen  kommt,  sie  sich  hübsch  zu  retiriren  und  mit 
ihren  Unvermögen  zu  entschuldigen  weiss.  .  .  . 

Was  Schweden  anbelangt,  hat's  das  Ansehen,  dass  selbige  Krön  in 
ihren  Tractat  mit  Frankreich  das  Absehen  auf  das  Geld  und  die  sub- 
sidia  gericht,  im  übrigen  sich  nit  sonderlich  in  diesem  Werk  zu 
mengen,  sondern  durch  ihre  Mediation  den  Frieden  zu  vermittelen  ge- 
denke *).  Wann  nun  England,  mit  welcher  Krön  Schweden  eine  sonder- 
liche Verständnus  und  Union  hat"),  einstheils  der  Holländer  Offerten 
annehmen,  anderentheils  aber  pro  interesse  status  et  religionis,  wie  es 
vermuthlich,  die  consilia  änderen,  Holland  von  der  völligen  Oppression 
retten,  oder  sonsten  sich  mit  ihnen  wäder  Frankreich  coniungiren  möchte. 


')     Ueber  diese  Dinge  Lefevre-Pontalis  I.  c.  II.  400  ff. 
2)     Puf.  1.  c.  XI.  42. 

")     Hedwig  Sopliie,  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  Schwester. 
^)     älignet  I.  c.  IV.  138 ff.;   Klopp  1.  c.  I.  332. 

'")     Am  4./14.  April  1672    wurden    die    Allianzen   von  IGU'j  und  1GG8    erneuert; 
vergl.  den  Druck  im  Diarium  Europ.  XXVI.  App. 


560  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt   in  Wien.      167-2— 1G75. 

SO  sehe  ich  alles  dahin  incaminirt,  dass  es  leicht  zu  Tractaten  kommen 
und  der  König  in  Frankreich  liei)er  ein  Theil  seiner  Conquesten  fahren 
lassen,  als  dieselbe  wider  so  grosse  sich  opponirende  Macht  zu  prose- 
quiren  geraeint  sein  werde;  zumalen  bei  allen  seinen  gemachten  Pro- 
gressen  noch  all  viel  zu  thun  fallen  würde,  wann  England  auch  nichts 
änderst  thäte,  als  sich  aus  der  Sach  zu  halten  und  hierdurch  den  Hol- 
ländern die  See  frei  zu  lassen,  andere  Potentaten  aber  zu  Land  das  ge- 
meine und  ihr  eigenes  Interesse  bei  einem  W^erk  von  so  hoher  Irapor- 
tanz  und  C'onsequenz  beobachten  thäten.  |:  Was  wir  nun  hierbei  zu 
thuen  oder  zu  wünschen,  lasse  ich  E"".  K.  M.  höchst  erleuchten  judicio 
anheimgestellt.  Zum  Frieden  und  Ruhe  der  Christenheit  hätte  meines 
Erachtens  vielmehr  gedeuen  mögen,  wann  des  Königs  in  Frankreich 
Macht  durch  Waffen  widerstand  wäre  geschwächt  und  gebrochen  worden, 
als  dass  er  mit  so  grossen  avvantaggio,  Reputation,  und  (ilori  daraus 
scheide,  sich  und  seine  Krön  hierdurch  in  höhern  Respect,  andere  in 
mehrere  Dependenz  und  Forcht  setze,  auch  durch  sothane  gute  successus 
animirt  werde,  sein  Hauptdessein,  welches  auf  Depression  E^  K.  M.  hoch- 
löbliches  Haus  gericht,  desto  kecker  zu  prosequiren.  Diese  considerationes 
machen  mich  fast  einigermassen  apprehendiren,  dass  der  König  in  Frank- 
reich uns  allen  vorkommen  und  nicht  einmal  gloriam  raediationis  lassen, 
sondern  sich  seines  Vortls  und  der  Zeit  bedienen  und  sich  mit  den 
Holländern  mit  einer  grossen  avvantaggio  vergleichen  möchte;  dass  diese 
zu  ihm  geschickt  werden,  werden  E.  K.  M.  vernommen  haben.  :[ 
Es  whd  gemeldet,  dass  Nymwegeii  belagert  wird'). 


Memorial  Montecuccoli's  vom  7.  Juli  1672.  (Aut.) 

[Lage  der  Dinge.  Aenderung  der  Verhältnisse  seit  der  ersten  Mission  Anhalts  in 
dem  Zustande  Hollands,  Brandenburo-s,  in  der  Stellung  des  Kaisers  zu  dem  Unter- 
nehmen gegen  Frankreich.     Gedanken  über  Zweck,  Mittel  und  Führung  des  Krieges.] 

7.  Juli.  Punti  da  deliberarsi  e  da  risolversi  prima  che  de  venir"  in  congresso 

col  Prencipe  di  Anhalt,  e  poi  da  concertarsi  con  esso  lui. 

Poiche  la  faccia  delle  cose  e  totalmente  mutata  da  quello  in  ch'ella 


^)  Vergl.  Lefevre-Pontalis  1.  c.  II.  440 f.  Grimoard,  Collections  des  Lettres  et 
Memoires  du  Mareclial  de  Tuvenne  II.  7  iT. 

-)  Das  Stück  ist  citirt  bei  Grossmann,  Montecuecoli  1.  c.  410,  wo  Auszüge  daraus 
in  deutscher  Spraclie  mitgetlieilt  sind. 


Memorial  Montecuccoli's.  561 

era,  quando  si  proggetto  da  principio  di  porre  in  piede  uo  grosso  esser- 
cito  neir  Imperio :  vengono  percio  in  deliberazione  li  punti  seguenti. 

La  faccia  delle  cose  e  mutata;  1".  perch'egli  si  suppose,  che  le 
provincie  unite  belgiche  avriano  tenute  occupate  Tarme  di  Fiancia  per 
lungo  spazio  di  tempo  e  che  intanto  Tlmperio  ed  altri  Poteutati  avriano 
avuto  campo  di  trattar'  insieme  maturameute  le  loro  convenienze  di 
unirsi,  armarsi  e  difendere  la  causa  commune.  II  che  tutto  viene  scon- 
volto  dalle  prodiglose  perdite  degFOlandesi,  che  d'ora  in  ora  stanno  per 
accettare  le  condizioni  della  pace,  ch"al  Re  di  Francia  piacerä  di  dar  loro. 

2".  L'Elettore  di  Brandenburg,  il  quaFe  impegnato  con  l'Olanda  in 
lega  defensiva  ed  offensiva  e  le  cui  piazze  al  Reno  e  nel  paese  di  Cleve 
venivano  interessate,  si  facea  capo  dell'  Impresa  e  potea  gire  con  si- 
curezza  su'l  suo  proprio  di  posto  in  posto  alF  Albis,  al  Weser  ed  al 
Reno  e  trovar  da  per  tutto  i  suoi  magazini,  le  sue  piazze  e  gli  avvan- 
taggi  deir  riviere,  la  quäl  cosa  e  ora  tutta  mutata,  mentre  che  le  piazze 
sono  perse.  Onde 

3".  diviene  ora  capo  dell'  Impresa  S.  M.  Ces'\,  la  quäle  non  ha 
ne  magazini  formati,  ne  piazze  di  sicurezza,  ne  fiumi,  ne  passaggi  a  sua 
disposizione,  ma  deve  dipender  tutto  dalla  discrezione  altrui.  (La  Francia, 
benche  si  forte  su'  l'arme  proprio,  benche  dipendente  da  se  sola,  benche 
chiamata  da  Colonia,  ha  volsuto  aver  piazze  di  sicurezza  e  fortificarle, 
aver  magazini  propri  ed  assicurarsi  de'  passaggi,  prima,  che  porsi  ad 
alcuna  spedizione.) 

Dunque  cambiate  in  tal  guisa  le  cose,  vengono  in  considerazione  di 
somma  importanza  li  punti  seguenti,  intorno  al  Fine,  a  i  Mezzi  ed  alla 
Amministrazione  della  Guerra. 

Intorno  al  Fine. 

1.  Mantenendüsi  tuttavia  gli  Olandesi  e  volendo  FElettore  soccor- 
rerli,  se  l'Arme  Cesaree  devono  cooperarci? 

2.  Volendo  FElettore  attaccar  le  piazze  di  sue  ragioni  che  gli  ha 
occupato  la  Francia,  come  Wesel,  Bürick  ^),  Orsoy  etc.,  se  vi  si  deve 
concorrere  ? 

3.  Volendosi  pigliar  posto  al  Reno  per  acudire  a'  paesi  bassi  cat- 
tolici,  0  per  dar  calore  a  chi  volesse  congiungere  le  sue  Arme  con 
esso  noi,  in  quäl  luogo  farlo?  dove  avere  i  viveri  ed  i  foraggi?  dove 
sussistere?    Et  se  que'  Principi    reclamassero  per  lo  danno  delle  marcie 


^)     Büdericb. 

36 


Mater,  z.  Gesch.  cl.  G.  Kuifiirsteu.     XIV. 


562  VI.    Goess  in  Ik-rlin,    Aiilialt  in  Wien.      1G72  — 1G75. 

e  de  sli  allossiamenti,  o  chiamas.sero  in  aiuto  il  Re  dTFiancia  e  legi- 
timassero  Ja  di  lui  venuta?  0  sc  venisse  egli  di  moto  proprio  a  riscon- 
trarci,  come  dice  Gramonville')  clvegü  fara,  e  come  a  ciö  lo  stimolorä 
il  suo  genio  orgoglio.so,  e  come  la  ragion  di  guerra  il  per.suadera,  la 
quäl'  insegna  d'ostar'  a'  principi,  d'opporsi  al  mal  iiascente  e  di  corrcr 
su'  quelli,  che  di  mano  in  mano  si  vanno  ingrossando,  come  resistere? 
massime  in  considerazione  del  punto  qui  appre.s.so.  (Doppo  la  pre.sa  di 
Magdenburg  l'anno  1631  trascuro  il  Tilly,  per  ordine  della  Corte,  di 
correre  .su'  TElettore  di  Sas.sonia  e  gli  diede  campo  di  far  .sue  levate 
e  di  unirsi  al  Re  Sueco,  ond'egli  fii    pol    totalmente  disfatto  a  Leipzig.) 

Intorno  a'  Mezzi. 

1.  Dovriano  es-sere  adeguati  al  fine  e  proporzionati  aH'opposizione, 
per  non  hazardare  tutta  la  fortuna  dello  stato  con  una  .sol  parte  delle  forze. 

2.  Nella  quantita  la  Fraucia  ha  insieme  co'suoi  collegati  da 
100  000  huomini ;  ha  stabilite  le  recrutte  nel  suo  Regno  di  8000  huo- 
mini  per  mese;  ha  18  000  prigionieri  in  Gianda,  che  probabilmente 
piglieranno  servigio  nel  suo  essercito. 

3.  Nella  qualita  TArmata  francese  ha  gente  vecchia  ed  esserci- 
tata,  vittoriosa,  piena  di  nobilta,  provista  di  moltissimi  oflfiziali,  col  suo 
Re  in  testa,  dal  cui  solo  despotico  commando  tutto  dipende^).  A  ris- 
contro  la  gente  di  Brandenburg  e  quasi  tutta  nuova  e  quella  di  Sua 
M'^  ne  ha  poca  di  veterana.  (Fü  fatta  la  riforma  Fanno  1668,  nella  quäle 
ciasciina  compagnia  a  piede  fii  riddotta  a  100  fanti  e  ciascuno  di  caval- 
leria  a  43  huomini,  onde  tutto  il  resto  non  sono  che  recrutte  e  gente 
nuova,  si  com'anche  due  compagnie  di  ciascun  Regg*°  di  cavalleria  e  la 
maggior  parte  de  gli  offiziali  raaggiori  et  minori.) 

4.  Neil'  artiglieria  la  Francia  ha  cento  pezzi  di  canone  e  70. 
mortari, 

5.  Bagagli,  viveri,  munizioni,  stromenti  di  ogni  sorte,  barche  por- 
tatili,  barche  armate,  ponti  volanti,  mantelletti  etc.  in  abboudanza. 

In  quanto  alF  Amministrazione  della  Guerra. 
1.     Egli  pare  da  un  canto,  che  si  abbia  da  temporeggiare,  ne  com- 
battere    di    subito,    ma    tenersi    in  posti   avvantaggiosi   e  fortificati,  per 
queste  ragioni: 


0     lieber  Gremonville's  Thätigkeit  in  diesem  Momente,  Mignet  I.e.  IV.  87  f. 
-')     üeber  Frankreichs  Armee  in  dieser  Zeit  Rousset  1.  c.  I.  222,  340  ff. :    Lefevre- 
Pontalis  1.  c.  II.  251,  5G2. 


Memorial  Monlecnccoli's.  563 

1".  Si  de'e' lasciare  svaporare  il  primo  iinpeto  de' Fraucesi.  (Fran- 
ce^i  piii  cli'huomiui  sul  principio,  meii  che  fernine  su  la  fine.) 

2.  Li  disagi  e'l  tempo  comsumeranno  Tessercito  loro  non  avvezzo 
al  clima  ed  a  patimenti.  distratto  ne*  pre.sidi  e  richiamato  a  casa  dall' 
impatienza  di  star'  in  campo. 

3.  Cosi  furono  sempre  combattuti  i  Francesi  nelle  guerre  passate, 
mentre  che  se  temporeggiava  con  essi  sul  principio  della  campagna,  e 
poi  verso  TAutunno  si  caricavano  vivamente.  (Questo  fii  l'arcano  del 
maresciallo  di  Campo  Mercii  contr'essi ').) 

4.  Noi  siamo  piii  deboli  di  forze  e  per  conseguenza  non  dobbiamo 
avventurarle  al  rischio  di  una  battaglia,  che  sarä  decretoria,  ne  lasciera 
piii  modo  di  risorgere. 

5.  Potriasi  in  questo  temporeggiare  svegliare  contr'  alla  Francia 
ringhilterra,  la  Danimarca,  la  Suezia. 

II.  Dair  altro  canto  egli  pare,  che  non  si  possa  temporeggiar'  in 
modo  alcuno,  nia  bisogni  per  necessitä  venir'  a  combatter  quanto  prima, 
per  queste  raggiohi : 

1.  L'Armata  fraucese  puo  durar  piii  che  noi,  avendo  il  Re  consti- 
tuito  Recrutte  continue  nel  suo  Regno,  pagando  egli  puntualmente  le  sol- 
datesche,  avendo  egli  danaro  })er  isviare  li  nostri  soldati  e  trarli  al  suo 
servigio,  avend'  egli  provisto  di  lunga  mano  li  suoi  magazini,  ch'a  noi 
mancano. 

2.  Egli  svegliera  il  Turco  e  gli  animi  inquieti  della  Polonia  e  dell' 
Ungheria  e  del  Transilvauo  e  de'  suoi  parziali  a  Ratisbona  per  divertirci 
e  per  incolparci. 

3.  E  volendo  noi  impedir  li  progressi  air  armi  francesi,  come  farlo 
senza  cimentarsi  con  esse? 

4.  La  Francia  ha  la  sua  potenza  fondata  sii  TArme  proprio  e  noi  sü 
le  ollegate.  Or  chi  non  sa,  che  le  leghe  facilmente  ad  ogni  alterazione  ed 
accidente  nuovo  di  lor  natura  si  sciolgono?  Onde  il  temporeggiare  e 
nocivo  a  noi  per  le  dissensioni,  che  posson  nascere,  e  avvauteggioso 
alla  Francia. 

5.  Puo  la  Francia  concitare  la  Suezia  a  moversi  contra  Branden- 
burg, nel  quäl  caso  certa  coso  e,  che  Brandenburg  ritirera  il  suo  corpo 
e  che  rimperiale  restera  solo. 

6.  Rimanendo  noi  soll,  o  diminuiti  nella  dilazione  del  tempo,  o 
resi  troppo  piii  deboli  alla  Francia,  certa  cosa  e,  ch'ella  ci  obblighera  o 


')     Vergl.  Grossmann  1.  c.  -411. 

36* 


564  ^I-    f'OPSs  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1072—107.'). 

a  perderci  (comc  succcsse  al  Conto  della  Torrc  in  Silesia,  al  Ragozzi  in 
T*olonia  e  quasi  al  Gallas.so  a  Berenburg),  o  a  ritirarci  ne'  paesi  ereditari 
e  por  consegnenza  a  trarci  insieme  con  iioi  la  guerra;  iTia.<^sime  non 
avendo  noi,  ne  riviere,  ne  piazze,  ne  magazini,  ne  cosa  alcuna  di  proprio 
e  di  sicuro,  dove  fennar'  il  piede. 

7.  II  campeggiare  costera.  assaissimo  per  le  paghe  de'  soldati,  per 
Testima  de'  danni  da  soddisfari^i.  (Cosi  il  üuca  di  Feria  pagö  una 
certa  somma  all'  Elettore  di  Baviera  per  un  quartiere  di  verno,  e  cosi 
il  Re  di  Francia  ha  soddisfatto  a'  danni,  che'l  suo  essercito  ha  fatto  sü'l 
paese  di  Liegi).  Onde  il  temporeggiare  ci  sarii  insopportabile  et  l'Impero 
esclamerii  ad  alta  voce,  che  si  e  entrato  collä,  non  per  mantenerlo,  ma 
per  distruggerlo,  non  per  combattere,  ma  per  depredare. 

Tutte  queste  materie  si  dovriano  decidere  prima  tra  di  noi  e  poi 
col  Principe  di  Anhalt,  per  rimovere  grimpedimenti,  indurre  buone  dis- 
posizioni  e  recar  li  rimedi  possibili;  accioche  invece  di  ovviare  al  male 
non  l'aifrettiamo,  e  cli'in  luogo  di  gloria  e  di  sicurezza  non  incontriamo 
iguominee  e  distruzione. 


Memorial  Anhalts   an   den  Kaiser,     Dat.  Wien  8.  Juli  1672. 

(Aiit.) 

[Vermehrung  der  kaiserlichen  Auxiliarvölker.     Montecuccoli.] 

8.  Juli.  Der  Kurfürst  dankt  für    de.s  Kaisers  Entschliessung,    wird  seinerseits  alles 

thun,  was  in  seinen  Kräften  stellt,  erlaubt  sich  aber  den  Kaiser  durch  Anhalt 
zu  bitten,  der  Kaiser  möge  mit  Rücksicht  auf  die  grosse  Macht  Frankreichs 
zu  den  bereits  resolvirten  12  000  Mann  noch  einmal  so  viel  hinzufügen,  Monte- 
cuccoli zum  Befeldshaber  macheu  und  mit  Anhalt  über  die  Kriegsoperationen 
berathen  lassen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  Juli  1672.   (Or.) 

[Crockows  neuerliche  Sendung  nach  Paris.  Günstige  Nachrichten  aus  Kopenhagen. 
Des  Goess  Urtheil  über  das  dem  Herzoge  von  Celle  gegenüber  zu  beobachtende  Ver- 
fahren. Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Vortheile  des  Eintrittes  der 
Landgräfin  von  Hessen-Cassel  in  cbe  Allianz  und  über  die  Reichsmediation.  Sicherung 
Kölns  betreffend.  Brandts  Sendimg  nach  England.  Urtheil  des  Goess  über  Englands 
und  Schwedens  Politik  und  über  die  mit  Rücksicht  auf  diese  Mächte  im  niederländi- 
schen Wesen  einzuschlagende  Politik.  Reise  des  Kürfürsten  nach  Blinden.  Neue 
Unterredung  desselben  mit  Goess.] 

10.  Juli.  Weisung  vom  29.  Juni  erhalten.     Goess  thut  alles  um  den  Kurfürsten  zu 

einem  energischen  Einschreiten  gegen  Frankreich  zu  vermögen ;  Crockow,  der  aus 


Vermehrung  der  kaiserlichen  Truppen.     Des  Goess  Verhandlungen  in  Berlin.      565 

Paris  zurückgekehrt  ist'),  soll  wieder  dabin  gehen,  um  den  König  zum  Frieden 
mit  Holland .  zur  Restitution  der  brandenhurgischen  Plätze  im  Cleviscben  und 
zur  Gutmacbung  des  daselbst  verursachten  Schadens  aufzufordern. 

Die  Nachrichten  aus  Kopenhagen  lauten  günstig.  Blumenthal  dürfte  zu 
rechter  Zeit  daselbst  anlangen.  Von  Celle  ist  noch  keine  Nachricht  da,  in  jedem 
Falle  muss  man  Celle  gegenüber  vorsichtig  sein  und  nicht  zu  grosse  Neigung 
zur  Einigung  zeigen,  weil  sonst  die  Forderungen  zu  gross  sein  dürften.  Goess 
spricht  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Landgräfin  von  Hessen  und  betont  wie 
nützlich  ihr  Eintritt  in  das  Bündniss  auch  dann  sein  würde,  falls  sie  nur  sehr 
wenige  Truppen  stellen  sollte,  da  durch  ihren  Eintritt  der  anderer  Fürsten  zu 
erhoffen  sei.  Der  Kurfürst  zeigt  grossen  Eifer  bezüglich  der  Reichsangelegenheiten 
und  deliberiren,  welchergestalt  man  in  puncto  capitulationls  caesareae  den 
Ständen  einige  Satisfaction  geben  könne,  damit  hernacher  punctus  securi- 
tatis  publicae  besser  zu  erheben ')....  Sonsten  unterlasse  ich  nit  bei  allen 
Gelegenheiten  die  Notdurft  wegen  des  §  Und  gleichwie  und  die  schöne 
effectus,  die  wir  leider  schon  hieraus  erfahren  müssen,  vorzustellen.  Ich 
verhoffe,  dass  es  nit  ohne  Frucht  sein  und  man  sich  künftig  besser 
hierin  bezeigen  werde,  allein  muss  dahin  gesehen  werden,  dass  I.  Ch.  D. 
con  bei  modo  aus  dem  impegno  und  auf  andere  Weg  gebracht  werden. 

Die  Bedenken  gegen  die  Reichsmediation,  durch  welche  ja  dem  Könige 
von  Frankreich  die  Möglichkeit  gegeben  werde  die  Mediatoren  hinzuhalten 
und  seine  Eroberungen  unterdessen  fortzusetzen,  hat  Goess  vorgebracht  und 
glaubt,  dass  seine  Vorstellungen  Eindruck  gemacht  haben. 

Dass  Mainz  wegen  der  Truppensendung  nach  Köln  gute  Erklärung  gibt,  ist 
sehr  erfreulich  ;  auch  der  Kurfürst  von  Brandenburg  ist  zur  Unterstützung  bereit, 
auch  Trier  dürfte  nicht  zögern,  so  dass,  w^enn  jeder  dieser  Kurfürsten 
1000  Mann  gibt,  der  Stadt  Köln  geholfen  werden  könnte^). 

Goess  empfiehlt  dem  Kurfürsten  die  Absendung  Brandts    nach  England. 

Ich  weiss  nit,  w'ie  es  mit  England  ist,  oder  was  E.  K.  M.  darvon 
judiciren ;  wann  nit  etwas  änderst  darunter  steckt,"  kann  ich  nit  finden, 
dass  selbigen  Königs  oder  Krön  Interesse  leide,  dass  Frankreich  die  uniirte 
Provinzien  unter  sich  bringe.  Es  werd  zwar  von  des  Königs  Dessein 
die  catholische  Religion  anzunehmen  und  ein  absolutes  dominium  mit 
Hülf  des  Königs  in  Frankreich  zu  stabiliren  und  dass  die  Oppression  der 
Holländer  utrimcpae  darzu  nöthig  discurrirt,  aber  w'ie  combinirt  sich 
dieses  alles  cum  forma  regiminis  in  England,  mit  des  Parlament  Auto- 
rität und  mit  den    übrigen  Umständen    und  Beschaffenheit    im  selbigen 


')     üeber  diese  erste  Sendung  Crockows  nach  Paris  Pnf.  1.  c.  XI.  31. 
-)     lieber  die  Verhandlungen  zu  Regensburg  in  diesen  Angelegenheiten  Pachner 
c.  1.574  ff. 

■')     lieber  Mainz  und  Triers  Verhalten,  Wagner  1.  c.  I.  279. 


566  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  167.5. 

Königreich?  Der  König  kann  dergleichen  nichts  sine  siimmo  suo  periculo 
unterfangen.  Ich  halte  vielmehr  darfür,  dass  weder  England  noch  Schwe- 
den bei  ihren  mit  Frankreich  getroffenen  Tractaten,  ebensowenig  als 
andere,  die  unvermuthe  grosse  Progressen  selbigen  Königs  vorsehen  noch 
glauben  können  und  dass  beide  .  . .  nun  ihre  consilia  und  resolutiones  än- 
deren möchten.  .  .  .  Wann  nun  diese  principia  richtig,  so  möchte  die  Frag 
sein,  wie  E.  K.  M.  und  andere,  so  sich  hierbei  zu  interessiren,  sich  zu 
verhalten?  Solle  England  und  Schweden  sehen,  dass  von  unsere  Seiten 
eine  grosse  Macht  zusammengebracht  werd  und  der  Sach  ohne  ihrer  ge- 
holfen werden  kann,  möchten  sie,  zumalen  bei  ganz  neulich  aufgerichteten 
Tractaten  mit  Frankreich  und  empfangenen  grossen  Summen  Gelds,  noch 
ein  Weil  zusehen  und  mit  ihren  resolutionibus  nit  eilen.  Ausser  diesem 
kann  ich  nit  sehen,  wie  sie  dieser  der  Franzosen  Conquesten  länger  zu- 
sehen, Holland  gar  zu  Grunde  gehen  und  Frankreich  so  grosse  Macht 
accresciren  lassen  sollten. 

Um  dieser  und  anderer  Considerationen  willen  möchte  gut  sein, 
dass  zwar  in  Holland  sotto  mano  bestermassen  animirt  und  versichert 
würden,  dass  man  sie  nit  hülflos  lassen  werde,  im  Uebrigen  es  bei 
England  und  Schweden  das  Ansehen  habe,  als  wann  unsere  Zusammen- 
setzung nur  auf  Defension  des  Reichs  bei  diesen  in  die  Nähe  ausge- 
brochenen Krieg  angesehen;  solchergestalt  würden  diese  beide  Kronen 
zu  schleuniger  Remedirung  angetrieben,  cursus  der  französischen  Waffen 
und  Progressen  sistirt,  Holland  würde  etwas  Luft  bekommen  und  wann 
es  zu  Tractaten  käme,  befunden  sie  sich  in  solchen  Stand,  dass  sie  zu 
Annehm  ung  eines  spottlichen  und  höchstschädlichen  Friedens,  wie  anietzo 
zu  besorgen,  nit  mehr  necessitirt  und  wäre  demnach  die  ganze  Sache 
dahin  allerseits  zu  incaminiren,  damit  sie  und  andere  vor  dergleichen 
französische  invasionibus  inskünftig  besser  gesichert  sein  möchten. 

Der  Kurfürst  wird  sich  Ende  dieses  Monates  zur  persönlichen  Theilnahme 
am  Kriege  nach  Minden  begeben,  der  Kurprinz  soll  gleichfalls  in's  Feld;  Goess 
bittet  um  Befehl,  ob  er  dem  Kurfürsten  folgen  solle,  gibt  aber  zu  bedenken, 
dass  er  schwer  die  Strapazen  werde  ertragen  können. 

Am  9'«°  Abend  begibt  sich  Goess  zu  dem  nach  Berlin  gekommenen  Kur- 
fürsten. Ich  funde  sie  wohlgemüth,  sie  erwarten  mit  Verlangen  Schrei- 
ben von  dem  Fürsten  von  Anhalt,  zeigeten  ein  oder  ein  Paar  Regi- 
menter Croaten  zu  verlangen,  mit  welchen  sie  die  Franzosen  wohl  zu 
incommodiren  verhoffeten. 

.  .  .  Man    vertröstet    I.  Ch.  D.,    dass    die   verglichene    Subsidiegelder 


Haltung  bezüglich  Ilollaruls.  Coufeienz  zwischen  Moiitecuccoli,  Hocher  u.  Anhalt.      567 

(aus  Holland)  gewiss  folgen  werden:  es  mangle  bei  dieser  Confusion  allein 
an  Gelesenheit  die  Wechsel  zu  machen. 


Protocoll  der  Conferenz   zwischen  Moritecuccoli,    Hocher  und 
Anhalt.     Dat.  11.  Juli  1672.    (Or.) 

[Eutschliessuugen  des  Kaisers  bezüglich  der  Truppenzahl;  Abmarsch  derselben:  Auf- 
nahme anderer  Fürsten  in  die  Allianz;  Munition;  Montecuccoli;  Proviautirung;  Ope- 
rationen. Massregeln  zur  Rettung  Kölns.  Sendung  Anhalts  nach  Sachsen.  Ver- 
handlungen mit  dem  Herzoge  von  Celle.  Gegenseitige  Unterstützung  Brandenburgs 
und  Oesterreichs.  Aenderungen  in  dem  Ailianzvertrage.  Polnische  Verhältnisse^ 
Ratification  des  Vertrages.  Mittheilung  von  demselben  an  die  für  die  Allianz  zu  ge- 
winnenden Für.steu.  Vorgehen  auf  dem  Reichstage  gegen  Frankreich.  Versuch  die 
Schweizer  zum  Eintritt  in  die  Allianz  zu  vermögen.] 

Montecuccoli  meldet,  dass  der  Kaiser  die  Ratification  des  Vertrages  mit  ii.jnii. 
Kurbrandenburg  beschlossen  und  ihm  und  Hocher  aufgetragen  habe,  mit  dem 
Fürsten  von  Anhalt  über  die  noch  übrigen  Punkte  zum  Abschlüsse  zu  kommen. 
Es  wurde  dann  beiderseits  sub  spe  rati  beschlossen: 
Primo.  Geben  I.  K.  M.  über  die  vorigen  12  000  Mann  noch  her  3000 
und  also  15  000  Mann,  neben  einem  Regiment  Croaten  von  1000  Manu, 
versprechen  auch  auf  S^  F.  ü.  von  Anhalt  so  continuirliches  Anhalten 
wegen  Schickung  der  völligen  20  000  Mann  noch  mehrere  Völker  zu  Sup- 
plirung  der  noch  abgängigen  4000  Mann  an  denen  verlangten  20  000 
Mann  nachzuschicken,  sobald  die  Sorg  von  dem  Türken  und  die  Unruhe 
in  Polen  für  heur  aufhören  wird.  Die  neuen  3000  Mann  werden  bestehen; 
zu  Pferd  in  des  Herzogens  von  ].othringen  Regiment  und  des  Görsky  Re- 
giment Dragoner;  zu  Fuss  in  des  Grafens  Leslie  noch  übrigen  5  (,'om- 
pagnien  per  1250  Mann;  hingegen  zweitlen  I.  F.  G.  keineswegs,  dass 
auch  I.  Ch.  D.  zu  Brandenburg,  weilen  es  I.  K.  M.  also  gnädigst  ver- 
langen, über  die  vorigen  12  000  Mann  noch  andere  4000  Mann  zu  Pferd 
und  zu  Fuss  hergeben  wollen. 

Zweitens  sollen  diese  Völker  am  25.  Aug.  st.  n.  in  Eger  sein  und  sicli  am 
1.  Sept.  mit  den  Truppen  des  Kurfürsten  vereinigen.  Inmittels  solle  man 
ex  parte  P.  K.  M.  und  auch  P.  Ch.  D.  zu  Brandenburg  unaussetzlich 
arbeiten,  damit  man  in  diese  Bündnus  I.  K.  M.  in  Dänemark,  Chursachsen, 
das  Haus  Braunschweig,  Hessen  und  andere  darein,  auch  dahin  bringe,  auf 
dass  auch  sie  inmittels  dieser  Zeit,  oder  so  viel  und  bald  es  immer  mos- 
lieh,  ihre  Völker  anmarschiren  und  zu  der  kaiserlichen  und  brandenbur- 
gischen  coniungirten  Armee  kommen  lassen;    dann  sonsten   beede  allein 


568  ^'I-    Goess  in  Berlin,    Anlialt  in  Wien.     1672— ir,75. 

und  ohne  der  anderen  zu  operiren  möchte  vielleicht  an  Seiten  P.  Ch.  D. 
zu  Brandenburg  selbsten  bei  gegenwärtigen  Umständen  für  zu  gefährlich 
gefunden  werden. 

Drittens  verspricht  der  Kaiser  zu  den  versprochenen  12  Feld-  und  Regi- 
mentsstücken noch  6  zu  geben  und  überdies  2  Mörser,  sich  versehend,  dass  es 
betreffs  der  schweren  und  grossen  Stücke  bei  der  letzten  Abrede  und  der  ex 
parte  Brandenburgs  versprochenen  Hergebung  derselben  allerdings  verbleiben  wirk. 

Viertens  gestattet  der  Kaiser  auf  Anhalten  des  Kurfürsten  und  des  Fürsten 
von  Anhalt,  dass  Montecuccoli  den  Feldzug  mitmache,  der  in  Eger  erscheinen 
und  von  nun  an  schon  mit  dem  Kurfürsten  correspoudiren  werde. 

Fünftens  hat  der  Fürst  versprochen,  dass  die  Lebensmittel  der  kaiserlichen 
Armada  gegen  billige  Bezahlung  gereicht  und  zu  diesem  Behufe  Magazine  er- 
richtet werden  sollen. 

ßtens_  Wegen  der  Operationen  soll  der  Kurfürst  mit  Montecuccoli  verhandeln. 

yieiis  jgt  veranlasst  worden,  dass  zur  Abwendung  grösserer  Gefahr  für  Köln 
durch  den  spanischen  Gesandten  in  Wien'),  der  spanische  Gubernator  der  ]Sieder- 
lande,  Graf  von  Monterey,  zur  Erhaltung  Kölns  aufgefordert  und  zur  Dargebung 
eines  Geldbetrages  für  die  Erhaltung  der  Truppen  ersucht  werde,  welche  sich 
in  der  Stadt  Köln  befinden. 

gtens  ^vird  der  Kaiser  dem  Fürsten  von  Anhalt  ein  Creditiv  an  Sachsen 
mitgeben  und  durch  ihn  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  Mittheilung  machen  von 
dem  abgeschlossenen  Bündnisse ,  ihn  ^zum  Eintritte  einladen  und  bald  darauf 
einen  Gesandten  dahin  senden. 

9'^"s_  Da  (jgj.  Kaiser  Goess  schon  befohlen  hat  mit  dem  Braunschweig- 
cellischen  Kanzler  Schütz  wegen  des  Eintrittes  des  Herzogs  in  die  Allianz  zu 
verhandeln,  so  muss  der  Erfolg  dieser  Bemühungen  abgewartet  werden. 

jQtens  haben  I.  F.  G,  von  Anhalt  in  Namen  F.  Ch.  D.  versprochen, 
wann  I.  K.  M.  eintweders  von  Frankreich  in  Vorder-  und  oberösterreichi- 
schen Landen,  oder  von  den  Türken  in  Hungarn,  oder  von  den  Malcon- 
tenten  aus  Polen  in  Schlesien,  oder  von  Schweden,  oder  sonsten  angegriffen 
würden,  dass  S.  Ch.  D.  deroselben  an  einem  und  anderen  Ort  möglichist 
an  die  Hand  und  beistehen  werden;  ein  solches  auch  von  1''.  K.  M. 
reciproce  beschehen  solle,  wann  S.  Ch.  D.  von  obbesagten  und  andern 
Feinden  in  dero  Landen  angegriffen  und  überzogen  werden  sollen. 

j^j^tens  ^Yj^g  (jJQ  yQjj  j  Q|^_  j)  211  Brandenburß-  gethane  Erinderunsj 
über  den  5*^"^)  und  6'*°^)  Articul  foederis  publici  anberührt,  ist  veran- 
lasst worden,  dass  der  5*"^  in  etwas  verändert  und  zugleich  aus  selbigem 
publico  aus-  und  in  das    secretum  foedus  einverleibt,    der  6'"^  hingegen 


')    Balbesos. 

-)     Betrifft  die  Erhaltung  der  verschiedenen  Friedenschlüsse:    vergl.  Jlörner  1.  c. 
365  und  die  Bemerkungen  in  dem  Secretvertrag  §  7,  366. 
^)     Betriift  das  Verhältnis  der  beiden  Mächte  zu  Köln. 


Couferenz   zwisclien  ilontecuccoli,  Ilocher  und  Anhalt.     Ratification  der  Allianz.  569 

zwar  iii  dem  publice  gelassen,  doch  eine  Addition  dcstwegen  in  dem 
secreto   foedere  gethan  werden  solle. 

j2tens  jg^  j^yg}^  wegen  P.  M.  des  Königs  in  Polen  beliebet  und  von 
I.  F.  G.  im  Namen  P.  CIi.  D.  zu  Brandenburg  versprochen  worden,  dass 
auch  sie  mit  und  neben  P.  K.  M.,  ratione  Erhaltung  S''.  K.  M.  bei  dem 
Thron  und  sonsten,  ein  gleichmässiges  Sentiment  führen  und  S^  K.  M. 
zu  dem  Ende  möglichist  beistehen  werden. 

13tens_  Die  Ratification  dieses  neuen  Vertrages  soll  so  schnell  als  mi3glich 
erfolgen,  die  des  alten  zurückgestellt  werden. 

14'e"s.  Den  zum  Beitritte  geneigten  Fürsten  soll  von  dem,  was  beschlossen 
Avorden,  Mittheilung  gemacht  werden,  um  sie  desto  eher  zum  Eintritte  und  zur 
Waffengemeinschaft  zu  vermögen. 

15'«"^  soll  mit  der  Proponirung  und  Deliberirung  des  vom  Kurfürsten  dem 
Kaiser  eingeschickten  und  vom  Kaiser  nach  Regensburg  gesendeten  Beantwor- 
tungschreibens gegen  Frankreich  so  lange  innegehalten  werden,  bis  die  Coniunc- 
tion  der  "Waffen  wirklich  erfolgt  sein  wird. 

Ißtens  ist  beschlossen  worden,  erst  nach  erfolgter  Coniunction  von  den 
Ständen  etwas  zur  Erhaltung  der  Armee  zu  fordern. 

Ijtens  ist  beschlossen  worden  sich  beiderseits  zu  bemühen  die  Schweizer 
direct  oder  indirect  in  dieses  Bündnis  zu  bringen^). 


Der  Kaiser  an  den  Kurfürsten.     Dat.  Wien  12.  Juli  1672. 

(Conc.) 

[Ratification  des  Vertrages] 

Auf  das  Schreiben  des  Kurfürsten  vom  23.  Juni,  in  welchem  dieser  von  der  12.  Juli, 
erfolgten  Ratification  des  Vertrages  Mittheilung  macht,  erwidert  der  Kaiser,  dass 
auch  er  den  Vertrag  ratificirt  habe  und    fest  entschlossen  sei,  was  er  in  dem- 
selben versprochen,  zu  halten,  in  der  Hoffnung,  dass  auch  der  Kurfürst  dasselbe 
thun  werde. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  13.  Juli  1672.  (Cone.) 

[Ratification  der  Allianz  und  Einbeziehung  des  Hauses  Braunschweig  in  dieselbe  be- 
treffend.] 
Uebersendet  dem  Goess  Copien  der  Protocolle  über  die  mit  Anhalt  ge-  13.  Juli 
pflogenen  Berathungen  und  ertheilt  ihm  Befehl  die  Ratification  des  Kurfürsten 
so  bald  als  möglich  zu  übersenden.  Ferner  soll  Goess  sich  alle  Mühe  geben, 
dass  das  Haus  Braunschweig  zum  Eintritt  in  die  Allianz  und  zur  Conjunction 
der  Waffen  bis  1.  Sept.  st.  n.  vermocht  werde. 


^)     Ueber  die  Verhandlungen  des  Kurfürsten  mit  den  Schweizern  Puf.  1.  c.  XI.  73; 
Theat.  Eur.  XI.  22  f. 


570  VI.    Goess  in  Berlin.    Anhalt   in  Wien.     ICu'I —  ICÜö. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  14.  Juli  1672.  (Or.) 

[Oesterretcli-brandenburgische  Allianz.     Johann  Friedrichs  von  Hannover  Stellung  zur 
österreich-brandenburgischen  Allianz.] 

M-  Juli.  .  .  .  Der  Baron  von  Schwerin  fragte  mich,  wann  ein  Tractat  zwischen 

Frankreich  und  Holland  erfolgen  sollte,  was  wir  alsdann  zu  thun.  Ich 
antwortete,  dass  unsere  Zusammensetzung  primario  auf  Conservation  und 
Securität  des  Reichs  angesehen,  dahero  wir  nit  allein  beständig  darin 
zu  verharren,  sondern  wann  dieselbe  noch  nit  resolvirt  oder  verglichen, 
nun  wegen  sothanen  Tractats  auf  das  förderiste  zu  resolviren  wäre. 
Schwerin  theilt  dem  Goess  mit,  man  habe  Hoffnung  auch  den  Herzog  Johann 
Friedrich  von  Hannover  für  die  Allianz  zu  L^ewinnen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Nicolsbiirg  16.  Juli  1672.  (Conc.) 

[Kölns    Rettung    betreffend.      Errichtung    von    Magazinen.      Marsch    der    kaiserlichen 

Truppen.] 

16.  Juli.  Der  Kaiser  hat  mit  dem  Fürsten  von  Anhalt  in  Wien  tractiren  lassen,  dass 

von  den  zur  Beilegung  der  zwischen  dem  Kurfürsten  und  der  Stadt  Köln  herr- 
schenden Differenzen  bestimmten  Commissären,  —  den  Kurfürsten  von  Trier, 
Mainz  und  Brandenburg  —  eine  erhebliche  Anzahl  Soldaten  nach  Köln  zur 
Vertheidigung  der  Stadt  und  Verhinderung  eines  Uebcrfalles  durch  die  Fran- 
zosen gesendet  werden.  Goess  soll  den  Kurfürsten  für  diesen  Plan  zu  gewinnen 
suchen  und  zur  Unterstützung  des  Planes  bei  Mainz  und  Trier  auffordern.  Der 
Kaiser  hat  sich  entschlossen  eine  Geldsubsidie  zur  Erhaltung  dieser  Truppen 
von  Spanien  zu  fordern. 

Wegen  Errichtung  von  Magazinen  soll  Goess  mit  dem  Kurfürsten  verhan- 
dehi  und  demselben  erklären,  dass  bei  den  grossen  Entfernungen  das  Rendez- 
vous der  kaiserlichen  Truppen  zu  Eger  nicht  so  rasch  erfolgen  könne  ,  als  der 
Kurfürst  wünsche. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  Juli  1672.  (Or.) 

[Nachrichten  aus  Holland.     Versuch  der  feindlichen  Partei  Sachsen  und  Brandenburg 

zu  verfeinden.     P.  S.  Anhalts  Bericht  an  den  Kurfürsten  über  Heirathspläne  in  Oester- 

reich.     Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  diese  Sache.] 

18.  Juli.  Der  Kurfürst  ist  mit  Anhalts  Negociation  in  Wien  sehr  zufrieden.  Aus 
Holland  lauten  die  Nachrichten  besser').  Die  Gegenpartei  sucht  Sachsen  und 
Brandenburg  zu  verfeinden  und  behauptet  in  Dresden,  der  Kurfürst  von  Bran- 


J)     Für  den  Zustand  Hollands  in  dieser  Zeit;  Klopp  1.  c.  I.  oiOf.;  Peter  1.  c.  52f.; 
Basnage  1.  c.  H.  237. 


Oesterreich-brandenburgische  Alliunz.     Ileirathspläne.  571 

denburg  sei  Schuld,  dass  Amerongeu  nicht  nach  Dresden  gereist  sei,  um  dort 
Truppen  gegen  Subsidien  zu  fordern,  was  aber  durchaus  nicht  richtig  ist. 
Goess  wird  darauf  sehen,  dass  eine  Aufklärung  erfolgt.  Schwerin  vermuthet, 
dass  die  Rüstungen  Schwedens  —  von  denen  gemeldet  wird  —  weniger  zur 
Unterstützung  der  Franzosen,  als  zum  Angriffe  auf  Bremen  bestimmt  seien. 
Crockow  berichtet,  dass  in  Paris  und  Rom  von  dem  Uebertritte  des  englischen 
Königs  zum  Katholicismus  wie  von  einem  fait  accompli  gesprochen  werde. 
P.  S.  Aut. 

Der  Fürst  von  Anhalt  hat  hieher  an  I.  Ch.  D.  bericht,  dass  E.  K.  M. 
Obrister  Hofl'meister,  der  Fürst  v.  Lobkowiz,  zu  ihm,  alles  im  gelachter, 
gesagt.  „Ihr  lieben,  wir  müssen  eine  heyrat  stifften."  Der  Churfürst  hats 
auf  dess  Fürsten  söhn  ^)  mit  der  Princesse  von  Brig,  der  Bar.  v.  Schwe- 
rin aber  auf  dess  Churprinzen  ^)  mit  der  Erzherzogin  ^)  aussgedeut.  Hac 
occasione  sein  wir  in  einem  langen  discurs,  wie  vor  etliche  jähren  viel- 
mahln  geschehen,  super  hac  materia  gerathen.  Der  v.  Schwerin  ist  gnug 
persuadirt,  dass  khein  matrimonium  illustrius,  honorificentius,  auch  utilius 
für  den  Churprinzen  khönne  gefunden  werden.  Dass  einzige  obstaculum 
khombt  auf  die  Religion  an,  welches  meines  bedunckhens  propter  fragili- 
tatem  sexus  et  exempla,  quae  etiam  nuper  in  hac  domo  Electorali  vidimus, 
uns  auf  unser  seitheu  fast  mehr  im  weeg  stehen  solte.  Er  considerirte 
casus  futuros  et  possibiles,  dass  der  Chur  Prinz  möchte  khommen  zu 
sterben,  dero  gemahlin  die  Tutel  und  education  der  khinder  committirt 
würde  etc.  Man  funde  doch  darbey,  dass  wie  an  andern  orthen  auch 
bey  uns  hierin  khönte  rath  und  mittel  gefunden  werden.  Er  gestünde 
mir,  dass  sie  kheine  Princesse  ihrer  Religion  wüsten ;  an  der  Fürstin 
V.  Nassau  tochter  w-ürde  nunmehr  nit  gedacht;  der  Fürst  v.  Anhalt  hette 
zwar  einige  deligenzien  angewendt  wegen  seiner  Mumb  der  Princesse 
V.  Brig,  I.  Ch.  D.  wehren  aber  hierzu  nit  geneigt.  Mir  ist  beyge- 
fallen,  ob  man  wohl  studio  dess  Prinzen  Ihres  Brüdern  schwehre  com- 
plexion  dahin  zeigen  wollen,  ad  ostentandam  majorem  spem  opulentae 
hereditatis.  Der  v,  Schwerin  bekheunete  mir  jez,  wie  alle  Zeit,  dass  er' 
für  besser  hielte  eine  Catholische  alls  eine  Lutrische  Princesse  zu  dess 
Churprinzen  Gemahlin  zu  bekhommen,  umb  willen  diese  in  diesen  Lan- 
den eine  starkhe  party  machen,  von  einer  Catholischen  aber  dergleichen 
nichts  zu  besorgen.  Er  zeigte  sich  wohl  zu  der  sach  inclinirt,  sagte  mir 
auch,  dass    der  Churfürst    nun    nit    so    grose  aversion    alls  vor    diesem 


')  Ferdinand  August. 

2)  Karl   Emil. 

")  Vermutblich    Marie    Antonie,    geb.    16GÜ;    später    mit    dem    Kurfürsten    von 

Baiern,  Maximilian  Emanuel  vermählt. 


572  ^'I-    Ctoess  in  I>eilia,    Anhalt  in  Wien.     1G72  —  1G75. 

darvün  zeige,  betliont  aber  darbey,  dass  die  sach  sehr  l)eluitsaini)  und 
mit  aller  circumspection  raiiste  abgehandelt  werden;  darüber  wir  auch, 
id  est  circa  modum  raisonirt;  dan  die  Predicanten  und  die  zelosi 
würden  gleich  ausssprengeu  und  dass  negotium  in  ip.sa  propositione  zu 
steckhen  suchen. . . . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  Juli  1672.  (Or.) 

[Cansteins  Mittheilungen  über  die  Haltuncr  des  Herzogs  von  Celle  und  der  Land- 
gräfin von  Hessel-Cassel.  Schweden  betreffende  Verhandlungen  des  Goess.  Bremen. 
Brandenburg-sächsische  Beziehungen.  Derfilinger.  Schreiben  des  Kurfürsten  von 
Sachsen.  Berichte  des  Pöllnitz  über  die  englisch-holländischen  Beziehungen.  Urtheil 
des  Goess  über  der  Engländer  Vorgehen.  Sendung  des  Brandt  nach  England.  Urtheil 
des  Kurfürsten  über  die  holländischen  Verhältnisse.] 

.^3.  Juli.  Nach  Mitteiluugen   des    zurückgekehrten  Canstein    scheint  der  Herzog  von 

Celle  principiell  geneigt  gegen  Gew'ährung  von  Subsidien  die  Holländer  zu 
unterstützen  und  falls  dieselben  mit  Frankreich  bereits  geschlossen  haben  soll- 
ten in  die  zwischen  dem  Kaiser  und  Kurbrandenburg  geschlossene  Allianz 
einzutreten,  gibt  aber  bisher  aus  verschiedenen  Gründen  noch  keine  bestimmte 
Erklärung  ab.  Canstein  glaubt,  der  Herzog  werde  sich  aber  sofort  entscheiden, 
wenn  er  sieht,  dass  der  Kaiser  Ernst  mit  dem  Marsche  macht.  Die  Landgräfin 
von  Hessen-Cassel  fordert  zur  Einigung  auf;  was  aher  ihre  Person  betrifft,  zögert 
sie;  Canstein  hofft  aber,  dass  sie  doch  beitreten  wird,  was  Goess  zu  beschleu- 
nigen sucht,  vornehmlich  wegen  des  Beispieles  für  andere. 

Auch  bezüglich  des  Bischofes  von  Münster  ist  man  nicht  ohne  Hoffnung 
denselben  zu  gewinnen. 

Brandt  ist  aus  Schweden  zurückgekehrt,  seit  seiner  Hierherkunft  sieht 
Goess,  dass  der  Kurfürst  weniger  von  schwedischer  Seite  fürchtet.  Goess  hat 
an  Wolfrad  geschrieben  zu  sondiren,  ob  bei  den  gegenwärtigen  gefährlichen 
Conjuucturn  man  in  Schweden  die  Meinung  nit  ändere  und  ob  bei 
bevorstehenden  Tiirkeukrieg  in  Polen,  Schweden  nit  etwa  ad  aliquod 
foedus  mit  den  angrenzenden  Potentaten  incliniren  möchte.  Die  Stadt 
Bremen  sucht  sich  indessen  gegen  einen  etwaigen  Angriff  Schwedens  zu 
sichern.  Auf  des  Goess  Rath  hat  der  Kurfürst  ein  neues  Schreiben  an  Sachsen 
gerichtet,  in  w'elchem  er  der  Behauptung  entgegentritt,  als  ob  er  etwas  gegen 
die  Mission  Amerongens  gethan  hätte.  Derffhnger  will  nicht  unter  Anhalt 
dienen,  der  Kurfürst  musste  ihn  entlassen  und  hat  ihm  Befehl  ertheilt  auf  sei- 
nen Gütern  zu  bleiben.  Goess  bedauert  den  Zwischenfall,  da  von  Derfflinger 
gute  Dienste  zu  erwarten  wären. 

I.  Ch.  D.  haben  heute  frühe  in  Beisein  meiner  des  Churfürsten  zu 
Sachsen  Schreiben  erbrochen  und  mir  vorgelesen.  Der  Churfürst  meldet 
darin,  dass  E.  K.  M.  ihme  bis  dato  die  mit  S'.  Ch.  1).  aufgerichte  Tractaten, 
darvon    sie    in    ihrem    Schreiben    Erw^ähnung  gethan,    nit    communicirt, 


Celle  und  Münster.     Biandenburg-säclisische  Beziehungen.     England.  573 

derovvegen  dieselbe  an  mich  begehrt,  ich  möchte  E^  K.  M.  hiervon  Nach- 
richt geben,  damit  sie  nach  dero  gnädigsten  Gutbefinden  diese  Tractaten 
veranlastermassen  communiciren  wollen.  Die  Connivenz  des  Churfürsten 
von  Sachsen  mit  seinem  Brüdern  dem  H".  Administratore'),  welcher 
immer  mit  seinen  Werbungen  fortfahrt,  neben  einigen  andern  iudiciis, 
bekräftigen  dahier  fast  den  geschöpften  Verdacht,  dass  zwischen  Frank- 
reich und  Chursachsen  etwas  wegen  der  jülischen  Landen  gehandelt 
worden.  ^) 

Pölhiitz  berichtet  aus  dem  Haag^),  dass  die  englischen  Comraissäre  *)  er- 
klärt hätten,  ihr  König  wolle  nicht  mit  den  Holländern  tractiren,  wenn  sie  nicht 
vorher  den  Prinzen  von  Oranien  zu  ihrem  Souverän  angenommen  haben 
würden^).  Ich  kann  mich  in  der  Engländer  consiliiis  und  Conduite  nit 
finden,  stehe  fast  an,  ob  ich  allen  diesen  Dingen,  so  da  bericht  werden, 
Glauben  zustellen  solle.  I.  Ch.  D.  seind  mit  mir  einig  gewesen,  dass 
diese  Proposition  dem  Prinzen  schädlich  falle;  wanns  von  französischer 
Seiten  geschehen,  könnte  ich  mich  besser  darin  finden.  Der  Prinz  wäre 
Vorhabens  nach  England  zu  schicken,  den  König  zu  besserer  Resolution 
bei  dem  holländischen  Werk  zu  disponiren  ^).  I.  Ch.  D.  seind  intentionirt 
auch  den  Canzlern  Brandt  nach  England  zu  schicken.  Hac  occasione  und 
weilen  gemelt  worden,  dass  der  Pensionarius  de  Witt  und  seine  Faction 
sich  über  diese  Proposition  der  Engländer  erfreuen  würden,  habe  ich 
P.  Ch.  D.  vorgestellt,  dass  dieses  Mistrauen  und  factiones  bei  gegenwär- 
tigen Zustand  der  Sachen  sehr  schädlich  fallen.  Sie  zeigen  sich  geneigt 
zu  Stiftung  guten  Vernehmens  und  Yergessung  alles  des  vergangenen  zu 
cooperiren  wollen,  vermeinen  auch,  dass  es  an  des  Prinzen  Seiten  nit 
ermanglen  würde,  besorgt  aber,  dass  de  Witt  und  die  seinige  schwerlich 
zu  einer  sinceren  Reconciliation  zu  bringen  sein  werden. 


^)     August  V.  Sachsen. 

-)  Vergl.  für  die  sächsisch-französischen  Beziehungen  dieser  Zeit  Heibig  1.  c.  301 ; 
Auerbach  1.  c.  369  ff. 

3)  Ueber  Pöllnitz'  Aufenthalt  im  Haag;  Puf.  1.  c.  XI.  58;  Droysen  1.  c.  III.3 
405 ff.;  Urk.  u.  Act.  HI.  275 f.;  Peter,  1.  c.  47,  53 ff. 

*)  Buckingham,  Arlington,  Halifax,  Sylvius:  vergl.  Basnage  1.  c.  II.  254 f.;  Le- 
fevre-Pontalis  I.e.  II.  433 ff. 

^)  Ueber  die  Politik  der  Holländer  und  Engländer  in  dieser  Zeit;  Lefevre-Pon- 
talis  1.  c.  H.  375ff.,  428 ff.:  Klopp  1.  e.  I.  308 ff. 

'')  Vergl.  für  die  Beziehungen  Wilhelms  zu  Karl  II.  in  dieser  Zeit;  Lefevre-Pon- 
talis  1.  c.  II.  428 ff. 


574  ^I-    öoess  in  Berlin,    Anlialt  in   Wien.     1672 — ir;75. 

Votum  vom  25.  Juli  über  des  Goess  Schreiben  vom  10.,  14. 
und   15.  Juli  1672.    (Conc.) 

[Einschluss  des  Kaisers  und  des  Reiches  in  einen  eventuellen  Frieden  Frankreichs  mit 
Holland  und  Brandenburg.     Brandenburg-mainzische  Beziehungen.] 

1.').  Juli.  Goess  möge  darauf  achten,   wenn  Frankreich    mit    Holland   und    Branden- 

burg Frieden  schliessen  sollte,  dass  der  Kaiser  und  das  Reich  in  denselben  ein- 
geschlossen werden.  In  comitialibus  soll  er  fortfahren  den  Kurfürsten  für  die 
Pläne  des  Kaisers  zu  gewinnen  und  sich  bemühen,  dass  das  gute  Einvernehmen 
zwischen  Mainz  und  Brandenburg  fortdauere.  Goess  soll  den  Kurfürsten  auf 
dessen  Reisen  begleiten. 

In  diesem  Sinne  lautet  die  Weisung  vom  28.  Juli  1672. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  18./28.  Juli 

1672.  (Aut.) 

[Dank  für  die  kaiserliche  Resolution.     Versprechen  alles  zum  Marsch  bereit  zu  halten.] 

28.  Juli.  Ew.  Kay.  May".  Allergnedigstes   handt  Schreiben   hab   ich  von    des 

Fürsten  von  Anhaidts  L*^*^".  mitt  gebührenden  respect  woll  empfangen 
■  undt  gleichwie  Ew.  Kay.  May",  gnedigst  gefallen  solche  tappere  reso- 
lution  7A\  ergreiflfen  undt  behorige  anstaldt  machen  lassen,  damitt  der 
Marsch  dero  volcker  beschleuniget  werde,  So  werde  ich  auch  ahn  meinen 
ohrdt  keine  zeitt  noch  stunde  verabseummen  mich  mitt  den  meinigen 
zur  coniunctur  ferttig  zu  halten  undt  dasjenige  zu  beforderen,  So  Ew. 
Kay.  May",  zu  unsterblichen  rühm,  dem  Römischen  Reich  zu  bestendiger 
sicherheitt  gereichen  wirdt. .  .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  Juli  1672.  (Or.) 

[Berathung    des   Goess    mit  Anhalt,    Schwerin  'und   Somnitz.     Bitte  um  Weisung  be- 
züglich der  Sendung  des  Goess   an  die  Höfe  der  Herzoge   von  Braunschweig  und  der 
Landgräfin    von    Hessel-Cassel.     Köln.     Berichte  Anhalts    über   den    sächsischen  Kur- 
fürsten.    Stellung  Dänemarks.] 

?)0.  Juli.  Der  Fürst  von  Anhalt   ist   am    26.    hier    angelangt.     Goess  hat  mit  ihm, 

dem  Baron  v.  Schwerin  und  mit  Somnitz  am  29.  Juli  conferirt  und  über- 
sendet das  Protocoll  dieser  Berathung').  Goess  bittet  um  Weisung  des  Kai- 
sers, wie  er  sich  bezüglich  des  vom  Kurfürsten  geäusserten  Wunsches,  er  möge 
zu  den  Herzogen  von  Braunschweig  und    zu  der  Landgräfin  von  Hessen-Cassel 


^)     Vergl.  das  folgende  Stück. 


Berathunoj  des  Goess  mit  Anhalt,  Scliwerin  und  Somnitz.  575 

reisen,  verhalten  solle.  In  jedem  Falle  empfiehlt  Goess  diese  Herrscher  durch 
einen  kaiserlichen  Handbrief  in  gute  Stimmung  zu  bringen  und  ihnen  die  An- 
sicht zu  benehmen,  als  wolle  man  ihnen  nicht  wohl. 

Grana^)  schreibt  dem  Goess,  er  sehe  sehr  wenig  Hoffnung,  dass  die  Stadt 
Köln  sich  zur  Annahme  von  Besatzungen  befreundeter  Mächte  entschliessen 
werde ;  er  glaube,  dass  es  besser  wäre  unter  diesen  Verhältnissen  sein  Regiment 
herauszuziehen  und  so  den  Franzosen  jeden  Praetext  zu  nehmen.  Goess  ist  ent- 
gegengesetzter Ansicht;  doch  fürchtet  er,  dass  es  schwer  halten  werde  den 
Kurfürsten  von  Mainz  —  eben  mit  Rücksicht  auf  Frankreich  —  dahin  zu  bringen, 
eine  grössere  Truppenzahl  nach  Köln  zu  senden,  was  ein  einlangendes  Schreiben 
des  Mahrenholtz  bestätigt. 

Nach  den  Berichten  des  Fürsten  von  Anhalt  hat  der  Kurfürst  von  Sachsen 
sich  bereit  erklärt  in  das  neue  Bündnis  einzutreten ,  auch  seine  Vettern  da- 
zu zu  disponiren;  im  übrigen  aber  Eifersucht  gegen  Brandenburg  gezeigt. 
Goess  räth  rasch  jemanden  an  den  sächsischen  Hof  zu  senden;  Snbsidien- 
zahlungen  hält  er  für  unerlässlich.  Die  Aussichten  auf  eine  Einigung  mit 
Dänemark  stehen  gut  und  damit  ist  auch  Hoffnung  auf  Abschluss  mit  dem 
Hause  Braunschweig  gegeben. 


ProtocoU    über   die    zwischen  Goess,   Anhalt,   Schwerin    und 
Soranitz  am  29.  Juli  gehaltene  Conferenz.    (Or.) 

[Clause]  bei  dem  kaiserlichen  Versprechen  der  vermehrten  Truppensendung.  Kur- 
fürstliche Truppensendung.  Recuperirung  der  clevischen  Städte.  Beiderseitige  Ver- 
mehrung der  Truppen  im  Nothfalle.  Des  Kurfürsten  Wunsch  bezüglich  des  Goess 
Reise  nach  Celle.  Berichte  Blumenthals  über  des  Dänenkönigs  Verhalten.  Munition. 
Köln.     Allianz  Oesterreichs  und  Brandenburgs  bezüglich  Polens.] 

Zu  den  am  11.  .Juli  aufgesetzten  Puncten  bemerkt  Schwerin:  1°.  Dass  29.  Jdli. 
die  conditio  bei  den  noch  versprechenden  4000  Manu  („wann  nemlich 
die  Sorg  vor  den  Türken  und  von  polnischer  Seiten  heuer  aufhören 
solle")  ausgelassen  werde.  Ego :  Satis  apparere  enixam  Caesaris  volun- 
tatem,  was  möglich,  werde  man  thun,  Avas  nit  möglich,  könnten  sie 
nit  begehren;  bene  sperari,  dass  die  conditio  für  sich  cessiren  werde. 

2".  Dass  diese  von  D.  Ch.  D.  versprechende  Völker,  sowohl  pro 
foedere  cum  Hollandis,  als  pro  illo,  so  nun  mit  P.  K.  M.  geschlossen,  zu 
nehmen;  dann  doppelt  könnten  sie's  nit  praestiren;  I.  K.M.  würden 
doch  endlichen  auch  mit  Holland  schliessen  et  tunc  fore  parem  utrimque 
conditionem.     Ego:  Me  relaturum. 

3".  Ob  nit  besser  were,  dass  wegen  Recuperirung  der  clevischen 
Städte  in  specie  etwas  gemelt  würde.     Ego:    Sufficere  meo  iudicio,  was 

')     Bevollmächtigter  des  Kaisers  in  Köln. 

■^)     Mahrenholtz  an  den  Kurfürsten,  Würzburg  8./18.  Juli  1672.  Copie. 


576  VI.  Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1072—107.'). 

Art.  3°.  public!  foederis   in  generalibus   gcmelt  worden'),    seie  fast  rath- 
samer  die  s])ecialia  nit  zu  viel  zu  exprimiren. 

4°.  Im  Fall  diese  zusammenbringende  Macht  nit  erklecklich  wäre, 
dass  beide  Theil  alsdann  ein  mehrers  darzu  herzugeben.  Ego:  Sperare 
me  non  fore  ea  in  re  difficultatem. 

Der  Baron  von  Schwerin  theilt  dem  Goess  mit,  der  Kurfürst  wünsche, 
dass  Goess  zum  Herzoge  von  Celle  reisen  möge,  um  diesen  und  die  übrigen 
Mitglieder  des  Hauses  Braunschweig,  sowie  auch  die  Landgräfin  von  Hessen- 
Cassel,  zum  Eintritte  in  das  brandenburgisch-österreichische  Bündnis  zu  ver- 
mögen. Goess  erklärt,  darüber  an  den  Kaiser  berichten,  indessen  aber  weiter 
mit  Schütz-)  verhandeln  zu  wollen.  Schwerin  theilt  ferner  mit,  dass  Blumen- 
thal aus  Kopenhagen  sehr  günstig  über  des  Königs  von  Dänemark  Intentionen 
berichte^)  und  von  der  Absicht  des  Königs  melde  einen  Vertreter  nach  Berlin 
zur  Beendigung  des  Werkes  zu  senden.  Man  äussert  den  Wunsch,  Goess  möge 
zu  Verbandlungen  mit  diesem  Vertreter  des  Dänenkönigs  Vollmacht  erhalten. 

Es  wurde  ferner  von  Seite  der  Brandenburger  betont,  sie  wollten  sich 
wegen  der  schweren  Stücke  diesmal  dazu  bequemen,  weil  sie  ohne  das  ex 
foedere  mit  Holland  dazu  obhgirt;  es  müsste  aber  künftig  in  keine  Consequenz 
gezogen  werden;  wegen  der  Kriegsmunition  und  dergleichen  müssten  die  Un- 
kosten von  beiden  Theilen  getragen  werden.  Ueber  andere  derartige  Angelegen- 
heiten solle  mit  dem  Generallieutenant'')  weiter  verhandelt  werden. 

Wegen  der  Stadt  Colin  befindet  man  freilich,  dass  zum  höchsten 
importire,  dass  dieselbe  zu  rechter  Zeit  besser  mit  Volk  versehen  werde; 
zweifelten  aber,  1".  ob  die  Völker  von  denen  von  der  Stadt  möchten 
angenommen  werden;  2°.  vernehme  man,  dass  es  an  Munition  und  an- 
deren zur  Defension  nothwendigen  Dingen  darin  mangle;  3°.  wnsse  man 
nit,  ob  die  Fortification  perfectionirt  oder  nit;  sie  vermeineten,  der  Conte 
de  Monterey  solle  Volk  darin  werfen,  oder  beide  Churfürsteu  zu  Mainz 
und  Trier  sollens  thun.  Ego  trüge  vviderum  an,  dass  es  alle  drei  Chur- 
fürsten,  die  commissarii  in  der  Sach  gewesen,  zu  thun;  meldete  die 
Deligentien  so  bei  dem  Conte  de  Monterey  wegen  der  Subsidien  zur 
Subsistenz  dieser  Völker  geschehen,  dass  das  Werk  zeitlich  und  voll- 
kommentlich  zu  concertiren ,  dann  sonsten  würden  uns  die  Franzosen 
sicherlich  vorkommen,  welches  ein  irreparabile  damnum  wäre. . .  . 

Ich  habe  deducirt,  wie  gut  und  nöthig  es  seie,  dass  ein  Particular- 
tractat  zwischen  I.  K.  M.  und  I.  Ch.  D.  respectu  der  polnischen  Dingen 
gemacht  und  auch  andere  benachbarte   darzu    gezogen  werden,    mit  Re- 

')  §  3  betrifft  den  Zweck  des  Bündnisses;  vergl.  Möiuer  1.  c.  365. 

-)  Braunschweig-cellischer  Kanzler. 

3)  Vergl.  Puf.  1.  c.  Xr.  42. 

■')  Montecuccoli. 


Conferenz  zwischen  Goess,  Anhalt,  Schwerin  und  Somuitz.  577 

monstrirung,  dass  weilen  wir  nun  keine  Armee  auf  dieselbe  Grenzen 
halten  können,  fama  huius  foederis  suppliren  und  sowohl  die  Malcon- 
tenten,  als  Türken  und  Tartaren  reprimiren  müsse;  hierüber  hat  man 
sich  zwar  nit  ausgelassen,  doch  keine  Disinclination  gezeigt.  . .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Aito-ust  1672.  (Or.) 

[Geplante  Zusammenkunft  zu  Braunschweig.     Verhandlungen  der  Brandenburger  und 

des  Goess  mit   dem   spanischen  Gesandten.     Crockow.     Vauguion.      Truppensendung 

des  Brandenburgers  nach  Köln.     Münster.] 

Weisung  vom  28.  Juli  erhalten. 

Der  Kurfürst  lad  den  König  von  Dänemark,  den  Herzog  von  Celle  und  die  5.  Aug. 
Landgräfin  von  Hessen-Cassel  wegen  Verhandlungen  über  den  Eintritt  dieser 
Fürsten  in  das  Österreich-brandenburgische  Bündnis  nach  Braunschweig  und 
bittet  Goess,  beim  Kaiser  anzufragen,  ob  derselbe  auch  seinerseits  jemanden 
nach  Braunschweig  senden  wolle.  Goess  hofft,  dass  in  Folge  dieser  Nachricht 
auch  der  Mainzer  besseren  Muth  fassen  wird. 

Des  Bergeyck^)  Negociation  ist  ziemlich  allgemein  gewesen.  Er  hat  das 
commune  Interesse  bei  diesen  gefährlichen  Conjuncturen  und  was  die 
allgemeine  Sicherheit  erfordert  vorgestellt,  der  Königin  officia  bei  E.  K. 
M.  und  wo  man's  sonsten  nöthig  befinde  offerirt,  dass  man  ihrer  Seiten 
treulich  darbei  concurrireu  werde  versichert;  doch  die  Anzahl  der  Völker, 
so  sich  mit  uns  zu  conjungiren  nit  specificirt.  Als  ich  ihn  gefragt,  ob 
sie  mit  10  000  Mann  herbeitreten  könnten,  hat  er  geantwort  von  ja, 
wann  sie  ihre  Völker,  so  sie  den  Holländern  zu  Hülf  geschickt,  zurück- 
bekommen ;  sonsten  nit.  Wegen  der  Stadt  Colin  hat  er  kein  Befelch  ge- 
habt, doch  gute  Vertröstung  gegeben;  directe  hat  man  bei  der  Conferenz 
keine  Klag  geführt  wegen  der  zurückständigen  Pensionen  der  100  000 
Thaler  jährlich,  wohl  aber  gefragt,  ob  er  von  wegen  der  Garantie  des 
pyrenäischen  und  achischen  Tractats,  welche  au  I.  Ch.  D.  gesucht  werde, 
keinen  Befelch  habe.  In  puncto  rupturae  mit  Frankreich  hat  er  ver- 
meint, quod  pro  communi  bono  non  expediret;  Spanien  würde  dardurch 
genöthiget  eine  starke  Armee  auf  die  cathalonische  Grenzen  zu  halten;  allda 
koste  ein  Mann  mehr,  als  4  in  Niederland ;  hierdurch  würden  die  Geld- 
mittel absorbirt  und  dem  gubernatori  in  Niederland  entzogen,  allwo  er 
mir  den  statum  also  describirt,  als  wann  man  in  der  Länge  also  nit 
verbleiben,  weder    diesen    grossen  Last    tragen  könne;    derowegen  dahin 


')     Baron  Bergeyck,  spanischer  Gesandter;  vergl.  Puf.  i.e.  Xl.  .59. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kiufiirsten.     XIV.  ,37 


578  VI.    Gocss  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72  — lß75. 

ZU    sehen,    dass   Frankreich    ad    antiquos    teiminos  gebracht   und    diese 
Länder  nit  Icnto  igne  verzehrt  werden. 

Crockows  Reise  zum  Könige  von  Frankreich  unterbleibt ').  Vauguion  ist 
liier  wieder  angelangt;  spricht  von  den  grossen  Mitteln  und  der  Friedensliebe 
seines  Königs-). 

Der  Kurfürst  von  Brandenburg  scheint  wenig  Neigung  zu  haben,  seine 
Truppen  nach  Köhi  zu  senden;  doch  glaubt  Goess,  wenn  sich  Mainz  dazu 
entschliessen  würde,  es  bei  Brandenburg  richten  zu  können. 

Der  Bischof  von  Münster  hat  sich  wieder  mit  Frankreich  ausgesöhnt,  wenn 
aber  die  vereinigte  Armee  in  die  Nähe  kommen  würde,  glaubt  Goess,  dass  eine 
Aenderung  nicht  ausgeschlossen  sei''). 


Votum   vom  11.  August    auf   des   Goess   Schreiben   vom  18., 
23.  und  30.  Juli  1672.    (Conc.) 

[Harsch  der  brandenburgischen  Truppen.  Drohungen  Frankreichs.  Stärke  der  fran- 
zösischen Truppen.  Allianz  mit  Braunschweig,  Sachsen,  Dänemark,  Hessen-Cassel. 
Des  Mainzers  Rathschläge.  Massregeln  zu  Regensburg.  Gefahr  für  Oesterreich  und 
Brandenburg.  Marsch  der  kaiserlichen  Truppen.  Mansfelds  Sendung  nach  Dresden. 
Mansfeldische  Angelegenheit.  Des  Goess  Verhandlungen  mit  den  Braunschweigern 
und  Hessen-Cassel.  Forderungen  an  Brandenburg.  Bremen.  Oesterreieh-holländische 
Beziehungen.  Subsidienforderungen  an  das  Reich.  Derfflinger.  Köln.  Besetzung 
Dortmunds.  Sendung  Brandts  nach  P^ngland.  Erwiderung  auf  die  Forderungen  der 
Brandenburger  in  der  Conferenz  vom  29.  Juli.] 

11.  Aug.  Man  möge  dem  Goess  antworten:  Goess  werde  aus  des  Kaisers  Antwort 
vom  7.  August^)  ersehen  haben,  dass  der  Kaiser  ungern  vernomm.en,  dass  der 
Kurfürst  der  in  "Wien  geschehenen  Abrede  zuwider  bereits  10  000  Mann  und 
mehr  nach  Münden  und  Lippstadt  gesendet  habe^),  da  doch  zu  Halberstadt  die 
Conjunction  der  kaiserlichen  und  'kurfürstlichen  Truppen  erfolgen  sollte.  Auch 
habe  der  Kaiser  dem  Goess  in  dem  Schreiben  vom  7.  d.  befohlen,  zu  erfahren, 
wie  stark  die  Brandenburger  seien,  dem  Kurfürsten  und  dessen  Ministern  Mit- 
theilung davon  zu  machen,  dass  Gremonville  liier  behauptet,  sein  König  habe  Vau- 
guion  nochmals  zum  Kurfürsten  von  Brandenburg  geschickt,  mit  der  Erklärung, 
wenn  der  Kurfürst  etwas  gegen  Frankreich  oder  dessen  AUiirte,  den  Kurfürsten 
von  Köln  und  den  Bischof  von  Münster  vornehme,  -werde  der  König  von  Frank- 
reich sein  Land  sofort  besetzen,  Avogegen  derselbe  bereit  sei,  für  den  Fall  der 


')     Vergl.  Mignet  1.  c.  IV.  92;  Grimoard  I.  c.  II.  26 f. 
2)     Ebendaselbst:  Peter  I.e.  59;  Droysen  I.e.  III. 3  407 f. 

^)     Vergl.  für  die  Stellung  des  Bischofs  in   die.ser  Zeit  Depping  1.  c.  74;  für  die 
Auffassung  seiner  Haltung  am  französischen  Hofe  Grimoard  1.  c.  II.  38. 
*)     Der  Inhalt  dieser  Weisung  ist  aus  dem  Votum  zu  ersehen. 
'")     Für  die  Kriegsaugelegenheiten  Peter  1.  c.  58 f. 


Frankreich.     Des  Jlainzers  Rathschläge.     Mansfeld.  579 

Neutralität  seitens  Brandenburgs  puncto  assecurationis  alles  mögliclie  zu  thun'). 
Ferner  habe  der  Kaiser  mit  Betrüben  vernommen,  dass  weder  vom  Könige  von 
Dänemark,  noch  von  Sachsen,  Braunschweig,  Hessen-Cassel  kathegorische  Er- 
klärungen zu  erlangen  gewesen  sind,  da  der  Kaiser  fürchtet,  er  und  der  Bran- 
denburger werden  allein  den  Franzosen  und  deren  Alliirten  nicht  gewachsen 
sein.  In  jedem  Falle  will  der  Kaiser  wissen,  mit  wie  viel  Truppen  Frankreich 
in  den  Krieg  ziehen  wird  und  ob  die  Generalstaaten  unterdess  still  sitzen  wür- 
den. So  thue  auch  Mainz  die  Conjunction  der  Waffen  beständig  mis- 
rathen,  lasse  auch  E.  K.  M.  absonderlich  dehortiren,  dass  weder  E.  K.  M. 
noch  der  Churfürst  von  Brandenburg  weder  den  Generalstaaten  Hilf 
leisten  noch  des  Königs  Alliirten  als  Churcölln  und  Münster  einige 
Feindseligkeit  zuziehen  sollen^).  Von  Regeusburg  aber  werde  berichtet, 
dass  gar  viel  Reichsstände  angeregte  Conjunction  nicht  gern  sehen,  noch 
gemeint  seien  E.  K.  M.  und  denen  churfürstlichen  Völkern  einige  ünter- 
haltshilf  begegnen  zu  lassen  und  dass  eben  darumben  das  Gutachten  in 
puncto  securitatis  publicae,  so  sich  anvor  so  lang  gesteckt,  unversehens 
aggiustirt  worden^),  damit  hierdurch  dero  mit  Churbrandenburg  getroffene 
Allianz  per  indirectum  hintertrieben  werde.  Also  dass  alle  jenige  prae- 
supposita,  darauf  sich  der  Churfürst  gelendet,  anietzt  so  weit  deficiren, 
dass  darauf  kein  Fundament  zu  setzen  und  E.  K.  M.  nebens  vernehmen, 
dass  am  Frieden  zwischen  beeden  Kronen  Frankreich  und  Engelland  an 
einem,  sodann  den  Generalstaaten,  sonderlich  weilen  so  gute  conditiones 
für  dem  Prinzen  von  Orange  gesucht  werden,  fast  nicht  zu  zweiflen,  wel- 
cher, wann  E.  K.  M.  und  Brandenburg  zuvor  die  Krön  offeudiren  und  in 
gedachten  Frieden  nicht  eingeschlossen  würden,  dero  zu  grossen  Praejudiz 
gereichen  künnte,  welches  alles  er  von  Goess  wohl  bedenken  und  mit 
guter  Dexterität  hierüber,  so  weit  es  ihme  räthlich  zu  sein  bedünket,  mit 
dem  Churfürsteu  conferiren  solle. 

Die  kaiserlichen  Truppen  sind  schon  auf  dem  Wege  nach  Eger. 

Der  Kaiser  sendet  den  Grafen  Mansfeld  nach  Dresden,  um  dem  Kurfürsten 
von  Sachsen  Mittheilungen  über  Anhalts  Negociation  in  Wien  zu  machen. 

Nun  hat  der  Kaiser  weiter  die  Sachen  überlegt  und  fügt  dem  bereits  mit- 
getheilten  noch  hinzu:  Was  Mansfeld  betrifft,  ist  der  Kaiser  bereit,  dasselbe 
durch  seine  Truppen  besetzen  zu  lassen  und  wird  mit  nächstem  Kaiserstein  die 
entsprechenden  Weisungen  zukommen  lassen.  Goess  soll  sehen,  dass  dies  mit 
gutem  AVillen  des  Brandenburgers  geschehe  und  dass  der  Administrator  von 
Magdeburg  seine  Truppen  herausnehme.  Goess  thut  ganz  recht,  die  Zwistig- 
keiten  zwischen  Brandenburg  und  Sachsen  beizulegen.     Der  Kaiser  ist  sehr  dafür, 


1)  Yergl.  Droysea  i.  c.  III. 3  408;  Peter  1.  c.  59;  Mignet  1.  c.  IV.  95. 
^)  Droysen  1.  c.  111.3  408;  Wagner  I.e.  I.  279;  Guhrauer  1.  c.  II.  8f. 
"')     Yergl.  Pachner  1.  c.  I.  574  ff. 

37* 


580  Vr.    Goess  in  Berlin.  Anhalt  In  Wien.     1  ^72  -  1 07.'.. 

(lass  Goess  mit  den  Rrannschweiger  Herzogen  nnd  Hessen-Cassel  nm  deren  Eintritt 
in  das  Bündnis  verhandele.  Der  Kaiser  hält  dafür,  dass  es  vielleicht  jetzt  au  der 
Zeit  wäre,  dass  Goess  die  ihm  in  seiner  Instruction  anfänglich  mitgegebenen  drei 
Puncte,  1".  dass  des  Kurfürsten  Gesandte  niemals  heim  Bischöfe  von  Eichstädt') 
gewesen,  2°.  die  Competenzstreitigkeit  zwischen  Schaffgotsch  und  Hoverbeck 
und  3".  die  Sachen  wegen  Jägerndorf,  dextre  hervorhebe;  dann  jetzo  braucht 
der  Churfürst  E.  K.  M.  und  i.st  dahero  das  Eisen,  weilen  es  glüht,  zu 
schmieden.  Bremen  l)etreffend,  glaube  der  Kaiser  wohl,  dass  Schweden  ein  Ab- 
sehen auf  dasselbe  habe  und  halte  dafür,  dass  es  das  zweckmässigste  wäre,  wenn 
die  Stadt  von  dem  niedersächsischen  und  westphälischen  Kreise  aus  besetzt 
Avürde;  Goess  soll  darüber  mit  Schütz  sprechen.  Die  Räthe  halten  auch  dafür, 
dass  es  an  der  Zeit  sei,  den  nieder-  und  obersächsischen  Kreis  zur  Bereithal- 
tung der  Truppen  aufzufordern.  Wegen  der  Subsidien  aus  Holland  für 
Brandenburg  seind  dieselbe  richtig  und  wirdet  er  von  Goess  schon  zu 
Berlin  aus  der  Relation  des  von  Pöllnitz,  Blaspeil  und  Romswinckel  ver- 
nommen haben,  wasgestalt  der  von  Lisola  und  Kramprich  inmittels  mit 
den  Holländern  geschlossen  und  wasmasseu  selbige  E.  K.  M.  monatlich 
45  000  Reichsthaler  pro  subsidiis  versprochen,  auch  darvon  gleich  anietzo 
200000  Rthlr.  abzuführen  zugesagt  haben  ^).  Sobald  das  Project  einlangt, 
wird  der  Kaiser  es  Goess  übersenden,  der  trachten  soll,  dass  die  Sache  in- 
zwischen geheim  bleibe.  . . .  Und  nachdem  in  gemeltem  mit  Holland  ge- 
schlossenem foedere  die  Staaten-General  selbsten  nicht  verlangen,  dass 
E.  K.  M.  ihnen  directe  assistiren  und  also  mit  Frankreich  öffentlich  brechen 
sollen,  als  solle  er  von  Goess  dextre  darob  sein,  dass  Churbrandenburg 
sich  nicht  mit  Attaquirung  des  Bischofens  von  Münster  übereile,  sondern 
die  Ankunft  des  Generallieutenants  Grafen  Montecuccoli  erwarten  und  so- 
dann mit  ihme  eins  und  anders  abreden  wollte,  als  welcher  destwegen 
schon  ordentlich  und  ausdrückentlich  instruirter  dahin  kommen  wirdet; 
der  Lisola  auch  von  Neuem  gute  Hoffnung  geben  thuet,  dass  er  Bischof 
von  Frankreich  weg  und  hiehier  treten  möchte^). 

Goess  soll  dem  Kurfürsten  energisch  zureden  von  Subsidienforderungen 
an  das  Reich  in  diesem  Momente  abzusehen.  Dass  Derfflinger  beurlaubt,  dessen 
gehabte  2  Regimenter  vergeben  und  ihm  befohlen  worden  sei,  auf  seinen  Gütern 
zu  bleiben,  wäre  gar  wohl  geschehen  und  Goess  soll  nur  dahin  cooperiren,  dass 
er  nicht  wiederum  restituirt  werde;  dass  er  stets,  auch  in  dem  vorigen 
schwedisch -polnischen  Krieg,  fidei  suspectae  gehalten  worden.     Bezüglich 

^)     Marquard,  Principakommissär  des  Kaisers  zu  Regensburg. 

-)  Für  die  Österreich-holländischen  Beziehungen  in  dieser  Zeit;  Grossmann  1.  c. 
o8ff.  Der  Vertrag  vom  28.  Juli  bei  Dumont  I.e.  VII.,  208ff.  unter  dem  falschen 
Datum  vom  25.  Juli. 

^)     Vergl.  Grossmann  „Lisola"  1.  c.  52  f. 


Bremen.     Oesterr.-holliind.  Beziehungen.     Conferenz  vom  20.  Juli  betreffend.      581 

der  Besetzung  Kölns  bleibt  es  bei  dem  Gesagten,  die  Besetzung  Dortmunds  hält 
der  Kaiser  der  Zeit  noch  nicht  für  notli wendig.  Goess  hätte  wohl  daran  ge- 
than,  dem  Kurfürsten  von  Absendung  Brandts  nach  London  für  diesmal  abzu- 
rathen. 

Was  die  von  Anhalt,  Schwerin  und  Somnitz  mit  Goess  am  29.  Juli  ge- 
haltene Conferenz  betrifft  und  zwar  erstens  den  "Wunsch  Brandenburgs,  dass  die 
conditio  bei  den  noch  versprochenen  4000  Mann  („wann  nemlich  die  Sorg  vor 
den  Türken  und  von  polnischer  Seiten  heuer  aufhören  solle")  ausgeschlossen 
werde,  hätte  Goess  richtig  geantwortet  und  es  bleibe  bei  dieser  inserirten  Con- 
dition.  Quoad  secundum  monitum,  dass  diese  von  P.  Ch.  J).  ver- 
sprechende Völker  sowohl  pro  foedere  cum  Hollandis  als  pro  illo,  so  nun 
mit  P.  K.  M.  geschlossen,  zu  nehmen,  dann  doppelt  könnten  sie  es  nit 
praestiren,  I.  K.  M.  würden  doch  endlich  auch  mit  Holland  schliessen; 
könnten  E.  K.  M.  seihigen  deferirn,  sonderlich  auch  bei  dem  von  E.  K.  M. 
seithero  mit  Holland  geschlossenen  foedere;  doch  das  Churbrandenburs: 
mit  solchen  nicht  dirocte  den  Holländern  Hilf  leiste,  sonderlich  weilen  sol- 
ches Holland  selbsten  nicht  verlangt.  Quoad  tertium,  ob  nit  besser  wäre, 
dass  wegen  Recuperirung  der  clevischeu  Städte  in  specie  etwas  gemelt 
würde,  hätte  er  gar  recht  geantwortet  und  bleibe  es  diesfalls  bei  dem 
articulo  3°  publici  foederis  gar  billig.  Quoad  Cjuartum,  im  Fall  diese 
zusammenbringende  Macht  nit  erklecklich  wäre,  dass  beide  Theil  als- 
dann ein  mehrers  darzu  herzugeben,  hätte  er  abermalen  gar  recht  ge- 
antwortet und  werden  E.  K.  M.  das  ihrige  möglichist  thuen.  Wegen  Däne- 
mark und  Braunschweig  müsse  man  abwarten. 

Was  im  übrigen  Sachsen  betrifft,  Averde  der  Kaiser  den  Kurfürsten  Johann 
Georg  II.  durch  Mansfeld  über  das  Verhältnis  Sachsens  zu  Brandenburg  auf- 
klären lassen. 

Beschlossen  wie  eingerathen  am  11.  Aug.  in  Gegenwart  von  Lobkowitz, 
Schwarzenberg,  Lamberg,  Montecuccoli,  Hocher,  Dorsch  und  Abele. 

Die  dem  Votum  entsprechende  Weisung  ist  datirt  14.  Aug.  1672. 


Votum  sine  dato  über  des  Goess  Schreiben  vom  18.  Juli  1672. 

(Conc.) 

[Heirath  des  Kurprinzen  mit  der  Erzherzogin  betreffend.!  .    . 

■-  '  r  j  Anfang 

Auf  des  Goess  Schreiben  vom  18.  Juli  in  puncto  matrimonii  des  Kurprinzen  August. 

zu  Brandenburg  mit  der  Erzherzogin,  ist  ihm  zu  antworten,  er  soll  mit  Schwerin 

weiter  darüber  verhandeln,  jedoch  so,   dass  niemand  etwas  davon  erfährt,   und 

dann  berichten,  was  er  erfahren. 


582  VI-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  13.  Aug.  1672.  (Or.) 

[Neuausfertigung  der  Österreich-brandenburgischen  Allianz.  Verhandlungen  Vauguions 
mit  den  kurfürstlichen  Ministern.  Verhandlungen  Brandenburgs  mit  den  Schweizern. 
Brandts  Mittheilungen  aus  Schweden.  Beabsichtigte  Sendung  Brandts  nach  England, 
Holländisch-cellische  Verhandlungen.  Oesterreich- holländischer  Vertrag.  Köln.  Fran- 
zösische Heeresmacht.] 

i;>.  Aug.  Goess  übersendet  das  neue  Bündnis,  das  von  ihm  und  Anhalt  unterzeichnet 

worden,  sowie  die  kurfürstliche  Ratification;  an  der  kaiserlichen  wünschen  die 
Brandenburger  einige  unbedeutende  formelle  Aenderungen. 

Vauguion  hat,  nachdem  er  sich  lange  geweigert  mit  den  kurfürstlichen 
Käthen  zu  verhandeln,  in  der  Conferenz  des  Kurfürsten  Verhalten  sehr  improbirt 
und  Aufklärung  über  den  Zweck  der  Rüstungen,  sowie  das  Versprechen  der 
Neutralität  gefordert.  Die  kurfürstlichen  Räthc  rechtfertigen  das  Benehmen 
ihres  Herrn  und  erklären  bezüglich  der  Neutralität  nur  in  Uebereinstimmung 
mit  dem  Kaiser  und  den  anderen  Kurfürsten  und  Fürsten  vorgehen  zu 
können. 

Bei  einer  zweiten  Conferenz  zeigt  sich  Vauguion  nachgiebiger  gestimmt; 
er  hat  die  Absicht  längere  Zeit  hier  zu  bleiben,  um  über  die  Vorgänge  nach 
Paris  berichten  zu  können  ^). 

Der  Kurfürst  sendet  dem  älteren  Grafen  Dohna"-'),  der  in  der  Schweiz  ist, 
Befehl,  mit  den  Schweizern  um  Truppenüberlassuug  zu  verhandeln ;  Goess  räth 
dem  Kaiser  ein  gleiches  zu  thuu. 

Nach  Mittheilungen  Brandts  ist  von  Schw^eden  nichts  zu  fürchten;  eines 
der  Hauptmotive  gegen  einen  Krieg  sei  in  Schweden  die  Rücksicht  auf  den 
militärischen  Geist  des  jungen  Königs;  da  man  fürchte,  dass  derselbe,  wenn  er 
beim  Regierungantritte  einen  Krieg  vorfinde,  denselben  lange  fortführen  werde. 
Brandt  soll  in  Monatsfrist  nach  England  gesendet  werden;  man  ist  hier  der 
Ansicht,  dass  es  trotz  aller  Neigung  des  Königs  von  England  für  die  Verbin- 
dung mit  Frankreich^)  gelingen  werde,  die  Aussöhnung  Englands  und  Hollands 
zu  Stande  zu  bringen. 

Die  Verhandlungen  über  Subsidien  für  Celle  haben  die  Holländer  abge- 
brochen; sie  glauben  bei  den  heiTschenden  Verhältnissen  auch  ohne  Subsidien 
Unterstützung  erhalten  zu  können.  Hier  wird  für  bestimmt  behauptet,  dass 
der  Vertrag  zwischen  dem  Kaiser  und  den  Staaten  schon  unterschrieben  sei 
und  dass  der  Kaiser  monatlich  45000  Thaler  Subsidien  erhalte;  Goess  hat 
ebenso  solche  Nachricht  erhalten,  dissimulirt  aber  dieselbe,  bis  er  authentische 
Mittheilungen  erhalten  haben  wird  ^).     Wie  viel  an  der  Erhaltung  Kölns  gelegen, 


1)    Vergl.  Mignet  1.  c.  IV.  99  ff. ;  Orlich  1.  c.  II.  59. 

■)     Friedrich  Dohna;  vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  73;  Orlich  1.  c.  II.  59. 

')  England  hatte  bereits  am  16.  Juli  einen  neuen  Vertrag  mit  Frankreich  zu 
Heeswyk  geschlossen;  vergl.  Ranke,  engl.  Gesch.  V.  112;  Lefevre-Pontalis  J.  c.  II. 
432 ff.;  Mignet  1.  c.  IV.  48 ff 

*)  lieber  die  Verhandlungen  bezüglich  des  Vertrages  vom  28.  .Juli  zwischen 
Holland  und  dem  Kaiser;  vergl.  Grossmann  1.  c.  44 ff. 


Oesterreicli-hnindenburgische  Allianz.     Vaiijruion  in   TJerliu.  583 

begreift  man  hier,  Jedoch  entschliesst  man  sich  nicht  betreffs  der  Mittel  und 
zielt  am  meisten  auf  den  Monterev.  Die  französische  Heeresmacht  wird  hier 
jetzt  bedeutend  niedriger  angeschlagen,  als  sie  in  der  That  sein  dürfte. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  19.  August  1672.  (Or.) 

[Brandenburgische  Soldaten.  Vauguions  Friedensversicherungen.  Urtheil  des  Goess 
über  Frankreichs  Pläne.  Drohungen  Gravels  bei  Mainz.  Baierns  Pläne  bezüglich 
Verhinderung  der  Coujunction  der  brandenburg-österreichischen  Truppen.  Urtheil  des 
Goess  über  die  einzuschlagende  Politik.  Stellung  des  Herzogs  von  Celle.  Unter- 
redung des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Mainz  gegenüber  einzuschlagende  Politik.] 

Goess  übersendet  eine  Liste  der  für  den  Kriegsdienst  bestimmten  branden-  19.  Aug. 
burgischen  Soldaten').  Die  Regimenter  zu  Pferd,  die  jener  Seiten  der 
Weser  stehen,  seind  der  Orten  geworben,  oder  durch  die  vorgestandeue 
Squadronen  zu  Regimenter  gericht  und  die  lothringische  Völker  darum 
allda  logirt  worden,  weilen  diese  die  nächste  Oerter  an  den  Quartieren, 
aliwo  sie  vor  ihre  Uebernehmung  gestanden.  Sie  haben  Ordre,  sobald 
etwa  die  Franzosen  dahin  anmarschiren  möchten,  sich  über  die  AVeser 
zur  Hauptarmee  zu  retiriren.  Anstatt  des  alten  Fussvolk,  so  in  den 
Festungen  liegt,  ist  man  iutentionirt  andere  neue  Völker  hineinzulegen^). 
Der  Kurfürst  dürfte  sehr  bald  nach  Halberstadt  aufbrechen.  Vauguion  will 
unter  jeder  Bedingung  den  Kurfürsten  begleiten,  alle  Versuche,  ihn  von  diesem 
Vorhaben  abzubringen,  sind  vergebens.  Er  (Vauguion)  spricht  nun  viel  von 
Frieden  und  sagt  dem  Fürsten  von  Anhalt  gleichsam  in  grossen  Ver- 
trauen, dass,  wann  an  den  König  seinen  Herrn  geschickt  und  die  Sach 


^)  Cavallerie:  Das  Leibregiment  zu  Pferd  800  Pferde:  des  Kurprinzens,  Prinz 
Friedrichs,  Fürsten  von  Anhalt,  Landgrafen  Friedrich  zu  Hessen-Homburg,  Kannen- 
bergs, Spaens,  Ellers,  Ostens,  Mörners,  Herzogs  von  Mecklenburg,  Grafen  Promnitz 
Regimenter  zu  600  Pferden,  Lothringische  Völker  700,  Waldeck  300  Pferde,  Marwitz 
Dragoner  500,  Bomsdorf  Dragoner  500,  Prinz  Friedrichs  Compagnie  100,  in  summa 
9500  Mann  zu  Pferd.  Feldraarschall :  Fürst  von  Anhalt,  Generallieutenant  Kannen- 
berg, Generalmajore  Görtzke,  Baron  Spaen,  Eller,  Lütcke. 

Infanterie:  Leibgarde  unter  dem  Generalwachtmeister  Pölhiitz  commandirt  durch 
den  Obristen  SchlaberndorfF  10  Compagnitn.  Kurprinzens,  Dohna's,  Goltz',  Spaens,  S}-- 
burgs,  Götz' Regimenter  zu  1140  Mann ,  Fargel  740  Mann,  Holstein,  Berlepsch,  Neuffen 
je  5.50  Mann,  in  summa  10370. 

Generaliieutenant  der  Infanterie:  (ioltz,  Holstein,  Generalmajore  Götz,  Pöilnitz. 

Der  Graf  von  Dohna  ist  Generalfeldzeugmeister  dieser  Tage  geworden. 

50  Stück,  4  Haubitzen,  2  Mörser. 

^  Für  die  Kriegsmacht  des  Kurfürsten  ist  das  Werk  von  G.  A.  v.  Mülverstedt, 
-Die  brandenburgische  Kriegsmacht  imter  dem  Grossen  Kurfürsten"  zu  vergleichen; 
Ergänzungen  aus  dem  Berhner  Archiv  von  Lehmann,  Gust.,  Forsch,  z.  br.  u.  preuss. 
Gesch.  1.450  ff. 


584  VI.  Goess  in  Berlin,   Anhalt  in  Wien.     1G72— 1675. 

con  bei  modo  und  also,  dass  es  iiit  scheine,  dass  man  darzii  forciren 
wolle,  proponirt  würde,  sicherlich  der  gewünschte  Effect  zu  erfolgen. 
Das  lasse  ich  nun  dahin  gestellt  sein;  mag  sein,  dass  der  König  ver- 
merke, dass  eine  starke  Party  wider  ihn  formirt  werde  und  dahero  von 
seinen  gefassten  Desseignen  etwas  nachlasse;  den  Frieden  aber  halte  ich 
darfür,  dass  man  von  ihme  änderst  nit  erhalten  werd,  als  wann  man  ihn 
gleichwohl  darzu  einigermassen  forcire,  auch  die  Hoffnung  verlieren 
mache  mit  seine  eingebilte  Conquesten  aufzukommen.  Des  Gremonville, 
Gravel,  Feuquieres  und  anderer  französischer  ministrorum  comminationes 
gehen  lediglich  dahin,  dass  sie  einen  und  andern  Chur-  und  Fürsten  ab- 
zuschrecken und  dardurch  aus  der  Sach  zu  halten  vermeinen.  Solle  die 
Party  einmal  recht  formirt  sein,  werden  sie  andere  Seiten  aufziehen 
und  besser  Wort  geben.  Der  von  Mayernberg^)  hat  mir  geschickt,  was 
Abbe  Gravel  bei  Churmainz  proponiret  und  gedrohet  und  sagt  mir  der 
Baron  von  Schwerin,  dass  des  Churbairischen  Kleist  Proposition  bei 
E^  K.  M.  auch  dahin  gangen,  dass  man  die  Aumarschirung  und  Coniunction 
dero  Völker  mit  den  Churbrandenburgischen  in  alle  Weg  zu  unterlassen  ^). 
Was  sie  vor  motiva  und  Absehen  darbei  haben  lasse  ich  dahin  gestellt 
sein,  erinnere  mich  auch,  was  der  Graf  Montecuccoli  bei  der  Confereuz 
diesfalls  und  wie  das  Werk  des  Marschs  und  Conjunction  halber  anzu- 
greifen suggerirt;  wie  aber  E.  K.  M.  sich  änderst  resolvirt  und  nun 
nimmer  res  integra,  als  bringe  ich  dahie  dero  bei  diesem  Werk  habende 
Bedenken  und  Sorgen  solchergestalt  vor,  dass  alles  allein  auf  die  Reme- 
dirung  gericht.  Im  Uebrigen  ich  keine  Hesitation  und  noch  viel  weniger 
einige  Veränderung  bei  uns  vermerken  lasse;  dann  dieses  könnte  bei 
gegenwärtigen  Zustand  der  Sachen  nichts  gutes  verursachen.  Man  hat 
bei  Ueberlegung  aller  dieser  Difficultäten  die  Medaille,  wie  das  Sprich- 
wort laut,  umzukehren  und  zu  consideriren,  ob  diejenige,  welche  bei 
Unterlassung  dieser  E"".  K.  M.  Resolution  zu  besorgen  gewesen,  nit  viel 
grösser  und  schwerer.  Der  Erfolg  bekräftiget  fast,  was  bei  den  gehal- 
tenen Conferenzen  unter  andern  vorgestellt  worden;  dass  nemlich,  wann 
E"".  K.  M.  Völker  nit  würklich  in's  Reich  anmarschirten,  man  darfür  halten 
würde,  dass  es  deroselben  nit  ernst  und  dahero  die  übrige  Potentaten, 
Chur-  und  Fürsten  sich  auch  zurückhalten  würden.  So  viel  discurrire 
ich  als  für  mich  mit  diesen  miuistris,  dass  ich  zwar  ultra  crepidam  nit 
gehen,    sondern  diese  deliberationes  denen,   welchen  es   zukommt,   über- 


1)     Vertreter  des  Kaisers  bei  Mainz ;  vergl.  ürlich  1.  c.  II.  59. 
-)     Orlich  I.e.  II.  59;  Heibig  1.  c.  28. 


Drohungen  Gravels.     Gegen  den  Mainzer  zu  beobachtende  Politik.    Mansfeld.      585 

lassen  wolle.  Ich  resumire  aber,  dass  man  sich  nit  übereileu,  noch  in 
einige  Action  werd  einlassen  wollen,  bis  man  mit  proportionirter  Macht 
darzu  gefasst.  AVann  man  einmal  über  die  Weser  gehe,  müsse  es  mit 
Resolution  geschehen,  sich^)  auf  keine  Weis  widerum  herüberjagen  zu 
lassen;  dann  hierdurch  würde  die  Reputation  der  Waffen  verloren  und 
allen,  so  uns  sonst  beitreten  möchten,  der  Muth  benommen. 

Nach  Mittheilungen  des  aus  Celle  zurückgekehrten  Oberstallmeisters  der 
Kurfürstin,  Lent,  wünscht  der  Herzog  die  Hinkunft  des  Goess;  Goess  ist  dazu 
bereit,  erwartet  aber  den  Befehl  des  Kaisers. 

Ich  bekomme  jetzt  gleich  Schreiben  von  dem  von  Mayernberg  vom 
10.  dieses  und  sehe  daraus,  dass  Churmainz  noch  immerfort  auf  die 
Maxime  Frankreich  nichts  im  Weg  zu  legen,  noch  etwas  wider  Chur- 
cölln  und  Münster,  noch  in  favorem  der  Holländer  zu  thun,  verharre. 
Ich  habe  mit  I.  Ch.  D.  daraus  geredt,  dass  gut  sein  würde,  dass  sie  je- 
mand der  ihrigen  zu  I.  Ch.  D.  abschicken,  eine  Zeit  allda  zu  verbleiben; 
sie  seind  darzu  geneigt  und  haben  eben  gestern  mit  mir  de  subiecto  mit- 
tende deliberirt.  Ich  bin  fast  der  Meinung,  dass  ehe  und  bevor  der 
Schluss  in  der  Stadt  Braunschweig  nit  erfolgt,  wenig  auszurichten  sein 
werd.  . .  . 

P.  S.     AVeisung  vom  14.  August  erhalten,  wird  nach  derselben  verfahren. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  22.  August  1672.  (Or.) 

[Mansfelder  Angelegenheit.     Geplante  Verhandlungen  mit  Braunschweig.    Brandenburg- 
holländische Verbindung.     Crockows   Sendung    nach    "Wien.     Vauguions    Friedensver- 
sicherungen.] 

Was  Mansfeld  anbelangt,  ist  Goess  der  Ansicht,  dass  die  Besetzung  mit  22.  Aug. 
des  Kaisers  Garnison  nur  mit  Bewilligung  der  Interessirten,  also  Brandenburgs, 
des  Administrators  und  Kursachsens  geschehen  solle  und  nur  als  ein  Mittel,  um 
weitere  Ungelegenheiten  zu  vermeiden.  Goess  wird  über  die  Sache  mit  dem 
Kurfürsten  verhandeln,  sich  überdies  alle  Mühe  geben,  damit  das  gute  Ver- 
nehmen zwischen  Kursachsen  und  Brandenburg  fortdauere.  Goess  wird  am  24. 
nach  Halberstadt  reisen,  um  dort  mit  dem  Kurfürsten  zu  berathen,  wie  mit 
dem  Hause  Braunschweig  verhandelt  werden  solle.  Wegen  der  Stadt  Bremen 
wird  Goess  mit  Schütz  sprechen  und  diesen,  wie  der  Kaiser  wünscht,  zur  Con- 
tinuation  in  der  guten  Devotion  gegen   den  Kaiser  ermahnen. 

Dass  I.  Ch.  D.  sich  per  articulum  secretum  obligiren  müssen  Hol- 
land also  directe  zu  assistiren,  dass  sie  auch  mit  Frankreich  zu  brechen, 
dessen  habe  ich  E.  K.  M.  schon   unterthänigst  erinnert;   man  thut  gegen 

')     A  =  sie. 


586  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     Iß72— 1675. 

mich  nit  dergleichen,  aber  ich  weiss  es  von  guter  Hand  und  können 
E.  K.  M.  gnugsam  sehen,  dass  man  von  dieser  Seiten  alles  dahin  zu 
richten  sucht;  ist  auch  bei  mir  kein  Zweifel,  dass  man  in  Holland  eben 
das  Absehen  und  die  Hoffnung  hat,  dass  auch  E.  K.  M.  und  alle  die 
andere  allgemach  et  per  gradus  zum  Bruch  mit  Frankreich  kommen 
werden;  wann  sie  dann  nur  auch  darbei  festhalten  und  nit  etwa  sich 
des  Kriegs  entschütten  und  anderen  aufm  Hals  wälzen  oder  kaufen 
wollen. .  .  . 

Crockow,  den  man  nach  Paris  senden  wollte,  um  Vauguion  dadurch  zum 
Verlassen  des  kurfürstlichen  Hofes  zu  vermögen,  wird,  da  keine  Hoffnung  vor- 
handen ist  Vauguion  zur  Abreise  zu  bewegen,  nach  Wien  gesendet  werden. 
Vauguion  betont  am  kurfürstlichen  Hofe  und  Goess  gegenüber  die  Neigung 
seines  Herrn  zum  Frieden. 

P.  S.     Vauguion  ist  nach  Halberstadt  gereist. 


Votum  vom  23.  August  1672  über  des  Goess  Relationen  vom 
8.  und  13.  August  1672.    (Conc.) 

[Verhalten  Brauilenburgs  zu  Vauguion.  Verhandlungen  des  Goess  mit  Braunschweig 
und  Hessen-Cassel.  Brandenburg-schweizerische  Beziehungen,  ürtheil  über  die  Art 
der  vom  Kaiser  mit  den  Schweizern  zu  pflegenden  Verhandlungen.  Besetzung  des 
Schlosses  Rietberg.  Köln.  Reise  Brandts  nach  England,  Cansteins  nach  Celle.  Pro- 
ject  der  VerhandlungeQ  vom  11.  Juli:  Coramando,  Marsch.  -Schwedens  Accession  zum 
österreicb-brandenburgischen  Bündnisse.     Brandenburg-französische  Beziehungen.] 

23.  Aug.  Die  Käthe  halten   dafür,   man   möge   Goess  mittheilen,   dass  man  die  Rati- 

fication des  neuen  Bündnisses  erhalten  habe. 

Was  Vauguions  Unternehmen  anbelangt,  findet  der  Kaiser  des  Kurfürsten 
Verhalten  sehr  gut,  Goess  soll  ihn  zur  Fortsetzung  desselben  ermuntern;  doch 
soll  Goess  trachten,  dass  Vauguion  bald  abgefertigt  werde,  weil  ein  längerer 
Aufenthalt  desselben  in  Berlin  dem  Kaiser  nur  schädlich  werden  könnte.  Für 
den  Einschluss  der  Braunschweiger  Fürsten  in  das  Bündnis  soll  Goess  eifrig 
sich  bemühen;  er  soll  auch  nach  Braunschweig  zu  diesem  Behufe  reisen,  wenn 
er  es  für  zweckmässig  findet,  sich  vorher  aber  mit  Schütz  unterreden;  nacli 
Gassei  zu  reisen  halte  der  Kaiser  für  unnöthig,  weil,  wenn  der  Kurfürst  von 
Brandenburg  bei  der  Landgräfin  nichts  richtet,  Goess  noch  weniger  etwas 
richten  werde.  Der  Kaiser  ist  erfreut  darüber,  dass  der  Kurfürst  den  älteren 
Grafen  von  Dolnia  beauftragt  hat,  mit  den  Schweizern  zu  tractiren  und  auch 
den  Oberst  Plessis')  dahin  abordnen  will.  Der  Kaiser  hält  dafür,  dass 
besser  wäre,  gleich  anfangs  cum  singulis  und  hernach  cum  omnibus  cantonibus 
zu  verhandeln,  als  umgekehrt.  Ein  Bündnis,  oder  directe  Hilfe  gegen  Frank- 
reich sei  von  den  Schweizern   nicht  zu   hoffen;    das  beste,  was   zu  erwarten, 


^)     Isaac  du  Plessis-Gournet:  vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  73;  Orlicb  1.  c.  59. 


Crockow.  Vauguion.  Verhandlungen  mit  den  Schweizern.    Oest.-brand.  Allianz.      587 

■wäre  die  Erlaubnis  zu  "Werbungen  in  der  Schweiz  gegen  billige  Bedingungen. 
Der  scopus  mit  ihnen  Schweizern  zu  tractiren  aber  möchte  sein,  wann 
Ober-  und  Yorder-Oesterreich  etwa  von  Frankreich  feindlich  angegriffen 
und  Costnitz,  Rheinfelden  oder  Freiburg  belagert  werden  möchte,  dass 
sie  solche  in  ihre  Protection  nehmen  und  Hilfe  gegen  billige  Bezahlung, 
doch  aber  auf  solche  Anzahl  in  selbige  Platz  schicken  möchten,  damit 
man  derselben  auch  ex  parte  E"".  K.  M.  gleichwohlen  gewahrt  sein  könnte; 
item  dass  sie  möglichist  verhindern  wollten,  damit  in  der  Nachbarschaft 
kein  Krieg  entstehe  und  dergleichen.  Wie  dann  der  von  Goess  gar  wohl 
daran  (gethan).  dass  kein  respectus  religionis  diesfalls  gemacht,  sondern 
mit  beeden  Theilen  promiscue  gehandlet  werden  solle;  obwohlen  E.  K.  M. 
darbei  besorgen  thäten,  es  werde  von  ihnen  wenig  zu  erhalten  sein. 

Wegen  Besetzung  des  Schloss  Rietberg  mit  einer  spanischen  Gar- 
nison wollen  E.  K.  M.  mit  dem  allhier  anwesenden  spanischen  Ambascia- 
torn^)  reden  lassen,  wie  dann  auch  gar  wohl  geschehen,  dass  der  Churfürst 
von  Brandenburg  die  von  der  Stadt  Emden  adhortiren  lassen  des  Bischofens 
zu  Münster  propositionibus  kein  Gehör  zu  geben.  Der  Kaiser  ist  damit 
einverstanden,  dass  Brandt  nach  England  abgeordnet  wird.  Bezüglich  Kölns 
hat  Lisola  mit  Monterey  verhandelt  -) ;  der  Kaiser  findet,  die  beste  Lösung  wäre, 
wenn  der  Kurfürst  von  Brandenburg  mit  nächstem  2 — 3000  Mann  hineinlegen 
und  sie  aus  den  holländischen  Snbsidien  erhalten  würde.  Die  Reise  Cansteins 
zu  den  Herzogen  von  Celle  und  Braunschweig  ist  dem  Kaiser  gleichfalls  sehr 
recht.  Was  das  von  Somnitz  dem  Goess  übergebene  Project  über  die  mit  Anhalt 
in  "Wien  am  11.  Juli  gepflogenen  Verhandlungen  betrifft,  da  wolle  der  Kaiser 
den  endlichen  Aufsatz  abwarten  und  dann  erst  antworten;  im  voraus  aber  so 
Aiel  andeuten,  dass  die  Türkengefahr  nicht  aufhört,  ■\ielmehr  grösser  wird. 

"Wiegen  des  Commandos  wäre  es  gut,  dass  der  Kurfürst,  wenn  er  anwesend 
ist,  das  Obercommando  führe,  die  Ordre  aber  allein  dem  Grafen  Montecuccoli 
gebe,  der  wider  dann  den  anderen  Officieren  die  Befehle  ertheilen  soll. 

Bezüglich  der  Geschütze  bleibt  es  bei  dem,  was  mit  Anhalt  in  "^aen  ab- 
gemacht worden  ist ;  ebenso  bezüglich  des  Marsches  etc.  Wegen  Accession  der 
Schweden  wird  der  Kaiser  durch  Hocher  mit  Pufendorf  reden  lassen  ^) ,  doch 
will  er  das  brandenburgisch-österreichische  Bündnis  den  Schweden  nicht  com- 
municiren,  sondern  allein  die  substantialia  mittheilen.  Goess  hätte  wohl  Äch- 
tung zu  geben  und  dextre  zu  verhindern,  damit  nicht  etwa  zwischen 
Frankreich  und  Brandenburg  einige  Particulartractaten  in  der  Stille  ge- 
schlossen, noch  auch  die  Sachen  wegen  Ueberfall-  oder  Angreifung  des 
Churfürstens  von  Colin    und  Bischofens    von    Münster    übereilet  werden. 


