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Full text of "Vergleichende Anatomie des Nervensystems"

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VERGLEICHENDE  ANATOMIE  DES 
NERVENSYSTEMS. 


Vergleichende  Anatomie  des 
Nervensystems 


VON 


C  U.  ARIENS  KAPPERS 


UND 


ßt.  B.  DROOQLEEVER  FORTUYN. 


ZWEITER  TEIL. 


HAARLEM 

DE  ERVEN  F.  BOHN 

1920. 


DIE  VERGLEICHENDE   ANATOMIE 

DES  NERVENSYSTEMS  DER 

WIRBELTIERE  UND  DES  MENSCHEN 


VON 


D\  C  U.  ARIENS  KAPPERS 

Direktor  des  hoUänd.  Zentral-liistitiites  f.    lürnforsclmntr,  Amsterdam. 


I.    ABSCHNITT: 

DIE  HISTULUGLSCHEN  ELEMENTE  UiNl)  DEREN 
ANüRDNUNCx;  VERGLEICHENDE  ANATOMIE  DES 
RÜCKENMARKES   UND  DER  MEDULLA  OBLONGATA. 


Mit   ^26  Fiijuren   im   Text  und    ^   farbigen  Tafeln. 


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HAARLEM 

DE  ERVEN  F.  BOHN 

1920. 


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VORWORT. 


Veranlassung  zum  Erscheinen  dieses  Buches  war  der  Wunscli  des  \'er- 
fassers,  eine  möglichst  genaue  Darstellung  von  dem  zu  geben,  was  bis  jetzt 
von  der  vergleichenden  Anatomie  des  Nervensystems  bekannt  ist. 

Viele  Forscher  ha]>en  auf  diesem  Gebiete  Untersuchungen  angestellt 
und  Beiträge  geliefert,  welche  unser  Wissen  erweitert  haben. 

indessen  waren  es  immer  nur  wenige,  welche  —  dem  Beispiel  Euinger's 
folgend  —  versuchten  das  Gefundene  im  Eahmen  des  Ganzen  zu    deuten. 

Dies  läßt  sich  verstehen,  weil  viele  Jahre  des  Studiums  notwendig 
sind,  um  einen  Überblick  über  das  Ganze  zu  bekommen.  Auch  hat  nicht  jeder 
Untersucher  die  Zeit,  alle  Stadien  zu  erforschen,  welche  der  Entwicklung 
des  von  ihm  Walirgenommenen  vorangehen  und  folgen,  viel  weniger 
noch  dazu  die  Gelegenheit,  die  Bedeutung  seines  speziellen  Thema's  in  dem 
Ganzen  zu  sehen. 

Doch  ist  letzteres  notwendig,  weil  —  wie  überall  —  auch  im  Nerven- 
system die  Teile  einander  beeinflussen,  und  gerade  dieser  gegenseitige 
Einfluß  manchmal  das  Interessante  ist,  weil  er  uns  den  kausalen  Verband 
der  Strukturen  —  ein  noch  kaum  kultiviertes  Gebiet  —  erkennen  läßt. 

Gerade  dieser  Kausalverband  ist  dasjenige,  was  uns  interessieren  muß. 

In  dem  Wechsel  der  Formen  die  Gesetze  kennen  zu  lernen  ist  das 
Ziel  der  Wissenschaft. 

In  der  Hirnanatomie  sind  wir  noch  weit  davon  entfeiuit,  dieses  Ziel 
erreicht  zu  haben,  doch  scheint  das  wenige,  was  wir  jetzt  davon  wissen, 
mit  Bestimmtheit  darauf  zu  deuten,  daß  die  strukturellen  Gesetzmäßig- 
keiten große  Analogien  aufweisen  mit  solchen,  welche  in  der  Psychologie 
bekannt  sind. 

Diese  Erkenntnis  ist  um  so  wertvoller,  als  sie  nicht  a  priori  ange- 
nommen sondern  a  posteriori  gefunden  wurde,  und  weil  wir  dadurch  nicht 
nur  die  Einheit  des  Ganzen  besser  verstellen  sondern  auch  die  die  Psychis- 
men begleitenden  (biologischen)  Prozesse  unserm  Verständnis  näher  ge- 
rückt werden. 

Will  man  die  allgemeinen  Eigentümlichkeiten  des  Nervensystems 
kennen   lernen,  dann  ist  es  notwendig,  über  ein  großes  Material  von  Tat- 


VI  VORWORT. 

Sachen  zu  v-erfügen  —  namentlich  üljer  vieh^'rlei  Formen,  weil  —  ebenso 
wie  in  der  Mathematik  —  auch  liier  für  die  Lösung  vieler  unbekannter 
Faktoren  mehrere  Gleichungen  notwendig  sind. 

Gerade  deshalb  wird  der  vergleichenden  Anatomie  des  Nervensj'stems 
für  diesen  Zweck  immer  mehr  Platz  eingeräumt  werden. 

Aus  diesem  Grunde  wird  sie  sieh  nicht  auf  den  Menschen  und  die 
Wirbeltiere  beschränken  können,  sondern  muß  sie  auch  die  vielförmige 
Abteilung  der  Wirbellosen  in  ihren  Plan  aufnehmen. 

Daher  bat  ich  Herrn  Drooc(leever  Fortuyn  —  den  Zoolog-Histolo- 
gen  der  Leydener  Universität,  früheren  Assistenten  des  Zentral-Institutes 
für  Hirnforschung  —  dasjenige  zu  sammeln,  was  auf  dem  Gebiete  des 
Nervensystems  der  Wirbellosen  bekannt  ist. 

Er  hat  dieser  Bitte  Folge  geleistet  in  einer  diesem  Buche  voran- 
gehenden Arbeit,  welche  als  Teil  I  des  gesaraten  Werkes  zu  betrachten 
ist.  Außerdem  bin  ich  Hcriui  Droügleevkr  Fortuyn  veri)tlichtet  für  manche 
histologischen    Daten   für   das  ersle  Kapitel  meines  Buches. 

Auch  meine  anderen  früheren  und  jetzigen  Mitarbeiter  und  Schüler 
finden  die  Früchte  ihrer  Arbeit  in  diesem  Buche  wieder. 

Dal!  ich  dabei  nicht  unterlassen  habe,  der  Arbeit  anderer  Autoren 
das  Recht  widerfahren  zu  lassen,  auf  welches  sie  Anspruch  machen  kön- 
nen, wird  deutlich  aus  dem  Inlialt  und  dem  Register  dieses  Buches  her- 
vorgehen. 

Unserem  Minister  für  Unterricht,  Kunst  und  Wissenschaft  —  Excellenz 
Dr.  J.  Th.  de  Visser  —  hin  ich  zu  großem  Dank  verpflichtet  für  das 
finanzielle  Entgegenkommen  der  Regierung,  woilurcb  die  Herausgabe  dieses 
Buches  —  ein  schwieriges  und  kostspieliges  Unternehmen  in  diesen  Zeiten  — 
stattfinden  konnte. 

Den  Präparatoren  des  Institutes,  Fräulein  I.  Ketjen,  Fräulein  A.  M. 
H.  DE  L.\NGE,  Herrn  T.  Brouwer  und  Fräulein  C.  Roozemeyer  —  deren 
Serien  den  Plan  dieses  Buches  ermöglichten  —  sowie  Herrn  Chr.  Blas- 
sorouLOS,  dessen  Künstlerhand  die  meisten  Zeichnungen  anfertigte,  bin  ich 
ebenfalls  zu  großem  Dank  verpflichtet 

Herrn  Dr.  E.  van  't  Hoog  bin  ich  sehr  verbunden  für  die  genaue  Dar- 
stellung des  Sach-  und   Autorenregisters. 

Schließlich  ein  Wort  des  Dankes  an  die  Verleger,  die  Firma  Erven 
F.  BoHN,  Haarlem,  welche  mir  —  wie  bei  der  Herausgabe  der  Folia 
Neurobiologica  —  immer  das  größte  Entgegenkommen  zeigten. 

RvAirlo,  4  August  1920. 

G.  U.  AriEns  Kappers. 


INHALT. 


EINLEITUNG S.  1 

ERSTES  KAPITEL.  TEIL  I. 

Die  Histologie  des  Nervensystems „  5 

Die  Morphologie  der  nervösen  Elemente „  5 

Die    innere  Struktur  der  Ganglienzellen  und  deren  Ausläufer 

(siehe  auch  Addenda)  .     .     .     ., ,,  23 

Die    Verknüjjfungen    der   nervösen    Elemente    untereinander; 

Zentralorgane ,  30 

Die  Verbindungen  der  Zentralorgane  mit  der  Peripherie    .     .  „  34 

Das  Hüllgewehe  der  Zentralorgane „  41 

Das  Hüllgewebe  der  peripheren  Nerven  und  ihre  Rolle  Ijei  der 

Nervenbildung ■ ,  49 

Das  Bindegewebe  der  peripheren  Nerven ,  53 

ERSTES  KAPITEL.  TEIL  II. 

Die  Faktoren,  welche  den  Bau  und  die  Verbindung  der  Neu- 

ronen  bedingen „  55 

Die    Lehre    der    Neurobiotaxis.    Die    Selektivität  in  den  inter- 
neuronalen   Verbindungen.     Die    Verwandtschaft    zwischen 

psychologischen  und  anatomischen  Gesetzen „  60 

Vergleichung    der    Neurobiotaxis    mit   andern    Prozessen    von 

Taxis  und  Tropismus  (siehe  auch  Addenda)  ...:.„  65 

Monoaxonismus  und  Polydendritismus „  68 

Die    Selektivität    der   neurobiotaktischen  Prozesse  in  Überein- 
stimmung mit  psychologischen  Gesetzen „  70 

Leitungsverbesserungen    während  der  Phylogenese     .     .     .     .  „  73 

Die  Synaps „  75 

Die  Markumscheidung  der  Achsenzylinder „  77 

Literatur  zum  ersten  Kapitel „  81 

ZWEITES  KAPITEL. 

Die  vergleichende  Anatomie  des  Rückenmarkes „  98 

Das  Rückenmark  von  Amphioxus „  99 

Das  Rückenmark  der  Zyklostomen „112 

Das  Rückenmark  der  Plagiostomen „121 

Das  Rückenmark  der  Ganoiden  und  Teleostier „133 

Das  Rückenmark  der  Amphibien „  145 


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VIII  INHALT. 

Das  Rückenmark  der  Reptilien S.  157 

Das  Rückenmark  der  Vögel „166 

Das  Rückenmark  der  Sänger 182 

Die    niclit   nervösen    Bestandteile    des   Rückenmarkes  bei  den 

Sängern  nnd  dessen  Hüllen „  224 

Überblick  über  die  Organisation  und  progressive  Entwicklung 

des  Rückenmarkes „  228 

Ampbioxus „  228 

Zyklostomen „  229 

Plagiostomen „  230 

Teleostier „231 

Amphibien „  234 

Rei^tilien „  235 

Vögel „237 

Säuger 239 

Literatur  zum  zweiten  Kapitel „  245 

DRITTES  KAPITEL. 

Die  Medullä  Oblongata „  266 

Allgemeines  über  ihre  Form  und  Einteilung ,,  266 

Das  sensible  System  der  Oblongata.  Die  Branchialnerven  .     .  „  269 

Amphioxus „271 

Die     sensible     Wurzeln     des    Vagus,    Glossopharyngeus    und 

Facialis.  Der  Geschmack „  274 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Zyklostomen „  279 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Plagiostomen  (s.  auch  Addenda)  „  281 

■  Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Teleostier „  284 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Amphibien „  293 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Reptilien „  298 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Vögel „  301 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Säuger „  305 

Diskussion   der   peripheren    Geschmacksleitung   in   Bezug  auf 

den  Trigeminus „  313 

Der  Nervus  Trigeminus „  316 

Die  Homologie  des  Trigeminus  bei  Amphioxus „  318 

Der  Trigeminus  der  Zyklostomen „  319 

Der  Trigeminus  der  Plagiostomen .     .     .  „  321 

Der  Trigeminus  der  Teleostier „  323 

Der  Trigeminus  der  Amphibien „  326 

Der  Trigeminus  der  Reptilien „  327 

Der  Trigeminus  der  Vögel „  331 

Der  Trigeminus  der  Säuger „  335 

Überblick    über   die    Entwicklung   der    Branchialnerven    und 

deren  zentrale  Verbindungen „  345 

Literatur  zum  dritten  Kapitel „  352 


INHALT. 


IX 


VIERTES  KAPITEL. 

Das  Oct.wus-  und  L.\teralissystem S.  363 

Allgemeines „  3fi3 

Das  Latei'alis-  und  Octavussystem  der  Zj'klostomen    .     .     .     .  „  370 

Das   Lateralis-  und  Octavussystem  der  Plagiostomen  .     .     .     .  „  374 

Das  Lateralis-  und  Octavussystem  der  Ganoiden  und  Teleostier  „  382 

Das  Lateralis-und  Octavussystem  der  Amphibien „  392 

Das  Octavussystem  der  Reptilien „  398 

Das  Octavussystem  der  Vögel „  404 

Das  Octavussystem  der  Säuger „  -114 

Überblick  über  den  Bau  und  die  Verbindungen  der  Octavus- 

und  Lateralisorgane „  434 

Die  wichtigsten  Gehörstheorien »  "iJl 

Literatur  zum  vierten  Kapitel „  443 

FÜNFTES  KAPITEL. 

Das   effektorische   System    der   Medulla   Oblongata  (und  des 

MiTTELHIRXS) „  449 

Die  motorischen  Wurzeln  und  deren  Kerne „  449 

Die  Kopfmuskulatur  von  Amphioxus  und  ihre  Homologa  bei 

den  Kranioten „  450 

Das  motorische  System  der  Zyklostomen „  456 

(Das  motorische  System  der  Myxinoiden) :     .     .  „  461 

Das  motorische  System  der  Plagiostomen „  463 

Das  motorische  System  der  Ganoiden  und  Teleostier      .     .     .  „471 

Das  motorische  System  der  Amphibien „  486 

Das  motorische  System  der  Rej)tilien „  489 

Das  motorische  System  der  Vögel „  501 

Das  motorische  System  der  Säuger „  513 

Überblick  über  das  motorische  Sytem  der  Oblongata  und  des 

Mittelhirns „554 

Literatur  zum  fünften  Kapitel „  562 

SECHSTES  KAPITEL. 

Das  KOORDINATORISCHE  SySTE.M  DER  OßLONGATA  UND  DES  MiTTELHIRNS  „  572 

A.  Die  retikulären  Kerne „  572 

Amphioxus „  574 

Zyklostomen „  574 

Plagiostomen „  576 

Teleostier ,,  578 

Amphibien »  581 

Reptilien „  o81 

Vögel „  584 

Säuger „  586 

Überblick    über   die    retikulären    (magnozellulären)  Kerne  der 

Oblongata  und  des  Mittelhirns „  593 


X  INHALT. 

B.  Sonstige  koordinatorische  Sj'steme  der  Oblongata S.  597 

Die  Oliva  inferior ,,    597 

Zyklostomen „    598 

Plagiostomen .     .     .  „    599 

Teleostier -  .  „    601 

Amphibien „    601 

Reptilien „    601 

Vögel' „601 

.  Säuger „    604 

Die  ontogenetische  Entwicklung  des  Olivenkomplexes  bei  den 

Säugern ,,    613 

Zusammenfassung  der  phjdogenetischen  Entwicklung  der  Oliva 

inferior „    619 

Literatur  zum  sechsten  Kapitel „    621 

ADDENDDA  ET  CORRIGENDA „        i 

SAGH-REGISTER „      m 

AUTOREN-REGISTER ,  xxiii 


EINLEITUNG. 


Das  Nervensystem  fügt  die  Reize,  welche  dem  Körper  entstammen, 
und  die  Reize,  welche  den  Körper  treffen,  in  einem  mehr  oder  weniger 
einheitlichen  Verbände  zusammen  und  ermöglicht  es,  daß  dieselben  auf 
einem  effektorisclien  Wege  abfließen. 

Es  verbindet  die  Eigenreize  (propriorezeptiven  Reize  Sherrington's) 
und  konsolidiert  sie  zu  einem  Ganzen,  in  dem  die  Teile  nicht  unkennt- 
lich werden,  sondern  ihr  eigenes  Gepräge  bis  zu  einer  gewissen  Grenze 
Ijehalten.  Daneben  und  damit  vereint  es  in  derselben  Weise  die  äußern 
Fremdreize  (exterorezejitiven  Reize)  und  die  mnern  Fremdreize  (interorezep- 
tiven  Reize). 

Es  ist  üblich  und  richtig,  die  Elemente,  welche  das  Nervensystem 
aufbauen,  in  nervöse  und  nicht  nervöse  zu  teilen.  Den  nervösen  Elementen 
fallen  dabei  die  gesteigerten  Funktionen  der  Reizbarkeit,  Reizleitungsfähigkeit 
und  ReizverkimpfnngsmögMchkeit  zu,  welche  (namentlich  letztere)  dem  Ner- 
vensystem seine  besondere  Bedeutung  geben. 

Es  handelt  sich  aber  dabei  um  allgemeine  Eigenschaften  des  Protoplasmas 
oder  der  lebenden  Substanz,  und  als  solche  sind  sie  auch  anderen  Zellen  nicht  abzu- 
sprechen und  kommen  sie  auch  den  Tieren  ohne  Nervensystem  zu. 

So  weisen  die  einzelligen  Protozoen  eine  nicht  geringe  Reizbarkeit  und 
ebenfalls  eine  Reizleitungsfähigkeit  und  daneben  die  Möglichkeit  auf,  ver- 
schiedene gleichzeitig  einwirkenden  Reize  zu  verknüpfen.  Auch  bei  den 
Spongien,  welche  noch  nicht  mit  einem  Nervensystem  ausgestattet  sind, 
kommt  neben  der  Reizbarkeit  ihrer  Zellen  eine  Reizleitungsfähigkeit  vor, 
die  sich  nicht  auf  den  Körper  der  gereizten  Zelle  beschränkt,  sondern  inter- 
zellulär ist,  indem  sie  auf  den  protoplasmatischen  Interzellularbrücken  über- 
geht, welche  neben  einer  Diffusion  eines  einzelnen  Reizes  auch  Verknüp- 
fungen gleichzeitig  einwirkender  Reize  ermöglichen. 

Eine  solche  interzelluläre  Reizleitung  mittels  Protoplasmabrücken  außer- 
halb des  Nervensystems  ist  auch  liei  Embryonen  von  Amphibien  nachge- 
Kappers.  I 


2  EINLKITUNG. 

wiesen  (Schaper,  Goldstein,  Wintrehkut)  und  irn  glatten  Muskelgewebe 
vorhcanden. 

Es  ist  nur  die  Steigerung  fler  genannten  Funktionen,  welche  eine  Zelle 
als  nervös  charakterisiert. 

Eine  andere  allgemeine  Eigenschaft  (Hering,  Butler,  Layiock,  Se.njon) 
der  lebenden  Substanz,  welche  im  Nervensystem  besonders  auffällt,  ist  das 
Innerungsoefmögen  für  Reizjolgen  (die  Eiigrammbildnng),  d.  h.  die  Eigenschaft, 
daß  ein  durch  den  Keiz  hervorgerufener  Folgezustand  länger  andauert 
als  der  Heiz,  der  ihn  zum  Vorschein  rief. 

Daß  dieses  Innerungsvernn'igen  mehr  rlen  Nervenzellen  eigen  ist  als 
andern  Zellen,  ist  nicht  bewiesen.  Manches  spricht  sogar  dafür,  dal)  es  in 
den  ersteren  weniger  entwickelt  ist.  Das  Inner\nigsverm("igen  des  Gehirnes 
fällt  uns  aber  mehr  auf,  weil  seinen  Konsequenzen  unter  gewissen  ITni- 
ständen  in  unserm  „Bewusstsein"  etwas  entspricht,  was  man  von  dem 
Tnaerungsvcrmögcn  z.  B.  von  Knochenzellen  nicht  sagen  kann. 

Das  Innerungsvermögen  bedingt  nämlich  die  Erinnerung  (hesser  Eräus- 
serimg ;  Ekphorie),  welche  durch  das  Keizleitungs-  und  Reizverkiiiijifungs- 
ver mögen  ausgelöst  wird. 

Unter  Erinncrnng  versteht  man  die  Eigenscliaft,  daß  Eindriicke,  welche 
latent  sind,  sich  wieder  äußern  durch  lieize,  welcJie  den  früheren  Ein- 
druck entweder  direkt  (dui'ch  erneute  Wahrnehmung)  oder  indirekt  (auf 
einem  mit  dem  geinnerten  Eindruck  verknüpften  Umwege)  aktivieren. 

Dieses  Erinnennigsvernn'igen  ')  dürfte  dem  Nervensystem  mehr  eigen 
sein  als  irgend  einem  andern  Teil  des  Körjicrs  und  ihre  Ekphorie  hat 
außerdem  die  Eigentümlichkeit,  bald  wieder  aus  dem  Bewußtsein  ver- 
schwinden zu  köiuien  ohne  daß  das  Engramm  verloren  geht  -). 

Es  wäre  indessen  unrichtig  zu  denken,  daß  mit  diesen  Eigenschaften : 
Reizbarkeit,  Leitungsfäliigkeit,  Reizverknüpfungsvermögen,  Innerungsver- 
mc'igen  und  Ekphorie  alles  gegelien  wäre,  was  in  der  Ausbildung  des  Ge- 
hirnes und  dessen  Funktionen  eine  Rolle  spielt. 

Eine  Maschine,  welche  nur  damit  arbeitete,  würde  zwar  stets  reicher 
werdende  Verknüpfungen  erlangen,  würde  jedoch  kein  innerliclics  Streben,  zu 
jenen   Verknüpfungen  und   bewußte    oder  unbewußte  Auslese  dabei  zeigen. 

In  dem  Nervensy.stem  aber  arbeiten  diese  Eigenschaften  unter  dem 
Einfluß  eines  besondern  Dranges,  einer  Tendenz,  welche  dem  Nervensystem 
als  lebende  Substanz  eigen  ist  un<l  welche  von  ihrer  Natur  als  lebendes, 
sich  ergänzendes  und  zwar  sich  ihrer  besondern  Natur  nach  ergiinzendes  Wesen 
bedingt  ist. 

Dieses  Streben  muß  in  der  \'erarbeitung  der  Reize  eine  Rolle  mit- 
spielen,   eine    Rolle,  welche    wir   vorläufig  nicht  näher  bezeichnen  können 


')  Namentlich  das  indiiekte,  auf  assoziativem  Wege  entstehende. 
')  Wie  es  übiigens  hei  der  wiederholten  Regeneration,  nach  wiederholtem  Abschnei- 
den  von  Körperteilen  auch  der  Fall  ist. 


KINLKITlINfi.  3 

und  welche,  außcrlialb  als  ein  unbestimmtes  Empfinden  von  Denkdrang 
und    Willen,  nur  in  ihren  Folgen  von  uns  erl^annt  wird. 

Diese  Folgen  zeigen  sich  in  der  fortschreitenden  Entwicklung  des 
Gehirns  (und  des  Geistes)  innerhalb  des  Rahmens  einer  Einheitliclikeit  i), 
in  der  fortschreitenden  Differenzierung  und  Adjustierung  seiner  Elemente 
und  einer  steten  Schaltung  derselben. 

Die  anfänglich  mehr  oder  weniger  heterologe  Koinzidenz  getrennter 
Einflüsse  mid  AVirkungen  kommt  in  dem  Gehirn  zu  einer  stets  umfang- 
reiclier  wei'denden  und  feiner  angepaßten  Konsolidierung  worin  die  Zusam- 
memvirkung  der  Körperteile  (Eigenreize)  in  hezug  avf  die  Außemvelt  (Fremdreize) 
stets  größer  wird. 

So  weist  namentlich  die  Entwicklung  der  Hirnrinde  auf  eine  stets 
umfangreichere  und  feiner  angepalite  Schaltung  zahlreicher  Eigenreize 
und  Freradreize  (namentlich  in  der  Stereognosis). 

Diese  Entwicklung  des  Nervensystems  wird  l^egünstlgt  durch  die  Aus- 
l)ildung  besonders  empfindlicher  Stellen  (Sinnesorgane)  und  kann  dadurch, 
namentlich  bei  ln'ihern  Lebensformen,  geleitet  werden  von  Einflüssen  (Rei- 
zen), welche  sich  kaum  mehr  als  körperlich  wirksame  Einflüsse  gelten  las- 
sen, obschon  auch  in  dem  Nervensystem  die  sogenannten  „vitalen",  das 
lieilit  die  dem  K/lrper  selber  schadenden  oder  nutzenden  Reizrealisierun- 
gen, sich  eher  ausbilden  —  älter  sind  —  als  die  mehr  objektieven  „gnosti- 
schen"  Realisierungen,  wie  wir  es  sehen  werden  in  der  phylogenetischen 
Entwicklung  der  Rückenraarksfunktionen,  in  derjenigen  des  N.  Octavus 
und  der  Optik  -'),  avo  die  für  den  Körper  und  dessen  Stand,  also  subjektiv 
notwendigen  (vitalen  oder  „protopathischen")  Funktionen  eher  zur  Ausbildung, 
kommen  als  diejenigen,  xvelche  zu  unserer  sog.  objektiven  (gnostischen  oder 
„epikritischen" )  Kenntnis  der  Außemvelt  beitragen. 

Die  in  das  Nervensystem  eintretenden  Reize  können  mittels  abführen- 
der Nervenstrecken  abfließen  in  Handlungen,  worin  ihnen  ein  Ablauf  gestellt 
wirdt,  ein  eventuell  bekanntes  „äußeres  Ziel". 

Dieser  äußere  Ablauf  ist  nicht  notwendig  anwesend  in  den  aufführen- 
den Nerven  sirecken,  wo  die  empfangenen  Reize  resultieren  können  in  Schaltun- 
gen, die  in  sich  selber  ein  Gleichgewicht  bilden. 

Dieses  Gleichgewicht  in  sicli  selber  legt  der  Reizverwertung  zwar  auch 
eine  Auslese  auf,  gil)t  ihr  eine  Tendenz,  deren  Endpunkt,  jedoch  erst 
erkannt  wird,  wenn  es  erreicht  ist.  Mit  anderen  Worten  die  innere  Aus- 
l)ildung    des    Gehirnes    (und    des   Geistes)  geschielit  nicht  in  teleologischer 


')  Auch  dies  ist  siclier  keine  besondere  f]igenschaft  unseres  Nervensystems.  Sie  findet 
ihren  Ausdruck  auch  in  der  Tendenz  des  übrigen  Körpers  sich  zu  differenzieren,  funktionell 
zu  ergänzen,  und  doch  eine  Einheit  zu  bleiben. 

^)  Die  vitalen  (pi'otopathischen)  Funktionen  der  Riickenmnrksnerven  sind  Schmerz, 
grober  Temperatur-  und  nicht  scharf  lokalisierter  Berührungssinn;  diejenige  des  Opticus 
die    Photo-stutik;    diejenige  des  Octavus  die  Gravi-statik    (^  Gleichgewichtsemplindung). 


4  EINLEITUNG. 

sondern  in  entelechischer  i)  Weise,  d.h.  ohne  daß  das  zu  erreichende  als  be- 
kanntes Ziel  im  voraus  visiert  werden  kann. 

Die.s  gilt  für  die  Evolution  im  ganzen,  denn  auch  unsere  aft'enahnliche  Vor- 
fahren haben  das  noch  nioht  bestellende  Menschenbild  nicht  als  Zweck  vor  Augen 
haben  können. 

Wir  kommen  also  zu  dem  Schluss,  daß  verschiedene  Eigenschaften, 
welche  wir  als  all,s;emeine  Eigenschaften  des  lebenden  Protoplasmas  ken- 
nen, im  Nervensystem  in  den  Vordergrund  treten,  sei  es,  daß  sie  dort  mehr 
ausgeprägt  sind,  sei  es,  daß  ihnen  nur  dort  in  unserm  Bewußtsein  etwas 
entspricht. 

Diese  Eigenschaften  sind  Reizbarkeit,  Reizleitungsvermögen,  Reiz- 
Innerungsvermügen  mit  der  sich  daran  anschließenden  Korrelation  und 
Erinnerung. 

Diese  Eigenschaften  stehen  im  Dienste  eines  Dranges,  der  sich  äußert 
als  eine,  stets  mehrseitig  korrelierten  und  feineren  CTleichgewichten  nach- 
strebende Tendenz,  welche  dem  Leben  eigen  ist  und  seine  progediente 
Evolution  bestimmt. 

Die  Gestaltungen,  welche  die  einzelnen  Elemente  dabei  annahmen  und 
die  Schaltungen,  welche  sich  dabei  ausgebildet  haben,  werde  ich  in  den 
folgenden  Zeilen  be.sprechen. 

Daß  es  sieh  bei  den  Funktionen  des  (lehirnes  tatsächlich  um  eine  besondere 
Entwicklung  und  besondere  Ausbildung  von  Eigenschaften  handelt,  welche  der 
lebenden  Substanz  im  allgemeinen  eigen  sind,  und  daß  nicht  nur  die  Erinnerung 
(Hering,  Semon),  sondern  auch  das  WEiiER'sche  (lesetz,  die  Konzentrierung  (.\uf- 
merksamkeit)  und  die  Assoziation  zeitlich  korrelierter  Reize  eine  allgemeine  Eigen- 
scliaft  der  lebenden  t^ubstanz  ist,  habe  ich  eingehender  an  anderer  Stelle  dargelegt 
(Journal    of  Comp.   Xeurology   1919).   Hier  kann  ich  nicht  ncäher  darauf  eingehen. 

Nur  möchte  ich  auch  hier  betonen,  daß  die  geistigen  Eigenschaften,  die  uns 
bewußt  werden.  Bewußtwerdungen  von  „allgemeinen"  Eigenschaften  der  lebenden 
Substanz  sind,  und  daß  auch  unsere  bewußte  „Logik"  nur  ein  Kind  —  das  jüngste 
und  in  mancher  Hinsicht  das  schwächste  Kind  —  der  allgemeinen  und  schaffenden 
Logetik  der  lebenden  Substanz  ist.  -) 


')  Bei  teleologischen  Verrichtungen  ist  Her  Logos  des  Telos,  die  Kenntuiß  des  Endes 
(Zieles)  da.  Bei  der  Entelechie  (Aristoteles)  liegt  das  Wesen  des  zu  erreichenden  in  der 
Wirkung,  welche  erst  ausgewirkt  mulS  haben,  um  uns  ihr  Ziel  zu  zeigen.  Enteles  echein 
=  die  Vervollständigung  in  sich  haben. 

Die  Intuition,  in  der  die  ungesuchten  Anschauungen  in  uns  aufblühen,  wirkt  reiner 
entelechisch  als  der  zielbewuste  —  zweckvisierende  Verstand.  Bei  der  Intuition  (bei 
dem  reinen  entelechischen  Denken)  ist  man  sich  manchmal  nicht  einmal  bewußt  von 
einem  Streben  nach  einer  Lösung,  doch  kristallisiert  die  Lösung  aus  sich  selbst  heraus. 
Das  zielbewußte  Denken  aber  ist  nicht  voraussetzungsfrei  und  oft  einseitig. 

-)  Der  Ausdruck:  „Logetik  der  lebenden  Substanz"  ist  nicht  im  materialistischen 
Sinne  gemeint,  d.h.  die  lebende  Substanz  ist  hier  nicht  als  Schöpfei-  der  Logetik  gedacht, 
aber  die  Logetik,  welche  der  lebenden  Substanz  (sowie  der  ganzen  Welt)  inhcrent  ist, 
hat  aucli  diese  lebende  Substanz  geordnet. 


KRHTE8  KAPITEL. 


DIE   HISTOLOGIE   DES   NERVENSYSTEMS. 


Die  Morphologie  der  nervösen  Elemente. 

\'on    den    nervösen    Elementen    werde    ieh    zunächst    die    Sinneszellen 
beseii  reiben. 

Absichtlich  stelle  ich  mit  den  Hektwigs,  Droogleevkr  Fortuyn  u.  A. 
die  Sinneszellen  und  nicht  die 
Ganglienzellen  voran.  Denn 
erstens  tritt  der  Reiz  in  den 
meisten  Fällen  mittels  Sinnes- 
zellen in  den  Tierkörper  ein 
und  geht  also  in  der  Tätig- 
keit des  Nervensystems  die 
Sinneszelle  der  Ganghenzelle 
voran. 

Zweitens  hat  man  guten 
(irund  die  Sinneszelle  und 
zwar  die  Sinnesnervenzelle,  als 
l>hylogenetisch  älter  zu  be- 
trachten, und  sich  die  Gang- 
lienzelle  aus  der  Sinnesnerven- 
zelle hervorgegangen  zu  den- 
ken. 

In  Übereinstimmung  da- 
mit ist,  daß  die  Sinnesnerven- 
zelle histologisch  einen  primi- 
tiveren,   weniger    differenzierten  Giiarakter 


Fig'.  1.  Riechnervenzellen  (R)  des  Kaninchens 

Nach  G.  Retzrts. 
fo.  =  lila  olf.  activa  (Nervenfortsätze), 
gl.  =  gluinenili  (Endigung  derselben). 


als    die  Ganglienzelle  aufweist, 


6 


DIE    SINNESNEU VKNZEIJ.KX. 


indem     ihr    Zelleib    keine    Tigroidsubstanz    und    ihr    Neurit    keine    Mark- 
scheide bildet. 

Die  Sinnesnervenzelle  (Fig.  1),  als  deren  Prototyp  bei  den  Wirbeltieren 
die  Riechnervenzelle  betrachtet  werden  kann,  unterscheidet  sich  von  der 
reinen  Sinneszelle  dadurch,  daß  sie  sich  in  einer  Nervenfaser,  dem  Nerven- 
fortsatz, fortsetzt. 

