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y.
Sitzungsberichte
der
köiiigl. bayerischen Akademie der Wissenschaften
zu München.
Jahrgang 1862. Band I.
München.
Druck von J. G. Weiss, Universitätsbuchdrucker.
1862.
In Commlsilon bei G. Franz.
mz\z
Ueberslcht des Inhaltes,
Die mit * bezeichneten Vorträge sind ohne Auszug.
Philosophisch-philologische Classe. Sitzung vom 4. Januar i862.
Seite
Haneberg: Die Theologie des Aristoteles I— III. (Forts, folgt) 1
A. D. Mordtniann (in Ooustantinopcl) : Ueber die altpliry-
gisclie Sprache (mit zwei Inschriftentalelii) 12
*Spengcl: Ueber Uemostheiies' Rede Tts^l oxetpävov, als Bei-
trag zum Yerstäiidniss des Redners ... 38
Mathematisch-plujsikaUsche Classe. Sitzung vom ii. Jan, i862.
A n d r e a s W a g 11 e r t 38
Molly: Ueber die Moieculaikrälte 38
Vogel jun.: 1) Ueber das Vorkommen von Stickstoff in den
freiwilligen Zersetzungsprodukten einiger stick-
stoff-freieu organischen Substanzen . . 39
IV
2) Ueber einige piactische Anwendungen des
Paraffins 41
Historische Classe. Sitzung vom i8. Januar 1862.
♦Cornelius: Uebcr die Verschwörung von 1531, an derenSpitze
Kurfürst Moriz von Sachsen stand ... 41
Philosophisch-philologische Classe, Sitzung vom 4. Febr. i862.
Christ: Beiträge zur Bestimmung des attischen und anderer
damit zusammenhängenden Talente .... 42
Mathematisch-physikalische Classe. Sitzung vom 8. Febr. i862.
Lamont: Ueber die tägliche Oscillation des Barometers. (Mit
Holzschnitten.) 89
Schön bei n: Fortsetzung der Beiträge zur nähern Kenntniss
des Sauerstoffes 165
V. Kobell: Ueber Asterisnius und die Brewster'schen Licht-
(igurcn (mit drei Tafeln) 199
V
Historische Classe. Sitzung vom 15. Februar 1862,
Seit«
*Kunstmaiin: lieber frühere Reisen nach Indien vor Entdeck-
ung des Seeweges 210
Einsendung von Druckschriften (Januar— März 1803). . . 210
Philosophisch-philologische Classe. Sitzung vom 4. März 1862
V. Jan: Ueber den gegenwärtigen Stand der handschriftlichen
Kritik der Naturalis historia des Plinius . . • 222
*Plath: Ueber den gegenwärtigen Zustand der ägyptischen
Alterthuinskunde 260
Thomas: Zu Marco Polo, aus einem Cod. ital. Monacensis . 261
Mathematisch-phrjsikalische Classe. Sitzung vom 8, März 1862.
H. V. Schiagintweit: Physikalische Forschungen in Indien . 271
Pettenkofer : Die Bewegung des Grundwassers in München
von März 1856 bis März 1802 (mit einer Tafel) 272
Nägeli: Beobachtungen über das Verhalten des polarisirten
Lichtes gegen pflanzliche Organisation (mit einer Tafel) 290
VI
Historische Classe. Sitzung vom i4. März 1862.
Seite
*v. Ar Clin: Ueber eine neu aufgefundene gestickte bischöf-
liche Infula aus dem 12. Jahrhundert . . . 324
Oeffentliche Sitzung der Akademie am 28. März 1862.
Feier des 103. Stiftungstages 325
Sitzungsberichte
der
königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Philosophisch - philologische Classe.
Sitzunff vom 4. Januar 1862.
1) Herr Ha neber g übergab den nun ergänzten Vortrag (vgl.
Sitzungsberichte 1861. H. S. 260) über das neuplatonische Werk:
„Theoloffie des Aristoteles."
I. Die Theologie des Aristoteles im Abendlande.
Unter den uniichlen Schriften des Aristoteles erscheint im
16. und 17. Jahrhundert eine Theologie unter verschiedenen
Titeln. Die ersten Herausgeber legen über iluen Ursprung fol-
gende Reclienschaft ab. Ein italienischer Reisender Fran-
cesco Roseo (Roseus, Rossi?) aus Ravenna land bei seinem
Aufenthalle im Orient, in Damaskus, ein interessantes philoso-
phisches Werk in einer Bibliothek in arabischer Sprache. Er
erkannte darin die Ueberselzung eines ursprünglich griechischen
Werkes von Aristoteles. Als arabischer Uebersetzer aus dem
Griechischen wird Aben Ama angegeben. Roseo intercssirle sich
lt86Z I.] 1
2 Sitzung der philos.-philol. Clane vom 4. Januar 1S62.
SO für das Buch, dass er es durch einen israelitischen Arzt
Namens Moses aus Cypern ' in Damaskus in's Italienische über-
setzen liess.
Diese itahenische Ueberselzung ist unsers Wissens nie ge-
druckt worden ; sie liegt aber den beiden lateinischen zu Grunde,
durch welche das Ikich bekannt geworden ist.
Wir haben niindich zwei lateinische Ueberselzungen , eine
secundiirc und eine tertiäre, mit welchen es sich so verhält.
Als Francesco Uoseo von Ravenna die von dem jüdischen Arzte
Moses Rovas aus Cypern gefertigte italienische Ueberselzung
nach Italien gebracht halte, übertrug der Arzt Petrus Nicolaus
Caslellani (Caslellanius) aus Faenza das italienische Manuskript
in's Lateinische. In dieser Gestalt wurde das Werk zum ersten-
mal auf Veranlassung des Pabsles Leo X. in Rom gedruckt 1519*.
Diese Ueberselzung gab Franc. Patricius 1591 in Ferrara
mit einer Einleitung und Anmerkungen heraus unter dem Titel :
Myslica Aegyptiorum et Chaldaeorum a Plalone voce tradila
ab Aristotele excepta et conscripla Philosophia.
Eine weitere Ausgabe erschien in Venedig 1593 und im
gleichen Jahre mit der Wechel'schen lateinischen Ueberselzung
der Werke des Aristoteles. Frankfurt 1593. S.\
Vor diesen Abdrücken der secundären Version des Pietro
Nicoiao Caslellani halle der französische Philosoph Jac. Char-
pentier eine tertiäre Version ausgearbeitet und mit Schoben
vcrölTenllicht. Paris 1571. 4 Natürlich liegt hier die Arbeit
des Italieners Caslellani zu Grunde, deren sprachliche Härten
Charpeiilier entfernen wollte, in den Ausgaben der Werke des
Arislotelos von Du Val vom J. 1629 (tom. II. p. 1035) und
1639 (tom. IV. p. 603 ff.) ist diese tertiäre Ueberselzung mit
(1) >yolf, l)ibl. Iiebr. 1. S. 8«).'). Da.ss sclioii die erste Uebcrsetzimg
Lateinisch war, ist vermiitliet Morden. Fabric BibI Gr. p. 278.
(2) So bcriihlet Krane. Patricius in der Vorrede zur Ausgabe
von 15'.M.
(3) Fabrieius BibI (h. ed llaiiess t. III. p. 279. Wir nennen diese
tJi'J)Ciselzung eine secundäre, insofern das Arabische als Original gilt.
Haneber if: Theologie des Aristoteles. 3
Weglassung der Schollen von Charpentier abgedruckt *. Das
Werk erschien demnach im Ganzen siebenmal in lateinischer
Sprache. Die Gelehrten hallen also hinlänglich Gelegenheit, das
Werk zu analysiren und zu beurlheilen. Fr. Palricius war nicht
abgeneigt, an die Aechtheit des Werkes in der Art zu glauben,
dass es zu den ay(j(npa des Plato gehöre, die von Aristoteles
in jener Periode, da er noch zu den Freunden und Verehrern
Plato's gehörte, aufgezeichnet worden wären. Es ist ihm aller-
dings aulFallend, dass selbst keiner von den nandiaften philo-
sophischen Schriristellern der platoin'schen Schule, geschweige
denn ein anderer, eine Erwähnung von dieser Schrift mache.
Allein er beruhigt sich damit, dass ja auch die anerkannt ächten
Schriften des Aristoteles lange verborgen gewesen seien. Uebri-
gens finde man viele Gedanken dieses Werkes in den Schriften
der Neuplatoniker, theilweise mit auffallenden Zeichen der Ueber-
einstimmung. Diesen Schriftstellern müsse also wohl das Werk
bekannt gewesen sein.
Viel weiter ist unsers Wissens die Discussion nicht geführt
worden. Man konnte es für wahrscheinlich finden, dass das
Buch eine ganz junge Composition von einem muslimischen
Eklektiker des 15. Jahrhunderts sei, wenn man bei der Dunkel-
heit der Geschichte der Auffindung und Ueberlragung nicht
geradezu annehmen wollte, dass es von einem Neuplatoniker
der italienischen Schule am Anfange des 16. Jahrhunderts sei
zusannnengestellt worden.
Allerdings wurde aus einer Stelle bei dem h. Thomas von
Aquin geschlossen, dass das Werk auf einem andern Wege im
13. Jahrhundert in Italien durch eine lateinische Ueberselzung,
wo nicht gar im griechischen Original, müsse bekannt ge-
wesen sein ^ Bei näherer Prüfung zeigt sich aber, dass der
(4) FabriciiLS 1. 1.
(.■)) Fal)riciu.s B. (i. II. p 1C4. cd. Hailess III. p. 270. „Ac Tliomas
Aquinas libro de uiiitate iiitcllectus apologelitoadversu.s ,\verronn testatiir,
se .\ristolclis libros XIV de siibstaiitiis scparatis vidi.s.se graece."
1*
4 Sitzung der philos.-philol. Clause vom 4. Januar 1S62.
h. Thomas sich über das aristolelisclie Werk dunkel ausdrückt.
Der neueste Herausgeber versteht die Stelle von den 14 Büchern
der Metaphysik''; auf keinen Fall ist an der betreffenden Stelle
von einem griechischen Original die Rede. Wahrscheiidich han-
delt es sich um eine hebräische Uebersetzung, wie sich aus
dem folgenden ergeben wird.
Durch arabische Oiiellen — abgesehen von dem arabischen
Texte des Werkes selbst — verglichen mit hebräischen , lässt
sich zeigen, dass die Schrift seit dem 10. Jahrhundert bei den
Arabern im Orient bekannt war und — wohl durch sie — bei
ihren Schülern den philosophirenden israelitischen Schriftstellern
Spaniens später eine nicht geringe Geltung hatte.
n. Geltung der Theologie des Aristoteles bei den
Arabern seit dem 10. Jahrhundert.
Eine höchst willkommene Aufklärung über das von uns
besprochene Werk erhalten wir durch die in neuerer Zeit von
mehreren Gelehrten beleuchtete arabische Encyklopädie der
philosophischen Wissenschaften, welche unter dem Namen ,,die
lautern Brüder" Ichwän uq - <^afä bekannt ist. Die Kritik hat
nicht ohne mühsame Untersuchungen zu dem wohl sicher stehen-
den Resultate geführt, dass uns in diesem Werke eine Samm-
lung von 51 Abhandlungen vorliege, welche von mehreren Ver-
fassern herrühren, sämmllich aber um 980 in Ba<;ra in einheit-
licher Weise zu einem Ganzen verbunden wurden. Dieses
Resultat voraussetzend , hat in neuester Zeit Dietrici mehrere
Abschnitte aus der Physik des Werkes in's Deutsche übersetzt.
Es mag wohl bald die Reihe an die speculativen Abhandlungen
kommen. Hier begegnet uns die Lehre von der Fähigkeit der
Seele, sich durch Versenkung in sich selbst bis zur höchsten
Stufe des Seins und Erkennens zu erschwingen. Nach der im
ganzen Werke vorherrschenden Art, wird diese Selbstverinner-
(I)) S. Tliomae tract. de iinitale intellectu.s contra Avpirlioistas.
Opusc. XVI. in Summa Pliilosopliita cd. Soux-Lavergnc 1. 1. 1853 S. 481.
Haneberg : Theoloijie des Aristoteles. 5
lichung als eine intellectuellc Himmelfahrt dargestellt. Das
Merkuünligsle aber ist, dass diese Lehre auf Aristoteles zurück-
geführt wird. In der Hanptstelle , an welche sich spätere, wie
ein erklärender Cominentar, anschliessen, spricht Aristoteles von
diesem innerlichen Vorgange so, als wenn er ihn an sich selbst
zunächst erprobt hätte. Die Stelle lautet :
„Oftmals vereinsame ich mich in meiner Seele und ent-
kleide mich meines Leibes, als wäre ich eine unkürperliche,
immaterielle, einfache Substanz. Dann gehe ich in mein Wesen
ein ohne alle Beziehung zu allen Dingen; da sehe ich in mei-
nem Wesen eine Schönheit und eine Herrlichkeit, durch welche
ich in Bewunderung und Erstaunen versetzt werde. Da er-
kenne ich, dass ich einer von den Theilen der höhern, edeln,
herrlichen Welt bin"".
Die Bedeutung dieser Stelle wurde dadurch erhöht, dass
ich dieselbe in hebräischer Sprache, aber ausführlicher, bei dem
spanischen Eklektiker Palkira ftind*. Dieselbe lautet hier so:
Aristoteles sagt: ,, Manchmal ist's, als vereinfachte ich mich
selbst in mir. als leffte ich meinen Leib ab und wüi'de ein un-
körperliches, einfaches Wesen. Da sehe ich in meinem Wesen
eine solche Schönheit und Herrlichkeit, dass ich dadurch in Er-
staunen und Bewunderung versetzt bleibe. Ich erkenne mich
dann als einen Theil der obern in ihrer Stufe vollendeten Welt,
ausgestattet mit wirksamem Leben. Nachdem solches in mir
zur Wahrheit geworden ist, erhebe ich mich in meinem Denken
zur göttlichen Ursache, es ist mir dann als ruhte ich in ihr, als
wäre ich mit ihr innigst verbunden (f. 140, b). Ich bin dann
erhaben über die ganze Well des Geistes und ich sehe mich
stehend auf dem hehren Standpunkte der Gottheit. Da sehe
ich ein Licht und einen Glanz, welchen keine Zunge ausspre-
chen und kein Verstand (Herz) fassen kann. In d<im Grade
nun, als eben dieses Licht zunimmt, wird es für mich unaus-
(7) Ichwan uo Cafa Cod. Monac. arab. Quatrcm^re m. 19. f. 13, b.
(8) Palkira Sefer ha niaaloth Cod. hebr. Monac. 402 f. 140 ff.
6 Sit^iiny der jihilo^.-vhüol. Classe vom 4. Januar 1862.
haltbar, ich steige vom Geiste zum Gedanken und der Reflexion
herab. So wie ich in der Welt des Gedankens bin, verhüllt
mir der Gedanke — das discursive Denken — eben dieses
Licht und diesen Glanz und ich befinde mich endlich in einem
Zustande der Verwunderung- darüber, wie ich von dem hohen
Gebiete der Gottheit herabgestiegen sei und wie ich im Gebiete
des Gedankens mich befinde, nachdem meine Seele ihren Leib
abzulegen und zur Welt der InteUigenz, dann zu jener der.
Gottheit gelangte, bis sie zur Region jenes Lichtes und Glanzes
kam, welcher die Ursache alles Lichtes und Glanzes ist; auch
verwunderte ich mich darüber, wie ich meine Seele voll von
Licht sehen konnte. Doch nachdem ich mein Sinnen erhob und
mein Denken vertiefte und dabei nicht in's Klare kam, erinnerte
ich mich an Klitos% wie niimlich dieser gerathen, über dem
Wesen der Seele hinaus das Hehre und Leuchtende zu suchen,
um zu der hehren, obern Welt aufzusteigen. Er sagt, wer sich
hierin eilig bemüht, und zu der obern Welt aufsteigt, dem wird
nothwendiger Weise ein grosser Lohn gegeben; daher darf der
Mensch nicht träge säumen mit dem Versuche in diese höhere
Welt aufzusteigen, auch wenn es ihn Mühe und Arbeit kostet,
denn vor ihm liegt eine Ruhe, auf welche keine (f. 141, a)
Mühe und keine Arbeit mehr folgt.-'
Es ist einleuchtend, dass die von Palkira angeführte Stelle
ganz dieselbe ist, wie die von den Ichwän uq gafa citirte;
ebenso möchte es von vornherein feststehen, dass die Berufung
auf Aristoteles nur irgend eine apokryphe "Schrift des Philoso-
phen meinen könne. Aber welche? Darüber gibt Palkira keinen
Aufschluss, denn er begnügte sich zu sagen, so spreche Ari-
stoteles. In Ichwän uq pafä ist allerdings die aristotelische
Schrift genau bezeichnet, welcher das Bruchstück angehören
soll, allein der Schreiber der Oualremere'schen Handschrift, die
mir vorliegt, hat hier sich so unsicher gefühlt, dass er uns den
(9) Arab. ,j*.^JaJjül
Haneberg : Theologie des Aristoteles. 7
Titel nur errathon Uisst. Es heisst hier nämlich: ,,Es spricht
Aristoteles in dorn Buche Albalüchä . . . ^° Lä.«JLJI v^Lx^ ^^
Es hegt auf der Hand, dass man mit Veränderung der
Punktation lesen miisso : Thalügia also im ., Buche der Theo-
logie '. Es kann darüber um so weniger ein Zweifel obwalten,
da nicht nur eine Theologie des Aristoteles unter den Sprenger-
schen Handschriften Nr. 741 in ähnlicher Weise Las.. J^t ge-
schrieben wird, sondern die botrefFonde Stolle sich wirklich in
der oben bezeichneten lateinischen Ausgabe des Patricius findet:
(I. I. c. IV. p. 5, col. 1.) .,Atque hoc idem opinatus est Plato
de aniina univorsali dicens : Ego plurios speculando secundum
animam relictis corporis exuviis visus sum mihi fnii summe
bono cum gaudio admirabili. Unde restiti quodannnodo attonitus.
Tum agnoscens me esse partem mundi superioris adeptusque
vitam aeternam sub luce magna innarabili etc."
Hiemit sind zwei Dinge festgestellt. Einmal war den ge-
lehrten Arabern, welche sich im 10. Jahrhundert in Ba(;ra mit
Philosophie beschäftigton, das von Patricius herausgegebene Werk
als ein aristotelisches bekannt. Zweitens, unabhängig von dem
Werke Ichwän \\(; (;afä war dieselbe Schrift den Freunden der
platonisch - aristotelischen Philosophie in Spanien , sicher durch
Vermittelung einer arabischen Quelle, vertraut. Da das ange-
führte Bruchstück bei Palkira weit länger ist, als in der Ency-
klopädie von Ba(;ra, so kann diese nicht seine Ouelle gewesen
sein, obwohl sie in Spanien nicht unbekannt war. Daraus folgt
von selbst eine sowohl der Zeit, als dem Räume nach weite
Verbreitung der Schrift unter den Arabern. Möglich, dass es
im Mittelalter eine hebräische Uebersetzung gab und dass der
h. Thomas von Aquin eine solche vor sich hatte, als er die
Monographie de unitate intollectus schrieb. Da wir aber nun
Zutritt zu dem arabischen Texte haben, so hat es nicht viel zu
bedeuten, dass wir uns hinsichtlich etwaiger Ucbersetzungen in's
(10) .\uf albalüthä folgen die beiden Worte : ooJt (ju.mö) &uwJ
3 Sitzung der pht'los. -philol. Classe vom 4. Januar i862.
Hebräisclic mit blossen Vermiifhungen begnügen müssen. Wiin-
schensnorlh wäre es, mehrere Hundschriflen vom arabischen
Texte zu haben ; nach vergeblichen Versuchen jedoch , irgend
eine solche anderwärts" zu treffen, müssen wir uns glücklich
schätzen, dass sich eine solche unter den Sprenger'schen Ma-
nuskripten (n. 741) in Berlin findet, eine zweite ist im Escuriai.
III. Erstes Auftreten der Theologie des Aristoteles
bei den Arabern.
Durch die in Berlin aufbewahrte arabische Bearbeitung des
Werkes sind wir in Stand gesetzt, dasselbe wenigstens um
150 Jahre über die Zeit „der Brüder der Lauterkeit'" zurück
zu verfolgen. Es gehört nach den hier, leider dürftig genug,
gegebenen Notizen dem Kreise von griechischen Werken an,
welche unter dem Chalifate von Almamun und AI Motassem
thcils unmittelbar aus dem Original, Iheils aus syrischen Ver-
sionen in's Arabische übertragen wurden. Dass zwischen dem
uns vorliegenden Texte und dem Original die Vermittclung einer
syrischen Uebersetzung liege, ist schon daraus klar, dass in
den Kapitelüberschriften öfters statt der arabischen Bezeichnung
bäb, Pforte, Kapitel, die syrische: Mimar angewendet wird '^
(11) Bei meinem Aufonlhalte in Tunis im Februar 1861 fragte ich
vergeblich nach der Theologie des Aristoteles, deren Vorhandensein mir
aus Sprengers Catalog bekannt war. Im Februar 18C2 erhielt ich die
Sprenger'sclie Handschrift von der k. Bibliothek zu Berlin zur Be-
nützung, wofür ich meinen besten Dank ausspreche
(12) Z. B. S. 1 J^l^t w^l S. 33. viJUJt Y^\ Der An-
fang des Buches lautet: y^AxiLbUx**- J ljUc^ ^^ Jj^t r*^^
2uo«jL!t ^t&iiu. :^sy£^\ ^j»yi\yiy» y^y*^ '^y^T^^
(X«j:».^I &.^.^^\^ _o^t iiUxb jJüfcXxc ^ AA^Jtjubfc
Haneberg: Theologie des Aristoteles. 9
Auch möchte man aus dem Umstände, dass die Ueberselzung
zuerst auf einen des Griechischen kundigen Syrier und dann
auf einen bekannten arabischen Schriftsteller zuriickgoführt wird,
zu der Annahme sich berechtigt fühlen, der ersterc habe das
Werk aus dem Griechischen in's Syrische, der zweite dasselbe
aus dem Syrischen in's Arabische übertragen. Wenn wir in-
dessen uns an den Wortlaut der einleitenden Ucberschrift hal-
ten, werden wir vielmehr annehmen müssen, der zweite habe
die wortgetreue und nicht (liessend und verständlich genug ge-
haltene oder zu heidnisch klingende Ueberlragnng des erstem
überarbeitet. Es heisst am Anfang der Handschrift buchsläblich
so : „Erster Abschnitt vom Buche des Philosophen Aristoteles,
welches im Griechischen genannt wird: ,.die Theologic'% das
heisst: Rede von den götlli(;Iien Dingen. Auslegung des
Porphyrios aus Tyrus. In's Arabische hat es übertragen Abdulmesi'h
ihn Abdallah Nä'imah ans Emesa Zurecht gerichtet für A'hmed
den Sohn von Almota<^em billah hat es Abu Jusuf Ja'küb ihn
Ishak Alkindi."
In Abdul - mesih würde man schon vermöge des Namens
(Diener Christi) den Christen erkennen, wenn nian nicht anders
woher wüsste, dass Christen dieses Namens in Bsiqra und der
Umgegend gewirkt haben". In dem Na'imah erkennt man den
verstümmelten Namen Aben Ama wieder, welcher in den latei-
nischen Bearbeitungen des 16. Jahrhunderts erscheint. Bei
Hag'i Chalfa wird dieser Nä'imah unter den Ueberselzern aus
dem Griechischen in's Syrische genannt; und namentlich wird
ihm eine syrische Uebersetzung der aristot. Schrift n€ol ancfi-
atixiöv sKsyxfov zugeschrieben '*.
Von der vorliegenden Theologie ist weder bei H. Chalfa,
noch AssemanI die Rede. Da es ausdrücklich heisst, er habe
das Werk in's Arabische übersetzt, müssen wir annehmen, er
habe zuerst eine syrische Uebertragung verfasst oder eine solche
(13) Assemani Bibl. Or. III. I. p. 182 etc.
(14) Lex Bibliogr. III. S. 97.
10 SitTiunff der philos.-philol. Ciasse vom 4. Januar 1862.
vorgefunden. Bekannllich begann die Ueberlraguiig griechischer
Werke in's Syrische gleichzeitig mit der Gründung der neslo-
rianisch- persischen Schule in Nisibis um 440 n. Chr. '^. Die
weitere Angabe der Ueberschrift, dass der berühmte Philosoph
Alkindi einen vvcjsentlichen Aniheil an der Vollendung des Bu-
ches in der vorliegenden Gestalt habe, stimmt vollkommen mit
den anderwiirts bekannten Notizen über diesen fruchtbaren
Schriflsteller überein '^ Von 265 Schriften grössern und kleinern
Ihnfangs, welche der Verfasser des Fihrist von Alkindi auf-
zählt, beruhen die meisten auf griechischen Werken; ein be-
deutender Theil derselben besteht geradezu aus Uebersetzungen
und Bearbeitungen von Schriften des Aristoteles, Euklides, Pto-
leniäus , Autolycus, Hypsikles u. s. w. Aus dem angeführten
Verzeichniss sehen wir auch, dass Alkindi mehrere Schriften
seinem fürstlichen Zögling 'Ahmed, einem von den 8 Söhnen
des Chalifen Alnio'ta(;em billahi gewidmet hat". Die Theologie
des Aristoteles, welche uns handschriftlich vorliegt, wiire dem-
nach eine Ausgabe in usum Delphini. Es ist charakteristisch für
jene Zeit , dass ein Sohn des Fürsten der Gläubigen aus einem
Buche, welches auf pantheisti.^cher Grundlage die Weltseele und
den Weltgeist für die Quelle des Lebens und der Wahrheit er-
klärt, seine Religionsphilosophie gewinnen sollte. Welchen Ge-
brauch der genannte Prinz von dem Werke gemacht habe, ist
unbekannt, sicher ist, dass die darin enthaltenen Ideen durch
einen Theil der Sufi - Literatur auf Jahrhunderte den grössten
Einfluss auf die innere Entwicklung des Islam geübt haben '*.
\Ju) so Wünschenswerther ist es, den eigentlichen Ursprung des
(Ir) Assem. B. 0. III P I S. 85.
(K)) Vgl. Alkindi genannt der Pliilosopli der Araber. Von Dr. (i.
Flügel. Leipzig 1857 Broekhaus.
(17) Bei Flügel I. c. S. 22. 23.
(18) \y\e weit die in persischen Schriften vorgetragene Lehre von
der himmlischen Inlelligenz niitge\\irkt habe, ist noch unentschieden.
Vgl. die wichtigen Bemerkungen von Spiegel , Parsisprachc S. 182 f. u.
Weil, Gesch. der Chalifen I. S. 281.
Hnnebery: Theologie des Avistoteies. 11
Werkes zu entdecken. Nach der angeführten Ueberschrift
könnte man geneigt sein, Porphyrios als Verfasser anzunehmen,
aber die natürliche AufTassung des Beisatzes: „Auslegung des
Porphyrios'' ist die, dass die P^rklärung des den Arabern un-
verständlich klingenden Wortes ,, Theologie'- auf Porphyrios zu-
rückgeführt wird. Es liegt nahe, die Entstehung des Werkes
in der nämlichen Zeit zu suchen, zu welcher Proklos sein Werk
über die Theologie des Plato schrieb '^
Einstweilen sind wir zur Würdigung desselben an den
arabischen Text angewiesen. Er enthält statt der 14 Bücher
der lateinischen Bearbeitung nur 10. Bei der Vergleichung beider
Texte ergibt sich, dass der Lateinische sich seinem Original
gegenüber mit der grösslen Willkühr bewegt. Oefters ist es
mehr ein paraphrasirender Auszug, als eine Ueberselzung zu
nennen.
Andererseits treten im Lateinischen Elemente hervor,
welche den Gedanken des Originals wesentlich ändern. So
gibt es öfters einen stark verschiedenen Gedanken, wenn man
nach dem lateinischen den aristolelischen Ausdruck intelleclus
agens und nach dem arabischen Original schlechtweg: ,, Intelligenz''
el'akl liest. Die Angabe des Verhältnisses im Einzelnen muss
einer andern Gelegenheit aufbehalten bleiben. Wir beschränken
uns auf folgende Punkte. Nicht ferne vom Anfang wird nach
dem lateinischen Texte ein voi aristotelischer Philosoph Antikles
angeführt, den Niemand kennt; nach dem Arabischen ist es
Empedokles. Anderwärts beruft sich Aristoteles nach der
lateinischen Theologie auf die allen Propheten; dafür stehen
im Arabischen die „frühern" Weisen, worunter Thaies, Ana-
xagoras u. A. verstanden werden können
Auch hellt sich durch das Arabische ein Missverständniss
über den Titel des Werkes auf, welches sich aus einer Stelle im
(19) JJoöyJ.ov eis rriv W.äxcovas 0Bo}.oyiav ßißlia t^. Per Aemilium
Portum. Hamburgi 1618. Fol.
12 Sitzung der philos.- philol. C'lasse vom 4. Januar 1862.
B. IV. K. V. (bei Patrichis f. 12, col. 2) gebildet hat. Es heisst
hier: ,,Ex coiisequeiiti non etiain quaerunt sapientiam archanain:
propler Theorcinatmn siibtilitateiii. OH'ilei» nos scripsimus in
hoc libro tiluli Philosophiae Mysticae: qiiod viilgiis isla iiulignuin
exislat, neqiie ingenio attingat.'" Aus dieser Stelle schloss man,
der Verfasser bezeichne das Werk, weiches in der Ueberschrift
,, Theologie des Aristoteles''' heisst, selbst als: „Philosophia
IMystica."' Unter der Voraussetzung dass in der vorliegenden
Stelle eben das Werk selbst bezeichnet werde, hat ihm Palricius
den Titel: Mystica (Aegyptiorum et Chaldaeorum a Piatone
tradila . . .) Philosophia gegeben Nach dem Arabischen ist
jedoch an der angeführten Stelle wohl von irgend einem Werke
des Verfassers der Theologie , aber nicht von der Theologie
selbst die Rede. Der Verfasser cilirt ein von ihm geschrie-
benes Werk, welches den Titel führe: Esoterische Philosophie".
(20) Cod. Spr. S. 48. xjolill ÜLAmJLs sLuJ^v ^^ JJt LüU^^ ^^
In dem Biitlie, di-m wir den Namen gaben: ,,Plillosüphic der Vertrauten."
(Forlsetzung folgt )
2) Herr Dr. A. D. Mordtmann in Conslantinopel über-
sandte einen Aufsatz :
„lieber die altphry gische Sprache.'^
(Hiczu zwei Tafeln mit Inschrifti-n.)
In der Absicht, die der verehrlichen k. Akademie der
Wissenschaften eingesandten Beiträge zur vergleichenden Geo-
graphie Kleinasiens foriziiselzen, unterzog ich diessmal die unter
dem Gesammlnamen „Phrygien" begriffenen Provinzen einer
eingehenden Untersuchung, wobei ich mich aber sehr bald über-
Mordtmann : Die aUphryyisihe Sprache. 13
zeugte, dass ich vor allen Dingen einige Punkte der altphry-
gisclicn Geschichte, Religion und Sprache aufklären niüssle, ehe
ich die vergleichende Geographie dieser noch sehr dürftig be-
kannten Gegenden mit Nutzen weiter lühren könnte. Denn um
das meinen Untersuchungen als i>eilfaden dienende Princip —
von der bekannten Gegenwart stufenweise rückwärts in die un-
bekannte Vorzeit hinaufzusteigen , — stiess ich wiederholt auf
einzelne Schwierigkeiten, welche ihre Lösung aus der Geschichte,
Rehgion und Sprache Phrygiens erwarteten. Ich nahm daher
zunächst die phrygischen Denkmäler vor, und versuchte es ihnen
einige Mittheilungen zu entlocken: in wie weit mir dieses ge-
lungen ist, mögen die folgenden Dlätter darlhun. Die Arbeiten
von Osann, Grotefend, Bötlicher, Lassen u. A. über die alt-
phrygische Sprache gewährten mir aber so wenig Hilfe , dass
ich genöthigt war die Untersuchung von Neuem zu beginnen.
Osann ging von dem ganz falschen Princip aus, dass die phry-
gischen Inschriften ausschliesslich in griechischer Sprache abge-
fasst waren , und bei einem solchen Princip musste er selbst-
verständlich auf Irrwege gcrathin. Grotefend hatte nur sehr
wenige Materialien zu seiner Verfügung, wesshalb seine sonst
so verdienstliche Arbeit nothwendigerweise lückenhaft bheb.
Bötticher hat bloss die phrygischen Glossen der griechischen
Autoren gesanmielt, eine an sich höchst verdienstliche Arbeit,
die aber bei der Enlzilferung phrygischer Inschriften nur sehr
problematischen Nutzen gewährt. Lassen endlich hat im zehnten
Bande der Zeilschrift der deutschen Morgenländischen Gesell-
schaft neben andern kleinasiatischen Sprachen auch die phry-
gische Sprache in den Bereich seiner Untersuchung gezogen
und einzelne Stellen der Inschriften sehr gut erläutert, aber
seine Arbeit konnte ebenfalls wenig Befriedigendes liefern, weil
er gerade die allerwichtigsten dieser Inschriften, die bilingues
und die jüngsten, in griechischen Charakteren geschriebenen,
ganz bei Seite liegen liess, und überhaupt sich nur mit drei
phrygischen Inschriften beschäftigte. Auch was er sonst hin
und wieder in diesem Artikel sagt, bringt auf die Vermuthung,
14 Silzuni/ der phitos.-philol. Classe vom 4. Januar i862.
dass Lassen den Aufsatz nicht mit jener vornrtheilsfreien Un-
befangenheit ausgearbeitet hat, welche zur gcdeihhclien För-
derung ähnlicher Untersuchungen unerlässlich ist, und wovon er
selbst bei seinen Arbeiten über die Inscliriften auf den Gräbern
des Kyrus und Darius so schone Resultate erzielt hat.
Indem ich also gezwungener Weise die Untersuchung von
vorn anfange, beginne ich mit den bilingues und den in grie-
chischen Charakteren abgefassten Inschriften. Sie befinden sich
in W. J. Hamiiton's Researches in Asia Minor, Ponlus and
Armenia (London 1842) Vol. II, Appendix V, unter den Num-
mern 1G5 (p. 435), 376 (p. 476), 383 (p. 478) und 449 (p.
489). Da in der deutschen Uebersetzung dieses Werkes die
Inschriften weggelassen sind, und ich überhaupt nicht voraussetzen
darf, dass diese und die andern phrygischen Inschriften allen
Lesern dieser Abhandlung zur Hand sind , so stelle ich sie auf
der beiliegenden Tafel (A. B.) zusammen; die Nummern, mit
denen sie auf dieser Tafel versehen sind, werde ich im Laufe
dieser Ari)eit anwenden, um die einzelnen von mir disculirten
Inschriften zu unterscheiden.
Von diesen Inschriften sind Nr. 2, 3 und 15 bilingues, ob-
gleich es bei den letzten beiden zweifelhaft ist, ob der grie-
chische Text dem phrygischen entspricht oder einer andern
Person und Zeit angehört. Nr. 15 fand ich auf dem Wege
zwischen Kainiaz (Tricomia) und Harab Ören (Midaium) auf
einer Säule, aber in einem schon verwitterten Zustande. Der
griechische Text heisst einfach „heilige Thekla''; der Bustrophedon
geschriebene phrygische Text lautet Mandalo, womit ich zur Zeit
nichts anzufangen weiss. Ueberhaupt beweisen die griechischen
Texte, dass die Abschriften sich in einem kläglichen Zustande
befinden, es mag nun die Schuld an den Copisten oder an i\e\\
Denkmälern oder an beiden liegen, wobei es mir jedoch nicht
im Entferntesten einfällt, Hamilton oder sonst jemanden darüber
Vorwürfe zu machen, denn aus eigener vieljährigor Erfahrung
weiss ich nur zu gut, wie viel bei solchen Arbeiten von der
BeschalTenheit des Denkmals, von seiner Lage, von der Wil-
Mordtmann: Die altphrygische Spruche. 15
terung und vorzüglich von dem Sonnenstände, ferner von der
mehr oder minder bedriingten Zeil des Reisenden, von seiner
Sprachken ntniss. von seiner üebiing, ja selbst von seinem phy-
sischen Wohlbefinden abhängt, um zu ermessen, wie viele gün-
stige Bedingungen sich vereinigen müssen, um eine lehlerlreie
und brauchbare Copie von Inschriften zu liefern. Indessen wird
damit an der Thatsache nichts gciindert, die Abschriften sind
sehr fehlerhaft, und daher nur mit Vorsicht und Vorbehalt zu
gebrauchen, und erfordern jedenfalls eine gründliche Revision,
ehe die Untersuchung über die phrygische Sprache als abge-
schlossen angesehen werden kann.
Ich stelle jetzt die vier phrygischen Texte in griechischen
Buchslaben unter einander, um durch Vergleichung und Induc-
tion einige Resultate zu erzielen.
Nr. 1. . . . NKNOrMAMKAKA . . . ENAE0EKEZL:M1 ....
AREOlEIPOIAIlElin . . NOV
Nr. 2. lCK6ceM0V.\K0rMlN0CAAAKeN!\l6AIw OMOA
wGTlT6TlKMe\0C
Nr. 3. 6ICN1CCA0V.\KN()V.M. MKAKONAAAAKeTZeiPAKeOI
n6ieCK6TlT6.TlKMeNAAniCAAeinN0V
Nr. 4. 101"Mll.M0VNKN0r.\IANIIIAK0rNAni31PETüAIMM.MY'PAT
0:i:MA . . . I.MrAQrn.MEKAT . . TITTETIK.MENOIEITÜV
Trotz der ziemlich corrumpirten Copien erkennt man auf
den ersten Blick, dass alle vier Inschriften zu Anfang und gegen
das Ende gleichlautend sind , und dass in allen vieren in der
Mille der Inhalt verschieden ist; da es lauter Grabsteine sind,
so dürften wir uns nicht allzusehr irren, wenn wir als unge-
fähren Inhalt dieser Inschriften etwa folgendes annehmen:
Hoc monumenlum (oder sepulcrum) fecit . . . . N. N. . . .
memoriae causa. Was die letzteren Worte betrilTl — memoriae
causa — so haben wir sogleich das direkte Zeugniss von Nr. 2
und 3 für uns, welche beide im griechischen Text mit den
16 Sitzung der philos. - phitol. Classe vom 4. Januar 1869.
Worten (.ivrif.irjg x«P^*' endigen; wir sind also berechtigt die
Worte etiletikmenos für gleichbedeutend mit memoriae causa
anzunehmen; wie dieses lange Wort abzutheilen ist, d. h. wel-
cher Theil desselben memoria, und welcher Tiieil causa be-
deutet, wollen wir für den Augenblick dahin gestellt sein lassen;
wir werden sogleich darüber Aufklarung erhalten.
Der gleichlautende Anfang der vier Inschriften ist
Nr. 1 . . . nknumanikaka . . .
Nr. 2 iskesemunkuminos
Nr. 3 isnisshmknum . nikakon {sig zu Anfang nach heutiger
griechischer Aussprache transcribirt)
Nr. 4 iosnisimunknumaniiiakun
Ich hallo diess für vier Wörter, nämlich 1) is oder ios,
■welches ich einstweilen durch hoc oder hunc (haue) übersetze; —
2) ein Wort, welches lautet
in Nr. 2 kesemun
Nr. 3 nisslun
Nr. 4 nisimun
in Nr. 1 ist nur das letzte n noch vorhanden. Ich zweifle gar
nicht, dass mit Ausnahme des ersten Buchstaben das Wort
isimun oder esimun ist; der erste Buchstabe wäre, wenn die
blosse Stimmenmehrheit entscheidet n; aber wir werden später
in den phrygischen Inschrillen dasselbe Wort wieder finden,
und zwar mehrere Male, jedes Mal aber mit einem k; es ist
also kesemun oder kisinmn, und bedeutet wohl sepulcrum. Wir
wissen aus verschiedenen Nachrichten, dass die phrygische Sprache
der armenischen ähnlich war, und in der That finden wir im
Armenischen fast dasselbe Wort gerezman , welches sepulcrum
bedeutet. Wir werden später noch darauf zurückkommen.
Das dritte Wort ist
in Nr. 1 knumani
Nr. 2 kuminos
Nr. 3 knum . ni
Nr. 4 knumani,
Mordtmann : Die altiihryyische Sprache. I7
also wolil ohne Zweifel knumani, und bedeutet vielleicht monu-
mentuin oder als Adjectiv zu kesenuni (sepulcruin) memoriale;
dass diese Bedeutung und keine andere die richtige ist, ersehen wir
aus der Phrase eliletikmetios, welche, wie wir vorhin gesehen hnben,
menioriac causa bedeutet; die Vergleichung ergibt also, dasskmenos
oder allenfalls tikinenos „memoria"' bedeutet, und wir können
nunmehr dieses Wort mit dem persischen m^-*^> oder mit dem
armenischen kam „Liebe'', besonders aber mit dem gothischen
gamunan „meminisse'' vergleichen.
Indem Ich zunächst bemerke, dass in Nr. 4 das nach
knumani folgende Worte iiakun augenscheinlich kakun heissen
muss, wie Nr. 2, finden wir in
Nr. 1 kaka . .
Nr. 3 kakon
Nr. 4 kakun,
dagegen in Nr. 2 ala (oder vielleicht alaken); ersteres halte ich
für das reduplicirte Präteritum von der Wurzel kn (pors. ^^ 2.\x
^i>*i ) facere, also fecit; das Wort, welches dafür in Nr. 2
steht, scheint ujir in den rein phrygischen Inschriften wiederholt
vorzukommen, und verspare ich bis dahin dessen Erläuterung.
Nach den vorhergehenden üntersuchunsjon wäre also der
gemeinschaftliche Inhalt dieser vier Inschriften wie folgt:
Hoc sepulcrurn memoriale (oder hoc sepulcrale monumen-
lum) fecit ....NN memorlae causa.
Was den speciellen Inhalt der Inschriften, namentlich Nr. 2
und 3 betrifft, so wäre In einem weiter vorgerückten Stadium
unserer phrygischen Sprachkenntnisse ein höchst interessantes
Problem, die Lücken der griechischen Texte dmch die phry-
gischen Texte und umgekehrt zu ergänzen. Für d(Mi Augen-
blick aber lässt sich zu wenig damit anfangen, doch will Ich
diess Wenige, selbst auf die Gefahr grober Irrthümer, hier bei-
bringen, überzeugt, dass selbst der geringrügigste Beitrag, der
leiseste Wink für spätere Untersuchungen willkommen sein
können.
{im. I.J 2
18 Sitzutiy der philos.-philol. Classe vom 4. Januar J868.
In Nr. 3 ist der specielle Inlialt des griechischen Textes
KVAAM KAI EAV'i'Q (O ZUN
„Eudani(as) .... und für sich selbst, lebend".
Dafür liaben wir im phrygischen Texle
AAAAKG'l'ZGlHAKGUiriGlGCKE
und noch am Schlüsse
AniCAAGIIlNUV.
Alda ist sicher nicht der Repräsentant des griechischen
Namens Eudam(as); es ist ein Verbum, und bedeutet erexit, wie
ich später beweisen werde; unter <ien übrigen Wortern finde
ich keines, welches diesen Namen repräsentiren könnte; der
Name scheint also übersetzt zu sein , wodurch aber unsere
Arbeit nicht erleichtert wird. Das folgende ketzeira kann ich
erklären: ivr (ür) im Armenischen bedeutet ipse, se ; kelz ist
also wohl xai „auch" ,,etiam", elqa (auszusprechen ira) ist
sibi. Ferner bedeutet im Armenischen kjeal vivere, kjan, vita,
es dürfte also KGÜl vivus bedeuten. Was dann noch die übri-
gen Wörter pieske . . . apisadipnu bedeuten, muss einstweilen
dahin gestellt bleiben, weil der griechische Text nicht mehr gibt.
In Nr. 1 treffen wir wieder die beiden soeben erläuterten
Wörter, aber in umgekehrter Ordnung, und sie erklärt sich da-
durch ziemlich vollständig; sie bedeutet:
,,Hoc monumenfum fecit ... N. N. (von dem Namen ist
noch ein Theil übrig, ende oder endeo) et sepulcrum vivus ipsi
memoriae causa."
Was Nr. 3 betrifft, so glaube ich auch noch das letzte
Wort apisadipnu erklären zu können, jedoch unter allen mögli-
chen Vorbehailen wegen fehlerhafter Copie, wegen Irrthum und
Mangel (salvo errore et omissione). Die armenische Sprache
hat die Eigenthümlichkeit, dass sie oft die Aspirate für einen
Labialen in den verwandten Sprachen setzt, z. B. Iiraman =:::
pers. ^Lojj , altpcrs. framanä; hink = ^>-o ^= nlvie =
fünf; hreschlak ■=^ «Juiwi (angelus) ; hur nvQ =: Feuer
u. s. w. Erwägt man dieses, so dürfte es nicht schwer sein in
Mordtinann : Die altphriigische Sprache. 19
dem Worte apisadipnu oder pisadipnu das armenische liüsniithium,
conslruclio zu erkennen. Gehen wir nun nocli einen Schritt weiter,
so erklärt sich aucli das Wort pies IIGIGC in derselben Inschrift
aus einem verloren gegangenen Zeitworte hüsnjel construere,
und der Name Eudam(as) müssle dann nothwendig in dem ver-
stümmelten Anfang der Inschrift Gl . • . stecken. Vorausgesetzt,
dass alle diese Conjecturen richtig sind, wäre sonn't die Inschrift
Nr. 3 ebenfalls vollstiindig erläutert, und sie würde sich wie
folgt übersetzen lassen :
,,Eudamas hoc sepulcrale monumentum fecil. Erexit etiam
sibi vivo construendo memoriae causa constructionem.'"
Was Nr. 2 betrifft, so bin ich nicht im Stande, den grie-
chischen Spcciallheil der Inschrift mit dem phrygischen zu ver-
gleichen, und ich vermuthe daher entweder grobe Fehler in
der Copie oder einen dem phrygischen Texte ganz fremden
griechischen Text.
Mit Nr. 4 weiss ich ebenfalls zur Zeit nicht mehr anzu-
fiingen; erst berichtigle Copien und weitere Materialien müssen
abgewartet werden.
Ich gehe jetzt zu den in phrygischen Charakteren abge-
fassten Inschriften über. Was das Alphabet betrifft, .so ist es
schon von Grotefend entziffert und die späteren Bearbeiter dieses
Gegenstandes haben wenig Anlass gehabt, die von diesem sel-
tenen Manne aufgefundenen Werthe zu beanstanden, wie denn
auch die augenscheinliche Aehnlichkeit des phrygischen Alphabetes
mit dem griechischen die Entzifferung ungemein erleichtert. Da
aber meine Untersuchungen weiter vordringen, als alle meine
Vorgänger, so finde ich doch einige Punkte, wo mir Bedenken
1^ IS
5 und ß hat man bisher für gleich-
bedeutend genommen , indem man beide wie e las ; da aber in
einer und derselben Inschrift beide Zeichen vorkommen, so
muss man doch annehmen, dass sie nicht identisch sind, und
das sind sie auch in der That nicht; b mit 3 schrägen Strichen ist
2*
20 Sitxung der philos. - philul. CUmse vom 4. Januar 1862.
E, c; 1$ mit vier sehnigen Striclien ist u oder y (ü); der
Beweis wird spüler durch inelirere Wörter geliefert werden.
Da nun Y t^henfalls u oder y ist, so entsteht die Frage: wel-
ches von beiden Zeichen ist u, und welches y? Ich nehme
einstweilen an, dass Y u '^^j ""^ ß Y» ^^^^ ^^'<^ vorhandenen
Älaterialien reichen zur endgilligen Entscheidung nicht aus.
Ferner bin ich über den Werth des Zeichens J ungewiss; ist
es w oder ist es b? Auch hierüber ist das vorhandene Material
nicht ausreichend. Endlich entsteht noch ein Zweifel über die
Sibilanten; das griechische Alphabet hat zwei, Z und 1; das
phrygische zeigt drei C, ^ und Z oder \"; das armenische Al-
phabet ist bekanntlich sehr reich an Sibilanten z, dz, ds, seh,
9, ts, abgesehen von (dem franz.) j, dsch, tsch und dsch. Von
den phrygischen Zeichen ist 2[ wohl z und t q, ob aber | seh
oder nur eine kalligraphische Modification von t q ist, könnte
bezweifelt werden. Indessen habe ich bis jetzt noch keine ent-
scheidende Spur von dem Laute seh gefunden, und ich begnüge
mich daher bis jetzt i. und ^ als s wiederzugeben.
Um die aus den ersten vier Inschriften gewonnenen Re-
sultate auf die übrigen Inschriften anzuwenden, nehme ich zu-
erst die Inschrift Nr. 6 vor, welche ich nach meiner eigenen im
J. 1858 genonnncnen Copie veröffentliche; sie ist auf dem
rechten Pilaster des Midasgrabes angebracht und geht von unten
nach oben. Das vorletzte Wort dieser Inschrift ist sikezeman,
welches fast ganz genau dem iskeseman der griechisch -phry-
gischen Inschriften entspricht. Wir haben die erste Sylhe is
vorläufig durch hoc übersetzt; ich glaube aber, dass wir jetzt
die Bedeutung dieser Sylbe genauer angeben, wenn wir sie als
Zeichen des Aceusativs, gleich dem armenischen z oder yz
ansehen; es wäre also die älteste Form si, in den späteren
griechisch- phrygischen Inschriften is, und in dem noch neueren
Armenischen z oder yz.
Unter den von R. Stewart copirtcn Inschriften ist eine,
Mordtmnnn: Die altphrygische Sprache. 21
welche mit Her soeben erwähnten Inschrift fast gleichlautend ist;
es ist die Biisirophedon geschriebene, auf unserer Tafel mit
Nr. 11 bezeichnete Inschrift; es weicht nämlich nur das vor-
letzte Wort und vielleicht auch das erste Wort ab. Das vor-
letzte Wort heisst nämmlich
in Nr. 6 sikezeman
in Nr. II akaraza . un.
Lesen wir den zweifelhaften achten Buchstaben m, so ha-
ben wir fast genau das armenische Wort kjerjczinan mit vor-
gesetztem a; es ist also wieder dasselbe Wort; das a halle ich
für den Artikel, und wir werden dieses bald bestätigt sehen.
Noch einmal kommt das Wort in der von Stewart copirten
und auch von Lassen behandelten Inschrift Nr. 14 vor; das
vorletzte Wort derselben lautet kyrzamenom, also ziemlich wie-
der der armenischen Form entsprechend Den übrigen Inhalt
der Inschrift werde ich später noch besprechen; jetzt kehre ich
zum Midasgrabe zurück. Auf dem Giebelfelde liest man die
Inschrift Nr. 5.
Das vierte und sechste Wort las man von jeher Midai und
vanaklei (Midae regis) und ich wüsste nichts besonderes da-
gegen zu erinnern; nur lese ich das letzte Wort nach der vor-
hin gemachten Bemerkung vanaktyi; es entspricht bekanntlich
dem griechischen uva'^ (Gen. avaxing). Das fünfte Wort ist
aber zweifelhaft; meine eigene Copie, die ich aber bei einem
sehr ungünstigen Sonnenstande nahm, hnt im Anfang I; allere
Copien haben p und ich bin geneigt diess fiu- das richtigere
zu halten. Grotefend las das Wort (nach Leake's Copie) La-
fagtaei; Osann : 3^A?)«TTas/; Lassen (nach Stewart) lavaltei oder
gavaltei, welches er aber mit Recht in gavarlaei verbesserte
und wie folgt erklärt: ,,Man kann dabei zuerst an das von
Hesychios aufgeführte Wort yämg denken, das ausser andern
Bedeutungen auch die von //V)»/ vih (Dovyiöv xai Bii^vrwv
hatte. Da in ganos das no Affix sein wird, möchte ga Freude
bedeuten. Der zweite Bestandlheil varlaci lässt eine passende
Deutung aus dem Sanskritworte varta, d. h. sich in einem Zu-
22 Sitztiny der pht'los.-phitol. Classe votn 4. Jamiar 1862.
Stande bofindcnd, zu. Gavarlaei würde somit besagen, dass Midas
ein seinen Nachkommen Freude gewährender Herrscher sei.
Ich nehme daher an, dass wir nicht das Grabmal eines wirk-
lichen Königs vor uns haben, sondern ein zum Andenken an
den göttlich verehrten Stammvater des Plirygischen Herrscher-
geschlechts errichtetes Denkmal" K
Ich brauche nicht erst nachzuweisen, wie geschroben und
erkünstelt diese ganze Deutung ist; wir lernen nichts weiter
daraus, als dass selbst die gefeiertsten Gelehrten in solchen
Augenblicken, wo sie von vorgefasslen Meinungen eingenommen
sind, den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. In der That
ist es fast unbegreiflich, wie man die richtig gelesenen Worte
Midai Gavartaei vanaktyi , ohne sich nur eine Minute zu be-
sinnen, anders übersetzen kann als .,i\lidae Gordii (filio) regi."
Das letzte Wort in dieser Inschrift heisst edays; so steht
wenigstens in allen Abschriften, die meinige nicht ausgenommen ;
dennoch glaube ich, dass dieses Wort falsch copirt ist, denn in
der Pilasterinschrift (Nr. 6) lautet dasselbe Wort ylays, und in
der ihr entsprechenden Inschrift Nr. 11 elaes, vielleicht auch
in Nr 12 ailse. In den griechisch-phrygisclien Inschriften ha-
ben wir es ebenfalls, nämlich in Nr. 2 ala, in Nr. 3 alda , wo
es für kakon oder kakun steht. Letzteres heisst fecit; es wäre
also ala dasselbe, was kakun, und das reinphrygische elays
oder ylays wäre, nach der Analogie des Armenischen, das
Passivum, also factum est. Da aber kakun ,, fecit-' heisst, so
muss ala, elays oder ylays wohl eine Modificalion der Bedeu-
tung erleiden , und ich glaube diese ermittelt zu haben , wenn
ich das armenische jelanjel exire, jeljevjcl superioritas zur Ver-
gleichung herbeiziehe; ala wäre demnach so viel als „erexit",
elays oder ylays ,,erectum est"
Von der Inschrift Nr. 5 bleiben noch drei Wörter zu er-
klären übrig. Das dritte; Wort ist akinanogavos; dasselbe Wort
(1) Zeitschrift der Deutschen Morgciil. Gesellschaft, Bd. X, S. 274.
Mordtmann : Die altiihrt/gische Si>rache. 23
kommt in der Inschrift Nr. 13 vor; rlcr vierte Buchstab scheint
mir aber für ein m genommen werden zu müssen , und dann
haben wir akemanogavos ; diess ist offenbar ein Compositum;
a ist der Artikel; kiman oder keman (kimano oder kemano) ist
monnmentum; gavos weiss ich nicht weiter zu erklären, es
wäre denn, dass man es für ein Derivatum von der Wurzel kn
hielte, wozu dieselbe Inschrift eine anderweitige Analogie dar-
bietet; der Name Gordius (Gordias) lautet daselbst im Genitiv
Gavartaei; nehmen wir av für das lange o (vgl. im Pehlwi
Auchramazdi = Ochramazdi ■= 'Og/nlodag; im Armenischen
or r= avur =: löoa z= dies) ; in diesem Falle würde güos etwa
opus bedeuten, also akimanogüos ,,das Gediichtnisswerk.''
Arkiaevais vergleiche ich mit dem armenischen arkaj
„König", also soviel als ,,regius." Zwar haben wir soeben
vanaktyi als das phrygische Wort für ,, König" kennen gelernt,
aber warum sollen die Phrygier nicht so gut wie ihre östlichen
und westlichen Vettern arkaj und thakavor, ßaoilsvg und
ataB, zwei Wörter für „König" gehabt haben?
Alis endlich, das erste Wort, wird von Lassen für den
Namen Atys oder Attis (so hiess bekanntlich der Priester der
phrygischen Nationalgöttin Kybele) gehalten; aber ich glaube es
einfacher durch oucog hie erklären zu können, und somit wäre
der Inhalt der ganzen Inschrift:
Hoc regium monnmentum Midae Gordii (fdio) regi erectum est.
Ich nehme jetzt die Inschrift Nr. 13 vor, welche mir die
wenigsten Schwierigkeifen darzubieten scheint.
Die beiden ersten Wörter sind Eigennamen; ich bin aber
nicht sicher in ihrer Deutung, zoztuter vergleiche ich mit dem
armenischen usljer filius. Um nun in der Uebersetzung sicher
zu gehen, müsste man vor allen Dingen wissen, ob im Phrygi-
schen der Genitiv vor oder nach dem regierenden Worte steht;
aber leider ist das Material zu beschränkt, um diese Frage zu
entscheiden. Steht der Genitiv voran, so würde die Inschrift
lauten:
24 Sitzung der philos.-philot. Classe vom 4. Januar 1862.
Vrekum, Telali filiiis, Aemnos, hoc inonumentiim matri
Arezazlim (posuit).
Aeirmos ^viil•e entweder ein Nomen gentile, welches den
Geburtsort des Vrekmn anzeigt, oder es würde sein Amt be-
zeichnen ; a wäre (hinn der Artikel. Steht aber dt-r Genitiv
nach, so würde Acnuios der Name des Vaters sein, und Vrekum
wäre alsdann als Heimat oder Amt des TehUos anzunehmen,
etwa Phryx, also
Phryx Telatus, filius Aenini, hoc monumentum malrl Are-
zazlim (posuit).
Nach diesen Worten befindet sich in der Inschrift eine
rohe Zeichnung, welche vielleicht einen Ochsenkopf vorstellen
soll oder etwas ähnliches; dann folgen noch zwei Wörter
bomok (womok) akemanogüo(s).
Letzleres bedeutet, wie wir schon gesehen haben ,,das
Gedächtnisswerk''; das Ganze soll also wohl heissen, memoriae
causa.
In dem Namen der Mutter, zu deren Andenken diese In-
schrift gesetzt wurde, glaube ich den Namen der Sonne zu
erkennen, welche im Armenischen arjev heis.^t.
Die lange Inschrift Nr. 14 scheint wenig Schwierigkeiten
darzubieten. Das erste Wort zozezt oder zozent ist vielleicht
der Plural des Wortes zozluler (filius). Dann folgt malerez,
welches jedenfalls der Genitiv sein muss. Das dritte Wort ist
eveleknetis; dieses besteht aus 3 Wörtern: eve, welches dem
armenischen jev „und'' entspricht; tekne, welches ich mit
Tsxvnv vergleiche, und hier wohl „filiae" sein muss; tis ver-
gleiche ich mit dem griechischen lijg (für aviic). Es folgen
dann die Namen der fünf Kinder, und zwischen dem vierten
und fünften Namen wieder die Conjunction, aber diessmal ve,
vielleicht nur ein Fehler statt eve. Dann folgt avtas malerez
„eaviior f.n]T^(jng." Ferner Atamizym, welches wohl der Name der
Mutter ist, dessen Form mit dem bekannten Namen der kari-
schen Königin Artemisia eine auffallende Aehnlichkeit hat. In-
dessen kann ich nicht verhehlen, dass diese Auslegung, so
Mordtmann: Die altphrycjiiiche Sprache. 25
einfach und empfehlend sie auf den ersten Anblick erscheint,
l)ei näherer Ueberlegung- mir sehr zweifelhaft wird. Denn in
der Inschrift Nr. 7 kommen wieder die beiden Wörter atamzm
niatra vor, Hesychios sai,n, aöa^uüv bedeute im Phrygischen
jjieben'* und adäina ,, Geliebter'. Lesen wir nun das vierte
Zeichen des Wortes n statt z (wie wir schon bei dem Worte
tekne gethan haben), so haben wir ataminym, weiches wohl
das richtige sein dürfte. Unter dieser Voraussetzung lesen wir
auch wohl vorher avtan materez j,htvxöjv f.ti]ievoi^'' richtiger,
statt avtaz materez. — Das folgende Wort kurzameiiom oder
kurzamezon ist wieder das armenische kjerjezman sepulcrum;
ta wäre alsdann gerade wiej das armenische d als Demonstralivum
affixum gebraucht. Das letzte Wort endlich gegerton vergleiche
ich mit ^jO^ kjertjel, gordsjel, ßyei'oot, gerere, und halte es
für das rednplicirte Präteritum.
Nach diesen Erläuterungen wäre also der Inhalt der In-
schrift wie folgt:
Filii matris et filiae eius , Ovevim , Omomam, Lapsit (?),
Kelokes et Martum eorum matri amatae sepulcrum hoc crexerunt.
In der mir vorliegenden Abschrift der Stewart'schen In-
schriften (da mir das Werk selbst hier nicht zu Gebole steht)
sind die beiden Inschriften Nr. 13 und 14 vereinigt, obgleich
es in der Thal zwei Inschriften sind. Im Fall nun die erste
Reihe von Nr. 14 nicht hieher, sondern zu Nr. 13 gehört, würde
Nr. 14 folgendermassej» lauten :
Kelokes et Martum eorum matri amatae sepulcrum hoc
erexerunt.
Nr. 13 aber würde sich in diesem Falle in zwei Inschriften
zerlegen, von denen die erste bis zur Zeichnung des Ochsen-
kopfes reicht. Die zweite Inschrift würde alsdann sich noch
ungezwungener erklären; bomok vergleiche ich nunmehr mit
jiii>,un(;. Zozent oder zozezt wäre ein Eigenname, und tekne
würde seine Bedeutung als .,Kinder" beibehalten, so dass die
ganze Inschrift lautet:
26 Sitztniff der phitos. -p/iilol. Classe vom 4. Januar 1862.
,,Aram (et) inonumenliim Zozenl mairi et liberis eius Ove-
vim, Omoinam, Lapsit (?) ereclum (?)•'.
Links und reclits neben der OefTnnng- des Midasgrabes sind
zwei Iiiscliiiflen (Nr. 7 und 8), welche bisher noch nicht copirt
oder wenigslens noch nicht veröffenlb'cht sind; vermuthlich hat
sie Xiemand gesehen, denn die Charaktere sind viel kleiner und
unscheinbarer, als in der Inschrilt des Giebelfeldes und des
Pilaslers; sie sind desshalb schwer zu sehen und also auch
schwer zu copiren; als ich das Grab besuchte, inusste ich mich
zum Behuf" der Abschrift der Hilfe meines Reisegefährten, des
Hrn. Dr. Barth, bedienen, um mich auf ihn zu stützen, oder
damit er mich festhielte , ich erinnere mich nicht mehr ganz
genau. Sie sind so geschrieben, dass sie beide in der Rich-
tung nach der Oeffnung des Grabes zu lesen sind , d. h. die
Inschrift links geht von der Linken zur Rechten, die Inschrift
rechts von der Rechten zur Linken. Letztere enthalt einige
zweifelhafte Buchstaben, aber Nr. 8 ist ziemlich deutlich, und
bei genauerer Betrachtung ergibt sich, dass sie einander ent-
sprechen. Nr. 8 enthält 13 Charaktere; der erste ist m, der
zweite 1, der dritte i, der vierte a, der fünfte t, der sechste a,
der siebente t, der achte a, der neunte s, der zehnte 1, der eilfte o,
der zwölfte k, der dreizehnte l; das Ganze lautet also : mli atataslokl;
die drei 1 stehen aber alle sehr ungefügig da und geben der
Inschrift ein mexicanisehes Ansehen; es sind vermuthlich, A
statt A ' fj'so mai atatasaoka. Die Inschrift Nr. 7 besteht aus
zwei Heihen ; die erste enthält eilf Charaktere; der erste ist a,
der zweite ist t, der dritte a, der vierte m, der fünfte ist n
(vgl. oben Nr. 14), der sechste und siebente m, der achte a,
der neunte t, der zehnte r, der eilfte a, also atamnm matra.
Die zweite Reihe enthält mehrere undeutliche Charaktere; zu-
erst steht ein Zeichen, welches dein astronomischen Zeichen für
die Erd(; gleicht und wohl kein Buchstabe ist, auch steht es
von den übrigen abgesondert; dann Ibigl mita, ferner drei
Zeichen, welche k i k zu sein scheinen; dann kommt wieder ein
a, hierauf ein unbekanntes Zeichen, endlich kl, also mitakika.kl j
Mordtmann: Die altphrygische Sjiraihe. 27
vergleichen wir dieses mit der Inschrift Nr. 8, so ergeben sich
einige Winke für die unbekannten oder zweifclhaflen Buch-
slaben; statt der Zeichen kik |:|^ ist dalier wohl T A | tas
zu lesen; dann folgt ein deutliches a, welches dem zehnten
Buchstaben der Inschrift Nr. 7 entspricht und daher unsere so-
eben geänsserte Vermuthung bestätigt, dass letzterer ebenfalls
ein a und kein 1 ist; dann folgt ein Zeichen, welches ich p v
lese; av ist das lange o, entspricht also dem eilften Buchstaben
von Nr. 7. Wir halten also nach diesen Emendationen
Nr. 7 Atamnm niatra mi tatasüka
Nr. 8 Mai atatasaoka.
Das dritte Wort in Nr. 7 ist wohl gleich /<€, me zu neh-
men, schwerer ist es die Bedeutung des vierten Wortes zu be-
stimmen. Im Armenischen haben wir Ijesanjel, viderc, und so
konnte man tatasüka für eine rednplicirte Form hallen; ebenso
wäre atatasaoka ein reduplicirtes Präteritum; vergleichen wir
nun die armenischen Verbalformen tjesuk (videte) und Ijesak
(vidimus), so wäre der Inhalt der beiden Inschriften
Nr. 7 Dilecta mea mater, me speciale
Nr. 8 Nos spectavinuis
wobei ich jedoch nicht verhehle, dass der Plural mich stutzig
macht und mir Misstrauim einflüsst. Ich weiss aber einstweilen
nichts besseres dafüp zu geben.
In einer kleinen Höhle neben dem Mida.sgrabe ist eine In-
schrift in grossen, schönen und deutlichen Charakteren, welche
schon von Leake copirt ist, später aber von keinem andern
copirt wurde. Ich nahm eine neuere vollständigere Copie ; in
sprachlicher Hinsicht ist diese Inschrift vielleicht die interessan-
teste von allen ; sie lautet (Nr. 9 )
As tuatiy miz ay ysurgotototim y ... lg.
Das erste Wort erinnert unwilikiulich an das armenische
Asduadz ,,Deus"; zwar stehen zwischen As und tuatiy Tren-
nungspunkte, aber dieses As isolirt ist mir ganz unerklärlich;
das folgende Wort miz vergleiche ich mit dem armenischen mjedz
28 Sitzung der philos.-philol. Clas.ic vom 4. Januar 1862.
,,iiiagnus"; — ay weiss ich nicht zu erklären; es ist vermuth-
lich eine Conjunclion , so viel als eve, ..und". Das folgende
Wort erinnert wieder in seiner erslen Hiilfle an das altpersische
vazarka und neupersische ^;V? ,.ni^^""s'' und in seiner zwei-
t«Mi Hall'le an die griechische Superlalivendung (auch im Sans-
krit) ; di(! Inschrift wiirde also lauten
Deus niagnus et maximus
Gegen diese Auslegung kötnite man das Bedenken erheben,
dass das Wort As-tuatiy. welches ich für ein einziges Wort =:
Deus genommen habe , durch die Trennungspunkte in zwei
Wörter zerlegt ist ; aber diese Schwierigkeit lässt sich leicht
lieben, wenn man erwägt, dass eben Astuatiy (armen. Astuadz)
ein Compositum ist; die zweite Hälfte tuadz (duadz) ist nichts
weiter als die armenische Form für das Sanskrilwort Devas,
Griech. Stn<:, Lat. Deus, Litth. Devas u. s. w. Die Bedeutung
der ersten Sylbc ist freilich bei einem so alten Worte schwer
zu ermitteln ; vielleicht möchte das golhische hazjan „laudare"
einen \>'ink geben.
Ernstlicher ist das Bedenken, dass diese Inschrift, ungleich
den bisher behandelten, gar keinen Anknüpfungspunkt darbietet,
indem kein einziges von den darin enthaltenen Wörtern in einer
andern Inschrift in einem andern Zusammenhange vorkommt; wir
sind also hier des Vorfheils beraubt, von dem Bekannten auf
das Unbekannte überzugehen , und es ist daher möglich . dass
meine ganze Deulung von Anfang bis zu Ende verfehlt ist.
Indessen will ich doch nicht damit zurückhalten, indem immer-
hin der Fall denkbar ist, dass künftigen Forschern, welche ein
reicheres und besseres Material zu ihrer Verfügung haben, hin
und wieder ein brauchbarer Fingerzeig gegeben werde.
Ausser den Inschriften Nr. 10 und 12, mit denen ich zur
Zeit noch nichts anfangen kann , bleibt uns noch die Pilasler-
Inschrift Nr. 6 und die ihr gleichlautende Inschrift Nr. 11 übrig,
welche noch einige Anknüpfungspunkte zulässt, indem die bei-
den letzten Wörter schon ermittelt sind.
Mordimann: Die allphrygische Sprache. 29
Das erste Wort lautet in Nr. 6 baba, in Nr. 11 bra; ob
letzteres ricblig ist, vermag- ich nicht zu sagen; für die Rich-
tigkeit von Nr. 6 kann ich einstehen ; noch weniger bin ich im
Stande zu sagen, ob das Wort wirklich baba lautete, oder b
das phrygische \ einen andern Laut halte. Ich bezweifle er-
steres, und bin geneigt es für den Laut p zu halten, der sich
sonst nicht in den phrygischen, wohl aber in den griechisch-
phrygischen Inschriften findet, und der doch sicher in der phry-
gischen Sprache war (Pessinus, Peltac , Appia , Pepuza , Prae-
penissus, Papas u. s. w.). Papa würde einfach ,, Pater" bedeuten;
dass diese Bedeutung nicht aus der Luft gegriffen ist, beweist
die Stelle in Diodors historischer Bibliothek III, Cap. 58 am
Schluss, wo es heisst, dass Allis (Atys) spater Papas genannt
wurde, offenbar, weil beide Namen gleichbedeutend sind, näm-
lich „Vater".
Das folgende Wort memevais werde ich sogleich erklaren.
Dann folgt in Nr. 6 proilavos (proilüos). Soeben habe ich
erwähnt, dass in den phrygischen InschriHon kein p vorkommt;
hier aber hätten wir eins; indessen ist mir diese Gestalt zwei-
felhaft, und wirklich hat auch Nr. 11 nicht proitavos (proitDos),
sondern iroita . . . . ; diess würde nach dem armenischen ior
„elus" bedeuten.
Es kommt nun darauf an, für memevais eine passende
Deutung zu finden; das nächstliegende scheint ,,mater" zu sein,
wiewohl wir schon materez als das phrygische Wort für „Mut-
ter" erkannt haben. Es ist aber leicht möglich, dass neben
dem speciellen Worte materez noch ein Compositum ,,Papameme"
exislirte für ,, Eltern", und diess scheint mir gerade hier der
Fall zu sein, iiuIcMn die Endung einen Dativ Pluralis anzeigt.
Das folgende Wort sieht sehr ungeschlacht aus; die älteren
Copien haben kfizan; meine eigene Copie gibt kfi gam, in zwei
Wörtern; ich erinnere mich noch ganz genau, dass ich meinen
Reisegefährten, Dr. Barth, auf die Trennungspunkte zwischen
kfi und gam aufmerksam machte. Die Inschrift Nr. 11 hat
kliam, was auch nicht viel gelenkiger aussieht; dagegen haben
0 Sitzung der fhilos.-phUol. Vlasse vom 4. Januar 1862.
die griechisch- pliryoischen Inschriflen in Nr. 1 und 3 KG Ol,
welches sich besser lügt, und welches ich schon vorhin durch
vivus erklarte, wobei ich mich auf den griechischen Text und auf die
verwandte armenische Sprache stützte; kfi K(l)l ist also wohl
kalligraphisch aus klOl entstanden, indem der Steinmetz viel-
leicht das ü vergessen hatte, und es nachträglich, aus Mangel
an Raum, mit dem I in Verbindung setzte. Gam vergleiche ich
mit dem armenischen kam ,,vel'' ,,aul" und dem lateinischen
quam; es bedeutet also wohl „auch"; — avylos (avetos in
Nr. 11) ist aviag. Die ganze Inschrift lautet also in der
Uebcrsetzung :
Genitoribus eius, vivo etiam ipsi, (in) memoriani erectum.
Nr. 10 und 12 bieten gar keine Anknüpfungspunkte dar,
und muss ich sie also einstweilen ganz unerklärt lassen. Zwar
könnte ich bei Nr. 10 an das gothische hlaiv ,.monnmentum"
denken , aber damit wäre wenig gewonnen. Auch die kleine
Inschrift Nr. 16, welche ich auf einem Grabe am Tschapuldag
fand, kann ich nicht erklären. Dagegen glaube ich, dass ich
die übrigen Inschriften so ziemlich vollständig (mit Ausnahme
von Nr. 2 und 4) erklärt habe, so gut es eben bei dem jetzi-
gen Zustande der Copien möglich war. Erst revidirle Copien
und weitere Materialien müssen abgewartet werden , um die
Untersuchung abzuschliessen. Ich konune aber noch einmal auf
die kleine Inschrift Nr. 15 zurück.
Die Inschriften Nr. 1 bis 4 liefern den Beweis, dass noch
lange nach Alexanders des Grossen Zeit in Phrygien phrygisch
gesprochen wurde, denn vor Alexander wird doch Niemand in
Phrygien griechische Inschriften gesetzt haben. Nr. 15 aber
beweist, dass auch noch in der christlichen Zeit phrygisch die
Volkssprache war; denn die h. Thekla starb in der zweiten
Hälfte des dritten Jahrhunderts, und wir dürfen also der Säule
zwischen Kaimaz und Harab Ören kein höheres Alter zuschrei-
ben , als höchstens aus dem vierten Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung; der paläographische Cliaraktcn* der Buchstaben aber
setzt sie noch viel tiefer herab. Ich habe schon früher ander-
Mordtmann: Die altphrt/yische Sprache. 31
weitig die Ansicht geäussert, dass die klciiiasiatischen Sprachen,
namentlich das Phrygische und Kappadokisclie, erst seit den
Zeilen der Seldschuken ausgestorben sind, und hier hiilten wir
wenigstens einen llieilweisen aber unwiderleglichen Beleg dafür.
Ich werde noch im Verlauf dieser Abhandlung auf eine andere
Erscheinung aufmerksam machen, welche für diese Behauptung
zu sprechen scheint.
Die bisher gewonnenen Resultate setzen uns in den Stand
einige phrygische Eigennamen zu erklären, indem sie Iheils
direkte Ableitungen geben , theils uns den Nachweis Hefern , in
welchen Sprachen wir uns nach Etymologien umzusehen haben.
Ich beginne mit dem Namen Phryges, Phrygia.
Nach Hesychios hätten die Lydier die Phrygier so genannt,
weil der Name frei bedeutet. Lassen sagt über diese Ablei-
tung (1. c. p. 368) : „So n.die es auch liegt mit dem Phrygi-
schen Worte das gleichbedeutende Gothische freis zu verglei-
chen , so ist doch diese mehrmals vorgeschlagene Vergleichung
nicht stichhaltig, weil das in dem Phrygischen Wort enthalteno
g nicht dadurch erklärt werden kann, und das Gothische Wort
richtiger mit dem Zeitwerte frijon, lieben, in Beziehung ge-
setzt wird. Es kommt noch hinzu, dass aus der Sanskrilwurzel
pri, lieben, auch das Sanskritwort priya, geliebt abstammt.
Den Freiheit liebenden Gothen konnten die freien Männer als
die Geliebten erscheinen."
Mit der Ableitung des Wortes frei von frijon sieht es sehr
misslich aus, und die Erklärung, dass ,.den Freiheit liebenden
Gothen die freien Männer als die Geliebten erscheinen", erinnert
an die Etymologien von Varro, Festus u. s. w. Allerdings hat
das heulige Deutsch die Consonanten so weit abgescblilTen, die
Vokale so weit verdünnt, dass frcn" (über, ingenuiis) in den
obliquen Casus sich nicht mehr von freien (nubere, u.vorem
ducere) unterscheiden lässt; aber in den alten Sprachen ist der
Unterschied noch deutlich genug vorhanden; frei heisst im
Golhischen frijai (so steht wenigstens in meinem Ulphilas, Joh.
VIII, 36) und im Angelsächsischen frige, wo sich sogar noch
32 Sitzung der j/hilox. philol. Classe vom 4. Januar 1868.
das g erhallen hat; dagegen heisst lieben, wie Lassen richtig
bemerkt, frijön, und den dunkleren Vokal dieses Wortes haben
alle allen verwandten Sprachen in dem davon gebildeten Particip
beibehalten : Golhisch liijunds. Angelsächsisch IVeond, und selbst
das Neuhochdeutsche Freund und das Plattdeutsche Friind sind
wesentlich von frei, engl, free, holländ. vrij u. s. w. verschieden.
Es scheint mir also gar kein Grund vorhanden, die Ver-
gleichung mit dem Gothischen frijai und mit dem Angelsächsi-
schen frige abzuweisen, nur muss man die „Liebe" lern halten ;
die Gothen waren zwar eine Zeit lang Nachbarn der Phrygier,
und sie mögen vielleicht eine sehr freundliche Nachbarschaft ge-
halten haben (wenigstens lesen wir nichts von Kriegen, die sie
miteinander geführt hätten), aber die Golhen kannten die Phry-
gier nur als unterjochte Völker; die Gothen haben also diesen
Namen nicht erfunden, den schon Homer kannte, sondern die
Sache verhält sich so, dass von den verschiedenen Mitgliedern
der indo-europäischen Völkerfamilie nur die Phrygier und Ger-
manen das Wurzelwort frei bewahrt haben, während die andern
Stämme dieses Wort auf ihrer W'anderung verloren haben.
Kybele erklärt sich ungezwungen durch kobjel polire,
kobjeal polilus, in Bezug auf das zu Pessinunt vom Himmel
herabgefallene steinerne Bild der grossen Göttin.
Alis haben wir schon vorhin als ,, Vater'' erkannt.
^aßäCioQ, der phrygische Name des Dionysos, wurde schon
von Lassen (a. a. 0. S. 370) durch „den Verehrungswürdigen"
erklärt, im Vergleich mit der Sanskritwurzel sabhäj ,. verehren",
wozu ich das noch näher liegende griechische oißag,, aeßaatog
hinzufüge.
Gordius entweder von gordz opus, gordzjel agere,
oder von kjertjel facere , also etwa so viel als der „Arbeiter",
womit man die Erzählung im Arrian (Exped. Alex. lib. H,
cap. 3) verglei«;hen kann. Die Orthographie Gavartaei in der
Inschrift Nr. 5 veranlasst mich, das zweite Verbum vorzuziehen,
denn im Gothischen finden wir gerade dieselbe Orthographie
gavaurkhta (spr. gavorkhla) fecit; vaurkjan (spr. vorkjan) operari.
Mordtmaim: Die altphrygische Sin-aclie. 33
M i d a s leitet sich ganz ungezwungen vom armenischen
mit, Sanskrit q'yj (medha) (in Compositis ^y^^medhas)
„Verstand" ah. Im Gülhischen ist mitön „cogitarc", milöns
„cogitalio".
In Betreff dieser heiden Namen muss ich mich jedoch gegen
die Unterstellung verwahren, als wollte ich die historischen
Personen Gordius und Midas symbolisiren und schliesslich ver-
nebeln; wer dazu Lust hat, mag es auf eigene Verantwortlich-
keit thun, lasse aber mich dabei aus dem Spiele. Zwar scheint
es sich recht schön zu empfehlen, wenn man „Arbeit" und
„Verstand*' als die Gründer und Lenker machtiger Staaten per-
sonificirt und so einen hübschen Mythus schafft; aber es ist
auch eben so leicht denkbar, dass man die Geschichte von dem
ehemaligen Bauernstande des Königs Gordius aus seinem Namen
heraus etymologisirt hat; jedenfiills sind die phrygisclien Namen
Gordius und Midas durchaus nicht auffallender, als die griechi-
schen Namen Georg, Synesius, die lateinischen Namen Agricola,
Prudcntius u. s. w. Ueberdiess stimmt das, was die Sage von
dem Wettstreit des Apollo mit Fan erziihlt, von den Eselsohren
des Midas, und von seinem Wunsch alles, was er berührte, in
Gcild verwandelt zu sehen, schlecht mit der etymologischen Be-
deutung seines Namens.
Marsyas vergleiche ich mit dem armenischen mard, pers.
r
C>j^, altpersisch martija, Sanskrit JT^ martya, Mensch. Auch
die Inschrift von Bihistun hat einen Martija als Eigcimamen.
Acmonea erklärt sich nach dem Inhalt der Inschriften als
ein Ort, wo ein Denkmal ist, oder wo es mehrere Denkmäler
gibt. Dieselbe Ableitung gilt für die beiden Sliidle Comaiia in
Kappadokien.
Gleichwie Gordium, Midaium und Cu ball um sich als
Städte ausweisen, welche dem Gordius, dem Midas und der
Kybele zu Ehren benannt sind, so ergibt sich Tyriaeuin als
„Herren-Ort" von ter „der Herr", tirjel „herrschen" 5 —
[1862, i.j 3
34 Sitzung der phtCos.- p/iilol. Classe vom 4. Januar 1S62.
ferner Cotyacum (Kiulaliia) als ein dem Gott Kotys geweihter
Ort. lieber Kotys vergleiche man Slrabo X, p. 470. Horat.
Epod. XVII, 56. JuvtMial. II, 92. Wenn das, was von den so
eben angelührlen Autoren über die zu Eln-en dieses Gottes ge-
feierten geräuschvollen Orgien erzählt wird, seine Richtigkeit hat,
so erklärt sich Kotys am einfachsten durch kulh „Weinlese",
so dass Kotys der phrvgische Weingott ist Den Weinreich-
thum Phrygiens kennt schon Homer (II. III, 184). Dorylaium
(das heutige Eskiscliehr) weist sich durch seine Endung als ein
Name von ähnlicher Bildung aus, ich bin aber nicht im Stande
eine genügende Etymologie zu geben.
Prymnessus weist sich durch die Endung essus als ein
Compositum aus; diese Erdung essus bedeutet „Stadt", wie ich
schon früher erläutert habe (Sitzungsber. der philos. - philol.
Classe vom 9. Febr. 1861 p. 177); es bleibt prymn übrig, wel-
clies man nach dem armenischen hraman , dem pers. (j^ r*
und dem altpers. framänä als „Befehl" erklären konnte; aber
diese Deutung scheint mir zu gekünstelt zu sein, und ich wage
daher eine mehr naturgemässe. Unter Hinweisung auf die schon
bemerkte Eigenthümlichkeit der armenischen Sprache, die La-
bialen der verwandten Sprache zuweilen in h zu verwandeln,
vergleiche ich das phrygische Prymnessus mit dem poetischen
Hermonassa, dem heutigen Platana, nahe bei Trapezunt. Kallmerayer
scheint mir in jeder Hinsicht das Richtige getroffen zu haben,
wenn er behauptet, dass Platana wahrscheinlich seit Urzeiten
diesen Namen trage, welcher von den hier wachsenden Platanen
abgeleitet ist ^ Ritter behauptet nach Jaubert, dass der Ort nicht
von der Platane seinen Namen habe^; bei Jaubert, welcher
diesen Ort ausführlich beschreibt % ünde ich diese Bemerkung
nicht. Mit Fallmerayer's Ansicht lässt sich aber sehr gut ver-
einigen, dass Platana auf derselben Stelle steht, wo nach den
(2) Frasm. a. d. Orient Tii I, S. 21.').
(:i) Enlkiindc Th. XVlil, S. 812.
{i) Reise nach Arinciiieii und Persien deutsche Uebersetzung S. 280.
Mordtmann: Die altphvyyische Spruche. 35
classischen Autoren die Stadt Hermonassa stand; ja, es bestä-
tigt eben dieser Name die Ansicht Falimerayer's vollständig-,
denn "|i":^y arnion liiess im Hebräischen und wahrscheinlich auch
in einigen andern ausgestorbenen Sprachen Vorderasiens die
Platane: Hermonassa bedeutet also genau dasselbe, wie Platana,
nämlich die Platanenstadt. Die Türken, denen das Wort unver-
ständlich ist, haben es sich mundgerecht gemacht, indem sie die
Stadt Puladhane aL>L=kJ^^. d. h. Stahüabrik nennen. Her-
monassa aber wäre nach obiger Bemerkung genau dasselbe wie
Pryinnessus, und würde diese Ableitung eine weitere Bestäti-
gung der von mir ausgesprochenen Vermulhung sein, dass
Prymnessus an der Stelle des heuligen Tschapuldagköi lag, wo
es an Platanen noch heutzutage nicht fehlt (vgl. Gel. Anzeigen
der k. bayr. Akademie der Wissenschaften, Nr. 35, 28. März
1860, S. 285).
Amorium, von aniur ,, stark", ,,fest", ,, unbewegt."^ Amo-
rium war bekanntlich zu den Zeiten des byzantinischen Reiches
eine wichtige Grenzfestung gregen die Araber.
Aezani. Nach einem von Steph. Byz. (ß.w L4L.avai) aufbe-
wahrten Fragment des Hermogenes ist der eigentliche Name der
Sin(\CE^nvävovv und aus den beiden phrygischen Wörtern ovavovv
„Fuchs" und e^iv „IgeV zusammengesetzt. Der Fuchs heisst
im Armenischen azue , der Igel ozni; letzteres Wort stimmt
sehr gut zu dem von Hermogenes angeführten t'^iv.
Ancyra. Dass dieser Name von ayxvqa ,,der Anker"
abzuleiten ist, wie man früher sich einbildete, wird Niemand im
Ernst glauben; Kiepert leitet den Namen vom armenischen ankur
„rauh," „uneben"; mir ist dieses Wort unbekannt; auch passt
die Ableitung wohl auf Ancyra Galatiae (das heutige Angora)
aber durchaus nicht auf Ancyra Phrygiae (das heutige Kilisse-
köi); ich glaube daher eher, dass es von hangrnan „Zelt'' ab-
zuleiten ist, was nnt den nomadischen Gewohnheiten der Lan-
desbevvohner besser übereinstimmt.
Haimane. So heisst jetzt der ebene, fast baumlose aber
3*
36 Sitzunt/ der pfnlos.-plitlol. Classe vom 4. Januar 1862.
äusserst fruchtbare Distrikt südwärts von Angora bis Sivri
Hissar; im Alterthuin gab es eine Provinz Chammanene ost-
wärts vom Halys. Die Volkssage, welche den Namen weder
aus dem Türkischen, noch aus dem Griechischen oder Armeni-
schen erklären kann, erzählt, hier habe eine armenische Fürstin
geherrscht , Namens Maria , und von ihr habe die Landschaft
ihren Namen, nämlich Haik Mano d. h. das armenische Mariechen.
