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Full text of "Sitzungsberichte"

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Sitzungsberichte 


der 


köiiigl.  bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften 

zu  München. 


Jahrgang  1862.    Band  I. 


München. 

Druck  von  J.  G.  Weiss,  Universitätsbuchdrucker. 
1862. 


In  Commlsilon  bei  G.  Franz. 


mz\z 


Ueberslcht  des  Inhaltes, 


Die  mit  *  bezeichneten  Vorträge  sind  ohne  Auszug. 


Philosophisch-philologische  Classe.  Sitzung  vom  4.  Januar  i862. 

Seite 

Haneberg:  Die  Theologie  des  Aristoteles  I— III.  (Forts,  folgt)  1 

A.  D.  Mordtniann   (in   Ooustantinopcl) :    Ueber   die   altpliry- 

gisclie  Sprache  (mit  zwei  Inschriftentalelii)  12 

*Spengcl:  Ueber  Uemostheiies'  Rede  Tts^l  oxetpävov,  als  Bei- 
trag zum  Yerstäiidniss  des  Redners        ...  38 


Mathematisch-plujsikaUsche Classe.  Sitzung  vom  ii.  Jan,  i862. 

A  n  d  r  e  a  s  W  a  g  11  e  r   t 38 

Molly:  Ueber  die  Moieculaikrälte 38 

Vogel  jun.:  1)  Ueber  das  Vorkommen  von  Stickstoff  in  den 
freiwilligen  Zersetzungsprodukten  einiger  stick- 
stoff-freieu  organischen  Substanzen        .       .  39 


IV 


2)  Ueber    einige    piactische   Anwendungen    des 

Paraffins 41 


Historische  Classe.     Sitzung  vom  i8.  Januar  1862. 

♦Cornelius:  Uebcr  die  Verschwörung  von  1531,  an  derenSpitze 

Kurfürst  Moriz  von  Sachsen  stand      ...  41 


Philosophisch-philologische  Classe,  Sitzung  vom  4.  Febr.  i862. 

Christ:  Beiträge    zur  Bestimmung  des  attischen   und   anderer 

damit  zusammenhängenden  Talente      ....  42 


Mathematisch-physikalische  Classe.  Sitzung  vom  8.  Febr.  i862. 

Lamont:  Ueber  die  tägliche  Oscillation  des  Barometers.    (Mit 

Holzschnitten.) 89 

Schön  bei n:   Fortsetzung    der  Beiträge   zur  nähern  Kenntniss 

des  Sauerstoffes 165 

V.  Kobell:  Ueber   Asterisnius    und   die   Brewster'schen  Licht- 

(igurcn  (mit  drei  Tafeln) 199 


V 

Historische  Classe.  Sitzung  vom  15.  Februar  1862, 

Seit« 
*Kunstmaiin:  lieber  frühere  Reisen  nach  Indien  vor  Entdeck- 
ung des  Seeweges 210 


Einsendung  von  Druckschriften  (Januar— März  1803).        .        .         210 


Philosophisch-philologische  Classe.  Sitzung  vom  4.  März  1862 

V.  Jan:  Ueber  den   gegenwärtigen  Stand  der  handschriftlichen 

Kritik  der  Naturalis  historia  des  Plinius         .        .        •  222 

*Plath:  Ueber   den  gegenwärtigen   Zustand    der    ägyptischen 

Alterthuinskunde 260 

Thomas:  Zu  Marco  Polo,  aus  einem  Cod.  ital.  Monacensis     .         261 


Mathematisch-phrjsikalische  Classe.  Sitzung  vom  8,  März  1862. 

H.  V.  Schiagintweit:  Physikalische  Forschungen  in   Indien  .  271 
Pettenkofer :  Die  Bewegung  des   Grundwassers   in  München 

von  März  1856  bis  März  1802  (mit  einer  Tafel)  272 
Nägeli:  Beobachtungen   über    das   Verhalten    des   polarisirten 

Lichtes  gegen  pflanzliche  Organisation  (mit  einer  Tafel)  290 


VI 

Historische  Classe.     Sitzung  vom  i4.  März  1862. 

Seite 

*v.  Ar  Clin:   Ueber  eine   neu  aufgefundene  gestickte  bischöf- 
liche Infula  aus  dem  12.  Jahrhundert      .        .        .  324 


Oeffentliche  Sitzung  der  Akademie  am  28.  März  1862. 
Feier  des  103.  Stiftungstages 325 


Sitzungsberichte 

der 

königl.   bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Philosophisch  -  philologische  Classe. 

Sitzunff  vom  4.  Januar  1862. 


1)  Herr  Ha  neber  g  übergab  den  nun  ergänzten  Vortrag  (vgl. 
Sitzungsberichte  1861.  H.  S.  260)  über  das  neuplatonische  Werk: 

„Theoloffie  des  Aristoteles." 

I.    Die  Theologie  des  Aristoteles  im  Abendlande. 

Unter  den  uniichlen  Schriften  des  Aristoteles  erscheint  im 
16.  und  17.  Jahrhundert  eine  Theologie  unter  verschiedenen 
Titeln.  Die  ersten  Herausgeber  legen  über  iluen  Ursprung  fol- 
gende Reclienschaft  ab.  Ein  italienischer  Reisender  Fran- 
cesco Roseo  (Roseus,  Rossi?)  aus  Ravenna  land  bei  seinem 
Aufenthalle  im  Orient,  in  Damaskus,  ein  interessantes  philoso- 
phisches Werk  in  einer  Bibliothek  in  arabischer  Sprache.  Er 
erkannte  darin  die  Ueberselzung  eines  ursprünglich  griechischen 
Werkes  von  Aristoteles.  Als  arabischer  Uebersetzer  aus  dem 
Griechischen  wird  Aben  Ama  angegeben.  Roseo  intercssirle  sich 

lt86Z  I.]  1 


2  Sitzung  der  philos.-philol.  Clane  vom  4.  Januar  1S62. 

SO  für  das  Buch,  dass  er  es  durch  einen  israelitischen  Arzt 
Namens  Moses  aus  Cypern '  in  Damaskus  in's  Italienische  über- 
setzen liess. 

Diese  itahenische  Ueberselzung  ist  unsers  Wissens  nie  ge- 
druckt worden  ;  sie  liegt  aber  den  beiden  lateinischen  zu  Grunde, 
durch  welche  das  Ikich  bekannt  geworden  ist. 

Wir  haben  niindich  zwei  lateinische  Ueberselzungen ,  eine 
secundiirc  und  eine  tertiäre,  mit  welchen  es  sich  so  verhält. 
Als  Francesco  Uoseo  von  Ravenna  die  von  dem  jüdischen  Arzte 
Moses  Rovas  aus  Cypern  gefertigte  italienische  Ueberselzung 
nach  Italien  gebracht  halte,  übertrug  der  Arzt  Petrus  Nicolaus 
Caslellani  (Caslellanius)  aus  Faenza  das  italienische  Manuskript 
in's  Lateinische.  In  dieser  Gestalt  wurde  das  Werk  zum  ersten- 
mal auf  Veranlassung  des  Pabsles  Leo  X.  in  Rom  gedruckt  1519*. 

Diese  Ueberselzung  gab  Franc.  Patricius  1591  in  Ferrara 
mit  einer  Einleitung  und  Anmerkungen  heraus  unter  dem  Titel : 
Myslica  Aegyptiorum  et  Chaldaeorum  a  Plalone  voce  tradila 
ab  Aristotele  excepta  et  conscripla  Philosophia. 

Eine  weitere  Ausgabe  erschien  in  Venedig  1593  und  im 
gleichen  Jahre  mit  der  Wechel'schen  lateinischen  Ueberselzung 
der  Werke  des  Aristoteles.   Frankfurt  1593.    S.\ 

Vor  diesen  Abdrücken  der  secundären  Version  des  Pietro 
Nicoiao  Caslellani  halle  der  französische  Philosoph  Jac.  Char- 
pentier  eine  tertiäre  Version  ausgearbeitet  und  mit  Schoben 
vcrölTenllicht.  Paris  1571.  4  Natürlich  liegt  hier  die  Arbeit 
des  Italieners  Caslellani  zu  Grunde,  deren  sprachliche  Härten 
Charpeiilier  entfernen  wollte,  in  den  Ausgaben  der  Werke  des 
Arislotelos  von  Du  Val  vom  J.  1629  (tom.  II.  p.  1035)  und 
1639   (tom.  IV.  p.  603  ff.)    ist  diese  tertiäre  Ueberselzung  mit 


(1)  >yolf,  l)ibl.  Iiebr.  1.  S.  8«).').     Da.ss  sclioii  die  erste  Uebcrsetzimg 
Lateinisch  war,  ist  vermiitliet  Morden.  Fabric    BibI    Gr.  p.  278. 

(2)  So    bcriihlet    Krane.    Patricius    in    der    Vorrede    zur    Ausgabe 
von  15'.M. 

(3)  Fabrieius  BibI    (h.  ed    llaiiess  t.  III.  p.  279.    Wir  nennen  diese 
tJi'J)Ciselzung  eine  secundäre,  insofern  das  Arabische  als  Original  gilt. 


Haneber if:  Theologie  des  Aristoteles.  3 

Weglassung  der  Schollen  von  Charpentier  abgedruckt  *.  Das 
Werk  erschien  demnach  im  Ganzen  siebenmal  in  lateinischer 
Sprache.  Die  Gelehrten  hallen  also  hinlänglich  Gelegenheit,  das 
Werk  zu  analysiren  und  zu  beurlheilen.  Fr.  Palricius  war  nicht 
abgeneigt,  an  die  Aechtheit  des  Werkes  in  der  Art  zu  glauben, 
dass  es  zu  den  ay(j(npa  des  Plato  gehöre,  die  von  Aristoteles 
in  jener  Periode,  da  er  noch  zu  den  Freunden  und  Verehrern 
Plato's  gehörte,  aufgezeichnet  worden  wären.  Es  ist  ihm  aller- 
dings aulFallend,  dass  selbst  keiner  von  den  nandiaften  philo- 
sophischen Schriristellern  der  platoin'schen  Schule,  geschweige 
denn  ein  anderer,  eine  Erwähnung  von  dieser  Schrift  mache. 
Allein  er  beruhigt  sich  damit,  dass  ja  auch  die  anerkannt  ächten 
Schriften  des  Aristoteles  lange  verborgen  gewesen  seien.  Uebri- 
gens  finde  man  viele  Gedanken  dieses  Werkes  in  den  Schriften 
der  Neuplatoniker,  theilweise  mit  auffallenden  Zeichen  der  Ueber- 
einstimmung.  Diesen  Schriftstellern  müsse  also  wohl  das  Werk 
bekannt  gewesen  sein. 

Viel  weiter  ist  unsers  Wissens  die  Discussion  nicht  geführt 
worden.  Man  konnte  es  für  wahrscheinlich  finden,  dass  das 
Buch  eine  ganz  junge  Composition  von  einem  muslimischen 
Eklektiker  des  15.  Jahrhunderts  sei,  wenn  man  bei  der  Dunkel- 
heit der  Geschichte  der  Auffindung  und  Ueberlragung  nicht 
geradezu  annehmen  wollte,  dass  es  von  einem  Neuplatoniker 
der  italienischen  Schule  am  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  sei 
zusannnengestellt  worden. 

Allerdings  wurde  aus  einer  Stelle  bei  dem  h.  Thomas  von 
Aquin  geschlossen,  dass  das  Werk  auf  einem  andern  Wege  im 
13.  Jahrhundert  in  Italien  durch  eine  lateinische  Ueberselzung, 
wo  nicht  gar  im  griechischen  Original,  müsse  bekannt  ge- 
wesen sein  ^     Bei  näherer  Prüfung  zeigt   sich  aber,    dass    der 


(4)  FabriciiLS  1.  1. 

(.■))  Fal)riciu.s  B.  (i.  II.  p  1C4.  cd.  Hailess  III.  p.  270.  „Ac  Tliomas 
Aquinas  libro  de  uiiitate  iiitcllectus  apologelitoadversu.s  ,\verronn  testatiir, 
se  .\ristolclis  libros  XIV  de  siibstaiitiis  scparatis  vidi.s.se  graece." 

1* 


4  Sitzung  der  philos.-philol.  Clause  vom  4.  Januar  1S62. 

h.  Thomas  sich  über  das  aristolelisclie  Werk  dunkel  ausdrückt. 
Der  neueste  Herausgeber  versteht  die  Stelle  von  den  14  Büchern 
der  Metaphysik'';  auf  keinen  Fall  ist  an  der  betreffenden  Stelle 
von  einem  griechischen  Original  die  Rede.  Wahrscheiidich  han- 
delt es  sich  um  eine  hebräische  Uebersetzung,  wie  sich  aus 
dem  folgenden  ergeben  wird. 

Durch  arabische  Oiiellen  —  abgesehen  von  dem  arabischen 
Texte  des  Werkes  selbst  —  verglichen  mit  hebräischen ,  lässt 
sich  zeigen,  dass  die  Schrift  seit  dem  10.  Jahrhundert  bei  den 
Arabern  im  Orient  bekannt  war  und  —  wohl  durch  sie  —  bei 
ihren  Schülern  den  philosophirenden  israelitischen  Schriftstellern 
Spaniens  später  eine  nicht  geringe  Geltung  hatte. 

n.  Geltung  der  Theologie  des  Aristoteles  bei  den 
Arabern  seit  dem  10.  Jahrhundert. 
Eine  höchst  willkommene  Aufklärung  über  das  von  uns 
besprochene  Werk  erhalten  wir  durch  die  in  neuerer  Zeit  von 
mehreren  Gelehrten  beleuchtete  arabische  Encyklopädie  der 
philosophischen  Wissenschaften,  welche  unter  dem  Namen  ,,die 
lautern  Brüder"  Ichwän  uq  -  <^afä  bekannt  ist.  Die  Kritik  hat 
nicht  ohne  mühsame  Untersuchungen  zu  dem  wohl  sicher  stehen- 
den Resultate  geführt,  dass  uns  in  diesem  Werke  eine  Samm- 
lung von  51  Abhandlungen  vorliege,  welche  von  mehreren  Ver- 
fassern herrühren,  sämmllich  aber  um  980  in  Ba<;ra  in  einheit- 
licher Weise  zu  einem  Ganzen  verbunden  wurden.  Dieses 
Resultat  voraussetzend ,  hat  in  neuester  Zeit  Dietrici  mehrere 
Abschnitte  aus  der  Physik  des  Werkes  in's  Deutsche  übersetzt. 
Es  mag  wohl  bald  die  Reihe  an  die  speculativen  Abhandlungen 
kommen.  Hier  begegnet  uns  die  Lehre  von  der  Fähigkeit  der 
Seele,  sich  durch  Versenkung  in  sich  selbst  bis  zur  höchsten 
Stufe  des  Seins  und  Erkennens  zu  erschwingen.  Nach  der  im 
ganzen  Werke  vorherrschenden  Art,  wird  diese  Selbstverinner- 


(I))  S.    Tliomae    tract.    de    iinitale    intellectu.s    contra    Avpirlioistas. 
Opusc.  XVI.  in  Summa  Pliilosopliita  cd.  Soux-Lavergnc  1. 1.  1853    S.  481. 


Haneberg :   Theoloijie  des  Aristoteles.  5 

lichung  als  eine  intellectuellc  Himmelfahrt  dargestellt.  Das 
Merkuünligsle  aber  ist,  dass  diese  Lehre  auf  Aristoteles  zurück- 
geführt wird.  In  der  Hanptstelle ,  an  welche  sich  spätere,  wie 
ein  erklärender  Cominentar,  anschliessen,  spricht  Aristoteles  von 
diesem  innerlichen  Vorgange  so,  als  wenn  er  ihn  an  sich  selbst 
zunächst  erprobt  hätte.     Die  Stelle  lautet  : 

„Oftmals  vereinsame  ich  mich  in  meiner  Seele  und  ent- 
kleide mich  meines  Leibes,  als  wäre  ich  eine  unkürperliche, 
immaterielle,  einfache  Substanz.  Dann  gehe  ich  in  mein  Wesen 
ein  ohne  alle  Beziehung  zu  allen  Dingen;  da  sehe  ich  in  mei- 
nem Wesen  eine  Schönheit  und  eine  Herrlichkeit,  durch  welche 
ich  in  Bewunderung  und  Erstaunen  versetzt  werde.  Da  er- 
kenne ich,  dass  ich  einer  von  den  Theilen  der  höhern,  edeln, 
herrlichen  Welt  bin"". 

Die  Bedeutung  dieser  Stelle  wurde  dadurch  erhöht,  dass 
ich  dieselbe  in  hebräischer  Sprache,  aber  ausführlicher,  bei  dem 
spanischen  Eklektiker  Palkira  ftind*.     Dieselbe  lautet  hier  so: 

Aristoteles  sagt:  ,, Manchmal  ist's,  als  vereinfachte  ich  mich 
selbst  in  mir.  als  leffte  ich  meinen  Leib  ab  und  wüi'de  ein  un- 
körperliches,  einfaches  Wesen.  Da  sehe  ich  in  meinem  Wesen 
eine  solche  Schönheit  und  Herrlichkeit,  dass  ich  dadurch  in  Er- 
staunen und  Bewunderung  versetzt  bleibe.  Ich  erkenne  mich 
dann  als  einen  Theil  der  obern  in  ihrer  Stufe  vollendeten  Welt, 
ausgestattet  mit  wirksamem  Leben.  Nachdem  solches  in  mir 
zur  Wahrheit  geworden  ist,  erhebe  ich  mich  in  meinem  Denken 
zur  göttlichen  Ursache,  es  ist  mir  dann  als  ruhte  ich  in  ihr,  als 
wäre  ich  mit  ihr  innigst  verbunden  (f.  140,  b).  Ich  bin  dann 
erhaben  über  die  ganze  Well  des  Geistes  und  ich  sehe  mich 
stehend  auf  dem  hehren  Standpunkte  der  Gottheit.  Da  sehe 
ich  ein  Licht  und  einen  Glanz,  welchen  keine  Zunge  ausspre- 
chen und  kein  Verstand  (Herz)  fassen  kann.  In  d<im  Grade 
nun,  als  eben  dieses  Licht  zunimmt,    wird  es  für  mich  unaus- 


(7)  Ichwan  uo  Cafa  Cod.  Monac.  arab.  Quatrcm^re  m.  19.  f.  13,  b. 

(8)  Palkira  Sefer  ha  niaaloth  Cod.  hebr.  Monac.  402  f.  140  ff. 


6  Sit^iiny  der  jihilo^.-vhüol.  Classe  vom  4.  Januar  1862. 

haltbar,  ich  steige  vom  Geiste  zum  Gedanken  und  der  Reflexion 
herab.  So  wie  ich  in  der  Welt  des  Gedankens  bin,  verhüllt 
mir  der  Gedanke  —  das  discursive  Denken  —  eben  dieses 
Licht  und  diesen  Glanz  und  ich  befinde  mich  endlich  in  einem 
Zustande  der  Verwunderung-  darüber,  wie  ich  von  dem  hohen 
Gebiete  der  Gottheit  herabgestiegen  sei  und  wie  ich  im  Gebiete 
des  Gedankens  mich  befinde,  nachdem  meine  Seele  ihren  Leib 
abzulegen  und  zur  Welt  der  InteUigenz,  dann  zu  jener  der. 
Gottheit  gelangte,  bis  sie  zur  Region  jenes  Lichtes  und  Glanzes 
kam,  welcher  die  Ursache  alles  Lichtes  und  Glanzes  ist;  auch 
verwunderte  ich  mich  darüber,  wie  ich  meine  Seele  voll  von 
Licht  sehen  konnte.  Doch  nachdem  ich  mein  Sinnen  erhob  und 
mein  Denken  vertiefte  und  dabei  nicht  in's  Klare  kam,  erinnerte 
ich  mich  an  Klitos%  wie  niimlich  dieser  gerathen,  über  dem 
Wesen  der  Seele  hinaus  das  Hehre  und  Leuchtende  zu  suchen, 
um  zu  der  hehren,  obern  Welt  aufzusteigen.  Er  sagt,  wer  sich 
hierin  eilig  bemüht,  und  zu  der  obern  Welt  aufsteigt,  dem  wird 
nothwendiger  Weise  ein  grosser  Lohn  gegeben;  daher  darf  der 
Mensch  nicht  träge  säumen  mit  dem  Versuche  in  diese  höhere 
Welt  aufzusteigen,  auch  wenn  es  ihn  Mühe  und  Arbeit  kostet, 
denn  vor  ihm  liegt  eine  Ruhe,  auf  welche  keine  (f.  141,  a) 
Mühe  und  keine  Arbeit  mehr  folgt.-' 

Es  ist  einleuchtend,  dass  die  von  Palkira  angeführte  Stelle 
ganz  dieselbe  ist,  wie  die  von  den  Ichwän  uq  gafa  citirte; 
ebenso  möchte  es  von  vornherein  feststehen,  dass  die  Berufung 
auf  Aristoteles  nur  irgend  eine  apokryphe  "Schrift  des  Philoso- 
phen meinen  könne.  Aber  welche?  Darüber  gibt  Palkira  keinen 
Aufschluss,  denn  er  begnügte  sich  zu  sagen,  so  spreche  Ari- 
stoteles. In  Ichwän  uq  pafä  ist  allerdings  die  aristotelische 
Schrift  genau  bezeichnet,  welcher  das  Bruchstück  angehören 
soll,  allein  der  Schreiber  der  Oualremere'schen  Handschrift,  die 
mir  vorliegt,  hat  hier  sich  so  unsicher  gefühlt,  dass  er  uns  den 


(9)  Arab.    ,j*.^JaJjül 


Haneberg :  Theologie  des  Aristoteles.  7 

Titel  nur   errathon    Uisst.     Es   heisst  hier  nämlich:    ,,Es  spricht 
Aristoteles  in  dorn  Buche  Albalüchä  .  .  .  ^°   Lä.«JLJI    v^Lx^  ^^ 

Es  hegt  auf  der  Hand,  dass  man  mit  Veränderung  der 
Punktation  lesen  miisso :  Thalügia  also  im  ., Buche  der  Theo- 
logie '.  Es  kann  darüber  um  so  weniger  ein  Zweifel  obwalten, 
da  nicht  nur  eine  Theologie  des  Aristoteles  unter  den  Sprenger- 
schen  Handschriften  Nr.  741  in  ähnlicher  Weise  Las..  J^t  ge- 
schrieben wird,  sondern  die  botrefFonde  Stolle  sich  wirklich  in 
der  oben  bezeichneten  lateinischen  Ausgabe  des  Patricius  findet: 
(I.  I.  c.  IV.  p.  5,  col.  1.)  .,Atque  hoc  idem  opinatus  est  Plato 
de  aniina  univorsali  dicens :  Ego  plurios  speculando  secundum 
animam  relictis  corporis  exuviis  visus  sum  mihi  fnii  summe 
bono  cum  gaudio  admirabili.  Unde  restiti  quodannnodo  attonitus. 
Tum  agnoscens  me  esse  partem  mundi  superioris  adeptusque 
vitam  aeternam  sub  luce  magna  innarabili  etc." 

Hiemit  sind  zwei  Dinge  festgestellt.  Einmal  war  den  ge- 
lehrten Arabern,  welche  sich  im  10.  Jahrhundert  in  Ba(;ra  mit 
Philosophie  beschäftigton,  das  von  Patricius  herausgegebene  Werk 
als  ein  aristotelisches  bekannt.  Zweitens,  unabhängig  von  dem 
Werke  Ichwän  \\(;  (;afä  war  dieselbe  Schrift  den  Freunden  der 
platonisch  -  aristotelischen  Philosophie  in  Spanien ,  sicher  durch 
Vermittelung  einer  arabischen  Quelle,  vertraut.  Da  das  ange- 
führte Bruchstück  bei  Palkira  weit  länger  ist,  als  in  der  Ency- 
klopädie  von  Ba(;ra,  so  kann  diese  nicht  seine  Ouelle  gewesen 
sein,  obwohl  sie  in  Spanien  nicht  unbekannt  war.  Daraus  folgt 
von  selbst  eine  sowohl  der  Zeit,  als  dem  Räume  nach  weite 
Verbreitung  der  Schrift  unter  den  Arabern.  Möglich,  dass  es 
im  Mittelalter  eine  hebräische  Uebersetzung  gab  und  dass  der 
h.  Thomas  von  Aquin  eine  solche  vor  sich  hatte,  als  er  die 
Monographie  de  unitate  intollectus  schrieb.  Da  wir  aber  nun 
Zutritt  zu  dem  arabischen  Texte  haben,  so  hat  es  nicht  viel  zu 
bedeuten,  dass  wir  uns  hinsichtlich  etwaiger  Ucbersetzungen  in's 


(10)  .\uf  albalüthä  folgen  die  beiden  Worte :    ooJt  (ju.mö)  &uwJ 


3  Sitzung  der  pht'los. -philol.  Classe  vom  4.  Januar  i862. 

Hebräisclic  mit  blossen  Vermiifhungen  begnügen  müssen.  Wiin- 
schensnorlh  wäre  es,  mehrere  Hundschriflen  vom  arabischen 
Texte  zu  haben ;  nach  vergeblichen  Versuchen  jedoch ,  irgend 
eine  solche  anderwärts"  zu  treffen,  müssen  wir  uns  glücklich 
schätzen,  dass  sich  eine  solche  unter  den  Sprenger'schen  Ma- 
nuskripten (n.  741)  in  Berlin  findet,  eine  zweite  ist  im  Escuriai. 

III.     Erstes  Auftreten  der  Theologie  des  Aristoteles 
bei  den  Arabern. 

Durch  die  in  Berlin  aufbewahrte  arabische  Bearbeitung  des 
Werkes  sind  wir  in  Stand  gesetzt,  dasselbe  wenigstens  um 
150  Jahre  über  die  Zeit  „der  Brüder  der  Lauterkeit'"  zurück 
zu  verfolgen.  Es  gehört  nach  den  hier,  leider  dürftig  genug, 
gegebenen  Notizen  dem  Kreise  von  griechischen  Werken  an, 
welche  unter  dem  Chalifate  von  Almamun  und  AI  Motassem 
thcils  unmittelbar  aus  dem  Original,  Iheils  aus  syrischen  Ver- 
sionen in's  Arabische  übertragen  wurden.  Dass  zwischen  dem 
uns  vorliegenden  Texte  und  dem  Original  die  Vermittclung  einer 
syrischen  Uebersetzung  liege,  ist  schon  daraus  klar,  dass  in 
den  Kapitelüberschriften  öfters  statt  der  arabischen  Bezeichnung 
bäb,  Pforte,  Kapitel,    die  syrische:    Mimar  angewendet  wird '^ 


(11)  Bei  meinem  Aufonlhalte  in  Tunis  im  Februar  1861  fragte  ich 
vergeblich  nach  der  Theologie  des  Aristoteles,  deren  Vorhandensein  mir 
aus  Sprengers  Catalog  bekannt  war.  Im  Februar  18C2  erhielt  ich  die 
Sprenger'sclie  Handschrift  von  der  k.  Bibliothek  zu  Berlin  zur  Be- 
nützung, wofür  ich  meinen  besten  Dank  ausspreche 

(12)  Z.  B.  S.  1  J^l^t  w^l  S.  33.  viJUJt  Y^\  Der  An- 
fang des  Buches  lautet:      y^AxiLbUx**- J     ljUc^     ^^    Jj^t    r*^^ 

2uo«jL!t       ^t&iiu.       :^sy£^\       ^j»yi\yiy»       y^y*^      '^y^T^^ 
(X«j:».^I    &.^.^^\^     _o^t    iiUxb     jJüfcXxc    ^     AA^Jtjubfc 


Haneberg:  Theologie  des  Aristoteles.  9 

Auch  möchte  man  aus  dem  Umstände,  dass  die  Ueberselzung 
zuerst  auf  einen  des  Griechischen  kundigen  Syrier  und  dann 
auf  einen  bekannten  arabischen  Schriftsteller  zuriickgoführt  wird, 
zu  der  Annahme  sich  berechtigt  fühlen,  der  ersterc  habe  das 
Werk  aus  dem  Griechischen  in's  Syrische,  der  zweite  dasselbe 
aus  dem  Syrischen  in's  Arabische  übertragen.  Wenn  wir  in- 
dessen uns  an  den  Wortlaut  der  einleitenden  Ucberschrift  hal- 
ten, werden  wir  vielmehr  annehmen  müssen,  der  zweite  habe 
die  wortgetreue  und  nicht  (liessend  und  verständlich  genug  ge- 
haltene oder  zu  heidnisch  klingende  Ueberlragnng  des  erstem 
überarbeitet.  Es  heisst  am  Anfang  der  Handschrift  buchsläblich 
so  :  „Erster  Abschnitt  vom  Buche  des  Philosophen  Aristoteles, 
welches  im  Griechischen  genannt  wird:  ,.die  Theologic'%  das 
heisst:  Rede  von  den  götlli(;Iien  Dingen.  Auslegung  des 
Porphyrios  aus  Tyrus.  In's  Arabische  hat  es  übertragen  Abdulmesi'h 
ihn  Abdallah  Nä'imah  ans  Emesa  Zurecht  gerichtet  für  A'hmed 
den  Sohn  von  Almota<^em  billah  hat  es  Abu  Jusuf  Ja'küb  ihn 
Ishak  Alkindi." 

In  Abdul  -  mesih  würde  man  schon  vermöge  des  Namens 
(Diener  Christi)  den  Christen  erkennen,  wenn  nian  nicht  anders 
woher  wüsste,  dass  Christen  dieses  Namens  in  Bsiqra  und  der 
Umgegend  gewirkt  haben".  In  dem  Na'imah  erkennt  man  den 
verstümmelten  Namen  Aben  Ama  wieder,  welcher  in  den  latei- 
nischen Bearbeitungen  des  16.  Jahrhunderts  erscheint.  Bei 
Hag'i  Chalfa  wird  dieser  Nä'imah  unter  den  Ueberselzern  aus 
dem  Griechischen  in's  Syrische  genannt;  und  namentlich  wird 
ihm  eine  syrische  Uebersetzung  der  aristot.  Schrift  n€ol  ancfi- 
atixiöv  sKsyxfov  zugeschrieben  '*. 

Von  der  vorliegenden  Theologie  ist  weder  bei  H.  Chalfa, 
noch  AssemanI  die  Rede.  Da  es  ausdrücklich  heisst,  er  habe 
das  Werk  in's  Arabische  übersetzt,  müssen  wir  annehmen,  er 
habe  zuerst  eine  syrische  Uebertragung  verfasst  oder  eine  solche 


(13)  Assemani  Bibl.  Or.  III.  I.  p.  182  etc. 

(14)  Lex    Bibliogr.  III.  S.  97. 


10        SitTiunff  der  philos.-philol.  Ciasse  vom  4.  Januar  1862. 

vorgefunden.  Bekannllich  begann  die  Ueberlraguiig  griechischer 
Werke  in's  Syrische  gleichzeitig  mit  der  Gründung  der  neslo- 
rianisch- persischen  Schule  in  Nisibis  um  440  n.  Chr. '^.  Die 
weitere  Angabe  der  Ueberschrift,  dass  der  berühmte  Philosoph 
Alkindi  einen  vvcjsentlichen  Aniheil  an  der  Vollendung  des  Bu- 
ches in  der  vorliegenden  Gestalt  habe,  stimmt  vollkommen  mit 
den  anderwiirts  bekannten  Notizen  über  diesen  fruchtbaren 
Schriflsteller  überein  '^  Von  265  Schriften  grössern  und  kleinern 
Ihnfangs,  welche  der  Verfasser  des  Fihrist  von  Alkindi  auf- 
zählt, beruhen  die  meisten  auf  griechischen  Werken;  ein  be- 
deutender Theil  derselben  besteht  geradezu  aus  Uebersetzungen 
und  Bearbeitungen  von  Schriften  des  Aristoteles,  Euklides,  Pto- 
leniäus ,  Autolycus,  Hypsikles  u.  s.  w.  Aus  dem  angeführten 
Verzeichniss  sehen  wir  auch,  dass  Alkindi  mehrere  Schriften 
seinem  fürstlichen  Zögling  'Ahmed,  einem  von  den  8  Söhnen 
des  Chalifen  Alnio'ta(;em  billahi  gewidmet  hat".  Die  Theologie 
des  Aristoteles,  welche  uns  handschriftlich  vorliegt,  wiire  dem- 
nach eine  Ausgabe  in  usum  Delphini.  Es  ist  charakteristisch  für 
jene  Zeit ,  dass  ein  Sohn  des  Fürsten  der  Gläubigen  aus  einem 
Buche,  welches  auf  pantheisti.^cher  Grundlage  die  Weltseele  und 
den  Weltgeist  für  die  Quelle  des  Lebens  und  der  Wahrheit  er- 
klärt, seine  Religionsphilosophie  gewinnen  sollte.  Welchen  Ge- 
brauch der  genannte  Prinz  von  dem  Werke  gemacht  habe,  ist 
unbekannt,  sicher  ist,  dass  die  darin  enthaltenen  Ideen  durch 
einen  Theil  der  Sufi  -  Literatur  auf  Jahrhunderte  den  grössten 
Einfluss  auf  die  innere  Entwicklung  des  Islam  geübt  haben  '*. 
\Ju)  so  Wünschenswerther  ist  es,  den  eigentlichen  Ursprung  des 


(Ir)  Assem.  B.  0.  III    P    I    S.  85. 

(K))  Vgl.  Alkindi  genannt  der  Pliilosopli  der  Araber.  Von  Dr.  (i. 
Flügel.  Leipzig  1857    Broekhaus. 

(17)  Bei  Flügel  I.  c.  S.  22.  23. 

(18)  \y\e  weit  die  in  persischen  Schriften  vorgetragene  Lehre  von 
der  himmlischen  Inlelligenz  niitge\\irkt  habe,  ist  noch  unentschieden. 
Vgl.  die  wichtigen  Bemerkungen  von  Spiegel ,  Parsisprachc  S.  182  f.  u. 
Weil,  Gesch.  der  Chalifen  I.  S.  281. 


Hnnebery:  Theologie  des  Avistoteies.  11 

Werkes  zu  entdecken.  Nach  der  angeführten  Ueberschrift 
könnte  man  geneigt  sein,  Porphyrios  als  Verfasser  anzunehmen, 
aber  die  natürliche  AufTassung  des  Beisatzes:  „Auslegung  des 
Porphyrios''  ist  die,  dass  die  P^rklärung  des  den  Arabern  un- 
verständlich klingenden  Wortes  ,, Theologie'-  auf  Porphyrios  zu- 
rückgeführt wird.  Es  liegt  nahe,  die  Entstehung  des  Werkes 
in  der  nämlichen  Zeit  zu  suchen,  zu  welcher  Proklos  sein  Werk 
über  die  Theologie  des  Plato  schrieb  '^ 

Einstweilen  sind  wir  zur  Würdigung  desselben  an  den 
arabischen  Text  angewiesen.  Er  enthält  statt  der  14  Bücher 
der  lateinischen  Bearbeitung  nur  10.  Bei  der  Vergleichung  beider 
Texte  ergibt  sich,  dass  der  Lateinische  sich  seinem  Original 
gegenüber  mit  der  grösslen  Willkühr  bewegt.  Oefters  ist  es 
mehr  ein  paraphrasirender  Auszug,  als  eine  Ueberselzung  zu 
nennen. 

Andererseits  treten  im  Lateinischen  Elemente  hervor, 
welche  den  Gedanken  des  Originals  wesentlich  ändern.  So 
gibt  es  öfters  einen  stark  verschiedenen  Gedanken,  wenn  man 
nach  dem  lateinischen  den  aristolelischen  Ausdruck  intelleclus 
agens  und  nach  dem  arabischen  Original  schlechtweg:  ,, Intelligenz'' 
el'akl  liest.  Die  Angabe  des  Verhältnisses  im  Einzelnen  muss 
einer  andern  Gelegenheit  aufbehalten  bleiben.  Wir  beschränken 
uns  auf  folgende  Punkte.  Nicht  ferne  vom  Anfang  wird  nach 
dem  lateinischen  Texte  ein  voi aristotelischer  Philosoph  Antikles 
angeführt,  den  Niemand  kennt;  nach  dem  Arabischen  ist  es 
Empedokles.  Anderwärts  beruft  sich  Aristoteles  nach  der 
lateinischen  Theologie  auf  die  allen  Propheten;  dafür  stehen 
im  Arabischen  die  „frühern"  Weisen,  worunter  Thaies,  Ana- 
xagoras  u.  A.  verstanden  werden  können 

Auch  hellt  sich  durch  das  Arabische  ein  Missverständniss 
über  den  Titel  des  Werkes  auf,  welches  sich  aus  einer  Stelle  im 


(19)   JJoöyJ.ov  eis  rriv  W.äxcovas  0Bo}.oyiav  ßißlia  t^.  Per  Aemilium 

Portum.  Hamburgi  1618.  Fol. 


12        Sitzung  der  philos.-  philol.  C'lasse  vom  4.  Januar  1862. 

B.  IV.  K.  V.  (bei  Patrichis  f.  12,  col.  2)  gebildet  hat.  Es  heisst 
hier:  ,,Ex  coiisequeiiti  non  etiain  quaerunt  sapientiam  archanain: 
propler  Theorcinatmn  siibtilitateiii.  OH'ilei»  nos  scripsimus  in 
hoc  libro  tiluli  Philosophiae  Mysticae:  qiiod  viilgiis  isla  iiulignuin 
exislat,  neqiie  ingenio  attingat.'"  Aus  dieser  Stelle  schloss  man, 
der  Verfasser  bezeichne  das  Werk,  weiches  in  der  Ueberschrift 
,, Theologie  des  Aristoteles'''  heisst,  selbst  als:  „Philosophia 
IMystica."'  Unter  der  Voraussetzung  dass  in  der  vorliegenden 
Stelle  eben  das  Werk  selbst  bezeichnet  werde,  hat  ihm  Palricius 
den  Titel:  Mystica  (Aegyptiorum  et  Chaldaeorum  a  Piatone 
tradila  . .  .)  Philosophia  gegeben  Nach  dem  Arabischen  ist 
jedoch  an  der  angeführten  Stelle  wohl  von  irgend  einem  Werke 
des  Verfassers  der  Theologie ,  aber  nicht  von  der  Theologie 
selbst  die  Rede.  Der  Verfasser  cilirt  ein  von  ihm  geschrie- 
benes Werk,  welches  den  Titel  führe:  Esoterische  Philosophie". 


(20)  Cod.  Spr.  S.  48.  xjolill  ÜLAmJLs    sLuJ^v    ^^  JJt    LüU^^  ^^ 
In  dem  Biitlie,  di-m  wir  den  Namen  gaben:  ,,Plillosüphic  der  Vertrauten." 

(Forlsetzung  folgt ) 


2)  Herr  Dr.  A.  D.  Mordtmann  in  Conslantinopel  über- 
sandte einen  Aufsatz  : 

„lieber  die  altphry gische  Sprache.'^ 
(Hiczu  zwei  Tafeln  mit  Inschrifti-n.) 

In  der  Absicht,  die  der  verehrlichen  k.  Akademie  der 
Wissenschaften  eingesandten  Beiträge  zur  vergleichenden  Geo- 
graphie Kleinasiens  foriziiselzen,  unterzog  ich  diessmal  die  unter 
dem  Gesammlnamen  „Phrygien"  begriffenen  Provinzen  einer 
eingehenden  Untersuchung,  wobei  ich  mich  aber  sehr  bald  über- 


Mordtmann  :  Die  aUphryyisihe  Sprache.  13 

zeugte,  dass  ich  vor  allen  Dingen  einige  Punkte  der  altphry- 
gisclicn  Geschichte,  Religion  und  Sprache  aufklären  niüssle,  ehe 
ich  die  vergleichende  Geographie  dieser  noch  sehr  dürftig  be- 
kannten Gegenden  mit  Nutzen  weiter  lühren  könnte.  Denn  um 
das  meinen  Untersuchungen  als  i>eilfaden  dienende  Princip  — 
von  der  bekannten  Gegenwart  stufenweise  rückwärts  in  die  un- 
bekannte Vorzeit  hinaufzusteigen ,  —  stiess  ich  wiederholt  auf 
einzelne  Schwierigkeiten,  welche  ihre  Lösung  aus  der  Geschichte, 
Rehgion  und  Sprache  Phrygiens  erwarteten.  Ich  nahm  daher 
zunächst  die  phrygischen  Denkmäler  vor,  und  versuchte  es  ihnen 
einige  Mittheilungen  zu  entlocken:  in  wie  weit  mir  dieses  ge- 
lungen ist,  mögen  die  folgenden  Dlätter  darlhun.  Die  Arbeiten 
von  Osann,  Grotefend,  Bötlicher,  Lassen  u.  A.  über  die  alt- 
phrygische  Sprache  gewährten  mir  aber  so  wenig  Hilfe ,  dass 
ich  genöthigt  war  die  Untersuchung  von  Neuem  zu  beginnen. 
Osann  ging  von  dem  ganz  falschen  Princip  aus,  dass  die  phry- 
gischen Inschriften  ausschliesslich  in  griechischer  Sprache  abge- 
fasst  waren ,  und  bei  einem  solchen  Princip  musste  er  selbst- 
verständlich auf  Irrwege  gcrathin.  Grotefend  hatte  nur  sehr 
wenige  Materialien  zu  seiner  Verfügung,  wesshalb  seine  sonst 
so  verdienstliche  Arbeit  nothwendigerweise  lückenhaft  bheb. 
Bötticher  hat  bloss  die  phrygischen  Glossen  der  griechischen 
Autoren  gesanmielt,  eine  an  sich  höchst  verdienstliche  Arbeit, 
die  aber  bei  der  Enlzilferung  phrygischer  Inschriften  nur  sehr 
problematischen  Nutzen  gewährt.  Lassen  endlich  hat  im  zehnten 
Bande  der  Zeilschrift  der  deutschen  Morgenländischen  Gesell- 
schaft neben  andern  kleinasiatischen  Sprachen  auch  die  phry- 
gische  Sprache  in  den  Bereich  seiner  Untersuchung  gezogen 
und  einzelne  Stellen  der  Inschriften  sehr  gut  erläutert,  aber 
seine  Arbeit  konnte  ebenfalls  wenig  Befriedigendes  liefern,  weil 
er  gerade  die  allerwichtigsten  dieser  Inschriften,  die  bilingues 
und  die  jüngsten,  in  griechischen  Charakteren  geschriebenen, 
ganz  bei  Seite  liegen  liess,  und  überhaupt  sich  nur  mit  drei 
phrygischen  Inschriften  beschäftigte.  Auch  was  er  sonst  hin 
und  wieder  in  diesem  Artikel  sagt,  bringt  auf  die  Vermuthung, 


14        Silzuni/  der  phitos.-philol.  Classe  vom  4.  Januar  i862. 

dass  Lassen  den  Aufsatz  nicht  mit  jener  vornrtheilsfreien  Un- 
befangenheit ausgearbeitet  hat,  welche  zur  gcdeihhclien  För- 
derung ähnlicher  Untersuchungen  unerlässlich  ist,  und  wovon  er 
selbst  bei  seinen  Arbeiten  über  die  Inscliriften  auf  den  Gräbern 
des  Kyrus  und  Darius  so  schone  Resultate  erzielt  hat. 

Indem  ich  also  gezwungener  Weise  die  Untersuchung  von 
vorn  anfange,  beginne  ich  mit  den  bilingues  und  den  in  grie- 
chischen Charakteren  abgefassten  Inschriften.  Sie  befinden  sich 
in  W.  J.  Hamiiton's  Researches  in  Asia  Minor,  Ponlus  and 
Armenia  (London  1842)  Vol.  II,  Appendix  V,  unter  den  Num- 
mern 1G5  (p.  435),  376  (p.  476),  383  (p.  478)  und  449  (p. 
489).  Da  in  der  deutschen  Uebersetzung  dieses  Werkes  die 
Inschriften  weggelassen  sind,  und  ich  überhaupt  nicht  voraussetzen 
darf,  dass  diese  und  die  andern  phrygischen  Inschriften  allen 
Lesern  dieser  Abhandlung  zur  Hand  sind ,  so  stelle  ich  sie  auf 
der  beiliegenden  Tafel  (A.  B.)  zusammen;  die  Nummern,  mit 
denen  sie  auf  dieser  Tafel  versehen  sind,  werde  ich  im  Laufe 
dieser  Ari)eit  anwenden,  um  die  einzelnen  von  mir  disculirten 
Inschriften  zu  unterscheiden. 

Von  diesen  Inschriften  sind  Nr.  2,  3  und  15  bilingues,  ob- 
gleich es  bei  den  letzten  beiden  zweifelhaft  ist,  ob  der  grie- 
chische Text  dem  phrygischen  entspricht  oder  einer  andern 
Person  und  Zeit  angehört.  Nr.  15  fand  ich  auf  dem  Wege 
zwischen  Kainiaz  (Tricomia)  und  Harab  Ören  (Midaium)  auf 
einer  Säule,  aber  in  einem  schon  verwitterten  Zustande.  Der 
griechische  Text  heisst  einfach  „heilige  Thekla'';  der  Bustrophedon 
geschriebene  phrygische  Text  lautet  Mandalo,  womit  ich  zur  Zeit 
nichts  anzufangen  weiss.  Ueberhaupt  beweisen  die  griechischen 
Texte,  dass  die  Abschriften  sich  in  einem  kläglichen  Zustande 
befinden,  es  mag  nun  die  Schuld  an  den  Copisten  oder  an  i\e\\ 
Denkmälern  oder  an  beiden  liegen,  wobei  es  mir  jedoch  nicht 
im  Entferntesten  einfällt,  Hamilton  oder  sonst  jemanden  darüber 
Vorwürfe  zu  machen,  denn  aus  eigener  vieljährigor  Erfahrung 
weiss  ich  nur  zu  gut,  wie  viel  bei  solchen  Arbeiten  von  der 
BeschalTenheit  des  Denkmals,   von  seiner  Lage,   von  der  Wil- 


Mordtmann:  Die  altphrygische  Spruche.  15 

terung  und  vorzüglich  von  dem  Sonnenstände,  ferner  von  der 
mehr  oder  minder  bedriingten  Zeil  des  Reisenden,  von  seiner 
Sprachken ntniss.  von  seiner  üebiing,  ja  selbst  von  seinem  phy- 
sischen Wohlbefinden  abhängt,  um  zu  ermessen,  wie  viele  gün- 
stige Bedingungen  sich  vereinigen  müssen,  um  eine  lehlerlreie 
und  brauchbare  Copie  von  Inschriften  zu  liefern.  Indessen  wird 
damit  an  der  Thatsache  nichts  gciindert,  die  Abschriften  sind 
sehr  fehlerhaft,  und  daher  nur  mit  Vorsicht  und  Vorbehalt  zu 
gebrauchen,  und  erfordern  jedenfalls  eine  gründliche  Revision, 
ehe  die  Untersuchung  über  die  phrygische  Sprache  als  abge- 
schlossen angesehen  werden  kann. 

Ich  stelle  jetzt  die  vier  phrygischen  Texte  in  griechischen 
Buchslaben  unter  einander,  um  durch  Vergleichung  und  Induc- 
tion  einige  Resultate  zu  erzielen. 

Nr.  1.   .  .    .  NKNOrMAMKAKA   .   .   .  ENAE0EKEZL:M1  .... 
AREOlEIPOIAIlElin  .  .  NOV 

Nr.  2.  lCK6ceM0V.\K0rMlN0CAAAKeN!\l6AIw OMOA 

wGTlT6TlKMe\0C 

Nr.  3.  6ICN1CCA0V.\KN()V.M.  MKAKONAAAAKeTZeiPAKeOI 
n6ieCK6TlT6.TlKMeNAAniCAAeinN0V 

Nr.  4.  101"Mll.M0VNKN0r.\IANIIIAK0rNAni31PETüAIMM.MY'PAT 
0:i:MA . . .  I.MrAQrn.MEKAT  .  .  TITTETIK.MENOIEITÜV 

Trotz  der  ziemlich  corrumpirten  Copien  erkennt  man  auf 
den  ersten  Blick,  dass  alle  vier  Inschriften  zu  Anfang  und  gegen 
das  Ende  gleichlautend  sind  ,  und  dass  in  allen  vieren  in  der 
Mille  der  Inhalt  verschieden  ist;  da  es  lauter  Grabsteine  sind, 
so  dürften  wir  uns  nicht  allzusehr  irren,  wenn  wir  als  unge- 
fähren Inhalt  dieser  Inschriften  etwa  folgendes  annehmen: 

Hoc  monumenlum  (oder  sepulcrum)  fecit  .  .  .  .  N.  N.  .  .  . 
memoriae  causa.  Was  die  letzteren  Worte  betrilTl  —  memoriae 
causa  —  so  haben  wir  sogleich  das  direkte  Zeugniss  von  Nr.  2 
und   3   für   uns,   welche  beide   im  griechischen  Text   mit  den 


16        Sitzung  der  philos.  -  phitol.  Classe  vom  4.  Januar  1869. 

Worten  (.ivrif.irjg  x«P^*'  endigen;  wir  sind  also  berechtigt  die 
Worte  etiletikmenos  für  gleichbedeutend  mit  memoriae  causa 
anzunehmen;  wie  dieses  lange  Wort  abzutheilen  ist,  d.  h.  wel- 
cher Theil  desselben  memoria,  und  welcher  Tiieil  causa  be- 
deutet, wollen  wir  für  den  Augenblick  dahin  gestellt  sein  lassen; 
wir  werden  sogleich  darüber  Aufklarung  erhalten. 

Der  gleichlautende  Anfang  der  vier  Inschriften  ist 
Nr.  1  .  .  .  nknumanikaka  .  .  . 
Nr.  2  iskesemunkuminos 
Nr.  3  isnisshmknum  .  nikakon     {sig  zu    Anfang  nach    heutiger 

griechischer  Aussprache  transcribirt) 
Nr.  4  iosnisimunknumaniiiakun 

Ich  hallo  diess  für  vier  Wörter,  nämlich  1)  is  oder  ios, 
■welches  ich  einstweilen  durch  hoc  oder  hunc  (haue)  übersetze;  — 
2)  ein  Wort,  welches  lautet 

in  Nr.  2  kesemun 

Nr.  3  nisslun 

Nr.  4  nisimun 
in  Nr.  1  ist  nur  das  letzte  n  noch  vorhanden.  Ich  zweifle  gar 
nicht,  dass  mit  Ausnahme  des  ersten  Buchstaben  das  Wort 
isimun  oder  esimun  ist;  der  erste  Buchstabe  wäre,  wenn  die 
blosse  Stimmenmehrheit  entscheidet  n;  aber  wir  werden  später 
in  den  phrygischen  Inschrillen  dasselbe  Wort  wieder  finden, 
und  zwar  mehrere  Male,  jedes  Mal  aber  mit  einem  k;  es  ist 
also  kesemun  oder  kisinmn,  und  bedeutet  wohl  sepulcrum.  Wir 
wissen  aus  verschiedenen  Nachrichten,  dass  die  phrygische  Sprache 
der  armenischen  ähnlich  war,  und  in  der  That  finden  wir  im 
Armenischen  fast  dasselbe  Wort  gerezman ,  welches  sepulcrum 
bedeutet.     Wir  werden  später  noch  darauf  zurückkommen. 

Das  dritte  Wort  ist 

in  Nr.  1  knumani 
Nr.  2  kuminos 
Nr.  3  knum  .  ni 
Nr.  4  knumani, 


Mordtmann :  Die  altiihryyische  Sprache.  I7 

also  wolil  ohne  Zweifel  knumani,  und  bedeutet  vielleicht  monu- 
mentuin  oder  als  Adjectiv  zu  kesenuni  (sepulcruin)  memoriale; 
dass  diese  Bedeutung  und  keine  andere  die  richtige  ist,  ersehen  wir 
aus  der  Phrase  eliletikmetios,  welche,  wie  wir  vorhin  gesehen  hnben, 
menioriac  causa  bedeutet;  die  Vergleichung  ergibt  also,  dasskmenos 
oder  allenfalls  tikinenos  „memoria"'  bedeutet,  und  wir  können 
nunmehr  dieses  Wort  mit  dem  persischen  m^-*^>  oder  mit  dem 
armenischen  kam  „Liebe'',  besonders  aber  mit  dem  gothischen 
gamunan  „meminisse''  vergleichen. 

Indem  Ich  zunächst  bemerke,  dass  in  Nr.  4  das  nach 
knumani  folgende  Worte  iiakun  augenscheinlich  kakun  heissen 
muss,  wie  Nr.  2,  finden  wir  in 

Nr.  1  kaka  .  . 
Nr.  3  kakon 
Nr.  4  kakun, 
dagegen  in  Nr.  2  ala  (oder  vielleicht  alaken);  ersteres  halte  ich 
für  das  reduplicirte  Präteritum  von  der  Wurzel  kn  (pors.  ^^ 2.\x 
^i>*i  )  facere,    also  fecit;    das  Wort,   welches  dafür  in  Nr.  2 
steht,  scheint  ujir  in  den  rein  phrygischen  Inschriften  wiederholt 
vorzukommen,  und  verspare  ich  bis  dahin  dessen  Erläuterung. 

Nach  den  vorhergehenden  üntersuchunsjon  wäre  also  der 
gemeinschaftliche  Inhalt  dieser  vier  Inschriften  wie  folgt: 

Hoc  sepulcrurn  memoriale  (oder  hoc  sepulcrale  monumen- 
lum)  fecit  ....NN memorlae  causa. 

Was  den  speciellen  Inhalt  der  Inschriften,  namentlich  Nr.  2 
und  3  betrifft,  so  wäre  In  einem  weiter  vorgerückten  Stadium 
unserer  phrygischen  Sprachkenntnisse  ein  höchst  interessantes 
Problem,  die  Lücken  der  griechischen  Texte  dmch  die  phry- 
gischen Texte  und  umgekehrt  zu  ergänzen.  Für  d(Mi  Augen- 
blick aber  lässt  sich  zu  wenig  damit  anfangen,  doch  will  Ich 
diess  Wenige,  selbst  auf  die  Gefahr  grober  Irrthümer,  hier  bei- 
bringen,  überzeugt,  dass  selbst  der  geringrügigste  Beitrag,  der 
leiseste  Wink  für  spätere  Untersuchungen  willkommen  sein 
können. 

{im.  I.J  2 


18        Sitzutiy  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Januar  J868. 

In  Nr.  3  ist  der  specielle  Inlialt  des  griechischen  Textes 

KVAAM KAI  EAV'i'Q  (O  ZUN 

„Eudani(as) ....  und  für  sich  selbst,  lebend". 

Dafür  liaben  wir  im  phrygischen  Texle 

AAAAKG'l'ZGlHAKGUiriGlGCKE 
und  noch  am  Schlüsse 

AniCAAGIIlNUV. 

Alda  ist  sicher  nicht  der  Repräsentant  des  griechischen 
Namens  Eudam(as);  es  ist  ein  Verbum,  und  bedeutet  erexit,  wie 
ich  später  beweisen  werde;  unter  <ien  übrigen  Wortern  finde 
ich  keines,  welches  diesen  Namen  repräsentiren  könnte;  der 
Name  scheint  also  übersetzt  zu  sein ,  wodurch  aber  unsere 
Arbeit  nicht  erleichtert  wird.  Das  folgende  ketzeira  kann  ich 
erklären:  ivr  (ür)  im  Armenischen  bedeutet  ipse,  se ;  kelz  ist 
also  wohl  xai  „auch"  ,,etiam",  elqa  (auszusprechen  ira)  ist 
sibi.  Ferner  bedeutet  im  Armenischen  kjeal  vivere,  kjan,  vita, 
es  dürfte  also  KGÜl  vivus  bedeuten.  Was  dann  noch  die  übri- 
gen Wörter  pieske  .  .  .  apisadipnu  bedeuten,  muss  einstweilen 
dahin  gestellt  bleiben,  weil  der  griechische  Text  nicht  mehr  gibt. 

In  Nr.  1  treffen  wir  wieder  die  beiden  soeben  erläuterten 
Wörter,  aber  in  umgekehrter  Ordnung,  und  sie  erklärt  sich  da- 
durch ziemlich  vollständig;  sie  bedeutet: 

,,Hoc  monumenfum  fecit ...  N.  N.  (von  dem  Namen  ist 
noch  ein  Theil  übrig,  ende  oder  endeo)  et  sepulcrum  vivus  ipsi 
memoriae  causa." 

Was  Nr.  3  betrifft,  so  glaube  ich  auch  noch  das  letzte 
Wort  apisadipnu  erklären  zu  können,  jedoch  unter  allen  mögli- 
chen Vorbehailen  wegen  fehlerhafter  Copie,  wegen  Irrthum  und 
Mangel  (salvo  errore  et  omissione).  Die  armenische  Sprache 
hat  die  Eigenthümlichkeit,  dass  sie  oft  die  Aspirate  für  einen 
Labialen  in  den  verwandten  Sprachen  setzt,  z.  B.  Iiraman  =::: 
pers.    ^Lojj ,    altpcrs.    framanä;     hink    =  ^>-o  ^=  nlvie  = 

fünf;     hreschlak   ■=^   «Juiwi    (angelus) ;    hur     nvQ    =:     Feuer 
u.  s.  w.   Erwägt  man  dieses,  so  dürfte  es  nicht  schwer  sein  in 


Mordtinann  :  Die  altphriigische  Sprache.  19 

dem  Worte  apisadipnu  oder  pisadipnu  das  armenische  liüsniithium, 
conslruclio  zu  erkennen.  Gehen  wir  nun  nocli  einen  Schritt  weiter, 
so  erklärt  sich  aucli  das  Wort  pies  IIGIGC  in  derselben  Inschrift 
aus  einem  verloren  gegangenen  Zeitworte  hüsnjel  construere, 
und  der  Name  Eudam(as)  müssle  dann  nothwendig  in  dem  ver- 
stümmelten Anfang  der  Inschrift  Gl  .  •  .  stecken.  Vorausgesetzt, 
dass  alle  diese  Conjecturen  richtig  sind,  wäre  sonn't  die  Inschrift 
Nr.  3  ebenfalls  vollstiindig  erläutert,  und  sie  würde  sich  wie 
folgt  übersetzen  lassen  : 

,,Eudamas  hoc  sepulcrale  monumentum  fecil.  Erexit  etiam 
sibi  vivo  construendo  memoriae  causa  constructionem.'" 

Was  Nr.  2  betrifft,  so  bin  ich  nicht  im  Stande,  den  grie- 
chischen Spcciallheil  der  Inschrift  mit  dem  phrygischen  zu  ver- 
gleichen, und  ich  vermuthe  daher  entweder  grobe  Fehler  in 
der  Copie  oder  einen  dem  phrygischen  Texte  ganz  fremden 
griechischen  Text. 

Mit  Nr.  4  weiss  ich  ebenfalls  zur  Zeit  nicht  mehr  anzu- 
fiingen;  erst  berichtigle  Copien  und  weitere  Materialien  müssen 
abgewartet  werden. 

Ich  gehe  jetzt  zu  den  in  phrygischen  Charakteren  abge- 
fassten  Inschriften  über.  Was  das  Alphabet  betrifft,  .so  ist  es 
schon  von  Grotefend  entziffert  und  die  späteren  Bearbeiter  dieses 
Gegenstandes  haben  wenig  Anlass  gehabt,  die  von  diesem  sel- 
tenen Manne  aufgefundenen  Werthe  zu  beanstanden,  wie  denn 
auch  die  augenscheinliche  Aehnlichkeit  des  phrygischen  Alphabetes 
mit  dem  griechischen  die  Entzifferung  ungemein  erleichtert.  Da 
aber  meine  Untersuchungen  weiter  vordringen,  als  alle  meine 
Vorgänger,  so  finde  ich  doch  einige  Punkte,  wo  mir  Bedenken 

1^  IS 

5  und  ß  hat  man  bisher  für  gleich- 
bedeutend genommen  ,  indem  man  beide  wie  e  las ;  da  aber  in 
einer  und  derselben  Inschrift  beide  Zeichen  vorkommen,  so 
muss  man  doch  annehmen,    dass   sie  nicht  identisch  sind,    und 

das  sind  sie  auch  in  der  That  nicht;   b  mit  3  schrägen  Strichen  ist 

2* 


20        Sitxung  der  philos.  -  philul.  CUmse  vom  4.  Januar  1862. 

E,  c;  1$  mit  vier  sehnigen  Striclien  ist  u  oder  y  (ü);  der 
Beweis  wird  spüler  durch  inelirere  Wörter  geliefert  werden. 
Da  nun  Y  t^henfalls  u  oder  y  ist,  so  entsteht  die  Frage:  wel- 
ches  von   beiden  Zeichen   ist    u,    und   welches  y?    Ich  nehme 

einstweilen  an,  dass  Y  u  '^^j  ""^  ß  Y»  ^^^^  ^^'<^  vorhandenen 
Älaterialien  reichen  zur  endgilligen  Entscheidung  nicht  aus. 
Ferner  bin  ich  über  den  Werth  des  Zeichens  J  ungewiss;  ist 
es  w  oder  ist  es  b?  Auch  hierüber  ist  das  vorhandene  Material 
nicht  ausreichend.  Endlich  entsteht  noch  ein  Zweifel  über  die 
Sibilanten;  das  griechische  Alphabet  hat  zwei,  Z  und  1;  das 
phrygische  zeigt  drei  C,  ^  und  Z  oder  \";  das  armenische  Al- 
phabet ist  bekanntlich  sehr  reich  an  Sibilanten  z,  dz,  ds,  seh, 
9,  ts,  abgesehen  von  (dem  franz.)  j,  dsch,  tsch  und  dsch.  Von 
den  phrygischen  Zeichen  ist  2[  wohl  z  und  t  q,  ob  aber  |  seh 
oder  nur  eine  kalligraphische  Modification  von  t  q  ist,  könnte 
bezweifelt  werden.  Indessen  habe  ich  bis  jetzt  noch  keine  ent- 
scheidende Spur  von  dem  Laute  seh  gefunden,  und  ich  begnüge 
mich  daher  bis  jetzt  i.  und  ^  als  s  wiederzugeben. 

Um  die  aus  den  ersten  vier  Inschriften  gewonnenen  Re- 
sultate auf  die  übrigen  Inschriften  anzuwenden,  nehme  ich  zu- 
erst die  Inschrift  Nr.  6  vor,  welche  ich  nach  meiner  eigenen  im 
J.  1858  genonnncnen  Copie  veröffentliche;  sie  ist  auf  dem 
rechten  Pilaster  des  Midasgrabes  angebracht  und  geht  von  unten 
nach  oben.  Das  vorletzte  Wort  dieser  Inschrift  ist  sikezeman, 
welches  fast  ganz  genau  dem  iskeseman  der  griechisch -phry- 
gischen Inschriften  entspricht.  Wir  haben  die  erste  Sylhe  is 
vorläufig  durch  hoc  übersetzt;  ich  glaube  aber,  dass  wir  jetzt 
die  Bedeutung  dieser  Sylbe  genauer  angeben,  wenn  wir  sie  als 
Zeichen  des  Aceusativs,  gleich  dem  armenischen  z  oder  yz 
ansehen;  es  wäre  also  die  älteste  Form  si,  in  den  späteren 
griechisch- phrygischen  Inschriften  is,  und  in  dem  noch  neueren 
Armenischen  z  oder  yz. 

Unter    den   von  R.   Stewart    copirtcn   Inschriften    ist    eine, 


Mordtmnnn:  Die  altphrygische  Sprache.  21 

welche  mit  Her  soeben  erwähnten  Inschrift  fast  gleichlautend  ist; 
es  ist  die  Biisirophedon  geschriebene,  auf  unserer  Tafel  mit 
Nr.  11  bezeichnete  Inschrift;  es  weicht  nämlich  nur  das  vor- 
letzte Wort  und  vielleicht  auch  das  erste  Wort  ab.  Das  vor- 
letzte Wort  heisst  nämmlich 

in  Nr.     6  sikezeman 
in  Nr.   II  akaraza  .  un. 

Lesen  wir  den  zweifelhaften  achten  Buchstaben  m,  so  ha- 
ben wir  fast  genau  das  armenische  Wort  kjerjczinan  mit  vor- 
gesetztem a;  es  ist  also  wieder  dasselbe  Wort;  das  a  halle  ich 
für  den  Artikel,  und  wir  werden  dieses  bald  bestätigt  sehen. 

Noch  einmal  kommt  das  Wort  in  der  von  Stewart  copirten 
und  auch  von  Lassen  behandelten  Inschrift  Nr.  14  vor;  das 
vorletzte  Wort  derselben  lautet  kyrzamenom,  also  ziemlich  wie- 
der der  armenischen  Form  entsprechend  Den  übrigen  Inhalt 
der  Inschrift  werde  ich  später  noch  besprechen;  jetzt  kehre  ich 
zum  Midasgrabe  zurück.  Auf  dem  Giebelfelde  liest  man  die 
Inschrift  Nr.  5. 

Das  vierte  und  sechste  Wort  las  man  von  jeher  Midai  und 
vanaklei  (Midae  regis)  und  ich  wüsste  nichts  besonderes  da- 
gegen zu  erinnern;  nur  lese  ich  das  letzte  Wort  nach  der  vor- 
hin gemachten  Bemerkung  vanaktyi;  es  entspricht  bekanntlich 
dem  griechischen  uva'^  (Gen.  avaxing).  Das  fünfte  Wort  ist 
aber  zweifelhaft;  meine  eigene  Copie,  die  ich  aber  bei  einem 
sehr  ungünstigen  Sonnenstande  nahm,  hnt  im  Anfang  I;  allere 
Copien  haben  p  und  ich  bin  geneigt  diess  fiu-  das  richtigere 
zu  halten.  Grotefend  las  das  Wort  (nach  Leake's  Copie)  La- 
fagtaei;  Osann  :  3^A?)«TTas/;  Lassen  (nach  Stewart)  lavaltei  oder 
gavaltei,  welches  er  aber  mit  Recht  in  gavarlaei  verbesserte 
und  wie  folgt  erklärt:  ,,Man  kann  dabei  zuerst  an  das  von 
Hesychios  aufgeführte  Wort  yämg  denken,  das  ausser  andern 
Bedeutungen  auch  die  von  //V)»/  vih  (Dovyiöv  xai  Bii^vrwv 
hatte.  Da  in  ganos  das  no  Affix  sein  wird,  möchte  ga  Freude 
bedeuten.  Der  zweite  Bestandlheil  varlaci  lässt  eine  passende 
Deutung  aus  dem  Sanskritworte  varta,  d.  h.  sich  in  einem  Zu- 


22        Sitztiny  der  pht'los.-phitol.  Classe  votn  4.  Jamiar  1862. 

Stande  bofindcnd,  zu.  Gavarlaei  würde  somit  besagen,  dass  Midas 
ein  seinen  Nachkommen  Freude  gewährender  Herrscher  sei. 
Ich  nehme  daher  an,  dass  wir  nicht  das  Grabmal  eines  wirk- 
lichen Königs  vor  uns  haben,  sondern  ein  zum  Andenken  an 
den  göttlich  verehrten  Stammvater  des  Plirygischen  Herrscher- 
geschlechts errichtetes  Denkmal"  K 

Ich  brauche  nicht  erst  nachzuweisen,  wie  geschroben  und 
erkünstelt  diese  ganze  Deutung  ist;  wir  lernen  nichts  weiter 
daraus,  als  dass  selbst  die  gefeiertsten  Gelehrten  in  solchen 
Augenblicken,  wo  sie  von  vorgefasslen  Meinungen  eingenommen 
sind,  den  Wald  vor  lauter  Bäumen  nicht  sehen.  In  der  That 
ist  es  fast  unbegreiflich,  wie  man  die  richtig  gelesenen  Worte 
Midai  Gavartaei  vanaktyi ,  ohne  sich  nur  eine  Minute  zu  be- 
sinnen, anders  übersetzen  kann  als  .,i\lidae  Gordii  (filio)  regi." 

Das  letzte  Wort  in  dieser  Inschrift  heisst  edays;  so  steht 
wenigstens  in  allen  Abschriften,  die  meinige  nicht  ausgenommen ; 
dennoch  glaube  ich,  dass  dieses  Wort  falsch  copirt  ist,  denn  in 
der  Pilasterinschrift  (Nr.  6)  lautet  dasselbe  Wort  ylays,  und  in 
der  ihr  entsprechenden  Inschrift  Nr.  11  elaes,  vielleicht  auch 
in  Nr  12  ailse.  In  den  griechisch-phrygisclien  Inschriften  ha- 
ben wir  es  ebenfalls,  nämlich  in  Nr.  2  ala,  in  Nr.  3  alda ,  wo 
es  für  kakon  oder  kakun  steht.  Letzteres  heisst  fecit;  es  wäre 
also  ala  dasselbe,  was  kakun,  und  das  reinphrygische  elays 
oder  ylays  wäre,  nach  der  Analogie  des  Armenischen,  das 
Passivum,  also  factum  est.  Da  aber  kakun  ,, fecit-'  heisst,  so 
muss  ala,  elays  oder  ylays  wohl  eine  Modificalion  der  Bedeu- 
tung erleiden ,  und  ich  glaube  diese  ermittelt  zu  haben ,  wenn 
ich  das  armenische  jelanjel  exire,  jeljevjcl  superioritas  zur  Ver- 
gleichung  herbeiziehe;  ala  wäre  demnach  so  viel  als  „erexit", 
elays  oder  ylays  ,,erectum  est" 

Von  der  Inschrift  Nr.  5  bleiben  noch  drei  Wörter  zu  er- 
klären übrig.     Das  dritte;  Wort  ist  akinanogavos;  dasselbe  Wort 


(1)  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgciil.  Gesellschaft,  Bd.  X,  S.  274. 


Mordtmann :  Die  altiihrt/gische  Si>rache.  23 

kommt  in  der  Inschrift  Nr.  13  vor;  rlcr  vierte  Buchstab  scheint 
mir  aber  für  ein  m  genommen  werden  zu  müssen ,  und  dann 
haben  wir  akemanogavos ;  diess  ist  offenbar  ein  Compositum; 
a  ist  der  Artikel;  kiman  oder  keman  (kimano  oder  kemano)  ist 
monnmentum;  gavos  weiss  ich  nicht  weiter  zu  erklären,  es 
wäre  denn,  dass  man  es  für  ein  Derivatum  von  der  Wurzel  kn 
hielte,  wozu  dieselbe  Inschrift  eine  anderweitige  Analogie  dar- 
bietet; der  Name  Gordius  (Gordias)  lautet  daselbst  im  Genitiv 
Gavartaei;  nehmen  wir  av  für  das  lange  o  (vgl.  im  Pehlwi 
Auchramazdi  =  Ochramazdi  ■=  'Og/nlodag;  im  Armenischen 
or  r=  avur  =:  löoa  z=  dies) ;  in  diesem  Falle  würde  güos  etwa 
opus  bedeuten,  also  akimanogüos  ,,das  Gediichtnisswerk.'' 

Arkiaevais  vergleiche  ich  mit  dem  armenischen  arkaj 
„König",  also  soviel  als  ,,regius."  Zwar  haben  wir  soeben 
vanaktyi  als  das  phrygische  Wort  für  ,, König"  kennen  gelernt, 
aber  warum  sollen  die  Phrygier  nicht  so  gut  wie  ihre  östlichen 
und  westlichen  Vettern  arkaj  und  thakavor,  ßaoilsvg  und 
ataB,  zwei  Wörter  für  „König"  gehabt  haben? 

Alis  endlich,  das  erste  Wort,  wird  von  Lassen  für  den 
Namen  Atys  oder  Attis  (so  hiess  bekanntlich  der  Priester  der 
phrygischen  Nationalgöttin  Kybele)  gehalten;  aber  ich  glaube  es 
einfacher  durch  oucog  hie  erklären  zu  können,  und  somit  wäre 
der  Inhalt  der  ganzen  Inschrift: 

Hoc  regium  monnmentum  Midae  Gordii  (fdio)  regi  erectum  est. 

Ich  nehme  jetzt  die  Inschrift  Nr.  13  vor,  welche  mir  die 
wenigsten  Schwierigkeifen  darzubieten  scheint. 

Die  beiden  ersten  Wörter  sind  Eigennamen;  ich  bin  aber 
nicht  sicher  in  ihrer  Deutung,  zoztuter  vergleiche  ich  mit  dem 
armenischen  usljer  filius.  Um  nun  in  der  Uebersetzung  sicher 
zu  gehen,  müsste  man  vor  allen  Dingen  wissen,  ob  im  Phrygi- 
schen der  Genitiv  vor  oder  nach  dem  regierenden  Worte  steht; 
aber  leider  ist  das  Material  zu  beschränkt,  um  diese  Frage  zu 
entscheiden.  Steht  der  Genitiv  voran,  so  würde  die  Inschrift 
lauten: 


24        Sitzung  der  philos.-philot.  Classe   vom  4.  Januar  1862. 

Vrekum,  Telali  filiiis,  Aemnos,  hoc  inonumentiim  matri 
Arezazlim  (posuit). 

Aeirmos  ^viil•e  entweder  ein  Nomen  gentile,  welches  den 
Geburtsort  des  Vrekmn  anzeigt,  oder  es  würde  sein  Amt  be- 
zeichnen ;  a  wäre  (hinn  der  Artikel.  Steht  aber  dt-r  Genitiv 
nach,  so  würde  Acnuios  der  Name  des  Vaters  sein,  und  Vrekum 
wäre  alsdann  als  Heimat  oder  Amt  des  TehUos  anzunehmen, 
etwa  Phryx,  also 

Phryx  Telatus,  filius  Aenini,  hoc  monumentum  malrl  Are- 
zazlim (posuit). 

Nach    diesen  Worten    befindet    sich   in   der  Inschrift   eine 
rohe  Zeichnung,   welche    vielleicht   einen  Ochsenkopf  vorstellen 
soll  oder  etwas  ähnliches;  dann  folgen  noch  zwei  Wörter 
bomok  (womok)  akemanogüo(s). 

Letzleres  bedeutet,  wie  wir  schon  gesehen  haben  ,,das 
Gedächtnisswerk'';  das  Ganze  soll  also  wohl  heissen,  memoriae 
causa. 

In  dem  Namen  der  Mutter,  zu  deren  Andenken  diese  In- 
schrift gesetzt  wurde,  glaube  ich  den  Namen  der  Sonne  zu 
erkennen,  welche  im  Armenischen  arjev  heis.^t. 

Die  lange  Inschrift  Nr.  14  scheint  wenig  Schwierigkeiten 
darzubieten.  Das  erste  Wort  zozezt  oder  zozent  ist  vielleicht 
der  Plural  des  Wortes  zozluler  (filius).  Dann  folgt  malerez, 
welches  jedenfalls  der  Genitiv  sein  muss.  Das  dritte  Wort  ist 
eveleknetis;  dieses  besteht  aus  3  Wörtern:  eve,  welches  dem 
armenischen  jev  „und''  entspricht;  tekne,  welches  ich  mit 
Tsxvnv  vergleiche,  und  hier  wohl  „filiae"  sein  muss;  tis  ver- 
gleiche ich  mit  dem  griechischen  lijg  (für  aviic).  Es  folgen 
dann  die  Namen  der  fünf  Kinder,  und  zwischen  dem  vierten 
und  fünften  Namen  wieder  die  Conjunction,  aber  diessmal  ve, 
vielleicht  nur  ein  Fehler  statt  eve.  Dann  folgt  avtas  malerez 
„eaviior  f.n]T^(jng."  Ferner  Atamizym,  welches  wohl  der  Name  der 
Mutter  ist,  dessen  Form  mit  dem  bekannten  Namen  der  kari- 
schen Königin  Artemisia  eine  auffallende  Aehnlichkeit  hat.  In- 
dessen  kann   ich    nicht   verhehlen,     dass  diese  Auslegung,   so 


Mordtmann:  Die  altphrycjiiiche  Sprache.  25 

einfach  und  empfehlend  sie  auf  den  ersten  Anblick  erscheint, 
l)ei  näherer  Ueberlegung-  mir  sehr  zweifelhaft  wird.  Denn  in 
der  Inschrift  Nr.  7  kommen  wieder  die  beiden  Wörter  atamzm 
niatra  vor,  Hesychios  sai,n,  aöa^uüv  bedeute  im  Phrygischen 
jjieben'*  und  adäina  ,, Geliebter'.  Lesen  wir  nun  das  vierte 
Zeichen  des  Wortes  n  statt  z  (wie  wir  schon  bei  dem  Worte 
tekne  gethan  haben),  so  haben  wir  ataminym,  weiches  wohl 
das  richtige  sein  dürfte.  Unter  dieser  Voraussetzung  lesen  wir 
auch  wohl  vorher  avtan  materez  j,htvxöjv  f.ti]ievoi^''  richtiger, 
statt  avtaz  materez.  —  Das  folgende  Wort  kurzameiiom  oder 
kurzamezon  ist  wieder  das  armenische  kjerjezman  sepulcrum; 
ta  wäre  alsdann  gerade  wiej das  armenische  d  als  Demonstralivum 
affixum  gebraucht.  Das  letzte  Wort  endlich  gegerton  vergleiche 
ich  mit  ^jO^  kjertjel,  gordsjel,  ßyei'oot,  gerere,  und  halte  es 
für  das  rednplicirte  Präteritum. 

Nach  diesen  Erläuterungen  wäre  also  der  Inhalt  der  In- 
schrift wie  folgt: 

Filii  matris  et  filiae  eius ,  Ovevim ,  Omomam,  Lapsit  (?), 
Kelokes  et  Martum  eorum  matri  amatae  sepulcrum  hoc  crexerunt. 

In  der  mir  vorliegenden  Abschrift  der  Stewart'schen  In- 
schriften (da  mir  das  Werk  selbst  hier  nicht  zu  Gebole  steht) 
sind  die  beiden  Inschriften  Nr.  13  und  14  vereinigt,  obgleich 
es  in  der  Thal  zwei  Inschriften  sind.  Im  Fall  nun  die  erste 
Reihe  von  Nr.  14  nicht  hieher,  sondern  zu  Nr.  13  gehört,  würde 
Nr.  14  folgendermassej»  lauten : 

Kelokes  et  Martum  eorum  matri  amatae  sepulcrum  hoc 
erexerunt. 

Nr.  13  aber  würde  sich  in  diesem  Falle  in  zwei  Inschriften 
zerlegen,  von  denen  die  erste  bis  zur  Zeichnung  des  Ochsen- 
kopfes reicht.  Die  zweite  Inschrift  würde  alsdann  sich  noch 
ungezwungener  erklären;  bomok  vergleiche  ich  nunmehr  mit 
jiii>,un(;.  Zozent  oder  zozezt  wäre  ein  Eigenname,  und  tekne 
würde  seine  Bedeutung  als  .,Kinder"  beibehalten,  so  dass  die 
ganze  Inschrift  lautet: 


26         Sitztniff  der  phitos. -p/iilol.  Classe  vom  4.  Januar  1862. 

,,Aram  (et)  inonumenliim  Zozenl  mairi  et  liberis  eius  Ove- 
vim,  Omoinam,  Lapsit  (?)  ereclum  (?)•'. 

Links  und  reclits  neben  der  OefTnnng-  des  Midasgrabes  sind 
zwei  Iiiscliiiflen  (Nr.  7  und  8),  welche  bisher  noch  nicht  copirt 
oder  wenigslens  noch  nicht  veröffenlb'cht  sind;  vermuthlich  hat 
sie  Xiemand  gesehen,  denn  die  Charaktere  sind  viel  kleiner  und 
unscheinbarer,  als  in  der  Inschrilt  des  Giebelfeldes  und  des 
Pilaslers;  sie  sind  desshalb  schwer  zu  sehen  und  also  auch 
schwer  zu  copiren;  als  ich  das  Grab  besuchte,  inusste  ich  mich 
zum  Behuf"  der  Abschrift  der  Hilfe  meines  Reisegefährten,  des 
Hrn.  Dr.  Barth,  bedienen,  um  mich  auf  ihn  zu  stützen,  oder 
damit  er  mich  festhielte ,  ich  erinnere  mich  nicht  mehr  ganz 
genau.  Sie  sind  so  geschrieben,  dass  sie  beide  in  der  Rich- 
tung nach  der  Oeffnung  des  Grabes  zu  lesen  sind ,  d.  h.  die 
Inschrift  links  geht  von  der  Linken  zur  Rechten,  die  Inschrift 
rechts  von  der  Rechten  zur  Linken.  Letztere  enthalt  einige 
zweifelhafte  Buchstaben,  aber  Nr.  8  ist  ziemlich  deutlich,  und 
bei  genauerer  Betrachtung  ergibt  sich,  dass  sie  einander  ent- 
sprechen. Nr.  8  enthält  13  Charaktere;  der  erste  ist  m,  der 
zweite  1,  der  dritte  i,  der  vierte  a,  der  fünfte  t,  der  sechste  a, 
der  siebente  t,  der  achte  a,  der  neunte  s,  der  zehnte  1,  der  eilfte  o, 
der  zwölfte  k,  der  dreizehnte  l;  das  Ganze  lautet  also  :  mli  atataslokl; 
die  drei  1  stehen  aber  alle  sehr  ungefügig  da  und  geben  der 
Inschrift  ein  mexicanisehes  Ansehen;  es  sind  vermuthlich,  A 
statt  A  '  fj'so  mai  atatasaoka.  Die  Inschrift  Nr.  7  besteht  aus 
zwei  Heihen ;  die  erste  enthält  eilf  Charaktere;  der  erste  ist  a, 
der  zweite  ist  t,  der  dritte  a,  der  vierte  m,  der  fünfte  ist  n 
(vgl.  oben  Nr.  14),  der  sechste  und  siebente  m,  der  achte  a, 
der  neunte  t,  der  zehnte  r,  der  eilfte  a,  also  atamnm  matra. 
Die  zweite  Reihe  enthält  mehrere  undeutliche  Charaktere;  zu- 
erst steht  ein  Zeichen,  welches  dein  astronomischen  Zeichen  für 
die  Erd(;  gleicht  und  wohl  kein  Buchstabe  ist,  auch  steht  es 
von  den  übrigen  abgesondert;  dann  Ibigl  mita,  ferner  drei 
Zeichen,  welche  k  i  k  zu  sein  scheinen;  dann  kommt  wieder  ein 
a,  hierauf  ein  unbekanntes  Zeichen,  endlich  kl,  also  mitakika.kl  j 


Mordtmann:   Die  altphrygische  Sjiraihe.  27 

vergleichen  wir  dieses  mit  der  Inschrift  Nr.  8,  so  ergeben  sich 
einige  Winke  für  die  unbekannten  oder  zweifclhaflen  Buch- 
slaben; statt  der  Zeichen  kik  |:|^  ist  dalier  wohl  T  A  |  tas 
zu  lesen;  dann  folgt  ein  deutliches  a,  welches  dem  zehnten 
Buchstaben  der  Inschrift  Nr.  7  entspricht  und  daher  unsere  so- 
eben geänsserte  Vermuthung  bestätigt,  dass  letzterer  ebenfalls 
ein  a  und  kein  1  ist;  dann  folgt  ein  Zeichen,  welches  ich  p  v 
lese;  av  ist  das  lange  o,  entspricht  also  dem  eilften  Buchstaben 
von  Nr.  7.  Wir  halten  also  nach  diesen  Emendationen 
Nr.  7  Atamnm  niatra  mi  tatasüka 
Nr.  8  Mai  atatasaoka. 

Das  dritte  Wort  in  Nr.  7  ist  wohl  gleich  /<€,  me  zu  neh- 
men, schwerer  ist  es  die  Bedeutung  des  vierten  Wortes  zu  be- 
stimmen.    Im  Armenischen  haben  wir  Ijesanjel,  viderc,  und  so 
konnte  man  tatasüka  für  eine  rednplicirte  Form    hallen;    ebenso 
wäre   atatasaoka    ein   reduplicirtes    Präteritum;    vergleichen    wir 
nun    die    armenischen   Verbalformen   tjesuk  (videte)   und    Ijesak 
(vidimus),  so  wäre  der  Inhalt  der  beiden  Inschriften 
Nr.  7  Dilecta  mea  mater,  me  speciale 
Nr.  8  Nos  spectavinuis 
wobei   ich  jedoch    nicht  verhehle,    dass  der  Plural  mich  stutzig 
macht  und  mir  Misstrauim  einflüsst.     Ich  weiss  aber  einstweilen 
nichts  besseres  dafüp  zu  geben. 

In  einer  kleinen  Höhle  neben  dem  Mida.sgrabe  ist  eine  In- 
schrift in  grossen,  schönen  und  deutlichen  Charakteren,  welche 
schon  von  Leake  copirt  ist,  später  aber  von  keinem  andern 
copirt  wurde.  Ich  nahm  eine  neuere  vollständigere  Copie ;  in 
sprachlicher  Hinsicht  ist  diese  Inschrift  vielleicht  die  interessan- 
teste von  allen ;  sie  lautet  (Nr.  9 ) 

As  tuatiy  miz  ay  ysurgotototim  y  ...  lg. 

Das  erste  Wort  erinnert  unwilikiulich  an  das  armenische 
Asduadz  ,,Deus";  zwar  stehen  zwischen  As  und  tuatiy  Tren- 
nungspunkte, aber  dieses  As  isolirt  ist  mir  ganz  unerklärlich; 
das  folgende  Wort  miz  vergleiche  ich  mit  dem  armenischen  mjedz 


28        Sitzung  der  philos.-philol.  Clas.ic   vom  4.  Januar  1862. 

,,iiiagnus";  —  ay  weiss  ich  nicht  zu  erklären;  es  ist  vermuth- 
lich  eine  Conjunclion ,  so  viel  als  eve,  ..und".  Das  folgende 
Wort  erinnert  wieder  in  seiner  erslen  Hiilfle  an  das  altpersische 
vazarka  und  neupersische  ^;V?  ,.ni^^""s''  und  in  seiner  zwei- 
t«Mi  Hall'le  an  die  griechische  Superlalivendung  (auch  im  Sans- 
krit) ;  di(!  Inschrift  wiirde  also  lauten 

Deus  niagnus  et  maximus 

Gegen  diese  Auslegung  kötnite  man  das  Bedenken  erheben, 
dass  das  Wort  As-tuatiy.  welches  ich  für  ein  einziges  Wort  =: 
Deus  genommen  habe ,  durch  die  Trennungspunkte  in  zwei 
Wörter  zerlegt  ist ;  aber  diese  Schwierigkeit  lässt  sich  leicht 
lieben,  wenn  man  erwägt,  dass  eben  Astuatiy  (armen.  Astuadz) 
ein  Compositum  ist;  die  zweite  Hälfte  tuadz  (duadz)  ist  nichts 
weiter  als  die  armenische  Form  für  das  Sanskrilwort  Devas, 
Griech.  Stn<:,  Lat.  Deus,  Litth.  Devas  u.  s.  w.  Die  Bedeutung 
der  ersten  Sylbc  ist  freilich  bei  einem  so  alten  Worte  schwer 
zu  ermitteln ;  vielleicht  möchte  das  golhische  hazjan  „laudare" 
einen  \>'ink  geben. 

Ernstlicher  ist  das  Bedenken,  dass  diese  Inschrift,  ungleich 
den  bisher  behandelten,  gar  keinen  Anknüpfungspunkt  darbietet, 
indem  kein  einziges  von  den  darin  enthaltenen  Wörtern  in  einer 
andern  Inschrift  in  einem  andern  Zusammenhange  vorkommt;  wir 
sind  also  hier  des  Vorfheils  beraubt,  von  dem  Bekannten  auf 
das  Unbekannte  überzugehen ,  und  es  ist  daher  möglich .  dass 
meine  ganze  Deulung  von  Anfang  bis  zu  Ende  verfehlt  ist. 
Indessen  will  ich  doch  nicht  damit  zurückhalten,  indem  immer- 
hin der  Fall  denkbar  ist,  dass  künftigen  Forschern,  welche  ein 
reicheres  und  besseres  Material  zu  ihrer  Verfügung  haben,  hin 
und  wieder  ein  brauchbarer  Fingerzeig  gegeben  werde. 

Ausser  den  Inschriften  Nr.  10  und  12,  mit  denen  ich  zur 
Zeit  noch  nichts  anfangen  kann ,  bleibt  uns  noch  die  Pilasler- 
Inschrift  Nr.  6  und  die  ihr  gleichlautende  Inschrift  Nr.  11  übrig, 
welche  noch  einige  Anknüpfungspunkte  zulässt,  indem  die  bei- 
den letzten  Wörter  schon  ermittelt  sind. 


Mordimann:   Die  allphrygische  Sprache.  29 

Das  erste  Wort  lautet  in  Nr.  6  baba,  in  Nr.  11  bra;  ob 
letzteres  ricblig  ist,  vermag-  ich  nicht  zu  sagen;  für  die  Rich- 
tigkeit von  Nr.  6  kann  ich  einstehen ;  noch  weniger  bin  ich  im 
Stande  zu  sagen,  ob  das  Wort  wirklich  baba  lautete,  oder  b 
das  phrygische  \  einen  andern  Laut  halte.  Ich  bezweifle  er- 
steres,  und  bin  geneigt  es  für  den  Laut  p  zu  halten,  der  sich 
sonst  nicht  in  den  phrygischen,  wohl  aber  in  den  griechisch- 
phrygischen  Inschriften  findet,  und  der  doch  sicher  in  der  phry- 
gischen  Sprache  war  (Pessinus,  Peltac ,  Appia  ,  Pepuza ,  Prae- 
penissus,  Papas  u.  s.  w.).  Papa  würde  einfach  ,, Pater"  bedeuten; 
dass  diese  Bedeutung  nicht  aus  der  Luft  gegriffen  ist,  beweist 
die  Stelle  in  Diodors  historischer  Bibliothek  III,  Cap.  58  am 
Schluss,  wo  es  heisst,  dass  Allis  (Atys)  spater  Papas  genannt 
wurde,  offenbar,  weil  beide  Namen  gleichbedeutend  sind,  näm- 
lich „Vater". 

Das  folgende  Wort  memevais  werde  ich  sogleich  erklaren. 

Dann  folgt  in  Nr.  6  proilavos  (proilüos).  Soeben  habe  ich 
erwähnt,  dass  in  den  phrygischen  InschriHon  kein  p  vorkommt; 
hier  aber  hätten  wir  eins;  indessen  ist  mir  diese  Gestalt  zwei- 
felhaft, und  wirklich  hat  auch  Nr.  11  nicht  proitavos  (proitDos), 
sondern  iroita  .  .  .  . ;  diess  würde  nach  dem  armenischen  ior 
„elus"  bedeuten. 

Es  kommt  nun  darauf  an,  für  memevais  eine  passende 
Deutung  zu  finden;  das  nächstliegende  scheint  ,,mater"  zu  sein, 
wiewohl  wir  schon  materez  als  das  phrygische  Wort  für  „Mut- 
ter" erkannt  haben.  Es  ist  aber  leicht  möglich,  dass  neben 
dem  speciellen  Worte  materez  noch  ein  Compositum  ,,Papameme" 
exislirte  für  ,, Eltern",  und  diess  scheint  mir  gerade  hier  der 
Fall  zu  sein,  iiuIcMn  die  Endung  einen  Dativ  Pluralis  anzeigt. 

Das  folgende  Wort  sieht  sehr  ungeschlacht  aus;  die  älteren 
Copien  haben  kfizan;  meine  eigene  Copie  gibt  kfi  gam,  in  zwei 
Wörtern;  ich  erinnere  mich  noch  ganz  genau,  dass  ich  meinen 
Reisegefährten,  Dr.  Barth,  auf  die  Trennungspunkte  zwischen 
kfi  und  gam  aufmerksam  machte.  Die  Inschrift  Nr.  11  hat 
kliam,  was  auch  nicht  viel  gelenkiger  aussieht;   dagegen  haben 


0  Sitzung  der  fhilos.-phUol.  Vlasse  vom  4.  Januar  1862. 

die  griechisch- pliryoischen  Inschriflen  in  Nr.  1  und  3  KG  Ol, 
welches  sich  besser  lügt,  und  welches  ich  schon  vorhin  durch 
vivus  erklarte,  wobei  ich  mich  auf  den  griechischen  Text  und  auf  die 
verwandte  armenische  Sprache  stützte;  kfi  K(l)l  ist  also  wohl 
kalligraphisch  aus  klOl  entstanden,  indem  der  Steinmetz  viel- 
leicht das  ü  vergessen  hatte,  und  es  nachträglich,  aus  Mangel 
an  Raum,  mit  dem  I  in  Verbindung  setzte.  Gam  vergleiche  ich 
mit  dem  armenischen  kam  ,,vel''  ,,aul"  und  dem  lateinischen 
quam;  es  bedeutet  also  wohl  „auch";  —  avylos  (avetos  in 
Nr.  11)  ist  aviag.  Die  ganze  Inschrift  lautet  also  in  der 
Uebcrsetzung : 

Genitoribus  eius,  vivo  etiam  ipsi,  (in)  memoriani  erectum. 

Nr.  10  und  12  bieten  gar  keine  Anknüpfungspunkte  dar, 
und  muss  ich  sie  also  einstweilen  ganz  unerklärt  lassen.  Zwar 
könnte  ich  bei  Nr.  10  an  das  gothische  hlaiv  ,.monnmentum" 
denken ,  aber  damit  wäre  wenig  gewonnen.  Auch  die  kleine 
Inschrift  Nr.  16,  welche  ich  auf  einem  Grabe  am  Tschapuldag 
fand,  kann  ich  nicht  erklären.  Dagegen  glaube  ich,  dass  ich 
die  übrigen  Inschriften  so  ziemlich  vollständig  (mit  Ausnahme 
von  Nr.  2  und  4)  erklärt  habe,  so  gut  es  eben  bei  dem  jetzi- 
gen Zustande  der  Copien  möglich  war.  Erst  revidirle  Copien 
und  weitere  Materialien  müssen  abgewartet  werden ,  um  die 
Untersuchung  abzuschliessen.  Ich  konune  aber  noch  einmal  auf 
die  kleine  Inschrift  Nr.  15  zurück. 

Die  Inschriften  Nr.  1  bis  4  liefern  den  Beweis,  dass  noch 
lange  nach  Alexanders  des  Grossen  Zeit  in  Phrygien  phrygisch 
gesprochen  wurde,  denn  vor  Alexander  wird  doch  Niemand  in 
Phrygien  griechische  Inschriften  gesetzt  haben.  Nr.  15  aber 
beweist,  dass  auch  noch  in  der  christlichen  Zeit  phrygisch  die 
Volkssprache  war;  denn  die  h.  Thekla  starb  in  der  zweiten 
Hälfte  des  dritten  Jahrhunderts,  und  wir  dürfen  also  der  Säule 
zwischen  Kaimaz  und  Harab  Ören  kein  höheres  Alter  zuschrei- 
ben ,  als  höchstens  aus  dem  vierten  Jahrhundert  unserer  Zeit- 
rechnung; der  paläographische  Cliaraktcn*  der  Buchstaben  aber 
setzt  sie  noch  viel  tiefer  herab.     Ich  habe  schon  früher  ander- 


Mordtmann:  Die  altphrt/yische  Sprache.  31 

weitig  die  Ansicht  geäussert,  dass  die  klciiiasiatischen  Sprachen, 
namentlich  das  Phrygische  und  Kappadokisclie,  erst  seit  den 
Zeilen  der  Seldschuken  ausgestorben  sind,  und  hier  hiilten  wir 
wenigstens  einen  llieilweisen  aber  unwiderleglichen  Beleg  dafür. 
Ich  werde  noch  im  Verlauf  dieser  Abhandlung  auf  eine  andere 
Erscheinung  aufmerksam  machen,  welche  für  diese  Behauptung 
zu  sprechen  scheint. 

Die  bisher  gewonnenen  Resultate  setzen  uns  in  den  Stand 
einige  phrygische  Eigennamen  zu  erklären,  indem  sie  Iheils 
direkte  Ableitungen  geben ,  theils  uns  den  Nachweis  Hefern ,  in 
welchen  Sprachen  wir  uns  nach  Etymologien  umzusehen  haben. 
Ich  beginne  mit  dem  Namen  Phryges,  Phrygia. 

Nach  Hesychios  hätten  die  Lydier  die  Phrygier  so  genannt, 
weil  der  Name  frei  bedeutet.  Lassen  sagt  über  diese  Ablei- 
tung (1.  c.  p.  368) :  „So  n.die  es  auch  liegt  mit  dem  Phrygi- 
schen  Worte  das  gleichbedeutende  Gothische  freis  zu  verglei- 
chen ,  so  ist  doch  diese  mehrmals  vorgeschlagene  Vergleichung 
nicht  stichhaltig,  weil  das  in  dem  Phrygischen  Wort  enthalteno 
g  nicht  dadurch  erklärt  werden  kann,  und  das  Gothische  Wort 
richtiger  mit  dem  Zeitwerte  frijon,  lieben,  in  Beziehung  ge- 
setzt wird.  Es  kommt  noch  hinzu,  dass  aus  der  Sanskrilwurzel 
pri,  lieben,  auch  das  Sanskritwort  priya,  geliebt  abstammt. 
Den  Freiheit  liebenden  Gothen  konnten  die  freien  Männer  als 
die  Geliebten  erscheinen." 

Mit  der  Ableitung  des  Wortes  frei  von  frijon  sieht  es  sehr 
misslich  aus,  und  die  Erklärung,  dass  ,.den  Freiheit  liebenden 
Gothen  die  freien  Männer  als  die  Geliebten  erscheinen",  erinnert 
an  die  Etymologien  von  Varro,  Festus  u.  s.  w.  Allerdings  hat 
das  heulige  Deutsch  die  Consonanten  so  weit  abgescblilTen,  die 
Vokale  so  weit  verdünnt,  dass  frcn"  (über,  ingenuiis)  in  den 
obliquen  Casus  sich  nicht  mehr  von  freien  (nubere,  u.vorem 
ducere)  unterscheiden  lässt;  aber  in  den  alten  Sprachen  ist  der 
Unterschied  noch  deutlich  genug  vorhanden;  frei  heisst  im 
Golhischen  frijai  (so  steht  wenigstens  in  meinem  Ulphilas,  Joh. 
VIII,  36)   und  im  Angelsächsischen  frige,    wo  sich  sogar  noch 


32        Sitzung  der  j/hilox.    philol.  Classe  vom  4.  Januar  1868. 

das  g  erhallen  hat;  dagegen  heisst  lieben,  wie  Lassen  richtig 
bemerkt,  frijön,  und  den  dunkleren  Vokal  dieses  Wortes  haben 
alle  allen  verwandten  Sprachen  in  dem  davon  gebildeten  Particip 
beibehalten  :  Golhisch  liijunds.  Angelsächsisch  IVeond,  und  selbst 
das  Neuhochdeutsche  Freund  und  das  Plattdeutsche  Friind  sind 
wesentlich  von  frei,  engl,  free,  holländ.  vrij  u.  s.  w.  verschieden. 

Es  scheint  mir  also  gar  kein  Grund  vorhanden,  die  Ver- 
gleichung  mit  dem  Gothischen  frijai  und  mit  dem  Angelsächsi- 
schen frige  abzuweisen,  nur  muss  man  die  „Liebe"  lern  halten ; 
die  Gothen  waren  zwar  eine  Zeit  lang  Nachbarn  der  Phrygier, 
und  sie  mögen  vielleicht  eine  sehr  freundliche  Nachbarschaft  ge- 
halten haben  (wenigstens  lesen  wir  nichts  von  Kriegen,  die  sie 
miteinander  geführt  hätten),  aber  die  Golhen  kannten  die  Phry- 
gier nur  als  unterjochte  Völker;  die  Gothen  haben  also  diesen 
Namen  nicht  erfunden,  den  schon  Homer  kannte,  sondern  die 
Sache  verhält  sich  so,  dass  von  den  verschiedenen  Mitgliedern 
der  indo-europäischen  Völkerfamilie  nur  die  Phrygier  und  Ger- 
manen das  Wurzelwort  frei  bewahrt  haben,  während  die  andern 
Stämme  dieses  Wort  auf  ihrer  W'anderung  verloren  haben. 

Kybele  erklärt  sich  ungezwungen  durch  kobjel  polire, 
kobjeal  polilus,  in  Bezug  auf  das  zu  Pessinunt  vom  Himmel 
herabgefallene  steinerne  Bild  der  grossen  Göttin. 

Alis  haben  wir  schon  vorhin  als  ,, Vater''  erkannt. 

^aßäCioQ,  der  phrygische  Name  des  Dionysos,  wurde  schon 
von  Lassen  (a.  a.  0.  S.  370)  durch  „den  Verehrungswürdigen" 
erklärt,  im  Vergleich  mit  der  Sanskritwurzel  sabhäj  ,. verehren", 
wozu  ich  das  noch  näher  liegende  griechische  oißag,,  aeßaatog 
hinzufüge. 

Gordius  entweder  von  gordz  opus,  gordzjel  agere, 
oder  von  kjertjel  facere  ,  also  etwa  so  viel  als  der  „Arbeiter", 
womit  man  die  Erzählung  im  Arrian  (Exped.  Alex.  lib.  H, 
cap.  3)  verglei«;hen  kann.  Die  Orthographie  Gavartaei  in  der 
Inschrift  Nr.  5  veranlasst  mich,  das  zweite  Verbum  vorzuziehen, 
denn  im  Gothischen  finden  wir  gerade  dieselbe  Orthographie 
gavaurkhta  (spr.  gavorkhla)  fecit;  vaurkjan  (spr.  vorkjan)  operari. 


Mordtmaim:  Die  altphrygische  Sin-aclie.  33 

M  i  d  a  s   leitet   sich    ganz    ungezwungen   vom    armenischen 
mit,    Sanskrit    q'yj    (medha)   (in    Compositis    ^y^^medhas) 

„Verstand"  ah.     Im   Gülhischen    ist    mitön   „cogitarc",    milöns 
„cogitalio". 

In  Betreff  dieser  heiden  Namen  muss  ich  mich  jedoch  gegen 
die  Unterstellung  verwahren,  als  wollte  ich  die  historischen 
Personen  Gordius  und  Midas  symbolisiren  und  schliesslich  ver- 
nebeln; wer  dazu  Lust  hat,  mag  es  auf  eigene  Verantwortlich- 
keit thun,  lasse  aber  mich  dabei  aus  dem  Spiele.  Zwar  scheint 
es  sich  recht  schön  zu  empfehlen,  wenn  man  „Arbeit"  und 
„Verstand*'  als  die  Gründer  und  Lenker  machtiger  Staaten  per- 
sonificirt  und  so  einen  hübschen  Mythus  schafft;  aber  es  ist 
auch  eben  so  leicht  denkbar,  dass  man  die  Geschichte  von  dem 
ehemaligen  Bauernstande  des  Königs  Gordius  aus  seinem  Namen 
heraus  etymologisirt  hat;  jedenfiills  sind  die  phrygisclien  Namen 
Gordius  und  Midas  durchaus  nicht  auffallender,  als  die  griechi- 
schen Namen  Georg,  Synesius,  die  lateinischen  Namen  Agricola, 
Prudcntius  u.  s.  w.  Ueberdiess  stimmt  das,  was  die  Sage  von 
dem  Wettstreit  des  Apollo  mit  Fan  erziihlt,  von  den  Eselsohren 
des  Midas,  und  von  seinem  Wunsch  alles,  was  er  berührte,  in 
Gcild  verwandelt  zu  sehen,  schlecht  mit  der  etymologischen  Be- 
deutung seines  Namens. 

Marsyas  vergleiche  ich  mit  dem  armenischen  mard,  pers. 

r 
C>j^,  altpersisch  martija,  Sanskrit  JT^  martya,  Mensch.   Auch 

die  Inschrift  von  Bihistun  hat  einen  Martija  als  Eigcimamen. 

Acmonea  erklärt  sich  nach  dem  Inhalt  der  Inschriften  als 
ein  Ort,  wo  ein  Denkmal  ist,  oder  wo  es  mehrere  Denkmäler 
gibt.  Dieselbe  Ableitung  gilt  für  die  beiden  Sliidle  Comaiia  in 
Kappadokien. 

Gleichwie  Gordium,   Midaium  und  Cu  ball  um   sich  als 

Städte   ausweisen,    welche   dem  Gordius,  dem  Midas   und    der 

Kybele  zu  Ehren  benannt  sind,    so   ergibt  sich  Tyriaeuin  als 

„Herren-Ort"   von   ter    „der  Herr",    tirjel  „herrschen"  5    — 

[1862,  i.j  3 


34        Sitzung  der  phtCos.-  p/iilol.  Classe  vom  4.  Januar  1S62. 

ferner  Cotyacum  (Kiulaliia)  als  ein  dem  Gott  Kotys  geweihter 
Ort.  lieber  Kotys  vergleiche  man  Slrabo  X,  p.  470.  Horat. 
Epod.  XVII,  56.  JuvtMial.  II,  92.  Wenn  das,  was  von  den  so 
eben  angelührlen  Autoren  über  die  zu  Eln-en  dieses  Gottes  ge- 
feierten geräuschvollen  Orgien  erzählt  wird,  seine  Richtigkeit  hat, 
so  erklärt  sich  Kotys  am  einfachsten  durch  kulh  „Weinlese", 
so  dass  Kotys  der  phrvgische  Weingott  ist  Den  Weinreich- 
thum  Phrygiens  kennt  schon  Homer  (II.  III,  184).  Dorylaium 
(das  heutige  Eskiscliehr)  weist  sich  durch  seine  Endung  als  ein 
Name  von  ähnlicher  Bildung  aus,  ich  bin  aber  nicht  im  Stande 
eine  genügende  Etymologie  zu  geben. 

Prymnessus  weist  sich  durch  die  Endung  essus  als  ein 
Compositum  aus;  diese  Erdung  essus  bedeutet  „Stadt",  wie  ich 
schon  früher  erläutert  habe  (Sitzungsber.  der  philos.  -  philol. 
Classe  vom  9.  Febr.  1861  p.  177);  es  bleibt  prymn  übrig,  wel- 
clies  man  nach  dem  armenischen  hraman ,  dem  pers.  (j^  r* 
und  dem  altpers.  framänä  als  „Befehl"  erklären  konnte;  aber 
diese  Deutung  scheint  mir  zu  gekünstelt  zu  sein,  und  ich  wage 
daher  eine  mehr  naturgemässe.  Unter  Hinweisung  auf  die  schon 
bemerkte  Eigenthümlichkeit  der  armenischen  Sprache,  die  La- 
bialen der  verwandten  Sprache  zuweilen  in  h  zu  verwandeln, 
vergleiche  ich  das  phrygische  Prymnessus  mit  dem  poetischen 
Hermonassa,  dem  heutigen  Platana,  nahe  bei  Trapezunt.  Kallmerayer 
scheint  mir  in  jeder  Hinsicht  das  Richtige  getroffen  zu  haben, 
wenn  er  behauptet,  dass  Platana  wahrscheinlich  seit  Urzeiten 
diesen  Namen  trage,  welcher  von  den  hier  wachsenden  Platanen 
abgeleitet  ist  ^  Ritter  behauptet  nach  Jaubert,  dass  der  Ort  nicht 
von  der  Platane  seinen  Namen  habe^;  bei  Jaubert,  welcher 
diesen  Ort  ausführlich  beschreibt  %  ünde  ich  diese  Bemerkung 
nicht.  Mit  Fallmerayer's  Ansicht  lässt  sich  aber  sehr  gut  ver- 
einigen,   dass  Platana  auf  derselben  Stelle  steht,   wo  nach   den 


(2)  Frasm.  a.  d.  Orient  Tii    I,  S.  21.'). 

(:i)  Enlkiindc  Th.  XVlil,  S.  812. 

{i)  Reise  nach  Arinciiieii  und  Persien  deutsche  Uebersetzung  S.  280. 


Mordtmann:  Die  altphvyyische  Spruche.  35 

classischen  Autoren  die  Stadt  Hermonassa  stand;  ja,  es  bestä- 
tigt eben  dieser  Name  die  Ansicht  Falimerayer's  vollständig-, 
denn  "|i":^y  arnion  liiess  im  Hebräischen  und  wahrscheinlich  auch 
in  einigen  andern  ausgestorbenen  Sprachen  Vorderasiens  die 
Platane:  Hermonassa  bedeutet  also  genau  dasselbe,  wie  Platana, 
nämlich  die  Platanenstadt.  Die  Türken,  denen  das  Wort  unver- 
ständlich ist,  haben  es  sich  mundgerecht  gemacht,  indem  sie  die 
Stadt  Puladhane  aL>L=kJ^^.  d.  h.  Stahüabrik  nennen.  Her- 
monassa aber  wäre  nach  obiger  Bemerkung  genau  dasselbe  wie 
Pryinnessus,  und  würde  diese  Ableitung  eine  weitere  Bestäti- 
gung der  von  mir  ausgesprochenen  Vermulhung  sein,  dass 
Prymnessus  an  der  Stelle  des  heuligen  Tschapuldagköi  lag,  wo 
es  an  Platanen  noch  heutzutage  nicht  fehlt  (vgl.  Gel.  Anzeigen 
der  k.  bayr.  Akademie  der  Wissenschaften,  Nr.  35,  28.  März 
1860,  S.  285). 

Amorium,  von  aniur  ,, stark",  ,,fest",  ,, unbewegt."^  Amo- 
rium  war  bekanntlich  zu  den  Zeiten  des  byzantinischen  Reiches 
eine  wichtige  Grenzfestung  gregen  die  Araber. 

Aezani.  Nach  einem  von  Steph.  Byz.  (ß.w  L4L.avai)  aufbe- 
wahrten Fragment  des  Hermogenes  ist  der  eigentliche  Name  der 
Sin(\CE^nvävovv  und  aus  den  beiden  phrygischen  Wörtern  ovavovv 
„Fuchs"  und  e^iv  „IgeV  zusammengesetzt.  Der  Fuchs  heisst 
im  Armenischen  azue ,  der  Igel  ozni;  letzteres  Wort  stimmt 
sehr  gut  zu  dem  von  Hermogenes  angeführten  t'^iv. 

Ancyra.  Dass  dieser  Name  von  ayxvqa  ,,der  Anker" 
abzuleiten  ist,  wie  man  früher  sich  einbildete,  wird  Niemand  im 
Ernst  glauben;  Kiepert  leitet  den  Namen  vom  armenischen  ankur 
„rauh,"  „uneben";  mir  ist  dieses  Wort  unbekannt;  auch  passt 
die  Ableitung  wohl  auf  Ancyra  Galatiae  (das  heutige  Angora) 
aber  durchaus  nicht  auf  Ancyra  Phrygiae  (das  heutige  Kilisse- 
köi);  ich  glaube  daher  eher,  dass  es  von  hangrnan  „Zelt''  ab- 
zuleiten ist,  was  nnt  den  nomadischen  Gewohnheiten  der  Lan- 
desbevvohner  besser  übereinstimmt. 