Ihr  Zellkörper  liegt  meistens  im  Epitliel  und  manchmal  an  der  Ober- 
tiäclie  des  Körpers,  in  welchem  Falle  sie  sehr  oft  ein  oder  mehrere 
Sinneshaare  trägt. 

Diese  Sinneshaare  können  zugespitzt  sein,  wie  im  Riechepithel,  oder 
knopfförmig  enden,  wie  im  Saccus  vasculosus  der  Fische  (Fig.  2)  und 
stehen  in  dem  Zellleib  mit  Körnern  oder  Doppelkörnern,  sog.  Diplosonien 
in  Verbindung  (vergl.  Fig.  2),  welclie  als  Derivate  von  Zentrosomen  und 
oti'enbar  als  rezeptorische  Gebilde  zu  betrachten  sind  (s.  auch  S.   18). 

Wenn  die  Hauptmasse  des  Zell- 
körpers unter  dem  Deckepithel  liegt, 
weist  die  Zelle  einen  dünnen  Fortsatz 
zur  Oberfläche  auf.  Ein  solches  Bild 
bieten  manchauil  die  Kiechnervenzellen 


■mÄ 


^  Diplos. 


Stiitzz. 


(siehe  Fig.  1) 


Nervenfoitsätze 
(abgeschnitten). 

Fig.  2.  Sinnesnervenzellen  aus  dem 

Saccus  vasculosus  von  Trutta 

iridea,  n.  Dammeuman. 


Die  Sinnesnervenzellen  können  auch 
in  einer  Innern  Raumbekleidung  liegen 
—  wie  in  dem  Saccus  vasculosus  der  Fische, 
wo  sie  dem  Liquor  cerebro-spinalis  zu- 
gewandt sind. 

Ausnahmsweise  erreicht  die  Zelle 
oder  ein  Ausläufer  ilavon  niclit  die 
Oberfläche,  sondern  es  liegen  darüber 
einige  Zellschichten  ausgebreitet,  wie 
dies  u.  a.  bei  den  Gesichtszellen  des 
zusammengesetzten  Auges  der  Insekten 
und  bei  manchen  Würmern  der  Fall  ist,  oder  aber  die  Sinnesnervenzellc 
liegt  sogar  im  Zentralnervensystem  eingebettet,  wie  die  Sehzellen  im 
Rückenmark  von  Amphioxus  (vergl.  Fig.  50).  In  solchen  Fällen  können 
die  Sinneshaare  durch  einen  mehr  gedrängten  StiftcJicn-  oder  Palissadensaum 
ersetzt  sein  (siehe  Fig.  51). 

Die  Sinnesnervenzellen  weisen  in  ihrem  Protoplasma  deutliche  Fibrillen 
auf  (Fig.  2  und  51),  welche  sich  in  ilire  eferenten  Ausläufer  fortsetzen 
und  manchmal  eine  sehr  be.sondere  Anordnung  aufweisen,  wie  in  den 
Lichtzellen  von  Amphioxus  (Boeke). 

Der  eferente  Nervenfortsatz  ist  meistens  unverzvveigt  und  zielit  fast 
immer  ins  Zentralnervensystem,  oder  (bei  niederen  Tieren)  in  einen  sub- 
epitlielialen  Ganglienzellplexus  hinein.  Er  führt  nie  eine  ^hirkscheide,  wie 
der  Axon  mancher  Neuronen  sie  führen  kann,  unrl  hat  eine  viel  geringere 


DIK    SINNESNEKVENZEI.lJCiV.  / 

Leitungsschiielligkeit  1)  als  jener.  Durch  den  Besiti5  eigener  Fibi'illen  und 
eines  Nervenfortsatzes  unterscheidet  sich  die  Sinnesne?'DenzelIe  von  den 
reinen  Sinneszellen  (Fig.  4).  Sie  gestatten  der  Sinnesnervenzelle,  den  empfan- 
genen Keiz  auf  gruiiere  Strecken  weiterzuleiten. 

Das  Ve)-mögen  der  Reizaufnahme,  welches  sich  besonders  in,  der  reinen 
Sinneszellc  entwickelt,  und  das  Vermögen  der  Heizleitung,  das  besonders  der 
Ganglienzelle  eigen  ist,  sind  also  in  d.er  Hinnesnervenzelle  noch  vereinigt. 

Der  primitive  Charakter  der  Sinnesnervenzelle  tritt  auch  dadurch 
hervor,  daß  sie  für  sieh  allein  ein  vollständiges,  unabhängiges  Nerven- 
.systeni  bilden  kann,  indem  ihr  Nervenfortsatz  sich  in  einigen  Fällen  nicht 
dem  übrigen  Nervensystem  ansehlieüt,  sondern  unmittelbar  eine  Muskel- 
faser innerviert.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ist  dies  manchmal  bei 
Coelenteraten  der  Fall  und  in  den  Fühlhöruern  der  Sclniecken. 

Die  Sinnesnervenzelle  kann  indessen,  durch  besondere  Umstände,  ilii-en 
langen  Nervenfortsatz  erheblich  einkürzen  sodaß  sie,  oberflächlich  be- 
trachtet, einer  Sinneszelle  ähnelt. 

Letzteres  ist  der  Fall  mit  den  Sehzellen  der  Wirbeltiere.  Während  die 
Sehzellen  der  niederen  Tiere  alle  Charakteristica  der  Sinnesnervenzellen 
haben  wegen  ihres  langen  zellnlifugalen  Ausläufers  und  ihrer  deutlichen 
NeuroflV)rillen,  liilden  die  Stäbchen  und  Zapfe»  der  Wirbeltier- retiiia,  obschon 
wesentlich  Sinnesnervenzellen,  gewissermaßen  ein  Übergangsstadium  zu  den 
reinen  Sinneszellen  -),  weil  ihr  zellulifugaler  Ausläufer  sehr  kurz  ist.  (Siehe 
Fig.  3C')  und  weil  es  nicht  sicher  ist,  ob  die  Längsstreifung  in  ihrem 
Innern  (Fig.  oB)  ein  Ausdruck  von  der  Anwesenheit  wirklicher  Neuro- 
fibrillen ist.  Schneider  und  Bernakd  betrachten  sie  als  solche.  Gaupp 
und  Kolmer  als  Kanellierungen  3). 

In    diesen    Zellen    liegen   die   Dvplosomen,   ebenfalls  in  dem   dem  Reiz 


')  Nach  Ambronn  und  Helh  haben  die  Fila  olfactiva  des  Hechtes  eine  ganz  dünne 
Markschicht.  Farblich  ist  diese  jedoch  nicht  zu  demonstrieren.  Es  handelt  sich  dabei 
vielleicht  bloß  um  eine  Lipoidschicht. 

Ihre  Leitungsschnelligkoit  pro  Sekunde  ist  0.75  M.  gegen  bisweilen  60 — 1'20  M.  in 
den  Achsenzylindei'n  der  Neuronen.  Die  größere  Leitungsschn'elligkeit  markhaltiger  Ach- 
senzylinder hängt  zweifellos  zusammen  mit  der  Ausbildung  des  Myelins  (siehe  am  Schluß 
dieses  Kapitels). 

')  Ich  will  hieiniit  nicht  behaupten,  daß  die  reinen  Sinneszellen  aus  Sinnesnerven- 
zellen hervoi'gegangen  sind.  Eher  bin  ich  dazu  geneigt,  anzunehmen  daß  sie  ursprüng- 
lich Scheidenzellen,  eine  Art  Lemnoblasten,  sind,  die  sich  besonders  spezialisiert  haben 
weil  ihre  Lage  und  ihr  intimer  Verband  mit  Neuiofibrillen  günstig  waren;  wissen  wir 
doch  auch  (siehe  die  Einleitung)  daß  das  Vermögen  der  Reizbarkeit  nicht  nui'  beschränkt 
ist  auf  das  Nervensystem,  sondern  eine  allgemeine  Eigenschaft  des  Protoplasmas  darstellt. 

')  Das  Faserellipsoid  der  Zapfen  ist  nicht  als  ein  neurolibrilläres  Gebilde  zu  betrach- 
ten, weil  es  nicht  in  den  Fortsatz  durchgeht.  Indessen  wachsen  von  außen  her  keine 
Fibiiilen  in  sie  hinein,  wie  es  bei  den  reinen  Sinneszellen  der  Fall  ist  (s.  u  )  und  müssen 
wir  m.  E.  annehmen  daß  die  Zapfen  und  Stäbchen  der  Ketina  doch  ganz  feine  Eigen- 
fibrillen  führen. 


IHK    SJNXESNKKVENZKLLEX 


TelL. 


T)  Iplo^o  n\en. 


1  .      .  ''S\*3-'^/ 


.I.f. 


Fiff.  3  .1. 


Stäbchen  - 
Zapf 


Sinuesuerveu 
Zellen. 


Schal  tzellen. 


Optikus- 
faserzellon. 


Fi-.  3  B. 


Fig.  3  C. 
Fig.  3.  Die  Sinnesnervenzellen  (Stäbchen  unil  Zapfen)  der  Retina. 

A.  In  einem  Lachsenibryo  n.  Fürst.  Man  beobachte  die  Lage  der  Diplo- 
somen  in  dem  zukünftigen  perzipierenden  Teil  der  Zellen. 

B.  Ausgewachsene  Zapfen  (links)  und  Stäbchen  (rechts)  in  dem  Auge 
eines  Knochenfisches  (Blennins)  n.  Koi.mku.  Man  beachte  die  Lage 
der  Diplosomen  und  deren  Verbindung  mit  dem  Aulienfaden  (A.  f.) 
und  Innenfaden  (I.  f.). 

C.  Die  Verbindung  der  Zapfen  und  Stäbchen  mit  Ganglienzellen  n.  Van  Gehuchtkn, 


DIE    KKIXKN    ^^I^■^■1•:SZEL1.EN.  9 

zugewandten  Absc;lniitt  des  Zelleibes  (Fig.  oA  und  'Mi).  In  ausgewachsenen 
Tieren  findet  man  sie  auf  der  Grenze  des  Innen-und  Außengliedes  und 
stehen  sie  in  \'^ei'bindung  mit  einem  starken  „AuDenfaden"  der  dem  Reiz 
zugewandt  ist  (Kolmek  Held,  Retzius)  und  —  weniger  konstant  —  mit 
einem  schwachen   Innenfaden. 

Es  können  sicli  in  den  Stäbchen  und  Zapfen  besondere  Gebilde,  wie 
die  Stäbchenellipsoide  der  Vertebratenretina  oder  eigentümliche  StoH'e 
{Sehpurpw,  Bull)  entwickeln,  für  deren  Bedeutung  für  daß  Farbensehen 
ich  auf  die  Spezialabhandlungen  verweise. 

Die  Zapfen  und  Stäbchen  der  Retina  haben  die  Eigentümlichkeit,  dali 
sie  Tropismen  aufweisen  bezüglich  des  Lichtes  (Engklmann,  van  Gendeuen 
Stokt).  Die  Zapfen  sind  positiv  phototrop;  die  Stäbchen  negativ  phototrop 
(nur  schwach,  namentlich  bei  höheren  Tieren:  Gakten). 

Diese  Erscheinung  ist  auch  deshalb  wichtig  für  uns,  weil  sie  beweist, 
daii  Elemente  des  Nervensystems  auf  Reize  tropistisch  reagieren  können 
und  zwar  sowohl  in  stimulo-petalem,  wie  in  stimulo-fugalem  Sinne.  (Vergl. 
am  Schlusz  dieses  Kapitels,  die  Lehre  der  Xeurobiotaxis).  — 

Typische  Beispiele  von  reinen  Sinneszelloi,  sind  die  Zellen  der  Gehör- 
und    Gleichgewichtsorgane   (Fig.    4)    und  der  Geschmacksknospen  (Fig.  122). 

Sie  unterscheiden  sich  von  den  Sinnesnervenzellen. durch  einen  Mangel 
an  Eigen-fibrillen  und  namentlich  durch  den  Mangel  eines  Nervenfortsatzes. 
Es  sind  hauptsächlich  perzipierende,  viel  weniger  leitende  Zellen. 

Ob  sie  phylogenetisch  hervorgelien  aus  Sinnesnervenzellen  ist  unsicher. 
Persönlich  bin  ich  eher  zu  der  Annahme  geneigt,  daß  sie  aus  gewöhnlichen 
I'jpithel-  oder  aus  Hüllzellen  entstehen. 

Die  Sinneszellen,  welche  an  einer  Oberfläche  liegen,  weisen  auch 
Sinnes-/taa?'e  auf,  welche  ebenfalls  in  \'erbindung  stehen  mit  Diplosoinen 
und  verschiedene  Gestalten  annehmen  können. 

Nicht  immer  erreichen  aber  die  Sinneszellen  die  Oberfläche  des  Epi- 
thels, wie  die  MERKEL'schen  Tastzellen  der  Säugetiere  (Fig.  27A)  beweisen 
und  liegen  sie  sogar  bisweilen  im  Bindegewebe.  In  solchen  Fällen  tragen 
sie  keine  Sinneshaare. 

Ob  die  wahren  Sinneszellen  sich  imujer  aus  Epithelzellen  entwickeln, 
war  lange  Zeit  eine  Streitfrage.  Nach  der  Meinung  Boeke's  und  seiner 
Schüler  ist  dies  nicht  notwendigerweise  der  Fall. 

Eigene  Fibrillen  gehen  den  Sinneszellen  —  wie  gesagt  —  ab.  Die 
Fibrillen,  welche  man  darin  findet,  sind  Fortsetzungen  der  Fibrillen  der  ihnen 
zustrebenden  peripheren  Nerven  (London,  Kolmer,  Boeke). 

Das  Zentrosom  ist  in  allen  ausgewachsenen  Sinneszellen  noch  nicht 
nachgewiesen.  In  den  Hörzellen  wurde  es  indessen  von  Held  gefunden 
in  dem  dem  Reiz  zugewandten  Abschnitt  der  Zelle  (Fig.  4)  und  scheint 
es  mit  den  Hörhaaren  zusammenzuhängen  in  ähnlicher  ^\^cise,  wie  die 
Diplosomen  mancher  Sinnesnervenzellen  mit  den  Sinneshaaren. 


lU 


DIK    KEIMON    SINNEjiZELLEN. 


Sowohl  die  Sinncszelleii  ah  die  Sinnesnervenzellen  enthalten  niemals  iMssl'- 
sehe  Körper  {Tigrold-suhstanz.) 


Sinnesliaar. 


Sinnes 
Zellen. 


Diplosom. 
Stutzzelle. 


Bind.  z. 


Sens.    Neiv.    —   —    —    —   " ,       ~       ~  Jt     '    ' ' 

von  ^■^.^j/^^^^')^,'     _--i 

Lanterm.  — ^"^    ^ —      ''  — 


Markscheide. 


Kig.  4ii.   Keine  Sinneszellen  und  Stiitzzellen  aus  der  Crista  acustica 
von  Proteus  anguineus  n.  Retzius. 


Hörzellon. 


Nerv. 


NebiMi  den  Siiiiiesiierven- 
zellen  und  Siuneszellen  spielen 
die  Ganglienzellen,  die  sich  von 
den  obengenannten  Zellen  un- 
terscheiden durch  den  Besitz 
von  Nissi/schen  Körperchen 
(Tigroidsubstanz,  Fig.  6).  eine 
große   Rolle. 

Während  einige  Unter- 
sucher, wie  Kleinenüerg 
(vergl.  Parker)  geneigt  sind 
die  Ganglienzellen  —  Nerven- 
zellen sensu  strictiori  —  abzu- 
leiten von  den  primitiven 
Neuro-muskularzellen  der  Aktinieii,  sind  die  Hektwi 


Vh^.  41).  Schematische  Darstellung  dei-  Hur- 
zellen in  dem  CoRTi'snhe  Organ.  Man  beacliie 
die  Lage  des  Zentrosoms  (oberhalb  des  Ker- 
nes) in  dem  dem  Reiz  zugewandten  Abschnitt. 

lin<l    DROOliLEEVEU 


DJ]-;    l'KIMl  riVlOX    (iANIiLIEXZKT.LKX. 


11 


Fortuyn  mehr  ,n'eneigt  darin  eine  weitere  Ausbildung'  der  iSinue.snervenzellen 
zu  sehen. 

Hierfür  spricht  m.  E.  auch  die  Tatsache  daß  manche  bipolare  (sen- 
sible) Ganglienzellen  der  \'ertehraten  aus  sog.  Plakoden  hervorgehen,  welche 
nichts  anderes  sind  als  im  Deckepitliel  vorkommende  örtliche  Anhäufungen 
einer  Art  Sinneszellen.  Auch  können  junge,  Inpolare  Ganglienzellen  (Fig.  8^') 
Sinnesnervenzellen  (siehe  P'ig.  1)  selir  ühnlich  sein. 

Indesseu  ist  die  l'^rage,  ob  die  Nerven-Muskelzellen  der  niederen  AVirbellosen 
in  ihrer  weitereu  Ditterenzierung  beitragen  zu  der  Bildung  motorischer  (4;uiglien- 
zellen,  damit  nicht  eo  ipso  verneinend  zu  beantworten. 

Ifh  werde  aber  die  weitere  Diskiis.iion  dieses  Punktes  den  Kennern  der  Wir- 
bellosen überlassen. 


Die  Ganglienzellen  können  wieder  in  zwei  Hauptgruppen  verteilt  werden. 

Die  erste  Hauptgruppe  ist  diejenige,  in  welcher  die  Ausläufer  der  Zelle 
keinen      histologischen      oder 
funktionellen  Unterschied  auf- 
weisen,  wobei  die  sog.  Polari- 
sation der  Audiiu.fer  fehlt. 

Man  spriclil  dann  yow 
primitiven  Ganglienzellen.  In 
Übereinstinnnung  mit  dem 
Mangel  an  Polarisation  ist 
eine  Durchströmungsmöglich- 
keit solcher  Gangliensysteme 
in  beiden  Richtungen  vorhan- 
den, und  spricht  man  deshalb 
auch  wohl  von  einem  asgnap- 
talen  ^)  Netzwerk. 

Die  primitiven  (jangüen- 
zellen  sind  bipolar  oder  (öfter) 
multijiolar.  (Siehe  Fig.  5  in  der 
Mitte).  Ilire  Fortsätze  sind 
einander  völlig  gleich  und  wei- 
sen nie  eine  Markscheide  auf        ,..      r    »,t  u-     i  •    •.■       r.       i- 

I' ly.   o.   Multipolare   primitive    Ganglienzelle 

(Vergl.  auch  S.  22).  (i„  dg,  Mitte) 

Bis  jetzt  verfügt  man  noch      des  Baiichstranges  eines  Regenwurmes,  n.  Retzius. 
nicht    über    ein    histologisches  '-*'^'="  ^^'C'  imiliolare  Neurunen. 

Kennzeichen,     um    die    Rich- 
tung   zu    bestinnnen,    in    welchei-    der    Reiz  einen  bestimmten  l''urtsatz  i>e- 


')  Von  a  =  a  |irivans  iind  Synaps  illi.  Verbindung  is.u.).  Uer  Nanje  Synaps  Ijcdeutct 
zwar  „Verbindung'  ebne  weiteres,  man  verstellt  (biiiinter  abei-  in  der  Nenrebigie  eine 
polarisierte,  d.b.  einseitig  ilurchlässige  Verljindung. 


12  DIE    POLARISIKUTEN    GAXtiLIEXZEI.LEN    ODER    NEURONEN. 

wohnlich    durchläuft,    es   .sei    denn,    dall  dieser  mit  einer  Sinnesnervenzelle 
oder  einer  Muskelfaser  zusammenhängt. 

Diese  Zellen  i)  sind  zahlreich  hei  den  Coelenteraten  und  auch  hei  den 
Würmern.  Bei  Wirheitieren  kommen  daran  verwandte  Formen  nur  vor 
in  dem  sympathischen  System  (s.  Seite  21). 

Die  einseitige  Durchströmungsmöglichkeit,  welche  man  als  das  synaptale 
Verhalten  des  Nervensystems   bezeichnet,  tritt  erst  auf  mit  der  besondern, 

dynamischen.  Polarisation  der  Ganglien, 
wie  man  sie  in  den  Iiöheren  Ganglien- 
zellen oder  Neuronen  findet,  wobei  ein 
Ausläufer,  der  Achsenzylinder  oderiVew- 
rit,  unter  pliysiologischen  Umständen 
bloß  zellulifugal  leitet,  während  die 
andern  Ausläufer,  die  Dendriten,  nur 
zellulvpetal  leiten. 

Der  Neurit,  der  zellulifugal  leitet, 
ist  meistens  dünner  als  der  Dendrit 
und  unterscheidet  sich  von  diesem 
aulierdem  durch  den  Mangel  an  Nissl'- 
schen  Körperchen  und  einen  gros- 
sem Gehalt  an  Alkalichloriden  (s.u.). 
Sein  Anfang  wird  als  A.ivnhiigel  be- 
zeichnet (Fig.  G),  sein  Ende  nennt  man, 
T  "^    '^^  jfitftiLT  (falls    es   sich  nicht  mit  einer  Muskel 

,- 1-  ^M  .iam,  ^^Sri.  oder    Drüse    verbindet;  s.u.),   Teloden- 

^  -371  ^*t  ee^/     ff  X^^        I         dnon,  wenn  es,  wie  dies  meistens  der 
^\^    *»  Tfi^^*'  J         Füll  ist,  reichlich   verästelt  ist  (vergl. 
'         ^  * —       ^-'*'    ^  die    Endverästelung  der  Sehnervenfa- 

sern (f.ojjt.)  in  Fig.  11-').  Sonst  spricht 
/^xon.  man  von  einem  ^;idÄor6  (Fig.  22)  oder 

l:'  einer    Endplatte    (im    Nucleus  tangen- 

Fig.  6.    Pyramidenzelle    aus  de.-  Rinde      t^'^lis ;   siehe   Kapitel   IV). 

des  Menschen.  Die    Dendriten,    deren    Protoplas- 

mastruktur,  aucli  durch  der  Besitz  von 
Tigroidschollen,  gänzlich  mit  der  des  Zelleibes  übereinstimmt  (Fig.  G), 
können  sich  über  meiirere  Flächen  ausbreiten,  aber  auch  in  einer  Fläche 
orientiert  sein.  Dies  hängt  ab  von  den  Reizen,  die  ihnen  zuströmen. 
{Neurobiotaxis ;  siehe  am  Schluß  dieses  Kapitels). 

Eine  flache  Ausbreitung  kommt  vor  bei  den  Dendriten  der  Purkinje- 
Zellen  (Fig.  7)  und  bei  den  motorischen  Uückenmarkszellen  von  Petro- 
myy.oii   (Fig.    5G   und    57).    Bei    den    erstgenannten    Zellen  weisen  sie  ganz 

')  Die  Lage  des  Zentrosoms  in  diesen  Zellen  ist  noch  zu  wenip-  untersucht.  (Vergl. 
Hamaker,  Lewis,  Smali.wood  und  Rogers.) 


DIR    POLAKISIKRTKN    (i  A  X(il,IKNKTJ,RN    ODER    NEl'RONEX. 


n 


kleine  Dornfortsälze  auf  (/Voms.^fx  spkiosl  oder  moidlifonnei<),  was  ancli  Ixm 
den  Zellen  des  Slriatums  und  des  Ammonsliornes  der  Fall  ist. 

Die   Schallung   der   Neiironen  findet  nur  so  statt,  daß  heteronome  Teile 

3 


Fig.    7.    FIlirheniMisdelinung    der  Dendriten  der  Purkinjezeilen 
in  der  Kleinliirnrinde  der  Katze. 
7   A.  Srhnitt  pniulell  zu  den   Finrlien.  7   R.  Senkrecht  zu  den  Fnrehen. 


sich  miteinander  verbinden.  Nie  findet  eine  Verbinding  von  Axonen 
untereinander,   oder   von  Dendi'iten  untereinander  statt  (.siehe  weiter  S.  80). 

Der  Zellkrirjier  kaini  aufier  der  Nissi.-8ubstanz  und  den  Fibrillen,  ver- 
schiedene andere  Gebilde :  Trophospon^rien  etc.  aufweisen,  welche  allen 
Ganglienzellen  eigen  sind,  und  worauf  ich  später  (Seite  23)  weiter  einge- 
hen werde. 

Diese  h(")heren  ({anglicitzellen  oder  Neuronen  kann  man  der  Form  nach 
in  unipolare,  bipolare  und  multipolare  unterscheiden.  Bei  den  %mipola.ren 
Neuronen,  tritt  der  Neurit  oder  Axon  nicht  seliiständig  aus  dem  Zellkr>rper 
hervor,  sondern  bildet  gemeinschaftlicli  mit  dem  Hauptdendriten  einen 
Stammfortmiz,  welcher  der  einzige  Fortsatz  der  Ganglienzelle  ist.  Der  Reiz 
läuft  alsdann  in  diesem  Stammfortsatz  in  beiden  Richtungen. 

Es  ist  auö'allend,  dafi  dieses  unipolare  Neuron  bei  manchen  Wirbel- 
lo.sen  :  Würmern  (Fig.  5)  Schnecken  und  Arthropoden,  der  am  häufigsten 
vorkommende  Ganglienzelltypus  ist. 

Es  handelt  sich  dort  oflcnbai'  um  eine  primäre  Monopolariild,  welche 
in  diesen  Fällen  mu'  lieweist,  dali  der  unipolare  Fortsatz  im  wesent- 
lichen eine  Verlängerinig  des  Zellleibes  ist  und  (wie  dieses)  einen  Neuriten 
abgeben  kann. 

Naeli  Lewis  ist  das  Verhalten  des  Zellausläiifers  zu  dem  Zpiitroxom  in  diesen 
Zellen  nicht  konstaut.  Erstgenannter  f^'elit  meistens  aus  einer  Stelle  der  Zellober- 
Hiichc   hevv(n',    welcher  zwischen   Zentrosom   und   Nucleus   liegt. 

Es  gil)t  al)er  Neuronen  in  denen  ilie  Unipolarität  sekundär  ist  und  aus 
einer  sekundären  Annäherung  antipolar  entstandener  Ausläufer  einer  ur- 
sprünglich bipolaren  Zelle  hervorgebt.  Dies  ist  der  Fall  liei  den  spinalen 
Ga)i(]lienzclleu   {V\g.  8). 


14 


DU';    IMir.AKISTEKTEN    (;  ANliUENZKLIKN    onKK    NEVRONKN. 


Die  Grünile,  welclR'  diese  Anii;ilienuip:  veranlassen,  sind  niclit  genügend 
ermittelt. 

Es  scheint  mir,  daß  die  nach  außen  vor  sich  gehende  Verlagerung 
der  Zelleiljer,  welche  die  Spinalganglienzellen  wahrend  der  Ontogenese 
und    der    Phylogenese    aufweisen,  keine  Erklärung  gibt  für  eine  so  intime 

sekundäre  Vereinigung  von  Hauptden- 
drit und  Achsenzjiinder,  und  daß  hier- 
hei  vielleicht  auch  andere  Einflüsse  eine 
Kolle  spielen.  Der  rezeptorische  Ausläu- 
fer der  Spinalganglienzellen  ist  auch  in 
anderer  Hinsicht  vei'schieden  von  den 
Dendriten  im  Zentralnervensystem,  weil 
er  der  einzige  Dendrit  ist,  der  eine  Mark- 
scheide bildet.  In  der  Beziehung  be- 
nimmt er  sich  also  wie  ein  Axon. 

Es  ist  nicht  unmöglich,  daß  unter 
gewissen  Umständen  von  der  Zelle  ')  her 
zugleicherzeit  Eeize  nach  dem  Eücken- 
mark  und  nach  der  Peripherie  ziehen, 
und  dabei  also  eine  gleichgerichtete 
Durchstn'imung  in  dem  T-stück  stattfin- 
den kann,  welche  auf  die  Konsolidie- 
rung der  Ausläufer  zu  einem  Ganzen 
einen  Eintluß  ausübt. 

Der  periiihcre  Ausläufer  kann  ein 
freies  Ende  aufweisen  oder  mit  Sinnes- 
epithel in  Verbindung  treten  (Fig.  27). 

Die  Spi)ialgangliemellcn  mit  freien 
Endigungen  nehmen  teilweise  eine  Son- 
derstellung ein,  indem  sie  zwar  ganz 
den  Charakter  eines  Neurons  haben,  aber  ihr  Dendrit,  der  besonders  lang 
.sein  kann,  selbst  den  Reiz  aufnimmt,  statt  ihn  von  einer  andern  (z.  B.  Sinnes-) 
Zelle  zu  übernehmen.  Diese  Zellen  sind  denn  auch  nicht  durch  Umwand- 
lung  aus  primitiven   Ganglienzellen  entstanden,   wie   die   andern    Neuronen, 


Fig.  8.  Ganglion  Gasseri  eines  Embryo 
von  Cavia  cobaya  n.  v.\n  Gkhuchten. 
Übergiinge  (ft)  vun  bipolai'en  Gang- 
lienzellen   {a)    in    nionopoliiren 
Ganglienzellen  (c). 


')  Sicher  ist,  daß  diese  Zellen  manchmal  Reize  aus  dem  sympathischen  Nervensysteme 
aufnemen,  welche  Reize  nach  dem  Rückenmark  und  nach  der  Peripherie  übermittelt 
werden.  Letzteres  dürfte  die  Korrespondenz  gewisser  Hautabschnitte  mit  einem  gewissen 
Bezirke  der  Eingeweide  (Head)  welche  manchmal  deutlich  bei  -Aflektionen  der  letzteren 
zu  Tage  tritt,  erkhiren. 

Kiese  peiiphere  Leitung  könnte  sowohl  zu  einer  grüliern  Empfindlichkeit  jener 
llautabschnilte  ^Herabsetzung  dei-  Reizschwelle)  beitragen,  als  auch  gewisse  segmentilre 
Eruptionen  erklären  (Herpes  zostei). 

Daß  der  periphere  Ausläufer  aber  als  Dendrit  angelegt  wild,  geht  aus  seiner 
sjiStern  Bildung  hervor. 


DIE    l'dLAIMSIKirnON    (i  A  NOI.I  KNZKI.LKX    ODKK    NICriJONKX  lö 

sondern  sie  sind  (teihvcMsc  direkt)  von  ursprünglichen  SlnnesncrveiizeUru,  sog. 
Plakodenzellen  abzuleiten. 

AVährend    das    Zentrosoni  in  der  Hpinalganglienzelle  —  so  lange  diese 
liijMilar  ist  —  wie  es  sclieint,  dem  Dendriten  gegenüber  liegt  (Fig.  9-')  findet 


Centi'os. 


Duiidritfii. 


"'T 


^  ■-.         Aclisenzyl.  foits. 

Fig.  9A.  Lage  des  Zentrosoins  in 
dem     dendritisclien     Fortsatz      em- 
bryonaler, Docli  bipolare!'    Ganglien 
Zellen  n.  V.\n  der  Stricht. 


Fig.  9B.  Lage  des  Zentiosotus  in  einer- 
monopolaren  Spinalganglienzelle  einer  er- 
waclisenen  Ratte  n.  HataV. 


Fig.  90.  Spinalganglienzelle  mit  reiie.striertem  Rande  von  Orthagorisciis  mola. 

n.  G.  Lkvi. 

man  dasselbe  in  der  monopolaien  Ganglienzelle  (weim  es  überhaupt  nach- 
weisbar bleibt)  oft  der  gemeinschaftlichen  Abgangsstelle  des  unipolaren 
Fortsatzes  gegenüber    (Fig.  9^). 

Die  Spinalganglienzellen  unterscheiden  sich  außer  durch  ihre  Mono- 
polaritüt  manchmal  (namentlich  bei  niedern  Wirbeltieren)  durch  einen  durch- 
löcherten (fenestrierten)  oder  lobierten  Rand  (Fig.  9*"),  was  mit  der  Ernährung 
des  Zellleibes  zu.sammen  hängt  (siehe  auch  das  Trophospongium  in   Fig.  20). 

Bei    den    niederen   Tieren  bleiben  die  Spinalganglien  meistens  bipolar, 


16  niE    POLARISIERTEN    GANGLIENZELLEN'    ODER    NEURONEN. 

und  bilden  sie  typisclu'  Beispiele  bipolarer  Neuronen,  wobei  der  eine 
Pol  den  Achsenzylinder,  der  andere  einen  Dendriten  aussendet.  Auch  bei 
den  Purkinje-zellen  (Fig.  328)  des  Kleinhirns  kommt  eine  ausge.sprochene 
Bijiolarität  vor,  in  solchem  Sinne,  daß  aus  dem  einen  Pol  der  Zelle  der 
Achsenzj-linder,  aus  dem  anderen  der  sich  bald  wieder  verästelnde  Dendrit 
hervorgeht.  Das  Zentrosom  in  diesen  Zellen  liegt  oft  den  Dendriten  gegen- 
über. (Vergl.  Fig.  12.)  Es  gibt  indessen  auch  liipolare  Ganglienzellen, 
■wobei  beide  Pole  einen  Dendriten  aussenden,  welche  sich  in  seinem 
weiteren  \'erlaufe  wieder  verästlen  kann,  und  wovon  einer  in  seinem 
Verlaufe  den  Ach.senzylinder  aussendet.  Beispiele  davon  findet  man  manchmal 
in  den  Bisschofsstabzellen  des  Tectum  opticum.  (Fig.  11^,  432  und  448.) 
Eine  besondere  Form  der  bipolaren  Neuronen  bilden  die  Horizon- 
talzellen Cajal's  in  der  Kinde  junger  Tiere  (vergleiche  Fig.  10.)  und 
menschlicher  Foeten  (Retzius)  Diese  unterscheiden  sich  namentlich  dadurch 
von    allen  anderen  Neuronen,  daß  sie  meistens  zwei  (sogar  wohl  mal  drei) 


Fig.   10.   Horizontalzelle  aus  der  Zooa  molecularis  der  Gro.szhirnrinde  eines  8  Tage 

alten  Kaninchens  n.  Ca.iai-. 