Eine sehr einfache Ableitung bietet das gothische Wort haim
„ager" dar, wobei ich es dem Belieben der Forscher überlasse,
ob man diesen Namen für uralt oder erst aus den Zeiten der
Gallier herstammend halten will.
Kerkopia ist vielleicht von karakob „der Steinmetz"
abzuleiten, im Fall dort Steinbrüche sind; da aber die Lokalität
bis jetzt noch nicht wieder aufgefunden ist, so muss diess einst-
weilen dahin gestellt bleiben.
Ger m a stammt augenscheinlich von dscherm ,,w a r m", pers.
* ^ i^EQf.i6g ab, wegen der dort befindlichen heissen Wasser-
quelle.
Pessinus wird anh vnv ntoelv abgeleitet, entweder von
dem dort vom Himmel herabgefallenen Steinbilde der grossen
Göttermutter, oder von der grossen Anzahl der gefallenen
Todten in einer Schlacht; die Ableitung ist etwas misslich; da-
gegen haben wir schon vorhin das Wort hüsnutium „constilutio"
erwähnt, welches eine sehr natürliche Etymologie darbietet; in
diesem Falle würde der grosse Tempel der Kybele der Stadt
ihren Namen gegeben haben.
Tranopolis. Die letzte Hälfte des Wortes ist bekanntlich
griechisch; die erste Hälfte ist vielleicht von durn, (turn nach
heutiger Aussprache, trun in den Casibus obliquis) „Thor",
„Pforte" abzuleiten.
Vetestum entweder von vet „incisio", oder vom go-
Ihischen vaidodja ,,latro" und von stau, pers. ^j^ „Land".
Da aber die Lokalität noch nicht wieder aufgefunden ist, so
müssen erst spätere Untersuchungen darüber Aufklärung geben.
Mordtinann: Die altphriiyische Sprache. 37
Ich könnte dieses Register noch vermehren, aber es ist
immer eine sehr missliche Sache um Etymologien von solchen
Ortschaften, deren Lage noch nicht einmal bckamit ist. Ich
schliesse mit einigen phrygischen Wörtern, welche uns in den
alten Glossen aufbewahrt sind.
^^Q^uäv ,, Krieg-', vergleicht sich am besten mit dem eng-
lischen war, dem französischen guerre, beide von einem älteren
Wort abstammend, welches mit unserm phrygischen Worte
grosse Achnlichkeit hat; man ist bloss grammatische Endung.
Benag „Brod", Lassen <a. a. 0. S. 369) bemüht sich viel-
fach, um in den Indo- europäischen Sprachen ähnlichlautende
Wurzeln u. s. w. aufzusuchen; indessen ist das Wort nicht
bekos , sondern vekos auszusprechen, und schneiden wir die
griechische Endung ng ab, so behalten wir wek, welches mit
unsern deutschen „Wecken'" sich ganz ungezwungen erklärt.
Dasselbe gilt von
Bidn ,, Wasser", welches ebenfalls vedo und nicht bedo
auszusprechen ist, und womit Lassen (ibid.) ganz richtig das
gothlsche vate vergleicht.
IIvQ soll nach Plato phrygisch sein, und diess ist um so
wahrscheinlicher, da auch im Armenischen hur „Feuer" be-
deutet.
Mit den übrigen Wörtern kann ich zur Zeit noch nicht
viel anfangen. Dagegen will ich noch erwähnen, dass ich
während meiner Wanderungen in Phrygien (wo ich dreimal
1852, 1858 und 1859 war) manche Eigenlhümlichkeiten in der
Aussprache bemerkt habe, welche mir noch als Reste der alten
Sprache erschienen. Namentlich beobachtete ich diess bei dem
Buchslaben ^_j ; derselbe wird tief aus dem Schlünde heraus-
geholt, gleichsam als wollte man ihn durch Räuspern ausspuken,
wodurch ein eigenthündicher Mittellaut zwischen k und g her-
vorgebracht wird. Im vollen Bewusstsein dieser Eigenthiimlich-
keit habe ich im Laufe der gegenwärtigen Abhandlung nirgends
Anstand genommen, in den allen Wörtern und Namen k und g
38 Sitzung der math. - phi/s. Classe vom 11. Januar 1862.
als fast völlig gleichbedeutend anzunehmen. Ebenso wird derje-
nige, welcher die genaue Aussprache des türkischen weichen ^J
kennt, sich durchaus nicht an der Vergleichung von Phryges mit
dem gothischen frijai slossen.
3) Herr Spengel las über
,,Demosthenes' Rede neql ox Ecpävov als Bei-
trag zum Verständniss des Redners."'
Die Abhandlunof wird für die Denkschriften bestimmt.
Mathematisch - physikalische Classe.
Sitzung vom 11. Januar 1862.
Der Classensecretär gedachte zuvörderst des Verlustes,
welchen die Classe und in ihr die Gesammt - Akademie durch
den am 19. December 1861 unerwartet eingetretenen Tod ihres
vortrefflichen Colleoren Andreas Waffner erlitten hat.
Herr Jolly gab eine vorläufige Nachricht von dem Resul-
tate seiner Untersuchungen
.jUeber die Molecularkräfte."
Er bestimmte für 14 verschiedene Salzlö.sungen die Grössen
der Contractionen, welche durch allmählichen Zusatz von Wasser
eintreten, und zeigt, dass zwei Gesetze sich begründen lassen:
Voyel: ZerseHunys-Producte organischer Körper. 39
1) die Contractiojien verhalten sich unter sonst gleichen Ver-
hältnissen wie die Aequivalentzahlen der gelosten Körper;
2) die Contractionen erfolgen durch einen Zug der aufein-
ander wirkenden Molecule des gelösten und des lösenden
Körpers, und ihr Zug nimmt ab, wie die Quadrate der
Entfernungen der aufeinander wirkenden Molecule wachsen,
und ist verkehrt proportional der Summe der Aequivalente
der aufeinander wirkenden Molecule.
Herr Jolly wird diese Untersuchungen selbständig heraus-
geben.
Herr Vogel jun. trägt vor:
1) Ueber das Vorkommen von Stickstoff in den freiwilligen
Zersetz ungsproducten einiger stickstolffreien organischen
Substanzen.
Die verdünnten wässrigen Lösungen organischer Substanzen,
wie Dextrin, Zucker, W^einsäure, Oxalsäure u. s. w. erleiden
bekanntlich nu't der Zeit, auch dann wenn sie in verkorkten
Flaschen aufbewahrt werden, eine Zersetzung, indem in der
ursprünglich ganz klaren Lösung Flocken entstehen und nicht
selten im weiteren Verlaufe der Zersetzung voluminöse Sciiim-
melbildung von verschiedener Färbung auftritt. Die Lösungen
verlieren durch diesen Absatz theilvveise ihren ursprünglichen
Charakter, indem eine Zuckerlösung dadurch ihren süssen Ge-
schmack einbüsst, — der Säuregehall saurer Lösungen vermin-
dert wird. Hieraus ist es einleuchtend, dass diese Schimmel-
bildungen nicht von zufälligen Verunreinigungen der in Lösung
befindlichen organischen Körper herrühren , sondern dass sie
selbst an dieser Zersetzung Antheil nehmen. Die Untersuchung
eines solchen braungefärbten Absatzes aus einer Dextriidösung,
40 Sititintf der inath.-phijs. Classe vom 11. Januar 1S62.
welche mehrere Monate in einer verkorkten Flasche gestanden
hatte, ist die Veranlassunir zu dieser vorlaufio-en Älillheiluno-.
Die voluminöse Schimmelhiiduncr ^yar nach dem Abofiessen
der De.xtiinlösung auf einem Filtrum mit kaltem desfillirten
Wasser vollständig ausgewaschen und auf einem flachen Por-
cellanteller ausgebreitet im Wasserbade getrocknet worden.
Sie zeigte sich als überaus wasserhaltig, das Gewicht und Vo-
lumen der im feuchten Zustande sehr schweren und grossen
Stücke wurde beim Trocknen ausserordentlich vermindert, so
dass, um mehrere quantitative Versuche auszuführen, man bedeu-
tende Mengen des ungetrockneten Materiales zur Verfügung
haben muss.
Im getrockneten Zustande stellte diese Schimmelbildung
eine schwarzbraune hornartige Älembran von spröder Consistenz
dar, welche sich leicht lein pulvern liess. Sie erwiess sich nach
einer vorläufigen qualitativen Prüfung als entschieden stickstofF-
haltig : mit Kalium ofegrlüht und mit Wasser ausgezogen ergab
der vvässrige Auszug auf Zusatz von Salzsäure und einer
schwefelsauren Eisenoxyd-Oxydullösung einen Niederschlag von
Berlinerblau. Im Dunkeln vor dem Löthrohr behtmdelt zeigte
sich die für stickstofThaltige Körper charakteristische grüne
Färbung der Flamme sehr deutlich.
Diese Vorversuche veranlassten mich, den Stickstoff in
dieser Substanz quantitativ zu bestimmen. Die Menge dersel-
ben war zu zwei Verbrennungen mit Natronkalk ausreichend,
wobei das Verbrennungsproduct in Schwefelsäure von bestimm-
tem Gehalte aufgefangen und die Schwefelsäure hierauf mit
Natronlauge titrirt wurde. Die Resultate der beiden Versuche
ergaben sehr übereinstimmend einen Stickstoffgehalt von 6,4
und 6.6 Proc.
Die Untersuchung des Dextrins, welches zur Herstellung
der zersetzten Lösung gedient, liess in demselben keinen Slick-
stotl erkennen : auch die Schimmelbildungen aus der Lösung
umkrystallisirten Zuckers, gereinigter Weinsäure und Oxalsäure
zeigten einen Stickstoffgehalt zwischen 5 und 6 Proc.
Vogel: Zersetzvngs-Producte organisclier Körper. 41
Zur Erklärung- dieses SlickstofTgelialles in den freiwilligen
Zersetziing-sprodiicteii stickstofffreier Substanzen liegt es wohl
am nächsten, den bei nicht hermetischem Verschluss unver-
meidlichen organischen Staub in Betracht zu ziehen. Ich bin
dannt beschäftigt, den Gegenstand weiter zu verfolgen, indem
ich meine Versuche auf derartige Lösungen ausdehne, welche
unter hermetischem Schluss , in zugeschmolzenen Gefässen und
unter Baumwollenpfropfen aufbewahrt werden.
Derselbe erstattet
2) Bericht über einige practische Anwendungen des
Paraffins in chemischen Laboratorien und zwar über dessen
Anwendung zum Trocknen des Oelbades , zum Tränken von
Papier, um es gegen die Einwirkung von Säuren und Alkalien
zu schützen, zum Ueberzug der inneren Wandungen von Glas-
gefässen, welche dadurch zur Aufbewahrung von Flusssäure
geeignet werden und erwähnt endlich die von Herrn Professor
v. Kobell zuerst beobachtete Auflosung leicht oxidirbarer Sub-
stanzen unter der schützenden Decke schmelzenden Paraffins.
Historische Classe.
Sitziin«; vom 18. Januar 1802.
Herr Cornelius hielt einen Vortrag
„Ueber die Verschwörung von 1551, an deren
Spitze Kurfürst Moriz von Sachsen stand."
42 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1862.
Philosophisch - philologische Classe.
Sitzung vom 4. Februar 1862.
Herr Christ trug vor:
„Beiträge zur Bestimmung des altischen und
linderer damit zusammenhängender Talente/'
Ein genaues Studium der schwierigen Schrift des Priscian
de figuris numerorum quos antiquissimi hahent Codices führte
mich auf mctrolog-ische Untersuchungen , welche sich an den
wichtigsten Theil jenes Buches, der von den Zeichen der Mün-
zen und Gewichte handelt, naturgemäss anschlössen. Da ich
hierhei hald die Einsicht gewann, dass mit der diplomatischen
Feststellung des Textes zur Lösung der Hauptschwierigkeiten
wenig gethan sei, so wandte ich mich um so mehr den sach-
lichen Untersuchungen zu, um vielleicht hieraus einen Schlüssel
zum Versländniss mancher aufTälliger Angaben oder zur Ver-
besserung des überlieferten Textes zu gewinnen. Je weiter ich
aber in die Sache eindrang, desto mehr gewahrte ich, dass
ähnliche Anstände bereits ältere wie neuere Gelehrte beschäf-
tigt und zu den verschiedensten Erklärungen veranlasst hatten.
Zu gleicher Zeit aber überzeugte mich die Vergleichung der
übrigen aus dem Altcrthum uns erhaltenen metrologischen
Schriften , die immer noch der Forscher bei dem fühlbaren
Mangel eines Corpus libr. metrologorum aus den verschieden-
sten Büchern zusammentragen muss, dass der Texteskrilik, wenn
irgendwo, so bei diesen Schriften die grösste Vorsicht Noth thut,
und dass die richtige Methode wesentlich darauf hinauslaufen
muss, die widersprechenden Angaben der einzelnen Schriftsteller
aus den zu ihrer Zeit giltigen Gewichtsvethältnissen und den
oft sehr verschrobenen Ansichten über frühere Maasse und
Gewichte zu erklären. Auf solche V^eise aber ward ich weit
Christ: Beiträge %tir Bestimmung der attischen Talente. 43
Über die Grenzen der Erkliirnng des Priscian hinausgeführt und
zu Untersuchungen hingeleilet, die mit dem Schrirtsleller, von
dem sie ausgegangen waren, wenig mehr gemein hatten. Ich
werde daher auch hier meine Betrachtungen nicht an die ein-
zelnen Sätze des Priscian anschliessen, sondern sie zu einem
selbslständigen Ganzen zusammenfassen, das sich wesentüch um
die Gewichtsbestimmung des altischen Talentes dreht. Hierbei
werde ich solche Punkte, die schon von andern sicher gestellt
sind, nur kurz berühren, hingegen die eigenen Bemerkungen
und Combinationen ausführlicher behandeln.
Das attische Münz- und Gewichtsystem erhielt eine durch-
greifende Veränderung unter Solon, welche mit Scharfsinn und
Klarheit zuerst Aug. Böckh Metrologische Untersuchungen
Abschn. IX dargelegt hat, jedoch so dass dabei manche zwei-
felhafte Punkte mit unterliefen. Dabei ging Böckh von der be-
kannten Ueberheferung des Androlion bei Plutarch Solon c. XV
aus, wonach Solon zur Erhiichterung der überschuldeten Bürger
der Mine, welcher früher nur 73 Drachmen zugekommen seien,
100 Drachmen zugewiesen habe: lyMiov yao ennirjaE ÖQnxf-ioiv
r^v (.iväv Tr{}nj.€Qnv hßdof.it]x()Vxa. y.al roitor ovaav, tooz' aoi^^uiZ
fiiv Yonv, dvfdiiiei 6' eiazinv annöiönrnov iüff£lth>ltai fiev
Torg eKTirnvTag ueyäla. /.irjdev 6i ßlärTJea'iai toj c AOftiLO-
fieroi'c. Diese Angabe erklärte Böckh nach der einzig ver-
ständigen Weise so, dass er den Plutarch einer kleinen Unrich-
tigkeit zeihle, indem die Mine in keinem Münzfuss in 73 Drach-
men zerfallen sei, wohl aber Solon aus einem Silbergewicht von
73 alten Drachmen 100 Drachmen der neuen Währung ge-
schlagen habe. Mit dieser Ueberlieferung stellte alsdann Böckh
einen uns noch erhaltenen athenischen Volksbeschluss G. J. Gr.
Nr. 123' zusanmien, der die Handelsmine dLivä ffinoQiy.rj) auf
138 Stephanephoren- oder solonische Münzdrachmen festsetzte:
(1) Vcrgl. Böckli Staatshaushalt der Athener Bd. 11 p. 356 — 369.
2 Aufl.
44 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1862.
ayino dl X'l rj f.ivag y ffinngi-/./] ^recparr^rpoQnv öoayjiag
exavov TQidnovra xal oxcio nQog ru ocdif^i-ua ra Iv rio
aQyvQOKontiuj. Denn da es ohnehin naliirlich ist, dass sich die
vollwichtige Mine, die Solon in der iMünzpräg-ung um ein be-
deutendes reduzirte , noch langer als Gewicht in dem Handels-
verkehr erhielt, und da sich die Verhaltnisse 138 : 100 oder
100 : 72^Vpg und 100 : 73 bis auf ein minimum niihern, so
zog Bückh daraus den verlässigen Schluss, dass uns in jenen
138 Slephanephoren-Orachmen das Gewicht der vorsolonischen
Mine erhalten sei.
Bis hieher ist alles treffend und richtig, so dass nicht leicht
ein besonnener Forscher einen Widerspruch erheben wird. Nun
aber hat Böckh noch eine genauere Bestimmung des vorsolo-
nischen Talentes in einer Nachricht des Priscian de figuris nu-
merorum §. 10 zu entdecken geglaubt, mit der frühere Gelehrte
nichts anzufangen wussten und die unser Altmeister der Philo-
logie zuerst zu deuten verstand. Da nämlich dort Priscian aus
dem Griechen Dardanus anführt: Talentum Atheniense parvum
niinae sexaginta, magnum minae octoginta tres et unciae quattuor,
so bezog Böckh diese Bestimmung des grossen Talentes auf
jenes vorsolonisch- attische, das danach 8373 Minen des solo-
nischen Münztalentes betragen habe. Aber einen Haupteinwurf
gegen diese Annahme hat Böckh selbst vorgebracht, nämlich
den, dass sich 83 V3 : 60 genau wie 100 : 72 verhält, und
dass man demnach erwarten sollte, dass Plutarch die Mine der
neuen Währung nicht zu 73 sondern zu 72 alten Drachmen
veranschlagt habe L'm so mehr aber sollte man diese Zahl 72
statt 73 in dem Bericht des Plutarch erwarten, als die letzte
Zahl zu den Primzahlen gehört, hingegen die erste zu 100 in
einem einfachen leicht noch reducirbaren Verhältniss steht. Auch
lässt sich der Irrthum nicht auf Rechnung der ungenauen
Kenntniss eines späteren Schriftstellers setzen, da vielmehr Dar-
danus nach den Nachweisungen von Heinr. K«iP nicht vor
(2) Quaestiones gramraaticae p. 8 f.
Christ: Beiträge zur Bettimmung der attischen Talente. 45
dem Schluss des 4. Jahrh. v. Chr. gelebt haben kann, und
seine Herleituiig der späteren Kaisermünze mih'arense bei Job.
Lydus p. 56 ed. Bon. o öe JaQÖäviog sv tm tisqI ozaiffitov
XiXiior nßoläiv Uyei nükai yereoi^ctL lo ftiXiaQ/^oiov xal
dno trig yiliäöng tiov oßnhov otuwg ovnf.iatJ^r/vai gewiss
keine genaue Kennlniss des attischen Miinzwesens verrälh.
Nun liegen aber noch andere Dinge vor, die uns auf den
Gedanken führen, dass Dardanus oder Priscian an unserer Steile
verschiedene Dinge zusammengeworfen habe. Denn gleich die
Bestimnumg des grossen Talentes auf 83 IMinen und 4 Unzen
liisst uns vermuthen, dass hier die Aline mit dem Pfund ver-
wechselt sei, da ja die Mine in Drachmen nicht in Unzen ein-
getheilt wurde. Eine solche Verwechselung der griechischen
Mine und des römischen Pfundes lag aber ohnehin bei der un-
genauen Weise, mit der römische Autoren griechische Verhält-
nisse in lateinischen Worten auszudrücken pflegten, nahe genug;
und in der That finden wir amh, dass schon Plinius Mine und
Pfund verwechselt hat. Denn wenn derselbe N. H. XII, 14, 62
sagt : eliaumum tarnen invcniuntur guttae quae terliam partem
minae, hoc est XXVIll denariorum pondus, aequent, so hat er
entweder minae statt librae gesetzt oder, was weit wahrschein-
licher ist , das Gewicht der Mine dem eines Pfundes gleich er-
achtet; denn 28 Denare sind gerade der dritte Theil eines zu
84 Denaren ausgeprägten Pfundes, aber ein viel geringerer Theil
einer griechischen Mine. Eine solche Verwechselung konnte um
so leichter bei späteren Schriftstellern stattfinden, nachdem Nero
aus dem Pfunde 96 Denare oder Drachmen zu schlagen und so
das römische Pfund von 96 Drachmen der griechischen Mine
von 100 Drachmen sehr zu nähern begonnen hatte; und so
drückt PUitarch Fab. Maximns c. VII die argenti pondo bina et
selibras des Livius XXII, 23 im Griechischen aus durch dQa-//.ic(g
net'itjxovia xal öiaxoaiag, rechnet also das Pfund zu lOO
Drachmen, gleich als wäre es von Mine gar nicht verschieden;
und auf einer ähnlichen Verwechselung beruht die Angabe des
46 Sitzung der philo.s.-philol. Clusse vom 4. Februar 1862.
Servius % dass nach der Moslellaria des Plaulus zwei grosse
Talente 120, also eins 60 Pfund betragen habe, da Plautns an
den drei Stellen der Mostell. v.v. 647, 919, 1021 nur von
60 + 80, das ist 120 Minen nicht Pfunden redet. Auch Galen
bemerkt ausdrücklich an zwei Stellen *, dass Aerzte öfters
mit einer kleinen Ungenauigkcit 100 Drachmen ein Pfund statt
eine Mine zu nennen pflegten; und über die gleiche Ungenauig-
kcit späterer byzantinischer Schriftsteller mag man Gronov De
seslertiis p. 367 nachsehen. Doch solcher Umschweife bedarf
es kaum zur richtigen Auffassung unserer Stelle. Denn dass
Priscian Pfund und Mine miteinander vertauscht habe, kann doch
nicht deutlicher ausgedrückt sein als durch dessen eigene, un-
mittelbar vorausgehende Worte: libra vel mina Altica drachmae
septuaginta quinque, libra vel mina Graia drachmae centum
quinque; und dass er speciell an unserer Stelle : lalentum magnum
minae octoginta tres unciae quatuor jedenfalls mina im Sinne
von libra genommen hat, geht deutlich aus einer späteren Stelle
desselben Buches §. 13 hervor, wo er mit Bezug auf obige
Worte ausdrücklich sagt : idem Livius in XXXVIII ab urbe con-
dita ostendit magnum talentum Atticum octoginta habere üb ras
et paulo plus, cum super dictorum computatio manifestet octo-
ginta tres libras et quatuor uncias habere talentum, quod est
sex milia denariorum. Die Schiussworte zeigen aber auch zu-
gleich, dass Priscian — ob mit Recht oder Unrecht kommt vor-
läufig nicht in Frage — unter talentum magnum sich kein vorsolo-
(3) zu Vcrcjil Aen. V, 112: apiu! Romanos talcntuin est sexagiiita
librae, sic.ut Plautns ostendit in Mostellaria, qui ait duo talcnta esse
contum quadrasjinta (imnio : vigiuti) libras ideni ad IX, 2()5 : nam ut
supra diximus, secunduni Plautiim talentum sexaginta librarum est, qui
cum dixlsset deberi ccntuui viginti libras, paulo post iiitulit duo talenta
per ioeum dicens: debentur talcnta tot, quot ego et tu sumus.
(4) de comp. scc. gen. p. 883 ed. Kuehne : nozi fiiu yno dvri -itji
ftTOfti Soa/iins o yonjoioiv nvToi (fort, ol avTOi) , tiote Se avji irjs
firng, wo kurz zuvor p. 880 ol (Vt /.iTom im statt ol Se lirom u gelesen
werden muss. ibid. p. 445: iii; roniut;rs Si Siaftoeif , ikv evQtjxi Tiov
Son/^iiäi o ni'ji fiiäi XixQai yeyoufiut'iai x. r. X,
Chrht: Betträge -r-nr Bestimmung der attischen Talente. 47
nisches, sondern ein altrömisclies Talent von GOOO schweren
Denaren vorgestellt hat. Das gibt uns denn einen Anknü-
pfungspunkt zur weiteren Aufklärung über jenes grosse Talent
des Dardanus oder Priscian. Denn kurz zuvor lesen wir bei
letzterem : denariis autem illo tempore (nämlich im Anfang des
2. Jahrh. v. Chr.) nummi argentei erant viginti quatnor sili-
quarum; rechnen wir aber auf einen Denar 24 siliquae oder 4
Scrupel oder '/« Unze, so treffen auf GOOO Denare oder
1 Talent genau 83 Pfund 4 Unzen, wie hocii Priscian oben das
talentum magnum angeschlagen hatte. Also stellt sich auf diese
Weise heraus, dass Priscian entweder das allrömische Talent
dem grossen attischen gleich gestellt, oder geradezu unter je-
nem grossen attischen Talent ein römisches Talent von 6000
Denaren zu je 4 Scrupel verttanden hat.
Aber auch abgesehen von dieser Hinweisung auf römische
Denare, die Priscian selber gibt, lässt sich schon aus der Ge-
wichtsbestimmung des einzelnen Silberstückes auf 24 siliquae
oder 4 Scrupel die Schlussfolgerung ziehen, dass jenes Talent
mit der solonischen Zeit nichts gemein liaben kann. Zum Be-
weise hiefür müssen wir uns einen kleinen E.xcnrs über den
Ursprung der siliquae und scripula erlauben. Die Eintheilung
des scripulum in 6 siliquae oder y-toätta scheint erst zu Con-
stanlins Zeiten mit der Prägung des solidus und der Einthei-
lung desselben in 24 siliquae in das Münz- und Gewichlsystem
eingeführt worden zu sein. Das scriptulum aber war allerdings
schon dem Varro bekannt, wie wir aus einer Mittheilung des-
selben über die fabelhafte Silbermünze des Servius TuUius bei
Charisius p. 81 P. schliessen können: Scriptulum, quod nunc
vulgus sine t. dicit, Varro in Plulotoryne dixit, idem in annali » * :
nunnnum argenteum flalum primum a Servio Tullio dieunt, is IUI
scripulis maior fuit quam nunc est. Ja es war dasselbe nach
Plinius^ bereits früher bei dem Beginn der Qoldpnigung in
Rom (217 v. Chr.) in Anwendung gekommen; aber das steht
(5) N. H. XXXIII, ]3, 47: AureiKs nuniniiis post annos LI percussus
est quam argenteiis, ita ut scripulum vaieret sestertiis vicenis.
48 Sitzung der philoi-.-philol. Classe vom 4. Februar 186i.
doch vor allem Zweifel sicher, dass die Eintheilung einer grös-
seren Einheil in scriptula oder ygci/iiuaca gewiss nicht mit dem
Minen- und Drachniensystem in Verbindung steht. Denn da
der Zusammenhang der 24 scriptula mit den 24 Buchstaben des
Alphabets auf platter Hand liegt ^, und letztere offenbar den
Gewichtlheilen den Namen gegeben haben, so gab es sicherlich
nie mehr und nie weniger als 24 scriptula. Nun gehen aber
weder auf die Mine noch auf die Drachme 24 scrip. , genau so
viel aber auf die Unze, und desshalb kann von einem Zusam-
menhang der Scrupeleintheilung mit der Mine und Drachme ge-
wiss keine Rede sein. Aber desshalb braucht doch dieselbe
noch nicht von der römischen Uiwse ausgegangen zu sein, viel-
mehr widerspricht einer solchen Annahme gerade die Zahl 24;
denn da das lateinische Alphabet» nie 24 Buchstaben sondern
anfänglich nur 21 später 23 zählte, so würde die Unze, wenn
die Scrupeleintheilung römischen Ursprungs wäre, in 21 nicht
in 24 scrip. zerfallen sein. Eher wäre eine Herleitung aus
Sicilien möglich, wo bekanntlich gleichfalls das Gewicht nach
Pfunden (JÄtqui) und Unzen {ovyxlai) bestimmt wurde, doch
neige ich mich dahin, dieselbe nnt dem gutbezeugfen Goldtalent
in Verbindung zu setzen, zumal wir über die Grösse des siki-
lischen Pfundes zu wenig unterrichtet sind '. Jenes Goldtalent
nämhch, von dem die attischen Comiker reden und dessen auch
spätere Schriftsteller gedenken \ betrug 3 Goldstateren oder
(6) cf. Pseudo- Piiscian de poiuieribus v '25 fT. :
Graiiiinata dicta quod liaec vigiuti quattuor in se
Uncia habet, tot eniui formis vox nostra notatur,
Hoiis quot mundus pciagit iioctenique dieinque.
(7) Ob das sikilische Pfund ganz dem römischen gleich war, halte
ich für ungewiss; doch stimme ich desshalb noch niclit Mommsen (iesch.
d. Rom. Miuizw. p. 80 bei, der aus sehr unzutänglicheu Gründen die sy-
rakusanische Litra = '/j röm. Plund setzte.
(8) Etym. M. p. 675: To tnlavrov xara rovi rtaXntovs ;foi'aovi;
ei/e Toelf Siö y.ni <Pi).r;fi(OV 6 y.(0/tix6g yr]at
Sv' ei Xäßot
Tnf.avxa, -/^ovaovi E^ i'^cop arcoioerat.
Christ: Beiträge zur Destimnntny der attischen Talente. 49
6 altische Drachmen, bei der Goldprägung war man aber zu-
meist wegen des hohen WerUies des Materials auf ein kleineres
Gewicht als die Drachme angewiesen, und da jenes Goldtalent
von G solonischen Drachmen fast genau auf das Gewicht einer
römischen Unze herauskam, so begreift man leicht, wie man
jene Eintheilung des Goldlalentes in 6 Drachmen und 24 Scru-
pel auf die römische Unze übertragen und auch sie in 6 alte
Denare und 24 Scrupel einlheilen konnte. So viel aber ergibt
sich jedenfalls aus dem gesagten , dass eine solch einfache
offenbar normale Bestimmung des Silberstückes auf 4 Scrupel
mit der alten altischen Drachme in gar keiner Verbindung
stehen kann ; denn eiiuiial ist von einer Eintheilung der Mine
oder Drachme in Scrupel oder ygä^juara überhaupt keine Rede,
dann aber, und das ist die Hauptsache, ist das jonische Alphabet
von 24 Buchstaben erst lange nach Solon unter dem Archen
Euclides ol 94, 2 an die Stelle des altattischen von IG Buch-
staben getreten Ist dieses aber der Fall, so gehl jene Be-
stimmung des Silberstücks auf 4 Scrupel nicht auf die altische
Drachme, und ist desshalb auch das daraus gewonnene talentum
magnum von 83 Minen und 4 Unzen nicht auf ein altisches,
sondern auf ein altrömisches Talent von 83 '/j Pfund oder von
GOOO vier Scrupel wichtigen Denaren auszulegen.
Damit fallen denn auch die abenteuerlichen Annahmen von
cf. Dipliilus bei Meiiieke IV^, 379 ir 'Ava/voto: ßon/v rt i'on t«-
f.ayroi'. Poliiix IV, 173: o Se /ovoovs arnrijo Svo rjye Sonyjict? Arrixas,
tÖ 8i räXavTOv tof'h yovaoi'i; id. IX, 53: ijSvvaro Se rd rov yovaiov
ta/.arxov roeli ■/nvooüi ^Triyovi , rb Se rov nnyvQiov ttfjy-ovra itväi
li^TTty.ni; Eiistalliius ad II I 122: ttwo' 'ArrtnoTi uiv vajeoov eii «I«-
xioytliov; aT«r/;orts- uvrö (sc. rä/.ai'Tor) Ttenit'uTt; , rö Se MnyeSoi'txöy
T(i}.ayrov Toeii rjani' yovaivoi. Bei Hcro - üid^mus lesen wir freilich:
ayei ovv ro /ovaovv TriknvTOv 'ATTty.ks S^axfins ß y^ätiftara g , aber
hier scheint eine Verwechselunsj von rä'/.niTor und oTnrr;o stattgefunden
zu haben, wenn man niclit mit Böckli Metrol. Unt. p. 34 4 hierin eine
spätere Veranschlagung des Goldes in Kupfer erblicken will.
[1463. l.j 4
50 Sitzung der j>hiloa.-phüol. Classe vom 4. Februar 1869.
Rome de l'lsle, der in seiner Melrologie^ das kleine altische
Talent mit seiner samischen , das grosse mit seiner corinthi-
schen Drachme in Verbindung- bringt, worüber es sich nicht
verlohnt ausfiilu'licher zu handeln.
Muss nun aber bei Priscian im zweiten Glied ,.talentum
magnum minae octoginta tres et unciae qualtuor" das Wort mina
in dem Sinne von libra genommen werden, so sollte man er-
warten, dass auch im ersten Glied ..talentum Afheniense parvum
minae sexaginla" mina so viel als libra gelte. Da scheinen
wir nun mit unsrer ganzen Erklärung in die Enge getrieben zu
werden. Denn es gingen wohl seit Nero nur 62 V^ Pfund auf
das Talent, dns man missbräuchlicher Weise das attische nannte,
und ward auch unter manchem der nachfolgenden Kaiser der
Denar noch geringhaltiger ausgebracht, so dass auf 6000 Denare
oder ein Talent effektiv nicht viel mehr als 60 Pfund kamen;
aber normal stand doch das Talent nie unter 62 '/j Pfund'",
und anzunehmen, dass Priscian, der im zweiten Glied so genau
ist, dass er sogar ausser den Pfunden noch die Unzen angibt,
im ersten Glied so ohne weiters gleich 2'/., Pfund der runden
Zahl zu lieb vernachlässigt habe, das heist doch der allerdings
grossen Gedankenlosigkeit unsers Grammatikers gar zu arges
zumuthen. So scheint uns also nichts übrig zu bleiben als an-
zunehmen, dass Priscian bei dem kleinen Talent das solonische
zu 60 Minen, bei dem grossen ein römisches von SIV/j Pfund
im Sinne gehabt habe. Wie kam aber Priscian dazu so ganz
verschiedene Dinge zusammenzuwerfen ? Ich denke er selbst
und andere Metrologen geben uns hierfür eine vollständig ge-
nügende Erklärung an die Hand.
Von Nero war bekanntlich der römische Denar, welcher
(9) p. 98 und praof. X.Xll
(10) Denn die Bestimmung des angeblichen Eiisebius bei Salmasiu.i
Refut. p. 57; rä/.ftrTor '/.iTOt'tr t iirn /.ironi n, /.irnn ovyy.ioii' tji ist
doch nur eine ungenaue und ungofähie, die eben auch auf einer Ver-
ivechsclung von Mine und Pfund beruht.
Christ: Beiträge zur Bestimmung der attischen Talente. 51
zuvor normal Vg,, Pfund wog, auf '/«g Pfunil oder auf 3 Scrupel
reducirt worden, und dieses geringe Gewicht des Denar erhielt
sich in der ganzen Folgezeit, so lange überhaupt Denare ge-
schlagenwurden, nur dass einzelne Kaiser denselben bald etwas
höher bald etwas niederer ausbrachten. Nun wussle man aber zu
Dardanus Zeit noch recht gut, dass nicht zu allen Zeiten der Denar
ghiich Vgs Pfund gewesen war, und man halte nicht bloss noch
Kenntniss von dem vorneronischen Denar von Vg^ Pfund oder
3% Scrupel sondern auch noch von dem im Anfang der römi-
schen Silberpriigung zu V7 2 Pfund oder zu 4 Scrupel ausge-
brachten Denar. Die Thatsache, dass die ersten römischen Denare
bis zum J. 217 v. Chr. normal 4 Scrupel wogen, steht jetzt
nach den genauen Wiigungen der ältesten Stücke fest, worüber
Theod. Mommsen Gesch. des Römischen Münz*vesens p. 297 ff.
die bestimmten Nachweisungen gegeben hat. Aber wir haben
auch über diesen ältesten römischen Münzfuss ausdrückliche bis-
her nur nicht gehörig beacht(>te Zcugm'sse von Schriftstellern.
So sagt der älteste und wichtigste der uns erhaltenen Metro-
logen, der Metrolog der Benediktiner bei Montfaucon Palaeo-
graphia graeca p. 3G9: /) de Uiqcc eyu ovyyiag <~, olxccg ^
Ev ullv) Oji; hier bezieht sich der Ansatz des Pfundes auf 75
oXxal auf die solonisch-aftische Drachme, wie wir später ge-
nauer darthun werden, die Bestimmung auf 72 okxal aber kann
kaum auf etwas anderes als auf den ältesten röinischen Denar
zu V72 Pfund oder 4 Scrupel gehen". Eines solchen Denar
(11) Qucipo e.s.sai sur Ics s^stcino.s nielr. et inonr'l des ;nic. peuples
I p. 193 gibt ricilicii eine andere Erklärung, indem er den ünteiseliied
in der Zaiil der ö/.y.ni auf zwei verschiedene Pfunde tiezielit, von denen
das erste das römische von 325 (iramm, das zweite das römisch-iigvptische
von 339,84 Gramm sei. .\her wollten wir auch alle andern dort aufge-
stellten Hypothesen zugeben, so konnten wir doch nicht der Annalime
zweier verschiedener Pfunde beipflichten, da keiner der Metrologeu,
von der fraglichen Stelle abgesehen, etwas von einem solchen Unter-
schied weiss. Es wäre aber doch sehr auffällig, wenn jene Mctrologen,
4»
52 Sitzung der jjhilos. philol. Classe vom 4. Februar 1862.
erwähnt mit klaren Worten der 7, Metrolog des Galen
c. XU ed. Kuehne: rj doayjti) noiil yQÖ.jn/naTa y to de
drjpc'cQinv tysi yga/nfiaza d ; und eine ähnliche Angabe enthält
der 2. Metrolog- des Galen c. VIII: co azäyiov (i. e. sexta pars
iinciae sive qualuor scriptula) ö>iic'ivinr Vv . . . q duayui] y.toäcia
//;. Ja am vollständigsten überliefert diese Ansicht Priscian
selbst de fig. nnnier. §. 13: denarii autem illo tempore nummi
argentei erant viginti quatliior siliquaruni, quod in eodem libro
ostendit Livius'^: signati argenti LXXXIIII niilia fuere Alticorum;
tetrachma '^ vocant, trium fere denariorum in singulis argenti
est pondus Nun ist zwar jene Annahme ganz irrig, weil um
das Jahr 560 der Stadt — denn in dieses fällt die Erzählung
— der Denar entschieden nicht mehr auf V,,, sondern nur noch
auf V84 Pfund o'der nicht ganz 21 siliqnac ausgebracht wurde,
und ist überdiess das Zeugniss des Livius, wenn anders das-
selbe verlässig ist, in einer ganz verkehrten Weise ausgebeutet
worden; aber immerhin ist doch daraus ersichtlich, dass man zu
Priscians Zeit den allen rönn'scheii Denar, vielleicht durch das
Gewicht des solidus und miliarense veranlasst, auf 4 Scrupel
oder 24 siliquae anschlug. Aber auch noch andere Münz- und
Gewichlsangaben können in dem gleich<'n Sinn gedeutet werden.
Wenn nämlich der Metrolog der Benediktiner sagt : zo de
yqä(.i(.ia eaciv oßoXng a xaAxni d, und im Einklang damit der
die zum Tlicil äiryplistlipr Hcrkiiiifl sind iiiui so viclos iiiul njeiiaiies von
den verschicdeiii'ii .\iten der Mine berichten, für den Unterschied der
Pfunde kein Wort gefunden hätten. Die aus dem Alterthum erhalleneu
Gewiciile aber pflegen keineswegs so exact zu sein, dass sich aus deren
Verschiedenheil ein verschiedenes Normaigewieht des Pfundes dedu-
ciren liesse, wie Queipo an genannter Stelle gethan hat.
(12) Livius XXXIV. 52.
(13) Denn tetraciima ist mit den Hdseh., nicht tetradrachma mit der
vulgala und Keil zu lesen; cf. Letronne Consid. gener. sur l'evaluation
de.s mon. grec. et rom. p. UO, Momnisen Gesch. d. ruui. Miinzw. p. 72
und C. 1. G. Nr. 1570 b.
Christ: Beiträge zur Bestimmung der attischen Talente. 53
4. Metrolog des Galen angibt: xo öi ygäfifta l'xet, oßnlov a
-/aXKovg ~d, so kann dabei nur an eine Drachme von 4 Scrupel
gedacht werden; denn wenn der Scrupel 1'/^ Obolen gleich ist,
so macht der Obol ^/a Scr. und also 6 Obolen oder 1 Drachme
6 X ^/s =: 4 Scr. aus. Indess ist auf dieses Zeugniss kein
Gewicht zu legen, da die Obolen nicht zum Denarsystem ge-
hören, und daher hier auch eine nicht ganz genaue Bestimmung
dessolonisch-attischen Obol gegeben sein kann. Noch bedenklicher
steht es mit einer andern Angabe des eben erwähnten 4. Metro-
logen des Galen : n ds oßnlng yalxnvg g. Denn da der Obol
in der Regel zu 8 chalcus angegeben wird , so könnte man
auch diesen abweichenden Ansatz daraus erklären, dass der
neronische Obol wohl noch 8 eigene chalcus, aber nur 6 chalcus
des alten Obol von ^/g Scr. betragen habe. Aber jene ganze
Angabe, dass der Obol in 6 chalcus zerfallen sei, ist nach den
Nachweisungen Böckhs'* höchst unzuverlässig. Denn aller
Wahrscheinlichkeit nach ist dieselbe aus einer corrupten Lesart
des Mathematikers Diodorus geflossen, wornach auch Suidas
S V. rdlavTOP sagt: Tälavcoy , cog qt](Jt JiödiOQng ev tiTt
nsQL aiai^(.nZv , (.ivwv saiiv ^, i] de f^va J(>a/,«wi' g , r] de
Sgr'yarj nßn?.(vv f-'S , o de oßolng x«^'<wj' g, o öe /orAxovg
Xerrnov C, während die ächte Ueberlieferung in den Schoben
zu II. E 576 erhalten ist: 6 da Jiööioqng iv tip ueqI orai^-
ftüiv: tdXavvöv eori f.ivüjv §, ij ds fiira dQayjicov o , tj ds
ÖQax/itrj oßoLöJv g, o öe nßo).og yaXxiuv rj , o ös yaXxovg
Xemöjv L. Doch wenn wir auch diese beiden letzten Zeugnisse
nicht zählen lassen, so geht doch aus den übrigen sattsam hervor,
dass man noch in der Kaiserzeit eine Vorstellung von einem
altrömischen Denar hatte, der etwas schwerer als die solonisch-
attische Drachme war und genau Vß Unze oder 4 Scrupel wog.
Zu diesem alten römischen Talent, dessen Drachme, Denar
(14) Gerhards Archäologische Zeitung, a. 1847 p, 44 ff.
54 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar i862.
genannt, 4 Scriipel wog, sctzle man dann in späterer Zeit das
neronische Talent, dessen Drachme 3 Scrupel betrug, in Gegen-
salz, und bezeichnete dabei gewühnh'ch letzteres missbräuch-
lieber Weise als altisthes Talent und den dazu gehörigen Denar
als altische Drachme oder Drachme schlechthin. Daher kömmt
es, dass die Drachme von den Metrologen der Kaiserzeit in der
Regel zu 3 Scr. angeschlagen wird, wiewohl dieselbe doch nach
attischer Wahrung bedeutend mt'hr nämlich 3,87 Scr. wog. So
wird von den sämmtlichen acht Metrologen, die den Werken
des Galen angehängt sind, und die mit den Namen des Galen
der Cleopatra und des Dioscorides in Verbindung gesetzt wer-
den, die Drachme zu 3 Scr. und von den meisten derselben im
Einklang hiermit der Obol zu V« Scr. oder zu 3 siliquae ange-
geben. So lehrt ferner unser Priscian de fig. num. §. 13: vide
quod quattuor drachmae sint septuaginta duae siliquae — diximus
enim superius, quod tres oboli, quorum singuli sex siliqnas ha-
beant, drachmam faciunt'", und stimmt somit mit Pseudo-Priscian
de ponderibus v. 17 f. überein :
Scripla tria drachmam vocitant, quo pondere doctis
Argenli facilis Signatur nummus Athenis.
Auch in dem metrologischen Fragmente , das im cod. Bo-
biensis jenem Gedichte angehängt ist. und im Hero -Didymus '*
(15) Oben §. 10 hatte Priscian bloss gesagt: obolus dicitur. ut Dar-
danus docet, scripiilus esse, id est sex siliquae. drachina sive argenteus
scripuli tres. Aber Priscian hat hier irrtliüuilich den Ohol dein Scrupel
gleich gesetzt, da G Obole auf die Drachme gehen und demnach erst
2 Obole einen Scrupel ausmachen. Indess ist dieser Irrlhum dem Pris-
cian gemeinsam mit dem 7. Metrologen des tialen c. XII ö oßoJ.öä Tioiel
yoünfin. Auch ist damit Isidorus XVI. 25 zu vergleichen, der wohl den
Obolus nur zu 3 siliquae oder '/i Scr. anrechnet, aber die Eintheilung
des Obolen in S chakus auf das scripulum überträgt, und desshalb dem
Obol nur 4 chakus zukommen lässt : eakus minima pars ponderis. quarta
pars oboli e.st. cf. anthol. lat. \r. 1068: Unus item scripulus cakis com-
ponilur octo.
(16) Letronne Recherches sur Ht'ron p. 50 und Angelo Mai Iliadis
fragmenta et picturae.
Christ: Beiträge zur Bestimmung der atiischen Talente. 55
findet sich der gleiche Ansatz der Drachme zu 3 Scr. , und
wird obendrein in letzterem auch die attische Mine an Gewicht
und Werlh der neronischen mit den Worten gleich gesetzt: tT^
ovv Ldtziyfj TH)6g T£ üiaüi-iov xal v6fiiO(.ia XQr^aisnv loodv-
va(.iog yc'cQ lau xal iooozdaing rfj 'iralixfj /iirä, tj oiair^QWv
eaii x€, r] ös 'IraXixij Xiioa OTatiQiov xö. Davon ausgehend
setzt alsdann die Cleopatra bei Galen c. X die attische Mine,
von der sie die Gewichlsmine scheidet, zu 12 '/2 Unzen das ist
zu 100 X 3 Scr. an: 17 ^ylirix)] ftrcc lyti ovyyiaq, iliS; und
gewiss stand dieselbe Bestimmung auch im 2. Metrologen des
Galen c. VII, da dort die Worte rj deliTiixi] {sc. [.ivCc) oväyia
xuia ofTenbar zu r) de i^crixi) kivoav fiiav ardyicc toia er-
gänzt werden müssen.
Nach dem Gesagten steht es also fest, dass man in der
späteren Kaiserzeit streng zwischen dem altrömischen Talent
und dem Talente der von Nero eingeführten j\lünzwährung
schied, und dass man dabei das erste zu 83 Pfund 4 Unzen
anschlug, das letzlere aber gewöhnlich mit dem attischen con-
fundirte. Nun hatte man gewiss damals auch noch Kenntniss
von dem Unterschied, wenn auch nicht des vor- und nach-
solonischen Talentes, so doch des schweren Handelstalcnfcs und
des leichten Münztalentes, die nebeneinander in Athen in Brauch
waren. Da diese beiden Talente nun gleichfalls in dem ähn-
lichen Verhältniss von 60 Minen zu 83 Minen standen, und man
Mine und Pfund öfters für gleichbedeutend nahm , so laop die
Verwechselung des solonisch -.attischen Talentes mit dem nero-
nischen und des attischen Handclstalentes mit dem allrömischen
Münztalenl nahe genug. Auf solche Weise erklären sich deim auch
die in Frage stehenden Worte des Priscian: talentum Atheniense
parvum minae sexaginta, niagnum minae octoginta tres et unciae
quatuor, indem hier Priscian oder sein Gewährsmann in das
erste Glied den einfachen Werth des solonisch-attischen Talentes
in Minen, in das zweite die genauere Gewichtsbestimmung des
altrömischen Talentes in Pfunden und Unzen einsetzte.
56 Silzting der phitos.-philol. Classe vom 4. Februar 1862.
So jToni wir nun auch diese heiküche Aufgabe die Ver-
kehrlheilen und Absurdilälen spaterer Grammatiker zurecht zu
legen und deren Unverstand zu erklüren, vorlassen möchten,
so müssen wir doch noch einen Punkt besprechen , der uns
schhesshch aber auch auf ein interessantes Factum führen wird.
Da nämlich das römische Pfund seit Nero 96 Drachmen enthielt,
die solonisch- attische Mine aber, wie wir später noch genauer
sehen werden, IVj Pfund wog, so dass 75 solonische Drachmen
auf ein Pfund gingen , so erdichtete Pseudo - Priscian in seinem
Gedichte de ponderibus v. 28 IF. ein altisches Pfund, das nie
existirte, und hielt dasselbe für kleiner als das lateinische, weil
es nur 75 Drachmen umfasse, während in der That die Pfunde
gleichen, aber die Drachmen verschiedenen Gewichtes waren.
Denn in diesem Sinne sind, wie schon Böckh Metr.ol. Unters,
p. 117 nachgewiesen hat, die Verse zu erklären:
Unciaque in libra pars est, quae mensis in anno:
Haec magno Latio hbra est genlique togatae,
Altica nam minor est: ter quinque haue denique drachmis
Et ter vicenis tradunt explerier unam,
Accipe praeterea patrio " quam nomine Graii
Mnam vocitant, nostrique minam dixere priores,
Centum hae sunt drachmae, quod si decerpseris illis
Ouattuor, elTicies hanc noslram denique libram.
Unmöglich aber kann der folgende Vers in der Gestalt
richtig sein, in der er jetzt gelesen zu werden pflegt :
Attica quae fiet, si quartam dempseris hinc, mna
Denn eine attische Mine zu 72 Drachmen ist ganz unerhört,
und der Dichter will nicht angeben, wie gross die attische Mine
war, sondern wie man aus der allgemein giltigen Mine von
100 Drachmen, das römische und attische Pfund finden könne,
und da der cod. Bobiensis, die einzige Textesquelle dieses Ge-
(17) patrio Vlnetus: parvo cod.
Christ: Beiträge zur Bestiffimuny der attischen Talente. 57
dichtes, dcnipscris emtiam bietet, so ist offenbar mit dem scharf-
sinnigen Vinetus zu lesen:
Altica quae fiet, si qnartam dempseris unam.
Das heisst, das röniische Priiiul erhiüt man, wenn man von der
Mine von 100 Drachincn vier, das attische, wenn man ein volles
Viertel abzieht.
In ganz gleich verkehrter Weise hat Priscian De fig. num.
§. 10: libra vel mina Attica drachmae septuaginta quinque das
attische Pfund zu 75 Drachmen, statt das römische Pfund zu
75 soionisch-atlischen Drachmen angesetzt. Schwieriger zu er-
klaren sind die gleich folgenden Worte: libra vel mina Graia
drachmae centum quincjue , über deren Bedeutung die Erklärer
gar wunderliche Meinungen aufgestellt haben. In den alten
Ausgaben wurde geändert: libra vel mina Graia drachmae nona-
ginta sex, weil gleich unten §. 14 folgt: Italica autem mina
drachmas habet, ut supra dictum est, uonaginta sex; aber dann
hätte man auch gleich vollständig ändern sollen: libra vel mina
Italica drachmae nonaginta sex, da eine mina Graia von 96
Drachmen ein wahres Monstrum ist. Jedoch kann bei den jetzt
fester stehenden Grundsätzen der Kritik von keiner der beiden
Abänderungen der handschriftlichen Lesart mehr die Hede sein.
Weit mehr Wahrscheinlichkeit hat es für sich, dass, wie Linde-
mann angenommen hat, nach drachmae centum quinque ein
weiteres Glied : libra vel mina Italica drachmae nonaginta sex
ausgefallen ist. Aber gewiss und nothwendig ist diese Ergän-
zung keineswegs; denn Priscian konnte auch mit Bezug auf die
vorausgehenden Worte: uncia drachmae octo unciae
duodecim libra später sagen: Italica mina drachmas habet, ut
supra dictum est, nonaginta sex, zumal wir bereits oben p. 54
eine gleich ungenaue Beziehung auf eine frühere Aeusserung
nachgewiesen haben. Wie sind nun aber jene handschriftlich
sicher stehenden Worte : libra vel mina Graia drachmae centum
quinque zu erklären? Auf das einzige richtige werden wir durch
die weiter unten folgenden Worte §. 14: et sciendum, quod
secundum Livii computationem centum minae Atticae , quarum
58 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1862.
singulac sepluaginta quinquc drachmas liabent, faclunt talentum
magnum ; naiii minus scxaginta haltet sccundum Dardanutn ge-
führt. Denn Priscian, bei dem es überall vom grossen Talente
spukt, hat hier mit einer freilich ganz unglaublichen Verworren-
heit doch angedeutet, dass die attische Mine von 75 Drachmen
auf den Unterschied von dem grossen und kleinen Talent Bezug
habe. Setzen wir nun das von Priscian aus Dardanus gege-
bene, oben weitläufig erörterte Verhältniss dieser beiden Talente
in Beziehung zu den erwähnten 75 Drachmen, so erhalten wir :
60 : 8373 = 75 : X.
, . , 83'/3 X 75 _ 250 X 75 _ ..,,
Demnach ist x =: 7.^^ = - oq = ^^^ '«
und dieser Werth von 104'/, kommt der runden Zahl 105 so
nahe, dass kein Zweifel mehr darüber obwalten kann, dass hier
Priscian unter mina Graia das vorsolonisch -attische oder das
spätere altische Handelstalent verstanden habe. Diese Notiz ist
uns aber um so willkommener, als wir daraus ersehen, dass
jenes vorsolonische Talent, das auch nach der Münzreduction
des Solon in Allika im Handelsverkehr noch in Geltung bheb,
das alle allgemein griechische Talent gewesen sein muss.
Um nun den unterbrochenen Faden der Untersuchung wie-
der aufzunehmen, so ist es jetzt klar geworden, dass wir zur
Bestimmung jenes grossen Talentes keineswegs von der nur
scheinbar genauen Angabe des Priscian ausgehen dürfen, und
dass wir somit das solonische Talent zu dem vorsolonischen
entweder nach Piularch in das Verhältniss von 100 : 137, oder
vielmehr nach der amtlichen Bestimmung des erwähnten Volks-
beschlusses in das Verhältniss von 100 : 138 setzen müssen.
Wie gross war nun aber in bestimmten Ziffern und Gewichtan-
gaben jedes der beiden Talente?
Zur Beantwortung dieser Frage haben wir mehrere Ueber-
licferungen, von denen aber die wichtigste und genaueste bis
jetzt noch nicht benützt worden ist. Vorerst hat Mommsen
Gesch. d. Rom. Münz. p. 2i ff. mit einer für mich vollständig
überzeugenden Beweisführung dargethan, dass das von Solon
Christ: Beiträge zur nesthnmung der atthcheu Talente. 59
in die Münzwiilirung eingeführte Talent kein anderes gewesen
sei als das euböische, und dass daher auch spiiler noch die
Römer in Verträgen mit {\c\\ Karthagern, den Aetolern und mit
Antiochus die zu leistende Geldsumme in euböischen Talenten
festselzlen, wo an nichts anders als an solonisch- attische Talente
gedacht werden kann. Eutsc^heidend und für die Gewichtsbe-
stimmung des fraglichen Talentes von einziger Wichtigkeit sind
die beiden Stellen des Polybius über den Vertrag der Römer
mit Antiochus. Unter den von den Römern gestellten Friedens-
forderungen heisst es niimlich daselbst XXI, 14 delv yag ainovg
Erßo'ixa zäkavia enidoinai (.ivqia xal neviaxLOXi^icc
'Po/^icioig dpTi rrjg slg xöv n.nlef.inv öariävi^g' rovciov öe
nerraxnoia liiev naoayiQijua , öioxiXia de xal neviaxnaia
näkiv, Ineiöav o dt'^f.iog v.vQiöoij zag öialvasig, za de Intna
releiv ev ereoi öwöeKa öidövia xaiy exaozov ezng ÖLoyJXia
zäkavza. In dem förmlichen Friedensvertrag 1. XXII c. 26
aber findet sich folgende Bestinnuung: doyvQLov öe önrot
^dvzioyioglAtzixov'^Ptoitaintg tcoioTov zäXavta fii'gia dioxOua
ev eiEOL öiödev.a diöovg xalh'' f-'^aatou i'cng xilia — /nrj
ekazcov d' eXxeico zo zäiavvov XizQOJp'Pi'iiiia'iy.cö}' oydnrjxovTa.
Aus dem Zusammenhalt dieser beiden Stellen schloss nun
Mommsen mit entschiedener Bestimmtheit, dass das euböische
Talent nicht verschieden sein könne von einem Talent in atti-
schem Geld und dass ein solches Talent 80 römische Pfund
beiragen habe. Hat Polybius es noch wohl vermieden von
einem altischen Talent zu sprechen, da wahrscheinlich in der
Zeit vor Christi Geburt ein Talent von 6000 vollwichtigen
solonisch-attischen Drachmen nie attisches, sondern stets euböi-
sches genannt worden war, so hat hingegen der ungenauere
Livius in den Präliminarien '* allerdings noch von euböischen
(18) Liv. XXXVII, -47: Pro iiipensis dcinde in bellum factis quiii-
dcciui milia talentuin Hiiboicoriiin dabitis, quingenta pracsentia, dno niilia
et quingcnta cum scnatus populusquc Roraanus patem comprobaveriiit,
milia deiude talcntum per duodecim annos.
60 Sitzvtiff der philos.-phüoL Classe vom 4. Februar 1868.
Talenten gesprochen, in dem endgilligen Friedensvertrag aber"
schon den nachlassigen Ansdrucii argenti probi duodecim miba
Atlica talciita slalt des correkten argenti probi Attici duodecim
milia lalcnia *" einflicssen lassen. Da jedoch auch er hinzufügt:
talentnrn ne minus pondo octoginta Romanis ponderibus pendat,
so stimmen beide Schril^steller in der Ansetzung des euböischen
Talentes oder eines Talentes solonisch- altischen Geldes auf 80
römische Pfund völlig überein
Hiermit stehen nun ferner die Angaben der Metrologen
des Galen in vollständigem Einklang. So heissl es bestimmt in
dem 1. Metrölog des Galen c. III >} iura // Idvtixi) xai r]
AiyvTcxia exet- ovyyiag ig, und gewiss dieselbe attische Mine
ist gemeint, wenn es von der Mine schlechthin oder von der
Gewichtsmine heisst c. VIII: /} /"^« f/ft llioav a, ovyyiag ö,
c. X (.iva, ovof.ia GTai)^(.iov , tx^-i ovyyiag ig. c. XIV /<v«
xaia /.tiv rrjv lazQixtjv ygrjOiv (cyei ovyyiav ig ; auch die
Angabe in c. XI ^ fira <y 'Actihij eyei ovyyiag iß (fort. ißS),
Tj de haga ovyyiag ig steht nur in einem scheinbaren Wi-
derspruch damit, da unter der ersten Mine die neronische, unter
der zweiten aber die solonisch- attische gemeint ist. Es machen
aber 100 solcher Minen gerade 80 Pfund, wie hoch wir bei Polybius
und Livius das euböisch- attische Talent veranschlagt fanden.
Hiermit stimmt auch der Metrolog der Benediktiner überein,
nur dass dieser von der Unze nicht der Mine ausgeht. Bei ihm
also lesen wir: k'xei ös r] /nvä n'Axag eKaiöv, ngog öi xo
'izaXixnv gTß' r] ovyyi'a 6e nlxag C, L^rT/xag öi g xai
oßoXov "a xai yalxovg dT Wenn nun hier die Unze zu 7
olxai^^ gerechnet wird, so sind damit römische Denare der
(19) Liv. XXXVm c. 38
(20) Gionov de sestcrtiis p. 1.38 wollte diesen Ausdruck j;cradezu in
den Text gesetzt wissen, woran jedoch eine besonnene Kritik nicht
denken darf.
(21) ö).y.ri ist nämlich hier identisch mit Sonxnn, wie dieses aus den
Christ: Beiträge zur Bestiintminy der attischen Talente.. gl
republikanischen Zeit gemeint, da bis auf Nero aus dem Pfund
84 Denare geschlagen wurden", und somit 7 Denare auf eine
Unze gingen. Unter altischen Drachmen In'ngegen sind hier
offenbar die solonischen gemeint, und von diesem solonlschen
Geld sollen auf die Unze 6 Drachmen 1 Ohol und 4 chalcus
gehen. Rechnet man nun i\c\\ Obol zu 10 chalcus, wie der-
selbe 3Ietrolog gleich darauf angibt -% so enlziffern sich G'/gg
attische Drachmen auf die römische Unze, woraus sich ein Talent
von 80 Pfund 2 '""/ist Unzen ergibt. Allein gegen eine solche
Rechnung erheben sich die gewichtigsten Anstünde. Denn weiter
unten gibt unser Metrolog folgende Bestimmung über das Ver-
hallniss des Pfundes zur Drachme: rj de IIiqu ty^ei ovyyiao, iß,
okxag ne. f.v akho oß. Hierbei gehört die Bestimmung des
Pfundes auf 72 bkxai jedenfalls nicht hierher, sondern sieht.
iihcrciiistiiiiineiulfii Z('ujrius.seii des Pseiu!o-Pii.sciaii de pond. v. 19, der
lat. Anthologie Nr l(»(i7, der Metrologen de.s Galen c. III, l.\, XIV, dos
Hero-Did^nius, des Epiplianius TXfol ara^iiMv liinlänglith l'est.slelit. Be-
sondere Beachtuns; verdient hierhei fialeii t. XIII p. 100 ed. K : y.elevEi
tiiSooD'ai iiiar ö/.y.r^r . . . r^yoi'tini St ktysiv nviöf Sonyjirji' noyvoär,
y.al yno o'vtcj o/eoor aTtuai lol-i vecozioon e'd'os oroi'ä^eiv. Es Stailllllt
dieses aber daher, weil bei fiewichtsangabea, wie wir dieses aus den
insohririeti noch ersehen , gewöhnlich ö/.y.ri vorangesetzt und dann das
Gewicht in Drachmen, nicht in Minen und Talenten beigeschrieben wurde,
so dass man aligemach statt 0 .1 K H H J J J nachlässigerweise i/.ax'ov
y.ai roiäxoira o'ky.ai gesagt ZU habe» scheint.
(22) Uic Hauptstelle bei Plinius H. N. XXXill, 10, 132 Alii e pon-
dere subtrahunt, cum sit iuslum LXXXIV e libris signari. cf. (lelsus de
re med. I, 5, 17 sciri volo in uncia pondus denariorum scptcm esse.
(2iJ) /; Sk o).y.t] i'/ti oßd/.oi's ~, 6 Si o,-io/.d:: yjö.yoci i. cf. PliuiuS
H. N. XXI, 34: drachnia Attica denarii argenlei habet pondus, ea-
demqiic VI obolos pondere efficit, obolus X chalcos. Es scheint aber
diese Eintheilung des Obol in 10 statt in 8 chalcus mit der (ileich-
setzung des griechischen chalcus und des römischen quadrans(j<wVi)rtrTJ/,-)
zusammen zu hängen , indem so CO chalcus in gleicher Weise eine
Drachme, wie 64 qndrantes einen Denar ausmachten.
62 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1869.
wie wir oben bereits gezeigt haben, in Verbindung mit dem
ältesten römischen Denar zu 4 Scrupel. Bezog sich aber der
andere Ansatz des Pfundes zu 75 oXy.ai auf die solonische
75
Währung, so gehen nicht G'/jo sondern j^ d. i. 6V4 Drachmen
anf die Unze. Ganz zu demselben Ergebniss gelangen wir,
wenn wir von der bereits oben ausgehobenen Stelle über den
Werlh der Mine in attischem und römischem Geld ausjrehen.
Denn da dieselbe 100 attische Drachmen und 112 römische
Denare enthalten soll, so ergibt sich auch hieraus, wenn wir
die Zahl der auf eine Unze fallenden altischen Drachmen
gleich X setzen
112 : 100 = 7 : X
also :
100 X 7 „,^
"" = ~^ii2~ ^ ^ ^^•
Demnach rechnete der Autor, aus dem unser Metrolog seine
Weisheit nahm, nur G''^ Drachmen auf die Unze, und dieses er-
halten wir, wenn wir den Obol nicht zu 10 cliaicus, sondern
nach dem allen von PoUux IX, 65 aus altischen Dichtern be-
legten Brauche zu 8 chalcus rechnen; denn dann sind G Drach-
men 1 Obol 4 chalcus genau gleich QV^ Drachme. Gehen aber
C'/^ attische Drachmen auf eine Unze, so beträgt das entspre-
chende Talent -tk- : 6'/« d. i. 80 römische Pfund.
Eine im wesentlichen damit übereinstimmende Angabe ist
uns auch in den Gevvichtsbestinmiungen des halben Obol bei
Cleopatra erhalten, wo wir c. X und XI lesen: Idiiixov de
7^uinßolov tTegov rjfuoßö),ov xiöoaqa nifima. Da es
nämlich kurz zuvor heisst c. XI rj (.ivd rjl4txLxr} tx^t ovyyiag ißS,
tj de tiega ovyyiag ig und c. X tj fivä, dvn(.ia otai^^iov,
l'xei- ovyyiag ig ... . / l4cztxT] (.ivä exsi ovyyiag ißS, so kann
man kaum daran zweifeln, dass hier der halbe Obol der neronisch-
Christ: Beitrüge zur Best immun y der attischen Talente. 63
attischen und dor solonisch- attischen Währung^* mit einander
verglichen sind ''\ Danach also soll sich verhalten
ner. -att. : sol.-att. Tal. =4:5
oder 4:5 = 62% : x
also X = ^ X 62V, __ ^g,^ pj,^^^^^
Doch leuchtet es jedem ein, dass diese Bestimmung der
Natur der Sache nsich nur eine granz ungefähre sein kann und
hier am wenigsten Berücksichtigung verdient.
Aber eine ganz genaue Bestimmung ist uns in einem me-
trologischen Fragmente erhalten, das sich in dem cod. Bob dem
Gedichte de ponderibus angehängt findet, und zuerst, so viel ich
weiss, von Endlicher in seinem Buche Prisciani gram, de laude
Imp. Anastasii et de ponderibus et mensuris carmina. Vind.
a. 1828 p. 108 veröffentlicht, aber gänzlich missverstanden
wurde. Dasselbe lautet:
Pondera altica habent genera Villi
I. Talentum.
II. Mna.
III. Libra.
IV. Uncia.
V. Stater.
VI. Dragma.
VII. Scripulum.
VIII. Obulus.
Villi. Siliqua.
(24) Der letzte Obol scheint Hiiter dem Gewichtsobol des Nikaiider
tlier. V. ^108 ver.staiuleii zu sein: ToimioTf 6}.y.>]eaotr iao^ryt'ior oSe/.olan:
(25) Böckh Metrol Unters, p. 156 nahm hier eine Vergleichunjif der
sol. -attischen und alexandrinischen Mine an; aber dem wider.streitet un-
bedingt die voiausireiiende .\ngabe der Cleopatra: r; JlTQj.euniy.rj fivä
i'xet oiiy/in- tr. Den .\n.satz aber aus einem andern üewichtssj'stem, worin
die ptolemäisch-alexandrinischc Mine 20 Unzen betrug, mit Böckh zu
erklären, scheint mir zu gewagt und zu unsicher.
64 Sitzttuy der jiliilos.-philol. Classe vom 4. Februar iS62.
Talcntuiu habet mnas LX, libras LXXXVIII, uiicias CCCLXVIII,
slateres MDCCCCXXXV, dragnias "vTT CCCXL, scripulos XXTII
CCXX, obolos XLV. CCCCXL, siliquas XCII. DCCCLXXX.
Mna habet hbr. I uiicias IUI dragmam I, slateres XXII et
dragnia, dragnias habet CXCVIIII, scripulos CCCLXXXVil.
Libia habet uncias XII, stateres XXIIII, draginas XCVII.
Uncia habet stateres II, draginas VIII.
Slater habet dragnias IV, scripulos XII, obolos XXIIII, sili-
quas XLVII.
Dragma habet scripulos III. obulos VI, siliquas XII.
Scripulus habet obolos II, siliquas IUI.
Obulus habet siliquas II.
Endlicher bemerkt hierzu : Apparet numeros insigniler esse
corruptos, videtur autem sermo hoc loco de mna graia, quae
teste Prisciano centum et quinque drachmas pendil. Die letzte
Bemerkung ist ganz falsch, da hier von dem solonischen nicht
dem vorsolonischen Talente gehandelt ist; die Zahlen sind aller-
dings theihveise verderbt, aber eine Kritik, die gleich im ersten
auf das Talent beziigUchen Paragraph keine Zahl unangetastet
lässt, ist alles Haltes bar, wesshalb es sich nicht verlohnt die
Aenderungen Endlichers sämmtiich aufzuzählen. Der Grundirr-
Ihum von Endlicher lag darin, dass er von dem sogenannten
attischen Talente von 62 Vj Pfund ausging, während wir hier
die Gewichtsbestinunung des solonisch- attischen oder vielmehr
des euböischen Talentes vor uns haben. Um aber über das
Einzelne in's Klare zu kommen, so muss man mit den einfa-
cheren Paragraphen am Schlüsse des Fragmentes anfangen und
von da weiter rückwärts schliessen.
Die Eintheilung des Obolen in 2 siliquae ist auITällig, da
sonst 3 Sil. auf den Obolen gerechnet werden, erweist sich aber
durch die beiden vorausgehenden Paragraphe: scripulus habet
obolos II siliquos IUI und dragma habet scripulos III obulos VI
siliquas XII als vollständig richtig; wesshalb man befugt ist an-
zunehmen, dass unser Autor hier siliqua im Sinne des grie-
CIn-isf: Beiträge zur Bestimmung der attischen Talente. 65
chischen i)f.uioß6}.iov genommen habe. Die Rechnung von
2 Obolen auf den Scrupel, so wie von 6 Obolen auf die Drachme
ist die geläufige, und die Ansetzung der Drachme auf 3 Scrupel
erkliirt sich saltsam aus dem, was oben von dem neronischen
Denar bemerkt worden ist. Auch im viertletzlen Paragraph ist
die Berechnung des Slater oder des Telradrachmon auf 4 Drach-
men in Einkhing mit den übrigen Ueberlieferungen , nur muss
hier mit Endlicher siliquas XLVH in sil. XLVIII gebessert wer-
den. Der folgende Paragrapli Uncia habet slateres II drag-
mas Vill bietet keine Schwierigkeit, hingegen muss gleich darauf
libra habet uncias XII stateres XXIIII dragmas XCVI statt des
handschrifilichen dragmas XCVII geschrieben werden, da sich
dieses aus den vorausgehenden Ansätzen mit stricter Nothwen-
digkeit ergibt, und die Einlheilung des Pfundes in 96 neronische
Drachmen bekannt genug ist. Nun kommen die beiden stärker
corrumpirten Paragraphe, die sich aber, nachdem das bisherige
feststeht, mit völliger Sicherheit also emendiren lassen: Mna
habet lib. I uncias IUI dragmam 1 , stateres XXXII (XXII cod.)
et dragma, dragmas habet CXX Villi (CXCVIIII cod.), scripulos
CCCLXXXVII. — Talentum habet mnas LX, libras LXXX uncias
VIII, uncias DCCCCLXVIII (libras LXXXVIII uncias CCCCL.WIII
cod.) stateres MDCCCCXXW, dragmas VlT DCCXL (VlT CCCXL
cod.), scripulos XXHI. CCXX, obolos XLV. CCCCXL, siliquas
XüT. DCCCLXXX ("XÜir. DCCCLXXX cod.). Höchstens könnte
noch ein Zweifel darüber bestehen, ob mit Recht libras LXXX
uncias VIII, uncias DCCCLXVIII restituirt worden sei, da das
Talent eigentlich 80 Pfund 7'/., Unzen und 96772 Unzen betrug,
aber es scheint hier der Metrolog, um Brüche zu vermeiden, die
halbe Unze für voll angerechnet zu haben.
Somit betrug also das euböische oder solonisch- attische
Talent genau in römischem Gewicht 80 Pfund 7'/2 Unzen, die
Mine 1 Pfund ^Vg Unzen, die entsprechende nicht die neronische
Drachme {öoayji^j idia) 3,87 Scrupel, oder das Pfund nach
Böckh zu 6165 Par. Gran oder 327,434 Gramm gerechnet,
[186^ I.] 5
66 Sitzung der philos.-philol. Clause rom 4. Februar 1S62
85,45 Par. Gran, oder 4,40 Gramm. Daraus geht hervor, dass
in der That in jenem Friedensvertrag mit Antiochus das euböi-
sche oder attische Talent nur eine ungefähre Abschiitzung in
römischen Pfunden gefunden hat, dass aber dabei das Talent
nicht um 3 Pfund und 4 Unzen, wie Priscian De fig. num §. 13
unsinniirer Weise"* annahm, sondern nur um 7'/j Unzen also
nur um einen Bruchtheil des Pfundes zu gering angeschlagen
wurde.
Nachdem uns so gelungen ist eine genaue Bestimmung des
solonisch- attischen Talentes aufzudecken, so wollen wir daraus
min auch jenes vorsolonische Talent bestimmen , das auch nach
Solon noch als Handelstalent in Athen in Gebrauch blieb und
ehemals allen Stämmen Griechenlands gemeinsam gewesen zu
sein scheint. Da sich aber dasselbe nach der amtbchen Tari-
firung in dem oben erwähnten Volksbeschluss zu dem soloni-
schen wie 138 : 100 verhielt, so ergibt sich daraus in römi-
schem Gewicht für das Talent 111 Pf 3 Unz. 3.6 Scr., oder
rundweg lllV, Pf., für die Mine 1 Pf 10 Unz. 6,06 Scr. und
für die Drachme 5,34 Scr. oder 114,32 Par. Gran oder 6,07
Gramm -".
Die aus Priscian erwiesene Bezeichnung dieses Talentes als
talentum Graium bestätigt sich nun auch dadurch, dass die in
den Staaten des Peloponnes, in Böotien Lokris Phocis Thessa-
lien auf den äginetischen Fuss geschlagenen Münzen ziendjch
genau auf dieses Talent heraus kon)men. Denn der stater
dieser Prägung oder das didrachmon stimmt mit dem didrachmon
(21)) cf. Giüiiov de .se.sloilii.s p. Ii3
(27) Unsere WiTtlie der solonisih-attischeu und der Ilaiidelsdratlime
-vveidieii elua.s von den von Qneipo es.sai sur les sysl. n.elr. aufgeslelltcn
>\ertlu'n ab, wa.s tlieiUvei.se seinen (Jrund darin hat, dass dersellie nach
Letronne das römische Pfund etwas niederer, nämlich zu 32j (tr. berech-
nete. Indess lag es mir hier fern dem Zusammenlianfj dieser (iewichte
mit anderen fiewichlssjslemen nachzusehen, den jener Gelehrte mit um-
fassender Gelehrsamkeit und feiner Combinationsgabc im allgemeinen so
glücklich dargelegt hat.
Chj'isl : Beiträge xur Bestimmung der attischen Talente. 67
unsers Talentes oder mit 229 Par. Gran oder 12,14 Gramm
so überein, dass nur wenige Münzen und diese nur um ein
Geringes darüber hinausgehen. Auf solche Weise gewinnt
also die von Mommsen Gesch. d. Rüni. Münz. p. 4d entwickelte
Vermulhung, dass das äginetische Talent mit dem vorsolonisch-
atlisohen identisch gewesen sei, eine doppolte Stütze, indem ein-
mal die Identität des attischen Handelstalentes mit dem lalentum
Grainm von uns erwiesen ist, und dann sich der aus unserer
Berechnung entzifferte Normaiwerlh der Drachme dieses Talen-
tes weit mehr dem wirklichen Gewichte der scliwersten ägine-
tischen Stücke nähert. Denn wahrend bei Mommsen sich die
Drachme nur auf 5,937 Gramm stellte , gewannen wir aus den
genaueren Angaben ein Gewicht von 6,07 Gramm für die
Drachme. Ja wenn man die Bestimmung jenes attischen Volks-
beschlusses, nach dem 138 solonische Drachmen auf eine Han-
delsmine gehen, für nicht ganz genau hält, und sich mehr dem
von Priscian gegebenen Verhältniss des tal. Grainm zum tal.
Atticum wie 105 : 75 anschliesst , so erhält man sogar für die
Drachme noch ein höheres Gewicht nämlich 119,63 Par. Gran
oder 6,16 Granun, unter das sich die erhaltenen äginetischen
Münzen noch leichter unterordnen lassen.
Auf dieses tal. Graium möchte ich nun auch die Angabe
des Isidor von einem Talente von 120 Pfund beziehen, die von
dem Metrologen, den Blum und Lachmann in ihre Samudung
der lateinischen agrimcnsores aufgenommen haben, aus Isidor
wiederholt ist ^'. Die Stelle bei Isidor origg. XVI, 25 lautet:
Apud Romanos enim talonlum est LXXII librarum, sicut Plautus
ostendit, qui ait duo talenta esse CXLIV bbras. Est auteni
triplex, id est minor medius summus, minor quinquaginta, me-
dius LXXII librarum, summus CXX constat. Wenn nun auch
die Lalinität dieses Absatzes ganz barbarisch ist, und in der
(28) p. 373: Etcniin L librac tnlentiiiii ininiimiin est, LXX duac
librae medium talentum, CXX librae maximum taieiituni est.
5*
68 Sit-itniy der yhilos-.-philol, Classe vorn 4. Februar 1862,
Moslellaria des Plaiiliis ehvas ganz anders steht, so darf doch
keineswegs diese Stelle mit Ritschi zur Most. v. 647 für ganz
corrupt gehalten werden. Die beiden ersten Talente aber lassen
wir vorläufig bei Seile, um später wieder d.irauf zurück zu
kommen, und beschäfligen uns hier nur mit dem dritten. Da
liefft es nun nahe dieses Talent in Verbinduno- zu bringen mit
dem hebräischen Talente von 125 Pfund. Da aber Epiphanius,
Ma.ximus^'', Hero^", Hesychius^' das hebräische Talent einstimmig zu
125Pfund anschlugen, so wäre es doch auffällig, wennisidorus allein
5 volle Pfunde vernachlässigt hätte. Wir sind daher wohl be-
rechtigt uns nach einer anderen Erklärung umzusehen , diese
wird uns aber durch das attische Handelstalent an die Hand
gegeben. Es wog dasselbe nämlich, wie wir kurz zuvor sahen,
netto 111 '/^ Pfund, aber Ihatsächlich war dasselbe um ein be-
deutendes schwerer. Denn nach jenem Volksbeschluss C. I.
Gr. Nr. 123 musste bei jedem Talente ein Aufschlag {oonrj)
von 5 Handelsminen gegeben werden: to ds zuXaviov to
SfinnQiy.nv lyjito QOTirjV i-iväg ijunnoiyreg n^rre, oniog y.al
tovTO laoQQOTiov ZOO TftjXewg yLtti/KeTOV ay)] ef.inoQi-A.nv xa-
Xavrov xaliivag sfinoQixag nivre. Nun betragen aber 5 Handels-
minen 9'/^ Pfund, und diese zu 111 V4 hinzugezählt gibt 120'/«
oder in runder Zahl 120 Pfund, so dass auf solche Weise auch
die Ueberliefernng des Isidor zu Ehren käme.
Dieses Talent von 120 Pfund findet nun auch noch seine
volle Bestätigung in einer Stelle des Vilruv X, 21, wo derselbe das
Gewicht eines Mauerbrechers zu 4000 Talenten oder zu 480,000
Pfund angibt, da sich daraus auf das einzelne Talent ein Gewicht von
120 Pfund entziffert. Zugleich lässt diese Stelle auf eine sehr
weile Veibreilnng dieses schweren Talentes schliessen, obgleich
daraus noch nicht die allgemeine Anwendung desselben in Ita-
lien und Rom gefolgert werden kann. Finden wir hier dieses
(2'.>) Bei Le Moiiic Varia .sacra t. I.
(30) Bei Gioiiov de sest. p. 439.
(31) Hcsjchius s, v. lälarrov.
Christ: Beiträge -zur Belimimiuij der attischen Talente. 60
Talent zur Gewiclitsl)estiiniming einer Maschine angewandt, so
wird dasselbe merkwürdiger Weise von Dionysius Halicarnassensis
ant. IX, 27 als Erzlalent bezeichnet: diayilitov agii/fing aoaa-
Qii')v' Tjv (J' aaaüfjiov xäh/.EOv v6(.iLöf.ia ßäqoq IltqoXov, ojare
xn ov/iinav ncpXrjia ralavTCov eKxaidsxrx sig o?.xr]v x^t^'^ov
ysreoiyai. Doch kann dieses keineswegs befremden, da dieses
schwere Talent nach jenem Volksbeschluss der Athener für alle
Gewichfsgegenständo mit Ausnahme des Goldes und Silbers in
Anwendung kam^^ Freilich hat man in jenen 16 Talenten des
Dionysius auch hebräisch-ägyptische Talente von 125 Pfund er-
blicken wollen, da dann 2000 pfundige Ass genau 16 Talenten
gleich kämen. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach ist jene
Tarifirung des hebräischen Talentes zu 125 Pfund erst eine Folge
der Gleichselzunof des Sekel mit 4 neronischen Drachmen und
des entsprechenden Talentes mit 2 neronisch-attischen Talenten
zu 62 "2 Pf., und kann dcsshalb schwerlich schon für das Zeit-
alter des Dionysius angenommen werden, wo das romisch-atlisclie
Talent noch IVI^ Pfund betrug.
Endlich liegt die Gleichheit unsers Talentes von 120 Pfund
mit dem sicilischen Talent von 120 Litren zu nah, als dass sie
füglich abgewiesen werden könnte. Daraus würde freilich dann
auch die Gleichheit i\Q& römischen Pfundes mit der sicilischen Litra
folgen; aber ich sehe auch nichts, was einer solchen Annahme
gerade entgegen stünde. Denn Avenn man an dem Verhältniss des
Kupfers zum Silber wie 1 : 375, das sich aus demWerthdesSilber-
nummus von 0,87 Gr. und der vollen Kupferlitra von 327 Gr. ergibt,
Ansloss nimmt, so darf man doch wohl annehmen, dass schon zur
Zeit, wo der Silbernummus mit der Kupferlitra geglichen wurde, eine
Verringerung der Kupferlitra in der Geldprägung stattgefunden hatte.
Ward ja auch in Rom der Denar m'cht 10 pfundigen sondern 10
(32) Ja soirar in der Silbeipräguns scheint das.sclbe zur Anwendung
goltommcn zu .sein, da das rliodisclic und das Cistophorentalent , deren
Tetradraclinie l'i.öi (irainm niejrt, reiht wohl die Hälfte jenes Talentes
von 120 Pfund sein kann, dessen halbe Drathmc = 3,27 Gramm war. Siehe
die Nachweisungen darüber bei Queipo essai I p. 483 ff.
70 Sihtinff der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1862.
Stark rcducirloii Assen glcichgesclzl, nichtsdestoweniger aber
Denar d. i. Zehnpfundstück genannt. Steht aber diese Deduction
sicher, so haben wir damit zu gleiiher Zeit auch den Aus-
gangspunkt des italischen Pfundgewichtes gefunden. Denn ist
auch die Theilung des Pfundsysteins ganz verschieden von der
des Minensystems, so würde man doch der geschichthch fest-
gestellten Wahrheit von dem Zusannnenhang der babylonisch-
ägyptisch-griechisch-itahschen Maasse und Gewichte geradezu
in's Gesicht schlagen , wollte man das Pfund ganz unabhängig
von dem Talent und der Äline entwickeln. Es ist aber nach
unserer Beweisführung das Pfund gleich '/i?o des allgemein in
Griechenland verbreiteten Erz- oder Handelstalentes von 120 Pf.
oder gleich der Hälfte der dazu gehörigen Mine. Für eine Thei-
lung der grossen Talente und Minen in Hälften bietet aber die
Geschichte der Metrologie Anhaltspunkte genug.
Im vorausgehenden ist bereits erwähnt worden , dass eine
Summe von 6000 römischen Denaren missbränchlich ein attisches
Talent genannt worden sei; wir wollen nun diesen Punkt etwas
weiter verfolgen und zunächst zeigen, welchen Ursprung diese
von vornherein befremdende Erscheinung habe, und in welches
Werthverhältniss dabei der römische Denar zur griechischen
Drachme getreten sei.
Es lag in der Verknüpfung des Gewichtes und der Münz-
prägung begründet, dass anfänghch die Münzen genau auf das
Gewicht ausgebracht wurden, und es hat sich auch durch die
Münzwägungen bestätigt, dass das faktische Gewicht der Münzen
der besseren Zeit mit dem normalen so genau als möglich
stimmte. Ja auch später, als man bereits allgemein an dem
normalen Gewicht der Drachme zu rütteln begann, scheint
Athen noch wegen seiner guten Prägung in Schrot und Korn
berühmt gewesen zu sein. Denn darauf scheinen sich die oben
erwähnten Worte im Vertrag der Römer mit Antiochus ccQyv{jiov
de öÖtio y4vzinxog l^TTixov ^Ptofiaioig aglorov^^ zu beziehen,
(33) Poljbiiis XXII, 26.
Christ: Beiträge zur liestiminung der attischen Talente. 71
und bezieht sich unzweideutig der Passus im Vertrag der Römer
mit den Aetoliern bei Poiyb. XXH, 13: ööccjoav di Aliiolol
dgyvQiov jiii] xeionrng liviLy.ov nagctyQijfia (.lev lälavta
Evßn'ixa diaxöoia. Aber um diese Zeit, in der ersten Hälfte
des 2. Jahrh. v. Chr., ward bereits anderwärts die Drachme
vielfach unter dem Normalgewicht ausgebracht. Die natürliche
Folge hiervon war die Scheidung des Cewichttalentes von dem
Älünztalent und diese vermillclle die Einführung des griechischen
Talentsystems in das römische Münzwesen. Unter attischem Ta-
lent pflegte man nämlich allgemach nicht mehr ein Talent von
807s Pfund, sondern nur eine Summe von 6000 attischen
Drachmen oder analogen Denaren zu verstehen, neben dem die
Bestimmung einer ungeprägten Metallmasse nicht mehr in Ta-
lenten und Minen, sondern in Pfunden und Unzen einherging.