^)     Balbesos. 

-)     Vergl.  Grossmann  I.e.  46,  48  f. 

3)     Vergl.  Heibig  I.  e.  20  f. 


588  VI.    Goess  in  Berlin,    Anlialt  in  Wien.     1672—167."). 

solang  einige  Hoffnung  obhauden,  dass  selbige  zu  E"".  K.  M.  Partei  treten, 
oder  bis  die  Armee  an  die  Stadt  kommen  möchte.'). 

Relatum  am  23.  Abend  in  Anwesenheit  von  Lobkowitz,  Schwarzenberg, 
Lamberg,  Hocher,  Dorsch  und  Abele;  beschlossen  wie  eingerathen.  Die  Wei- 
sung ist  datirt  Wien  25.  Aug.  1672, 


Votum  vom  30.  August   über   des  Goess  Schreiben  vom  13., 
19.  und  22.  August.    (Cone.) 

[Project  der  Verhandlungen  vom  11.  Juli.  Verhandlungen  mit  den  Schweizern.  Zahl 
der  brandenburgischen, Hilfstruppen  betreffend.  Verhandlungen  mit  Schweden.  Allianz 
wegen  Polen.  Brandenburgs  Verhalten  bezüglich  der  clevischen  Plätze.  Vauguion. 
Mansfeldische  Angelegenheit.  Oesterreich-holländische  Beziehungen.  Nothwendigkeit 
der  Vorsicht  in  den  Massregeln  gegen  Frankreich.  Reichsangelegenheiten.  Bairische 
Forderungen.  Verhandlungen  des  Goess  mit  Braunschweig  und  Cassel.  Mainz  be- 
treffend.    Vorgehen  Brandenburgs  gegen  Münster.] 

30.  Auo-.  Das  von  Somnitz    dem    Goess    übergebene    und   von    diesem    eingesendete 

Project  über  das  ProtocoU  der  mit  Anhalt  gehaltenen  Conferenz  vom  11.  Juli 
hat  der  Kaiser  empfangen  —  so  möge  man  Goess  antworten  —  und  findet  es 
unnöthig  und  gegen  das  Herkommen  aus  Protocollen  neue  Tractate  zu  machen  '■'). 


^)  Ueber  Lisola's  Thätigkeit  in  dieser  Hinsicht,  besonders  bei  Münster,  Gross- 
mann 1.  c.  52  f. 

■^)  Dieses  Project  enthält  folgende  Bestimmungen:  P.  Zur  Ausführung  der  geplanten 
Unternehmungen  verpflichtet  sich  der  Kaiser  20  000  Soldaten,  der  Kurfürst  16000  zu 
schicken.  Da  aber  der  Kurfürst  auch  den  Staaten  20000  Mann  zu  Hilfe  zu  senden  ver- 
pflichtet ist,  jetzt  aber  nicht  36000  Mann  auf  einmal  entbehren  kann,  conventum  est, 
eara  esse  consiliorum  actionumque  ineundam  rationem,  ne  utrumque  subsidiura  tarn 
a  Caesarea  Mt«.,  quam  a  Sua  S'^.  Ei',  praestetur.  Ferner  verspricht  jeder  Theil,  wenn 
diese  Truppenzahl  nicht  genügt,  so  viel  als  nothwendig  zu  senden.  2*'.  Diese  kaiser- 
lichen Hilfstruppen  werden  am  15./25.  Aug.  in  Eger  zusammenkommen  und  sich  bereit 
halten  am  22.  Aug./ 1.  Sept.  an  einem  nach  Berathung  des  Kurfürsten  mit  Monte- 
cuccoli  zu  vereinbarenden  Orte  mit  den  kurfürstlichen  Truppen  zusammenzutreffen. 

Beide  Theile  bemühen  sich  den  Dänenkönig,  den  Kurfürsten  von  Sachsen,  die 
Häuser  Culmbach,  Braunschweig  und  Hessen  zum  Beitritte  zu  bewegen.  3".  Der 
Kaiser  gibt  18  Feldstücke,  2  Mörser  und  alles  zum  Geschütz  noth wendige  et  quam- 
quam  Sua  S'^s,  Eps.  aliquante  plura  et  majora  tormenta  promiserit,  S.  C.  M.  tarnen, 
quod  pulverem  nitratum  attinet  et  ejusmodi  alia  ad  rem  tormentariam  spectantia,  ad 
minimum  dimidiam  partem  subministrabit. 

4)  Das  Commando  erhält  auf  Bitten  des  Kurfürsten  Montecuccoli ;  die  Jurisdiction 
bleibt  auch  nach  erfolgter  Verbindung  jedem  der  beiden  Commandanten;  der  Ober- 
befehl bleibt  aber  solange  der  Kurfürst  anwesei«!  ist,  diesem;  der  Krieg  wird  aber 
nach  gemeinsam  gefassten  Beschlüssen  geführt,  ö)  Der  Kurfürst  sorgt  für  Getreide, 
legt  Magazine  an,  doch  muss  das  von  den  kaiserlichen  Truppen  verbrauchte  Quantum 
ihm    ersetzt    werden.     6)  Ueber  Kriegsführung    beräth    der    Kurfürst  sich  mit  Monte- 


Oesterreich-brandenlmrgische  Allianz.  589 

Daher  hält  der  Kaiser  dafür,  dass  dieses  Project  iiiclit  ausgefertigt  werde,  zumal 
die  meisten  Punkte  bereits  vollzogen,  andere  bereits  anderweitig  erledigt  seien. 
Wegen  der  Schweizer  habe  der  Kaiser  seine  Ansicht  bereits  mitgetlieilt,  bei 
welcher  es  auch  verbleibe.  Zu  geschweigen,  dass  sich  E.  K.  M.  über  den 
§  Primi  articuli  „Caeterum  cum  sua  S'*^."  sich  nicht  ehunder  darüber 
resolviru  können,  bis  sie  nit  vorhero  das  zwischen  Churbrandenburg  und 
Holland  geschlossene  foedus  generale  et  secretum  gesehen  haben  werden, 
welches  er  dann  zu  procuriren  und  ehist  heraus  zu  schicken  ihme  noch- 
maln  angelegen  sein  lassen  solle.  Und  hätte  er  Goess  laut  seines  P.  S. 
vom  13.  dies  über  diesen  §  Caeterum  cum  Sua  S'^^  bereit  trefflich  wohl 
geantwortet,  dass  nemlich  solcher  völlig  ausgelassen  und  für  diesmal  von 
dem  holländischen  Werk  abstrahirt,  hingegen  dieser  articulus  besagtem 
allhie  mit  dem  Fürst  von  Anhalt  adiustirten  Protocoll  gemäss  einge- 
richtet werden  möchte.  Es  ist  auch  dieser  §  Caeterum  cum  Sua  S*^^ 
um  so  viel  weniger  von  nöthen,  weilen  dieser  Punct  —  dass  nemlich  Chur- 
brandenburg die  denen  Holländern  versprochene  20000  und  die  E.  K.  M. 
absonderlich  zugesagte  16000  nicht  doppelt,  sondern  nur  für  diesmal 
für  beede  20000  stellen  dörfe  —  in  der  mit  dem  Fürsten  von  Anhalt, 
dem  von  Schwerin  und  dem  von  Somnitz  mit  ihme  von  Goess  den 
29.  Juli ')  nächsthin  gehaltenen  Conferenz  bereit  einkommen  und  von 
E.  K.  M.  laut  dero  allergnädigsten  Resolution  vom  14.  d.  ^)  schon  der- 
gestalt erledigt  worden .    dass  E.  K.  M.    in   diese  einfache  Stellung  defe- 


cuccoli.  7)  Der  Kaiser  lässt  durch  Grana  mit  den  Kölnern  verhandeln  über  die  Auf- 
nahme einer  grösseren  Besatzung;  unterdessen  verhandelt  der  Kaiser  mit  Monterey 
über  die  zur  Besatzung  nothwendigen  Truppen  und  Gelder;  der  Kurfürst  wird  suchen 
Braunschweig  und  Hessen  für  die  Pläne  der  Verbündeten  zu  gewinnen.  8)  Da  durch 
des  Kaisers  Bemühung  bestimmte  Hoffnung  auf  den  Beitritt  Sachsens  zur  Allianz  ist, 
wird  der  Kurfürst  nicht  ermangeln,  die  Sache  zur  Durchführung  zu  bringen;  es  wird 
auch  über  die  Mittel  Schweden  zur  Allianz  zu  bringen  verhandelt  werden.  9)  Quod 
si  S.  C.  M.  vel  a  rege  Galliae  in  superiore  et  inferiore  Austria,  aut  a  Turcis  in 
Hungaria,  aut  a  Polonis  in  Silesia,  aut  a  Suecis  in  dictis  locis  hello  peteretur,  pro- 
mittet S.  S.  E.  se  opem  S^e.  C^ae.  M**.  laturam  pro  viribus.  Quem  admodum  et  S». 
C».  Mas.  reciproce  Suae  S".  E^.  promittet,  quod  similiter  pro  viribus  ipsi  adesse  et 
hostibus  eins  sese  opponere  velit,  a  quibus  in  terris  suis,  quaecunque  illae  sint,  vim 
patitur,  ita  ut  invasa  et  utrique  aut  alterutri  parti  erepta  restituantur  et  a  reliquis 
tale  periculum  avertatur. 

10)  Beide  Fürsten  tragen  alles  mögliche  bei  den  Polenkönig  in  seiner  Würde  zu 
erhalten  und  gehen  in  dieser  Frage  gemeinsam  vor. 

11  =  14  des  Protocolls;  12  =  lä  des  Protocolls;  13  =^  16  des  Protocolls:  14  =  IT 
des  Protocolls  vom  11.  Juli   1672. 

^)    Vergl.  p,  575  ff'. 

-)     Vergl.  p.  578 ff. 


590  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

rireo,  doch  dass  Churbraudeburg  mit  solchen  Völkern  nicht  directe  denen 
Holländern  Hilf  leisten  solle,  sonderlich  weilen  solches  Holland  selbst  nicht 
verlauget;  man  auch  gefunden,  dass  der  von  Somnitz  in  hoc  puncto 
ziemlich  variire.  dann  in  dem  Project,  so  er  dem  v.  Goess  hievor  zuge- 
stellt und  derselbige  unterem  13.  d.  M.  Augusti  hieher  geschickt,  hat  er 
diesen  Punkt  also  eingerichtet:  Caeterum  cum  Sua  Serenitas  Electoralis 
foederato  Belgio  ex  alio  foedere  ad  copias  auxiliares  viginti  milliu  mi- 
litum  obstricta  sit  et  vero  fieri  non  possit,  ut  tautae  copiae  triginta 
scilicet  sex  millium  hoc  tempore  a  Sua  Ser'®.  Electorali  in  campum  de- 
ducantur,  conventum  est,  eam  esse  consiliorum  actionumque  ineundam 
rationem,  ut  simul  et  Belgio  praedicto  procuretur  pax  atque  ita  et  ab 
hac  parte  imperio  Romano  securitas  praestetur. 

Anietzo  aber  hat  er  solchen  dergestalt  eingerichtet: 
Caeterum  cum  Sua  Ser*^^  Electoralis  foederato  Belgio  ex  alio  foedere 
ad  copias  auxiliares  viginti  millia  militum  obstricta  sit  et  vero  fieri  non 
possit,  ut  tantae  copiae  triginta  scilicet  sex  millium,  computatis  scilicet 
his  sedecim  millibus,  quos  S''*®.  Caes'"''^  M*'.  promisit,  hoc  tempore  a 
Sua  Ser*®.  Elec*'.  in  campum  deducantur,  conventum  est,  eam  esse  con- 
siliorum actionumque  ineandam  rationem,  ne  utrumque  subsidium  tam 
a  Caes®^.  M*^,  quam  a  Sua  Ser*®.  Elec*'.  praestetur.  Also  dass  dieses 
wohl  einem  calvinischen  Stückl  gleich  sehe  und  man  dahin  ziele,  dass 
mau  E.  K.  M,  directe  für  Holland  und  also  directe  wider  Frankreich 
hineinbringen  thäte;  .  .  .  welches  aber  von  E^  K.  M.  keines  Weges  zu 
thuen,  sondern  dieselbe  in  terminis  foederis  conclusi  zu  verbleiben  und 
klar  zu  sagen  haben  werden,  dass  sie  der  Zeit  daraus  weiters  nit  gehen 
werden.  Bezüglich  der  Gescliütze,  Conimando  etc.  bleibt  es  bei  dem,  was 
schon  geordnet  oder  dem  Goess  befohlen  worden  ist.  Ratione  Schweden  wirdet 
wohl  gut  und  je  ehender  je  besser  sein,  wann  man  sich  selbiger  Krön 
versichert;  zumalen  der  von  Pufendorf  aus  selbiger  Krön  Befelch  von 
Leuem  die  Versicherung  gethan,  dass  sie,  Schweden,  nicht  die  lösten  sein 
werden  so  Holland  zu  helfen  verlangen,  doch  zugleich  ermahnt,  dass 
sich  E.  K,  M.,  Churbraudeburg  und  andere  Mitalliirte  nit  gar  zu  frühe 
und  gar  zu  eilfertig,  sondern  caute  et  lente  wider  Frankreich  einlassen 
wollen,  welchem  hingegen  E''.  K.  M.  geheimer  Rath  und  Hofkanzler,  der 
Baron  Hocher,  versichert,  dass  das  mit  Brandeburg  jüngst  verneuerte 
foedus  weder  directe  noch  per  indirectum  im  geringisten  wider  Schweden 
angesehen,    oder    das    mindiste  darinnen  begriffen    seie'),    dahero    wohl 


1)     Veigl.  n eibig  1.  c.  27 f. 


Vauguioii.     Mansfeld.     Oesterreich-bolländische  Beziehungen.  591 

höchst  von  nöthen,  dass  sowohl  E.  K.  M.  vermittels  des  Pufendorf  als 
auch  Churbrandeburg  und  die  Holländer  ieder  absonderlich  nunmehr 
ohne  Verlierung  einiger  Zeit  besagte  Negociation  mit  Schweden  anheben 
und  man  sich  derselbigen  versicheren  thut.  Das  projectum  ratione  foe- 
deris pro  Polonia  würden  E.  K.  M.  diese  Tag  aufsetzen  und  ihme  von 
Goess  communiciren  lassen  und  erwarteten  E.  K.  M.  des  Churfürsten 
von  Brandeburg  sein  Meinung,  ob,  wie  und  wann  derselbige  seine 
wider  Frankreich  wegen  der  abgenommenen  clevischen  Platz  einge- 
wendete Klagen  nach  beschehcner  Conjunction  der  Waffen  zu  Regeus- 
burg  proponirter  verlangen  thuet.  Im  Uebrigen  ist  wegen  der  reciprocir- 
üchen  und  Mutuelassistirung  in  gemelten  Protocoll  vom  11.  Juli  negst- 
hin  nit  allein  der  Vorder-  und  Oberösterreich  und  Schlesien,  sondern 
auch  dero  anderen  Erbkönigreich  und  Landen  halber,  Provision  be- 
schehen '). 

Goess  soll  trachten  zu  verhindern,  dass  Vauguion  mit  dem  Kurfürsten  reist; 
wenn  das  aber  nicht  möglich  ist,  muss  man  sich  darein  fügen.  An  die  Land- 
gräfin zu  Hessen-Cassel  erhält  er  ein  Creditiv,  da  sie  nach  Halberstadt  zum 
Kurfürsten  kommt.  Ratione  des  Hauses  Mansfeld  verweise  der  Kaiser  Goess 
auf  seine  früheren  Befehle,  zweifle  auch  nicht,  dass  die  Sache  inzwischen  schon 
gerichtet,  oder  sich  völlig  zerschlagen  wird. 

Sonst  ist  des  Kaisers  Meinung  hierin  nochmals,  dass  die  Besetzung  dieses 
Ortes  so\iel  möglich  sowohl  mit  beider  Kurfürsten,  Sachsen  und  Brandenburg, 
als  auch  des  Administrators  guten  Willen  geschehe.  Weiters  hat  er  gar  wohl 
gethan,  dass  er  sich  wegen  der  von  dem  Lisola  und  Kramprich  mit  denen 
Holländern  geschlossenen  Tractaten  also  verhalten  und  hätten  E.  K.  M. 
weniger  nit  thuen  können  als  selbige  in  etlichen  Puncten  zu  verändern, 
weilen  E.  K.  M.  aus  denen  terminis  foederis  conclusi  wenigist  für  diesmal 
nicht  weichen,  sondern  darinnen  verbleiben,  dardurch  auch  der  Welt  kein 
Ursach  geben  wollen  w'ider  sie  zu  sprechen,  als  ob  E.  K.  M.  daran 
schuldig,  dass  etwas  wider  den  westphälischen  Frieden  beschehen  seie, 
und  solle  auch  er  von  Goess  solches  in  seinen  negotiationibus  wohl  in 
Obacht  nehmen  und  den  Churfürst  dahin  dirigirn,  damit  er  sich  hierinnen 
wider  Frankreich  oder  sonsten  nit  übereile.  In  comitialibus  erwarte  der 
Kaiser  Bericht,  insbesondere  wäe  Brandenburg  sich  zur  Frage  securitatis  publicae 
stelle^).  Goess  soll  dem  Kurfürsten  mittheilen,  dass  der  in  Wien  anwesende 
bairische  Abgeordnete  von  Kleist  den  Kaiser  ersucht  habe  die  Verbindung  mit 
den  brandenburgischen  Truppen  zu  sistiren,  was  der  Kaiser  aber  zurückgewiesen 
habe.     Die  Art  der  Verhandlunsen  mit  Braunschweiw  und  Cassel   überlässt  der 


')     Yergl.  p.  568 ;  §  10. 

-')     Für  die  Verhandlungen  in  dieser  Frage;    vergl.   Pachner  1.  c.  I.  574 ff.,  583 ff. 


592  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72  — IGT.'). 

Kaiser  dem  Goess.  Mit  Mainz  sei  nichts  zn  richten,  docli  soll  Goess  heim  Kur- 
fürsten von  Brandenburg  dahin  wirken,  dass  er  einen  Vertreter  hinsende,  um 
vielleicht  etwas  übles  zu  verhindern.  Dass  Goess  trachte  zwischen  Branden- 
burg und  Sachsen  ein  gutes  Einvernehmen  herzustellen,  freut  den  Kaiser.  Goess 
soll  sich  bemühen  den  ganzen  Inhalt  der  zwischen  Brandenburg  und  Holland 
geschlossenen  Verträge  zu  erfahren  und  Brandenburg  beständig  zusprechen 
sich  mit  Attaquirung  des  Bischofs  von  Münster  und  sonst  in  anderen  Opera- 
tionen in  keiner  "Weise  zu  praecipitiren. 

Die  Weisung  gleichen  Inhalts  ist  datirt  Wien  31.  Aug.  1672, 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Halberstaclt  30.  August  1672. 

(Or.) 

[Ankunft  in  Halberstadt.     Vauguions  Erklärungen.     Verhandlungen  mit   demselben. 

Köln.] 

30.  Aug.  Goess  ist  den  29.  in  Halberstadt   angekommen.     Canstein   theilt  ihm    mit, 

dass  Aussicht  vorhanden  sei  Dänemark  und  Celle  für  die  Allianz  zu  gewinnen. 
Der  Kurfürst  von  Brandenburg  ist  seit  23.  hier.  Der  Conte  de  Vauguion  hat 
zu  Potsdam  bei  demselben  diese  3  Ding  angebracht:  1°.  dass  der  König 
sein  Herr  zum  Frieden  mit  Holland  geneigt;  2°.  sich  beklagt,  dass  L 
Ch.  D.  ein  Memorial  wider  seinen  König  zu  Regensburg  wegen  der  im 
Clevischen  occupirten  Stadt  übergeben');  3".  hat  er  die  Erklärung  ge- 
than,  dass,  wann  I.  Ch.  D.  den  Holländern  nit  assistiren  sollten,  der 
König  ihro  diese  Stadt  post  factam  pacem  restituiren  würde.  Als  man 
nun  dahie  mit  ihme  darüber  in  Conferenz  getreten,  hat  er  dasjenige, 
was  I.  Ch.  D.  wegen  seiner  Proposition  gemelt,  fast  nit  agnosciren 
wollen,  darüber  sie  sich  nit  wenig  formalisirt.  Den  Frieden  im  Reich 
verlangte  sein  König  zu  halten;  wegen  Holland  hätte  er  nichts  gemelt; 
seine  Klag  in  2".  wäre  dahin  gangen,  dass  I.  Ch.  D.  fast  an  allen  Orten 
und  also  auch  zu  Regensburg  wider  seinem  König  negociirte  und  dass 
er  nie  keine  cathegorische  Resolution,  ob  dieselbe  neutral  bleiben  wollten 
oder  nit,  erhalten  können;  ...  quoad  3"""  gedünkete  ihm,  dass  er  gar 
viel  gethan,  dass  nachdem  er  vorher  nur  allein  anerboten  die  clevische 
Stadt  dem  Reich  zu  restituiren,  nun  offerirte,  dieselbe  P.  Ch.  D.  zu  resti- 
tuiren, welche  Proposition  man  dahie  gar  weit  geworfen.  Als  ihme 
ausser  der  Conferenz  vorgestellt  worden,  dass  ein  anders  wäre,  wann 
der  König  diese  Platz  alsogleich  letzt  restituirte,  Hesse  er  sich  vernehmen, 


')     Vergl.  Londorp  I.  c.  IX.  890  ff. 


Vaugiiions  Eikläiiinfjeii.     Verhandlungen  mit  Lothiingen.  593 

dass  auch  hiervon  gehandelt  worden  könnte  ').     Der  Herzog  von  Lothringen 
versichert  es  sei  die  Absicht  der  Franzosen  Köln  mit  Gewalt  anzugreifen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Halberstadt  3.  Sept.  1672.  (Or.) 

[Erklärungen    des    Herzogs   von   Lothringen.     Verhandlungen  Brandenburgs  mit  dem- 
selben.    Vorschläge  Ainerongens   in   dieser  Sache.     Urtheil   des  Goess  darüber.     Ver- 
handlungen   mit  Vauguion.     Verhandlungen  mit  Amerongen  und  mit  dem   Knrfürsteu 
über  Sachsens  Eintritt  in  die  Allianz.] 

Der  Herzog  von  Lothringen  hat  einige  propositiones  gethan,  welche  o.  Sept. 
dahin  gehen,  dass  er  das  seinige  bei  diese  unsere  Party  thun  wollte, 
wann  er  könnte  versichert  sein,  dass  kein  Fried  solle  gemacht  werden, 
er  werde  dann  darin  mit  eingeschlossen  und  ihme  sein  Herzogthum 
restituirt,  I.  Ch.  D.  zeigen  kein  Bedenken  hierbei  zu  haben  ').  Der  von 
Amerongen,  welcher  hierüber  auch  mit  dem  Herzog  getractirt,  thäte  vor- 
gestern in  Beisein  meiner  V.  Ch.  D.  diesen  Vorschlag:  Er  wollte  an  die 
Herren  General-Staaten  schreiben,  dass  sie  sich  befriedigen  möchten,  dass 
von  den  12000  Mann,  welche  E.  K.  M.  vermög  des  jüngsten  Tractats 
mit  gedachten  Staaten-General,  zu  stellen,  über  die  vorige  12000  Mann, 
so  in  dem  Tractat  mit  Churbrandenburg  versprochen,  6000  Mann  dem 
Herzog  überlassen  würden,  darzu  er  andere  6000  Mann  verschaffen  und 
mit  dieser  Macht  an  Ort  und  End,  wo  und  wie  man's  rathsam  befinde, 
agiren  sollte.  Nun  lasse  ich  den  Vorschlag  an  seinem  Ort  gestellt  sein, 
möchte  künftig,  wann  die  Sachen  in  anderem  Stand  und  es  etwa  zur 
Ruptur  kommen  sollte,  darvon  zu  handien  sein;  bis  noch  bleibt  all  viel 
Wegs  darin  zu  thun.  Obgedachte  E^  K.  M.  Tractaten  seind  von  deroselben 
noch  nit  ratificirt^);  der  scopus  ist  eingericht,  wie  ich  aus  der  Abschrift, 
so  der  von  Amerongen  gleich  holen  und  S"".  Ch.  D.  vorlesen  lassen,  er- 
sehen, steht  auch  noch  dahin,  was  die  Staaten-General  zu  des  von  Ame- 
rongen Proposition  sagen  und  was  die  Notdurft  und  die  occasiones  bei 
dieser  unser  noch  nit  gar  grosse  zusammenziehender  Macht  erforderen 
werden.  Ich  habe  erinnert,  was  ich  schon  von  langer  Hand  dies  Werk 
betreffend  suggerirt,  es  wäre  der  von  Risaucourt*)  folgends  im  Haag  ge- 
wesen, aber  nit  fortkommen  können,  zweifelsohne  weilen  man  damalen 
mehr  die  Gedanken  dahin  gericht,  wie  man  Fried  machen,  als  wie  man 


1)  Vergl.  Mignet  1.  c.  IV.  99 if.;  Peter  1.  c.  59. 

')  Vergl.  Grossmann  1.  c.  54 f.;  Orlich  1.  c.  H.  60. 

^)  Ueber  den  Stand  der  Verhandlungen  in  dieser  Zeit;  Grossmann  I.  c.  4Gff. 

■•)  A  =  Risancour,   Minister  des  Herzogs  von  Lothringen. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV.  38 


594  ^ '•    ^Toess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1(572  — 1675. 

den  Krieg  führen  möchte.  J)er  von  Amerongen  hat's  einigermassen  bekennt, 
dem  neulich  massacrirten  Pensionario  de  Witt')  doch  das  Zeugnus  ge- 
geben, dass  er  zu  diesem  Tractat  mit  dem  Herzog  gerathen,  die  con- 
fusiones,  so  bei  ihnen  eine  Zeit  hero  gewesen  und  diese  und  viel  andere 
gute  resolutiones  verhindert,  wie  auch  dieses  darbei  eingeweudt,  dass  da- 
malen  der  Herzog  allein  und  die  Party,  welche  man  anietzo  formire,  noch 
nit  gemacht  gewesen.  Gegen  S.  Ch.  D.  habe  ich  nacher  a  parte  gemelt, 
dass  wie  es  gut  wäre,  dass  man  den  Herzog  zu  unserer  Party  brächte, 
also  gedünkete  mich,  dass  dieser  Vorschlag  nit  adequat;  wann  die 
Staaten-General  dem  Herzog  ein  gutes  Stück  Geld  gäben  und  er  von 
dem  seinigen  noch  soviel  darzu  legete,  würde  man  ehe  zu  Streich  und 
zu  der  führenden  Intention  kommen,  obwohl  auch  in  hoc  casu  all  viel 
Difficultäten  vorfallen  würden.  .  .  .  Morgen  dürfte  ^lontecuccoli  hier  ein- 
treffen. 

Der  Graf  de  Vauguion  hat  die  schriftliche  Antwort  des  Knrfürsten  auf 
seine  Erklärungen  wieder  uneröffnet  mit  der  Bemerkung  schriftlicli  niclit  ver- 
handeln zu  wollen  zurückgesendet;  ist  darauf  zu  dem  Baron  von  Schwerin 
kommen  und  unter  andern  gemelt,  er  sehe,  man  halte  seinen  König 
schon  vor  debellirt,  weilen  man  solche  resolutiones  von  sich  gebe"). 
Gegen  mich  hat  er  aufs  neu  sein  Desiderium  den  Frieden  befürderen  zu 
helfen  contestirt;  der  Marsch  und  Coniunction  unserer  Völker  werden, 
nach  seinem  Sagen,  wenig  gutes  hierbei  thun;  sein  König  seie  überaus 
ialoux  in  dem,  was  seine  Glorie  betrifft  und  werd  nit  wollen  darfür  an- 
gesehen werden,  als  würde  er  zum  Frieden  gezwungen.  .  .  .  Amerongen 
theilt  dem  Goess  und  dem  Kurfürsten  mit,  dass  er  Befehl  habe  in  Dresden  mit 
mit  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  über  dessen  Eintritt  in  die  Allianz  zu  verhan- 
deln, zugleich  aber  zu  sehen,  dass  die  Subsidien,  die  Sachsen  vermuthlich  fordern 
werde,  erst  nach  Abschluss  des  Friedens  entrichtet  werden  sollen.  Ich  habe 
erinnert,  dass  auf  alle  Weis  dahin  zu  sehen,  dass  dem  Churfürsten  de 
praesenti  mit  einem  Stück  Geld  geholfen  werde,  damit  er  armiren  und 
die  auf  die  Bein  habende  Völker  verstärken  könne;  so  viel  ich  merken 
können,  werd  der  von  Amerongen  wohl  einige  Ordre  hierzu  haben,  dann 
ich  habe  ihn  dessen  vorhin  schon  vielfältig  erinnert.  1.  Ch.  D.  sagten 
mir,  dass  er  sich  wohl  auf  100  000  Rthlr.  einlassen  möchte:  er  meldete 
darbei,  dass  in  solchem  Fall  Chursachsen  sich  zur  wirklichen  Assistenz 
der  Staaten-General  zu  obligiren  hätte:  ich  habe  mich  hierüber  nit  ein- 


')     Vergl.  die  ausführliche  Darstellung  des  Unterganges  der  beiden  de  Witts  bei 
Lefevre-Pontalis  I.  c.  II.  459  ff. 
•^)     Mignet  1.  c.  IV.  101  ff. 


Verhandlun£ren  mit  Vauguion.     Klagen  über  die  kaiserlichen  Truppen.  595 

lassen  wollen:  halte  darfür,  dass  man  chiirsächsischer  Seiten  sich  dies- 
falls nach  E.  K.  M.  werd  richten  wollen.  Da  Amerongen  aber  noch  keine 
Instruction  hat,  wurde  beschlossen,  Berlepsch  vorauszusenden,  um  die  Sache 
vorzubereiten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Halberstadt  10.  Sept.  1672.  (Or.) 

[Neue  Verhandlungen  Vauguions  mit  dem  Kurfürsten.  Des  Goess  \'erhalten  zu  den- 
selben. Haltung  des  Lothringers.  Klagen  über  die  Langsamkeit  der  Kaiserlichen. 
Entgegnung  des  Goess.  Stellung  des  Herzogs  von  Celle  und  des  Königs  von  Däne- 
mark zur  Allianz.  L'nterredung  des  Goess  mit  Groote.  Bischof  von  Paderborn.  Ver- 
halten des  Bischofs  von  Münster.     Köln.     Des   Kaisers  Erklärungen  über  Frankreich.] 

Vauguion  hat  um  eine  neue  Audienz  beim  Kurfürsten  angesucht  und  mit-  10.  Sept. 
getheilt,  der  König  von  Frankreich  habe,  da  der  Kurfürst  mit  anderen  Trup- 
pen vormarschire,  Turenne  Befehl  ertheilt  die  Niederlande  zu  verlassen;  wolle 
der  Kurfürst  in  dem  Marsche  einhalten,  so  werde  Turenne  wieder  Befehl  er- 
halten sich  gegen  Holland  zu  wenden,  es  sei  ihm  leid,  dass  der  Kurfürst  sich 
so  benehme').  Wie  I.  Ch.  D.  mir  sagen,  solle  er  sich  fast  fiero  bezeigt. 
auch  etwas,  als  wann  sie  ihre  limites  überschritten,  gemelt  haben,  dar- 
über sie  sich  sehr  formalisirt.  Der  Kurfürst  antwortet  ganz  kurz,  verweist 
ihn  auf  eine  Conferenz.  Dem  Baron  von  Schwerin  habe  ich  su^gerirt, 
dass  indeme  dieses  fast  eine  Ankündigung  des  Kriegs  seie,  man  sich 
dessen  bedienen  könnte  den  Vauguion  von  hier  weg  zu  bringen.  Er 
antwortete,  dass  er  auch  darauf  gedacht  und  zu  deliberiren  wäre,  ob 
man's  also  thun.  oder  zu  mehreren  Glimpf  noch  etwas  zusehen  sollte. 
Der  Herzog  von  Lothringen  erwartet  mit  Spannung  die  Ankunft  Montecuccoli's. 
Was  die  Tractaten  mit  dem  Herzog  anbelangt,  werd  gut  sein,  dass  er 
des  Generallieutenants  erwarte;  sonsten  sehe  ich,  dass  er  mit  seinen  con- 
siliis  fast  geschwind  gehe,  der  Franzosen  Macht  extenuire  und  die  impresa 
auf  unserer  Seite  facil  mache,  welches  darum  nit  dienlich,  weilen  I.  Ch.  D. 
ohne  das  solcher  Ding  ziemlich  persuadirt  und  den  Marsch  und  die  opera- 
tiones  urgiren.  .  . .  Als  im  Discurs,  darbei  der  Herzog  von  Lothringen  und 
Amerongen  waren,  über  unsere  Langsamkeit  murmurirt  werden  wollen"), 
habe  ich  vorgestellt,  was  vor  eines  grossen  beneficii  auch  nur  aus  dem 
Marsch  unserer  Völker  Holland  allbereit  geniesse,  indeme  ad  solam  hanc 
famam  die  französische  operationes  cessirt  und  nun  raoles  belli  von  ihnen 
ab  und  auf  uns  transferirt  werde.  Wann  nun  der  Graf  Montecuccoli 
kommt,   werd  dahin  zu  sehen  sein,   dass  man  1''.  Ch.  D.    die  allgemeine 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  HL  288:  Droysen  1.  c.  409. 
■)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  IIL  287 f. 

38' 


596  ^'^-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1(;72  -  1G75. 

Convenionz  und  Notdurft  der  Sachen  also  vorstelle,  dass  sie  darbei 
acquiesciren  und  keine  Ungeduld  oder  sinistrae  impressiones  destwegen 
gefasst  werden. 

Der  Herzog  von  Celle  ist  bereit  unter  den  Bedingungen,  über  die  er  sich 
mit  den  Staaten  geeinigt,  in  die  Allianz  einzutreten,  will  dies  aber  nicht  ohne 
Dänemark  tliun,  dessen  exorbitante  Forderungen  die  Generalstaaten  nicht  er- 
füllen können.  Goess  drängt  den  Herzog  zur  Entscheidung  auch  ohne  Däne- 
mark, was  dieser  aber  weigert,  indem  er  zu  gleicher  Zeit  verspricht  sein  mög- 
lichstes zu  thun,  um  Dänemark  zur  Herabminderung  seiner  Forderungen  zu 
vermögen.  Herzog  Rudolf  August  zu  AVolfenbüttel  gibt  dem  Goess  die  besten 
Versicherungen,  versucht  zu  gleicher  Zeit  sein  Vorgehen  gegen  die  Stadt  Braun- 
schweig zu  rechtfertigen '). 

Mit  Groote-),  der  mit  dem  Auftrage  des  Herzogs  von  Hannover  3)  hieher  ge- 
kommen ist  Verschonung  von  dem  Durchzuge  der  Truppen  durch  Hannover  zu 
fordern,  oder  wenn  dies  nicht  zu  erreichen  sei,  dass  wenigstens  strenge  Zucht 
gehalten  werde,  hat  Goess  längere  Unterredungen^).  Ich  befinde,  dass  der 
Herzog  sowohl  als  sein  Bruder,  der  Bischof  von  Osnabrück^),  einiges 
impegno  mit  Frankreich,  auch  destwegen  einiges  Geld  empfangen  haben 
mögen '^),  massen  auch  der  Herzog  Georg  Wilhelm  zu  Celle  hiervon  etwas 
gegen  mich  und  darbei  dieses  meldete,  dass  sie  im  übrigen  nichts  hin- 
deren würden.  Und  gäbe  mir  der  von  Groote  keine  Hoffnung,  dass  der 
Herzog  diesmalen  hiervon  abstehen  oder  wider  seine  parola  handien 
solle;  er  wäre  zu  genereux  darzu,  würde  aber  auch  nit  allein  uns  nichts 
im  Weg  legen,  sondern  vielmehr  alle  Befürderung  thun.  Ich  proponirte, 
dass,  wann  sie  endlichen  in  einiger  Neutralität  und  zwar  auch  respectu 
der  französischen  Alliirten,  als  Chur-Cölln  und  Münster,  begriffen,  sie  dan- 
noch  mit  uns  eintreten  und  solche  operatioues  gefunden  werden  könnten, 
welche  dieser  Obligation  nit  zuwiderliefen;  es  wäre  gnug  zu  vermerken, 
dass  er  dieses  pro  valde  delicata  materia  hielte.  Dieselbe  Forderung  der 
Verschonung  seines  Landes  stellt  auch  der  Bischof  von  Paderborn')  durch 
seinen  Rath  Meinders,  Vetter  des  kurfürstlichen  Rathes. 

Ich  werde  wie  bishero    also   noch  ferner  mir  angelegen  sein  lassen, 
dass  man  sich  wider  Chur-Cölln  und  wider  Münster  nit  übereile.    E.  K.  M. 


^)  Vergl.  Haveraann  1.  c.  II.  142  f. 

-)  Ueber  0.  Groote;  Havemann  1.  c.  II.  155 f. 

^)  Johann  Friedrich. 

*)  Vergl.  Havemann  1.  c.  II.  163. 

'")  Ernst  August. 

'^)  Ueber  diese  Verhältnisse    Grimoard    I.e.  II.  84:    der  Vertrag   Hannovers    mit 

Ludwig  XIV.  kam  erst  am   10.  Dec.   1672  zu  Stande,  Mignet  1.  c.  IV.  137. 

0  Ferdinand   II.  v.  Fürstenbergf. 


Celle  und  Dänemark.     Hannover.     Mainz.  597 

werden  gnädigst  vernommen  haben,  dass  der  Bischof  zu  Münster  die 
Belagerung  vor  Groningen  den  27.  Augusti  aufgehebt')  und  dass  sowohl 
er  als  Chur-Cölln  viel  Volk  darfiir  sitzen  lassen;  dieses  und  die  Placaten, 
so  der  König  in  Frankreich  publiciren  lassen  wegen  der  Contributionen, 
welche  nit  dem  Herrn  Bischofen,  sonderen  den  Franzosen  abzuführen,  möch- 
ten ihn  etwa  auf  bessere  Gedanken  bringen^)....  Wegen  Reassumirung 
der  Tractaten  zwischen  Chur-Cölln  und  die  Stadt  habe  ich  allbereit  dahie 
E.  K.  M.  gnädigste  Intention  und  Gesinnen  vorgetragen  und  darbei  remon- 
strirt,  dass  dieses  insoweit  zu  der  Stadt  besserer  Sicherheit  gereichen 
werde,  da  man  zu  sehen,  dass  man  von  unserer  Seiten  mehr  auf  civilia 
als  militaria  media  gedenkt.  ...  I.  Ch.  D.  wie  auch  der  Baron  von 
Schwerin  haben  mir  heut  frühe  die  Resolution,  so  E.  K.  M.  dem  Gre- 
monville  geben  lassen,  trefflich  gerühmet  ^),  sie  wäre  also  eingericht,  dass 
nit  besser  sein  können.  Ich  insinuirete  modeste,  wie  wir  uns  P.  Ch.  D. 
Interesse  so  treulich  angelegen  sein  lassen;  ist  mir  auch  sehr  lieb  ge- 
wesen zu  vernehmen,  dass  hinvviderum  der  von  Jena  zu  Regensburg  so 
tapfer  für  E.  K.  M.  votirt  und  den  Churcöllnischen  die  Wahrheit  gesagt. 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Halberstadt  14.  Sept.  1672.   (Or.) 

[Ankunft  Montecuccoli's.     Amerongens  Reise    nach  Dresden,     ürtheil    des  Goess  über 
das  Mainz    gegenüber    zu    beobachtende  Verfahren.     Antwort   für    Vauguion.     Erklä- 
rungen der  Landgräfin  von  Hessen-Cassel  und  des  Herzogs  von  Hannover.] 

Montecuccoli  ist  angekommen''),  dürfte  über  seine  Verhandlungen  mit  dem    14.  Sept. 
Kurfürsten  selbst  berichtet  haben  ^}. 

Amerongen  weigert  sich  die  Reise  nach  Dresden  anzutreten;  Goess  bietet 
alles  auf,  ihn  dazu  zu  vermögen'^). 

Wegen  Chur-Mainz  wäre  ich  der  unmassgeblichen  Meinung,  dass 
weilen  ein  mehrers  von  ihme  nit  zu  erhalten,  seine  Beitretung  zu  unser 
foedus  anzunehmen,  auch  abstrahendo  a  garantia  pacis  Clivensis,  zu 
welcher  S.  Ch.  Gn.  ohne  das  schon  obligirt;  man  muss  nehmen,  was 
man  haben  kann ;  wenigsten  werd  fama  nostri  foederis  desto  grösser  und 


')     Vergl.  Depping  1.  c.   KMIf. ;  Ennen  1.  c.  I.  277. 

'')    Vergl.  Depping  1.  c.  11 1  ff. 

3)  Vergl.  Mignet  I.e.  IV.  103  ff.;  Theatr.  Europ.  XI.  64  ff.;  Basnage  I.e.  II.  .371  ff; 
Wagner  1.  c.  I.  287  ff. ;  Gremonville's  Rede  in  extenso  auch  im  Diar.  Europ.  XXVI. 
p.  I.  129  ff. 

*)     9.  Sept.  vergl.  Peter  1.  c.  61. 

'")    Vergl.  ürossmann,  Montecuccoli  I.e.  414ff.:  Peter  I.e.  61f. 

")     Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  289. 


598  ^'I-    ^'oess  in  Berlin.    Anhalt    in  Wien.      ir,7-.>  —  IGT'). 

dem  Churf'iir.stcn  occasio  benommen  dieses  foedus  zu  imprubiren,  andere 
Stand  darvon  zu  dehortiren  und  etwa  auf  einige  andere  Party  zu  seiner 
Versicherung  zu  gedenken.  .  .  .  Man  ist  im  Werk  die  Antwort,  so  dem 
Conte  de  la  A'^auguion  zu  geben,  zu  verfassen;  gern  wäre  man  seiner 
los,  doch  wollte  man  vor  der  Zeit  auch  nit  gern  einige  Feindseligkeit 
bezeigen. 

Der  Landgräfin  von  Hessen-Cassel,  welche  sich  jetzt  hier  befindet,  hat 
Goess  des  Kaisers  Schreiben  übergeben;  sie  will  sehr  gerne  die  Verbindung  mit 
dem  Kaiser,  aber  von  wirklicher  Conjunction  der  Völker  möchte  sie  noch  einige 
Zeit  dispensirt  werden.  Der  Herzog  Johann  Friedrich  von  Hannover  hat  sich, 
wie  der  zurückgekehrte  Crockow  berichtet,  zur  Einhaltung  der  Neutralität  und 
Gestattung  des  Durchzuges  der  kaiserlichen  Truppen  bereit  erklärt.  Goess 
denkt  zu  ihm  zu  reisen,  um  ihn  in  dieser  Ansicht,  —  mehr  werde  nicht  zu 
erreichen  sein  —  zu  bestärken. 


Goess   au   den   Kaiser.     Dat.    Braunschweig  23.  Sept.    1672. 

(Gr.) 

[Verhandlungen  des  Goess  zu  Braunschweig;  über  die  Allianz  mit  Braunschweig. 
Dänemark  und  Hessen.  Differenzen  bezüglich  der  Truppenzahl  und  der  einzuschliessen- 
den  Provinzen.  Aeusserungen  des  Kurfürsten  in  dieser  Frage.  Entscheidung  des 
Goess  in  dieser  Angelegenheit.  Verhandlungen  Brassers  nait  Celle.  Marsch  der  bran- 
denburgischen Armee.] 

23.  Sept.  Goess  ist  am  16.  nach  Braunschweig  gekommen '),  allwo  ich  diese  Trac- 

taten  nit  so  weit  richtig,  als  man  praesupponirt,  gefunden,  indeme  man 
weder  quoad  quantum,  noch  circa  provincias  includendas  sich  vergleichen 
können  und  man  in  3,  wo  nicht  4  Haufen  geritten,  da  Dänemark  eins, 
das  Haus  Braunschweig  ein  anders  und  Hessen  widerum  ein  anders 
behaupten  wollen.  Das  vom  dänischen  Vertreter  Habbaeus  vorgeschlagene 
Project  wurde  nicht  angenommen,  worauf  die  übrigen  Deputirten  ein  Project 
verfasst  haben. 

Die  Hauptquaestiones  sein  circa  quantum  und  dann  circa  provincias 
includendas  gewesen.  Der  dänische  hatte  seine  Resolution  aus  Kopen- 
hagen erhalten,  die  wäre,  dass  der  König  die  9000  Mann,  3000  zu  Ross 
und  6000  zu  Fuss,  verwilligte,  herentgegen  praetendirete  er  ein  mehrers 
von  den  Braunschweig-  und  Casselischen,  als  sie  nit  verwilligen  wollten, 
bestünde  doch  nit  gar  stark  darauf;  der  Churbrandenburgische  wäre  darum 
facil,  weilen  I.  Ch.  D.  sich  gegen  E.  K.  M.  und  gegen  Holland  schon  auf 
ein  mehrers  obligirt. 


^)     Vergl.  Peter  1.  c.  62. 


Allianz  mit  Braunschweig,  Dänemark  und  Hessen.  599 

Circa  proviücias  includendas  aber  hat  Habbaeus  praetendirt,  dass 
Dänemark  und  Norwegen  in  dem  foedere  mit  einzuschliessen;  endlichen 
von  Norwegen  gewichen  und  allein  auf  Dänemark  bestanden,  herentgegen 
hat  er  das  Königreich  Hnngarn  keineswegs  mit  einnehmen  wollen,  er  hätte 
es  expresse  in  instructione,  könnte  keineswegs  darvou  weichen.  Canstein 
hat  wegen  Einnahm  Dänemark  propter  aliud  foedus,  so  sie  mit  einander 
haben,  keine  Diff'icultät  gemacht.  Celle  hat  sich  Anfangs  erklärt,  Däne- 
mark und  Norwegen  mit  einzunehmen,  aber  weilen  Wolfenbüttel  sich 
hierzu  nit  verstehen,  sondern  bei  dem,  was  ihr  jüngstes  foedus  in  sich 
halt,  verbleiben  wollen,  hat  der  Schütz  ein  mehrers  auch  nit  thun 
wollen:  dann  diese  3  lünenburgische  Linien  sehr  scrupulose  dahin  sehen, 
dass  sie  aus  ihrer  Proportion  nit  schritten,  oder  etwas,  was  in  conse- 
quentiam  gezogen  w-erden  könne,  eingehen.  Ich  habe  mich  dahin  er- 
klärt, dass  ich  diese  Ungleichheit  nit  annehmen  könnte;  man  müsste  das 
foedus  entweder  allein  auf  die  im  Reich  gelegene  Länder,  oder  doch 
beiderseits  auf  die  in  et  extra  Imperium  gelegene  richten.  Der  von  Can- 
stein hat  sich  hierum  nit  bekümmert,  dann  der  König  in  Dänemark  hat 
sich  per  aliud  foedus  ad  defensionem  Prussiae  obligirt;  die  übrige  De- 
putirte  haben  sich  auch  gnugsam  vernehmen  lassen,  dass  sie  das  König- 
reich Hungarn  in  dieses  foedus  nit  mit  einkommen  lassen  könnten;  dass 
es  also  darauf  ankommen,  dass  man  entweder  unverrichter  Dingen  von 
einander  zu  scheiden,  oder  die  Sach  ad  principales  zu  referiren  und 
nacher  wiederum  zusammen  zu  kommen,  welches  der  Habbaeus  vor- 
schlüge, ich  aber  nit  rathsam  finden  können,  sondern  habe  allen  Fleiss 
angewendt,  damit  ich  eigentlich  penetriren  könnte,  ob  er  dann  so  prae- 
cise  auf  Inclusion  des  Königreich  Dänemark  und  Exclusion  des  König- 
reich Ilungarn  instruirt,  wie  er  vorgäbe,  dergestalt,  dass  ich  auch  eventua- 
liter  von  ihme  Abschied  genommen  und  mich  angestellt,  als  wollte  ich 
meine  Reis  nach  Celle  den  anderen  Tag  fortsetzen;  habe  doch  ein  mehrers 
von  ihme  nit  herausbringen  können,  als  dass  er  begehrt,  man  möchte  die 
Tractaten  nit  abrumpiren,  sondern  allerseits  das  Werk  an  unsere  princi- 
pales referiren.  L^nterdessen  schrieben  L  Ch.  D.  an  den  von  Canstein, 
dass  sie  mit  dem  Grafen  Montecuccoli  hieraus  geredt  und  derselbe  ver- 
meint, dass  E.  K.  M.  darmit  zufrieden  sein  würden,  wann  man  nur  etwas 
dem  Königreich  Hungarn  zum  besten  thäte,  welches  doch  der  Graf  in 
seinem  Schreiben  an  mich  nit  meldete,  sondern  dass  man  Dänemark 
gegen  Hungarn  zu  halten  pflegte  und  im  Uebrigen  verwiese  er  die  ganze 
Sach  an  mich.     Nacher  schrieben  L  Ch.  D.  weiter,  ich  möchte  diesmalen 


600  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  167.5. 

von  Hungarn  abstrahiren,  es  würden  sich  Mittel  finden  dieses  anderwärtig 
widerum  zu  ersetzen  und  E.  K.  M.  in  dero  Königreich  Hungarn  an  die 
Hand  zu  gehen,  welches  ich  utiliter  annehme  und  dem  Haron  von  Schwerin 
schreiben  werde,  dass  ich  dieses  auf  P.  Ch.  D,  Wort  und  Zusage  gewagt. 

iSun  haben  zwar  E.  K.  M.  in  dero  gnädigstem  Schreiben  vom 
25.  Aug.  dieses  Werk  und  die  ganze  Negociation  mir  gänzlichen  über- 
lassen. Ich  bekenne  aber,  dass  mich  eben  dieses  fast  mehr  abgehalten 
als  stimulirt  diese  Einwilligung  über  mich  zu  nehmen ;  dann  einmal 
wäre  es  mir  unleidentlich,  wann  es  das  Ansehen  gewinnen  möchte,  als 
thäte  ich  das  gnädigst  in  mich  setzende  Vertrauen  misbrauchon.  Ich 
liabe  alles  bei  mir  überlegt,  auch  statura  rerum,  so  viel  er  mir  bekannt, 
fleissig  considerirt,  auch  alles  versucht  ehe  ich  hierzu  gekommen,  massen 
E.  K.  M.  aus  der  Beilag  zu  ersehen ')  was  ich  pro  temperamento  vorge- 
schlagen, aber  eben  so  wenig  erhalten  können,  entllichen  aber  besser  be- 
funden den  Hauptrecess  zu  fertigen ')  und  was  Dänemark  anbelangt  in 
einem  Nebenrecess  zu  bringen^),  als  weder  zu  abrumpiron,  noch  das 
Werk  weiter  auszustellen;  jedoch  alles  solchergestalt,  dass  ich  contestirt, 
dass  ich  da  ultra  limites  mandati  gienge  und  dass  E"".  K.  M.  allerdings 
anheimgestellet  werden  müsste,  ob  sie  dieses  also  ratificiren  wollten  oder 
nit.  . . . 

Der  holländische  Gesandte  Brasser*)  ist  nach  Celle  verreist;  die  Verhand- 
hingen mit  dem  Herzoge  von  Celle  sind  abgeschlossen,  die  Durchführung  aber 
wird  solange  verschoben,  bis  die  Staaten  mit  Dänemark  abgeschlossen  haben 
werden'').  Goess  denkt  nach  Celle  zu  reisen  und  alles  für  die  Beendigung  der 
Verhandlungen  zu  thun.  Von  dem  Herzoge  von  Hannover  ist  diesmal  nicht  zu 
hoffen,  dass  er  in  die  Allianz  eintreten  wird.  Die  brandenburgische  Armee 
marschirt  langsam ''). 


')  In  dieser  Eingabe  forderte  Goess  von  den  Vertretern  der  Verbündeten  die 
Zusage,  dass  sie,  wie  Goess  sich  zur  Aufnahme  des  Königsreichs  Dänemark  in  die 
Allianz  entschlossen  habe  imd  dem  Kaiser  die  Ratification  des  Vertrages  empfehlen 
werde,  ihrerseits  alles  aufbieten,  „damit  im  Fall  einiger  in  dem  Königreich  Hungarn 
entstehender  Kriegsempörung  I"".  K.  M.  zufürderist  von  I.  K.  M.  zu  Dänemark  imd  dann 
auch  von  den  übrigen  Herrn  Mitalliirten  über  diejenige  quota,  so  sie  sonsteu  von 
des  Reichs  wegen  betreffen  möge,  mit  einiger  ausgebender  Hülf  als  von  .  .  .  assistirt 
werden  solle." 

-)  Hauptrecess  d.  d.  Braunschweig  \'2./'22.  Sept.  1672,  abgedruckt  Londorp  I.  c. 
IX.  822 ff.:  Theatr.  Europ.  1.  c.  XI.  34 ff.;    Mörner  I.  c.  377 ff.;  vergl.  Puf.   1.  c.  XI.  71. 

■')  Nebenrecess  d.  d.  Braunschweig  12./22.  Sept.  1672;  abgedruckt  bei  Lünig, 
R.  A.  p.  sp.  I.  Forts.  II.  408. 

*)     Dietrich  Brasser;  vergl.  ürk.  u.  Act.  HI.  288. 

^)     Für  die  staatisch-däuischen  Beziehungen  Gebhardi  I.e.  516 f. 

^)     Ueber  die  Verhältnisse  der  Armee;  Peter  1.  c.  64 ff. 


Köln.     Stellung  des  Herzogs  von  Celle  zur  Allianz.  601 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Celle  29.  September  1672.  (Or.) 

[Besorgnisse    des    Goess    bezüglich    Kölns.      Goess    in    Celle.     Allianzvorschläge   des 

Verjus  in  Celle.     Verhandlungen  des  Goess  mit  dem  Herzoge  von  Celle  und  mit  Brasser 

in  der  Alliauzfrage.     Verhandlungen  des  Goess  mit  Schütz  und  Hammerstein.     Braun- 

schweigs  Stellung  zur  Frage  der  Reichsmediation.     Ausspruch  des  Verjus.] 

Goess  steht  in  Sorge  wegen   der  Stadt  Köln;    er  fürchtet,   dass  Frankreich  29.  Sept. 
sich  derselben  bemächtigen  werde'). 

Goess  ist  am  25.  nach  Celle  gekommen,  unterwegs  traf  er  Verjus,  der  in 
Celle  pro  conservatione  pacis  in  imperio  eine  Allianz  nach  Art  der  rheinischen 
vorgeschlagen,  grosse  siucerationes  seines  Königs  friedfertiger  Gedanken 
gethan,  endlichen  begehrt,  man  möchte  von  dieser  Seiten  vorschlagen, 
was  man  von  seinem  König  begeliren  tliäte.  Da  er  vermerkt,  dass  die 
Biindnus  zu  Braunschweig  geschlossen,  hat  er  die  Ilotfnung  etwas  aus- 
zurichten fast  verloren  und  werd  er  zweifelsohne  bei  IJannover  und 
Osnabrück  allen  Floiss  anwenden,  damit  er  dieselbe  daraus  und  mithin 
dieses  fürstliche  Haus  dividirt  und  getrennt  halte. 

Vom  Herzog  von  Celle  Avird  Goess  sehr  freundlich  aufgenommen ;  der 
Herzog  betont,  dass  er  sogleich  marschiren  lassen  wolle,  sobald  die  Staaten  mit 
Dänemark  sich  geeinigt  haben  Avürden.  Goess  sucht  den  Herzog  zu  dem  Ver- 
sprechen zu  vermögen,  im  Falle  die  Verhandlungen  der  Staaten  mit  Dänemark 
nicht  zu  dem  erwünschten  Ziele  führen  sollten,  doch  zu  marschiren,  während 
er  zu  gleicher  Zeit  Brasser  von  der  Ts^othwendigkeit  mit  Dänemark  zum  Ab- 
schlüsse zu  gelangen,  zu  überzeugen  sucht.  Schütz  betont,  dass  man  bei  dem 
brannschweigischen  Bündnisse,  das  blos  defensiv  sei,  nicht  werde  bleiben  können; 
denn  wenn  sein  Herr  sich  für  Holland  einsetzen  solle,  müsse  er  der  Unter- 
stützung des  Kaisers  in  jedem  Falle  sicher  sein.  Goess  betont,  dass  das  braun- 
schweigische  Bündnis  genüge,  dass  es  übrigens  dem  Herzoge  frei  stehe  in  das 
brandenburgisch-österreichische  Bündnis  einzutreten  und  dass  es  im  allgemeinen 
auf  die  That  und  nicht  auf  die  Form  ankomme.  Schütz  meint,  der  Kaiser 
habe  nach  dem  Abschlüsse  des  Vertrages  mit  Holland  keinen  Grund,  das  Ein- 
treten für  diese  Macht  zu  verbergen.  Schütz  und  der  Grossvogt  Ilammerstein 
sind  zu  Verhandlungen  mit  Goess  bestimmt,  die  dieser  dahin  zu  führen  ver- 
suchen wird,  dass  man  den  Hauptzweck,  die  Anmarschirung  und  Conjungirung 
der  Truppen,  erreiche. 

Der  Versuch  des  Mainzers  das  Haus  Braunschweig  für  den  Plan  der  Reichs- 
mediation zu  gewinnen-)  ist  vornehmlich  durch  das  Eintreten  des  Schütz,  der 
sich  dabei  ganz  wie  ein  kaiserlicher  Minister  erwiesen,  gescheitert. 

Mir  sagt  dieser  Grossvogt  von  Hammerstein,    dass   der  Verjus,   als 
er  gesehen,  wie  die  Sachen  dahie  stunden,   gemelt,  er  sehe,  dass  es  zu 


^)     Ueber  die  Lage  der  Stadt  Köln  in  dieser  Zeit;  Ennen  1.  c.  I.  277 ff. ;  Depping 
1.  c.  114f. 

-)     Ueber  die  Mediatiouspläne  des  Mainzers  vergl.  Guhrauer  1.  c.  II.  29  ff. 


602  VI.    Goess  in  Berlin,    Auliait   in  Wioi.     1672—1670. 

eiuern  Krieg  in  Dcutscliiaiid  kommeo  werde.  Colin  seie  die  Braut,  darum 
man   tanze. 


Goess   an   den  Kaiser.     Dat.  Hildesheim  3,  Oct.  1672.    (Gr.) 

[Erklärungen  des  Herzogs  von  Celle.     Verhandlungen  des  Goess   mit  Schütz.     Dessen 
Haltung.     Rath  des  Goess  Schütz  und  den  Herzog  von  Nouburg  zu  belohnen.] 

3.  Oct.  Nach  neuen  Verhandlungen    mit    dem  Herzoge  von  Celle   und  dessen    Mi- 

nistern wird  dem  Goess  vor  seiner  Ahreise  die  Erklärung  gegeben,  dass  der 
Herzog  zur  Conjunction  der  Truppen  im  Principe  fest  entschlossen  sei  und  nur 
die  Verzögerung  des  Marsches  fordere,  bis  die  Staaten  auch  mit  Dänemark  ge- 
schlossen haben  würden.  Zu  gleicher  Zeit  erklärt  er  sich  bereit,  alles  was  in 
seiner  Maclit  steht  zur  Beschleunigung  des  Abschlusses  zwischen  diesen  beiden 
Mächten  beitragen  zu  wollen. 

Schütz  betont  nochmals  die  Nothwendigkeit  eines  Particulartractates  über  die 
Assistenz  Celle's  durch  den  Kaiser,  über  die  Schadloshaltung  für  etwaigen  Verlust 
und  bezüglich  der  Zusicherung,  dass  ohne  Celle  kein  Friede  geschlossen  werden 
solle.  Goess  betont,  dass  es  dem  Herzoge  ja  frei  stehe  in  das  brandenburgisch- 
österreichische  Bündnis  einzutreten  und  dass  schon  durch  das  braunschweigische 
Bündnis  genügend  Vorsorge  getroffen  sei;  erklärt  sich  aber  bereit  über  den 
Vorschlag  des  Schütz  nach  Wien  zu  berichten.  Schütz  hat  sich  ausgezeichnet 
benommen,  Goess  empfiehlt,  demselben  von  den  ausgesetzten  10000  Gulden  die 
Hälfte  zu  geben  und  auch  dem  Herzoge  von  Neuburg  auf  irgend  eine  Weise 
—  durch  Handbrief  oder  Geschenk  —  ein  sichtbares  Zeichen  der  Zufriedenheit 
und  Neigung  zukommen  zu  lassen. 


Votum  vom  8.  Gct.  über  des  Goess  Schreiben  vom  23.  Sep- 
tember 1672.  (Conc.) 

[Vor-  und  Nachtheile  der  mit  Braunschweig,  Dänemark,  Hessen-Casssl,  Celle  und 
Wolfenbüttel  geschlossenen  Allianz.  Frage  des  Quantums  und  der  provinciarum  in- 
cludendarum.  Commandoangelegenheit.  Entscheidung  durch  die  Majorität.  Bedenken 
dagegen.  Rath  der  Ratification  des  Vertrages.  Frage  des  Beitrittes  von  Mainz  und 
Trier  zu  der  Allianz.     Weisung  an  Goess.] 

8.  Oct.  Man  hat  diese  Consultation  für  sehr  hart  und  diese  mit  Dänemark, 

Braunschweig,  Celle  und  Wolfenbüttel,  auch  Hessen-Cassel  getrotfene 
Allianz  für  so  gethau  befunden,  dass  selbige  für  E.  K.  M.  wohl  oder 
übel  ausschlagen  könne.  Vortheile  der  Allianz  sind;  1".  dass  man  mehr 
Hilfe  gegen  Frankreich  und  andere  christliche  Feinde  zu  erwarten  habe; 
2°.  dass  Schweden  sich  schwerer  zum  Angriff  entschliessen  wird ;  ebenso  3°.  Frank- 
reich und  4".  dass  der  Kaiser  mit  den  meisten  Reichsfürsten  geeinigt  sein  wird. 
Die  Nachtheile,  die  erwachsen  können,  sind :  Verwickelungen  zwischen  Schweden 


VerhaiKlhiiigeu  mit  Schütz.     Allianz  mit  Braunschweig,  Dänemark  etc.  603 

und  Dänemark,  oder  zwischen  den  verschiedenen  Braunschweiger  Fürsten,  in 
die  der  Kaiser  als  Mitglied  der  Allianz  gezogen  würde,  ferner  die  Nöthigung 
für  den  Kaiser,  wenn  Braunschweig  und  Dänemark  mit  Holland,  wie  zu  er- 
warten, direct  gegen  Frankreich  schliessen  würden,  gleichfalls  sich  anzuschliessen; 
endlich  die  Thatsache,  dass  der  Kaiser  der  einzige  katholische  Fürst  dieses 
grossen  Bündnisses  sein  würde. 

Was  die  Allianz  selbst  betrifft,  hat  Goess  recht  betont,  dass  die  grösste 
Schwierigkeit  in  den  quantis  et  provinciis  includendis  bestanden  habe.  Dass  man 
quoad  quantum  von  den  Brannschweigern  mehr  erhofft,  sei  gewiss,  doch  müsse 
man  sicli  mit  dem  zufrieden  geben,  was  man  liekomme ').  Der  holländische 
Minister  Brasser  dürfte  inzwischen  mit  Braunschweig-Celle  schon  auf  10000 
Mann  geschlossen  haben.  Die  Ausschliessung  Ungarns  aus  dem  Vertrage  sei 
unangenehm,  doch  könne  man  nichts  dagegen  thun;  dagegen  wäre  darauf  zu 
achten,  dass  Böhmen  auf  irgend  eine  Weise,  entweder  durch  die  Form  der 
Ratification  des  Vertrages  seitens  des  Kaisers,  oder  durch  Privaterklärungen  der 
einzelnen  Vertragschliessenden,  ausdrücklich  denselben  Schutz  geniesse,  wie  die 
übrigen  aufgenommenen  Länder.  Dass  der  Kaiser  bezüglich  des  Commando's  so 
schlecht  bedacht  worden,  so  dass  in  Abwesenheit  des  Kurfürsten  kleine  Fürsten, 
die  nur  2 — 300  Mann  stellen,  das  Commando  führen-')  sollen,  M'ährend  der 
Kaiser  so  viele  tausende  Soldaten  in  den  Kampf  sende,  sei  hart.  Goess  und 
Montecuccoli  sollen  daher  trachten,  dass  wenigstens  indirect  in  diesem  Punkte 
dem  Kaiser  Genugthuung  werde. 

Ferner  sei  sehr  hart,  dass  bei  diesem  Bündnisse  ausgemacht  worden  sei, 
dass  die  Majorität  entscheide  3) ;  denn  da  der  Kaiser  der  einzige  Katholik  sei, 
so  sei  zu  fürchten,  dass  da  Dinge  vorkommen  werden,  die  für  ihn  höchst  be_ 
dauerlich  werden  könnten.  Allein  es  ist  ein  geschlossene  und  folgends  ge- 
schehene Sachen,  die  sich  nicht  mehr  redressiren  lassen,  es  seie  dann' 
dass  das  ganze  AVerk  völlig  zu  Trümmern  gehe,  durch  welches  E.  K.  M. 
allein  stehen  und  weder  sie  noch  andere  mehr  mit  ihro  tractiren,  hingegen 
gleichwohl  unter  ihnen  diese  Allianz  für  ein  geschlossene  Sachen  halten 
und  observiren  würden.  Dahero  auch  diese  Allianz  wider  Willen  durch 
den  von  Goess  versprochener  Massen  zu  ratificiren,  wann  er  gleich  die 
limites  mandati  in  etwas  überschritten,  oder  sie  ihne  in  etlichen  über- 
rumpelt haben.  Er  hat  vielleicht  gedacht,  quod  facta  teneant  und  dass 
das  momentum  in  tempore  gestanden,  hingegen  der  Hof  sonsten  etwas  lang- 


')  Georg  AVilhelm  stellte  600  Reiter,  1200  Mann  zu  Fuss;  Rudolf  August  500 
zu  Pferd,  1000  zu  Fuss;  vergl.  §  3  des  Bündnisses  vom  12./22.  Sept.  Mörner  I.e.  368. 

-)  §  11  des  Vertrages  vom  r2./22.  Sept.  1672  bestimmte,  dass  der  Oberbefehl 
beim  Requirenten  sein  solle,  bei  Action  inner-  wie  ausserhalb  seiner  Lande.  Sonst  soll 
derselbe  bei  dem  persönlich  anwesenden  Eundsverwandten  oder  bei  dem  Vornehmsten 
derselben  sein.     Mörner  1.  c.  368. 

**)     §  13  des  Bündnisses:  Mörner  1.  c.  369. 


604  VI.  Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1G72— 1C75. 

sam  seit".  Das  beste  ist,  dass  solche  Bündnus  nur  auf  3  Jahr  gerichtet 
und  endlich  bosser  mit  anderen  als  ganz  allein  übel  und  gefährlich  zu 
stehen;  dann  wann  E.  K.  M.  auch  diese  verlieren  und  allein  stehen 
sollte,  auf  werae  hätten  sich  dieselbe  zu  getrösten?  Frankreich  ist  dis- 
gustirt,  Schweden  übel  affectionirt,  die  anderen  Reichsstände  in  viel 
Weg  dividirt,  also  dass  alle  diese  Materien  von  solcher  Wichtigkeit 
seind,  dass  die  humana  prudentia  deficiat  und  allein  Gott  solche  völlig 
übergeben  werden  müssen. 

Man  besorgt,  wenn  Mainz  jetzt  mit  eintreten  wollte,  dass  er  nicht  Auf- 
nahme finden  würde,  Trier  wohl.  Goess  soll  Brandenburgs  Gedanken  darüber 
zu  erfahren  suchen.  Die  Ratification  könnte  der  Kaiser  alsbald  vollziehen. 
lieber  dieses  ist  gut,  dass  in  solcher  Allianz  die  Erhaltung  der  Stadt 
Colin  begriffen  und  damit  der  von  Goess  hierin  nicht  kleiumüthig  gemacht 
werde,  als  könnten  E.  K.  M.  dieses  obige  gar  glimpflich  au  ihne  gelangen 
und  darbei  melden  lassen,  dass  er  gar  Recht  gethan,  dass  er  besagte 
Allianz  mit  den  benennten  also  forderlich  geschlossen  hätte.  E.  K.  M. 
thäten  selbige  allerdings  placidiren  und  solle  er  im  Uebrigen  vorhin 
gnädigst  anbefohlener  Massen  stets  die  gegebene  Instruction  vor  Augen 
haben,  dass  die  Operationen  und  Actionen  also  eingerichtet  w^erden,  da- 
mit man  nicht  dies-  sondern  anderseits  pro  agressore  gehalten  werde'). 
Den  Herzogen  von  Brannschweig  kann  er  zu  verstehen  geben,  dass  sie  einen 
Bevollmächtigten  nach  Wien  senden  sollen.  Vor  allem  andern  wirdet  dahin 
zu  trachten  sein,  dass  in  diese  Allianz  noch  mehrere  Catholische,  als 
Spanien,  Mainz,  Trier  und  andere  treten. 

Berathen  am  6.  Oct.,  beschlossen  wie  eingeraten  am  8.  Oct.  vom  Kaiser  in 
Gegenwart  des  Lohkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Hocher,  Dorsch  und  Abele. 

Die  entsprechende  Weisung  ist  datirt  Ebersdorf  13.  October  1672. 


Der   Kaiser    an    den  Kurfürsten.      Dat.    Ebersdorf  9.  October 

1672.  (Copie.) 

[Erklärung   des    Kaisers   auf    des    Kurfürsten  Begehren  behufs  Unterstützung  der  kur- 
fürstlichen Forderungen    an   das  Reich   und  bezüglich   der  Bitte    um  Vermehrung  der 

Hilfstruppen.] 
9.  Oct.  Der  Kaiser  hat   das  Schreiben  vom  17.  September   erhalten-),   in  welchem 

der  Kurfürst   ihm  mittheilt,    dass   er   auf  des  französisclien   Gesandten  C'^.  de 


1)  Ueber  Oesterreichs  Haltung  in  den  Kriegsangelegenheiten  vergl.  Grossmann, 
Montecuccoli  1.  c.  418  ff. ;  Peter  1.  c.  67  f. 

-)  Liegt  nicht  vor;  der  Inhalt  ist  aus  der  oben  mitgetheilten  Antwort  des  Kai- 
sers ersichtlich. 


Klagen  des  Nicolarts  über  die  Brandenburger.  605 

la  Yauguion  Vortrag  vom  8.  Sept.')  hin  sich  genöthigt  gesehen  habe  bei  den  nor- 
dischen Kronen  und  bei  den  Mitkurfürsten  um  Hilfe  zu  bitten  und  den  Kaiser 
ersucht  seiner  Gesandten  Vorträge  in  Regensburg  zu  secundiren  und  noch  einige 
Regimenter  zur  conjungirten  Armada  zu  schicken").  Der  Kaiser  ist  mit  des 
Kurfürsten  Vorgehen  ganz  einverstanden  und  hat  seinen  Vertretern  in  Regens- 
burg Befehl  zukommen  lassen,  der  kurfürstlichen  Räthe  Vortrag  in  jeder  Weise 
zu  unterstützen^).  Bezüglich  der  ferneren  Absendung  von  Truppen  hat  der 
Kaiser  Montecuccoli  instruirt,  von  dem  der  Kurfürst  bereits  Mittheilung  erhalten 
haben  wird*). 


Goess  an   den  Kaiser.     Dat.  Varlosen  3  Meilen   von   Kassel 
10.  October  1672.  (Or.) 

[Klagen   des  Nicolarts  über  die  brandenbiirgische  Armee.     Des  Nicolarts  Friedeusvor- 

schläge.     Schwerins  Gegenvorschläge.    Schmisings  Urtheil  über  dieselben.    Erklärungen 

des  Herzogs  von  Hannover.] 

Der  kölnische  Vicekaiizler  Nicolarts  mit  dem  Goess  zusammentrifft,  be-  10.  Oct. 
richtet  von  seinem  Aufenthalte  bei  der  brandenburgischen  Armee,  als  dieselbe 
durch  das  Stift  Hildesheim  marschirte;  er  klagt  über  die  Unordnung,  die  wirk- 
lich vorhanden,  aber  nicht  so  bedeutend  war.  wie  er  und  andere  vorgeben^). 
Nicolarts  hat  hac  occasione  dem  Baron  von  Schwerin  eine  Proposition 
zum  Frieden  gethan,  darin  ich  glaube,  dass  er  eben  so  wenig  als  ich 
sieh  finden  können.  Churbrandenburg  solle  man  sein  Land  und  Stadt 
restituiren,  dem  Reich,  was  zum  Reich  gehört,  dasjenige  was  Churcölln 
und  Münster  behielten,  solle  soweit  bei  den  uniirten  Provinzen  incorporirt 
verbleiben,  dass  dieselbe  für  Mitglieder  des  Staats  derentwegen  gehalten 
würden,  Frankreich  solle  von  diesen  Conquesten  nichts  behalten.  Der 
Baron  von  Schwerin  hat  für  sich  und  protestando  dass  er  die  geringste 
Ordre  hierzu  nit  hätte  eine  andere  Proposition  angeworfen;  im  römischen 
Reich  solle  allerseits  der  Fried  gehalten  werden,  aussers  Reich  möchte 
ein  jeder  seinen  Freunden  und  Confoederirten  assistiren.  Als  der  Nico- 
larts diese  Proposition  dem  Schmising  communicirt,  hat  er's  so  weit  ge- 
w^orfen,  dass  er  gleichsam  geahndet,  dass  Nicolarts  es  nur  ad  referendum 
angenommen,   daraus  zu  sehen,  was  annoch   bei  Münster  vor  Gedanken 


1)     Vergl.  Mignet  1.  c.  IV.  101  f.;  Droysen  1.  c.  in.3  409;  Puf.  1.  c.  XI.  .53. 

-)     Für  die  in  Regensburg  in  dieser  Sache  gewechselten  Schriften  vergl.  Londorp 

IX.  898  ff. 

^)     Vergl.  den  Vortrag  der  Kaiserlichen  vom  IG.  Sept.  Diar.  Europ.  XXVI.  App. 

*)     Vergl.  Grossmann,  Montecuccoli  1.  c.  420  ff. 

")     Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  -293:  Peter  1.  c.  65  f. 


ß06  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt    in  Wien.     1672— 1675. 

geführt  werden  ')  und  werd  geglaubt,  dass  bei  der  neulichen  Zusammen- 
kunft zu  Wesel  deren  von  Fiirstenberg  und  des  Herrn  Bischofs  /u 
Münster  mit  dem  d'Estrades  eine  neue  und  engere  Verbündnus  geschehen  ^). 

Nicolarts  ist  ein  Oesterreich  wohl  gesinnter  Mann. 

Am  4.  October  ist  Goess  in  Hannover  angekommen. 

Der  Herzog  spricht  ziemlich  offen .  erklärt  einen  Neutralitätsvertrag  mit 
Frankreich  vor  längerer  Zeit  geschlossen  zu  haben,  der  dem  Kaiser  und  dem 
Reiche  nicht  scliädlich  sei,  ihm  aber  die  Mittel  gebe,  sich  zu  rüsten,  um  wenn 
nothwendig  für  die  Vertheidigung  des  Reiches  einzutreten,  wozu  er  fest  ent- 
schlossen sei.  Goess  vermag  auch  nichts  vom  Herzoge  zu  erlangen,  obgleich 
er  alle  Gründe  anführt,  die  es  im  Interesse  des  Herzogs  gelegen  erscheinen 
lassen,  sich  bezüglich  der  dem  Kaiser  und  dem  Reiche  —  mit  Ausnahme  der 
Unternehmung  Frankreichs  gegen  Holland  —  drohenden  Gefahren,  insbesondere 
wegen  der  Türkengefahr,  zu  einigen").  Der  Herzog  bleibt  dabei,  dass  die  motus 
nun  allenthalben  in  crisi,  es  würde  sich  eins  und  anders  mit  der  Zeit 
schon  besser  anschicken:  sie  würden  in  allen  Occasionen  ihre  unter- 
thänigste  Devotion  gegen  E.  K.  M.  bezeigen. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Hauptquartier  zu  Bergen 
bei  Frankfurt  a.  M.  14.  October  st.  v.  1672.    (Or.) 

[Schwedens  Abwendung  von  Frankreich  und  Anschluss  an  den  Kaiser  und  das  Reich 

betreffend.] 

14.  Oct.  E^  K.  M.  kann  ich  hiemit  unterthänigst  zu  erkennen  zu  geben  niclit 

umhin,  was  massen  der  staatische  Abgesandter  in  Schweden,  van  der 
Haaren^),  an  seine  Principalen  berichtet,  dass  einige  Hoffnung  wäre 
Schweden  von  Frankreich  ab  und  mit  zu  Beobachtung  des  gemeinen 
Interesse  zu  ziehen^),  wann  E.  K.  M.  und  ich  I.  K.  Würde  in  Schweden 
zu  Beitretung  in  der  Alliance  invitiren  möchten.  Dahero  dann  die  H". 
Staaten  durch  ihren  bei  mir  subsistirenden  Envoye,  Freiherrn  von  Ame- 
rongen.  Ansuchung  thun  lassen,  ich  möchte  solches  an  E.  K.  M.  unter- 
thänigst bringen,  auch  für  meine  Person  die  Notdurft  in  Schweden 
beobachten.  Weil  mir  nun  wohl  wissend,  wie  vorträglich  es  der  ge- 
meinen  Sache    sein   würde,    wann    man   diese    Krön    gewinnen   und    mit 


^)     Ueber    des    Bischofs    von    Münster  |Politik    vergl.    Depping-    1.  c.  120;     Peter 
1.  c.  CA. 

-)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III..  411;  Puf.  1.  c.  XI.  GG. 

3)     Vergl.  den  Bericht  vom  10.  Sept.  Iß72  p.  595 ff, 

■»)     Wilhelm  van  Haren,  vergl.  Theat.  Europ.  XI.  71  ff. 

'■•)     Ueber  Schwedens  Politik  in  dieser  Zeit  Carlson  i.  c.   IV.  583. 


Schweden.     Teile.  607 

zur  Alliance  ziehen  könnte,  so  habe  ich  zu  Erreichung  solchen  Zwecks 
ein  Schreiben  an  höchstgedachte  königliche  Würde  in  Schweden  ab- 
gehen lassen  'J.  .  .  .  Wie  ich  dann  dieselbe  hiemit  unterthänigst  ersuchet 
haben  will,  solch  heilsames  Werk  durch  ein  kaiserliches  hochgültiges 
Schreiben  nacher  Schweden  gleichergestalt  zu  secondiren  und  es  zum 
glücklichen  Ausschlag  gnädigst  zu  befördern;  allermassen  E.  K.  M.  von 
dem  staatischen  bei  deroselben  residirenden  Ministre  Bruijnincx  desfalls 
zweifelsfrei  w^erden  requiriret  sein. 


Votum  vom  22.  October  1672  über  des  Goess  Schreiben  vom 
29.  September  und  3.  October  1672.    (Conc.) 

[Persönliche  Anwesenheit    des  Herzogs  von  Celle  im  Felde  und   dessen   Forderungen 

betreffend.     Schütz.] 

Goess  soll  trachten  den  Herzog  von  Celle  von  seinem  Vorsatze  persönlich  22.  Oct. 
ins  Feld  zu  gehen  abzubringen,  mit  Rücksicht  auf  die  wegen  des  Commando's 
zu  befürchtenden  Streitigkeiten-).  Was  des  Schütz  Ansuchen  betrifft,  dass 
nemlich  sein  Herr  Zusicherung  ratione  assistentiae  erhalten,  ohne  ihn  weder 
Friede  noch  Verträge  geschlossen  werden  sollen  und  wenn  ihm  etwas  ab- 
genommen würde,  ihm  zur  Restitution  verhelfen  werden  solle,  kann  der 
Kaiser,  da  diese  Bedingungen  ohnehin  in  das  holländische  Bündnis  hinein- 
kommen, solches  aber  bis  dato  mit  Celle  nicht  verglichen  ist,  sich  nicht  darüber 
äussern. 

Der  Kaiser  sei  bereit  Schütz  für  seine  Dienste  3000  Gulden   von  den  ihm 
ausgeworfenen  10000  Gulden  zu  geben. 

Die  entsprechende  Weisung  ist  datirt  Wien  24.  October  1672. 


Votum  vom  22.  October  1672  über  des  Kurfürsten  Schreiben 
vom  23.  September  1672.  (Or.) 

[Neuburgs   Friedensauerbietungen   für  Frankreich   an  Brandenburg.     Dessen  Antwort. 
Bitte    an    den    Kaiser   um    Meinungsäusserung.     Beiathung    über  diese   Sache.     Gut- 
achten darüber.] 

Es    hat    an    E.  K.  M.    der    Churfürst    zu    Brandenburg  d.  d.  Cassel  22.  Oct. 
23.  Sept.  1672    nachfolgendes   Schreiben    gehorsamst    abgehen    lassen^): 
„E.  K.  M.  habe  hiemit  unterthänigst  zu  berichten  nicht  unterlassen  wollen, 


')    d.d.  G./IG.  Oct.  1G72. 

"0     Vergl.  das  Votum  vom  8.  Oct.  p.  602  ff. 

^)     Das  Schreiben  liest  nicht  vor.  der  Inhalt  ist  im  Texte  mitg'etheilt. 


ß08  VI.    Goess  in  Berlin,    Aniiait  in  Wien.     1072  —  107.5. 

wasgestalt  des  H".  Pfalzgrafen  zu  Neuburg  L'^'",  jemand  der  ihrigen  ^) 
anhero  zu  mir  geschicket  und  unter  andern  viel  und  bewegliche  propo- 
.sitiones  zum  Frieden  thun  lassen;  auch  darbei  fürgestellt,  dass  vielleicht 
derselbe  anietzo  besser  als  jemalen  von  Frankreich  zu  erlangen  und  der 
König  darzu  nicht  abgeneigt  wäre,  da  hingegen,  wann  es  einmal  zum 
Bruch  oder  fernem  CoUisionen  zwischen  ihrae  und  andern  Alliirten  ge- 
kommen, das  Werk  viel  schwerer  und  weitläufiger  fallen  möchte.  I.  L''*". 
Hessen  dabei  viele  Umstände  und  rationes  anführen,  mit  deren  Erzählung 
E"".  K.  M.  ich  nicht  beschwerlich  fallen  will  und  verlangten  endlich  zu 
wissen,  ob  sie  nicht  etwas  Gutes  bei  der  Sache  thun  und  ein  so  löbliches 
Werk  befördern  könnten;  wollten  es  an  fleissiger  Bemühung  nicht  ermanglen 
lassen  und  gern  wissen,  wie  und  mit  was  Conditionen  man  endlich  den 
Frieden  zu  machen  geneigt.  Ich  habe  hierauf  den  Abgeordneten  anders 
nicht  als  dieses  anzeigen  lassen,  dass  man  diesseits  nicht  weniger  Inclination 
zu  einen  raisouablen  aufrichtigen  Frieden  hätte,  auch  dass  dieses  der 
einzige  Zweck  dieses  Marsches  und  der  Alliirten  so  kostbaren  Armatur 
wäre.  Von  denen  Conditionen  hätte  ich  in  specie  eben  nichts  zu  melden, 
weil  die  Sache  nicht  mein  Interesse  allein  concernirte  ;  nur  könnte  ich 
dieses  in  gmein  und  unverfänglich  melden,  dass  der  Friede  auf  solche 
Conditionen  gemacht  werden  möchte,  wardurch  alle  Interessenten  be- 
ständige und  völlige  Sicherheit  erlangeten;  inmittls  wollte  ich  nicht  unter- 
lassen mit  E.  K.  M.  und  andern  daraus  zu  communicireu.  Welche  Com- 
munication  ich  dann  hiemit  in  gehorsamsten  Respect  verrichten  wollen, 
E.  K.  M.  uuterthänigst  ersuchend,  mir  von  dieser  wichtigen  Sachen  dero 
höchst  erleuchtete  Sentimente  in  Zeiten  wissen  zu  lassen,  weil  auch 
von  Schweden  dergleichen  propositiones  geschehen  möchten.  Zu  wünschen 
wäre  es  wohl,  dass  ein  aufrichtiger  Friede  je  ehe,  je  lieber  erlanget  und 
dardurch  die  christliche  Potentaten  mit  einmüthiger  Zusammensetzung 
und  nachdrücklichen  Ernst  sich  dem  Erbfeind,  welcher  abermal  die 
Vormauer  der  Christenheit  angegriffen  und  sich  einiger  fürnehmen 
Festungen  und  Lande  in  Polen  bemächtigt"),  desto  mehr  widersetzen 
möchten." 

Man  hat  darüber  ani  19.  October  bei  Lobkowitz  beratlien  und  gefunden, 
dass  hieriunen  abermalen  die  menschliche  Vernunft  weichen  und  abgehen 
und  also  des  heiligen  Geistes  Erleuchtung  dieses  schwere  Werk  allein 
erörtern    und    treffen    könne,    dann  es  kommt  auf  diese  Frag,    ob    sich 


1)     Stratman;  vergl.  Peter  1.  c.  70. 

^)     Kaminice  war  am  30.  Aug.  gefallen;    vergl.  Th.  Eur.  1.  c.  XI.  77  f. 


Frankreichs  Fnedensaiitiäge.     Haltung  Brandenburgs  zu  denselben.  609 

E.  K.  M.  von  ihren  Colligirten  absondern,  oder  bei  selbigen  beständig 
verbleiben  wollen.  Wollen  sie  sich  von  ihnen  absündern,  oder  nur  im 
geringsten  vacilliren,  so  sein  E.  K.  M.  ganz  allein  und  folgends  nicht  bastant 
wider  den  Türken  und  Frankreich  den  Krieg  zu  führen.  Bleiben  sie 
aber  bei  ihren  Confoederirten,  so  können  sie  ohne  dieselbigen  keinen 
Fried  machen  und  zugleich  ohne  Holland  den  Krieg  wider  Frankreich 
nicht  continuiren,  dann  das  ganze  Fundament  diesfalls  ist  auf  die  Sub- 
sidieu  gerichtet,  welche  Holland  an  E.  K.  M.,  an  Dänemark,  an  Bran- 
denburg und  an  Braunschweig-Celle  und  Wolfenbüttel  zu  geben  haben;  ... 
derowegen  kein  menschlicher  Verstand  diese  in  dem  libro  fatorum  ge- 
schriebene Ziffer  auflösen  kann,  sonderlich  weilen  die  von  Frankreich  vor- 
gebende Begierd  zum  Frieden  lauter  falsche  artificia  seind  und  sich  dahero 
E.  K.  M.  von  ihren  so  gut  gefassten  consiliis  nicht  so  leicht  divertiren 
lassen  können.  Allein  weilen  Churbrandenburg  selbsten  hierzu  durch  dieses 
sein  Schreiben  die  Gelegenheit  gibt  und  deroselben  selbsten  allem  Ansehen 
nach  bei  der  Sache  nicht  wohl  sein  möchte,  wie  solches  aus  des  Grafen 
Montecuccoli  Schreiben')  und  zugleich  aus  diesem  zu  sehen,  dass  er 
wegen  übergangenen  Caminiez^)  und  der  neuen  Rebellion  in  Hungarn 
die  Gefahr  wegen  Polen,  Schlesien  und  Ungarn  sehr  zu  Gemüth  nehme, 
benebens  der  von  Schwerin  diese  Friedensgedanken  auf  alle  Weis  secun- 
diren  wirdet,  als  welcher  diesem  brandenburgischen  foederi  sehr  darwider 
gewest  und  dahero  Churbrandenburg  sagen  möchte,  wann  E.  K.  M.  alle 
Friedensgedanken  verwerfen  sollten,  dass  er  es  deroselbigen  proponirt, 
sie  solches  gleichwohlen  nit  gethan  oder  angenommen,  hingegen  wissend, 
dass  Frankreich  nichts  anders  suche,  als  wie  sie  die  gemachte  foedera  dis- 
solviren  und  hernach  einem  nach  dem  andern  aufreiben  möge,  als  ist  man 
endlich  dahin  schlüssig  geworden:  Der  Kaiser  soll  Brandenburg  für  die 
Mittheilung  danken  und  für  seine  Erklärungen  an  Montecuccoli  und  Goess 
weisen.  Diese  beiden  wären  aber  dahin  zu  instruiren,  dem  Kurfürsten  vorzu- 
halten, der  Kaiser  sehe  den  Vortheil  eines  allgemeinen  Friedens  vollkommen 
ein,  sei  auch  zur  Unterstützung  des  Kurfürsten  in  seinem  Bestreben  einen 
solchen  Frieden  zu  erlangen  bereit,  und  bitte  den  Kurfürsten  mit  Montecuccoli, 
Goess  und  seinen  Käthen  darüber  zu  berathen,  ob  und  w'ie  dann  ein  allge- 
meiner, beständiger  Fried  gemacht  w^erden  möchte  und  ob  nicht  das  Werk 
an  dem  stecken  möchte,    dass  1".  Frankreich  alle  occupirte  Oerter,  son- 


')     Das  Schreiben  liegt  nicht  vor;    lloutecuccoli's  Stellung  ist  jedoch  zu  ersehen 
aus  Grossmann,  Montecuccoli  1.  c  423  ff. 
-')     Am  30.  Aug. 

Mater,  z.  Gesell,  d.  G.  Kuifüisteu.    XIV.  Du 


610  VI,    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672— 1G75. 

derlich  was  Churbrandenburg  gehörig  und  die  im  Lüttich  alsobald  ab- 
geben und  abtreten;  2".  alle  durch  dero  Waffen  denen  Chur-  und  Fürsten 
zugefügte  Schäden  des  Gremonville  Erbieten')  gemäss  gut  machen; 
3".  Lothringen  völlig  restituiren  und  4^  dem  von  Frankreich  selbsten 
zu  Regensburg  beliebten  arbitrio  zwischen  den  10  Verein-Stä,dten  in 
Elsass  und  denen  Vasallen  der  3  Stifter  Metz,  Toul  und  Verdun  den 
Lauf  lassen^):  5°.  die  Sach  wegen  Holland  solchen  mediatoribus,  wider 
welche  E.  K.  M.  und  Brandenburg  kein  Bedenken,  übergeben,  nicht  weniger 
in  solchen  Frieden  E.  K.  M.,  die  Krön  Spanien  und  Churbrandenburg  neben 
Holland  contra  quoscunque  infractores  einschliessen  sollten  und  thäten 
E.  K.  M.  ihnen  beiden  diesfalls  nichts  vorschreiben,  sondern  allerdings 
anheimstellen,  ob  und  was  sie  von  diesen  Churbrandenburg  und  seinen 
Käthen  sagen  oder  melden  und  mit  ihnen  deliberiren  wollten. 

Durch  diese  Antwort  verwerfen  E.  K.  M.  diese  Churfürstens  zu 
Brandenburg  Friedensproposition  nicht,  nehmen  auch  selbige  nicht  an, 
sondern  remittiren  solche  ihme  wider  zurück^). 

Berathen  am  19.  October  bei  Lobkowitz ,  aufgesetzt  am  22.  Oct.  von  4  bis 
7  Uhr  früh  und  vom  Kaiser  praesentibus  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg. 
Hocher,  Dorsch  nud  Abele,  geschlossen,  wie  gerathen. 


Der  Kaiser  an  den  Kurfürsten.     Dat.  Wien  24.  October  1672. 

(Conc.) 

24.  Oct.  Der  Kaiser   hat   das  Schreiben  vom  23.  Sept.  d.  d.  Cassel  über  des  Nen- 

burgers  Friedenspropositionen  erhalten^)   und  hat  Montecuccoli   und  Goess  ent- 
sprechende Befehle  ertheilt,  an  welche  Männer  er  den  Kurfürsten  weise  '='). 


')     Ueber  Gremonvilles  Thätigkeit  in  Wien  in  dieser  Zeit;  Mignet  1.  c.  IV.  llGff. 

-)     Vergl.  Pachner  1.  c.  I.  353  f,  364  f. 

")  Ueber  Oesterreichs  Verhalten  in  dieser  Zeit:  Mignet  1.  c.  IV.  I19ff.;  Wolf 
I.e.  390 f.;  Grossman,  Lisola  69 if. 

*)  Das  Schreiben  des  Kurfürsten  liegt  nicht  vor,  der  Inhalt  aber  in  dem  Votum 
vom  22.  Oct.  1672. 

'")  Die  Weisung  an  Montecuccoli  und  Goess  vom  24.  Oct.  ganz  conform  dem 
Votum  vom  22.  Oct. 


Urtheil  des  Kaisers  über  Frankreichs  Friedensanträge.    Braunschweiger  Bündnis.      611 

Goess   an   den   Kaiser.     Dat.   Bergen  bei  Frankfurt  25.  Oct. 

1672.   (Or.) 

[Das    Quantum    der    Truppen.     Aufnahme  Böhmens  in   den  Vertrag.     Religionsange- 
legenheiten.    Aufnahme  Spaniens  und  des  Mainzers  in  den  Vertrag.     Commandofrage. 
Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  von  Mainz.     Amerongens  Klagen  über  der 
kaiserlichen  Truppen  langsamen  Marsch.] 

"Weisung  vom  13.  Oct.  erhalten.  25.  Oct. 

Goess  hätte  gerne  ein  grösseres  Quantum  von  den  Herzogen  von  Braun- 
schweig erhalten'),  der  von  Celle  war  auch  dafür  geAvonnen;  da  aher  Wolfen- 
büttel nicht  wollte,  ist  nichts  daraus  geworden.  Bezüglich  Böhmens  Aufnahme 
in  den  Tractat  hat  Niemand  Zweifel  gehegt,  vielmehr  wurde  immer  Goess 
gegenüber  betont,  dass  durch  die  Aufnahme  Böhmens  und  dessen  Nebenländer 
für  den  Kaiser  genug  geschehe.  Die  allgemeine  Form  des  2.  Artikels  bezüglich 
der  eingeschlossenen  Provinzen'-)  ist  aus  Rücksicht  für  Brandenburg  gewählt 
worden,  weil  die  clevischen  Länder  als  provincias  affectas  sonst  expresse  aus- 
geschlossen worden  wären.  Goess  hält  es  daher  nicht  für  angezeigt,  wegen 
der  Aufnahme  Böhmens  noch  fernere  Vorstellungen  zu  machen,  Avird  es  auch 
unterlassen,  wenn  er  nicht  neuen  Befehl  aus  Wien  erhält  es  zu  thun.  Was 
die  Religion  betrifft,  haben  die  Acatholischen  etwas  zu  Gunsten  ihres  Glaubens 
einfügen  wollen,  was  Goess  durch  die  Behauptung  hintangehalten,  dass  es  sich 
in  diesem  Falle  nicht  um  Religionssachen  handle.  Bezüglich  der  Aufnahme 
Spaniens  müsste  man  vorerst  wissen,  was  für  eine  Hülfe  es  leisten  wolle. 

Mainz  dürfte  kaum  zum  Eintritte  geneigt  sein.  Was  das  Commando  betrifft, 
habe  ich  keinen  anderen  Srupl  darbei  gehabt,  als  dass  E^  K.  M.  höchster 
Respect  und  Autorität  billig  ein  mehrers  erforderte.  Im  übrigen  quoad 
rem  ipsam,  wann's  darzu  kommen  sollte,  werden  dieselbe  in  effectu  das 
Commando  führen  und  eben  diese  Beschaffenheit  hat  es  auch  in  eo 
puncto,  dass  die  majora  zu  gelten. .  , . 

Mit  dem  Kurfürsten  von  Mainz  hat  Goess  in  Frankfurt  eine  längere  Aus- 
einandersetzung. Ihr  Discurs  gienge  dahin,  dass  sie  sich  zur  Neutralität 
respectu  des  holländischen  Kriegs  mit  Gutheissen  E"",  K.  M.  erklärt. 
Nachdem  die  intentirte  Reichsmediation  nit  reussiren  wollte,  wäre  es 
nun  an  dem,  dass  sie  ihre  particuliere  Mediation  zu  interponiren.  Ich 
habe  bald  gemerkt,  wo  dieses  hingienge,  directe  nit  darauf  geantwort, 
sondern  die  von  Schweden  schon  interponirte  Mediation  berührt  und  dass 


')  Georg  Wilhelm  verpflichtete  sich  zu  600  Reitern  und  1200  Mann  zu  Fuss; 
Rudolf  August  zu  500  Reitern  und  1000  Mann  zu  Fuss. 

^)  Artikel  2  lautet:  „Zum  anderen  sollen  aller  und  jede  Bundverwaudten  Län- 
der, welche  sie  gegenwertig  innehaben  und  besitzen  und  im  heil.  röm.  Reich  gelegen, 
sammt  hergebrachten  juribus,  Praerogativen  und  Gerechtigkeiten  in  gegenwertigei- 
Bündnis  begriffen  etc. 

39* 


ßl2  VI.    Goess  in   Berlin,    Anlialt  in  Wion.     1072—1675. 

sie  hierdurch  die  von  Frankreich  mit  grossem  Geld  erkaufte  Allianz- 
tractaten  eludiren,  indeme  die  Mediation  eine  Neutralität  nach  sich  zu 
ziehen  scheine,  wohin  Chur-Mainz  meines  Erachtens  mehr  zielen  möge, 
als  dass  sie  zu  verhoffen,  dass  durch  ihre  Mediation  der  Fried  zu  er- 
heben. Ich  insinuirete,  dass  ohne  eine  rechtschaffene  Zusammensetzung 
und  einer  guten  Armee  im  Rücken  alle  sothane  negociationes  leer  aus- 
gehen würden;  sie  replicireten,  das  unum  facere  et  aliud  non  omittere; 
würde  Frankreich  sich  nit  zur  Raison  legen,  würde  man  desto  besser 
mit  dem  Armament  im  Reich  fortkommen  können').... 

Amerongeii  klagt  sehr  über  der  kaiserlichen  Truppen  Marsch  und  dass 
nichts  gethan  wird'^).  Ich  merke  wohl,  dass  uns  die  ganze  Schuld  gegeben 
werd;  wie  er  aber  nit  weiss,  wie  weit  es  mit  den  Tractaten  zwischen 
£■■.  K.  M.  und  Holland  kommen^),  so  muss  er  nothwendig  seine  Klagen 
mehr  wider  I.  Ch.  D.  als  wider  uns  anstellen.  . , . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Bergen  bei  Frankfurt 
29.  October  1672.    (Or.) 

[Des  Schütz  Mittheilungen  über  die  diiuisch-staatischen  Beziehungen.  Krankheit  des 
Kurfürsten  von  Köln.  Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  und  Montecuccoli  bezüg- 
lich eines  eventuellen  Waffenstillstandes.  Urtheil  des  Goess  in  dieser  Frage.  Des 
Kurfürsten  Ansicht.  Crockows  Sendung  nach  England.  Klagen  über  des  Kaisers  Ver- 
halten. Punctum  securitatis.  Böhmens  Einschliessung  in  den  Braunschweiger  Tractat. 
Brandts  Sendung  nach  Wien.  Verhandlungen  mit  der  Schweiz.  Unterredungen  des 
Goess   mit   dem   Herzoge   von  Hannover  und  mit  der  Landgräfin  von  Hessen-Cassel.] 

29.  Oct.  Weisung  vom  20.  und  25.  September  erhalten^).     Aus   dem  Schreiben  des 

Schütz  vom  8.  October  ist  zu  ersehen,  dass  die  Verhandlungen  zwischen  Däne- 
mark und  den  Staaten  noch  nicht  zu  dem  erwünschten  Ziele  geführt  haben, 
vornehmlich  aus  Geldrücksichten  ^). 

Der  schlechte  Gesundheitsznstand  des  Kurfürsten  von  Köhi  beunruhigt  sehr ; 
sein  Tod  könnte  verhängnisvoll  werden. 

Occasione  der  von  dem  päpstlichen  Nuncio  zu  Wien  offerirender 
Mediation  und  was  darbei  vorgangen,  habe  ich  den  Baron  von  Schwerin 
sondirt,  quid  sentiret  von  einem  armistitio  über  Winter.     Ich  vernähme. 


')     üeber    des    Mainzers  Verhalten    Droysen  1.  c.  HI...)  415:    Peter  1.  c.  70;    Puf. 
1.  c.  XI.  51,  63;  Guhrauer  1.  c.  H.  9  ff. 
-)     Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  299  ff. 
^)     Vergl.  Grossman,  Lisola  1.  c.  68  ff. 
^)     Liegen  nicht  vor. 
'•')     Schreiben  von  Schütz  au  Goess  d.  d.  Lüneburg  8.  Oct.   1G72.  Aut. 


Plau  eines  \VatTcn>tillstaiules.     Klagen  über  des  Kaisers  Verhalten.  Gl'> 

ilass  man  in  Holland  sehr  apprehendire.  dass  die  Gefrier  ihnen  das 
avvantaggio,  so  sie  von  dem  Wasser  nun  haben,  benehmen  werde:  mit 
Occupation  der  Grafschaft  Burgund  zu  Winterzeit  hätte  man  erfahren, 
dass  man  in  jSiederland  in  der  Rechnung  geirret,  da  man  das  anerbotenc 
armistitium  ausgeschlagen  und  vermeint,  man  wollte  dem  König  in 
Frankreich  nit  obligirt  sein,  um  was  die  Saison  und  der  Winter  ohne 
das  gaben;  es  wäre  das  Werk  wohl  zu  überlegen  und  zu  consideriren, 
was  der  gemeinen  Sach  am  vorträglichsten.  Er  inclinirete  fast  pro  ar- 
mistitio  und  sagte  mir,  dass  der  von  Amerongen  von  dergleichen  Mei- 
nung wäre'),  hätte  es  aber  nit  nach  Holland  schreiben  dörfen,  ex 
praesupposito,  dass  der  Prinz  von  Oranien  von  andern  Sentiment^),  und 
hätte  ihn  den  Baron  von  Schwerin  gebeten,  er  möchte  es  durch  die 
ihrige  im  Haag  anwerfen  lassen.  Res  haec  est  magni  momenti  und 
würde  nit  undienlich  sein,  wann  E.  K.  M.  alles  reiflich  überlegen  und 
wie  man  sich  unserer  Seiten  darbei  zu  verhalten,  berathschlagen  Hessen. 
Ich  habe  auch  schon  mit  dem  Generallieutenant  ^)  daraus  geredt  und 
finde  ich  ihn  fast  mehr  ad  affirmativam  quam  ad  negativam  inclinirt, 
zumalen  E"".  K.  M.  gnädigste  Befelch  uns  ohne  das  quasi  in  statu  armistitii 
stellen  und  ja  vorträglicher,  dass  auch  die  Franzosen  darzu  obligirt 
würden*).  Circa  modum  aber  hiervon  zu  tractiren,  wäre  ich  der  uuter- 
thänigsten  Meinung,  dass  wir  es  an  uns  kommen  zu  lassen  und  wann 
man's  acceptiren  sollte,  das  meritum,  credito  und  Reputation,  dass  wir 
friedfertige  consilia  führen,  darvon  zu  tragen.  Als  man  heut  bei  der 
Conferenz  hiervon  geredt,  haben  I.  Ch.  D.  gut  befunden,  dass  man  die 
momenta  rei  et  rationum  pro  et  contra  entwerfen  solle.  Freilich  werd 
Chur-Mainz  praetextu  der  intendirenden  Mediation  nun  suchen  die  pro- 
ponirende  Allianzen  auszuschlagen.  .  .  .  Crockow  ist  nach  England  geschickt 
worden  =). 

Die  Unzufriedenheit  mit  dem  Benehmen  des  Wiener  Hofes  dauert  fort. 
Als  in  der  gestrigen  Conferenz  ich  meine  Meinung  dahin  eröffnet,  dass 
vermuthlich  die  Franzosen  die  Stadt  Colin  diesmalen  nit  attaquiren 
möchten^  weilen  es  eine  völlige  Ruptur  sein  würde,  haben  1.  Ch.  D.  fast 
empfunden,  dass  man  vermeinen  wolle,  dass  Frankreich  bei  allem  dem, 
was    wider    dieselbe    schon  vorgenommen    worden,    noch  nit  völlig    ge- 


')  Ueber  Ainerongens  Verhandlungen  Urk.  u.  Act.  III.  oU4ff. ;  Peter  1.  c.  74f. 

■)  Vergl.  Urk.  ii.  Act.  III.  305;  Peter  1.  c.  72  f. 

•')  Montecuccoli:  für  sein  Verhalten  Grossmann  1.  c.  4"27iT. 

*)  Vergl.  Grossmann  1.  c.  419  fi'. 

^)  Puf.  1.  c.  XI.  74  f. 


614  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—167.5. 

brochcn.  Es  ist  darbei  ein  abermaliges  Memorial  des  von  Amerongcn 
verlesen  worden'),  darin  er  seine  vorige  Klagen  wegen  der  grossen 
Quantität  des  täglich  den  Franzosen  zuführenden  Getreids  und  dass 
dasselbe  von  uns  nit  verhindert,  noch  sonsten  agirt  werde,  wiederholt, 
mit  Bitt,  dass  I.  Ch.  D.  sich  schriftlich  erklären  wollten,  welchergestalt 
sie  den  Tractaten  gemäss  nunmehr  zu  agiren  gedächten,  damit  er's  seinen 
Principalen  berichten  und  dieselbe  mithin  angetrieben  werden  mögen 
die  Subsidiegelder  ferner  zu  subministriren.  Man  hat  das  Werk  über- 
legt und  allenthalben  grosse  Difficultäten  darbei  gefunden;  .  .  .  man  er- 
wartet des  angesetzten  Generalquartiermeisters  Goltz  und  anderer  Ofücier, 
die  ausgeschicket  worden  die  Gelegenheiten  abzusehen,  wo  am  Main 
und  am  Rhein  die  Brücke  am  besten  können  geschlagen  werden^)... 

Als  ich  bei  dem  Baron  von  Schwerin  sondirt  über  Ausmach-  oder 
Niederlassung  des  puncti  securitatis,  hat  er  mir  gesagt,  dass  I.  Ch.  D. 
zu  Mainz  ihme  in  der  Hand  zugesagt,  sie  wollten  allen  Fleiss  dahin  an- 
wenden, damit  die  Kreisvölker  sich  mit  unserer  Armee  coujungiren, 
welches,  wann  es  zu  erhalten,  ein  grosses  an  sich  selbst,  wie  dann  auch 
wegen  der  Consequenzen  sein  würde. 

Schwerin  betont  ausdrücklich,  dass  es  unnöthig  sei  Böhmen  expresse  in 
dem  Bündnisse  zu  nennen.  Zum  Gesandten  nach  Wien  hat  Schwerin  den  neu- 
märkischen Kanzler  Brandt  vorgeschlagen.  Der  Oberst  Plessis  hat  dem  Kur- 
fürsten aus  der  Schweiz  geschrieben,  dass  es  sehr  zweckmässig  sein  würde, 
wenn  der  Kaiser  jemanden  nach  der  Schweiz  senden  würde  ^). 

In  einem  zweiten  Schreiben  vom  selben  Datum  berichtet  Goess  noch  weitere 
Details  über  seine  Unterredungen  mit  dem  Herzoge  von  Hannover,  dem  er  die 
Nützlichkeit  eines  Bündnisses  mit  dem  Kaiser  demonstrirt,  ohne  jedoch  mehr  als 
dilatorische  Antworten  zu  erhalten.  Der  Herzog  behauptet,  Frankreich  werde  die 
nächsten  4  Jahre  nichts  wider  das  Reich  tentiren.  Die  Landgräfin  von  Hessen- 
Cassel,  bei  der  sich  Goess  aufgehalten  hat,  zeigt  Aviederum  die  besten  Gesin- 
nungen für  den  Kaiser  und  dessen  Hof. 


^)  lieber  Amerongens  Thätigkeit  und  seine  Memorialien  Urk.  u,  Act.  III.  301  ff., 
316  f. 

2)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  316;  Peter  1.  c.  77. 

3)  Puf.  1.  c.  XI.  73. 


Friedensverhandluugeu  des  Kaisers  mit  Frankreich.  615 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Bergen  bei  Frankfurt  a.  M. 
1.  November  1672.    (Or.) 

[Gerüchte    von    geplanten   Friedensverhandlungen    des    Kaisers.      Verhandlungen    des 
Goess  mit  dem  Kurfürsten  in  dieser  Sache.     Wangelins  Erklärungen.] 

Weisung  vom  24.  October  erhalten.  1.  Nov. 

Am  29.  hat  man  mir  von  Hof  die  beikommende  articulos  faciendae 
pacis'),  welche  von  dem  chuibrandenburgischen  Residenten  zu  Ham- 
burg^) hieher  geschickt  worden,  communicirt.  I.  Ch.  D.  haben's  mehr 
apprehendirt,  als  ich  nit  vermeint  hätte,  sagten  mir,  dass  sie  dest- 
wegen  allbereit  ein  Schreiben  an  E.  K.  M.  aufsetzen  lassen,  solchergestalten 
würden  sie  übel  im  Stich  verlassen.  Ich  habe  sie  gebeten,  sie  möchten's 
nit  thun  und  in  alle  Weg  versichert,  dass  nichts  hieran  wäre  und 
man  das  geringste  ohne  vertreulich  und  mit  aller  Sincerität  mit  S.  Ch. 
D.  zu  communiciren  hierin  thun  werde,  worbei  sie  zwar  acquiescirt:  es 
werd  aber  da.sjenige,  was  E.  K.  M.  dero  Generallieutenant  und  mir  super 
hac  materia  gnädigst  anbefehlen,  mit  desto  mehrerer  Behutsamkeit  an- 
zugreifen sein;  was  wegen  eines  Stillstands  über  Winter  neulich  vor- 
kommen kann  uns  die  Bahn  einzigermassen  machen. 

Die  Erklärungen  Wangelins,  des  schwedischen  Abgeordneten,  lauten  sehr 
günstig;  wenn  sie  nur  aufrichtig  gemeint  wären!  Er  behauptet,  man  wolle 
denen,  welche  die  Staaten  retten  wollen,  nicht  nur  niclits  in  den  Weg  legen. 
sondern  selbst  dazu  helfen  ^). 


0  Dieses  Project,  das  in  Wien  von  den  Ministern  des  Kaisers  und  der  Könige 
von  Frankreich  und  Spanien  zur  Abwehr  eines  grossen  Krieges  aufgesetzt  worden  sein 
sollte,  enthält  folgende  Bestimmungen:  1".  Der  König  von  Frankreich  greift  Spanien 
innerhalb  5  Jahre  nicht  an;  während  dieses  Zeitraumes  suchen  der  Kaiser  und  der 
Papst  die  zwischen  beiden  Kronen  bestehenden  Diiferenzen  zu  beseitigen.  2'^.  Frank- 
reich setzt  den  Herzog  von  Lothringen  in  seinen  Besitz  wider  ein,  oder  gibt  ihm 
eine  andere  entsprechende  Satisfaetion.  '■>"'.  Frankreich  gibt  alle  in  diesem  Kriege 
genommenen  Reichsstädte  heraus;  falls  er  sich  bezüglich  der  dem  Brandenburger  ge- 
hörigen mit  diesem  nicht  einigen  kann,  übergibt  es  dessen  Städte  einem  anderen  vom 
Kaiser  zu  bestimmenden  Fürsten  des  Reiches.  4°.  Frankreich  verpflichtet  sich  12000 
ilann  nach  Polen  gegen  die  Türken  zu  senden  und  1  200  000  Livres  jährlich  für  die 
Dauer  des  Krieges  gegen  die  Türken  zu  zahlen.  5".  Geht  Frankreich  auf  diese  Be- 
dingungen ein,  so  werden  des  Kaisers  und  die  Truppen  Brandenburgs  und  Spaniens 
zurückmarschiren  und  Holland  nicht  unterstützen,  sich  in  den  Streit  zwischen  Frank- 
reich und  Holland  gar  nicht  einmischen.     Vergl.  Dia.  Europ.  XXVI.  p.  I.  413f. 

-)     .Jerike ;  Orlich,  Friedr.  Wilh.  Anhang  4. 

^)  Ueber  Wangelins  Verhandlungen  vergl.  Urk.  u.  Act.  HI.  317 ;  Puf.  1.  c.  XI. 
79 ;  Peter  1.  c.  78. 


(][{]  VI.    Goess  iu  Ikrliii,    Anhalt  iu  Wien.      167:.' —  1(;75. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Bergen  bei  Frankfurt  a.  M. 
3.  November  1672.    (Or.) 

[Krieffsnachrichten.     ITrtheil    des    Goess    über    die    Lage.     Verhandlungen   des   Goess 
und  Montecuccoii's  über  die  Friedensfrage.     Amerongens  Erklärungen.] 

Nov.  Mit  den  Franzosen  hat  ein   kleines  Gefecht   an   der  Lahn  stattgefunden '). 

Nach  den  Gerüchten,  die  einlaufen,  soll  Turenne  heranrücken  gegen  die  ver- 
einigten brandenburgisch-österreichischen  Truppen,  die  Befehl  erhalten  haben, 
sich  kampfbereit  zu  halten  ■). 