Achsenzylinder  aufweisen,  was  eine  große  Ausnahme  im  Nervensystem  bildet. 

Diese  Aclisenzy linder  {A)  verlassen  das  Xeuron  indessen  nie  in  der  Nähe 
von  einander,  am  Zelleib,  sondern  an  weit  auseinander  liegenden  Stellen  ve^-- 
schiedener  Dendriten.  Sie  geben  —  Mae  die  Achsenzjdinder  es  im  Allgemeinen 
tun,  an  manchen  Stellen,  wieder  (nahezu  senkrecht)  Kollateralen  (C)  ab. 

Die  Lage  der  Zentrosomen  in  diesen  Zellen  ist  bisher  nicht  ermittelt. 

Die  Horizontalzellen  Cajals  sind  die  einzigen  bis  jetzt  bekannten  pluri- 
axonalen  Neuronen,  denn  sogar  die  multipolaren  Neuronen,  welche  die 
Mehrheit  der  Neuronen  der  Vertebraten  bilden,  weisen  nel)en  vielen  direkt 
aus  dem  Zellleib  hervorgehenden  Dendriten  immer  nur  einen  Achsenzy- 
linder auf. 

Ein  typisches  Beispiel  dessen  bilden  die  Pyramiden  der  Rinde  (Fig.  6), 
die  Vorderwurzelzellen  (Fig.  85)  und  namentlich  die  Mitralzellen  des 
Bulbus  olfactorius  (vergl.  Fig.  IIB),  worin  auch  die  senkrecht  vom  Achsen- 
zjdinder  abgehenden  Kollateralen  sehr  deutlich  sind. 

Wenn    bei    ausgewachsenen    multipolaren    Neui-onen    ein    Zentrosom  i) 

')  Es  wurde  (in  Sympathicnszellen  des  Kaninchens)  gesehen  von  Mann,  im 
folgenden  Jahre  von  v.  Lenhossek,  dessen  Deutung  jedoch  von  BUhi.er  und  Holm- 
GREN  bezweifelt  ist.  Kolstrr  u.  A.  (s.  u.)  haben  es  hei  vielen  Wirl)eltieren  gesehen. 


niK    l'(U,ARTSTER,TEX    (tANGLIRNZKLLICN    ODER    NET'RONEN. 


17 


sichtbar    ist,    so    liegt   dies    ul't   dem    Hauptdendriteii   gegeiiüV)er  (van  der 
Stricht;  Hatai;  siehe  Fig.   12). 


Fig.  "11/1.  Bipolare  Ganglien- 
zellen in  dem  Tectuni  opticum 
eines  Hiihnchens  n.  van  Ge- 
iirciiTEN  (Bisschofsstabzellen.) 

Man  beachte  den  Abgang 
des  Achsenzylinders  (pr.  cyl.) 
von  einem  Dendriten  (pr. 
prot.).  f.  opt.  =  Sehnerven- 
fasern, rani.  t.  =  Ramificatio 
terminalis  (Telodendrien)  der- 
selben. 


Fig.  HB.  Miiltipolare  Ganglienzellen  (c. 
mitr.  =  Mitralzelle)  in  dem  Riechkolben 
eines  Säugers  und  deren  Verbindungen  (gl.) 
mit  den  Riechfasern  (f.  olf.);  n.  van  Ge- 
HUCHTRN.  Man  beachte  den  senkrechten 
Stand  der  Kollateralen  (Col.)  auf  dem  Ach- 
senzylinder (proc.  cyl.). 


KvpPKits. 


II 


DIE    LAGE    DER    ZENTROSOMEN    IN    DEN    NEURONEN. 


Da   die   Diplosomcu   der  Siiiiiesuervenzellen  und  der  Sinneszellen  auch 
als  Derivate  von  Zentrosomen  zu  betrachten  sind,  so  zeigt  sich  also  in  beiden 


^  e^rvdxli. 


^/i\^  Ctmtt. 


(L 


Fig.  12.     Zentrosomen    in    Ganglienzellen    n.  H.\tai.  a.  Purkinjezelle  einer 
erwachsenen  Ratte:  ').  Pyramidenzelle  einer  jungen,  c.  einer  erwachsenen  Ratte. 


Fällen  das  Zentrosom  als  ein  dem  reizrezeptorischen  Teil  der  Zellen  zu- 
geneigtes Gebilde. 

Hiermit  stimmt  ilberein  die  von  Held  entdeckte  Tatsache,  daß  ihre 
Lage  während  der  Entwicklung  des  Neurons  zusammenfällt  mit  der  fibril- 
logenen  Zone.  Denn  die  fibrillogene  Zone  ist  offenbar  der  erste  Angreifungs- 
punkt   der    Reize,  oder  denen  entsprechenden,  embrvologischen  Einflüssen. 

Weil  nun  der  stimulofugale  Fortsatz,  der  Achsenzyliuder  erst  zur  Aus- 
bildung veranlalit  wird  (Fig.  36),  liegt  das  Diplosom  wälirend  der  Ent- 
wicklung zunächst  an  dessen  Pol.  Später  verlagert  es  sich,  und  Meil)t  es 
nahe  der  Stelle  der  Hauijtdendritenbildung  liegen. 

Diese  Tatsachen  sind  von  großem  Interesse  für  die  Lehre  der  ge- 
weblichen  Differenzierungen  in  Verbindung  mit  den  Prinzipien  R.vbl's 
und    meiner  Auffassung  des  Zentrosoms  als  Einfluß-rezeptorisches  Gebilde. 

Nach  DEL  Rio  Hürtec;a,  der  in  den  ausgewachsenen  Nervenzellen  bei 
geeigneter  Tmpregnation  fast  stets  Zentrosomen  fand,  weisen  dieselben  — 
namentlich   bei    altern    Lidividueu   —    oft   eine  Stäbehenform  auf. 

Im  senilen  Alter  zeigen  sie  oft  ^'eränderungen  filamentöser  Art, 
wobei  ein  Teil  der  Filamente  in  den  Dendriten  hineinragen  kann.  Viel- 
leicht, daß  dieser  Prozess  analog  ist  an  der  Bildung  des  Außenfadcns  in 
den  Elementen  der  Retina  oder  der  Sinneshaaren.  Da  eine  Zellteilung 
bei  älteren  Ganglienzellen  nicht  mehr  vorkommt,  ist  die  Rolle  der 
Diplosomen     in     jenen     Zellen     noch     unbekannt.     Nach    dem    Gesagten 


DHC    TIISTdLOGIE    DES    SYMPATHISCHEN    NERVENSYSTEMS.  19 

dürften    sie    aber,    wie    in    den     Sinneszellen,    mit    der     Reiznnfnahme    zu 
tun  liaben  (s.  Seite  6). 

Einer  besonderen  Beschreibung  bedürfen  die  sympathische»,  Ganfilienzellen, 
welche,  den  inneren  Organen  (henend,  sich  teilweise  (namentlich  bei  niederen 
Tieren)  im  Anschluß  an  die  Spinalganglien  bilden,  größtenteils  aber  (na- 
mentlich bei  höheren  Tieren)  durch  die  Vorderwurzeln  aus  dem  MeduUar- 
rohr  herauswandern  (Froriep,   Carpenter). 

Das  Verständnis  dieser  Zellen  setzt  die  Kenntnis  der  primitiven 
Ganglienzellen  und  der  Neuronen  und  deren  besonderen  Eigentümlichkeiten 
voraus. 

Man  kennt  sensible  und  efl'ektorische  Sympathikuszellen.  Erstere  enden 
namentlich  in  den  Muskelsepten  und  Organkapseln,  nichtinderMucosa(S.  37). 

Die  sensiblen  sympathischen  Neuronen  sind  in  ihrem  Bau  den  Spinalgan- 
glienzellen für  die  Haut  durchaus  ähnlich,  und  ihr  Zellleib  liegt  wahrschein- 
lich immer  an  derselben  Stelle  wie  jene:  in  den  Spinalganglien  (Froriep). 
Nur  sind  sie  viel  geringer  in  Anzahl  als  die  somato-sensiblen  Ganglien- 
zellen und  geringer  entwickelt.  So  führen  ihre  Ausläufer  keine  Markscheide 
(Langlev).  Beides  beweist,  'daß  diese  Neuronen  keine  große  Rolle  spielen 
und  daß  (he  gesamte  sympathische  Reflex-Funktion  (und  nicht  nur  deren 
effektorische  Tätigkeit)  sich  überwiegend  in  den  andern  Neuronen  dieses 
Systems  abspielt,  d.h.  in  den  sympathischen  Zellen  sensu  strictiorr,  den  soge- 
nannten effektorischen   Zellen,  deren  Anzahl  denn  auch  desto  gnißer  ist. 

Anhäufungen  solcher  Zellen  liegen  außerhalb  des  Intervertebralkanals  ^) 
direkt  gegen  die  Wirbelsäule,  in  dem  sog.  Grenzstrang  oder  weiter  davon 
entfernt  {vertehrale  und  praevertebrale  sympathische   Ganglien:  siehe  Fig.  100). 

Sie  empfangen  mittels  der  sog.  Bami  communicantes  albi  Fasern  aus 
dem  Rückenmark. 

Diese  ,,  Wurzeljasern  des  Bympathicus"  werden  als  p)i'(i-^(!^nglionnre  Fasern 
bezeichnet. 

Bei  deu  niederen  Tieren  erreichen  sie  ihre  (ianglien  überwiegend  durch  die 
Hinterwurzehi,  bei  den  höheren  durch  die  Vorder wurzehi.   (Vergleiche  Ivap.   II.) 

Diese  praegangUonären  Fasern,  welche  also  die  Reize  von  dem  Rücken- 
marke zu  den  sympathischen  Ganglien  übermitteln,  haben  dünne  Mark- 
scheiden (daher  Bami  albi)  und  weisen  die  Eigentümlichkeit  auf,  daß  sie 
extra-medullär  mehrere  Kollateralen  abgeben,  sodaß  eine  Sympathiku.s- 
wurzelfaser  immer  mit  mehreren  Sympathikus-Ganglien  in  Verl)indung  stellt. 

Niemals  enden  sie  direkt  in  dem  Effektor  (es  sei  denn,  daß  man  die 
akzessorischen  motorischen  Fasern,  des  M.  ciliaris,  welche  mit  der  Oculo- 
motoriuswurzel  austreten,  —  Boeke  —  als  solche  betrachten  will). 

Die  Art  wie  der  anführende  praeganglionäre  Nerv  sich  an  die  dendri- 


')  Vereinzelte  Zellen,  welche  in  den  Spinalganglien  selber  liegen,  gehören  vielleicht 
auch  dazu.  (c.f.  Kap.  II). 


20 


miO    insTOLOGIK    DES    SVMPATTITSnrKN'    NERVENSYSTEMS. 


tischen  Komplexen  oder  an  deren  Zellen  anlegt,  ist  nuuudniial  sehr  eigen- 
tümlich, indem  er  dieselben  mit  feinen  anfiilirenden  Fibrillen  umwickelt, 
welclie  ein  reichgewundenes  System  (Fig.  18)  bilden. 


Fig   13.      Greiizstrangzello    des    Menschen   in   ihrer   Kapsel   n.    Cajal. 

A.  Kleine  suhUapsuläre    Dendriten  oder  Liippchen.   a.  postganglionärer 

Achsenzylinder.    b.   ist   ein  Dendrit,  umgeben  von  Spiralfibrillen  eines 

praeganglionären  Achsenzylinders,  c.  =  Kapselzellen. 

Die  (irenzstrang-Ganglien  selber  entsenden  ihre  Axonen  zu  mehr  peripher 
gelegenen  Zellklomplexen  oder  Organen.  Diese  Axonen,  welche  viel  zahl- 
reicher sin<l  als  die  in  den  Ganglien  eintretenilen  Fasern,  werden  als  poM- 
rjanglionärc  Fasern,  bezeichnet.  Sie  führen  niemals  Markscheiden,  daher  Jlami 
grisei,  doch  weisen  ebenfalls  viele  Kollateralen  auf,  welche  sich  wieder  um 
mehrere  postganglionäre  Ganglienzellkomplexe  oder  mehreren  Effektoren  i) 
verästeln. 

Die  Verkümmerung  des  sensiblen  Si/xtcms  und  die  so  sehr  auffallende 
periphere  Anhäufung  von  effektorischen  Sgmpathikuszellen,  soivie  die  .  starke 
Kollat.ralverästelung  itirer  A.wneii  hängen  zusammen  mit  der  Tatsache,  daß  zieh 
in  jenem  System  viele  Reflexe  nur  mittels  A.ivnen  imd  deren  Kollaieralen  (Axon- 
reflexe;  L.\ngley^  abspielen,  indem  Kontraklionszustände  an  gewissen  Stellen  der 
Eingeiveide  zu  gleicher  Zeit  als  Beize  xvirken,  welche  via  Kollateralen  auf  andere 
Abschnitte  übertragen  werden,  dadurch  die  „Sympathie"  —  das  „Zusammenar- 
beiten" —  der  einzelnen  AbschniUe  verursachend,  vjelche  dem  System,  seinen.  A'amen'^j 
gegeben  hat. 


1)  Glatte  Muskulatur  der  Eingeweide  und  der  Haut  !nit  deren  Driison  und  Gefiifie. 
Diejenigen,  welche  sich  zu  der  Maut  begeben,  begleiten  die  sensiblen  Hantnerven,  deren 
Rarai  conini.  grisei  sie  bilden. 

2)  Der  Name  Synipathicus  i^t  noch  allgemein  in  Gelirauch  aber  wird  oft  leser- 
viert  für  denjenigen  Abschnitt,  der  mit  dem  Brustraark  und  oberen  Lunibalmark  kor- 
respondiert. Die  anderen,  kranialen  und  sacralen  Abschnitte  werden  als  para-sympathische 
Abschnitte  bezeichnet  (Langley).  Der  sympathische  Abschnitt  sendet  Fasern  zu  allen 
Teilen  des  Körpers,  und  der  Extremitäten;  der  para-sympathische  nur  zu  bestimmten 
Teilen.  (Lanhi.f.v  ;  siehe  weiter  Fig.  I(X).) 


DIK    IIISIOI.iiUll':    DKS    .SVMrArillSClIEN    NKJIV1<:NSV8'1'KMH. 


21 


llienius  erklärt  es  sich  uucli,  (Ulli  diu  meisten  Reliex-Reize  der  Eingeweide 
unter  nornitilen  A'ei-liältnissen  nicht  in  die  bewußte  Sphäre  des  Nerven- 
systems eintreten,  sondern  wie  in  einem  System  für  sich  —  wie  in  einem 
„Hutononien  System"  sieh  abspielen,  weshalb  man  das  sympathische  System, 
namentlich  das  der  P]ingeweide  (sielie  Pig.  100)  auch  wohl  als  „aidonomes 
System"  dem  „Zentralncrviinsystem"  gegenüber  stellt. 

Es  ist  nicht  befremdend,  dall  das  l)esondere  Verhalten  der  Reizüljertra- 
gung  in  dem  postganglionären  Symi)at]iikusabschnitt  sich  auch  zeigt  in 
dem  Bau  und  den  Verbindingen  ihrer  Zellen,  die  wahrscheinlich  alle 
eine    reHektorisch-elfektorische  i)  Rolle  spielen. 

Die  Dendriten  jener  Zellen  verbinden  slcJi  niltnlich  njder  ein.andcr  und 
bilden  eigentümliche  Nester  und  Hohlräume,  welche  andere  Zellen  derselben 


V\g.  14.     Syni|iatliis(:lie  Zellen  eines  Hundes,  nach  DooiEl.. 
A.   Sympathische   Zelle,  welche  in  dem  Zentrum  eines  Ganglions  liegt.     B.  Sympathische 
Zellen  in  einem  benachbarten   Ganglion,     a.   Achsenzylinder,     b.    Dendriten,    welche   sich 

bei   c.  zu  Gellechten  verknüpfen. 

oder  naheliegender  Ganglien  umschliessen  (Caj.\l,  Düiuej.,  Fig.  14;  Ret- 
zius):  ein  Verhalten,  welches  sonst  nie  in  dem  Nervensysteme  der  Wirbel- 
tiere angetroffen  wird.  Diese  intime  Verbindung  zwischen  dendritischen 
Ausläufern    untereinander    steht    offenbar    in    vollständigem    Widerspruch 

1)  Cajal  beschrieb  datin  zwar  auch  Zellen,  welche  einen  langen  Dendriten  aufweisen 
sollen,  der  sich  in  die  Mucosa  verästelt,  und  betrachtet  diese  Zellen  als  reine  sensible 
Sym]ihaticus-7,p|len.  Indessen  bedarf  diese  Annahme  noch  der  Bestätigung  und  ist  es 
walirscheinlicliei',  daß  es  sicli  dalici  um  dendritische  Foi-tsiitze  handelt,  die  sieh  in  andere 
naheliegende  Gauglienzell-lvomplexe  aullosen  (DoaiEi.). 


22  DIE    HISTOLOGIE    DES    SYMPATHISCHEN    NERVENSYSTEMS. 

ZU  der  Polarisation  des  Neurons,  welche  uns  lehrt  (s.  u.),  daß  Dendriten 
nicht  mit  homonymen,  sondern  nur  mit  heteronymen  Ausläufern,  also  nur 
mit  Telodendrien  von  Achsenzylindern  in  Verbindung  stehen. 

Dieses  Verhalten  spricht  denn  auch  dafür,  daß  die  Reizleitung  hier 
wesentlich  eine  andere,  mehr  primitive  ist  als  diejenige  im  Zentralnerven- 
system und  dem  mehr  diffusen  Verhalten  in  dem  primitiven  Ganglien- 
zellen-plexusse  der  Wirbellosen  ähnelt. 

Namentlich  in  den  sympathischen  Plexus  der  Darmwand,  den  Plexus 
von  Auerbach  und  Meissner  ist  dies  auffallend.  Wir  finden  jedenfalls  in 
dem  interdendritischen  Flechtwerk  des  postganglionären  sympathischen 
Systems  ein  an  primitiven  Ganglienzellen  erinnerndes,  von  der  polarisierten 
Anordnung  im  übrigen  Nervensj'stem  abweichendes  Verhalten.  Die 
völlige  Abwesenheit  von  Markscheiden  an  den  postganglionären  Fasern  ist 
damit     in     Übereinstimmung.    Auch     die    Lage    des    Zentrosonis,    wenn    es 

überhaupt  nachweisbar  ist,  scheint 
verschieden  zu  sein  von  der  Lage 
jenes  Gebildes  bei  den  zentralen 
Ganglienzellen,  indem  es   (Dehler) 

P.  ^  ^  dem   Acliscnzi/linder-ahgnng  gegenü- 

5"^^^^  ber  liegt  (vergl.  Fig.  15). 

'  "~  V. -!  4  Falls  es  sich  zeigen  sollte,    daß 

■;";'.> 'I,  diese  Lage  des  Zentrosoms  der  Ab- 


Kerii 


Nissl' 
SolioUen 


i^: 


>!'>/  :-:^y4 


^mc 


/ 


Zontrosom 
mit  Astrospliäre 


'■-r:-'^j,-'-j'/  gangssteile  des  Achsenzylinders  ge- 

Axon        genüber  konstant  ist  und  dessen  Lage 

/  '  "     1;C  in  den  zentralen  Nervenzellen  dem 

Dendriten   gegenüber  sich  als  kon- 

,    ,  ,        .  ,  stant    erweist,    dürfte    dies   ein  Ar- 

Fig.  15.     Lage  des  Zentrosoms  dem    Achsen- 

Zylinder     gegenüber    in    einer    Sympathikus     gument   mehr  sein   für   die    Annah- 
zelle  von  Rana  esculenta.  N.  Dehler.  me,    daß    der    Axon    hier   auch  die 

FuuktioneinesDendriten  haben  kann, 
und  die  Mehrzahl  der  Reize,  welche  den  .sympathischen  Zellen  zugeführt 
werden,  diese  am  Axon  entlang  erreichen  (A. von- Reflexe  Langley''*). 

Zu  Gunsten  dessen  spricht  auch  die  periphere  Verlagerung  dieser  Zellen,  welche 
in  der  Richtung  des  Axons,  anstatt  wie  im  Zeutral-Nervensystem  in  der  Richtung 
der   Dendriten   statfindet  {Neurohiotaxis)  während   der   Entwicklung. 

Im  allgemeinen  kann  man  sagen,  daß  in  dem  sympatJdschen  Nervensystem  histo- 
logisch und  plnjsiologisch  Verhältnisse  vorliegen,  luelche  {namentlich  auch  in  der 
Meissner' sehen  und  Auerbach' sehen  Plexus  der  Darmwand)  stark  erinnern  an  die 
asynaptalen  Netzwerke  der  Evertebraten. 

Ebenfalls  als  eine  besondere  Art  von  Ganglienzellen  sind  die  sogenannten 
Amakrinen  i)  oder  Anaxonen  zu  erwähnen,  wie  sie  von  Cajal  in  der  Retina, 


1)  Das  Woi't,  das  von  a  privans  und  niakron  abgeleitet  ist,  deutet  an,  daß  der  lange 
Ausläufer  -^  der  Neurit  oder  Axon  —  fehlt;  daher  auch  wohl  Anaxonen. 


DIE    INNERE    STRUKTUR    DER    GANGLIENZELLEN.  23 

von  Tretjakoff  in  dem  Zentralnervensystem  von  Ammocoetes  besclirieben 
worden  sind.  Es  handelt  sich  dabei  um  —  oft  ziemlich  große  —  Zellen 
ohne  Achsenzylinder,  welche,  wie  es  scheint,  nur  zahlreiche  Dendriten  auf- 
weisen. Ihre  Funktion  ist  bis  jetzt  völlig  unbekannt.  Es  wäre  möglich, 
daß  es  sich  hier  um  wirkliche  primitive  Ganglienzellen  handelt,  bei  denen 
eine  Differenz  zwischen  Dendrit  und  Achsenzyhnder  noch  nicht  vorkommt 
und  deren  Funktion  nur  darin  bestehen  dürfte,  daß  sie  eine  gewisse 
Diffusion  der  von  ihnen  aufgenommen  Reize  verwirklichen. 

Schließlich  werden  bisweilen  apolare  Ganglienzellen  gefunden.  Wenn  die 
Beobachtung  richtig  ist,  handelt  es  sich  dabei  wohl  immer  um  junge  Ganglienzellen, 
Neurohlasten  (s.   u.),  die  in  ihrer  Weiterentwicklung  gehemmt  sind. 

Die  innere  Struktur  der  Ganglienzeilen  und  deren  Ausläufer. 

Die  innere  Struktur  aller  Ganglienzellen  ist  durch  zwei  Elemente  gekenn- 
zeichnet, die  Neurofibrillen  und  die  NissL'schen  Körper  oder  Tigroidsubstanz. 

Die  Neurofibrillen  sind  zarte  Fäserchen,  die  sich  im  Zellkörper  und  in 
allen  Fortsätzen  desselben  befinden  i)  und  keiner  Ganglienzelle  abgehen, 
ebensowenig  wie  den  Sinnesnervenzellen. 

Sie  verästeln  sich  im  Zytoplasma  des  Zellkörpers  und  bilden  ein  kon- 
tinuiei-liches  Netz,  in  dessen  Maschen  der  Kern,  die  NissL'schen  Körper 
und  eventuell  Zenstrosomen  und  was  sonst  an  inneren  Zellstrukturen  an- 
wesend ist,  liegen. 

In  den  sensiblen  Nerven  sind  die  Neurofibrillen  oft  feiner,  wenigstens 
bei  Evertebraten,  als  in  den  motorischen  (Apathy).  Sie  setzen  sich  fort  in 
dem  Achsenzylinder  und  den  Dendriten. 

Man  nimmt  im  allgemeinen  an,  daß  die  Neurofibrillen  das  spezifische 
reizleitende  Element  der  Ganglienzellen  darstellen,  was  jedoch  nicht  genü- 
gend bewiesen  ist.  Sie  bilden,  meines  Erachtens,  nicht  die  einzige  reizleitende 
Substanz  des  Nerven  und  es  kommt  dem  Plasma,  worin  sie  liegen, 
auch  eine  Rolle  dabei  zu  (vergl.  auch  Kolmkr  und  Wolff.) 

Eigentümlich  ist  die  von  Donaggio  und  Cajal  nachgewiesene  Tat- 
sache, daß  die  Neurofibrillen  bei  Kälte  und  Hunger,  auch  im  Winterschlaf 
der  Tiere,  spärlicher  und  dicker  werden  (Fig.  16). 

Die  NissL'sc/ifi'/i  Körper  (auch  Chromidialsubstanz  oder  Tigroidsubstanz 
genannt)  bestehen  teils  aus  eisenhaltigen  Nucleoproteiden  (Scott),  welche 
in  der  Gestalt  unregelmäßiger  Schollen  im  Zytoplasma  der  Ganglienzelle 
liegen,  sich  in  Ammoniak  lösen  und  ihrem  sauren  Charakter  gemäß  mit 
basischen  Farbstoffen  zu  färben  sind.  Die  meisten  Ganglienzellen  sind 
damit  ausgestattet,  nur  die  kleinsten  scheinen  frei  davon. 

In  den  großen  motorischen  Zellen  (siehe  Fig.  6  und  17)  sind  sie  ziemlich 
grob  und  eckig,  in  den  Spinalganglienzellen  kleiner  und  mehr  wie  Körner. 


')    Nach   VAN   Gehuchten   fehlen   sie    in    den    Processus  monilifornies  (Dornfortsätze) 
(vergl.  Seite  13),  was  jedoch  noch  einer  genauen  Nachprüfung  bedarf. 


24 


DIE    INNERE    STRUKTUR    DER    GANGLIENZELLEN. 


NissL  hat  die  Zellen  je  nach  der  Form,  Anordnung  und  Reichtum  dieser 
Schollen  als  arkyochrome,  gryoehrome,  pyknomorphe  etc.  bezeichnet.  Für  eine  aus- 
führliche Beschreibung  jener  Formen   verweise  ich  nach  seiner  Darstellung. 

Die  Tigroidmassen  liegen  zwischen  den  Neurofibrillen,  auch  in  den 
Dendriten,  fehlen  aber  dem  Achsenzylinder  und  ebenso  seiner  Einpflan- 
zungskegel, der  Axonhügel  (siehe  Fig.  6). 

Nach    CowDRY   gelingt   es   nicht,    sie   als  solche   in  frischen  Zellen  zu 

sehen,  und  müssen  wir  an- 
nehmen, daß  sie  im  Leben 
eine  mehr  oder  weniger 
viskös-flüssige  Masse  bilden. 
Die  Nucleoproteiden 
jener  Körperchen  entstam- 
men dem  Kerne  (HoLMGRKN, 
Scott,  Cameron).  Nach 
HoLMGKEN  soll  sogar  die 
Zentrosphäre  dabei  eine 
Rolle  spielen,  und  viele  Au- 
toren nehmen  an,  daß  die 
Wanderung  der  Nucleopro- 
teiden aus  dem  Kerne  die 
Ursache  ist,  daß  darin  nur 
so  wenig  Chromatin  zurück- 
bleibt und  infolgedessen  der 
Kern  in  tigroidreichen 
Ganglienzellen  sich  zeigt, 
wie  ein  helles  Bläschen, 
worin  nur  der  sog.  Nucleo- 
lus  die  Chromatinreaktion 
ergibt  (Fig.  6  und  17).  Eine 
Tatsache  ist,  daß  in  den 
schollenarmen,  kleinen,  sog. 
Körnerzellen  der  Kern  noch 
mehr  Chromatin  enthält 
(karyochrome  Zellen  Nissl's) 
und  daß  beide  —  das  Chromatin  und  die  NissL'schen  Schollen  —  durch 
Nuclease  (ein  Ferment)  verzehrt  werden  (van  Herwerden). 

Die  Nucleoproteiden  sind  nicht  der  einzige  Bestandteil  der  Tigroid- 
Körperchen. 

Schon  Held    hat    darauf  hingewiesen,  daß  neben  dem  basophilen  Be- 
standteil derselben  eine  mehr  azido-  oder  neutrophile  Substanz  vorkommt. 
Schon  die  Tatsache,  daß  die  Körperchen  zuerst  an  der  Peripherie  der 
Zelle  deutlich  auftreten  (v.  Biervliet)  spricht  dafür,  daß  andere  Substanzen 
bei  ihrer  Ausbildung  eine  Rolle  mitspielen. 


Fig.  16.  Form  der  Neurofibrillen  bei  einer  Eidechse. 
A.  und  a  im  Winterschlaf,  B.  und  b  in  wachendem 
Zustande  nach  einigen  Stunden  Erwärmung  der 
Tiere  auf  30°  C. ;  n.  Cajal. 


DIE    INNERE    STRUKTUR    DER    GANGLIENZELLEN. 


25 


Nach  HoLMGREN,  der  dies  bestätigte,  handelt  es  sich  dabei  um  eine 
mit  Osmium  färbbare  Lipoidsubstanz,  welche  ihnen  durch  das  Tropho- 
spongium  (s.  u.)  übertragen  wird. 

Die  Tigroidsubstanz  kann  bei  Erkrankungen  und  extremer  Ermüdung 
verscliwinden,  namentlich  auch  nach  Durchschneidung  des  Achsenzylinders 
{Tigrolyse :  Fig.  17  rechts).  Der  Kern  wird  dann  unregelmässig  und  nimmt 
eine  Randstellung  in  dem  meist  stark  geschwollenen  Zelleib  ein. 

Wie  bereits  oben  erwähnt,  unterscheidet  sich  der  Achsenzylinder  durch 
das  Fehlen  der  Tigroidsubstanz  (Fig.  6)  und  außerdem  dadurch,  daß  er 
einen  viel  größern  Gehalt  an  Alkali  i)  und  Chlorverbindungen  aufweist, 
eine  sehr  wichtige  Tatsache,  worauf  ich  bei  der  Behandlung  der  d3mami- 
schen  Polarisation  des  Neurons  zurückkommen  werde,  weil  diese  Salze 
auf  das  Leitungsvermögen  (Mac  Donald,  Mäcallum,   Menten,  Sherring- 


IIucLeus. 
MucLeolus. 


vDendr. 


Fiqmenb 


Fig.  17.     Links,  normale  Pyramidenzelle  aus  der  motorischen  Rindenregion  (Area 
giganto-pyramidalis)  eines  erwachsenen  Mannes.  Rechts  eine  tigrolytisclie  Zelle. 


ton)  und  meines  Erachtens  auch  auf  die  Wachstumsrichtung  des  Axons 
einen  erheblichen  Einfluß  ausüben. 

Zu  den  Substanzen,  welche  allen  Zellen  des  Körpers  und  auch  den 
Sinneszellen    und    Ganglienzellen    eigen    sind,    gehören    die  Mitochondrien. 

Diese  dürfen  nicht  mit  den  NissL'schen  Körperchen  verwechselt  werden, 
von  denen  sie  sich  durch  ihre  Löslichkeit  in  Alkoholäther  und  Essigsäure  und 
ihre  Zusammensetzung  als  Phospholipinalbumin  -)  unterscheiden  (Cowdry). 

Die  Mitochondrien  sind  sicher  ein  Ausdruck  der  Zelltätigkeit  (Cowdry) 
und,  obschon  bis  jetzt  darin  nur  selten  (bei  Hyperthyriodismus :  Goetsch) 
besondere  Reaktionen  wahrgenommen  wurden  (Strongman,  Mc  Cann),  ist 
es  doch  bei  i^athologischen  Prozessen,  namentlich  bei  Azidosis  (Cowdry), 
angemessen,  sie  zu  beachten. 


')   Nach    Mäcallum  handelt  es  sich  dabei  um  Na,  nach  Mac  Donald  um  maskiertes 
Kalium. 

')  Regaud,  Faure-Fremiet,     Löwschin,  Mayer,  Katiiery  und  Schüfeu. 


26  DIE    INNERE    STRUKTUR    DER    GANGLIENZELLEN. 

Sie  kommen  in  allen  Abschnitten  des  Neurons  vor,  am  meisten  aber 
in  dem  Zellkörper  und  den  Dendriten,  und  eigentümlich  ist  manchmal 
ihre  Anhäufung  um  den  Axonhügel  (vergl.  Fig.  18). 

Ein  viel  diskutierter  Bestandteil  der  Ganglienzellen  ist  Golgi's  innerer 
Netzapparat,  ein  Retilulum  von  Fasern,  welches  größtenteils  aus  Lipoiden 
besteht  (Fig.  19). 

Er  wird  auch  in  den  Sinneszellen  und  sogar  in  deren  Stützelementen 
angetroffen  (de  Castro). 

Es  ist  manchmal  schwierig,  die  Mitoehondrien  (vergl.    hierzu  auch  Ncsbaum) 

von  dem  innern  GoLGi'schen  Netzapparat  zu  unterscheiden.  Dabei  ist  zu  beachten, 

_  daß  der  Netzapparat  Golgi's  immer  haupt- 

/^,\:^^'|».-fv.pS^*-iv>  sächlich   um   den  Kern  herumliegt  und  nur 

.^fiV';^«  V ■'•>'.*,' '',VV'..\ '^Y  ausnahmsweise   in  die  dendritischen   Fort- 

'^'''.V»^'■ '■,  ^•.■:oV'^.-'';r'*V.','.'i         •,  siitze  tritt  (Sanchez),  nie  in  den   Achsen- 

^•^V/''-^'  .    "^^«jft*-      '  Zylinder. 


v>^#- 


■im. 