Das Hauptgewicht fiel demnach auf die Zahl 6000, wie dieses
auch vom attischen Talent Euslathius ad II. I 122 hervorhob:
^lariov öe ort döiiioiov, w<; xal iv älloig igged-rj, rö za-
XavTOv naqd rolg nalaioJg . . . susl xal /rap' ^trixalg (.i8v
voieqnv eig h^axiaxiXinx'g OTctvi'ioag avih nsoiacnrj • ro ös
lUaxsöovixdv zäXavcnv rgsig rjaav xgvaivoi. Dazu kam, dass
in Folge der au.sserordenllichen Ausdehnung des Reiches Ale-
xander des Grossen die attische Währung bei weitem die ver-
breitetste geworden war und die übrigen Münzfüsse namentlich
den äginetischeu in den Hintergrund gedrängt hatte. Aber auch
in Bezug auf das Gewicht kam der römische Denar mit der
attischen Drachme so ziendich überein; denn nicht bloss über-
traf der älteste römische Denar zu 4 Scrupcl noch das Norinal-
gewicht der attischen Drachme, sondern blieb auch der darauf
folgende Denar der zwei letzten Jahrhunderte der Republik von
3'/7 Scrupel nicht viel hinter dem Effektivgewicht der damaligen
attischen Drachme zurück. Unbestreitbar jedenfalls ist es, dass
man dem Namen und Gewicht nach den römischen Denar der
attischen Drachme gleich setzte, und demnach eine Summe von
100 Denaren eine attische Mine, eine von 6000 Denaren ein
altisches Talent nannte. So sagt deutlich Plinius N. H. XXI,
72 Sitzung der philos -philol. Classe vom 4. Februar i86i.
34, 185: Dnidima Atlica — fcre eniin Attica observalione niodici
utinilur — (lenarii argenlei habet pondiis, und gibt Hero bei Gronov
de sest. p. DO die Vorscbrifl : Tf^lliTi/S^ ögaxinf] XQi]aiii)v nong
oiadfioi' xai löiiiof^ia. irreiörjnfQ landvvai.i6g eoii rfj Ica-
liyjj. rj xaXtuai örräotov. So spricht ferner Appian zu wie-
derholten Malen von doaytiai Linr/Mi, wo von nichts anderem
als von römischen Denaren die Rede sein kann, so bell, civ, II,
102: öiireifte (sc. Julins Caesar) aioaTnörrj i^dv ava ntvxa-
xioyjXiag doayjiag Idiriy-ag .... xal x(ng ÖTjfioraig exaOTO)
ftrav l4tzr^i]v; ibid. III, 4 log öi y.al ^i^vov nofirrnnv n
IdviwvLog foriyi]aazn xalelv i$ 'Ißr^giag .... aiti ts
TTjg naJQCi'jcig ovoiag dsdi^uej'/iiivrjg ex xtZv xoiriov avtot do-
dr^vai /itvoiadag ^Aviixiov öoafiivJv nsvtaxioyiXlctg. Denn
Cäsar wird doch seine Soldaten nur In römischem Gelde be-
lohnt, und der römische Senat eine Entschädigungssumme nur
in der Reichsmünze beschlossen haben. Ebenso lässt Appian
Milhrid. 94 das Volk dem Pompeius zur Führung des Seeräuber
krieges 6000 attische Talente zur Verfügung stellen, wo doch
jeder nur an 36 Millionen Denare denken wird. In ganz glei-
cher AVeise sind bei Josephus an den zwei Stellen, wo er eine
Werlhbestlmmung der hebräischen und tyrischen Münze gibt,
arch. III, 8, 2 o de olxXng vnfiia(.ia^Eßoa~iov ojp L4tTixag
öeyeiai ÖQayuag renoagag und Jud. bell. II, 21, 2 ovkovov-
li(€rog de xov Tvgtnv rof.iia(.iaiog, J) ifßactQagAriiyag övrarai
unter attischen Drachmen römische Denare zu verstehen, da jene
Münze wohl 4 Denaren der Kaiserzelt aber nur 20 solonisch-
altischen Obolen oder 3V3 Drachmen gleich kam ^*. Mit jenen
ägyptischen und hebräischen Autoren, bei denen das attische
Geld den natürlichen Gegensatz zu dem helmischen bildet, stimmt
aber auch in der Werthbestimnumg Plutarch Sulla c. I überein :
woi£ rrjC Tvxr}g aviiov lo /itera^v xiXiovg vnvf.tf.invg eivai n'v
nsvzt'jxovTa xai öiaxoolag ögay/nag L4irixceg dvvavtai , und
(34) S. Böckh Metrol. Unters, p. 62 ff.
Christ: Beitrüge %ur Bestimmung der attischen Talente. 73
GelHiis Noct. Alt. IIT, 17, 3 Arislotelem qnoqne tradilum libros
pauoiilos Spousippi philosoplii post inoiicni eins ciiiisse talentis
Allicis tribns; ea summa fil numini nostri seslerlia diio et sep-
tiiaginta milia; cf. V, 2, 2. Aach nur aus dieser BerechnunjT
erklaren sich die von Priscian De fig. num. §. 14 aus Seneca
Conlrov. I. X, 34, 21 angeführten Worte: Cum donaret ilU
(sc. Cratoni) Caesar talentum, in quo vigiuti qunttuor sestertia*
sunt Atheniensium more, q nona'JEg, (prjuir, r] afsls 'Iva ^o)
'Arti^hv ?j, gleichsam als ob das attische Talent von den übri-
gen dadurch unlerschieden gewesen sei, dass es 6000 Denare,
die andern mehr oder weniger betragen hätten.
Da ferner niit der innner steigenden Ausdehnung der römi-
schen Silberpriigung die Prägung von griechischen Drachmen über-
haupt und somit auch der Unterschied der allischen und äginetischen
Drachme immer mehr zurück trat, so ward auc!h unzählige Mal
eine Summe von 6000 Denaren rundweg ein Talent genannt, und
der Denar der griechischen Drachme oder der Drachme sclilechthin
aleich o-cstelll. So heisst es bei Scribonius Largus ad Callistum :
Erit nola denarii unius pro graeca drachma, aeque enim in libra
denarn octoginla quatuor apud nos, quot drachmae apnd Craecos
incurrunl, bei Celsus ad Natalem: quae (sc. drachmae) quia ad
denarium conveniunt, octoginla quatuor cum in libram incurrunt,
pro nota graecae drachmae nolam denarii posui, et ad eius
pondus drachmas redegi, bei Galen de comp, pharm secundum
locos t. XIII, p. 160 ed. Kuehne: ngnöi^inv d' ort ÖQayjijjv
kiyn/ii€v rvr iv Talg ininvinig anavreg , nrceo P(i>/.ialoc
ör^raQinv r>vn(.iätovoiv . und bei Cleopatra c. X: x6 liaXixov
drjvccQiov e'xsi öoayfirjv a. Ja sogar Polybius , der doch, wie
wir gleich sehen werden, der griechischen Drachme einen ge-
ringeren Werlh als dem römischen Denar zuwies , hat nichts-
destoweniger die Einiheilung der Drachme in 6 Obolen auf den
Denar übertragen ; denn wenn er I. VI c. 39 den täglichen
Sold eines römischen Fusssoldaten auf 2 Obolen bestimmt, so
muss er damit nach dem, was wir sonst über die Soldverhält-
74 Sitztiiiff der philos.-philol. Chisse fom 4. Februar 1S62.
nisse der Römer wissen^', nollnvcndiger Weise den 3. Theil
eines Denar gemeint haben. So hat es denn nichts befrem-
dendes, wenn Nero geradezu Münzen vom Gewicht eines Denar
mit der Aufschrift ÖQctyjn] schlagen liess ^\ Erst in späterer
Zeit schied man Aviederum, wie ich oben weitläufig dargethan
habe, Drachme und Denar, setzte aber dann die Drachme gleich
-dem neronischen Denar von 3 Scrupel , während man unter
Denar nur die älteste römische Silbermünze zu 4 Scrupel
verstand.
Uebertrug man nun aber früher so ganz allgemein den
Namen ÖQaxi-irj auf den römischen Denar, so sollte man er-
warten, dass auch beide Münzen an Werlh gleich gestanden
liätten. Dem ist aber keineswegs so, die griechische Drachme
ward als Reichsmünze nicht anerkannt, und selbst im 2. Jahrh
n. Chr. noch als blosse Waare behandelt, worüber wir das
wichtige Zeugniss des Volusius Maecianus de assis distributione
§. 45 haben: Victoriatus enim" nunc tanlundem valet quantum
quinarins. olim nt peregrinus nummus loco mercis, ut nunc te-
trachmum et drachma, habebatur. Dafür aber ward, um die
Reichsmünze gegen andere Münzsorten zu heben, der Denar im
* Curs höher angesetzt als die Drachme. Darüber haben wir ein
eben so wichtiges als viel bestrittenes Zeugniss in einer Stelle
des Livius X.XXIV, 52: Signati argenti octoginta quatuor milia
fuere Atticornm; tetradrachma vocant. trium fere denariornm in
singulis argenti est pondus. Frühere Gelehrte und schon Bu-
daeus wollten hier III in IUI ändern, und diese Aenderung ist
auch von Weissenborn in den Text aufgenommen worden. Aber
(:55) cf. Handbiuli der ROm. Antiq. von Becker und Marcquardf III,
2, p. 76.
(36) ff. Lctronnc Consid. gen. sur Teval. des nion. p. j6.
(37) Huschke liest: enirn , qiii nunc nach einer unnützen Vermu-
thuno- und tetradrachmum gegen die handsthriftüche Ueberlieferung.
Christ: Beiträge ztir Bestiiminnig der attischen Tatente. 75
abgesehen davon, dass die überlieferte Lesart aiicli durch Pris-
ciaii de fig. num. §. 13 ges<;hiUzt wird, hat jene Aeiiderung
auch an und für sich keine Wahrscheinlichkeit für sich. Denn
hätte Livius hier nicht ein besonderes Verhidtniss des Denar
und der Drachme lehren wollen, so wäre eine besondere Be-
merkung kaum nöthig gewesen, da Denar und Drachme ganz
gewöhnlich verwechselt wurden und das Zahlwort zeaaaQsg
jedem Leser ohnehin bekannt war. Die müssige Conjectur tri-
drachma verdient kaum der Erwähnung, da der altische Stater
eine Silbermünze von 4 nicht von 3 Drachmen war. Einen
neuen Weg der Erklärung schlug Mommsen Gesch. d. Rom.
Münzw. p. 49 ein , indem er diese Angabe auf das Verhältniss
der Cistophorendrachnie zum rönnschen Denar bezog. Aber in
jener Zeit, von der l.ivius an der angeführten Stelle spricht,
d. i. im Jahre 560 der Stadt, gab es, wie auch Mommsen lehrt,
noch kein Cistophoiongeld , und che man daher zu dieser Er-
klärung seine Zuflucht nimmt, muss man sich doch nach Zeug-
nissen über gleichzeitige Münzverhältnisse umsehen. Ein solches
besitzen wir aber an einer Stelle des Polybius II, 15, wo der-
selbe von der ausserordentlichen Fruchtbarkeit von Oberitahen
und der damit zusammenliängenden Wohlfoilheit spricht, und
zum Beweise dafür unter anderm folgendes anführt: (o: ftiv
ovv enl xn nolv naQieviac lov^ naiakviag ol navöoy_elg,
ojg ixavoc nävi' tyßiv xä nuog ttjv "/Qeiav, t]iuiaGoaQioii, tovto
d' töTi Ttia^iov f-ieong oßoXoT. Wiewohl nun Polybius diese
Schilderung an eine Zeit anknüpft, wo der Denar noch zu 10
und noch nicht zu 16 Assen berechnet wurde, so ist es doch
schon aus der durchweg angewandten Zeitform des Präsens
hinlänglich ersichtlich, dass Polybius diese Angaben aus den zu
seiner Zeit besteh(;nden Verhältnissen nahm, die er bei seiner
Bereisung von Oberitalien hinlänglich kennen gelernt hatte.
Wenn er also den semis zu V^ Obol anschlägt , so rechnet er
die Drachme, die zu jeder Zeit aus 6 Obolen bestund, zu 6 X
4 X Vi d. i. zu 12 Ass. Da aber der römische Denar damals
schon 16 Ass galt, so stellt sich nach Polybius das Werthver-
76 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1962.
hältniss der Draoliir.e zum Denar wie 3 : 4. Damit ist mm
ferner die Angabe des Hero-Didynius über den Werlh des
antiochischen Talentes in Verbindung zu setzen: Tn licuKov
täXaviov lanaväainv fiiv nji IltoXtunrKO) ■Aall4vcio-/iy.('t {iiuv
II[o).e/.ia't'y.wi' xai yivrinyixiöv cod.) xnl ioägiO-itov f.p näaiv.
övväfiEL di rov ftsv JlroXspa'i'y.nii v.axa ro vnima^ia rezqn-
nXäoinv, enizQLiov ös tov livxioyixnv , womit Pollux IX, 86
iibereinslimml: Th ^levliiiiy.nv räXavinv h^aKiayiliag edvvazn
doa/iirfQ ^TTixag zn de ^vowv nevzaxnaiag Kai tbzqu-
y.inxi?.iag, da an diesen beiden Stellen das Verhaltniss des syrischen
Talentes nicht zum solonisch -altischen sondern zum römisch-
attischen angegeben ist. Es ward aber die syrische Drachme eher zu
einem höheren als zu einem niederen Gewichte ausgebracht als
der römische Denar, und wenn die Münzen von Antiochien aus
der Kaiserzeit stark legirt sind , so sclieint dieses eher eine
Folge als ein Grund ihres niederen Cnrses gegenüber der Reichs-
münze gewesen zu sein. Freilich spricht nun Livius an der
angefühlten Stelle vom Gewicht , nicht vom Werth der Tetra-
drachmen und nennt ausdrücklich Attica tetradrachma; aber
derartige Ungenauigkeiten ist man bei Livius schon gewöhnt.
Indess kann trotz allem dem der Werthansatz der Drachme
auf V4 Denar kein allgemeiner und kein normaler gewesen sein.
Denn wenn die Drachme als Handelsgegenstand betrachtet wurde,
so lag darin allerdings eine geringere >yerthsch;itznng des gleich-
wichtigen Stückes gegenüber dein römischen Denar begründet,
aber eben daraus folgte auch, dass die Drachme und Tetradrachme
nicht überall zu gleichem Preis "-enoinmen wurde. Ja es musste
sogar der Preis in den einzelnen Fallen nicht unbedeutend diffe-
riren. da die Drachmen zu verschiedenen Zeiten und in ver-
schiedenen Ländern von sehr ungleichem Gewicht und Silber-
gehalt waren. Was indess die Behandlung des griechischen
Stücks als Waare zu bedeuten gehabt habe, davon kann man
sich, einen Begriff machen, wenn man bedenkt, dass der Victo-
rialus zur Zeit, wo er noch als Waare zu Rom behandelt
wurde, an Gewicht '/^ Denaren gleich kam, dann aber, als er
Christ : Beiträge zur Bestüntmnic/ der attischen Talente. 77
um (las Jalir 650 der Sladt in die römische Reicliswährung ge-
zogen ward, nur Vj Denar galt".
Es war aber auch durch die Aufnahme der römischen
Silberprägung im Jahr 2G9 v. Chr. und durch die Zusammen-
fassung von 6000 Denaren zu einem Talent die Einführung von
neuen Talenten bedingt, die wir jetzt der Reihe nach durch-
gehen wollen, lieber das Talent von 62 V^ Pfund oder 6000
neronischen Denaren zu je 3 Scrupel brauchen wir hier nicht
niiher zu handeln, da bereits oben^^ das nölhige angeführt
Avorden. Dort ist auch bewiesen worden , dass man dieses
Talent, so wie die dazu gehörige Mine von 12 Vj Unzen und
Drachme von Vgg Pfund oder Vs Unze gewöhnlich als altische
zu bezeichnen , ja sogar dieser neronischen Mine die eigentlich
attische als blosse Gewichtsmine {nvof.ia oialt^/non) gegenüber
zu setzen pflegte. Dagegen brachte man ein specifisch römisches
Talent von 72 Pfund auf, worüber wir das Hauptzeugniss bei
Isidorus orig. XVI, 25 haben: Talentum autem sununum pondus
esse perhibetur in Graecis .... apud Romanos enim talentum
est LXXIl librarum. Es kann kaum ein Zweifel sein, dass sich
dieses auf den vor Nero normalen Münzfuss von Vg 4 Pfund oder
3% S.crupel*" bezieht; denn 6000 X Vg, macht 71 V7 Pfund,
und dafür setzte man eben in runder Zahl 72 Pfund.
Ausserdem aber thul der erste Metrolog des Galen noch
Erwähnung von einer römisciien Mine von 20 Unzen : )) f.nci
rj 'FwjLiaixrj syst f.iv5g y., und damit steht im Einklang Epipha-
nius neui f.iecQ(öv xai oiaiUnov'^^: tj öe ^Italixfj (.ivü tsaaa-
qÜxovtu ovazr^üiov loiiv, onsq nuyyiiov x, Xiigag (.tiäg xal
(38) S. Mommscil Grscli. d. Rom. Miiiizw. p. 390 f. u. 309.
(39) p. 5i, nur lä.s.st sich liier noch pas.sen(l die Angabe des Hero-
Didyinus über das fragliche Talent hinzufügen : yirsrai ovr tö rä/.niTov
).tT^ns ^fiH tr i'OuiaiirtTt,
(40) cf. p. Cl.
(41) Bei Le Moiiie Varia sacra.
78 SitzuiKj der pUilos.-philol. Classe vom 4. Februar 1862.
öijiiniQov. Böckh Melrol. Unters, p. 299 hat von dieser Mine
bereits eine vollstiindij^ genügende Erklärung gegeben, indem
er sie für den sechzigsten Theil eines römischen ccntunipondiuin
erklärte. Es niusste aber den Römern sehr nahe liegen hundert
Plund als eine grössere Einheit zu fassen und dem griechischen
Talent gegenüberzustellen. Denn Varro de ling. lat. V. §. 170
bemerkt schon, dass die lateinische Sprache zur Bezeichnung
von 1, 2, 3 bis 100 Ass immer ein einziges Wort gehabt habe,
nicht mehr aber für eine über 100 hinausgehende Summe von
Assen. Und in der That finden wir in der letzten Zeit des rö-
mischen Kaiserreichs eine Gewichleinheit von 100 Pfund cenle-
narium oder xtvcrjvdginv erwähnt, worüber Gronov de sest.
p. 362 f. die Belege beigebracht hat. Ganz besondere Beach-
tung aber verdient in dieser Beziehung ein Edikt der Kaiser
Valentinian und Valens im cod. Theodosianus 15, 9, 1, das
auch der Zeit nach sehr gut mit unsern beiden Gewährsmännern
des hundertpfündigen Talentes zusammengeht: nee maiorem ar-
genteum nummum fas sit expendere, quam qui formari solet
cum argenti libra una in argenleas sexaginta dividitur. Denn ein
Talent von 100 Pfunden hat eben ein einzelnes Silberslück von
Veo Pf zur Voraussetzung, wie dessen Prägung hier in einem
kaiserlichen Erlasse anbefohlen wird. Auch haben sich noch
Stücke, die auf diesen Münzfuss geprägt waren, in Silberme-
daillen des Constanz mit der Werthziffer LX erhalten, von denen
nach andern Mommsen Gesch. d. Rom. Münzw. p. 784 gehan-
delt hat. Findet so die Fiktion einer römischen Mine von 20
Unzen ihre ganz natürliche Erklärung, so ist es zum wenigsten
sehr gewagt dieselbe mit Oueipo essai sur les syst, met I p. 330
mit der Mine des persisch -babylonischen Talentes das ist mit
rr ^ oder 544,400 Gramm in Verbindung zu setzen.
60
Bedenklicher ist eine vierte Bestimmung der italischen Mine
auf 18 Unzen oder 1'/« Pfund. Erwähnt findet sich dieselbe
bei Dioscorides, wo es gegen Schluss heisst: ^na xaia ^liv xrjv
iaT^iyrjv XQ^^^^ "V**- f^^yy^^^S ^Sf '^oüi^ k'onv olxag gxt],
Christ : Beiträge zur Bestimmung der attischen Talente. 79
TiaTo. de xrjv ^[laXtxrjv (.nu ovyylag f/y, tovl^ l'ari lizgav
(.liav i^iiiiosiav douyjiag ös Qfiö' ^ de lAls^avdQLvrj f.iva ayst,
ovyylag x xovt' taiiv nlKCcg o^, und damit hiiiigt eng die An-
gabe des zweiten Metrologen des Gnien zusammen : 'H fira
TTQog t6 'Iiali/.ov e'xei ö(jayjiag i>fiö , nqbg Je I^ctikov
dgayf-iag Q/ß , Saie jt)v 'IiaXixrjv ^irav nvai licoav ~a
riliiiatiav, ngog de rijv l4riixrjv Xiioav a ovyylaz y öocr/uag
ö: 7] nvyyia äyei naga f.nv xmg Ldxxixoig ögoxficcglT, naga
de xnlg 'icakixnig Sgayjiag r]. Ich habe die beiden Stellen
vollständig ausgehoben, weil erst nach genauer Erwägung des
Ganzen darüber geurllieilt werden kann, was von diesen An-
gaben der italischen Mine zu 18 Unzen zu halten ist. Um mit
der zweiten zu beginnen , so ist es leicht ersichtlich . dass hier
eine bestimmte Mine, von der gleich unten mehr, in Drachmen
von verschiedenem Münzfuss ausgedrückt ist; schon daraus folo-t,
dass hieraus nicht auf Minen von verschiedenem Gewicht ge-
schlossen worden konnte, da die Mine ein und dieselbe ist und
nur die Drachmen ein verschiedenes Gewicht haben. Es ergibt
sich aber aus den Schlussworteu jy nvyyia djayuag ~q,
dass die beiden Drachmen sich dem Gewichte nach verhalten
wie 7:8*% und dass sich desshalb auch jene in zwei ver-
schiedenen Drachmen ausgedrückten Werthe jener Mine wie
7 : 8 verhalten müssen. Nun verhalt sich aber 122 : 144 nicht
wie 7 : 8, und soll das richtige Verhiiltniss hergestellt werden,
(42) Wollin man jene zwei Arten von Pracliinen unterbringen soll,
kann nicht zwcircihart .sein. Die Drachme zu /g Unze ist olTonhar iden-
tisch mit der neroiiisclien und kdunte .so mit Fug die ilali.sche genannt
werden; hingegen .stimmt die Drachme zu '/? Unze mit der repuiilikani-
schen Ausprägung des Denar. Dieselbe wird hier die allische genannt,
weit die attische Drachme allmälilich von dem Normalgcwicht von V25
Unze auf das efTeklive von '/, Unze herabgesunken war, unser Metrolog
aber doch noch die richtige Vorstellung halle, dass die attische Drachme
schwerer gewesen sei als der neronische Denar,
80 Sitzvuy der philos.-philol. L'lasse vom 4. Februar i862.
SO muss cnlweder 144 in 137^7 oder 122 in 126 geändert
werden. Schon aus der Einfachheit der Zahl erweist sich die
letztere Aenderung als die richtiüe, wie sich dieses auch noch
im weiteren Verlauf der Darstellung ergeben wird. Jedenfalls
aber bezieht sich der Schlusssalz üoie ti]v 'Itakix)]p
öoayjiagö auf jene falschen Zahlen, die im Texte stehen, und
geht derselbe obendrein von der grundfalschen Voraussetzung
aus, als sei beidesmal ein und dieselbe Drachme nämlich die
neronische von Vge Pfund gemeint. Daraus also geht mit völli-
ger Sicherheit hervor, dass jene Angabe von einer italischen
Mine zu 18 Unzen sich hier auf eine verkehrte Sclilussfolgerung
aus einem corrumpirlen Texte also auf die Verkehrtheit der
Verkehrtheiten gründet. Nicht viel besser steht es mit dem
ersten Zeugniss: denn in diesem ist eben der Satz xaxa de zi^v
^Iraliy.rjv ftvä ovyyiuQ ly, xovi'' ton XiiQCiv {.liav r>i.iiO£iav,
ÖQayjtccQ ÖS Qi-iö aus mehr als aus einem Grunde gar sehr der
Unächtheit verdächtig; denn schon der Ausdruck xaia ds xr,v
^IcaXiy.i]v yotjoiv ist ebenso ungeschickt, als der vorausgehende
xara rrjv iaiQr/.rjv yQrjoiv passend ist; sodann verstösst die
Wiederholung von /nvä an unserer Stelle gegen alle Concinnität
ja gegen alles Sprachgefühl; endlich, und das ist die Hauptsache,
ist der Ausdruck dgay/ung ganz und gar verdächtig, da unser
Metrolog in den vorausgehenden und nachfolgenden Sätzen stets
oAxat statt ÖQoyfiai gesagt hat. Es hat daher alle Wahr-
scheinlichkeit, dass es ursprünglich hiess: invä xatä i^iiv ttjv
laTOixrjv ;fo»}fffv ayei nvyylng ig, rnvi* l'oTiv oXy.ag gxrj.
7] öi ^u4Xe$avÖQirt] fivä uyei ovyyiag jc, rnvz^ eotiv oXxctgf)^,
und dass dann erst später jene Angabe über die italische Mine
von ungeschickler Hand aus einer anderen Ouelle , vielleicht
sogar aus unserer zuerst behandelten Stelle" hineingeschoben
(43) So ist in dein metrologischen Fragment der Cleopatra c. X die
falsclie Lesart rd xenanoi' i'xet 'Amxovs Xf^/.xovs ß xai /«Axoti irt^ov
(Ji'o Tj)tra [^ ^10 ne'fiTtTa] aus der corrupteii Lesart des folgenden Capitels
Christ: Beiträge %ur Bestimmung der attischen Talente. 81
worden ist. So bleibt nur nocli ein Zeiigniss über die italische
Mine von 18 Unzen zu erwjigen übrig, das in dem zweiten
Metroiog des Galen c. VII in den Worten t) 'icalixt) /nva H-
TQav (.tiav r^fuav enthalten ist; aber auch dieses wird sich bei
näherer Betrachtung in sein nichts auflösen. Es steht nämlich
hier das Gewicht der italischen Mine ganz ofTenbar in Zusam-
menhang mit dem Ansatz des Denar auf IVj Drachmen : ro dt]-
väqinv dQayjit]v ^iiav xai 'i'^fiKTv. Dieser Ansatz kann aber
nur ein ungefährer sein, wie der Zusammenhang zeigt, wesshalb
ich den betreffenden Passus hierher setze: 17 dQayjarj ygäf-if-iaru
tqia, tn öijvdqinv dqax/iD^i' fi/av xal rj(.iiav , xh aooäQinv
drjvctQiov i'joL oräyLOv tv ij/iiiov , 6 ozaTrjQ uaoc'cQia ovo, rj
ovyyia oraTtjoag ööo. Denn da das orayiov Vc Unze oder
4 Scrupel beträgt, so stellt sich das aooaQinv =: l'/j Stagia
auf 6 Scrupel, und dieses stimmt nn"t dem gewöhnlichen Ansatz
des assarium der Kaiserzeit auf V^ Unze völlig überein**. Würde
nun aber der Denar genau IVj Drachmen d. i. IVg X 3=i4V,
Scrupel betragen, so enthielte die Bestimmung to aaoaQiov
örjväoinv /;Tot aiccyiov fV rf.uGv , womit der SchoHast des
Nikander bei Gronov mantissa pec. vet. p. 436 zo daaäginv
dt]raQinv )jynvv oiäyinv av yi/ffi; übereinstimmt, einen inneren
Widerspruch in sich. Denn würde man ev 'ij/mov mit Gronov
bloss zu dem letzten Worte ziehen , was aber nicht wohl zu-
TO xsoariof i'/si 'AiTixovi yjdy.ovs ß y.ai yaly.ov ß TTtuTa eiltstaiuloa.
Böckh p. 157 streicht auch 'Axny.ovi und ert'oov ; erstercs sicherlich
ohne hinreicheiulcii firuiicl , da nur nach der neronisch - attischen Wäh-
rung, weiche Cleopatra die attische nennt, ein Obol drei xeodria und
demnach auch ein y.eoÜTior 27j chalcns gleich war.
(4'i) Vergleiche die Glosse jö/./.n p J817 Otto: (jö'/j.i^ orad-uö^ ian
leyöfievos xai ßalätrior, i'/.y.ei Si St;räoin Siayoam Tistnj^y.oitn, rerrtOTt
Xirqas riß y.ai ovyyia^ /'| , (öi äyorjoi iy.äarov Srjva^iov lixQav a xai
ovyyias y, mit anonym de pond. iiei Le Meine Varia sacra t. I. p 497
Jrjräoior r,v ra t^tjy.orra aaoäoia und Hero bei Gronov de sest. p. 91
t'xaoTOr Se SrjväQtov noonoüov torir i^rjy.orxa. DCHH 15 Unzen getheilt
durch 60 gibt '/» Unze oder 6 Scrupel.
Ii8e2. 1.] 6
82 SUztiny der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1869.
lässig ist , so würde das assariiim zugleich 4V2 und 6 Scriipel
betragen, würde man es aber zu dijvÖQim' und oiäyinv ziehen,
so würde sich auch so eine Inconvenienz ergeben, denn das
assarium würde dann einmal GV^ Scrupel und dann wieder
6 Scrupel gleich geselzt werden. Folglich ist die Bestimmung
des Denar auf l'/z Drachme ungenau, wie ja auch in der That
der Denar nie 4:'/.^ Scr. , sondern zur Zeit seiner schwersten
Präsung nur 4 Scr. wog. Ist aber dieses der Fall, so ist auch
die Bestimmung der italischen Mine auf 18 Unzen ungenau;
genau aber wäre jener Metrolog verfahren, wenn er den Denar zu
IV3 Drachme und die Mine zu IG'Va Unzen veranschlagt hätte.
Somit hätten wir also streng erwiesen, was Böckh Metrol. Unters,
p. 229 vermuthungsweise aussprach, dass auf jene italische Mine
von 18 Unzen gar nichts zu geben sei.
Nun finden wir aber in den uns erhaltenen Metrologen
noch sehr oft von alexandrinischen oder ägyptischen Talenten
Erwähnung gethan, und von diesen wollen wir noch am Schlüsse
in aller Kürze handeln.
Hero-Didymus erwähnt ein alexandrinisches Holzfalent, von
dessen Gewicht er folgendes anführt: tn le ev LiXe^avögsia
^vXixov TV) neftTO) öiacpeQSL rrgog zo riQoeioij/iurov (iiQi]-
fiievov Didymus nach Angelo Mai) e.myio'fQiov naqizievnv. Da
nun das zuvor genannte ptolemäische Talent kein anderes war
als das reducirle attische (ro yliTi/.nv rdXavcnv laoaiüaiov
fiiiv TW ]lioXe/iiaix(f)) oder das neronische Talent, so betrug
jenes Holzfalent V5 X 62V2 d. i. 75 Pfund ^\ Die zu diesem
Talent gehörige Mine ist uns nun auch noch anderswo erhalten,
ohne dass man dieses bisher bemerkt hätte: Es heisst nämlich
in dem 7. Metrolog des Galen c. XII: tj fipa exsi oi>yyiag le,
oXxug (jifiS; 7) lliQa l'xei o?,xag b. Ein Fehler kann nicht
('i5) Schon liierdurcli wiilcilcE^on sicli die AnnaliiiKMi von Snoiliiis
Gion. llie.s. IX, 1578 und von Höikli Mt'lrol. Unters. l.")8, da.ss die Mine
des Holztaieiites identisch sei niil der alexnndrinisclien Bliiic von 20 Unzen
Chrid: Beitröge -z-ur Bestimmung der attischen Talente. 83
vorliegen, da 1'/^ Pfund zu 90 Draclimen gerechnet, gerade
ll2'/2 Drachmen ergibt. Auch kann die olut] von Vgo Pfund
nicht die zu unserer Mine gehörige Drachme sein , da sich
daraus eine Mine von nur 13' 3 Unzen entziffern würde. Aber
vollständig stimmt unsere Mine zum erwähnten alexandrinischen
Hülztalent, da 60 fünfzehnunzige Minen gerade 75 Pfund er-
geben, und sich auch unsere Mine zur neronischcn oder 15 U.:
12Vi U- gerade so verhalten wie 6 : 5.
Ausserdem wird nun noch öfters eine alexandrinische Mine
von 20 Unzen erwähnt, nämlich von Dioscorides, dem letz-
ten der Melrologen dos Galen c. XIV: jy de lAKe^arÖQLvrj (.iva
ay£L ovyyiag x rnviioxiv o^xag q^*'^ , und von Galen de
compos. sec. genera t. XIII p. 538 ed. Kuehne : €i'6)]Xov ovv
ort zrjv IdXe^avÖQioTiKi^v )Jyei (.ivdv ovyylag x l'xnvoav, und
p. 789 : öiaTT€(foJrr]vai di Talg neQi tiüv aiaO-jncor xal (.li-
ZQcov yvaif.)aoiv , onöoog iailv n ri^'g /mag aiaO^fiog, evicov
fdv exxaiöexa Xeyövziov ovyyiiov eivcti xrjv f.ivav, ivliov de
tixnoi, iriiov öi xai dtogiLof^unov xal zrjv f.iiv^le^a7'ögixtjv
i-ixnoi (faaxövTwv tivai oi>yyiwv , x/]v ()' ahXtjV exxaidsxa,
xal rnvio /neu tzi /nixonreonv. Wenn daneben noch von der
Cleopatra c. X und XP' eine ptolemäische Mine von 18 Unzen
genannt und von einer solchen achtzehnunzigen Mine auch im
4 Melrologen des Galen ausgeffangen wird**, so bleibt es zwei-
(46) Auf der nur zu oft Jicnortretenden Ungenaiiigkeit in der Be-
nutzung der alten Zeugnisse beruht die irrige Meinung Queipos essal sur
los s^st. nielr. I p. l'.)4, als seien unter jenen 1()0 6/.y.ni solon. -attische
Drachmen von 4,'i3 Gramm gemeint. Ehenso unrichtig niusste dann auch
die darauf gebaute Tlieoric von einem römisch -äg}'ptischen Pfund von
1 CO X 4.25 „,. ,,
z= 340 liramm sein.
(47) »7 IlTO/.eiuäy.i] uvn e/ei ovyyins tt] , Soa/ttns Q,"^ , yoniiunrn
vXß y.. r. X.
(48) T} fivä Tcoöi tÖ 'Ira'/.iy.öv e/^ei (foriy/ins QitS , nnoä Si I^ttixov
Son/jin; ^ ; denn 144 X '/s U. und 122 X '/, U. = 18 U.
6*
84 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Februar 1862.
felhafl, üb diese mit der gciiannlen <de.\aiidrinischcn Mine in Ver-
bindung stellt; im bejahenden Fall miisste man eine spatere
Reduction der alten Mine im Gewichtssystem oder doch wenig-
stens in der Münzprägung annehmen. Doch lassen wir diese
zweifelhafte ptolemaisehe Mine bei Seile, so haben wir über die
alexandrinische Mine noch ein weiteres, höchst wiclitigos Zeuijniss
im Melrologen der Benediktiner: /) öi liXe^avdoivrj luiä (r/ec
6?.xag Qi> ä'/.Kaxov qvij **. Sehen wir hierbei vorläufig von der
letzten Variante ab, so ergibt sich daraus eine oXxr) oder eine
Drachme von ^°/|3o d. i. von V,5 Unzen = S'/j Scrupel =:
68,50 Par. Gran =: 3,63 Gramm. Von dieser Drachme haben
wir aber auch noch anderwärts Kunde erhalten. Wir haben
nämlich bereits im vorausgehenden Drachmen von '/s , Vas, V^
und Vs Unze kennen gelernt, wovon die ersle mit der ältesten
römischen Silberprägung, die zweite mit der solonisch-attischen
Währung, die dritte mit der römischen Währung bis auf die
Zeit Neros, die vierte endlich mit der kaiserlichen Silberprägung
seit Nero in Verbindung steht. Nun wird aber auch noch einer
bXxi'j von Vgo Pfund oder Vis Unze gedacht, die sich in keine
der uns bekannten griechischen und römischen Münzfüsse unter-
bringen lässl. Dabei ist besonders zu bemerken, dass diese
letzte oXy.ri gerade bei solchen Autoren vorkömmt, die zugleich
von ägyptischem Gewicht handeln. So fanden wir kurz zuvor
jene okyit] von dem 7. 3IelroIogen des Galen erwähnt, der uns
zugleich. die wichtige Notiz über das alexandrinische Holztaient
überliefert hat. Auch Galen spricht von ihr an einer Stelle, wo
er zugleich den Unterschied der alexandrinischen und attischen
Mine berührt l. XIII p. 789 ed. Kuehne: ulla riov elg dgax-
fxag dvayövttüv trjv /nväv elalv o'i (paoiv exacov nvai dqax-
(A(jjv TijV /uvuv , bVLoi de TxXeiöviüP , eneiör^ xal xr^v ovyyiav
(49) Böckli Metrol. Untcr.s. p. 157 f. will (laruiiler löiiiisihe Rpcli-
nun{];s(Iratlimeii von '/se Pf- verstehen; aber abgesehen von andern Un-
zulänglichkeiten streitet gegen diese .Annahme schon der Umstand, dass
unser Metrolog vor Nero lebte und nur römische Drachmen von '/84 Pf-
kennt.
Cliiiit: Beiträye zur Bestimiminy der attischen Talente. 85
of nXeiöTm fniv Irtia xcct tj^iosog daa/jiMf iivav (paoiv,
k'rioi de C (.invov, ttEom ös t] ; cf. t. Xlll p. 159.
So kann denn kaum ein Zweifel sein, dass diese Draclnne
von 'Z,^ Unze mit dem alexaadrinischen Gewiclitsyslem und der
iiiryplischen Geldwährnng In Verbindung steht. Wenn daneben
unser vorziigh'chsler Gewährsmann die alexandrinischc Mine auch
zu 158 ni'cal anschbigt, so niuss (beses wohl gerade so erkbirt
werden wie die Angabe des gleichen Melrologen , dass das
Pfund 7.2 nach andern 75 olnat betrage. Denn wie wir dort
ein verschiedenes Gewicht der oX/.ai annahmen, so müssen wir
dasselbe auch hier tliun. Wenn demnach die oIky], deren 150 auf
ein alexandrinischc Mine gingen, 7,5 Unze oder 68,50 Par.
Gran oder 3,63 Gramm betrug, so wog die andere etwas mehr
als die neronische Drachme nämlich ""/isf, :=z '"/td Unze oder
3^/79 Scr. oder 65,03 Par. Gran oder 3,46 Gramm,
Wie kam man nun aber in Alexandrien dazu eine Drachme
von 68,50 und 65,03 Par. Gran anzunehmen? Durch die ale-
xandrinischc Mine von 20 Unzen kann dieselbe nicht herbeige-
führt worden sein. Denn die Zeugnisse der Alten sagen zu
bestimmt aus, dass gar jede Mine 100 eigene Drachmen habe,
so dass demnach die entsprechende Drachme der alexandrini-
schen Mine weit mehr nändich ^"/mo = V., Unze gewogen
haben muss. Auch aus der griechischen und römischen Wäh-
rung kann dieselbe nicht herüber genommen sein, wie wir dieses
kurz zuvor darthaten. Was bleibt daher übrig als dieselbe aus
den plolemäischen Münzen zu erklären? Und in der Tliat nimmt
man die ptolemäischen Münzen von 276 bis herab zu 236 Par.
Gran ^"^ für Tetradrachmen , so ergibt sich daraus eine Drachme
von 69 bis herab auf 59 Gran, die sich sehr wohl mit dem von
uns gefundenen Normalgewichtcn von 68,50 und 65,03 Gran
vereinigen lässt. Dieses ist aber noch eher zulässig, wenn
man die weitere Reduction in's Auge fasst, die uns durch den
(50) Böckh Metrol. Unters, p. 139 f., Mionnet poids p. 204 (T. und
Queipo cssai sur les syst, inetr. t. 111 p. 7 ff.
gß Sit-z:un(/ der fihilos.-fhilol. Classe vom 4. Februar 1862.
Ansalz der ptoleinüisclien Mine auf 18 Unzen also auf V,o der
alt'XiUKlniiiscIieii indicirt zu sein scheint, da sich daraus eine
Drachme von 61,65 l'ar. Gran oder 3,27 Gramm ergibt. Hatten
auch diese Draclunen, weil sie von Nachfolgern Alexander des
Grossen gesclilaoen wurden, den Namen öoayjiaHAltiävdQeiai
neben dem speciellen öq. IlTnXeiiaixal , so lasst sich auch eher
die Ani>al)e des Appi;ni Sic. II: f'x«' 6t xnEvßo'ixov zc'davznv
lilE^avÖQUOvg ÖQayjtas erctaxiaxilLag mit den übrigen von
Momniscn IrefTlich entwickelten Nachrichten über das euböische
Talent zusammen reimen. Denn weder in Macedonien noch in
Thracien noch in Bilhynien noch in Pergamum noch in Syrien
sank die Alexanderdrachme je zu V7 der attischen herab , und
mit Monniisen Gesch. d. rüm. Münzw. p. 26 unter Alexander-
drachme den Denar der römisch(m Republik von Vg« Pfund zu
Verslehen geht schon desshalb nicht an, weil Appian dort von
dem Friedensvertrag der Römer mit den Karthagern nach dem
ersten punischen Krieg also von einer Zeit redet, in der zu
Rom der Denar noch zu '/^j Pfund oder 4 Scrupel ausgebracht
wurde. Lieber möchte man dann noch annehmen, dass Appian
oder sein Gewährsmann bei der Gewichlsbestimmung der Ale-
xanderdrachme, die nach den Angaben von Müller numism. d'
Alex. p. 8 faktisch von dem Normalwerth der attischen Drachme
von 4,40 Gramm bis auf 4,12 Gramm lierabgegangen war, der
runden Zahl zu lieb noch etwas tiefer nämlich zu 3,77 Gramm
gegriffen habe.
Wie man nun hier nach den in den Münzen der Lagiden
ausgeprägten Drachmen das Gewicht einer nicht correspondiren-
den einheimischen Mine, der alexandrinischen bestimmte, so hat
man andererseits auch , um das ägypiische Münzsyslem in Ein-
klang mit dem griechischen zu setzen, aus 6000 solchen Lagiden-
drachmen ein ptolemäisches Talent lingirt. Dieses setzt Hero-
Didymus'' in Bezug auf Gewicht und Eintheilung dem neronisch-
(51) Hero- Didymus: T6 'Arny-oi' rälftvTov ioooräaiov fiev xqp
nxoXefin\'y.o> xni AvTto/jxcö xui ianoid'tiov ev näaiv.
Christ: Deiti'äije zur Bestimmunij der attischen Talente. 87
altisohen gleich, und konnte dieses auch wohl Ihun, da sich die
plüleniaische Drachme kaum um ein minimum von dem römischen
Denar unterschied. Aber gewiss sind nicht aus diesem System
jene ptolemäischen Drachmen hervorgegangen und es fragt sich
daher, zu welchem Gewichtssystem gehören von Haus aus
einerseits die alexandrinische Mine von 20 Unzen andererseits
die ptolemäische Drachme von o,G3 bis 3,46 Grannn. Vorerst ist
es nun klar, dass jene alexandrinische Mine, deren entsprechen-
des Talent von 100 Plunden Hesychius überliefert hat *% zu
dem persisch - babylonischen Talent gehört, dessen Drachme
uns im modischen Siglos , der geläufigen Silbermünze des
Darius von 5,44 Gramm erhalten ist. Dieser Punkt ist von
Oueipo essai sur les syst. mclr. I p. 312 und 328 so auf-
gehellt worden , dass ich mich einer eingehenden Darlegung
füglich überheben kann. Derselbe Gelehrte hat auch nach dem
Vorgang anderer (\e\\ Zusannnenhang jener ptolemäischen Drachme
mit dem hebräischen ursprünglich ägyptischen Talente nachge-
wiesen, jedoch so, dass ich hier einiges berichtigen anders hin-
zufügen muss. Das hebräische Talent wird bekanntlich von i\e\\
späteren Metrologen einstimmig " zu 125 Pfund veranschlagt,
und wir können darunter trotz der Einsprache von Oueipo nur
römische Pfunde erblicken ^*. Dieser Ansatz ist aber olTenbar
nur ein durch Rechnung gewonnener, der die Gleichselzung des
Sikel mit 4 Drachmen zur Voraussetzung hal'^; denn da das
hebräische Talent 3000 Sikel betrug, so war dasselbe nach
jener Voraussetzung auch gleich 12000 neronischen Drachmen
oder 2 X 62 Vj d, i. 125 römischen Plunden. Dieses war aber
gewiss nicht das ursprüngliche und volle Gewicht des hebräisch-
ägyptischen Talentes. Sclion die Münzen weisen uns auf ein
(ö'2) Diesem ganzen Talent sciu'int sich das Talent von 50 Pfunden
bei Isidor orig. XVI, 22 als die dazu gehörige Hälfte anzureihen.
(5;J) Die Xatliweisc gibt Büikh Metrol. Unters, p. 150 f.
(54) cf. p. 51.
(55) cf. Jüsephiis arcll. III, 8, 2 ö oiy.'/.os, röinoua 'ESrxüov cov,
'^Triy.ni Si/srai i^na/uas Tiuunoaä im Mclrol. des (ialen C. VIII: TO
oix/.or UTcc/ia roia.
88 Sitzung der pliilos.-philol. CUisse vom 4. Februar iS62.
höheres Gewicht hin, da die plolemiiischen Tetradrachinen , die
auf den Fiiss des hebräischen Sikel geschlagen sind, durchweg
das Gewicht von 4 neronischen Denaren oder 13,G4 Gramm
übersteigen und sich dem Norinalgewichl von 14,16 Gramm
nähern. Noch einen festeren Anlialtspunkt haben wir an der
kurz zuvor besprochenen Ueberheferung, wonach die Lagiden-
drachme V90 Pfund betragen soll; denn daraus berechnet sich
der Sikel zu V„^ und das Talent zu 3000 X V^o oder zu
133,3... Pfund. Ganz genau slinnnt damit Josephus überein,
wenn er arcl». III, 6, 7 das hebräische Talent zu 100 Minen
veranschlagt; denn da darunter nur attische Minen gemeint sein
'können, so erhallen wir damit für das Talent, wenn wir nach
der gewöhnlichen Weise die Äline zu l'/a Pfund rechnen, ein
Gewicht von 100 X "/j = 133,3 .. Pfund; und diese genaue
üebereinstimmung beweist mehr wie alles andere die Gleichheit
des hebräischen und ptolemüischen Gewichtes. Nun berichtet
uns aber derselbe Josephus, der sowohl von dem alten Gewicht
des hebräischen Talentes von 133 Pfund als auch von dem re-
ducirten oder römisch- hebräischen von 2 X 62 V^ oder 125
Pfund Kenntniss hatte, auch von einer hebräischen Mine, die
gleich 2^2 Pfund gewesen sei, arch. XIV, 7, \ rj ös fxvä tcoq'
rjfüv ioxLi£i XitQag ovo "^i-iLav. Hält man hierbei die Einthei-
lunsr des griechischen Talentes in 60 Miner» auch für das hebrä-
ische Talent bei, so lässt sich dieses Gewicht der Mine mit
keinem der beiden Talentgewichte vereinigen. Geht man aber
von der einheimischen vergebens von vielen Gelehrten wider-
sprochenen Eintheilung des hebräischen Talentes in 50 Minen
aus, so erhält man ganz genau aus dem römisch - hebräischen
Gewicht des Talentes von 125 Pfunden eine Mine von 2Vj Pfund.
Diese Thatsache ist für uns auch desshalb wichtig, weil sie uns
den Schlüssel gibt zum Verständniss des oben von uns bespro-
chenen alexandrinischen Holztalentes. Denn da dessen Mine
15 Unzen oder 1'^ Pfund gleich war, so bedarf es nur eines
Fingerweises um gleich zu erkennen, dass diese die Hälfte jener
hebräisch-ägyptischen Mine von 2 V« Pfund zum Ausgangspunkthalle,
Sitzungsberichte
der
königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Malhemalisch - physikalische Classe.
Silzuniir vom 8. Februar 1862.
Herr Lamont übergab seine Abhandlung
„Ueber die tägliche Oscillation des Baro-
meters."
Die Erklärung der täglichen Oscillation des Barometers hat
seit mehr als fünfzig Jahren den Meteorologen viel Mühe und
Arbeit verursacht, und dabei ist wenigstens so viel klar ge-
worden, dass es kaum einen auf die Constitution und Bewegung
der Atmosphäre bezüglichen Lehrsatz gibt, der hier nicht in
Betracht käme. Denuiach kann man mit Recht sagen, dass die
tägliche Oscillation dos Barometers in der Meteorologie eine
Fundamentalfrage bildet. Ich habe diese Frage unter Vor-
aussetzung einer einfachen, allen Bedingungen mathematischer
Deduction entsprechenden Hypothese zu lösen gesucht, und
[1862. i.j "jr
90 Sitzuiitf der matli -phi/s. Clfisse vorn 8. Februar 1S62.
verschiedene Erliiulerungcn später geliefert \ wogegen von Seite
des Herrn Dove '" und kurz darauf auch von Seite des Herrn
Kreil ^ Widerspruch erhoben wurde. Diess veraiUasst mich jetzt
in mehr umfassender Weise die Untersuchung nochmals auf-
zunehmen.
Zuerst wird es zweckmässig sein über den eiliobenen Wider-
spruch einige Worte vorauszuscliicken. Was Hrn Kreil betrifll. so
hat er sich «uf eine specielie Kritik nicht eingelassen, sondern zu
zeicren sich benüiht, dass durch die Wirkung des Dunstdruckes in
Verbindung mit dem von ihm präsumirten Vorhandensein eines
auf- und absteigenden Luftstromes die beobachteten Aenderungen
des Barometers einfacher und vollständiger erklärt werden
können, worüber ich natürlich die Entscheidung dem Urlheile
der Sachverständigen überlassen nuiss. Hr. Dove dagegen hat nicht
bloss seine bekannte Theorie, die einen nach ßedürfniss ange-
nommenen Einfluss des Wasserdampfes und des aufsteigenden
Luftstromes voraussetzt, neuerdings erläutert, sondern auch ver-
schiedene Resultate, zu denen ich gelangt war, zu widerlegen
gesucht theils durch kurze Bemerkungen, die keine Entschei-
dung geben können, theils dadurch dass er die eigentliche
Frage umgeht und dafür etwas Anderes substituirt, wovon gar
nicM die Rede war*. So habe ich durch eigene und fremde
(1) Jaliiesbcriclit der Miiiuliciier Sternwarte für 1858 S. 61 — 73;
Aniiaien der MüiK-liener Sternwarte, 111. Siipplenunthand (Monatliche
und jäliriiilie Resultate der von US?.") bis 1850 angestellten meteorolo-
gischen Beobaclitiuigen) ; ferner Bull, de Brux., Classe des sciences 1859
p, 641; PoSS- A"" 1 Deceniherlieft 1801.
('>) lieber die periodischen Aenderungen des Druckes der Atmo-
sphfire. Monatsbericht der k. preuss. .\kadeniie der Wissensch. zu Berlin
Nov. 1800. S. Oii. - Zuliilliger "Weise ist mir dieses Heft der Monats-
berichte nicht rechtzeitig zu (iesicht gekommen, und so habe ich von
der Abhandlung des Hrn. Dove erst ein volles Jahr nach dem Erscheinen
derselben Kenntiii.ss erhalten.
(3) lieber die täglichen Schwankungen des Luftdruckes (Sitzungsb.
der k. k. Akademie d. Wi.ssensch. zu VN'ien, Bd. XLIII )
(i) lü'legcnheillich kann hier bemerkt werden, dass, wenn mir Hr.
Lainont : Oscitlation fies Barouieters. 91
Psychromeler-Beübachtiing^en, bei welchen die Unvollkommenheit
des Instrumenls keinen wesenlliclien Ausschlag geben konnte,
nachgewiesen, dass der Wasserdampf an benachbarten Lokali-
lälen in verschiedener Menge vorhanden ist, so dass die Verschie-
deidjeit nicht seilen bis auf l/"3 des Dunsldruckes geht, und
Hr. Dove hätte seinerseits unternehmen können durch Beobach-
tung nachzuweisen, dass keine solche Verschiedenheit existire,
Anstalt aber dieses zu thun, bemerkt er dass die monatlichen
Mittel ziendich entfernter Stationen nahe übereinstimmen, und
gibt sich noch die Mühe zum Beweise einige Beobachtungs-
reihen aufzuführen, obwohl Jedermann auch ohne solchen Be-
weis geglaubt hätte dass in den monatlichen Mitteln Zufällig-
keiten, wie die hier in Frage stehenden, sich ausgleichen müssen.
Ich habe Thafsachen angeführt welche beweisen , dass zuo-Ieich
mit dem Wasser auch die in demselben aufgelösten Stoffe zum
Theile in die Luft übergeführt werden können, was unter An-
derm bei den im Meere enthaltenen Salzen der Fall sei. Diess
erklärt Hr. Dove für unzulässig aus dem Grunde, weil es keinen
salzigen Regen gibt: dieselbe Argumentation hätte eben so
gut dazu gedient zu beweisen, dass kein Bauch aus den Ka-
minen in die Atmosphäre übergehe, da es auch keinen russi-
genRegen gibt. Ich habe gezeigt dass, da die atmosphärische
Ebbe und Fluth, die durch Attraction des Mondes entsteht, nur
0"'',02 beträgt, die durch Beobachtung für die Sonne gefundene
viel beträchtlichere Ebbe und Fluth einer Massen-Attraclion der
Sonne nicht zugeschrieben werden könne, desswegen habe ich
clectrische Attraction — vorläufig nur als Untersuchungs-
hypolhese — angenommen. Dasselbe Argument wendet nun
Dove in seiner Theorie der Stürme die Absicht zuschreibt „«üe Gründe
der barometrischen Oscillation an die jeder Beobaclitun^ unzugängliche
obere Grenze der Atmosphäre zu verlegen", diess auf einem Missver-
ständnisse beruht, uozu von meiner Seite keine Veranlassung gegeben
war, wie Jeder durch Vergleichung der betreffenden Stelle sich leicht
überzeugen kann.
7*
92 Silztnii^ der inath. - phyi. Classe vom 8. Februar 1862.
Hr. Dove auch auf die electrisclie Atlraction an, indem er still-
schweigend voraussetzt dass die Eleclricitiit eines Körpers seiner
Masse proportional sein müsse, ohne uns ührigens zu belehren,
(hfrch welche Gründe eine so sonderbare Hypothese gerecht-
fertiget werden soll.
Meine Nachweisung, dass der Barometerstand bei grossem
Dunstdrucke in"cht höher steht als bei geringem, begleitet Hr.
Dove einfach mit der Bemerkung: ,, dass die die Verdunstung stei-
gernde Wärme gleichzeitig die Luft auflockere", ein Argument
dessen Beweiskraft einzusehen mir völlig unmöglich ist.
Die ganz wesentliche Frage, ob durch die sehr bedeutende
Masse Wasser, welche als Dunst, Nebel, Wolken in der At-
mosphäre schwebt, das Gewicht derselben vermehrt und der
Barometerstand erhöht wird, umgeht Hr. Dove gänzlich, was
aber die Nichtexistenz einer selbstständigen Dampfatmosphäre
betrifft, so bemerkt er ganz kurz dass meine ,, Behauptungen"
mit den bekanntesten Ergebnissen physikalischer Untersuchungen
im Widerspruche stehen. Hiebei vcrgisst er dass ich nicht
„Behauptungen" sondern Thatsachen beigebracht habe, und
da die Lehrsätze der Physik nur der Ausdruck der beobachte-
ten Thatsachen sein sollen, so müssen die Lehrsätze vor den
Thatsachen, nicht die Thatsachen vor den Lehrsätzen weichen,
falls ein Widerspruch staltfindet. Hier übrigens würde erst
dann von einem Widerspruche die Rede sein können, wenn
nachgewiesen wäre dass bei der Atmosphäre im Grossen wie
bei dem physikalischen Experiment im Kleinen dieselben Ver-
hältnisse stattfinden.
Was am meisten dazu beigetragen hat Hrn. Dove hinsicht-
lich der täglichen Barometer- Oscillation auf eine unrichtige
Bahn zu bringen, war ohne Zweifel die unglückUche Idee dass
die täglichen und jährlichen Oscillalionen eine genaue Analogie
miteinander haben und auf gleiche Weise erklärt werden müssten.
Wenn man die 24slündige Periode betrachtet, so ist der Ueber-
gang von einer Stunde zur andern ein allmählicher, und selbst
die extremen Zustände sind wenig von einander verschie-
Lamont: Oscillation des Barometers. 93
den. Man hat während des Verlaufes der Periode mit der-
selben Bodenbeschaffenheit und derselben Luftmasse zu thun,
und da der Einfluss der Winde und meteorischen Niederschläge
eliminirt wird, so bleibt nur die Erwärmungs- und Anziehungs-
kraft der Sonne übrig, Kräfte, die so regelmässig wirken dass
ein mathematisches Verhältniss zwischen den beobach-
teten Aenderungen und den einwirkenden Kräften hergestellt
werden kann. Ganz anders verhält es sich bei den jährlichen
Oscillationen. In einem Halbjahr wird der Nordpol, im andern
der Südpol der Erde von der Sonne beschienen: ein ganz an-
derer Zustand des Bodens und der Atmosphäre, ganz verschie-
dene Verhältnisse der Winde und meteorischen Niederschläge
treten ein. Zwar ist noch immer die Wärme wie bei der täg-
lichen Periode wirksam, aber nicht als einzige Kraft sondern
begleitet von weit mächtigern Einflüssen die in hohem Grade
von Zufälligkeiten bedingt sind, und keinem präcisen Gesetze
unterliegen; desshalb kann von einer jährlichen Periode, die
durch ein mathematisches Gesetz dargestellt würde, gar nicht
die Rede sein. Diess beweisen auch die Beobachtungen. Man
betrachte z. B. folgende Reihen :
München Hohenpeissenberg
12 Jahre* 13 Jahre« 54 Jahre ^
Januar
317.69
316.99
299. 17
Februar
317.85
315.85
299. 35
i\lärz
316.91
317. 10
299. 10
April
316. 46
316. 46
299.10
Mai
316 99
317. 44
299. 89
Jiiiii
317.65
317.48
300. 63
Juli
317.88
317.72
300.79
August
317.45
317.99
300. 96
September
317.42
318.00
300.71
October
318. 24
317.00
300 09
November
317. 14
316. 85
299. 32
Decembcr
317 45
318.10
299. 25.
(5) Von 1825 — 1837. Siehe monatliche und jährliche Resultate der
Münchner Beohachtungen S. X.W.
(6) Von 1841 — 185i und 1848-1856; daselbst S. XXVI.
(7) Von 1792— 1830 mit Lücken; siehe Beobachtungen des met.
Observatoriums auf dem Hohenpeissenberg 8. XXV.
94 Sitzung der matli.-phyi. Classe vom 8. Februar 1S62.
Die grosseil Abweichungen der beiden Münchner Reihen,
die Verschiedenheit beider von den Hohenpeissenberger Beob-
achtungen, dann die Sprünge die in sänimtlichen Reihen von
einem Monat zum andern sich zeigen, beweisen zur Genüge
dass entweder gar keine durch regelmässige Zu- und Abnahme
sich äussernde Periode vorhanden ist, oder wenn eine solche
vorhanden ist, eine hundertjährige Bcobachlungsreihe kaum aus-
reichen wird um die Zufälligkeiten zu eliminiren. Jedenfalls
kann also jetzt noch von einer gründlichen Untersuchung in
diesem Sinne nicht die Rede sein. Was jetzt aus den Beobach-
tungen abgenommen werden kann , besteht bloss darin dass im
Sommer das Barometer höher, im Winter tiefer steht, und dass
einzelne Monate gegen die übrigen hervortreten. Abgesehen
von den Lehrsätzen selbst, welche Hr. Dove zu seiner Erklä-
rung benützt, kann gegen seine Methode, welche einfach
darauf hinausgeht. Gründe anzuführen, warum der Luftdruck in
dem einen Monate ,, grösser" in dem andern ,, kleiner" ist,
nichts eingewendet werden, da präcise Bestimmungen hier nicht
möglich sind : wenn er aber dieselbe Methode auf die täglichen
Oscillalionen überträgt und mit allgemeinen Angaben über
„Zunahme" und ,, Abnahme" und „Einbiegung" und ., Ausbie-
gung" der Cnrven sich begnügt, so wird dadurch die Unter-
suchung wenig gefördert Die Wissenschaft fordert präcise
Zahlenangaben, einen präcisen mathematischen Zusammenhang
zwischen Ursache und Wirkung. Diess ist das Ziel, welches
ich bei folgenden Enlwickelungen im Auge gehabt habe. Man
wird sehen dass ohne den complicirten Mechanismus von See-
klima und Continentalklima, von auf steigendem S trome
und Auflockerung, die Barometer-Oscillationen in allen Welt-
theilen, an hohen und tiefen Stationen, bei trübem und helterm
Himmel, auf gleiches Gesetz zurückgeführt werden köinien. Dass
bei der allseitigen Mangelhaftigkeit der Beobachtungsdata nicht
eine vollendete Theorie sondern bloss eine vorläufige Skizze ge-
geben werden kann, versteht sich wohl von selbst.
Wenn ein Lufttheilchen erwärmt wird, so vermindert sich
Lamont: OscÜlation des Barometers.
95
heben.
sein specifisches Gewicht und es steigt in die Höhe, und wenn
viele Lufttheilchen neben einander in derselben Richtung sich
bewegen, so bilden sie einen Luftstroin, Soll ein solcher Strom
in die Höhe steigen, so muss die abgehende Luft ersetzt werden
durch seitliches Herbeifliessen gegen den A usgangspunkt des Stromes.
Den einfachsten Fall treffen wir da an, wo ein
einzelner Punkt A der Erdoberflache (Fig. 1)
erwärmt wird, und zwar wird hier in dem
schattirlen Räume B die erwärmte Luft
hinaufgehen, während die seitlichen Luft-
massen C und D allmählich herabgehen
und bei A einfliessen, um nach ihrer Er-
wärmung in dem Strome B sich zu er-
Erscheinungen dieser Art sind insbesondere von Espy
in Betracht gezogen worden: so z. B. führt er Fälle auf wo in
Folge eines Brandes in einer Stadt, oder in Folge eines grossen
Feuers an einer amerikanischen Prairie eine gewallige Luftsäule
mit Rauch vermischt bei ruhiger Atmosphäre zu einer Höhe von
mehreren tausend Fuss emporstieg.
Hier ist der Vorgang selbst so einfach und der Zusammenhang
von Ursache und Wirkung so klar, dass über den Erfolg kein
Zweifel obwalten kann; wir gehen desshalb auf einen zweiten Fall
über, welcher vom vorhergehenden darin vorzüglich sich unlerschei-
Fig. 2. del^ dass die Luft seitwärts nicht herbeiströmen kann.
Es sei A B C D (Fig. 2) eine Luftmasse, welche
durch die Wände A C und B D und durch den
Boden AB zusammengehalten wird, in CD aber
eine freie Oberfläche hat. Wird hier die Temperatur
des Bodens A B durch eine constanle Wärmequelle
langsam erhöht, so werden die am Boden anlie-
genden Lufttheilchen erwärmt und steigen in die Höhe, wogegen
die zunächst darüber befindlichen Theilchen mit dem Boden in
Berührung kommen, sich ebenfalls erwärmen und dann in die
Höhe gehen, um in gleicher Weise durch andere ersetzt zu
werden.
9$ Sitzung der math.-phyi. Classe vom 8. Februar 186S.
Dieser Vorgang ist vom vorhergehenden vöUig verschie-
den : anstatt eines Stromes der sich aufwärts bewegt, findet hier
nur ein andauernder Ortstausch statt, indem die am Boden he-
genden Theilchen durch die zunächst darüber befindlichen Theil-
chen ersetzt werden. Betrachten wir den Weg, den ein ur-
sprünglich am Boden befindliches Theilchen a zurücklegt, so
haben wir zu berücksichtigen dass der Druck der Flüssigkeit
und somit das specifische Gewicht der Theilchen nach Oben
abnimmt: in Folge dessen steigt das Thcdchen a nur so weit,
bis es in eine Schichte cd von gleicher specifischer Schwere
gelangt, und hier gleicht sich seine Wärme gegen die zunächst
h'egenden Theilchen ab; indem aber die darunter befindlichen
Theile, sowie sie nach und nach mit dem Boden in Berührung
treten, höher hinaufsteigen sinkt das Theilchen a Avciler herab
und kommt zum zweitenmale mit dem Boden A B in Berührung.
Die immerwährende Wiederholung desselben Vorganges wird
zur Folge haben
1) dass die Theilchen abwechselnd steigen und fallen, ohne
je weit von ihrer ursprünglichen Lage sich zu entfernen,
2) dass die Wärme nach und nach in die höheren Schichten
hinaufgetragen wird,
3) dass durch die Wärme die ganze Masse ausgedehnt wird
und die Oberfläche C D steigt.
Von einem aufsteigenden Luftstrome kann unter solchen
Vorausselzungen keine Rede sein : die einzige constant progres-
sive Bewegung besteht in der allmählichen Ausdehnung der
Flüssigkeit und der daraus hervorgehenden Erhebung der Ober-
fläche CD, die der Natur der Sache gemäss nur ganz langsam
stattfinden kann. Diese Wirkungen werden noch insbesondere
aufgehalten durch eine gewisse Cohäsion oder Zähigkeit der
Luft, wovon der mächtige Einfluss durch verschiedene Experi-
mente nachgewiesen werden kann.
Dauert die Erwärmung des Bodens bloss kurze Zeit, so ge-
langt die Wärme nur bis zu einer bestimmten Höhe, wir wollen
Lamont : Oscillation des Barometers. 9"?
sagen bis EF; dabei dehnt sich die Masse AEFß aus und be-
wegt die darüber gelagerte Masse ECDF aufwärts. Würde die
Expansion der untern Masse augenblicklich stutlfinden, so
niüsste eine Vermehrung des Druckes eintreten, weil die obere
Masse wegen ihres Tragheitsnionieiits erst allmählich in Bewe-
gung gebracht werden könnte. Es würde ferner später eine
Verminderung des Druckes folgen, weil die obere Masse einmal
in Bewegung gebracht^ über die Gleichgewichtslage hinausgehen
würde.
Ist die Wärme des Bodens AB eine periodische Grösse,
die durch den Ausdruck
a sin (bt -\- c)
dargestellt wird , so wird in einer beliebigen Höhe h die Tem-
peratur später eintreffen um die Grösse
qh,
und die für den Boden geltende Grösse a der Periode in Folge
der Ausstrahlung nach geometrischer Progression mit der Höhe
vermindert werden, so dass man zur Zeit t die Wärme
-kh
ae sin (bt + c — qh)
erhalten wird.
Setzt man den Ausdehnungs- CoefFicienten der Luft = «,
so ergibt sich die Höhenausdehnung derselben
=: j.7-ni~l ['^ sin (bt + c) — q cos (b t -f- c)]
oder
= m sin (bt -j- c — f)
wenn
aa q
7>r- — -^^, =; m , =: tanqr f
V k^ + q^ k
gesetzt wird.
Hiernach besteht die Wirkung einer periodischen Erwär-
mung darin , dass die Luftmasse allmählich an Ausdehnung zu-
und abnimmt, und mithin die darüber befindliche Luftmasse
98 Sitt-ting der math.-pht/s. Classe vom 8. Februar 1862.
CDEF in einer mit der Erwärmung übereinstimmenden Periode
steigt und fällt.
Die Gleichung dieser Bewegung erhält man auf folgende
Weise. Es sei die mittlere Höhe der Linie EF = h, die Höhe
zur Zeit t =i h -}- -'f) ^'^^ Gewicht der Luftmasse CDEF = P,
so ist die Expansivkraft der Luftmasse ABEF gleich dem
Gewichte
P h + m sin (bt + c — f J _
h + X
wofür mit hinreichender Genauigkeit der Ausdruck
P {^^ sin (bt + c - f) - I)
substituirt werden kann. Wird dann die der Zeiteinheit ent-
sprechende Fallhöhe mit Vjg bezeichnet, so hat man die Bewegungs-
gleichung
d*x m ff . ,1 i 1 es ^
dF = -JT *'" ("' + "^ - f -- ? T,
Das Integral ist
X r= -^^rFü si" (bt i- c - f) -h A cos (-^ + b)
g — b'h vy h '
Das letzte Glied drückt die Oscillation aus welche stattfinden
würde, wenn die Masse CDEF durch einen verticalen Stoss
aus der Gleichgewichtslage gebracht wäre und fällt hier weg.
Der Druck auf den Boden beträgt
mb^ P . ^, , , f.^
— ■ — :-r sm (bt + c — f).
g— b- h
Ist die Temperatur des Bodens nicht gleich, sondern all-
mählich zunehmend von A bis B, so wird die Oberfläche bei D
schneller steigen als bei C; in Folge dessen muss ein Ueber-
fliessen der Luft von D gegen C, und weil dann der Druck der
Luftsäule AC vermehrt wird, ein allmähliches Sinken derselben
und eine Bewegung von A gegen B stattfinden. Es kommt
hier also eine Ci reu lation der Luft zu Stande, die sich an den
Lamont: Oscülation des Davometers. 99
Seiteiiwänden BD und AC als ein Steigen und Fallen^ in der Mille
aber als eine obere und untere horizonlale Strömung von entgegen-
gesetzter Richtung gestallet und wobei die Grösse von dem
Temperatur- Unterschiede zwischen A und B, von der Raum-
Ausdehnung, von der Dauer der Krwärmung und von den Hin-
derin"ssen der Bewegung, namenth'ch von der Reibung abhängt.
Die Grösse der Grundlliiche A B und die Seitenflächen A C
und BD sind bisher gar nicht in Betracht gekommen, und haben
auch auf den Erfolg keinen wesentlichen Einfluss. Bei der An-
wendung, welche wir von den erhaltenen Resultaten machen,
handelt es sich immer um eine grosse Strecke der Erdoberfläche,
und da die Temperatur- Aenderungen , die in 24 Stunden vor-
kommen, nach den Bestimniungen von Weish nur auf eine
Höhe von einigen tausend Fuss sich erstrecken, so kann die
Grundfläche den sonst vorkommenden Dimensionen gegenüber
nur als unendlich gross belrachtet werden. Sollen für ir-
gend einen Punkt in der Mitte einer solchen Fläche die ein-
tretenden Aenderungen bestimmt werden, so kommt es auf die
Beschafl'enheit der Begrenznngswände AC und BD gar nicht an,
wenn sie nur das Abfliessen der Luft \erhindern. Was die
Circulation befrifll, so reducirl sie sich für einen Punkt in der
Mitte der Fläche auf eine entgegengesetzte Strömung in der
Höhe und auf dem Boden.
Fasst man unter Berücksichtigung der letzt erwähnten Um-
stände das Vorhergehende zusammen, so erhält man die Wir-
kungen der Erwärmung wie folgt :
1) die Erwärmung eines Punktes erzeugt einen war-
men Luftslrom nach Oben und ein Sinken der kältern
Lufl daneben,
2) die gleichniässige Erwärmung einer Fläche
von unendlich erAusdehnung erzeugt keinen Luft-
strom nach Oben, sondern nur einen allmählichen Ueber-
gang der Wärme von den tiefern auf die höhern Lufl-
theilchen, und in Folge dessen eine Ausdehnung der
Luflmasse nach Oben und eine Erhebung der Oberfläche,
100 StHung der math.-phtfs. Ciasse vom 8. Februar 1862.
wobei eine Zunahme des Druckes auf den Boden wenig-
stens vom Anfange eintreten muss,
3) eine periodische Erwärmung einer unendlich
a usge dehn ten Flache bringt ein periodisches Steigen
und Fallen der Oberfliiche zu Stande, wobei die Aen-
derung des Druckes auf den Boden um so grosser ist,
je schneller die Zu- oder Abnahme der Warme vor
sich geht,
4) eine Erwärmung einer unendlichen Fläche
nach einer Richtung hin zu- oder abnehmend
unterscheidet sich von einer gleichmässigen Erwärmung
nur dadurch, dass zwei entgegengesetzte Ströme und
zwar ein oberer Strom von der wärmern zur kältern
Gegend, und ein unterer Strom von der kältern zur
wärmern Gegend eintritt, vorausgesetzt dass die Ver-
hältnisse von Wärme-Intensität, Raum und Zeit die Ent-
stehung einer Circulation zulassen.
Ehe unternommen werden kann diese Lehrsätze auf die
tägliche Bewegung des Luftdruckes anzuwenden, müssen wir
erst die Beweglichkeit der Atmosphäre näher untersu-
chen, denn nicht bloss von den wirkenden Kräften sondern zu-
gleich von dem Widerstände und der Reibung hängt es ab in
wie weit eine Bewegung realisirt wird. Dass die Luft, wenn
sie durch engere Röhren bewegt wird, sehr grossen Widerstand
findet, ist durch Versuche nachgewiesen worden; auch ist be-
kannt, dass bei Leuchtgas -Röhren, die über einen Fuss im
Durchmesser haben, selbst der höchste Gasometer- Druck nicht
mehr im Stande ist, ein hinreichend starkes Ausströmen zu be-
wirken, wenn die Länge eine gewisse Grenze überschreitet.
Welchen Widerstand aber die Bewegung grosser Luftmassen
erfährt, kann man aus den bisherigen Versuchen nicht ableiten,
und es bleibt nichts anderes übrig als auf indirectem Wege
eine approximative Bestimmung herzustellen.
Wenn auf der Oberfläche einer ruhigen Wassermasse eine
Welle erregt wird, so besieht die Bewegung darin, dass
Lamont : OsciUation des Barometers.
101
M
N
(Fig. 3) die einzelnen Wasser-
säulen abde, bcef... ab-
wechselnd an Höhe zu - und
abnehmen , mit einer corre-
spondirenden Ab- und Zu-
nahme der Breite oder des
Durchmessers. Die ganze Be-
^^^ -^ B wegung einer Wassersäule er-
streckt sich von b bis n, und die Zeit, welche diese Bewegung
in Anspruch nimmt, wird grösser oder kleiner sein, je nachdem
die Beweglichkeit der Masse grösser oder kleiner ist. Die
eben erwähnte Zeit ist aber gleich der Zeit, welche die Welle
in ihrer progressiven Bewegung von b nach b' braucht, und
wird mithin der progressiven Geschwindigkeit der Welle umge-
kehrt proportional sein.
Daraus folgt dass man dio progressive Geschwindigkeit der
atmosphärischen Wellen als Maass der Beweglichkeit der At-
mosphäre betrachten kann.
Schon die Beobachtung des Barometers an einer einzelnen
Station beweist dass die Beweglichkeit der Atmosphäre sehr
gering ist, da das Steigen und Fallen des Oii^cksilbers, ausser-
ordentliche Fälle ausgenommen, immer in längern Intervallen
aufeinander folgt. Directe Bestimmungen liefern die stündlichen
Beobachtungen, welche von 1830 angefangen zur Zeit der Sol-
stitien und Aequinoctien gemacht und von Birt und Ouctelet
berechnet wurden. Nach Angabe des Letztern legen die at-
mosphärischen Wellen im Mittel 3 bis 6 Meilen in der Stunde
zurück, so dass eine plötzliche Erhebung der Luft in Wien erst
nach 8 — 16 Stunden in Jlünchen sich äussern würde.
Einen weitern Anhaltspunkt geben die Zusammenstellungen
von Buys-BalIot% worin dargestellt wird wie weit der Baro-
meterstand über oder unter dem Mittelwerthe steht. Hiebei
(8) Arwijkingei) van Teuipcratuur en Barometerstand op vele Piaatseu
in Europa.
102 Sitzung der math.-phys. CUisse vom 8. Februar 1862.
Avird eine Niveau -Linie MN angenommen und in Bezug darauf
die Wellenhöhe angegeben. Geselzl eine Welle bewege sich
von b nach b', so wird, wenn der Wellengipfol in b ist. der
Druck in A grösser, in ß kleiner sein und bis der Weliengipfel
nach b' gelangt, ist ein Umschlag eingetreten, indem der Druck
jetzt in A kleiner und in B grösser ist; somit zeigt jeder
Umschlag an dass ein Wellengipfel vorüber gezogen ist.
Gleiche Bewandtniss hat es mit jedem Welieiithale, und da eine
ganze Welle aus einem Wellenberge und einem Wellenlhale
zusammengesetzt ist, so hat man auf jede Welle zwei Um-
schlage zu rechnen. In den Zusanunenslellungen von Buys-
Ballot hat es nun gar keine Schwierigkeit die Umschläge zu
zählen, und somit hätten wir ein bequemes Mittel um die Zahl
und daraus die Geschwindigkeit der vorüberziehenden Wellen
zu bestimmen, Vergleichen wir nun einen beliebigen Ort z. B.
Dresden mit den herumliegenden Orten München, Wien, Krakau,
Hamburg, so ergibt sich die Anzahl der Umschläge wie folgt:
Entfernung
Aug. 1855
13
13
6
15
Im Ganzen ersieht man hieraus dass im Mittel 6 Wellen im
Monate vorüberziehen, mithin die Bewegung einer Luftsäule
abde von der grössten Höhe eb bis zur geringsten Höhe en
fünf Tage erfordert.
Damit stimmt der Umstand überein dass, wenn an zwei
nicht weit voneinander entfernten Orten die Höhe der Atmo-
sphäre verschieden ist, d. h. das Barometer an dem einen Orte
mehr als am andern über oder unter dem Mittel steht, die Aus-
gleichung nur sehr langsam vor sich geht. So findet man z. B.
bei Vergleichung des Luftdruckes in Hof und München (Ent-
fernung 33 Meilen) dass im Juni 1841 der Barometersland in
Jul
i 1855
von
München
12
?)
Wien
13
jj
Krakau
4
)j
Hamburg
16
Sept. 1855
Mai 1856
in Meilen
12
17
50
11
17
50
13
9
60
12
19
52
Laniont: Oscillation des Barometers. 103
Hof* vom 1. bis 5. dann am 28. und 29. constant iingeftihr
Vs Linie zu hoch, am 8. und 9. dagegen constant zu tief war.
Aehnliche Beispiele liefert jedes Monat.
Im Ganzen folgt hieraus dass bei den Bewegungen der
Atmosphäre Reibung und Widerstand von sehr grossem Ein-
flüsse sind, d. h. die Atmosphäre als eine relativ zähe Masse
betrachtet werden muss , und die Entstehung einer Circulation
einen beträchtlichen Zeitraum erfordert.
Versuchen wir diese Lehrsätze auf unsere Atmosphäre an-
Fig- ■*• zuwenden. Von der Erde T (Fig. 4) sei die
eine Hälfte von der Sonne beschienen, so
dass in a der Sonnenuntergang, in c der
Sonnenaufgang eintritt, so wird von a bis b eine
Zunalune, von b bis c eine Abnahme der Tem-
peraturslatlfinden. Da die beiden Räume a b und
b c eine Ausdehnung von mehr als 1000 ffco-
graphischen Meilen haben, so dürfen wir mit allem Rechte sie
als ,, unendlich ausgedehnt'' betrachten , und da ferner in dem
Räume ab au!" 100 Meilen nur eine Temperalur-Aenderung von
höchstens Va Grade, und im Räume bc eine Aenderung von
V4 Grad trifft, so ist es nach den oben angeführten Angaben
einleuchtend, dass innerhalb einer 24slündigen Temperalurperiode
eine wahrnehmbare Circulation der Luft, — d h. ein oberer und
unterer Strom — nicht zu Stande kommen kann, und diess um
so weniger, da die Stromrichtung von Vorniiltag auf Nachmittag
in die entgegengesetzte übergehen nüisste.
Einen directen Beweis hiefür finden wir in dem Umstände,
dass die Gesanuntheit der vorliegenden Windbeobachtungen
keine Spur davon liefert, dass Abends der Ostwind und Mor-
gens der Westwind vorherrsche. Ueberhaupt kommt in Gegen-
den, die ferne vom Meere und vollkommen frei liegen wie z. B.
in München keine tägliche Periode der Windrichtung vor, mit
(9) Aiinnleii Tiir Meteorologie und Erdmagnetismus I. Heft S. 105.
104 Sitzung der viath.-phi/s. Clane vom 8. Februar 1862.
Ausnahme des einzigen Falles der bei constanteni Ostwinde
eintritt und dessen Verlauf darin besteht, dass der Ostwind
Abends fast gänzlich nachlässt und Morgens wieder beginnt,
ganz im Widerspruche mit dem Erlolge den eine Circulation
hervorbringen würde.
Aus den obigen Bestimmungen folgt, dass ein aufsteigender
oder absteigender Luftstrom gar nicht exislirt'°, und die einzige
VVirkung der Wärme darin besteht eine periodische Ausdehnung
und Zusammenziehuiig der Atmosphäre, d. h. eine periodische
Zu- und Abnahme der Hohe derselben entsprechend der oben
entwickelten P'ormel
«äff . , ■
X = z-r i ■- sni (bt + c — f)
(g - b' h) V^k^ + q' ' ^
zu Stande zu bringen.
Sollen die Constanten dieser Formel näher bestimmt wer-
den, so muss man unbedingt zugestehen dass die Mittel, welche
sich zu diesem Zwecke darbieten, in hohem Grade mangelhaft
und unvollkommen sind; ich begnüge mich desshalb damit bloss
Näherungswerthe zu suchen und die Grenzen zu bezeichnen, in
welchen sie eingeschlossen sind.
Aus den weiter unten angeführten Beobachtungen folgt,
dass die durch die Wärme entstehende Verminderung des Luft-
druckes ihren stärksten Betrag im Allgemeinen drei Stunden
nach dem Maximum der Temperatur erlangt, mithin
f — 45°
geSelzl werden muss. In Folge der Gleichung
(10) Von lotaleii Circulationsströincn ist hier nicht die Rede. Solche
kommen in ficbirgsgegenden täglich vor und können auch über einer
Khene, worin die Erwärmung des Bodens ungleich ist, entstehen, haben
jedoch nie eine grosse Ausdehnung und scheinen gar niclit bis zur
Höhe, wo die Wolken schweben, zu gelangen, denn stets bemerkt man,
dass die Wolken nach horizontaler, nicht nach verticaler Richtung ge-
schichtet und gelagert sind. Die von Hrn. Hennessy beobachteten ver-
ticalen Lultbewegungen (Rcp. of the Brit. Assoc. 1857 S. 30) sind zu
den localen zu rechnen.
Lamont : Oscülation des Barometers. |05
— nz tailff f
q
erhält man für diesen Fall
q = k.
Um die Grösse k zu bestimmen , hat man die tägliche Pe-
riode der Temperatur an höher und tiefer gelegenen Punkten
zu vergleichen ; indessen gelangt man auf solchem Wege zu
sehr verschiedenen Werthen. So ergibt sich, wenn man die
Höhen in Pariser Fuss ausdrückt
aus Genf und St. Bernhard . . k =: 0.000054
aus Madras und Dodabetta . . k == 0.000110;
zugleich erkennt man dass in den verschiedenen Monaten die
Werthe sehr verschieden ausfallen.
Gegen diese Bestimmungsweise ist jedoch der sehr gegrün-
dete Einwand zu erheben, dass auf dem St. Bernhard und Do-
dabetta neue Wärme erzeugt, nicht die von der untern Station
in der Luft forlge[)flanzlo Wärme beobachtet wird. Ich habe
desshalb aus den Luflfahrlen von Welsh'' eine Bostimnmng ab-
zuleiten gesucht, indem ich die Abnahme der Temperatur vom
26. Aug. bis 21. Oct. 1852 in der Tiefe und in der Hohe mit-
einander verglich. Hieraus fand ich
k =. 0.000026,
wobei allerdings wieder in Frage gestellt werden kann , ob die
während eines Tages und während eines Monats eintretenden
Aenderunoen in gleichem Verhältnisse zu einander stehen.
Die obige Formel enthält noch die Constanten b , g und
h, wovon die zwei ersten, wenn man als Zeiteinheit die Stunde
annimmt, folgende Werthe haben
g — 391500000
b = 0,2618.
Was h betrifft, so können wir uns der Mühe überheben
einen Werth dafür zu suchen, da wegen des grossen Betrages
von g olfenbar ist dass der Factor
(11) An account of four balloon ascents. Pliilos. Trans. 1853 p. 311.
11861. I.] 8
106 Sitzung der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
_g
auch wenn für h der grösste zulassige WerHi genommen wird,
der Einheit gleich gesetzt werden kann.
Hiernach nimmt die oben für x gegebene Gleichung die Form
^ = V't^Vq ''" ^^* + ' ~ ^^
an, und wenn man diesen Werth in den Gleichungen S. 98
substituirt, so findet man dass die Luftmasse P in Folge der
Expansion der darunter befindlichen Luft stets langsam und
ohne merkliche Beschleunigung sich bewegt, also auch der Druck
auf den Boden keiner Aenderung unterliegt.
Eine Aenderung des Druckes auf den Boden kann nur
dann zu Stande kommen, wenn ein Widerstand angenommen
wird. Um die Wirkung eines der Geschwindigkeit proportionalen
dx
Widerstandes — rsf -rr zu bestimmen, hat man nur dieses Glied
*' d t
der rechten Seite der dritten Gleichung S. 98 hinzuzufügen. Die
Integration der Gleichung würde dann grössere Schwierigkeit ha-
ben, da aber der Widerstands-Coeflicient r sehr klein sein wird,
so darf man in dem damit multiplicirten Gliede für x den Werth
setzen den man erhält, wenn r = o ist. Hiernach ergibt sich,
wenn man nach der Integralion für
g - bMi
die Einheit substituirt
X = m sin (bt -j- c — f) — mrbh cos (bt + c — f),
oder wenn rbh =z tg A gesetzt wird
X =: ^ sin (bt 4- c — { — X)
cos A '
aa V"! 4- r* b* h'^ . ,, , . .,
— ;; — — sm (bt + c — f — A).
Lamont: Oscillation des Barometers. I07
Die Aenderung des Druckes beträgt
aa r b h
p -VW+W "" ("' + <=- f)-
Da X sehr klein sein wird, so erleiden die oben für q und
k gefundenen Bestimmungen keine merkliche Aenderung, und
es ist nur noch nöthig für die Grösse h einen Werlh zu ermit-
teln. In dieser Beziehung begnüge ich mich dannt den Zu-
sammenhang von h mit den übrigen Constanten durch eine Reihe
von hypothetischen Fällen nachzuweisen, in der Voraussetzung
dass a = 3", ac "~ '''' := 0".! sei, und die in Folge der Erwärmung
eintretende Aenderung des Luftdruckes 0"',10 betrage.
Steii^cn und Fallen
Höhe h
Wcrth von k
der Luftobernäclie
Widerstands-
Par. Fiiss
Pariser Fiiss
(^oefficient r
20.000 .
. 0.000170 .
... 59 . . .
0.0000439
30.000 .
. 0.000113 .
. . 92 . . .
0.0000440
40.000 .
. 0.000085 .
. . 129 . . .
0.0000495
50.000 .
. 0.000068 .
. . 180 . . .
0.0000595.
Man sieht hieraus dass in keiner zulässigen Voraussetzung
das Steigen und Fallen der Luftoberfläche viel mehr als 100
Fuss betragen wird, eine Bewegung, die, da sie erst in Zeit
von 6 Stunden zu Stande kommt, viel zu langsam ist als dass
man ihr die Benennung „aufsteigender und absteigender Luft-
slrom" beilegen könnte.