Haimane.     So  heisst  jetzt  der  ebene,  fast  baumlose  aber 

3* 


36        Sitzunt/  der  pfnlos.-plitlol.  Classe  vom  4.  Januar  1862. 

äusserst  fruchtbare  Distrikt  südwärts  von  Angora  bis  Sivri 
Hissar;  im  Alterthuin  gab  es  eine  Provinz  Chammanene  ost- 
wärts vom  Halys.  Die  Volkssage,  welche  den  Namen  weder 
aus  dem  Türkischen,  noch  aus  dem  Griechischen  oder  Armeni- 
schen erklären  kann,  erzählt,  hier  habe  eine  armenische  Fürstin 
geherrscht ,  Namens  Maria ,  und  von  ihr  habe  die  Landschaft 
ihren  Namen,  nämlich  Haik  Mano  d.  h.  das  armenische  Mariechen. 
Eine  sehr  einfache  Ableitung  bietet  das  gothische  Wort  haim 
„ager"  dar,  wobei  ich  es  dem  Belieben  der  Forscher  überlasse, 
ob  man  diesen  Namen  für  uralt  oder  erst  aus  den  Zeiten  der 
Gallier  herstammend  halten  will. 

Kerkopia  ist  vielleicht  von  karakob  „der  Steinmetz" 
abzuleiten,  im  Fall  dort  Steinbrüche  sind;  da  aber  die  Lokalität 
bis  jetzt  noch  nicht  wieder  aufgefunden  ist,  so  muss  diess  einst- 
weilen dahin  gestellt  bleiben. 

Ger  m  a  stammt  augenscheinlich  von  dscherm  ,,w  a  r  m",  pers. 
* ^ i^EQf.i6g  ab,  wegen  der  dort  befindlichen  heissen  Wasser- 
quelle. 

Pessinus  wird  anh  vnv  ntoelv  abgeleitet,  entweder  von 
dem  dort  vom  Himmel  herabgefallenen  Steinbilde  der  grossen 
Göttermutter,  oder  von  der  grossen  Anzahl  der  gefallenen 
Todten  in  einer  Schlacht;  die  Ableitung  ist  etwas  misslich;  da- 
gegen haben  wir  schon  vorhin  das  Wort  hüsnutium  „constilutio" 
erwähnt,  welches  eine  sehr  natürliche  Etymologie  darbietet;  in 
diesem  Falle  würde  der  grosse  Tempel  der  Kybele  der  Stadt 
ihren  Namen  gegeben  haben. 

Tranopolis.  Die  letzte  Hälfte  des  Wortes  ist  bekanntlich 
griechisch;  die  erste  Hälfte  ist  vielleicht  von  durn,  (turn  nach 
heutiger  Aussprache,  trun  in  den  Casibus  obliquis)  „Thor", 
„Pforte"  abzuleiten. 

Vetestum  entweder  von  vet  „incisio",  oder  vom  go- 
Ihischen  vaidodja  ,,latro"  und  von  stau,  pers.  ^j^  „Land". 
Da  aber  die  Lokalität  noch  nicht  wieder  aufgefunden  ist,  so 
müssen  erst  spätere  Untersuchungen  darüber  Aufklärung  geben. 


Mordtinann:   Die  altphriiyische  Sprache.  37 

Ich  könnte  dieses  Register  noch  vermehren,  aber  es  ist 
immer  eine  sehr  missliche  Sache  um  Etymologien  von  solchen 
Ortschaften,  deren  Lage  noch  nicht  einmal  bckamit  ist.  Ich 
schliesse  mit  einigen  phrygischen  Wörtern,  welche  uns  in  den 
alten  Glossen  aufbewahrt  sind. 

^^Q^uäv  ,, Krieg-',  vergleicht  sich  am  besten  mit  dem  eng- 
lischen war,  dem  französischen  guerre,  beide  von  einem  älteren 
Wort  abstammend,  welches  mit  unserm  phrygischen  Worte 
grosse  Achnlichkeit  hat;  man  ist  bloss  grammatische  Endung. 

Benag  „Brod",  Lassen  <a.  a.  0.  S.  369)  bemüht  sich  viel- 
fach, um  in  den  Indo- europäischen  Sprachen  ähnlichlautende 
Wurzeln  u.  s.  w.  aufzusuchen;  indessen  ist  das  Wort  nicht 
bekos ,  sondern  vekos  auszusprechen,  und  schneiden  wir  die 
griechische  Endung  ng  ab,  so  behalten  wir  wek,  welches  mit 
unsern  deutschen  „Wecken'"  sich  ganz  ungezwungen  erklärt. 
Dasselbe  gilt  von 

Bidn  ,, Wasser",  welches  ebenfalls  vedo  und  nicht  bedo 
auszusprechen  ist,  und  womit  Lassen  (ibid.)  ganz  richtig  das 
gothlsche  vate  vergleicht. 

IIvQ  soll  nach  Plato  phrygisch  sein,  und  diess  ist  um  so 
wahrscheinlicher,  da  auch  im  Armenischen  hur  „Feuer"  be- 
deutet. 

Mit  den  übrigen  Wörtern  kann  ich  zur  Zeit  noch  nicht 
viel  anfangen.  Dagegen  will  ich  noch  erwähnen,  dass  ich 
während  meiner  Wanderungen  in  Phrygien  (wo  ich  dreimal 
1852,  1858  und  1859  war)  manche  Eigenlhümlichkeiten  in  der 
Aussprache  bemerkt  habe,  welche  mir  noch  als  Reste  der  alten 
Sprache  erschienen.  Namentlich  beobachtete  ich  diess  bei  dem 
Buchslaben  ^_j ;  derselbe  wird  tief  aus  dem  Schlünde  heraus- 
geholt, gleichsam  als  wollte  man  ihn  durch  Räuspern  ausspuken, 
wodurch  ein  eigenthündicher  Mittellaut  zwischen  k  und  g  her- 
vorgebracht wird.  Im  vollen  Bewusstsein  dieser  Eigenthiimlich- 
keit  habe  ich  im  Laufe  der  gegenwärtigen  Abhandlung  nirgends 
Anstand  genommen,  in  den  allen  Wörtern  und  Namen  k  und  g 


38       Sitzung  der  math.  -  phi/s.  Classe  vom  11.  Januar  1862. 

als  fast  völlig  gleichbedeutend  anzunehmen.  Ebenso  wird  derje- 
nige, welcher  die  genaue  Aussprache  des  türkischen  weichen  ^J 
kennt,  sich  durchaus  nicht  an  der  Vergleichung  von  Phryges  mit 
dem  gothischen  frijai  slossen. 


3)  Herr  Spengel  las  über 

,,Demosthenes'  Rede    neql  ox Ecpävov   als   Bei- 
trag zum  Verständniss  des  Redners."' 

Die  Abhandlunof  wird  für  die  Denkschriften  bestimmt. 


Mathematisch  -  physikalische   Classe. 

Sitzung  vom  11.  Januar  1862. 


Der  Classensecretär  gedachte  zuvörderst  des  Verlustes, 
welchen  die  Classe  und  in  ihr  die  Gesammt  -  Akademie  durch 
den  am  19.  December  1861  unerwartet  eingetretenen  Tod  ihres 
vortrefflichen  Colleoren  Andreas  Waffner  erlitten  hat. 


Herr  Jolly  gab  eine  vorläufige  Nachricht  von  dem  Resul- 
tate seiner  Untersuchungen 

.jUeber  die  Molecularkräfte." 

Er  bestimmte  für  14  verschiedene  Salzlö.sungen  die  Grössen 
der  Contractionen,  welche  durch  allmählichen  Zusatz  von  Wasser 
eintreten,  und  zeigt,  dass  zwei  Gesetze  sich  begründen  lassen: 


Voyel:  ZerseHunys-Producte  organischer  Körper.  39 

1)  die  Contractiojien  verhalten  sich  unter  sonst  gleichen  Ver- 
hältnissen wie  die  Aequivalentzahlen  der  gelosten  Körper; 

2)  die  Contractionen  erfolgen  durch  einen  Zug  der  aufein- 
ander wirkenden  Molecule  des  gelösten  und  des  lösenden 
Körpers,  und  ihr  Zug  nimmt  ab,  wie  die  Quadrate  der 
Entfernungen  der  aufeinander  wirkenden  Molecule  wachsen, 
und  ist  verkehrt  proportional  der  Summe  der  Aequivalente 
der  aufeinander  wirkenden  Molecule. 

Herr  Jolly   wird   diese  Untersuchungen  selbständig  heraus- 
geben. 


Herr  Vogel  jun.  trägt  vor: 

1)  Ueber  das  Vorkommen  von  Stickstoff  in  den  freiwilligen 
Zersetz ungsproducten  einiger  stickstolffreien  organischen 
Substanzen. 

Die  verdünnten  wässrigen  Lösungen  organischer  Substanzen, 
wie  Dextrin,  Zucker,  W^einsäure,  Oxalsäure  u.  s.  w.  erleiden 
bekanntlich  nu't  der  Zeit,  auch  dann  wenn  sie  in  verkorkten 
Flaschen  aufbewahrt  werden,  eine  Zersetzung,  indem  in  der 
ursprünglich  ganz  klaren  Lösung  Flocken  entstehen  und  nicht 
selten  im  weiteren  Verlaufe  der  Zersetzung  voluminöse  Sciiim- 
melbildung  von  verschiedener  Färbung  auftritt.  Die  Lösungen 
verlieren  durch  diesen  Absatz  theilvveise  ihren  ursprünglichen 
Charakter,  indem  eine  Zuckerlösung  dadurch  ihren  süssen  Ge- 
schmack einbüsst,  —  der  Säuregehall  saurer  Lösungen  vermin- 
dert wird.  Hieraus  ist  es  einleuchtend,  dass  diese  Schimmel- 
bildungen nicht  von  zufälligen  Verunreinigungen  der  in  Lösung 
befindlichen  organischen  Körper  herrühren ,  sondern  dass  sie 
selbst  an  dieser  Zersetzung  Antheil  nehmen.  Die  Untersuchung 
eines  solchen  braungefärbten  Absatzes  aus  einer  Dextriidösung, 


40         Sititintf  der  inath.-phijs.  Classe  vom  11.  Januar  1S62. 

welche  mehrere  Monate  in  einer  verkorkten  Flasche  gestanden 
hatte,  ist  die  Veranlassunir  zu  dieser  vorlaufio-en  Älillheiluno-. 

Die  voluminöse  Schimmelhiiduncr  ^yar  nach  dem  Abofiessen 
der  De.xtiinlösung  auf  einem  Filtrum  mit  kaltem  desfillirten 
Wasser  vollständig  ausgewaschen  und  auf  einem  flachen  Por- 
cellanteller  ausgebreitet  im  Wasserbade  getrocknet  worden. 
Sie  zeigte  sich  als  überaus  wasserhaltig,  das  Gewicht  und  Vo- 
lumen der  im  feuchten  Zustande  sehr  schweren  und  grossen 
Stücke  wurde  beim  Trocknen  ausserordentlich  vermindert,  so 
dass,  um  mehrere  quantitative  Versuche  auszuführen,  man  bedeu- 
tende Mengen  des  ungetrockneten  Materiales  zur  Verfügung 
haben  muss. 

Im  getrockneten  Zustande  stellte  diese  Schimmelbildung 
eine  schwarzbraune  hornartige  Älembran  von  spröder  Consistenz 
dar,  welche  sich  leicht  lein  pulvern  liess.  Sie  erwiess  sich  nach 
einer  vorläufigen  qualitativen  Prüfung  als  entschieden  stickstofF- 
haltig :  mit  Kalium  ofegrlüht  und  mit  Wasser  ausgezogen  ergab 
der  vvässrige  Auszug  auf  Zusatz  von  Salzsäure  und  einer 
schwefelsauren  Eisenoxyd-Oxydullösung  einen  Niederschlag  von 
Berlinerblau.  Im  Dunkeln  vor  dem  Löthrohr  behtmdelt  zeigte 
sich  die  für  stickstofThaltige  Körper  charakteristische  grüne 
Färbung  der  Flamme  sehr  deutlich. 

Diese  Vorversuche  veranlassten  mich,  den  Stickstoff  in 
dieser  Substanz  quantitativ  zu  bestimmen.  Die  Menge  dersel- 
ben war  zu  zwei  Verbrennungen  mit  Natronkalk  ausreichend, 
wobei  das  Verbrennungsproduct  in  Schwefelsäure  von  bestimm- 
tem Gehalte  aufgefangen  und  die  Schwefelsäure  hierauf  mit 
Natronlauge  titrirt  wurde.  Die  Resultate  der  beiden  Versuche 
ergaben  sehr  übereinstimmend  einen  Stickstoffgehalt  von  6,4 
und  6.6  Proc. 

Die  Untersuchung  des  Dextrins,  welches  zur  Herstellung 
der  zersetzten  Lösung  gedient,  liess  in  demselben  keinen  Slick- 
stotl  erkennen  :  auch  die  Schimmelbildungen  aus  der  Lösung 
umkrystallisirten  Zuckers,  gereinigter  Weinsäure  und  Oxalsäure 
zeigten  einen  Stickstoffgehalt  zwischen  5  und  6  Proc. 


Vogel:  Zersetzvngs-Producte  organisclier  Körper.  41 

Zur  Erklärung-  dieses  SlickstofTgelialles  in  den  freiwilligen 
Zersetziing-sprodiicteii  stickstofffreier  Substanzen  liegt  es  wohl 
am  nächsten,  den  bei  nicht  hermetischem  Verschluss  unver- 
meidlichen organischen  Staub  in  Betracht  zu  ziehen.  Ich  bin 
dannt  beschäftigt,  den  Gegenstand  weiter  zu  verfolgen,  indem 
ich  meine  Versuche  auf  derartige  Lösungen  ausdehne,  welche 
unter  hermetischem  Schluss ,  in  zugeschmolzenen  Gefässen  und 
unter  Baumwollenpfropfen  aufbewahrt  werden. 

Derselbe  erstattet 

2)  Bericht  über  einige  practische  Anwendungen  des 
Paraffins  in  chemischen  Laboratorien  und  zwar  über  dessen 
Anwendung  zum  Trocknen  des  Oelbades ,  zum  Tränken  von 
Papier,  um  es  gegen  die  Einwirkung  von  Säuren  und  Alkalien 
zu  schützen,  zum  Ueberzug  der  inneren  Wandungen  von  Glas- 
gefässen,  welche  dadurch  zur  Aufbewahrung  von  Flusssäure 
geeignet  werden  und  erwähnt  endlich  die  von  Herrn  Professor 
v.  Kobell  zuerst  beobachtete  Auflosung  leicht  oxidirbarer  Sub- 
stanzen   unter  der   schützenden  Decke    schmelzenden  Paraffins. 


Historische  Classe. 

Sitziin«;  vom  18.  Januar  1802. 


Herr  Cornelius  hielt  einen  Vortrag 

„Ueber   die  Verschwörung  von  1551,   an  deren 
Spitze  Kurfürst  Moriz  von  Sachsen  stand." 


42        Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 


Philosophisch  -  philologische  Classe. 

Sitzung  vom  4.  Februar  1862. 


Herr  Christ  trug  vor: 

„Beiträge   zur   Bestimmung   des    altischen  und 
linderer  damit  zusammenhängender  Talente/' 

Ein  genaues  Studium  der  schwierigen  Schrift  des  Priscian 
de  figuris  numerorum  quos  antiquissimi  hahent  Codices  führte 
mich  auf  mctrolog-ische  Untersuchungen ,  welche  sich  an  den 
wichtigsten  Theil  jenes  Buches,  der  von  den  Zeichen  der  Mün- 
zen und  Gewichte  handelt,  naturgemäss  anschlössen.  Da  ich 
hierhei  hald  die  Einsicht  gewann,  dass  mit  der  diplomatischen 
Feststellung  des  Textes  zur  Lösung  der  Hauptschwierigkeiten 
wenig  gethan  sei,  so  wandte  ich  mich  um  so  mehr  den  sach- 
lichen Untersuchungen  zu,  um  vielleicht  hieraus  einen  Schlüssel 
zum  Versländniss  mancher  aufTälliger  Angaben  oder  zur  Ver- 
besserung des  überlieferten  Textes  zu  gewinnen.  Je  weiter  ich 
aber  in  die  Sache  eindrang,  desto  mehr  gewahrte  ich,  dass 
ähnliche  Anstände  bereits  ältere  wie  neuere  Gelehrte  beschäf- 
tigt und  zu  den  verschiedensten  Erklärungen  veranlasst  hatten. 
Zu  gleicher  Zeit  aber  überzeugte  mich  die  Vergleichung  der 
übrigen  aus  dem  Altcrthum  uns  erhaltenen  metrologischen 
Schriften ,  die  immer  noch  der  Forscher  bei  dem  fühlbaren 
Mangel  eines  Corpus  libr.  metrologorum  aus  den  verschieden- 
sten Büchern  zusammentragen  muss,  dass  der  Texteskrilik,  wenn 
irgendwo,  so  bei  diesen  Schriften  die  grösste  Vorsicht  Noth  thut, 
und  dass  die  richtige  Methode  wesentlich  darauf  hinauslaufen 
muss,  die  widersprechenden  Angaben  der  einzelnen  Schriftsteller 
aus  den  zu  ihrer  Zeit  giltigen  Gewichtsvethältnissen  und  den 
oft  sehr  verschrobenen  Ansichten  über  frühere  Maasse  und 
Gewichte   zu   erklären.     Auf  solche  V^eise  aber  ward  ich  weit 


Christ:  Beiträge  %tir  Bestimmung  der  attischen  Talente.        43 

Über  die  Grenzen  der  Erkliirnng  des  Priscian  hinausgeführt  und 
zu  Untersuchungen  hingeleilet,  die  mit  dem  Schrirtsleller,  von 
dem  sie  ausgegangen  waren,  wenig  mehr  gemein  hatten.  Ich 
werde  daher  auch  hier  meine  Betrachtungen  nicht  an  die  ein- 
zelnen Sätze  des  Priscian  anschliessen,  sondern  sie  zu  einem 
selbslständigen  Ganzen  zusammenfassen,  das  sich  wesentüch  um 
die  Gewichtsbestimmung  des  altischen  Talentes  dreht.  Hierbei 
werde  ich  solche  Punkte,  die  schon  von  andern  sicher  gestellt 
sind,  nur  kurz  berühren,  hingegen  die  eigenen  Bemerkungen 
und  Combinationen  ausführlicher  behandeln. 

Das  attische  Münz-  und  Gewichtsystem  erhielt  eine  durch- 
greifende Veränderung  unter  Solon,  welche  mit  Scharfsinn  und 
Klarheit  zuerst  Aug.  Böckh  Metrologische  Untersuchungen 
Abschn.  IX  dargelegt  hat,  jedoch  so  dass  dabei  manche  zwei- 
felhafte Punkte  mit  unterliefen.  Dabei  ging  Böckh  von  der  be- 
kannten Ueberheferung  des  Androlion  bei  Plutarch  Solon  c.  XV 
aus,  wonach  Solon  zur  Erhiichterung  der  überschuldeten  Bürger 
der  Mine,  welcher  früher  nur  73  Drachmen  zugekommen  seien, 
100  Drachmen  zugewiesen  habe:  lyMiov  yao  ennirjaE  ÖQnxf-ioiv 
r^v  (.iväv  Tr{}nj.€Qnv  hßdof.it]x()Vxa.  y.al  roitor  ovaav,  tooz'  aoi^^uiZ 
fiiv  Yonv,  dvfdiiiei  6'  eiazinv  annöiönrnov  iüff£lth>ltai  fiev 
Torg  eKTirnvTag  ueyäla.  /.irjdev  6i  ßlärTJea'iai  toj  c  AOftiLO- 
fieroi'c.  Diese  Angabe  erklärte  Böckh  nach  der  einzig  ver- 
ständigen Weise  so,  dass  er  den  Plutarch  einer  kleinen  Unrich- 
tigkeit zeihle,  indem  die  Mine  in  keinem  Münzfuss  in  73  Drach- 
men zerfallen  sei,  wohl  aber  Solon  aus  einem  Silbergewicht  von 
73  alten  Drachmen  100  Drachmen  der  neuen  Währung  ge- 
schlagen habe.  Mit  dieser  Ueberlieferung  stellte  alsdann  Böckh 
einen  uns  noch  erhaltenen  athenischen  Volksbeschluss  G.  J.  Gr. 
Nr.  123'  zusanmien,  der  die  Handelsmine  dLivä  ffinoQiy.rj)  auf 
138  Stephanephoren-  oder  solonische  Münzdrachmen  festsetzte: 


(1)  Vcrgl.  Böckli  Staatshaushalt  der  Athener  Bd.  11  p.  356  —  369. 
2   Aufl. 


44        Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

ayino  dl  X'l  rj  f.ivag  y  ffinngi-/./]  ^recparr^rpoQnv  öoayjiag 
exavov  TQidnovra  xal  oxcio  nQog  ru  ocdif^i-ua  ra  Iv  rio 
aQyvQOKontiuj.  Denn  da  es  ohnehin  naliirlich  ist,  dass  sich  die 
vollwichtige  Mine,  die  Solon  in  der  iMünzpräg-ung  um  ein  be- 
deutendes reduzirte ,  noch  langer  als  Gewicht  in  dem  Handels- 
verkehr erhielt,  und  da  sich  die  Verhaltnisse  138  :  100  oder 
100  :  72^Vpg  und  100  :  73  bis  auf  ein  minimum  niihern,  so 
zog  Bückh  daraus  den  verlässigen  Schluss,  dass  uns  in  jenen 
138  Slephanephoren-Orachmen  das  Gewicht  der  vorsolonischen 
Mine  erhalten  sei. 

Bis  hieher  ist  alles  treffend  und  richtig,  so  dass  nicht  leicht 
ein  besonnener  Forscher  einen  Widerspruch  erheben  wird.  Nun 
aber  hat  Böckh  noch  eine  genauere  Bestimmung  des  vorsolo- 
nischen Talentes  in  einer  Nachricht  des  Priscian  de  figuris  nu- 
merorum  §.  10  zu  entdecken  geglaubt,  mit  der  frühere  Gelehrte 
nichts  anzufangen  wussten  und  die  unser  Altmeister  der  Philo- 
logie zuerst  zu  deuten  verstand.  Da  nämlich  dort  Priscian  aus 
dem  Griechen  Dardanus  anführt:  Talentum  Atheniense  parvum 
niinae  sexaginta,  magnum  minae  octoginta  tres  et  unciae  quattuor, 
so  bezog  Böckh  diese  Bestimmung  des  grossen  Talentes  auf 
jenes  vorsolonisch- attische,  das  danach  8373  Minen  des  solo- 
nischen  Münztalentes  betragen  habe.  Aber  einen  Haupteinwurf 
gegen  diese  Annahme  hat  Böckh  selbst  vorgebracht,  nämlich 
den,  dass  sich  83 V3  :  60  genau  wie  100  :  72  verhält,  und 
dass  man  demnach  erwarten  sollte,  dass  Plutarch  die  Mine  der 
neuen  Währung  nicht  zu  73  sondern  zu  72  alten  Drachmen 
veranschlagt  habe  L'm  so  mehr  aber  sollte  man  diese  Zahl  72 
statt  73  in  dem  Bericht  des  Plutarch  erwarten,  als  die  letzte 
Zahl  zu  den  Primzahlen  gehört,  hingegen  die  erste  zu  100  in 
einem  einfachen  leicht  noch  reducirbaren  Verhältniss  steht.  Auch 
lässt  sich  der  Irrthum  nicht  auf  Rechnung  der  ungenauen 
Kenntniss  eines  späteren  Schriftstellers  setzen,  da  vielmehr  Dar- 
danus   nach    den  Nachweisungen   von  Heinr.  K«iP    nicht  vor 


(2)  Quaestiones  gramraaticae  p.  8  f. 


Christ:  Beiträge  zur  Bettimmung  der  attischen  Talente.        45 

dem  Schluss  des  4.  Jahrh.  v.  Chr.  gelebt  haben  kann,  und 
seine  Herleituiig  der  späteren  Kaisermünze  mih'arense  bei  Job. 
Lydus  p.  56  ed.  Bon.  o  öe  JaQÖäviog  sv  tm  tisqI  ozaiffitov 
XiXiior  nßoläiv  Uyei  nükai  yereoi^ctL  lo  ftiXiaQ/^oiov  xal 
dno  trig  yiliäöng  tiov  oßnhov  otuwg  ovnf.iatJ^r/vai  gewiss 
keine  genaue  Kennlniss  des  attischen  Miinzwesens  verrälh. 

Nun  liegen  aber  noch  andere  Dinge  vor,  die  uns  auf  den 
Gedanken  führen,  dass  Dardanus  oder  Priscian  an  unserer  Steile 
verschiedene  Dinge  zusammengeworfen  habe.  Denn  gleich  die 
Bestimnumg  des  grossen  Talentes  auf  83  IMinen  und  4  Unzen 
liisst  uns  vermuthen,  dass  hier  die  Aline  mit  dem  Pfund  ver- 
wechselt sei,  da  ja  die  Mine  in  Drachmen  nicht  in  Unzen  ein- 
getheilt  wurde.  Eine  solche  Verwechselung  der  griechischen 
Mine  und  des  römischen  Pfundes  lag  aber  ohnehin  bei  der  un- 
genauen Weise,  mit  der  römische  Autoren  griechische  Verhält- 
nisse in  lateinischen  Worten  auszudrücken  pflegten,  nahe  genug; 
und  in  der  That  finden  wir  amh,  dass  schon  Plinius  Mine  und 
Pfund  verwechselt  hat.  Denn  wenn  derselbe  N.  H.  XII,  14,  62 
sagt :  eliaumum  tarnen  invcniuntur  guttae  quae  terliam  partem 
minae,  hoc  est  XXVIll  denariorum  pondus,  aequent,  so  hat  er 
entweder  minae  statt  librae  gesetzt  oder,  was  weit  wahrschein- 
licher ist ,  das  Gewicht  der  Mine  dem  eines  Pfundes  gleich  er- 
achtet; denn  28  Denare  sind  gerade  der  dritte  Theil  eines  zu 
84  Denaren  ausgeprägten  Pfundes,  aber  ein  viel  geringerer  Theil 
einer  griechischen  Mine.  Eine  solche  Verwechselung  konnte  um 
so  leichter  bei  späteren  Schriftstellern  stattfinden,  nachdem  Nero 
aus  dem  Pfunde  96  Denare  oder  Drachmen  zu  schlagen  und  so 
das  römische  Pfund  von  96  Drachmen  der  griechischen  Mine 
von  100  Drachmen  sehr  zu  nähern  begonnen  hatte;  und  so 
drückt  PUitarch  Fab.  Maximns  c.  VII  die  argenti  pondo  bina  et 
selibras  des  Livius  XXII,  23  im  Griechischen  aus  durch  dQa-//.ic(g 
net'itjxovia  xal  öiaxoaiag,  rechnet  also  das  Pfund  zu  lOO 
Drachmen,  gleich  als  wäre  es  von  Mine  gar  nicht  verschieden; 
und  auf  einer  ähnlichen  Verwechselung  beruht  die  Angabe  des 


46        Sitzung  der  philo.s.-philol.  Clusse  vom  4.  Februar  1862. 

Servius  %  dass  nach  der  Moslellaria  des  Plaulus  zwei  grosse 
Talente  120,  also  eins  60  Pfund  betragen  habe,  da  Plautns  an 
den  drei  Stellen  der  Mostell.  v.v.  647,  919,  1021  nur  von 
60  +  80,  das  ist  120  Minen  nicht  Pfunden  redet.  Auch  Galen 
bemerkt  ausdrücklich  an  zwei  Stellen  *,  dass  Aerzte  öfters 
mit  einer  kleinen  Ungenauigkcit  100  Drachmen  ein  Pfund  statt 
eine  Mine  zu  nennen  pflegten;  und  über  die  gleiche  Ungenauig- 
kcit späterer  byzantinischer  Schriftsteller  mag  man  Gronov  De 
seslertiis  p.  367  nachsehen.  Doch  solcher  Umschweife  bedarf 
es  kaum  zur  richtigen  Auffassung  unserer  Stelle.  Denn  dass 
Priscian  Pfund  und  Mine  miteinander  vertauscht  habe,  kann  doch 
nicht  deutlicher  ausgedrückt  sein  als  durch  dessen  eigene,  un- 
mittelbar vorausgehende  Worte:  libra  vel  mina  Altica  drachmae 
septuaginta  quinque,  libra  vel  mina  Graia  drachmae  centum 
quinque;  und  dass  er  speciell  an  unserer  Stelle  :  lalentum  magnum 
minae  octoginta  tres  unciae  quatuor  jedenfalls  mina  im  Sinne 
von  libra  genommen  hat,  geht  deutlich  aus  einer  späteren  Stelle 
desselben  Buches  §.  13  hervor,  wo  er  mit  Bezug  auf  obige 
Worte  ausdrücklich  sagt :  idem  Livius  in  XXXVIII  ab  urbe  con- 
dita  ostendit  magnum  talentum  Atticum  octoginta  habere  üb  ras 
et  paulo  plus,  cum  super  dictorum  computatio  manifestet  octo- 
ginta tres  libras  et  quatuor  uncias  habere  talentum,  quod  est 
sex  milia  denariorum.  Die  Schiussworte  zeigen  aber  auch  zu- 
gleich, dass  Priscian  —  ob  mit  Recht  oder  Unrecht  kommt  vor- 
läufig nicht  in  Frage  —  unter  talentum  magnum  sich  kein  vorsolo- 

(3)  zu  Vcrcjil  Aen.  V,  112:  apiu!  Romanos  talcntuin  est  sexagiiita 
librae,  sic.ut  Plautns  ostendit  in  Mostellaria,  qui  ait  duo  talcnta  esse 
contum  quadrasjinta  (imnio  :  vigiuti)  libras  ideni  ad  IX,  2()5 :  nam  ut 
supra  diximus,  secunduni  Plautiim  talentum  sexaginta  librarum  est,  qui 
cum  dixlsset  deberi  ccntuui  viginti  libras,  paulo  post  iiitulit  duo  talenta 
per  ioeum  dicens:  debentur  talcnta  tot,  quot  ego  et  tu  sumus. 

(4)  de  comp.  scc.  gen.  p.  883  ed.  Kuehne  :  nozi  fiiu  yno  dvri  -itji 
ftTOfti  Soa/iins  o  yonjoioiv  nvToi  (fort,  ol  avTOi) ,  tiote  Se  avji  irjs 
firng,  wo  kurz  zuvor  p.  880  ol  (Vt  /.iTom  im  statt  ol  Se  lirom  u  gelesen 
werden  muss.  ibid.  p.  445:  iii;  roniut;rs  Si  Siaftoeif ,  ikv  evQtjxi  Tiov 
Son/^iiäi  o  ni'ji  fiiäi  XixQai  yeyoufiut'iai  x.  r.  X, 


Chrht:  Betträge  -r-nr  Bestimmung  der  attischen  Talente.        47 

nisches,  sondern  ein  altrömisclies  Talent  von  GOOO  schweren 
Denaren  vorgestellt  hat.  Das  gibt  uns  denn  einen  Anknü- 
pfungspunkt zur  weiteren  Aufklärung  über  jenes  grosse  Talent 
des  Dardanus  oder  Priscian.  Denn  kurz  zuvor  lesen  wir  bei 
letzterem :  denariis  autem  illo  tempore  (nämlich  im  Anfang  des 
2.  Jahrh.  v.  Chr.)  nummi  argentei  erant  viginti  quatnor  sili- 
quarum;  rechnen  wir  aber  auf  einen  Denar  24  siliquae  oder  4 
Scrupel  oder  '/«  Unze,  so  treffen  auf  GOOO  Denare  oder 
1  Talent  genau  83  Pfund  4  Unzen,  wie  hocii  Priscian  oben  das 
talentum  magnum  angeschlagen  hatte.  Also  stellt  sich  auf  diese 
Weise  heraus,  dass  Priscian  entweder  das  allrömische  Talent 
dem  grossen  attischen  gleich  gestellt,  oder  geradezu  unter  je- 
nem grossen  attischen  Talent  ein  römisches  Talent  von  6000 
Denaren  zu  je  4  Scrupel  verttanden  hat. 

Aber  auch  abgesehen  von  dieser  Hinweisung  auf  römische 
Denare,  die  Priscian  selber  gibt,  lässt  sich  schon  aus  der  Ge- 
wichtsbestimmung des  einzelnen  Silberstückes  auf  24  siliquae 
oder  4  Scrupel  die  Schlussfolgerung  ziehen,  dass  jenes  Talent 
mit  der  solonischen  Zeit  nichts  gemein  liaben  kann.  Zum  Be- 
weise hiefür  müssen  wir  uns  einen  kleinen  E.xcnrs  über  den 
Ursprung  der  siliquae  und  scripula  erlauben.  Die  Eintheilung 
des  scripulum  in  6  siliquae  oder  y-toätta  scheint  erst  zu  Con- 
stanlins  Zeiten  mit  der  Prägung  des  solidus  und  der  Einthei- 
lung desselben  in  24  siliquae  in  das  Münz-  und  Gewichlsystem 
eingeführt  worden  zu  sein.  Das  scriptulum  aber  war  allerdings 
schon  dem  Varro  bekannt,  wie  wir  aus  einer  Mittheilung  des- 
selben über  die  fabelhafte  Silbermünze  des  Servius  TuUius  bei 
Charisius  p.  81  P.  schliessen  können:  Scriptulum,  quod  nunc 
vulgus  sine  t.  dicit,  Varro  in  Plulotoryne  dixit,  idem  in  annali  »  *  : 
nunnnum  argenteum  flalum  primum  a  Servio  Tullio  dieunt,  is  IUI 
scripulis  maior  fuit  quam  nunc  est.  Ja  es  war  dasselbe  nach 
Plinius^  bereits  früher  bei  dem  Beginn  der  Qoldpnigung  in 
Rom  (217  v.  Chr.)   in  Anwendung  gekommen;    aber   das  steht 

(5)  N.  H.  XXXIII,  ]3,  47:  AureiKs  nuniniiis  post  annos  LI  percussus 
est  quam  argenteiis,  ita  ut  scripulum  vaieret  sestertiis  vicenis. 


48        Sitzung  der  philoi-.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  186i. 

doch  vor  allem  Zweifel  sicher,  dass  die  Eintheilung  einer  grös- 
seren Einheil  in  scriptula  oder  ygci/iiuaca  gewiss  nicht  mit  dem 
Minen-  und  Drachniensystem  in  Verbindung  steht.  Denn  da 
der  Zusammenhang  der  24  scriptula  mit  den  24  Buchstaben  des 
Alphabets  auf  platter  Hand  liegt  ^,  und  letztere  offenbar  den 
Gewichtlheilen  den  Namen  gegeben  haben,  so  gab  es  sicherlich 
nie  mehr  und  nie  weniger  als  24  scriptula.  Nun  gehen  aber 
weder  auf  die  Mine  noch  auf  die  Drachme  24  scrip. ,  genau  so 
viel  aber  auf  die  Unze,  und  desshalb  kann  von  einem  Zusam- 
menhang der  Scrupeleintheilung  mit  der  Mine  und  Drachme  ge- 
wiss keine  Rede  sein.  Aber  desshalb  braucht  doch  dieselbe 
noch  nicht  von  der  römischen  Uiwse  ausgegangen  zu  sein,  viel- 
mehr widerspricht  einer  solchen  Annahme  gerade  die  Zahl  24; 
denn  da  das  lateinische  Alphabet»  nie  24  Buchstaben  sondern 
anfänglich  nur  21  später  23  zählte,  so  würde  die  Unze,  wenn 
die  Scrupeleintheilung  römischen  Ursprungs  wäre,  in  21  nicht 
in  24  scrip.  zerfallen  sein.  Eher  wäre  eine  Herleitung  aus 
Sicilien  möglich,  wo  bekanntlich  gleichfalls  das  Gewicht  nach 
Pfunden  (JÄtqui)  und  Unzen  {ovyxlai)  bestimmt  wurde,  doch 
neige  ich  mich  dahin,  dieselbe  nnt  dem  gutbezeugfen  Goldtalent 
in  Verbindung  zu  setzen,  zumal  wir  über  die  Grösse  des  siki- 
lischen  Pfundes  zu  wenig  unterrichtet  sind '.  Jenes  Goldtalent 
nämhch,  von  dem  die  attischen  Comiker  reden  und  dessen  auch 
spätere   Schriftsteller  gedenken  \    betrug   3   Goldstateren   oder 


(6)  cf.  Pseudo- Piiscian  de  poiuieribus  v    '25  fT. : 

Graiiiinata  dicta  quod  liaec  vigiuti  quattuor  in  se 
Uncia  habet,  tot  eniui  formis  vox  nostra  notatur, 
Hoiis  quot  mundus  pciagit  iioctenique  dieinque. 

(7)  Ob  das  sikilische  Pfund  ganz  dem  römischen  gleich  war,  halte 
ich  für  ungewiss;  doch  stimme  ich  desshalb  noch  niclit  Mommsen  (iesch. 
d.  Rom.  Miuizw.  p.  80  bei,  der  aus  sehr  unzutänglicheu  Gründen  die  sy- 
rakusanische  Litra  =  '/j  röm.  Plund  setzte. 

(8)  Etym.  M.  p.  675:  To  tnlavrov  xara  rovi  rtaXntovs  ;foi'aovi; 
ei/e  Toelf  Siö  y.ni   <Pi).r;fi(OV  6  y.(0/tix6g   yr]at 

Sv'  ei  Xäßot 
Tnf.avxa,  -/^ovaovi  E^  i'^cop  arcoioerat. 


Christ:   Beiträge  zur  Destimnntny  der  attischen  Talente.        49 

6  altische  Drachmen,  bei  der  Goldprägung  war  man  aber  zu- 
meist wegen  des  hohen  WerUies  des  Materials  auf  ein  kleineres 
Gewicht  als  die  Drachme  angewiesen,  und  da  jenes  Goldtalent 
von  G  solonischen  Drachmen  fast  genau  auf  das  Gewicht  einer 
römischen  Unze  herauskam,  so  begreift  man  leicht,  wie  man 
jene  Eintheilung  des  Goldlalentes  in  6  Drachmen  und  24  Scru- 
pel  auf  die  römische  Unze  übertragen  und  auch  sie  in  6  alte 
Denare  und  24  Scrupel  einlheilen  konnte.  So  viel  aber  ergibt 
sich  jedenfalls  aus  dem  gesagten ,  dass  eine  solch  einfache 
offenbar  normale  Bestimmung  des  Silberstückes  auf  4  Scrupel 
mit  der  alten  altischen  Drachme  in  gar  keiner  Verbindung 
stehen  kann ;  denn  eiiuiial  ist  von  einer  Eintheilung  der  Mine 
oder  Drachme  in  Scrupel  oder  ygä^juara  überhaupt  keine  Rede, 
dann  aber,  und  das  ist  die  Hauptsache,  ist  das  jonische  Alphabet 
von  24  Buchstaben  erst  lange  nach  Solon  unter  dem  Archen 
Euclides  ol  94,  2  an  die  Stelle  des  altattischen  von  IG  Buch- 
staben getreten  Ist  dieses  aber  der  Fall,  so  gehl  jene  Be- 
stimmung des  Silberstücks  auf  4  Scrupel  nicht  auf  die  altische 
Drachme,  und  ist  desshalb  auch  das  daraus  gewonnene  talentum 
magnum  von  83  Minen  und  4  Unzen  nicht  auf  ein  altisches, 
sondern  auf  ein  altrömisches  Talent  von  83 '/j  Pfund  oder  von 
GOOO  vier  Scrupel  wichtigen  Denaren  auszulegen. 

Damit  fallen  denn  auch  die  abenteuerlichen  Annahmen  von 


cf.  Dipliilus  bei  Meiiieke  IV^,  379  ir  'Ava/voto:  ßon/v  rt  i'on  t«- 
f.ayroi'.  Poliiix  IV,  173:  o  Se  /ovoovs  arnrijo  Svo  rjye  Sonyjict? Arrixas, 
tÖ  8i  räXavTOv  tof'h  yovaoi'i;  id.  IX,  53:  ijSvvaro  Se  rd  rov  yovaiov 
ta/.arxov  roeli  ■/nvooüi  ^Triyovi ,  rb  Se  rov  nnyvQiov  ttfjy-ovra  itväi 
li^TTty.ni;  Eiistalliius  ad  II  I  122:  ttwo'  'ArrtnoTi  uiv  vajeoov  eii  «I«- 
xioytliov;  aT«r/;orts-  uvrö    (sc.    rä/.ai'Tor)   Ttenit'uTt; ,     rö   Se  MnyeSoi'txöy 

T(i}.ayrov  Toeii  rjani'  yovaivoi.  Bei  Hcro  -  üid^mus  lesen  wir  freilich: 
ayei  ovv  ro  /ovaovv  TriknvTOv  'ATTty.ks  S^axfins  ß  y^ätiftara  g ,  aber 
hier  scheint  eine  Verwechselunsj  von  rä'/.niTor  und  oTnrr;o  stattgefunden 
zu  haben,  wenn  man  niclit  mit  Böckli  Metrol.  Unt.  p.  34  4  hierin  eine 
spätere  Veranschlagung  des  Goldes  in  Kupfer  erblicken  will. 
[1463.  l.j  4 


50        Sitzung  der  j>hiloa.-phüol.  Classe  vom  4.  Februar  1869. 

Rome  de  l'lsle,  der  in  seiner  Melrologie^  das  kleine  altische 
Talent  mit  seiner  samischen ,  das  grosse  mit  seiner  corinthi- 
schen  Drachme  in  Verbindung-  bringt,  worüber  es  sich  nicht 
verlohnt  ausfiilu'licher  zu  handeln. 

Muss  nun  aber  bei  Priscian  im  zweiten  Glied  ,.talentum 
magnum  minae  octoginta  tres  et  unciae  qualtuor"  das  Wort  mina 
in  dem  Sinne  von  libra  genommen  werden,  so  sollte  man  er- 
warten, dass  auch  im  ersten  Glied  ..talentum  Afheniense  parvum 
minae  sexaginla"  mina  so  viel  als  libra  gelte.  Da  scheinen 
wir  nun  mit  unsrer  ganzen  Erklärung  in  die  Enge  getrieben  zu 
werden.  Denn  es  gingen  wohl  seit  Nero  nur  62 V^  Pfund  auf 
das  Talent,  dns  man  missbräuchlicher  Weise  das  attische  nannte, 
und  ward  auch  unter  manchem  der  nachfolgenden  Kaiser  der 
Denar  noch  geringhaltiger  ausgebracht,  so  dass  auf  6000  Denare 
oder  ein  Talent  effektiv  nicht  viel  mehr  als  60  Pfund  kamen; 
aber  normal  stand  doch  das  Talent  nie  unter  62 '/j  Pfund'", 
und  anzunehmen,  dass  Priscian,  der  im  zweiten  Glied  so  genau 
ist,  dass  er  sogar  ausser  den  Pfunden  noch  die  Unzen  angibt, 
im  ersten  Glied  so  ohne  weiters  gleich  2'/.,  Pfund  der  runden 
Zahl  zu  lieb  vernachlässigt  habe,  das  heist  doch  der  allerdings 
grossen  Gedankenlosigkeit  unsers  Grammatikers  gar  zu  arges 
zumuthen.  So  scheint  uns  also  nichts  übrig  zu  bleiben  als  an- 
zunehmen, dass  Priscian  bei  dem  kleinen  Talent  das  solonische 
zu  60  Minen,  bei  dem  grossen  ein  römisches  von  SIV/j  Pfund 
im  Sinne  gehabt  habe.  Wie  kam  aber  Priscian  dazu  so  ganz 
verschiedene  Dinge  zusammenzuwerfen  ?  Ich  denke  er  selbst 
und  andere  Metrologen  geben  uns  hierfür  eine  vollständig  ge- 
nügende Erklärung  an  die  Hand. 

Von  Nero   war   bekanntlich    der  römische  Denar,   welcher 


(9)  p.  98  und  praof.  X.Xll 

(10)  Denn  die  Bestimmung  des   angeblichen  Eiisebius  bei  Salmasiu.i 

Refut.   p.   57;     rä/.ftrTor    '/.iTOt'tr    t    iirn    /.ironi  n,    /.irnn   ovyy.ioii'  tji  ist 

doch  nur  eine  ungenaue  und  ungofähie,    die  eben  auch  auf  einer  Ver- 
ivechsclung  von  Mine  und  Pfund  beruht. 


Christ:  Beiträge  zur  Bestimmung  der  attischen  Talente.        51 

zuvor  normal  Vg,,  Pfund  wog,  auf  '/«g  Pfunil  oder  auf  3  Scrupel 
reducirt  worden,  und  dieses  geringe  Gewicht  des  Denar  erhielt 
sich  in  der  ganzen  Folgezeit,  so  lange  überhaupt  Denare  ge- 
schlagenwurden, nur  dass  einzelne  Kaiser  denselben  bald  etwas 
höher  bald  etwas  niederer  ausbrachten.  Nun  wussle  man  aber  zu 
Dardanus  Zeit  noch  recht  gut,  dass  nicht  zu  allen  Zeiten  der  Denar 
ghiich  Vgs  Pfund  gewesen  war,  und  man  halte  nicht  bloss  noch 
Kenntniss  von  dem  vorneronischen  Denar  von  Vg^  Pfund  oder 
3%  Scrupel  sondern  auch  noch  von  dem  im  Anfang  der  römi- 
schen Silberpriigung  zu  V7  2  Pfund  oder  zu  4  Scrupel  ausge- 
brachten Denar.  Die  Thatsache,  dass  die  ersten  römischen  Denare 
bis  zum  J.  217  v.  Chr.  normal  4  Scrupel  wogen,  steht  jetzt 
nach  den  genauen  Wiigungen  der  ältesten  Stücke  fest,  worüber 
Theod.  Mommsen  Gesch.  des  Römischen  Münz*vesens  p.  297  ff. 
die  bestimmten  Nachweisungen  gegeben  hat.  Aber  wir  haben 
auch  über  diesen  ältesten  römischen  Münzfuss  ausdrückliche  bis- 
her nur  nicht  gehörig  beacht(>te  Zcugm'sse  von  Schriftstellern. 
So  sagt  der  älteste  und  wichtigste  der  uns  erhaltenen  Metro- 
logen, der  Metrolog  der  Benediktiner  bei  Montfaucon  Palaeo- 
graphia  graeca  p.  3G9:  /)  de  Uiqcc  eyu  ovyyiag  <~,  olxccg  ^ 
Ev  ullv)  Oji;  hier  bezieht  sich  der  Ansatz  des  Pfundes  auf  75 
oXxal  auf  die  solonisch-aftische  Drachme,  wie  wir  später  ge- 
nauer darthun  werden,  die  Bestimmung  auf  72  okxal  aber  kann 
kaum  auf  etwas  anderes  als  auf  den  ältesten  röinischen  Denar 
zu    V72  Pfund   oder  4  Scrupel  gehen".     Eines   solchen   Denar 


(11)  Qucipo  e.s.sai  sur  Ics  s^stcino.s  nielr.  et  inonr'l  des  ;nic.  peuples 
I  p.  193  gibt  ricilicii  eine  andere  Erklärung,  indem  er  den  ünteiseliied 
in  der  Zaiil  der  ö/.y.ni  auf  zwei  verschiedene  Pfunde  tiezielit,  von  denen 
das  erste  das  römische  von  325  (iramm,  das  zweite  das  römisch-iigvptische 
von  339,84  Gramm  sei.  .\her  wollten  wir  auch  alle  andern  dort  aufge- 
stellten Hypothesen  zugeben,  so  konnten  wir  doch  nicht  der  Annalime 
zweier  verschiedener  Pfunde  beipflichten,  da  keiner  der  Metrologeu, 
von  der  fraglichen  Stelle  abgesehen,  etwas  von  einem  solchen  Unter- 
schied weiss.    Es  wäre  aber  doch  sehr  auffällig,  wenn  jene  Mctrologen, 

4» 


52        Sitzung  der  jjhilos.  philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

erwähnt     mit     klaren    Worten     der    7,     Metrolog     des    Galen 

c.  XU  ed.  Kuehne:  rj  doayjti)  noiil  yQÖ.jn/naTa   y to  de 

drjpc'cQinv  tysi  yga/nfiaza  d ;  und  eine  ähnliche  Angabe  enthält 
der  2.  Metrolog-  des  Galen  c.  VIII:  co  azäyiov  (i.  e.  sexta  pars 
iinciae  sive  qualuor  scriptula)  ö>iic'ivinr  Vv  . . .  q  duayui]  y.toäcia 
//;.  Ja  am  vollständigsten  überliefert  diese  Ansicht  Priscian 
selbst  de  fig.  nnnier.  §.  13:  denarii  autem  illo  tempore  nummi 
argentei  erant  viginti  quatliior  siliquaruni,  quod  in  eodem  libro 
ostendit  Livius'^:  signati  argenti  LXXXIIII  niilia  fuere  Alticorum; 
tetrachma '^  vocant,  trium  fere  denariorum  in  singulis  argenti 
est  pondus  Nun  ist  zwar  jene  Annahme  ganz  irrig,  weil  um 
das  Jahr  560  der  Stadt  —  denn  in  dieses  fällt  die  Erzählung 
—  der  Denar  entschieden  nicht  mehr  auf  V,,,  sondern  nur  noch 
auf  V84  Pfund  o'der  nicht  ganz  21  siliqnac  ausgebracht  wurde, 
und  ist  überdiess  das  Zeugniss  des  Livius,  wenn  anders  das- 
selbe verlässig  ist,  in  einer  ganz  verkehrten  Weise  ausgebeutet 
worden;  aber  immerhin  ist  doch  daraus  ersichtlich,  dass  man  zu 
Priscians  Zeit  den  allen  rönn'scheii  Denar,  vielleicht  durch  das 
Gewicht  des  solidus  und  miliarense  veranlasst,  auf  4  Scrupel 
oder  24  siliquae  anschlug.  Aber  auch  noch  andere  Münz-  und 
Gewichlsangaben  können  in  dem  gleich<'n  Sinn  gedeutet  werden. 
Wenn  nämlich  der  Metrolog  der  Benediktiner  sagt :  zo  de 
yqä(.i(.ia  eaciv  oßoXng  a  xaAxni  d,  und  im  Einklang  damit  der 


die  zum  Tlicil  äiryplistlipr  Hcrkiiiifl  sind  iiiui  so  viclos  iiiul  njeiiaiies  von 
den  verschicdeiii'ii  .\iten  der  Mine  berichten,  für  den  Unterschied  der 
Pfunde  kein  Wort  gefunden  hätten.  Die  aus  dem  Alterthum  erhalleneu 
Gewiciile  aber  pflegen  keineswegs  so  exact  zu  sein,  dass  sich  aus  deren 
Verschiedenheil  ein  verschiedenes  Normaigewieht  des  Pfundes  dedu- 
ciren  liesse,  wie  Queipo  an  genannter  Stelle  gethan  hat. 

(12)  Livius  XXXIV.  52. 

(13)  Denn  tetraciima  ist  mit  den  Hdseh.,  nicht  tetradrachma  mit  der 
vulgala  und  Keil  zu  lesen;  cf.  Letronne  Consid.  gener.  sur  l'evaluation 
de.s  mon.  grec.  et  rom.  p.  UO,  Momnisen  Gesch.  d.  ruui.  Miinzw.  p.  72 
und  C.  1.  G.  Nr.  1570  b. 


Christ:  Beiträge  zur  Bestimmung  der  attischen  Talente.        53 

4.  Metrolog  des  Galen  angibt:  xo  öi  ygäfifta  l'xet,  oßnlov  a 
-/aXKovg  ~d,  so  kann  dabei  nur  an  eine  Drachme  von  4  Scrupel 
gedacht  werden;  denn  wenn  der  Scrupel  1'/^  Obolen  gleich  ist, 
so  macht  der  Obol  ^/a  Scr.  und  also  6  Obolen  oder  1  Drachme 
6  X  ^/s  =:  4  Scr.  aus.  Indess  ist  auf  dieses  Zeugniss  kein 
Gewicht  zu  legen,  da  die  Obolen  nicht  zum  Denarsystem  ge- 
hören, und  daher  hier  auch  eine  nicht  ganz  genaue  Bestimmung 
dessolonisch-attischen  Obol  gegeben  sein  kann.  Noch  bedenklicher 
steht  es  mit  einer  andern  Angabe  des  eben  erwähnten  4.  Metro- 
logen des  Galen :  n  ds  oßnlng  yalxnvg  g.  Denn  da  der  Obol 
in  der  Regel  zu  8  chalcus  angegeben  wird ,  so  könnte  man 
auch  diesen  abweichenden  Ansatz  daraus  erklären,  dass  der 
neronische  Obol  wohl  noch  8  eigene  chalcus,  aber  nur  6  chalcus 
des  alten  Obol  von  ^/g  Scr.  betragen  habe.  Aber  jene  ganze 
Angabe,  dass  der  Obol  in  6  chalcus  zerfallen  sei,  ist  nach  den 
Nachweisungen  Böckhs'*  höchst  unzuverlässig.  Denn  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  ist  dieselbe  aus  einer  corrupten  Lesart 
des  Mathematikers  Diodorus  geflossen,  wornach  auch  Suidas 
S  V.  rdlavTOP  sagt:  Tälavcoy ,  cog  qt](Jt  JiödiOQng  ev  tiTt 
nsQL  aiai^(.nZv  ,  (.ivwv  saiiv  ^,  i]  de  f^va  J(>a/,«wi'  g ,  r]  de 
Sgr'yarj  nßn?.(vv  f-'S ,  o  de  oßolng  x«^'<wj'  g,  o  öe  /orAxovg 
Xerrnov  C,  während  die  ächte  Ueberlieferung  in  den  Schoben 
zu  II.  E  576  erhalten  ist:  6  da  Jiööioqng  iv  tip  ueqI  orai^- 
ftüiv:  tdXavvöv  eori  f.ivüjv  §,  ij  ds  fiira  dQayjicov  o ,  tj  ds 
ÖQax/itrj  oßoLöJv  g,  o  öe  nßo).og  yaXxiuv  rj ,  o  ös  yaXxovg 
Xemöjv  L.  Doch  wenn  wir  auch  diese  beiden  letzten  Zeugnisse 
nicht  zählen  lassen,  so  geht  doch  aus  den  übrigen  sattsam  hervor, 
dass  man  noch  in  der  Kaiserzeit  eine  Vorstellung  von  einem 
altrömischen  Denar  hatte,  der  etwas  schwerer  als  die  solonisch- 
attische  Drachme  war  und  genau  Vß  Unze  oder  4  Scrupel  wog. 
Zu  diesem  alten  römischen  Talent,  dessen  Drachme,  Denar 


(14)  Gerhards  Archäologische  Zeitung,  a.  1847  p,  44  ff. 


54       Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  i862. 

genannt,  4  Scriipel  wog,  sctzle  man  dann  in  späterer  Zeit  das 
neronische  Talent,  dessen  Drachme  3  Scrupel  betrug,  in  Gegen- 
salz, und  bezeichnete  dabei  gewühnh'ch  letzteres  missbräuch- 
lieber  Weise  als  altisthes  Talent  und  den  dazu  gehörigen  Denar 
als  altische  Drachme  oder  Drachme  schlechthin.  Daher  kömmt 
es,  dass  die  Drachme  von  den  Metrologen  der  Kaiserzeit  in  der 
Regel  zu  3  Scr.  angeschlagen  wird,  wiewohl  dieselbe  doch  nach 
attischer  Wahrung  bedeutend  mt'hr  nämlich  3,87  Scr.  wog.  So 
wird  von  den  sämmtlichen  acht  Metrologen,  die  den  Werken 
des  Galen  angehängt  sind,  und  die  mit  den  Namen  des  Galen 
der  Cleopatra  und  des  Dioscorides  in  Verbindung  gesetzt  wer- 
den, die  Drachme  zu  3  Scr.  und  von  den  meisten  derselben  im 
Einklang  hiermit  der  Obol  zu  V«  Scr.  oder  zu  3  siliquae  ange- 
geben. So  lehrt  ferner  unser  Priscian  de  fig.  num.  §.  13:  vide 
quod  quattuor  drachmae  sint  septuaginta  duae  siliquae  —  diximus 
enim  superius,  quod  tres  oboli,  quorum  singuli  sex  siliqnas  ha- 
beant,  drachmam  faciunt'",  und  stimmt  somit  mit  Pseudo-Priscian 
de  ponderibus  v.  17  f.  überein : 

Scripla  tria  drachmam  vocitant,  quo  pondere  doctis 

Argenli  facilis  Signatur  nummus  Athenis. 
Auch  in  dem  metrologischen  Fragmente ,    das  im  cod.  Bo- 
biensis  jenem  Gedichte  angehängt  ist.  und  im  Hero -Didymus '* 


(15)  Oben  §.  10  hatte  Priscian  bloss  gesagt:  obolus  dicitur.  ut  Dar- 
danus  docet,  scripiilus  esse,  id  est  sex  siliquae.  drachina  sive  argenteus 
scripuli  tres.  Aber  Priscian  hat  hier  irrtliüuilich  den  Ohol  dein  Scrupel 
gleich  gesetzt,  da  G  Obole  auf  die  Drachme  gehen  und  demnach  erst 
2  Obole  einen  Scrupel  ausmachen.  Indess  ist  dieser  Irrlhum  dem  Pris- 
cian gemeinsam  mit  dem  7.  Metrologen  des  tialen  c.  XII  ö  oßoJ.öä  Tioiel 
yoünfin.  Auch  ist  damit  Isidorus  XVI.  25  zu  vergleichen,  der  wohl  den 
Obolus  nur  zu  3  siliquae  oder  '/i  Scr.  anrechnet,  aber  die  Eintheilung 
des  Obolen  in  S  chakus  auf  das  scripulum  überträgt,  und  desshalb  dem 
Obol  nur  4  chakus  zukommen  lässt :  eakus  minima  pars  ponderis.  quarta 
pars  oboli  e.st.  cf.  anthol.  lat.  \r.  1068:  Unus  item  scripulus  cakis  com- 
ponilur  octo. 

(16)  Letronne  Recherches  sur  Ht'ron  p.  50  und  Angelo  Mai  Iliadis 
fragmenta  et  picturae. 


Christ:  Beiträge  zur  Bestimmung  der  atiischen  Talente.        55 

findet  sich  der  gleiche  Ansatz  der  Drachme  zu  3  Scr. ,  und 
wird  obendrein  in  letzterem  auch  die  attische  Mine  an  Gewicht 
und  Werlh  der  neronischen  mit  den  Worten  gleich  gesetzt:  tT^ 
ovv  Ldtziyfj  TH)6g  T£  üiaüi-iov  xal  v6fiiO(.ia  XQr^aisnv  loodv- 
va(.iog  yc'cQ  lau  xal  iooozdaing  rfj 'iralixfj  /iirä,  tj  oiair^QWv 
eaii  x€,  r]  ös  'IraXixij  Xiioa  OTatiQiov  xö.  Davon  ausgehend 
setzt  alsdann  die  Cleopatra  bei  Galen  c.  X  die  attische  Mine, 
von  der  sie  die  Gewichlsmine  scheidet,  zu  12 '/2  Unzen  das  ist 
zu  100  X  3  Scr.  an:  17  ^ylirix)]  ftrcc  lyti  ovyyiaq,  iliS;  und 
gewiss  stand  dieselbe  Bestimmung  auch  im  2.  Metrologen  des 
Galen  c.  VII,  da  dort  die  Worte  rj  deliTiixi]  {sc.  [.ivCc)  oväyia 
xuia  ofTenbar  zu  r)  de  i^crixi)  kivoav  fiiav  ardyicc  toia  er- 
gänzt werden  müssen. 

Nach  dem  Gesagten  steht  es  also  fest,  dass  man  in  der 
späteren  Kaiserzeit  streng  zwischen  dem  altrömischen  Talent 
und  dem  Talente  der  von  Nero  eingeführten  j\lünzwährung 
schied,  und  dass  man  dabei  das  erste  zu  83  Pfund  4  Unzen 
anschlug,  das  letzlere  aber  gewöhnlich  mit  dem  attischen  con- 
fundirte.  Nun  hatte  man  gewiss  damals  auch  noch  Kenntniss 
von  dem  Unterschied,  wenn  auch  nicht  des  vor-  und  nach- 
solonischen  Talentes,  so  doch  des  schweren  Handelstalcnfcs  und 
des  leichten  Münztalentes,  die  nebeneinander  in  Athen  in  Brauch 
waren.  Da  diese  beiden  Talente  nun  gleichfalls  in  dem  ähn- 
lichen Verhältniss  von  60  Minen  zu  83  Minen  standen,  und  man 
Mine  und  Pfund  öfters  für  gleichbedeutend  nahm ,  so  laop  die 
Verwechselung  des  solonisch -.attischen  Talentes  mit  dem  nero- 
nischen und  des  attischen  Handclstalentes  mit  dem  allrömischen 
Münztalenl  nahe  genug.  Auf  solche  Weise  erklären  sich  deim  auch 
die  in  Frage  stehenden  Worte  des  Priscian:  talentum  Atheniense 
parvum  minae  sexaginta,  niagnum  minae  octoginta  tres  et  unciae 
quatuor,  indem  hier  Priscian  oder  sein  Gewährsmann  in  das 
erste  Glied  den  einfachen  Werth  des  solonisch-attischen  Talentes 
in  Minen,  in  das  zweite  die  genauere  Gewichtsbestimmung  des 
altrömischen  Talentes  in  Pfunden  und  Unzen  einsetzte. 


56        Silzting  der  phitos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

So  jToni  wir  nun  auch  diese  heiküche  Aufgabe  die  Ver- 
kehrlheilen  und  Absurdilälen  spaterer  Grammatiker  zurecht  zu 
legen  und  deren  Unverstand  zu  erklüren,  vorlassen  möchten, 
so  müssen  wir  doch  noch  einen  Punkt  besprechen ,  der  uns 
schhesshch  aber  auch  auf  ein  interessantes  Factum  führen  wird. 
Da  nämlich  das  römische  Pfund  seit  Nero  96  Drachmen  enthielt, 
die  solonisch- attische  Mine  aber,  wie  wir  später  noch  genauer 
sehen  werden,  IVj  Pfund  wog,  so  dass  75  solonische  Drachmen 
auf  ein  Pfund  gingen ,  so  erdichtete  Pseudo  -  Priscian  in  seinem 
Gedichte  de  ponderibus  v.  28  IF.  ein  altisches  Pfund,  das  nie 
existirte,  und  hielt  dasselbe  für  kleiner  als  das  lateinische,  weil 
es  nur  75  Drachmen  umfasse,  während  in  der  That  die  Pfunde 
gleichen,  aber  die  Drachmen  verschiedenen  Gewichtes  waren. 
Denn  in  diesem  Sinne  sind,  wie  schon  Böckh  Metr.ol.  Unters, 
p.  117  nachgewiesen  hat,  die  Verse  zu  erklären: 

Unciaque  in  libra  pars  est,  quae  mensis  in  anno: 

Haec  magno  Latio  hbra  est  genlique  togatae, 

Altica  nam  minor  est:    ter  quinque  haue  denique  drachmis 

Et  ter  vicenis  tradunt  explerier  unam, 

Accipe  praeterea  patrio  "  quam  nomine  Graii 

Mnam  vocitant,  nostrique  minam  dixere  priores, 

Centum  hae  sunt  drachmae,  quod  si  decerpseris  illis 

Ouattuor,   elTicies  hanc  noslram  denique  libram. 

Unmöglich    aber  kann    der   folgende   Vers    in    der    Gestalt 
richtig  sein,  in  der  er  jetzt  gelesen  zu  werden  pflegt : 

Attica  quae  fiet,  si  quartam  dempseris  hinc,  mna 
Denn  eine  attische  Mine  zu  72  Drachmen  ist  ganz  unerhört, 
und  der  Dichter  will  nicht  angeben,  wie  gross  die  attische  Mine 
war,  sondern  wie  man  aus  der  allgemein  giltigen  Mine  von 
100  Drachmen,  das  römische  und  attische  Pfund  finden  könne, 
und  da  der  cod.  Bobiensis,  die  einzige  Textesquelle  dieses  Ge- 


(17)  patrio  Vlnetus:  parvo  cod. 


Christ:  Beiträge  zur  Bestiffimuny  der  attischen  Talente.        57 

dichtes,  dcnipscris  emtiam  bietet,  so  ist  offenbar  mit  dem  scharf- 
sinnigen Vinetus  zu  lesen: 

Altica  quae  fiet,  si  qnartam  dempseris  unam. 
Das  heisst,  das  röniische  Priiiul  erhiüt  man,  wenn  man  von  der 
Mine  von  100  Drachincn  vier,  das  attische,  wenn  man  ein  volles 
Viertel  abzieht. 

In  ganz  gleich  verkehrter  Weise  hat  Priscian  De  fig.  num. 
§.  10:  libra  vel  mina  Attica  drachmae  septuaginta  quinque  das 
attische  Pfund  zu  75  Drachmen,  statt  das  römische  Pfund  zu 
75  soionisch-atlischen  Drachmen  angesetzt.  Schwieriger  zu  er- 
klaren sind  die  gleich  folgenden  Worte:  libra  vel  mina  Graia 
drachmae  centum  quincjue ,  über  deren  Bedeutung  die  Erklärer 
gar  wunderliche  Meinungen  aufgestellt  haben.  In  den  alten 
Ausgaben  wurde  geändert:  libra  vel  mina  Graia  drachmae  nona- 
ginta  sex,  weil  gleich  unten  §.  14  folgt:  Italica  autem  mina 
drachmas  habet,  ut  supra  dictum  est,  uonaginta  sex;  aber  dann 
hätte  man  auch  gleich  vollständig  ändern  sollen:  libra  vel  mina 
Italica  drachmae  nonaginta  sex,  da  eine  mina  Graia  von  96 
Drachmen  ein  wahres  Monstrum  ist.  Jedoch  kann  bei  den  jetzt 
fester  stehenden  Grundsätzen  der  Kritik  von  keiner  der  beiden 
Abänderungen  der  handschriftlichen  Lesart  mehr  die  Hede  sein. 
Weit  mehr  Wahrscheinlichkeit  hat  es  für  sich,  dass,  wie  Linde- 
mann angenommen  hat,  nach  drachmae  centum  quinque  ein 
weiteres  Glied  :  libra  vel  mina  Italica  drachmae  nonaginta  sex 
ausgefallen  ist.  Aber  gewiss  und  nothwendig  ist  diese  Ergän- 
zung keineswegs;  denn  Priscian  konnte  auch  mit  Bezug  auf  die 

vorausgehenden  Worte:    uncia   drachmae   octo unciae 

duodecim  libra  später  sagen:  Italica  mina  drachmas  habet,  ut 
supra  dictum  est,  nonaginta  sex,  zumal  wir  bereits  oben  p.  54 
eine  gleich  ungenaue  Beziehung  auf  eine  frühere  Aeusserung 
nachgewiesen  haben.  Wie  sind  nun  aber  jene  handschriftlich 
sicher  stehenden  Worte :  libra  vel  mina  Graia  drachmae  centum 
quinque  zu  erklären?  Auf  das  einzige  richtige  werden  wir  durch 
die  weiter  unten  folgenden  Worte  §.  14:  et  sciendum,  quod 
secundum  Livii   computationem  centum  minae  Atticae ,    quarum 


58       Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

singulac  sepluaginta  quinquc  drachmas  liabent,  faclunt  talentum 
magnum ;  naiii  minus  scxaginta  haltet  sccundum  Dardanutn  ge- 
führt. Denn  Priscian,  bei  dem  es  überall  vom  grossen  Talente 
spukt,  hat  hier  mit  einer  freilich  ganz  unglaublichen  Verworren- 
heit doch  angedeutet,  dass  die  attische  Mine  von  75  Drachmen 
auf  den  Unterschied  von  dem  grossen  und  kleinen  Talent  Bezug 
habe.  Setzen  wir  nun  das  von  Priscian  aus  Dardanus  gege- 
bene, oben  weitläufig  erörterte  Verhältniss  dieser  beiden  Talente 
in  Beziehung  zu  den  erwähnten  75  Drachmen,  so  erhalten  wir : 
60  :  8373  =  75  :  X. 

,    .  ,            83'/3  X  75  _  250  X  75    _   ..,, 
Demnach  ist  x  =:  7.^^ =         -  oq =   ^^^  '« 

und  dieser  Werth  von  104'/,  kommt  der  runden  Zahl  105  so 
nahe,  dass  kein  Zweifel  mehr  darüber  obwalten  kann,  dass  hier 
Priscian  unter  mina  Graia  das  vorsolonisch -attische  oder  das 
spätere  altische  Handelstalent  verstanden  habe.  Diese  Notiz  ist 
uns  aber  um  so  willkommener,  als  wir  daraus  ersehen,  dass 
jenes  vorsolonische  Talent,  das  auch  nach  der  Münzreduction 
des  Solon  in  Allika  im  Handelsverkehr  noch  in  Geltung  bheb, 
das  alle  allgemein  griechische  Talent  gewesen  sein  muss. 

Um  nun  den  unterbrochenen  Faden  der  Untersuchung  wie- 
der aufzunehmen,  so  ist  es  jetzt  klar  geworden,  dass  wir  zur 
Bestimmung  jenes  grossen  Talentes  keineswegs  von  der  nur 
scheinbar  genauen  Angabe  des  Priscian  ausgehen  dürfen,  und 
dass  wir  somit  das  solonische  Talent  zu  dem  vorsolonischen 
entweder  nach  Piularch  in  das  Verhältniss  von  100  :  137,  oder 
vielmehr  nach  der  amtlichen  Bestimmung  des  erwähnten  Volks- 
beschlusses in  das  Verhältniss  von  100  :  138  setzen  müssen. 
Wie  gross  war  nun  aber  in  bestimmten  Ziffern  und  Gewichtan- 
gaben jedes  der  beiden  Talente? 

Zur  Beantwortung  dieser  Frage  haben  wir  mehrere  Ueber- 
licferungen,  von  denen  aber  die  wichtigste  und  genaueste  bis 
jetzt  noch  nicht  benützt  worden  ist.  Vorerst  hat  Mommsen 
Gesch.  d.  Rom.  Münz.  p.  2i  ff.  mit  einer  für  mich  vollständig 
überzeugenden   Beweisführung   dargethan,   dass  das   von  Solon 


Christ:  Beiträge  zur  nesthnmung  der  atthcheu  Talente.        59 

in  die  Münzwiilirung  eingeführte  Talent  kein  anderes  gewesen 
sei  als  das  euböische,  und  dass  daher  auch  spiiler  noch  die 
Römer  in  Verträgen  mit  {\c\\  Karthagern,  den  Aetolern  und  mit 
Antiochus  die  zu  leistende  Geldsumme  in  euböischen  Talenten 
festselzlen,  wo  an  nichts  anders  als  an  solonisch- attische  Talente 
gedacht  werden  kann.  Eutsc^heidend  und  für  die  Gewichtsbe- 
stimmung des  fraglichen  Talentes  von  einziger  Wichtigkeit  sind 
die  beiden  Stellen  des  Polybius  über  den  Vertrag  der  Römer 
mit  Antiochus.  Unter  den  von  den  Römern  gestellten  Friedens- 
forderungen heisst  es  niimlich  daselbst  XXI,  14  delv  yag  ainovg 

Erßo'ixa    zäkavia  enidoinai  (.ivqia  xal  neviaxLOXi^icc 

'Po/^icioig  dpTi  rrjg  slg  xöv  n.nlef.inv  öariävi^g'  rovciov  öe 
nerraxnoia  liiev  naoayiQijua ,  öioxiXia  de  xal  neviaxnaia 
näkiv,  Ineiöav  o  dt'^f.iog  v.vQiöoij  zag  öialvasig,  za  de  Intna 
releiv  ev  ereoi  öwöeKa  öidövia  xaiy  exaozov  ezng  ÖLoyJXia 
zäkavza.  In  dem  förmlichen  Friedensvertrag  1.  XXII  c.  26 
aber  findet  sich  folgende  Bestinnuung:  doyvQLov  öe  önrot 
^dvzioyioglAtzixov'^Ptoitaintg  tcoioTov  zäXavta  fii'gia  dioxOua 
ev  eiEOL  öiödev.a  diöovg  xalh''  f-'^aatou  i'cng  xilia  —  /nrj 
ekazcov  d'  eXxeico  zo  zäiavvov  XizQOJp'Pi'iiiia'iy.cö}'  oydnrjxovTa. 
Aus  dem  Zusammenhalt  dieser  beiden  Stellen  schloss  nun 
Mommsen  mit  entschiedener  Bestimmtheit,  dass  das  euböische 
Talent  nicht  verschieden  sein  könne  von  einem  Talent  in  atti- 
schem Geld  und  dass  ein  solches  Talent  80  römische  Pfund 
beiragen  habe.  Hat  Polybius  es  noch  wohl  vermieden  von 
einem  altischen  Talent  zu  sprechen,  da  wahrscheinlich  in  der 
Zeit  vor  Christi  Geburt  ein  Talent  von  6000  vollwichtigen 
solonisch-attischen  Drachmen  nie  attisches,  sondern  stets  euböi- 
sches  genannt  worden  war,  so  hat  hingegen  der  ungenauere 
Livius    in   den  Präliminarien  '*    allerdings  noch   von    euböischen 


(18)  Liv.  XXXVII,  -47:  Pro  iiipensis  dcinde  in  bellum  factis  quiii- 
dcciui  milia  talentuin  Hiiboicoriiin  dabitis,  quingenta  pracsentia,  dno  niilia 
et  quingcnta  cum  scnatus  populusquc  Roraanus  patem  comprobaveriiit, 
milia  deiude  talcntum  per  duodecim  annos. 


60       Sitzvtiff  der  philos.-phüoL  Classe  vom  4.  Februar  1868. 

Talenten  gesprochen,  in  dem  endgilligen  Friedensvertrag  aber" 
schon  den  nachlassigen  Ansdrucii  argenti  probi  duodecim  miba 
Atlica  talciita  slalt  des  correkten  argenti  probi  Attici  duodecim 
milia  lalcnia  *"  einflicssen  lassen.  Da  jedoch  auch  er  hinzufügt: 
talentnrn  ne  minus  pondo  octoginta  Romanis  ponderibus  pendat, 
so  stimmen  beide  Schril^steller  in  der  Ansetzung  des  euböischen 
Talentes  oder  eines  Talentes  solonisch- altischen  Geldes  auf  80 
römische  Pfund  völlig  überein 

Hiermit  stehen  nun  ferner  die  Angaben  der  Metrologen 
des  Galen  in  vollständigem  Einklang.  So  heissl  es  bestimmt  in 
dem  1.  Metrölog  des  Galen  c.  III  >}  iura  //  Idvtixi)  xai  r] 
AiyvTcxia  exet-  ovyyiag  ig,  und  gewiss  dieselbe  attische  Mine 
ist  gemeint,  wenn  es  von  der  Mine  schlechthin  oder  von  der 
Gewichtsmine  heisst  c.  VIII:  /}  /"^«  f/ft  llioav  a,  ovyyiag  ö, 
c.  X  (.iva,  ovof.ia  GTai)^(.iov ,  tx^-i  ovyyiag  ig.  c.  XIV  /<v« 
xaia  /.tiv  rrjv  lazQixtjv  ygrjOiv  (cyei  ovyyiav  ig ;  auch  die 
Angabe  in  c.  XI  ^  fira  <y  'Actihij  eyei  ovyyiag  iß  (fort.  ißS), 
Tj  de  haga  ovyyiag  ig  steht  nur  in  einem  scheinbaren  Wi- 
derspruch damit,  da  unter  der  ersten  Mine  die  neronische,  unter 
der  zweiten  aber  die  solonisch- attische  gemeint  ist.  Es  machen 
aber  100  solcher  Minen  gerade  80  Pfund,  wie  hoch  wir  bei  Polybius 
und  Livius  das  euböisch- attische  Talent  veranschlagt  fanden. 

Hiermit  stimmt  auch  der  Metrolog  der  Benediktiner  überein, 
nur  dass  dieser  von  der  Unze  nicht  der  Mine  ausgeht.  Bei  ihm 
also  lesen  wir:  k'xei  ös  r]  /nvä  n'Axag  eKaiöv,  ngog  öi  xo 
'izaXixnv  gTß'  r]  ovyyi'a  6e  nlxag  C,  L^rT/xag  öi  g  xai 
oßoXov  "a  xai  yalxovg  dT  Wenn  nun  hier  die  Unze  zu  7 
olxai^^   gerechnet   wird,    so  sind   damit  römische  Denare  der 


(19)  Liv.  XXXVm  c.  38 

(20)  Gionov  de  sestcrtiis  p.  1.38  wollte  diesen  Ausdruck  j;cradezu  in 
den  Text  gesetzt  wissen,  woran  jedoch  eine  besonnene  Kritik  nicht 
denken  darf. 

(21)  ö).y.ri  ist  nämlich  hier  identisch  mit  Sonxnn,  wie  dieses  aus  den 


Christ:  Beiträge  zur  Bestiintminy  der  attischen  Talente..        gl 

republikanischen  Zeit  gemeint,  da  bis  auf  Nero  aus  dem  Pfund 
84  Denare  geschlagen  wurden",  und  somit  7  Denare  auf  eine 
Unze  gingen.  Unter  altischen  Drachmen  In'ngegen  sind  hier 
offenbar  die  solonischen  gemeint,  und  von  diesem  solonlschen 
Geld  sollen  auf  die  Unze  6  Drachmen  1  Ohol  und  4  chalcus 
gehen.  Rechnet  man  nun  i\c\\  Obol  zu  10  chalcus,  wie  der- 
selbe 3Ietrolog  gleich  darauf  angibt -%  so  enlziffern  sich  G'/gg 
attische  Drachmen  auf  die  römische  Unze,  woraus  sich  ein  Talent 
von  80  Pfund  2 '""/ist  Unzen  ergibt.  Allein  gegen  eine  solche 
Rechnung  erheben  sich  die  gewichtigsten  Anstünde.  Denn  weiter 
unten  gibt  unser  Metrolog  folgende  Bestimmung  über  das  Ver- 
hallniss  des  Pfundes  zur  Drachme:  rj  de  IIiqu  ty^ei  ovyyiao,  iß, 
okxag  ne.  f.v  akho  oß.  Hierbei  gehört  die  Bestimmung  des 
Pfundes   auf  72   bkxai  jedenfalls  nicht   hierher,   sondern  sieht. 


iihcrciiistiiiiineiulfii  Z('ujrius.seii  des  Pseiu!o-Pii.sciaii  de  pond.  v.  19,  der 
lat.  Anthologie  Nr  l(»(i7,  der  Metrologen  de.s  Galen  c.  III,  l.\,  XIV,  dos 
Hero-Did^nius,  des  Epiplianius  TXfol  ara^iiMv  liinlänglith  l'est.slelit.  Be- 
sondere Beachtuns;  verdient  hierhei  fialeii  t.  XIII  p.  100  ed.  K  :  y.elevEi 
tiiSooD'ai  iiiar  ö/.y.r^r  .  .  .  r^yoi'tini  St  ktysiv  nviöf  Sonyjirji'  noyvoär, 
y.al  yno  o'vtcj  o/eoor  aTtuai  lol-i  vecozioon  e'd'os  oroi'ä^eiv.  Es  Stailllllt 
dieses  aber  daher,  weil  bei  fiewichtsangabea,  wie  wir  dieses  aus  den 
insohririeti  noch  ersehen  ,  gewöhnlich  ö/.y.ri  vorangesetzt  und  dann  das 
Gewicht  in  Drachmen,  nicht  in  Minen  und  Talenten  beigeschrieben  wurde, 
so  dass  man  aligemach  statt  0 .1 K H H J J J  nachlässigerweise  i/.ax'ov 
y.ai  roiäxoira  o'ky.ai  gesagt  ZU   habe»  scheint. 

(22)  Uic  Hauptstelle  bei  Plinius  H.  N.  XXXill,  10,  132  Alii  e  pon- 
dere  subtrahunt,  cum  sit  iuslum  LXXXIV  e  libris  signari.  cf.  (lelsus  de 
re  med.  I,  5,  17  sciri  volo  in  uncia  pondus  denariorum  scptcm  esse. 

(2iJ)   /;    Sk    o).y.t]    i'/ti  oßd/.oi's    ~,   6    Si   o,-io/.d::  yjö.yoci  i.   cf.    PliuiuS 

H.  N.  XXI,  34:  drachnia  Attica denarii  argenlei  habet  pondus,  ea- 

demqiic  VI  obolos  pondere  efficit,  obolus  X  chalcos.  Es  scheint  aber 
diese  Eintheilung  des  Obol  in  10  statt  in  8  chalcus  mit  der  (ileich- 
setzung  des  griechischen  chalcus  und  des  römischen  quadrans(j<wVi)rtrTJ/,-) 
zusammen  zu  hängen ,  indem  so  CO  chalcus  in  gleicher  Weise  eine 
Drachme,  wie  64  qndrantes  einen  Denar  ausmachten. 


62        Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1869. 

wie  wir  oben    bereits   gezeigt  haben,   in  Verbindung  mit   dem 

ältesten    römischen  Denar  zu  4  Scrupel.     Bezog   sich   aber  der 

andere  Ansatz    des   Pfundes  zu   75    oXy.ai   auf  die   solonische 

75 
Währung,  so  gehen  nicht  G'/jo  sondern  j^  d.  i.  6V4  Drachmen 

anf  die  Unze.  Ganz  zu  demselben  Ergebniss  gelangen  wir, 
wenn  wir  von  der  bereits  oben  ausgehobenen  Stelle  über  den 
Werlh  der  Mine  in  attischem  und  römischem  Geld  ausjrehen. 
Denn  da  dieselbe  100  attische  Drachmen  und  112  römische 
Denare  enthalten  soll,  so  ergibt  sich  auch  hieraus,  wenn  wir 
die  Zahl  der  auf  eine  Unze  fallenden  altischen  Drachmen 
gleich  X  setzen 

112  :  100  =  7  :  X 
also  : 

100  X  7         „,^ 

""  =  ~^ii2~  ^  ^  ^^• 

Demnach  rechnete  der  Autor,  aus  dem  unser  Metrolog  seine 
Weisheit  nahm,  nur  G''^  Drachmen  auf  die  Unze,  und  dieses  er- 
halten wir,  wenn  wir  den  Obol  nicht  zu  10  cliaicus,  sondern 
nach  dem  allen  von  PoUux  IX,  65  aus  altischen  Dichtern  be- 
legten Brauche  zu  8  chalcus  rechnen;  denn  dann  sind  G  Drach- 
men 1  Obol  4  chalcus  genau  gleich  QV^  Drachme.  Gehen  aber 
C'/^  attische  Drachmen  auf  eine  Unze,  so  beträgt  das  entspre- 
chende Talent  -tk- :  6'/«  d.  i.  80  römische  Pfund. 

Eine  im  wesentlichen  damit  übereinstimmende  Angabe  ist 
uns  auch  in  den  Gevvichtsbestinmiungen  des  halben  Obol  bei 
Cleopatra  erhalten,  wo  wir  c.  X  und  XI  lesen:  Idiiixov  de 
7^uinßolov  tTegov  rjfuoßö),ov  xiöoaqa  nifima.  Da  es 
nämlich  kurz  zuvor  heisst  c.  XI  rj  (.ivd  rjl4txLxr}  tx^t  ovyyiag  ißS, 
tj  de  tiega  ovyyiag  ig  und  c.  X  tj  fivä,  dvn(.ia  otai^^iov, 
l'xei-  ovyyiag  ig ...  .  /  l4cztxT]  (.ivä  exsi  ovyyiag  ißS,  so  kann 
man  kaum  daran  zweifeln,  dass  hier  der  halbe  Obol  der  neronisch- 


Christ:  Beitrüge  zur  Best  immun  y  der  attischen  Talente.        63 

attischen   und   dor  solonisch- attischen  Währung^*   mit  einander 
verglichen  sind  ''\     Danach  also  soll  sich  verhalten 
ner. -att.  :  sol.-att.  Tal.  =4:5 
oder       4:5  =  62%  :  x 
also  X  =    ^  X  62V,    __  ^g,^  pj,^^^^^ 

Doch  leuchtet  es  jedem  ein,  dass  diese  Bestimmung  der 
Natur  der  Sache  nsich  nur  eine  granz  ungefähre  sein  kann  und 
hier  am  wenigsten  Berücksichtigung  verdient. 

Aber  eine  ganz  genaue  Bestimmung  ist  uns  in  einem  me- 
trologischen Fragmente  erhalten,  das  sich  in  dem  cod.  Bob  dem 
Gedichte  de  ponderibus  angehängt  findet,  und  zuerst,  so  viel  ich 
weiss,  von  Endlicher  in  seinem  Buche  Prisciani  gram,  de  laude 
Imp.  Anastasii  et  de  ponderibus  et  mensuris  carmina.  Vind. 
a.  1828  p.  108  veröffentlicht,  aber  gänzlich  missverstanden 
wurde.     Dasselbe  lautet: 

Pondera  altica  habent  genera  Villi 
I.  Talentum. 
II.  Mna. 

III.  Libra. 

IV.  Uncia. 
V.  Stater. 

VI.  Dragma. 
VII.  Scripulum. 
VIII.  Obulus. 
Villi.  Siliqua. 


(24)  Der  letzte  Obol  scheint  Hiiter  dem  Gewichtsobol  des  Nikaiider 
tlier.  V.  ^108  ver.staiuleii  zu  sein:   ToimioTf  6}.y.>]eaotr  iao^ryt'ior  oSe/.olan: 

(25)  Böckh  Metrol  Unters,  p.  156  nahm  hier  eine  Vergleichunjif  der 
sol. -attischen  und  alexandrinischen  Mine  an;  aber  dem  wider.streitet  un- 
bedingt die  voiausireiiende  .\ngabe  der  Cleopatra:  r;  JlTQj.euniy.rj  fivä 
i'xet  oiiy/in-  tr.  Den  .\n.satz  aber  aus  einem  andern  üewichtssj'stem,  worin 
die  ptolemäisch-alexandrinischc  Mine  20  Unzen  betrug,  mit  Böckh  zu 
erklären,  scheint  mir  zu  gewagt  und  zu  unsicher. 


64        Sitzttuy  der  jiliilos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  iS62. 

Talcntuiu  habet  mnas  LX,  libras  LXXXVIII,  uiicias  CCCLXVIII, 
slateres  MDCCCCXXXV,  dragnias  "vTT  CCCXL,  scripulos  XXTII 
CCXX,  obolos  XLV.  CCCCXL,  siliquas  XCII.  DCCCLXXX. 

Mna  habet  hbr.  I  uiicias  IUI  dragmam  I,  slateres  XXII  et 
dragnia,  dragnias  habet  CXCVIIII,  scripulos  CCCLXXXVil. 

Libia  habet  uncias  XII,  stateres  XXIIII,  draginas  XCVII. 

Uncia  habet  stateres  II,  draginas  VIII. 

Slater  habet  dragnias  IV,  scripulos  XII,  obolos  XXIIII,  sili- 
quas XLVII. 

Dragma  habet  scripulos  III.  obulos  VI,  siliquas  XII. 

Scripulus  habet  obolos  II,  siliquas  IUI. 

Obulus  habet  siliquas  II. 

Endlicher  bemerkt  hierzu :  Apparet  numeros  insigniler  esse 
corruptos,  videtur  autem  sermo  hoc  loco  de  mna  graia,  quae 
teste  Prisciano  centum  et  quinque  drachmas  pendil.  Die  letzte 
Bemerkung  ist  ganz  falsch,  da  hier  von  dem  solonischen  nicht 
dem  vorsolonischen  Talente  gehandelt  ist;  die  Zahlen  sind  aller- 
dings theihveise  verderbt,  aber  eine  Kritik,  die  gleich  im  ersten 
auf  das  Talent  beziigUchen  Paragraph  keine  Zahl  unangetastet 
lässt,  ist  alles  Haltes  bar,  wesshalb  es  sich  nicht  verlohnt  die 
Aenderungen  Endlichers  sämmtiich  aufzuzählen.  Der  Grundirr- 
Ihum  von  Endlicher  lag  darin,  dass  er  von  dem  sogenannten 
attischen  Talente  von  62 Vj  Pfund  ausging,  während  wir  hier 
die  Gewichtsbestinunung  des  solonisch- attischen  oder  vielmehr 
des  euböischen  Talentes  vor  uns  haben.  Um  aber  über  das 
Einzelne  in's  Klare  zu  kommen,  so  muss  man  mit  den  einfa- 
cheren Paragraphen  am  Schlüsse  des  Fragmentes  anfangen  und 
von  da  weiter  rückwärts  schliessen. 

Die  Eintheilung  des  Obolen  in  2  siliquae  ist  auITällig,  da 
sonst  3  Sil.  auf  den  Obolen  gerechnet  werden,  erweist  sich  aber 
durch  die  beiden  vorausgehenden  Paragraphe:  scripulus  habet 
obolos  II  siliquos  IUI  und  dragma  habet  scripulos  III  obulos  VI 
siliquas  XII  als  vollständig  richtig;  wesshalb  man  befugt  ist  an- 
zunehmen,   dass  unser  Autor    hier  siliqua  im  Sinne  des  grie- 


CIn-isf:  Beiträge  zur  Bestimmung  der  attischen   Talente.        65 

chischen  i)f.uioß6}.iov  genommen  habe.  Die  Rechnung  von 
2  Obolen  auf  den  Scrupel,  so  wie  von  6  Obolen  auf  die  Drachme 
ist  die  geläufige,  und  die  Ansetzung  der  Drachme  auf  3  Scrupel 
erkliirt  sich  saltsam  aus  dem,  was  oben  von  dem  neronischen 
Denar  bemerkt  worden  ist.  Auch  im  viertletzlen  Paragraph  ist 
die  Berechnung  des  Slater  oder  des  Telradrachmon  auf  4  Drach- 
men in  Einkhing  mit  den  übrigen  Ueberlieferungen ,  nur  muss 
hier  mit  Endlicher  siliquas  XLVH  in  sil.  XLVIII  gebessert  wer- 
den. Der  folgende  Paragrapli  Uncia  habet  slateres  II  drag- 
mas  Vill  bietet  keine  Schwierigkeit,  hingegen  muss  gleich  darauf 
libra  habet  uncias  XII  stateres  XXIIII  dragmas  XCVI  statt  des 
handschrifilichen  dragmas  XCVII  geschrieben  werden,  da  sich 
dieses  aus  den  vorausgehenden  Ansätzen  mit  stricter  Nothwen- 
digkeit  ergibt,  und  die  Einlheilung  des  Pfundes  in  96  neronische 
Drachmen  bekannt  genug  ist.  Nun  kommen  die  beiden  stärker 
corrumpirten  Paragraphe,  die  sich  aber,  nachdem  das  bisherige 
feststeht,  mit  völliger  Sicherheit  also  emendiren  lassen:  Mna 
habet  lib.  I  uncias  IUI  dragmam  1 ,  stateres  XXXII  (XXII  cod.) 
et  dragma,  dragmas  habet  CXX Villi  (CXCVIIII  cod.),  scripulos 
CCCLXXXVII.  —  Talentum  habet  mnas  LX,  libras  LXXX  uncias 
VIII,  uncias  DCCCCLXVIII  (libras  LXXXVIII  uncias  CCCCL.WIII 
cod.)  stateres  MDCCCCXXW,  dragmas  VlT  DCCXL  (VlT  CCCXL 
cod.),  scripulos  XXHI.  CCXX,  obolos  XLV.  CCCCXL,  siliquas 
XüT.  DCCCLXXX  ("XÜir.  DCCCLXXX  cod.).  Höchstens  könnte 
noch  ein  Zweifel  darüber  bestehen,  ob  mit  Recht  libras  LXXX 
uncias  VIII,  uncias  DCCCLXVIII  restituirt  worden  sei,  da  das 
Talent  eigentlich  80  Pfund  7'/.,  Unzen  und  96772  Unzen  betrug, 
aber  es  scheint  hier  der  Metrolog,  um  Brüche  zu  vermeiden,  die 
halbe  Unze  für  voll  angerechnet  zu  haben. 

Somit  betrug  also  das  euböische  oder  solonisch- attische 
Talent  genau  in  römischem  Gewicht  80  Pfund  7'/2  Unzen,  die 
Mine  1  Pfund  ^Vg  Unzen,  die  entsprechende  nicht  die  neronische 
Drachme  {öoayji^j  idia)  3,87  Scrupel,  oder  das  Pfund  nach 
Böckh  zu    6165   Par.   Gran    oder  327,434  Gramm    gerechnet, 

[186^  I.]  5 


66        Sitzung  der  philos.-philol.  Clause  rom  4.  Februar  1S62 

85,45  Par.  Gran,  oder  4,40  Gramm.  Daraus  geht  hervor,  dass 
in  der  That  in  jenem  Friedensvertrag  mit  Antiochus  das  euböi- 
sche  oder  attische  Talent  nur  eine  ungefähre  Abschiitzung  in 
römischen  Pfunden  gefunden  hat,  dass  aber  dabei  das  Talent 
nicht  um  3  Pfund  und  4  Unzen,  wie  Priscian  De  fig.  num  §.  13 
unsinniirer  Weise"*  annahm,  sondern  nur  um  7'/j  Unzen  also 
nur  um  einen  Bruchtheil  des  Pfundes  zu  gering  angeschlagen 
wurde. 

Nachdem  uns  so  gelungen  ist  eine  genaue  Bestimmung  des 
solonisch- attischen  Talentes  aufzudecken,  so  wollen  wir  daraus 
min  auch  jenes  vorsolonische  Talent  bestimmen ,  das  auch  nach 
Solon  noch  als  Handelstalent  in  Athen  in  Gebrauch  blieb  und 
ehemals  allen  Stämmen  Griechenlands  gemeinsam  gewesen  zu 
sein  scheint.  Da  sich  aber  dasselbe  nach  der  amtbchen  Tari- 
firung  in  dem  oben  erwähnten  Volksbeschluss  zu  dem  soloni- 
schen  wie  138  :  100  verhielt,  so  ergibt  sich  daraus  in  römi- 
schem Gewicht  für  das  Talent  111  Pf  3  Unz.  3.6  Scr.,  oder 
rundweg  lllV,  Pf.,  für  die  Mine  1  Pf  10  Unz.  6,06  Scr.  und 
für  die  Drachme  5,34  Scr.  oder  114,32  Par.  Gran  oder  6,07 
Gramm  -". 

Die  aus  Priscian  erwiesene  Bezeichnung  dieses  Talentes  als 
talentum  Graium  bestätigt  sich  nun  auch  dadurch,  dass  die  in 
den  Staaten  des  Peloponnes,  in  Böotien  Lokris  Phocis  Thessa- 
lien auf  den  äginetischen  Fuss  geschlagenen  Münzen  ziendjch 
genau  auf  dieses  Talent  heraus  kon)men.  Denn  der  stater 
dieser  Prägung  oder  das  didrachmon  stimmt  mit  dem  didrachmon 


(21))  cf.  Giüiiov  de  .se.sloilii.s  p.  Ii3 

(27)  Unsere  WiTtlie  der  solonisih-attischeu  und  der  Ilaiidelsdratlime 
-vveidieii  elua.s  von  den  von  Qneipo  es.sai  sur  les  sysl.  n.elr.  aufgeslelltcn 
>\ertlu'n  ab,  wa.s  tlieiUvei.se  seinen  (Jrund  darin  hat,  dass  dersellie  nach 
Letronne  das  römische  Pfund  etwas  niederer,  nämlich  zu  32j  (tr.  berech- 
nete. Indess  lag  es  mir  hier  fern  dem  Zusammenlianfj  dieser  (iewichte 
mit  anderen  fiewichlssjslemen  nachzusehen,  den  jener  Gelehrte  mit  um- 
fassender Gelehrsamkeit  und  feiner  Combinationsgabc  im  allgemeinen  so 
glücklich  dargelegt  hat. 


Chj'isl :  Beiträge  xur  Bestimmung  der  attischen  Talente.        67 

unsers  Talentes  oder  mit  229  Par.  Gran  oder  12,14  Gramm 
so  überein,  dass  nur  wenige  Münzen  und  diese  nur  um  ein 
Geringes  darüber  hinausgehen.  Auf  solche  Weise  gewinnt 
also  die  von  Mommsen  Gesch.  d.  Rüni.  Münz.  p.  4d  entwickelte 
Vermulhung,  dass  das  äginetische  Talent  mit  dem  vorsolonisch- 
atlisohen  identisch  gewesen  sei,  eine  doppolte  Stütze,  indem  ein- 
mal die  Identität  des  attischen  Handelstalentes  mit  dem  lalentum 
Grainm  von  uns  erwiesen  ist,  und  dann  sich  der  aus  unserer 
Berechnung  entzifferte  Normaiwerlh  der  Drachme  dieses  Talen- 
tes weit  mehr  dem  wirklichen  Gewichte  der  scliwersten  ägine- 
tischen  Stücke  nähert.  Denn  wahrend  bei  Mommsen  sich  die 
Drachme  nur  auf  5,937  Gramm  stellte ,  gewannen  wir  aus  den 
genaueren  Angaben  ein  Gewicht  von  6,07  Gramm  für  die 
Drachme.  Ja  wenn  man  die  Bestimmung  jenes  attischen  Volks- 
beschlusses, nach  dem  138  solonische  Drachmen  auf  eine  Han- 
delsmine gehen,  für  nicht  ganz  genau  hält,  und  sich  mehr  dem 
von  Priscian  gegebenen  Verhältniss  des  tal.  Grainm  zum  tal. 
Atticum  wie  105  :  75  anschliesst ,  so  erhält  man  sogar  für  die 
Drachme  noch  ein  höheres  Gewicht  nämlich  119,63  Par.  Gran 
oder  6,16  Granun,  unter  das  sich  die  erhaltenen  äginetischen 
Münzen  noch  leichter  unterordnen  lassen. 

Auf  dieses  tal.  Graium  möchte  ich  nun  auch  die  Angabe 
des  Isidor  von  einem  Talente  von  120  Pfund  beziehen,  die  von 
dem  Metrologen,  den  Blum  und  Lachmann  in  ihre  Samudung 
der  lateinischen  agrimcnsores  aufgenommen  haben,  aus  Isidor 
wiederholt  ist  ^'.  Die  Stelle  bei  Isidor  origg.  XVI,  25  lautet: 
Apud  Romanos  enim  talonlum  est  LXXII  librarum,  sicut  Plautus 
ostendit,  qui  ait  duo  talenta  esse  CXLIV  bbras.  Est  auteni 
triplex,  id  est  minor  medius  summus,  minor  quinquaginta,  me- 
dius  LXXII  librarum,  summus  CXX  constat.  Wenn  nun  auch 
die  Lalinität   dieses  Absatzes   ganz  barbarisch  ist,    und  in  der 


(28)  p.  373:    Etcniin    L    librac    tnlentiiiii    ininiimiin   est,   LXX   duac 
librae  medium  talentum,  CXX  librae  maximum  taieiituni  est. 

5* 


68       Sit-itniy  der  yhilos-.-philol,  Classe  vorn  4.  Februar  1862, 

Moslellaria  des  Plaiiliis  ehvas  ganz  anders  steht,  so  darf  doch 
keineswegs  diese  Stelle  mit  Ritschi  zur  Most.  v.  647  für  ganz 
corrupt  gehalten  werden.  Die  beiden  ersten  Talente  aber  lassen 
wir  vorläufig  bei  Seile,  um  später  wieder  d.irauf  zurück  zu 
kommen,  und  beschäfligen  uns  hier  nur  mit  dem  dritten.  Da 
liefft  es  nun  nahe  dieses  Talent  in  Verbinduno-  zu  bringen  mit 
dem  hebräischen  Talente  von  125  Pfund.  Da  aber  Epiphanius, 
Ma.ximus^'',  Hero^",  Hesychius^'  das  hebräische  Talent  einstimmig  zu 
125Pfund  anschlugen,  so  wäre  es  doch  auffällig,  wennisidorus  allein 
5  volle  Pfunde  vernachlässigt  hätte.  Wir  sind  daher  wohl  be- 
rechtigt uns  nach  einer  anderen  Erklärung  umzusehen ,  diese 
wird  uns  aber  durch  das  attische  Handelstalent  an  die  Hand 
gegeben.  Es  wog  dasselbe  nämlich,  wie  wir  kurz  zuvor  sahen, 
netto  111 '/^  Pfund,  aber  Ihatsächlich  war  dasselbe  um  ein  be- 
deutendes schwerer.  Denn  nach  jenem  Volksbeschluss  C.  I. 
Gr.  Nr.  123  musste  bei  jedem  Talente  ein  Aufschlag  {oonrj) 
von  5  Handelsminen  gegeben  werden:  to  ds  zuXaviov  to 
SfinnQiy.nv  lyjito  QOTirjV  i-iväg  ijunnoiyreg  n^rre,  oniog  y.al 
tovTO  laoQQOTiov  ZOO  TftjXewg  yLtti/KeTOV  ay)]  ef.inoQi-A.nv  xa- 
Xavrov  xaliivag  sfinoQixag  nivre.  Nun  betragen  aber  5  Handels- 
minen 9'/^  Pfund,  und  diese  zu  111 V4  hinzugezählt  gibt  120'/« 
oder  in  runder  Zahl  120  Pfund,  so  dass  auf  solche  Weise  auch 
die  Ueberliefernng  des  Isidor  zu  Ehren  käme. 

Dieses  Talent  von  120  Pfund  findet  nun  auch  noch  seine 
volle  Bestätigung  in  einer  Stelle  des  Vilruv  X,  21,  wo  derselbe  das 
Gewicht  eines  Mauerbrechers  zu  4000  Talenten  oder  zu  480,000 
Pfund  angibt,  da  sich  daraus  auf  das  einzelne  Talent  ein  Gewicht  von 
120  Pfund  entziffert.  Zugleich  lässt  diese  Stelle  auf  eine  sehr 
weile  Veibreilnng  dieses  schweren  Talentes  schliessen,  obgleich 
daraus  noch  nicht  die  allgemeine  Anwendung  desselben  in  Ita- 
lien und  Rom  gefolgert  werden   kann.     Finden  wir  hier  dieses 


(2'.>)  Bei  Le  Moiiic  Varia  .sacra  t.  I. 

(30)  Bei  Gioiiov  de  sest.  p.   439. 

(31)  Hcsjchius  s,  v.  lälarrov. 


Christ:    Beiträge  -zur  Belimimiuij  der  attischen  Talente.        60 

Talent  zur  Gewiclitsl)estiiniming  einer  Maschine  angewandt,  so 
wird  dasselbe  merkwürdiger  Weise  von  Dionysius  Halicarnassensis 
ant.  IX,  27  als  Erzlalent  bezeichnet:  diayilitov  agii/fing  aoaa- 
Qii')v' Tjv  (J'  aaaüfjiov  xäh/.EOv  v6(.iLöf.ia  ßäqoq  IltqoXov,  ojare 
xn  ov/iinav  ncpXrjia  ralavTCov  eKxaidsxrx  sig  o?.xr]v  x^t^'^ov 
ysreoiyai.  Doch  kann  dieses  keineswegs  befremden,  da  dieses 
schwere  Talent  nach  jenem  Volksbeschluss  der  Athener  für  alle 
Gewichfsgegenständo  mit  Ausnahme  des  Goldes  und  Silbers  in 
Anwendung  kam^^  Freilich  hat  man  in  jenen  16  Talenten  des 
Dionysius  auch  hebräisch-ägyptische  Talente  von  125  Pfund  er- 
blicken wollen,  da  dann  2000 pfundige  Ass  genau  16  Talenten 
gleich  kämen.  Aber  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ist  jene 
Tarifirung  des  hebräischen  Talentes  zu  125  Pfund  erst  eine  Folge 
der  Gleichselzunof  des  Sekel  mit  4  neronischen  Drachmen  und 
des  entsprechenden  Talentes  mit  2  neronisch-attischen  Talenten 
zu  62 "2  Pf.,  und  kann  dcsshalb  schwerlich  schon  für  das  Zeit- 
alter des  Dionysius  angenommen  werden,  wo  das  romisch-atlisclie 
Talent  noch  IVI^  Pfund  betrug. 

Endlich  liegt  die  Gleichheit  unsers  Talentes  von  120  Pfund 
mit  dem  sicilischen  Talent  von  120  Litren  zu  nah,  als  dass  sie 
füglich  abgewiesen  werden  könnte.  Daraus  würde  freilich  dann 
auch  die  Gleichheit  i\Q&  römischen  Pfundes  mit  der  sicilischen  Litra 
folgen;  aber  ich  sehe  auch  nichts,  was  einer  solchen  Annahme 
gerade  entgegen  stünde.  Denn  Avenn  man  an  dem  Verhältniss  des 
Kupfers  zum  Silber  wie  1 :  375,  das  sich  aus  demWerthdesSilber- 
nummus  von  0,87  Gr.  und  der  vollen  Kupferlitra  von  327  Gr.  ergibt, 
Ansloss  nimmt,  so  darf  man  doch  wohl  annehmen,  dass  schon  zur 
Zeit,  wo  der  Silbernummus  mit  der  Kupferlitra  geglichen  wurde,  eine 
Verringerung  der  Kupferlitra  in  der  Geldprägung  stattgefunden  hatte. 
Ward  ja  auch  in  Rom  der  Denar  m'cht  10  pfundigen  sondern  10 

(32)  Ja  soirar  in  der  Silbeipräguns  scheint  das.sclbe  zur  Anwendung 
goltommcn  zu  .sein,  da  das  rliodisclic  und  das  Cistophorentalent ,  deren 
Tetradraclinie  l'i.öi  (irainm  niejrt,  reiht  wohl  die  Hälfte  jenes  Talentes 
von  120 Pfund  sein  kann,  dessen  halbe  Drathmc  =  3,27  Gramm  war.  Siehe 
die  Nachweisungen  darüber  bei  Queipo  essai  I  p.  483  ff. 


70        Sihtinff  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

Stark  rcducirloii  Assen  glcichgesclzl,  nichtsdestoweniger  aber 
Denar  d.  i.  Zehnpfundstück  genannt.  Steht  aber  diese  Deduction 
sicher,  so  haben  wir  damit  zu  gleiiher  Zeit  auch  den  Aus- 
gangspunkt des  italischen  Pfundgewichtes  gefunden.  Denn  ist 
auch  die  Theilung  des  Pfundsysteins  ganz  verschieden  von  der 
des  Minensystems,  so  würde  man  doch  der  geschichthch  fest- 
gestellten Wahrheit  von  dem  Zusannnenhang  der  babylonisch- 
ägyptisch-griechisch-itahschen  Maasse  und  Gewichte  geradezu 
in's  Gesicht  schlagen ,  wollte  man  das  Pfund  ganz  unabhängig 
von  dem  Talent  und  der  Äline  entwickeln.  Es  ist  aber  nach 
unserer  Beweisführung  das  Pfund  gleich  '/i?o  des  allgemein  in 
Griechenland  verbreiteten  Erz-  oder  Handelstalentes  von  120  Pf. 
oder  gleich  der  Hälfte  der  dazu  gehörigen  Mine.  Für  eine  Thei- 
lung der  grossen  Talente  und  Minen  in  Hälften  bietet  aber  die 
Geschichte  der  Metrologie  Anhaltspunkte  genug. 

Im  vorausgehenden  ist  bereits  erwähnt  worden ,  dass  eine 
Summe  von  6000  römischen  Denaren  missbränchlich  ein  attisches 
Talent  genannt  worden  sei;  wir  wollen  nun  diesen  Punkt  etwas 
weiter  verfolgen  und  zunächst  zeigen,  welchen  Ursprung  diese 
von  vornherein  befremdende  Erscheinung  habe,  und  in  welches 
Werthverhältniss  dabei  der  römische  Denar  zur  griechischen 
Drachme  getreten  sei. 

Es  lag  in  der  Verknüpfung  des  Gewichtes  und  der  Münz- 
prägung begründet,  dass  anfänghch  die  Münzen  genau  auf  das 
Gewicht  ausgebracht  wurden,  und  es  hat  sich  auch  durch  die 
Münzwägungen  bestätigt,  dass  das  faktische  Gewicht  der  Münzen 
der  besseren  Zeit  mit  dem  normalen  so  genau  als  möglich 
stimmte.  Ja  auch  später,  als  man  bereits  allgemein  an  dem 
normalen  Gewicht  der  Drachme  zu  rütteln  begann,  scheint 
Athen  noch  wegen  seiner  guten  Prägung  in  Schrot  und  Korn 
berühmt  gewesen  zu  sein.  Denn  darauf  scheinen  sich  die  oben 
erwähnten  Worte  im  Vertrag  der  Römer  mit  Antiochus  ccQyv{jiov 
de  öÖtio  y4vzinxog  l^TTixov  ^Ptofiaioig  aglorov^^  zu  beziehen, 


(33)  Poljbiiis  XXII,  26. 