Wir  haben  uns  dahie  beflissen  E'.  K.  M.  gnädigsten  intentionibus 
und  Befelch  schuldigster  masseu  nachzuleben,  werden's  auch  noch  ferner 
thuD,  soviel  es  der  Zustand  der  Sachen  leiden  werd.  Meinem  geringen 
Ermessen  nach  haben  wir  für  diesmalen,  wann  es  änderst  mit  guter 
Manier  geschehen  kann,  die  Hauptaction  zu  decliniren;  sollen  wir  aber 
darzu  genötiget  werden,  verhoffe  ich,  dass  wir  alle  thun  werden,  wie 
ehrliche  Leut.  Ich  considerire  den  gegenwärtigen  Zustand  der  Sachen ; 
es  ist  freilich  eine  starke  Crisis,  so  E.  K.  M.  auf  einmalen  dieser  Orten, 
in  Hungaru  und  in  Polen  zustost;  wie  aber  dieselbe  eine  gerechte  Sach 
habeo  und  der  allmächtige  Gott  sie  in  anderwärtigen  schweren  Unge- 
legenheiten  und  Anfechtungen  nit  verlassen,  also  haben  wir  auch  dies- 
malen auf  den  göttlichen  Beistand  zu  vertrauen,  das  unserigc  zu  thuu. 
et  magnis  animis  magna  discrimina  zu  superireu. 

Des  Kaisers  Ansicht  bezüglich  des  Friedens  haben  Goess  und  Montecuccoli 
am  2.  Nov.  bei  der  Conferenz  vorgebracht^).  Amerongen  hat  abermals  ein 
Memorial  übergeben*),  in  welchem  er,  nach  Berichten  seiner  Herrn,  alle  Friedens- 
anerbietungen  der  Franzosen  für  Vorspiegelungen  erklärte,  für  die  Fortsetzung 
des  Krieges  eintrat  und  eine  deeidirte  Antwort  von  Brandenburg  forderte. 


Votum    vom   7.  November  1672    über    des    Goess    Schreiben 
vom  25.  October  1672.   (Conc.) 

[Ratification  des  Vertrages  von  Braunschweig.     Beitritt  Spaniens.     Zustand   iu  Polen 
und  Ungarn.     Punctum  securitatis.] 

1.  Nov.  Goess    soll    die    Katification    des    Braunschweiger    Bündnisses    durch    den 

Kaiser  alsogleich  übergeben  und  wegen  Böhmen  trachten   Privaterklärungen  zu 


1)     Vergl.  Peter  1.  c.  79 f.;  Urk.  u.  Act.  IIL  318;  Orlich  IL  7-4;  Grimoard  1.  c.  IL 
90  L;  Beaurain  1.  c.  42  L 

-)     Vergl.  Grimoard  1.  c.  IL  120,   124. 

3)     Vergl.  Peter  1.  c.  84;  Urk.  u.  Act.  IIL  318 ff. 

■*)     Memoire  vom  2.  Nov. :  vergl.  Urk.  u.  AcL  III.  317. 


Urtheil  des  Goess  über  die  Lage.     Klagen  des  Kutfüi>teii  über  die  Franzosen.      (317 

erlangen,  da  eine  Umänderung  der  kaiserlichen  Ratification,  so  erwünscht  sie 
wäre,  mit  Rücksicht  auf  die  Umstände  nicht  thunlich  ist.  "Wegen  des  Beitrittes 
Spaniens  hat  der  spanische  Botschafter  •)  hier  nichts  geantwortet,  aber  gemeldet, 
Monterey  werde  in  dieser  Angelegenheit  Befehl  haben'-);  Goess  soll  trachten, 
die  Herzoge  von  Braunschweig-Celle  in  ihrer  Absicht  zu  bestärken  Spaniens 
Beitritt  zu  beAvirken.  In  Polen  ist  Friede  mit  den  Türken  ^)  und  der  Zustand  in 
Ungarn  ist  bei  weitem  besser.  Bezüglich  des  punctum  securitatis,  ob  derselbe 
bei  den  herrschenden  Verhältnissen  auszumachen  oder  unausgemacht  zu  lassen 
sei*),  wünscht  der  Kaiser  Brandenburgs  Ansichten  zu  vernehmen,  dann  E^  K. 
M.  thäteu  das  obhandende  von  Gravel  aufgesetzte  höchstgefährliche  foedus 
mit  etlichen  Chur-  und  Fürsten  ...  stark  zu  Herzen  gehen ^)  und  dass  dahero 
uothwendig,  dass  E.  K.  M.  und  Churbrandenburg  auf  alle  AVeis  verhüten, 
dass  selbiges  von  einigen  und  sonderlich  Churbaiern,  Darmstadt,  Wirtem- 
berg  und  anderen  nicht  angenommen  werde;  von  Chur-Mainz  und  Trier 
seind  E.  K.  M.  fast  sicher,  dass  sie  beede  darein  nicht  treten. 

Berathen    am  4.  October,   aufgesetzt  am  7.  und  beschlossen  wie    gerathen. 
Praes.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Hocher,  Dorsch,  Abele. 


Der  Kurfürst  an  deu  Kaiser.     Dat.  Rlisselslieim  a.  M. 
l./ll.  November  1672.  (Or.) 

[Klagen  über  der  Franzosen  Vorgehen;  Bitte  um  Hilfe.] 

Der  Kurfürst  erinnert  den  Kaiser  an  seine  wiederholten  Klagen  wegen  II.  Nov. 
Plünderung  der  clevischen  Lande  durch  die  Franzosen;  dieselben  haben  nicht 
aufgehört,  sondern  sind  viel  furchtbarer  geworden,  ja  von  Seite  der  Franzosen 
werde  erklärt:  „Ich  wäre  nicht  mehr  ein  Herr  dieser  Lande,  der  König 
in  Frankreich  wäre  daselbst  allein  Souverain  und  würde  man  diejenige, 
welche  mich  für  einen  Herrn  des  Landes  hielten,  hinfüro  als  Feinde  und 
Rebellen  strafen,  welches  auch  bereits  einem  Bürgermeister  von  Emmerich 
ohnlängst  wirklich  widerfahren."  Der  Kurfürst  ersucht  daher  den  Kaiser  bei 
der  Reichsversammlung  zu  Regensburg  sowohl  als  bei  den  benachbarten  Stän- 
den für  energische  Unterstützung  des  Kurfürsten  zu  wirken  und  seinerseits 
Montecuccoli  Befehl  zu  ertheilen,  nebst  mir  nach  aller  Mögligkeit  dahin 
zu  operiren,  damit  die  französische  Völker  meine  Lande  räumen  und  ich 
nicht    unverdienter  Weise    bei    meiner    unausgesetzten   und   beständigen 


')  Balbesos. 

-)  üeber  die  Hallung  Montereys  in  dieser  Zeit;  Puf.  1.  c.  XL  72. 

^)  Der  Friede  war  am  18.  Sept.  zu  Budzak  geschlossen;  Theat.  Europ.  XI.  80f. 

*)  Für  die  Verhandlungen  in  dieser  Angelegenheit  Pachner  1.  c.  L  57.3 ff. 

'")  üeber  Frankreichs  Vorgehen  in  dieser  Zeit  Mignet  1.  c.  IV.  109  ff. 


613  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt   in  Wien.      1672—1675. 

Treue  um  das  Meinige  gebracht,  noch  diese  dem  römischen  Reich  so 
hoch  importirende  Grenzlande  von  demselben  abgerissen,  sondern  dabei 
maintenirt,  andere  auch  dadurch  bei  E"".  K.  M.  und  dem  Reich  fest  zu 
halten  encouragirt  und  ermuntert  werden  mögen. 


Der  Kurfürst  an   den  Kaiser.      Dat.   Rlisselslieim    l./ll.  No- 
vember 1672.   (Or.) 

[Kriegsnachrichten.] 

11.  Nov.  Der  Kurfürst  hat  vor  3  Tagen  den'Main  bei  Flörsheim  passirt,  ist  jetzt  im 

Begriffe  eine  Brücke  über  den  Rhein  zu  schlagen  und  mit  beiden  Armeen  den- 
selben zu  passiren,  wobei  man  auf  des  Turenne  Marsch  und  Haltung  Acht 
haben  wird').  Dass  der  Prinz  von  Oranien  mit  gegen  20000  Mann  nach  Mastricht 
gezogen,  um  von  dort  entweder  dem  Kurfürsten  entgegenzukommen,  oder  im 
Kölnischen  etwas  wichtiges  vorzunehmen,  dürfte  der  Kaiser  bereits  erfahren 
haben'-).  Der  Prinz  von  Conde  ist  zu  Metz  angekommen,  hat  aber  nur  sehr 
wenig  Truppen  bei  sich-^). 


Goess  au  den  Kaiser.     Dat.  Rüsselsheim  11.  November  1672. 

(Or.) 

[Schlechter  Zustand  der  kaiserlichen  Armee.  Kriegsereignisse.  Benehmen  des  Kur- 
fürsten von  Mainz.  Verhandlungen  mit  Kurtrier.  Vorschläge  der  Holländer.  Urtheil 
des  Goess  über  dieselben.  Wunsch  des  Kurfürsten  bezüglich  Beginnes  der  österreich- 
schweizerischen Verhandlungen.  P.  S.  Verhandlungen  mit  Trier  betreffend.  Haltung 
des  Goess  und  Montecuccoli's.] 

II.  Nov.  Die  Armee,  bei  der   sich  Goess  befindet,   ist  hieber  gezogen;  Krankheiten 

reissen  ein.  Ich  muss  E.  K.  M.  aus  treuen  Eifer  vorstellen,  dass,  wie  ich 
täglich  den  Augenschein  einnehme,  die  Soldatesca  bei  der  jetzigen  Be- 
stellung, da  nemlich  derselben  die  halbe  Gage  wegen  der  vivres,  so  auch 
nit  allzeit  gereichet  werden,  abgezogen  werd,  nit  bestehen  kann,  und 
glaube  ich,  dass  bei  diesem  beschwerlichen  Marsch  die  arme  Knecht 
allein  an  Schuh  dasjenige,  was  ihnen  gegeben  worden,  abgerissen;  wo 
bleiben  nun  so  viel  andere  Notdurften  zu  geschweigen,  dass  ein  grosser 
Unterschied  ist,  wann  die  Soldaten  in  ihren  Quartieren  in  den  Erbländern 


1)     Vergl.  für  die  Operationen  dieser  Zeit  Peter  1.  c.  84ff. :    Droysen  1.  c.  417 f.: 
Urk.  u.  Act.  HI.  325;  Grimoard  1.  c.  H.  101  f.;  Baurain.  1.  c.  43. 
■-)     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.  3  417;  Urk.  u.  Act.  lU.  321. 
3)     Urk.  u.  Act.  III.  325 ;  Peter  1.  c.  88. 


Kriegsnachrichten.     Schlechter  ZustaucI  der  kaiserlichen  Armee.     Mainz.  619 

liegen  und  wann  sie  zu  Feld  alles  tlieur  kaufen  müssen.  Diese  E^  K. 
M.  Armee  ist  ein  Schatz,  den  sie  wohl  zu  beobachten,  gereicht  dero- 
selben  nit  allein  zu  dero  Sicherheit,  sondern  auch  zur  Reputation  und 
Respect  bei  allen  Potentaten,  zu  Animirung  der  Wohlintentionirten  und 
zu  Abschreckung  der  Widerwärtigen');  dahero  ist  auf  derer  Conservation 
auf  alle  Weis  zu  gedenken.  .  , . 

Mehrere  kleine  Gefechte  mit  den  Franzosen  haben  stattgefunden-);  über  die- 
selben, wie  über  die  anderen  Kriegsereignisse,  wird  Montecuccoli  berichten. 
Der  Mainzer  war  höchst  bestürzt  über  den  Marsch  der  brandenburgisch-öster- 
reichischen Truppen,  hat  die  Schiffsbrücke  zu  Mainz  in  aller  Eile  abreissen 
lassen  und  sich  zur  Gegenwehr  bereit  gemacht,  als  wenn  die  Anmarschirenden 
die  Absicht  gehabt  hätten,  sich  der  Brücke  zu  bemächtigen^).  Goess  war  über 
des  Mainzers  Vorgehen  sehr  ungehalten,  hält  es  aber  für  gut  davon  nichts 
merken  zu  lassen.     Schönbom  ist  nach  Paris  um  die  Mediation  anzubieten*). 

Seitens  des  Kurfürsten  von  Trier,  mit  dem  der  Markgraf  von  Baden  im 
Auftrage  des  Kaisers  über  Aufnahme  in  das  brandenburgisch-österreichische 
Bündnis  verhandelt,  ist  D"".  Sohler  zu  Montecuccoli  und  Goess  gekommen  und 
begehrt  über  die  5000  Tbaler  monatlich  zur  Erhaltung  der  Garnison  in  Trier, 
noch  andere  3000  Thaler  zu  Erhaltung  einer  stärkeren  Besatzung  in  Coblenz 
und  Ehrenbreitenstein.  Die  kaiserlichen  Räthe,  welche  die  Nothwendigkeit  ein- 
sehen Trier  zu  gewinnen,  bieten  dem  Sohler  5000  Gulden  an^). 

Im  Gespräche  mit  Goess  betont  Sohler  die  Nothwendigkeit  des  Bruches 
Spaniens  mit  Frankreich  für  den  Eintritt  Triers  in  das  österreiclüsch-branden- 
burgische  Bündnis.  Den  von  Goess  gemachten  Vorschlag  der  Geheimhaltung  des 
Vertrages  für's  erste,  verwirft  Sohler,  da  seinem  Herrn  momentane  Gefahr  drohe. 

Alle  der  Holländer  Instanzien  und  Xegociation  dahie  geht  dahin, 
dass  wir  ohne  fernerer  Dilation  iiber'n  Rhein  und  an  die  Mosel  zu  gehen, 
allwo,  oder  an  welchem  Ort  man  sonsten  concertiren  werd,  sie  sich  mit 
uns  conjungiren  wollen;  solle  es  der  de  Turenne  hinderen  und  zwischen 
uns  legen  wollen,  würde  er  von  beiden  Seiten  also  gezwackt  werden, 
dass  seine  Armee  müsste  zu  Grund  gehen.  Diese  Intention  zu  erreichen, 
vermeinen  sie,  dass  die  Brücke  über'n  Rhein  viel  besser  zu  Bingen, 
welches  nähender  bei  der  Mosel,  als  zu  Gustavsburg  geschlagen  werden 


')     Vergl.  die  lobenden  Bemerkungen  Amerongens;  Urk.  u.  Act.  III.  318. 

-)  Vergl.  Peter  1.  c.  87;  Droysen  1.  c.  III.3  417;  Grimoard  1.  c.  II.  1011'.:  Beau- 
rain  1.  c.  43. 

■*)  Ueber  des  Mainzers  Politik  in  dieser  Zeit  Guhrauer  1.  c.  II.  16if.:  Peter  1.  c. 
8.3 f.:  Urk.  u.  Act.  III.  325:  Droysen  1.  c.  III..,  415. 

*)  Vergl.  Mem.  de  Pomponne  I.  198  ff. ;  ürk.  u.  Act.  III.  824;  Guhrauer  1.  c.  II. 
16  ff.,  42  ff. 

=■)     Für  Triers  Stellung  in  dieser  Zeit;  Puf.  I.  c.  XI.  62. 


(J20  VI.    Goess  iu  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     Kw^  — 1675. 

könnte').  Wie  sie  aber  allein  auf  ihre  Convenienz  sehen,  uns  Hl)er  ein 
mehrers  zu  bedenken  obliegt  und  eine  gefährliche  Resolution  zu  sein 
scheinet,  dass  wir  fort  über'n  Rhein  gehen  und  den  Turenne  dieser 
Seiten  stehen  lassen  sollen,  als  kann  man  sich  diesfalls  mit  ihnen  nit 
so  leicht  vergleichen.  Zwar  möchte  sein,  dass,  wann  unsere  Brücke  ge- 
schlagen und  wir  wenigsten  mit  Theil  unserer  Völker  hinüber  gehen,  der 
Turenne  dergleichen  thun  und  uns  folgen  möchte.  Es  werd  gleichwohl 
gemach  darin  zu  gehen  sein,  sintemalen  er  eben  sowohl  eine  Brücke 
über'n  Rhein  haben  und  uns  dieser  Seiten  allzeit  in  Sorgen  halten  werd 
und  dann  ist  aller  Apparenz  nach  ihr  Dessein,  dass  der  Prinz  von  Conde 
sich  mit  dem  de  Turenne  conjungiren  und  mit  gesammter  Macht  uns 
entgegen  gehen  will'^).  Das  beste  und  sicherste  wäre,  dass  der  Prinz 
von  Oranien  unterdessen  von  seiner  Seiten  so  vigorose  agirte,  dass  der 
Turenne  obligirt  würde  sich  dahin  zu  wenden  und  uns  mithin  mehrere 
Freiheit  zur  Operation  einzuräumen.  Der  Kurfürst  von  Brandenburg  lässt 
Goess  neuerdings  ersuchen  beim  Wiener  Hofe  um  Absendung  eines  Abgeordneten 
an  die  katholischen  Cantone  der  Schweiz  zu  wirken. 

P.  S. 

Sohler  theilt  dem  Goess  mit,  dass  der  Kurmainzer,  nachdem  er  die 
Brücke  hatte  wegreissen  lassen,  einen  Courier  an  Turenne  mit  der  Aufforderung 
geschickt  habe,  gegen  die  Lahn  zu  marschiren,  wie  in  der  That  geschehen  sei; 
ob  Turenne  dann  den  Marsch  auf  ein  neuerliches  Abmahnungsschreiben  des 
Mainzers,  oder  auf  die  Nachricht,  dass  die  Kaiserlichen  die  Schiffsbrücke  über 
den  Main  schlagen  Hessen,  uriterbrochen  liabe,  kann  Goess  nicht  entscheiden. 
Soviel  sei  gewiss,  dass  man  sich  auf  Mainz  niclit  verlassen  könne;  umsomehr 
empfiehlt  Goess  den  Abschluss  mit  Trier.  |:  Dass  Spanien  mit  Frankreich  zu 
brechen,  welches  Churtrier  pro  conditione  essentiali  setzet,  könnte  da- 
hin abgehandlet  werden,  dass  E.  K.  M.  mit  allem  Nachdruck  es  dahin 
zu  richten  trachten  werden  und  dass  man  dessen  fast  einige  moralem 
certitudinem  habe.  Wann  die  Ruptur  aber  zu  geschehen,  muss  ich  sehr 
daran  zweiflen,  an  expediat,  quomodo  und  ob  nit  besser  es  bis  auf 
künftigen  Frühling  zu  verschieben  und  interim  alle  darzu  gehörige  An- 
stalt zu  machen.  Solche  resolutiones  werden  von  dem  dependiren,  wie 
eins  und  anders  sich  anschicken  werde.  Der  Sohler  hat  gleich  von 
Haus  sichere  Nachricht  bekommen,  dass  der  Turenne  zu  Andernach 
übern  Rhein  gehet;   man  vermeint,  er  wolle  sich  mit  dem  Prinzen  von 


')     Vergl.  Ulk.  u.  Act.  III.  325 ff.;  Peter  1.  c.  87. 

-)     Vergl.    Urk.  u.  Act.    III.  327;    Grossmann,   Montecuccoli    1.  c.    431  f.;    Peter 
I.e.  8;) f. 


Verhandlungen   mit  Trier.  621 

Conde  conjungiren  und  uns  entgegengehen ').  Churtrier  tliuet  durch 
eine  grosse  Offerten  uns  Trier  einzuräumen,  Völker  in  Coblenz  einzu- 
nehmen, uns  den  Pass  durch  die  Brücke  allda  zu  geben.  Der  General- 
lieutenaut  findet  sich  undique  angustirt.  Ich  belleisse  mich  den  Chur- 
fürsten  zu  animiren  und  etwas  Zeit  zu  gewinnen,  pro  modo,  weilen  wir 
nicht  zu  ihme  kommen  und  (wird)  das  beste  sein,  dass  er  sich  in  terminis 
neutralitatis  so  gut  er  immer  kann  mit  einigen  Völkern  versehe.  :| 


Unter  dem  14.  Nov.  berichtet  Goess,  dass  er  von  Schier  neue  Nachricht  U.  Nov. 
von  der  Absicht  Turenne's  erhalten  über  den  Rhein  zu  gehen  und  sich  mit 
Conde  zu  verbinden  und  dass  Sohler  urtheile,  es  wäre  nit  rathsam,  dass 
wir  über'n  Rhein  gehen,  sondern  i:  der  zwischen  uns  discurrirte  Weg  zu 
nehmen;  der  wäre,  dass  wann  die  Stadt  Trier  wir  nicht  erreichen  und 
dieselbe  besetzen  könnten,  man  es  dahin  richten  wollte,  dass  selbige 
Stadt  aus  Luxenburg  mit  spanischen  Völkern  besetzt  würde;  herentgegen 
wollte  Churtrier  uns  den  Pass  über  sein  Brücken  zu  Coblenz  geben 
und  sich  für  uns  doch  praevio  tractatu  declariren. :  |  Goess  hält  es  aber 
für  das  beste,  dass  Trier  mit  Rücksicht  auf  die  Bedenken  gegen  diesen  Plan 
sich  in  statu  quo  zu  erhalten  suche  bis  die  Gelegenheit  vorzugehen  sich  biete. 


Votum    vom    15.  November   über  des  Goess   Schreiben  vom 
29.  October  und  1.  November  1672.  (Conc.) 

[Des  Goess  Verhalten  zum  Herzoge  von  Lothringen.  Amerongens  Reise  nach  Dresden. 
Waffenstillstandsfrage.  Punctum  securitatis.  Kriegsangelegenheiten.  Dünkirchen  als 
Congressort.  Brandenburg-österreichische  Beziehungen.  Brandts  Sendung  nach  Wien- 
Eintritt  Spaniens   in  das  braunschweigische,   Württembergs  in  das  brandenburg-öster- 

reichische  Bündnis.] 

Dem  alten  Herzoge  von  Lothringen  habe  Goess  auf  dessen  Begehren  wegen  15.  Xov. 
Einschliessung  der  Restitution  seines  Herzogthums  in  die  etwa  unterdessen  er- 
folgenden Friedenstractate  ganz  recht  geantwortet,  indem  er  gesagt,  man  >verde 
die  Sache  noch  ein  wenig  besser  maturiren  lassen  müssen.  Dass  Amerongens 
projectirte  Reise  nach  Dresden  wieder  nicht  zu  Stande  gekommen,  ist  dem 
Kaiser  deshalb  unlieb,  weil  Gefalir  vorhanden,  dass  Sachsen  seine  Holland 
günstige  Stimmung  unterdessen  ändere.  Goess  soll  beim  Kurfürsten  von  Bran- 
denburg dahin  wirken,  dass  Amerongen  bald  nach  Dresden  reise.  Ratione 
armistitii  habe  Goess  des  Kurfürsten  eigentliche  Intention  zu  vernehmen  und 
demselben  unter  anderem  auch  dieses  vorzustellen,  dass  der  Kurfürst  nach  Ein- 


')     Ueber  die  Kriegsoperationen,   Rousset  I.e.  LoOSff. ;   Peter  I.e.  88 f.:  Mignet 
1.  c.   1-21  f. 


ß22  VI.  Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

gehung  desselben  von  den  Holländern  keine  Subsidien  mehr  zu  hoffen  und  die 
Armeen  in  und  von  dem  Reiche  keinen  Unterhalt  zu  empfangen  haben  würden. 
Ferner  soll  Goess  die  bestimmte  Ansicht  des  Kurfürsten  darüber  zu  erfahren 
suchen,  ob  dieser  den  punctum  securitatis  auf  dem  gegenwärtigen  Reichstage  zu 
Regensburg  völlig  ausgemacht  oder  aber  in  statu  quo  gelassen  haben  will,  da- 
mit im  letzteren  Falle  Mainz  von  der  Urgirung  im  geheimen  abgehalten  werde. 

Wegen  der  Operationen  hat  der  Kaiser  dem  Montecuccoli  die  entsprechenden 
Befehle  ertheilt ').  Goess  soll  dem  Kurfürsten  sagen,  man  möge  sich  bezüglich 
der  Annahme  Dünkirchens  als  locus  tractatuuni,  auf  den,  wie  Pufendorf  hier 
berichtet,  England,  Holland  und  Frankreich  sich  geeinigt,  nicht  übereilen,  son- 
dern das  wie  alles  andere  sorgfältig  berathen.  Goess  möge  dem  Kurfürsten 
mittheilen,  dass  der  Kaiser  dem  Kurfürsten  von  allem  Mittheilung  mache  und 
machen  werde,  was  in  Wien  vorgeht;  dagegen  zeige  Brandenburgs  Vorgehen, 
dass  man  nicht  dasselbe  Vertrauen  hat,  da  man  dem  Kaiser  noch  immer  nicht 
den  Inhalt  der  Secretartikel  des  brandenburg-holländischen  Vertrages  mitgetheilt 
habe.  Die  Absendung  des  neumärkischen  Kanzlers  Brandt  nach  Wien  ist  dem 
Kaiser  sehr  angenehm,  er  soll  nur  sobald  als  möglich  hergesendet  werden. 

Wegen  des  Einschlusses  Spaniens  in  das  braunschweigische  Bündnis  bleibt  es 
bei  dem  gesagten,  bezüglich  Württembergs  ist  der  Kaiser  bereit  für  dessen  Eintritt 
in  das  Österreich-brandenburgische  Bündnis  zu  wirken.  Beraten  am  12.  Nov.. 
aufgesetzt  am  15.  Nov.  und  gutgeheissen  am  16.  Nov.  Weisung  vom  17.  No- 
vember 1672. 


Goess  au  den  Kaiser.     Dat.  Rüsselslieim  19.  November  1672. 

(Or.) 

[Ratification  des  Braunschweiger  Bündnisses ;  Einschliessimg  Böhmens  in  dasselbe.  Des 
Schütz  Mittheilungen  über  die  staatisch-dänischen  Verhandlungen,  über  Schwedens 
Pläne  in  Regensburg  und  über  die  Reichsverfassung.  Unterredung  des  Goess  mit 
Schwerin  über  den  letzteren  Punkt.  Des  Mainzers  Urtheil  über  die  vorzunehmenden 
Massregeln.  Amerongens  und  Weibnoms  Klagen  über  die  Kaiserlichen,  Kriegs- 
nachrichten.] 

19,  Nov,  Die  vom  Kaiser  gewünschte  schleunige  Auswechslung  der  Ratificationen 
des  zu  Braunsehweig  geschlossenen  Bündnisses  wird  Goess  besorgen;  er  hat 
überall  hin  wegen  der  Inserinnrg  des  Königreichs  Böhmen  und  der  incorporirten 
Länder  geschrieben,  damit  das  keinen  Aufschub  verursache.  Schütz  hat  dem 
Goess  geschrieben,  dass  die  Verhandlungen  zwischen  den  Staaten  und  Däne- 
mark noch  in  statu  quo  sich  befänden  und  dass  Schweden  zu  Regensburg  ein 
Bündnis  zu  schliessen  suche,  das  nichts  anderes  als  den  Krieg  gegen  Branden- 
burg und  dessen  Alliirte  zum  Ziele  habe-).  Auch  berichtet  Schütz,  dass  der  Con- 
vent  zu  Lüneburg  beschlossen  habe  die  Reiclisverfassung  zu  fördern-).    Schwerin, 


')    Vergl.  Grossmann,  Montecuccoli  1,  c.  428. 

2)  Vergl.  Droysen  1.  c.  JH.,  421f. 

3)  Schreiben  von  Schütz  an  Goess,  Celle  2(i.  Oct.  1G72.  Or. 


Braimschweiger  Bündnis.     Schwedens  Pläne.     Trier.  623 

mit  dem  Goess  über  diesen  letzteren  Punkt  spriclit.  meint,  man  möge  den  punctum 
securitatis  ein  wenig  ruhen  lassen,  worin  man  jedoch,  wie  Goess  glaubt,  sehr 
vorsichtig  vorzugehen  habe,  damit  es  nicht  den  Anschein  gewinne,  als  suche 
man  jetzt  eine  Sache  zu  hemmen,  die  man  früher  so  sehr  gewünscht  hat. 

Aus  der  Unterredung  des  Kurfürsten  von  Mainz  mit  Montecuccoli.  die  vor 
2  Tagen  stattfand,  ist  zu  ersehen,  dass  der  Kurfürst  mit  den  Kaiserlichen  ein- 
verstanden ist,  dass  keine  Hauptaction  zu  wagen  sei;  dass  er  bereit  ist,  die  kai- 
serliche Armee  oder  doch  wenigstens  einen  Theil  derselben  in  seiner  Nähe  zu 
behalten,  natürlich  nicht  auf  seine  und  seiner  Nachbarn  Kosten,  und  dass  er  es 
für  das  zweckmässigste  hält,  wenn  der  grösste  Theil  des  kaiserlichen  Heeres 
mit  dem  kurfürstlichen  nach  "Westphalen  marschirt ').  In  jedem  Falle,  glaubt 
Goess,  Avürde  die  Erhaltung  des  Heeres  über  den  Winter  grosse  Schwierigkeiten 
verursachen. 

Amerongen  ist  nach  Frankfurt,  die  Subsidiengelder  auszahlen  zu  lassen; 
es  scheint,  dass  er  und  der  Oberste  Weibnom-)  begreifen,  dass  nunmehr  des 
Kaisers  Conjunction  mit  den  Holländern  nicht  geschehen  kann.  Grosse  Klagen 
werden  aber  geführt,  dass  die  Kaiserlichen  zu  Bergen  nnd  hier  7  Wochen,  ihres 
Dafürhaltens  mal  ä  propos  und  ohne  etwas  zu  thun,  zugebracht^). 

Sohler  ist  wieder  da,  klagt  sehr;  Frankreich  rücke  gegen  Trier  vor,  habe 
Niederlahnstein  besetzt;  Trier  nnd  Coblenz  hätten  nur  schwache  Besatzung. 
Von  Turenne  hat  man  Nachricht,  dass  er  4000  Reiter  gegen  Limburg  an  der 
Lahn  geschickt;  seine  Brücke  bei  Wied  über  den  Rhein  ist  fertig,  durch  die 
Mosel  kann  man  reiten,  daher  können  sich  die  Franzosen  dies-  und  jenseits  des 
Rheins  und  der  Mosel  leicht  conjungiren.  Turenne  hat  dem  Prinzen  von  Conde 
2000  Pferde  und  800  Dragoner  zugeschickt,  welches  mir  die  Gedanken  macht, 
ob  sie  uns  dies-  und  jenerseits  des  Rheins  auf-  und  in  Sorgen  halten 
wollen  *). 

Goess  räth,  den  Grana  zu  den  lüttichischen  Ständen  abzusenden  und  mit 
Monterey  wegen  Ueberlassung  eines  oder  zweier  Regimenter  verhandeln  zu 
lassen;  dagegen  ist  er  der  Meinung,  man  möge  mit  dem  Abschlüsse  der  Ver- 
handlungen wegen  üebernahme  von  2000  lothringischen  Pferden  noch  zögern, 
da  sie  in  dieser  Campagne  nichts  mehr  würden  leisten  können. 


')  Dem  Kurfürsten  gegenüber  hat  dann  Montecuccoli  diesen  Vorschlag  lietont; 
vergl.  Grossmann  I.  c.  431  f. 

-)  Neben  Amerongen  Vertreter  der  Staaten:  vergl.  Peter  I.e.  91;  Urk.  u.  Act. 
in.  321  und  Anm. 

3)    Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  327  ff. 

*)  Für  den  wirklichen  Stand  der  Begebenheiten  vergl.  Rousset  I.e.  I.  398  ff. ; 
Peter  1.  c.  88 f.;  Mignet  1.  c.  IV.  122f.;   Grimoard  1.  c.  H.  llOff;  Beaiuain  I.  c.  43. 


624  ^'f-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1072—1075. 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  24.  Nov.  1672.   (Conc.) 

[Verhandlungen  mit  den  Schweizern.     Trier.     Brandenburgs  Haltung  zu  den  Friedens- 
propositionen.    Schwedens  Vorgehen.] 

21.  Nov.  Der  Kaiser  ist  bereit  einen  Minister  nach  der  Schweiz  zu  senden,   will  je- 

doch vorerst  wissen,  was  Brandenburg  dort  verhandelt  hat.  Bezüglich  des  Kur- 
fürsten von  Trier  soll  Goess  sich  alle  Mühe  geben  denselben  von  einer  Ver- 
bindung mit  Frankreich  abzuhalten  und  zur  Unterstützung  der  brandenburg- 
österreichischen Truppen  zu  vermögen.  Goess  soll  des  Kurfürsten  von  Branden- 
burg Gedanken  wegen  der  auftauchenden  Friedenspropositionen  zu  erforschen 
trachten.  Das  Benehmen  der  Schweden  erscheint  dem  Kaiser  verdächtig.  Goess 
soll  über  diesen  Punkt  mit  dem  Kurfürsten  sprechen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Rüsselsheim  25.  Nov.  1672.  (Or.) 

[Schwerins  Mittiieilungen  über  seine  Unterredungen  mit  dem  Kurfürsten  von  der  Pfalz. 
Wünsche  und  Vorschläge  des  Pfälzers.  Schwerins  Urtheil  über  den  Kin-fürsteu. 
Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  vorzunehmenden  Operationen.  Spaniens 
Verhältnis  zum  Braunsehweiger  Bündnisse.  Baierns  Erklärung  bezüglich  der  Hilfe- 
leistung.    Mediationsangelegenheit.] 

25.  Nov.  Schwerin  theilt  dem  Goess  mündlich  und  schriftlich  die  Resultate  seiner 
Unterredungen  mit  dem  Kurfürsten  von  der  Pfalz ')  mit.  Der  Kurfürst  von 
der  Pfalz  wünscht,  dass  seine  Länder  verschont  bleiben,  dass  die  österreichisch- 
brandenburgische  Armee  nicht  über  den  Rhein  gehe,  die  Friedenstractaten  vor- 
genommen und  ein  Waffenstillstand  unterdessen  gemacht  werden  möchte.  Er 
stellte  Schwerin  alle  Vortheile,  die  daraus  erwachsen  würden,  vor  und  ver- 
sicherte, dass  man  auf  französischer  Seite  zum  Frieden  geneigt  sei  und  dass 
Ludwig  XIV.  die  Armee  alsbald  nach  Frankreich  in  die  Quartiere  führen  lassen 
würde. 

Der  von  Schwerin  ist  der  Meinung,  wie  viel  andere  die  diesen 
Herrn  kennen,  dass  er  im  Herzen  nit  gut  französisch;  vermeint,  dass 
wann  ihme  die  conditiones  darnach  und  die  Sicherheit  gemacht  und  ge- 
zeigt würde,  er  uns  wohl  beitreten  möchte.  Worauf  dann  wohl  zu  ge- 
denken, dann  es  ein  grosses  wäre,  wann  man  diese  3  Churfürsten  am 
Rhein  haben  könnte.  Der  Churfürst  insinuirete,  dass  er  wüsste,  dass  der 
von  Schwerin  dieser  churbrandenburgischen  Resolution  wider  Frankreich 
zuwider  gewesen,  Schwerin  gestünde  es  quoad  modum,  nullatenus  quo- 
ad  rem ;  er  würde  sich  selbst  für  keinen  ehrlichen  Mann  halten,  w^ann  er 
gern  sähe,  dass  Frankreich  noch  mächtiger  und  sonderlich  im  Reich 
würde;    ad  quae  elector,    ich   würde    ihn    selbst    nit  darfür  halten,   wir 


')     Karl   Ludwig;  vergl.  Puf.  I.e.  XI.  (14:  Theat.  Europ.  XI.  23. 


Pfälzer.     Verhalten  gegenüber  den  Franzosen.     Baiern.     Trier.  625 

sollten  die  Franzosen  schlagen,  nacher  wäre  gut  Hath  etc.  Nach  den 
Aeusserungen  des  kurfiirstlicli-pfälziscben  Secretärs  glaubt  Schwerin,  dass  durch 
die  Abtretung  der  Stadt  "Worms  an  den  Pfälzer  bei  diesem  viel  gerichtet  wer- 
den könnte. 

Auf  die  hier  veri)reitete  Nachricht,  dass  in  Frankreich  eine  grosse  Revolte 
ausgebrochen  und  dass  diese  den  schleunigen  Rückmarsch  Turenne's  verursacht, 
fragt  Schwerin  den  Goess,  ob  man  nicht  jetzt  gegen  den  Feind  losgehen  solle, 
umsomehr,  da  Grumbkow  von  dem  schlechten  Zustande  der  französischen  Armee 
berichte.  Ich  antwortete,  dass  diese  quaestio  von  dem  dependirete,  wie 
des  Feinds  Zustand  wäre,  wie  stark  der  Securs,  so  der  Prinz  von  Conde 
bringe,  seie,  und  was  derselbe  nun  vornehmen  und  die  ganze  Macht  ent- 
weder zusammenhalten  oder  zertheilen  werde;  im  Uebrigen  seie  unsere 
Maxime  bis  dato  gewesen,  dass  man  sich  für  diesmalen,  wann"s  zu  evi- 
tiren,  in  keiner  Hauptaction  einzulassen,  welche  sowohl  Chur-Mainz  als 
Chur-Heidelberg  approbirt  und  gestanden,  dass  in  Conservation  dieser 
Armee  die  Erhaltung  und  Wohlfahrt  des  römischen  Reichs  bestehe.  Zu 
diesem  Zweck  seien  nun  unsere  Marsch  und  Resolution  einzurichten  '). 

Monterey  hat  an  den  Kurfürsten  ein  Schreiben  gerichtet,  in  welchem  er 
meldet,  er  habe  Befehl  und  Vollmacht  von  seiner  Königin  erhalten  über  den 
Eintritt  Spaniens  in  das  Bündnis  der  Fürsten  des  Reiches  und  des  Kaisers  zu 
verhandeln"-).  Goess  schlägt  dem  Schwerin  vor,  Blaspeil  nach  Brüssel  zu  sen- 
den, um  näheres  zu  erfahren;  Schwerin  billigt  dies. 

Der  Kurfürst  von  Baiern  schreibt  an  Friedreich  Wilhelm  wegen  der  Hülfe, 
dass  ohne  Reichschluss  und  bevor  Frankreich  als  Reichsfeind  erklärt  sei,  Baiern 
keine  Hilfe  leisten  könne  ^).  Der  Brandenburger  ist  mit  dieser  Antwort  sehr 
unzufrieden. 

Aus  Sohlers  Schreiben  ist  zu  ersehen,  wie  sehnsüchtig  der  Kurfürst  von 
Trier  den  Anmarsch  der  kaiserlichen  und  brandenburgischen  Truppen  wünscht^). 
Goess  meint,  es  wird  nichts  gethau  werden  können,  bis  die  Conjunctureu  sich 
geändert  haben  werden.  Graf  Hohenlohe  '")  theilt  dem  Goess  mit,  dass  Schweden 
erkläre,  keines  anderen  Mediation  zulassen  zu  wollen;  Goess  meint,  dies  sei  ein 
artificium  Frankreichs ,  um  des  Mainzers  Mediation  zurückweisen  und  anderen 
die  Schuld  daran  aufbürden  zu  können. 

')  Vergl.  über  die  Kriegsberathungen  dieser  Zeit  Grossmann,  ilontecuccoli  430  ff. ; 
Peter  1.  c.  71  ff.;  Urk.  u.  Act.  III.  301  ff. 

-)  Schreiben  Montereys  an  den  Kurfürsten  von  Brandenburg;  Brüssel  12.  Novem- 
ber 1672  Copie;  über  Blaspeils  Sendung  Piif.  1.  c.  XI.  72. 

^)     Kurbaiern  an  Kurbraudenburg.     Ingolstadt  IG.  Nov.   1(572.    Copie. 

■•)     Schreiben  Sohlers  an  Goess  23.  Nov.  1G72.  Or. 

^)  Ein  Graf  Ludwig  Gustav  Hohenlohe  befand  sich  damals  als  Vertieter  des 
Kaisers  beim  Mainzer  (St.  A.) 


Mater,  i.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV. 


40 


626  VI-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     ](;72  — lf.75. 

Votum  vom   26.  November  1672   über   des   Goess   Schreiben 
vom  19.  November  1672.  (Conc.) 

[Lob  des  Goess.     Sendung  eines  braunschweigischen  Ministers  nach  Wien  erwünscht. 

Winterquartiere.] 

26.  Nov.  Goess  hat  sich  bei  Abschluss  des  Braunschweiger  Bündnisses  sehr  gut  be- 

währt, er  soll  fortfahren  mit  Schütz  vertrauliche  Correspondenz  zu  pflegen,  die 
3000  Gulden  für  denselben  wird  der  Kaiser  von  neuem  anzuweisen  befehlen. 
Goess  soll  ferner  bei  Braunschweig  auf  die  Absendung  eines  Bevollmächtigten 
an  den  Kaiserhof  dringen.  Des  Schwerin  Rath  wegen  Beruhenlassen  des  puncti 
securitatis  publicae  billigt  der  Kaiser.  Wegen  der  Winterquartiere  hat  der 
Kaiser  Montecuccoli  die  entsprechenden  Befehle  ertheilt. 

Berathen  am  26.,  aufgesetzt  am  28.  und  beschlossen  am  28.  Nov.  wie  ge- 
rathen.  Praes.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lainberg,  Hocher,  Dorsch  und  Abele. 
"Weisung  vom  29.  Nov.  1672. 


Der  Kaiser  an   den  Kurfürsten.     Dat.  Wien   24.  Nov.  1672. 

(Conc.) 

24.  Nov.  Der  Kaiser  hat  das  Schreiben  vom  11.  Nov.  1672  erhalten,  worin  von  dem 

Uebergange  über  den  Main  und  den  weitern  Plänen  gemeldet  wird  und  wünscht 
besten  Erfolg. 


Der  Kaiser   an   den   Kurfürsten.     Dat.  Wien   24.  Nov.  1672. 

(Conc.) 

24.  Nov.  Wird  sofort  seinen  Vertretern  in  Regensburg  Befehl  geben,  daselbst  für  die 

Satisfaction  Brandenburgs  in  den  clevischen  Ländern  zu  wirken  und  auch  sonst 
alles  thnn,  um  diese  Angelegenheit  im  Sinne  der  kurfürstlichen  AVünsche  zu 
ordnen. 


Der  Kurfürst  an  den   Kaiser.     Dat.  Rüsselsheim  15./25.  No- 
vember 1672.    (Or.) 

[Nothwendigkeit  mit  aller  Kraft  gegen  das  von  Frankreich  in  Regensburg  vorgebrachte 
Allianzproject  zu  arbeiten.] 

25.  Nov.  £"■.  K.  M.    wird   zweifelsfrei   von    dero  zu  Regensburg   subsistirenden 

Gesandten  unterthänigst  hinterbracht  sein,   wasmasseu    der    französische 
Plenipötentiarius ,    Gravel,   ein  Project  eines  foederis  nach  dem  Exempel 


Opposition  gegen  Frankreichs  AUianzpläoe  im  Reich.  627 

der  rheinischen  Alliance  entworfen,   worzu  er  im  Namen  seines  Königes 
die  Reichsstäude  invitiret '). 

Nun  habe  ich  solch  Project,  nachdem  es  mir  zugeschicket  worden, 
etwas  genauer  erwogen  und  befinde  selbiges  so  gefährlich  eingerichtet, 
dass,  wann  man  nicht  bei  Zeiten  vorbauet  und  dass  es  zu  keinem  Effect 
komme,  verhindert,  es  das  ganze  Reich  über'n  Haufen  werfen  und  dem 
Könige  in  Frankreich  ein  vollkommenes  arbitrium  über  dasselbe  in  Hän- 
den spielen  könnte.  Zwar  achte  ich  ohnnötig  solches  E^  K.  M.  weitläufig 
vorzustellen,  als  welche  nach  dero  höchsterleuchtetem  Verstände  die  ge- 
fährliche Consequentien  dieses  projectirten  foederis  ohne  das  ohnschwer 
begreifen  werden.  Nur  dieses  kann  ich  ohnerwähnet  nicht  lassen,  dass 
der  ganze  Zweck  derjenigen,  so  es  auf  die  Bahn  bringen,  dieser  sei,  wie 
man  vermittelst  solcher  vermeinten  Alliance  die  Reichsstände  von  E^ 
K.  M.  trennen,  die  Stände  wider  einander  reizen  und  aus  deren  Mittel, 
so  viel  immer  möglich,  zur  französischen  Partei,  welche  ohne  das  mehr 
dann  zu  viel  in  Deutschland  überhand  genommen,  bringen  möchte. 
Ueber  das,  so  ist  bekannt  was  vor  feindselige  Proceduren  der  König  in 
Frankreich  wider  das  Reich  bereits  vorgenommen  und  noch  täglich  durch 
seine  Generalen  und  Truppen  aller  Orten  verüben  lasset.  Wann  mau 
nun  zu  Aufrichtung  eines  solchen  foederis  stille  schweigen  und  zugeben 
wollte,  dass  sich  die  Reichsstände  mit  einem  auswärtigen  Könige,  so 
dergleichen  Feindseligkeiten  öffentlich  im  Reiche  verübet,  dergestalt  ver- 
binden möchten,  so  würde  es  scheinen,  als  billigete  man  dieselbige  und 
würde  man  sich  also  der  Mittel,  so  man  ietzo  noch  hat,  sich  solcher 
unerträglichen  Drangsalen  zu  entschütten,  selber  berauben.  Wann  auch 
E.  K.  M.  zum  Ueberfluss  auf  den  Inhalt  des  24.  und  25.  Artikuls  be- 
sageten  foederis  zu  reflectiren  gnädigst  geruhen  wollen,  werden  sie  daraus 
unschwer  befinden,  dass  der  eine  ganz  wider  mich  und  meines  Hauses 
Interesse  laufet,  der  ich  doch  bei  E'.  K.  M.  und  dem  Reiche  in  unver- 
rücketen  Treuen  auch  mit  Darsetzung  Gutes  und  Bluts  zu  halten  ent- 
schlossen bin,  in  dem  andern  aber  nur  ein  Praetext  gesuchet  wird,  das 
Reich  auch  mit  der  Stände  Einwilligung  zu  bekriegen  und  zu  überwäl- 
tigen. Gelanget  demnach  an  E.  K.  M.  mein  unterthänigstes  Suchen,  die- 
selbe geruhen  dero  Gevollmächtigten  zu  Regensburg  in  kaiserlichen  Gna- 
den aufzugeben,  dafern  wegen  Fortsetzung  dieses  foederis  ferner  An- 
regung, es  sei  öffentlich  oder  heimlich,  geschehen  sollte,  sich  dahin  nach 
äussersten  Kräften    zu    bearbeiten,    dass    dasselbe  hintertrieben  und  zu 


1)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  69;  Mignet  1.  c.  IV.  108 f. 

40^ 


()28  ^^-    ^JOess  in  Berlin.    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

keinem  Effect  gebracht  werde,  be.sondern  vielmehr  die  Stände  sich 
unzertrennet  beisammen  halten  und  mit  Fremden  zu  ihrem  eigenem  und 
des  Vaterlandes  Untergang  sich  nicht  einlassen  noch  verbinden  mögen. 
Gestalt  ich  dann  den  meinigen  zu  Regensburg  gleichmässigen  Befehl 
bereits  zugesandt,  auch  aus  der  Sachen  mit  den  übrigen  Alliirten  ver- 
traulich communiciret '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Rüsselsheira  28.  Nov.  1672.   (Or.) 

[Amerongens  Klagen.  Dänisch-staatische  Beziehungen.  Waffenstillstundsfrage.  Ver- 
halten der  Schweden.  Urtheil  des  Goess  über  die  Mediationsang-elegenheit  und  die 
mit    Rücksicht    auf    den    Mainzer    vorzunehmenden   Massregeln.      Berathung   über   die 

Winterquartiere.] 

28.  Nov.  Weisung  vom  17.  Nov.  erhalten.     Amerongen  dürfte  schwerlich  nach  Dres- 

den reisen ;  er  zeigt  sich  immer  ungeduldiger  darüber,  dass  die  Armee  der  Ver- 
bündeten nicht  über  den  Rhein  gelit  und  klagt,  dass  den  Bestimmungen  des 
Vertrages  zwischen  Brandenburg  und  Holland  nicht  nachgelebt  werde-).  Der 
Staaten  Entscheidung  in  der  dänischen  Allianzfrage  hält  Goess  für  ungenügend; 
sie  dürften  dies  im  Hinblicke  auf  Vertröstungen  Schwedens  gethan  haben. 
Goess  glaubt  aber  nicht,  dass  die  Schweden  sich  unter  den  gegenwärtigen  Ver- 
hältnissen mil  den  Generalstaaten  ernstlich  einlassen  werden;  er  hält  diese  guten 
Vertröstungen  vielmehr  blos  für  eine  Finte,  um  die  Staaten  vom  Abschlüsse 
mit  Dänemark  zurückzuhalten^). 

Ratlone  armistitii  werd  es  am  meisten  auf  Holland  ankommen;  der 
Prinz  von  Oranien  solle  hierzu  keineswegs  incliniren;  wie  aber  die  Ja- 
lousie wider  denselben  immer  mehr  einreissen,  möchte  eben  dieses 
einiger  unter  den  Staaten-General  suspect  fallen.  Die  commoda  et  in- 
commoda,  so  daraus  zu  entstehen,  seind  zu  überlegen  und  müssen  die 
Richtschnur  in  dieser  Deliberation  sein.  Ich  funde  noch  gestern  sowohl 
den  Generallieutenant  als  den  Baron  von  Schwerin  fast  mehr  pro  affir- 
mativa  inclinirt.  Das  Inconvenienz,  darauf  E.  K.  M.  deuten,  dass  bei 
dem  armistitio  die  Armeen  in  und  von  dem  Reich  keinen  Unterhalt  zu 
empfangen  hätten,  kommt  weniger  in  Consideration,  weilen  man  sich 
ohne  das  dessen  nit  zu  getrösten  und  was  die  churbranden burgische 
Subsidien  anbelangt,  wann  das  armistitium   mit  der  Holländer  Giitbefm- 


^)  Unter  dem  22.  Dec.  theilt  der  Kaiser  dem  Kurfürsten  mit,  dass  er  schon  vor 
Einlangen  des  kurfürstlichen  Schreibens  seinen  Gesandten  in  Regensburg  Befehl  er- 
theilt  habe  mit  allen  Kräften  gegen  das  Zustandekommen  der  Allianz  Frankreichs 
mit  deutschen  Fürsten  zu  wirken. 

-)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  331  ff. 

2)     Ueber  Schwedens  Politik  in  dieser  Zeit  Carlson  I.e.  IV.  583  f. 


WafFenstillstandsfrage.     Verhalten  der  Schweden.     Mediation.  629 

den  und  Consens  angenommen  werd,  kommen  dieselbe  nit  zu  pericli- 
tiren.  Die  avantageu.«e  conditiones,  so  nit  allein  von  Frankreich,  son- 
deren auch  von  allen  anderen,  welche  sich  der  Mediation  annehmen  wol- 
len, ausgeworfen  werden,  dass  nemlich  S"".  Ch.  D.  ihr  Land  und  Plätze 
et  quidem  mit  behöriger  Satisfaction  für  den  erlittenen  Schaden  sollen 
restituirt  werden,  seind  ein  starkes  motivum  die  subsidia  nit  zu  dis- 
putiren  und  S.  Ch.  D.  nit  zu  etwa  andere  Gedanken  zu  bewegen. 

Die  Schweden  zeigen  sich  ungehalten  darüber,  dass  man  sie  nicht  zum 
Eintritt  in  das  braunschweigische  Bündnis  eingeladen  hat;  der  Oberste  von 
Krosigk*).  der  nach  Stockholm  geschickt  wird,  wird  Schweden  einladen  und 
^^ehen  was  überhaupt  die  Gesinnungen  dieser  Macht  sind.  Die  schwedische 
Mediation,  meint  Schwerin,  sei  nicht  auszuschlagen;  vor  allem  aber  ein  gutes 
Einvernehmen  unter  den  Alliirten  zu  erhalten.  Montecuccoli  war  beim  Kur- 
fürsten von  Mainz,  der  erklärte.  Nachricht  zu  haben,  dass  die  schwedische  Me- 
diation in  Paris  verdächtig  gehalten  w^rde.  Ich  halte  es  pro  mero  artificio; 
denen  Holländern  solle  sie's  vielmehr  sein.  Mich  gedünkt,  dass  Chur- 
Maiiiz  nun  an  Admittirung  ihrer  Particuliermediation  selbst  zweifele  und 
um  so  mehr  embarassirt  seie,  weilen  dieser  praetextus  zur  Neutralität 
bald  möchte  kommen  zu  cessiren  und  wann  wir  nimmer  in  die  Nähe, 
all  stärkere  Zumutungen  von  französischer  Seiten  möchten  herfür  kom- 
men. Die  Stadt  Mainz  in  ihrem  gegenwärtigen  Zustand  bringt  mehr 
Gefahr  als  Sicherheit  und  komme  ich  daher  auf  die  Gedanken,  ob's  nit 
gut  wäre,  dass  wir  die  Gustavsburg  besetzt  Hessen,  diesen  Fuss  am 
Rhein  und  Main  zu  behalten,  die  Stadt  Mainz  in  queracunque  casum 
und  mithin  uns  dieses  Churfürsten  besser  zu  versicheren  und  denselben 
proximo  praesidio  zu  animiren;  man  wollte  uns  gern  mit  der  Armee  in 
die  Nähe  behalten;  sed  hactenus,  wann's  ihnen  nichts  koste,  contra  re- 
gulam  der  Herren  Geistlichen,  quod  qui  altari  servit  de  altari  vivat. 
Goess  theilt  dem  Schwerin  mit,  wie  man  sich's  bei  Churpfalz  zu  Nutzen 
and  ein  meritum  daraus  zu  machen,  wann  man  bei  uns  resolviren  werd 
nit  über'n  Rhein  zu  gehen,  wie  der  von  Schwerin  der  Meinung  nit  ist, 
dass  man's  zu  thun.  .  . . 

Am  26.  war  grosse  Berathung  wegen  der  Winterquartiere.  Der  Fürst  von 
Anhalt  und  der  Kurfürst  waren  gegen  den  Marsch  nach  Westphalen;  Schwerin 
ist  gleicher  Meinung  und  will,  dass  man  lieber  nach  Franken  und  Schwaben 
gehe-),  wogegen  Goess  ist,  da  der  Kaiser  diese  Länder  für  die  nächstjährigen 
Rüstungen  und  für  die  Subsistenz  während  des  Feldzuges  benöthigen  werde. 


^)     Ludolf  Lorenz  Krosigk;  über  seine  Sendung-  nach  Storkbolm  Puf.  1.  c.  XI.  79. 
2)     Vergl.  Urk.  und  Act.  III.  333ff.;    Grossmaim,    Montecuccoli   I.e.  432;    Peter 
1.  c.  94  f. 


630  VI.  Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

Votum    vom  5.  December  1672    über    des    Goess    Schreiben 
vom  25.  November  1672.    (Coric.) 

[Beziehungen  zum  Kurfürsten  von  der  Pfalz.  Kriegsoperationen.  Spaniens  Accessiou 
zum    österreich-brandenburgiscben    Bündnisse.      Des  Goess  Reise    zu  den    Kurfürsten 

von  Mainz  und  Trier.] 

Dec.  Man  möge  Goess    antworten:    Es   sei  dem  Kaiser   lieb    zu  vernehmen  ge- 

wesen, was  SchAverin  bei  Kurpfalz  verhandelt  und  dass  es  sehr  vortheilhaft 
wäre  diesen  Fürsten  zu  des  Kaisers  Partei  zu  ziehen;  jedoch  könne  man  sich 
darauf  nicht  verlassen  und  dem  Pfälzer  nicht  trauen ;  auch  wäre  es  allzu  ge- 
fährlich, ihm  die  Stadt  AVorms  einzuräumen.  Wegen  der  von  Pfalz  erhobenen 
Klage  gegen  den  Kaiser  werde  der  Kaiser  dem  Goess  mit  nächstem  genaue 
Instruction  zukommen  lassen.  Bezüglich  der  Operationen  habe  Goess  mit  Recht 
erklärt,  der  Kaiser  habe  Montecuccoli  die  Entscheidung  anheimgegeben.  Betreffs 
der  von  Spanien  beschlossenen  Accession  zum  Österreich -brandenburgischen 
Bündnisse  wird  der  Kaiser  mit  dem  spanischen  Botschafter  in  Wien ')  ver- 
handeln lassen,  der  schon  die  Vollmachten  zu  den  Verhandlungen  empfangen 
hat.     Goess  soll  Brandenburgs  Gedanken  in  diesem  Punkte  zu  erfahren  suchen. 

Gegen  des  Goess  Reise  zum  Mainzer  und  Trierer  Kurfürsten  hat  der  Kaiser 
nichts  einzuwenden,  er  soll  beiden  ernstlich  zusprechen,  des  Kaisers  Partei  zu 
ergreifen. 

Berathen  am  5.,  aufgesetzt  am  6.  und  beschlossen  wie  eingerathen  am 
7.  Dec.  1672.  Praes.  Lohkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Hocher,  Dorsch  und 
Abele.     Weisung  d.  d.  Wien  8.  Dec.  1672. 


Der  Kurfürst   an   den  Kaiser.     Dat.  Rüsselsheim  28.  Novem- 
ber/8. December  1672.    (Or.) 

[Versammlung  der  schwäbischen  Kreisstände.] 

8.  Dec.  Der  Kurfürst  theilt  dem  Kaiser  mit,  dass  der  Herzog  Eberhard  von  Württem- 

berg 2)  Hilfe  zu  leisten  sich  bereit  erklärt  und  den  Kurfürsten  ersucht  hätte, 
dahin  zu  wirken,  dass  die  Repartition  des  schwäbischen  Circularquanti  erfolge. 
Der  Kurfürst  bittet  den  Kaiser,  dies  zu  veranlassen  und  an  die  schwäbischen 
Kreisstände  ein  scharfes  Excitatorium  ergehen  zu  lassen. 

In  dem  Votum  der  Conferenz  über  dieses  Schreiben  wurde  eingerathen, 
Goess  solle  dem  Kurfürsten  mittheilen,  dass  das  Hindernis,  das  bisher  dem  Zu- 
sammentritte der  schwäbischen  Stände  im  Wege  gestanden,  bereits  behoben  sei 
und  dass  daher  der  Kaiser  hoffe,  dass  die  Versammlung  der  Stände  alsbald  er- 
folgen werde. 


^)    Balbesos. 

2)     Herzog  Eberhard  III.  f  1674. 


Kriegsoperationen.     Schwäbische  Kreisstände.     Trier.  631 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Rtisselsheim  8.  Dec.  1672.    (Or.) 

[Verhandlungen   mit   den  Schweizern.     Des  Kurfürsten  von  Trier  Stellung  betreffend. 

Des    Hainzers    Mediationspläne.     Friedensfrage.     Des    schwedischen    Bevollmächtigten 

Haltung.     Venedigs    Mediation.     Verbandlungen    mit    dem    Herzoge  von    Lothringen. 

Des  Goess  Reise  zum  Kurfürsten  von  Trier.     Kriegsangelegenheiten.] 

Die  Schweizer   zeigen    gute  Disposition    zum  Abschlüsse  mit  Brandenburg  8.  Dec. 
und  mit  dem  Kaiser ') ;  man  drängt  von  Seiten  Brandenburgs  auf  die  Absendung 
eines  kaiserlichen  Bevollmächtigten  an  die  katholischen  Cantone  der  Schweiz. 

Der  Kurfürst  von  Trier  zeigt  grosses  Verlangen  nach  Goess,  auch  die 
Brandenburger  drängen  in  ihn.  nach  Trier  zu  reisen  und  haben  I.  Ch.  D.  in 
dero  eigenen  wie  dann  auch  der  Holländer  IS'amen  sich  erboten,  das- 
jenige, was  wegen  des  monatlichen  subsidii  begehrt  werd,  einigermassen 
zu  suppliren')  und  anbelangend  den  Punct  wiegen  der  Ruptur  von  spa- 
nischer Seiten  schreibt  die  Königin  in  Hispanien  und  dann  auch  der 
Conte  de  Monterey  an  den  Grafen  von  Montecuccoli,  welchergestalt  I.  M. 
die  Ordre  ertheilt,  welche  der  Graf  punctuel  nachleben  wolle,  dass  er 
E"".  K.  M.  Waffen  mit  allen  Kräften  auxiliariter  beitreten  und  assistiren 
solle,  welches  gleichwohl  diesen  Punct  all  einigermassen  leichter  zu 
machen  scheint.  Aber  die  Frag  ist,  wann  ich  auch  da.sjenige,  was  man 
von  Churtrier  begehrt,  erhalten  könnte,  ob  es  hie  et  nunc  rathsam.  Die 
Stadt  Trier  steht  fast  unbesetzt,  Turenne  liegt  dem  Churfürsten  mitten 
in's  Land  und  hat  der  Stadt  schon  andeuten  lassen,  dass,  wann  wir 
über'n  Rhein  gehen  sollen,  er  sich  derselben  und  mithin  die  Stadt  pre. 
veniendo  zu  versicheren.  Wir  seind  nit  in  statu  noch  diesmalen  wil- 
lens dahin  zu  gehen,  wie  kann  uns  dann  nützlich  sein,  dass  den  Fran- 
zosen Aulass,  oder  doch  Praetext  geo[eben  werde,  sich  der  Stadt  Trier 
und  anderer  S^  Ch.  G.  zugehörenden  Posten  zu  bemächtigen  und  das 
Stift  völlig  zu  ruiniren,  oder  sich  dessen  zu  impatroniren;  wie  kann  es 
uns  auch  reputirlich  sein,  dass  unsere  Freunde  und  diejenige  so  unsere 
Party  nehmen  darüber  alsogleich  zu  Grund  gehen?  Auf  der  anderer 
Seiten  ist  zu  besorgen,  dass  die  Franzosen,  welche  in  materia  d'Interesse 
all  grad  fortgehen,  sich  gar  der  Stadt  Coblenz  bemächtigen  möchten^), 
massen  I.  Ch.  G.  gute  Nachricht  haben,  welchergestalt  der  Duc  de  Crequi 
es  schon  längst  eingerathen,  zumalen  die  Schwachheit  der  Garnison 
und  die  Mängel  an  der  Festung  ihme,  wie  er  vorgibt,  gnugsam  bekannt. 


1)  Puf.  1.  c.  XI.  73. 

2)  Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  342;  Peter  1.  c.  97  f.,  woselbst  Auszüge  aus  den  Con- 
ferenzprotocollen. 

•■')     Vergl.  Peter  1.  c.  98. 


532  ^^-    ^oess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     lf)72 —  IfiTS. 

So  gehet  das  Stift  auch  ohne  das  bei  jetzigen  Marsch  und  Remarschen 
und  Einlogirung  der  französischen  Arnoee  fast  darauf  und  ist  zu  beklagen, 
dass  dieselbe  bis  dato  in  den  besten  Provinzien  des  Reichs  ihre  gute 
Gelegenheit  nehme,  da  wir  dahie  Noth  leiden  und  dannoch  alle  Welt 
wider  uns  klagt.  Die  Angelegenheit  mit  Trier  geht  auch  nicht  so  wie  Goess 
wünscht;  es  Avird  so  schwer  das  Geheimnis  zu  wahren;  Goess  will  seine  Reise 
zum  Kurfürsten  von  Trier,  zu  der  er  von  dem  Brandenburger  und  den  Hollän- 
dern gedrängt  wird,  noch  einige  Tage  verschieben.  Mainz  versucht  alles,  um 
als  Mediator  anerkannt  zu  werden,  der  Vetter  des  Kurfürsten.  Schönborn,  geht 
zu  diesem  Zwecke  nach  Paris  und  London. 

Die  Friedenspropositiones  so  von  unterschiedlichen  Orten  geschehen 
anbelangend,  lasse  ich  dieselbe  an  ihrem  Ort  gestellt  sein  und  werd  sich 
mit  der  Zeit  schon  weisen,  was  einer  und  ander  vor  intentiones  und 
Absehen  darbei  führe.  Vor  2  Ding  hat  man  sich  meines  Erachtens 
darbei  zu  hüten:  1".  dass  keine  Trennung  oder  Diffidenz  unter  die  Con- 
foederirte,  quod  maxime  intenditur,  hierdurch  angericht  werde;  2".  dass 
man  sich  nit  einschläfern  lasse,  noch  in  den  Anstalten  zu  Ausführung 
des  Kriegs  im  geringsten  relachire;  dann  sollen  wir  den  lieben  Frieden 
erhalten,  durch  diese  Mittel,  also  rechtschaffene  Zusammensetzung  der 
Confoederirteu  und  ernstliche  Verfassung  zum  Krieg,  muss  derselbe  er- 
halten werden.  Bei  diesem  churfürstlichen  Hof  habe  ich  bis  dato  nit 
änderst  verspüren  können,  als  dass  man  auf  ein  Universalfrieden  an- 
trage und  sich  von  den  Particulierofferten,  obzwar  dieselbe  gross,  nit 
will  verleiten  lassen. 

Der  schwedische  Bevollmächtigte  Wangelin  versucht  jeden  ungleichen  Ver- 
dacht wegen  der  schwedischen  Mediation  zu  beseitigen  und  betont  die  Xoth- 
wendigkeit  einer  raschen  Einigung  mit  Brandenburg'). 

Nach  allem,  was  Goess  hat  erfahren  können,  dürfte  die  Mediation  Venedigs 
nirgends  grosse  Opposition  erfahren. 

Der  Herzog  von  Lothringen  drängt  in  Montecuccoli  und  in  Goess  die 
Tractate  mit  ihm  zum  Abschluss  zu  bringen,  umsomehr  da  Brandenburg  und 
Holland  zum  Abschlüsse  bereit  sind. 

Unter  dem  10.  berichtet  Goess,  dass  er  von  Seite  der  Brandenburger  zur 
Reise  nach  Trier  immer  wieder  aufgefordert  werde,  die  schon  glauben,  der 
Kaiser  meine  es  bezüglich  der  Verhandlungen  mit  Trier  nicht  ernst.  Goess 
sucht  den  Brandenburgern  diese  Ansicht  zu  benehmen  und  denkt  am  12.  zum 
Kurfürsten  von  Trier  zu  reisen.  Da  einige  brandenburgische  Generäle  dem 
Kurfürsten  vorhalten,  dass  nach  dem  beabsichtigten  Abzüge  der  Truppen  der 
Verbündeten    die  Franzosen  Mainz    nehmen  werden,  begibt  sich  Schwerin  und 


')     Protocoll    der    Conferenz    d.  d.    Rüsselsheim    19./29.  Mov.    1672    praesentibus 
Wangelin,  Schwerin.  Meinders. 


Mainzische  Mediation.     Friedensfrage.     Trier.     Lothringen.  633 

wird  sich  der  Kurfürst  selbst  zum  Mainzer  begeben,  um  ilin  zur  Aufnahme 
einiger  Truppen  der  Alliirten  in  seine  Stadt  zu  vermögen ').  Goess  erhofft  nicht 
sehr  viel  von  diesem  Versuche.  Ich  bekeune,  dass  mich  graust  über  den 
schweren  vorhabenden  Marsch  bei  dieser  Zeit  des  Jahrs  und  in  solche 
Länder,  wo  auch  bei  der  besten  Zeit  des  Jahrs  schwer  durchzukommen; 
besorge,  dass  unsere  arme  Leut  viel  darbei  leiden  werden  müssen. 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Rüsselsheim  13.  Dec.  1672.   (Or.) 

[Verhandlungen    der   Brandenburger    mit   dem   Mainzer.     Klagen   des   Kurfürsten  von 
der  Pfalz.     Verhandlungen  des  Goess  mit  dem  Herzoge  von  Lothringen.] 

Der  Kurfürst  von  Mainz  hat  Schwerin  und  dem  Kurfürsten  von  Branden-  13.  Dec. 
bürg  die  besten  Versicherungen  gegeben,  jedoch  zur  Aufnahme  von  Truppen 
in  Mainz  sich  nicht  bereit  erklärt-).  Der  Kurfürst  von  der  Pfalz  beklagt  sich, 
wie  Goess  glaubt  mehr  als  er  Ursache  hat,  über  den  Schaden,  den  die  Armee 
der  Alliirten  ihm  zugefügt  habe.  Der  Herzog  von  Lothringen  war  bei  Goess 
und  hat  sich  sehr  beklagt,  dass  er  vom  Kaiser  keine  Resolution  erhalten  könne. 
Seine  letzten  900  Reiter  dürfte  Brandenburg  übernehmen.  Wegen  seines  Ein- 
schlusses in  den  Frieden,  falls  ein  solcher  geschlossen  werden  sollte,  bemerkt 
Goess  dem  Herzoge,  die  Angelegenheit  müsse  von  den  gesammten  Confoederirten 
berathen  werden  und  stellt  es  dem  Herzoge  frei,  ein  Project  darüber  zu  ent- 
werfen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Rüsselsheim  15.  Dec.  1672.  (Or.) 

[Verhandlungen   des  Goess  mit   dem  Kurfürsten  von  Mainz.     Beabsichtigte  Reise  des 
Goess  zum  Kurfürsten  von  Trier.] 

Goess  war  beim  Kurfürsten  von  Mainz.  Der  Inhalt  der  Unterredung  war  15.  Dec. 
derselbe  wie  mit  Schwerin;  der  Kurfürst  betont  besonders  die  Nothwendigkeit 
der  Verbesserung  der  Fortificationen  von  Mainz.  Goess,  der  dieselben  besich- 
tigt, ist  der  Meinung,  dass  eine  Verbesserung  Noth  thut.  An  eine  Aufnahme 
von  Truppen  der  Alliirten  in  Mainz  ist  für  diesmal  nicht  zu  denken.  Der  Kur- 
fürst von  Mainz  fordert  Goess    auf.    mit  dem  Bischöfe  von  Münster  zusammen- 


')     Vergl.  Puf.  1.  c.  XL  67;  Peter  1.  c.  99. 

2)  Puneta  der  Relation,  so  der  Baron  von  Schwerin  wegen  seiner  A'errichtung 
bei  Chur-Mainz  gethan. 

Der  wesentliche  Inhalt  lautet:  Der  Mainzer  erklärt  vom  Kaiser  und  dessen  Partei 
sich  nicht  separiren  zu  wollen.  Er  glaubt  nicht,  dass  die  Franzosen  gegen  Mainz 
etwas  vorhaben,  räth  jedoch  den  Alliirten  in  der  Nähe  zu  Friedberg  und  Wetzlar 
einiges  Volk  stehen  zu  lassen  und  zur  Fortification  von  Mainz  Mittel  zu  schaifen, 
ferner  bei  Deutz  eine  Brücke  über  den  Rhein  zu  schlagen.  Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  67; 
Peter  1.  c.  99. 


634  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—167.5. 

zutreffen,  um  ihn  für  des  Kaisers  Sache  zu  gewinnen.  Für  des  Lothringers 
Restitution  ist  der  Mainzer  eingenommen.  Goess  hat  demselben  ganz  offen  die 
Zwecklosigkeit  seiner  Particularmediation  vorgehalten.  Goess  gedenkt  noch  am 
Tage,  da  er  diesen  Bericht  absendet,  nach  Coblenz  zum  Kurfürsten  von  Trier 
zu  reisen. 


Votum  vom    19.  December    über   des    Goess    Schreiben  vom 
28.  November,  8.  uud  10.  December  1672.    (Coiic.) 

[Lothringische  Truppenwerbung.     Sächsisch-österreichische   Allianz.     Beförderung  der 

dänisch -staatischen    Allianz.     Waffenstillstandsfrage.     Locus    tractatuiim.      Besetzung 

Gustavsburgs.     Reise  des  Goess  zum  Kurfürsten  von  Trier.     Quartierfrage.] 

19.  Dec.  Dem  Goess  wäre  zu  antworten:  Wegen  der  900  lothringischen  Pferde  habe 

der  Kaiser  Montecuccoli  Befehl  ertheilt  beim  Kurfürsten  von  Brandenburg  da- 
hin zu  wirken,  dass  derselbe  diese  900  Pferde  annehme;  sei  dies  nicht  zu  er- 
reichen, so  soll  Montecuccoli  sie  übernehmen.  Der  Kaiser  sei  daran,  die  Ver- 
träge mit  Sachsen  hier  in  Wien  mit  dem  sächsischen  Abgeordneten  Gersdorf 
abzuschliessen ').  Ratione  tractatuum  zwischen  Holland  und  Dänemark  müsse 
man  den  Erfolg  abw-arten,  doch  könnte  dem  Lisola  und  dem  Kramprich  Be- 
fehl ertheilt  werden  diese  Allianz  mit  allen  Kräften  zu  befördern. 

Bezüglich  des  AVaffenstillstandes  mit  Frankreich  soll  Goess  des  Kurfürsten 
und  dessen  Käthe  Gesinnungen  zu  erfahren  trachten;  es  scheine,  dass  Frank- 
reich selbst  den  Waffenstillstand  lebhafter  wünscht  als  die  übrigen,  aber  nicht 
selbst  mit  diesem  Antrage  kommen  will;  es  gebe  Gründe  für  und  wider  die 
Zweckmässigkeit  eines  solchen  Waffenstillstandes. 

Gegen  Aachen  als  locus  tractatuum  hätte  der  Kaiser  nichts  einzuwenden. 
Der  Kaiser  ist  ganz  der  Ansicht  des  Goess,  dass  Gustavsburg  besetzt  gehalten 
werden  müsse.  Dass  Goess  zum  Trierer  reisen  will,  ist  dem  Kaiser  ganz  recht, 
er  soll  den  Kurfürsten  auffordern  in  der  bisher  contestirten  Devotion  fortzu- 
führen und  ihn  jeder  Hilfe  seitens  des  Kaisers  versichern,  der  in  der  That 
Montecuccoli  Befehl  ertheilt  habe,  darauf  zu  achten,  dass  Trier  nicht  von  den 
Franzosen  unversehens  genommen  werde.  Wegen  Verlegung  der  fränkischen 
Kreisvölker  ad  limites  imperii  müsse  man  die  Entscheidung  des  Kreistages  ab- 
warten und  wäre  der  Kaiser  mit  Goess  der  Meinung,  dass  der  fränkische  und 
der  schwäbische  Kreis  so  ^'iel  möglich  mit  Quartieren  verschont  und  zu  den 
bereits  wiederum  resolvirten  Werbungen  conservirt  werden  sollen. 

Berathen  am  19.,  aufgesetzt  am  20.  und  beschlossen  am  21.  Dec.  1672 
wie  gerathen;  praes.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Hocher,  Dorsch, 
Abele.     Weisung  d.  d.  Wien  24.  Dec.  1672. 

^)  Der  Vertrag  wurde  am  I.März  1673  geschlossen;  Dumont  1.  c.  VlLj  220f.; 
vergl.  Heibig,  Beziehungen  Sachsens  zu  Frankreich  I.e.  301f. 


Waffenstillstandsfrage.     Trier.     Boinebiirg.  635 

Goess  an  eleu   Kaiser.     Dat.  Ehrenbreiteiistein  23.  December 

1672.  (Or.) 

[Kein  Verlass  auf  den  Pfälzer.     Spaniens  Eintritt  in   das  österreich-braudenburgische 
Bündnis.     Tod    des  Boineburg.     Verhandlungen   des  Goess   mit  dem  Kurfürsten  \on 
Trier.     Veriiandlungen  im  Haag  wegen  der  Subsidien  für  Trier.     Stand  der  französi- 
schen Armee.] 

Weisung  vom  8.  Dec.    erhalten.     Auf   Kurpfalz   ist   gewiss    kein  Verlass;  23.  Dec. 
auch  lässt  sich  nicht  läugnen,  dass  die  Animosität  zwischen  den  Confoederirten 
Mainz  und  Pfalz  noch  stark  ist  und  dass  einer  dem  anderen  gar  nicht  traut. 

Wegen  des  Einschlusses  Spaniens  in  die  österreichisch -brandenburgische 
Allianz  theilt  M'«.  de  los  Balbesos  dem  Goess  mit,  Monterey  habe  vor,  einen 
eigenen  Bevollmächtigten  an  den  Hof  des  Brandenburgers  zu  schicken.  Goess 
hofft,  derKurfürst  wird  —  wozu  Goess  ihn  aneifern  wird  —  sich  entgegenkom- 
mend erweisen. 

Den  15.  dieses,  als  ich  ebeu  zu  Mainz  hieherwärts  durchpassirt, 
stürbe  der  von  Boineburg  und  ist  remarquirt  worden,  dass  ihn  eben  der 
Schlag  gerührt,  als  er  bei  dem  Abbe  Gravel  mit  ihme  und  mit  dem  Vau- 
brun  in  Confereuz  wäre;  darüber  der  von  Mayernberg  den  Spruch  sagte, 
et  in  peccato  vestro  moriemini '). 

Der  Kurfürst  von  Trier  nimmt  Goess  sehr  freundlich  auf  und  zeigt  sich  sehr 
gut  kaiserlich  gesinnt.  Mit  ihrer  Accession  ad  foedus  zwischen  E"".  K.  M. 
und  Churbrandenburg,  wie  dann  auch  zu  des  Braunschweigischen,  ver- 
hoffe ich,  dass  es  soweit  seine  Richtigkeit  habe.  I:  In  puncto  der  Sub- 
sidien und  der  Ruptur  und  folgends  der  Assistenz  vor  Spanien  :  |  hat 
es  diese  Difficultät,  dass  S.  Ch.  Gn.  weder  mit  Churbrandenburg  noch 
mit  Holland  in  primo  nichts  zu  thun  haben,  sondern  sich  allein  an  E. 
K.  M.  halten  wollen;  in  secundo  hat  man  in  Spanien  den  hierüber  schon 
vor  diesem  aufgerichten  Tractat  noch  nie  ratificirt.  Ich  gedenke  auf 
alle  Mittel  hieraus  zu  eluctiren,  dann  ich  sehe  periculum  in  mora  und 
besorge,  dass  die  Franzosen  sich  der  Stadt  Trier  impatroniren. 

Kramprich  berichtet,  dass  er  auf  Befehl  des  Kaisers  im  Haag  wegen  Sub- 
sidien für  Trier  verhandle.  Goess  fürchtet  ein  bekannt  werden  dieser  Verhand- 
lungen und  meint,  es  wäre  vielleicht  gut,  wenn  er  —  Goess  —  selbst  sich  zum 
Prinzen  von  Oranien  und  Monterey  begeben  würde,  um  die  Sache  abzumachen. 
Die  Armee  der  Franzosen  soll  sehr  gelitten  haben. 

Unter  dem  19.  Dec.  berichtet  Goess,  dass  er  daran  sei,  die  Schwierigkeiten 
bei  dem  Abschlüsse  mit  Trier  zu  beseitigen^). 


1)     Vergl.  Guhrauer  1.  c.  II.  22  f. 

^)     Der    Beitritt   Triers    zum    Bündnisse  vom  13./23.  Juni  erfolgte   am  31.  Dec. ; 
Mörner  1.  c.  370ff. 


636  VI.     Goess  in  Ikilin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Lippstadt  20./30.  Decem- 

ber  1672.    (Gr.) 

[Kriegsnachi'ichten.     Verhandlungen  mit  dem  Mainzer.     Bitte  um  Gewährung  der  vom 
Kurfürsten  gemachten  Zugeständnisse  au  den  Mainzer.] 

30.  Dcc.  Der  Kurfürst  tlieilt  mit,  dass  er  mit  der  Armee  in  Westplialen  angelangt  und 

Anstalten  trifft,  den  Feinden  Abbruch  zu  tbun,  zu  welchem  Zwecke  er  den  General- 
major Freiherrn  von  Spaen  mit  vielen  Truppen  ausgesendet  habe  ^).  Da  es 
ferner  für  das  allgemeine  Beste  von  dem  grüssten  Vortheile  wäre  Mainz  für  den 
Kaiser  und  dessen  Partei  ganz  zu  gewinnen,  hat  der  Kurfürst  nichts  unter- 
lassen, was  zu  solchem  Zwecke  dienlich  sein  mochte,  verhofft  auch,  dass    solches 

Werk  anietzo  in  solchem  Stande  sei,  dass  E.  K.  M.  mit  der  Zeit  den 
guten  Effect  davon  verspüren  sollen.  Nachdem  ich  aber  mit  Genehm- 
haltung des  H".  Generallieutenants  Graf  Montecuccoli  obgedachtem 
Chur-Mainzes  L''«".  Vertröstung  gethan,  dass  E.  K.  M.  ihr  wegen  Aus- 
führung der  mainzischen  Fortification  gnädigst  assistiren  würden  und 
wegen  des  Freiherrn  von  Schönborn  Namens  E^  K.  M.  versprochen,  dass 
ihm  eine  Gnade  von  deroselben  widerfahren  sollte,  so  trage  ich  die  ge- 
horsamste Zuversicht  zu  E"".  K.  M.,  sie  werden  solches  alles,  weil  es  allein 
zu  Beförderung  dero  Diensten  geschehen,  gnädigst  genehm  halten  und 
mit  ehestem  Chur-Mainzes  I/'^".  bezeugen,  dass  ich  hierunter  E^  K.  M. 
gnädigstem  Willen  gemäss  gethan. 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Ehrenbreitenstein  6.  Januar  1673. 

(Or.) 

[Abschluss  der  Verhandlungen  mit  Trier.     Geplante  Reise  des  Goess  zu  Monterey  und 
Wilhelm  von  Oranien.     Haltung  des  Kurfürsten  von  Mainz.     Marsch  Turenne's.] 

6.  Jan.  Die  Verhandlungen  mit  Trier  haben  zum  Abschlüsse  geführt ;    der  Eintritt 

des  Kurfürsten  in  das  Berliner  und  sein  Anerbieten  in  das  braunschweigische 
Bündnis  einzutreten,  dürften  dem  Kaiser  erwünscht  sein-).  Die  Forderung  der 
2000  Mann  zur  Verstärkung  seiner  Besatzungen'')  hat  Goess  umsomehr  zuge- 
stehen zu  müssen  geglaubt,  als  eine  bessere  Vertheidigung  der  trierer'schen 
Festungen  ganz  den  Interessen  des  Kaisers  entspricht.  Von  den  6000  Thalern 
monatlich,  die  Goess  hat  versprechen  müssen'*),  wird  Brandenburg  2000,  die 
Staaten  4000  zahlen,    daher  dem  Kaiser   keine   andere  Last,    als    die  Garantie 


1)  Vergl.  Peter  1.  c.   100  ff. 

-)  Vertrag  vom  31.  Dec;  Mörner  1.  c.  370 ff.;  Peter  1.  c.   112. 

^)  §  b  des  Nebenrecesses;  Mörner  1.  c.  371. 

■*)  §7  des  Nebenrecesses ;  Mörner  I.e.  371. 


Mainz.     Trier.     Ober-  uud  uiedersächsischer  Kreis.  (537 

für  die  richtige  Erlegung  dieser  Subsidien  zufalle.  Die  von  den  Franzosen 
drohende  Gefahr  und  die  Unmöglichkeit  die  Verhandlungen  geheim  zu  lialten, 
haben  Goess  zum  raschen  Abschlüsse  vermocht.  Auf  Wunsch  des  Kurfürsten 
von  Trier  will  Goess  zu  Monterey  und  zu  dem  Prinzen  von  Oranien  reisen,  um 
dort  alles  zu  ordnen ;  er  schreibt  an  Montecuccoli  und  an  Friedrich  Wilhelm , 
ob  dieselben  mit  einer  solchen  Reise  einverstanden  sind.  Die  Nachrichten  aus 
Mainz  lauten  dahin ,  dass  der  Kurfürst  erkläre,  er  wolle  sich  nicht  vom  Kaiser 
trennen,  halte  es  aber  für  zweckmässig  noch  einige  Zeit  zuzusehen.  Schönbom 
hat  in  Paris  auf  seinen  Mediationsvorschlag  eine  verhüllte  Zurückweisung  er- 
halten, geht  aber  doch  nach  England^).  Die  Kurfürsten  von  Mainz  und  Trier 
sind  dafür,  dass  der  Kaiser  mit  Lothringen  abschliesse  und  den  Herzog  dadurch 
zu  einem  thätigen  Eingreifen  zu  Gunsten  der  AUiirten  vermöge. 

Unter  dem  8.  berichtet  Goess,   dass  man  Nachricht  von  dem  Marsche  Tu- 
renne's  mit  seiner  ganzen  Armee  gegen  Wesel  habe  •). 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Sparenberg  7.  Januar  1673. 

(Or.) 

[Bitte  um  Erlass  von  Schreiben  an  den  ober-  und  niedersäclisischen  Kreis] 

Der  Kurfürst  ersucht  den  Kaiser  an  den  ober-  und  niedersächsischen  Kreis,  7.  Jan. 
welche  demnächst  zu  Quedlinburg  zur  Berathung  zusammentreten  werden^), 
Schreiben  ergehen  zu  lassen,  dass  dieselben  dem  kaiserlichen  und  branden- 
burgischen Heere  Hilfe  senden.  Wenn  dies  nicht  erreicht  würde,  so  wäre  doch 
zu  hoffen,  dass  daselbst  wenigstens  nichts  dem  Kaiser  und  Brandenburg  feind- 
liches unternommen  würde.  Und  weil  zu  fürchten,  dass  in  specie  wegen  Hil- 
desheim Klage  geführt  werden  wird'*),  so  würde  zweifelsohne  die  Nothdurft 
erfordern,  dass  diesfalls  Vorkehrungen  getroffen  werden,  in  welchem  Sinne  der 
Kurfürst  nach  Sachsen  und  Braunschweig  berichtet  habe;  ein  kaiserliches 
Schreiben  würde  der  Sache  noch  mehr  Nachdruck  geben. 


Votum   vom  7.  Januar  1673    über    des    Goess  Berichte   vom 
13.,  15.  und  23.  December  1672.  (Conc.) 

[Erklärungen  Triers.     Münster.     Eintritt  Spaniens   in    die  Österreich-brandenburgische 

Alh'anz.] 
Es  sei  dem  Goess  zu  antworten:  Alle  Berichte  lauten  dahin,  dass  den  Schwe-  7.  Jan. 
den  nicht  zu  trauen  sei.     Wegen  Trier  findet  der  Kaiser  ganz  begreiflich,  dass 


')  Vergl.  Gubrauer  1.  c.  II.  IfifF.,  42 ff. 

-)  Vergl.  Peter  1.  c.  11 6 f.;  Grimoard  1.  c.  II.  1.51. 

^)  üeber  die  Versammlung  zu  Quedlinburg  Puf.  1.  c.  XI.  71. 

■')  Brandenburgs  Vorgehen    im   Hildesheiraischen   bei    Peter  i.  c.  109;    Grimoard 

IL  150. 


638  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt,  in  Wien.     1672  —  1675. 

Trier  mit  Rücksicht  auf  die  von  Frankreich  drohende  Gefahr  seinen  Beitritt  zur 
Allianz  noch  nicht  öffentlich  kund  thun  will;  bezüglich  Sicherung  Triers  soll  Goess 
sich  an  Montecuccoli  wenden,  damit  dieser  mit  dem  Kurfürsten  von  Brandenburg 
über  die  nothwendigen  Massregeln  berathe ').  Des  Mainzers  Rath,  Goess  möge 
sich  zum  Bischöfe  von  Münster  begeben,  um  denselben  zur  Umkehr  zu  be- 
wegen, Hesse  der  Kaiser  an  seinem  Orte  beruhen;  es  habe  der  Effect  gezeigt, 
dass  fast  keine  Hoffnung  auf  Bekehrung  sei;  sollte  aber  der  Bischof  selbst 
etwas  an  den  Kaiser  schreiben,  dann  werde  derselbe  nicht  unterlassen,  sich 
darüber  zu  entschliessen-).  Monterey  dürfte  mit  dem  Kurfürsten  wegen  des  Bei- 
trittes Spaniens  zur  Österreich-brandenburgischen  Allianz  bereits  verhandelt  haben. 
Berathen  am  7.,  aufgesetzt  am  10.  und  beschlossen,  wie  gerathen  am 
12.  Jan.  1673. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Sparenberg  l./ll.  Januar 

1673.    (Or.) 

[Quartierfrage.] 

11.  Jan.  Das    gesammte  Haus  Braunschweig    hat   an   den   Kurfürsten  eine  Gesandt- 

schaft geschickt,  mit  dem  Ersuchen,  dass  man  mit  den  Armeen  dem  nieder- 
sächsischen Kreise  sich  nicht  zu  sehr  nähere,  viel  weniger  in  das  Hildeshei- 
mische einige  Einlogirung  vornehme.  Da  der  Kurfürst  fürchtet,  es  möchte 
am  nieder-  und  obersächsischen  Kreistage  über  Montecuccoli's  Schreiben  an 
Herzog  Georg  "Wilhelm  von  Braunschweig-Celle  und  Ernst  August  Bischof  zu 
Osnabrück  geklagt  werden,  fragt  er  den  Kaiser,  ob  dieser  nicht  an  den  Braun- 
schweiger oder  an  den  Kurfürsten  von  Sachsen  über  diese  Quartierfrage  schrei- 
ben wolle. 

Unter  dem  6./16.  Jan.  1673  übersendet  der  Kurfürst  dem  Kaiser  die  ihm 
von  dem  Mainzer  übermittelten  Documente  bezüglich  der  Mediation  desselben 
bei  Frankreich  ^). 


^)  Ueber  die  Verhandlungen  Montecuccoli's  mit  dem  Kurfürsten  in  dieser  Zeit; 
ver|l.  Grossmann,  Montecuccoli  1.  c.  432  ff. ;  Peter  1.  c.  11 3  ff. 

2)  Ueber  Münsters  Haltung  in  dieser  Zeit;  Tücking  1.  c.  193 ff. ;  Depping  I.e. 
145 ff.;  Peter  1.  c.  113 f. 

^)  Frankreich  forderte  Trennung  der  deutschen  von  der  holländischen  Frage, 
dann  werde  es  die  Mediation  des  Mainzers  und  anderer  Reichsfürsten  annehmen;  Er- 
klärung Frankreichs  vom  19.  Dec.  1672.  Der  Mainzer  fragt  unter  dem  31.  Dec.  beim 
Brandenburger  an,  wie  dieser  sich  dazu  verhalte,  indem  er  zugleich  erklärt,  Boineburg 
habe  in  Paris  gleich  gesagt,  darauf  würden  die  Alliirten  nicht  eingehen;  vergl. 
Guhrauer  1.  c.  II.  29  ff. 


Spauien  und  die  brandenb.-österr.  Allianz.     Quartierfrage.     Münster.  639 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Köln   12.  Januar  1673.    (Or.) 

[Des  Goess  Reise  nach  Köln.  Stellung  Münsters.  Rath  des  Goess  über  das  Münster 
gegenüber  zu  beobachtende  Benehmen.] 
Goess  ist  nach  Köln  gereist,  wo  er  die  Antwort  des  Kurfürsten  von  Bran-  12.  Jan. 
denburg  und  Montecuccoli's  darüber  erwartet,  ob  er  nach  den  Niederlanden 
reisen  soll.  Mit  dem  M'«.  de  Grana  conferirt  Goess  häufig.  | :  Es  werd  meines 
Erachtens  sehr  dienlich  sein,  dass  die  Stadt  Colin  in  unsere  Allianz  mit 
eintrete.  Strassburg,  Frankfurt  und  andere  könnten  hoc  exemplo  movirt 
werden  :|.  Goess  vernimmt,  dass  von  Seite  des  Bischofes  von  Münster  Pater 
Körler  nach  Wien  und  Domdechant  Schmising  zu  Montecuccoli  'geschickt  wor- 
den ^)  seien.  Goess  meint,  obzwar  der  Bischof  | :  auf's  neu  Geld  empfangen, 
so  wären  doch  diese  occasiones  nit  zu  negligiren;  das  stärkiste  motivum 
müssen  die  vigorosae  operationes  wider  denselben  sein.  Wann  die  Trac- 
taten  mit  Dänemark,  Celle  und  Wolfenbiittel  zum  Schluss  gebracht  wür- 
den :  I ,  dahin  man  auf  alle  Weis  zu  sehen,  könnte  es  hierzu  auch  sehr 
dienlich  sein '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Köln  15.  Januar  1673.   (Or.) 

[Verhandlungen    mit    Lotbringen.     Allianz   zwischen   Dänemark,   Celle,  Wolfenhütte], 
Holland.     Waffenstillstand.     Crockows  Urtheil  über  Schwedens  Verhalten  bei  der  Me- 
diationsangelegenheit.    Punctum  securitatis.] 

Bezüglich   der    Tractate    mit   Lothringen    hat  Goess   den  Herzog   zur  Ver-  15.  Jan, 
fertigung   eines  Projectes  aufgefordert;   man  müsse   jetzt  sehen,    Avas  er  thut. 
Die  Beförderung  der  Allianz  zwischen  Dänemark,  Celle,  Wolfenbüttel  und  Hol- 
land wäre  sehr  nothwendig. 

Bezüglich  des  Waffenstillstandes  war  des  Goess  Meinung  die,  dass  majus 
malum  über  Winter  und  solche  Desordre  als  neulich  bei  Bodegraven  vor- 
gangen ^)  praecavirt  werden  möchten.  Dass  von  Seiten  Frankreichs  der 
AVaffenstillstand  gewünscht  werde,  sei  allerdings  ein  gewichtiges  Moment  gegen 
die  Annahme  desselben;  die  Holländer  dürften  vermuthlich  gegen  den  Waffen- 
stillstand wegen  der  Lasten  sein,    die  sie  zu  tragen    haben,  und  können  also 

meines  unmassgeblichen  Bedünkens  E.  K.  M.  diesem  Werk  seinen  Lauf 
lassen,  zumalen  die  Auswechslung  der  Ratification  nun  geschehen, 
auch  sonsten  die  malevoli  dero  gnädigste  Propension  zum  Frieden  etwa 
im  Zweifel  zu  ziehen  sich  bemühen  würden.     Crockow  meint,  dass  Schwe- 


')     Vergl.   Peter  1.  c.  114;    Grimoard  1.  c.   II.   1.57  u.  a.  0.;    über  Körler   Tücking 
1.  c.  305  ff. 

2)     Ebendaselbst;  Depping  1.  c.  146 f.;    Urk.  u.  Act.  IIL  351. 
^)     Basnage  1.  c.  II.  352  ff. 


640  ^'^-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

den  bei  diesem  Mediationswerk  alle  möglichen  Vortheile  für  Frankreich  suchen 
Averde,  weil  es  an  denselben  zu  participiren  hofft'). 

P.  S.  Bezüglich  puncti  securitatis  hat  Goess  bemerkt,  dass  Mainz  von 
der  Nothwendigkeit  denselben  nach  Möglichkeit  zu  befördern  überzeugt  ist. 
Es  wäre  zweckmässig  für  Schütz  die  versprochenen  3000  Gulden  zu  übersenden. 


Der   Kurfürst   an   den    Kaiser.     Dat.   Sparenberg   10. /20.  Jan. 

1673.    (Or.) 

[Religionsangelegenheit.] 
20.  Jan.  Es  ist  mir  von  E"".  K.  M.  geheimen  Kath  und  General-Lieutenant  Grafen 
von  Montecuccoli  hinterbracht  worden,  welchergestalt  sich  der  päpst- 
liche Nuntius  bei  E^  K.  M.  beschweret,  dass  von  meinen  Völkern  einige 
katholische  Kirchen,  Gotteshäuser,  Klöster  und  Geistliche  geplündert 
und  violirt  worden.  Nun  ist  nicht  ohne,  dass  öfters  Klagen  über  der- 
gleichen Excessen,  welche  sowohl  gegen  evangelische  als  katholische  ver- 
übet sein  sollen,  vorkommen;  da  dann,  wie  in  dergleichen  Fällen  zu  ge- 
schehen pfleget,  meine  Völker  die  Schuld  auf  E''.  K.  M.  Truppen  und 
diese  hinwiderum  auf  die  meinige  geleget.  Gleichwie  ich  aber  ein  höchstes 
Misfallen  an  dergleichen  Unthaten  und  Frevel  trage,  also  habe  ich  so 
ofte  dergleichen  geklaget  worden,  scharf  darüber  inquiriren,  auch  einige, 
so  man  schuldig  erfunden,  sofort  am  Leben  strafen  lassen.  Und  möchte 
ich  nur  wünschen,  dass  mir  angezeiget  werden  könnte,  wer  sich  mehr 
darin  vergriffen  hätte;  so  bin  ich  entschlossen,  diejenige,  so  katholische 
Kirchen  oder  Personen  in  einigerlei  Weise  vergewaltiget,  ohne  Ansehen 
der  Person,  viel  härter  zu  strafen,  als  die  es  an  evangelischen  Kirchen 
gethan  haben  möchten,  um  vor  aller  Welt  zu  bezeugen,  dess  ich  nicht 
die  geringste  Gedanken  habe  der  Religion  etwas  zu  Praejudiz  und  Nach- 
theil zu  verstatten  ^). 

Der  Kaiser  an  den  Kurfürsten.     Dat.  Wien  26.  Januar  1673. 

(Conc.) 

[Winterquartiere.     Mainzische  Fortificationen.     Excitatoria  an  den  nieder-  und   ober- 
sächsischen  Kreis.] 

26.  Jan.  Der  Kaiser  hat  das  Schreiben  vom  20./30.  Dec.  1672  erhalten,  freut  sich  über 

die  Winterquartiere  in  Westphalen  und  hofft  auf  guten  Erfolg  der  brandenburgi- 


^)     üeber  die  Mediation  Schwedens  Basnage  ].  c.  H.  392  ff. 

-)     Am  2G.  Febr.  1673  dankt  der  Kaiser  dem  Kurfürsten  für  die  Bestrafung  der 
Kirchenräuber  und  bittet  um  gleich   strenges  Vorgehen  in  zukünftig'en  Fällen. 


Religionsangelegenheit.     Trier.     Reise  des  Goess  nach  den  Niedeiiandeu.  (541 

sehen  Excursionen.  Dem  Kurfürsten  von  Mainz  bat  er  zur  Fortification  ')  von 
Mainz  einige  Subsidien  bereits  baar  übersendet. 

Am  selben  Tage  meldet  er  dem  Kurfürsten,  dass  er  die  Excitatoria  an  den 
nieder-  und  obersäcbsiscbeu  Kreis  bald  abgeben  lassen  werde. 

Unter  dem  10.  Februar  bestätigt  der  Kurfürst  den  Empfang  dieser  beiden 
Schreiben. 


Votum  vom  26.  Januar  1673   über  des  Goess  Schreiben  vom 
6.,  8.  und  12.  Januar  1673.  (Conc.) 

[Vertrag    mit    Trier.     Dessen  Admission  zum   Braunschweiger  Bündnisse.     Aufnahme 

Kölns  in  diese  Allianz.] 

Der  Kaiser  dankt  dem  Goess  für  seine  Bemühungen,  ist  auch  principiell  -'j-  Jan. 
ganz  mit  dem  am  30.  Dec.  von  Goess  einerseits  und  den  Bevollmächtigten  von 
Trier  andererseits  unterzeichneten  Vertrage  einverstanden,  ihn  zu  ratificiren 
müsse  aber  der  Kaiser  etwas  verzögern,  bis  er  von  Spanien,  Brandenburg  und 
Holland  wegen  Zahlung  der  2000  Mann,  die  in  Trier  stationirt  werden  sollen, 
entsprechende  Zusicherung  erhalten.  Die  Admission  Triers  zum  braunschwei- 
gischen  Bündnisse  werde  der  Kaiser  gerne  fördern,  sobald  dieses  Bündnis  mit 
Trier  perfect  geworden  sein  werde.  Ueber  des  Goess  Vorschlag  die  Stadt  Köln 
in  die  Allianz  aufzunehmen,  um  dadurch  Frankfurt,  Strassburg  und  andere 
Städte  auch  dazu  zu  vermögen,  Avird  der  Kaiser  berathschlageu  lassen. 

Berathen  den  26.,    aufgesetzt  den    28.  und   beschlossen  wie   gerathen  den 
30.  Jan.   1673. 


Votum  vom  29.  Jan.  über  des  Goess  Schreiben  vom  15.  Jan. 

1673.  (Conc.) 

[Reise  des  Goess  nach  den  Niederlanden.     Bündnis  zwischen  Dänemark,  Celle,  Wolfen- 
biittel,  Holland.     Waffenstillstandsfrage.     Holländische  Subsidien  für  Trier.] 

Es  wäre  dem  Goess  zu  antworten:  Der  Kaiser  habe  aus  des  Goess  29.  Jan. 
Schreiben  dessen  Anwesenheit  in  Köln  und  seinen  Vorschlag,  nach  den 
Niederlanden  zu  reisen,  ersehen.  Nun  werde  es  von  des  Kurfürsten  von 
Brandenburg  und  Montecuccoli"s  Meinung  abhängen,  ob  er  diese  Reise  unter- 
nehmen soll.  Dass  die  Einigung  zwischen  Dänemark,  Celle,  Wolfenbüttel  und 
Holland  noth wendig  ist,  lasse  sich  nicht  läugnen;  der  Kaiser  hat  Lisola  und 
Kramprich  Befehl  ertheilt  für  die  Abschliessung  der  Tractate  zu  wirken  -).  Be- 
züglich des  W'affenstillstandes,  auf  den  Pufendorf  sehr  dringt  3),  sollen  Goess 
und  Montecuccoli  mit  dem  Kurfürsten  berathen  und  darüber  an  den  Kaiser  be- 


')     Ueber  die  Befestigung  von  Mainz  (iuhrauer  I.e.  II.  8  Anm. 
-)     Vergl.  Grossmann,  Lisola  1.  c.  87. 
3)     Heibig  1.  c.  30  ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV.  41 


642  ^"I-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  iu  Wien.     1672  —  1675. 

richten  1).  Wegen  der  holländischen  Subsidien  für  Trier  hat  der  Kaiser  nur  ver- 
nommen, dass  die  Holländer  2500  Thaler  monatlich  zugestehen;  dass  die  Sache 
zu  laut  werde,  sei  bedauerlich,  der  Kaiser  habe  Lisola  Befehl  ertheilt,  dahin  zu 
wirken,  dass  die  Sache  geheim  bleibe. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Köln  29.  Januar  1673.    (Or.) 

[Reise  des  Goess  nach  Brüssel   und   nach   dem  Haag.     Verhandlungen  des  Goess  mit 
den  Vertretern  der  Stadt  Köln.] 

29.  Jan.  Montecuccoli  hat  dem  Goess  geschrieben,  der  Kurfürst  wünsche,  dass  Goess 

nach  Brüssel  und  nach  dem  Haag  reise,  was  Goess  trotz  schlechter  Gesundheit 
zu  thun  gedenkt.  Die  Vertreter  der  Stadt  Köln ,  mit  denen  Goess  wiederholt 
spricht  und  die  er  zum  Anschlüsse  an  die  kaiserliche  Partei  auffordert,  be- 
haupten, vorerst  noch  an  der  Neutralität  festhalten  zu  müssen,  erklären  aber, 
sobald  es  sich  als  thunlich  erweisen  werde,  offen  auf  des  Kaisers  Seite  treten  zu 
wollen-).  In  einem  Schreiben  vom  2.  Feb  1673  meldet  Goess,  dass  Grana  ab- 
berufen zu  werden  wünsche. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.    Dat.  Sparenberg  30.  Jaii./9.  Febr. 

1673.   (Or.) 

9.  Febr.  Bittet   den  Kaiser,   da  die   fränkischen  Stände   sich  demnächst  wieder  ver- 

sammeln dürfteil,  dieselben  aufzufordern,  das  ihnen  zugewiesene  Hilfscontingent 


zu  leisten. 


Votum  vom   10.  Februar  1673  über  des  Goess  Schreiben  vom 
29.  Januar  aus  Köln.    (Conc.) 

[Reise  des  Goess  nach  dem  Eaa?  imd  nach  Brüssel.     Schütz.] 

10.  Febr.  T>em  Kaiser  wäre  es  lieber  gewesen,  wenn  Goess  gleich  zum  Kurfürsten  von 

Brandenburg  gereist  wäre;  ist  er  schon  auf  dem  Wege  nach  Brüssel  und  nach 
dem  Haag,  so  möge  er  trachten,  so  schnell  als  möglich  zurückzukehren.  Die 
3000  Gulden  für  Schütz  ^vürden  dem  Goess  demnächst  übersendet  werden. 

Berathen  am  10.,    aufgesetzt  am  13.  und  am  selben  Tage  beschlossen  wie 
eingerathen.    Praes.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Hocher,  Dorsch.  Abele. 


^)     Vergl.  Grossmann,  Montecuccoli  434 ff. :  Peter  i.e.  117 f. 
=*)     Vergl.  Euuen  1.  c.  I.  301  f. 


Vertrag  mit  Trier.     Monterey.     Beitritt  Spauiens  zur  österr.-braiid.  Allianz.      ß4B 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Brüssel  13.  Februar  1673.   (Or.) 

[Vertrag  mit  Trier.     Veriiandlungen  des  Goess  mit  Mouterey  bezüglich  der  Sicherung 

Triers.     Subsidienfrage.     Monterey's  Verhalten  bezüglich  der  Accession  Spaniens  zum 

üsterreich-brandenburgischen  Vertrage.     Urtheil    des    Goess    über   die  vom    Kaiser  im 

Kriege  zu  befolgende  Politik.] 

Goess  hofft,  Trier  werde  die  vom  Kaiser   gewünschte  Verzögerung  der  Ra-  13.  Febr. 
tification   des  Vertrages  nicht   übel    nehmen ;    doch  sei  dabei  zu   fürchten,    dass 
die  Franzosen  von  des  Kaisers  und  der  Verbündeten  Absichten  auf  Trier  Kunde 
erhalten,   die  Stadt  nehmen  und  sich  den  Pass  sichern  möchten,  was  der  Kur- 
fürst von  Trier  bei  der  Schwäche  der  Festungen  kaum  hindern  könnte. 

Monterey,  den  Goess  in  der  Nacht  besucht,  erklärt  Befehl  zu  haben,  dem 
Beispiele  des  Kaisers  zu  folgen;  wenn  der  Kaiser  Truppen  nach  Trier  verlegen 
sollte ,  würde  er  dasselbe  thun  und  wie  sehr  auch  Goess  betonte ,  dass  des 
Kaisers  Truppen  anderweitig  beschäftigt  seien,  Monterey  blieb  dabei,  die  kai- 
serlichen Truppen  müssten  mit  den  spanischen  nach  Trier  uiarschiren. 

Goess  hält  es  nun  mit  Rücksicht  auf  die  grosse  Bedeutung  Triers  für  zweck- 
mässig, dass  der  Kaiser  Truppen  nach  Trier  sendet,  um  so  die  Spanier  gleich- 
falls zur  Absendung  zu  bewegen.  Bezüglich  der  Subsidien  könnte  Brandenburg 
seinen  Theil  auf  die  ihm  von  den  Staaten  gebührenden  Subsidien  anweisen  und 
diese  sich  dann  für  die  ganzen  5000  Thaler  —  da  der  Kaiser  die  1000  Thaler, 
welche  Goess  zum  Commisbrod  bestimmt,  fahren  lassen  —  verpflichten,  worüber 
Goess  im  Haag  verhandeln  könnte. 

AiVegen  Accession  des  Königs  von  Spanien  ad  foedus  caesareo-brandenbur- 
gicum  hat  Monterey  weder  jemanden  zum  Brandenburger  geschickt,  noch  mit 
Biaspeil  verhandelt.  So  viel  ich  aii.s  des  Monterey  Discurs  vermerken 
können,  approbirt  er  diesen  modum  nit,  dass  mit  E.  K.  M.  und  mit 
Churbrandenburg  absonderlich  hiervon  getractirt  werd;  wann  nun  einige 
emulatio  oder  Jalousie  hierbei  mit  unterliefe,  wäre  zu  gedenken,  ob  zu 
meiner  Widerkunft  an  churbrandenburgischen  Hof  die  Sach  nit  allda 
vorgenommen  und  durch  den  Blaspeil  an  diesen  Ort  secundiret  werden 
könnte. .  .  .  Dem  Discurs  nach  zeigt  sich  der  Conde  de  Monterey  zur 
Ruptur,  darzu  man  mehr  als  gnugsame  Ursach  habe,  allerdings  geneigt. 

P.  S.  Wird  dem  kaiserlichen  Befehle  entsprechend  sich  mit  den  Verhand- 
lungen in  Brüssel  nicht  aufhalten,  sondern  nach  kurzer  Unterredung  mit  dem 
Prinzen  von  Uranien  seine  Reise  an  den  brandenburgischen  Hof  fortsetzen. 

Was  anlangt  die  fernere  Werbung  worzu  E.  K.  M.  nit  geneigt, 
muss  dieses  wie  alles  übrige  zu  dero  gnädigster  Disposition  gestellt 
bleiben;  sonsten  bin  ich  der  Meinung  des  Generallieutenants,  che  la 
guerra  ha' da  farsi  gagliarda  e  corta;  diese  Maxime  muss  diesmalen  son- 
derlich gelten ,  da  von  ungarisch-,  polnisch-  und  anderer  Seiten  sich  so 
viel  Ding    herfürthun    und    noch    täglich  zufallen  könnten,    so  ein  laug- 

41* 


ß44  VI.    Gopss  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

wierigen  Krieg  auszuführen  oder  zum  Frieden  zu  gelangen  schwer 
machen  möchten,  derowegen  man  ein  sforzo  zu  thun.  damit  wir  a  f'orza 
delle  armi  —  dann  sonsten  fürchte  ich,  sei  es  umsonst  —  bald  zu  einem 
sicheren  Universalfrieden  gelangen  können.  Ich  habe  von  witzigen  Leuten 
bei  unsern  in  vorigen  Kriegen  geführten  Maximen  censuriren  hören,  dass 
wir  denselben  in  die  Länge  gezogen,  weilen  man  sich  nit  recht  an- 
gegriffen, sondern  sich  contentirt  den  Feind  mit  einer  etwa  der  seinigen 
proportionirten  Macht  entgegen  zu  gehen,  da  man  sonderlich  im  Anfang 
ein  mehrers  thun  können. 


Der  Kaiser   an   den  Kurfürsten.     Dat.  Wien  16.  Febr.  1673. 

(Copie.) 

[Quartierfrage.     Des  Kaisers  Stellung  zur  Mediationsangeleffenheit.] 

16.  Febr.  Beide  Schreiben  vom  11.  und  16.  Jan.  hat  der  Kaiser  erhalten.     Bezüglich 

der  Quedlinburger  Zusammenkunft  und  der  zu  befürchtenden  Klagen  wegen  Ein- 
quartirung  im  Hildesheimischen  hat  der  Kaiser  den  beiden  kreisausschreibenden 
Fürsten  geschrieben,  hat  auch  vernommen,  dass  der  ganze  Quartierspunct  im 
nieder-  und  obersächsischen  Kreis  ausgelassen  worden  sein  soll.  Auch  will  der 
Kaiser  darauf  sehen,  dass  wegen  der  Quartiere  im  Hildesheimischen  und  sonst 
nichts  verändert  werde,  weil  sonst  des  Kaisers  daselbst  einquartirte  Truppen 
zu  Grunde  gehen  müssten.  Wegen  der  Mediation  von  Mainz  und  der  Commu- 
nication  von  dessen  Bemühungen  bei  Frankreich  bedankt  sich  der  Kaiser;  der 
Kurfürst  dürfte  von  Goess  bereits  des  Kaisers  Ansichten  erfahren  haben,  dass 
ich  nochmalen  wünsche  und  das  meinige  gern  beitragen  werde,  damit 
diese  vorhabende  Mediation  ehist  vorgehe  und  dardurch  ein  beständiger 
Universalfrieden  desto  ehunder  erhebt  werden  mag;  allein  wirdet  noth- 
wendig  sein,  wie  ich  E.  L'^''".  durch  dem  von  Goess  bereit  andeuten 
lassen,  dass  man  sich  vorhero  erstlich  wegen  der  Personen  der  Mediatorn, 
des  loci  congressus,  der  Materien  super  quas  und  personas  inter  quas 
der  Frieden  zu  tractirn,  vergleiche  und  dardurch  verhüte,  dass  man  nicht 
per  partes  tractire,   wie  es  vielleicht  anderer  Seits  gesucht  wirdet. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Brüssel   18.  Februar   1673.  (Or.) 

[Neue  Unterhandlungen    des    Goess    mit    Monterey    bezüglich    der    Sicherung    Triers. 

Rath  des  Goess   in  dieser   Sache.     Accession   Spaniens  zum   cisterreich-brandenburgi- 

schen  Bündnisse.     Subsidieuzahlung.] 

IS.  Febr.  Goess  hat  neuerdings   eine   5  stündige   Unterredung   mit  Monterey    gehabt, 

aber  nichts  durchgesetzt :  Monterey  blieb  dabei  Truppen  nach  Trier   nur  dann 


Der  Kaiser  uml  die  Jlediatiüu.    V'erhandlungen  mit  Monterey.    Waffenstillstand.      545 

abzusenden,  wenn  auch  der  Kaiser  seinerseits  dasselbe  thue.  Eine  Ordnung 
der  Angelegenheit  ist  aber  um  so  dringender,  als  de  Bourbon  den  Kurfürsten 
von  Trier,  wie  dieser  dem  Goess  geschrieben,  schon  wegen  dieses  beab- 
sichtigten Anmarsches  spanischer  Truppen  interpellirt  hat.  Goess  räth  einige 
kaiserliche  Truppen  —  er  hält  die  noch  in  Friedberg  liegenden  kaisersteinischen 
Compagnien  für  die  zweckmässigsten  —  nach  Trier  zu  senden,  um  auf  diese 
"Weise  Monterey  zur  Ertheilung  des  Marschbefehles  zu  vermögen.  Bezüglich 
der  Accession  Spaniens  zum  Berliner  Bündnisse  zeigt  sich  Monterey  principiell 
geneigt ;  er  denkt  jemanden  mit  einem  Projecte  an  den  kurfürstlich-  branden- 
burgischen Hof  zu  senden.  Blaspeil  hat  noch  keine  Vollmacht  in  dieser  An- 
gelegenheit; hat  ein  Project  dem  Monterey  übergeben,  der  besonders  stark  be- 
tonte, dass  die  Unterstützung  auch  extra  limites  imperii  zu  gehen  habe  und  von 
Subsidien  nichts  wissen  wollte. 