Bei diesen Rechnungen war es nur beabsichtigt durch Sub-
stitution eines in der Wirklichkeit nicht bestehenden einfachen
Verhältnisses den Zusammenhancr zwischen Wirkungr und Ur-
Sache deutlich zu machen, nicht ein strenges Resultat zu er-
zielen. Zu letztem! Zwecke würde es nölhig gewesen sein die
Bedingungen des Problems viel vollständiger zu berücksichtigen.
Bisher haben wir die Erdoberfläche als vollkommen kugel-
förmig glatt und überall von gleicher Beschafienheit, die Atmo-
sphäre als vollkommen frei von Wolken betrachtet. In der
8*
108 Sitzung der tiiath. phys. Ctasse vom 8. Februar 1862.
Wirklichkeit ist diess nicht der Fall, und somit müssen in dem
oben beschriebenen Erfolge Modificalionen eintreten. Handelt
es sich um kleinere Local- Unterschiede, so gleicht sich die
Verschiedenheit des Druckes durch seitliches Abfliessen aus; so
z. B. erwärmt sich die Luft ganz anders über einer freien Ebene
als über einem eingeschlossenen Thale, ganz anders über einer
sandigen Fläche als über einem Binnensee, ohne dass in dem
Gange des Luftdruckes irgend eine Einwirkung sich kundgäbe ;
eben so wenig wird eine Einwirkung bemerkt werden, wenn ein-
zelne Wolken in der Luft schwebt-n , oder einzelne Landstriche
mit Nebel bedeckt sind. Stellt man sich dagegen vor, dass ein be-
trächtlicher Theil der Erdoberfläche mn (Fig. 4) mit Wasser bedeckt
sei, so wird die Erwärmung durch die Sonne geringer ausfallen
als über dem festen Lande am und nb, und an den Grenzen m
und n muss eine horizontale Luftströmung erfolgen, die sich
jedoch nicht weit erstreckt, wie durch die Beobachtung der
Land- und See- Winde entschieden nachgewiesen wird. Im Gan-
zen wird also der Erfolg darin bestehen, dass die E.\pansion
der Luft, mithin auch die Aenderung des Luftdruckes über mn
wie über a m und nb nach g leic hem Gesetze eintreten muss,
die Constanten aber verschieden sein werden , und an den
Grenzen ein allmählicher Uebergang stattfindet.
Ein ähnliches Vcrhältniss tritt ein wenn ein beträchtlicher
Theil der Erdoberfläche mit einer Wolkendecke op überzogen
ist. Da ein Theil der Wärme durch die Wolkf^n aufgehalten
und zur Verwandlung der Dunstbläschen in e.xpansibeln Dampf
verwendet wird, so gelangt weniger zur Erde und die Expansion
der tieferen Luftschichten ist kleiner. Demnach wird unter einer
sehr ausgedehnten Wolkendecke die tägliche Bewegung des
Barometers, so weit sie von der Wärme abhängt, anders sein
als in den Erdstrichen wo die Sonne scheint, und auch hier
findet eine seitliche Ausdehnung der Luft und ein allmählicher
Uebergang nur an den Grenzen statt.
Die bisherige Untersuchung über die Ausdehnung der At-
mosphäre durch die Wärme hat den Zweck die Unzulässigkeil eines
Laviont: OsciUation des Barometers. 109
aufsteigenden Luflslroines zu erweisen; sie dient aber auch
zugleich zu näherer Begründung der von mir aufgestellten Er-
klärung der täglichen Barometer- OsciUation.
Zunächst erhellt daraus dass, wenn man der Luft einen ge-
wissen Grad von Zähigkeit beilegt, die Temperatur eine täg-
hche Barometer - OsciUation hervorbringen nuiss. Will man die
Temperatur genauer ausdrücken, so muss man eine periodische
Interpolationsreihe von wenigstens zwei Gliedern '^ anwenden,
welche wir durch
p sin (X + P) -f q l!n (2 X + 0)
darstellen wollen. Bezeichnet man die einer Temperatur-Aen-
derung von 1" entsprechende Aenderung des Barometers mit
a' und die Verspätung mit f, so erhält man die der Temperatur
zugehörige tägliche OsciUation des Barometers
= — a'p sin (X + P - f) — a'q sin (2 x + 0 - 2f')
= a'psin(x + P-f'+180")+a'qsin(2x + 0"2f' + 180«).
Die Wärme hat noch einen weitern Erfolg von gleicher
Art. Indem sie einen Tlieil des auf dem Boden befindlichen,
dann einen Theil des als Bläschen in der Luft schwebenden
Wassers in Dam|tf verwandelt, bewirkt sie ebenfalls eine Ex-
pansion, und da der Einfluss dieses Processes von den untern
Regionen in die hohem sich erhebt, so tritt eine Verspätung
ein, so dass die daraus hervorgehende Barometer - OsciUation
durch die Formel
a"p sin (X + P — f " + 180°) + a"q sin (2 x + 0 —2 f " + 180°)
ausgedrückt werden kann.
(12) Da die Temperatur nur unvollkommen durch zwei Glieder aus-
gedrückt wird, so hat man die im Foli;cnden berechneten Resultate nur
als eine erste Nähcrunj; zu betrachten. Das richtige Verfahren würde
darin bestehen, die unmittelbar durch die Beobachtung für den täglichen
Gang der Temperatur und des Luftdruckes gegebenen Zahlreihen zu
nehmen, erstere mit dem Temperatur- Coefficienten zu multipliciren und
mit Berücksichtigung der Verspätung von letzteren abzuziehen; der Rest
würde die atmosphärische Ebbe und Fluth darstellen.
110 Situtng der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
Vereinigt man beide Oscillationen, so erhält man einen
Ausdruck von der Form
ap sin (x + P- f+ 180») + aq sin (2x-f 0— 2f + 180'')
wo a als ,,Wärmc-Coefricient" und f als Verspätung des Wärme-
Einflusses bezeichnet werden kann.
Kommt hiezu noch eine Ebbe und Flulh von der Form
c sin (2x — 2C)
wo c die Grosse und C die Verspätung der Ebbe und Flulh
bezeichnen, so ist die ganze Barometer-Oscillation
= apsin (x + P — f+ 180'')-j-aq sin (2x-|- 0 — 2f+ 180") +
c sin (2x — 2C).
Wenn nun stündliche Barometer-Beobachtungen aufgezeich-
net und durch eine periodische Interpolalionsreihe von der Form
m sin (X -[- M) -j- n sin (2x + N)
dargestellt werden, so muss dieser Ausdruck mit dem zuletzt
gefundenen identisch sein, so dass man durch Vergleichung der
von X dann von 2 x abhängigen Glieder erhallen wird
m sin (x -fM) = ap sin (x -|- P — f + 180°)
csin(2x — 2C) = nsin(2x4-N) — aqsin(2x + 0—2f 4-180")
^n-aqcos(Q-2f+180°-N) ^^ ^^^^_^
cos ß
wobei B erhalten wird durch die Formel
aqsin(0 — 2f-}-180" — N)
tgB
~ n — aq cos (0 — 2f + 180» — N)
und daraus folgt
Wärme-Coefficient a =i —
P
Verspätung f = P + 180" — M
r A T7KK Av^ ,u H - aq COS (Q - 2f -F 180" - N)
Grosse der Ebbe und Flulh c =z =,
cos B
Epoche der Flulh = G -f 45" = 45" — V, N -|- V, B.
Diese Formeln wollen wir nun auf die an verschiedenen
Punkten der Erdoberfläche gemachten Beobachtungen anwenden;
Lamont: Oscillation des Barometers.
111
damit jedoch eine leichtere Uebersicht erhalten werde, habe ich
die Tabellen und die daraus abgeleiteten Interpolationsreihen am
Ende vereinigt, und stelle hier bloss die Resultate neben einander.
I. Resultate aus den Beobachtungen des ganzen Jahres,
a) barometrischer Wärme-Einfluss.
^^™5
Betrag |
W'ärnie-
Epoche des Naiimums i 3|
Ort
geograpn. :
Breite
d. Wärme-
Einflusses
CoelTi-
(ient
Wärme
Wärme-
Einfluss
0
Par. Lin.
walireZeit
h
1. 41
walireZ.
h
12. 20
Petersburg
59
57
0.'Ö12
0 008
Callierineiiburg
5G
50
0.047
0.018
2. 48
2. 22
Baniaiil
53
20
0.065
0 020
2. 51
10. 31
Grecinvicli
51
28
0012
0 006
2. 20
14. 11
Nertschiiisk.
51
18
0.142
0.043
2. 52
5. 28
Brüssel
50
51
0 011
0.010
2. 37
4. 37
Prag
50
5
0 106
0.051
2. 37
5. 51
Wien
48
12
0.061
0.029
2. 3
6. 50
Miiiiehen
48
8
0.052
0.020
2. 14
5. 15
Toronto
43
49
0 163
0 064
2. 24
7. 48
Tillis
41
41
0 281
0093
2. 46
4. 28
Mailrid
40
25
0.186
0 051
3. 14
6. 7
Pliiladelphia
39
57
0.180
0.092
2. 57
6. 22
Pekin
39
54
0 324
0.101
3. 5
5. 59
Madras
13
4
0.265
0.142
2. 32
5. 51
St. Helena
—15
55
0.076
0 068
2. 2
8. 17
Melbourne
-37
48
0.142
0.050
2. 12
4. 59
Hobarton
—42
53
0131
0.050
2. 16
2. 41
Da es für die Entwickelung des Wärme -Einflusses von
grossem Belange ist ob die Sonnenstrahlen auf den Boden selbst
oder auf eine den Boden bedeckende Wolkenschichte treffen,
ausserdem der Erfolg von der Feuchtigkeit der Luft und der
Bodenoberfläche abhängt, so war zu erwarten dass der Wärme-
Einfluss in verschiedenen Localitäten verschieden sein werde.
Diess wird auch durch die Tabelle bestätigt.
Aus der nähern Prüfung der einzelnen Zahlenwerthe er-
geben sich folgende Resultate:
(13) Es Ist hier nur das erste Glied der fiirTemperatur- und Baro-
meter-Oscillation berechneten Interpolationsformeln berücksichtiget.
112 Sitzung der math.-phii^. Classe vom 8. Februar 1862.
1) in Petersburg, Greenwich , Brüssel betrügt der barome-
trische Wärnie-Einfluss nur 0,"'ül, und ist zu klein als
dass man den darauf bezüglichen Bestimmungen irgend
ein Gewicht beilegen könnte;
2) in Catherinenburg, Barnaul, München, St. Helena beträgt
der barometrische Würme-Einfluss 0,''06, und die Epoche
ist im 3Iiltel 6" 36' Abends (Verspätung 4" 7');
3) in xXertschinsk, Toronto, Madrid, Philadelphia, Melbourne,
Hobarton beträgt der barometrische Wärme- Einfluss
0,"'16,, und die Epoche ist S*» 34' (Verspätung 2" 55';
4) den grössten barometrischen Wärme-Einfluss treffen wir
in Tiflis, Pekin, Madras an; er beträgt im Mittel 0/"29
und die Epoche ist b^ 26' (Verspätung 2'^ 38').
Es scheint dass je grösser der barometrische Einfluss ist,
die Verspätung um so kleiner wird. Im Allgemeinen kann man
eine Verspätung von drei Stunden annehmen. Als abnorm er-
scheint die Epoche in Barnaul (zu spät), und in Catherinenburg
und Hobarton (zu früh).
b) Ebbe und Fluth.
1
Grösse
Epoche der
Fluth
Ort
der Ebbe
und Fluth
Par. Lin.
wahre Zeit
h
10. 18
Petersburjj
0'028
Catherincnburg
0 030
10. 24
ßarnaiil
0 058
9 40
Greenwich
0.119
8. 50
Nertschinsk
0.083
9. 37
Brüssel
0.108
10. 2
Präs
0.113
10. 14
Wien
0.128
10. 12
München
0.097
10. 2
Toronto
0.148
8. 51
Tiflis
0.102
9. 59
Madrid
0.119
9. 43
Philadelphia
0.181
9. 10
Pekin
0.109
10. 13
Madras
0.436
9. 40
St Helena
0 335
9. 43
Melbourne
1 Hobarton
0.204
9. 49
0.197
9. 21
Lamont: Oscillation des Barometers. 113
Während in der vorigen Tabelle ein überwiegender Einfluss
der Localität sich heraussf eilte, finden wir hier eine merkwür-
dige Uebereinslimmung in den Epochen, und eine regelmässige
Abnahme in der Grösse der Bewegung vom Aequator gegen
die Pole, wornach es keinem Zweifel unterliegen kann , dass es
hier um ein allgemeines, von der Localität nur in ganz geringem
Maasse bedingtes Phänomen sich handelt.
Was die Modificationen betrifft, welche von der Localität
abhängen, so bemerkt man vor Allem dass in der südlichen
Halbkugel die Ebbe und Fluth grösser ist als in der nördlichen,
ohne Zweifel eine Folge des Umslandes dass auf der nörd-
lichen Halbkugel mehr Festland vorkommt, und die rauhere
Oberfläche der Bewegung der Atmosphäre Hindernisse ent-
gegenstellt.
Die Höhe über der IMeeresfläche scheint ohne Einfluss zu
sein. Zugleich muss man aber zugestehen, dass die Abnahme
der Ebbe und Fluth vom Aequator aus gegen die Pole beträcht-
lich rascher ist, als sie bei einer homogenen Beschaffenheit der
Atmosphäre sein sollte. Im Mittel kann die Epoche der Fluth
auf 9^ 38' festgesetzt werden.
Bei einigen Orten tritt die Fluth früher ein als es sonst im
Allgemeinen die Regel ist, und gleichzeitig findet man dass in
solchen Fällen die Höhe stets etwas grösser ist als sie nach der
geographischen Breite sein sollte. Ob dieser Erfolg von ähn-
lichen Umständen, wie sie bei der Ebbe und Fluth des Meeres
sich wirksam zeigen, bedingt wird, lässt sich erst entscheiden
wenn eine grössere Anzahl von Beobachtungsstationen vor-
liegt.
114 Sitzung der math.-phya. Classe vom 8. Februar 1862.
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Lffinont: üscillation des Barometers.
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116 Sitiung der math.-phps. Classe vom 8. Februar 1862.
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Lamont: Oscülation des Barometers.
117
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118 Sitzuuf/ der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
Diese Tabellen liefern, wie ich glaube, den vollständigsten
Beweis für die Richtigkeit der von mir aufgestellten Erklärung
der täglichen Bewegung des Barometers, indem sie einerseits
zeiffen wie das erste Glied mit dem monatlichen Gange der
Luft-Temperatur genau übereinstimmend zu- und abnimmt, also
als Wirkung der Temperatur erscheint, während das zweite Glied,
man mag die nördlicheren oder südlicheren, die tieferen oder
höheren Stationen betrachten, immer in ähnlicher Weise sich
gestaltet und sowohl wegen der Doppel-Periode in 24 Stunden
als auch wegen der Unabhängigkeit von den Jahreszeiten we-
der einem directen noch einem indirecton Einflüsse der Tem-
peratur zugeschrieben werden kann. Die kleinen Mudifioationen,
welche bei dem zweiten Gliede eintreten, hängen mit der Con-
figuralion der Erdoberfläche und der Declinalion der Sonne
zusammen in einer Weise, die erst näher bestimmt werden
kann wenn hiezu hinreichendes Material gesammelt ist.
Entschieden geht aus den Beobachtungen der nördlichen
Stationen hervor, dass im Sommer die Fluth etwas später, im
Winter etwas früher eintrifft, doch beträgt der Unterschied kaum
eine halbe Stunde; in der Aequaforial- Zone und in Süden ist
kaum ein Unterschied zu erkennen. Die Grösse der Fluth
scheint beträchtlicher zu sein wenn die Sonne am Aequator sich
befindet, wie folgende Relativ- Zahlen (aus 4 nördlichen und 3
südlichen Stationen abgeleitet) beweisen.
relative (irösse der Fluth
südliche Stationen nördliche Stationen
Januar . . .
. 1.11 .
. . 1.09
Februar . .
. 1.01 .
. . 1.16
März . . .
.106 .
. . 1.10
April . . .
.1.06 .
. . 1.12
Mai ...
. 0.87 .
. . 1.08
Juni . . .
. 0.99 .
. . 0.95
Juli . . .
. 0.96 .
. . 0.86
August . .
. 0.93 .
. . 0.95
September
. 1.14 .
. . 1.08
Lamont: Oscillation des Barometers.
119
relative Grösse der Flutli
südliche Stationen nördliche Stationen
October . . . 1.12 . . . 1.04
November . . . 1.02 . . . 0.99
December . . . 1.13 . . . 1.02
Um zu zeigen, wie wenior die atmosphärische Ebbe und
FUith von localen Luflsrömungen abhängt, stelle ich hier die
gleichzeitigen Beobachtungen von Madras und Bombay von
April bis December 1845 nebeneinander, und hebe den Umstand
hervor dass östlich von Madras und westlich von Bombay das
Meer liegt, also die dadurch erzeugten localen Strömungen in
entgegengesetztem Sinne sich bewegen müssen '\
a) Barometrischer Wärme - Einfluss
Monate
Wärine-
Hinfluss
Madras Bombay
Wärnie-
CoelTicient
Madras Bombay
Epoche des |i Epoche des Maii-
Maxiimims ij "»ums des Wärme-
der Wärme II Einflusses
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April
Mai
Juni
Juli
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Sept.
Oct.
Nov.
Dec.
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0.321
0.381
0.316
0.24Ü
0.103
0.133
0.279
0.249
0.122
0.074
0.086
0.193
0.258
0.226
0.210
0.240
0.114
0.165
0.163
0.195
0.202
0.162
0.068
0.111
0.159
0.228
0.162
0.121
0.116
0.263
0.223
0.167
0.159
1. 46
2. 4
2. 19
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2. 18
2. 33
2. 52
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3.
35
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5. 31
5. 17
5. 14
5. 41
5. 9
5. 53
4. 42
6. 42
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7. 47
8. 12
8. 3
II. 3
10. 18
9. 1
7. 44
7. 32
7. 32
(15) Von den Beobachtungen in Bombay ist mir nur der einzige
noch dazu unvollständige Jahrgang 1845 (Orlebar , Bombay Magnetical
and Meteorological Observalions. 18i5) zugekommen; dessenungeachtet
glaube ich dieses Material benützen zu müssen um zu zeigen, wie ein-
fach in der V^'irklichkeit die Verhältnisse sind, zu deren Erklärung Hr.
Düve ausser den complicirten Hypothesen, die er gewöhnlich anwendet,
noch specielle Moditicationen zu Hilfe zu nehmen genöthiget war.
120 Sitzung der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
b) Ebbe und Fluth.
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Madras Bombay
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Juni
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Juli
0.271)
0.331
9.
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10. 13
Aug.
0.312
0.355
9.
32
10. 9
Sept.
0.339
0.438
9.
52
10. 12
Oct
0.31)5
0.435
9.
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10. 10 1
Nov.
0.401
0.430 !
9.
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10. 5 1
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0.436
0.431
9.
35
10. 4
Ungeachtet der völligen Divergenz der localen Verhältnisse
und des enormen Unterschiedes in der Regenmenge geht die
atmosphärische Ebbe und Flulh an beiden Orten mit der voll-
kommensten Regelmässigkeit und Gleichfürnngkeit vor sich ; und
dass die kleinen Abweichungen nicht in dem Phänomen selbst
liefen, sondern in dem Umstände dass die Zahl der ßeobach-
tuno-en nicht hinreichend war, um die Zufälligkeiten zu elimi-
niren, wird sogleich erkannt werden wenn man diese einjährigen
Bestimmungen von Madras mit den oben gegebenen mehrjäh-
rigen Resultaten vergleicht.
Einen weitem Beweis dass die atmosphärische Ebbe und
Fluth durch Kräfte bedingt ist, auf welche locaie Trübung,
Feuchtigkeit und Wärme keinen Einflnss ausüben, habe ich
durch Trennung der trüben und heitern Monate und Tage ge-
liefert '*. Aus den Münchner Registern wurden nämlich die
(lö) lieber die Frage ob die tägliche Schwankung des Barometers
durch die Erwärmung der Erdoberfläche allein erklärt werden kann,
oder ob sie theilwcise einer kosmischen Kraft zugeschrieben werden muss.
Pogg. Ann. GXIV p. 281.
Lnmont : OscUlation des Barometers.
121
trüben und heilern Monate der verschiedenen Jahre, dann die
trüben und heitern Tage in gesonderte Verzeichnisse gebracht
und zu vierteljährigen Resultaten vereinigt, woraus dann (wenn
der Kürze wegen Nov., Pec. , Jan. als Winter; Febr., März
April als Frühling; Mai, Juni, Juli als Sommer; Aug., Sept.
Oct. als Herbst bezeichnet werden) folgende Interpolations-
reihen hervorgingen :
erstes Glied: barometrischer Wärme-Einfluss
Winter
Frühling
Sommer
Herbst
heitere 3Ionate
0.036 sin (X + 170° 39')
0.057 sin (x-j-176° 58')
0.148 sin (x + 183° 32')
0.070 sin (x4-174° 0')
trübe 3Ionate
0.013 sin (x + 123''44')
0.005 sin (x + 225° 7')
0.100 sin (X + 203° 3')
O.OGO sin (x + 188°43')
zweites Glied : atmosphärische Ebbe und Fluth
heitere Monate
Winter 0.072 sin (2x + 154° 34')
Frühling 0.1 15 sin (2x -f- 151° 6')
Sommer 0.107 sin (2x4- 144° 14')
Herbst 0.111 sin (2x -(- 146° 3')
trübe 3Ionate
0.077 sin (2x4- 157° 45')
0.112 sin (2x+ 152° 14')
0.115 sin (2x + 146° 9')
0.096 sin (2x 4- 149° 5')
erstes Glied: barometrischer Wärme-Einfluss
Winter
Frühling
Sommer
Herbst
heitere Tage
0.065 sin (x + 120° 51')
0.102 sin (x+148° 48')
0.182 sin (x+164° 29')
0.112 sin (x + 158° 20')
trübe Tage
0.025 sin (x+ 87° 25')
0 048 sin (x+ 13° 24')
0.064 sin (x + 183°46')
0.020 sin (X + 30° 9')
zweites Glied : atmosphärische Ebbe und Fluth
Winter
Frühling
Sommer
Herbst
tlS62. l.]
heitere Tage
0.074 sin (2x-f- 153° 17')
0.1 19 sin (2x -1-151° 54')
Ol 10 sin (2x + 142° 38')
0.118 sin (2x4- 151° 26)
trübe Tage
0 080 sin (2x 4- 165° 0')
0.107 sin (2x-f- 147° 51')
0.106 sin (2x4- 146° 38')
0.110 sin (2x4- 150° 53')
9
122 Sitittny der math.-phys. Classe vom Ä. Februar 1868.
Hieraus ist zu entnehmen dass, während Wolken, Nebel,
Regen und Schnee den Temperatur- Einfluss bis auf den dritten
und vierten Theil vermindern, die atmosphärische Ebbe und
Fluth sich vollkommen gleich bleibt. Ich betrachte diess
neben den oben schon aufgeführten Thatsachen als einen ent-
scheidenden Beweis, dass die atmosphärische Ebbe und Fluth
einer kosmischen Kraft zugeschrieben werden muss, deren
Sitz in der Sonne zu suchen ist.
Bei der atmosphärischen Ebbe und Fluth wäre noch eine
Wirkung zu berücksichtigen gewesen, zu deren näherer Unter-
suchung mir jedoch keine genügenden Beobachtungsdata zu Ge-
bote standen, nämlich die Wirkung, welche durch die Ebbe und
Fluth des Meeres erzeugt wird.
Stellt man sich eine Insel vor, welche mitten im Weltmeere
sich befindet, und nimmt man an dass das Wasser um x Pariser
Fuss sich erhebe, so wird die Atmosphäre um eben so viel gehoben
und der Erfolg ist derselbe als wenn das Barometer um x Fuss tiefer
gestellt würde, in welchem Falle das Out^t;ksilber um 0,'"008 x
(Par. Linien) steigen müsste. In St. Helena kann die Sonnenfluth
etwa IFuss, die Mondfliith 2 7^ Fuss betragen, und hieraus wird
eine correspondirende Oscillalion des Barometers von 0,'"008
und 0,'"020 entstehen. Es ist merkwürdig dass der letztere
Betrag genau mit der von Hrn. Sabine aus den stündlichen
Barometer-Beobachtungen auf St. Helena abgeleiteten atmosphä-
rischen Mondfluth übereinstimmt. Es kann nicht in Zweifel ge-
zogen werden, dass auch auf grössern Inseln und selbst an den
Küsten des Continents der Einfluss der Ebbe und Fluth merk-
lich sein wird, um aber den Einfluss zu erkennen reicht es
nicht hin die Älitlelwerthe zu berücksichtigen, sondern es müssen
die Tage an welchen eine grosse, und die Tage an welchen
eine geringe Erhebung des Wassers stattgefunden hat, von ein-
ander getrennt und mit den barometrischen Oscillationen ver-
glichen werden.
Wenn man die Sicherheit der bisher gefundenen Resultate
beurlheilcn will; so muss berücksichtiget werden:
Lamont: Oscülation des Barometers. I23
1) dass der tiigliche Gang- des Barometers für keine Station
auf 0,'"02 genau besliuimt ist;
2) dass der tiigiiche Gang- der Temperatur durch die Loca-
lilät, wo das Tiieriuonicter aufgehängt ist, mehr oder
weniger modificirt wird;
3) dass in Folge dieser Umstände die Grosse des Wärme-
Einflusses und der Ebbe und Fluth bis auf den Betrag
von 0/"02, die Epoche der Ebbe und Fluth bis auf den
Betrag von 20 Minuten, die Verspätung des Wärme-
Einflusses bis auf den Betrag- von 40 Minuten unrichtio-
sein können.
Wie weit die Unsicherheit geht, wird am besten durch die
Unterschiede beurkundet, welche sich ergeben wenn man zu-
erst 24 Stunden dann 12 Stunden zur Berechnung der Con-
slanten benützt. Nimmt man z. B. St. Helena, wo die Bewe-
gungen regelmässiger sind als an den meisten übrigen Stationen,
so erhält man für die Oscillalion des Luftdruckes (Par. Lin.)
aus 12 Stunden: 0."'076 sin (x + I J5" 38') 4- 0."'317 sin (2x -]- J530 16')
aus 24 Stunden: 0."'08i sin (x + 14(10 12) + 0."'27<) sju (2x -}- 142° 15')
dann fiir die Oscillation der Temperatur (Reaum.)
aus 12 Stunden: 1.Ö133 sin (x + 59" 25') + 0.0440 sin (2x + 56» 24')
aus 24 Stunden: 1.0138 sin (x -f SO*» 1') + 0.0446 sin (2x -f 730 14')
Ich lasse nun hier die Tabellen und die daraus abgelei-
teten Interpolationsreihen folgen und bemerke dazu im Allge-
meinen:
1) dass nachdem an einigen Orten von Stunde zu Stunde,
an anderen nur von zwei zu zwei Stunden beobachtet
worden ist, es der GltMclifönnigkcit und Vergleiclibarkeit
wegen für zweckmässig gehalten wurde , überall bloss
die zweistündlichen Resultate herauszuheben , wobei alle
Zeitangaben in mittlerer Ortszeit ausgedrückt sind;
2) dass eine Reduclion der Thermometer- und Barometer-
stände auf gleiche Scalen unnölhig schien, und demnach
die ursprünglichen Zahlen überall beibehalten worden sind,
9*
124 Sitziitiff der math.-jihys. Classe. rot/t 8. Februar 1862.
Hinsichtlich der einzelnen Stationen ist folgendes zu er-
wähnen :
1) für Petersburg wurden die Zahlen aus dem von dem
Director des physikalischen Central- Observatoriums in
Petersburg Hrn. Staalsrath KupfTer herausgegebenen
,,Compte-Rendn Annuel, Annee 1857" entnuinnien , inid
sind die Mittel aus 15 jährigen Beobachtungen. Die Be-
stimmungen gelten lür die geraden Stunden, mittlere
Petersburger Zeit; da die Aufzeichnung nach Göttinger
Zeit geschehen ist, so muss eine Reduction vorgenommen
worden sein , worüber ich keine näheren 3Iitlheilungen
gefunden habe.
2) Für Catherinenburg sind die Zahlen aus dem ,,Compte-
Rendu Annuel, Annees 1852. 1853, 1854, 1856, 1857''
zusammengetragen worden , und umfassen die Jahre
1849 — 1855 mit Ausnahme des Jahres 1853.
3) Für ßarnaul sind die Zahlen aus dem ,,C()mpte- Rendu
Annuel, Annees 1853, 1854, 1855, 1856, 1857'' entnom-
men, und beziehen sich auf die Jahre 1850 — 1855. Bei
1853, 19 *> 54' mittlere Ortszeit konnnt eine auffallende
Abweichung des Barometerstandes vor, und es wurde
angenommen dass der angegebene Stand in Folge eines
Druckfehlers um 0,1 zu tief ist.
4) Für Greenwich sind die Aufzeichnungen von 1841 —
1847 benutzt worden, und zwar die monatlichen Mittel
wie sie von Hrn. Airy in „Magnetical and Meteorological
Observations made at the Royal Observatory, Greenwich,
1840—1847, mitgetheilt sind.
5) Für Nertschinsk wurden die Jahrgänge 1849—1855 aus
dem „Compte-Rendu Annuel, Annees 1852—1857'' ent-
nommen.
6) Für Brüssel findet man alle Bestimmungen vollständig
zusammengestellt in Hrn. Ouetelet's „Climat de Belgique";
die Barometer - Oscillationen sind aus den Jahrgängen
1842 bis 1847 Ind., die Temperatur -Oscillationen aus
Laviont: OscUlation des Barometers. 125
den Jahrgängen 1841 — 1844 (beide unvollständig) ab-
geleitet. Dass bei dem Luftdrücke und der Temperatur
verschiedene Jahrgänge benutzt wurden, bildet für den
Zweck der gegenwärtigen Untersuchung einen sehr we-
sentlichen Uebelsland.
7) Für Prag habe ich die Ergebnisse der Beobachtung nicht
beigefügt, weil sie vollständig schon zusammengestellt zu
finden sind in Hrn. Jelineks Abhandlung „Ueber den
täglichen Gang der vorzüglichsten Elemente aus den
stündlichen Beobachtungen der Prager Sternwarte abge-
leitet/' (II. Bd. der Denkschr. der math. -naturw. Classe
der kaiserl. Akad. der Wissensch.) Auch die Interpo-
lationsreihen sind aus dieser Schrift unverändert abge-
druckt; es muss übrigens bemerkt werden dass, da in
Prag nicht an allen Tagen sämmtUche Stunden aufge-
zeichnet wurden, den Resultaten ein geringeres Gewicht
beigelegt werden muss.
8) Für Wien wurden die von Hrn. Kreil in den „Jahr-
büchern der k. k. Central- Anstalt für Meteorologie und
Erdmagnetismus" 5 , 6. und 7. Bd. mitgctheilten monat-
lichen Mittel der registrirenden Instrumente, die Jahrgänge
1853 bis 1855 incl. umfassend, benützt. Was die Inter-
polationsreihen betriüt, so stimmen die auf das Jahres-
mittel bezüglichen mit den übrigen Stationen überein,
wogegen bei den monatlichen Reihen zwar das zweite
Glied eine genaue Uebercinstimmung, das erste Glied
aber eine auffallende Abweichung zeigt, welche dahin
zu erklären ist dass die Ablesungen des registrirenden
Barometers einer Correction wegen der Temperatur be-
darf. Aus diesem Grunde konnte die Grösse der Ebbe
und Fluth und die Fluth-Epoche nicht berechnet werden.
9) Für München habe ich die beobachteten Zahlenwerthe
nicht beigefügt, da sie vollständig im III. Supplement-
bande der Annalen der Münchner Sternwarte (Monat-
liche und jährliche Resultate der an der k, Sternwarte
126 SitztitKj der math.-plnjs. Classe vom 8. Februar 1862.
bei Müiiclieii von 1825 bis 1856 angestellten meteoro-
logischen Beobachtungen) gedruckt sind; daselbst S.XXI —
XXIII ist angeoeben, wie die Grösse der Ebbe und Flulh
und die Flulh-Epoche berechnet sind. Das oben S. 110
erklärte Verfahren würde insbesondere für die Winler-
nionale etwas verschiedene Werlhe gegeben haben,
10) Für Toronto sind die Beobachtungsdata aus den von
Hrn. Sabine herausgegebenen „Observations made at Ihe
Magnetical and Meteorological Observatory at Toronto
in Canada" entnommen; sie umfassen die Jahre 1843 —
1848 incl.
11) Für Tiflis sind die von Hrn. Moritz mitgetheilten Bestimmungen
inKupffer's „Compte-Rendu Annuel, Annees 1854—1857"
benützt worden; sie beziehen sich auf die Jahre 1852 —
1855 incl. In dem Jahrgange 1855 bei 8*^20' Ortszeit
kommt eine auffallende Anomabe in dem Barometer-
stande vor und ich habe angenommen dass durch
einen Druckfehler der Stand um 0,2 zu gross angege-
ben ist.
12) Die Bestimmungen von Madrid, den Zeitraum von März
1859 bis Sept. 1861 umfassend, weichen von allen
übrigen ab insoferne, als die Aufzeichnungen von 3 zu
3 Stunden gemacht wurden, und ausserdem die Stunde
3 Uhr Morgens fehlt. Für letztere Stunde wurden die
Werthe durch eine graphische Interpolation bestimmt.
13) Für Philadelphia sind die in A. D. Bache's „Magnetic
and aieleorological Observations, Girard College, Phila-
delphia" mitgetheilten Bestimmungen benützt worden;
sie umfassen die Jahrgänge 1842, 1843 von April —
Dec, 1844, 1845 Jan. bis März.
14) Die Beobachtungsdata für Pekin findet man in Kupffers
„Compte-Rendu Annuel, Annees 1852— 1857" j sie um-
fassen die Jahre 1850 — 1855.
15) Die Zahlen für 3Iadras sind aus den in „Meteorological
Observations, Madras 1841 — 1848" mitgetheilten Be-
Lamoni: OscHlation des Barometers. 127
obachliingeii boreclinel; sie umfassen die Jahre 1842,
1843, 1845. Das Jahr 1844 miisste weggelassen wer-
den, da in dem der hiesigen Sternwarte gehörigen
Exemplare der Beobachtungen der Bogen S. 5—8 fehlt.
16) Für St. Helena findet man die Beobachtungsdata zu-
sammengestellt in den von Hrn. Sabine herausgegebenen
,,Observations uiade at Ihe Magnelical and Meteorological
Observatory at St. Helena", Vol. I und H; sie umfassen
die Jahre 1841—1845 incl.
17) Für Melbourne wurden die Beobachtungen von Hrn. Neu-
meyer (Results of Ihe Magnelical, Naulical, and Meteoro-
logial Observations madc at the Flagstaff Observatory,
Melbourne) benützt; sie umfassen nur einen Jahrgang
(3Iärz 1858 bis Febr. 1859 incl.), geben übrigens (mit
Ausnahme vom Mai) Resultate, welche sehr gut mit
den andern Stationen übereinstimmen.
18) Die Beslinnnnngen für Hobarton findet man zusammen-
gestellt in den von Hrn. Sabine herausgegebenen ,. Ob-
servations made at the Magnelical and Meteorological
Observatory at Hobarton, in Van Diemen Island" j sie
umfassen die Jahre 1841 bis 1848 incl.
128 Sitzung der math.-phys. Classe vom 8. Februar iS62.
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Mathematisch - physikalische Classe.
Sitzung vom 8. Februar 18C2.
(Fortsetzung )
Herr Schönbein in Basel übersandte eine
,, Fortsetzung der Beiträge zur nähern Kennt-
niss des SauerstoTfes."
I.
lieber die allotropen Zustände des Sauerstoffes.
Die Annahme dreier verschiedener Zustände des Sauer-
stoffes, ist eine so ungewöhidiche, dass die Ihatsächiichen Be-
weise für die Richtigkeit derselben nicht genug gehäuft werden
können, wesshalb ich im Nachstehenden einige weitere Ergeb-
nisse meiner Untersuchungen über diesen Gegenstand mitlheilen
will, welche nach meinem Dafürhalten so sind , dass sie über
das Bestehen solcher Zustände keinen Zweifel walten lassen.
[lb6^ I.] 12
166 Sitzunt/ der innlh.-phys. Classe vom S. Februar 1862.
Da die beiden von mir angegebenen tliätigen und einander
entgegengeselzlen Modificationen des Sauerstoffes : das Ozon und
Antozon in einigen ilirer Eigenschaften einander bis zur Ver-
Avechslung sicli gleichen , uie z. B. in ihrem Geruch und der
Fahigiteit, den Jodkahumivleister zu bläuen, so sei zunächst von
denjenigen Kennzeichen die Rede, durch Avelche 0 und 0 auf
das Schärfste von einander sich unterscheiden.
Meine fiiihern Versuche haben dargethan , dass die Basis
der Manganoxidulsalze allein durch den ozonisirten Sauerstoff
r0') unter Abscheidung ihrer Säuren zum Superoxid oxidirt
werde, woher es konuiit. dass trockene oder feuchte z. B mit
Mangansulfal hehaflete Papierslreifen in einer Ozonatmosphäre
ziemlich rasch sich bräunen und desshalb als specifisches Reagens
auf 0 dienen können.
Bekanntlich nehme ich an, dass das Bariumsuperoxid r=
BaO -}- 0 sei und der aus ihm mit Hilfe des ersten Hydrates
der Schwefelsäur(; entbundene Sauerstoff neben 0 auch noch
kleine Mengen von 0 enthalte , dessen Anwesenheit der be-
sagte Sauerstoff sowohl seinen ozonähnlichen Geruch als auch
das Vermögen verdankt , feuchtes Jodkaliumstärkepapier zu
bläuen und mit \> asser HO^ zu erzeugen.
Wie lange man nun auch mangansulfathaltiges Papier der
Einwirkung solchen Sauerstoffes aussetzen mag, nie wird das-
selbe nur spurweise gebräunt werden , welches negative Ver-
halten allein schon beweist, dass besagter Sauerstoff kein 0
enthalte. Derselbe unterscheidet sich jedoch vom Ozon auch
noch durch die positive Eigenschaft, dass er das durch 0 gebräunte
Mangansulfatpapier wied(T entfärbt.
Um sich hieven in einfachster Weise zu überzeugen , ver-
fahre man folgendermaassen. Man bräune einen mit Mangansulfat-
lösung getränkten Papierslreifen in ozonisirter Luft deutlich aber
nicht zu stark und hänge denselben in einem Gefäss auf, in
welchem mittelst reinen Vitrioles aus gleich beschaffenem Ba-
riumsuperoxid Sauerstoff entbunden worden. Nach kürzerm
oder längerm Verweilen des Papieres (je nach der Stärke seiner
Schönbetn: Beiträge %. nähern Kennt niss d. Sauerstoffes. 167
Farbimg) in dem Gase^ wird die Entfärbung mehr oder minder
rasch erfolgen und ich will hier nicht unbemerkt lassen, dass
dieses Bleichen wesentlich dadurch beschleuniget wird, dass
man den gebräunten Streifen im feuchten Zustande der Ein-
wirkung des 0- balligen Gases aussetzt und noch mehr so, wenn
das hiezu dienende Wasser mittelst SO 3 schwach angesäuert ist.
Noch ganz deutlich in der angegebenen Weise gebräuntes Papier
bleichte ich in wenigen Minuten vollständig aus und hat man
eine mit stark ozonisirter Luft gefüllte Flasche zur Hand, so
lässt der Streifen in kurzer Zeit zu wiederholten Malen sich
bräunen und entfärben, dadurch, dass man denselben bald in die
Ozon- Atmosphäre, bald in das aus BaO» entbundene Sauerstoffgas
einführt. Kaum möchte es der ausdrücklichen Bemerkung be-
dürfen, dass (las unter den erwähnten Umständen erfolgende
Bleichen des gebräunten Papiers auf der Bildung des Mangan-
sulfates beruht. Aus diesen Angaben erhellt, dass der aus BaO^
entwickelte ozonartigriechende Sauerstoff gegen das Mangansulfat
völlig unthätig sich verhält, während der ozonisirte Sauerstoff
die Basis dieses Salzes rasch in Superoxid verwandelt, welches
einerseits durch daw riechenden Theil des aus Ba0.j abgeschie-
denen Sauerstoffes wieder zu Oxidul reducirt wird.
Es sind diess aber offenbar einander genau entgegenge-
setzte Wirkungen (Oxidation und Desoxidation), welche dess-
halb auch unmöglich von einer und eben derselben Sauer-
stüffart hervorgebracht werden können und daher zu dem
Schlüsse berechtigen, dass der aus BaO^ stammende riechende
und thätige Sauerstoff vom Ozon nicht nur verschieden, sondern
Letzterem seiner chemischen Wirksamkeit nach geradezu ent-
gegengesetzt, d. h. Antozon sei, welche Folgerung ich übrigens
schon früher aus einer Anzahl anderer Thatsachen gezogen habe\
(1) Da die französischen Chemiker, wenn sie thätigen Sauerstoff
bezeichnen wollen, noch häufij; von „Oxijjene ä I'etat naissant" zu re-
den pflegen, dieser Ausdruck aber irrthüinlichen Vorstellungen über die
nächste Ursache der chemischen Wirksamkeit dieses Elementes Rauu}
12*
168 Sitzuny der math. }>hiis. Classe vom S. Februar 1862.
Wir entnehmen ferner aus obigen Angaben, dass die bei-
den entgogengesclzten thätigen Sauerstoffarten mit Hilfe des
mangansuiratluiltigen und dui'ch Mangansuperoxid gebräunten
Papiers beinahe ebenso leicht voneinander sich unterscheiden
lassen, als miltelsl bhiuen und gerötheten Lakmuspapieres eine
Säure von einem Alkali.
Es gibt indessen noch einige andere Mittel, durch welche
der zwischen Ozon und Antozon bestehende Unterschied gleich
leicht sich erkennen lässt und zu denselben gehört in erster
Linie die Uebermangansäure. Lässt man ein Stückchen Bims-
steines^, getränkt mit der durch SO3 massig angesäuerten Lö-
sung der genannten Säure oder ihres Kalisalzes einige Zeit in
dem aus ßaOj entbundenen SaueistofFe verweilen, so wird es
völlig entfärbt und setzt man das so gebleichte Bimssteinstück
der Einwirkung des ozonisirlen Sauerstoffes aus, so bräunt sich
dasselbe in Folge des unter diesen Umständen aus dem schwe-
felsauren Manganoxidul entstandenen Mangansupero.vides
Aehnlich dem Mangansulfat u. s w. kann auch das basisch
essigsaure Bleioxid zur Unterscheidung des Ozons vom Antozon
benützt werden. Meinen Versuchen gemäss wandelt Ersteres
das genannte Salz in Bleizucker und Bleisuperoxid um, wess-
halb ein mit HIeiessig getränkler Papierstreifen, längere Zeit der
Einwirkung dos ozonisirten Sauerstoffes ausgesetzt , auf das
Tiefste gebräunt wird, wobei noch zu bemerken, dass an-
fänglich die Färbung des Papieres eine gelbe ist, von einer
mennigähnlichen aus Oxid und Superoxid bestehenden Verbin-
dung herrührend, die aber allmählich gänzlich zu PbOg sich
gibt uiul vs'w nun wissen, dass auch der gasföruiige Sauerstoff in tliä-
ti<i;en Zuständen i)esl('lien liann. so düifle es zeit- und saclij^eniäss sein,
jenseits des Rheines einer riclitigern Spracinveise in diesem Falle sich
zu bedienen.
(2) Anstatt des Papieres wende ich dieses poröse Mineral an, um
die reducirende Einwirkung der Pllanzenfaser auf die gelöste Ueber-
mangansäure zu vermeiden.
Schönbein: Beitrüye i, nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. Iß9
oxidirt. Diese Wirkung bringt der riechende aus BaOj erhal-
tene Sauerstoff nicht nur nicht hervor, sondern er besitzt um-
gekehrt das Vermögen, das durch PbOj gebräunte Papier wieder
zu entfärben. Um sich ein solches Roagenspapier zu bereiten,
lasse man einen mit Bleiessig getränkten Papierstreifen in stark
ozonisirter Luft so lange verweilen, bis er deutlich gelb gewor-
den, man tauche ihn dann in stark verdünnte NO 4 -freie Sal-
petersäure, wodurch er gebräunt wird und bringe denselben
hierauf in ein Gefäss , indem aus BaOa Sauerstoff entwickelt
worden, unter welchen Umständen das Reagenspapier bald weiss
erscheint, falls es nur schwach gebräunt war. Aus diesen That-
sachen geht hervor, dass auch das Bleisuperoxid durch den rie-
chenden Theil des aus BaO« abgeschiedenen Sauerstoffes zu
Oxid reducirt wird.
Das Ozon verhält sich gegen die gelöste Chromsäure
durchaus unthätig, während dieselbe unter geeigneten Umstän-
den durch den aus BaO^ stanunenden Sauerstoff zu Chromoxid
reducirt wird. Setzt man ein Bimssteinstückchen , getränkt mit
einer stark verdünnten SOj-hnltigen Chromsäurelösung, die aber
das Mineral doch noch deutlich gelb färbt, längere Zeit der
Einwirkung des besagten Sauerstoffes aus so, dass man dasselbe
an einen Platindraht in einer mit diesem riechenden Gase ge-
füllten Flasche aufhängt, so verschwindet allmählich die gelbe
Färbung des Bimssteines und wird derselbe grün in Folge des
unter diesen Umständen gebildeten schwefelsauren Chromoxides.
Was nun die desoxidirenden Wirkungen betrifft, welche
der riechende Theil des aus BaO.^ entbundenen Sauerstoffes auf
die Superoxide des Mangans und Bleies wie auch auf die
Uebermangan- und Chromsäure hervorbringt, so erklären sie
sich nach meinem Dafürhalten einfach in folgender Weise. Die
genannten reducirbaren Sauerstoffverbindungen gehören der
Gruppe der Ozonide an d. h. sind =. MeO -{- 0, PbO + ()
Mn, 0, + 5 0 und Cr, O3 + 30, Der aus BaO + 0
nn'ttelst Vitriolöles abgeschiedene Sauerstoff enthält neben 0
(in Folge der bei der Abscheidung stattfindenden Erhitzung aus
170 Silxuuif der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
0 hervorgegangen) auch noch kleine Mengen von 0 und trifft
nun dieses freie Anlozon mit dem gebundenen 0 der genannten
Ozonidc zusammen, so gleichen sich beide zu neutralem Sauer-
stoff aus, welcher als solcher nicht mehr im gebundenen Zu-
stande verharren kann , wesshalb den Ozoniden ihr 0 - Gehalt
durch 0 ebenso gut als durch eine leicht oxidirbaro Substanz
entzogen werden kann. Dass die gleichen Ozonide unter ge-
eigneten Umständen auch durch chemisch gebundenes 0 d. h.
durch die Antozonide HO -j- 0 , BaO +0 u. s. w. unter
Entbindung neutralen Sauerstoffes leicht reducirt werden, ist nun
eine woiil bekannte Thatsache und ich sollte desshalb denken,
es lägen jetzt Thatsachen genug vor, welche beweisen, dass es
zwei einander entgegengesetzt thätige Zustände des Sauerstoffes
gebe, wie unmöglich es uns dermalen auch noch ist,, den näch-
sten Grund dieser Zwiespältigkeit einzusehen.
Schliesslich dürfte noch folgende Angabe am Orte sein.
Unlängst habe ich gezeigt, dass das freie Antozon, wie es im
Wölsendorfer Flussspalh angetroffen wird, auch mittelst concen-
trirter Schwefelsäure aus Bariumsuperoxid erhalten werden kann,
die Fähigkeit noch besitze, mit Wasser sofort zu HO2 sich zu
verbinden, welches Verhallen weder dem ozonisirten — noch
gewöhnlichen Sauerstoffe zukommt. Von dieser Verbindlichkeit
des freien Antozones mit Wasser kann man sich rasch und ein-
fach in folgender Weise überzeugen, welches Verfahren dess-
halb auch für einen Vorlesungsversucb sich eignen dijrfle. Man
trage in ein etwa 100'="= fassendes und mit einem eingeriebenen
Stöpsel versehenes Fläschchen, dessen Boden einige Linien hoch
mit chemisch reinem Vitriolol bedeckt ist, etwa ein Gramm fein
geriebenen Bariumsuperoxides nach und nach ein, hänge im Ge-
fäss einen mit Wasser getränkten Streifen Fillrirpapieres auf und
lasse denselben einige Minuten lang darin verweilen. Unter
diesen Umständen wird nun schon so viel HO» im benetzten
Papier sich gebildet haben dass es mit Hilfe empfindlicher Rea-
gentien augenfälligst sich nachweisen lässt. Zu diesem Behufe
ziehe man den besagten Streifen mit einigen Grammen de-
Schönbein: Beüräye 2. nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. 171
stillirlen Wassers aus, füge dem Auszug erst einige Tropfen
stark verdünnten Jodkaliumkleisters, dann einen Tropfen eben-
falls stark verdünnter Eisenvitrioliösung zu und man wird fin-
den, dass das Gemisch sich sofort bläut, welche Färbung, mei-
nen frühem Versuchen gemäss, über die Anwesenheit von HO,
keinen Zweifel übrig lässt. Bei diesem Versuche kann man
anstatt des befeuchteten Papieres auch ein reines mit Wasser
getränktes Badeschwämmchen anwenden.
ir.
lieber die Varstelhmg des Ozons auf chemischem Wege.
Nach vieljährigem vergeblichem Bemühen ist es mir end-
lich gelungen, auf rein chemischem Wege den ozonisirten
Sauerstoff aus einem Ozonid abzutrennen , welcher Erfolg- der
Hoffnung Raum geben dürfte, dass wir früher oder später dahin
gelangen werden , diese so merkwürdige Materie nicht nur viel
reichlicher als bisher darzustellen, sondern sie auch vollkommen
frei von jeder fremdartigen Beimischung zu erhalten. Jedenfalls
wird aber die neue Darstcllungsweise zu einer genauem Kennt-
niss der in mancher Beziehung immer noch so räthselhaften
Natur des Ozons führen , wesshalb ich auch geneigt bin , den
gelhanen Fund als einen Fortschritt in der Erforschung dieses
schwierigen und für die theoretische Chemie keineswegs un-
wichtigen Gegenstandes zu betrachten.
Die blaurothe Lösung des übermangansauren Kalis in ver-
dünnter Schwefelsäure wird meinen frühern Mittheilungen zufolge
durch alle Antozonide und daher auch durch das Bariumsuper-
oxid unter lebhafter Entbindung geruchlosen d. h. gewöhnlichen
Sauerstoffgases und Bildung schwefelsauren Manganoxidules und
Barytes zersetzt.
Anders verhält sich die olivengrüne Lösung des besagten
Permanganates in dem ersten Hydrate der Schwefelsäure gegen-
über dem Bariumsuperoxid; denn trägt man Letzteres in die
erwähnte Lösung ein, so findet zwar auch eine Gasentwicklung
172 Sitzung der math.-phys, Classe vom 8. Februar iS6i.
Statt , es besitzt aber die enibundene Luflart einen starken
Geruch , der demjenigen des Ozons nicht nur sehr ähnlich,
sondern ganz und gar gleich ist. Uoberdiess bringt das frag-
liche Gas auch noch alle übrigen Wiikungen des ozonisirlen
Sauerstoffes in ausgezeichnelster Weise hervor, wie diess die
nachstehenden Angaben zur Geniige zeigen werden.
Ehe ich jedoch die Eigenschaften unseres Gases näher be-
schreibe, wird es zweckdienlich sein, die von mir befolgte Dar-
stellungsweise desselben kurz anzugeben. In chemisch reiner
Schwefelsäure von 1,85 spec. Gew. löse ich in der Kälte che-
misch reines und feinge4)ulvertes Kalipermanganat so reichlich
auf, dass die erhaltene Flüssigkeit tief oliven-grün gefärbt er-
scheint. Diese Lösung wird in eine Flasche mit doppeltem Halse
gebracht, dem man Vorrichtungen anfügt, welche es gestatten,
durch die eine Mündung des Gefässes fein gepulvertes Barium-
superoxid in die Flüssigkeit nach Belieben einzuführen und durch
die Andere die unter diesen Umständen sich entbindende Luft
über Wasser aufzufangen. Das so erhaltene Gas besitzt fol-
gende Eigenschaften.
Physiologische Eigenschaften. Wie schon bemerkt,
riecht das Gas vollkommen gleich den auf eleclrischem und
volta'schem Wege oder bei der langsamen Verbrennung des
Phosphors erhaltenen Ozon. Dasselbe, auch nur in geringen
Mengen in die Lunge eingeführt, verursacht sofort eine Art von
Engbrüstigkeit und wiederholt eingeathmet, eine Entzündung der
Schleimhäute d. h. Catarrh. Wie ich mir bei meinen ersten
Arbeiten über das Ozon durch öfteres Riechen an Gefässen,
welche diese Materie in merklichen Mengen enthielten, einen
heftigen Husten zuzog, so auch neulich wieder, als ich zum
ersten Male das in Rede stehende Gas darstellte. Ich habe
noch nicht die nöthige Zeit gefunden , auch an Thieren damit
Versuche anzustellen; es lassen aber die weiter unten erwähnten
Thatsachen nicht im Mindesten daran zweifeln, dass unser Gas
völlig gleich dem Ozon auf den Organismus einwirken kann.
Volta'sche Eigenschaften. Ich habe zu seiner Zeit
Schönbein: ßeiträt/e %. nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. 173
gezeigt, dfiss ein in ozonisirteni ScTuerstoff nur kurze Zeit ver-
weilender Plalinslreifen kräftigst negativ polarisirt werde und
linde, dass unser Gas die gleiche volta'sche Wirkung hervorbringe,
welche Polarisation, wie die durch das Ozon verursachte, durch
massige Erhitzung des Melallslreifens sofort aufgehoben wird.
Unlängst erwähnte ich der Thatsache, dass in volla'scher Hin-
sicht das Ozon negativ zum Anlozon sich verhalte und in der
gleichen Beziehung steht auch das fragliche Gas zu 0.
Chemische Eigenschaften. Man kann das Gas im
Allgemeinen als eine äusserst kräftig oxidirende Materie be-
zeichnen, wie aus den nachstehenden Einzelangaben erhellen wird,
1) Schon bei gewöhnlicher Temperatur zerstöit das Gas
mit grosser Energie alle organischen Farbstoffe, so dass es z.B.
mit Indigo - oder Lakmuslinctur getränkte Papiersfreifen rasch
bleicht.
2) Bei hinreichend langer Einwirkung auf die feste oder
gelöste Pyrogallussäure verbrennt es dieselbe vollständig zu
Kohlensäure und Wasser, sie erst durch gefärbte Huminsubstan-
zen und Kleesäure hindiirchführend . woher es konnnt, dass
krystallisirle Brenzgallussäure oder ein mit ihrer Lösung ge-
tränkter Papierslreifen in dem Glase sich sofort färbt, aber nach
und nach wieder gebleicht wird. In ähnlicher Weise wirkt das-
selbe auf die Gallus- und Gerbgallussäure ein.
3) Es oxidirt rasch und kräftigst das Anilin, wesshalb ein
mit die.ser farblosen Flüssigkeit benetzter Papierslreifen in dem
Gase sich unverweilt lief bräunt durch gelbroth hindurch gehend.
Auch auf das Hämaloxylin wirkt es rasch oxidirend ein, wie
daraus erhellt, dass Papierstreifen , nnt der geistigen Lösung
dieses Chromogenes getränkt und beinahe trocken der Einwir-
kung des Ga.ses ausgesetzt, erst schnell auf das Tiefste sich braun-
rolh färben und dann ausgebleicht werden.
4) Das Gas ist unfähig mit Wasser HO^ sich zu verbinden,
vermag dagegen das Letztere zu Wasser reduciren, indem es
selbst Geruch und oxidirendes Vermögen einbüsst.
5) Es oxidirt schon in der Kälte das Silber zu Superoxid
174 Sitzung der math-plii/s. Classe vom 8. Februar 1862.
mit ausserordentlicher Raschheit, wie aus der Thatsache hervor-
gehl, dass ein polirtes Blech chemisch reinen Silbers selbst bei
einer Temperatur von 20" unter Null sofort mit einer schwarzen
Hülle von Silberoxid sich überzieht.
6) Es oxidirt d;is metallische Blei zu Superoxid, wie daraus
erhellt, dass ein polirtes Stäbchen dieses Metalles im Gase braun
anläuft, was von PbO« herrührt: es ist jedoch erwähnenswerth,
dass das Blei ungleich langsamer als das Silber unter diesen
Umständen sich oxidirt.
7) Bei Anwesenheit von Feuchtigkeit wird das Arsen durch
unser Gas ziemlich rasch zu Arsensäure oxidirt, woher es kommt,
dass dünne, um eine Glasröhre gelegte Arsenflecken rasch ver-
schwinden unter Zurücklassung einer farblosen Substanz, welche
befeuchtetes Lakmuspapier stark röthet.
8) Es zersetzt augenblicklich die Jodmetalle unter Aus-
scheidung von Jod und bläut daher augenblickhch den Jodka-
liunikleister auf das Allertiefsle.
9) Es oxidirt die Basis der Manganoxidulsalze zu Super-
oxid, wesshall) z. B. mangansulfathaltige Papierstreifen in dem
Gase ziemlich rasch sich bräunen
10) Es oxidirt die Hälfte der Basis des basisch essigsauren
Bleioxides anfänglich zu einer Art von Mennig und dann völlig
zu Superoxid, wesshalb mit Bleiessig getränkte Papierstreifen in
dem Gase zuerst gelb und später tief braun werden.
11) Es wandelt rasch eine Reihe von Schwefelmetallen in
Sulfate um, woher es kommt, dass z. B. durch Schwefelblei
gebräunte Papierstreifen in unserem Gase schnell sich aus-
bleichen.
12) Es verwandelt selbst das feste gelbe Blutlaugensalz in
das rothe Cyanid unter Bildung von Kali und Ausscheidung von
Wasser, wesshalb ein in dem Gase aufgehangener Krystall des
Cyanüres allmählich von aussen nach innen rolh, alkalisch und
nass wird.
13) Mit Kohlenpulver in Berührung gesetzt verliert das
Schönbein: Beiträge z. nähern Kenntniss d. Suuer/itoffes. 175
Gas augenblicklich seinen Geruch wie auch alle die obener-
wähnten Eigcnschaflen.
14) Die gleiche Veränderung erleidet das Gas unter dem
Einflüsse der Wiirine, wie daraus abzunehmen ist, dass es durch
eine enge bis auf 150" erhitzte Glasrühre getrieben, vollkommen
geruchlos und aller seiner sonstigen Eigenschaften verlustig aus-
tritt. Vergleicht man die Eigenschaften des in Rede stehenden
Gases mit denjenigen des Ozons , so ergibt sich, dass zwischen
denselben die vollkommenste Gleichheit besteht, wesshnlb ich
auch nicht im Geringsten daran zweifle, dass unser Gas seine
Eiffenschafteii dem Ozon verdanke.
Ehe ich weiter gehe, sei es mir gestattet, noch einmal auf
das Verhalten des Ozons zu den Manganoxid ulsalzen aufmerksam
zu machen, deren Basis erwähntermaassen durch 0 zu Mangan-
superoxid oxidirt und desshalb ein mit einem solchen Salze be-
hafteter Papierstreifen dadurch gebräunt wird. Es ist diese
Oxidalionswirkung eine so scharf kennziMchnende Eigenschaft
des Ozons, dass es dadurch mit vollkonunenster Sicherheit nicht
nur vom Antozon, sondern auch von solchen Substanzen unter-
schieden werden kann, welche viele andere Ozonwirkungcn hervor-
bringen, wie z. B. das Chlor, Brom, die Untersalpctersäure
u. s. w. diess thun, wesshalb mangansulfalhaltiges Papier, wenn
auch nicht das allerempfindlichsle, doch als das sicherste und
charakteristischste Reagens auf den ozonisirten SauerstofF be-
zeichnet werden darf. Und wie aus obigen Angaben erhellt,
bräunt unser Gas das besagte Reagenspapier ziemlich rasch,
welche Thatsache daher allein schon beweist, dass dasselbe ozon-
haltig sei.
Die meisten der oben erwähnten Reaclionen des Gases
lassen sich in einfachster Weise hervorbringen und daher auch
bei Vorlesungen ganz bequcun zeigen. Man bedecke den Boden
eines Fläschchens, das nicht grösser als ein Däumling zu sein
braucht, einige Linien hoch mit dem ersten Hydrat der Sclivve-
felsäure, führe in dasselbe so viel gepulvertes Kalipermanganat
176 Sitzung der tnath. phys. Clfisse vom 8. Februar 1862.
ein, bis die Flüssigkeit tief olivengrün erscheint und streue nun
eine kleine Prise fein gepulverten Bariumsuperoxides in die ge-
färbte Salzlösung. Unter diesen Umständen wird sofort der so
charaktcrislische Ozongeruch der Nase bemerkb'ch werden und
führt mau in das Fläschchen einen feuchten mangansulfathaltigen
Papierstreifen ein, so bräunt sich derselbe in kurzer Zeit und
kaum ist nöthig beizufügen, dass Jodkaliumstärkepapier augen-
blicklich auf das Tiefste gebläut wird. Hieraus ersieht man. dass
mit winzigen Mengen von Material einige der schlagendsten
Versuche über die chemische Darstellung des Ozons in kürzester
Zeit sich ausführen lassen.
Wenn nun auch die voranstehenden Angaben es ausser
Zweifel stellen, dass das aus der grünen Lösung des Kaliper-
manganates in Vitriolöl mittelst BaO« entbundene Gas 0 enthält,
so ist es doch keineswegs reines Ozon, sondern ein Gemeng
desselben mit neutralem Sauerstoff. Mir vorbehaltend späterhin
das Verhältniss genauer anzugeben, in welchem 0 und 0 in
diesem Gemeng auftreten, will ich vorläufig so viel bemerken,
dass dasselbe trotz seines starken Ozongeruches und oxidireuden
Vermögens nur zum kleinem Theile vom Silber oder gelösten
Jodkalium aufgenommen wird und das rückständige und geruch-
los gewordene Gas wie gewöhnlicher Sauerstoff d. h. völlig un-
Ihätig sich verhält, was somit beweist, dass nur ein kleiner
Bruchtheil des besagten Gemenges aus Ozon besteht
Es ist zwar schon im Eingange dieser Miltheilung gesagt
worden, dass uut Hilfe des Bariumsuperoxides nur aus der
Lösung des Kalipermanganates in concentrirler Schwefelsäure
Ozon entwickelt werden könne; ich muss aber noch einmal auf
diese Thatsache zurückkommen und einiger andern Umstände
gedenken, welche auf die chemische Darstellung des Ozons
Bezug haben.
Zunächst sei bemerkt, dass bei der Auflösung des Kali-
permanganates in kaltem Vitriolöl keine Gasentwicklung wahr-
genommen wird und es den Anschein hat, als ob die Schwefel-
Schönbein : Beiträge z. nähern Kenntniss d. Sauerstoffes-. 177
säure unter diesen UmsUinden keine Wirkung auf das Salz
ausübe. Dem ist jedoch nicht ganz so, wie daraus erhellt, dass
ein weisser Papierstreifen , in einiger Enlfernung über der be-
sagten Lösung aufgehangen, sich erst nach und nach rölhet und
dann bräunt. Wird der Boden eines etwa 6" hohen und 2"
weiten Ghnscylinders mit der gleichen Lösung bedeckt, so be-
merkt man nach einiger Zeit an den obern Wandungen des
Gefässes einen gefärbten Anflug, der mit derZeit immer stärker wird,
so dass er die hohem Stellen des Cyhnders gänzlich verdunkelt.
Zu gleicher Zeit lässt sich ein schwacher eigenthümlicher Geruch
wahrnehmen, der jedoch von demjenigen des Ozons verschieden
ist und hängt man in dem Gefäss einen feuchten Streifen Jod-
kaliumstärkepapieres auf, so fäi'bt sich derselbe allmählich auf
das Tiefste blau. Was nun den besagten Anflug betrifft, so ist
derselbe anfänglich roth und nnt der gleichen Farbe in Wasser
löslich; nun wie Mangansuperoxid sich verhaltend. Bemerken
will ich noch, dass die Lösung des Kalipermanganates in vcr-
dünnterer Schwefelsäure, die roth anstatt grün ist, weder lieclit,
noch den darüber aufgehangtMuui Jodkaliumkleister bläut, noch
auch den erwähnten Anflug erzeugt. Aus diesen Angaben er-
hellt, dass die concentrirte Schwefelsäure aus dem Kaliperman-
ganat kleine Mengen einer oxidirenden Manganverbindung schon
bei gewöhnlicher Temperatur dampflörnn'g entbindet und es fragt
sich nun, was diese Materie sei. Da das bei meinen Versuchen
angewendete Kalipermanganat und Schwefelsäurehydrat chemisch
rein waren und darin namentlich keine Spur von Chlor sich
nachweisen liess, so kann die fragliche Verbindung auch nicht
das flüchtige (Dumas'sche) Manganchlorid sein, welches aller-
dings Wirkungen ähnlich iU)ii beschriebenen hervorbringt und
durch Vilriolöl aus dem mit alkalischen Chlormetallen verunrei-
nigten Kalipermanganat entbunden wird. Zum Behufe der Er-
klärung der erwähnten Erscheinungen wird man wohl anneh-
men müssen, dass die Uebei mangansäure schon bei gewöhnlicher
Temperatur einen gewissen Grad von Flüchtigkeit besitze und
sie es sei, welche aus der grünen Lösung (die man als Gemeng
178 Sitzvny der mcdh.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
von freier Me^ Oj und doppelt schwefelsaurem Kali in Vitriolöl
gelöst ansehen darf, langsam verdampfend , den beschriebenen
Anflug- bilde, anfänglich als Ueborniangansäure bestehend, später
aber in Superoxid und gewühnlichen Saueisloff zerfallend. Der
schwache eigenthiindiche Geruch, welcher sich aus der grünen
Salzlösung entwickelt, wie auch die; Bläuung des über ihr hän-
genden Jodkaliumkleisters würde selbstverständlich ebenfalls von
dampfförmiger Uebermangansäure herrühren.
Es ist bereits erwähnt, dass beim Zusammentretfen des
Bariumsuperoxides mit der Lösung des Kalipcrmanganates in
verdünnter Schwefelsäure gewöhnlicher Sauerstoff entbunden
werde, der auch keine Spur von Ozon oder Antozon enthält,
wie diess schon die Geruchlosigkeit des Gases und die Unfähig-
keit desselben, den Jodkaliumkleister zu bläuen, zur Genüge
beweist. Wie geschieht es nun aber, dass bei Anwendung der
Lösung des gleichen Salzes in concentrirter Schwefelsäure ne-
ben dem gewöhnhchen Sauerstolf auch noch Ozon und zwar in
merkhchen Mengen zum Vorschein kommt, oder die Frage an-
ders gestellt, warum neutralisirt in dem letztern Falle das 0
des Bariumsuperoxides das 0 der Uebermangansäure nicht eben
so vollständig, als diess im Ersteren geschieht? Wenn es mir
für jetzt auch noch unmöglich ist, diese Frage genügend zu
beantworten, so will ich mir doch erlauben hier einige Bemer-
kungen zu machen, welche vielleicht zum Verstäudniss der noch
unbegriffenen Thatsache Einiges beitragen könnten.
Zunächst will ich daran erinnern, dass das Kalipermanganat
nur dann mit grüner Farbe in der Schwefelsäure sich löst, wenn
der Wassergehalt derselben eine gewisse Grenze nicht über-
schreitet. Ist diess der Fall, so zeigt die Lösung eine braune
oder reihe Färbung, woher es kommt, dass bei allmiUdichem
Wasserzusatz die Farbe der Lösung des Salzes in Vitriolöl sich
verändert und von grün erst in braun und bei weiterer Ver-
dünnung in roth übergeht. Merkwürdig ist nun die Thatsache,
dass das Bariumsuperoxid aus der sauren Lösung nur so lange
Schönbein : Beiträge %. nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. 179
Ozon zu entwickeln vermag-, als diese noch grün gcfiirbt ist,
aber keine Spur mehr, sobald dieselbe rolh erscheint'.
Vor allem scheint mir gewiss zu sein, dass das unter den
erwähnten Umständen zum Vorschein konnnende Ozon aus der
Uebermangansäure stammt, welche ich der schon anderwärts von
mir angegebenen Gründe halber zu der Gruppe der Ozonide
zählen, das Bariumsuperoxid dagegen für ein Antozonid halten
muss. Nimmt man nun an, die besagte Säure besiehe aus
Muj 0.^ -|- 50, so ist es donkliar, dass die chemische Verge-
sellschallung dieser beiden stofflichen Complexe schon dadurch
aufgehoben werden könnte, wenn man dem Einen derselben,
nämlich dem aus fünf 0 bestehenden Complex mittelst Neutrali-
sation durch das 0 von BaO -f- 0 auch nur ein oder mehrere
Aequivalente von 0 entziehen würde, was zur Folge haben
müsste, dass freies Ozon zum Vorschein käine, gemengt mit
gewöhnlichem Sauerstoff.
(3) Vielleicht wäre es leidit, die oljeii gestellte Frage zu beant-
worten, uiis.steii wir, uaniiii das iiberiiiangansaine Kali in concentrirter
Seliwefelsäiire mit griiiier — , in der verdiinntern Säure mit brauner oder
rolher Farbe .sich löst ; denn ohne Zweifel hat dieser Farbenunterschied
auch einen chemischen Grund und hängt irgendwie mit der Thatsache
zusammen, dass wir in dem einen Fall Ozon, in den andern al)er keines
erhalten. Die optischen und chemischen Eigeiiscliallen eines Körpers
sind sicherlich auT eine ganz andere VTeise untereinander vcrkni'ipfl, als
etwa der Inhalt zufällig nebeneinander aufgeklebter Maucranschlägc und
man wird wohl nicht stark in der Annahme irren, dass die einen Eigen-
schaften nur ein veränderter Ausdruck oder eine Folge der andern seien.
Noch ist uns aber der zwischen dem optischen und chemischen Verhalten
der StofTe bestehende Zusammenhang ein um und um versiegeltes Buch,
wesslialb uns derselbe auch noch als eine Zufälligkeit erscheinen muss.
es kommt jedoch sicherlich die Zeil, wo die Einsicht in den Zusammen-
hang beider .\rten von Eigenschaften da.s emsigst angestrebte Ziel
chemisch-ph}sikalisclier Forschungen sein und man auf dieses Verständ-
niss einen wenigstens ebenso grossen Werth legen wird, als heutigen
Tages auf die Feststellung der Zusammensetzungsforniel einer chemi-
schen Verbindung oder auf die Entdeckung eines neuen Elementes.
iSO Sitztmy der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
Die Thatsache, dass beim ZusaminenlrelTen von BaOj mit
der grünen Permanganatlösung neben 0 auch 0 und zwar Letz-
teres in vorwallondcr Menge entbunden wird, zeigt augenschein-
lich, dass auch unter diesen Umstanden die entgegengesetzt
thätigen Sauerstoflantheile des in Wechselwirkung tretenden
Ozonides und Antozonides dem grössern Theile nach zu neu-
tralem -Sauerstoff sich ausgleichen oder die Uebermangansiiure
und das Bariumsuperoxid unter Entbindung von 0 sich gegen-
seitig desoxidiren. Welchem Umstände soll man es aber nun
beimessen, dass in dem einen Falle nur eine theilweise, im an-
dern Falle dagegen die vollständigste Neutralisation des ozoni-
sirten Sauerstoffes der Ueberinangansaure bewerkstelliget wird?
Möglicherweise könnte die vollständige Neutralisation des be-
sagten 0 durch eine einfache physikalische Ursache verhindert
und eben dadurch das Auftreten von Ozon bedingt werden.
Die Lösung des Kalipermanganates in Vitriolöl ist ungleich zäher
als diejenige des gleichen Salzes in der verdünntem Säure; es
nmss daher in der grünen Lösung die Beweglichkeil der Massen-
theile der darin aufeinander wirkenden Materien geringer sein,
als diejenige der gleichen Theile in der rolhen Lösung, wesshalb
auch der Neutralisation des in dem Ozonid und Antozonid vorhan-
denen 0 und 0 die zähere Flüssigkeit einen Widerstand ent-
cregensetzt grösser als deijt;nige, welchen die dünnflüssigere d. h.
rothe Lösung zu leisten vermag. Ich wiederhole jedoch, dass
ich weit entfernt bin, die geäusserte Ansicht für etwas mehr
als eine Möglichkeit zu halten; denn gar wohl kann es sein,
dass das Auftreten von Ozon unter den oben erwähnten Um-
ständen auf einer Ursache beruht, von der wir bis jetzt noch
gar keine Ahnung haben.
Schliesslich muss noch bemerkt werden, dass bei der Ein-
wirkung des Baiiumsuperoxides auf die grüne Permanganatlösung
anfänglich nicht schwefelsaures Manganoxidul sondern Oxidsulfal
entsteht, welches erst durch weiteres BaO, zu Oxidulsalz re-
ducirt wird. Löst man nicht mehr Kalipermanganat in Vitriolöl
auf; als nöthig ist, diese Flüssigkeit massig stark zu grünen und
Schönbein: Beiträge %. nüliern Kenntniss d. Sauerstoffes. \^l
führt man in dieselbe BaOj ein, so wird sie bald gerölhet, welche
Färbung von schwefelsaurem Manganoxid herrührt und bei wie-
derholtem Zufügen von BaOa verschwindet in Folge der da-
durch verursachten Reduction des Oxides zu Oxidul.
III.
Ueber die Veränderlichkeit der allotropen Zustände des
Sauerstoffes.
Worauf auch immer die allotropen Zustande eines einfachen
Stofies beruhen mögen, gewiss ist, dass die Ueberführung der-
selben ineinander einen theoretisch äusserst wichtigen Gegen-
stand chemischer Forschung bildet, und bei der hohen Bedeu-
tuno- des Sauerstoffes für die gesammte Chemie sind sicherlich
die allotropen Veränderungen, welche dieser elementare Körper
unter gewissen Umständen erleidet, noch von einem ganz be-
sondern Interesse , wesshalb ich mir auch erlauben will , diesen
Gegenstand in dem nachstehenden Aufsatz etwas einlässlich zu
behandeln.
Dass das freie Ozon und Antozon schon bei massiger Er-
hitzung in gewöhnlichen Sauerstoff übergeführt werden, darf ich
als bekannt voraussetzen und eng hiemit scheint mir die Thatsache
verknüpft zu sein, dass auch die Ozonide und Antozonide unter
dem Einfluss der Wärme ihren thätigen Sauerstoff verlieren,
welcher aber nicht als (-) oder 0, sondern als 0 von diesen
Verbindungen sit'h abtrennt. Dieser Umstand macht es wahr-
scheinlich, dass der nächste Grund einer solchen Zersetzung in
der durch die Wärme bewerkstelligten Ueberführung des ge-
bundenen 0 oder 0 in 0 liege und Letzteres sich ausscheide,
weil es, gleichsam etwas anderes geworden, in seinem frühern
Verbindungszustande nicht mehr verbleiben kann. Da nach
meiner Annahme das Silbersupero.xid == Ag -(~ 20 ist und aus
irgend einem Grunde es kein AgOj gibt, so muss jene Verbin-
dung zerlegt werden, sobald deren 0 durch die Wärme oder
irgendwie sonst in 0 verwandelt ist und kann auch Ag nie
11362. I.] 13
182 Sitziinif der itiath -phys. Clusse vom 8. Februar 1862.
durch 0 als solches zu Ag ^20 oxidh't werden , wohl aber,
wie die Erfahrung' lehrt, sehr leicht durch 0.
Gleich der Wanne besitzt auch die Kohle das Vermögen,
schon in der Kälte das freie Ozon und Antozon in neutralen
SauerslofT zu verwandeln , ohne selbst oxidirt zu werden und
unter geeigneten Umstanden vermag die gleiche Kohle auch
Ozonide und Antozonide zu zersetzen, ohne dabei eine Oxida-
tion zu erleiden. Von der wassrigen Uebermangansäure ist be-
kannt, dass sie bei der Beri.ihrung mit Kohle entfärbt wird und
meine Versuche zeigen, dass beim Schütteln der SO 3 -haltigen
Säurelösung mit Kuhlcnpulver ziemlich rasch sich schwefelsaures
Manganoxidul bildet. Reinstes Bleisuperoxid mit stark verdünnter
NO^-freier Salpetersäure und reinster gepulverter Kohle behan-
delt, wird allmählich zum basischen Oxide reducirt, welches mit
der vorhandenen Säure zu Nitrat sich verbindet. Auch führt
die Kohle die gelösten Eisenoxid- in Oxidulsalze, die Hypo-
chlorite in Chlormetalle über, ohne sich in irgend einem dieser
Fälle zu oxidiren. Wie man sieht, gehören diese durch die
Kohle reducirbaren Sauerstoffverbindungen der Gruppe der
Ozonide an; aber auch vom Wasserstoffsuperoxid, dem Vor-
bilde der Antozonide wissen wir, dass es unter dem Berühruugs-
einflusse der Kohle in Wasser und gewöhnliches Sauerstoffgas
zerfällt, ohne dass dieselbe dabei im iMindesten oxidirt würde.
Zu den merkwürdigsten Zustandsveränderungen des Sauer-
stoffes gehört sicherlich diejenige, welche ich die chemische
Depolarisation dieses Elementes genannt habe und darin besteht,
dass unter geeigneten Umständen 0 und 0 schon bei gewöhn-
licher Temperatur zu 0 sich ausgleichen, auf welchem Vorgange
eben die in einem der voranstehenden Abschnitte dieser Mit-
theilung beschriebenen Desoxidationen der Superoxide des Man-
ganes und Bleies, der Uebermangan - und Chromsäure durch
das aus BaO« entbundene freie 0 beruhen, wie auch die re-
ducirenden Wirkungen, welche die Ozonide und Antozonide
gegenseitig aufeinander hervorbringen.
Dass umgekekrt aus 0 gleichzeitig 0 und 0 hervorgehen
Schönhein- Beitrüge %. nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. \^^
können, zeigen die langsamen Oxidationen , welche viele Ma-
terien unorganischer und organischer Natur bei Anwesenheit von
Wasser erleiden und von denen uns die unlrr diesen Umstan-
den erfolgende langsame Verbrennung des Phosphors das Vor-
bild liefert. Ich habe diese gedoppelte Zustandsveiiinderung
des neutralen Sauersloires seine chemische Pohu'isation genannt.
Ein ganz eigenthümliches Interesse bietet auch diejenige Zu-
standsveränderung des Sauerstoffes dar, die in der Umkehr des
Antozons in Ozon besteht und von sehr verschiedenen Materien
bewerkstelliget werden kann, in welcher Hinsicht das Verhalten
des basisch-essigsauren Bleioxides zum Wasserstoffsuperoxid ein
äusserst lehrreiches Beispiel liefert. Lässt man einen oder zwei
Tropfen Bleiessigs in einige Gramme nicht allzu verdünnten HO2
fallen, so ontsleht sofort ein brauner Niederschlag, welcher ßlei-
superoxid ist und findet im ersten Augenblicke des Zusaimnen-
treffens beider Flüssigkeiten noch keine Gasentbindung statt.
Kaum ist aber PbOj gebildet, so beginnt dasselbe in bekannter
Weise auf das noch vorhandene Wasserstoffsuperoxid zurückzu-
wirken: es entwickelt sich lebhaft gewöhnliches Sauerstoffgas
und wird das gebildete Bleisuperoxid wieder zu basischem Oxide
reducirt, woher es kommt, dass der braune Niederschlag erst
gelb und später vollkommen weiss wird, vorausgesetzt, es sei
noch die zu dieser Reduclion erforderliche Menge von HO,
vorhanden.
Hiemit hängt auch ohne Zweifel die weitere Thatsache zu-
sammen, dass die HO. 2- haltige Guajaktinclur wie auch das nicht
allzu verdünnte Gemisch von Wasserstoffsuperoxid und Jod-
kaliumkleister durch einige Tropfen Bleiessigs bald gebläut wird.
Diese Thatsachen, glaube ich, berechtigen zu dem Schlüsse, dass
das basisch-essigsaure Bleioxid das (•) des Wasserstoffsuperoxides
in 0 umkehre und zeigen überdiess, dass in dem vorliegenden
Falle nacheinander mehrere Zuslandsveränderungen des Sauer-
stoffes stattfinden: erst wird das 0 eines Theiles von IIO2 in
0 übergeführt und in diesem Zustand auf einen Tlieil der Basis
des Salzes geworfen, um PbO -}- 0 zu bilden und dann gleicht
13*
184 S^{z^lt^l/ der iiuith.-phys. Classe vom 8. Februar 186ä.
sich dieses gebmulene 0 mit dem 0 eines andern Theiles von
HO2 zu 0 aus. Es beruhen somit die beim Zusammenlrefien
des Bleiessigs mit dem antozonidischen WasserstofFsuperoxid
Platz greifenden Vorgänge aul" einer zweimaligen Zustandsver-
änderung, welche das in HO^ enthaltene 0 unter diesen Um-
ständen erleidet.
Vom Platin wissen wir längst, dass es in eigonthümlichen
Beziehungen zum Sauerstoff steht und aut' die chemische Wirk-
samkeit dieses Körpers einen grossen Einfluss ausübt. Meine
eigenen Versuche haben gezeigt, dass das besagte Metall dem
mit ihm in Berührung stehenden Wasserstoffsuperoxid die Wirk-
samkeit eines Ozonides ertheilt. HO2 verhält sich bekanntlich
gegen die Guajaktinctur völlig gleichgillig, d. h. lässt sie unge-
färbt, während die gleiche Harzlösung von den Ozoniden, z. B.
der Uebermangansäure, dem Bleisuperoxid u. s. vv lief gebläut
wird. Aus der Thatsache, dass kleine Mengen sauerslofffreien
Platinmohres in die HO^-haltige Guajaktinctur eingeführt, sofort
eine tiefe Bläuung dieser Flüssigkeit verursachen, erhellt augen-
scheinlich, dass unter dem Berührungseinflusse des Metalles das
antozonidische Wasserstoffsuperoxid gerade so wie die ozoni-
dische Uebermangansäure, Bleisuperoxid u. s. w. wirkt, welches
Verhalten mir die statlgefundene Umkehr des in HO, enthal-
tenen 0 in 0 zu beweisen scheint. Ich bin geneigt die gleiche
Folgerung aus der Thatsache zu ziehen , dass die gelösten Ni-
trite, welche nach meinen Erfahrungen nur durch 0 zu Nitraten
sich oxidiren lassen und daher auch gegen das Wasserstoff-
superoxid gleichgiltig sich verhallen, von Letzterem bei Anwe-
senheit zertheilten Platins in salpetersaure Salze verwandelt wer-
den können.
Ich habe vor einiger Zeit die Fähigkeil des Metalles, HO,
in Wasser und gewöhnliches Sauersloffgas umzusetzen, auf den
allolropisirenden Einfluss zurückzuführen gesucht, welchen das
Platin auf das 0 des besagten Superoxides ausübt und halte
desshalb dafür, dass die durch das Metall bewerkstelligte Zer-
setzung dieser Verbindung die gleiche nächste Ursache habe,
Schönbein: Beitvüye i, nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. 185
durch welche die Zerlegung HO, mittelst des Bleiessigs bewirkt
wird. Das Platin wie das Bleisalz führen das 0 eines Theiles
von HOi in 0 über, welches sofort auf das 0 des benach-
barten noch unzerselzten Wasserstoffsuperoxides neutralisirend
zurückwirkt, in Folge dessen diese Verbindung zerlegt und un-
thätiger Sauerstoff entbunden wird. Der Unterschied zwischen
dem Metall und Bleiessig besieht in dem vorliegenden Falle nur
darin , dass das Platin vorher keine eigentliche chemische Ver-
bindung mit dem aus 0 entstandenen 0 eingeht, sondern Letz-
teres sofort mit dem 0 des angrenzenden HO^ zu 0 sich aus-
gleicht, während die Hälfte der Basis des Bleisalzes erst in das
ozonidische Bleisuperoxid sich verwandelt, welches dann durch
das noch vorhandene HO -j- 0 zu PbO reducirt wird.
Die Erfahrung lehrt, dass nicht nur das an Wasser, son-
dern auch selbst an die stärksten Mineralsäuren gebundene
Eisenoxidul durch das Wasserstoffsuperoxid scheinbar eben- so
rasch als durch freies 0 oder die Ozonide in Eisenoxid über-
geführt werde. Dass der dritte Theil des Sauersloffgehaltes
dieses Oxides im 0 - Zustande sich befinde oder dasselbe =
Fcj Oj + G sei, beweisen schon die vielfachen oxidirendeii
Wirkungen der gelösten Eisenoxidsalze. Die Bläuung der
Guajaktinctur, Zerstörung der Indigolösung, Oxidation des Sil-
bers, Ausscheidung des Jodes aus dem Jodkalium, namenthch
aber die Thatsache, dass aus dem braunen Gemisch einer
Eisenoxidsalz- und Kaliumeisencyanidlösung das Wasserstoff-
superoxid Berlinerblau niederschlägt unter Entbindung gewöhn-
lichen Sauerstoffgases, woraus erhellt, dass unter diesen Um-
ständen das Eisenoxidsalz zu Oxidulsalz reducirt wird, welche
Desoxidation auf der Ausgleichung des im Eisenoxid enthaltenen
0 mit dem 0 des Wasserstoffsuperoxides zu 0 beruht.
Als weit(Te Beweise für die Richtigkeit der Annahme, dass
das liisenoxidul das 0 von HO« in 0 umkehre, betrachte ich
auch die folgenden Thatsachen. Die HO.^- hallige Guajaktinctur
wird beim Zufügen kleinster Mengen eines gelösten Eisenoxidul-
salzes augenblickhch auf das Tiefste gebläut, die HO2- haltige
ISß Sitxting der math.-phys. Clas^e vo?n S. Februar 1S62.
Indigoliiictur unter Mitwirkung der gleichen Salzlösung rasch
zerstört. Nach meinen Beobachtungen ist stark verdünntes
Wasscrstoffsuperoxid ohne Wirkung auf den Jodkaliumkleisler»
setzt man aber diesem Geineng einige Tropfen verdütuiter Eisen-
vitriollösung zu, so wird es augenl'.licklich auf das Tiefste ge-
bläut, gerade so als ob man darauf freies Ozon oder ein Ozonid :
Uebermangansäure, Hypochlorit u. s w. hatte einwirken lassen.