Christ:  Beiträge  zur  liestiminung  der  attischen  Talente.        71 

und  bezieht  sich  unzweideutig  der  Passus  im  Vertrag  der  Römer 
mit  den  Aetoliern  bei  Poiyb.  XXH,  13:    ööccjoav  di  Aliiolol 
dgyvQiov    jiii]    xeionrng    liviLy.ov    nagctyQijfia    (.lev    lälavta 
Evßn'ixa  diaxöoia.     Aber  um  diese  Zeit,   in  der  ersten  Hälfte 
des  2.  Jahrh.   v.    Chr.,   ward   bereits    anderwärts   die    Drachme 
vielfach   unter  dem  Normalgewicht  ausgebracht.     Die  natürliche 
Folge   hiervon  war  die  Scheidung  des  Cewichttalentes  von  dem 
Älünztalent  und  diese  vermillclle  die  Einführung  des  griechischen 
Talentsystems  in  das  römische  Münzwesen.  Unter  attischem  Ta- 
lent pflegte  man  nämlich   allgemach  nicht   mehr  ein  Talent  von 
807s    Pfund,    sondern    nur    eine   Summe    von    6000    attischen 
Drachmen  oder  analogen  Denaren  zu  verstehen,  neben  dem  die 
Bestimmung    einer  ungeprägten  Metallmasse   nicht  mehr  in  Ta- 
lenten und  Minen,   sondern    in  Pfunden   und  Unzen  einherging. 
Das  Hauptgewicht  fiel  demnach  auf  die  Zahl  6000,    wie    dieses 
auch    vom    attischen  Talent  Euslathius   ad  II.  I  122  hervorhob: 
^lariov  öe  ort  döiiioiov,    w<;    xal   iv  älloig  igged-rj,  rö  za- 
XavTOv  naqd  rolg  nalaioJg .  .  .  susl  xal  /rap'  ^trixalg  (.i8v 
voieqnv    eig    h^axiaxiXinx'g    OTctvi'ioag  avih  nsoiacnrj  •  ro  ös 
lUaxsöovixdv  zäXavcnv  rgsig  rjaav  xgvaivoi.   Dazu  kam,  dass 
in  Folge   der   au.sserordenllichen  Ausdehnung  des  Reiches  Ale- 
xander des  Grossen  die  attische  Währung  bei  weitem  die  ver- 
breitetste   geworden  war  und  die  übrigen  Münzfüsse  namentlich 
den  äginetischeu  in  den  Hintergrund  gedrängt  hatte.  Aber  auch 
in    Bezug   auf  das  Gewicht   kam    der   römische  Denar   mit   der 
attischen  Drachme  so  ziendich  überein;    denn  nicht  bloss  über- 
traf der  älteste  römische  Denar  zu  4  Scrupcl  noch  das  Norinal- 
gewicht  der  attischen  Drachme,    sondern  blieb  auch  der  darauf 
folgende  Denar  der  zwei  letzten  Jahrhunderte  der  Republik  von 
3'/7  Scrupel  nicht  viel  hinter  dem  Effektivgewicht  der  damaligen 
attischen  Drachme  zurück.     Unbestreitbar  jedenfalls  ist  es,  dass 
man  dem  Namen    und  Gewicht   nach  den   römischen  Denar  der 
attischen  Drachme  gleich  setzte,  und  demnach  eine  Summe  von 
100  Denaren   eine   attische  Mine,    eine   von   6000  Denaren  ein 
altisches  Talent  nannte.     So   sagt   deutlich   Plinius   N.   H.  XXI, 


72        Sitzung  der  philos  -philol.  Classe  vom  4.  Februar  i86i. 

34,  185:  Dnidima  Atlica  —  fcre  eniin  Attica  observalione  niodici 
utinilur  —  (lenarii  argenlei  habet  pondiis,  und  gibt  Hero  bei  Gronov 
de  sest.  p.  DO  die  Vorscbrifl :  Tf^lliTi/S^  ögaxinf]  XQi]aiii)v  nong 
oiadfioi'  xai  löiiiof^ia.  irreiörjnfQ  landvvai.i6g  eoii  rfj  Ica- 
liyjj.  rj  xaXtuai  örräotov.  So  spricht  ferner  Appian  zu  wie- 
derholten Malen  von  doaytiai  Linr/Mi,  wo  von  nichts  anderem 
als  von  römischen  Denaren  die  Rede  sein  kann,  so  bell,  civ,  II, 
102:  öiireifte  (sc.  Julins  Caesar)  aioaTnörrj  i^dv  ava  ntvxa- 
xioyjXiag  doayjiag  Idiriy-ag  ....  xal  x(ng  ÖTjfioraig  exaOTO) 
ftrav  l4tzr^i]v;    ibid.  III,    4   log    öi    y.al  ^i^vov  nofirrnnv    n 

IdviwvLog foriyi]aazn  xalelv  i$  'Ißr^giag  ....  aiti  ts 

TTjg  naJQCi'jcig  ovoiag  dsdi^uej'/iiivrjg  ex  xtZv  xoiriov  avtot  do- 
dr^vai  /itvoiadag  ^Aviixiov  öoafiivJv  nsvtaxioyiXlctg.  Denn 
Cäsar  wird  doch  seine  Soldaten  nur  In  römischem  Gelde  be- 
lohnt, und  der  römische  Senat  eine  Entschädigungssumme  nur 
in  der  Reichsmünze  beschlossen  haben.  Ebenso  lässt  Appian 
Milhrid.  94  das  Volk  dem  Pompeius  zur  Führung  des  Seeräuber 
krieges  6000  attische  Talente  zur  Verfügung  stellen,  wo  doch 
jeder  nur  an  36  Millionen  Denare  denken  wird.  In  ganz  glei- 
cher AVeise  sind  bei  Josephus  an  den  zwei  Stellen,  wo  er  eine 
Werlhbestlmmung  der  hebräischen  und  tyrischen  Münze  gibt, 
arch.  III,  8,  2  o  de  olxXng  vnfiia(.ia^Eßoa~iov  ojp  L4tTixag 
öeyeiai  ÖQayuag  renoagag  und  Jud.  bell.  II,  21,  2  ovkovov- 
li(€rog  de  xov  Tvgtnv  rof.iia(.iaiog,  J)  ifßactQagAriiyag  övrarai 
unter  attischen  Drachmen  römische  Denare  zu  verstehen,  da  jene 
Münze  wohl  4  Denaren  der  Kaiserzelt  aber  nur  20  solonisch- 
altischen  Obolen  oder  3V3  Drachmen  gleich  kam  ^*.  Mit  jenen 
ägyptischen  und  hebräischen  Autoren,  bei  denen  das  attische 
Geld  den  natürlichen  Gegensatz  zu  dem  helmischen  bildet,  stimmt 
aber  auch  in  der  Werthbestimnumg  Plutarch  Sulla  c.  I  überein : 
woi£  rrjC  Tvxr}g  aviiov  lo  /itera^v  xiXiovg  vnvf.tf.invg  eivai  n'v 
nsvzt'jxovTa  xai  öiaxoolag  ögay/nag  L4irixceg   dvvavtai  ,    und 


(34)  S.  Böckh  Metrol.  Unters,  p.  62  ff. 


Christ:  Beitrüge  %ur  Bestimmung  der  attischen  Talente.        73 

GelHiis  Noct.  Alt.  IIT,  17,  3  Arislotelem  qnoqne  tradilum  libros 
pauoiilos  Spousippi  philosoplii  post  inoiicni  eins  ciiiisse  talentis 
Allicis  tribns;  ea  summa  fil  numini  nostri  seslerlia  diio  et  sep- 
tiiaginta  milia;  cf.  V,  2,  2.  Aach  nur  aus  dieser  BerechnunjT 
erklaren  sich  die  von  Priscian  De  fig.  num.  §.  14  aus  Seneca 
Conlrov.  I.  X,  34,  21  angeführten  Worte:  Cum  donaret  ilU 
(sc.  Cratoni)  Caesar  talentum,  in  quo  vigiuti  qunttuor  sestertia* 
sunt  Atheniensium  more,  q  nona'JEg,  (prjuir,  r]  afsls  'Iva  ^o) 
'Arti^hv  ?j,  gleichsam  als  ob  das  attische  Talent  von  den  übri- 
gen dadurch  unlerschieden  gewesen  sei,  dass  es  6000  Denare, 
die  andern  mehr  oder  weniger  betragen  hätten. 

Da  ferner  niit  der  innner  steigenden  Ausdehnung  der  römi- 
schen Silberpriigung  die  Prägung  von  griechischen  Drachmen  über- 
haupt und  somit  auch  der  Unterschied  der  allischen  und  äginetischen 
Drachme  immer  mehr  zurück  trat,  so  ward  auc!h  unzählige  Mal 
eine  Summe  von  6000  Denaren  rundweg  ein  Talent  genannt,  und 
der  Denar  der  griechischen  Drachme  oder  der  Drachme  sclilechthin 
aleich  o-cstelll.  So  heisst  es  bei  Scribonius  Largus  ad  Callistum : 
Erit  nola  denarii  unius  pro  graeca  drachma,  aeque  enim  in  libra 
denarn  octoginla  quatuor  apud  nos,  quot  drachmae  apnd  Craecos 
incurrunl,  bei  Celsus  ad  Natalem:  quae  (sc.  drachmae)  quia  ad 
denarium  conveniunt,  octoginla  quatuor  cum  in  libram  incurrunt, 
pro  nota  graecae  drachmae  nolam  denarii  posui,  et  ad  eius 
pondus  drachmas  redegi,  bei  Galen  de  comp,  pharm  secundum 
locos  t.  XIII,  p.  160  ed.  Kuehne:  ngnöi^inv  d'  ort  ÖQayjijjv 
kiyn/ii€v  rvr  iv  Talg  ininvinig  anavreg ,  nrceo  P(i>/.ialoc 
ör^raQinv  r>vn(.iätovoiv .  und  bei  Cleopatra  c.  X:  x6  liaXixov 
drjvccQiov  e'xsi  öoayfirjv  a.  Ja  sogar  Polybius ,  der  doch,  wie 
wir  gleich  sehen  werden,  der  griechischen  Drachme  einen  ge- 
ringeren Werlh  als  dem  römischen  Denar  zuwies ,  hat  nichts- 
destoweniger die  Einiheilung  der  Drachme  in  6  Obolen  auf  den 
Denar  übertragen ;  denn  wenn  er  I.  VI  c.  39  den  täglichen 
Sold  eines  römischen  Fusssoldaten  auf  2  Obolen  bestimmt,  so 
muss  er  damit  nach  dem,  was  wir  sonst  über  die  Soldverhält- 


74        Sitztiiiff  der  philos.-philol.  Chisse  fom  4.  Februar  1S62. 

nisse  der  Römer  wissen^',  nollnvcndiger  Weise  den  3.  Theil 
eines  Denar  gemeint  haben.  So  hat  es  denn  nichts  befrem- 
dendes, wenn  Nero  geradezu  Münzen  vom  Gewicht  eines  Denar 
mit  der  Aufschrift  ÖQctyjn]  schlagen  liess  ^\  Erst  in  späterer 
Zeit  schied  man  Aviederum,  wie  ich  oben  weitläufig  dargethan 
habe,  Drachme  und  Denar,  setzte  aber  dann  die  Drachme  gleich 
-dem  neronischen  Denar  von  3  Scrupel ,  während  man  unter 
Denar  nur  die  älteste  römische  Silbermünze  zu  4  Scrupel 
verstand. 

Uebertrug  man  nun  aber  früher  so  ganz  allgemein  den 
Namen  ÖQaxi-irj  auf  den  römischen  Denar,  so  sollte  man  er- 
warten, dass  auch  beide  Münzen  an  Werlh  gleich  gestanden 
liätten.  Dem  ist  aber  keineswegs  so,  die  griechische  Drachme 
ward  als  Reichsmünze  nicht  anerkannt,  und  selbst  im  2.  Jahrh 
n.  Chr.  noch  als  blosse  Waare  behandelt,  worüber  wir  das 
wichtige  Zeugniss  des  Volusius  Maecianus  de  assis  distributione 
§.  45  haben:  Victoriatus  enim"  nunc  tanlundem  valet  quantum 
quinarins.  olim  nt  peregrinus  nummus  loco  mercis,  ut  nunc  te- 
trachmum  et  drachma,  habebatur.  Dafür  aber  ward,  um  die 
Reichsmünze  gegen  andere  Münzsorten  zu  heben,  der  Denar  im 
*  Curs  höher  angesetzt  als  die  Drachme.  Darüber  haben  wir  ein 
eben  so  wichtiges  als  viel  bestrittenes  Zeugniss  in  einer  Stelle 
des  Livius  X.XXIV,  52:  Signati  argenti  octoginta  quatuor  milia 
fuere  Atticornm;  tetradrachma  vocant.  trium  fere  denariornm  in 
singulis  argenti  est  pondus.  Frühere  Gelehrte  und  schon  Bu- 
daeus  wollten  hier  III  in  IUI  ändern,  und  diese  Aenderung  ist 
auch  von  Weissenborn  in  den  Text  aufgenommen  worden.  Aber 


(:55)  cf.  Handbiuli  der  ROm.  Antiq.  von  Becker  und  Marcquardf  III, 
2,  p.  76. 

(36)  ff.  Lctronnc  Consid.  gen.  sur  Teval.  des  nion.  p.  j6. 

(37)  Huschke  liest:    enirn ,   qiii  nunc  nach  einer  unnützen  Vermu- 
thuno-  und  tetradrachmum  gegen  die  handsthriftüche  Ueberlieferung. 


Christ:  Beiträge  ztir  Bestiiminnig  der  attischen  Tatente.        75 

abgesehen  davon,  dass  die  überlieferte  Lesart  aiicli  durch  Pris- 
ciaii  de  fig.  num.  §.  13  ges<;hiUzt  wird,  hat  jene  Aeiiderung 
auch  an  und  für  sich  keine  Wahrscheinlichkeit  für  sich.  Denn 
hätte  Livius  hier  nicht  ein  besonderes  Verhidtniss  des  Denar 
und  der  Drachme  lehren  wollen,  so  wäre  eine  besondere  Be- 
merkung kaum  nöthig  gewesen,  da  Denar  und  Drachme  ganz 
gewöhnlich  verwechselt  wurden  und  das  Zahlwort  zeaaaQsg 
jedem  Leser  ohnehin  bekannt  war.  Die  müssige  Conjectur  tri- 
drachma  verdient  kaum  der  Erwähnung,  da  der  altische  Stater 
eine  Silbermünze  von  4  nicht  von  3  Drachmen  war.  Einen 
neuen  Weg  der  Erklärung  schlug  Mommsen  Gesch.  d.  Rom. 
Münzw.  p.  49  ein ,  indem  er  diese  Angabe  auf  das  Verhältniss 
der  Cistophorendrachnie  zum  rönnschen  Denar  bezog.  Aber  in 
jener  Zeit,  von  der  l.ivius  an  der  angeführten  Stelle  spricht, 
d.  i.  im  Jahre  560  der  Stadt,  gab  es,  wie  auch  Mommsen  lehrt, 
noch  kein  Cistophoiongeld ,  und  che  man  daher  zu  dieser  Er- 
klärung seine  Zuflucht  nimmt,  muss  man  sich  doch  nach  Zeug- 
nissen über  gleichzeitige  Münzverhältnisse  umsehen.  Ein  solches 
besitzen  wir  aber  an  einer  Stelle  des  Polybius  II,  15,  wo  der- 
selbe von  der  ausserordentlichen  Fruchtbarkeit  von  Oberitahen 
und  der  damit  zusammenliängenden  Wohlfoilheit  spricht,  und 
zum  Beweise  dafür  unter  anderm  folgendes  anführt:  (o:  ftiv 
ovv  enl  xn  nolv  naQieviac  lov^  naiakviag  ol  navöoy_elg, 
ojg  ixavoc  nävi'  tyßiv  xä  nuog  ttjv  "/Qeiav,  t]iuiaGoaQioii,  tovto 
d'  töTi  Ttia^iov  f-ieong  oßoXoT.  Wiewohl  nun  Polybius  diese 
Schilderung  an  eine  Zeit  anknüpft,  wo  der  Denar  noch  zu  10 
und  noch  nicht  zu  16  Assen  berechnet  wurde,  so  ist  es  doch 
schon  aus  der  durchweg  angewandten  Zeitform  des  Präsens 
hinlänglich  ersichtlich,  dass  Polybius  diese  Angaben  aus  den  zu 
seiner  Zeit  besteh(;nden  Verhältnissen  nahm,  die  er  bei  seiner 
Bereisung  von  Oberitalien  hinlänglich  kennen  gelernt  hatte. 
Wenn  er  also  den  semis  zu  V^  Obol  anschlägt ,  so  rechnet  er 
die  Drachme,  die  zu  jeder  Zeit  aus  6  Obolen  bestund,  zu  6  X 
4  X  Vi  d.  i.  zu  12  Ass.  Da  aber  der  römische  Denar  damals 
schon  16  Ass  galt,  so  stellt  sich  nach  Polybius  das  Werthver- 


76        Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1962. 

hältniss  der  Draoliir.e  zum  Denar  wie  3  :  4.  Damit  ist  mm 
ferner  die  Angabe  des  Hero-Didynius  über  den  Werlh  des 
antiochischen  Talentes  in  Verbindung  zu  setzen:  Tn  licuKov 
täXaviov  lanaväainv  fiiv  nji  IltoXtunrKO)  ■Aall4vcio-/iy.('t  {iiuv 
II[o).e/.ia't'y.wi'  xai  yivrinyixiöv  cod.)  xnl  ioägiO-itov  f.p  näaiv. 
övväfiEL  di  rov  ftsv  JlroXspa'i'y.nii  v.axa  ro  vnima^ia  rezqn- 
nXäoinv,  enizQLiov  ös  tov  livxioyixnv ,  womit  Pollux  IX,  86 
iibereinslimml:   Th  ^levliiiiy.nv  räXavinv  h^aKiayiliag  edvvazn 

doa/iirfQ  ^TTixag zn  de  ^vowv  nevzaxnaiag  Kai  tbzqu- 

y.inxi?.iag,  da  an  diesen  beiden  Stellen  das  Verhaltniss  des  syrischen 
Talentes  nicht  zum  solonisch -altischen  sondern  zum  römisch- 
attischen  angegeben  ist.  Es  ward  aber  die  syrische  Drachme  eher  zu 
einem  höheren  als  zu  einem  niederen  Gewichte  ausgebracht  als 
der  römische  Denar,  und  wenn  die  Münzen  von  Antiochien  aus 
der  Kaiserzeit  stark  legirt  sind  ,  so  sclieint  dieses  eher  eine 
Folge  als  ein  Grund  ihres  niederen  Cnrses  gegenüber  der  Reichs- 
münze  gewesen  zu  sein.  Freilich  spricht  nun  Livius  an  der 
angefühlten  Stelle  vom  Gewicht ,  nicht  vom  Werth  der  Tetra- 
drachmen und  nennt  ausdrücklich  Attica  tetradrachma;  aber 
derartige  Ungenauigkeiten  ist  man  bei  Livius  schon  gewöhnt. 
Indess  kann  trotz  allem  dem  der  Werthansatz  der  Drachme 
auf  V4  Denar  kein  allgemeiner  und  kein  normaler  gewesen  sein. 
Denn  wenn  die  Drachme  als  Handelsgegenstand  betrachtet  wurde, 
so  lag  darin  allerdings  eine  geringere  >yerthsch;itznng  des  gleich- 
wichtigen Stückes  gegenüber  dein  römischen  Denar  begründet, 
aber  eben  daraus  folgte  auch,  dass  die  Drachme  und  Tetradrachme 
nicht  überall  zu  gleichem  Preis  "-enoinmen  wurde.  Ja  es  musste 
sogar  der  Preis  in  den  einzelnen  Fallen  nicht  unbedeutend  diffe- 
riren.  da  die  Drachmen  zu  verschiedenen  Zeiten  und  in  ver- 
schiedenen Ländern  von  sehr  ungleichem  Gewicht  und  Silber- 
gehalt waren.  Was  indess  die  Behandlung  des  griechischen 
Stücks  als  Waare  zu  bedeuten  gehabt  habe,  davon  kann  man 
sich,  einen  Begriff  machen,  wenn  man  bedenkt,  dass  der  Victo- 
rialus  zur  Zeit,  wo  er  noch  als  Waare  zu  Rom  behandelt 
wurde,  an  Gewicht  '/^  Denaren  gleich  kam,  dann  aber,  als  er 


Christ :  Beiträge  zur  Bestüntmnic/  der  attischen  Talente.        77 

um  (las  Jalir  650  der  Sladt  in  die  römische  Reicliswährung  ge- 
zogen ward,  nur  Vj  Denar  galt". 

Es  war  aber  auch  durch  die  Aufnahme  der  römischen 
Silberprägung  im  Jahr  2G9  v.  Chr.  und  durch  die  Zusammen- 
fassung von  6000  Denaren  zu  einem  Talent  die  Einführung  von 
neuen  Talenten  bedingt,  die  wir  jetzt  der  Reihe  nach  durch- 
gehen wollen,  lieber  das  Talent  von  62 V^  Pfund  oder  6000 
neronischen  Denaren  zu  je  3  Scrupel  brauchen  wir  hier  nicht 
niiher  zu  handeln,  da  bereits  oben^^  das  nölhige  angeführt 
Avorden.  Dort  ist  auch  bewiesen  worden ,  dass  man  dieses 
Talent,  so  wie  die  dazu  gehörige  Mine  von  12 Vj  Unzen  und 
Drachme  von  Vgg  Pfund  oder  Vs  Unze  gewöhnlich  als  altische 
zu  bezeichnen ,  ja  sogar  dieser  neronischen  Mine  die  eigentlich 
attische  als  blosse  Gewichtsmine  {nvof.ia  oialt^/non)  gegenüber 
zu  setzen  pflegte.  Dagegen  brachte  man  ein  specifisch  römisches 
Talent  von  72  Pfund  auf,  worüber  wir  das  Hauptzeugniss  bei 
Isidorus  orig.  XVI,  25  haben:  Talentum  autem  sununum  pondus 
esse  perhibetur  in  Graecis  ....  apud  Romanos  enim  talentum 
est  LXXIl  librarum.  Es  kann  kaum  ein  Zweifel  sein,  dass  sich 
dieses  auf  den  vor  Nero  normalen  Münzfuss  von  Vg 4  Pfund  oder 
3%  S.crupel*"  bezieht;  denn  6000  X  Vg,  macht  71 V7  Pfund, 
und  dafür  setzte  man  eben  in  runder  Zahl  72  Pfund. 

Ausserdem  aber  thul  der  erste  Metrolog  des  Galen  noch 
Erwähnung  von  einer  römisciien  Mine  von  20  Unzen :  ))  f.nci 
rj  'FwjLiaixrj  syst  f.iv5g  y.,  und  damit  steht  im  Einklang  Epipha- 
nius  neui  f.iecQ(öv  xai  oiaiUnov'^^:  tj  öe  ^Italixfj  (.ivü  tsaaa- 
qÜxovtu  ovazr^üiov  loiiv,   onsq  nuyyiiov  x,     Xiigag  (.tiäg  xal 


(38)  S.  Mommscil  Grscli.  d.  Rom.  Miiiizw.  p.  390  f.  u.  309. 

(39)  p.  5i,  nur  lä.s.st  sich  liier  noch  pas.sen(l  die  Angabe  des  Hero- 
Didyinus  über  das  fragliche  Talent  hinzufügen :  yirsrai  ovr  tö  rä/.niTov 
).tT^ns  ^fiH  tr  i'OuiaiirtTt, 

(40)  cf.  p.  Cl. 

(41)  Bei  Le  Moiiie  Varia  sacra. 


78       SitzuiKj  der  pUilos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

öijiiniQov.     Böckh   Melrol.  Unters,   p.  299   hat  von  dieser  Mine 
bereits    eine    vollstiindij^   genügende  Erklärung  gegeben,   indem 
er  sie  für  den  sechzigsten  Theil  eines  römischen  ccntunipondiuin 
erklärte.   Es  niusste  aber  den  Römern  sehr  nahe  liegen  hundert 
Plund  als  eine  grössere  Einheit  zu  fassen  und  dem  griechischen 
Talent  gegenüberzustellen.     Denn  Varro  de  ling.  lat.  V.  §.  170 
bemerkt    schon,    dass   die   lateinische  Sprache   zur  Bezeichnung 
von  1,  2,  3  bis  100  Ass  immer  ein  einziges  Wort  gehabt  habe, 
nicht   mehr  aber  für  eine  über  100  hinausgehende  Summe  von 
Assen.    Und  in  der  That  finden  wir  in  der  letzten  Zeit  des  rö- 
mischen Kaiserreichs  eine  Gewichleinheit  von  100  Pfund  cenle- 
narium   oder   xtvcrjvdginv  erwähnt,    worüber  Gronov   de  sest. 
p.  362  f.  die  Belege  beigebracht   hat.     Ganz  besondere  Beach- 
tung   aber  verdient   in    dieser   Beziehung  ein  Edikt   der   Kaiser 
Valentinian   und  Valens    im   cod.  Theodosianus  15,    9,    1,   das 
auch  der  Zeit  nach  sehr  gut  mit  unsern  beiden  Gewährsmännern 
des  hundertpfündigen  Talentes  zusammengeht:  nee  maiorem  ar- 
genteum    nummum   fas    sit  expendere,    quam   qui   formari  solet 
cum  argenti  libra  una  in  argenleas  sexaginta  dividitur.  Denn  ein 
Talent  von  100  Pfunden  hat  eben  ein  einzelnes  Silberslück  von 
Veo  Pf   zur  Voraussetzung,    wie  dessen  Prägung  hier  in  einem 
kaiserlichen    Erlasse    anbefohlen    wird.     Auch   haben   sich    noch 
Stücke,    die  auf  diesen  Münzfuss  geprägt  waren,    in  Silberme- 
daillen des  Constanz  mit  der  Werthziffer  LX  erhalten,  von  denen 
nach  andern  Mommsen  Gesch.  d.  Rom.  Münzw.   p.  784  gehan- 
delt hat.     Findet  so   die  Fiktion   einer   römischen  Mine  von  20 
Unzen  ihre  ganz  natürliche  Erklärung,  so  ist  es  zum  wenigsten 
sehr  gewagt  dieselbe  mit  Oueipo  essai  sur  les  syst,  met  I  p.  330 
mit  der  Mine  des  persisch -babylonischen  Talentes  das   ist  mit 

rr ^  oder  544,400  Gramm  in  Verbindung  zu  setzen. 

60 

Bedenklicher  ist  eine  vierte  Bestimmung  der  italischen  Mine 

auf  18  Unzen    oder  1'/«  Pfund.     Erwähnt   findet   sich   dieselbe 

bei  Dioscorides,  wo  es  gegen Schluss  heisst:  ^na  xaia  ^liv  xrjv 

iaT^iyrjv  XQ^^^^  "V**-  f^^yy^^^S  ^Sf     '^oüi^    k'onv   olxag    gxt], 


Christ :  Beiträge  zur  Bestimmung  der  attischen  Talente.        79 

TiaTo.  de  xrjv  ^[laXtxrjv  (.nu  ovyylag  f/y,  tovl^  l'ari  lizgav 
(.liav  i^iiiiosiav  douyjiag  ös  Qfiö'  ^  de  lAls^avdQLvrj  f.iva  ayst, 
ovyylag  x  xovt'  taiiv  nlKCcg  o^,  und  damit  hiiiigt  eng  die  An- 
gabe des  zweiten  Metrologen  des  Gnien  zusammen :  'H  fira 
TTQog  t6  'Iiali/.ov  e'xei  ö(jayjiag  i>fiö ,  nqbg  Je  I^ctikov 
dgayf-iag  Q/ß ,  Saie  jt)v  'IiaXixrjv  ^irav  nvai  licoav  ~a 
riliiiatiav,  ngog  de  rijv  l4riixrjv  Xiioav  a  ovyylaz  y  öocr/uag 
ö:  7]  nvyyia  äyei  naga  f.nv  xmg  Ldxxixoig  ögoxficcglT,  naga 
de  xnlg  'icakixnig  Sgayjiag  r].  Ich  habe  die  beiden  Stellen 
vollständig  ausgehoben,  weil  erst  nach  genauer  Erwägung  des 
Ganzen  darüber  geurllieilt  werden  kann,  was  von  diesen  An- 
gaben der  italischen  Mine  zu  18  Unzen  zu  halten  ist.  Um  mit 
der  zweiten  zu  beginnen ,  so  ist  es  leicht  ersichtlich  .  dass  hier 
eine  bestimmte  Mine,  von  der  gleich  unten  mehr,  in  Drachmen 
von  verschiedenem  Münzfuss  ausgedrückt  ist;  schon  daraus  folo-t, 
dass  hieraus  nicht  auf  Minen  von  verschiedenem  Gewicht  ge- 
schlossen worden  konnte,  da  die  Mine  ein  und  dieselbe  ist  und 
nur  die  Drachmen  ein  verschiedenes  Gewicht  haben.     Es  ergibt 

sich  aber  aus  den  Schlussworteu  jy  nvyyia djayuag  ~q, 

dass  die  beiden  Drachmen  sich  dem  Gewichte  nach  verhalten 
wie  7:8*%  und  dass  sich  desshalb  auch  jene  in  zwei  ver- 
schiedenen Drachmen  ausgedrückten  Werthe  jener  Mine  wie 
7  :  8  verhalten  müssen.  Nun  verhalt  sich  aber  122  :  144  nicht 
wie  7  :  8,  und  soll  das  richtige  Verhiiltniss  hergestellt  werden, 


(42)  Wollin  man  jene  zwei  Arten  von  Pracliinen  unterbringen  soll, 
kann  nicht  zwcircihart  .sein.  Die  Drachme  zu  /g  Unze  ist  olTonhar  iden- 
tisch mit  der  neroiiisclien  und  kdunte  .so  mit  Fug  die  ilali.sche  genannt 
werden;  hingegen  .stimmt  die  Drachme  zu  '/?  Unze  mit  der  repuiilikani- 
schen  Ausprägung  des  Denar.  Dieselbe  wird  hier  die  allische  genannt, 
weit  die  attische  Drachme  allmälilich  von  dem  Normalgcwicht  von  V25 
Unze  auf  das  efTeklive  von  '/,  Unze  herabgesunken  war,  unser  Metrolog 
aber  doch  noch  die  richtige  Vorstellung  halle,  dass  die  attische  Drachme 
schwerer  gewesen  sei  als  der  neronische  Denar, 


80         Sitzvuy  der  philos.-philol.  L'lasse  vom  4.  Februar  i862. 

SO  muss  cnlweder  144  in  137^7  oder  122  in  126  geändert 
werden.  Schon  aus  der  Einfachheit  der  Zahl  erweist  sich  die 
letztere  Aenderung  als  die  richtiüe,  wie  sich  dieses  auch  noch 
im   weiteren  Verlauf  der  Darstellung  ergeben   wird.     Jedenfalls 

aber   bezieht  sich   der  Schlusssalz  üoie  ti]v  'Itakix)]p 

öoayjiagö  auf  jene  falschen  Zahlen,  die  im  Texte  stehen,  und 
geht  derselbe  obendrein  von  der  grundfalschen  Voraussetzung 
aus,  als  sei  beidesmal  ein  und  dieselbe  Drachme  nämlich  die 
neronische  von  Vge  Pfund  gemeint.  Daraus  also  geht  mit  völli- 
ger Sicherheit  hervor,  dass  jene  Angabe  von  einer  italischen 
Mine  zu  18  Unzen  sich  hier  auf  eine  verkehrte  Sclilussfolgerung 
aus  einem  corrumpirlen  Texte  also  auf  die  Verkehrtheit  der 
Verkehrtheiten  gründet.  Nicht  viel  besser  steht  es  mit  dem 
ersten  Zeugniss:  denn  in  diesem  ist  eben  der  Satz  xaxa  de  zi^v 
^Iraliy.rjv  ftvä  ovyyiuQ  ly,  xovi''  ton  XiiQCiv  {.liav  r>i.iiO£iav, 
ÖQayjtccQ  ÖS  Qi-iö  aus  mehr  als  aus  einem  Grunde  gar  sehr  der 
Unächtheit  verdächtig;  denn  schon  der  Ausdruck  xaia  ds  xr,v 
^IcaXiy.i]v  yotjoiv  ist  ebenso  ungeschickt,  als  der  vorausgehende 
xara  rrjv  iaiQr/.rjv  yQrjoiv  passend  ist;  sodann  verstösst  die 
Wiederholung  von  /nvä  an  unserer  Stelle  gegen  alle  Concinnität 
ja  gegen  alles  Sprachgefühl;  endlich,  und  das  ist  die  Hauptsache, 
ist  der  Ausdruck  dgay/ung  ganz  und  gar  verdächtig,  da  unser 
Metrolog  in  den  vorausgehenden  und  nachfolgenden  Sätzen  stets 
oAxat  statt  ÖQoyfiai  gesagt  hat.  Es  hat  daher  alle  Wahr- 
scheinlichkeit, dass  es  ursprünglich  hiess:  invä  xatä  i^iiv  ttjv 
laTOixrjv  ;fo»}fffv  ayei  nvyylng  ig,  rnvi*  l'oTiv  oXy.ag  gxrj. 
7]  öi  ^u4Xe$avÖQirt]  fivä  uyei  ovyyiag  jc,  rnvz^  eotiv  oXxctgf)^, 
und  dass  dann  erst  später  jene  Angabe  über  die  italische  Mine 
von  ungeschickler  Hand  aus  einer  anderen  Ouelle ,  vielleicht 
sogar  aus  unserer  zuerst  behandelten  Stelle"   hineingeschoben 


(43)  So  ist  in  dein  metrologischen  Fragment  der  Cleopatra  c.  X  die 
falsclie  Lesart  rd  xenanoi'  i'xet  'Amxovs  Xf^/.xovs  ß   xai  /«Axoti  irt^ov 

(Ji'o  Tj)tra  [^  ^10  ne'fiTtTa]  aus  der  corrupteii  Lesart  des  folgenden  Capitels 


Christ:  Beiträge  %ur  Bestimmung  der  attischen  Talente.        81 

worden  ist.  So  bleibt  nur  nocli  ein  Zeiigniss  über  die  italische 
Mine  von  18  Unzen  zu  erwjigen  übrig,  das  in  dem  zweiten 
Metroiog  des  Galen  c.  VII  in  den  Worten  t)  'icalixt)  /nva  H- 
TQav  (.tiav  r^fuav  enthalten  ist;  aber  auch  dieses  wird  sich  bei 
näherer  Betrachtung  in  sein  nichts  auflösen.  Es  steht  nämlich 
hier  das  Gewicht  der  italischen  Mine  ganz  ofTenbar  in  Zusam- 
menhang mit  dem  Ansatz  des  Denar  auf  IVj  Drachmen :  ro  dt]- 
väqinv  dQayjit]v  ^iiav  xai  'i'^fiKTv.  Dieser  Ansatz  kann  aber 
nur  ein  ungefährer  sein,  wie  der  Zusammenhang  zeigt,  wesshalb 
ich  den  betreffenden  Passus  hierher  setze:  17  dQayjarj  ygäf-if-iaru 
tqia,  tn  öijvdqinv  dqax/iD^i'  fi/av  xal  rj(.iiav ,  xh  aooäQinv 
drjvctQiov  i'joL  oräyLOv  tv  ij/iiiov ,  6  ozaTrjQ  uaoc'cQia  ovo,  rj 
ovyyia  oraTtjoag  ööo.  Denn  da  das  orayiov  Vc  Unze  oder 
4  Scrupel  beträgt,  so  stellt  sich  das  aooaQinv  =:  l'/j  Stagia 
auf  6  Scrupel,  und  dieses  stimmt  nn"t  dem  gewöhnlichen  Ansatz 
des  assarium  der  Kaiserzeit  auf  V^  Unze  völlig  überein**.  Würde 
nun  aber  der  Denar  genau  IVj  Drachmen  d.  i.  IVg  X  3=i4V, 
Scrupel  betragen,  so  enthielte  die  Bestimmung  to  aaoaQiov 
örjväoinv  /;Tot  aiccyiov  fV  rf.uGv ,  womit  der  SchoHast  des 
Nikander  bei  Gronov  mantissa  pec.  vet.  p.  436  zo  daaäginv 
dt]raQinv  )jynvv  oiäyinv  av  yi/ffi;  übereinstimmt,  einen  inneren 
Widerspruch  in  sich.  Denn  würde  man  ev  'ij/mov  mit  Gronov 
bloss  zu  dem  letzten  Worte  ziehen  ,    was   aber   nicht  wohl  zu- 


TO  xsoariof  i'/si  'AiTixovi  yjdy.ovs  ß  y.ai  yaly.ov  ß  TTtuTa  eiltstaiuloa. 
Böckh  p.  157  streicht  auch  'Axny.ovi  und  ert'oov  ;  erstercs  sicherlich 
ohne  hinreicheiulcii  firuiicl ,  da  nur  nach  der  neronisch  -  attischen  Wäh- 
rung, weiche  Cleopatra  die  attische  nennt,  ein  Obol  drei  xeodria  und 
demnach  auch  ein  y.eoÜTior  27j  chalcns  gleich  war. 

(4'i)  Vergleiche  die  Glosse  jö/./.n  p  J817  Otto:  (jö'/j.i^  orad-uö^  ian 
leyöfievos  xai ßalätrior,  i'/.y.ei  Si  St;räoin  Siayoam  Tistnj^y.oitn,  rerrtOTt 
Xirqas  riß  y.ai  ovyyia^  /'| ,  (öi  äyorjoi  iy.äarov  Srjva^iov  lixQav  a  xai 
ovyyias  y,  mit  anonym  de  pond.  iiei  Le  Meine  Varia  sacra  t.  I.  p  497 
Jrjräoior  r,v  ra  t^tjy.orra  aaoäoia  und  Hero  bei  Gronov  de  sest.  p.  91 
t'xaoTOr   Se   SrjväQtov  noonoüov  torir  i^rjy.orxa.    DCHH    15   Unzen   getheilt 

durch  60  gibt  '/»  Unze  oder  6  Scrupel. 

Ii8e2. 1.]  6 


82        SUztiny  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1869. 

lässig  ist ,  so  würde  das  assariiim  zugleich  4V2  und  6  Scriipel 
betragen,  würde  man  es  aber  zu  dijvÖQim'  und  oiäyinv  ziehen, 
so  würde  sich  auch  so  eine  Inconvenienz  ergeben,  denn  das 
assarium  würde  dann  einmal  GV^  Scrupel  und  dann  wieder 
6  Scrupel  gleich  geselzt  werden.  Folglich  ist  die  Bestimmung 
des  Denar  auf  l'/z  Drachme  ungenau,  wie  ja  auch  in  der  That 
der  Denar  nie  4:'/.^  Scr. ,  sondern  zur  Zeit  seiner  schwersten 
Präsung  nur  4  Scr.  wog.  Ist  aber  dieses  der  Fall,  so  ist  auch 
die  Bestimmung  der  italischen  Mine  auf  18  Unzen  ungenau; 
genau  aber  wäre  jener  Metrolog  verfahren,  wenn  er  den  Denar  zu 
IV3  Drachme  und  die  Mine  zu  IG'Va  Unzen  veranschlagt  hätte. 
Somit  hätten  wir  also  streng  erwiesen,  was  Böckh  Metrol.  Unters, 
p.  229  vermuthungsweise  aussprach,  dass  auf  jene  italische  Mine 
von  18  Unzen  gar  nichts  zu  geben  sei. 

Nun  finden  wir  aber  in  den  uns  erhaltenen  Metrologen 
noch  sehr  oft  von  alexandrinischen  oder  ägyptischen  Talenten 
Erwähnung  gethan,  und  von  diesen  wollen  wir  noch  am  Schlüsse 
in  aller  Kürze  handeln. 

Hero-Didymus  erwähnt  ein  alexandrinisches  Holzfalent,  von 
dessen  Gewicht  er  folgendes  anführt:  tn  le  ev  LiXe^avögsia 
^vXixov  TV)  neftTO)  öiacpeQSL  rrgog  zo  riQoeioij/iurov  (iiQi]- 
fiievov  Didymus  nach  Angelo  Mai)  e.myio'fQiov  naqizievnv.  Da 
nun  das  zuvor  genannte  ptolemäische  Talent  kein  anderes  war 
als  das  reducirle  attische  (ro  yliTi/.nv  rdXavcnv  laoaiüaiov 
fiiiv  TW  ]lioXe/iiaix(f))  oder  das  neronische  Talent,  so  betrug 
jenes  Holzfalent  V5  X  62V2  d.  i.  75  Pfund  ^\  Die  zu  diesem 
Talent  gehörige  Mine  ist  uns  nun  auch  noch  anderswo  erhalten, 
ohne  dass  man  dieses  bisher  bemerkt  hätte:  Es  heisst  nämlich 
in  dem  7.  Metrolog  des  Galen  c.  XII:  tj  fipa  exsi  oi>yyiag  le, 
oXxug  (jifiS;   7)   lliQa   l'xei   o?,xag  b.     Ein  Fehler   kann   nicht 


('i5)  Schon  liierdurcli  wiilcilcE^on  sicli  die  AnnaliiiKMi  von  Snoiliiis 
Gion.  llie.s.  IX,  1578  und  von  Höikli  Mt'lrol.  Unters.  l.")8,  da.ss  die  Mine 
des  Holztaieiites  identisch  sei  niil  der  alexnndrinisclien  Bliiic  von  20  Unzen 


Chrid:  Beitröge  -z-ur  Bestimmung  der  attischen  Talente.        83 

vorliegen,  da  1'/^  Pfund  zu  90  Draclimen  gerechnet,  gerade 
ll2'/2  Drachmen  ergibt.  Auch  kann  die  olut]  von  Vgo  Pfund 
nicht  die  zu  unserer  Mine  gehörige  Drachme  sein ,  da  sich 
daraus  eine  Mine  von  nur  13'  3  Unzen  entziffern  würde.  Aber 
vollständig  stimmt  unsere  Mine  zum  erwähnten  alexandrinischen 
Hülztalent,  da  60  fünfzehnunzige  Minen  gerade  75  Pfund  er- 
geben, und  sich  auch  unsere  Mine  zur  neronischcn  oder  15  U.: 
12Vi  U-  gerade  so  verhalten  wie  6  :  5. 

Ausserdem  wird  nun  noch  öfters  eine  alexandrinische  Mine 
von  20  Unzen  erwähnt,  nämlich  von  Dioscorides,  dem  letz- 
ten der  Melrologen  dos  Galen  c.  XIV:  jy  de  lAKe^arÖQLvrj  (.iva 
ay£L  ovyyiag  x  rnviioxiv  o^xag  q^*'^  ,  und  von  Galen  de 
compos.  sec.  genera  t.  XIII  p.  538  ed.  Kuehne  :  €i'6)]Xov  ovv 
ort  zrjv  IdXe^avÖQioTiKi^v  )Jyei  (.ivdv  ovyylag  x  l'xnvoav,  und 
p.  789  :  öiaTT€(foJrr]vai  di  Talg  neQi  tiüv  aiaO-jncor  xal  (.li- 
ZQcov  yvaif.)aoiv  ,  onöoog  iailv  n  ri^'g  /mag  aiaO^fiog,  evicov 
fdv  exxaiöexa  Xeyövziov  ovyyiiov  eivcti  xrjv  f.ivav,  ivliov  de 
tixnoi,  iriiov  öi  xai  dtogiLof^unov  xal  zrjv  f.iiv^le^a7'ögixtjv 
i-ixnoi  (faaxövTwv  tivai  oi>yyiwv ,  x/]v  ()'  ahXtjV  exxaidsxa, 
xal  rnvio  /neu  tzi  /nixonreonv.  Wenn  daneben  noch  von  der 
Cleopatra  c.  X  und  XP'  eine  ptolemäische  Mine  von  18  Unzen 
genannt  und  von  einer  solchen  achtzehnunzigen  Mine  auch  im 
4  Melrologen  des  Galen  ausgeffangen  wird**,  so  bleibt  es  zwei- 


(46)  Auf  der  nur  zu  oft  Jicnortretenden  Ungenaiiigkeit  in  der  Be- 
nutzung der  alten  Zeugnisse  beruht  die  irrige  Meinung  Queipos  essal  sur 
los  s^st.  nielr.  I  p.  l'.)4,  als  seien  unter  jenen  1()0  6/.y.ni  solon. -attische 
Drachmen  von  4,'i3  Gramm  gemeint.  Ehenso  unrichtig  niusste  dann  auch 
die  darauf  gebaute  Tlieoric   von   einem  römisch -äg}'ptischen  Pfund  von 

1  CO X  4.25         „,.  ,, 

z=  340  liramm  sein. 

(47)  »7  IlTO/.eiuäy.i]  uvn  e/ei  ovyyins  tt] ,  Soa/ttns  Q,"^  ,  yoniiunrn 
vXß  y..   r.  X. 

(48)  T}  fivä  Tcoöi  tÖ  'Ira'/.iy.öv  e/^ei  (foriy/ins  QitS ,  nnoä  Si  I^ttixov 
Son/jin;  ^  ;  denn  144  X  '/s  U.  und  122  X  '/,  U.  =  18  U. 

6* 


84        Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

felhafl,  üb  diese  mit  der  gciiannlen  <de.\aiidrinischcn  Mine  in  Ver- 
bindung stellt;  im  bejahenden  Fall  miisste  man  eine  spatere 
Reduction  der  alten  Mine  im  Gewichtssystem  oder  doch  wenig- 
stens in  der  Münzprägung  annehmen.  Doch  lassen  wir  diese 
zweifelhafte  ptolemaisehe  Mine  bei  Seile,  so  haben  wir  über  die 
alexandrinische  Mine  noch  ein  weiteres,  höchst  wiclitigos  Zeuijniss 
im  Melrologen  der  Benediktiner:  /)  öi  liXe^avdoivrj  luiä  (r/ec 
6?.xag  Qi>  ä'/.Kaxov  qvij  **.  Sehen  wir  hierbei  vorläufig  von  der 
letzten  Variante  ab,  so  ergibt  sich  daraus  eine  oXxr)  oder  eine 
Drachme  von  ^°/|3o  d.  i.  von  V,5  Unzen  =  S'/j  Scrupel  =: 
68,50  Par.  Gran  =:  3,63  Gramm.  Von  dieser  Drachme  haben 
wir  aber  auch  noch  anderwärts  Kunde  erhalten.  Wir  haben 
nämlich  bereits  im  vorausgehenden  Drachmen  von  '/s ,  Vas,  V^ 
und  Vs  Unze  kennen  gelernt,  wovon  die  ersle  mit  der  ältesten 
römischen  Silberprägung,  die  zweite  mit  der  solonisch-attischen 
Währung,  die  dritte  mit  der  römischen  Währung  bis  auf  die 
Zeit  Neros,  die  vierte  endlich  mit  der  kaiserlichen  Silberprägung 
seit  Nero  in  Verbindung  steht.  Nun  wird  aber  auch  noch  einer 
bXxi'j  von  Vgo  Pfund  oder  Vis  Unze  gedacht,  die  sich  in  keine 
der  uns  bekannten  griechischen  und  römischen  Münzfüsse  unter- 
bringen lässl.  Dabei  ist  besonders  zu  bemerken,  dass  diese 
letzte  oXy.ri  gerade  bei  solchen  Autoren  vorkömmt,  die  zugleich 
von  ägyptischem  Gewicht  handeln.  So  fanden  wir  kurz  zuvor 
jene  okyit]  von  dem  7.  3IelroIogen  des  Galen  erwähnt,  der  uns 
zugleich. die  wichtige  Notiz  über  das  alexandrinische  Holztaient 
überliefert  hat.  Auch  Galen  spricht  von  ihr  an  einer  Stelle,  wo 
er  zugleich  den  Unterschied  der  alexandrinischen  und  attischen 
Mine  berührt  l.  XIII  p.  789  ed.  Kuehne:  ulla  riov  elg  dgax- 
fxag  dvayövttüv  trjv  /nväv  elalv  o'i  (paoiv  exacov  nvai  dqax- 
(A(jjv  TijV  /uvuv ,  bVLoi  de  TxXeiöviüP ,    eneiör^   xal  xr^v  ovyyiav 


(49)  Böckli  Metrol.  Untcr.s.  p.  157  f.  will  (laruiiler  löiiiisihe  Rpcli- 
nun{];s(Iratlimeii  von  '/se  Pf-  verstehen;  aber  abgesehen  von  andern  Un- 
zulänglichkeiten streitet  gegen  diese  .Annahme  schon  der  Umstand,  dass 
unser  Metrolog  vor  Nero  lebte  und  nur  römische  Drachmen  von  '/84  Pf- 
kennt. 


Cliiiit:  Beiträye  zur  Bestimiminy  der  attischen  Talente.        85 

of   nXeiöTm  fniv    Irtia    xcct    tj^iosog   daa/jiMf    iivav    (paoiv, 
k'rioi  de  C  (.invov,   ttEom   ös  t] ;  cf.  t.  Xlll  p.   159. 

So  kann  denn  kaum  ein  Zweifel  sein,  dass  diese  Draclnne 
von  'Z,^  Unze  mit  dem  alexaadrinischen  Gewiclitsyslem  und  der 
iiiryplischen  Geldwährnng  In  Verbindung  steht.  Wenn  daneben 
unser  vorziigh'chsler  Gewährsmann  die  alexandrinischc  Mine  auch 
zu  158  ni'cal  anschbigt,  so  niuss  (beses  wohl  gerade  so  erkbirt 
werden  wie  die  Angabe  des  gleichen  Melrologen ,  dass  das 
Pfund  7.2  nach  andern  75  olnat  betrage.  Denn  wie  wir  dort 
ein  verschiedenes  Gewicht  der  oX/.ai  annahmen,  so  müssen  wir 
dasselbe  auch  hier  tliun.  Wenn  demnach  die  oIky],  deren  150  auf 
ein  alexandrinischc  Mine  gingen,  7,5  Unze  oder  68,50  Par. 
Gran  oder  3,63  Gramm  betrug,  so  wog  die  andere  etwas  mehr 
als  die  neronische  Drachme  nämlich  ""/isf,  :=z  '"/td  Unze  oder 
3^/79  Scr.  oder  65,03  Par.  Gran  oder  3,46  Gramm, 

Wie  kam  man  nun  aber  in  Alexandrien  dazu  eine  Drachme 
von  68,50  und  65,03  Par.  Gran  anzunehmen?  Durch  die  ale- 
xandrinischc Mine  von  20  Unzen  kann  dieselbe  nicht  herbeige- 
führt worden  sein.  Denn  die  Zeugnisse  der  Alten  sagen  zu 
bestimmt  aus,  dass  gar  jede  Mine  100  eigene  Drachmen  habe, 
so  dass  demnach  die  entsprechende  Drachme  der  alexandrini- 
schen  Mine  weit  mehr  nändich  ^"/mo  =  V.,  Unze  gewogen 
haben  muss.  Auch  aus  der  griechischen  und  römischen  Wäh- 
rung kann  dieselbe  nicht  herüber  genommen  sein,  wie  wir  dieses 
kurz  zuvor  darthaten.  Was  bleibt  daher  übrig  als  dieselbe  aus 
den  plolemäischen  Münzen  zu  erklären?  Und  in  der  Tliat  nimmt 
man  die  ptolemäischen  Münzen  von  276  bis  herab  zu  236  Par. 
Gran  ^"^  für  Tetradrachmen ,  so  ergibt  sich  daraus  eine  Drachme 
von  69  bis  herab  auf  59  Gran,  die  sich  sehr  wohl  mit  dem  von 
uns  gefundenen  Normalgewichtcn  von  68,50  und  65,03  Gran 
vereinigen  lässt.  Dieses  ist  aber  noch  eher  zulässig,  wenn 
man  die  weitere  Reduction  in's  Auge  fasst,   die  uns  durch  den 


(50)  Böckh  Metrol.  Unters,  p.  139  f.,    Mionnet  poids  p.  204  (T.  und 
Queipo  cssai  sur  les  syst,  inetr.  t.  111  p.  7  ff. 


gß        Sit-z:un(/  der  fihilos.-fhilol.  Classe  vom  4.  Februar  1862. 

Ansalz  der  ptoleinüisclien  Mine  auf  18  Unzen  also  auf  V,o  der 
alt'XiUKlniiiscIieii  indicirt  zu  sein  scheint,  da  sich  daraus  eine 
Drachme  von  61,65  l'ar.  Gran  oder  3,27  Gramm  ergibt.  Hatten 
auch  diese  Draclunen,  weil  sie  von  Nachfolgern  Alexander  des 
Grossen  gesclilaoen  wurden,  den  Namen  öoayjiaHAltiävdQeiai 
neben  dem  speciellen  öq.  IlTnXeiiaixal ,  so  lasst  sich  auch  eher 
die  Ani>al)e  des  Appi;ni  Sic.  II:  f'x«'  6t  xnEvßo'ixov  zc'davznv 
lilE^avÖQUOvg  ÖQayjtas  erctaxiaxilLag  mit  den  übrigen  von 
Momniscn  IrefTlich  entwickelten  Nachrichten  über  das  euböische 
Talent  zusammen  reimen.  Denn  weder  in  Macedonien  noch  in 
Thracien  noch  in  Bilhynien  noch  in  Pergamum  noch  in  Syrien 
sank  die  Alexanderdrachme  je  zu  V7  der  attischen  herab ,  und 
mit  Monniisen  Gesch.  d.  rüm.  Münzw.  p.  26  unter  Alexander- 
drachme  den  Denar  der  römisch(m  Republik  von  Vg«  Pfund  zu 
Verslehen  geht  schon  desshalb  nicht  an,  weil  Appian  dort  von 
dem  Friedensvertrag  der  Römer  mit  den  Karthagern  nach  dem 
ersten  punischen  Krieg  also  von  einer  Zeit  redet,  in  der  zu 
Rom  der  Denar  noch  zu  '/^j  Pfund  oder  4  Scrupel  ausgebracht 
wurde.  Lieber  möchte  man  dann  noch  annehmen,  dass  Appian 
oder  sein  Gewährsmann  bei  der  Gewichlsbestimmung  der  Ale- 
xanderdrachme,  die  nach  den  Angaben  von  Müller  numism.  d' 
Alex.  p.  8  faktisch  von  dem  Normalwerth  der  attischen  Drachme 
von  4,40  Gramm  bis  auf  4,12  Gramm  lierabgegangen  war,  der 
runden  Zahl  zu  lieb  noch  etwas  tiefer  nämlich  zu  3,77  Gramm 
gegriffen  habe. 

Wie  man  nun  hier  nach  den  in  den  Münzen  der  Lagiden 
ausgeprägten  Drachmen  das  Gewicht  einer  nicht  correspondiren- 
den  einheimischen  Mine,  der  alexandrinischen  bestimmte,  so  hat 
man  andererseits  auch  ,  um  das  ägypiische  Münzsyslem  in  Ein- 
klang mit  dem  griechischen  zu  setzen,  aus  6000  solchen  Lagiden- 
drachmen  ein  ptolemäisches  Talent  lingirt.  Dieses  setzt  Hero- 
Didymus''  in  Bezug  auf  Gewicht  und  Eintheilung  dem  neronisch- 


(51)  Hero- Didymus:     T6    'Arny-oi'    rälftvTov   ioooräaiov    fiev    xqp 
nxoXefin\'y.o>  xni  AvTto/jxcö  xui  ianoid'tiov  ev  näaiv. 


Christ:  Deiti'äije  zur  Bestimmunij  der  attischen  Talente.        87 

altisohen  gleich,  und  konnte  dieses  auch  wohl  Ihun,  da  sich  die 
plüleniaische  Drachme  kaum  um  ein  minimum  von  dem  römischen 
Denar  unterschied.  Aber  gewiss  sind  nicht  aus  diesem  System 
jene  ptolemäischen  Drachmen  hervorgegangen  und  es  fragt  sich 
daher,  zu  welchem  Gewichtssystem  gehören  von  Haus  aus 
einerseits  die  alexandrinische  Mine  von  20  Unzen  andererseits 
die  ptolemäische  Drachme  von  o,G3  bis  3,46  Grannn.  Vorerst  ist 
es  nun  klar,  dass  jene  alexandrinische  Mine,  deren  entsprechen- 
des Talent  von  100  Plunden  Hesychius  überliefert  hat  *%  zu 
dem  persisch  -  babylonischen  Talent  gehört,  dessen  Drachme 
uns  im  modischen  Siglos ,  der  geläufigen  Silbermünze  des 
Darius  von  5,44  Gramm  erhalten  ist.  Dieser  Punkt  ist  von 
Oueipo  essai  sur  les  syst.  mclr.  I  p.  312  und  328  so  auf- 
gehellt worden ,  dass  ich  mich  einer  eingehenden  Darlegung 
füglich  überheben  kann.  Derselbe  Gelehrte  hat  auch  nach  dem 
Vorgang  anderer  (\e\\  Zusannnenhang  jener  ptolemäischen  Drachme 
mit  dem  hebräischen  ursprünglich  ägyptischen  Talente  nachge- 
wiesen, jedoch  so,  dass  ich  hier  einiges  berichtigen  anders  hin- 
zufügen muss.  Das  hebräische  Talent  wird  bekanntlich  von  i\e\\ 
späteren  Metrologen  einstimmig "  zu  125  Pfund  veranschlagt, 
und  wir  können  darunter  trotz  der  Einsprache  von  Oueipo  nur 
römische  Pfunde  erblicken  ^*.  Dieser  Ansatz  ist  aber  olTenbar 
nur  ein  durch  Rechnung  gewonnener,  der  die  Gleichselzung  des 
Sikel  mit  4  Drachmen  zur  Voraussetzung  hal'^;  denn  da  das 
hebräische  Talent  3000  Sikel  betrug,  so  war  dasselbe  nach 
jener  Voraussetzung  auch  gleich  12000  neronischen  Drachmen 
oder  2  X  62 Vj  d,  i.  125  römischen  Plunden.  Dieses  war  aber 
gewiss  nicht  das  ursprüngliche  und  volle  Gewicht  des  hebräisch- 
ägyptischen Talentes.     Sclion   die  Münzen   weisen    uns   auf   ein 

(ö'2)  Diesem  ganzen  Talent  sciu'int  sich  das  Talent  von  50  Pfunden 
bei  Isidor  orig.  XVI,  22  als  die  dazu  gehörige  Hälfte  anzureihen. 
(5;J)  Die  Xatliweisc  gibt  Büikh  Metrol.  Unters,  p.  150  f. 

(54)  cf.  p.  51. 

(55)  cf.  Jüsephiis  arcll.  III,  8,  2  ö  oiy.'/.os,  röinoua  'ESrxüov  cov, 
'^Triy.ni  Si/srai  i^na/uas  Tiuunoaä  im  Mclrol.  des  (ialen  C.  VIII:  TO 
oix/.or  UTcc/ia  roia. 


88        Sitzung  der  pliilos.-philol.  CUisse  vom  4.  Februar  iS62. 

höheres  Gewicht  hin,    da  die  plolemiiischen  Tetradrachinen ,   die 
auf  den  Fiiss  des  hebräischen  Sikel  geschlagen  sind,    durchweg 
das   Gewicht  von  4   neronischen   Denaren    oder    13,G4   Gramm 
übersteigen    und    sich    dem    Norinalgewichl    von   14,16    Gramm 
nähern.     Noch   einen    festeren  Anlialtspunkt  haben   wir  an   der 
kurz  zuvor  besprochenen  Ueberheferung,    wonach  die  Lagiden- 
drachme  V90  Pfund  betragen  soll;    denn   daraus   berechnet  sich 
der   Sikel   zu   V„^    und    das   Talent  zu    3000    X   V^o   oder  zu 
133,3...  Pfund.     Ganz   genau    slinnnt   damit  Josephus  überein, 
wenn    er   arcl».   III,    6,   7  das  hebräische  Talent  zu  100  Minen 
veranschlagt;  denn  da  darunter  nur  attische  Minen  gemeint  sein 
'können,   so  erhallen  wir  damit  für  das  Talent,   wenn  wir  nach 
der  gewöhnlichen  Weise  die  Äline  zu    l'/a  Pfund   rechnen,    ein 
Gewicht  von  100  X  "/j  =  133,3    ..  Pfund;  und  diese  genaue 
üebereinstimmung  beweist  mehr  wie  alles  andere  die  Gleichheit 
des  hebräischen   und   ptolemüischen    Gewichtes.     Nun   berichtet 
uns  aber  derselbe  Josephus,  der  sowohl  von  dem  alten  Gewicht 
des  hebräischen  Talentes  von  133  Pfund  als  auch  von  dem  re- 
ducirten    oder   römisch- hebräischen  von   2  X  62 V^   oder  125 
Pfund  Kenntniss  hatte,    auch   von    einer   hebräischen  Mine,    die 
gleich  2^2  Pfund  gewesen  sei,  arch.  XIV,  7,  \  rj  ös  fxvä  tcoq' 
rjfüv  ioxLi£i  XitQag  ovo  "^i-iLav.     Hält  man  hierbei  die  Einthei- 
lunsr  des  griechischen  Talentes  in  60  Miner»  auch  für  das  hebrä- 
ische   Talent   bei,    so  lässt  sich  dieses   Gewicht   der  Mine    mit 
keinem  der  beiden  Talentgewichte  vereinigen.     Geht   man   aber 
von   der  einheimischen   vergebens   von   vielen  Gelehrten  wider- 
sprochenen   Eintheilung  des   hebräischen  Talentes   in   50    Minen 
aus,    so    erhält  man  ganz  genau  aus  dem  römisch  -  hebräischen 
Gewicht  des  Talentes  von  125  Pfunden  eine  Mine  von  2Vj  Pfund. 
Diese  Thatsache  ist  für  uns  auch  desshalb  wichtig,  weil  sie  uns 
den  Schlüssel  gibt  zum  Verständniss  des  oben  von  uns  bespro- 
chenen   alexandrinischen   Holztalentes.      Denn  da    dessen    Mine 
15  Unzen  oder  1'^  Pfund   gleich   war,    so  bedarf  es  nur  eines 
Fingerweises  um  gleich  zu  erkennen,  dass  diese  die  Hälfte  jener 
hebräisch-ägyptischen  Mine  von  2  V«  Pfund  zum  Ausgangspunkthalle, 


Sitzungsberichte 

der 

königl.   bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Malhemalisch  -  physikalische    Classe. 

Silzuniir  vom  8.  Februar  1862. 


Herr  Lamont  übergab  seine  Abhandlung 

„Ueber    die     tägliche    Oscillation     des    Baro- 
meters." 

Die  Erklärung  der  täglichen  Oscillation  des  Barometers  hat 
seit  mehr  als  fünfzig  Jahren  den  Meteorologen  viel  Mühe  und 
Arbeit  verursacht,  und  dabei  ist  wenigstens  so  viel  klar  ge- 
worden, dass  es  kaum  einen  auf  die  Constitution  und  Bewegung 
der  Atmosphäre  bezüglichen  Lehrsatz  gibt,  der  hier  nicht  in 
Betracht  käme.  Denuiach  kann  man  mit  Recht  sagen,  dass  die 
tägliche  Oscillation  dos  Barometers  in  der  Meteorologie  eine 
Fundamentalfrage  bildet.  Ich  habe  diese  Frage  unter  Vor- 
aussetzung einer  einfachen,  allen  Bedingungen  mathematischer 
Deduction  entsprechenden  Hypothese  zu  lösen  gesucht,  und 
[1862.  i.j  "jr 


90  Sitzuiitf  der  matli  -phi/s.  Clfisse  vorn  8.  Februar  1S62. 

verschiedene  Erliiulerungcn  später  geliefert  \  wogegen  von  Seite 
des  Herrn  Dove  '"  und  kurz  darauf  auch  von  Seite  des  Herrn 
Kreil  ^  Widerspruch  erhoben  wurde.  Diess  veraiUasst  mich  jetzt 
in  mehr  umfassender  Weise  die  Untersuchung  nochmals  auf- 
zunehmen. 

Zuerst  wird  es  zweckmässig  sein  über  den  eiliobenen  Wider- 
spruch einige  Worte  vorauszuscliicken.  Was  Hrn  Kreil  betrifll.  so 
hat  er  sich  «uf  eine  specielie  Kritik  nicht  eingelassen,  sondern  zu 
zeicren  sich  benüiht,  dass  durch  die  Wirkung  des  Dunstdruckes  in 
Verbindung  mit  dem  von  ihm  präsumirten  Vorhandensein  eines 
auf-  und  absteigenden  Luftstromes  die  beobachteten  Aenderungen 
des  Barometers  einfacher  und  vollständiger  erklärt  werden 
können,  worüber  ich  natürlich  die  Entscheidung  dem  Urlheile 
der  Sachverständigen  überlassen  nuiss.  Hr.  Dove  dagegen  hat  nicht 
bloss  seine  bekannte  Theorie,  die  einen  nach  ßedürfniss  ange- 
nommenen Einfluss  des  Wasserdampfes  und  des  aufsteigenden 
Luftstromes  voraussetzt,  neuerdings  erläutert,  sondern  auch  ver- 
schiedene Resultate,  zu  denen  ich  gelangt  war,  zu  widerlegen 
gesucht  theils  durch  kurze  Bemerkungen,  die  keine  Entschei- 
dung geben  können,  theils  dadurch  dass  er  die  eigentliche 
Frage  umgeht  und  dafür  etwas  Anderes  substituirt,  wovon  gar 
nicM  die  Rede  war*.     So   habe  ich  durch   eigene   und   fremde 


(1)  Jaliiesbcriclit  der  Miiiuliciier  Sternwarte  für  1858  S.  61  —  73; 
Aniiaien  der  MüiK-liener  Sternwarte,  111.  Siipplenunthand  (Monatliche 
und  jäliriiilie  Resultate  der  von  US?.")  bis  1850  angestellten  meteorolo- 
gischen Beobaclitiuigen) ;  ferner  Bull,  de  Brux.,  Classe  des  sciences  1859 
p,  641;  PoSS-  A""  1  Deceniherlieft  1801. 

('>)  lieber  die  periodischen  Aenderungen  des  Druckes  der  Atmo- 
sphfire.  Monatsbericht  der  k.  preuss.  .\kadeniie  der  Wissensch.  zu  Berlin 
Nov.  1800.  S.  Oii.  -  Zuliilliger  "Weise  ist  mir  dieses  Heft  der  Monats- 
berichte nicht  rechtzeitig  zu  (iesicht  gekommen,  und  so  habe  ich  von 
der  Abhandlung  des  Hrn.  Dove  erst  ein  volles  Jahr  nach  dem  Erscheinen 
derselben  Kenntiii.ss  erhalten. 

(3)  lieber  die  täglichen  Schwankungen  des  Luftdruckes  (Sitzungsb. 
der  k.  k.  Akademie  d.  Wi.ssensch.  zu  VN'ien,  Bd.  XLIII  ) 

(i)  lü'legcnheillich  kann  hier  bemerkt  werden,  dass,  wenn  mir  Hr. 


Lainont :   Oscitlation  fies  Barouieters.  91 

Psychromeler-Beübachtiing^en,  bei  welchen  die  Unvollkommenheit 
des  Instrumenls  keinen  wesenlliclien  Ausschlag  geben  konnte, 
nachgewiesen,  dass  der  Wasserdampf  an  benachbarten  Lokali- 
lälen  in  verschiedener  Menge  vorhanden  ist,  so  dass  die  Verschie- 
deidjeit  nicht  seilen  bis  auf  l/"3  des  Dunsldruckes  geht,  und 
Hr.  Dove  hätte  seinerseits  unternehmen  können  durch  Beobach- 
tung nachzuweisen,  dass  keine  solche  Verschiedenheit  existire, 
Anstalt  aber  dieses  zu  thun,  bemerkt  er  dass  die  monatlichen 
Mittel  ziendich  entfernter  Stationen  nahe  übereinstimmen,  und 
gibt  sich  noch  die  Mühe  zum  Beweise  einige  Beobachtungs- 
reihen aufzuführen,  obwohl  Jedermann  auch  ohne  solchen  Be- 
weis geglaubt  hätte  dass  in  den  monatlichen  Mitteln  Zufällig- 
keiten, wie  die  hier  in  Frage  stehenden,  sich  ausgleichen  müssen. 
Ich  habe  Thafsachen  angeführt  welche  beweisen ,  dass  zuo-Ieich 
mit  dem  Wasser  auch  die  in  demselben  aufgelösten  Stoffe  zum 
Theile  in  die  Luft  übergeführt  werden  können,  was  unter  An- 
derm  bei  den  im  Meere  enthaltenen  Salzen  der  Fall  sei.  Diess 
erklärt  Hr.  Dove  für  unzulässig  aus  dem  Grunde,  weil  es  keinen 
salzigen  Regen  gibt:  dieselbe  Argumentation  hätte  eben  so 
gut  dazu  gedient  zu  beweisen,  dass  kein  Bauch  aus  den  Ka- 
minen in  die  Atmosphäre  übergehe,  da  es  auch  keinen  russi- 
genRegen  gibt.  Ich  habe  gezeigt  dass,  da  die  atmosphärische 
Ebbe  und  Fluth,  die  durch  Attraction  des  Mondes  entsteht,  nur 
0"'',02  beträgt,  die  durch  Beobachtung  für  die  Sonne  gefundene 
viel  beträchtlichere  Ebbe  und  Fluth  einer  Massen-Attraclion  der 
Sonne  nicht  zugeschrieben  werden  könne,  desswegen  habe  ich 
clectrische  Attraction  —  vorläufig  nur  als  Untersuchungs- 
hypolhese    —    angenommen.     Dasselbe   Argument   wendet   nun 


Dove  in  seiner  Theorie  der  Stürme  die  Absicht  zuschreibt  „«üe  Gründe 
der  barometrischen  Oscillation  an  die  jeder  Beobaclitun^  unzugängliche 
obere  Grenze  der  Atmosphäre  zu  verlegen",  diess  auf  einem  Missver- 
ständnisse beruht,  uozu  von  meiner  Seite  keine  Veranlassung  gegeben 
war,  wie  Jeder  durch  Vergleichung  der  betreffenden  Stelle  sich  leicht 
überzeugen  kann. 

7* 


92        Silztnii^  der  inath.  -  phyi.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

Hr.  Dove  auch  auf  die  electrisclie  Atlraction  an,  indem  er  still- 
schweigend voraussetzt  dass  die  Eleclricitiit  eines  Körpers  seiner 
Masse  proportional  sein  müsse,  ohne  uns  ührigens  zu  belehren, 
(hfrch  welche  Gründe  eine  so  sonderbare  Hypothese  gerecht- 
fertiget werden  soll. 

Meine  Nachweisung,  dass  der  Barometerstand  bei  grossem 
Dunstdrucke  in"cht  höher  steht  als  bei  geringem,  begleitet  Hr. 
Dove  einfach  mit  der  Bemerkung:  ,, dass  die  die  Verdunstung  stei- 
gernde Wärme  gleichzeitig  die  Luft  auflockere",  ein  Argument 
dessen  Beweiskraft  einzusehen  mir  völlig  unmöglich  ist. 

Die  ganz  wesentliche  Frage,  ob  durch  die  sehr  bedeutende 
Masse  Wasser,  welche  als  Dunst,  Nebel,  Wolken  in  der  At- 
mosphäre schwebt,  das  Gewicht  derselben  vermehrt  und  der 
Barometerstand  erhöht  wird,  umgeht  Hr.  Dove  gänzlich,  was 
aber  die  Nichtexistenz  einer  selbstständigen  Dampfatmosphäre 
betrifft,  so  bemerkt  er  ganz  kurz  dass  meine  ,, Behauptungen" 
mit  den  bekanntesten  Ergebnissen  physikalischer  Untersuchungen 
im  Widerspruche  stehen.  Hiebei  vcrgisst  er  dass  ich  nicht 
„Behauptungen"  sondern  Thatsachen  beigebracht  habe,  und 
da  die  Lehrsätze  der  Physik  nur  der  Ausdruck  der  beobachte- 
ten Thatsachen  sein  sollen,  so  müssen  die  Lehrsätze  vor  den 
Thatsachen,  nicht  die  Thatsachen  vor  den  Lehrsätzen  weichen, 
falls  ein  Widerspruch  staltfindet.  Hier  übrigens  würde  erst 
dann  von  einem  Widerspruche  die  Rede  sein  können,  wenn 
nachgewiesen  wäre  dass  bei  der  Atmosphäre  im  Grossen  wie 
bei  dem  physikalischen  Experiment  im  Kleinen  dieselben  Ver- 
hältnisse stattfinden. 

Was  am  meisten  dazu  beigetragen  hat  Hrn.  Dove  hinsicht- 
lich der  täglichen  Barometer- Oscillation  auf  eine  unrichtige 
Bahn  zu  bringen,  war  ohne  Zweifel  die  unglückUche  Idee  dass 
die  täglichen  und  jährlichen  Oscillalionen  eine  genaue  Analogie 
miteinander  haben  und  auf  gleiche  Weise  erklärt  werden  müssten. 
Wenn  man  die  24slündige  Periode  betrachtet,  so  ist  der  Ueber- 
gang  von  einer  Stunde  zur  andern  ein  allmählicher,  und  selbst 
die    extremen  Zustände    sind    wenig    von    einander    verschie- 


Lamont:  Oscillation  des  Barometers.  93 

den.  Man  hat  während  des  Verlaufes  der  Periode  mit  der- 
selben Bodenbeschaffenheit  und  derselben  Luftmasse  zu  thun, 
und  da  der  Einfluss  der  Winde  und  meteorischen  Niederschläge 
eliminirt  wird,  so  bleibt  nur  die  Erwärmungs-  und  Anziehungs- 
kraft der  Sonne  übrig,  Kräfte,  die  so  regelmässig  wirken  dass 
ein  mathematisches  Verhältniss  zwischen  den  beobach- 
teten Aenderungen  und  den  einwirkenden  Kräften  hergestellt 
werden  kann.  Ganz  anders  verhält  es  sich  bei  den  jährlichen 
Oscillationen.  In  einem  Halbjahr  wird  der  Nordpol,  im  andern 
der  Südpol  der  Erde  von  der  Sonne  beschienen:  ein  ganz  an- 
derer Zustand  des  Bodens  und  der  Atmosphäre,  ganz  verschie- 
dene Verhältnisse  der  Winde  und  meteorischen  Niederschläge 
treten  ein.  Zwar  ist  noch  immer  die  Wärme  wie  bei  der  täg- 
lichen Periode  wirksam,  aber  nicht  als  einzige  Kraft  sondern 
begleitet  von  weit  mächtigern  Einflüssen  die  in  hohem  Grade 
von  Zufälligkeiten  bedingt  sind,  und  keinem  präcisen  Gesetze 
unterliegen;  desshalb  kann  von  einer  jährlichen  Periode,  die 
durch  ein  mathematisches  Gesetz  dargestellt  würde,  gar  nicht 
die  Rede  sein.  Diess  beweisen  auch  die  Beobachtungen.  Man 
betrachte  z.  B.  folgende  Reihen : 

München  Hohenpeissenberg 

12  Jahre*      13  Jahre«      54  Jahre ^ 


Januar 

317.69 

316.99 

299.  17 

Februar 

317.85 

315.85 

299.  35 

i\lärz 

316.91 

317.  10 

299. 10 

April 

316. 46 

316.  46 

299.10 

Mai 

316  99 

317.  44 

299.  89 

Jiiiii 

317.65 

317.48 

300.  63 

Juli 

317.88 

317.72 

300.79 

August 

317.45 

317.99 

300. 96 

September 

317.42 

318.00 

300.71 

October 

318.  24 

317.00 

300  09 

November 

317.  14 

316.  85 

299. 32 

Decembcr 

317  45 

318.10 

299.  25. 

(5)  Von  1825  —  1837.    Siehe  monatliche  und  jährliche  Resultate  der 
Münchner  Beohachtungen  S.  X.W. 

(6)  Von  1841  — 185i  und   1848-1856;  daselbst  S.  XXVI. 

(7)  Von   1792—  1830   mit  Lücken;    siehe  Beobachtungen   des   met. 
Observatoriums  auf  dem  Hohenpeissenberg  8.  XXV. 


94         Sitzung  der  matli.-phyi.  Classe  vom  8.  Februar  1S62. 

Die  grosseil  Abweichungen  der  beiden  Münchner  Reihen, 
die  Verschiedenheit  beider  von  den  Hohenpeissenberger  Beob- 
achtungen, dann  die  Sprünge  die  in  sänimtlichen  Reihen  von 
einem  Monat  zum  andern  sich  zeigen,  beweisen  zur  Genüge 
dass  entweder  gar  keine  durch  regelmässige  Zu-  und  Abnahme 
sich  äussernde  Periode  vorhanden  ist,  oder  wenn  eine  solche 
vorhanden  ist,  eine  hundertjährige  Bcobachlungsreihe  kaum  aus- 
reichen wird  um  die  Zufälligkeiten  zu  eliminiren.  Jedenfalls 
kann  also  jetzt  noch  von  einer  gründlichen  Untersuchung  in 
diesem  Sinne  nicht  die  Rede  sein.  Was  jetzt  aus  den  Beobach- 
tungen abgenommen  werden  kann ,  besteht  bloss  darin  dass  im 
Sommer  das  Barometer  höher,  im  Winter  tiefer  steht,  und  dass 
einzelne  Monate  gegen  die  übrigen  hervortreten.  Abgesehen 
von  den  Lehrsätzen  selbst,  welche  Hr.  Dove  zu  seiner  Erklä- 
rung benützt,  kann  gegen  seine  Methode,  welche  einfach 
darauf  hinausgeht.  Gründe  anzuführen,  warum  der  Luftdruck  in 
dem  einen  Monate  ,, grösser"  in  dem  andern  ,, kleiner"  ist, 
nichts  eingewendet  werden,  da  präcise  Bestimmungen  hier  nicht 
möglich  sind :  wenn  er  aber  dieselbe  Methode  auf  die  täglichen 
Oscillalionen  überträgt  und  mit  allgemeinen  Angaben  über 
„Zunahme"  und  ,, Abnahme"  und  „Einbiegung"  und  ., Ausbie- 
gung" der  Cnrven  sich  begnügt,  so  wird  dadurch  die  Unter- 
suchung wenig  gefördert  Die  Wissenschaft  fordert  präcise 
Zahlenangaben,  einen  präcisen  mathematischen  Zusammenhang 
zwischen  Ursache  und  Wirkung.  Diess  ist  das  Ziel,  welches 
ich  bei  folgenden  Enlwickelungen  im  Auge  gehabt  habe.  Man 
wird  sehen  dass  ohne  den  complicirten  Mechanismus  von  See- 
klima und  Continentalklima,  von  auf  steigendem  S  trome 
und  Auflockerung,  die  Barometer-Oscillationen  in  allen  Welt- 
theilen,  an  hohen  und  tiefen  Stationen,  bei  trübem  und  helterm 
Himmel,  auf  gleiches  Gesetz  zurückgeführt  werden  köinien.  Dass 
bei  der  allseitigen  Mangelhaftigkeit  der  Beobachtungsdata  nicht 
eine  vollendete  Theorie  sondern  bloss  eine  vorläufige  Skizze  ge- 
geben werden  kann,  versteht  sich  wohl  von  selbst. 

Wenn  ein  Lufttheilchen  erwärmt  wird,   so   vermindert  sich 


Lamont:  OscÜlation  des  Barometers. 


95 


heben. 


sein  specifisches  Gewicht  und  es  steigt  in  die  Höhe,  und  wenn 
viele  Lufttheilchen  neben  einander  in  derselben  Richtung  sich 
bewegen,  so  bilden  sie  einen  Luftstroin,  Soll  ein  solcher  Strom 
in  die  Höhe  steigen,  so  muss  die  abgehende  Luft  ersetzt  werden 
durch  seitliches  Herbeifliessen  gegen  den  A  usgangspunkt  des  Stromes. 
Den  einfachsten  Fall  treffen  wir  da  an,  wo  ein 
einzelner  Punkt  A  der  Erdoberflache  (Fig.  1) 
erwärmt  wird,  und  zwar  wird  hier  in  dem 
schattirlen  Räume  B  die  erwärmte  Luft 
hinaufgehen,  während  die  seitlichen  Luft- 
massen C  und  D  allmählich  herabgehen 
und  bei  A  einfliessen,  um  nach  ihrer  Er- 
wärmung in  dem  Strome  B  sich  zu  er- 
Erscheinungen dieser  Art  sind  insbesondere  von  Espy 
in  Betracht  gezogen  worden:  so  z.  B.  führt  er  Fälle  auf  wo  in 
Folge  eines  Brandes  in  einer  Stadt,  oder  in  Folge  eines  grossen 
Feuers  an  einer  amerikanischen  Prairie  eine  gewallige  Luftsäule 
mit  Rauch  vermischt  bei  ruhiger  Atmosphäre  zu  einer  Höhe  von 
mehreren  tausend  Fuss  emporstieg. 

Hier  ist  der  Vorgang  selbst  so  einfach  und  der  Zusammenhang 
von  Ursache  und  Wirkung  so  klar,  dass  über  den  Erfolg  kein 
Zweifel  obwalten  kann;  wir  gehen  desshalb  auf  einen  zweiten  Fall 
über,  welcher  vom  vorhergehenden  darin  vorzüglich  sich  unlerschei- 
Fig.  2.  del^  dass  die  Luft  seitwärts  nicht  herbeiströmen  kann. 
Es  sei  A  B  C  D  (Fig.  2)  eine  Luftmasse,  welche 
durch  die  Wände  A  C  und  B  D  und  durch  den 
Boden  AB  zusammengehalten  wird,  in  CD  aber 
eine  freie  Oberfläche  hat.  Wird  hier  die  Temperatur 
des  Bodens  A  B  durch  eine  constanle  Wärmequelle 
langsam  erhöht,  so  werden  die  am  Boden  anlie- 
genden Lufttheilchen  erwärmt  und  steigen  in  die  Höhe,  wogegen 
die  zunächst  darüber  befindlichen  Theilchen  mit  dem  Boden  in 
Berührung  kommen,  sich  ebenfalls  erwärmen  und  dann  in  die 
Höhe  gehen,  um  in  gleicher  Weise  durch  andere  ersetzt  zu 
werden. 


9$         Sitzung  der  math.-phyi.  Classe  vom  8.  Februar  186S. 

Dieser  Vorgang  ist  vom  vorhergehenden  vöUig  verschie- 
den :  anstatt  eines  Stromes  der  sich  aufwärts  bewegt,  findet  hier 
nur  ein  andauernder  Ortstausch  statt,  indem  die  am  Boden  he- 
genden Theilchen  durch  die  zunächst  darüber  befindlichen  Theil- 
chen  ersetzt  werden.  Betrachten  wir  den  Weg,  den  ein  ur- 
sprünglich am  Boden  befindliches  Theilchen  a  zurücklegt,  so 
haben  wir  zu  berücksichtigen  dass  der  Druck  der  Flüssigkeit 
und  somit  das  specifische  Gewicht  der  Theilchen  nach  Oben 
abnimmt:  in  Folge  dessen  steigt  das  Thcdchen  a  nur  so  weit, 
bis  es  in  eine  Schichte  cd  von  gleicher  specifischer  Schwere 
gelangt,  und  hier  gleicht  sich  seine  Wärme  gegen  die  zunächst 
h'egenden  Theilchen  ab;  indem  aber  die  darunter  befindlichen 
Theile,  sowie  sie  nach  und  nach  mit  dem  Boden  in  Berührung 
treten,  höher  hinaufsteigen  sinkt  das  Theilchen  a  Avciler  herab 
und  kommt  zum  zweitenmale  mit  dem  Boden  A  B  in  Berührung. 
Die  immerwährende  Wiederholung  desselben  Vorganges  wird 
zur  Folge  haben 

1)  dass  die  Theilchen  abwechselnd  steigen  und  fallen,  ohne 
je  weit  von  ihrer  ursprünglichen  Lage  sich  zu  entfernen, 

2)  dass  die  Wärme  nach  und  nach  in  die  höheren  Schichten 
hinaufgetragen  wird, 

3)  dass  durch  die  Wärme  die  ganze  Masse  ausgedehnt  wird 
und  die  Oberfläche  C  D  steigt. 

Von  einem  aufsteigenden  Luftstrome  kann  unter  solchen 
Vorausselzungen  keine  Rede  sein :  die  einzige  constant  progres- 
sive Bewegung  besteht  in  der  allmählichen  Ausdehnung  der 
Flüssigkeit  und  der  daraus  hervorgehenden  Erhebung  der  Ober- 
fläche CD,  die  der  Natur  der  Sache  gemäss  nur  ganz  langsam 
stattfinden  kann.  Diese  Wirkungen  werden  noch  insbesondere 
aufgehalten  durch  eine  gewisse  Cohäsion  oder  Zähigkeit  der 
Luft,  wovon  der  mächtige  Einfluss  durch  verschiedene  Experi- 
mente nachgewiesen  werden  kann. 

Dauert  die  Erwärmung  des  Bodens  bloss  kurze  Zeit,  so  ge- 
langt die  Wärme  nur  bis  zu  einer  bestimmten  Höhe,  wir  wollen 


Lamont :    Oscillation  des  Barometers.  9"? 

sagen  bis  EF;  dabei  dehnt  sich  die  Masse  AEFß  aus  und  be- 
wegt die  darüber  gelagerte  Masse  ECDF  aufwärts.  Würde  die 
Expansion  der  untern  Masse  augenblicklich  stutlfinden,  so 
niüsste  eine  Vermehrung  des  Druckes  eintreten,  weil  die  obere 
Masse  wegen  ihres  Tragheitsnionieiits  erst  allmählich  in  Bewe- 
gung gebracht  werden  könnte.  Es  würde  ferner  später  eine 
Verminderung  des  Druckes  folgen,  weil  die  obere  Masse  einmal 
in  Bewegung  gebracht^  über  die  Gleichgewichtslage  hinausgehen 
würde. 

Ist  die  Wärme  des  Bodens  AB  eine  periodische  Grösse, 
die  durch  den  Ausdruck 

a  sin  (bt  -\-  c) 
dargestellt  wird ,   so  wird  in  einer  beliebigen  Höhe  h  die  Tem- 
peratur später  eintreffen  um  die  Grösse 

qh, 
und  die  für  den  Boden  geltende  Grösse  a  der  Periode  in  Folge 
der  Ausstrahlung  nach  geometrischer  Progression  mit  der  Höhe 
vermindert  werden,  so  dass  man  zur  Zeit  t  die  Wärme 

-kh 

ae     sin  (bt  +  c  —  qh) 
erhalten  wird. 

Setzt  man  den  Ausdehnungs- CoefFicienten  der  Luft  =  «, 
so  ergibt  sich  die  Höhenausdehnung  derselben 

=:  j.7-ni~l  ['^  sin  (bt  +  c)  —  q  cos  (b  t  -f-  c)] 

oder 

=  m  sin  (bt  -j-  c  —  f) 
wenn 

aa  q 

7>r- — -^^,  =;   m         ,     =:  tanqr  f 
V  k^  +  q^  k 

gesetzt  wird. 

Hiernach  besteht  die  Wirkung  einer  periodischen  Erwär- 
mung darin ,  dass  die  Luftmasse  allmählich  an  Ausdehnung  zu- 
und   abnimmt,    und    mithin    die    darüber  befindliche  Luftmasse 


98         Sitt-ting  der  math.-pht/s.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

CDEF  in  einer  mit  der  Erwärmung  übereinstimmenden  Periode 
steigt  und  fällt. 

Die  Gleichung  dieser  Bewegung  erhält  man  auf  folgende 
Weise.  Es  sei  die  mittlere  Höhe  der  Linie  EF  =  h,  die  Höhe 
zur  Zeit  t  =i  h -}- -'f)  ^'^^  Gewicht  der  Luftmasse  CDEF  =  P, 
so  ist  die  Expansivkraft  der  Luftmasse  ABEF  gleich  dem 
Gewichte 

P  h  +  m  sin  (bt  +  c   —  f J  _ 
h  +  X 
wofür  mit  hinreichender  Genauigkeit  der  Ausdruck 

P   {^^  sin  (bt  +  c  -  f)  -  I) 

substituirt  werden  kann.  Wird  dann  die  der  Zeiteinheit  ent- 
sprechende Fallhöhe  mit  Vjg  bezeichnet,  so  hat  man  die  Bewegungs- 
gleichung 

d*x  m  ff     .     ,1  i     1  es  ^ 

dF  =  -JT  *'"  ("'  +  "^  -  f  --  ?  T, 

Das  Integral  ist 

X  r=  -^^rFü  si"  (bt  i-  c  -  f)  -h  A  cos  (-^  +  b) 
g  —  b'h  vy  h  ' 

Das  letzte  Glied  drückt  die  Oscillation  aus  welche  stattfinden 
würde,  wenn  die  Masse  CDEF  durch  einen  verticalen  Stoss 
aus  der  Gleichgewichtslage  gebracht  wäre  und  fällt  hier  weg. 
Der  Druck  auf  den  Boden  beträgt 

mb^  P      .     ^,  ,    ,  f.^ 

—  ■ — :-r  sm  (bt  +  c  —  f). 

g— b-  h 

Ist  die  Temperatur  des  Bodens  nicht  gleich,  sondern  all- 
mählich zunehmend  von  A  bis  B,  so  wird  die  Oberfläche  bei  D 
schneller  steigen  als  bei  C;  in  Folge  dessen  muss  ein  Ueber- 
fliessen  der  Luft  von  D  gegen  C,  und  weil  dann  der  Druck  der 
Luftsäule  AC  vermehrt  wird,  ein  allmähliches  Sinken  derselben 
und  eine  Bewegung  von  A  gegen  B  stattfinden.  Es  kommt 
hier  also  eine  Ci reu lation  der  Luft  zu  Stande,  die  sich  an  den 


Lamont:    Oscülation  des  Davometers.  99 

Seiteiiwänden  BD  und  AC  als  ein  Steigen  und  Fallen^  in  der  Mille 
aber  als  eine  obere  und  untere  horizonlale  Strömung  von  entgegen- 
gesetzter Richtung  gestallet  und  wobei  die  Grösse  von  dem 
Temperatur- Unterschiede  zwischen  A  und  B,  von  der  Raum- 
Ausdehnung,  von  der  Dauer  der  Krwärmung  und  von  den  Hin- 
derin"ssen  der  Bewegung,    namenth'ch  von  der  Reibung  abhängt. 

Die  Grösse  der  Grundlliiche  A  B  und  die  Seitenflächen  A  C 
und  BD  sind  bisher  gar  nicht  in  Betracht  gekommen,  und  haben 
auch  auf  den  Erfolg  keinen  wesentlichen  Einfluss.  Bei  der  An- 
wendung, welche  wir  von  den  erhaltenen  Resultaten  machen, 
handelt  es  sich  immer  um  eine  grosse  Strecke  der  Erdoberfläche, 
und  da  die  Temperatur- Aenderungen ,  die  in  24  Stunden  vor- 
kommen, nach  den  Bestimniungen  von  Weish  nur  auf  eine 
Höhe  von  einigen  tausend  Fuss  sich  erstrecken,  so  kann  die 
Grundfläche  den  sonst  vorkommenden  Dimensionen  gegenüber 
nur  als  unendlich  gross  belrachtet  werden.  Sollen  für  ir- 
gend einen  Punkt  in  der  Mitte  einer  solchen  Fläche  die  ein- 
tretenden Aenderungen  bestimmt  werden,  so  kommt  es  auf  die 
Beschafl'enheit  der  Begrenznngswände  AC  und  BD  gar  nicht  an, 
wenn  sie  nur  das  Abfliessen  der  Luft  \erhindern.  Was  die 
Circulation  befrifll,  so  reducirl  sie  sich  für  einen  Punkt  in  der 
Mitte  der  Fläche  auf  eine  entgegengesetzte  Strömung  in  der 
Höhe  und  auf  dem  Boden. 

Fasst  man  unter  Berücksichtigung  der  letzt  erwähnten  Um- 
stände das  Vorhergehende  zusammen,  so  erhält  man  die  Wir- 
kungen der  Erwärmung  wie  folgt : 

1)  die  Erwärmung  eines  Punktes  erzeugt  einen  war- 
men Luftslrom  nach  Oben  und  ein  Sinken  der  kältern 
Lufl  daneben, 

2)  die  gleichniässige  Erwärmung  einer  Fläche 
von  unendlich  erAusdehnung  erzeugt  keinen  Luft- 
strom nach  Oben,  sondern  nur  einen  allmählichen  Ueber- 
gang  der  Wärme  von  den  tiefern  auf  die  höhern  Lufl- 
theilchen,  und  in  Folge  dessen  eine  Ausdehnung  der 
Luflmasse  nach  Oben  und  eine  Erhebung  der  Oberfläche, 


100       StHung  der  math.-phtfs.  Ciasse  vom  8.  Februar  1862. 

wobei  eine  Zunahme  des  Druckes  auf  den  Boden  wenig- 
stens vom  Anfange  eintreten  muss, 

3)  eine  periodische  Erwärmung  einer  unendlich 
a  usge  dehn  ten  Flache  bringt  ein  periodisches  Steigen 
und  Fallen  der  Oberfliiche  zu  Stande,  wobei  die  Aen- 
derung  des  Druckes  auf  den  Boden  um  so  grosser  ist, 
je  schneller  die  Zu-  oder  Abnahme  der  Warme  vor 
sich  geht, 

4)  eine  Erwärmung  einer  unendlichen  Fläche 
nach  einer  Richtung  hin  zu-  oder  abnehmend 
unterscheidet  sich  von  einer  gleichmässigen  Erwärmung 
nur  dadurch,  dass  zwei  entgegengesetzte  Ströme  und 
zwar  ein  oberer  Strom  von  der  wärmern  zur  kältern 
Gegend,  und  ein  unterer  Strom  von  der  kältern  zur 
wärmern  Gegend  eintritt,  vorausgesetzt  dass  die  Ver- 
hältnisse von  Wärme-Intensität,  Raum  und  Zeit  die  Ent- 
stehung einer  Circulation  zulassen. 

Ehe  unternommen  werden  kann  diese  Lehrsätze  auf  die 
tägliche  Bewegung  des  Luftdruckes  anzuwenden,  müssen  wir 
erst  die  Beweglichkeit  der  Atmosphäre  näher  untersu- 
chen, denn  nicht  bloss  von  den  wirkenden  Kräften  sondern  zu- 
gleich von  dem  Widerstände  und  der  Reibung  hängt  es  ab  in 
wie  weit  eine  Bewegung  realisirt  wird.  Dass  die  Luft,  wenn 
sie  durch  engere  Röhren  bewegt  wird,  sehr  grossen  Widerstand 
findet,  ist  durch  Versuche  nachgewiesen  worden;  auch  ist  be- 
kannt, dass  bei  Leuchtgas -Röhren,  die  über  einen  Fuss  im 
Durchmesser  haben,  selbst  der  höchste  Gasometer-  Druck  nicht 
mehr  im  Stande  ist,  ein  hinreichend  starkes  Ausströmen  zu  be- 
wirken, wenn  die  Länge  eine  gewisse  Grenze  überschreitet. 
Welchen  Widerstand  aber  die  Bewegung  grosser  Luftmassen 
erfährt,  kann  man  aus  den  bisherigen  Versuchen  nicht  ableiten, 
und  es  bleibt  nichts  anderes  übrig  als  auf  indirectem  Wege 
eine  approximative  Bestimmung  herzustellen. 

Wenn  auf  der  Oberfläche  einer  ruhigen  Wassermasse  eine 
Welle    erregt    wird,     so    besieht    die   Bewegung   darin,     dass 


Lamont :  OsciUation  des  Barometers. 


101 


M 


N 


(Fig.  3)  die  einzelnen  Wasser- 
säulen abde,  bcef...  ab- 
wechselnd an  Höhe  zu  -  und 
abnehmen ,  mit  einer  corre- 
spondirenden  Ab-  und  Zu- 
nahme der  Breite  oder  des 
Durchmessers.  Die  ganze  Be- 
^^^  -^       B  wegung  einer  Wassersäule  er- 

streckt sich  von  b  bis  n,  und  die  Zeit,  welche  diese  Bewegung 
in  Anspruch  nimmt,  wird  grösser  oder  kleiner  sein,  je  nachdem 
die  Beweglichkeit  der  Masse  grösser  oder  kleiner  ist.  Die 
eben  erwähnte  Zeit  ist  aber  gleich  der  Zeit,  welche  die  Welle 
in  ihrer  progressiven  Bewegung  von  b  nach  b'  braucht,  und 
wird  mithin  der  progressiven  Geschwindigkeit  der  Welle  umge- 
kehrt proportional  sein. 

Daraus  folgt  dass  man  dio  progressive  Geschwindigkeit  der 
atmosphärischen  Wellen  als  Maass  der  Beweglichkeit  der  At- 
mosphäre betrachten  kann. 

Schon  die  Beobachtung  des  Barometers  an  einer  einzelnen 
Station  beweist  dass  die  Beweglichkeit  der  Atmosphäre  sehr 
gering  ist,  da  das  Steigen  und  Fallen  des  Oii^cksilbers,  ausser- 
ordentliche Fälle  ausgenommen,  immer  in  längern  Intervallen 
aufeinander  folgt.  Directe  Bestimmungen  liefern  die  stündlichen 
Beobachtungen,  welche  von  1830  angefangen  zur  Zeit  der  Sol- 
stitien  und  Aequinoctien  gemacht  und  von  Birt  und  Ouctelet 
berechnet  wurden.  Nach  Angabe  des  Letztern  legen  die  at- 
mosphärischen Wellen  im  Mittel  3  bis  6  Meilen  in  der  Stunde 
zurück,  so  dass  eine  plötzliche  Erhebung  der  Luft  in  Wien  erst 
nach  8 — 16  Stunden  in  Jlünchen  sich  äussern  würde. 

Einen  weitern  Anhaltspunkt  geben  die  Zusammenstellungen 
von  Buys-BalIot%  worin  dargestellt  wird  wie  weit  der  Baro- 
meterstand   über    oder    unter    dem   Mittelwerthe    steht.     Hiebei 


(8)  Arwijkingei)  van  Teuipcratuur  en  Barometerstand  op  vele  Piaatseu 
in  Europa. 


102       Sitzung  der  math.-phys.  CUisse  vom  8.  Februar  1862. 

Avird  eine  Niveau -Linie  MN  angenommen  und  in  Bezug  darauf 
die  Wellenhöhe  angegeben.  Geselzl  eine  Welle  bewege  sich 
von  b  nach  b',  so  wird,  wenn  der  Wellengipfol  in  b  ist.  der 
Druck  in  A  grösser,  in  ß  kleiner  sein  und  bis  der  Weliengipfel 
nach  b'  gelangt,  ist  ein  Umschlag  eingetreten,  indem  der  Druck 
jetzt  in  A  kleiner  und  in  B  grösser  ist;  somit  zeigt  jeder 
Umschlag  an  dass  ein  Wellengipfel  vorüber  gezogen  ist. 
Gleiche  Bewandtniss  hat  es  mit  jedem  Welieiithale,  und  da  eine 
ganze  Welle  aus  einem  Wellenberge  und  einem  Wellenlhale 
zusammengesetzt  ist,  so  hat  man  auf  jede  Welle  zwei  Um- 
schlage zu  rechnen.  In  den  Zusanunenslellungen  von  Buys- 
Ballot  hat  es  nun  gar  keine  Schwierigkeit  die  Umschläge  zu 
zählen,  und  somit  hätten  wir  ein  bequemes  Mittel  um  die  Zahl 
und  daraus  die  Geschwindigkeit  der  vorüberziehenden  Wellen 
zu  bestimmen,  Vergleichen  wir  nun  einen  beliebigen  Ort  z.  B. 
Dresden  mit  den  herumliegenden  Orten  München,  Wien,  Krakau, 
Hamburg,  so  ergibt  sich  die  Anzahl  der  Umschläge  wie  folgt: 

Entfernung 
Aug.  1855 

13 

13 

6 

15 

Im  Ganzen  ersieht  man  hieraus  dass  im  Mittel  6  Wellen  im 
Monate  vorüberziehen,  mithin  die  Bewegung  einer  Luftsäule 
abde  von  der  grössten  Höhe  eb  bis  zur  geringsten  Höhe  en 
fünf  Tage  erfordert. 

Damit  stimmt  der  Umstand  überein  dass,  wenn  an  zwei 
nicht  weit  voneinander  entfernten  Orten  die  Höhe  der  Atmo- 
sphäre verschieden  ist,  d.  h.  das  Barometer  an  dem  einen  Orte 
mehr  als  am  andern  über  oder  unter  dem  Mittel  steht,  die  Aus- 
gleichung nur  sehr  langsam  vor  sich  geht.  So  findet  man  z.  B. 
bei  Vergleichung  des  Luftdruckes  in  Hof  und  München  (Ent- 
fernung   33  Meilen)   dass  im  Juni  1841   der  Barometersland  in 


Jul 

i  1855 

von 

München 

12 

?) 

Wien 

13 

jj 

Krakau 

4 

)j 

Hamburg 

16 

Sept.  1855 

Mai  1856 

in  Meilen 

12 

17 

50 

11 

17 

50 

13 

9 

60 

12 

19 

52 

Laniont:   Oscillation  des  Barometers.  103 

Hof*  vom  1.  bis  5.  dann  am  28.  und  29.  constant  iingeftihr 
Vs  Linie  zu  hoch,  am  8.  und  9.  dagegen  constant  zu  tief  war. 
Aehnliche  Beispiele  liefert  jedes  Monat. 

Im  Ganzen  folgt  hieraus  dass  bei  den  Bewegungen  der 
Atmosphäre  Reibung  und  Widerstand  von  sehr  grossem  Ein- 
flüsse sind,  d.  h.  die  Atmosphäre  als  eine  relativ  zähe  Masse 
betrachtet  werden  muss ,  und  die  Entstehung  einer  Circulation 
einen  beträchtlichen  Zeitraum  erfordert. 

Versuchen  wir  diese  Lehrsätze  auf  unsere  Atmosphäre  an- 
Fig-  ■*•  zuwenden.    Von  der  Erde  T  (Fig.  4)  sei  die 

eine  Hälfte  von  der  Sonne  beschienen,  so 
dass  in  a  der  Sonnenuntergang,  in  c  der 
Sonnenaufgang  eintritt,  so  wird  von  a  bis  b  eine 
Zunalune,  von  b  bis  c  eine  Abnahme  der  Tem- 
peraturslatlfinden.  Da  die  beiden  Räume  a  b  und 
b  c  eine  Ausdehnung  von  mehr  als  1000  ffco- 
graphischen  Meilen  haben,  so  dürfen  wir  mit  allem  Rechte  sie 
als  ,, unendlich  ausgedehnt''  betrachten ,  und  da  ferner  in  dem 
Räume  ab  au!"  100  Meilen  nur  eine  Temperalur-Aenderung  von 
höchstens  Va  Grade,  und  im  Räume  bc  eine  Aenderung  von 
V4  Grad  trifft,  so  ist  es  nach  den  oben  angeführten  Angaben 
einleuchtend,  dass  innerhalb  einer  24slündigen  Temperalurperiode 
eine  wahrnehmbare  Circulation  der  Luft,  —  d  h.  ein  oberer  und 
unterer  Strom  —  nicht  zu  Stande  kommen  kann,  und  diess  um 
so  weniger,  da  die  Stromrichtung  von  Vorniiltag  auf  Nachmittag 
in  die  entgegengesetzte  übergehen  nüisste. 

Einen  directen  Beweis  hiefür  finden  wir  in  dem  Umstände, 
dass  die  Gesanuntheit  der  vorliegenden  Windbeobachtungen 
keine  Spur  davon  liefert,  dass  Abends  der  Ostwind  und  Mor- 
gens der  Westwind  vorherrsche.  Ueberhaupt  kommt  in  Gegen- 
den, die  ferne  vom  Meere  und  vollkommen  frei  liegen  wie  z.  B. 
in  München  keine  tägliche  Periode   der  Windrichtung   vor,    mit 


(9)  Aiinnleii  Tiir  Meteorologie  und  Erdmagnetismus  I.  Heft  S.  105. 


104       Sitzung  der  viath.-phi/s.  Clane  vom  8.  Februar  1862. 

Ausnahme  des  einzigen  Falles  der  bei  constanteni  Ostwinde 
eintritt  und  dessen  Verlauf  darin  besteht,  dass  der  Ostwind 
Abends  fast  gänzlich  nachlässt  und  Morgens  wieder  beginnt, 
ganz  im  Widerspruche  mit  dem  Erlolge  den  eine  Circulation 
hervorbringen  würde. 

Aus  den  obigen  Bestimmungen  folgt,  dass  ein  aufsteigender 
oder  absteigender  Luftstrom  gar  nicht  exislirt'°,  und  die  einzige 
VVirkung  der  Wärme  darin  besteht  eine  periodische  Ausdehnung 
und  Zusammenziehuiig  der  Atmosphäre,  d.  h.  eine  periodische 
Zu-  und  Abnahme  der  Hohe  derselben  entsprechend  der  oben 
entwickelten  P'ormel 

«äff  .      ,       ■ 

X  = z-r i ■-  sni  (bt  +  c  —  f) 

(g  -  b'  h)  V^k^  +  q'         '      ^ 

zu  Stande  zu  bringen. 

Sollen  die  Constanten  dieser  Formel  näher  bestimmt  wer- 
den, so  muss  man  unbedingt  zugestehen  dass  die  Mittel,  welche 
sich  zu  diesem  Zwecke  darbieten,  in  hohem  Grade  mangelhaft 
und  unvollkommen  sind;  ich  begnüge  mich  desshalb  damit  bloss 
Näherungswerthe  zu  suchen  und  die  Grenzen  zu  bezeichnen,  in 
welchen  sie  eingeschlossen  sind. 

Aus  den  weiter  unten  angeführten  Beobachtungen  folgt, 
dass  die  durch  die  Wärme  entstehende  Verminderung  des  Luft- 
druckes ihren  stärksten  Betrag  im  Allgemeinen  drei  Stunden 
nach  dem  Maximum  der  Temperatur  erlangt,  mithin 

f  —  45° 
geSelzl  werden  muss.     In  Folge  der  Gleichung 


(10)  Von  lotaleii  Circulationsströincn  ist  hier  nicht  die  Rede.  Solche 
kommen  in  ficbirgsgegenden  täglich  vor  und  können  auch  über  einer 
Khene,  worin  die  Erwärmung  des  Bodens  ungleich  ist,  entstehen,  haben 
jedoch  nie  eine  grosse  Ausdehnung  und  scheinen  gar  niclit  bis  zur 
Höhe,  wo  die  Wolken  schweben,  zu  gelangen,  denn  stets  bemerkt  man, 
dass  die  Wolken  nach  horizontaler,  nicht  nach  verticaler  Richtung  ge- 
schichtet und  gelagert  sind.  Die  von  Hrn.  Hennessy  beobachteten  ver- 
ticalen  Lultbewegungen  (Rcp.  of  the  Brit.  Assoc.  1857  S.  30)  sind  zu 
den  localen  zu  rechnen. 


Lamont :   Oscülation  des  Barometers.  |05 

—  nz  tailff  f 
q 

erhält  man  für  diesen  Fall 

q  =  k. 

Um  die  Grösse  k  zu  bestimmen ,  hat  man  die  tägliche  Pe- 
riode der  Temperatur  an  höher  und  tiefer  gelegenen  Punkten 
zu  vergleichen ;  indessen  gelangt  man  auf  solchem  Wege  zu 
sehr  verschiedenen  Werthen.  So  ergibt  sich,  wenn  man  die 
Höhen  in  Pariser  Fuss  ausdrückt 

aus  Genf  und  St.  Bernhard       .     .     k  =:  0.000054 
aus  Madras  und  Dodabetta        .     .     k  ==  0.000110; 
zugleich  erkennt  man   dass  in   den   verschiedenen  Monaten  die 
Werthe  sehr  verschieden  ausfallen. 

Gegen  diese  Bestimmungsweise  ist  jedoch  der  sehr  gegrün- 
dete Einwand  zu  erheben,  dass  auf  dem  St.  Bernhard  und  Do- 
dabetta neue  Wärme  erzeugt,  nicht  die  von  der  untern  Station 
in  der  Luft  forlge[)flanzlo  Wärme  beobachtet  wird.  Ich  habe 
desshalb  aus  den  Luflfahrlen  von  Welsh''  eine  Bostimnmng  ab- 
zuleiten gesucht,  indem  ich  die  Abnahme  der  Temperatur  vom 
26.  Aug.  bis  21.  Oct.  1852  in  der  Tiefe  und  in  der  Hohe  mit- 
einander verglich.     Hieraus  fand  ich 

k  =.  0.000026, 
wobei  allerdings  wieder  in  Frage  gestellt  werden  kann  ,  ob  die 
während   eines  Tages   und    während   eines  Monats   eintretenden 
Aenderunoen  in  gleichem  Verhältnisse  zu  einander  stehen. 

Die  obige  Formel  enthält  noch  die  Constanten  b ,  g  und 
h,  wovon  die  zwei  ersten,  wenn  man  als  Zeiteinheit  die  Stunde 
annimmt,  folgende  Werthe  haben 

g  —  391500000 
b  =  0,2618. 

Was  h  betrifft,  so  können  wir  uns  der  Mühe  überheben 
einen  Werth  dafür  zu  suchen,  da  wegen  des  grossen  Betrages 
von  g  olfenbar  ist  dass  der  Factor 


(11)  An  account  of  four  balloon  ascents.  Pliilos.  Trans.  1853  p.  311. 
11861.  I.]  8 


106       Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

_g 

auch  wenn  für  h  der  grösste  zulassige  WerHi  genommen  wird, 
der  Einheit  gleich  gesetzt  werden  kann. 

Hiernach  nimmt  die  oben  für  x  gegebene  Gleichung  die  Form 

^  =  V't^Vq ''"  ^^*  +  '  ~  ^^ 

an,    und   wenn    man   diesen  Werth  in    den    Gleichungen   S.   98 

substituirt,   so   findet   man    dass  die  Luftmasse  P   in  Folge  der 

Expansion  der  darunter   befindlichen   Luft   stets   langsam    und 

ohne  merkliche  Beschleunigung  sich  bewegt,  also  auch  der  Druck 

auf  den  Boden  keiner  Aenderung  unterliegt. 

Eine  Aenderung    des   Druckes    auf    den  Boden  kann  nur 

dann  zu  Stande  kommen,  wenn  ein  Widerstand  angenommen 

wird.  Um  die  Wirkung  eines  der  Geschwindigkeit  proportionalen 

dx 
Widerstandes  —  rsf  -rr   zu  bestimmen,  hat  man  nur  dieses  Glied 
*'  d  t 

der  rechten  Seite  der  dritten  Gleichung  S.  98  hinzuzufügen.  Die 
Integration  der  Gleichung  würde  dann  grössere  Schwierigkeit  ha- 
ben, da  aber  der  Widerstands-Coeflicient  r  sehr  klein  sein  wird, 
so  darf  man  in  dem  damit  multiplicirten  Gliede  für  x  den  Werth 
setzen  den  man  erhält,  wenn  r  =  o  ist.  Hiernach  ergibt  sich, 
wenn  man  nach  der  Integralion  für 


g  -  bMi 
die  Einheit  substituirt 

X  =  m  sin  (bt  -j-  c  —  f)  —  mrbh  cos  (bt  +  c  —  f), 
oder  wenn  rbh  =z  tg  A  gesetzt  wird 

X  =:  ^  sin  (bt  4-  c  —  {  —  X) 

cos  A  ' 

aa  V"!  4-  r*  b*  h'^     .      ,,    ,  .         ., 

—  ;; —  —  sm  (bt  +  c  —  f  —  A). 


Lamont:    Oscillation  des  Barometers.  I07 

Die  Aenderung  des  Druckes  beträgt 
aa   r  b  h 

p  -VW+W  ""  ("'  +  <=-  f)- 

Da  X  sehr  klein  sein  wird,  so  erleiden  die  oben  für  q  und 
k  gefundenen  Bestimmungen  keine  merkliche  Aenderung,  und 
es  ist  nur  noch  nöthig  für  die  Grösse  h  einen  Werlh  zu  ermit- 
teln. In  dieser  Beziehung  begnüge  ich  mich  dannt  den  Zu- 
sammenhang von  h  mit  den  übrigen  Constanten  durch  eine  Reihe 
von  hypothetischen  Fällen  nachzuweisen,  in  der  Voraussetzung 
dass  a  =  3",  ac  "~ ''''  :=  0".!  sei,  und  die  in  Folge  der  Erwärmung 
eintretende  Aenderung  des  Luftdruckes  0"',10  betrage. 


Steii^cn  und  Fallen 

Höhe  h 

Wcrth  von  k 

der  Luftobernäclie 

Widerstands- 

Par.  Fiiss 

Pariser  Fiiss 

(^oefficient  r 

20.000  . 

.    0.000170    . 

...      59     .     .     . 

0.0000439 

30.000   . 

.    0.000113    . 

.     .       92    .    .     . 

0.0000440 

40.000  . 

.    0.000085    . 

.    .     129     .     .     . 

0.0000495 

50.000  . 

.    0.000068    . 

.    .     180    .     .     . 

0.0000595. 

Man  sieht  hieraus  dass  in  keiner  zulässigen  Voraussetzung 
das  Steigen  und  Fallen  der  Luftoberfläche  viel  mehr  als  100 
Fuss  betragen  wird,  eine  Bewegung,  die,  da  sie  erst  in  Zeit 
von  6  Stunden  zu  Stande  kommt,  viel  zu  langsam  ist  als  dass 
man  ihr  die  Benennung  „aufsteigender  und  absteigender  Luft- 
slrom"  beilegen  könnte. 

Bei  diesen  Rechnungen  war  es  nur  beabsichtigt  durch  Sub- 
stitution eines  in  der  Wirklichkeit  nicht  bestehenden  einfachen 
Verhältnisses  den  Zusammenhancr  zwischen  Wirkungr  und  Ur- 
Sache  deutlich  zu  machen,  nicht  ein  strenges  Resultat  zu  er- 
zielen. Zu  letztem!  Zwecke  würde  es  nölhig  gewesen  sein  die 
Bedingungen  des  Problems  viel  vollständiger  zu  berücksichtigen. 