Am  20.  berichtet  Goess,  dass  Monterey  die  Nothwendigkeit  der  Subsidien- 
zahlung  schon  einsehe. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Sparenberg  10. /20.  Februar 

1673.   (Or.) 

[Nothwendigkeit  des   Waffenstillstandes.] 

E.  K.  M.  werden  ausser  Zweifel  von  denen  ihriy;en  berichtet  sein,  was  20.  Fehr. 
dieser  Euds  eine  Zeithero  fürgangen  und  was  endlich  die  Sachen  für  ein 
Ansehen  gewinnen  wollen^).  Meines  Tlieils  sehe  ich  bei  so  gestalten 
Sachen  kein  ander  noch  zuträglicher  Mittel,  als  diese  Lande,  E.  K.  M. 
und  meine  Armee,  ja  die  sämmtliche  Alliirte  duich  ein  üutes  armistitium 
zu  salviren  ;  anerwogen  widrigen  Kalls  und  bei  Cuntinuation  der  Hdstili- 
täten  dem  Feinde,  welchem  man  ietzo  nicht  bastant,  einen  V'ortheil  iiacli 
dem  andern  in  die  Hände  wachsen  und  endlich  dieser  ganze  Kreis  neben 
der  Stadt  Colin  und  dem  Rheinstrom  in  seine  Gewalt  und  Devutiun  ge- 
rathen  dörfte.  Es  hat  zwar  E'.  K.  M.  (ienerall'eldmarscliall  der  Duc 
von  BournoDville")  sich  bei  der  desfalls  angestelleien  Consultation  aus- 
drücklich uedungen,  dass  er  von  E'.  K.  M.  keine  Ordre  zu  dertj;leichen  ai-- 
mistitio  hätte,  sondern  dieselbe  es  vielmelir  für  schmllich  hielten.  Wie 
ich  aber  keines  Weges  zweifele,  E.  K.  M.  wnide,  deru  liöchsterleuclitetem 
Verstände  nach,  wann  sie  von  der  jetzigen  Bewandnus  der  Sache  gebiih 
rende  Information  gehabt,  solches  armistitium  in  alle  Wege  approbiret 
und  gutgefunden  haben,  also  habe  ich   mich  auch  erkühnet,  solches  nicht 


')     Ueber  den  Zustand  in  dieser  Zeit  Peter  1.  c.   121  ff.;  Droysen  1.  c.  III. 3  426f. 
-)     Alexander  Herzog  v.  Bournonville ;    an  Stelle  Moi.tecuccoli's   zum  Führer  der 
kaiserlichen  Truppen  ernannt. 


646  VI-    ßoess  in  Berlin,    Aiilialt  in  Wien.     1G72  — 1675. 

allein  denen  Staaten  treulich,  wie  wohl  auf  gewisse  Weise  und  mit  ge- 
wissem Bedinge  zu  rathen,  sondern  werde  auch  nicht  umhin  können  der- 
gleichen, wann  es  nur  auf  raisonable  conditiones  zu  erlangen,  einzugehen 
und  bis  zu  einkommende  E^  K.  M.  gnädigsten  Erklärung  zu  unterhalten. 


Votum  vom  20.  Februar  über  des  Goess  Schreiben  vom  2.  Fe- 
bruar 1673.    (Conc.) 

[Dänisch-braunschweig-hoüändisches  Bündnis.  Spaniens  Accession  /.um  osterrcich- 
brandenburgischen  Vertrage.     Herstellung  eines  guten  Einvernehmens  zwischen  Grana 

und  den  Kölnern.] 

20.  Febr.  Man  möge  dem  Goess  antworten :  Goess  soll  mit  Nachdruck  dahin  wirken, 

dass  zwischen  Dänemark,  Braunschweig  und  Holland  alsbald  der  Schluss  er- 
folge, damit  man  künftiges  Frühjahr  um  so  stärker  dem  Feinde  entgegen  gehen 
könne.  Der  Kaiser  hat  ungern  vernommen,  dass  von  Monterey  niemand  an  den 
Hof  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  wegen  Einnahme  Spaniens  in  das  Öster- 
reich-brandenburgische Bündnis  gesendet  worden  ist  und  hat  den  hiesigen  spa- 
nischen Botschafter ')  ersucht  bei  Monterey  im  Interesse  der  Absendung  zu  wir- 
ken. Goess  soll  seine  Bemühungen  um  Stiftung  eines  guten  Einvernehmens 
zwischen  der  Stadt  Köln  und  Grana  nun  auch  schriftlich  fortsetzen-). 

Berathen  am  20.,  aufgesetzt  am  21.,    beschlossen  wie    eingerathen  am  23. 
Praes.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Hocher,  Dorsch,  Abele. 


Der  Kurfürst  an   den  Kaiser.     Dat.  Sparenberg  13./23.  Febr. 

1673.   (Or.) 

[Nothwendigkeit  die  vereinigten  Truppen  abzuführen.] 

23.  Febr.  ^^^^'  Kurfürst  hat  mit  Bournonville  überlegt,  was  mit  den  Armeen  geschehen 

solle;  so  hat  sich  kein  ander  Mittel  gefunden,  dann  dass  —  es  sei  dass  ein 
arraistitium  gemachet  werde  oder  nicht  —  man  sich  mit  den  Armeen  von 
hinnen  wegbegeben  müsse,  sowohl  wegen  allbereits  verspürten  grossen 
Mangels  fürnehmlich  der  Fourage,  als  auch  dass  die  Armeen,  wann  kein 
armistitium  erfolgete,  nicht  sicher  in  den  Quartieren  würden  stehen  können 
und  dieselbe  zusammen  zu  ziehen  bei  ietziger  Winterszeit  obbesagten 
Mangels  halber  ohnmiiglich  fallen  und  zu  gänzlicher  Ruinirung  der  Ar- 
meen ausschlagen  würde.     Diesen  Zustand  lasse  ich  durch  absonderliche 

^)     Balbesos. 

'^)     Ueber    die    zwischen  Grana  und   den   Kölnern   bestehenden  Differenzen  vergl. 
Ennen  1,  c.  I.  301  f. 


Abführung  der  vereinigten  Truppen.     Vertrag  mit  Trier.  647 

Abschickung  den  Staaten  General  ausführlich  vorstellen  und  erwarten, 
was  dieselbe  darauf  mit  gutfinden  werden ').  Derselbigen  Sentiraent  aber 
mag  sein  wie  es  wolle,  so  wird  doch  unmiiglich  sein,  auch  wann  schon 
das  armistitium  erfolgete,  beide  Armeen  allhier  iJinger  stehen  zu  lassen. 
Daher  dann  dieses  anietzo  meine  höchste  Sorge  ist,  wie  dieselbige,  bis 
die  letzt  täglich  vermuthende  Tractaten  ein  Ende  gewinnen  werden,  sub- 
sistiren  können.  Da  ich  dann  zwar  den  nieinigen  aus  Liebe  vor  die 
gemeine  Sache  in  meinen  Landen  auf  jenseit  der  Weser,  ohngeachtet 
solches  sehr  schwer  und  mit  derselben  gänzlichen  Ruin  zugehen  wird, 
den  Unterhalt  reichen  lassen  werde.  Der  Kaiser  möge  seinem  Feldherrn 
gleichfalls  befehlen,  die  Armee  in  die  Quartiere  zu  führen-). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Haag  27.  Februar  1673.  (Or.) 

Goess  ist  am  26.  im  Haag  angelangt.     Ich  finde  dahie  alles  in  solchem  27.  Febr. 
Stand,  dass  starke  und  vigoreuse  resolutiones  auf  alle  Weis  werden  von 
Nöthen  sein,  wolle  man  änderst  das  Werk  bestreiten  und  aufrecht  halten« 


Votum  vom   2.  März  1673    über    des    Goess    Schreiben   vom 
7.  und  13,  Februar  1673.    (Conc.) 

[Vertrag  mit  Trier.     Accession  Spaniens  zur  Österreich-brandenburgischen  Allianz.] 

Goess  sei  zu  antworten :  Trier  habe  sich  mit  der  vom  Kaiser  begehrten  Ver-  2.  März, 
zögerung  der  Ratification  des  Vertrages  einverstanden  erklärt;  Goess  soll  jetzt, 
wo  die  Ratification  des  Braunscliweiger  Vertrages  bereits  erfolgt  sei,  mit  Branden- 
burg auch  wegen  Accession  Triers  verhandeln.  Da  nach  Lisola's  Berichten  der 
Tractat  zwischen  Holland,  Dänemark,  Celle  und  Wolfenbüttel  bereits  geschlossen 
ist^),  braucht  Goess  darüber  nicht  mehr  zu  verhandeln.  Der  Kaiser  hofft,  Goess 
Averde  schon  am  Wege  zum  Kurfürsten  von  Brandenburg  sein;  dort  soll  er  sehen, 
dass  die  Verhandlungen  wegen  Accession  Spaniens  zur  Österreich-brandenburgi- 
schen Allianz  rasch  und  günstig  durchgeführt  werden. 


1)  Vergl.  Urk.n.  Act.  III.  368;  Piif.  1.  c.  XI.  86:  Pöilnitz  sollte  den  Staaten  diese 
Mittheilung  überbringen. 

^)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  368;  Peter  1.  c.  129:  Orlich  1.  c.  II.  80;  Droysen  1.  c. 
430f.;  der  Inhalt  dieses  Schreibens  bei  Puf.  1.  c.  XI.  84. 

^)  Das  Bündnis  war  noch  nicht  geschlossen;  über  Lisola's  Thätigkeit  in  dieser 
Zeit  Grossmann,  Lisola  1.  c.  94  ff. 


ß48  ^'I-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in   Wien.     1672  —  1675. 

Der  KuifUrst  an  den  Kaiser.     Dat.  Minden  20.  Febr./2.  März 

1673.  (Or.) 

[Bittet  um  Verhaltunfrsinassregeln  bezüo^lich  der  Friedensfrage.] 

2.  März.  Die  Haltung  des  Feindes  hat  den  Kurfürsten  genöthigt  mit  der  Armee  auf- 

zubrechen und  an  die  Weser  zu  ziehen ').  Der  Kurfürst  wäre  nun  gleich  bereit, 
den  ihm  und  seinen  Ländern  aus  diesem  Zuge  erwachsenden  Schaden  zu  tragen, 
wenn  aller  Seiten  Vorbereitungen  getroffen  würden,  die  einen  Erfolg  erhoffen 
Hessen;  da  dies  aber  durchaus  nicht  der  Fall  und  ich  dahero  darfiir  halten 
rauss,  dass  sowohl  E.  K.  M.  als  auch  ich  hohe  Ursache  haben  darauf 
bedacht  zu  sein,  wie  der  Friede,  welches  der  einzige  Zweck  dieses  ganzen 
Werks  gewesen,  ehistmöglich  erhalten  werden  möge,  ich  auch  benach- 
richtiget worden,  dass  E''.  K.  M.  sowohl  von  der  Krön  Frankreich  als  auch 
Kurcöllns  und  Bischofen  von  Münster  L'''^".  einige  Ouvertüre  zum  Frieden 
geschehen,  so  kann  nicht  umhin  E.  K.  M.  unterthänigst  zu  ersuchen, 
dieselbe  geruhen  mir  davon  gnädigst  part  zu  geben,  auch  zugleich  in 
Gnaden  zu  eröffnen,  was  E.  K.  M.  dero  höchsterleuchtetem  Urtheil  nach 
für  gut  befinden,  wie  ich  mich  nemlich  in  diesem  Werk  dergestalt  weiter 
betragen  möge,  damit  der  Feind  nicht  mehr  Avantage  erhalte  und  das 
Reich  noch  weiter  in  üngelegenheit  vertiefet  werde ;  mit  gehorsamster 
Bitte,  E.  K.  M.  wollen  mir  gnädigst  zutrauen,  dass  ich  nicht  allein,  so 
lange  nicht  die  äusserste,  unumgängliche  Noth  solches  selbst  an  die  Hand 
gibet,  zu  keinen  Particuliertractaten  mich  verstehen,  auch  sonsten,  die 
Sachen  mögen  laufen  wie  sie  wollen,  von  E\  K.  M.  mich  nicht  separiren. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Haag  6.  März  1673.  (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  dem  Prinzen  von  Oranien  und  mit  den  Ministem  be- 
züglich Triers.  Montecuccoli's  Meldungen  bezüglich  Sicherung  dieser  Stadt.  Wirkung 
der  Nachricht  von  dem  Plane  der  Annahme  des  Waffenstillstandes  seitens  des  Kur- 
fürsten -von  Brandenburg.  Verhandlungen  in  dieser  Sache  zwischen  Goess,  dem 
Prinzen  von  Oranien,  dem  Pensionär  Fagel  und  Waldeck.  Bedeutung  der  Anwesenheit 
des  Goess  im  Haag.  Operationslust  der  Holländer.  Geldcalamitäten  daselbst.  Des 
Goess  Ansicht  von  der  Nothwendigkeit  der  Vermehrung  der  Truppen  der  Verbündeten. 
Unterredung  des  Goess  mit  Fagel  bezüglich  der  Lage  der  Katholiken  in  den  Staaten.] 

6.  März.  Goess  hat  mit  dem  Prinzen  von  Oranien  und  mit  den  Ministern  gesprochen'-). 


^)  Für  die  Kriegsereignisse  dieser  Zeit  Peter  1.  c.  129ff.;  Mignet  1.  c.  IV.  181  ff. : 
Grimoard  1.  c.  H.  184 ff.;  Histoire  des  quatre  dernieres  campagnes  du  Marechal  de 
Turenne  par  Beaurain.  51  if. 

")  lieber  Wilhelms  und  der  Holländer  Haltung  in  dieser  Zeit;  Grossmann.  Li- 
sola  1.  c.  90ff.:  Peter  1.  c.  131  f. 


Friedensfrage.     Verhandlungen  des  Goess  mit  Wilhelm  von  Oranien.  G49 

In  dem  trierischen  Werk  fmde  ich.  dass  die  Negociation  besser  di 
concerto  gehen  sollen;  der  Staaten  General  hierüber  ergangene  Resolution 
hat  erstlicher  die  Negociation  vor  der  Zeit  public  gemacht;  2°.  beruhet 
auf  falschen  praesuppositis,  |:  als  wann  Churtrier  seine  Festungen  E^  K. 
M.  einzuräumen;  3".  verwilliget  allein  hierzu  2500  Reichsthaler  monat- 
lich, da  es  3000  sein  sollen  :|,  massen  der  Pensionarius  Fagel  mir  gestan- 
den, dass  es  der  von  Amerongen  also  hieher  bericht.  Ohne  die  Sach 
aberraalen  an  die  Provinzen  zu  bringen  .  .  .  kann  dieses  nit  redressirt 
werden.  Ich  habe  destwegen  ein  anders  Mittel  ergriffen  und  E'.  K.  M. 
gnädigster  Intention  gemäss,  tarn  quoad  subsidia  quam  quoad  militem, 
welcher  a  [ :  conto  der  24000  Mann  so  mit  denen  Staaten  Generalen  ver- 
glichen zu  gehen,  einen  actum  aufgesetzt,  welchen  der  Prinz  von  Oranien 
zu  unterschreiben  und  sich  zu  obligiren,  dass  die  Herren  Staaten  General 
allemalen,    wann    wnr's    begehren,    denselben   also   ausfertigen  werden:!. 

Den  Prinzen  von  Oranien  eifert  Goess  an  darauf  zu  sehen,  dass  die  Sub- 
sidiengelder  ehestens  nach  Frankfurt  gesendet  werden  und  Monterey,  dass  die 
nach  Trier  bestimmten  Truppen  in  Bereitschaft  gehalten  werden.  Montecuccoli 
berichtet  dem  Goess  aus  Würzburg,  dass  er  Befehl  gegeben  habe,  dass  300  der 
Kaisersteinischen  auf  des  Trierers  Verlangen  nach  Coblenz  marschiren  sollen; 
wenn  der  Kaiser  gestatten  würde,  dass  auch  die  anderen  700  Mann  denselben 
Befehl  erhalten,  könnte  Trier,  wie  es  auch  nothwendig  sei.  mit  Trappen  ver- 
sehen werden '). 

Was  dahie  für  Commotion  entstanden  über  was  der  von  Amerongen 
bericht,  welcher  gestalt  Churbrandenburg  ihme  durch  den  von  Schwerin 
und  den  Meinders  andeuten  lassen,  dass  S.  Ch.  D.  für  gut  und  fast 
nothwendig  hielten,  dass  von  französisch  und  englischer  Seiten  auf  der 
Schweden  Mediation  antragende  armistitium  anzunehmen  und  zu  den 
Friedenstractaten  zu  schreiten,  das  werd  der  Kramprich  mit  mehreren 
berichten;  es  ist  dahie  also  aufgenommen  worden,  als  wann's  eine  gesche- 
hene Sach,  das  armistitium  soviel  als  geschlossen  und  was  gegen  dem 
von  Amerongen  geschehen,  mehr  eine  Intimation  und  Notification,  als 
was  änderst  wäre.  Zu  diesem  Ende  hätte  der  von  Pöllnitz,  welcher 
hieherwerts  geschickt  werd ,  einen  Pass  von  dem  Herrn  Bischofen  zu 
Münster  und  dem  Turenne  ohne  Noth  begehrt,  sich  in  transitu  mit  dem- 
selben zu  unterreden;  item  wäre  der  schwedische  Abgesandte  Wangelin 
nit  nach  Bremen,  wie  er  vorgegeben,  sondern  zu  dem  Turenne  verreist; 
der  Churfürst  wäre    allhereit  mit  Theil  seiner  Armee    über    die   Weser 


^)     Ueber  Lisola's  Thätigkeit  in  dieser  Frage;  Grossmann,  Lisola  96. 
2)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  II F.  366 ff. 


650  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

gangen;  die  Kaiserlichen  hätten  sich  änderst  wohin  gewendt,  der  von 
Crockovv  wäre  in  der  Still  zu  dem  de  Turenne  geschickt  worden  und  was 
dergleichen  die  suspiciones  und  der  Verdruss  sujjgeriren  mögen.  Aus 
P.  Ch.  D.  Schreiben  an  den  Romswinckel  haben  wir  das  contrarium 
erwiesen  und  dass,  was  dem  von  Amerongen  vorgetragen,  mehr  nit  als 
eine  Proposition  oder  Vorschlag,  darbei  sie  das  ihrige  zu  sagen,  wäre'). 
Mir  ist  sicherlich  sehr  leid,  dass  man  churbranden burgischer  Seiten  so 
weit  gangen;  nun  aber,  dass  es  geschehen,  muss  das  beste  daraus 
genommen  werden.  Dem  Prinzen  von  Oranien,  welcher  vorgestern  mich 
besucht  und  sich  über  diesen  Verlauf  sehr  surprennirt  erzeigt,  wie  nit 
weniger  dem  Pensionario  Fagel,  habe  ich  vorgestellt,  was  massen  dieses 
Uebel  nit  mit  Klagen  noch  Discursen,  sondern  agendo  et  operando  abzu- 
helfen; ich  wüsste  beim  gleichen  des  Churfiirsten  Anliegen;  proxima  reme- 
dia  mali  wären;  1°.  dass  sie  die  im  4*®°  Monat  schon  ausständige  subsidia 
an  S.  Ch.  D.  abführen  und  mithin  die  völlige  Ruin  dero  Armee  verhüten^); 
2^  dass  sie  mit  Dänemark  und  Lüneburg  auf  alle  Weis  und  unverlangt 
schliessen;  o'\  dass  sie  von  ihrer  Seiten  in  Friesland  und  von  Mastricht 
aus  vigorose  operiren,  damit  uns  allein  die  ganze  französische  Macht  nit 
auf  dem  Hals  liegen  ^)  .  .  Der  Prinz  von  Oranien  sendet  Waldeck  zum  Kur- 
fürsten von  Brandenburg^).  Waldeck  und  der  Prinz  haben  dem  Goess  gesagt, 
dass  Churbrandenburg  unter  anderen  Ursachen,  warum  S.  Ch.  D.  auf  das 
armistitium  und  den  Frieden  gedenken  müssten,  vorwende,  dass  E"".  K.  M. 
Generalität  nie  zu  keiner  Action  wider  die  Feinde  zu  bringen  gewesen, 
als  wäre  es  uns  etwa  respectu  religionis  nit  recht  Ernst  .  .  .  und  dann 
ist  darbei  auch^gemelt  worden,  dass  obzwar  der  Bournonville  zu  dem 
armistitio  nit  positive  geratheu,  er  doch  die  von  Churbrandenburg 
hierzu  allegirende  rationes  für  erheblich  erkennt").  Dieses  liabe  ich, 
als  welcher  bei  den  Conferenzen  intervenirt  und  der  Campagne  beigewohnt, 
auch  von  E'".  K.  M.  gnädigsten  Intention  circa  armistitium  gute  Information 
und  gemessene  Befelch  habe  und  also  wohl  wissen  kann,  wessen  der 
von  Bournonville  diesfalls  könne  instruirt  sein,  am  besten  ablainen 
können.  Und  hat  der  von  Romswinckel,  welcher  hierbei  sehr  intrigirt 
gewesen  und  andere  mehr,  gleichsam  für  ein  Glück  gehalten,  mag  auch 

')     üeber  Romswinckel's  Thätigkeit;  Peter  I.e.  137,  140f. 

2)  330  000  Thaler  waren  die  Staaten  noch  schuldig;  vergl.  Peter  I.e.  1.34  Anm.; 
Urk.  u.  Act.  III.  373. 

3)  Vergl.  Peter  1.  c.  135. 

4)  Vergl.  Peter  1.  c.  141;  Orlich  1.  c.  II.  84. 

6)     Für  Bournonville's  Haltiincr  Peter  1.  c.   129:  Urk.  u.  Act.  III.  368. 


Eindruck  der  Nachricht  vom  Waffenstillstände  Brandenburgs.    Stellung  Hollands.      651 

wohl  uit  schädlich  gewesen  seid,  dass  ich  mich  bei  dieser  unverhofft 
zugestossener  Ungelegenheit  und  grosser  Commotion  dahie  befunden. 

Die  von  Grana  liieher  übermittelte  Nachriclit  von  der  Einnahme  Münsters 
durch  die  alliirten  Truppen  kam  gleichfalls  sehr  zu  rechter  Zeit^).  Man  ist 
hier  entschlossen  kräftig  zu  operiren,  wozu  Goess  räth.  Die  grösste  Schwierig- 
keit besteht  darin,  dass  die  Staaten  kein  Geld  haben.  Die  Privaten  des  Landes 
haben  noch  Geld,  wollen  es  aber  nicht  hergeben,  da  sie  dem  Staate  nicht 
trauen. 

Die  Einigung  mit  Dänemark  thäte  sehr  Noth;  doch  ist  es  fraglich,  ob  sie 
in  der  erwünschten  Weise  wird  zu  erreichen  sein. 

Mir  gehen  hierbei  allerlei  Gedanken  zu  Gemiithe,  ob  nit  Mittel  zu 
finden,  dass  (wir)  auf  Stellung  mehrerer  Macht  mit  diesem  Staat  (nns)  ver- 
gleichen könnten.  Ich  supponire  pro  fundamento,  dass  bei  gegenwärtigen 
Zustand  der  Sachen  aller  Orten,  E.  K.  M.  es  ohne  das  pro  propria  con- 
servatione  zu  thun  und  also  pro  lucro  aut  sublevamine  zu  halten,  quid- 
quid  aliunde,  aut  ab  his  statibus  aut  ab  Hispania  accesserit,  quanti  foret 
in  quemcunque  casum  ein  solches  corpus  neben  dem  vorigen  an  die  Hand 
zu  haben.  Frankreich  greift  sich  auf  das  äusserste  an*):  das  Parlament 
in  England  hat  dem  König  in  England  70  000  Pfund  Sterling  monatlich 
verwilligt ^); ..  .  Schweden  lässt  täglich  mehr  die  Partialität  vor  Frank- 
reich blicken*);...  auf  der  ungarischen  und  polnischen  Seiten  stehen 
wir  nit  sicher  vor  den  Türken.  Pax  sine  armis  haberi  non  potest; 
unser  Gegenparty  ist  bis  dato  uns  überlegen,  dahero  ipsa  necessitas 
solche  consilia  wie  ietzt  erwähnt  zu  praescribiren  scheinet. 

Des  Goess  Anerbieten  mit  dem  Herzoge  von  Celle  zu  verhandeln  und  durch 
denselben  die  Verhandlungen  mit  Dänemark  zu  fördern,  wird  im  Haag  freudig 
acceptirt. 

Goess  spricht  auch  mit  dem  Pensionär  über  die  Lage  der  Katholiken  in 
diesen  Ländern  und  ersucht  um  Besserung  derselben.  Goess  glaubt  ans  den 
Reden  Fagels  und  anderer  entnehmen  zu  können,  dass  wenn  von  einem  Nicht- 
kathoüschen  Fürsten  —  z.  B.  von  Brandenburg  —  ein  derartiges  Ersuchen  an 
die  Staaten  ergienge,  etwas  zu  erreichen  wäre. 

P.  S.  Nachträglich  einlaufende  Mittheihingen  zeigen,  dass  die  Nachricht 
von  der  Einnahme  Münsters  falsch  war. 


')  Für  die  wirklichen  Verhältnisse  Depplng  1.  c.  149;  Tücking  1.  c.  222  ff. ; 
Münster  war  nicht  genommen  worden;  vergl.  das  P.S.  zu  diesem  Schreiben. 

')  Für  Frankreichs  Haltung  in  dieser  Zeit  Rousset  1.  c.  l.  427  ff. ;  Mignet  1.  c. 
IV.  ISOff.;  Ranke,  Franz.  Gesch.  HL302f. 

3)     Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  115. 

')     Für  Schwedens  Haltuna  Carlson  1.  c.  IV.  583f. 


652  VI.    Goess  iu  Berlin,    Aulialt  in  Wieu.     1072  —  1675. 

Auf  der  Hcioireise  begegnet  Goess  dem  Pöllnitz,  der  zugibt,  dass  der  Kur- 
fürst mit  Turcnne  über  einen  Waffenstillstand  verhandelt  habe  ').  (Bericht  vom 
12.  März  1()73.  Or.) 


Der  Kaiser  an  den  Kurfürsten.     Dat.   Wien  8.  März   1673. 

(Copie.) 

[ürtheil  des  Kaisers  über  die  Frankreich  g^egenüber  zu  beobachtende  Politik    und  die 
Friedensfrage.     Zusammenbleiben  der  alliirten  Truppen.     Werbungen] 

8.  März.  Des  Kurfürsten  Schreiben  vom  20.  und  23.  Februar  hat  der  Kaiser  erhalten. 

Er  hat  mit  Staunen  von  dem  Inhalte  derselben  Kenntnis  genommen.  Es  werde 
sich  übrigens  zeigen,  was  die  Staaten  zu  seinen  Ansichten  sagen  werden.  Was 
den  Frieden  betrifft,  wisse  der  Kurfürst,  wie  sehr  der  Kaiser  einen  allgemeinen 
Frieden  ersehne.  Ich  finde  aber,  dass  solcher  ehender  und  gewisser  nicht 
als  durch  gesammte  Zusammensetzung  der  Kräften  und  Verstärkung  der 
bei  dem  bevorstehenden  Frühling  vorhabenden  künftigen  Operationen  zu 
erhalten.  Der  Kaiser  hat  daher  ßournonville  und  Goess  Befehl  ertheilt  in 
diesem  Sinne  mit  dem  Kurfürsten,  Lisola  und  Kramprich  mit  den  Generalstaaten 
zu  verhandeln.  Dagegen  ist  der  Kaiser  sehr  gegen  die  Trennung  der  kaiserlichen 
von  den  kurfürstlichen  Truppen,  da  dies  Anlass  zu  schweren  Zweifeln  an  dem 
guten  Einvernehmen  beider  Mächte  geben  werde  und  die  Abführung  der  kaiser- 
lichen Truppen  in  die  Erbländer  und  Rückführung  im  Bedarfsfalle  wegen  Pass 
und  Repass  grosse  Schwierigkeiten  im  Gefolge  haben  würde.  Der  Kaiser  wünscht 
daher  das  Zusammenbleiben  des  ganzen  Truppenkörpers,  ersucht  den  Kurfürsten 
mit  Goess  und  Bournonville  über  die  Modalitäten,  unter  denen  ein  Zusammen- 
bleiben möglich  wäre,  zu  berathen,  er  selbst  sei  zu  Opfern  bereit.  Der  Kaiser 
sei  daran  12  —  15000  Mann  neuer  Truppen  werben  zu  lassen-'). 


Goess    an    den    Kaiser.     Dat.   Holienhameln   19.  März  1673. 

(Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  dem  Herzoge  von  Celle  und  mit  Schütz.     Unterredung 
des  Goess   mit  Bournonville,   Waldeck  und  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Waffenstill- 
standsfrage.    Waldecks  Ansicht.] 

19.  Jlärz.  Goess  ist  in  Celle  gewesen  und  hat  mit  dem  Herzoge  und  mit  Schütz  ver- 

handelt.   Der  Herzog  hatte  sich  den  Tag  vorher  mit  dem  Kurfürsten  von  Branden- 
burg zu  Sarstedt  bei  Hildesheim  unterredet.     Bezüglich  des  Vertrages  mit  Hol- 


^)     Für  des  Pöllnitz  Mission  Peter  1.  c.  147 f. 

2)     Für  die  Haltung  des  Kaisers  vergl.  Peter  1.  c.  143;  Droysen  I.  c.  III. 3  430f.; 
Puf.  I.  c.  XI.  85:  Urk.  u.  Act.  III.  373. 


G53 

land  bleibt  der  Herzog  bei  seinem  früheren  Entschlüsse,  wann  Dänemark   sich 
darzu  resolvirete,  das  AV'erk  in  favorem  Holland  mit  anzutreten  '). 

Da  Goess  vernahm,  dass  der  Kurfürst  von  Brandenburg  aufbrechen  und 
Waldeck  nach  Holland  zurückgehen  wolle,  begab  er  sieh  schleunigst  in's  Lager 
des  Kurfürsten  und  kam  noch  zu  Recht,  um  mit  Bournonville,  AValdeck  und 
dem  Kurfürsten  eine  Berathung  zu  halten,  was  ihm  insbesondere  mit  Rücksicht 
auf  Waldeck  sehr  erwünscht  war,  dem  Goess  versprach,  alles  zu  thun,  um  den 
Kurfürsten  vom  Abschlüsse  eines  Waffenstillstandes  abzuhalten;  habe  ihn  dextre 
soudirt,  ob's  nit  besser  mit  und  neben  S.  Ch.  D.  in  ein  kurzes  armisti- 
tium  zu  consentiren,  als  durch  die  Verweigerung  eine  Separation  zwischen 
den  Confoederirten  zu  veranlassen;  habe  befunden,  dass  nach  seinem  Seu- 
timent  es  endlichen  besser  sein  möchte.  Mit  dem  Kurfürsten,  Kurprinzen, 
Anhalt,  Schwerin  und  Meinders  bat  er  am  19.  über  die  Kriegsereignisse  und 
den  Waffenstillstand  berathen,  wird  nächstens  darüber  berichten  ^). 


Der   Kaiser   an   den    Kurfürsten.     Dat.    Scliönbrunn  23.  März 

1673.  (Conc.) 

[Nothwendigkeit    energischen  Vorgehens    und  festen  Zusammenhaltens.     Erklärungen 

der  Franzosen,  Kölns  und  Münsters  an  den  Kaiser  in  der  Friedensfrage.    Versprechen 

ohne  Brandenburg    und   die  übrigen    Alliirten    keine  Particulartractate   oder  Wafi'en- 

stillstand  mit  Frankreich  einzugehen.] 

Den  Inhalt  des  Schreibens  vom  2.  März  bedauert  der  Kaiser  sehr,  lebt  aber  23.  März, 
der  Hoffnung,  dass  der  Kurfürst  die  Weser  tapfer  vertbeidigen  und  dadurch  den 
Feind  an  Fortsetzung  seiner  Progressen  verhindern  wird,  so  dass  eine  Trennung 
vom  Kaiser  nicht  notbwendig  sein  wird.  Wie  nothwendig  dazu  das  Zusammen- 
bleiben der  beiderseitigen  Truppen  wäre,  sei  klar,  dazu  wird  der  Kaiser  nicht 
nur  alles  thun,  um  seine  Truppen  daselbst  zu  erhalten,  sondern  sobald  als 
möglich  zu  verstärken.  Der  Kurfürst  könne  versichert  sein,  dass  der  Kaiser 
sich  von  ihm  nicht  trennen  wird.  Was  die  Friedensanträge  betrifft,  hat  Frank- 
reich nichts  anders  vorbringen  lassen,  als  was  der  Kaiser  durch  Goess  dem 
Kurfürsten  mitgetheilt  habe,  nemlich  dass  Frankreich  finito  hello  die  clevischen 
Lande  dem  Kurfürsten  restituiren  wolle.  Von  Köln  ist  formaliter  nichts,  sondern 
nur  von  Meyersheim  im  ^'amen  des  Bischofs  von  Strassburg  angedeutet  worden, 
dass  dieser  Bischof  Friedenspropositionen  zu  stellen  habe  und  um  Deputirung 
eines  kaiserlichen  Bevollmächtigten  ersuche,  wozu  Goess  ausersehen  worden, 
der  aber  nach  Holland  gereist  sei,  wodurch  die  Sache  unterbrochen  worden. 
Vom  Bischöfe  von  Münster   ist  gar  nichts  vorgebracht  worden "').      Im  übrjo-en 


')     lieber  die  Haltung  des  Herzogs  von  Celle,  Peter  1.  c.   145. 
-)     Für  die  Verhandlungen  Peter  1.  c.  144. 

^)     üeber  die  Beziehungen  des  Bischofes  von  Münster  zum  Wiener  Hofe  Tücking 
c.  195  f. 


ß54  ^  f-    (^'oess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

gereichet  mir  zu  absonderlich  angenehmen  Gefallen,  dass  E.  L''''".  sich 
zu  keinen  Particulartractaten  verstehen,  oder  sich  sonsten  von  mir  nicht 
separiren  wollen,  verlasse  mich  darauf  in  all  Weg  und  haben  sich  die- 
selbe hingegen  von  mir  eines  gleichmässigen  zu  versichern,  dass  ich 
auch  meines  Orts  alles  dasienige,  was  dem  gemeinen  Wesen  nützlich, 
gern  eiferig  beitragen  und  keine  Particulartractate  oder  armistitium  mit 
Frankreich  ohne  E.  L'^"".,  der  Krone  Spanien,  der  HolUinder  und  übrigen 
Confoederirten  Vorwissen  und  Einschliessung  gar  nicht  tractirn,  sondern 
allem  deme  was  zwischen  uns  abgeredt  nachkommen  werde. 


Goess  an   den   Kaiser.     Dat.  Hornburg  24.  März  1673.  (Or.) 

[Waldecks  Memorial.     Wangelins  Schreiben  und  des  Kurfürsten   Antwort.     Des  Goess 
Ermahnungen  an  Schwerin.     Kriegsangelegenheiten.     Pläne  der  Franzosen.     Quartier- 
frage.] 

24.  März.  Goess  übersendet  das  von  Waldeck  dem  Kurfürsten  übergebene  Memorial '), 

das  Schreiben  Wangelins  an  den  Kurfürsten  mit  dem  Anerbieten  Schwedens 
den  Frieden  zwischen  Brandenburg  und  Frankreich  zu  vermitteln'-'),  sowie  das 
Antwortschreiben  Brandenburgs,  in  welchem  die  Friedensneigung  des  Kurfürsten 
im  allgemeinen  betont,  im  übrigen  aber  strenge  Einhaltung  des  Waffenstillstandes 
gefordert  wird^).  Goess  ermahnt  den  Baron  von  Schwerin  bei  all'  diesen 
Dingen  darauf  zu  achten,  dass  keine  Separation  unter  den  Confoederirten  ver- 
anlasst werde. 

Der  Kurfürst  hat  den  Fürsten  des  Hauses  Braunschweig  geschrieben,  sie  mögen 
den  Franzosen,  welche  nach  Höxter  marschiren  sollen,  den  Pass  über  die  Weser 
verwehren.  Goess  glaubt  nicht,  dass  die  Franzosen  mit  der  ganzen  Armee  die 
Weser  passiren  werden  und  besteht  darauf,  dass,  wenn  dies  geschehen  sollte, 
man  ihnen  entgegengehe.  Die  Braunschw^eiger  hören  dies  nicht  gern,  weil  sie 
keine  Hauptaction  in  ihrem  Lande  wollen  ■*). 

Alles  kommt  an  auf  die  Mittel,  wie  dero  Armee  zu  erhalten,  zu 
recrutiren.  wo  sie  zu  stehen  und  dergleichen.  Die  Quartierfrage  dürfte 
grosse  Schwierigkeiten  verursachen.  Ich  considerire.  ob  nit  I.  Ch.  1).  mit 
ihren  Völkern  im  Halberstädtischen,  Magdeburgischen,  in  der  alten  Mark 
und  da  herum   und  wir  an  dero  Seiten   in   dem  Thüringischen,    so   nahe 


0     Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  377 f. 

-)  Schreiben  Wangelins  an  Friedrich  Wilhelm.  Dat.  Ilornburg  13.  März  st.  v., 
1673. 

•')  Antwortschreiben  an  Wangelin  24.  März  1673.  lieber  Wangelins  Mission 
Puf.  1.  c.  XI.  83;  Griraoard  1.  c.  II.  200,  205. 

•*)  Ueber  das  Verhalten  der  Braunschweiger  in  dieser  Frage  Peter  1.  c.  14-1  f.; 
Grimoard  1.  c.  211,  213. 


Verhandhmgea  in  der  Friedens-  und  Waffenstillstandsfrage.  655 

man  immer  könnte,  bis  dahin  stehen  könnten,  bis  man  sehe,  was  die 
Franzosen  ferner  vornehmen  oder  teutiren  möchten,  damit  wir  in  allem 
Fall  uns  zAisammenziehen  und  ihnen  Widerstand  thun  können.  Naclier 
könnte  man  sehen,  wie  sich  besser  eslargiren,  die  Armee  refraichiren 
und  recrutiren  möge.  Wann  wir  sammentlich  nach  Thüringen  und 
Franken  hingehen  sollen,  werd  besorglich  alles  viel  schwerer  fallen, 
grössere  exclamationes  verursachen,  nit  allein  wegen  der  Anzahl,  sondern 
auch  wegen  der  Desordre. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Halberstadt  29.  März  1673. 

(Or.) 

[Verbleiben  der  lothringischen  Truppen  bei  den  Kaiserlichen.] 

Der  Kurfürst  hat  seinen  Truppen  diesseits  der  Elbe  in  seinen  Landen  29.  März. 
Quartiere  anweisen  müssen.  Da  nun  die  kaiserlichen  Truppen  nach  Thüringen 
ziehen  werden,  die  Lothringischen  solange  bei  den  kaiserlichen  bleiben  wollen, 
bis  sie  A'on  dem  Herzoge  Befehl  erhalten,  hat  der  Kurfürst  es  auf  sich  genommen, 
dieses  Verbleiben  der  lothringischen  Truppen  bei  den  kaiserlichen,  das  Bour- 
nonville  nicht  auf  sich  nehmen  wollte,  beim  Kaiser  zu  vertreten '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Halberstadt  31.  März  1673.  (Or.) 

[Verhalten  des  Herzogs  von  Celle.  Conferenzen  mit  den  Vertretern  des  Kurfürsten 
über  die  Frankreich  gegenüber  befolgte  und  zu  befolgende  Politik.  Schwerins  Klagen 
über  die  Holländer.  WafFenstillstandsfrage.  Besorgnisse  des  Goess  bezüglich  Bran- 
denburgs Haltung.  Lothringische  Soldaten.  Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin 
über  das  Verhalten  der  Reichsstände.] 

Blumenthal,  der  vor  Goess  in  Celle  war.   hat  sehr  über  das  Verhalten  der  31.  März. 
Holländer  und  des  Kaisers  geklagt'-).     Nach  Mittheilungen  des  Schütz  ist  jetzt 
weniger  Hoffnung  auf  A1)schluss  des  Vertrages  mit  Holland  als  vorher. 

Bei  der  zu  HohenhameJn  den  19.  dieses  mit  mir  allein  gehaltener 
Conferenz,  habe  ich  zwar  meine  Betrübnus  über  diese  Retraite  unserer 
Armee  und  benebeust  dieses  bezeigt,  dass  ich,  als  welcher  viel  Jahren 
an  diesen  churfürstlichen  Hof  gewesen,  aus  schuldigster  Dankbarkeit  mich 
bei  alle  dem,  was  I.  Ch.  D.  beträfe,  zu  interessiren;  als  ich  aber  vermerkt, 
dass,  was  von  wegen  des  vorgangenen  angezogen  würde,  mehr  zu  Incul- 
pirung  eines   oder   andern  Theils   und  folgends   zu   Verbitterung  der  Ge- 


')     Ueber    des    Kurfürsten   Gesinnung   in    dieser  Zeit;    vergl.  sein  Schreiben  an 
Anhalt  vom  23.  März  st.  v.  1673;   bei  Orlich  1.  c.  IlL  207. 
')  Ueber  Blumenthals  Mission  Puf.  1.  c.  XI.  71. 


606  VI.   Goess  ia  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672 — 1G75. 

müther  als  zu  Remedirung  des  übelen  gereichen  würde,  habe  ich  .  .  . 
darvon  abstrahirt  und  vielmehr  auf  Redressirung  der  Sachen  angetragen, 
wie  der  Baron  von  Schwerin  auch  gleichfalls  bei  der  mir  Nachmittag 
gegebenen  Visite  darzu  gerathen.  Bei  den  Conferenzeu  am  21.  zu  Hohen- 
eggelsen,  am  25.  zu  Hornburg')  und  am  29.  zu  Halberstadt''')  betont  Goess  immer 
von  Neuem,  dass  unsere  Party,  Gottlob,  noch  in  solchem  Stand  wäre, 
dass  wir  den  Muth  keineswegs  sinken  zu  lassen.  Die  Franzosen  könnten 
sich  nit  rühmen,  dass  sie  uns  einmal  eine  rechtschaffene  Party  ge- 
schlagen, noch  einigen  Ort  von  Importanz  weggenommen;  die  Bataille 
hätten  sie  durch  ihre  Retraite  hinter  eine  Landwehr  decliuirt,  und  hätten 


')  Das  PiotocoU  dieser  Berathung,  an  der  Goess,  Schwerin  und  Meinders  theil- 
nahmen,  ist  erhalten. 

Die  kurfürstlichen  Räthe  betonen,  der  Kurfürst  denke  den  Marsch  nach  Halber- 
stadt fortzusetzen,  seine  Völker  im  Halberstädtischen,  Magdeburgischen,  Altmark  dies- 
seits der  Elbe  zu  logiren,  bis  man  wisse,  was  die  Franzosen  zu  thun  vorhaben ;  Goess 
möge  sagen,  wo  seiner  Ansicht  nach  die  kaiserlichen  Truppen  unterdess  sich  auf- 
halten sollten.  Goess  tritt  für  die  Verzögerung  dieses  Marsches  und  für  das  Zusammen- 
bleiben des  Heeres  ein  und  spricht  die  Behauptung  aus,  vor  jeder  Berathung  müsste 
der  Kurfürst  die  Versicherung  geben,  dass  er  sich  von  der  kaiserlichen  Partei  nicht 
trennen  wolle.  Die  kurfürstlichen  Räthe  antworten  nicht  direct  auf  diese  Frage, 
klagen  über  die  Holländer  und  betonen,  dass  ein  Waffenstillstand  auf  kurze  Zeit 
Niemandem  schade.  Goess  betont  in  seiner  Erwiderung,  dass  abgesehen  von  der 
Frage  der  Nothwendigkeit  und  Zweckmässigkeit  des  Waffenstillstandes  der  Fehler 
Brandenburgs  in  dem  Handeln  ohne  die  Confoederirten  liege. 

„Uli:  Wo  die  Necessität  so  gross  werde,  können  viel  sonsten  gültige  rationes  nit 
attendirt  werden.  Die  Clev-,  Märkisch-,  Ravensberg-  und  Mindische  Landen,  aus 
welchen  I.  Ch.  D.  die  beste  Mittel  nahmen,  seien  hin,  die  Mark  Brandenburg  habe  mit 
den  Garnisonen  gnug  zu  thun,  wo  dann  die  Mittel  herzunehmen."  Goess  meint,  es 
werde  erst  G  Monate  Krieg  geführt  und  überdies  erhalte  der  Kurfürst  Subsidien  von 
anderen  Mächten,  die  hoffentlich  in  Zukunft  pünktlich  eingehen  würden.  Er  erklärt 
ferner,  ein  vortheilhafter  Friede  sei  von  Frankreich  nur  mit  den  Waffen  in  der  Hand 
zu  erhoffen.  ^Bin  nacher  kommen  auf  die  Remonstrirung  wie  unsere  Sachen  bei  der 
Party  stehen ;  es  wäre  kein  Wunder,  wann  die  vorige  Campagne  nit  nach  Wunsch 
abgangen,  die  Franzosen  hätten  sich  von  langer  Hand  zum  Krieg  präparirt  und  alle 
Notdurften  beigeschafft,  wir  herentgegen  hätten  alles  übereilen  müssen  und  wären  spät 
und  zu  der  Zeit  ins  Feld  gangen,  wann  man  sonsten  die  Campagne  pflegt  zu  endigen; 
inskünftig  könnten  zu  allem  bessere  Anstalten  geschehen;  man  solle  gleichwohl  unsere 
Party  consideriren,  darbei  E.  K.  M.,  der  König  in  Hispanien,  Dänemark  und  Lüneburg 
in  proximo  gradu  accessionis;  Chur-Sachsen,  Chur-Brandenburg,  Chur-Trier,  Chur- 
Mainz  in  guter  Disposition;  die  Staaten-General,  welche  noch  nit  so  sehr  per  terra, 
dass  sie  dies  Jahr  abermalen  mit  einer  Flotta  von  70  Capital  Kriegsschiff  in  See  und 
mit  24  000  Mann  in's  Feld  gehen,  auch  noch  wohl  die  Geldsmittelen  finden  würden, 
wann  nur  durch  einige  gute  Success  ihr  Credit  bei  den  Kaufieuten  besser  möchte  sta- 
bilirt  werden." 

^)     Vergl.  für  diese  Conferenz  Peter  1.  c.  145. 


Frankreich  gegenüber  zu  beobachtende  Politik.     Waffenstillstandsfrage.  657 

wir  cursum  ihrer  Victorien  dermassen  sistirt,  dass  nachdem  wir  zu  Feld 
kommen,  sie  nit  den  geringsten  Progress  wider  Holland  noch  sonsten 
gethan  .  .  .  Der  Kurfürst  zeigte  sich  über  diese  Erklärungen  des  Goess  sehr 
erfreut.  Schwerin,  mit  dem  Goess  am  27.  spricht,  klagt  sehr  über  die  Holländer 
und  meldet,  dass  sie  zu  Abwendung  grösseren  Uebels  des  schwedischen 
Abgesandten^)  und  des  H".  Bischofen  zu  Osnabrück  propositiones")  zu 
einem  armistitio  angehört,  iustificirt,  presupponendo,  dass  der  Turenne, 
welcher  sonsten  eins  und  anders  W'ider  sie  vornehmen  können,  hierdurch 
in-  und  zurückgehalten  werden;  et  quid  hie  mali  esset?  Doch  hat 
mir  der  schwedische  Envoye  gesagt,  dass,  als  er  dem  Turenne  dergleichen 
Proposition  gethan,  derselbe  sich  auf  seines  Königs  Ordre  berufen^),  im 
übrigen  gefragt,  ob  er  wohl  vermeinte,  dass  Interim  bis  des  Königs 
Ordre  einlangete,  der  Churfürst  auf  seiner  Seiten  mit  diesem  proponirenden 
Interimsstillstand  zuhalten  würde.  Der  von  Schwerin  separirte  causam 
et  foedus  cum  Hollandis  a  causa  et  foedere  mit  E.  K.  M.,  mit  welcher 
S.  Ch.  D.  allzeit  in  quemcunque  casum  beständig  vereinigt  verbleiben 
wollten :  obzwar  er  auch  nacher  bekennete,  dass  gleichwohl  eine  starke 
Connexion  diesmalen  darbei  wäre.  Contestirte  hoch,  dass  er  mit  aller 
Aufrichtigkeit  mit  uns  umgehen  thäte;  versicherte  mit  theurem  Schwur, 
dass  an  dem  armistitio  nit  mehr  wäre,  als  er  mir  gesagt ...  Er  wäre 
sehr  bekümmert,  wie  S.  Ch.  D.  bei  nit  Zuhaltung  der  Holländer  ihre 
Miliz  hinführo  würden  erhalten  können.  In  der  That  vernimm  ich,  dass 
grosse  Armuth  unter  dieselbe  ist  und  dass  die  Leut  fast  den  Muth 
verlieren  .  .  . 

Bezüglich  des  Waffenstillstandes  betont  Goess  in  erster  Linie  die  Gefahr 
einer  Trennung  der  Alliirten ;  Schwerin  versichert  aber,  der  Kurfürst  werde  treu 
an  des  Kaisers  Seite  bleiben.  Ich  nehme  wahr,  dass  ein  Unterscheid 
gemacht  werde  zwischen  ein  armistitium  formale  und  eins  ad  Interim, 
zwischen  ein  wirkliches  und  reales  und  ein  änderst,  so  nur  in  der  Apparenz 
bestehe.  Man  versichert  mich,  dass  wie  die  Sach  auch  ablaufen  möge,  I.  Ch. 
D.  von  Herzen  allzeit  an  E.  K.  M.  werden  attachirt  bleiben.  Alle  diese 
Ding  machen  mich  besorgen,  dass  es  in  effectu  zu  ein  Particulararmisti- 
tium  kommen  und  alsdann  von  Mitinclusion  der  übrigen  Confoederirten 
erst  gehandelt  werden  möchte,  worzu  dann  allviel  indicia  concurriren. 

Goess  betont,  dass  dieser  Waffenstillstand  den  Abschluss  der  Verträge  mit 
Dänemark  und  Lüneburg  verhindern  werde   und   ersucht  um  Förderung   dieser 


^)     Wangelin;  über  dessen  Yermittelung  Peter  L  c.  138  f. 

-)    Für  des  Bischofs  von  Osnabrück  Haltung  Grimoard  1.  c.  IL  208  f. 

3)     Für  Turenne's  Haltung  Grimoard  I.e.  H.  205 ff. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV.  4:ä 


658  VI.  Goess  in  Berlin,   Anhalt  in  Wien.     167-2  — IfiTö. 

Verhandlungen;  aber  der  Kurfürst  erklärt,  diese  Schreiben  nicht  abgehen  lassen 
zu  können,  weil  die  Franzosen,  wenn  sie  davon  erführen,  ihn  einen  Betrüger 
heissen  würden. 

Daraus  und  aus  der  Eile  mit  welcher  der  Kurfürst  das  Hildesheimische 
verlassen  hat,  wie  aus  dem  Umstände,  dass  von  brandenburgischer  Seite  der 
Accession  Spaniens  zum  österreichisch-brandenburgischen  Bündnisse  keine  Erwäh- 
nung geschehe,  schliesst  Goess,  dass  es  mit  dem  Waffenstillstände  sehr  ernst  ge- 
meint sein  müsse.  Goess  hat  mit  dem  Prinzen  von  Lothringen  und  mit  Bournon- 
ville  Rücksprache  genommen,  auf  dass,  falls  eine  Trennung  der  osterreichisch- 
brandenburgischen  Armee  eintritt,  in  der  österreichischen  Armee  strenge  Ordnung 
gehalten  werde.  Goess  glaubt  nicht,  dass  die  brandenburgischen  Truppen  lange 
diesseits  der  Elbe  beisammen  stehen  bleiben  werden,  vermutet  vielmehr,  dass 
sie  über  die  Elbe  gehen  und  aus  einander  gelegt  w^erden  dürften. 

Der  Kurfürst  hat  die  lothringischen  Truppen  entlassen,  dieselben  haben 
sich  den  kaiserlichen  angeschlossen;  die  Versuche  des  Goess  die  Brandenburger 
zur  Rücknahme  dieser  Massregel  zu  vermögen  sind  vergebens  gewesen;  Goess 
hat  mit  Bournonville  berathen,  was  man  mit  diesen  tapferen  Soldaten  thun  solle; 
es  wurde  ihnen  gesagt,  sie  könnten  bis  zur  Ankunft  des  Herzogs  mit  den  Kai- 
serlichen, jedoch  ohne  dass  der  Kaiser  sie  erhalten  müsste,  marschiren.  Man 
wünscht  von  brandenburgischer  Seite  die  Absendung  eines  kaiserlichen  Gesandten 
nach  Schweden. 

Auch  brachte  der  Baron  von  Schwerin  bei  dieser  Conferenz  vor, 
was  masseu  unsere  Sachen  uns  nun  im  römischen  Reich  viel  schwerer 
als  vorhin  fallen  würden;  die  Stände,  welche  von  den  Durchmärschen 
und  Einlogirung  unserer  Völker  betroffen  worden,  wären  sehr  ungeduldig; 
die  Frau  Landgräfin  zu  Hessen-CasseP)  und  der  Herr  Landgraf  zu  Darm- 
stadt ^),  welche  anfangs  unser  Vornehmen  approbirt,  wären  uns  nun  ganz 
zuwider;  Baiern,  Pfalz,  Neuburg,  Württemberg  wären  an  dem,  dass  sie 
ein  foedus  dergleichen  üngelegenheiten  abzuwenden  unter  einander  machen 
wollten.  Ich  antwortete,  dass  das  Remedium  V  in  der  guten  Ordre  und 
Disciplin,  welche  in  unser  Macht  wären,  bestünde;  2°  dass  man  sehen 
müsste,  unsere  Party  also  zu  verstärken,  dass  diese  und  alle  andere 
dieselbe  besser  zu  consideriren;  3'^  wäre  zu  verwunderen,  dass  diejenige, 
so  mit  so  grosser  Geduld  dergleichen  und  grössere  üngelegenheiten  von 
denjenigen  litten,  weiche  das  römische  Reich  invadiren  und  die  deutsche 
Freiheit  opprimiren,  so  ungeduldig  gegen  diejenigen  wären,  so  mit  dar- 
setzen Gut  und  Blut  dasselbe  und  die  theure  Libertät  defendiren. 

Goess  bedauert  sehr,  dass  Montecuccoli  nicht  mehr  zur  Armee  zurückkehrt. 


^)     Hedwig  Sophie. 
^)     Ludwig  VI. 


Waffenstillstandsfrao-e.     Turenne''s  Erklärung-en.  659 

(ioess  an  den  Kaiser.     Dat.  Halberstadt  2.  April   1673.  (Or.) 

[Dohna's  Mittheilungen  über  den  Inhalt  des  Schreibens  Turenne's  an  den  schwedischen 
Gesandten.     Köln   als  Congressort.     Lothringische  Völker.]. 

Gestern  käme  der  Graf  von  Dohna  zu  mir  mit  Vermelden:  Ich  hätte  2.  April 
verlangt  zu  wissen,  was  des  Turenne  Schreiben  an  den  schwedischen 
Envoye  in  sich  hielte.  Nun  hätten  I.  Ch.  D.  destwegen  an  den  Fürsten 
von  Anhalt  schreiben  lassen,  mit  dieser  Verordnung,  dass  im  Fall  derselbe 
nimmer  dahie,  er,  der  Graf  von  Dohna,  die  Schreiben  zu  eröffnen  und 
mir  den  Inhalt  zu  sagen.  Dieser  wäre,  dass  Turenne  geantwort,  dass  der 
König,  sein  Herr,  seine  Resolution  wegen  des  Stillstands  der  Waffen  dem 
Verjus  zugeschickt,  dass  er  dessen  nun  täglich  gewärtig  wäre  und  dass 
er  Verjus  vermutlich  weiter  zu  P.  Ch.  D.  reisen  würde,  hiervon  und  von 
Restitution  der  in  der  Grafschaft  Mark  gelegenen  Plätze  zu  liandeln,  und 
hat  der  von  Dohna  sich  angestellt,  als  wann  dieses  alles  nit  viel  zu  bedeuten. 
E.  K.  M.  werden  aber  leicht  abnehmen,  dass  dieses  auf  nichts  änderst 
als  auf  Particulartractaten  angesehen  ').  Kramprich  berichtet,  dass  der  König 
von  England  dem  Franzosenkönige  die  Wahl  zwischen  Köln  und  Aachen  als 
Congressort  überlassen,  Ludwig  XIV.  Köln  gewählt  habe,  dass  die  Staaten  diese 
Wahl  gutheissen  und  ihre  Bevollmächtigten  nach  Köln  senden,  zugleich  sich 
aber  zur  Fortführung  des  Krieges  zu  Wasser  und  zu  Lande  rüsten  wollen^ 
Nun  kommen  alle  diese  Ding  wohl  a  tempo,  dann  bei  solcher  Bewandtnus 
sehe  ich  nit,  was  Churbrandenburg  vor  Ursachen  haben  könne  sich  in 
Particulartractaten  einzulassen,  welche  sie  gleichwohl  beständig  asseverirt 
nit  vornehmen  zu  wollen').  Die  lothringischen  Völker  sollen  zu  plündern 
beginnen;  Goess  berichtet  darüber  an  Bournonville  mit  dem  Ratlischlage,  die 
lothringischen  Truppen,  wenn  sie  nicht  gute  Disciplin  halten,  von  den  kaiser- 
lichen zu  entfernen,  damit  nicht  über  die  letzteren  gerechte  Klage  erhoben 
werden  könnte. 


Votum  vom  3.  April   über  des  Goess  Schreiben  vom  6.,  12., 
19.  März  1673.    (Conc.) 

[Verhandlungen  mit  Celle.     Erklärungen  des  Bischofs  von  Strassburg.     Trier.     Waffen- 
stillstand.] 

Dem  Goess  sei  zu  antworten :    Er  habe  recht  daran  gethan   den  Rückweg  3.  April 
zum   Kurfürsten    über  Celle    genommen    und   daselbst    mit   dem    Herzoge   und 


^)  Verjus  befand  sich  damals  bei  den  Braunschweiger  Fürsten;  vergl.  Grimoard 
1.  c.  204;  für  die  Erklärungen  Frankreichs  Grimoard  L  c.  IL  218ff. 

*)  Vergl.  das  Schreiben  des  Kurfürsten  an  Anhalt  vom  2L  März  st.  v.  1673  bei 
Orlich  I.e.  in.  206 f. 

42* 


ggQ  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  — 1675. 

Schütz  verhandelt  zu  haben.  Bezüglich  des  Bischofes  von  Strassburg  sei  der 
Kaiser  gleicher  Meinung  wie  Goess,  dass  nemlich  auf  dessen  Friedensversiche- 
rungen nichts  zu  geben  sei.  Den  Kurfürsten  von  Trier  soll  er  noch  ferner  in 
guter  Stimmung  zu  erhalten  suchen  und  sich  bemühen,  dass  die  trierischen 
Tractate  von  Seiten  Hollands  und  Monterey's  schleunig  zur  Durchführung  ge- 
langen. Wegen  des  Armistitiums,  das  schwer  ab2uschlagen  sei,  werde  der  Kaiser 
mit  nächstem  Goess  instruiren. 

Berathen  am  3.,  aufgesetzt  am  4.,  beschlossen  wie  eingerathen  am  8.  April. 


Memorial  des   Lorenz  Georg  von  Crockow^).     Dat.  Neustadt 
4.  April  1673.    (Aut) 

[Der  Kurfürst  ist  genöthigt  den  angebotenen  Waffenstillstand  anzunehmen.] 

April.  Der  Kurfürst  erkennt  die  grossen  Verdienste  des  Kaisers  an,  da  aber  alle  An- 

strengungen des  Kaisers  und  des  Kurfürsten  vergebens  gewesen  seien,  da  diese 
beiden  Fürsten  keine  grössere  Unterstützung,  wohl  aber  stärkere  Opposition  zu 
fürchten  hätten,  hat  der  Kurfürst  sich  entschlossen  das  von  vielen  Potentaten 
angebotene  Armistitium  nicht  auszuschlagen,  in  Erwägung,  dass  die  Jahreszeit 
und  der  Zustand  der  Waffen  jede  Operation  ohnedem  verbieten.  Der  Kurfürst 
will  nun  nicht  schliessen,  ohne  des  Kaisers  Rath  eingeholt  zu  haben,  um  welchen 
er  bittet. 


Votum  vom  6.  April  auf  Crockows  Memorial  vom  4.  April. 

(Conc.) 

[Verhandlungen  mit  Crockow.] 

6.  April.  Es  kommt  den  Räthen  sonderbar  vor,  dass  der  Kurfürst  Krieg  führen  will, 

ohne  darunter  zu  leiden  und  seine  Länder  ganz  verschont  wissen  will;  man 
soll  aber  mit  Crockow  verhandeln  und  ihm  sagen,  einen  allgemeinen  Waffen- 
stillstand mit  Einschluss  aller  Alliirten  billige  jetzt  der  Kaiser  und  wolle  einen 
solchen  befördern,  nicht  aber  einen  Particularwaffenstillstand,  der  den  Untergang 
Hollands  und  das  Verderben  aller  Alliirten  zur  Folge  haben  würde. 

Am  7.  beschlossen,    dass  Lobkowitz  und  Hocher    mit  Crockow  verhandeln 
sollen. 


*)     Credenzschreibeu  vom  26.  Febr./8.  März  1673;    für  Crockows  Sendung   vergl. 
Drojsen  1.  c.  III.3  435 f.;  Puf.  1.  c.  XL  85;  Peter  1.  c.  143. 


Crockows  Memorial.     Verhandlungen  mit  Crockow.  661 

Relatio  conferentiae  mit  Crockow  am  7.  April  1673.    (Conc.) 

[Waffenstillstand.     Stelhing  des  Kaisers   zu   demselben.     Einquartirung   der  Truppen. 
Debatte  über  die  Frage  der  Aufnahme  Hollands  in  den  Waffenstillstand  und  über  die 

allgemeine  Lage.] 

Dem  Crockow  ist  in  der  Conferenz  vom  Fürsten  Lobkowitz  und  vom  Baron  7.  April. 
Hocher  in  Erwiderung  seines  schriftlichen  Memoriales  mitgetheilt  worden ;    obwohl 

E.  K.  M.  vorhero  angestandeo,  ob  bedeutes  Armistitium  denen  Alliirten 
anständig  und  dahero  erachtet,  auch  ihrer  Generalität  gnädigst  aufgetragen 
gehabt,  dass  man  vigorose  operireu  sollte ;  nachdem  aber  die  Sachen 
seithero  in  einem  andern  Stand  gerathen  und  S.  Ch.  D.  erachten,  dass 
bedeutes  Armistitium,  wie  geraelt,  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  als  seind 
E.  K.  M.  auch  solches  bei  so  veränderten  Sachen  zu  verhindern  nicht 
gemeint,  wann  selbiges  mit  der  Generalstaaten  guten  Consens  und  Ein- 
stimmung, auch  mit  billigen  und  ehrlichen  Conditionen  zu  erheben  und 
dass  zugleich  in  selbigen  E.  K.  M.,  die  Krön  Spanien,  Holland  und 
andere  diesem  Theil  wohlzugethane  Reichsstädte,  ja  das  gesammte  rö- 
mische Reich  Selbsten  eingeschlossen  werde.  Denn  bei  einem  so  allgemeinen 
Waffenstillstände  würde  Holland  genöthigt  sein  die  Subsidien  weiter  zu  zahlen, 
was  bei  einem  Particularwaffenstillstande  Brandenburgs  nicht  der  Fall  sein 
würde.  Und  gleichwie  E.  K.  M.  bedeutes  Armistitium  mit  gesammter 
Hand  nicht  zu  hindern,  sondern  mehrers  zu  befördern  begehrn,  also 
stehen  sie  mit  diesem  hingegen  sehr  an,  wann  I.  Ch.  D.  selbiges  parti- 
culariter  treffen  und  dahin  antragen  wollten;  dessen  sich  E.  K.  M.  gegen 
S.  Ch.  D.  um  so  viel  weniger  verseheten,  weilen  sich  dieselbe  zu  diesem 
Krieg  so  generöse  erklärt  haben.  Der  Kaiser  habe  in  Holland  ernsthch 
ersuchen  lassen  die  rückständigen  Subsidien  dem  Kurfürsten  zu  zahlen  und  in 
Zukunft  pünktlich  mit  der  Zahlung  zu  sein.  Der  Kaiser  würde  es  für  das 
zweckmässigste  halten  die  Truppen  an  der  Weser  zu  erhalten,  bis  der  Waffen- 
stillstand geschlossen  ist,  oder  bis  man  sich  so  verstärkt,  dass  man  den  Kampf 
wieder  aufnehmen  könne;  er  werde  demnächst  wieder  Truppen  zu  der  Armee 
senden.  Ist  die  Armee  aber  nicht  an  der  Weser  zu  erhalten,  so  soll  sie  an 
die  Elbe  geführt  werden ;  nach  Franken  sie  zu  führen,  wie  der  Kurfürst  meint, 
hält  der  Kaiser  nicht  für  zweckmässig. 

Crockow  antwortet,  sein  Herr  wünsche  gewiss  die  Aufnahme  Hollands  in 
den  Waffenstillstand,  die  Frage  sei  nur,  was  zu  thun,  wenn  Frankreich  Holland 
nicht  will,  oder  Holland  selbst  gegen  den  Waffenstillstand  sei. 

Der  Hofkanzler  erwidert,  er  hoffe,  Holland  werde  sich  bezüglich  der  Subsidien 
gut  erklärt  haben,  in  welchem  Falle  es  Brandenburg  leicht  fallen  werde  die 
Armee  weiter  zu  erhalten.  Es  würde  dem  bisherigen  generösen  Vorgehen 
Oesterreichs  und  Brandenburgs  wenig  entsprechen,  wenn  man  sich  particulariter 
mit  Frankreich  einigen  würde ;    abgesehen   davon,  dass   ein   solcher  Particular- 


ßß2  VI.    Goess  in  Berlin.    .Aiilialt   in  Wien.     1G72  — KHo, 

Waffenstillstand  mehr  schaden  als  nützen  würde,  zumal  wenn  Brandenburg 
Lippstadt  an  Frankreich  gehen  tind  dulden  sollte,  dass  Holland  ganz  über  den 
Haufen  geworfen  werde. 

Crockow:  Das  alles  sei  wahr,  aber  auch  bekannt,  dass  Holland  so  grosse 
Subsidien  nicht  mehr  zu  zahlen  fähig  sei-,  dass  Baiern,  Württemberg  und  andere 
gegen  die  Alliirten  verbunden  seien;  auch  wisse  man  nicht,  was  Spanien  zu  leisten 
willens  sei. 

Hofkanzler:  Spanien  wird  das  möglichste  leisten;  Schweden  wolle  nicht 
den  gänzlichen  Untergang  der  Staaten ,  was  aber  durch  den  Particularwaffen- 
stillstand  erfolgen  würde;  daher  auf  einen  aligemeinen  Waffenstillstand  zu  sehen 
sei,  den  Frankreich,  wenn  Brandenburg  sich  stark  zeige,  unter  den  Alliirten 
günstigen  Bedingungen  annehmen  werde. 

Dem  Kaiser  seien  von  Frankreich  grosse  Anerbietungen  gemacht  worden, 
die  er  aber  zurückgewiesen,  da  er  nicht  Willens  sei  Holland  zu  verlassen,  es 
wäre  denn,  dass  ihm  ein  entsprechender  Grund  dazu  gegeben  werde. 

E.  K.  M.  hätten  zwar  von  einigen  Biscursen  vernommen,  als  ob  dero 
Armee  nicht  also  operirt  hätte,  als  wie  es  Churbrandenburg  vermeinet;  sie 
beziehet  sich  aber  eben  auf  I.  Ch.  D.,  welche  dero  Conduite  am  besten 
bekannt  und  bewusst,  dass  sie  etlichmalen  in  Bereitschaft  gestanden 
und  gern  geschlagen  hätte,  wann  man  es  als  insgesammt  befunden  hätte, 
weilen  sie  beordret  gewesen  alle  Occasion  hierzu  zu  ergreifen  und  in  die 
Battaglien  und  andere  vigorose  Operationen  zu  treten. 

Crockow  fragt,  wenn  Frankreich  den  Universalwaffenstillstand  abschlage, 
wo  die  Mittel  zur  Fortsetzung  des  Krieges  seien?  Hannover  und  viele  andere 
Reichsstände  sind  für  Frankreich,  das  stärker  als  die  Verbündeten  und  dessen 
Armee  in  des  Kurfürsten  Landen  sei. 

Hofkanzler  fragt  hingegen,  ob  Churbrandenburg  in  obigen  Fall  etwas 
mehrers  von  Holland,  als  sie  mit  ihro  geschlossen,  begehre. 

Crockow:  Nein,  Holland  habe  die  Accession  Dänemarks  und  besagter 
boeder  Herzogen  zu  Braunschweig,  item  mit  25  000  Mann  in  Westphalen 
zu  agiren,  nicht  weniger  Engelland  von  Frankreich  zu  detachiren,  ver- 
sprochen, aber  keines  aus  diesen  gehalten.  Frankreich  seie  ietzo  in  seines 
Herrn  Landen;  begehrt  also  praesentia  remedia.  Churbrandenburg  be- 
gehre bei  E.  K.  M.  zu  bleiben,  allein,  wie  gemeldet,  remedia  hierzu. 

Hofkauzier:  Man  habe  coniunctis  animis  et  viribus  das  äusseriste  zu 
thun  und  forderist  zu  erwarten,  wessen  sich  Holland  auf  des  Grafens  von 
Waldeck  mitgebrachte  Resolution  weiters  vernehmen  lassen  werd;  wann 
sie  die  versprochene  praestanda  nicht  praestireu  wollten  oder  könnten, 
wirdet  hernach  weiter  dar  von  zu  reden  sein.  Freilich  seie  noch  ungewiss, 
ob  Dänemark  und  Braunschweig  accediren  werden  und  dass  man  Schwe- 
den, Hannover  und  die  anderen,  so  zu  Ulm  negstes  zusammengekommen 


Veihnndhingen  ißit  Ciockow.     Waffenstillstandsfrage.  663 

sein,  des  von  Crockow  Vermelden  nach,  wider  uns  haben  möchten.  Eine 
Armee  von  30  000  Mann  aber  werde  viel  richten  können;  nur  beisammen 
fest  geblieben.  Gott  wirdet  schon  eine  bessere  Campagna  für  heur  schicken, 
oder  ein  Universalarraistitium  geben  lassen. 

Crockow:  Bene  quidem,  aber  Frankreich  ist  gleichwohl  stärker  als 
wir,  dessen  Watten  liegeten  in  den  churbrandenburgischen  Landen,  er 
hätte  Mittel  genug,  wir  aber  nicht;  durch  ein  Particulierarmistitium 
würde  weuigist  Frankreich  von  allen  weiteren  progressibus  abgehalten; 
I.  Ch.  D.  bekäme  dero  Länder. 

Schhiss:  Der  Schluss  ist  dahin  gegangen,  dass  man  beederseits  noch  zu 
erwarten,  wessen  sich  L  Ch.  D.,  die  Krön  Spanien  und  die  Holländer  in 
hac  crisi  noch  eigentlich  resolviren  werden.  E.  K.  M.  wären  zu  allem 
bereit,  was  der  causae  communi  nützlich  und  erspriesslich  sein  kann. 

Crockow  verspricht  es  zu  berichten  mit  dem  Zusatz,  wann  man  zu 
fernerer  Continuirung  des  Kriegs  keine  realia  und  praeseutia  remedia 
zeigen  werde  können,  dass  man  P.  Ch.  D.  nicht  verübeln  werde ,  sich 
particulariter  mit  Frankreich  zu  vergleichen. 

Hofkanzler:  Es  stehe  zuvor  die  Resolution  von  Spanien  und  Holland 
zu  erwarten;  an  denen  Mittlen  werde  es  hoffentlich  nicht  ermanglen 
und  hernach  weiters  darvon  reden '). 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp. 
31.  März/10.  April  1673.   (Or.) 

[Zustand    der    Dinge.     Waffenstillstand    und   Particularallianz   zwischen   Brandenburg 
und  Frankreich  betreffend.     Devotion  gegen  den  Kaiser.] 

Dank  für  das  Schreiben  vom  8.  März.  Und  können  E.  K.  M.  leicht  er-  10.  April 
messen,  dass  wie  mein  und  meiner  Laude  Wohlfahrt  daran  gehangen, 
also  auch  ich  nichts  mehr  wünschen  mögen,  als  dass  man  die  Weser 
und  zu  solchem  Ende  Höxter  mainteniret  und  des  Feindes  Progressen 
allda  sistiret  hätte.  Ich  zweifele  aber  nicht,  E.  K.  M.  werden  von  meinem 
Envoye,  dem  von  Crockow,  und  nunmehr  auch  von  dem  Duc  de  Bournon- 
ville  ausführlich  berichtet  sein,  in  was  Zustand  sich  die  Sachen  bei  mei- 
nem Aufbruch  von  der  Weser  befunden  und  warum  eine  und  andere  Reso- 
lution von  ermeltem  Duc  der  Raison  de  guerre  gemäss  befunden  worden, 
aus  was  Ursachen  derselbe  vermeinet,  dass  die  W^eser  nicht  mainteniret 


^)     Ueber    Crockows    Verhandlungen    in    Wien    Puf.   1.  c.  XI.  85 ;    Droysen   1.  c. 
III..,  438. 


664  VI.  Goess  in  Berlin,    Anhalt   in   Wion.     1072-1675. 

werden  können,  dessen  Abandonnirung,  als  worauf  nicht  anders  dann 
der  itzterfolgte  Schade  entstehen  könnte,  ich  wohl  sehr  gern  evitiret 
gesehen. 

Die  Evacuation  von  Hamm  und  Soest  hat  erfolgen  müssen ').  Was  in  der 
"Waffenstillstandsangelegenheit  neues  vorgegangen,  hat  der  Kurfürst  dem  Goess 
mitgetheilt,  welcher  verhoffentlich  berichtet  haben  wird,  dass  noch  alles 
in  vorigen  terminis  beruhet  und  wegen  des  armistitii  noch  keine  Ge- 
wissheit eingelanget,  viel  weniger  einige  Particuliertractaten  gepflogen 
worden.  Ich  gebe  aber  E^  K.  M.  höchsterleuchtetem  ürtheil  anheim, 
wie  mir  immer  möglich  sein  würde,  da  meine  beste  Lande  in  des  Fein- 
des Gewalt  und  die  übrigen  von  E^  K.  M.  und  meiner  eigenen  Armee 
gänzlich  verdorben  und  nun  vollends  ruinirt  werden,  die  Staaten  auch 
nunmehr  in  dem  6"^"  Monat  nicht  einen  Heller  an  Subsidien  ausgezahlet, 
die  schwere  Last  des  Krieges  bei  solcher  Verlassung  von  allen  Orten, 
da  es  noch  mit  allen  andern,  die  sich  des  Werks  annehmen  wollen,  in 
voriger  Ungewissheit  bleibet,  länger  zu  ertragen  und  ob  ich  zu  verdenken, 
wann  ich,  dafern  kein  ander  sicher  Mittel  mich  zu  retten  gezeiget  werden 
könnte,  zu  E^  K.  M.  und  des  Reichs  Diensten,  so  gut  es  immer  möglich, 
mich  zu  conserviren  und  vor  totales  Ruin  zu  schützen  trachte.  Es  laufe 
aber  wie  es  wolle,  so  versichere  ich  dennoch  E.  K.  M.,  dass  ich  mich 
von  der  treuen  Devotion,  so  ich  gegen  E.  K.  M.  trage  und  von  dem  mit 
deroselben  pro  defensione  imperii  aufgerichtetem  foedere  durch  nichts  in 
der  Welt  will  wendig  machen  lassen. 


Votum  vom    10.  April  1673  über    des   Goess  Schreiben  vom 
31.  März  und  2.  April  1673.   (Conc.) 

[ßraunschweigischer  Convent.     Stellung  zu  Brandenburgs  Paiticularallianzplänen.] 

10.  April.  Dem  Goess  sei  zu  antworten :    Was   den  nach   Braunschweig  einberufenen 

Convent  betrifft,  habe  der  Kaiser  ungern  vernommen,  dass  man  von  demselben 
jetzt  abstrahiren  wolle.  Da  nun  dem  Kaiser  viel  an  dieser  Versammlung  liegt, 
weil  daselbst  sondirt  werden  könnte,  wessen  sich  der  Kaiser  von  seinen  AUiirten 
zu  versehen  habe,  wenn  Frankreich  Spanien  angreifen  und  der  Kaiser  das  letz- 
tere unterstützen  würde,  soll  Goess  für  das  Zustandekommen  dieser  Zusammen- 
kunft wirken.  Was  die  mit  Schwerin,  Meinders  und  dem  Kurfürsten  gehaltenen 
Conferenzen  betrifft,  billigt  der  Kaiser  sehr,  dass  Goess  und  Bournonville  so 
eifrig  gegen  die  Trennung  Brandenburgs  von  den  AUiirten  gesprochen  und 
gegen  einen  Particularvertrag  Brandenburgs  mit  Frankreich  geeifert  haben;  sie 
mögen    darin    fortfahren    und    den    Kurfürsten    um  baldige  definitive  Erklärung 


')     Vergl.  Peter  1.  c.  130. 


Biaunschweiger  Convent.     Rrandenburgs  Haltunaf.     Stimmunc;  der  kurf.  Räthe.      665 

ersuchen.  Zu  diesem  Zwecke  möge  der  Kaiser  von  Montecuccoli  ein  Gutachten 
über  die  Fortsetzung  der  Kriegsoperationen  fordern  ^)  und  vom  Kurfürsten  eine 
Meinungsäusserung  über  dasselbe  begehren.  Geht  er  darauf  ein,  so  werde  das 
ein  Zeichen  sein,  dass  er  die  Fortsetzung  des  Krieges  will.  Wenn  nicht,  dann 
soll  Goess  darauf  sehen,  dass  ein  Universalarmistitiiim  erfolge  und  dem  Kur- 
fürsten sehr  energisch  von  einem  Particiilarwaffenstillstande  abrathen.  Sieht  er 
aber  ein,  dass  ein  allgemeiner  Waffenstillstand,  mit  Einschluss  aller  Alliirten, 
nicht  möglich  ist,  dann  soll  Goess  darauf  sehen,  dass  E. K.M.  von  ihme  darein 
eingeschlossen  werde;  in  welchem  Fall  er,  von  Goess,  aber  von  sich  kein 
actum  positivum  zu  üben  haben  werde,  damit  sich  nicht  die  Holländer 
und  Spanien  darwider  zu  beschweren  haben. 

Berathen  am  10.,  aufgesetzt  und  beschlossen  wie  eingerathen  am  11.  April 
1673.     Praes.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Hocher,  Dorsch,  Abele. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  April  1673.  (Or.) 

[Stimmung  Schwerins,  Cansteins.  Jenas,  Somnitz',  Anhalts.  Subsidien  für  Branden- 
burg. Verhandlungen  darüber  mit  Waldeck.  Geplante  Reise  des  Verjus  nach  Berlin. 
Kriegsangelegenheiten.  Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  über  Dänemarks 
und  Lüneburgs  Haltung  in  der  Allianzfrage.  Nachrichten  aus  Schweden.  Unruhen  in 
England.     Werbungen  in  Preussen.] 

. .  .  Der  Baron  von  Schwerin  hat  mich   dahie  alsogleich  bei  meiner  10.  April. 

Ankunft  besucht;  contiuuirt  bei  seine  vorige  Maximen;  insinuando,  man 

glaube,    dass  E.  K.  M.  wegen    des    hispanischen  Interesse    fast  mehr  zu 

Fortsetzung    des  Kriegs   als   zu   den  Tractaten   incliniren.     Bei  dem  von 

Canstein    und    bei   dem  von  Jena  habe  ich  gute  Sentimenten  gefunden; 

wann  die  subsidia  —  ohne  welchen  nit  fortzukommen  seie  —  nur  richtig 

bezahlt  werden  und  die  übrige  Confoederirte  sich  recht  angreifen  wollten, 

würden  sie  vermutlich  den  vorigen  consiliis  fest  insistireu.     Den  Soranitz 

habe   ich  noch  nit  gesprochen;  er  zeigt,    wie    ich   vernimm,  vor  anderen 

firmezza    und  gute  Resolution.     Der    Fürst   von  Anhalt,    deme    ich  aus 

Halberstadt  zugeschrieben    und    zu  verstehen  gegeben,    dass   ich   wüsste, 

dass    er  Ordre    hätte   keine   Hostilität  ferner   zu   üben    noch    zuzulassen, 

übergeht   es    und   antwortet,    wie    E.  K.  M.    aus    seinem    beikommenden 

Schreiben  gnädigst  zu  ersehen^). 


')     Vergl.  Grossmann,  Alontecuccoli  1.  c.  437  f. 

"O  Anhalt  an  Schwerin,  Dessau  27.  März/6.  April  1673,  Or.  Es  heisst  in  dem- 
selben: „II  faudra  voir  jusques  ou  ira  l'armistice  de  quoy  l'on  parle  et  iusques  ou 
le  S"".  Verius  poussera  sa  commission  et  si  M.  le  Baron  de  Pölnitz  obtiendra  le  paye- 
ment  des  subsides;  cecy  est  la  seule  et  la  grand'  affaire,  ou  tout  s'accroche  et  sur 
quoy  tout  roule." 


666  VI.    Goe.ss  in  Berlin,    Anlialt  in  Wien.     1(;72— H;75. 

Wegen  der  Subsidien  wollte  man  nun  gern  den  von  mir  zu  Halber- 
stadt getlianen  Vorschlag,  dass  nemlich  die  offerirte  2  Monat  alsogleich 
und  nacher  alle  Monat  neben  dem  laufenden  ein  rückständiges  bezahlt 
werde,  annehmen;  es  werden  aber  vermutlich  die  Holländer  mit  dem 
Geld  nit  heraus  wollen,  sie  seien  dann  gnugsam  versichert,  dass  I. 
Ch.  D.  beständig  bei  der  Party  zu  bleiben  und  wann  Caution  wegen  der 
Subsidien  gefordert  würde,  auch  Gegencautiones  wegen  ihrer  Sicherheit 
begehreu.  Im  Haag  wurde  die  von  dem  Pöllnitz  urgirende  cathegorische 
Resolution  auf  des  Grafen  von  Waldeck  Widerkunft  remittirt^);  wie 
derselbe  nun  mit  schlechter  Opinion  von  uns  abgereist,  als  möchte  seine 
Relation  das  Werk  nit  beförderen.  Zwar  habe  ich  seither  so  ihme 
selbst  als  dem  Kramprich  bericht,  dass  res  nostrae  nit  so  deploratae, 
als  er  sich  eingebildt.  Ein  Monat  an  den  Subsidien  sollen  die  Staaten 
General  abzuführen  verwilligt  haben;  quid  hoc  inter  tantos? 

Goess  vernimmt  neuerdings,  dass  Verjus  nach  Berlin  kommen  wird -);  Goess 
zweifelt  nicht,  dass  es  sich  um  einen  Particulartractat  handeln  wird.  Turenne 
verhält  sich  ruhig;  dagegen  operirt  der  Bischof  von  Münster'');  er  soll  Minden 
bedrohen,  worüber  der  Kurfürst  sehr  beunruhigt  ist. 

Wegen  Dänemark  und  Lüneburg  meldeten  I.  Ch.  D.,  dass  mit  den 
obhandenen  Tractaten  nit  fort  zu  kommen.  Ego;  das  verursachte  die 
gefasste  Opinion,  dass  S.  Ch.  D.  von  der  Party  abgiengen.  Ille  negabat: 
sie  hätten  nie  keinen  rechten  Lust  darzu  gehabt,  besorgete  sie  hätten 
andere  disegni  und  zwar  wider  die  Stadt  Hamburg;  die  litte  ihro  In- 
terese  nit,  dass  Dänemark  sie  weg  nähme;  wollten  sich  darum  an- 
nehmen; vermeinten,  dass  Schweden  dergleichen  thun  würde,  England 
bekümmerte  sich  nit  sonderlich  darum. 

Aus  Schweden  kommen  bessere  Nachrichten;  Schweden  erklärt,  nur  unter 
günstigen  Bedingungen  den  Alliirten  den  Frieden  mit  Frankreich  zu  empfehlen^). 

Von  den  Troublen  in  England  und  der  königlichen  merklich  darbei 
leidenden  Autorität  werd  viel  gesprochen '")  und  fast  prognosticirt,  dass  es, 
wie  mit  seinem  Vätern  geschehen,  per  hos  gradus  zu  grössere  extrema  ge- 
rathen  möchte.  In  Preussen  lassen  I.  Ch.  D.  stark  werben;  die  Stand 
geben  20  000  Rthlr.  monatlich  darzu  und  sollen  dieselbe  nun,  seither  der 
Kalckstein  exequirt  und  enthauptet  worden,  sich  viel  williger  bezeigen. 

1)  Vergl.  Peter  1.  c.   147  f. 

2)  Giimoard   1.  c.  JI.  200. 

3)  Vergl.  Depping  1.  c.  163 f.;  Grimoard  1.  c.  II.  208 f. 

*)     Für  Schwedens  Haltung  in  dieser  Zeit  Carlson  1.  c.  IV.  584;  Mignet  1.  c.  IV. 
I39ff.;  Heibig  I.e.  34f.;  Droysen  1.  c.  HI.3  449ff. 
5)     Yergl.  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  114 ff. 


Subsidienfia"-e.     Frankreich  fjegcmilxn-  zu  beobachtemle  Politik.  667 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  14.  April  1673.  (Or.) 

[Frankreichs  Erklärungen    an   Brandenburg.     Ansicht  Schwerins    über    die  Frankreich 
gegenüber  zu  beobachtende  Politik.    Entgegnung  des  Goess.    Waugelins  Erklärungen.] 

Am  13.  April  übergibt  Schwerin  dem  Goess  die  vom  Franzosenkönige  in  14.  April 
Bezug  auf  Brandenburg  ertheilte  Resolution ').  Sie  wurde  von  dem  Grafen 
Tott,  Schwedens  Vertreter  in  Paris,  dem  sie  der  König  von  Frankreich  über- 
geben Hess,  durch  Königsmark  an  Wangelin  gesendet.  Schwerin  geht  zum 
Kurfürsten,  um  über  die  Antwort  zu  berathen.  .  Schwerin  allegirte  den  König 
in  Frankreich  nun  pro  teste,  dass  keine  Particuliertractaten  noch  arraisti- 
tium,  wie  man  suspicirt,  gemacht  worden.  Seine  Meinung  gienge  dahin, 
dass,  obzwar  sothane  Tractateu  nit  können  angenommen  werden,  dannoch 
dieselben  nil  rund  auszuschlagen,  sondern  vielmehr  tractaudo  Zeit  zu  ge- 
winnen, dann  sonsten  wären  die  Lippstadt,  Minden  und  die  andere  der 
Orten  gelegene  churfiirstliche  Plätze,  darin  sich  allbereit  gefährliche  motus 
verspüren  liessen,  in  augenscheinlicher  Gefahr.  Was  nun  E"".  K.  M.  weder 
causae  communi  darmit  bedient,  wann  dieselbe  verloren  giengen?  Man  müsse 
die  Necessität  et  augustias,  in  welche  1.  Ch.  D.  gerathen,  consideriren; 
separirte  abermalen  causam  Hollandicam  a  causa  mit  E.  K.  M.,  bei 
welcher  I.  Ch.  D.  beständig  halten  würden....  Ich  remonstrirte,  dass 
meinem  Bedünken  nach  das  ganze  Werk  nun  in  einen  anderen  Stand 
kommen;    seither   diese    königlich  französische  Resolution  ergangen,   seie 


')  Resolution  Ludwig  XIV.  Versailles  17.  März  1673.  Obgleich  Frankreich  Grund 
zur  Klage  gegen  Brandenburg  hat,  ist  der  König  zu  einem  Waffenstillstände  bis  Ende 
April  und  zur  Annahme  des  Mainzers  oder  eines  anderen  mit  Brandenburg  nicht  ver- 
bündeten deutschen  Fürsten  als  Vermittler  neben  Schweden  bereit.  Ludwig  XIV.  ver- 
pflichtet sich  ferner  zur  Rückgabe  der  in  Cleve  von  den  Franzosen  genommenen 
Plätze  und  der  in  anderen  Ländern  noch  zu  nehmenden  unmittelbar  nach  Abschluss 
des  P'riedens  Frankreichs  mit  den  Staaten.  Dafür  fordert  er  von  Brandenburg  gutes 
Vernehmen  mit  den  Alliirten  Frankreichs,  Verzicht  auf  die  Allianz  mit  Holland  und 
die  Verpflichtung,  so  lange  der  segenwättige  Krieg  dauere,  kein  Bündnis  zu  schliessen, 
das  FVankreich  verdächtig  sein  könnte. 

Verjus  hat  Vollmacht  über  diesen  Waffenstillstand  bis  Ende  April  und  über  den 
Frieden  Verhandlungen  zu  führen.  Zum  Beweise,  dass  Brandenburg  es  aufrichtig 
meine,  fordert  Ludwig  XIV.  vom  Kurfürsten  das  Versprechen,  „de  ne  point  repasser 
au  dec^a  du  Weser  et  de  remettre  en  signant  la  d'e  Suspension  la  ville  de  Lippstat"  in 
die  Hände  Ludwig  XIV.,  des  Königs  von  Schweden,  oder  auch  Baierns,  oder  Neu- 
burgs,  oder  Hannovers.  Unmittelbar  nach  Abschluss  des  Friedens  erhält  der  Kurfürst 
Lippstadt  zurück;  kommt  der  Friede  aber  nicht  zu  Stande,  so  soll  Lippstadt  dem 
Kölner  Erzbischofe,  oder  dem  Bischöfe  von  Münster  übergeben  werden,  als  Entschä- 
digung für  die  durch  den  Waffenstillstand  entgangenen  Eroberungen.  Vergl.  Orlich 
1.  c.  II.  85 f.;  III.  266 f.;  Grimoard  1.  c.  II.  219 ff. 


668  VI.  Goess  in  I-5erlin,  Anhalt  in   Wien.     ir,72  — l(i75. 

man  ratione  loci  congressus,  auch  einigermassen  des  Universalarmistitii 
und  folgends  der  Universalfrieden.shandlung  eins  worden.  Wie  nun  in 
der  beständigen  Union  zwischen  den  Confoederirten,  tarn  quoad  bellum, 
quam  quoad  pacem,  die  Wohlfahrt  und  Sicherheit  derselben  bestünde; 
also  sähe  ich  nit,  wie  bei  so  bewandten  Sachen  P.  Ch.  D.  auch  re- 
spectu  ihres  eigenen  Interesse  zu  rathen,  dass  sie  sich  in  Particular- 
tractaten  einzulassen.  Ob  er  nit  besorgete,  dass  Frankreich  aberraalen 
dift'iciler  in  tractatu  universali  werden  würde,  da  Hoffnung  ad  tractatus 
particulares  gegeben  werden  solle;  res  undique  esse  in  motu  und  dass 
von  einem  Tag  zum  anderen  fernere  Nachricht  wegen  der  Universal- 
tractateu  erwartet  würde.  Und  weilen  E"".  K.  M.  Resolution  von  dem  von 
Crockow  bei  nächster  Post  einzulangen,  als  stellete  ich  zu  bedenken,  ob 
nit  besser  derselben  zu  erwarten. .  . .  Ich  sehe  die  Sach  dahin  dis- 
ponirt,  dass  man  eine  Vorantwort  geben  und  tractando  Zeit  zu  gewinnen 
suchen  werde. .  .  . 

Wangelin,    der  mit  Goess  spricht,  erklärt,   der  König  von  Frankreich  habe 
jetzt  Neigung  zu  einem  allgemeinen  Frieden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  17.  April  1673.  (Or.) 

[Unterredung    des    Goess    mit    Schwerin    bezüglich    des    Particularvertrages    zwischen 
Brandenburg    und    Frankreich.     Urtheil  des  Goess   in  dieser   Sache.     Sächsisch-bran- 
denburgische Beziehungen.     Reichsmediation.     Staatisch-englische  Beziehungen.     Kur- 
köln und  Münster.] 

17.  April.  Auf  die  Nachricht,    dass  Frankreich   mit   Brandenburg  Verhandlungen  ein- 

zugehen wünsche,  begibt  sich  Goess  zu  Schwerin.  Schwerin  findet  zwar  selbst, 
dass  an  Particulartractaten  nit  zu  gedenken,  wann  man  ad  universales, 
quod  omnino  sperat,  zu  gelangen:  ich  vermerke  dannoch,  dass  er  immer 
biaisire  und  in  quemcunque  casum  die  particulares  nit  gern  gar  aus 
Händen  lassen  wolle,  zumalen  er  besorgt,  dass  die  jener  Seiten  der  Weser 
gelegene  Plätze  sonsten  Noth  leiden  möchten.  Bei  mir  hat  er  zwar  auf 
mein  Anfragen  angeworfen,  dass  man  nit  gedachte  auf  des  Verjus  Schrei- 
ben etwas  zu  antworten,  doch  durch  jemand  vernehmen  zu  lassen,  was 
seine  propositiones  dann  sein  möchten.  Ich  habe  aber  seither  vernom- 
men, dass  der  mindische  Regierungsrath  Ledebour  hierzu  destinirt;  der 
solle  sich  entweder  nach  Neuhaus  zu  dem  Bischofen  von  Paderborn ') 
oder    nach    Osnabrück    zu    selbigen    Bischöfen')   zu    dem  Ende   begeben. 


^)     Ferdinand  v.  Fürstenberg. 
2)     Ernst  August. 


Particulartractat  zwischen  Brandenburg  und  Frankreich.  669 

Es  wäre  proponirt,  ob  er  nit  gar  zu  dem  de  Turenne  zu  gehen,  doch 
verworfen  worden.  Gern  hätte  man  gesehen,  dass  der  Verjus  wäre  hie- 
her  kommen,  es  solle  aber  der  Bischof  von  Osnabrück  alle  Hoffnung 
hierzu  benommen  haben.  Ich  bin  immer  mehr  der  Meinung,  :  dass 
man  die  Particulartractaten  änderst  nicht,  als  in  casum  necessitatis  ex- 
tremae  ergreifen  werde,  dass  man  darmit  sucht  Zeit  zu  gewinnen  und 
die  ihrer  Meinung  nach  periclitirende  Platz  zu  salvireu,  obzwar  auch 
die  hier  verbliebene  ministri  schlimmere  Opinionen  darvor  gehabt. :  | 
Dem  Baron  von  Schwerin  habe  ich  vorgestellt,  wie  nothwendig  es  seie 
E.  K.  M.  und  die  übrige  Confoederirte,  wie  auch  die  mit  welchen  noch 
gehandelt  w^erd,  als  Dänemark,  Lüneburg,  Chur-Trier,  Chur-Sachsen  etc. 
auf  Weis  und  Mass,  wie  es  am  besten  sein  kann  und  ich  auch  vorge- 
schlagen, zu  sinceriren  und  zur  Perfectionirung  der  obhandenen  Tractaten 
mit  Nachdruck  zu  cooperiren:  chi  ha  tempo,  ha  vita.  Ich  verhoffe  zu 
Gott,  es  werde  sich  dieses  Werk  noch  wohl  redressiren  und  alles  in 
solchem  Stand  bringen  lassen,  dass  wir  entweder  einen  reputirlichen, 
sicheren  Frieden  machen,  oder  den  Krieg  mit  besserem  Success  ausführen 
werden  können;  allein  heisst  es  su  manos  a  la  obra  und  gehört  mehr 
als  eine  gemeine  Application  darzu.  Ich  vernimm,  dass  der  Hauptmann 
Pflueg  bei  P.  Ch.  D.  von  wegen  Chur-Sachsen  daraussen  zu  Potsdam  seie 
und  dieselbe  zu  der  Unterredung  bei  der  vorstehender  Leipziger  Mess 
invitire;  wann's  geschieht,  werde  ich  mich  auch  dahin  begeben  und  Ge- 
legenheit suchen  Chur-Sachsen  zu  Miteintretung  in  das  foedus  bruns- 
vicense  und  andere  desiderirende  resolutiones  disponiren  zu  helfen.  .  .  . 
Auf  der  Fürsten  im  Reich  Mediation  sehe  ich,  dass  man  dahie  wenig 
baue;  der  von  Schwerin  meldete,  dass  man  zu  Colin  möchte  ganz  fertig 
werden'),  ehe  man  zu  Regensburg  einmal  recht  anfange.  Er  vermeint 
sicher  zu  wissen,  dass  jemand  zu  Paris,  obzwar  ohne  Autorisation  des 
Prinzen  von  Oranien  oder  der.  Staaten  General,   für  Holland  tractire;  der 

Graf  von  Waldeck  hätte  es  ihme  auch  nit  allerdings  abläugnen  können 

Die  Staaten  General  sollen  an  den  König  von  England  gar  in  civilibus 
terminis  wiederum  geschrieben,  auch  gedankt,  dass  I.  M.  die  Stadt 
Colin  pro  loco  congressus  beliebt  und  im  übrigen  das  Armistitium  zur 
See  nochmalen  offerirt  haben.  Der  von  Schwerin  haltet  darfür,  dass  es 
dem  Bischof  zu  Strassburg    nit  so  sehr  um  das  Regiment,   als  um  des 


')     Die  nach  Köln  berufene  Versammlung  zur  Ordnung  der  Angelegenheiten   be- 
gann im  Juni  ihre  Berathungen. 


670  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     ]ß72  — lfi75. 

Marques  de  Grana  Person  in  der  iStadt  Colin  zu  thun  ').  Ich  habe  ihn 
informirt  und  er  wusste  es  vorhin,  wie  so  inständig  der  Marques  schon 
längsten  bei  E^  K.  M.  angehalten,  damit  er  von  dieser  Function  erlöst 
werden  und  deroselben  im  Feld,  wohin  sein  ganz  Herz  und  Muth  gehe, 
dienen  möge.  Der  Bischof  zu  Strassburg^)  hatte  sich  occasione,  dass 
ihme  der  von  Schwerin  unlängsten  auf  ein  seiner  Schreiben  geantwort, 
gerühmet,  dass  Churbrandenburg  nun  um  den  Frieden  bitte;  der  von 
Schwerin  hat  es  durch  Schreiben  geahndet,  der  Herr  Bischof  hätte  an 
ihn  mehr  als  20  Schreiben  gethan,  ob  er  dann  auch  hierdurch  um  den 
Frieden  gebeten.  Episcopus  negavit  factum,  non  negavit,  dass  er  des 
von  Schwerin  Schreiben  an  andere  communicirt.  Es  fragte  mich  der 
von  Schwerin,  ob's  nit  rathsam  wäre,  dass  E.  K.  M.  durch  ein  ernst- 
liches Schreiben  Chur-Cölln  und  den  Bischof  zu  Münster  bei  gegenwär- 
tigen Conjuncturen  von  ihrem  Vornehmen  dehortirten ^).  Ich  wäre  der 
Meinung,  dass  sie  sich  der  Ehr  und  Gnad  misbrauchen  möchten  und 
dass  andere  Mittel  hierzu  gehören  diese  Herren  zur  Raison  und  zu  ihrem 
Devoir  zu  bringen.  . .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  April  1673.   (Or.) 

[Mittheilungren  des  Kurfürsten  von  Trier.  Urtheil  des  Goess  in  dieser  Frage.  Seine 
Antwort  an  Trier.     Verhandlungen  in  dieser  Angelegenheit  mit  den  Brandenburgern.] 

21.  April.  Bezüglich    Triers    habe    ich    vom    D''.    Sohler    vom    10.  dieses    ein 

Schreiben  erhalten.  I.  Ch.  G.  begehren  von  mir  zu  wissen,  quo  loco 
sint  res  nostrae,  beklagen  sich,  dass  sie  allerseits  in  Ungewissheit  ge- 
lassen werden.  Ihr  Agent  Heis  wäre  mit  Briefen  vom  Pomponne 
dahin  ankommen,  der  M'^  de  Dangeau  würde  täglich  erwart ^),  habe 
Befelch  von  seinem  König  von  I.  Ch.  Gn.  positive  und  cathegorische  Re- 
solution zu  begehren,  ob  sie  E'".  K.  M.,  Churbrandenburg  und  ihren 
AUiirten  den  Pass  über  Rhein  gestatten  oder  verwehren  wollten;  letz- 
terenfalls  wollte  der  König  dero  Erzstift  und  Landen  wie  sein  eigene 
verschonen,  contra  quoscunque  mit  allen  Kräften  vertreten  und  zu  besserer 
Besatzung  ihrer  Festungen  3000  Rthlr.  monatlich  Subsidien  richtig  zahlen 


1)     Vergl.  Eunen  1.  c.  I.  302  f. 

^)     Franz  Egon  von  Fürstenberg. 

^)  üeber  das  Vorgehen  dieser  beiden  Fürsten  Depping  I.e.  lG3f. ;  Droysen  1.  c. 
III3  433 f. 

*)  üeber  Dangeau's  Mission  Basn.  I.e.  II.  108;  Guhr.  I.e.  II.  3ff. ;  Mein,  de 
Pomponne  I.  223. 


Kurköln  und  Münster.     Trier.     Waffen.stillstandsfrao-e.  671 

lassen.  I"".  Ch.  Gn.  fielen  diese  Ding  bei  diesem  dero  Zustand  sehr  be- 
schwerlich. Was  kann  auch  unziemlichers  erdacht  werden,  als  dieses 
Begjeliren  ist?  Ich  habe  mit  meinen  Äugren  an  P.  Ch.  Gn.  »Seiten  zusehen 
müssen  —  und  geschieht  noch  täglich  — ,  dass  des  Königs  in  Frankreich 
Völker  zu  Wasser  und  zu  L,and  der  freie  Pass  allda  verstattet  werde; 
und  der  König  dörfte  proponiren,  dass  ein  Chnrfürst  seinem  Kaiser  den 
Pass  verwehren  solle?  Wo  kommt  es  im  Reich  doch  hin?  Die  Ver- 
bescheidung  würde  sein,  dass  I.  Ch.  Gn.  in  vorigen  termiuis  und  bei 
dero  IXeutralität  verbleiben,  von  den  Tractaten  zu  Colin  den  gewünschten 
Success  verhoflfen.  j:  Verlangen  aber  sehr  von  mir  zu  wissen,  W'orauf  sie 
sich  von  E^  M.,  Spanien,  Brandenburg  und  Holland  zu  verlassen.  Ich 
habe  geantwort,  v^'as  zur  Sachen  dienlich;  bei  E^  K.  M.  und  Holland 
seie  alles  richtig;  Churbrandenburg  habe  zwar  dieser  Tagen  etwas  va- 
cillirt;  S.  D.  seien  aber  daran  und  verhoffen  alles  zu  redressiren  und 
alsdann  werde  es  auch  dahie  seine  Richtigkeit  haben.  Bis  dahin  rathete 
ich,  dass  I.  Ch.  Gn.  sich  in  den  bisherigen  terminis  zu  halten  :|.  Bei 
Churbrandenburg  habe  ich  die  Nothdurft  vorgestellt  und  begehrt,  sie 
möchten  wenigsten  mir  befehlen  |:  Chur-Trier  zu  versichern,  dass  es  bei 
dem,  was  getractirt,  auch  ihres  Orts  verbleibe  :|.  Haesitat  Elector,  er 
wolle  die  Tractaten  lassen  aufsuchen,  es  wären  einige  Ding  darin,  so 
auch  der  Graf  Montecuccoli  nit  approbirt;  supponirte,  dass  er  auch  |:vor 
der  vergangenen  Monaten  die  Subsidien  herzugeben,  wäre  besser  animirt, 
als  ich  erindert,  dass  dieselbe  erst  a  tempore  ratificationis  anzufangen  :  j. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  April  1673.  (Or.) 

[Waffenstillstandsfrage;     Brandenburg-holländische  Beziehungen.     Zusammenkunft  der 
Kurfürsten  von  Sachsen  und  Brandenburg.] 

.  .  .  Wegen  der  Tractaten  und  des  General-  oder  Particulararmistitii  21.  April 
kann  ich  E.  K.  M.  bishero  nichts  gewisses  berichten;  das  Universal- 
armistitium  wäre  das  beste  Mittel,  wie  ich's  allzeit  darfür  gehalten,  das 
particular  zu  verhinderen.  Kraraprich  berichtet  mich  unterm  8.  dieses, 
dass  die  Staaten  General  nun  darin  consentiren.  Bei  Frankreich  ward  die 
Hoffnung  mit  diesem  Churfürsten  zu  Particulartractaten  zu  kommen  be- 
sorglich aufhalten,  welches  ich  dahie  unterschiedlich  vorgestellt.  Es  ist 
zwar  zu  vermuthen,  dass  bei  continuirenden  Troublen  in  England  und 
der  von  den  schwedischen  ministris  hierzu  anwendenden  officiis,  wie  auch 
wegen  seiner  eigenen  Angelegenheit,  der  König  es  schwerlich  werd  aus- 


672  VI.    Goess  in  Berlia,    Anhalt  in  Wien.     iri72  — IGT."). 

schlagen,  dahero  ich  meines  Theils  dahin  propendire,  dass  E.  K.  M.  in 
diesem  dubio  dero  Anstalt  mehr  nach  der  affirmativ  als  nach  das  Wider- 
spiel zu  richten.  .  .  .  Man  gibt  S^  Ch.  D.  zwar  de  praesenti  ein  Monat  Sub- 
sidien  und  vertröstet  man  auch  wegen  des  übrigen  Ausstands;  es  ist  aber 
das  Mistrauen  beiderseits  ziemlich  gross.  .  .  .  Der  Kurfürst  von  Branden- 
denburg hat  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  mittheilen  lassen,  dass  er,  falls  nichts 
besonderes  dazwischen  komme,  nach  Leipzig  zu  reisen  entschlossen  sei. 


Conferenzprotocoll    vom    24.  April   1673    über    die   Verhand- 
lungen mit  Crockow.    (Couc.) 

[Erklärungen  des  Hofkanzlers.     Waffenstillstands-  und  Friedensfrage.     Rüstungen  des 

Kaisers    und    der    übrigen    Herrscher.     Haltung   der   einzelnen  Fürsten.     Erklärungen 

Crockows.     Antwort  des  Hofkanzlers.] 

24.  April.  Der  Hof  kanzler  betont  nochmals  die  Neigung  des  Kaisers  für  einen  Univer- 

salfrieden und  dass  derselbe  sich  alle  Mühe  geben  wolle  Spanien  und  Holland 
für  einen  solchen  zu  gewinnen  und  wie  schädHch  andererseits  eine  Particular- 
einigung  Brandenburgs  mit  Frankreich  nicht  nur  der  allgemeinen  Sache,  son- 
dern im  Laufe  der  Zeit  auch  Brandenburg  selbst  werden  würde.  Man  möge 
daher  —  so  laute  die  Ansicht  des  Kaisers  —  vorerst  einen  allgemeinen  Waffen- 
stillstand anstreben ,  dann  aber  auch  an  Verstärkung  der  Heeresmacht  denken. 
Der  Kaiser  verpflege  jetzt  60000  Mann,  exclusive  einiger  1000  Mann,  die  in 
den  vorderösterreichischen  Landen  stehen  und  werde  mit  viel  bedeutenderer 
Macht  als  voriges  Jahr  zu  Brandenburg  stossen,  auch  nicht  mit  12000  sondern 
mit  20 — 30000  Mann  in's  Feld  ziehen.  Die  Subsidien  werde  Holland  wahr- 
scheinlich zahlen  und  wenn  nicht,  dann  sei  man  nicht  verpflichtet  das  Bündnis 
Holland  gegenüber  zu  beobachten.  Der  Kaiser  höre,  dass  Holland  25 — 30000, 
Spanien  15000  Mann  in's  Feld  stellen  wolle,  dazu  die  30000  des  Kaisers  und 
20000  des  Kurfürsten  gerechnet,  gebe  eine  starke  Armee.  Die  Hoffnung  auf 
Einigung  Dänemarks  und  Braunschweigs  mit  Holland  sei  gross;  von  Schweden 
nichts  zu  befürchten.  Der  Kaiser  ist  für  eine  Diversion  im  nächsten  Feldzuge; 
sobald  Spanien  und  Holland  ihre  diesbezüglichen  Ansichten  geäussert  haben, 
wird  der  Kaiser  dem  Kurfürsten  Mittheilung  zukommen  lassen.  Schliesslich 
erwähnt  der  Hofkanzler  die  guten  Versicherungen  des  Kurfürsten  in  seinem 
Schreiben  vom  10.  April  ^)  und  räth  nochmals  zu  gemeinsamem  Vorgehen. 

Crockow  erklärt,  der  Kurfürst  würdige  die  Vortheile  eines  allgemeinen 
Friedens  und  sei  bereit  für  denselben  zu  wirken,  habe  im  Sinne  eines  allge- 
meinen Waffenstillstandes  mit  dem  schwedischen  Minister  gesprochen.  Die  vom 
Hofkanzler  aufgezählten  Streitkräfte  wären  mehr  als  genügend,  allein  es  sei 
keine  Hoffnung,  dass  Holland  dieses  Jahr  mehr  leiste,  als  im  vergangenen;  die 


1)     Vergl.  p.  G6a  f. 


Verhandlungen  mit  Crockow.     Brandenburg-französischer  Vertrag.  673 

Einigung  Dänemarks  mit  Holland  in  weiter  Ferne,  vom  Reiche  wirkliche  Unter- 
stützung nicht  zu"  hoffen.  Daher  müsste  man  an  andere  Mittel  denken,  damit 
Brandenburg  nicht  genöthigt  werde  quocunque  modo  sich  mit  Frankreich  zu 
vergleichen.  Sollten  solche  Mittel  aber  nicht  gefunden  werden,  dann  dürfe  man 
es  seinem  Herrn  nicht  verargen,  wenn  er  sich  und  seine  Länder  durch  einen 
Particularvertrag  vor  der  drohenden  Gefahr  sichere. 

Der  Hof  kanzler  meldet  schliesslich,  man  wolle  das  beste  hoffen  und  beim 
Universalfrieden  bleiben;  sollten  die  Generalstaaten  die  Subsidien  nicht  zahlen 
und  auch  sonst  der  Kaiser  und  Brandenburg  von  allen  verlassen  werden,  dann 
wollten  sie  beide  zusammenstehen  und  ihr  Interesse  möglichst  wahren '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  April  1673.  (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  Schwerin  bezüglich  der  Particulartractate  Brandenburgs 

mit  Frankreich.     Aeusserungen    des    Schwerin    über    die  Haltung    der    verschiedenen 

Mächte.     Erwiderung    des    Goess.     Debatte    über    die    Haltung   des  Kaisers.     Vertrag 

von  1671.     Sachsen-brandenburgische  Zusammenkunft.] 

Ledebour  geht  zum  Bischöfe  von  Paderborn "-).  Goess  sucht  dem  Schwerin  24.  April, 
neuerdings  die  Bedenken  gegen  einen  Particulartractat  klar  zu  machen.  IUe 
noD  negat,  dass  die.se  Inconvenientien  da  sein,  es  wären  aber  noch 
grössere,  wann  sie  diese  Tractaten  gar  ausschlagen  würden;  sie  möchten 
wie  der  Herzog  von  Lothringen  um  Land  und  Leut  gebracht  werden; 
2°.  gebe  ihre  Intention  bei  diesen  Tractaten  auch  nicht  so  weit;  ,:  sie 
sucheten  allein  etwas  Zeit  zu  gewinnen  und  interim  ihre  arme  Leut 
zu  salviren;  3".  die  conditiones,  so  sie  bei  diesem  armistitio  forderen, 
wären  also  gethan,  dass  der  König  in  Frankreich  dieselbe  nie  eingehen 
werde :  sie  begehrten  intuitu  armistitii  Restitution  ihrer  Plätze  Soest, 
Hamm,  Lünen  etc.;  4°.  hätten  die  Holländer  das  Armistitium  universale 
zu  rechter  Zeit  angenommen,  hätte  mau  dieser  Seiten  nun  nit  Xoth 
zu  sothane  Tractaten  zu  schreiten;  gestünde,  dass  der  Beaumont") 
amplam  instructionem  nach  Dänemark  mitgebracht;  ihr  Resident  Brandt 
berichtete  aber,  dass  Dänemark  die  grösste  Reflexion  auf  England,  allwo 
nun  das  Parlament  mit  gutem  Vernehmen  mit  dem  König  geschieden*), 
machete.  Crockow  wäre  befelcht  E^  K.  M.  gnädigste  Intention  bei  diesen 
zu  Paderborn  vorhabenden  Tractaten  und  was  sie  ihrerseits  darbei  desi- 


1)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  85;  üroysen  1.  c.  III.3  438 f. 
-)     Ferdinand  v.  Fürstenberg. 