Gocren das an Säuren gebundene Manganoxidul verhält sich
das Wasserstoflfsuporoxid vollkommen wirkungslos, während das
Hydrat desselben selbst von dem verdiinntesten Wasscrstoff-
superoxid unverweilt in Mangansuperoxid übergeführt wird*,
welches bekanntlich ein Ozonid — MnO + G ist. Es wird so-
mit auch unter diesen Umständen das 0 von HO^ in (-) ver-
wandelt, woher es kommt, dass unmittelbar nach der Bildung
dieses Ozonides dasselbe schon für sich allein auf das noch vor-
handene HO -|- 0 zersetzend einwirkt und bei Anwesenheit
von SO3 u s. w. sofort unter lebhafter Einwirkung von 0 zu
Oxidul reducirt wird. Ich will hier noch die Thatsache in Er-
innerung bringen, dass das freie Ozon nicht bloss das an Wasser,
sondern auch das an die stärksten Mineralsäuren gebundene
Manganoxidul in Superoxid verwandelt und auch nicht unerwähnt
lassen, dass die gelösten Blutkörperchen die HO^-haltige Guajak-
tinctur und den mit verdünntem Wasserstoffsuperoxid vermisch-
ten Jodkaliumkleisfer, wenn auch mit geringerer Energie, doch
ähnhch den Eisenoxidulsalzlösungen bläuen, woraus ich schliesse,
dass auch die Blutkörperchen 0 in () umzukehren vermögen.
Es konnnt jedoch dem Platin, dem Eisenoxidul und seinen
(4) Dieses Verinö<;en des Wasscrstoffsuperoxides macht dasselbe zu
einem hOcIist einptindliclien Reagens auf dit^ Manganoxidiilsalzc. Hntliält
z. B. 'Wasser nur V:.ooooo kiystallisirten Manganovidulsulfates , so wird
diese Fiiissiglieit , wenn erst mit einigem HOj versetzt und dann mit
einem Trojjfen Kalilftsung vermischt, noch eine deutlich wahrnehml)are
bräunliche Färbung annehmen , welche unter sonst gleichen Umständen
bei Anwesenheit von HOj nicht mehr zum Vorschein kommt.
Schönbein: Beitrüge 2. nähern Kenntnis» d. Sauerstoffes. 'l§7
Salzen wie auch dem Manganoxidulhydrale das Vermögen zu,
nicht bloss 0, sondern auch 0 in () überzuführen. Was aber
das Platin betrifft, so ist wold bekannt, dass unter dem Berüh-
rungseinflusse dieses Melalies der gewüiniliche Sauerstoff eine
Reihe von Oxidationswirkungen hervorbringt, welche denen des
Ozons oder der Ozonide gleich sind, nie z. B. die Bläuung der
Guajaktinclur oder des SOj-haltigen Jodkaliumkleisters u. s. w.
Vom Eisenoxidul, sei es an Wasser oder Sauren gebunden,
wissen wir, dass es in Berührung mit 0 allmählich in PejO^ +0
überseht, wie auch das Manganoxidulhydrat ein gleiches Ver-
halten zeigt, das bekanntlich durch 0 nach und nach zu Oxid
= Mn^ Ol 4- 0 oxidirt wird. Unter allen bekannten Sub-
stanzen jedoch, welche 0 in () überführen können, ist sicherlich
das Stickoxid die wirksamste, dass dieses Gas mit 0 augen-
blicklich Untersalpetersäure erzengt , welche aus Gründen , die
von mir schon anderwärts geltend gemacht worden sind , wohl
als NOj -\- 2 0 betrachtet werden darf.
Manche Materien, welche in der Kalte keinen allotropisiren-
den Einfluss auf 0 auszuüben vermögen, erlangen diese Fähig-
keit bei höherer Temperatur und verwandeln dasselbe je nach
ihrer Natur entweder in () oder 0, wodurch sie selbst Ozonide
oder Antozonide werden. Zu den Materien der letzten Art ge-
hören die Oxide der meisten alkalischen Metalle : des Kaliums,
Natriums, Bariums u. s. w. , welche gehörig in 0 erhitzt zu
antozonidischen Superoxiden oxidirt werden. Unter ähnhchen
Umständen geht das Bleioxid in Mennig über, eine aus PbO
und PbO + ^^ bestehende Verbindung, aus welcher bekanntlich
das Oxid mittelst Salpetersäure leicht entfernt werden kann.
Es Hessen sich noch viele andere Thatsachen anführen,
welche als Beweise geltend gemacht werden könnten für die
Richtigkeit der Annahme, dass die allotropen Zustände des
Sauerstoffes ineinander überführbar seien, die oben angeführten
Fälle mögen aber einstweilen genügen. Merkwürdig ist jedoch
der Umstand, dass mir bis jetzt noch keine Thalsache bekannt
188 Sittwii/ der mnth -j>Iit/s. Classe vom 8. Februar 1S62.
ist, aus welcher auf eine Umkehr von 0 in 0 geschlossen wer-
den könnte.
Zu den theoretisch wichtigsten, den Sauerstoff betreffenden
Fragen gehört unstreitig die, ob eine der Aufnahme dieses
Elementes fähige Materie mit ihm in jedem seiner drei Zustande
chemisch sich verbinden könne, oder ob nur nu't einer be-
stimmten Müdificalion desselben. Ich halte es schon an und für
sich für wahrscheinlich, dass zur Oxidation der gleichen Älaterie
auch immer eine und dieselbe Sauerstoffart erforderlich sei und
von mehreren Substanzen glaube ich bereits nachgewiesen zu
haben, dass sie nur von 0 oxidirt werden. Zu diesen gehört
unter den unorganischen Körpern zunächst das Silber, welches
nach meinen Beobachtungen schon in der Kälte rasch mit ()
zu Superoxid sich verbindet und ebenso wird selbst das an
kräftige Mineralsäuren gebundene Manganoxidul nur durch () zu
Superoxid oxidirt. Auch müssen nach meinen nenern Erfah-
rungen die Nitrite zu den allein durch den ozonisirten Sauer-
stoff oxidirbaren Materien gerechnet werden. Die Pyrogallus-
säure wird von freiem und ungebundenem () rasch oxidirt,
während die Antozonide z. B. HO. 2 gegen die gleiche Säure
unthätig sich verhalten, und wohl bekannt ist auch die That-
sache, dass trockenes 0 auf die krystallisirte Pyrogallussaure
keine oxidirende Wirkung hervorbringt, wohl aber ( ). Ein ähn-
liches Verhalten zeigt das Indigoweiss , welches durch freies 0
und die Ozonide augenblicklich, nicht aber durch HO -j- 0 zu
Indigoblau oxidirt wird und dass trockenes 0 gegen das wasser-
freie Chromogen wirkungslos ist, haben uns schon die Versuche
von Berzelius gelehrt. Der Grund , wesshalb das an ein Alkali
gebundene und in Wasser gelöste Indigoweiss oder die gleich
beumständete Pyrogallussaure scheinbar durch 0 so rasch sich
oxidirt, beruht, wie ich diess anderwärts zu zeigen gesucht
habe, auf der unter diesen Umständen erfolgenden chemischen
Polarisation des neutralen Sauerstoffes, wie daraus erhellt, dass
bei den besagten Oxidalioncn Wasserstoffsuperoxid erzeugt wird.
Allerdings hat es den Anschein, als ob manche Substanzen
Schö7ibein: Beiträge %. nähern Kenutniss d. Sauerstoffes. 189
durch 0, 0 und 0 als solche oxidirt würden, wie z. B. die
vorhin erwähnten Hydrale des Eisen- und Manganoxidules; ich
habe jedoch schon bei Besprechung dieser Oxidalionsfälle zu
zeigen versuchl, dass 0 und 0, ehe sie diese Wirkung hervor-
bringen, erst in () übergeführt werden und Letzteres es sei,
welches allein die Oxidation der besagten Oxidule bewerkstelligen
könne. Es gibt jedoch noch andere Falle, welche zu beweisen
scheinen, dass eine und dieselbe Materie durch alle drei Sauer-
stolTniodificationen als solche oxidirt werde und einen solchen
Fall bietet uns die concentrirte wässrige Lösung der Jodwasser-
stoffsäure dar, welche augenblicklich durch freies () oder ein
Ozonid, noch ziemlich rasch durch 0 oder HO + 0 und auch
durch freies 0, obwohl viel langsamer, unter Jodausscheidung
zersetzt wird.
Wenn es obigen Angaben gemäss Materien gibt mit dem
Vermögen begabt, 0 und 0 in () zu verwandeln, und durch
diese Zustandsveränderung eine Reihe von Oxidationen einzu-
leiten, welche ohne die Gegenwart jener Materien nicht statt-
fänden, so ist es recht wohl gedenkbar, dass auch HJ den
gleichen allotropisirenden Einfluss auf 0 und 0 auszuüben ver-
möge, so dass also möglicher Weise auch in dem vorliegenden
Falle die statlfmdende Oxidation nur durch das aus 0 oder 0
hervorgegangene () bewerkstelliget würde. Und dass dem wirk-
lich so sei , scheint mir aus folgenden Thatsachen zu erhellen.
Freies 0 oder ein Ozonid z. B. die gelöste Uebermangansäure,
selbst mit stark verdünntem kleisterhaUigenHJ zusammengebracht,
verursacht augenblicklich die tiefste Bläuung des Gemisches,
während das Wasserstofisuperoxid, auch wenn schon ziendich
concentrirt, die kleisterhaltige wässrige Jod wasserstoIFsäure keines-
wegs mehr augenblicklich bläut. Bei gehörig starker Verdün-
nung von HO, und HJ wirken diese beiden Verbindungen gar
nicht mehr zersetzend aufeinander ein, wcsshalb mit einem sol-
chen Gemische versetzter Stärkekleister ungefärbt bleibt, wäh-
rend eine sehr schwache Ucbermangansäurelösung u. s. w. die
stark verdünnte und mit Kleister vermengte Jodwasserstoffsäure
190 Sitziittff der math. - phys. Classe vom 8. Februar 1862.
unverweilt bläut. Ein Gemisch von HOj und HJ, so stark inil
Wasser verdünnt, dass es den damit versetzten Kleister nicht
mehr bliiut, thut diess augenblicklich beim Zufügen einiger Tro-
pfen verdünnter Eisenvitriollosuno-. Die Tliatsache, dass selbst
das concentrirtere WasserstofFsuperoxid einige Zeit braucht, um
Jod aus HJ frei zu machen, nuiss wohl irgend einen Grund
haben und beweist jedenfalls, dass das 0 von HO« eine ge-
wisse Veränderung erleiden muss , bevor es Jod auszuscheiden,
d. h. zu oxidiren vermag; denn wäre dieses 0 schon als sol-
ches befälliget, auf HJ oxidirend einzuwirken, so sieht man nicht
ein, warum diese Wirkung nicht ebenso augenblicklich als durch
freies Ozon oder ein Ozonid z B. Uebermangansäure hervor-
gebracht werden sollte. Ich halte dafür , dass die stattfindende
Veränderung von 0 auf seiner Ueberführung in () beruhe.
Die Materien, welche fähig sind, (i) oder 0 in () zu ver-
wandeln, besitzen diese Eigenschaft in sehr ungleichem Grade:
die Einen wirken rascher, andere langsamer und zu den Letz-
tern ist die JodwasserstofFsäure zu zählen, welche durch gehörig
starke Verdünnung mit Wasser ihr ailotropisirendes Vermögen
sogar gänzhch einbüsst, wie daraus erhellt, dass eine solche
Säure durch HOj nicht mehr zersetzt wird. Da die gelösten
Eisenoxidulsalze dagegen das (•) des Wasserstoffsuperoxides sehr
schnell in 0 überzuführen vermögen, so verursachen dieselben
auch in dem verdünntesten Gemisch von HO« und HJ sofort
die tiefste Bläuung des beigemengten Kleisters. Wenn nun auch
die concentrirtere Jodausscheidung zersetzt zu werden scheint,
so schreilie ich diese Oxidationswirkung wieder nicht dem 0
als solchem zu, sondern nehme an, dass dasselbe unter dem
allolropisirenden Einflüsse von HJ erst in U übergeführt und
durch Letzteres die Zersetzung der Säure bewirkt werde. Be-
kanntlich findet diese Zerlegung nur langsam statt, aus welcher
Thatsache wiederum deutlich hervorgeht, dass 0 nicht als sol-
ches auf HJ oxidirend einwirke; denn sonst würde trotz seines
luftigen Zustandes von ihm das Oxidationsvverk ebenso rasch
als durch das gasförmige freie Ozon vollbracht werden. Es
Schönbein: BeiU'äye ~. nähern Kenntniss d. Snuei-stoffes. 191
dürfte hier noch die Bemerkung am Orte sein, dass auf die
Jodwasserstoffsäure, welche so stark mit Wasser verdünnt ist,
um nicht mehr von HOj zersetzt zu werden, auch 0 nicht mehr
oxidirend einwirkt. Was (his Jodkalium betrilft, so ist es wohl
bekannt, dass dieses Salz schon im festen Zustande von freiem
{-) augenblicklich unter Jodausscheidung zerlegt wird; etwas
weniger rasch, doch noch schnell genug, wirkt nach meinen
Beobachtungen das Antozon und gar nicht mehr der gewöhn-
liche Sauerstoff, von welchem Verhalten man siel», mit Hilfe des
Jodkaliumstarkepapieres leicht überzeugen kann. Führt man
einen feuchten Streifen solchen Papieres in eine Flasche ein,
welche auch nur kleine Mengen Ozones enthält, so wird der-
selbe augenblicklich sich bläuen. In dem 0 -haltigen (mittelst
reinen Vitriolöles aus BaOj entbundenen) Sauerstoff findet zwar
auch noch eine ziemlich rasche, doch aber nicht mehr augen-
blickliche ßläuung des Papieres statt und in gewöhnlichem Sauer-
stoff, wie lange man es auch in diesem Gase verweilen lässt,
erleidet das Papi<r nicht die geringste Veränderung.
Die löslichen Ozonide, wie z. B. die Uebermangansäure,
Hypochlorite u. s. w., wenn auch in sehr viel Wasser gelöst,
zersetzen ebenfalls augenblicklich das Jodsalz und färben daher
dessen verdünnteste mit Kleister vermengte Lösungen sofort tief
blau. Das gelöste Jodkalium wird zwar von dem concentrirtern
HOj zersetzt, aber auch nicht augenblicklich und auf eine sehr
stark verdünnte Lösung dieses Salzes wirkt verdünntes HO,
gar nicht mehr ein, wesshalb ein solches Gemisch für sich allein
den Kleister ungebläut lässt. Fügt man aber demselben einige
Tropfen verdünnter Eisenoxidulsalzlösung zu, so tritt augenblick-
lich die tiefste Bläuung ein, worauf eben das von mir vor eini-
ger Zeit beschriebene Verfahren beruht, sehr winzige Mengen
von HOj im Wasser nachzuweisen.
Alle diese Thatsachen scheinen mir zu Gunsten der An-
nahme zu sprechen, dass nur (.) als solches und keine andere
Sauerstoffmodificalion oxidirend auf die Jodwasserstoffsäure, das
Jodkalium und andere Jodverbindungen einzuwirken vermöge
192 Sitzung der math.-phi/s. Clause vom 8. Februar 1862.
und da so viele Materien durch den freien wie gebundenen
ozonisirlen Sauerstoff unter Umständen oxidirt werden , unter
welchen der gewöhnhche völlig unthätig gegen die gleichen
Substanzen sich verhalt, so halte ich es für wahrscheinhch, dass
die Oxidiition der meisten Körper durch den negativ- acliven
Sauerstoff bewerkstelliget werde. Die besprochene Uebc-rfiihr-
barkeit der verschiedenen allolropen Zustände des Sauerstoffes
ineinander scheint mir eine Thatsache von nicht geringer wissen-
schaniicher Bedeutung und desshalb auch aller Aufmerksamkeit
des theoretischen Chemikers werth zu sein ; denn es ist offen-
bar, dass alle diejenigen chemischen Erscheinungen, welche auf
solchen Zustandsveränderungen des in Rede stehenden Elementes
beruhen sollten (und deren Zahl ist nach meinem Dafürhalten
nicht klein), für uns auch so lang unverständlich bleiben müssen,
als wir die verschiedenen Zustände des Sauerstoffes und
deren Wandelbarkeit unberücksichtiget lassen und fortfahren wie
bisher anzunehmen, dieser Grundstoff sei eine an und für sich
unveränderliche Materie.
Die neuesten so höchst interessanten Arbeiten Grahams über
die verschiedenen Zustände, in welchen eine Anzahl von Sub-
stanzen bezüglich ihrer Cohärenz, ihres Verhaltens zum Wasser,
ihrer Diffusionsfähigkeit u. s. w. zu bestehen vermögen, zeigen
augenfälligst, wie leicht diese Zustände ineinander sich über-
führen lassen. Auch erhellt aus den Ergebnissen des britischen
Forschers, dass in Folge secnndärer Umstände die gleichen Sub-
stanzen bei ihrer Abtrennung von andern Materien häufig in
einem Zustand erhalten werden verschieden von demjenigen, in
welchem sie in der Verbindung erhalten waren und dass um-
gekehrt auch Materien, indem sie unter geeigneten Umständen
chemisch vergesellschaftet werden, in einem andern Zustand in
die Verbindung eintreten, als derjenige war, in welchem sie
sich vorher befunden. So kann ein Krystalloid ein Colloid
(Eisenoxid), eine in Wasser lösliche Substanz eine unlösliche
werden u. s. w. und es lassen, wie ich glaube, die von Graham
ermittelten Thatsachen keinen Zweifel darüber walten, dass in
Schönbein: Beiträge %. nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. 193
nicht wenigen Fällen chemische Verbindungen wie Trennungen
durch blosse Zustandsveräuderungen der dabei beiheiligten Ma-
terien verursacht werden.
Wenn nun auch diese verschiedenen Zustände und deren
Veränderlichkeit auf zusainuiongesetzte Substanzen sich beziehen,
so sind dieselben desshalb um nichts weniger auffallend als die-
jenigen, welche wir an einlachen Körpern und namentlich am
Sauerstüire kennen gelernt hal)cn und es ist sogar möglich, wo
nicht wahrscheinlich, dass die an beiden Classen von Materien
wahrgenommenen Zustandsveränderungen irgendwie zusammen-
hängen , von welcher Verknüpfung wir freilich dermalen noch
keine klare Vorstellung haben können
Wie dem auch sei, so viel scheint mir heute schon gewiss
zu sein, dass die Fähigkeit einfacher und zusammengesetzter
Körper, bei gleichbleibender stofflicher Beschaffenheit so ganz
verschiedenartige, ja sogar einander entgegengesetzte Zustände
anzunehmen, für die gesanunte Chemie eine weit und tief grei-
fende Bedeutung habe; denn es kann nicht fehlen, dass eine
genaue Kenntniss dieser Zustände und ihrer Veränderlichkeit
nicht nur die Grenzen der chemischen Theorie namhall erwei-
tern, sondern auch über eine Reihe dermalen noch dunkler ge-
ologischer, physiologischer und physikalischer Erscheinungen ein
helles Licht verbreiten werde.
Zum Schlüsse dieser Miltheilung möge es mir noch ge-
stattet sem, an einigen Beispielen zu zeigen, von welcher theo-
retischen Bedeutung die Kenntniss der Verschiedenheit der allo-
Iropen Zustände eines Elementes und der Veränderlichkeit
derselben sein könne.
Warum durch die Wärme z. B die Oxide der edlen Me-
talle zerlegt werden, nicht aber auch das Wasser, Kali u. s. w.,
darüber vermag eine Theorie, welche auf die Verschiedenheit
und Wandclbarkeit der allotropen Zustände des Sauerstoffes
keine Rücksicht ninjml, nichts Weiteres zu sagen, als dass dem
eben so sei; denn sagen, dass der Grund der Verschiedenheit
dieses Verhaltens in der verschiedenen Grösse der Affinität der
194 SiHuny der nia(h.-]>hys. Clmse vom 8. Februar 1S62.
verscliiedenen Körper zum Sauerstoff liege, ist offenbar nur eine
Umschreibung aber keine Erklärung- der Tlialsache. Von dem
Erfahrungssatze ausgehend , dass sowohl der freie als chemisch
gebundene Sauerstoff in verschiedenen und ineinander überruhr-
baren Zuständen bestehen kann, vermögen wir wenigstens den
nächsten Grund der Zerlegbarkeit der einen Oxide und der
Unzersetzbarkeit der Andern durch die Wiirme anzugeben.
Dieses Agens, wie es freies 0 oder 0 in 0 überführt, vermag
auch in den meisten Fallen die gleichen thätigen Sauerstoffmo-
dificationcn im gebundenen Zustand in 0 zu verwandeln und
da nun aus irgend einem Grunde dieses 0 als solches mit ge-
wissen I\Iaterien z. B. mit dem Silber, Gold u. s. w. nicht che-
misch verbunden sein kann, so müssen die Oxide dieser Metalle,
welche Ozonide sind, bei gehöriger Erhitzung in Metall und
gewöhnlichen Sauerstoff zerfallen. Die Thalsache, dass in der
Hitze z. B. PbO + 0 , BaO + 0 u. s. w. unter Entbindung
von 0 zu basischen Oxiden reducirt werden, findet selbstver-
ständlich ihre Erklärung ebenfalls in der unter diesen Umstän-
den bewerkstelligten Ueberlührung von 0 oder 0 in 0.
Das Wasser, Kali u. s. w. werden durch die Wärme dess-
halb nicht zerlegt, weil diese Verbindungen den Sauerstoff im
0- Zustand enthalten und dieser auch bei hohen Temperaturen
unverändert bleibt.
Ebenso wenig wissen wir irgend einen Grund für die durch
das Platin, den Bleiessig u. s. w. bewerkstelligte Umsetzung des
Wasserstoffsuperoxides in Wasser und gewöhnlichen Sauerstoff
anzugeben, wenn wir dieses Element als völlig unverätiderlich
betrachten , während obigen Auseinandersetzungen zufolge die
nächste Ursache dieser Zersetzungserscheinung in den verschie-
denen Zuständen und ihrer Ueberführung in einander zu su-
chen ist.
Ein Beispiel entgegengesetzter Art liefert uns die Oxidation
des Silbers zu Superoxid. Bekannt ist, dass dieses Metall voll-
kommen gleichgiltig gegen den gewöhnlichen Sauerstoff sich
verhält, während es meinen Versuchen gemäss durch das Ozon
Schönbein: Beiträge ■z. nähern Kennt niss d. Sauerstoffes. 195
Schon in der Kälte änsscrst rasch o.xidirt wird. In dem atmo-
sphärischen Saiiersloir, welcher sich im 0 - Zustande befindet,
bleibt desshalb das Silber so lange unberührt, als derselbe keine
allotrope Zustandsveränderunor erleidet ; bringen wir aber mit
diesem SauerstofF gleichzeitig Phosphor und Wasser in Berüh-
rung, so wird sich unter diesen Umständen das Metali bald zu
Superoxid oxidiren, ohne ihxa?, es mit dem gleichzeitig sich oxi-
direnden Phosphor in Berührung zu stehen brauchte. Und ich
denke, wir wissen nun auch, wesshalb diess geschieht. Unter
dem gedoppelten Einflüsse des Phosphors und des Wassers wird
der mit diesen Materien in Berührung stehende neutrale Sauer-
stoff chemisch polarisirt. Das in Folge hievon zum Vorschein
konnnende (') tritt nnt dem Wasser zu dem antozonidischen
WasserstofTsuperoxid zusammen, während ein Theil des gleich-
zeitig auftretenden () zur Oxidation des vorhandenen Phos-
phors verbraucht wird und ein anderer Theil in die ungebun-
dene Luft sich zerstreut, wodurch diese ozonisirt wird und die
Fähigkeit erlangt, eine zahlreiche Reihe von Körpern und na-
mentlich auch das Silber schon bei gewöhnlicher Temperatur
zu oxidiren.
Zu den merkwürdigsten Wirkungen des volla'schen Stromes
gehört sicherlich die von ihm bewerkstelligte Zersetzung einer
grossen Zahl von SauerstofTverbindungen, als deren Vorbild das
Wasser betrachtet werden kann ; aber trotz allen A(in über
diese Zerlegung versuchten Erklärungen, wissen wir, wie ich
fürchte, selbst über die nächste Ursache der Electrolyse doch
so gut als Niclits, wesshalb ich aucji nicht anstehe, diese so
fundamentale Thatsache als eine noch durchaus unverständliche
Erscheinung zu bezeichnen. Und sie wird diess nach meinem
Dalürhalten auch noch so lange bleiben, als die Physiker und
Chemiker von der Verschiedenheit und Veränderlichkeit der
allolropen Zustände des Sauerstofles , welche nach meiner Ver-
muthung bei der Electrolyse des Wassers und anderer Sauer-
stoffverbindungen eine maassgebende Bolle spielen, keine Kennt-
niss nehmen. Obwohl ich diese Ansiclit schon vor Jahren
196 Sit'z.iuiy der muth.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
ausges[)rochen habe, so dürfle es doch nicht überflüssig sein,
wiederholt auf dieselbe zurück zu kommen, da sie sich auf
einen Gegenstand bezieht, der eine hohe wissenschaflliche
Bedeutung hat. Und ich will das Vorbild der eleclrolytischen
SauerstofTverbindungen : das Wasser als Beispiel wählen, um
daran meine Vermuthungen über die nächste Ursache der Elec-
trolyse zu erläutern.
Dass der im Wasser gebundene Sauerstoff hinsichtlich seines
Verhaltens zu der Mehrzahl oxidirbarer Materien in einem Zu-
stande sich befinde wesentlich verschieden von demjenigen, in
wclcliem z. B. die Hälfte des Sauerstolfgehaltes der Superoxide
des Wasserstoffes, Bariums, Manganes und Bleies existirt. kann
keinem Zweifel unterworfen sein. Es ist der Sauerstoff des
Wassers ebenso unlhätig als das freie 0, wesshalb wir wohl
auch diese Verbindung als HO betrachten dürfen. So lange nun
in dem Zustande dieses gebundenen Sauerstoffes keine Verän-
derung eintritt, wird auch die chemische Vergesellschaftung
desselben mit dem Wasserstoffe fortdauern, d. h. keine Zer-
setzung des Wassers stattfinden. Da nur 0 mit H verbunden?
das sein kann, was wir Wasser nennen, so sieht man leicht ein,
dass jede Einwirkung auf den Sauerstoff dieser Verbindung,
durch welche derselbe in 0) oder () oder gleichzeitig in diese
beiden Modificationen übergeführt würde, auch eine Zersetzung
des Wassers zur Folge haben müsste.
Wie die Erfahrung lehrt , wird der freie gewöhnliche
SauerstofF durch elcctrische Entladungen ozonisirt, wesshalb es
keine gewagte Voraussetzung sein dürfle, wenn man annähme,
dass der volta'sche Strom auch auf das an Wasserstoff gebun-
dene 0 allotropisirend einzuwirken vermöchte. Dass eine solche
Zustandsveränderung des SauerstofTes bei der Electrolyse des
Wassers stattfinde, ist aber nicht bloss eine Voraussetzung, son-
dern eine sichere Thatsache.
Die Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen und der-
jenigen anderer Forscher zeigen nämlich, dass bei der besagten
Electrolyse beide thütigen Sauersloffarten : 0 gemengt mit dem
SchönOein: Beiträge s. nähern Kenntniss d. Sauerstoffes. 197
an der positiven Electrode sich entwickelnden 0 als Ozon und
0 gebunden an AVasser als Wasserstoffsuperoxid , welches an
der gleichen Electrode zum Vorschein konnnt. Allerdings sind
die unter diesen Umständen auftretenden Giengen von () und (+)
im Verhältniss zu der Menge des gleichzeitig entbundenen 0
nur sehr klein; es kann aber desshalb doch keinem Zweifel
unterworfen sein, dass sie ihren Ursprung aus dem 0 des
Wassers nehmen und somit wenigstens ein Theil dieses neutralen
Sauerstoffes durch den Strom polarisirt werde. Da sich nun
nicht einsehen liisst, wesshalb diese Wirksandveit des Stromes
nur auf eine so kleine Menge von 0 und nicht auf den ganzen
Sauerstoffgehalt des eleclrolysirten Wassers sich erstrecken
sollte, so ist, wie ich dafürhalte, Grund zu der Vermuthung
vorhanden, dass unter dem Einflüsse des Stromes aller Sauer-
stoff des Wassers chemisch polarisirt werde und nur secundäre
Umstände es seien, in Folge deren so wenig (;) und (-) und
hauptsächlich 0 zum Vorschein konnne. In der That vermögen
wir die Umstände so einzurichten, dass bei der Wasserelectro-
lyse entweder gar kein () und () , oder mehr oder weniger
von Beiden aullritt. Wenden wir eine grossflächige positive
Electrode und schwache Ströme an, so wird weder Ozon noch
Wasserstoflsuperoxid erhalten, geben wir dagegen der besagten
Electrode eine sehr kleine Oberfläche, benützen wir als solche
z. B. einen Platindraht anstatt eines Bleches, so wird, alles
Uebrige sonst gleich, das sich entbindende 0 nachweisbare
Mengen von (-) und das die positive Electrode umgebende Wasser
auch HOj enthalten. Vermischt man die angesäuerte electro-
lylische Flüssigkeit mit einem löslichen Ozonid z. B. mit Chroni-
säure oder noch besser mit Uebermangansäure , so wird noch
mehr (), aus leicht einsehbaren Gründen aber kein HO2 er-
halten.
Diese Thalsachen machen es mir mehr als nur wahrschein-
lich, dass der ganze Sauerstoflgehalt des Wassers durch den
Strom in 0 und () übergeführt werde und das bei der Elec-
trolyse dieser Verbindung auftretende 0 aus 0 und (J entstehe,
11Ö62. 1.] 14
198 Sit7,ung der maih.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
welche unmittelbar nach ihrer Abtrennung vom Wasserstoff an
der Ausscheidungsstelle, d. h. positiven Electrode sich begeg-
nend, wieder zu neutralem Saucrstofle sich ausgleichen. Je
nach mechanischen und chemischen Umständen wird diese Aus-
gleichung von (t) und Q entweder vollständig oder mehr oder
weniger unvollständig sein und im ersten Falle nur neutraler
Sauerstoff und gar kein Ozon und Wassersloffsupero.xid , im
zweiten Falle aber ausser 0 auch noch mehr oder weniger (-)
und HO 2 erhalten werden. Ein solcher mechanischer Umstand
ist die Flächengrösse der positiven Electrode, welche, wenn
verhältnissmässig bedeutend, die Ausgleichung des an ihr auf-
tretenden (:) und (i) aus leicht einsehbaren Gründen mehr be-
günstigen nuiss, als diess eine kleinere thun kann. Enthält
das zu electrolysirende Wasser überdiess noch ein Ozonid
gelöst, z. B. Mn^Oj -J- 50, so wird das () dieser Ver-
bindung, mit einem Theile des bei der Electrolyse auftre-
tenden (t) zu 0 sich ausgleichend , es ermöglichen , dass ein
äquivalenter Theil von (-) , ebenfalls aus dem electrolysirlen
Wasser stammend, der Neutralisation entgeht, wodurch selbst-
verständlich die Menge des an der positiven Electrode sich ent-
bindenden Ozons vermehrt werden muss.
Voranstehenden Auseinandersetzungen gemäss geht somit
meine Annahme dahin, dass die nächste Ursache der durch den
volta'schen Strom bewerkstelligten Zersetzung des Wassers auf
einer allotropen Zustandsveränderung seines Sauerstoffes beruhe,
welche darin besteht, dass dieses gebundene 0 in 0 und ()
übergeführt wird, welche Sauerstoffmodificationen als solche nicht
mehr fortfahren können mit H Wasser zu bilden und desshalb
von diesem Elemente sich abtrennen gerade so, wie der Sauer-
stoff vom Quecksilber oder Bleioxid sich scheidet, wenn das {j
von Hg 0 oder PbO + 0 durch die Wärme in 0 verwan-
delt ist.
V. Kobetl: Aaterismus u. die Brewster' sehen Lichtfigiiren. 199
Herr von Kobell hielt einen Vortrag
„Ueber Asterismus und die ßrevvs ter'schen
Lichtfiguren."
(Mit drei Tafeln.)
Die schönen Erscheinungen des Asterismus, welche man
lange nur am Sapphir und Granat gekannt hatte, sind durch
die Untersuchungen von Brewster', Babinet^, und Volger^
weiter studirt und an vielen Mineralien und Salzen nachgewiesen
worden. B ab inet hat sie als Gittererscheinungen bezeichnet
und es lassen sich die einfacheren leicht hervorbringen, indem
man die geeigneten Systeme paralleler engstehender Linien ent-
weder in eine glatte Kupferplalte einschneidet oder auf eine mit
Silber oder Kupfer belegte Glasplatte radirt. Man sieht dann
mittelst einer Kerzenflamine in einem sonst dunklen Zimmer
durch Reflexion und Transmission des Lichtes bei einem Sy-
stem solcher Linien einen Lichtstreifen, welcher die Linien
rechtvvinklich schneidet; bei zwei Systemen rechtwinklich sich
kreuzender Linien, ein rechtwinkliches Lichtkreuz, oder wenn
die Streifen sich schiefwinklich schneiden, ein schiefwinkliches;
bei drei Systemen nach den Seiten eines Dreiecks gezogen,
einen sechsstrahligen Lichtstem ; bei radialen Linien von einem
Contrum ausgehend , bei gewissen Einfallswinkeln einen par-
helischen Kreis u. s. w.
Letztere Erscheinung sieht man sehr oft durch ein etwa
(1) Edinburgli Transactions. Vot. XIV, 1837, auch Phil. Magaz.
Jan. 1853.
(2) Poggendorff's Annal. Bd. 41. 1837.
(3) Sitznng.sb. d. Wiener Akad, Bd. XIX. 1856.
14*
200 Sitzung der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
zolllangcs von einem gewöhnliclicn Glasstabe (von Vj Zoll Dicke)
abgeschnillenes Stück, an dem man die Endflächen glatt schlei-
fen lässt. Ans gehöriger Entfernung gegen eine Kerzenflamme
gesehen zeigt sich bei einigem Neigen des Glases durch diese
Endflächen ein kreisrunder Lichtring, an dem die Flamme immer
in einem Punkte der Peripherie sieht. Dergleichen Glascylinder
zeigen im polarisirten Lichte durch genannte Flachen das Kreuz -
bild; ein Cylinder von honjogenem Glase, welches nicht polari-
sirt, gibt die Erscheinung nicht, aber auch nicht jedes polari-
sirende Glas gibt sie. Bei Krystallen und Krystallaggregaten ist
ein vollkommen geschlossener parhelischer Kreis sehr selten zu
beobachten; Prof. Plücker besitzt aber einen Calcit, welcher
durch die Spaltungsflachen sogar zwei solcher Kreise oder Licht-
ringe zeigt, die sich im Bild der Lichtflamme berühren und je
nach der Neigung des Krystalls nebeneinander oder ineinander
gesehen werden können. — Babinet hat solche Erscheinungen
einer Faserslructur und den entsprechend(Mi Blälterdurchgängen
der Krystalle zugeschrieben, V olger hat aufmerksam gemacht,
dass sehr oft die Zusammensetzungsflachen einer Zwillingsbildung
die Ursache sind und dass die Asterie einer gestreiften äusseren
Krystallfläche sich zuweilen ändert, wenn man eine solche Fläche
abschleift und dann durch die Schliffflächen sieht. Beide er-
wähnen die Untersuchungen nicht, welche Brewster darüber,
gleichzeitig mit Babinet, angestellt hat, indem er theils natür-
lich vorkommende corrodirte Flächen beobachtete, theils durch
leichtes Aetzen oder auch rauh Schleifen die innere Structur
für das Licht wirksam biosiegte. Brewster hat in dieser
Weise Krystalle von Topas, Granat, Amphibol, Axinit, Boracit,
Liparit, Magnetit, Amethyst, Diamant, und durch Aetzung Kry-
stalle von Calcit, Alaun, Liparit, Apophyllil, essigsaurem Kupfer-
oxid-Kalk, schwefelsaurem Kali u. a. untersucht.
Bei den Aetzungen, wozu er Wasser, Salzsäure, Salpeter-
säure, auch Flusssäure, anwendete, bemerkte er dass je nach
der Art des Aetzmitlels die Figuren verändert werden und dass
durch mechanisches Abreiben auf einem Schleifstein oder mit
V. Kobell: Asterinnus «. die Brewster' sehen Lichifiyuren. 201
einer Ruspel oder Feile ähnliche Figuren, doch nicht rein, ent-
stehen und merkwürdigerweise in der Lage verkehrt gegen die
durch Aetzen gebihlclen. Diese Figuren erscheinen bei reflec-
tirteni Licht (von einer Kerzenflamine) und auch bei transmiltir-
tem und können, wenn man die geätzte Fläche in Hausenblase
abdrückt bei durchfallendeui Licht untersucht werden.
Brewster hat genauer nur Krystalle des tesseralen, hexa-
gonalen und quadratischen Systems untersucht, für das rhom-
bische, klinorhombische und klinorhomboidische konnte er durch
Aetzungen keine bestininiten Resultate erlangen.
Die folgenden Beobachtungen mögen als ein Beitrag zur
Kenntniss dieses Aslerismus dienen.
Wenn man Krystallflächen durch Aelzung beobachten will,
so ist vorzüglich darauf zu achten , dass diese Flächen eben
und spiegelnd seien und dass man mit der schwächsten Aetzung
beginne. Für sehr leicht in Wasser lösliche Salze habe ich
folffendes Verfahren gebraucht. Ich durchfeuchtete ein Stück
feinen Kleidertuches mit Wasser und liess einen Theil daneben
trocken ; ich legte dann die Krystallfläche auf den trockenen
Theil eben auf und fuhr mit ihr in die feuchte Stelle und gleich
wieder zurück ; je nach Umständen wurde dieses öfters wieder-
holt. Das Tuch legt man auf eine Glasplatte oder dgl. Die
Beobachtung macht man mit einer Kerzenflamme, am besten in
einem sonst dunklen Zimmer, und hält den Krystall zwischen
Daumen und Zeigefinger beider Hände nahe und tief bei der
Kerze, dass das Licht möglichst senkrecht einfalle. Der Krystal'
wird dann gedreht bis das Bild des Lichlreflexes auf der Fläche
deutlich gesehen wird und dabei das Auge so nahe gebracht
als es geschehen kann. Auf den Tisch legt man an die Stelle,
über welcher man den Krystall beobachtet, ein schwarzes mattes
Papier. Gestattet die Durchsichtigkeit auch transmitlirtes Licht
zu beobachten, so hält man den Krystall mit Daumen und Zeige-
fingern, wie vorhin gesagt, das Seitenlicht möglichst absehhes-
send, ebenfalls ganz nahe an das Auge und sieht durch den-
selben nach der Kerzenflamme. Dabei ist zu beachten, dass man
202 Sitiung der math.-phijs, Classe twm S. Februar 1862.
die Liclitfigur meistens erst doiUlich erkeniil, wenn man zwei
bis drei und mehr Schritte von der Flamme entfernt steht. Für
die Bcurthcilung- dos Lidilbildes hat man auch daran zu denken
ob nur eincFIäclie oder zugleich deren parallele geätzt wurde,
weil letztere oft das Bild der ersteren verkehrt gibt, daher z. B.
bei einer geatzten Fläche ein dreistrahliger Stern zu sehen,
dagegen ein sechsstrahliger, wenn auch die parallele Fläche ge-
ätzt wurde u. s. w.
Sehr schön zeigen sich die Bilder, wenn man die Krystall-
plättchen in geschwärzte Korkplatten fasst und mit einem
Theaterperspectiv auf etwa 8 Schritte nach der Flanune sieht
und den Krystall zwischen das Auge und das Ocular bringt.
Am leichtesten sind solche Bilder am Alaun hervorzubringen
und zu beobachten. Wenn man über eine glatte Oklaederfläche
ein oder zweimal mit einem feuchten Tuche hinfährt und dann
mit einem trockenen, so erscheint sogleich ein dreistraldioer
Stern, in der Hauptform ähnlich Fig. 1, bei öfterem Befeuchten
ändert er sich im Centrum und kommen noch drei kurze Strah-
len zwischen den ersten hervor, augenblicklich aber wird der
Stern in den sechsstrahligen Fig 2 umgewandelt, wenn man in
erwähnter Weise den Krystall mit verdünnter Salzsäure oder
Salpetersäure überfährt. Ich gebrauchte meistens 1 Vol. con-
centrirte Säure und 1 oder 2 Vol. Wasser. Weiteres Befeuch-
ten mit Wasser (und Abtrocknen) ändert den sechsstrahligen
Stern wieder in den dreistrahligen um. Brewster gibt auch
an, dass eine so geätzte Fläche, auf welcher Dreiecke wie in
Fig. 3 sichtbar werden, sich wieder vollkommen herstelle, wenn
man den Krystall in eine gesättigte Alaunlösung tauche und
dass die Ergänzung und Ausfüllung der angegriffenen Stellen
in dieser Weise mit unbegreiflicher Schnelligkeit vor sich gehe*.
(4) Tlic Singular fact in tiiis exporimciit is llic iiicoiicoivablp rapi-
dity witli wich tlic paitides in tlie solullon flj into tlieir proper places
lipon tlie (lisintegrated surfacc , and liecome a permanent portion of the
solid orystal a. a. 0. p. 174.
v.Kobell: Aslerhrntis u. die Brewster'schen Lichtfiguren. 203
Ich konnte das nicht ganz so finden, doch erhielt^ch normale
Flächen, wenn ein geätzter Alaunstrahl in eine warme nicht zu
concentrirte Alaiinlösung getaucht und dann freiwilligem Trock-
nen überlassen wurde. Die Flüchen des Hexaeders und Rhom-
bendodecaeders, welche am Alaun oft in Combination mit dem
Oktaeder vorkommen, verhalten sich so, dass auf jenen durch
leichtes Aetzen ein rechtwiiikliches Kreuz, auf diesen ein in
der kurzen Diagonale der Dodecaederfläche liegender Licht-
streifen entsteht. Diese Bilder verändern sich durch Salzsäure
nicht. Das rechtwinkliche Kreuz auf der Hexaederfläche zeigt
sich parallel den Seiten und nach den Diagonalen der Fläche,
das erstere bleibt auch bei schief einfallendem Lichte rcchtwink-
lich, das letztere aber wird dabei schiefwinklich. — Kalialaun,
Ammoniakalaun und Chromalaun verhielten sich ganz gleich.
Den dreistrahligen Stern der Oktaederflächen sieht man öfters
auch an natürlichen Krystallen von Li pari t und Magnetit.
AVenii man eine Oktaederfläche des Liparil auf einer gro-
ben breiten Feile matt reibt und dann die Fläche mit Wasser
reinigt und trocknet, zeigt sich ebenfalls der dreistrahlige Stern
bei durchfallendem Lichte , die Strahlen nach den Winkeln des
Dreiecks gerichtet. An einem zollgrossen in die Länge gezo-
genen hemitropischen Krystall von Salpeter saurem Stron-
tian war der Stern auf den Oktaederflächen ähnlich Fig. 4 (mit
Wasser geätzt) und gingen die Strahlen nicht rechtwinklich nach
der Combinafionskaiite der Oktaeder- und Würfelfläche oder
nach den Winkeln der Oktaederflächc, sondern standen schief
dagegen. Die Würfelflächen zeigten bei wiederholtem Aetzen
mit Wasser die Fig. 5. —
Im quadratischen System beobachtete ich auf der
basischen Fläche der tafelförmigen Krystalle des Apo-
phyllit von Fassa beim Durchsehen gegen die Kerzenflamme
deutlich ein Lichlkreuz in der Lage der Diagonalen, ebenso am
Kaliumeisencyanur, bei einem Hauch von Aetzung durch
Wasser; am schwefelsauren Nickeloxyd bei reflectirtem
Licht auf der basischen Fläche die Fig. 6. —
204 Sitzung der math.-pln/s. Classe vom 8. Februar 1862.
Auf den FInchen der Ouadratpy raniide am phosphor-
sauren Ammoniak und arseniksauren Kali zeigt sich,
nach leiclilein Aelzen durch Wasser , das Reflexionsbild eines
dreistrahlioen Sternes, dessen Strahlen aber nicht wie beim
Oktaeder nach den Winkeln, sondern nach den Seilen der Drei-
ecke gehen und sich unter zweierlei Winkeln schneiden, wie
die senkrechten nach diesen Seiten.
Im hexagonalen System bietet der Calcit durch
Aetzcn mit Salzsäure und Salpetersäure schöne Erscheinungen,
die zum Theil schon Brewster beschrieb. Man taucht den
Krystall in die Säure und dann in Wasser und trocknet ihn mit
einem weichen Stück Leinen. Beim Eintauchen in Salzsäure
(1 Vol. Säure 1 Vol. Wasser) erhält man auf der Fläche des
Spaltungsrhomboeders die Lichlfigur 7; der kurze nach dem
Randeck gehende Strahl r verlängert sich oft bei wiederholtem
Aetzen in der angegel)enen Art ähnlich den übrigen und es
entstehen nach aussen breiter Averdende Liclilbüschel, die man
besonders schön bei durchfallendem Lichte sieht. Höchst auf-
fallend ist die Veränderung welche Fig. 7 erleidet, wenn man
den Krystall in Salpetersäure (mit 1 Vol. WassiT verdünnt) ein-
taucht, es zeigt sich dann Fig. 8. Man kann an dieser Figur
leicht an einem Krystall erkennen ob er in Salpetersäure ge-
taucht worden war oder nicht und kann durch die Figuren
Salz und Salpetersäure unterscheiden. Bei solchem Aetzen er-
scheinen auf der Rliomboederfläche mikroskopische Dreiecke,
deren eine Spitze nach dem Scheiteleck gerichtet ist, also ent-
gegengesetzt dem Strahl r. Diese Dreiecke rühren von Ver-
tiefungen her, welche einer dreiseitigen Pyramide (Scheilelstück
eines Rhond)oeders) entsprechen.
Bei durchfallendem Lichte sind die Erscheinungen folgende:
Wenn eine Flüche nu't Salzsäure geätzt wurde, zeigt sich
ein Stern aus drei nach aussen breiter werdenden Lichtbiischeln;
wenn auch die parallele Gegenfläche geätzt wurde, erscheint der
Stern sechstrahlig. Wenn zwei parallele Flächen mit Salpeter-
säure geätzt wurden, so zeigt sich beim Durchsehen ein
V. KoheU : Asterismvs u- die Br ewsler' sehen Livhlfiißiren. 205
schiefwinkliclies Kreuz, an den stumpfen Winkeln mit Liclit-
flecken — Von Interesse ist auch das Verhalten des sogenannten
Streife nspathes, bekanntlich einer Hemitropie von R in os-
cillalorischer Wiederhoinnfr . wo die Drcliflache — Vj R ; dabei
ist eine Fläche des Spallungsrhomboeders nach der langen Dia-
gonale gestreift, die übrigen sind glatt. Betrachtet man aus
einiger Entfernung durch letztere Flächen eine Kerzenflamme,
indem man den Haupischnitt des Krystalls (durch die Scheitel-
kante) vertikal stellt, so erscheinen Rauten ähnlich Fig. 9, deren
Kreuzungspunkte die Lichtflamme, zum Theil mit prismatischen
Farben, zeigen. Durch die gestreifie Fläche sieht man dieses
Bild nur verzogen. Aetzt man einen solchen Krystall , so er-
scheinen die glatten Flächen nun auch gestreift wie Fig. 10
die Fläche b und c und nun erscheint beim Durchsehen gegen
die Flamme ein diese Linien rechtwinklich schneidender Licht-
slreifen , in welchem nach gleichen Abständen die Flamme in
mehreren Lieh! flecken sich zeigt.
Volger nimmt an, dass alle Caicit- Kernformen Drillings-
bildungen , durch dreifache >Viederliolung des eben angeführten
Gesetzes seien. Damit stimmt das 0[)tische Verhalten nicht
überein, denn die Krysfalle, an denen die erwähnte homitropi-
sche Aggregation deutlich sichtbar, zeigen im polarij«irten Lichte
durch die basischen Flächen ganz eigentliümliche Erscheinungen,
welche an den gewöhnlichen Caicit- Kernformen nicht vorkom-
men Ich habe diese Erscheinungen in <\q\\ Münchner Gel. Anz^
beschrieben. 1855. Nr 18.
Am hexagonalen Prisma des Caicit's erscheint beim
Aetzen durch mehrmaliges Eintauchen in verdünnte Salzsäure
Fig. 11, auf den abwechselnden Flächen immer wie 1 und 2;
der parallel der Axe gehende Strahl ist den Scheitelkanten des
Spaltungsrhomboeders nach oben und unten zugekehrt. Ich
beobachtete diese Bilder bei reflectirtem Lichte an zwei zoll-
gros.sen Krystallcn von Andreasberg. Wenn man am Spallungs-
rhomboeder des Caicit eine Fläche auf einer breiten Feile durch
Reiben mit kreisförmiger Bewegung matt schleift, dann die
206 Sitztiny der math.-phys. Classe vom 8. Februar 1862.
Fläche mit Wasser reinigt und trocknet, so zeigt sich beim
Durchsehen gegen eine Lichtflanune eine Lichtlinie in der Rich-
tung der kurzen Diagonale der Flache ; ebenso zeigt sich auf
der basischen Fläche ein regelmässiger dreistrahliger Stern,
dessen Strahlen nach den Combinations- Kanten mit dem Spal-
tungsrhond)oeder gerichtet sind. Zuweilen geht, den Winkel
von 120*^ theilcnd noch ein vierter Strahl durch den Stern.
Am Dolomit ist die Erscheinung ähnlich wie beim Calcit,
wenn man ein Spaltungsstück mit Salzsäure ätzt, indem man es
einige Tage in der Säure liegen lässt oder die Einwirkung durch
Erwärmen beschleunigt. Das Reflexionsbild ist aber von dem
des Caicits dadurch verschieden dass der Winkel zwischen den
Strahlen a merklich stumpfer, und dass der Strahl r sehr kurz
und nicht wie beim Calcit dem Randeck, sondern dem Schei-
teleck zugewendet ist. Bei diesem Aetzen zeigen sich
an den Scheitelkanten matte und gestreifte Zuschär-
fungsflächen.
Mit Salpetersäure erhielt ich nur verzerrte Bilder , auch
durch Rauhschleifen konnte ich den Lichtsfreifen nicht sehen
wie beim Calcit.
Am Magnesit von Snarum in Norwegen, ist, wenn ein
Spaltungsstück einige Zeit in Salzsäure gekocht wird, das Re-
flexionsbild ähnlich wie beim Dolomit, doch scheint der Winkel
zwischen a und a noch grösser und der Strahl r sehr kurz,
aber auch dem Scheiteleck zugewendet.
Siderit (aus dem Nassau'schen) verhielt sich, in Salzsäure
gekocht, ähnlich wie Dolomit. —
Im rhombischen System beobachtete ich am wein-
steinsauren Kali -Natron an ziendich grossen Krystallen
auf der basischen Fläche, welche mit einem mit Wasser be-
feuchteten und dann mit einem trockenen Tuch überfahren
wurde, die schöne Reflexfigur 12, die sich bei öfterem Aetzen
mannigfaltig ändert und beim Durchsehen wie Fig. 13 aussieht
Als ich statt Wasser Salzsäure anwendete, verschwand die
Fig. 12 zu einem rhombischen unbestimmten Lichlflecken , sie
v.Kohell: Aster Ismus u. die Breicster' sehen Licht fiyvren 207
kam aber soglt-ich wieder zum Vorschein, als die Fläche mit
einem wasserieuchtcn Tuch überf\ihren wurde.
Wenn man ein Prisma von Nilroprussid na t r ium, die
Combination des rhombischen Prisma's von 105" 10' mit der
makro- und brachydiagonaien Fläche, höchst leicht mit Wasser
ätzt, so zeigt es die Reflexionsfiguren wie sie, das Prisma auf-
gewickelt, die Fig. 14 darstellt. Bei einer gewissen Neigung
kann man die Strahlen auf den p Flächen des rhombischen
Prisma's ziemlich gleich gross erhalten und erscheint auch wohl
nur ein dreistrahliger Stern ; die Kreuze gehören den makro-
und brachydiagonaien Flächen an. —
Am Kaliumwismuthchlorid erscheint durch einen Hauch
von Aetzung mit Wasser auf der basischen Fläche ein schief-
winkliches Kreuz, ziemhch nach {\e\\ Seiten des Rhombus dieser
Fläche, auch ein Lichtstreif nach der langen Diagonale; am
Chlorbaryum unter denselben Umständen ein Lichtslreif nach
der kurzen Diagonale der gewöhnlichen rhombischen Tafeln ; bei
weiterem Aetzen zeigen sich daneben noch Licl)tfleckcn aber
kein Streifen nach der langen Diagonale.
Am ameisensauren Strontian erscheint ein Kreuz
nach den Diagonalen der rectangulären tafelförmigen Krystalle.
An den talelförnngen Kry stallen von Kalium eisencya nid
erscheint auf der brachydiagonaien Fläche bei einem Hauche von
Aetzung mit Wasser ein schönes schiefwinkliches Lichtkreuz
nach den Combinationskanten mit der Pyramide und ein Streifen
rechtwinklich zur Axe wie Fig. 15. Bei vorsichtigem weiterem
Aetzen erscheint Fig. 16. Auf der Fläche werden kleine Rhom-
ben in der Stellung sichtbar wie sie die Fig. 15 und 16 angibt.
Die Lichtfiguren zeigen sich besonders schön bei durchfallendem
Lichte, wenn man das Krystallblättchen in ein geschwärztes
Stück Pappe fasst. —
Im kllnorhombischen System konnte ich schöne
Krystalle von schwefelsaurer Ammoniak - Magnesia
ringsum beobachten. Die Seitenflächen des Prisma's von lOO**
12' zeigen aufgerollt die Reflexionsbilder Fig. 17 und zwar die
208 Sitzung der math -pht/s: Classe vom 8. Februar 1862.
am klinodiagonalen Hauptschnitt anliegenden Flüchen 1 und 2
auf der Vorderseite des Hendyoeders (also die Endfläche gegen
den Beobachter geneigt) die Kreuztheile a nach oben gegen
die slninpfe Randkante an der Endfläche geneigt, die b aber
nach nuten; ebenso, aber gegen vorne verkehrt, zeigen sich
diese Kreuze auf den Flächen 3 und 4 an der Rückseile des
Hendyoeders. Die isomorphen Verbindungen : schwefelsaures
Nickeloxyd-Ammoniak, schwe feisaures Eisen oxydul-
Ammoniak, schwefesaures Ni ck elox yd-Ka li und das
ähnliche Kobalt salz verhielten sich ganz ähnlich.
An einem sehr schönen Kryslall von schwefelsaurem
Manganoxydul-A mmoniak war die rechte Hälfte des Kreuz-
armes c an der Fläche 2 kürzer und mit einem elliptischen
Flecken begrenzt, ebenso der linke Kreuzarm entsprechend auf
der Fläche 3. — Das seh we felsa ure Kup feroxy d-Kali
zeigte diese Reflexfiguren nur undeutlich.
Am Gyps zeigt sich auf der vollkommenen Spaltungsfläche,
wenn man eine Platte einige Tage in Wasser legt oder kürzere
Zeit in verdünnte Salzsäure, bei reflectirlem und durchgehendem
Licht ein schöner Lichtstreifen, rechtwinklieh oder fast recht-
winklich zur Spaltungsfläche, welche durch den muschligen Bruch
charakterisirt ist, Fig. 18.
Im klinorhomboidischen System beobachtete ich den
Kupfervitriol, Fig. 19. Bei sehr leichter Aetzung zeigte sich
auf der Fläche p' ein kreuzförmiger Lichtschein Fig 20 ; auf p
eine zur Prismenkante rechtwinklicher Lichlstreifen Fig. 21 und
auf der Endfläche 0 das Reflexionsbild Fig. 22, das Dreiblatt
bei einer gewissen Neigung gegen das Eck c gewendet. Diese
Bilder wurden an zwei sehr schönen Krystallen mit glatten
Flächen beobachtet ; im Allgemeinen sind die Flächen dieser
Krystalle nicht eben genug. —
Ich habe hier nur die Fälle beschrieben, wo die Licht-
figuren sich deutlich zeigen, an manchen Salzen, die ich weiter
uniersuchte z. B. Eisenvitriol, Bittersalz, Zinkvilriol, chromsaures
Kali, Salpeter etc., konnte ich zu keinem bestimmten Bilde ge-
V. Kobetl: Asterismus u. die Bretvster'sclien Lichlfiyuren. 209
langen, weil walirscheinlich ein anderes weniger rasch angrei-
fendes Aetzmiltel als Wasser, welches ich anwendete, erfor-
derlich ist. —
Die mikroskopischen Beobachtungen geätzter Flachen von
Leydolt haben zwar gezeigt, dass die Krystalle ans Molecülen
bestehen, deren Formen in die Krystallreihe des regelrecht ge-
bauten Aggregates gehören und ebenso haben die Untersuchun-
gen von Volger und Schar ff dargelhan, dass der Pau ein
sehr mannigfaltiger und complicirter sei; die Brews t er' sehen
Lichtfiguren aber erweisen dieses in einem noch höheren
Grade. Wie muss eine Lagerung der Moleciile und eine Ver-
schiedenheil ihrer Theile beschaffen sein, welche, wie z. B. am
Calcit, für die Aetzung durch Salzsäure sich ganz anders ver-
hält als für die durch Salpetersäure, und wenn nicht zu be-
zweifeln, dass alle Linien dieser Figuren Streifungen nach Rich-
tungen andeuten, die zu ihnen rechtwinklich stehen, welcher
Bau kann die Veränderungen hervorbringen, die mit jedem
Hauche einer weiteren Aetzung wechseln und die mannigfaltigen
Curven und Hanken, wie wir sie an (\gx\ durch Salpetersäure
geätzten Rhomboederflächen des Calcit und an vielen anderen
Krystallen wahrnehmen !
Die theoretische Kryslallogenie steht hier so zu sagen vor
einem Spiegel, der alle Schwierigkeiten und Räthsel zeigt, die
sie besiegen und lösen soll, und es ist vorläufig nicht abzu-
sehen, dass sie je zu solcher Lösung gelangen wird. Schon
Brewster sagte darüber — ,,in whatever way crystallographers
shall succeed in accounling for the various secondary forms of
crystals, they are Ihen only on the threshold of their subject.
The real Constitution of crystals would be still unknown; and
Ihough the examinatiun of fliese bodics has been pretly dili-
gently pursued, we can at this moment form no adequate idea
of the complex and beauliful Organisation of these apparently
simple structures." A. a. 0. p. IGi.
210 Einsendungen von Druckschriften.
Historische Classe.
Sitzuiiff voui 15. Februar 1862.
Herr Kunstmann hielt einen Vortrag über
„frühere Reisen nach Indien vor Entdeckung
des Seeweges."
Verzeichniss
der in den Sitzungen der drei (;ia.ssen der k. Akademie der Wissen-
schaften vorgelegten Einsendungen von Druckschriften.
Januar - März 1862.
Von der naturwissenschaftlichen Gesellschaft in St. Gallen:
Bericht über die Thätigkeit der St. Gallischen natiir\yissenschaftliehen
Gesellschaft. 1860-61. St. Gallen 1861 8.
Von der pfälzischen Gesellschaft für Pharmacie in Speier:
Neues Jahrbuch für Pharmacie und verwandte Fächer. Bd. XVII. Heft 1.
Januar, Heft 2. Februar, Heft 3. März. Heidelberg 1802. 8.
Vom zoologisch- ntineralogischen i'erein in Regensburg:
Correspondenz- Blatt. 15. Jahrgang. Regensb. 1861. 8.
Von der Societe des sciences naturelles in Neuchatet:
a) Bulletin. Tora. V. Neuchatel 1861. 8.
b) Meraoires. Tom. I. II. III. Neuchatel 1836-46. 4.
Vom physikalischen l'crein zu Franhfurt am Main:
Jahresbericht für das Rechnung.sjahr 1860/01. Frankfurt 1861. 8.
Einsendungen von Druckschriften. 211
Von der k. preussischen Akademie der Wissenschaften in Berlin:
Monatsbericht. Deceniber 18C1. Januar, Februar 1802. Berlin 1802, 8.
Von der Geschäftsführung der deutschen Naturforscher und Aerzte
in S/jeier:
a) Bericht über die Verhandlungen der Sectiotieii. Speier 18G1. 4,
b) Festgabe der Versainiiiluiig gewidmet von Dr. Heine. I. Zur ältesten
(ieschichle Peutschlaiuls, insbesondere der Vülkerstämme in dem
Flussgebiete des Rheines und namentlich über die verschiedenen
Stammsitze der Franken.
c) Zu dem Nibelungenliede als Eigentluim des Rheines und einer ein-
heitlichen ursprünglichen Dichtkraft. Speicr 18G1. 4.
Von der naturforschenden Gesellschaft in Bamberg :
Fünfter Bericht 1860—01 Bamberg 1861. 8.
Von der Academie des sciences in Paris:
Coniptes rcndus hebdomadaires des seances. T<tm. LIII. Nr. 16 — 10.
Nr. 20 — 27. Oct. — Dec 1861. Tom. LIV. Nr. 1. 2. 4. ."i. 6. 7.
Janvier — Fevrier 1802 Nr. 9 — 1 i. Mars — Avril 1802. Paris
1801-62. 4.
Von der k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien :
a) Sitzungsberichte der math.-nalurwissenschaftl (Masse: XLII. Bd. Nr. 2i(.
XLlli. Bd. IV. V. Heft. Jalirg 1861. .April, Mai II. Abth XLlV.ßd.
1. Heft. 1. u 2. Abth. Juni 1801. XLIV Bd. 11. Heft. 1. u. 2. Abth.
Juli 1861. XLIV. Bd HI. Heft. Jahrg. 1801. Oct. I. Abth. XLIV. Bd.
III. IV. Heft. Jahrg. 1861. Od., Nov. II. Abth. Wien 1861. 8.
b) Sitzungsberichte der pliilos -historischen Classe : XXXVII Bd. 1— IV.
April — Juli Jahrg 1801. XXXVllI. Bd. I. Heft. Oct. 1861. Wien
1801. 8.
c) Register zu den Bänden 31 — 42 der Sitzungsberichte der mathein. -
naturwisscnschafll. (;ias.se. IV. Wien 1801. 8.
d) Fontes reruni Austriacarum. Oesterreichische Geschichts - Quellen.
L Abth. Scriptorcs. III. Bd. L Theil. Wien 1862. 8.
Vom landwirthschaftlichen Verein in München :
Zeitschrift. März IH. April IV. Mai V. Juni VL 1862. München 1862. 8.
212 Einsendungen von Vruckschriften.
Von der k. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttinyen:
a) Göltiiii^isclic gelehrte Anzeigen. 5. — 9. Stück, (iöttingen I8()2. 8.
b) Nacliriclitcn von der G. A. Universität und der k. (jesellscliaft der
\N'issensc haften in Güttingen. Nr. 3 — C. Januar, Februar 18ü2.
Göttingen 18C2. 8.
Von der Acadeinie rotjale des sciences in Ainsterdatn :
a) Verliandelingen. Deel. IX. Amsterdam. 1861. 4.
b) Verslagen en Mededeelingen. Deel. XI. Xll. Amsterdam 1801. 8.
c) Jaarboek 1800. Amsterdam 18C0-CI. 8.
Von dem Institut roi/al tiieteoroloyique des Pais-fius in Utrecht:
Meteorologische Waarnemingen in Nederland en zijne Bezittingen en Al'wij-
kingen 1800. Utrecht 1801. 4.
Von der naturforschenden Gesellschaft in Dantiy :
Neueste Schriften C. Bd. IV. Heft. Danzig 1802. 4.
Von dem historischen Verein von Interfranken und Aschoffeubury
in ü'ürzbury:
Archiv. 10. Bd. I. Heft. 'Würzburg 1802. 8.
Vom siehenbürytschen Museums-Verein in Klausenbury:
Jahrbücher. 1. Bd. 1859-01 Klausenburg 1861. 4.
Von der allyemeinen yeschichtsforschenden Gesellschaft der Schueiz
in Bern :
Archiv für schweizerische Geschichte 13. Bd. Zürich 1802. 8.
Vom Verein für Geschichte der Mark Hrandenbury in Berlin:
Riedels Codex diplomaticus Brandenburgensis. Erster Haupttheil oder
Urkunden -Sammlung zur Geschichte der geistlichen Stiftungen, der
adeligen Familien etc. der Mark Brandenburg. Von Dr. Riedel. XXI.
XXII. Bd. Berlin 1862. 4.
Von der deutschen yeotoyischen Gesellschaft in Berlin:
Zeitschrift. Xlll Bd. 2. 3. Heft. Februar - Juli 1861. Berlin 1861. 8.
Einsendungen von Druckschriften. 213
Vom naturhistorischen Verein der preussischen Bheinlande und
Westphalens in Bonn:
Verhandlungen. 18. Jahrg. 1. und 2. Hälfte. Bonn 18G1. 8.
Von der Schlesivig - Holstein- Lauenburyischen Gesellschaft für vater-
ländische Geschichte in Kiel:
a) Jahrbücher für die Landeskunde der Herzogthüiner etc. Bd. III. Heft 3.
Bd. IV. Heft 1—3. Kiel. 8.
b) Quellensanunlung. I. Bd. Chronicon Holtzatiae, auctore Presbjtero
Bremensi, herausg. von Lappenberg. Kiel 1862. 8
c) die nordfriesische Sprache nach der Föhringer und Anirunier Mundart.
Von Chr. Johansen. Kiel 18(32. 8.
Von der Academie imperiale des sciences, heiles lettres et arts in
Ronen :
Prelis analj'tique de travaux pendant l'annee 1860. 1861. Reuen 1861. 8.
Vom Verein von Alterthumsfreunden im Rheinlande in Bonn:
a) Jahrbücher. XXX!. 16. Jahrg. I. Bonn 1861. 8.
b) Festprogramm zu Winkclnianns Geburtstag am 9. Dec. 1801. Das Bad
der römischen Villa bei Alsenz, erläutert von Professor Weerth. Bonn
1861. 4.
Vom Museum d'histoire naturelle in Paris :
Archives. Tom. X. Liv. III. IV. Paris 1801. 4.
Von der Geoloyical Society in Dublin:
Journal. Vol. IX. Part. I. 1860—61. Dublin 1861. 8.
Von der Chemical Society in London:
Quaterly Journal. Nr. LV. LVI. London 1861 - 62. 8
Von der Academie royale de medecine de Belyique in Brüssel:
Bulletin Annee 1861. 2 Ser. Tora. IV. Nr. 10. Brux. 1861. 8.
Von der Universität in Heidelberg:
Heidelberger Jahrbücher der Literatur unter Mitwirkung der vier Fa-
cultäten. 55. Jahrg. 1. Heft Januar. 2. Heft. Februar. Heidelb. 1862. 8.
ll86^ i.j 15
214 Einsendungen von Druckschriften.
Von der Roiial Society in Edinburyh :
a) Transactions. Vol. XXII. Part. III for the Session 1800—1861. Edin-
burgh 1861. 4.
b) Proceedings. 1860—1861. Vol. IV Nr. 53 Edinburgh 1861. 8.
Von der Redaktion des Correspondem-Blattes für die Gelehrten- und
Realschulen in Stuttgart:
Correspondcnzblatt. 9. Jahrg. Nr. 2. Febr. 1862. Nr. 3. März 1862. Nr 4.
April 1862. Stulfg. 1862. 8.
Von der Asiatic Society of Bengal in Calcutta :
a) Bibliothecalndica. A coilection of oriental works. New Series Nr. 1 —
13. Calnitta 1860— ül. 8. Nr. 159-172. Calfutta 1860—61. 8. und 4.
b) Journal. New Series. Nr. CVIIl. Nr 111. 1861. Calcutta 1861. 8.
Von der Provincial VtrecM'schen Gesellschaft für Kunst und Wissen-
schiift in Utrecht :
a) Sectie-Vergaderingen. 1859. 1860 1861. Utrecht 8.
b) Verslag van iict Vcrliandelde in de allgemccne Vcrgadering. 1860.
1861. Utrecht. 8.
c) Recherches sur I'evoliition des Araignces par M. Edouard Claparcde.
Verhandlingcn, natuurkundig. l»cel. I. St. 1. Utrerht 1862. 4.
d) Entwicklungsgeschichte der Anipullaria polita Deschajcs, nebst Mit-
theilungen über die Entwicklungsgeschichte einiger andern fiastro-
poden aus den Tropen, von Dr. Karl Seuiper Verhandl. natuurk.
Dcel. I. St. 2. Utrecht 1862. 4.
Von der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien:
a) Abhandlungen. IV. 3. 4. Die fossilen Mollusken des Tertiär- Beckens
von Wien. Von Dr. Moriz Hocones. Wien 1862. 4.
b) Jahrbuch. 1861 und 1862. Xil. Bd. Nr. 2. Januar — April 1862.
Wien 1862. 8.
c) The imperial and royal geolological Institut of the Austrian Empire.
London international exhibilion 1862. Wien 1862 8.
Von der k. physikalisch -ökonomischen Gesellschaft in Königsberg:
Schriften. 2. Jahrg. 1861. I. Abth. Königsberg 1861. 4.
Von dem Reale Jstituto Lombardo di scienze, lettere ed arti in Mailand :
Atti, Vol. II. Fase. XV--XV1II. Milano 1862. 4.
Einsendungen von Druckschriften. 2^15'
Von der Senkenberyisilien notuviovschenden Gesellschaft in Frankfurt
am Main:
Abhandlungen. IV. Bd. I. Lief. Frankfurt 181)1. 4.
Von der Societe des sciences phys. et naturelles in Bordeaux:
Memoircs. Tom. I. Bordeaux 1861. 8.
Von der geological Society in London :
Quaterly Journal. Vol. XVllI. Part. 1. Nr. 09. London 1861. 8.
Von der Royal Society in Dublin:
Journal. Nr. XX et XXI. Jan. et .\pril. XXII et XXXIII Juny et Oct.
Dublin 1801. 8.
Von der naturforschenden Gesellschaft in Bern:
Miltheilungcn. Aus dem Jahre 1801. Nr. 469-496. Bern 1861. 8.
Vom Verein für hessische Geschichte und Landeskunde in Kassel:
a) Zeitschrift. Bd. IX. Heft 1. Kassel 1801. 8.
b) Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins. Nr. 1 — 4. Aug. Oct.
1801. Januar 1862. Kassel. 8.
Von der Royal Asiatic Society in London:
Madras Journal. N. Ser. Vol. VI. Nr, XI. Old. Ser. Vol. XXII. Nr. 50.
May 1891. London 1861. 8.
Von der Academia di scienre, lettere ed arti in Padua:
Rivista periodica dci lavori. XIII-XX. Vol. VI— IX. Padoval858— 61. 8.
V^on dem I.stituto Veneto di scienze, letlere ed arti in Venedig:
Memorie. Vol. X. Part. I. Venezia 1861. 4.
Von der physikalisch-medicinischen Gesellschaft in Würzburg:
a) Medicinische Zeitschrift. 2 3. Bd. 1. lieft. Wiirzburg 1802. 8.
b) Naturwissenschaft!. Zeitschrift. 2. Bd. 3. Heft. Wiirzburg 1861. 8.
Von der kais. Leopold. -Carolinischen deutschen Akademie der Natur-
forscher in Jena :
Verhandlungen. 29. Bd. Jena 1802 4.
15*
216 Einsendungen von Druckschriften,
Vom naturhistorisch-medicinischen Verein in Heidelberg :
Verhandlungen. Bd. II. V. Heidelberg. 8.
Von der k. k. Slermvarte in Prag:
Magnetische und meteorologische Beobachtungen zu Prag. 22. Jahrg.
vom 1. im. — 31. Dec. 18G1. Prag 1862. 4.
Von der deutschen morgenländischen Gesellschaft in Leipzig:
a) Zeitschrift. 16. Bd. I. und II Heft. Lcipz. 1802. 8.
b) Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes II. Bd. Nr. 3. Die
Krone der Lebensbeschreibungen enthaltend die Classcn der Hane-
fiten, von Zein-ad-din Käsini Ihn Kütlübugä von G. Flügel. 1862.'
Von der Societe imperiale des sciences naturelles in Cherbourg :
Memoires. Tom. VIII. Cherbourg 1861. 8.
Vom Verein für Naturkunde in Offenbach:
Erster und zweiter Bericht über seine Thätigkeit. 1839 — 1861. Offenbach
1860-1861. 8.
Von der Academie imperiale de Medecine in Paris:
a) Memoires. Tom. XXIV. 1. 2. Partie. Tom. XXV. 1. Partie. Paris 1860.
1861. 4.
b) Bulletin. Tom. XXV. XXVI. Paris 1859. 1861. 8.
Vom sächsischen Verein für Erforschung und Erhaltung vaterlän-
discher Ätterthümer in Dreiden :
Mittheilungen. Zwölftes Heft. Dresden 1861. 8.
Vom Depot generale de la guerre in Paris:
Catalogue de la bibliothi^que du depot de la guerre I. II. Vol. Paris
1861. 8.
Von der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde in
Nassau :
Jahresbericht. 1860-1861. Hanau 1862. 8.
Einsendungen von Druckschriften. 217
Von der gelehrten Gesellschaft in Belgrad:
Monmnenta hislorica Serbica Archivi Veneti. Belgrad 1862. 8.
Vom historischen Verein für das württembergische Franken in
Mergentheim:
Zeitschrift. 5. Bd. II. Heft. Jahrg. 1860. Mergentheim 1861. 8.
Vom Herrn Kallibursos in Athen:
'iTTTtoy.garT]?, neQioSiy.ov ovyyonufia rcöv iargixcöv eTtiOTTjtnov 1862.
TEv/oi rt. 'Ev 'AÜ'rivati 1862. 4.
Vom Herrn Fr. Spiegel in Erlangen:
Die altpersischen Keiiinschriflcn im Griuidtexte mit üebersetzung, Gram-
matik und Glossar. Leipzig 1862. 8.
Vom Herrn Karl Kreil in Wien:
Jahrbücher der k. k Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetis-
mus. Vlll. Bd. Jahrg. 1850. Wien 1861.
Vom Herrn Ernst Ferdinand Klinsmann in Danzig:
Clavis Dilleniana ad Horlum Elthamensem. Danzig 1856.
Vom Herrn R. Clausius in Zürich:
a) Ueber die Wärmeleitung gasförmiger Körper. Zürich 1862. 8.
b) üebtr die Anwendung von der Aequivalenz der Verwandlungen auf
die innere Arbeit. Zürich 1862. 8.
Vom Herrn Alfred M. du Graty in Brüssel:
La Republiquc du Paraguay. Brux. 1862. 8. ifß
Vom Herrn A. Grunert in Greifswalde:
Archiv der Mathematik und Physik. 37. Theil. 4. Heft. 38. Theil. 1. Heft.
Greifswalde Igöl. 62. 8.
Vom Herrn Franc. Zaniedeschi in Venedig:
Nota al rapporto del chimico Dumas intorno alle scoperte spettroscopiche
dei sigg. Bunsen e Kirchhoff con documenti. Venezia 1862. 8.
^l§ Einsendungen von Druckickriften.
Vom Herrn Dr. Sadebeck in Breslau :
Hypsometrische MiHlieiliingcn über die Eulengebirge und die Sclinee-
koppe. Breslau. 8.
Vom Herrn HI. P. A. Favre in Marseille:
Notice sur les travaux scientifiques. Marseiile 1862. 4.
Vom Herrn Dr. A. Nainur in Luxemburg:
Trois tiers de sou d'or semi-rouiains, ou iniitatlons barbares franques du
type liyzantin. 8.
Vom Herrn Samuel Hovghton in Dublin:
a) On somc nevv laws of reflexion of polarized light. Dublin 1854. 8.
b) On the reHexion of polarized light from the surface of transparent
bodies. Dublin 1853 8.
c) The tides of Dublin bay and the battle of Clonlarf 23 fd April 1014.
Dublin 1861. 8.
d) On the solar and lunar diurnal tides of the coasts of Ireland. Dublin
1856. 8.
e) On the natural constants of the healtliy urinc of mau, a theory of
«ork foundcd thereon. Dublin 1800. 8.
f) Short accountofexperiuients made at Dublin, to determine the azimuthal
uiotion of the plane of Vibration of a freely suspended pendulum.
Dublin 1851. 8.
Vom Herrn J. Fournet in T.yon:
Geologie Lyonnaise. Lyon 1861. 8.
Vom Herrn Robert Caspari/ in Königsberg :
Ueber das Vorkommen der Hydrilla verticillata Casp. in Preussen , die
Blüthe derselben in Preussen und Pommern und das VYathsthum
ihres Stammes. Königsberg. 4.
Vom Herrn Le Grand de Reulandt in Anvers:
Congrcis artistique d'Anvers. AoiU 1801. Discours. Anvers 1862. 8.
Vom Herrn TA. Scheerer in Freiberg:
DieGueuse des sächsischen Erzgebirges und verwandte Gesteine nach ihrer
chemischen Constitution und geologischen Bedeutung. Berl. 1862. 8.
Einsendungen twn Druckschriften. 219
Vom Herrn Samuel Brassai in Koloisvürtt:
Az Eidelyi Muzeuiii-Egjiet Evkönjvei. 1 kölet 1839 — 186t. Kolozsv.
1861. 4.
Vom Herrn E. Plantamour in Genere:
a) Observations astronomiques failes a l'observatoire de Genive dans les
annees 1857 et 1838. XVII. et XVIII Series. Geneve IgCl. 4.
1j) Note sur les variations periodiqiu'.s de la tcmperature et de ia prcssion
atiuosplierique an Grand St. Bernard Geneve 1801. 8.
c) Resunie meleorologique de l'annee 1800 ponr Geneve et le grand St.
Bernard. Geneve 1861. 8
Vom Herrn Franz Tischer ia Kloster Bruch in Mähren:
Die Lehre der geometrischen Beleutiitungs- Construclion und deren An-
wendung auf das technische Zeichnen. Mit Alias. Wien 1862. 8.
Vom Herrn F. J. Pictet in Genf:
Materiaux pour ia paleontologie Suissc ou recueil de monographies
sur les fossiles du Jura et des Alpes. Secondc Serie. Sixienie et
douzieme livraison. Nr. 3 et 9. contenant: Dcscription des fossiles
du terrain neocomien des voirons; Description des fossiles du terrain
cretace de Sainle-Croix avcc Atlas. Geneve 1860. 4. Troisieme Serie.
Livraison 1 — 3. Description des reptiles et poissons fossiles de
l'etage virgulien du Jura Neuchalelois. Quatriemc, seplieme, hui-
tii>nie livraisons: Description des fossiles du terrain cretace de
Sainte-Croix. 2«' partie. Nr. 1. 4. 5. Geneve 1860—62. 4.
Vom Herrn E. P. Liharzik in Wien:
Das Gesetz des VVachsthums und der Bau des Menschen. Wien 1862. 4.
Vom Herrn M. Aime Brian in Lyon:
Observations metcorologiques faites a 9 lieures du matin, a l'observatoire
de Lyon du 1. Decbr. 1857, au 1. Decbr. 1859. Lyon 1862. 8.
M
Sitzungsberichte
der
könig]. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Philosophisch- philologische Classe.
Sitzung vom 4. März 1862.
Herr Spengel berichtete über einen von dem aiisw. Mit-
gliede Herrn L. von Jan in Schweinl'urt eingesandten Aufsatz
„Ueber den gegenwärtigen Stand der hand-
schriftlichen Kritik der Naturalis historia
des Plinius."
Die erste genaue Vergleichung einer ganzen Handschrift
der Naturalis historia, niirnlich der Riccardianischen, wurde durch
die Vennilllung der lt. Akademie bewerkstelligt; es mochte
desshalb nicht ungeeignet sein, derselben nach Ablauf von mehr
als 30 Jaliren einen kurzen Bericht über das seitdem auf die-
sem Gebiet an's Licht Getretene abzustatten , und darzulegen,
welche Bearbeitung der von verschiedenen Seiten her gesam-
melte Stoff inzwischen gefunden hat, und was noch zu thun
übrig ist.
Werfen wir einen Blick auf den Stand der Kenntniss der
Handschriften des altern Plinius zu jener Zeit, als Thiersch den
11S62. I.] 16
222 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. Mütt. 1862.
bei der Naturforscherversammlung in Dresden geAisslen Beschluss
eine neue Ausgabe der Naturalis bisloria zu veranstalten bei
der Versiimnilung in München in eine sicherere Bahn leitete und
den Ralh gab, sich fiir's Erste auf die kritische Berichtigung des
Textes zu beschränken, so zeigt sich bald, dass damals nach
keiner Seile hin ein fester Grund zu finden war. Der älteste
Bearbeiter des Werkes, der von ihm benützte Handschriften er-
wähnt hat, Hermolaus Barbarus, hat nirgends etw^as über das
Alter oder die BeschafTenheil derselben gesagt, so dass man bis
heute noch nicht darüber im Reinen ist, ob nicht das Meiste
von dem, was er als aus Handschriften geschöpft angibt, aus
Conjeclur hervorgegangen ist. Gelenius erwähnt zwei Hand-
schriften, die er benützt habe, allerum exemplar longe inte-
gerrimum, depravatius alterum; was er aber als aus denselben
entnommen anführt, macht nicht selten den Eindruck einer will-
kührUchen Veränderung; Rhenanus nennt als seine Quelle einen
codex Murbacensis, der aber spurlos verschwunden ist, ohne
dass wir etwas Näheres von ihm wissen. Dalechamp hebt unter
mehreren von ihm benützten Handschriften die von einem Arzte
Chifllet herstannnende hervor (bei Sillig (rJ), welche in Besan(;on
aufbewahrt war, jetzt aber verloren gegangen ist, ohne dass
wir eine genauere Kenntniss von ihrer Besehaflenheit haben,
was um so mehr zu bedauern ist, als sie offenbar zu den
besseren gehört. Ferd Pintianus hat seine Toletaner Handschrift
ohne Angabe des Alters beschrieben, das Urtheil über dieselbe
hat sich aber auch erst in der jüngsten Zeit, wenn gleich die
neuerdinors anffestellle Vergleichung keineswegs eine durchaus
zuverlässige ist, in der Hauptsache festgestellt. J F. Gronovius
bezeichnete seine Handschriften mit Namen, unterliess aber eine
genauere Beschreibung, so dass die thcihveise zu den besten
gehörigen Handschriften auch erst in der neuesten Zeit in ihrem
wahren Werthc erkaiuit worden sind. Die Pariser Handschriften
wurden vor Hardiiin von Buddeus und Salmasius benützt, keiner
von beiden liess sich aber auf eine nähere Charakteristik
derselben ein; Harduin selbst benutzte sie höchst oberflächlich und
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Plinius. 223
einseilig, indem er ihnen namentlich bei den Lücken, die er in
denselben fand, mit einer Znversichllichkcit Glauben schenkte,
die noch Sillig bei der Ausarbeitung seiner kleinen Ausgabe
täuschte (vgl. Gel. Anzeigen 1836. Aug. Nr. 164 ff.).
Seitdem ruhte die Kritik des Plinius bis auf Brotier, der
die Pariser Handschriften nur hier und da zu Rathe zog. Der
Graf a Turre Rezzonici berichtete in seinen disquisitiones Plini-
anae über viele Handschriften, doch ohne genauere Kenntniss;
ausserdem gaben nur die Kataloge der verschiedenen Biblio-
theken meist ziemlich oberflächliche Berichte über die in den-
selben befindlichen Handschriften, oder diese wurden in einzelnen
Thellen zu bestimmten Zwecken benützt, wie von Zoega in sei-
nem Werke de obeliscis oder von Sillig in seinem calalogus
artificum, oder es wurden kurze Berichte mit beschränkten Pro-
ben gegeben, wie von Thiersch und Osann im Kunstblatt zum
Morgenblatt 1827 Nr. 22 und 1832 Nr. 60 — 70 über die
Uiccardianische.
Als Handschriflenvergleichungen veranstaltet werden soll-
ten, wandte sich der Blick zunächst auf die letztgenannte , die
für die älteste galt und noch gar nicht in ausgedehnlerer Weise
benützt worden war, und auf die von Harduin anerkannter
Maassen nicht mit der gehörigen Gewissenhaftigkeit benutzten
Pariser Handschriften, und die k. Akademie bewog S. Majestät
den Köniof Ludwig allerornädiost eine Sunnne zur Bestreitung
der Kosten der Vergleichung auszusetzen , mit welcher ich be-
auftragt wurde. Die Bewerkslelligung einer neuen Vergleichung
der Toletaner Handschrift üi)ernahm allcM-gnädigst S. Majestät
der König August von Sachsen; über die von Gronovius be-
nutzten Handschrilien war man noch so wenig im Klaren , dass
man den codex Vossianus in Oxford und Exeler suchte (vgl.
Oken's Isis 1830. Heft 5, S. 54i, und Heft 9, S. 896); später
wurde die Vergleichung in Leiden von Berlin aus besorgt. Der
Umstand, dass nach Vollendung meiner Arbeit in Florenz die
zur Reise nach Paris nothigen Mittel in Frage standen, veran-
lasste mich inzwischen auf eigene Kosten nach Rom und Neapel
IG*
224 Sitzung der yhilos. philol. Classe vom 4. März 1862.
ZU gehen, um mich auch dort nach den Handschriften des Pli-
nius umzusehen; meine Excerple sandte ich, weil ich sie bei
der beabsichtigten Seereise von Neapel nach Marseille nicht der
Gefahr verloren zu gehen aussetzen wollte, durch einen eben
von Rom zurückkehrenden Courier nach München, was ich später
mehrfach zu bereuen Ursache hatte. Als ich nämlich in der
Vaticanischen Handschrift D und in der Pariser a eine mit der
Riccardianischen gemeinsame Umstellung in den ersten Büchern
bemerkte, die für diese Theile des Werkes die Abstammung
aus einer gemeinsamen Quelle über allen Zweifel erhob , leitete
die Unmöglichkeit einer weitergehenden Vergleichung mein Ur-
theil in sofern irre, als ich eine durchgehende Verwandtschaft
vermuthete, was mich veranlasste diese Handschriften nur in
denjenigen Theilen zu vergleichen, welche in der Riccardiani-
schen fehlen.