Bisher  haben  wir  die  Erdoberfläche  als  vollkommen  kugel- 
förmig glatt  und  überall  von  gleicher  Beschafienheit,  die  Atmo- 
sphäre   als    vollkommen    frei    von   Wolken    betrachtet.     In   der 

8* 


108       Sitzung  der  tiiath.   phys.  Ctasse  vom  8.  Februar  1862. 

Wirklichkeit  ist  diess  nicht  der  Fall,  und  somit  müssen  in  dem 
oben  beschriebenen  Erfolge  Modificalionen  eintreten.  Handelt 
es  sich  um  kleinere  Local- Unterschiede,  so  gleicht  sich  die 
Verschiedenheit  des  Druckes  durch  seitliches  Abfliessen  aus;  so 
z.  B.  erwärmt  sich  die  Luft  ganz  anders  über  einer  freien  Ebene 
als  über  einem  eingeschlossenen  Thale,  ganz  anders  über  einer 
sandigen  Fläche  als  über  einem  Binnensee,  ohne  dass  in  dem 
Gange  des  Luftdruckes  irgend  eine  Einwirkung  sich  kundgäbe ; 
eben  so  wenig  wird  eine  Einwirkung  bemerkt  werden,  wenn  ein- 
zelne Wolken  in  der  Luft  schwebt-n  ,  oder  einzelne  Landstriche 
mit  Nebel  bedeckt  sind.  Stellt  man  sich  dagegen  vor,  dass  ein  be- 
trächtlicher Theil  der  Erdoberfläche  mn  (Fig.  4)  mit  Wasser  bedeckt 
sei,  so  wird  die  Erwärmung  durch  die  Sonne  geringer  ausfallen 
als  über  dem  festen  Lande  am  und  nb,  und  an  den  Grenzen  m 
und  n  muss  eine  horizontale  Luftströmung  erfolgen,  die  sich 
jedoch  nicht  weit  erstreckt,  wie  durch  die  Beobachtung  der 
Land-  und  See- Winde  entschieden  nachgewiesen  wird.  Im  Gan- 
zen wird  also  der  Erfolg  darin  bestehen,  dass  die  E.\pansion 
der  Luft,  mithin  auch  die  Aenderung  des  Luftdruckes  über  mn 
wie  über  a  m  und  nb  nach  g  leic  hem  Gesetze  eintreten  muss, 
die  Constanten  aber  verschieden  sein  werden ,  und  an  den 
Grenzen  ein  allmählicher  Uebergang  stattfindet. 

Ein  ähnliches  Vcrhältniss  tritt  ein  wenn  ein  beträchtlicher 
Theil  der  Erdoberfläche  mit  einer  Wolkendecke  op  überzogen 
ist.  Da  ein  Theil  der  Wärme  durch  die  Wolkf^n  aufgehalten 
und  zur  Verwandlung  der  Dunstbläschen  in  e.xpansibeln  Dampf 
verwendet  wird,  so  gelangt  weniger  zur  Erde  und  die  Expansion 
der  tieferen  Luftschichten  ist  kleiner.  Demnach  wird  unter  einer 
sehr  ausgedehnten  Wolkendecke  die  tägliche  Bewegung  des 
Barometers,  so  weit  sie  von  der  Wärme  abhängt,  anders  sein 
als  in  den  Erdstrichen  wo  die  Sonne  scheint,  und  auch  hier 
findet  eine  seitliche  Ausdehnung  der  Luft  und  ein  allmählicher 
Uebergang  nur  an  den  Grenzen  statt. 

Die  bisherige  Untersuchung  über  die  Ausdehnung  der  At- 
mosphäre durch  die  Wärme  hat  den  Zweck  die  Unzulässigkeil  eines 


Laviont:  OsciUation  des  Barometers.  109 

aufsteigenden  Luflslroines  zu  erweisen;  sie  dient  aber  auch 
zugleich  zu  näherer  Begründung  der  von  mir  aufgestellten  Er- 
klärung der  täglichen  Barometer- OsciUation. 

Zunächst  erhellt  daraus  dass,  wenn  man  der  Luft  einen  ge- 
wissen Grad  von  Zähigkeit  beilegt,  die  Temperatur  eine  täg- 
hche  Barometer  -  OsciUation  hervorbringen  nuiss.  Will  man  die 
Temperatur  genauer  ausdrücken,  so  muss  man  eine  periodische 
Interpolationsreihe  von  wenigstens  zwei  Gliedern  '^  anwenden, 
welche  wir  durch 

p  sin  (X  +  P)  -f  q  l!n  (2  X  +  0) 
darstellen  wollen.  Bezeichnet  man  die  einer  Temperatur-Aen- 
derung  von  1"  entsprechende  Aenderung  des  Barometers  mit 
a'  und  die  Verspätung  mit  f,  so  erhält  man  die  der  Temperatur 
zugehörige  tägliche  OsciUation  des  Barometers 
=  —  a'p  sin  (X  +  P  -  f)  —  a'q  sin  (2  x  +  0  -  2f') 
=  a'psin(x  +  P-f'+180")+a'qsin(2x  +  0"2f'  +  180«). 

Die  Wärme  hat  noch  einen  weitern  Erfolg  von  gleicher 
Art.  Indem  sie  einen  Tlieil  des  auf  dem  Boden  befindlichen, 
dann  einen  Theil  des  als  Bläschen  in  der  Luft  schwebenden 
Wassers  in  Dam|tf  verwandelt,  bewirkt  sie  ebenfalls  eine  Ex- 
pansion, und  da  der  Einfluss  dieses  Processes  von  den  untern 
Regionen  in  die  hohem  sich  erhebt,  so  tritt  eine  Verspätung 
ein,  so  dass  die  daraus  hervorgehende  Barometer  -  OsciUation 
durch  die  Formel 

a"p  sin  (X  +  P  —  f "  +  180°)  +  a"q  sin  (2  x  +  0  —2  f "  + 180°) 
ausgedrückt  werden  kann. 


(12)  Da  die  Temperatur  nur  unvollkommen  durch  zwei  Glieder  aus- 
gedrückt wird,  so  hat  man  die  im  Foli;cnden  berechneten  Resultate  nur 
als  eine  erste  Nähcrunj;  zu  betrachten.  Das  richtige  Verfahren  würde 
darin  bestehen,  die  unmittelbar  durch  die  Beobachtung  für  den  täglichen 
Gang  der  Temperatur  und  des  Luftdruckes  gegebenen  Zahlreihen  zu 
nehmen,  erstere  mit  dem  Temperatur- Coefficienten  zu  multipliciren  und 
mit  Berücksichtigung  der  Verspätung  von  letzteren  abzuziehen;  der  Rest 
würde  die  atmosphärische  Ebbe  und  Fluth  darstellen. 


110       Situtng  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

Vereinigt   man   beide    Oscillationen,    so    erhält   man    einen 
Ausdruck  von  der  Form 
ap  sin  (x  +  P-  f+  180») +  aq  sin  (2x-f  0— 2f  +  180'') 

wo  a  als  ,,Wärmc-Coefricient"  und  f  als  Verspätung  des  Wärme- 
Einflusses  bezeichnet  werden  kann. 

Kommt  hiezu  noch  eine  Ebbe  und  Flulh  von  der  Form 
c  sin  (2x  —  2C) 

wo  c  die  Grosse   und    C   die  Verspätung  der  Ebbe   und  Flulh 
bezeichnen,  so  ist  die  ganze  Barometer-Oscillation 
=  apsin  (x  +  P  — f+  180'')-j-aq  sin  (2x-|- 0  —  2f+ 180") + 
c  sin  (2x  —  2C). 

Wenn  nun  stündliche  Barometer-Beobachtungen  aufgezeich- 
net und  durch  eine  periodische  Interpolalionsreihe  von  der  Form 

m  sin  (X  -[-  M)  -j-  n  sin  (2x  +  N) 
dargestellt  werden,    so   muss   dieser  Ausdruck   mit  dem  zuletzt 
gefundenen  identisch  sein,  so  dass  man  durch  Vergleichung  der 
von  X  dann  von  2  x  abhängigen  Glieder  erhallen  wird 

m  sin  (x  -fM)  =  ap  sin  (x  -|-  P  —  f  +  180°) 
csin(2x  —  2C)  =  nsin(2x4-N)  —  aqsin(2x  +  0—2f  4-180") 
^n-aqcos(Q-2f+180°-N)  ^^  ^^^^_^ 
cos  ß 
wobei  B  erhalten  wird  durch  die  Formel 

aqsin(0  —  2f-}-180"  — N) 


tgB 


~  n  —  aq  cos  (0  —  2f  + 180»  —  N) 
und  daraus  folgt 

Wärme-Coefficient  a  =i  — 
P 
Verspätung  f  =  P  +  180"  —  M 

r  A     T7KK       Av^  ,u  H  -  aq  COS  (Q  -  2f -F  180"  -  N) 

Grosse  der  Ebbe  und  Flulh  c  =z =, 

cos  B 

Epoche  der  Flulh  =  G  -f  45"  =  45"  —  V,  N  -|-  V,  B. 

Diese  Formeln   wollen   wir  nun  auf  die  an  verschiedenen 

Punkten  der  Erdoberfläche  gemachten  Beobachtungen  anwenden; 


Lamont:  Oscillation  des  Barometers. 


111 


damit  jedoch  eine  leichtere  Uebersicht  erhalten  werde,  habe  ich 
die  Tabellen  und  die  daraus  abgeleiteten  Interpolationsreihen  am 
Ende  vereinigt,  und  stelle  hier  bloss  die  Resultate  neben  einander. 

I.  Resultate  aus  den  Beobachtungen  des  ganzen  Jahres, 
a)  barometrischer  Wärme-Einfluss. 


^^™5 

Betrag   | 

W'ärnie- 

Epoche  des  Naiimums  i  3| 

Ort 

geograpn.  : 
Breite 

d. Wärme- 
Einflusses 

CoelTi- 
(ient 

Wärme 

Wärme- 
Einfluss 

0 

Par.   Lin. 

walireZeit 
h 
1.   41 

walireZ. 

h 

12.  20 

Petersburg 

59 

57 

0.'Ö12 

0  008 

Callierineiiburg 

5G 

50 

0.047 

0.018 

2.  48 

2.  22 

Baniaiil 

53 

20 

0.065 

0  020 

2.  51 

10.  31 

Grecinvicli 

51 

28 

0012 

0  006 

2.  20 

14.  11 

Nertschiiisk. 

51 

18 

0.142 

0.043 

2.  52 

5.  28 

Brüssel 

50 

51 

0  011 

0.010 

2.  37 

4.  37 

Prag 

50 

5 

0  106 

0.051 

2.  37 

5.  51 

Wien 

48 

12 

0.061 

0.029 

2.     3 

6.  50 

Miiiiehen 

48 

8 

0.052 

0.020 

2.  14 

5.  15 

Toronto 

43 

49 

0  163 

0  064 

2.  24 

7.  48 

Tillis 

41 

41 

0  281 

0093 

2.  46 

4.  28 

Mailrid 

40 

25 

0.186 

0  051 

3.  14 

6.     7 

Pliiladelphia 

39 

57 

0.180 

0.092 

2.  57 

6.  22 

Pekin 

39 

54 

0  324 

0.101 

3.     5 

5.  59 

Madras 

13 

4 

0.265 

0.142 

2.  32 

5.  51 

St.  Helena 

—15 

55 

0.076 

0  068 

2.     2 

8.  17 

Melbourne 

-37 

48 

0.142 

0.050 

2.  12 

4.  59 

Hobarton 

—42 

53 

0131 

0.050 

2.  16 

2.  41 

Da  es  für  die  Entwickelung  des  Wärme -Einflusses  von 
grossem  Belange  ist  ob  die  Sonnenstrahlen  auf  den  Boden  selbst 
oder  auf  eine  den  Boden  bedeckende  Wolkenschichte  treffen, 
ausserdem  der  Erfolg  von  der  Feuchtigkeit  der  Luft  und  der 
Bodenoberfläche  abhängt,  so  war  zu  erwarten  dass  der  Wärme- 
Einfluss  in  verschiedenen  Localitäten  verschieden  sein  werde. 
Diess  wird  auch  durch  die  Tabelle  bestätigt. 

Aus  der  nähern  Prüfung  der  einzelnen  Zahlenwerthe  er- 
geben sich  folgende  Resultate: 

(13)  Es  Ist  hier  nur  das  erste  Glied  der  fiirTemperatur-  und  Baro- 
meter-Oscillation  berechneten  Interpolationsformeln  berücksichtiget. 


112       Sitzung  der  math.-phii^.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 


1)  in  Petersburg,  Greenwich  ,  Brüssel  betrügt  der  barome- 
trische Wärnie-Einfluss  nur  0,"'ül,  und  ist  zu  klein  als 
dass  man  den  darauf  bezüglichen  Bestimmungen  irgend 
ein  Gewicht  beilegen  könnte; 

2)  in  Catherinenburg,  Barnaul,  München,  St.  Helena  beträgt 
der  barometrische  Würme-Einfluss  0,''06,  und  die  Epoche 
ist  im  3Iiltel  6"  36'  Abends  (Verspätung  4"  7'); 

3)  in  xXertschinsk,  Toronto,  Madrid,  Philadelphia,  Melbourne, 
Hobarton  beträgt  der  barometrische  Wärme- Einfluss 
0,"'16,,  und  die  Epoche  ist  S*»  34'  (Verspätung  2"  55'; 

4)  den  grössten  barometrischen  Wärme-Einfluss  treffen  wir 
in  Tiflis,  Pekin,  Madras  an;  er  beträgt  im  Mittel  0/"29 
und  die  Epoche  ist  b^  26'  (Verspätung  2'^  38'). 

Es  scheint  dass  je  grösser  der  barometrische  Einfluss  ist, 
die  Verspätung  um  so  kleiner  wird.  Im  Allgemeinen  kann  man 
eine  Verspätung  von  drei  Stunden  annehmen.  Als  abnorm  er- 
scheint die  Epoche  in  Barnaul  (zu  spät),  und  in  Catherinenburg 
und  Hobarton  (zu  früh). 

b)  Ebbe  und  Fluth. 


1 

Grösse 

Epoche  der 
Fluth 

Ort 

der  Ebbe 
und  Fluth 

Par.   Lin. 

wahre   Zeit 

h 

10.  18 

Petersburjj 

0'028 

Catherincnburg 

0  030 

10.  24 

ßarnaiil 

0  058 

9    40 

Greenwich 

0.119 

8.  50 

Nertschinsk 

0.083 

9.  37 

Brüssel 

0.108 

10.     2 

Präs 

0.113 

10.  14 

Wien 

0.128 

10.  12 

München 

0.097 

10.     2 

Toronto 

0.148 

8.  51 

Tiflis 

0.102 

9.  59 

Madrid 

0.119 

9.  43 

Philadelphia 

0.181 

9.  10 

Pekin 

0.109 

10.  13 

Madras 

0.436 

9.  40 

St    Helena 

0  335 

9.  43 

Melbourne 
1     Hobarton 

0.204 

9.  49 

0.197 

9.  21 

Lamont:    Oscillation  des  Barometers.  113 

Während  in  der  vorigen  Tabelle  ein  überwiegender  Einfluss 
der  Localität  sich  heraussf eilte,  finden  wir  hier  eine  merkwür- 
dige Uebereinslimmung  in  den  Epochen,  und  eine  regelmässige 
Abnahme  in  der  Grösse  der  Bewegung  vom  Aequator  gegen 
die  Pole,  wornach  es  keinem  Zweifel  unterliegen  kann ,  dass  es 
hier  um  ein  allgemeines,  von  der  Localität  nur  in  ganz  geringem 
Maasse  bedingtes  Phänomen  sich  handelt. 

Was  die  Modificationen  betrifft,  welche  von  der  Localität 
abhängen,  so  bemerkt  man  vor  Allem  dass  in  der  südlichen 
Halbkugel  die  Ebbe  und  Fluth  grösser  ist  als  in  der  nördlichen, 
ohne  Zweifel  eine  Folge  des  Umslandes  dass  auf  der  nörd- 
lichen Halbkugel  mehr  Festland  vorkommt,  und  die  rauhere 
Oberfläche  der  Bewegung  der  Atmosphäre  Hindernisse  ent- 
gegenstellt. 

Die  Höhe  über  der  IMeeresfläche  scheint  ohne  Einfluss  zu 
sein.  Zugleich  muss  man  aber  zugestehen,  dass  die  Abnahme 
der  Ebbe  und  Fluth  vom  Aequator  aus  gegen  die  Pole  beträcht- 
lich rascher  ist,  als  sie  bei  einer  homogenen  Beschaffenheit  der 
Atmosphäre  sein  sollte.  Im  Mittel  kann  die  Epoche  der  Fluth 
auf  9^  38'  festgesetzt  werden. 

Bei  einigen  Orten  tritt  die  Fluth  früher  ein  als  es  sonst  im 
Allgemeinen  die  Regel  ist,  und  gleichzeitig  findet  man  dass  in 
solchen  Fällen  die  Höhe  stets  etwas  grösser  ist  als  sie  nach  der 
geographischen  Breite  sein  sollte.  Ob  dieser  Erfolg  von  ähn- 
lichen Umständen,  wie  sie  bei  der  Ebbe  und  Fluth  des  Meeres 
sich  wirksam  zeigen,  bedingt  wird,  lässt  sich  erst  entscheiden 
wenn  eine  grössere  Anzahl  von  Beobachtungsstationen  vor- 
liegt. 


114       Sitzung  der  math.-phya.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 


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0.121 
i   0.041 
i   0.043 
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0.0G5 
0.(I2G 
0  029 
0.010 
0.007 
0  119 
0.099 
0.099 
0.019 
0  199 
0.109 
0.122 
0.08Ü 
0.093 
0.078 
0.194 
0.053 
0.222 
0.073 

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0.054 
0.015 
0  013 
0.005 
0.075 
0  012 
0.158 
0  059 
0.0117 
0  020 
0.190 
0.073 
0  572 
0.05  G 
0  1G5 
0.003 
0  313 
0.195 
0.011 
0.013 
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0.028 
0.154 
0.066 

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Lffinont:  üscillation  des  Barometers. 


115 


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4.  20 
2.  23 

10.  34 
3.10 

5.  37 

1.  47 
4.  40 

2.  18 
7.  44 
3.13 
0.    2 
2.46 
5.17 
2.  38 
5.35 

2.  1 
9.  20 
2.31 

3.  4 

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116        Sitiung  der  math.-phps.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 


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Lamont:   Oscülation  des  Barometers. 


117 


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118       Sitzuuf/  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

Diese  Tabellen  liefern,  wie  ich  glaube,  den  vollständigsten 
Beweis  für  die  Richtigkeit  der  von  mir  aufgestellten  Erklärung 
der  täglichen  Bewegung  des  Barometers,  indem  sie  einerseits 
zeiffen  wie  das  erste  Glied  mit  dem  monatlichen  Gange  der 
Luft-Temperatur  genau  übereinstimmend  zu-  und  abnimmt,  also 
als  Wirkung  der  Temperatur  erscheint,  während  das  zweite  Glied, 
man  mag  die  nördlicheren  oder  südlicheren,  die  tieferen  oder 
höheren  Stationen  betrachten,  immer  in  ähnlicher  Weise  sich 
gestaltet  und  sowohl  wegen  der  Doppel-Periode  in  24  Stunden 
als  auch  wegen  der  Unabhängigkeit  von  den  Jahreszeiten  we- 
der einem  directen  noch  einem  indirecton  Einflüsse  der  Tem- 
peratur zugeschrieben  werden  kann.  Die  kleinen  Mudifioationen, 
welche  bei  dem  zweiten  Gliede  eintreten,  hängen  mit  der  Con- 
figuralion  der  Erdoberfläche  und  der  Declinalion  der  Sonne 
zusammen  in  einer  Weise,  die  erst  näher  bestimmt  werden 
kann  wenn  hiezu  hinreichendes  Material  gesammelt  ist. 

Entschieden  geht  aus  den  Beobachtungen  der  nördlichen 
Stationen  hervor,  dass  im  Sommer  die  Fluth  etwas  später,  im 
Winter  etwas  früher  eintrifft,  doch  beträgt  der  Unterschied  kaum 
eine  halbe  Stunde;  in  der  Aequaforial- Zone  und  in  Süden  ist 
kaum  ein  Unterschied  zu  erkennen.  Die  Grösse  der  Fluth 
scheint  beträchtlicher  zu  sein  wenn  die  Sonne  am  Aequator  sich 
befindet,  wie  folgende  Relativ- Zahlen  (aus  4  nördlichen  und  3 
südlichen  Stationen  abgeleitet)  beweisen. 

relative  (irösse  der  Fluth 
südliche  Stationen     nördliche  Stationen 


Januar  .    .     . 

.     1.11       . 

.    .    1.09 

Februar      .     . 

.     1.01      . 

.    .    1.16 

März      .     .     . 

.106      . 

.    .    1.10 

April     .     .     . 

.1.06      . 

.     .    1.12 

Mai       ... 

.    0.87      . 

.    .    1.08 

Juni      .     .     . 

.     0.99      . 

.    .    0.95 

Juli       .     .     . 

.     0.96      . 

.    .    0.86 

August      .     . 

.    0.93      . 

.    .    0.95 

September 

.     1.14      . 

.     .    1.08 

Lamont:    Oscillation  des  Barometers. 


119 


relative  Grösse  der  Flutli 
südliche  Stationen     nördliche  Stationen 

October  .  .  .  1.12  .  .  .  1.04 
November  .  .  .  1.02  .  .  .  0.99 
December    .     .     .     1.13     .     .     .     1.02 

Um  zu  zeigen,  wie  wenior  die  atmosphärische  Ebbe  und 
FUith  von  localen  Luflsrömungen  abhängt,  stelle  ich  hier  die 
gleichzeitigen  Beobachtungen  von  Madras  und  Bombay  von 
April  bis  December  1845  nebeneinander,  und  hebe  den  Umstand 
hervor  dass  östlich  von  Madras  und  westlich  von  Bombay  das 
Meer  liegt,  also  die  dadurch  erzeugten  localen  Strömungen  in 
entgegengesetztem  Sinne  sich  bewegen  müssen  '\ 

a)  Barometrischer  Wärme  -  Einfluss 


Monate 


Wärine- 
Hinfluss 


Madras      Bombay 


Wärnie- 
CoelTicient 


Madras       Bombay 


Epoche  des  |i  Epoche  des  Maii- 
Maxiimims  ij  "»ums  des  Wärme- 
der   Wärme    II  Einflusses 


Madras    i  Bombay      Madras 


Bombay 


April 

Mai 

Juni 

Juli 

Aug. 

Sept. 

Oct. 

Nov. 

Dec. 


0.395 
0.243 
0.318 
0.321 
0.381 
0.316 
0.24Ü 
0.103 
0.133 


0.279 
0.249 
0.122 
0.074 
0.086 
0.193 
0.258 
0.226 
0.210 


0.240 
0.114 
0.165 
0.163 
0.195 
0.202 
0.162 
0.068 
0.111 


0.159 
0.228 
0.162 
0.121 
0.116 
0.263 
0.223 
0.167 
0.159 


1.  46 

2.  4 
2.  19 
2.  10 
2.  18 
2.  33 
2.  52 
2.  32 
2.  27 


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2. 

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2. 

31 

2. 

31 

2, 

53 

3. 

16 

3. 

39 

3. 

35 

5.  29 

5.  31 

5.  17 

5.  14 

5.  41 

5.  9 

5.  53 
4.  42 

6.  42 


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7.  47 

8.  12 

8.  3 
II.  3 
10.  18 

9.  1 
7.  44 
7.  32 
7.  32 


(15)  Von  den  Beobachtungen  in  Bombay  ist  mir  nur  der  einzige 
noch  dazu  unvollständige  Jahrgang  1845  (Orlebar  ,  Bombay  Magnetical 
and  Meteorological  Observalions.  18i5)  zugekommen;  dessenungeachtet 
glaube  ich  dieses  Material  benützen  zu  müssen  um  zu  zeigen,  wie  ein- 
fach in  der  V^'irklichkeit  die  Verhältnisse  sind,  zu  deren  Erklärung  Hr. 
Düve  ausser  den  complicirten  Hypothesen,  die  er  gewöhnlich  anwendet, 
noch  specielle  Moditicationen  zu  Hilfe  zu  nehmen  genöthiget  war. 


120       Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 
b)  Ebbe  und  Fluth. 


fiiö.sse  der    ^ 

Epoche         1 

Ebbe  und  Flutb 

Jer  Fluth      B 

Monate 

1 

Madras  '   Bombay 

Madras      Bombay 

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10.  23! 

Mai 

0.33'.) 

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10.  18  i 

Juni 

0.317 

0.340 

10. 

11 

10.  25 

Juli 

0.271) 

0.331 

9. 

43 

10.  13 

Aug. 

0.312 

0.355 

9. 

32 

10.     9 

Sept. 

0.339 

0.438 

9. 

52 

10.  12 

Oct 

0.31)5 

0.435 

9. 

41 

10.  10 1 

Nov. 

0.401 

0.430  ! 

9. 

45 

10.     5  1 

Ilec. 

0.436 

0.431 

9. 

35 

10.     4 

Ungeachtet  der  völligen  Divergenz  der  localen  Verhältnisse 
und  des  enormen  Unterschiedes  in  der  Regenmenge  geht  die 
atmosphärische  Ebbe  und  Flulh  an  beiden  Orten  mit  der  voll- 
kommensten Regelmässigkeit  und  Gleichfürnngkeit  vor  sich ;  und 
dass  die  kleinen  Abweichungen  nicht  in  dem  Phänomen  selbst 
liefen,  sondern  in  dem  Umstände  dass  die  Zahl  der  ßeobach- 
tuno-en  nicht  hinreichend  war,  um  die  Zufälligkeiten  zu  elimi- 
niren,  wird  sogleich  erkannt  werden  wenn  man  diese  einjährigen 
Bestimmungen  von  Madras  mit  den  oben  gegebenen  mehrjäh- 
rigen Resultaten  vergleicht. 

Einen  weitem  Beweis  dass  die  atmosphärische  Ebbe  und 
Fluth  durch  Kräfte  bedingt  ist,  auf  welche  locaie  Trübung, 
Feuchtigkeit  und  Wärme  keinen  Einflnss  ausüben,  habe  ich 
durch  Trennung  der  trüben  und  heitern  Monate  und  Tage  ge- 
liefert '*.     Aus    den   Münchner  Registern    wurden    nämlich    die 


(lö)  lieber  die  Frage  ob  die  tägliche  Schwankung  des  Barometers 
durch  die  Erwärmung  der  Erdoberfläche  allein  erklärt  werden  kann, 
oder  ob  sie  theilwcise  einer  kosmischen  Kraft  zugeschrieben  werden  muss. 
Pogg.  Ann.  GXIV  p.  281. 


Lnmont :   OscUlation  des  Barometers. 


121 


trüben  und  heilern  Monate  der  verschiedenen  Jahre,  dann  die 
trüben  und  heitern  Tage  in  gesonderte  Verzeichnisse  gebracht 
und  zu  vierteljährigen  Resultaten  vereinigt,  woraus  dann  (wenn 
der  Kürze  wegen  Nov.,  Pec. ,  Jan.  als  Winter;  Febr.,  März 
April  als  Frühling;  Mai,  Juni,  Juli  als  Sommer;  Aug.,  Sept. 
Oct.  als  Herbst  bezeichnet  werden)  folgende  Interpolations- 
reihen hervorgingen : 


erstes  Glied:  barometrischer  Wärme-Einfluss 


Winter 
Frühling 
Sommer 
Herbst 


heitere  3Ionate 
0.036  sin  (X  +  170°  39') 
0.057  sin  (x-j-176°  58') 
0.148  sin  (x  +  183°  32') 
0.070  sin  (x4-174°    0') 


trübe  3Ionate 
0.013  sin  (x  +  123''44') 
0.005  sin  (x  +  225°   7') 
0.100  sin  (X  +  203°    3') 
O.OGO  sin  (x  +  188°43') 


zweites  Glied :    atmosphärische  Ebbe  und  Fluth 

heitere  Monate 
Winter       0.072  sin  (2x  + 154°  34') 
Frühling    0.1 15  sin  (2x  -f-  151°     6') 
Sommer     0.107  sin  (2x4- 144°  14') 
Herbst       0.111  sin  (2x  -(-  146°     3') 


trübe  3Ionate 
0.077  sin  (2x4- 157°  45') 
0.112  sin  (2x+  152°  14') 
0.115  sin  (2x  + 146°    9') 
0.096  sin  (2x  4- 149°   5') 


erstes  Glied:  barometrischer  Wärme-Einfluss 


Winter 
Frühling 
Sommer 
Herbst 


heitere  Tage 
0.065  sin  (x  +  120°  51') 
0.102  sin  (x+148°  48') 
0.182  sin  (x+164°  29') 
0.112  sin  (x  +  158°  20') 


trübe  Tage 
0.025  sin  (x+   87°  25') 
0  048  sin  (x+    13°  24') 
0.064  sin  (x  +  183°46') 
0.020  sin  (X  +    30°    9') 


zweites  Glied  :   atmosphärische  Ebbe  und  Fluth 


Winter 
Frühling 
Sommer 
Herbst 

tlS62.  l.] 


heitere  Tage 
0.074  sin  (2x-f- 153°  17') 
0.1 19  sin  (2x -1-151°  54') 
Ol  10  sin  (2x  + 142°  38') 
0.118 sin  (2x4- 151°  26) 


trübe  Tage 
0  080  sin  (2x  4- 165°  0') 
0.107  sin  (2x-f- 147°  51') 
0.106  sin  (2x4- 146°  38') 
0.110  sin  (2x4- 150°  53') 
9 


122        Sitittny  der  math.-phys.  Classe  vom  Ä.  Februar  1868. 

Hieraus  ist  zu  entnehmen  dass,  während  Wolken,  Nebel, 
Regen  und  Schnee  den  Temperatur- Einfluss  bis  auf  den  dritten 
und  vierten  Theil  vermindern,  die  atmosphärische  Ebbe  und 
Fluth  sich  vollkommen  gleich  bleibt.  Ich  betrachte  diess 
neben  den  oben  schon  aufgeführten  Thatsachen  als  einen  ent- 
scheidenden Beweis,  dass  die  atmosphärische  Ebbe  und  Fluth 
einer  kosmischen  Kraft  zugeschrieben  werden  muss,  deren 
Sitz  in  der  Sonne  zu  suchen  ist. 

Bei  der  atmosphärischen  Ebbe  und  Fluth  wäre  noch  eine 
Wirkung  zu  berücksichtigen  gewesen,  zu  deren  näherer  Unter- 
suchung mir  jedoch  keine  genügenden  Beobachtungsdata  zu  Ge- 
bote standen,  nämlich  die  Wirkung,  welche  durch  die  Ebbe  und 
Fluth  des  Meeres  erzeugt  wird. 

Stellt  man  sich  eine  Insel  vor,  welche  mitten  im  Weltmeere 
sich  befindet,  und  nimmt  man  an  dass  das  Wasser  um  x  Pariser 
Fuss  sich  erhebe,  so  wird  die  Atmosphäre  um  eben  so  viel  gehoben 
und  der  Erfolg  ist  derselbe  als  wenn  das  Barometer  um  x  Fuss  tiefer 
gestellt  würde,  in  welchem  Falle  das  Out^t;ksilber  um  0,'"008  x 
(Par.  Linien)  steigen  müsste.  In  St.  Helena  kann  die  Sonnenfluth 
etwa  IFuss,  die  Mondfliith  2  7^  Fuss  betragen,  und  hieraus  wird 
eine  correspondirende  Oscillalion  des  Barometers  von  0,'"008 
und  0,'"020  entstehen.  Es  ist  merkwürdig  dass  der  letztere 
Betrag  genau  mit  der  von  Hrn.  Sabine  aus  den  stündlichen 
Barometer-Beobachtungen  auf  St.  Helena  abgeleiteten  atmosphä- 
rischen Mondfluth  übereinstimmt.  Es  kann  nicht  in  Zweifel  ge- 
zogen werden,  dass  auch  auf  grössern  Inseln  und  selbst  an  den 
Küsten  des  Continents  der  Einfluss  der  Ebbe  und  Fluth  merk- 
lich sein  wird,  um  aber  den  Einfluss  zu  erkennen  reicht  es 
nicht  hin  die  Älitlelwerthe  zu  berücksichtigen,  sondern  es  müssen 
die  Tage  an  welchen  eine  grosse,  und  die  Tage  an  welchen 
eine  geringe  Erhebung  des  Wassers  stattgefunden  hat,  von  ein- 
ander getrennt  und  mit  den  barometrischen  Oscillationen  ver- 
glichen werden. 

Wenn  man  die  Sicherheit  der  bisher  gefundenen  Resultate 
beurlheilcn  will;  so  muss  berücksichtiget  werden: 


Lamont:   Oscülation  des  Barometers.  I23 

1)  dass  der  tiigliche  Gang-  des  Barometers  für  keine  Station 
auf  0,'"02  genau  besliuimt  ist; 

2)  dass  der  tiigiiche  Gang-  der  Temperatur  durch  die  Loca- 
lilät,  wo  das  Tiieriuonicter  aufgehängt  ist,  mehr  oder 
weniger  modificirt  wird; 

3)  dass  in  Folge  dieser  Umstände  die  Grosse  des  Wärme- 
Einflusses  und  der  Ebbe  und  Fluth  bis  auf  den  Betrag 
von  0/"02,  die  Epoche  der  Ebbe  und  Fluth  bis  auf  den 
Betrag  von  20  Minuten,  die  Verspätung  des  Wärme- 
Einflusses  bis  auf  den  Betrag-  von  40  Minuten  unrichtio- 
sein  können. 

Wie  weit  die  Unsicherheit  geht,  wird  am  besten  durch  die 
Unterschiede  beurkundet,  welche  sich  ergeben  wenn  man  zu- 
erst 24  Stunden  dann  12  Stunden  zur  Berechnung  der  Con- 
slanten  benützt.  Nimmt  man  z.  B.  St.  Helena,  wo  die  Bewe- 
gungen regelmässiger  sind  als  an  den  meisten  übrigen  Stationen, 
so  erhält  man  für  die  Oscillalion  des  Luftdruckes  (Par.  Lin.) 

aus  12  Stunden:  0."'076  sin  (x  +  I J5"  38')  4- 0."'317  sin  (2x -]- J530  16') 
aus  24  Stunden:  0."'08i  sin  (x  +  14(10  12)  +  0."'27<)  sju  (2x -}- 142°  15') 

dann  fiir  die  Oscillation  der  Temperatur  (Reaum.) 

aus  12  Stunden:  1.Ö133  sin  (x  +  59"  25')  +  0.0440  sin  (2x  +  56»  24') 
aus  24  Stunden:   1.0138  sin  (x -f  SO*»     1')  +  0.0446  sin  (2x  -f  730  14') 

Ich  lasse  nun  hier  die  Tabellen  und  die  daraus  abgelei- 
teten Interpolationsreihen  folgen  und  bemerke  dazu  im  Allge- 
meinen: 

1)  dass  nachdem  an  einigen  Orten  von  Stunde  zu  Stunde, 
an  anderen  nur  von  zwei  zu  zwei  Stunden  beobachtet 
worden  ist,  es  der  GltMclifönnigkcit  und  Vergleiclibarkeit 
wegen  für  zweckmässig  gehalten  wurde ,  überall  bloss 
die  zweistündlichen  Resultate  herauszuheben ,  wobei  alle 
Zeitangaben   in    mittlerer  Ortszeit  ausgedrückt  sind; 

2)  dass  eine  Reduclion  der  Thermometer-  und  Barometer- 
stände auf  gleiche  Scalen  unnölhig  schien,  und  demnach 
die  ursprünglichen  Zahlen  überall  beibehalten  worden  sind, 

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124        Sitziitiff  der  math.-jihys.  Classe.   rot/t  8.  Februar  1862. 

Hinsichtlich   der    einzelnen   Stationen   ist  folgendes  zu   er- 
wähnen : 

1)  für  Petersburg  wurden  die  Zahlen  aus  dem  von  dem 
Director  des  physikalischen  Central- Observatoriums  in 
Petersburg  Hrn.  Staalsrath  KupfTer  herausgegebenen 
,,Compte-Rendn  Annuel,  Annee  1857"  entnuinnien ,  inid 
sind  die  Mittel  aus  15 jährigen  Beobachtungen.  Die  Be- 
stimmungen gelten  lür  die  geraden  Stunden,  mittlere 
Petersburger  Zeit;  da  die  Aufzeichnung  nach  Göttinger 
Zeit  geschehen  ist,  so  muss  eine  Reduction  vorgenommen 
worden  sein ,  worüber  ich  keine  näheren  3Iitlheilungen 
gefunden  habe. 

2)  Für  Catherinenburg  sind  die  Zahlen  aus  dem  ,,Compte- 
Rendu  Annuel,  Annees  1852.  1853,  1854,  1856,  1857'' 
zusammengetragen  worden ,  und  umfassen  die  Jahre 
1849  —  1855  mit  Ausnahme  des  Jahres  1853. 

3)  Für  ßarnaul  sind  die  Zahlen  aus  dem  ,,C()mpte- Rendu 
Annuel,  Annees  1853,  1854,  1855,  1856,  1857''  entnom- 
men, und  beziehen  sich  auf  die  Jahre  1850  —  1855.  Bei 
1853,  19  *>  54'  mittlere  Ortszeit  konnnt  eine  auffallende 
Abweichung  des  Barometerstandes  vor,  und  es  wurde 
angenommen  dass  der  angegebene  Stand  in  Folge  eines 
Druckfehlers  um  0,1  zu  tief  ist. 

4)  Für  Greenwich  sind  die  Aufzeichnungen  von  1841  — 
1847  benutzt  worden,  und  zwar  die  monatlichen  Mittel 
wie  sie  von  Hrn.  Airy  in  „Magnetical  and  Meteorological 
Observations  made  at  the  Royal  Observatory,  Greenwich, 
1840—1847,  mitgetheilt  sind. 

5)  Für  Nertschinsk  wurden  die  Jahrgänge  1849—1855  aus 
dem  „Compte-Rendu  Annuel,  Annees  1852—1857''  ent- 
nommen. 

6)  Für  Brüssel  findet  man  alle  Bestimmungen  vollständig 
zusammengestellt  in  Hrn.  Ouetelet's  „Climat  de  Belgique"; 
die  Barometer  -  Oscillationen  sind  aus  den  Jahrgängen 
1842  bis  1847  Ind.,   die  Temperatur -Oscillationen  aus 


Laviont:    OscUlation  des  Barometers.  125 

den  Jahrgängen  1841  —  1844  (beide  unvollständig)  ab- 
geleitet. Dass  bei  dem  Luftdrücke  und  der  Temperatur 
verschiedene  Jahrgänge  benutzt  wurden,  bildet  für  den 
Zweck  der  gegenwärtigen  Untersuchung  einen  sehr  we- 
sentlichen Uebelsland. 

7)  Für  Prag  habe  ich  die  Ergebnisse  der  Beobachtung  nicht 
beigefügt,  weil  sie  vollständig  schon  zusammengestellt  zu 
finden  sind  in  Hrn.  Jelineks  Abhandlung  „Ueber  den 
täglichen  Gang  der  vorzüglichsten  Elemente  aus  den 
stündlichen  Beobachtungen  der  Prager  Sternwarte  abge- 
leitet/' (II.  Bd.  der  Denkschr.  der  math. -naturw.  Classe 
der  kaiserl.  Akad.  der  Wissensch.)  Auch  die  Interpo- 
lationsreihen sind  aus  dieser  Schrift  unverändert  abge- 
druckt; es  muss  übrigens  bemerkt  werden  dass,  da  in 
Prag  nicht  an  allen  Tagen  sämmtUche  Stunden  aufge- 
zeichnet wurden,  den  Resultaten  ein  geringeres  Gewicht 
beigelegt  werden  muss. 

8)  Für  Wien  wurden  die  von  Hrn.  Kreil  in  den  „Jahr- 
büchern der  k.  k.  Central- Anstalt  für  Meteorologie  und 
Erdmagnetismus"  5  ,  6.  und  7.  Bd.  mitgctheilten  monat- 
lichen Mittel  der  registrirenden  Instrumente,  die  Jahrgänge 
1853  bis  1855  incl.  umfassend,  benützt.  Was  die  Inter- 
polationsreihen betriüt,  so  stimmen  die  auf  das  Jahres- 
mittel bezüglichen  mit  den  übrigen  Stationen  überein, 
wogegen  bei  den  monatlichen  Reihen  zwar  das  zweite 
Glied  eine  genaue  Uebercinstimmung,  das  erste  Glied 
aber  eine  auffallende  Abweichung  zeigt,  welche  dahin 
zu  erklären  ist  dass  die  Ablesungen  des  registrirenden 
Barometers  einer  Correction  wegen  der  Temperatur  be- 
darf. Aus  diesem  Grunde  konnte  die  Grösse  der  Ebbe 
und  Fluth  und  die  Fluth-Epoche  nicht  berechnet  werden. 

9)  Für  München  habe  ich  die  beobachteten  Zahlenwerthe 
nicht  beigefügt,  da  sie  vollständig  im  III.  Supplement- 
bande der  Annalen  der  Münchner  Sternwarte  (Monat- 
liche und  jährliche  Resultate  der  an  der   k,  Sternwarte 


126       SitztitKj  der  math.-plnjs.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

bei  Müiiclieii  von  1825  bis  1856  angestellten  meteoro- 
logischen Beobachtungen)  gedruckt  sind;  daselbst  S.XXI — 
XXIII  ist  angeoeben,  wie  die  Grösse  der  Ebbe  und  Flulh 
und  die  Flulh-Epoche  berechnet  sind.  Das  oben  S.  110 
erklärte  Verfahren  würde  insbesondere  für  die  Winler- 
nionale  etwas  verschiedene  Werlhe  gegeben  haben, 

10)  Für  Toronto  sind  die  Beobachtungsdata  aus  den  von 
Hrn.  Sabine  herausgegebenen  „Observations  made  at  Ihe 
Magnetical  and  Meteorological  Observatory  at  Toronto 
in  Canada"  entnommen;  sie  umfassen  die  Jahre  1843  — 
1848  incl. 

11)  Für  Tiflis  sind  die  von  Hrn.  Moritz  mitgetheilten  Bestimmungen 
inKupffer's  „Compte-Rendu  Annuel,  Annees  1854—1857" 
benützt  worden;  sie  beziehen  sich  auf  die  Jahre  1852 — 
1855  incl.  In  dem  Jahrgange  1855  bei  8*^20'  Ortszeit 
kommt  eine  auffallende  Anomabe  in  dem  Barometer- 
stande vor  und  ich  habe  angenommen  dass  durch 
einen  Druckfehler  der  Stand  um  0,2  zu  gross  angege- 
ben ist. 

12)  Die  Bestimmungen  von  Madrid,  den  Zeitraum  von  März 
1859  bis  Sept.  1861  umfassend,  weichen  von  allen 
übrigen  ab  insoferne,  als  die  Aufzeichnungen  von  3  zu 
3  Stunden  gemacht  wurden,  und  ausserdem  die  Stunde 
3  Uhr  Morgens  fehlt.  Für  letztere  Stunde  wurden  die 
Werthe  durch  eine  graphische  Interpolation  bestimmt. 

13)  Für  Philadelphia  sind  die  in  A.  D.  Bache's  „Magnetic 
and  aieleorological  Observations,  Girard  College,  Phila- 
delphia" mitgetheilten  Bestimmungen  benützt  worden; 
sie  umfassen  die  Jahrgänge  1842,  1843  von  April  — 
Dec,  1844,  1845  Jan.  bis  März. 

14)  Die  Beobachtungsdata  für  Pekin  findet  man  in  Kupffers 
„Compte-Rendu  Annuel,  Annees  1852— 1857"  j  sie  um- 
fassen die  Jahre  1850  —  1855. 

15)  Die  Zahlen  für  3Iadras  sind  aus  den  in  „Meteorological 
Observations,  Madras  1841  —  1848"  mitgetheilten  Be- 


Lamoni:    OscHlation  des  Barometers.  127 

obachliingeii  boreclinel;  sie  umfassen  die  Jahre  1842, 
1843,  1845.  Das  Jahr  1844  miisste  weggelassen  wer- 
den, da  in  dem  der  hiesigen  Sternwarte  gehörigen 
Exemplare  der  Beobachtungen  der  Bogen  S.  5—8  fehlt. 

16)  Für  St.  Helena  findet  man  die  Beobachtungsdata  zu- 
sammengestellt in  den  von  Hrn.  Sabine  herausgegebenen 
,,Observations  uiade  at  Ihe  Magnelical  and  Meteorological 
Observatory  at  St.  Helena",  Vol.  I  und  H;  sie  umfassen 
die  Jahre  1841—1845  incl. 

17)  Für  Melbourne  wurden  die  Beobachtungen  von  Hrn.  Neu- 
meyer (Results  of  Ihe  Magnelical,  Naulical,  and  Meteoro- 
logial  Observations  madc  at  the  Flagstaff  Observatory, 
Melbourne)  benützt;  sie  umfassen  nur  einen  Jahrgang 
(3Iärz  1858  bis  Febr.  1859  incl.),  geben  übrigens  (mit 
Ausnahme  vom  Mai)  Resultate,  welche  sehr  gut  mit 
den  andern  Stationen  übereinstimmen. 

18)  Die  Beslinnnnngen  für  Hobarton  findet  man  zusammen- 
gestellt in  den  von  Hrn.  Sabine  herausgegebenen  ,. Ob- 
servations made  at  the  Magnelical  and  Meteorological 
Observatory  at  Hobarton,  in  Van  Diemen  Island" j  sie 
umfassen  die  Jahre  1841  bis  1848  incl. 


128       Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  iS62. 


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Sitziingsbericlite 

der 

königl.   bayer.  Akademie  der  Wissenscliaften. 


Mathematisch  -  physikalische    Classe. 

Sitzung  vom  8.  Februar  18C2. 
(Fortsetzung  ) 


Herr  Schönbein  in  Basel  übersandte  eine 

,, Fortsetzung   der  Beiträge   zur  nähern  Kennt- 
niss  des  SauerstoTfes." 

I. 

lieber  die  allotropen  Zustände  des  Sauerstoffes. 

Die  Annahme  dreier  verschiedener  Zustände  des  Sauer- 
stoffes, ist  eine  so  ungewöhidiche,  dass  die  Ihatsächiichen  Be- 
weise für  die  Richtigkeit  derselben  nicht  genug  gehäuft  werden 
können,  wesshalb  ich  im  Nachstehenden  einige  weitere  Ergeb- 
nisse meiner  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand  mitlheilen 
will,  welche  nach  meinem  Dafürhalten  so  sind ,  dass  sie  über 
das  Bestehen  solcher  Zustände  keinen  Zweifel  walten  lassen. 
[lb6^  I.]  12 


166        Sitzunt/  der  innlh.-phys.  Classe  vom  S.  Februar  1862. 

Da  die  beiden  von  mir  angegebenen  tliätigen  und  einander 
entgegengeselzlen  Modificationen  des  Sauerstoffes :  das  Ozon  und 
Antozon  in  einigen  ilirer  Eigenschaften  einander  bis  zur  Ver- 
Avechslung  sicli  gleichen ,  uie  z.  B.  in  ihrem  Geruch  und  der 
Fahigiteit,  den  Jodkahumivleister  zu  bläuen,  so  sei  zunächst  von 
denjenigen  Kennzeichen  die  Rede,  durch  Avelche  0  und  0  auf 
das  Schärfste  von  einander  sich  unterscheiden. 

Meine  fiiihern  Versuche  haben  dargethan ,  dass  die  Basis 
der  Manganoxidulsalze  allein  durch  den  ozonisirten  Sauerstoff 
r0')  unter  Abscheidung  ihrer  Säuren  zum  Superoxid  oxidirt 
werde,  woher  es  konuiit.  dass  trockene  oder  feuchte  z.  B  mit 
Mangansulfal  hehaflete  Papierslreifen  in  einer  Ozonatmosphäre 
ziemlich  rasch  sich  bräunen  und  desshalb  als  specifisches  Reagens 
auf  0  dienen  können. 

Bekanntlich  nehme  ich  an,  dass  das  Bariumsuperoxid  r= 
BaO  -}-  0  sei  und  der  aus  ihm  mit  Hilfe  des  ersten  Hydrates 
der  Schwefelsäur(;  entbundene  Sauerstoff  neben  0  auch  noch 
kleine  Mengen  von  0  enthalte ,  dessen  Anwesenheit  der  be- 
sagte Sauerstoff  sowohl  seinen  ozonähnlichen  Geruch  als  auch 
das  Vermögen  verdankt ,  feuchtes  Jodkaliumstärkepapier  zu 
bläuen  und  mit  \>  asser  HO^  zu  erzeugen. 

Wie  lange  man  nun  auch  mangansulfathaltiges  Papier  der 
Einwirkung  solchen  Sauerstoffes  aussetzen  mag,  nie  wird  das- 
selbe nur  spurweise  gebräunt  werden  ,  welches  negative  Ver- 
halten allein  schon  beweist,  dass  besagter  Sauerstoff  kein  0 
enthalte.  Derselbe  unterscheidet  sich  jedoch  vom  Ozon  auch 
noch  durch  die  positive  Eigenschaft,  dass  er  das  durch  0  gebräunte 
Mangansulfatpapier  wied(T  entfärbt. 

Um  sich  hieven  in  einfachster  Weise  zu  überzeugen ,  ver- 
fahre man  folgendermaassen.  Man  bräune  einen  mit  Mangansulfat- 
lösung getränkten  Papierslreifen  in  ozonisirter  Luft  deutlich  aber 
nicht  zu  stark  und  hänge  denselben  in  einem  Gefäss  auf,  in 
welchem  mittelst  reinen  Vitrioles  aus  gleich  beschaffenem  Ba- 
riumsuperoxid Sauerstoff  entbunden  worden.  Nach  kürzerm 
oder  längerm  Verweilen  des  Papieres  (je  nach  der  Stärke  seiner 


Schönbetn:  Beiträge  %.  nähern  Kennt niss  d.  Sauerstoffes.      167 

Farbimg)  in  dem  Gase^  wird  die  Entfärbung  mehr  oder  minder 
rasch  erfolgen  und  ich  will  hier  nicht  unbemerkt  lassen,  dass 
dieses  Bleichen  wesentlich  dadurch  beschleuniget  wird,  dass 
man  den  gebräunten  Streifen  im  feuchten  Zustande  der  Ein- 
wirkung des  0- balligen  Gases  aussetzt  und  noch  mehr  so,  wenn 
das  hiezu  dienende  Wasser  mittelst  SO 3  schwach  angesäuert  ist. 
Noch  ganz  deutlich  in  der  angegebenen  Weise  gebräuntes  Papier 
bleichte  ich  in  wenigen  Minuten  vollständig  aus  und  hat  man 
eine  mit  stark  ozonisirter  Luft  gefüllte  Flasche  zur  Hand,  so 
lässt  der  Streifen  in  kurzer  Zeit  zu  wiederholten  Malen  sich 
bräunen  und  entfärben,  dadurch,  dass  man  denselben  bald  in  die 
Ozon- Atmosphäre,  bald  in  das  aus  BaO»  entbundene  Sauerstoffgas 
einführt.  Kaum  möchte  es  der  ausdrücklichen  Bemerkung  be- 
dürfen, dass  (las  unter  den  erwähnten  Umständen  erfolgende 
Bleichen  des  gebräunten  Papiers  auf  der  Bildung  des  Mangan- 
sulfates beruht.  Aus  diesen  Angaben  erhellt,  dass  der  aus  BaO^ 
entwickelte  ozonartigriechende  Sauerstoff  gegen  das  Mangansulfat 
völlig  unthätig  sich  verhält,  während  der  ozonisirte  Sauerstoff 
die  Basis  dieses  Salzes  rasch  in  Superoxid  verwandelt,  welches 
einerseits  durch  daw  riechenden  Theil  des  aus  Ba0.j  abgeschie- 
denen Sauerstoffes  wieder  zu  Oxidul  reducirt  wird. 

Es  sind  diess  aber  offenbar  einander  genau  entgegenge- 
setzte Wirkungen  (Oxidation  und  Desoxidation),  welche  dess- 
halb  auch  unmöglich  von  einer  und  eben  derselben  Sauer- 
stüffart  hervorgebracht  werden  können  und  daher  zu  dem 
Schlüsse  berechtigen,  dass  der  aus  BaO^  stammende  riechende 
und  thätige  Sauerstoff  vom  Ozon  nicht  nur  verschieden,  sondern 
Letzterem  seiner  chemischen  Wirksamkeit  nach  geradezu  ent- 
gegengesetzt, d.  h.  Antozon  sei,  welche  Folgerung  ich  übrigens 
schon  früher  aus  einer  Anzahl  anderer  Thatsachen  gezogen  habe\ 


(1)  Da  die  französischen  Chemiker,  wenn  sie  thätigen  Sauerstoff 
bezeichnen  wollen,  noch  häufij;  von  „Oxijjene  ä  I'etat  naissant"  zu  re- 
den pflegen,  dieser  Ausdruck  aber  irrthüinlichen  Vorstellungen  über  die 
nächste  Ursache   der  chemischen    Wirksamkeit   dieses  Elementes  Rauu} 

12* 


168       Sitzuny  der  math.  }>hiis.  Classe  vom  S.  Februar  1862. 

Wir  entnehmen  ferner  aus  obigen  Angaben,  dass  die  bei- 
den entgogengesclzten  thätigen  Sauerstoffarten  mit  Hilfe  des 
mangansuiratluiltigen  und  dui'ch  Mangansuperoxid  gebräunten 
Papiers  beinahe  ebenso  leicht  voneinander  sich  unterscheiden 
lassen,  als  miltelsl  bhiuen  und  gerötheten  Lakmuspapieres  eine 
Säure  von  einem  Alkali. 

Es  gibt  indessen  noch  einige  andere  Mittel,  durch  welche 
der  zwischen  Ozon  und  Antozon  bestehende  Unterschied  gleich 
leicht  sich  erkennen  lässt  und  zu  denselben  gehört  in  erster 
Linie  die  Uebermangansäure.  Lässt  man  ein  Stückchen  Bims- 
steines^, getränkt  mit  der  durch  SO3  massig  angesäuerten  Lö- 
sung der  genannten  Säure  oder  ihres  Kalisalzes  einige  Zeit  in 
dem  aus  ßaOj  entbundenen  SaueistofFe  verweilen,  so  wird  es 
völlig  entfärbt  und  setzt  man  das  so  gebleichte  Bimssteinstück 
der  Einwirkung  des  ozonisirlen  Sauerstoffes  aus,  so  bräunt  sich 
dasselbe  in  Folge  des  unter  diesen  Umständen  aus  dem  schwe- 
felsauren Manganoxidul  entstandenen  Mangansupero.vides 

Aehnlich  dem  Mangansulfat  u.  s  w.  kann  auch  das  basisch 
essigsaure  Bleioxid  zur  Unterscheidung  des  Ozons  vom  Antozon 
benützt  werden.  Meinen  Versuchen  gemäss  wandelt  Ersteres 
das  genannte  Salz  in  Bleizucker  und  Bleisuperoxid  um,  wess- 
halb  ein  mit  HIeiessig  getränkler  Papierstreifen,  längere  Zeit  der 
Einwirkung  dos  ozonisirten  Sauerstoffes  ausgesetzt ,  auf  das 
Tiefste  gebräunt  wird,  wobei  noch  zu  bemerken,  dass  an- 
fänglich die  Färbung  des  Papieres  eine  gelbe  ist,  von  einer 
mennigähnlichen  aus  Oxid  und  Superoxid  bestehenden  Verbin- 
dung  herrührend,    die   aber   allmählich   gänzlich   zu   PbOg   sich 


gibt  uiul  vs'w  nun  wissen,  dass  auch  der  gasföruiige  Sauerstoff  in  tliä- 
ti<i;en  Zuständen  i)esl('lien  liann.  so  düifle  es  zeit-  und  saclij^eniäss  sein, 
jenseits  des  Rheines  einer  riclitigern  Spracinveise  in  diesem  Falle  sich 
zu  bedienen. 

(2)  Anstatt  des  Papieres  wende  ich  dieses  poröse  Mineral  an,  um 
die  reducirende  Einwirkung  der  Pllanzenfaser  auf  die  gelöste  Ueber- 
mangansäure zu  vermeiden. 


Schönbein:  Beitrüye  i,  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.     Iß9 

oxidirt.  Diese  Wirkung  bringt  der  riechende  aus  BaOj  erhal- 
tene Sauerstoff  nicht  nur  nicht  hervor,  sondern  er  besitzt  um- 
gekehrt das  Vermögen,  das  durch  PbOj  gebräunte  Papier  wieder 
zu  entfärben.  Um  sich  ein  solches  Roagenspapier  zu  bereiten, 
lasse  man  einen  mit  Bleiessig  getränkten  Papierstreifen  in  stark 
ozonisirter  Luft  so  lange  verweilen,  bis  er  deutlich  gelb  gewor- 
den, man  tauche  ihn  dann  in  stark  verdünnte  NO 4 -freie  Sal- 
petersäure, wodurch  er  gebräunt  wird  und  bringe  denselben 
hierauf  in  ein  Gefäss ,  indem  aus  BaOa  Sauerstoff  entwickelt 
worden,  unter  welchen  Umständen  das  Reagenspapier  bald  weiss 
erscheint,  falls  es  nur  schwach  gebräunt  war.  Aus  diesen  That- 
sachen  geht  hervor,  dass  auch  das  Bleisuperoxid  durch  den  rie- 
chenden Theil  des  aus  BaO«  abgeschiedenen  Sauerstoffes  zu 
Oxid  reducirt  wird. 

Das  Ozon  verhält  sich  gegen  die  gelöste  Chromsäure 
durchaus  unthätig,  während  dieselbe  unter  geeigneten  Umstän- 
den durch  den  aus  BaO^  stanunenden  Sauerstoff  zu  Chromoxid 
reducirt  wird.  Setzt  man  ein  Bimssteinstückchen ,  getränkt  mit 
einer  stark  verdünnten  SOj-hnltigen  Chromsäurelösung,  die  aber 
das  Mineral  doch  noch  deutlich  gelb  färbt,  längere  Zeit  der 
Einwirkung  des  besagten  Sauerstoffes  aus  so,  dass  man  dasselbe 
an  einen  Platindraht  in  einer  mit  diesem  riechenden  Gase  ge- 
füllten Flasche  aufhängt,  so  verschwindet  allmählich  die  gelbe 
Färbung  des  Bimssteines  und  wird  derselbe  grün  in  Folge  des 
unter  diesen  Umständen  gebildeten  schwefelsauren  Chromoxides. 

Was  nun  die  desoxidirenden  Wirkungen  betrifft,  welche 
der  riechende  Theil  des  aus  BaO.^  entbundenen  Sauerstoffes  auf 
die  Superoxide  des  Mangans  und  Bleies  wie  auch  auf  die 
Uebermangan-  und  Chromsäure  hervorbringt,  so  erklären  sie 
sich  nach  meinem  Dafürhalten  einfach  in  folgender  Weise.  Die 
genannten  reducirbaren  Sauerstoffverbindungen  gehören  der 
Gruppe  der  Ozonide  an  d.  h.  sind  =.  MeO  -{-  0,  PbO  +  () 
Mn,  0,  +  5  0  und  Cr,  O3  +  30,  Der  aus  BaO  +  0 
nn'ttelst  Vitriolöles  abgeschiedene  Sauerstoff  enthält  neben  0 
(in  Folge  der  bei  der  Abscheidung  stattfindenden  Erhitzung  aus 


170       Silxuuif  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

0  hervorgegangen)  auch  noch  kleine  Mengen  von  0  und  trifft 
nun  dieses  freie  Anlozon  mit  dem  gebundenen  0  der  genannten 
Ozonidc  zusammen,  so  gleichen  sich  beide  zu  neutralem  Sauer- 
stoff aus,  welcher  als  solcher  nicht  mehr  im  gebundenen  Zu- 
stande verharren  kann ,  wesshalb  den  Ozoniden  ihr  0  -  Gehalt 
durch  0  ebenso  gut  als  durch  eine  leicht  oxidirbaro  Substanz 
entzogen  werden  kann.  Dass  die  gleichen  Ozonide  unter  ge- 
eigneten Umständen  auch  durch  chemisch  gebundenes  0  d.  h. 
durch  die  Antozonide  HO  -j-  0  ,  BaO  +0  u.  s.  w.  unter 
Entbindung  neutralen  Sauerstoffes  leicht  reducirt  werden,  ist  nun 
eine  woiil  bekannte  Thatsache  und  ich  sollte  desshalb  denken, 
es  lägen  jetzt  Thatsachen  genug  vor,  welche  beweisen,  dass  es 
zwei  einander  entgegengesetzt  thätige  Zustände  des  Sauerstoffes 
gebe,  wie  unmöglich  es  uns  dermalen  auch  noch  ist,,  den  näch- 
sten Grund  dieser  Zwiespältigkeit  einzusehen. 

Schliesslich  dürfte  noch  folgende  Angabe  am  Orte  sein. 
Unlängst  habe  ich  gezeigt,  dass  das  freie  Antozon,  wie  es  im 
Wölsendorfer  Flussspalh  angetroffen  wird,  auch  mittelst  concen- 
trirter  Schwefelsäure  aus  Bariumsuperoxid  erhalten  werden  kann, 
die  Fähigkeit  noch  besitze,  mit  Wasser  sofort  zu  HO2  sich  zu 
verbinden,  welches  Verhallen  weder  dem  ozonisirten  —  noch 
gewöhnlichen  Sauerstoffe  zukommt.  Von  dieser  Verbindlichkeit 
des  freien  Antozones  mit  Wasser  kann  man  sich  rasch  und  ein- 
fach in  folgender  Weise  überzeugen,  welches  Verfahren  dess- 
halb auch  für  einen  Vorlesungsversucb  sich  eignen  dijrfle.  Man 
trage  in  ein  etwa  100'="=  fassendes  und  mit  einem  eingeriebenen 
Stöpsel  versehenes  Fläschchen,  dessen  Boden  einige  Linien  hoch 
mit  chemisch  reinem  Vitriolol  bedeckt  ist,  etwa  ein  Gramm  fein 
geriebenen  Bariumsuperoxides  nach  und  nach  ein,  hänge  im  Ge- 
fäss  einen  mit  Wasser  getränkten  Streifen  Fillrirpapieres  auf  und 
lasse  denselben  einige  Minuten  lang  darin  verweilen.  Unter 
diesen  Umständen  wird  nun  schon  so  viel  HO»  im  benetzten 
Papier  sich  gebildet  haben  dass  es  mit  Hilfe  empfindlicher  Rea- 
gentien  augenfälligst  sich  nachweisen  lässt.  Zu  diesem  Behufe 
ziehe    man    den   besagten   Streifen    mit    einigen   Grammen  de- 


Schönbein:  Beüräye  2.  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.      171 

stillirlen  Wassers  aus,  füge  dem  Auszug  erst  einige  Tropfen 
stark  verdünnten  Jodkaliumkleisters,  dann  einen  Tropfen  eben- 
falls stark  verdünnter  Eisenvitrioliösung  zu  und  man  wird  fin- 
den, dass  das  Gemisch  sich  sofort  bläut,  welche  Färbung,  mei- 
nen frühem  Versuchen  gemäss,  über  die  Anwesenheit  von  HO, 
keinen  Zweifel  übrig  lässt.  Bei  diesem  Versuche  kann  man 
anstatt  des  befeuchteten  Papieres  auch  ein  reines  mit  Wasser 
getränktes  Badeschwämmchen  anwenden. 

ir. 

lieber  die  Varstelhmg  des  Ozons  auf  chemischem  Wege. 

Nach  vieljährigem  vergeblichem  Bemühen  ist  es  mir  end- 
lich gelungen,  auf  rein  chemischem  Wege  den  ozonisirten 
Sauerstoff  aus  einem  Ozonid  abzutrennen ,  welcher  Erfolg-  der 
Hoffnung  Raum  geben  dürfte,  dass  wir  früher  oder  später  dahin 
gelangen  werden  ,  diese  so  merkwürdige  Materie  nicht  nur  viel 
reichlicher  als  bisher  darzustellen,  sondern  sie  auch  vollkommen 
frei  von  jeder  fremdartigen  Beimischung  zu  erhalten.  Jedenfalls 
wird  aber  die  neue  Darstcllungsweise  zu  einer  genauem  Kennt- 
niss der  in  mancher  Beziehung  immer  noch  so  räthselhaften 
Natur  des  Ozons  führen ,  wesshalb  ich  auch  geneigt  bin ,  den 
gelhanen  Fund  als  einen  Fortschritt  in  der  Erforschung  dieses 
schwierigen  und  für  die  theoretische  Chemie  keineswegs  un- 
wichtigen Gegenstandes  zu  betrachten. 

Die  blaurothe  Lösung  des  übermangansauren  Kalis  in  ver- 
dünnter Schwefelsäure  wird  meinen  frühern  Mittheilungen  zufolge 
durch  alle  Antozonide  und  daher  auch  durch  das  Bariumsuper- 
oxid unter  lebhafter  Entbindung  geruchlosen  d.  h.  gewöhnlichen 
Sauerstoffgases  und  Bildung  schwefelsauren  Manganoxidules  und 
Barytes  zersetzt. 

Anders  verhält  sich  die  olivengrüne  Lösung  des  besagten 
Permanganates  in  dem  ersten  Hydrate  der  Schwefelsäure  gegen- 
über dem  Bariumsuperoxid;  denn  trägt  man  Letzteres  in  die 
erwähnte  Lösung  ein,  so  findet  zwar  auch  eine  Gasentwicklung 


172       Sitzung  der  math.-phys,  Classe  vom  8.  Februar  iS6i. 

Statt ,  es  besitzt  aber  die  enibundene  Luflart  einen  starken 
Geruch ,  der  demjenigen  des  Ozons  nicht  nur  sehr  ähnlich, 
sondern  ganz  und  gar  gleich  ist.  Uoberdiess  bringt  das  frag- 
liche Gas  auch  noch  alle  übrigen  Wiikungen  des  ozonisirlen 
Sauerstoffes  in  ausgezeichnelster  Weise  hervor,  wie  diess  die 
nachstehenden  Angaben  zur  Geniige  zeigen  werden. 

Ehe  ich  jedoch  die  Eigenschaften  unseres  Gases  näher  be- 
schreibe, wird  es  zweckdienlich  sein,  die  von  mir  befolgte  Dar- 
stellungsweise desselben  kurz  anzugeben.  In  chemisch  reiner 
Schwefelsäure  von  1,85  spec.  Gew.  löse  ich  in  der  Kälte  che- 
misch reines  und  feinge4)ulvertes  Kalipermanganat  so  reichlich 
auf,  dass  die  erhaltene  Flüssigkeit  tief  oliven-grün  gefärbt  er- 
scheint. Diese  Lösung  wird  in  eine  Flasche  mit  doppeltem  Halse 
gebracht,  dem  man  Vorrichtungen  anfügt,  welche  es  gestatten, 
durch  die  eine  Mündung  des  Gefässes  fein  gepulvertes  Barium- 
superoxid in  die  Flüssigkeit  nach  Belieben  einzuführen  und  durch 
die  Andere  die  unter  diesen  Umständen  sich  entbindende  Luft 
über  Wasser  aufzufangen.  Das  so  erhaltene  Gas  besitzt  fol- 
gende Eigenschaften. 

Physiologische  Eigenschaften.  Wie  schon  bemerkt, 
riecht  das  Gas  vollkommen  gleich  den  auf  eleclrischem  und 
volta'schem  Wege  oder  bei  der  langsamen  Verbrennung  des 
Phosphors  erhaltenen  Ozon.  Dasselbe,  auch  nur  in  geringen 
Mengen  in  die  Lunge  eingeführt,  verursacht  sofort  eine  Art  von 
Engbrüstigkeit  und  wiederholt  eingeathmet,  eine  Entzündung  der 
Schleimhäute  d.  h.  Catarrh.  Wie  ich  mir  bei  meinen  ersten 
Arbeiten  über  das  Ozon  durch  öfteres  Riechen  an  Gefässen, 
welche  diese  Materie  in  merklichen  Mengen  enthielten,  einen 
heftigen  Husten  zuzog,  so  auch  neulich  wieder,  als  ich  zum 
ersten  Male  das  in  Rede  stehende  Gas  darstellte.  Ich  habe 
noch  nicht  die  nöthige  Zeit  gefunden ,  auch  an  Thieren  damit 
Versuche  anzustellen;  es  lassen  aber  die  weiter  unten  erwähnten 
Thatsachen  nicht  im  Mindesten  daran  zweifeln,  dass  unser  Gas 
völlig  gleich  dem  Ozon  auf  den  Organismus  einwirken  kann. 

Volta'sche   Eigenschaften.     Ich  habe   zu   seiner    Zeit 


Schönbein:  ßeiträt/e  %.  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.     173 

gezeigt,  dfiss  ein  in  ozonisirteni  ScTuerstoff  nur  kurze  Zeit  ver- 
weilender Plalinslreifen  kräftigst  negativ  polarisirt  werde  und 
linde,  dass  unser  Gas  die  gleiche  volta'sche  Wirkung  hervorbringe, 
welche  Polarisation,  wie  die  durch  das  Ozon  verursachte,  durch 
massige  Erhitzung  des  Melallslreifens  sofort  aufgehoben  wird. 
Unlängst  erwähnte  ich  der  Thatsache,  dass  in  volla'scher  Hin- 
sicht das  Ozon  negativ  zum  Anlozon  sich  verhalte  und  in  der 
gleichen  Beziehung  steht  auch  das  fragliche  Gas  zu  0. 

Chemische  Eigenschaften.  Man  kann  das  Gas  im 
Allgemeinen  als  eine  äusserst  kräftig  oxidirende  Materie  be- 
zeichnen, wie  aus  den  nachstehenden  Einzelangaben  erhellen  wird, 

1)  Schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zerstöit  das  Gas 
mit  grosser  Energie  alle  organischen  Farbstoffe,  so  dass  es  z.B. 
mit  Indigo  -  oder  Lakmuslinctur  getränkte  Papiersfreifen  rasch 
bleicht. 

2)  Bei  hinreichend  langer  Einwirkung  auf  die  feste  oder 
gelöste  Pyrogallussäure  verbrennt  es  dieselbe  vollständig  zu 
Kohlensäure  und  Wasser,  sie  erst  durch  gefärbte  Huminsubstan- 
zen  und  Kleesäure  hindiirchführend .  woher  es  konnnt,  dass 
krystallisirle  Brenzgallussäure  oder  ein  mit  ihrer  Lösung  ge- 
tränkter Papierslreifen  in  dem  Glase  sich  sofort  färbt,  aber  nach 
und  nach  wieder  gebleicht  wird.  In  ähnlicher  Weise  wirkt  das- 
selbe auf  die  Gallus-  und  Gerbgallussäure  ein. 

3)  Es  oxidirt  rasch  und  kräftigst  das  Anilin,  wesshalb  ein 
mit  die.ser  farblosen  Flüssigkeit  benetzter  Papierslreifen  in  dem 
Gase  sich  unverweilt  lief  bräunt  durch  gelbroth  hindurch  gehend. 
Auch  auf  das  Hämaloxylin  wirkt  es  rasch  oxidirend  ein,  wie 
daraus  erhellt,  dass  Papierstreifen ,  nnt  der  geistigen  Lösung 
dieses  Chromogenes  getränkt  und  beinahe  trocken  der  Einwir- 
kung des  Ga.ses  ausgesetzt,  erst  schnell  auf  das  Tiefste  sich  braun- 
rolh  färben  und  dann  ausgebleicht  werden. 

4)  Das  Gas  ist  unfähig  mit  Wasser  HO^  sich  zu  verbinden, 
vermag  dagegen  das  Letztere  zu  Wasser  reduciren,  indem  es 
selbst  Geruch  und  oxidirendes  Vermögen  einbüsst. 

5)  Es  oxidirt  schon   in   der  Kälte   das  Silber  zu  Superoxid 


174       Sitzung  der  math-plii/s.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

mit  ausserordentlicher  Raschheit,  wie  aus  der  Thatsache  hervor- 
gehl, dass  ein  polirtes  Blech  chemisch  reinen  Silbers  selbst  bei 
einer  Temperatur  von  20"  unter  Null  sofort  mit  einer  schwarzen 
Hülle  von  Silberoxid  sich  überzieht. 

6)  Es  oxidirt  d;is  metallische  Blei  zu  Superoxid,  wie  daraus 
erhellt,  dass  ein  polirtes  Stäbchen  dieses  Metalles  im  Gase  braun 
anläuft,  was  von  PbO«  herrührt:  es  ist  jedoch  erwähnenswerth, 
dass  das  Blei  ungleich  langsamer  als  das  Silber  unter  diesen 
Umständen  sich  oxidirt. 

7)  Bei  Anwesenheit  von  Feuchtigkeit  wird  das  Arsen  durch 
unser  Gas  ziemlich  rasch  zu  Arsensäure  oxidirt,  woher  es  kommt, 
dass  dünne,  um  eine  Glasröhre  gelegte  Arsenflecken  rasch  ver- 
schwinden unter  Zurücklassung  einer  farblosen  Substanz,  welche 
befeuchtetes  Lakmuspapier  stark  röthet. 

8)  Es  zersetzt  augenblicklich  die  Jodmetalle  unter  Aus- 
scheidung von  Jod  und  bläut  daher  augenblickhch  den  Jodka- 
liunikleister  auf  das  Allertiefsle. 

9)  Es  oxidirt  die  Basis  der  Manganoxidulsalze  zu  Super- 
oxid,  wesshall)  z.  B.  mangansulfathaltige  Papierstreifen  in  dem 
Gase  ziemlich  rasch  sich  bräunen 

10)  Es  oxidirt  die  Hälfte  der  Basis  des  basisch  essigsauren 
Bleioxides  anfänglich  zu  einer  Art  von  Mennig  und  dann  völlig 
zu  Superoxid,  wesshalb  mit  Bleiessig  getränkte  Papierstreifen  in 
dem  Gase  zuerst  gelb  und  später  tief  braun  werden. 

11)  Es  wandelt  rasch  eine  Reihe  von  Schwefelmetallen  in 
Sulfate  um,  woher  es  kommt,  dass  z.  B.  durch  Schwefelblei 
gebräunte  Papierstreifen  in  unserem  Gase  schnell  sich  aus- 
bleichen. 

12)  Es  verwandelt  selbst  das  feste  gelbe  Blutlaugensalz  in 
das  rothe  Cyanid  unter  Bildung  von  Kali  und  Ausscheidung  von 
Wasser,  wesshalb  ein  in  dem  Gase  aufgehangener  Krystall  des 
Cyanüres  allmählich  von  aussen  nach  innen  rolh,  alkalisch  und 
nass  wird. 

13)  Mit   Kohlenpulver    in    Berührung    gesetzt    verliert    das 


Schönbein:  Beiträge  z.  nähern  Kenntniss  d.  Suuer/itoffes.      175 

Gas   augenblicklich   seinen  Geruch   wie    auch    alle    die   obener- 
wähnten Eigcnschaflen. 

14)  Die  gleiche  Veränderung  erleidet  das  Gas  unter  dem 
Einflüsse  der  Wiirine,  wie  daraus  abzunehmen  ist,  dass  es  durch 
eine  enge  bis  auf  150"  erhitzte  Glasrühre  getrieben,  vollkommen 
geruchlos  und  aller  seiner  sonstigen  Eigenschaften  verlustig  aus- 
tritt. Vergleicht  man  die  Eigenschaften  des  in  Rede  stehenden 
Gases  mit  denjenigen  des  Ozons ,  so  ergibt  sich,  dass  zwischen 
denselben  die  vollkommenste  Gleichheit  besteht,  wesshnlb  ich 
auch  nicht  im  Geringsten  daran  zweifle,  dass  unser  Gas  seine 
Eiffenschafteii  dem  Ozon  verdanke. 

Ehe  ich  weiter  gehe,  sei  es  mir  gestattet,  noch  einmal  auf 
das  Verhalten  des  Ozons  zu  den  Manganoxid ulsalzen  aufmerksam 
zu  machen,  deren  Basis  erwähntermaassen  durch  0  zu  Mangan- 
superoxid oxidirt  und  desshalb  ein  mit  einem  solchen  Salze  be- 
hafteter Papierstreifen  dadurch  gebräunt  wird.  Es  ist  diese 
Oxidalionswirkung  eine  so  scharf  kennziMchnende  Eigenschaft 
des  Ozons,  dass  es  dadurch  mit  vollkonunenster  Sicherheit  nicht 
nur  vom  Antozon,  sondern  auch  von  solchen  Substanzen  unter- 
schieden werden  kann,  welche  viele  andere  Ozonwirkungcn  hervor- 
bringen, wie  z.  B.  das  Chlor,  Brom,  die  Untersalpctersäure 
u.  s.  w.  diess  thun,  wesshalb  mangansulfalhaltiges  Papier,  wenn 
auch  nicht  das  allerempfindlichsle,  doch  als  das  sicherste  und 
charakteristischste  Reagens  auf  den  ozonisirten  SauerstofF  be- 
zeichnet werden  darf.  Und  wie  aus  obigen  Angaben  erhellt, 
bräunt  unser  Gas  das  besagte  Reagenspapier  ziemlich  rasch, 
welche  Thatsache  daher  allein  schon  beweist,  dass  dasselbe  ozon- 
haltig sei. 

Die  meisten  der  oben  erwähnten  Reaclionen  des  Gases 
lassen  sich  in  einfachster  Weise  hervorbringen  und  daher  auch 
bei  Vorlesungen  ganz  bequcun  zeigen.  Man  bedecke  den  Boden 
eines  Fläschchens,  das  nicht  grösser  als  ein  Däumling  zu  sein 
braucht,  einige  Linien  hoch  mit  dem  ersten  Hydrat  der  Sclivve- 
felsäure,    führe  in  dasselbe  so  viel  gepulvertes  Kalipermanganat 


176       Sitzung  der  tnath.  phys.  Clfisse  vom  8.  Februar  1862. 

ein,  bis  die  Flüssigkeit  tief  olivengrün  erscheint  und  streue  nun 
eine  kleine  Prise  fein  gepulverten  Bariumsuperoxides  in  die  ge- 
färbte Salzlösung.  Unter  diesen  Umständen  wird  sofort  der  so 
charaktcrislische  Ozongeruch  der  Nase  bemerkb'ch  werden  und 
führt  mau  in  das  Fläschchen  einen  feuchten  mangansulfathaltigen 
Papierstreifen  ein,  so  bräunt  sich  derselbe  in  kurzer  Zeit  und 
kaum  ist  nöthig  beizufügen,  dass  Jodkaliumstärkepapier  augen- 
blicklich auf  das  Tiefste  gebläut  wird.  Hieraus  ersieht  man.  dass 
mit  winzigen  Mengen  von  Material  einige  der  schlagendsten 
Versuche  über  die  chemische  Darstellung  des  Ozons  in  kürzester 
Zeit  sich  ausführen  lassen. 

Wenn  nun  auch  die  voranstehenden  Angaben  es  ausser 
Zweifel  stellen,  dass  das  aus  der  grünen  Lösung  des  Kaliper- 
manganates  in  Vitriolöl  mittelst  BaO«  entbundene  Gas  0  enthält, 
so  ist  es  doch  keineswegs  reines  Ozon,  sondern  ein  Gemeng 
desselben  mit  neutralem  Sauerstoff.  Mir  vorbehaltend  späterhin 
das  Verhältniss  genauer  anzugeben,  in  welchem  0  und  0  in 
diesem  Gemeng  auftreten,  will  ich  vorläufig  so  viel  bemerken, 
dass  dasselbe  trotz  seines  starken  Ozongeruches  und  oxidireuden 
Vermögens  nur  zum  kleinem  Theile  vom  Silber  oder  gelösten 
Jodkalium  aufgenommen  wird  und  das  rückständige  und  geruch- 
los gewordene  Gas  wie  gewöhnlicher  Sauerstoff  d.  h.  völlig  un- 
Ihätig  sich  verhält,  was  somit  beweist,  dass  nur  ein  kleiner 
Bruchtheil  des  besagten  Gemenges  aus  Ozon  besteht 

Es  ist  zwar  schon  im  Eingange  dieser  Miltheilung  gesagt 
worden,  dass  uut  Hilfe  des  Bariumsuperoxides  nur  aus  der 
Lösung  des  Kalipermanganates  in  concentrirler  Schwefelsäure 
Ozon  entwickelt  werden  könne;  ich  muss  aber  noch  einmal  auf 
diese  Thatsache  zurückkommen  und  einiger  andern  Umstände 
gedenken,  welche  auf  die  chemische  Darstellung  des  Ozons 
Bezug  haben. 

Zunächst  sei  bemerkt,  dass  bei  der  Auflösung  des  Kali- 
permanganates in  kaltem  Vitriolöl  keine  Gasentwicklung  wahr- 
genommen wird  und  es  den  Anschein  hat,  als  ob  die  Schwefel- 


Schönbein  :  Beiträge  z.  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes-.     177 

säure  unter  diesen  UmsUinden  keine  Wirkung  auf  das  Salz 
ausübe.  Dem  ist  jedoch  nicht  ganz  so,  wie  daraus  erhellt,  dass 
ein  weisser  Papierstreifen ,  in  einiger  Enlfernung  über  der  be- 
sagten Lösung  aufgehangen,  sich  erst  nach  und  nach  rölhet  und 
dann  bräunt.  Wird  der  Boden  eines  etwa  6"  hohen  und  2" 
weiten  Ghnscylinders  mit  der  gleichen  Lösung  bedeckt,  so  be- 
merkt man  nach  einiger  Zeit  an  den  obern  Wandungen  des 
Gefässes  einen  gefärbten  Anflug,  der  mit  derZeit  immer  stärker  wird, 
so  dass  er  die  hohem  Stellen  des  Cyhnders  gänzlich  verdunkelt. 
Zu  gleicher  Zeit  lässt  sich  ein  schwacher  eigenthümlicher  Geruch 
wahrnehmen,  der  jedoch  von  demjenigen  des  Ozons  verschieden 
ist  und  hängt  man  in  dem  Gefäss  einen  feuchten  Streifen  Jod- 
kaliumstärkepapieres  auf,  so  fäi'bt  sich  derselbe  allmählich  auf 
das  Tiefste  blau.  Was  nun  den  besagten  Anflug  betrifft,  so  ist 
derselbe  anfänglich  roth  und  nnt  der  gleichen  Farbe  in  Wasser 
löslich;  nun  wie  Mangansuperoxid  sich  verhaltend.  Bemerken 
will  ich  noch,  dass  die  Lösung  des  Kalipermanganates  in  vcr- 
dünnterer  Schwefelsäure,  die  roth  anstatt  grün  ist,  weder  lieclit, 
noch  den  darüber  aufgehangtMuui  Jodkaliumkleister  bläut,  noch 
auch  den  erwähnten  Anflug  erzeugt.  Aus  diesen  Angaben  er- 
hellt, dass  die  concentrirte  Schwefelsäure  aus  dem  Kaliperman- 
ganat  kleine  Mengen  einer  oxidirenden  Manganverbindung  schon 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  dampflörnn'g  entbindet  und  es  fragt 
sich  nun,  was  diese  Materie  sei.  Da  das  bei  meinen  Versuchen 
angewendete  Kalipermanganat  und  Schwefelsäurehydrat  chemisch 
rein  waren  und  darin  namentlich  keine  Spur  von  Chlor  sich 
nachweisen  liess,  so  kann  die  fragliche  Verbindung  auch  nicht 
das  flüchtige  (Dumas'sche)  Manganchlorid  sein,  welches  aller- 
dings Wirkungen  ähnlich  iU)ii  beschriebenen  hervorbringt  und 
durch  Vilriolöl  aus  dem  mit  alkalischen  Chlormetallen  verunrei- 
nigten Kalipermanganat  entbunden  wird.  Zum  Behufe  der  Er- 
klärung der  erwähnten  Erscheinungen  wird  man  wohl  anneh- 
men müssen,  dass  die  Uebei mangansäure  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  einen  gewissen  Grad  von  Flüchtigkeit  besitze  und 
sie  es  sei,  welche  aus  der  grünen  Lösung  (die  man  als  Gemeng 


178       Sitzvny  der  mcdh.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

von  freier  Me^  Oj  und  doppelt  schwefelsaurem  Kali  in  Vitriolöl 
gelöst  ansehen  darf,  langsam  verdampfend  ,  den  beschriebenen 
Anflug-  bilde,  anfänglich  als  Ueborniangansäure  bestehend,  später 
aber  in  Superoxid  und  gewühnlichen  Saueisloff  zerfallend.  Der 
schwache  eigenthiindiche  Geruch,  welcher  sich  aus  der  grünen 
Salzlösung  entwickelt,  wie  auch  die;  Bläuung  des  über  ihr  hän- 
genden Jodkaliumkleisters  würde  selbstverständlich  ebenfalls  von 
dampfförmiger  Uebermangansäure  herrühren. 

Es  ist  bereits  erwähnt,  dass  beim  Zusammentretfen  des 
Bariumsuperoxides  mit  der  Lösung  des  Kalipcrmanganates  in 
verdünnter  Schwefelsäure  gewöhnlicher  Sauerstoff  entbunden 
werde,  der  auch  keine  Spur  von  Ozon  oder  Antozon  enthält, 
wie  diess  schon  die  Geruchlosigkeit  des  Gases  und  die  Unfähig- 
keit desselben,  den  Jodkaliumkleister  zu  bläuen,  zur  Genüge 
beweist.  Wie  geschieht  es  nun  aber,  dass  bei  Anwendung  der 
Lösung  des  gleichen  Salzes  in  concentrirter  Schwefelsäure  ne- 
ben dem  gewöhnhchen  Sauerstolf  auch  noch  Ozon  und  zwar  in 
merkhchen  Mengen  zum  Vorschein  kommt,  oder  die  Frage  an- 
ders gestellt,  warum  neutralisirt  in  dem  letztern  Falle  das  0 
des  Bariumsuperoxides  das  0  der  Uebermangansäure  nicht  eben 
so  vollständig,  als  diess  im  Ersteren  geschieht?  Wenn  es  mir 
für  jetzt  auch  noch  unmöglich  ist,  diese  Frage  genügend  zu 
beantworten,  so  will  ich  mir  doch  erlauben  hier  einige  Bemer- 
kungen zu  machen,  welche  vielleicht  zum  Verstäudniss  der  noch 
unbegriffenen  Thatsache  Einiges  beitragen  könnten. 

Zunächst  will  ich  daran  erinnern,  dass  das  Kalipermanganat 
nur  dann  mit  grüner  Farbe  in  der  Schwefelsäure  sich  löst,  wenn 
der  Wassergehalt  derselben  eine  gewisse  Grenze  nicht  über- 
schreitet. Ist  diess  der  Fall,  so  zeigt  die  Lösung  eine  braune 
oder  reihe  Färbung,  woher  es  kommt,  dass  bei  allmiUdichem 
Wasserzusatz  die  Farbe  der  Lösung  des  Salzes  in  Vitriolöl  sich 
verändert  und  von  grün  erst  in  braun  und  bei  weiterer  Ver- 
dünnung in  roth  übergeht.  Merkwürdig  ist  nun  die  Thatsache, 
dass  das  Bariumsuperoxid  aus  der  sauren  Lösung  nur  so  lange 


Schönbein :  Beiträge  %.  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.      179 

Ozon    zu   entwickeln    vermag-,   als   diese  noch  grün  gcfiirbt  ist, 
aber  keine  Spur  mehr,  sobald  dieselbe  rolh  erscheint'. 

Vor  allem  scheint  mir  gewiss  zu  sein,  dass  das  unter  den 
erwähnten  Umständen  zum  Vorschein  konnnende  Ozon  aus  der 
Uebermangansäure  stammt,  welche  ich  der  schon  anderwärts  von 
mir  angegebenen  Gründe  halber  zu  der  Gruppe  der  Ozonide 
zählen,  das  Bariumsuperoxid  dagegen  für  ein  Antozonid  halten 
muss.  Nimmt  man  nun  an,  die  besagte  Säure  besiehe  aus 
Muj  0.^  -|-  50,  so  ist  es  donkliar,  dass  die  chemische  Verge- 
sellschallung  dieser  beiden  stofflichen  Complexe  schon  dadurch 
aufgehoben  werden  könnte,  wenn  man  dem  Einen  derselben, 
nämlich  dem  aus  fünf  0  bestehenden  Complex  mittelst  Neutrali- 
sation durch  das  0  von  BaO  -f-  0  auch  nur  ein  oder  mehrere 
Aequivalente  von  0  entziehen  würde,  was  zur  Folge  haben 
müsste,  dass  freies  Ozon  zum  Vorschein  käine,  gemengt  mit 
gewöhnlichem  Sauerstoff. 


(3)  Vielleicht  wäre  es  leidit,  die  oljeii  gestellte  Frage  zu  beant- 
worten, uiis.steii  wir,  uaniiii  das  iiberiiiangansaine  Kali  in  concentrirter 
Seliwefelsäiire  mit  griiiier  — ,  in  der  verdiinntern  Säure  mit  brauner  oder 
rolher  Farbe  .sich  löst ;  denn  ohne  Zweifel  hat  dieser  Farbenunterschied 
auch  einen  chemischen  Grund  und  hängt  irgendwie  mit  der  Thatsache 
zusammen,  dass  wir  in  dem  einen  Fall  Ozon,  in  den  andern  al)er  keines 
erhalten.  Die  optischen  und  chemischen  Eigeiiscliallen  eines  Körpers 
sind  sicherlich  auT  eine  ganz  andere  VTeise  untereinander  vcrkni'ipfl,  als 
etwa  der  Inhalt  zufällig  nebeneinander  aufgeklebter  Maucranschlägc  und 
man  wird  wohl  nicht  stark  in  der  Annahme  irren,  dass  die  einen  Eigen- 
schaften nur  ein  veränderter  Ausdruck  oder  eine  Folge  der  andern  seien. 
Noch  ist  uns  aber  der  zwischen  dem  optischen  und  chemischen  Verhalten 
der  StofTe  bestehende  Zusammenhang  ein  um  und  um  versiegeltes  Buch, 
wesslialb  uns  derselbe  auch  noch  als  eine  Zufälligkeit  erscheinen  muss. 
es  kommt  jedoch  sicherlich  die  Zeil,  wo  die  Einsicht  in  den  Zusammen- 
hang beider  .\rten  von  Eigenschaften  da.s  emsigst  angestrebte  Ziel 
chemisch-ph}sikalisclier  Forschungen  sein  und  man  auf  dieses  Verständ- 
niss  einen  wenigstens  ebenso  grossen  Werth  legen  wird,  als  heutigen 
Tages  auf  die  Feststellung  der  Zusammensetzungsforniel  einer  chemi- 
schen Verbindung  oder  auf  die  Entdeckung  eines  neuen  Elementes. 


iSO       Sitztmy  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

Die  Thatsache,  dass  beim  ZusaminenlrelTen  von  BaOj  mit 
der  grünen  Permanganatlösung  neben  0  auch  0  und  zwar  Letz- 
teres in  vorwallondcr  Menge  entbunden  wird,  zeigt  augenschein- 
lich, dass  auch  unter  diesen  Umstanden  die  entgegengesetzt 
thätigen  Sauerstoflantheile  des  in  Wechselwirkung  tretenden 
Ozonides  und  Antozonides  dem  grössern  Theile  nach  zu  neu- 
tralem -Sauerstoff  sich  ausgleichen  oder  die  Uebermangansiiure 
und  das  Bariumsuperoxid  unter  Entbindung  von  0  sich  gegen- 
seitig desoxidiren.  Welchem  Umstände  soll  man  es  aber  nun 
beimessen,  dass  in  dem  einen  Falle  nur  eine  theilweise,  im  an- 
dern Falle  dagegen  die  vollständigste  Neutralisation  des  ozoni- 
sirten  Sauerstoffes  der  Ueberinangansaure  bewerkstelliget  wird? 
Möglicherweise  könnte  die  vollständige  Neutralisation  des  be- 
sagten 0  durch  eine  einfache  physikalische  Ursache  verhindert 
und  eben  dadurch  das  Auftreten  von  Ozon  bedingt  werden. 
Die  Lösung  des  Kalipermanganates  in  Vitriolöl  ist  ungleich  zäher 
als  diejenige  des  gleichen  Salzes  in  der  verdünntem  Säure;  es 
nmss  daher  in  der  grünen  Lösung  die  Beweglichkeil  der  Massen- 
theile  der  darin  aufeinander  wirkenden  Materien  geringer  sein, 
als  diejenige  der  gleichen  Theile  in  der  rolhen  Lösung,  wesshalb 
auch  der  Neutralisation  des  in  dem  Ozonid  und  Antozonid  vorhan- 
denen 0  und  0  die  zähere  Flüssigkeit  einen  Widerstand  ent- 
cregensetzt  grösser  als  deijt;nige,  welchen  die  dünnflüssigere  d.  h. 
rothe  Lösung  zu  leisten  vermag.  Ich  wiederhole  jedoch,  dass 
ich  weit  entfernt  bin,  die  geäusserte  Ansicht  für  etwas  mehr 
als  eine  Möglichkeit  zu  halten;  denn  gar  wohl  kann  es  sein, 
dass  das  Auftreten  von  Ozon  unter  den  oben  erwähnten  Um- 
ständen auf  einer  Ursache  beruht,  von  der  wir  bis  jetzt  noch 
gar  keine  Ahnung  haben. 

Schliesslich  muss  noch  bemerkt  werden,  dass  bei  der  Ein- 
wirkung des  Baiiumsuperoxides  auf  die  grüne  Permanganatlösung 
anfänglich  nicht  schwefelsaures  Manganoxidul  sondern  Oxidsulfal 
entsteht,  welches  erst  durch  weiteres  BaO,  zu  Oxidulsalz  re- 
ducirt  wird.  Löst  man  nicht  mehr  Kalipermanganat  in  Vitriolöl 
auf;  als  nöthig  ist,  diese  Flüssigkeit  massig  stark  zu  grünen  und 


Schönbein:  Beiträge  %.  nüliern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.      \^l 

führt  man  in  dieselbe  BaOj  ein,  so  wird  sie  bald  gerölhet,  welche 
Färbung  von  schwefelsaurem  Manganoxid  herrührt  und  bei  wie- 
derholtem Zufügen  von  BaOa  verschwindet  in  Folge  der  da- 
durch verursachten  Reduction  des  Oxides  zu  Oxidul. 

III. 

Ueber  die  Veränderlichkeit  der  allotropen  Zustände  des 
Sauerstoffes. 

Worauf  auch  immer  die  allotropen  Zustande  eines  einfachen 
Stofies  beruhen  mögen,  gewiss  ist,  dass  die  Ueberführung  der- 
selben ineinander  einen  theoretisch  äusserst  wichtigen  Gegen- 
stand chemischer  Forschung  bildet,  und  bei  der  hohen  Bedeu- 
tuno- des  Sauerstoffes  für  die  gesammte  Chemie  sind  sicherlich 
die  allotropen  Veränderungen,  welche  dieser  elementare  Körper 
unter  gewissen  Umständen  erleidet,  noch  von  einem  ganz  be- 
sondern Interesse ,  wesshalb  ich  mir  auch  erlauben  will ,  diesen 
Gegenstand  in  dem  nachstehenden  Aufsatz  etwas  einlässlich  zu 
behandeln. 

Dass  das  freie  Ozon  und  Antozon  schon  bei  massiger  Er- 
hitzung in  gewöhnlichen  Sauerstoff  übergeführt  werden,  darf  ich 
als  bekannt  voraussetzen  und  eng  hiemit  scheint  mir  die  Thatsache 
verknüpft  zu  sein,  dass  auch  die  Ozonide  und  Antozonide  unter 
dem  Einfluss  der  Wärme  ihren  thätigen  Sauerstoff  verlieren, 
welcher  aber  nicht  als  (-)  oder  0,  sondern  als  0  von  diesen 
Verbindungen  sit'h  abtrennt.  Dieser  Umstand  macht  es  wahr- 
scheinlich, dass  der  nächste  Grund  einer  solchen  Zersetzung  in 
der  durch  die  Wärme  bewerkstelligten  Ueberführung  des  ge- 
bundenen 0  oder  0  in  0  liege  und  Letzteres  sich  ausscheide, 
weil  es,  gleichsam  etwas  anderes  geworden,  in  seinem  frühern 
Verbindungszustande  nicht  mehr  verbleiben  kann.  Da  nach 
meiner  Annahme  das  Silbersupero.xid  ==  Ag  -(~  20  ist  und  aus 
irgend  einem  Grunde  es  kein  AgOj  gibt,  so  muss  jene  Verbin- 
dung zerlegt  werden,  sobald  deren  0  durch  die  Wärme  oder 
irgendwie   sonst   in   0    verwandelt   ist  und   kann   auch  Ag  nie 

11362.  I.]  13 


182        Sitziinif  der  itiath  -phys.  Clusse   vom  8.  Februar  1862. 

durch  0  als  solches  zu  Ag  ^20  oxidh't  werden ,  wohl  aber, 
wie  die  Erfahrung'  lehrt,  sehr  leicht  durch  0. 

Gleich  der  Wanne  besitzt  auch  die  Kohle  das  Vermögen, 
schon  in  der  Kälte  das  freie  Ozon  und  Antozon  in  neutralen 
SauerslofT  zu  verwandeln  ,  ohne  selbst  oxidirt  zu  werden  und 
unter  geeigneten  Umstanden  vermag  die  gleiche  Kohle  auch 
Ozonide  und  Antozonide  zu  zersetzen,  ohne  dabei  eine  Oxida- 
tion  zu  erleiden.  Von  der  wassrigen  Uebermangansäure  ist  be- 
kannt, dass  sie  bei  der  Beri.ihrung  mit  Kohle  entfärbt  wird  und 
meine  Versuche  zeigen,  dass  beim  Schütteln  der  SO 3 -haltigen 
Säurelösung  mit  Kuhlcnpulver  ziemlich  rasch  sich  schwefelsaures 
Manganoxidul  bildet.  Reinstes  Bleisuperoxid  mit  stark  verdünnter 
NO^-freier  Salpetersäure  und  reinster  gepulverter  Kohle  behan- 
delt, wird  allmählich  zum  basischen  Oxide  reducirt,  welches  mit 
der  vorhandenen  Säure  zu  Nitrat  sich  verbindet.  Auch  führt 
die  Kohle  die  gelösten  Eisenoxid-  in  Oxidulsalze,  die  Hypo- 
chlorite  in  Chlormetalle  über,  ohne  sich  in  irgend  einem  dieser 
Fälle  zu  oxidiren.  Wie  man  sieht,  gehören  diese  durch  die 
Kohle  reducirbaren  Sauerstoffverbindungen  der  Gruppe  der 
Ozonide  an;  aber  auch  vom  Wasserstoffsuperoxid,  dem  Vor- 
bilde der  Antozonide  wissen  wir,  dass  es  unter  dem  Berühruugs- 
einflusse  der  Kohle  in  Wasser  und  gewöhnliches  Sauerstoffgas 
zerfällt,  ohne  dass  dieselbe  dabei  im  iMindesten  oxidirt  würde. 

Zu  den  merkwürdigsten  Zustandsveränderungen  des  Sauer- 
stoffes gehört  sicherlich  diejenige,  welche  ich  die  chemische 
Depolarisation  dieses  Elementes  genannt  habe  und  darin  besteht, 
dass  unter  geeigneten  Umständen  0  und  0  schon  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  zu  0  sich  ausgleichen,  auf  welchem  Vorgange 
eben  die  in  einem  der  voranstehenden  Abschnitte  dieser  Mit- 
theilung beschriebenen  Desoxidationen  der  Superoxide  des  Man- 
ganes  und  Bleies,  der  Uebermangan  -  und  Chromsäure  durch 
das  aus  BaO«  entbundene  freie  0  beruhen,  wie  auch  die  re- 
ducirenden  Wirkungen,  welche  die  Ozonide  und  Antozonide 
gegenseitig  aufeinander  hervorbringen. 

Dass  umgekekrt  aus  0  gleichzeitig  0  und  0  hervorgehen 


Schönhein-  Beitrüge  %.  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.      \^^ 

können,  zeigen  die  langsamen  Oxidationen ,  welche  viele  Ma- 
terien unorganischer  und  organischer  Natur  bei  Anwesenheit  von 
Wasser  erleiden  und  von  denen  uns  die  unlrr  diesen  Umstan- 
den erfolgende  langsame  Verbrennung  des  Phosphors  das  Vor- 
bild liefert.  Ich  habe  diese  gedoppelte  Zustandsveiiinderung 
des  neutralen  Sauersloires  seine  chemische  Pohu'isation  genannt. 
Ein  ganz  eigenthümliches  Interesse  bietet  auch  diejenige  Zu- 
standsveränderung  des  Sauerstoffes  dar,  die  in  der  Umkehr  des 
Antozons  in  Ozon  besteht  und  von  sehr  verschiedenen  Materien 
bewerkstelliget  werden  kann,  in  welcher  Hinsicht  das  Verhalten 
des  basisch-essigsauren  Bleioxides  zum  Wasserstoffsuperoxid  ein 
äusserst  lehrreiches  Beispiel  liefert.  Lässt  man  einen  oder  zwei 
Tropfen  Bleiessigs  in  einige  Gramme  nicht  allzu  verdünnten  HO2 
fallen,  so  ontsleht  sofort  ein  brauner  Niederschlag,  welcher  ßlei- 
superoxid  ist  und  findet  im  ersten  Augenblicke  des  Zusaimnen- 
treffens  beider  Flüssigkeiten  noch  keine  Gasentbindung  statt. 
Kaum  ist  aber  PbOj  gebildet,  so  beginnt  dasselbe  in  bekannter 
Weise  auf  das  noch  vorhandene  Wasserstoffsuperoxid  zurückzu- 
wirken: es  entwickelt  sich  lebhaft  gewöhnliches  Sauerstoffgas 
und  wird  das  gebildete  Bleisuperoxid  wieder  zu  basischem  Oxide 
reducirt,  woher  es  kommt,  dass  der  braune  Niederschlag  erst 
gelb  und  später  vollkommen  weiss  wird,  vorausgesetzt,  es  sei 
noch  die  zu  dieser  Reduclion  erforderliche  Menge  von  HO, 
vorhanden. 

Hiemit  hängt  auch  ohne  Zweifel  die  weitere  Thatsache  zu- 
sammen, dass  die  HO. 2- haltige  Guajaktinclur  wie  auch  das  nicht 
allzu  verdünnte  Gemisch  von  Wasserstoffsuperoxid  und  Jod- 
kaliumkleister durch  einige  Tropfen  Bleiessigs  bald  gebläut  wird. 
Diese  Thatsachen,  glaube  ich,  berechtigen  zu  dem  Schlüsse,  dass 
das  basisch-essigsaure  Bleioxid  das  (•)  des  Wasserstoffsuperoxides 
in  0  umkehre  und  zeigen  überdiess,  dass  in  dem  vorliegenden 
Falle  nacheinander  mehrere  Zuslandsveränderungen  des  Sauer- 
stoffes stattfinden:  erst  wird  das  0  eines  Theiles  von  IIO2  in 
0  übergeführt  und  in  diesem  Zustand  auf  einen  Tlieil  der  Basis 
des  Salzes  geworfen,  um  PbO  -}-  0  zu  bilden  und  dann  gleicht 

13* 


184       S^{z^lt^l/  der  iiuith.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  186ä. 

sich  dieses  gebmulene  0  mit  dem  0  eines  andern  Theiles  von 
HO2  zu  0  aus.  Es  beruhen  somit  die  beim  Zusammenlrefien 
des  Bleiessigs  mit  dem  antozonidischen  WasserstofFsuperoxid 
Platz  greifenden  Vorgänge  aul"  einer  zweimaligen  Zustandsver- 
änderung,  welche  das  in  HO^  enthaltene  0  unter  diesen  Um- 
ständen erleidet. 

Vom  Platin  wissen  wir  längst,  dass  es  in  eigonthümlichen 
Beziehungen  zum  Sauerstoff  steht  und  aut'  die  chemische  Wirk- 
samkeit dieses  Körpers  einen  grossen  Einfluss  ausübt.  Meine 
eigenen  Versuche  haben  gezeigt,  dass  das  besagte  Metall  dem 
mit  ihm  in  Berührung  stehenden  Wasserstoffsuperoxid  die  Wirk- 
samkeit eines  Ozonides  ertheilt.  HO2  verhält  sich  bekanntlich 
gegen  die  Guajaktinctur  völlig  gleichgillig,  d.  h.  lässt  sie  unge- 
färbt, während  die  gleiche  Harzlösung  von  den  Ozoniden,  z.  B. 
der  Uebermangansäure,  dem  Bleisuperoxid  u.  s.  vv  lief  gebläut 
wird.  Aus  der  Thatsache,  dass  kleine  Mengen  sauerslofffreien 
Platinmohres  in  die  HO^-haltige  Guajaktinctur  eingeführt,  sofort 
eine  tiefe  Bläuung  dieser  Flüssigkeit  verursachen,  erhellt  augen- 
scheinlich, dass  unter  dem  Berührungseinflusse  des  Metalles  das 
antozonidische  Wasserstoffsuperoxid  gerade  so  wie  die  ozoni- 
dische  Uebermangansäure,  Bleisuperoxid  u.  s.  w.  wirkt,  welches 
Verhalten  mir  die  statlgefundene  Umkehr  des  in  HO,  enthal- 
tenen 0  in  0  zu  beweisen  scheint.  Ich  bin  geneigt  die  gleiche 
Folgerung  aus  der  Thatsache  zu  ziehen ,  dass  die  gelösten  Ni- 
trite, welche  nach  meinen  Erfahrungen  nur  durch  0  zu  Nitraten 
sich  oxidiren  lassen  und  daher  auch  gegen  das  Wasserstoff- 
superoxid gleichgiltig  sich  verhallen,  von  Letzterem  bei  Anwe- 
senheit zertheilten  Platins  in  salpetersaure  Salze  verwandelt  wer- 
den können. 

Ich  habe  vor  einiger  Zeit  die  Fähigkeil  des  Metalles,  HO, 
in  Wasser  und  gewöhnliches  Sauersloffgas  umzusetzen,  auf  den 
allolropisirenden  Einfluss  zurückzuführen  gesucht,  welchen  das 
Platin  auf  das  0  des  besagten  Superoxides  ausübt  und  halte 
desshalb  dafür,  dass  die  durch  das  Metall  bewerkstelligte  Zer- 
setzung dieser  Verbindung   die  gleiche  nächste  Ursache  habe, 


Schönbein:  Beitvüye  i,  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.      185 

durch  welche  die  Zerlegung  HO,  mittelst  des  Bleiessigs  bewirkt 
wird.  Das  Platin  wie  das  Bleisalz  führen  das  0  eines  Theiles 
von  HOi  in  0  über,  welches  sofort  auf  das  0  des  benach- 
barten noch  unzerselzten  Wasserstoffsuperoxides  neutralisirend 
zurückwirkt,  in  Folge  dessen  diese  Verbindung  zerlegt  und  un- 
thätiger  Sauerstoff  entbunden  wird.  Der  Unterschied  zwischen 
dem  Metall  und  Bleiessig  besieht  in  dem  vorliegenden  Falle  nur 
darin ,  dass  das  Platin  vorher  keine  eigentliche  chemische  Ver- 
bindung mit  dem  aus  0  entstandenen  0  eingeht,  sondern  Letz- 
teres sofort  mit  dem  0  des  angrenzenden  HO^  zu  0  sich  aus- 
gleicht, während  die  Hälfte  der  Basis  des  Bleisalzes  erst  in  das 
ozonidische  Bleisuperoxid  sich  verwandelt,  welches  dann  durch 
das  noch  vorhandene  HO  -j-  0  zu  PbO  reducirt  wird. 

Die  Erfahrung  lehrt,  dass  nicht  nur  das  an  Wasser,  son- 
dern auch  selbst  an  die  stärksten  Mineralsäuren  gebundene 
Eisenoxidul  durch  das  Wasserstoffsuperoxid  scheinbar  eben-  so 
rasch  als  durch  freies  0  oder  die  Ozonide  in  Eisenoxid  über- 
geführt werde.  Dass  der  dritte  Theil  des  Sauersloffgehaltes 
dieses  Oxides  im  0  -  Zustande  sich  befinde  oder  dasselbe  = 
Fcj  Oj  +  G  sei,  beweisen  schon  die  vielfachen  oxidirendeii 
Wirkungen  der  gelösten  Eisenoxidsalze.  Die  Bläuung  der 
Guajaktinctur,  Zerstörung  der  Indigolösung,  Oxidation  des  Sil- 
bers, Ausscheidung  des  Jodes  aus  dem  Jodkalium,  namenthch 
aber  die  Thatsache,  dass  aus  dem  braunen  Gemisch  einer 
Eisenoxidsalz-  und  Kaliumeisencyanidlösung  das  Wasserstoff- 
superoxid Berlinerblau  niederschlägt  unter  Entbindung  gewöhn- 
lichen Sauerstoffgases,  woraus  erhellt,  dass  unter  diesen  Um- 
ständen das  Eisenoxidsalz  zu  Oxidulsalz  reducirt  wird,  welche 
Desoxidation  auf  der  Ausgleichung  des  im  Eisenoxid  enthaltenen 
0  mit  dem  0  des  Wasserstoffsuperoxides  zu  0  beruht. 

Als  weit(Te  Beweise  für  die  Richtigkeit  der  Annahme,  dass 
das  liisenoxidul  das  0  von  HO«  in  0  umkehre,  betrachte  ich 
auch  die  folgenden  Thatsachen.  Die  HO.^- hallige  Guajaktinctur 
wird  beim  Zufügen  kleinster  Mengen  eines  gelösten  Eisenoxidul- 
salzes  augenblickhch  auf  das  Tiefste  gebläut,    die   HO2- haltige 


ISß       Sitxting  der  math.-phys.  Clas^e  vo?n  S.  Februar  1S62. 

Indigoliiictur  unter  Mitwirkung  der  gleichen  Salzlösung  rasch 
zerstört.  Nach  meinen  Beobachtungen  ist  stark  verdünntes 
Wasscrstoffsuperoxid  ohne  Wirkung  auf  den  Jodkaliumkleisler» 
setzt  man  aber  diesem  Geineng  einige  Tropfen  verdütuiter  Eisen- 
vitriollösung zu,  so  wird  es  augenl'.licklich  auf  das  Tiefste  ge- 
bläut, gerade  so  als  ob  man  darauf  freies  Ozon  oder  ein  Ozonid : 
Uebermangansäure,  Hypochlorit  u.  s    w.  hatte  einwirken  lassen. 