'•'')     Simon  van  ßeaumont,  staatischer  Gesandter,   der  das  Bündnis  mit  Dänemark 
abschliessen  sollte;  ürk.  u.  Act.  III.  382. 

*)     Vergl.  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  123  f. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV.  43 


574  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

derirtcn,  zu  vernehmen.  Dieses  ihr  Armistitium,  wann's  auch  gemacht 
würde,  könnte  endlichen  so  viel  nit  schaden,  dann  sie  wären  ohne 
das  nit  in  statu  diesmalen  viel  bei  der  Sach  zu  thun;  interim  hätte 
Churcölln  diesseits  der  Weser  —  von  jener  Seiten  wüssten  sie  noch 
nichts  gewisses  —  keine  Hostilität  wider  S.  Ch.  D.  vorzunehmen 
befohlen  ^).  Goes  betont  in  seiner  Erwiderung  nochmals  die  Nothwendig- 
keit  eines  gemeinsamen  Vorgehens  und  den  Vorzug,  den  ein  Universalfriede 
vor  jedem  Particularfrieden  habe.  Ille:  Der  von  Crockow  wäre  darum 
nach  Wien  geschicket,  zu  vernehmen,  was  E.  K.  M.  vor  Mittel  vorschlagen 
würden,  wodurch  I.  Ch.  D.  den  Krieg  continuiren  könnten.  Wie  ich 
dann  zum  öftern  vermerkt,  dass  sub  obscure  man  auf  einige  subsidia 
von  E.  K.  M.  deute.  Goess  erwidert,  der  Kaiser  habe  stets  mehr  gethan,  als 
man  habe  erwarten  und  hoffen  können  und  sei  auch  bereit  das  Werk  vigorose 
fortzusetzen.  Die:  Es  wäre  E''.  K.  M.  nun  meistens  um  Spanien  zu  thun, 
der  König  in  Frankreich  würde  nit  warten  bis  Spanien  breche,  son- 
dern er  der  erste  brechen,  quasi  insinuaret,  dass  wir  dahero  nun  sonder- 
lich hierbei  interessirt  und  uns  um  Assistenz  zu  bewerben.  Ego:  Diese 
Ruptur  wäre  eben  was  man  dieser  Seiten  so  hoch  verlangt  und  immer- 
fort darauf  gedrungen,  habere  jam,  quod  optassent,  umsomehr  hätten  sie 
wohlgemuth  zu  sein  und  bei  der  Party  beständig  zu  verharren.  Ille: 
Man  vernähme  von  einigem  Tractat,  den  E.  K.  M.  mit  dem  König  in 
Frankreich  gemacht;  der  Hofkanzler  Hocher  hätte  zu  dem  Crockow  ge- 
sagt, dass  ich  hiervon  Information  erstatten  würde;  gäbe  zu  verstehen, 
dass  dieses  uns  abgehalten  und  noch  ferner  abhalten  würde  etwas  in 
favorem  Holland  wider  Frankreich  vorzunehmen;  item,  dass  ein  solches 
in  favorem  religionis  catholicae  gemeint;  E.  K.  M.  würden  nit  können 
noch  wollen  einigermassen  darzu  cooperiren,  dass  die  katholische,  was 
ihnen  der  König  in  Frankreich  durch  diese  seine  Conquesten  erworben, 
widerum  verlieren  sollten.  .  .  . 

Goess  erwidert,  er  habe  Befehl  erhalten,  von  diesem  Österreich-französischen 
Vertrage  Mttheilung  zu  machen,  den  Vertrag  aber  wegen  Unsicherheit  des  Weges 
in  Köln  liegen  lassen ;  er  werde  ihn  nach  Berlin  schicken  lassen.  Derselbe  sei 
1671  geschlossen  worden  und  so  eingerichtet,  dass  er  den  Bündnissen  des 
Kaisers  mit  Holland  und  Brandenburg  nicht  im  Wege  stehe"-). 

Der  Kurfürst  wird  nicht  nach  Leipzig  gehen;  wohl  aber  will  er  an  einem 
anderen  nicht  so  entfernten  Orte  mit  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  zusammentreffen. 


^)    Vergl.  Depping  1.  c.  165  f. 

^)    Gemeint  ist  das  Bündnis  vom  l./ll.  Nov.  1671. 


Haltung  desKaisers.  Yerhandlungeu  des  Goess  bezügl.  des  brand. -franz.  Vertrages.     675 

Der  Kaiser    an   den  Kurfürsten.     Dat.  Laxenburg   30.  April 

1673.  (Conc.) 

Der  Kaiser  versicliert  den  Kurfürsten,  dass  er  alle  Mittel  aufbieten  werde,  30.  April, 
um  diesen  Universalfrieden  zu  erwirken   oder  aufs   beste  gerüstet   den  Kampf 
wieder  aufzunehmen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  1.  Mai  1673. 

(Ol-.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  Friedensfrage;  Aufnahme  Spaniens 
in  das  österreieh-brandenburgische  Bündnis,  ürtheil  des  Goess  in  dieser  Frage. 
Des  Verjus  Reise  nach  Berlin.  Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  bezüglich 
der  Friedensfrage.  Schwedens  Haltung.  Friedensbedingungen.  Urtheil  des  Goess 
über  Brandenburgs  Haltung  in  dieser  Sache.  Marsch  der  kaiserlichen  Armee. 
Sächsisch-brandenburgische  Zusammenkunft.     Communication  des  Vertrages  von  1671.] 

Schwerin  bleibt  bei  seiner  Behauptung,  dass  der  Kurfürst  entweder  durch  1.  Mai. 
Universal-  oder  durch  Particularvertrag  sich  aus  der  gefährlichen  Lage  befreien 
müsse,  in  die  er  gerathen  ist;  Goess  dagegen  behauptet,  dass  man  sich  viel- 
mehr in  gute  Postur  setzen  und  in  erster  Linie  über  die  Aufnahme  Spaniens 
in  das  österreichisch-brandenburgische  Bündnis  verhandeln  solle.  . . .  Bezüglich 
des  letzteren  Punktes  will  man  widerum  nit  an,  sich  nit  abermaleu  in 
einem  Krieg,  den  sie  fast  pro  certo  halten,  zu  engagireu.  Ich  habe 
I.  Ch.  D.  in  hac  fluctione,  in  der  sie  sein,  an  die  Hand  gegeben,  sie 
möchten  gleichwohl  diese  und  andere  Tractaten  eventualiter  vornehmen, 
nam  quae  prudentia  esset,  dass  sie  allgemach  in  solchen  statum  ge- 
rathen, dass  sie  ab  arbitrio  Gallorum  zu  dependiren,  sich  leges  vor- 
schreiben zu  lassen  und  den  Krieg,  wann  sie  auch  darzu  necessitirt 
würden,  nit  fortsetzen  könnten.  Wie  nun  es  hoch  importirt,  dass 
diese  Accessionstractaten  für  sich  gehen  und  geschlossen  werden,  also 
muss  gleichwohl  auch  eine  Moderation  und  Circumspection  darbei  sein, 
damit  man  durch  den  all  j:  zu  starken  Antrieb  nicht  Anlass  gebe  die 
praetensiones  subsidiorum  all  zu  hoch  zu  spannen.  Der  Conde  de  Monterey 
hat  an  den  Blaspeil  geschrieben  und  diese  Tractaten  stark  urgirt,  welches 
all  Wasser  auf  ihre  Mühl  ist.  Zwar  muss  ich  bekennen,  dass  dieses 
foedus  und  die  accessio  von  solcher  Importanz,  dass  man  auf  ein  merk- 
liches nicht  anzusehen,  darzu  zu  gelangen  : !.  Es  ist  aber  in  diesem  wie 
in  mehr  ander  Ding  da  nichts  zu  thun,  bis  der  Churfürst  nit  raffermirt 
und  die  Resolution  genommen,  die  Sach  mit  den  Waffen  auszuführen. 
Dieses  verspüre  ich  ebenfalls  in  |:  den  Tractaten  mit  Trier,  in  Dänemark 

43* 


676  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt,  in  Wien.     1672  —  1675. 

und  Lüneburcf  und  in  allen  Uebrigen  :|.  Verjus  kommt  nicht  nach  Berlin'). 
Ich  habe  P.  Ch.  D.  in  einer  vertreulichen  Audienz  .  .  .  vorgehalten, 
dass  ihro  und  unser  aller  Wohlfahrt  in  der  festen  Zusammenhaltung 
tarn  quoad  pacem,  quam  quoad  bellum,  bestünde  und  dass  das  beste, 
ja  das  einzige  Mittel  zu  einem  guten  Frieden  zu  gelangen,  wäre,  dass 
man  sicli  allerseits  rechtschaffen  zum  Krieg  gefasst  mache,  wie  es  dann 
E.  K.  M.  mit  allem  Ernst  thäten.  Das  Universalarmistitium  wäre  gut, 
würde  auch  von  allen  Confoederirten  beliebt,  nichts  könnte  dasselbe  mehr 
hinderen,  als  wann  den  Franzosen  einige  Hoffnung  ad  particulares  tractatus 
gegeben  würde.  (Hierzu  gestehen  sie  sich  so  gar  nit,  dass  sie  gegen  dem 
Fürsten  von  Anhalt  gesagt,  ein  Schelmen  sagte  ihro  nach,  dass  sie 
Particulartractaten  mit  Frankreich  haben).  ...  I.  Ch.  D.  antworteten, 
dass  sie  wohl  erkenneten,  dass  der  Fried  durch  die  Waffen  müsste  er- 
hebt werden;  sie  wären  an  dem,  dass  sie  mit  den  nun  eingehenden 
Geldern  ihre  Armee  wollten  recrutiren  lassen,  klagten,  dass  ihro  viel 
Soldaten  an  Krankheiten  und  ziemlich  geschwind  wegstürben,  also  dass 
sie  etwas  contagieux  besorge ten. 

Ich  gäbe  P.  Ch.  D.  auch  an  die  Hand,  ob  sie  nit  wollten  auf  ein 
paar  Tagen  in  der  Stadt  hereinkommen,  die  hauptsächliche  resolutiones 
in  diesem  importirenden  Werk  zu  deliberiren  und  zu  nehmen.  Die  Zeit 
wäre  da,  die  Franzosen  marschirten  an;  es  wäre  zu  besorgen,  dass,  wann 
sie  mit  aller  Macht  wider  Holland  losgiengen,  ein  solcher  Riss  in  dem 
ganzen  Werk  geschähe,  der  nacher  nit  zu  repariren.  Sie  haben  mich 
vertröst,  dass  sie  herein  kommen  wollen.  Mein  Absehen  geht  dahin, 
damit  das  Werk  im  vollen  Rath  vorgenommen  und  alle  momenta  tantae 
rei  überlegt  werden,  daraus  ich  dann  nichts  als  gutes  verhoffe. 

Goess  sieht  keine  Anzeichen,  welche  die  Behauptung  Schwerins,  Schwedens 
Betragen  erkläre  sich  durch  einen  geplanten  Angriff  auf  Bremen,  bestätigen 
würden. 

Super  conditionibus  pacis  haben  I.  Ch.  D.  noch  vor  wenig  Tagen  den 
schwedischen  Abgesandten  Wangelin  sehr  sondirt;  er  solle  sich  angelassen 
haben,  als  wann  er's  wüsste,  aber  nit  sagen  dörfte;  ich  vermeine  aber,  dass 
er's  so  w^enig  als  ich  wisse;  dass  maus  dahie  so  avantageux  für  sich  ver- 
lange, als  sie  immer  werden  sein  können,  das  vermeine  ich  wohl  zu  wissen; 
vergunne  P.  Ch.  D.  auch  von  Herzen  alle  diejenige,  so  bei  einem  Universal- 
tractat  werden  zu  erhalten  sein;  wie  fest  man  aber  halten  werd  auf  die- 


')     Er  war  nach  Kassel  gegangen,    die  Vertreter  Brandenburgs   sollten   mit  ihm 
zu  Lippstadt  berathen;  Grimoard  1.  c.  II.  253. 


Verjus  in  Berlin.     Friedensfrage.     Brandenburgs  Haltung.     Stratman.  677 

jenige,  so  die  ganze  Party  und  dessen  Confoederirte  betreffen,  das  hat  man 
zu  erwarten.  Wohl  verspüre  ich,  dass  man  die  Rechnung  gemacht,  dass 
Holland  werd  müssen  Haar  lassen;  dass  sonderlich  Frankreich  gut  Stück 
ihrer  Conquesten,  oder  doch  das  Equivalent  werd  wollen  behalten;  dass 
auch  Spanien  möchte  zugemutet  werden  ihre  Festungen  auf  die  fran- 
zösischen Grenzen  an  Frankreich  zu  cediren  und  andere  als  Herzogen- 
busch, Mastricht  etc.  darfür  anzunehmen;  wie  aber  Spanien  darbei  fahren 
oder  der  Fried  dardurch  im  posterum  befestigt  würde,  das  werden  die 
leicht  judiciren,  welchen  die  Situation  der  Länder  bekannt.  Dass  man 
gewisse  conditiones  pacis  auszuwerfen,  darauf  man  allerseits  zu  bestehen, 
das  besorge  ich,  dass  hie  a  nostro  magno  desiderio  pacis  nit  werde  zu 
erhalten  sein.  Dass  E^  K.  M.  Armee  sich  in  dero  Königreich  Böhaimb 
zu  begeben,  fällt  für  diesmalen  sehr  importun;  das  Armistitium  ist  noch 
nit  so  richtig,  als  E.  K.  M.  supponiren  und  möchte  zu  Erhaltung  dessen 
all  nit  wenig  contribuirt  haben,  wann  dero  Armee  bis  dahin  in  Franken 
stehen  verblieben.  Goess  wird  auch  die  kaiserliche  Marschroute  noch  nicht 
communiciren,  obgleich  er  merkt,  dass  der  Fürst  von  Anhalt  schon  einige 
Nachricht  hieven  hat. 

Die  beabsichtigte  Zusammenkunft  zwischen  den  Kurfürsten  von  Branden- 
burg und  Sachsen  zu  Leipzig  ist  abgesagt  worden.  Neben  der  von  Schwerin 
als  Ursache  angegebenen  Krankheit  des  Kurfürsten  dürfte  auch  die  noch  immer 
bestehende  Jalousie  der  beiden  Kurfürsten  dazu  beigetragen  haben. 

Den  Vertrag  des  Kaisers  mit  Frankreich  von  1671  wird  Goess  jetzt  com- 
municiren müssen.  Ich  habe  darmit  bis  dato  ingehalten,  weilen  meines 
Erachtens  bei  gegenwärtigen  Zustand  an  diesem  Hof  die  Communicirung 
nit  als  schädlich  sein  können. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Mai  1673.    (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Stratman.     Urtheil  des  Goess  über  dessen  Mission.     Hal- 
tung Frankreichs  in  der  Waffenstillstand-  und  Friedensfrage.     Schreiben   aus  Kopen- 
hagen   und    vom    Lüneburger.     Cansteins  Meldungen   über   Schütz.     Unterredung  des 
Goess  mit  Pöllnitz.     Nachrichten  aus  Holland.] 

Stratman    ist    hier   angekommen    und    zum  Kurfürsten  nach  Potsdam  ge-  5.  jjai. 
fahren,  um  mit  demselben  zu  berathen');   dem  Goess  hat  er  gesagt,    dass  seine 
commissiones  pacificae    sein.     Ich  insinuirete,   dass,   wann  sie  auf  einen 
raisonablen  Universalfrieden  gericht,  würde  uns  die  Negociation  lieb  und 
angenehme,    sin  secus  und  dass  dieselbe  ad  .particulares  tractatus  ange- 


1)     üeber   Stratmans  Thätigkeit    in    dieser  Zeit  Puf.  1.  c.  XI.  92.  94:    Peter  1.  c. 
150;  Mignet  I.e.  IV.  134;   Grimoard  1.  c.  11.255,  260. 


678  ^^^-    fioess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

sehen,  uns  so  unlieb,  als  dem  gemeinen  Wesen  schädlich  sein.  Aus 
allen  Umständen  besorge  ich  das  letztere.  Aus  Stratmans  Reden,  der  in 
Paris  war,  vernimmt  Goess,  dass  Frankreich  keine  Neigung  zu  einem  Universal- 
frieden zeige,  vielmehr  den  Kampf  gegen  Holland  fortzusetzen  entschlossen  sei; 
mit  Spanien  wolle  Frankreich  nicht  brechen,  sondern  diese  Macht  nur  von  der 
Theilnahme  am  holländischen  Kriege  abhalten;  Turenne's  Armee  befinde  sich^ 
in  bestem  Zustande,  wie  überhaupt  die  Kriegsvorbereitungen  Frankreichs  grosse 
seien ^).  Man  hat  dem  Goess  Schreiben  Brandts  aus  Kopenhagen^)  und  des 
Herzogs  Georg  Wilhelm  von  Braunschweig-Lüneburg^)  übergeben,  aus  denen  die 
zum  Frieden  neigenden  Ansichten  der  beiden  Fürsten  zu  entnehmen  seien ;  me 
Goess  glaubt,  um  zu  beweisen,  wie  wenig  man  auf  diese  beiden  Mächte  rechnen 
könne;  Goess  glaubt  aber  Dänemarks  Stimmung  für  die  Herstellung  des  Frie- 
dens einzutreten  könnte  den  allgemeinen  Friedensverhandlungen  grossen  Vor- 
schub leisten  und  Georg  Wilhelms  Antwort  sei  durch  die  Anfrage  Brandenburgs 
bedingt  gewesen.  Canstein,  der  aus  Hamburg  zurückgekehrt  ist,  berichtet,  dass 
er  Schütz  bei  guten  Sentimenten  und  für  eine  gemeinsame  Abwehr  der  ge- 
meinsamen Gefahr  eingenommen  gefunden. 

Der  von  Pöllnitz  hat  mich  gestern  heimgesucht;  er  käme  von  Pots- 
dam, allwo  er  gute  officia  gethan;  dehortirt  S.  Ch.  D.  a  particularibus 
tractatibus,  sondern  dass  sie  bei  der  Party  fest  zu  halten,  sich  in  guter 
Postur  zu  setzen  und  den  Frieden  durch  die  Waffen  zu  erheben;  haeret 
ipse,  ob  nit  etwas  mehr  in  Geheim  geschehen,  als  man  bekenne*);  doch 
hätte  ihn  der  Fürst  von  Anhalt  noch  vorgestern  versichert,  dass  I.  Ch.  D. 
nihil  fixi  resolvirt,  quod  uterque  vel  pessimum  iudicavimus  respectu  der 
Zeit,  welche  so  köstlich  und  der  Gefahr,  ne  interim  graviter  vulneretur 
causa.  Er  hat  mit  dem  Baron  von  Schwerin  neue  Händel,  hinc  acrior, 
sonderlich  weilen  ihme  die  in  favorem  der  Holländer  genommene  Resolution 
guten  Theils  imputirt  werd.  Kramprich  meldet,  man  halte  in  Holland  da- 
für, dass  die  Tractate  zwischen  Frankreich  und  Brandenburg  bereits  geschlossen 
und  Stratman  nach  Berlin  gesendet  worden  sei,  um  den  Rattficationsaustausch 
zu  fördern^). 


1)     Vergl.  Grimoard  1.  c.  H.  252  ff. 

^  Brandt  aus  Kopenhagen  d.  d.  15.  April  1673  Copie.  In  Dänemark  sei  man 
daran  mit  Holland  ein  Bündnis  zur  Herstellung  des  Friedens  zu  schliessen  und  gebe 
Schweden  davon  Kunde. 

^  Georg  Wilhelm  an  Friedrich  Wilhelm  d.  d.  13.  April  1673  Copie.  Die  von 
Brandenburg  begehrte  Hülfe  gegen  Münster  könne  er  nicht  leisten,  weil  solche  Parti- 
cularzusammensetzungen  von  keinem  Stande  bisher  resolvirt  worden  seien. 

*)  Ueber  die  Parteiungen  am  kurfürstlichen  Hofe  vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  88 f.:  Peter 
1.  c.  151f.;  über  Pöllnitz  speciell  Peter  I.  c.  156;  ürk.  u.  Act.  III.  410. 

^)  In  der  That  war  diese  Ansicht  die  richtige;  Brandenburg  hatte  am  10.  April 
zu   St.  Germain    einen    Präliminarvertrag  abgeschlossen  (Mignet  1.  c.  IV.  134),  durch 


Des  Pöllnitz  Erklärungen.     Verhandlungen  des  Goess  mit  den  Brandenburgern.      679 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  8.  Mai  1673.    (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  und  Schwerin  über  die  Nothwendigkeit 
gemeinsamen  Vorgehens.  Erklärungen  des  Kurfürsten  und  Schwerins.  Klagen  über 
den  Prinzen  von  Oranien  und  über  die  Kaiserlichen.  Antwort  des  Goess.  Stratmans 
Mission.  Frankreichs  Anerbietungen  an  Brandenburg.  Verhandlungen  über  diese 
Sache.  Rüstungen  des  Kaisers.  Unterredung  des  Goess  mit  Stratman  über  dessen 
Mission.     Xiedersächsischer  Kreistag.     Hannover.] 

Der  Kurfürst  ist  am  6.  Mai  nach  Berlin  gekommen  und  weilen  heut  um  8.  Mai. 
7  Uhren  Frühe  geheime  Rath  angesagt,  als  bin  ich  vor  dem  Rath  noch 
zu  I.  Ch.  D.  und  habe  in  Gegenwart  des  Baron  von  Schwerin  dasjenige 
vorgestellt,  was  uns  tarn  quoad  pacem,  quam  quoad  bellum,  fest  zu- 
sammenzuhalten und  alle  auf  Separation  anzielende  Vorschlag  und  Ge- 
danken, als  schädlich  und  ruineux,  verw'erfen  zu  machen.  Zu  den  vorigen 
Motiven  habe  ich  hinzugesetzt  ! :  quod  scio  Romswinckel  huc  scripsisse  :  |, 
dass  Schweden  nun  andere  Maximen  nehme,  durch  ihre  Gesandte  ein 
Tractat  mit  den  General  Staaten,  mit  welchem  es  allbereit  weit  kom- 
men, im  Haag  vornehmen  lasse;  dieses  combinire  sich  mit  der  Krön 
Interesse,  mit  der  ibren  Gesandten  zur  Mediation  gegebene  Instruction, 
Holland  nit  all  zu  sehr  deprimiren  zu  lassen.  Man  erwäge  in  Schweden, 
dass  der  völlige  Untergang  Hollands  den  Schweden  nicht  günstig  sein  könnte. 
Unter  solchen  Umständen  wäre  dem  Kurfürsten  um  so  weniger  die  Annahme 
eines  Particularvertrages  anzurathen.  I.  Ch.  D.  haben  dieses  alles  wohl  zu 
Gemüth  genommen,  der  Baron  von  Schwerin  darbei  bekennt,  dass  er 
auch  dergleichen  Gedanken  gehabt;  dann  aber  ist  man  kommen  auf  die 
Necessität,  in  welcher  I.  Ch.  D.  gerathen,  was  sie  allbereit  verloren  und 
dass  das  übrige  in  der  grössten  Gefahr  stünde;  dann  ferner  auf  der 
Holländer  übele  Conduite,  nit  zuhalten  mit  den  subsidiis,  welche  man 
um  ein  jedes  Gerüchte,  so  komme,  zurückhalte,  massen  nun  mit  dem 
andern  der  2  versprochenen  Monat  geschehe;  der  Prinz  von  Oranien, 
w^elcher  sich  an  etliche  wenig  Leut,  als  die  Grafen  von  Waldeck,  Rhein- 
graf') und  Hörn  ^)  henke  und  im  übrigen  alle  disobligire  und  die  Affec- 
tion  verliere,  ist  auch  nit  darbei  vergessen  worden;  wir  auch  nit  aller- 
dings,  zumalen  respectu  Münster,  mit  deme  unsere  Ordre  gewesen  sein 


den  es  sich  verpflichtete,  den  Niederlanden  keine  Hilfe  mehr  zu  leisten  und  seine 
Armee  diesseits  der  Weser  zu  halten,  wogegen  Ludwig  XIV.  dem  Brandenburger 
die  Rückgabe  der  clevischen  Festungen  versprach. 

^)     Karl,  der  Sohn  Friedrichs,  der  Anfangs  1673  gestorben  war. 

-)  Graf  Hörn,  General  der  Artillerie;  über  seine  Thätigkeit  im  Kriege  Basnage 
1.  c.  II.  342,  476  u.  a.  0. 


680  "^'I-    <^oess  in  Berlin,    Anhalt   in   Wien.     1672—1675. 

solle  civiliter  umzugehen.  Ich  habe  hierauf  die  Notdurft  replicirt;  P. 
Ch.  D.  als  einem  nahen  Verwandten  und  Vormunde  käme  zu  den  Prinzen 
von  Oranien  zu  advertiren  und  zu  dirigiren.  Uns  anbelangend,  hätte 
ich  alle  E^  K.  M.  Ordre  in  meine  Händen,  die  wären  also  resolut  ge- 
wesen, dass  wir  uns  keineswegs  darmit  zu  entschuldigen. 

Bezüglich  Stratmans  erklärt  Schwerin,  des  Stratmans  Negotium  hielte 
nichts  änderst  in  sich,  als  was  er  mir  obzwar  nur  obiter  angedeut,  dass 
der  König  in  Frankreich  auf  des  Herzogs  von  Neuburg  officiis  sich  solcher- 
gestalt resolvirt,  dass  er  zwar  geneigt  auch  mit  Holland  und  mit  ihren 
Confoederirten  zu  tractiren,  doch  der  Sachen  viel  ehender  und  leichter 
durch  einen  Tractat  mit  S.  Ch.  D.  und  folgends  mit  E.  K.  M,  und  dero 
übrigen  Confoederirte  im  römischen  Reich  geholfen  werden  könnte,  in 
quem  casum  der  König  sich  erböte,  alsofort  S''.  Ch.  D.  die  abgenommene 
Plätze  zu  restituiren;  |:excepto,  wie  man  von  jemanden  andern  in  Ver- 
trauen vernommen,  dass  er  Wesel  und  Rees  bis  der  Fried  mit  Holland 
geschlossen,  doch  ohne  einzigen  Entgelt  der  Inwohner,  behalten  werde  :  j. 
Ego:  Ich  könnte  leicht  erachten,  dass  es  auf  eine  Separation  angesehen; 
hätte  nie  gezweifelt,  der  König  würde  dergleichen  zu  erhalten  liberal  in 
conditionibus  sein;  es  wären  Anfangs  ihrer  mehr  gewesen,  welche  susti- 
nirt,  dass  man  sich  der  Holländer  nit  anzunehmen;  I.  Ch.  D.  aber  wären 
einer  anderen  Meinung  gewesen,  hätten  erstlich  sich  selbst  und  nacher 
auch  E.  K.  M.  in  diesem  Krieg  engagirt;  wäre  nun  die  Frag,  ob  mau 
solchergestalt,  wie  da  proponirt  werd,  daraus  zu  scheiden,  zumalen  Gott- 
lob noch  Mittel  vorhanden  auf  andere  sichere  und  reputirlichere  Manier 
daraus  zu  kommen.  Hie  Ser™"^:  Man  solle  ihro  die  Mittel  durchweiche 
sie  den  Krieg  ausführen  könnten  zeigen.  Ego:  Darvbn  wäre  in  den 
Conferenzien  vielmalen  gehandelt  worden ;  der  Generallieutenaut  Monte- 
cuccoli  schriebe  mir  nun  bei  vorgestriger  Post,  dass  es  mit  unserer  Miliz 
in  solchem  Stand,  dass  ich  verhoffen  könnte,  obwohl  ich  nur  allzeit 
in  dem  computu  von  20  000  Mann  auf  unsere  Seiten  gesagt,  dass  wir 
ein  mehrers  zu  Feld  würden  bringen  können. 

Der  von  Schwerin  inhaerendo  priori bus  gäbe  zu  verstehen,  dass,  was 
sie  da  thäten,  nit  eben  dahin  angesehen,  dass  sie  sich  separiren  wollten, 
allein  propter  saepedictas  rationes  müssten  sie  etwas  laviren.  Goess  er- 
widert durch  die  Behauptung,  dass  dieses  laviren  dem  Fortgange  der  Allianz- 
verbandlungen und  der  Kriegsoperationen  sehr  hinderlich  sei. 

Den  Stratman  habe  ich  gefragt,  wie  er  zu  dieser  Commission  komme; 
ille:  Sie  wäre  pro  bonopacis;  ego:  Videret,  ne  pro  malo  servitutis,  darin 


Stratmans  Mission.    Frankreich  u.  Bran(leubur<>-.    Vorhandlungen   mit  Crociiow.      681 

sein  Herr  sich  und  das  Reich  setzen  möchte.  [ :  Ob  er  nun  von  dem 
Herzog  seinem  Herrn  ex  proprio  motu  also  nach  Minden  geschickt  und 
zu  diesem  Werk  employirt  worden,  dass  niemand  von  diesem  Hof  aus 
etwas  darbei  suggerirt,  das  lasse  ich  dahin  gestellt  sein  :  |. 

Der  niedersächsiscbe  Kreistag  ist  auf  den  12.  Mai  st.  v.  angesagt,  unmittel- 
bar darauf  soll  die  Berathung  der  Mitglieder  des  Braunschweiger  Bundes  statt- 
finden. 

Der  Kurfürst  von  Brandenburg  meldet  dem  Goess,  dass  der  Herzog  von 
Hannover  sich  entschieden  für  Frankreich  erklärt  habe  und  werben  lasse. 


OonferenzprotocoU  vom    8.  Mai  1673    über  '  die   Unterredung 
mit  Crockow.  (Conc.j 

[Erklärungen  des  Kaisers.  Bereitwilligkeit  zur  Truppensendung.  Forderungen  an 
Brandenburg.  Bemühungen  des  Kaisers  im  Interesse  Brandenburgs.  Rathschlag  des 
Kaisers.  Vorgehen  Frankreichs.  Gravels  Proposition  zu  Regensburg.  Türken- 
Crockows  Erwiderungen.  Haltung  Brandenburgs.  Nothwendige  Massregeln.  Stellung 
des  Kaisers  zu  einem  eventuellen  brandenburg-französischen  Vertrage.  Verhandlungen 
über  den  Österreich-französischen  Vertrag  von  1G71.  Des  Kaisers  Operationen  gegen 
Frankreich.     Des  Lobkowitz  Urtheil  über  die  Lage.     Mittheihingen  aus  Spanien.] 

Der  Hofkanzler  proponirt :  Crockow  werde  sich  erinnern,  dass  er  bei  der  8.  Mai. 
nachgesuchten  Audienz  um  Mittheilung  der  kaiserlichen  EntSchliessungen  er- 
sucht habe.  Der  Kaiser  ist  nun  der  Ansicht,  dass  unter  den  AlHirten  eine  Ent- 
schliessung  über  das  künftige  Vorgehen  nothwendig  sei,  er  hätte  gerne  früher 
darüber  mit  den  übrigen  Verbündeten  sich  berathen;  da  er  aber  die  Richtigkeit 
der  von  Brandenburg  für  eine  schleunige  Entschliessung  geltend  gemachten 
Gründe  anerkennt,  erklärt  er  sich  bereit  30  000  Mann  in's  Feld  zu  stellen 
wenn  er  versichert  werde,  dass  Brandenburg  das  seinige  leiste.  Er  fordere 
daher  eine  zuverlässige  Erklärung  darüber,  ob  der  Kurfürst  nicht  allein  mit  dem 
Kaiser,  sondern  auch  mit  den  Holländern  dem  geschlossenen  Bündnisse  gemäss 
vorgehen  wolle ;  bis  er  darüber  aufgeklärt,  könne  der  Kaiser  keine  Resolution 
fassen.  Der  Kaiser  habe  Lisola  und  Kramprich  wiederholt  befohlen  für  die 
Abführung  der  Subsidien  zu  wirken,  Brandenburg  möge  dasselbe  thun.  Auch 
müsse  man  dahin  sehen,  dass  Dänemark  und  die  Braunschweiger  Fürsten  der 
Allianz  beitreten,  wozu  der  Kaiser  seinerseits  alles  beitragen  wolle.  Von  Spanien 
habe  der  Kaiser  die  Vertröstung,  sobald  er  anrücken  werde,  würde  Spanien  mit 
operiren,  doch  sei  der  Kaiser  mit  dieser  Erklärung  nicht  zufrieden,  wünsche 
vielmehr  die  Resolution  wegen  des  wirklichen  Bruches.  Zur  allgemeinen  Be- 
sclilussfassung  empfiehlt  der  Kaiser  eine  Zusammenkunft  im  Haag,  wo  man 
auch  über  die  Friedensbedingungen  werde  unterhandeln  können;  doch  glaubt 
der  Kaiser  nicht,  dass  es  so  leicht  sein  werde,  den  Frieden  zu  erlangen.  Die 
Holländer  hätten  das  von  dem  schwedischen  Gesandten  im  Namen  Frank- 
reichs angetragene  Armistitium   zwar   anfänglich   abgeschlagen,    jetzt  aber  diffi- 


682  "^'T.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

CLiltire  Frankreich  den  Waffenstillstand  und  setze  Holland  um  so  stärker  zu, 
da  es  vermuthe,  dass  der  Kaiser  und  der  Kurfürst  von  Brandenburg  Holland 
verlassen  würden.  Frankreich  suche  an  2  Orten  den  Frieden  zu  verhandeln, 
zu  Aachen  mit  den  Generalstaaten  und  zu  Köln  mit  dem  Reiche;  Gravel  habe 
jüngst  ein  Memorial  zu  Regensburg  vorgelegt,  nach  welchem  Frankreich  sich 
mit  dem  Reiche  einigen  wolle,  wenn  weder  der  Kaiser  noch  sonst  ein  Reichs- 
stand die  Weser  und  den  Rhein  passiren,  noch  auch  jemand  den  Holländern  zu 
Hilfe  kommen  wolle  ^),  welche  Bedingungen  man  natürlich  nicht  annehmen 
könne.  Von  den  Türken  sei  für  dieses  Jahr  nichts  zu  fürchten.  Der  Kaiser 
fordere  daher  Brandenburg  nochmals  auf  sich  von  der  allgemeinen  Sache  nicht 
zu  trennen. 

Crockow  antwortet:  Es  komme  alles  darauf  an,  was  die  einzelnen  Mitglieder 
der  Allianz  leisten  werden.  Bisher  habe  sich  der  Kurfürst  von  der  Allianz 
nicht  getrennt;  werde  dies  auch  nicht  thun,  wenn  Mittel  zur  Fortsetzung  ge- 
funden werden.  Der  Kurfürst  wolle  sich  auch  nicht  von  den  Holländern  trennen, 
wenn  sie  nur  die  Subsidien  für  die  verflossene  Zeit  und  in  Zukunft  richtig 
zahlen.  30  000  Soldaten  wären  eine  bedeutende  Macht;  aber  es  beruhe  alles 
darauf,  ob  der  Kaiser  für  sich  und  in  seinem  Namen  den  Kampf  führen  wolle ; 
denn  nur  in  diesem  Falle  sei  zu  erwarten,  dass  die  Stände  —  die  behaupten 
der  Kaiser  habe  einen  Vertrag  mit  Frankreich  geschlossen  —  sich  zur  Unter- 
stützung bereit  erklären.  Auch  würden  in  diesem  Falle  Dänemark,  Celle  und 
W^olfenbüttel  um  so  eher  der  Allianz  beitreten.  Auch  Spanien  müsse  mit  Frank- 
reich offen  brechen;  das  seien  die  einzigen  Mittel  um  den  Kampf  gegen  Frank- 
reich mit  Erfolg  zu  führen. 

Zum  Fall  aber  gar  alle  andere  Rettungsmittel  vergebens  sein  und 
sein  Principal  wider  alles  verhoffen  mit  Frankreich  sich  in  Particular- 
tractaten  einzulassen  gemüssiget  werden  solle;  hoc  insperato  casu  ver- 
lange Churbrandenburg  eventualiter  zu  wissen,  ob  und  wie  E.  K.  M.  in 
solche  Privathandlung  includirt  zu  werden  begehrten;  so  aber  alles  nicht 
von  Nöthen  wäre,  da  E.  K.  M.  und  Spanien  mit  Frankreich  brechen 
wollten. 

Er  wolle  alles  dem  Kurfürsten  berichten. 

Der  Hofkanzler  erwidert,  der  Vertrag  vom  1.  Nov.  1671  mit  Frankreich 
sei  mit  Rücksicht  auf  das  dringende  Bedürfnis  der  Ruhe  zu  damaliger  Zeit 
geschlossen  worden;  jedoch  sei  derselbe  so  eingerichtet,  dass  weder  das  Reich, 
noch  Spanien,  noch  auch  die  Holländer  im  geringsten  durch  denselben  praeju- 
dicirt  würden. 

Crockow  meint  darauf,  er  möchte  eine  Copie  dieses  Vertrages  haben,  den 
zu  schliessen  damals  der  Kaiser  billige  Ursache  gehabt;  daher  könnte  der  Ver- 
trag auch  der  ganzen  Welt  mitgetheilt  Averden.  Doch  verwundere  er  sich 
darbei  nicht  wenig,  dass  man  gegen  Frankreich  bei  voriger  Campagna 
ex  parte  E"".  K.  M.  nicht  operirt  habe. 

')     Vergl.  Theatr.  Enropaeum  XI.  300  f. 


VerhanrlluDgen  mit  Crockow.  683 

Hofkanzler:  Der  Graf  von  Montecuccoli  liahe  im  Befehl  gehabt,  den  Tu- 
reime.  Conde  und  Duras ')  coniunctim  oder  separatim  anzugreifen,  wenn  es  also 
insgesammt  sollte  beschlossen  werden. 

Crockow:  Warumben  man  sich  dann  nicht  gegen  Churbrandenburg 
wegen  besagtes  foederis  erkläret  und  dardiirch  die  Maschera  abgezogen  habe. 

Hofkanzler:  Man  habe  solches  für  unnöthig  gehalten,  weilen  die  Ordre 
in  contrarium  und  nach  Verlangen  P.  Ch.  D.  verhalten  gew'esen;  es  würde 
auch  unfehlbar  geschehen  sein,  da  noch  mehrere  zu  uns  herbeigetreten 
und  die  Partei  der  Notdurft  nach  verstärkt  w'orden  wäre. 

Crockow:  An  der  Accession  würde  es  nicht  ermangelt  haben,  wann 
E.  K.  M.  dieses  foedus  zeitlich  publicirt  hätten,  dann  das  darbei  gebrauchte 
secretum  hat  aller  Hand  Mysterien   und  ungleiche   Gedanken  verursacht. 

Lobkowitz:  Anietzo  seie  die  Sach  matur  worden;  man  habe  vorhero 
langsam  gehen  und  erwarten  wollen,  ob  nicht  mehrere  Reichsfürsten  zu 
der  mit  Churbrandenburg  aufgerichteten  Bündnus  accediren  werden; 
anietzo  seie  es  Zeit  sich  offenherzig  zu  expectoriren  und  seine  Resolution 
zu  eröffnen  und  continuirte  der  Hofkanzler:  Aus  Spanien  wäre  zuver- 
lässige Nachricht  eingelangt,  dass  ihre  in  den  spanischen  Niederlanden 
habende  Völker  E"".  K.  M.  Standarten  zu  folgen  befelcht  worden;  die 
Krone  hätte  allda  40  000  Mann,  lauter  stattliches  Volk;  sollte  nun  Frank- 
reich sich  gegen  Niederland  wenden  und  selbige  feindlich  überziehen, 
würden  sie  solche  zwar  selbsten  zu  ihrer  nothwendigen  Defension  bedürfen? 
sonst  aber  etlich  und  20  000  Mann  uns  zu  Hilf  schicken  können. 

Crockow  sagt,  er  vernehme  diese  Entschliessungen  Spaniens  gerne,  sei  aber 
dafür,  dass  Spanien  offen  mit  Frankreich  breche. 

Hofkanzler:  Von  der  Inclusion  in  die  Particularfriedenstractate  wäre 
der  Zeit  nichts  zu  reden,  weilen  wir  noch  den  Krieg  völlig  auszuführen 
willens. 

Crockow^  erklärt,   es  hänge  alles  von  den  Entschliessungen  der  Mächte  ab. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  CöHn  a.  d.  Sp.  I./IO.  Mai 

1673.  (Or.) 

[Abschluss  mit  Frankreicli.] 
E.  K.  M.    werden    sich    allergnädigst    erinnern,    was   deroselben  ich  10.  Mai. 
durch    meinen    Abgeschickten,    den    von    Crockow-,    zu    unterschiedenen 
Malen  vorstellen    lassen:    wie    dass    nemlich    mein  Zustand   anietzo  also 


')  Herzog  von  Duras;  über  die  Operationen  desselben  in  diesem  Kampfe;  Mignet 
1.  c.  IV.  126;  Urk.  u.  Act.  III.  321  f.;  Basnage  1.  c.  II.  343 f. 


684  VI.  Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.      1  «72  — 167.'). 

beschaffen,  das.s,  wann  mir  nicht  schleunige  Rettungsmittel  widerfahren, 
mir  nicht  verdacht  werden  könnte  auf  andere  Mittel  zu  gedenken  mich 
und  meine  Lande  zu  salviren,  gestalt  ich  dann  auch  solches  durch  ab- 
sonderliche Schickung  im  Haage  vorstellen  lassen.  Wann  ich  nun  solche 
Mittel  bis  auf  diese  Stunde  vergeblich  gehoffet,  ich  auch  nicht  absehen 
kann,  wie  solche  so  geschwinde  erfolgen  möchten,  dass  ich  dem  bevor- 
stehendem fernem  Unglück  gnugsam  begegnen  könnte;  so  habe  ich 
wider  meinen  Willen  eine  andere  Resolution  ergreifen  müssen'),  wovon 
ich  sofort  allhier  E''.  K.  M.  Abgesandten,  Baron  de  Goess,  durch  meine 
Räthe  Nachricht  geben  lassen.  Crockow  hat  aber  Befehl  erbalten,  dem 
Kaiser  nochmals  die  Gründe  auseinander  zu  setzen,  die  den  Kurfürsten  zu 
diesem  Schritte  vermocht. 


Goess  an  den  Kaiser.     iJat.  Berlin  12.  Mai  1673.   (Or.) 

[Verhandlungen  im  kurfürstlichen  Rathe  über  Stratmans  Eröffnungen.  Bemühungen 
des  Goess  den  Abschluss  des  französisch-brandenburgischen  Vertrages  zu  hindern. 
Eröffnungen  des  Schwerin  und  des  Somnitz.  Entgegnung  des  Goess.  Einschluss  des 
Kaisers  und  Spaniens  in  das  brandenburg-französische  Bündnis.  Verwendung  der  brau- 
denburgischen  Truppen.  Mittheilungen  Stratmans  über  den  Zweck  seiner  Mission 
und  über  Frankreichs  Anerbietungen.  Neigung  des  Berliner  Hofes  zur  Annahme  des 
Friedens.  Haltung  des  Goess.  Begründung  derselben.  Congress  der  Braunschweiger 
Alliirten.  Neue  Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  und  Somnitz.  Admission  des 
Kaisers  und  Spaniens  in  den  brandenburg-französischen  Vertrag.  Verwendung  der 
kurfürstlichen   Truppen.      Braunschweiger    Zusammenkunft.      Schweden.      Comitialia. 

Reise  des  Meinders.] 

12.  Mai.  Ueber  Stratmans  Vorschläge  sind  Berathungen  gehalten  worden.     I,  Ch.  D., 

wie  ich  vernimm,    haben    ihrer  Räthe  vota  darüber  angehört    und   zum 

Schluss  gemelt,  sie  würden  sich  darüber  zu  resolviren  wissen;  darbei  es 

2  oder  3  Tagen  verblieben.     Alle    sollen    fast  einig  gewesen  sein,   dass 

I.  Ch.  D.    in  einem  solchen  Stand  gerathen,   dass   sie  die  Particulartrac- 

taten  antreten   müssten,  wollten  sie  nit  alles  das    übrige  jenerseiten  der 

Weser  verlieren^).     Dem    Baron   von   Schwerin    habe    ich    mit    mehrern 

vorgestellt,  wie  diese  Ungewissheit  und  Irresolution,   in  welcher  man  da 

lebete,  der  gemeinen  Sach  sehr  schädlich  wäre  und  dass  man  allerseits 

zu  wissen  woran  man  w^äre    und    consilia  et  vires  zusammen  zu  tragen. 


^)  Friedrich  Wilhelm  hatte  am  8.  Mai  den  Vertrag,  den  Stratman  mit  Frankreich 
geschlossen,  ratificirt;  Peter  1  c.  1.52. 

■^)  Ueber  die  Berathungen  am  kurfürstlichen  Hofe:  Puf.  I.e.  Xt.  89ff.;  Peter 
1.  c.  151f. 


Abschluss  des  brandenb. -franz.  Vertrages.     Verhandlungen   des  Goess  darüber.      685 

Er  hat  geantwort,  dass  I.  Ch.  I).  ihme  und  dem  von  Somnitz  anbefohlen 
zu  mir  zu  kommen  und  mir  dero  Resolution  .  .  .  anzudeuten  und  seind  sie 
beide  darauf  um  10  Uhren  Vormittag  zu  mir  kommen.  Die  Proposition 
wäre:  Niemand  könnte  besser  als  ich  Zeugnus  geben,  mit  was  Eifer 
S.  Ch.  D.  diesen  Krieg  pro  salute  communi  angetreten  und  bis  dato  ver- 
folgt und  mit  was  aufrechter  Devotion  sie  E'',  K.  M.  zugethan;  darin 
würden  sie  immerfort  verharren;  wäre  ihro  sehr  leid,  dass  es  mit  dero- 
selben  so  weit  kommen,  dass  sie  sich  Gewissens  halber  verobligirt  fun- 
den,  ihre  arme  Land  und  Leut  zu  retten,  andere  Resolution  zu  nehmen. 
Sie  wären  nun  entschlossen  nach  Frankreich  zu  schicken,  zu  sehen,  ob 
allda  die  Intention  zum  Frieden  so  gut  wäre,  als  man  vorgäbe.  I.  Ch.  D. 
Hessen  mich  gnädigst  ersuchen,  dass  ich  hierüber  solchergestalt  an  E. 
K.  M.  referiren  möchte,  dass  dieselbe  darbei  zu  acquiesciren  und  satis- 
fait  zu  sein,  massen  sie  auch  an  E.  K.  M.  hierüber  schreiben  werden. 
Man  wäre  bei  ihnen  angestanden,  ob  E.  K.  M.  verlangen  möchten  in 
sothanen  Tractat,  wann  einer  geschlossen  würde,  mit  eingeschlossen  zu 
w^erden,  oder  dass  derselben  einige  Meldung  darin  geschähe;  nachdem 
er  aber  die  Meinung  seither  von  mir  vernommen,  würden  I.  Ch.  D.  es 
fleissigst  beobachten  und  würde  kein  Difficultät  darbei  sein.  Wegen 
Inclusion  des  Königs  in  Hispanien,  worvon  ich  auch  gemelt,  möchte  es 
etwa  schwerer  fallen;  I.  Ch.  D.  würden  doch  das  beste  darbei  thuu. 

Goess  recapitulirt  in  seiner  Antwort,  was  er  wegen  des  Particularvertrages 
so  oft  betont,  "wie  schädlich  derselbe  sei  und  bittet  um  Mittheilung  der  In- 
struction des  für  die  Mission  nach  Frankreich  ausersehenen  Meinders. 

Wegen  Inclusion  E''.  K.  M.  hatte  ich  schon  des  Morgens  Frühe  dem 
Baron  von  Schwerin  insinuirt,  sie  könnten  ja  für  sich  selbst  erachten, 
wann  ich  auch  die  geringste  Meldung  nit  darvon  thäte,  dass  sie  ho- 
uestatis  et  aequitatis  causa  für  sich  darauf  zu  gedenken,  zumalen  der 
König  in  Frankreich  sich  hierzu  sponte  sua  gegen  den  Stratraan  erboten 
und  contestirt  nichts  mehrers  zu  verlangen,  als  mit  E^  K.  M.  und  mit 
dem  römischen  Reich  in  guten  Vernehmen  und  Freundschaft  zu  bleiben ; 
wie  man  dieselbe  also  verlassen  könnte,  ohne  einmal  Meldung  ihrer  zu 
thun  etc.?  Was  Spanien  anbelange,  könnte  ebenso  wenig  Difficultät  dar- 
bei sein;  der  König  in  Frankreich  hätte  sich  gegen  den  Stratman  erklärt, 
ob  er  zwar  wegen  des  mit  Charleroi  vergangenen  geklagt'),   den  aachi- 


'■)  Charleroi,  das  im  Äacbner  Frieden  an  Frankreich  abgetreten  worden  war,  lag 
mitten  im  spanischen  Gebiete  und  war  von  Wilhelm  von  Oranien  —  allerdings  ver- 
geblich —  belagert  worden;  vergl.  Basnage  1.  c.  243 ff. 


686  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     Iß72  — 1675. 

sehen  Frieden  aufrichtig  zu  wollen  halten,  auch  S^  Ch.  D.  Confoederirte, 
ausser  der  Holländer,  bei  diesem  Tractat  mit  zu  admittiren.  Ob  nun 
zwar  das  letzte  Foedus  mit  Spanien  nit  geschlossen,  so  wären  doch 
andere  Tractaten  da,  vermög  welcher  Spanien  unter  S''.  Ch.  D.  Confoe- 
derirte gerechnet  werden  könnte;  so  wäre  es  ihre  eigene  Convenienz  und 
erforderte  es  die  gemeine  Securität,  dass  dieses  also  geschähe. 

Ich  hatte  den  von  Schwerin  gefragt,  w^as  sie  mit  ihren  Völkern  ge- 
dächten zu  thun,  sie  wären  guten  Theils  mit  der  Holländer  Geld  ge- 
worben, also  billig  denselben  zu  überlassen.  Er  gäbe  zu  verstehen,  dass 
sie  dieselbe,  sonderlich  ohne  subsidiis,  nit  würden  alle  halten  können. 
Bei  Ueberlassung  an  die  Holländer  zeigete  er  Difficultäten  bei  Frankreich 
zu  apprehendiren.  Diesmalen  wurde  mir  geantwort,  dass  I.  Ch.  D.  bis 
dato  nit  gemeint  einige  zu  entlassen;  der  König  in  Frankreich  hätt's 
nit  begehrt;  sie  wären  auch  nit  gemeint  ihme  einige  zu  überlassen.  Ich 
zweifele  nit,  wann's  in  ihren  Mächten  bleibt,  sie  werden's  gern  an  Hol- 
land oder  an  ihre  Freunde  überlassen. 

Der  Stratman  hat  mir  nach  seiner  Widerkunft  von  Potsdam  von 
allem  vertreuliche  Nachricht  gegeben,  auch  gemelt,  dass  er  dessen  von 
dem  Herzog  seinem  Herrn  befelcht;  er  habe  auch  dergleichen  bei  dem 
schwedischen  Envoye  Wangelin  gethan.  Er  habe  ganz  nit  in  Befelch 
dem  Churfiirsten  zu  einigen  Particulartractaten  mit  Frankreich  zu  rathen, 
sondern  S"".  Ch.  D.  allein  vorzustellen,  im  Fall  sie  das  Werk  mit  den 
Waffen  nit  ausführen  könnten,  wie  es  sonsten  der  Herzog  w^ohl  wünschen 
möchte,  welchergestalt  et  quibus  conditionibus  endlichen  durch  Tractaten 
daraus  zu  kommen  wäre,  damit  der  westphälische  Kreis  nit  in  fremde 
Macht  käme,  dessen  er  wiederholte  contestationes ,  so  bei  dem  Chur- 
fürsten  als  den  ministris  gethan  und  mithin  praecavirt,  dass  weder  dem 
Herzog  seinem  Herrn,  noch  ihme,  diesfalls  künftig  nichts  solle  imputirt 
werden.  Die  conditiones  seind  diese,  dass  wann  S.  Ch.  D.  gleich  die 
Friedenstractaten  antreten  wollten,  würde  der  König  ihro  alsobald  alle 
die  abgenommene  Länder  und  Plätze  restituiren,  ausser  einigen  am 
Rhein,  welche  sie  doch  gleichfalls  nach  geschlossenen  Frieden  mit  Hol- 
land P.  Ch.  D.  restituiren,  Interim  aber  die  Garnison  ohne  allem  ihren 
Entgeld  darin  halten  würden  und  möchte  der  König  leiden,  dass  wegen 
dieser  Restitution  eine  selbst  verlangende  Garantia  verglichen  würde. 
Im  Fall  aber  der  Churfürst  allein  ein  Particulararmistitium  verlangete, 
so  müsste  Interim  zu  des  Königs  Versicherung  die  sequestratio  der  Lipp- 
stadt ad  manus  tertias  cum  hac  annexa  couditione.  dass.  wann  der  Chur- 


Verhaiidlunsjen  des  Goess  bezüglich  des  brandenb. -franz.  Vertrages.  687 

fürst  dasselbe  verglichenermassen  nit  halten  thäte,  die  Lipptadt  alsdann 
Churcölln  oder  dem  Bischof  von  Münster  einzuräumen,  geschehen...'). 

Als  Goess  dem  Schwerm  dieses  Waffenstillstandsproject  anzimehmen  em- 
pfiehlt, weil  es  weniger  Schaden  und  Trennung  verursachen  würde,  findet  er 
Schwerin  nicht  dazu  geneigt;  vielmehr  ist  man  zur  Sendung  des  Meinders  nach 
Frankreich  entschlossen-).  Man  fährt  in  Berlin  auch  mit  den  Klagen  gegen 
Holland  fort^).  Bei  dieser  nun  sothaner  S^  Ch.  D.  Resolution  habe  ich 
gleichwohl  gut  befunden  den  Glimpf  so  viel  möglich  bei-  und  dieselbe 
bei  der  guten  proötirenden  Affection  und  Devotion  gegen  E.  K.  M.  zu 
erhalten;  dann  ich  sehe  nit,  was  etwa  die  Ressentimenten  oder  Ahndung, 
obwohl  ich  tarn  quoad  rem  ipsam,  quam  quoad  modum  ürsach  gnug 
darzu  gehabt,  vor  Nütz  oder  Frucht  bringen  können.  Ich  glaube  und 
ist  fast  zu  sehen,  dass  allein  die  eingebildete  grösste  Noth  und  Ne- 
cessität  I.  Ch.  D.  hierzu  bringe;  massen  dann  der  König  in  Frankreich 
auch  also  darvon  judicirt  und  den  Stratman  auf  Vorstellung  der  von 
seinem  gnädigsten  Herrn  gethanen  olFiciorum  stracks  geantwort,  weder 
des  Herzogs,  noch  auch  seine  des  Königs  officia  hätten  dieses  bei  dem 
Churfürsten  gewirkt,  sondern  allein  die  bittere  Noth;  dahero  dann  mir 
rathsam  zu  sein  bedanket,  den  jetzt  referirten  modum  hierbei  zu  ge- 
brauchen und  immerfort  auf  die  Gelegenheiten  zu  invigiliren,  wie  dieses 
alles  widerum  in  besserem  Stand  könne  gebracht  werden. 

Die  Versammlung  der  Braunschweiger  Alliirteu  wird  stattfinden;  nur  wird 
Brandenburg  jetzt  besonders  darauf  sehen,  dass  nichts  Frankreich  präjudicir- 
liches  vorgenommen  wird.  Man  spricht  am  kurfürsthchen  Hofe  von  Aufnahme 
Schwedens  in  den  Bund.  Goess  meint,  man  werde  kaiserlicherseits  alles  thun 
müssen,  um  die  Versammlung  zu  energischen  Massregeln  im  Sinne  eines  allge. 
meinen  Friedens  und  gemeinsamen  Vorgehens  zu  ermuntern.  Den  General- 
staaten wird  bezüglich  der  Friedensverhandlungen  Brandenburgs  mit  Frankreich 
dasselbe  mitgetheilt  werden,  wie  dem  Goess.  Bei  Schluss  des  Schreibens  kom- 
men Somnitz  und  Schwerin  zu  Goess  und  melden  demselben,  der  Kurfürst  he- 
theuere  nochmals  seine  Devotion  gegen  den  Kaiser,  werde  dem  Goess  die  In- 
struction für  Meinders  communiciren,  sich  bemühen  den  Einschluss  des  Kaisers 
und  Spaniens  in  den  vorhabenden  Vertrag  mit  Frankreich  zu  erwirken. 
Goess  erwidert,  er  habe  mit  Stratman  über  diesen  Punkt  gesprochen  und  sie 
hätten  sich  die  Form  dieses  Artikels  so  gedacht:  H  est  aussy  convenu  entre 
S.  M.  tres  chrestienne    et    S.  A.  E.,    que   S.  M.  I.    et  le   Roy    Catholique 


')     Vergl.  Mignet  1.  c.  IV.  134. 

'■')  Ueber  des  Meinders  Sendung  nach  Frankreich  Puf.  1.  c.  XI.  92;  Droysen  1.  c. 
III. 3  440 f.;  Peter  1.  c.  153;  Orlich  1.  c.  IL  87 f. 

^)  Für  die  Beziehungen  des  Kurfürsten  zu  den  Staaten  in  dieser  Zeit  Urk.  u. 
Act.  III.  389  ff. 


688  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  — Ifi?.'). 

soyeut  compris  dans  ce  traicte.  Das  Particulararmistitium  billige  der  Kur- 
fürst nicht  wegen  der  Schwierigkeit  mit  Lippstadt.  Goess  bleibt  dabei,  dass 
es  mehr  zu  empfehlen  sei,  als  ein  Friedensvertrag.  Die  Truppen  —  erklären 
die  kurfürstlichen  Räthe  ferner  —  werde  der  Kurfürst  mit  Rücksicht  auf  die 
von  türkisclior  Seite  drohende  Gefahr  noch  behalten.  Wegen  der  braunschwei- 
gischen  Zusammenkunft  habe  der  Kurfürst  die  Schreiben  an  die  Interessirten 
abgehen  lassen.  Goess  betont,  man  müsse  den  Alliirten  auftragen,  ihren  Ver- 
tretern mit  Rücksicht  auf  die  gegenwärtige  Lage  umfassende  Instruction  zu  er- 
theilen.  Wegen  der  vom  Kaiser  hervorgehobenen  Befürchtung,  es  könnte  von 
der  Gegenpartei  etwas  gegen  Hamburg  und  Bremen  geplant  werden,  wird  Mein- 
ders  Befehl  erhalten,  sich  in  Frankreich  zu  erkundigen,  gleichen  Befehl  werde 
Krosigk')  in  Stockholm  erhalten;  doch  glauben  die  Räthe  nicht,  dass  sich 
combinire,  dass  Frankreich  (sich)  Schweden  hierin  fügen  wolle  und  dass 
nunmehr  Schweden  den  Holländern  favorisiren  solle.  In  comitialibus,  vor- 
nehmlich wegen  des  „punctum  mediationis"  und  dass  Leopolds  Truppen  für 
kaiserliche  Truppen  erklärt  und  gehalten  werden  sollen,  sei  der  Kurfürst  bereit 
die  Interessen  Oesterreichs  zu  vertreten  -).  In  eine  lange  Verzögerung  der 
Mission  des  Meinders  könne  Brandenburg  mit  Rücksicht  auf  das  Elend  der 
Unterthanen  nicht  willigen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  12.  Mai  1673,   (Aut.) 

[Verlust  der  Kaiserin.     Heirat  des  Kaisers.     Wünsche  des  Kurfürsten  und  des   Goess 

in  dieser  Hinsicht.] 

12.  Mai.  Iii  tieffester  demuth    erkhenne    ich    die    hohe  kaiserliche  gnadt,   so 

mir  E.  K.  M.  mit  dero  gnädigsten  eigenhändigen  schreyben  vom  12.  April 
gethan^).  Dieselbe  trösten  mich  sicherlich  vil  mehr,  als  ich  sie  nit 
trösten  khönnen.  Wen  sollen  so  heroische  christliche  sentimenten,  als 
E.  K.  M.  darin  führen,  nit  consoliren.  Nun  ist  allein  übrig,  dass  unsere 
aller  vota  erfült,  dieser  Verlust  widerumb  ersezet  und  dero  christliche 
resignaciou,  wie  ess  bey  dem  algütigen  Gott  nie  daran  fählt,  reichlich 
belohnet  werde.  Dieser  Churfurst  hat  mich  gleich  anfangs  gefragt,  ob  er 
in  seinen  consolatoriis  nit  etwass  adhortatorii  mit  anhenckhen  dörffte; 
ich  habe  vermeint,    dass  ess  nacher  füglicherer  geschehen  khönte;  halte 


^)    Ludolf  Lorenz  Krosigk;  für  seine  Mission  in  Stockholm  Puf.  1.  c.  XI.  98. 

-)     Für  die  Reichsangelegenheiten  Pachner  1.  c.  I.  603,  605,  6n. 

^)  Dieses  Schreiben  liegt  nicht  vor:  es  war,  wie  aus  dem  vorliegenden  Briefe 
des  Goess  zu  entnehmen  ist,  ein  Dankschreiben  für  das  Condolenzschreiben  des  Goess 
gelegentlich  des  Absterbens  der  Margarethe  Theresia,  Leopold  I.  erster  Gemahlin 
t  12.  März  1673. 


Heirat  des  Kaisers.     Verhandhingen  bezüglich  des  brandenb. -franz.  Vertrages.        689 

auch,  dass  ess  nunmehr  geschehen,  dan  der  v.  Schwerin  fragte  mich 
vor  wenig  tagen,  ob  man  auch  fohlen  khönte,  wan  man  den  Pabst  nach- 
folgete;  suppouendo,  dass  derselbe  schon  E.  K.  M.  ad  secundas  nuptias 
adhortirt^)  und  gar,  wie  gesagt  worden,  einige  nit  begehrte  dispensation 
deroselben  zugeschickt.  Wan  dem  geringsten  unter  E^  K.  M.  underthanen 
und  diener  erlaubt  ist  seine  vota  hier  beizufügen,  so  wünsche  icli  wohl 
von  herzen,  ut  abrevientur  dies  expectationis  et  consolationis  nostrae. 
I.  Ch.  D.  sagten  mir  vergangenen  Tagen  zu  Potzdam,  alls  ich  mit  ihro 
in  dero  kleinen  wagl  allein  spaziren  führe:  Grosse  Herrn,  an  deren  Zu- 
standt  und  resolution  so  vil  landt  und  leuthe,  ja  die  ganze  Christenheit 
so  gross  interesse  hette,  wie  bey  E.  K.  M.,  hetten  auf  gewisse  ding  und 
umbstände,  so  den  particuliers  entlichen  w'ohl  anständig,  nit  zu  reflectiren. 
Wie  sie  allzeit  fast  mitleyden  mit  der  Erzherzogin  in  Tyrol')  bezeigt 
umb  gewisse  opinionen,  die  sie  von  dem  Herzog  v.  Yorc  haben  ^),  als 
erfreuen  sie  sich  nun  herentgegen  mit  derselben  umb  andere  opinion 
und  meinung,  so  ihm  zu  gemüt  gehen.  . . . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  15.  Mai  1673.    (Or.) 

[Verhandlungen  in  der  Particulartractatsangelegenheit.  Instruction  des  Meinders- 
ürtheil  des  Goess  über  den  Stand  der  französisch-brandenburgischen  Beziehungen. 
Stratmans  Mittheilungen.  Erklärungen  der  Brandenburger  bezüglich  ihrer  Stellung 
zum  Kaiser.  Französisch-österreichische  Verträge.  Gerüchte  über  den  Inhalt  derselben. 
Religionsangelegenheiten.  Urtheil  des  Kurfürsten  und  seiner  Räthe  über  die  Zukunft 
Hollands.     Des  Goess  Ansicht  bezüglich  Schwedens  Haltung.] 

Die  Relation  vom  12.  dieses    und    das    beigelegte  ProtocoU    über   die   mit  15.  Mai. 
Goess    gehaltene  Conferenz   bezüglich    der  Particulartractate  Brandenburgs  mit 
Frankreich  dürfte  der  Kaiser  erhalten  haben*). 

Goess  setzt  seine  Beschwerden  über  das  Vorgehen  des  Kurfürsten  fort_ 
Noch  heut  vor  dem  Rath  bin  ich  sowohl  bei  P.  Ch.  D.  als  bei  dem  Baron 
von  Schwerin  gewesen  und  dieses  alles  vorgestellt,  sie  begehrten  an  mich, 
dass  ich  das  Werk  favorabiliter  an  E.  K.  M.  referiren  wolle,  sie  sollen 
mir  Materie  hierzu  geben  und  im  Werk  bezeigen,  dass  sie  beständig  bei 
dieselbe  halten  und  verharren  wollten;  darauf  I.  Ch.  D.  sich  mit  grossen 
contestationibus  erklärt,    wegen  der  Necessität,  in  welchen   sie  gerathen 


1)  Das  war  in  der  That  auch  geschehen;  vergl.  Wolf  1.  c.  363. 

'^  Claudia  Felicitas. 

^)  Vergl.  über  diese  Werbung  Wolf  1.  c.  364. 

••)  Das  ProtocoU  der  Berathung  mit  Goess  liegt  nicht  vor. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfüisteu.    XIV.  44 


690  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

und  noch  mehr  über  die  Holländer,  welche  sie  dahin  gebracht,  dolirt, 
im  übrigen,  was  ich  in  einen  und  anderen  erinnert,  selbst  mit  ihrer  Hand 
notirt. 

Man  übergibt  dem  Goess  einen  Auszug  der  Instruction,  die  Meinders  erhalten  '). 
Stratman,  mit  dem  Goess  darüber  spricht,  bestätigt  den  Inhalt  derselben. 
Ich  sehe,  dass  es  soweit  eine  abgethane  Sach  seie  und  dass  man  an 
den  Schluss  nit  zu  zweifeien.  Es  bericht  mich  nun  eben  letzt  der  Mar- 
ques de  Grana  vom  8.  dieses,  dass  der  Generalwachtmeister  von  Leyen 
nach  Colin  ankommen,  dass  ihme  der  Bischof  von  Strassburg  zu  Bonn 
versichert  und  mit  Eid  beteuret,  dass  diese  Tractaten  schon  unterschrieben 
und  ratificirt.  Er  mag  schwören  so  lang  er  will;  ich  vermeine  doch, 
dass  es  bis  dato  nit  geschehen  seie.  Der  Stratman  bekennt  mir,  dass 
das  armistitium  particulare,  welches  ich,  wann  ia  eins  sein  müsste,  denen 
völligen  particulier  Friedenstractaten  ex  allegatis  rationibus  praeferirt  und 
er  mir  hierin  beigefallen,  viel  leichter  als  nit  die  Friedenstractaten  von 
Frankreich  zu  erhalten  gewesen.  Pomponne  habe  ohne  das  nit  zu  diesen 
Frieden  inclinirt,  wie  er  vermeint  ex  zelo  religionis,  darin  er  sehr  eiferig 
und  seines  Darfürhaltens  diesmalen  sehr  beneficiirt  werden  können. 

Die  Confoederirte,  unter  welche  nun  auch  Hannover  gezählt  werd  ^), 
strepitiren  auch  sehr  wider  diesen  Tractat  und  wollen  auf  alle  \yeis  die 
Lippstadt  aus  des  Churfürsten  Händen  haben  und  seiner  inskünftig  besser 
versichert  sein;  der  König  aber  mache  diesfalls  wenig  Reflexion  auf  sie 
und  werden  in  effectu  mehr  pro  clientibus  —  wo  nit  ärger —  als  pro  con- 
foederatis  considerirt.  Dahie  mag  man  incertos  eventus  rerum  betracht 
und  besorgt  haben,  dass  man  hernacher  weder  in  universal!  noch  parti- 
culari  tractatu  so  gute  conditiones  erhalten  möchte;  .  .  .  massen  zu  sehen, 
dass  mit  der  Abschickung  fast  geeilet  werde,  entweder  aus  jetzt  gemelten 
Ursachen,  oder  dass  man  besorgt,  dass  etwas  entzwischen  kommen, 
I.  Ch.  D.  die  Gedanken  änderen,  oder  Holland,  nachdem  sie  diese  Nach- 
richt erhalten,  ihnen  vorkommen  möchte  und  dann  auch  weilen  von 
französischer  Seiten  stark  darauf  getrieben  werd. 

Im  Uebrigen  profitirt  man  beständig  bei  E^  K.  M.  verharren  zu 
wollen  und  sagte  mir  der  Meinders,  als  er  Abschied  von  mir  nähme  —  dann 
sie  wollen  morgen  fort  — ,  dass  I.  Ch.  D.  die  mit  E'.  K.  M.  habende  foedera, 
sogar  auch  das  letzte,  massen  dann  in  den  articulis,  dass  sie  darauf 
zu  renunciiren,  nit  gedacht  werd,  steif  und  fest  halten  werden,  so  I.  Ch.  D. 


1)     Vergl.  Puf.  ].  c.  XI.  92. 

-')     üeber  des  Herzogs  von  Hannover  Haltung  in  dieser  Zeit  Grimoard  1.  c.  II.  266. 


Brandenbuig-französischer  Vertrag.     Erklärungen  des  Meinders.  691 

selbst  und  der  Baron  von  Schwerin  mir  heut  wiederum  repetirt  und  sich 
auf  was  sie  au  E.  K.  M.  destwegen  gelangen  lassen,  bezogen') —  Ich  sehe 
nit,  was  der  von  Crockow  an  E.  K.  M.  vor  cathegorische  Resolution  zu 
begehren,  nachdem  ich  dahie  soviel  gesagt,  dass  sie  nit  allein  weiter 
nichts  begehren  können,  sondern  es  vielmehr  diesen  pacificis  zu  viel 
gewesen,  als  welche  ungern  gehört,  was  pro  motivo  zu  Fortsetzung  des 
Kriegs  dienen  und  herentgegen  alles  herfürgesucht,  was  darvon  abschrecken 
können.  Was  E.  K.  M.  und  die  Krön  Spanien  ...  darbei  zu  thun  resolvirt, 
was  andere  auch  thun  können  und  werden,  in  summa  die  Kräften  und 
Macht  unserer  Party  und  andere  motiva  und  Umstand  seind  also  oft 
und  nachdrücklich  vorgestellt  worden,  dass  man  zuweilen  nit  wenig 
bemühet  gewesen,  die  angezogene  rationes  und  argumenta  abzulainen, 
massen  ich  nun  erfahre,  dass  gleichwohl  der  von  Canstein  und  der  von 
Somnitz  noch  bei  der  letzten  Consultation  auf  ihren  vorigen  votis  super 
quaestione  an?  bestanden  und  zu  Fortsetzung  des  Kriegs  gerathen^). 
Wegen  E''.  K.  M.  Tractaten  mit  Frankreich  zweifle  ich  ganz  nit,  dass  man 
dieselbe  dahie  schon  habe,  ich  werde  sie  doch  communiciren  und  ver- 
nehme ich  von  Stratman,  was  ungleiche  Gedanken  hierüber  in  der  Welt 
gemacht  worden.  Der  Pomponne  hat  sich  hoc  exemplo  gegen  ihn 
gerühmet,  wie  man  in  Frankreich  das  secretum  zu  halten  wisse.  Er 
Stratman  hat  festiglich  sustiniren  wollen,  dass  ein  ander  Tractat  de 
anno  1669  obhanden  seie^)  super  divisione  haereditatis,  wann  der  König 
in  Hispanien  ohne  Erben  mit  Tod  abgehen  solle,  unangesehen  ich  ihn 
versichert,  dass  man  bei  uns  sothane  indignas  propositiones  de  haeredi- 
tate  viventis  nit  einmal  anhören,  ich  geschweige  darüber  tractiren 
wollen  .  .  .  Der  Stocius  *),  welcher  der  eltiste  und  vornehmste  Prediger 
dahie  ist,  wäre  gestern  fast  in  die  2  Stund  bei  I.  Ch.  D.  Zweifle  nit,  es 
werd  auf  ihr  Religionswerk  angesehen  gewesen  sein.  Bei  dem  7  Artikel 
dieser  Tractaten  vernimm  ich  von  dem  Stratman,  dass  der  König  nit 
gemeint  die  Kirchen,  so  den  Katholischen  eingeräumt,  widerum  abzu- 
treten^); befinde  nit,  dass  er's  thun  könne,  es  wäre  dann,  dass  einiger 
Vergleich  absque  praeiudicio  catholicorum  darüber  geschähe;    zu  Wesel 

0  Schreiben  vom  l./ll.  Mai  1673.  Der  Kurfürst  hat  sich  durch  die  Verhältnisse 
genöthigt  gesehen,  mit  Frankreich  ein  Separatbündnis  zu  schliessen. 

-)     Dies  war  in  der  That  der  Fall;  vergl.  Peter  1.  c.  151;  Urk.  u.  Act.  III.  386. 

")     Gemeint  ist  der  Vertrag  vom  Januar  1668. 

*)  Bartholomäus  Stosch;  vergl.  Isaacsohn,  Geschichte  des  preussischen  Beamten- 
thums  II.  238 f. 

^)     Im  Art.  7  des  Vertrages  wurde  bestimmt,  weil  der  König  während  der  Occu- 

44* 


692  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

und  zu  Rees  und  anderen  Orten  sollen  so  wenig  Katholische  sein,  dass 
sie  der  grössten  Kirchen,  welche  sie  inhaben,  nit  von  Nöthen.  Wie  mich 
gedünkt,  wollte  mau  sothanen  Vergleich  ad  declinandam  invidiam  auf  dem 
Herzog  vou  Neuburg  schieben,  welcher  meines  Bedünkeus  sich  nit  darum 
anzunehmen.  Wie  nun  dieser  des  Königs  Eifer  für  die  Religion  sehr  zu 
loben,  also  sehe  ich  auch  wohl  die  avvantaggi  und  applauso,  so  ihme 
hieraus  zuwachsen  werden;  man  muss  aber  Gottes  Ehr  vor  alles  vor 
Augen  haben  und  wäre  zu  wünschen,  dass  man  in  Holland  hierdurch 
die  Augen  aufmachete  und  wie  ich  ihnen  gerathen,  das  übrige,  was 
diesfalls  ferner  nachzugeben  sein  werd,  vielmehr  zeitlich  aus  Deferenz 
gegen  E.  K.  M.  und  den  König  in  Hispanien,  als  ihre  Freunde,  thäte,  als 
sich's  von  ihren  Feinden  nacher  abpressen  zu  lassen  .  .  . 

Wann  ich  nun  die  grosse  Gefahr  des  gänzlichen  Untergangs  der 
uniirten  Provinzien  dahin  vorstelle  und  mithin  sondire,  was  sie  doch  vor 
Rechnung  in  ihren  consiliis  machen,  befinde  ich,  dass  sie  darfür  halten, 
andere  werden  propter  proprium  interesse  es  nit  zugeben  noch  zusehen 
wollen.  Man  vermeint,  Schweden  werde  die  consilia  änderen  und  beide 
nordische  Kronen  sich  diesfalls  zu  Rettung  dieser  Provinzien  unter  ein- 
ander verstehen  ...  I.  Ch.  D.  sagten  mir  noch  heut  gleichsam  in  Ver- 
trauen, dass  aus  dieser  ihrer  Resolution  den  Staaten  General  zum  besten 
noch  etwas  gutes  entstehen  würde;  eben  die  Protestirende,  sie  wüssten 
nit  warum,  hätten  so  eine  grosse  Jalousie  gegen  sie,  dass  sie  diese 
Party  nit  nehmen  w^olleu,  weilen  sie  darbei  wären;  Chur-Sachsen  solle 
es  im  Rausch  rund  ausgesagt  haben;  nun  würden  sie  diese  Entschuldi- 
gung nit  mehr  haben,  dieses  werd  abermalen  ein  motivum,  so  unsere 
pacifici  suggerirt,  sein.  Wegen  Schweden  bekenne  ich,  dass  ich  selbst 
diese  Hoffnung  habe,  massen  E.  K.  M.  gesehen,  dass  ich  mich  dieses 
argumenti,  aber  gar  zu  einem  andern  Schluss,  bedient;  dann  ich  wollte 
hierdurch  I.  Ch.  D.  abrathen  die  Party  bei  so  guter  Disposition  und 
Hoffnung  zu  verlassen  und  sich  in  praeiudicium  ihrer  Reputation,  Sicher- 
heit der  foederum,  ihrer  Freunde  und  des  ganzen  gemeinen  Wesens  in 
Particulartractaten  einzulassen  und  sie  inferiren  plane  das  contrarium. 
Nach  meinen  principiis  scheinet  es  nun,  dass  E.  K.  M.  diesen  Weg  und 
Conduite  hierbei  zu   halten,   dass  sie   zwar  die  Holländer   bestermassen 

pation  der  clevischen  Plätze  den  Katholiken  einige  von  den  Generalstaaten  ihnen 
entzogene  Kirchen  hat  widergeben  lassen,  so  soll  die  Angelegenheit  nach  Massgabe  des 
Vertrages  (September  1666)  zwischen  dem  Kurfürsten  und  dem  Herzoge  vou  Neuburg 
arrangirt  werden.  Mörner  1.  c.  374.  Diese  Einigung  erfolgte  denn  auch  am  20.  Juli 
zu  Düsseldorf;  vergl.  den  Vertrag  bei  Möruer  1.  c.  375  f. 


Uitheil  des  Goess  über  die  Lage.     Brandenburg-französischer  Vertrag.  693 

animiren  lassen,  damit  sie  den  Muth  nit  verlieren,  gegen  Schweden  und 
andere  aber  sich  also  bezeigen,  dass  sie  zwar  den  Holländern  gern 
geholfen  sähen,  doch  allein  sich  eines  so  schweren  Werks  nit  unternehmen 
können  ;  es  möchte  solchergestalt  leicht  darzu  kommen,  dass  man  schwe- 
discher Seiten  E.  K.  M.  nachsuchen  werde');  allein  ist  die  Gefahr,  dass 
unterdessen  nit  ein  grosser  Riss  in  dem  Werk  geschehe  und  die  Holländer 
ad  extrema  und  zur  Desperation  gebracht  werden;  dieses  zu  verhüten, 
miisste  Schweden  und  andere  noch  immerfort  das  universale  armistitium 
urgiren.  mit  Bedrohung,  wann  beide  Könige  es  ferner  ausschlagen  sollten, 
sie  andere  mesures  nehmen  und  sich  mit  E.  K.  M.,  Spanien  und  andern 
der  Holländer  annehmen  müssten  .  .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  BerHn  19.  Mai  1673.  (Or.) 

[Brandenburg- französischer  Vertrag.     Urtheil    des    Goess    über  die   Folgen  desselben. 
Unterredung  des  Goess  mit  Stratman  über  Frankreichs  Lage.] 

Der  Absclüuss  des  Particularvertrages  kann  fast  nicht  mehr  bezweifelt  19.  Mai. 
werden.  Meinders  und  Stratman  sind  abgereist.  Die  Gründe  die  Goess  bewogen 
haben  mit  Vorwürfen  znrückzuhalten,  hat  er  bereits  mitgetheilt.  Die  grösste 
Furcht  flösst  dem  Goess  die  Erwägung  ein,  dass  die  Holländer  die  Sache  allzu 
ernst  nehmen  werden.  Es  ist  zu  vermuthen,  dass  Holland  alsofort  mit 
diesen  S''.  Ch.  D.  verwilligten  subsidiis  nun  einigen  anderen  oder  mehr 
Potentaten  zu  ihrer  Assistenz  werden  zu  engagiren  suchen;  Avann  Chur- 
sachsen  und  die  Herzogen  zu  Celle  und  Wolfenbüttel  hierzu  inclinirten, 
könnten  sie  diejenige  Völker,  so  I.  Ch.  D.  nothwendig  werden  abdanken 
müssen,  an  sich  ziehen  und  solchergestalt  desto  ehender  mit  ihrem  corpo 
aufkommen.  Ich  erwarte  mit  Verlangen,  was  Schweden  und  Dänemark 
bei  gegenwärtiger  Constitution  der  Sachen  vor  eine  Resolution  nehmen 
werden  und  kann  ich  mir  nit  änderst  einbilden,  als  dass  sie  um  so  mehr 
sich  der  Holländer  mehr  als  vorhin  annehmen  und  mit  Nachdruck  auf 
ein  Armistitium  dringen  werden,  weilen  sie  dieselbe  von  andere  Hülfe 
destituirt  und  in  grosser  Gefahr  einer  gänzlichen  Oppression  und  Ruin 
sehen. ... 

Wir  haben  alle  Gott  den  Allmächtigen  zu  bitten,  dass  er  E.  K.  M. 
bei  dieser  vorhabenden  höchst  importirenden  Consultation,  was  sie  nemlich 
nun  vor  Resolution  zu  nehmen,  dasjenige  inspiriren  wolle,  was  zu  seiner 
Ehr  und  zu  dero  und  der  ganzen  Christenheit  Besten  ist.     Ich  habe  mit 


')     Ueber  Schwedens  Haltung  Carlson  1.  c.  IV.  584 f.;  Heibig  1.  c.  32 f. 


694  Vr.    Gocss  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1  «72  — 1075. 

dem  Stratman  wegen  des  ietzigen  Zustandes  in  Frankreich  unterschiedlich 
discurrirt;  wie  er  darauf  bestanden,  dass  freilich  der  König  in  Frankreich 
sich  bei  dieser  Campagne  stark  angegriffen  und  mit  grosser  Macht  werd 
zu  Feld  gehen,  also  ist  er  auch  mit  mehr  anderen  der  Meinung,  dass 
er's  nit  lang  und  vielleicht  nit  ein  paar  Jahren  also  ausdauren  könne. 
Viele  Officiere,  mit  welchen  Goess  hierüber  gesprochen,  halten  dafür,  dass  so 
lang  man's  nit  darzu  bringe,  dass  man  mit  einer  Armee  in  Frankreich 
einbreche  und  dem  König  den  Krieg  zu  Haus  empfinden  mache,  kein 
guter  Ausschlag  zu  verhoffen;  ...  in  summa,  man  hat's  mit  allem  Ernst 
anzugreifen,  oder  bleiben  zu  lassen. 


Votum  vom    24.  Mai   über   des   Goess    Berichte    vom   8.,  12. 
und  15.  Mai.   (Conc.) 

[Einschluss  des  Kaisers  und  Spaniens  in   den    französisch-brandenburgischen  Vertrag. 
Schweden.     Uebernahme  brandenburgischer  Truppen.     Congress  zu  Braunschweig.] 

24.  Mai.  Dem  Goess  sei  zu  antworten :  Der  Abschluss  des  A^ertrages  zwischen  Frank- 

reich und  Brandenburg  sei  eine  vollendete  Thatsache.  Goess  tbue  Recht  daran 
dem  Kurfürsten  freundlich  zu  begegnen ;  es  komme  darauf  an  den  Kurfürsten  in 
möglichst  guter  Stimmung  zu  erhalten;  bezüglich  des  Einschlusses  des  Kaisers 
und  Spaniens  in  diesen  Particularvertrag  habe  er  nicht  positiv  darauf  zu  dringen, 
damit  der  Kaiser  denselben  nicht  zu  billigen  scheine,  sondern  die  Sache  dahin 
einzurichten,  dass  E.  K.  M.  und  die  Krön  Spanien  darin  nicht  ausdrückent- 
lieh  begriffen,  sondern  denenselben  be vorgelassen  werde,  damit  sie  darzu, 
wann  sie  wollen,  accediren  können  und  zu  dem  Ende  ein  Termin  von 
2 — 3  Monaten  zu  deren  Erklärung  gesetzt  werde.  Bezüglich  Schwedens 
werde  das  Resultat  der  brandenburgischen  Sendung  dahin  abzuwarten  sein;  falls 
SchAveden  in  das  braunschweigische  Bündnis  eintreten  wolle,  werde  der  Kaiser 
gewiss  nichts  dagegen  haben.  Wegen  der  von  Anhalt  proponirten  Uebernahme 
von  10  000  Mann  brandenburgischer  Truppen  in  kaiserliche  Dienste,  möge  Goess 
die  Sache  hinziehen;  vielleicht  werde  der  Kaiser  sie  benöthigen.  In  jedem 
Falle  soll  Goess  darauf  sehen,  dass  der  Kurfürst  seine  Truppen  nicht  dem 
Könige  von  Frankreich  übergebe  und  von  demselben  kein  Geld  annehme.  Goess 
habe  ganz  Recht  daran  gethan,  den  Kurfürsten  zur  Fortsetzung  der  Berathung 
zu  Braunschweig  aufzufordern;  Windischgrätz  dürfte  inzwischen  schon  daselbst 
angelangt  sein. 

Berathen  am  24.  Mai  zu  Laxenburg,  aufgesetzt  am  26.,  beschlossen  wie  ein- 
gerathen  am  27.  Mai.  Präs.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Montecuccoli, 
Hocher,  Dorsch,  Abele. 


Einscbluss  Oesterreichs  und  Spaniens  in  den  brandenb. -franz.  Vertrag.  695 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  Mai  1673.  (Or.) 

[Dänisch-staatische    Allianz.     Steliunor    (jgg    Kurfürsten.      Haltung    des   Goess    in  der 
Frage  der  Einschliessung  des  Kaisers  und  Spaniens  in  den  Tractat.     Derfflinger.     An- 
halt.    Haltung  der  Brandenburger  bezüglich  der  Anerkennung  der  kaiserlichen  Trup- 
pen als  Reichstruppen.     Windischgrätz.     Frankreichs  Kriegszüge.] 

Aus  Kopenhagen  berichtet  Brandt  an  den  dänischen  Legationsrath  Linker,  24.  Mai. 
er  habe  bestimmte  Nachricht,  dass  der  Vertrag  zwischen  Dänemark  und  Holland 
geschlossen  sei ').  Goess  benützt  diese  Gelegenheit  um  dem  Kurfürsten  nochmals 
von  dem  Particularfrieden  abzurathen.  Ich  finde  I.  Cli.  D.  fast  perplex  und 
dass  sie  von  der  Party  mehr  abgerissen  werden,  als  darvon  abgehen. 
Auf  einer  Seiten  stellt  man  ihre  eigene  Gefahr  für  extreme  vor,  auf  der 
ander,  dass  der  Sachen  ohne  ihrem  Zuthun  und  so  grossen  besorgenden 
Schaden  noch  wohl  werd  zu  helfen  sein  und  geht  man  immer  wider  die 
Holländer  los,  damit  man  diese  Resolution  dardurch  justificire  .  .  .  Ich 
vermerke,  dass  man  E"".  K.  M.  und  des  Königs  in  Hispanien  Inclusion 
in  diesen  Tractaten  dahin  bedient,  dass  man's  nit  für  Particuliertractaten, 
noch  dass  I.  Ch.  D.  sich  von  E''.  K.  M.  separiren,  zu  halten.  Von  meiner 
Seiten  habe  ich  mich  darbei  also  verhalten,  dass  diese  Inclusio  vielmehr 
facto  ipsorum,  als  dass  ich  etwas  darbei  gethan,  geschehe'^).  Derfflinger 
wird  wieder  Feldmarschall  des  Kurfürsten ;  derselbe  ist  sehr  für  die  Fortsetzung 
des  Krieges  ^).  Der  Kurfürst  und  Derfflinger  selbst  haben  Goess  sehr  gebeten, 
für  die  Erhebung  Derfflingers  in  den  Freiherrnstand  beim  Kaiser  zu  wirken. 
Schwerin  meint,  der  Fürst  von  Anhalt  werde  jetzt  in  kaiserliche  Dienste  treten. 
Goess  findet  den  Berliner  Hof  sehr  geneigt,  des  Kaisers  Wunsch,  dass  seine 
Truppen  als  Reichsvölker,  zu  dessen  Vertheidigung  sie  ja  bestimmt  seien,  an- 
erkannt und  gehalten  werden  möchten,  zu  erfüllen.  Goess  würde  gerne  gesehen 
haben,  wenn  der  Graf  von  Windischgrätz  nach  Berlin  gekommen  wäre.  Ein- 
langende Nachrichten  melden  von  Zügen  der  Franzosen  in  die  Wetterau  und 
bis  in  die  Nähe  von  Frankfurt*). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  Mai  1673.   (Or.) 

[Mediation  des  Reiches.] 
Auf  die  Mittheilung  der  vom  Kaiser  in  Regensburg  bezüglich  der  Mediation  24.  Mai. 


')  Das  Bündnis  war  am  10./20.  Mai  zu  Kopenhagen  geschlossen  worden;  vergl. 
Dumont  1.  c.  VH.j  223 ff.;  Gebhardi  1.  c.  519;  Grimoard  1.  c.  II.  276. 

"-')  Für  die  Verhandlungen  des  Meinders  mit  Turenne  in  dieser  Frage;  Grimoard 
1.  c.  II.  279. 

=>)     Für  Derfflingers  Haltung  Peter  1.  c.  156. 

*)     Ueber  die  Kriegsoperationen  dieser  Zeit  Peter  1.  c.  166  ff. 


696  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  — lfi75. 

zur  Herstellung  des  Friedens  gemachten  Vorschläge  ^),  antwortet  der  Kurfürst, 
den  Goess  um  Förderung  der  Pläne  des  Kaisers  ersucht,  dass  sie  bei  dieser 
E"".  K.  M.  Erklärung  kein  änderst  Bedenken  hätten,  ausser,  dass  sie  ver- 
meineten,  man  könnte  wegen  schleuniger  Fortsetzung  der  Mediation  etwas 
raehrers  darin  anregen,  doch  solchergestalt,  dass  man  indessen  die  Verfass- 
und  Zusammensetzung  eiferigst  vorzunehmen;  erkläreten  sich  darbei  mit 
mehreren,  dass  unangesehen  der  mit  Frankreich  obhandenen  Tractaten, 
massen  sie  darin  freie  Hand  in  allem  was  das  Reich  angienge  behielten, 
sie  das  ihrige  allzeit  treulich  beitragen  und  bei  E"".  K.  M.  unzertrennlich 
stehen  und  halten,  auch  alsofort  an  den  von  Mahrenholtz  schreiben 
wollen,  dass  er  diese  E"^.  K.  M.  gnädigste  Intention  bestermassen  secun- 
diren  solle. 


Der  Kaiser  an  den  Kurfürsten.     Dat.  Laxenburg  28.  Mai  1673. 

(Conc.) 

28.  Mai.  [Brandenburg-französisches  Bündnis.     Dank  für  die  versprochene  Devotion.] 

Aus  dem  Schreiben  vom  10.  Mai  und  den  Erklärungen  Crockows  hat  der 
Kaiser  die  Ursachen  vernommen,  welche  den  Kurfürsten  zum  Abschlüsse  des 
Particularvertrages  mit  Frankreich  bewogen  haben.  Der  Kaiser  lässt  dies  an 
seinen  Ort  gestellt  sein  und  freut  sich,  dass  der  Kurfürst  zugleich  erkläre  nichts 
desto  weniger  in  aller  schuldigen  Devotion  gegen  den  Kaiser  verharren  zu  wollen. 


Goess  au  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  29.  Mai  1673.   (Or.) 

[Vergebliche  Bemühungen   des  Goess   die  Abreise   des   Meinders   zu   hindern  und  den 

Waffenstillstand    durchzusetzen.      Dänisch -staatische    Allianz.      Klagen    der    Dänen. 

Mittheilungen    über    Schwedens    Politik.      Crockows    Benehmen.      Derfflinger.      Des 

halberstädtischen  Vicekanzlers  Vorgehen  am  Braunschweiger  Kreistage.] 

29.  Mai.  Goess  versucht  nochmals  bei  Schwerin  für  die  Verzögerung  der  Reise  des 

Meinders  zu  wirken  und  empfiehlt  einen  Waffenstillstand  auf  kurze  Zeit  einem 
Frieden  vorzuziehen ;  Schwerin  verspricht  darüber  mit  dem  Kurfürsten  und  seinen 
Collegen  zu  berathen;  tliut  dies  auch;  aber  ohne  Erfolg.  Brandt  schreibt  aus 
Kopenhagen,  der  Vertrag  zwischen  Dänemark  und  Holland  sei  dem  Schlüsse  nahe 
gewesen;  es  sei  aber  zweifelhaft,  ob  derselbe,  nachdem  die  Nachricht  von 
Brandenburgs  Vorgehen  bekannt  geworden,  geschlossen  werden  würde;  auch 
sonst  langen  von  dänischer  Seite  Klagen  über  des  Kurfürsten  Vorgehen  ein. 
Einer  der  in  Schweden  gewesenen  kurfürstlichen  Deputirten  Kleinsorgen  berichtet 
dem  Goess,  dass  man  in  Schweden  mit  den  Plänen  und  Fortschritten  Frank- 
reichs nicht  einverstanden  sei.  den  Particularvertrag  Brandenburgs  mit  Frankreich 


')     Vergl.  Pachner  1.  c.  I.  605 f.,  623f.;  Londorp  1.  c.  X.  18ff. 


Mediation  des  Reiches.     Brandenb. -franz.  Vertrag.     Brandenburgs  Haltunsf.      697 

nicht  billige  und  den  Abscliluss  des  dänisch-holländischen  Bündnisses  gerne 
sehen  würde').     Schwerin  sagt  das  gerade  Gegentheil. 

In  summa,  ich  kann  änderst  nit  sehen,  als  dass  man  dahie  bei  allem 
dem,  was  wir  darwider  vorstellen  mögen,  entschlossen,  mit  diesen  ihren 
Tractaten  fort  zu  fahren.  Als  ich  erwähnt,  dass  der  von  Crockow  bis- 
noch  bessere  Hoffnung  zu  Wien  gäbe,  hat  der  von  Schwerin  geantwort, 
er  wäre  der  Sachen  von  Herzen  zugethan  gewesen  und  dahero  gern  das 
beste  darzu  gesagt;  nun  aber,  wann  er  die  letzte  Ordre  erhalten,  würde 
er  änderst  reden.     Derfflinger  ist  wieder  aufgenommen. 

Windischgrätz  meldet,  dass  der  halberstädtische  Vicekanzler  Budendach 
beim  Kreistage  zu  Braunschweig  votirt,  dass  nunmehr  wegen  Couiunction 
armorum  noch  Restitution  der  abgenommenen  Länder  nit  zu  reden^ 
nachdem  sein  Churfürst  schon  mit  Frankreich  verglichen  und  nunmehr 
eins  seie.  Ich  habe  dieses  alsofort  dem  Baron  von  Schwerin  vorgehalten, 
es  komme  ganz  nit  überein  mit  der  so  oft  und  noch  neulich  zu  Potsdam 
gethanen  Erklärung,  dass  man  bei  E"".  K.  M.  und  dem  Reich  halten  und 
alles  was  zu  dessen  Sicher-  und  Freiheit  gehöre,  aufrichtig  befürderen 
helfen  wolle;  nun  thue  man's  nit  aliein  nit,  sondern  mache  auch  andere 
Stände  irr.  Der  von  Schwerin  hat  nit  glauben  wollen,  dass  der  Vice- 
kanzler also  votirt  und  versprochen,  dass  er  alsofort  destwegeu  an  I.  Ch.  Ü. 
schreiben  wolle. 


Conferenzprotocoll  vom  30.  Mai  1673  über  die  Verhandlung 
mit  Crockow.    (Conc.) 

[Brandenburgs  Haltung  in  der  Zukunft  betreffend.] 

Crockow  betont,  dass  sein  Herr  sich  Frankreich  gegenüber  nur  verpflichtet  30.  Mai 
habe,  Holland  keine  Hilfe  zu  leisten,  wogegen  er  beim  Reiche  und  beim  Kaiser 
verbleiben  und  das  mit  dem  Kaiser  aufgerichtete  Bündnis  halten  wolle.  Der 
Hofkanzler  betont,  wie  sehr  sich  der  Kaiser  angestrengt  habe  und  wie  leid 
ihm  der  Entschluss  Brandenburgs  thue,  der,  wie  zu  fürchten,  grosse  Gefahren 
hervorrufen  werde;  im  übrigen  aber  wolle  man  die  Zukunft  abwarten.  Er 
erzählt  ferner,  dass  die  Staaten  mit  Dänemark  den  Vertrag  geschlossen  haben 
sollen,  was  vermutlich  den  Beitritt  Braunscliweigs,  Celle's  und  Wolfenbüttels  im 
Gefolge  haben  werde.  Er  setze  in  Brandenburg  das  Vertrauen,  dass  es  die 
jetzigen  Umstände  beherzigen  und  sich  erklären  werde,  wie  es  die  Noth  erfordere. 
Crockow  versichert,  dass  der  Kurfürst  auf  den  Kaiser  die  grösste  Rücksicht 
nehme  und  niemals  von  demselben  lassen  werde ;  er  fragt  auch,  ob  aus  Spanien 
keine  Nachricht  eingelangt  sei. 


1)     Vergl.  Droysen  J.  c.  III.  3  449  f. 


698  VI.   Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     Iß72— lß7,5. 

Der  Hofkanzler  erwidert:  Ja  und  zwar,  dass  Spanien  die  Tractate  mit  dem 
Kaiser  nnd  Brandenburg  fesstellen  und  wenn  der  Kurfürst  sich  zur  Annahme 
verstehen  würde,  ihm  solche  Conditionen  machen  wolle,  dass  derselbe  mit  den- 
selben zufrieden  sein  werde.  Sonst  wären  die  Holländer  unter  sich  nicht  einig, 
ob  sie  die  Krone  Spanien  zu  der  Ruptur  mit  Frankreich  ferner  adhortiren  und 
darauf  dringen  sollten  oder  nicht. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  Juni  1673.  (Or.) 

[Die  Aensserungen    des    halberstädischen   Vicekanzlers.     Meinders    und    Stratman  hei 
Turenne.     Misbilligung  der  brandenburg-französischen  Allianz.] 

2.  Juni.  Der  Kurfürst  hat  erklärt,  dem  halberstädtischen  Vicekanzler  zu   dem,   was 

dieser  vermeldet,  keine  Ordre  gegeben  zu  haben  und  sendet  Canstein  nach 
Braunschweig  mit  dem  Befehle  zu  verkünden,  dass  der  Kurfürst  bezüglich  dessen, 
was  den  Kaiser  und  das  Reich  betrifft,  bei  seinen  früheren  Beschlüssen  verharre. 
Von  Canstein  kann  sich  der  Kaiser,  wie  Goess  glaubt,  gute  Dienste  erhoffen. 
Keiner  der  brandenburgischen  Minister  will  sich  als  Urheber  des  Beschlusses, 
mit  Frankreich  abzuschliessen,  bekennen.  Meinders  und  Stratman  waren  zu 
Soest  bei  Turenne  ^).  Dieser  bezeigte  Unmuth  darüber,  dass  Kurtrier  die  kaiser- 
steinischen  Compagnien  in  seine  Festungen  aufgenommen  habe^).  Die  meisten 
der  Fürsten,  denen  der  Kurfürst  von  Brandenburg  von  dem  Vertrage  mit  Frank- 
,    reich  Mittheilung  gemacht^),  haben  diesen  Schritt  misbilligt. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Juni  1673.   (Or.) 

[Dänische  Politik.     Holländische  Subsidien  für  Celle  und  Sachsen.     Brasser.] 

5.  Juni.  Aus  einem  eingelangten  Schreiben  des  Königs  von  Dänemark,  in  welchem 

er  dem  Kurfürsten  Mittheilung  von  der  Bestimmung  seines  Residenten  Habbeus 
Lichtenstern  zum  Vertreter  Dänemarks  beim  Braunschweiger  Congresse  macht, 
geht  hervor,  dass  Dänemark  mit  Holland  abgeschlossen  hat^).  Des  Goess  Plan, 
dass  Holland  die  bisher  an  Brandenburg  gezahlten  Subsidien  zur  Gewinnung  der 
braunschweigischen  und  sächsischen  Truppen  verwenden  möge,  findet  bei  Schütz 
und  bei  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  vollste  Billigung.     Brasser  &),  der  bisher  zu 


^)  üeber  diese  Zusammenkunft  Peter  1.  c.  153;  Puf.  1.  c.  XL  93;  Droysen  1.  c. 
ni.3  441;  Orlich  1.  c.  IL  88;  Grimoard  1.  c.  11.  273ff. 

2)     Grimoard  1.  c.  II.  272  f. 

^)  Das  Schreiben  an  Dänemark  vom  4.  Mai  gedruckt  bei  Orlich  1.  c.  III.  208f. ; 
in  denselben  Tagen  ergiengen  auch  die  Schreiben  an  den  Kaiser  (vergl.  p.  683f.)  und 
an  die  Staaten  (vergl.  Orlich  1.  c.  II.  93;  Sypesteyn,  Nederland  en  Brandenburg  99). 

*)  Copie  Schreibens  Christian  V.  an  Friedrich  Wilhelm  d.  d.  17.  Mai  1673.  Das 
Bündnis  war  am  10./20.  Mai  1673  geschlossen  worden. 

^)     Vergl.  über  diesen  Dietrich  Brasser  Urk.  u.  Act.  III.  393f. 


Budendach.     Dänische  Politik.     Schwedens  Raltunq^.     DerfTiincfer.     Anhalt.       699 

Celle  gewesene  holländische  Gesandte,  ist  hiehergekomraen ;  Goess  wird  ihn  wegen 
dieser  Proposition  zu  sondiren  trachten. 


Votum   vom    6.  Juni   1673    über    des    Goess    Schreiben    vom 
24.  Mai  1673.    (Coiic.) 

[Zweck    der    schwedischen   Truppenanhäufungen.     Erhallung  des  clevischen  Friedens. 
Derfflinger.     Anhalt.     Brandenburgische  Truppen.] 

Dem  Goess  sei  zu  antworten:  Der  Kaiser  wolle  abwarten,  wie  die  zwischen  G.Juni. 
Brandenburg  und  Frankreich  obhandenen  Tractate  eingerichtet  werden.  Goess 
soll  zu  erfahren  trachten,  was  der  Zweck  der  starken  Truppenanhäufungen 
Schwedens  auf  dem  Reichsboden  sei.  Goess  soll  vom  Kurfürsten  zu  erfahren 
suchen,  ob  er  nicht  dahin  zu  bringen  wäre  den  clevischen  Frieden  ungehindert 
des  Vergleiches  mit  Frankreich  zu  manuteniren.  Die  Wiederaufnahme  Derff- 
lingers  als  Feldmarschall  ist  dem  Kaiser  angenehm,  Goess  soll  Derfflinger 
bedeuten,  dass  er  glaube  der  Kaiser  werde  sein  Ersuchen  um  Erhebung  in  den 
Freiherrnstand  erfüllen,  wenn  er  Beweise  seiner  Devotion  gegeben  haben  Averde. 
Bezüglich  des  Fürsten  von  Anhalt  hat  Montecuccoli  erklärt,  dass  derselbe  ein 
qualificirter  Herr  sei;  der  Kaiser  ist  auch  nicht  abgeneigt,  falls  Brandenburg 
seine  Truppen  abdanke,  den  Fürsten  mit  den  Truppen  in  seine  Dienste  zu  nehmen; 
Goess  soll  den  Anhalt  in  dieser  Hoffnung  erhalten;  insbesondere  aber  dahin 
wirken  ,  dass  Brandenburg  noch  einige  Zeit  bewaffnet  bleibe  und  keineswegs 
die  Truppen  Frankreich  oder  dessen  Confoederirten,  sondern  vielmehr  Spanien 
und  Holland  überlasse. 

Berathen  am  6.,  aufgesetzt  am  7.,  beschlossen  wie  eingerathen  am  10.  Juni 
1673.  Praes.  Lobkowitz,  Schwarzenberg,  Lamberg,  Montecuccoli,  Hocher,  Dorsch 
und  Abele. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  9.  Juni  1673.   (Or.) 

[Unterredung    des    Goess    mit    dem    Kurfürsten.     Englisch-holländische    Beziehungen. 
Des  Meiuders  Instruction.     Einschluss  des  Kaisers  und   Spaniens  in   den   französisch- 
brandenburgischen  Vertrag.     Des   halberstädtischen  Vicekanzlers  Votum.     Abdankung 
von  Truppen.     Brassers  Negociation.     Verhandlungen  des  Goess  mit  demselben.] 

Gestero  Abends  habe  ich  I.  Ch.  D.  gesprochen,  sie  klagten  noch  über  9.  Juni 
grosse  Schmerzen,  zeigeten  im  Uebrigen  die  vorige  gute  Sentimenten  pro 
uostra  causa  communi.  Romswinckel  hat  berichtet,  dass  ein  geheimer  Ver- 
trag zwischen  England  und  Holland  vorhanden  sei ').  Schweden  zeigt,  wie  der 
Kurfürst  selbst  dem  Goess  sagt,  andere  consilia.  Goess  räth  dem  Kurfürsten 
aus  all  diesen  Gründen  die  Friedensverbandlungen  mit  Frankreich  hinzuziehen; 


')     Das  war  nicht  der  Fall;    für  die  Beziehungen   der  beiden    Staaten;  Basnage 
1.  c.  II.  408:  Ranke.  Engl.  Gesch.  V.  125  f. 


700  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672— IfiTö. 

Friedrich  Wilhelm   verweist  auf  die  Gefahr,    in   der  sich  seine  Länder  jenseits 
der  Weser  befinden. 

Des  Melnders  Instruction  wird  sehr  geheim  gehalten.  Ich  glaube,  dass 
er  (Friedrich  Wilhelm)  wegen  erlittenen  Schadens  wohl  auch  einige 
Compensation  suchen  werde,  dass  aber  bisnoch  von  einiger  summa 
Geldes  gehandelt  worden,  habe  ich  nit  erfahren  können;  wohl  aber  solle 
man  sich  französischer  Seiten  haben  vernehmen  lassen,  wann  I.  Ch.  D. 
ihre  Party  völlig  annehmen  wollten,  alsdann  darvon  zu  handien  sein 
würde;  sonsten  hat  der  König  in  Frankreich  gnugsam  gezeigt  wenig 
gute  Opinion  von  des  Churfürsten  Humeur  und  Beständigkeit  zu  haben, 
so  den  Beutel  um  so  mehr  geschlossen  halten  möchte ').  Meinders  hat 
Befehl  wegen  des  Einschlusses  des  Kaisers  und  Spaniens  die  entsprechende  For- 
mel zu  fordern.  Goess  fragt  an,  ob  es  nicht  angezeigt  wäre,  Holland  davon  zu 
zu  verständigen  und  der  Wahrheit  gemäss  mitzutheilen,  dass  dieser  Vorschlag 
von  Brandenburg  ausgegangen  sei.  Bei  Schwerin  hat  sich  Goess  nochmals  wegen 
des  halberstädtischen  Vicekanzlers  Votum  beschwert;  Schwerin  behauptet,  der 
Kurfürst  missbillige  des  Kanzlers  Vorgehen;  wolle  auch  seine  Pflicht  erfüllen, 
könne  sich  aber  jetzt  nicht  an  die  Spitze  stellen.  Von  bedeutender  Abdankung 
der  Truppen  wird  noch  nicht  gesprochen.  Brassers  Negociation  geht  blos  auf 
Divertirung  der  Tractate  mit  Frankreich,  er  hat  mit  Schwerin  und  Jena  ver- 
handelt; aber  ohne  Erfolg-^).  Goess  räth  ihm,  in  jedem  Falle  nicht  mit  Branden- 
burg zu  brechen.  Der  Vorschlag  des  Goess,  den  Abgang  der  brandenburgischen 
Truppen  durch  solche  von  Sachsen  und  von  dem  Hause  Lüneburg  zu  ersetzen, 
gefällt  ihm.  Goess  beweist  dem  Brasser  auch,  wie  unrichtig  die  von  branden- 
burgischer Seite  ausgestreuten  Behauptungen  seien,  als  hätte  der  Kaiser  während 
der  letzten  Campagne  seine  Pflicht  nicht  erfüllt. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  12.  Juni  1673.  (Or.) 

[Verhandlungen  Brassers   mit   dem  Kurfürsten   und   mit    dessen    Käthen.     Derfflingers 
Haltimg.     Grund  der  Betonung  der  Türkengefahr  am  kurfürstlichen  Hofe.] 

12.  Juni.  Brasser  hat  seine  Credenzbriefe  und  Befehl  erhalten,  falls  der  französisch- 

brandenburgische  Vertrag  nicht  zu  divertiren,  die  Rückgabe  der  10000  mit 
holländischem  Gelde  geworbenen  Truppen  zu  fordern.  Brasser  hat  dies  münd- 
lich und  schriftlich  gethan-^)  und  überdies  um  Ueberlassung  anderer  Truppen 
ersucht.  Schwerin  erklärte,  der  Vertrag  mit  Frankreich  sei  nicht  unterschrieben, 
der  Kurfürst  selbst  aber  erklärte,  Meinders  habe  solche  Befehle,  dass  der  Ver- 


1)     Grimoard  I.  c.  H.  279. 

'^)     Für  Brassers  Negociation  Urk.  und  Act.  IlL  398 fif.:    für  diese  Berathung  mit 
Schwerin  und  Jena  insbesondere  404 f.;  Peter  1.  c.  155 f.;  Puf.  1.  c.  XI.  96. 

^)     Vergl.  sein  Memorial  vom   10.  Juni    in  ürk.  u.  Act.  IIl.  410:    Puf.  1.  c.  XI.  96. 


Meinders.     Verhandlungen  Brassers.  701 

trag  für  ratificirt  gehalten  werden  könne ').  Brasser  erhielt  dann  von  Schwerin 
lind  Jena  den  Bescheid,  dass  die  10000  Mann  Brandenburg  gehörten  und  dass 
mit  Rücksicht  auf  die  Türkengefahr  der  Kurfürst  den  Holländern  keine  Truppen 
überlassen  könnte-).  Am  11.  meldet  Pöllnitz  dem  Brasser,  dass  gute  Nach- 
richten eingelangt  wären;  Frankreich  könne  nichts  in  Flandern  richten,  werde 
sich  anderswohin  wenden  und  der  Kaiser  werde  Holland  mit  30000  Mann  unter- 
stützen. Auch  der  Kurfürst  gab  dem  Brasser  bessere  Erklärungen  als  vorher; 
wie  Goess  glaubte,  weil  er  erst  den  Abschluss  des  Vertrages  mit  Frankreich 
abwarten  wollte,  bevor  er  deutlich  spricht.  Ich  vernimm  aber,  dass  dieses 
aus  einer  anderen  und  zwar  dieser  Ursach  herkommen;  man  hat  ver- 
nommen, dass  der  de  Turenne  mit  seiner  ganzen  Macht  auch  wider 
Holland  gehe  ^),  dahero  der  Derff  linger  in  Beisein  des  von  Schwerin  dem 
Churfürsten  vorgestellet,  dass  solchergestalt  die  Holländer  über'm  Haufen 
geworfen  werden  möchten,  so  I.  Ch.  D.  sehr  apprehendirt.  Derfflinger 
hat  remonstrirt,  dass  sie  dem  Uebel  vorkommen  könnten,  sie  sollten 
die  Tractaten  bleiben  lassen*).  .  .  Sonsten  habe  ich  von  guten  Orten, 
dass  nit  allein  I.  Ch.  D.,  sondern  auch  der  Baron  von  Schwerin  selbst 
bei  der  genommenen  Resolution  perplex  und  bekümmert  und  dass  man 
sich  die  darwider  vorgestellte  rationes  all  sehr  zu  Gemütli  fasse.  Die 
Gefahr  vor  den  Türken  in  Polen  wird  hier  als  eine  grosse  hingestellt,  wie  Goess 
meint,  um  auf  diese  Weise  die  Ueberlassung  von  Truppen  den  Staaten,  eventuell 
Frankreich,  verweigern  zu  können. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Juni  1673.   (Or.) 

[Des  Kurfürsten  Erklärungen  an  Brasser.     Brandenburg-französischer  Vertrag.     Kriegs- 
pläne   der  Franzosen.     Des  Mainzers  Wunsch  in   die  braunschweigische  Allianz  auf- 
genommen zu  werden.] 

Der  Kurfürst  hat  Brasser  auch  schriftlich  Antwort  ertheilt,  in  derselben  die  IG.  Juni. 
Schuld  an  der  Übeln  Lage  den  Holländern  beigemessen  und  die  Behauptung  zu- 
rückgewiesen, als  würden  die  10000  Mann,  die  mit  holländischen  Geldern  ge- 
worben worden,  Holland  zugehören').  Diejenigen,  die  den  Frieden  mit  Frankreich 
wünschen,  thun  alles,  denselben  so  schnell  als  möglich  zum  Abschluss  zu  bringen. 
Der  Kurfürst  selbst  hat  den  Brasser  ersucht  mit  der  Uebersendung  der  Autwort 
zu  zögern,  vielleicht  könne  eine  Veränderung  noch  eintreten.     Ich  besorge  sehr 


1)     Vergl.  ürk.  u.  Act.  HI.  40G;  Peter  1.  c.  157. 
^)     Ebendaselbst. 

")     Für  die  Kriegsoperationen  Rousset  1.  c.  I.  456  ff. :  Peter  1.  c.  168;  es  handelte 
sich  in  dieser  Zeit  vornehmlich  um  die  Belagerung  Mastrichts. 
*)     Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  410. 
'=')     Vergl.  ürk.  u.  Act.  III.  408. 