Kurz nach meiner Rückkehr nach München wurden die
von mir gesammelten Excerpte Sillig zur Verarbeitung über-
geben, so dass sie mir bei der Ausarbeitung meiner Inaugural-
Disserlalion (Observationes ahquot crilicae in C. Plinii Secundi
Naturalis historiae libros. Monach. 1830) schon nicht mehr zur
Hand waren. Die Vergleichung des verschiedenen Schlusses
des Werkes in den Ausgaben und in den freilich durchaus
späteren Handschriften, in welchen ich das letzte Huch gefunden
hatte (wovon unten weiter die Rede sein wird), mit der Inhalts-
angabe im ersten Buche und mit der Weise , wie Plinius bei
dem Abschlüsse der bedeutenderen Abschnitte seines Werkes
verfahren ist, machten es mir zur Ueberzeugung, dass der eigent-
liche Schluss fehle, den ich ein Jahr später in der Bamberger
Handschrift auffand, welche leider nur die sechs letzten Bücher
enthält, in diesen aber an so vielen Stellen die allein richtige
Lesart bietet und bisher noch nicht erkannte Lücken ausfüllt,
dass sie nicht nur für diese Bücher als Hauptquelle der Kritik
erscheinen mussle, sondern auch die Beschairenheit des Textes der
übrigen besser als früher durchschauen liess, wie es namentlich
nur durch sie mögli( h wurde das oben erwähnte unrichtige Ver-
V. Jan: Zur Kritik der A'. Hi'.st. de-t Plinius 225
fahren Hnrduins in Betreff der in seinen Handschriften liickcn
liaflen Stellen zu erkennen. Auf Sillig-'s grössere Ausgabe hatte
aber diese Entdeckung, abgesehen davon, dass sie den letzten
Büchern violfailig zu gut kam. die üble Einwirkung, dass er in
den Büchern, in welchen er durchaus auf geringere Handschrif-
ten angewiesen war, diesen allzu sehr misstraute, das Verhält-
niss derselben unter einander nicht gehörig erwog und vielfach,
wo diese Besseres boten, bei der Vulgata stehen blieb, während
er sich ein grosses und bleibendes Verdienst dadurch erwarb,
dass er den von so verschiedenen Seiten zusanunon gebrachten
und in so verschiedener Weise verzeichneten Apparat auf's Ge-
naueste und in einer leicht überschaulichen Weise zusammen-
stellte. Den Text mit den Handschriften noch mehr in Einklang
zu bringen war die Aufgabe der von mir für die Teubner'sche
Sammlung unternommenen Recognition , und dasselbe Ziel ver-
folgte, wenn auch in etwas freierer Weise, Urlichs in seinen
Vindiciae Plinianae. Als ich eben jene Bücher bearbeitet hatte,
entdeckte Fridegar Mone den bedeutende Fragmente der Bücher
11 — 15 und der zu derselben gehörigen Inhaltsanzeigen ent-
haltenden Palimpsesten, der über den Text der darin befind-
lichen Theile ein so neues Licht verbreitete, dass ich mich ver-
anlasst sah , den bereits constituirten Text noch einmal umzu-
arbeiten, wobei allerdings dem wichtigen Funde nicht überall
im Einzelnen die verdiente Rücksicht zu Theil wurde.
Neue Entdeckungen sind seitdem nicht zu Tage gekommen,
wohl aber in der jüngsten Zeit zwei sehr anerkennenswerthe
Versuche gemacht worden die Beschaffenheit der einzelnen
Handschriften, ihre Bedeiitinig und ihr Verliiillniss zu einander
genauer zu unlersucher» und so der handschriftlichen Kritik des
Plinius eine festere Grundlage zu geben , welchen ich im Fol-
genden eine eingehende Besprechung widmen werde, um klar
zu machen, welche Resultate wir denselben verdanken.
Detlef Detlefsen hat niimlich, nachdem er bei Gelegen-
heil der Beurlheilung der Abhandlung Urlichs' de numeris et
nominibus propriis in Plini Nalurali historia in den Neuen Jahr-
226 Sitzuiiij der philos.-philol. Vlasse vom 4. IMärz 1862.
büchern fiir Philologie iiiid Pädagogik Bd. 77 S. 660 ff. sich
über die Nolhwon(hgkeit ausgesprochen halte das Verhälttiiss
der HHiulschriflen dos Pliiiius untereinander einer genaueren
Erwägung zu untersteilen, in dem Rheinischen Museum für Phi-
lologie N. F. Bd. XV. S. 265-288 und 367—390 unter dem Titel:
„EpilegomenazurSiil'g'.srhen Ausgabe von Plinius Naturalis historia"
die Handschriften dos Plinius bis zum 12 Jahrhundert ihrem
Alter nach zu ordnen und die einzelnen Bestandlheile derselben
möglichst genau anzugeben, dann ihr Verhällniss zueinander
festzustellen und einen Stammbaum derselben zu entwerfen ver-
sucht. Er beginnt dabei mit den Worten: „Die Frage nach dem
Werthe der verschiedenen Ou<'llt"i - aus drnen unser Text von
Phnius N. H. entstanden ist, so wie nach dem Verhältniss der-
selben zueinander muss noch immer als eine offene betrachtet
werden. Die Bemühungen besonders Jans und Silligs um die
Kritik dieses für so manchen Theil der Alterthumswissenschaft
so unentbehrlichen Vi'erkes haben mehr durch die Herbei-
schafTuno- neuen und llieilweise höchst werthvollen Materials als
durch eine klare auf festen Grundsätzen beruhende Anordnung
und Verwendung desselben ihre Bedeutung" . und schlicsst mit
dem Ausspruch: ..Nienumd aber wird, glaube ich, anstehen zu
sagen, dass eigentlich sowohl in quantitativer als in qualitativer
Beziehung flu* die Kritik der N. H noch mehr zu thun übrig
ist, als bisher gethan, ist'', ein Ausspruch, der sich auch in den N.
Jahrbüchern für Phil, und Päd. a a. 0. findet. Das Erstere erinnert
an den Ausspruch des Baco von Verulam, dass die Empiriker den
Ameisen gleichen die viel brauchbares Material zusammentragen,
die Vernunft aber der Biene, die ihr Material aus den Gärten und
Wiesen zieht und dieses dann nnt eigener Kraft sichtet und
ordnet; doch lässt sich dieser Vergleich nicht ohne Weiteres
hieher anwenden, da ja Detlefsen einerseits sich dasZusanmien-
tragen des Materials nicht zuschreibt, andererseits aber seinen
Vorgängern gegenülxM- sich nicht einmal in dieser Beziehung
befriedigt erklärt, wie das Schlusswort zeigt, nnt dem wir es
hier vorzugsweise zu thun haben.
r. Jan : Zur Kritik der N. Hist. des Plinius. 227
Es fragt sich nämlich vor allem, ob etwa Sillig zur Last
fällt, flass er eine bedeutende Anzahl von Handschriften, die
ihm zugänglich gewesen wären, ausser Acht liess; denn von
solchen, die erst nach Vollendung seiner Arbeit entdeckt wur-
den, wie der Mone'sche Palimpsest, dessen vollständiger Abdruck
erst nach seinem Tode als die erste Abtheiluiig des sechsten
Bandes seiner Ausgabe erschien, kann wenigstens ihm gegen-
über nicht die Rede sein. Wir finden aber folgende als von
ihm nicjit berücksichtigt aufg(!führl:
1) einen codex Lucensis, der allerdings dem 8 Jahrhundert
angehört , und sich nach S. 378 an die Vaticanische
Handschrift D anschliesst, aber im Ganzen nur 56 Para-
graphen von Buch 18, §. 309 bis zu Ende enthält;
2) einen codex Luxemburgensis (S. Waitz in Pertz Archiv
für deutsche Geschichtskunde 1842 S. 21 und in Schnei-
dewin's Philologus 1852, Bd. 7. S. 569 — 572), der alle
Bücher der IN. H. enthalten und, wie die folgenden dem
12. Jahrhundert angehören soll;
3) einen codex Arundelianus, der die ersten 18 Bücher
enthält ;
4) einen codex Cenomanensis (in Le Mans) mit allen
Büchern ;
5) einen codex Claramontanus, jetzt in Paris, ein sehr un-
vollständiges Exemplar, nach Rezzonicus 71 Blätter
enthallend;
6) einen codex Redonensis, den Harduin benützte.
Näheres findet sich übrigens bei Detlefsen über keine dieser
Handsclnillen. Ueber die Luxemburger Ha ndschri ft habe ich
durch die Güte Ags Herrn Bibhothekar Namur briefliche Nach-
richten erhalten, und derselbe hat sie inzwischen in einer be-
sonderen, aus (lern Bulletin de l'Academie de Belgique 2''' serie
tome XL n° 4 abgedruckten Schrift unter dem Titel: Sur un
manuscrit de Plinii Hisloria naturalis, de la fin du onzieme siecle,
conserve ä la bibliotheque de rAlhence de Luxembourg, notice
par M. A. Namur, profcsseur-bibliothecaire de cet etablissement,
228 Sitzung der pln'los. - jifiilol. Ctasse vom 4. März 1869.
beschrieben. Daraus ergibt sich für's Erste , dass die Angabe,
die Handschrift enthalte alle Bücher, unrichtig ist. denn es fehlt
das 37., welclicm f)('llüfsen, obgleich es noch am meisten der
Verbesserung bedarf, am wenigsten Aufmerksamkeit geschenkt
zu haben scheint. Namur beschreibt die gemalten Anfiings-
buchstaben der einzelnen Bücher genau und führt zum Beweis
für das Alter der Handschrift die Aehnlichkeit der Schrift nn"l
der Pariser Handschrift des Vergil Nr. 7930 an und gewisse
Eigenthümlichkeiten der Orthographie, namentlich des e mit
cedille für ae. Fünf Dinge aber sind es, die mich in ähnlicher
Weise wie bei der gleich zu besprechenden NMener Handschrift
ü) vermuthen lassen, es möchte eine der Handschrillen sein,
welche im 15. Jahrhundert mit möglichstem Anschluss an die
Schrift des 11. und 12. Jahrhunderts geschrieben worden sind:
1) die vorausgeschickte Notiz über das Leben des Plinius, welche
Waitz im Philologus VII. 3, p. 570 mitgetheilt hat; 2) die Ueber-
schrift des ersten Buches: Incipit hystoriaium nunidi elenchorum
omnium librorum XXX VH liber unus qui primus, 3) die Ein-
theilutig in Kapitel mit besondern Ueberschriflen, 4) Manches in
der Orthographie, wie das öfters vorkommende y für i, tercius,
nichil, und unstatthafte Verdoppelung von Consonanten, endhch
5) die mit Reissblei gezogenen Linien, lauter Merkmale, die ich
bei keiner älteren Handschrift gefunden zu haben mich erinnere.
Die gegebenen Proben, auf welche im Einzelnen einzugehen zu
weit führen würde, lassen das Verhältniss zu den andern Hand-
schriften nicht so erkennen, wie es der Fall sein würde, wenn
auf die Dellef'schen Untersuchungen dabei Rücksicht genommen
wäre. Im ersten Buch zeigt sich bald ein Hinneigen zu Ra,
bald zu Td. Den besten Handschriften schliesst diese sich in kei-
nem Theile an, sie hat aber manche eigenthüniliche Verderbnisse.
Bemerkenswerlh erschien mir nur 35 §. 11 die Lesart : ut
praesentes esse ubique dii possent , indem sie die von mir und
Urlichs aufgenommene Herlz'sche Conjeclur ubique cen di un-
terstützt. Eine volLsliindigii Vergleichung dieser Handschrift
möchte sich daher wohl kaum der Mühe lohnen; doch ist es
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Plinitis, 229
jedenfalls dankenswertli , dass Herr Namur die Mühe auf sich
genommen hat diese Aufschlüsse über dieselbe zu geben.
Demnach berechtigt die bis jetzt erlangte Kenntniss von
Handschriften, welche Sillig nicht benützt hat, gewiss nicht zu
dem Ausspruch, dass in quantitativer Beziehung noch mehr ge-
schehen müsse als geschehen ist ; eher liesse sich dieses in Be-
treff der nur thoilweise verglichenen Handschriften sagen.
Hieher gehört der oben schon erwiihnte Umstand, dass die
älteste Pariser Hand schrill a von mir nur thoilweise ver-
glichen worden ist. Sillig hat (\en hier begangenen Fehler thoil-
weise dadurch wieder gut gemacht, dass er mehrere Bücher
durch Dübner vergleichen liess, so dass von den 32 Büchern,
welche sie enthält, 19 verglichen sind, also noch 13 fehlen.
Diess ist allerdings zu bedauern; ob aber der dadurch ent-
stehende Verlust so gross ist als das Alter der Handschrift er-
warten lässt, fragt sich noch, da die Handschrift in allen bisher
verglichenen Büchern sehr durch Schreibfehler entstellt ist. Auf
die Correcturen in ders<>ll)en von zweiter Hand w«;rden wir
später zu sprechen kommen.
Aus demselben Grunde blieb, abgesehen von den äussern
Umständen, die Vaticanische Handschrift I) in den 13 Bü-
chern, welche sie mit der Riccardianischen gemeinsam enthält,
unverglichen; allein der Verlust ist auch hier nicht so gross
als er nach den Worten Dellefsen's (S. 273) zu sein scheint,
da die Zusätze, welche sich von zweiter Hand an den Rand
geschrieben finden , diescu- Handschrilt vorzüglich ihre Wichtig-
keit verleihen, in den nicht verglichenen Büchern aber nach
den mir durch Herrn Dr. Brnnn's Güte gewordenen Miltheilungen
in denselben auch nicht eine neue Ergänzung bieten.
Die Wiener Handschrift lo ist schon vor 11 Jahren
Gegenstand einer Controverse geworden. Sillig hatte nämlich
in seiner Vorrede nur kurz erwähnt, dass Haupt in seiner Aus-
gabe von Ovid's Halienlica Einzelnes aus dieser Handschrift mit-
getheilt habe, und reihte dieses am gehörigen Orte ein. Sein
Recensent in Zarncke's Centralblatt 1851, Nr. 22 wollte dagegen
230 Sit-zunif der philos. -philol. Vtasse vom 4. !när% 1862.
in den von Haupt angeführten Stellen eine ausserordentliche
Uebereinstimmung mit der Bamberger Handschrift finden, und
machte es Sillig- zum Vorwurf, dass er nicht das Verhällniss
dieser Handschrift zu jener festgestellt und, wenn sich
diese Uebereinslimnmng durchaus ergeben , sie ganz verglichen
hätte In der Vorrede zum V. Bande zeigte Sillig, dass die
Wiener Handschrift nur in einer der von Haupt angeführten
Lesart allein mit der Bamberger zusammenträfe, wesshalb ich
aiinehn)en zu dürfen glaubte, es walle eine Verwechslung zwi-
schen dem sehr alten Wiener Fragment rr und dieser Hand-
schrift ob, (s. Gel. Anz. 1853. Apr. Nr. 52). Sillig's Gegner
verschanzte sich aber (a. a. 0. Nr. 52. S. 861) hinter die
eigenlhümliche Erklärung, die Rechtfertigung Sillig's müsse so
lanue für missluno-en erklärt werden, bis er nachwiese, dass
eine andere Handschrift mehr mit der Bamberger übereinstinune.
Seit dem verlautete nichts mehr darüber, bis Detlefsen (S. 283 f.
und 368 IF.) eine genaue Beschreibung dieser Handschrift gab,
und nachdem er , wie er sagt , grosse Theile derselben vergli-
chen hatle, die Ansicht aussprach, sie schliesse sich zunächst
an a an, ohne davon abgeschrieben zu sein. Er berichtet dabei,
sie sei die älteste Handschrift (er setzt sie nämlich in das
12. Jahrhundert), welche alle Bücher so weit als alle Ausgaben
vor Entdeckung der Bamberger Handschrift, d. h. bis 37, §.203,
enthalte, wofür ich selbst nur eine neuere Pariser Handschrift
anzuführen wusste. Der Mangel an guten Handschriften für
das letzt(; Buch liess es mir, obgleich dieses in meiner Ausgabe
bereits gedruckt vorlag, höchst wünschenswerth erscheinen , sie
wenigstens in diesem Theile genauer kennen zu lernen; ich
wandte mich daher an Herrn Professor Dr. Vahlen, über-
sandte ihm ein Verzeichniss kritisch unsicherer Stellen, über
welche ich Bescheid wünschte . und er halte die Gnt(! nur eine
vollsländige, theils von ihm selbst, iheils von einem seiner Zu-
hörer, Hr. Willi. Harlol, veranslallele Vergleichung des ganzen
letzten Buchs zu überschicken, welche er mit den Worten be-
gleitete: „Ob Sie in der Handschrill finden, was Sie erwarten,
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Ptiniui. 231
weiss ich nicht." Leider fand ich wirklich die Handschrift nur
in der Lückenhaftigkeit auch in dem letzten Buche* dem ent-
sprechend, was Detiefsens Bericht über dieselbe erwarten liess.
Im Ganzen slinunt sie unter den mir bekannten Handschriften
mit C (einer Wiener) und P (der Münchner, ehemals Pollinger)
am meisten überein, was ich schon des Schlusses wegen er-
wartet hatte, in welchem sie ja mit den Ausgaben überein-
slinimt, von denen die älteren, vor Harduin, sehr oft mit jenen
Handschriften zusanimeiitrefTen; im Einzelnen bietet sie aber so
wenig Brauchbares dar', dass ich meinen Plan mit Hilfe der-
selben das letzte Buch umzuarbeiten aufgeben musste. Wenn
die Beschiiffenheit der Handschrift in den übrigen Büchern die-
selbe ist, so war die Münchner Handschrift gewiss wenigstens
eben so sehr der Vergleichung werth, von der Dellefsen (N.
Jahrb. S. 657 Anm.) sagt, die Mülie, die ich mir mit der
Collation eines grossen Theils desselben gemacht hätte, müsse
wohl eigentlich als ganz verloren betrachtet werden, da die-
selbe in ihrer letzten Hälfte entschieden besser als in der ersten
und für das letzte Buch, das freilich Dellefsen, so sehr es
(1) Das Verzciihniss der Li'itkeii iiört bi'i DctlcLsen bi'i 35, S. 86 —
148 auf; im 37. Biicli fi-liliii aber, um klciiu-re Au.sla.s.siinjren nicht zu
bciücksiciitij^cn, S§. II — 17; 'iC. 27; 32. 37 — 39; i8. 49; h. ^)C^\ ()8 —
73: Jll 112; 117 — 119 i:;anz oder zum gro.sscn Tlieilc.
(2) Zur Steuer der Walirlieit sei hier aiigefiihrt, das.s .sie oliiie (^ P
mit B iil)erciu.sliiiiinl oder ilim nahe kommt, §. 4, wo B ergo hat, o>
ego, CP eo; 9. Bw calieM.sem für Intercatieiisem; 28. Z. 20 meiner
Ausgabe .sint; 43 B seiiato.s graeci; oj graeci naios, für Euetos Graeci;
47. Bc» ceriiiis, dh eerei.s. C P tetris; 49. B w aut vor oslentatio, das
sonst fehlt; 60 pretii für .seereti ; 8."). Z. 4. Bio vel für aut oder et; 93.
Bi» repiTcussus für . ssu; 119. B^.> gloriam für ..ia: 120. B cj praeterea
für celerum ; 122 B <" aspeeluni lür . tu; 126. Z. 35. Bio oni el vor
fulgoris; 151. Bo iaspidi.s für spiris, 152. B oj tatoptritis für . pjritis:
105 B(> aeeidenli für ..tem; 182. Bw sjrtilis für Sjrtides oder Syr-
tilides. .\us>eidem «ird §. 52 da.s von mir aus P allein aufgenommene
tempore für tep und S- 107 meine tionjeelur eruerent für eruerunt luuh
meiner (iollalion von (o bestäligt.
232 S/tzintf/ der philos.-pUilnl. Classe vom 4. Mävz. 1862.
noch der Verbesserung bedarf, gar nicht in den Kreis seiner
Untersuchungen gezogen hat, bei dein Mangel an Handschriften
nicht ohne Bedeutung ist. Mit der Handschrift a ist für die
letzten Bücher keine Vergleichung möglich, da diese nicht über
Buch 32. hinaus reicht. Das Alter erscheint mir u. a. wegen
der Eintheilinig in Kapitel mit Ueberschriften zweifelhaft, von
denen die letzte Zahl (LXVI) sich bei §. 164 findet, wahrend
die Ueberschriften bis zu Ende fortgehen.
Auch in dieser Beziehung ist demnach wohl kaum der Aus-
spruch zu rechtfertigen, dass für die Kritik des Plinius in quan-
titativer Beziehung noch mehr geschehen müsse, als geschehen
sei; wir sehen uns daher auf die Leistungen in qualitativer Be-
ziehung hingewiesen, und wir wollen dem gemäss im Folgenden
das in's Auge fassen, was Detlefsen in Betreff der Beurtheilung
einzelner Handschriften, ihrer Bestandtheile und der Correcturen
von zweiter Hand, dann über das Verhältniss der verschiedenen
Handschriften zu einander und über die Benützung derselben
zur Verbesserung des Textes an dem bisher Geleisteten tadeln
und berichtigen zu müssen glaubt, wobei sich ergeben wird,
dass Einzelnes dabei auf Missverständnissen oder unrichtigen
Angaben beruht, in Anderem aber ein entschiedener Fortschritt
nicht in Abrede zu stellen ist.
Das Erslere ist wohl der Fall, wenn es S 378 heisst:
,,Was cod. c (Paris 6796) betrifft, so habe ich über ihn schon
oben (vergl. S. 283, „dass er sich dem cod R anschliesse",)
kurz mein Urlheil dahin abgegeben, dass er mit R, wie Jan und
Sillig meinen, nichts zu thun habe." Hier scheinen nämlich die
Worte, mit denen Sillig (praef. p. XIV) mein Urllieil über diese
Handschrift (obss. crit. p. 6) wieder gegeben hat, missverstan-
den zu sein. Ich war dabei weit entfernt von einer Verwandt-
schaft des Textes beider Handschriften zu reden , da ja die
Bücher, welche er enthält, im Riccard. gar nicht stehen, und
habe vielmehr nur gesagt, <lie Schrifizüge beider Handschriften
seien so ähnlich, dass, wenn das Format ganz gleich wäre, man
vcrmulhen könnte Framnente einer und derselben Handschrift
V. Jan : Zur Kritik der IS. Hht. des Plinius. 233
vor sich zu haben, was Fels (s. S. 36 seiner Abhandlung) rich-
tig erkannt hat; man vergleiche auch noch das in Oken's Isis
1830. lll. S. 542 darüber Gesagte. Die Notiz, dass die Hand-
schrift aus Corvey slanime , beruht wohl auf einem Versehen ;
es ist vielmehr ein codex Colbertinus.
Wenn über die Pariser Handschrift d (Nr. 6797) Det-
lefsen sagt, man würde sich derselben wohl gänzlich enfschlagen
können, wenn die guten Oui^l'^^'» i» ihrem ganzen Umfang ])esser
bekannt wären, und glaubt, ohne über den Werth dieser Hand-
schrift entschieden absprechen zu wollen, sie hätte weniger als
alle altern Pariser Handschriflen verdient ganz verglichen zu
werden, ihr andererseits aber eine gewisse Selbstständigkeit zu-
erkennt, und hinzulügt, sie enthalte übrigens alle Bücher der
N. H. , so ist bei Dellefsens sonstiger Genauigkeit die letzte
Bemerkung auffallend, da ja schon Rezzonicus H, S. 262 und
Sillig praef. p. XVI gesagt haben , dass das letzte Buch aus
einer weit schlechteren Quelle von viel jüngerer Hand abge-
schrieben ist, wenn er auch die Vorrede zum 5 Band meiner
Ausgabe noch nicht gelesen haben konnte, in welcher ich aus-
gesprochen habe, dass Harduin den Text des letzten Buches
dadurch sehr verschlechtert habe, dass er diess nicht beach-
tele und dieser Handschrift blindlings folgte. Dass aber Sillig
durch die Bevorzugung dieser Handschrift einen Missgriff beging,
ist längst von uns beiden zugestanden, wenn schon die von
Fels in der nachher zu besprechenden Abhandlung über ihr
Verhältniss zu den guten Handschriften M und A angestellten
Untersuchungen zeigen, dass sie keineswegs bei Seite geschoben
werden darf, so lange nicht eine ältere Handschrift als die
Quelle derselben an ihre Stelle treten kann.
In Betreff der Toletaner Handschrift (T) ist nament-
lich Sillig's Urtheil von dem von Dellelsen nicht so sehr ver-
schieden als es nach seinen Worten scheinen mochte, wenn er
S. 286, nachdem er angeführt hat, dass sie nach den neuesten
Untersuchungen in das 13. Jahrhundert zu setzen sei, hinzu-
lügl: „Alles Gewicht, welches Sillig, Jan u. a. auf diesen Codex
234 Sitzwiy der philos.-philol. Classe vom 4 März 1862.
gelegt haben, wird dadurch nach meinem Urtheil auf nichts re-
ducirt, so dass ich ihn für die Kritik des Phnius nicht weiter
berücksichtigen werde." Die Bestinnnung des Alters allein, die
übrigens bisher schon zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert
schwankte, berechtiot doch olFenbar nicht zu einem so weo--
werfenden Urtheile. Sillig hat aber, auch abgesehen von
der Ungenauigkeit seiner Collation, die ihn bewog, diese gar
nicht unter Aqw vollständig verglicheneu Handschriften vor
<\cn einzelnen Büchern anzuführen , sich in seiner Vorrede
(S XII) so über dieselbe ausgesprochen: Praeterea vitia habet
suae aelati communia, ceterum descriptus e libro cum Leidensi,
Vossiano, Rlccardiano. neduui Bambergensi, non comparando, et
non nno loco interpolatus. Mir gegenüber könnte geltend ge-
macht werden, dass ich in der Inhaltsanzeige im ersten Buche
dieser Handschrift und der ihr verwandten Pariser d mitunter
den Voizug vor der Riccardianischen und der ältesten Pariser
(Ra) gegeben habe, was nur desshalb geschah, weil sie bei der
Anoabe des zu den einzelnen Sectionen Gehöricjen mitunter
aus dem einfachen Grunde einen bequemeren Text boten, weil
sich Harduin bei der Eintheilung in Sectionen vorzugsweise an
d hielt. Diess habe ich jedoch in der Gralulationsschrift zu F.
V. Thiersch's öOjährigein Doctorjubiläuni S. 8 TrUchs gegen-
über bereits zugegeben, und S. 9 hinzugefügt, diese beiden Hand-
schriften verdienten nur nach reiflicher Erwägung den älteren
RVa (geschweige denn MBA) gegenüber eine Berücksichtigung.
Sie ganz und gar auszuschliessen gestattet aber der Zustand der
eben genannten Handschriften offenbar nicht.
In ähnlicher Weise werden verschiedene Urlheile von Sillig
und mir in Eins zusammengeworfen, wenn Dellefsen über die
älteste Piirisor Handschrift sagt: ,,Was Sillig und Jan von ihrer
zweiten Hand halten, scheint mir durchaus falsch zu sein, worauf
ich später zurückkonunen werde." Ein solcher Ausspruch ver-
langt doch eine Begründung; ich finde aber nur noch auf
S. 387, dass die Correcturen von cod. a in den Büchern 2, 5
und 6 durchaus mit R' übereinstimmen und vielleicht die Haupt-
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Plinius. 235
quelle der Jüngern Handschriften bilden, und S. 388, dass R- a^
mit A viele Lücken der andern Handschriflen ausfüllen; von R-
ist allerdings mehrfach die Rede. Hier fragt es sich zunächst,
ob wirklich, wie die Worte Dellefsens vennulhen lassen, Siilig
und ich über die zweite Hand der Ausgabe a eine gleiche
Ansicht ausgesprochen lialten. Diess ist aber nicht der Fall.
Siilig hat sich meines Wissens nirgends bestimmt darüber er-
klärt, folgt aber der zweiten Hand in R und a namentlich in
den ersten Büchern allzu oft, worin ich ihm, wie schon die
discrepantia scripturae in meiner Ausgabe zeigt, nicht bei-
stinunen kann ; mein in der erwähnten Gratulationsschrift darüber
ausgesprochenes Urthcil geht aber dahin, dass, wenn diese
Correcturen nicht aus verschiedenen Outillen stammen, sie einer
alten Handschrift entnonnnen sein müssen , welche schon inter-
poUrt war, so dass sie bei der Benützung grosse Vorsicht nölhig
machen, indem sie bald mit den ältesten und besten Qi^'Uen
zusammentrelTen, bald ähnliche Inlei'polationen wie die älteren
Ausgaben enthalten, und dieses Urtheil weicht gar nicht so sehr
von der S. 387 von Dellefsen aufgestellten Ansicht ab.
In Betreff der Vaticani sehen Handschrift 1) würde
sich Detlefsen wohl etwas weniger verletzend gegen mich aus-
gesprochen haben als es S. 273 mit den Worten geschehen ist:
„Hätte Jan seine Arbeit sorgfältiger gemacht und auch die vor-
hergehenden Bücher verglichen, so hätte er die Zahl dieser
Ergänzungen noch um einige vermehren können''', wenn er die
Iheilweise schon oben erwähnten Umstände gekannt hätte, unter
denen ich diese Handschrift verglichen habe. Wie oben schon
bemerkt ist, lag die Reise nach Rom ausser dem mir gewor-
denen Auftrag, ich hatte für diese, wie für den Aufenthalt in
Rom keine Vergütung zu erwarten (vgl. Thiersch's Brief an
Oken in der Isis 1830 Heft III. S. 5i3) und habe nie eine
solche erhalten, demnngeachtet widmete ich dieser Handschrift
fast zwei Monate, nachdem ich ihre Wichtigkeit erkannt hatte.
Die Klage des Grafen Rezzonicus (disquisitt. Plin. II, S. 236),
dass er sie nicht zu Gesicht bekommen habe, veranlasst mich
236 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 4. März i86S.
dabei zu erwähnen , dass es mir fast nicht besser ergangen
wäre. Bei meinem ersten Besuch der Vaticanischen Bibliothek
brachte mir niimbcli der Diener zuerst nur einige unbedeutende
neuere Handschriften, und hatte bereits gesagt, sonst wäre keine
da, als ich mir auf den Rath meines eben auch anwesenden
Freundes Walz Zoega's Werk über die Obelisken geben liess,
aus dem ich die Nunmier 38GI entnalini, nach deren Angabe
ich die Handschrift bekam. Wie steht es aber dabei mit Det-
lefsen's eigener Sorgfall? Er führt unter den von mir ausge-
lassenen Ergänzungen eirte zu 18.236 auf, die bei Sillig in der
Note, und in meiner Ausgabe im Texte zu lesen ist, nur dass
ich statt incinnare, wofih* er carminare vorschlägt, das offenbar
näher liegende concinnare geschrieben habe. Doch davon ab-
gesehen hat der glückliche Umstand , dass Detlefsen gerade
30 Jahre nach mir die Handschrift vergleichen konnte, zu einem
höchst wichtigen Rusultate geführt, nämlich zu der Entdeckung,
dass diese Handschrift und die Vossische in Leiden (V) Theile
einer und derselben Handschrift sind. Wenn aber dabei S. 275
gesagt wird , wir besässen in D + V das älteste Exemplar,
welches mit Ausnahme einiger Lücken die ganze N Hist. umfasst,
und zwar in einer einheitlichen Redaction, so geht daraus nicht
hervor , dass das 37. Buch , auf das Detlefsen , wie wir schon
gesehen haben, überhaupt wenig achtet, auch hier fehlt. Es
umfasst nämlich D 1—19, § 156; V 20, §.186 — 36, §.97.
Die Handschrift V ist bekanntlich die Vossische, auf
welcher vom 20. Buche an die hier zahlreicher werdenden Be-
merkungen von J. F. Gioiiovius grösstentheils beruhen, weh he
zuerst in der Leidener Ausgabe von 1669 erschienen und dem
6. Bande der Sillig'schen Ausgabe in einem von Wüstemann
berichtigten Abdruck beigegeben sind. Zu der Zeit, als ich die
Vaticanische Handschrift D theilweise verglich, wusste man nach
dem Obig(3n noch gar nicht, wo die Vossische zu suchen sei;
später wurde sie für Sillig von Nauta verglichen. Detlefsen
erhielt die ihm nöthigen Aufschlüsse durch Dr. Durieu und durch
den Bibliothekar der Leidener Universität Dr. Pluygers, so dass
V. Jan: Zur Kritik der ZV. Hixt. des Pltnius. 237
es ihm gelang die Zusammengehörigkeit der beiden Handschrif-
ten nach deren äusserer Beschaffenheit, nach deu Bezeichnungen
der Ouaternionen , nach den Schriftzügen und selbst nach den
Correcturen in denselben mit Evidenz zu beweisen.
Noch wichtiger aber für die Kritik sind die Resultate der
Untersuchungen Detlefscn's über die Besfandtheile der Riccar-
dianischen Handschrift (R), und ich freue mich derselben,
wenn schon eine gewisse Beschämung für mich darin zu liegen
scheint, dass ich bei der Vergleichung dieser Handschrift nicht
selbst diese Entdeckungen machte. Allein eine Vergleichung
mit andern Handschriften war nach dem Obigen damals rein
unmöglich; auch ging die Weisung welche ich erhielt, als ich
die Vergleichung dieser Handschrift als den ersten Versuch auf
diesem Felde übernahm, nicht auf solche Beobachtungen, viel-
mehr nur dahin, die Abweichungen derselben von der Brotier'-
schen Ausgabe bis in's Kleinste zu verzeichnen; und wie man
nach dem damaligen Stande der Dinge mit meinen Leistungen
zufrieden war, zeigen die Urtheile von Thiersch und Oken in
Isis 1830. Heft III, S. 541. Dass ich nicht selbst darauf kam,
die Handschrift, deren verschiedenartige Tlieile ich wohl er-
kannte, darauf hin näher zu untersuchen, ist verzeihlich, wenn
man berücksichtigt, dass ich vier und einen halben Monat wäh-
rend eines für die dortige Gegend ungewöhnlich kalten Winters
in dem bekanntlich ungeheizten Bibliothekslocale mit der mir
übertragenen Arbeit zubrachte, so dass ich froh war, als ich
diese vollendet hatte. Für später fehlten aber dadurch sowohl
Sillig als mir die hauptsächlichsten Anhaltspunkte. In weit
glücklicherer Lage befand sich Detlefsen, als er die Handschrift
in die Hand bekam. Das Material aus den verschiedenen Hsind-
schriften lag bereits geordnet vor, und er biauchle seine Auf-
merksamkeit nicht mehr auf das Einzelne zu richten, er konnte
daher, von den nolhwendigen Vorarbeiten unterstützt und durch
nichts gestört, die einzelnen Theile der Handschrift untersuchen,
und so kam er zu folgenden Resultaten :
Die Handschrift bestand ursprünglich aus zwei llauptlheilen,
I186i I.] 17
238 Sitziiny der philos.-philol. Classe vom 4. März 1862.
von welchen der Scliliiss des ersteren und der Anfang des
zweiten verloren ist, woher sich die grosse Lücke in der Mitte
schreibt (von 13,88 bis zum Schlüsse des zwanzigsten Buches).
In den Büchern 2 — 5 hat sie die oben erwähnte Umstellung
unter den bisher bekannt gewordenen Handschriften mit Dato
gemein, doch so, dass in den letzteren auf verschiedene Weise
die rechte Ordnung herzustellen versucht ist. Die Aehnlichkeit
mit D reicht bis 11,216, von wo an bis 13, 88 eine Verwandt-
schaft mit dem Mone'schen Palimpsesten erkennbar ist, woher
sich auch erklären lässt, dass sich nur hinter den Büchern 11
und 12 die Unterschrift edilus post mortem findet. Nach dem
Original dieses Theiles der Handschrift scheint das Vorhergehende
corrigirt zu sein, woraus sich die Vermuthung ergibt, dass das
Original der ersten Bücher an der genannten Stelle schloss, und
der Rest des ersten Haupttheiles einer andern Handschrift ent-
nommen und zugleich das bereits Geschriebene danach corrigirt
wurde. Der Anfang des zweiten Haupttheiles Buch 21 bis 22,
144 gehört einer anderen Recension an, welche am meisten mit
der Wiener Handschrift w zusammenstimmt. Ebendaher scheint
das später eingeschaltete Blatt 114 zu kommen, und die Cor-
recturen, welche sich von der vor dem Buche selbst wieder-
holten Inhaltsanzeige des 26. Buches bis 31, 125 mit Ausnahme
von 27, 113 — 124 und 28, 39 — 51, so wie jenes Blattes,
finden.
Was den Werlli der Correcturen der ersten Bücher be-
trifft, so ist kein Zweifel, dass sich in denselben Vieles aus einer
alten, guten Quelle findet; dass aber, wer diesen durchaus fol-
gen zu müssen glaubt, auch viele unzweifelhafte Interpolationen
in den Text bringt, zeigt die Ausgabe Sillig's , wie schon oben
in Betreif der Pariser Handschrift a bemerkt worden ist.
Dass auf diese Untersuchungen hin Detlefsen die Ver-
wandtschaft der Handscliriftcn bis in die einzelnen Theile
genauer verfolgen und angeben konnte, versteht sich von selbst;
namentlich gilt diess von der Riccardianischen. Ausserdem bieten
die beiden Stammtafeln, die er über die zuletzt besprochenen
V. Jan: Zur Kritik der JV. Hi^t. des Ptinius. 239
Handschriflen, d. h. mit Ausnahme sowohl der ältesten Quellen
AMB, als der späteren Handschriften dT, für die eben er-
wähnten beiden Haupttheile aufgestellt hat, nur die Abweichung
von der Sillig'schen, dass D' mit R' zusammengestellt ist, wäh-
rend D' bei Sillig mit dT verbunden ist, worin ich ihm mit Un-
recht noch in der erwähnten Gratulationsschrift gefolgt bin.
Wir haben nun noch die Hauptfrage in's Auge zu fassen, welchen
Einfluss diese Untersuchungen auf die Constitution des Textes
der Naturalis historia hoffen lassen. Dem Sillig'schen Texte gegen-
über würden in den Büchern, in welchen ihm die Bamberger Hand-
schrift nicht zur Seite stand, jedenfalls eine weit grössere Sicherheit
zu erzielen sein; für die Bücher 11 — 15 wäre dabei das Meiste
von dem ihm noch nicht bekannten Mone'schen Palimpsesten zu
hoffen. Dass ich meinerseits diesen nicht überall, wo es hätte
geschehen sollen, benutzt habe, muss ich zugeben und habe es
auch bereits als natürliche Folge d(!r etwas zu eiligen Revision
des bereits constiluirten Textes erklärt; sonst habe ich stets an
der als die beste erkannten Handschrift festzuhalten gesucht,
und ich glaube nicht, dass in dieser Beziehung die hier be-
sprochenen Untersuchungen wesentlich andere Normen geben.
Wollte man in den ersten Büchern den von Detlefsen ohne ent-
schiedene Mahnung zur Vorsicht hochgestellten Correcturen in
der Riccardianischen und der ältesten Pariser Handschrift (R'a^)
ohne Weiteres folgen , so würde sich meinem Texte gegenüber
ein entschiedener Rückschritt ergeben. Auch im Uebrigen aber
kommt, wer den Text des Plinius zu rccensiren unternimmt, nie
ganz über die verrufene Eklektik hinaus; denn es ist nur allzu
wahr, was Urlichs in seiner Abhandlung de; numeris et nominibus
propriis in Plinii N. H. p. 3 ausgesprochen hat , dass keine
Handschrift des Plinius so fchlerfi-ei ist, dass sie ohne Weiteres
zum Leitfaden dienen könnte. Es konmit also ausser der
Kenntniss des Werlhes der Handschriften auf die Bekanntschaft
mit dem Stoffe und mit dem Gedankengang und der Ausdrucks-
weise des Schriftstellers, und hauptsächlich auf ein gesundes
Urlheil an. Von Sillig gibt Detlefsen selbst zu, dass ihn manchmal
17*
240 Sitzung der phüos.-philol. Claxse vom 4. März i.862.
ein glückliclies Gefühl das Reclite finden liess. Dass das, worin
ich der eignen Erwägung gefolgt bin, wenigstens nicht überall
falsch ist, dafür muss der Umstand, dass meine Vermulhung,
dass unt dem bisher bekannten Schlüsse das Werk des Plinius
nicht abgeschlossen hätte (observ. crit. p. 31 sq.), durch Ent-
deckung der Bamberger Handschrift, und die andere, dass
einige Worte, welche sich 11, §. 45 m den älteren Ausgaben
mehr als in der Harduin'schen finden, dem Plinius zwar ange-
hörten, aber ihre rechte Stelle in §. 38 hätten (Gel. Anz. 1836,
Aug. S. 285) durch die Entdeckung des Mone'schen Palimpsesten
bestätigt worden ist, doch einigermassen ein günstiges Vorurlheil
erwecken. Dazu kommt, was Urlichs in seinen Vindiciae Pli-
nianae geleistet hat. Fassen wir dieses alles in's Auge, so
dürfte es wohl verstaltet sein, dem .Ausspruch Detlefsen's, dass
sowohl in quantitativer als in qualitativer Beziehung für die
Kritik der N, H. noch mehr zu thun übrig ist als bisher gethan
ist, den entgegenzusetzen, dass die nächsten 30 Jahre die Kritik
des Plinius wohl nicht so sehr fördern dürften als es seit dem
Beginn der Vorarbeiten für die Sillig'sche Ausgabe geschehen
ist. Jedenfalls möchten wir Denen, welchen es gelhigt, in der-
selben einen entschiedenen Schritt vorwärts zu thun, das zu be-
denken geben, was Plinius 2, 62 sagt: In quibus aliter multa
quam priores tradituri fatemur ea quoque illorum esse muneris
qui primi quaerendi vias demonstraverint, modo ne quis desperet
saecula proficere semper.
Hiermit könnte ich die Feder niederlegen, hätte nicht die
im Jahre 1859 von der philosophischen Facultät der Universität
Göllingen gestellte Pieisfrage eine Schrift hervorgerufen, welche,
wie oben schon angedeutet worden ist, denselben Gegenstand
behandelt, die, erst in den letzten 3Ionaten im Drucke vollendet,
mir durch die Güte des Herrn Professor Dr. von Leutsch zu-
gekommcm ist. Sie führt den Titel:
De codicum antiquorum, in quibus Plini Naturalis liistoria
ad nostra tempora propagata est, fatis, fide atque
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist des Plinius. 241
auctoritate commentatio philologica , quam scripsit Al-
bertus Fels, Gottingae MDCCCLXI,
und verfolgt in der Hauptsache dasselbe Ziel als Deliefsen's
Epilegomena, aber auf ganz verschiedenem Wege. Wahrend
Detiefsen die Hauptresultale seiner Untersuchungen einer neuen
Prüfung der in Frage stehenden Handschriften verdankt, war
Fels auf das angewiesen, was ihm die Siilig'sche Ausgabe bot;
es stand ihm also zur Erforschung des Verhältnisses der Hand-
schriften zu einander nur die Vergleichung der dort aus den-
selben mitgetheiltcn Lesarten zu Gebote 5 von Detiefsen benützte
er nur die oben erwähnte Recension von den N. Jahrbüchern
für Philologie und Pädagogik. Bd. 77, S. 660 ^::, die Epilegomena
erschienen, als er seine Abhandlung bereits vollendet halte, er
Hess sie desshalb ungelesen, um nicht in dem, was er einmal
geschrieben hatte, irre gemacht zu werden, was einerseits, na-
mentlich in der Beurtheilung der Vaticanischen Handschrift D
und der Vossischen V einigen Nachtheil brachte, andererseits
aber den Vortheil, dass beide Untersuchungen ganz selbstständig
neben einander hergehen und dennoch in manchen Punkten zu
fast gleichen Resultaten gekommen sind.
Fels geht von den ältesten bekannten Quellen aus und
handelt in vier Kapiteln 1) von dem iMone'schen Palimpsesten,
2) von der Leidener Handschrift A, 3) von der Bamberger,
4) von den von Sillig benützten antiken E.xcerpten. bespricht
das Verhältniss der übrigen Handschriften zu diesen \\m\ unter-
einander, und schliesst das Ganze mit Aufstellung einer Stamm-
tafel ab. Dabei geht er häufig auf einzelne Stellen ein , was
mich hier und da veranlassen wird meine Fassung derselben
zu vertheidigen.
Das erste Kapitel untersucht die Bedeutung des Mone'-
schen Palimpsesten (M) für die Orthographie, für die Aus-
füllung von Lücken, in w<dcher letzten Beziehung wir der Bam-
berger Handschrift b«?kannllich weit mehr verdanken, und für Ver-
besserungen im Einzelnen. Wenn dahei vernuilhet wird, die Inter-
punction in meiner Ausgabe in den Worten 11, 8 Sanguinem non
242 Sitzung der pMtos.-philol. Classe vom 4. März 1862
esse iis fateor, sicut ne lerrestribus quidem cunctis inter se similem,
verum, ut saepiae ii. s. vv. beruhe auf eincu Druckfehler, so niuss
ich zur Steuer der Wahrheit die Aufklärung geben, dass ich viel-
mehr verum als Adjectivum auf sanguinem bezogen habe, wenn
gleich ich jetzt wohl mit Fels verum als Partikel dem folgenden Satze
zutheilen würde; wenn aber in den fast unmittelbar auf jene Stelle
folgenden Worten mit Sauppe geschrieben wird: denique existi-
matio sua cuique sit, nobis propositum est riaturas rerum mani-
festas indicare , non causas indagare dubins, wofür allerdings
die angeführten Stellen einigermassen sprechen, nehme ich An-
stand dieser Abweichung von M zu folgen . der ne sua cuique
sit hat; doch möchte ich statt meiner Interpunction: denique,
existimatio ne sua cuique sit, welcher die Erklärung zu Grunde
Hegt: ,, damit nicht der Eine die, der Andere jene Meinung
habe'', jetzt lieber das Komma nach denique weglassen und ne
als die Betheurung.spartikel (nae) lassen, deren Stellung nicht
auffallen kann, wenn man bedenkt, dass für das Voranstellen des
Wortes existimatio der Gegensatz zum Folgenden : causas rerum
manifesfas indicare einen hinlänglichen Grund abgibt Uebrigens
ist aus der Zusammenstellung ersichtlich, dass die von mir über-
sehenen besseren Lesarten des Palinipsesten doch bei weitem
den geringeren Theil ausmachen; ein weiter unten gegebenes
Verzeichniss von Stellen, an denen ich bei der Lesart der an-
dern Handschriften stehen geblieben bin , zeigt, dass diess na-
mentlich öfters bei Hinzufügung von Verbindungsparlikeln , und
in der Wortstellung der Fall ist. Die Vortrefflichkeit dieser
Handschrift wird aber im Folgenden noch negativ durch die in
den andern Handschriften sich findenden Interpolationen er-
wiesen. Dabei wird u. a. von dcrigere und dirigere gesprochen
und mir zum Vorwurf gemacht, dass ich 11, 58 von M ab-
weichend contra dirigimt aciem geschrieben habe, dagegen 11,
125 mit demselben in lerr;im derecta , wobei nicht beachtet ist,
dass im letzteren Falle von einer Richtung nach unten die Rede
ist, im ersteren aber nicht ; vergleicht man aber das im Folgenden
gegebene genaue Verzeichniss der in dieser Handschrift vor-
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Pliniu.s-. 243
kommenden Schreibfehler, so findet man auch e für i und na-
mentlich p. 163, 6 dcstincli. In einer Anmerkung- zu diesem
Verzeichiiiss findet sich ein Missverständniss in Betreff einer Con-
jectur von mir, das ich, wenn ich diese auch nicht festzuhalten
gesonnen bin, aufzuklären mir schuldig zu sein glaube. Es
lautet nämlich 15, 21 die Vulgata condi olivas . . vel virides in
muria vel fractas in lenlisco, M hat faclas, ich glaubte darin frictas
finden zu müssen. Wenn hierzu Fels bemerkt, diess sei eine
unrichtige Form, es müsstc vielmehr fricalas heissen, so wun-
dert es mich, dass er den Ausdruck nicht auch als an sich un-
geeignet angreift; allein ich hatte ein ganz anderes Wort im
Sinne, und suchte in frictas, den gedörrten, einen Gegensalz
zu virides, den frischen Oliven. Freilich hatte ich dabei nicht
beachtet, dass Cato R. R. 7, 4, woher diese Worte entnommen
sind, sagt in lentisco contusae. Hier könnte man freilich meiner
Conjectur durch eine andere, in lentisco tostae aufzuhelfen
suchen , allein vorzüglich die §. 25 sich findenden Worte tra-
petis fractae zeigen, dass fractae die gequetschten reifen Oliven
bedeutet , welche dadurch ihr Uebermaass an Oel verlieren , im
Gegensatz zu virides, den noch unreifen.
Bei der Besprechung des Verhältnisses der übrigen für den
Abschnitt, welchen der Palimpsest umfasst, d. h. für die Bücher
11 — 15, verglichenen Handschriften unter sich und zu jenem ist
bemerkenswerth, wie sich nach den hier angestellten Unter-
suchungen einerseits ein in der Hauptsache mit dem von Det-
lefsen Ausgesprochenen gleiches, andererseits ein ganz verschie-
denes Resultat ergibt. Fels ist nämlich auch auf seinem Wege
zu der Wahrnehnning geführt worden, dass sich in den Büchern
12 und 13 die Riccardia nische Handschrift näher an den
Pahmpsesten anschliesst. Dass er nicht darauf gekommen ist,
dass schon von 11, 216 an eine Verschiedenheil in jener Hand-
schrift eintritt, wie Dctlefsen bei seiner Untersuchung derselben
gefunden hat, erklärt sich leicht dadurch, dass sich in den 68
hieher gehörigen Paiagraplnm gegen das Ende des 11. Buches
gerade recht auffallende Schreibfehler in R finden, deren Fels 12
244 SiHunff der phttos.-pliilol. Classe vom 4 März 1862.
aiifgeziililt hat. In Betreff der Pariser Handschrift d schliesst
er sich aber durchaus nicht dem geringschätzigen Urlheile Det-
lefsens an, ja er stellt sie in Folge der Vergleichung mit andern
Handschriften höher als Sillig, so dass es sich der Mühe ver-
lohnt das in der Abhandlung an verschiedene Orte verlheilte
Resultat hier nach der Ordnung der Bücher zusammenzustellen.
In den ersten Büchern schliesst sie sich nicht selten an die
vorzüglichste Leidener Handschrift A näher an als die Riccar-
dianische und die älteste Pariser (Ra); von den letzteren weicht
sie hier mehr ab als in den späteren Büchern, ist dabei aber
nicht von eigenthümlichen Interpolationen frei, so dass sie keinen
Glauben verdient, wo AR zusammentreffen, aber als Ausschlag
gebend betrachtet werden muss, wenn sie an Stellen, wo A
fehlt und R von a abweicht, mit dieser oder mit jener der-
selben zusammentrifft. In den Büchern 11 — 15, welche sich
zum grössten Theile in M finden, sind Ra nur 1.3, 1—88 neben-
einander verglichen, näiidich R so weit er hier reicht, und a
vom Anfang des 13. Buches an. Im 11. Buch trifft d meistens
mit R zusammen , sie haben aber beide ihre eigenthümlichen
Verderbnisse, wie wir gesehen haben, selbst da, wo in R be-
reits die bessere Recension begonnen hat, welcher die Bücher
12 und 13 entnommen sind, wo natürlich die Aehnlichkeit auf-
hört. Die Lesarten von ad sind 14, 130 — 150 verglichen',
wo bei Abweichungen d so ziemlich in noch einmal so vielen
Fällen als a den Vorzug verdient; doch gibt Fels selbst zu,
dass an andern Stellen sich wohl das Verhältniss so ziemlich
umkehren würde , und dass namentlich die Wortstellung in d
eine grosse Nnchlässigkeit verrälh. Es drängt sich ihm in
Folge dessen dieselbe Ansicht auf, welche Sillig so verzagt
(3) Wenn iiicihei Fels sa»t, er vorstelle 14, 135 die Lesart von a
pisa veleri gar nicht, da ja ein Ablativ erfordert werde, so i.st zu be-
inerlien, dass es allerdings i\vr Ablativ der Nebenform pisa sein iniisste,
die sich bei Apieius .') , 4 lindet. Naeh den angeliilirten Stellen Coluni.
12, 27 und 28, 1 verdient aber die Conjeelur pislave iri allen Beifall.
V. Jan: Zur Kritik der N. Eist, des Plinius. 245
gemacht hat, tlass in den Büchern, in welchen wir keine der
entschieden bessern Handschriften als Leitstern haben, oft der
richtige Weg sehr schwer zu finden ist; er erkennt es also,
wenn er es auch nicht ausspricht, an, dass man hier über eine
gewisse Eklektik nicht leicht hinauskommen kann. Vom 20. Buch
an stimmt, so weit sich die Sache verfolgen iässt, d mehr mit
UV als mit a zusammen. Ueber die Umstellungen und Wieder-
holungen in den Büchern 32 und 33 hat sich Billig allerdings
nicht deutlich ausgesprochen und ich bin ausser Stand eine
Aufklärung darüber zu geben; es scheint aber so zu sein, dass
die Handschria d wenigstens in der Hauptsache die Umstellungen
in RV theilt, die wiederholten Worte aber weder im 32. Buche
von mir, noch im 33. von Sillig verglichen worden sind; übri-
gens macht Fels darauf aufmerksam, dass RVd im Buch 32
nicht aus einer und derselben Quelle stannnen können, weil d
einige Lücken, die sich in RV finden, ausfüllt. Beachtenswerth
ist, dass Sillig S. XV seiner Vorrede nur von der Wiederholung
in 33, 95—98 spricht. Hierüber wird Hr. Fels wohl von Paris
aus genauere Auskunft geben können. Jedenfalls steht d diesen
Handschriften nälier als a, wesswegen Fels für den Gebrauch
die Regel gibt, dass, wo RVd zusammenstimmen, sie a gegen-
über nur den Werlh einer Handschrift haben, wenn sie auch,
als weniger interpolirt, im Durchschnitt mehr Glauben verdienen
als a, dass aber a tlen Ausschlag gibt, wo er bei Abweichungen
jener Handschriften von einander mit einer oder der andern
übereinstimmt. In Betreff des Buches 37 erkliirt er siih darin
mit mir einverstanden, dass, da dieses Buch von späterer Hand
aus einer schlechten Quelle ergänzt ist, d hier der schlechtesten
Classe zuzuzählen ist.
In Betreff der Pariser Handschrift c hat Fels, um den
etwa bei Lesung der Worte Sillig's möglichen Irrthum zu be-
seitigen, meine eigenen Worte angeführt; er zeigt wie dieselbe
mit a verwandt ist, und räumt ihr nur eine selbstständige Be-
deutung ein , wo sie von a abweicht und mit d zusannnentritft.
Er weist ihr dasselbe Verhältniss zu a zu, welches die Tele-
246 Sitzung der philos.'philol. Classe vom 4. März i86i.
t aller Handsclirift (T) zu d hat, in welcher er auch das
Vorhandensein mancher eigenthiimlichen Interpolationen aner-
kennt , wosshalb er sie keines Glaubens würdig achtet, wo sie
mit ihren Lesarten allein steht.
In Betreff der Vaticanischen Handschrift D ist er auf
Silliii's Millheilung angewiesen, dass sie fast ganz mit Td über-
einstimme. Die Wichtigkeit der Zusätze von zweiler Hand er-
kennt er vollkommen an, und vermuthet mit Recht, dass in
meiner Ausg<ibe 15, 67 nur aus Versehen nach siccant die
Worte passas in aqua calida mergunt et iterum sole siccant
weggeblieben sind.
Sehr beachtenswerth ist das Resultat, zu dem er in Rezug
auf die Chiffletianische Handschrift (Ö) gekommen ist, dass
sie nämlich keineswegs, wie SiUig mit Harduin angenommen hat,
der Handschrift d besonders nahe steht, sondern mit Ra ebenso
viel Gemeinsames hat, doch auch für sich manche richtige Les-
arten, aber auch manche eigenthümliche Interpolationen, wess-
halb man sehr auf der Hut sein dürfe, wenn man ihr allein
folgen wolle, wogegen bei dem Zusammentreffen mit einer andern
Handschrift man ihr wohl Glauben schenken dürfe. Unter den
dafür angeführten Stellen kommt 11, 197 vor, wo die Vulgala
hat: menibrana, quam praecordia appellant, quia cordi praeten-
ditur, R aber corde, M d 0 a corde. Letzteres soll das Richtige
sein, wofür u a. angeführt wird 5, 48 donec a tergo praeten-
dantur Aethiopes. Diess würde aber nur hierher passen, wenn
a corde hiesse ,,auf der Seite des Herzens.'' Der hier erfor-
derlichen Erklärung entspricht offenbar der Dativ cordi besser.
Es ist ferner zu beachten, dass M nicht quia a hat, sondern
quam a ; war aber einmal wegen des a in quia die Präposition
durch eine Verderbniss hereingebracht worden, so lag die Ver-
änderung von cordi in corde nahe; ich kann mich daher noch
nicht von der Richtigkeit der Lesart quia a corde praetendilur
überzeugen.
Die oben erwähnte Uebereinstimmung von MR in den
Büchern 12 und 13 wird durch eine grosse Anzahl von Stellen
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Piinius. 247
nachgewiesen; unter denen, an welchen ihnen noch eine andere
Handschrift beitritt, ist 12, 22 aufgeliihrt, wo nach MR0 ge-
lesen werden soll ficns ibi exiniia ponio; Silhg hat mit ad ex/7?'a,
mit a* pomrt geschrieben; ich aus eigener Vermuthung exili
pomo. Sillig führt als Begründung an Thoophr. h. pl. IV, 4, 4
yaonnv öf orpndvct (.uxQnv (was nach Fels durch die Worte
ea causa fructum integens crescere prohibet (§. 23) wieder ge-
geben sein soll) und führt für exiniia auch aus dem Folgenden
die Worte dignus miraculo arboris an; allein er hat dabei über-
sehen, dass Theophrast im Folgenden noch sagt: ollyor di
i^aviiaoTiZg lor x((()nnp. ovy ^>n y.aia. in rov derd(}"V /tieysO^og,
dlXa Kc i ro nlnr. Andererseits ist aber allerdings das Zu-
sammentreten der 3 Handschriften in eximia auffallend ; der
Baum ist aber besonders durch seine Grösse ausgezeichnet (man
vergleiihe nur ausser dem bereits angeführten noch die Worte
Theophrast's xa< jnnXnr önöooi u'xi'xXnr xai rot /.isys^ei
^le y a ocp od Qa); es wäre daher nicht unmöglich, dass hier
eine der Lücken wäre, wie sie sich selbst in den besten Hand-
schriften finden, und Piinius geschrieben hätte: Ficus ibi exinn'a
tncif/nitvdine scd exili pomo. Dazu passt das Folgende ganz gut;
denn im §. 22 und im Anlang des folgenden ist von der
Grösse des Baumes die Rede; in den oben angeführten
Worten ea causa u s. f. aber von der Kleinheit der Frucht.
Fels scheint freilich von diesem Anskunftsmittel, das doch, wie
gesagt, durch die BeschafTenheit der Plinianischen Handschriften
vor anderen empfohlen wird, kein Freund zu sein ; wenigstens nennt
er es S 48 unnölhig, dass ich an einer sich fast unmittelbar an die
eben besprochene anschliessenden Stelle §. 24, wo von einem
andern indischen Feigenbanm die Hede ist, dessen Beschreibung bei
Theophrasl §, 5 lautet: "Eon df- xol V;t{jnv dtvd()ov xal no
(.leyeHti fieya xal )()r y. o q .7 n v y.al fi ey aXö xa{> n nv , in
den Worten fructum cortice niitlit admirabilem suci duicedine, ut
uno qu-.ileinos satiet nach duicedine die Einschaltung der Worte
et lanta magnilndine verlangt habe, indem er sagt, saliare sei
in weit(»rem Sirnie zu fassen für libidiiu'm explere eique satis-
24(S Sitiumj der philos. pln'lol. Clctsse vom 4. lüärz 1862.
facere. Der Sinn miisste dann sein : ,,die Feigen sind so süss,
dass Einer höchstens ein Vieriheil essen kann." Diess würde
abei- Pliniiis doch wohl anders ausgedrückt haben; für meine
Einsciiulluiig sprechen aber ausser i\cn angeführten Worten des
Theophrasl folgende Stellen des Plinius : 13, 133 satiant equos
denae librae et ad portionem miiiora animalia und 18, 136 unum
bovem modi singnli satiant. Dahin ist auch zu rechnen, dass
er 13, 139 die Worte fruticum ipsorum magnitudo ternum cubi-
torum est, caniculis referta so erklärt, dass nach dem Gebrauche
des Plinius ein Abstractum für ein Concretum geselzt sei, wäh-
rend ich vor canieuHs den Ausfall einiger Worte annehme.
Dagegen billigt er 14, 27 meine Vermuthung, dass nach quoniam
die Worte non favonium ausgefallen seien.
Die letzten Bemerkungen gehören dem Abschnitt an, in
welchem von dem Verhältnisse der Handschriften MR in den
Büchern 12 und 13 und dem Rande von D einerseits, und R
in den übrigen Büchern nebst acdTdO andererseits die Rede
ist, in welchen ich auch gegen das über andere Stellen Gesagte
Einsprache erheben muss.
Es ist zuerst von den gemeinsamen Verderbnissen beider
Classen die Rede, welche auf eine gemeinsame Abstammung hin-
zudeuten scheinen. Zu diesen Beweisen gemeinsamer Abstam-
mung habe ich (Gel. Anzeig. 1856 I. S. 50) auch 11, 61 spatio
für statio gerechnet , was Fels nicht billigt , weil P und T sehr
oft verwechselt würden. Wenn aber eine solche Verwechslung
durch alle Handscliriften hindurchgeht, liegt es doch wohl nahe,
an eine Veiderbniss einer genieinsamen Quelle zu denken,
ebenso wie 35, 188, wo die treffliche Bamberger Handschrift
das von mir ebenfalls durch Conjectur in intus polum ver-
besserte intus tolum mit allen andern Handschriften geniein-
"sam hat.
Gewiss mit Unrecht sucht aber Fels seinerseits in den
Worten (14. 8) quaruni (vilium) principatus in tantum pecnliaris
Italiae est, ut vel hoc uno oninia gentium vicisse eliam odorifera
possit videri bona, quarnquam ubicuinque pubescentium odori
V. Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Vlinius. 249
nulla suavitas praefertur eine genioinsame Verderbniss in qiiam-
quam, wofür er quoniam schreiben will; denn Plinius spricht
doch offenbar Italien nicht den Vorzu<f im Dufte der Traubenbliithe
zu, weil sie überall gut riecht, sondern obgleich diess auch
anderswo der Fall ist.
Ebenso wenig möchte die Vermuthung Beifall finden, nach
welcher 14, 36 in allen Handschriften sich eine falsche Ordnung
der Satzglieder finden soll. In Macd liest man nämlich in der
Hauptsache gleichlautend: Et hactenus publica sunt genera (Vi-
tium), cetera regionum locorumque ant ex his inter se insitu
niixla. si quidem Tuscis peculiaris est Tudernis atque etiain
nominis Florentia. est opima Arretio talpona ; der Palimpsest
hat aber adque otiam nomen iis. Diesem möchte Fels sich an-
schliessen, und diese Worte nach mixta einschalten. Dafür hätte
aber Plinius sicherlich suum nomen, oder vielmehr sua nomina
geschrieben. Ich habe in meiner Ausgabe drucken lassen
wollen : siquidem Tuscis peculiaris est Tudernis atque elianinum
in iis Florentiae sopina, Arretio talpona, durch ein Versehen ist
aber Florentiae vor in iis gekonnnen. Hieran tadelt nun Fels,
dass atque etianmum nicht in seiner eigentlichen, steigernden
Bedeutung stehe; er hat aber dabei übersehen, dass diese bei-
den Partikeln nach der in der discrepantia scripturae gegebenen
Erklärung gar nicht zusammengehören , vielmehr die Worte
etianmum in iis (Tuscis) eine Parenthese bilden. Für den un-
zweifelhaft Plinianischen Gebrauch von etiamnum bei Ortsan-
gaben lässt sich u. a. anführen: 5, 62 at in Hellade, etiamnum
in Aegaeo, Lichades.
Ist das hier Bemerkte richtig, so bleiben von den hier an-
geführten nur wenige Beispiele der gemeinsamen Verderbniss
aller Handschriften übrig, die sich freilich wohl durch andere
Stellen vermehren liessen.
Im Folgenden finden sich solche Stellen angeführt, an
welchen die von Sillig, Urlichs und mir aufgenommenen Con-
jecturen gemissbilligl werden. Von diesen haben wir zwei eben
besprochen, an welchen die Annahme des Ausfalls einiger Worte
250 Sitzung der philos.-philol. Clause votn 4. Mär% 1S6t.
bestritten wird. Bei einer andern (13, 134) ist unrichtig an-
gegeben, ich hätte wie Sillig geschrieben propter quod inaxuine
miror (die Handschriften haben praeterea quod), aliein ich habe
auch hier einen Ausfall vermulhet und geschrieben praeterea,
prnpter quod, während Fels praeterea — quo maxinie miror
schreiben möchte, wobei er wohl nur dann auf Zustimmung
rechnen könnte , wenn statt maxime der Comparativ stünde. —
12, 98, wo es von der Pflanze daphnoides, die am Rhein wach-
sen soll, heisst: vivit in alvariis apium sata, für vivit aber in M
vidi, in ad vidit steht, ist wohl vidi mit Recht zur Aufnahme
empfohlen; es hätte aber im Folgenden (nach satum in M) auch
satam geschrieben werden sollen, was Dalechamp aus einer
seiner Handschriften neben vidi anführt. — 13, 130 ist, was in
Mad steht, pracdicatus pabulo omnium, offenbar unverständlich,
und es muss nach Colum. V, 12, 1, wenn man die Conjectur
oo/um nicht beibehalten will, omnium pecudum geschrieben
werden. — 12, 116 schlägt sich Fels auf die Seite der Conjectur,
denn was Dalechamp als aus einer seiner Handschriften anführt,
tenuis gullae ploratu , ist kaum etwas anderes., da die Hand-
schriften MRad einstimmig tenui gutta ploratu haben, worin
Ruhnkcn wohl mit Recht ein Glossem vermuthet, das allerdings
von einer frühen Zeit herrühren müsste. — Zum Schlüsse wird
mit vollem Recht vor denjenigen Conjecturen gewarnt, durch
welche Eigennamen irgendwelcher Art, namentlich aber geo-
graphische, nach andern Schriftstellern geändert werden.
Unter den Spuren von Correcturen in den den einzelnen
Handschriften zu Grunde hegenden älteren Exemplaren ist
bei M 14, 107 bilumine für aspalatho angeführt, was ich, wie
es auch hier geschielit, schon Gel. Anzeig , 1856. I, S. 50 f.
als Glossem für das statt aspalatho fälschlich geschriebene
asphalto bezeichnet habe. Da sich aber dieses eigenlhümliche
Glossem auch in den Handschriften Ted findet, dagegen nicht
in a, hätte wohl daraufhingewiesen werden dürfen, dass wir
hier einen Beleg für den gemeinsamen Ursprung der andern
Handschriften (ausser a) mit M haben.
V. Jan: Zur Kritik der N. Hixt. des PI intus 251
Unter die Glosseme, welche R mit den interpolirlen
Handschriften gemeinsam hat, wird auch 12, 127 gerechnet, wo
in den Worten laudatur candor eins coacli, sequens pallido
statera, von dem letzten Worte, das in M ganz fehlt, R nur
die drei ersten Buchstaben sta hat, was übrigens eher auf den
gemeinsamen Ursprung mit M hinweist. Es Ist nämlich nicht
wohl einzusehen, wie ein Interpolator auf ein solches Wort ge-
kommen wäre; dem Plinius selbst ist es viel eher zuzutrauen,
der es ja, wenn auch in anderem Sinn, noch einmal hat in i\n\
Worten: 31, 38 quidam statera iudicant de salubritate. Hatte
aber Plinius so geschrieben, so war es ganz natürlich, dass ein
Interpolator ein anderes leichteres Wort darüber schrieb. War
diess der Fall, so konnten entweder, wie in der eben bespro-
chenen Stelle 12, 116 gutta ploratu, die beiden Wörter neben-
einander in die Abschriften übergehen; oder es konnte, wenn
das ursprüngliche Wort durchstrichen war, nur die Glosse in
den Text kommen, wie in B 37, 85 iudicio für senafus con-
sulto, oder es konnte, nachdem anfanglich das ursprüngliche
Wort durchstrichen war, dieses dadurch wieder hergestellt wer-
den, dass die Glosse durchstrichen und dieses durch Punkte als
giltig bezeichnet wurde. BUeben diese Punkte ganz unbeachtet,
so fielen beide Wörter weg, wie in M, wurden sie von dem
Abschreiber nur auf einen Theil des Wortes bezogen , so ent-
stand eine Verstümmelung, wie in R.
An einer andern Stelle 12, 18 (nicht 33) verweist Fels
die Handschrift R auch mit Unrecht ohne Weiteres auf die Seite
der andern Handschriften, und gibt dem, was in M steht, ilew
Vorzug; doch geschieht diess nicht ohne eine Acnderung, die ich
nicht gut heissen kann, und, wenn man die Stelle im Ganzen
Iielrachtet, nicht in der nöthigon Ausdehnung. Sie lautet in
meiner Ausgabe: Tanta obori auctoritas erat urbis nostrae CCCX.
anno, tunc enim auctor ille (IIero(lotu.s) hislorä//« cam condidit
Thuriis in Italia. quo magis mirum est quod eidem credimus qui
Padum amnem vidisset ncm'uicin ad id tempus Asiae Graeciae-
que aut sibi cognitum. Aethiopiae forma, ut di.\imus, nuper
252 Sitzung der phüos. - pht'lol. CUisse vom 4. Märt ±862.
adlata Neroni principi raram arborem Meroen usque . . nullam-
que nisi palmarum generis esse docuit. Fels hat nur die Worte
neminem . . . cognitum berücksichtigt, und da M nQiwni ad id
tempus Asiae Graeciaeque visiim . cognita. hat, vorgeschlagen
nemini . . . visu cogni^i/w? zu schreiben, um dadurch den Worten
Herodots 3, 115 rnvio de ovdtvng avcönreio y£vo/.iivov näher
zu konmien; er hat aber dabei nicht beachtet, dass jene Worte
Herodots viehnehr durch die Worte qui Padum amneni vidisset
neminem wieder gegeben werden, und dass sein Vorschlag nur
dann zulässig wäre, wenn man qui und vidisset striche. Die
Handschrift R stimmt allerdings theilweise mit der Vulgata und
den andern Handschriften tiberein, indem sie für uvt sibi nn't d
vt sibi (a haud sibi) hat; sie nähert sich aber dem Palimpsesten
darin, dass sie statt ne\m?ieni ad id hat nem'iue addi und stimmt
darin allein mit ihm überein, dass sie Graeciae hat, was in ad
fehlt. Gegen visu cognitum wäre, wenn es sich in M fände,
nichts einzuwenden, diess ist aber nicht der Fall; nemi«« ver-
trägt sich nicht mit Asiae Graeciaeque. Diess muss also wohl
aufgegeben werden, und nem'ine in R scheint auf den Ueber-
gang aus dem ursprünglichen nem'mem hinzudeuten. Will man
aber im Uebrigen sich möglichst genau an M halten, so muss
man den Punkt nach cognita streichen, so dass dieses mit
Aethiopiae forma verbunden Subject zu docuit wird, und den
andern vor demselben stehen lassen, so dass Asiae Graeciaeque
Visum zusannnen gehört; und diess ist eine Ausdrucksweise,
wie sie sich bei Plinius nicht selten findet; vgl. 8, 201; 12,
56; 37, 158. Im Vorhergehenden hätte aber noch angeführt
werden können, dass R mit den andern Handschriften sich an
die Vulgata histori«/« eam anschliesst, während M histori</rwwi
hat, was wohl das Richtige ist. So steht nändich auch 25, 14
historiarum auctor und 36, 36 hisloriarum scriptor. Das Verbum
condidit ist aber absolut zu fassen, wie 13, 88 Honiero condcnte.
Weiterhin wird als Beispiel der Interpolation der
Handschriften VRTd angeführt 29, 106 pars portio, wo die
Ausgaben nach R' bloss pars haben. So nackt hingestellt
V. Jan: Zur Kritik der ZV. Hist. des Pliitiu*. 253
scheint es ausgemacht zu sein; beachtet man aber den Wort-
laut der giinzen Stelle : alii decem diebus cinerem earum (mus-
carum) inlinunt cum cinere charlae vel nucum ila ut sit terlia
pars portio e tuuscis . und vergleicht damit die in meiner
discrep, Script, angeführte Stelle 12, 68 non dant ex trmrra
portiones deo, so stellt sich die Sache ganz anders, und es
kann tertia pars (remedii) recht gut neben portio e muscis
stehen.
Was die Correcturen der Handschriften in den
Büchern 11 — 15 betrifft, so ergibt sich für M, dass sie zur
Berichtigung wirklich oder vermeintlich falsch geschriebener
Buchstaben und Wörter dienen und theils aus dem Original ent-
nommen , theils vom Schreiber vvillkührlich gemacht sind , die
Bemerkung Mone's aber, dass M' meist mit den Handschriften
Sillig's zusammcntrefle, unrichtig ist. R'a* werden nur dann zur
Beachtung empfohlen, wenn sie mit d zusammentreffen, da an
den andern Stellen meist eine Conjectur vorausgesetzt werden
müsse.
Das zweite Kapitel geht von der Leidener Handschrift
A aus , und bezieht sich demgemäss auf die Bücher 2 — 6.
Diese Handschrift ist offenbar aus einer ähnlichen Quelle ge-
flossen als M und R in Bui;h 12 und 13 und daher mitunter
von Interpolationen frei, die sich in allen andern Handschriften
finden ; desshalb wird der strenge Anschluss an dieselbe em-
pfohlen; in Betreff der Orthographie fehlt es für die meisten
Falle an den nöthigen Anhaltspunkten. Ueber die Handschrift
d ist schon oben gesprochen worden. Einzelne Stellen scheinen
in allen hier zur Sprache kommenden Handschriften auf ein,
wenn auch weit zurück liegendes, gemeinsames Original hin-
zuführen.
Ueber die zweite Hand in Ra ist Fels mit mir einver-
standen , dass Sillig ihr zu oft gefolgt ist ; er empfiehlt aber
auch hier das Hinzutreten von d als ein empfehlendes Zeichen.
Unter den Beispielen von Stellen, an welchen die Aufnahme der
Lesart von a* geladelt wird, findet sich 2, 172; wo ich mit
[1Ö62. I.J IS
254 SiHutiy der philos.-philol. Classe vom 4. März 1862.
Sillig geschrieben habe: pruina tantiiin albicans lux. media vero
terrarum, während RÖTaM haben: pruina tantum albicans lux
vero media, wesshalb Fels zu schreiben rälh: albicans lux.
Verum media. Es dürfte aber vielmehr diese Stelle denen zu-
zuzählen sein , an welchen Plinius vero an erster Stelle gesetzt
hat, wie 22, 18 nach RVd, 24, 159 nach Va, wogegen verum
nach Tadö 18, 16, und nach Dad 18, 162 an zweiter
Stelle steht.
Das dritte Kapitel schliesst sich an die Bamberg er
Handschrift (B) an, welche bekanntlich nur die 6 letzten
Bücher enthält. Ihre Vorzüglichkeit wird als unbestritten vor-
ausgesetzt und meiner Ansicht beigepflichtet, dass sie aus Italien
stamme. Das Resultat zahlreicher Zusammenstellungen von or-
thographischen Eigenthümlichkeilen* ist, dass zwischen ihr und
M keine bedeutende Verschiedenheit besteht. Bekanntlich zeichnet
sich diese Handschrift vor allen andern dadurch aus, dass sie
mitunter bedeutende Lücken ausfüllt, die durch das Abirren
(4) Es wild liier das Bedaupin ausgesproclieii, dass bei Abweichungen
meiner gedruckten (]oliation von der Sillig'schen und meiner Ausgabe
es mitunter unlilar bleibe, was das Richtige sei. An den aufgezählten
Stellen ist das Wahre: 32, 52 (nicht 04) belua und beluas; 32, 1)2 brit-
tannicis, 33, 54 brittannia, 37, 35 brittania ; 33, Jil B' atrusus, B-altr.;
34, 15 ist gar nicht angegeben, dass Roinae fehle; 34, 175 dandaeff.;
35, 72 ratem; 35, 120 priscus; 37, 37 B' proinunturia B' promuncturia ;
37. HO adhaerensuiit. Die Angaben Silligs sind nach meiner zweiten
Collation richtig: 33, 4 carius für cariora ; 33, 42 dass dicuntur nicht
fehlt ; 33, 75 opturainentis statt optura. mortis ; 33. 83 rapina statt . . iiaui
und posuit sibi statt sibi posuit sibi ; 33, 134 paulanteni callistmn pau-
lantein ; 34, 3 longc statt . . gi ; 34, 6 cum eo für esse; 34, OC tlierpis
statt therpis; 34, 135 difrygem statt difrug. ; 34, 154 emoroidas statt
emmorr.; 35, 27 dependet statt ..dit; 35, 36 paretonium statt paraet.;
36, 30 tirCHinitu statt ..itur; 30, 42 ist et nicht ausgelassen; 36, 158
faciunt statt iac ; 30, 196 materia statt ..riac; 37, 28 vitio statt vitia;
37, 50 hoc statt in hoc; 37, 05 collibus statt in coli.; 37, 117 celeris
statt cetera; 37, 138 disting. statt dcsting. ; 37, 170 cuti statt cute;
37, 174 limbo statt lembo.
IV Jan: Zur Kritik der N. Hist. des Ptinitii. 255
des Schreibers des Originals der andern Handschriften von
einem Worte zu einem andern ähnlichen entstanden sind. In
den Büchern 32—36 hat sie fast gar keine Interpolationen; es
ist daher kein Zweifel, dass diese Handschrift einer andern Fa-
milie angehört, als alle anderen, welche diese Bücher enthalten.
Die Zahl der gemeinsamen Verderbnisse ist sehr gering, und
selbst unter den hier angeführten sind noch einzelne zweifelhaft.
Dahin gehört 33, 108 confractis tubulis ad magnitudinem o/m-
lorum, wo Sillig mit Herrn. Barbaras nach Dioscorides 5, 102
y.acuKÖipag alg xagvcov f.tEyaihr) acellanarnm geschrieben hat,
Fels aber mirnlanim für das Richtige hält , was ich allerdings
in der discrep. Script, für nothwendig erklärt habe, wenn man
nach Dioscorides ändern will; ich vernuithete dabei , er könne
etwa xQiy.fov geschrieben haben ; allein bei genauerer Betrach-
tung zeigt der Umstand, dass Dioscorides nichts dem Worte tu-
bulis Entsprechendes hat, dass Plinius sich auf ein ganz anderes
Verfahren bezieht. Von den Uebersctzcrn hat Küll allein die
Sache richtig aufgefasst und sich daher auch für anuloruin er-
klärt. Die Entstehung der auch §. 106 erwähnten tubuli wird
§. 107 durch die Worte erklärt : sublata vericulis ferreis atque
in ipsa flamma convoluta vericulo. Fels wendet gegen anulorum
ein, es gäbe diess kein bestimmtes Maass; allein passt zu Röhr-
chen, welche zerhackt werden, wohl nucularum besser? gibt
nicht vielmehr anulorum die Kleinheit der Stücke an, deren Breite
nicht mehr den Durchmesser des Röhrchens erreicht?
Ganz eigenthündich ist das Vcrhällniss von B im 37. Buche,
welches Fels, abgesehen davon, dass er den Hauptgewinn, der
dieser Handschrift zu verdanken ist, die Ergänzung des Schlusses
gar nicht erwähnt, richtig aufgefasst und dargestellt hat. Es
findet sich hier eine ganz selbstständige Recension, die aber durch
Interpolationen und andere Verderbnisse so entstellt ist, dass
man ihr nicht Schritt vor Schritt folgen kann. Die übrigen Hand-
schriften sind sänmitlich sehr jung, so dass sie Fels den ältesten
Ausgaben gleichstellt und die Besprechung derselben an diesem
Orte ablehnt. Nur die oben besprochene Wiener Handschrift
256 Sitzunc/ der philos.-philol. Classe vom 4. März 1862.
macht dem Alter nach eine Ausnahme, wenn man sie in das
12. Jahrhundert setzt; sie kommt aber gerade den älteren Aus-
gaben am nächsten. Jedenfalls verlohnt es sich, da für dieses
Buch am allermeisten zu Ihun ist, wohl der Mühe das Verhält-
niss der dasselbe enthaltenden Handschriften zu einander in's
Klare zu bringen, wie es in Kurzem in der Vorrede zum 5. Bande
meiner Ausgabe bereits geschehen ist, und es gibt uns der
Schluss des Werkes hier einen Anhaltspunkt, welchem die
Lesarten der einzelnen Handschriften in der Hauptsache auch
entsprechen.
Der wirkliche Schluss §.205 Salve, parens rerum om-
nium Natura, teque nobis Quiritium solis celebrafam esse
numeris omnibus tuis fave! findet sich bekannllich in B allein.
Die Ausgaben vor der kleinern Sillig'schcn , die den von mir
vorher in einem Programm bekannt gemachten wahren Schluss
brachte, während merkwürdiger Weise die nachher erst er-
schienene Stereotypausgabe denselben verschmähte, schlössen
alle mit §. 203 Ab ea exccptis Indiae fabulosis proxime quidem
duxerim Hispaniam quacumque ambitur mari. Wie der Ursprung
der ersten Ausgaben überhaupt etwas Räthselhaftes hat, so
bietet diesen Schluss keine der von Sillig und mir früher be-
nützten Handschriften ; ich fand ihn nur in einer Pariser aus
späterer Zeil ; durch Detlef^en ist noch die Wiener Handschrift
Ol als dahin gehörig bezeichnet worden. Von den übrigen Hand-
schriften schhessen einige, wie die Wiener C und die Münchner
oder Pollinger (P), mit § 199 prius quam ad ocnlos perveniat
desinens nilor, andere, wie die Pariser d und h, mit den Worten
desselben Paragraphen : primum pondere. Wir erhallen hier-
durch vier Classen von Handschriften, von welchen sich die
beiden minieren am nächsten stehen; im Uebrigen bilden sie
dem Werthe nach eine absteigende Reihe. So viel auch in
diesem Buche an der Bamberger Handschrift auszusetzen ist, so
bleibt sie dennoch die vorzüglichste von allen; die zweite und
dritte Classe trifft häufig noch mit dieser überein, namentlich die
dritte weicht aber bei weitem häufiger von derselben ab; die
v. Jan: Zur Kritik der N. Hist des Plinius. 257
letzte ist durchatis so interpoliit, dass Harduin, indem er seiner
Handschrift d blindlings folgte, ohne zu beachten, dass dieses
Biuh in weit späterer Zeit hinzugefügt worden ist, in seiner
Ausgabe einen offenbar weil schlechteren Text zu Tage geför-
dert hat, als der der früheren Ausgaben ist. Mein Bestreben
war darauf gerichtet , die Reccnsion der Baniberger Handschrift
möglichst zur Geltung zu bringen. Dadurch Hess ich mich hier
und da verführen die in demselben sich findenden Interpolationen
in Klammern beizusetzen, was ich jetzt unterlassen zu haben
wünschte; ich würde daher dieses Buch sofort noch einmal
durcharbeiten, wenn mir nur eine einigermassen bedeutende
Handschrift zu Gebote stünde. Dass die Hoffnung, welche ich
in die Wiener Handschrift lo setzte, gänzlich vereitelt worden
ist, habe ich schon oben erwähnt.
Bei den Handschriften, welche für die Bücher 32— 36
vorhanden sind, hätte auch das uralte Fragment der Bücher
33 und 34 aufgeführt werden dürfen, welches sich in der Wiener
Bibliothek findet und nach einer Abschrift von Dr. Reuss in dem
Kataloge der Wiener Bibliothek Bd. II, S. 125 ff. Nr. CGXXVIII
von Endlicher bekannt gemacht worden ist, das, freilich arm-
selig verstümmelt, doch schon durch die von der Unterschrift
des 33. Buches übrig gebliebenen Worte post mortem als zur
Familie der Bamberger Handschrift gehörig sich beurkundet.
Den, wenn auch natürlich aus alten Exemplaren entnom-
menen, mittelalteriichen Auszügen aus der Naturali a hi-
storia hat Sillig offenbar zu viel Werth beigelegt, wenn er
selbst in Verbindungspartikeln und andern zur Form gehörigen
Dingen ihnen folgen zu müssen glaubte. Diess erkennt auch
Fels an, der die unter dem Namen des Appulejus in einer
Handschrift der Pariser Bibliothek enthaltenen Auszüge aus dem
19. und 20. Buch des Werkes, die Sillig im 5. Bande seiner
Ausgabe abdrucken liess, und die Schollen zu den Prognoslica
des Germanicus, welche Auszüge aus dem 18. Buche ent-
halten, in diesem Sinne besprochen hat. Den Isidorus er-
wähnt er nur in seiner Vorrede; es scheint aber fast, als habe
258 Sittung der philos.-philot. Classe vom 4. Mär% 1862.
er das Werk desselben, in welchem er allerdings Vieles aus
Plinius enllehnt hat, die Origines oder Elymologiae, gar nicht
zur Hand gehabt. Ucbrigens ist aus den Ausgaben dieses
Werkes allerdings für die Kritik des Plinius wenig oder nichts
zu erholen; dagegen könnte eine genaue Vergleichung der zum
Theil allen Handschriften desselben manches nicht Unbedeutende
liefern, wie schon die von mir in der Zeitschrift für die Alter-
thumswissenschaft 1837, Nr. 84 — 86 gegebenen Proben zeigen.
Zum Schlüsse stellt auch Fels eine Stammtafel als das
Resultat seiner Untersuchungen auf. Abgesehen davon, dass
darin R XI, XH steht, was nach seinen sonstigen Angaben XII,
XIII heissen müsste, nach Detlefsen XI, 216 — XIII, 88, sollten
aber hierbei nicht VRTacdD ohne Weiteres zusammengestellt
und dem Leser überlassen bleiben, sich über das Verhältniss
derselben zueinander im Vorhergehenden Raths zu erholen , da
ja hier noch drei offenbar von verschiedenen Originalen ausge-
gangene Gruppen zu unterscheiden waren: l)ac, 2)RDV, 3)dT.
Fassen wir aber das Gesamm tergebniss der von Fels
angestellten Untersuchungen zusammen , so könnte hier noch
eher ein Schluss sich rechtfertigen lassen, wie wir ihn bei Det-
lefsen gefunden haben. Er bespricht nämlich drei Abschnitte,
in welchen vorzügliche Handschriften zum Leitstern dienen kön-
nen, in den Rüchern 2 — 6 A, in 11 — 15 M, in 32 — 37 B,
wobei jedoch zu bemerken ist, dass A und M keineswegs den
vollständigen Text jener Bücher enthalten, und dass B im letz-
ten Buche für die Herstellung des Textes im Einzelnen durch-
aus nicht überall brauchbar ist. Die Bücher 7 — 10 und 16 — 31
lässt er unberücksichtigt, weil, abgesehen von dem Wenigen,
was sich für 16 — 19 noch in D^ findet, nur geringere Hand-
schriften für dieselben vorhanden sind, unter denen a noch
einen gewissen Vorrang des Alters behauptet, ohne aber so frei
von Interpolationen und sonstigen Verderbnissen zu sein, dass
man diese jenen drei Handschriften an die Seite stellen könnte.