V  "...  -  >.'-"fW  •  ■  ,-'■-■"  Ii"'  .'•"•. 


X'-'-'H^^T      ;'''^viv'^^'^f'^T — '"  Manche  Autoren  (Misch,  Sjövall, 

Bergen)  meinen,  daß  dieser   Apparat 

\^Wc^-.i^-:j-i)r^r  /  gänzlich    unabhängig   sei    von    Holm- 

'\A'-/-VJ^'  '  .   •''  gren's    Tropliospoiigium  (Fig.  20),  wie 

man    die   von  außen  her   in    die    Gan- 

,  — : —  glienzelle  eindringenden  und  dort  netz- 

,..J_!  ■:-..-.  ...;,      .  artig    zusammenhängenden    Fortsätze 

,'■'  ^~J'""J^",->:-'--^>"-X-',y ';'iv^'\  von  Gliazellen  bezeichnet,  welche  mit 

/    •'  '     ''  j^'-'l'  '  '   "  demStoffwechselzutunhaben(r?'op/ioz2/- 

;  ^  T^^^^    ""   ten  von  Holmgren)  und  mit  Kapillären 

'■'■-•  ,  ■,'■.'         oder    Lymphspalten     (Lewy)     zusam- 

.     .     ,.  '-■:',       menhängen.   Holmgren  hat  es  indes- 

ij.  1.^,-,:"-   .\  ■'.{y-r.-i-v'    •'    '(ik' ''■'        ^^^^  wahrscheinlich   gemacht,  daß  der 

"i"'-.'4']    --^  y'^'^^-p-r'   -_-''.'<'■"         innere  Netzapparat  eine    plasmophore 

Einrichtung  ist,  ähnlich  wie  dies  von 
'^■.^:y-  ihm   in     den    quergestreiften  Muskel- 

fasern nachgewiesen  wurde  und  welche 
stark  geladen  sein  kann  mit  Lipoid- 
Unten  eine  solche  des  Meerschweinchens,  körnern,  welche  den  NiSSL-Körperchen 
Mitochondria  =  m;  NissL'sche  Körpei'chen  zugeführt  werden  (vergl.  auch  Nemi- 
=  n;  Scheidenzelle  =  S.  lOFF). 

Man    beachte   die   Anhäufung  von  Mito-  j^j^gg      Fortsätze     können     durch 

chondrien  um  den  Axonhügel.  ,     -t^     n..     •  , 

zentrale  \  ernussigung  auch  umgewan- 
delt werden  in  fein  kontourierte  Kanälchen  (Holmgren),  was  namentlich 
bei  Erschöpfungszuständen  (auch  nach  intravaskulärer  Adrenalininjektion) 
der  Fall  ist,  wie  Holmgren  experimentell  nachweisen  konnte. 

Unter  den  Gebilden,  die  nur  dann  und  wann  in  der  Ganglienzelle 
gefunden  werden,  nenne  ich  die  Kristalle  (Kolmer)  und  die  dunklen 
Pigmente,   wie    zie    z.B.    in    den    Ganglienzellen    der    Substantia    nigra   im 


Fig.  18.  Spinalganglienzellen  n.  Cowdry. 
Oben  menschliche  Zelle. 


DIK    INNERE   STRUKTUR   DER    GANGLIENZELLEN. 


27 


Fig.  19.  Golginetz  in  einer  Spinalgaiiglienzellc 
des  Hundes,  n.  Golgi. 


Mittelhirn    und    des    Locus    coeruleus    der    Säuger   vorkommen,    dann  die 
Lipocitrome,    welche    sehr    reichlicli    verbreitet    sind.    (Fig.    6    und    17).  Es 
handelt  sich  dabei  um  gelblich  gefärbte,  fettähnliche  Stoffe,  ilie  bei  vielen 
Wirbeltieren  und  auch  bei  Wirbel- 
losen (Mollusken)  vorkommen.  Nach  .•-'"4;-=f';V'-*'*rfe'1^i'> 
BiONDi     sind     es     Mischungen    von 
Lipoiden  und  Neutralfetten. 

Man  findet  sie  auch  in  den  Glia- 
zellen  und  in  der  Adventitia  der 
Gefäße. 

Fettstoffe  spielen  überhaupt  in 
dem  Aufbau  des  Nervensystems  eine 
große  Rolle  ^).  Nach  einigen  Autoren 
(OvERTON,  Güthlin)  siud  die  Gang- 
lienzellen selber  immer  mit  einer 
dünnen  Lipoidmembran  umgeben 
—  was  bis  jetzt  aber  nicht  bewiesen 
ist.  Wohl  ist  bei  den  Vertebraten 
manchmal  der  Neurit  und  ausnahms- 
weise (Spinalganglienzelle)  auch  ein 
Dendrit  mit  einer  Myelinscheide  d.  h. 

mit   einer   Schicht   von    Lezithin  (einem  Phosiibo-lipin)  und  Protagon  um- 
geben, welche  einen  isolierenden  EintluU  ausüben  soll. 

Nur   die    Endverästelungen    bleiben    davon    immer    frei    uiul    in    den 

peripheren  Nerven  ist  die  Myelinscheide 
auch  dort  unterbrochen,  wo  die  Schwann- 
schen  Zellen  (s.  u.)  an  einander  grenzen 
{Ranviersche  Schnürringen). 

Das  IMyelin  bildet  sich  in  diesen 
Scliwannschen  Zellen  manchmal  troi)fen- 
weise  iu  der  Umgebung  des  Kernes 
(Fig.  21  oben). 

in  den  seltenen  Fallen,  in  denen  man 
bei  Evertebraten  Myelin  begegnet  (in  den 
Neurochorden  des  Kegenwurmes  und  einigen 
Nervenfasern  von  Krustazeen),  scheint  es 
sogar  immer  in  dem  Hüllgewebe  zu  liegen 
und    von    diesem    ausgeschieden    zu    werden. 

Inzwischen  entsteht  die  Markscheide  meistens  schichtweise  und  scheiden 
meines  Erachtens  die  Primitivfibrillen  selber  auch  Myelinsubstanz  aus. 
Namentlich  die  Tatsache,  dali  im  Zentralnervensystem  Myelinscheiden  vor- 


Kig.  20.  SpinalgangHenzelle  eines  Ka- 
ninchens mit  Trophosponginm  und 
in  die  Zelle  eindringenden  Tropho- 
zyten     (Scheidenzellen)      n.     HoLJi- 

GKEN. 


>)  Die  Tatsache,  daß  nai-kotisierende  Mittel  (Chloroform,  Aethei-,  Alkohol)  oft  fett- 
lösende Stolle  sind,  wird  von  einigen  Physiologen  (Overtoni  damit  in  Verbindung  gebracht, 
dem  indessen  von  MooRii  und  Ro.\i'  widersprochen  ist  i^Proc.  Eoy.  Soc,  London,  1906). 


•lü 


DIE    INNKKK    .STKUKTUK  DEK    U ANUI.IENZKl.LEX. 


lianden  sind,  ul)schon  dort  keine  ScHWAXN'sehen  Scheiden  vurkomnien  (und 
nur  uusnahmyweise  Gliazellen  mit  Myelintropfen  auf  den  Aclisenzylindern 


Myelintropfen. 


Kern. 


Schwaiinsche  Zellen. 


E5TOi 


s5s 


I 

Markiimsclieirtete  Nerveiilaser 


Hclmfirring  v.  Ranviek. 

"ig.  21  A.  Nervus  popliteus  eines  Rinderfoetiis  vuii  45  i-in. 
Länge.    Die  Bildung  des  Nervenmarkes. 


Fig.  21  ü 


Fig.  21  a 


Fig.  21   B  und  C.  Aus  den  Vorderstriingen  des  Rückenmarkes  eines 

Rinderfoetus  von  32  cm.  Länge. 

B  Gliazellen  mit  Myelintropfen  auf  Markumsclieidete  Fasern. 

C  Markumsclieidete  Fasern  ohne  solche  Zellen. 


gefunden  werden ;  Fig.  21  C)  beweLst,  daii  die  primitiven  Aehsenzylin- 
derfortsätze  zur  Ausscheidung  des  Mj-eHns  fähig  sind. 

Welche  pliysikalisch-chemischen  Prozesse  hierbei  eine  Rolle  spielen 
ilürften  werde  icli  am  Scliluß  dieses  Kajjitels  besprechen. 

Hier  möchte  ich  nur  noch  erwähnen,  daß  das  Myelin  an  den  Ner- 
venfortsätzen der  Sinnesnervenzellen  feldt  oder  wenigstens  farblich  nicht 
nachweisbar  ist.  Die  dünne  Schicht,  welche  von  einigen  Autoren  (Ambronn 
und  Held)  um  die  Fila  olfactiva  des  Hechtes  nachgewiesen  wurde,  ist 
m.E.  nicht  als  Markscheide  zu  deuten. 

Interessant  ist,  daß  die  Leitungsschnelligkeit  darin  auch  viel  geringer 
ist  (0,7  M.  pro  Sek.  gegen  40  bis  120  M.  pro  Sek.  in  markhaltigen  Ner- 
venfasern). Ich  glaube  denn  auch  annehmen  zu  müssen  (vergl.  auch  Göth- 
i.tn)  daß  die  Ausscheidung  des  nicht  leitenden  Myelins  aus  den  Priraitiv- 
fasern  die  Propagation  des  Reizes  in  jenen  Fasern  erheblich  verschnellt  (s.  u.). 

Schließlicli  ist  noch  zu  den  inneren  Strukturelementen  der  Neuronen 
das  Neurokeratiii  zu  erwähnen,  welches  wie  ein  Skelett  von  sehr  widerstands- 
fähiger Substanz  die  Markscheide  durchzieht.  Es  l)iidet  sich  mit  der  ersten 
Bildung  jener  Scheide  als  ein  Maschwerk,  welches  offenbar  mit  der  ^chwaxn'- 
schen  Scheide  zusammenhängt  und  manchmal  in  selir  regelinäl^iger  Weise 
(Triclder  von  (Iattani  und  Rkz/.oxk o)  sicii  ordnet  und  die  Laxtekmann'- 
sciien  Schnürringe  veranlaßt  (siehe  Fig.  4;. 


DTK,    OXTdiiRNIK    DKI;    NKKVÖSIOX    Kl.l.^r KN'I'IO,  29 

l'licr  (lir.  Oiituijoiif  ilcr  iirrröxcii  /'.Vr///r/(/^' ist-  /,ii  liciiu'i'kcn,  iluli  dicscliii' /,\v:ir  im 
allspuieineii    auK   dcui   löklodiM-iii  lieivorf^'i'licii,  dali  dies  aber  nicht  iminci- der  Fall   ist. 

Bei  den  niedersten,  mit  einem  Nervensystem  ausgestatteten  Tieren,  den  Coel- 
enteraten,  liefert  aneli  das  Entoderm  Ganglienzellen,  und  das  ventrale  Nervensystem 
der  Krinoiden   soll   mesodermaler,   nicht  ektoderinaler   Herkunft  sein. 

Auch  die  Sinnes/.ellen  sind  iiiclit  stets  ektodcrmaler  H<^rkiinft.  Nach  Jousston 
bilden  sieh  die  ersten  Geschmacksknospen  im  Entoderm.  Junge  Sinneszellen, 
aber  auch  junge  (langlienzelleu,  welche  apart  vom  Zentralnervensystem  in  der 
Haut  angelegt  werden,  nennt  man  Tlahodcnzellen.  (Sie  führen  keine  Tigroidsubstanz 
und   wachsen   von  der   Außenwelt   nach   innen    zu:   stimulo-fugal. 

Die  junge,  sehr  teilungsfähige  Gnufilienzelle,  welche  noch  nicht  die  Gestalt 
und  die  Eigenschaften  der  ausgebildeten  Ganglienzelle  hat,  wird  Neuroh'lnst  genannt, 
solange  sie  keine  Dendriten  aufweist.  In  diesem  Stadium  führt  sie  auch  noch  keine 
Tigroidsubstanz,  und  sie  kann  sich  während  der  Entwicklung  in  der  von  der  Wachs- 
tumskenle  des  Axons  angegebenen  Richtung  verlagern,  also  stimulo-petal. 

Später  entwickeln  sich  die  Dendriten,  etwa  zur  selben  Zeit  als  die  Tigroid- 
substanz. Die  Zellen  können  dann  eine  Verlagerung  in  der  Richtung  eines  Den- 
driten   aufweisen,    der  sich  dementsprechend  verkürzt  in  stimiilo-petaler  Richtung. 

Über    die    Bedeutung  dieser  Erscheinungen  siebe  bei  Nenrohiota.rig. 

Die  Nevrofihrillen  entstehen  eher  als  die  Tigroidsubstanz  und  fangen  sogar  schon 
an  sich  zu  bilden,  wenn  der  Neui-oblast  noch  keine  ]'ortsätze,  sogiir  noch  kaum 
den  Anfang  eines  Achsenzylinders  aufweist,  und  die  Zellen  liloß  mittels  Plasmo- 
desmen untereinander  verbunden  sind. 

Es  ist  auffallend  (He^d),  daß  die  fibrillogene  Zone,  welche  zuerst  auftritt  au 
der  Stelle,  wo  der  erste  Ausläufer,  der  Achspiiziilinder,  hervorgehen  wird,  immer 
mit  der  Lage  der  beiden  zusammenliegenden  Zentrosomeii  zn.sammenfiillt,  was  zu 
Gunsten  der  Heiz  ^)-rezeplorischen  Funktion  der  Diplosomen  sjiricht.  In  üebereinstim- 
mung  damit  ist,  daß  in  au.sgewachseuen  Ganglienzellen  die  Zentrosomeu  gerade  sehr 
oft  dem   Hauptdendriten  gegenüber  liegen,  (siehe  Fig.   12). 

Die  Fibrillen  geben  aus  Reihen  lang  ausgezogener  Körner  hervor,  welche 
miteinander  zusammenlließen.  Flbeuso  wie  diese  Körner  vermehren  sich  die  Neui'o- 
fibrillen  durch  Spaltung. 

Auch  die  Sinnesnervenzellen  bilden  ihr  eigenen  i<'ibrilien,  die  Sinneszellen 
aber  nicht.  In  den  Zellen  der  GRANDnr'schen,  VATER-PAOiNi'schen  Körjjerchen,  sowie 
in  den  Geschmackszellen  und  andern  Sinneszellen  wachsen  sie  von  den  Nervenfasern 
hinein  wie  Lonuox,  Ivolmer,  Hokke  und  Herin<(a  nachwiesen,  (lieber  ihr  Ver- 
halten  zu   den   Lennioblasten   oder  ScuwANN'scben   Zellen  s.  u.) 

Die  frühere  Auttassung  daß  im  Nervensystem  nach  der  Geburt  keine  Mitosen 
mehr  vorkommen  in  den  (ianglienzellen.  ist  in  der  letzten  Zeit  widerlegt,  nament- 
von  Hatai  und  AuDüuit. 

Auch  die  Zentrosomeu  wurden,  wie  ich  bereits  iil)en  erwähnte,  bei  Vertebraten 
von  Lenhossek,  Büuler,  ScnäirER,  IIolmoren  in  den  Spinalganglienzellen  ver- 
schiedener Tiere,  von  Ma>'n,  Deuler  in  Sympathicuszellen,  von  Büuleb  und 
Hatai  in  verschiedeneu  (4anglienzellen  des  erwachsenen  Zentralnervensystems  nacli- 
ge  wiesen. 

Nach  Rio  Hortega  lassen  sie  sich  bei  geeigneter  Impregnatiou  fast  imnu'r 
auflinden.  'S\ .  }5rachtes  spielen  sie  dann  eine  Rolle  bei  der  Reizaufnahme -),  gerade 
wie   die    Diplosomen   an   den   Siinieshaarcn   der  Sinneszellen. 


')  Reiz  im  allgemeinsten  Sinne  genommen,  als  Einfliili, 

')  An    anderer   Stolle  (ITandelingen  van  het  Ned.  Natuur-  en  Geneosk.  Cnngres,  l)en 
Haag,    1917)    lialie    \c.\\    daranl'  liingewicsen,  dnU  es  wabrschpinlicli   ist,  daß  auch   bei   der' 


30         DIE    VERKNÜPFUNGEN    DER    NERVÖSKN    ELEMENTE    UNTER    EINANDER. 


Die  Verknüpfungen  der  nervösen  Elemente  unter  einander.  Zentralorgane. 

Daß  die  Verknüpfungen  der  Sinnesnervenzellen  mit  Ganglienzeilen  mit- 
tels Telodendrien  ihres  Nervenfortsatze.s  stattfinden,  habe  ich  bereits  erwähnt 

(vergl.  Fig.  11  ß).  Auch  die  Tat- 
sache, daß  die  reinen  Sinnes- 
zellen immer  durchwachsen 
werden  von  Fibrillen  des  sen- 
siblen Neurons,  das  ihre  Reize 
weiterleitet,  ist  oben  betont. 
Die  Verknüpfungen  der  Gang- 
lienzellen selber  finden  in  ver- 
schiedener Weise  statt. 

Die  'primitiven  Ganglien- 
zellen haben  B^ortsätze,  welche 
lircit  und  wenig  verästelt  sind 
und  unter  einder  anastomo- 
siercn.  Sie  hängen  meistens 
mit  iliren  Nachbarzellen,  nur 
selten  mit  weiter  entfernten 
Zellen  zusammen  (Fig.  5). 
Die  Neurofibrillen  gehen 
dabei    von    der    einen    Ganglienzelle    in   die    andere  über    (Apathy). 

Die  höheren  Ganglienzellen,  die  Neuronen,  dagegen  haben  reich  verästelte 
Fortsätze,  die  sich  über  große  Strecken  ausdehnen  können.  Ihre  Verbin- 
dung geschieht  nur  mittels  heteronomer  Ausläufer. 

Die  Schaltung  der  Axonen  kann  sowohl  stattfinden  an  den  Den- 
driten (Fig.  24  rechts)  als  mit  dem  Zelleib  (Fig.  22).  Findet  der  Kontakt  un- 
mittelbar mit  der  Zelle  statt,  dann  können  die  Neurofibrillen  manchmal 
kontinuierlich  von  dem  einen  Neuron  in  das  andere  übergehen,  wie  bei 
den  Purkinjezellen  nachgewiesen  wurde  durch  Bielschowsky,  Wolff  und 
OUDENDAL  (Fig.   23).   — 

Ein  solches  Anastomosieren  der  Neuronen  und  der  mehr  oder  weniger 
synzyliale  Charakter  des  Nervensystems  überhaupt  (Held)  ist  jedoch  kein 
Hinderniss  das  Neuron  als  morphologische,  namentlich  auch  gewissermas- 
sen  als  trophische  Einheit  zu  betrachten,  wie  wir  auch  die  Epithelzellen 
der  Epidermis,  welche  durch  protoplasmatische  Brücken  verbunden  sind, 
als  Einheiten  betrachten.  Der  Begriff  der  „  Vieleinhcit" ,  in   dem   das    „  Viele" 


Fig.  22.  Zellen  :ius  dem  Nucleus  tnipezoides  der 
Katze  n.  Veratti.  Verschiedene  Formen  vnn  End- 
körben (aus  EniNGEP.'s  Vorlesungen). 


Zellteilung  (im  Körper)  die  Zentrosomen  eine  Rolle  spielen  bei  der  Reizaufnahme,  d.  h. 
daß  sie  es  sind,  welche  für  extrazellulare  Einflüsse  zugängig  sind,.und  zu  der  Realisierung 
dieser  Einflüsse  bei  dei-  Teilung  beitragen.  In  dieser  Beziehung  ist  es  auch  interessant,  daß 
die  Zentrosomen  einzelliger  Tiere,  auch  bei  der  Teilung,  mittels  Fäden  oft  mit  der  Außen- 
welt Kontakt  halten,  genau  wie  die  Sinneshaare  (Vergl.  auch.  Journ.  of  Comp.  Neur.  1919). 


DIE    VERKNUrFUNGKN    DER    NERVÖSEN'    ELEMENTE    UNTER    EINANDER. 


31 


ebenso  sichei'  ist  als  die  „Einheit",  ist  gerade  in  dem  Synzytivm  des  organischen 
Körpers  in  typiscJier   Weise  ausgesprochen. 

Eine  solche  direkte  Fibrilleiiverbinclung,  wie  sie  namontlich  in  dem 
Vestibularapparat  oft  vorkommt, maclit 
den  Eindruck,  daß  sie  dem  Reiz  einen 
sehr  schnellen  und  ganz  bestimmten 
Ablauf  gibt,  was  bisweilen  auch  dadurch 
gefördert  wird,  daß  die  Telodendrien 
des  anführenden  Achsenzylinders  mit 
ihren  Endfüßchen  sich  direkt  um  den 
Einptlanzungskegel  des  Achsenzylin- 
ders (Axonhügel)  des  zweiten  Neurons 
heften.  Man  spricht  dann  von  einer 
Axonkappe  (Bartelmez)  Ein  Beispiel  da- 
von findet  man  indenMAUTHXER'schen 
Zellen  der  Knochenfische   (Fig.  24). 

Daß  grade  der  Glcichgewichtsap- 
parat  der  Tiere  so  reich  ist  an  intimen 
i nterneu renalen  Verknüpfungen ,  d ü rfte 

damit  zusammenhängen,  daß  die.selben  der  schnellen  Effektuierung  des 
Gleichgewichtes  zweifellos  sehr  zu  Statten  kommen  (vergl.  hierzu  die  Erör- 
terung über  die  Synaps  am  Schluß  dieses  Kapitels). 


Fig.  23.  rbergang  rier  Filirillen  Her 
Korbzellen  in  den  intrazellulären  Fi- 
brillen der  Piirkinje'snhen  Zellen  n. 
Oll  DEN  DA  r.. 


/fXl?^7/<a/>/fC 


Auerbachsche  Endfüsschen  von 
TelodemUien 


lo^  Dena 


.Mü  Sh 


Achsenzy- 
linder.    ■ 

Axoiihtigel. 


61  b..    2  ^vMs^^^Wi 


CDend 


Inf  Venf  Dend 


Med  Denä 


Fig.  24.  Manthnersche  Zelle  eines  Knochenfisches  n.  Bartelmez. 
Man  beachte  die  Axonkappe,  welche  den  Axonhügel  umgibt  und  die 
AuERBACiischen  Endfüsschen  auf  den  lateralen  Dendriten. 

Md.  Sh.  Markscheide  des  Achsenzj'linders  Gl.  =  Gliazellen.  C.  Dend. 
=  Kleine  dendritische  Ausliiufer,  welche  in  die  Axonkappe  hin- 
einragen. 


32  t)IK    VEKKNÜrKfNüRX    T)KK    NRRVÖSKX    EJ.KNrKNTK    UNTER    KIXANDER. 

Die  iiervriscii  Zellpii  verliiiidcii  sicli  in  diesiT  A\'eise  zu  liulicni  Ein- 
lieiteii,  welflie  num  als  Zcllple.nm,  Nervenstränge.  Ganglia  und  Zetitralorgane 
untersclieidet. 

Zellplcvusscn  (von  primitiven  Gan,a;lienzellen  gebildet)  findet  man  l.iei 
niedern  Wirbellosen.  Die  Zellen  sind  dalici  gleichmässig  verteilt.  Aehn- 
liches  zeigen  die  Sympatliikuszellen  des  Darms.  Als  Nervenstränge  bezeichnet 
man  Zellplexussen,  welche  der  Länge  nach  ausgedehnt  sind. 

Unter  Ganglia  versteht  man  Anhäufungen  von  (Tanglienzellen,  welche 
morphologisch  deutlich  hervorragende  Bildungen  darstellen. 

Bereits  die  Würmer  besitzen  solche  Ganglien,  und  alle  höhern  Everte- 
braten  und  Vertebraten  sind  ebenfalls  damit  ausgestattet.  Für  die  letztern 
ist  das  Spinalganglion  ein  klassisches  Beispiel. 

Komplizierter  wird  das  Ganglion,  wenn  es  neben  einer  Ganglienzell- 
gruppe  ein  Fasernetz  oder  Neuropil{em)  umfaßt.  Unter  Newopilem  hat  man 
dabei  die  Gesamtmasse  aller  zum  Ganglion  gehörigen  Ganglienzellfortsätze 
und  besonders  ilirer  feineren  in  allen  fUchtungen  hin  und  lu-r  laufenden 
Verästelungen  zu  verstehen. 

Der  Begriff  Neuropil(em)  wurde  bei  den  altern  Autoren  und  vielleicht 
auch  jetzt  noch  gebraucht  in  dem  sellien  Sinne,  wie  das  interzelluläre  Grau 
von  Nissr-  aufgefaßt  wird,  das  heißt  als  ein  diffuses  Maschenwerk  von 
Zellfortsätzen. 

Wirklich  diffus  sind  die  ^'erknüpfungen  aber  vermutlich  nicht,  es 
handelt  sich  dabei  wahrscheinlich  vielmelir  um  eine  große  Zahl  durch- 
einander gedochteTier  Netze,  von  denen  jedes  für  sich  manchmal  bloß  von 
anastomosicronden  Endverästelungen  zweier  oder  dreier  Ganglienzellen 
gebildet  sein  dürfte.  Dies  scheint  auch  die  Anwesenheit  scharf  umschrie- 
bener Leitungsbahnen  in  einem  solchen  Pileni  besser  zu  erklären. 

Bei  den  Evertebraten  liegt  das  Neuropilem  gewöhnlich  in  der  Mitte 
eines  Ganglions,  die  Zellen    rings   darum,    wie    z.B.    bei    den   Blutsäugern. 

Mehrere  solcher  Ganglien  kTninen  wieder  zu  einem  gröszern  Ganglion 
verschmelzen,  wie  man  es  in  dem  „Hirnganglion'  oder  dem  unteren  „Schlund- 
ganglion" der  hölicrn  Würmer  und  Arthropoden  vorfindet. 

Diese  Tendez,  sich  zu  umfangreicheren  Gruppen  zu  vereinen,  sich 
zu  zentralisieren,  kommt  namentlich  auch  bei  den  Ganglien  der  Insekten 
vor  und  gibt  dadurcli  Anlaß  zu  der  Bildung  einer  Ai-t  Zentralnerven- 
sj'stems. 

Wann  man  von  einem  Zeiitralorgan  reden  soll,  ist  nicht  immer  leicht 
zu  sagen  und  zwar  deshalb,  weil  dabei  neben  anatomischen  und  histolo- 
gischen Kriterien  auch  physiologische  eine  Rolle  spielen.  Man  neinit  am 
besten  jene  Abschnitte  des  Nervensystems  Zentralorgane,  welche  überwiegend 
interneuronale  Schaltungen  darstellen  und  somit  eine  ausgiebige  assoziative 
Funktion  hal)eu. 

In  der  Meinung,  dali  man  jede  moi-pliologisch  scharf  umschriebene 
(ianglienzellgi'Uppc  ein   (ianglinn   nennen  dürite,  hat  man  auch  verschiedene 


ZKNTRAI.OKfiANE. 


33 


Zellgruppen  im  Zentralnervensystem  der  Wirbeltiere,  welche  sehr  einfache 
Verknüpfungen  haben,  mit  dem  Namen  Ganglion  belegt:  das  Ganglion  habe- 
nulae  (Fig.  41  und  423),  Ganglion  isthmi  (Fig.  452)  und  Ganglion  interpe- 
dunculare.  Dies  beruht  darauf,  daß  diese  Zellansammlungen  nicht  nur  sein- 
zirkumskript  sind,  sondern  auch  meistens  etwas  hervorragen,  d.  i.  nicht 
gänzlich  in  dem  Zentralorgan  verschwunden  sind. 

Solche  Ganglienzellgruppen  nennt  man  aber  nach  der  neuen  Nomen- 
klatur lieber  Kern 
oder  Nuclevs  i),  ob- 
schon  die  alten 
Namen  so  eingebür- 
gert sind,  daß  es 
manchrnal  schwer 
ist,  sie  zu  vermeiden. 

Auch  in  dem 
Zen  tral- Nervensystem 
der  Wirbeltiere  gibt 
es  ein  Neuropilem. 
Es  ist  hier  aber 
gleichmäßiger  zwi- 
schen den  Ganglien- 
zellen verbreitet  und 
bildet  interzelluläre 
Filzwerke,  eben  das 

nervöse     Grau 
NissLs,     in    dessen 
Maschen  die  Zellen 
liegen  (Fig.  25). 


Fig.  25,     Interzellulares  Grau  (Neuropilem). 
Links  in  dem  Rückenmark;  rechts  in  der  Rinde,  n.  Retzius. 


"Während  bei  den  Vertebraten  das  Zentralorgan  sehr  deutlich  ist,  ist  es 
bei  den  niedern  Wirbellosen  manchmal  nicht  möglich,  von  einem  Zentralorgan  zu 
sprechen  (vergl.  dazu  die  zusammenfassende   Arbeit  Deoo&leever  Fortuyns). 

Bei  Coelenteraten  gibt  es  noch  keine  Teile  des  Nervensystems,  welche  man 
als  Zentralorgane  bezeichnen  könnte. 

Bei  Plathelminthen  kann  man  das  Hirnganglion  (oder  die  Hirnganglien)  und 
die  davon  abgehenden  longitudinalen  Nervenstränge  mit  ihren  Kommissuren  und 
Querverbindungen  als  Zentralorganc  betrachten. 

Bei  den  Anneliden  und  Arthropoden  sind  der  Schlundring  (Hirnganglien, 
Schlundkonnektiven  und  unteres  Schlundganglion)  und  der  Bauch.strang  mit  seinen 
Ganglien,  Konnektiveu  und  Kommissuren  solche  Zentralorgane,  wobei  man  im 
Hirnganglion  und,  wenn  vorhanden,  in  dessen  Corpora  pedunculata  ein  Zentral- 
organ  höherer  Ordnung  sehen  könnte. 


')   Um   Verwechslung   mit   dem    Zellkern,   welche   übrigens   wohl   kaum    möglich  ist, 
vorzubeugen,  nennen  die  Amerikaner  diese  manchmal  Nidulus. 

Kappers.  3 


34 


Die  Verbindungen  der  Zentraiorgane  mit  der  Peripherie. 

In  den  Verbindungen-  der  Zentralorgane  mit  der  Periph&rie  unterpcheidet 
man  sensible  und  effektorische  Nervenendigungen. 

Von  den  sensiblen  Nervenendigungen  müssen  wir  die  sogenannten  freien 
Endigungen  als  die  ältesten  betrachten.  Nach  Stefanelli  und  Vitali  handelt 
es  sich  dal:)ei  um  ein  reichlicli  anastomosieren<les  markloses  Netzwerk.  Sie 

bilden  bei  den  niedersten 
Wirbehieren  dieeinzigen  En- 
digungen der  gewöhnlichen 
Hautnerven  (Fig.  26).  Nach 
JoH.vsTON  findet  man  sie 
dort  auch  in  den  intermus- 
kulären Septen. 

Wir  dürfen  daraus 
schließen,  daß  diese  Endi- 
gungen (oder  besser  dieses 
Netz),  die  auch  bei  höheren 
Tieren  noch  vorkommen  (in 
der  Cornea,  Nagelbett,  Hirn- 
häuten und  Eingeweiden  z. 
B.)  die  i^rimitivsten  Empfin- 
dungen perzipieren,  welche 
man,  weil  sie  direkt  die  Le- 
benserhaltung des  Tieres  be- 
trefi'en,  als  vitale  Empfindun- 
gen bezeichnet  (Fabritius). 
Da  die  Tiere,  welche 
bloß  jene  Endigungen  haben, 
nur  empfindlich  sintl  für 
große  Temperatur- Schwan- 
kungen 1)  und  weiter  auf 
chemische  und  schmerz- 
hafte Reize  reagieren  und 
bloß  einen  groben  Berüh- 
rungssinn aufweisen,  muß 
man  annehmen,  daß  jene  freien  Endigungen  diese  Reize  perzipieren. 
Diese  ziemlich  groben  Reize  werden  oft,  als  schädlich  für  das  Leben 
oder  für  die  Euphorie  des  Tieres,  geflohen  —  der  dadurch  ausgelöste  Reflex 
ist  daher  oft  ein  negativer  Refle.r,  und  die  freien  Endigungen  funktionieren 
hauptsächlich  (Sherrington)  als  nozirezeptive  Endigungen  (nocere  =  schädigen). 


Fig.  26.     Freie  Nervenendigungen. 
A.  in  der  Kopfliaut.  B.  in  der  Schwanzhaut  von  Petro- 
myzon  mai  inus,  n.  Retzius.  ep.  =  Epidermis,  c  =  Cutis. 


*)  Fabritius,  der  den  Ausdruck  ., vitale"'  Empfindungen  geschaffen  hat.  rechnet  dazu 
(auf  Gründen,  die  ich  hier  nicht  etörtern  l<ann;  siehe  Kap.  II)  auch  die  feinere  Tempe- 
raturwahrnehmungen. Ich  nicht. 


VEKBIXDUNOKN    MIT    DER    rEKIPriKlUK.  35 

Docli  würden  wir  meines  Erachtens  zu  weit  gehen,  wenn  wir  darin 
7ivr  nozirezeptive  Endigungen  sehen  wollten. 

Wenn  ein  niederes  Tier  einen  Reiz  empfängt,  den  es  aufsucht  —  worauf 
es  also  positiv  reagiert  —  dann  hat  es  offenbar  einen  für  seine  Euphorie 
günstigen  Reiz  empfangen.  Nun  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  daß  jene 
Tiere  auch  positive  Reflexe  aufweisen  und  zwar  auch  mittels  einer  Haut, 
welche  nur  freie  Endigungen  behält.  Diese  Endigungen  müssen  also  teil- 
weise gratorezeptiver  i)  Natur  sein. 