Gocren  das  an  Säuren  gebundene  Manganoxidul  verhält  sich 
das  Wasserstoflfsuporoxid  vollkommen  wirkungslos,  während  das 
Hydrat  desselben  selbst  von  dem  verdiinntesten  Wasscrstoff- 
superoxid unverweilt  in  Mangansuperoxid  übergeführt  wird*, 
welches  bekanntlich  ein  Ozonid  —  MnO  +  G  ist.  Es  wird  so- 
mit auch  unter  diesen  Umständen  das  0  von  HO^  in  (-)  ver- 
wandelt, woher  es  kommt,  dass  unmittelbar  nach  der  Bildung 
dieses  Ozonides  dasselbe  schon  für  sich  allein  auf  das  noch  vor- 
handene HO  -|-  0  zersetzend  einwirkt  und  bei  Anwesenheit 
von  SO3  u  s.  w.  sofort  unter  lebhafter  Einwirkung  von  0  zu 
Oxidul  reducirt  wird.  Ich  will  hier  noch  die  Thatsache  in  Er- 
innerung bringen,  dass  das  freie  Ozon  nicht  bloss  das  an  Wasser, 
sondern  auch  das  an  die  stärksten  Mineralsäuren  gebundene 
Manganoxidul  in  Superoxid  verwandelt  und  auch  nicht  unerwähnt 
lassen,  dass  die  gelösten  Blutkörperchen  die  HO^-haltige  Guajak- 
tinctur  und  den  mit  verdünntem  Wasserstoffsuperoxid  vermisch- 
ten Jodkaliumkleisfer,  wenn  auch  mit  geringerer  Energie,  doch 
ähnhch  den  Eisenoxidulsalzlösungen  bläuen,  woraus  ich  schliesse, 
dass   auch   die  Blutkörperchen  0  in  ()  umzukehren  vermögen. 

Es  konnnt  jedoch  dem  Platin,  dem  Eisenoxidul  und  seinen 


(4)  Dieses  Verinö<;en  des  Wasscrstoffsuperoxides  macht  dasselbe  zu 
einem  hOcIist  einptindliclien  Reagens  auf  dit^  Manganoxidiilsalzc.  Hntliält 
z.  B.  'Wasser  nur  V:.ooooo  kiystallisirten  Manganovidulsulfates ,  so  wird 
diese  Fiiissiglieit ,  wenn  erst  mit  einigem  HOj  versetzt  und  dann  mit 
einem  Trojjfen  Kalilftsung  vermischt,  noch  eine  deutlich  wahrnehml)are 
bräunliche  Färbung  annehmen  ,  welche  unter  sonst  gleichen  Umständen 
bei  Anwesenheit  von  HOj  nicht  mehr  zum  Vorschein  kommt. 


Schönbein:  Beitrüge  2.  nähern  Kenntnis»  d.  Sauerstoffes.     'l§7 

Salzen  wie  auch  dem  Manganoxidulhydrale  das  Vermögen  zu, 
nicht  bloss  0,  sondern  auch  0  in  ()  überzuführen.  Was  aber 
das  Platin  betrifft,  so  ist  wold  bekannt,  dass  unter  dem  Berüh- 
rungseinflusse dieses  Melalies  der  gewüiniliche  Sauerstoff  eine 
Reihe  von  Oxidationswirkungen  hervorbringt,  welche  denen  des 
Ozons  oder  der  Ozonide  gleich  sind,  nie  z.  B.  die  Bläuung  der 
Guajaktinclur  oder  des  SOj-haltigen  Jodkaliumkleisters  u.  s.  w. 
Vom  Eisenoxidul,  sei  es  an  Wasser  oder  Sauren  gebunden, 
wissen  wir,  dass  es  in  Berührung  mit  0  allmählich  in  PejO^  +0 
überseht,  wie  auch  das  Manganoxidulhydrat  ein  gleiches  Ver- 
halten zeigt,  das  bekanntlich  durch  0  nach  und  nach  zu  Oxid 
=  Mn^  Ol  4-  0  oxidirt  wird.  Unter  allen  bekannten  Sub- 
stanzen jedoch,  welche  0  in  ()  überführen  können,  ist  sicherlich 
das  Stickoxid  die  wirksamste,  dass  dieses  Gas  mit  0  augen- 
blicklich Untersalpetersäure  erzengt ,  welche  aus  Gründen ,  die 
von  mir  schon  anderwärts  geltend  gemacht  worden  sind ,  wohl 
als  NOj  -\-  2  0  betrachtet  werden  darf. 

Manche  Materien,  welche  in  der  Kalte  keinen  allotropisiren- 
den  Einfluss  auf  0  auszuüben  vermögen,  erlangen  diese  Fähig- 
keit bei  höherer  Temperatur  und  verwandeln  dasselbe  je  nach 
ihrer  Natur  entweder  in  ()  oder  0,  wodurch  sie  selbst  Ozonide 
oder  Antozonide  werden.  Zu  den  Materien  der  letzten  Art  ge- 
hören die  Oxide  der  meisten  alkalischen  Metalle :  des  Kaliums, 
Natriums,  Bariums  u.  s.  w. ,  welche  gehörig  in  0  erhitzt  zu 
antozonidischen  Superoxiden  oxidirt  werden.  Unter  ähnhchen 
Umständen  geht  das  Bleioxid  in  Mennig  über,  eine  aus  PbO 
und  PbO  +  ^^  bestehende  Verbindung,  aus  welcher  bekanntlich 
das  Oxid  mittelst  Salpetersäure  leicht  entfernt  werden  kann. 

Es  Hessen  sich  noch  viele  andere  Thatsachen  anführen, 
welche  als  Beweise  geltend  gemacht  werden  könnten  für  die 
Richtigkeit  der  Annahme,  dass  die  allotropen  Zustände  des 
Sauerstoffes  ineinander  überführbar  seien,  die  oben  angeführten 
Fälle  mögen  aber  einstweilen  genügen.  Merkwürdig  ist  jedoch 
der  Umstand,    dass  mir  bis  jetzt  noch  keine  Thalsache  bekannt 


188       Sittwii/  der  mnth  -j>Iit/s.  Classe  vom  8.  Februar  1S62. 

ist,  aus  welcher  auf  eine  Umkehr  von  0  in  0  geschlossen  wer- 
den könnte. 

Zu  den  theoretisch  wichtigsten,  den  Sauerstoff  betreffenden 
Fragen  gehört  unstreitig  die,  ob  eine  der  Aufnahme  dieses 
Elementes  fähige  Materie  mit  ihm  in  jedem  seiner  drei  Zustande 
chemisch  sich  verbinden  könne,  oder  ob  nur  nu't  einer  be- 
stimmten Müdificalion  desselben.  Ich  halte  es  schon  an  und  für 
sich  für  wahrscheinlich,  dass  zur  Oxidation  der  gleichen  Älaterie 
auch  immer  eine  und  dieselbe  Sauerstoffart  erforderlich  sei  und 
von  mehreren  Substanzen  glaube  ich  bereits  nachgewiesen  zu 
haben,  dass  sie  nur  von  0  oxidirt  werden.  Zu  diesen  gehört 
unter  den  unorganischen  Körpern  zunächst  das  Silber,  welches 
nach  meinen  Beobachtungen  schon  in  der  Kälte  rasch  mit  () 
zu  Superoxid  sich  verbindet  und  ebenso  wird  selbst  das  an 
kräftige  Mineralsäuren  gebundene  Manganoxidul  nur  durch  ()  zu 
Superoxid  oxidirt.  Auch  müssen  nach  meinen  nenern  Erfah- 
rungen die  Nitrite  zu  den  allein  durch  den  ozonisirten  Sauer- 
stoff oxidirbaren  Materien  gerechnet  werden.  Die  Pyrogallus- 
säure  wird  von  freiem  und  ungebundenem  ()  rasch  oxidirt, 
während  die  Antozonide  z.  B.  HO. 2  gegen  die  gleiche  Säure 
unthätig  sich  verhalten,  und  wohl  bekannt  ist  auch  die  That- 
sache,  dass  trockenes  0  auf  die  krystallisirte  Pyrogallussaure 
keine  oxidirende  Wirkung  hervorbringt,  wohl  aber  ( ).  Ein  ähn- 
liches Verhalten  zeigt  das  Indigoweiss ,  welches  durch  freies  0 
und  die  Ozonide  augenblicklich,  nicht  aber  durch  HO  -j-  0  zu 
Indigoblau  oxidirt  wird  und  dass  trockenes  0  gegen  das  wasser- 
freie Chromogen  wirkungslos  ist,  haben  uns  schon  die  Versuche 
von  Berzelius  gelehrt.  Der  Grund ,  wesshalb  das  an  ein  Alkali 
gebundene  und  in  Wasser  gelöste  Indigoweiss  oder  die  gleich 
beumständete  Pyrogallussaure  scheinbar  durch  0  so  rasch  sich 
oxidirt,  beruht,  wie  ich  diess  anderwärts  zu  zeigen  gesucht 
habe,  auf  der  unter  diesen  Umständen  erfolgenden  chemischen 
Polarisation  des  neutralen  Sauerstoffes,  wie  daraus  erhellt,  dass 
bei  den  besagten  Oxidalioncn  Wasserstoffsuperoxid  erzeugt  wird. 

Allerdings  hat  es  den  Anschein,  als  ob  manche  Substanzen 


Schö7ibein:  Beiträge  %.  nähern  Kenutniss  d.  Sauerstoffes.      189 

durch  0,  0  und  0  als  solche  oxidirt  würden,  wie  z.  B.  die 
vorhin  erwähnten  Hydrale  des  Eisen-  und  Manganoxidules;  ich 
habe  jedoch  schon  bei  Besprechung  dieser  Oxidalionsfälle  zu 
zeigen  versuchl,  dass  0  und  0,  ehe  sie  diese  Wirkung  hervor- 
bringen, erst  in  ()  übergeführt  werden  und  Letzteres  es  sei, 
welches  allein  die  Oxidation  der  besagten  Oxidule  bewerkstelligen 
könne.  Es  gibt  jedoch  noch  andere  Falle,  welche  zu  beweisen 
scheinen,  dass  eine  und  dieselbe  Materie  durch  alle  drei  Sauer- 
stolTniodificationen  als  solche  oxidirt  werde  und  einen  solchen 
Fall  bietet  uns  die  concentrirte  wässrige  Lösung  der  Jodwasser- 
stoffsäure  dar,  welche  augenblicklich  durch  freies  ()  oder  ein 
Ozonid,  noch  ziemlich  rasch  durch  0  oder  HO  +  0  und  auch 
durch  freies  0,  obwohl  viel  langsamer,  unter  Jodausscheidung 
zersetzt  wird. 

Wenn  es  obigen  Angaben  gemäss  Materien  gibt  mit  dem 
Vermögen  begabt,  0  und  0  in  ()  zu  verwandeln,  und  durch 
diese  Zustandsveränderung  eine  Reihe  von  Oxidationen  einzu- 
leiten, welche  ohne  die  Gegenwart  jener  Materien  nicht  statt- 
fänden, so  ist  es  recht  wohl  gedenkbar,  dass  auch  HJ  den 
gleichen  allotropisirenden  Einfluss  auf  0  und  0  auszuüben  ver- 
möge, so  dass  also  möglicher  Weise  auch  in  dem  vorliegenden 
Falle  die  statlfmdende  Oxidation  nur  durch  das  aus  0  oder  0 
hervorgegangene  ()  bewerkstelliget  würde.  Und  dass  dem  wirk- 
lich so  sei ,  scheint  mir  aus  folgenden  Thatsachen  zu  erhellen. 
Freies  0  oder  ein  Ozonid  z.  B.  die  gelöste  Uebermangansäure, 
selbst  mit  stark  verdünntem  kleisterhaUigenHJ  zusammengebracht, 
verursacht  augenblicklich  die  tiefste  Bläuung  des  Gemisches, 
während  das  Wasserstofisuperoxid,  auch  wenn  schon  ziendich 
concentrirt,  die  kleisterhaltige  wässrige  Jod wasserstoIFsäure  keines- 
wegs mehr  augenblicklich  bläut.  Bei  gehörig  starker  Verdün- 
nung von  HO,  und  HJ  wirken  diese  beiden  Verbindungen  gar 
nicht  mehr  zersetzend  aufeinander  ein,  wcsshalb  mit  einem  sol- 
chen Gemische  versetzter  Stärkekleister  ungefärbt  bleibt,  wäh- 
rend eine  sehr  schwache  Ucbermangansäurelösung  u.  s.  w.  die 
stark  verdünnte  und  mit  Kleister  vermengte  Jodwasserstoffsäure 


190      Sitziittff  der  math.  -  phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

unverweilt  bläut.  Ein  Gemisch  von  HOj  und  HJ,  so  stark  inil 
Wasser  verdünnt,  dass  es  den  damit  versetzten  Kleister  nicht 
mehr  bliiut,  thut  diess  augenblicklich  beim  Zufügen  einiger  Tro- 
pfen verdünnter  Eisenvitriollosuno-.  Die  Tliatsache,  dass  selbst 
das  concentrirtere  WasserstofFsuperoxid  einige  Zeit  braucht,  um 
Jod  aus  HJ  frei  zu  machen,  nuiss  wohl  irgend  einen  Grund 
haben  und  beweist  jedenfalls,  dass  das  0  von  HO«  eine  ge- 
wisse Veränderung  erleiden  muss  ,  bevor  es  Jod  auszuscheiden, 
d.  h.  zu  oxidiren  vermag;  denn  wäre  dieses  0  schon  als  sol- 
ches befälliget,  auf  HJ  oxidirend  einzuwirken,  so  sieht  man  nicht 
ein,  warum  diese  Wirkung  nicht  ebenso  augenblicklich  als  durch 
freies  Ozon  oder  ein  Ozonid  z  B.  Uebermangansäure  hervor- 
gebracht werden  sollte.  Ich  halte  dafür ,  dass  die  stattfindende 
Veränderung  von  0  auf  seiner  Ueberführung  in  ()  beruhe. 

Die  Materien,  welche  fähig  sind,  (i)  oder  0  in  ()  zu  ver- 
wandeln, besitzen  diese  Eigenschaft  in  sehr  ungleichem  Grade: 
die  Einen  wirken  rascher,  andere  langsamer  und  zu  den  Letz- 
tern ist  die  JodwasserstofFsäure  zu  zählen,  welche  durch  gehörig 
starke  Verdünnung  mit  Wasser  ihr  ailotropisirendes  Vermögen 
sogar  gänzhch  einbüsst,  wie  daraus  erhellt,  dass  eine  solche 
Säure  durch  HOj  nicht  mehr  zersetzt  wird.  Da  die  gelösten 
Eisenoxidulsalze  dagegen  das  (•)  des  Wasserstoffsuperoxides  sehr 
schnell  in  0  überzuführen  vermögen,  so  verursachen  dieselben 
auch  in  dem  verdünntesten  Gemisch  von  HO«  und  HJ  sofort 
die  tiefste  Bläuung  des  beigemengten  Kleisters.  Wenn  nun  auch 
die  concentrirtere  Jodausscheidung  zersetzt  zu  werden  scheint, 
so  schreilie  ich  diese  Oxidationswirkung  wieder  nicht  dem  0 
als  solchem  zu,  sondern  nehme  an,  dass  dasselbe  unter  dem 
allolropisirenden  Einflüsse  von  HJ  erst  in  U  übergeführt  und 
durch  Letzteres  die  Zersetzung  der  Säure  bewirkt  werde.  Be- 
kanntlich findet  diese  Zerlegung  nur  langsam  statt,  aus  welcher 
Thatsache  wiederum  deutlich  hervorgeht,  dass  0  nicht  als  sol- 
ches auf  HJ  oxidirend  einwirke;  denn  sonst  würde  trotz  seines 
luftigen  Zustandes  von  ihm  das  Oxidationsvverk  ebenso  rasch 
als    durch    das   gasförmige   freie  Ozon    vollbracht   werden.     Es 


Schönbein:  BeiU'äye  ~.  nähern  Kenntniss  d.  Snuei-stoffes.     191 

dürfte  hier  noch  die  Bemerkung  am  Orte  sein,  dass  auf  die 
Jodwasserstoffsäure,  welche  so  stark  mit  Wasser  verdünnt  ist, 
um  nicht  mehr  von  HOj  zersetzt  zu  werden,  auch  0  nicht  mehr 
oxidirend  einwirkt.  Was  (his  Jodkalium  betrilft,  so  ist  es  wohl 
bekannt,  dass  dieses  Salz  schon  im  festen  Zustande  von  freiem 
{-)  augenblicklich  unter  Jodausscheidung  zerlegt  wird;  etwas 
weniger  rasch,  doch  noch  schnell  genug,  wirkt  nach  meinen 
Beobachtungen  das  Antozon  und  gar  nicht  mehr  der  gewöhn- 
liche Sauerstoff,  von  welchem  Verhalten  man  siel»,  mit  Hilfe  des 
Jodkaliumstarkepapieres  leicht  überzeugen  kann.  Führt  man 
einen  feuchten  Streifen  solchen  Papieres  in  eine  Flasche  ein, 
welche  auch  nur  kleine  Mengen  Ozones  enthält,  so  wird  der- 
selbe augenblicklich  sich  bläuen.  In  dem  0 -haltigen  (mittelst 
reinen  Vitriolöles  aus  BaOj  entbundenen)  Sauerstoff  findet  zwar 
auch  noch  eine  ziemlich  rasche,  doch  aber  nicht  mehr  augen- 
blickliche ßläuung  des  Papieres  statt  und  in  gewöhnlichem  Sauer- 
stoff, wie  lange  man  es  auch  in  diesem  Gase  verweilen  lässt, 
erleidet  das  Papi<r  nicht  die  geringste  Veränderung. 

Die  löslichen  Ozonide,  wie  z.  B.  die  Uebermangansäure, 
Hypochlorite  u.  s.  w.,  wenn  auch  in  sehr  viel  Wasser  gelöst, 
zersetzen  ebenfalls  augenblicklich  das  Jodsalz  und  färben  daher 
dessen  verdünnteste  mit  Kleister  vermengte  Lösungen  sofort  tief 
blau.  Das  gelöste  Jodkalium  wird  zwar  von  dem  concentrirtern 
HOj  zersetzt,  aber  auch  nicht  augenblicklich  und  auf  eine  sehr 
stark  verdünnte  Lösung  dieses  Salzes  wirkt  verdünntes  HO, 
gar  nicht  mehr  ein,  wesshalb  ein  solches  Gemisch  für  sich  allein 
den  Kleister  ungebläut  lässt.  Fügt  man  aber  demselben  einige 
Tropfen  verdünnter  Eisenoxidulsalzlösung  zu,  so  tritt  augenblick- 
lich die  tiefste  Bläuung  ein,  worauf  eben  das  von  mir  vor  eini- 
ger Zeit  beschriebene  Verfahren  beruht,  sehr  winzige  Mengen 
von  HOj  im  Wasser  nachzuweisen. 

Alle  diese  Thatsachen  scheinen  mir  zu  Gunsten  der  An- 
nahme zu  sprechen,  dass  nur  (.)  als  solches  und  keine  andere 
Sauerstoffmodificalion  oxidirend  auf  die  Jodwasserstoffsäure,  das 
Jodkalium    und    andere  Jodverbindungen    einzuwirken   vermöge 


192       Sitzung  der  math.-phi/s.  Clause  vom  8.  Februar  1862. 

und  da  so  viele  Materien  durch  den  freien  wie  gebundenen 
ozonisirlen  Sauerstoff  unter  Umständen  oxidirt  werden ,  unter 
welchen  der  gewöhnhche  völlig  unthätig  gegen  die  gleichen 
Substanzen  sich  verhalt,  so  halte  ich  es  für  wahrscheinhch,  dass 
die  Oxidiition  der  meisten  Körper  durch  den  negativ- acliven 
Sauerstoff  bewerkstelliget  werde.  Die  besprochene  Uebc-rfiihr- 
barkeit  der  verschiedenen  allolropen  Zustände  des  Sauerstoffes 
ineinander  scheint  mir  eine  Thatsache  von  nicht  geringer  wissen- 
schaniicher  Bedeutung  und  desshalb  auch  aller  Aufmerksamkeit 
des  theoretischen  Chemikers  werth  zu  sein ;  denn  es  ist  offen- 
bar, dass  alle  diejenigen  chemischen  Erscheinungen,  welche  auf 
solchen  Zustandsveränderungen  des  in  Rede  stehenden  Elementes 
beruhen  sollten  (und  deren  Zahl  ist  nach  meinem  Dafürhalten 
nicht  klein),  für  uns  auch  so  lang  unverständlich  bleiben  müssen, 
als  wir  die  verschiedenen  Zustände  des  Sauerstoffes  und 
deren  Wandelbarkeit  unberücksichtiget  lassen  und  fortfahren  wie 
bisher  anzunehmen,  dieser  Grundstoff  sei  eine  an  und  für  sich 
unveränderliche  Materie. 

Die  neuesten  so  höchst  interessanten  Arbeiten  Grahams  über 
die  verschiedenen  Zustände,  in  welchen  eine  Anzahl  von  Sub- 
stanzen bezüglich  ihrer  Cohärenz,  ihres  Verhaltens  zum  Wasser, 
ihrer  Diffusionsfähigkeit  u.  s.  w.  zu  bestehen  vermögen,  zeigen 
augenfälligst,  wie  leicht  diese  Zustände  ineinander  sich  über- 
führen lassen.  Auch  erhellt  aus  den  Ergebnissen  des  britischen 
Forschers,  dass  in  Folge  secnndärer  Umstände  die  gleichen  Sub- 
stanzen bei  ihrer  Abtrennung  von  andern  Materien  häufig  in 
einem  Zustand  erhalten  werden  verschieden  von  demjenigen,  in 
welchem  sie  in  der  Verbindung  erhalten  waren  und  dass  um- 
gekehrt auch  Materien,  indem  sie  unter  geeigneten  Umständen 
chemisch  vergesellschaftet  werden,  in  einem  andern  Zustand  in 
die  Verbindung  eintreten,  als  derjenige  war,  in  welchem  sie 
sich  vorher  befunden.  So  kann  ein  Krystalloid  ein  Colloid 
(Eisenoxid),  eine  in  Wasser  lösliche  Substanz  eine  unlösliche 
werden  u.  s.  w.  und  es  lassen,  wie  ich  glaube,  die  von  Graham 
ermittelten  Thatsachen  keinen  Zweifel   darüber   walten,    dass  in 


Schönbein:  Beiträge  %.  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.     193 

nicht  wenigen  Fällen  chemische  Verbindungen  wie  Trennungen 
durch  blosse  Zustandsveräuderungen  der  dabei  beiheiligten  Ma- 
terien verursacht  werden. 

Wenn  nun  auch  diese  verschiedenen  Zustände  und  deren 
Veränderlichkeit  auf  zusainuiongesetzte  Substanzen  sich  beziehen, 
so  sind  dieselben  desshalb  um  nichts  weniger  auffallend  als  die- 
jenigen, welche  wir  an  einlachen  Körpern  und  namentlich  am 
Sauerstüire  kennen  gelernt  hal)cn  und  es  ist  sogar  möglich,  wo 
nicht  wahrscheinlich,  dass  die  an  beiden  Classen  von  Materien 
wahrgenommenen  Zustandsveränderungen  irgendwie  zusammen- 
hängen ,  von  welcher  Verknüpfung  wir  freilich  dermalen  noch 
keine  klare  Vorstellung  haben  können 

Wie  dem  auch  sei,  so  viel  scheint  mir  heute  schon  gewiss 
zu  sein,  dass  die  Fähigkeit  einfacher  und  zusammengesetzter 
Körper,  bei  gleichbleibender  stofflicher  Beschaffenheit  so  ganz 
verschiedenartige,  ja  sogar  einander  entgegengesetzte  Zustände 
anzunehmen,  für  die  gesanunte  Chemie  eine  weit  und  tief  grei- 
fende Bedeutung  habe;  denn  es  kann  nicht  fehlen,  dass  eine 
genaue  Kenntniss  dieser  Zustände  und  ihrer  Veränderlichkeit 
nicht  nur  die  Grenzen  der  chemischen  Theorie  namhall  erwei- 
tern, sondern  auch  über  eine  Reihe  dermalen  noch  dunkler  ge- 
ologischer, physiologischer  und  physikalischer  Erscheinungen  ein 
helles  Licht  verbreiten  werde. 

Zum  Schlüsse  dieser  Miltheilung  möge  es  mir  noch  ge- 
stattet sem,  an  einigen  Beispielen  zu  zeigen,  von  welcher  theo- 
retischen Bedeutung  die  Kenntniss  der  Verschiedenheit  der  allo- 
Iropen  Zustände  eines  Elementes  und  der  Veränderlichkeit 
derselben  sein  könne. 

Warum  durch  die  Wärme  z.  B  die  Oxide  der  edlen  Me- 
talle zerlegt  werden,  nicht  aber  auch  das  Wasser,  Kali  u.  s.  w., 
darüber  vermag  eine  Theorie,  welche  auf  die  Verschiedenheit 
und  Wandclbarkeit  der  allotropen  Zustände  des  Sauerstoffes 
keine  Rücksicht  ninjml,  nichts  Weiteres  zu  sagen,  als  dass  dem 
eben  so  sei;  denn  sagen,  dass  der  Grund  der  Verschiedenheit 
dieses  Verhaltens  in  der  verschiedenen  Grösse  der  Affinität  der 


194       SiHuny  der  nia(h.-]>hys.  Clmse  vom  8.  Februar  1S62. 

verscliiedenen  Körper  zum  Sauerstoff  liege,  ist  offenbar  nur  eine 
Umschreibung  aber  keine  Erklärung-  der  Tlialsache.  Von  dem 
Erfahrungssatze  ausgehend ,  dass  sowohl  der  freie  als  chemisch 
gebundene  Sauerstoff  in  verschiedenen  und  ineinander  überruhr- 
baren  Zuständen  bestehen  kann,  vermögen  wir  wenigstens  den 
nächsten  Grund  der  Zerlegbarkeit  der  einen  Oxide  und  der 
Unzersetzbarkeit  der  Andern  durch  die  Wiirme  anzugeben. 
Dieses  Agens,  wie  es  freies  0  oder  0  in  0  überführt,  vermag 
auch  in  den  meisten  Fallen  die  gleichen  thätigen  Sauerstoffmo- 
dificationcn  im  gebundenen  Zustand  in  0  zu  verwandeln  und 
da  nun  aus  irgend  einem  Grunde  dieses  0  als  solches  mit  ge- 
wissen I\Iaterien  z.  B.  mit  dem  Silber,  Gold  u.  s.  w.  nicht  che- 
misch verbunden  sein  kann,  so  müssen  die  Oxide  dieser  Metalle, 
welche  Ozonide  sind,  bei  gehöriger  Erhitzung  in  Metall  und 
gewöhnlichen  Sauerstoff  zerfallen.  Die  Thalsache,  dass  in  der 
Hitze  z.  B.  PbO  +  0  ,  BaO  +  0  u.  s.  w.  unter  Entbindung 
von  0  zu  basischen  Oxiden  reducirt  werden,  findet  selbstver- 
ständlich ihre  Erklärung  ebenfalls  in  der  unter  diesen  Umstän- 
den bewerkstelligten  Ueberlührung  von  0  oder  0  in  0. 

Das  Wasser,  Kali  u.  s.  w.  werden  durch  die  Wärme  dess- 
halb  nicht  zerlegt,  weil  diese  Verbindungen  den  Sauerstoff  im 
0- Zustand  enthalten  und  dieser  auch  bei  hohen  Temperaturen 
unverändert  bleibt. 

Ebenso  wenig  wissen  wir  irgend  einen  Grund  für  die  durch 
das  Platin,  den  Bleiessig  u.  s.  w.  bewerkstelligte  Umsetzung  des 
Wasserstoffsuperoxides  in  Wasser  und  gewöhnlichen  Sauerstoff 
anzugeben,  wenn  wir  dieses  Element  als  völlig  unverätiderlich 
betrachten ,  während  obigen  Auseinandersetzungen  zufolge  die 
nächste  Ursache  dieser  Zersetzungserscheinung  in  den  verschie- 
denen Zuständen  und  ihrer  Ueberführung  in  einander  zu  su- 
chen ist. 

Ein  Beispiel  entgegengesetzter  Art  liefert  uns  die  Oxidation 
des  Silbers  zu  Superoxid.  Bekannt  ist,  dass  dieses  Metall  voll- 
kommen gleichgiltig  gegen  den  gewöhnlichen  Sauerstoff  sich 
verhält,  während  es  meinen  Versuchen  gemäss  durch  das  Ozon 


Schönbein:  Beiträge  ■z.  nähern  Kennt niss  d.  Sauerstoffes.      195 

Schon  in  der  Kälte  änsscrst  rasch  o.xidirt  wird.  In  dem  atmo- 
sphärischen Saiiersloir,  welcher  sich  im  0  -  Zustande  befindet, 
bleibt  desshalb  das  Silber  so  lange  unberührt,  als  derselbe  keine 
allotrope  Zustandsveränderunor  erleidet ;  bringen  wir  aber  mit 
diesem  SauerstofF  gleichzeitig  Phosphor  und  Wasser  in  Berüh- 
rung, so  wird  sich  unter  diesen  Umständen  das  Metali  bald  zu 
Superoxid  oxidiren,  ohne  ihxa?,  es  mit  dem  gleichzeitig  sich  oxi- 
direnden  Phosphor  in  Berührung  zu  stehen  brauchte.  Und  ich 
denke,  wir  wissen  nun  auch,  wesshalb  diess  geschieht.  Unter 
dem  gedoppelten  Einflüsse  des  Phosphors  und  des  Wassers  wird 
der  mit  diesen  Materien  in  Berührung  stehende  neutrale  Sauer- 
stoff chemisch  polarisirt.  Das  in  Folge  hievon  zum  Vorschein 
konnnende  (')  tritt  nnt  dem  Wasser  zu  dem  antozonidischen 
WasserstofTsuperoxid  zusammen,  während  ein  Theil  des  gleich- 
zeitig auftretenden  ()  zur  Oxidation  des  vorhandenen  Phos- 
phors verbraucht  wird  und  ein  anderer  Theil  in  die  ungebun- 
dene Luft  sich  zerstreut,  wodurch  diese  ozonisirt  wird  und  die 
Fähigkeit  erlangt,  eine  zahlreiche  Reihe  von  Körpern  und  na- 
mentlich auch  das  Silber  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
zu  oxidiren. 

Zu  den  merkwürdigsten  Wirkungen  des  volla'schen  Stromes 
gehört  sicherlich  die  von  ihm  bewerkstelligte  Zersetzung  einer 
grossen  Zahl  von  SauerstofTverbindungen,  als  deren  Vorbild  das 
Wasser  betrachtet  werden  kann ;  aber  trotz  allen  A(in  über 
diese  Zerlegung  versuchten  Erklärungen,  wissen  wir,  wie  ich 
fürchte,  selbst  über  die  nächste  Ursache  der  Electrolyse  doch 
so  gut  als  Niclits,  wesshalb  ich  aucji  nicht  anstehe,  diese  so 
fundamentale  Thatsache  als  eine  noch  durchaus  unverständliche 
Erscheinung  zu  bezeichnen.  Und  sie  wird  diess  nach  meinem 
Dalürhalten  auch  noch  so  lange  bleiben,  als  die  Physiker  und 
Chemiker  von  der  Verschiedenheit  und  Veränderlichkeit  der 
allolropen  Zustände  des  Sauerstofles ,  welche  nach  meiner  Ver- 
muthung  bei  der  Electrolyse  des  Wassers  und  anderer  Sauer- 
stoffverbindungen eine  maassgebende  Bolle  spielen,  keine  Kennt- 
niss  nehmen.     Obwohl    ich    diese  Ansiclit   schon    vor    Jahren 


196        Sit'z.iuiy  der  muth.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

ausges[)rochen  habe,  so  dürfle  es  doch  nicht  überflüssig  sein, 
wiederholt  auf  dieselbe  zurück  zu  kommen,  da  sie  sich  auf 
einen  Gegenstand  bezieht,  der  eine  hohe  wissenschaflliche 
Bedeutung  hat.  Und  ich  will  das  Vorbild  der  eleclrolytischen 
SauerstofTverbindungen :  das  Wasser  als  Beispiel  wählen,  um 
daran  meine  Vermuthungen  über  die  nächste  Ursache  der  Elec- 
trolyse  zu  erläutern. 

Dass  der  im  Wasser  gebundene  Sauerstoff  hinsichtlich  seines 
Verhaltens  zu  der  Mehrzahl  oxidirbarer  Materien  in  einem  Zu- 
stande sich  befinde  wesentlich  verschieden  von  demjenigen,  in 
wclcliem  z.  B.  die  Hälfte  des  Sauerstolfgehaltes  der  Superoxide 
des  Wasserstoffes,  Bariums,  Manganes  und  Bleies  existirt.  kann 
keinem  Zweifel  unterworfen  sein.  Es  ist  der  Sauerstoff  des 
Wassers  ebenso  unlhätig  als  das  freie  0,  wesshalb  wir  wohl 
auch  diese  Verbindung  als  HO  betrachten  dürfen.  So  lange  nun 
in  dem  Zustande  dieses  gebundenen  Sauerstoffes  keine  Verän- 
derung eintritt,  wird  auch  die  chemische  Vergesellschaftung 
desselben  mit  dem  Wasserstoffe  fortdauern,  d.  h.  keine  Zer- 
setzung des  Wassers  stattfinden.  Da  nur  0  mit  H  verbunden? 
das  sein  kann,  was  wir  Wasser  nennen,  so  sieht  man  leicht  ein, 
dass  jede  Einwirkung  auf  den  Sauerstoff  dieser  Verbindung, 
durch  welche  derselbe  in  0)  oder  ()  oder  gleichzeitig  in  diese 
beiden  Modificationen  übergeführt  würde,  auch  eine  Zersetzung 
des  Wassers  zur  Folge  haben  müsste. 

Wie  die  Erfahrung  lehrt ,  wird  der  freie  gewöhnliche 
SauerstofF  durch  elcctrische  Entladungen  ozonisirt,  wesshalb  es 
keine  gewagte  Voraussetzung  sein  dürfle,  wenn  man  annähme, 
dass  der  volta'sche  Strom  auch  auf  das  an  Wasserstoff  gebun- 
dene 0  allotropisirend  einzuwirken  vermöchte.  Dass  eine  solche 
Zustandsveränderung  des  SauerstofTes  bei  der  Electrolyse  des 
Wassers  stattfinde,  ist  aber  nicht  bloss  eine  Voraussetzung,  son- 
dern eine  sichere  Thatsache. 

Die  Ergebnisse  meiner  eigenen  Untersuchungen  und  der- 
jenigen anderer  Forscher  zeigen  nämlich,  dass  bei  der  besagten 
Electrolyse  beide  thütigen  Sauersloffarten :  0  gemengt  mit  dem 


SchönOein:  Beiträge  s.  nähern  Kenntniss  d.  Sauerstoffes.      197 

an  der  positiven  Electrode  sich  entwickelnden  0  als  Ozon  und 
0  gebunden  an  AVasser  als  Wasserstoffsuperoxid ,  welches  an 
der  gleichen  Electrode  zum  Vorschein  konnnt.  Allerdings  sind 
die  unter  diesen  Umständen  auftretenden  Giengen  von  ()  und  (+) 
im  Verhältniss  zu  der  Menge  des  gleichzeitig  entbundenen  0 
nur  sehr  klein;  es  kann  aber  desshalb  doch  keinem  Zweifel 
unterworfen  sein,  dass  sie  ihren  Ursprung  aus  dem  0  des 
Wassers  nehmen  und  somit  wenigstens  ein  Theil  dieses  neutralen 
Sauerstoffes  durch  den  Strom  polarisirt  werde.  Da  sich  nun 
nicht  einsehen  liisst,  wesshalb  diese  Wirksandveit  des  Stromes 
nur  auf  eine  so  kleine  Menge  von  0  und  nicht  auf  den  ganzen 
Sauerstoffgehalt  des  eleclrolysirten  Wassers  sich  erstrecken 
sollte,  so  ist,  wie  ich  dafürhalte,  Grund  zu  der  Vermuthung 
vorhanden,  dass  unter  dem  Einflüsse  des  Stromes  aller  Sauer- 
stoff des  Wassers  chemisch  polarisirt  werde  und  nur  secundäre 
Umstände  es  seien,  in  Folge  deren  so  wenig  (;)  und  (-)  und 
hauptsächlich  0  zum  Vorschein  konnne.  In  der  That  vermögen 
wir  die  Umstände  so  einzurichten,  dass  bei  der  Wasserelectro- 
lyse  entweder  gar  kein  ()  und  () ,  oder  mehr  oder  weniger 
von  Beiden  aullritt.  Wenden  wir  eine  grossflächige  positive 
Electrode  und  schwache  Ströme  an,  so  wird  weder  Ozon  noch 
Wasserstoflsuperoxid  erhalten,  geben  wir  dagegen  der  besagten 
Electrode  eine  sehr  kleine  Oberfläche,  benützen  wir  als  solche 
z.  B.  einen  Platindraht  anstatt  eines  Bleches,  so  wird,  alles 
Uebrige  sonst  gleich,  das  sich  entbindende  0  nachweisbare 
Mengen  von  (-)  und  das  die  positive  Electrode  umgebende  Wasser 
auch  HOj  enthalten.  Vermischt  man  die  angesäuerte  electro- 
lylische  Flüssigkeit  mit  einem  löslichen  Ozonid  z.  B.  mit  Chroni- 
säure  oder  noch  besser  mit  Uebermangansäure ,  so  wird  noch 
mehr  (),  aus  leicht  einsehbaren  Gründen  aber  kein  HO2  er- 
halten. 

Diese  Thalsachen  machen  es  mir  mehr  als  nur  wahrschein- 
lich, dass  der  ganze  Sauerstoflgehalt  des  Wassers  durch  den 
Strom  in  0  und  ()  übergeführt  werde  und  das  bei  der  Elec- 
trolyse  dieser  Verbindung  auftretende  0  aus  0  und  (J  entstehe, 

11Ö62.  1.]  14 


198       Sit7,ung  der  maih.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

welche  unmittelbar  nach  ihrer  Abtrennung  vom  Wasserstoff  an 
der  Ausscheidungsstelle,  d.  h.  positiven  Electrode  sich  begeg- 
nend, wieder  zu  neutralem  Saucrstofle  sich  ausgleichen.  Je 
nach  mechanischen  und  chemischen  Umständen  wird  diese  Aus- 
gleichung von  (t)  und  Q  entweder  vollständig  oder  mehr  oder 
weniger  unvollständig  sein  und  im  ersten  Falle  nur  neutraler 
Sauerstoff  und  gar  kein  Ozon  und  Wassersloffsupero.xid ,  im 
zweiten  Falle  aber  ausser  0  auch  noch  mehr  oder  weniger  (-) 
und  HO 2  erhalten  werden.  Ein  solcher  mechanischer  Umstand 
ist  die  Flächengrösse  der  positiven  Electrode,  welche,  wenn 
verhältnissmässig  bedeutend,  die  Ausgleichung  des  an  ihr  auf- 
tretenden (:)  und  (i)  aus  leicht  einsehbaren  Gründen  mehr  be- 
günstigen nuiss,  als  diess  eine  kleinere  thun  kann.  Enthält 
das  zu  electrolysirende  Wasser  überdiess  noch  ein  Ozonid 
gelöst,  z.  B.  Mn^Oj  -J-  50,  so  wird  das  ()  dieser  Ver- 
bindung, mit  einem  Theile  des  bei  der  Electrolyse  auftre- 
tenden (t)  zu  0  sich  ausgleichend ,  es  ermöglichen ,  dass  ein 
äquivalenter  Theil  von  (-) ,  ebenfalls  aus  dem  electrolysirlen 
Wasser  stammend,  der  Neutralisation  entgeht,  wodurch  selbst- 
verständlich die  Menge  des  an  der  positiven  Electrode  sich  ent- 
bindenden Ozons  vermehrt  werden  muss. 

Voranstehenden  Auseinandersetzungen  gemäss  geht  somit 
meine  Annahme  dahin,  dass  die  nächste  Ursache  der  durch  den 
volta'schen  Strom  bewerkstelligten  Zersetzung  des  Wassers  auf 
einer  allotropen  Zustandsveränderung  seines  Sauerstoffes  beruhe, 
welche  darin  besteht,  dass  dieses  gebundene  0  in  0  und  () 
übergeführt  wird,  welche  Sauerstoffmodificationen  als  solche  nicht 
mehr  fortfahren  können  mit  H  Wasser  zu  bilden  und  desshalb 
von  diesem  Elemente  sich  abtrennen  gerade  so,  wie  der  Sauer- 
stoff vom  Quecksilber  oder  Bleioxid  sich  scheidet,  wenn  das  {j 
von  Hg  0  oder  PbO  +  0  durch  die  Wärme  in  0  verwan- 
delt ist. 


V.  Kobetl:  Aaterismus  u.  die  Brewster' sehen  Lichtfigiiren.      199 


Herr  von  Kobell  hielt  einen  Vortrag 

„Ueber    Asterismus    und     die    ßrevvs ter'schen 
Lichtfiguren." 

(Mit  drei  Tafeln.) 

Die  schönen  Erscheinungen  des  Asterismus,  welche  man 
lange  nur  am  Sapphir  und  Granat  gekannt  hatte,  sind  durch 
die  Untersuchungen  von  Brewster',  Babinet^,  und  Volger^ 
weiter  studirt  und  an  vielen  Mineralien  und  Salzen  nachgewiesen 
worden.  B  ab  inet  hat  sie  als  Gittererscheinungen  bezeichnet 
und  es  lassen  sich  die  einfacheren  leicht  hervorbringen,  indem 
man  die  geeigneten  Systeme  paralleler  engstehender  Linien  ent- 
weder in  eine  glatte  Kupferplalte  einschneidet  oder  auf  eine  mit 
Silber  oder  Kupfer  belegte  Glasplatte  radirt.  Man  sieht  dann 
mittelst  einer  Kerzenflamine  in  einem  sonst  dunklen  Zimmer 
durch  Reflexion  und  Transmission  des  Lichtes  bei  einem  Sy- 
stem solcher  Linien  einen  Lichtstreifen,  welcher  die  Linien 
rechtvvinklich  schneidet;  bei  zwei  Systemen  rechtwinklich  sich 
kreuzender  Linien,  ein  rechtwinkliches  Lichtkreuz,  oder  wenn 
die  Streifen  sich  schiefwinklich  schneiden,  ein  schiefwinkliches; 
bei  drei  Systemen  nach  den  Seiten  eines  Dreiecks  gezogen, 
einen  sechsstrahligen  Lichtstem ;  bei  radialen  Linien  von  einem 
Contrum  ausgehend ,  bei  gewissen  Einfallswinkeln  einen  par- 
helischen  Kreis  u.  s.  w. 

Letztere   Erscheinung  sieht   man  sehr  oft  durch  ein   etwa 


(1)  Edinburgli   Transactions.    Vot.  XIV,    1837,    auch   Phil.  Magaz. 
Jan.  1853. 

(2)  Poggendorff's  Annal.  Bd.  41.  1837. 

(3)  Sitznng.sb.  d.  Wiener  Akad,  Bd.  XIX.  1856. 

14* 


200       Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

zolllangcs  von  einem  gewöhnliclicn  Glasstabe  (von  Vj  Zoll  Dicke) 
abgeschnillenes  Stück,  an  dem  man  die  Endflächen  glatt  schlei- 
fen lässt.  Ans  gehöriger  Entfernung  gegen  eine  Kerzenflamme 
gesehen  zeigt  sich  bei  einigem  Neigen  des  Glases  durch  diese 
Endflächen  ein  kreisrunder  Lichtring,  an  dem  die  Flamme  immer 
in  einem  Punkte  der  Peripherie  sieht.  Dergleichen  Glascylinder 
zeigen  im  polarisirten  Lichte  durch  genannte  Flachen  das  Kreuz - 
bild;  ein  Cylinder  von  honjogenem  Glase,  welches  nicht  polari- 
sirt,  gibt  die  Erscheinung  nicht,  aber  auch  nicht  jedes  polari- 
sirende  Glas  gibt  sie.  Bei  Krystallen  und  Krystallaggregaten  ist 
ein  vollkommen  geschlossener  parhelischer  Kreis  sehr  selten  zu 
beobachten;  Prof.  Plücker  besitzt  aber  einen  Calcit,  welcher 
durch  die  Spaltungsflachen  sogar  zwei  solcher  Kreise  oder  Licht- 
ringe zeigt,  die  sich  im  Bild  der  Lichtflamme  berühren  und  je 
nach  der  Neigung  des  Krystalls  nebeneinander  oder  ineinander 
gesehen  werden  können.  —  Babinet  hat  solche  Erscheinungen 
einer  Faserslructur  und  den  entsprechend(Mi  Blälterdurchgängen 
der  Krystalle  zugeschrieben,  V olger  hat  aufmerksam  gemacht, 
dass  sehr  oft  die  Zusammensetzungsflachen  einer  Zwillingsbildung 
die  Ursache  sind  und  dass  die  Asterie  einer  gestreiften  äusseren 
Krystallfläche  sich  zuweilen  ändert,  wenn  man  eine  solche  Fläche 
abschleift  und  dann  durch  die  Schliffflächen  sieht.  Beide  er- 
wähnen die  Untersuchungen  nicht,  welche  Brewster  darüber, 
gleichzeitig  mit  Babinet,  angestellt  hat,  indem  er  theils  natür- 
lich vorkommende  corrodirte  Flächen  beobachtete,  theils  durch 
leichtes  Aetzen  oder  auch  rauh  Schleifen  die  innere  Structur 
für  das  Licht  wirksam  biosiegte.  Brewster  hat  in  dieser 
Weise  Krystalle  von  Topas,  Granat,  Amphibol,  Axinit,  Boracit, 
Liparit,  Magnetit,  Amethyst,  Diamant,  und  durch  Aetzung  Kry- 
stalle von  Calcit,  Alaun,  Liparit,  Apophyllil,  essigsaurem  Kupfer- 
oxid-Kalk, schwefelsaurem  Kali  u.  a.   untersucht. 

Bei  den  Aetzungen,  wozu  er  Wasser,  Salzsäure,  Salpeter- 
säure,  auch  Flusssäure,  anwendete,  bemerkte  er  dass  je  nach 
der  Art  des  Aetzmitlels  die  Figuren  verändert  werden  und  dass 
durch   mechanisches  Abreiben  auf  einem  Schleifstein  oder   mit 


V.  Kobell:  Asterinnus  «.  die  Brewster' sehen  Lichifiyuren.     201 

einer  Ruspel  oder  Feile  ähnliche  Figuren,  doch  nicht  rein,  ent- 
stehen und  merkwürdigerweise  in  der  Lage  verkehrt  gegen  die 
durch  Aetzen  gebihlclen.  Diese  Figuren  erscheinen  bei  reflec- 
tirteni  Licht  (von  einer  Kerzenflamine)  und  auch  bei  transmiltir- 
tem  und  können,  wenn  man  die  geätzte  Fläche  in  Hausenblase 
abdrückt  bei  durchfallendeui  Licht  untersucht  werden. 

Brewster  hat  genauer  nur  Krystalle  des  tesseralen,  hexa- 
gonalen  und  quadratischen  Systems  untersucht,  für  das  rhom- 
bische, klinorhombische  und  klinorhomboidische  konnte  er  durch 
Aetzungen  keine  bestininiten  Resultate  erlangen. 

Die  folgenden  Beobachtungen  mögen  als  ein  Beitrag  zur 
Kenntniss  dieses  Aslerismus  dienen. 

Wenn  man  Krystallflächen  durch  Aelzung  beobachten  will, 
so  ist  vorzüglich  darauf  zu  achten ,  dass  diese  Flächen  eben 
und  spiegelnd  seien  und  dass  man  mit  der  schwächsten  Aetzung 
beginne.  Für  sehr  leicht  in  Wasser  lösliche  Salze  habe  ich 
folffendes  Verfahren  gebraucht.  Ich  durchfeuchtete  ein  Stück 
feinen  Kleidertuches  mit  Wasser  und  liess  einen  Theil  daneben 
trocken ;  ich  legte  dann  die  Krystallfläche  auf  den  trockenen 
Theil  eben  auf  und  fuhr  mit  ihr  in  die  feuchte  Stelle  und  gleich 
wieder  zurück ;  je  nach  Umständen  wurde  dieses  öfters  wieder- 
holt. Das  Tuch  legt  man  auf  eine  Glasplatte  oder  dgl.  Die 
Beobachtung  macht  man  mit  einer  Kerzenflamme,  am  besten  in 
einem  sonst  dunklen  Zimmer,  und  hält  den  Krystall  zwischen 
Daumen  und  Zeigefinger  beider  Hände  nahe  und  tief  bei  der 
Kerze,  dass  das  Licht  möglichst  senkrecht  einfalle.  Der  Krystal' 
wird  dann  gedreht  bis  das  Bild  des  Lichlreflexes  auf  der  Fläche 
deutlich  gesehen  wird  und  dabei  das  Auge  so  nahe  gebracht 
als  es  geschehen  kann.  Auf  den  Tisch  legt  man  an  die  Stelle, 
über  welcher  man  den  Krystall  beobachtet,  ein  schwarzes  mattes 
Papier.  Gestattet  die  Durchsichtigkeit  auch  transmitlirtes  Licht 
zu  beobachten,  so  hält  man  den  Krystall  mit  Daumen  und  Zeige- 
fingern, wie  vorhin  gesagt,  das  Seitenlicht  möglichst  absehhes- 
send,  ebenfalls  ganz  nahe  an  das  Auge  und  sieht  durch  den- 
selben nach  der  Kerzenflamme.  Dabei  ist  zu  beachten,  dass  man 


202       Sitiung  der  math.-phijs,  Classe  twm  S.  Februar  1862. 

die  Liclitfigur  meistens  erst  doiUlich  erkeniil,  wenn  man  zwei 
bis  drei  und  mehr  Schritte  von  der  Flamme  entfernt  steht.  Für 
die  Bcurthcilung-  dos  Lidilbildes  hat  man  auch  daran  zu  denken 
ob  nur  eincFIäclie  oder  zugleich  deren  parallele  geätzt  wurde, 
weil  letztere  oft  das  Bild  der  ersteren  verkehrt  gibt,  daher  z.  B. 
bei  einer  geatzten  Fläche  ein  dreistrahliger  Stern  zu  sehen, 
dagegen  ein  sechsstrahliger,  wenn  auch  die  parallele  Fläche  ge- 
ätzt wurde  u.  s.  w. 

Sehr  schön  zeigen  sich  die  Bilder,  wenn  man  die  Krystall- 
plättchen  in  geschwärzte  Korkplatten  fasst  und  mit  einem 
Theaterperspectiv  auf  etwa  8  Schritte  nach  der  Flanune  sieht 
und  den  Krystall  zwischen  das  Auge  und  das  Ocular  bringt. 

Am  leichtesten  sind  solche  Bilder  am  Alaun  hervorzubringen 
und  zu  beobachten.  Wenn  man  über  eine  glatte  Oklaederfläche 
ein  oder  zweimal  mit  einem  feuchten  Tuche  hinfährt  und  dann 
mit  einem  trockenen,  so  erscheint  sogleich  ein  dreistraldioer 
Stern,  in  der  Hauptform  ähnlich  Fig.  1,  bei  öfterem  Befeuchten 
ändert  er  sich  im  Centrum  und  kommen  noch  drei  kurze  Strah- 
len zwischen  den  ersten  hervor,  augenblicklich  aber  wird  der 
Stern  in  den  sechsstrahligen  Fig  2  umgewandelt,  wenn  man  in 
erwähnter  Weise  den  Krystall  mit  verdünnter  Salzsäure  oder 
Salpetersäure  überfährt.  Ich  gebrauchte  meistens  1  Vol.  con- 
centrirte  Säure  und  1  oder  2  Vol.  Wasser.  Weiteres  Befeuch- 
ten mit  Wasser  (und  Abtrocknen)  ändert  den  sechsstrahligen 
Stern  wieder  in  den  dreistrahligen  um.  Brewster  gibt  auch 
an,  dass  eine  so  geätzte  Fläche,  auf  welcher  Dreiecke  wie  in 
Fig.  3  sichtbar  werden,  sich  wieder  vollkommen  herstelle,  wenn 
man  den  Krystall  in  eine  gesättigte  Alaunlösung  tauche  und 
dass  die  Ergänzung  und  Ausfüllung  der  angegriffenen  Stellen 
in  dieser  Weise  mit  unbegreiflicher  Schnelligkeit  vor  sich  gehe*. 


(4)  Tlic  Singular  fact  in  tiiis  exporimciit  is  llic  iiicoiicoivablp  rapi- 
dity  witli  wich  tlic  paitides  in  tlie  solullon  flj  into  tlieir  proper  places 
lipon  tlie  (lisintegrated  surfacc ,  and  liecome  a  permanent  portion  of  the 
solid  orystal  a.  a.  0.  p.  174. 


v.Kobell:  Aslerhrntis  u.  die  Brewster'schen  Lichtfiguren.      203 

Ich  konnte  das  nicht  ganz  so  finden,  doch  erhielt^ch  normale 
Flächen,  wenn  ein  geätzter  Alaunstrahl  in  eine  warme  nicht  zu 
concentrirte  Alaiinlösung  getaucht  und  dann  freiwilligem  Trock- 
nen überlassen  wurde.  Die  Flüchen  des  Hexaeders  und  Rhom- 
bendodecaeders,  welche  am  Alaun  oft  in  Combination  mit  dem 
Oktaeder  vorkommen,  verhalten  sich  so,  dass  auf  jenen  durch 
leichtes  Aetzen  ein  rechtwiiikliches  Kreuz,  auf  diesen  ein  in 
der  kurzen  Diagonale  der  Dodecaederfläche  liegender  Licht- 
streifen entsteht.  Diese  Bilder  verändern  sich  durch  Salzsäure 
nicht.  Das  rechtwinkliche  Kreuz  auf  der  Hexaederfläche  zeigt 
sich  parallel  den  Seiten  und  nach  den  Diagonalen  der  Fläche, 
das  erstere  bleibt  auch  bei  schief  einfallendem  Lichte  rcchtwink- 
lich,  das  letztere  aber  wird  dabei  schiefwinklich.  —  Kalialaun, 
Ammoniakalaun  und  Chromalaun  verhielten  sich  ganz  gleich. 
Den  dreistrahligen  Stern  der  Oktaederflächen  sieht  man  öfters 
auch  an  natürlichen  Krystallen  von  Li  pari  t  und  Magnetit. 

AVenii  man  eine  Oktaederfläche  des  Liparil  auf  einer  gro- 
ben breiten  Feile  matt  reibt  und  dann  die  Fläche  mit  Wasser 
reinigt  und  trocknet,  zeigt  sich  ebenfalls  der  dreistrahlige  Stern 
bei  durchfallendem  Lichte ,  die  Strahlen  nach  den  Winkeln  des 
Dreiecks  gerichtet.  An  einem  zollgrossen  in  die  Länge  gezo- 
genen hemitropischen  Krystall  von  Salpeter  saurem  Stron- 
tian  war  der  Stern  auf  den  Oktaederflächen  ähnlich  Fig.  4  (mit 
Wasser  geätzt)  und  gingen  die  Strahlen  nicht  rechtwinklich  nach 
der  Combinafionskaiite  der  Oktaeder-  und  Würfelfläche  oder 
nach  den  Winkeln  der  Oktaederflächc,  sondern  standen  schief 
dagegen.  Die  Würfelflächen  zeigten  bei  wiederholtem  Aetzen 
mit  Wasser  die  Fig.  5.  — 

Im  quadratischen  System  beobachtete  ich  auf  der 
basischen  Fläche  der  tafelförmigen  Krystalle  des  Apo- 
phyllit  von  Fassa  beim  Durchsehen  gegen  die  Kerzenflamme 
deutlich  ein  Lichlkreuz  in  der  Lage  der  Diagonalen,  ebenso  am 
Kaliumeisencyanur,  bei  einem  Hauch  von  Aetzung  durch 
Wasser;  am  schwefelsauren  Nickeloxyd  bei  reflectirtem 
Licht  auf  der  basischen  Fläche  die  Fig.  6.  — 


204       Sitzung  der  math.-pln/s.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

Auf  den  FInchen  der  Ouadratpy  raniide  am  phosphor- 
sauren  Ammoniak  und  arseniksauren  Kali  zeigt  sich, 
nach  leiclilein  Aelzen  durch  Wasser ,  das  Reflexionsbild  eines 
dreistrahlioen  Sternes,  dessen  Strahlen  aber  nicht  wie  beim 
Oktaeder  nach  den  Winkeln,  sondern  nach  den  Seilen  der  Drei- 
ecke gehen  und  sich  unter  zweierlei  Winkeln  schneiden,  wie 
die  senkrechten  nach  diesen  Seiten. 

Im  hexagonalen  System  bietet  der  Calcit  durch 
Aetzcn  mit  Salzsäure  und  Salpetersäure  schöne  Erscheinungen, 
die  zum  Theil  schon  Brewster  beschrieb.  Man  taucht  den 
Krystall  in  die  Säure  und  dann  in  Wasser  und  trocknet  ihn  mit 
einem  weichen  Stück  Leinen.  Beim  Eintauchen  in  Salzsäure 
(1  Vol.  Säure  1  Vol.  Wasser)  erhält  man  auf  der  Fläche  des 
Spaltungsrhomboeders  die  Lichlfigur  7;  der  kurze  nach  dem 
Randeck  gehende  Strahl  r  verlängert  sich  oft  bei  wiederholtem 
Aetzen  in  der  angegel)enen  Art  ähnlich  den  übrigen  und  es 
entstehen  nach  aussen  breiter  Averdende  Liclilbüschel,  die  man 
besonders  schön  bei  durchfallendem  Lichte  sieht.  Höchst  auf- 
fallend ist  die  Veränderung  welche  Fig.  7  erleidet,  wenn  man 
den  Krystall  in  Salpetersäure  (mit  1  Vol.  WassiT  verdünnt)  ein- 
taucht, es  zeigt  sich  dann  Fig.  8.  Man  kann  an  dieser  Figur 
leicht  an  einem  Krystall  erkennen  ob  er  in  Salpetersäure  ge- 
taucht worden  war  oder  nicht  und  kann  durch  die  Figuren 
Salz  und  Salpetersäure  unterscheiden.  Bei  solchem  Aetzen  er- 
scheinen auf  der  Rliomboederfläche  mikroskopische  Dreiecke, 
deren  eine  Spitze  nach  dem  Scheiteleck  gerichtet  ist,  also  ent- 
gegengesetzt dem  Strahl  r.  Diese  Dreiecke  rühren  von  Ver- 
tiefungen  her,  welche  einer  dreiseitigen  Pyramide  (Scheilelstück 
eines  Rhond)oeders)  entsprechen. 

Bei  durchfallendem  Lichte  sind  die  Erscheinungen  folgende: 

Wenn  eine  Flüche  nu't  Salzsäure  geätzt  wurde,  zeigt  sich 
ein  Stern  aus  drei  nach  aussen  breiter  werdenden  Lichtbiischeln; 
wenn  auch  die  parallele  Gegenfläche  geätzt  wurde,  erscheint  der 
Stern  sechstrahlig.  Wenn  zwei  parallele  Flächen  mit  Salpeter- 
säure   geätzt    wurden,     so    zeigt    sich    beim  Durchsehen    ein 


V.  KoheU :  Asterismvs  u-  die  Br ewsler' sehen  Livhlfiißiren.      205 

schiefwinkliclies  Kreuz,  an  den  stumpfen  Winkeln  mit  Liclit- 
flecken  —  Von  Interesse  ist  auch  das  Verhalten  des  sogenannten 
Streife nspathes,  bekanntlich  einer  Hemitropie  von  R  in  os- 
cillalorischer  Wiederhoinnfr .  wo  die  Drcliflache  —  Vj  R ;  dabei 
ist  eine  Fläche  des  Spallungsrhomboeders  nach  der  langen  Dia- 
gonale gestreift,  die  übrigen  sind  glatt.  Betrachtet  man  aus 
einiger  Entfernung  durch  letztere  Flächen  eine  Kerzenflamme, 
indem  man  den  Haupischnitt  des  Krystalls  (durch  die  Scheitel- 
kante) vertikal  stellt,  so  erscheinen  Rauten  ähnlich  Fig.  9,  deren 
Kreuzungspunkte  die  Lichtflamme,  zum  Theil  mit  prismatischen 
Farben,  zeigen.  Durch  die  gestreifie  Fläche  sieht  man  dieses 
Bild  nur  verzogen.  Aetzt  man  einen  solchen  Krystall ,  so  er- 
scheinen die  glatten  Flächen  nun  auch  gestreift  wie  Fig.  10 
die  Fläche  b  und  c  und  nun  erscheint  beim  Durchsehen  gegen 
die  Flamme  ein  diese  Linien  rechtwinklich  schneidender  Licht- 
slreifen ,  in  welchem  nach  gleichen  Abständen  die  Flamme  in 
mehreren  Lieh! flecken  sich  zeigt. 

Volger  nimmt  an,  dass  alle  Caicit- Kernformen  Drillings- 
bildungen ,  durch  dreifache  >Viederliolung  des  eben  angeführten 
Gesetzes  seien.  Damit  stimmt  das  0[)tische  Verhalten  nicht 
überein,  denn  die  Krysfalle,  an  denen  die  erwähnte  homitropi- 
sche  Aggregation  deutlich  sichtbar,  zeigen  im  polarij«irten  Lichte 
durch  die  basischen  Flächen  ganz  eigentliümliche  Erscheinungen, 
welche  an  den  gewöhnlichen  Caicit- Kernformen  nicht  vorkom- 
men Ich  habe  diese  Erscheinungen  in  <\q\\  Münchner  Gel.  Anz^ 
beschrieben.  1855.  Nr    18. 

Am  hexagonalen  Prisma  des  Caicit's  erscheint  beim 
Aetzen  durch  mehrmaliges  Eintauchen  in  verdünnte  Salzsäure 
Fig.  11,  auf  den  abwechselnden  Flächen  immer  wie  1  und  2; 
der  parallel  der  Axe  gehende  Strahl  ist  den  Scheitelkanten  des 
Spaltungsrhomboeders  nach  oben  und  unten  zugekehrt.  Ich 
beobachtete  diese  Bilder  bei  reflectirtem  Lichte  an  zwei  zoll- 
gros.sen  Krystallcn  von  Andreasberg.  Wenn  man  am  Spallungs- 
rhomboeder  des  Caicit  eine  Fläche  auf  einer  breiten  Feile  durch 
Reiben   mit   kreisförmiger   Bewegung   matt    schleift,     dann    die 


206       Sitztiny  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

Fläche  mit  Wasser  reinigt  und  trocknet,  so  zeigt  sich  beim 
Durchsehen  gegen  eine  Lichtflanune  eine  Lichtlinie  in  der  Rich- 
tung der  kurzen  Diagonale  der  Flache ;  ebenso  zeigt  sich  auf 
der  basischen  Fläche  ein  regelmässiger  dreistrahliger  Stern, 
dessen  Strahlen  nach  den  Combinations- Kanten  mit  dem  Spal- 
tungsrhond)oeder  gerichtet  sind.  Zuweilen  geht,  den  Winkel 
von  120*^  theilcnd  noch  ein  vierter  Strahl  durch  den  Stern. 

Am  Dolomit  ist  die  Erscheinung  ähnlich  wie  beim  Calcit, 
wenn  man  ein  Spaltungsstück  mit  Salzsäure  ätzt,  indem  man  es 
einige  Tage  in  der  Säure  liegen  lässt  oder  die  Einwirkung  durch 
Erwärmen  beschleunigt.  Das  Reflexionsbild  ist  aber  von  dem 
des  Caicits  dadurch  verschieden  dass  der  Winkel  zwischen  den 
Strahlen  a  merklich  stumpfer,  und  dass  der  Strahl  r  sehr  kurz 
und  nicht  wie  beim  Calcit  dem  Randeck,  sondern  dem  Schei- 
teleck zugewendet  ist.  Bei  diesem  Aetzen  zeigen  sich 
an  den  Scheitelkanten  matte  und  gestreifte  Zuschär- 
fungsflächen. 

Mit  Salpetersäure  erhielt  ich  nur  verzerrte  Bilder ,  auch 
durch  Rauhschleifen  konnte  ich  den  Lichtsfreifen  nicht  sehen 
wie  beim  Calcit. 

Am  Magnesit  von  Snarum  in  Norwegen,  ist,  wenn  ein 
Spaltungsstück  einige  Zeit  in  Salzsäure  gekocht  wird,  das  Re- 
flexionsbild ähnlich  wie  beim  Dolomit,  doch  scheint  der  Winkel 
zwischen  a  und  a  noch  grösser  und  der  Strahl  r  sehr  kurz, 
aber  auch  dem  Scheiteleck  zugewendet. 

Siderit  (aus  dem  Nassau'schen)  verhielt  sich,  in  Salzsäure 
gekocht,  ähnlich  wie  Dolomit.  — 

Im  rhombischen  System  beobachtete  ich  am  wein- 
steinsauren Kali -Natron  an  ziendich  grossen  Krystallen 
auf  der  basischen  Fläche,  welche  mit  einem  mit  Wasser  be- 
feuchteten und  dann  mit  einem  trockenen  Tuch  überfahren 
wurde,  die  schöne  Reflexfigur  12,  die  sich  bei  öfterem  Aetzen 
mannigfaltig  ändert  und  beim  Durchsehen  wie  Fig.  13  aussieht 
Als  ich  statt  Wasser  Salzsäure  anwendete,  verschwand  die 
Fig.  12  zu   einem  rhombischen   unbestimmten  Lichlflecken ,    sie 


v.Kohell:  Aster  Ismus  u.  die  Breicster' sehen  Licht  fiyvren       207 

kam  aber    soglt-ich   wieder   zum  Vorschein,    als    die  Fläche  mit 
einem  wasserieuchtcn  Tuch  überf\ihren  wurde. 

Wenn  man  ein  Prisma  von  Nilroprussid  na  t  r  ium,  die 
Combination  des  rhombischen  Prisma's  von  105"  10'  mit  der 
makro-  und  brachydiagonaien  Fläche,  höchst  leicht  mit  Wasser 
ätzt,  so  zeigt  es  die  Reflexionsfiguren  wie  sie,  das  Prisma  auf- 
gewickelt, die  Fig.  14  darstellt.  Bei  einer  gewissen  Neigung 
kann  man  die  Strahlen  auf  den  p  Flächen  des  rhombischen 
Prisma's  ziemlich  gleich  gross  erhalten  und  erscheint  auch  wohl 
nur  ein  dreistrahliger  Stern ;  die  Kreuze  gehören  den  makro- 
und  brachydiagonaien  Flächen  an.  — 

Am  Kaliumwismuthchlorid  erscheint  durch  einen  Hauch 
von  Aetzung  mit  Wasser  auf  der  basischen  Fläche  ein  schief- 
winkliches  Kreuz,  ziemhch  nach  {\e\\  Seiten  des  Rhombus  dieser 
Fläche,  auch  ein  Lichtstreif  nach  der  langen  Diagonale;  am 
Chlorbaryum  unter  denselben  Umständen  ein  Lichtslreif  nach 
der  kurzen  Diagonale  der  gewöhnlichen  rhombischen  Tafeln ;  bei 
weiterem  Aetzen  zeigen  sich  daneben  noch  Licl)tfleckcn  aber 
kein  Streifen  nach  der  langen  Diagonale. 

Am  ameisensauren  Strontian  erscheint  ein  Kreuz 
nach  den  Diagonalen  der  rectangulären  tafelförmigen  Krystalle. 
An  den  talelförnngen  Kry stallen  von  Kalium eisencya nid 
erscheint  auf  der  brachydiagonaien  Fläche  bei  einem  Hauche  von 
Aetzung  mit  Wasser  ein  schönes  schiefwinkliches  Lichtkreuz 
nach  den  Combinationskanten  mit  der  Pyramide  und  ein  Streifen 
rechtwinklich  zur  Axe  wie  Fig.  15.  Bei  vorsichtigem  weiterem 
Aetzen  erscheint  Fig.  16.  Auf  der  Fläche  werden  kleine  Rhom- 
ben in  der  Stellung  sichtbar  wie  sie  die  Fig.  15  und  16  angibt. 
Die  Lichtfiguren  zeigen  sich  besonders  schön  bei  durchfallendem 
Lichte,  wenn  man  das  Krystallblättchen  in  ein  geschwärztes 
Stück  Pappe  fasst.  — 

Im  kllnorhombischen  System  konnte  ich  schöne 
Krystalle  von  schwefelsaurer  Ammoniak  -  Magnesia 
ringsum  beobachten.  Die  Seitenflächen  des  Prisma's  von  lOO** 
12'  zeigen  aufgerollt  die  Reflexionsbilder  Fig.  17  und  zwar  die 


208       Sitzung  der  math  -pht/s:  Classe  vom  8.  Februar  1862. 

am  klinodiagonalen  Hauptschnitt  anliegenden  Flüchen  1  und  2 
auf  der  Vorderseite  des  Hendyoeders  (also  die  Endfläche  gegen 
den  Beobachter  geneigt)  die  Kreuztheile  a  nach  oben  gegen 
die  slninpfe  Randkante  an  der  Endfläche  geneigt,  die  b  aber 
nach  nuten;  ebenso,  aber  gegen  vorne  verkehrt,  zeigen  sich 
diese  Kreuze  auf  den  Flächen  3  und  4  an  der  Rückseile  des 
Hendyoeders.  Die  isomorphen  Verbindungen :  schwefelsaures 
Nickeloxyd-Ammoniak,  schwe feisaures  Eisen oxydul- 
Ammoniak,  schwefesaures  Ni  ck  elox  yd-Ka  li  und  das 
ähnliche  Kobalt  salz  verhielten  sich  ganz  ähnlich. 

An  einem  sehr  schönen  Kryslall  von  schwefelsaurem 
Manganoxydul-A  mmoniak  war  die  rechte  Hälfte  des  Kreuz- 
armes c  an  der  Fläche  2  kürzer  und  mit  einem  elliptischen 
Flecken  begrenzt,  ebenso  der  linke  Kreuzarm  entsprechend  auf 
der  Fläche  3.  —  Das  seh  we  felsa  ure  Kup  feroxy  d-Kali 
zeigte  diese  Reflexfiguren  nur  undeutlich. 

Am  Gyps  zeigt  sich  auf  der  vollkommenen  Spaltungsfläche, 
wenn  man  eine  Platte  einige  Tage  in  Wasser  legt  oder  kürzere 
Zeit  in  verdünnte  Salzsäure,  bei  reflectirlem  und  durchgehendem 
Licht  ein  schöner  Lichtstreifen,  rechtwinklieh  oder  fast  recht- 
winklich  zur  Spaltungsfläche,  welche  durch  den  muschligen  Bruch 
charakterisirt  ist,  Fig.  18. 

Im  klinorhomboidischen  System  beobachtete  ich  den 
Kupfervitriol,  Fig.  19.  Bei  sehr  leichter  Aetzung  zeigte  sich 
auf  der  Fläche  p'  ein  kreuzförmiger  Lichtschein  Fig  20 ;  auf  p 
eine  zur  Prismenkante  rechtwinklicher  Lichlstreifen  Fig.  21  und 
auf  der  Endfläche  0  das  Reflexionsbild  Fig.  22,  das  Dreiblatt 
bei  einer  gewissen  Neigung  gegen  das  Eck  c  gewendet.  Diese 
Bilder  wurden  an  zwei  sehr  schönen  Krystallen  mit  glatten 
Flächen  beobachtet ;  im  Allgemeinen  sind  die  Flächen  dieser 
Krystalle  nicht  eben  genug.  — 

Ich  habe  hier  nur  die  Fälle  beschrieben,  wo  die  Licht- 
figuren sich  deutlich  zeigen,  an  manchen  Salzen,  die  ich  weiter 
uniersuchte  z.  B.  Eisenvitriol,  Bittersalz,  Zinkvilriol,  chromsaures 
Kali,  Salpeter  etc.,  konnte  ich  zu  keinem  bestimmten  Bilde  ge- 


V.  Kobetl:  Asterismus  u.  die  Bretvster'sclien  Lichlfiyuren.     209 

langen,  weil  walirscheinlich  ein  anderes  weniger  rasch  angrei- 
fendes Aetzmiltel  als  Wasser,  welches  ich  anwendete,  erfor- 
derlich ist.  — 

Die  mikroskopischen  Beobachtungen  geätzter  Flachen  von 
Leydolt  haben  zwar  gezeigt,  dass  die  Krystalle  ans  Molecülen 
bestehen,  deren  Formen  in  die  Krystallreihe  des  regelrecht  ge- 
bauten Aggregates  gehören  und  ebenso  haben  die  Untersuchun- 
gen von  Volger  und  Schar  ff  dargelhan,  dass  der  Pau  ein 
sehr  mannigfaltiger  und  complicirter  sei;  die  Brews  t er' sehen 
Lichtfiguren  aber  erweisen  dieses  in  einem  noch  höheren 
Grade.  Wie  muss  eine  Lagerung  der  Moleciile  und  eine  Ver- 
schiedenheil ihrer  Theile  beschaffen  sein,  welche,  wie  z.  B.  am 
Calcit,  für  die  Aetzung  durch  Salzsäure  sich  ganz  anders  ver- 
hält  als  für  die  durch  Salpetersäure,  und  wenn  nicht  zu  be- 
zweifeln, dass  alle  Linien  dieser  Figuren  Streifungen  nach  Rich- 
tungen andeuten,  die  zu  ihnen  rechtwinklich  stehen,  welcher 
Bau  kann  die  Veränderungen  hervorbringen,  die  mit  jedem 
Hauche  einer  weiteren  Aetzung  wechseln  und  die  mannigfaltigen 
Curven  und  Hanken,  wie  wir  sie  an  (\gx\  durch  Salpetersäure 
geätzten  Rhomboederflächen  des  Calcit  und  an  vielen  anderen 
Krystallen  wahrnehmen ! 

Die  theoretische  Kryslallogenie  steht  hier  so  zu  sagen  vor 
einem  Spiegel,  der  alle  Schwierigkeiten  und  Räthsel  zeigt,  die 
sie  besiegen  und  lösen  soll,  und  es  ist  vorläufig  nicht  abzu- 
sehen, dass  sie  je  zu  solcher  Lösung  gelangen  wird.  Schon 
Brewster  sagte  darüber  —  ,,in  whatever  way  crystallographers 
shall  succeed  in  accounling  for  the  various  secondary  forms  of 
crystals,  they  are  Ihen  only  on  the  threshold  of  their  subject. 
The  real  Constitution  of  crystals  would  be  still  unknown;  and 
Ihough  the  examinatiun  of  fliese  bodics  has  been  pretly  dili- 
gently  pursued,  we  can  at  this  moment  form  no  adequate  idea 
of  the  complex  and  beauliful  Organisation  of  these  apparently 
simple  structures."  A.  a.  0.  p.  IGi. 


210  Einsendungen  von  Druckschriften. 

Historische  Classe. 

Sitzuiiff  voui  15.  Februar  1862. 


Herr  Kunstmann  hielt  einen  Vortrag  über 

„frühere  Reisen    nach   Indien   vor  Entdeckung 
des  Seeweges." 


Verzeichniss 


der  in    den  Sitzungen    der  drei  (;ia.ssen  der  k.   Akademie   der  Wissen- 
schaften vorgelegten  Einsendungen  von  Druckschriften. 

Januar  -  März  1862. 

Von  der  naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  in  St.  Gallen: 

Bericht  über  die  Thätigkeit   der  St.   Gallischen   natiir\yissenschaftliehen 
Gesellschaft.  1860-61.  St.  Gallen  1861    8. 

Von  der  pfälzischen  Gesellschaft  für  Pharmacie  in  Speier: 

Neues  Jahrbuch  für  Pharmacie  und  verwandte  Fächer.  Bd.  XVII.  Heft  1. 
Januar,  Heft  2.  Februar,  Heft  3.  März.  Heidelberg  1802.  8. 

Vom  zoologisch- ntineralogischen  i'erein  in  Regensburg: 
Correspondenz- Blatt.  15.  Jahrgang.  Regensb.  1861.  8. 

Von  der  Societe  des  sciences  naturelles  in  Neuchatet: 

a)  Bulletin.  Tora.  V.  Neuchatel  1861.  8. 

b)  Meraoires.  Tom.  I.  II.  III.  Neuchatel  1836-46.  4. 

Vom  physikalischen   l'crein  zu  Franhfurt  am  Main: 
Jahresbericht  für  das  Rechnung.sjahr  1860/01.  Frankfurt  1861.  8. 


Einsendungen  von  Druckschriften.  211 

Von  der  k.  preussischen  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin: 
Monatsbericht.  Deceniber  18C1.  Januar,  Februar  1802.  Berlin  1802,  8. 

Von  der  Geschäftsführung  der  deutschen  Naturforscher  und  Aerzte 

in  S/jeier: 

a)  Bericht  über  die  Verhandlungen  der  Sectiotieii.  Speier  18G1.  4, 

b)  Festgabe  der  Versainiiiluiig  gewidmet  von  Dr.  Heine.    I.  Zur  ältesten 

(ieschichle  Peutschlaiuls,  insbesondere  der  Vülkerstämme  in  dem 
Flussgebiete  des  Rheines  und  namentlich  über  die  verschiedenen 
Stammsitze  der  Franken. 

c)  Zu  dem  Nibelungenliede   als  Eigentluim    des  Rheines    und    einer  ein- 

heitlichen ursprünglichen  Dichtkraft.  Speicr  18G1.  4. 

Von  der  naturforschenden  Gesellschaft  in  Bamberg  : 
Fünfter  Bericht  1860—01    Bamberg  1861.  8. 

Von  der  Academie  des  sciences  in  Paris: 

Coniptes  rcndus  hebdomadaires  des  seances.  T<tm.  LIII.  Nr.  16  —  10. 
Nr.  20  —  27.  Oct.  —  Dec  1861.  Tom.  LIV.  Nr.  1.  2.  4.  ."i.  6.  7. 
Janvier  —  Fevrier  1802  Nr.  9  —  1  i.  Mars  —  Avril  1802.  Paris 
1801-62.  4. 

Von  der  k.  k.  Akademie  der  Wissenschaften  in   Wien : 

a)  Sitzungsberichte  der  math.-nalurwissenschaftl  (Masse:  XLII.  Bd.  Nr.  2i(. 

XLlli.  Bd.  IV.  V.  Heft.  Jalirg  1861.  .April,  Mai  II.  Abth  XLlV.ßd. 
1.  Heft.  1.  u  2.  Abth.  Juni  1801.  XLIV  Bd.  11.  Heft.  1.  u.  2.  Abth. 
Juli  1861.  XLIV.  Bd  HI.  Heft.  Jahrg.  1801.  Oct.  I.  Abth.  XLIV.  Bd. 
III.  IV.  Heft.  Jahrg.  1861.  Od.,  Nov.  II.  Abth.  Wien  1861.  8. 

b)  Sitzungsberichte  der  pliilos -historischen  Classe  :  XXXVII    Bd.  1— IV. 

April  —  Juli  Jahrg  1801.  XXXVllI.  Bd.  I.  Heft.  Oct.  1861.  Wien 
1801.  8. 

c)  Register  zu  den  Bänden  31  —  42  der  Sitzungsberichte  der  mathein. - 

naturwisscnschafll.  (;ias.se.  IV.  Wien  1801.  8. 

d)  Fontes    reruni    Austriacarum.     Oesterreichische     Geschichts  -  Quellen. 

L  Abth.  Scriptorcs.  III.  Bd.  L  Theil.  Wien  1862.  8. 

Vom  landwirthschaftlichen  Verein  in  München  : 
Zeitschrift.  März  IH.  April  IV.  Mai  V.  Juni  VL  1862.  München  1862.  8. 


212  Einsendungen  von  Vruckschriften. 

Von  der  k.  Gesellschaft  der   Wissenschaften  in  Göttinyen: 

a)  Göltiiii^isclic  gelehrte  Anzeigen.  5.  —  9.  Stück,  (iöttingen  I8()2.  8. 

b)  Nacliriclitcn    von   der   G.   A.   Universität   und    der   k.  (jesellscliaft   der 

\N'issensc haften    in  Güttingen.     Nr.   3  —  C.   Januar,  Februar   18ü2. 
Göttingen  18C2.  8. 

Von  der  Acadeinie  rotjale  des  sciences  in  Ainsterdatn : 

a)  Verliandelingen.  Deel.  IX.  Amsterdam.  1861.  4. 

b)  Verslagen  en  Mededeelingen.  Deel.  XI.  Xll.  Amsterdam  1801.  8. 

c)  Jaarboek  1800.  Amsterdam  18C0-CI.  8. 

Von  dem  Institut  roi/al  tiieteoroloyique  des  Pais-fius  in  Utrecht: 

Meteorologische  Waarnemingen  in  Nederland  en  zijne  Bezittingen  en  Al'wij- 
kingen  1800.  Utrecht  1801.  4. 

Von  der  naturforschenden  Gesellschaft  in  Dantiy : 
Neueste  Schriften    C.  Bd.  IV.  Heft.  Danzig  1802.  4. 

Von  dem  historischen  Verein  von  Interfranken  und  Aschoffeubury 
in   ü'ürzbury: 

Archiv.  10.  Bd.  I.  Heft.  'Würzburg  1802.  8. 

Vom  siehenbürytschen  Museums-Verein  in  Klausenbury: 
Jahrbücher.  1.  Bd.  1859-01    Klausenburg  1861.  4. 

Von    der   allyemeinen   yeschichtsforschenden  Gesellschaft  der  Schueiz 

in  Bern : 

Archiv  für  schweizerische  Geschichte  13.  Bd.  Zürich  1802.  8. 

Vom   Verein  für  Geschichte  der  Mark  Hrandenbury  in  Berlin: 

Riedels  Codex  diplomaticus  Brandenburgensis.  Erster  Haupttheil  oder 
Urkunden -Sammlung  zur  Geschichte  der  geistlichen  Stiftungen,  der 
adeligen  Familien  etc.  der  Mark  Brandenburg.  Von  Dr.  Riedel.  XXI. 
XXII.  Bd.  Berlin  1862.  4. 

Von  der  deutschen  yeotoyischen  Gesellschaft  in  Berlin: 
Zeitschrift.  Xlll    Bd.  2.  3.  Heft.  Februar     -  Juli  1861.  Berlin  1861.  8. 


Einsendungen  von  Druckschriften.  213 

Vom  naturhistorischen  Verein  der  preussischen  Bheinlande  und 
Westphalens  in  Bonn: 

Verhandlungen.  18.  Jahrg.  1.  und  2.  Hälfte.  Bonn  18G1.  8. 

Von  der  Schlesivig -  Holstein-  Lauenburyischen  Gesellschaft  für  vater- 
ländische Geschichte  in  Kiel: 

a)  Jahrbücher  für  die  Landeskunde  der  Herzogthüiner  etc.  Bd.  III.  Heft  3. 

Bd.  IV.  Heft  1—3.  Kiel.  8. 

b)  Quellensanunlung.    I.   Bd.    Chronicon   Holtzatiae,     auctore   Presbjtero 

Bremensi,  herausg.  von  Lappenberg.  Kiel  1862.  8 

c)  die  nordfriesische  Sprache  nach  der  Föhringer  und  Anirunier  Mundart. 

Von  Chr.  Johansen.  Kiel  18(32.  8. 

Von  der  Academie  imperiale  des  sciences,  heiles  lettres  et  arts  in 

Ronen : 

Prelis  analj'tique  de  travaux  pendant  l'annee  1860.  1861.  Reuen  1861.  8. 

Vom  Verein  von  Alterthumsfreunden  im  Rheinlande  in  Bonn: 

a)  Jahrbücher.  XXX!.  16.  Jahrg.  I.  Bonn  1861.  8. 

b)  Festprogramm  zu  Winkclnianns  Geburtstag  am  9.  Dec.  1801.  Das  Bad 

der  römischen  Villa  bei  Alsenz,  erläutert  von  Professor  Weerth.  Bonn 
1861.  4. 

Vom  Museum  d'histoire  naturelle  in  Paris  : 
Archives.  Tom.  X.  Liv.  III.  IV.  Paris  1801.  4. 

Von  der  Geoloyical  Society  in  Dublin: 
Journal.  Vol.  IX.  Part.  I.  1860—61.  Dublin  1861.  8. 

Von  der  Chemical  Society  in  London: 
Quaterly  Journal.  Nr.  LV.  LVI.  London  1861  -  62.  8 

Von  der  Academie  royale  de  medecine  de  Belyique  in  Brüssel: 
Bulletin  Annee  1861.  2  Ser.  Tora.  IV.  Nr.  10.  Brux.  1861.  8. 

Von  der  Universität  in  Heidelberg: 

Heidelberger  Jahrbücher   der  Literatur  unter  Mitwirkung  der   vier  Fa- 
cultäten.  55.  Jahrg.  1.  Heft  Januar.  2.  Heft.  Februar.  Heidelb.  1862.  8. 
ll86^  i.j  15 


214  Einsendungen  von  Druckschriften. 

Von  der  Roiial  Society  in  Edinburyh : 

a)  Transactions.  Vol.  XXII.  Part.  III    for  the  Session  1800—1861.  Edin- 

burgh 1861.  4. 

b)  Proceedings.  1860—1861.  Vol.  IV   Nr.  53    Edinburgh  1861.  8. 

Von  der  Redaktion  des  Correspondem-Blattes  für  die  Gelehrten-  und 
Realschulen  in  Stuttgart: 

Correspondcnzblatt.  9.  Jahrg.  Nr.  2.  Febr.  1862.  Nr.  3.  März  1862.  Nr  4. 
April  1862.  Stulfg.  1862.  8. 

Von  der  Asiatic  Society  of  Bengal  in  Calcutta  : 

a)  Bibliothecalndica.  A  coilection  of  oriental  works.  New  Series  Nr.  1  — 

13.  Calnitta  1860— ül.  8.  Nr.  159-172.  Calfutta  1860—61.  8.  und  4. 

b)  Journal.  New  Series.  Nr.  CVIIl.  Nr    111.  1861.  Calcutta  1861.  8. 

Von  der  Provincial  VtrecM'schen  Gesellschaft  für  Kunst  und  Wissen- 
schiift  in  Utrecht : 

a)  Sectie-Vergaderingen.  1859.  1860    1861.  Utrecht    8. 

b)  Verslag   van   iict  Vcrliandelde  in    de  allgemccne  Vcrgadering.  1860. 

1861.  Utrecht.  8. 

c)  Recherches  sur  I'evoliition  des  Araignces  par  M.  Edouard  Claparcde. 

Verhandlingcn,  natuurkundig.  l»cel.  I.  St.  1.  Utrerht  1862.  4. 

d)  Entwicklungsgeschichte  der  Anipullaria  polita  Deschajcs,    nebst  Mit- 

theilungen über  die  Entwicklungsgeschichte  einiger  andern  fiastro- 
poden  aus  den  Tropen,  von  Dr.  Karl  Seuiper  Verhandl.  natuurk. 
Dcel.  I.  St.  2.  Utrecht  1862.  4. 

Von  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt  in   Wien: 

a)  Abhandlungen.  IV.  3.  4.  Die  fossilen  Mollusken  des  Tertiär- Beckens 

von  Wien.  Von  Dr.  Moriz  Hocones.  Wien  1862.  4. 

b)  Jahrbuch.   1861    und   1862.     Xil.   Bd.    Nr.   2.    Januar  —  April  1862. 

Wien  1862.  8. 

c)  The  imperial   and   royal  geolological  Institut  of  the  Austrian  Empire. 

London  international  exhibilion  1862.  Wien  1862   8. 

Von  der  k.  physikalisch -ökonomischen  Gesellschaft  in  Königsberg: 
Schriften.  2.  Jahrg.  1861.  I.  Abth.  Königsberg  1861.  4. 
Von  dem  Reale  Jstituto  Lombardo  di  scienze,  lettere  ed  arti  in  Mailand : 
Atti,  Vol.  II.  Fase.  XV--XV1II.  Milano  1862.  4. 


Einsendungen  von  Druckschriften.  2^15' 

Von  der  Senkenberyisilien  notuviovschenden  Gesellschaft  in  Frankfurt 

am  Main: 

Abhandlungen.  IV.  Bd.  I.  Lief.  Frankfurt  181)1.  4. 

Von  der  Societe  des  sciences  phys.  et  naturelles  in  Bordeaux: 
Memoircs.  Tom.  I.  Bordeaux  1861.  8. 

Von  der  geological  Society  in  London : 
Quaterly  Journal.  Vol.  XVllI.  Part.  1.  Nr.  09.  London  1861.  8. 

Von  der  Royal  Society  in  Dublin: 

Journal.   Nr.  XX   et  XXI.  Jan.   et  .\pril.  XXII  et  XXXIII  Juny  et  Oct. 
Dublin  1801.  8. 

Von  der  naturforschenden  Gesellschaft  in  Bern: 
Miltheilungcn.  Aus  dem  Jahre  1801.  Nr.  469-496.  Bern  1861.  8. 

Vom   Verein  für  hessische  Geschichte  und  Landeskunde  in  Kassel: 

a)  Zeitschrift.  Bd.  IX.  Heft  1.  Kassel  1801.  8. 

b)  Mittheilungen  an  die  Mitglieder  des  Vereins.    Nr.  1  —  4.    Aug.  Oct. 

1801.  Januar  1862.  Kassel.  8. 

Von  der  Royal  Asiatic  Society  in  London: 

Madras  Journal.   N.  Ser.   Vol.  VI.  Nr,  XI.    Old.  Ser.  Vol.  XXII.  Nr.  50. 
May  1891.  London  1861.  8. 

Von  der  Academia  di  scienre,  lettere  ed  arti  in  Padua: 
Rivista  periodica  dci  lavori.  XIII-XX.  Vol.  VI— IX.  Padoval858— 61.  8. 

V^on  dem  I.stituto  Veneto  di  scienze,  letlere  ed  arti  in  Venedig: 
Memorie.  Vol.  X.  Part.  I.  Venezia  1861.  4. 

Von  der  physikalisch-medicinischen  Gesellschaft  in  Würzburg: 

a)  Medicinische  Zeitschrift.  2    3.  Bd.  1.  lieft.  Wiirzburg  1802.  8. 

b)  Naturwissenschaft!.  Zeitschrift.  2.  Bd.  3.  Heft.  Wiirzburg  1861.  8. 

Von  der  kais.  Leopold. -Carolinischen  deutschen  Akademie  der  Natur- 
forscher in  Jena  : 

Verhandlungen.  29.  Bd.  Jena  1802   4. 

15* 


216  Einsendungen  von  Druckschriften, 

Vom  naturhistorisch-medicinischen  Verein  in  Heidelberg : 
Verhandlungen.  Bd.  II.  V.  Heidelberg.  8. 

Von  der  k.  k.  Slermvarte  in  Prag: 

Magnetische    und   meteorologische  Beobachtungen   zu  Prag.    22.  Jahrg. 
vom  1.  im.  —  31.  Dec.  18G1.  Prag  1862.  4. 

Von  der  deutschen  morgenländischen  Gesellschaft  in  Leipzig: 

a)  Zeitschrift.  16.  Bd.  I.  und  II    Heft.  Lcipz.  1802.  8. 

b)  Abhandlungen  für  die  Kunde  des  Morgenlandes    II.  Bd.  Nr.  3.     Die 

Krone  der  Lebensbeschreibungen   enthaltend  die  Classcn  der  Hane- 
fiten,  von  Zein-ad-din  Käsini  Ihn  Kütlübugä  von  G.  Flügel.  1862.' 

Von  der  Societe  imperiale  des  sciences  naturelles  in  Cherbourg : 
Memoires.  Tom.  VIII.  Cherbourg  1861.  8. 

Vom  Verein  für  Naturkunde  in  Offenbach: 

Erster  und  zweiter  Bericht  über  seine  Thätigkeit.  1839 — 1861.  Offenbach 
1860-1861.  8. 

Von  der  Academie  imperiale  de  Medecine  in  Paris: 

a)  Memoires.  Tom.  XXIV.  1.  2.  Partie.  Tom.  XXV.  1.  Partie.  Paris  1860. 

1861.  4. 

b)  Bulletin.  Tom.  XXV.  XXVI.  Paris  1859.  1861.  8. 

Vom  sächsischen  Verein  für  Erforschung  und  Erhaltung  vaterlän- 
discher Ätterthümer  in  Dreiden : 

Mittheilungen.  Zwölftes  Heft.  Dresden  1861.  8. 

Vom  Depot  generale  de  la  guerre  in  Paris: 

Catalogue   de  la  bibliothi^que   du  depot  de  la  guerre  I.  II.  Vol.     Paris 

1861.  8. 

Von  der  Wetterauer  Gesellschaft  für  die  gesammte  Naturkunde  in 

Nassau  : 

Jahresbericht.  1860-1861.  Hanau  1862.  8. 


Einsendungen  von  Druckschriften.  217 

Von  der  gelehrten  Gesellschaft  in  Belgrad: 
Monmnenta  hislorica  Serbica  Archivi  Veneti.  Belgrad  1862.  8. 

Vom  historischen  Verein  für  das  württembergische  Franken  in 
Mergentheim: 

Zeitschrift.  5.  Bd.  II.  Heft.  Jahrg.  1860.  Mergentheim  1861.  8. 

Vom  Herrn  Kallibursos  in  Athen: 

'iTTTtoy.garT]?,     neQioSiy.ov   ovyyonufia    rcöv    iargixcöv    eTtiOTTjtnov     1862. 
TEv/oi  rt.  'Ev  'AÜ'rivati  1862.  4. 

Vom  Herrn  Fr.  Spiegel  in  Erlangen: 

Die  altpersischen  Keiiinschriflcn  im  Griuidtexte  mit  üebersetzung,  Gram- 
matik und  Glossar.  Leipzig  1862.  8. 

Vom  Herrn  Karl  Kreil  in  Wien: 

Jahrbücher  der  k.  k    Central-Anstalt  für  Meteorologie  und  Erdmagnetis- 
mus. Vlll.  Bd.  Jahrg.  1850.  Wien  1861. 

Vom  Herrn  Ernst  Ferdinand  Klinsmann  in  Danzig: 
Clavis  Dilleniana  ad  Horlum  Elthamensem.  Danzig  1856. 

Vom  Herrn  R.  Clausius  in  Zürich: 

a)  Ueber  die  Wärmeleitung  gasförmiger  Körper.  Zürich  1862.  8. 

b)  üebtr  die  Anwendung  von   der  Aequivalenz   der  Verwandlungen  auf 

die  innere  Arbeit.  Zürich  1862.  8. 

Vom  Herrn  Alfred  M.  du  Graty  in  Brüssel: 
La  Republiquc  du  Paraguay.  Brux.  1862.  8.  ifß 

Vom  Herrn  A.  Grunert  in  Greifswalde: 

Archiv  der  Mathematik  und  Physik.  37.  Theil.  4.  Heft.  38.  Theil.  1.  Heft. 
Greifswalde  Igöl.  62.  8. 

Vom  Herrn  Franc.  Zaniedeschi  in  Venedig: 

Nota  al  rapporto  del  chimico  Dumas  intorno  alle  scoperte  spettroscopiche 
dei  sigg.  Bunsen  e  Kirchhoff  con  documenti.  Venezia  1862.  8. 


^l§  Einsendungen  von  Druckickriften. 

Vom  Herrn  Dr.  Sadebeck  in  Breslau : 

Hypsometrische  MiHlieiliingcn   über   die  Eulengebirge  und    die   Sclinee- 

koppe.  Breslau.  8. 

Vom  Herrn  HI.  P.  A.  Favre  in  Marseille: 

Notice  sur  les  travaux  scientifiques.  Marseiile  1862.  4. 

Vom  Herrn  Dr.  A.  Nainur  in  Luxemburg: 

Trois  tiers  de  sou  d'or  semi-rouiains,  ou  iniitatlons  barbares  franques  du 
type  liyzantin.  8. 

Vom  Herrn  Samuel  Hovghton  in  Dublin: 

a)  On  somc  nevv  laws  of  reflexion  of  polarized  light.  Dublin  1854.  8. 

b)  On    the    reHexion    of  polarized   light   from  the  surface  of  transparent 

bodies.  Dublin  1853    8. 

c)  The   tides   of  Dublin   bay    and  the  battle  of  Clonlarf  23 fd  April  1014. 

Dublin  1861.  8. 

d)  On  the  solar  and  lunar  diurnal  tides  of  the  coasts  of  Ireland.  Dublin 

1856.  8. 

e)  On    the   natural   constants   of  the  healtliy  urinc  of  mau,    a  theory  of 

«ork  foundcd  thereon.  Dublin  1800.  8. 

f)  Short  accountofexperiuients  made  at  Dublin,  to  determine  the  azimuthal 

uiotion   of  the   plane  of   Vibration   of  a  freely  suspended  pendulum. 
Dublin  1851.  8. 

Vom  Herrn  J.  Fournet  in  T.yon: 
Geologie  Lyonnaise.  Lyon  1861.  8. 

Vom  Herrn  Robert  Caspari/  in  Königsberg : 

Ueber  das  Vorkommen  der  Hydrilla  verticillata  Casp.  in  Preussen  ,  die 
Blüthe  derselben  in  Preussen  und  Pommern  und  das  VYathsthum 
ihres  Stammes.  Königsberg.  4. 

Vom  Herrn  Le  Grand  de  Reulandt  in  Anvers: 
Congrcis  artistique  d'Anvers.  AoiU  1801.  Discours.  Anvers  1862.  8. 

Vom  Herrn  TA.  Scheerer  in  Freiberg: 

DieGueuse  des  sächsischen  Erzgebirges  und  verwandte  Gesteine  nach  ihrer 
chemischen  Constitution  und  geologischen  Bedeutung.  Berl.  1862.  8. 


Einsendungen  twn  Druckschriften.  219 

Vom  Herrn  Samuel  Brassai  in  Koloisvürtt: 

Az  Eidelyi  Muzeuiii-Egjiet  Evkönjvei.  1  kölet  1839  —  186t.  Kolozsv. 
1861.  4. 

Vom  Herrn  E.  Plantamour  in  Genere: 

a)  Observations  astronomiques  failes  a  l'observatoire  de  Genive  dans  les 
annees  1857  et  1838.  XVII.  et  XVIII  Series.  Geneve  IgCl.  4. 

1j)  Note  sur  les  variations  periodiqiu'.s  de  la  tcmperature  et  de  ia  prcssion 
atiuosplierique  an  Grand  St.  Bernard    Geneve  1801.  8. 

c)  Resunie  meleorologique  de  l'annee  1800  ponr  Geneve  et  le  grand  St. 
Bernard.  Geneve  1861.  8 

Vom  Herrn  Franz  Tischer  ia  Kloster  Bruch  in  Mähren: 

Die  Lehre  der  geometrischen  Beleutiitungs- Construclion  und  deren  An- 
wendung auf  das  technische  Zeichnen.  Mit  Alias.  Wien  1862.  8. 

Vom  Herrn  F.  J.  Pictet  in  Genf: 

Materiaux  pour  ia  paleontologie  Suissc  ou  recueil  de  monographies 
sur  les  fossiles  du  Jura  et  des  Alpes.  Secondc  Serie.  Sixienie  et 
douzieme  livraison.  Nr.  3  et  9.  contenant:  Dcscription  des  fossiles 
du  terrain  neocomien  des  voirons;  Description  des  fossiles  du  terrain 
cretace  de  Sainle-Croix  avcc  Atlas.  Geneve  1860.  4.  Troisieme  Serie. 
Livraison  1  —  3.  Description  des  reptiles  et  poissons  fossiles  de 
l'etage  virgulien  du  Jura  Neuchalelois.  Quatriemc,  seplieme,  hui- 
tii>nie  livraisons:  Description  des  fossiles  du  terrain  cretace  de 
Sainte-Croix.  2«'  partie.  Nr.  1.  4.  5.  Geneve  1860—62.  4. 

Vom  Herrn  E.   P.  Liharzik  in  Wien: 
Das  Gesetz  des  VVachsthums  und  der  Bau  des  Menschen.  Wien  1862.  4. 

Vom  Herrn  M.  Aime  Brian  in  Lyon: 

Observations  metcorologiques  faites  a  9  lieures  du  matin,  a l'observatoire 
de  Lyon  du  1.  Decbr.  1857,  au  1.  Decbr.  1859.  Lyon  1862.  8. 


M 


Sitzungsberichte 

der 

könig].   bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Philosophisch- philologische  Classe. 

Sitzung  vom  4.  März  1862. 


Herr  Spengel  berichtete  über  einen  von  dem  aiisw.  Mit- 
gliede  Herrn  L.  von  Jan   in  Schweinl'urt   eingesandten  Aufsatz 

„Ueber  den  gegenwärtigen  Stand  der  hand- 
schriftlichen Kritik  der  Naturalis  historia 
des  Plinius." 

Die  erste  genaue  Vergleichung  einer  ganzen  Handschrift 
der  Naturalis  historia,  niirnlich  der  Riccardianischen,  wurde  durch 
die  Vennilllung  der  lt.  Akademie  bewerkstelligt;  es  mochte 
desshalb  nicht  ungeeignet  sein,  derselben  nach  Ablauf  von  mehr 
als  30  Jaliren  einen  kurzen  Bericht  über  das  seitdem  auf  die- 
sem Gebiet  an's  Licht  Getretene  abzustatten ,  und  darzulegen, 
welche  Bearbeitung  der  von  verschiedenen  Seiten  her  gesam- 
melte Stoff  inzwischen  gefunden  hat,  und  was  noch  zu  thun 
übrig  ist. 

Werfen  wir  einen  Blick  auf  den  Stand  der  Kenntniss  der 
Handschriften  des  altern  Plinius  zu  jener  Zeit,  als  Thiersch  den 

11S62.  I.]  16 


222       Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  Mütt.  1862. 

bei  der  Naturforscherversammlung  in  Dresden  geAisslen  Beschluss 
eine  neue  Ausgabe  der  Naturalis  bisloria  zu  veranstalten  bei 
der  Versiimnilung  in  München  in  eine  sicherere  Bahn  leitete  und 
den  Ralh  gab,  sich  fiir's  Erste  auf  die  kritische  Berichtigung  des 
Textes  zu  beschränken,  so  zeigt  sich  bald,  dass  damals  nach 
keiner  Seile  hin  ein  fester  Grund  zu  finden  war.  Der  älteste 
Bearbeiter  des  Werkes,  der  von  ihm  benützte  Handschriften  er- 
wähnt hat,  Hermolaus  Barbarus,  hat  nirgends  etw^as  über  das 
Alter  oder  die  BeschafTenheil  derselben  gesagt,  so  dass  man  bis 
heute  noch  nicht  darüber  im  Reinen  ist,  ob  nicht  das  Meiste 
von  dem,  was  er  als  aus  Handschriften  geschöpft  angibt,  aus 
Conjeclur  hervorgegangen  ist.  Gelenius  erwähnt  zwei  Hand- 
schriften, die  er  benützt  habe,  allerum  exemplar  longe  inte- 
gerrimum,  depravatius  alterum;  was  er  aber  als  aus  denselben 
entnommen  anführt,  macht  nicht  selten  den  Eindruck  einer  will- 
kührUchen  Veränderung;  Rhenanus  nennt  als  seine  Quelle  einen 
codex  Murbacensis,  der  aber  spurlos  verschwunden  ist,  ohne 
dass  wir  etwas  Näheres  von  ihm  wissen.  Dalechamp  hebt  unter 
mehreren  von  ihm  benützten  Handschriften  die  von  einem  Arzte 
Chifllet  herstannnende  hervor  (bei  Sillig  (rJ),  welche  in  Besan(;on 
aufbewahrt  war,  jetzt  aber  verloren  gegangen  ist,  ohne  dass 
wir  eine  genauere  Kenntniss  von  ihrer  Besehaflenheit  haben, 
was  um  so  mehr  zu  bedauern  ist,  als  sie  offenbar  zu  den 
besseren  gehört.  Ferd  Pintianus  hat  seine  Toletaner  Handschrift 
ohne  Angabe  des  Alters  beschrieben,  das  Urtheil  über  dieselbe 
hat  sich  aber  auch  erst  in  der  jüngsten  Zeit,  wenn  gleich  die 
neuerdinors  anffestellle  Vergleichung  keineswegs  eine  durchaus 
zuverlässige  ist,  in  der  Hauptsache  festgestellt.  J  F.  Gronovius 
bezeichnete  seine  Handschriften  mit  Namen,  unterliess  aber  eine 
genauere  Beschreibung,  so  dass  die  thcihveise  zu  den  besten 
gehörigen  Handschriften  auch  erst  in  der  neuesten  Zeit  in  ihrem 
wahren  Werthc  erkaiuit  worden  sind.  Die  Pariser  Handschriften 
wurden  vor  Hardiiin  von  Buddeus  und  Salmasius  benützt,  keiner 
von  beiden  liess  sich  aber  auf  eine  nähere  Charakteristik 
derselben  ein;  Harduin  selbst  benutzte  sie  höchst  oberflächlich  und 


V.  Jan:  Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Plinius.  223 

einseilig,  indem  er  ihnen  namentlich  bei  den  Lücken,  die  er  in 
denselben  fand,  mit  einer  Znversichllichkcit  Glauben  schenkte, 
die  noch  Sillig  bei  der  Ausarbeitung  seiner  kleinen  Ausgabe 
täuschte  (vgl.  Gel.  Anzeigen  1836.  Aug.  Nr.  164  ff.). 

Seitdem  ruhte  die  Kritik  des  Plinius  bis  auf  Brotier,  der 
die  Pariser  Handschriften  nur  hier  und  da  zu  Rathe  zog.  Der 
Graf  a  Turre  Rezzonici  berichtete  in  seinen  disquisitiones  Plini- 
anae  über  viele  Handschriften,  doch  ohne  genauere  Kenntniss; 
ausserdem  gaben  nur  die  Kataloge  der  verschiedenen  Biblio- 
theken meist  ziemlich  oberflächliche  Berichte  über  die  in  den- 
selben befindlichen  Handschriften,  oder  diese  wurden  in  einzelnen 
Thellen  zu  bestimmten  Zwecken  benützt,  wie  von  Zoega  in  sei- 
nem Werke  de  obeliscis  oder  von  Sillig  in  seinem  calalogus 
artificum,  oder  es  wurden  kurze  Berichte  mit  beschränkten  Pro- 
ben gegeben,  wie  von  Thiersch  und  Osann  im  Kunstblatt  zum 
Morgenblatt  1827  Nr.  22  und  1832  Nr.  60  —  70  über  die 
Uiccardianische. 

Als  Handschriflenvergleichungen  veranstaltet  werden  soll- 
ten, wandte  sich  der  Blick  zunächst  auf  die  letztgenannte ,  die 
für  die  älteste  galt  und  noch  gar  nicht  in  ausgedehnlerer  Weise 
benützt  worden  war,  und  auf  die  von  Harduin  anerkannter 
Maassen  nicht  mit  der  gehörigen  Gewissenhaftigkeit  benutzten 
Pariser  Handschriften,  und  die  k.  Akademie  bewog  S.  Majestät 
den  Köniof  Ludwig  allerornädiost  eine  Sunnne  zur  Bestreitung 
der  Kosten  der  Vergleichung  auszusetzen ,  mit  welcher  ich  be- 
auftragt wurde.  Die  Bewerkslelligung  einer  neuen  Vergleichung 
der  Toletaner  Handschrift  üi)ernahm  allcM-gnädigst  S.  Majestät 
der  König  August  von  Sachsen;  über  die  von  Gronovius  be- 
nutzten Handschrilien  war  man  noch  so  wenig  im  Klaren ,  dass 
man  den  codex  Vossianus  in  Oxford  und  Exeler  suchte  (vgl. 
Oken's  Isis  1830.  Heft  5,  S.  54i,  und  Heft  9,  S.  896);  später 
wurde  die  Vergleichung  in  Leiden  von  Berlin  aus  besorgt.  Der 
Umstand,  dass  nach  Vollendung  meiner  Arbeit  in  Florenz  die 
zur  Reise  nach  Paris  nothigen  Mittel  in  Frage  standen,  veran- 
lasste mich  inzwischen  auf  eigene  Kosten  nach  Rom  und  Neapel 

IG* 


224       Sitzung  der  yhilos.    philol.  Classe  vom  4.  März  1862. 

ZU  gehen,  um  mich  auch  dort  nach  den  Handschriften  des  Pli- 
nius  umzusehen;  meine  Excerple  sandte  ich,  weil  ich  sie  bei 
der  beabsichtigten  Seereise  von  Neapel  nach  Marseille  nicht  der 
Gefahr  verloren  zu  gehen  aussetzen  wollte,  durch  einen  eben 
von  Rom  zurückkehrenden  Courier  nach  München,  was  ich  später 
mehrfach  zu  bereuen  Ursache  hatte.  Als  ich  nämlich  in  der 
Vaticanischen  Handschrift  D  und  in  der  Pariser  a  eine  mit  der 
Riccardianischen  gemeinsame  Umstellung  in  den  ersten  Büchern 
bemerkte,  die  für  diese  Theile  des  Werkes  die  Abstammung 
aus  einer  gemeinsamen  Quelle  über  allen  Zweifel  erhob  ,  leitete 
die  Unmöglichkeit  einer  weitergehenden  Vergleichung  mein  Ur- 
theil  in  sofern  irre,  als  ich  eine  durchgehende  Verwandtschaft 
vermuthete,  was  mich  veranlasste  diese  Handschriften  nur  in 
denjenigen  Theilen  zu  vergleichen,  welche  in  der  Riccardiani- 
schen fehlen. 

Kurz  nach  meiner  Rückkehr  nach  München  wurden  die 
von  mir  gesammelten  Excerpte  Sillig  zur  Verarbeitung  über- 
geben, so  dass  sie  mir  bei  der  Ausarbeitung  meiner  Inaugural- 
Disserlalion  (Observationes  ahquot  crilicae  in  C.  Plinii  Secundi 
Naturalis  historiae  libros.  Monach.  1830)  schon  nicht  mehr  zur 
Hand  waren.  Die  Vergleichung  des  verschiedenen  Schlusses 
des  Werkes  in  den  Ausgaben  und  in  den  freilich  durchaus 
späteren  Handschriften,  in  welchen  ich  das  letzte  Huch  gefunden 
hatte  (wovon  unten  weiter  die  Rede  sein  wird),  mit  der  Inhalts- 
angabe im  ersten  Buche  und  mit  der  Weise ,  wie  Plinius  bei 
dem  Abschlüsse  der  bedeutenderen  Abschnitte  seines  Werkes 
verfahren  ist,  machten  es  mir  zur  Ueberzeugung,  dass  der  eigent- 
liche Schluss  fehle,  den  ich  ein  Jahr  später  in  der  Bamberger 
Handschrift  auffand,  welche  leider  nur  die  sechs  letzten  Bücher 
enthält,  in  diesen  aber  an  so  vielen  Stellen  die  allein  richtige 
Lesart  bietet  und  bisher  noch  nicht  erkannte  Lücken  ausfüllt, 
dass  sie  nicht  nur  für  diese  Bücher  als  Hauptquelle  der  Kritik 
erscheinen  mussle,  sondern  auch  die  Beschairenheit  des  Textes  der 
übrigen  besser  als  früher  durchschauen  liess,  wie  es  namentlich 
nur  durch  sie  mögli(  h  wurde  das  oben  erwähnte  unrichtige  Ver- 


V.  Jan:   Zur  Kritik  der  A'.  Hi'.st.  de-t  Plinius  225 

fahren  Hnrduins  in  Betreff  der  in  seinen  Handschriften  liickcn 
liaflen  Stellen  zu  erkennen.  Auf  Sillig-'s  grössere  Ausgabe  hatte 
aber  diese  Entdeckung,  abgesehen  davon,  dass  sie  den  letzten 
Büchern  violfailig  zu  gut  kam.  die  üble  Einwirkung,  dass  er  in 
den  Büchern,  in  welchen  er  durchaus  auf  geringere  Handschrif- 
ten angewiesen  war,  diesen  allzu  sehr  misstraute,  das  Verhält- 
niss  derselben  unter  einander  nicht  gehörig  erwog  und  vielfach, 
wo  diese  Besseres  boten,  bei  der  Vulgata  stehen  blieb,  während 
er  sich  ein  grosses  und  bleibendes  Verdienst  dadurch  erwarb, 
dass  er  den  von  so  verschiedenen  Seiten  zusanunon  gebrachten 
und  in  so  verschiedener  Weise  verzeichneten  Apparat  auf's  Ge- 
naueste und  in  einer  leicht  überschaulichen  Weise  zusammen- 
stellte. Den  Text  mit  den  Handschriften  noch  mehr  in  Einklang 
zu  bringen  war  die  Aufgabe  der  von  mir  für  die  Teubner'sche 
Sammlung  unternommenen  Recognition ,  und  dasselbe  Ziel  ver- 
folgte, wenn  auch  in  etwas  freierer  Weise,  Urlichs  in  seinen 
Vindiciae  Plinianae.  Als  ich  eben  jene  Bücher  bearbeitet  hatte, 
entdeckte  Fridegar  Mone  den  bedeutende  Fragmente  der  Bücher 
11  — 15  und  der  zu  derselben  gehörigen  Inhaltsanzeigen  ent- 
haltenden Palimpsesten,  der  über  den  Text  der  darin  befind- 
lichen Theile  ein  so  neues  Licht  verbreitete,  dass  ich  mich  ver- 
anlasst sah ,  den  bereits  constituirten  Text  noch  einmal  umzu- 
arbeiten, wobei  allerdings  dem  wichtigen  Funde  nicht  überall 
im  Einzelnen  die  verdiente  Rücksicht  zu  Theil  wurde. 