Zu einer gleichmässigen Durcharbeitung aller Bücher wäre es
also erforderlich, dass noch andere jenen gleich gute Quellen
V. Jan : Zur Kritik der N. Hut. des Plinius. 259
aufgefunden würden, wenn schon anzuerkennen ist, dass die
meisten der Bücher, in welchen es an einem sicheren Führer
fehlt, nicht so sehr als manche der andern verdorben sind. Als
Aufgabe des Kritikers muss nach der gegenwärtigen Sachlage
bezeichnet werden, dass er sich an jene Hauptführer strenge
halte, und im Uebrigen bei der Benützung der andern Hand-
schriften die gehörige Erwägung darüber eintreten lasse, welche
Handschriften, wenn sie in ihren Lesarten zusammentreffen, den
meisten Glauben verdienen. Diese Aufgabe hat sich im Allge-
meinen sowohl Sillig als ich gestellt; wenn hier und da in der
Ausfülirung derselben eine strenge Consequenz vermisst wird,
so ist dabei wohl in Anschlag zu bringen, dass wir beide als
vielbeschäftigte und unserm Berufe treu ergebene Schulmänner
auf diese Arbeit immer nur nach den Mühen eines unter man-
cherlei disparaten Beschäftigungen hingebrachten Tages wenige
vereinzelte Stunden, die Andere der Erholung zu widmen
pflegen , verwenden konnten , so dass manchmal kaum einige
Paragraphen im Zusammenhang gearbeitet wurden. Dass durch
ein so zerstückeltes Arbeiten die Herstellung einer einheilhchen
Recension eines Schriftstellers sehr erschwert wird, unterliegt
keinem Zweifel. Wer aber den Versuch machen will, sich auch
im Einzelnen und Kleinen fest an eine jener Handschriften
anzuschliessen, wird bald die Unmöglichkeit einsehen , da ja
auch diese alle insoweit verdorben sind, dass man oft froh sein
muss, wenn eine der geringern Handschriften eine Aushilfe
bietet, und man sich nicht zur Conjeclur gedrängt sieht, die,
wo sie unvermeidlich ist, natürlich immer von den besten Hand-
schriften ausgehen, und auf eine genaue Beachtung des Siimes
und Zusammenhangs, wie auf eine vertraute Bekarmtschaft mit
der Ausdrucksweise des Schriftstellers gegründet sein nuiss, wobei
dem subjectiven Urtheil innnerhin Vieles anheimgestellt bleibt.
Wie leicht dieses irre geleitet wird, zeigt die Besprechung so
mancher der im Obigen behandelten Stellen. Bei keiner aber
ist es so wie bei 12, 18 ersichtlich, wie wünschenswerlh auch
für die Kritik ein erklärender Commentar der Naturalis historia
260 Sitzung der pMlos.-philol. Classe vom 4. Mär% 1862.
wäre, der hier darauF aufmerksam gemacht haben würde, dass
Pliniiis die Worle Herodols 3, 115 offenbar missverstanden hat,
indem er ihn sagen lasst, es habe zu seiner Zeit noch Niemand
in Asien oder in Griechenland den bekiinnten Padus gesehen,
während jener viehnehr von einem andern von den Barbaren
Eridanus genannten Fhissc spricht, der in das nördliche Meer
münden sollte, von welchem er sagt, der griechische Name be-
weise schon, dass man hier ein Phantasiegebilde irgend eines
Dichters vor sich habe , das noch von keines Menschen Auge
gesehen worden sei. Wenn denniach nicht in Abrede gestellt
werden kann, dass noch eine consequentere Benützung des be-
kannten handschriftlichen Apparates, sowie eine Erweiterung
desselben durch neue Entdeckungen gewünscht werden muss,
so ist andererseits anzuerkennen , dass die Kritik des auch
seinem Inhalte nach so schwieritren Werkes auch hierdurch
allein ihr Ziel nicht erreichen kann, wenn nicht auch die Er-
klärung desselben in einer Weise gefördert wird, wie ich sie
früher (Bulletin 1852, Nr. 23) angedeutet und in neuerer Zeit
der k. Akademie ausführlicher darzulegen versucht habe.
Herr Plalh trug vor
„lieber den gegenwärtigen Zustand der ägyp-
tischen Alterthumskunde."
Thomas: Zu Marco Polo. 261
Herr Thomas trug vor
„Zu Marco Polo, aus einem Cod. ital. Monacensis/'
Der Codex ilalicus 165 unserer Bibliothek (vgl. den ge-
druckten Calalog |). 383 n« 1031) ist theils wegen der alten
Sprache, theils und noch mehr wegen seines curiosen und bunt-
ronianlischen Inhalts nicht ohne besondere Anziehung.
Er enthält im wesentlichen eine Art Weltgeschichte vom An-
fang der Dinge bis herein in das Ende des 13. Jahrhunderts, ganz
im Geschmack des Mitlelallers, mit vorzüglicher Verwebung der
jüdischen, der christlichen und heidnischen Sagen, ohne strenge
Ordnung , natürlich ohne alle Kritik der Zeiten und Dinge,
darunter wie billig die Zugaben der scholastischen Philosophie,
der Naturlehre, der Weisheit in Sprüchen und Lehren, — ein
Mosaik willkührlicher Gestalt, aber doch reich und nicht ohne
Kenntniss zusammengetragen. Der Verfasser ist schon vom
Hauche des neuen Litteralurlebens im 14 Jahrhundert berührt;
er kennt das Allerlhum, wenigstens griechische und römische
Geschichten; namentlich Aristoteles wird wiederholt genannt:
so wo er von den Elementen handelt, Fol. 10'- abiamo chontato
brievemente tutti quattro elemenli, ma di caschuno diremo di-
perse anchora piu pienamente si e vero che AristotUe uagugne
uno ilquale dice che rinchiude tutti ed e chome e il punto e
nel mezzo del cerchio chosi dice che questo nel mezo del fir-
mamento e chiamolo orbino. Ferner Fol. 40'- , wo von der
„Finosomia'^ gehandelt wird: disse-i4mto/27e ad Allxandro luomo
achui tu vedrai glochi picoli e profondi sara reo in ogni mal-
fare etc. Weitere Berufungen sind Fol. 45', 46'-, 48'-, 49'.
Plato Fol. 48'. Ausserdem Tvilivs (Cicero) z. B. Fol. 45% 47'.
Salustitts, Virgilius, Macrohins, Terentim, Aufonimis, Prisciamis,
(Presciano Fol. 49') Marciamis? (Masiano Fol. 49'), ebenda auch
Andronicus (Andromico), doch wohl der von Rhodus; von den
Kirchenvätern ist S. Avgvslin Fol. 49'-, S. Isirlor, Origines,
einmal auch S. Benedict angezogen, Fol. 45'. Es wird dort
262 'Sitzuntf der philos. - philol. Clatse vom 4. März i862.
von der ,.ghoIosila" gehandelt und nach Citaten aus Dante und
Tullius hoisst es : e S. Benedello nel reforetto disse
lo viste persone
che chonperan chapone
pernisce e grosso pesce
lo Spender non rincresce,
come voglon sian chari.
pur truovisene a danari
si pagon larghatnente.
e credon che la gente
gle le ponghan allargheza
ma ben e gran vilezza
ingholar tanta cosa
che gia fare non soxa
chonviti ne presenti
ma li suo propri denti
manga e divora tutto
e cho chostiimc brutto '.
Allgemein gehalten sind seine Berufungen auf die biblischen
Urkunden und alte Ueberlieferung z. B. Fol. 2'- secondo natura
ouero secondo lo scritto chessi troua de nostripassafi oder Fol. 49'-:
falsita secondo Ja legte e dire una effare unaltra. Fol. 10'- dient
ihm In scrittura de ßhxofi zur Angabc einer auch sonst merkwür-
digen Ansicht über die Gestalt der Erde : Tornando al londo della
terra dice la scriltura de filoxofi chesse fusse chosa possibile che
alla terra si facesse nel mezo un foro come a il fusamolo delle donne
e fusse largho quanto bixognasse. e per lo foro ouer per lo pozzo
si gitasse una grande macina ella non passerebbe disotto laria
infino allaria esse purpasse per la chaduta alquanlo il luogho del
mezo inchontamente ritornerebbe in quel luogho pero che da
indi ingiu andrehe verso laria. Fol. 11'- wird der Philosoph xat'
8^ox7]v „secondo il ploxafo^'' angeführt.
(l) Es scheint diess etwas Npucs zur Benedictus-Litteratur, da auch
Herr Collega Abt Haneberg darüber nichts auffand.
Thomas: Zu Marco Polo. 263
Er Stützt seine Ausfülirung gerne mit Versen, auch aus
Dante; allein es ist überall mehr das Sonderbare, das Wunder,
die Anekdote, was in's Zeuth gewebt wird — ein buntspielen-
der bilderreicher Teppich.
Freilich liegt nun da manches geborgen was zu wissen
auch andere inleressirt. Einen grösseren Abschweif macht die
Schrift (Fol. 33 — 40) über Alexander den Maccdotiier — eine
Art mittel- italienischer oder mittelalterlicher Callisthenes. Sehr
eingehend wird auch die Sage des Äeneas von seinem Abzug
aus Troja und seine weiteren Schicksale — meist nach Virgil —
der römischen Geschichte vorausgeschickt (Fol. 53 — 61).
Das historisch wichtigste ist vielleicht ein Abschnitt über
die Kunde Asiens, der von Fol. 2V- bis Fol. 33'- eingelegt ist,
ein Auszug aus Marco Polo's Reisebericht.
Dass dem so ist, würde eine Vergleichung der einzelnen
Stücke lehren, wenn der Compilalor nicht auch selbst seine
Quelle offen und gerade zu erkennen gäbe. Er thut diess nicht
gleich am Anfang seiner Auszüge, sondern zuerst auf Fol 24''
am Schluss des Artikels über Chingitalas , wo vom Asbest
(Salamander) die Rede ist und erzahlt wird dass das Schwei.ss-
tuch Jesu in Rom in ein unverbrennliches Linnen gewickelt auf-
bewahrt werde, das der Gross- Chan geschenkt habe Ha be-
kräftigt er diess also: e Hlesser Marcho Polo da Yinegia
cheffu in quelli paesi scrisse nel libro ende silrasse la prexente
materia che ne vidde assai.
Dann noch einigemal ; Fol. 25'- unter: Tenüviche . . . binchella
sia sotto il gran chane uitrovo Messer Marcho vn re etc. —
Fol. 26''- unter Gliargo . . . nel 1290 essendo Messer Marcho
nella chorte del gran chane secondo che gli scrive etc. —
Fol. 27'- unter Eumagi . . . della quäle scrive Messer Marcho
detto etc. — Fol. 27'- unter Saiafu . . . poichel gran chane
ebe aquistato il resto del reame stelle ad asscdio a quella 2 anni.
e mai non larebe auta se non che Messer Marcho sopra detto
dice, chensegno loro il trabocho che mai niun Tariere lo sepe. —
Fol. 29'"- unter Cianba . . . scrive Messer Marcho da Yinegia
264 Sitzung der philos..-phi'lol. Classe vom 4. März 1862.
che ne vide a qucl re che regnava nel 1285 Ira maschi e
femine 266 figluoli etc. — Fol. 29^- unter Basma . . . liochorni
che nanno inolti e sechoiulo scrive Messer Marcho ne vidde
assai etc. — Fol. 30''- Mutifele e un regno nel quiile Messer
Marcho scrive che Irovo una reina stala vedova 40. anni etc. —
Fol. 32'' unter Mcmdechascarc . . . scrive Messer Marcho va
inolti giifoni etc. — Fol. 32'- unter Turchia la grande . . .
scrive Messer Marcho che al tenipo che vera cholui che regnava
aveva una figluola chavca nome Lucente la quäle vinceva dl
forteza ogni huonio etc.
Da unser Auszugniacher dem Zeitalter Marco Polo's sicher
sehr nahe steht, so darf seine Auslese selbst für die Textes-
kritik des berühmten Reisebuchs nicht für ungerecht gehalten
werden. Vielleicht dürfte sie sogar ein weiterer Beweis sein
dass Marco sein Werk wirklich in der „lingua volgare" nieder-
geschrieben hat.
Hierorts genügte mir zur Verwerthung der geographischen
Kritik nur die Varianten der Orts- und Ländernamen auszuheben.
Ich citire nach der Ausgabe des Grafen BaldoUi Boni, und
zwar nach dem ersten Bande (II Milione di Marco Polo), mit
Angabe der Seiten und Paragraphe.
p. 17. §. 20. Persia e vna nobile prouincia . . in essa la
citta di Saba.
p. 18. §. 21. essono in Persia otto reami. co chausom, distam.
zetazi. sonchar lor. celcsta. istam. tunogham.
p. 19. §. 22. ladis e una cilta di Persia.
p. 20. §. 23. Cremma e un regno.
§. 24 Camandi e una cilta del reame di re abales.
p. 22. Connos e una citta.
p. 23. §. 26. Partendosi anchora luomo da Cremma per un-
altra uia tre gornate dilungho non uisitroua
aqua che non sia salata e uerde chome erbe
e amara.
p. 24. §. 27. Ghobia e una cilta oue si fa la tuzia e lo
Thomas: Zu Marco Polo. 265
spodio, e parlendosi diqui siua ollo gornate
per diserli forniti al delto modo, in quel paese
e luWei'o secho
p. 25. S. 29. MHUe sichiaina ladoue stelle il ueglo della
moiilagna.
Svppvngha e ima citla.
Balaache era una grandissima cilta.
Casem e una citla doue molti porci,
Tuicham e un chaslello doue montagna uisono
di sale.
Balascha e una provincia doue naschano le
pielre pieziose che si chiaman balasci.
Büusiian e una provincia.
Che/fimim e una provincia oue a genle che sanno
tanto dinchanlcximo cl»e faiino inutare
il tenipo.
BavdacJie e Vocha son due provincia.
Casiiar e una provincia.
Samarche e una citla del gran chane doue uxano
sichuramente Crisliani e Saracini,
Ghorgam che dura cinque gornate e
uxan» Crisliani e Nestorini, CItontain
e una provincia.
Pcitn e una provincia.
Ciarcia c una provincia anchora nella gran
turchia.
Lop e una gran cilta.
Sarliion e una citla nella provincia di Taghvf,
Cliainvl e una provincia abilata da genle niolle
sollazevole.
CJihujitalas e una provincia.
Siichivr e una provincia.
Chatipicconi e una cilta.
Churocliaro e una citla.
ErijhuH e un reame sotto il gran chane e
p-
27.
s.
30.
p-
27.
s.
31.
p-
28.
§.
32.
p.
28.
§.
32.
p-
29.
§.
33.
p-
30.
§.
34.
p
30.
§■
35
p-
31.
§.
36.
p-
32.
s.
37.
p-
32.
§.
38.
p
33.
§.
39.
p-
33.
§.
40.
p-
34.
8.
41.
p-
34.
§.
42.
p.
35.
§.
43.
p-
36.
s.
44.
p-
38.
§.
45.
p-
39.
s.
46.
p-
40.
§.
47.
p-
41.
§•
48.
p-
43.
§.
50.
p-
53.
s.
58.
266 Sit-Z'uny der pliilos.- pfiilol. C'lasse vom 4. März 1862.
andando iierso Chattani si troua la cilta
di Singlnii.
p. 5G. §. 59, Egrigna e una provincia della quäle la magiore
cilta a nome Ghalantae qui sifanno niolti
canbelotti e bigi di pelo di chamello.
p. 56. §. 60. Tendviche e una provincia della quäle la maslra
citta e chiamata Temluch, e bincliella
sia soUo il gran cliano uilrovo Messer
Marcho vn Re discendente di Presto
Giovanni ... in quesla provincia era
la maslra sedia dcl anticho e gran
maslro Presto Giovanni e qneslo e il
luogho che noi chiamian Gliorgo e
Magorgho.
p. 58. Ciaghamior e una cilta doue '1 grnn chane va
spesso a suo dilelto per grand-
abondanza ue duccelagone.
p. 59. §. 61. Giculu e una citta che fece fare il gran chane.
p. 71. §. 69. Chabalu e una citta doue dimora el gran chane
8 mesi dell' anno,
p. 104. §. 97. Tnbet e una cilta chel gran chane ghuasto per
ghuerra.
p. 114. §. 102. Ardanda e una provincia.
p. 117. §. 103. Ammic e una provincia che chonfina choll' India
verso mezzo gorno alla quäle andando
si discende dua gornale partendosi da
essa siua 15 gornate per luoghi diserli.
aui niolti linchorni e allre fiere saluatiche.
Chauchaso e un inonte al fin dell' India
e per li niolti serpenti e abandonado da
gente uinana.
p. 118. §. 104. Mkn e una gran citta.
p. 120. §. 105. Ghargho c una provincia la quäle e ncl mezzo
di c nel 1290 essende Messer Marcho
nella chorte del gran chane.
Thomas: Zu Marco Polo. 267
p. 121. §. 106. Ghaugigu e una provincia.
Amu e una provincia.
p, 122. §. 108. ToJoma e una provincia.
p. 123. §. 109. GImgumi e una altra provincia.
ibid. Simugli e una nobil cilta.
p. 125. §. 111. CialeHi e una gran cilla del gran chane presso
alla quäle a una gran montagna.
p. 126. §. 113. Cliodisnm e uno reanie nel quäle a 15. citta.
^p. 128. §. 116. Pigni e una cilta nelia provincia dctitmigi . . ,
/p. 129. §. 117. e apresso uel gran fiume d\ Charavera.
p. 129. §. 118. Evmagi e un gran reaine de laquale scriue
Messer Marcho delto che al tempo chel
signoregaua Fofur re.
p. 133. §. 123. Saiafu e de gran cilta del dito reame deumagi.
p. 137. §. 128. Suigni e una cilta del gran chane la quäle
gira sessanta niigla.
p. 138. §. 129. Quinsai tanle e a dire quanto cilla del cielo.
p. 151. §. 136. Cipagum e una isola in alto mare doua genle
dilichata e biancha.
p. 156. §. 137. Cianba e una gran citta.
p. 157. §. 138. Jamia e un isola.
p. 159. §. 141. Perlet e un reaine.
p. 160. §. 141. Basma e un reame.
p. 164. §. 145. Farisur e un reame.
p. 165. §. 146. Seguer e un altra isola molto besliale.
p. 166. §. 147. Inghaam e un altra isola doua gente bruna.
p. 168. §. 149. Euar e un reame nell' India magiore doue si
truovan le grosse perle orienlali.
p. 176. §. 150. Mulifcle e un regno.
Mabar e una provincia doue 11 coipo di
S. Tomaxo apostolo.
p. 180. §. 152. Apresso si trova Breghomanni.
p. 184. §. 153. SiUa e un isola.
p. 187. §. 155. Clioilur e uno reame.
p. 191. §. 159. GÄon/i/rai e un reame nel quäle a molli chorsali.
268 Sitzung der phüos.-philol. Clasae vom 4. März 1862.
p. 192. §. 160. Tana e un reaine pien di corsali.
p. 194. S 163 Malech e una isola di Crisliani baltizali.
p. 194. §. 164. Schara e una isoin di Cristiani la quäle sigiiorega
Uli arcivescovo soltoposlo a quäl di
Baldach. quäle e in quo paesi come
diqua anno il papa. cliiamasi il chalislo
di Baldach.
p. 196. §. 165. Mandechascare&nnxsoXn li barche uenghono
quivi da Manbar.
p. 198. §. 166. Chachil e un provincia nell India, essono homini
molto grandi, manga Inno per sei degl'
altri e sono tulti neri.
p. 201. §. 167. Albasce e una provincia.
p 205. §. 170. Escier e una gran cilta del soldano di Banbilonia.
avi un porto dove arriva molla genle
di Chaldea.
p. 206. §. 171. Duffar e una citta
p. 208. §. 173. Eurmos e una cilta insu la niarina.
p. 209. §. 174. Turchia la grande e un reame de Tarleri . . .
passato il fiuine di Gion.
p. 221. S 178. Rossia e una provincia verso tramontana, dova
sniisurato freddo e son Crisliani bianchi
e biondi.
p. 222. §. 179. Lach e una provincia doue assai Saracini e
Crisliani. sono in si crudel fredura chon
faticha ui sabila e poco piu la non ui si
puo abilare pel freddo. questo basti de
Tarteri e del gran chanc e del India.
Als grössere Probe der Sprache und Schreibart mag hier
ein volles Capitel über den „Alten t^om Berge'' stehen, das auch
Thomas: Zu Marco Polo. 269
sonst einige Abweichungen in der Darstellung bietet*. Cod.
Fol. 22^-. Vgl. Baldelli Boni I, p. 25, §. 29.
Milile si chiaina ladoue stetle il ueglo della montagna il
quäle essendo a quel tenipo singhnlare huoino di sapere e din-
gegno 6 dellauere del niondo grandissimo tiranno per poter
nu'glo tirannegare e signoregare i niolti popoli e conmni cherano
datlorno. e di gcnte grossa ordino e prese in una ualle cir-
chundata daltissiine montagne un grandissimo circluiito di mura
di spazio di dieoi niigla di cerchio chon palagl nobilissinii per
abitare chon lutti glagamenti ch(»ssi polesson cliiedere chon mul-
tiludine di donzolli seruidori e donzelle. II gardino Ibrnito di tutti
pomi e frutti e chose di dilelto che nonnnare sipotessono, cho-
mese uccellarc, saluagine da chaccare e singhnlare e bellissime
danngelle di chanlare e chon suavissinie boci e chon tutte vi-
uande per niangare che usar si possano e choUelli e chon altro
fornimento che adorneza si richiede e chon ogiii dilelto charnale
che prendere noleano i govani cherano. perche niinio uxaua
neghare lun laltro goia damore o allra chosa di dillclto. perche
Maonnnetlo auea detlo che ein andasse in paradiso arebe dovizia
di belle donzelle e dognallro dilelto chorporale.
Di tutte chose e egli tenea fornilo el Inogho e polea lo
farc 6 l'accalo credere die queslo era paradixo. e in questo
luogho non entraua se nonne cholui che uoleua fare assassino
coe che non ui meltea se non ualenli gouanelti gharzoni da 15
a 20 anni. e tenea questo modo quando li niettea dentro che
prima si gli faceua adopiare e adornienlare e poi li faceua por-
tare nel gardino e quando si sueglauano li faceua nobilemente
seruire e uedieno tanle dileltouoli chose che propriamente parea
(2) Einiges andere, was mir im Lesen auiliel, ist z. B. Fol. 2i»- (ed.
Baldt'lli p. 38) si che non puo pu%ure; Fol. 2{)'- (ed. Bald. p. 122) le
donne portan yhanhenioli e bracculi doro e dargento; Fol. 27'- (ed.
Bald. p. 130) un barone diauea nome Baia Nasan die tante a dire in
nostra linglia quanto Wa/a cientochi e questo fu nv[f2i)3\ Fol. 31'- (cd,
Bald. p. 18i) una montagna dirapinata e ritta,
Hö« I.J 19
270 Sitzung der philos. - philol. Clause vom 4. März 1862.
loro esser in paradixo pero che poteano mangare e bere e pren-
dere ognaltro diletto. e quando il ueglo uolea uccidere uno che
noiasse la sua signoria, si faceua adopiare alchuno dei delli
gouanelli di naschoso alüro e faceua gli porre di fuori in certa parle,
doue poi andaua allui a modo di profela e di stato il domandaua
quegli che faceua e quegli rispondeua choiiie glcra slalo in
paradiso chon tutti i dilelli e non sapeua come nera uscito. e
preghaualo che glinsegnasse il modo daloruiirui. e allora il ueglo
dicea settu vuoi tornar, ua e uccidi il tale tiranno o tale re o
altra persona, essellu se morto per queslo, tunandrai in paradixo
essetlu chanpi , torna a me e io timeltero in paradixo. onde
eglandaua e uccideua lietamenle quelchotale esse e ne moriua
sessauea il danno e andauane a chasa del diauolo. esse chan-
paua, tornaua al maluagio profeta ee lor immetteua dentro per
lo detto modo edera poi de suoi assassani e seruidori. e pero e
scripto: incerto dire prima essere uiuo che assassino. il ueglio.
6 molti re e siglori (sie) li dauan trebulo per paura e non si
polea saper sua chondizioni edegli avea genli che per lo modo
chauete udito a ogni pericolo si metleuano. ed e ueM'o che.
Alan, signor de Tarteri nel. mccLxvii. senlendo quesla malua-
gita penso dispegnerla e mandoui loste laquale uislette ad asse-
dio xxx anni. e in fine lebe per fame, perche per altro modo
non sarebe mai aulo. perche il luogho era ollra mixura for-
tissimo e ben difeso. E preso la lenula fece meliere il ueglo e
tutla sua gente maschio e femmine al laglo delle spade e fece
disfare e diradichare il gardino e tullo e dicesi che glera la
piu nobil chosa che fossc al mondo dal paradiso lereslo in fuori.
e chosi polele uedere quantunque le chose ree si faceano ochulle,
tornano in palese quando piace a dio.
V. Schlayintueil : Physikalische Forschungen in Indien. 271
Malhemalisch -physikalische Classe.
Sitzung vom S. März 1862.
Herr Hermann von Schlagintweit überreichte ein Exem-
plar des zweiten Bandes der .,Results of a scientific mission to
India and High Asia" nebst dem dazu gehörenden Bande des
Atlas, und verband dauiit einige Erläuterungen der Tafeln, nach-
dem bereits das Resume dieses Bandes in der Decembersilzung
1861 vorgelesen war '. Der Gegenstand dieses Bandes, der
speciell die Hypsometrie (mit Angabe der ßeobachtungs- und
Berechnungs- Methoden und einer Zusammenstellung von etwas
über 3400 Punkten) behandelt, ist auch in den Blättern dieses
Atlas durch 7 Tafeln vertreten
Diese enthalten 18 panoramische Profile in einer Richtung
von Südosten nach Nordwesten, in welchen die Folge der we-
sentlichsten Schneegipfel im Himälaya und in den westlichen
Theilen des Karakorum und Kuenluen in ununterbrochener
Reihe zusammengestellt werden konnten. Mit den perspec-
tivisch aufgenommenen Ansichten sind auch graphische Ver-
gleichungen der Höhen und Positionen verbunden.
Die andern 5 Tafeln enthalten landschafüiche Ansichten in
Farbendruck theils in Berlin, theils in Paris ausgeführt; die Ge-
genstände sind, ungefähr von Süden nach Norden sich folgend:
Galle in Ceylon, das Barerplateau im südlichen Indien, 2 Bilder
aus dem Brahmapülralhale, das Innere eines buddhistischen
Tempels zu IVlangnang in Tibet und der Salzsee Kiük-Kiö'l in
Turkistän.
(1) Sletie Sitzungsberichte ISiil. Bd. II. Heft IV. S. 'JÜl bis 590.
19*
272 SiHuny der mnth.-plit/s. Cliisse vom 8. März 1862.
Herr Pettenkofer hielt einen Vortrag über
„die Bewegung des Grundwassers in München
von März 1856 bis März 1862/'
(Mit einer Tafel. )
D(>r Boden auf welchem München steht, ist Kalk- Gerolle
(Schollor) und Sand mit einer sehr dünnen Hunmsschichte be-
decld. Der Scliotlcr und Sand reicht bis zu einer stellenweise
wechselnden Tiefe von 20 bis 40 Kuss. Auf diese sehr poröse
Schichte folut ein wasserdichtes Mergeilagcr von bedeutender
Mächtigkeit, 200 bis 300 Fuss, und auf dieses ein ganz kalk-
freier Sand von Wasser durchdrungen, welches einige artesische
Brunnen in München speist. Das Mergeliager ist fast allent-
halben mit Wasser — Grundwasser — bedeckt, und ragt nur
an einzelnen Stellen insciartig über das Grundwasser im Kiese
empor. Die Brunnen und Quellen in und um München werden
von diesem Grundwasser gespeist. Dasselbe bat von Alters her
einen nach verschiedenen Jahren und Jahreszeiten veränder-
lichen Stand gezeigt, und nicht ferne von München (in Berg am
Laim. Trudering etc.) beträgt die Schwankung zwischen ver-
schiedenen Jahrcränfren mehr als 20 Fuss. Schon im Jahre 1762
sah sich die bayerische Akademie der Wissenschaften veranlasst,
über die periodische Ab- und Zunahme des i^Higl"' oder „Hidl"
— so nennt der altbayerische Laiidmann das Grundwasser —
eine Preisaufgabe zu stellen \ Den Preis gewann 1764 Berg-
rath Scheidt in Salzungen. Seine Arbeit ist leider verloren ge-
gangen, sie findet sich weder in den Akten, noch in den Druck-
schriften der Akademie. Wie aus der Fragestellung hervorgeht,
hatte die Untersuchung eine vorwaltend landvvirthschaftliche
Tendenz, und holl'te man dadurch über die Bildung mancher
Moore Aufschluss zu erhalten.
(!) V. Martius Rede zur Feier des Sacularfestes der k. b. Akademie
der Wisscnscljaften. 1859. Seite 5,
Pettenknfer : Bewegung des Grundiv assers in München. 273
Im Volke herrscht der Glaube, dass der ,,Higl'' sieben
Jahre steige, und sieben Jahre falle, was aber sicher nicht der
Fall und durch keine exakten Beobachtungen erwiesen ist.
Meine Untersuchung-en über die Verbreitungsart der Cholera
haben mich veranlasst, das Steigen und Fallen des Grundwassers
in München seit März 1856 durch regelmässige Messungen zu
verfolgen, welche alle 14 Tage an verschiedenen Brunnen vor-
genommen werden. Die Gründe, welche mich bestimmten, einen
Zusammenhang der Cholera mit dem Stande des Grundwassers
anzunehmen, habe ich in Pappenheims Monatschrift für Sanitäts-
polizei 1859, 1. Heft niedergelegt und verweise ich darauf.
Hier erlaube ich mir nur auf die Bewegung des Grundwassers
für sich einzugehen, ohne jede Rücksicht auf Medicin oder
Ackerbau, obwohl ein Zusammenhang damit aus mehr als einem
Grunde anzunehmen ist.
Zur Beobachtung wählte ich Anfangs 4 Brunnen in 4 ver-
schiedenen Theilen der Stadt aus, 3 auf dem linken und 1 auf
dem rechten Isarufer. Als ich aber nach mehrern Monaten die
Ueberzeugung gewonnen halte, dass zwischen den Brunnen des
rechten und linken Isarufers constante Unterschiede in der
Grösse der Schwankungen bestehen , nahm ich noch einen
5. Brunnen und zwar auf dem rechten Flussufer dazu, um die
Bewegung des Grundwassers auch auf dieser Seite nicht nur
an einer sondern an zwei Stellen beobachten und vergleichen
zu können, — Der Brunnen I am Angerthore gehört dem süd-
lichen, der II in der Karlsstrasse dem westlichen, der III in der
Schellingslrasse dem nördlichen Theile der Stadt auf dem linken
Flussufer an, und die beiden auf dem rechten Ufer IV dem
Süd-östlichen und V dem östlichen Theile derselben.
Bei allen solchen Brunnen -Beobachtungen ist es wichtig,
eine Vorfrage ein für allemal zu erledigen, nämlich zu ermitteln,
in wie weil ihr Stand durch Benützung, durch Pumpen oder
Schöpfen von Wasser verändert wird, und wie lange es währt,
bis der Zufluss des Brunnens das weggenommene Wasser wieder
ergänzt hat und das Niveau sich nicht mehr ändert. Zu diesem
274 Sitzung der inath.-phys. CUis.se vom 8. Mofrs 1862.
Zwecke lasse man ein paar Stunden lang mit einem gewöhn-
lichen Brunnenvenlile oder überhaupt auf die Art schöpfen , in
der der Brnnnen gewöhnlich beniilzt wird, und i)estimme mehr-
mals die binnen 5 oder 10 Minuten ausgeschöpfte Wassermenge.
Das Wasser wird in Rinnen vom Brunnen weg in die nächste
Strassengosse abgeleitet. W;ilu*end des Schöpfens wird von 15
zu 15 Minuten die Entfernung des ^Vasserspiegels gemessen.
Zeigt sich ein Sinken, so wird nach Beendigung des Pumpens
oder Schöpfens beobachtet, binnen welcher Zeit sich der Brun-
nenschacht wieder bis zur ursprünglichen Höhe füllt. Die Brunnen
in und um München zeigen bei Anwendung einer gewöhnlichen
Ventilpumpe meist gar keine Aenderung in ihrem Wasserstande,
man kann Stunden lang pumpen , ohne dass der Wasserspiegel
auch nur um eine Linie fallt. Wo das nicht der Fall ist, muss
man durch Versucli und Beobachtung ermitteln, wie lange der
Brunnen nicht benützt Averden darf, um seinen dem Grundwasser
zukommenden Stand zu zeigen. Als Beispiel von der Mächtig-
keit des Grundwassers an manchen Stellen in München diene
der Brunnen in der grossen Brauerei des Herrn Gabriel Sedl-
mayr. Dieselbe liegt an dem von der Isar entferntesten west-
lichen Ende der Stadt. Sie nahm vor einigen Jahren noch ihren
ganzen Wasserbedarf aus einem gegrabenen Brunnen von 7 Fuss
Durchmesser. Damals (1857) war der Wasserstand in dem-
selben (vom Grunde bis zum Wasserspiegel) nicht viel über
2 Fuss. Die Brauerei besitzt einen unter dem Dache gelegenen
Wasserbehälter von 2000 Eimern Inhalt. Eine Dampfmaschine
bewegt das Pumpwerk und füllt dieses Reservoir erfahrungs-
gemäss binnen 6 Stunden ; sie entzieht somit dem Brunnen in
jeder Minute etwa 14 Vj Kubikfuss Wasser. Sobald die Pumpe
die Ansangung einer so bedeuterulen Wassermasse beginnt,
sinkt der Spiegel des Brunnens um mehrere Zolle und ver-
bleibt so während des Pumpens. Sobald die Pumpe nach 6 Stun-
den stille steht , stellt sich der Wasserspiegel in weniger als in
2 Minuten Zeit wieder auf c\en Stand, den er unmittelbar vor
Anfang des Pumpens zeigte. Den Stand des Wassers im Brunnen
Petienkofer : Bewegung des Grundwassers in München. 275
zu 2 Fiiss angenommen, hat man im Zustande der Ruhe nahezu
77 Kubikfuss Wasser darin vorräthig. Bei der Arbeit nimmt
man in jeder Minute etwa den fünften Tlieil dieser Wasser-
masse heraus, und da dieses 360 Minuten lang fortgesetzt wird,
so ist klar, dass dem Brunnen binnen 6 Stunden 72 mal, oder
in einer Stunde 12mid sein anfänglicher Inhalt entzogen wird,
ohne zuletzt eine Abnahme im Wasserstande beobachten zu
können. Und dieser Brunnen liegt ferne von jedem Flusse oder
Bache, auf einer dürren Haide, dem Marsfelde, wo man nach
4 bis 5 Zoll Dammerde auf Geröll kommt, in dem man etwa
24 Fuss lief Grundwasser antrifft.
An den Brunnen, die beobachtet werden sollen, ist ein für
allemal ein fester Punkt zu wählen, von dem aus jederzeit ge-
messen wird. Ich benütze dazu meistens die hölzerne Vierung
oberhalb des gemauerten Brunnenschachtes. Eine starke Latte
von bekannter Dicke wird darüber gelegt , welche als Fixpunkt
dient. Diess hat den möglichen Uebelstand, dass von den Eigen-
thümern des Brunnens die hölzerne Vierung abgeändert, oder
durch eine neue von andern Dimensionen ersetzt werden könnte,
ohne dass man zuvor Kenntniss erhielte, so dass man die künf-
tigen Messungen nn't den vorausgehenden nicht mehr ganz genau
in Einklang bringen würde. Es wird desshalb gut sein, in der
Mauerung des Brunnens oder an andern fixen Gegenständen in
der Nähe einen weiteren fixen Punkt etwa durch einen eisernen
Stiften zu bezeichnen , und den Höhenunterschied zwischen ihm
und der Brunnenvierung zu bemerken.
Die Messung nehme ich mit einer Anzahl von 5 Fuss lan-
gen Holzstäben vor, die aneinander geschraubt werden können.
Um genau zu sehen, wie weit der unterste Slab ins Wasser
eintauchte, befindet sich an ihm eine Vorrichtung, die sich
ebenso hoch mit Wasser füllt, als dieses im Brunnen steht, und
im gefüllten Zustande wieder aus dem Brunnen gehoben wird.
Dazu dienen kleine Schüsselchen oder Näpfchen, in Abständen
von Vß Zoll paternosterartig an einem starken Drahte befestigt.
Vom obersten gefüllten Schüsselchen an wird die Entfernung
bis zum Fixpunkt des Brunnens gemessen.
276 Sitzung der maih.- phi/s. Classe vom 8. März 1862.
Hier folgt die Tabelle über diese Brunnenmessungen in
München. In der letzten Colunine steht die Angabe über die
Menge der alniospluirischen Niederschläge in jedem Monate wie
sie in dem ärzllichen Intelligenzblatte von der hiesioren Stern-
warte inilgetheilt werden.
Enirciiuiii<f des {MiiiulMasscrs
jl von der Obcrdiulic.
Zc't '1fr 1 (Bavr. Fus.s.)
Mt'ssiiiiff
Anjer-
thor
II
Karls-
strtsse
Schel-
lingstr.
IV
Lärten
I Monatliche
I Regenmenge
\- I in Pariser
Prater- |
Strasse ,
LiDieo
Mai
i856
17. März
27. „
5. April
15. „
25. ,.
5.
15. „
26. „
5. Juni
17. „
26. ,.
5.
l'.l.
30.
13.
27.
11.
25.
8.
22.
6.
20.
Juli
August
Septemb.
October
Novcmb.
Deccmb
14,8
14,5
14,6
14,6
14,7
14,4
14,0
13,6
13,5
13,45
12,5
12,3
12,9
12,6
13,8
14,1
12,0
13,9
13,95
14,4
14,3
16.5
29,7
23,77
1 13,8
16,1
29,6
9,33
1 14,2
16,1
29,5
4,29
14,8
16,95
29,7
8,92
15,2
17,3
29,7
30,20
14,9
17.1
29,9
53,00
14.8
17,1
29,9
37.09
14,8
16,95
29,9
18,84
14,9
17,0
30,0
22.12
14,8
16,7
30,0
7,68
14,3
16,4
30.0
37,04
14,3
14,25
16,3
16,4
30,05
30,0
18,78
271.06]
14,3
16,4
29,85
=r 22,58
14,75
15,85
28.85
14,85
17,0
29,85
15,0
17,3
30,2
15,2
17,5
30,3
15,4
17,6
30,4
15,45
17,7
30,5
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
October
November
December
Summa
Pariser Zol
(*) Anmerkung. Die Aurscbreibung der
bis 3. Januar 1857 ist verloren gegangen.
Messungen vom 22. Nov.
Pettenkofer: Bewegung des Grundwassers in München. 277
1
Zeit (1er
KiiHeriiiiiig des (iinnd« assers
von (Ter Oherdäelie.
(Hajr. Fiiss.)
Monatliche
Hegenmenffc
in Pariser
Linien
Messung
1
Anjer-
thor
II
Karls-
strasse
MI
Schel-
linifstr.
IV
Lüften
V
Prater-
stras.^e
1857
li
3. Januar
,
10,06
Januar
1'. „
14.5.5
15,3
17,45
30.8
2,30
Februar
31. „
14.5
15,25
17,6
30.85
23, 1 4
März
16 Februar
13,8
15,4
17,75
30,85
25,9
23,14
April
28.
14,5
15,45
17,8
30,85
25,85
40,10
Mai
14. März
15,15
15,45
17,8
30,75
25,8
36,16
Juni
28. ,,
14,35
15,15
17,55
30,75
25,8
22,50
Juli
11. April
14,1
15,1
17,45
30,7
25,8
56,10
August
25. „
14,0
15,15
17,4
30,7
25,8
35,17
September
9. Mai
14,1
15.1
17,4
30,7
25,75
8,09
Oetoher
23. „
13,4
15,05
17.3
30,7
25.75
18,74
November
6. Juni
11,95
11,8
13,65
13,95
16,35
16,15
30,45
30,4
25,3
25,55
7,83
Pecember
20. „
283,33
Summa
4. Juli
12,0
14,15
16.35
30,55
25,55
= 23,61
Pari.ser Zoll.
18. „
12,85
14,4
16,65
30,5
25,7
1. August
13,25
14,65
16,95
30,55
25,75
14.
13,9
15,3
17.0
30,5
25,65
29.
13,8
15,5
17,0
30,6
25,7
14. Septeiub.
13,65
15,5
17,2
30,5
25-65
26.
13,1
15.5
17.55
30,85
25.9
10. October
13,3
15,3
17,4
30,85
25,7
24. „
14,05
15,4
17,5
30,'.»
26,1
7. Novemb.
13,7
15,55
17,7
30,9
20,1
21.
13,9
15,65
17,8
30'95
26,15
5. Decemb.
15,35
15,75
17,95
31,0
26,25
19. „
15,1
15,85
18,0
31,05
26,25
278
Sitzung der math.-phys. Clasae vom 8. März 1862.
Entfernung des (irnndwassers |
Zeit der
von der Oberfläciie
(Bayr Fuss.)
Monatliche
Regenmenje
in Pariser
Linien
Messung
1
Anyer'
thor
11
Karls-
strasse
III
Sclicl-
lingstr.
IV
Lüften
V
Prater-
strasse
1858
2. Jniiiiar
15,2
15,8
18,0
30,95
26.2
8,43
Januar
16. „
14.1
15,95
18,1
30,95
26,25
9,23
Februar
30. „
14,4
16,1
18,15
31.1
26,2
12.21
März
13. Februar
14,7
16,2
18,2
31,3
26,3
35,10
April
1. März
15,1
16,35
18,3
31,3
26,3
36,60
Mai
13 „
14,6
16,3
18,35
313
26,3
31,30
Juni
27
14,45
15,35
17,65
30,35
25,8
67,83
Juli
10 April
J3,6
14,9
17,35
30,45
2.-i,7
32,18
August
24. „
12,25
14,75
17,3
30,5
25,7
39,38
September
8. Mai
12,45
14,8
17,1
30,6
25,8
39,11
October
22. „
12,35
14,8
17,1
30,65
25,85
22.64
November
.5. Juni
UM
12,25
1 4,85
15,1
17,0
17,2
30.65
30,75
25,8
26,0
17,29
December
1«. „
351,30
Summa
3. Juli
12,4
15,o
17,4
30,8
26,05
= 27,20
Pariser Zoll.
16. .,
12,6
15,05
17,3
30,85
26.05
31 „
12,45
14.85
17,05
30,95
26,0
10. Angu.st
12,4
n,55
16.6
30,9
26.15
28. „
12,35
14,75
16,8
307
26,15
11. Septomb.
11,4
14,8
16,9
30.7
26,1
12,0
14 95
17.0
30,8 26,1
9. Oclobcr
13,9
14.9
17,1
30,65 ! 26,1
1
26.
13,9
14,95
17.05
30,75
25,95
6. Xovemh.
14,0
1 i,85
17,1
30 75
26,1
20.
13,95
14,2
16,75
30"i5
•25,7
4. Deceinb.
14,15
14,1
16,55
30,15
25,45
18.
14,7
14,5
16,6
30,15
'>5'65
Pettenkofer: Benegung des Grundwassers in München. 279
Zeit der
Eiilfcrminj^ des Grundwassers
von der Oberdiulie.
(Ba>r. Fuss)
Monatliche
Rcgenmenje
in Pariser
Linien
Messnng
1
Anjer-
(hor
II
Karls-
strasse
III
Scliel-
linifstr.
IV
Lüften
V
Prater-
itrasse
IS59
3. Januar
14,75
14,25
10,6
30,25
25,65
8,53
Januar
15. „
15,3
14,35
10,7
30,4
25,0
10,56
Februar
29. „
14,9
14,4
16,8
30,35
25,65
27,75
März
I?. Februar
14,75
14,4
16,85
30,4
25,85
44,26
April
20.
14,0
14,55
17.0
30.45
25,70
33,11
Mai
1?. März
14,6
14,15
16,8
30.45
25,7
47,45
Juni
26. „
14,2
14,2
10,75
30,4
25,6
32,73
Juli
9. April
14,1
14,2
16.7
30,4
25,7
51,65
August
23. „
13,8
14,0
16,05
30,5
25,65
57,71
September
7. Mai
12,1
13,4
15.9
30,2
25,4
22,02
October
23. „
11,7
12,9
15,35 i 29,9
25,35
31,15
November
4. Juni
11,45
13 05
15,6
15,75
30,0
30,05
25.45
25,4
14,7P
Decembcr
18. „
11,55
13,2
381,71
Summa
2. Juli
11,7
13,55
15,95
30.15
25,45
=r 31,76
Pariser Zoll.
16. „
12,5
13,9
10,3
30,2
25,6
30. „
12,3
13,75
10,3
30,'>5
25,6
13. Aui^ust
12,3
13,8
16,4
30.45
25,7
28. „
12,7
14,2
16,65
30,5
25,75
10. Septcmb.
12,0
14,15
10,7
30,5
25.8
24.
11,9
14.15
10,75
30,6
25,75
9. October
13,95
14.4
10,75
30,6
25,75
21.
14,0
14,6
16,7
30,65
25,75
5. Noveinb.
13'15
14,3
16,8
30,6
25,75
19.
13,85
14,5
16,9
30,65
25,9
3. Deceinb.
14,7
14,2
16,9
30,0
25,65
17.
14,3
14,3
10,8
30,65
25,7
30.
14,6
14,25
16,85
30,6
25,75
280 Sitzung der math.-phys. Classe vom 8. März 1862.
Zi'it der
bnti
ernung de.s (iriindwassers
von der Oberlläche
(Ba.vr. Fuss.)
Monatliche
RegeBmenyc
in Pariser
Linien
Messung
1
Anger-
thor
II
Karls-
strasie
III
Schel-
liDKStr.
IV
Lartcn
V
Prater-
strasse
1860
14. Januar
14,0
13,9
16,4
30,5
25,55
28,30
Januar
28. „
15,3
14,6
lfi,45
30.4
25,6
18,50
Februar
11. Februar
15,35
13,85
16 3
30,2
2.-1,5
13,53
März
25. „
15,4
13,65
16,35
30,25
25,5
12,90
April
10. März
14,5
13,3
16,2
30,15
25,45
45,66
Mai
2i. „
14,9
13.2
16,05
30,1
25,4
71,25
Juni
7. April
14,6
13,25
16,0
30.15
25,45
60,98
Juli
20. „
14,4
13,6
16,15
30,1
25,45
47,39
August
5. Mai
13,7
13,75
16,30
30,1
25,5
49,92
September
19. „
12,4
13,9
16,6
30.15
25,55
27,92
Oclober
2. Juni
12,1
13,8
16,5
30,15
25,5
11,21
November
18. „
11.8
11,8
13,35
13,5
15,9
16,0
30,1
30,15
25.45
25,45
24,03
December
.30. „
411,59
.Summa
14. Juli
12,0
13.55
15,4
30,2
25,4
= 34,28
Pariser Zoll.
28. „
11,85
13,45
16,1
30,2
25,5
11. August
11,7
13,25
16,1
30.15
25.25
25. „
11,85
13,15
15,8
30,1
25,35
7. Septeinb.
12,05
13,3
15,8
29,9
25,35
22.
11,85
13,2
15,6
29,85
25,2
6. Octobcr
11,55
13,0
15,5
29.7
25,2
20.
12,1
12,75
15,3
29,45
25,1
3. Novemb.
13,4
13,0
15,5
29,5
25,1
17.
14,4
13,35
15,2
29,8
25,2
1. Decemb.
14,75
13,55
16,05
29,5
25,15
15. „
14,55
13,55
16,0
29,5
25,20
29. „
14,8
13,7
16,2
29,()
25,2
Pettenkofer : Bewegung des Grundwassers in München. 281
Zeit der
Enllernung des (irundwassers j
von der Oberfläche.
(BajT. Fuss.)
Monatliche
Resenmenge
in Pariser
Linien
Messung
I j 11 111
Anjer- Karls- j Schel-
thor 1 Strasse i lingstr.
IV
Lüfteü
V
Prater-
strasse
1861
10. Januar
13,25
13,45
15,7
29,65
25,15
27,55
Januar
2ö.
12,45
13.35
16,0
2*1,6
25,1
3,40
Ft'bruarl
9. Februar
14,15
12,6
15.4
29.25
24,9
30,55
März
23.
13,95
12,7
15,4
29,25
25,0
9,80
.\pril
9. März
13,95
12,8
15,45
29,20
24,95
44,75
Mai
23. „
14,3
12,75
15,4
20 2
24.95
74,03
Juni
6. April
13,0
12,75
15,3
29,2
24,95
54,19
Juli
20. .,
13,15
12,9
15,45
29,2
24,95
32,59
August
4. Mai
13,5
13.0
15,65
29,25
24,95
28.20
September
18. „
12,85
13,05
15,75
29,25
25,0
4,48
October
1. Juni
11,45
12,95
15,7
29,4
25,0
27,10
November
15. „
10,9
11,4
12,45
1225
15,15
14,95
29,25
29,15
24,85
24,8
14,59
December
28 „
34 1 ,23
Suninia
13. Juli
11,45
11,7
14,5
28,95
24,8
— 28,34
Pariser Zoll.
27. „
11.45
11,85
14,6
28,95
24,75
12. August
11,75
12,1
14,7
29,0
24,85
24. „
12,4
12,5
14,95
29.0
24,85
7. Septemb.
12,75
13.5
15,45
29,2
24,95
20. .,
12,5
13,45
15,9
29,3
25,0
5. October
12,8
13,65
16,15
29,4.1
25,1
19.
14,0
13,85
16,4
29,55
25,15
2. Novenib.
14,7
13,95
16,65
29,65
2.1,2
1(5.
14,6
14,2
16,8
29,75
25,2
30.
14,8
14,25
16,9
29,75
25,25
14. Decemb.
14,65
14,35
16,95
29,9
25,25
28. „
14,9
14,5
17,0
30,05
25,3
282 Sitztniff der malh.-phys. Ctasse vom 8. März i86i.
Zeit der
Eiiireriiiiii<j des Grundwassers
von der überHiiche.
(Ba,\r. Fuss.)
Monatltche
Regenmenge
Messung
1
Anger-
tlior
II III
Karli- Schel-
itrasse lingstr.
IV
Larten
V
Prater-
strasse
Linien
1862
12. Jaiuiar
13,3
14,0
14,2
14,1
16,9
IG 7
30,0
30.1
25,1
25,3
40,12
20,27
Januar
Februar
8. Februar
13,7
13.5
15,9
29,65
24,65
21,8
März
22.
14,25
13,0
15,9
29,00
25,05
8. März
15,5
13,15
16,0
29,55
25,15
Um diese Zahlen zu einem übersichllicheren Bilde zu ge-
stallen, dient die beiliegende lilhographirte Tafel, auf der jede
einzelne Messung auf V, Zoll erkenntlich ist. Es sind nur
4 Brunnen (Nr. II bis V) in Betracht genommen, der Brunnen
am Angerthore (Nr. I) ist ausser Betracht gelassen, weil schi
Spiegel aus Gründen, die ich gleich angeben werde, keinen
ganz richtigen Schluss auf den Stand des Grundwassers ge-
stattet. Dieser Brunnen in der Nähe eines Stadtbaches liegt
nämlich hart bei einem grossen gegrabenen Brunnen , welcher
zum städtischen Brunnhause am Glockenbach gehört. Der Bach,
dessen Spiegel beträchtlich höher als das Grundwasser liegt,
liefert die Wasserkraft, um aus einigen Brunnen Trinkwasser
(Grundwasser) auf einen Wasserlhurm zu heben und einen Theil
der städtischen Trinkwasserleitung damit zu versorgen. Im
Ganzen und Groben geht der Brunnen am Angerthore aller-
dings auch mit den übrigen 4 beobachteten Brunnen, genauer
aber verglichen zeigt er zeitweise Unregelmässigkeiten, welche
bei den übrigen 4 nicht hervortreten. Sein Stand hängt theil-
weise davon ab , ob das Pumpwerk des Brunnhauses viel oder
wenig Grundwasser an dieser Stelle wegnimmt. Eine Zeit lang
konnte ich nur gar nicht denken, welche unberechenbare Zu-
Pettenkofer : Bewegung des Grundti assers in München. 283
fälligkeit hier mitwirke, aber die Zeit der alljährlich wiederkeh-
renden Bachabkehr klarte mich bald vollständig über diesen
Zufall auf. Zur Zeit der Bachabkehr steht das nahe Brunnwerk
still, weil die Wasserkraft zu seiner Bewegung fehlt Da zeigte
sich stets die merkwürdige Erscheinung, dass das Wasser im
Brunnen Nr. I jederzeit stieg, wenn der Bach abgekehrt, d. i.
wasserleer war. Man denkt sich den Stand des Wassers in
den Brunnen sehr gerne in unzertrennlichem Zusammenhange
und abhängig von der nächsten auf der Oberfläche sichtbaren
Wassermasse. Obwohl ich stets der Ansicht war, dass unsere
Stadtbäche ihr Bett, obwohl im Geröll angelegt, bald so ver-
schlammen und verdichten, dass sie auf ihrem Laufe wenig
Wasser verlieren und nahezu mit gleicher Mächtigkeit sich aus
der Stadt entfernen . mit der sie eingetreten sind , so erschien
es mir Anfangs doch sehr paradox, warum der Brunnen am
Angerthore steigen sollte, so lange der nächst gelegene Bach
kein Wasser hat. Das erstemal als ich diess beobachtete,
dachte ich mir, es sei vielleicht ein Fehler bei der Messung
gemacht worden , aber diess Steigen kehrte alle Jahre regel-
mässig zur Zeit der Bachabkehr wieder, wodurch der Einfluss
des nächsten Brunnwerks eine unzweifelhafte Thatsache wurde.
Trotzdem setze ich die Beobachtungen an dieser Stelle fort, ge-
rade um mit der ZcMt ermessen zu können, wie sich der Ein-
tluss eines solchen Umstandes nach Jahren zeigen wird, wo das
Brunnhaus am Glockonbach nicht mehr besteht, was vielleicht
schon in einigen Jahren der Fall sein wird.
Vergleicht man auf der lithographirten Tafel den Gang der
übrigen 4 Brunnen, so fällt ohne Weiteres die Uebereinstim-
mung in der Bewegung, sowohl beim Steigen wie beim Fallen
in die Augen. Die Schwankungen der 2 Brunnen auf dem
linken Isarufer unterscheiden sich von den beiden am rechten
Ufer nur durch einen grösseren absoluten Werth, relativ zeigen
sie den gleichen Rhythmus.
Man beobachtet übereinstimmende Schwankungen nicht nur
nach Jahreszeiten, sondern auch nach Jahrgängen. Man sieht,
284 SUxvny der inath.-phijs. Classe vom 8. März 186i.\
wie sich durchgehends vom Miirz 1856 bis zum Winter IS^/se
der Stand allmählich erniederl, und im Ganzen von da an wie-
der erhölit. Aus Thatsachen, die ich im Cholera -Hauptberichle
S. 344 milgetheilt habe, gehl unzwoilelhan hervor, dass im
Sommer 1853 der Stand des Grundwassers in München auf dein
linken Isarufer mindestens 5 Fuss liöher gewesen sein muss, als
im März 1856. In welchen Schwankungen das Wasser in die-
sem Zeiträume niederging, ist leider nicht genau zu ermitteln.
Zwei einzige Thatsachen habe ich aufgefunden, welche von der
zurückgehenden Bewegung seil März 1854 ein Bild, wenn auch
nur ein sehr ungefähres, geben. Die eine bezieht sich auf das
linke, die andere auf das rechte Isarufer. Auf dem linken Isar-
ufer wurde die Wasserhöhe des schon Eingangs erwähnten
Brunnens in der Dampfbrauerei des Herrn Gabriel Sedlj»>ayr auf
dem Marsfelde vom Januar 1853 bis zum October 1856 beob-
achtet und zeilweise aufgeschrieben, weil man je nach dem
Wasserstande das Einsaugrohr höher oder tiefer stellte-. Vom
Grunde des Brunnens durch eine aufgestellte Stange aufwärts
gemessen stand das Wasser wie folgt:
18
53
IS
54
18
55
18
56
Fuss
Zoll
Fuss
Zoll
Fuss
Zoll
Fuss
Zoll
Januar
4
—
4
C
4
—
Februar
Jlärz
-\pril
4
4
7
ü
6
7
0
-
6
b
4
5
4
10
2
3
Mai
9
—
4
—
Juni
y
—
•
Juli
9
—
.
5
C
August
9
—
.
.
.
•
September
6
—
4
—
6
6
Oitober
3
—
November
3
's
5
—
•
December
6
6
•
4
G
'
(2) Cholera -Hauptberitht S. 305.
Pettenkofer: Beiieyiiuy des Grvndiv asser. s in München. 285
Man sieht, dass das Wasser von April 1853 bis März 1854
auf einer ungewühnlichen Höhe stand, von der es bis zum
November 1854 sehr beträchtlich herabsank.
Eine andere Thatsache bezieht sich auf das rechte Isarufer.
Dort befindet sich in der Au am Lilienberge ein königliches
Brunnhaus, welches von einem Ausflusse des Grundwassers, von
einer Ouelle gespeist wird. Das Ouellwasser wurde zugleich
zur Bewegung eines oberschlächligen Wasserrades ziir Hebung
eines Theils des Wassers auf einen Thurm benutzt. Hr. Hof-
brunnmeister Nägele hat vom 6. März 1854 anfangend zeit-
weise Aufzeichnungen gemacht, welche die Anzahl von Rad-
Umgängen in 1 Minute angeben.
Am 6. März 1854 machte das Rad in 1 Minute 8 Umgänge,
nian liess damals nur das halbe Wasser der Quelle auf das Rad,
Am 6. Nov. 1854 machte das Rad in 1 Minute 6 Umgänge,
aber damals musste bereits die ganze Quelle auf das Rad ge-
lassen werden, um 6 Umgänge zu erzielen.
Am 22. Februar 1856 machte das Rad in 1 Minute 5'/^ Umgänge
„ 2. Mai 1856 „ „ „ ,, 1 „ 4V2 „
Die Kolbenstange der Pumpe war mit der Axe des Rades in
einer Weise verbunden, dass man einen höhern und einen kür-
zern Hub machen konnte. Da sich im Sonnner 1856 die Wasser-
menge abermals beträchtlich verminderte, so wurde am 30. Dec.
1856 der kürzere Hub eingeführt und fortan beibehalten;
Am 30. Decemb. 1856 machte das Rad in 1 Minute 4 Umgänge
„ 12. Januar 1857 „ „ „ j, 3'/» „
„11. April 1857 „ „ „ ,, 3V, „
„ 30. Octüber 1857 „ „ ,, „ 2 „
„ 10. Februar 1858 „ „ „ ,, 2 „
„ 12. März 1858 „ „ „ ., 2 „
„ 30. März 1858 wurde, das Pumpen ganz eingestellt.
Aus diesen beiden Thatsachen geht hervor, dass dem Jahre
1854 ein ungewöhnlich hoher Stand des Grundwassers sowohl
auf dem rechten wie auf dem linken Isarufer vorherging, und
[1862, L] 20
286 Sitzung der math.-phys. Classe vom 8. März 1862.
dass (las verhältnissmässig grösste Sinken bis November 1854
(auf das Cholerajahr in München) IrifTl.
Die Jalireszeilen anlangend i'ällt fast in jedem Jahre das
Maximum des Standes auf die Monate I\Iai bis Juli, und das
Minimum zu Ende des Jahres und zu Anfang des folgenden.
Doch ist diese Regel nicht ohne Ausnahmen. Im Jahre 1856
stand das Grundwasser im März höher als im Sommer, und im
Jahre 1858 hatte es im Spälherbste seinen höchsten Stand.
Bald sind die Schwankungen in den Jahreszeilen der einzelnen
Jahre grösser, bald kleiner. Am beträchtlichsten zeigen sie sich
18"/5 8 und ^V,,.
Von den 4 Brunnen kann jeder als Bild für die Bewegun-
gen der andern gelten, wenigstens erleidet die Gleichzeitigkeit
im Sinken und Steigen im Ganzen nur sehr unbedeutende Ver-
schiebungen. Zwischen den Brunnen II und III am linken Isar-
ufer ist sogar in dieser Verschiebung, in dieser Verzerrung des
Bildes eine gewisse Regelmässigkeit wahrzunehmen. Bei ge-
nauerer Betrachtung ergibt sich, dass der Brunnen in der Karls-
strasse in allen seinen Bewegungen mit ziemlicher Regelmässig-
keit dem Brunnen in der Schellingstrasse um ein paar Wochen
voraneilt ^
Durch diese Beobachtungen , welche sich über einen Zeit-
raum von sechs Jahren erstrecken, halte ich die Frage für
erledigt, ob man aus der Beobachtung einzelner Brunnen einen
Schluss auf den Stand der übrigen, und damit auf das Grund-
wasser eines Ortes überhaupt machen kann. Wäre der Stand
der einzelnen Brunnen in und um München von unberechen-
baren , in stetem , unzusammenhängendem Wechsel begritfenen
Zufällen und Einflüssen abhängig, so hätten während 6 Jahren
bei 14tägigen Messungen doch sicherlich alle möglichen Wider-
sprüche hervortreten müssen. Anstalt dessen aber gibt sich in
der Bewegung des Grundwassers an diesen 4 weit voneinander
(3) Kheiiso eilte 18.")4 die Cholera-Epidemie in der Karlsstrasse der
in der Schellingstrasse um 14 Tage vor.
Pettenkofer : Berregtntg des Gruuduassers in München 287
entfernten Punkten ein so unverkennbarer Zusammenhang und
eine solche Regehnässigkeit kuiul, wie ich sie nie erwartet hatte.
Ich habe in 6 Jaiiren nie wuhrnebmen können, dass das
Grundwasser in einzehicn Adern bald hier, bald dort fliesse, an
einem Orte sich wesentlich vermehre, während es entsprechend
an einem andern sich vermindere, oder dass es — obschon
rein fiUrirtes Wasser — sich die selbslgebalmten unterirdischen
Wege nach kurzer Zeit auch wieder selbst verstopfe u. s. w.,
wie seiner Zeit Jeniand gefürchtet hat.
Wer desshalb vom Grundwasser eines Ortes Etwas wissen
will, kann getrost eine Anzahl von Brunnen beobachten, ohne
fürchten zu müssen, dass der Zufall ihn ein Steigen des Grund-
wassers annehmen Hesse, wenn es in Wirklichkeit fällt.
Ich halte ferner auch diese Frage für entschieden, ob es
denn nöthig ist, Grundwasser -Beobachtungen zu machen, ob
man den Stand desselben in einem Orte nicht auf andere Weise,
mit schon bekannten Mitteln feststellen kann, etwa aus dem
Stand eines Flusses , oder aus der Menge der atmosphärischen
Niederschläge ? Der Stand der Isar kann in München aus dem
einfachen Grunde keinen direkten Einfluss äussern, weil das
Niveau des Grundwassers auf beiden Ufern steigt in dem Maasse,
als man sich vom Flusse entfernt. Die Spiegel der Brunnen II
bis V liegen mehr als 20 Fuss über dem milllern Stand der
Isar. Nur jene Brunnen, welche in gleichem Niveau mit der
Isar liegen, könnten von den Schwankungen des Flusses be-
einträchtiget werden. Unser Grundwasser wird nicht von der
Isar gespeist, sondern umgekehrt, es fliesst Grundwasser im
Gerolle unsichtbar allenthalben in die Isar. Der Stand der Isar
kann also nur insoferne von Einfluss auf das Grundwasser sein,
als er den Abfluss desselben mehr oder minder durch grössere und
geringere Stauung hindert. Ueber den Punkt hinaus, wo die
Brunnenspiegel mit dem Flussspiegel gleichstehen, ist kein Ein-
fluss des letzlern auf die ersteren mehr denkbar, und dieser
Punkt liegt schon sehr nahe am Ufer des Flusses.
Das Grundwaser von München zeigt stellenweise ein sehr
20*
288 Sitzung der niaik. - plii/s. Classe vom 8. Mürz 1862.
bedeutendes Gefälle, ist milhiii durchaus nicht als Horizontal-
wasser zu betrachten. Der Brunnen Nr. II in der Karlsstrasse
hat seinen Wasserspiegel durchschnittlich etwa 14 Fuss unter dem
Strassenniveau. Bis zum Brunnen Nr, III in der Schellingstrasse
sinkt das Slrassenniveau um 11 Fuss. Nach orevvöhnlicher Vor-
stellung möchte man annehmen, dass der Wasserspiegel von
Nr. III nur 3 Fuss unter dem Slrassenniveau liegen sollte; er
liegt aber thatsächlich 16 Fuss darunter. Es ist überhaupt be-
nierkenswerlh, dass man sich in München ni(;lit vom Wasser
entfernen kann, wenn man sich auch von der Isar weg nach
den höher gelegenen Stadltheilen entfernt, das Wasser heftet
sich wie ein hie et ubique an die Sohlen. Wenn man vom
Brunnen Nr. II in der Karlsstrasse eine Linie nach der Ludwigs-
Brücke zieht, so steht diese Linie ziendich senkrecht gegen den
Lauf des Flusses. Wer auf der Ludwigs Brücke steht, hat das
Wasser mindestens 25 Fuss unter sich, aber wer in der Karls-
strasse eine halbe Stunde von der Isar entfernt steht, hat das
Wasser schon in einer Tiefe von 14 Fuss unter seinen Füssen
im Boden. Dass also unter solchen Niveauverhältnissen die
Pegelbeobachlungen am Flusse nicht maassgebend sein können,
ist selbstverständlich. Uebrigens habe ich zum Ueberfluss Ver-
gleiche angestellt, die sich über einen grössern Zeitraum aus-
dehnen, — das Resultat war aber ein völlig negatives.
An andern Orten trilTt man den eigenthündichen Umstand,
dass das Grundwasser viel tiefer als der Fluss liegt, obschon
dessen Bell und Ufer nur aus lockerem Material — , Geröll und
Sand — . bestehen. Im Würmthale in Planegg, Gräfelfing und
Pasing trifft man die Brunnenspiegel selbst in der unmittelbarsten
Nähe des Flusses 25, 30 und 40 Fuss unter dem Spiegel der
Wurm *.
Es bleibt nur noch die Frage zu beantworten, ob nicht die
Beobachtung der Menge der atmosphärischen Niederschläge einen
(4) Cholera -Hauptbericht S. 345,
Pettenkofcr : Beneyung den Grundwassers in München. 289
Maasstab für den zeitlichen Stand des Grundwassers in einem
Orte abgeben könnte. Eine solche Annahme hat von vorne-
herein viel Wahrschoinlichkeit für sich, denn Niemand kann be-
streiten, dass alles süsse Wasser auf der Erde zuletzt doch nur
aus der Atmosphäre herstammcm könne. Eine Vergleichung der
beobachteten Grundwasser- Stände mit der Menge der Nieder-
schläge belehrte aber sehr bald, dass es nicht überflüssig ist,
das Grundwasser eigens zu beobachten, indem sich dessen zeit-
weiliger Stand nie auch nur annähernd erschliessen lassen würde.
Das geht nicht nur aus meinen Beobachtungen über das Grund-
wasser in München, sondern auch ans den Beobachtungen her-
vor, welche Herr Medicinalralh Dr. Escherich in Ansbach ver-
anlasst, und über welche Herr Dr. Major in Nr. 20 des Aerzt-
lichen Intelligenzbiatles 1861 mitRücksicht auf die atmosphärischen
Niederschläge berichtet hat.
Dass der Stand der Brunnen nicht mit dem Ombrometer
gemessen werden kann, hat schon viel früher ein Engländer
dargethan. William Bland veröffentlichte im Philosophical Ma-
gazine Vol. XI 1832 monatliche .Messungen mehrerer Brunnen
hl der Grafschall Kent vom Jahre 1819 bis 1831. Er sagt, er
habe seine Beobachtungen aus blosser Neugierde angestellt. Da
jedoch auch Tafeln über die Witterung, über die Menge der
Niederschlüge und die Grösse der Verdunstung während dieser
Zeit beigegeben sind, so kann mit Sicherheit angenommen wer-
den , dass dieser Gentleman einen direkten Zusannnenhang
zwischen diesen Erscheinungen und dem Stande des Wassers
zu erweisen holTte, der sich aber nicht erweisen liess, in New
Place so wenig, als in München und Ansbach.
Die Bewegungen der atmosphärischen Niederschläge in
München sind mit denen des Grundwassers auf der lithogra-
phirten Tafel anschaulich gemacht. Die jährliche mittlere Menge
der Niederschläge findet sich dort mit dem mittlem jährlichen
Stande des Grundwassers (Brunen Nr. II) verglichen. Man sieht
auf- den ersten Blick, dass man nicht das Eine aus dem Andern
ableiten kann. Die jährliche Regenmenge steigt von 1856 bis
290 SiHung der math. -])hys. Classe vorn 8. Mär-z. 1862.
1860 und fallt 1861 nahezu wieder auf den Stand des Jahres
1858 zurück. Das Grundwasser aber fällt bis zum Jahre 1857,
bleibt 1858 nahezu auf gleicher Höhe, steigt aber dann be-
trächtlich bis 1861, wo es bedeutend höher steht, als 1860,
während sich die Mengen der Niederschläge von 1860 und 1861
gerade umgekehrt verhallen.
Woher es komme, dass das Grundwasser eines Ortes sich
so ungleich mit den örtlichen Niederschlägen zeigen könne, mag
vorläufig unerörtert bleiben. Man kann verschiedene Hypothesen
als Ausgangspunkt für Untersuchungen hierüber wühlen, aber
ich glaube, es sind in dieser Erkenntniss zunächst keine grossen
Fortschritte zu machen , ehe mau nicht für mehrere Orte, aus
verschiedenen Gegenden 14tägige Beobachtungen während einer
längeren Reihe von Jahren gesammelt hat. Ich däciite, es sollte
von jedem grösseren Orte zu wissen interessant sein, wie hoch
die Menschen zu Zeiten über dem Wasser stehen, welches sich
unter ihren Füssen und unter iliren Wuhnungen befindet. Dieses
Interesse liegt uns sicherlich ebenso n<ihe, als zu wissen, wie
hoch man über dem adrialischen Meere und der Nordsee, oder
wie tief man unter der Spitze des Chimborasso oder des 3Iont-
blanc sei.
Herr Nägeli sprach über seine
„Beobachtungen über das Verhalten des pola-
risirten Lichtes gegen pflanzliche Organi-
sation."
i. Die Antrenclung des PoJarisationsapparates auf die Unter^
suchung der vegetalnlisvhen Elementarlheile.
Abgesehen von vereinzcllen frühern Beobachtungen wurde
das Folarisationsmicroscop zuerst von Karl von Er lach
Hägeli: Verhalten d. polar. Licht. ge<j. pflanzt Organis. 291
(Müllers Archiv 1847 p. 313), Ehrenberg (Berichte der Ver-
handlungen der Berliner Akademie 1849, p. 55 und Schacht
(Pflanzenzclle 1852 p. 429) syslematisch auf die Untersuchung
der Pflanzengewebe angewendet. Diese Forscher beschäftigten
sich vorzüglich mit der Frage , ob und welche Elementartheile
doppelbrecheiid seien oder nicht.
Erlach kam, gestützt auf eine geringe Zahl genauer Be-
obachtungen, zu dem Schlüsse, dass keine der bis dahin unter-
suchten organischen Substanzen an sich einfachbrechend sei,
dass die Doppelbrechung um so deutlicher werde, je weiter die
Substanz in ihrer Entwicklung fortgeschritten, und dass in
faserigen Gebilden die eine Schwingungsrichtung parallel zur
Längsaxe, in Membranen senkrecht auf die Fliichenausdeh-
nung stehe.
Ehrenberg gewann als Resultat einer grossen Menge von
Beobachtungen, dass von den pflanzHchen Elementartheilen die
einen einfach- die andern doppelbrechend seien, dass der Grund
der optischen Wirkung nicht allein in der organischen Structur,
sondern zuweilen auch in einer doppelbrechenden Substanz liege,
welche die Membranen überziehe und sich durch Säuren ent-
fernen lasse, dass endlich die doppelbrechenden Eigenschaften
der organischen Substanzen nicht aus Spannungsverhältnissen,
sondern aus einem crystallinischen Zustande abzuleiten seien.
Schacht glaubte ebenfalls, dass manche Zellenmembranen,
besonders die jugendlichen , nicht auf das polarisirte Licht wir-
ken, und dass man vermittelst desselben entscheiden könne, ob
eine Pflanzenzelle bereits Verdickungsschichten gebildet habe
oder nicht. Im Ganzen aber legt er wenig Werth auf den
Polarisationsapparat, indem er sagt, derselbe sei am Microscop
mehr für ausserordentliche hübsche Spielereien als zur wissen-
schaftlichen Belehrung geeignet (Microscop 1855 p. 29).
In einer sehr gründlichen Arbeit förderte Hugo von
Mohl (bot. Zeit. 1858 p. 1) die Untersuchung des Pflanzen-
gewebes mit Hilfe des polarisirten Lichtes um einen wichtigen
Schritt. Indem derselbe eine Verbesserung in der Beleuchtung
292 Sitzutiff der inaih.-phiis. Cla.sse vom 8. Märt lS6i.
anbrachte, gelang es ihm, doppclbrechcnde Eigenschaflen auch
an solchen Menibnmen nachzuweisen , nelche seine Vorgänger
für einfuclibrocliend erklärt Iiatleii; und er schloss aus seinen
Beobachtungen, dass alle Zellontiieinbranen und Stärkekörner an
sich doppelbrechend seien. Ei- entdeckte ferner, dass wenn man
den polarisirten Lichtstrahl durch ein dünnes Pliittchen von
Gyps oder Glimmer gehen lässt, die organisirten Elementar-
theile analoge Verschiedenheiten zeigen wie positive und nega-
tive Crystalle. Er fand , dass die Zellenmeinbranen auf Qner-
und Längsschnitten negative, die Stärkekürner . die cnticnlari-
sirten Membranen und die Membranen und Fasern von Caulerpa
und Bryopsis positive Farben geben. Er fand ferner, dass die
Zellmembranen von der Fläche betrachtet, in der Richtung der
Faserung und Streifung ebenfalls optisch negativ sich verhalten.
Er schloss endlich aus seinen Beobachtungen, dass der optisch
positive oder negative Charakter einer Substanz durch die che-
mische Zusannnensetzung bedingt werde und dass ein optisch
verschiedenes Verhalten auch eine chemische Verschiedenheit
anzeige. Dessvvegen behauptete Mohl (bot. Zeit. 1859 p. 225),
die Substanz, welche von einem Stärkekorn zurückbleibt, wenn
man demselben nach dem von mir angewendeten Verfahren die
durch Jod sich bläuende Verbindung (Graiudose) entzieht, sei
nicht Cellulose sondern eine neue Verbindung, die er Farinose
nannte; deim diese Farinose gebe positive, die Cellulose aber
negative Farben.
Valentin (Die Untersuchung der Pflanzen- und Thier-
gewebe in polarisirtem Lichte. 1861) gab eine durch Lilteralur-
und Sachkcnntniss ausgezeichnete Darstellung der Polarisations-
erscheinungen und Polarisationsinstrumenle. In denjenigen Ab-
schnitten des praktischen Theils, welclie von den vegetabilischen
Elementarorganen handeln, wiederholte er im Wesentlichen die
Angaben Mohfs, übersah aber die von diesem Beobachter her-
vorgehobene Thalsache, dass die von dem polarisirtem Lichte
senkrecht auf ihre Fläche durchsetzten Membranen Interfe-
renzfarben zeigen, und kam in Folge dieses Versehens zu dem
Nät/elt: Verholten d. polrir. Licht, (ley. pflaiirl. Orffdiu's. 293
Schlüsse, dass die vcgelnbilischen Substjnizen eiiiaxig seien, dass
die optische A.xe der radialen Richtung folge und dass den Stär-
kokörnern wirklich ein positiver, den Membranen ein negativer
optisclier Charakter zukomme.
Ich habe in den Jahren 1859 und 1860 mich einlässlicher
mit der Anwendung des Polarisationsmicroscops auf die Unter-
suchung der pflanzlichen Elementartheile beschäftigt, und theile
hier vorläufig die Ergebnisse nn't, welche die Anordnung und
die Natur der optiscliwirksamen Theilchen in den Zellmembranen
und den Stärkekörnern betrelfen , indem ich mir die ausführ-
lichere und molivirle Behandlung an einem andern Orte vor-
behalte.
Zuerst muss ich eine kurze Auseinandersetzung der innern
Structnr der genannten Elementarllieile vorausgehen lassen. Sie
bestehen aus einer imbihitionsfähigen Substanz und sind im be-
feuchteten Zustande mit mehr o<Ier weniger Wasser durchdrun-
gen. Sie erscheinen in diesem Zustande geschichtet, wobei die
Schichten im Allgemeinen niil der Oberfläche parallel laufen. Ist
die Schichtung in wasserarmcMi Körpern zuweilen undeutlich, so
kann sie sichtbar gemacht werden, wenn dieselben durch Ouel-
lungsmittel mit mehr Flüssigkeit imbibirt werden. Das geschichtete
Aussehen rührt daher, dass die Schichten abwechselnd mehr und
weniger Wasser enthalten und desswegen ein ungleiches Licht-
brechungsvermögen besitzen. Im trockenen Zustande erscheint
die Substanz homogen , weil alle Schichten gleich wenig oder
gar kein Wasser enthalten. Dieses homogene Aussehen tritt
auch ein , wenn die Substanz von Natur oder durch künstliche
Mittel sehr viel Wasser aufgenommen hat, indem nun die dich-
ten Schichten den weichini ähnlich geworden sind. Ich habe
diese Verhältnisse in meinen ,, Stärkekörnern" auseinander
gesetzt.
Betrachtet man die Membranen von der Fläche, so sieht
man sie zuweilen gestreift; ich spreche hier nicht von den Fa-
sern , welche einer Verdickung der Membran ihren Ursprung
verdanken und auf deren innern oder äussern Fläche vorsprin-
294 SUzuny der tnath. -pin/f. Classe vom 8. März 1868.
gen, noch von den Fallen der äussersten Schicht. Jene Strei-
fung der glatten unverdicklen Zellhaut hat zu der unpassenden
Annahme verführt, sie bestehe aus sogenannten Priniiliv-
l'asern. ."Mit der Streifung hat es nach meinen Untersuchungen
gleiche Bevvandtniss wie mit der Schichtung. Sie rührt daher,
dass in einer Schiclit schmale Zonen abwechselnd mehr und
weniger Wasser enthallen. Wenn wir das Bild der Fasern fest-
hallen wollten , so könnten wir sugen , es bestehe jede Schicht
einer Membran aus einer einfachen Lage von Fasern, von denen
alternirend je die einen dicht und wasserarm, die andern weich
und wasserreich seien.
Die Membranen sind aber in der Regel nicht nur nach
einer, sondern nach zwei sich kreuzenden Richtungen gestreift.
Die einen gewöhnlich etwas starkern Streifen laufen in einer
cylindrischen oder prismalischen Zelle zuweilen parallel mit der
Axe, die andern etwas schwächern senkrecht zu derselben.
Häufig haben die Streifen einen schiefen Verlauf, wobei die
stärkern bald die steiler, bald die weniger steil aufsteigenden
sind, indess die schwächern mit denselben genau oder fast ge-
nau einen Winkel von 90" bilden. Doch fand ich, dass bei
Cladophora hospita der Winkel zwischen beiden Streifensystemen
von 78 zu 86' j** variirt.
Diese beiden Streifungen verhalten sich gleich und be-
stehen beide aus abwechselnd dichten und weichen Zonen, Die
Membran oder Membranschicht, von der Fläche betrachtet, zeigt
somit ein parketartiges Au.<sehen. Sie besteht aus kleinen Qym-
dralen oder quadratähnlichen Rhomben, welche durch 3 und
vielleicht 4 verschiedene Grade des Wassergehaltes von einander
verschieden sind Die dichtesten (wasserärmsten) Felder ent-
sprechen den Kreuzungsstellen der dichten, die weichsten (wasser-
reichsten) den Kreuzungsstellen der weichen Streifen, während
die Kreuzungen von weichen und dichten Sreifen einen oder
zwei mittlere Grade des Wassergehaltes darstellen. Ich habe
diese Verhältnisse am deiillithsten bei einigen Fadenalgtm mit
grossen Zellen, namentlich an Chamaedoris beobachten können.
Tiägeli: Verhalten d. polar. Licht, geg. pßantl. Orgains. 295
Die Zellennieinbran beslehl also gleichsam aus 3 sich kreu-
zenden Schichtungen, ähnlich den Biatler(hirchgängen der drei-
fach blättrigen Crystaile. N'on denselben überwiegt eine die
andern beiden in der Hegel so sehr, dass diese neben ihr bei-
nahe verschwinden; jene wird als Schichtung schlechthin, diese
als Streifungen bezeichnet. Während aber bei den Cryslallen
die Blätterdurchgänge bloss die schichtenförmige Anordnung der
kleinsten Theilchen anzeigen, so sind die Schichtung und die
Streifungen der Membranen nicht bloss der Ausdruck für die
Anordnung der Subslanztheilchen, sondern wie ich eben zeigte
auch für eine ungleiche Wassereinlagerung, indem immer dichte
und weiche Zonen mit einander alterniren.
Dieses letztere Vethällniss steht in einer bestimmten Be-
ziehung zum Wachsthum. Ich habe für die Stärkekörner nach-
gewiesen, dass dieselben sich durch Inlussnsception vergrössern,
indem die dichten Schichten mächtiger werden, und wenn sie
eine bestimmte lAlächligkeit erlangt haben, sich in zwei Blätter
spalten, zwischen denen eine weiche Schicht eingelagert wird.
Ich habe auch für einige Zellmend)ranen wahrscheinlich gemacht»
dass das Dicken wachsthum nicht nach der bisherigen Annahme
durch Apposition, sondern durch Intussusception geschehe (Stärke-
körner p. 282). Ich kann jetzt beifügen, dass es mir gelungen
ist, auch für verschiedene andere Beispiele die thatsächlichen
Beweise für die Einlagerung zu gewinnen, und ich kann die
allgemeine Giltigkeit des Satzes in Anspruch nelimen, dass auch
bei den Zellmembranen die Schichtung durch DilTerenzirung im
Innern erfolgt.
Was das Flächenwachsthum betrifft, so habe ich früher
ebenfalls gezeigt, dass es nur durch Intussusception vor sich
gehen kann {Stärkekörner p. 279) Die gestreifte Structur, die
ich vorhin dargelegt habe und die eine vollkommene Analogie
mit der Schichtung aufweist, macht es wahrscheinlich, dass beim
Flächenwachsthum ganz analoge Vorgänge stattfinden wie beim
Dickenvvachsthum. Wie bei dem einen junge weiche Schichten,
so werden bei dem andern junge weiche Streifen eingelagert.
296 Sit-zutiff der math. - phi/s. Classe vorn 8. Marx 1862.
Da aber das Fliicheiiwachsllium eine Vergrösserung in 2 Rich-
tungen in sich schhesst, so müssen auch die Streifunffen in
2 RichlmiiTon verlaufen, und es ist für die Mechanik des Wachs-
thiims bemerkenswerlli , dass die beiden Richtuno-en fast ohne
Ausnahme genau oder nahezu rechtwinklig sind.
Es isl nach dem , was ich eben über die Bedeninng der
Schiciilung und Streifnng gesagt habe, begreiflich, dass die-
selben um so deutlicher hervortreten, je rascher das ihnen ent-
spreclieiidc Dicken- und Flächenwachsthum erfolgt sind. Die
Schichlen sind am niarkirtesten in den grossen Stärkekörnern
und den dicken Zellmembranen, die in kürzester Zeit sich ge-
bildet haben. Die Streifen werden am sichersten gesehen an
Äen Membranen grosser und lang-er Zellen, die binnen kurzer
Zeit ihre beträchtliche Ausdehnung erlangten , so namentlich an
den Zellen mancher niederer Algen.
Diese Auseinandersetzung über die Structurverhältnisse und
deren Beziehung zum Wachsthuin war nöthig, weil durch sie
die Lagerung der Substanzlheilchen bedingt wird und weil von
der Iclzfern die optischen Verhältnisse abhängen.
Um die Bedeutung der optischen Erscheinungen an den
organischen Körpern würdigen zu können , müssen wir von
einem möglichst einfachen Falle ausgehen, der gleichsam als
Maass für die übrigen gelten kann. Gewöhnlich bei^innt die
Optik die Lehre von den doppelbrechenden Körpern mit dem
einaxigen Crystall. In gewisser Beziehung dürfte es passend
sein, das gepresste Glas mit zum Ausgangspunkt zu wählen,
weil man hier die Verwandlung des isotropen Mediums in ein
anisotropes verfoloren kann. Diess isl besonders nolhwendig für
die organischen Körper, weil hier die Analogie mit dem Crystall
gar nicht oder nur sehr unvollständig festgestellt werden kann.
Wenn man ein Stück Glas , am besten einen Würfel oder
überhaupt ein Prisma in der Richtung seiner A.xe zusanunen-
presst, so wird es doppelbrechend und nimmt die optischen
Eigenschaften des einaxigen negativen Crystalls an. Im Glas ist
die Dichtigkeit des Aelhers vor der Anwendung des Druckes
Nägeli: Verhalten d. polar. Licht, yeg. pflanzl. Organis. 297
nach allen Richlung-cn die gleiche; nachher ist sie in der Rich-
tung der Axe grösser. Wenn wir in dem nicht coinpriinirten
Glas eine Kugel in Gedanken isoliren, so verwandelt sich die-
selbe durch den Druck in ein Sphaeroid. Dasselbe kann als
Ausdruck für die Aelherdichtigkeit gellen, indem diese sich
umgekehrt wie die Radien oder Durchmesser verhalt. Dieses
DichtigkeitseUipsoid hat die gleiche Lage wie das Ellipsoid für die
Wellenfläche des extraordinären Strahls. — Wenn ein Glasprisma
in der Richtung seiner Axe auseinander gezogen wird, so erhält
es die Eigenschaften des positiven einaxigen Cryslalls. Die
Aetherdichligkeit vermindert sich dabei in der Richtung der Axe;
sie wird durch ein in dieser Richtung verlängertes Rotations-
ellipsoid dargestellt, welches zugleich auch im Allgemeinen
die Gestalt der Wellenfläche des ausserordentlichen Strahls
angibt.