Im  allgemeinen  kann  man  aber  sagen,  daß  das  persönliche  Wohlbefinden, 
ein  Affekt,  bei  diesen  ersten  Reiz-Empfindungen  ein  wichtiger  Faktor  ist 
und  können  wir  den  Namen  vitale  oder  „  protopathische  2)  Nervenendigungen 
(Head)  behalten. 

Nach  R.wsoN  handelt  es  sich  dabei  meistens  um  Endigungen  von  mark- 
losen Fasern,  was  jedenfalls  manchmal  (Cornea,  Eingeweide)  zutrifft. 

Bei  höheren  Tieren  (schon  bei  Amphibien  und  Reptilien)  treten  kom- 
pliziertere Rezeptionsorgane  auf,  von  denen  ich  einige  Abbildungen  gebe. 
Die  Komplikation,  welche  wahrscheinlich  mit  einer  feineren  Differenzierung 
der  Empfindung  zusammengeht,  besteht  darin,  daß  die  sensiblen  Fasern 
in  Verl)indung  treten  mit  anderen  Zellen,  welche  bei  der  Perzeption  eine 
Rolle  mitspielen,  wenn  sie  auch  nicht  solche  spezifischen  Sinneszellen  sind 
wie  die  Geschmackszellen  und  Gehörszellen. 

Die  primitivste  Form  einer  solchen  Verbindung  liegt  vor  in  den  Tast- 
menisci  (Fig.  27  A.),  bei  denen  das  Ende  der  sensiblen  Fasern  oder  ihrer 
Fibrillen  sich  mit  vielen  Ösen,  die  zusammen  und  mit  dem  sie  begleitenden 
Plasma  eine  Scheibe  bilden,  gegen  die  Epithelzellen  des  Stratum  Malpighi  legt. 

Komplizierter  sind  diejenigen  Organe,  bei  denen  die  Zellen,  an 
denen  sie  enden,  unter  der  Epidermis  liegen.  Beispiele  dessen  sind  die 
KRAUSE.schen  und  GRAXDRYSchen  Körperchen  der  Vögel  (Fig.  154,  155) 
und  namentlich  die  MEissNERSchen  Körperchen  (Fig.  27  B.). 

Bei  den  letztgenannten  kann  man  insofern  Uebergänge  zu  den  intrae- 
pidermalen  Endigungen  finden,  als  Teile  der  End Verästelung  des  sensiblen 
Nerven  nach  oben  aus  den  GRANDRYschen  und  MsissNERSchen  Körperchen 
hervortreten  können  (Faser  von  Timoferw)  und  sich  in  die  Epidermis 
oberhalb  derselben  verästeln  (Dogiel). 

Meissner's  Körperchen  sind  sehr  zahlreich  in  den  Fingerspitzen  des  Men- 
schen und  liegen  stets  unmittelbar  unterhalb  der  Epidermis,  zwischen  den 
Papillen.  Die  Körperchen  von  Meissner  bestehen  wesentlich  aus  stark- 
gewundenen  Lemnoblastenbahnen,  d.  h.  ihre  Nervenfibrillen  dringen,  ebenso 
wie  bei  den  GRAXDRYschen  Körperchen  in  Zellen  ein,  welche  sich  in 
Anschluß  an  die  Schwannschen  Zellen  entwickeln  und  wie  jene  als  Lemno- 


')    Von  „gratus",  dasjenige  was  Nutzen  bringt  und  angenehm  ist. 
')     Von  „protos"  zuerst  auftretende  und  „pathos"  =  Affekt. 


36 


VERBINDUNGEN    MIT    DER    PERIPHERIE. 

A- 


E. 

Fig  27.  A.  Tastscheiben  und  Tastzellen  eines  Tasthaares  der  Maus  B.  MEissNERsche 
Körperchen  aus  der  Fingerkuppe  des  Menschen.  C.  HEnnsTsche  Körperchen  aus  der 
Wachshant  der  Ente.  D.  Kolbenförmige,  ösenreiche  Endigungen  der  Neurolibrillen  zu  einem 
PACiNischen  Körperchen  aus  dem  Mesenterium  der  Katze,  n.  E.  van  de  Velde.  E,  Intra- 
protoplasmalische  Endgung  der  Fibrillen  in  einem  MEISSNER-Körperchen,  n.  Heringa. 


VERBINDUNGEN    MIT    DER    PERIPHERIE.  37 

blasten  (s.  u.)  zu  betrachten  sind  (Heringa).  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß 
diese  Körperchen  der  feineren  Diskrimination  dienen,  und  somit  beitragen  zu 
unseren  über  den  direkten  Nutzen  hinausgehenden  „gnostischen"  Wahr- 
nemungen  i). 

Mehr  in  der  Tiefe  hegen  die  ÜERBTSchen  und  V.\TER-PACiNisc/iert  Kör- 
perchen (Fig.  27  C.  und  D.). 

Die  erstgenannten  kommen  vor  in  der  Waehshaut  der  Ente,  in  der 
auch  die  GRANDRYschen  Körperchen  vorkommen,  und  kennzeiclinen  zieh 
(hircli  einen  eigentümHclien  perifibrillären  Mantel  (b)  von  regelmäßigen 
Zellen  (Fig.  '17  C),  welcher  seinerseits  wieder  umgeben  ist  von  einer  lamel- 
lären  Scheide,  einer  Fortsetzung  der  HENLEschen  Nervenscheide. 

Die  größten  Endorgane  sind  die  Vater — PACiNischen  (Fig.  27  D), 
die  mit  dem  unbewaffneten  Auge  als  glasige  Tröpfchen  wahrzunehmen 
sind  und  einen  Durchmesser  von  1  bis  2  m.m.  erreichen.  Ihre  Gestalt  ist 
meist  eiförmig:  in  ibrem  Inneren  hndet  sich  ein  flüssiger,  eiweißreicher  Stoff, 
der  von  einer  Membran  umschlossen  wird,  die  an  der  Peripherie  eine 
Anzahl  ovaler  Kerne  aufweist.  .Jedes  Körperchen  ist  umgeben  von  einer 
großen  Zahl  von  Lamellen  (b),  die,  ebenfalls  eine  Fortsetzung  der  HENLE- 
schen Nervenscheide,  meistens  viel  zahlreicher  sind  als  die  der  Herbst- 
schen  Körperchen  und  auch  durch  einen  eiweißreichen  Stoff  von  einander 
geschieden  sind. 

Der    Achsenzylinder  endet  in  der  Mitte  in  einen  ösenreichen  Kolben  (G). 

Die  Lage  dieser  Körperchen  ist  eine  solche,  daß  man  den  Eindruck 
erhält,  sie  perzipieren  tiefere  EmpHiidungen,  nanientlicli  Empfindungen 
des  Druckes,  der  Spannung  und  der  Lageverhältnisse.  So  finden  sie  sich 
sehr  zahlreich  in  der  Subkutis  (zwischen  dem  Fett),  in  den  Gelenkkapseln 
und  im  Mesenterium. 

Diese  Körperchen  tragen  zweifellos  dazu  bei,  uns  über  den  genauen 
Stand  unserer  Gliedmaßen  zu  orientieren,  eine  Funktion,  die  oberhalb 
der  Fische  (welche  keine  eigentlichen  Gliedmaßen  haben)  stets  eine  größere 
Bedeutung  zukommt  und  wichtig  ist  als  stereognostischer  Sinn. 

Auch  die  Muskeln  und  Maskelansätze  führen  sensible  Endigungen. 

Es  sind  darin  drei  Kategorien  zu  unterscheiden:  lo.  Sensible  Endi- 
guiigen  in  den  intermuskulären  Septen ;  2o.  Solche,  welche  an  den  Muskeln 
selber  endigen  und  3o.  Solclie,  welche  an  den  Sehnen  endigen. 

Freie  intermuskuläre  sensible  Eadigungen,  scheinen  bereits  bei  den  nie- 
dersten Tieren  vorzukommen.  .Johnston  wies  sie  nacli  bei  Petromj'zon. 

Ploschko  und  Carpenter  beschrieben  intermuskuläre  Endbäumelien, 
Knäuel  und  Netze  in  der  Trachea,  dem  Magen  und  Darm  der  Säuger.  Es 
ist  wahrscheinlich,  daß  dieselben  Spannungszustände  perzipieren. 

Sensible  Endigungen  auf  den  Muskeln  selber  kommen  ebenfalls  be- 
reits bei  den  niedersten    Fischen    vor.    Korbarllr/c   sensible   31uskelendignngen 


')  Von  llEAii  epilu'itische   VVahiiieliiiiuugen  j{eiiiinnt. 


38  VERBINDUNQKX    MIT    DER    PERIPHERIE. 

wurden  von  Retzilis  erwähnt  bei  Myxine  und  von  Giacomixi  auch 
bei  Haien,  Knochenfischen  und  Amphibien  aufgefunden  {terminaisons  en 
panier). 

Bei  den  Fischen  kommen  außerdem  pinselartitje  Endigungen  vor,  die 
bereits  etwas  komplizierter  sind.  Nocli  kompliziertere  Rezeptionsorgane 
der  Muskeln  selber  sind  die  Muskelspindeln,  welche  —  in  geringer  Anzahl 
zuerst  auftreten  dürften  in  der  Muskelatur  des  Kaudalherzens  der  Cj'clo- 
stoinen,  wo  Allen  sie  nachwies. 

Sie  dürften  auch  bei  deir  höheren  Fischen  nicht  gänzlich  fehlen 
und  sind  (neben  freien  sensiblen  Muskelendigungen)  bereits  sehr  zahl- 
reich bei  den  Amphibien  (Kölliker  und  Reichert)  und  bei  den  Reptilien 
(Sihler). 

Hier,  wie  liei  den  Säugern,  findet  man  in  den  Muskeln  dann  und 
wann  eine  ganz  dünne  Muskelfaser,  die  sich  kaum  von  den  anderen  Mus- 
kelfasern unterscheidet,  die  aber  nur  etwa  '/s  bis  Vio  des  Durchmessers 
der  dicksten  Muskelfasern  hat. 

Verfolgt  man  eine  solche  Faser  (siehe  Fig.  28  A.  und  B.),  so  findet  man, 
dal!  sie  an  einer  gewissen  Stelle  eine  spindelförmige  Anschwellung  aufweist, 
welche  manchmal  auch  eine  Verdickung  des  Sarkolemms  zeigt,  die  über- 
gebt in  die  HENLEsche  Nervenscheide  (Fig.  28,  B).  An  der  Stelle,  wo  die 
Nervenfaser  in  den  Muskel  selber  eintritt,  hat  die  Muskelfaser  meistens  (nicht 
immer)  ihre  Querstreifung  verloren  und  führt  sie  eine  viel  größere  Zahl 
von  Muskelkernen.  Ihre  Substanz  färbt  sich  dunkel. 

Der  sensible  Nerv  (s.),  der  meistens  etwas  dicker  ist  als  die  moto- 
rischen Nerven,  verteilt  sich  mit  vielen  Verästelungen  in  die  modifizierte 
Muskelmasse  der  Spindel  in  einer  Weise,  die  noch  nicht  genügend  fest- 
gestellt worden  ist.  Man  weiß  nicht  einmal,  ob  der  dunkelgefärbte  Inhalt  der 
Muskelspindel,  der  sich  nach  beiden  Seiten  recht  weit  ausdehnt,  eine  Modi- 
fikation des  Sarcojilasmas  oder  der  kontraktilen  Substanz  ist. 

An  anderen  Stellen  können  die  Muskelspindelfasern  auch  motorische 
Nerven  erhalten  (Fig.  28  links  M)  und  zwar  sowohl  gewöhnliche  als 
akzessorische  Fasern  (Agduhr;  siehe  S.  40). 

Die  musknlo-tcndinösen  Organe  gehören  mehr  den  Sehnen  als  den  Mus- 
keln an  und  sind,  weil  die  Ausbildung  der  Sehnen  selber  etwas  rezenter 
ist  als  diejenige  der  Muskeln,  als  neuere  Gewinne  zu  betrachten. 

Nach  Pansixi  sollen  sie  allerdings  bei  Selachier  und  Teleostier  nicht 
ganz  fehlen,  und  damit  verwandte  Organe  (die  .sog.  Endorgane  von  Rollet 
und  Sachs)  sind  bei  den  Reptilien  und  Amphibien  nachgewiesen. 

Ihre  Struktur  ist  ohne  weiteres  aus  der  hier  gegebenen  Abbildung 
deutUch  (Fig.  28  C). 


')  Wie  die  sehr  primitive  sensible  Muskelendigung  der  Rohon  — BE.\UD'schen  tran- 
sitorischen  Zellen  stattfindet,  ist  bis  jetzt  noch  nicht  genügend  ermittelt.  Jedenfalls 
gibt  es  in  jenem  Stadium  der  Entwicklung  noch  keine  komplizierte  sensiblen  Muskel- 
endigungen. 


VERBINDUNGEN    MIT    DKR    PERIPHERIE. 


39 


Daß  sowohl  die  Muskelenipfindungen  —  wie  die  iiiuskulo- 
tendinöseii  Empfindungen  eine  große  Bedeutung  haben  für  die 
Kenntnis  des  Standes  des  Körpers  und  der  Gliedmaßen,  also  für 
den  stereognostischen    Sinn,  ist  selbstredend. 

Die  Weise,  in  der  die  effektorischen  Nervenendigungen  mit  dem 
Effektor  —  Drüsenzelle  oder  Muskelfaser  —  zusammenhängen,  ist 
wahrscheinlich  immer  so,  daß  die  Nervenfasern  sich  den  Effektor- 
zellen selber  anlegen,  wobei  die  HENLESche  Nervenscheide  (s.  u.) 
in  das  Scheiden-  oder  Stützgewebe  des  Effektors  übergeht.  Am 
bekanntesten  sind  die  Verbindungen  mit  den  Muskeln,  wobei 
die  HENLESche  Scheide  sich  in  dem  Sarkolemm  fortsetzt  und  die 
Neurofibrillen    direkt   unterhalb  des  Sarkolemms  ins  Innere  des 

Effektors  selbst  eintreten. 
(.„j  An  der  Stelle,  wo  der  Nerv 

in  den  Muskel  eintritt,  liegt  eine 
kernreiche  Verdickung,  Sohlen- 
platte genannt.  (Fig.  29.)  In  der 
Umgebung  dieser  Sohlenplatte, 
unterhalb  des  Sarkolemms,  findet 
die  Endigung  der  Neurofibrillen 
in    ösenförmige    Schlingen  statt, 


Fi;4.  •>■)<.  Sensible  MicskelendiriMigen:  Ä  Muskelspindel  einer  Katze,  nach  Boeke;  B  dito  einer 
Schlange,  nacli  SiHLER.  S  =  Sensibler,  M  =  motorischer  Nerv.  C  Musliulo-tendinöses 
Ori^an,  nach  Ramony  Cajal.  a  =  sensibler  Nerv,  b  =Verästeliingen  desselben,  c  =  Muskelfasern. 


40 


verbindt;ngen  mit  der  Peripherie. 


Fig.  '29  J.    Periterminales  Fibiillennetz,  n.  Boeke 
m.f.  a.i. 


•nrirfFT' 


'"'TTfff" 


Fig.  29  J?.  Motorische  (m.f.)  und  akzessorische 
Nervenfasern  (a.f.),  n.  Boeke.  —  üben  in  dem 
Muse,  rectus  superior  der  Katze,  unten  in  der 
Zunge  der  Maus. 


welche  dem  Sarkoplasma 
selber  aufliegen  und  viel- 
leicht mit  feinen  Zähn- 
chen an  die  Querstreifung 
herantreten.  Um  diese 
Endausbreitungen  der 
Fibrillen  ist  außerdem 
ein  von  Boeke  als  „peri- 
terminales Netzwerk"  be- 
schriebenes zartes  intra- 
mrkoplasmatischcs  Netz- 
werk vorhanden,  welches 
mit  den  Endschlingen 
der  NeuroHbrillen  auastomosiert 
(Fig.  29  A),  sich  aber  weniger 
stark  färbt  bei  Anwendung  der 
Neuro  tibrillenmethoden.  Die 

neurotibrilläre  Herkunft  jenes 
periterminalen  Netzwerkes  ist 
denn  auch  nicht  sicher,  seine  reiz- 
leitende Funktion  dagegen  wahr- 
scheinlich. 

Ich  habe  übrigens  bereits  in, 
der  Einleitung  darauf  hingewiesen, 
daß  die  Eetzlcitungsfähigkeit  keine 
Eigenschaft  ist,  die  nur  den  Nerven 
zukommt  und  werde  iveiter  unten 
auch  wieder  Gelegenkcithaben,  darauf 
hinzuweisen  (siehe  Seite  50  u.  w.j. 
Außer  den  Endigungen  der 
markhaltigen  motorischen  Fasern 
sind  von  Bre.mer,  Botezat  und 
namentlich  von  Boeke  Endigun- 
gen von  marklosen  Fasern  in  den 
Muskeln  wahrgenommen,  welche 
von  Boeke  sehr  eingehend  stu- 
diert und  als  selbständige  akzes- 
sorische Fasern  ^)  {¥\g.  IQ  B:  a.f.) 
erkannt  worden  sind. 

Die  Funktion  jener  Fasern 
kennt  man  noch  nicht.  Man  muß 
sie  aber  als  eine  svmpathische  In- 
nervation der  Muskeln  betrachten, 


')  Die  von  Perroncito  und  Gemelli  beschriebenen  Kollaterall'asern  sind  damit  nicht 
zu  identifizieren. 


DAS    HÜI,I,(iICWEI5E    DKK    /.KNTKALORGANE.  41 

denn  sie  bleiben  in  den  Arinmuskeln  intakt  nach  Duisehneidung  aller 
Wurzeln  des  Plexus  brachialis  (Agduhr),  was  zu  Gunsten  ihrer  postgan- 
glionären, sympathischen  Natur  spricht. 

Nur  für  die  Ziliarmuskeln  hat  Boeke  nachgewiesen,  dali  ihre  akzes- 
sorischen Fasern  (Katze)  schon  nach  Durchschneidung  der  Wurzel  des 
Nervus  oculomotorius  teilweise  zu  Grunde  gehen,  dort  also  teilweise  auch 
Wurzelfasern  sind. 

Nach  der  Meinung  von  8.  de  Boer  haben  die  akzessorischen 
Fasern  einen  Einfluß  auf  den  Tonus.  Indessen  konnten  weder  Boeke, 
noch  Agduhr  nach  Exstirpation  des  Ganglion  stellatum  eine  Tonusverän- 
derung in  den  Armniuskcln  sehen.  Auch  Brücke  und  Barenxe  bezwei- 
felen  dies.  Wir  müssen  hier  m.  E.  eher  denken  an  den  Satz  von  Langlev, 
duli,  wenn  ein  Gewebe  eine  doppelte  Innervation  erhält,  der  durch  die  eine 
Innervation  verursachte  Effekt  gewöhnlich  entgegengesetzt  ist  dem  Effekt 
der  anderen  Innervation,  und  ich  möchte  die  Frage  aufstellen,  ob  nicht  die 
akzessorische  Innervation  die  Resultate  der  Hanptinnervation  reguliert, 
d.  ii.  in  Schranken  hält. 


Das  Hüllgewebe  der  Zentralorgane. 

Während  die  spezitische  Funktion  des  Nervensystems  wesentlich  ab- 
hängig ist  von  dessen  nervösen  Elementen  und  deren  Verbindungen  mit 
der  Peripherie  des  Körj>ers,  ist  der  Haashall  des  A'ervensysicins  zu  einem 
großen  Teil  abhängig  von  dem  diese  Elemente  und  das  gesamte  Ner- 
vensystem mngebenden  Hüllgewebe. 

Dieses  Gewebe,  welches  aus  verschiedenen  Elementen  besteht,  wurde 
früher  im  allgemeinen  als  „Stützgewebe"  bezeichnet.  Da  seine  Funktion 
jedoch  viel  weiter  geht  als  dieses  Wort  besagt  und  wesentlich  die  Metaboliedes 
Nervensystems  beherrscht,  ist  der  mehr  neutrale  Ausdruck  Hüllgewehe  besser. 

Bei  den  Wirbellosen  .s})ielt  dieses  Gewebe  eine  viel  geringei-e  Holle  als 
bei  den  Wirbeltieren,  und  bei  den  niederen  Wirbeltieren  wieder  eine  ge- 
ringere als  bei  den  höheren.  Dies  gilt  sowohl  für  das  ektodermale,  gliöse  als 
für  das  mesodermale  Hüllgewebe,  wie  ich  bei  der  Beschreibung  des  liücken- 
markes  eingehender  erörtern  werde. 

Während  bei  den  Vertebraten  leicht  nachwcisibar  ist,  daß  die  Neuroglia  aus 
der.^elben  Anlage  hervorgeht  wie  das  A'^ß;vr«.'.;//.s-fe«i  und  eklodernialer  llevkiinft  ist  — 
das  Bindegewebe  ist  mesodermal  —  halt  es  bei  den  Evertebraten  uiaiichinal  .schwer, 
über  den  Ursprung  des  nervösen  Stützgewebes  eutwicklungsgeschichtliche  Daten 
zu  erlangen.  Das  ontogenetische  Kriterium  fehlt  dort  also  manchmal,  und  dadurch  ist 
es  nicht  immer  möglieb,  genau  anzugeben,  wo  das  eine  aufhört  und  das  andere  anlängt. 

Man  erhält  nicht  selten  den  Eindruck,  daß  bei  manchen  Evertebraten  das 
Bindegewebe  die  Nerven,  Ganglien  und  Zentralorgane  mehr  oder  wenigei-  direkt 
mit  Hüllen  umgibt,  während  die  einzelneu  Nervenfasern  übrigens  meistens  nackt 
sind.  Die  Coelenteraten  und  vielleicht  auch  die  Arthropoden  sollen  keine  Glia 
besitzen.    Bei    den  Würmern    und   Mollusken  soll   indessen  zwischen  den  Ganglien- 


42  DAS    CHORIOIDEPITHEL. 

Zellen  und  Nervenfasern  der  Zentrtilorgane  (vielleicht  auch  im   peripheren   Nerven- 
system) Neuroglia  vorkommen. 

Bei  (leix  Vertehraten  ist  die  Verteilung  von  Neuroglia  und  Bindegewebe 
besser  bekannt  als  bei  den  Wirbellosen. 

Die  Neuroglia,  oder  besser  gesagt  das  ektoderiuale  Hüllgewebe,  das 
auch  in  der  Metabolie  des  Gehirns  eine  so  große  Rolle  spielt,  wird  dort  im 
allgemeinen  unterschieden  in  zwei  Zellarten :  das  Ependym  und  die  Glia 
sensu  strictiori,  welche  aus  diesem  Ependym  hervorgeht. 

Das  Ependym  kann  wieder  eingeteilt  werden  in  das  Epithel  der 
Dachmembranen  oder  Chorioidalgeiuebe  und  das  Ependym  sensu  strictiori, 
das  die  an  den  Hirnventrikel  grenzende  ^^eite  des  nervösen  Gewebes  be- 
kleidet. Letzteres  unterscheidet  sich  von  dem  Chorioidepithel  hauptsächlich 
durch  seinen  Wimpersaum  und  dadurch,  dalj  seine  Zellen  einen  langen 
Ausläufer  aufweisen,  welcher  in  die  Substanz  des  Nervensystems  eindringt. 

Das  Chorioidepithtl  bildet  die  Plexus  chorioidei,  welche  bei  Foeten,  also 
während  der  Entwicklung,  relativ  größer  sind  (Loepek)  als  beim  Ausge- 
wachsenen. (In  Uebereinstimmung  damit  scheint  auch,  daß  sie  bei  höheren 
Tieren    nie  einen  so  großen  Umfang  erreichen  als  bei  manchen  niederen). 

Ihr  Epithel  (Fig.  30)  ist  insoferne  primitiv  von  Bau,  indem  es  einen 
einfacheren  Zelltypus  bewahrt  hat.  Die  Zellen  sind  meistens  kubisch  und  stets 
einschichtig,  und  zwischen  den  Zellen  liegt  eine  homogene  Kittsubstanz,  die 
in  tangentialen  Schnitten  sehr  deutlich  sichtbar  wird  (siehe  Fig.  30  Hexanchus). 

Im  Gegensatz  zu  STUDNK.K.i  und  Stekzi  muß  ich  angeben,  daß  ich 
auf  den  Zellen  nie  einen  Haar-  oder  Flimmersaum  wahrnam.  Wohl  ist 
ihre  nach  dem  Ventrikel  zugewandte  Seite  oft  hyalin  und  etwas  gestreift, 
was  offenbar  mit  ihrer  sekretorischen  Funktion  zusammenhängt,  welche 
auch  die  Ursache  ist,  daß  die  Zellen  an  jener  Seite  manchmal  mit  einer 
Priizipitat-Schicht  bedeckt  sind. 

Das  Protoplasma  der  Zellen  weist  feine  Granulationen  (Luschka)  auf. 
Dieselben  kommen  zunächst  aus  dem  Kern  in  das  Protoplasma  und  ver- 
größern sich  dort,  indem  sie  sich  mit  einer  Membran  umkleiden  (Galeotti). 

Die  basophilen  Granulationen  sind  von  .ScuLaPFEu  als  Glohtdolasien  bezeichnet 
und  sollen  mit  einer  dünnen  Lipoidmembran  versehen  sein.  Daneben  sollen  (Gold- 
mann) azidophile  Granulationen   vorkommen,   welche  eine  Oxydase  enthalten. 

Das  Chorioidepithel  ist  so  stark  vaskularisiert  (Fig.  30,  Acanthias), 
daß  mau  seine  Zotten  als  reine  Blutdrüsen  betrachten  kann,  in  dem  Sinne 
jedoch,  daß  seine  Zellen  einerseits  Substanzen  überführen  in  den  Ventrikel- 
raum, während  sie  anderseits  Abbauprodukte  aus  der  Zerebrospinalflüssig- 
keit  aufnehmen  (Pei.lizi),  und  in  die  Blutbalni  bringen  (fettähnliche  Stoffe). 

Die  in  sie  eindringenden  Gefäße  sind  meistenteils  ausserordentlich  weite 
Kapillaren,    deren    Endothel    oft  unmittelbar  an  den  Chorioidzelleii  liegt  i) 


')  Namentlich  in  den  Endzotten  ist  dies  der  Fall.  Dort,  wo  das  Chorioid  an  die  Meninx 
grenzt,  begleitet  nicht  selten  eine  gewisse  Menge  lockeres  Meningea  Ige  webe  die  Choi'ioidgefäße. 


DAS    ('IIOKIOII)EPITHEL. 


43 


(siehe  Fig.  30  Acunthias  und  Acipenser).  Retrahiereii  sich  die  Gefäiie  durch 
Schrumpfung,  dann  sieht  man  manchmal  zwischen  den  Endothelzellen  und 
dem  Chorioid  nur  einen  leeren  Raum. 


Acantliias. 


Meniux 


leeresBlutg. 


Meuiux 


Chor.  z. 
tangen- 
tial ange- 
schnitten 


^T«  J^^  »^ 


Chorioidzotte  mit  Blutgef. 


Hexanchus. 


Aciponser. 

Fig.  30.  Cliorioidepithel  von  .^canthias,  Acipen.ser  (Ventr.  IV)  und  Hi>xanchus 
(Ventr.  III).  Man  beachte  den  engen  Anschluß  der  Kapillaiwand  an  das  Chorioid- 
epithel  bei  Acanthias  und  Acipenser  und  die  leicht  gefärbten  oberen  Abschnitte  der 
Chorioidzellen  bei  Acipenser. 

Indessen  kann  auch  eine  kleine  Menge  mesenchymatöses  Gewebe  der 
Meninx  die  Kapillafen  begleiten  (vergl.  Hexanchus). 

In  diesem  Meningealgewebe,  das  oberhalb  der  Chorioidzotten  reichlicher  ist 
als  darin,  kommen  —  namentlich  um  die  Gefäße  —  manchmal  grolie  mononu- 
kleäre  Zellen  vor,  ein  Art  Mast/.elleu  (Susdwall)  welche  von  Goldmann  als  Pj/r- 
rolzelJen  bezeichnet  wurden,  weil  sie  sich  mit  Pyrrolblau  stark  färben.  Dewet  hält 
sie  für  Lymphendothelien.  Ihre  Körner  färben  sich  nach  meinen  Erfahrungen  auch 
stark  mit  WEiüEHTs-Markseheide-Färbung,  und  ich  bin  geneigt,  auf  Grund  dessen 
ihnen  eine  Verwandtschaft  mit  dem  Lezithin  beizumessen.  Ich  fand  sie  auch  sehr 
deutHch  bei  niederen  Tieren  (Ceratodus). 


44  DAS    CHOKIOIDEPITHEL. 

Ob  es  sieh  dabei  um  ähnliche  Elemente  handelt  als  die,  welche  Asa  Chaimdlee 
so  reichlich  bei  Lepidosteus  fand,  halte  ich  nicht  für  ausgeschlossen,  weil  die 
Körner  jenes  Tieres  sich  stark  tingiren  mit  Pikrin,  welches  bekanntlich  auch  eine 
Affinität  zum   Lezithin  der  Markscheiden  besitzt. 

Im  Zusammenhang  damit  ist  es  interessant,  daß  Pellizzi  darauf  hingewiesen 
hat,  daß  namentlich  während  der  Myelogenese  fettkörnerhaltige  Zellen  in  dem 
perivaskulären  Gewebe  sehr  zahlreich  sind. 

Es  zeigt  sich,  daß  es  sich  beim  Chorioid  um  eine  Brüse  handelt,  welche  in 
den  Ventrikel  sezerniert  und  anderseits  Stoffe  in  die  Lymph-  und  Blutbahn  bringt. 
Diese  Drüse  spielt  auch  nocli  dadurch  in  dem  Metabolismus  der  das  Hirn  durch- 
spülenden und  umspülenden  FU'issigkeiten.  eine  überaus  ivichtige  Bolle,  weil  sie 
manche  Stoffe,  die  in  der  Blutbahn  vorkommen  oder  die  in  diese  eingeführt 
werden,  nicht  in  das  Nervensystem  durchläßt  (unter  ihnen  auch  einige 
Antitoxine,  wie  dasjenige  des  Tetanus  und  der  Diphtherie,  Gallpigmente 
und  einige  medikamentöse  Sub.stanzen :  Meyer  und  Ranson). 

In  dieser  Beziehung  weist  das  Chorioidalgewebe  also  eine  Ähnlichkeit 
mit  der  Plazenta  auf  (daher  „Placenta  cerebralis").  Von  großer  Bedeutung  in 
dieser  Hinsicht  ist  auch  die  von  Loeper  und  Goi.dmann  erwäinite  Tatsache, 
daß  das  foetaleChorioidgewebe  reich  ist  an  Glykogen,  bekanntlich  ein  Nahrungs- 
reservestofl".  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  das  Chorioid  auch  bei  der  Regulie- 
rung des  gewöhnlichen  und  osmotischen  Liquordruckes  eine  Rolle  spielt. 
Hieraus  läßt  sich  vielleicht  erklären,  daß  sich  bei  den  Fischen  manchmal 
eine  so  mächtige  Ausdehnung  jener  Membranen    tindet   (vergl.    Fig.    438). 

Daß  es  sich  dabei  nicht  bloß  um  einen  Dialysationsprozeß  handelt, 
sondern  auch  um  Sekretionsprozesse,  darauf  weist  ihre  Beeinflussung  durch 
Pilokarpin,  welches  —  mittels  der  sympathischen  Fasern,  welche  die 
Chorioidmembran  innervieren  —  deren  Sekretion  beeinflußt. 

Wie  wichtig  die  Rolle  der  Adergeflechte  ist,  geht  schließlich  daraus 
hervor,  daß  ein  Frosch  nach  Abtragung  der  Plexus  chorioidei  unter  Erschei- 
nung von  Erstarrung  stirbt  (Pellizi). 

Während  das  Chorioidepitliel  zwischen  dem  Liquor  cerebro-spinalis 
internus  einerseits  und  den  Blutgefäßen  (und  der  extra-zerebi'alen  Lymphe) 
anderseits  als  eine  selektive  und  sekretorische  Membran  eingeschaltet 
ist  und  (beim  Menschen)  nur  an  der  Stelle  der  Foramina  von  Magendi  und 
Luschka  (siehe  Kap.  HI)  fehlt,  kommt  dem  Ventrikelependym,  in  den  e.s 
sich  in  den  Kavitäten  des  Gehirns  und  in  dem  Zentralkanal  des  Rücken- 
markes fortsetzt,  daneben  auch  eine  Stützfunktion  zu. 

Die  Fjpcndymzellen  .sind  meist  kubisch,  können  aber  an  gewissen  Stellen 
(z.  B.  unter  der  Commissura.  posterior  des  MittcUiirns  und  oberhalb  der 
Com.  anterior  des  Rückenmarkes)  eine  sehr  autt'allende  hochzylindrische 
Gestalt  annclnnen. 

Ihre  nach  dem  Ventrikel  gerichtete  Seite  (wenn  sie  nicht  mit  Eivveiß- 
koagula  bedeckt  ist)  weist  Wimperhaare  auf,  welche  entweder  in  Büscheln 
vorkommen  oder  solitär  sind  und  deren  zellulärer  Pol  in  Diplosomen  endet. 


DAS    Kl'KNDYNr. 


4.') 


Diese  Haare  können  selbstständige  Bewegungen  aufweisen  (Valentin  u.  A.). 
Die  Zellen  unterscheiden  sieh  aul^erdeni  von  den  Chorioidzelleii  durch  lange 
Ausläufer,  die  radiär  durch  die  ganze  Dicke  der  gi'auen  Substanz  ziehen 
und  deren  verbreiteten  Endfüßchen  bei  niederen  Tieren  die  Limitans  externa 
bilden  (Retzrts). 