Neue  Entdeckungen  sind  seitdem  nicht  zu  Tage  gekommen, 
wohl  aber  in  der  jüngsten  Zeit  zwei  sehr  anerkennenswerthe 
Versuche  gemacht  worden  die  Beschaffenheit  der  einzelnen 
Handschriften,  ihre  Bedeiitinig  und  ihr  Verliiillniss  zu  einander 
genauer  zu  unlersucher»  und  so  der  handschriftlichen  Kritik  des 
Plinius  eine  festere  Grundlage  zu  geben ,  welchen  ich  im  Fol- 
genden eine  eingehende  Besprechung  widmen  werde,  um  klar 
zu  machen,  welche  Resultate  wir  denselben  verdanken. 

Detlef  Detlefsen  hat  niimlich,  nachdem  er  bei  Gelegen- 
heil der  Beurlheilung  der  Abhandlung  Urlichs'  de  numeris  et 
nominibus  propriis  in  Plini  Nalurali  historia  in  den  Neuen  Jahr- 


226        Sitzuiiij  der  philos.-philol.  Vlasse  vom  4.  IMärz  1862. 

büchern  fiir  Philologie  iiiid  Pädagogik  Bd.  77  S.  660  ff.  sich 
über  die  Nolhwon(hgkeit  ausgesprochen  halte  das  Verhälttiiss 
der  HHiulschriflen  dos  Pliiiius  untereinander  einer  genaueren 
Erwägung  zu  untersteilen,  in  dem  Rheinischen  Museum  für  Phi- 
lologie N.  F.  Bd.  XV.  S.  265-288  und  367—390  unter  dem  Titel: 
„EpilegomenazurSiil'g'.srhen  Ausgabe  von  Plinius  Naturalis historia" 
die  Handschriften  dos  Plinius  bis  zum  12  Jahrhundert  ihrem 
Alter  nach  zu  ordnen  und  die  einzelnen  Bestandlheile  derselben 
möglichst  genau  anzugeben,  dann  ihr  Verhällniss  zueinander 
festzustellen  und  einen  Stammbaum  derselben  zu  entwerfen  ver- 
sucht. Er  beginnt  dabei  mit  den  Worten:  „Die  Frage  nach  dem 
Werthe  der  verschiedenen  Ou<'llt"i  -  aus  drnen  unser  Text  von 
Phnius  N.  H.  entstanden  ist,  so  wie  nach  dem  Verhältniss  der- 
selben zueinander  muss  noch  immer  als  eine  offene  betrachtet 
werden.  Die  Bemühungen  besonders  Jans  und  Silligs  um  die 
Kritik  dieses  für  so  manchen  Theil  der  Alterthumswissenschaft 
so  unentbehrlichen  Vi'erkes  haben  mehr  durch  die  Herbei- 
schafTuno-  neuen  und  llieilweise  höchst  werthvollen  Materials  als 
durch  eine  klare  auf  festen  Grundsätzen  beruhende  Anordnung 
und  Verwendung  desselben  ihre  Bedeutung" .  und  schlicsst  mit 
dem  Ausspruch:  ..Nienumd  aber  wird,  glaube  ich,  anstehen  zu 
sagen,  dass  eigentlich  sowohl  in  quantitativer  als  in  qualitativer 
Beziehung  flu*  die  Kritik  der  N.  H  noch  mehr  zu  thun  übrig 
ist,  als  bisher  gethan,  ist'',  ein  Ausspruch,  der  sich  auch  in  den  N. 
Jahrbüchern  für  Phil,  und  Päd.  a  a.  0.  findet.  Das  Erstere  erinnert 
an  den  Ausspruch  des  Baco  von  Verulam,  dass  die  Empiriker  den 
Ameisen  gleichen  die  viel  brauchbares  Material  zusammentragen, 
die  Vernunft  aber  der  Biene,  die  ihr  Material  aus  den  Gärten  und 
Wiesen  zieht  und  dieses  dann  nnt  eigener  Kraft  sichtet  und 
ordnet;  doch  lässt  sich  dieser  Vergleich  nicht  ohne  Weiteres 
hieher  anwenden,  da  ja  Detlefsen  einerseits  sich  dasZusanmien- 
tragen  des  Materials  nicht  zuschreibt,  andererseits  aber  seinen 
Vorgängern  gegenülxM-  sich  nicht  einmal  in  dieser  Beziehung 
befriedigt  erklärt,  wie  das  Schlusswort  zeigt,  nnt  dem  wir  es 
hier  vorzugsweise  zu  thun  haben. 


r.  Jan  :  Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Plinius.  227 

Es  fragt  sich  nämlich  vor  allem,  ob  etwa  Sillig  zur  Last 
fällt,  flass  er  eine  bedeutende  Anzahl  von  Handschriften,  die 
ihm  zugänglich  gewesen  wären,  ausser  Acht  liess;  denn  von 
solchen,  die  erst  nach  Vollendung  seiner  Arbeit  entdeckt  wur- 
den, wie  der  Mone'sche  Palimpsest,  dessen  vollständiger  Abdruck 
erst  nach  seinem  Tode  als  die  erste  Abtheiluiig  des  sechsten 
Bandes  seiner  Ausgabe  erschien,  kann  wenigstens  ihm  gegen- 
über nicht  die  Rede  sein.  Wir  finden  aber  folgende  als  von 
ihm  nicjit  berücksichtigt  aufg(!führl: 

1)  einen  codex  Lucensis,  der  allerdings  dem  8  Jahrhundert 
angehört ,  und  sich  nach  S.  378  an  die  Vaticanische 
Handschrift  D  anschliesst,  aber  im  Ganzen  nur  56  Para- 
graphen von  Buch  18,  §.  309  bis  zu  Ende  enthält; 

2)  einen  codex  Luxemburgensis  (S.  Waitz  in  Pertz  Archiv 
für  deutsche  Geschichtskunde  1842  S.  21  und  in  Schnei- 
dewin's  Philologus  1852,  Bd.  7.  S.  569  —  572),  der  alle 
Bücher  der  IN.  H.  enthalten  und,  wie  die  folgenden  dem 
12.  Jahrhundert  angehören  soll; 

3)  einen  codex  Arundelianus,  der  die  ersten  18  Bücher 
enthält ; 

4)  einen  codex  Cenomanensis  (in  Le  Mans)  mit  allen 
Büchern ; 

5)  einen  codex  Claramontanus,  jetzt  in  Paris,  ein  sehr  un- 
vollständiges Exemplar,  nach  Rezzonicus  71  Blätter 
enthallend; 

6)  einen  codex  Redonensis,  den  Harduin  benützte. 
Näheres  findet  sich  übrigens  bei  Detlefsen  über  keine  dieser 

Handsclnillen.  Ueber  die  Luxemburger  Ha  ndschri  ft  habe  ich 
durch  die  Güte  Ags  Herrn  Bibhothekar  Namur  briefliche  Nach- 
richten erhalten,  und  derselbe  hat  sie  inzwischen  in  einer  be- 
sonderen, aus  (lern  Bulletin  de  l'Academie  de  Belgique  2'''  serie 
tome  XL  n°  4  abgedruckten  Schrift  unter  dem  Titel:  Sur  un 
manuscrit  de  Plinii  Hisloria  naturalis,  de  la  fin  du  onzieme  siecle, 
conserve  ä  la  bibliotheque  de  rAlhence  de  Luxembourg,  notice 
par  M.  A.  Namur,  profcsseur-bibliothecaire  de  cet  etablissement, 


228        Sitzung  der  pln'los.  -  jifiilol.  Ctasse  vom  4.  März  1869. 

beschrieben.  Daraus  ergibt  sich  für's  Erste ,  dass  die  Angabe, 
die  Handschrift  enthalte  alle  Bücher,  unrichtig  ist.  denn  es  fehlt 
das  37.,  welclicm  f)('llüfsen,  obgleich  es  noch  am  meisten  der 
Verbesserung  bedarf,  am  wenigsten  Aufmerksamkeit  geschenkt 
zu  haben  scheint.  Namur  beschreibt  die  gemalten  Anfiings- 
buchstaben  der  einzelnen  Bücher  genau  und  führt  zum  Beweis 
für  das  Alter  der  Handschrift  die  Aehnlichkeit  der  Schrift  nn"l 
der  Pariser  Handschrift  des  Vergil  Nr.  7930  an  und  gewisse 
Eigenthümlichkeiten  der  Orthographie,  namentlich  des  e  mit 
cedille  für  ae.  Fünf  Dinge  aber  sind  es,  die  mich  in  ähnlicher 
Weise  wie  bei  der  gleich  zu  besprechenden  NMener  Handschrift 
ü)  vermuthen  lassen,  es  möchte  eine  der  Handschrillen  sein, 
welche  im  15.  Jahrhundert  mit  möglichstem  Anschluss  an  die 
Schrift  des  11.  und  12.  Jahrhunderts  geschrieben  worden  sind: 
1)  die  vorausgeschickte  Notiz  über  das  Leben  des  Plinius,  welche 
Waitz  im  Philologus  VII.  3,  p.  570  mitgetheilt  hat;  2)  die  Ueber- 
schrift  des  ersten  Buches:  Incipit  hystoriaium  nunidi  elenchorum 
omnium  librorum  XXX VH  liber  unus  qui  primus,  3)  die  Ein- 
theilutig  in  Kapitel  mit  besondern  Ueberschriflen,  4)  Manches  in 
der  Orthographie,  wie  das  öfters  vorkommende  y  für  i,  tercius, 
nichil,  und  unstatthafte  Verdoppelung  von  Consonanten,  endhch 
5)  die  mit  Reissblei  gezogenen  Linien,  lauter  Merkmale,  die  ich 
bei  keiner  älteren  Handschrift  gefunden  zu  haben  mich  erinnere. 
Die  gegebenen  Proben,  auf  welche  im  Einzelnen  einzugehen  zu 
weit  führen  würde,  lassen  das  Verhältniss  zu  den  andern  Hand- 
schriften nicht  so  erkennen,  wie  es  der  Fall  sein  würde,  wenn 
auf  die  Dellef'schen  Untersuchungen  dabei  Rücksicht  genommen 
wäre.  Im  ersten  Buch  zeigt  sich  bald  ein  Hinneigen  zu  Ra, 
bald  zu  Td.  Den  besten  Handschriften  schliesst  diese  sich  in  kei- 
nem Theile  an,  sie  hat  aber  manche  eigenthüniliche  Verderbnisse. 
Bemerkenswerlh  erschien  mir  nur  35  §.  11  die  Lesart :  ut 
praesentes  esse  ubique  dii  possent ,  indem  sie  die  von  mir  und 
Urlichs  aufgenommene  Herlz'sche  Conjeclur  ubique  cen  di  un- 
terstützt. Eine  volLsliindigii  Vergleichung  dieser  Handschrift 
möchte    sich   daher   wohl   kaum   der  Mühe   lohnen;    doch  ist  es 


V.  Jan:  Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Plinitis,  229 

jedenfalls   dankenswertli ,    dass  Herr  Namur  die  Mühe  auf  sich 
genommen  hat  diese  Aufschlüsse  über  dieselbe  zu  geben. 

Demnach  berechtigt  die  bis  jetzt  erlangte  Kenntniss  von 
Handschriften,  welche  Sillig  nicht  benützt  hat,  gewiss  nicht  zu 
dem  Ausspruch,  dass  in  quantitativer  Beziehung  noch  mehr  ge- 
schehen müsse  als  geschehen  ist ;  eher  liesse  sich  dieses  in  Be- 
treff der  nur  thoilweise  verglichenen  Handschriften  sagen. 

Hieher  gehört  der  oben  schon  erwiihnte  Umstand,  dass  die 
älteste  Pariser  Hand  schrill  a  von  mir  nur  thoilweise  ver- 
glichen worden  ist.  Sillig  hat  (\en  hier  begangenen  Fehler  thoil- 
weise dadurch  wieder  gut  gemacht,  dass  er  mehrere  Bücher 
durch  Dübner  vergleichen  liess,  so  dass  von  den  32  Büchern, 
welche  sie  enthält,  19  verglichen  sind,  also  noch  13  fehlen. 
Diess  ist  allerdings  zu  bedauern;  ob  aber  der  dadurch  ent- 
stehende Verlust  so  gross  ist  als  das  Alter  der  Handschrift  er- 
warten lässt,  fragt  sich  noch,  da  die  Handschrift  in  allen  bisher 
verglichenen  Büchern  sehr  durch  Schreibfehler  entstellt  ist.  Auf 
die  Correcturen  in  ders<>ll)en  von  zweiter  Hand  w«;rden  wir 
später  zu  sprechen  kommen. 

Aus  demselben  Grunde  blieb,  abgesehen  von  den  äussern 
Umständen,  die  Vaticanische  Handschrift  I)  in  den  13  Bü- 
chern, welche  sie  mit  der  Riccardianischen  gemeinsam  enthält, 
unverglichen;  allein  der  Verlust  ist  auch  hier  nicht  so  gross 
als  er  nach  den  Worten  Dellefsen's  (S.  273)  zu  sein  scheint, 
da  die  Zusätze,  welche  sich  von  zweiter  Hand  an  den  Rand 
geschrieben  finden ,  diescu-  Handschrilt  vorzüglich  ihre  Wichtig- 
keit verleihen,  in  den  nicht  verglichenen  Büchern  aber  nach 
den  mir  durch  Herrn  Dr.  Brnnn's  Güte  gewordenen  Miltheilungen 
in  denselben  auch  nicht  eine  neue  Ergänzung  bieten. 

Die  Wiener  Handschrift  lo  ist  schon  vor  11  Jahren 
Gegenstand  einer  Controverse  geworden.  Sillig  hatte  nämlich 
in  seiner  Vorrede  nur  kurz  erwähnt,  dass  Haupt  in  seiner  Aus- 
gabe von  Ovid's  Halienlica  Einzelnes  aus  dieser  Handschrift  mit- 
getheilt  habe,  und  reihte  dieses  am  gehörigen  Orte  ein.  Sein 
Recensent  in  Zarncke's  Centralblatt  1851,  Nr.  22  wollte  dagegen 


230       Sit-zunif  der  philos.  -philol.  Vtasse  vom  4.  !när%  1862. 

in  den  von  Haupt  angeführten  Stellen  eine  ausserordentliche 
Uebereinstimmung  mit  der  Bamberger  Handschrift  finden,  und 
machte  es  Sillig-  zum  Vorwurf,  dass  er  nicht  das  Verhällniss 
dieser  Handschrift  zu  jener  festgestellt  und,  wenn  sich 
diese  Uebereinslimnmng  durchaus  ergeben ,  sie  ganz  verglichen 
hätte  In  der  Vorrede  zum  V.  Bande  zeigte  Sillig,  dass  die 
Wiener  Handschrift  nur  in  einer  der  von  Haupt  angeführten 
Lesart  allein  mit  der  Bamberger  zusammenträfe,  wesshalb  ich 
aiinehn)en  zu  dürfen  glaubte,  es  walle  eine  Verwechslung  zwi- 
schen dem  sehr  alten  Wiener  Fragment  rr  und  dieser  Hand- 
schrift ob,  (s.  Gel.  Anz.  1853.  Apr.  Nr.  52).  Sillig's  Gegner 
verschanzte  sich  aber  (a.  a.  0.  Nr.  52.  S.  861)  hinter  die 
eigenlhümliche  Erklärung,  die  Rechtfertigung  Sillig's  müsse  so 
lanue  für  missluno-en  erklärt  werden,  bis  er  nachwiese,  dass 
eine  andere  Handschrift  mehr  mit  der  Bamberger  übereinstinune. 
Seit  dem  verlautete  nichts  mehr  darüber,  bis  Detlefsen  (S.  283  f. 
und  368  IF.)  eine  genaue  Beschreibung  dieser  Handschrift  gab, 
und  nachdem  er ,  wie  er  sagt ,  grosse  Theile  derselben  vergli- 
chen hatle,  die  Ansicht  aussprach,  sie  schliesse  sich  zunächst 
an  a  an,  ohne  davon  abgeschrieben  zu  sein.  Er  berichtet  dabei, 
sie  sei  die  älteste  Handschrift  (er  setzt  sie  nämlich  in  das 
12.  Jahrhundert),  welche  alle  Bücher  so  weit  als  alle  Ausgaben 
vor  Entdeckung  der  Bamberger  Handschrift,  d.  h.  bis  37,  §.203, 
enthalte,  wofür  ich  selbst  nur  eine  neuere  Pariser  Handschrift 
anzuführen  wusste.  Der  Mangel  an  guten  Handschriften  für 
das  letzt(;  Buch  liess  es  mir,  obgleich  dieses  in  meiner  Ausgabe 
bereits  gedruckt  vorlag,  höchst  wünschenswerth  erscheinen ,  sie 
wenigstens  in  diesem  Theile  genauer  kennen  zu  lernen;  ich 
wandte  mich  daher  an  Herrn  Professor  Dr.  Vahlen,  über- 
sandte ihm  ein  Verzeichniss  kritisch  unsicherer  Stellen,  über 
welche  ich  Bescheid  wünschte .  und  er  halte  die  Gnt(!  nur  eine 
vollsländige,  theils  von  ihm  selbst,  iheils  von  einem  seiner  Zu- 
hörer, Hr.  Willi.  Harlol,  veranslallele  Vergleichung  des  ganzen 
letzten  Buchs  zu  überschicken,  welche  er  mit  den  Worten  be- 
gleitete: „Ob  Sie  in  der  Handschrill  finden,   was  Sie  erwarten, 


V.  Jan:   Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Ptiniui.  231 

weiss  ich  nicht."  Leider  fand  ich  wirklich  die  Handschrift  nur 
in  der  Lückenhaftigkeit  auch  in  dem  letzten  Buche*  dem  ent- 
sprechend, was  Detiefsens  Bericht  über  dieselbe  erwarten  liess. 
Im  Ganzen  slinunt  sie  unter  den  mir  bekannten  Handschriften 
mit  C  (einer  Wiener)  und  P  (der  Münchner,  ehemals  Pollinger) 
am  meisten  überein,  was  ich  schon  des  Schlusses  wegen  er- 
wartet hatte,  in  welchem  sie  ja  mit  den  Ausgaben  überein- 
slinimt,  von  denen  die  älteren,  vor  Harduin,  sehr  oft  mit  jenen 
Handschriften  zusanimeiitrefTen;  im  Einzelnen  bietet  sie  aber  so 
wenig  Brauchbares  dar',  dass  ich  meinen  Plan  mit  Hilfe  der- 
selben das  letzte  Buch  umzuarbeiten  aufgeben  musste.  Wenn 
die  Beschiiffenheit  der  Handschrift  in  den  übrigen  Büchern  die- 
selbe ist,  so  war  die  Münchner  Handschrift  gewiss  wenigstens 
eben  so  sehr  der  Vergleichung  werth,  von  der  Dellefsen  (N. 
Jahrb.  S.  657  Anm.)  sagt,  die  Mülie,  die  ich  mir  mit  der 
Collation  eines  grossen  Theils  desselben  gemacht  hätte,  müsse 
wohl  eigentlich  als  ganz  verloren  betrachtet  werden,  da  die- 
selbe in  ihrer  letzten  Hälfte  entschieden  besser  als  in  der  ersten 
und    für   das   letzte   Buch,    das   freilich   Dellefsen,    so    sehr   es 


(1)  Das  Verzciihniss  der  Li'itkeii  iiört  bi'i  DctlcLsen  bi'i  35,  S.  86 — 
148  auf;  im  37.  Biicli  fi-liliii  aber,  um  klciiu-re  Au.sla.s.siinjren  nicht  zu 
bciücksiciitij^cn,  S§.  II  — 17;  'iC.  27;  32.  37  —  39;  i8.  49;  h.  ^)C^\  ()8  — 
73:   Jll     112;   117 —  119   i:;anz  oder  zum  gro.sscn  Tlieilc. 

(2)  Zur  Steuer  der  Walirlieit  sei  hier  aiigefiihrt,  das.s  .sie  oliiie  (^  P 
mit  B  iil)erciu.sliiiiinl  oder  ilim  nahe  kommt,  §.  4,  wo  B  ergo  hat,  o> 
ego,  CP  eo;  9.  Bw  calieM.sem  für  Intercatieiisem;  28.  Z.  20  meiner 
Ausgabe  .sint;  43  B  seiiato.s  graeci;  oj  graeci  naios,  für  Euetos  Graeci; 
47.  Bc»  ceriiiis,  dh  eerei.s.  C  P  tetris;  49.  B  w  aut  vor  oslentatio,  das 
sonst  fehlt;  60  pretii  für  .seereti  ;  8.").  Z.  4.  Bio  vel  für  aut  oder  et;  93. 
Bi»  repiTcussus  für  .  ssu;  119.  B^.>  gloriam  für  ..ia:  120.  B  cj  praeterea 
für  celerum ;  122  B <"  aspeeluni  lür  .  tu;  126.  Z.  35.  Bio  oni  el  vor 
fulgoris;  151.  Bo  iaspidi.s  für  spiris,  152.  B  oj  tatoptritis  für  .  pjritis: 
105  B(>  aeeidenli  für  ..tem;  182.  Bw  sjrtilis  für  Sjrtides  oder  Syr- 
tilides.  .\us>eidem  «ird  §.  52  da.s  von  mir  aus  P  allein  aufgenommene 
tempore  für  tep  und  S-  107  meine  tionjeelur  eruerent  für  eruerunt  luuh 
meiner  (iollalion  von  (o  bestäligt. 


232        S/tzintf/  der  philos.-pUilnl.  Classe  vom  4.  Mävz.  1862. 

noch  der  Verbesserung  bedarf,  gar  nicht  in  den  Kreis  seiner 
Untersuchungen  gezogen  hat,  bei  dein  Mangel  an  Handschriften 
nicht  ohne  Bedeutung  ist.  Mit  der  Handschrift  a  ist  für  die 
letzten  Bücher  keine  Vergleichung  möglich,  da  diese  nicht  über 
Buch  32.  hinaus  reicht.  Das  Alter  erscheint  mir  u.  a.  wegen 
der  Eintheilinig  in  Kapitel  mit  Ueberschriften  zweifelhaft,  von 
denen  die  letzte  Zahl  (LXVI)  sich  bei  §.  164  findet,  wahrend 
die  Ueberschriften  bis  zu  Ende  fortgehen. 

Auch  in  dieser  Beziehung  ist  demnach  wohl  kaum  der  Aus- 
spruch zu  rechtfertigen,  dass  für  die  Kritik  des  Plinius  in  quan- 
titativer Beziehung  noch  mehr  geschehen  müsse,  als  geschehen 
sei;  wir  sehen  uns  daher  auf  die  Leistungen  in  qualitativer  Be- 
ziehung hingewiesen,  und  wir  wollen  dem  gemäss  im  Folgenden 
das  in's  Auge  fassen,  was  Detlefsen  in  Betreff  der  Beurtheilung 
einzelner  Handschriften,  ihrer  Bestandtheile  und  der  Correcturen 
von  zweiter  Hand,  dann  über  das  Verhältniss  der  verschiedenen 
Handschriften  zu  einander  und  über  die  Benützung  derselben 
zur  Verbesserung  des  Textes  an  dem  bisher  Geleisteten  tadeln 
und  berichtigen  zu  müssen  glaubt,  wobei  sich  ergeben  wird, 
dass  Einzelnes  dabei  auf  Missverständnissen  oder  unrichtigen 
Angaben  beruht,  in  Anderem  aber  ein  entschiedener  Fortschritt 
nicht  in  Abrede  zu  stellen  ist. 

Das  Erslere  ist  wohl  der  Fall,  wenn  es  S  378  heisst: 
,,Was  cod.  c  (Paris  6796)  betrifft,  so  habe  ich  über  ihn  schon 
oben  (vergl.  S.  283,  „dass  er  sich  dem  cod  R  anschliesse",) 
kurz  mein  Urlheil  dahin  abgegeben,  dass  er  mit  R,  wie  Jan  und 
Sillig  meinen,  nichts  zu  thun  habe."  Hier  scheinen  nämlich  die 
Worte,  mit  denen  Sillig  (praef.  p.  XIV)  mein  Urllieil  über  diese 
Handschrift  (obss.  crit.  p.  6)  wieder  gegeben  hat,  missverstan- 
den zu  sein.  Ich  war  dabei  weit  entfernt  von  einer  Verwandt- 
schaft des  Textes  beider  Handschriften  zu  reden ,  da  ja  die 
Bücher,  welche  er  enthält,  im  Riccard.  gar  nicht  stehen,  und 
habe  vielmehr  nur  gesagt,  <lie  Schrifizüge  beider  Handschriften 
seien  so  ähnlich,  dass,  wenn  das  Format  ganz  gleich  wäre,  man 
vcrmulhen   könnte    Framnente   einer   und   derselben    Handschrift 


V.  Jan  :  Zur  Kritik  der  IS.  Hht.  des  Plinius.  233 

vor  sich  zu  haben,  was  Fels  (s.  S.  36  seiner  Abhandlung)  rich- 
tig erkannt  hat;  man  vergleiche  auch  noch  das  in  Oken's  Isis 
1830.  lll.  S.  542  darüber  Gesagte.  Die  Notiz,  dass  die  Hand- 
schrift aus  Corvey  slanime ,  beruht  wohl  auf  einem  Versehen ; 
es  ist  vielmehr  ein  codex  Colbertinus. 

Wenn  über  die  Pariser  Handschrift  d  (Nr.  6797)  Det- 
lefsen  sagt,  man  würde  sich  derselben  wohl  gänzlich  enfschlagen 
können,  wenn  die  guten  Oui^l'^^'»  i»  ihrem  ganzen  Umfang  ])esser 
bekannt  wären,  und  glaubt,  ohne  über  den  Werth  dieser  Hand- 
schrift entschieden  absprechen  zu  wollen,  sie  hätte  weniger  als 
alle  altern  Pariser  Handschriflen  verdient  ganz  verglichen  zu 
werden,  ihr  andererseits  aber  eine  gewisse  Selbstständigkeit  zu- 
erkennt, und  hinzulügt,  sie  enthalte  übrigens  alle  Bücher  der 
N.  H. ,  so  ist  bei  Dellefsens  sonstiger  Genauigkeit  die  letzte 
Bemerkung  auffallend,  da  ja  schon  Rezzonicus  H,  S.  262  und 
Sillig  praef.  p.  XVI  gesagt  haben ,  dass  das  letzte  Buch  aus 
einer  weit  schlechteren  Quelle  von  viel  jüngerer  Hand  abge- 
schrieben ist,  wenn  er  auch  die  Vorrede  zum  5  Band  meiner 
Ausgabe  noch  nicht  gelesen  haben  konnte,  in  welcher  ich  aus- 
gesprochen habe,  dass  Harduin  den  Text  des  letzten  Buches 
dadurch  sehr  verschlechtert  habe,  dass  er  diess  nicht  beach- 
tele und  dieser  Handschrift  blindlings  folgte.  Dass  aber  Sillig 
durch  die  Bevorzugung  dieser  Handschrift  einen  Missgriff  beging, 
ist  längst  von  uns  beiden  zugestanden,  wenn  schon  die  von 
Fels  in  der  nachher  zu  besprechenden  Abhandlung  über  ihr 
Verhältniss  zu  den  guten  Handschriften  M  und  A  angestellten 
Untersuchungen  zeigen,  dass  sie  keineswegs  bei  Seite  geschoben 
werden  darf,  so  lange  nicht  eine  ältere  Handschrift  als  die 
Quelle  derselben  an  ihre  Stelle  treten  kann. 

In  Betreff  der  Toletaner  Handschrift  (T)  ist  nament- 
lich Sillig's  Urtheil  von  dem  von  Dellelsen  nicht  so  sehr  ver- 
schieden als  es  nach  seinen  Worten  scheinen  mochte,  wenn  er 
S.  286,  nachdem  er  angeführt  hat,  dass  sie  nach  den  neuesten 
Untersuchungen  in  das  13.  Jahrhundert  zu  setzen  sei,  hinzu- 
lügl:  „Alles  Gewicht,  welches  Sillig,  Jan  u.  a.  auf  diesen  Codex 


234        Sitzwiy  der  philos.-philol.  Classe  vom  4   März  1862. 

gelegt  haben,  wird  dadurch  nach  meinem  Urtheil  auf  nichts  re- 
ducirt,  so  dass  ich  ihn  für  die  Kritik  des  Phnius  nicht  weiter 
berücksichtigen  werde."  Die  Bestinnnung  des  Alters  allein,  die 
übrigens  bisher  schon  zwischen  dem  11.  und  13.  Jahrhundert 
schwankte,  berechtiot  doch  olFenbar  nicht  zu  einem  so  weo-- 
werfenden  Urtheile.  Sillig  hat  aber,  auch  abgesehen  von 
der  Ungenauigkeit  seiner  Collation,  die  ihn  bewog,  diese  gar 
nicht  unter  Aqw  vollständig  verglicheneu  Handschriften  vor 
<\cn  einzelnen  Büchern  anzuführen ,  sich  in  seiner  Vorrede 
(S  XII)  so  über  dieselbe  ausgesprochen:  Praeterea  vitia  habet 
suae  aelati  communia,  ceterum  descriptus  e  libro  cum  Leidensi, 
Vossiano,  Rlccardiano.  neduui  Bambergensi,  non  comparando,  et 
non  nno  loco  interpolatus.  Mir  gegenüber  könnte  geltend  ge- 
macht werden,  dass  ich  in  der  Inhaltsanzeige  im  ersten  Buche 
dieser  Handschrift  und  der  ihr  verwandten  Pariser  d  mitunter 
den  Voizug  vor  der  Riccardianischen  und  der  ältesten  Pariser 
(Ra)  gegeben  habe,  was  nur  desshalb  geschah,  weil  sie  bei  der 
Anoabe  des  zu  den  einzelnen  Sectionen  Gehöricjen  mitunter 
aus  dem  einfachen  Grunde  einen  bequemeren  Text  boten,  weil 
sich  Harduin  bei  der  Eintheilung  in  Sectionen  vorzugsweise  an 
d  hielt.  Diess  habe  ich  jedoch  in  der  Gralulationsschrift  zu  F. 
V.  Thiersch's  öOjährigein  Doctorjubiläuni  S.  8  TrUchs  gegen- 
über bereits  zugegeben,  und  S.  9  hinzugefügt,  diese  beiden  Hand- 
schriften verdienten  nur  nach  reiflicher  Erwägung  den  älteren 
RVa  (geschweige  denn  MBA)  gegenüber  eine  Berücksichtigung. 
Sie  ganz  und  gar  auszuschliessen  gestattet  aber  der  Zustand  der 
eben  genannten  Handschriften  offenbar  nicht. 

In  ähnlicher  Weise  werden  verschiedene  Urlheile  von  Sillig 
und  mir  in  Eins  zusammengeworfen,  wenn  Dellefsen  über  die 
älteste  Piirisor  Handschrift  sagt:  ,,Was  Sillig  und  Jan  von  ihrer 
zweiten  Hand  halten,  scheint  mir  durchaus  falsch  zu  sein,  worauf 
ich  später  zurückkonunen  werde."  Ein  solcher  Ausspruch  ver- 
langt doch  eine  Begründung;  ich  finde  aber  nur  noch  auf 
S.  387,  dass  die  Correcturen  von  cod.  a  in  den  Büchern  2,  5 
und  6  durchaus  mit  R'  übereinstimmen  und  vielleicht  die  Haupt- 


V.  Jan:  Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Plinius.  235 

quelle  der  Jüngern  Handschriften  bilden,  und  S.  388,  dass  R-  a^ 
mit  A  viele  Lücken  der  andern  Handschriflen  ausfüllen;  von  R- 
ist  allerdings  mehrfach  die  Rede.  Hier  fragt  es  sich  zunächst, 
ob  wirklich,  wie  die  Worte  Dellefsens  vennulhen  lassen,  Siilig 
und  ich  über  die  zweite  Hand  der  Ausgabe  a  eine  gleiche 
Ansicht  ausgesprochen  lialten.  Diess  ist  aber  nicht  der  Fall. 
Siilig  hat  sich  meines  Wissens  nirgends  bestimmt  darüber  er- 
klärt, folgt  aber  der  zweiten  Hand  in  R  und  a  namentlich  in 
den  ersten  Büchern  allzu  oft,  worin  ich  ihm,  wie  schon  die 
discrepantia  scripturae  in  meiner  Ausgabe  zeigt,  nicht  bei- 
stinunen  kann ;  mein  in  der  erwähnten  Gratulationsschrift  darüber 
ausgesprochenes  Urthcil  geht  aber  dahin,  dass,  wenn  diese 
Correcturen  nicht  aus  verschiedenen  Outillen  stammen,  sie  einer 
alten  Handschrift  entnonnnen  sein  müssen ,  welche  schon  inter- 
poUrt  war,  so  dass  sie  bei  der  Benützung  grosse  Vorsicht  nölhig 
machen,  indem  sie  bald  mit  den  ältesten  und  besten  Qi^'Uen 
zusammentrelTen,  bald  ähnliche  Inlei'polationen  wie  die  älteren 
Ausgaben  enthalten,  und  dieses  Urtheil  weicht  gar  nicht  so  sehr 
von  der  S.  387  von  Dellefsen  aufgestellten  Ansicht  ab. 

In  Betreff  der  Vaticani sehen  Handschrift  1)  würde 
sich  Detlefsen  wohl  etwas  weniger  verletzend  gegen  mich  aus- 
gesprochen haben  als  es  S.  273  mit  den  Worten  geschehen  ist: 
„Hätte  Jan  seine  Arbeit  sorgfältiger  gemacht  und  auch  die  vor- 
hergehenden Bücher  verglichen,  so  hätte  er  die  Zahl  dieser 
Ergänzungen  noch  um  einige  vermehren  können''',  wenn  er  die 
Iheilweise  schon  oben  erwähnten  Umstände  gekannt  hätte,  unter 
denen  ich  diese  Handschrift  verglichen  habe.  Wie  oben  schon 
bemerkt  ist,  lag  die  Reise  nach  Rom  ausser  dem  mir  gewor- 
denen Auftrag,  ich  hatte  für  diese,  wie  für  den  Aufenthalt  in 
Rom  keine  Vergütung  zu  erwarten  (vgl.  Thiersch's  Brief  an 
Oken  in  der  Isis  1830  Heft  III.  S.  5i3)  und  habe  nie  eine 
solche  erhalten,  demnngeachtet  widmete  ich  dieser  Handschrift 
fast  zwei  Monate,  nachdem  ich  ihre  Wichtigkeit  erkannt  hatte. 
Die  Klage  des  Grafen  Rezzonicus  (disquisitt.  Plin.  II,  S.  236), 
dass  er  sie  nicht  zu  Gesicht   bekommen  habe,   veranlasst  mich 


236        Sitzung  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  März  i86S. 

dabei  zu  erwähnen ,  dass  es  mir  fast  nicht  besser  ergangen 
wäre.  Bei  meinem  ersten  Besuch  der  Vaticanischen  Bibliothek 
brachte  mir  niimbcli  der  Diener  zuerst  nur  einige  unbedeutende 
neuere  Handschriften,  und  hatte  bereits  gesagt,  sonst  wäre  keine 
da,  als  ich  mir  auf  den  Rath  meines  eben  auch  anwesenden 
Freundes  Walz  Zoega's  Werk  über  die  Obelisken  geben  liess, 
aus  dem  ich  die  Nunmier  38GI  entnalini,  nach  deren  Angabe 
ich  die  Handschrift  bekam.  Wie  steht  es  aber  dabei  mit  Det- 
lefsen's  eigener  Sorgfall?  Er  führt  unter  den  von  mir  ausge- 
lassenen Ergänzungen  eirte  zu  18.236  auf,  die  bei  Sillig  in  der 
Note,  und  in  meiner  Ausgabe  im  Texte  zu  lesen  ist,  nur  dass 
ich  statt  incinnare,  wofih*  er  carminare  vorschlägt,  das  offenbar 
näher  liegende  concinnare  geschrieben  habe.  Doch  davon  ab- 
gesehen hat  der  glückliche  Umstand ,  dass  Detlefsen  gerade 
30  Jahre  nach  mir  die  Handschrift  vergleichen  konnte,  zu  einem 
höchst  wichtigen  Rusultate  geführt,  nämlich  zu  der  Entdeckung, 
dass  diese  Handschrift  und  die  Vossische  in  Leiden  (V)  Theile 
einer  und  derselben  Handschrift  sind.  Wenn  aber  dabei  S.  275 
gesagt  wird ,  wir  besässen  in  D  +  V  das  älteste  Exemplar, 
welches  mit  Ausnahme  einiger  Lücken  die  ganze  N  Hist.  umfasst, 
und  zwar  in  einer  einheitlichen  Redaction,  so  geht  daraus  nicht 
hervor ,  dass  das  37.  Buch ,  auf  das  Detlefsen ,  wie  wir  schon 
gesehen  haben,  überhaupt  wenig  achtet,  auch  hier  fehlt.  Es 
umfasst  nämlich  D  1—19,  §  156;  V  20,  §.186  —  36,  §.97. 
Die  Handschrift  V  ist  bekanntlich  die  Vossische,  auf 
welcher  vom  20.  Buche  an  die  hier  zahlreicher  werdenden  Be- 
merkungen von  J.  F.  Gioiiovius  grösstentheils  beruhen,  weh  he 
zuerst  in  der  Leidener  Ausgabe  von  1669  erschienen  und  dem 
6.  Bande  der  Sillig'schen  Ausgabe  in  einem  von  Wüstemann 
berichtigten  Abdruck  beigegeben  sind.  Zu  der  Zeit,  als  ich  die 
Vaticanische  Handschrift  D  theilweise  verglich,  wusste  man  nach 
dem  Obig(3n  noch  gar  nicht,  wo  die  Vossische  zu  suchen  sei; 
später  wurde  sie  für  Sillig  von  Nauta  verglichen.  Detlefsen 
erhielt  die  ihm  nöthigen  Aufschlüsse  durch  Dr.  Durieu  und  durch 
den  Bibliothekar  der  Leidener  Universität  Dr.  Pluygers,  so  dass 


V.  Jan:  Zur  Kritik  der  ZV.  Hixt.  des  Pltnius.  237 

es  ihm  gelang  die  Zusammengehörigkeit  der  beiden  Handschrif- 
ten nach  deren  äusserer  Beschaffenheit,  nach  deu  Bezeichnungen 
der  Ouaternionen ,  nach  den  Schriftzügen  und  selbst  nach  den 
Correcturen  in  denselben  mit  Evidenz  zu  beweisen. 

Noch  wichtiger  aber  für  die  Kritik  sind  die  Resultate  der 
Untersuchungen  Detlefscn's  über  die  Besfandtheile  der  Riccar- 
dianischen  Handschrift  (R),  und  ich  freue  mich  derselben, 
wenn  schon  eine  gewisse  Beschämung  für  mich  darin  zu  liegen 
scheint,  dass  ich  bei  der  Vergleichung  dieser  Handschrift  nicht 
selbst  diese  Entdeckungen  machte.  Allein  eine  Vergleichung 
mit  andern  Handschriften  war  nach  dem  Obigen  damals  rein 
unmöglich;  auch  ging  die  Weisung  welche  ich  erhielt,  als  ich 
die  Vergleichung  dieser  Handschrift  als  den  ersten  Versuch  auf 
diesem  Felde  übernahm,  nicht  auf  solche  Beobachtungen,  viel- 
mehr nur  dahin,  die  Abweichungen  derselben  von  der  Brotier'- 
schen  Ausgabe  bis  in's  Kleinste  zu  verzeichnen;  und  wie  man 
nach  dem  damaligen  Stande  der  Dinge  mit  meinen  Leistungen 
zufrieden  war,  zeigen  die  Urtheile  von  Thiersch  und  Oken  in 
Isis  1830.  Heft  III,  S.  541.  Dass  ich  nicht  selbst  darauf  kam, 
die  Handschrift,  deren  verschiedenartige  Tlieile  ich  wohl  er- 
kannte, darauf  hin  näher  zu  untersuchen,  ist  verzeihlich,  wenn 
man  berücksichtigt,  dass  ich  vier  und  einen  halben  Monat  wäh- 
rend eines  für  die  dortige  Gegend  ungewöhnlich  kalten  Winters 
in  dem  bekanntlich  ungeheizten  Bibliothekslocale  mit  der  mir 
übertragenen  Arbeit  zubrachte,  so  dass  ich  froh  war,  als  ich 
diese  vollendet  hatte.  Für  später  fehlten  aber  dadurch  sowohl 
Sillig  als  mir  die  hauptsächlichsten  Anhaltspunkte.  In  weit 
glücklicherer  Lage  befand  sich  Detlefsen,  als  er  die  Handschrift 
in  die  Hand  bekam.  Das  Material  aus  den  verschiedenen  Hsind- 
schriften  lag  bereits  geordnet  vor,  und  er  biauchle  seine  Auf- 
merksamkeit nicht  mehr  auf  das  Einzelne  zu  richten,  er  konnte 
daher,  von  den  nolhwendigen  Vorarbeiten  unterstützt  und  durch 
nichts  gestört,  die  einzelnen  Theile  der  Handschrift  untersuchen, 
und  so  kam  er  zu  folgenden  Resultaten : 

Die  Handschrift  bestand  ursprünglich  aus  zwei  llauptlheilen, 

I186i  I.]  17 


238        Sitziiny  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  März  1862. 

von  welchen  der  Scliliiss  des  ersteren  und  der  Anfang  des 
zweiten  verloren  ist,  woher  sich  die  grosse  Lücke  in  der  Mitte 
schreibt  (von  13,88  bis  zum  Schlüsse  des  zwanzigsten  Buches). 
In  den  Büchern  2  —  5  hat  sie  die  oben  erwähnte  Umstellung 
unter  den  bisher  bekannt  gewordenen  Handschriften  mit  Dato 
gemein,  doch  so,  dass  in  den  letzteren  auf  verschiedene  Weise 
die  rechte  Ordnung  herzustellen  versucht  ist.  Die  Aehnlichkeit 
mit  D  reicht  bis  11,216,  von  wo  an  bis  13,  88  eine  Verwandt- 
schaft mit  dem  Mone'schen  Palimpsesten  erkennbar  ist,  woher 
sich  auch  erklären  lässt,  dass  sich  nur  hinter  den  Büchern  11 
und  12  die  Unterschrift  edilus  post  mortem  findet.  Nach  dem 
Original  dieses  Theiles  der  Handschrift  scheint  das  Vorhergehende 
corrigirt  zu  sein,  woraus  sich  die  Vermuthung  ergibt,  dass  das 
Original  der  ersten  Bücher  an  der  genannten  Stelle  schloss,  und 
der  Rest  des  ersten  Haupttheiles  einer  andern  Handschrift  ent- 
nommen und  zugleich  das  bereits  Geschriebene  danach  corrigirt 
wurde.  Der  Anfang  des  zweiten  Haupttheiles  Buch  21  bis  22, 
144  gehört  einer  anderen  Recension  an,  welche  am  meisten  mit 
der  Wiener  Handschrift  w  zusammenstimmt.  Ebendaher  scheint 
das  später  eingeschaltete  Blatt  114  zu  kommen,  und  die  Cor- 
recturen,  welche  sich  von  der  vor  dem  Buche  selbst  wieder- 
holten Inhaltsanzeige  des  26.  Buches  bis  31,  125  mit  Ausnahme 
von  27,  113  —  124  und  28,  39  —  51,  so  wie  jenes  Blattes, 
finden. 

Was  den  Werlli  der  Correcturen  der  ersten  Bücher  be- 
trifft, so  ist  kein  Zweifel,  dass  sich  in  denselben  Vieles  aus  einer 
alten,  guten  Quelle  findet;  dass  aber,  wer  diesen  durchaus  fol- 
gen zu  müssen  glaubt,  auch  viele  unzweifelhafte  Interpolationen 
in  den  Text  bringt,  zeigt  die  Ausgabe  Sillig's ,  wie  schon  oben 
in  Betreif  der  Pariser  Handschrift  a  bemerkt  worden  ist. 

Dass  auf  diese  Untersuchungen  hin  Detlefsen  die  Ver- 
wandtschaft der  Handscliriftcn  bis  in  die  einzelnen  Theile 
genauer  verfolgen  und  angeben  konnte,  versteht  sich  von  selbst; 
namentlich  gilt  diess  von  der  Riccardianischen.  Ausserdem  bieten 
die  beiden  Stammtafeln,    die   er   über   die   zuletzt  besprochenen 


V.  Jan:    Zur  Kritik  der  JV.  Hi^t.  des  Ptinius.  239 

Handschriflen,  d.  h.  mit  Ausnahme  sowohl  der  ältesten  Quellen 
AMB,  als  der  späteren  Handschriften  dT,  für  die  eben  er- 
wähnten beiden  Haupttheile  aufgestellt  hat,  nur  die  Abweichung 
von  der  Sillig'schen,  dass  D'  mit  R'  zusammengestellt  ist,  wäh- 
rend D'  bei  Sillig  mit  dT  verbunden  ist,  worin  ich  ihm  mit  Un- 
recht noch  in  der  erwähnten  Gratulationsschrift  gefolgt  bin. 

Wir  haben  nun  noch  die  Hauptfrage  in's  Auge  zu  fassen,  welchen 
Einfluss  diese  Untersuchungen  auf  die  Constitution  des  Textes 
der  Naturalis  historia  hoffen  lassen.  Dem  Sillig'schen  Texte  gegen- 
über würden  in  den  Büchern,  in  welchen  ihm  die  Bamberger  Hand- 
schrift nicht  zur  Seite  stand,  jedenfalls  eine  weit  grössere  Sicherheit 
zu  erzielen  sein;  für  die  Bücher  11 — 15  wäre  dabei  das  Meiste 
von  dem  ihm  noch  nicht  bekannten  Mone'schen  Palimpsesten  zu 
hoffen.  Dass  ich  meinerseits  diesen  nicht  überall,  wo  es  hätte 
geschehen  sollen,  benutzt  habe,  muss  ich  zugeben  und  habe  es 
auch  bereits  als  natürliche  Folge  d(!r  etwas  zu  eiligen  Revision 
des  bereits  constiluirten  Textes  erklärt;  sonst  habe  ich  stets  an 
der  als  die  beste  erkannten  Handschrift  festzuhalten  gesucht, 
und  ich  glaube  nicht,  dass  in  dieser  Beziehung  die  hier  be- 
sprochenen Untersuchungen  wesentlich  andere  Normen  geben. 
Wollte  man  in  den  ersten  Büchern  den  von  Detlefsen  ohne  ent- 
schiedene Mahnung  zur  Vorsicht  hochgestellten  Correcturen  in 
der  Riccardianischen  und  der  ältesten  Pariser  Handschrift  (R'a^) 
ohne  Weiteres  folgen ,  so  würde  sich  meinem  Texte  gegenüber 
ein  entschiedener  Rückschritt  ergeben.  Auch  im  Uebrigen  aber 
kommt,  wer  den  Text  des  Plinius  zu  rccensiren  unternimmt,  nie 
ganz  über  die  verrufene  Eklektik  hinaus;  denn  es  ist  nur  allzu 
wahr,  was  Urlichs  in  seiner  Abhandlung  de;  numeris  et  nominibus 
propriis  in  Plinii  N.  H.  p.  3  ausgesprochen  hat ,  dass  keine 
Handschrift  des  Plinius  so  fchlerfi-ei  ist,  dass  sie  ohne  Weiteres 
zum  Leitfaden  dienen  könnte.  Es  konmit  also  ausser  der 
Kenntniss  des  Werlhes  der  Handschriften  auf  die  Bekanntschaft 
mit  dem  Stoffe  und  mit  dem  Gedankengang  und  der  Ausdrucks- 
weise des  Schriftstellers,  und  hauptsächlich  auf  ein  gesundes 
Urlheil  an.  Von  Sillig  gibt  Detlefsen  selbst  zu,  dass  ihn  manchmal 

17* 


240       Sitzung  der  phüos.-philol.  Claxse  vom  4.  März  i.862. 

ein  glückliclies  Gefühl  das  Reclite  finden  liess.  Dass  das,  worin 
ich  der  eignen  Erwägung  gefolgt  bin,  wenigstens  nicht  überall 
falsch  ist,  dafür  muss  der  Umstand,  dass  meine  Vermulhung, 
dass  unt  dem  bisher  bekannten  Schlüsse  das  Werk  des  Plinius 
nicht  abgeschlossen  hätte  (observ.  crit.  p.  31  sq.),  durch  Ent- 
deckung der  Bamberger  Handschrift,  und  die  andere,  dass 
einige  Worte,  welche  sich  11,  §.  45  m  den  älteren  Ausgaben 
mehr  als  in  der  Harduin'schen  finden,  dem  Plinius  zwar  ange- 
hörten, aber  ihre  rechte  Stelle  in  §.  38  hätten  (Gel.  Anz.  1836, 
Aug.  S.  285)  durch  die  Entdeckung  des  Mone'schen  Palimpsesten 
bestätigt  worden  ist,  doch  einigermassen  ein  günstiges  Vorurlheil 
erwecken.  Dazu  kommt,  was  Urlichs  in  seinen  Vindiciae  Pli- 
nianae  geleistet  hat.  Fassen  wir  dieses  alles  in's  Auge,  so 
dürfte  es  wohl  verstaltet  sein,  dem  .Ausspruch  Detlefsen's,  dass 
sowohl  in  quantitativer  als  in  qualitativer  Beziehung  für  die 
Kritik  der  N,  H.  noch  mehr  zu  thun  übrig  ist  als  bisher  gethan 
ist,  den  entgegenzusetzen,  dass  die  nächsten  30  Jahre  die  Kritik 
des  Plinius  wohl  nicht  so  sehr  fördern  dürften  als  es  seit  dem 
Beginn  der  Vorarbeiten  für  die  Sillig'sche  Ausgabe  geschehen 
ist.  Jedenfalls  möchten  wir  Denen,  welchen  es  gelhigt,  in  der- 
selben einen  entschiedenen  Schritt  vorwärts  zu  thun,  das  zu  be- 
denken geben,  was  Plinius  2,  62  sagt:  In  quibus  aliter  multa 
quam  priores  tradituri  fatemur  ea  quoque  illorum  esse  muneris 
qui  primi  quaerendi  vias  demonstraverint,  modo  ne  quis  desperet 
saecula  proficere  semper. 

Hiermit  könnte  ich  die  Feder  niederlegen,  hätte  nicht  die 
im  Jahre  1859  von  der  philosophischen  Facultät  der  Universität 
Göllingen  gestellte  Pieisfrage  eine  Schrift  hervorgerufen,  welche, 
wie  oben  schon  angedeutet  worden  ist,  denselben  Gegenstand 
behandelt,  die,  erst  in  den  letzten  3Ionaten  im  Drucke  vollendet, 
mir  durch  die  Güte  des  Herrn  Professor  Dr.  von  Leutsch  zu- 
gekommcm  ist.     Sie  führt  den  Titel: 

De  codicum  antiquorum,  in  quibus  Plini  Naturalis  liistoria 
ad    nostra  tempora    propagata    est,    fatis,    fide   atque 


V.  Jan:  Zur  Kritik  der  N.  Hist   des  Plinius.  241 

auctoritate  commentatio  philologica ,  quam  scripsit  Al- 
bertus Fels,  Gottingae  MDCCCLXI, 
und  verfolgt  in  der  Hauptsache  dasselbe  Ziel  als  Deliefsen's 
Epilegomena,  aber  auf  ganz  verschiedenem  Wege.  Wahrend 
Detiefsen  die  Hauptresultale  seiner  Untersuchungen  einer  neuen 
Prüfung  der  in  Frage  stehenden  Handschriften  verdankt,  war 
Fels  auf  das  angewiesen,  was  ihm  die  Siilig'sche  Ausgabe  bot; 
es  stand  ihm  also  zur  Erforschung  des  Verhältnisses  der  Hand- 
schriften zu  einander  nur  die  Vergleichung  der  dort  aus  den- 
selben mitgetheiltcn  Lesarten  zu  Gebote  5  von  Detiefsen  benützte 
er  nur  die  oben  erwähnte  Recension  von  den  N.  Jahrbüchern 
für  Philologie  und  Pädagogik.  Bd.  77,  S.  660  ^::,  die  Epilegomena 
erschienen,  als  er  seine  Abhandlung  bereits  vollendet  halte,  er 
Hess  sie  desshalb  ungelesen,  um  nicht  in  dem,  was  er  einmal 
geschrieben  hatte,  irre  gemacht  zu  werden,  was  einerseits,  na- 
mentlich in  der  Beurtheilung  der  Vaticanischen  Handschrift  D 
und  der  Vossischen  V  einigen  Nachtheil  brachte,  andererseits 
aber  den  Vortheil,  dass  beide  Untersuchungen  ganz  selbstständig 
neben  einander  hergehen  und  dennoch  in  manchen  Punkten  zu 
fast  gleichen  Resultaten  gekommen  sind. 

Fels  geht  von  den  ältesten  bekannten  Quellen  aus  und 
handelt  in  vier  Kapiteln  1)  von  dem  iMone'schen  Palimpsesten, 
2)  von  der  Leidener  Handschrift  A,  3)  von  der  Bamberger, 
4)  von  den  von  Sillig  benützten  antiken  E.xcerpten.  bespricht 
das  Verhältniss  der  übrigen  Handschriften  zu  diesen  \\m\  unter- 
einander, und  schliesst  das  Ganze  mit  Aufstellung  einer  Stamm- 
tafel ab.  Dabei  geht  er  häufig  auf  einzelne  Stellen  ein  ,  was 
mich  hier  und  da  veranlassen  wird  meine  Fassung  derselben 
zu  vertheidigen. 

Das  erste  Kapitel  untersucht  die  Bedeutung  des  Mone'- 
schen  Palimpsesten  (M)  für  die  Orthographie,  für  die  Aus- 
füllung von  Lücken,  in  w<dcher  letzten  Beziehung  wir  der  Bam- 
berger Handschrift  b«?kannllich  weit  mehr  verdanken,  und  für  Ver- 
besserungen im  Einzelnen.  Wenn  dahei  vernuilhet  wird,  die  Inter- 
punction  in  meiner  Ausgabe  in  den  Worten  11,  8  Sanguinem  non 


242        Sitzung  der  pMtos.-philol.  Classe  vom  4.  März  1862 

esse  iis  fateor,  sicut  ne  lerrestribus  quidem  cunctis  inter  se  similem, 
verum,  ut  saepiae  ii.  s.  vv.  beruhe  auf  eincu  Druckfehler,  so  niuss 
ich  zur  Steuer  der  Wahrheit  die  Aufklärung  geben,  dass  ich  viel- 
mehr verum  als  Adjectivum  auf  sanguinem  bezogen  habe,  wenn 
gleich  ich  jetzt  wohl  mit  Fels  verum  als  Partikel  dem  folgenden  Satze 
zutheilen  würde;  wenn  aber  in  den  fast  unmittelbar  auf  jene  Stelle 
folgenden  Worten  mit  Sauppe  geschrieben  wird:  denique  existi- 
matio  sua  cuique  sit,  nobis  propositum  est  riaturas  rerum  mani- 
festas  indicare ,  non  causas  indagare  dubins,  wofür  allerdings 
die  angeführten  Stellen  einigermassen  sprechen,  nehme  ich  An- 
stand dieser  Abweichung  von  M  zu  folgen .  der  ne  sua  cuique 
sit  hat;  doch  möchte  ich  statt  meiner  Interpunction:  denique, 
existimatio  ne  sua  cuique  sit,  welcher  die  Erklärung  zu  Grunde 
Hegt:  ,, damit  nicht  der  Eine  die,  der  Andere  jene  Meinung 
habe'',  jetzt  lieber  das  Komma  nach  denique  weglassen  und  ne 
als  die  Betheurung.spartikel  (nae)  lassen,  deren  Stellung  nicht 
auffallen  kann,  wenn  man  bedenkt,  dass  für  das  Voranstellen  des 
Wortes  existimatio  der  Gegensatz  zum  Folgenden  :  causas  rerum 
manifesfas  indicare  einen  hinlänglichen  Grund  abgibt  Uebrigens 
ist  aus  der  Zusammenstellung  ersichtlich,  dass  die  von  mir  über- 
sehenen besseren  Lesarten  des  Palinipsesten  doch  bei  weitem 
den  geringeren  Theil  ausmachen;  ein  weiter  unten  gegebenes 
Verzeichniss  von  Stellen,  an  denen  ich  bei  der  Lesart  der  an- 
dern Handschriften  stehen  geblieben  bin  ,  zeigt,  dass  diess  na- 
mentlich öfters  bei  Hinzufügung  von  Verbindungsparlikeln  ,  und 
in  der  Wortstellung  der  Fall  ist.  Die  Vortrefflichkeit  dieser 
Handschrift  wird  aber  im  Folgenden  noch  negativ  durch  die  in 
den  andern  Handschriften  sich  findenden  Interpolationen  er- 
wiesen. Dabei  wird  u.  a.  von  dcrigere  und  dirigere  gesprochen 
und  mir  zum  Vorwurf  gemacht,  dass  ich  11,  58  von  M  ab- 
weichend contra  dirigimt  aciem  geschrieben  habe,  dagegen  11, 
125  mit  demselben  in  lerr;im  derecta  ,  wobei  nicht  beachtet  ist, 
dass  im  letzteren  Falle  von  einer  Richtung  nach  unten  die  Rede 
ist,  im  ersteren  aber  nicht ;  vergleicht  man  aber  das  im  Folgenden 
gegebene   genaue   Verzeichniss   der  in   dieser   Handschrift    vor- 


V.  Jan:  Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Pliniu.s-.  243 

kommenden  Schreibfehler,  so  findet  man  auch  e  für  i  und  na- 
mentlich p.  163,  6  dcstincli.  In  einer  Anmerkung-  zu  diesem 
Verzeichiiiss  findet  sich  ein  Missverständniss  in  Betreff  einer  Con- 
jectur  von  mir,  das  ich,  wenn  ich  diese  auch  nicht  festzuhalten 
gesonnen  bin,  aufzuklären  mir  schuldig  zu  sein  glaube.  Es 
lautet  nämlich  15,  21  die  Vulgata  condi  olivas  .  .  vel  virides  in 
muria  vel  fractas  in  lenlisco,  M  hat  faclas,  ich  glaubte  darin  frictas 
finden  zu  müssen.  Wenn  hierzu  Fels  bemerkt,  diess  sei  eine 
unrichtige  Form,  es  müsstc  vielmehr  fricalas  heissen,  so  wun- 
dert es  mich,  dass  er  den  Ausdruck  nicht  auch  als  an  sich  un- 
geeignet angreift;  allein  ich  hatte  ein  ganz  anderes  Wort  im 
Sinne,  und  suchte  in  frictas,  den  gedörrten,  einen  Gegensalz 
zu  virides,  den  frischen  Oliven.  Freilich  hatte  ich  dabei  nicht 
beachtet,  dass  Cato  R.  R.  7,  4,  woher  diese  Worte  entnommen 
sind,  sagt  in  lentisco  contusae.  Hier  könnte  man  freilich  meiner 
Conjectur  durch  eine  andere,  in  lentisco  tostae  aufzuhelfen 
suchen ,  allein  vorzüglich  die  §.  25  sich  findenden  Worte  tra- 
petis  fractae  zeigen,  dass  fractae  die  gequetschten  reifen  Oliven 
bedeutet ,  welche  dadurch  ihr  Uebermaass  an  Oel  verlieren ,  im 
Gegensatz  zu  virides,  den  noch  unreifen. 

Bei  der  Besprechung  des  Verhältnisses  der  übrigen  für  den 
Abschnitt,  welchen  der  Palimpsest  umfasst,  d.  h.  für  die  Bücher 
11 — 15,  verglichenen  Handschriften  unter  sich  und  zu  jenem  ist 
bemerkenswerth,  wie  sich  nach  den  hier  angestellten  Unter- 
suchungen einerseits  ein  in  der  Hauptsache  mit  dem  von  Det- 
lefsen  Ausgesprochenen  gleiches,  andererseits  ein  ganz  verschie- 
denes Resultat  ergibt.  Fels  ist  nämlich  auch  auf  seinem  Wege 
zu  der  Wahrnehnning  geführt  worden,  dass  sich  in  den  Büchern 
12  und  13  die  Riccardia  nische  Handschrift  näher  an  den 
Pahmpsesten  anschliesst.  Dass  er  nicht  darauf  gekommen  ist, 
dass  schon  von  11,  216  an  eine  Verschiedenheil  in  jener  Hand- 
schrift eintritt,  wie  Dctlefsen  bei  seiner  Untersuchung  derselben 
gefunden  hat,  erklärt  sich  leicht  dadurch,  dass  sich  in  den  68 
hieher  gehörigen  Paiagraplnm  gegen  das  Ende  des  11.  Buches 
gerade  recht  auffallende  Schreibfehler  in  R  finden,  deren  Fels  12 


244       SiHunff  der  phttos.-pliilol.  Classe  vom  4    März  1862. 

aiifgeziililt  hat.  In  Betreff  der  Pariser  Handschrift  d  schliesst 
er  sich  aber  durchaus  nicht  dem  geringschätzigen  Urlheile  Det- 
lefsens  an,  ja  er  stellt  sie  in  Folge  der  Vergleichung  mit  andern 
Handschriften  höher  als  Sillig,  so  dass  es  sich  der  Mühe  ver- 
lohnt das  in  der  Abhandlung  an  verschiedene  Orte  verlheilte 
Resultat  hier  nach  der  Ordnung  der  Bücher  zusammenzustellen. 
In  den  ersten  Büchern  schliesst  sie  sich  nicht  selten  an  die 
vorzüglichste  Leidener  Handschrift  A  näher  an  als  die  Riccar- 
dianische  und  die  älteste  Pariser  (Ra);  von  den  letzteren  weicht 
sie  hier  mehr  ab  als  in  den  späteren  Büchern,  ist  dabei  aber 
nicht  von  eigenthümlichen  Interpolationen  frei,  so  dass  sie  keinen 
Glauben  verdient,  wo  AR  zusammentreffen,  aber  als  Ausschlag 
gebend  betrachtet  werden  muss,  wenn  sie  an  Stellen,  wo  A 
fehlt  und  R  von  a  abweicht,  mit  dieser  oder  mit  jener  der- 
selben zusammentrifft.  In  den  Büchern  11  —  15,  welche  sich 
zum  grössten  Theile  in  M  finden,  sind  Ra  nur  1.3,  1—88  neben- 
einander verglichen,  näiidich  R  so  weit  er  hier  reicht,  und  a 
vom  Anfang  des  13.  Buches  an.  Im  11.  Buch  trifft  d  meistens 
mit  R  zusammen ,  sie  haben  aber  beide  ihre  eigenthümlichen 
Verderbnisse,  wie  wir  gesehen  haben,  selbst  da,  wo  in  R  be- 
reits die  bessere  Recension  begonnen  hat,  welcher  die  Bücher 
12  und  13  entnommen  sind,  wo  natürlich  die  Aehnlichkeit  auf- 
hört. Die  Lesarten  von  ad  sind  14,  130  —  150  verglichen', 
wo  bei  Abweichungen  d  so  ziemlich  in  noch  einmal  so  vielen 
Fällen  als  a  den  Vorzug  verdient;  doch  gibt  Fels  selbst  zu, 
dass  an  andern  Stellen  sich  wohl  das  Verhältniss  so  ziemlich 
umkehren  würde ,  und  dass  namentlich  die  Wortstellung  in  d 
eine  grosse  Nnchlässigkeit  verrälh.  Es  drängt  sich  ihm  in 
Folge    dessen    dieselbe   Ansicht   auf,     welche   Sillig  so   verzagt 


(3)  Wenn  iiicihei  Fels  sa»t,  er  vorstelle  14,  135  die  Lesart  von  a 
pisa  veleri  gar  nicht,  da  ja  ein  Ablativ  erfordert  werde,  so  i.st  zu  be- 
inerlien,  dass  es  allerdings  i\vr  Ablativ  der  Nebenform  pisa  sein  iniisste, 
die  sich  bei  Apieius  .') ,  4  lindet.  Naeh  den  angeliilirten  Stellen  Coluni. 
12,  27  und  28,  1  verdient  aber  die  Conjeelur  pislave  iri  allen  Beifall. 


V.  Jan:    Zur  Kritik  der  N.  Eist,  des  Plinius.  245 

gemacht  hat,  tlass  in  den  Büchern,  in  welchen  wir  keine  der 
entschieden  bessern  Handschriften  als  Leitstern  haben,  oft  der 
richtige  Weg  sehr  schwer  zu  finden  ist;  er  erkennt  es  also, 
wenn  er  es  auch  nicht  ausspricht,  an,  dass  man  hier  über  eine 
gewisse  Eklektik  nicht  leicht  hinauskommen  kann.  Vom  20.  Buch 
an  stimmt,  so  weit  sich  die  Sache  verfolgen  iässt,  d  mehr  mit 
UV  als  mit  a  zusammen.  Ueber  die  Umstellungen  und  Wieder- 
holungen in  den  Büchern  32  und  33  hat  sich  Billig  allerdings 
nicht  deutlich  ausgesprochen  und  ich  bin  ausser  Stand  eine 
Aufklärung  darüber  zu  geben;  es  scheint  aber  so  zu  sein,  dass 
die  Handschria  d  wenigstens  in  der  Hauptsache  die  Umstellungen 
in  RV  theilt,  die  wiederholten  Worte  aber  weder  im  32.  Buche 
von  mir,  noch  im  33.  von  Sillig  verglichen  worden  sind;  übri- 
gens macht  Fels  darauf  aufmerksam,  dass  RVd  im  Buch  32 
nicht  aus  einer  und  derselben  Quelle  stannnen  können,  weil  d 
einige  Lücken,  die  sich  in  RV  finden,  ausfüllt.  Beachtenswerth 
ist,  dass  Sillig  S.  XV  seiner  Vorrede  nur  von  der  Wiederholung 
in  33,  95—98  spricht.  Hierüber  wird  Hr.  Fels  wohl  von  Paris 
aus  genauere  Auskunft  geben  können.  Jedenfalls  steht  d  diesen 
Handschriften  nälier  als  a,  wesswegen  Fels  für  den  Gebrauch 
die  Regel  gibt,  dass,  wo  RVd  zusammenstimmen,  sie  a  gegen- 
über nur  den  Werlh  einer  Handschrift  haben,  wenn  sie  auch, 
als  weniger  interpolirt,  im  Durchschnitt  mehr  Glauben  verdienen 
als  a,  dass  aber  a  tlen  Ausschlag  gibt,  wo  er  bei  Abweichungen 
jener  Handschriften  von  einander  mit  einer  oder  der  andern 
übereinstimmt.  In  Betreff  des  Buches  37  erkliirt  er  siih  darin 
mit  mir  einverstanden,  dass,  da  dieses  Buch  von  späterer  Hand 
aus  einer  schlechten  Quelle  ergänzt  ist,  d  hier  der  schlechtesten 
Classe  zuzuzählen  ist. 

In  Betreff  der  Pariser  Handschrift  c  hat  Fels,  um  den 
etwa  bei  Lesung  der  Worte  Sillig's  möglichen  Irrthum  zu  be- 
seitigen, meine  eigenen  Worte  angeführt;  er  zeigt  wie  dieselbe 
mit  a  verwandt  ist,  und  räumt  ihr  nur  eine  selbstständige  Be- 
deutung ein ,  wo  sie  von  a  abweicht  und  mit  d  zusannnentritft. 
Er  weist  ihr  dasselbe  Verhältniss  zu  a  zu,    welches  die  Tele- 


246       Sitzung  der  philos.'philol.  Classe  vom  4.  März  i86i. 

t aller  Handsclirift  (T)  zu  d  hat,  in  welcher  er  auch  das 
Vorhandensein  mancher  eigenthiimlichen  Interpolationen  aner- 
kennt ,  wosshalb  er  sie  keines  Glaubens  würdig  achtet,  wo  sie 
mit  ihren  Lesarten  allein  steht. 

In  Betreff  der  Vaticanischen  Handschrift  D  ist  er  auf 
Silliii's  Millheilung  angewiesen,  dass  sie  fast  ganz  mit  Td  über- 
einstimme. Die  Wichtigkeit  der  Zusätze  von  zweiler  Hand  er- 
kennt er  vollkommen  an,  und  vermuthet  mit  Recht,  dass  in 
meiner  Ausg<ibe  15,  67  nur  aus  Versehen  nach  siccant  die 
Worte  passas  in  aqua  calida  mergunt  et  iterum  sole  siccant 
weggeblieben  sind. 

Sehr  beachtenswerth  ist  das  Resultat,  zu  dem  er  in  Rezug 
auf  die  Chiffletianische  Handschrift  (Ö)  gekommen  ist,  dass 
sie  nämlich  keineswegs,  wie  SiUig  mit  Harduin  angenommen  hat, 
der  Handschrift  d  besonders  nahe  steht,  sondern  mit  Ra  ebenso 
viel  Gemeinsames  hat,  doch  auch  für  sich  manche  richtige  Les- 
arten, aber  auch  manche  eigenthümliche  Interpolationen,  wess- 
halb  man  sehr  auf  der  Hut  sein  dürfe,  wenn  man  ihr  allein 
folgen  wolle,  wogegen  bei  dem  Zusammentreffen  mit  einer  andern 
Handschrift  man  ihr  wohl  Glauben  schenken  dürfe.  Unter  den 
dafür  angeführten  Stellen  kommt  11,  197  vor,  wo  die  Vulgala 
hat:  menibrana,  quam  praecordia  appellant,  quia  cordi  praeten- 
ditur,  R  aber  corde,  M  d  0  a  corde.  Letzteres  soll  das  Richtige 
sein,  wofür  u  a.  angeführt  wird  5,  48  donec  a  tergo  praeten- 
dantur  Aethiopes.  Diess  würde  aber  nur  hierher  passen,  wenn 
a  corde  hiesse  ,,auf  der  Seite  des  Herzens.''  Der  hier  erfor- 
derlichen Erklärung  entspricht  offenbar  der  Dativ  cordi  besser. 
Es  ist  ferner  zu  beachten,  dass  M  nicht  quia  a  hat,  sondern 
quam  a  ;  war  aber  einmal  wegen  des  a  in  quia  die  Präposition 
durch  eine  Verderbniss  hereingebracht  worden,  so  lag  die  Ver- 
änderung von  cordi  in  corde  nahe;  ich  kann  mich  daher  noch 
nicht  von  der  Richtigkeit  der  Lesart  quia  a  corde  praetendilur 
überzeugen. 

Die  oben  erwähnte  Uebereinstimmung  von  MR  in  den 
Büchern  12  und  13  wird  durch  eine  grosse  Anzahl  von  Stellen 


V.  Jan:   Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Piinius.  247 

nachgewiesen;  unter  denen,  an  welchen  ihnen  noch  eine  andere 
Handschrift  beitritt,  ist  12,  22  aufgeliihrt,  wo  nach  MR0  ge- 
lesen werden  soll  ficns  ibi  exiniia  ponio;  Silhg  hat  mit  ad  ex/7?'a, 
mit  a*  pomrt  geschrieben;  ich  aus  eigener  Vermuthung  exili 
pomo.  Sillig  führt  als  Begründung  an  Thoophr.  h.  pl.  IV,  4,  4 
yaonnv  öf  orpndvct  (.uxQnv  (was  nach  Fels  durch  die  Worte 
ea  causa  fructum  integens  crescere  prohibet  (§.  23)  wieder  ge- 
geben sein  soll)  und  führt  für  exiniia  auch  aus  dem  Folgenden 
die  Worte  dignus  miraculo  arboris  an;  allein  er  hat  dabei  über- 
sehen, dass  Theophrast  im  Folgenden  noch  sagt:  ollyor  di 
i^aviiaoTiZg  lor  x((()nnp.  ovy  ^>n  y.aia.  in  rov  derd(}"V  /tieysO^og, 
dlXa  Kc  i  ro  nlnr.  Andererseits  ist  aber  allerdings  das  Zu- 
sammentreten der  3  Handschriften  in  eximia  auffallend ;  der 
Baum  ist  aber  besonders  durch  seine  Grösse  ausgezeichnet  (man 
vergleiihe  nur  ausser  dem  bereits  angeführten  noch  die  Worte 
Theophrast's  xa<  jnnXnr  önöooi  u'xi'xXnr  xai  rot  /.isys^ei 
^le  y  a  ocp  od  Qa);  es  wäre  daher  nicht  unmöglich,  dass  hier 
eine  der  Lücken  wäre,  wie  sie  sich  selbst  in  den  besten  Hand- 
schriften finden,  und  Piinius  geschrieben  hätte:  Ficus  ibi  exinn'a 
tncif/nitvdine  scd  exili  pomo.  Dazu  passt  das  Folgende  ganz  gut; 
denn  im  §.  22  und  im  Anlang  des  folgenden  ist  von  der 
Grösse  des  Baumes  die  Rede;  in  den  oben  angeführten 
Worten  ea  causa  u  s.  f.  aber  von  der  Kleinheit  der  Frucht. 
Fels  scheint  freilich  von  diesem  Anskunftsmittel,  das  doch,  wie 
gesagt,  durch  die  BeschafTenheit  der  Plinianischen  Handschriften 
vor  anderen  empfohlen  wird,  kein  Freund  zu  sein  ;  wenigstens  nennt 
er  es  S  48  unnölhig,  dass  ich  an  einer  sich  fast  unmittelbar  an  die 
eben  besprochene  anschliessenden  Stelle  §.  24,  wo  von  einem 
andern  indischen  Feigenbanm  die  Hede  ist,  dessen  Beschreibung  bei 
Theophrasl  §,  5  lautet:  "Eon  df-  xol  V;t{jnv  dtvd()ov  xal  no 
(.leyeHti  fieya  xal  )()r  y.  o  q  .7  n  v  y.al  fi  ey  aXö  xa{>  n  nv ,  in 
den  Worten  fructum  cortice  niitlit  admirabilem  suci  duicedine,  ut 
uno  qu-.ileinos  satiet  nach  duicedine  die  Einschaltung  der  Worte 
et  lanta  magnilndine  verlangt  habe,  indem  er  sagt,  saliare  sei 
in  weit(»rem  Sirnie  zu   fassen    für  libidiiu'm  explere  eique  satis- 


24(S       Sitiumj  der  philos.  pln'lol.  Clctsse   vom  4.  lüärz  1862. 

facere.  Der  Sinn  miisste  dann  sein :  ,,die  Feigen  sind  so  süss, 
dass  Einer  höchstens  ein  Vieriheil  essen  kann."  Diess  würde 
abei-  Pliniiis  doch  wohl  anders  ausgedrückt  haben;  für  meine 
Einsciiulluiig  sprechen  aber  ausser  i\cn  angeführten  Worten  des 
Theophrasl  folgende  Stellen  des  Plinius :  13,  133  satiant  equos 
denae  librae  et  ad  portionem  miiiora  animalia  und  18,  136  unum 
bovem  modi  singnli  satiant.  Dahin  ist  auch  zu  rechnen,  dass 
er  13,  139  die  Worte  fruticum  ipsorum  magnitudo  ternum  cubi- 
torum  est,  caniculis  referta  so  erklärt,  dass  nach  dem  Gebrauche 
des  Plinius  ein  Abstractum  für  ein  Concretum  geselzt  sei,  wäh- 
rend ich  vor  canieuHs  den  Ausfall  einiger  Worte  annehme. 
Dagegen  billigt  er  14,  27  meine  Vermuthung,  dass  nach  quoniam 
die  Worte  non  favonium  ausgefallen  seien. 

Die  letzten  Bemerkungen  gehören  dem  Abschnitt  an,  in 
welchem  von  dem  Verhältnisse  der  Handschriften  MR  in  den 
Büchern  12  und  13  und  dem  Rande  von  D  einerseits,  und  R 
in  den  übrigen  Büchern  nebst  acdTdO  andererseits  die  Rede 
ist,  in  welchen  ich  auch  gegen  das  über  andere  Stellen  Gesagte 
Einsprache  erheben  muss. 

Es  ist  zuerst  von  den  gemeinsamen  Verderbnissen  beider 
Classen  die  Rede,  welche  auf  eine  gemeinsame  Abstammung  hin- 
zudeuten scheinen.  Zu  diesen  Beweisen  gemeinsamer  Abstam- 
mung habe  ich  (Gel.  Anzeig.  1856  I.  S.  50)  auch  11,  61  spatio 
für  statio  gerechnet ,  was  Fels  nicht  billigt ,  weil  P  und  T  sehr 
oft  verwechselt  würden.  Wenn  aber  eine  solche  Verwechslung 
durch  alle  Handscliriften  hindurchgeht,  liegt  es  doch  wohl  nahe, 
an  eine  Veiderbniss  einer  genieinsamen  Quelle  zu  denken, 
ebenso  wie  35,  188,  wo  die  treffliche  Bamberger  Handschrift 
das  von  mir  ebenfalls  durch  Conjectur  in  intus  polum  ver- 
besserte intus  tolum  mit  allen  andern  Handschriften  geniein- 
"sam  hat. 

Gewiss  mit  Unrecht  sucht  aber  Fels  seinerseits  in  den 
Worten  (14.  8)  quaruni  (vilium)  principatus  in  tantum  pecnliaris 
Italiae  est,  ut  vel  hoc  uno  oninia  gentium  vicisse  eliam  odorifera 
possit    videri   bona,    quarnquam   ubicuinque   pubescentium    odori 


V.  Jan:   Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Vlinius.  249 

nulla  suavitas  praefertur  eine  genioinsame  Verderbniss  in  qiiam- 
quam,  wofür  er  quoniam  schreiben  will;  denn  Plinius  spricht 
doch  offenbar  Italien  nicht  den  Vorzu<f  im  Dufte  der  Traubenbliithe 
zu,  weil  sie  überall  gut  riecht,  sondern  obgleich  diess  auch 
anderswo  der  Fall  ist. 

Ebenso  wenig  möchte  die  Vermuthung  Beifall  finden,  nach 
welcher  14,  36  in  allen  Handschriften  sich  eine  falsche  Ordnung 
der  Satzglieder  finden  soll.  In  Macd  liest  man  nämlich  in  der 
Hauptsache  gleichlautend:  Et  hactenus  publica  sunt  genera  (Vi- 
tium), cetera  regionum  locorumque  ant  ex  his  inter  se  insitu 
niixla.  si  quidem  Tuscis  peculiaris  est  Tudernis  atque  etiain 
nominis  Florentia.  est  opima  Arretio  talpona ;  der  Palimpsest 
hat  aber  adque  otiam  nomen  iis.  Diesem  möchte  Fels  sich  an- 
schliessen,  und  diese  Worte  nach  mixta  einschalten.  Dafür  hätte 
aber  Plinius  sicherlich  suum  nomen,  oder  vielmehr  sua  nomina 
geschrieben.  Ich  habe  in  meiner  Ausgabe  drucken  lassen 
wollen :  siquidem  Tuscis  peculiaris  est  Tudernis  atque  elianinum 
in  iis  Florentiae  sopina,  Arretio  talpona,  durch  ein  Versehen  ist 
aber  Florentiae  vor  in  iis  gekonnnen.  Hieran  tadelt  nun  Fels, 
dass  atque  etianmum  nicht  in  seiner  eigentlichen,  steigernden 
Bedeutung  stehe;  er  hat  aber  dabei  übersehen,  dass  diese  bei- 
den Partikeln  nach  der  in  der  discrepantia  scripturae  gegebenen 
Erklärung  gar  nicht  zusammengehören ,  vielmehr  die  Worte 
etianmum  in  iis  (Tuscis)  eine  Parenthese  bilden.  Für  den  un- 
zweifelhaft Plinianischen  Gebrauch  von  etiamnum  bei  Ortsan- 
gaben lässt  sich  u.  a.  anführen:  5,  62  at  in  Hellade,  etiamnum 
in  Aegaeo,  Lichades. 

Ist  das  hier  Bemerkte  richtig,  so  bleiben  von  den  hier  an- 
geführten nur  wenige  Beispiele  der  gemeinsamen  Verderbniss 
aller  Handschriften  übrig,  die  sich  freilich  wohl  durch  andere 
Stellen  vermehren  liessen. 

Im  Folgenden  finden  sich  solche  Stellen  angeführt,  an 
welchen  die  von  Sillig,  Urlichs  und  mir  aufgenommenen  Con- 
jecturen  gemissbilligl  werden.  Von  diesen  haben  wir  zwei  eben 
besprochen,  an  welchen  die  Annahme  des  Ausfalls  einiger  Worte 


250       Sitzung  der  philos.-philol.  Clause  votn  4.  Mär%  1S6t. 

bestritten  wird.  Bei  einer  andern  (13,  134)  ist  unrichtig  an- 
gegeben, ich  hätte  wie  Sillig  geschrieben  propter  quod  inaxuine 
miror  (die  Handschriften  haben  praeterea  quod),  aliein  ich  habe 
auch  hier  einen  Ausfall  vermulhet  und  geschrieben  praeterea, 
prnpter  quod,  während  Fels  praeterea  —  quo  maxinie  miror 
schreiben  möchte,  wobei  er  wohl  nur  dann  auf  Zustimmung 
rechnen  könnte  ,  wenn  statt  maxime  der  Comparativ  stünde.  — 
12,  98,  wo  es  von  der  Pflanze  daphnoides,  die  am  Rhein  wach- 
sen soll,  heisst:  vivit  in  alvariis  apium  sata,  für  vivit  aber  in  M 
vidi,  in  ad  vidit  steht,  ist  wohl  vidi  mit  Recht  zur  Aufnahme 
empfohlen;  es  hätte  aber  im  Folgenden  (nach  satum  in  M)  auch 
satam  geschrieben  werden  sollen,  was  Dalechamp  aus  einer 
seiner  Handschriften  neben  vidi  anführt.  —  13,  130  ist,  was  in 
Mad  steht,  pracdicatus  pabulo  omnium,  offenbar  unverständlich, 
und  es  muss  nach  Colum.  V,  12,  1,  wenn  man  die  Conjectur 
oo/um  nicht  beibehalten  will,  omnium  pecudum  geschrieben 
werden.  —  12,  116  schlägt  sich  Fels  auf  die  Seite  der  Conjectur, 
denn  was  Dalechamp  als  aus  einer  seiner  Handschriften  anführt, 
tenuis  gullae  ploratu ,  ist  kaum  etwas  anderes.,  da  die  Hand- 
schriften MRad  einstimmig  tenui  gutta  ploratu  haben,  worin 
Ruhnkcn  wohl  mit  Recht  ein  Glossem  vermuthet,  das  allerdings 
von  einer  frühen  Zeit  herrühren  müsste.  —  Zum  Schlüsse  wird 
mit  vollem  Recht  vor  denjenigen  Conjecturen  gewarnt,  durch 
welche  Eigennamen  irgendwelcher  Art,  namentlich  aber  geo- 
graphische, nach  andern  Schriftstellern  geändert  werden. 

Unter  den  Spuren  von  Correcturen  in  den  den  einzelnen 
Handschriften  zu  Grunde  hegenden  älteren  Exemplaren  ist 
bei  M  14,  107  bilumine  für  aspalatho  angeführt,  was  ich,  wie 
es  auch  hier  geschielit,  schon  Gel.  Anzeig  ,  1856.  I,  S.  50  f. 
als  Glossem  für  das  statt  aspalatho  fälschlich  geschriebene 
asphalto  bezeichnet  habe.  Da  sich  aber  dieses  eigenlhümliche 
Glossem  auch  in  den  Handschriften  Ted  findet,  dagegen  nicht 
in  a,  hätte  wohl  daraufhingewiesen  werden  dürfen,  dass  wir 
hier  einen  Beleg  für  den  gemeinsamen  Ursprung  der  andern 
Handschriften  (ausser  a)  mit  M  haben. 


V.  Jan:  Zur  Kritik  der  N.  Hixt.  des  PI  intus  251 

Unter  die  Glosseme,  welche  R  mit  den  interpolirlen 
Handschriften  gemeinsam  hat,  wird  auch  12,  127  gerechnet,  wo 
in  den  Worten  laudatur  candor  eins  coacli,  sequens  pallido 
statera,  von  dem  letzten  Worte,  das  in  M  ganz  fehlt,  R  nur 
die  drei  ersten  Buchstaben  sta  hat,  was  übrigens  eher  auf  den 
gemeinsamen  Ursprung  mit  M  hinweist.  Es  Ist  nämlich  nicht 
wohl  einzusehen,  wie  ein  Interpolator  auf  ein  solches  Wort  ge- 
kommen wäre;  dem  Plinius  selbst  ist  es  viel  eher  zuzutrauen, 
der  es  ja,  wenn  auch  in  anderem  Sinn,  noch  einmal  hat  in  i\n\ 
Worten:  31,  38  quidam  statera  iudicant  de  salubritate.  Hatte 
aber  Plinius  so  geschrieben,  so  war  es  ganz  natürlich,  dass  ein 
Interpolator  ein  anderes  leichteres  Wort  darüber  schrieb.  War 
diess  der  Fall,  so  konnten  entweder,  wie  in  der  eben  bespro- 
chenen Stelle  12,  116  gutta  ploratu,  die  beiden  Wörter  neben- 
einander in  die  Abschriften  übergehen;  oder  es  konnte,  wenn 
das  ursprüngliche  Wort  durchstrichen  war,  nur  die  Glosse  in 
den  Text  kommen,  wie  in  B  37,  85  iudicio  für  senafus  con- 
sulto,  oder  es  konnte,  nachdem  anfanglich  das  ursprüngliche 
Wort  durchstrichen  war,  dieses  dadurch  wieder  hergestellt  wer- 
den, dass  die  Glosse  durchstrichen  und  dieses  durch  Punkte  als 
giltig  bezeichnet  wurde.  BUeben  diese  Punkte  ganz  unbeachtet, 
so  fielen  beide  Wörter  weg,  wie  in  M,  wurden  sie  von  dem 
Abschreiber  nur  auf  einen  Theil  des  Wortes  bezogen ,  so  ent- 
stand eine  Verstümmelung,  wie  in  R. 

An  einer  andern  Stelle  12,  18  (nicht  33)  verweist  Fels 
die  Handschrift  R  auch  mit  Unrecht  ohne  Weiteres  auf  die  Seite 
der  andern  Handschriften,  und  gibt  dem,  was  in  M  steht,  ilew 
Vorzug;  doch  geschieht  diess  nicht  ohne  eine  Acnderung,  die  ich 
nicht  gut  heissen  kann,  und,  wenn  man  die  Stelle  im  Ganzen 
Iielrachtet,  nicht  in  der  nöthigon  Ausdehnung.  Sie  lautet  in 
meiner  Ausgabe:  Tanta  obori  auctoritas  erat  urbis  nostrae  CCCX. 
anno,  tunc  enim  auctor  ille  (IIero(lotu.s)  hislorä//«  cam  condidit 
Thuriis  in  Italia.  quo  magis  mirum  est  quod  eidem  credimus  qui 
Padum  amnem  vidisset  ncm'uicin  ad  id  tempus  Asiae  Graeciae- 
que  aut  sibi  cognitum.     Aethiopiae    forma,   ut  di.\imus,    nuper 


252       Sitzung  der  phüos.  -  pht'lol.  CUisse  vom  4.  Märt  ±862. 

adlata  Neroni  principi  raram  arborem  Meroen  usque  .  .  nullam- 
que  nisi  palmarum  generis  esse  docuit.  Fels  hat  nur  die  Worte 
neminem  .  .  .  cognitum  berücksichtigt,  und  da  M  nQiwni  ad  id 
tempus  Asiae  Graeciaeque  visiim  .  cognita.  hat,  vorgeschlagen 
nemini  .  .  .  visu  cogni^i/w?  zu  schreiben,  um  dadurch  den  Worten 
Herodots  3,  115  rnvio  de  ovdtvng  avcönreio  y£vo/.iivov  näher 
zu  konmien;  er  hat  aber  dabei  nicht  beachtet,  dass  jene  Worte 
Herodots  viehnehr  durch  die  Worte  qui  Padum  amneni  vidisset 
neminem  wieder  gegeben  werden,  und  dass  sein  Vorschlag  nur 
dann  zulässig  wäre,  wenn  man  qui  und  vidisset  striche.  Die 
Handschrift  R  stimmt  allerdings  theilweise  mit  der  Vulgata  und 
den  andern  Handschriften  tiberein,  indem  sie  für  uvt  sibi  nn't  d 
vt  sibi  (a  haud  sibi)  hat;  sie  nähert  sich  aber  dem  Palimpsesten 
darin,  dass  sie  statt  ne\m?ieni  ad  id  hat  nem'iue  addi  und  stimmt 
darin  allein  mit  ihm  überein,  dass  sie  Graeciae  hat,  was  in  ad 
fehlt.  Gegen  visu  cognitum  wäre,  wenn  es  sich  in  M  fände, 
nichts  einzuwenden,  diess  ist  aber  nicht  der  Fall;  nemi««  ver- 
trägt sich  nicht  mit  Asiae  Graeciaeque.  Diess  muss  also  wohl 
aufgegeben  werden,  und  nem'ine  in  R  scheint  auf  den  Ueber- 
gang  aus  dem  ursprünglichen  nem'mem  hinzudeuten.  Will  man 
aber  im  Uebrigen  sich  möglichst  genau  an  M  halten,  so  muss 
man  den  Punkt  nach  cognita  streichen,  so  dass  dieses  mit 
Aethiopiae  forma  verbunden  Subject  zu  docuit  wird,  und  den 
andern  vor  demselben  stehen  lassen,  so  dass  Asiae  Graeciaeque 
Visum  zusannnen  gehört;  und  diess  ist  eine  Ausdrucksweise, 
wie  sie  sich  bei  Plinius  nicht  selten  findet;  vgl.  8,  201;  12, 
56;  37,  158.  Im  Vorhergehenden  hätte  aber  noch  angeführt 
werden  können,  dass  R  mit  den  andern  Handschriften  sich  an 
die  Vulgata  histori«/«  eam  anschliesst,  während  M  histori</rwwi 
hat,  was  wohl  das  Richtige  ist.  So  steht  nändich  auch  25,  14 
historiarum  auctor  und  36,  36  hisloriarum  scriptor.  Das  Verbum 
condidit  ist  aber  absolut  zu  fassen,  wie  13,  88  Honiero  condcnte. 
Weiterhin  wird  als  Beispiel  der  Interpolation  der 
Handschriften  VRTd  angeführt  29,  106  pars  portio,  wo  die 
Ausgaben    nach    R'    bloss    pars    haben.     So    nackt   hingestellt 


V.  Jan:   Zur  Kritik  der  ZV.  Hist.  des  Pliitiu*.  253 

scheint  es  ausgemacht  zu  sein;  beachtet  man  aber  den  Wort- 
laut der  giinzen  Stelle :  alii  decem  diebus  cinerem  earum  (mus- 
carum)  inlinunt  cum  cinere  charlae  vel  nucum  ila  ut  sit  terlia 
pars  portio  e  tuuscis .  und  vergleicht  damit  die  in  meiner 
discrep,  Script,  angeführte  Stelle  12,  68  non  dant  ex  trmrra 
portiones  deo,  so  stellt  sich  die  Sache  ganz  anders,  und  es 
kann  tertia  pars  (remedii)  recht  gut  neben  portio  e  muscis 
stehen. 

Was  die  Correcturen  der  Handschriften  in  den 
Büchern  11  —  15  betrifft,  so  ergibt  sich  für  M,  dass  sie  zur 
Berichtigung  wirklich  oder  vermeintlich  falsch  geschriebener 
Buchstaben  und  Wörter  dienen  und  theils  aus  dem  Original  ent- 
nommen ,  theils  vom  Schreiber  vvillkührlich  gemacht  sind ,  die 
Bemerkung  Mone's  aber,  dass  M'  meist  mit  den  Handschriften 
Sillig's  zusammcntrefle,  unrichtig  ist.  R'a*  werden  nur  dann  zur 
Beachtung  empfohlen,  wenn  sie  mit  d  zusammentreffen,  da  an 
den  andern  Stellen  meist  eine  Conjectur  vorausgesetzt  werden 
müsse. 

Das  zweite  Kapitel  geht  von  der  Leidener  Handschrift 
A  aus ,  und  bezieht  sich  demgemäss  auf  die  Bücher  2  —  6. 
Diese  Handschrift  ist  offenbar  aus  einer  ähnlichen  Quelle  ge- 
flossen als  M  und  R  in  Bui;h  12  und  13  und  daher  mitunter 
von  Interpolationen  frei,  die  sich  in  allen  andern  Handschriften 
finden ;  desshalb  wird  der  strenge  Anschluss  an  dieselbe  em- 
pfohlen; in  Betreff  der  Orthographie  fehlt  es  für  die  meisten 
Falle  an  den  nöthigen  Anhaltspunkten.  Ueber  die  Handschrift 
d  ist  schon  oben  gesprochen  worden.  Einzelne  Stellen  scheinen 
in  allen  hier  zur  Sprache  kommenden  Handschriften  auf  ein, 
wenn  auch  weit  zurück  liegendes,  gemeinsames  Original  hin- 
zuführen. 

Ueber  die  zweite  Hand  in  Ra  ist  Fels  mit  mir  einver- 
standen ,  dass  Sillig  ihr  zu  oft  gefolgt  ist ;  er  empfiehlt  aber 
auch  hier  das  Hinzutreten  von  d  als  ein  empfehlendes  Zeichen. 
Unter  den  Beispielen  von  Stellen,  an  welchen  die  Aufnahme  der 
Lesart   von  a*   geladelt  wird,    findet  sich  2,    172;   wo  ich  mit 

[1Ö62.  I.J  IS 


254       SiHutiy  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  März  1862. 

Sillig  geschrieben  habe:  pruina  tantiiin  albicans  lux.  media  vero 
terrarum,  während  RÖTaM  haben:  pruina  tantum  albicans  lux 
vero  media,  wesshalb  Fels  zu  schreiben  rälh:  albicans  lux. 
Verum  media.  Es  dürfte  aber  vielmehr  diese  Stelle  denen  zu- 
zuzählen sein ,  an  welchen  Plinius  vero  an  erster  Stelle  gesetzt 
hat,  wie  22,  18  nach  RVd,  24,  159  nach  Va,  wogegen  verum 
nach  Tadö  18,  16,  und  nach  Dad  18,  162  an  zweiter 
Stelle  steht. 

Das  dritte  Kapitel  schliesst  sich  an  die  Bamberg  er 
Handschrift  (B)  an,  welche  bekanntlich  nur  die  6  letzten 
Bücher  enthält.  Ihre  Vorzüglichkeit  wird  als  unbestritten  vor- 
ausgesetzt und  meiner  Ansicht  beigepflichtet,  dass  sie  aus  Italien 
stamme.  Das  Resultat  zahlreicher  Zusammenstellungen  von  or- 
thographischen Eigenthümlichkeilen*  ist,  dass  zwischen  ihr  und 
M  keine  bedeutende  Verschiedenheit  besteht.  Bekanntlich  zeichnet 
sich  diese  Handschrift  vor  allen  andern  dadurch  aus,  dass  sie 
mitunter   bedeutende   Lücken   ausfüllt,     die    durch    das   Abirren 


(4)  Es  wild  liier  das  Bedaupin  ausgesproclieii,  dass  bei  Abweichungen 
meiner  gedruckten  (]oliation  von  der  Sillig'schen  und  meiner  Ausgabe 
es  mitunter  unlilar  bleibe,  was  das  Richtige  sei.  An  den  aufgezählten 
Stellen  ist  das  Wahre:  32,  52  (nicht  04)  belua  und  beluas;  32,  1)2  brit- 
tannicis,  33,  54  brittannia,  37,  35  brittania  ;  33,  Jil  B'  atrusus,  B-altr.; 

34,  15  ist  gar  nicht  angegeben,    dass  Roinae  fehle;  34,  175  dandaeff.; 

35,  72  ratem;  35,  120  priscus;  37,  37  B'  proinunturia  B'  promuncturia  ; 
37.  HO  adhaerensuiit.  Die  Angaben  Silligs  sind  nach  meiner  zweiten 
Collation  richtig:  33,  4  carius  für  cariora  ;  33,  42  dass  dicuntur  nicht 
fehlt ;  33,  75  opturainentis  statt  optura.  mortis  ;  33.  83  rapina  statt  .  .  iiaui 
und  posuit  sibi  statt  sibi  posuit  sibi ;  33,  134  paulanteni  callistmn  pau- 
lantein  ;  34,  3  longc  statt  .  .  gi ;  34,  6  cum  eo  für  esse;  34,  OC  tlierpis 
statt  therpis;  34,  135  difrygem  statt  difrug. ;  34,  154  emoroidas  statt 
emmorr.;    35,  27  dependet  statt  ..dit;   35,  36  paretonium  statt  paraet.; 

36,  30  tirCHinitu  statt  ..itur;  30,  42  ist  et  nicht  ausgelassen;  36,  158 
faciunt  statt    iac  ;    30,  196  materia  statt  ..riac;    37,  28  vitio  statt  vitia; 

37,  50  hoc  statt  in  hoc;  37,  05  collibus  statt  in  coli.;  37,  117  celeris 
statt  cetera;  37,  138  disting.  statt  dcsting. ;  37,  170  cuti  statt  cute; 
37,  174  limbo  statt  lembo. 


IV  Jan:   Zur  Kritik  der  N.  Hist.  des  Ptinitii.  255 

des  Schreibers  des  Originals  der  andern  Handschriften  von 
einem  Worte  zu  einem  andern  ähnlichen  entstanden  sind.  In 
den  Büchern  32—36  hat  sie  fast  gar  keine  Interpolationen;  es 
ist  daher  kein  Zweifel,  dass  diese  Handschrift  einer  andern  Fa- 
milie angehört,  als  alle  anderen,  welche  diese  Bücher  enthalten. 
Die  Zahl  der  gemeinsamen  Verderbnisse  ist  sehr  gering,  und 
selbst  unter  den  hier  angeführten  sind  noch  einzelne  zweifelhaft. 
Dahin  gehört  33,  108  confractis  tubulis  ad  magnitudinem  o/m- 
lorum,  wo  Sillig  mit  Herrn.  Barbaras  nach  Dioscorides  5,  102 
y.acuKÖipag  alg  xagvcov  f.tEyaihr)  acellanarnm  geschrieben  hat, 
Fels  aber  mirnlanim  für  das  Richtige  hält ,  was  ich  allerdings 
in  der  discrep.  Script,  für  nothwendig  erklärt  habe,  wenn  man 
nach  Dioscorides  ändern  will;  ich  vernuithete  dabei ,  er  könne 
etwa  xQiy.fov  geschrieben  haben ;  allein  bei  genauerer  Betrach- 
tung zeigt  der  Umstand,  dass  Dioscorides  nichts  dem  Worte  tu- 
bulis Entsprechendes  hat,  dass  Plinius  sich  auf  ein  ganz  anderes 
Verfahren  bezieht.  Von  den  Uebersctzcrn  hat  Küll  allein  die 
Sache  richtig  aufgefasst  und  sich  daher  auch  für  anuloruin  er- 
klärt. Die  Entstehung  der  auch  §.  106  erwähnten  tubuli  wird 
§.  107  durch  die  Worte  erklärt :  sublata  vericulis  ferreis  atque 
in  ipsa  flamma  convoluta  vericulo.  Fels  wendet  gegen  anulorum 
ein,  es  gäbe  diess  kein  bestimmtes  Maass;  allein  passt  zu  Röhr- 
chen, welche  zerhackt  werden,  wohl  nucularum  besser?  gibt 
nicht  vielmehr  anulorum  die  Kleinheit  der  Stücke  an,  deren  Breite 
nicht  mehr  den  Durchmesser  des  Röhrchens  erreicht? 

Ganz  eigenthündich  ist  das  Vcrhällniss  von  B  im  37.  Buche, 
welches  Fels,  abgesehen  davon,  dass  er  den  Hauptgewinn,  der 
dieser  Handschrift  zu  verdanken  ist,  die  Ergänzung  des  Schlusses 
gar  nicht  erwähnt,  richtig  aufgefasst  und  dargestellt  hat.  Es 
findet  sich  hier  eine  ganz  selbstständige  Recension,  die  aber  durch 
Interpolationen  und  andere  Verderbnisse  so  entstellt  ist,  dass 
man  ihr  nicht  Schritt  vor  Schritt  folgen  kann.  Die  übrigen  Hand- 
schriften sind  sänmitlich  sehr  jung,  so  dass  sie  Fels  den  ältesten 
Ausgaben  gleichstellt  und  die  Besprechung  derselben  an  diesem 
Orte   ablehnt.    Nur    die   oben  besprochene   Wiener  Handschrift 


256        Sitzunc/  der  philos.-philol.  Classe  vom  4.  März  1862. 

macht  dem  Alter  nach  eine  Ausnahme,  wenn  man  sie  in  das 
12.  Jahrhundert  setzt;  sie  kommt  aber  gerade  den  älteren  Aus- 
gaben am  nächsten.  Jedenfalls  verlohnt  es  sich,  da  für  dieses 
Buch  am  allermeisten  zu  Ihun  ist,  wohl  der  Mühe  das  Verhält- 
niss  der  dasselbe  enthaltenden  Handschriften  zu  einander  in's 
Klare  zu  bringen,  wie  es  in  Kurzem  in  der  Vorrede  zum  5.  Bande 
meiner  Ausgabe  bereits  geschehen  ist,  und  es  gibt  uns  der 
Schluss  des  Werkes  hier  einen  Anhaltspunkt,  welchem  die 
Lesarten  der  einzelnen  Handschriften  in  der  Hauptsache  auch 
entsprechen. 

Der  wirkliche  Schluss  §.205  Salve,  parens  rerum  om- 
nium  Natura,  teque  nobis  Quiritium  solis  celebrafam  esse 
numeris  omnibus  tuis  fave!  findet  sich  bekannllich  in  B  allein. 
Die  Ausgaben  vor  der  kleinern  Sillig'schcn ,  die  den  von  mir 
vorher  in  einem  Programm  bekannt  gemachten  wahren  Schluss 
brachte,  während  merkwürdiger  Weise  die  nachher  erst  er- 
schienene Stereotypausgabe  denselben  verschmähte,  schlössen 
alle  mit  §.  203  Ab  ea  exccptis  Indiae  fabulosis  proxime  quidem 
duxerim  Hispaniam  quacumque  ambitur  mari.  Wie  der  Ursprung 
der  ersten  Ausgaben  überhaupt  etwas  Räthselhaftes  hat,  so 
bietet  diesen  Schluss  keine  der  von  Sillig  und  mir  früher  be- 
nützten Handschriften ;  ich  fand  ihn  nur  in  einer  Pariser  aus 
späterer  Zeil ;  durch  Detlef^en  ist  noch  die  Wiener  Handschrift 
Ol  als  dahin  gehörig  bezeichnet  worden.  Von  den  übrigen  Hand- 
schriften schhessen  einige,  wie  die  Wiener  C  und  die  Münchner 
oder  Pollinger  (P),  mit  §  199  prius  quam  ad  ocnlos  perveniat 
desinens  nilor,  andere,  wie  die  Pariser  d  und  h,  mit  den  Worten 
desselben  Paragraphen :  primum  pondere.  Wir  erhallen  hier- 
durch vier  Classen  von  Handschriften,  von  welchen  sich  die 
beiden  minieren  am  nächsten  stehen;  im  Uebrigen  bilden  sie 
dem  Werthe  nach  eine  absteigende  Reihe.  So  viel  auch  in 
diesem  Buche  an  der  Bamberger  Handschrift  auszusetzen  ist,  so 
bleibt  sie  dennoch  die  vorzüglichste  von  allen;  die  zweite  und 
dritte  Classe  trifft  häufig  noch  mit  dieser  überein,  namentlich  die 
dritte   weicht  aber  bei  weitem   häufiger  von  derselben  ab;    die 


v.  Jan:  Zur  Kritik  der  N.  Hist  des  Plinius.  257 

letzte  ist  durchatis  so  interpoliit,  dass  Harduin,  indem  er  seiner 
Handschrift  d  blindlings  folgte,  ohne  zu  beachten,  dass  dieses 
Biuh  in  weit  späterer  Zeit  hinzugefügt  worden  ist,  in  seiner 
Ausgabe  einen  offenbar  weil  schlechteren  Text  zu  Tage  geför- 
dert hat,  als  der  der  früheren  Ausgaben  ist.  Mein  Bestreben 
war  darauf  gerichtet ,  die  Reccnsion  der  Baniberger  Handschrift 
möglichst  zur  Geltung  zu  bringen.  Dadurch  Hess  ich  mich  hier 
und  da  verführen  die  in  demselben  sich  findenden  Interpolationen 
in  Klammern  beizusetzen,  was  ich  jetzt  unterlassen  zu  haben 
wünschte;  ich  würde  daher  dieses  Buch  sofort  noch  einmal 
durcharbeiten,  wenn  mir  nur  eine  einigermassen  bedeutende 
Handschrift  zu  Gebote  stünde.  Dass  die  Hoffnung,  welche  ich 
in  die  Wiener  Handschrift  lo  setzte,  gänzlich  vereitelt  worden 
ist,  habe  ich  schon  oben  erwähnt. 

Bei  den  Handschriften,  welche  für  die  Bücher  32—  36 
vorhanden  sind,  hätte  auch  das  uralte  Fragment  der  Bücher 
33  und  34  aufgeführt  werden  dürfen,  welches  sich  in  der  Wiener 
Bibliothek  findet  und  nach  einer  Abschrift  von  Dr.  Reuss  in  dem 
Kataloge  der  Wiener  Bibliothek  Bd.  II,  S.  125  ff.  Nr.  CGXXVIII 
von  Endlicher  bekannt  gemacht  worden  ist,  das,  freilich  arm- 
selig verstümmelt,  doch  schon  durch  die  von  der  Unterschrift 
des  33.  Buches  übrig  gebliebenen  Worte  post  mortem  als  zur 
Familie  der  Bamberger  Handschrift  gehörig  sich  beurkundet. 

Den,  wenn  auch  natürlich  aus  alten  Exemplaren  entnom- 
menen, mittelalteriichen  Auszügen  aus  der  Naturali a  hi- 
storia  hat  Sillig  offenbar  zu  viel  Werth  beigelegt,  wenn  er 
selbst  in  Verbindungspartikeln  und  andern  zur  Form  gehörigen 
Dingen  ihnen  folgen  zu  müssen  glaubte.  Diess  erkennt  auch 
Fels  an,  der  die  unter  dem  Namen  des  Appulejus  in  einer 
Handschrift  der  Pariser  Bibliothek  enthaltenen  Auszüge  aus  dem 
19.  und  20.  Buch  des  Werkes,  die  Sillig  im  5.  Bande  seiner 
Ausgabe  abdrucken  liess,  und  die  Schollen  zu  den  Prognoslica 
des  Germanicus,  welche  Auszüge  aus  dem  18.  Buche  ent- 
halten, in  diesem  Sinne  besprochen  hat.  Den  Isidorus  er- 
wähnt er  nur  in  seiner  Vorrede;  es  scheint  aber  fast,  als  habe 


258       Sittung  der  philos.-philot.  Classe  vom  4.  Mär%  1862. 

er  das  Werk  desselben,  in  welchem  er  allerdings  Vieles  aus 
Plinius  enllehnt  hat,  die  Origines  oder  Elymologiae,  gar  nicht 
zur  Hand  gehabt.  Ucbrigens  ist  aus  den  Ausgaben  dieses 
Werkes  allerdings  für  die  Kritik  des  Plinius  wenig  oder  nichts 
zu  erholen;  dagegen  könnte  eine  genaue  Vergleichung  der  zum 
Theil  allen  Handschriften  desselben  manches  nicht  Unbedeutende 
liefern,  wie  schon  die  von  mir  in  der  Zeitschrift  für  die  Alter- 
thumswissenschaft  1837,  Nr.  84 — 86  gegebenen  Proben  zeigen. 

Zum  Schlüsse  stellt  auch  Fels  eine  Stammtafel  als  das 
Resultat  seiner  Untersuchungen  auf.  Abgesehen  davon,  dass 
darin  R  XI,  XH  steht,  was  nach  seinen  sonstigen  Angaben  XII, 
XIII  heissen  müsste,  nach  Detlefsen  XI,  216  —  XIII,  88,  sollten 
aber  hierbei  nicht  VRTacdD  ohne  Weiteres  zusammengestellt 
und  dem  Leser  überlassen  bleiben,  sich  über  das  Verhältniss 
derselben  zueinander  im  Vorhergehenden  Raths  zu  erholen ,  da 
ja  hier  noch  drei  offenbar  von  verschiedenen  Originalen  ausge- 
gangene Gruppen  zu  unterscheiden  waren:  l)ac,  2)RDV,  3)dT. 