702  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1^72—1675. 

dass,  was  wir  auch  darbei  thun,  diese  Tractaten  für  diesmalen  nit  7a\ 
hintertreiben  sein  werden').  Turenne  ist  noch  in  Soest;  man  weiss  nicht, 
wohin  er  sich  wenden  wird  2).  Der  König  von  Frankreich  nimmt,  wie  es  den 
Anschein  hat,  den  Weg,  die  spanischen  Niederlande  zu  ruiniren.  Kurtrier  meldet 
dem  Goess,  Kurmainz  zeige  Neigung  in  die  braunschweigische  Allianz  ein- 
zutreten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  19.  Juni  1673.    (Or.) 

[Sieg  der  Holländer  über  die  vereinigte  französisch-englische  Flotte.     Unterhandlungen 

Brassers.     Mittheikmgen  Derfiflingers.     Unterredung    des   Goess    mit   dem    Kurfürsten. 

Aeusserungen  Wangelins  über  Schwedens  Politik.] 

19.  Juni.  In  Brassers,  des  staatischen  Gesandten,  Negociation  ist  seit  dem  16.  nichts 

neues  vorgefallen^).  Am  18.  trifft  die  Nachricht  von  einem  grossen  Seesiege 
der  Holländer  über  Frankreich  und  England  ein^).  Der  Kurfürst  zeigte  sich 
darüber  sehr  erfreut.  Brasser  brachte  darbei  vor,  was  I.  Ch.  D.  zu  besserer 
Resolution  und  zu  beständiger  Verharrung  bei  der  Party  bewegen  möchte^). 
Pöllnitz  meldete,  dass  900000  Gulden  für  I.  Ch.  D.  in  Amsterdam  fertig 
lägen.  Derfflinger  sagte  mir,  dass  einer  der  ministrorum  an  ihn  gewesen 
und  begehrt,  er  möchte  I.  Ch.  D.  von  dem  nunmehr  so  viel  als  geschlos- 
senen Frieden  nit  abrathen.  Nachdem  sich  alle  retirirt  und  ich  bei 
S''.  Ch.  D.  allein  verblieben,  habe  ich  mehr  nach  meiner  particulier  Devo- 
tion gegen  S.  Ch.  D.  als  da  ministro  mit  derselben  von  diesem  Werk 
weiter  gesprochen  und  deroselben  nit  allein  die  vorige  Motiven,  sondern 
auch  die  merkliche  Veränderungen,  so  entzwischen  vorgefallen,  vorgestellt. 
Sie  klagten  sehr,  dass  die  Holländer  mit  ihrem  nit  zuhalten  sie  soweit 
gebracht;  ich  würde  sehen,  dass,  was  da  nun  von  den  900000  Gulden  ge- 
sagt werd,  sich  nit  also  befinden  thue;  zeigeten  der  Meinung  zu  sein,  dass 
die   Tractaten    mit    Frankreich    Anstoss    haben    und    nit    so    geschwind 


^)  Der  Vertrag  war  zu  Vossern  bereits  am  G.Juni  geschlossen  worden;  wenig- 
stens hatte  Stratman  an  diesem  Tage  die  Ratification  des  Kurfürsten  überreicht ; 
unterzeichnet  wurde  der  Vertrag,  der  vom  6.  Juni  datirt  ist,  erst  am  11./21.  Juni  von 
Meinders  und  Pomponne  (Droysen  1.  c.  III.  3  444);  vergl.  den  Druck  bei  Lünig,  R.  A. 
(Bd.  IX.)  p.  spec.  cont.  II.  (Forts.)  Abtheil.  IV.,  Abscbn.  III.  159;  Puf.  I.  c.  XI.  95; 
Inhalt  bei  Mörner  1.  c.  373ff.  Bei  Mignet  1.  c  IV.  135 ff.  blos  die  Secretartikel ;  vergl. 
Mem.  de  Pomp.  I.  295  f. 

'^)  Turenne  begab  sich  von  Soest  nach  der  Grafschaft  Waldeck ;  vergl.  Griraoard 
I.  c.  II.  287  f. 

3)     Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  413. 

*)  Ueber  diesen  Sieg  —  es  fanden  mehrere  Gefechte  statt  —  Basnage  I.  c.  II. 
412ff.;  Mignet  I.  c.  IV.  157 ff.;  Peter  1.  c.  169 f.;  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  126. 

5)     Urk.  u.  Act.  III.  417. 


Verhandinngen  Brassers.     Brandenb. -französischer  Vertrag.     Wangelin.  703 

geschlos.sen  werden  würden ;  dass  Frankreich  Bedenken  haben  würde, 
wegen  der  von  ihro  begehrten  Garantie  wider  Schweden,  Polen  etc. 
Ich  sustinirte,  wie  allzeit  vorhin,  dass  diese  Trennung  und  Separation  für 
Frankreich  so  vorträglich  und  uns  so  schädlich,  dass  sie  alles  thun 
werden,  dieselbe  zu  Wegen  zu  bringen.  Diese  Garantie  mache  man 
gross  und  seie  in  der  That  nichts,  ohne  das  seie  Frankreich  vigore  foederis 
defensivi  darzu  obligirt  .  .  .  Der  schwedische  Abgesandte  Wangelin  ist 
hier  wiederum  angelangt'),  bleibt  in  vorigen  terminis,  sagt,  dass  man 
Ijisnoch  diese  particulier  Tractaten  des  Churfürsten  in  Schweden  approbire, 
will,  meines  Bedünkens  wider  alle  Raison  und  Apparenz,  sustiniren,  dass 
der  Universalfrieden  um  so  leichter  fallen  werd,  ie  weniger  die  Parteien 
sein,  so  darbei  interessirt  oder  Theil  zu  nehmen;  hat  dem  Brasser,  quod 
miratus  sum,  so  viel  zu  verstehen  gegeben,  dass  wann  auch  Holland 
und  die  spanische  Niederlanden  über'n  Haufen  gehen  sollten,  dannoch 
wohl  Fried  im  römischen  Reich,  qui  unicus  Sueciae  scopus  sit,  zu  erhalten 
und  die  vorgestellte  Gefahr  zu  evitiren  sein  werd;  die  Zeit  werde  viel 
remedia  mit  sich  bringen;  welcher  gleichwohl  ein  Discurs  ist,  so  mit 
anderer  schwedischer  ministrorum  assertionibus  gar  nit  übereinstimmt  und 
wann  auch  diese  der  Krön  Sentimenten  wären,  —  so  doch  nit  zu  glau- 
ben —  nit  also  wie  da  geschieht  zu  führen  wären;  Brasser  kommt  dar- 
über in  allerlei  suspiciones  .  .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  Juni  1673.  (Or.) 

[Französisch-brandenburgischer  Vertrag.     Des  Goess  Erklärungen  an  Stratman.    Urtheil 
des  Goess    über    Frankreichs   Vorgehen.     Brasser.     Haltung  des  Kurfürsten.     Braun- 
schweiger Convent.] 

Dieses  Churfürsten  Tractaten  mit  Frankreich  betreffend,  ist  die  Nach-  23.  Juni, 
rieht  von  dem  Meinders  den  19.  dieses  hier  eingelangt,  dass  dieselbe 
geschlossen ;  zwar  sollen  noch  einige  Puncten  ferner  zu  erörteren  sein,  es 
hatte  aber  der  Meinders  die  königliche  Ordre  zu  Evacuirung  der  chur- 
fürstlichen  Plätze  und  Länder  allbereit  in  Händen") —  Dem  Stratman 
habe  ich  geantwort,  dass  indeme  er  mich  für  einen  getreuen  Diener 
E^  K.  M.  und  für  einen  ehrlichen  Deutschen  kennt,  also  könne  er  für 
selbst  erachten,  was  ich  darvon  judicire;  seine  gute  Intention  in  Befür- 
derung  der  Inclusion  seie  zu  loben,  sed  quid  illa  profutura  sit  bei  sothanen 


')     Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  413. 
'-)     Vergl.  weiter  oben  p.  700  f. 


704  ^''-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  — 1^75. 

vom  König  in  Frankreich  führenden  diseigni?  Tractaten  hätte  man  mit 
einander  mehr  als  gnug,  sed  quid  rursus  prosint,  wann  sie  nit  gehalten 
werden. 

Die  Festungen  am  Rhein  bekommt  der  Churfiirst  diesmalen  und 
vielleicht  niemalen  zurück,  man  werd  ihn  dardurch  immerfort  in  Zaume 
halten  wollen  und  werd  es  nie  an  Praetexten  manglen  sich  dieser  Resti- 
tution zu  entschlagen,  oder  etwa  auch  andere  mit  diesen  Festungen  zu 
lactiren').  .  .  .  Der  Kanzler  Brandt  sagt  mir,  dass  Pomponne,  als  Wesel 
erobert  worden,  sehr  exaggerirt,  wie  gross  die  Conqueste  zu  schätzen  und 
dass  der  König  die  fortificationes  mit  Mauer  incamisiren  wolle,  quod 
restitutionem  non  sapit.  Brasser,  dem  von  diesen  Ereignissen  Kunde  zukömmt, 
zeigt  sich  sehr  ungehalten. 

Am  21.  macht  Schwerin  dem  Goess  Mittheihing  von  dem  Abschlüsse  der 
französisch-brandenburgischen  Tractate. 

Die  um  I.  Ch.  D.  sein,  haben  observirt,  dass  wann  sie  von  Partei 
geändert,  allzeit  mit  aller  Inclination  e  con  tutto  il  spirito  dahingangen 
sein;  nun  siebet  man  klärlich,  dass  sie  ein  Weg  als  den  andern  bei 
voriger  Affection  zu  unserer  Party  verharren  und  dissimuliren  sie  es 
zuweilen  so  wenig,  dass  die  wohl  Intentionirte  es  wohl  änderst  wün- 
scheten;  dann  es  ist  zu  besorgen,  dass  der  König  in  Frankreich,  dem 
solche  Dinge  nit  verborgen,  um  so  mehr  gedacht  sein  werd  den  Chur- 
fürsten  also  zu  bestricken,  dass  er  diese  seine  gute  Intention  nit  zu  Werk 
richten  könne.  Einer  unter  den  geheimen  Räthen,  mit  deme  ich  hieraus 
geredt  und  ein  Armistitium  diesen  Friedenstractaten  aus  den  darbei 
angezogenen  Ursachen  praeferirt,  vermeinte,  es  könnte  dahin  gericht 
werden,  dass  eben  diese  Friedenstractaten  in  eftectu  nur  ein  Armistitium 
und  zwar  mit  avantageusern  conditionibus,  als  dieses  von  dem  König  in 
Frankreich  proponirt  worden,  sein  möchten.  I.  Ch.  D.  seind  für  diesmalen 
nit  intentionirt  dero  Völker  abzudanken ;  diejenige  so  zu  diesem  Frieden 
gerathen,  werden  sich  wohl  gehüt  haben  mit  dieser  Proposition  hie  et 
nunc  aufzuziehen,  dann  dieses  würde  ihre  Intention  am  meisten  gehindert 
haben;  ich  besorge  aber  sehr,  dass,  wann  man  die  Last  je  länger  je 
mehr  empfinden,  die  Stände  sich  beklagen,  der  Winter  herbei  kommen, 
die  Gefahr  und  consequenter  die  Noth  armirt  zu  stehen  geringer  scheinen 
werden,  man  nach  und  nach  auch  die  Abdankung  intentiren  werde,  wie 


1)  Im  5'en  Artikel  des  Vertrages  verpflichtete  sich  Frankreich  Wesel  nebst  dem 
Lippefort  und  Rees  nach  ratificirtem  Frieden  mit  den  Generalstaaten  dem  Kurfürsten 
zurückzugeben,  üeber  die  Auffassung  Turenne's  von  der  Bedeutung  dieser  beiden 
Plätze  Grimoard  1.  c.  II.  287 f. 


Französisch-brandenburgischer  Vertrag.     Heirat  des  Kaisers.  705 

ich  dann  an  gehörige  Ort  diesfalls  die  Warnung  gethan,  damit  man 
advertirt  seie  und  sothane  suggerirende  consilia,  nachdem  sie  vorhin 
schon  entdeckt,  desto  besser  hintertreiben  könne  .  .  .  Der  von  Windisch- 
grätz  werd  bericht  haben,  was  vor  Sentimenten  er  bei  dem  von  Cansteiu, 
Spanien  und  selbiger  Krön  Admission  zu  unserer  Allianz  betreffend, 
verspürt ;  dergleichen  werden  vermutlich,  wie  ich's  schon  vielfältig  gespürt, 
diese  unsere  pacifici  noch  viel  mehr  führen.  Gut  ist,  dass  der  Herzog 
zu  Celle  sich  also,  wie  Windischgrätz  werd  bericht  haben,  erklärt,  wie  er 
der  Graf  aber  weder  Instruction  als  allein  in  generali  noch  Vollmacht 
darzu  hat,  besorge  ich,  dass  bei  diesem  Convent  wenig  darin  werd 
geschehen  können '). 


Der  Kurfürst   an   den  Kaiser.     Dat.  Potsdam  23.  Juni  1673. 

(Gr.) 

[Heirat  des  Kaiser.] 

Die  beständige  gehorsamste  Devotion,  so  zu  E.  K.  M.  ich  unverrücket  23.  Juni, 
trage,  verkühnet  mich  deroselben  mein  oder  vielmehr  der  ganzen  Christen- 
heit sehnliches  Verlangen,  dass  E"".  K.  M.  höchstgeehrtes  Haus  mit  Erben 
versehen  sein  möge,  unterthänigst  vorzustellen.  Ich  weiss,  was  für  er- 
hebliche Ursachen  E.  K.  M.  haben  sich  über  den  schmerzlichen  Tod  dero 
iüngstverstorbenen  Kaiserin  Christmildensten  Angedenkens  zu  betrüben. 
E.  K.  M.  werden  aber  auch  deuenjenigen,  so  sich  mit  deroselben  hierüber 
herzlich  betrübet  haben,  nunmehr  gerne  widerum  Freude  gönnen  und 
ihre  Liebe  und  Sorgfalt  für  die  Beruhigung  der  Christenheit,  welche 
meines  Ermessens  grossesten  Theils  in  Erhaltung  E"".  K.  M.  erzherzog- 
lichen Hauses  bestehet,  erweisen  und  dero  Gedanken  auf  anderwerte  Ver- 
mählunge  zu  richten  so  wenig  länger  anstehen  lassen,  als  jedermänniglich 
sich  desfalls  ehistens  davon  erfreuliche  Zeitunge  vermuthet;  ersuche  dem- 
nach E.  K.  M.  gehorsamst,  sie  wollen  durch  Verhängung  einer  allgemeinen 
Freude  die  jetzige  durchgehende  Betrübnus  und  daher  entstehende  Furcht 
gänzlich  aufheben.  In  gewisser  unterthänigster  Zuversicht,  dass  E.  K. 
M.  diese  meine  aus  getreuen  Gemüthe  wohlmeinende  gehorsamste  Erinne- 
rung in  kaiserlichen  Gnaden  aufnehmen  werden,  will  ich  den  allerhöhesten 
Gott  inniglich  anrufen,  dass  derselbe  solches  Fürhabeu  von  oben  herab 
gedeihen  und  E^  K.  M.  eine  solche  Princessin  ausersehen  wolle,  die  nicht 


')    Ueber  des  Windischgrätz  Vorgehen  Grimoard  ].  c.  II.  290f. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.    XIV.  40 


706  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

allein  deroselben    vollkommene  Vergnügung  geben,   besonderu   auch    den 
allgemeinen  Wunsch  erfüllen  möge. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  26.  Juni  1673.    (Or.) 

[Unterredung  Brassers    mit   dem  Kurfürsten.     Verhandlungen  des  Goess   mit  Brasser. 
Erklärungen  des  schwedischen  Gesandten.] 

2G.  Juni.  Brasser  hat  zu  Potsdam  vom  Kurfürsten  dieselbe  Antwort  erhalten,   vrie  von 

Schwerin  und  Jena  in  Berlin;  nur  hetheuerte  der  Kurfürst  seine  gute  Gesinnung 
für  Holland.  Der  Frage,  ob  die  10000  Mann  Holland  gehören  oder  nicht,  hat 
der  Kurfürst  keine  Erwähnung  gethan,  sondern  nur  erklärt,  er  könne  keine 
Truppen  entlassen,  gestatte  aber  den  Holländern  im  kurfürstlichen  Lande  Truppen 
zu  werben ').  Goess,  den  Brasser  um  Rath  fragt,  räth  dieses  Anerbieten  anzu- 
nehmen. Brasser  meint  bei  den  herrschenden  Zuständen  wäre  es  das  beste,  wenn 
die  Staaten  mit  Kursachsen  verhandeln  würden.  Der  schwedische  Gesandte  -)  sagt 
dem  Goess,  man  billige  am  schwedischen  Hofe  den  Particularvertrag ;  derselbe 
sei  ein  gutes  Zeichen  für  den  allgemeinen  Frieden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3.  Juli  1673.    (Or.) 

[Vorgehen  des  Bischofs  von  Münster.     Brassers  Verhandlungen  bezüglich  der  Truppen- 
überlassung.    Meldungen  aus  Schweden.] 

3.  Juli.  Der  Bischof  von  Münster  fährt  in  seinem  feindlichen  Vorgehen  gegen  Bran- 

denburg fort 3),  was  man  hier  sehr  empfindet;  einige  meinen,  man  solle  mit 
Waffengewalt  die  Truppen  des  Bischofs  vertreiben.  Von  Abdankung  der  Truppen 
will  man  hier  nichts  hören.  Brasser  macht  neue  Versuche  die  10  000  Mann 
zu  erhalten,  dürfte  aber  keinen  Erfolg  haben  ^).  Der  dänische  Resident  Lindenau 
meldet  aus  Stockholm,  dass  Schweden  den  brandenburg-französischen  Vertrag 
nicht  billige  und  erkläre,  nie  dazu  gerathen  zu  haben. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  7.  Juli  1673.  (Or.) 

[Des  Goess  Bemühungen  Cansteins  Abberufung  zu  verhindern.  Brandenburg-franzö- 
sischer Vertrag.  Münster.  Truppenabdankung.  Brassers  Werbepläne.  Nachrichten 
über  die  Kölner  Verhandlungen.     Schwedens  Stellung  zum   brandenburg-französischen 

Vertrage.] 
7.  Juli.         Auf  die  Mittheilung  des  Grafen  von  Windischgrätz,  dass  Canstein  auf  seine 
Abberufung  dringe,  hat  Goess,  der  Cansteins  kaiserfreundliche  Gesinnung  kennt, 


1)  Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  414  ff. 

2)  Wangelin. 

3)  Depping  1.  c.  165 f.;  Urk.  u.  Act.  III.  417;  Grimoard  1.  c.  II.  294. 
^)  Urk.  u.  Act.  III.  417. 


Verhandliingen  mit  Brasser.     Canstein.     Brandenburg-französischer  Vertrag.      707 

für  die  Verweigerimg  dieses  Begehrens  bei  Schwerin  interveuirt.  Die  Tractate 
mit  Frankreich  wurden  Goess  in  einem  Auszuge  mitgetheilt;  wie  Goess  ver- 
nimmt, soll  es  bezüglich  der  Fixirung  einzelner  Artikel  Schwierigkeiten  geben. 
Der  Bischof  von  Münster  soll  sich  wegen  der  letzten  Vorgänge  entschuldigt  und 
die  Evacuirung  der  innehabenden  Plätze  versprochen  haben').  Der  Kurfürst  hat 
sich  entschlossen  einige  Regimenter  in  Westphalen  abzudanken;  er  behauptet 
zwar  keine  weiteren  Truppenentlassungen  vornehmen  zu  wollen,  doch  glaubt 
Goess,  dass  er,  wenn  er  keine  Subsidien  erhalte,  sich  bald  zu  neuen  Abdan- 
kungen genöthigt  sehen  werde.  Hoffnung  auf  Ueberlassung  der  Truppen  an 
Holland  ist  keine  und  hat  mir  der  von  Jena  ziemlich  rundaus  gesagt, 
man  werde  sie  an  keinen  überlassen;  wer  sie  haben  wolle,  möge  sie 
werben.  Brasser  sucht  diese  Werbung  vorzunehmen;  es  fehlt  ihm  aber  das 
Geld;  doch  hofft  er  dasselbe  zusammenzubringen.  Der  Kurfürst  hat  ihn  beim 
Abschiede  seiner  Freundschaft  für  Holland  versichert').  Nachrichten  aus  Holland 
lauten  dahin,  dass  die  Mediatoren  zu  Köln  zu  verstehen  geben,  dass  von  franzö- 
sischer Seite  der  Friede  auf  das  uti  possidetis,  ita  possideatis  gerichtet  werden 
wolle  ^),  was  mit  den  bisher  gegebenen  Vertröstungen  nicht  übereinstimmt. 
Krosigk,  der  kurfürstlich  brandenburgische  Gesandte  in  Stockholm,  behauptet, 
man  sei  dort  mit  dem  brandenburg-französischen  Vertrage  einverstanden  und  be- 
zeichne die  gegentheilige  Ansicht  als  leeres  Gerede. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  10.  Juli  1673.   (Or.) 

[Abschiedsaudienz  Brassers.     Verjus.] 

Brasser  ist  abgereist,  um   in  Westphalen  einige    brandenburgische  Völker,  10.  Juli, 
die  abgedankt  werden  sollen,  für  die  Staaten  zu  gewinnen.     Als  er  Abschied 

von  P.  Ch.  D.  nähme  und  darbei  meldete,  dass  ob  er  zwar  in  dem  was 
ihme  von  seinen  Principalen  aufgetragen  worden  nichts  erhalten,  dannocli 
um  die  contestirende  beharrliche  Affection  gegen  die  Staaten  General 
unterthänigst  Dank  sagte,  mit  Bitt  noch  ferner  darin  zu  continuiren,  hat 
der  Churfürst  mit  einiger  Bewegung  des  Gemüths  die  Augen  gen  Himmel 
gewendet  und  gesagt  „Gott  weiss  es,  dass  mein  Will  und  Affection  gut 
ist;"  hat  ihme  benebst  Anschlag  und  Rath  gegeben,  wie  sie  mit  der 
Werbung  am  besten  fort  zu  kommen  ^).  .  .     Verjus  soll  hieherkommen  =). 

')  Es  handelte  sich  vornehmlich  um  Ravensberg:  der  Bischof  räumte  dasselbe 
und  die  anderen  von  ihm  besetzten  Orte:  Depping  1.  c.  166. 

■)    Urk.  u.  Act.  III.  417. 

2)  üeber  die  Verhandlungen  zu  Köln;  Klopp  I.e.  I.  338  ff.;  Mignet  1.  c.  IV. 
141  ff.;  Ennen  1.  c.  I.  304ff.:  Peter  1.  c.  172ff :  Droysen  1.  c.  452f.;  Orlich  1.  c.  IL  94f. 
(Auszüge  aus  den  Berichten  Otto's  v.  Schwerin  des  Jüngeren). 

*)     „sijne  oogen  nae  den  hemel  slaende"  Urk.  u.  Act.  III.  417. 

'")     Er  kam  Anfang  August  1673  nach  Berhn;  Droysen  1.  c.  III. 3  461. 

45* 


708  VI.   Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  14.  Juli  1673.  (Or.) 

[Eindruck  der  Nachricht  von  der  Uebergabe  Mastrichts.  Verunglückter  Versuch  des 
Kurfürsten  grössere  Contributionen  von  den  märkischen  Ständen  zu  erhalten.  Ab- 
berufung Krosigks.     Dänisch-holländischer  Vertrag.     Assistenz  des  Kaisers  seitens  der 

Reichsfürsten.] 

14.  Juli.  Die  Uebergabe  Mastrichts ')  hat  hier  grosses  Staunen  verursacht;  auch  Goess 

begreift  diese  plötzliche  Uebergabe  nicht.  Der  Versuch  von  den  Ständen  der 
Mark  1000  Thaler  monatlich  mehr  an  Contributionen  gegen  das  Versprechen 
zu  erhalten,  dass  sie  von  der  Verpflegung  der  im  Lande  befindlichen  Truppen 
gänzlich  befreit  sein  sollten,  ist  nicht  geglückt,  w&s  den  Goess  in  der  Ansicht 
bestärkt,  dass  der  Kurfürst  Truppen  werde  entlassen  müssen.  Krosigk  wird  von 
Stockholm  abberufen.  Dass  der  Vertrag  zwischen  Holland  und  Dänemark  nicht 
ratificirt  worden  ist,  sondern  dass  von  Holland  Veränderungen  gewünscht  werden, 
bedauert  Goess.  Dem  Canstein  soll  die  von  Goess  gewünschte  Instruction  zuge- 
schickt worden  sein,  dass  nämlich  der  Kaiser  von  allen  Confoederirten  unterstützt 
werden  sollte,  im  Falle  er  wegen  der  im  Reiche  operirenden  Armee  von  Frank- 
reich in  seinen  Erblanden  angegriffen  werden  würde. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  Juli  1673.    (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten  und  mit  Schwerin  bezüglich  der  Assistenz 
des  Kaisers  durch  die  Reichsfürsten.  Haltung  der  Brandenburger.  Entschliessung  in 
dieser  Frage.  Unterredung  mit  Schwerin  über  des  Verjus  Mission  und  über  die  Hei- 
ratsgerüchte, ürtheil  über  Kleihe's  Mission  nach  Braunschweig.  Eintausch  Mecklen- 
burgs gegen  die  clevischen  Besitzungen  Brandenburgs.  Des  Kurfürsten  Aeusserung 
beim  Marsche  der  kaiserlichen  Truppen.     Morstyn.] 

21.  Juli.  Da  Windischgrätz  dem  Goess  mittheilt,    dass  Canstein   bezüglich   der  vom 

Kaiser  im  Falle  eines  Angriffes  durch  Frankreich  geforderten  Assistenz  nur 
allgemein  gehaltene  Erklärungen  abgebe,  begibt  sich  Goess  zu  Schwerin  und  zu 
dem  Kurfürsten,  um  eine  bessere,  detaillirtere  Erklärung  zu  Gunsten  des  Kaisers 
und  die  Belassung  Cansteins  in  Braunschweig  zu  erwirken.  Das  letztere  wird 
ohne  Anstand  zugestanden;  bezüglich  des  ersteren  Punktes  behauptet  der  Kur- 
fürst, Canstein  sei  genügend  instruirt  und  er  selbst  geneigt  des  Kaisers  Partei 
zu  vertreten,  Schwerin  betheuert  dasselbe  und  meint  der  Kurfürst  thue  vielleicht 
zu  viel.  Wir  hätten  dero  gegenwärtigen  Zustand  zu  beobachten  und  zu 
compatiren;  ihre  Festungen  und  Stadt  und  fast  das  Land  wären  noch 
in  der  Franzosen  Händen ;  ich  könnte  gedenken,  was  daraus  zu  entstehen, 
wann  sie  sich  vor  der  Zeit  all  zu  blos  geben  würden.  In  summa,  wann 
entweder  wider  Frankreich,   oder  vor  Holland,   oder  auch   vor   E.  K.  M. 


1)  Die  Besatzung  von  Mastricht  capitulirte  am  30.  Jimi  und  zog  am  2.  Juli  ab. 
Peter  I.e.  168;  Basnage  I.e.  II.  427 ff.;  Mignet  i.e.  VI.  147;  Rousset  I.e.  462ff.; 
Oeuvres  de  Louis  XIV.    III.  321  ff. 


Uebergabe  Mastrichts.     Unterstützung  des  Kaisers.     Des  Verjus  Mission.  709 

nun  etwas  zu  thun,  oder  zu  resolviren,  da  nimmt  man  sich  trefflich  in 
Acht  und  was  ich  dargegen  repräsentiren  möge,  sucht  man  mit  allerlei 
Prätexten  ahzulaineu;  massen  der  von  Schwerin  auch  dieses  vorbrachte, 
es  könnten  ja  I.  Ch.  I).  in  andere  Weg  als  eben  durch  dero  Coniunction 
mit  E'.  K.  M.  dem  gemeinen  Wesen  nützlich  sein.  Man  wüsste  nit, 
was  man  an  Schweden  hätte;  er  könnte  mit  W^ahrheit  sagen,  dass  er 
aus  allen  eingehenden  relationibus  nit  sehen  könne,  dass  man  allda  die 
consilia  ändere;  man  sähe  was  Hannover  für  consilia  führe;  in  Polen 
nehme  die  Türkengefahr  täglich  zu;  ob  ich  nit  für  vorträglich  hielte, 
dass  I.  Ch.  D.  auf  dieser  Seiten  in  guter  Postur  stünden  und  auf  alles 
invigilirten?  Dieses  alles,  und  ob's  in  Ernst  also  gemeint,  oder  mehr 
zum  Praetext  angezogen  werd,  lasse  ich  dahingestellt  sein.  Ich  vermeinte 
aber,  es  hinderö  doch  nit,  dass  man  mit  den  votis  bei  den  obhandenen 
Conventen  nit  dasjenige,  was  die  gegenwärtige  Conjuncturen  erforderten, 
befürderen  könne.  Weilen  nun  der  von  Canstein  dahin  instruirt,  dass 
I.  Ch.  D.  E.  K.  M.,  wann  sie  in  dero  Erblanden  sollten  angegriffen  werden, 
treulich  assistiren,  zu  Regensburg  dasjenige,  so  pro  salute  imperii  gut  be- 
funden werd,  bestermassen  secundiren'),  Churtrier  auch  nit  lassen  wollen; 
als  habe  ich  an  Windischgrätz  geschrieben,  der  von  Canstein  könne  meines 
Erachtens  sich  dieser  Instruction  tamquam  regulae  also  bedienen,  dass 
ers  ad  proposita  puncta  nach  Möglichkeit  applicire  und  im  übrigen  seine 
relatioues  also  einrichte,  damit  man  dahie  die  verlangte  resolutiones 
nehme  und  ihn  darnach  Vorbescheide  ...  Bei  Cansteins  guter  Gesinnung 
ist  auf  Erfolg  zu  hoffen,  weil  auf  solche  Weise  Brandenburg  das  vermeiden 
könne,  was  es  zu  vermeiden  wünsche ;  nämlich  allen  anderen  in  den  guten 
Beschlüssen  für  den  Kaiser  voranzugehen.  Schwerin  erklärt,  mit  des  Verjus  Auf- 
enthalt in  Braunschweig  und  mit  seiner  Hieherkunft  nicht  einverstanden  zu  sein. 
Weilen  nun  allerlei  geschrieben  werd, . .  .  dass  Verjus  eine  Heirat  zwischen 
den  Churprinzen  und  der  verwittibten  Herzogin  de  Guise  vorzuschlagen, 
habe  ich  den  von  Schwerin  auch  diesfalls  sondirt;  der  gab  mir  geschrie- 
bene Zeitungen,  dass  diese  Heirat  auf  eine  Mademoiselle  de  Blois,  natür- 
liche Tochter  des  Königs,  vermeint  wäre,  quod  explodebat;  ich  kennete 
den  Prinzen  und  wüsste,  dass  er  di  genio  ganz  nit  französisch  und 
darzu  von  hohen  Gedanken  und  Gemüth  seie. 

Man  hält  in  Berlin  dafür,  Kleihe  sei  mehr  ad  expiscandum  als  ad  tractandum 
schwedischerseits   nach    Braunschweig  zum    Congress  gesendet   worden.      Dem 


')     Ueber    die  Verbandlungen    zu    Regensburg    vergl.   die  Schreiben    Gravels   an 
Turenne  bei  Grimoard  l.  c.  II.  297  f.,  300f. 


710  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72  — 1675. 

Kurfürsten  wurde  von  der  Herzogin  von  Mecklenburg ')  und  dann  vom  Herzoge 
Georg  Wilhelm  zu  Celle  die  Frage  vorgelegt,  ob  er  die  clevischen  Lande  gegen 
das  Herzogthum  Mecklenburg  eintauschen  wolle.  Diese,  wie  Goess  vermuthet, 
von  Frankreich  inspirirten  Vorschläge  ist  der  Kurfürst  nicht  geneigt  zu  berück- 
sichtigen. Als  wegen  Anmarschirung  E^  K.  M.  Armee  geredt  worden 
und  ich  angedeut,  dass  dieselbe  in  wirklichem  Marsch  begriffen^),  brachen 
sie  aus  „Ach,  warum  habt  ihr  die  Resolution  nit  ehender  genommen". 
Von  Churbaiern,  Churpfalz  und  Wirtemberg  vermuthet  man  hierbei  nichts 
gutes  ^).  Die  Holländer  werben  in  Berlin  ganz  offen  Truppen.  Morstyn  ist 
angekommen  ^). 

27.  Juli.  Unter  dem  27.  Juli  berichtet  Goess.    dass  Morstyn    über    den    durch    den 

Bromberger  Vertrag  festgestellten  Secours  noch  weitere  Unterstützung  von 
Brandenburg  fordern  will.  Am  30.  Juli  meldet  Goess  die  Ankunft  des  Verjus 
in  Berlin^)  und  dass  ihm  gemeldet  werde,  Frankreich  rücke  gegen  Trier  vor  ^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2,  August  1673.  (Or.) 

[Unterhandlungen  der  Brandenburger  mit  Morstyn.     Trier.     Canstein.     Verhandlungen 

bezüglich    dessen   Instruction.     Rath    des   Goess    bezüglich    der    zu  Braunschweig  zu 

treffenden  Entscheidungen.] 

2.  Aug.  Schwerin  übergibt  dem  Goess  extractum  protocoUi  der  mit  Morstyn  gehal- 

tenen Conferenz  ^).  Von  Kurtrier  hat  der  Kurfürst  von  Brandenburg  ein  Schreiben 
mit  Schilderung  der  Trier  von  Frankreich  drohenden  Gefahren  und  mit  der 
Bitte  erhalten,  Frankreich  von  weiterem  Vorgehen  abzuhalten,  oder  falls  dies 
nicht  durchzusetzen,  Trier  zu  unterstützen  ^).  Canstein  ist  hier;  Goess  schreibt 
an  den  Kurfürsten,  es  möge  Canstein  angehört  und  ihm  neue  Instruction  gegeben 
werden.  Canstein  betheuert  seine  kaiserfreundliche  Stimmung.  Goess  wird 
alles  thun,  um  beim  Kurfürsten  eine  den  Interessen  des  Kaisers  entsprechende 


^)     Isabelle  Angelica,  Tochter  Franz  III.  v.  Montmorency. 

"0     üeber  den  Marsch  der  kaiserlichen  Truppen   Peter  I.  c.  176;  Wolf  I.  c.  395  f. 

^)  Für  das  Verhalten  dieser  Mächte,  insbesondere  Baierns;  Grimoard  I.  c.  II. 
299,  301  u.  a.  0. 

*)     Für  die  brandenburg-polnischen  Beziehungen  dieser  Zeit  Puf.  1.  c.  XI.  107. 

'=>)     Droysen  1.  c.  111.^  461  f.;  Peter  1.  c.  194f. 

^)     Die  Eroberung  und  Besetzung  erfolgte  erst  am  7.  Sept.  1673;  Peter  I.e.  179. 

^)     Extractus  protocolli  habiti  die  18. /28.  Juli  1673.  Copie. 

Der  Kurfürst  wird  die  durch  den  Bromberger  Vertrag  festgesetzte  Truppenzahl 
den  Polen  zur  Verfügung  stellen  und  denselben,  wozu  er  nicht  verpflichtet  ist,  für 
einen  Monat  Sold  geben.  Bezüglich  der  weiteren  Truppensendungen  wird  der  Kur- 
fürst mit  dem  Kaiser  und  Schweden  gemeinsam   vorgehen.     Vergl.  Puf.  1.  c.  XI.  107. 

^  Schreiben  Kurtriers  an  den  Kurfürsten  von  Brandenburg  d.  d.  Ehrenbreiten- 
stein  18.  Juli  1673.  Copie.     üeber  die  Lage  Triers  Enneu  I.e.  1.308. 


Morstyn.     Trier.     Canstein.     Convent  zu  Braunschweig.  711 

Instrucüun  zu  erwirken.    So  viel  sehe  ich   fast,    dass  man    auf  denjenigen 
Puncten,  so  in   E^  K.M.  Proposition  enthalten  ...  die  verlangte  positive 
Erklärung  nit  erhalten  werde  .  . .     Weilen  es  aber  importire,   dass   man 
nit  unverrichter  Dingen   von  einander  scheide,   das  übrige,   so  diesmalen 
nit  zu   erhalten,   auf  eine   andere  Zeit  reservire,    indeme    auch  fama  et 
species  huius  foederis  sowohl  respectu  Frankreich  als  der  AUilrten  selbst 
und  auch  andere  Stände  von  nit  geringen  Effect  sein  kann,  als  wäre  ich 
der  Meinung,  man  sollte  endlichen  finem  huius  conventus  dahin  ausdeuten, 
dass  man  bei  dieser  dem  Reich  und  denen  Alliirten  androhender  grossen 
Gefahr  eine    Notdurft  erachtet    zusammen  zu   kommen,    das    foedus  zu 
bekräftigen,  nach  der  gegenwärtigen  Lauften   zu   richten   und   die  stipu- 
lirte  mutuelle  Assistenz  wider  diejenige,   so  entweder  E.  K.  M.  in   dero 
Erblanden,  oder  Jemand  der  Confoederirten  in  den  ihrigen,  sub  quocun- 
que  praetextu  angreifen  würden,  nochmalen  fest  zu  stellen,  dass  propter 
imminens  periculum  ein  jeder  der  Confoederirten  seine  quotam  fertig  und 
parat  zu  halten,  damit  sie  alsofort,  wo  es  die  Noth  erfordert,  marschiren 
können:    dann   könnte  wegen  Churtriers  Accession,    wegen   dessen,    was 
von  Schweden  gesucht  worden,    Meldung  geschehen   und  endlichen  eine 
fernere  Zusammenkunft  nach   der  Sachen  Notdurft   veranlasst   werden '). 
Ich  vermeine,   es  solle  von  einigen  Effect  sein,   dass   die   Alliirte,    eben 
da  E"".  K.  M.   Armee  schon   in's  Reich  marschirt,   sich   aufs  neu   hierzu 
verbinden.     Ist  ein  mehrers  zu   erhalten,   wohl   und  gut;  wider   diesem 
allem  kann  kein  Bedenken  sein  und  ist  mir  beigefallen,  weilen  die  Inten- 
tion bei   den  meisten  gleichwohl  gut  scheinet  und  man  allein  aus    Scheu 
vor  Frankreich  zurück   haltet,    ob    nit    auf  einige  andere   ganz   geheime 
Versicherung  apud  singulos  könnte  gedacht  werden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  9.  August  1673.   (Or.) 

[Verhandlungen    des   Goess    bezüglich    des  Braunschweiger  Conventes  und  der  Unter- 
stützung   Triers.     Geplante  Reise   des  Goess   zu  Schwerin  nach  Landsberg.     Mitthei- 
lungen desselben  über  seine  Unterredungen  mit  Verjus.] 

Von  weiterer  Abdankung  von  Truppen  vernimmt  Goess  nichts.     Goess  ver-    9.  Xü<r. 
sucht  in  neuen  Verhandlungen  mit  Schwerin  und  Canstein  günstigere  Entschlüsse 
bezüglich  des  Verhaltens  Brandenburgs  beim  Braunschweiger  Convente  zu  erwirken. 
Sie  bleiben  dahie  noch  der  Meinung,  dass  man   von  den  Specialitäten, 

0  Der  Vertrag,  durch  den  Trier  in  das  Braunschweiger  Bündnis  trat,  wurde  am 
12./22.  Juli  zu  Braunschweig  geschlossen;  Mörner  I.e.  377;  Marx  Gesch.  Triers  I.e. 
HI.  142  ff. 


712  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

SO  ZU  nraunschweig  ventilirt  werden,  zu  abstrahiren;  nun  sehe  ich  .  ,  . 
wie  viel  praecautiones  und  reservationes  darbei  gemacht  werden  und 
dahero  sehr  zu  besorgen,  dass  quoad  effectum  nit  viel  hiermit  gericht. 
Ich  habe  mich  doch  hierin  weiter  nit  einlassen  wollen, .  .  .  sondern  dahin 
angetragen,  dass  weilen  das  Werk  zu  Braunschweig  schon  so  weit  gebracht, 
man  möchte  von  hier  aus  es  noch  ferner  beförderen  und  dass  dem  chur- 
brandeuburgischen  Abgesandten  die  Vollmacht  gegeben  werde,  den  Recess, 
wie  denselben  einzurichten  werd  gut  befunden  werden,  zu  verfertigen 
und  zu  unterschreiben.  Dieses  hat  der  Graf  von  Windischgrätz  sonder- 
lich begehrt.  Ich  sehe  wohl,  dass  man  dahie  lieber  sähe,  dass  man's 
bei  dem  ersten  Allianzrecess  bewenden  Hesse.  Ich  habe  aber  vorgestellt, 
dass  man  ob  plurimas  rationes  sine  novo  recessu  von  einander  nit  zu 
scheiden,  darin,  weilen  man  pro  modo  der  Alliirten  Völker  schwerlich 
alsofort  in  Marsch  bringen  werd,  auch  dieses  zu  inseriren,  dass  ein  jeder 
unter  den  Alliirten  seine  quotam  in  seinem  Land  beisammen  und  aller- 
dings zum  Marsch  fertig  zu  halten. 

Auch  die  Frage  der  Unterstützung  Triers  hat  Goess  vorgebracht.  An  den 
König  zu  schreiben  und  bei  dem  Verjus  seria  officia  abzulegen,  darzu 
ist  man  dahie  gar  willig;  was  aber  die  wirkliche  Assistenz  anbelangt, 
das  werd  quaestio  altioris  indaginis  sein  . . .  Goess  fürchtet,  dass  Canstein 
trotz  all  der  gegebenen  Versprechen  versuchen  wird,  die  Sendung  nach  Braun- 
schweig abzulehnen.  Goess  denkt  nach  Landsberg  zu  Schwerin  zu  reisen,  um 
mit  diesem  alles  zu  besprechen.  Als  ich  ihme  neulieb  remonstrirt,  wie 
schädlich  diese  allzu  grosse  Reflexion,  so  sie  auf  Frankreich  machen, 
fiele,  hat  er  geantwort,  sie  wäre  nit  so  gross,  dass  er  nit  allemal  dem 
Verjus  in  Namen  P.  Ch.  D.  sagen  werde,  dass  wann  sein  König  E.  K. 
M.  in  dero  Erblanden  attaquiren  sollte,  sie  deroselbeu  alsofort  assistiren 
würden.  Er  hätte  ihme,  als  er  neulich  zu  Landsberg  war,  frei  gesagt, 
dass  auch  die  Chur-  und  Fürsten,  so  Frankreich  am  besten  affectionirt, 
diesen  Marsch  des  Königs  in's  Reich  zum  höchsten  improbiren  .  .  .  Sonsten 
hätte  der  Verjus  gegen  ihme  gemelt,  dass  sobald  E^  K.  ^L  Armee  über 
die  bohaimische  Grenze  heraus  marschiren  thäte,  ihr  alsofort  60000  Fran- 
zosen entgegen  gehen  würden  und  wann  dieses  nit  geschehe,  solle  er 
ihme  hinführo  nichts  glauben'). 


')     Dass  dies  wirklich  der   Plan  Turenne's  war,    geht    aus   dessen   Mittheilungen 
hervor;  vergl.  Grimoard  1.  c.  II.  240,  334;  Peter  I.e.  181. 


I 


Braiinschweiger  Convent.     Unterstützun]^  Triers.     Budendach.  713 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  August  1673.  (Or.) 

[Nothwendigkeit  vorsichtig    beim   Kurfürsten  zu  verhandeln.     Unterredung  des  Goess 
mit  Schwerin.    Trier.     Des  Kurprinzen  Aeusserung  bezüglich  der  kaiserlichen  Truppen.] 

Goess  wird  alles  tliun,  um  den  Kurfürsten  von  Brandenburg  zu  vermögen,  IG.  Äug. 
Baiern  von  den  schlechten  Vorsätzen  abzurathen  ^)  und  dem  Könige  von  Frank- 
reich   die    Annahme    eines    Universalfriedens    unter    aequis    conditionibus    zu 
empfehlen.      Bei   dem  Versuche   Brandenburg  wider   auf  des   Kaisers  Seite  zu 
bringen,  müsse  Goess  sehr  vorsichtig  zu  Werke  gehen. 

Schwerin,  mit  dem  Goess  zu  Landsberg  sich  unterredet,  hat  an  Canstein 
geschrieben  und  denselben  zur  Fortsetzung  seiner  Mission  in  Braunschweig 
ermuntert.  Sonsten  bliebe  der  Baron  von  Schwerin  darauf,  das.s  man 
ihrer  Seiten  sich  circa  hactenus  acta  mit  Dänemark  und  Celle  confor- 
miren  wollte  und  wann  dieselbe,  wie  ich  die  Hoffnung  gäbe,  sich  noch 
zu  etwas  mehrers  erklären  sollten,  würde  es  nur  wenig  Tagen  erforderen, 
dass  ihr  Abgesandter  referiren  und  sich  ferner  Bescheids  erholen  könnte. 

An  Trier  soll  man  von  Seite  Brandenburgs  sehr  reservirt  geantwortet  haben. 
Der  von  Pöllnitz  sagt  mir,  dass,  als  der  Verjus  bei  dem  Churprinzen  ihre 
Völker  trefflich  gerühmet  und  dieselbe  gleichsam  für  invincible  be- 
schrieben, der  Churprinz  ihme  geantwort,  wann  er  die  kaiserlichen  mit 
ihre  eiserne  Hut  und  Wamms  solle  sehen,  so  würde  er  gewiss  auch  tapfere 
Leut  finden,  darauf  er  sehr  still  worden. 


Der  Kurfürst  an  den  Kaiser.     Dat.  Colin  a.  d.  Sp.  20.  August 

1673.  (Or.) 

[Sendung  Budendachs  nach  Mühlhausen.] 

Das  Schreiben  des  Kaisers  vom  10.  Angust  mit  dem  Ersuchen  den  bisher  20.  Aug. 
in  Braunschweig  verwendeten  kurfürstlichen  Rath  nach  Mühlhausen  mit  dem 
Befehle  zu  senden,  die  noch  unerledigten  Punkte  der  kaiserlichen  Proposition 
zu  berathschlagen,  hat  der  Kurfürst  erhalten"-).  Er  habe  den  neumärkischen 
Kanzler  Brandt  dahin  abgeordnet,  da  dieser  aber  auf  der  Reise  verunglückt, 
habe  er  den  sächsischen  zu  Mühlhausen  sich  befindenden  Gesandten  ersucht,  die 
Berathung  auch  in  Abwesenheit  des  brandenburgischen  Bevollmächtigten  fortzu- 
setzen und  zugleich  versichert,  dass  er  dasjenige,  was  im  Namen  des  obersächsi- 
schen Kreises  mit  den  anderen  geschlossen  würde,  genehm  halten  wolle.  Auf  des 
Kaisers  neues  Schreiben  hat  er  nun  dem  halberstädtischen  Regierungsrathe  und 
Vicekanzler  .Johann  Budendach  Befehl  ertheilt.  nach  Mühlhausen  zu  reisen. 


')     Ueber    Baierns    Haltung,    Buchner,    Gesch.    Baierns  VIII.  16  if.;   Wagner  1.  c. 
I.  307 ;    Grimoard  1.  c.  299  S. 
-)    Liegt  nicht  vor. 


714  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.      1672  —  1675. 

Unter  dem  21.  September  dankt  der  Kaiser  dem  Kurfürsten  für  diese  Sen- 
dnno-  Budcndachs. 


Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Berlin  23.  August  1673.    (Or.) 

[Mittheilung  der  mit  Yerjus  geführten  Verhandlungen  an  Goess.  Bedenken  des  Goess 
gegen  den  §  9  des  französisch-brandenburgischen  Vertrages.  Unterredung  des  Goess 
mit  dem  Kurfürsten  über   des  Verjus  Aeusserungen.     Trier.     Haltung   des  Kurfürsten 

von  Brandenburg.] 

5.  Aug.  Der  Kurfürst  ist  am  19.  nach  Berlin  gekommen.     Am  22.  fand   eine  Con- 

ferenz  des  Goess  mit  Somnitz  und  Canstein  statt,  in  welcher  dem  kaiserlichen 
Gesandten  der  Inhalt  der  Erklärungen  des  Verjus  mitgetheilt  wurde ').  Goess 
betont  den  Käthen  gegenüber,  dass  die  Gefahr  durchaus  nicht  so  gross  wäre, 
wenn  die  Fürsten  des  Reiches  den  Kaiser  nicht  im  Stiche  Hessen.  Das  mit 
Frankreich  geschlossene  Bündnis  wurde  Goess  communicirt,  er  wendet  sich  vor- 
nehmlich gegen  den  9.  Artikel,  da  er  weiss,  dass  derselbe  von  vielen  hiesigen 
Ministern  nicht  gebilligt  werde-).  Der  Verjus,  wie  mir  I.  Ch.  D.  sagten,  hat 
in  Anfang  fast  höher  gesprochen,  als  er  nit  ietzt  thue;  was  E.  K.  M.  mit 
ein  Handvoll  Volk  wider  seinem  König  ausrichten  würden?  die  meiste 
Chur-  und  Fürsten  wären  auf  ihrer  Seiten.     Ad    quae  ego:    Ich  miisste 


')     Prolocoll  der  Conferenz  vom  22.  Aug.  1673.  Or. 

Verjus  habe  dem  Kurfürsten  erklärt,  sein  König  wolle  Frieden  im  Reiche,  habe 
aber  denselben  beim  Kaiser  nicht  erlangen  können;  er  bitte  den  Kurfürsten  um  seine 
Mitwirkung  zu  diesem  Zwecke.  Falls  der  Kaiser  seine  Truppen  nicht  in's  Reich 
führen  sollte,  werde  Frankreich  seine  Truppen  vom  Reichsboden  abführen.  Frank- 
reich will  den  Polen  gegen  die  Türken  Unterstützung  senden,  bittet  aber  den 
Kurfürsten  bei  den  Verhandlungen  mit  dem  Kaiser  behufs  Ueberlassung  einiger 
Truppen  an  den  Kaiser  zur  Unterstützung  Polens  darauf  zu  achten,  dass  diese 
Truppen  nicht  später  gegen  Frankreich  verwendet  werden.  Goess  antwortet,  Oester- 
reichs  Friedensneigung  sei  bekannt;  Frankreich  sei  der  Friedensstörer.  Die  Hülfe 
Frankreichs  gegen  die  Türken  sei,  wenn  möglich,  falls  sie  überhaupt  ernst  gemeint 
sei,  zurückzuweisen.  Wie  ehrlich  es  in  dem  3*6«  Punkt  der  Kaiser  meine,  wisse  der 
Kurfürst;  Goess  hoffe,  dass  sich  Brandenburg  durch  solche  Bedenken  von  der  Unter- 
stützung Polens  nicht  wird  abhalten  lassen. 

■■^)  §9  des  Vertrages  von  Vossem  16.  Juni  1673  lautet:  Et  bien,  qu'il  soit  dit 
dans  l'article  2me  du  present  traitte,  que  le  dt-  S--.  Electeur  de  Brandeburg  n'assistera 
directement  ny  indirectement  les  ennemis  de  S.  Mte,  le  dt-  S"-.  Electeur  ayant  tes- 
moigne  toutefois,  quil  ne  pourroit  estre  engage  a  rien,  qui  peut  estre  contre  l'Em- 
pire  et  qu'il  se  reservoit  les  mains  libres  en  cas  qu'il  fust  attacque;  S.  M'^  qui  n'a 
pas  moins  a  coeur  la  seurete  et  la  paix  du  dt-  Empire  admet  volontiers  cette  reserve 
du  d'-  Electeur  a  condition  toutefois,  que  S.  Mte  ne  sera  pas  causee  attacquer  le  d'- 
Empire,  si  Elle  se  trouvoit  obligee  de  porter  ses  armes  en  Allemagne  et  d'agir  contre 
tout  prive  du  dt-  Empire,  quelquil  i)eut  estre,  qui  voulust  attacquer  S.  M'e  ou  donner 
assistance  a  ses  ennemies  contre  la  traite  de  la  Paix  de  Munster. 


Brandenburg-französisches  Bündnis.     Verjus.     Jitgerndorf.  715 

bekennen,  dass  ich  E.  K.  M.  bis  dato  fast  noch  allein  sähe,  wollte  aber 
nit  hoffen,  dass  man  dieselbe  und  das  Vaterland  solchergestalt  gemeint 
zu  abandonniren.  .  .  .  Mit  heutiger  Ordinari  schicken  I.  Ch.  D.  dero  Rati- 
fication über  den  churtrierischen  Accessionsrecess  dahin;  wann  ein  allge- 
mein Schreiben  von  den  Alliirten  an  den  König  in  Frankreich  werd 
beliebt  werden,  werd  man  hier  kein  Bedenken  darbei  haben.  Man  hat 
bei  diesen  Hof  auch  die  Nachricht,  dass  die  mediatores  zu  Colin  diese 
Invasion  des  Erzstifts  Trier  für  einen  formellen  Friedensbruch  halten; 
um  so  mehr  habe  ich  auf  die  wirkliche  Assistenz  gedrungen.  Einer  ent- 
schuldigt sich  mit  dem  andern  und  also  werd  dieser  treuer  Churfürst 
cum  summo  scandalo  sowohl  von  den  Reichsständen  als  von  den  Con- 
foederirten  verlassen.  Ich  sehe  gleichwohl,  dass  man  die  Sach  appre- 
hendire  und  inculcire  ich  immer,  dass  diese  eine  Occasion,  da  man  diese 
Allianz  mit  üniversalapprobation  könnte  in  der  Action  bringen.  .  .  .  Bei 
I.  Ch.  D.  habe  ich  sonsten  die  vorige  gute  Sentimenten  verspürt... 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  August  1673.  (Or.) 

[Jägerndorfische  Angelegenheit.     Schwerins   Plan   sich   von   den  Staatsgeschäften   zu- 
rückzuziehen.    Einschluss  des  Kaisers  in  den  französisch  -  brandenburgischen  Vertrag. 
Reduction    der    Truppen.     Verbot   fremder  Werbungen.     Nachrichten  von   einem  See- 
siege der  Holländer.     Brandenburgs  Sendung  nach  Mühlhausen.     Münster.] 

Was  der  von  Crockow  kurz  vor  dero  Abreis  von  Wien  wegen  der  30.  Aug. 
jägerndorfischen  Prätension  movirt,  will  ich  nit  verhoffen,  halte  es  auch 
nit  darfür,  dass  es  so  bös  gemeint,  wie  E.  K.  M.  es  apprehendiren;  es 
bezeigen  gleichwohl  I.  Ch.  D.  noch  immerfort  dero  gute  Devotion  gegen 
E.  K.  M,  und  gute  Sentimenten  für  unsere  Party.  Es  hat  zwar  auch 
gegen  mir  zuweilen  wohl  ein  oder  ander  Minister  hiervon  einige  Meldung 
gethan,  aber  doch  nit  solchergestalt,  als  wann  man  gemeint  diese 
Prätension  diesmalen  gar  stark  zu  treiben.  Goess  hat  Verhandlungen 
darüber  vermieden.  Sonsten  werden  E.  K.  M.  aus  meinen  super  hac 
materia  erstatteten  vielfältigen  relationibus  gnädigst  ersehen  haben, 
dass  ich  jeder  Zeit  der  unterthänigsten  Meinung  gewesen,  dass  man 
sehen  solle  aus  diesem  Werk  durch  einigen  tolerablen  Vergleich  zu 
kommen.  Das  schlechte  Vernehmen  zwischen  den  kaiserlichen  und  kur- 
fürstlich braudenburgischen  Vertretern  in  Regensburg  dürfte  daher  stammen, 
dass  die  Brandenburger  den  Franzosen  keinen  Anlass  zu  Klagen  geben  wollen. 
Schwerin  erklärt,  falls  ihn  der  Kurfürst  zur  Begleitung  des  Kurprinzen,  der 
eine  grosse  Reise  durch's  Reich  machen  soll,  auffordern  sollte,  dieses  Amt  nicht 


716  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     Iß72  — 1675. 

zurückweisen  zu  wollen;  beziehet  sich  auf  was  er  mir  zum  öftern  ver- 
trauet wegen  seiner  Intention  sich  völlig  von  den  Affairen  abzuthun 
und  zur  Ruhe  zu  begeben').  .  .  .  Als  ich  gefragt,  warum  wegen  E^  K.  M. 
und  der  Krön  Spanien  Inclusion  in  dem  Tractat  nichts  gemelt  worden, 
hat  er  (Schwerin)  nichts  rechts  darauf  geantwort,  als  es  würde  der  König 
kein  Bedenken  darbei  gehabt  haben,  wann's  von  E^  K.  M.  wäre  gesucht 
worden,  da  doch  hierin  geschehen,  was  ich  unterthänigst  bericht.  Ich 
bekümmere  mich,  die  Wahrheit  zu  sagen,  desto  weniger  darum,  weilen 
doch  diese  Inclusion  von  schlechten  Effect  gewesen  wäre  und  ich  seit- 
hero  vermerkt,  dass  E.  K.  M.  besorgt,  dass  die  Holländer  hieraus  Anlass 
zu  Mistrauen  und  Differenz  nehmen  möchten  .  . .  Die  Reduction  der  Truppen 
geht  vor  sich;  die  fremden  Werbungen  sind  verboten  worden,  vermutlich  um 
Verjus  zu  befriedigen,  der  sich  über  die  Werbungen  der  Holländer  beklagt  hat. 
Es  ist  die  Nachricht  von  einem  neuen  Seesiege  der  Holländer  eingetroffen  2). 
Windischgrätz  schickt  dem  Goess  den  zu  Braunschweig  abgefassten  Recess  mit 
der  Bitte,  bei  Brandenburg  um  fernere  Absendung  nach  Mühlhausen  zu  drängen, 
was  Goess  umsomehr  gethan,  als  dieser  Hof  nicht  sonderUch  zu  dieser  Absen- 
dung inclinirt.  Der  Bischof  von  Münster  hat  sehr  freundlich  an  Brandenburg 
geschrieben;  der  Bischof  soll  kriegsmüde  sein. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  8.  September  1673.  (Or.) 

[Haltung  des  Kurfürsten.  Absendung  Budendachs  nach  Mühlhausen.  Eindruck  des 
Marsches  der  kaiserlichen  Truppen.  Erklärungen  des  Goess.  Wangelins  Verhand- 
lungen. Pläne  Schwedens.  Unterredung  mit  dem  Kurfürsten  über  die  Kriegsopera- 
tiouen.  Eindruck  der  Nachricht  vom  Abschlüsse  der  spanisch-staatischen  Allianz. 
Urtheil  des  Kurfürsten  über  Dänemark.] 

8.  Sept.  I.  Ch.  D.  zeigen  zwar  Mitleiden  mit  Churtrier  und  improbiren  dieses 

der  Franzosen  Vornehmen,  sagen  mir  auch,  dass  sie  es  dem  Verjus, 
welcher  daraussen  bei  ihro  gewesen,  ernstlich  vorgehalten  und  remon- 
strirt,  dass  der  König  hierin  gar  übel  gerathen  und  schädliche  Conse- 
quenzien  hieraus  entstehen  werden,  wann's  aber  zum  Hand  anlegen  und 
E''.  K.  M.  zu  diesem  Ende  angesehene  Waffen  zu  secundiren  kommt,  da 
seind  die  vorige  irresolutiones  gnug  zu  vermerken.  Goess  betont  dem  Kur- 
fürsten gegenüber,    mit  Worten   sei   nichts  gethan,    man  müsse    handeln.      Der 

')  In  der  That  reichte  Schwerin  bald  darauf  „wegen  seiner  Leibesindisposition" 
seine  Entlassung  ein,  die  ihm  aber  nicht  gewährt  wurde;  vergl.  Orlich,  Friedr.  Wilh. 
Anhang  p.  12;  ürk.  u.  Act.  III.  417  Anm.f. 

-)  Gemeint  ist  der  grosse  Seesieg  bei  Kijkduin  am  21.  August  1673;  Peter  I.e. 
171;  Mignet  1.  c.  IV.   164. 


Budendach.     Marsch  der  kaiserlichen  Truppen.     Wangelin.  717 

Kurfürst  erklärt,  er  habe  Budenclacli  nach  Mülühausen  abgefertigt.  Wegen  des 
Marsches  E^  K.  M.  Armee  haben  I.  Ch.  D.  fleissig  nachgefragt  und  ver- 
merke ich  immerfort  mehr,  dass  wie  man  zu  Beförderung  der  Tractaten  mit 
Frankreich  dieselbe  persuadirt,  dass  folgends  auch  E.  K.M.  und  die  Holländer 
gleichfalls  sich  zum  Frieden  lenken  würden,  oder  wohl  auch  müssten;  dass 
weder  E.  K.  M.  noch  Spanien  mit  Frankreich  sicherlich  nit  brechen  und  der 
Marsch  auf  Eger  entweder  nit  für  sich,  oder  doch  nit  weiter  in's  Reich 
gehen  würde;  nun  da  man  das  Widerspiel  siehet,  S.  Ch.  D.  nun  mit 
einer,  nun  mit  einer  andern  Vertröstung  lactire  und  aufhalte,  massen  man 
nun  die  Hoffnung  gibt,  mich  auch  dessen  überreden  w'ollen,  dass  ehistens 
ein  Universalarmistitium  erfolgen  werde.  Ich  habe  zu  verstehen  gegeben, 
dass  es  mit  uns  allen  noch  nit  so  weit  kommen,  dass  die  armistitia  und 
was  dergleichen  allein  ab  arbitrio  der  Krön  Frankreich  zu  dependiren; 
man  wisse  welchergestalt  E.  K.  M.  und  die  Staaten  General  sich  hierbei 
erklärt  und  bezeigt,  bei  Frankreich  herentgegen,  unangesehen  aller  darbei 
angewendten  Offerten  und  officiorum,  das  Armistitium  beharrlich  aus- 
geschlossen worden.  Wangelin,  der  beim  Kurfürsten  in  Potsdam  war,  soll, 
wie  Goess  von  guter  Hand  erfährt,  den  Kurfürsten  ersucht  haben,  an  den  Kaiser 
zu  schreiben  und  denselben  zum  Innehalten  mit  dem  Marsche  wie  auch  zur  An- 
nahme des  Waffenstillstandes  aufzufordern').  Sonsten  lasst  man  sich  ver- 
merken, dass  schwedischer  Seiten  das  Absehen  beiProponirung  des  armistitii 
sein  solle,  dass,  wann  Frankreich  dasselbe  ferner  ausschlagen  thäte,  man 
sich  gar  mit  Holland  setzen  und  ihre  Party  annehmen  wolle.  Es  solle 
auch  etwas  von  einer  dritten  Party  zwischen  Schweden,  Brandenburg 
und  das  Haus  Lüneburg  in  Vorschlag  kommen  und  dahin  angezielt  werden, 
dass  man  gleichsam  das  arbitrium  pacis  hierdurch  an  sich  ziehen  wolle  ^). 
Als  ich  P.  Ch.  D.  referirt,  dass,  weilen  man  vernähme,  dass  die  Fran- 
zosen schon  über  die  Tauber  gangen^)  und  sich  nach  der  Donau  hinauf 
wenden  möchten,  unsere  Armee  ihren  Marsch  auf  Nürnberg  zu  genommen^) 
und  dass  man  nach  Raison  de  guerre  vigorose  agiren  und  nach  gestalten 
Dingen  auch  eine  Hauptaction  nit  ausschlagen  werde,  haben  dieselbe 
—  welche  sonsten  allzeit  so  heftig  darauf  gedrungen  und  geklagt,  samb  wir 


')     lieber  Wangelius  Verhandlungen  in  Berlin  Puf.  1.  c.  XII.  13. 

'^)  Ueber  die  Pläne  Schwedens,  welche,  nachdem  die  Vermittelungsvorschläge 
in  Köln  gescheitert  waren,  dahin  giengen,  die  deutschen  Fürsten  zur  Bildung  einer 
dritten  Partei  zu  vermögen,  die  wenigstens  den  Kaiser  vom  Kriege  abhalten  sollte, 
vergl.  Droysen  1.  c.  III.3  449f. ;  für  Brandenburgs  Stellung  zu  diesem  Plane  Puf.  1.  c. 
XIT.  ISAF. 

•*)     Vergl.  Peter  1.  c.  181;  Grimoard  II.  347;  Beaurain  1.  c.  64. 

■*)    Peter  1.  c.  181. 


718  ^'I-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     Ifi72  — 1875. 

i)it  recht  daran  gewollt  —  mit  meiner  nit  geringen  Verwunderung  gross 
Bedenken  gezeigt,  dass  man  summara  rerum  also  auf  einem  Streich 
wagen  wollte;  haben  nachher  auch  zu  dem  von  Hoensbroek  gesagt'),  wie 
ich  solche  hazardeuse  und  auf  Bataillen  gerichte  Gedanken  hätte.  Mein 
Raisonnement  gienge  dahin,  dass  es  ex  ratione  Status  et  belli  nit  änderst 
würde  sein  können.  I.  Ch.  D.  wollten  darbei  bedenken,  ob,  wann  uns 
ein  Unglück  widerfahren  sollte,  sie  oder  andere  Stand  alsdann  bastant 
sein  würden  den  französischen  victorieusen  Waffen  zu  resistiren  und 
sich  und  das  Reich  von  der  völligen  Servitut  zu  retten;  sie  sollten 
sich  diesem  Hazard  nit  exponiren,  sondern  mit  ihrer  Beitretung  zu  E"". 
K.  M.  Waffen  sich  und  das  römische  Reich  in  Sicherheit  setzen;  wie 
aber  diejenige,  so  ihro  die  Tractaten  mit  Frankreich  gerathen,  ihr  Fun- 
dament auf  den  Universalfrieden,  so  hieraus,  ihrer  Meinung  nach,  noth- 
W'Cndig  zu  erfolgen,  gesetzt,  also  werden  sie  zweifelsohne  demselben  noch 
ferner  insistiren  und  die  consilia  dahin  richten,  damit  der  Fried  quocunque 
modo  erfolgen  und  I.  Ch.  D.  darbei  ihre  Plätze  und  andere  eingebilte 
beneficia  erhalten  mögen  . .  . 

I.  Ch.  D.  hatten  zwar  schon  Nachricht  aus  Holland,  dass  die  Trac- 
taten zwischen  Spanien  und  die  Staaten  General  geschlossen^);...  es  hat 
gestern  der  Baron  von  Hoensbroek  auf  Befelch  des  Conde  de  Monterey 
derselben  hiervon  und  dass  man  die  Anstalt  zur  Execution  mit  allem 
Nachdruck  mache  noch  fernere  Versicherung  gegeben.  Sie  haben  gezeigt, 
dass  sie  es  gern  vernehmen;  wie  aber  einige  ministri  dahie  obgemelter 
Massen  gesinnt,  als  ist  leicht  zu  erachten,  dass  sie  es  lieber  anders  sähen. 
Derfflinger  sagt,  der  Kurfürst  werde  keinen  Mann  abdanken.  Windiscligrätz 
meldet,  dass  er  im  Begriffe  stehe  nach  Kopenhagen  zu  reisen.     Auf  Dänemark 

machen  I.  Ch.  D.  keine  grosse  Reflexion;  sie  vermeinen  selbige  Krön 
seie  gar  kraftlos ;  ich  aber  suggerirte,  dass  sie  gleichwohl  hierzu  sonder- 
lich nützlich  wäre,  dass  wann  Schweden  etwas  praeiudicirliches  vornehmen 
wollte,  von  selbiger  Krön  könnte  abgehalten  werden. 


^)     Baron  Hoensbroek,  spanischer  Gesandter  am  kurfürstlichen  Hofe. 
^)     Gemeint  ist  das  Bündnis  vom  30.  Aug.  1673;  gedruckt  bei  Dumont  1.  c.  VIIi 
240 ff.;  vergl.  Basna^e  I.e.  H.  440f. 


Erkläruna'en  des  Kurfürsten.     Spanisch-staatische  Allianz.     Mahrenholtz.  719 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  11.  September  1673.  (Or.) 

[Sendim»  des  Mahrenholtz  nach  Wien.  Unterredung  des  Goess  mit  dem  Kurfürsten, 
Pöllnitz  und  Jena  über  diese  Sache,  ürtheil  des  Goess  über  diese  Mission.  Geplante 
Unterredung  des  Kurfürsten  mit  Wrangel.     Versehung  von  Lippstadt  und  Minden  mit 

Proviant.] 

Es  wurde  am  kurfürstlichen  Hofe  bestimmt  Malireuholtz  nach  Wien  ^)  mit  1 1 .  Sept. 
der  Weisung  zu  schicken,  im  Sinne  der  schwedischen  Forderung  für  die  Annahme 
des  Waffenstillstandes  und  für  das  Innehalten  in  dem  Marsche  zu  wirken. 
P.  Ch.  D.  habe  ich,  sobald  ich  von  dieser  Negociation  veruoinmen,  remon- 
strirt,  dass  es  ein  lauter  französisches  Werk  ist.  Weilen  die  Schweden 
für  das  Geld,  so  sie  von  Frankreich  bekommen,  diesmalen  die  Waffen  nit 
ergreifen,  so  secundiren  sie  ihre  Interesse  mit  dergleichen  negociationibus  ■). 
Goess  spricht  in  diesem  Sinne  auch  mit  Pöllnitz  und  Jena.  Ihm,  Goess,  selbst 
ist  officiell  auch  nicht  die  Mittheilung  von  dieser  Sendung  des  Mahrenholtz 
gemacht  worden.  Goess  wundert  sich,  dass  man  Crockow  übergangen  habe. 
Die  Schickung,  sehe  ich  wohl,  dass  nun  schwerlich  werd  zu  hintertreiben 
sein ;  darum  gebe  ich  mich  auch  nit  all  zu  bloss ;  es  ist  allein  dahin 
zu  sehen,  dass  die  Instruction  glimpflich  eingericht  und  dann  der  Chur- 
fürst  durch  den  von  Mahrenholtz  capace  gemacht  werde.  Ich  besorge 
immer,  dass  sich  nit  allgemach  die  dritte  Party,  darvon  oft  erwähnt 
worden,  herfür  thue  und  I.  Ch.  D.  darin  mit  eingeflochten  werden;  bin 
auch  nit  ohne  Verdacht,  ob  nit  etwa  Chur-Baiern  und  Pfalz-Neuburg 
durch  diese  Wege  dahin  zielen.  .  .  .  Der  Feldherr  Wrangel  solle  heraus- 
kommen und  sich  mit  I.  Ch.  D.  unterreden^);  die  zeigen  gross  Verlangen 
hierzu  und  aestimiren  ihn  gar  hoch.  Ich  praeoccupire,  wo  ich  kann  und 
remonstrire  auf  Weis  und  Maass,  wie  es  geschehen  kann,  dass  I.  Ch.  D. 
und  das  schwedische  Interesse  diesfalls  gar  unterschieden.  Goess  räth 
dem  Kurfürsten,   Lippstadt  und  Minden  mit  Proviant    zu    versehen,    um    dann 


^)  In  einem  Schreiben  d.  d.  Potsdam  27.  Aug./G.  Sept.  1673  Or.  macht  der  Kur- 
fürst dem  Kaiser  die  Mittheilung,  dass  er  den  Präsidenten  im  Fürstenthume  Halber- 
stadt, Freiherm  von  Mahrenholtz,  nach  Wien  sende,  um  in  wichtigen  Angelegenheiten 
mit  dem  Kaiser  zu  berathen.  Die  Verhandlungen  des  Mahrenholtz  bezogen  sich  auf 
die  Forderung  des  Kurfürsten,  der  Kaiser  möge  den  Marsch  seiner  Truppen  im  Reiche 
sistiren,  da  Frankreich  versprochen  habe  in  diesem  Falle  die  Truppen  vom  Reichs- 
boden zu  entfernen.  Der  Kaiser  lehnte  dieses  aber,  indem  er  zugleich  seine  Friedens- 
neigung betonte,  ab.  Das  Memorial  des  Mahrenholtz  vom  10.  Oct.  und  des  Kaisers 
Erwiderung  vom  23.  Oct.  sind  gedruckt  im  Diarium  Europ.  XXXI. 

'-)  üeber  die  schwedischen  Forderungen  in  Wien  vergl.  die  Memorialia  des 
Pufendorf  und  des  Kaisers  Erwiderung  im  Th.  Europ.  XI.  360 ff.;  vergl.  auch  Puf. 
Bericht  bei  Heibig  1.  c.  35  f. 

-)     Vergl.    Droysen    1.  c.  III. 3  450.     Wrangel  erkrankte,    für  ihn  kam  Mardefekl. 


720  VI.    Goess  in  Berlin.    Anhalt  in  Wien.     1(172— ir,75. 

desto  freier  sich  entscheiden  zu  können;  Derfflinger  ist  sehr  dafür,  meint  aber, 
der  Kaiser  möge  dazu  beitragen,  da  der  in  diesen  Plätzen  vorhanden  gewesene 
Proviant  zum  guten  Theile  von  den  kaiserlichen  Soldaten  aufgebraucht  wor- 
den sei. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  September  1673.  (Or.) 

[Artikel  2  und  9  des  brandenburg-französischen  Vertrages.  Haltung  des  Meinders. 
Zweck  der  Mission  des  Mahrenholtz.  Erklärungen  des  Kurfürsten.  Unterredung  des 
Goess  mit  Hoensbroek,  Schwerin,  Koppen,  Meinders  über  die  Frankreich  gegenüber 
zu  beobachtende  Politik.  Schwerins  Sohn.  Beziehungen  Brandenburgs  zu  Sachsen 
vmd  Celle.     Urtheil    am   brandeuburgischen  Hofe  über  Schweden.     Des  Goess  Urtheil 

über  diese  Macht] 

25.  Sept.  Des  Kaisers  Weisung  vom  4.  Sept.  hat  Goess  empfangen  i)  und  daraus  ersehen, 

wie  wenig  der  Kaiser  mit  dem  2.^)  und  9.^)  Artikel  des  französisch-branden- 
burgischen Vertrages  einverstanden  ist.  Goess  hat  sich  über  diese  Artikel 
wiederholt  beklagt.  Meinders  hat  den  Goess  seit  seiner  Rückkehr  vermieden 
and  erst  auf  kurfürstlichen  Befehl  aufgesucht;  jetzt  sucht  er  ein  gutes  Einver- 
nehmen mit  Goess  wieder  herzustellen.  Meinders  behauptet  nach  erhaltener 
Weisung  den  Vertrag  mit  Frankreich  eingerichtet  zu  haben,  was  aber  nicht 
wahr  ist,  weilen  I.  Ch.  D.,  sobald  sie  hiervon  Nachricht  bekommen,  ihme 
befohlen,  entweder  den  articulum  zu  änderen,  oder  eine  Declaration  ein- 
zureichen, dass  sie  quoad  imperium  allerdings  freie  Hand  behalten  und 
anders  nit  an  diesem  Tractat  gebunden  sein  wollten.  Goess  hält  aber 
eine  Aenderung  jetzt  für  ausgeschlossen.  Von  einer  Abdankung  von  Truppen 
ist  keine  Rede  mehr.  Mahrenholtz  dürfte  direct  nach  Graz  au  den  kaiserlichen 
Hof  reisen,  Goess  sieht  immer  mehr,  dass  diese  Mission  nur  im  Hinblicke  auf 
den  schwedischen  Hof  erfolgt  ist.  I.  Ch.  D.  haben  mich  zwar  sehr  sinceriren 
lassen,  dass  sie  keineswegs  gemeint,  sich  den  Churbaierischen  und  der- 
gleichen consiliis  zu  associiren  *);...  man  hat  sich  gleichwohl  vorzusehen, 
dass  man's  nit  allgemach  dahin,  oder  wohl  gar  zu  einer  dritten  Party 
incaminire,  dann  ich  besorge,  dass  Schweden  und  andere,  wann  sie 
Beifall  funden,  endlichen  darauf  antragen  möchten.  Alle  die  von  Schön- 
beck kommen,  referiren  mir,  dass  I.  Ch.  D.  immer  mehr  und  mehr  ihre 
Gedanken  scheinen  zu  änderen.  Dem  Hoensbroek,  der  zur  kaiserlichen  Armee 
reist,  hat  der  Kurfürst  beim  Abschiede  gesagt,  dass  sie  sich  in  Ewigkeit  von 


')     Diese  Weisung  wie  überhaupt  die  meisten  Weisungen  des  Jahres  1673  fehlen. 

-')  Betrifft  die  Verpflichtung  des  Kurfürsten  keinem  Feinde  des  Königs  von 
Frankreich   in  Zukunft  Beistand  zu  leisten :  Mörner  1.  c.  373. 

^)     Betrifft  Brandenburgs  Haltung  bei  Kämpfen  Frankreichs  gegen  Reichsfürsten. 

■*)  Für  Baierns  Haltung  vergl.  die  Schreiben  Vitri's  an  Turenue  Grimoard  1.  c. 
II.  340 ff.,  355  f.,  373  f. 


Brandenbiirg-französisclier  Vertrag.     Meinders.     Mahrenholtz.  721 

E^  K.  M.  und  dero  hochlöblichen  Haus  nit  separiren  werden.  Sie  wiissten, 
dass  die  Franzosen  ihro  nit  traueten  und  hätten  umso  weniger  Ursach 
ihnen  zu  trauen;  erzählten  unter  andern,  welchermassen  der  Verjus  an 
den  französischen  Residenten  zu  Hamburg  ^)  geschrieben,  dass  man  fran- 
zösischer Seiten  sich  nichts  gutes  gegen  S.  Ch.  D.  zu  versehen"),  sie 
verharreten  bei  ihren  vorigen  consiliis  und  Gedanken,  darunter  sie  dann 
gar  artig  kommen  und  gaben  sie  darbei  zu  verstehen,  dass  sie  wohl 
etwa  bald  und  ehender  als  der  von  Hoensbroek  meinen  möchte  andere 
resolutiones  nehmen  werden. 

In  einer  Unterredung  mit  Schwerin  zu  Landsberg,  an  der  auch  Hoensbroek 
und  die  kurfürstlichen  Räthe  Koppen  und  Meinders  theilnahmen,  habe  ich  (Goess) 
ziemlich  nervöse  vorgestellt,  cum  quanto  dedecore  et  periculo  der  Fran- 
zosen Beginnen  im  römischen  Reich  bis  dato  zugesehen  werde  ^);  es  seie 
eine  unerhörte  Verblendung,  dass  man  entweder  die  Gefahr  nit  erkennen 
wolle,  oder,  wann  man's  erkennt,  propter  aliquod  privatum  commodum 
salutem  publicam  ...  dergestalt  negligire.  Es  meldete  der  Baron  v.  Schwerin 
darbei,  dass  nit  zu  glauben,  dass  einiger  deutscher  Fürst  sich  sponte 
sua  in  französische  Subjection  geben  wolle.  Ich  antwortete,  esse  tarnen 
hoc  ipsum,  quod  ageretur;  allein  wolle  man  mit  sehenden  Augen  nit 
sehen;  man  solle  die  deutsche  Höfe  ein  wenig  durchgehen,  man  werde 
bald  finden  a  quibus  et  quibus  consiliis  und  mit  was  für  Maximen  und 
Absehen  einer  und  ander  regirt  und  dirigirt  werde.  Und  gegen  Meinders, 
der  behauptet  Frankreich  habe  es  auf  eine  Eroberung  des  Reiches  nicht  abge- 
sehen, da  es  wisse  eine  solche  Eroberung  nicht  erhalten  zu  können,  betont 
Goess,  dass  Frankreich  gewiss  derartige  Pläne  habe  und  durch  die  Uneinigkeit 
des  Reiches  zur  Durchführung  derselben  ermuntert  werde.  Schwerin  schickt  seinen 
Sohn  Moriz  zur  kaiserlichen  Armee,  er  will,  dass  derselbe  daselbst  dient;  es  wäre 
gut  ihn,  im  Interesse  der  Erhaltung  der  guten  Beziehungen  zu  Schwerin,  zu  prote- 
giren.  Da  der  Kurfürst  viel  Gewicht  auf  Sachsen  legt,  trachtet  Goess  eine  Correspon- 
denz  zwischen  beiden  Kurfürsten  herzustellen^);  auch  auf  den  Herzog  von  Celle 
legt  der  Kurfürst  grosses  Gewicht.     Bezüglich  Schwedens  gibt  es  hier  2  Parteien ; 


')     Bidal;  Tergl.  dessen  Schreiben  an  Turenne  bei  Grimoard  1.  c.  II.  341  if. 

2)     Vergl.  für  Verjus  Thätigkeit  sein  Schreiben  an  Turenne;  Grimoard  1.  c.  II.  366. 

")  Schon  am  28.  August  hatte  der  Kaiser  durch  seine  Vertreter  in  Regensburg 
seine  Entrüstung  über  Frankreichs  Vorgehen  kundgeben  lassen;  vergl.  Mignet  1.  c. 
IV.  201  ff.;    Th.  Eur.  XI.  391;   für    die  Haltung  des  Kaisers  in   dieser  Zeit;  Mignet 

I.  c.  IV.  194ff.;    Wolf  1.  c.  396;  Wagner  1.  c.  I.  313ff.;    Grimoard  (Schreiben  Gravels) 

II.  324  f.,  331  f. 

■*)  Ueber  Sachsens  Haltung  in  dieser  Zeit  vergl.  die  Schreiben  Chassans 
(B"rankreichs  Vertreter)  au  Turenne  bei  Grimoard  1.  c.  II.  348,  355;  Auerbach  1.  c. 
390  ff. 

ilater.  z.  Gesch.  d.  G.  Kurliirsteu.    XIV.  4o 


722  VI.    Goess  in  Berlin,    Anlialt  in  Wien.     1672—167.5. 

die  eine  behauptet,  man  müsse  grosses  Gewicht  auf  Schweden  legen,  die  andere 
meint,  wenn  Brandenburg  mit  dem  Hause  Lüneburg  oder  auch  nur  mit  Celle 
einig  wäre,  sei  es  Schweden  gewachsen.  Ich  setze  hinzu,  dass  wann  Dänemark 
darzu  käme,  würde  Schweden  sich  schwerlich  dieser  Seiten  etwas  unter- 
fangen dörfen.  Ich  lasse  dahingestellt  sein,  was  der  Schweden  Intention 
seie;  sehe  zwar,  dass  sie  ziemlich  resolut  sprechen  und  schreiben,  stehe 
doch  noch  an,  ob  sie  so  geschwind  mit  dem  Schwert  darein  schlagen 
möchten ;   es  müsste  dann  Status  rerum  sich  all  sehr  veränderen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  October  1673.   (Or.) 

[Sendung  des  Mahrenholtz.     Crockow.     Derfflinger.] 

2.  Oct.  Von  einer  weiteren  Abdankung   der  Truppen   ist   keine  Rede.      Goess    ist 

auf  der  Sendung  des  Mahrenholtz  nach  Graz  deswegen  bestanden,  damit  es  den 
Anschein  habe,  dass  er  mehr  zu  Ablegung  der  Congratulationscomplimente  '), 
als  zu  der  von  Schweden  gewünschten  Negociation  an  den  Hof  des  Kaisers  ge- 
sendet worden  sei.  Schwerin  hat  den  Goess  zum  Fischfange  nach  Landsberg 
geladen;  er  geht  dahin.  Sonsten  ist  mir  an  der  Fischerei  nit  viel  gelegen; 
ich  bin  piscator  hominum,  wann  ich  nur  allzeit  den  rechten  Zeug  hierzu 
hätte.      Crockow  und  Derfflinger  bethätigen   ihre  kaiserfreundliche  Gesinnung. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  October  1673.  (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  Lage.  Schwerins  Gesinnung.  Vor- 
schläge des  Goess,  wie  eine  Einigung  mit  Brandenburg  zu  erzielen.  Bedeutung  der 
Einigung  mit  Brandenburg  für  die  allgemeinen  Verhältnisse.  Bemühungen  des  Verjus 
Schwerin  zu  gewinnen.  Vortheile  einer  Belohnung  Schwerins  seitens  des  Kaisers. 
Erklärungen  GoUsteins.     Dritte  Partei.     P.  S.  Gewinnung  eines  Kanzleibeamten.] 

6.  Oct.  Goess  hat  mit  Schwerin  über  die  Lage  gesprochen.     Als    ich    abermalen 

die  rationes  vorgestellt,  warum  I.  Ch.  D.  zu  E.  K.  M.  zu  treten  und  dass 
hierdurch  wider  dem  mit  Frankreich  gemachten  Tractat  nit  geschähe, 
gäbe  er  zu  verstehen,  die  Difficultät  bestünde  in  diesem  nit;  I.  Ch.  D. 
hätten  ürsach  gnug,  wordurch  sie  diese  Resolution  iustificiren  könnten, 
sondern  es  wäre  vielmehr  auf  die  hierzu  nöthige  Mittel  und  auf  dero 
künftige  Sicherheit  zu  sehen.  Er  zeigete  mir  in  Vertrauen,  was  I.  Ch. 
D.  an  ihme  eigenhändig  wegen  Invasion  des  Churfürstenthum  Trier, 
Schleifung  der  Stadt  in  Elsass^)  und  dergleichen  geschrieben,    mit  Ver- 


1)  Zur  Verlobung  Leopolds  mit  der  Erzherzogin  Claudia  Felicitas. 

2)  Vergl.  Wagner  1.  c.  L  313;  Peter  1.  c.  179;  Rousset  1.  c.  L  470. 


Schwerins  Gesinnung.  Einigung  des  Kaisers  mit  Brandenburg.  Bedeutung  derselben.    723 

melden,  dass  man  solchen  Dingen  länger  nit  zusehen  könne,  er  soll  ihro 
seine  Meinung  destwegen  überschreiben.  So  vernimm  ich  auch  von  ver- 
trauter Hand,  dass  sowohl  I.  Ch.  D.  als  auch  die  Churfürstin  hiervon  gar 
emplindliche  Discursen  führen.  Den  Baron  von  Schwerin  anbelangend, 
gedünkt  mich  ihn  täglich  mit  bessere  Sentimenten  zu  finden,  also  dass 
ich  verhoffen  könnte,  dass  etwas  gutes  hierin  zu  richten,  wann  die  Mittel 
könnten  gefunden  werden  das  Werk  mit  Nachdruck  zu  poussiren.  Vor's 
erste  müssten  einige  subsidia  gefunden  werden,  dann  I.  Ch.  D.  könnten's 
aus  den  ihrigen  nit  bestreiten.  Mit  Holland  darum  zu  tractiren  würde 
für  diesmalen  meines  Bedünkeus  wegen  der  mit  Frankreich  aufgerichten 
Tractaten  und  sonsten  auch  bedenklich  fallen.  Sonsten  würde  diese 
Resolution  durch  die  freie  Hand,  so  I.  Ch.  D.  in  dem,  was  das  Reich 
angehet,  behalten,  durch  die  churfürstliche  Verein,  das  foedus  brunsvi- 
cense  und  dergleichen  gnug  können  justificirt  werden;  hinderte  darbei 
auch  nichts,  wann  hieraus  denen  Holländern  einiges  beneficium  .  . .  wider- 
führe; es  könnte  etwa  hierin  der  modus,  wie  mit  Chur-Trier  geschehen, 
gehalten,  durch  E.  K.  M.  getractirt  werden  und  dieselbe  wegen  der 
praestandorum  sich  mit  den  Staaten  General  vergleichen.  Es  hat  noch 
im  vergangenen  Winter  der  Conde  de  Monterey  erstlich  mit  mir,  nacher 
durch  meine  Veranlassung  mit  dem  Blaspeil  wiegen  einiger  Subsidien  zu 
Erhaltung  S'.  Ch.  D.  in  unserer  Party  und  Mitannehmung  der  Krön 
Spanien  angefangen  zu  handeleu  und  wäre  er,  wie  er  mir  sagte,  aller- 
dings von  der  Königin  hierzu  instruirt;  der  Marques  de  los  Balbesos 
hat  dem  von  Crockow  auch  noch  bei  seinem  Abschied  dergleichen  zu 
verstehen  gegeben.  Ich  vermerke  nun  aber  aus  des  Grafen  von  Pötting 
und  der  spanischen  ministrorum  Schreiben,  dass  sie  alle  sothane  Trac- 
taten, die  Chur- und  Fürsten  des  Reichs...  herbeizubringen,  nunmehr  E^ 
K.  M.  zu  überlassen  gedenken,  darin  sie  nun  zu  disinganniren.  Wann 
E.  K.  M.  dieses  alles  bestreiten  sollten,  würden  die  spanische  subsidia 
hierzu  nit  erklecken,  geschweige  dass  dero  Armee  daraus  nur  zum  Theil, 
wie  gar  billig,  solle  verpflegt  werden.  Mit  den  Staaten  General  wäre 
zufürderist  zu  handien,  dass  I.  Ch.  D.  versichert  sein  möchten,  dass  in 
quemcunque  eventum  ihre  Plätze  Wesel  und  Rees  ihro  würden  restituirt 
werden  . . .  Weilen  dann  die  dispositio  animorum  dahie  gar  gut  zu  sein 
scheinet,  als  wollen  E.  K.  M.  gnädigst  gedacht  sein,  wie  der  Sachen  am 
besten  zu  thun  sein  möchte.  Dieselbe  werden  gnädigst  zu  ermessen 
wissen,  was  für  ein  gross  avvantaggio  der  ganzen  Party  hieraus  resultiren 
würde.     I.  Ch.  D.   können   alsofort  7000  Mann   zu  Fuss    und  6000  Pferd 

46* 


724  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72  — 167.5. 

sehr  gutes  Volk  raarschiren  lassen;  Dänemark,  Lüneburg  und  andere 
würden  grosse  Reflexion  hierauf  nehmen;  wie  justificirt  auch  diese  Reso- 
lution sein  möchte,  würde  sie  von  Frankreich  für  eine  Contravention  und 
Friedbruch  ausgedeut  werden,  dahero  die  Reconciliation  desto  schwerer 
und  I.  Ch.  D.  um  so  beständiger  bei  der  Party  zu  verharren  hätten ; 
würde  auch  hierbei  nit  bleiben,  sondern  die  Vereinigung  mit  den  Hol- 
ländern ungezweifelt  daraus  erfolgen,  die  reflexiones  auf  dem  Reichstag 
zu  Regensburg,  auf  den  Kreistagen,  auf  das  polnische  Interesse  und  andere 
Ding  mehr  da  nit  zu  berühren.  Verjus  bemüht  sich  stark,  Schwerin  zur 
Annahme  der  20  000  Thaler  zu  vermögen,  die  demselben  beim  letzten  Tractate 
offerirt  worden  sind;  Goess  glaubt  nicht,  dass  Schwerin  nach  den  wiederholten 
Betheuerungen  das  Geld  nicht  annehmen  zu  wollen,  sich  doch  dazu  entschliessen 
werde.  Ein  gemeinsamer  Freund  des  Schwerin  und  Goess  räth  dem  letzteren, 
Schwerin  beim  Kaiser  eine  Gnade  von  etwa  12  000  Tlialer  zu  erwirken.  Auch 
Jena  etwas  zu  geben,  würde  Goess  für  sehr  zw'eckmässig  halten.  Gollstein  i) 
ist  als  Vertreter  des  Herzogs  von  Neuburg  für  den  erkrankten  Stratman  nach 
Berlin  gekommen;  er  hat  dem  Goess  gesagt,  man  möge  trachten  einen  Waffen- 
stillstand zu  schliessen,  um  den  Fürsten  des  Reiches  die  Möglichkeit  zu 
besserer  Rüstung  gegen  Frankreich  zu  gewähren.  Goess  glaubt  diese  Sendung 
sei  im  Einverständnisse  mit  Schweden  geschehen,  dessen  Vertreter  Mardefeld'-) 
hier  erwartet  werde.  Weilen  nun  zu  vermuthen  und  aus  allen  Umständen 
gnugsam  abzunehmen,  dass  diese  Negociation  auf  die  zum  öftern  mentio- 
nirte  dritte  Party  angesehen,  als  unterlasse  ich  nit  diejenige  considera- 
tiones,  so  man  hierbei  zu  haben,  vorzustellen ;  Churbaiern  und  Hannover 
sollen  auch  hierbei  concurriren  und  mag  der  Vorschlag  von  den  Franzosen, 
denen  mit  den  divisionibus  und  Trennungen  im  Reich  sub  quocunque 
nomine  aut  praetextu  fiant  gedient,  herkommen;  dahero  und  auch  ex 
ipsis  partibus  componentibus  leicht  zu  iudiciren,  pro  quo  et  contra  quem 
eine  solche  dritte  Party  vermeint.  Es  ist  notorium,  wie  weit  Schweden 
mit  Frankreich  engagirt  und  was  sie  vor  Geld  darfür  empfangen,  sollen 
auch  noch  engere  Tractaten  obhanden  sein,  de  quo  iam  hie  aliquid  in- 
audiverunt . . . 

P.  S.  I :  Was  E.  K.  M.  gnädigist  melden  wegen  Gewinnung  eines  oder 
anderen  bei  der  Canzlei,  das  habe  ich  mir  freilich  lassen  angelegen  sein, 
werde  es  noch  ferner  thun;  es  gehen  aber  die  secretissima  durch  die  Hände 
eines  secretarii,  der  zugleich  dechilFrirt;    welcher  secreti  sehr  teuax  und 


')     Heinrich    Theobald    Gollstein;    über    seinen    Aufenthalt    in    Berlin    Puf.   1.  c. 
XII.  23. 

-')     Conrad  ilardefeld ;  über  seinen  Aufenthalt   in  Berlin  Puf.  1.  c.  XII.  8,  13. 


Verjus  und  Schwerin.     Belohnung  Schwerins.     Gollsteins  Vorschläge.  725 

sonst  in  allem  qualificirt  ist.  Als  ich  ihme  vor  einem  Jahr  wegen  der 
mit  denen  Allianztractaten  gehabten  Bemühung  eine  Verehrung  gethan, 
er  dieselbe  nit  ehender,  als  bis  man  zu  Hof  darein  verwilliget,  annehmen 
wollen. :  I 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  9.  October  1673.  (Or.) 

[Gollsteins  Vorschläge.     Frankreichs  Stellung    zu    denselben.     Des   Kurfürsten  Gesin- 
nung.    Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über    die  dritte  Partei.     Des  Verjus  Er- 
klärungen bezüglich  Triers.] 

Gollsteins  Vorschlag  ist,  wie  Goess  erfahren,  auf  die  dritte  Partei  gerichtet  9.  Oct. 
gewesen  und  des  Verjus  Benehmen  zeigt,  dass,  was  Gollstein  vorbringt,  di 
concerto  mit  Frankreich  geschehe.  Goess  sucht  den  Kurfürsten  von  der  Annahme 
dieses  Vorschlages  abzuhalten  und  findet  ihn  gut  kaiserlich  gesinnt.  Die  Ver- 
handlungen mit  Gollstein  sind  bis  zur  Ankunft  Mardefelds  verschoben  worden. 
Dem  Baron  von  Schwerin,  welcher  a  bello  civili  sonderlich  zu  abhorriren 
zeigt,  habe  ich  remonstrirt,  dass  eben  diese  Proposition  einer  dritten 
Party  dahin  und  auf  innerliche  Kriege  anziele;  alles  üebel  in  Deutsch- 
land rühre  von  der  Disunion  her  und  das  Remedium  solle  nun  sein  das 
grösste  Schisma,  so  man  erdenken  könne;  man  taufe  diese  Party  übel, 
es  sei  keine  dritte,  sondern  eine  secunde  Party,  als  die  allein  gericht 
die  französische  disegni  zu  secundiren.  Wie  ich  nun  weiss,  dass  man 
dahie  sonderlich  auf  die  Restitution  der  Plätze  Wesel  und  Rees  das 
Absehen  hat '),  als  habe  ich  Gelegenheit  genommen  P.  Ch.  D.  zu  remon- 
striren,  dass  sie  viel  besser  und  sicherer  als  durch  einige  andere  Weg 
hierzu  gelangen  können,  wann  sie  sich  mit  E''.  K.  M.  setzen,  welche  sich 
nit  zuwider  sein  lassen  werden,  alles  dasjenige  zu  verschaffen  und  zu 
contribuiren,  was  diese  Restitution  zum  Besten  befürderen  und  versicheren 
könne. 

Verjus  hat  dem  Kurfürsten  als  Erwiderung  auf  dessen  Klagen  wegen  Frank- 
reichs Vorgehen  gegen  Trier  erklärt,  Ludwig  XIV.  Avolle  als  Zeichen  seiner 
Friedens neigung  die  kurtrierischen  Plätze  räumen  und  dem  Kurfürsten  von 
Brandenburg  übergeben,   falls  dieser  die  entsprechende   Garantie    leiste;     eine 

schöne  Satisfaction  vor  einem  Churfürsten  des  Reichs,  nachdeme  man 
ihme  ohne  alle  gegebene  Ursach  im  Grund  ruinirt,  ohne  einiger  Satisfaction 
noch  darzu  seine  Plätze  in  anderer  Leute  Händen  pro  suo  arbitrio  zu 
geben. 


')     Vergl.  Orlich  1.  c.  II.   102;  Orlich,  Gesch.  Friedr.  Wilh.  Anhang  lof. 


726  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72— 1675. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  13.  Oetober  1673.  (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  mit  Gollstein  über  die  dritte  Partei.] 

13.  Oct.  Goess  hat  vernommen,    dass    der  Vorschlag   der    Gründung'  einer    dritten 

Partei  von  den  schwedischen  Mediatoren  zu  Köln  und  von  dem  Neuburger  her- 
rühre ').  Goess  hat  mit  Gollstein  über  die  dritte  Partei  gesprochen.  Gollstein 
verrieth,  auf  den  Herzog  von  Celle  insbesondere  ein  Augenmerk  zu  haben,  nannte 
auch  Kurmainz  und  Württemberg  und  betonte,  dass  diese  Partei  bis  zu  40  000 
Mann  zusammenbringen  könnte ;  worauf  Goess  erwiderte,  ob  er  nicht  glaube, 
wenn  eine  solche  Partei  sich  auf  des  Kaisers  Seite  schlagen  möchte,  dass 
dadurch  besser  den  Uebelständen  abgeholfen  würde.  Gollstein  replicirte  darauf, 
mau  müsse  per  indirecta  gehen;  später  könnte  man  sich  auf  des  Kaisers  Seite 
schlagen.  Gollstein  betonte  ferner,  dass  sein  Herr  keine  speciellen  Vorschläge 
machen,  sondern  nur  die  Gesinnungen  des  Brandenburgers  erfahren  wolle. 
Crockow  berichtet,  dass  er  den  Schwerin,  bei  dem  er  gewesen,  in  einer  dem 
Kaiser  günstigen  Stimmung  gefunden  habe. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Oetober  1673.  (Or.) 

[Friede   mit   Frankreich.     Xothwendigkeit    von    Subsidienzahlungen    an    Brandenburg. 
Dänisch-holländische  Beziehungen.] 

16.  Oct.  Schwerin  meint  dem  Goess  gegenüber,  der  Kaiser  werde  doch  nichts  dagegen 

haben,  wenn  der  Friede  auch  mit  etwas  Vortheil  für  Frankreich,  wenn  er  anders 
nicht  zu  erhalten,  zu  Stande  kommen  sollte. 

Goess  hat  dem  Kurfürsten  vorgestellt,  was  für  Erwägungen  bei  der 
schwedischen  Negociation  zu  machen  seien ;  alle  seine  (Goess)  Reden  werden 
aber  keinen  Erfolg  haben,  wenn  man  Brandenburg  keine  Subsidien  zuweise. 
Zwischen  Dänemark  und  Holland,  glaubt  Goess,  wäre  eine  Einigung  zu  erzielen, 
wenn  Holland  eine  Unterstützung  gewähren  würde. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Oetober  1673.  (Or.) 

[ürtheil  des  Goess  über  die  den  Plänen  der  dritten  Partei  gegenüber  zu  beobachtende 

Politik.     Des  Goess  Bemühungen  um  Herstellung  einer  freundschaftlichen  Correspon- 

denz  zwischen  Brandenburg  und  Sachsen.    Verjus.     Gollstein.    Waugeliu.     Des  Verjus 

.  und  des  Wangelin  Aeusserungen  über  den  Frieden.     Des  Mahrenholtz  Mission.] 

20.  Oct.  Goess  hält  dafür,  dass  das  beste  Mittel,  die  von  Schweden  proponirte  dritte 

Partei  und  andere  dergleichen  Vorschläge  zu  hintertreiben,  wäre,  wenn  der  Kaiser 
in's  Mittel  treten  und  wenn  dieVerhandlungen  mit  Holland  ratione  subsidiorum  unter 
des  Kaisers  Namen,  doch  ohne  dessen  Entgelt,  geführt  würden.     Goess  erwartet. 


1)    Schwedens  Vertreter    zu  Köln  waren  Graf  Tott,  Baron  von  Sparre  und  Herr 
von  Ehrenstein;  über  ihre  Thätigkeit  Mignet  1.  c.  IV.  148 ff. 


Die  dritte  Partei.     Brandenburg  und  Sachsen.     Mardefeld.  727 

was  Fagel  dem  Krampricli  auf  diese  Proposition  antworten  wird;  unterdessen 
gibt  er  dem  Kurfürsten  und  dessen  Ministern  allgemein  gehaltene  Erklärungen. 
Goess  wird  sich  angelegen  sein  lassen,  eine  freundschaftliche  Correspondenz 
zwischen  Brandenburg  und  Sachsen  zu  stiften.  Mardefeld  ist  noch  nicht  in 
Berlin.  Verjus  läugnet  noch  immer  mit  diesen  Verhandlungen  Schwedens  in 
Verbindung  zu  stehen.  Das  Verhältnis  des  Goess  zu  GoUstein  Avird  immer 
zutraulicher.  Wangelin  vertritt  ganz  entschieden  das  französische  Interesse. 
Ich  vermerke,  dass  sowohl  der  Verjus  als  er  suchen  zu  persuadiren, 
dass  der  Fried  zu  Colin  mit  nechstem  möchte  geschlossen  werden,  darzu 
scilicet  diese  dritte  Party  viel  cooperiren  könnte  .  . .  Mahrenholtz  dürfte 
beim  Kaiser  bereits  vorgesprochen  haben ').  Die  Franzosen  sollen  über  seine 
Instruction  keine  Vergnügung  haben.  Ich  kann  nit  änderst  iudiciren, 
als  dass  dahie  hierbei  die  Meinung  allein  gewesen  an  Schweden  und 
etwa  auch  an  Frankreich  diese  Deference  und  Begierde  zum  Frieden  zu 
bezeigen,  im  übrigen  aber  es  auf  solche  Weis  zu  thun,  dass  E.  K.  M. 
kein  Disgusto  noch  Misfallen  darüber  zu  haben. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  October  1673.  (Or.) 

[iJardefelds  Ankunft.  Schwedisch-französische  Beziehungen.  Vergebliche  Versuche 
Baierns  und  Neuburgs  bei  Frankreich  im  Interesse  der  dritten  Partei  zu  wirken.  Des 
Kurfürsten  Stimmung.  Dänemark.  Brandenburg-holländische  Beziehungen.  Des  Goess 
Pläne  in  dieser  Sache.  Religionsfrage.  Restitution  von  Wesel  und  Rees.  Des  Kur- 
fürsten Erklärungen  bezüglich  Triers.] 

Mardefeld  ist  angekommen;  Goess  hat  noch  vor  seiner  Ankunft  den  Kur-  27.  Oct. 
fürsten  gewarnt.  Von  Schwerin  hat  Goess  vernommen,  dass  Schweden  mit 
Frankreich  nicht  zufrieden  ist.  Von  Baiern  und  Xeuburg  soll  bei  Frankreich 
ein  Vorschlag  wegen  der  dritten  Partei  gemacht  worden,  solcher  aber  nicht  ange- 
hört worden  sein,  daher  eine  officielle  Mission  unterblieben  sei.  Goess  hat  den 
Kurfürsten  etwas  immutirt  und  seiner  eigenen  Sicherheit  halber  zu  Tractaten 
mit  Schweden  inclinirt  befunden.  Goess  hat  aber  remonstrirt,  wie  sicher  der 
Kurfürst  in  sinu  der  braunschweigischen  Allianz  liegen  würde  und  dass  die 
etwa  vorhandene  dritte  Partei  ein  französisches  Werk  sei.  Von  Dänemarks 
Macht  hält  der  Kurfürst  nichts,  was  Goess  zu  widerlegen  sucht.  Dänemark 
zeigt  sich  aber  immer  besser  für  die  holländischen  Tractate  gesinnt;  es  ist  auch 
—  wie  Goess  glaubt  —  ein  guter  Erfolg  zu  hoffen,  wenn  Dänemark  die  vor- 
gehabte Sendung  an  Brandenburg  und  Braunschweig  in's  Werk  setzen  würde, 
in  welchem  Sinne  Goess  an  Windischgrätz  geschrieben  hat. 

Bei  dieser  sothaner  Disposition  der  Sachen,   habe  ich  gut  gefunden 
I"".  Ch.  D.  etwas  zu  sagen  von  meinem  ...  Vorschlag  wie  und  welchergestalt 


^)     Vergl.  p.  719  Anm. 


728  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.      ir,72— 1G75. 

von  Holland  einige  Subsidien  für  deroselben  zu  erhalten  .sein  möchten, 
damit  .sie  hierdurch  um  so  mehr  animirt  und  von  andere  Gedanken 
abgehalten  würden;  so  sie  zwar  gern  angehört,  aber  darbei  geklagt,  dass 
die  Holländer  sich  so  ganz  unbillig  gegen  sie  erweisen  und  von  den  rück- 
ständigen subsidiis  .  .  .  nichts  abstatten  wollen^)  .  .  .  Der  von  Schwerin 
hatte  mir  vorhin  geklagt,  wie  die  Holländer,  ja  auch  sogar  der  Prinz 
von  Oranien,  S.  Ch.  D.  ausser  Acht  setzen.  Man  habe  sie  nit  einmal 
gewürdigt  auf  ihro  Schreiben,  darin  sie  den  Tractat,  so  sie  mit  Frank- 
reich aus  höchstdringender  Noth  machen  müssen,  bestermassen  entschul- 
digt, zu  antworten  und  besorge  ich,  dass  der  von  Amerongen,  welcher 
von  Hamburg  wiederum  nach  Haus  gereist,  keine  gute  und  zu  besseren 
Vernehmen  gereichende  officia  thun  werde.  Goess  sucht  auch  die  Kur- 
fürstin zu  gewinnen.  In  puncto  religionis  habe  ich  gemelt,  ich  wüsste, 
dass  man  dergleichen  unbegrüudte  praetextus  vorschütze;  ich  versicherte 
aber  S.  Ch.  D.,  wann  mir  solle  gezeigt  werden,  dass  von  unserer  Seiten 
etwas  contra  instrumentum  pacis  geschehen,  dass  ich's  alsofort  würde 
machen  remediren ;  worbei  sie  ferner  nichts  meldeten.  .  .  . 

Bezüglich  der  vorgeschlagenen  Restitution  der  Plätze  Wesel  und 
Rees  kann  ich  mir  leicht  einbilden ,  dass  was  a  parte  E^  K.  M. 
hierbei  zu  geschehen,  wegen  der  Reflexion,  so  man  auf  Chursachsen  zu 
machen,  Bedenken  haben  werd;  es  wäre  doch  auf  einigen  modo  zu 
gedenken,  wie  etwa  durch  die  Holländer,  ohne  dass  E.  K.  M.  Chursachsen 
disobligiren,  S^  Cli.  D.  diese  Satisfaction  könne  verschafft  werden. 

An  Trier  hat  der  Kurfürst  von  Brandenburg  geschrieben  und,  wie  Jena  dem 
Goess  mittheilt,  erklärt,  wenn  die  verstimmenden  der  Braunschweiger  Allianz 
sich  zu  des  Trierers  Vertheidigung  entschliessen  sollten,  Averde  er  dasselbe  thun. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Bedin  30.  October  1673.   (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Wangelin  über  die    zur  Herstellung  des  Friedens  einzu- 
schlagenden Wege.     Des    Goess    Plan    einer    Einigung    aller   Mitglieder    des    Braun- 
schweiger Bündnisses.     Audienz  der  Schweden.] 

30.  Oct.  Wangelin  besucht  den  Goess  und   sagt,   der  Zweck  seiner  Mission   sei  die 

Herstellung  eines  billigen  Friedens,  der  nur  durch  einen  Waffenstillstand  zu 
erlangen  sei.  Frankreich  und  dessen  Verbündete  seien  bereit  den  Frieden  zu 
schliessen.  Goess  betont  in  seiner  Antwort  die  Friedensliebe  des  Kaisers  und 
dass  der  beste  AVeg  zur  Herstellung  des  Friedens  ein  gemeinsames  Vorgehen 
des  ganzen  Reiches  und  die  Vertreibung  der  in  demselben  stehenden  feindlichen 


^)    Ueber  die  brandenburg-holländischen  Beziehungen  in  dieser  Zeit  Urk.  u.  Act. 
III.  418  fr.:  Puf.  1,  c.  XII.  24. 


Stimmung  am  Berliner  Hofe.    Wanjjelin.    :\röglirhkeit  Brandenburg  zu  gewinnen.      729 

Truppen  wäre.  Goess  hat  dem  Windischgrätz  geschrieben,  es  wäre  sehr  gut. 
wenn  der  König  von  Dänemark  jemanden  an  den  kurfürstliclien  Hof  senden 
würde.  Mich  gedünkt,  man  könnte  bei  gegenwärtigen  Couiuncturen, 
wann  die  Holländer  sich  nur  ein  wenig  angreifen  wollten,  das  Werk 
mit  Dänemark,  Churbrandenburg,  Celle  und  VVolfenbüttel  und  folgends  mit 
den  sämmtlichen  braunschweigischen  Alliirten  richtig  machen  und  zur 
Action  kommen  .  .  .  Soeben  meldet  Schwerin,  dass  die  Schweden  bei  der 
Audienz  in  terminis  generalibus  gesprochen  hätten  ^). 


Goess  an   den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  November  1673.   (Or.) 

[Schwerin.     Dessen   Aeusserung  bezüglich   des  §  üt  eo  sincerior.     Möglichkeit   Bran- 
denburg   zu    gewinnen.      Mission    des    dänischen    Legationssecretärs    Lincker.      Der 
Schweden  Verhalten.     Mardefeld.     Dessen  Aeusserungen.] 

Schwerin  hat  sich  in  seinem  und  im  Namen  seines  Sohnes  für  die  dem  6.  Nov. 
letzteren  verliehene  Stelle  im  kniggeschen  Regimente  bedankt.  Schwerin  meldet 
ferner,  dass  der  mit  Frankreich  geschlossene  Vertrag  nicht  hindere,  da.ss  der 
Kurfürst  gegen  die  französische  Interpretation  des  §  Ut  eo  sincerior  mit  dem 
Kaiser  und  mit  den  anderen  getreuen  Ständen  stimme.  Goess  glaubt,  dass  man 
diesen  Hof  bald  gewinnen  könne,  wenn  man  nur  die  entsprechenden  Mittel 
aufwenden  wollte;  dazu  aber  sei  bei  Holland  darum  bessere  Hoffnung,  weil 
der  Romswinckel  nicht  so  hart,  als  man  vermeint,  verabschiedet  worden-).  Der 
dänische  Legationssecretär  Lincker  hat  seine  Commission  Avegen  Dehortirnng  von 
der  dritten  Partei  beim  Kurfürsten  und  den  Ministem  abgelegt;  Goess  unter- 
stützt ihn,  so  weit  er  kann.  Der  Kurfürst  beklagt  sich,  dass  Goess  so  wenig 
mit  der  Sprache  herausrücke,  was  so  lange  geschehen  müsse,  bis  Goess  die 
Weisung  des  Kaisers  erhalte.  Des  schwedischen  Gesandten  Negociation  ist  noch 
unbekannt;  von  der  dritten  Partei  ist  noch  keine  Meldung  geschehen,  ja  sogar 
Mardefeld  selbst  hat  die  dritte  Partei  für  mehr  schädlich  als  nützlich  erklärt. 
Goess  hofft  mit  diesem  mehr  deutsch  als  französisch  gesinnten  Manne  in  ein 
gutes  Verhältnis  zu  kommen.  Mardefeld  lässt  sich  vernehmen,  er  wolle  sich  zu 
Massregeln  wider  das  Reich  nicht  gebrauchen  lassen;  den  Franzosen  sei  von 
den  Eroberungen  wenig  oder  nichts  zu  lassen;  der  Neuburger  hingegen  will 
aus  der  dritten  Partei  auch  für  den  Kaiser  grossen  Vortheil  ersehen. 


1)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XII.  13. 

-)  Copie  Schreibens  des  Romswinckel  d.d.  Gravenshage  11./21.  October  1673; 
Vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  418;  Peter  1.  c.  199;  das  Schreiben  im  Auszuge  bei  Puf.  1.  c. 
XII.  24. 


730  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien      1672-1675. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  13.  November  1673.  (Or.) 

[Vortheil  Brandenburg  für  des  Kaisers  Sache  zu  gewinnen.  Urtheil  des  Goess  über 
Brandenburgs  Lage.  Seine  Vorschläge  Brandenburg  zu  gewinnen.  Spaniens  Haltung. 
Behandlung  der  Fürsten  der  dritten  Partei.  Regalirung  der  kurfürstlichen  Räthe. 
Derfflinger.  Verhandlungen  der  schwedischen  Vertreter.  Pufendorfs  Gesinnung. 
Schwedisch-braunschweigische  Verhandlungen.     Kriegsnachrichten.] 