Indessen  würde  man  fehlgehen,  wenn  man  den  Ependymzellen  einen 
Einfluß  auf  den  Metabolismus  der  Hirnsäfte  abspräche. 

Elin  solcher  Einfluß  ist  zweifellos  vorhanden,  wie  dies  auch  durch  die 
eigentümlichen  Wucherungen  jenes  Gewebes  bewiesen  wird,  die  ich  bei 
Fischen,  Reptilien  und  \7)geln 

i  ■ 


nachweisen  konnte,  deren  rei- 
che Vaskularisierung  und  mas- 
saler  Eiweißbelag  auf  ihre  se- 
kretorische B'unktion  hinweist 
(vergl.  Fig.  31 Ä  und  Fig. 438.4). 

In  dieser  Beziehung  zeigt 
das  Ependym  also  eine  Ver- 
wandtschaft mit  dem  Chorioid- 
epithel.  Außerdem  lassen  sich 
darin,  namentlich  bei  jungen 
Tieren  und  während  der  Ent- 
wicklung, Körner  nachweisen. 

Die  Ependymzellen,  die 
den  Zentralkanal  des  Rü- 
ckenmarkes und  die  Ven- 
trikel  des  Gehirns  wie  mit 
einem  Deck-Epithel  bekleiden 
bilden  auch  den  Mutterboden 
der  eigentlichen  Gliazellen,  oder 
besser  gesagt:  beide,  die  Epen- 
dym- und  Gliazellen,  gehen 
aus  den  primitiven  „Spongio- 


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Fig.  31  ^1.  Sezeinierende,  stark  vaskulai'isierte  Epen- 
dymstelle     in     dem    Zwischenhirn    eines    Reptils. 


blasten"  hervor. 

Die  Gliazellen  wandern  allmählich  in  die  Substanz  des  Nervensystems 
ein  in  der  Richtung  ihres  peripheren  Ausläufers  und  verlieren  dadurch 
den  Kontakt  mit  dem  Zentralkanal  (Fig.  31  5).  Der  periphere  Ausläufer 
atrophiert  später  auch,  und  es  bilden  sich  in  dem  Protoplasma  der  Zellen 
sekundäre  Gliafibrillen  und  Ausläufer  in  verschiedener  Richtung. 

Man  spricht  dann  von  „autonomen  Gliazellen",  Astrozyten,  welche  in- 
dessen meistens  untereinander  verbunden  sind  und,  je  nachdem  ihre  Aus- 
läufer lang  oder  kurz  sind,  in  Langstrahler  und  Kurzstrahler  unterschieden 
werden.  Erstere  flnden  sich  namentlicli  in  der  weißen,  letztere  in  der 
grauen  Substanz. 

Die  große   Bedeutung    der    Glia    für    den    Metabolismus    des    Nerven- 


46 


DIK    NKUR(ir;i,lA. 


Systems  geht  an  besten  daraus  hervor,  daß  (he  Lage  mancher  dieser  Zel- 
len und  ihrer  Ausläufer  und  Fibrillen  (oflenbar  auf  chemotaktischer  Basis) 
von  Gefäßen  bedingt  (vergl.  Fig.  o2)  und  in  pathologischen  Fällen  als 
Wanderzelkri  von  Entzündungsherden  beeinflußt  wird. 

Es  läßt  sich  nachweisen,  daß  die  Gliazellen  in  solchen  Fällen  sogar 
rote  Blutkörperchen  und  Ganglienzellen  (Neuronopliagie)  verzehren.  Hier- 
aus geht  hervor,  daß  der  Verband  mit  dem  inneren  Metabolismus  des 
Nervensystems,    der   bei    den    Chorioidmembranen   so    evident  ist,  und  der 


Fig.  .Sl  n.     Epenrlym  (rechts)  und  junge  Gliazellen  (links)  in  dem  Rückenmark   eines 
menschlichen  Koetns  von   14  cm,  nach  von  Leniiosskk. 


sich   auch  beim  Ependym  nachAveisen  läßt,  bei  den  gliösen  Elementen  bleibt. 

Ob  um  die  (4efäße  die  Lage  der  Endfüßchen  von  der  Gefaßwand  selber 
oder  von  einem  perivaskulären  Lymphraum  bedingt  wird,  ist  lang  umstrit- 
ten, und  ist  bei  Kapillären  vielleicht  anders  als  bei  etwas  größeren  Gefäßen. 

Sicher  ist,  daß  die  trompetenförmigen  Endfüßchen  der  den  Gefäßen 
nahe  liegenden  Gliazellen  (Gliakammerzellen  Held's)  eine  ziemlich  ge- 
schlossene Membran  bilden,  die  Limitans  vascularis  von  Held,  ebenso  wie 
'die  Gliagrenzzellen  an  der  Oberfläche  des  Nervensystems,  eine  Limitans 
superficialis,  oder  externa  darstellen  und  daß  sich  zwischen  dieser  Membran 


DIE    NRriUMil.TA. 


47 


und  dem  Gefäß  ein  .sclnnaler  .sjmltföriniejer  Raum  finden  kann,  der  Virchüw- 
Roi'.ixsche  Raum  1)  (Hkld,  Nonxk,  Schaffkk  und  Winkkler — JuNius:  Fig. 
I_;.i-\ja  32).  Ist  dieser  Raum  sehr  beein- 

trächtigt,   dann    hegt   die   Limi- 
tans  ghae  direkt    an  dem  Endo- 

J/:  Um, gl. 


-Qc.  mora: 


A'f.  //'/n .  ff'- 


Fig.  321?.  VerhaltiMi   tief   Membrana 
gliosa    vascularis   zu    dem    Virchow- 


Fig.  32.4.  Verhalten  Her  Glia  in  (li>r  liinile.  11.  Hri.d.       RoBiNschen  Raum   n.  Winkleu-.Funuis. 


/7A 


--^ 


:^m- 


Fig.    32  C     Verhalten  der  Auslänfer  der  Gliazellen  zu  den    (iet'alien, 

n.   1,.   linuMAN. 


')  Nach  Held  sind  die  Släbclienzellen,  die  einzigen  gliösen  EInemente,  welche  in  den 
perivaskulären  Raum  selber  eindringen.  Fs  handelt  sich  dabei  um  phagozytäre  Wander- 
elemente  der  Glia. 


48  r>iF,  NKURoaiJA. 

thel     des    Kapillars    oder     an     der    Adventitia    des    Gefäßes    (Fig.    32C'). 

Der  perivaskuläre  ViRCHOW-KoBiNsche  Raum  steht  im  Zusammenhang 
mit  pialen  Gewebsspalten  und  mit  dem  Arachnoidah-aum 

Der  Virchow-Rohinsche  Raum  ist  der  einzige  perivaskuläre  Raum  bei 
den  Kapillaren. 

Bei  etwas  größeren  Gefäßen,  die  eine  reichliche  Adventitia  führen, 
kommen  dazu  noch  die  adventitielen  Lymphspalten,  welche  allen  Körper- 
gefäßen und  auch  denjenigen  des  Gehirnes  eigen  sind  (Binswangeu  und 
Bergei!,  Nonne  und  Luce,  Kooy)  und  die  pialen  Nebenräume  (Held). 

Zentralwarts  von  der  Limitans  gliae  (die  sieh  in  die  Membrana  limitans  super- 
ficialis fortsetzt)  ist  das  Gliagewebe  uiauehmal  gelockert  und  die  nervöse  Substanz 
spiirlich,  sodaß  man  den  Eindruck  erhalten  kann,  als  wären  dort  wieder  Lymph-  oder 
Zerebro-Spinalflüszigkeitsräume  vorhanden.  Ich  habe  diese  Eäume  in  Fig.  32  A  als 
Lacunne.  marciinales  und  Lnciinae  pprivnsculares  ^)  bezeichnet.  Die  Limitans  gliae  wird 
überall  bekleidet  von  der  Membrana  intima  Piae,  ein  Endothelartiger  Membran  (Held). 

Außer  ihrer  Verbindung  mit  den  Gefäßen  zeigt  die  Glia  eine  be- 
sondere Tendenz  zur  Bildung  von  Filzwerken  um  Ganglienzellen  und 
.Fasern. 

Ihre  Ausläufer  (Paladino,  Marenghi  u.  A.)  dringen  dabei  nicht  selten 
in  die  Markscheide  durch  (und  sogar  in  die  Ganglienzellen).  Ihre  Affinität 
zu  fettartigen  Stoffwechselprodukten,  welche  hieraus  hervorgeht,  zeigt  sich 
aber  namentlich  bei  Erkrankungen  des  Nervensystems,  wobei  Wucherungen 
der  Glia  mit  einer  förmlichen  Myelophagie  zusammengehen  können. 

Es  kommt  mir  wahrKcJicinlicli,  vor,  daß  aucli,  unter  normalen  Umständen  die  in 
die  Markscheide  durchdringenden  Gliafäserchen  überflüssiges  oder  veraltetes  Mark 
abführen.  Müssen,  uiir  doch  annehmen,  daß  die  Markscheide  ein  sich  fortwäh- 
rend erneuerndes  Gebilde  ist. 

Dementsprechend  würde  die  pathologische  Myelophagie  eine  durch 
pathologische    Reize    verursachte    Exazerbation  normaler  Gliatätigkeit  sein. 

Außerdem  haben  Nageotte,  Mawas  und  Achücauro  darauf  hingewiesen, 
daß  den  Gliazellen  walirscheinlich  auch  eine  sekretorische  Funktion  zukommt, 
eine   Art  innerer  Sekretion,   die  auf  die   „Stimmungen"   einen    Eintlnß  ausüben  soll. 

Wir  finden  also  in  allen  Derivaten  des  Beck-  und  Hüllepithels  eine  ]''erwandt- 
schaft  zu  den  Blutgefäßen  und  zu  der  Metabolie  des  Nervensystems.  Im  Hinblick 
darauf  dürfte  es  von  Interesse  seiyi,  bereits  hier  darauf  hinzuweisen,  daß  das 
Durchweben  der  Rückenmarkstd)stanz  mit  autonomen  Gliazellen  erst  eine  größere 
Bedeutung  erlangt  bei  denjenigen  Tieren,  die  intrazerebrale  Blutgefäße  und 
Markscheiden,  besitzen  und  unter  pathologischen   Umstände^i  stark  zunimmt. 

Amphioxus,    der    keine    intrazerebralen    Blutgefäße   und    keine    Mark- 


')    Diese    LacuHae    perivasculares   erklären    vielleicht    einige,  von  dieser  Darstellung 
abweichende  Auffassungen  von  Cajal  und  Achücarro. 


DIE   NEUROGLIA.  49 

scheiden  besitzt,  weist  wohl  Ependym,  aber  meines  Erachtens  keine  auto- 
nome Glia  auf,  und  auch  bei  den  Zyklostomen  findet  man  ähnliche  Ver- 
hältnisse. Dort  kommen  zwar  Gliazellen  vor,  welche  sich  freigemacht  haben 
von  dem  Zentralkanal,  aber  die  Endfüße  jener  Zellen  stehen  fast  nur  auf 
der  Peripherie  des  Markes. 

Gliazellen,  welclie  sowohl  von  deni  Zentralkanal  als  von  der  Peripherie 
frei  sind,  sogenannte  „autonome  Gliazellen",  treten  erst  einigermaßen  reich- 
lich bei  den  Plagiostomen  auf,  deren  Nervensystem  mit  inneren  Gefäßen 
versehen  ist  und  bei  denen  auch  die  Markumscheidung  zuerst  auftritt. 

Icli  habe  schon  ervviihnt,  daß  die  Gliazellen  unter  entzündliclien  Umständen, 
die  Ganglienzellen,  die  sie  sonst  nur  umspinnen  oder  in  die  sie  höchstens  mit  Fort- 
sätzen eindringen  (wie  die  Trophospongien  in  Fig.  20),  ganz  verzehren  können : 
NeiiTonofliagie.  Sie  erfüllen  dann  als  phagozytäre  Zellen  eine  Rolle  wie  die 
Leukozyten.  So  sind  auch  die  sog.  SHibclienzellen^)  wahrscheinlich  als  „Wnnderfflia" 
zu  betrachten.  Dies  alles  weißt  darauf  hin,  wie  überwiegend  die  Rolle  dieser  Ele- 
mente in  dem  Leben  des  Nervensystems  ist :  wieviel  mehr  sie  sind  als  Stützelementen. 

Die  bindegewebigen  Hüllen,  welche  das  Zentralorgan  umgeben,  die  Hirn- 
häute (Meningen)  und  dessen  intrazerebralen  Septen  weisen  recht  erhebliche 
Unterschiede  auf  in  den  einzelnen  Tierklassen  und  sollen  deshalb  (siehe 
Kapitel  II,  über  das  Rückenmark)  für  jede  Klasse  besonders  behandelt 
werden. 


Das  Hüllgewebe  der  peripheren  Nerven  und  ihre  Rolle 
bei  der  Nervenbiidung. 

Zu  der  Hüll-  oder  Stützsubstanz  rechnet  man  auch  die  Zellen  der 
ScinvANN'sc/ieii  Sclieide  der  peripheren  Nerven,  welche  sogar  als  „periphere 
Gliazellen''  bezeichnet  wurden.  Es  ist  jedoch  fraglich,  ob  diese  Bezeich- 
nung richtig  ist.  Ihre  Funktion  gebt  wahrscheinlich  weiter  als  die  der  Glia. 

In  der  ersten  Anlage  der  Nerven  bilden  sie  mit  den  peripheren  Aus- 
läufern der  Ganglienzellen  den  einzigen  Bestandteil  derselben.  In  diesem 
Stadium  umgeben  sie  größere  Nervenfaserbündel  zu'  gleicher  Zeit  (Fig.  33 
oben).  Bald  darauf  dringen  sie  aber  in  die  Bündel  ein  (Fig.  33  mittlere 
Reibe),  umkleiden  die  Fibrillen  mit  Scheiden  (Fig.  33  unten)  und  umfassen 
auch  die  Myelinscheide,  die  dort,  wo  zwei  ScHWANN'sche  Zellen  aneinander 
grenzen,  unterbrochen  ist  (RANViER'scher  Schnürring:  Fig.  21). 

An  den  marklosen  sympathischen  Nervenfasern  (pEMAK'schen  Fasern) 
entlang  findet  man  sie  ebenfalls,  und  auch  die  Amphizyten  der  Spinalgan- 
glienzellen (Trophozyten,  Fig.  20)  sind  ihnen  verwandt. 

An  der  Grenze  des  Zentralnervensystems  hören  die  röhren- 
förmigen    Segmente     in     einer     so     regelmäßigen    Weise    auf,    daß    ihre 


')  Einige  Autoren  betrachten  sie  al.s  inesoderraale  ElpinRiitc. 
Kappers. 


50 


DAS    HULLGEWEBE    DER    PERIPHEREN    NERVEN. 


zentralen  Enden  zusammen  einen  Bogen  bilden,  den  F'RoyniAy^' selten  Bogen 


Da  dieser  Bügen  im  Lum- 
balmark,  eine  gewisse  Strecke 
vom  Rückenmark  entfernt  ist 
(Redlich,  E.  Levi),  und  dort 
eing  Verdünnung  der  Mark- 
scheiden voi'kommt,  liegt  hier 
vielleicht  ein  Locus  minoris 
resistentiae  vor  gegen  toxische 
Einflüsse  (Tahes-theorie  von 
Redlich). 

Es  ist  wahrscheinlich. 
(Held,  Cari-enter)  daß  die 
.ScHWANN'schen  Zellen  (auch 
wohl  als  Lcmnohlasten  be- 
zeichnet) größtenteils — aber 
nicht  ausschließlich  —  von 
der  Anlage  des  Zentralner- 
vensystems herstammen. 

Die  Lemnoblasten  der 
Pila  olfactiva  konnnen  je- 
denfalls aus  der  Mucosa 
olfactiva  hervor  (Disse  und 
Held).  Letzteres  dürfte  auch 
der  Fall  sein  mit  den  Lem- 
noblasten gewisser  Gefühls- 
körperchen,  wie  beim  Ei- 
MKR'schen  Organe  desMaul- 

Fig.  33.  Entwicklung  der  ScHWANN'schen  Scheide.  wurfs. 

Obere   Reihe:    Interkostalnerven   mit  perifascicuhiren  ßgj    ^gj.  Bikhmo-  der  pe- 

ScHWANN'schen  Zellen.  Schafembryo,  30  ni.m.  ripheren  Nerven  kommt  den 

Mittlere    Reilie:    Einwanderung    der    ScHWANN'schen        ^'         ,,  „■      .  -n 

7  „      •     ,      KT   T    1  •  j-        o  1    <•     u        -n      »/r  Lemnoblasten-)  eine  groliere 

Zellen  in  den  N.  Ischiadicus.  Schafembryo,  /O  m.M.  mji.,,,,,'^^,^  ^^^  v    j  ^ 

Untere  Reihe:  Isehiadicus  eines  Schaffoetus  24  c.M. 
ScHWANN'sche  Zellen  röhrenförmig  geschlossen.  Links 
sind  nur  ScHWANN'sche  Zellen  mit  ihren  Kernen  in  den 
Fascikeln  der  Priniitivfibrillen,  in  denen  sich  Mark  und 
Achsenzylinder   noch    nicht   diflerenziert  haben. 

Rechts  ein  weiter  fortgeschrittenes  Stadium,  worin 
außer  den  ScHWANN'schen  Zellen  endoneurale  Zellen 
zwischen  den  Nervenröhren  eingewandert  sind.  Mark 
(weiß)  und  Achsenzylinder  (schwarz)  sind  ditTprenziert. 

delt  sich  dabei  um  eine  geschich- 
tete Reaktion,  der  keine  besondere  Bedeutung  zukommt,  und  welche  auch  in  Kapillaren 
mit  Eiweißlösung  auftreten  kann  (Boveri,  Bechthold). 

2)  Letztere  können  nach  Boeke  imd  Heringa  teilweise  auch  mesodermaler  Herkimft  sein. 


')  Nicht  zu  verwechslen  mit 
den  FROMMAN'schen  Linien,  der 
Querstreifung,  welche  der  Ach- 
senzylinder (und  bisweilen  auch 
die  Dendriten  :  Grandry,  Dek- 
iiiYZEN)  zeigen  kann  nach  Be- 
handlung mit  Ag  NOj.   Es  hau- 


KETTENTHEORIE  UND  AUSLÄUFERTHEORIE.  51 

Bedeutung  zu  uls  blolie  Hüllzellen,  indem  sie  nicht  nur  den  Achsenzylinder 
umhüllen,  sondern  auch  ihr  Plasma  in  der  Bildung  und  der  Regeneration 
der  Fibrillen  eine  Rolle  mitspielt.  Welches  diese  Rolle  ist,  ist  noch  nicht 
ganz  klar. 

Gerailc  in  letzter  Zeit  sind  aber  auf  diesem  Gebiete  wichtige  Unter- 
sncliungen  erschienen.  (Hioi.d,  Boeice,  Heringa  und  Si'IELMEYER.) 

Die  von  diesen  Autoren  gemachten  Befunde  weisen  eine  große  prin- 
zipielle Übereinstimmung  auf  und  bringen  uns  der  Lösung  der  noch  immer 
fortdauernden  Meinungsunterschiede  über  die  Genese  der  peripheren  Nerven 
etwas  näher. 

Bekanntlich  bestehen  diese  Meinungsunterschiede  darin,  daß  die  eine 
Partei  die  peripheren  Nerven  nur  als  Ausläufer  einer  zentralen  Ganglien- 
zelle betrachtet,  welche  sekundär  von  Scheidenzellen  umgeben  werden 
{Avslüafcrtheorie),  während  die  andere  Partei  in  den  peripheren  Nerven 
eine  Kette  von  SciiWANN'schen  Zellen  sieht,  welche  ihrer  Meinung  nach 
als  richtige  nervenbildende  Zellen  zu  deuten  sind,  in  denen  sich  also 
die  Fibrillen  entwickelten,  sei  es  autonom,  sei  es  nur  unter  einem  zen- 
tralen Einfluß  {Kettentheorie). 

Daß  ein  bleibendes  cmtonomcs  Wachstum.,  eine  fortschreitende  autonome 
Regeneration  eines  peripheren  Nervenstückes  (Bethe)  indessen  nicht  vor- 
kommt, und  daß  der  zentrale  Zusammenhang  hierbei  jedenfalls  notwendig 
ist,  darüber  besteht  jetzt  kaum  mehr  Zweifel.  Doch  könnte  dieser  Zusam- 
menhang überwiegend  funktioneller  Natur  sein  und  darin  bestehen,  daß 
das  periphere,  noch  relativ  indifi'erente  Synzytium  durch  einen  von  den 
Ganglienzellen  ausgehenden  Reiz  zu  einer  lokalen  Fibrillation  veranlaßt  werde. 

Hei.d  hat  nachgewiesen,  daß  die  Fibrillen  zuerst  in  den  zentralen 
Neuroblasten  auftreten  (fibrillogene  Zone)  und  er  nimmt  an,  daß  alle  fibril- 
logene  Substanz  daher  stammt  i),  daß  aber,  wenn  ihre  Bildung  einmal  dort 
angefangen  hat,  die  fibrillogene  Masse  sich  an  die  Plasmodesmen  des  Binde- 
gewebes und  der  Organzellen  fortzupflanzen  vermag.  Diese  fibrillogene 
Masse  (1.  c.  S.  296)  konnte  dann  dort  aufgespeichert  bleiben  und  auch  nach 
Abtrennung  der  zentralen  Zelle  eine  abortive  Regenerationstendenz  auf- 
weisen, oder,  nach  sofortiger  Nervennaht,  bleibend  „in  loco"  regenerieren. 
Es  ist  eine,  auch  von  Heringa  hervorgehobene,  Tatsache,  daß  die 
Fibrillen  in  dem  Plasma  der  ScnwANN'schen  Zelle  selber  gefunden  werden, 
oder  wenn  man  will,  daß  ihr  Axoplasma  völlig  kontinü  ist  mit  dem  Plasma 
jener  Zellen,  und  die  Fibrillen  jener  in  loco  entstehen  können. 

Daß  Nervenfibrillen  auch  in  anderen  Gewebselementen  als  Ganghen- 
zellen  vorkommen,  darüber  besteht  nach  den  Untersuchungen  Boeke's  und 
Heringa's    kein    Zweifel    mehr.    Diese    Autoren  betonten  ihre  Kontinuität 


>)  Held  betont  ausdrücklich,  daß  in  Wirklichkeit  und  letzten  Endes  der  Einfluß  der 
Ganglienzelle  die  Hauptsache  sei.  Den  ScHWANN'schen  Zellen  oder  Lemnoblasteii  schreibt 
er  keine  Rolle  als  Nervenzellen  (in  dem  Sinne  Apathys  und  Brthes)  zu. 


52  DIK    GENESE    DER    PERIPHEREN    NERVEN 

mit  den  Zellen  der  GKANDRv'schen  und  MsißNER'schen  Tastköi'perchen, 
welche  mit  Lenmoblasten  verwandt  sind.  Heringa  neigt  denn  auch  zu  der 
Annahme,  daß  die  Fibrillenbahn  sich  bilde  an  der  ganzen  Lemnoblasten- 
bahn  entlang,  und  daß  das  Protoplasma  der  ScHWANN'schen  Scheide  mit 
dem  Axoplasma  der  Fibrillen  eine  einheitliche,  synzytiale  Masse  sei,  eine 
Auffassung,  die  sich  auch  deckt  mit  der  Meinung  Sedgwick's  und  Rohde's 
bezügl.  des  synzytialen  Charaktes  des  Nervensystems. 

Dieses  Axoplasma  zeigt  sich  auf  einem  Querschnitt  als  eine  netzförmige  Masse 
und  hat  wahrscheinlich  eine  Schaumstruktur  mit  in  der  Länge  ausgedehnten  Maschen  1). 

In  den  festeren  Teilen  jenes  Axoplasuias  finden  sich  die  Neurofibrillen,  even- 
tuell von  Markscheiden  umgeben.  Verfolgt  man  einen  Nerv  in  peripherer  Richtung, 
dann  zeigt  sich,  daß  derselbe  eine  größere  Dispersion  erhält  und  daß  dort,  wo  die 
Pibrillenbündel  ihre  Markscheide  verlieren,  ihr  Axoplasma  vollkommen  einheitlieh 
ist  mit  dem  Plasma  der  ScHWAHu'schen  Zellen,  sodaß  man  den  Eindruck  gewinnt, 
sie  sei  in  dem  Plasma  der  ScHWANN'schen  Zellen  entstanden,  vielleicht  auf  Kosten 
derselben. 

Interessant  ist,  daß  die  Vakuolisation  des  Axoplasmas  in  peripherer  Richtung 
stets  auftallender  wird,  und  daß  dieser  Prozeß  auch  auftritt  in  den  sog.  Büngnee' 
seilen  Banden  (peripheren  Lemnoblasten),  wenn  die  Fibrillen  des  zentralen  Stumpfes 
bei  der  Regeneration  eines  Nerven  in  die  peripheren  ScHWANN'scheu  Zellen  einwachsen. 

Heringa  kommt  denn  auch  zu  der  Schlußfolgerung,  daß  die  vollkommene 
Übereinstimmung  zwischen  den  embryologisehen  Daten  Held's,  den  regenerativen 
Befunden  Boeke's,  und  seinen  eigenen  morphologischen  Befunden  darauf  hinweise, 
daß  der  ausgewachsene  Nerv  ein  fibrillentragendes  Synzytium  sei,  welches  sich 
ausdehne  von  dem  zentralen  Neuroblast  bis  zu  den  sensiblen  und  motorischen 
Verästelungen. 

In  Übereinstimmung  mit  diesen  Auffassungen  von  Held,  Boeke  und 
Heringa  sind  auch  diejenigen  Spielmever's,  der  in  der  regenerierenden 
Nervennaht  sehr  bald  eine  örtliche  Fibrillenregeneration  in  dem  Proto- 
plasma der  ScHWANN'schen  Zellen  selber  vor  sich  gehen  sah. 

Meine  eigene  Meinung  geht  dahin,  daß  für  eine  bleibende  Regeneration  der 
Einfluß  des  Zentralapparates  zwar  erforderlich  ist,  daß  wir  aber  nie  vergessen 
dürfen,  daß  ein  Reizstrom  auch  außerhalb  eines  Nerven  verlaufen  kann  (Protozoen, 
Spongien)  und.  dort  für  sich  Leitungsbahnen  schaffen  kann  —  m  verschiedenen  (auch 
nicht  nervösen)  Medien  {man  denke  auch  an  den  periterminalen  Reizverlauf  in  den 
Muskeln  und  an  die  Reizbarkeit  nervenloser  Embryonen  (Schäper,  Wintrebert). 

Baß  indessen  die  Ganglienzellen,  nicht  nur  die  den  Reizstrom  aussendenden,  aber 
zugleicherzeit  auch  die  bahnbildenden  Zellen  kat'  exochen  sind  und  aus  sich  selber 
heraus   eine   Leitungsbahn  bilden  können,  ist  ebenfalls  sicher. 


')  Ob  dieser  Bau  genau  fo  ist,  oder  ob  er  von  den  fixierenden  Medien  vorgetäuscht 
.wird,  will  ich  außer  Betrachtung  lassen.  Manches  spricht  sicher  datur,  daß  das  Axoplasma 
eine  Kolloidalsubstanz  ist,  welche  viskose  oder  weniger  viskose  Substanzen  enthält,  von 
denen  die  ersteren  wegen  ihrer  größeren  Festigkeit  als  Wände  betrachtet  werden  können, 
wenn  auch  mehr  in  dem  anastomosierendeo,  heterogenen  durcbflochtenen  Zustande,  wie 
es  von  ZsiG.MUNDY  für  Kolloidmassen  nachgewiesen  wurde,  denn  als  eine  richtige  Schaiim- 
struktur  Bütschm's,  deren  Kompartiraente  allseitig  geschlossen  s.ind. 


DIE    GENESE    DER    PERIPHEREN    NERVEN.  63 

Duii  die  Axonen  und  Dendriten  Ausläufer  dieser  Zellen  sind  und  nicht 
nur  ürtlieli  entstandene,  aus  Leninoblasten  hervorgegangene  Gebilde,  ist 
endgültig  bewiesen  durch  die  Experimente  Harrisons  und  Burrows, 
welche  von  verschiedenen  anderen  Untersuchern  (Braus,  G.  Levi)  bestätigt 
wurden,  und  die  ausweisen,  dal)  einem  embryonalen  Körper  entnommene 
Ganglienzellen  in  einer  Serumkultur  weiter  wachsen  und  dabei  aus  sich 
selber  heraus  Axonen  mit  typischen  Wachstumskeulen  l)ilden,  deren  Ent- 
stehung offenbar  auf  engrammatische  Wachstumstendenzen  der  Ganglien- 
zellen zurückzuführen  ist. 

Daß  der  Reizstrom  aber  über  die  Wachstumskeule  hinaus  strahlen  kann  {wie 
sie  auch  über  di-e  Telodendriea  und  über  die  Wände  eines  nackten  Äclisenzylinders 
irradiiert;  S.  6i)  ist  sicher,  und  meines  Erachtens  müssen  wir  daraus  erklären,  daß 
der  an  den  Wachstum^spitzen  in  den  peripheren  ScHWANN'sc/ien  Zellen  irradiierende 
Reiz  bei  Nervenregeneration  zu  Prozessen  Anlaß  gibt,  welche  sich  in  einer  lokalen 
Fibrillenbildung  oder -reg  eneration   in  den  peripheren  Lemnoblasten  äußern. 

Ich  werde  diese  Punkte  in  dem  zweitem  Abschnitt  dieses  Kapitels 
näher  erörtern. 

Die  Scheidenzellen,  welche  Mark  enthalten,  weisen  nach  Entfernung 
des  Myelins  ein  Gerüst  auf,  das  sich  zwischen  der  äußeren  Lamelle  der 
ScHWANN'schen  Scheide  und  dem  Achsenzylinder,  findet:  das  bereits 
erwähnte  Neurokeratingcrüst.  Dieses  Gerüst,  das  sehr  faserreich  sein  kann, 
bildet  sich  gleichzeitig  mit  dem  Nervenmark  in  den  ScHWANN'schen  Zellen 
und  kann  (nach  Einfluß  gewisser  Reagenzien)  durch  ihre  besondere  Anord- 
nung zu  eigentümlichen  Bildungen  Anlaß  geben,  die  man  als  Lanterman- 
'sche  Einschnürungen  (vergl.  Fig.  4)  und  Fasertrichter  von  Cattani  und 
Rezzonico  bezeichnet. 

Namentlich  Nageotte  hat  uns  in  letzter  Zeit  über  viele  Details  dieser 
Anordnung  berichtet,  und  uns  geleln-t,  die  normalen  Strukturverhältnisse 
der  Scheiden  von  den  durch  Fixativa  künstlich  hervorgerufene  zu  unter- 
scheiden. 

Das  Bindegewebe  der  peripheren  Nerven. 

Gerade  wie  das  zentrale  Nervensystem  von  mesodermalen  Bindege- 
webs-hüUen  (den  Meningen)  umgeben  wird,  werden  auch  die  peripheren 
Nerven  umgeben  von  konzentrischen  Bindegewebsschichten,  dem  Perineurium, 
welches  kontinuell  ist  mit  der  (dura)  Meninx,  des  Rückenmarkes  und  des 
Gelnrnes. 

Das  Bindegewebe,  welches  von  diesem  Perineurium  in  die  Bündel  sel- 
ber eintritt,  umringt  als  Endoneurium  dort  schließlich  jede  einzelne  Nerven- 
faser. 

Auch  in  den  Spinalganglien  begegnet  man  dem  Endoneurium,  dessen 
Lymphspalten  wieder  mit  dem  Intra-arachnoidalraum   des    Zentralnervensy- 


54  DAS    BINDEGEWEBE    DER    PERIPHEREN    NERVEN. 

stems  in  Verbindung  stehen  (Key  und  Retzius),  sodaß  die  in  der  letzteren 
erhaltene  Zerebrospinalflüissgkeit  dadurch  abfließen  kann. 

Umgekehrt  können  auch  toxische  Stoffe  an  den  Lymphspalten  der 
periplieren  Nerven  entlang  aufsteigen  zum  Intra-Arachnoidalraum  des 
Rückenmarkes,  wo  die  endoneuralen  Lymphspalten  der  Hinterwurzeln  und 
der  Vorderwurzeln  mit  besonderen  Intra-arachnoidal-Bezirken  kommunizieren. 

Nach  der  Peripherie  nimmt  die  Zahl  der  Bündel  eines  Nerven  und  die 
Zahl  der  Nervenfasern  eines  Bündels  fortwährend  ab,  und  am  Ende  sind 
nur  noch  einzelne  Nervenfasern  da,  welche  außer  von  der  ScHWANN'schen 
Scheide  nur  noch  von  einer  Bindegewebsscheide  umgeben  sind,  die  sich  aus 
dem  Perineurium  und  Eiidoneurium  zusammenstellt  und  als  HENLE'sc/ie  Scheide 
bezeichnet  wird. 

Die  Nervenfaser  fängt  dann  an  sich  zu  teilen. 

Ist  es  eine  seasible  Faser,  welche,  im  Epithel  gelegen,  wahre  Sinnes- 
zellen innerviert,  so  hört  die  HENLE'sche  Scheide  auf,  ehe  das  Ende  der 
Achsenzylinder  erreicht  wird.  Verläuft  aber  die  Faser  zu  unter'der  Epider- 
mis gelegenen  Tastkörperchen,  dann  kann  die  Henle'scäc  Scheide  die  sen- 
siblen Endkörperchen  selber  umfassen,  in  deren  äußere  Kapsel  sie  über- 
geht (siehe  Seite  37  und  Fig.  28a). 