Fassen  wir  aber  das  Gesamm tergebniss  der  von  Fels 
angestellten  Untersuchungen  zusammen ,  so  könnte  hier  noch 
eher  ein  Schluss  sich  rechtfertigen  lassen,  wie  wir  ihn  bei  Det- 
lefsen gefunden  haben.  Er  bespricht  nämlich  drei  Abschnitte, 
in  welchen  vorzügliche  Handschriften  zum  Leitstern  dienen  kön- 
nen, in  den  Rüchern  2  —  6  A,  in  11  —  15  M,  in  32  —  37  B, 
wobei  jedoch  zu  bemerken  ist,  dass  A  und  M  keineswegs  den 
vollständigen  Text  jener  Bücher  enthalten,  und  dass  B  im  letz- 
ten Buche  für  die  Herstellung  des  Textes  im  Einzelnen  durch- 
aus nicht  überall  brauchbar  ist.  Die  Bücher  7 — 10  und  16 — 31 
lässt  er  unberücksichtigt,  weil,  abgesehen  von  dem  Wenigen, 
was  sich  für  16  —  19  noch  in  D^  findet,  nur  geringere  Hand- 
schriften für  dieselben  vorhanden  sind,  unter  denen  a  noch 
einen  gewissen  Vorrang  des  Alters  behauptet,  ohne  aber  so  frei 
von  Interpolationen  und  sonstigen  Verderbnissen  zu  sein,  dass 
man  diese  jenen  drei  Handschriften  an  die  Seite  stellen  könnte. 
Zu  einer  gleichmässigen  Durcharbeitung  aller  Bücher  wäre  es 
also  erforderlich,   dass  noch  andere  jenen  gleich  gute  Quellen 


V.  Jan :  Zur  Kritik  der  N.  Hut.  des  Plinius.  259 

aufgefunden  würden,  wenn  schon  anzuerkennen  ist,  dass  die 
meisten  der  Bücher,  in  welchen  es  an  einem  sicheren  Führer 
fehlt,  nicht  so  sehr  als  manche  der  andern  verdorben  sind.  Als 
Aufgabe  des  Kritikers  muss  nach  der  gegenwärtigen  Sachlage 
bezeichnet  werden,  dass  er  sich  an  jene  Hauptführer  strenge 
halte,  und  im  Uebrigen  bei  der  Benützung  der  andern  Hand- 
schriften die  gehörige  Erwägung  darüber  eintreten  lasse,  welche 
Handschriften,  wenn  sie  in  ihren  Lesarten  zusammentreffen,  den 
meisten  Glauben  verdienen.  Diese  Aufgabe  hat  sich  im  Allge- 
meinen sowohl  Sillig  als  ich  gestellt;  wenn  hier  und  da  in  der 
Ausfülirung  derselben  eine  strenge  Consequenz  vermisst  wird, 
so  ist  dabei  wohl  in  Anschlag  zu  bringen,  dass  wir  beide  als 
vielbeschäftigte  und  unserm  Berufe  treu  ergebene  Schulmänner 
auf  diese  Arbeit  immer  nur  nach  den  Mühen  eines  unter  man- 
cherlei disparaten  Beschäftigungen  hingebrachten  Tages  wenige 
vereinzelte  Stunden,  die  Andere  der  Erholung  zu  widmen 
pflegen ,  verwenden  konnten ,  so  dass  manchmal  kaum  einige 
Paragraphen  im  Zusammenhang  gearbeitet  wurden.  Dass  durch 
ein  so  zerstückeltes  Arbeiten  die  Herstellung  einer  einheilhchen 
Recension  eines  Schriftstellers  sehr  erschwert  wird,  unterliegt 
keinem  Zweifel.  Wer  aber  den  Versuch  machen  will,  sich  auch 
im  Einzelnen  und  Kleinen  fest  an  eine  jener  Handschriften 
anzuschliessen,  wird  bald  die  Unmöglichkeit  einsehen  ,  da  ja 
auch  diese  alle  insoweit  verdorben  sind,  dass  man  oft  froh  sein 
muss,  wenn  eine  der  geringern  Handschriften  eine  Aushilfe 
bietet,  und  man  sich  nicht  zur  Conjeclur  gedrängt  sieht,  die, 
wo  sie  unvermeidlich  ist,  natürlich  immer  von  den  besten  Hand- 
schriften ausgehen,  und  auf  eine  genaue  Beachtung  des  Siimes 
und  Zusammenhangs,  wie  auf  eine  vertraute  Bekarmtschaft  mit 
der  Ausdrucksweise  des  Schriftstellers  gegründet  sein  nuiss,  wobei 
dem  subjectiven  Urtheil  innnerhin  Vieles  anheimgestellt  bleibt. 
Wie  leicht  dieses  irre  geleitet  wird,  zeigt  die  Besprechung  so 
mancher  der  im  Obigen  behandelten  Stellen.  Bei  keiner  aber 
ist  es  so  wie  bei  12,  18  ersichtlich,  wie  wünschenswerlh  auch 
für  die  Kritik   ein   erklärender  Commentar  der  Naturalis  historia 


260       Sitzung  der  pMlos.-philol.  Classe  vom  4.  Mär%  1862. 

wäre,  der  hier  darauF  aufmerksam  gemacht  haben  würde,  dass 
Pliniiis  die  Worle  Herodols  3,  115  offenbar  missverstanden  hat, 
indem  er  ihn  sagen  lasst,  es  habe  zu  seiner  Zeit  noch  Niemand 
in  Asien  oder  in  Griechenland  den  bekiinnten  Padus  gesehen, 
während  jener  viehnehr  von  einem  andern  von  den  Barbaren 
Eridanus  genannten  Fhissc  spricht,  der  in  das  nördliche  Meer 
münden  sollte,  von  welchem  er  sagt,  der  griechische  Name  be- 
weise schon,  dass  man  hier  ein  Phantasiegebilde  irgend  eines 
Dichters  vor  sich  habe ,  das  noch  von  keines  Menschen  Auge 
gesehen  worden  sei.  Wenn  denniach  nicht  in  Abrede  gestellt 
werden  kann,  dass  noch  eine  consequentere  Benützung  des  be- 
kannten handschriftlichen  Apparates,  sowie  eine  Erweiterung 
desselben  durch  neue  Entdeckungen  gewünscht  werden  muss, 
so  ist  andererseits  anzuerkennen ,  dass  die  Kritik  des  auch 
seinem  Inhalte  nach  so  schwieritren  Werkes  auch  hierdurch 
allein  ihr  Ziel  nicht  erreichen  kann,  wenn  nicht  auch  die  Er- 
klärung desselben  in  einer  Weise  gefördert  wird,  wie  ich  sie 
früher  (Bulletin  1852,  Nr.  23)  angedeutet  und  in  neuerer  Zeit 
der  k.  Akademie  ausführlicher  darzulegen  versucht  habe. 


Herr  Plalh  trug  vor 

„lieber  den  gegenwärtigen  Zustand  der  ägyp- 
tischen Alterthumskunde." 


Thomas:  Zu  Marco  Polo.  261 

Herr  Thomas  trug  vor 

„Zu  Marco  Polo,  aus  einem  Cod.  ital.  Monacensis/' 

Der  Codex  ilalicus  165  unserer  Bibliothek  (vgl.  den  ge- 
druckten Calalog  |).  383  n«  1031)  ist  theils  wegen  der  alten 
Sprache,  theils  und  noch  mehr  wegen  seines  curiosen  und  bunt- 
ronianlischen  Inhalts  nicht  ohne  besondere  Anziehung. 

Er  enthält  im  wesentlichen  eine  Art  Weltgeschichte  vom  An- 
fang der  Dinge  bis  herein  in  das  Ende  des  13.  Jahrhunderts,  ganz 
im  Geschmack  des  Mitlelallers,  mit  vorzüglicher  Verwebung  der 
jüdischen,  der  christlichen  und  heidnischen  Sagen,  ohne  strenge 
Ordnung ,  natürlich  ohne  alle  Kritik  der  Zeiten  und  Dinge, 
darunter  wie  billig  die  Zugaben  der  scholastischen  Philosophie, 
der  Naturlehre,  der  Weisheit  in  Sprüchen  und  Lehren,  —  ein 
Mosaik  willkührlicher  Gestalt,  aber  doch  reich  und  nicht  ohne 
Kenntniss  zusammengetragen.  Der  Verfasser  ist  schon  vom 
Hauche  des  neuen  Litteralurlebens  im  14  Jahrhundert  berührt; 
er  kennt  das  Allerlhum,  wenigstens  griechische  und  römische 
Geschichten;  namentlich  Aristoteles  wird  wiederholt  genannt: 
so  wo  er  von  den  Elementen  handelt,  Fol.  10'-  abiamo  chontato 
brievemente  tutti  quattro  elemenli,  ma  di  caschuno  diremo  di- 
perse  anchora  piu  pienamente  si  e  vero  che  AristotUe  uagugne 
uno  ilquale  dice  che  rinchiude  tutti  ed  e  chome  e  il  punto  e 
nel  mezzo  del  cerchio  chosi  dice  che  questo  nel  mezo  del  fir- 
mamento  e  chiamolo  orbino.  Ferner  Fol.  40'- ,  wo  von  der 
„Finosomia'^  gehandelt  wird:  disse-i4mto/27e  ad  Allxandro  luomo 
achui  tu  vedrai  glochi  picoli  e  profondi  sara  reo  in  ogni  mal- 
fare  etc.  Weitere  Berufungen  sind  Fol.  45',  46'-,  48'-,  49'. 
Plato  Fol.  48'.  Ausserdem  Tvilivs  (Cicero)  z.  B.  Fol.  45%  47'. 
Salustitts,  Virgilius,  Macrohins,  Terentim,  Aufonimis,  Prisciamis, 
(Presciano  Fol.  49')  Marciamis?  (Masiano  Fol.  49'),  ebenda  auch 
Andronicus  (Andromico),  doch  wohl  der  von  Rhodus;  von  den 
Kirchenvätern  ist  S.  Avgvslin  Fol.  49'-,  S.  Isirlor,  Origines, 
einmal   auch   S.  Benedict   angezogen,   Fol.  45'.     Es   wird  dort 


262        'Sitzuntf  der  philos.  -  philol.  Clatse  vom  4.  März  i862. 

von  der  ,.ghoIosila"  gehandelt  und  nach  Citaten  aus  Dante  und 
Tullius  hoisst  es  :  e  S.  Benedello  nel  reforetto  disse 

lo  viste  persone 

che  chonperan  chapone 

pernisce  e  grosso  pesce 

lo  Spender  non  rincresce, 

come  voglon  sian  chari. 

pur  truovisene  a  danari 

si  pagon  larghatnente. 

e  credon  che  la  gente 

gle  le  ponghan  allargheza 

ma  ben  e  gran  vilezza 

ingholar  tanta  cosa 

che  gia  fare  non  soxa 

chonviti  ne  presenti 

ma  li  suo  propri  denti 

manga  e  divora  tutto 

e  cho  chostiimc  brutto  '. 
Allgemein  gehalten  sind  seine  Berufungen  auf  die  biblischen 
Urkunden  und  alte  Ueberlieferung  z.  B.  Fol.  2'-  secondo  natura 
ouero  secondo  lo  scritto  chessi  troua  de  nostripassafi  oder  Fol.  49'-: 
falsita  secondo  Ja  legte  e  dire  una  effare  unaltra.  Fol.  10'-  dient 
ihm  In  scrittura  de  ßhxofi  zur  Angabc  einer  auch  sonst  merkwür- 
digen Ansicht  über  die  Gestalt  der  Erde  :  Tornando  al  londo  della 
terra  dice  la  scriltura  de  filoxofi  chesse  fusse  chosa  possibile  che 
alla  terra  si  facesse  nel  mezo  un  foro  come  a  il  fusamolo  delle  donne 
e  fusse  largho  quanto  bixognasse.  e  per  lo  foro  ouer  per  lo  pozzo 
si  gitasse  una  grande  macina  ella  non  passerebbe  disotto  laria 
infino  allaria  esse  purpasse  per  la  chaduta  alquanlo  il  luogho  del 
mezo  inchontamente  ritornerebbe  in  quel  luogho  pero  che  da 
indi  ingiu  andrehe  verso  laria.  Fol.  11'-  wird  der  Philosoph  xat' 
8^ox7]v  „secondo  il  ploxafo^''  angeführt. 


(l)  Es  scheint  diess  etwas  Npucs  zur  Benedictus-Litteratur,  da  auch 
Herr  Collega  Abt  Haneberg  darüber  nichts  auffand. 


Thomas:  Zu  Marco  Polo.  263 

Er  Stützt  seine  Ausfülirung  gerne  mit  Versen,  auch  aus 
Dante;  allein  es  ist  überall  mehr  das  Sonderbare,  das  Wunder, 
die  Anekdote,  was  in's  Zeuth  gewebt  wird  —  ein  buntspielen- 
der bilderreicher  Teppich. 

Freilich  liegt  nun  da  manches  geborgen  was  zu  wissen 
auch  andere  inleressirt.  Einen  grösseren  Abschweif  macht  die 
Schrift  (Fol.  33  —  40)  über  Alexander  den  Maccdotiier  —  eine 
Art  mittel- italienischer  oder  mittelalterlicher  Callisthenes.  Sehr 
eingehend  wird  auch  die  Sage  des  Äeneas  von  seinem  Abzug 
aus  Troja  und  seine  weiteren  Schicksale  —  meist  nach  Virgil  — 
der  römischen  Geschichte  vorausgeschickt  (Fol.  53  —  61). 

Das  historisch  wichtigste  ist  vielleicht  ein  Abschnitt  über 
die  Kunde  Asiens,  der  von  Fol.  2V-  bis  Fol.  33'-  eingelegt  ist, 
ein  Auszug  aus  Marco  Polo's  Reisebericht. 

Dass  dem  so  ist,  würde  eine  Vergleichung  der  einzelnen 
Stücke  lehren,  wenn  der  Compilalor  nicht  auch  selbst  seine 
Quelle  offen  und  gerade  zu  erkennen  gäbe.  Er  thut  diess  nicht 
gleich  am  Anfang  seiner  Auszüge,  sondern  zuerst  auf  Fol  24'' 
am  Schluss  des  Artikels  über  Chingitalas ,  wo  vom  Asbest 
(Salamander)  die  Rede  ist  und  erzahlt  wird  dass  das  Schwei.ss- 
tuch  Jesu  in  Rom  in  ein  unverbrennliches  Linnen  gewickelt  auf- 
bewahrt werde,  das  der  Gross- Chan  geschenkt  habe  Ha  be- 
kräftigt er  diess  also:  e  Hlesser  Marcho  Polo  da  Yinegia 
cheffu  in  quelli  paesi  scrisse  nel  libro  ende  silrasse  la  prexente 
materia  che  ne  vidde  assai. 

Dann  noch  einigemal ;  Fol.  25'-  unter:  Tenüviche  . . .  binchella 
sia  sotto  il  gran  chane  uitrovo  Messer  Marcho  vn  re  etc.  — 
Fol.  26''-  unter  Gliargo  .  .  .  nel  1290  essendo  Messer  Marcho 
nella  chorte  del  gran  chane  secondo  che  gli  scrive  etc.  — 
Fol.  27'-  unter  Eumagi  .  .  .  della  quäle  scrive  Messer  Marcho 
detto  etc.  —  Fol.  27'-  unter  Saiafu  .  .  .  poichel  gran  chane 
ebe  aquistato  il  resto  del  reame  stelle  ad  asscdio  a  quella  2  anni. 
e  mai  non  larebe  auta  se  non  che  Messer  Marcho  sopra  detto 
dice,  chensegno  loro  il  trabocho  che  mai  niun  Tariere  lo  sepe.  — 
Fol.  29'"-  unter  Cianba  .  .  .  scrive  Messer  Marcho  da  Yinegia 


264        Sitzung  der  philos..-phi'lol.  Classe  vom  4.  März  1862. 

che  ne  vide  a  qucl  re  che  regnava  nel  1285  Ira  maschi  e 
femine  266  figluoli  etc.  —  Fol.  29^-  unter  Basma  .  . .  liochorni 
che  nanno  inolti  e  sechoiulo  scrive  Messer  Marcho  ne  vidde 
assai  etc.  —  Fol.  30''-  Mutifele  e  un  regno  nel  quiile  Messer 
Marcho  scrive  che  Irovo  una  reina  stala  vedova  40.  anni  etc.  — 
Fol.  32''  unter  Mcmdechascarc  .  .  .  scrive  Messer  Marcho  va 
inolti  giifoni  etc.  —  Fol.  32'-  unter  Turchia  la  grande  .  .  . 
scrive  Messer  Marcho  che  al  tenipo  che  vera  cholui  che  regnava 
aveva  una  figluola  chavca  nome  Lucente  la  quäle  vinceva  dl 
forteza  ogni  huonio  etc. 

Da  unser  Auszugniacher  dem  Zeitalter  Marco  Polo's  sicher 
sehr  nahe  steht,  so  darf  seine  Auslese  selbst  für  die  Textes- 
kritik des  berühmten  Reisebuchs  nicht  für  ungerecht  gehalten 
werden.  Vielleicht  dürfte  sie  sogar  ein  weiterer  Beweis  sein 
dass  Marco  sein  Werk  wirklich  in  der  „lingua  volgare"  nieder- 
geschrieben hat. 

Hierorts  genügte  mir  zur  Verwerthung  der  geographischen 
Kritik  nur  die  Varianten  der  Orts-  und  Ländernamen  auszuheben. 

Ich  citire  nach  der  Ausgabe  des  Grafen  BaldoUi  Boni,  und 
zwar  nach  dem  ersten  Bande  (II  Milione  di  Marco  Polo),  mit 
Angabe  der  Seiten  und  Paragraphe. 

p.  17.     §.  20.     Persia  e  vna   nobile   prouincia    .   .    in  essa  la 

citta  di  Saba. 
p.  18.     §.  21.     essono  in  Persia  otto  reami.  co  chausom,  distam. 

zetazi.  sonchar  lor.  celcsta.  istam.  tunogham. 
p.  19.     §.  22.     ladis  e  una  cilta  di  Persia. 
p.  20.     §.  23.     Cremma  e  un  regno. 

§.  24      Camandi  e  una  cilta  del  reame  di  re  abales. 
p.  22.  Connos  e  una  citta. 

p.  23.     §.  26.     Partendosi  anchora   luomo  da  Cremma  per  un- 

altra   uia  tre  gornate  dilungho  non  uisitroua 

aqua  che  non  sia  salata  e  uerde  chome  erbe 

e  amara. 
p.  24.     §.  27.     Ghobia    e    una   cilta  oue  si   fa  la  tuzia  e  lo 


Thomas:    Zu  Marco  Polo.  265 

spodio,   e  parlendosi  diqui  siua  ollo  gornate 
per  diserli  forniti  al  delto  modo,  in  quel  paese 
e  luWei'o  secho 
p.  25.     S.  29.     MHUe    sichiaina    ladoue    stelle    il  ueglo    della 
moiilagna. 
Svppvngha  e  ima  citla. 
Balaache  era  una  grandissima  cilta. 
Casem  e  una  citla  doue  molti  porci, 
Tuicham  e  un  chaslello  doue  montagna  uisono 

di  sale. 
Balascha   e   una   provincia    doue    naschano    le 

pielre pieziose  che  si  chiaman balasci. 
Büusiian  e  una  provincia. 
Che/fimim  e  una  provincia  oue  a  genle  che  sanno 

tanto  dinchanlcximo  cl»e  faiino  inutare 

il  tenipo. 
BavdacJie  e  Vocha  son  due  provincia. 
Casiiar  e  una  provincia. 
Samarche  e  una  citla  del  gran  chane  doue  uxano 

sichuramente     Crisliani     e     Saracini, 

Ghorgam  che  dura  cinque  gornate  e 

uxan»  Crisliani  e  Nestorini,  CItontain 

e  una  provincia. 
Pcitn  e  una  provincia. 
Ciarcia   c  una    provincia   anchora    nella    gran 

turchia. 
Lop  e  una  gran  cilta. 

Sarliion  e  una  citla  nella  provincia  di  Taghvf, 
Cliainvl  e  una  provincia  abilata  da  genle  niolle 

sollazevole. 
CJihujitalas  e  una  provincia. 
Siichivr  e  una  provincia. 
Chatipicconi  e  una  cilta. 
Churocliaro  e  una  citla. 
ErijhuH  e   un   reame    sotto    il    gran    chane   e 


p- 

27. 

s. 

30. 

p- 

27. 

s. 

31. 

p- 

28. 

§. 

32. 

p. 

28. 

§. 

32. 

p- 

29. 

§. 

33. 

p- 

30. 

§. 

34. 

p 

30. 

§■ 

35 

p- 

31. 

§. 

36. 

p- 

32. 

s. 

37. 

p- 

32. 

§. 

38. 

p 

33. 

§. 

39. 

p- 

33. 

§. 

40. 

p- 

34. 

8. 

41. 

p- 

34. 

§. 

42. 

p. 

35. 

§. 

43. 

p- 

36. 

s. 

44. 

p- 

38. 

§. 

45. 

p- 

39. 

s. 

46. 

p- 

40. 

§. 

47. 

p- 

41. 

§• 

48. 

p- 

43. 

§. 

50. 

p- 

53. 

s. 

58. 

266       Sit-Z'uny  der  pliilos.- pfiilol.  C'lasse  vom  4.  März  1862. 

andando  iierso  Chattani  si  troua  la  cilta 
di  Singlnii. 
p.     5G.  §.     59,  Egrigna  e  una  provincia  della  quäle  la  magiore 

cilta  a  nome  Ghalantae  qui  sifanno  niolti 
canbelotti  e  bigi  di  pelo  di  chamello. 
p.     56.  §.     60.   Tendviche  e  una  provincia  della  quäle  la  maslra 

citta  e  chiamata  Temluch,  e  bincliella 
sia  soUo  il  gran  cliano  uilrovo  Messer 
Marcho  vn  Re  discendente  di  Presto 
Giovanni ...  in  quesla  provincia  era 
la  maslra  sedia  dcl  anticho  e  gran 
maslro  Presto  Giovanni  e  qneslo  e  il 
luogho  che  noi  chiamian  Gliorgo  e 
Magorgho. 
p.     58.  Ciaghamior  e  una  cilta  doue  '1  grnn  chane  va 

spesso    a   suo    dilelto    per  grand- 
abondanza  ue  duccelagone. 
p.     59.  §.     61.  Giculu  e  una  citta  che  fece  fare  il  gran  chane. 
p.     71.  §.     69.  Chabalu  e  una  citta  doue  dimora  el  gran  chane 

8  mesi  dell'  anno, 
p.  104.  §.     97.  Tnbet  e  una  cilta  chel  gran  chane  ghuasto  per 

ghuerra. 
p.  114.  §.  102.  Ardanda  e  una  provincia. 
p.  117.  §.  103.  Ammic  e  una  provincia  che  chonfina  choll'  India 
verso    mezzo   gorno  alla  quäle  andando 
si   discende   dua    gornale  partendosi  da 
essa  siua  15  gornate  per  luoghi  diserli. 
aui  niolti  linchorni  e  allre  fiere  saluatiche. 
Chauchaso  e  un  inonte  al  fin  dell'  India 
e  per  li  niolti  serpenti  e  abandonado  da 
gente  uinana. 
p.  118.  §.  104.  Mkn  e  una  gran  citta. 

p.  120.  §.  105.  Ghargho  c  una  provincia  la  quäle  e  ncl  mezzo 

di  c  nel  1290  essende  Messer  Marcho 
nella  chorte  del  gran  chane. 


Thomas:  Zu  Marco  Polo.  267 

p.  121.  §.  106.  Ghaugigu  e  una  provincia. 

Amu  e  una  provincia. 
p,  122.  §.  108.  ToJoma  e  una  provincia. 
p.  123.  §.  109.  GImgumi  e  una  altra  provincia. 

ibid.  Simugli  e  una  nobil  cilta. 

p.  125.  §.  111.  CialeHi  e  una  gran  cilla  del  gran  chane  presso 

alla  quäle  a  una  gran  montagna. 

p.  126.  §.  113.  Cliodisnm  e  uno  reanie  nel  quäle  a  15.  citta. 

^p.  128.  §.  116.  Pigni  e  una  cilta  nelia  provincia  dctitmigi .  . , 

/p.  129.  §.  117.  e  apresso  uel  gran  fiume  d\  Charavera. 

p.   129.  §.  118.  Evmagi  e   un  gran   reaine    de  laquale  scriue 

Messer  Marcho  delto  che  al  tempo  chel 

signoregaua  Fofur  re. 

p.  133.  §.  123.  Saiafu  e  de  gran  cilta  del  dito  reame  deumagi. 

p.  137.  §.  128.  Suigni  e   una   cilta   del   gran  chane   la    quäle 

gira  sessanta  niigla. 
p.  138.  §.  129.  Quinsai  tanle  e  a  dire  quanto  cilla  del  cielo. 
p.  151.  §.  136.  Cipagum  e  una  isola  in  alto  mare  doua  genle 

dilichata  e  biancha. 
p.  156.  §.  137.  Cianba  e  una  gran  citta. 
p.  157.  §.  138.  Jamia  e  un  isola. 
p.  159.  §.  141.  Perlet  e  un  reaine. 
p.  160.  §.  141.  Basma  e  un  reame. 
p.  164.  §.  145.  Farisur  e  un  reame. 
p.  165.  §.  146.  Seguer  e  un  altra  isola  molto  besliale. 
p.  166.  §.  147.  Inghaam  e  un  altra   isola  doua   gente   bruna. 
p.  168.  §.  149.  Euar  e  un  reame  nell'  India  magiore  doue  si 

truovan  le  grosse  perle  orienlali. 
p.  176.  §.  150.  Mulifcle  e  un  regno. 

Mabar  e    una    provincia    doue   11    coipo    di 
S.  Tomaxo  apostolo. 
p.  180.  §.  152.  Apresso  si  trova  Breghomanni. 
p.  184.  §.  153.  SiUa  e  un  isola. 
p.  187.  §.  155.  Clioilur  e  uno  reame. 
p.  191.  §.  159.  GÄon/i/rai  e  un  reame  nel  quäle  a  molli  chorsali. 


268       Sitzung  der  phüos.-philol.  Clasae  vom  4.  März  1862. 

p.  192.  §.  160.  Tana  e  un  reaine  pien  di  corsali. 
p.  194.  S  163  Malech  e  una  isola  di  Crisliani  baltizali. 
p.  194.  §.  164.  Schara  e  una  isoin  di  Cristiani  la  quäle  sigiiorega 
Uli  arcivescovo  soltoposlo  a  quäl  di 
Baldach.  quäle  e  in  quo  paesi  come 
diqua  anno  il  papa.  cliiamasi  il  chalislo 
di  Baldach. 

p.  196.  §.  165.  Mandechascare&nnxsoXn li  barche  uenghono 

quivi  da  Manbar. 
p.  198.  §.  166.  Chachil  e  un  provincia  nell  India,  essono  homini 

molto  grandi,  manga  Inno  per  sei  degl' 
altri  e  sono  tulti  neri. 
p.  201.  §.  167.  Albasce  e  una  provincia. 

p    205.  §.  170.  Escier  e  una  gran  cilta  del  soldano  di  Banbilonia. 
avi    un    porto  dove  arriva  molla  genle 
di  Chaldea. 
p.  206.  §.  171.  Duffar  e  una  citta 
p.  208.  §.  173.  Eurmos  e  una  cilta  insu  la  niarina. 
p.  209.  §.  174.  Turchia  la  grande  e  un  reame  de  Tarleri .  .  . 

passato  il  fiuine  di  Gion. 
p.  221.   S    178.  Rossia  e  una  provincia  verso  tramontana,  dova 
sniisurato  freddo  e  son  Crisliani  bianchi 
e  biondi. 
p.  222.  §.  179.  Lach  e  una    provincia   doue    assai    Saracini   e 
Crisliani.  sono  in  si  crudel   fredura  chon 
faticha  ui  sabila  e  poco  piu  la  non  ui  si 
puo  abilare  pel  freddo.    questo   basti   de 
Tarteri  e  del  gran  chanc  e  del  India. 


Als  grössere  Probe  der  Sprache   und  Schreibart   mag  hier 
ein  volles  Capitel  über  den  „Alten  t^om  Berge''  stehen,  das  auch 


Thomas:   Zu  Marco  Polo.  269 

sonst  einige  Abweichungen    in    der  Darstellung   bietet*.     Cod. 
Fol.  22^-.  Vgl.  Baldelli  Boni  I,  p.  25,  §.  29. 

Milile  si  chiaina  ladoue  stetle  il  ueglo  della  montagna  il 
quäle  essendo  a  quel  tenipo  singhnlare  huoino  di  sapere  e  din- 
gegno  6  dellauere  del  niondo  grandissimo  tiranno  per  poter 
nu'glo  tirannegare  e  signoregare  i  niolti  popoli  e  conmni  cherano 
datlorno.  e  di  gcnte  grossa  ordino  e  prese  in  una  ualle  cir- 
chundata  daltissiine  montagne  un  grandissimo  circluiito  di  mura 
di  spazio  di  dieoi  niigla  di  cerchio  chon  palagl  nobilissinii  per 
abitare  chon  lutti  glagamenti  ch(»ssi  polesson  cliiedere  chon  mul- 
tiludine  di  donzolli  seruidori  e  donzelle.  II  gardino  Ibrnito  di  tutti 
pomi  e  frutti  e  chose  di  dilelto  che  nonnnare  sipotessono,  cho- 
mese  uccellarc,  saluagine  da  chaccare  e  singhnlare  e  bellissime 
danngelle  di  chanlare  e  chon  suavissinie  boci  e  chon  tutte  vi- 
uande  per  niangare  che  usar  si  possano  e  choUelli  e  chon  altro 
fornimento  che  adorneza  si  richiede  e  chon  ogiii  dilelto  charnale 
che  prendere  noleano  i  govani  cherano.  perche  niinio  uxaua 
neghare  lun  laltro  goia  damore  o  allra  chosa  di  dillclto.  perche 
Maonnnetlo  auea  detlo  che  ein  andasse  in  paradiso  arebe  dovizia 
di  belle  donzelle  e  dognallro  dilelto  chorporale. 

Di  tutte  chose  e  egli  tenea  fornilo  el  Inogho  e  polea  lo 
farc  6  l'accalo  credere  die  queslo  era  paradixo.  e  in  questo 
luogho  non  entraua  se  nonne  cholui  che  uoleua  fare  assassino 
coe  che  non  ui  meltea  se  non  ualenli  gouanelti  gharzoni  da  15 
a  20  anni.  e  tenea  questo  modo  quando  li  niettea  dentro  che 
prima  si  gli  faceua  adopiare  e  adornienlare  e  poi  li  faceua  por- 
tare  nel  gardino  e  quando  si  sueglauano  li  faceua  nobilemente 
seruire  e  uedieno  tanle  dileltouoli  chose  che  propriamente  parea 


(2)  Einiges  andere,  was  mir  im  Lesen  auiliel,  ist  z.  B.  Fol.  2i»-  (ed. 
Baldt'lli  p.  38)  si  che  non  puo  pu%ure;  Fol.  2{)'-  (ed.  Bald.  p.  122)  le 
donne  portan  yhanhenioli  e  bracculi  doro  e  dargento;  Fol.  27'-  (ed. 
Bald.  p.  130)  un  barone  diauea  nome  Baia  Nasan  die  tante  a  dire  in 
nostra  linglia  quanto  Wa/a  cientochi  e  questo  fu  nv[f2i)3\  Fol. 31'-  (cd, 
Bald.  p.  18i)  una  montagna  dirapinata  e  ritta, 

Hö«  I.J  19 


270         Sitzung   der  philos.  -  philol.  Clause  vom  4.  März  1862. 

loro  esser  in  paradixo  pero  che  poteano  mangare  e  bere  e  pren- 
dere  ognaltro  diletto.  e  quando  il  ueglo  uolea  uccidere  uno  che 
noiasse  la  sua  signoria,  si  faceua  adopiare  alchuno  dei  delli 
gouanelli  di  naschoso  alüro  e  faceua  gli  porre  di  fuori  in  certa  parle, 
doue  poi  andaua  allui  a  modo  di  profela  e  di  stato  il  domandaua 
quegli  che  faceua  e  quegli  rispondeua  choiiie  glcra  slalo  in 
paradiso  chon  tutti  i  dilelli  e  non  sapeua  come  nera  uscito.  e 
preghaualo  che  glinsegnasse  il  modo  daloruiirui.  e  allora  il  ueglo 
dicea  settu  vuoi  tornar,  ua  e  uccidi  il  tale  tiranno  o  tale  re  o 
altra  persona,  essellu  se  morto  per  queslo,  tunandrai  in  paradixo 
essetlu  chanpi  ,  torna  a  me  e  io  timeltero  in  paradixo.  onde 
eglandaua  e  uccideua  lietamenle  quelchotale  esse  e  ne  moriua 
sessauea  il  danno  e  andauane  a  chasa  del  diauolo.  esse  chan- 
paua,  tornaua  al  maluagio  profeta  ee  lor  immetteua  dentro  per 
lo  detto  modo  edera  poi  de  suoi  assassani  e  seruidori.  e  pero  e 
scripto:  incerto  dire  prima  essere  uiuo  che  assassino.  il  ueglio. 
6  molti  re  e  siglori  (sie)  li  dauan  trebulo  per  paura  e  non  si 
polea  saper  sua  chondizioni  edegli  avea  genli  che  per  lo  modo 
chauete  udito  a  ogni  pericolo  si  metleuano.  ed  e  ueM'o  che. 
Alan,  signor  de  Tarteri  nel.  mccLxvii.  senlendo  quesla  malua- 
gita  penso  dispegnerla  e  mandoui  loste  laquale  uislette  ad  asse- 
dio  xxx  anni.  e  in  fine  lebe  per  fame,  perche  per  altro  modo 
non  sarebe  mai  aulo.  perche  il  luogho  era  ollra  mixura  for- 
tissimo  e  ben  difeso.  E  preso  la  lenula  fece  meliere  il  ueglo  e 
tutla  sua  gente  maschio  e  femmine  al  laglo  delle  spade  e  fece 
disfare  e  diradichare  il  gardino  e  tullo  e  dicesi  che  glera  la 
piu  nobil  chosa  che  fossc  al  mondo  dal  paradiso  lereslo  in  fuori. 
e  chosi  polele  uedere  quantunque  le  chose  ree  si  faceano  ochulle, 
tornano  in  palese  quando  piace  a  dio. 


V.  Schlayintueil :  Physikalische  Forschungen  in  Indien.     271 


Malhemalisch -physikalische  Classe. 

Sitzung  vom  S.  März  1862. 


Herr  Hermann  von  Schlagintweit  überreichte  ein  Exem- 
plar des  zweiten  Bandes  der  .,Results  of  a  scientific  mission  to 
India  and  High  Asia"  nebst  dem  dazu  gehörenden  Bande  des 
Atlas,  und  verband  dauiit  einige  Erläuterungen  der  Tafeln,  nach- 
dem bereits  das  Resume  dieses  Bandes  in  der  Decembersilzung 
1861  vorgelesen  war  '.  Der  Gegenstand  dieses  Bandes,  der 
speciell  die  Hypsometrie  (mit  Angabe  der  ßeobachtungs-  und 
Berechnungs- Methoden  und  einer  Zusammenstellung  von  etwas 
über  3400  Punkten)  behandelt,  ist  auch  in  den  Blättern  dieses 
Atlas  durch  7  Tafeln  vertreten 

Diese  enthalten  18  panoramische  Profile  in  einer  Richtung 
von  Südosten  nach  Nordwesten,  in  welchen  die  Folge  der  we- 
sentlichsten Schneegipfel  im  Himälaya  und  in  den  westlichen 
Theilen  des  Karakorum  und  Kuenluen  in  ununterbrochener 
Reihe  zusammengestellt  werden  konnten.  Mit  den  perspec- 
tivisch  aufgenommenen  Ansichten  sind  auch  graphische  Ver- 
gleichungen  der  Höhen  und  Positionen  verbunden. 

Die  andern  5  Tafeln  enthalten  landschafüiche  Ansichten  in 
Farbendruck  theils  in  Berlin,  theils  in  Paris  ausgeführt;  die  Ge- 
genstände sind,  ungefähr  von  Süden  nach  Norden  sich  folgend: 
Galle  in  Ceylon,  das  Barerplateau  im  südlichen  Indien,  2  Bilder 
aus  dem  Brahmapülralhale,  das  Innere  eines  buddhistischen 
Tempels  zu  IVlangnang  in  Tibet  und  der  Salzsee  Kiük-Kiö'l  in 
Turkistän. 


(1)  Sletie  Sitzungsberichte  ISiil.  Bd.  II.  Heft  IV.  S.  'JÜl  bis  590. 

19* 


272  SiHuny  der  mnth.-plit/s.  Cliisse  vom  8.  März  1862. 

Herr  Pettenkofer  hielt  einen  Vortrag  über 

„die  Bewegung   des  Grundwassers   in  München 
von  März  1856  bis  März  1862/' 

(Mit  einer  Tafel. ) 

D(>r  Boden  auf  welchem  München  steht,  ist  Kalk- Gerolle 
(Schollor)  und  Sand  mit  einer  sehr  dünnen  Hunmsschichte  be- 
decld.  Der  Scliotlcr  und  Sand  reicht  bis  zu  einer  stellenweise 
wechselnden  Tiefe  von  20  bis  40  Kuss.  Auf  diese  sehr  poröse 
Schichte  folut  ein  wasserdichtes  Mergeilagcr  von  bedeutender 
Mächtigkeit,  200  bis  300  Fuss,  und  auf  dieses  ein  ganz  kalk- 
freier Sand  von  Wasser  durchdrungen,  welches  einige  artesische 
Brunnen  in  München  speist.  Das  Mergeliager  ist  fast  allent- 
halben mit  Wasser  —  Grundwasser  —  bedeckt,  und  ragt  nur 
an  einzelnen  Stellen  insciartig  über  das  Grundwasser  im  Kiese 
empor.  Die  Brunnen  und  Quellen  in  und  um  München  werden 
von  diesem  Grundwasser  gespeist.  Dasselbe  bat  von  Alters  her 
einen  nach  verschiedenen  Jahren  und  Jahreszeiten  veränder- 
lichen Stand  gezeigt,  und  nicht  ferne  von  München  (in  Berg  am 
Laim.  Trudering  etc.)  beträgt  die  Schwankung  zwischen  ver- 
schiedenen Jahrcränfren  mehr  als  20  Fuss.  Schon  im  Jahre  1762 
sah  sich  die  bayerische  Akademie  der  Wissenschaften  veranlasst, 
über  die  periodische  Ab-  und  Zunahme  des  i^Higl"'  oder  „Hidl" 
—  so  nennt  der  altbayerische  Laiidmann  das  Grundwasser  — 
eine  Preisaufgabe  zu  stellen  \  Den  Preis  gewann  1764  Berg- 
rath  Scheidt  in  Salzungen.  Seine  Arbeit  ist  leider  verloren  ge- 
gangen, sie  findet  sich  weder  in  den  Akten,  noch  in  den  Druck- 
schriften der  Akademie.  Wie  aus  der  Fragestellung  hervorgeht, 
hatte  die  Untersuchung  eine  vorwaltend  landvvirthschaftliche 
Tendenz,  und  holl'te  man  dadurch  über  die  Bildung  mancher 
Moore  Aufschluss  zu  erhalten. 


(!)  V.  Martius  Rede  zur  Feier  des  Sacularfestes  der  k.  b.  Akademie 
der  Wisscnscljaften.  1859.  Seite  5, 


Pettenknfer :    Bewegung  des  Grundiv assers  in  München.     273 

Im  Volke  herrscht  der  Glaube,  dass  der  ,,Higl''  sieben 
Jahre  steige,  und  sieben  Jahre  falle,  was  aber  sicher  nicht  der 
Fall  und  durch  keine  exakten  Beobachtungen  erwiesen  ist. 

Meine  Untersuchung-en  über  die  Verbreitungsart  der  Cholera 
haben  mich  veranlasst,  das  Steigen  und  Fallen  des  Grundwassers 
in  München  seit  März  1856  durch  regelmässige  Messungen  zu 
verfolgen,  welche  alle  14  Tage  an  verschiedenen  Brunnen  vor- 
genommen werden.  Die  Gründe,  welche  mich  bestimmten,  einen 
Zusammenhang  der  Cholera  mit  dem  Stande  des  Grundwassers 
anzunehmen,  habe  ich  in  Pappenheims  Monatschrift  für  Sanitäts- 
polizei 1859,  1.  Heft  niedergelegt  und  verweise  ich  darauf. 
Hier  erlaube  ich  mir  nur  auf  die  Bewegung  des  Grundwassers 
für  sich  einzugehen,  ohne  jede  Rücksicht  auf  Medicin  oder 
Ackerbau,  obwohl  ein  Zusammenhang  damit  aus  mehr  als  einem 
Grunde  anzunehmen  ist. 

Zur  Beobachtung  wählte  ich  Anfangs  4  Brunnen  in  4  ver- 
schiedenen  Theilen  der  Stadt  aus,  3  auf  dem  linken  und  1  auf 
dem  rechten  Isarufer.  Als  ich  aber  nach  mehrern  Monaten  die 
Ueberzeugung  gewonnen  halte,  dass  zwischen  den  Brunnen  des 
rechten  und  linken  Isarufers  constante  Unterschiede  in  der 
Grösse  der  Schwankungen  bestehen ,  nahm  ich  noch  einen 
5.  Brunnen  und  zwar  auf  dem  rechten  Flussufer  dazu,  um  die 
Bewegung  des  Grundwassers  auch  auf  dieser  Seite  nicht  nur 
an  einer  sondern  an  zwei  Stellen  beobachten  und  vergleichen 
zu  können,  —  Der  Brunnen  I  am  Angerthore  gehört  dem  süd- 
lichen, der  II  in  der  Karlsstrasse  dem  westlichen,  der  III  in  der 
Schellingslrasse  dem  nördlichen  Theile  der  Stadt  auf  dem  linken 
Flussufer  an,  und  die  beiden  auf  dem  rechten  Ufer  IV  dem 
Süd-östlichen  und  V  dem  östlichen  Theile  derselben. 

Bei  allen  solchen  Brunnen -Beobachtungen  ist  es  wichtig, 
eine  Vorfrage  ein  für  allemal  zu  erledigen,  nämlich  zu  ermitteln, 
in  wie  weil  ihr  Stand  durch  Benützung,  durch  Pumpen  oder 
Schöpfen  von  Wasser  verändert  wird,  und  wie  lange  es  währt, 
bis  der  Zufluss  des  Brunnens  das  weggenommene  Wasser  wieder 
ergänzt  hat  und  das  Niveau  sich  nicht  mehr  ändert.   Zu  diesem 


274         Sitzung  der  inath.-phys.  CUis.se  vom  8.  Mofrs  1862. 

Zwecke  lasse  man  ein  paar  Stunden  lang  mit  einem  gewöhn- 
lichen Brunnenvenlile  oder  überhaupt  auf  die  Art  schöpfen ,  in 
der  der  Brnnnen  gewöhnlich  beniilzt  wird,  und  i)estimme  mehr- 
mals die  binnen  5  oder  10  Minuten  ausgeschöpfte  Wassermenge. 
Das  Wasser  wird  in  Rinnen  vom  Brunnen  weg  in  die  nächste 
Strassengosse  abgeleitet.  W;ilu*end  des  Schöpfens  wird  von  15 
zu  15  Minuten  die  Entfernung  des  ^Vasserspiegels  gemessen. 
Zeigt  sich  ein  Sinken,  so  wird  nach  Beendigung  des  Pumpens 
oder  Schöpfens  beobachtet,  binnen  welcher  Zeit  sich  der  Brun- 
nenschacht wieder  bis  zur  ursprünglichen  Höhe  füllt.  Die  Brunnen 
in  und  um  München  zeigen  bei  Anwendung  einer  gewöhnlichen 
Ventilpumpe  meist  gar  keine  Aenderung  in  ihrem  Wasserstande, 
man  kann  Stunden  lang  pumpen ,  ohne  dass  der  Wasserspiegel 
auch  nur  um  eine  Linie  fallt.  Wo  das  nicht  der  Fall  ist,  muss 
man  durch  Versucli  und  Beobachtung  ermitteln,  wie  lange  der 
Brunnen  nicht  benützt  Averden  darf,  um  seinen  dem  Grundwasser 
zukommenden  Stand  zu  zeigen.  Als  Beispiel  von  der  Mächtig- 
keit des  Grundwassers  an  manchen  Stellen  in  München  diene 
der  Brunnen  in  der  grossen  Brauerei  des  Herrn  Gabriel  Sedl- 
mayr.  Dieselbe  liegt  an  dem  von  der  Isar  entferntesten  west- 
lichen Ende  der  Stadt.  Sie  nahm  vor  einigen  Jahren  noch  ihren 
ganzen  Wasserbedarf  aus  einem  gegrabenen  Brunnen  von  7  Fuss 
Durchmesser.  Damals  (1857)  war  der  Wasserstand  in  dem- 
selben (vom  Grunde  bis  zum  Wasserspiegel)  nicht  viel  über 
2  Fuss.  Die  Brauerei  besitzt  einen  unter  dem  Dache  gelegenen 
Wasserbehälter  von  2000  Eimern  Inhalt.  Eine  Dampfmaschine 
bewegt  das  Pumpwerk  und  füllt  dieses  Reservoir  erfahrungs- 
gemäss  binnen  6  Stunden ;  sie  entzieht  somit  dem  Brunnen  in 
jeder  Minute  etwa  14 Vj  Kubikfuss  Wasser.  Sobald  die  Pumpe 
die  Ansangung  einer  so  bedeuterulen  Wassermasse  beginnt, 
sinkt  der  Spiegel  des  Brunnens  um  mehrere  Zolle  und  ver- 
bleibt so  während  des  Pumpens.  Sobald  die  Pumpe  nach  6  Stun- 
den stille  steht ,  stellt  sich  der  Wasserspiegel  in  weniger  als  in 
2  Minuten  Zeit  wieder  auf  c\en  Stand,  den  er  unmittelbar  vor 
Anfang  des  Pumpens  zeigte.  Den  Stand  des  Wassers  im  Brunnen 


Petienkofer :    Bewegung  des  Grundwassers  in  München.     275 

zu  2  Fiiss  angenommen,  hat  man  im  Zustande  der  Ruhe  nahezu 
77  Kubikfuss  Wasser  darin  vorräthig.  Bei  der  Arbeit  nimmt 
man  in  jeder  Minute  etwa  den  fünften  Tlieil  dieser  Wasser- 
masse heraus,  und  da  dieses  360  Minuten  lang  fortgesetzt  wird, 
so  ist  klar,  dass  dem  Brunnen  binnen  6  Stunden  72 mal,  oder 
in  einer  Stunde  12mid  sein  anfänglicher  Inhalt  entzogen  wird, 
ohne  zuletzt  eine  Abnahme  im  Wasserstande  beobachten  zu 
können.  Und  dieser  Brunnen  liegt  ferne  von  jedem  Flusse  oder 
Bache,  auf  einer  dürren  Haide,  dem  Marsfelde,  wo  man  nach 
4  bis  5  Zoll  Dammerde  auf  Geröll  kommt,  in  dem  man  etwa 
24  Fuss  lief  Grundwasser  antrifft. 

An  den  Brunnen,  die  beobachtet  werden  sollen,  ist  ein  für 
allemal  ein  fester  Punkt  zu  wählen,  von  dem  aus  jederzeit  ge- 
messen wird.  Ich  benütze  dazu  meistens  die  hölzerne  Vierung 
oberhalb  des  gemauerten  Brunnenschachtes.  Eine  starke  Latte 
von  bekannter  Dicke  wird  darüber  gelegt ,  welche  als  Fixpunkt 
dient.  Diess  hat  den  möglichen  Uebelstand,  dass  von  den  Eigen- 
thümern  des  Brunnens  die  hölzerne  Vierung  abgeändert,  oder 
durch  eine  neue  von  andern  Dimensionen  ersetzt  werden  könnte, 
ohne  dass  man  zuvor  Kenntniss  erhielte,  so  dass  man  die  künf- 
tigen Messungen  nn't  den  vorausgehenden  nicht  mehr  ganz  genau 
in  Einklang  bringen  würde.  Es  wird  desshalb  gut  sein,  in  der 
Mauerung  des  Brunnens  oder  an  andern  fixen  Gegenständen  in 
der  Nähe  einen  weiteren  fixen  Punkt  etwa  durch  einen  eisernen 
Stiften  zu  bezeichnen  ,  und  den  Höhenunterschied  zwischen  ihm 
und  der  Brunnenvierung  zu  bemerken. 

Die  Messung  nehme  ich  mit  einer  Anzahl  von  5  Fuss  lan- 
gen Holzstäben  vor,  die  aneinander  geschraubt  werden  können. 
Um  genau  zu  sehen,  wie  weit  der  unterste  Slab  ins  Wasser 
eintauchte,  befindet  sich  an  ihm  eine  Vorrichtung,  die  sich 
ebenso  hoch  mit  Wasser  füllt,  als  dieses  im  Brunnen  steht,  und 
im  gefüllten  Zustande  wieder  aus  dem  Brunnen  gehoben  wird. 
Dazu  dienen  kleine  Schüsselchen  oder  Näpfchen,  in  Abständen 
von  Vß  Zoll  paternosterartig  an  einem  starken  Drahte  befestigt. 
Vom  obersten  gefüllten  Schüsselchen  an  wird  die  Entfernung 
bis  zum  Fixpunkt  des  Brunnens  gemessen. 


276         Sitzung  der  maih.- phi/s.  Classe  vom  8.  März  1862. 


Hier  folgt  die  Tabelle  über  diese  Brunnenmessungen  in 
München.  In  der  letzten  Colunine  steht  die  Angabe  über  die 
Menge  der  alniospluirischen  Niederschläge  in  jedem  Monate  wie 
sie  in  dem  ärzllichen  Intelligenzblatte  von  der  hiesioren  Stern- 
warte  inilgetheilt  werden. 


Enirciiuiii<f  des   {MiiiulMasscrs 
jl  von  der  Obcrdiulic. 

Zc't  '1fr     1  (Bavr.    Fus.s.) 

Mt'ssiiiiff 


Anjer- 
thor 


II 
Karls- 

strtsse 


Schel- 
lingstr. 


IV 

Lärten 


I  Monatliche 
I  Regenmenge 
\-       I   in  Pariser 


Prater-  | 

Strasse  , 


LiDieo 


Mai 


i856 

17.  März 
27.      „ 
5.  April 
15.      „ 

25.  ,. 
5. 

15.     „ 

26.  „ 
5.  Juni 

17.     „ 
26.     ,. 
5. 
l'.l. 


30. 
13. 
27. 
11. 
25. 

8. 
22. 

6. 
20. 


Juli 

August 

Septemb. 

October 

Novcmb. 

Deccmb 


14,8 

14,5 

14,6 

14,6 

14,7 

14,4 

14,0 

13,6 

13,5 

13,45 

12,5 

12,3 

12,9 

12,6 

13,8 

14,1 

12,0 

13,9 

13,95 

14,4 


14,3 

16.5 

29,7 

23,77 

1  13,8 

16,1 

29,6 

9,33 

1  14,2 

16,1 

29,5 

4,29 

14,8 

16,95 

29,7 

8,92 

15,2 

17,3 

29,7 

30,20 

14,9 

17.1 

29,9 

53,00 

14.8 

17,1 

29,9 

37.09 

14,8 

16,95 

29,9 

18,84 

14,9 

17,0 

30,0 

22.12 

14,8 

16,7 

30,0 

7,68 

14,3 

16,4 

30.0 

37,04 

14,3 
14,25 

16,3 
16,4 

30,05 
30,0 

18,78 

271.06] 

14,3 

16,4 

29,85 

=r  22,58 

14,75 

15,85 

28.85 

14,85 

17,0 

29,85 

15,0 

17,3 

30,2 

15,2 

17,5 

30,3 

15,4 

17,6 

30,4 

15,45 

17,7 

30,5 

Januar 

Februar 

März 

April 

Mai 

Juni 

Juli 

August 

September 

October 

November 

December 

Summa 

Pariser  Zol 


(*)  Anmerkung.  Die  Aurscbreibung  der 
bis  3.  Januar  1857  ist  verloren  gegangen. 


Messungen  vom  22.  Nov. 


Pettenkofer:     Bewegung  des  Grundwassers  in  München.      277 


1 

Zeit  (1er 

KiiHeriiiiiig  des  (iinnd« assers 

von  (Ter  Oherdäelie. 

(Hajr.   Fiiss.) 

Monatliche 

Hegenmenffc 

in  Pariser 

Linien 

Messung 

1 

Anjer- 
thor 

II 

Karls- 
strasse 

MI 

Schel- 
linifstr. 

IV 

Lüften 

V 

Prater- 
stras.^e 

1857 

li 

3.  Januar 

, 

10,06 

Januar 

1'.       „ 

14.5.5 

15,3 

17,45 

30.8 

2,30 

Februar 

31.       „ 

14.5 

15,25 

17,6 

30.85 

23, 1 4 

März 

16    Februar 

13,8 

15,4 

17,75 

30,85 

25,9 

23,14 

April 

28. 

14,5 

15,45 

17,8 

30,85 

25,85 

40,10 

Mai 

14.  März 

15,15 

15,45 

17,8 

30,75 

25,8 

36,16 

Juni 

28.     ,, 

14,35 

15,15 

17,55 

30,75 

25,8 

22,50 

Juli 

11.  April 

14,1 

15,1 

17,45 

30,7 

25,8 

56,10 

August 

25.       „ 

14,0 

15,15 

17,4 

30,7 

25,8 

35,17 

September 

9.  Mai 

14,1 

15.1 

17,4 

30,7 

25,75 

8,09 

Oetoher 

23.       „ 

13,4 

15,05 

17.3 

30,7 

25.75 

18,74 

November 

6.  Juni 

11,95 
11,8 

13,65 
13,95 

16,35 
16,15 

30,45 
30,4 

25,3 
25,55 

7,83 

Pecember 

20.     „ 

283,33 

Summa 

4.  Juli 

12,0 

14,15 

16.35 

30,55 

25,55 

=  23,61 

Pari.ser  Zoll. 

18.     „ 

12,85 

14,4 

16,65 

30,5 

25,7 

1.  August 

13,25 

14,65 

16,95 

30,55 

25,75 

14. 

13,9 

15,3 

17.0 

30,5 

25,65 

29. 

13,8 

15,5 

17,0 

30,6 

25,7 

14.  Septeiub. 

13,65 

15,5 

17,2 

30,5 

25-65 

26. 

13,1 

15.5 

17.55 

30,85 

25.9 

10.  October 

13,3 

15,3 

17,4 

30,85 

25,7 

24.        „ 

14,05 

15,4 

17,5 

30,'.» 

26,1 

7.  Novemb. 

13,7 

15,55 

17,7 

30,9 

20,1 

21. 

13,9 

15,65 

17,8 

30'95 

26,15 

5.  Decemb. 

15,35 

15,75 

17,95 

31,0 

26,25 

19.        „ 

15,1 

15,85 

18,0 

31,05 

26,25 

278 


Sitzung  der  math.-phys.  Clasae  vom  8.  März  1862. 


Entfernung  des  (irnndwassers      | 

Zeit  der 

von  der  Oberfläciie 
(Bayr    Fuss.) 

Monatliche 

Regenmenje 

in  Pariser 

Linien 

Messung 

1 

Anyer' 
thor 

11 

Karls- 
strasse 

III 

Sclicl- 
lingstr. 

IV 

Lüften 

V 

Prater- 

strasse 

1858 

2.  Jniiiiar 

15,2 

15,8 

18,0 

30,95 

26.2 

8,43 

Januar 

16.       „ 

14.1 

15,95 

18,1 

30,95 

26,25 

9,23 

Februar 

30.       „ 

14,4 

16,1 

18,15 

31.1 

26,2 

12.21 

März 

13.  Februar 

14,7 

16,2 

18,2 

31,3 

26,3 

35,10 

April 

1.  März 

15,1 

16,35 

18,3 

31,3 

26,3 

36,60 

Mai 

13        „ 

14,6 

16,3 

18,35 

313 

26,3 

31,30 

Juni 

27 

14,45 

15,35 

17,65 

30,35 

25,8 

67,83 

Juli 

10    April 

J3,6 

14,9 

17,35 

30,45 

2.-i,7 

32,18 

August 

24.       „ 

12,25 

14,75 

17,3 

30,5 

25,7 

39,38 

September 

8.  Mai 

12,45 

14,8 

17,1 

30,6 

25,8 

39,11 

October 

22.     „ 

12,35 

14,8 

17,1 

30,65 

25,85 

22.64 

November 

.5.  Juni 

UM 
12,25 

1 4,85 
15,1 

17,0 
17,2 

30.65 
30,75 

25,8 
26,0 

17,29 

December 

1«.     „ 

351,30 

Summa 

3.  Juli 

12,4 

15,o 

17,4 

30,8 

26,05 

=  27,20 

Pariser  Zoll. 

16.     ., 

12,6 

15,05 

17,3 

30,85 

26.05 

31      „ 

12,45 

14.85 

17,05 

30,95 

26,0 

10.  Angu.st 

12,4 

n,55 

16.6 

30,9 

26.15 

28.       „ 

12,35 

14,75 

16,8 

307 

26,15 

11.  Septomb. 

11,4 

14,8 

16,9 

30.7 

26,1 

12,0 

14  95 

17.0 

30,8       26,1 

9.  Oclobcr 

13,9 

14.9 

17,1 

30,65  !  26,1 

1 

26. 

13,9 

14,95 

17.05 

30,75 

25,95 

6.  Xovemh. 

14,0 

1  i,85 

17,1 

30  75 

26,1 

20. 

13,95 

14,2 

16,75 

30"i5 

•25,7 

4.  Deceinb. 

14,15 

14,1 

16,55 

30,15 

25,45 

18. 

14,7 

14,5 

16,6 

30,15 

'>5'65 

Pettenkofer:   Benegung  des  Grundwassers  in  München.      279 


Zeit   der 

Eiilfcrminj^  des  Grundwassers 

von  der  Oberdiulie. 

(Ba>r.  Fuss) 

Monatliche 

Rcgenmenje 

in  Pariser 

Linien 

Messnng 

1 
Anjer- 
(hor 

II 

Karls- 
strasse 

III 

Scliel- 
linifstr. 

IV 

Lüften 

V 

Prater- 
itrasse 

IS59 

3.  Januar 

14,75 

14,25 

10,6 

30,25 

25,65 

8,53 

Januar 

15.       „ 

15,3 

14,35 

10,7 

30,4 

25,0 

10,56 

Februar 

29.       „ 

14,9 

14,4 

16,8 

30,35 

25,65 

27,75 

März 

I?.  Februar 

14,75 

14,4 

16,85 

30,4 

25,85 

44,26 

April 

20. 

14,0 

14,55 

17.0 

30.45 

25,70 

33,11 

Mai 

1?.  März 

14,6 

14,15 

16,8 

30.45 

25,7 

47,45 

Juni 

26.     „ 

14,2 

14,2 

10,75 

30,4 

25,6 

32,73 

Juli 

9.  April 

14,1 

14,2 

16.7 

30,4 

25,7 

51,65 

August 

23.     „ 

13,8 

14,0 

16,05 

30,5 

25,65 

57,71 

September 

7.  Mai 

12,1 

13,4 

15.9 

30,2 

25,4 

22,02 

October 

23.     „ 

11,7 

12,9 

15,35  i  29,9 

25,35 

31,15 

November 

4.  Juni 

11,45 

13  05 

15,6 
15,75 

30,0 
30,05 

25.45 
25,4 

14,7P 

Decembcr 

18.     „ 

11,55 

13,2 

381,71 

Summa 

2.  Juli 

11,7 

13,55 

15,95 

30.15 

25,45 

=r  31,76 

Pariser  Zoll. 

16.     „ 

12,5 

13,9 

10,3 

30,2 

25,6 

30.     „ 

12,3 

13,75 

10,3 

30,'>5 

25,6 

13.  Aui^ust 

12,3 

13,8 

16,4 

30.45 

25,7 

28.       „ 

12,7 

14,2 

16,65 

30,5 

25,75 

10.  Septcmb. 

12,0 

14,15 

10,7 

30,5 

25.8 

24. 

11,9 

14.15 

10,75 

30,6 

25,75 

9.  October 

13,95 

14.4 

10,75 

30,6 

25,75 

21. 

14,0 

14,6 

16,7 

30,65 

25,75 

5.  Noveinb. 

13'15 

14,3 

16,8 

30,6 

25,75 

19. 

13,85 

14,5 

16,9 

30,65 

25,9 

3.  Deceinb. 

14,7 

14,2 

16,9 

30,0 

25,65 

17. 

14,3 

14,3 

10,8 

30,65 

25,7 

30. 

14,6 

14,25 

16,85 

30,6 

25,75 

280         Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  März  1862. 


Zi'it    der 

bnti 

ernung  de.s  (iriindwassers 
von  der  Oberlläche 
(Ba.vr.  Fuss.) 

Monatliche 

RegeBmenyc 

in  Pariser 

Linien 

Messung 

1 

Anger- 
thor 

II 

Karls- 
strasie 

III 

Schel- 
liDKStr. 

IV 

Lartcn 

V 

Prater- 
strasse 

1860 

14.  Januar 

14,0 

13,9 

16,4 

30,5 

25,55 

28,30 

Januar 

28.       „ 

15,3 

14,6 

lfi,45 

30.4 

25,6 

18,50 

Februar 

11.  Februar 

15,35 

13,85 

16  3 

30,2 

2.-1,5 

13,53 

März 

25.       „ 

15,4 

13,65 

16,35 

30,25 

25,5 

12,90 

April 

10.  März 

14,5 

13,3 

16,2 

30,15 

25,45 

45,66 

Mai 

2i.       „ 

14,9 

13.2 

16,05 

30,1 

25,4 

71,25 

Juni 

7.  April 

14,6 

13,25 

16,0 

30.15 

25,45 

60,98 

Juli 

20.       „ 

14,4 

13,6 

16,15 

30,1 

25,45 

47,39 

August 

5.  Mai 

13,7 

13,75 

16,30 

30,1 

25,5 

49,92 

September 

19.     „ 

12,4 

13,9 

16,6 

30.15 

25,55 

27,92 

Oclober 

2.  Juni 

12,1 

13,8 

16,5 

30,15 

25,5 

11,21 

November 

18.     „ 

11.8 
11,8 

13,35 
13,5 

15,9 
16,0 

30,1 
30,15 

25.45 
25,45 

24,03 

December 

.30.     „ 

411,59 

.Summa 

14.  Juli 

12,0 

13.55 

15,4 

30,2 

25,4 

=  34,28 

Pariser  Zoll. 

28.     „ 

11,85 

13,45 

16,1 

30,2 

25,5 

11.  August 

11,7 

13,25 

16,1 

30.15 

25.25 

25.       „ 

11,85 

13,15 

15,8 

30,1 

25,35 

7.  Septeinb. 

12,05 

13,3 

15,8 

29,9 

25,35 

22. 

11,85 

13,2 

15,6 

29,85 

25,2 

6.  Octobcr 

11,55 

13,0 

15,5 

29.7 

25,2 

20. 

12,1 

12,75 

15,3 

29,45 

25,1 

3.  Novemb. 

13,4 

13,0 

15,5 

29,5 

25,1 

17. 

14,4 

13,35 

15,2 

29,8 

25,2 

1.  Decemb. 

14,75 

13,55 

16,05 

29,5 

25,15 

15.        „ 

14,55 

13,55 

16,0 

29,5 

25,20 

29.        „ 

14,8 

13,7 

16,2 

29,() 

25,2 

Pettenkofer :   Bewegung  des  Grundwassers  in  München.      281 


Zeit  der 

Enllernung  des  (irundwassers      j 
von  der  Oberfläche. 
(BajT.  Fuss.) 

Monatliche 

Resenmenge 

in  Pariser 

Linien 

Messung 

I       j      11          111 

Anjer-       Karls-    j    Schel- 
thor      1    Strasse  i  lingstr. 

IV 

Lüfteü 

V 

Prater- 

strasse 

1861 

10.  Januar 

13,25 

13,45 

15,7 

29,65 

25,15 

27,55 

Januar 

2ö. 

12,45 

13.35 

16,0 

2*1,6 

25,1 

3,40 

Ft'bruarl 

9.  Februar 

14,15 

12,6 

15.4 

29.25 

24,9 

30,55 

März 

23. 

13,95 

12,7 

15,4 

29,25 

25,0 

9,80 

.\pril 

9.  März 

13,95 

12,8 

15,45 

29,20 

24,95 

44,75 

Mai 

23.     „ 

14,3 

12,75 

15,4 

20  2 

24.95 

74,03 

Juni 

6.  April 

13,0 

12,75 

15,3 

29,2 

24,95 

54,19 

Juli 

20.     ., 

13,15 

12,9 

15,45 

29,2 

24,95 

32,59 

August 

4.  Mai 

13,5 

13.0 

15,65 

29,25 

24,95 

28.20 

September 

18.     „ 

12,85 

13,05 

15,75 

29,25 

25,0 

4,48 

October 

1.  Juni 

11,45 

12,95 

15,7 

29,4 

25,0 

27,10 

November 

15.     „ 

10,9 
11,4 

12,45 
1225 

15,15 
14,95 

29,25 
29,15 

24,85 
24,8 

14,59 

December 

28      „ 

34 1 ,23 

Suninia 

13.  Juli 

11,45 

11,7 

14,5 

28,95 

24,8 

—  28,34 

Pariser  Zoll. 

27.     „ 

11.45 

11,85 

14,6 

28,95 

24,75 

12.  August 

11,75 

12,1 

14,7 

29,0 

24,85 

24.       „ 

12,4 

12,5 

14,95 

29.0 

24,85 

7.  Septemb. 

12,75 

13.5 

15,45 

29,2 

24,95 

20.        ., 

12,5 

13,45 

15,9 

29,3 

25,0 

5.  October 

12,8 

13,65 

16,15 

29,4.1 

25,1 

19. 

14,0 

13,85 

16,4 

29,55 

25,15 

2.  Novenib. 

14,7 

13,95 

16,65 

29,65 

2.1,2 

1(5. 

14,6 

14,2 

16,8 

29,75 

25,2 

30. 

14,8 

14,25 

16,9 

29,75 

25,25 

14.  Decemb. 

14,65 

14,35 

16,95 

29,9 

25,25 

28.        „ 

14,9 

14,5 

17,0 

30,05 

25,3 

282  Sitztniff  der  malh.-phys.  Ctasse  vom  8.  März  i86i. 


Zeit  der 

Eiiireriiiiii<j  des  Grundwassers 

von  der  überHiiche. 

(Ba,\r.  Fuss.) 

Monatltche 
Regenmenge 

Messung 

1 

Anger- 
tlior 

II           III 

Karli-        Schel- 
itrasse      lingstr. 

IV 

Larten 

V 

Prater- 

strasse 

Linien 

1862 

12.  Jaiuiar 

13,3 

14,0 

14,2 
14,1 

16,9 
IG  7 

30,0 
30.1 

25,1 
25,3 

40,12 

20,27 

Januar 
Februar 

8.  Februar 

13,7 

13.5 

15,9 

29,65 

24,65 

21,8 

März 

22. 

14,25 

13,0 

15,9 

29,00 

25,05 

8.  März 

15,5 

13,15 

16,0 

29,55 

25,15 

Um  diese  Zahlen  zu  einem  übersichllicheren  Bilde  zu  ge- 
stallen,  dient  die  beiliegende  lilhographirte  Tafel,  auf  der  jede 
einzelne  Messung  auf  V,  Zoll  erkenntlich  ist.  Es  sind  nur 
4  Brunnen  (Nr.  II  bis  V)  in  Betracht  genommen,  der  Brunnen 
am  Angerthore  (Nr.  I)  ist  ausser  Betracht  gelassen,  weil  schi 
Spiegel  aus  Gründen,  die  ich  gleich  angeben  werde,  keinen 
ganz  richtigen  Schluss  auf  den  Stand  des  Grundwassers  ge- 
stattet. Dieser  Brunnen  in  der  Nähe  eines  Stadtbaches  liegt 
nämlich  hart  bei  einem  grossen  gegrabenen  Brunnen ,  welcher 
zum  städtischen  Brunnhause  am  Glockenbach  gehört.  Der  Bach, 
dessen  Spiegel  beträchtlich  höher  als  das  Grundwasser  liegt, 
liefert  die  Wasserkraft,  um  aus  einigen  Brunnen  Trinkwasser 
(Grundwasser)  auf  einen  Wasserlhurm  zu  heben  und  einen  Theil 
der  städtischen  Trinkwasserleitung  damit  zu  versorgen.  Im 
Ganzen  und  Groben  geht  der  Brunnen  am  Angerthore  aller- 
dings auch  mit  den  übrigen  4  beobachteten  Brunnen,  genauer 
aber  verglichen  zeigt  er  zeitweise  Unregelmässigkeiten,  welche 
bei  den  übrigen  4  nicht  hervortreten.  Sein  Stand  hängt  theil- 
weise  davon  ab ,  ob  das  Pumpwerk  des  Brunnhauses  viel  oder 
wenig  Grundwasser  an  dieser  Stelle  wegnimmt.  Eine  Zeit  lang 
konnte  ich  nur  gar  nicht  denken,  welche  unberechenbare  Zu- 


Pettenkofer :    Bewegung  des  Grundti assers  in  München.     283 

fälligkeit  hier  mitwirke,  aber  die  Zeit  der  alljährlich  wiederkeh- 
renden Bachabkehr  klarte  mich  bald  vollständig  über  diesen 
Zufall  auf.  Zur  Zeit  der  Bachabkehr  steht  das  nahe  Brunnwerk 
still,  weil  die  Wasserkraft  zu  seiner  Bewegung  fehlt  Da  zeigte 
sich  stets  die  merkwürdige  Erscheinung,  dass  das  Wasser  im 
Brunnen  Nr.  I  jederzeit  stieg,  wenn  der  Bach  abgekehrt,  d.  i. 
wasserleer  war.  Man  denkt  sich  den  Stand  des  Wassers  in 
den  Brunnen  sehr  gerne  in  unzertrennlichem  Zusammenhange 
und  abhängig  von  der  nächsten  auf  der  Oberfläche  sichtbaren 
Wassermasse.  Obwohl  ich  stets  der  Ansicht  war,  dass  unsere 
Stadtbäche  ihr  Bett,  obwohl  im  Geröll  angelegt,  bald  so  ver- 
schlammen und  verdichten,  dass  sie  auf  ihrem  Laufe  wenig 
Wasser  verlieren  und  nahezu  mit  gleicher  Mächtigkeit  sich  aus 
der  Stadt  entfernen .  mit  der  sie  eingetreten  sind ,  so  erschien 
es  mir  Anfangs  doch  sehr  paradox,  warum  der  Brunnen  am 
Angerthore  steigen  sollte,  so  lange  der  nächst  gelegene  Bach 
kein  Wasser  hat.  Das  erstemal  als  ich  diess  beobachtete, 
dachte  ich  mir,  es  sei  vielleicht  ein  Fehler  bei  der  Messung 
gemacht  worden ,  aber  diess  Steigen  kehrte  alle  Jahre  regel- 
mässig zur  Zeit  der  Bachabkehr  wieder,  wodurch  der  Einfluss 
des  nächsten  Brunnwerks  eine  unzweifelhafte  Thatsache  wurde. 
Trotzdem  setze  ich  die  Beobachtungen  an  dieser  Stelle  fort,  ge- 
rade um  mit  der  ZcMt  ermessen  zu  können,  wie  sich  der  Ein- 
tluss  eines  solchen  Umstandes  nach  Jahren  zeigen  wird,  wo  das 
Brunnhaus  am  Glockonbach  nicht  mehr  besteht,  was  vielleicht 
schon  in  einigen  Jahren  der  Fall  sein  wird. 

Vergleicht  man  auf  der  lithographirten  Tafel  den  Gang  der 
übrigen  4  Brunnen,  so  fällt  ohne  Weiteres  die  Uebereinstim- 
mung  in  der  Bewegung,  sowohl  beim  Steigen  wie  beim  Fallen 
in  die  Augen.  Die  Schwankungen  der  2  Brunnen  auf  dem 
linken  Isarufer  unterscheiden  sich  von  den  beiden  am  rechten 
Ufer  nur  durch  einen  grösseren  absoluten  Werth,  relativ  zeigen 
sie  den  gleichen  Rhythmus. 

Man  beobachtet  übereinstimmende  Schwankungen  nicht  nur 
nach  Jahreszeiten,   sondern  auch  nach  Jahrgängen.     Man  sieht, 


284         SUxvny  der  inath.-phijs.  Classe  vom  8.  März  186i.\ 

wie  sich  durchgehends  vom  Miirz  1856  bis  zum  Winter  IS^/se 
der  Stand  allmählich  erniederl,  und  im  Ganzen  von  da  an  wie- 
der erhölit.  Aus  Thatsachen,  die  ich  im  Cholera -Hauptberichle 
S.  344  milgetheilt  habe,  gehl  unzwoilelhan  hervor,  dass  im 
Sommer  1853  der  Stand  des  Grundwassers  in  München  auf  dein 
linken  Isarufer  mindestens  5  Fuss  liöher  gewesen  sein  muss,  als 
im  März  1856.  In  welchen  Schwankungen  das  Wasser  in  die- 
sem Zeiträume  niederging,  ist  leider  nicht  genau  zu  ermitteln. 
Zwei  einzige  Thatsachen  habe  ich  aufgefunden,  welche  von  der 
zurückgehenden  Bewegung  seil  März  1854  ein  Bild,  wenn  auch 
nur  ein  sehr  ungefähres,  geben.  Die  eine  bezieht  sich  auf  das 
linke,  die  andere  auf  das  rechte  Isarufer.  Auf  dem  linken  Isar- 
ufer wurde  die  Wasserhöhe  des  schon  Eingangs  erwähnten 
Brunnens  in  der  Dampfbrauerei  des  Herrn  Gabriel  Sedlj»>ayr  auf 
dem  Marsfelde  vom  Januar  1853  bis  zum  October  1856  beob- 
achtet und  zeilweise  aufgeschrieben,  weil  man  je  nach  dem 
Wasserstande  das  Einsaugrohr  höher  oder  tiefer  stellte-.  Vom 
Grunde  des  Brunnens  durch  eine  aufgestellte  Stange  aufwärts 
gemessen  stand  das  Wasser  wie  folgt: 


18 

53 

IS 

54 

18 

55 

18 

56 

Fuss 

Zoll 

Fuss 

Zoll 

Fuss 

Zoll 

Fuss 

Zoll 

Januar 

4 

— 

4 

C 

4 

— 

Februar 

Jlärz 

-\pril 

4 
4 
7 

ü 
6 

7 
0 

- 

6 

b 

4 
5 
4 

10 
2 

3 

Mai 

9 

— 

4 

— 

Juni 

y 

— 

• 

Juli 

9 

— 

. 

5 

C 

August 

9 

— 

. 

. 

. 

• 

September 

6 

— 

4 

— 

6 

6 

Oitober 

3 

— 

November 

3 

's 

5 

— 

• 

December 

6 

6 

• 

4 

G 

' 

(2)  Cholera -Hauptberitht  S.  305. 


Pettenkofer:    Beiieyiiuy  des  Grvndiv asser. s  in  München.     285 

Man  sieht,  dass  das  Wasser  von  April  1853  bis  März  1854 
auf  einer  ungewühnlichen  Höhe  stand,  von  der  es  bis  zum 
November  1854  sehr  beträchtlich  herabsank. 

Eine  andere  Thatsache  bezieht  sich  auf  das  rechte  Isarufer. 
Dort  befindet  sich  in  der  Au  am  Lilienberge  ein  königliches 
Brunnhaus,  welches  von  einem  Ausflusse  des  Grundwassers,  von 
einer  Ouelle  gespeist  wird.  Das  Ouellwasser  wurde  zugleich 
zur  Bewegung  eines  oberschlächligen  Wasserrades  ziir  Hebung 
eines  Theils  des  Wassers  auf  einen  Thurm  benutzt.  Hr.  Hof- 
brunnmeister Nägele  hat  vom  6.  März  1854  anfangend  zeit- 
weise Aufzeichnungen  gemacht,  welche  die  Anzahl  von  Rad- 
Umgängen  in  1  Minute  angeben. 

Am  6.  März  1854  machte  das  Rad  in  1  Minute  8  Umgänge, 
nian  liess  damals  nur  das  halbe  Wasser  der  Quelle  auf  das  Rad, 

Am  6.  Nov.   1854  machte  das  Rad  in  1  Minute  6  Umgänge, 
aber   damals    musste   bereits  die  ganze  Quelle  auf  das  Rad  ge- 
lassen werden,  um  6  Umgänge  zu  erzielen. 
Am  22.  Februar  1856  machte  das  Rad  in  1  Minute  5'/^  Umgänge 
„      2.  Mai        1856       „         „       „    ,,  1       „      4V2        „ 
Die  Kolbenstange    der   Pumpe    war    mit   der  Axe   des  Rades  in 
einer  Weise  verbunden,  dass  man  einen  höhern  und  einen  kür- 
zern Hub  machen  konnte.  Da  sich  im  Sonnner  1856  die  Wasser- 
menge abermals  beträchtlich  verminderte,  so  wurde  am  30.  Dec. 
1856  der  kürzere  Hub  eingeführt  und  fortan  beibehalten; 
Am  30.  Decemb.  1856  machte  das  Rad  in  1  Minute  4     Umgänge 
„  12.  Januar     1857       „         „     „  j,  3'/»        „ 

„11.  April       1857       „         „     „  ,,  3V,         „ 

„  30.  Octüber    1857       „         „     ,,  „  2  „ 

„  10.  Februar    1858      „         „     „  ,,  2  „ 

„  12.  März        1858      „        „     „  .,  2  „ 

„  30.  März         1858  wurde,  das  Pumpen  ganz  eingestellt. 

Aus  diesen  beiden  Thatsachen  geht  hervor,  dass  dem  Jahre 
1854  ein  ungewöhnlich  hoher  Stand  des  Grundwassers  sowohl 
auf  dem  rechten  wie  auf  dem  linken  Isarufer  vorherging,    und 

[1862,  L]  20 


286  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  März  1862. 

dass  (las  verhältnissmässig  grösste  Sinken  bis  November  1854 
(auf  das  Cholerajahr  in  München)  IrifTl. 

Die  Jalireszeilen  anlangend  i'ällt  fast  in  jedem  Jahre  das 
Maximum  des  Standes  auf  die  Monate  I\Iai  bis  Juli,  und  das 
Minimum  zu  Ende  des  Jahres  und  zu  Anfang  des  folgenden. 
Doch  ist  diese  Regel  nicht  ohne  Ausnahmen.  Im  Jahre  1856 
stand  das  Grundwasser  im  März  höher  als  im  Sommer,  und  im 
Jahre  1858  hatte  es  im  Spälherbste  seinen  höchsten  Stand. 
Bald  sind  die  Schwankungen  in  den  Jahreszeilen  der  einzelnen 
Jahre  grösser,  bald  kleiner.  Am  beträchtlichsten  zeigen  sie  sich 
18"/5  8  und  ^V,,. 

Von  den  4  Brunnen  kann  jeder  als  Bild  für  die  Bewegun- 
gen der  andern  gelten,  wenigstens  erleidet  die  Gleichzeitigkeit 
im  Sinken  und  Steigen  im  Ganzen  nur  sehr  unbedeutende  Ver- 
schiebungen. Zwischen  den  Brunnen  II  und  III  am  linken  Isar- 
ufer ist  sogar  in  dieser  Verschiebung,  in  dieser  Verzerrung  des 
Bildes  eine  gewisse  Regelmässigkeit  wahrzunehmen.  Bei  ge- 
nauerer Betrachtung  ergibt  sich,  dass  der  Brunnen  in  der  Karls- 
strasse in  allen  seinen  Bewegungen  mit  ziemlicher  Regelmässig- 
keit dem  Brunnen  in  der  Schellingstrasse  um  ein  paar  Wochen 
voraneilt  ^ 

Durch  diese  Beobachtungen ,  welche  sich  über  einen  Zeit- 
raum von  sechs  Jahren  erstrecken,  halte  ich  die  Frage  für 
erledigt,  ob  man  aus  der  Beobachtung  einzelner  Brunnen  einen 
Schluss  auf  den  Stand  der  übrigen,  und  damit  auf  das  Grund- 
wasser eines  Ortes  überhaupt  machen  kann.  Wäre  der  Stand 
der  einzelnen  Brunnen  in  und  um  München  von  unberechen- 
baren ,  in  stetem ,  unzusammenhängendem  Wechsel  begritfenen 
Zufällen  und  Einflüssen  abhängig,  so  hätten  während  6  Jahren 
bei  14tägigen  Messungen  doch  sicherlich  alle  möglichen  Wider- 
sprüche hervortreten  müssen.  Anstalt  dessen  aber  gibt  sich  in 
der  Bewegung  des  Grundwassers  an  diesen  4  weit  voneinander 


(3)  Kheiiso  eilte  18.")4  die  Cholera-Epidemie  in  der  Karlsstrasse  der 
in  der  Schellingstrasse  um  14  Tage  vor. 


Pettenkofer  :    Berregtntg  des  Gruuduassers  in  München      287 

entfernten  Punkten  ein  so  unverkennbarer  Zusammenhang  und 
eine  solche  Regehnässigkeit  kuiul,  wie  ich  sie  nie  erwartet  hatte. 
Ich  habe  in  6  Jaiiren  nie  wuhrnebmen  können,  dass  das 
Grundwasser  in  einzehicn  Adern  bald  hier,  bald  dort  fliesse,  an 
einem  Orte  sich  wesentlich  vermehre,  während  es  entsprechend 
an  einem  andern  sich  vermindere,  oder  dass  es  —  obschon 
rein  fiUrirtes  Wasser  —  sich  die  selbslgebalmten  unterirdischen 
Wege  nach  kurzer  Zeit  auch  wieder  selbst  verstopfe  u.  s.  w., 
wie  seiner  Zeit  Jeniand  gefürchtet  hat. 

Wer  desshalb  vom  Grundwasser  eines  Ortes  Etwas  wissen 
will,  kann  getrost  eine  Anzahl  von  Brunnen  beobachten,  ohne 
fürchten  zu  müssen,  dass  der  Zufall  ihn  ein  Steigen  des  Grund- 
wassers annehmen  Hesse,  wenn  es  in  Wirklichkeit  fällt. 

Ich  halte  ferner  auch  diese  Frage  für  entschieden,  ob  es 
denn  nöthig  ist,  Grundwasser -Beobachtungen  zu  machen,  ob 
man  den  Stand  desselben  in  einem  Orte  nicht  auf  andere  Weise, 
mit  schon  bekannten  Mitteln  feststellen  kann,  etwa  aus  dem 
Stand  eines  Flusses ,  oder  aus  der  Menge  der  atmosphärischen 
Niederschläge  ?  Der  Stand  der  Isar  kann  in  München  aus  dem 
einfachen  Grunde  keinen  direkten  Einfluss  äussern,  weil  das 
Niveau  des  Grundwassers  auf  beiden  Ufern  steigt  in  dem  Maasse, 
als  man  sich  vom  Flusse  entfernt.  Die  Spiegel  der  Brunnen  II 
bis  V  liegen  mehr  als  20  Fuss  über  dem  milllern  Stand  der 
Isar.  Nur  jene  Brunnen,  welche  in  gleichem  Niveau  mit  der 
Isar  liegen,  könnten  von  den  Schwankungen  des  Flusses  be- 
einträchtiget werden.  Unser  Grundwasser  wird  nicht  von  der 
Isar  gespeist,  sondern  umgekehrt,  es  fliesst  Grundwasser  im 
Gerolle  unsichtbar  allenthalben  in  die  Isar.  Der  Stand  der  Isar 
kann  also  nur  insoferne  von  Einfluss  auf  das  Grundwasser  sein, 
als  er  den  Abfluss  desselben  mehr  oder  minder  durch  grössere  und 
geringere  Stauung  hindert.  Ueber  den  Punkt  hinaus,  wo  die 
Brunnenspiegel  mit  dem  Flussspiegel  gleichstehen,  ist  kein  Ein- 
fluss des  letzlern  auf  die  ersteren  mehr  denkbar,  und  dieser 
Punkt  liegt  schon  sehr  nahe  am  Ufer  des  Flusses. 

Das  Grundwaser   von  München  zeigt    stellenweise  ein  sehr 

20* 


288         Sitzung  der  niaik.  -  plii/s.  Classe  vom  8.  Mürz  1862. 

bedeutendes  Gefälle,  ist  milhiii  durchaus  nicht  als  Horizontal- 
wasser zu  betrachten.  Der  Brunnen  Nr.  II  in  der  Karlsstrasse 
hat  seinen  Wasserspiegel  durchschnittlich  etwa  14  Fuss  unter  dem 
Strassenniveau.  Bis  zum  Brunnen  Nr,  III  in  der  Schellingstrasse 
sinkt  das  Slrassenniveau  um  11  Fuss.  Nach  orevvöhnlicher  Vor- 
stellung möchte  man  annehmen,  dass  der  Wasserspiegel  von 
Nr.  III  nur  3  Fuss  unter  dem  Slrassenniveau  liegen  sollte;  er 
liegt  aber  thatsächlich  16  Fuss  darunter.  Es  ist  überhaupt  be- 
nierkenswerlh,  dass  man  sich  in  München  ni(;lit  vom  Wasser 
entfernen  kann,  wenn  man  sich  auch  von  der  Isar  weg  nach 
den  höher  gelegenen  Stadltheilen  entfernt,  das  Wasser  heftet 
sich  wie  ein  hie  et  ubique  an  die  Sohlen.  Wenn  man  vom 
Brunnen  Nr.  II  in  der  Karlsstrasse  eine  Linie  nach  der  Ludwigs- 
Brücke  zieht,  so  steht  diese  Linie  ziendich  senkrecht  gegen  den 
Lauf  des  Flusses.  Wer  auf  der  Ludwigs  Brücke  steht,  hat  das 
Wasser  mindestens  25  Fuss  unter  sich,  aber  wer  in  der  Karls- 
strasse eine  halbe  Stunde  von  der  Isar  entfernt  steht,  hat  das 
Wasser  schon  in  einer  Tiefe  von  14  Fuss  unter  seinen  Füssen 
im  Boden.  Dass  also  unter  solchen  Niveauverhältnissen  die 
Pegelbeobachlungen  am  Flusse  nicht  maassgebend  sein  können, 
ist  selbstverständlich.  Uebrigens  habe  ich  zum  Ueberfluss  Ver- 
gleiche angestellt,  die  sich  über  einen  grössern  Zeitraum  aus- 
dehnen, —  das  Resultat  war  aber  ein  völlig  negatives. 

An  andern  Orten  trilTt  man  den  eigenthündichen  Umstand, 
dass  das  Grundwasser  viel  tiefer  als  der  Fluss  liegt,  obschon 
dessen  Bell  und  Ufer  nur  aus  lockerem  Material  — ,  Geröll  und 
Sand  — .  bestehen.  Im  Würmthale  in  Planegg,  Gräfelfing  und 
Pasing  trifft  man  die  Brunnenspiegel  selbst  in  der  unmittelbarsten 
Nähe  des  Flusses  25,  30  und  40  Fuss  unter  dem  Spiegel  der 
Wurm  *. 

Es  bleibt  nur  noch  die  Frage  zu  beantworten,  ob  nicht  die 
Beobachtung  der  Menge  der  atmosphärischen  Niederschläge  einen 


(4)  Cholera -Hauptbericht  S.  345, 


Pettenkofcr :     Beneyung  den  Grundwassers  in  München.     289 

Maasstab  für  den  zeitlichen  Stand  des  Grundwassers  in  einem 
Orte  abgeben  könnte.  Eine  solche  Annahme  hat  von  vorne- 
herein viel  Wahrschoinlichkeit  für  sich,  denn  Niemand  kann  be- 
streiten, dass  alles  süsse  Wasser  auf  der  Erde  zuletzt  doch  nur 
aus  der  Atmosphäre  herstammcm  könne.  Eine  Vergleichung  der 
beobachteten  Grundwasser- Stände  mit  der  Menge  der  Nieder- 
schläge belehrte  aber  sehr  bald,  dass  es  nicht  überflüssig  ist, 
das  Grundwasser  eigens  zu  beobachten,  indem  sich  dessen  zeit- 
weiliger Stand  nie  auch  nur  annähernd  erschliessen  lassen  würde. 
Das  geht  nicht  nur  aus  meinen  Beobachtungen  über  das  Grund- 
wasser in  München,  sondern  auch  ans  den  Beobachtungen  her- 
vor, welche  Herr  Medicinalralh  Dr.  Escherich  in  Ansbach  ver- 
anlasst, und  über  welche  Herr  Dr.  Major  in  Nr.  20  des  Aerzt- 
lichen  Intelligenzbiatles  1861  mitRücksicht  auf  die  atmosphärischen 
Niederschläge  berichtet  hat. 

Dass  der  Stand  der  Brunnen  nicht  mit  dem  Ombrometer 
gemessen  werden  kann,  hat  schon  viel  früher  ein  Engländer 
dargethan.  William  Bland  veröffentlichte  im  Philosophical  Ma- 
gazine Vol.  XI  1832  monatliche  .Messungen  mehrerer  Brunnen 
hl  der  Grafschall  Kent  vom  Jahre  1819  bis  1831.  Er  sagt,  er 
habe  seine  Beobachtungen  aus  blosser  Neugierde  angestellt.  Da 
jedoch  auch  Tafeln  über  die  Witterung,  über  die  Menge  der 
Niederschlüge  und  die  Grösse  der  Verdunstung  während  dieser 
Zeit  beigegeben  sind,  so  kann  mit  Sicherheit  angenommen  wer- 
den ,  dass  dieser  Gentleman  einen  direkten  Zusannnenhang 
zwischen  diesen  Erscheinungen  und  dem  Stande  des  Wassers 
zu  erweisen  holTte,  der  sich  aber  nicht  erweisen  liess,  in  New 
Place  so  wenig,  als  in  München  und  Ansbach. 

Die  Bewegungen  der  atmosphärischen  Niederschläge  in 
München  sind  mit  denen  des  Grundwassers  auf  der  lithogra- 
phirten  Tafel  anschaulich  gemacht.  Die  jährliche  mittlere  Menge 
der  Niederschläge  findet  sich  dort  mit  dem  mittlem  jährlichen 
Stande  des  Grundwassers  (Brunen  Nr.  II)  verglichen.  Man  sieht 
auf- den  ersten  Blick,  dass  man  nicht  das  Eine  aus  dem  Andern 
ableiten  kann.     Die  jährliche  Regenmenge   steigt  von   1856   bis 


290         SiHung  der  math.  -])hys.  Classe  vorn  8.  Mär-z.  1862. 

1860  und  fallt  1861  nahezu  wieder  auf  den  Stand  des  Jahres 
1858  zurück.  Das  Grundwasser  aber  fällt  bis  zum  Jahre  1857, 
bleibt  1858  nahezu  auf  gleicher  Höhe,  steigt  aber  dann  be- 
trächtlich bis  1861,  wo  es  bedeutend  höher  steht,  als  1860, 
während  sich  die  Mengen  der  Niederschläge  von  1860  und  1861 
gerade  umgekehrt  verhallen. 

Woher  es  komme,  dass  das  Grundwasser  eines  Ortes  sich 
so  ungleich  mit  den  örtlichen  Niederschlägen  zeigen  könne,  mag 
vorläufig  unerörtert  bleiben.  Man  kann  verschiedene  Hypothesen 
als  Ausgangspunkt  für  Untersuchungen  hierüber  wühlen,  aber 
ich  glaube,  es  sind  in  dieser  Erkenntniss  zunächst  keine  grossen 
Fortschritte  zu  machen ,  ehe  mau  nicht  für  mehrere  Orte,  aus 
verschiedenen  Gegenden  14tägige  Beobachtungen  während  einer 
längeren  Reihe  von  Jahren  gesammelt  hat.  Ich  däciite,  es  sollte 
von  jedem  grösseren  Orte  zu  wissen  interessant  sein,  wie  hoch 
die  Menschen  zu  Zeiten  über  dem  Wasser  stehen,  welches  sich 
unter  ihren  Füssen  und  unter  iliren  Wuhnungen  befindet.  Dieses 
Interesse  liegt  uns  sicherlich  ebenso  n<ihe,  als  zu  wissen,  wie 
hoch  man  über  dem  adrialischen  Meere  und  der  Nordsee,  oder 
wie  tief  man  unter  der  Spitze  des  Chimborasso  oder  des  3Iont- 
blanc  sei. 


Herr  Nägeli  sprach  über  seine 

„Beobachtungen  über  das  Verhalten  des  pola- 
risirten  Lichtes  gegen  pflanzliche  Organi- 
sation." 

i.  Die  Antrenclung  des  PoJarisationsapparates  auf  die  Unter^ 
suchung  der  vegetalnlisvhen  Elementarlheile. 

Abgesehen  von  vereinzcllen  frühern  Beobachtungen  wurde 
das    Folarisationsmicroscop     zuerst    von   Karl    von     Er  lach 


Hägeli:  Verhalten  d.  polar.  Licht.  ge<j.  pflanzt  Organis.      291 

(Müllers  Archiv  1847  p.  313),  Ehrenberg  (Berichte  der  Ver- 
handlungen der  Berliner  Akademie  1849,  p.  55  und  Schacht 
(Pflanzenzclle  1852  p.  429)  syslematisch  auf  die  Untersuchung 
der  Pflanzengewebe  angewendet.  Diese  Forscher  beschäftigten 
sich  vorzüglich  mit  der  Frage ,  ob  und  welche  Elementartheile 
doppelbrecheiid  seien  oder  nicht. 

Erlach  kam,  gestützt  auf  eine  geringe  Zahl  genauer  Be- 
obachtungen, zu  dem  Schlüsse,  dass  keine  der  bis  dahin  unter- 
suchten organischen  Substanzen  an  sich  einfachbrechend  sei, 
dass  die  Doppelbrechung  um  so  deutlicher  werde,  je  weiter  die 
Substanz  in  ihrer  Entwicklung  fortgeschritten,  und  dass  in 
faserigen  Gebilden  die  eine  Schwingungsrichtung  parallel  zur 
Längsaxe,  in  Membranen  senkrecht  auf  die  Fliichenausdeh- 
nung  stehe. 

Ehrenberg  gewann  als  Resultat  einer  grossen  Menge  von 
Beobachtungen,  dass  von  den  pflanzHchen  Elementartheilen  die 
einen  einfach-  die  andern  doppelbrechend  seien,  dass  der  Grund 
der  optischen  Wirkung  nicht  allein  in  der  organischen  Structur, 
sondern  zuweilen  auch  in  einer  doppelbrechenden  Substanz  liege, 
welche  die  Membranen  überziehe  und  sich  durch  Säuren  ent- 
fernen lasse,  dass  endlich  die  doppelbrechenden  Eigenschaften 
der  organischen  Substanzen  nicht  aus  Spannungsverhältnissen, 
sondern  aus  einem  crystallinischen  Zustande  abzuleiten  seien. 

Schacht  glaubte  ebenfalls,  dass  manche  Zellenmembranen, 
besonders  die  jugendlichen  ,  nicht  auf  das  polarisirte  Licht  wir- 
ken, und  dass  man  vermittelst  desselben  entscheiden  könne,  ob 
eine  Pflanzenzelle  bereits  Verdickungsschichten  gebildet  habe 
oder  nicht.  Im  Ganzen  aber  legt  er  wenig  Werth  auf  den 
Polarisationsapparat,  indem  er  sagt,  derselbe  sei  am  Microscop 
mehr  für  ausserordentliche  hübsche  Spielereien  als  zur  wissen- 
schaftlichen Belehrung  geeignet  (Microscop  1855  p.  29). 

In  einer  sehr  gründlichen  Arbeit  förderte  Hugo  von 
Mohl  (bot.  Zeit.  1858  p.  1)  die  Untersuchung  des  Pflanzen- 
gewebes mit  Hilfe  des  polarisirten  Lichtes  um  einen  wichtigen 
Schritt.     Indem  derselbe  eine  Verbesserung  in  der  Beleuchtung 


292  Sitzutiff  der  inaih.-phiis.  Cla.sse  vom  8.  Märt  lS6i. 

anbrachte,  gelang  es  ihm,  doppclbrechcnde  Eigenschaflen  auch 
an  solchen  Menibnmen  nachzuweisen ,  nelche  seine  Vorgänger 
für  einfuclibrocliend  erklärt  Iiatleii;  und  er  schloss  aus  seinen 
Beobachtungen,  dass  alle  Zellontiieinbranen  und  Stärkekörner  an 
sich  doppelbrechend  seien.  Ei-  entdeckte  ferner,  dass  wenn  man 
den  polarisirten  Lichtstrahl  durch  ein  dünnes  Pliittchen  von 
Gyps  oder  Glimmer  gehen  lässt,  die  organisirten  Elementar- 
theile  analoge  Verschiedenheiten  zeigen  wie  positive  und  nega- 
tive Crystalle.  Er  fand ,  dass  die  Zellenmeinbranen  auf  Qner- 
und  Längsschnitten  negative,  die  Stärkekürner .  die  cnticnlari- 
sirten  Membranen  und  die  Membranen  und  Fasern  von  Caulerpa 
und  Bryopsis  positive  Farben  geben.  Er  fand  ferner,  dass  die 
Zellmembranen  von  der  Fläche  betrachtet,  in  der  Richtung  der 
Faserung  und  Streifung  ebenfalls  optisch  negativ  sich  verhalten. 
Er  schloss  endlich  aus  seinen  Beobachtungen,  dass  der  optisch 
positive  oder  negative  Charakter  einer  Substanz  durch  die  che- 
mische Zusannnensetzung  bedingt  werde  und  dass  ein  optisch 
verschiedenes  Verhalten  auch  eine  chemische  Verschiedenheit 
anzeige.  Dessvvegen  behauptete  Mohl  (bot.  Zeit.  1859  p.  225), 
die  Substanz,  welche  von  einem  Stärkekorn  zurückbleibt,  wenn 
man  demselben  nach  dem  von  mir  angewendeten  Verfahren  die 
durch  Jod  sich  bläuende  Verbindung  (Graiudose)  entzieht,  sei 
nicht  Cellulose  sondern  eine  neue  Verbindung,  die  er  Farinose 
nannte;  deim  diese  Farinose  gebe  positive,  die  Cellulose  aber 
negative  Farben. 

Valentin  (Die  Untersuchung  der  Pflanzen-  und  Thier- 
gewebe  in  polarisirtem  Lichte.  1861)  gab  eine  durch  Lilteralur- 
und  Sachkcnntniss  ausgezeichnete  Darstellung  der  Polarisations- 
erscheinungen und  Polarisationsinstrumenle.  In  denjenigen  Ab- 
schnitten des  praktischen  Theils,  welclie  von  den  vegetabilischen 
Elementarorganen  handeln,  wiederholte  er  im  Wesentlichen  die 
Angaben  Mohfs,  übersah  aber  die  von  diesem  Beobachter  her- 
vorgehobene Thalsache,  dass  die  von  dem  polarisirtem  Lichte 
senkrecht  auf  ihre  Fläche  durchsetzten  Membranen  Interfe- 
renzfarben zeigen,  und  kam  in  Folge  dieses  Versehens  zu  dem 


Nät/elt:  Verholten  d.  polrir.  Licht,  (ley.  pflaiirl.  Orffdiu's.      293 

Schlüsse,  dass  die  vcgelnbilischen  Substjnizen  eiiiaxig  seien,  dass 
die  optische  A.xe  der  radialen  Richtung  folge  und  dass  den  Stär- 
kokörnern  wirklich  ein  positiver,  den  Membranen  ein  negativer 
optisclier  Charakter  zukomme. 

Ich  habe  in  den  Jahren  1859  und  1860  mich  einlässlicher 
mit  der  Anwendung  des  Polarisationsmicroscops  auf  die  Unter- 
suchung der  pflanzlichen  Elementartheile  beschäftigt,  und  theile 
hier  vorläufig  die  Ergebnisse  nn't,  welche  die  Anordnung  und 
die  Natur  der  optiscliwirksamen  Theilchen  in  den  Zellmembranen 
und  den  Stärkekörnern  betrelfen  ,  indem  ich  mir  die  ausführ- 
lichere und  molivirle  Behandlung  an  einem  andern  Orte  vor- 
behalte. 

Zuerst  muss  ich  eine  kurze  Auseinandersetzung  der  innern 
Structnr  der  genannten  Elementarllieile  vorausgehen  lassen.  Sie 
bestehen  aus  einer  imbihitionsfähigen  Substanz  und  sind  im  be- 
feuchteten Zustande  mit  mehr  o<Ier  weniger  Wasser  durchdrun- 
gen. Sie  erscheinen  in  diesem  Zustande  geschichtet,  wobei  die 
Schichten  im  Allgemeinen  niil  der  Oberfläche  parallel  laufen.  Ist 
die  Schichtung  in  wasserarmcMi  Körpern  zuweilen  undeutlich,  so 
kann  sie  sichtbar  gemacht  werden,  wenn  dieselben  durch  Ouel- 
lungsmittel  mit  mehr  Flüssigkeit  imbibirt  werden.  Das  geschichtete 
Aussehen  rührt  daher,  dass  die  Schichten  abwechselnd  mehr  und 
weniger  Wasser  enthalten  und  desswegen  ein  ungleiches  Licht- 
brechungsvermögen besitzen.  Im  trockenen  Zustande  erscheint 
die  Substanz  homogen ,  weil  alle  Schichten  gleich  wenig  oder 
gar  kein  Wasser  enthalten.  Dieses  homogene  Aussehen  tritt 
auch  ein ,  wenn  die  Substanz  von  Natur  oder  durch  künstliche 
Mittel  sehr  viel  Wasser  aufgenommen  hat,  indem  nun  die  dich- 
ten Schichten  den  weichini  ähnlich  geworden  sind.  Ich  habe 
diese  Verhältnisse  in  meinen  ,, Stärkekörnern"  auseinander 
gesetzt. 

Betrachtet  man  die  Membranen  von  der  Fläche,  so  sieht 
man  sie  zuweilen  gestreift;  ich  spreche  hier  nicht  von  den  Fa- 
sern ,  welche  einer  Verdickung  der  Membran  ihren  Ursprung 
verdanken  und  auf  deren  innern  oder  äussern  Fläche   vorsprin- 


294         SUzuny  der  tnath.  -pin/f.  Classe  vom  8.  März  1868. 

gen,  noch  von  den  Fallen  der  äussersten  Schicht.  Jene  Strei- 
fung der  glatten  unverdicklen  Zellhaut  hat  zu  der  unpassenden 
Annahme  verführt,  sie  bestehe  aus  sogenannten  Priniiliv- 
l'asern.  ."Mit  der  Streifung  hat  es  nach  meinen  Untersuchungen 
gleiche  Bevvandtniss  wie  mit  der  Schichtung.  Sie  rührt  daher, 
dass  in  einer  Schiclit  schmale  Zonen  abwechselnd  mehr  und 
weniger  Wasser  enthallen.  Wenn  wir  das  Bild  der  Fasern  fest- 
hallen wollten ,  so  könnten  wir  sugen ,  es  bestehe  jede  Schicht 
einer  Membran  aus  einer  einfachen  Lage  von  Fasern,  von  denen 
alternirend  je  die  einen  dicht  und  wasserarm,  die  andern  weich 
und  wasserreich  seien. 

Die  Membranen  sind  aber  in  der  Regel  nicht  nur  nach 
einer,  sondern  nach  zwei  sich  kreuzenden  Richtungen  gestreift. 
Die  einen  gewöhnlich  etwas  starkern  Streifen  laufen  in  einer 
cylindrischen  oder  prismalischen  Zelle  zuweilen  parallel  mit  der 
Axe,  die  andern  etwas  schwächern  senkrecht  zu  derselben. 
Häufig  haben  die  Streifen  einen  schiefen  Verlauf,  wobei  die 
stärkern  bald  die  steiler,  bald  die  weniger  steil  aufsteigenden 
sind,  indess  die  schwächern  mit  denselben  genau  oder  fast  ge- 
nau einen  Winkel  von  90"  bilden.  Doch  fand  ich,  dass  bei 
Cladophora  hospita  der  Winkel  zwischen  beiden  Streifensystemen 
von  78  zu  86'  j**  variirt. 

Diese  beiden  Streifungen  verhalten  sich  gleich  und  be- 
stehen beide  aus  abwechselnd  dichten  und  weichen  Zonen,  Die 
Membran  oder  Membranschicht,  von  der  Fläche  betrachtet,  zeigt 
somit  ein  parketartiges  Au.<sehen.  Sie  besteht  aus  kleinen  Qym- 
dralen  oder  quadratähnlichen  Rhomben,  welche  durch  3  und 
vielleicht  4  verschiedene  Grade  des  Wassergehaltes  von  einander 
verschieden  sind  Die  dichtesten  (wasserärmsten)  Felder  ent- 
sprechen den  Kreuzungsstellen  der  dichten,  die  weichsten  (wasser- 
reichsten) den  Kreuzungsstellen  der  weichen  Streifen,  während 
die  Kreuzungen  von  weichen  und  dichten  Sreifen  einen  oder 
zwei  mittlere  Grade  des  Wassergehaltes  darstellen.  Ich  habe 
diese  Verhältnisse  am  deiillithsten  bei  einigen  Fadenalgtm  mit 
grossen  Zellen,   namentlich  an  Chamaedoris  beobachten  können. 


Tiägeli:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  geg.  pßantl.  Orgains.     295 

Die  Zellennieinbran  beslehl  also  gleichsam  aus  3  sich  kreu- 
zenden Schichtungen,  ähnlich  den  Biatler(hirchgängen  der  drei- 
fach blättrigen  Crystaile.  N'on  denselben  überwiegt  eine  die 
andern  beiden  in  der  Hegel  so  sehr,  dass  diese  neben  ihr  bei- 
nahe verschwinden;  jene  wird  als  Schichtung  schlechthin,  diese 
als  Streifungen  bezeichnet.  Während  aber  bei  den  Cryslallen 
die  Blätterdurchgänge  bloss  die  schichtenförmige  Anordnung  der 
kleinsten  Theilchen  anzeigen,  so  sind  die  Schichtung  und  die 
Streifungen  der  Membranen  nicht  bloss  der  Ausdruck  für  die 
Anordnung  der  Subslanztheilchen,  sondern  wie  ich  eben  zeigte 
auch  für  eine  ungleiche  Wassereinlagerung,  indem  immer  dichte 
und  weiche  Zonen  mit  einander  alterniren. 

Dieses  letztere  Vethällniss  steht  in  einer  bestimmten  Be- 
ziehung zum  Wachsthum.  Ich  habe  für  die  Stärkekörner  nach- 
gewiesen, dass  dieselben  sich  durch  Inlussnsception  vergrössern, 
indem  die  dichten  Schichten  mächtiger  werden,  und  wenn  sie 
eine  bestimmte  lAlächligkeit  erlangt  haben,  sich  in  zwei  Blätter 
spalten,  zwischen  denen  eine  weiche  Schicht  eingelagert  wird. 
Ich  habe  auch  für  einige  Zellmend)ranen  wahrscheinlich  gemacht» 
dass  das  Dicken  wachsthum  nicht  nach  der  bisherigen  Annahme 
durch  Apposition,  sondern  durch  Intussusception  geschehe  (Stärke- 
körner p.  282).  Ich  kann  jetzt  beifügen,  dass  es  mir  gelungen 
ist,  auch  für  verschiedene  andere  Beispiele  die  thatsächlichen 
Beweise  für  die  Einlagerung  zu  gewinnen,  und  ich  kann  die 
allgemeine  Giltigkeit  des  Satzes  in  Anspruch  nelimen,  dass  auch 
bei  den  Zellmembranen  die  Schichtung  durch  DilTerenzirung  im 
Innern  erfolgt. 

Was  das  Flächenwachsthum  betrifft,  so  habe  ich  früher 
ebenfalls  gezeigt,  dass  es  nur  durch  Intussusception  vor  sich 
gehen  kann  {Stärkekörner  p.  279)  Die  gestreifte  Structur,  die 
ich  vorhin  dargelegt  habe  und  die  eine  vollkommene  Analogie 
mit  der  Schichtung  aufweist,  macht  es  wahrscheinlich,  dass  beim 
Flächenwachsthum  ganz  analoge  Vorgänge  stattfinden  wie  beim 
Dickenvvachsthum.  Wie  bei  dem  einen  junge  weiche  Schichten, 
so   werden  bei  dem  andern  junge  weiche  Streifen  eingelagert. 


296         Sit-zutiff  der  math.  - phi/s.  Classe  vorn  8.  Marx  1862. 

Da  aber  das  Fliicheiiwachsllium  eine  Vergrösserung  in  2  Rich- 
tungen in  sich  schhesst,  so  müssen  auch  die  Streifunffen  in 
2  RichlmiiTon  verlaufen,  und  es  ist  für  die  Mechanik  des  Wachs- 
thiims  bemerkenswerlli ,  dass  die  beiden  Richtuno-en  fast  ohne 
Ausnahme  genau  oder  nahezu  rechtwinklig  sind. 

Es  isl  nach  dem ,  was  ich  eben  über  die  Bedeninng  der 
Schiciilung  und  Streifnng  gesagt  habe,  begreiflich,  dass  die- 
selben um  so  deutlicher  hervortreten,  je  rascher  das  ihnen  ent- 
spreclieiidc  Dicken-  und  Flächenwachsthum  erfolgt  sind.  Die 
Schichlen  sind  am  niarkirtesten  in  den  grossen  Stärkekörnern 
und  den  dicken  Zellmembranen,  die  in  kürzester  Zeit  sich  ge- 
bildet haben.  Die  Streifen  werden  am  sichersten  gesehen  an 
Äen  Membranen  grosser  und  lang-er  Zellen,  die  binnen  kurzer 
Zeit  ihre  beträchtliche  Ausdehnung  erlangten  ,  so  namentlich  an 
den  Zellen  mancher  niederer  Algen. 

Diese  Auseinandersetzung  über  die  Structurverhältnisse  und 
deren  Beziehung  zum  Wachsthuin  war  nöthig,  weil  durch  sie 
die  Lagerung  der  Substanzlheilchen  bedingt  wird  und  weil  von 
der  Iclzfern  die  optischen  Verhältnisse  abhängen. 

Um  die  Bedeutung  der  optischen  Erscheinungen  an  den 
organischen  Körpern  würdigen  zu  können ,  müssen  wir  von 
einem  möglichst  einfachen  Falle  ausgehen,  der  gleichsam  als 
Maass  für  die  übrigen  gelten  kann.  Gewöhnlich  bei^innt  die 
Optik  die  Lehre  von  den  doppelbrechenden  Körpern  mit  dem 
einaxigen  Crystall.  In  gewisser  Beziehung  dürfte  es  passend 
sein,  das  gepresste  Glas  mit  zum  Ausgangspunkt  zu  wählen, 
weil  man  hier  die  Verwandlung  des  isotropen  Mediums  in  ein 
anisotropes  verfoloren  kann.  Diess  isl  besonders  nolhwendig  für 
die  organischen  Körper,  weil  hier  die  Analogie  mit  dem  Crystall 
gar  nicht  oder  nur  sehr  unvollständig  festgestellt  werden  kann. 