13.  Nov.  Goess  meint,   es  wäre  sehr  vortheilhaft   den  Kurfürsten   auf  die  Seite  des 

Kaisers  zu  bringen.  Man  muss  das  Datum  machen,  dass  I.  Ch.  D.  ihre 
Völker  bei  diesen  Coniuncturen  nit  abdanken,  noch  auch  weiter  reduciren 
wollen:...  dass  bei  gegenwärtigen  Zustand  I.  Ch.  D.  diese  ihre  auf  den 
Beinen  habende  Macht  aus  den  ihrigen  allein  nit  werden  bestreiten 
können;  dass  auch  nit  zu  zweifeien,  dass  wann  Frankreich  sie,  ich  sage 
nit  zu  ihre,  sondern  allein  zu  der  dritten  Party  bringen  könnte,  es  an 
Subsidien  nit  fehlen  würde  .  .  .  Ich  vermerke,  dass  man  schwedischer 
Seiten  die  Rechnung  mache,  dass  wann  man  mit  diesem  Churfürsten 
könnte  richtig  werden,  mit  den  übrigen  intendirenden  Chur-  und  Fürsten 
leicht  zu  handien  sein  würde  .  .  .  Ueber  des  Baron  von  Schwerin  bezei- 
genden desiderio  zum  Frieden,  wann  derselbe  auch  mit  einigem  Vorthel 
der  Krön  Frankreich  erfolgen  sollte,  haben  sich  E.  K.  M.  nit  zu  verwun- 
dern bei  diesen  unseren  pacificis;  bei  allem  dem,  was  ich  E'^.  K.  M. 
von  besseren  verspürenden  Sentimenten  bericht,  bleibt  diese  Maxime 
annoch.  Man  hatte  zweifelsohne  bei  den  aufgerichten  Tractaten  mit 
Frankreich  die  Rechnung  gemacht,  dass  es  indubitanter  darzu  kommen 
würde;  nun  vermerkt  man  zwar,  dass  man  sich  hierin  geirret,  erkennet 
auch,  dass  nun  durch  die  gemachte  Allianz  und  formirte  Party  das 
Werk  viel  schwerer  worden;  wo  aber  die  geringste  Hoffnung  herfür 
blickt,  ist  die  vorige  Inclination  gnugsam  zu  verspüren.  Es  werd  auch 
aller  Apparenz  nach  wohl  darbei  verbleiben,  bis  I.  Ch.  D.  nit  widerum 
Party  nehmen  und  wann  auch  diesmalen  mit  Schweden  nichts  sonder- 
liches solle  geschlossen  werden,  so  werd  man  doch  den  Weg  öffnen  und 
die  Sachen  in  solchen  Disposition  halten  wollen,  dass  man  allzeit,  wo 
nöthig,  die  Hand  wiederum  daran  schlagen  könne;  dann  leicht  zu 
erachten,  dass  man  ohne  Party  nit  sein  werd  wollen,  noch  können  und 
eben  hierum  wäre  um  so  mehr  zu  sehen,  dass  man  I.  Ch.  D.  zur  wirk- 
lichen Resolution  und  Annehmung  unserer  Party  .  .  .  bringen  möchte. 
Ich  hatte  vermeint,  dass  nit  besser  hierzu  und  zu  unserem  intendirenden 
Zweck  zu  gelangen,  als  wann  man  Dänemark,  Churbrandenburg,  Celle 
und  Wolfenbüttel  als  braunschweigische  Alliirte,  auch  mit  einigen  sub- 
sidiis,  welche  solchergestalt  viel  geringer  und  moderirter  fallen  könnten. 


Brandenburgs  Lage.     Vorschläge  es  für  den  Kaiser  gewinnen.     Dritte  Partei.        731 

zur  Assistenz  des  Churfürsten  von  Trier  verraögete.  Dieser  Vorschlag 
findet  Beifall  in  Berlin,  namentlich  Blaspeil  erklärt  dies  für  den  besten  Weg, 
das  gewünschte  Ziel  zu  erreichen. 

Der  Graf  von  Pötting ')  hat  dem  Goess  geschrieben,  dass  Spanien  dem  Kaiser 
die  Verhandlungen  mit  den  Fürsten  des  Reiches  vollständig  überlasse,  im  Uebrigen 
das  seinige  beitragen  wolle.  Goess  glaubt  die  Abmahnung  bei  Baiern,  Pfalz- 
Neuburg,  Hannover  und  anderen  von  dieser  dritten  Partei  müsse  mehr  proprio 
exemplo,  als  per  officia  geschehen.  Goess  hält  es  für  nothAvendig  die  branden- 
burgischen Minister  zu  regaliren.  Derff  linger  continuirt  in  der  Bezeigung  guten 
Eifers,  bittet  aber  wegen  des  Herrenstandes.  Bei  Mardefeld  ist  eine  Couferenz 
gehalten  worden.  Die  brandenburgischen  Minister  haben  ein  Project  entworfen, 
wie  die  renovatio  et  extensio  foederis  de  anno  1666  einzurichten  wäre.  Goess 
glaubt,  dass  die  Erneuerung  der  Allianz  nicht  zu  verhindern  sein  wird  -). 
Schweden  hat  —  wie  Goess  berichtet  wdrd  —  von  der  dritten  Partei  nichts 
gemeldet;  Goess  gegenüber  zeigt  sich  der  schwedische  Abgesandte  ganz 
friedlich  gesinnt.  Goess  meint,  es  sei  aus  vielen  Umständen  abzunehmen, 
dass  Pufendorf^)  gut  französisch  sei.  "Wegen  Transferirung  des  Reichstages 
nach  Köln  hat  Goess  nichts  gehört.  Wegen  des  schwedischen  Ministers  "Wolfsberg 
Proposition  sind  nicht  die  Herzoge  von  Braunschweig,  sondern  ihre  Minister 
beisammen  gewesen;  Goess  hat  den  Schütz  ersucht  von  der  genommenen  Reso- 
lution ihm  Mittheilung  zukommen  zu  lassen.  Aus  dem  Lager  vor  Bonn  laufen 
Nachrichten  ein,  dass  diese  Stadt  bald  in  die  Gewalt  der  Allirten  übergehen 
werde  ^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  17.  November  1673.  (Or.) 

[Hollands  Verhandlungen   mit  Dänemark   und   Celle.     Braunschweig-schwedische  Ver- 
handlungen.    Hannovers    Erklärungen.     Des   Verjus  Verhalten    und    Vorschläge.     Er- 
klärungen der  schwedischen  Deputirten.] 

Goess  meint,  dass  es  gut  wäre,  wenn  die  holländischen  Tractate  mit  Däne-  17.  Nov. 
mark   und  Celle  abrumpirt  würden,    weil   rebus  sie   stantibus   keine   Hilfe  für 
Trier  zu  hoffen  sei. 

Zu  Braunschweig  ist  —  wie  der  Kurfürst  dem  Goess  mittheilt  —  von  den 
Schweden  wegen  der  dritten  Partei  nichts  gemeldet  worden '").     Braunschweig  be- 


')     Der  Kaisers  Vertreter  in  Madrid. 

■-*)  Die  Erneuerung  und  Erweiterung  des  Defensivbündnisses  vom  27.  März  1666 
auf  10  Jahre  erfolgte  in  der  That  am  l./U.  Dec.  1673;  Mörner  1.  c.  377ff.;  Dumont 
1.  c.  VII.i  246ff.;  Puf.  1.  c.  Xir.  19f. ;  vergl.  Droysen  1.  c.  III.3  464f.;  Peter  1.  c.  197. 

^)  Esaias  Pufendorf,  Vertreter  Schwedens  in  Wien:  vergl.  über  seine  Thätigkeit 
in  dieser  Zeit  seinen  Bericht  bei  Ilelbig  1.  c.  36f.  und  Wagner  1.  c.  I.  316f. 

^)  Die  Stadt  capituHrte  am  12.  Nov.  1673.  Peter  1.  c.  187f.;  Rousset  I.e.  I. 
.503;  Basnage  1.  c.  II.  450;  Wagner  1.  c.  I.  322f. :  Depping  1.  c.  201  f.:  Ennen  1.  c. 
315 ff.;  Grimoard  1.  c.  II.  427 ff. 

'")     Vergl.  Droysen  1.  c.  III.  3  464  und  Anm. 


7o2  ^^-    Cloess  in  Berlin,    Anhalt   in  Wien.     1672 — IßTö. 

gchrt  von  Schweden  als  Mediator  die  Mittheilnng  der  Ursachen,  warum  man  his 
dato  die  Ruhe  nicht  hat  erhalten  können.  Hannover  hat  —  wie  der  Kurfürst 
dem  Goess  mittheilt  —  die  Action  seiner  Völker  auf  das  französische  Begehren 
darum  verweigert,  weil  Frankreich  das  Reich  angegriffen  habe  und  die  Völker  in 
des  gesammten  Hauses  Pflichten  wären,  worauf — des  Goess  Ansicht  nach  —  eine 
grosse  Vigilanz  zu  machen  sei.  Der  Kurfürst  erklärt,  Sachsen  habe  sich  in 
einem  Schreiben  an  den  König  von  Schweden  verpflichtet  dem  Kaiser  keine 
Völker  zu  schicken.  Verjus  wird  kleinlaut,  er  soll  den  Marsch  der  feindlichen 
Truppen  in's  Reich  auch  nicht  billigen;  er  hat  dem  Kurfürsten  die  Proposition 
gethan,  4000  zu  Pferd  und  8000  zu  Fuss  zu  unterhalten;  doch  ist  zu  bezweifeln, 
dass  er  dies  auf  Befehl  gethan  hat ').  Die  schwedischen  Bevollmächtigten  haben 
in  den  Conferenzen  mit  den  kurfürstlichen  Räthen  der  dritten  Partei  noch  nicht 
Erwähnung  gethan;  sie  zeigen  sich  sehr  zuvorkommend  und  erklären,  der  schwe- 
dische Hof  werde  sich  den  Entschliessungen  des  Kurfürsten  conformiren. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  November  1673.  (Or.) 

[Dänisch-holländische  Verhandlungen.     Die  schwedischen  Deputirten.    Inhalt  des  sächsi- 
schen Schreibens  an  Schweden.] 

20.  Nov.  Die  dänisch-holländischen  Allianzverhandlungen  stocken  noch  immer  wegen 

der  Subsidienfrage.  Die  Negociation  der  schwedischen  ministrorum  dahie 
betreffend,  vernimm  ich,  dass  diese  ihre  notas  auf  das  entworfene  Project 
eingereicht  und  ratione  extensionis  auch  die  in  Dänemark  acquirirte 
Provinzen,  wie  auch  in  Liefland,  in  dieser  Allianz  einschliessen  wollen. 
Von  Mardefeld,  bei  dem  Goess  sich  unter  der  Hand  erkundigen  lässt,  erfährt 
er,  dass  der  Inhalt  des  Schreibens  des  Kurfürsten  von  Sachsen  an  den  Schvveden- 
könig,  durch  das  der  erstere  erklärt  haben  soll  seine  Völker  nicht  zu  des 
Kaisers  Armee  schicken  zu  wollen,  nur  dieser  ist,  dass,  was  I.  Ch.  D.  hierin 
thun,  in  Kraft  eines  mit  deroselben  schon  längst  aufgerichten  foederis 
geschehen,  dass  sie  sich  im  Uebrigen  von  dem,  was  bei  gemeinen  Reichs- 
oder Kreisschluss  gut  befunden  werd,  nit  separiren  werden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat,  Berlin  27.  November  1673.  (Or.) 

[Schwedens  Vorschläge.     Gegenbemühungen   des   Goess.     Pufendorfs  Bericht  über  die 
friedliche  Gesinnung  des  Kaisers.] 

27.  Nov.  Nachdem  Schweden  gesehen,  dass  es  mit  der  dritten  Partei  nicht  zum  Ziele 

komme,    hat    es  die  Renovation   des  Vertrages   von   1666    mit  dieser  Insertion 
angetragen,    dass  man  nit  allein  officiis,    sondern  auch  armis,    wo  uöthig 


1)     Für  des  Verjus  Verhandlungen  Droysen  1.  c.  111. ■;  463;  Urk.  u.  Act.  IL  515. 


Dritte  Partei.     Verjiis.     Schwedens  Vorschläge.     Des  Kurfürsten  Gesinnung.      733 

und  die  Parteien  sich  ad  aequas  conditioues  nit  bequemen  wollten,  die 
Friedenstractaten  zu  befürderen;  wider  welches,  weil  es  in  effectu  idem  mit 
der  dritten  Partei  wäre,  Goess  alles  mögliche  remonstrirt  und  betont  hat,  dass  es  an 
Subsidien  für  Brandenburg,  wenn  es  den  Vertrag  mit  Schweden  nicht  schliesse, 
nicht  fehlen  solle.  Pufendorf  hat  hieher  geschrieben,  dass  der  Kaiser  zum 
Frieden  neige  und  daher  mit  den  Werbungen  einhalten  lasse. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  December  1673.  (Or.) 

[Verhandlungen    der    Schweden    in    Berlin.      Urtheil    des    Kurfürsten   über  dieselben 

Des  Goess  Urtheil    über   des    Kurfürsten   Gesinnung    und  Schwedens  Pläne.     Klagen 

über  des  Goess  reservirte  Haltung.     Erwiderung  des  Goess.] 

Die  Schwedische  avanciren  dahie  mit  ihrer  Negociation,  I.  Ch.  D.  4.  Dec. 
sagten  mir  gestern,  dass  sie  mir  den  Tractat  würden  communiciren 
lassen ;  zeigeten,  als  wann  sie  nit  recht  begreifen  könnten,  was  ihre 
Intention  hierbei  seie;  vermutheten,  sie  wollten  etwa  hierdurch  an  Frank- 
reich einige  Satisfaction  geben;  praesupponirteu,  dass  alles  mit  der  Fran- 
zosen Wissen  und  Willen  gehandelt  würde  ...  I.  Ch.  D.  haben  darfür 
gehalten,  dass  durch  demjenigen,  was  etwa  wegen  Befürderung  des 
Friedens  in  diesem  Tractat  gemelt  werd,  man  ihro  die  freie  Hände, 
Party  zu  nehmen,  benehmen  wollen;  dahero  sagten  sie  mir,  dass  sie  sich 
diese  expresse  reservirt.  Ich  vermerke,  dass  diejenige,  so  hierzu  rathen, 
sich  vornehmlich  dieses  motivi  bedienen,  dass  bei  gegenwärtigen  Con- 
iuncturen  I"".  Ch.  D.  nit  zu  rathen,  Schweden  zu  irritiren  oder  zu  dis- 
gustiren.  Ich  habe  herentwegen  insinuirt,  dass  niemand  P,  Ch.  D.  dieses 
weder  zumuthe  noch  rathe;  zu  Erhaltung  guter  Freundschaft  aber  wäre 
das  vorige  foedus  gnug  ...  So  viel  ich  judiciren  kann,  mag  wohl  auf 
!'■.  Ch.  D.  Seiten  keine  böse  Intention  sein,  Schweden  aber  nimmt  was 
es  haben  kann,  mag  die  Rechnung  machen,  vel  famam  huius  tractatus 
hoc  tempore  profuturum,  es  könne  dienen  pro  gradu  ad  majora,  uns 
allen  werde  hierdurch  Gelosie  gegeben,  so  ein  meritum  apud  regem 
Galliae  et  novum  motivum  ad  stipendia  elicienda .  . .  Unter  dessen 
continuiren  die  Klagte,  dass,  da  I.  Ch.  D.  von  anderen  so  stark  gesucht 
werden,  ich  mich  nit  melde,  noch  einige  Proposition  thue.  Ich  behelfe 
mich  so  gut  ich  kann,  man  wisse  auf  unserer  Seiten  fast  nit,  was  man 
zu  glauben,  nun  ein  Particuliertractat  mit  Frankreich,  nun  eine  Schickung 
nach  dem  kaiserlichen  Hof  von  eben  der  Qualität  als  Schweden,  Chur- 
baiern  und  Neuburg  gethan,  nun  abermalen  ein  neuer  Tractat  mit  Schweden. 
Man    werde  mich  endlich  für  einfältig    und  dupe  halten,    dass    ich    bei 


734  ^''-    Gfoess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72  — 1675. 

allen  dem  immerfort  der  guten  führenden  Intention  sincerire.  Respondent: 
Man  berufö  sich  auf  mich;  ich  solle  nur  referiren,  was  ich  selbst  darvon 
hielte.  Man  gibt  mir  unter  andern  zu  verstehen,  dass  E"".  K.  M.  und  der 
ganzen  Party  viel  daran  gelegen,  dass  T'.  Ch.  D.  geholfen  werden,  damit 
sie  in  gegenwärtiger  Armatur  bestehen  bleiben  können,  dann  solcher- 
gestalt werde  weder  Schweden  noch  jemand  ander  etwas  wider  E.  K.  M. 
vornehmen  dörfen;  e  contra,  quid  futurum,  wann  sie  entweder  inermis 
stünden,  oder  eine  andere  Party  zu  nehmen  gezwungen  würden;  insi- 
nuando  pericula  a  Suecia,  Polonia  et  aliunde;  dass  also  ihrer  Meinung 
nach  auch  zu  solchem  Ende  die  subsidia  gar  wohl  angelegt  würden. 
Der  Baron  von  Schwerin  insinuirte,  dass  dieselbe  zwischen  Holland, 
Spanien  und  E.  K.  M.  könnten  abgetheilt  werden.  Wegen  der  Subsidien 
erkenne  ich  selbst,  dass  sie  nöthig  und  ohne  denselben  nichts  zu  thun 
sein  werd  .  . . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  11.  December  1678. 

(Gr.) 

[Verlauf  der  schwedisch- brandenburgischen  Verhandlungen.  Urtheil  des  Goess  über  des 
Kurfürsten  Gesinnung.  Verhandlungen  des  Goess  mit  deua  Kurfürsten.  Urtheil  des 
Berliner  Hofes    über    Schwedens   Politik.     Mardefelds  Erklärungen.     Belohnungen  für 

die  kurfürstlichen  Räthe.] 

11.  Dec.  Die  Verhandlungen  über  den  Vertrag  mit  Schweden  dauern  fort;   Wangelin 

glaubt  demnächst  abschliesseu  zu  können;  Schwerin  behauptet,  es  werde  noch 
längere  Zeit  dauern.  Goess  glaubt  noch  immer,  dass  der  Kurfürst  es  ehrlich  mit 
dem  Kaiser  meine.  Der  Kurfürst  Avie  seine  Minister  betonen,  Avie  wenig  Oester- 
reich  thue.  Goess  erwidert,  der  Kaiser  uud  er  selbst  thäten,  was  sie  könnten ; 
man  möge  sich  von  Schweden  nicht  täuschen  lassen.  Auch  darauf  macht  Goess 
aufmerksam,  dass  von  den  Schweden  keine  Subsidien  zu  erlangen  sein  würden, 
deren  der  Kurfürst  doch  zur  Erhaltung  seiner  Truppen  bedürfe.  Man  behauptet 
in  Berlin,  der  Vertrag  mit  Schweden  sei  ein  harmloser  und  Schweden  habe 
bessere  Gesinnungen,  als  man  am  kaiserlichen  Hofe  annehme.  Mardefeld  betont 
auch  dem  Goess  gegenüber  die  Nothwendigkeit  des  Friedens  für  Schweden. 
Die  Belohnungen,  um  die  es  sich  nach  des  Goess  Ansicht  handle,  seien  für 
Schwerin,  Somnitz  und  Jena. 


Klagen  über  des  Goess  Verhalten.  Dessen  Stellung.  .Schwedisch-brandenb.  Vertrag.      735 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  15.  December  1673. 

(Or.) 

[Abschluss    des    schwedisch-brandenburgischen    Vertrages,     ^'ergebliche   Versuche    des 

Arensdorf  und   des  Goess   den  Abschluss   zu  hindern.     Verhandlungen  des  Goess  mit 

Arensdorf.     Mardefelds  Erklärungen.     Nebenrecess.] 

Arensdorf'),  der  däuisclie  General,  der  hieher  gekommen  ist  um  den  Ah-  15.  Dec. 
schluss  des  brandenburg- schwedischen  Tractates  zu  verhindern,  hat  zwar 
Audienz  erhalten,  allein  es  war  zu  spät;  am  Tage  nach  seiner  Ankunft  wurde 
der  Vertrag  unterzeichnet.  Da  der  Kurfürst  behauptete  zu  diesem  Vertrage 
genöthigt  worden  zu  sein,  da  er  von  Goess  nichts  reelles  habe  erhalten  können, 
hat  sich  Goess  zum  Kurfürsten  begeben  und  ihm  nochmals  wegen  der  vertrösteten 
Subsidien  die  Erklärungen  wiederholt;  doch  hatten  diese  Erklärungen  keinen  Erfolg. 
Arensdorf  ist  über  den  Abschluss  des  Vertrages  erzürnt,  da  Brandt  zu  Kopen- 
hagen versichert  habe,  der  Kurfürst  werde  mit  dem  Abschlüsse  zurückhalten, 
bis  Arensdorf  mit  ihm  conferirt  haben  würde.  Goess  sucht  dem  Arensdorf 
nachzuweisen,  wie  nothwendig  der  Abschluss  des  Vertrages  zwischen  Dänemark, 
Braunschweig  und  Brandenburg  sei,  damit  sich  der  Brandenburger  von  den 
Alliirten  nicht  noch  mehr  entferne.  Mardefeld  hat  erklärt,  man  müsse  Frieden 
haben;  auch  Holland  approbire  Schwedens  Negociation.  Der  Kurfürst  spricht 
auch  etwas  von  einem  Nebenrecesse,  doch  hat  er  dem  Goess  darüber  nichts 
näheres  mittheilen  wollen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  December  1673.  (Or.) 

[Des  Kurfürsten  Erklärungen    an    den   Kaiser.     Mittheilungen   über  den  brandenburg- 
schwedischen Vertrag.      Urtheil    des    Kurfürsten  über    Schwedens  Pläne.      Arensdorfs 
Drtheil  über  dieselbe  Sache.] 

Der  Kurfürst  hat  auf  des  Goess  Remonstration,  dass  aus  diesem  schwe-  18.  Dec. 
dischen  Tractate  Inconvenienzen  zu  besorgen,  erklärt  und  begehrt,  Goess  möge 
den  Kaiser  versichern,  dass  er  nichts  destoweniger  bei  den  vorigen  guten  Senti- 
raenten  verharren  wolle,  welchem  Vorsatze  dieser  von  vielen  Käthen  dissuadirte 
und  ungern  eingegangene  Tractat  nicht  im  Wege  stünde,  da  derselbe  dem  Kur- 
fürsten freie  Hand  lasse.  Dasselbe  hat  die  Kurfürstin  dem  Goess  versichert. 
Aus  dem  ihm  vom  Kurfürsten  vorgelesenen  Secretartikel  ersieht  Goess,  dass  ex 
parte  Brandenburg  auch  nach  vergeblichem  Anstreben  des  Friedens  die  freie 
Hand,  ex  parte  Schweden  aber  die  an  Cleve  habende  Praetension  reservirt  sei. 
Der  Kurfürst  meint,  dass  Schweden  diesen  Tractat  gesucht  habe,  um  sich  von  dem 
grössten  Impegao  und  von  der  Franzosen  Zumuthungeu  zu  befreien  und  dass 
Schweden  den  Frieden  sincere  vermitteln  und  sich  in  den  Krieg  nicht  einlassen 
werde.      Arensdorf,   der  dänische   General,   der  in  schwedischen   Dingen   sehr 

1)     Für  Karl  Arensdorfs  Mission  Urk.  u.  Act.  III.  422;   Peter  I.e.  2U1;  Puf.  1.  c. 
XII.  21. 


736  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt   in  Wien.     Ifi72  — lfi75. 

erfahren  ist,  glaubt  nicht,  dass  Schweden  unter  den  gegebenen  Verhältnissen 
etwas  unternehmen  werde.  Das  beste  Mittel  einer  von  Schweden  drohenden 
Gefahr  zu  begegnen  wäre  indess,  wenn  Dänemark  sich  mit  Oesterreich  verbin- 
den würde,  in  welche  Einigung  man  noch  überdies  das  Haus  Lüneburg  und 
vorerst  den  Kurfürsten  von  Brandenburg  aufnehmen  könnte. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  22.  December  1673.  (Or.) 

22.  Dec.  Verjus    hat    die    schwedisch-brandenburgischen    Tractate    nach    Frankreich 

gesendet.  Aus  Kramprichs  Berichten  ist  zu  ersehen,  dass  Holland  behaupte, 
es  könne  allein  die  Subsidien  nicht  zahlen,  der  Kaiser  und  Spanien  müssten 
helfen '). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  29.  December  1673.  (Or.) 

[Brandenburg-holländische  Subsidienverhandlungen.     Ansicht  des  Goess  über  die  Ver- 
handlungen   mit  Braunschweig.    Dänemark,   Brandenburg.     Gesinnung  des  Km-fürsten 
und  Schwerins.     Klagen  über  Oesterreichs  Truppen.     Arensdorf.] 

29.  Dec.  Da  die  vorjährigen  Subsidien  für  Brandenburg  von  Holland  nicht  gerne  bezahlt 
werden  würden,  hat  Goess  suggerirt,  dass  man  in  dem  etwa  aufzurichtenden  neuen 
Tractate  bezüglich  der  neuen  und  alten  Subsidien  auf  Pausch  handeln  möge.  Sonst 
vermeint  Goess,  es  wäre  am  besten  mit  Dänemark,  Brandenburg  und  Braunschweig 
zugleich  oder  wenigstens  zu  gleicher  Zeit  zu  verhandeln  und  zwar  auf  30  000 
Mann  im  Ganzen,  deren  eine  Hälfte  die  Mächte  selbst,  die  andere  aber  Spanien 
und  Holland  bezahlen  könnten.  Den  Kurfürsten  findet  Goess  wohl  intentionirt. 
Schwerin  ist  nicht  gut  holländisch.  Man  klagt  sehr  über  die  von  den  kaiser- 
lichen Truppen  um  Köln  verübten  Insolentien-).  Goess  sucht  den  dänischen 
General  Arensdorf  in  Berlin  zurück  zu  halten,  bis  man  hört,  wie  Dänemark 
über  die  schwedisch-brandenburgischen  Tractate  sind  äussere. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Januar  1674.  (Or.) 

[Grund  der  Abreise  des  Arensdorf.     Dessen  Erklärungen.     Beziehungen  des  Kurfürsten 
7Aim  Prinzen  von  Oranien.] 

5.  Jan.  Arensdorf  ist  nach  Kopenhagen  zurückgereist,  vermutlich  auf  Befehl  seiner 

Regierung;  wie  aus  des  Windischgrätz  Berichten  zu  ersehen,  will  Dänemark 
nicht  durch  des  Arensdorf  längeren  Aufenthalt  in  Berlin  Schweden  vor  den 
Kopf  stossen.     Schweden  hat  sich  lange  gegen  die  Formulirung  des  Artikels  14  ^) 


0     Vergl.  Peter  1.  c.  200. 

2)     üeber  Kölns  Lage  Depping  1.  e.  198  ff. ;  Ennen  1.  c.  I.  317  ff. 

^)  §  14  enthält  die  Bestimmung,  dass  sich  die  Contrahenten  Hilfe  sofort  auf  er- 
folgte Requisition  senden,  ohne  Prüfung,  ob  der  Angegriffene  etwa  Ursache  zum  An- 
griffe oreg-ebeu. 


I^.ranilenl). -schwedische  Rezielmngen.    Arensdorf.    Fried.  Wilh.  u.  Wilh.  v.  Oranien.   737 

des  zwischen  Schweden  und  Brandenburg  abgeschlossenen  Vertrages  gewehrt, 
endlich  aber  nachgeben  müssen.  Arensdorf  hat  nach  Kopenhagen  berichtet, 
dass  der  Kurfürst  mit  dem  Kaiser  nicht  zufrieden  sei  und  Goess  gegenüber 
die  Befürchtung  ausgesprochen,  Brandenburg  könnte  sich  noch  zu  einer  anderen 
Partei  schlagen;  Goess  antwortete,  dass  man  brandenburgischerseits  geklagt, 
sei  nur  geschehen,  um  das  Vorgehen  des  Kurfürsten  zu  rechtfertigen.  Arensdorf 
glaubt  nicht,  dass  Schweden  sich  mit  Frankreich  in  eine  Action  einlassen  werde, 
besonders  mit  Rücksicht  auf  die  dänischen  Rüstungen.  Die  zwischen  dem  Kur- 
fürsten und  dem  Prinzen  von  Oranien  gewechselten  Schreiben  sind  in  guten  und 
zur  Wiederherstellung  des  alten  Vertrauens  geeigneten  Formen  abgefasst '). 
allein  gienge  der  Prinz  von  Oranien  dahin,  dass  I.  Ch.  D.  die  Praetension 
wegen  der  ausständigen  Subsidien  entweder  fahren  oder  doch  auf  eine 
andere  Zeit  ausstellen  zu  lassen;  diese  praetendiren  herentgegen,  dass  man 
ihro  in  so  gerechter  Sache  zufiirderist  Satisfaction  zu  geben.  Goess  räth 
dem  Kurfürsten,  durch  Romswinckel  sehi  —  des  Goess  —  Project  im  Haag 
vorzuschlaaen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  10.  Januar  1674.   (Conc.) 

[Des  Kaisers  Stellung  zum  brandenburg-schwedischen  Vertrage.     Berathungen  mit  den 
spanischen  Ministern  über   die  gegen  Frankreich  zu  ergreifenden  Massregeln.     Unter- 
lassung der  Sendung  Ronquillo's   nach   Berlin.     Aufgabe   des   Goess.     Beitritt  Braun- 
schweigs  und  Dänemarks  zum  spanisch-bolländisch-üsterreichischen  Bündnisse.] 

Es  wäre  besser  gewesen,  wenn  Brandenburg  und  Schweden  keinen  Vertrag  lo.  Jan. 
geschlossen  hätten.  Leopold  billigt  des  Goess  Vorgehen  in  dieser  Angelegenheit 
und  seine  Versuche  den  Kurfürsten  von  dem  Abschlüsse  mit  Schweden  abzuhalten. 
Da  es  nun  aber  geschehen,  ist  das  beste,  dass  sein  des  Churfürstens  L*^"^". 
ihro  gleichwohlen  auf  gewisse  Weis  die  freie  Hand  behalten  eine  Partei 
nach  dero  Belieben  anzunehmen  und  obzwar  in  besagten  Tractat  vor- 
behalten worden,  dass  auch  wir,  wann  uns  beliebig,  darein  mit  eintreten 
können  '),  so  werden  wir  doch  darvon  eben  durch  den  darinnen  stehenden 
articulum  III"'"  abgehalten^),  w-eilen  selbiger  wegen  der  Quartier  und 
sonsten  in  elfectu  wider  uns  geschlossen.  Du  wollest  dich  aber  befleissen 
sein  des  Churfürstens  L'*®".  einen  Wegs  als  den  andern  in  guten  Willen 
gegen  uns  zu  erhalten  und  wo  möglich  die  Ratification  desselben  oder 
wenigist  dieses  zu  verhindern,  damit  niemand  in  dasselbe  weiters  ein- 
genommen  werde  .  .  .     Ungehindert  dieses  mit   Schweden  geschlossenen 


^)     Vergl.  den  Auszug  aus  einem  Schreiben  Wilhelms  bei  Droysen  1.  c.  III. 3  471; 
über  die  Beziehungen  der  Holländer  zum  Kurfürsten,  Peter  1.  c.  200  ff. 
-)     Laut  §  22  des  Vertrages;  vergl.  Mörner  1.  c.  379. 
^)     §  3  des  Vertrages  bezieht  sich  auf  die  Fälle  der  gegenseitigen  Unterstützung. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten.     XIV.  i  i 


738  VI.    (loess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     107-2  —  167.'). 

Tractats    haben   wir    gleichwohlen    über    das   Hauptwerk   mit    denen   an 
unsern   Hof  anwesenden   spanischen   ministris ')  dieser  Tagen   conferiren 
lassen,  welche  sich  erklärt,  dass  die  Sachen  noch  wohl  dahin  zu  bringen 
wäre,  wann  Churbrandenburg  zu  unserer  Partei  mit  10  000  Mann  treten 
würde    oder    wollte,    dass  Spanien  und   Holland    ihro    von   selbigen   die 
Hälft,  das  ist  5000  Mann,  unterhalten  und   die  Subsidien   daraus  geben, 
wie  auch  zugleich  zu  Regalirung  des  Baron   von  Schwerin  und    anderer 
churbrandenburgischer   ministrorum    von  8  — 10000  Thaler  herschiessen 
wollten.      Von  dem  ursprünglichen  Plane  Ronquillo  nach  Berlin    zu  senden  ist 
man  am  kaiserlichen  Hofe  mit  Rücksicht  auf  das  zu  befürchtende  Geschrei,  falls 
Ronquillo  nach  Berlin  kommen  sollte,  abgestanden  und  überlässt  dem  Goess  die 
Verhandlungen.     Wir  besorgen  zwar,  dass  bei  S"".  1/*=".  für  diesmalen  nichts 
zu  richten  sein  möchte,  weilen  dieser  Tractat  gar  zu  frisch.     Wann  nur 
dessen  fürnehmste  ministri    mit  einem   Stück   Geld    wenigist    dahin    zu 
gewinnen  wären,  dass  sie  den  wirklichen  Effect  dieses  Tractats  verhindern 
und  also  S.  L'^'^".  für  heuer  ganz   still   sitzen   thäten,   so   wäre   in   effectu 
gleichwohlen  noch  was  gerichtet.      Kannst  also  diese  Tractation,  jedoch 
ohne  einigen  unsern  impegno,  wohl  anfangen  und  selbigen  auf  alle  Weis 
befürdern,   wie  dir  es  deine  bekannte  Vernunft,   Treu  und  Dexterität  in 
die  Hand  geben   wirdet   und  stellen  dir  anheim,    ob  nicht    zu    besserer 
Zurückhaltung    sein    des    Churfürstens  L*^®".    von    aller  Bewegung    unter 
andern  auch  mit  Glimpf  et  per  modum   enuntiationis  S"".  !/<=".  und   dero 
ministris  zuwerfen  könntest,  dass  bei  uns  des  Churfürstens  zu  Sachsen  L''*"'. 
ein  Memorial  eingegeben   und   darinnen  gebeten  haben,    dass   wir   dero- 
selben  wegen  der  jülichischen  und  clevischen  Landen  eintweders  iustitiam 
administriren,   oder  aber  destwegen  ein  Commission  anordnen  wollten^); 
darüber  du  dann  S''.  L'*'"'.    und  deren  ministrorum  Gedanken  anzuhören, 
forscheu  und  uns  auch  solche  neben  deinem  gehorsamsten  Gutachten  zu 
überschreiben  sein  werden.     Goess    kann    auch    dem   Kurfürsten   wegen  der 
polnischen  Krone  für  den  Kurprinzen,  jedoch  ohne  allem  impegno,  einigen  Trost 
in  genere  geben'').     Da  Spanien  und  Holland  erklärt  haben,  einige  massige  Sub- 
sidien an  Dänemark  und  Braunschweig  zahlen  zu  wollen,  falls  diese  Mächte  dem 
Bündnisse  beitreten  wollten,   soll  Goess   mit  Schütz  über  diese  Sache  berathen. 


')     Balbesos  und  Ronquillo. 

^)  Die  Erbansprücbe  der  sächsischen  Fürsten  auf  die  Jülich-clevischen  Lande 
rührten  von  Sibylla,  der  Tochter  Johann  IIb,  her,  die  an  den  Kurfürsten  Johann  Frie- 
drich von  Sachsen  vermählt  wurde. 

^)  Michael  Wiesnowiecki  war  am  10.  Nov.  1673  gestorben;  über  Brandenburgs  Hal- 
lung in  der  Wahlfrage  Droysen  1.  c.  Hl. 3  477  f.;  Puf.  I.  c.  XII.  64ff. 


Jlassregeln  gegen  Frankreich.     Aufgabe  des  Goess      Münster.  739 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  12.  Januar  1674.  (Or.) 

[Verschonuug  des  Bisehofs  von  Münster.  Eindruck  des  brandenburg-scliwedischen 
Vertrages  in  Holland  und  Dänemark.  Des  Goess  Bemühungen  in  dieser  Sache.  Ron- 
quillo's    Reise  nach   Berlin.     Belohnung  für  Schwerin.     Verwüstung  von  Wesel   und 

Rees.] 

Man  beklagt  sich  am  kurfürstlichen  Hof  darüber,  dass  der  Kaiser,  der  so  12.  Jan. 
viele  Stände  mit  Einlogirung  von  Truppen  beschwere,  den  Bischof  von  Münster 
verschone.  Was  die  schwedisch-brandenburgischen  Tractate  betrifft,  die  An- 
fangs in  Holland  und  Dänemark  heftigen  Unwillen  hervorgerufen  haben,  ist  man 
auf  Goess  Remonstration  hin  etwas  ruhiger  geworden;  besonders  in  Holland,  wo 
man  bezüglich  der  alten  und  neuen  Subsidien  auf  die  von  Goess  suggerirte 
Pauschhandlung  angetragen.  Kramprich  schreibt,  dass  die  Staaten  dabei  bleiben, 
der  Kaiser  möge  den  dritten  Theil  der  Subsidien  für  Dänemark,  Brandenburg 
und  Lüneburg  zahlen.  Bezüglich  Dänemarks  hat  es  den  Anschein,  als  wolle 
dasselbe  die  obhandenen  Tractate,  auch  Avenn  man  Dänemark  die  Subsidien  ge- 
währe, nicht  unterzeichnen,  bis  die  Tractate  mit  Holland  abgeschlossen  sind. 
Goess  meint,  dass  wohl  mehr  commoda  als  incommoda  für  den  Kaiser  heraus- 
kommen werden,  wenn  der  Schluss  der  dänischen  Tractate  bis  zum  Abschlüsse 
jenes  Vertrages  über  die  Subsidien  hinausgeschoben  würde.  In  Berlin  hat  man 
durch  Hoensbroek  schon  die  Nachricht,  dass  Ronquillo  dahin  kommen  wird; 
es  scheint,  dass  Ronquillo's  Reise  dem  Kurfürsten  angenehm  ist.  Die  für 
Schwerin  ausgesetzte  Summe  hält  Goess  für  zu  gering  und  empfiehlt  dem 
Schwerin  eine  grössere  Summe,  die  in  Terminen  bezahlt  werden  könnte,  an- 
zuweisen. Der  Kurfürst  beklagt  sich  über  die  Verwüstungen,  denen  Wesel  und 
Rees  den  Tractaten  zuwider  ausgesetzt  seien. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  15.  Januar  1674.  (Or.) 

[Erklärungen   der   schwedischen   Minister.     Nachrichten   aus  Stockholm.     Quartiere  in 

Essen.] 

Goess  berichtet,  dass  die  schwedischen  Minister  sich  vernehmen  lassen,  dass  15,  j^n. 
sie  dazu  collaboriren   wollen,    damit  der  Friede   ad  terminos   des  Pyrenäischen 
gebracht  werde.     Vom  Grafen  von  Sternberg  ^)  hat  Goess  Nachricht,  dass  man 
in    Stockholm    beschlossen    habe    in    Pommern    grosse    Recrutirungen    vorzu- 
nehmen. 

Der  Kurfürst  hat  dem  Goess  durch  Schwerin  wissen  lassen,  wie  sehr  ihn 
die  Nachricht  allarmirt  habe,  dass  General  Sporck  im  Stifte  Essen  Quartier 
nehmen  und  die  kurbrandenburgischen  Truppen  vertreiben  wolle. 


^)     Kaiserlicher  Gesandter  in  Schweden:  vergl.  Puf.  bei  Heibig  1.  c.  3G. 


47' 


740  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1072— K'.Tö. 

Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  21.  Januar  1674.    (Conc.) 

[Plan  einer  Armee  aus  dänischen,  brandenburgischen  und  braunschweigischen  Truppen.] 
Quartierfrage.     Haltung  des  Kaisers  bezüglich  des  Bischofes  von  Münster.] 

■21.  Jan.  Deine  Gedanken  wegen  Zusammenziehung  einer  in  die  3Ü000  Mann 

starke  Armee  von  Dänemark,  Churbrandenburg  und  Braunschweig  seind 
zwar  gut  und  unserer  gnädigsten  Gemüthsmeinung  gemäss;  es  stehet 
aber  vorhero  zu  erwarten,  wie  und  was  gestalten  sich  des  Churfürstens 
zu  Brandenburg  L*^^".  auf  dasjenige,  so  wir  dir  jüngsthin  gnädigst  über- 
schrieben und  anbefohlen,  endlich  erklären  und  wie  weit  sie  zu  bewegen, 
auch  was  dies  Orts  mit  Dänemark  und  Braunschweig  gerichtet  und 
verglichen  werden  wirdet')  .  .  .  Arensdorf  gegenüber  hat  Goess  sich  ganz  im 
Sinne  des  Kaisers  verhalten.  Er  soll  fortfahren  dem  Kurfürsten  jede  falsche 
Impression  zu  benehmen,  als  denke  der  Kaiser  etwas  dem  Kurfürsten  schäd- 
liches zu  thun  und  denselben  versichern,  dass  von  einer  Belastung  der  branden- 
hurgischen  Länder  durch  Einquartirung  nicht  die  Rede  sein  könne.  Von  einer 
Verhandlung  des  Kaisers  mit  dem  Bischöfe  von  Münster  sei  keine  Rede,  und  wann 

S.  Ch.  D.  wider  ihne  Bischofen  von  Münster  etwas  zu  agiren  verlangen,  so 
seind  wir  dessen  gar  wohl  zufrieden  und  wollen  das  unsrige  darzu  gar 
gern  beitragen,  allein  dass  solches  salva  rei  substantia,  d.  i.  ohne  Dis- 
membrirung  dessen  Stifts  und  ohne  Schaden  der  Religion  beschehen^).  .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  22.  Januar  1674.   (Or.) 

[Sächsisch-kaiserliche    Beziehungen.     Polnische  Wahlfrage.     Einquartirung    in    Essen. 
Geplantes  Bündnis  Brandenburgs   mit  Hannover.] 

22.  Jan.  Goess  findet  nicht  rathsam  den  Kurfürsten  mit  der  kursächsischen  Praetension 

auf  die  clevischen  Lande  eifersüchtig  zu  machen,  da  Goess  so  wie  so  genug  zu 
thun  hat,  den  Kurfürsten  von  der  Ansicht  abzubringen,  dass  das  gute  Einver- 
nehmen Sachsens  mit  dem  Kaiser  ihm  nachträglich  sei.  Bezüglich  des  Kurprinzens 
Erhebung  auf  den  polnischen  Thron  hat  man  bisher  mit  Goess  nicht  officiel! 
verhandelt;  der  Kurprinz  lässt  sich  auf  des  Prinzen  von  Lothringen  Comphment 
vernehmen,  dass  wenn  die  polnische  Krone  ihm  nicht  zufalle,  er  sie  dem 
Lothringer  von  Herzen  gönne.     Goess  meint,  man  solle  die  Einquartirung  in  das 


^)  Der  Vertrag  mit  Dänemark  wurde  am  16. /2G.  Jan.,  der  mit  Braunschweig  am 
14./24.  April  1674  geschlossen. 

-)  Doch  erfolgte  schon  am  22.  April  der  Abschluss  eines  Vertrages,  durch  den 
der  Bischof  auf  die  Verbindung  mit  Frankreich  verzichtete  und  die  Sache  des  Kaisers 
zu  vertreten  versprach;  vergl.  Depping  I.e.  232;  Tücking  I.e.  234ff. ;  Mignet  I.e. 
IV.  280.  Ueber  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  Beziehungen  zum  Bischöfe  von 
Münster  Peter  I.  c.  203. 


Allianzpläne.     Brandenburg-holländische  Beziehungen.  741 

Stift  Essen   dissimuliren,   weil   es  nicht  der  Mühe  werth  sei.   dass   man   wegen 
einer  so  unbedeutenden  Sache  sich  in  grosse  Gefahr  stürze. 

Der  Kurfürst  wird  —  wie  Wangelin  dem  Goess  aus  Stockholm  schreibt  — 
de  novo  invitirt  zu  einem  mit  Hannover  in  der  Stadt  Bremen  vorgeschlagenen 
Bündnisse;  Goess  hofft,  dass  der  Kurfürst  sich  nicht  einlassen  wird ;  er  —  Goess 
—  that  auch  alles,  damit  dies  nicht  geschehe. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  29.  Januar  1674.   (Or.) 

[Neigung  des  Kurfürsten  zum  Abschlüsse  der  A'erhandlungen  mit  Holland.  Frage  der 
Zahl  der  kurfürstlichen  Hilfstruppen.  Rath  des  Goess  über  die  vom  Wiener  Hofe 
Brandenburg  gegenüber   zu   befolgende   Politik.     Klagen  des  Berliner  Hofes  über  den 

Kaiser.] 

Goess  berichtet,  dass  Brandenburg  trotz  des  mit  Schweden  getroffenen  29.  Jan. 
Vertrages  bereit  sei  die  schon  längst  vorgeschlagenen  Tractate  anzutreten, 
Avozu  man  in  Holland  sich  immer  besser  geneigt  zeige  und  dass  Achtienhoven 
nach  Berlin  kommen  werde ').  Goess  meint,  es  wäre  sehr  erwünscht,  wenn 
anch  Ronquillo  als  Vertreter  Spaniens  dahin  kommen  würde.  Ratione  des  dem 
Kurfürsten  proponirteu  Quantums  der  10  000  Mann,  die  er  stellen  solle,  schien 
solches  dem  Kurfürsten  zu  gering  und  er  gab  zu  verstehen,  dass  er  lieber  mit 
20  000  Mann  allein  rechtschaffen  operiren  möchte ,  weil  es  ihm  bei  der  Gon- 
junction  nicht  gut  ergangen  sei;  Schwerin  aber  erklärt  des  Goess  Vorschlag 
für  durchführbar.  Goess  will  daher  w^arten,  was  die  weiteren  Verhandlungen 
ergeben  werden.  Dass  man  —  wie  der  Kaiser  dem  Goess  schreibt  —  mittels 
einer  Summe  Geldes  für  die  brandenburgischen  Minister  den  Karfürsten  werde 
bewegen  können  für  dieses  Jahr  still  zu  sitzen,  hält  Goess  nicht  für  wahrschein- 
lich, da  der  Kurfürst  eine  so  grosse  Last  länger  nicht  werde  tragen  wollen; 
daher  hält  Goess  es  für  zweckmässiger  sich  des  Kurfürsten  recht  zu  versichern 
und  den  Krieg  energisch  zu  führen,  um  dadurch  einen  um  so  besseren  Frieden 
zu  erzielen.  In  Berlin  klagt  man  über  die  Behandlung  seitens  des  Kaiserhotes, 
insbesondere,  dass  man  in  der  Jägerndorfer  Angelegenheit  keine  Satisfaction 
erlangen  könne  und  dass  der  Kaiser  bei  den  Einquartierungen  auf  den  Kur- 
fürsten nicht  genügend  Rüchsicht  nehme ^). 


')     üeber  Isaac  Pauw  v.  Achtienhoven  Urk.  u.  Act.  III.  394;  er  kam  Ende  März 
nach   Berlin. 

•-■)     Vergl.  Puf.  1.  c.  XII.  33;  Peter  1.  c.  20-2. 


742  ^'^-    Goess  iii  Ik'i-liii,    Anlialt  in  Wien.     1G72  —  IGTÖ. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  Februar  1674.  (Gr.) 

[Das    Quantum    der    kurfürstlichen    Hilfsvölker.      Marsch    der    sächsischen    Truppen. 

Schwedens    Haltung.     Zweck    von    Crockows    Sendung    nach    Wien.     Candidatur   des 

Lothringers  für  den  polnischen  Thron.] 

5.  Febr.  Der  Kurfürst  beschwert  sich  von    neuem   über  die  Lasten  der  kaiserlichen 

Einquartierungen. 

Das  Protocoll  der  in  Wien  mit  den  spanischen  und  holländischen  Ver- 
tretern gehaltenen  Conferenz,  betreffend  die  Verringerung  der  Anzahl  der  Völker 
und  der  Subsidien,  hat  Goess  erhalten  i) ;  glaubt  aber,  wie  er  bereits  berichtet 
hat,  nicht,  dass  Brandenburg  mit  der  Sendung  von  10  000  Mann  sich  einver- 
standen erklären  wird  ^),  Der  Kurfürst  hat  dem  Goess  ziemlich  positiv  gesagt, 
dass  die  kursächsischen  Völker  wieder  nach  Hause  marschiren,  in  dem  Hin- 
marsche auch  grosse  Unordnung  gemacht  hätten.  Goess  widerspricht  der  ersteren 
Behauptung.  Der  Graf  Tott^)  soll  dem  Beveringk'')  gesagt  haben,  dass  sein 
König  von  Förderung  der  dritten  Partei  abstehe,  um  dem  Kaiser  und  den  General- 
staaten die  gefasste  Ombrage  zu  benehmen,  Goess  aber  traut  allen  Erklärungen 
nicht,  wenn  sie  mit  der  intendirten  dritten  Partei  wirklich  aufkommen  könnten. 
Crockow  ist  bereits  nach  Wien  abgereist,  er  soll  seiner  Instruction  gemäss  die 
Ueberlassung  eines  Stück  Landes  im  Grossglogauischen  fordern  s);  Goess  hat 
dem  Schwerin  gesagt,  dass  keine  Hoffnung  auf  Erfolg  in  diesem  Punkte  sei, 
worauf  Schwerin  betont,  dass  Goess  sehr  difficil  sei  und  überdies  im  Vertrauen 
erwähnt,  dass  man  sich  auch  sonst  über  ihn  deswegen  beklage.  Goess  antwortet 
darauf,  dass  er  thue  und  verspreche,  was  ihm  befohlen  sei  und  was  er  halten 
könne.  Die  Hauptaufgabe  Crockows  ist  den  kaiserlichen  Hof  auszuforschen. 
In  der  polnischen  Angelegenheit  merkt  Goess,  dass  man  sich  in  Berlin  ein 
Verdienst  um  den  Kaiser  zu  erwerben  hoffe,  wenn  man  die  Candidatur  des 
Lothringers  unterstütze.  Goess  erklärt  aber,  der  Kaiser  sei  zwar  von  der 
Tüchtigkeit  des  Lothringers  überzeugt,  habe  dem  Goess  aber  niemals  etwas  mit- 
getheilt,  woraus  dieser  entnehmen  könnte,  dass  der  Kaiser  die  Wahl  des  Loth- 
ringers verlange. 


1)  Das  Protocoll  liegt  nicht  vor;  ein  Protocoll  über  eine  Conferenz  zwischen  den 
kaiserlichen,  staatischen  und  spanischen  Ministern  übersendet  Heemskerck,  der  staa- 
tische Gesandte  in  Wien,  am  19.  März  1674;  Urk.  u.  Act.  III.  426fF. 

2)  Vergl.  Peter  1.  c.  202. 

^)     Graf  Tott  war  damals  Vertreter  Schwedens  in  Köln. 

*)     Hieronymus  van  Beverningk,  staatischer  Politiker;    vergl.   über  ihn  Urk.  und 
Act.  III.  450;  über  die  Beziehungen  Totts  zu  Beverningk;  vergl.  Basnage  1.  c.  II.  451. 
')     Vergl.  Puf.  1.  c.  XII.  33;  Peter  I.  c.  202. 


Zahl  der  kuifiirstlichen  Hilfstriippen.      Crockows  Sendung  nach  Wien.    Wangelin.    743 

Goess  an  den  Kaiser.    Dat.  Berlin  12.  Februar  1674.  (Gr.) 

[Dänisch-österreichische  Verträge.     Verhandlungen   mit   Celle   und  Wolfenbüttel.     Die 
dritte  Partei.     Polnisches  W^ahlwerk.] 

Goess  bittet  um  Weisung,   wie  weit  er  in  Berlin  von  dem  Inhalte  der  mit  12.  Febr. 
Dänemark  vom  Kaiser   geschlossenen  A' ertrage ')  Mittheilung  machen   dürfe,   da 
verschiedenartige  Gerüchte  über  den  Inhalt  derselben  verbreitet  seien. 

Von  Kramprich  hat  Goess  Nachricht,  dass  wegen  Celle  und  Wolfenbüttel 
ein  Project  auf  13  000  Mann  verfasst  worden  sei,  wozu  der  Kaiser  '/s  der  Sub- 
sidien  beitragen  soll.  Neuburgs  Vertreter"-)  behauptet,  es  stehe  in  der  Angelegen- 
heit der  dritten  Partei  so,  dass  es  nur  der  Ratification  der  interessirten  Fürsten 
bedürfe. 

Goess  sucht  demselben  den  Schaden  dieser  dritten  Partei  auseinanderzusetzen, 
erfährt  aber  lebhaften  Widerspruch. 

Es  scheint,  als  ob  Brandenburg  dem  Kaiser  im  polnischen  Wahl  werke  nicht 
traue. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  Februar  1674.  (Or.) 

[W'angelins  Erklärungen    über  Schwedens  Haltung.     Klagen  des  Kurfürsten  über  die 

Franzosen.     Mittheilung    des    Österreich-dänischen  Vertrages.     Schwerins    Gesinnuno-. 

Oesterreich-brandenburgische  Verhandlungen.] 

Wangelin  ist  mit  der  Ratification  des  schwedisch-brandenburgischen  Ver-  16.  Febr. 
träges  angekommen.  Goess  hat  dem  Schwerin  Mittel  vorgeschlagen,  mit  Hilfe 
derer  die  Auswechslung  wenigstens  so  lange  verschoben  werden  soll,  bis  man 
sieht,  wie  die  bevorstehenden  Verhandlungen  ausschlagen.  Wangelin  versichert, 
Schweden  habe  friedliche  Absichten  und  es  geschehe  de  la  Gardie  Unrecht, 
wenn  man  von  ihm  behaupte,  er  suche  aus  Affection  für  Frankreich  seinen 
König  zum  Kriege  zu  bewegen^);  auch  berichtet  Wangelin,  dass  Sternberg*) 
bei  de  la  Gardie  sehr  beliebt  sei.  Der  Kurfürst  beklagt  sich  noch  immer  über 
die  Franzosen  wegen  Plünderung  der  Städte  Wesel  und  Rees.  Goess  hat 
dem  Kurfürsten  von  dem  zu  Kopenhagen  geschlossenen  Traetate^)  Mittheilung 
gemacht  und  dem  Schwerin  den  Hauptrecess  vorgelesen.  Schwerin  versichert 
wiederholt  seine  Devotion  gegen  den  Kaiser  und  bezeigt  Neigung  für  die 
Einigung  Oesterreichs  und  Brandenburgs  zu  wirken.  Wegen  der  von  mir  an- 
geworfenen Tractaten  gäbe  er  gute  Hoffnung  und  fiele  mir  allerdings  bei, 
dass  P.  Ch.  D.  vielmehr  zu  rathen,  dass  sie  neben  Dänemark  und  dem 
Haus  Lüneburg  die  Party  antreten,  als  sich  allein  in  so  weitaussehenden 
Werk  einzulassen:    es  werd  des  holländischen  ministri  zu  erwarten   und 


')  Vertrag  vom  16./2G.  Jan.  1674;  Dumont  J.  c.  VII.i  251f. 

-)  G  ollstein. 

^)  Ueber  dessen  Haltung  vergl.  Carlson  1.  c.  IV.  589 f.;  Mignet  1.  c.  IV.  337 f. 

■*)  Graf  Sternberg,  Vertreter  des  Kaisers  in  Stockholm. 

^)  Gemeint  ist  der  Österreich-dänische  Vertrag  vom    16./26.  Jan.  1674. 


744  VI.  Goess  in  Berlin.    Anhalt  in  Wien.     1672— 1R7."). 

alsdann  zu  sehen  sein,  wie  die  Sachen   am   besten  anzugreifen.  .  .  .     Die 

Auswechskmg   der    Ratificationen   des    schwedisch-brandenburgischen    Vertrages 
wird  dabei,  wie  Schwerin  glaubt,  kein  Hindernis  bilden. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  22.  Februar  1674.  (Conc.) 

[Contributionen  und  Einquartierungen.     Einquartierung   in  Essen.     Verhinderung  des 
brandenburg-hannover'schen  Vertrages.] 

22.  Febr.  Unter  dem  1.  Februar  wurde   Goess  die  Vollmacht  zu   den  Verhandlungen 

zwischen  dem  Kaiser,  Spanien,  den  Generalstaaten  und  Brandenburg  übersendet. 
Die  Beschwerungen  über  die  Bedrückung  vieler  Stände  mit  Einlogirungen 
muss  man  ertragen;  der  Kaiser  ist  zu  solchen  Einlogirungen  gencithigt, 
bezüglich  des  Bischofes  von  Münster  hat  er  dem  Bournonville  Befehl  er- 
theilt,  auch  dessen  Länder,  falls  es  noch  nicht  geschehen,  zu  den  Contri- 
butionen heranzuziehen.  Ronquillo  hat  Befehl  erhalten  nach  Polen  und  nicht 
nach  Brandenburg  zu  reisen.  Der  Kaiser  billigt  des  Goess  Meinung,  bei  den 
herrschenden  Verhältnissen  von  den  sächsischen  Ansprüchen  auf  die  jülich- 
clevischen  Länder  zu  schweigen.  Der  Ansicht  des  Goess,  die  Einquartirung  in 
das  Stift  Essen  zu  dissimuliren,  gibt  der  Kaiser  seine  Zustimmung,  doch  sei  zu 
besorgen,  dass  nicht  etwa  daraus  Brandenburg  eine  Possession  hernach  er- 
zwingen wolle.  Goess  soll  alles  aufwenden,  damit  der  Kurfürst  nicht  dem  ihm 
von  Hannover  vorgeschlagenen  Bündnisse  beitrete. 


Goess  an   den   Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  Februar  1674.    (Or.) 

[Wangelins    Erklärungen    über     Schwedens    Politik.      Gefangennahme    Fürstenbergs- 
ürtheil  des  Kurfürsten  in  dieser  Sache.] 

23.  Febr.  Wangelin  hat  Schwerin  für  gewiss  erzählt,  dass  neulich  ein  Vertrag  zwischen 

Dänemark  und  Schweden  geschlossen  worden  sei;  Goess  glaubt  aber,  da  er  von 
anderswo  keine  Nachricht  von  dem  Abschlüsse  eines  solchen  Vertrages  habe, 
dass  dies  von  Wangelin  erfunden  worden  sei,  um  so  die  Ratification  schneller 
zu  erlangen.  Wangelin  erklärt  Goess  gegenüber,  dass  man  nun  von  schwedischer 
Seite  das  üniversalarmistitium  aller  Orten  zu  befördern  trachte,  zu  welchem 
Ende  Sparre  nach  Holland')  und  England  gereist  sei,  Graf  Tott  vielleicht  nach 
Paris  gehen  werde.  Da  auch  in  Berlin  die  Nachricht  eingelangt  ist.  dass  der 
Prinz  Wilhelm  von  Fürstenberg  auf  Befehl  des  Kaisers  gefangen  genommen 
worden   sei'^)    und    dass  deswegen  der  Congress   sich  auflösen  solle,  hat   Goess 


^)     lieber  Sparre's  Verhandlungen  im  Haag;  Basnage  1.  c.  II.  490. 

2)  Ueber  die  Gefangennahme  Fürstenbergs  Orlich  1.  c.  II.  104£f. ;  Peter  I.e.  191; 
Ennen  I.e.  326 ff.;  Th.  Eur.  XI.  564 ff.;  Münch,  Geschichte  des  Hauses  und  Landes 
Fürstenberg  IIL  171  ff.;  Grimoard  1.  c.  II.  447 f.;  Depping  1.  c.  219 ff.;  Schriften  im 
Diar.  Europ.  XXIX.   App.;  Londorp  I.e.  X.  131  ff. 


Eiücjuai tieiiinijen      Gefanffeniiahme  Füistpiibei'^-;.     \'erjus.  745 

remonstrirt.  dass  dies  keine  Ursache  zur  Auflösung  der  Versammlung  sei. 
P.  S.  Der  Kurfürst  ist  derselben  Meinung  wie  Goess  bezüglich  Fürstenbergs 
und  hat  Goess  durch  Schwerin  andeuten  lassen,  dass  er  sich  in  diesem  Punkte 
mit  dem  Kaiser  accommodiren  und  dahin  wirken  wolle,  dass  deswegen  die 
Friedensverhandluniren   nicht  unterbrochen  werden. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  26.  Februar  1674.  (Or.) 

[Fürstenbergs  (Tcfangennahme.] 

Verjus  gibt  vor.  dass  der  Prinz  von  Fürstenberg  ein  kurkölnischer  und  mit  26.  Febr. 
des  Kaisers  Geleitsbrief  versehener  Bevollmächtigter  gewesen  und  also  mit  dessen 
Gefangennahme  fides  et  securitas  publica  verletzt  worden  sei. 

Schwerin,  mit  dem  Goess  spricht,  meint  unter  anderem,  der  Friede  zwischen 
England  und  Holland  werde  bald  geschlossen ')  und  dann  der  König  von  Frank- 
reich genöthigt  werden,  den  Frieden  anzunehmen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  5.  März  1674.  (Or.) 

[Eindruck    der    Nachricht    vom    Abschhisse    des  englischbolländischen  Friedens.     Des 
Verjus  Verhandlungen    mit    dem    Kurfürsten.      Hollands   Vorgehen    bei   den  Verband- 
lungen mit  Braunschweig.     Wangelins  Erklärungen.     Fürstenberg.] 

Weisung  vom  22.  Februar  erhalten. 

Der  Kurfürst  hat  sich  über  die  Nachricht  vom  Abschlüsse  des  holländisch-  5.  März, 
englischen  Friedens  sehr  gefreut;  er  hofft,  der  König  von  Plngland  wird  alles 
thun.  um  den  Frieden  zwischen  Holland  und  Frankreich  zu  bewirken.  Verjus 
ist  nach  Potsdam  gegangen,  um  wegen  der  begehrten  Restitution  von  Wesel 
und  Rees  einige  Vorschläge  zu  machen  und  wird  versuchen  dadurch  die  Ver- 
handlungen mit  dem  Kaiser  zu  unterbrechen-').  Gewiss  ist  zu  besorgen,  weil 
man  sich  über  die  Subsidien  noch  nicht  verglichen  hat,  dass  über  diesen  Tractat 
sehr  schläfrig  und  langsamer,  als  es  die  Verhältnisse  leiden,  berathen  werden 
wird  und  dass  die  Holländer  nach  abgeschlossenem  Vertrage  mit  England  noch 
schwieriger  bezüglich  der  Subsidien  sein  werden.  Windischgrätz  berichtet  aus 
Braunschweig  über  seine  Verhandlungen  mit  den  Herzogen  von  Braunschweig  ^). 
Goess  meint,  dass  Holland  in  dieser  Angelegenheit  nicht  so  vorgehe,  wie  es 
sollte;  es  imputire  dem  Kaiser  und  Spanien  je  Vs  der  Subsidien,  obgleich  dar- 
über noch  nichts  verglichen  worden  sei  und  verhandle  mit  Braunschweig,  aber 
nicht  mit  Dänemark,    obgleich  man  wisse,    dass    Braunschweig   ohne  Dänemark 


')  Der  Vertrag  von  Westminster  war  bereits  am  9./11).  Febr.  1674  geschlossen 
worden;  Dumont  1.  c.  VII. i  253 f.;  Ranke,  Engl.  Gesch.  V.  141;  Klopp  I.  c.  I.  368; 
Mignet  1.  c.  IV.  267  ff. 

•-*)     Vergl.  Puf.  I.e.  XII.  31. 

"')     Vergl.  Griinoard  1.  c.  II.  409. 


746  VI.    Cioess  in   Berlin,    Aiilialt  in   Wien.      1072- 1G75. 

nicht  abschlicssen   wird;    aucli    setze   man    das   Quantum   der  Völker  von  Celle 
und  Wolfenbüttel  zu  hoch  an. 

Wangelin  hat  fernere  Proposition  gethan  zur  Beförderung  des  Friedens  und 
zwar  gleichsam  fragend,  ob  man  dieser  Seiten  nicht  vermeine,  dass  auf  einige 
pressante  Mittel  zur  Erhaltung  desselben  zu  denken  sei ').  In  einem  anderen 
Schreiben  bestätigt  Goess  den  Empfang  der  kaiserlichen  Schreiben  über  die  Ver- 
haftung Fürstenbergs  und  fügt  hinzu,  er  könne  versichern,  dass  der  Kurfürst 
in  dieser  Frage  sich  sjanz  auf  die  Seite  des  Kaisers  stellen  werde. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  9.  März  1674.   (Or.) 

[Wangelins    Propositionen.     Eindruck    der  Nachricht    von   dem  englisch-holländischen 

Frieden  auf  W^angelin   und   Verjus.     Wangelins  Haltung,     ürtheil   der   Brandenburtror 

über  Frankreichs   Pläne    bezüglich  Wesels    und    Rees.     Des    Kurfürsten  Mittheihuitreu 

von  französischen  Anerbietungen.] 

9.  März.  Der  Kurfürst  hat  dem  Goess  durch  Schwerin  und  Somnitz  mittheilen  lassen, 

dass  er  die  Ratification  des  schwedisch -brandenburgischen  Vertrages  vollzogen 
und  das  Document  Wangelin  liabe  zustellen  lassen-).  Goess  hat  sich  für  die 
Mittheilung  bedankt  und  zu  erfahren  begehrt,  was  Wangelin  sonst  vorgebracht 
habe.  Schwerin  und  Somnitz  antworteten,  dass  Wangelins  Propositionen  von 
keiner  besonderen  Bedeutung  gewesen  seien.  Er  hätte  nur  das  allgemeine  Ar- 
mistitium  empfohlen;  2".  zu  wissen  begehrt,  wie  der  Kurfürst  über  die  in  Köln 
zum  Vorschlag  gebrachten  2  Friedensprojecte  urtheile,  worauf  man  kurfürstlich er- 
seits  sich  nicht  eingelassen;  3°.  erklärt,  es  müsste  den  in  diesem  Kriege  be- 
schädigten Ständen  Satisfaction  zu  tlieil  werden  und  4*^.  gefordert,  man  möge 
Spanien  von  weiterer  BeschAverung  der  Stände  abrathen.  Nachdem  die  Nach- 
richt von  dem  zwischen  Holland  und  England  geschlossenen  Frieden  ein- 
gelangt, hat  sich  sowohl  Verjus  als  Wangelin  sehr  alterirt  gezeigt  und  der 
letztere  dem  Kurfürsten  gegenüber  geäussert,  dass  nunmehr  Oesterreich  mehr 
als  Frankreich  zu  fürchten  sei,  dass  man  die  3'^  Partei  gründen  und  auf  die 
Sicherheit  des  evangelischen  Wesens  sehen  müsse,  da  Spanien  jetzt  den 
Bogen  hoch  spannen  werde;  auf  welches  alles  aber  der  Kurfürst,  zumal  auch 
auf  die  Exaggeration  der  Entführung  des  Prinzen  AVilhelm  Fürstenberg,  gar 
nicht  günstig  geantwortet  hat.  Goess  merkt,  dass  Wangelin  sich  das  franzö- 
sische Interesse  sehr  am  Herzen  sein  lässt  und  mit  Verjus  vertraulichst  verkehrt. 
Der  Kurfürst  merkt  jetzt,  dass  an  der  Behauptung  Wangelins  von  dem  Ab- 
schlüsse eines  schwedisch-dänischen  Vertrages  nichts  wahres  ist.  Weil  Verjus 
von  der  Restitution  von  Wesel  und  Rees  beim  Kurfürsten  anders  als  in  der 
später  gehaltenen  Conferenz  geredet,  besorgt  man  brandenburgischerseits.  dass 
der  König  von  Frankreich  pro  genio  suo  diese  Plätze  äusserstem  Vermögen  nach 
manuteniren    und    nur   aus    lauterer  Noth  quittiren  werde,  in  welcher  Meinung 


1)     Vergl.  Puf.  1.  c.  Xn.  22. 

''')     Die  Ratification  des  Kurfürsten  erfolgte  am  28.  Febr.  Ifi74:    Mörner  1.  c.  377. 


Waiigelius  Verhamllunseu.  IJiaudeiiburg  u.  Frankreich.   Friedeusiieigung  Fr. Willi.      747 

Goess  sie  bestärkt.  Der  Kurfürst  tlicilt  dem  Goess  mit.  dass  ilim  von  Frank- 
reich für  10000  Mann  Erhaltungssubsidien  angeboten  worden  seien,  olme  dass 
er  wider  den  Kaiser  oder  Holland  etwas  vorzunehmen  gezwungen  sein  sollte'). 
Goess  zAveifelt  nicht,  dass  man  französischerseits  alles  aufl)ieten  werde,  Branden- 
burg zu  gewinnen. 


Memorial   über  die   Conferenz   vom  11.  März  1674  zwischen 
Montecuccoli  und  Hocher  einer-,  Crockow  andererseits.  (Conc.) 

[Friedensneigung  des  Kurfürsten.     Erwiderung  des    Montecuccoli.     Art  der  Friedens- 

vermittelung.     Des  Hofkanzlers  Auseinandersetzungen  über  des  Kaisers  Politik.    Noth- 

wendigkeit    der    Fortsetzung    des  Krieges    gegen    Frankreich.     Erwiderung  Crockows. 

Montecuccoli's  Aeusserungen.] 

Auf  die  Frage  Montecuccoli's  über  den  Zweck  seiner  Mission  erklärt  Crockow  11.  März, 
in  der  Unterredung  am  11.  März:  Der  Kurfürst  freue  sich  über  die  Rüstungen 
des  Kaisers,  da  aber  der  ZAveck  des  Krieges  der  Friede  sei,  der  Kaiser  auch 
wie  der  Kurfürst  den  Frieden  wünsche,  so  biete  der  Kurfürst  seine  Dienste  zur 
Vermittelung  des  Friedens  an  und  wünsche  durch  Crockow  die  Absichten  des 
Kaisers  bezüglich  des  Friedens  zu  vernehmen.  Zugleich  bittet  der  Kurfürst  um 
Communication  der  zwischen  dem  Kaiser  und  den  übrigen  Potentaten  ge- 
schlossenen Bündnisse. 

Montecuccoli  antw^ortet:  Der  Kaiser  hat  stets  den  Frieden  wollen,  will  ihn 
auch  noch,  da  aber  Frankreicli  ihn  nicht  will,  müsse  der  Krieg  fortgesetzt  Aver- 
den;  die  Bündnisse  des  Kaisers  sind  dem  Kurfürsten  bereits  bekannt.  Endlich 
fragt  Montecuccoli,  Avie  sich  der  Kurfürst  die  Vermittelung  denke.  Crockow  meint, 
anfangs  freundschaftlich,  Avorauf  Montecuccoli  erwidert,  damit  sei  bei  Frankreichs 
Art  zu  verfahren  nichts  anzufangen.  Der  Hofkanzler  führt  das  aus  und  legt 
die  auf  das  allgemeine  Wohl  gericlitete  Politik  des  Kaisers  dar.  Der  Kaiser 
habe  auch  öffentlich  in  Regensburg  und  sonst  die  Erklärung  abgegeben,  dass 
er  den  allgemeinen  Frieden  wolle,  wenn  Frankreich  die  im  Reiche  occupü-ten 
Plätze,  insbesondere  Wesel,  Rees  und  Emmericli  restituire,  Avenn  des  Kurfürsten 
von  Brandenburg  in  dem  Frieden  gedaclit  Averde,  Avenn  Trier  völlig  seinen  Be- 
sitz widererhalte  und  dem  Brandenburger  Avie  den  übrigen  treuen  Reichsständen 
der  erlittene  Schade  ersetzt  Averde.  Die  Gerechtigkeit  dieser  Bedingungen 
dürfte  der  Brandenburger  zugeben.  Frankreich  aber  habe  sie  nicht  erfüllen 
wollen,  auch  die  Restitution  Lothringens  geAveigert  und  auch  alle  übrigen  Frie- 
densversuche durch  seine  Forderungen  unmöglich  gemacht;  daher  müsse  der 
Kaiser  für  die  Fortsetzung  des  Krieges  sein  und  fordern,  dass  der  Kurfürst 
sich  mit  dem  Kaiser  verbinde,  was  übrigens  nur  zu  des  Kurfürsten  Nutzen  ge- 
reichen könnte. 

CrockoAV  erwidert,  er  zweifle  nicht  an  des  Kaisers  guter  Intention;  be- 
züglich der  Friedensbedingungen,  die  von  kaiserlicher  Seite  gestellt  Avorden 
sind,  sei  er  nicht  instruirt;  doch  Avisse  er,  dass  Frankreich  sich  zur  Restitution 


')     Puf   1.  c.  Xn.  31 :  Droysen  1.  c.  III.3  472  ff. 


748  VI.    Goess  in  Berlin,    Anliait  in   Wien.     1672—1^75. 

der  occupirten  Plätze  bereit  erklärt  habe.  Eine  reparatio  damnorum  halte  er 
für  billig,  ebenso,  dass  man  auf  eine  bessere  Sicherheit  für  die  Zukunft 
denke.  Dass  aber  Breisach  und  Philippsburg  in  einen  anderen  Stand  und 
Spanien  ungefähr  in  den  Stand  der  pyrenäischen  Tractate  gesetzt  werden  soll, 
wäre  beides  hart  und  grosse  Mühe  und  Arbeit  hiezu  erforderlich.  Frankreich 
werde  mit  Waffengewalt  seine  Rechte  aufrechtzuhalten  suchen,  andere  sich 
einmischen.  Brandenburg  aber  wolle  sich  nicht  einmischen,  bitte  auch  den 
Kaiser,  in  diesem  Punkte  nichts  von  dem  Kurfürsten  zu  fordern. 

Montecuccoli :  Es  sind  das  alles  keine  entschiedenen  Sachen,  sondern  ver- 
trauliche Besprechungen;  der  Kaiser  habe  sich  mit  Spanien  bis  jetzt  auch  nicht 
dahin  verglichen,  dass  der  Friede  auf  die  Bestimmungen  des  Pyrenäischen  hin 
geschlossen  werde,  sondern  der  Kaiser  meine,  man  müsse  auf  einen  Frieden  an- 
tragen, der  lange  Dauer  verspreche.  Ferner  fragt  Montecuccoli,  was  Branden- 
burg zu  thun  gesinnt  sei.  wenn  kein  Friede  zu  erlangen  wäre. 

Crockow  erklärt,  darüber  nicht  instruirt  zu  sein,  aber  an  den  Kurfürsten 
darüber  berichten  zu  wollen  '). 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  15.  März  1674.  (Conc.) 

[Verträife    des   Kaisers    mit    Dänemark    uud   Braunschweig.     Schwerin.     Dritte  Partei. 

Fürstenberg.] 

15.  März.  Der  Kaiser  billigt  die  Communication   des  Hauptrecesses  des  Vertrages  mit 

Dänemark  an  Schwerin  und  hofft  dem  Goess  hald  den  Abschluss  mit  Braun- 
schweig mittheilen  zu  können  "■').  Goess  soll  seine  Ansichten  dem  Kaiser  darüber 
mittheilen,  wie  man  Hannover  gewinnen  könnte.  Kann  die  Auswechselung  des 
schwedisch-brandeuburgischen  Vertrages  nicht  verhindert  werden,  so  soll  Goess 
trachten,  dass  sich  der  Kurfürst  in  nichts  weiteres  einlasse.  Dem  Schwerin 
soll  Goess  des  Kaisers  Neigung  kundgeben.  Goess  soll  genau  berichten  wie  es 
mit  der  dritten  Partei  und  mit  dem  schwedisch-dänischen  Bündnisse  steht.  Die 
Gründe  der  Gefangennahme  Fürstenbergs  hat  der  Kaiser  bereits  kundgethan. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  16.  März  1674.   (Or.) 

[V^erhandlungen  der  Brandenburger  mit  Verjus.  Achtienhoven.  Einnahme  von  Ger- 
mersheim.    Eindruck  dieser  Nachrieht  am  Berliner  Hofe.    Verjus.    Wangelin.     Worms  J 

16.  .März.  Verjus  hat  abermals  eine  Confereuz  gehalten,  in  welcher  er,  wie  Schwerin 

dem  Goess  mittheilte,  die  Proposition  wegen  Rückgabe  der  Städte  Wesel  und 
Rees  und  andere  Offerten  machte,  welche  darauf  hinweisen,  dass  Frankreich 
Brandenburg  für  sich  gewinnen  will.  Schwerin  hat  dem  Goess  gesagt,  Branden- 
burg werde  diesen  Anerbietungen  aber  kein  Gehör  schenken,  es  sei  denn,  dass 


')     Für  Crockows  Aufenthalt  in  Wien  Puf.  I.e.  XII.  28 f.,  33. 
2)     Der  Abschluss  erfolgte  am  14./24.  April  1G74. 


Des  Kaisers  Gesiiiiiun,?  u.  Vorschlägre.   Veihandlung-eu  des  Verjus.    Aohtieuhoveii.      749 

es  von  der  anderen  Partei  vernachlässigt  werde,  quod  ego  sie  interpretor, 
wann  derselben  keine  gute  conditiones  wollten  gemacht  werden. 

Achtienhoven  wird  in  Berlin  mit  Sehnsuclit  erwartet.  Goess  fürchtet,  er 
werde  nicht  genügend  instruirt  sein,  oder  die  Verzögerung  des  Abschlusses  mit 
Brandenburg  dem  Kaiser  und  Spanien  in  die  Schuhe  schieben. 

In  Berlin  ist  die  Nachricht,  dass  die  Franzosen  Germersheim  eingenommen'), 
eben  zu  der  Zeit  eingelaufen,  als  Verjus  seines  Königs  Schreiben  wegen  des  ent- 
führten Fürstenberg  in  Berlin  communicirte ;  das  benützte  Goess,  um  über  die  Art 
der  Franzosen  zu  sprechen,  dass  sie  publicam  fidem  nur  auch  in  dem  Mund 
nehmen  dörfen,  eben  zur  Zeit,  da  sie  solche  Dinge  an  anderer  Seiten  thun. 
Goess  hat  vernommen,  dass  der  Kurfürst  über  diese  That  sehr  empfindlich  sich 
geäussert  und  gemeint  habe,  dies  werde  aller  Welt  die  Augen  öffnen;  die  Kur- 
fürstin aber  habe  gesagt:  Ja,  wann  das  verfluchte  französische  Geld  nit 
also  herum  gienge  und  die  Leute  verblendete.  Verjus  hat  sich  gestellt, 
als  ob  er  von  der  Sache  nichts  gewusst  hätte.  Wangelin  versichert  Goess  der 
Friedensliebe  des  Schwedenköniges.  Der  Kurfürst  hat  Goess  aufgefordert,  beim 
Kaiser  dahin  zu  wirken,   dass  man  auf  Worms  ein  achtsames  Auge  habe. 


Memorial  über  die   Conferenz  vom  21.  März  1670    zwischen 
Montecuccoli,  Hocher  und  Crockow.  (Conc.) 

[Conjunctiou  der  brandenburgischen  mit  den  kaiserlichen  Truppen.  Bedingungen  für 
Brandenburg.  Hochers  Erklärungen  über  die  geplante  Mitwirkung  von  Dänemark, 
Brauuschweig-Celle  und  Wolfeubüttel.  Vortheile  für  Brandenburg  aus  der  Verbindung 
mit  dem  Kaiser.  Entgegnungen  Crockows.  Debatte  über  diese  Frage  und  über  die 
Haltung  Schwedens.     Brandenburgs  Haltung  zur  Frage  der  Garantie  des  pyrenäischen 

Friedens.] 

Montecuccoli  theilt  dem  Crockow  mit,  dass  der  Kaiser  aus  Crockows  Er-  21.  März, 
klärungen  die  gute  Gesinnung  des  Kurfürsten  erkannt  habe.  Da  nun  der  beider- 
seits gewünschte  Friede  nur  durch  Fortsetzung  der  Kriegsoperationen  zu  er- 
reichen sei,  hoffe  der  Kaiser,  dass  der  Kurfürst  seine  bereit  stehenden  Truppen 
mit  den  übrigen  conjungiren  werde.  Der  Kaiser  wisse  wohl,  dass  die  Erhal- 
tung dieser  Truppen  viel  Geld  koste;  er  habe  aber  selbst  so  überaus  grosse 
Auslagen  und  der  Krieg  werde  doch  für  das  allgemeine  Wohl  geführt.  Dazu 
komme,  dass  man  ja  nicht  mehr  vom  Kurfürsten  fordere,  als  den  clevischen, 
münsterischen  und  aachen'schen  Frieden  aufrecht  zu  erhalten;  wegen  der  Sub- 
sidien  wolle  der  Kaiser  sehen,  wie  er  dem  Kurfürsten  unter  die  Arme  greifen 
könnte.  Der  Hofkanzler  fügte  hinzu,  da  Brandenburg  ohne  Zweifel  gern  in 
Gesellschaft  von  Dänemark.  Brauuschweig-Celle  und  Wolfenbüttel  sein  möchte, 
wäre  in  Vorschlag  gekommen,   diese    3  Mächte    zur  Stellung  einer  Armee  von 


')     Germersheim    fiel  am  "21.  Februar  1674.     Vergl.  Peter  I.e.  '211:  Häusser  I.e. 
IL  630. 


750  ^'f-  ^oess  in  Berlin.    Anhalt  in  Wien.     167-2— 1675. 

30  000  Mann  zu  vermögen  und  denselben  für  die  Hälfte  den  Unterhalt  zu 
reichen.  Dadurch  werde  Schweden  von  jeder  Unternehmung  abgehalten. 
Brandenburg  sei  ohnehin  vermöge  des  braunschweigischen  Bündnisses  ver- 
pflichtet dem  Kaiser  zu  Hilfe  zu  kommen,  im  Falle  er  in  den  Erbländern  von 
jemandem  angegriffen  werden  sollte.  Ferner  erlange  Brandenburg  durch  diesen 
neuen  Vertrag  den  Vortheil  die  Subsidien  zu  geniessen.  welche  er  kraft  des 
vorigen  Bündnisses  nicht  zu  hoffen,  noch  weniger  zu  praetendiren  gehabt  liätte. 
Diese  Subsidien  aber  würden  Spanien  und  die  Staaten  allein  ohne  Entgelt  des 
Kaisers  geben  und  der  Kaiser  bei  diesen  Mächten  seinen  Einfluss  deswegen 
geltend  machen.  Der  spanische  Botschafter  habe  Vollmacht  mit  Crockow  zu 
verhandeln;  dass  Spanien  die  Garantirung  des  pyrenäischen  Friedens  fordern 
werde,  sei  wahrscheinlich,  doch  werden  sich  Mittel  finden,  darüber  zu  einer 
Einigung  zu  gelangen.  Der  Kaiser  werde  in  diesem  Jahre  nicht  nur  30000 
Mann,  sondern  noch  viel  mehr  in's  Feld  stellen,  wenn  Holland  und  Spanien 
auch  mit  40  000  Mann  anziehen,  dann  wird  Brandenburg  noch  viel  sicherer 
in  den  Bund  treten  können.  Ueberdies  sei  der  Kurfürst  ja  ohnehin  schon  Ver- 
bündeter des  Kaisers  und  könne  sich  auf  ihn  besser  verlassen,  als  auf  die 
falschen  Versprechungen  seiner  Gegner.  Des  Kaisers  Wunsch  gehe  aber  nur 
dahin,  dass  Brandenburg  den  münsterischen,  clevischen  und  aacheu'schen  Frie- 
den garantiren  und  manuteniren  helfen  möge,  so  dass  der  Kurfürst  des  Kaisers. 
Spaniens  und  der  Staaten  Verbündeter  wäre.  Der  Kaiser  aber  wolle  sich  alle 
Mühe  geben  bei  den  übrigen  Verbündeten  dahin  zu  wirken,  dass  dem  Kur- 
fürsten möglichste  Sicherung  seines  Besitzes  gewährt  und  bezüglich  der  Sub- 
sidien seitens  Spaniens  und  Holland  Satisfaction  gegeben  werde. 

Crockow  betont  dagegen,  dass  unter  diesen  Verhältnissen  Brandenburg 
allein  sich  der  Gefahr  aussetzen  würde.  Spanien  und  Holland  den  grössten 
Nutzen,  der  Kaiser  wenig,  Brandenburg  aber  keinen  Vortheil  davon  haben  würde. 

Die  kaiserlichen  Commissäre  erwidern  darauf,  wenigstens  würde  Branden- 
burg nebst  den  Subsidien  auch  den  Ruhm  und  die  Ehre  haben.  Crockow 
meint,  das  sei  nicht  genug,  worauf  die  Commissäre  antworten,  für  Brandenburg 
sei  es  von  grossem  Nutzen,  wenn  die  Niederlande  in  gutem  Stande  seien,  wenn 
Brandenburg  die  verlorenen  Plätze  widergewinne,  der  bösen  Nachbarn  entledigt 
und  im  römischen  Reiche  die  Sicherheit  hergestellt  werde ;  vielleicht  werde  man 
mit  Hilfe  Gottes  solche  Eroberungen  noch  machen,  dass  Spanien  und  Holland 
dem  Kurfürsten  etwas  geben  könnten.  Crockow:  Passato  il  pericolo,  viene 
gabbato  il  santo;  übrigens  hätte  Frankreich  dem  Kurfürsten  auch  die  Repa- 
rirung  der  verursachten  Schäden  und  Rückgabe  von  Ress,  Wesel  und  Emmerich 
versprochen.  Die  kaiserlichen  Commissäre  erwidern,  verba  non  sufficiunt,  ubi 
facto  opus  est;  das  habe  das  Vergangene  gezeigt;  auf  Frankreich  sei  nicht  zu 
rechnen.     Crockow  meint,  jetzt  seien  die  Verhältnisse  andere  geworden. 

Die  kaiserlichen  Commissäre  fragen  noch,  was  der  Kurfürst  fordern  würde, 
Avenn  man  mit  Brandenburg  auf  die  Manutenirung  des  pyrenäischen  Friedens 
tractiren  wollte.     Crockow  meint,  Spanien  möge  sagen,  was  es  biete. 

Ferner  betonen  die  Commissäre,  dass  von  Schweden  nach  dem  Abschlüsse 
dieses  Vertrages  für  Brandenburg  nichts  zu  fürchten  sein  werde,  da  Schweden  einen 


\'eiliaadluugen  über  ein  gemeinsames  Yorijehen  Oestetreiehs  u.  Brandenbnrgs.        751 

Angriff  nicht  wagen  werde,  wenn  aber,  mit  Hilfe  Dänemarks  und  der  Braun- 
schweiger Fürsten  leicht  von  dem  Brandenburger  zurückgewiesen  werden  könnte. 
Crockow  meint,  Schweden  werde  nicht  zugeben,  dass  Frankreich  unter- 
drückt, oder  dass  Breisach  und  Philippsburg  den  Franzosen  widerum  abgenom- 
men werden.  Im  übrigen  meint  Crockow,  der  Kurfürst  würde  wohl  die  Ga- 
rantie der  münsterischen,  clevischen  und  aachen'schen  Friedensschlüsse  über  sich 
nehmen,  wenn  er  nur  wüsste,  dass  der  Kaiser  nicht  mehr  von  ihm  begehren 
werde.  Schliesslich  fordern  die  kaiserlichen  Coramissäre  Crockow  auf,  sich  vom 
Kurfürsten  auch  für  den  Fall  instruiren  zu  lassen,  dass  man  die  Garantie  des 
pyrenäischen  Friedens  von  ihm  wünsche  und  was  er  für  Bedingungen  stelle. 
Crockow  erwidert  gleich,  es  werde,  im  Falle  der  Kurfürst  die  Garantie  des 
pyrenäischen  Friedens  übernehmen  sollte,  bei  der  bisherigen  Stipulirung  der 
Subsidien  nicht  bleiben  können,  da  die  clevischen  Besitzungen  des  Kurfürsten 
in  diesem  Falle  der  grössten  Gefahr  ausgesetzt  sein  würden. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  22.  März  1674.    (Or.) 

[Fürstenberg.      Verhandlungen    mit    Wangelin.      Oesterreich -pfälzische    Beziehungen.. 
Marsch  der  kölnischen  Völker  durch  hildesheimisches  Gebiet.] 

Der  Kaiser  ist  erfreut  darüber,  dass  der  Kurfürst  sein  Vorgehen  gegen  22.  März. 
Fürstenberg  billigt.  Was  Wangelin  betrifft,  soll  Goess  darauf  achten,  dass  von 
Seite  Brandenburgs  mit  demselben  nichts  verhandelt  wird,  was  den  vorhabenden 
Verhandlungen  des  Kaisers  und  seiner  Verbündeten  mit  Brandenburg  praeiudi- 
cirlich  sein  könnte.  Mit  Kurpfalz  ist  bis  dato  nichts  geschlossen  worden'); 
sollte  dies  geschehen,  wird  der  Kaiser  Goess  instruiren,  wie  weit  er  davon  Mit- 
theilung machen  kann,  bis  dahin  hat  er  nichts  zu  sagen,  als  dass  des  Kaisers 
dem  ganzen  Reich  und  Kurpfalz  wohlgesinntes  Gemüth  daraus  zu  ersehen  sei, 
dass  er  dem  Pfälzer  auf  sein  Begehren  alsobald  einen  starken  Suecurs  ge- 
schickt, obgleich  der  Kaiser  in  keinem  Bündnisse  mit  demselben  bis  dato  be- 
griffen sei"^). 

Bezüglich  des  Durchmarsches  der  kurkölnischen  Völker  durch  das  hildes- 
heimische Gebiet  hat  der  Kaiser  Bournonville  Befehl  ertheilt,  diesen  Völkern 
allen  möglichen  Abbruch  zu  thun^). 


')  Der  Abschluss  des  Vertrages  erfolgte  am  4.  April;  vergl.  Dumont  I.e.  VII., 
255  ff. 

'-)  Frankreich  hatte  an  dem  Pfälzer,  wegen  der  verweigerten  Bewilligung  des 
Besatzungsrechtes  für  französische  Truppen  in  Oppenheim,  grausame  Rache  genommen 
imd  das  Land  desselben  überfallen;  vergl.  Häusser  1.  c.  11.  627 ff. ;  Wagner  1.  c.  I.  325. 
Die  Schreiben  des  Pfälzers  an  den  Kaiser  und  dessen  Antwort  in  Londorp  1.  c.  X. 
117  f. 

^)  In  einer  Weisung  vom  27.  März  Conc.  gibt  Leopold  dem  Goess  Kunde  von 
der  zwischen  den  Vertretern  des  Kaisers,  Hollands  und  Spaniens  gehaltenen  und  die 
an  Dänemark,  Brandenburg  und  Braunschweig-Lüueburg  zu  gewährenden  Subsidien  be- 


752  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt,  in   Wien.     1(;72— Ki?'). 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  März  1674.   (Or.) 

[Unterhanrllungen    des    Goess    mit    dem    Kurfürsten    bezüglich    der   zum    Schutze  des 
Pfälzers  zu  ergreifenden  Massregeln.     Des  Goess  Urtheil  über  die  Haltung  der  Branden- 
burger  in   dieser   Frage.     Verhandlungen   des  Verjus  mit  den  Brandenburgern.     Be- 
deutung von  Achtienhovens  Ankunft.     Gollstein.     Nachrichten  aus  Köln.] 

23.  März.  Der  Kurfürst  hat  auf  des  Goess  Klagen  über  der  Franzosen  Einfall  in  die 
Kurpfalz  sich  sehr  darüber  ereifert,  auch  sehr  heftig  mit  Wangelin  und  Verjus 
darüber  gesprochen,  als  aber  Goess  den  wirklichen  Succurs  und  die  Verbin- 
dung mit  des  Kaisers  dahin  beorderten  Völkern  forderte,  antwortete  der  Kur- 
fürst, dass  er  nicht  unterlassen  Averde  dasjenige,  was  durch  die  Reichsstände 
würde  resolvirt  werden,  auch  seinerseits  zu  vollziehen.  Darauf  hat  Goess 
den  Kurfürsten  ersucht,  seinen  Gesandten  in  Regensburg  Befehl  zu  ertheilen, 
für  die  Unterstützung  des  Pfälzers  energisch  einzutreten  und  mit  den 
kaiserlichen  Bevollmächtigten  über  diesen  Punkt  zu  conferiren ').  Ich  kann 
fast  nit  hoffen,  dass  man  hierin  andere  Resolution  nehmen  werd,  als  was 
mit  Churtrier  geschehen,  sondern  werd  man  zufürderist  die  obhandene 
Tractaten  mit  Versicherung  der  subsidiorum  wollen  geschlossen  wissen, 
dann  man  werde  ungezweifelt  die  Rechnung  machen,  dass  wann  man 
vorher  zur  Action  schritte,  das  Werk  ratione  subsidiorum  viel  schwerer 
hergehen  oder  gar  nichts  daraus  werden  möchte.  Verjus  hat  abermals 
Conferenz  gehabt-);  er  hat  seine  Forderungen  herabgesetzt,  doch  wird  von  Seite 
Frankreichs  Brandenburg  ein  wirkliches  Engagement  angetragen,  zu  welchem 
man  sich  aber  hiesigerseits  schwerlich  verstehen  dürfte.  Doch  hält  Goess  dafür, 
dass  man  von  französischer  Seite  sich  endlich  conteutiren  werde,  S.  Ch.  D. 
von  allem  Impegno  mit  uns  abzuhalten,  die  obhandene  Tractaten  zu  unter- 
brechen und  dieselbe  in  statu  neutralitatis  zu  lassen.  Wegen  der  Resti- 
tution von  Wesel  und  Rees  dürfte  keine  grosse  Schwierigkeit  entstehen,  ob  man 
aber  die  Subsidien  zum  Unterhalte  von  10  000  Mann,  ohne  einen  Nutzen  davon 
zu  haben,  bei  gegenwärtigen  Conjuncturen  wird  geben  w'ollen,  daran  müsse  ge- 
zweifelt werden.  Man  wäll  in  Berlin  vor  allem  Achtienhovens  Ankunft  ab- 
warten; Goess  besorgt,  dass  dieser  ohne  entsprechende  Vollmacht  kommen  und 
mehr  böses  als  gutes  anstiften  werde  und  Wangelin  und  Verjus  hoffen,  man 
werde  ihren  Propositionen  besseres  Gehör  schenken,  so  bald  sich  gezeigt 
haben  werde,  dass  Achtienhoven  nicht  bringe,  was  Brandenburg  wünscht. 
Gollstein,  der  neuburgische  Abgesandte,  hat  seine  Abschiedsaudienz  genommen. 
Aus  Köln  berichtet  der  junge  Schwerin,  dass  Wilhelm  Fürstenberg  nach  Ehren- 


treffenden  Conferenz.  Das  Protocoll  dieser  Conferenz  ist  gedruckt  in  Act.  u.  Urk.  III. 
426  ff. 

')  Ueber  die  in  dieser  Frage  zu  Regeusburg  gewechselten  Schriften,  Pachner 
1.  c.  I.  702  f. 

2)     Puf.  1.  c.  XII.  32:  Droysen  1.  c.  III.o  473. 


Unterstiit7.uiio-  des  Pfülzers.     Des  Verjus  Verhaiidhinsfen.     Aelitionlioven.  753 

breitenstein  geführt  0  und  dass  von  den  Mediatoren  au  die  französischen  Ge- 
sandten das  Ersuchen  gestellt  worden  sei,  die  Verhandlungen  aufzunehmen,  was 
diese  aber  zurückgewiesen  liätten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  30.  März  1674.  (Or.) 

[Achtienhovens  Ankunft.  Dessen  Instruction.  Verhandlungen  des  Goess  mit  dem- 
selben. Frankreichs  Pläne  bezüglich  Brandenburgs.  Urtheil  des  Goess  über  des 
Herzogs  von  Hannover  Haltung.     Wangelins  Verhandlungen.     Schwerins  Erklärungen.] 

Schütz  wünscht  lebhaft,  dass  die  mit  Windischgrätz  und  Brasser  veran-  30.  März, 
lassten  Tractate  geschlossen  werden  -).  Aclitienhoven  ist  angekommen,  hat  Be- 
fehl alles  mit  Goess  zu  berathschlagen.  wegen  der  rückständigen  Subsidien  des 
vorigen  Jahres  so  viel  als  möglich  zu  abstrahiren,  in  der  neuen  Allianz  aber, 
wenn  Goess  es  für  gut  halte,  sich  auf  12  000  Mann  und  mehr  einzulassen, 
doch  mit  der  Bedingung,  dass  der  Kaiser  neben  Spanien  und  Holland  den 
dritten  Theil  der  Subsidien  zahle,  welch'  letzterem  Vorschlage  Goess  wider- 
sprochen und  behauptet  hat.  das  müsse  anders  eingerichtet  werden^).  Ratione 
der  rückständigen  Subsidien  hat  Goess  gerathen,  dieselben  in  einer  Pausch- 
handlung mit  den  neuen  zu  combiniren.  Schwerin  äussert  sich  sehr  günstig 
über  Achtienhoven.  Goess  hat  aus  guter  Quelle  die  Nachricht,  dass  Verjus  Be- 
fehl erhalten  hat,  Wesel  und  Rees  sofort  zu  restituiren,  wenn  Brandenburg 
sich  neutral  erklären  will.  Goess  hält  es  für  gut  und  fast  für  nothwendig,  dass 
ein  spanischer  Minister  nach  Berlin  komme,  oder  dass  doch  wenigstens  die  Sub- 
sidienangelegenheit  festgestellt  werde.  Da  der  Herzog  von  Hannover  stets  bei 
seinen  Entschlüssen  fest  verharrt,  überdies  französische  Gelder  in  Fülle  bei  ihm  ein- 
laufen, glaubt  Goess,  dass  er  schwerlich  von  seiner  Franzosenfreundlichen  Haltung 
insbesondere  bei  der  Corruptheit  seiner  Minister,  weichen  werde.  Dem  Wangelin, 
der  seine  Bedenken  dem  Goess  darüber  geäussert  hat,  dass  die  Friedensver- 
handlungen durch  die  Entführung  des  Fürstenberg  sich  zerschlagen  könnten, 
erwidert  Goess,  dass  jedem  friedliebenden  Manne  die  Verhaftung  Fürstenbergs 
nur  angenehm  und  nützlich  erscheinen  müsse.  Wangelin  hat  beim  Kurfürsten 
angefragt,  ob  nicht  Hannover  in  die  brandenburg-schwedische  Allianz  aufge- 
nommen werden  könnte,  welches  eben  .dahin  auslauft,  was  ich  schon 
längsten  vermerkt,  dass  man  die  dritte  Party,  mit  welcher  auf  einmal 
nit  fortzukommen,  per  partes  gern  formiren  wollte.  Man  hat  sich  aber 
darzu  dahie  nit  verstehen  wollen.  Schwerin  betheuert,  dass  er  zwar  seine 
Absichten  auf  den  Frieden  richte  und  gerne  sehen  möchte,  dass  sein  Kurfürst 
nicht  in  den  Krieg  verwickelt  werde;  doch  werde  er  niemals  etwas  rathen,  was 
wider  den  Kaiser,  das  Reich  und  des  Kurfürstens  Pflicht  laufe. 


')     Vergl.  Orlich  1.  c.  II.  107;   der  genannte  Schwerin  ist  Otto  von  Schwerin  der 
jüngere. 

-')     Der  Abschluss  erfolgte  erst  am  10./'20.  Juni  1674;  Dumont  1.  c.  VII. i  "263 ff'. 
")     Vergl.  die  Instniction  Achtienhovens  in  Urk.  u.  Act.  III.  423ff. 

Miiter.  z.  Gesch.  (i.  G.  Kurfürsten.     XIV.  4;b 


754  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72  — 167.5. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  April   1674.   (Or.) 

[Schwedens    Vermittelung     für     den    Fürstenberffer.      Oannovers     Haltung.      Pfiil/er. 
Achtienhovens  Verhandlungen  und  Pläne.     Unterredung  des  Goess  mit  demselben.] 

G.  April.  Weisung  vom  22.  März  erhalten. 

Die  schwedischen  Mediatoren  sollen,  wie  Goess  erfahren  hat,  eine  neue 
Sendung  nach  Wien  vorhaben,  um  für  des  Fürstenbergers  Freilassung  zu  wirken  '). 
Unangesehen  aller  durch  den  v.  Osten  gemachten  Sincerationen,  ist,  wie  Goess 
glaubt,  wenig  Hoffnung  den  Herzog  von  Hannover  für  die  gute  Partei  zu  ge- 
winnen, wenn  nicht  die  geringe  Aussicht  auf  Gründung  der  dritten  Partei  und 
die  Antwort  des  schwedischen  Königs,  dass  er  weder  zur  dritten  noch  zu  einer 
anderen  Partei  treten  wolle,  welche  direct  oder  indirect  dem  Kaiser  und  dessen 
Alliirten  feindlich  ist,  den  Herzog  auf  andere  Gedanken  bringen.  In  Berlin  ist 
man  sehr  misgestimrat,  dass  der  Pfälzer  an  den  Kurfürsten  wegen  der  fran- 
zösischen Invasion  nicht  geschrieben  habe. 

Der  Duc  de  Bournonville  schreibt  dem  Goess,  dass  der  General  Sporck  mehr 
Truppen  in's  Hildesheimische  schicken  werde,  um  die  kurkölnischen  von  dort  zu 
vertreiben.  Achtienhoven  hat  von  Goess  begehrt,  er  möge  ein  Project  verfassen, 
wie  man  mit  Brandenburg  verhandeln  solle-);  nachdem  aber  Goess  dies  verwei- 
gert, hat  man  holländischerseits  ein  Bündnisproject  entworfen,  gleichen  Inhalts  et 
iisdem  terminis,  wie  dasienige,  welches  der  Brasser  zu  Celle  tractirt,  das  für  jetzt 
eine  Defensiv-  und  Offensivallianz  bilden,  nach  beendigtem  Kriege  aber  auf 
10  Jahre  in  terminis  einer  Defensivallianz  fortdauern  solle.  Achtienhoven 
wünscht  baldige  Erledigung  der  Angelegenheit,  macht  keine  Reflexion  auf  Däne- 
mark und  Lüneburg,  inclinirt  das  Quantum  höher  zu  bringen,  als  es  bei  dem 
Haus  Lüneburg  ist,  weil  er  vermerkt,  dass  man  es  hier  also  verlangt;  Goess 
aber  hat  dem  Achtienhoven  gesagt,  dass  Holland  so  verfahren  könnte,  wenn  es 
die  Subsidien  allein  zahlen  wolle,  wenn  aber  nicht,  müsste  man  sich  vorerst 
mit  Spanien  unterreden.  Das  Werk  sei  von  dem  Beuningen  ■*)  anders  einge- 
richtet worden,  als  es  jetzt  geschehe;  daher  räth  Goess  dem  Achtienhoven,  vor- 
erst nur  einige  der  Ilauptartikel  in  terminis  generalibus  zu  entwerfen,  um  des 
brandenburL,nsclien  Hofes  Ansichten  darüber  zu  vernehmen. 


Proniemoria  Crockows  vom  12.  April  1674.  (Aiit.) 

[Frage  der  Neutralität  Brandenburgs.] 

12.  April.  Verjus  hat  in  Berlin  proponirt,   dass   sein  König  Wesel  und  Rees  alsobald 

restituiren  wolle,  sobald  Brandenburg  die  Neutralität  versprochen  habe,   welche 


^)  lieber  Schwedens  Vermittelung  in  dieser  Sache  Depping  1.  c.  222 f.;  Puf.  1.  c. 
XII.  y;  Pufeudorf  bei  Helbig  1.  c.  ;jGf. 

-)     ürk.  n.  Act.  III.  430. 

^)  Conrad  van  Beuuingen:  über  seine  Thätigkeit  in  der  Allianzfrage  Urk.  und 
Act.  11  [.  421. 


Schwedens  Vermittelung.     Achtienhoven.     l^randenburg  iiml  die  Alliirteu.      755 

übrigens  auf  das  Reich  und  dessen  Bescliützung  nicht  ausgedehnt  werden  soll. 
Es  ist  die  Frage,  ob  die  Annahme  dieses  Vorschlages  nicht  dem  allgemeinen 
Interesse  förderlich  wäre;  denn  erstens  wird  der  Rheinstrom  dadurch  allgemach 
von  fremden  Garnisonen  gesäubert,  ferner  diese  Städte  aus  fremder  Gewalt  be- 
freit, der  Bischof  von  Münster  genöthigt  sich  dem  Kaiser  zu  unterwerfen.  Und 
überdies  behält  Brandenburg  freie  Hand  für  das  Reich  zu  kämpfen  und  kann 
so  den  Verbündeten  ebenso  helfen,  als  wenn  es  sich  öffentlich  für  Holland  und 
Spanien   erklärt. 

Sollte  aber  der  "Wiener  Hof  trotz  dieser  Erwägungen  gegen  die  An- 
nahme des  französischen  Vorschlages  sein,  dann  bittet  Crockow,  dass  Mittel  an- 
gegeben werden  diese  Städte  wieder  zu  gewinnen  und  zugleich  zu  verhindern, 
dass  das  ganze  Land  vollständig  ruinirt  werde,  was  zu  befürchten  sei,  wenn 
Brandenburg  die  Vorschläge  Frankreichs  zurückweist.  Ferner  möge  man  Mittel 
angeben,  durch  die  Brandenburg  für  den  durch  die  Zurückweisung  der  fran- 
zösischen Anerbietungen  erlittenen  Schaden  entschädigt  werden  kann. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  13.  April  1674.  (Conc.) 

[Brandenburg-fiauzösische  Verhandlungen.      Brandenburgs    Stellung    zur  Allianz    des 

Kaisers    mit    Spanien    und    den  Staaten.     Versicherungen  des  Kaisers.     Verhaltungs- 

massregeln  für  Goess.     Erklärungen  Spaniens.     Worms.     Hannover.] 

Der  Kaiser  billigt  des  Goess  Vorgehen  in  der  brandenburg-schwedischen  Ver-  13.  April, 
tragsangelegenheit.  Was  das  Anerbieten  Frankreichs,  Wesel  und  Rees  zurückzu- 
stellen, für  Bedeutung  hat,  lässt  der  Kaiser  dahin  gestellt  sein,  Goess  soll  in 
jedem  Falle  verhindern,  dass  der  Kurfürst  mit  Frankreich  etwas  dem  Reiche 
praeiudicirliches  schliesse.  Was  das  Hauptwerk,  nemlich  den  mit  sein 
des  Churfürstens  L'^"'.  und  uns,  der  Krön  Spanien  und  denen  General- 
staaten obhandenen  Tractat  anreichet,  da  erindern  wir  dich  im  höchsten 
Vertrauen,  dass  der  spanische  Botschafter^)  allhier  schon  destwegen  zu 
tractiren  die  Vollmacht  habe,  wir  aber  von  dem  v.  Crockow  vermerken, 
dass  er  hierin  nicht  mehr  einen  so  grossen  Eifer  als  anfänglich  ver- 
spüren lasse,  sonders  Zweifel  aus  deme,  dass  er  entweder  seithero  gar 
keine  oder  doch  ein  widrige  Instruction  empfangen  haben  müsse;  darinnen 
wir  durch  dasienige  um  so  viel  mehrers  gestärkt  werden,  wessen  sich 
der  von  Schwerin  gegen  dich  vernehmen  lassen,  dass  er  nemlich  mit 
seinen  consiliis  auf  einen  guten  Frieden  ziele  und  gern  sehen  möchte, 
dass  sein  des  Churfürstens  L'*'^",  aus  dem  Krieg  verbleiben  könnte. 
Um  aus  diesem  Zweifel  herauszukommen,  soll  Goess  den  Kurfürsten  fragen,  ob 
und  wie  er  sich  mit  dem  Kaiser,   Spanien    und   den  Staaten  einigen  wolle  und 

^)     Balbesos. 

48* 


756  ^ '•    <Joess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1072  —  1G75. 

was  er  dafür  begehre.  Der  Kaiser  und  seine  Verbündeten  hoffen ,  dass  er 
massige  Forderungen  stellen  werde.  Der  Kaiser  versichere  den  Kurfürsten, 
dass  wir  unsern  Theils  hierzu  alles  dasjenige  gern  beitragen  werden, 
was  zu  Beförderung  und  ehister  Schliessung  dieses  Tractats  gedeihlich 
sein  wirdet.  Allermassen  wir  uns  bereit  eben  zu  dem  Ende  dahin  er- 
klärt, dass  wir  zu  mehrerer  Beschleunigung  der  Tractaten  mit  des  Königs 
in  Dänemark,  sein  des  Churfürstens  und  beeder  Herzogen  zu  Celle  und 
Wolfenbüttel  L.  L.  L''^".  unserer  Seiten  diejenige  monatliche  Subsidien- 
gelder  endlich  nachlassen  wollen,  welche  uns  die  General-Staaten  wegen 
der  über  die  verglichene  30  000  Mann  stellende  und  sich  nunmehr 
wenigist  in  die  10  000  Mann  erstreckende  mehrere  Mannschaft  monat- 
lich zu  geben  schuldig.  .  .  .  Goess  soll  sich  alle  Mühe  geben,  vom  Kur- 
fürsten eine  entscheidende  Erklärung  zu  erzielen,  sich  hiezu  des  Schwerin  be- 
dienen und  mit  Achtienhoven  conimunicato  consilio  vorgehen.  Ferners  er- 
indern  wir  dich  in  gleichmässigen  höchsten  Vertrauen,  dass  nemlich  die 
Krön  Spanien  sich  erklärt,  allein  mit  Churbrandenburg  und  beeden 
braunschweigischen  Herzogen  zu  tractiren  und  hingegen  Dänemark  darvon 
auszuschliessen,  doch  sich  endlich  der  spanische  Botschafter  erklärt, 
wann  die  Tractaten  mit  allen  diesen  dreien  Potenzen  auf  dem  Fuss  und 
Stand  des  pyrenäischen  Friedens  gesetzet  werden  könnten,  dass  er  ihme 
noch  wohl  getrauete  für  diese  gesammte  3  Parteien  etwas  von  Subsidien 
zu  erhalten.  Da  nun  die  ]\Iiteintretung  Dänemarks  von  allen  Parteien  ge- 
wünscht wird,  lässt  der  Kaiser  bei  Spanien  alles  aufbieten,  um  eine  Aenderung 
des  Beschlusses  durchzusetzen  und  hofft  auf  Erfolg.  Die  holländischen  Ge- 
sandten ^)  sind  sehr  erzürnt  über  dieses  Vorgehen  Spaniens.  Goess  soll  allen 
3  Mächten  Aussicht  auf  einen  baldigen  günstigen  Abschluss  machen.  Wegen 
Besetzung  der  Stadt  Worms  trifft  der  Kaiser  bei;eits  die  Vorbereitungen.  Be- 
züglich flannovers  ist  abzuwarten,  was  v.  Osten  berichten  wird. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  BerHn  13.  April  1674.  (Or.) 

[Crockows    Berichte.      Verhandlungen     mit    Achtienhoven.      Schreiben    des    Pfälzers. 

Kölner  Verhandlungen.] 

13.  April.  W'eisung  vom  27.  März   erhalten.     Crockow  berichtet  aus  Wien  so-),    dass 

der  Kurfürst  mehr  in  Wien  zu  erlangen  hofft,  als  hier  in  Berlin  von  Goess. 
Achtienhoven    ist   mit  der  letzten   Conferenz  nicht   zufrieden^),    weil  man 


')     Conrad  van  Ileemskerck  und  Bruijnincx. 
-)     Puf.  1.  c.  XII.  33. 
'^)     Urk.  u.  Act.  III.  431. 


Versicherungen  des  Kaisers.     Verhandlungen  mit  Achtienhoven.  757 

4  Monate  alter  Subsidien  verlangt  und  bezüglich  der  neuen  Verhandlungen  fest 
die  Subsidien  für  20  000  Mann  fordert.  Die  Ursache  dieser  hohen  Forderung 
liegt  darin,  dass  Holland  mit  Braunschweig  auf  13  000  Mann  tractirt  und 
Brandenburg  es  als  Ehrensache  betrachtet  mehr  in's  Feld  zu  stellen.  Achtien- 
hoven drängt  sehr  auf  den  Abschluss.  Schwerin  theilt  dem  Goess  mit,  dass 
der  Kurfürst  sich  auf  weniger  als  15  000  Mann  nicht  einlassen  wird.  Kurpfalz 
hat  endlich  an  Brandenburg  wegen  der  französischen  Invasion  geschrieben '). 
Soeben  erhält  man  hier  die  Nachricht,  Frankreich  sei  entschlossen  die  Verhand- 
lungen in  Köln  abzubrechen-'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  April  1674.  (Gr.) 

[Verhandlungen    der    Brundeuhiirger    mit    Achtienhoven.      Romswinckels   Berichte  aus 

dem  Haag.] 

Mit  Achtienhoven  werden  viele  Conferenzen  gehalten;  bis  jetzt  aber  ohne  20.  April 
grossen  Erfolg,  insbesondere  wegen  der  hohen  Forderungen  Brandenburgs 
ratione  subsidiorum ;  doch  ist  der  brandenburgische  Hof  sehr  zu  einer  Einigung 
geneigt,  so  dass  diese  erfolgen  wird,  wenn  Holland  bezüglich  der  Bedingungen 
etwas  entgegenkomme.  Das  Werk  muss  aber  bald  zu  Ende  geführt  werden, 
weil  der  Kurfürst  die  grosse  Last  nicht  mehr  lange  allein  wird  tragen  können. 
Romswinckel  hat  aus  dem  Haag  geschrieben,  dass  der  Prinz  von  Oranien  gerne 
mit  Brandenburg  übereinkommen  würde  und  dass.  wenn  dem  Achtienhoven  in 
seiner  Instruction  etwas  mangeln  sollte,  er  sofort  darüber  Befehl  erhalten  würde. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  April  1674.  (Gr.) 