Bei  den  eferenten  Fasern  kann  sich  das  Bindegewebe  ebenfalls  auf  das 
innervierten  Organ  fortsetzen,  wie  es  bei  den  motorischen  Nerven  der  Fall 
ist,  wobei  die  Hexi.e'scIic  Scheide  in  das  Sarkolemm  übergeht  (S.  39). 

Bei  den  effektorischen  Drüsennerven  kann  es  zuvor  aufhören  (Leberner- 
ven), oder  ebenfalls  in  das  periglanduläre  Gewebe  übergehen. 


ERSTES  KAPITEL.  TEIL  IL 

Die   Faktoren,  welche  den   Bau   und   die  Verbindung  der  Neuronen  bedingen. 

Wir  haben  in  den  vorigen  Seiten  die  Hauptformen  und  Verbindungen 
kennen  gelernt,  welche  die  nervösen  Elemente  aufweisen  können.  Bevor  ich 
jetzt  dazu  übergehe  die  zentralen  Anordnungen  zu  beschreiben,  deren  plan- 
mäßiger Aufbau  in  dem  letzten  Dezennium  mehr  und  mehr  zu  Tage  ge- 
fördert ist,  möchte  ich  in  Kurzem  die  Versuche  erwähnen,  welche  bezweckten, 
die  Prinzipien  jener  Anordnungen  kennen  zu  lernen. 

Die  Faktoren,  welche  die  Formen  der  Neuronen  bedingen,  und  die  ihre 
gegenseitige  Lage  und  Verbindungen  beherrschen,  .sind  Gegenstand  vieler 
Forschungen  gewesen,  die  sich  anfänglich  meistens  mit  dem  Problem  der 
Verbindung  zwischen  dem  Nervensystem  und  den  peripheren  Organen  be- 
schäftigten, später  aber  auch  die  interneuronalen  Verknüpfungen  selbst 
zum  Objekt  hatten. 

Unter  den  ersten  Forschern,  die  durch  ihre  Untersuchungen  veran- 
laßt wurden,  dem  Wachstum  der  Achsenzylinder  Aufmerksamkeit  zu  schen- 
ken, waren  Hensen  und  His  Sen. 

Während  Hensen  annahm,  „daß  alle  Nerven  durch  unvollkommene 
Trennung  der  Anfangs-  und  End-Zellen  entstanden  sind"  i)  und  also  ein 
Vorläufer  der  Plasmodemenlehre  (s.  u.)  ist,  war  His  ein  Anhänger  der  Lehre 
von  der  sekundären  Verbindung  der  Nerven  mit  ihren  Endorganen  und  —  im 
allgemeinen  geneigt,  die  rein  mechanischen  Faktoren  als  die  wichtigsten  bei 
der  Evolution  des  Nervensy.stems  zu  betrachten  —  sah  er  in  der  Bestimmung 
der  Wachstumsrichtung  und  der  Anordnung  der  Nervenelemente  wesent- 
lich ein  rein  mechanisches  Problem. 

Er  suchte  dieses  Problem  zu  lösen,  indem  er  annahm,  daß  die  Rich- 
tung des  Wachstums  der  Nervenausläufer  von  den  Stellen  des  geringsten 
Widerstandes  bestimmt  werde,  und  daß  diese  die  Ausläufer  zu  dem  \'er- 
lauf  veranlaß ten,  den  sie  schließlich  haben. 

')   Eine  Aullassung,  die   wesentlich    mit    der  Neuro-Mnsluilar-Tlieorie  Klrinenberg's 
übereinstimmt. 


56  DIE  FAKTOREN,  WELCHE  DIE  VERBINDUNGEN  DER  NEURONEN  BEDINGEN. 

DusTiN  hat  diese  Annahme,  daß  der  präformierte  Weg  einen  so  großen 
Einfluß  auf  die  Verbindungen  ausübe,  als  das  Prinzip  der  Hodogenese  be- 
zeichnet (Hodos  =  Weg)  und  hat  vor  kurzer  Zeit  darauf  hingewiesen,  daß 
dieses  Prinzip  es  uns  verständlieh  mache,  weslialb  die  Regeneration  in  den 
peripheren  Nerven  (durch  die  dortigen  präformierten  Lemnoblasten-Wege) 
relativ  so  flott  verläuft,  während  sie  im  Zentralnervensystem,  das  keine 
ScHWANN'schen  Scheiden  aufweist,  meisteirs  resultatlos  bleibt. 

Indessen  hat  bereits  vor  vielen  Jahren  Ramon  y  Cajal  (siehe  unten) 
mit  Recht  bemerkt,  daß  die  Annahme  von  präformierten  Wegen  nicht  zur 
Erklärung  der  Faserbildung  ausreiche,  namentlich  nicht  im  Zentralnerven- 
system, sondern  nur  die  Lösung  verschiebe. 

Wenn  man  annimmt,  daß  nur  eine  allgemeine  Neigung  zum  Wach- 
sen in  der  Ganglienzelle  vorhanden  sei  und  daß  die  Richtung,  in  welcher 
dieses  Wachstum  sich  vollziehen  wird,  bloß  von  vorher  bestehenden  Löchern 
und  Wegen  in  dem  umgebenden  Gewebe  abhänge,  so  bleibt  die  Frage : 
wodurch  wird  denn  solch  eine  typische  Anordung  der  Löcher  und  der 
Stellen  geringsten  Widerstandes  i)  bestimmt,  sodaß  gerade  die  funktionell 
richtige  Verbindung  daraus  resultiert?  R'h  möchte  meinerseits  dem  liinzu- 
fügen,  daß  es  mir  eher  möglich  erscheint,  daß  die  besondere  Ordnung  jener 
Wege  in  dem  nicht-nervösen  Gewebe  eine  von  den  Nervenfasern  beeinflußte 
Begleiterscheinung  ist,  und  daß  später  diese  „Wege"  vererbt  werden  und 
nur  coenogenetisch  gleichzeitig,  vielleicht  sogar  eher  zum  Vorschein  kommen. 

Außerdem  möchte  ich  darauf  hinweisen,  daß  die  Konstanz  in  den  Ver- 
bindungen im  Zentralnervensystem,  wo  der  hodogenetische  Einfluß  von  den 
„Leitzellen"  (auch  nach  Dustin)  niclit  eine  so  determinierende  Rolle  spielen 
kann,  dann  doch  wohl  auf  einem  gegenseitigen  Einfluß  der  Nervenelemente 
selber  beruhen  muß  und  schließlich,  daß  die  Polarisation  des  Neurons 
dadurch  nicht  erklärt  werden  kann. 

Wir  dürfen  dem  präformierten  Weg  also  keinen  primären  Einfluß 
beimessen. 

Die  Ansichten  Helds  —  welche  sich  gewissermaßen  anschließen 
an  die  vorigen  —  habe  ich  bereits  bei  der  Behandlung  der  ScHWANN'schen 
Scheide  erwähnt  (S.  51  u.  w.).  Einiges  davon  sei  hier  nochmals  hervorge- 
hoben, insofern  es  Bezug  hat  auf  das  zentrale  Nervensystem. 

Held  geht  von  der  richtigen,  bereits  von  früheren  Autoren  gemachten 


')  Den  Anschauungen  von  His  Sen.  reihen  sich  diejenigen  seines  Sohnes  an,  obwohl 
hier  ein  Nahrungsti-opisraus  hinzukommt.  Seine  Theorie  betont,  daß  die  Nervenstreclien 
sich  nach  den  günstigsten  Nahrungsveihältnissen  modellieren.  Ein  Anklang  an  die  Theorie 
seines  Vaters  könnte  dann  gesucht  wei'den,  daß  periphere  Nerven  oft  den  Wegen  der 
Blutgefäße  folgen.  Ob  dies  nun  davon  kommt,  daß  die  Nerven  dort  die  günstigsten  Xah- 
rungsbedingungen  linden,  oder  ob  beide,  Blutgefäße  und  Nerven,  sich  in  Stellen  des  ge- 
ringsten Widerstandes  einfügen,  ist  die  Frage.  Jedenfalls  erklärt  auch  dies  nicht  bestimmte 
funktionelle  Verknüpfungen,  die  Selekliviläf  der  Endverbindungen  im  Nervensystem,  eben- 
sowenig, wie  die  dynamische  Polarisation  des  Neurons  dadurch  erklärt  wird. 


DIE  FAKTOREN,  WKLCHE  DIE  VERBINDUNGEN  DER  NEUROMEN  BEDINGEN.  O/ 

Aiinahiiie  aus,  daß  die  Zellen  des  Nervensystems  schon  vor  der  Fibrillen- 
bildung  durch  intrazelluläre  lirücken,  Plasniodesmen,  verbunden  sind. 

In   solchen  Plasmodesmen  wachsen  die  Fibrillen,  (die  Nervenbahn)  ein. 

Hei.d  selber  ist  aber  vollkommen  davon  überzeugt,  daß  die  aUmiige  Anwesen- 
heit dieser  plasmodesmisclien  VorbaJmcn  die  ganz  bestimmte  Auswahl  in  der  Fibril- 
lenbildung  niemals  erklären  kann. 

Bei  dieser  Auswahl  sollen  Nachbarschaft  der  Zellen  (1.  c.  >S.  47)  und  axiale 
(d.  h.  Richtungs-)  Differenzen  der.selben  (1.  c.  S.  68)    eine    Rolle    mitspielen. 

Die  imhe.kcmnte.  Haupinrsachc  dieser  Auswahl  neuiifc  er  „das  Prinzip  der 
Wegstrecke"  1)  und  er  bespricht  die  Möglichkeiten,  welche  diese  Auswahl  erklä- 
ren könnten.  Er  glaubt  nicht  an  eine  mechanische  Ursache,  wie  in  den  His'schen 
Vorstellungen,  und  er  ist  auch  nicht  mit  Cajal's  Theorie  der  Chemotaxis  (s.  u.) 
einverstanden,  da  er  meint,  daß,  Diifusion  bald  die  cliemischcn  Substanzen  verbreiten 
\»erde,  welche  dabei  als  leitende  Faktoren  auftreten  sollten.  Helü  neigt  zu  der  Meinung 
—  angenommen,  daß  solche  chemischen  Substanzen  erzeugt  werden  ■ —  daß  ein 
speziell  absorbierender  Charakter  für  diese  Substanzen  in  gewißen  Bahnen  die  Ur- 
sache der  Auswahl  sei,  sagt  aber  nicht,  durch  welchen  Prozeß  diese  spezielle  Ab- 
sorbieriuig  verursacht  werde. 

Aach  ich  selber  habe  darauf  hingewiesen,  daß  man  dem  „allgemeinen"  Vor- 
kommen solcher  Plasmodesmen  im  Zentralnervensystem  keinen  „besondem"  Wert 
beilegen  darf,  an  erster  Stelle,  weil  sie  ein  allgemeiner,  also  nicht  in  spezieller 
Richtung  determinierender  Faktor  ist,  und  an  zweiter  Stelle,  weil  auch  eine  A  us- 
füllung  der  interzelhuläfren  Räume  durch  eine  viskose,  flüssige  Masse  dasselbe  tun 
kann,  wie  durch  die   Waclistimisvorgänge  in  vitro  bewiesen  wird. 

Nie  können  Plasmodesmen  die  spezielle  Selektivität  in  der  Bahnbildung 
erklären,  und  was  auch  nie  durch  die  Anwesenheit  einer  solchen  plasmodes- 
mischen  Vorbahn  erklärt  werden  kann,  ist  die  Tatsache,  daß  in  einem 
Falle  der  Achsenzylinder,  in  einem  anderen  Falle  ein  Dendrit  diesem 
Weg  folgt,  während  in  einem  dritten  Falle  auch  die  Zellen  selber  sich  an 
diesem  Wege  entlang  verlagern.  Schließlich  wird  auch  durch  diese  Theorie 
die  dynamische  Polarisation  des  Neurons  nicht  erklärt.  Mit  andern  Worten  : 
die  wichtigsten  Punkte:  die  Auswahl  in  den  Verbindungen,  das  Wandern  der 
Zellen,  und  schließlich  der  wesentliche  Unterschied  zivischen  Dendrit  und  Achsen- 
zylinder  (die  dynamische  Polarisation  des  Neurons,  s.  u.)  können  durch  die  An- 
wesenheit von  Plasmodesmen  nicht  erklärt  werden. 

Sehr  eingehend  und  wertvoll  ist  die  Arbeit,  welche  Cajal  in  dieser 
Hinsicht  geleistet  hat,  wenn  sie  auch  —  wie  er  selber  gesteht  —  nicht  die 
Lösung  des  Problems  bringen  konnte. 

Durch  zahlreiche  Beobaclitungen  und  Experimente  gewann  er  den  Ein- 
druck, daß  in  dem  zentralen  Nervensystem,  abgesehen  von  einigen  mecha- 
nischen Einßüßen  (wie  der  zentralen  periventrikulären  Ordnung  der  Keim- 
zellen und  dem  Vorhandensein  einer  äußern  Membran,  welche  das  Nerveii- 

')  Das  ist  also  etwas  anderes  als  die  Hodogenese  Düstin's. 


58    DIE    FAKTOREN,    WELCHE    DIE    VERBINDUNGEN    DER    NEL'ROMEN    BEDINGEN. 

System  umgibt)  die  Richtung  des  WiU'listunis  der  Nervenelemente  durch 
chemotaktisclie  Ausscheidungen.  (Substances  attractives  und  Substances  repous- 
santes)  und  von  der  Empfindlichkeit  für  jene  Substanzen  in  den  Ausläufern 
der  Ganglienzellen  l)estinimt  wird. 

Ihm  gebührt  das  "\^erdienst,  den  tvopistischeu  Vliavacter  jenes  Prozesses, 
auch  den  wechselseitigen  tropisüschen  Einflusz  der  Nervenelemente  betont  zu 
haben. 

Was  die  Ausscheidung  dieser  chemotaktisclien  Substanzen  betrifft  (welche 
indessen  auch  von  den  ependymalen  Elementen  de.s  Nervensystems  sezer- 
niert  werden  sollten)  nimmt  (Ja.fal  an,  dali  verschiedene  Zellen  des  zen- 
tralen Nervensystems  dieses  Stadium  der  Ausscheidung  zu  verschiedenen 
Zeiten  ihrer  embryologischen  Entwicklung  durchmachen. 

Die  ersten  Zellen,  welche  in  diesen  Zustand  der  Ausscheidung  geraten 
und  demzufolge  einen  lenkenden  Einfiul)  auf  das  Wachstum  der  Nerven- 
elemente haben,  sollen  Spongiohlasten  sein,  und  die  großen  Ependymzellen 
an  der  ventralen  Seite  des  Zentralkanals  sollen  den  Verlauf  der  ventralen 
ßügenfa.sern  bedingen.  Sodann  sollen  die  Myotome  und  das  Epithelium  den- 
Haut  in  ein  Stadium  chemotaktischer  Tätigkeit  treten  und  den  Wurzel- 
austritt bedingen,  während  endlich  die  Zellen  des  zentralen  Nervensystems 
selber  in  diesen  attrahierenden  Zu.stand  geraten  sollen. 

Obschon  ich  nicht  geneigt  bin,  den  zentralen  Spongiohlasten  hierin 
eine  wesentliche  Rolle  beizumelien,  ist  es  Tatsache,  daß  verschiedenen 
nicht-nervösen  Elementen  (Lemnoblasten,  MuskelzelJen,  Epithelium  und 
Bindegewebs-Narben  i)  in  gewissen  Stadien  ihrer  Entwicklung  die  Aus- 
läufer der  Nervenelemente  zu  lenken  vermögen. 

Indessen  läßt  Cajal  sich  nicht  darüber  aus,  welclie  Stoffe  die  anziehenden 
und  abstoßenden  Einflüsse  während  der  normalen  Entwicklung  ausüben,  und 
welclie  Faktoren  die  Augenblicke  ihrer  Ausscheidung  bedingen. 

')  Daß  diese  einen  EintUiß  auf  die  Achsenzylinder  und  deren  Kollateralen  ausüben 
Icönnen,  ist  durch  von  Cajal  selbst  veröffentlichte  Experimente  und  solche  von  Forsmann, 
Lugaro,  Rossi,  Marinesco  und  Minea  und  andern,  bewiesen. 

Das  einfachste  Beispiel  gibt  uns  das  wuchernde  Bindegewebe  einer  Rüclienraarks- 
wurzel  nach  Verletzung. 

Einige  Tage  nach  der  Verletzung  ergibt  sich,  dali  die  Achsenzj'linder  der  Wurzeln 
eine  große  Menge  Kollateralen  in  da»  wuchernde  Perineurium  hineinschicken,  das  also 
einen  reizenden  und  zugleich  lenkenden  Einiluß  auf  die  Achsenzylinder  ausübt. 

Dieser  reizende  und  lenkende  Einfluß  kann,  nach  Cajal,  so  groß  sein,  daß  sogar  die 
Achsenzylinder  der  Seitenstränge  dazu  veranlaßt  werden,  Kollateralen  in  die  Wurzeln 
zu  schicken. 

Da  diese  Experimente  nicht  unmittelbar  die  normale  Entwicklung  des  Nervensystems 
betreffen,  sondern  wahrgenommen  werden  bei  Durrhschneidungen,  Exstirpationen,  Zikati'i- 
sationen  oder  Transplantationen  des  Nervengewebes,  dürfte  dieses   kurze   Zitat  genügen. 

Bei  diesen  Experimenten  werden  jedoch  keine  wirklichen  funktionellen  End  verbindungen 
jener  wuchernden  Kollateralen  mit  dem  übrigen  in  Wucherung  begriffenen  Gevi-ebe  ge- 
bildet, und  das  Wesen  der  funktionell  selektiven  neuronalen  und  int  erneu  ronah^n  Endver- 
knüpfungen wird  durch  dieselben  nicht  erklärt. 


DIE    FAKTOREN,    WELCHE    DIE    VERBINDUNGEN    DER    NEUROMEN    BEDINGEN.    59 

Er  sagt  bloiS,  daß  das  Stadium  der  Anziehung  nur  kurz  sei  unil  mit 
der  Evolution  der  Zelle  zusammentreffe. 

Da  die  Entwicklung  der  verschiedenen  Zellen  in  verschiedene  Stadien 
der  Ausbildung  des  Nervensystems  stattfindet,  wird  die  anziehende  chemo- 
taktische Funktion  verschiedener  Zellengrupijen  auch  zu  verschiedenen 
Zeiten  stattfinden.  Dies  ist  aber  nur  eine  ^"erschiebung  des  Fragezeichen, 
denn  Cajal  lässt  sich  nicht  darüber  aus,  welche  Faktoren  die  Reihenfolge 
in  der  Entwickling  der  Zellen  und  also  in  der  Ausscheidung  jener  Sub- 
stanzen bedingen. 

über  die  endgültige  Ursache  der  Selektivität  in  der  Entstehung  der  „Sub- 
stances  attractives"  und  „Substances  repoussantes"  und  auch  über  die  Faktoren, 
welche  die  verschiedene  Xatur  der  A.roncn  und  Dendriten  (die  dynmiiische  Pola- 
risation des  Neurons)  bedingen,  gibt  er  also  keine  Erklärung. 

Ca.tal  bemerkt  denn  aueli  selber  in  seiner  Arbeit  über  die  Ketina:  ,,Cette 
theorie  presuppose  de.s  conditions  prealable.s  chimiques  et  morphologique»  tont  ä  fait 
iuexplicables :  on  peut  dire  que  cette  theorie  eloigne  la  diffieulte  sans  cependant 
parvenir  ä   la   resoudre".   (I.   e.   S.   240). 

Wichtiger  als  seine  chemotaktische  Lehre  ist  eine  Bemerkung  dieses 
Autors  in  Bezug  auf  die  Verlagerung  der  Nervenzellen  in  der  mitogene- 
tischen Entwicklung  des  Nervensystems,  von  größerer  Wichtigkeit  als  auch 
er  —  wie  mir  scheint  —  selber  realisierte. 

Diese  Bemerkung  (mir  unbekannt  als  ich  meine  Untersuchungen  über 
diesen  Punkt  begann)  ist  in  vollkommener  Übereinstimmung  mit  meinen 
eignen  Beobachtungen,  und  es  freut  mich  desto  mehr,  sie  bestätigen  zu 
können,  weil  ich  auf  ganz  anderem  Wege,  nämlich  auf  Grund  phylogene- 
tischer  Untersuchungen  zu  einem  ül)ereinstimmenden  Resultat  kam. 

Die  von  Cajal  gemachte  Bemerkung  lautete  folgendermaßen: 

„Wenn  nach  einem  Zustande  verhältnismäßiger  Ruhe  neue  Axonen 
sich  nach  irgend  einem  Nervengebiete  begeben,  dann  kann  ein  Neuron 
sich  diesen  Axonen  in  zweierlei  Weise  nähern :  entweder  dadurch,  daß  es 
neue  Dendriten  ausschickt,  oder,  indem  der  Zellkörper  selbst  sich  verlagert 
auf  einem  Wege,  welcher  von  einem  großen  Dendriten  in  der  Richtung 
der  neuangekommenen  Axonen  angedeutet  werden  kann."  M 

Cajal  nennt  als  Beispiele  einer  solchen  Verlagerung  der  Zellen  in  die 
Richtung  eines  solchen  Gebietes  die  oberflächliche  Körnerschicht  des  Zere- 
bellums,  welche  sich  während  der  Weiterentwicklung  in  die  Tiefe  verla- 
gert und  die  spinalen  Ganglien,  welche  sich  peripher  von  der  Neuralleiste 
verlagern. 

Vergleichende  Untersuchungen  über  die  Oblongata  und  das  Mesenze- 
phalon  haben  mir  nun  gezeigt,  daß  diese  Verlagerung  der  Nervenzellen 
eine  sehr  allgemein  vorkommende  Erscheinung  und  von  größter  Wichtig- 

')  Textura  del  Sistetna  nerviuso  Tome  1  S.  5öO. 


60 


DIK    LEHRE    DER    NEÜROBIOTAXIS. 


keit  ist,  um  die  wirklichen  Gründe  der  Tropismen  im  Nervensystem  ken- 
neu zu  lernen. 

Meine  Untersuchungen  haben  mich  davon  überzeugt,  daß  diese  Verlagerungen 
bestimmt  werden  von  einem  Prozeß  von  Taxis  oder  Tropismus,  der  hervorgerufen 
wird  durch  die  Reize  selber  und  deren  galvanotropische  Folgen  oder  Begleiterschei- 
nungen, welche  nicht  nur  die  Selektivität  in  den  neuronalen  Verbindungen,  sondern 
auch  die  quantitativen  Unterschiede  in  den  Verlagerungen  der  Zellen  und  die  dyna- 
misclie  Polarisation  dex  Neurons  bestimmen  '),  imd  daß  die  Erscheinungen  von  Taxis 
und  Tropismus  im  Nervensystem  eine  auffallende  Übereinstimmung  mit  psycholo- 
gischen Gesetzen  aufweisen. 

Die  Lehre  der  Neurobiotaxis. 

Die  Selelttivität  in  den  interneuronalen  Verbindungen. 

Die  Verwandschaft  zwischen  psychologischen  und  anatomischen  Gesetzen. 

Die  Polarisation  des  Neurons  und  die  Synaps. 

In  den  letzten  zehn  Jahren  habe  ich  verschiedene  Beobachtungen 
registriert   über  die   topographischen   Unterschiede  homologer  Zellgruppen 


Nucleus  VI._  _ 


Nervus 

Fig.  34A.    Oblongata  von  Acanthias  vulgaris,  n.  van  der  Horst. 

Dorsale  Lage  des  Abducenskernes  bei  starker  Entwicklung  des  dorsalen 

Langsbündels  {f.  Lp.). 

in   dem    zentralen    Nervensystem,  welche    Unterschiede    beim  Studium  der 


2)  In  welcher  Weise  diese  Prozesse  unter  embryologischen  Umständen  engrammatisch 
reproduziert  werden,    ist  vorläufig  nicht  zu  sagen.  Dasselbe  gilt  aber  für  die  ganze  Onto- 
genie.   Auch    die  Bildung  der  Gliedmaßen  in  Utero  für  das  Gelien  und  Greifen  läßt  sich 
nur   mit   mnemischen    Faktoren  erklaren,  deren  Wesen  uns  vorläufig  entgeht. 


DIE   LKHRK    DER    NEUROBIOTAXIS. 


61 


motorischen    01)luiigat;i-KLTne    in    dtr    Reihe    der   Wirbeltiere  selir  i<Utr  /u 
Tage  treten  (Kap.  V). 

Da  es  augenfällig  war,  dali  die  Verlagerung  dieser  zentralen  Gruppen 
nach  derjenigen  Stelle  erfolgt,  von  welchen  die  größte  Zahl  der  Reize  zu 
den  Zellen  ausging,  so  hatten  wir  es  offenbar  mit  einer  Erscheinung  von 
Taxis  oder  Tropismus  zu  tun,  die  ich  als  Neurobioiaxis  bezeichnete,  da  sie 
in  dem  Nervensystem  während  des  Lebens  auftritt  (in  deren  phylogeneti- 
schen   und  ontogenetischen  Entwicklung)  und  da  ich  nicht  wußte,  wie  sie 


,ii."/Ilsens 


ant.   I^^^Ji'-'-'' 

.,i»^'?;.j  p.desc.V 

nucl.Vl 

Fig.  34B.     Ventrale    Lage    des    Abducenskernes   bei  starker  Entwicklung 

der  ventralen  optischen  Reflexbahnen  (tr.  t.  b.)  bei  einem  Knochenflsche 

(Mugil  chelo),  n.  van  der  Horst. 

zu    klassifizieren    sei,    ob   unter   die   Erscheinungen   der  Galvanotaxis,  der 
Chemotaxis  oder  andersartiger  taktischer  Prozesse. 

Ein  Beispiel  dieser  ^'erlagerung  gibt  Fig.  34,  avo  die  dorsale  Lage  des 
Abducenskernes  beim  Hai  mit  seinem  großen  Fasciculus  longitudinalis 
dorsalis  (f.  1.  p. ;  Fig.  34  A)  stark  kontrastiert  mit  der  ventralen  Lage  des 
gleichen  Kernes  bei  einem  Knochenfisch  (Fig.  34  B),  wo  der  f.  1.  p.  (nicht 
bezeichnet  in  der  Figur)  viel  kleiner  ist,  aber  die  ventrale  Fasermasse  der 


62  DIE    LEHRE    DER    NEUROBTOTAXIS. 

reflektorischen  Bahnen,  welche  diese  Zellengruppe  beeinflussen,  viel  kräf- 
tiger entwickelt  (Tractus  tecto-bulbares  ventrales:  Tr.  t.  b.    Fig.  84B). 

Die  erste  Fassung,  in  der  ich  diese  Zellverlagerung,  der  phylogenetisch 
ein  Auswachsen  der  Hauptdendriten  in  jener  Richtung  vorangeht, 
formulierte,  war  diese:  wenn  von  verschiedenen  Stellen  Reize  nach 
einer  Zelle  gehen,  wächst  ihr  Hauptdendrit  aus  und  verlagert  sich  ihr  Zell- 
kr>rper  in  derjenigen  Richtung,  aus  welcher  die  größte  Zahl  der  Reize 
zn  ihr  gelangt. 

Ich  beobachtete  jedoch  bei  einer  \*erniehrung  der  Reize  in  einem 
gegebenen  Zentrum,  daß  nicht  alle  Zellen,  sich  diesem  Zentrum  nähern, 
sondern  daß  allein  gewisse  Zellen  sich  in  die  Richtung  jenes  Zentrums  be- 
geben, und  zwar  solche,  welche  in  einer  bestimmten  Beziehung  zu  diesem 
Zentrum  stehen,  während  andere  Zellen  (sogar  in  größerer  Nähe  liegende), 
nicht  in  der  Richtung  nach  dem  verstärkten  sensorischen  Felde  hin  wan- 
derten, da  sie  offenbar  in  keiner  Verwandtschaft  zu  ihm  standen.  Es  stellte 
sich  dabei  heraus,  daß  die  hierzu  erforderliche  Verwandtschaft  eine  funk- 
tionelle war  und  in  einer  Korrelation,  einem  simultanen  Reizzustande  jenes 
Zentrums  und  der  erwähnten  Zellen  bestand. 

Verkehren  die  motorischen  Zellen  durch  irgend  welche  Umstände 
(periphere  Reize  z.  B.)  gleichzeitig  im  Reizzustand  mit  dem  erwähnten 
Zentrum,  dann  werden  sie  von  jenem  Zentrum  angezogen,  sonst  nicht. 

So  verlagert  sich  der  Abducenskern  von  einem  Zentrum  Augen- 
Koordinationsreize  (dem  F.  1.  p.)  nach  einer  andern  Gruppe  visueller  Koor- 
dinationsreize (dem  Tr.  tecto-bulbaris) ;  aber  eine  Vermehrung  der  Geschmacks- 
fasern z.  B.  hat  keinerlei  Einfluß  auf  ihn. 

Es  zeigte  sich  also,  —  oliwohl  ich  bei  meiner  Arbeit  kein  psycho- 
logisches Ziel  im  Auge  hatte  —  daß  die  anatomische  Beziehung  der  Den- 
driten und  der  Zellen  im  Nervensystem  in  Übereinstimmung  mit  demjenigen 
Gesetz  reguliert  wird,  welches  als  das  Gesetz  der  Assoziation  bekannt  ist,  in 
welchem  Gesetz  (in  allen  Formen,  worin  es  auftreten  kann),  die  Gleich- 
zeitigkeit der  Reize  oder  Reizreste  der  wesentliche  Punkt  ist. 

Diese  Beobachtung,  die  ich  zuerst  bei  motorischen  Zellen  und  deren 
Dendriten  machte,  führte  mich  dazu,  auch  den  Verlauf  der  Achsenzylinder, 
sowohl  sensibler  Bahnen,  als  der  sogenannten  „zentral-motorischen  Bahnen", 
wie  die  Pyramiden,  eingehender  zu  studieren,  und  dabei  zeigte  sich,  daß 
eine  kritische  Betrachtung  der  Beziehungen  zwischen  ihrem  Anfangs-  und 
Endgebiet  dieselbe  Gesetzmäßigkeit  aufwies  und  daß  die  zeitliche 
Verwandtschaft  der  Reizzustände  jener  Gebiete  die  Ursache  der  Ausbildung 
ihrer  axonalen  Verbindungen  ist  (vergl.  Foüa  Neurobiologica  Bnd.  I). 

Hiermit  war  also  der  determinierende  Faktor  bei  den  neurotropischen 
Erscheinungen  gefunden,  und  ich  konnte  die  Erscheinungen  der  Neurobio- 
taxis  in  folgenden  Worten  formulieren: 

I.  We!)}n  in  dem  Nervensystem  mehrere  Reizladungen  auftreten,  findet  das 
Auswachsen   des   HauiMendriten    wnd   eventuell   die   Verlagerung  des  Zellkörpers 


DIK    r.KHRK    DKR    XKrKOllIOTAXIS. 


63 


•itach   dei-jciiigeti.   RicIUiuuj    atatt,    von   welcher   die  größte  Zahl  der  Reize  zu  der 
Zelle  geht. 

II.  Nvr   zwischen    stimvlativ    korrelierten   Zentren  ßndet  diesefi  AusivachMn 
oder   Verlagern  statt. 

III.  Auch    in   dem   Verbindnngen   der   Achzenzy linder  spielen  .Kynciironisch 
oder  sukzessiv  gereizte  Zentren,  d.  h.  zeitlich  korrelierte  Reizzustände,    eine  Rolle. 

Indessen  genügte  dies  nicht,  die  dynamische  Polarisation  des  Neurons 
zu  erklären. 


Fig.  35.  Wachstum  der  Dentiiiten  (oben)  und  VerKigerung  des  Zellkörper.s  (unten) 
in  der  Richtung  des  Reizes.  Der  Verlauf  des  Achsenzylinders  entspricht  dem  Nerven- 
strom (zentrifugal  oder  stimulokonkurrent). 

Während  es  deutlich  war,  dal5  die  Annäherung  der  Dendriten  und 
Nervenzellen  an  ein  Reizgebiet,  d.  h.  die  Verlagerung  in  der  Richtung 
nach  dem  Reizzentrum  hin  ein  stimulopetaler  oder  zentripetaler  Tropismus 
ist,  der  gegen  den  nervösen  Reizstrom  eingeht  (vergl.  Fig.  35),  war  das 
Problem  viel  schwerer  in  Bezug  auf  die  Achsenzylinder,  weil  der  Achsen- 
zylinder nicht  in  der  Richtung  nach  dem  Reize  zu  (stimulopetal)  verläuft, 
um  demselben  zu  begegnen,  sondern  in  gleicher  Richtung  wie  der  Ner- 
venstrom, mit  dem  Reizstrom  mit,  d.  h.  stimulo-konkurrent  und  zentrifugal, 
verläuft. 

Daß  der  Achsenzylinder  wirklich  in  derselben  Richtung,  wie  der  Reiz- 
strom auswächst,  und  daß  dieser  Strom  eine  wichtige  Rolle  bei  diesem 
Auswachsen  spielt,  ist  von  S.  T.  Bok  bewiesen,  der  sehr  wichtige  Resul- 
tate erzielte. 

Bok  fand,  daß,  wenn  ein  Achsenzij linder  oder  ein  Bündel  markloser  Ner- 
venfasern av.nvächst  und  Neurohladen  auf  seinem  Wege  passiert,  diese  Neurohlasten 
aktiviert  werden  und  einen  Achsenzylinder  aussenden  in  eine  Richtung,  welche 
senkrecht  zu  dem  aktivierenden  Bündel  steht. 