Die Aelherdichtigkeitsellipsoide müssen, da ihre Radien
sich umgekelirt wie die Dichtigkeiten verhallen, naturgemäss
auch die Elaslicitätsellipsoide sein , weil der grössern Verdün-
nung des Lichtälhers die grössere Elasticität entspricht. Daraus
glaube ich schliessen zu können, dass die Strahlen in ihrer
Polarisationsebene, der ordentliche im Hauptschnitt, der ausser-
ordentliche senkrecht dazu schwingen ; denn die letztere Rich-
tung ist die einzige, welche durch eine verschiedene Aelher-
dichtigkeit von den übrigen abweicht, und zwar im positiven
einaxigen Cryslall durch geringere, im negativen durch grössere
Dichtigkeit '. — Nach der gewöhnlichen Annahme stehen Schwin-
gungs - und Polarisationsebene bekanntlich senkrecht auf ein-
ander; und das Elaslicitätsellipsoid hat im Vergleich zum Ellipsoid
der Wellenfläche des extraordinären Strahls die umgekehrte
Lage. Diess scheint mir im Widerspruche mit der Thatsache
(1) Hüllzinaim hat auf anderem Wege Ijereils bewiesen, dass Pola-
risationsebeiie und Scluviiigiingsebeiie zusaintiienralten (Fogg. Ann. 1856.
Bd. 99 p. 446).
298 Sitzung der math.- t'hys. Classe vom 8. März 1862.
ZU stehen, welche uns die Compression und Expansion eines
isotropen Mittels an die Hand gibt. Es versteht sich übrigens
von selbst, dass diese theoretische Betrachtung nur insofern von
Werlh ist, als wir die oplis(rhen Krscheinungen mit aiulern niole-
culären Verhältnissen in Beziehung bringen; dass aber die ganze
Lehre der Optik und ihre mathematische Begründung nicht da-
von berührt wird '^
(2) Die Annahme einer unifleiclu'n Ai'thertliclitigkeit ist allerdings
bloss noch Hypothese , aber nicht mehr Hypothese als die Undulations-
theorie selbst, und eine Hypothese für welche die grösste NYahischcin-
lichkeit spricht. \Tenn dem Aether die in der Materie thätigen repiil
siven Kräfte inwohnen, so niuss derselbe an Dichtigkeit zunehmen, wenn
man eine elastische Substanz zusammendriickt , denn sie hat das Be-
streben sich auszudehnen. Ferner muss von zwei Körpern der dichtere
auch den dichtem Aether enthalten, weil in ihm die Summe der Attrak-
tivkräfte grösser ist und dieser grossem Anziehung eine entsprechende
grössere Repulsion das Gleichgewicht hält. Endlich müssen crjstallinische
Körper, in welchen die Atlraktivkräfte in gewissen Richtungen stärker
wirken, aus dem nämlichen Grunde in diesen Richtungen eine grössere
Menge von abstossenden Aetherlheilchen, also eine grössere Aetherdich-
ligkeit haben als in andern — Wenn nun das Licht durch die Schwin-
gungen der Aetherlheilchen fortgepflanzt wird, so muss die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit durch einen gegebenen Raum von der Menge der in
diesem Raum betindlichen Theilchen, also von der Dichtigkeit desAelhers
bedingt werden. Damit stimmt die Thatsache nberein . dass in gasför-
migen Substanzen die optische Dichtigkeit in gleichem Maasse zunimmt
wie die gewöhnliche, und dass die Fortpllanzungsgeschwindigkeit der
Lichtstrahlen im Hmgekehrlen Verhältnisse dazu steht; so wie ferner,
dass auch in den flüssigen und festen Körpern die Lichtstrahlen sich
beträchtlich langsamer bewegen als in den gasförmigen. — Nun ist zwar
Neu mann (Abhandlungen der Berliner Akademie aus dem Jahre 1841)
bei seinen Beobachtungen an comprimirtem Glas zu dem mit den bis-
herigen Thatsachen im Widerspruche stehenden Schluss gekommen, dass
die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes in einem Körper wachse,
wenn durch mechanische Operation seine Dichtigkeit vermehrt werde.
Diese Folgerung gilt für die Annahme, dass Schwingungsebene und
Polarisationsebene rechtwinklich aufeinanderstellen. Lässt man aber beide
zusammenfallen, so entspricht sowohl für diesen sowie für alle auderu
Nagelt: Verhalten d. polar. Licht, geg. pflanzl. Organis. 299
Wenn eine geschmolzene Glaskugel rasch abgekühlt wurde,
so befindet sich die äussere (Rinden -) Substanz in einem Zu-
stande der Verdiclilung. die innere in einem Znslande der Ver-
dünnung. Üemgemäss zeigt die Masse in den tangentialen mit
der Oberfläche parallelen Richtungen positive, in den radialen
Richtungen negative Spannung. Die Glaskugel, und nnt ihr
stimmt ein eingetrockneter Gummitropfen überein , verhält sich
optisch gerade so , als ob sie aus unendlich vielen Keilen von
optisch positiven einaxigen Crystallen bestände, deren Axen die
Stellung von Radien haben. Die isotrope Glaskugel dagegen,
die gleichmässig erhitzt und dann vom Umfange aus abgekühlt
wird , verhält sich vor erfolgter gänzlicher Erkaltung rücksicht-
lich ihrer Spannungs- und Aetherdichtigkeitsverhältnisse umge-
kehrt. Sie ist aus radial gestellten Elementen zusaumiengesetzt,
die wie negative einaxige Crystalle wirken. — Glaskörper die
von der Kugelgestalt abweichen, und die erhitzt oder abgekühlt
werden, bestehen ebenfalls aus zahllosen Elementen, die in ihrer
Axenstellung unter einander nicht parallel sind; aber diese Ele-
mente sind nicht einaxigen sondern zweiaxigen Crystallen zu
vergleichen, wie nian deutlich schon am Glascylinder sieht. Sie
haben 3 verschiedene Elasticitäts- oder Dichtigkeitsaxen.
Der Polarisationsapparat zeigt die Richtung der Schwin-
gungsebenen in den organisirten Körpern an; die Vergleichung
mit comprimirtem oder expandirtem Glas oder mit einaxigen
Crystallen aber weist nach, welche Richtung der grössern oder
geringern Actherdichtigkeit entspreche. Wenn nämlich das com-
primirte Glas so auf ein Gypsplältchen gelegt und unter das
Pülarisationsmicroscop gebracht wird, dass die Schwingungs-
ebenen im Glas und im Gyps zusammenfallen, aber mit denen
Fälle der Coinpression , Expansion, Eiwärniunn; und Ahkiililiing die ge-
ringere Fortpnanznngsgeschwiiidigkeit der grossem .\etlierdiclitigkeit
oder, was das Nämliche ist, einer positiven Spannung, und umgekehrt,
— wie ich anderswo ausführlicher zeigen werde.
300 Sitzung der vmth. - phys. Vlasse vom 8. H1ür% 1862.
(1er Polarisalionsprismcn einen Winkel von 45" bilden, so wer-
den die Gangunterschiede der Strahlen und sonnt die Farbe des
Gypsplättchens in der Farbenskale erhöht, wenn die gleichna-
mioen Aelherdichligkeitsaxen (d. h. der grössern Dichtigkeit
einerseits sowie der geringern andererseits) im Glas und im
Gyps sich decken. Sie werden in entsprechendem Maasse ver-
mindert, wenn die ungleichnamigen Axen (die der grössern und
die der geringern Aetherdichligkeit) zusanunentrelFen. Liisst
man dem Gypspliittclien die niindiche constante Lage , so erhält
man durch jeden zu untersuchenden Körper, vorausgesetzt dass
dessen Schvvingungsebenen in die diagonale Stellung wie im
Gypsplattchen gebracht wurden, entweder Additions - oder
Subtraktionsfarben, und man kann daraus unmittelbar ent-
nehmen, in welcher Ebene die Axe der grössern und in wel-
cher die der geringern Aelherdichtigkeit sich befindet.
In den durchdringbaren geschichteten Körpern ^CMem-
branen und Slärkekörnern) sind die optisch wirksamen Ele-
mente ohne Ausnahme so angeordnet, dass die eine Elasti-
citäls- oder Dichtigkeilsaxe senkrecht zur Schich-
tung steht, die beiden andern aber in der Ebene
jeder einzelnen Schicht liegen. Zeigen die Schichten,
von der Flache angesehen, zwei Systeme von Streifen, die sich
rechtwinklig kreuzen , so entsprechen denselben die beiden an-
dern Aelherdichtigkeitsaxen. Wenn aber die Streifen sich nicht
unter einem Winkel von 90** schneiden, so fallen die Dichtig-
keitsaxen weder mit den einen noch mit den andern zusammen.
— Daraus folgt natürlich, dass in einer cylindrischcn Zelle und
in einer soliden cylindrischcn Faser (wie bei Caulerpa) die op-
tisch wirksamen Elemente mit der einen Dichtigkeitsaxe wie
Radien um die Cylinderaxe, in kugeligen oder eUipsoidischen
Zellen und Stärkekörnern wie Radien um den Mittelpunkt ange-
ordnet sind. Oesswegen zeigen die kugeligen und eUipsoidischen
Körper sowie die Querschnitte durch die cylindrischcn Körper
analog den Glaskugeln und den Glascyhndern das bekannte
Nagelt: Verhalten d. polar. Licht, yey. pflanzt. Organis. 301
Kreuz, welches die gleiche Natur und Farbe hat wie das Ge-
sichtsfeld.
nie optisch wirksamen Elemente, aus denen die Membranen
und wahrsciieinlich auch die Starkekörner bestehen, haben drei
verschiedene Elast ioit als- oder Diclitigkeitsaxen, wie
man aus den Interferenzfarben sieht, die sie geben , wenn die
eine oder andere A.\e senkrecht steht. Sie haben demnach die
Natur von zweiaxigen Cryslallcn. Dabei gilt fast als ausnahmslose
Regel, dass die kleinste oder die grösste Dich tigkeits-
axe senkrecht zur Schichtung steht. In den unverän-
derten Stiirkekörnern , in den cuticularisirten Zellmendjranen
(Cuticula und Kork), in wenigen einzelligen Algen boündet sich
die uerinofste Aelherdichtiokeit (arösste Elasticitiit) in der zur
Schichtung senkrechten Richtung. Bei den gewühidichcni Zell-
membranen dagegen ii.t es die Axe der grössten Aetherdich-
ligkeit (geringsten Elasticitiit), welche die Schicliten rechtwinklig
durchbricht. Unter i\en erstem haben die Slürkekörner die Axe
der geringsten Dichtigkeit in der Iransveisalon, die Algenzelleii
in der longitu(b'nalen Taiigeiilialnchtung. Bei den zweiten ist
die Axe der grüsslen Dichtigkeit häufiger loiigiludinal, seltener
transversal gestellt.
H. V. Mohl drückt diese Verhältnisse anders aus; er sagt,
die Stiirkekörner und die cuticularisirten Membranen geben im
Durchschnitt angesehen positive, die übrigen Zellmembranen ne-
gative Farben; ebenso sagt, er, die Membranen seien, von der
Fläche angesehen, in <ler Richtung der stärkern Streifung ne-
gativ-gefärbt. Er hat diese Terminologie von Brevvster entlehnt,
welcher sie für das anisotrop gewordene Glas anwendete. Für
Glaskugeln, die aus einaxigen positiven oder n(^gativen Elemen-
ten bestehen, ist sie gewiss vollkonunen richtig. Allein schon
für Cylinder, Ellipsoide, Tafeln von Glas scheint es mir nicht
gerechtfertigt ^ und für die organischen Körper haite ich es
(3) Als Brewslrr seine Versuche mit f^epicsstein, (rhitzteiii niul ab-
gcliühlteiii Glas anstellte, so verglich er dassolbe mit einaxif^eii Krjstallen.
[Ib62. I.] 21
302 Sitzung der math.-phys. Classe vom 8. März i86i.
gleichfalls für iinstallhaft, von positiver und negativer Färbung
zu sprechen. Jene Gläser und diese Körper sind aus zwei-
axigen Elementen zusammengesetzt und wir wissen von den-
selben meistens bloss, in welcher Richtung die Axen der gröss-
ten, der mittlem und der kleinsten Aetherdichligkeit gestellt
sind; wir wissen aber nichts über das Grossenverhiilfniss dieser
Axen *. Es mangelt also, mit Ausnahme weniger Beispiele, Alles,
was nölhig wäre, um zu entscheiden, ob die optisch wirksamen
Elemente jener Glasstiicke und jener organischen Körper sich
wie positive oder wie negative zweiaxige Crystalle verhalten. —
Es ist zwar sicher, dass man auch an zweiaxigen Körpern po-
sitive und negative Färbung unterscheiden kann. Die Verschie-
denheit stellt sich ganz sicher heraus, wenn die optischen Axen
in einer horizontalen Ebene hegen. Aber praktischen Werlh
wie bei den einaxigen Körpern, wird die Terminologie bei den
zweiaxigen nicht gewinnen können , da die Kenntniss der Cry-
stallform, der Lage der optischen Axen und somit des positiven
oder negativen Charakters vorausgehen nmss, ehe man die Be-
deutung der Färbung beurtheilen kann.
Es fragt sich ferner, ob die Unterscheidung positiver und
Dabei braclite es tlieils das Olijokl uiit sicli , tlieils bogiiii£;te er siili
sonst damit, dass er nur den Effekt der in einer Fliiclic wirksamen zwei
Actlierdiclitiskeiten in Hetraolit zo^. Uel)erdeni waren die zweiaxigen
Mittel zwar wohl bekannt, aber doeh nocli weniger stiulirt und nament-
lich noch nicht in positive und negative unterschieden. — Ein von mir
untersuchter c.vlindrischer Glasstab von S'/i M. M Durchmesser verhiilt
sich in Folge seiner Spannungen so, als ob er aus zweiaxigen, optisch-
positiven Elementen zusammengesetzt wäre, in denen der NYinkel zwi-
sdien der optischen Axe und der längsten Elasticilätsaxe 3()° beträgt.
(V) teil kann unter allen EUmeiitarorganen bloss liir einen Fall auf
indirektem Wege die Lage der optischen Axen approximativ schätzen.
Bei Chaetomorpha aerea nämlicii sind die optisch wirksamen Elemente
dei Membran zweiaxig und positiv (sie haben also den entgegengesetz-
ten Charakter von dem, den ihnen Mobl zuschreibt); der Winkel zwi-
schen der optischen Axe und der grössern Elasticilätsaxe ist sicher klei-
ner als 40", aber sein Werth weiter nicht genau zu bestimmen.
fiägeli: Verhalten d. polar. Licht, geg. pßanzl. Organis. 303
nes^ativer Färbung, wenn auch in strenger cryslallographisch-
opt isolier Bedeutung unrichtig, nicht dennoch zweckmässig an-
gewendet werden könnte, indem man die 2 Elasticitätsaxen des
zweia.xigen Objekts, die in einer bestimmten Lage zur Wirk-
samkeit gelangen, mit denen der einaxigen Crystalle vergleicht.
Diess scheint mir indess nicht der Fall zu sein , weil die An-
wendung willkührlich ist und daher leicht zu Verwirrung und
Missverständniss führen kann. Muhl sagt von der Zeihnembran,
sie gebe im Querschnitt, im. Längsschnitt und von der Fläche
angesehen negative Farben. Das ist das Nämliche, als ob man
von einem zweiaxigen Crystall sagte, er sei, wenn man nach-
einander jede der 3 Elasticitätsaxen in eine senkrechte Lage
bringt, negativ gefärbt. Alan könnte mit gleichem Hechte ihn
positiv gefärbt nennen, da in diesen Stellungen zwischen nega-
tiven und positiven zweiaxigen Körpern keine Verschiedenlieit
besteht. Mohl setzt voraus, die Interferenzfarben eines Körpers
müssen in allen 3 Richtungen des Raumes den gleichen (posi-
tiven oder negativen) Charakter besitzen. Desswegen nennt er
die verschiedenen Zellmembranen (z B. Cladophora und Chara),
obgleich dieselben von der Fläche betrachtet sich rücksichllich
der Interferenzfarben entgegengesetzt verhalten , doch alle
negativ gefärbt; aber er sagt, die Farbe werde bei den einen
durch die Längsstreifen, bei den andern durch die Onerstreifen
beslinmit\ Auch diese Voraussetzung ist willkührhch; man
(5) Dii-ser .Vusdriuk Molil's ist mir iiix'riiaiipt iiiclil reclit vcrstäiut-
liili, weil mir die aiialoiiiistlic iiiid »plisclu- Bci>riiiMliiiii^ eiitj;i'lit. Wie
iili oben austliiirti', zt'ij;rn di»; Mciiiljraiieii , von der Flüclic aiigoseiicn,
zwei S^stoine von Streifen, die sich reclit« inklij; kreuzen. Nun, sagt
Molil (bot. Zeit. 1858 p. 13) ,,war hier zu uiilersuclien . ob ein einziges
von die.sen zwei S.vstemeit den optischen Charakter der Membran be-
.stimme, oder ob l)eide eine gleiciistarke und entgegengesetzte ^Yirkung
ausüben und ihre \Tirkung gegenseitig neutralisiren , wie dieses bei
zwei gekreuzten Glininierpliitlclien von gleicher Dicke stattfindet." IHe
Beobachtung habe gezeigt, dass das Erstere der Fall sei, dass aber bei
den einen Zellen die Längs-, bei den andern die Querstreilen maass-
21*
304 Sitzuni/ der ttialli -phys. Classe vom 8. März 1S62.
könnte mit gleichem Rechte und wohl mit mehr Conseqnenz die
InlerrercnzfiU-he in aHen Fallen nach dem gleichen Streifensyslein
bestimmen, und sie daher bei Chara positiv nennen, wenn man
sie bei Cladophora als negativ bezeichnet.
Da die Anwendung dieser Terminologie so sehr von dem
subjektiven Ermessen abhängt , so ist nicht zu vermeiden , dass
zwei Beobachter die nändiclie Erscheinung mit entgegengesetzten
Ausdrücken bezeichnen. Diess ist in der That geschehen. Brücke
untersuchte die Muskelfaser (sarcous element) von Hydrophilus
und nannte sie optisch positiv (Denkschriften der Akademie der
Wissenschaften zu Wien 1858. XV. p. 69). Mohl fand da-
gegen im Gegensatz zu Brücke, dass die Muskelfasern mit einer
aus Cellulose bestehenden Faser übereinstimmen und desshalb
negativ seien ; er machte auf diesen Widerspruch aufmerksam,
ohne ihn zu lösen (Bot. Zeit 1858 p 375). Brücke bestimmte
in seiner Arbeit zuerst die einaxige Natur der Muskelfasern,
indem er zeigte, dass sie sich in der Richtung der Längsaxe
einfach brechend veihalten. Dann fand er, indem er sie auf
einen Bergcrystallkeil legte, dass sie optisch positiv sind. Das
Verfahren ist vollkommen überzeugend und lässt üher die Rich-
tio-keit des Schlusses keinen Zweifel. Wegen der abweichenden
gebend seien. Diese Aiiscliaiiu:;g siiieint voiauszuselzeii , da.ss die
zweierlei Streifen Fasern seien, die sell).stsliindii5 nebeneinander und
uolil selbst auch neben den Siiiithten bestehen: denn auf Durebselinillen
sind es nach Mohl die Scliichlen, in der Fläcl.enansiihl die beiden Slreifen-
oder Faser.sjsteme, welelie ihre oplisehe Wirkung ausiiben — .Nach meiner
Ansilianun^ dageejcn bef^rcilen sowohl die Sihicliten. als jedes SlreiCen-
s.vstem für sieh die •i^iuv/.c Substanz der iMcnibran, mit andern Worten
jedes Moleeül ist zugleieli ein Tiieil sowoiil einer Sehitht, als eines
Längsstreilcns und eines Querslrciiens. Srhichtung und Streifungen sind
an der Membran niehts anders als die Bl.llterdureligänge im Crj.stall,
und die Theorie, dass bei der einen Membran die Längsstreifen, bei der
andern die Uuerstreifen den negaliven Charakter bedingen, ist naeh
meiner Vorstellung ebenso unstatthaft als wenn man sagen wollte, bei
dem einen Cr^tstall sei es der eine, bei dem andern ein anderer Blätter-
durthgang, weither die Interferenzlarbeii hervorrufe.
N/ijjeli: Verhalten d. polar. Licht, t/et/. pflanzt. Oryaiiis. 305
Angabe von Mohl wieclerliolle ich die Untcrsuchune;- an Muskel-
fasern von grössern Carabusarton. Das Resultat war das näni-
bche, wie es Brücke scbon angegeben: Die Quersclinille er-
scheinen, wenn man sie um ihre Axe dreht, (hinkel oder zeigen
auf einem Gypsplättchen die Farbe desselben. Zur Bestimmung
des optisclien Charakters bediente ich mich nicht eines Bergcry-
slallkeils, sondern eines Gypsplallchens, an welchem die Axe
der grössern und geringern Aetherdichtigkeit zuvor durch Ver-
gleichung mit einem Kalkspathprisma sowie mit mehrern micro-
scopischen Crystallen , die ich aus Lösungen auscrystallisiren
liess (phosphorsaures Kali, Cyanqnecksilber, salpetersaures Natron)
festgestellt worden war. Die Muskelfasern verhielten sich um-
gekehrt wie die ebengenannlen negativen Ciystalle. Wenn sie
also wirklich einaxig sind, so nniss man sie sicher positiv nennen.
Die Vergleichung mit Cellulosefasern z. B. mit Bastlasern ist
jedoch unstatthaft; beide gleichen einander bloss in der äussern
Form, weichen aber in der Anordnung der optisch wirksamen
Elemente gänzlich ab; bei der Cellulosefaser sind die letztern
zweiaxig und stehen auf Ouerschnillen in radialen Reihen®.
(ft) Ks ist mir ührigens eiiiigcrinaasseri zweifrllicift, ob die Substanz
der Muskelfaser wiiklich einaxig sei, wie es Brücke annimnif Der jMnn-
{jel an interfcrenzrarben bei aufrecbter Steiiunc: niire entsclieiderid, wenn
man annehmen dürfte, die optiscli wirksamen Elemente stimmen in der
Steilun^j der Elasticitätsaxen so mit einander überein, dass ihre ^'^irk-
sanikeit bemerkbar werden uuiss. Ks wäre denkbar und mit Rücksicht
auf den Bau der MuskelHtser vielleicht nicht unwahrsclieinlich . d;iss die
auf dem Querschnill nebeneinamler liej^enden optisch wirksamen Kle-
mentc schon innerhalb sehr geringer Enllcrnungen sich mit ihren .\xen
nach verschiedenen Seiten kehrten . und dass im Zusammenlianoe hie-
mit die parallel der Axe der Miiskellaser hintereinander liegenden in
ihren Stellungen ebenfalls sich ungleich verhielten, so dass die wider-
sprecluiulen Klickte sich grösslentheils aufhöben. Zu diesen Bemer-
kungen veranlasst mich die Thalsache, dass. soweit meine Beobachtungen
im Pllanzenreiche gehen, die organisirten Körper (aus Kohlenhydraten
und aus Proteinkörpern bestehend) optiscli zweiaxig sind. Ucberall. wo
es der Bau und die Form der Klementaror";anc mit sich bringt, dass die
306 fiitziiny der wath-phi/i. Classe vom 8. März 1862.
Olfenbar war es Molil darum zu Ihun, die Elemenlarorgane
in zwei Kategorien, die er Ofitisch positiv und negativ nannte,
zu sdieidcn , um damit eine Basis für anderweitige Trennungen
zu erhalten. Die Aufgabe scheint mir dag(^gen vorerst keine
andere als die Lage und die relative Grösse der Aetherdichtig-
keitsaxen zu bestimmen , und schon jetzt zeigt es sicli unmög-
lich die Vorkommnisse in dieser Beziehung durch zwei oder
auch durch vier Kategorien zu erschöpfen, denn die Lage der
mittlem und der einen extremen Eiasticilätsaxe kann bei ver-
schiedenen Zellen und sogar neben einander an verschiedenen
Stellen der nämlichen Zelle (blattarlige Zweige von Caulerpa)
alle möglichen Richtungen zeigen.
Damit ist, wie ich glaube, auch über die Theorie Mohl's
entschieden, nach welcher die optischen Verhältnisse über die
chemische Zusammensetzung Aufschluss zu geben im Stande
wären; und nach welcher positive und negative Färbung an
zwei Körpern, die sonst keine Differenz zeigen, als Beweis ihrer
chemischen Verschiedenheit gellen müssen. Denn in der That
wäre es einerseits möglich , dass von 2 Membranen , die beide
in den nämlichen Lagen Additionsfarben geben, die also in der
Slellunor der 3 Aetherdichligkeitsaxen unter einander überein-
stimmen, die eine aus negativen, die andere aus positiven zwei-
axigen Elementen bestände. Es könnte diess ja von geringen
Verschiedenheiten in der Länoe der mittlem Dichtiffkeitsaxe
opiiscli wirksanuTi Elcmciilc in grössern Partien rücksichtlich der räum-
lichen Verliäilnisse iihereiiistininien , lässt die Uniersiuhung keinen
Zweifel. Die scheinbare einaxige Natur tritt nur da auf, wo eine ver-
schiedene Axenstelluiig der nahe beisammen liegenden Kiemente wahr-
scheinlich ist. z. B. an kugeligen Körnern und Zellen. Es ist nicht au-
zunclimen, dass eine kugelige Zelle aus einaxigen, die längliche aus
zwciaxigtMi (Iclliilosenioleciilcn bestelle; aber es ist sehr probabel, dass
in der kugeligen Zelle die zwciaxigen Elemente um jeden Punkt der
Kugelobcilläciie symmetrisch angeordnet sind, und dass daher das uusern
Sinnen walirnehmbare Flächenelement keine oder wenigstens keine be-
stimmte und in die .Augen fallende optische V\'irkung gibt.
Nagelt: Verhalten d. polar. Licht, geg. pßaw.-l. Oryanis. 307
abhängen. Andererseils wäre es ebenso nohl denkbar, dass
zwei Elementarorgane (z. B. ZeUtneinbran und Slärkekorn) von
denen das eine die geringste, das andere die grösste Acther-
dichtigkeit senkrecht zur Schichtung haben, beide aus positiven
oder beide aus negativen Elementen zusammengesetzt wären.
Die Mohrsche Theorie wurde allerdings dadurch plausibel
gemacht, dass einmal Stärkekörnor und Zellmembranen iu der
Stellung ihrer Aetherdichligkeifsaxen einen Gegensatz bilden^
dass ferner Membranen, welche von Natur cuticularisirt oder
durch die Kunst in Schiessbaumwolle umgewandelt werden, ihre
nichtigkeitsellipsoide wechseln. Allein ihr widersprechen meh-
rere Thatsachen: 1) dass es Zellmembranen gibt (Bryopsis,
Udolea, Halimeda), welche in allen übrigen Reactionen sich wie
gewöhnliche Cellulose verhalten, nur in der Stellung des Dich-
tigkeitsellipsoides abweichen ; 2) dass an den Zellmembranen
dieser Algen (Bryopsis, Caulerpa), welche optisch sonst der
CuUcuIa gleichen, zuweilen eine äussere Schicht mit den ge-
wöhnlichen Zellmembranen in den Interferenzfarben überein-
stimmt j 3) dass es Membranen gibt (Caulerpa, Ace(abularia),
welche von der Fläche betrachtet, stellenweise positive, stellen-
weise negative Farben geben; 4) dass es Pflanzen gibt, bei
denen die ganzen Zellen die gleiche Verschiedenheit zeigen (bei
Nilella syncarpa die Glieder der Wurzelhaare und das unterste
Stammglied einerseits, die Glieder der Stämmchen, Aeste und
Zweige andererseits); 5) dass das alte Fichten- und Tannenholz
(von Abies excelsa und pectinata) auf Querschnitten positiv ge-
färbt ist wie die Stärkekörner, indess die äusserste Schicht (die
sog. primäre Membran) die gewöhnliche Reaction der Membranen be-
halten hat, und während der Längsdurchschnitt aller Schichten eben-
falls negative Farben erzeugt, endhch 6) dass die Cellulosekörner,
welche nach Entfernung der Grannlose aus den Stärkekörnern zu-
rückbleiben und in ihrem übrigen Verhalten durchaus mit manchen
Cellulosemembranen übereinstimmen, auf das polarisirte Licht die
entgegengesetzte Reaction geben. Es scheint nn'r daher, dass
die ungleichen optischen Eigenschaften der geschichteten pflanz-
308 Sitzung der inath.-phijs. Clnsse rom 8. März 1S62.
liehen EInnentartlioilo ihr Dasein nicht chemischen, sondern
morphülooischen (physikalischen) ^'er.schiedenheilen verdanken.
Als ich an die Untersuchungen mit dem Polarisationsniicroscop
ging, war es mein erster Gedanke, es möcliten die doppelbre-
chenden Eigenschaften von Spannungen herrühren, die denjenigen
im erhitzlen Glas nicht denjenigen im Cryslalle analog seien,
also von Spannungen, die in dem einen Theil positiv in dem
andern Theile negativ sind inul sich so das Gleichgewicht halten.
Dieser Gedanke mussfe aber nach den ersten Versuchen aufge-
geben werden. In den Stärkekörnern bestehen zwar, wie ich
früher nachgewiesen habe, solche Spannungen, und gerade in
der Art, wie sie durch die optischen Erschciiuuigen gefordert
werden. Allein in der Cuticnla bestehen die entgegengesetzten
Spannungen und doch hat das Ellipsoid der Aetherdichtigkeil
die gleiche Lage wie im Stärkekorn. Wenn ferner die Span-
nungsverhältnisse zwischen den Schichten (so dass die einen
positiv die anderen negativ gespannt wären, oder dass in einer
ganzen Zelle die eine Spannung in den tangentialen Richtungen
die andere in den radialen Richtungen der Membran wirkte) die
optischen Erscheinungen hervorbrächten, so müsslen diese ganz
oder grösstentheils vernichtet werden, wenn man ein Stärkekorn
oder eine Zellmembran in kleine Stücke schneidet , weil ja
dann die Spannungen sich gellend machen und sich ausglei-
chen könnten. Diess ist nun aber keineswegs der Fall; die
kleinsten Stücke von Membranen haben die nämlichen optischen
Eigenschaften, die sie im Zusammenhang mit der ganzen Zelle
hatten. — Ich bemerke noch, dass bereits auch Mo hl (Bot.
Zeit. 1859. p 227) sich die nändiche Frage gestellt und ver-
neint hat. Allein seine Gründe, von ganzen Stärkekörnern her-
genommen, scheinen mir weniger zutreffend, da die Spannungs-
verhällnisse unter den angeführton Umständen voraussichtlich
nicht sehr geändert werden dürften.
Dass die Spannungen zwischen den Schichten die Ursache
der Doppelbrechung seien, ist von Schnitze angenommen
worden. Derselbe stützt sich für die Slärkekörner auf die von
fiageli: Verhalten d polar. lAcht. »je ff. pflanzt. Orffam's. 309
mir nachgewiesenen Spannungsverhältnisse, und für die Zellen-
nieinhranen glaubt er sie ans einer Theorie über die Enlsteh-
nngsweise derselben folgern zu können Allein ausser den
Gründen, wt^lche ich eben angegeben habe, innss hiegegen fer-
ner noch eingewendet \^'er(leM, dass die Pnanzenzellineinbranen
anders wachsen als es von Schnitze angcMionnnen wird, und
dass, wie ich glaube, auch aus jener Annahme nicht die gefol-
gerte Spannung hervorgehen körnite.
nie Unstiitlhafligkeit der Annahme, dass die Doppelbre-
chung von solchen Spannungen herrühre, wie ich sie eben be-
sprochen habe , ergibt .'^ich aber vorzüglich aus den merkwür-
digen Erscheinungen, welche bei mechanischen Einwirkungen
auftreten und welche der optischen Analyse erst den Hebel
darbieten und ihr gestatten , bestimmte Schlüsse auf die Natui*
der optisch wirksamen Elemente zu ziehen.
Wenn man einen Glasladen biegt , so genügt eine sehr
geringe Ausdehnung oder Zusammenziehung, um deutliche op-
tische Veränderungen hervorzurufen. Eine approximative Be-
rechnung gibt folgendes Resultat Hat das Glas eine Dicke von
20 Mik. (0,020 M. Äl.) und wird dasselbe um 0,012 seiner ur-
sprünglichen Länge auseinander gezogen oder zusammen ge-
presst , so erscheint es auf dem dunkeln Gesichtsfeld des Pola-
risationsmicroscops hellbläulich und d;is Roth erster Ordnung
eines Gypsplällcheiis wird in Gelb I erniedrigt oder Blau H
erhöht. Die gleiche Wirkung gibt ein Gypsplättchen von 20 Mik.
Dicke; an diesem verhalten sich die Elasticitätsaxen wie 1,520 :
1,529 oder wie l : 1,006. Die geringe Verschiedenheit,
welche sich zwischen dem Dilatationscoefficienten des Glases
und dem ElasticitätscoelTit lenten des Gypses herausstellt, lasst
sich theils aus den Veränderungen im Aelher eines isotropen
Mediums, auf welches Druck oder Zug einwirkt, theils
aus BeobachtungsfehI(M'n hinreichend erklären. Es zeigt die
Vero-lcichnnor immerhin, dass das Glas sich ähnlich wie
die Cryslalle verhält, dass dasselbe nur äusserst wenig seine
Dimensionen verändern muss, um deutliche doppelbrechcndc
310 Sitzunif der math. -phys. Cttisse vom 4 9Jär% 1869.
Eiffenschafleii zu erlangen. Wie das Glas verhält sich offenbar
auch das eingetrocknete spröde gewordene Gummi und Dextrin.
Ganz abweichende Erscheinungen ergeben die dnrchdring-
baren organisirlen Substanzen. Man kann die Schichten einer
mit Wasser durchdrungenen Caulerpamembran durch Biegen und
Falten auseinander ziehen und verkürzen, so dass die Differenz
zwischen den beiden Extremen einer Verlängerung von 42 Proc.
oder einer Verkürzung von 30 Proc. gleichkommt, ohne eine
dem Auge bemerkbare Aenderung in den Interferenzfarben her-
vorzubringen, während beim anisotrop gewordenen Glasfaden
eine Dilatation von 0,001 (also V,o Proc.) genügt, um die Farbe
merklich zu modificiren. Verschiedene Zellmembranen verhalten
sich ganz analog wie Caulerpa und man muss als charakteristi-
sches Merkmal der durchdringbaren organisirten Körper anführen,
dass sie verhälfnissmässig ganz enorme mechanische Verän-
derungen erfahren können, ohne dass die denselben entspre-
chenden optischen Reactionen eintreten. Diese Eigenthümlichkeil
wird nicht etwa durch die chemische Natur bedingt, denn Ver-
bindungen , die der Cellulose verwandt sind und eine analoge
Zusammensetzung haben, wie Gummi, Dextrin, Zucker verhallen
sich wie Glas und wie die Crystalle. Ueberdem ist einleuch-
tend, dass bei solchen Erscheinungen nur die physikahsche Be-
schallenheit maassgebend sein kann.
Wenn man eine gerade Zellmembran bis auf einen ge-
wissen Grad biegt oder eine gebogene Membran gerade streckt,
so kehrt sie in ihre frühere Gestalt und Lage zurück ; sie ist
also innerhalb dieser Grenzen vollkonuncn elastisch; es finden
keine dauernden Verschiebungen der kleinsten Theilchen statt.
Die gebogene Membran, die ursprünglich gerade war, zeigt, wie
ich eben erwähnte, die gleichen Interferenzfarben ; nur sind jetzt
die einen Aetherdichligkeilsaxen, stall unter einander parallel,
wie die Krümmungshalbmesser gestellt. Es beweist diess, dass
innerhalb der Elaslicilätsgronzen keine andern Verschiebungen
der optisch wirksamen Elemente vorkonnnen, als dass sie eine
Sägeti: Verhalten d. polar. Licht, geg. pflanxl. Organis. 311
der stallfindenden Biegung enlspiechende äusserst geringe Dreh-
ung erfuhren.
Die organisirlen Körper besitzen also eine Elasticität, welche
zum grössten Theil unabhängig ist von der Elaslicität oder
Aclherdichligknit in den optisch wirksamen Elementen. Wir
konnten eine Meml)ran iviiiisllich ncuhbilden, wenn es gelänge,
unendlich viele kleine Crystalle mit gleichlaufender Axenstel-
luno: durch elastische aus einer isotrop bleibenden Substanz be-
stehi nde Bänder oder Charniere zu vereinigen. Eine solche
Membran könnte man biegen, auseinander ziehen und zusammen
drücken, ohne ihre Inlerferonzfarbe zu ändern In gleicher
Weise müssen in der wirklichen Membran die optisch wirksamen
Elemente untereinander frei sein, etwa wie die Körner in einem
Sandhaufen. Denn, wären sie in irgend einer Weise verbunden,
etwa wie ein Gefiige von Balken oder wie die Wände der
Bienenwaben, so würde Druck und Zug nolhwendig die optischen
Eigenschaften ändern.
Die optischen Erscheinungen führen also zu dem gleichen
Schlüsse, den ich bereits früher aus andern physikalischen Er-
scheinungen gezogen habe (Slärkekörner p. 332). Die orga-
nisirlen Substanzen bestehen aus crystallinischen,
doppelbrechend en(aus zahlreichen Atomen zusam men-
gesetzlen) Molecülen, die lose aber in bestimmter
regelmässiger Anordnung nebeneinander liegen. Im
befeuchteten Zustande ist, in Folge überwiegender
Anziehung, jedes mit einer Hülle von Wasser um-
geben; im trockenen Zustande berühren sie sich
gegenseitig. In der organisirlen Substanz ist dem-
nach eine doppelte Cohäsion vorhanden; die eine
verbindet die Atome zu Molecülen, in gleicherweise
wie dieselben sonst zusammentreten, um einen Cry-
stall zu ])ilden; die andere vereinigt dieMolecüle.
Bei vollkommener Trockeidicil wirkt die letztere ziendich wie
die erstere; die organisirte Substanz ist dann spröde und
bricht bei geringer Biegung; sie vermindert auch bei mechani-
312 Sitzvnt/ der math.-i>htis. Clas.se votn 9. Marx 1862.
scher Einwirkung ihre optischen Eigenschaften. Je mehr Wasser
dagegen der iiDhibitionsfiihige Körper enthalt, desto weniger
l)riichig ist er (unter üi)rigens gleichen Verhältnissen) und desto
grössere mechanische Veränderungen kann er erleiden, ohne
eine Modification in seinen ursprünglichen doppeibrechenden
Eigenschal'ten zu zeigen. — Eine langgestreckte ind)ibirle Zelle
oder eine Faser biegt sich, indem das bewegliche zwischen den
Molecülen be(indlit;lie Wasser von der comprimirten nach der
expandirten Seite hin strömt. Eine andere Veränderung geht
dabei nicht vor, als dass die Muleciile hier etwas zusammen,
dort etwas auseinander rücken; die Spannung des Aethers in
denselben bleibt die gleiche und demgemäss auch die Inter-
ferenzfarbe der ganzen Zelle oder Faser.
Dieses allgemeine Resultat, welches aus der Anwendung
des Polarisationsapparates auf die vegetabilischen Elementartheile
hervorgeht, scheint nn'r vor der Hand das wichtigste zu sein,
das man bei dem Standpunkte der optischen und physikalischen
Physiologie erlangen kann. In seinem Gefolge kommen vor-
züglich zwei Fragen, deren Beantwortung weiteres Licht über
die Molecularbeschaffenheit der organisirten Körper zu verbreiten
versprechen: 1) Wie verhalten sich die optischen Eigenschaften
bei ungleichem Gehalt an Imbibitionsflüssigkeit ? 2) Welche
ursächlichen Beziehungen bestehen zwischen der Stellung der
Aetherdichtigkeitsaxen der Molecüle und den eingangserwähnten
!r-tructurverhältnissen (Schichtung und doppelle Slreifung), und
womit hängt es zusannnen, dass bei den einen Elementartheilen die
Axe der grössten , bei den andern die der kleinsten Aelher-
dichtigkcit senkrecht zur Schichtung gestellt ist?
Was diese letzlere Frage bctrifl'l, so gestehe ich, bis jetzt
nicht mehr als einzelne unsichere Andeutungen erlangt zu haben.
Mit Rücksicht auf die erslere dagegen glaube ich als allgemeines
Resultat aussprechen zu können, dass eine organ isirle Sub-
stanz, welche Imbibitionsflüssigkeit aufnimmt, ihre
doppeibrechenden Eigenschaften nie vermehrt son-
dern in der Regel in stärkerm Maasse vermindert als
Nagelt: Verhalten d. polar. Licht, (/eff.p/taml. Organis. 313
es die Zunahme des Querschni lls bedingt. Ich schhesse
daraus, dass das zwischen die Molecüle eintretende
Wasser zugleich geringe Lage- und Richtungs-
Veriinderungen derselben hervorruft Stärkekörner und
Zellinenibranen, welche durch Säuren, Alkalien, Hilze stärker
aufquellen, verlieren mit der Volumeiizunahme bald vollständig
ihre doppelbrechenden Eigenscliaften. Diess harmonirt mit der
Annahme, welche ich früher aus andern Gründen gcMnacht habe,
dass wenn eine Substanz in einen bleibenden Zustand stärkerer
Quellung übergeführt wird, diess durch ein Zerfallen der Mo-
lecüle geschehe. Wenn ein Alolecül in eine grössere oder ge-
ringere Zahl von Stücken sich spaltet, welche durch zwischen-
eintretende und umhüllende Flüssigkeit von einander getrieben
werden, so finden natürlich Richtungsveränderungen statt, und
wenn diese sehr beträchtlich und zahlreich sind, so muss auch
das anisotrope ^'erlllögen der Substanz vernichtet werden.
Brücke hat für die Muskelfasern als wahrscheinlich aus-
gesprochen, dass die Anisotropie <lerselben von kleinen festen
Körpern herrühre, die stärker lichtbrechend als die isotrope
Grundsubslanz, in welcher sie eingebettet liegen, und von un-
veränderlicher Grösse und Gestalt seien; er nennt sie üisdia-
klasten. Im Pflanzenreiche kommen (janz ähnliche Erscheinunoen
vor wie sie die Muskelfasern zeigen, indem z. B. die Schichten
einer Zellmembran abwechselnd Interferenzfarben geben und nicht,
und indem man selbst einen gleichen Wechsel zwischen den
Partieen der gleichen Schicht beobachtet. Allein die chemische
Analyse und die Entwicklungsgeschichte erlauben nicht, zwei
verschiedene Substanzen zu unterscheiden; sondern es muss an-
genommen werden, dass die ganze Substanz anisotrop sei, dass
aber die optische Reaction mehr oder weniger deutlich hei'vor-
treteje nach der Grösse und regelmiissigen Anoidnung der Molecüle.
Eine anfänglich scheinbar einfachbrecliende Membranschicht kann
daher bei weilerer Ausbildung doppelbrechend werden, wenn die
Molecüle sich verarössern und der Wassergehalt abnimmt.
314 Sitzung der math.- phys. Classe vom 8. März 1862.
2. Sphaerocry stalle in Acetahularia.
(Ilit'zu eine Tafel )
Bei der Untcrsucluina von Acelabularia niedilerranea ver-
mittelst des Polarisatioiisniicroscops ^vurdell grosse Körper ent-
deckt , welche sich durch ihre doppelbrecheiulen Eigenschaflen
auszeichneten und bei genauerer Beobachtinig- sich als eine bis-
her bei den Pflanzen noch unbekunnle Gattung von Elemeiitar-
gebilden auswiesen. Ich will sie ihrer physikalischen EigcMi-
schaflen wegen als Sphaerocrystalle bezeichnen.
Die Pflanzen waren im Jahre 1842 in Neapel gesanunelt
worden, hatten S(!it jener Zeit in verdünntem Weingeist
gelegen und wurden im Miirz 1860 untersucht. In den Strahlen
des Schirms, in der Kuppel und in den warzenförmigen Aus-
wüchsen der letztem fanden sich die genannten Sphaerocrystalle
bald in grösserer bald in geringerer Menge. In den einen
Pflanzen zeigten sie sich ziemlich gleichmässig vertheilt, in den
andern waren sie an bestimmten Sieben angehäuft, so nament-
lich in dem Innern, die Kuppel umgebenden Theile des Schirms
oder auch in einzelnen Strahlen desselben (Fig. 1).
Die kleinsten (bis etwa 40 Mik. grossen) Sphaerocrystalle
sind genau kugelig (Fig. 1, a) ; die grössern stellen Kugeln dar,
von denen ein oder mehrere Stücke abgeschnitten wurden. Be-
sonders häufig sieht man Kugeln, denen ein oder zwei gegen-
über liegende Segmente mangeln (b, c), ferner Halbkugeln (d),
Kugelsegmenle und Sektoren (Fig. 3).
Diese verschiedenen Formen werden sogleich erklärt, wenn
man die Entwicklungsgeschichte berücksichtigt. Das Wachslhum
geschieht, wie die Schichtung zeigt, durch Auflagerung. An-
fänglich sind die Körper kugelig; sie liegen an einer Stelle der
Zellwand an und werden hier, da keine Schichten aufgelagert
werden, abgeplattet. Desswegen findet man so viele Kugeln
von initllerer Grösse, denen ein Segment mangelt, und grössere
von Hist halbkugeliger Gestalt. Die Strahlen des Schirms von
Acetahularia, in denen sie hegen, sind rectanguläre Prismen und
Mgeli: Verhalten d. polar. Licht, geg. pflanzt. Organis. 315
auf der an die Kuppel grenzenden Seile ziemlich schmal. Ein
ursprünglich kugelioor Körper slösst daher zuweilen an die bei-
den Seilenwände der Zelle an und plallet sich an zwei gegen-
überliegenden Stellen ab (Fig. 1, c). Liegt er in einer Kante,
so bekommt er zwei ebene , unter einem rechten Winkel sich
berührende Flächen und gleicht einem Kugelsektor. Ein grosser
Körper kann auch an 3 Zeihvände anstossen und auf der einen
Seile ziemlich rechteckig erscheinen (Fig. 1, e). So richtet sich
also die Form immer nach dem Zellenlumen. Der Radius er-
reicht bis auf 200 Mik.
Es kommen auch zusammengesetzte Körper vor; diess sind
aus 2 und 3 Theilkörpern bestehende ZwilHnge und Drillinge
(Fig. 2), zuweilen aus mehrern zusaminengesetzlc, traiibenförmige
Anhäufungen (Fig. l, f). Die Tlieilkörper haben je die Gestalt,
welche Kugeln durch gegenseitige Abplattung oder noch eher durch
Abschneiden von Segmenten und Aufeinanderpassen erhalten.
Durch Zerreissen der Zollen können die Sphaerocrystalle
frei gemacht werden. Im unveränderten Zustande, d. h. wie
sie in den Weingeiste.xemplaren vorkommen oder wenn der
Kalk durch verdünnte Salzsäure ausgezogen wurde, erscheinen
sie fast wie Oeltropfen oder Stärkekörner, doch mit etwas mehr
glasartigem Aussehen. Zuweilen zeigen sie undeutliche, oft aber
sehr deutliche Schichtung. Die Schichten haben einen sehr
regelmässigen und genau concenlrischen , mit der Oberfläche
parallelen Verlauf. Das Schichtencentrum liegt in Avw kleinen
kugeligen Körpern im malhematischen Mittelpunkt. In den
grössern Kugeln, denen ein oder mehrere Abschnitte fehlen,
hat es dem entsprechend eine scheinbar excentrische Lage
(Fig. 1, c, e); an solchen Körpern sind nur die innersten
Schichten vollständig kreisförmig (resp. hohlkugelig), die äussern
sind unvollsländig. Ebenso verhält es sich mit den Theilkörnern
eines zusammengesetzten Korns (Fig. 2).
Dieser Schichtcnverlauf beweist, da.ss, die Sphaerocrystalle
durch Auflagerinig an der Oberfläche sich vergrössern So lange
sie frei liegen, wachsen sie überall; sie haben eine kugelige
316 Sitzvnif der math. phys. Classe vom 8. März 1S62.
Gestalt und bcstolicn aus holilkugelfürini^en Schichten. So wie
sie aber an die Zellwand oder aneinander anslossen, so hört
die Auflagerung an dieser Stelle auf; es bilden sich lorlan bloss
unvollständige Schichten und es entsteht eine Abplattung. —
Ein wichtiger Grund für die Annahme, dass die Stärkekörner
durch Iiilussusception wachsen, wurde in dem Verlauf der
Schichten in den Theilkörnern gefunden (Stiirkekömer p. 222);
dort liegt das Schichtencenlrum bei den ceiitrisch-geschichteten
Formen in der Mille des Theilkorns, bei den excentrisch- ge-
schichteten Formen auf der äussern, den übrigen Theilkörnern
abgewendeten Seile, und es rückt um so mehr nach aussen, je
grösser das Theilkorn wird. Die Sphaerocrystaile verhallen sicii
gerade umgekehrt; das Schichtencenlrum Ist dem andern Theil-
korn genähert und es enifernt sich um so mehr von der Ober-
fläche, je länger das Wachbthum dauert ^Fig. 3). — Wenn sich
zwischen zwei Theilkörnern ein einspringender Winkel befindet,
so ist die trennende Linie zwischen denselben forlwäiu'end deutlich.
Wird dieser Winkel äusserst stumpf, so erscheinen die später
sich auflagernden Schichten dort nicht unterbrochen und die
Theilkörner sind von gemeinsamen Schichten umschlossen.
Die Schichten sind in der Reoel vollkonnnen o;lati wie
Kreislinien (Fig. 1, 2, 3), seltener etwas verbogen (Fig. 4).
Sie erscheinen als helle Streifen, welche meist in genau glei-
chen Absländen voneinander entfernt sind. In den einen Sphaero-
crystallen gehen 10, in den andern bloss 5 Schichten auf
25 iMik. — Ausser der concentrischen Schichtung beobachtet
man häufig radiale Slreifung, welche das nämliclie Aussehen
zeigt, nur etwas zarler und umicutlicher ist. Dadurch zerfällt
die Substanz in Maschen von mehr oder weniger quadratischer
Form, wobei die radialen Streifen in (Um successiven concen-
trischen Zonen häufig nicht aufeinandertreffen (Fig. 6, wo a-a
die Richtung des Radius, b-b der Tangente bezeichnet).
Diess ist die regelmässige Bildung. Ausserdem wurden an
Splittern, vielleicht durch Druck hervorgebracht, folgende Ab-
weichungen beobachtet : 1) Die concentrischen Streifen sind
Nägeli: Verhallen d. polar. Licht, geg. pflanzt. Organis. 317
zickzackförmig und das Netz besieht aus ziemlich regelmässigen
sechseckigen Maschen. 2) Die Maschen sind in radialer Rich-
tung zu Rhomben verlängert und die concentrische Streifung ist
etwas weniger deuthch als die radiale. 3) Die Maschen sind in
der Richtung des Radius sehr stark verlängert; von den con-
centrischen Schichten ist nichts mehr zu sehen. 4) Die radialen
Streifen laufen regelmässig oder unregelmässig parallel und sind
meistens mehr oder weniger geschlängelt.
Wenn man den Focus auf die Oberfläche einstellt, so zeigt
dieselbe ein poröses Aussehen. Man bemerkt zahlreiche kleine
rölhliche Punkte in gedrängter Stellung und regelmässiger oder
unregelmässiger Anordnung. Auch tiefere Einsteilungen scheinen
das Nämliche zu zeigen, als ob feine radiale Kanälchen (zwi-
schen den radialen Streifen) die Substanz durchzögen.
Die geschichtete Structur der Sphaerocryslalle ist derjenigen
der Stärkekörner und der Zellmembranen sehr ähnhch und legt
die Vermuthung nahe , dass man es mit einer von Wasser
durchdrungenen Substanz zu thun habe, welche abwechselnde
dichtere und weichere Schiehlen bilde. Das Verhalten beim
Austrocknen und Wiederbefeuchten beweist indess, dass sie
nicht imbibitionsfähig wie organisirte Körper, wohl aber porös wie
Tufstein sind. Lässt man sie austrocknen (bei gewöhnlicher
Temperatur oder bei 100"), so behalten sie genau die gleiche
Grösse und Gestalt. Dagegen werden sie dunkel, indem alle
ihre kleinen Maschen sich uiit Lull füllen und sind alsdann
sowohl bei auffallendem als bei durchfallendem Lichte einer
Luftblase nicht unähnlich. Die Schichtung und radiale Streifung
werden in dem dunkeln Körper oft noch deuthch gesehen und
zuweilen treten sie sogar viel markirter hervor als früiier. Ganz
anders verhalten sich bekanntlich die Slärkekörner; beim Aus-
trocknen ziehen sie sich zusanunen, ihre Schichtung verschwin-
det und ihre Substanz erscheint hell und weisslich. — Bringt
man trockene Sphaerocryslalle in Wasser oder ätherisches Oel,
so werden sie plötzlich von demselben durchdrungen, indem sie
wieder sowohl ihre Gestalt als ihre Grösse behalten. In Citro-
[imi. i] 22
318 SiHuntf der math. - pfips. Classe vom 8. März i869.
iienol erscheinen sie sehr durchsichtig und fast homogen, —
Dass die Structur der Sphaerocrystalle im trockenen Zustande
am grellsten hervortritt, im Wasser zarter aber bestimmter
und im ätherischen Oel undeutlich wird, ergibt sich als natür-
liche Foloe aus dem verschiedenen Lichtbrechungsvermögen zwi-
schen ihrer Masse und dem eingedrungenen Medium.
Was die chemische Zusammensetzung der Sphaerocrystalle
betrifft, so kann ich bloss sagen, dass sie aus einer organischen
Verbindung bestehen, da sie bei erhöhter Temperatur verkohlen.
Im Uebrigen aber zeigt die niicroscopische Chemie auch hier
nur an, was sie Alles nicht sein können, nicht aber was sie
wirklich sind. Die Körper werden durch kochenden Alkohol
und kochenden Aether nicht aufgelöst, noch überhaupt verändert;
ebenfalls nicht durch Essigsäure. Sie verschwinden in Schwefel-
säure, Salpetersäure und in verdünnter Aelzkalilösung, wobei sie
zuerst in eine homogene gallertartige Masse zerfliessen. In Salz-
säure werden sie erst nach einiger Zeit aufgelöst. Wenn man
sie in Wasser, das mit Salzsäure angesäuert wurde, einige Tage
liegen lässt, so wird die Schichtung zuerst deutlicher und nach-
her verschwinden sie ebenfalls.
Das Verhallen zu Jod ist in der microscopischen Chemie
ein sehr wichtiges Merkmal. Es bezieht sich aber nur auf im-
bibitionsfähige Substanzen, welche mit dem zwischen ihre Mole-
cüle eingelagerten Jod eigenthümliche Färbungen zeigen. Die
Erscheinungen, wc^lche die Sphaerocrystalle darbieten, weichen
von den bisher bekannten ab, sind aber solche, wie man sie von
einem porösen nicht imbibilionsfähigen Körper erwarten konnte.
Uebergiesst man die von Wasser duichdrnngencn Körper mit
Jodtinctur oder mit Jodkaliumjodlösung, so bleiben sie darin voll-
kommen ungefärbt ; bei längerem Liegen nehmen sie eine gelb-
liche Farbe an , indem die Lösung durch Diffusion eindringt.
Bringt man dagegen trockene Sphaerocrystalle in Jodtinctur, so
nehmen sie genau die Farbe derselben an, und zeigen sich,
wenn man sie mit einem farblosen Medium umgibt , durch und
durch intensiv rolhbraun. Alkohol zieht die Jodtinctur ziemlich
Hägeli: Verhalten d. polar. Licht, geg. pflatizl. Organls. 319
rasch aus; die Entfärbung beginnt am Umfange und schreitet
nach innen hin fort , woraus hervorgeht dass der ganze Körper
mit Jodtinclur durchdrungen war. Wenn man Jod und Schwe-
felsäure gleichzeitig einwirken lässt, so zerfliesst der Sphaero-
crystall, bevor er aufgelöst wird, zu einer fiublosen gallertartigen
Masse, als ob das Jod nicht vorhanden wäre. Auf gleiche
Weise verhalten sich auch die von Jodtinctur durchdrungenen
Körper, die man mit Schwefelsäure zusammen bringt. Daraus
geht hervor, dass die Jodlösung nur in die Poren eindringt,
nicht aber die Substanz selbst färbt. Es ist überflüssig hinzu-
zufügen , dass Uebergiessen mit Jodtinclur oder mit Jodkalium-
jodlösung, Eintrocknenlassen und Wiederbefeuchten keine neuen
Erscheinungen hervorruft.
Das Verhalten zu Jod lässt sich demnach so zusammen-
fassen, dass die Sphaerocrystalle nur durch die in die Poren
eindringende Lösung aefärbt werden und den unveränderten
Farbenton der letztern wiedergeben.
Die Substanz der Sphaerocrystalle ist sehr brüchig. Schon das
Auflegen eines dünnen Deckgläschens reicht hin, um sie in Stücke
zu brechen, wobei sich theils radiale theils tangentiale (mit den
Schichten parallele) Risse bilden. Die Bruchflächen zeigen häufig
aus- und einspringende scharfe mehr oder weniger rechtwinklige
Kanten. Bei fortgesetztem Druck geht die Zerklüftung und
Zerspaltung innner weiter, bis die Masse in kleine Körperchen
zerfallen ist, welche bald eine regelmässige (kurz -stäbchen-
förmige oder rechteckige) bald eine unregelmässige Form haben.
Unter dem Polarisationsmicroscop zeigen die kugeligen und
die auf ihrer flachen Seite liegenden Halbkugeln ein schwarzes
orthogonales Kreuz und 4 durch Interferenzfarben erhellte Qua-
dranten wie eine geschmolzene und rasch abgekühlte Glaskugel
oder ein Slärkekorn. Wird ein Gypsplältchen (z. B. Roth erster
Ordnung) eingescholten, so findet die Erniedrigung und die Er-
höhung der Interferenzfarben in den nämlichen Oiwdrantcn statt,
wie diess beim Stärkekorn der Fall ist (Fig. 1, d). Die Ab-
schnitlo und Ausschnitte von Kugeln verhalten sich wie die
22*
320 Sitzung der vmth.-phys. Classe vom 8. März 1862.
Theile von Kugeln, die in gleicher Lage sich befinden. - Das
Kreuz durchbricht die Schichten rechtwinklig und seine Mitte
trifft mit dem Schichlencentruni zusammen. Von den Schwin-
gungsebenen geht also die eine parallel der Tangente, die an-
dern zwei parallel dem Radius, und die Axe der geringsten
Aetherdichligkeit (oder der grössten Aetherelasticität) ist radial
gestellt. Es bleibt fraghch, ob die concentrischen und die ra-
dialen Streifen die gleiche optische Wirkung äussern, oder ob
bei entgegengesetztem Verhalten der Ausschlag von den einen
oder andern gegeben werde '.
Zuweilen gelingt es bei vorsichtigem Zerdrücken der Sphae-
rocrystalle Stücke in Gestalt von Kugelausschnitten zu erhalten.
Wenn man ein solches Stück unter dem Polarisalionsmicroscop
senkrecht stellt, so dass also der Radius mit den durchgehenden
Strahlen parallel läuft, und die beiden zur Tangentialebene der
concentrischen Schichten rechtwinkligen Schwingungsebenen wirk-
sam werden, so hat man ein orthogonales Kreuz und 4 erhellte
Quadranten. Rei Anwendung eines Gypsplättchens ist die Ver-
theilunff der Additions- und Subtractionsfarben die nämliche wie
an der ganzen Kugel. Es ist demnach möglich, dass die optisch
wirksamen Elemente, aus denen die Sphaerocrystalle bestehen,
einaxig und zwar positiv sind, wobei die optische Axe radial
gestellt wäre. Der Kugelsektor gibt in der Mitte, wo der Ra-
dius senkrecht steht und die Schichten horizontal liegen, keine
Farben. Die Interferenzfarben in den Quadranten rühren von
der schiefen Stellung her, welche hier die Schichtung hat; sie
(7) Es ist nämlich zu beaclilon, dass die Spliaerocrjslalle sich rück-
siciitlich ihres Baues ^auz aiulcis vorhalten als die Stärkeköriier und
Zellnicuibranen Bei den letztem ist es nur die Abstraktion, welche
zwischen Schichtung und den beiden Streifens^stenien unterscheidet, in-
dem die Schichtung sowie jedes Streifensjsteni liir sich die ganze Sub-
stanz in Anspruch nimmt. Bei den erstem herrscht zwischen den con-
centrischen und den radialen Streifen eine materielle Verschiedenheit;
nur an den Kreuzungsstellen bestehen sie aus gemeinsamer Substanz.
'Säyeli : Verhalten d polar. Licht, yet/. pflantl. Oryanis. 321
sind bclrächllicli weniger intensiv als z. B. in einer Halbkugel,
wo die Schicliten zum Theil mit den durchgehenden Lichtstrahlen
parallel laufen. — Doch l)Ieibt, wie bei kugeligen Zellen und
Stärkekörnorn immer auch die Möglichkeit, dass die Elemente
der Sphaerocrystalle zweiaxig sind, und dass sie rücksiciillich
ihrer tangentialen Dichtigkeitsaxen um jeden Punkt der Kugel-
oberfliiche eine symmetiische Lage haben.
Zum Schlüsse füge ich noch zwei Bemerkungen bei , eine
über die chemische Zusannnenselznng und eine über das cry-
stallinische Gefüge der Sphaerocrystalle von Acetabularia. Was
den ersten Punkt betrifft, so wird der einzig sichere Aufschluss
durch die macrochemische Untersuchung wohl nie erhältlich sein,
da diese microscopischen Körper nur in geringer Menge vor-
konnncn und beim Zerreissen der Zellen nur Iheilweise mit viel
andern! Zelleninhalte frei werden. Es ist nicht wahrscheinlich,
dass sie aus einem unlöslichen Kohlenhydrat oder einem Protein-
stoffe bestehen, da diese nur im imbibitionsfahigen (nicht im
crystallinischen) Zustande bekannt sind. Die Reaction auf Al-
kohol und Aether schliesst die Möglichkeit aus , dass sie der
Gruppe von Fetten und Wachsen angehören. Sie dürften daher
aus einem jener nicht wenig zahlreichen Stoffe bestehen, deren
microchemische Eigenschaften noch so gut als unbekannt sind.
Mit Rücksicht auf das crystallinische Gefüge scheint aus
der microscopischen Untersuchung hervorzugehen , dass die
Sphaerocrystalle aus winzigen höchstens 1 Mik. (0,001 M. M.)
dicken Nadeln oder Stäbchen zusammengesetzt sind , welche
theifs eine radiale theils eine zum Radius rechtwinklige Stellung
haben und welche, wie Balken zu einem Bau vereinigt, eine
sehr poröse Masse bilden. Es ist nicht sicher, ob dieses Ge-
füge schon mit dem ersten Entstehen einer Schicht an der
Oberfläche im fertigen Zustande auftritt, oder ob es durch eine
nachträgliche Crystallisation im Innern seine Vollendung erhält.
Letzteres dürfte desswegen wahrscheinlich sein, weil kleinere
Kugeln in der Regel die concentrische und radiale Streifung
weniger deutUch zeigen als grössere und somit ältere.
322 Sitzuug der »uitli.-p/ips. Classe vom 8. Marx 1862.
3. DoppcWrccIicnde Kugeln in der Schale des Apfels.
(Fi??. 7 und 8.)
Bei der Unlersuchuiig der Epidermis einer Apfelsorte im
April ISGO zeigte das pol.irisirle Licht die Anwesenheit von
doppelbrechenden Kiigehj an (i'ig. 7, a). Es sind meist genau
kreisrunde Körper von 9 — 13 Mik. Durchmesser, die ähnhch
wie Oeltroplen und Slärkekörner aussehen. Von Oellropfen, die
daneben in der Epidermis sich befinden (Fig. 7, b), sind sie
kaum zu unterscheiden. Sie brechen jedoch das Licht etwas
weniger, und wenn sie ganz von Oel umschlossen sind, so er-
scheinen sie fast wie ein Hohlraum,
Wenn man Alkohol auf das Priiparat einwirken liisst, so
werden die Kugeln grösser, bis auf das Doppelte ihres ursprüng-
lichen Durchmessers und mehr, und verschwinden hernach. Lässt
man zu einem Präparat verdünnte Aetzkalilösung zutreten, so kann
man ihr Fortschreiten leicht aus der Färbung der Zellen erken-
nen; man sieht nun, dass die Körper verschwinden, so wie sie
in die Zelle eindringt. Salzsäure löst dieselben nicht auf, färbt sie
aber nach einiger Zeit bräunlich-gelb; auch die Oeltropfen neh-
men die gleiche Färbung an. Aus diesen Erscheinungen glaubte
ich während der Untersuchung entncjhmen zu können , dass die
Kugeln aus einem Fette bestehen, und es wurden keine weiteren
Reactionen voigenomnien. Diess ist mir seither zweifelhaft ge-
worden, aber die Gelegenheit, die Untersuchung zu vervollstän-
digen, mangelte.
Aul dem schwarzen Gesichtsfelde des Polarisationsmicro-
scops zeigen die Kugeln ein schwarzes Kreuz und 4 weisse
Quadranten. Wird ein Gypsplättchen , das Roth der ersten
Ordnung gibt, eingelegt, so erscheinen 2 Quadranten gelb oder
gelbweiss, und 2 blau oder bläuHchgrün ; aber die Stellung der
Additions - und Subtraktionsfarben verhall sich umgekehrt wie
beim Slärkekoin und bei den Sphaerocrystallen von Acetabularia.
Die Axo der grössten Aetherdichtigkeit hat daher eine radiale
Näf/eli: Verhalten d polar. Licht, geg j/flumt. Organis. 323
Stellung. Wenn die Kugeln durch die Einwirkung von Alkohol
sich vergrössern, so vermindert sich ihre doppelbrechende Kraft
und geht zuletzt verloren. Die bUiulichgrüncn Additionsquadranten
werden blau, indigo, violett und endlich, wenn der Körper sich
fast auf das Doppelte seines Durchmessers ausgedehnt hat, roth.
Die durch Salzsäure bräuidichgelb gefiirbten Kugeln erweisen sich
anfänglich noch als doppelbrechend aber in vermindertem Grade;
die Interferenzfarbeii sind natürlich modificirt durch die Farbe
des Körpers. Zwei Oti'idranten erscliein(^n schnuilzig orange
(bräunlichgelb und orange) , zwei fast schwarz (bräunlichgelb
und violett). Nachher verschwindet auch hier die doppelbre-
chende Kraft. — Wenn man das Präparat einmal eintrocknen
lässt und nachher wieder befeuchtet, so wirken nur noch wenige
Kugeln undeutlich auf das polarisirte Licht Das Gleiche ist der
Fall, wenn man ein Präparat mehrere Stunden mit Wasser befeuchtet
stehen lässt.
Die beschriebenen anisotropen Kugeln wurden nur bei einer
Aepfelsorte und nur bei einzelnen Früchten gefunden. Es gab
Stellen, wo fast alle Zellen je einen derselben, entweder zu-
gleich mit fettem Oel oder ohne solches, enthielten ; Zellen mit
zwei oder mehreren dieser Körper wurden nicht beobachtet.
An andern Stellen befand sich einer nur je in der zweiten bis
vierten Zelle; und noch andere Partieen zeigten sie sehr
spärlich.
Die mitgetheilten Beobachtungen lassen die Frage über den
innern Bau der doppelbrechenden Kugeln im Apfel noch unent-
schieden; doch spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es
Sphaerocrystalle wie in Acetabularia sind, d. h. nicht imbibilions-
fähige Körper von crystallinischem Geliige und mit radial und
tangential gestellten x\etherdichtigkeilsaxen.
Erkläriin g der Tafel.
1 — 6. Sphaerocrystalle von Acetabularia mediterranea.
1 (100). Ein Theil des Schirms neben der Kuppel mit
Sphaerocrystallen. a Kugeln, b, c Kugeln, denen Segmente fehlen.
324 Sitzutii/ der historischen Classe vom 14. März 1S69.
e Körper, deren Kiiorolflache nur auf einer Seile ausgebildet ist.
f zusammengesetzte Körper, d Sphaerocrystalie unter dem Po-
larisationsniicroscop auf einem Gypspliiltchen Roth I liegend.
2 (180). Aus 3 Spliaerocrystallen zusammengesetzter
Körper.
3 (200). Sphaerocrystall von der Gestalt eines Kugel-
seklors.
4 (2000). Kleiner Sphaerocrystall mit sehr zarten radialen
Streifen.
5 (370). Bruchstück eines grössern Sphaerocrystalls.
6 (1000). Kleine Partie aus einem trockenen Sphaerocrystall;
die in Fig. 1—5 gezeichneten liegen in Wasser, a-a Richtung
der radialen, b-b der concentrischen Streifen.
7, 8 (500) Doppelbrechende Kugeln aus der Epidermis
des Apfels, a in Fig. 7. (b-b sind Oeltropfen). In Fig. 8 liegen
sie im Polarisationsmicroscop auf einem Gypspliittchen Roth l.
Historische Classe.
Sitzung vom 14. März 1862.
Herr von .A retin machte eine Mittheilmig über eine neu
aufgefundene gestickte bischöfliche Infula aus dem 12. Jahrhun-
derle, welche, das Martyrium des heil. Thomas, Erzbischof von
Canterbury darstellend, von geschichlHcher Bedeutung ist.
Oe/f entliehe Sitzung votii 28. März i862. 325
Oeffentliche Sitzung der k. Akademie der Wissenschaften
zur Feier ihres 103. Stiftiingstages
am "28 März 1802.
Der Präsident der Akademie Frhr. von Liehig eröffnete
die Sitzung durch folgende Ansprache:
An dern Jahrestage der Stiftung unserer Akademie, heute
dem 103., geziemt es sich vor Allem, unserm erleuchteten
Könige den ehrerbietigsten Dank darzubringen für die huldvolle
Vermehrung der Dotation unserer Akademie und damit der Ge-
währung neuer Mittel, die im Geiste ihres Gründers verwendet,
dazu dienen sollen, die Zwecke ihrer Stiftung zu fördern und
zu erweitern.
Seine Majestät der König haben ferner die Gründung eines
neuen akadennschen Institutes, für Pflanzenphysiologie, zu ge-
nehmigen geiuhl, welches die besondere Aufgabe hat, die Vor-
gänge der Entwicklung der Culturgewächse, welche Gegenstände
des Feldbaues sind , in besonderer Beziehung auf die Produkte,
welche der Landwirth zu erzielen strebt, einer experimentalen
wissenschaftlichen Untersuchung zu unterwerfen. Die Macht des
Landwirths über sein Feld, die Sicherheit seiner Erträge, die
Höhe und Dauer derselben , sind abhängig von der Bekannt-
schaft mit den wirkenden Ursachen im Felde; man beherrscht
die Natur nur dann, wenn man ihren Gesetzen gehorcht, und
die Kenntniss dieser Ursachen und Gesetze kann nur durch die
strengen Forschungsmethoden der Wissenschaft erworben wer-
den; was in der Theorie Grundsatz, Wirkung und Ursache
heisst, soll in der Praxis Regel, Ziel oder Mittel werden.
Der Landwirth nmss, um seiner Aufgabe zu genügen, zum
vollen Bewusstsein seines Thuns gelangen ; unser neues pflan-
zenphysiologisches Institut soll dem Landwirth Hilfe leisten und
alle Fragen auf sich nehmen, die dieser sich selbst nicht be-
326 Oeffenlliche Sitzung vom 28. März i862.
antworten kann. Schon im Laufe des verflossenen Jahres hat
der berühmte Conservator unseres botanischen Gartens Herr
Professor Dr. Nägcli, welchem die Leitung dieses Instituts
übertragen ist, unter der thiitigen und geschickten Mitwirkung
des Adjunkten Hrn. Dr. Zöller bewunderungswürdige Erfolge
erzielt in Beziehung auf die Form, welche die Nahrstotle in der
Erde besitzen müssen, um ernährungsfähig zu sein; es dürfte
genüiren, hier zu erwithnen, dass es ihnen gelungen ist. Pflanzen
in ffewöhnlichem unfruchtbaren Torfpulver durch die Beigabe
ihrer Aschenbestandtheile in der richtigen Form, also ohne alle
Mitwirkung von lliierischen Excrementen oder Mist, welchen der
Landwirlh gewohnt ist, für ganz unentbehrlich zu halten, in der
üppigsten Weise gedeihen zu machen, und von Bohnen-Pflanzen
z. B. den 26 fachen Ertrag an Samen, demnach viel mehr noch
als vom fruchtbarsten Gartenboden abzugewinnen. Weitere Ver-
suche ähnlicher Art sind bereits für das laufende Jahr in An-
griff genommen, und ich hege nieht den geringsten Zweifel,
dass die Besultate derselben nicht allein zur Hinwegräumung
mancher Vorurlheile, sondern auch zur Verbesserung des land-
wirlhschaftlichen Betriebes, zur richtigen Behandlung der Felder
und zur Erzielung eines dem Boden entsprechenden Maximal-
erlragos an Früchten Tühren werden. Es sind diess wenigstens
die Aufgaben unseres Institutes, die ich in der gegenwärtigen
Zeit zu den allerwichtigsten und bedeutungsvollsten zähle, welche
die Wissenschaft überhaupt zu lösen hat.
Hierauf Ihat der Sccretär der mafh.-phys. Classe, Herr von
Marti US, Ehrenerwähnung der jüngst verstorbenen Mitglieder
dieser Classe:
Seit der letzten feierlichen Sitzung hat die Akademie aus
dem Kreise der math.-phys. Classe vier Milglicdor scheiden
sehen, zwei hier residirende und zwei auswärtige.
Oeffentliche Sil%ung vom 28. März 1868 327
Andreas Wagner, der gründliche vielseitig gelehrte Zoo-
loge und Paläontologe, der nur wenige Jahre über den Höhe-
punkt männlicher Jahre hinausgeschritten war. ist uns am 21. Dec.
V. Jrs. durch einen unvermutheten plölzliclien Tod entrissen
worden
Emil Harless, der geistreiche physikalische Physiologe,
welcher jenen Wendepunkt im Menschenleben noch lange nicht
erreicht hatte, schied nach einem ^lonate langen Siechthum am
16. vor Mon.
Das Leben und Wirken dieser würdigen und theuren Colle-
gen so eingehend und erschöpfend zu schildern , als es ihre
nahen Beziehungen zu unserer Körperschall erheischen, bleibt,
nach akadennscher Sitte, einer spätem feierlichen Gelegenheit
vorbehalten
Am 23. Januar starb zu Heidelberg Carl Cäsar Ritter von
Leonhard, Professor der Mineralogie.
Er war 1779 zu Hanau geboren, widmete sich den Cameral-
wissenschaften und durciilicf von 1800 an, da er Assessor bei
der Landcassen- und Steuer- Direction ward, rasch eine Reihe
von Aemtcrn bis zum General- Inspeclor der Domiinen und
des Rechnungswesens und (1812) zum Geheimerath. Eine uni-
verselle Bildung, eine reiche Kenntniss statistischer und national-
ökonomischer Zustände, eine leichte Fassungs- und Darstcllungs-
gabe und eine unermüdliclie Arbeitskraft hatten ihm diese ehren-
volle äussere Laufbahn geebnet. Aber neben diesen Amisge-
schäften halte er Antrieb und Müsse gefunden sich durch Stu-
dium aus Büchern und an der Natur zu einem vielseitigen
gelehrten Mineralogen auszubilden. Seil 1805 ist er in diesem
Fache thätig gewesen und hat einen nicht unwesentHchen Ein-
fluss auf die Entwicklung der mineralogischen Literatur w:<hrend
jener Zeit genommen. Dessen Zeuge sind sein Handbuch der
topographischen Mineralogie, sein allgemeines Repertorium und
vor Allem das Taschenbuch für die gesammte Mineralogie, von
1S07 — 1824, welches in dieser Periode als die vollständigste
Fundgrube der mineralogischen Literatur gewürdiget wird. Bei
328 Oeffentliche Sittunff vom 28. März 1869.
der Schlacht von Hanau machte sich sein deutscher Palriolisinus
in glänzender Weise bemerklich, indem Leonhard unter Le-
bensgefahr und mit vielfachen Aufopferungen sich der verwun-
deten Krieger annahm. In seinem Hause pflegte er den bayeri-
schen Heerführer Wrede. König Max Joseph lohnte ihn durch
den Civil - Verdienstorden und berief ihn im J. 1815 nach dem
Tode von Petzis als Mitglied der Akademie und Conservator
der mineralogischen Sammlung nach München. In dieser Eigen-
schaft hat er uns an diesem Orte bei gleicher Veranlassung eine
Ueberschau von dem damaligen Stande und von der Bedeutung
der Mineralogie gelesen. Aber schon 1818 vertauschte er, da
seine Gemahlin das Münchner Klima nicht vertragen konnte,
seine hiesige Stellung mit einer Professur in Heidelberg. Er
setzte mit Energie seine literarischen Arbeiten über alle Zweige
der Mineralogie fort. Ihm gebührt das Verdienst, zuerst das
krystallographische System auch in die oryktognostische Minera-
logie eingeführt zu haben. Seine Arbeiten über die Basalte
werden von den Männern des Faches wegen gründlicherhobener
Thatsachen hochgehallen. Die Charakteristik der Felsarten , die
Grundzüge der Gcognosie und Geologie, und die Naturge-
schichte der Erde bekunden einen Reichthum von Kenntniss
und eine literarische Betriebsamkeit, welche ihm ein ehren-
volles Andenken in den Annalen der V^^issenschaft sichern.
Die Rede ebendesselben „zum Gedächtniss an Jean
Baptist Biot" ist eigens im Verlage der Akademie erschienen.
Ebenso die Festrede des Herrn von Siebold
„Ueber Parthenogenesis "
Sach - Register.
Acetabularia (inediterranea) 314.
Aegjptische Altcrthuinskunde 2ß0.
Alexaiuier der Macedonier 203.
Der Alte vom ßer<!;e 269.
Altplirjgisches 12. 37.
altplnj-gisthc Eigennamen 31.
Antiquitäten (kirchliche) 324.
Arabisches 1. 4. 8.
Aristoteles, sog. Theologie 1.
(citirt) 261.
Armenisches 17. ff.
Asien 263.
Asterismus (der Kristalle) 19'J.
Atmosphärische Niederschläge 288.
Barometer 89.
S. Benedict 261.
Beweglichkeit der Atmosphäre 100.
Brunuenraessungen in München 276. 285
Canterbury 324.
Cholera 286.
330 Sach - Ueyistet .
DcMiiostheiies 38.
Denar =z Dracliine 54. 74.
Dextrin 40.
Ebbe — Fliith Catniosphiirische) 112.
Elenientartlieile (vegetabilische) 290.
Hinpedokles M.
Fallinerayer 34.
Geidwerthe 42 ff.
(ieographisches (Phrygien) 33 ff. (Orient) 264.
Geschichte, deutsche 41.
Grundwasser in München 272.
im Würnithal 288.
in .Ansbach 289
Hypsometrie 271.
Ichwiui -uc- cafa 4.
Indien 210. 271.
Inschriften 12 IT. mit den Beilagen.
K.nsmographie 262.
Krj'staliogenie 209.
Sach- Register. 331
liicht polarisirtes (bei Pflanzen) 290. 322.
Lichtfigiiren (Brewstersche) 199.
Lingua volgare 264. 269.
Linguistik 12-
Marco Poio 201.
Meteorologie 89 (Tabellen) 111. 128.
Metrologisches 42. 63.
Molecularkriiftc 38.
Moriz, Kurfürst von Sachsen a. 1551 41.
Münzkunde, alte 42 ff.
Ozon, auf chemischem Wege dargestellt 171.
Pii raffln 41.
Parthcnogenesis 328
Pflanzenorganisation 293.
Pflanzen|)h3siologie 325.
Plinius' Nat. historia 222.
Polarisationsapparat 290.
Sauerstoff, dessen allotrope Zustände 163. 187.
Schimmelhildung 39.
Sphaerokrjstalle 314.
Stickstoff 39.
Talent, das attische und andere 42
Temperatur- Verhältnisse 128.
Zersetzungsproducte 39.
Namen - Register.
V. Aretin 324.
Biot Jean Baptist 328.
Christ 42.
Cornelius 41.
Escherich (in Ansbach) 289.
Haneberg 1. 2G2.
E. Harless t 327.
V. Jan 222.
Jolly 38.
V. Kobcll 199.
Kunstniann 210.
Namen -Register. 333
liamont 89.
T. Leonhard (Ehienerwähming) 327.
V. Liebig 325.
V. Martius 326. 328.
Mordtmann 12.
Bfägeli 290.
Pettenkofer 272.
Plath 260.
V. Schlagintweit 272.
Scliönbciii 163.
y. Siebüld 328.
Spengel 38. 222.
Thomas 261.
A. Vogel jun. 39. 41.
A. IWagner t 38. 327.
[1862 I.] 23
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Taf.I.
Sitxzin^sherir/i/f r/t/A-. h . Ikar/. r/ fl. ' /AV/.'!. Ib.
Taf.TT.
^'r/sf///o.i'he/fr/,/, r/rr/.-./>Ah(ff/f/)\'./.'^f:\'. 1 '^.
Taf.lII.
S'ifxi/nj.v6erir/Uf t/eyA 6Ak//df/ U^ /d6^2. 1.7)
Sif : itnq.shn -/cA/r r/rr k . h. Uftf/r/ //.'/ UJ?. I A
Sach - Reiiistei
Aesopiis 98.
Alterlhiiiiuir (des Mittclallors) HS,').
Amalarius (llinciariiiin) HS."».
Atiiiiioiiiak (salpetriclit saurer)
Bildung durcli Wassei-verdampluiig 45. 'M?> ;»:U
Aiiriales Altalienst's t)3.
Arabische Literatur lül.
(arab. spaii.) 248.
Arcbaeologisclics 05.
Aventin 3.'t4.
JBathoiueter ->4H.
Chemie, phy.sioiogi.scho XVl.
(Hl Ina
häusliche Verhältnisse 201
Ehe 202. 227.
Hochzeitsgebräuche 219.
Aelterii. Kinder 230.
(ieburt. Xaniengebung 230.
Pflichten der Kinder u. a 23^
(iicero 1.
Fragmente der Reden 15.
der Briefe 31.
llHti2 II.)
•>:t
gjg Such- Ueyister.
Fragmente aus den philos. Schriften 32.
,, unbestimmte 40.
Crystalloide (der Samen) 120.
Emmeramer Handschriften 98.
Erdmagnetismus 66. 77.
Ernährungsprocess 57. 88. 163.
Farbcrystallc (bei den Pflanzen) 147.
Geschichte
deutsche 178.
spanische 248.
Grubengas 162.
Historische Commission 164.
Jod, Reaction auf Stärkckürner 280.
seine V^erwandtschaft zu verschiedenen Substanzen 28:V
Färbung durch Jod 289.
Einwirkung des relativen Wassergehaltes dabei 299.
Einwirkung der eingelagerten Jodmeuge 307.
physical. und ehem. Verhältnisse 310.
Äarl der Grosse 163. 33 {
Königssee 269. 276.
Sachlieifister 339
Magnetismus 103.
Magnetnadel, ihre tägl. Bewegung (iO.
Intensiläts- u. InüiinationstOriingen 7(3.
Tabellen 84 IT.
Mathematisches 91.
Bfitrite, ihr oxidirendes Vermögen 318.
Nitrite. Nitrate in Pflanzen 321. 329.
Obersec 273. 277.
Orchis 153.
Paranuss (Bertholietiaexcelsa) 121.
Pest (im 14. Jahrhundert) 248.
Portugal 248.
Polcnzreihen 91.
Pflanzen, nitritlialtige 321.
Pflanzenphjsiologie 280,
Proteinkörper 120.
(Vgl. Grystalloide.)
Rapoto von Andechs 334.
Respiration (u. Perspiration) 5ü. 88. ir»2. 10.")
Ronuilus, der Fabeldichter 98.
Salze, salpctricht- und Salpetersäure in der Pflanzenwelt 321.
Schildbuckel 335.
Don »Sebastian 248
Seen. I)ayerische 253. 269.
Solanum anicricanum 147.
340
Sath-Iieitisti'r
Solamiin tnbi'iosum 330
Soiinenfleckeii Gl). 7*2.
Stärke, Släikekörner '28(1 ff.
Stempelscimeidekiuisl (jgTieclüschc j (»ö
Stofl'vveilisol 1()5.
»reinpfraliii- der Wasser der Tiefe "248
Doiuellii Teodor (spaii Erziihl.) «"«S.
Tegernsee 98.
Tliermoiiieter (c;raplii.srlie) 2 48.
Tiefeniiiessuiigei» '248 26'.).
Viola 153.
Walchensee 274. 278.
Was.ser.stoffga.s 88. 162.
Wasserverdainpfiiii«;- 4.5 3i;?.
Wolflier von Aqiiileja 97.
Zellmcinbraiieii . ihre Fiirbuiisr 2S(J
Namen - Kegis(ci
Bcjridi in Bi'iliii (Walil) 177.
V. Bil)ni. Filir. in ^il|•nt)l■^g(^yalll) 178-
Hioiiii (Elufiicinaliniuii!;) Hill
Bnisli, in Xcwliavcn in Connt'ilicul (Wahl) t/S.
Hulil (Wahl) 177.
Citintlins 17S
Davidson, in London (Wahl) 177.
V Itölliiitfer 163. '.Vdi.
S'örin"or 03.
fSicsphrcchl lülJ. 331
(Miml)cl (Wahl) 177
o/.) Samen Register
Halm 1
llarlej' in London (Wahl) 178
V. Hofner-Altencck 3Ü5.
V. Hefner (Ehrcnenväiiniuig) 160.
Hoclislctter in Wien (WalilJ 178.
Joll^ 248.
Rane, in Dublin (Wahl) 177.
Kenngott in Zürich (Wahl) 178.
Kieser (Ehrenerwiihniing) 174.
Kolbe in Marburg (Wahl) 177
Kronecker in Berlin (Wahl) 178.
Kun-stmann 334.
JLainont CG. 7(5. 103.
Lebas (Ehrcnerwähnnag) lü7.
\. Liebig 1C4. 333.
y. Martins 169.
M. J. Müller 161. 160. 248.
Muffat 97.
»Tägeli 120. 280.
(Wahl) 177.
y. Niethammer (Wahl) 177.
Qppel (Wahl) 177.
Nanien-Eeftiifev. 343
Pettcnkofer 50. 88. 162. 313.
Preller (Ehrenerwähmuig) 167.
Scheerer, in Freiberg (Wahl) 177.
Scherzer, in Wien (Wahl) 178.
V. Schlagintweit (Wahl) 178.
Schönbein 45. 285. 313. 318. 320.'
Seidel 91.
V. Siebold 280.
Streber (iS.
Thomas 98.
Voit 56. 88.
A. IWagner, Denkrede auf ihn 169.
Mor. Wagner (Wahl) 177.
AS Akademie der Wissenschaften,
182 Munich
M8212 Sitzungsberichte
1862
Bd.l
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