[Marsch  der  kaiserlichen  Truppen  in's  hildesheimische  Gebiet.    Verhandlungen  Crockows 

in  Wien.     Des  Verjus  Bemühungen.     Verhandlungen   mit  Achtienhoven.     Urtheil  des 

Goess    über    die    holländischen    Pläne.     Rath    des    Goess    über  das   vom    Kaiser  und 

Spanien  einzuschlagende  Verfahren.] 

Weisung  vom  13.  April  erhalten.  23.  April. 

Wegen  der  kurkölnischen  im  Hildesheimischen  liegenden  Völker  hat  Goess 
schon  berichtet,  dass  nach  Bonrnonville's  Mittheilnngen  mehr  kaiserliche  Trup- 
pen dahin  marschiren  sollen,  um  die  kölnischen  zu  vertreiben.  Goess  bittet 
um  genaue  Nachricht  über  die  Verhandlungen,  die  mit  Crockow  in  Wien  ge- 
pflogen werden.  Was  die  von  Crockow  dem  Generallieutenant'')  wegen  der 
von  Frankreich  hier  geschehenen  Propositionen  gemachten  Mittheilungen  betrifft, 
kann  ich  leicht  gedenken,  dass  es  geschehen  E'^.  K.  M.  Sentimenten 
darüber  zu  sondiren,  dann  auch  der  Baron  von  Schwerin  dergleichen  bei 


1)    Puf.  1.  c.  XII.  30. 

')    Vergl.  Klopp  1.  c.  I.  373f.;  Ennen  1.  c.  333;  Mignet  1.  c.  IV.  '2131 

^)     Montecuccoli ;  für  diese  Eröffnungen  Crockows  Puf.  1.  c.  XII.  33. 


758  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

mir  gethan.  Obzwar  gesagt  werde,  dass  diese  Oft'erten  pro  sola  neutrali- 
tate  geschehen,  glaube  ich's  saltem  quoad  subsidia,  so  Frankreich  7a\ 
geben,  nicht,  oder  doch  dass  sicherlich  darmit  nit  werde  zugehalten  wer- 
den .  .  .  und  habe  ich  von  guter  Hand,  dass  I.  Ch.  1).  auch  also  darvon 
iudiciren.  Den  Baron  von  Schwerin  habe  ich  zufiirderist  ersucht,  dass 
man  doch  candide  et  sincere  mit  uns  umgehen  und  sich  zu  nichts  oder 
ja  nit  änderst  als  communicato  nobiscum  consilio  einlassen  wolle.  Verjus 
betreibt  seine  Sache  mit  grossem  Eifert),  begehrt  schleunige  Entscheidung, 
was  ich  bei  I.  Ch.  D.  dahin  ausgedeut,  dass  die  Franzosen  ohne  das 
Wesel  und  Rees  ehisten  zu  abandonniren  und  dahero  um  so  inständiger 
treiben,  damit  sie  es  cum  aliquo  beneficio  und  nit  gratis  zu  thun.  ,  .  . 
Achtienhoven  theilt  dem  Goess  mit,  die  holländischen  Minister  in  Wien  hätten 
Vollmacht  erhalten  daselbst  zu  verhandeln,  was  Achtienhoven  unangenehm  be- 
rührt. Achtienhoven  hat  wieder  Conferenz  gehabt,  was  Goess  mit  Rücksicht 
auf  den  dadurch  entstehenden  Verdacht  bei  der  gegnerischen  Partei  nicht  für 
zweckmässig  hält,  zumal  aus  diesen  Verhandlungen  nichts  heraussehe,  da  man 
bezüglich  der  Subsidien  sich  noch  nicht  geeinigt  habe-').  Goess  glaubt,  die 
Holländer  meinen  es  mit  dem  Vertrage  mit  Dänemark  nicht  ernst,  sondern 
wollen  blos  mit  Braunschweig  abschliessen.  Mir  ist  beigefallen,  ob  bei  so 
weit  avancirter  Jahreszeit  und  verlautenden  Anmarsch  der  Franzosen,  .  .  . 
die  Tractaten  dahin  zu  richten,  dass  ein  jeder  unter  diesen  dreien  Potentaten 
(Dänemark,  Brandenburg,  Lüneburg)  diejenige  Anzahl,  so  sie  in  promptu 
haben,  anmarschireu  und  das  übrige  in  gewisser  Zeit  folgen  lassen  möchte. 
Man  hat  dahin  zu  sehen,  dass  die  Franzosen,  wie  es  bishero  hergangen, 
nit  gleich  anfangs  einen  solchen  Einbruch  thun  und  so  viel  weg  nehmen, 
dass  hierdurch  ihre  Waffen  Reputation  gewinnen,  die  unsere  herentgegen 
verlieren  und  die  übrige  Campagne  gnug  zu  thun  haben,  das  verlorene 
zu  recuperiren.  Wie  solle  zu  verstehen  sein,  dass,  da  Spanien  die  grösste 
Necessität  hat  und  es  mit  den  burgundi-  und  niederländischen  Pro- 
vinzien  also  beschaffen,  wae  wir  wissen,  dannoch  von  der  Seiten  morae 
in  Beschleunigung  des  Securs  verursacht  und  die  ermanglende  Pieni- 
potenz mit  Dänemark  zu  tractiren  vorgeschützt  werde.  Das  Werk  auf 
die  pyreneische  Tractaten  zu  richten,  erfordert  mehr  Zeit  als  die  gegen- 
wärtige praesentissimae  necessitates  nit  leiden.  Ich  wäre  der  unmass- 
geblichen Meinung,  dass  man  das  praesens  negotium  mit  so  leident- 
licheu  conditionibus,  als  es  sein  kann,  anzugehen;  endlichen  könnte  man 
eventualiter  auch  super  tractatibus  Pyreneis  handien  und  die  conditiones 


1)  Droysen  1.  c.  III. .,  474:  Puf.  1.  c.  XII.  32. 

2)  ürk.  u.  Act.  III.  433 ff. 


Verhandlungen  mit  Crockow  in  Wien.  759 

darnacli  richten.  Ich  halte  darfiir,  dass  auch  diesem  Churfürsten  dieses 
gelegener  sein  und  die  Tractaten  dardurch  befiirdert  würden:  dann,  wie 
der  Last,  so  I.  Ch.  D.  wegen  der  grossen  auf  den  Beinen  habender 
Mannschaft  tragen,  sehr  gross  und  dieselbe  von  allen  Provinzien  mit 
steten  Klagten  überloffen  werden,  also  werden  sie  viel  lieber  zu  solchen 
Propositionen  losen,  wordurch  sie  dieses  Lasts  am  ehisten  können  ent- 
hebt werden.  Im  übrigen  finde  ich  den  in  dem  [irotocollo  gesetzten 
scopum  foederis  auf  Manutenirung  des  münster-,  clcv-  und  aachischeo 
Frieden  also  gethan,  dass  von  churbrandenburgischer  Seiten  bei  dem 
mit  Frankreich  geschlossenen  Tractat  kein  faciler  noch  avantageuser 
können  dcsiderirt  werden.  Von  holländischer  Seiten  tragt  man  auf 
weniger  nit  an,  als  Offensiv-  und  Defcnsivalliauz  wider  Frankreich  und 
die  übrige  Feinde  des  Staats  und  also  auf  einen  öffentlichen  Bruch,  so 
dann  billig  von  S'.  Ch.  I).  gar  hoch  zu  consideriren  und  intuitu  dessen 
die  conditiones  zu  facilitiren. . .  . 


ProtocoU  der  Coiifereiiz  vom  24.  April  1674  zwischen  Monte- 
cuccoli  und  Crockow.   (Conc.) 

[Jägerndorfische  Angelegenheit.     Polnische  Wahlfrage.] 

Crockow  erwähnt  die  jägerndorfische  Angelegenheit,  begehrt  eine  Entschei-  24.  April, 
düng  des  Kaisers  in  derselben  und  bezüglich  der  polnischen  Wahlangelegenheit; 
erklärt,  sein  Herr  finde  es  für  gut,  sich  bezüglich  dieser  blos  in  terminis  gene- 
ralibus  zu  halten,  wie  es  auch  der  Kaiser  thue.  Er  finde  es  nicht  räthlich 
einen  Candidaten  besonders  zu  nennen;  doch  wäre  ein  Beschluss  zu  fassen, 
gegen  die  Wahl  welcher  Personen  man  protestiren  müsste').  Montecnccoli 
meint,  diese  auszuschliessenden  Personen  seien  Conde,  Conti,  Soissons  oder  ein 
anderer  Franzose  oder  Anhänger  derselben. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  April  1674.  (Or.) 

[Nachricht  von  geplanter  Evacuirung  Wesels  nnd  Rees'.     Verhandlungen   des  Verjus. 
Münster.     Brandenburg-holländische  Verhandlungen.] 

Der  Generalmajor  Spaen'-),  der  bei  dem  französischen  Marschall  Pe  Belle- 27.  April 
fond^)  zu  Wesel  gewesen,  hat  nach  Berlin  geschrieben,  dass  ihm  Bellefond  ge- 


')     Ueber    die  Verhandlungen    Crockows    in  Wien    in   der  polnischen  Wahlfrage 
Puf.  1.  c.  XII.  77. 

2)     Vergl.  Mülverstedt  1.  c.  436. 

=*)     Ueber  Bellefond  vergl.  Oeuvres  de  Louis  XIV.  III.  480 ff. 


760  VI.  Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     iri72— 1675. 

sagt,  er  werde  die  Städte  Wesel  und  Rees  und  die  Schenkenschanze  nächster 
Tage  evacuiren ')  und  ihn  den  Tag  wissen  lassen  ,  damit  diese  Orte  mit  bran- 
denburgischen Truppen  besetzt  werden  könnten.  Vielen  kommt  dies  so  fremd 
vor,  dass  sie  an  einen  heimlichen  Vertrag  denken,  was  aber  Goess  nicht  glaubt, 
vielmehr  der  Ansicht  ist,  Frankreich  habe  dies  gethan,  um  den  Kurfürsten  zu 
gewinnen.  Verjus  hat  dem  Schwerin  ein  Schreiben  des  Königs  von  Frankreich 
vorgelesen,  aus  dem  zu  ersehen  gewesen,  dass  der  König  von  Frankreich  bereit 
sei  Subsidien  zu  zahlen,  wenn  Brandenburg  neutral  bleibe.  Spaen  hat  be- 
richtet, dass  der  Bischof  von  Münster  an  Bellefond  um  Hilfe  geschickt,  die 
dieser  aber  nach  königlicher  Ordre  habe  abschlagen  müssen").  Wenn  dem  also, 
glaubt  Goess,  dass  man  den  Bischof  zur  Raison  bringen  könnte,  w-enn  Raben- 
haupt auf  der  einen,  General  Sporck  auf  der  anderen  Seite  dem  Bischöfe  ener- 
gisch zusetzen  würden.  In  den  Verhandlungen  mit  Achtienhoven  zeigt  sich  der 
Kurfürst  sehr  ungeduldig,  begehrt  die  rückständigen  Subsidien  und  die  An- 
nahme von  20  000  Mann'').  Goess  thut  alles,  um  Achtienhoven  in  guter  Stim- 
mung zu  erhalten.  Ein  guter  Freund  habe  Goess  im  Scherz  den  „Director" 
Achtienhovens  genannt.  Auch  in  den  Unterredungen  mit  Goess  beharrt  der 
Kurfürst  auf  dem  grossen  Quantum,  da  er  allein  operiren  will.  Goess  betont, 
dass  Achtienhoven  ein  Mann  sei,  der  ganz  sicher  gehen  und  nicht  mehr  ver- 
sprechen will,  als  wozu  er  Auftrag  hat,  aber  auch  nicht  weniger.  Er  —  Goess  — 
selbst  halte  sich  so,  dass  er  mehr  ein  Mediator  als  ein  Vertreter  einer  Partei 
erscheine. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  4.  Mai  1674.    (Or.) 

[Vertrag  der  Staaten  mit  Münster.     Schwedens  Haltung.    Kriegsnachrichten.     Aeusser- 

ungen  des  Verjus.] 

4.  Mai.  Die    ]Sachricht    von    dem    mit    dem    Bischöfe    von    Münster    in    Köln    ge- 

schlossenen Frieden  hat  den  Kurfürsten  nicht  angenehm  berührt*).  Wie  Achtien- 
hoven berichtet,  soll  der  Bischof  den  Staaten  alles,  was  er  denselben  in  diesem 
Kriege  genommen,  völlig  restituiren  ^).  Stratman,  der  viel  mit  den  schwedischen 
Mediatoren  umgegangen,  sagt  dem  Goess,  dass  Schweden,  wenn  es  kann,  Partei 
gegen  den  Kaiser  nehmen  werde.  Ich  will's  auch  glauben,  unangesehen 
aller  Sincerationon  so  man  dem  Grafen  von  Sternberg  gethan  und  dahero 
ist  dahin  zu  sehen,  dass  man  bei  uns  das  Werk  in  solchem  Stand  setze, 
dass  ihnen  der  Lust  hierzu  vergehe.      Der  König   von  Frankreich  soll   sich 


')  In  der  That  erfolgte  bald  darauf  die  Räumung  der  beiden  Festungen  und 
der  Scheokenschanze.     Peter  I.e.  204;  Droysen  I.e.  III. 3  474. 

'^)     Vergl.  Deppiug  1.  c.  229:  Tücking  1.  c.  233. 

3)     Urk.  u.  Act.  III.  435. 

*)  Der  Vertrag  der  Staaten  mit  dem  Bischöfe  wurde  am  22.  April  geschlossen; 
Dumont  I.e.  VII.  1  259 ff. 

'")     §  3  des  Vertrages  vom  22.  April. 


Verhanrlliingen  mitVerjus.  Biandenburgs  u.Oesterreichs  Beziehungen  zum  Pfälzer.      761 

plötzlich  gegen  Burgund  gewendet  haben');  Goess  fürchtet,  dass  die  Alliirten 
dort  nicht  so  gerüstet  sein  werden,  wie  sie  sein  sollten.  Verjns  sagte  dem 
Kurfürsten,  nach  des  Kaisers  Vorgehen  gegen  Fürstenberg  werde  der  König  von 
Frankreich  auch  nicht  vor  dem  äussersten  zurückschrecken,  auch  die  Türken 
gegen  Ungarn  aufhetzen. 


Der   Kaiser   an   Goess.      Dat.    Laxeiiburg-  10.  Mai   1674. 

(Couc.) 

[Brandenburg- pfälzische    Beziehungen.      Oesterreich  -  pfälzisches    Bündnis.      Verhand- 
lungen mit  Crockow.     P.  S.    Furcht  vor    einem   braudenburg-französischen  Bündnisse. 
Brandenburgs  Haltung  zum  Allianzproject.     Jägerndorf.] 

Der  Kaiser  hat  mit  Freuden  vernommen,  wie  freundlich  der  Kurfürst  das  10.  Mai. 
pfälzische  Schreiben  beantAvortet  hat;  Goess  soll  beitragen  das  Verhältnis  der 
beiden  Fürsten  zu  einem  möglichst  freundschaftlichen  zu  gestalten. . . .  Der 
Vertrag  zwischen  dem  Kaiser  und  Pfalz  ist  abgeschlossen,  aber  noch  nicht  rati- 
ficirt-).  Dem  Crockow  hat  der  Kaiser  auf  dessen  dem  Montecaccoli  gesendeten 
Rillet  mit  Anführung  der  von  Frankreich  in  Berlin  gemachten  Anerbietnngen, 
geantwortet,  er  hoffe,  der  Kurfürst  werde  solchen  Dingen,  auf  die  kein  Verlass 
sei,  keinen  Werth  beimessen. 

P.  S.  vom  13.  Mai.  Der  Kaiser  fürchtet,  dass  ein  geheimes  Abkommen 
zwischen  Frankreich  und  Brandenburg  getroffen  worden  sei,  weil  er  sich  sonst 
schwer  erklären  kann,  warum  die  Franzosen,  die  alle  anderen  Plätze  verwüsten, 
gerade  Wesel  und  Rees  unbeschädigt  lassen.  Goess  soll  sich  darüber  zu  orien- 
tiren  suchen.  Der  Kaiser  erwartet  mit  Spannung  des  Kurfürsten  Erklärung  auf 
das  ihm  zugesendete  Vertragsproject^);  weoigist  wird  daraus  zu  scheu  sein, 
ob  sie  (Fr.  Wiih.)  noch  ein  rechten  Lust  zu  uns  zu  treten  haben  und  zwar 
ungeachtet  des  cntzwischen  mit  Münster  erfolgten  Friedens,  an  welchem 
sonsten  wir  an  dem  von  Crockow  abnehmen,  dass  er  von  sein  Anfangs 
hierin  erzeigten  merklichen  Eifer  gewaltig  abgenommen  und  dato  sehr  ab- 
nimmt, so  sonders  Zweifl  aus  Befelch  S^  L''^".  beschicht^).  Du  aber 
wollest  in  Namen  des  spanischen  Ambasciators,  so  viel  es  sich  thuen  lasst, 
Fleiss  anwenden,  dass  S.  L'*'^".  sich  mit  der  ausgeworfenen  kaiserlichen 
Verpflegung  auf  die  7500  Mann  befriedige,  so  gleichwohl  ein  ziemliches 
austraget  und  sie  solches  richtig  zu  überkommen  und  dahero  ihre  Völker 


0  Für  die  Kriegsoperationen  —  es  erfolgte  in  dieser  Zeit  die  Eroberung  der 
Franche-Comte  —  Peter  1.  c.  213if.;  Grimoard  1.  c.  467 ff.;  Oeuvres  de  Louis  XIV. 
III.  473ff.;  Rousset  1.  c.  II.  2211. 

-)  Der  Vertrag  war  am  4.  April  geschlossen  worden,  die  Auswechslung  erfolgte 
am  18.  Mai;  Häusser  1.  c.  II.  631. 

^)     Liegt  nicht  vor. 

*)     Puf.  1.  c.  ZU.  33. 


762  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

inskünftig  gar  leicht  zu  unterhalten  haben  werden.  Wir  besorgen  allein, 
es  werde  inmittels  im  Haag  mit  dem  Derfflinger  ein  anders  geschlossen 
worden  sein'),  wie  wir  dann  erst  jetzo  glaubwürdig  vernehmen,  dass 
auch  der  Graf  Monterey  das  veranlastete  .  . .  braunschweigischc  Project  be- 
reit unterschrieben  haben  solle;  dahero  unnöthig  solches  auf  den  Fuss  der 
kaiserlichen  Verpflegung  einzAirichten,  als  welche  sie  gewiss  als  ringere 
nicht  annehmen  werden,  weilen  sie  schon  die  grössere  erlangt  haben, 
dergleichen  wir  dann  auch  von  Churbrandenburg  besorgen  und  förchten, 
dass  auch  sie  sich  darrait  nicht  befriedigen,  sondern  eben  das  Tracta- 
ment  wie  Braunschwelg  werde  haben  wollen^),  so  aber  alles  auf  den 
ferneren  Erfolg  beruhet  und  wir  darbei  nichts  zu  verlieren  haben,  weilen 
wir  zu  diesen  Subsidien  nichts  beitragen.  Wegen  Jägerndorfs  soll  Goess 
sein  Gutachten  abgeben,  ob  es  vortheiJhaft  sei,  in  dieser  Lage  die  Angelegenheit 
zu  ordnen,  oder  ob  eine  Verschiebung  zweckmässiger  sei  •'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  14.  Mai  1674.   (Or.) 

[Räumung  von  Wesel  und  Rees.     Schleifung  von  Festungen.     Friede  des  Kaisers  mit 

Münster.] 

14.  Mai.  Es  ist  die  Nachricht  von  der  Räumung  Wesels  und  Rees'  durch  die  Fran- 

zosen in  Berlin  eingetroffen^).  Der  Kurfürst  geht  mit  dem  Gedanken  um, 
Calcar^)  und  einige  andere  Festungen  zu  schleifen,  da  die  Erhaltung  der  Be- 
satzungen zu  kostspielig  ist.  Ueber  den  Frieden  des  Kaisers  mit  dem  Bischöfe 
von  Münster  war  man  in  Berlin  nicht  sehr  erfreut;  man  wünschte  sich  an 
Münster  zu  rächen  *>) ;  Goess  hat  aber  hervorgehoben,  wie  nützlich  dieser  Friede 
dem  allgemeinen  Wesen  sein  werde. 


')  Derfflinger  war  am  18./28.  April  nach  dem  Haag  gesendet  worden,  um  die 
dem  Abschlüsse  der  Allianz  im  Wege  stehenden  Hindernisse  zu  beseitigen;  Puf.  1.  c. 
XII.  34;  Peter  I.e.  204 Anm. 

2)  Für  die  den  Herzogen  von  Braunschweig  gewährten  Subsidien  vergl.  §  VII 
des  Vertrages  vom  10./20.  Juni  Dumont  1.  c.  264. 

^)     Ueber  die  damals  in  dieser  Frage  geführten  Verhandlungen  Puf.  1.  c.  XII.  33. 

*)     Rees  war  am  3.,  Wesel  am  4.  geräumt  worden. 

^)     Die  Festungswerke  wurden  —  aber  erst  1679  —  geschleift:  Mülverstedt  1.  c.  508. 

*)  Geschlossen  am  22.  April;  über  des  Kurfürsten  Haltung  dieser  Frage  gegen- 
über Urk.  u.  Act.  III.  433;  Puf.  XII.  10. 


Braudenhurg-französische  Beziehnntren.    Verhandluugen  des  Goess  mit  Schwerin.      763 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  Mai   1674.    (Or.) 

[Verhandlungen   mit  Achtienhoveii.     Häumung  der  clevischen  Festungen.] 

Achtienlioven  hat  noch  nicht  Befehl  erhalten,  sich  über  die  von  Branden-  18.  Mai. 
bürg  vorgenommene  Besetzung  der  Schenkenschanze  zu  beklagen ').  Schweden 
dürfte  das  Mediationswerk  noch  fortsetzen,  um  die  Subsidien  zu  erhalten.  Die 
dänische  Truppenzahl  soll  nicht  so  gross  sein,  als  gemeiniglich  angegeben  wird. 
P.  S.  Verjus  gibt  vor,  der  König  habe  die  Plätze  im  Clevischen  aus  purer 
Neigung  zum  Kurfürsten  geräumt. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  21.  Mai   1674.    (Or.) 

[Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  einzuschlagende  Politik  des  Branden- 
burgers. Subsidienfrage.  Quantum  der  brandenburgischen  Ililfsvölkcr.  Dänemark. 
Verpflegung  der  brandenburgischeu  Völker.  Urtbeil  des  Goess  über  die  Lage.  Unter- 
redung des  Goess    mit    Schwerin    über    die  Unterstützung  des  PfiUzers.    Jägerndorf. 

Klagen  aus  dem  Haag.] 

Weisung  vom  10.  Mai  erhalten.  Am  20.  Mai  hat  Goess  eine  Unterredung  21.  JJai. 
mit  Schwerin,  der  meint,  dass  causae  communi  nit  vorträglich  sein  würde, 
wann  I.  Ch.  D.  mit  ihrer  Macht  änderst  wohin  gehen  und  diese  Länder 
verlassen  sollten.  Man  vermeinte  zwar,  Schweden  seie  nit  in  statu  etwas 
zu  tentiren,  wann  man  ihnen  aber  durch  Entblössung  der  dieser  Seiten 
gelegenen  Länder  die  Occasion  darzu  gäbe,  würden  sie  hoc  ipso  darzu 
angereizt  und  stimulirt.  Zwar  werde  darfür  gehalten,  dass  sie  es  aus 
Jalousie  vor  Dänemark  zu  unterlassen;  man  sage  aber,  dass  Dänemark 
mit  Frankreich  sich  wohl  vergleichen  möchte.  Truge  mit  diesem  ganzen 
Discurs  dahin  an,  dass  Spanien  und  Holland  nit  allein  für  die  15000 
Mann,  sondern  auch  für  die  übrige,  so  dieser  Orten  pro  securitate  com- 
muni zu  verbleiben,  einige  subsidia  bezahlen  sollten  .  .  .  Ich  habe  geant- 
wort,  dass,  wie  er  wüsste,  E.  K.  M.  zu  diesen  subsidiis  nit  zu  concurriren, 
als  könnte  er  desto  mehr  versichert  sein,  dass  mein  Absehen  und  reprae- 
sentationes  allein  auf  Befürder-  und  Beschleunigung  des  Werks  gericht. 
Circa  quantum  hätte  ich  vermeint,  dass,  bei  gegenwärtigen  Coniuncturen, 
da  man  die  clevische  Plätze  zu  besetzen  und  dem  preussi-  und  pol- 
nischen Werk  zu  attendiren,  die  15  000  P.  Ch.  D.  zu  viel  sein  würden 
et  in  rei  veritate,  wie  auch  nach  der  ministrorum  Meinung,  möchte  es 
auch  wohl  also  sein.      Respectu  Schweden  hätte  ich  eben  darum  allzeit 


')  In  der  That  hatte  schon  die  Klage  stattgefunden;  vergl.  über  diese  Ange- 
legenheit —  die  Schenkenschanze  gehörte  in  Folge  des  Geldern"schen  Compromisses 
den  Staaten  —  Urk.  u.  Act.  III.  43fi  und  Anm. 


764  VI.    Goess  in' Berlin,    Anhalt  in  Wien.     Ifi72— 1675. 

für  ein  inoderates  Quantum,  nemlich  in  allem  vun  30  000  Mann  gerathen, 
weilen  man  durch  Concurrirung  aller  dreien  confoederandorum  Schweden 
besser  zurück  in  Zaum  halten  könne.  Er  könnte  sich  leicht  einbilden, 
dass  Spanien  und  Holland  sich  zu  den  Subsidien  nicht  verstehen  wür- 
den, wann  die  wirkliche  operationes  an  Ort  und  End,  wo  es  ratio  belli 
erfordere,  nit  erfolgen.  Man  müsste  die  Rechnung  machen,  dass  wann 
man  auch  diese  Tractaten  nit  schliessete,  I.  Ch.  D.  dannoch  zu  ihrer 
Versicherung  eine  ziemliche  Anzahl  Völker  in  ihren  Landen  halten 
müssten.  Ich  hätte  allzeit  auf  ein  solches  Werk  angetragen,  so  für 
beide  Theil  in  raisonablen  conditiouibus  bestünde  und  dahero  beständig 
sein  und  zu  beharrlicher  Freundschaft  und  Vereinigung  gereichen  möchte  .  . 
Die  Sach  zu  facilitiren,  wollte  er  vermeinen,  dass  mit  Dänemark  nichts 
würde  gehandelt,  oder  doch  nit  geschlossen  werden,  welches  ich  nit  weis, 
ob  man's  zu  wünschen.  Goess  fürchtet  bei  der  Erregtheit  der  Stimmung  den 
Abfall  Dänemarks,  falls  man  dasselbe  nicht  gehörig  beachten  sollte.  Wie  sich 
der  von  Crockow  auch  anstellen  möge,  glaube  ich  dannoch  aus  den 
schon  berichten  Ursachen,  dass  diese  Tractaten  auf  dem  Fuss  des  ent- 
worfenen Projects  all  ziemlich  weit  hätten  können  gebracht  werden  und 
wäre  meines  Erachtens  der  punctus  wegen  der  Verptlegung  noch  wohl 
zu  überwinden  gewesen,  wann  auch  mit  denen  Lüneljurgischen  auf 
gleiche  Weis  wäre  tractirt  und  geschlossen  worden.  Nun  muss  ich  mit 
E^  K.  M.  glauben,  dass  weder  die  Herzogen  zu  Lüneburg  von  dem, 
was  sie  schon  erhalten,  weichen,  noch  Churbrandenburg  deterioris  con- 
ditionis  als  selbige  Herzogen  werden  sein  wollen  .  . .  Ich  weiss  auch 
nit,  ob  Spanien  gnugsam  auf  dem  jetzigen  Zustand  der  Sachen  reflectire, 
man  macht  Difficultät  zu  dem  halben  Theil  der  Subsidien  zu  concurriren 
und  ich  hielte  pro  bona  sorte,  dass  die  Holländer  sich  inskünftig  darmit 
befriedigen  wollten.  Ihre  Länder  seind  nun  meistens  widerum  recuperirt, 
tota  moles  belli  incumbet  Hispanis  et  imperio;  sola  gratitudo,  ut  seculi 
mores  sunt,  ist  ein  zu  schwaches  Fundament  die  verhoffende  Assistenz 
darauf  zu  bauen.  Der  König  in  Frankreich  inter  alios  iines,  warum  er 
die  holländische  Stadt  und  Provinzieu  fast  ganz  verlassen  und  sedem 
belli  alio  transferirt,  mag  auch  diese  Hoffnung  haben,  dass  solchergestalt 
die  Holländer  den  Krieg  nimmer  so  eiferig  continuiren,  sondern  desto 
ehender  sich  ad  cousilia  pacis  und  Restaurirung  ihrer  Commercien  wenden 
werden.  Quid  tunc  nos?  Wir  werden  entweder  den  Krieg  allein  führen  oder 
diese  so  ansehnliche  Occasion  zu  einem  billigen  und  beständigen  Frieden 
zu  gelangen,  versäumen  und  uns  cum  qualicuncpie  pace  contentiren  müssen. 


Des  (ioess  Urtheil  über  die  La<>e.    Unterstützung  des  Kurfürsten  durch  deu  Kaiser.      7ö5 

Mit  Schwerin  spricht  Goess  über  die  Nothwendigkeit  mit  Maclit  dem  Kurfürsten 
von  der  Pfalz  gegen  Frankreich  zu  Hilfe  zu  eilen ;  Schwerin  betont,  dass  der 
Kurfürst  dazu  bereit  sei,  aber  die  Mittel  nicht  habe  die  Truppen  zu  erhalten 
und  fragt,  ob  man  nicht  von  den  Ständen  des  B,eiches,  die  keine  Truppen  bereit 
hätten,  Geld  fordern  und  mit  demselben  die  brandenburgischen  Truppen  erhalten 
könnte.  Bezüglich  Jägerndorfs  räth  Goess  diesen  Stein  des  Anstosses  aus 
dem  Wege  zu  räumen,  bei  dem  Geldmangel  am  kurfürstlichen  Hofe  werde 
eine  Einigung  unschwer  zu  erzielen  sein.  Wie  Kramprich  berichtet,  beklagt 
man  sich  im  Haag  über  die  grosse  Truppenzahl,  die  Brandenburg  stellen  und 
für  die  es  Subsidien  haben  will. 


Der   Kurfürst  an   den  Kaiser.     Dat.   Potsdam  23.  Mai  1674. 

(Ol-,)') 

[Unterstützung  des  Kaisers  durch  den  Kuifürsten  betreffend.] 
E^  K.  M.  zu  Laxenburg  datirtes  gnädigstes  Schreiben  vom  9.  Mai '"')  23.  Mai. 
hab  ich  wohl  empfangen  und  ablesend  unterthänigst  vernommen,  welcher- 
gestalt  E.  K.  M.  begehren,  dass  ich  mein  zu  dem  Reichsquanto  gehöriges 
Contingent  der  Mannschaft  zu  Ross  und  Fuss  vermöge  des  Reichscon- 
clusi'')  schicken  und  zu  E''.  K.  M.  am  Niederrheinstrom  stehender  Armee 
hinzustossen  und  coniungiren  lassen  möchte.  Nun  werden  E.  K.  M.  aus 
meinen  vorigen  unterthänigsten  Schreiben  gnädigst  ersehen  haben,  was 
massen  ich  nichts  mehr  gewiinschet,  dann  dass  Churtrier  und  Churpfalz 
L.  L"^*".  wie  auch  andern  bedrängten  Ständen  im  Reich  schleunige  Hülfe 
widerfahren  möchte,  ich  mich  auch  darzu  willfährig  erkläret,  auch  mir 
die  Freiheit  genommen  E.  K.  M.  gehorsamst  zu  ersuchen,  dass  sie  solche 
Hiilfleistung  befördern  wollten.  Bei  dieser  Erklärung  bleibe  ich  noch- 
maln  beständig.  Ueber  die  Art  sich  zu  verständigen  hat  Crockow  Befehl  zu 
verhandeln. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  28.  Mai  1674  (Or.) 

[Krankheit  des  Kurfürsten.     Unterredung  des  Kurfürsten  mit  Verjus  über  Fürstenbergs 
Gefangennahme.     Oesterreich-pfälzischer  Vertrag.     Achtienhoven.J 

Goess   war  am    26.   i\[ai   beim  Kurfürsten,   der   sich   etwas   wohler   befand.  93.  jxai. 
I.  Ch.  I).  sahen  doch  noch  übel  aus  und  selnd  all  ziemlich  verfallen:  sie 


')     Kriegsacten. 
-)     Liegt  nicht  vor. 

^)     Die  zu  Regensburg    in   dieser  Frage   gewechselten  Schriften   bei  Pachner  1.  c. 
I.  711  ff.:  Londoip  I.  c.  X.  2fi7fr. 


766  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672— 1G75. 

haben  seither  noch  einen  An.stoss  am  Stein,  daran  sie  sonsten  nit  zu 
leiden  pflegen,  gehabt;  das  lange  liegen  werd  es  verursacht  und  die 
Nieren  erhitzt  haben. 

Verjus  hat  sich  beim  Kurfürsten  über  die  Gefangennahme  des  Wilhelm 
Fürstenberg  sehr  beschwert;  der  Kurfürst  aber,  wie  dieser  dem  Goess  mittheilt, 
ihm  geantwortet,  man  möge  doch  nicht  so  viel  Lärm  von  dieser  Sache  machen ; 
er,  der  Kurfürst,  habe  keinen  Grund  sich  des  Fürstenbergers  anzunehmen.  Der 
Fürst  von  Anhalt  vertraut  dem  Goess,  dass  der  Kurfürst  durch  das  was  ratione 
Breisach  und  Philippsburg  in  dem  mit  Kurpfalz  geschlossenen  Vertrage  vor- 
kommt, beunruliigt  sei ').  Ich  habe  mich  darüber  um  so  mehr  verwun- 
dert, weilen  I.  Ch.  D.,  als  Wangelin  vor  diesem  dergleichen  movirt, 
darauf  geantwort  und  gefragt,  ob's  dem  Reich  so  übel  anständig,  wann 
diese  Festungen,  daraus  sie  soviel  Schaden  thun,  denen  Franzosen 
widerum  abgenommen  würden  und  desgleichen  sagt  mir  der  Fürst  von 
Anhalt,  dass  er  P.  Ch.  I).  hierbei  auch  vorgestellt.  Achtienhoven,  der 
Goess  besucht,  behauptet,  der  Kaiser  sei  nicht  mehr  so  eifrig  für  die  Fortsetzung 
des  Krieges,  wie  vorher.  In  Berlin  hat  man  Nachricht,  dass  Frankreich  mit 
Schweden  von  neuem  verhandelt'-'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  11.  Juni  1674.  (Or.) 

[Arzt  Fay.     Klagen  des  Kurfürsten.     Marsch  seiner  Truppen.    Des  Verjus  Bemühungen. 
Allianz  mit  Brandenburg  betreffend.     Schwerins  ürtheil   über  Dänemark.     Auswechse- 
lung der  Ratificationen  des  österreich-cellischen  Vertrages.] 

11.  Juni.  Ein    berühmter   Arzt   Fay   ist   hieher   gekommen,    den   Prinzen    Friedrich, 

welcher  etwas  auswachsen  will,  2u  curiren ;  ein  Pflaster,  das  er  dem  Kurfürsten 
gegeben,  hat  diesem  Avohlgethan. 

Der  Kurfürst  beklagt  Achtienhoven  gegenüber  die  Langsamkeit  bei  den 
Verhandlungen  und  betont,  dass  er  in  solchem  Stande  nicht  länger  verharren 
könne;  er  müsse  wissen,  woran  er  sei^).  Der  Kurfürst  lässt  Truppen  —  Avie 
Goess  gehört  4000,  wie  der  Kurfürst  aber  dem  Achtienhoven  gesagt  hat  6000 
Mann  —  nach  Berlin  von  Preussen  marschiren  ^) ;  wohin  sie  bestimmt  sind,  hat 
der  Kurfürst  dem  Goess,  der  ihn  gefragt,  nicht  gesagt.  Auch  Goess  gegenüber 
hat  sich  der  Kurfürst  über  die  Langsamkeit  bei  den  Verhandlungen  beklagt  und 
gemeint,  Holland  werde  einen  Kampf  mit  Frankreich  nicht  wagen.     Goess  gibt 


')  Durch  die  Geheimartikel  des  Vertrages  vom  4.  April  war  die  Schleifung  der 
Festungswerke  -von  Philippsburg,  falls  die  Einnahme  dieser  Festung  gelingen  sollte, 
ausgesprochen  worden;  vergl.  Dumout  I.e.  VII. i  257  f. 

-)     Für  Schwedens  Haltung  Carlson  1.  c.  IV.  590f.;  Mignet  1.  c.  IV.  338. 

^)  Urk.  u.  Act.  III.  438.  Achtienhoven  erwartete  mit  Ungeduld  die  Antwort  der 
Staaten  auf  die  Forderungen  des  Kurfürsten. 

^)     Droysen  1.  c.  III.3  480. 


Fürstenbergs  Gefangeiiuahiue.     Klagen  des  Kurfürsten.     Malirenlioltz.  707 

zu,  dass  des  Kurfürsten  Gründe  für  diese  Behauptung  stichhaltig  seien.  Verjus 
thut  alles  mögliche,  um  in  Berlin  Stimmung  für  Frankreich  zu  machen  i).  In 
der  Berathung  des  Mahrenholtz  mit  Schwerin,  Somnitz  und  Blaspeil  haben  sich 
die  letzteren  wegen  nicht  erfolgter  Communication  dessen,  was  mit  Brasser  ver- 
handelt worden-),  beklagt.  Mahrenholtz  hat  ihnen  blos  die  mit  "NVindischgrätz  ge- 
schlossenen Verträge  communicirt^).  Er  verhofft  nicht,  dass  ehe  und  bevor 
die  völlige  Communicatioo  geschehen,  ihme  dahie  einige  eigentliche  Reso- 
lution widerfahren  werde.  Hierüber  proponirte  ihm  Goess,  man  könnte  diese 
Formalität  decliniren,  von  dem  Tractat  mit  dem  Brasser  in  etwas  abstra- 
hiren  und  di  coucerto  ...  die  Tractate  vornehmen;  mein  Absehen  gehet 
dahin,  dass  solchergestalt  der  puuctus  der  Verpflegung  und  andere  leichter 
superirt  und  ein  solides  Werk  gemacht  werden  könnte.  Schwerin  schien  dies- 
falls keine  besonderen  Schwierigkeiten  zu  machen;  zu  Celle  aber  würde  man 
schwerlich  das  Gehör  dazu  geben,  noch  von  dem,  was  schon  capitulirt,  abweichen 
wollen ,  besonders  da  Brasser  die  Tractate  unterschrieben  zurückbringen  solle. 
Schwerin  glaubt,  daSs  Dänemark  sich  mit  den  im  letzten  holländischen  Projecte 
ausgesetzten  Subsidien  zufrieden  erklären  werde  und  sagt,  dass  man  in  Wien 
schon  auf  IG  000  Mann  sich  Crockow  gegenüber  eingelassen  habe.  Mit  der 
Auswechselung  der  Ratification  des  mit  dem  Kaiser  geschlossenen  Vertrages 
scheint  der  Herzog  von  Celle  bis  nach  erfolgter  Auswechselung  des  mit  Holland 
geschlossenen  Bündnisses  —  wozu  Brasser,  wie  Goess  aus  dem  Berichte  Kramprichs 
ersieht,  bereits  abgesendet  sei  —  zögern  zu  wollen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  Juni  1674.  (Or.) 

[Klagen    des    Kurfürsten.     Frage   der  Verlegung  der  Verhandlungen   nach  dem  Haag. 

Verhandlungen  Wangelins  mit  den  Brandenburgern.     Marsch  der  Truppen  aus  Preussen 

nach  Berlin.     Nachrichten  aus  dem  Haag.] 

Der  Kurfürst  hat  Achtienhoven  gegenüber  bemerkt,  er  sehe  wohl,  dass  er  is.  Juni, 
vernachlässigt  werde;  er  werde  sich  darnach  zu  richten  wissen'').  Goess  gegen- 
über betont  der  Kurfürst  die  grossen  ihm  von  Verjus  gemachten  Anerbietuiigen. 
Der  Pensionarius  FageP)  verlangt,  dass  die  Verhandlungen  im  Haag  geführt 
werden  sollen;  es  wurde  in  Berlin  darüber  berathen,  der  Kurfürst  ist  aber 
dagegen  und  für  die  Beendigung  derselben  in  Berlin.     Goess  remonstrirt,   dass 


^)     Urk.  u.  Act.  HI.  438. 

-)  Brasser  verhandelte  im  Namen  des  Königs  von  Spanien  und  der  Staaten  mit 
den  Braunschweiger  Fürsten  und  schloss  am    10./20.  Juni   den  Vertrag  mit  ihnen  ab. 

")  Gemeint  ist  der  von  Windischgrätz  im  Namen  des  Kaisers  unterzeichnete  Ver- 
trag vom  14./24.  April  1()74. 

<)     Urk.  u.  Act.  III.  440  f. 

'"}  Caspar  Fagel,  Rathspensionär  von  Holland;  über  seine  Antheilnahme  au 
dem  Zustandekommen  der  Allianz  Peter  1.  e.  :^05  Anm.  o. 


768  ^  I-  Goess  in  Berlin,    Aniialt  in  Wien.     1()T2  —  1G75. 

im  Haag  die  Sache  am  schnellsten  erledigt  werden  kljnne,  weil  da  die  Vertreter 
aller  Interessirter  beisammen  seien  und  die  vorfallenden  Differenzen  dort  durch 
den  Prinzen  von  Oranien  und  durch  den  Grafen  von  Monterey  am  besten  und  am 
schleunigsten  könnten  beseitigt  werden;  doch  sei  Goess  auch  zur  Verhandlung 
in  Berlin  bereit.  Schwerin  ist  derselben  Meinung  Avie  Goess,  doch  scheint  die 
gegentheilige  zu  überwiegen.  Goess  spricht  die  Besorgnis  aus,  dass  man  den 
Kaiser  und  Goess  für  die  Verzögerung  des  Vertragsabschlusses  verantwortlich 
machen  werde  und  räth  daher  dahin  zu  wirken,  dass  ein  spanischer  Minister 
nach  Berlin  abgefertigt  werde,  der  die  Tractate  unterschreiben  solle.  Mit 
Wangelin  ist  vor  einigen  Tagen  eine  Conferenz  gehalten  worden;  Wangelin  hat 
dem  Kurfürsten  Subsidien  offerirt,  damit  er  in  die  dritte  Partei  eintrete  und 
den  Frieden  befördern  helfe;  nachdem  man  AVangelin  zu  verstehen  gegeben, 
dass  Schweden  Subsidien  nehme,  aber  keine  gebe,  antwortete  derselbe,  dass 
freilich  die  Subsidien  von  Frankreich  kämen,  dass  man  aber  wenn  dieselben 
durch  Schweden  stipulirt  würden  sich  für  Frankreich  nicht  zu  engagiren  hätte. 
Solche  Anerbietungen  werden,  wie  Goess  meint,  nichts  fruchten ').  Die  6000 
Mann  marschiren  von  Preussen  hieher;  wie  Schwerin  behauptet,  hat  er  an  der 
Beschlussfassung  in  dieser  Sache  nicht  theil  genommen ;  es  wird  der  militärischen 
Partei  am  Hofe  diese  Massregel  zugeschrieben ;  es  ist  aber  —  Avie  Goess  meint  — 
auch  möglich,  dass  die  Stände  in  Preussen  diese  Truppen  nicht  länger  hätten 
erhalten  können.  Da  aber  die  märkischen  Länder  ebenso  beschwert  sind, 
fürchtet  Goess,  dass  der  Kurfürst  zu  einer  schleunigen  Resolution  sich  genöthigt 
sehen  Avird.  Man  spricht  davon,  dass  der  Kurfürst  persönlich  mit  den  marsch- 
bereiten Truppen  in  das  clevische  Gebiet  gehen  und  bei  den  schAvächeren  Ständen 
des  Reiches  Quartier  und  Unterhalt  suchen  Avird. 

In  einem  P.  S.  A'om  22.  Juni  berichtet  Goess,  dass  er  A'on  Kramprich  und 
Don  Emanuel  de  Lira-)  Schreiben  erhalten  habe,  in  denen  ihm  von  dem  Stande 
der  Verhandlungen  mit  Dänemark  und  Brandenburg  berichtet  Averde  und  dass 
Lira  sich  erbiete  die  Verträge  sogleich  nach  erfolgter  Unterfertigung  seitens  des 
Kurfürsten  zu  unterzeichnen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  23.  Juni  1674.  (Conc.) 

[Französisch-schwedische    Beziehungen.      Benehmen    des    Goess  beim   Abschlüsse   der 
Yertriige  mit  Brandenburg  und  mit  den  Braunschweiger  Fürsten.     Verwendung  bran- 
denburgischer Truppen  für  andere  deutsche  Fürsten.     Jägerndorf.] 

23.  Juni.  Der  Kaiser  billigt  das  Vorgehen  des  Goess  in  allen  Punkten.  Er  soll 
trachten  zu  erfahren,  Avas  es  mit  den  geheimen  Tractaten  ZAvischen  Frankreich 
und  ScliAA'eden  auf  sich  hat^).     Goess  erhält  Vollmacht  zu  Verhandlungen  über 

')     Für  die  Verbandlungen    der    Brandenbui-ger    mit  Wangelin    in   dieser    Zeit 

Droyseu  1.  c.  III. 3  48011.  und  Anm.;  Puf.  I.e.  XII.  37. 

-')     Don  Emanuel  Franciscus  de  Lira,  spanischer  (lesandter  im  Haag. 

")  Für  die  französisch -schwedischen  Beziehungen  dieser  Zeit  Mignet  1.  c.  IV. 
336  ff. 


Verlegfiing  der  AUianzverhaudlungen  nacli  dem  Haag.     Jägerndorf.  769 

die  Aufnahme  Brandenburgs  in  das  Bündnis  der  Alliirten.  Bei  der  Unter- 
zeichnung dieses  und  des  Vertrages  mit  den  Herzogen  von  Celle  und  "Wolfen- 
büttel soll  Goess  darauf  achten,  dass  wir  in  beeden  mit  keinen  Subsidien 
beladen  oder  sonsten  nicht  etwa^  so  unserm  Interesse  und  Convenienz 
zuwider,  darein  eingesetzt  werde,  sondern  dass  nur  dein  Unterschrift  zu 
mehrerer  Bekräftigung  und  Autorität  unter  unserer  Protection  sodann 
vorgekehrt  werde,  wann  unter  ihnen  vorhero  dieses  Werk  seine  völlige 
Richtigkeit  erlangt  haben  wirdet,  ...  du  wolltest  nicht  weniger  alle  Dili- 
gentien  brauchen,  damit  mit  negsten  dieser  Tractat  dergestalt  geschlossen 
werde,  dass  solchen  sowohl  die  Krön  Spanien  als  die  Generalstaaten  in 
effectu  halten  können.  Wir  erachten  auch,  dass  Churbrandenburg  für 
diesmalen  nicht  zur  ausdriickentlichen  Garantirung  des  pyreneischen 
Friedens  und  Setzung  selbiger  Krön  widerum  in  solchen  Stand  zu 
treiben,  sondern  nur  dahin  zu  vermögen  seie,  dass  dieselbe  solang 
bei  uns  Confoederirten  mit  ihren  Waffen  verbleiben  und  der  Tractat 
solang  seine  vollkommene  Kraft  haben  sollen,  als  bis  dieser  Krieg  sich 
völlig  geendiget  und  man  einen  beständigen  Universalfrieden  allerseits 
erlangt  haben  wirdet.  Gegen  die  Zahlung  des  Geldes  an  Brandenburg  für 
Truppen  seitens  der  Stände,  die  keine  Truppen  bereit  haben,  hat  der  Kaiser 
nichts  einzuwenden,  jedoch  dass  ein  jeder  Stand  selbige  absonderlich  zu 
unserer  im  Reich  stehenden  Armada  den  jüngsten  Reichsconclusis  gemäss^) 
für  diesmalen  schicke.  Wegen  Jägerndorf  ist  dir  gnugsam  wissend,  dass 
Churbrandenburg  einmal  kein  Recht  hierzu  haben;  jedoch  wollten  wir  in 
gegenw^ärtigen  Coniuncturen  und  zu  Befürderung  des  zwischen  uns,  der 
Krön  Spanien,  denen  Generalstaaten  und  sein  des  Churfürstens  zu  Bran- 
denburg L'^'=".  obhandenen  Tractaten,  zwar  aus  keiner  Schuldigkeit,  etwas 
übriges  thuen,  wann  sich  Churbrandenburg  mit  einem  moderaten  quanto 
befriedigen  wollte.  Wollest  dahero  die  Negotiation  mit  Dexterität  und 
Behutsamkeit  von  weitem  anfangen  und  uns  darvon  Eriuderung  gehor- 
samst erstatten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  25.  Juni  1674.   (Or.) 

[Verbandlungen  des  Goess  in  der  Allianzfrage.     Verhandlungen  mit  Celle.] 
Goess  hat  mit  Blaspeil  gesprochen  und  das  Allianzwerk  zu  fördern  gesucht  -).  25.  Juni. 
Sehr  vortheilhaft    wäre    es  gewesen,    wenn    man    dem  Romswiuckel  Vollmacht 

')    Die  darauf  bezüglichen  Acten  bei  Pachner  1.  c.  I.  716  ff. 
-)     Blaspeil  war,    um  die  Verhandlungen  mit  Achtienhoven   zu  führen,    aus  dem 
Haag  nach  Berlin  geliommen. 

Mater,  z.  Gesch.  d.  G.  Kurfürsten,    xrv.  49 


770  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

zugeschickt  und  die  Tractate  im  Haag  hätte  unterzeichnen  lassen.  Man  fordert 
in  Berlin,  dass  Goess  daselhst  die  Verträge  unterzeichne; 'er  erwidert,  er  habe 
noch  keine  Vollmacht  dazu,  werde  aber  nach  Wien  darüber  referiren;  zugleich 
betont  Goess,  man  könnte  ja  im  Haag  duich  Kramprich  und  Lira  den  Vertrag 
unterfertigen  lassen,  doch  sei  auch  er  bereit  denselben  zu  unterzeichnen,  sobald 
die  holländischen  und  brandenburgischen  Minister  es  gethan  haben  würden. 
Mahrenholtz  hat  dem  Goess  mitgetheilt,  dass  Brasser  in  Celle  angekommen,  die 
Verträge  aber  bis  jetzt  noch  nicht  geschlossen  seien'). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  29.  Juni  1674.  (Or.) 

[Communication    des    holländisch -braunschweigischen    Bündnisses    an    Brandenburg. 
Verhandlungen  des  Goess  mit  Achtienhoven.] 

29.  Juni.  Der  wolfenbüttelsche  Praesident  von  Heimburg-)   hat  dem  Kurfürsten  den 

mit  Brasser  geschlossenen  und  bereits  unterschriebenen  Tractat  mit  der  Bitte 
um  Geheimhaltung  communicirt^).  Achtienhoven  hat  dem  v.  Heimburg  gesagt, 
—  Avas  auch  des  Goess  Ansicht  ist  —  dass  es  für  die  Communication  noch  zu  frühe 
gewesen.  Den  französischen  und  schwedischen  Gesandten*)  hat  Heimbung  von 
dem  Bündnisse  als  einem  Defensivbündnisse  gesprochen.  Achtienhoven  hat  dem 
Goess  verschiedenartige  Dinge  vorgetragen,  welche  die  Holländer  bei  dem  aus 
Holland  nach  Berlin  geschickten  Projecte  desideriren  ^) ;  Goess  hat  ihm  gesagt, 
man  müsse  so  antworten,  dass  der  Vertrag  abgeschlossen  werde,  diese  Ent- 
scheidung bezüglich  der  holländischen  Forderungen  aber  auf  fernere  Unter- 
redungen verschieben,  worauf  Achtienhoven  noch  nicht  geantwortet  hat. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  2.  Juli  1674.  (Or.) 

[Conferenz  des  Goess  mit  Somnitz  und  Schwerin.     Besorgnisse  Brandenburgs  betreffs 

der    spanischen    Subsidien.      Verhandlungen    der    Brandenburger    mit    Achtienhoven. 

Brandenburgs  Aufnahme    in    die  Allianz  Spaniens,    des    Kaisers   und    der    Holländer. 

Tapferkeit  der  kaiserlichen  Truppen.     Neue  Verhandlungen  in  der  Allianzfrage.] 

2.  Juli.  Goess  communicirt,  was  in  der  zwischen  ihm,  Somnitz  und  Schwerin  gehal- 

tenen Conferenz  vorgefallen"^)   und  vermuthet,    das  dasjenige,  was  darin  wegen 


')     Sie  wurden  am   10./20.  Juni  1674  unterzeichnet. 

^)     Fritz  von  Heimburg. 

^)     Ueber  Heimburgs  Thätigkeit  in  Berlin  Puf.  1.  c.  XII.  34. 

*)     Verjus  und  Wangelin. 

^)  Vergl.  die  Resolution  der  Generalstaaten  vom  16.  Juni  1674;  Urk.  und  Act. 
ni.  441. 

^  Am  27.  Juni  hat  Goess  mit  Schwerin,  Somnitz  und  Blaspeil  eine  Conferenz. 
Schwerin  betont,  wie  hochherzig  sich  der  Kurfürst  benommen  und  wie  energisch  er 
bei  den  Verhandlungen  mit  Holland  vorgegangen  sei.  Er  fordert  von  Goess  das 
Versprechen,  die  Vollmacht  vom  Kaiser  zur  Unterzeichnung  des  Vertrages  beizubringen 


Verhandlungen  des  Goess  bezüglich  einer  Allianz  Brandenburgs  mit  dem  Kaiser.      771 

eines  neuen  foederis  defensivi  gemeldet  Avird,  von  der  durch  den  von  Heimburg 
geschehenen  Communication  des  mit  Brasser  geschlossenen  Vertrages  herrühre. 
Man  zeigt  sich  seitens  Brandenburgs  besorgt,  dass  von  Spanien  mit  den  Sub- 
sidien  nicht  werde  zugehalten  werden,  weil  der  Graf  von  Monterey  durch  seiner 
Gegner  Bemühungen  im  Stiche  gelassen  werden  dürfte.  Im  Uebrigen  ist  abzu- 
warten wie  sich  der  Herzog  von  Hannover  bei  der  bevorstehenden  Zusammen- 
kunft mit  den  übrigen  braunschweigischen  Fürsten  erklären  wird,  da  es  leichter 
fallen  würde,  alsofort  einen  Theil  der  bereitstehenden  Völker  nach  dem  Rhein 


und  die  Versicherung,  dass  der  von  brandenburgischer  Seite  unterschriebene  Ver- 
trag auch  von  Emanuel  Lira  unterschrieben  werden  solle.  Da  die  kaiserlichen 
Minister  dem  Crockow  erklärt  hätten,  wenn  der  Kurfürst  von  dem  prätendirten 
Quantum  der  20  000  Mann  abstehen  und  sich  mit  16  000  befriedigen  würde, 
dass  alsdann  des  Kurfürsten  Contingent  zur  Reichsarmee  in  diesen  16  000  mit  be- 
griffen sein  soll,  dergestalt,  dass  derselbe  ein  mehreres  hiezu  nicht  zu  contribuiren 
haben  sollte;  da  ferner  diese  Hilfe  vornehmlich  dem  Kaiser  und  dem  Erzhause  zu 
Gute  komme,  der  Kaiser  aber  zu  diesen  Subsidien  nichts  beitrage,  der  Kurfürst  aber 
allein  so  viel  als  die  Staaten  und  Spanien  zusammen  thut,  hofft  der  Kurfürst,  dass 
Leopold  dies  in  anderer  Weise  dem  Kurfürsten  vergüten  wird.  Der  Kurfürst,  der  mit 
dem  Kaiser  beständig  vereint  bleiben  will,  hofft,  dass  der  Kaiser  zum  Abschlüsse 
einer  Defensivallianz,  welche  auch  nach  beendigtem  Kriege  dauern  soll,  geneigt  sein 
wird.  Der  Kaiser  möge  für  die  richtige  Zahlung  der  Subsidien  seitens  der  Spanier  sich 
verwenden.  Goess  soll  sagen,  was  er  von  den  Gesinnungen  des  Herzogs  von  Han- 
nover wisse,  da  von  dessen  Gesinnung  die  Möglichkeit  der  ungehinderten  Durch- 
führung des  vorhabenden  Bündnisses  abhänge.  Man  müsse  auf  Polen  auch  Rücksicht 
nehmen.  Goess  antwortet:  Vollmacht  habe  er  keine,  weil  man  vermuthete,  dass  der 
Vertrag  im  Haag  oder  in  Wien  geschlossen  werden  würde:  Goess  werde  aber  sub  spe 
rati  alles  beitragen,  was  zur  Förderung  und  Beschleunigung  der  Vertragsverhand- 
lungen dienen  könnte.  Lira  werde,  wie  aus  dessen  Berichten  zu  ersehen,  kein  Be- 
denken tragen,  den  von  den  übrigen  Alliirten  unterzeichneten  Vertrag  zu  unterschrei- 
ben und  die  Gelder  auszuzahlen.  Von  dem  Punkte  der  16  000  Mann  habe  Goess  nichts 
vernommen.  Es  sei  nicht  richtig,  dass  der  Kaiser  nichts  leiste,  er  leiste  durch  die  Ver- 
stärkung seiner  Armee  vielleicht  mehr  als  die  anderen.  Im  übrigen  glaube  er,  dass 
der  Kaiser,  der  sich  dem  Kurfürsten  gegenüber  stets  so  gewogen  gezeigt,  dies  auch 
in  Zukunft  thun  werde.  Es  bestehe  ja  schon  ein  Defensivbündnis  zwischen  Branden- 
burg und  Oesterreich;  doch  glaubt  Goess,  dass  der  Kaiser  auf  Wunsch  in  ein  neues 
einwilligen  werde.  Goess  meint,  Spanien  werde  die  Subsidien  pünktlich  zahlen:  doch 
wird  der  Kaiser  gewiss  gerne  seinerseits  dazu  beitragen,  dass  dies  geschehe.  Bezüg- 
lich Hannovers  erklärt  Goess  nach  den  Berichten  Ostens  und  Heimburgs,  dass  der 
Herzog  gegen  die  Alliirten  nichts  vornehmen  und  sich  den  Reichs-  und  Kreisschlüssen 
conformiren  werde  und  spricht  die  Vermuthung  aus,  dass  in  der  That  nichts  von 
Hannover  zu  fürchten  sei.  Zur  Vorkehrung  von  Schutzmassregeln  bezüglich  Polens 
ist  der  Kaiser  stets  bereit.  —  Die  kurfürstlichen  Bevollmächtigten  erwidern  nach  kurzer 
Berathung,  man  würde  gerne  sehen,  dass  Goess  den  Vertrag  unterschriebe,  müsse  es 
aber  dem  Belieben  des  Kaisers  anheimgestellt  sein  lassen.  Einen  Tractat  über  diese 
Punkte  wünschen  sie  nicht,  blos  die  Communication  an  den  Kaiser.  An  Lira  soll 
Goess  schreiben,  ebenso  der  Kaiser  an  den  Herzog  von  Hannover. 

49* 


772  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

marschiren  zu  lassen,  wenn  man  dieses  Fürsten  genügend  könnte  versichert  sein. 
Auch  mit  Achtienhoven  ist  eine  neue  Conferenz  gehalten  worden.  Goess  ist  für 
den  möglichst  raschen  Abschluss  des  Vertrages.  Da  sowohl  die  hrandenburgischen 
Minister  als  auch  Achtienhoven  wünschen,  dass  Goess  die  Verträge  in  Berlin  mit 
unterschreiben  soll,  wird  er  thun,  was  der  Sache  förderlich  ist,  im  übrigen  glaubt  er 
nicht,  dass  man  sich  bezüglich  der  rückständigen  Subsidien  wird  einigen  können; 
er  ist  daher  der  Ansicht,  man  solle  auch  diesen  Punkt  künftigen  Berathungen 
vorbehalten.  Man  schätzt  und  rühmt  überall  die  Tüchtigkeit  der  kaiserlichen 
Truppen  in  dem  letzten  Treffen  in  der  Pfalz,  trotz  der  grossen  Vortheile,  die 
der  Feind  davongetragen  hat')-  Nach  einer  neuen,  unmittelbar  vor  Absendung 
dieses  Schreibens  gehaltenen  Conferenz  mit  Achtienhoven,  Somnitz  und  Blaspeil 
meldet  Goess,  er  hoffe  dass  die  Verträge  nach  dem  jetzt  vorliegenden  Projecte 
unterschrieben  und  die  Punkte  bezüglich  derer  man  sich  nicht  einigen  könne 
fernerer  Berathung  vorbehalten  bleiben  werden-);  Goess  wird  auf  abermaliges 
Ansuchen  auch  seinerseits  die  Tractate  sub  spe  rati  unterschreiben. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  Juli  1674.  (Or.) 

[Unterzeichnung  des  Vertrages.  Verhandlungen  über  die  Kriegsoperationen,  ürtheil 
des  Goess   über  die  vorzunehmenden  Massregeln.     Verhandlungen   der  Brandenburger 

mit  Verjus.     Brandt.] 

6.  Juli.  Am  5.  Juli  ist  der  Tractat  von  Achtienhoven   und   den    brandenburgischen 

Ministern  unterzeichnet  worden^).  Die  neuen  Erinnerungen  Brandenburgs  und 
die  nicht  erledigte  Frage  der  alten  Subsidien  sind  weiteren  Verhandlungen  vor- 
behalten worden  *).  Achtienhoven  hat  es  übernommen  dem  Kurfürsten  alsobald 
bis  100  000  Thaler  zahlen  zu  lassen.  Goess  hat  dem  Kurfürsten,  den  Ministern 
und  Achtienhoven  remonstrirt,  wie  nöthig  es  sei,  dass  ein  Theil  der  kurfürst- 
lichen Truppen  mit  den  lüneburgischen  dem  Kurpfälzer  zu  Hilfe  eilen '") .  Dem 
Schwerin  hat  Goess  vorgestellt,  dass  solchergestalt  die  Armeen  nach  der  zu 
Ruremonde  genommenen  Abrede  operiren  könnten,  da  sonst  de  Souches  seine 
Armee,  da  er  den  Pfälzer  unterstützen  soll,  theilen  müsste  . .  .  Achtienhoven 
will  sich  in  Verhandlungen  über  diesen  Punkt  nicht  einlassen;  er  eilt  fort,  zum 
Prinzen  von  Oranien  und  dann  nach  Hause.  Goess  hat  an  den  Duo  de  Bour- 
nonville  geschrieben,  er  möge  den  Kurpfälzer  auffordern,  sofort  einen  Gesandten 
an  den  Brandenburger  und  an  den  Lüneburger  zu  senden ;   ebenso  zu  Monterey 

^)  Gemeint  ist  die  Schlacht  bei  Sinsheim;  vergl.  Peter  I.e.  217  ff. :  Grimoard 
1.  c.  II.  513ff.;  Mem.  de  Deschamps  314ff.;  Beaiirain  1.  c.  lOlff.;  Rousset  1.  c.  II.  71ff. 

-)     Dies  war  in  der  That  der  Fall;  vergl.  Urk.  u.  Act.  III.  442. 

^)  Der  Vertrag  war  am  fte",  nicht  am  5'e"  unterzeichnet  worden;  vergl.  den 
Abdruck  bei  Dumont  I.  c.  VII.  i  267  ff.  Actes  et  mem.  de  la  paix  de  Nimegue  I.  655; 
Mörner  1.  c.  383 ff.;  Puf.  1.  c.  XII.  35;  Peter  1.  c.  205ff.;  Droysen  1.  c.  III.3  482f. 

*)     Urk.  u.  Act.  III.  442  und  Anm. 

^)  Ueber  die  Lage  des  Pfälzers  und  die  Verwüstung  seines  Landes  Peter  1.  c. 
221f.;  Häusser  1.  c.  IL  631  ff. 


Unterzeichnung  des  Allianzvertrages.     Marsch  der  brandenb.  Truppen.  773 

und  zu  dem  Prinzen  von  Oranien.  Goess  schreibt  gleichfalls  in  diesem  Sinne  nach 
dera  Haag.  Goess  hält  für  nothwendig,  dass  ein  spanischer  und  ein  holländischer 
Minister  nach  Berlin  kommen,  nicht  allein  wegen  der  Musterung,  sondern  auch 
wegen  des  Marsches  und  der  Operationen  die  Notdurft  vorzukehren.  Verjus  hat 
unlängst  eine  Conferenz  gehabt,  die  intercipirten  Schreiben  Monterey's  und  Lira's, 
worin  von  den  Verträgen  die  Rede  ist,  vorgelesen  und  sich  sehr  beklagt,  auch 
gegen  Blaspeil  sich  vernehmen  lassen,  sein  König  werde  sich  schon  rächen;  es 
ist  ihm  aber  geantwortet  worden,  dass  der  Kurfürst  den  Kaiser  und  das  Reich 
niemals  verlassen  könne  und  wolle').  Der  Kurfürst  wünscht  lebhaft,  dass  der 
neuiiiärkische  Kanzler  Brandt  möglichst  bald  in  Schweden  anlange  2). 


Der  Kaiser  an   Goess.     Dat.  Wiener  Neustadt  7.  Juli  1674. 

(Conc.) 

[Unterzeichnung  des  Vertrages  in  Berlin.     Marsch   der  braudenburgischen  und  braun- 

schweigischen  Truppen.] 
Bezüglich  des  Verhaltens  des  Goess  bei  dem  Abschlüsse  des  Vertrages  7.  Juli, 
bleibt  es  bei  dem,  was  ihm  am  23.  Juni  mitgetheilt  wurde.  Der  Kaiser  hat 
nichts  dagegen,  dass  er  auf  das  Ersuchen  de  Lira's  hin  im  Namen  der  Krone 
Spanien  unterzeichne.  Da  die  Umstände  es  erfordern,  dass  die  brandenburgischen 
und  braunschweigischen  Truppen  an  den  Oberrhein  und  nach  Trier  marschiren 
und  daselbst  wirklich  operiren,  soll  Goess,  sobald  die  Verträge  unterzeichnet 
und  die  Subsidiengelder  erlegt  sind,  energisch  den  Abmarsch  und  den  Befehl 
zur  Offensive  fordern.  Der  Kurfürst  von  Sachsen  hat  dem  Kaiser  seine  Bereit- 
willigkeit erklärt,  die  obersächsische  Kreisvölker  alsobald  gegen  der  Pfalz 
anziehen  und  agiren  zu  lassen  und  also  es  nur  an  Churbrandenburg 
erwindet,  dass  auch  dieselbe  ihr  Kreisquotam  darzu  geben  und  selbige 
mit  denen  andern  weg  ziehen  lassen  wollten,  derowegen  du  auch  dieses 
Werk  bei  I.  L'^''".  bestens  treiben  wollest,  jedoch  mit  Vorbehalt  des  Ab- 
zugs, welchen  etwa  S.  I/^"^.  dardurch  an  denen  mit  der  Krön  Spanien 
und  Holland  stipulirten  16  000  Mann  praetendiren  .  .  . 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  17.  Juli  1674.   (Or.) 

[Holländisch-dänische  Allianz.     Marsch    der    kurfürstlichen   Truppen.     Verhandlungen 
der  Brandenburger  mit  Wangelin.] 

P.  S.3) 

Der  Vertrag  zwischen  Dänemark  und  Holland  ist  nicht,  wie  Kramprich  be-  17.  Juli, 
richtet    hat,    unterzeichnet.     Auf  erneuertes  Drängen   des  Goess  wird  ihm  von 

^)     Ueber  die  Verhandlungen  des  Verjus  mit  den  Brandenburgern   in  dieser  Zeit 
Puf.  1.  c.  XII.  38. 

2)     Ueber  Christoph  Brandts  Mission  in  Stockholm  vergl.  Puf.  1.  c.  XII.  39. 
')     Der  Bericht  selbst  ist  nicht  erhalten. 


774  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

dem  Kurfürsten  mitgetheilt.  dass  die  von  Preussen  heranziehenden  Völker 
ihren  Marsch  schleunigst  fortsetzen  und  mit  den  übrigen  Völkern  in  Magdeburg 
zusammentreffen  würden;  der  Kurfürst  sei  entschlossen,  Kurpfalz  nicht  preis- 
zugeben. Da  Goess  aber  gesehen  hat,  dass  der  Kurfürst  seine  Truppen  nicht 
trennen  und  einen  Theil  nach  der  Pfalz  vorangehen  lassen  werde,  hat  er  bei 
den  Lüneburgischen  alle  Remonstrationen  gethan,  damit  die  Herzoge  zu  Celle 
und  Wolfenbüttel  die  in  Bereitschaft  stehenden  9000  Mann  nach  der  Pfalz  an- 
marschiren  und  mit  des  Kaisers  corpo  daselbst  coniungiren  lassen  wollten. 
\V angelin  hat  in  einer  Conferenz  mit  den  brandenburgischen  Ministern  die  Com- 
munication  des  neugeschlossenen  Vertrages  begehrt  und  als  man  ihm  vorwarf, 
dass  von  Schweden  die  mit  Hannover  geschlossene  Allianz  nicht  communicirt 
worden  sei,  antwortete  er,  dieser  Vertrag  sei  auch  nicht  durchgeführt  w^or- 
den ') ;  Goess  aber  kann  sich  wohl  erinnern,  dass  er  in  früheren  Unterredungen 
das  Gegentheil  behauptet  hat. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  18.  Juli  1674.    (Or.) 

[Marsch  der  brandenburgischen  Truppen.  Rücksicht  Brandenburgs  auf  Hannover. 
Haltung  des  Herzogs  von  Hannover.  Secretartikel  des  öslerreichisch-braunschweigi- 
gchen  Vertrages.  Wangelin.  Rath  des  Goess  betreffs  der  vom  Kaiser  beim  nieder- 
sächsischen Kreistage  zu  befolgenden  Politik.  Belohnungen  der  kurfürstlichen  Minister. 
Bitte  des  Goess  um  Abberufung.] 

18.  Juli.  Achtienhoven  ist   zufrieden  abgereist.      Goess  drängt    auf  Absendung    der 

bereit  stehenden  Völker  nach  der  Pfalz,  der  Prinz  von  Oranien  will  seinerseits 
den  March  der  brandenburgischen  Truppen  nach  Cleve,  der  Kurfürst  endlich 
Avill  seine  Truppen  nicht  trennen;  doch  hofft  Goess,  dass  dies  letztere  zu 
erreichen  sein  und  so  jeder  Theil  befriedigt  werden  wird'^).  Brandenburg 
nimmt  sehr  viel  Rücksicht  auf  Hannover  und  hält  es  für  sehr  gefährlich,  den 
Herzog  von  Hannover  mit  15  000  Mann  im  Rücken  zu  haben.  Die  Deputirten 
des  Hauses  Braunschweig  sind  in  Burgsdorf  zusammen  gewesen  und  der  Ver- 
treter Hannovers  hat  gute  Versicherungen  gegeben  und  erklärt,  dass  der  Herzog 
nichts  dem  Kaiser  und  dem  Reiche  praeiudicirliches  thun  werde.  Des  Goess 
Vorschlag,  Blaspeil  möge  auf  seiner  Reise  nach  Cleve  und  nach  dem  Haag  in 
Hannover  sich  aufhalten,  wird  mit  Rücksicht  auf  die  schwebenden  Ceremonial- 
streitigkeiten  vorerst  abgelehnt.  Goess  hat  die  Ratificationen  mit  den  Vertretern 
Celle's  und  Wolfenbüttels  ausgewechselt.  Nach  Berathung  mit  Goess  hat  Blaspeil 
es  für  zweckmässig  erachtet,  die  ihm  durch  Romswinckel  zugekommenen  Secret- 
artikel des  Vertrages  zwischen  Braunschweig  und  dem  Kaiser  nicht  selbst  dem 
Kurfürsten  mitzutheilen,  sondern  zur  Bezeugung  des  guten  Vertrauens  durch  den 
braunschweigischen  Abgesandten  mittheilen  zu  lassen.  Wangelin  beklagt  sich,  dass 


^)    Vergl.  über  dieses  Gespräch  Puf.  1.  c.  XÜ.  39. 

^)     üeber    die    verschiedenartigen    Forderungen    der    AUiirten    an    Brandenburg 
Peter  1.  c.  224,  227. 


Verhandlungen  mit  Wangelin.     Hannover.     Unterstüzung  des  Pfälzers.  775 

ihm  der  Vertrag  des  Kurfürsten  mit  dem  Kaiser,  Spanien  und  Holland  nicht  com- 
municirt  werde  und  zeigt  mit  dem  Abschlüsse  desselben  nicht  einverstanden  zu 
sein  1).  Im  niedersächsischen  Kreise  soll  ein  Kreistag  demnächst  ausgeschrieben 
werden ;  wird  der  Kaiser  zur  Beschickung  eingeladen,  so  soll  —  meint  Goess  — 
er  jemanden  senden,  wenn  er  nicht  eingeladen  wird  aber  auch  jemanden  dahin 
abfertigen,  der  insbesondere  darauf  sieht,  dass  Hannover  auf  die  Seite  des 
Kaisers  tritt,  oder  doch  wenigstens  neutral  bleibt.  Da  der  Vertrag  mit  Branden- 
burg jetzt  abgeschlossen  ist,  bittet  Goess  um  Uebersendung  der  versprochenen 
4000  Thaler  für  Schwerin  und  je  2000  Thaler  für  Somnitz  und  Jena.  Der 
Kurfürst  will  persönlich  in's  Feld  gehen ;  vorerst  nach  Cleve,  um  sich  mit  dem 
Prinzen  von  Oranien  und  mit  Monterey  zu  bereden-).  Goess  bittet  ihn,  mit  Rück- 
sicht auf  sein  hohes  Alter,  das  ihm  nicht  erlaube  dem  Kurfürsten  im  Felde  zu 
folgen,  abzuberufen. 


Goess  an  deu  Kaiser.     Dat.  Berlin  20.  Juli  1674.   (Or.) 

[Verhandlungen  des  Goess  bezüglich   des  Marsches  der  lüueburgischen  Truppen  nach 

der    Pfalz.     Mittheilungen    Anhalts    über    den  Pfälzer.     Des  Kurfürsten  Kriegspläue- 

Polnische  Angelegenheit.     Anhalt.     P.  S.  Hilfe  für  die  Pfalz.] 

Der  Kurfürst  hat  von  Goess  gefordert,  er  möge  dem  Lüneburger  zur  Ab-  20.  Juli. 
Sendung  von  Truppen  in  die  Pfalz  zureden.  Goess  erwidert,  dass  niemand  das 
besser  thun  könne,  als  der  Kurfürst  selbst,  wenn  nur  auch  einige  von  seinen 
Völkern  mitgiengen.  Dann  hat  Goess  mit  dem  Abgesandten  des  Lüneburgers  ^) 
gesprochen,  aber  noch  keine  Antwort  erhalten.  Der  Fürst  von  Anhalt  ist  aus 
der  Pfalz  nach  Berlin  zurückgekehrt  und  hat  dem  Kurfürsten  energisch  wegen 
des  Marsches  nach  der  Pfalz  zugesprochen  und  dem  Goess  mitgetheilt,  dass  der 
Pfälzer  entschlossen  sei,  sich  mit  aller  Kraftt  zu  vertheidigen,  wenn  er  nur  der 
Hilfe  sicher  wäre.  Der  Kurfürst  verspricht  dem  Goess,  mit  dem  Abgesandten 
des  Lüneburger  Fürsten  zu  sprechen;  er  erwähnt  auch  die  vorzunehmenden 
Operationen  und  bemerkt  unter  anderem,  dass  man  Philippsburg  anzugreifen  und 
wenn  man  es  bekäme,  zu  schleifen  hätte.  Es  ^\ird  behauptet,  die  Schweden 
hätten  vor  bei  Stettin  ein  Lager  zu  schlagen.  Goess  hat  abermals  wxgen  der 
polnischen  Angelegenheiten  gesprochen  und  ein  Defensivbündnis  gegen  alle  zu 
besorgenden  Zufälle  angetragen,  was  aber  der  Kurfürst  ablehnt,  indem  er  zu- 
gleich meldet,  was  Hoverbeck  aus  Polen  berichte,  dass  sich  nemlich  alles  zum 
Frieden  mit  den  Türken  anlasse*).  Der  Fürst  von  Anhalt  wird  als  Statthalter 
in  Berlin  bleiben.  Im  P.  S.  vom  selben  Datum  berichtet  Goess  über  ein  Schreiben 
des  Lisola  an  ihn,  in  welchem  dieser  schleunige  Hilfe  für  die  Pfalz  fordert. 


1)  Puf  1.  c.  Xn.  39. 

2)  Peter  1.  c.  228;  ürk.  u.  Act.  II.  522. 
*)  Heimburg. 

*)  Ueber  die  polnischen  Kriegshändel  dieses  Jahres  Th.  Europ.  XI.  563 f. 


776  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1G72— ir.75. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  23.  Juli  1674.  (Or.) 

[Marsch    der    lüneburgischen    Truppen.     Meldungen   Kramprichs    über    die  Pläne  des 
Prinzen  von  Oranien  und  Montereys.] 

23.  Juli.  Die    lüneburgischen  Gesandten    bestehen    darauf,    dass    die  Truppen    ihrer 

Herren  alsbald  nach  den  Niederlanden  marschiren,  trotzdem  ihnen  die  Not- 
durft den  Pfälzer  zu  unterstützen  vorgestellt  und  betont  worden  ist,  dass  die  Unter- 
stützung des  Pfälzers  dem  Kaiser  erwünschter  wäre.  Endlich  einigte  man  sich 
dahin,  dass  ein  Bote  eiligst  nach  den  Niederlanden  geschickt  werde,  der  den 
Staaten  den  Stand  der  Dinge  in  der  Pfalz  mittheilen  solle,  weil  zu  hoffen  sei, 
dass  die  Staaten  dann  ihre  Meinung  ändern  werden;  unter  dessen  aber  sollen 
die  lüneburgischen  Truppen  ihren  Marsch  nach  der  Weser  so  nehmen,  dass  sie 
nach  erfolgter  Antwort  den  einen  und  den  andern  Weg  einschlagen  können  ^). 
Goess  hat  von  Kramprich  ein  Schreiben  erhalten,  worin  dieser  meldet,  dass  der 
Prinz  von  Oranien  und  Monterey  ihre  Ansicht  geändert  hätten  und  den  Marsch 
der  lüneburgischen  Truppen  nach  der  Pfalz  billigen,  wenn  die  brandenburgischen 
nach  den  Niederlanden  marschiren-).  Goess  ist  auch  von  Fagel  ersucht  worden 
den  Marsch  der  brandenburgischen  Truppen  nach  den  Niederlanden  zu  beschleu- 
nigen^). Kramprich  meldet  ferner,  dass  der  Vertrag  mit  Dänemark  am  14.  Juli 
unterschrieben  worden  sei*). 


Protocoll  der  Conferenz  vom  25.  Juli  1674  zwischen   Monte- 
cuccoli  und  Crockow.    (Conc.) 

[Bitten  Brandenburgs.     Erlass  des  Reichscontingentes.     Verlängerung  der  Allianz  vom 
1.  Juli    auf    10  Jahre.     Intervention   bei   der  Subsidienleistung.     Sicherung  vor  Han- 
nover.    Stellung  zu  Polen.     Jägerndorf.] 

25.  Juli.  Crockow  übergab  gewisse  Punkte,  welche  den  Kaiser  allein  angehen  =)  und 

fügte  hinzu,  Brandenburg  habe  mit  Spanien  und  Holland  vornehmlich  mit  Rück- 
sicht auf  den  Wunsch  des  Kaisers  abgeschlossen.  Da  nun  der  Kaiser  zu  den 
Subsidien  nichts  beiträgt,  hofft  der  Kurfürst  auf  anderweitige  Unterstützung  durch 
den  Kaiser.  Der  Kurfürst  hofft,  der  Kaiser  werde  von  ihm  über  die  wirklich 
stellenden  16  000  Mann  sein  Reichscontingent  weiters  Dicht  begehren. 
Der  Kurfürst  verlangt,  dass  diese  mit  dem  Kaiser,  Spanien  und  Holland  getroffene 
Allianz  nicht   blos  auf  die  gegenwärtigen  Coniuncturen,    sondern  auf  10  Jahre 


1)     Für  diese  Verhältnisse  vergl.  Peter  1.  c.  228 ff.;  Puf.  1.  c.  XII.  45. 

^)  Dem  Prinzen  von  Oranien  war  es  erst  nach  langen  Bemühungen  gelungen 
Monterey  für  diesen  Plan  zu  gewinnen;  vergl.  Peter  1.  c.  232. 

3)    Peter  I.  c.  232. 

*)  Der  Vertrag  zwischen  Kaiser,  Spanien,  den  Staaten  einer-,  Dänemark  anderer- 
seits wurde  nicht  am  14.,  sondern  am  10.  Juli  geschlossen.  Dumont  1.  c.  VILj  269; 
Basnage  1.  c.  II.  538;  Gebhardi  I.  c.  526. 

'■)     Liegen  nicht  vor. 


Marsch  der  Truppen.     Conferenz  zwischen  Montecuccoli  und  Crockow.  777 

hinaus  extendirt  werde.  Der  Kurfürst  bittet  um  die  Intervention  des  Kaisers, 
auf  dass  die  Subsidienzahlung  von  Holland  und  Spanien  regelmässig  erfolge. 
Brandenburg  findet  es  für  nöthig,  dass  Hannover  entweder  in  diese  Partei 
gebracht  oder  sonst  vorgesehen  werde,  dass  Brandenburg  von  diesem  Herzoge 
nichts  zu  fürchten  habe  Da  der  jetzige  König  von  Polen')  den  Kurfürsten 
gewarnt  hat  sich  einer  Partei  anzuschliessen,  mit  Vermelden,  er  könne  ihm  jetzt 
den  Grund  nicht  offenbaren,  bittet  der  Kurfürst  den  Kaiser  ihm  diesen  Grund, 
falls  er  ihn  kenne,  mitzutheilen,  wenn  nicht,  denselben  durch  seine  Vertreter 
erforschen  zu  lassen.  Ferner  betont  Crockow,  der  Kurfürst  wundere  sich  be- 
züglich der  Jägerndorfer  Angelegenheit  keine  Antwort  erhalten  zu  haben.  Die 
kaiserlichen  Commissäre  versprechen  dem  Kaiser  über  diese  Angelegenheiten 
Bericht  erstatten  zu  wollen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  27.  Juli  1674.   (Or.) 

[Des  Kurfürsten  Plan  nach  der  Pfalz    zu    marschiren.     Werbungen   des  Bischofs  von 

Münster.  Schwedens  Politik.    Brandenburg-sächsische  Beziehungen.    Sachsens  Haltung. 

Des  Verjus  Abreise.     Wangelins  Mittheiluugen    vom   Marsche    schwedischer    Truppen. 

Besorgnis  des  Kurfürsten  in  dieser  Sache.] 

Somnitz  theilt  dem  Goess  mit,  dass  der  Kurfürst  jetzt  für  den  Marsch  nach  27.  Juli, 
der  Pfalz  eingenommen  sei,  an  den  Prinzen  von  Oranien  in  diesem  Sinne 
geschrieben  habe  und  von  Goess  die  Beförderung  dieser  Angelegenheit  wünsche-). 
Von  Münster  wird  gemeldet,  dass  der  Bischof  wieder  stark  wirbt.  Schweden 
bemüht  sich  die  Zusammenkunft  des  niedersächsischen  Kreises  zu  verzögern, 
weil  es  fürchtet,  die  Stände  könnten  sich  zur  Unterstützung  der  Pfalz  ent- 
schliessen. 

Berlepsch  ist  aus  Sachsen  zurück;  wie  seine  Instruction  sehr  allgemein  ge- 
wesen ist,  so  ist  auch  die  Antwort  des  sächsischen  Kurfürsten;  Hoffnung  auf 
neue  Truppenzuzüge  der  Sachsen  ist  keine.  — 

Man  wartet  in  Dresden  mit  Verlangen  auf  den  wolfenbüttelschen  Präsidenten 
V.  Heimburg  und  nimmt  sehr  viel  Rücksicht  daselbst  auf  das  Haus  Lüneburg. 
Heimburg  ist  am  25.  Juli  nach  Dresden  gereist.  Verjus  hat  dem  Kurfürsten  zu 
verstehen  gegeben,  dass  er  ihn  nach  Cleve  begleiten  und  von  dort  nach  Frank- 
reich gehen  wolle;  das  erstere  wurde  ihm  abgeschlagen,  der  Pass  für  die  Reise 
wird  ihm  in's  Haus  geschickt  werden. 

Wangelin  meldet,  dass  Wrangel  in  Stockholm  erwartet  werde  Abschied 
vom  Könige  zu  nehmen,  dass  36  Schiffe  bereit  seien  Truppen  nach  Deutschland 
zu  bringen,  dass  16  Kriegsschiffe  ausgerüstet  und  10  000  Bootsknechte  dazu 
geworben    worden    seien ^).      Der   Kurfürst   zeigt  Besorgnis   über   diese  Nach- 


')     Sobieski. 

^     Ueber  die  Gründe  dieser  Meinungsänderung  Peter  I.e.  231  f. 
^)     üeber  Wangelins  Verhandlungen  Puf.  1.  c.  XII.  39,  41:    für  Schwedens  Hal- 
tung in  dieser  Zeit  Carlson  1.  c.  IV.  591;  Mignet  1.  c.  IV.  339  f. 


778  VI.    Goess  in  Berlin,    Aniaalt  in  Wien.     1672—1675. 

richten;  vermeint,  dass  der  Kaiser  gut  daran  thäte,  wenn  er  in  Schlesien  werben 
würde,  und  erklärt,  dass  er  selbst,  sobald  die  bisher  in  Berlin  stationirten  Völker 
marschiren,  neue  Werbungen  vornehmen  wolle  ^). 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  3.  August  1674.  (Or.) 

[Marsch  der  brandenburgischen  Truppen.     Sachsen.     Schwedische  Truppensendungen. 
Gegenmassregeln.     Verjus.     Wangelin.] 

3.  Aug.  M's   de  los  Balbesos  und  Heemskerck  begehren  beide  in  Schreiben,  die  sie 

an  Goess  gerichtet  haben,  er  möge  den  Marsch  der  brandenburgischen  Truppen 
nach  dem  Oberrhein  beschleunigen  helfen.  Goess  spricht  mit  dem  Kurfürsten 
über  die  Mittel,  die  ergriffen  werden  sollen,  auf  dass  der  Marsch  der  branden- 
burgischen Truppen  nach  Westphalen  durch  das  hannover'sche  Gebiet  vom  Her- 
zoge Johann  Friedrich  von  Hannover  nicht  difficultirt  werde  2).  Der  Kurfürst 
von  Sachsen  begehrt,  dass  seine  Länder  vom  Durchzuge  verschont  bleiben  mögen. 
Die  Nachrichten,  dass  Schweden  mehr  Volk  auf  den  Reichsboden  bringen  und 
der  Franzosen  Partei  annehmen  werde,  dauern  fort;  der  Kurfürst  verlangt,  dass 
die  obersächsischen  Kreisvölker  gegen  die  schwedischen  Grenzen  hin  gelegt  wer- 
den. Sachsen  wird,  wie  Goess  glaubt,  schwerlich  dazu  zu  bewegen  sein.  Goess 
hält  auch  für  gut,  dass  der  Kurfürst  sein  Contingent  bei  dem  obersächsischen 
Kreise  stellen  und  dahin  trachten  solle,  dass  diese  Kreisvölker  mit  ihm  nach  dem 
Rhein  marschiren.  Verjus  macht  mit  der  Abreise  Ernst;  Wangelin  klagt  über 
Mangel  an  Vertrauen. 


Der  Kaiser  an  Goess.     Dat.  Wien  3.  August  1674.  (Conc.) 

[Abweisung  des  kurfürstlichen  Begehrens  von  der  Stellung  der  in  Regensburg  votirten 
Truppenzahl    befreit    zu    werden.     Subsidien  für    Brandenburg.     Stellung  des  Kaisers 
zum    Herzoge    von    Hannover.      Verwendung    der    brandenburgischen    Truppen.     Be- 
lohnung für  die  kurfürstlichen  Räthe.     Goess.] 

3.  Aug.  Der  Kaiser  billigt  des  Goess  Vorgehen  in  allen  Punkten. 

Sein  des  Churfürsten  L**^".  Begehren,  weilen  sie  vermög  der  mit 
uns,  der  Krön  Spanien  und  denen  Generalstaaten  jüngst  geschlosseneu 
Tractaten  16  000  Mann  in's  Feld  stellen,  dass  sie  hingegen  ihres  vermög 
des  zu  Regensburg  Jüngstmals  ausgefallenen  conclusi^)zu  stellen  habenden 
Kreiscontingents  enthebt  und  solches  unter  obbemelten  16  000  Mann 
verstanden  werden  möchte,  verlangten  wir  S"".  L'^^".    wie    in    allem    also 

')  In  einem  Schreiben  vom  selben  Datum  Colin  a.  d.  Sp.  empfiehlt  der  Kurfürst 
dem  Kaiser  für  die  Zeit  seiner  Abwesenheit  seine  Länder,  die  zu  schützen  der  Kaiser 
in  seinem  Antwortschreiben  vom  25.  Aug.  verspricht. 

^)     lieber  des  Hannoveraners  Haltung  Puf.  1.  c.  XII.  55. 

3)     Pachner  1.  c.  I.  726. 


Marsch  der  Truppen.     Brandenburg  und  die  Reichshülfe.  779 

auch  in  diesem  gern  zu  willfahren,  allein  wirdest  du  die  Ursachen  aus 
dem  hiebeiliegenden  Protocollo  mit  mehrerm  ersehen'),  warumben  wir 
solches  einmalen  nicht  wohl  thun  können  und  was  diesfalls  in  Vorschlag 
kommen,  welches  du  S"".  L''«".  gebührend  anzeigen  und  zugleich  aus 
diesen  kein  grosses  Negotium  machen  wollest;  sonst  ist  es  gewiss  nicht, 
wie  es  der  v.  Crockow  hinein  berichtet,  dass  wir  in  dies  sein  des  Chur- 
fürstens  Begehren  bereit  gewilliget  und  ihme  solches  durch  unsere  mit 
demselben  zu  conferiren  verordnete  commissarios  angedeutet  haben 
sollen.  Und  weilen  höchst  nothwendig,  dass  die  churbrandenburgische 
Völker,  soviel  ihr  Contingent  von  den  durch  die  Reichskreis  stellende 
Mannschaft  anbetrifft,  nunmehr  ohne  Verlieruug  einiger  Stund  in  die  Pfalz 
anmarschiren,  zumalen  sonsten  die  andere  Kreis,  auch  in  specie  der 
schwäbische  und  fränkische,  neben  unseren  angränzenden  Erblanden  in 
der  höchsten  Gefahr  stehen,  als  wollest  du  solchen  Anmarsch  soviel 
Menschen  möglich  nach  allen  Kräften  beförderen  und  an  allen  Orten, 
wo  du  es  für  nothwendig  zu  sein  erachtest,  alle  bewegliche  Anmahuung 
thuen.  Goess  kann  dem  Kurfürsten  versichern,  dass  der  Kaiser  bei  Spanien  und 
bei  den  Staaten  im  Sinne  der  pünktlichen  Erlegung  der  Subsidien  wirken  wird. 
Die  Absendung  eines  kaiserlichen  Bevollmächtigten  nach  Hannover  hält  der 
Kaiser  im  gegenwärtigen  Momente  für  unnöthig,  da  sich  der  Herzog  gegen  den 
König  von  Dänemark  und  gegen  die  Herzoge  von  Celle  und  Wolfenbüttel  dahin 
erklärt  habe,  dass  er  weder  gegen  den  Kaiser  noch  gegen  das  Reich  etwas  zu 
thun  begehre,  sondern  vielmehr  sehen  werde,  wie  er  sich  seiner  Verpflichtnngen 
gegenüber  Frankreich  entziehen  könne.  Der  Kaiser  will  abwarten,  was  Blaspeil 
in  Hannover  ausrichten  wird.  Da  der  Kurfürst  seine  Truppen  zusammenhalten 
will,  die  Kriegsraison  dies  aber  nicht  immer  gestattet,  als  wirdet  nach  Beschaffen- 
heit der  Umständen  förderist  dahin  zu  gedenken  sein,  damit  unter  unserer 
allerseitigen  Kriegsherrn  mit  Ueberlegung  derselben  in  die  feste  Platz 
und  theils  Verbleiblassung  derselben  in  dem  Feld  ein  gleiche  Proportion 
gehalten  werde.  Der  Kaiser  übersendet  dem  Goess  2000  Thaler  für  Schwerin 
und  je  1000  Thaler  für  Jena  und  Somnitz.  Unter  Anerkennung  seiner  hervor- 
ragenden Leistungen  wird  Goess  aufgefordert  noch  für  einige  Zeit  seinen  Dienst 
fortzusetzen. 


')     Liegt  nicht  vor. 


780  "^'I-    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672—1675. 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  6.  Angnst  1674.  (Or.) 

[Verbandlungen    über    den    Marsch    der    brandenburgisehen   Truppen.      Mittheilungen 
Lira's  über  Geldanweisungen  der  Staaten  für  den  Kurfürsten.     Forderungen  der  lüne- 
burgischen Fürsten.] 

6.  Aug.  Baron  von  Clairvaux  ist  im  Auftrage  Montereys  mit  einem  Kriegskommissär 

zu  Goess  gekommen,  um  bei  ihm  und  bei  dem  Kurfürsten  —  was  am  5.  geschehen 
—  für  die  Beschleunigung  des  Marsches  der  brandenburgischen  Truppen  zu 
wirken.  Clairvaux  hat  Instruction  den  Marsch  nach  den  Niederlanden  zu  fordern, 
sieht  aber  selbst  ein,  dass  die  Truppen  des  Kurfürsten  am  Rhein  und  in  den  dorti- 
gen Gegenden  bessere  Dienste  leisten  würden.  Der  Kurfürst  hat  Beschleunigung 
des  Marsches  versprochen  und  will,  dass  Derfflinger  am  11.  August  von  Berlin 
aufbreche,  was  aber  schwerlich  der  Fall  sein  dürfte.  Wie  Don  de  Lira  schreil)t 
sind  100000  Reichsthaler  für  den  Kurfürsten  nach  Hamburg  von  Amsterdam 
abgegangen,  andere  160000  Reichsthaler  liegen  —  nach  Lira's  Meldungen  — 
in  Amsterdam  bereit. 

Die  braunschweigischen  Herzoge  haben  den  Goess  durch  Mahrenholtz  ersuchen 
lassen,  den  Marsch  der  brandenburgischen  Truppen  nach  dem  Oberrheine  zu 
befördern;  sie  besorgen,  dass  in  Berlin  auf  den  Marsch  nach  den  spanischen 
Niederlanden  gedrungen  werden  wird  und  dass  sie  allein  am  Rhein  nicht  bastant 
sein  würden.  Mahrenholtz  meldet  ferner,  es  gebe  Leute,  die  es  ungern  sehen, 
dass  die  Herzoge  selbst  in"s  Feld  gehen  wollten  und  räth  dem  Goess,  er  solle 
sie  davon  abzuhalten  suchen^).  Die  lüneburgischen  Truppen  sind  im  Marsche 
begriffen,  betragen  aber  nicht  über  10  000  Mann.  Aus  Celle  hat  Goess  Nach- 
richt, dass  die  lüneburgischen  Truppen  marschiren,  Herzog  Georg  Wilhelm  sich 
noch  etliche  Tage  aufhalten  und  mit  den  3000  Mann,  welche  zu  den  ausbe- 
dungenen 1.3000  Mann  fehlen,  dann  nachfolgen  werde.  Heimburg  hat  aus  Dres- 
den berichtet,  dass  der  Wille  daselbst  gut  sei-),  aber  der  nervus  rerum  schwach; 
an  grössere  Recrutirungen  sei  daher  nicht  zu  denken. 


')  In  der  Weisung  d.  d.  Wien  25.  Aug.  1674  Conc.  erhält  Goess  Befehl  von  einer 
Abmahnung  der  persönlichen  Antheilnahme  des  Kurfürsten  von  Brandenburg  und  der 
Herzoge  von  Celle  und  Wolfenbüttel  abzustehen,  so  lieb  auch  ihr  Zuhausebleiben  dem 
Kaiser  wäre.  Nur  wenn  der  Kurfürst  selbst  oder  die  vornehmsten  Minister  es  für 
wünschenswert  erklären  sollten,  dass  der  Kurfürst  zu  Hause  bleiben  möge,  kann 
Goess  suaviter  dazu  beitragen. 

-)  Ueber  die  Haltung  .Johann  Georg  H.  Heibig,  Die  diplom.  Beziehungen  etc. 
1.  c.  302;  Auerbach  1.  c.  417  ff. 


Marsch  der  Truppen.    Rraudenburcr  und  die  Reichshiilfe    Abreise  des  Kurfürsten.      781 

Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  17.  August  1674.  (Or.) 

[Contingent  Brandenburgs  zur  Reichsbilfe.     Beziehungen  Brandenburgs  zu  Hannover. 

Schwedische    Rüstungen.      Dänemark.      Des    Prinzen    von    Oranien,    Monterey's    und 

des  de  Souches  Wünsche  bezüglich  des  Marsches  der  brandenburgischen  Truppen.] 

Weisung  vom  3.  August  erhalten.  17.  Aug 

Das  churbraadenburgische  Contingent  habe  ich  nit  unterlassen  immer 
zu  urgiren,  reraonstrando,  dass  P.  Ch.  D.  eigenes  Interesse  darbei  versire, 
dass  es  hoch  importire,  dass  sie  den  anderen  mit  dem  guten  Exempl 
vorgehen,  dass  sousten  deroselben  möchte  imputirt  werden,  dass  die 
Reichsverfassung  und  consequenter  die  Rettung  der  opprimirten  Stände 
in  Stecken  kommen,  dass,  wann  die  Coniunction  einmal  geschehen, 
nacher  wohl  Mittel  können  gefunden  werden,  dass  diese  zum  Contingent 
gehörende  Völker  widerum  zu  ihrem  Corpo  gebracht  werden;  habe  auch 
vorgeschlagen,  ob  nicht  die  obersächsische  Kreisvölker  mit  diesem  chur- 
brandenburgischen  Corpo  nach  der  Pfalz  zu  marschiren  könnten.  Es  ist 
noch  gestern  dahie  im  Rath  hiervon  deliberirt  worden  und  befinden  die 
meiste,  dass  die  Schickung  dieses  Contingents  in  alle  Wege  nothwendig 
wäre;  sintemalen  geschehen  könnte,  dass  I.  Ch.  D.  die  erste  wären, 
welche  diese  Reichshülf  von  Nöthen  hätten.  Wie  man  aber  die  16  000 
Mann  ex  foedere  zu  lieferen,  dieselbe  auch  so  viel  möglich  gern  beisammen 
halten  wollte,  sonsten  an  Volk  nit  mehr  übrig  als  zu  den  Garnisonen 
nöthig,  ja  auch  hierzu  neue  Werbungen  angestellt  werden,  als  will  sich 
das  Mittel  nit  so  leicht  finden,  dass  man  utrimque  ein  Gniigen  thun 
könne. 

Crockow  hat  wiederholt  aus  Wien  berichtet,  dass  der  Kaiser  damit  zufrieden 
ist,  dass  das  brandenburgische  Contingent  unter  die  ex  foedere  schuldigen 
16  000  Mann  comprehendirt  werden  soll;  Goess  wird  dem  erhaltenen  Befehle 
gemäss  vorstellen,  dass  dem  nicht  so  sei.  Der  Herzog  von  Hannover  hat  den 
Kurfürsten  neuerdings  durch  Mandersloh,  den  er  hierhergeschickt,  ausdrücklich 
ersuchen  lassen  sein  Land  mit  Durchzügen  zu  verschonen ,  gewiss  auf  Anregung 
Schwedens.  Wie  Goess  den  Reden  Mandersloh's  entnommen,  dürfte  Hannover 
den  Pass  nur  für  soviel  als  das  Reichscontingent  beträgt  gestatten.  Die  Schwe- 
den fahren  mit  den  Rüstungen  und  dem  Truppentransporte  fort,  wie  viele  glauben, 
mehr  um  der  Pflicht  gegen  Frankreich  zu  genügen,  von  welcher  Macht  sie  die 
Subsidien  erhalten,  als  um  wirklich  Krieg  zu  führen;  doch  glaubt  Goess,  dass  den 
Schweden  nicht  zu  trauen  sei.  Dänemark  zeigt  über  die  geschlossene  Allianz 
Brandenburgs  mit  dem  Kaiser,  Holland  und  Spanien  grosse  Freude.  Der  Prinz 
von  Oranien  und  Monterey  drängen  immer  wieder  auf  den  Marsch  der  branden- 
burgischen Truppen  nach  den  Niederlanden,  Souches  aber  verlangt  dringend 
den  Marsch  derselben  nach  der  Pfalz,  welch'  letztere  Forderung  für  zweckmässiger 


782  VI.   Goess  in  Berlin,  Anhalt  in  Wien.     1G72  — 1675. 

gehalten  wird  ^).  Goess  sucht  daher  im  Sinne  des  Souches'schen  Vorschlages 
zu  wirken.  Endlich  meldet  Goess,  er  wolle,  wenn  der  Kaiser  es  wünsche,  trotz 
seines  Alters  den  Kurfürsten  in's  Feld  begleiten. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Berlin  24.  August  1674,   (Or.) 

[Commandofrage.     Marsch    der  Brandenburger  an  den  Rhein.     Nachrichten  vom  Her- 
zoge von  Hannover.     Unterredung  des  Goess  mit  Schwerin  über  die  Kriegsverhältnisse. 
Des  Goess  Ansicht.    Abreise  des  Kurfürsten.] 

24.  Aug.  Goess  sucht  des  Kurfürsten  Besorgnisse  bezüglich  des  Commando's  zu 
beseitigen,  insbesondere  wegen  des  Obercommando's  des  Kurfürsten  von  der 
Pfalz  bei  Unternehmungen  in  der  Pfalz.  Der  Marsch  der  Truppen  geht  trotz 
aller  Bitten  des  Prinzen  von  Oranien  nach  dem  Oberrhein;  Goess  sucht  zu 
bewirken,  dass  die  Ablehnung  des  Begehrens  des  Prinzen  von  Oranien  so  erfolge, 
dass  keine  Differenzen  daraus  entstehen.  Der  Kurfürst  hat  Nachricht,  dass  der 
Herzog  von  Hannover  bei  Callenberg  ein  Lager  habe  schlagen  lassen  und  dass 
einige  schwedische  Truppen  zu  ihm  stossen  werden,  um  den  Durchzug  der 
Brandenburger  zu  verhindern.  Schwerin  meint,  der  Kurpfälzer  werde  sehr  auf 
die  Belagerung  von  Philippsburg  dringen;  wogegen  sich  Wangelin  vernehmen 
lässt,  dass,  wenn  Philippsburg  angegriffen  werden  sollte,  Schweden  nicht  länger 
zusehen,  sondern  sich  in  den  Krieg  mischen  Averde,  weil  dies  gegen  die  Bestim- 
mungen des  münsterischen  Friedens  laufe. 

Goess  meint,  es  wäre  zweckmässig,  wenn  ein  Theil  des  Heeres  Philippsburg 
belagern,  der  andere  sich  Turenne  entgegenstellen  würde,  oder  falls  Turenne 
sich  anderswo  hin  gewendet  haben  sollte,  in's  Elsass  gienge  und  die  Belagerung 
von  Philippsburg  unterstützte.  Der  Kurfürst  ist  mit  seiner  Frau  und  mit  dem 
Kurprinzen  nach  Magdeburg  abgereist  -).  Goess  gedenkt  nach  Erfurt  zu  reisen 
und  dort  die  Armee  anzutreffen. 


Goess  an  den  Kaiser.     Dat.  Scliweinfurt  17.  Sept.  1674.  (Or.) 

[Die  kurfürstlichen  Truppen.] 

17.  Sept.  Di6  verschiedenen  Fürsten  des  Reiches  suchen  den  Durchmarsch  der  Truppen 
von  ihren  Landen  abzulenken.  Die  Truppen  des  Kurfürsten  sind  9 — 10  000 
Mann  stark,  sehen  prächtig  aus  und  marschiren  gegen  den  Rhein  zu. 

Die  wenigen  weiteren  Berichte  des  Goess  aus  den  letzten  Monaten  des 
Jahres  1674  und  die  ersten  des  Jahres  1675  enthalten  nichts  wesentliches.  Goess 
befindet  sich  im  Hauptquartiere  und  berichtet  über  die  Vorfallenheiten  des  Tages. 
Die  grossen  Rüstungen  Schwedens  beunruhigen  immer  mehr.  (Ber.  d.  d,  Biesen 
12.  Nov.  1674.) 


')     Für  diese  Verhandlungen  Peter  1.  c.  233;  über  des  de  Souches  V'orgehen  speciell 
Rauchbar  1.  c.  347  £f. 

')     Puf.  1.  c.  XII.  46 ;  Peter  1.  c.  252. 


Kriegsereignisse.  783 

Der  Kurfürst  an  deu  Kaiser.     Dat.  Eierslieim  30.  December 
1674/10.  Januar  1675.    (Or.) 

[Kriegsereignisse.     Zustand  der  Armeen.     Winterquartiere.] 

E.  K.  M.  erinnern  sich  gnädigst,  welchergestalt  auf  gemeines  Gut-  10.  Jan. 
finden  von  E"".  K.  M.  und  der  Alliirten  Armee  einige  starke  Truppen 
nacher  Lothringen  und  folglich  Burgund  commandirt  worden;  man  ist  auch 
im  Werke  begriffen  gewesen,  einige  Desseins,  so  man  gegen  Breisach 
und  absonderlich  auf  die  Brücke  daselbst  formirt,  daher  einige  sonder- 
bare Avantagen  zu  hoffen  waren,  in's  Werk  zu  richten.  Wie  man  nun 
dieses  in  Frankreich  sehr  apprehendiret,  hat  man  alles,  was  möglich,  es 
zu  hindern,  gethan  und  aufgebracht ').  und  weil  anderweit  die  alliirte 
Armeen  in  die  Winterquartier  gegangen^)  und  der  Feind  sonsten  nirgends 
Hindernis  gefunden,  hat  man  dem  Vicomte  de  Turenne  die  beste  Trup- 
pen von  der  Condeischen  Armee,  auch  einige  andere  aus  Frankreich,  wie 
auch  ingleichen  den  Rest  der  Infanterie,  so  in  den  Festungen  in  Bur- 
gund und  sonsten  hin  und  wider  verlegt  gewesen,  auf's  schleunigste  zu- 
gesandt, womit  er  auch  sofort  auf  die  Alliirte  angedrungen^).  Worauf, 
nachdem  das  itzt  obbemelte  Detachement  sich  zurückbegeben,  nach  ge- 
pflogenem Kriegsrat  resolviret  die  Armeen  zusammen  zu  führen  und  bei 
Colmar  sich  zu  setzen*).  Der  Feind  hat  sich  darauf  an  die  Berge,  so 
Elsass  und  Lothringen  scheiden,  gezogen  und  sich  bei  uns  gesetzt,  weil 
aber  dessen  Fürhaben  war  unter  den  Bergen  von  einer  Seite  bedeckt 
zu  gehen,  auch  von  denenselben  mit  seinen  Stücken  die  Alliirte  zu  in- 
commodiren,  hat  man  sofort  bei  seiner  Ankunft  den  26.  Dec./6.  Jan.  ihm 
solche  Avantage  disputiret,  da  es  dann  zu  einem  scharfen  Gefechte  in 
den  Bergen  gekommen,   so  bis  in  die  Nacht  gedauret,   dabei  dann  nicht 

wenig  Leute,  die  meisten  aber  doch  an  des  Feindes  Seiten  geblieben') 

Wie  uns  aber  die  Nacht  separiret  und  Nachricht  eingekommen,  welcher- 
gestalt der  Feind  seinen  Marsch  an  den  Bergen  und  theils  über  dieselben 
fortsetzte  und  also  gegen  die  Rheinbrücken   bei  Strassburg  sich  wendete 


^)  Für  den  Krieg  im  Winter  1674;  vergl.   Peter  1.  c  271  ff. ;   Grimoard  1.  c.  II. 

587 ff.;  Beaurain  1.  c.  118 ff.;  Rousset  I.e.  II.  99 ff. 

2)  Peter  1.  c.  303 f. 

3)  Peter  1.  c.  317 ff.;  Grimoard  1.  c.  11.  608 ff. 

^)  Gemeint  ist  der  Kriegsrath  in  Heiligenkreuz ;  Peter  339  ff. 

'")  Gemeint  ist  das  Treffen  bei    Türckheim:  Peter  1.  c.  345 ff.;    Grimoard  1.  c.  II. 

629ff.;  Beaurain  1.  c.  157 ff.;  Deschamps  1.  c.  34Gff.;  Rousset  1.  c.  II.  104ff. 


784  VI.    Goess  in  Berlin,    Anhalt  in  Wien.     1672  —  1675. 

und  uns  darin  fürzukommen  sich  bemühete  ^),  hat  man  dieses  gut  gefun- 
den, solches  zu  verhindern  und  ist  man  darauf  bis  hieher  gegangen  ^). 
Ohnzweiflich  würde  wohl  das  beste  sein,  wenn  man  mit  dem  Feinde 
zum  schlagen  kommen  und  demselben  einen  glücklichen  Streich  bei- 
bringen könnte;  da  man  dann,  wiewohl  die  einkommende  Zeitung  und 
Nachricht  mitbringen,  dass  der  Feind,  welcher  bei  der  itzigen  Jahreszeit 
sich  keiner  Diversion  au  andren  Orten  vermutet  und  deswegen  alle  seine 
Macht  zusammengezogen,  an  32  Bataillons  zu  Fuss  und  100  Esquadrons 
zu  Ross  stark  sei,  in  Ansehung  der  guten  Sachen  auch  einen  glücklichen 
Success  zu  hoffen.  Als  man  aber  aus  der  bisherigen  Contenance  des 
Feindes  so  viel  verspüret,  dass  er  es  zum  schlagen  nicht  wolle  kommen 
lassen,  sondern  allenthalben  seinen  Vortheil  und  die  Sachen  wie  vormals 
zu  trainiren  suche,  dabei  er  dann  diesen  Vortheil  hat,  dass  er  aus  Loth- 
ringen, Burgund  und  Frankreich  mit  Lebensmitteln  versehen  werden 
kann,  die  alliirte  Armeen  aber  daran  Mangel  leiden,  massen  das  Ge- 
treide aus  Strassburg  angeschaffet  und  daselbst  aufs  theuerste  bezahlt 
werden  muss,  welches  doch  nicht  so  schleunig  als  nöthig  zugeführet  wer- 
den kann. 

Dazu  kommt  der  Mangel  an  Fourage,  die  Menge  der  Kranken.  Bei  des 
Kaisers  Armee  findet  der  Kurfürst,  dass  bei  der  Infanterie  wohl  wenig  über 
1000  seind,  so  Dienste  zu  thun  vermögen,  allermassen  verschiedene  Re- 
gimenter so  von  1500  Köpfen  gewesen,  bis  100  abgenommen  haben,  zu 
geschweigen,  in  was  für  schlechtem  Zustande  die  Münsterische,  an- 
dere, auch  meine  eigenen  Truppen  sich  befinden.  Was  unter  diesen  Ver- 
hältnissen weiter  zu  geschehen  habe,  wird  der  Kurfürst  mit  den  Commandiren- 
den  der  Armee  berathen^);  er  zweifelt  nicht,  dass  der  Kaiser  es  in  jedem  Falle 
entsprechend  finden  werde,  die  Truppen  über  den  Rhein  zu  führen  und  ihnen 
in  am  Rhein  gelegenen  Orten  Erholung  zu  gönnen.  Der  Kurfürst  ersucht  den 
Kaiser  über  den  Zustand  nachzudenken  und  wenn  er  mit  dem  letzteren  Vor- 
schlage einverstanden  ist,  beim  schwäbischen,  fränkischen  und  anderen  benach- 
barten Kreisen  die  nothwendigen  Schritte  zu  thun,  auf  dass  den  Truppen  der 
nöthige  Unterhalt  gewährt  werde. 


')     Für  Turenne's  Verhalten  den  Strassburgern  gegenüber;   Peter  I.e.  356;  Gri- 
moard  1.  c.  II.  629  £F. 
2)     Peter  1.  c.  356. 
^)     Man  entschloss  sich  bei  diesen  Berathungeu  zum  Rückzuge;  Peter  1.  c.  356 f. 


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DD      Urkunden  und  Actenstücke 

390 

U75 

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