Wenn  man  ein  Stück  Glas ,  am  besten  einen  Würfel  oder 
überhaupt  ein  Prisma  in  der  Richtung  seiner  A.xe  zusanunen- 
presst,  so  wird  es  doppelbrechend  und  nimmt  die  optischen 
Eigenschaften  des  einaxigen  negativen  Crystalls  an.  Im  Glas  ist 
die    Dichtigkeit   des    Aelhers   vor   der  Anwendung   des  Druckes 


Nägeli:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  yeg.  pflanzl.  Organis.      297 

nach  allen  Richlung-cn  die  gleiche;  nachher  ist  sie  in  der  Rich- 
tung der  Axe  grösser.  Wenn  wir  in  dem  nicht  coinpriinirten 
Glas  eine  Kugel  in  Gedanken  isoliren,  so  verwandelt  sich  die- 
selbe durch  den  Druck  in  ein  Sphaeroid.  Dasselbe  kann  als 
Ausdruck  für  die  Aelherdichtigkeit  gellen,  indem  diese  sich 
umgekehrt  wie  die  Radien  oder  Durchmesser  verhalt.  Dieses 
DichtigkeitseUipsoid  hat  die  gleiche  Lage  wie  das  Ellipsoid  für  die 
Wellenfläche  des  extraordinären  Strahls.  —  Wenn  ein  Glasprisma 
in  der  Richtung  seiner  Axe  auseinander  gezogen  wird,  so  erhält 
es  die  Eigenschaften  des  positiven  einaxigen  Cryslalls.  Die 
Aetherdichligkeit  vermindert  sich  dabei  in  der  Richtung  der  Axe; 
sie  wird  durch  ein  in  dieser  Richtung  verlängertes  Rotations- 
ellipsoid dargestellt,  welches  zugleich  auch  im  Allgemeinen 
die  Gestalt  der  Wellenfläche  des  ausserordentlichen  Strahls 
angibt. 

Die  Aelherdichtigkeitsellipsoide  müssen,  da  ihre  Radien 
sich  umgekelirt  wie  die  Dichtigkeiten  verhallen,  naturgemäss 
auch  die  Elaslicitätsellipsoide  sein  ,  weil  der  grössern  Verdün- 
nung des  Lichtälhers  die  grössere  Elasticität  entspricht.  Daraus 
glaube  ich  schliessen  zu  können,  dass  die  Strahlen  in  ihrer 
Polarisationsebene,  der  ordentliche  im  Hauptschnitt,  der  ausser- 
ordentliche senkrecht  dazu  schwingen  ;  denn  die  letztere  Rich- 
tung ist  die  einzige,  welche  durch  eine  verschiedene  Aelher- 
dichtigkeit von  den  übrigen  abweicht,  und  zwar  im  positiven 
einaxigen  Cryslall  durch  geringere,  im  negativen  durch  grössere 
Dichtigkeit '.  —  Nach  der  gewöhnlichen  Annahme  stehen  Schwin- 
gungs  -  und  Polarisationsebene  bekanntlich  senkrecht  auf  ein- 
ander;  und  das  Elaslicitätsellipsoid  hat  im  Vergleich  zum  Ellipsoid 
der  Wellenfläche  des  extraordinären  Strahls  die  umgekehrte 
Lage.     Diess    scheint   mir   im  Widerspruche    mit   der  Thatsache 


(1)  Hüllzinaim  hat  auf  anderem  Wege  Ijereils  bewiesen,  dass  Pola- 
risationsebeiie  und  Scluviiigiingsebeiie  zusaintiienralten  (Fogg.  Ann.  1856. 
Bd.  99    p.  446). 


298         Sitzung  der  math.- t'hys.   Classe  vom  8.  März  1862. 

ZU  stehen,  welche  uns  die  Compression  und  Expansion  eines 
isotropen  Mittels  an  die  Hand  gibt.  Es  versteht  sich  übrigens 
von  selbst,  dass  diese  theoretische  Betrachtung  nur  insofern  von 
Werlh  ist,  als  wir  die  oplis(rhen  Krscheinungen  mit  aiulern  niole- 
culären  Verhältnissen  in  Beziehung  bringen;  dass  aber  die  ganze 
Lehre  der  Optik  und  ihre  mathematische  Begründung  nicht  da- 
von berührt  wird  '^ 


(2)  Die  Annahme  einer  unifleiclu'n  Ai'thertliclitigkeit  ist  allerdings 
bloss  noch  Hypothese  ,  aber  nicht  mehr  Hypothese  als  die  Undulations- 
theorie  selbst,  und  eine  Hypothese  für  welche  die  grösste  NYahischcin- 
lichkeit  spricht.  \Tenn  dem  Aether  die  in  der  Materie  thätigen  repiil 
siven  Kräfte  inwohnen,  so  niuss  derselbe  an  Dichtigkeit  zunehmen,  wenn 
man  eine  elastische  Substanz  zusammendriickt ,  denn  sie  hat  das  Be- 
streben sich  auszudehnen.  Ferner  muss  von  zwei  Körpern  der  dichtere 
auch  den  dichtem  Aether  enthalten,  weil  in  ihm  die  Summe  der  Attrak- 
tivkräfte grösser  ist  und  dieser  grossem  Anziehung  eine  entsprechende 
grössere  Repulsion  das  Gleichgewicht  hält.  Endlich  müssen  crjstallinische 
Körper,  in  welchen  die  Atlraktivkräfte  in  gewissen  Richtungen  stärker 
wirken,  aus  dem  nämlichen  Grunde  in  diesen  Richtungen  eine  grössere 
Menge  von  abstossenden  Aetherlheilchen,  also  eine  grössere  Aetherdich- 
ligkeit  haben  als  in  andern  —  Wenn  nun  das  Licht  durch  die  Schwin- 
gungen der  Aetherlheilchen  fortgepflanzt  wird,  so  muss  die  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit durch  einen  gegebenen  Raum  von  der  Menge  der  in 
diesem  Raum  betindlichen  Theilchen,  also  von  der  Dichtigkeit  desAelhers 
bedingt  werden.  Damit  stimmt  die  Thatsache  nberein  .  dass  in  gasför- 
migen Substanzen  die  optische  Dichtigkeit  in  gleichem  Maasse  zunimmt 
wie  die  gewöhnliche,  und  dass  die  Fortpllanzungsgeschwindigkeit  der 
Lichtstrahlen  im  Hmgekehrlen  Verhältnisse  dazu  steht;  so  wie  ferner, 
dass  auch  in  den  flüssigen  und  festen  Körpern  die  Lichtstrahlen  sich 
beträchtlich  langsamer  bewegen  als  in  den  gasförmigen.  —  Nun  ist  zwar 
Neu  mann  (Abhandlungen  der  Berliner  Akademie  aus  dem  Jahre  1841) 
bei  seinen  Beobachtungen  an  comprimirtem  Glas  zu  dem  mit  den  bis- 
herigen Thatsachen  im  Widerspruche  stehenden  Schluss  gekommen,  dass 
die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Lichtes  in  einem  Körper  wachse, 
wenn  durch  mechanische  Operation  seine  Dichtigkeit  vermehrt  werde. 
Diese  Folgerung  gilt  für  die  Annahme,  dass  Schwingungsebene  und 
Polarisationsebene  rechtwinklich  aufeinanderstellen.  Lässt  man  aber  beide 
zusammenfallen,   so  entspricht  sowohl  für   diesen  sowie   für   alle   auderu 


Nagelt:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  geg.  pflanzl.  Organis.     299 

Wenn  eine  geschmolzene  Glaskugel  rasch  abgekühlt  wurde, 
so  befindet  sich  die  äussere  (Rinden  -)  Substanz  in  einem  Zu- 
stande der  Verdiclilung.  die  innere  in  einem  Znslande  der  Ver- 
dünnung. Üemgemäss  zeigt  die  Masse  in  den  tangentialen  mit 
der  Oberfläche  parallelen  Richtungen  positive,  in  den  radialen 
Richtungen  negative  Spannung.  Die  Glaskugel,  und  nnt  ihr 
stimmt  ein  eingetrockneter  Gummitropfen  überein ,  verhält  sich 
optisch  gerade  so ,  als  ob  sie  aus  unendlich  vielen  Keilen  von 
optisch  positiven  einaxigen  Crystallen  bestände,  deren  Axen  die 
Stellung  von  Radien  haben.  Die  isotrope  Glaskugel  dagegen, 
die  gleichmässig  erhitzt  und  dann  vom  Umfange  aus  abgekühlt 
wird  ,  verhält  sich  vor  erfolgter  gänzlicher  Erkaltung  rücksicht- 
lich ihrer  Spannungs-  und  Aetherdichtigkeitsverhältnisse  umge- 
kehrt. Sie  ist  aus  radial  gestellten  Elementen  zusaumiengesetzt, 
die  wie  negative  einaxige  Crystalle  wirken.  —  Glaskörper  die 
von  der  Kugelgestalt  abweichen,  und  die  erhitzt  oder  abgekühlt 
werden,  bestehen  ebenfalls  aus  zahllosen  Elementen,  die  in  ihrer 
Axenstellung  unter  einander  nicht  parallel  sind;  aber  diese  Ele- 
mente sind  nicht  einaxigen  sondern  zweiaxigen  Crystallen  zu 
vergleichen,  wie  nian  deutlich  schon  am  Glascylinder  sieht.  Sie 
haben  3  verschiedene  Elasticitäts-  oder  Dichtigkeitsaxen. 

Der  Polarisationsapparat  zeigt  die  Richtung  der  Schwin- 
gungsebenen in  den  organisirten  Körpern  an;  die  Vergleichung 
mit  comprimirtem  oder  expandirtem  Glas  oder  mit  einaxigen 
Crystallen  aber  weist  nach,  welche  Richtung  der  grössern  oder 
geringern  Actherdichtigkeit  entspreche.  Wenn  nämlich  das  com- 
primirte  Glas  so  auf  ein  Gypsplältchen  gelegt  und  unter  das 
Pülarisationsmicroscop  gebracht  wird,  dass  die  Schwingungs- 
ebenen im  Glas  und  im  Gyps  zusammenfallen,   aber   mit   denen 


Fälle  der  Coinpression ,  Expansion,  Eiwärniunn;  und  Ahkiililiing  die  ge- 
ringere Fortpnanznngsgeschwiiidigkeit  der  grossem  .\etlierdiclitigkeit 
oder,  was  das  Nämliche  ist,  einer  positiven  Spannung,  und  umgekehrt, 
—  wie  ich  anderswo  ausführlicher  zeigen  werde. 


300         Sitzung  der  vmth.  -  phys.  Vlasse  vom  8.  H1ür%  1862. 

(1er  Polarisalionsprismcn  einen  Winkel  von  45"  bilden,  so  wer- 
den die  Gangunterschiede  der  Strahlen  und  sonnt  die  Farbe  des 
Gypsplättchens  in  der  Farbenskale  erhöht,  wenn  die  gleichna- 
mioen  Aelherdichligkeitsaxen  (d.  h.  der  grössern  Dichtigkeit 
einerseits  sowie  der  geringern  andererseits)  im  Glas  und  im 
Gyps  sich  decken.  Sie  werden  in  entsprechendem  Maasse  ver- 
mindert, wenn  die  ungleichnamigen  Axen  (die  der  grössern  und 
die  der  geringern  Aetherdichligkeit)  zusanunentrelFen.  Liisst 
man  dem  Gypspliittclien  die  niindiche  constante  Lage ,  so  erhält 
man  durch  jeden  zu  untersuchenden  Körper,  vorausgesetzt  dass 
dessen  Schvvingungsebenen  in  die  diagonale  Stellung  wie  im 
Gypsplattchen  gebracht  wurden,  entweder  Additions  -  oder 
Subtraktionsfarben,  und  man  kann  daraus  unmittelbar  ent- 
nehmen, in  welcher  Ebene  die  Axe  der  grössern  und  in  wel- 
cher die  der  geringern  Aelherdichtigkeit  sich  befindet. 

In     den     durchdringbaren    geschichteten     Körpern    ^CMem- 
branen    und   Slärkekörnern)    sind    die    optisch   wirksamen    Ele- 
mente ohne  Ausnahme  so  angeordnet,    dass  die  eine  Elasti- 
citäls-  oder  Dichtigkeilsaxe   senkrecht  zur  Schich- 
tung   steht,    die    beiden    andern   aber   in   der   Ebene 
jeder  einzelnen  Schicht   liegen.     Zeigen    die    Schichten, 
von  der  Flache  angesehen,  zwei  Systeme  von  Streifen,  die  sich 
rechtwinklig  kreuzen ,  so  entsprechen  denselben  die  beiden  an- 
dern Aelherdichtigkeitsaxen.    Wenn  aber  die  Streifen  sich  nicht 
unter  einem  Winkel    von   90**  schneiden,    so  fallen  die  Dichtig- 
keitsaxen  weder  mit  den  einen  noch  mit  den  andern  zusammen. 
—  Daraus  folgt  natürlich,  dass  in  einer  cylindrischcn  Zelle  und 
in  einer  soliden  cylindrischcn  Faser  (wie  bei  Caulerpa)    die  op- 
tisch  wirksamen   Elemente    mit   der    einen  Dichtigkeitsaxe    wie 
Radien  um    die  Cylinderaxe,    in    kugeligen    oder   eUipsoidischen 
Zellen  und  Stärkekörnern  wie  Radien  um  den  Mittelpunkt  ange- 
ordnet sind.    Oesswegen  zeigen  die  kugeligen  und  eUipsoidischen 
Körper  sowie   die  Querschnitte  durch   die   cylindrischcn  Körper 
analog    den   Glaskugeln   und    den   Glascyhndern    das    bekannte 


Nagelt:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  yey.  pflanzt.  Organis.      301 

Kreuz,    welches  die  gleiche  Natur  und  Farbe  hat  wie  das  Ge- 
sichtsfeld. 

nie  optisch  wirksamen  Elemente,  aus  denen  die  Membranen 
und  wahrsciieinlich  auch  die  Starkekörner  bestehen,  haben  drei 
verschiedene  Elast  ioit  als-  oder  Diclitigkeitsaxen,  wie 
man  aus  den  Interferenzfarben  sieht,  die  sie  geben ,  wenn  die 
eine  oder  andere  A.\e  senkrecht  steht.  Sie  haben  demnach  die 
Natur  von  zweiaxigen  Cryslallcn.  Dabei  gilt  fast  als  ausnahmslose 
Regel,  dass  die  kleinste  oder  die  grösste  Dich tigkeits- 
axe  senkrecht  zur  Schichtung  steht.  In  den  unverän- 
derten Stiirkekörnern ,  in  den  cuticularisirten  Zellmendjranen 
(Cuticula  und  Kork),  in  wenigen  einzelligen  Algen  boündet  sich 
die  uerinofste  Aelherdichtiokeit  (arösste  Elasticitiit)  in  der  zur 
Schichtung  senkrechten  Richtung.  Bei  den  gewühidichcni  Zell- 
membranen dagegen  ii.t  es  die  Axe  der  grössten  Aetherdich- 
ligkeit  (geringsten  Elasticitiit),  welche  die  Schicliten  rechtwinklig 
durchbricht.  Unter  i\en  erstem  haben  die  Slürkekörner  die  Axe 
der  geringsten  Dichtigkeit  in  der  Iransveisalon,  die  Algenzelleii 
in  der  longitu(b'nalen  Taiigeiilialnchtung.  Bei  den  zweiten  ist 
die  Axe  der  grüsslen  Dichtigkeit  häufiger  loiigiludinal,  seltener 
transversal  gestellt. 

H.  V.  Mohl  drückt  diese  Verhältnisse  anders  aus;  er  sagt, 
die  Stiirkekörner  und  die  cuticularisirten  Membranen  geben  im 
Durchschnitt  angesehen  positive,  die  übrigen  Zellmembranen  ne- 
gative Farben;  ebenso  sagt,  er,  die  Membranen  seien,  von  der 
Fläche  angesehen,  in  <ler  Richtung  der  stärkern  Streifung  ne- 
gativ-gefärbt. Er  hat  diese  Terminologie  von  Brevvster  entlehnt, 
welcher  sie  für  das  anisotrop  gewordene  Glas  anwendete.  Für 
Glaskugeln,  die  aus  einaxigen  positiven  oder  n(^gativen  Elemen- 
ten bestehen,  ist  sie  gewiss  vollkonunen  richtig.  Allein  schon 
für  Cylinder,  Ellipsoide,  Tafeln  von  Glas  scheint  es  mir  nicht 
gerechtfertigt  ^    und    für    die   organischen    Körper   haite   ich  es 


(3)  Als  Brewslrr  seine  Versuche  mit  f^epicsstein,  (rhitzteiii  niul  ab- 
gcliühlteiii  Glas  anstellte,  so  verglich  er  dassolbe  mit  einaxif^eii  Krjstallen. 
[Ib62.  I.]  21 


302  Sitzung  der  math.-phys.  Classe  vom  8.  März  i86i. 

gleichfalls  für  iinstallhaft,  von  positiver  und  negativer  Färbung 
zu  sprechen.  Jene  Gläser  und  diese  Körper  sind  aus  zwei- 
axigen  Elementen  zusammengesetzt  und  wir  wissen  von  den- 
selben meistens  bloss,  in  welcher  Richtung  die  Axen  der  gröss- 
ten,  der  mittlem  und  der  kleinsten  Aetherdichligkeit  gestellt 
sind;  wir  wissen  aber  nichts  über  das  Grossenverhiilfniss  dieser 
Axen  *.  Es  mangelt  also,  mit  Ausnahme  weniger  Beispiele,  Alles, 
was  nölhig  wäre,  um  zu  entscheiden,  ob  die  optisch  wirksamen 
Elemente  jener  Glasstiicke  und  jener  organischen  Körper  sich 
wie  positive  oder  wie  negative  zweiaxige  Crystalle  verhalten.  — 
Es  ist  zwar  sicher,  dass  man  auch  an  zweiaxigen  Körpern  po- 
sitive und  negative  Färbung  unterscheiden  kann.  Die  Verschie- 
denheit stellt  sich  ganz  sicher  heraus,  wenn  die  optischen  Axen 
in  einer  horizontalen  Ebene  hegen.  Aber  praktischen  Werlh 
wie  bei  den  einaxigen  Körpern,  wird  die  Terminologie  bei  den 
zweiaxigen  nicht  gewinnen  können ,  da  die  Kenntniss  der  Cry- 
stallform,  der  Lage  der  optischen  Axen  und  somit  des  positiven 
oder  negativen  Charakters  vorausgehen  nmss,  ehe  man  die  Be- 
deutung der  Färbung  beurtheilen  kann. 

Es  fragt  sich   ferner,    ob  die  Unterscheidung  positiver  und 


Dabei  braclite  es  tlieils  das  Olijokl  uiit  sicli  ,  tlieils  bogiiii£;te  er  siili 
sonst  damit,  dass  er  nur  den  Effekt  der  in  einer  Fliiclic  wirksamen  zwei 
Actlierdiclitiskeiten  in  Hetraolit  zo^.  Uel)erdeni  waren  die  zweiaxigen 
Mittel  zwar  wohl  bekannt,  aber  doeh  nocli  weniger  stiulirt  und  nament- 
lich noch  nicht  in  positive  und  negative  unterschieden.  —  Ein  von  mir 
untersuchter  c.vlindrischer  Glasstab  von  S'/i  M.  M  Durchmesser  verhiilt 
sich  in  Folge  seiner  Spannungen  so,  als  ob  er  aus  zweiaxigen,  optisch- 
positiven  Elementen  zusammengesetzt  wäre,  in  denen  der  NYinkel  zwi- 
sdien  der  optischen  Axe  und  der  längsten  Elasticilätsaxe  3()°  beträgt. 

(V)  teil  kann  unter  allen  EUmeiitarorganen  bloss  liir  einen  Fall  auf 
indirektem  Wege  die  Lage  der  optischen  Axen  approximativ  schätzen. 
Bei  Chaetomorpha  aerea  nämlicii  sind  die  optisch  wirksamen  Elemente 
dei  Membran  zweiaxig  und  positiv  (sie  haben  also  den  entgegengesetz- 
ten Charakter  von  dem,  den  ihnen  Mobl  zuschreibt);  der  Winkel  zwi- 
schen der  optischen  Axe  und  der  grössern  Elasticilätsaxe  ist  sicher  klei- 
ner als  40",  aber  sein  Werth  weiter  nicht  genau  zu  bestimmen. 


fiägeli:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  geg.  pßanzl.  Organis.      303 

nes^ativer  Färbung,  wenn  auch  in  strenger  cryslallographisch- 
opt isolier  Bedeutung  unrichtig,  nicht  dennoch  zweckmässig  an- 
gewendet werden  könnte,  indem  man  die  2  Elasticitätsaxen  des 
zweia.xigen  Objekts,  die  in  einer  bestimmten  Lage  zur  Wirk- 
samkeit gelangen,  mit  denen  der  einaxigen  Crystalle  vergleicht. 
Diess  scheint  mir  indess  nicht  der  Fall  zu  sein ,  weil  die  An- 
wendung willkührlich  ist  und  daher  leicht  zu  Verwirrung  und 
Missverständniss  führen  kann.  Muhl  sagt  von  der  Zeihnembran, 
sie  gebe  im  Querschnitt,  im.  Längsschnitt  und  von  der  Fläche 
angesehen  negative  Farben.  Das  ist  das  Nämliche,  als  ob  man 
von  einem  zweiaxigen  Crystall  sagte,  er  sei,  wenn  man  nach- 
einander jede  der  3  Elasticitätsaxen  in  eine  senkrechte  Lage 
bringt,  negativ  gefärbt.  Alan  könnte  mit  gleichem  Hechte  ihn 
positiv  gefärbt  nennen,  da  in  diesen  Stellungen  zwischen  nega- 
tiven und  positiven  zweiaxigen  Körpern  keine  Verschiedenlieit 
besteht.  Mohl  setzt  voraus,  die  Interferenzfarben  eines  Körpers 
müssen  in  allen  3  Richtungen  des  Raumes  den  gleichen  (posi- 
tiven oder  negativen)  Charakter  besitzen.  Desswegen  nennt  er 
die  verschiedenen  Zellmembranen  (z  B.  Cladophora  und  Chara), 
obgleich  dieselben  von  der  Fläche  betrachtet  sich  rücksichllich 
der  Interferenzfarben  entgegengesetzt  verhalten ,  doch  alle 
negativ  gefärbt;  aber  er  sagt,  die  Farbe  werde  bei  den  einen 
durch  die  Längsstreifen,  bei  den  andern  durch  die  Onerstreifen 
beslinmit\     Auch    diese    Voraussetzung    ist    willkührhch;     man 


(5)  Dii-ser  .Vusdriuk  Molil's  ist  mir  iiix'riiaiipt  iiiclil  reclit  vcrstäiut- 
liili,  weil  mir  die  aiialoiiiistlic  iiiid  »plisclu-  Bci>riiiMliiiii^  eiitj;i'lit.  Wie 
iili  oben  austliiirti',  zt'ij;rn  di»;  Mciiiljraiieii ,  von  der  Flüclic  aiigoseiicn, 
zwei  S^stoine  von  Streifen,  die  sich  reclit« inklij;  kreuzen.  Nun,  sagt 
Molil  (bot.  Zeit.  1858  p.  13)  ,,war  hier  zu  uiilersuclien  .  ob  ein  einziges 
von  die.sen  zwei  S.vstemeit  den  optischen  Charakter  der  Membran  be- 
.stimme,  oder  ob  l)eide  eine  gleiciistarke  und  entgegengesetzte  ^Yirkung 
ausüben  und  ihre  \Tirkung  gegenseitig  neutralisiren ,  wie  dieses  bei 
zwei  gekreuzten  Glininierpliitlclien  von  gleicher  Dicke  stattfindet."  IHe 
Beobachtung  habe  gezeigt,  dass  das  Erstere  der  Fall  sei,  dass  aber  bei 
den  einen  Zellen  die  Längs-,    bei    den    andern    die  Querstreilen  maass- 

21* 


304         Sitzuni/  der  ttialli  -phys.  Classe  vom  8.  März  1S62. 

könnte  mit  gleichem  Rechte  und  wohl  mit  mehr  Conseqnenz  die 
InlerrercnzfiU-he  in  aHen  Fallen  nach  dem  gleichen  Streifensyslein 
bestimmen,  und  sie  daher  bei  Chara  positiv  nennen,  wenn  man 
sie  bei  Cladophora  als  negativ  bezeichnet. 

Da  die  Anwendung  dieser  Terminologie  so  sehr  von  dem 
subjektiven  Ermessen  abhängt ,  so  ist  nicht  zu  vermeiden ,  dass 
zwei  Beobachter  die  nändiclie  Erscheinung  mit  entgegengesetzten 
Ausdrücken  bezeichnen.  Diess  ist  in  der  That  geschehen.  Brücke 
untersuchte  die  Muskelfaser  (sarcous  element)  von  Hydrophilus 
und  nannte  sie  optisch  positiv  (Denkschriften  der  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  Wien  1858.  XV.  p.  69).  Mohl  fand  da- 
gegen im  Gegensatz  zu  Brücke,  dass  die  Muskelfasern  mit  einer 
aus  Cellulose  bestehenden  Faser  übereinstimmen  und  desshalb 
negativ  seien  ;  er  machte  auf  diesen  Widerspruch  aufmerksam, 
ohne  ihn  zu  lösen  (Bot.  Zeit  1858  p  375).  Brücke  bestimmte 
in  seiner  Arbeit  zuerst  die  einaxige  Natur  der  Muskelfasern, 
indem  er  zeigte,  dass  sie  sich  in  der  Richtung  der  Längsaxe 
einfach  brechend  veihalten.  Dann  fand  er,  indem  er  sie  auf 
einen  Bergcrystallkeil  legte,  dass  sie  optisch  positiv  sind.  Das 
Verfahren  ist  vollkommen  überzeugend  und  lässt  üher  die  Rich- 
tio-keit  des  Schlusses  keinen  Zweifel.    Wegen  der  abweichenden 


gebend  seien.  Diese  Aiiscliaiiu:;g  siiieint  voiauszuselzeii ,  da.ss  die 
zweierlei  Streifen  Fasern  seien,  die  sell).stsliindii5  nebeneinander  und 
uolil  selbst  auch  neben  den  Siiiithten  bestehen:  denn  auf  Durebselinillen 
sind  es  nach  Mohl  die  Scliichlen,  in  der  Fläcl.enansiihl  die  beiden  Slreifen- 
oder  Faser.sjsteme,  welelie  ihre  oplisehe  Wirkung  ausiiben  —  .Nach  meiner 
Ansilianun^  dageejcn  bef^rcilen  sowohl  die  Sihicliten.  als  jedes  SlreiCen- 
s.vstem  für  sieh  die  •i^iuv/.c  Substanz  der  iMcnibran,  mit  andern  Worten 
jedes  Moleeül  ist  zugleieli  ein  Tiieil  sowoiil  einer  Sehitht,  als  eines 
Längsstreilcns  und  eines  Querslrciiens.  Srhichtung  und  Streifungen  sind 
an  der  Membran  niehts  anders  als  die  Bl.llterdureligänge  im  Crj.stall, 
und  die  Theorie,  dass  bei  der  einen  Membran  die  Längsstreifen,  bei  der 
andern  die  Uuerstreifen  den  negaliven  Charakter  bedingen,  ist  naeh 
meiner  Vorstellung  ebenso  unstatthaft  als  wenn  man  sagen  wollte,  bei 
dem  einen  Cr^tstall  sei  es  der  eine,  bei  dem  andern  ein  anderer  Blätter- 
durthgang,  weither  die  Interferenzlarbeii  hervorrufe. 


N/ijjeli:   Verhalten  d.  polar.  Licht,  t/et/.  pflanzt.  Oryaiiis.      305 

Angabe  von  Mohl  wieclerliolle  ich  die  Untcrsuchune;-  an  Muskel- 
fasern von  grössern  Carabusarton.  Das  Resultat  war  das  näni- 
bche,  wie  es  Brücke  scbon  angegeben:  Die  Quersclinille  er- 
scheinen, wenn  man  sie  um  ihre  Axe  dreht,  (hinkel  oder  zeigen 
auf  einem  Gypsplättchen  die  Farbe  desselben.  Zur  Bestimmung 
des  optisclien  Charakters  bediente  ich  mich  nicht  eines  Bergcry- 
slallkeils,  sondern  eines  Gypsplallchens,  an  welchem  die  Axe 
der  grössern  und  geringern  Aetherdichtigkeit  zuvor  durch  Ver- 
gleichung  mit  einem  Kalkspathprisma  sowie  mit  mehrern  micro- 
scopischen  Crystallen ,  die  ich  aus  Lösungen  auscrystallisiren 
liess  (phosphorsaures  Kali,  Cyanqnecksilber,  salpetersaures  Natron) 
festgestellt  worden  war.  Die  Muskelfasern  verhielten  sich  um- 
gekehrt wie  die  ebengenannlen  negativen  Ciystalle.  Wenn  sie 
also  wirklich  einaxig  sind,  so  nniss  man  sie  sicher  positiv  nennen. 
Die  Vergleichung  mit  Cellulosefasern  z.  B.  mit  Bastlasern  ist 
jedoch  unstatthaft;  beide  gleichen  einander  bloss  in  der  äussern 
Form,  weichen  aber  in  der  Anordnung  der  optisch  wirksamen 
Elemente  gänzlich  ab;  bei  der  Cellulosefaser  sind  die  letztern 
zweiaxig  und  stehen  auf  Ouerschnillen  in  radialen  Reihen®. 


(ft)  Ks  ist  mir  ührigens  eiiiigcrinaasseri  zweifrllicift,  ob  die  Substanz 
der  Muskelfaser  wiiklich  einaxig  sei,  wie  es  Brücke  annimnif  Der  jMnn- 
{jel  an  interfcrenzrarben  bei  aufrecbter  Steiiunc:  niire  entsclieiderid,  wenn 
man  annehmen  dürfte,  die  optiscli  wirksamen  Elemente  stimmen  in  der 
Steilun^j  der  Elasticitätsaxen  so  mit  einander  überein,  dass  ihre  ^'^irk- 
sanikeit  bemerkbar  werden  uuiss.  Ks  wäre  denkbar  und  mit  Rücksicht 
auf  den  Bau  der  MuskelHtser  vielleicht  nicht  unwahrsclieinlich .  d;iss  die 
auf  dem  Querschnill  nebeneinamler  liej^enden  optisch  wirksamen  Kle- 
mentc  schon  innerhalb  sehr  geringer  Enllcrnungen  sich  mit  ihren  .\xen 
nach  verschiedenen  Seiten  kehrten  .  und  dass  im  Zusammenlianoe  hie- 
mit  die  parallel  der  Axe  der  Miiskellaser  hintereinander  liegenden  in 
ihren  Stellungen  ebenfalls  sich  ungleich  verhielten,  so  dass  die  wider- 
sprecluiulen  Klickte  sich  grösslentheils  aufhöben.  Zu  diesen  Bemer- 
kungen veranlasst  mich  die  Thalsache,  dass.  soweit  meine  Beobachtungen 
im  Pllanzenreiche  gehen,  die  organisirten  Körper  (aus  Kohlenhydraten 
und  aus  Proteinkörpern  bestehend)  optiscli  zweiaxig  sind.  Ucberall.  wo 
es  der  Bau  und  die  Form  der  Klementaror";anc  mit  sich  bringt,  dass  die 


306         fiitziiny  der  wath-phi/i.  Classe  vom  8.  März  1862. 

Olfenbar  war  es  Molil  darum  zu  Ihun,  die  Elemenlarorgane 
in  zwei  Kategorien,  die  er  Ofitisch  positiv  und  negativ  nannte, 
zu  sdieidcn ,  um  damit  eine  Basis  für  anderweitige  Trennungen 
zu  erhalten.  Die  Aufgabe  scheint  mir  dag(^gen  vorerst  keine 
andere  als  die  Lage  und  die  relative  Grösse  der  Aetherdichtig- 
keitsaxen  zu  bestimmen ,  und  schon  jetzt  zeigt  es  sicli  unmög- 
lich die  Vorkommnisse  in  dieser  Beziehung  durch  zwei  oder 
auch  durch  vier  Kategorien  zu  erschöpfen,  denn  die  Lage  der 
mittlem  und  der  einen  extremen  Eiasticilätsaxe  kann  bei  ver- 
schiedenen Zellen  und  sogar  neben  einander  an  verschiedenen 
Stellen  der  nämlichen  Zelle  (blattarlige  Zweige  von  Caulerpa) 
alle  möglichen  Richtungen  zeigen. 

Damit  ist,  wie  ich  glaube,  auch  über  die  Theorie  Mohl's 
entschieden,  nach  welcher  die  optischen  Verhältnisse  über  die 
chemische  Zusammensetzung  Aufschluss  zu  geben  im  Stande 
wären;  und  nach  welcher  positive  und  negative  Färbung  an 
zwei  Körpern,  die  sonst  keine  Differenz  zeigen,  als  Beweis  ihrer 
chemischen  Verschiedenheit  gellen  müssen.  Denn  in  der  That 
wäre  es  einerseits  möglich ,  dass  von  2  Membranen ,  die  beide 
in  den  nämlichen  Lagen  Additionsfarben  geben,  die  also  in  der 
Slellunor  der  3  Aetherdichligkeitsaxen  unter  einander  überein- 
stimmen,  die  eine  aus  negativen,  die  andere  aus  positiven  zwei- 
axigen  Elementen  bestände.  Es  könnte  diess  ja  von  geringen 
Verschiedenheiten    in    der   Länoe    der    mittlem   Dichtiffkeitsaxe 


opiiscli  wirksanuTi  Elcmciilc  in  grössern  Partien  rücksichtlich  der  räum- 
lichen Verliäilnisse  iihereiiistininien  ,  lässt  die  Uniersiuhung  keinen 
Zweifel.  Die  scheinbare  einaxige  Natur  tritt  nur  da  auf,  wo  eine  ver- 
schiedene Axenstelluiig  der  nahe  beisammen  liegenden  Kiemente  wahr- 
scheinlich ist.  z.  B.  an  kugeligen  Körnern  und  Zellen.  Es  ist  nicht  au- 
zunclimen,  dass  eine  kugelige  Zelle  aus  einaxigen,  die  längliche  aus 
zwciaxigtMi  (Iclliilosenioleciilcn  bestelle;  aber  es  ist  sehr  probabel,  dass 
in  der  kugeligen  Zelle  die  zwciaxigen  Elemente  um  jeden  Punkt  der 
Kugelobcilläciie  symmetrisch  angeordnet  sind,  und  dass  daher  das  uusern 
Sinnen  walirnehmbare  Flächenelement  keine  oder  wenigstens  keine  be- 
stimmte und  in  die  .Augen  fallende  optische  V\'irkung  gibt. 


Nagelt:   Verhalten  d.  polar.  Licht,  geg.  pßaw.-l.  Oryanis.      307 

abhängen.  Andererseils  wäre  es  ebenso  nohl  denkbar,  dass 
zwei  Elementarorgane  (z.  B.  ZeUtneinbran  und  Slärkekorn)  von 
denen  das  eine  die  geringste,  das  andere  die  grösste  Acther- 
dichtigkeit  senkrecht  zur  Schichtung  haben,  beide  aus  positiven 
oder  beide  aus  negativen  Elementen  zusammengesetzt  wären. 

Die  Mohrsche  Theorie  wurde  allerdings  dadurch  plausibel 
gemacht,  dass  einmal  Stärkekörnor  und  Zellmembranen  iu  der 
Stellung  ihrer  Aetherdichligkeifsaxen  einen  Gegensatz  bilden^ 
dass  ferner  Membranen,  welche  von  Natur  cuticularisirt  oder 
durch  die  Kunst  in  Schiessbaumwolle  umgewandelt  werden,  ihre 
nichtigkeitsellipsoide  wechseln.  Allein  ihr  widersprechen  meh- 
rere Thatsachen:  1)  dass  es  Zellmembranen  gibt  (Bryopsis, 
Udolea,  Halimeda),  welche  in  allen  übrigen  Reactionen  sich  wie 
gewöhnliche  Cellulose  verhalten,  nur  in  der  Stellung  des  Dich- 
tigkeitsellipsoides  abweichen ;  2)  dass  an  den  Zellmembranen 
dieser  Algen  (Bryopsis,  Caulerpa),  welche  optisch  sonst  der 
CuUcuIa  gleichen,  zuweilen  eine  äussere  Schicht  mit  den  ge- 
wöhnlichen Zellmembranen  in  den  Interferenzfarben  überein- 
stimmt j  3)  dass  es  Membranen  gibt  (Caulerpa,  Ace(abularia), 
welche  von  der  Fläche  betrachtet,  stellenweise  positive,  stellen- 
weise negative  Farben  geben;  4)  dass  es  Pflanzen  gibt,  bei 
denen  die  ganzen  Zellen  die  gleiche  Verschiedenheit  zeigen  (bei 
Nilella  syncarpa  die  Glieder  der  Wurzelhaare  und  das  unterste 
Stammglied  einerseits,  die  Glieder  der  Stämmchen,  Aeste  und 
Zweige  andererseits);  5)  dass  das  alte  Fichten-  und  Tannenholz 
(von  Abies  excelsa  und  pectinata)  auf  Querschnitten  positiv  ge- 
färbt ist  wie  die  Stärkekörner,  indess  die  äusserste  Schicht  (die 
sog.  primäre  Membran)  die  gewöhnliche  Reaction  der  Membranen  be- 
halten hat,  und  während  der  Längsdurchschnitt  aller  Schichten  eben- 
falls negative  Farben  erzeugt,  endhch  6)  dass  die  Cellulosekörner, 
welche  nach  Entfernung  der  Grannlose  aus  den  Stärkekörnern  zu- 
rückbleiben und  in  ihrem  übrigen  Verhalten  durchaus  mit  manchen 
Cellulosemembranen  übereinstimmen,  auf  das  polarisirte  Licht  die 
entgegengesetzte  Reaction  geben.  Es  scheint  nn'r  daher,  dass 
die  ungleichen  optischen  Eigenschaften  der  geschichteten  pflanz- 


308         Sitzung  der  inath.-phijs.  Clnsse  rom  8.  März  1S62. 

liehen  EInnentartlioilo  ihr  Dasein  nicht  chemischen,  sondern 
morphülooischen  (physikalischen)  ^'er.schiedenheilen  verdanken. 

Als  ich  an  die  Untersuchungen  mit  dem  Polarisationsniicroscop 
ging,  war  es  mein  erster  Gedanke,  es  möcliten  die  doppelbre- 
chenden Eigenschaften  von  Spannungen  herrühren,  die  denjenigen 
im  erhitzlen  Glas  nicht  denjenigen  im  Cryslalle  analog  seien, 
also  von  Spannungen,  die  in  dem  einen  Theil  positiv  in  dem 
andern  Theile  negativ  sind  inul  sich  so  das  Gleichgewicht  halten. 
Dieser  Gedanke  mussfe  aber  nach  den  ersten  Versuchen  aufge- 
geben werden.  In  den  Stärkekörnern  bestehen  zwar,  wie  ich 
früher  nachgewiesen  habe,  solche  Spannungen,  und  gerade  in 
der  Art,  wie  sie  durch  die  optischen  Erschciiuuigen  gefordert 
werden.  Allein  in  der  Cuticnla  bestehen  die  entgegengesetzten 
Spannungen  und  doch  hat  das  Ellipsoid  der  Aetherdichtigkeil 
die  gleiche  Lage  wie  im  Stärkekorn.  Wenn  ferner  die  Span- 
nungsverhältnisse zwischen  den  Schichten  (so  dass  die  einen 
positiv  die  anderen  negativ  gespannt  wären,  oder  dass  in  einer 
ganzen  Zelle  die  eine  Spannung  in  den  tangentialen  Richtungen 
die  andere  in  den  radialen  Richtungen  der  Membran  wirkte)  die 
optischen  Erscheinungen  hervorbrächten,  so  müsslen  diese  ganz 
oder  grösstentheils  vernichtet  werden,  wenn  man  ein  Stärkekorn 
oder  eine  Zellmembran  in  kleine  Stücke  schneidet ,  weil  ja 
dann  die  Spannungen  sich  gellend  machen  und  sich  ausglei- 
chen könnten.  Diess  ist  nun  aber  keineswegs  der  Fall;  die 
kleinsten  Stücke  von  Membranen  haben  die  nämlichen  optischen 
Eigenschaften,  die  sie  im  Zusammenhang  mit  der  ganzen  Zelle 
hatten.  —  Ich  bemerke  noch,  dass  bereits  auch  Mo  hl  (Bot. 
Zeit.  1859.  p  227)  sich  die  nändiche  Frage  gestellt  und  ver- 
neint hat.  Allein  seine  Gründe,  von  ganzen  Stärkekörnern  her- 
genommen, scheinen  mir  weniger  zutreffend,  da  die  Spannungs- 
verhällnisse  unter  den  angeführton  Umständen  voraussichtlich 
nicht  sehr  geändert  werden  dürften. 

Dass  die  Spannungen  zwischen  den  Schichten  die  Ursache 
der  Doppelbrechung  seien,  ist  von  Schnitze  angenommen 
worden.     Derselbe   stützt  sich  für  die  Slärkekörner  auf  die  von 


fiageli:  Verhalten  d   polar.  lAcht.  »je ff.  pflanzt.  Orffam's.      309 

mir  nachgewiesenen  Spannungsverhältnisse,  und  für  die  Zellen- 
nieinhranen  glaubt  er  sie  ans  einer  Theorie  über  die  Enlsteh- 
nngsweise  derselben  folgern  zu  können  Allein  ausser  den 
Gründen,  wt^lche  ich  eben  angegeben  habe,  innss  hiegegen  fer- 
ner noch  eingewendet  \^'er(leM,  dass  die  Pnanzenzellineinbranen 
anders  wachsen  als  es  von  Schnitze  angcMionnnen  wird,  und 
dass,  wie  ich  glaube,  auch  aus  jener  Annahme  nicht  die  gefol- 
gerte Spannung  hervorgehen  körnite. 

nie  Unstiitlhafligkeit  der  Annahme,  dass  die  Doppelbre- 
chung von  solchen  Spannungen  herrühre,  wie  ich  sie  eben  be- 
sprochen habe ,  ergibt  .'^ich  aber  vorzüglich  aus  den  merkwür- 
digen Erscheinungen,  welche  bei  mechanischen  Einwirkungen 
auftreten  und  welche  der  optischen  Analyse  erst  den  Hebel 
darbieten  und  ihr  gestatten ,  bestimmte  Schlüsse  auf  die  Natui* 
der  optisch  wirksamen  Elemente  zu  ziehen. 

Wenn  man  einen  Glasladen  biegt ,  so  genügt  eine  sehr 
geringe  Ausdehnung  oder  Zusammenziehung,  um  deutliche  op- 
tische Veränderungen  hervorzurufen.  Eine  approximative  Be- 
rechnung gibt  folgendes  Resultat  Hat  das  Glas  eine  Dicke  von 
20  Mik.  (0,020  M.  Äl.)  und  wird  dasselbe  um  0,012  seiner  ur- 
sprünglichen Länge  auseinander  gezogen  oder  zusammen  ge- 
presst ,  so  erscheint  es  auf  dem  dunkeln  Gesichtsfeld  des  Pola- 
risationsmicroscops  hellbläulich  und  d;is  Roth  erster  Ordnung 
eines  Gypsplällcheiis  wird  in  Gelb  I  erniedrigt  oder  Blau  H 
erhöht.  Die  gleiche  Wirkung  gibt  ein  Gypsplättchen  von  20  Mik. 
Dicke;  an  diesem  verhalten  sich  die  Elasticitätsaxen  wie  1,520  : 
1,529  oder  wie  l  :  1,006.  Die  geringe  Verschiedenheit, 
welche  sich  zwischen  dem  Dilatationscoefficienten  des  Glases 
und  dem  ElasticitätscoelTit lenten  des  Gypses  herausstellt,  lasst 
sich  theils  aus  den  Veränderungen  im  Aelher  eines  isotropen 
Mediums,  auf  welches  Druck  oder  Zug  einwirkt,  theils 
aus  BeobachtungsfehI(M'n  hinreichend  erklären.  Es  zeigt  die 
Vero-lcichnnor  immerhin,  dass  das  Glas  sich  ähnlich  wie 
die  Cryslalle  verhält,  dass  dasselbe  nur  äusserst  wenig  seine 
Dimensionen    verändern    muss,    um    deutliche    doppelbrechcndc 


310  Sitzunif  der  math. -phys.  Cttisse  vom  4   9Jär%  1869. 

Eiffenschafleii  zu  erlangen.     Wie   das  Glas  verhält  sich  offenbar 
auch  das  eingetrocknete  spröde  gewordene  Gummi  und  Dextrin. 

Ganz  abweichende  Erscheinungen  ergeben  die  dnrchdring- 
baren  organisirlen  Substanzen.  Man  kann  die  Schichten  einer 
mit  Wasser  durchdrungenen  Caulerpamembran  durch  Biegen  und 
Falten  auseinander  ziehen  und  verkürzen,  so  dass  die  Differenz 
zwischen  den  beiden  Extremen  einer  Verlängerung  von  42  Proc. 
oder  einer  Verkürzung  von  30  Proc.  gleichkommt,  ohne  eine 
dem  Auge  bemerkbare  Aenderung  in  den  Interferenzfarben  her- 
vorzubringen,  während  beim  anisotrop  gewordenen  Glasfaden 
eine  Dilatation  von  0,001  (also  V,o  Proc.)  genügt,  um  die  Farbe 
merklich  zu  modificiren.  Verschiedene  Zellmembranen  verhalten 
sich  ganz  analog  wie  Caulerpa  und  man  muss  als  charakteristi- 
sches Merkmal  der  durchdringbaren  organisirten  Körper  anführen, 
dass  sie  verhälfnissmässig  ganz  enorme  mechanische  Verän- 
derungen erfahren  können,  ohne  dass  die  denselben  entspre- 
chenden optischen  Reactionen  eintreten.  Diese  Eigenthümlichkeil 
wird  nicht  etwa  durch  die  chemische  Natur  bedingt,  denn  Ver- 
bindungen ,  die  der  Cellulose  verwandt  sind  und  eine  analoge 
Zusammensetzung  haben,  wie  Gummi,  Dextrin,  Zucker  verhallen 
sich  wie  Glas  und  wie  die  Crystalle.  Ueberdem  ist  einleuch- 
tend, dass  bei  solchen  Erscheinungen  nur  die  physikahsche  Be- 
schallenheit  maassgebend  sein  kann. 

Wenn  man  eine  gerade  Zellmembran  bis  auf  einen  ge- 
wissen Grad  biegt  oder  eine  gebogene  Membran  gerade  streckt, 
so  kehrt  sie  in  ihre  frühere  Gestalt  und  Lage  zurück ;  sie  ist 
also  innerhalb  dieser  Grenzen  vollkonuncn  elastisch;  es  finden 
keine  dauernden  Verschiebungen  der  kleinsten  Theilchen  statt. 
Die  gebogene  Membran,  die  ursprünglich  gerade  war,  zeigt,  wie 
ich  eben  erwähnte,  die  gleichen  Interferenzfarben ;  nur  sind  jetzt 
die  einen  Aetherdichligkeilsaxen,  stall  unter  einander  parallel, 
wie  die  Krümmungshalbmesser  gestellt.  Es  beweist  diess,  dass 
innerhalb  der  Elaslicilätsgronzen  keine  andern  Verschiebungen 
der  optisch  wirksamen  Elemente  vorkonnnen,    als  dass  sie  eine 


Sägeti:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  geg.  pflanxl.  Organis.     311 

der  stallfindenden  Biegung  enlspiechende  äusserst  geringe  Dreh- 
ung erfuhren. 

Die  organisirlen  Körper  besitzen  also  eine  Elasticität,  welche 
zum  grössten  Theil  unabhängig  ist  von  der  Elaslicität  oder 
Aclherdichligknit  in  den  optisch  wirksamen  Elementen.  Wir 
konnten  eine  Meml)ran  iviiiisllich  ncuhbilden,  wenn  es  gelänge, 
unendlich  viele  kleine  Crystalle  mit  gleichlaufender  Axenstel- 
luno:  durch  elastische  aus  einer  isotrop  bleibenden  Substanz  be- 
stehi  nde  Bänder  oder  Charniere  zu  vereinigen.  Eine  solche 
Membran  könnte  man  biegen,  auseinander  ziehen  und  zusammen 
drücken,  ohne  ihre  Inlerferonzfarbe  zu  ändern  In  gleicher 
Weise  müssen  in  der  wirklichen  Membran  die  optisch  wirksamen 
Elemente  untereinander  frei  sein,  etwa  wie  die  Körner  in  einem 
Sandhaufen.  Denn,  wären  sie  in  irgend  einer  Weise  verbunden, 
etwa  wie  ein  Gefiige  von  Balken  oder  wie  die  Wände  der 
Bienenwaben,  so  würde  Druck  und  Zug  nolhwendig  die  optischen 
Eigenschaften  ändern. 

Die  optischen  Erscheinungen  führen  also  zu  dem  gleichen 
Schlüsse,  den  ich  bereits  früher  aus  andern  physikalischen  Er- 
scheinungen gezogen  habe  (Slärkekörner  p.  332).  Die  orga- 
nisirlen Substanzen  bestehen  aus  crystallinischen, 
doppelbrechend  en(aus  zahlreichen  Atomen  zusam  men- 
gesetzlen)  Molecülen,  die  lose  aber  in  bestimmter 
regelmässiger  Anordnung  nebeneinander  liegen.  Im 
befeuchteten  Zustande  ist,  in  Folge  überwiegender 
Anziehung,  jedes  mit  einer  Hülle  von  Wasser  um- 
geben; im  trockenen  Zustande  berühren  sie  sich 
gegenseitig.  In  der  organisirlen  Substanz  ist  dem- 
nach eine  doppelte  Cohäsion  vorhanden;  die  eine 
verbindet  die  Atome  zu  Molecülen,  in  gleicherweise 
wie  dieselben  sonst  zusammentreten,  um  einen  Cry- 
stall  zu  ])ilden;  die  andere  vereinigt  dieMolecüle. 
Bei  vollkommener  Trockeidicil  wirkt  die  letztere  ziendich  wie 
die  erstere;  die  organisirte  Substanz  ist  dann  spröde  und 
bricht  bei  geringer  Biegung;   sie   vermindert  auch  bei  mechani- 


312  Sitzvnt/  der  math.-i>htis.  Clas.se  votn  9.  Marx  1862. 

scher  Einwirkung  ihre  optischen  Eigenschaften.  Je  mehr  Wasser 
dagegen  der  iiDhibitionsfiihige  Körper  enthalt,  desto  weniger 
l)riichig  ist  er  (unter  üi)rigens  gleichen  Verhältnissen)  und  desto 
grössere  mechanische  Veränderungen  kann  er  erleiden,  ohne 
eine  Modification  in  seinen  ursprünglichen  doppeibrechenden 
Eigenschal'ten  zu  zeigen.  —  Eine  langgestreckte  ind)ibirle  Zelle 
oder  eine  Faser  biegt  sich,  indem  das  bewegliche  zwischen  den 
Molecülen  be(indlit;lie  Wasser  von  der  comprimirten  nach  der 
expandirten  Seite  hin  strömt.  Eine  andere  Veränderung  geht 
dabei  nicht  vor,  als  dass  die  Muleciile  hier  etwas  zusammen, 
dort  etwas  auseinander  rücken;  die  Spannung  des  Aethers  in 
denselben  bleibt  die  gleiche  und  demgemäss  auch  die  Inter- 
ferenzfarbe der  ganzen  Zelle  oder  Faser. 

Dieses  allgemeine  Resultat,  welches  aus  der  Anwendung 
des  Polarisationsapparates  auf  die  vegetabilischen  Elementartheile 
hervorgeht,  scheint  nn'r  vor  der  Hand  das  wichtigste  zu  sein, 
das  man  bei  dem  Standpunkte  der  optischen  und  physikalischen 
Physiologie  erlangen  kann.  In  seinem  Gefolge  kommen  vor- 
züglich zwei  Fragen,  deren  Beantwortung  weiteres  Licht  über 
die  Molecularbeschaffenheit  der  organisirten  Körper  zu  verbreiten 
versprechen:  1)  Wie  verhalten  sich  die  optischen  Eigenschaften 
bei  ungleichem  Gehalt  an  Imbibitionsflüssigkeit  ?  2)  Welche 
ursächlichen  Beziehungen  bestehen  zwischen  der  Stellung  der 
Aetherdichtigkeitsaxen  der  Molecüle  und  den  eingangserwähnten 
!r-tructurverhältnissen  (Schichtung  und  doppelle  Slreifung),  und 
womit  hängt  es  zusannnen,  dass  bei  den  einen  Elementartheilen  die 
Axe  der  grössten ,  bei  den  andern  die  der  kleinsten  Aelher- 
dichtigkcit  senkrecht  zur  Schichtung  gestellt  ist? 

Was  diese  letzlere  Frage  bctrifl'l,  so  gestehe  ich,  bis  jetzt 
nicht  mehr  als  einzelne  unsichere  Andeutungen  erlangt  zu  haben. 
Mit  Rücksicht  auf  die  erslere  dagegen  glaube  ich  als  allgemeines 
Resultat  aussprechen  zu  können,  dass  eine  organ  isirle  Sub- 
stanz, welche  Imbibitionsflüssigkeit  aufnimmt,  ihre 
doppeibrechenden  Eigenschaften  nie  vermehrt  son- 
dern in  der  Regel  in  stärkerm  Maasse  vermindert  als 


Nagelt:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  (/eff.p/taml.  Organis.      313 

es  die  Zunahme  des  Querschni  lls  bedingt.  Ich  schhesse 
daraus,  dass  das  zwischen  die  Molecüle  eintretende 
Wasser  zugleich  geringe  Lage-  und  Richtungs- 
Veriinderungen  derselben  hervorruft  Stärkekörner  und 
Zellinenibranen,  welche  durch  Säuren,  Alkalien,  Hilze  stärker 
aufquellen,  verlieren  mit  der  Volumeiizunahme  bald  vollständig 
ihre  doppelbrechenden  Eigenscliaften.  Diess  harmonirt  mit  der 
Annahme,  welche  ich  früher  aus  andern  Gründen  gcMnacht  habe, 
dass  wenn  eine  Substanz  in  einen  bleibenden  Zustand  stärkerer 
Quellung  übergeführt  wird,  diess  durch  ein  Zerfallen  der  Mo- 
lecüle geschehe.  Wenn  ein  Alolecül  in  eine  grössere  oder  ge- 
ringere Zahl  von  Stücken  sich  spaltet,  welche  durch  zwischen- 
eintretende  und  umhüllende  Flüssigkeit  von  einander  getrieben 
werden,  so  finden  natürlich  Richtungsveränderungen  statt,  und 
wenn  diese  sehr  beträchtlich  und  zahlreich  sind,  so  muss  auch 
das  anisotrope  ^'erlllögen  der  Substanz  vernichtet  werden. 

Brücke  hat  für  die  Muskelfasern  als  wahrscheinlich  aus- 
gesprochen, dass  die  Anisotropie  <lerselben  von  kleinen  festen 
Körpern  herrühre,  die  stärker  lichtbrechend  als  die  isotrope 
Grundsubslanz,  in  welcher  sie  eingebettet  liegen,  und  von  un- 
veränderlicher Grösse  und  Gestalt  seien;  er  nennt  sie  üisdia- 
klasten.  Im  Pflanzenreiche  kommen  (janz  ähnliche  Erscheinunoen 
vor  wie  sie  die  Muskelfasern  zeigen,  indem  z.  B.  die  Schichten 
einer  Zellmembran  abwechselnd  Interferenzfarben  geben  und  nicht, 
und  indem  man  selbst  einen  gleichen  Wechsel  zwischen  den 
Partieen  der  gleichen  Schicht  beobachtet.  Allein  die  chemische 
Analyse  und  die  Entwicklungsgeschichte  erlauben  nicht,  zwei 
verschiedene  Substanzen  zu  unterscheiden;  sondern  es  muss  an- 
genommen werden,  dass  die  ganze  Substanz  anisotrop  sei,  dass 
aber  die  optische  Reaction  mehr  oder  weniger  deutlich  hei'vor- 
treteje  nach  der  Grösse  und  regelmiissigen  Anoidnung  der  Molecüle. 
Eine  anfänglich  scheinbar  einfachbrecliende  Membranschicht  kann 
daher  bei  weilerer  Ausbildung  doppelbrechend  werden,  wenn  die 
Molecüle  sich  verarössern  und  der  Wassergehalt  abnimmt. 


314         Sitzung  der  math.- phys.  Classe  vom  8.  März  1862. 

2.  Sphaerocry stalle  in  Acetahularia. 

(Ilit'zu  eine  Tafel  ) 

Bei  der  Untcrsucluina  von  Acelabularia  niedilerranea  ver- 
mittelst des  Polarisatioiisniicroscops  ^vurdell  grosse  Körper  ent- 
deckt ,  welche  sich  durch  ihre  doppelbrecheiulen  Eigenschaflen 
auszeichneten  und  bei  genauerer  Beobachtinig-  sich  als  eine  bis- 
her bei  den  Pflanzen  noch  unbekunnle  Gattung  von  Elemeiitar- 
gebilden  auswiesen.  Ich  will  sie  ihrer  physikalischen  EigcMi- 
schaflen  wegen  als  Sphaerocrystalle  bezeichnen. 

Die  Pflanzen  waren  im  Jahre  1842  in  Neapel  gesanunelt 
worden,  hatten  S(!it  jener  Zeit  in  verdünntem  Weingeist 
gelegen  und  wurden  im  Miirz  1860  untersucht.  In  den  Strahlen 
des  Schirms,  in  der  Kuppel  und  in  den  warzenförmigen  Aus- 
wüchsen der  letztem  fanden  sich  die  genannten  Sphaerocrystalle 
bald  in  grösserer  bald  in  geringerer  Menge.  In  den  einen 
Pflanzen  zeigten  sie  sich  ziemlich  gleichmässig  vertheilt,  in  den 
andern  waren  sie  an  bestimmten  Sieben  angehäuft,  so  nament- 
lich in  dem  Innern,  die  Kuppel  umgebenden  Theile  des  Schirms 
oder  auch  in  einzelnen  Strahlen  desselben  (Fig.  1). 

Die  kleinsten  (bis  etwa  40  Mik.  grossen)  Sphaerocrystalle 
sind  genau  kugelig  (Fig.  1,  a) ;  die  grössern  stellen  Kugeln  dar, 
von  denen  ein  oder  mehrere  Stücke  abgeschnitten  wurden.  Be- 
sonders häufig  sieht  man  Kugeln,  denen  ein  oder  zwei  gegen- 
über liegende  Segmente  mangeln  (b,  c),  ferner  Halbkugeln  (d), 
Kugelsegmenle  und  Sektoren  (Fig.  3). 

Diese  verschiedenen  Formen  werden  sogleich  erklärt,  wenn 
man  die  Entwicklungsgeschichte  berücksichtigt.  Das  Wachslhum 
geschieht,  wie  die  Schichtung  zeigt,  durch  Auflagerung.  An- 
fänglich sind  die  Körper  kugelig;  sie  liegen  an  einer  Stelle  der 
Zellwand  an  und  werden  hier,  da  keine  Schichten  aufgelagert 
werden,  abgeplattet.  Desswegen  findet  man  so  viele  Kugeln 
von  initllerer  Grösse,  denen  ein  Segment  mangelt,  und  grössere 
von  Hist  halbkugeliger  Gestalt.  Die  Strahlen  des  Schirms  von 
Acetahularia,  in  denen  sie  hegen,  sind  rectanguläre  Prismen  und 


Mgeli:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  geg.  pflanzt.  Organis.      315 

auf  der  an  die  Kuppel  grenzenden  Seile  ziemlich  schmal.  Ein 
ursprünglich  kugelioor  Körper  slösst  daher  zuweilen  an  die  bei- 
den Seilenwände  der  Zelle  an  und  plallet  sich  an  zwei  gegen- 
überliegenden Stellen  ab  (Fig.  1,  c).  Liegt  er  in  einer  Kante, 
so  bekommt  er  zwei  ebene ,  unter  einem  rechten  Winkel  sich 
berührende  Flächen  und  gleicht  einem  Kugelsektor.  Ein  grosser 
Körper  kann  auch  an  3  Zeihvände  anstossen  und  auf  der  einen 
Seile  ziemlich  rechteckig  erscheinen  (Fig.  1,  e).  So  richtet  sich 
also  die  Form  immer  nach  dem  Zellenlumen.  Der  Radius  er- 
reicht bis  auf  200  Mik. 

Es  kommen  auch  zusammengesetzte  Körper  vor;  diess  sind 
aus  2  und  3  Theilkörpern  bestehende  ZwilHnge  und  Drillinge 
(Fig.  2),  zuweilen  aus  mehrern  zusaminengesetzlc,  traiibenförmige 
Anhäufungen  (Fig.  l,  f).  Die  Tlieilkörper  haben  je  die  Gestalt, 
welche  Kugeln  durch  gegenseitige  Abplattung  oder  noch  eher  durch 
Abschneiden  von  Segmenten  und  Aufeinanderpassen  erhalten. 

Durch  Zerreissen  der  Zollen  können  die  Sphaerocrystalle 
frei  gemacht  werden.  Im  unveränderten  Zustande,  d.  h.  wie 
sie  in  den  Weingeiste.xemplaren  vorkommen  oder  wenn  der 
Kalk  durch  verdünnte  Salzsäure  ausgezogen  wurde,  erscheinen 
sie  fast  wie  Oeltropfen  oder  Stärkekörner,  doch  mit  etwas  mehr 
glasartigem  Aussehen.  Zuweilen  zeigen  sie  undeutliche,  oft  aber 
sehr  deutliche  Schichtung.  Die  Schichten  haben  einen  sehr 
regelmässigen  und  genau  concenlrischen ,  mit  der  Oberfläche 
parallelen  Verlauf.  Das  Schichtencentrum  liegt  in  Avw  kleinen 
kugeligen  Körpern  im  malhematischen  Mittelpunkt.  In  den 
grössern  Kugeln,  denen  ein  oder  mehrere  Abschnitte  fehlen, 
hat  es  dem  entsprechend  eine  scheinbar  excentrische  Lage 
(Fig.  1,  c,  e);  an  solchen  Körpern  sind  nur  die  innersten 
Schichten  vollständig  kreisförmig  (resp.  hohlkugelig),  die  äussern 
sind  unvollsländig.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  den  Theilkörnern 
eines  zusammengesetzten  Korns  (Fig.  2). 

Dieser  Schichtcnverlauf  beweist,  da.ss,  die  Sphaerocrystalle 
durch  Auflagerinig  an  der  Oberfläche  sich  vergrössern  So  lange 
sie  frei   liegen,    wachsen    sie   überall;    sie  haben  eine  kugelige 


316  Sitzvnif  der  math.   phys.  Classe  vom  8.  März  1S62. 

Gestalt  und  bcstolicn  aus  holilkugelfürini^en  Schichten.  So  wie 
sie  aber  an  die  Zellwand  oder  aneinander  anslossen,  so  hört 
die  Auflagerung  an  dieser  Stelle  auf;  es  bilden  sich  lorlan  bloss 
unvollständige  Schichten  und  es  entsteht  eine  Abplattung.  — 
Ein  wichtiger  Grund  für  die  Annahme,  dass  die  Stärkekörner 
durch  Iiilussusception  wachsen,  wurde  in  dem  Verlauf  der 
Schichten  in  den  Theilkörnern  gefunden  (Stiirkekömer  p.  222); 
dort  liegt  das  Schichtencenlrum  bei  den  ceiitrisch-geschichteten 
Formen  in  der  Mille  des  Theilkorns,  bei  den  excentrisch- ge- 
schichteten Formen  auf  der  äussern,  den  übrigen  Theilkörnern 
abgewendeten  Seile,  und  es  rückt  um  so  mehr  nach  aussen,  je 
grösser  das  Theilkorn  wird.  Die  Sphaerocrystaile  verhallen  sicii 
gerade  umgekehrt;  das  Schichtencenlrum  Ist  dem  andern  Theil- 
korn genähert  und  es  enifernt  sich  um  so  mehr  von  der  Ober- 
fläche, je  länger  das  Wachbthum  dauert  ^Fig.  3).  —  Wenn  sich 
zwischen  zwei  Theilkörnern  ein  einspringender  Winkel  befindet, 
so  ist  die  trennende  Linie  zwischen  denselben  forlwäiu'end  deutlich. 
Wird  dieser  Winkel  äusserst  stumpf,  so  erscheinen  die  später 
sich  auflagernden  Schichten  dort  nicht  unterbrochen  und  die 
Theilkörner  sind  von  gemeinsamen  Schichten  umschlossen. 

Die  Schichten  sind  in  der  Reoel  vollkonnnen  o;lati  wie 
Kreislinien  (Fig.  1,  2,  3),  seltener  etwas  verbogen  (Fig.  4). 
Sie  erscheinen  als  helle  Streifen,  welche  meist  in  genau  glei- 
chen Absländen  voneinander  entfernt  sind.  In  den  einen  Sphaero- 
crystallen  gehen  10,  in  den  andern  bloss  5  Schichten  auf 
25  iMik.  —  Ausser  der  concentrischen  Schichtung  beobachtet 
man  häufig  radiale  Slreifung,  welche  das  nämliclie  Aussehen 
zeigt,  nur  etwas  zarler  und  umicutlicher  ist.  Dadurch  zerfällt 
die  Substanz  in  Maschen  von  mehr  oder  weniger  quadratischer 
Form,  wobei  die  radialen  Streifen  in  (Um  successiven  concen- 
trischen Zonen  häufig  nicht  aufeinandertreffen  (Fig.  6,  wo  a-a 
die  Richtung  des  Radius,  b-b  der  Tangente  bezeichnet). 

Diess  ist  die  regelmässige  Bildung.  Ausserdem  wurden  an 
Splittern,  vielleicht  durch  Druck  hervorgebracht,  folgende  Ab- 
weichungen   beobachtet :     1)    Die    concentrischen   Streifen    sind 


Nägeli:  Verhallen  d.  polar.  Licht,  geg.  pflanzt.  Organis.      317 

zickzackförmig  und  das  Netz  besieht  aus  ziemlich  regelmässigen 
sechseckigen  Maschen.  2)  Die  Maschen  sind  in  radialer  Rich- 
tung zu  Rhomben  verlängert  und  die  concentrische  Streifung  ist 
etwas  weniger  deuthch  als  die  radiale.  3)  Die  Maschen  sind  in 
der  Richtung  des  Radius  sehr  stark  verlängert;  von  den  con- 
centrischen  Schichten  ist  nichts  mehr  zu  sehen.  4)  Die  radialen 
Streifen  laufen  regelmässig  oder  unregelmässig  parallel  und  sind 
meistens  mehr  oder  weniger  geschlängelt. 

Wenn  man  den  Focus  auf  die  Oberfläche  einstellt,  so  zeigt 
dieselbe  ein  poröses  Aussehen.  Man  bemerkt  zahlreiche  kleine 
rölhliche  Punkte  in  gedrängter  Stellung  und  regelmässiger  oder 
unregelmässiger  Anordnung.  Auch  tiefere  Einsteilungen  scheinen 
das  Nämliche  zu  zeigen,  als  ob  feine  radiale  Kanälchen  (zwi- 
schen den  radialen  Streifen)  die  Substanz  durchzögen. 

Die  geschichtete  Structur  der  Sphaerocryslalle  ist  derjenigen 
der  Stärkekörner  und  der  Zellmembranen  sehr  ähnhch  und  legt 
die  Vermuthung  nahe ,  dass  man  es  mit  einer  von  Wasser 
durchdrungenen  Substanz  zu  thun  habe,  welche  abwechselnde 
dichtere  und  weichere  Schiehlen  bilde.  Das  Verhalten  beim 
Austrocknen  und  Wiederbefeuchten  beweist  indess,  dass  sie 
nicht  imbibitionsfähig  wie  organisirte  Körper,  wohl  aber  porös  wie 
Tufstein  sind.  Lässt  man  sie  austrocknen  (bei  gewöhnlicher 
Temperatur  oder  bei  100"),  so  behalten  sie  genau  die  gleiche 
Grösse  und  Gestalt.  Dagegen  werden  sie  dunkel,  indem  alle 
ihre  kleinen  Maschen  sich  uiit  Lull  füllen  und  sind  alsdann 
sowohl  bei  auffallendem  als  bei  durchfallendem  Lichte  einer 
Luftblase  nicht  unähnlich.  Die  Schichtung  und  radiale  Streifung 
werden  in  dem  dunkeln  Körper  oft  noch  deuthch  gesehen  und 
zuweilen  treten  sie  sogar  viel  markirter  hervor  als  früiier.  Ganz 
anders  verhalten  sich  bekanntlich  die  Slärkekörner;  beim  Aus- 
trocknen ziehen  sie  sich  zusanunen,  ihre  Schichtung  verschwin- 
det und  ihre  Substanz  erscheint  hell  und  weisslich.  —  Bringt 
man  trockene  Sphaerocryslalle  in  Wasser  oder  ätherisches  Oel, 
so  werden  sie  plötzlich  von  demselben  durchdrungen,  indem  sie 
wieder  sowohl  ihre  Gestalt  als  ihre  Grösse  behalten.  In  Citro- 
[imi.  i]  22 


318  SiHuntf  der  math.  -  pfips.  Classe  vom  8.  März  i869. 

iienol  erscheinen  sie  sehr  durchsichtig  und  fast  homogen,  — 
Dass  die  Structur  der  Sphaerocrystalle  im  trockenen  Zustande 
am  grellsten  hervortritt,  im  Wasser  zarter  aber  bestimmter 
und  im  ätherischen  Oel  undeutlich  wird,  ergibt  sich  als  natür- 
liche Foloe  aus  dem  verschiedenen  Lichtbrechungsvermögen  zwi- 
schen ihrer  Masse  und  dem  eingedrungenen  Medium. 

Was  die  chemische  Zusammensetzung  der  Sphaerocrystalle 
betrifft,  so  kann  ich  bloss  sagen,  dass  sie  aus  einer  organischen 
Verbindung  bestehen,  da  sie  bei  erhöhter  Temperatur  verkohlen. 
Im  Uebrigen  aber  zeigt  die  niicroscopische  Chemie  auch  hier 
nur  an,  was  sie  Alles  nicht  sein  können,  nicht  aber  was  sie 
wirklich  sind.  Die  Körper  werden  durch  kochenden  Alkohol 
und  kochenden  Aether  nicht  aufgelöst,  noch  überhaupt  verändert; 
ebenfalls  nicht  durch  Essigsäure.  Sie  verschwinden  in  Schwefel- 
säure, Salpetersäure  und  in  verdünnter  Aelzkalilösung,  wobei  sie 
zuerst  in  eine  homogene  gallertartige  Masse  zerfliessen.  In  Salz- 
säure werden  sie  erst  nach  einiger  Zeit  aufgelöst.  Wenn  man 
sie  in  Wasser,  das  mit  Salzsäure  angesäuert  wurde,  einige  Tage 
liegen  lässt,  so  wird  die  Schichtung  zuerst  deutlicher  und  nach- 
her verschwinden  sie  ebenfalls. 

Das  Verhallen  zu  Jod  ist  in  der  microscopischen  Chemie 
ein  sehr  wichtiges  Merkmal.  Es  bezieht  sich  aber  nur  auf  im- 
bibitionsfähige  Substanzen,  welche  mit  dem  zwischen  ihre  Mole- 
cüle  eingelagerten  Jod  eigenthümliche  Färbungen  zeigen.  Die 
Erscheinungen,  wc^lche  die  Sphaerocrystalle  darbieten,  weichen 
von  den  bisher  bekannten  ab,  sind  aber  solche,  wie  man  sie  von 
einem  porösen  nicht  imbibilionsfähigen  Körper  erwarten  konnte. 
Uebergiesst  man  die  von  Wasser  duichdrnngencn  Körper  mit 
Jodtinctur  oder  mit  Jodkaliumjodlösung,  so  bleiben  sie  darin  voll- 
kommen ungefärbt ;  bei  längerem  Liegen  nehmen  sie  eine  gelb- 
liche Farbe  an ,  indem  die  Lösung  durch  Diffusion  eindringt. 
Bringt  man  dagegen  trockene  Sphaerocrystalle  in  Jodtinctur,  so 
nehmen  sie  genau  die  Farbe  derselben  an,  und  zeigen  sich, 
wenn  man  sie  mit  einem  farblosen  Medium  umgibt ,  durch  und 
durch  intensiv  rolhbraun.     Alkohol  zieht  die  Jodtinctur  ziemlich 


Hägeli:  Verhalten  d.  polar.  Licht,  geg.  pflatizl.  Organls.      319 

rasch  aus;  die  Entfärbung  beginnt  am  Umfange  und  schreitet 
nach  innen  hin  fort ,  woraus  hervorgeht  dass  der  ganze  Körper 
mit  Jodtinclur  durchdrungen  war.  Wenn  man  Jod  und  Schwe- 
felsäure gleichzeitig  einwirken  lässt,  so  zerfliesst  der  Sphaero- 
crystall,  bevor  er  aufgelöst  wird,  zu  einer  fiublosen  gallertartigen 
Masse,  als  ob  das  Jod  nicht  vorhanden  wäre.  Auf  gleiche 
Weise  verhalten  sich  auch  die  von  Jodtinctur  durchdrungenen 
Körper,  die  man  mit  Schwefelsäure  zusammen  bringt.  Daraus 
geht  hervor,  dass  die  Jodlösung  nur  in  die  Poren  eindringt, 
nicht  aber  die  Substanz  selbst  färbt.  Es  ist  überflüssig  hinzu- 
zufügen ,  dass  Uebergiessen  mit  Jodtinclur  oder  mit  Jodkalium- 
jodlösung, Eintrocknenlassen  und  Wiederbefeuchten  keine  neuen 
Erscheinungen  hervorruft. 

Das  Verhalten  zu  Jod  lässt  sich  demnach  so  zusammen- 
fassen, dass  die  Sphaerocrystalle  nur  durch  die  in  die  Poren 
eindringende  Lösung  aefärbt  werden  und  den  unveränderten 
Farbenton  der  letztern  wiedergeben. 

Die  Substanz  der  Sphaerocrystalle  ist  sehr  brüchig.  Schon  das 
Auflegen  eines  dünnen  Deckgläschens  reicht  hin,  um  sie  in  Stücke 
zu  brechen,  wobei  sich  theils  radiale  theils  tangentiale  (mit  den 
Schichten  parallele)  Risse  bilden.  Die  Bruchflächen  zeigen  häufig 
aus-  und  einspringende  scharfe  mehr  oder  weniger  rechtwinklige 
Kanten.  Bei  fortgesetztem  Druck  geht  die  Zerklüftung  und 
Zerspaltung  innner  weiter,  bis  die  Masse  in  kleine  Körperchen 
zerfallen  ist,  welche  bald  eine  regelmässige  (kurz -stäbchen- 
förmige oder  rechteckige)  bald  eine  unregelmässige  Form  haben. 

Unter  dem  Polarisationsmicroscop  zeigen  die  kugeligen  und 
die  auf  ihrer  flachen  Seite  liegenden  Halbkugeln  ein  schwarzes 
orthogonales  Kreuz  und  4  durch  Interferenzfarben  erhellte  Qua- 
dranten wie  eine  geschmolzene  und  rasch  abgekühlte  Glaskugel 
oder  ein  Slärkekorn.  Wird  ein  Gypsplältchen  (z.  B.  Roth  erster 
Ordnung)  eingescholten,  so  findet  die  Erniedrigung  und  die  Er- 
höhung der  Interferenzfarben  in  den  nämlichen  Oiwdrantcn  statt, 
wie  diess  beim  Stärkekorn  der  Fall  ist  (Fig.  1,  d).  Die  Ab- 
schnitlo   und  Ausschnitte    von   Kugeln    verhalten   sich   wie  die 

22* 


320         Sitzung  der  vmth.-phys.  Classe  vom  8.  März  1862. 

Theile  von  Kugeln,  die  in  gleicher  Lage  sich  befinden.  -  Das 
Kreuz  durchbricht  die  Schichten  rechtwinklig  und  seine  Mitte 
trifft  mit  dem  Schichlencentruni  zusammen.  Von  den  Schwin- 
gungsebenen geht  also  die  eine  parallel  der  Tangente,  die  an- 
dern zwei  parallel  dem  Radius,  und  die  Axe  der  geringsten 
Aetherdichligkeit  (oder  der  grössten  Aetherelasticität)  ist  radial 
gestellt.  Es  bleibt  fraghch,  ob  die  concentrischen  und  die  ra- 
dialen Streifen  die  gleiche  optische  Wirkung  äussern,  oder  ob 
bei  entgegengesetztem  Verhalten  der  Ausschlag  von  den  einen 
oder  andern  gegeben  werde '. 

Zuweilen  gelingt  es  bei  vorsichtigem  Zerdrücken  der  Sphae- 
rocrystalle  Stücke  in  Gestalt  von  Kugelausschnitten  zu  erhalten. 
Wenn  man  ein  solches  Stück  unter  dem  Polarisalionsmicroscop 
senkrecht  stellt,  so  dass  also  der  Radius  mit  den  durchgehenden 
Strahlen  parallel  läuft,  und  die  beiden  zur  Tangentialebene  der 
concentrischen  Schichten  rechtwinkligen  Schwingungsebenen  wirk- 
sam werden,  so  hat  man  ein  orthogonales  Kreuz  und  4  erhellte 
Quadranten.  Rei  Anwendung  eines  Gypsplättchens  ist  die  Ver- 
theilunff  der  Additions-  und  Subtractionsfarben  die  nämliche  wie 
an  der  ganzen  Kugel.  Es  ist  demnach  möglich,  dass  die  optisch 
wirksamen  Elemente,  aus  denen  die  Sphaerocrystalle  bestehen, 
einaxig  und  zwar  positiv  sind,  wobei  die  optische  Axe  radial 
gestellt  wäre.  Der  Kugelsektor  gibt  in  der  Mitte,  wo  der  Ra- 
dius senkrecht  steht  und  die  Schichten  horizontal  liegen,  keine 
Farben.  Die  Interferenzfarben  in  den  Quadranten  rühren  von 
der  schiefen  Stellung  her,    welche  hier  die  Schichtung  hat;    sie 


(7)  Es  ist  nämlich  zu  beaclilon,  dass  die  Spliaerocrjslalle  sich  rück- 
siciitlich  ihres  Baues  ^auz  aiulcis  vorhalten  als  die  Stärkeköriier  und 
Zellnicuibranen  Bei  den  letztem  ist  es  nur  die  Abstraktion,  welche 
zwischen  Schichtung  und  den  beiden  Streifens^stenien  unterscheidet,  in- 
dem die  Schichtung  sowie  jedes  Streifensjsteni  liir  sich  die  ganze  Sub- 
stanz in  Anspruch  nimmt.  Bei  den  erstem  herrscht  zwischen  den  con- 
centrischen und  den  radialen  Streifen  eine  materielle  Verschiedenheit; 
nur  an  den  Kreuzungsstellen  bestehen  sie  aus  gemeinsamer  Substanz. 


'Säyeli :  Verhalten  d   polar.  Licht,  yet/.  pflantl.  Oryanis.      321 

sind  bclrächllicli  weniger  intensiv  als  z.  B.  in  einer  Halbkugel, 
wo  die  Schicliten  zum  Theil  mit  den  durchgehenden  Lichtstrahlen 
parallel  laufen.  —  Doch  l)Ieibt,  wie  bei  kugeligen  Zellen  und 
Stärkekörnorn  immer  auch  die  Möglichkeit,  dass  die  Elemente 
der  Sphaerocrystalle  zweiaxig  sind,  und  dass  sie  rücksiciillich 
ihrer  tangentialen  Dichtigkeitsaxen  um  jeden  Punkt  der  Kugel- 
oberfliiche  eine  symmetiische  Lage  haben. 

Zum  Schlüsse  füge  ich  noch  zwei  Bemerkungen  bei ,  eine 
über  die  chemische  Zusannnenselznng  und  eine  über  das  cry- 
stallinische  Gefüge  der  Sphaerocrystalle  von  Acetabularia.  Was 
den  ersten  Punkt  betrifft,  so  wird  der  einzig  sichere  Aufschluss 
durch  die  macrochemische  Untersuchung  wohl  nie  erhältlich  sein, 
da  diese  microscopischen  Körper  nur  in  geringer  Menge  vor- 
konnncn  und  beim  Zerreissen  der  Zellen  nur  Iheilweise  mit  viel 
andern!  Zelleninhalte  frei  werden.  Es  ist  nicht  wahrscheinlich, 
dass  sie  aus  einem  unlöslichen  Kohlenhydrat  oder  einem  Protein- 
stoffe bestehen,  da  diese  nur  im  imbibitionsfahigen  (nicht  im 
crystallinischen)  Zustande  bekannt  sind.  Die  Reaction  auf  Al- 
kohol und  Aether  schliesst  die  Möglichkeit  aus ,  dass  sie  der 
Gruppe  von  Fetten  und  Wachsen  angehören.  Sie  dürften  daher 
aus  einem  jener  nicht  wenig  zahlreichen  Stoffe  bestehen,  deren 
microchemische  Eigenschaften  noch  so  gut  als  unbekannt  sind. 

Mit  Rücksicht  auf  das  crystallinische  Gefüge  scheint  aus 
der  microscopischen  Untersuchung  hervorzugehen ,  dass  die 
Sphaerocrystalle  aus  winzigen  höchstens  1  Mik.  (0,001  M.  M.) 
dicken  Nadeln  oder  Stäbchen  zusammengesetzt  sind ,  welche 
theifs  eine  radiale  theils  eine  zum  Radius  rechtwinklige  Stellung 
haben  und  welche,  wie  Balken  zu  einem  Bau  vereinigt,  eine 
sehr  poröse  Masse  bilden.  Es  ist  nicht  sicher,  ob  dieses  Ge- 
füge schon  mit  dem  ersten  Entstehen  einer  Schicht  an  der 
Oberfläche  im  fertigen  Zustande  auftritt,  oder  ob  es  durch  eine 
nachträgliche  Crystallisation  im  Innern  seine  Vollendung  erhält. 
Letzteres  dürfte  desswegen  wahrscheinlich  sein,  weil  kleinere 
Kugeln  in  der  Regel  die  concentrische  und  radiale  Streifung 
weniger  deutUch  zeigen  als  grössere  und  somit  ältere. 


322  Sitzuug  der  »uitli.-p/ips.  Classe  vom  8.  Marx  1862. 

3.  DoppcWrccIicnde  Kugeln  in  der  Schale  des  Apfels. 
(Fi??.  7  und  8.) 

Bei  der  Unlersuchuiig  der  Epidermis  einer  Apfelsorte  im 
April  ISGO  zeigte  das  pol.irisirle  Licht  die  Anwesenheit  von 
doppelbrechenden  Kiigehj  an  (i'ig.  7,  a).  Es  sind  meist  genau 
kreisrunde  Körper  von  9  —  13  Mik.  Durchmesser,  die  ähnhch 
wie  Oeltroplen  und  Slärkekörner  aussehen.  Von  Oellropfen,  die 
daneben  in  der  Epidermis  sich  befinden  (Fig.  7,  b),  sind  sie 
kaum  zu  unterscheiden.  Sie  brechen  jedoch  das  Licht  etwas 
weniger,  und  wenn  sie  ganz  von  Oel  umschlossen  sind,  so  er- 
scheinen sie  fast  wie  ein  Hohlraum, 

Wenn  man  Alkohol  auf  das  Priiparat  einwirken  liisst,  so 
werden  die  Kugeln  grösser,  bis  auf  das  Doppelte  ihres  ursprüng- 
lichen Durchmessers  und  mehr,  und  verschwinden  hernach.  Lässt 
man  zu  einem  Präparat  verdünnte  Aetzkalilösung  zutreten,  so  kann 
man  ihr  Fortschreiten  leicht  aus  der  Färbung  der  Zellen  erken- 
nen; man  sieht  nun,  dass  die  Körper  verschwinden,  so  wie  sie 
in  die  Zelle  eindringt.  Salzsäure  löst  dieselben  nicht  auf,  färbt  sie 
aber  nach  einiger  Zeit  bräunlich-gelb;  auch  die  Oeltropfen  neh- 
men die  gleiche  Färbung  an.  Aus  diesen  Erscheinungen  glaubte 
ich  während  der  Untersuchung  entncjhmen  zu  können ,  dass  die 
Kugeln  aus  einem  Fette  bestehen,  und  es  wurden  keine  weiteren 
Reactionen  voigenomnien.  Diess  ist  mir  seither  zweifelhaft  ge- 
worden, aber  die  Gelegenheit,  die  Untersuchung  zu  vervollstän- 
digen, mangelte. 

Aul  dem  schwarzen  Gesichtsfelde  des  Polarisationsmicro- 
scops  zeigen  die  Kugeln  ein  schwarzes  Kreuz  und  4  weisse 
Quadranten.  Wird  ein  Gypsplättchen ,  das  Roth  der  ersten 
Ordnung  gibt,  eingelegt,  so  erscheinen  2  Quadranten  gelb  oder 
gelbweiss,  und  2  blau  oder  bläuHchgrün ;  aber  die  Stellung  der 
Additions  -  und  Subtraktionsfarben  verhall  sich  umgekehrt  wie 
beim  Slärkekoin  und  bei  den  Sphaerocrystallen  von  Acetabularia. 
Die  Axo   der   grössten  Aetherdichtigkeit   hat   daher  eine  radiale 


Näf/eli:  Verhalten  d   polar.  Licht,  geg    j/flumt.  Organis.      323 

Stellung.  Wenn  die  Kugeln  durch  die  Einwirkung  von  Alkohol 
sich  vergrössern,  so  vermindert  sich  ihre  doppelbrechende  Kraft 
und  geht  zuletzt  verloren.  Die  bUiulichgrüncn  Additionsquadranten 
werden  blau,  indigo,  violett  und  endlich,  wenn  der  Körper  sich 
fast  auf  das  Doppelte  seines  Durchmessers  ausgedehnt  hat,  roth. 
Die  durch  Salzsäure  bräuidichgelb  gefiirbten  Kugeln  erweisen  sich 
anfänglich  noch  als  doppelbrechend  aber  in  vermindertem  Grade; 
die  Interferenzfarbeii  sind  natürlich  modificirt  durch  die  Farbe 
des  Körpers.  Zwei  Oti'idranten  erscliein(^n  schnuilzig  orange 
(bräunlichgelb  und  orange) ,  zwei  fast  schwarz  (bräunlichgelb 
und  violett).  Nachher  verschwindet  auch  hier  die  doppelbre- 
chende Kraft.  —  Wenn  man  das  Präparat  einmal  eintrocknen 
lässt  und  nachher  wieder  befeuchtet,  so  wirken  nur  noch  wenige 
Kugeln  undeutlich  auf  das  polarisirte  Licht  Das  Gleiche  ist  der 
Fall,  wenn  man  ein  Präparat  mehrere  Stunden  mit  Wasser  befeuchtet 
stehen  lässt. 

Die  beschriebenen  anisotropen  Kugeln  wurden  nur  bei  einer 
Aepfelsorte  und  nur  bei  einzelnen  Früchten  gefunden.  Es  gab 
Stellen,  wo  fast  alle  Zellen  je  einen  derselben,  entweder  zu- 
gleich mit  fettem  Oel  oder  ohne  solches,  enthielten  ;  Zellen  mit 
zwei  oder  mehreren  dieser  Körper  wurden  nicht  beobachtet. 
An  andern  Stellen  befand  sich  einer  nur  je  in  der  zweiten  bis 
vierten  Zelle;  und  noch  andere  Partieen  zeigten  sie  sehr 
spärlich. 

Die  mitgetheilten  Beobachtungen  lassen  die  Frage  über  den 
innern  Bau  der  doppelbrechenden  Kugeln  im  Apfel  noch  unent- 
schieden; doch  spricht  die  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dass  es 
Sphaerocrystalle  wie  in  Acetabularia  sind,  d.  h.  nicht  imbibilions- 
fähige  Körper  von  crystallinischem  Geliige  und  mit  radial  und 
tangential  gestellten  x\etherdichtigkeilsaxen. 

Erkläriin  g  der  Tafel. 

1  —  6.  Sphaerocrystalle  von  Acetabularia  mediterranea. 
1  (100).     Ein    Theil    des   Schirms    neben    der   Kuppel  mit 
Sphaerocrystallen.  a  Kugeln,  b,  c  Kugeln,  denen  Segmente  fehlen. 


324         Sitzutii/  der  historischen  Classe  vom  14.  März  1S69. 

e  Körper,  deren  Kiiorolflache  nur  auf  einer  Seile  ausgebildet  ist. 
f  zusammengesetzte  Körper,  d  Sphaerocrystalie  unter  dem  Po- 
larisationsniicroscop  auf  einem  Gypspliiltchen  Roth  I  liegend. 

2  (180).  Aus  3  Spliaerocrystallen  zusammengesetzter 
Körper. 

3  (200).  Sphaerocrystall  von  der  Gestalt  eines  Kugel- 
seklors. 

4  (2000).  Kleiner  Sphaerocrystall  mit  sehr  zarten  radialen 
Streifen. 

5  (370).     Bruchstück  eines  grössern  Sphaerocrystalls. 

6  (1000).  Kleine  Partie  aus  einem  trockenen  Sphaerocrystall; 
die  in  Fig.  1—5  gezeichneten  liegen  in  Wasser,  a-a  Richtung 
der  radialen,  b-b  der  concentrischen  Streifen. 

7,  8  (500)  Doppelbrechende  Kugeln  aus  der  Epidermis 
des  Apfels,  a  in  Fig.  7.  (b-b  sind  Oeltropfen).  In  Fig.  8  liegen 
sie  im  Polarisationsmicroscop  auf  einem  Gypspliittchen  Roth  l. 


Historische  Classe. 

Sitzung  vom  14.  März  1862. 


Herr  von  .A retin  machte  eine  Mittheilmig  über  eine  neu 
aufgefundene  gestickte  bischöfliche  Infula  aus  dem  12.  Jahrhun- 
derle, welche,  das  Martyrium  des  heil.  Thomas,  Erzbischof  von 
Canterbury  darstellend,  von  geschichlHcher  Bedeutung  ist. 


Oe/f entliehe  Sitzung  votii  28.  März  i862.  325 

Oeffentliche  Sitzung  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften 
zur  Feier  ihres  103.  Stiftiingstages 

am  "28    März  1802. 


Der  Präsident  der  Akademie  Frhr.  von  Liehig  eröffnete 
die  Sitzung  durch  folgende  Ansprache: 

An  dern  Jahrestage  der  Stiftung  unserer  Akademie,  heute 
dem  103.,  geziemt  es  sich  vor  Allem,  unserm  erleuchteten 
Könige  den  ehrerbietigsten  Dank  darzubringen  für  die  huldvolle 
Vermehrung  der  Dotation  unserer  Akademie  und  damit  der  Ge- 
währung neuer  Mittel,  die  im  Geiste  ihres  Gründers  verwendet, 
dazu  dienen  sollen,  die  Zwecke  ihrer  Stiftung  zu  fördern  und 
zu  erweitern. 

Seine  Majestät  der  König  haben  ferner  die  Gründung  eines 
neuen  akadennschen  Institutes,  für  Pflanzenphysiologie,  zu  ge- 
nehmigen geiuhl,  welches  die  besondere  Aufgabe  hat,  die  Vor- 
gänge der  Entwicklung  der  Culturgewächse,  welche  Gegenstände 
des  Feldbaues  sind  ,  in  besonderer  Beziehung  auf  die  Produkte, 
welche  der  Landwirth  zu  erzielen  strebt,  einer  experimentalen 
wissenschaftlichen  Untersuchung  zu  unterwerfen.  Die  Macht  des 
Landwirths  über  sein  Feld,  die  Sicherheit  seiner  Erträge,  die 
Höhe  und  Dauer  derselben ,  sind  abhängig  von  der  Bekannt- 
schaft mit  den  wirkenden  Ursachen  im  Felde;  man  beherrscht 
die  Natur  nur  dann,  wenn  man  ihren  Gesetzen  gehorcht,  und 
die  Kenntniss  dieser  Ursachen  und  Gesetze  kann  nur  durch  die 
strengen  Forschungsmethoden  der  Wissenschaft  erworben  wer- 
den; was  in  der  Theorie  Grundsatz,  Wirkung  und  Ursache 
heisst,  soll  in  der  Praxis  Regel,  Ziel  oder  Mittel  werden. 

Der  Landwirth  nmss,  um  seiner  Aufgabe  zu  genügen,  zum 
vollen  Bewusstsein  seines  Thuns  gelangen  ;  unser  neues  pflan- 
zenphysiologisches Institut  soll  dem  Landwirth  Hilfe  leisten  und 
alle  Fragen  auf  sich  nehmen,    die  dieser  sich  selbst  nicht  be- 


326  Oeffenlliche  Sitzung  vom  28.  März  i862. 

antworten  kann.  Schon  im  Laufe  des  verflossenen  Jahres  hat 
der  berühmte  Conservator  unseres  botanischen  Gartens  Herr 
Professor  Dr.  Nägcli,  welchem  die  Leitung  dieses  Instituts 
übertragen  ist,  unter  der  thiitigen  und  geschickten  Mitwirkung 
des  Adjunkten  Hrn.  Dr.  Zöller  bewunderungswürdige  Erfolge 
erzielt  in  Beziehung  auf  die  Form,  welche  die  Nahrstotle  in  der 
Erde  besitzen  müssen,  um  ernährungsfähig  zu  sein;  es  dürfte 
genüiren,  hier  zu  erwithnen,  dass  es  ihnen  gelungen  ist.  Pflanzen 
in  ffewöhnlichem  unfruchtbaren  Torfpulver  durch  die  Beigabe 
ihrer  Aschenbestandtheile  in  der  richtigen  Form,  also  ohne  alle 
Mitwirkung  von  lliierischen  Excrementen  oder  Mist,  welchen  der 
Landwirlh  gewohnt  ist,  für  ganz  unentbehrlich  zu  halten,  in  der 
üppigsten  Weise  gedeihen  zu  machen,  und  von  Bohnen-Pflanzen 
z.  B.  den  26  fachen  Ertrag  an  Samen,  demnach  viel  mehr  noch 
als  vom  fruchtbarsten  Gartenboden  abzugewinnen.  Weitere  Ver- 
suche ähnlicher  Art  sind  bereits  für  das  laufende  Jahr  in  An- 
griff genommen,  und  ich  hege  nieht  den  geringsten  Zweifel, 
dass  die  Besultate  derselben  nicht  allein  zur  Hinwegräumung 
mancher  Vorurlheile,  sondern  auch  zur  Verbesserung  des  land- 
wirlhschaftlichen  Betriebes,  zur  richtigen  Behandlung  der  Felder 
und  zur  Erzielung  eines  dem  Boden  entsprechenden  Maximal- 
erlragos  an  Früchten  Tühren  werden.  Es  sind  diess  wenigstens 
die  Aufgaben  unseres  Institutes,  die  ich  in  der  gegenwärtigen 
Zeit  zu  den  allerwichtigsten  und  bedeutungsvollsten  zähle,  welche 
die  Wissenschaft  überhaupt  zu  lösen  hat. 


Hierauf  Ihat  der  Sccretär  der  mafh.-phys.  Classe,  Herr  von 
Marti  US,  Ehrenerwähnung  der  jüngst  verstorbenen  Mitglieder 
dieser  Classe: 

Seit  der  letzten  feierlichen  Sitzung  hat  die  Akademie  aus 
dem  Kreise  der  math.-phys.  Classe  vier  Milglicdor  scheiden 
sehen,  zwei  hier  residirende  und  zwei  auswärtige. 


Oeffentliche  Sil%ung  vom  28.  März  1868  327 

Andreas  Wagner,  der  gründliche  vielseitig  gelehrte  Zoo- 
loge und  Paläontologe,  der  nur  wenige  Jahre  über  den  Höhe- 
punkt männlicher  Jahre  hinausgeschritten  war.  ist  uns  am  21.  Dec. 
V.   Jrs.    durch    einen   unvermutheten    plölzliclien    Tod    entrissen 

worden 

Emil  Harless,  der  geistreiche  physikalische  Physiologe, 
welcher  jenen  Wendepunkt  im  Menschenleben  noch  lange  nicht 
erreicht  hatte,  schied  nach  einem  ^lonate  langen  Siechthum  am 
16.  vor    Mon. 

Das  Leben  und  Wirken  dieser  würdigen  und  theuren  Colle- 
gen  so  eingehend  und  erschöpfend  zu  schildern ,  als  es  ihre 
nahen  Beziehungen  zu  unserer  Körperschall  erheischen,  bleibt, 
nach  akadennscher  Sitte,  einer  spätem  feierlichen  Gelegenheit 
vorbehalten 

Am  23.  Januar  starb  zu  Heidelberg  Carl  Cäsar  Ritter  von 
Leonhard,  Professor  der  Mineralogie. 

Er  war  1779  zu  Hanau  geboren,  widmete  sich  den  Cameral- 
wissenschaften  und  durciilicf  von  1800  an,  da  er  Assessor  bei 
der  Landcassen-  und  Steuer- Direction  ward,  rasch  eine  Reihe 
von  Aemtcrn  bis  zum  General- Inspeclor  der  Domiinen  und 
des  Rechnungswesens  und  (1812)  zum  Geheimerath.  Eine  uni- 
verselle Bildung,  eine  reiche  Kenntniss  statistischer  und  national- 
ökonomischer Zustände,  eine  leichte  Fassungs-  und  Darstcllungs- 
gabe  und  eine  unermüdliclie  Arbeitskraft  hatten  ihm  diese  ehren- 
volle äussere  Laufbahn  geebnet.  Aber  neben  diesen  Amisge- 
schäften halte  er  Antrieb  und  Müsse  gefunden  sich  durch  Stu- 
dium aus  Büchern  und  an  der  Natur  zu  einem  vielseitigen 
gelehrten  Mineralogen  auszubilden.  Seil  1805  ist  er  in  diesem 
Fache  thätig  gewesen  und  hat  einen  nicht  unwesentHchen  Ein- 
fluss  auf  die  Entwicklung  der  mineralogischen  Literatur  w:<hrend 
jener  Zeit  genommen.  Dessen  Zeuge  sind  sein  Handbuch  der 
topographischen  Mineralogie,  sein  allgemeines  Repertorium  und 
vor  Allem  das  Taschenbuch  für  die  gesammte  Mineralogie,  von 
1S07  —  1824,  welches  in  dieser  Periode  als  die  vollständigste 
Fundgrube  der  mineralogischen  Literatur  gewürdiget  wird.     Bei 


328  Oeffentliche  Sittunff  vom  28.  März  1869. 

der  Schlacht  von  Hanau  machte  sich  sein  deutscher  Palriolisinus 
in  glänzender  Weise  bemerklich,  indem  Leonhard  unter  Le- 
bensgefahr und  mit  vielfachen  Aufopferungen  sich  der  verwun- 
deten Krieger  annahm.  In  seinem  Hause  pflegte  er  den  bayeri- 
schen Heerführer  Wrede.  König  Max  Joseph  lohnte  ihn  durch 
den  Civil  -  Verdienstorden  und  berief  ihn  im  J.  1815  nach  dem 
Tode  von  Petzis  als  Mitglied  der  Akademie  und  Conservator 
der  mineralogischen  Sammlung  nach  München.  In  dieser  Eigen- 
schaft hat  er  uns  an  diesem  Orte  bei  gleicher  Veranlassung  eine 
Ueberschau  von  dem  damaligen  Stande  und  von  der  Bedeutung 
der  Mineralogie  gelesen.  Aber  schon  1818  vertauschte  er,  da 
seine  Gemahlin  das  Münchner  Klima  nicht  vertragen  konnte, 
seine  hiesige  Stellung  mit  einer  Professur  in  Heidelberg.  Er 
setzte  mit  Energie  seine  literarischen  Arbeiten  über  alle  Zweige 
der  Mineralogie  fort.  Ihm  gebührt  das  Verdienst,  zuerst  das 
krystallographische  System  auch  in  die  oryktognostische  Minera- 
logie eingeführt  zu  haben.  Seine  Arbeiten  über  die  Basalte 
werden  von  den  Männern  des  Faches  wegen  gründlicherhobener 
Thatsachen  hochgehallen.  Die  Charakteristik  der  Felsarten ,  die 
Grundzüge  der  Gcognosie  und  Geologie,  und  die  Naturge- 
schichte der  Erde  bekunden  einen  Reichthum  von  Kenntniss 
und  eine  literarische  Betriebsamkeit,  welche  ihm  ein  ehren- 
volles Andenken  in  den  Annalen  der  V^^issenschaft  sichern. 

Die   Rede   ebendesselben    „zum   Gedächtniss    an    Jean 
Baptist  Biot"  ist  eigens  im  Verlage  der  Akademie  erschienen. 

Ebenso  die  Festrede  des  Herrn  von  Siebold 
„Ueber  Parthenogenesis  " 


Sach  -  Register. 


Acetabularia  (inediterranea)  314. 
Aegjptische  Altcrthuinskunde  2ß0. 
Alexaiuier  der  Macedonier  203. 
Der  Alte  vom  ßer<!;e  269. 
Altplirjgisches  12.  37. 

altplnj-gisthc  Eigennamen  31. 
Antiquitäten  (kirchliche)  324. 
Arabisches  1.  4.  8. 
Aristoteles,  sog.  Theologie  1. 

(citirt)  261. 
Armenisches  17.  ff. 
Asien  263. 

Asterismus  (der  Kristalle)  19'J. 
Atmosphärische  Niederschläge  288. 


Barometer  89. 

S.  Benedict  261. 

Beweglichkeit  der  Atmosphäre  100. 

Brunuenraessungen  in  München  276.  285 


Canterbury  324. 
Cholera  286. 


330  Sach  -  Ueyistet . 

DcMiiostheiies  38. 

Denar  =z  Dracliine  54.  74. 

Dextrin  40. 


Ebbe  —  Fliith  Catniosphiirische)  112. 
Elenientartlieile  (vegetabilische)  290. 
Hinpedokles  M. 


Fallinerayer  34. 


Geidwerthe  42  ff. 

(ieographisches  (Phrygien)  33  ff.  (Orient)  264. 

Geschichte,  deutsche  41. 

Grundwasser  in  München  272. 

im  Würnithal  288. 

in  .Ansbach  289 


Hypsometrie  271. 


Ichwiui  -uc-  cafa  4. 

Indien  210.  271. 

Inschriften  12  IT.  mit  den  Beilagen. 


K.nsmographie  262. 
Krj'staliogenie  209. 


Sach- Register.  331 


liicht  polarisirtes  (bei  Pflanzen)  290.  322. 
Lichtfigiiren  (Brewstersche)  199. 
Lingua  volgare  264.  269. 
Linguistik  12- 


Marco  Poio  201. 

Meteorologie  89    (Tabellen)  111.  128. 

Metrologisches  42.  63. 

Molecularkriiftc  38. 

Moriz,  Kurfürst  von  Sachsen  a.  1551  41. 

Münzkunde,  alte  42  ff. 


Ozon,  auf  chemischem  Wege  dargestellt  171. 


Pii  raffln  41. 
Parthcnogenesis  328 
Pflanzenorganisation  293. 
Pflanzen|)h3siologie  325. 
Plinius'  Nat.  historia  222. 
Polarisationsapparat  290. 


Sauerstoff,  dessen  allotrope  Zustände  163.  187. 
Schimmelhildung  39. 
Sphaerokrjstalle  314. 
Stickstoff  39. 


Talent,  das  attische  und  andere  42 
Temperatur- Verhältnisse  128. 


Zersetzungsproducte  39. 


Namen  -  Register. 


V.  Aretin  324. 


Biot  Jean  Baptist  328. 


Christ  42. 
Cornelius  41. 


Escherich  (in  Ansbach)  289. 


Haneberg  1.  2G2. 
E.  Harless  t  327. 


V.  Jan  222. 
Jolly  38. 


V.  Kobcll  199. 
Kunstniann  210. 


Namen -Register.  333 


liamont  89. 

T.  Leonhard  (Ehienerwähming)  327. 

V.  Liebig  325. 


V.  Martius  326.  328. 
Mordtmann  12. 


Bfägeli  290. 


Pettenkofer  272. 
Plath  260. 


V.  Schlagintweit  272. 
Scliönbciii  163. 
y.  Siebüld  328. 
Spengel  38.  222. 


Thomas  261. 

A.  Vogel  jun.  39.  41. 

A.  IWagner  t  38.  327. 


[1862  I.]  23 


[I  £<^»! 


.  .  . NKN^VMA  NIKAKA, 
..tNAEOCKEZ^Ml.. 
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AA/f6NOcA  MMTAykYTATU;  Z  (-t>-r/Kf(i/  M 
MNHMHCXAP/NICK^CeMOVN   KoVMlNÖC 
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ÖCANAeKAKC^^H  YHceTeK(V/A  Ate) 
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KAA 
OAA 


Taf.I. 


Sitxzin^sherir/i/f  r/t/A-.  h .  Ikar/.  r/  fl. '  /AV/.'!.   Ib. 


Taf.TT. 


^'r/sf///o.i'he/fr/,/,   r/rr/.-./>Ah(ff/f/)\'./.'^f:\'.  1    '^. 


Taf.lII. 


S'ifxi/nj.v6erir/Uf  t/eyA  6Ak//df/  U^ /d6^2.  1.7) 


Sif : itnq.shn -/cA/r  r/rr  k . h. Uftf/r/  //.'/ UJ?.  I  A 


Sach  -  Reiiistei 


Aesopiis  98. 

Alterlhiiiiuir  (des  Mittclallors)  HS,'). 
Amalarius  (llinciariiiin)  HS."». 
Atiiiiioiiiak  (salpetriclit saurer) 

Bildung  durcli  Wassei-verdampluiig  45.  'M?>    ;»:U 
Aiiriales  Altalienst's  t)3. 
Arabische  Literatur  lül. 

(arab.  spaii.)  248. 
Arcbaeologisclics  05. 
Aventin  3.'t4. 


JBathoiueter  ->4H. 


Chemie,  phy.sioiogi.scho  XVl. 
(Hl  Ina 

häusliche  Verhältnisse  201 

Ehe  202.  227. 

Hochzeitsgebräuche  219. 

Aelterii.  Kinder  230. 

(ieburt.  Xaniengebung  230. 

Pflichten  der  Kinder  u.  a    23^ 
(iicero  1. 

Fragmente  der  Reden   15. 
der  Briefe  31. 

llHti2   II.) 


•>:t 


gjg  Such-  Ueyister. 

Fragmente  aus  den  philos.  Schriften  32. 
,,        unbestimmte  40. 
Crystalloide  (der  Samen)  120. 


Emmeramer  Handschriften  98. 
Erdmagnetismus  66.  77. 
Ernährungsprocess  57.  88.  163. 


Farbcrystallc  (bei  den  Pflanzen)   147. 


Geschichte 

deutsche  178. 

spanische  248. 
Grubengas  162. 


Historische  Commission  164. 


Jod,  Reaction  auf  Stärkckürner  280. 

seine  V^erwandtschaft  zu  verschiedenen  Substanzen  28:V 
Färbung  durch  Jod  289. 

Einwirkung  des  relativen  Wassergehaltes  dabei  299. 
Einwirkung  der  eingelagerten  Jodmeuge  307. 

physical.  und  ehem.  Verhältnisse  310. 


Äarl  der  Grosse  163.  33  { 
Königssee  269.  276. 


Sachlieifister  339 


Magnetismus  103. 

Magnetnadel,  ihre  tägl.  Bewegung  (iO. 

Intensiläts-  u.  InüiinationstOriingen  7(3. 

Tabellen  84  IT. 
Mathematisches  91. 


Bfitrite,  ihr  oxidirendes  Vermögen   318. 
Nitrite.  Nitrate  in  Pflanzen  321.  329. 


Obersec  273.  277. 
Orchis  153. 


Paranuss  (Bertholietiaexcelsa)  121. 
Pest  (im  14.  Jahrhundert)  248. 
Portugal  248. 
Polcnzreihen  91. 
Pflanzen,  nitritlialtige  321. 
Pflanzenphjsiologie  280, 
Proteinkörper  120. 

(Vgl.  Grystalloide.) 


Rapoto  von  Andechs  334. 

Respiration  (u.  Perspiration)  5ü.  88.  ir»2.   10.") 

Ronuilus,  der  Fabeldichter  98. 


Salze,  salpctricht-  und  Salpetersäure  in  der  Pflanzenwelt  321. 

Schildbuckel  335. 

Don  »Sebastian  248 

Seen.  I)ayerische  253.  269. 

Solanum  anicricanum  147. 


340 


Sath-Iieitisti'r 


Solamiin  tnbi'iosum  330 
Soiinenfleckeii  Gl).  7*2. 
Stärke,  Släikekörner  '28(1  ff. 
Stempelscimeidekiuisl  (jgTieclüschc j  (»ö 
Stofl'vveilisol  1()5. 


»reinpfraliii-  der  Wasser  der  Tiefe  "248 
Doiuellii  Teodor  (spaii    Erziihl.)  «"«S. 
Tegernsee  98. 

Tliermoiiieter  (c;raplii.srlie)  2  48. 
Tiefeniiiessuiigei»  '248  26'.). 


Viola  153. 


Walchensee  274.  278. 
Was.ser.stoffga.s  88.  162. 
Wasserverdainpfiiii«;-  4.5    3i;?. 
Wolflier  von  Aqiiileja  97. 


Zellmcinbraiieii .  ihre  Fiirbuiisr  2S(J 


Namen  -  Kegis(ci 


Bcjridi  in  Bi'iliii  (Walil)   177. 

V.   Bil)ni.  Filir.   in  ^il|•nt)l■^g(^yalll)  178- 

Hioiiii  (Elufiicinaliniuii!;)   Hill 

Bnisli,  in  Xcwliavcn  in  Connt'ilicul  (Wahl)   t/S. 

Hulil  (Wahl)   177. 


Citintlins   17S 


Davidson,  in  London  (Wahl)   177. 
V    Itölliiitfer  163.  '.Vdi. 


S'örin"or  03. 


fSicsphrcchl  lülJ.  331 
(Miml)cl   (Wahl)    177 


o/.)  Samen   Register 

Halm   1 

llarlej'  in  London  (Wahl)  178 

V.  Hofner-Altencck  3Ü5. 

V.  Hefner  (Ehrcnenväiiniuig)  160. 

Hoclislctter  in  Wien  (WalilJ  178. 


Joll^  248. 


Rane,  in  Dublin  (Wahl)  177. 
Kenngott  in  Zürich  (Wahl)  178. 
Kieser  (Ehrenerwiihniing)  174. 
Kolbe  in  Marburg  (Wahl)  177 
Kronecker  in  Berlin  (Wahl)  178. 
Kun-stmann  334. 


JLainont  CG.  7(5.  103. 

Lebas  (Ehrcnerwähnnag)  lü7. 

\.  Liebig  1C4.  333. 


y.  Martins  169. 

M.  J.  Müller  161.  160.  248. 

Muffat  97. 


»Tägeli  120.  280. 
(Wahl)  177. 
y.  Niethammer  (Wahl)  177. 


Qppel  (Wahl)  177. 


Nanien-Eeftiifev.  343 


Pettcnkofer  50.  88.  162.  313. 
Preller  (Ehrenerwähmuig)  167. 


Scheerer,  in  Freiberg  (Wahl)    177. 

Scherzer,  in  Wien  (Wahl)  178. 

V.  Schlagintweit  (Wahl)  178. 

Schönbein  45.  285.  313.  318.  320.' 

Seidel  91. 

V.  Siebold  280. 

Streber  (iS. 


Thomas  98. 


Voit  56.  88. 


A.  IWagner,  Denkrede  auf  ihn  169. 
Mor.  Wagner  (Wahl)  177. 


AS       Akademie  der  Wissenschaften, 

182      Munich 

M8212  Sitzungsberichte 

1862 

Bd.l 


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