Diese  Tatsache  wurde  festgestellt  beim  Fasciculus  longitudinalis  posterioi' 
in  einer  Weise,  die  keinen  Zweifel  an  der  Deutung  zuläßt,  da  es  sich  hei-aus- 


64 


DIE    LEHRE    DER    NEUROBIOTA XIS. 


stellte,  daß  die  Neuroblasten,  welclie  in  der  Nähe  dieses  Bündels  liegen, 
nur  je  nach  dem  Grade  aktiviert  waren,  in  welchem  das  aktivierende 
Bündel  ausgewachsen  ist,  offenbar  durch  davon  irradiierende  Reize  (Fig.  36). 


So  wachsen  von  den  Axonen  der 
motorischen  visceralen  Kerne  dieje- 
nigen des  Trochlearis  1)  zAierst  aus, 
dann  folgen  die  Axonen  des  Trige- 
minus,  darauf  diejenigen  des  Facialis 
Glossopharynegeus  und   Vagus. 

Dasselbe  wurde  beobachtet  bei  der 
Aktivierung  der  somatomorischen 
Wurzeln :  von  denen  zuerst  der  Ocu- 
lomotorius,  dann  der  Abducens,  dar- 
auf der  Hypoglossus  auswachseu, 
welche  durch  einen  andern  ebenfalls 
von  vorne  herkommenden  Reizstrom 
aktiviert  werden. 


Also  auch  hier  ein  Prozeß,  der, 
gerade  wie  das  Wachstum  der 
Dendriten  und  die  Verlagerung 
der  Zellen,  durch  Reizverhältnisse 
bedingt  wird. 

Diese  Bildung  des  Achsenzy- 
linders unter  dem  Einflüsse  des 
Reizes,  der  von  dem  aktivieren- 
den Achsenz^'linder  irradiert,  wur- 
de von  BoK  als  stimulogene  Fibril- 
lation  bezeichnet. 

Wii-  sehen  hieraus  aber  auch,  daß 
der  Achsenzylinder  (im  Gegensatz 
zu  den  Dendriten  und  der  definitiven 
Verlagerung  des  Zellkörpers  ^), 
{iveiche  Prozesse  auch  erst  spater 
auftreten)  von  dem  Reizzentrum 
ivegivächst. 
wichtig. 


A 


Fig.  36.  Die  Aktiviering  der  Neuroblasten  (rechts) 
durch  die  Irradiation  eines  marklosen,  noch  wach- 
senden Bündels  (links)  n.  Bok.  Man  beachte  den 
horizontalen  Verlauf  der  neugebildeten  Achsenzy- 
linder, welche  in  einer  der  Reizirradiation  ent- 
sprechend Richtung  wachsen.  Die  proximalsten 
Neuroblasten  sind  entsprechend  dem  W.ichstum  des 
aktivierenden  Bündels  am  weitesten  entwickelt.  ^) 
Der  vertikale  Pfeile  deutet  die  Wachstumsrichtung 
des  Bündels  A,  der  horizontale  die  Richtung  der 
Irradiation  an. 

Diese  Beobachtung  ist  offenbar  sehr 


')  Bezüglich  der  visceralen  Natur  des  Trochlearis  siehe  Kapitel  V. 

2)  Ich  habe  die  Originalfigur  Bok's  nur  insofern  modifiziert,  als  ich  den  jüngsten, 
noch  nicht  aktivierten  Neuroblasten  näher  der  aktivierenden  Bahn  zeichnete  als  die  andern, 
weil  auch  der  Neuroblast,  nach  meiner  Mein\ing,  bevor  er  Dendriten  hat,  eine  geringe 
stimulofugale  Verlagerung  erfährt. 

2)  Wenn  die  normale  Reizung  des  Zellkörpers  an  Dendriten  entlang  von  geringer 
Wichtigkeit  ist  oder  eventuell  fehlt,  kann  die  Zelle  sich  auch  in  dieselbe  Richting  ver- 
lagern, in  welcher  der  Axon  auswächst,  wie  z.  B.  im  sympathischen  System  (Axonreflex). 


VERGLEICHTTNG    DER    NErROBIOTAXIS    MIT    ANDERN    PROZESSEN.  65 

Es  ist  jedoch  deutlich,  dtiii  der  definitive  Endpunkt  des  auswachsenden 
AchsenzyHnders  nicht  durch  diesen  Prozeß  allein  bestimmt  werden  kann, 
was  auch  Bok  einsah,  der  zu  der  Folgerung  gelangte,  daß  die  endgültige 
\'erbindung  durch  das  zweite  Gesetz  der  Neurobiotaxis  bestimmt  ist,  d.  h. 
durch  die  stimulative  Verwandtschaft  des  auswachsenden  Achsenzylinders 
und  des  Gebietes  (d.  h.  der  Zelle  oder  des  Dendriten),  womit  er  sich  in 
Verbindung  stellen  wird. 


Vergleichung  der  Neurobiotaxis  mit  anderen  Prozessen  von 
Taxis  und  Tropismus. 

An  erster  Stelle  läßt  sich  nvn  die  Frage  aufwerfen:  wie  ist  es  möglich, 
daß  in  ein  und  dei-selben  Zelle,  der  jungen  Ganglienzelle,  zwei  €ina,nder  entgegen- 
gesetzte Tropismen,  ein  stimulo-petaler  Tropismis  der  Dendriten  und  ein  stimulo- 
fvgaler  Tropismus  der  Achsenzylinder,  auftreten  können. 

Es  hat  sich  mir  nun  gezeigt,  daß  die  Erscheinungen  von  Tropismus 
und  Taxis  in  andern  Organismen,  in  Verbindung  mit  der  Mikrochemie 
der  Neuronen,  uns  einen  wertvollen  Fingerzeig  gibt,  die  Erscheinungen  der 
Neurobiotaxis  im  allgemeinen  und  das  kontrastierende  Verhalten  in  der 
Wachstumsrichtung  der  Dendriten  und  Axonen  zu  entschleiern. 

Namentlich  bei  der  elektrischen  oder  Galvanotaxis  liegen  Prozesse  vor, 
welche  in  hohem  Grade  an  die  soeben  beschriebenen  Erscheinungen  im 
Nervensystem  erinnern. 

Unter  Galvanotaxis  versteht  man  bekanntlich  das  Phänomen,  daß  ein 
lebendes  Wesen  oder  einer  seiner  Teile,  wenn  es  sich  in  einem  konstanten 
elektrischen  Strom  einer  gewissen  {sehr  geringen)  Stärke  befindet,  die  Neigung 
hat,  sieh  nach  einem  bestimmten  Pole  und  zwar  in  den  meisten,  fast  in 
allen  Fällen,  nach  dem  elektro-negativen    Pol    (der    Kathode),    zu    wenden. 

So  wachsen  die  Wurzelspitzen  der  Pflanzen  nach  dem  elektro-negativen 
Pol  (Müller — Hettlingen),  verlagern  sich  einzellige  tierische  Organismen 
nach  derselben  Richtung  (Verworn,  u.a.),  und  weichen  die  Tentakel  einer 
Seequalle  nach  dem    negativen    Pole    (nach    der    Kathode)    ab    (Bancroft). 

Das  Intere.ssante  is  nun,  daß  dieser  Prozeß  umkehrbar  ist. 

Dadurch,  daß  das  betreffende  Objekt,  wie  die  Wurzelspitzen  wachsender 
Pflanzen  (Gassnek,  Schellenrerg)  oder  einzellige  Tierciien  (Loeb  und 
Budgett;  Coehn  und  Bakratt)  in  eine  stärkere  Lösung  von  Kalium  — 
oder  Natrumchlorid  gebracht  werden  (welche  Stoffe  gleichzeitig  das  Leitnngs- 
vermögen  des  Wassers  erhöhen),  wird  der  Tropismus  umgekehrt  und  wendet 
das  betreffende  Objekt  sich  nach  dem  positiven  Pole  (der  Anode). 

Wahrscheinlich  ist  dies  zu  erklären  durch  die  Tatsachen  der  Adsorb- 
tion,  welche  die  Kapillar-Chemie  uns  gelehrt  hat,  wobei  Umkehrungspro- 
zesse der  an  einer  Oberfläche  vorkommenden  Ladungen  durch  Elektrolyten 
wie  NaCL  und  KCL  häufig  vorkommen. 

KaTPRIIS.  ■  .") 


66  VERGLEICHUNG    DER    NEUROBIOTAXIS    MIT    ANDERN    PROZESSEN. 

Auch  das  unbelebte  Eiweiß  zeigt  in  einem  galvanischen  Strome  eine 
Verlagerung,  die  umkehrbar  ist  (Hardy):  die  Katapliorese. 

Im  Gegensatze  zu  den  obenerwähnten  Tropismen  erfolgt  jedocli  die 
Verlagerung  des  Eiweißes  und  des  LezitJiins  schon  imtei'  gewöhnlichen  Umständen, 
(d.  h.  in  den  Umständen,  in  welchen  es  sich  in  unserm  Körper  befindet)  nach 
dem  positiven  Pol.  Ein  Zusatz  von  Kalium  erhöht  bloß  den  anodischen  Cha- 
rakter dieser  Verlagerung,  und  der  A.wn  und  Markscheidenstoff  einer  frisch 
aus  dem  Körper  geschnittenen  Nervenwurzel  zeigt  in  einem  galvanischen 
Strome  sogar  eine  sehr  starke  Verlagerung  nach  dem  positiven  Pole  (Hermann). 

Durch  Säuren  kann  jedoch  die  A^erlagerung  des  eiweißartigen  Stoffes 
umgekehrt,  und  nach  dem  negativen  Pol  (Kathode)  hin  gerichtet  werden. 

Es  gibt  nun  sehr  vieles,  was  dafür  spricht,  daß  diese  kapillar-chemi- 
schen Vorgänge  und  Galvanotropismen  anwendbar  sind  auf  die  Bildung  des 
Nervensystems  durch  die  Reize,  die  sie  treffen. 

An  erster  Stelle  wissen  wir,  daß  ein  in  Aktion  (Reizung)  befindlicher  Teil 
unseres  Nervensystems  eine  Kathode  liildet  in  Bezug  auf  seine  Umgebung, 
die  mit  andern  Worten  ein  anodisches  Feld  darstellt  in  Hin.sicbt  auf  das 
Beizzentrum. 

Die  Nervenzellen,  die  sich  nun  in  der  Umgebung  jenes  elektronegativen 
Reizzentrums  befinden,  werden  als  erste  Erscheinung  einen  anodischen  (der 
Ausstrahlung  des  Reizzentrums  entsprechenden)  Ausläufer  aufweisen  auf 
Grund  des  experimentell  bewiesenen  anodotropischen  Charakters  des  Pro- 
toplasmas. Dieser  erste  Ausläufer  ist  der  Aehsenzylinder. 

Die  alkalische  Reaktion  der  den  Achsenzylinder  umgebenden  Ivt'irper- 
flüssigkeit  wird  dieses  anodotropische  Wachstum  fördern,  entsprechend  den 
Erfahrungen  bei  der  Kataphorese. 

Man  findet  außerdem  später  in  dem  Achsenzylinder  selber,  viel  mehr 
als  anderswo  im  Neuron  oder  in  dessen  Umgebung,  einen  hohen  Gehalt 
an  Chloriden,  welche  teilweise  gebunden  sind  an  Alkalis,  wie  Macdonald 
und  Macallu.m  i)  und  Menten  unabhängig  von  einander  und  auf  verschie- 
dene Weisen  nachwiesen.  Dieser  hohe  Gehalt  an  Alkalichlorid  wird  eben- 
falls (in  Übereinstimmung  mit  den  obenerwähnten  Erfahrungen  bei 
Pflanzenwurzeln  und  Amoeben)  den  anodotropischen  in  casu  stimulo-kon- 
kurrenten  Charakter  seines  Protoplasma's  verstärken,  und  außerdem  erhöht 
er  sein  Leitungsvermögen  2). 

Erst  viel  .später  entsteht  der  Dendrit  und  noch  etwas  später,  im  Anschluß 
an    denselben,    beginnt   der   Zellkörper  selbst  sich  zu  verlagern  und  zwar, 


')  Wie  das  viele  Chlor  in  den  axonalen  Abschnitt  des  Nerven  kommt  ist  unbekannt. 
Es  scheint  mir  möglich,  daß  es  bedingt  ist  durch  den  anodotropischen  Charakter  des 
Chlors,  als  Anion  und  vielleicht  durch  eine  erhöhte  Permeabilität  des  Protoplasmas  für 
dieses  Anion,  was  bei  Anionen  mehr  vorkommt  (vergl.  H.amburger). 

^)  Neuerdings  hat  wieder  Beccäri  auf  die  erhöhte  Reizbarkeit  und  den  für  den 
Reizablauf  günstigen  Einfluß  dureh  Zusatz  von  Kationen  (Na  und  K)  gewiesen. 


VERGLEICHUNG    DER    NEUR0BI0TAXI8    MIT    ANDERN    PROZESSEN.  67 

wie  der  Dendrit,  luieh  dem  im   Ueizzustande  befindlichen  elektro-negativen 
Zentrum  hin  (also  stimnlopetal). 

Dieser  stimulopetale,  kathodische  Tropismus  der  Dendriten  und  des 
perinukleären  Zellplasmas  fällt  ungefähr  mit  dem  Auftreten  der  nuklein- 
sauren  Derivate  zusammen,  die  unter  dem  Namen  der  NissL'schen  Körper- 
chen bekannt  sind,  und  findet  erst  statt,  wenn  der  Axon  sich  schon  fast 
seinem  Endpunkt  genähert  hat  und  das  Neuron  sich  also  in  einem  fortge- 
schritteneren Zustande  der  Entwicklung  befindet  (Cajal). 

Dieser  Tropismus,  gefolgt  von  einem  allmählichen  Kürzerwerden  des 
Dendriten  und  einer  Verlagerung  der  Zelle  selbst,  steht  im  Einklänge  mit 
den  protoplasmatischen  Reizungserscheinungen  an  der  Kathode  zufolge 
Pflügek's  Gesetzen,  wie  diese  sich  in  dafür  empfindlichem  Protoplasma 
äußeren  (Loeb,  Maxwell)  und  hat  nicht  nur  zur  Folge,  dal]  diese  Teile 
sich  nach  dem  elektronegativen,  in  Reizung  befindlichen  Felde,  begeben, 
aber  ist  vermutlich  verbunden  mit  einer  erhöhten  Reizbarkeit  an  jener 
Stelle  (erhöhte  Reizbarkeit  an  der  Kathode). 

So  finden  wir  also  in  der  ersten  Entwicklwig  der  stimulo-konkurrenten  Axo- 
nen  eine  Folge  des  durch  vermehrten  Chloralkaligehaltes  erhöhten,  experimentell 
bewieseneu  anodo-tropisehen  Charakters  des  Protoplasmas,  während  die  viel  später 
auftretende  Bildung  und  Zusammmziehung  der  den  Eindruck  aufnehmeiiden 
Ausläufer  der  Nervenzdlen  (Dendriten)  und  die  Verlagerung  des  perinukleären 
Protoplasmas  in  dieser  Hichtung,  ein  reizsuchender  Tropismus,  ein  besonderer  Fall 
von    Pflüger's   Gesetzen    hezw.   der  kathodischeh  Beizung  des  Protoplasmas  ist. 

Von  Gesichtspunkte  der  Untersuchungen  Hardy's,  die  nach  Greeley 
auf  intraprotoplasmatische  Kolloidsuspensionen  angewandt  werden  dürfen, 
gibt  es  sogar  noch  Argumente,  welche  die  Verlagerung  der  Dendriten  und 
des  Zellkörpers  nach  der  Richtung  des  Reizes  hin  begünstigen;  denn  wir 
wissen,  daß  die  Dendriten  und  der  Zellkörper  sich  von  dem  Achsenz_ylinder 
durch  den  Besitz  der  NissL'sc/ien  Substanz  unterscheiden,  die  sich  während 
des  Lebens  (Cowdry)  namentlich  während  der  Entwicklung  (van  Bier- 
vliet)  in  einem  mehr  oder  weniger  flüssigen  Zustande  befindet,  und  in 
welche  die  fibrilläre   Substanz  eingebettet  ist. 

Diese  NissL'sc/ie  Tigroid-Substanz  aber  ist  ein  saures  Derivat  (eine  \'er- 
bindung  von  Nucleinsäuren  mit  Eisen),  und  ihr  saurer  Charakter  wird  nach, 
Hardy's  Untersuchungen  die  nach  der  Kathode  gerichtete  Verlagerung  der 
Kolloiden,  die  darin  suspendiert  sind,  begünstigen. 

Mit  Hinsicht  auf  die  besondere  Rolle  der  'Nissi.-Substanz  bei  diesem 
Prozeß  wäre  es  auch  zu  erklären,  daß  die  tigroidlosen  Plakodenzellen  und 
Neuroblasten  noch  eine  stimulofugale  (anodale)  Verlagerung  aufweisen 
(in  demselben  Sinne  wie  der  junge  Achsenzylinder)  und  der  kathodische 
Tropismus  erst  auftritt,  wenn  die  NissL'sche  Substanz  sich  in  ihr  zu  bilden 
anfängt. 

Die  letztgenannte  Substanz  hilft  uns  also  die  relativ  späte  Bildung 
der  Dendriten  zu  erklären,  da  das  Chromatinderivat  erst  in  dem  Zellkörper 


68  MONO\XONISMUS    UND    POLYDENDEITISMUS. 

erscheint   in   einem    Entwicklungsstadimn,   in  dem  der  Achsenzylinder  be- 
reits sein  Wachstum  über  eine  grolle  Strecke  ausgedehnt  hat. 

Die  Zeit-  und  Richtungsunterschiede  zwischen  dem  Auswachsen  des  Achsen- 
zylinders  und  der  Dendritenbildunff  wären  also  die  Folgen  des  im  allgemeinen 
anodisch  kataphoretiscken  Charakters  des  genuinen  Albumens  und  des  Lezithins, 
der  alkalischen  Reaktion  dir  perizellulären  Flüssigkeit  und  der  Tatsache,  daß 
eine  große  Menge  Alkalichlorid  sich  in  dem  Aclisenzylinder  anhäuft,  dessen  Lei- 
tmigsvermögen  und  anodotropischer  Charakter  dadurch  erhöht  wird,  ivährend 
andererseits  die  nukleinensauren  Salze,  welche  das  perinukleäre  Protoplasm.a  und 
den  Dendriten  kennzeichnen,  erst  viel  später  erscheinen  tmd  dadurch  der  ausge- 
prägte  stimulopetale   (kathodische)   Tropismus  dieser  Teile  erst  später  auftritt  i). 


Monoaxonismus  und  Polydendritismus. 

Es  gibt  noch  einige  Punkte,  die  in  dieser  Bespreclumg  zu  erörtern  sind. 

Die  erste  Frage  ist,  warum  immer  nur  ein  Achsenzylinder  die  Zelle  ver- 
läßt^), welcher  l)loß  durch  Kollateralen  kompliziert  wird,  die  wahrend 
seines  ^'erlaufes  annähernd  senkrecht  von  ihm  ausgehen  (Fig.  11  B),  während 
V071  dein  Zellkörpier  eine  grojie  Anzahl  Dendriten  nach  mehreren  Reizzentren 
auswachsen  k(innen  und  dies  im  allgemeinen  auch  tun.  (Monoaxonisrmhs 
und  Polydendritismus. 

Um  den  Monoaxonismus  zu  erklären,  müssen  wir  erst  ins  Auge  fassen, 
daß  bei  einem  polaren  Tropismus,  wie  es  der  Galvanotropismus  in  her- 
vorragender Weise  ist,  sich  das  Objekt  unter  dem  Einfluß  des  Stromes  so 
stellt,  daß  dessen  Einfluß  an  beiden  Seiten  des  Objektes  gleich  groß  ist. 
Nur  dann  tritt  der  Gleichgewichtszustand  ein. 

Es  ist  nun  ohne  weiteres  klar,  daß  das  Auswachsen  des  Achsenzylin- 
ders in  dem  Strome  von  dem  kathodischen  Feld  nach  der  Anode  nur 
einen  Gleichgewichtszustand  findet  in  der  Längsrichtung  des  Stromes. 

Die   senkrecht,   stimulofugal    auswachsenden    Axone  der  Neuroblasten 


')  Nur  die  Frage  würde  noch  zu  beantworten  sein,  warum  die  alkalische  Reaktion 
der  Körperlymphe,  welche  die  gleiche  um  den  Achsenzylinder  und  die  Dendriten  ist, 
nicht  das  kathodische  Auswachsen  der  letztern  stört.  Grade  dieser  Umstand  aber  beweist 
Richtigkeit  der  Ansicht  Loeb's  und  BuiiGett's,  daß  der  dem  Erregungsgesetze  folgende 
kathodische  Tropismus  in  der  Hauptsache  von  mirazellularen  protoplasmatischen  Pro- 
zessen abhängig  ist,  in  denen  das  extrazelluläre  Medium  nicht  eine  solche  Rolle  spielt 
wie  in  anodalen  Extensionen. 

Es  ist  wahrscheinlich,  daß  sowohl  das  spätere  Ausv.'achsen  der  Dendriten  als  ihre 
sekundäre  Kontraktion,  welche  die  Verlagerung  des  Zellkörpers  in  sich  schließen,  ein, 
von  dem  anodalen  Auswachsen  des  Achsenzylinders  prinzipiell  verschiedener  Piozeß  ist, 
für  den  eine  weitere  Ausbildung  des  Neurons  erforderlich  ist. 

')  Die  Horizontalzellen  Ca.tal's  können  zwar  zwei  oder  mehr  Achsenzylinder  auf- 
weisen, diese  gehen  aber  nie  aus  dem  Zellleib  hervor,  sonern  entstehen  auf  weiter  Ent- 
fernung vnn  einander,  aus  verschiedenen   Dendriten  (siehe  Seite   Ifi  und   Fig.  10). 


MONOAXONISMUS    UNI)    l'OLYDENDRITISMÜS.  69 

(Fig.  3ü),  sowie  die  seuivreclite  .Stellung  der  KoUateraleu  auf  dem  Achseii- 
zyliiider  (Fig.  11  B),  sind  also  die  natürlichen  Konsequenzen  des  vollkommen 
bipolaren  Irraditionsstromes. 

Wenn  nun  aber  zwei  (oder  mehr)  Bahnen  oder  mehrere  Zentren  gleich- 
zeitig eine  Zelle  aktivieren,  dürfen  wir  in  solchen  Fällen  iloch  nur  einen 
Achsenzylinder  in  der  Resultante  der  beiden  (oder  mehr)  Stromrichtungen 
(in  der  Resultante  der  bioelektrischen  Felder)  erwarten,  da  nur  in  dieser 
Linie  der  gleiche  Einfluli  zu  beiden  Seiten  der  wachsenden  Achsenzylin- 
deranlage,  also  ihr  energetisches  Gleichgewicht,  realisiert  ist. 

Was  wird  nun  geschehen,  wenn  zwei  oder  mehr  aktivierende  Zentren 
nicht  gleichzeitig  sondern  auf  denselbcii  ZellleiJi  einwirken? 

Von  diesen  aktivierenden  Zentren  wird  eines  das  erste  sein  und  den 
Anstoß  zu  der  Ausbildung  eines  Achsenzylinders  geben. 

Wenn  jedoch  ein  Achsenzylinder  angefangen  hat  zu  wachsen,  d.  h. 
wenn  eine  eferente  Fibrillenzone  sich  am  Zelleib  gebildet  hat,  dürften  wir 
erwarten,  daß  die  Bedingungen,  welche  diese  tibrillogene  Zone  durch  ihr 
größeres  Leitungsvermögen  (s.  o.)  darbietet,  so  günstig  sind,  daß  jeder  neue 
Reizstrom,  statt  einen  neuen  Achsenzylinder  an  einer  andern  Stelle  zu 
bilden,  an  dem  bereits  vorhandenen,  mit  besserm  Leitungsvermögen  aus- 
gestatteten Punkt  angreifen  wird,  dessen  Weiterentwicklung  er  beeinflussen 
dürfte,  ohne  jedoch  einen  neuen  Achsenzylinder  ins  Leben  zu  rufen. 

Die  zuerst  entstehende  Zone  von  eferenten  Fibrillen  des  Achsenzylin- 
ders, deren  polarer  Charakter  auch  noch  dadurch  demonstiert  wird  (Held), 
daß  sie  zusammenfällt  mit  dem  Diplosomen-Zentrum  (siehe  S.  29)  wird 
dadurch  der  preferierte  Abfuhrweg  für  alle  Reize,  welche  den  Zellleib 
treuen. 

Die   Verhältnisse  für  die  Dendritenbildung  sind  aber  ganz  andere. 

Wenn  ein  Reiz  auftritt  in  der  Nähe  der  Zelle,  wird  sich  der  nächst- 
liegende Teil  des  Protoplasmas  jener  Zelle  in  der  Richtung  der  Kathode 
verlagern,    d.  h.    in   der  Richtung  jenes  Reizes. 

Bei  der  Gleichheit  jenes  Protaplasmas,  namentlich  bei  der  Ubiquität  der 
Nissi>'sc/iert  Substanz  in  der  ganzen  Zelle  {mit  Ausnahme  des  Axons),  ist  dieser 
Prozeß  aber  nicht  auf  ein  Feld  besclirünkt. 

Später  auftretende,  anderswo  gelegene  Reizzentren  werden  neue  proto- 
plasmatische Verlagerungen  in  ihrer  Richtung  verursachen  müssen,  wenn 
der  nach  dem  ersten  Reizzentrum  ausgewachsene  Dendrit  nicht  in  der 
Richtung  jener  Reizzentren  liegt.  Dabei  wird  das  Auswachsen  des  Haupt- 
dendrilen  und  schließlich  die  Verlagerung  des  Zellkörpers  in  der  Richtung 
des  größten  Reizes  erfolgen  (wo  demi  auch  das  Zentrosom  sich  legen  kann; 
Fig.  12  und  S.  18). 

M.  a.  W. :  wenn  ein  anderer  Reiz,  als  derjenige,  der  die  erste  Achsenzylin- 
der-anlage  bildete,  den  Zellkörper  erreicht,  wird  er  sich  keinen  neuen  Ausgang 
( A.conhügel)  bilden,  da  dies  mehr  Energie  erfordern  würde  als  das  Benutzen 
des     bereits     vorhandenen     Abfuhrweges,     dessen    große    Leitungsfälligkeit 


70  ÜBEREINSTIMMUNG    MIT    PSiTHOLOGISCHEN    GESETZEN. 

in  der  bereits  anwesenden  fibrillogenen  Zone  einen  Ausdruck  findet  i). 
Dem  gegenüber  wird  jeder  neue,  von  einem  anderswo  gelegenen  Zen- 
trum kommende  Reiz  einen  neuen  Dendriten  oder  Nebendendriten  erzeugen, 
da  der  bereits  bestehende  Dendrit  der  zu  einem  bestimmten  Reizpunkt 
ausgewachsen  ist,  nicht  in  der  Richtung  eines  anderen  Reizstromes  liegen 
kann,  es  sei  denn,  daß  er  sich  verlagerte.  Dann  verlagert  sich  aber  irgend 
ein,  dem  Reiz  näher  liegender  Zellabschnitt,  der  dem  Dendriten  völlig  gleich 
ist,  ebenso  leicht. 

Die  Selektivität  der  neurobiotal<tischen  Prozesse  In  Übereinstimmung 
mit  psychologischen  Gesetzen. 

Ich  komme  nun  zu  dem  zweiten  und  wichtigsten  Punkt  bezüglich  der  Bahn- 
bildung: der  Frage,  wodurch  die  Selektivität  der  Verbindungen  bestimmt  ward. 

Es  ist  der  Beobachtung  aller  frühern  Untersucher  entgangen,  daß  die 
Selektivität  der  Bahnbildung  von  simultaner  oder  besser  korrelierter  Reizung 
bedingt  wird.  Ca.t.il  nahm  verschiedene  chemische  Reaktionen  an  und  schrieb 
sogar  den  Spongioblasten  (Gliazellen)  eine  Rolle  bei  der  Sekretion  solcher 
Anziehungsstoffe  zu,  ohne  jedoch  die  zeitlich  bedingenden  Momente  für 
diese  „Sekretionen"  ermitteln  zu  können.  Held  sprach  von  einem  „Prinzip 
der  Auswahl",  auf  deren  Charakter  er  nicht  weiter  eingeht,  und  in  bezug 
auf  seine  eigenen  sonst  so  interessanten  Untersuchungen  bemerkt  Haerison 
richtig:  .,Es  gibt  nichts  in  der  gegenwärtigen  Arbeit,  was  auch  nur  irgend 
welches  Licht  auf  den  Prozeß  wirft,  durch  den  die  endgültige  Verbindung 
zwischen  dem  Nerven  und  seinem  Endorgan  determiniert  wird". 

Daß  die  Verwandschaft,  welche  für  die  endgültige  \'erbindung  in  dem 
Zentralnervensystem,  sowohl  für  die  Dendriten  und  die  Zellverlagerung  als 
für  die  Achsenzylinder  eine  Rolle  spielt,  in  der  korrelierten,  meistens  in 
der  synchronischen  Reizung  der  Elemente  besteht,  konnte  ich,  nachdem 
ich  es  aus  dem  selektiven  Charakter  der  Zellverlagerungen  aligeleitet  hatte, 
ebenfalls  bei  den  in  dem  Nervensystem  bestehenden  axonalen  Verbindun- 
gen demonstrieren. 

Es  erklärt  sogar  eine  Eeihe  von  Eigeutümlichkeiteii  in  dem  Verlauf  von  Faser- 
bahueu,  welche  uns  andernfalls  als  konstante,  aber  schwer  zu  deutende  Tatsachen 
entgegentreten,  besonders  in  dem  Verlauf  der  sogenannten  „zentral-motorischen 
Bahnen",  wie  die  Pyramidenstränge,  worauf  ich  in  dem  Kapitel  über  das  Rücken- 
mark (bei  den  Säugern)  zurückkomme. 

Dieses  Hauptgesetz  der  Neurobiotaxis  zeigt  uns  nicht  nur,  daß  das  fun- 
damentale psychologischeGesetz  der  Assoziation  auch  ein  anatomisches  Ge- 


')  Auch  ist  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  daß,  falls  sich  bereits  NissL-Substanz 
gebildet  hat,  das  Zellprotoplasma,  wegen  des  besonderen  ti'opistischen  Charakters, den  die 
NissL-Suhstanz  dem  von  ihr  umfiiliten  Protoplasma  gibt,  nicht  mehr  so  leiclit  einen 
stimuio-konkurrenten  Ausläufer  bilden  (nicht  mehr  anodo-tropisch  reagieren)  kann. 


DIE   SELEKTIVITÄT    I>EK    NEUROBIOTAKTISCHEN    PROZESSE  71 

setz  ist,  sondern  auch,  wie  wunderbar  polar  der  ganze  Charakter  der  Bahn- 
bildung ist,  und  wie  gut  diese  in  die  Klasse  der  galvanotaktischen  und 
galvanotropischen  Erscheinungen  palit. 

Um  diese  Selektivität  etwas  inelir  zu  beleuchten,  niuii  ich  die  Auf- 
merksamkeit auf  die  folgenden  Punkte  lenken. 

Wir  können  annehmen,  daß  ein  Erregungszustand,  wenn  er  einmal  am 
Anfange  des  Achsenzylinders  eingesetzt  hat,  sich  schnell  fortplanzt  —  es 
wird  sogar  vermutet,  mit  gradweise  erhöhter  Kraft  i)  —  und  ein  Strom 
von  relativ  großem  negativem  elektrischem  Potential  die  Wachstumskeule 
des  Achsenzylinders  erreicht  und  darüber  hinweg  irradiiert.  Wenn  wir  nun 
annehmen,  daß  in  der  Nachbarschaft  dieser  Wachstumskeule  oder  seiner 
Telodendrien  zwei  Nervenzellen  liegen,  von  denen  die  eine  sich  schon  in 
Reizung,  d.  h.  in  einem  Zustande  von  Ionisation  beßndet,  die  andere  nicht, 
dann  wird  die  Wachstumskeule  den  größten  Einfluß  auf  die  schon  gereizte 
Zelle  ausüben  können,  und  diese  Zelle  wird  ihrerseits  die  Wachstumskeule 
am  meisten  Ijeeinflüssen  können. 

Der  negatieve  Potential,  der  längs  des  Achsenzylinders  verläuft,  wird 
seine  natürliche  Auswahl  tretfen  in  der  bereits  ionisierten  Zelle  und  nicht 
in  einer  Zelle,  welche  nicht  gereizt  ist  und  welche,  als  relativ  indiflerentes 
Objekt,  in  Bezug  auf  diesen  wachsenden  Achsenzylinder  keinen  selektiven 
Punkt    zwischen  all  den  andern  passiven  (nicht  gereizten)  Zellen  darstellt. 

^'eilleicht  spielt  die  nach  ihrer  Reizung  auftretende,  der  negativen 
Schwankung  direkt  folgende,  erhöhte  anodische  Potentialdifferenz  jener  Zelle 
dabei  die  Hauptrolle,  weil  wir  annehme  müssen,  daß  (im  Gegensatz  zum 
Dendriten)  ein  Achsenzylinder,  also  der  Reizstrom,  sich  dem  anodischen 
Felde  zuwendet. 

Auch  in  der  Physiologie  gibt  es  Tatsachen,  die  dafür  sprechen  daß 
ein  gerade  zuvor  aufgetretener  Reiz  auf  die  Bahnung  eines  neuen  Reizes 
in  derselben  Richtung  einen  fördernden  Einfluß  ausübt.  Sherkixgton 
betont,  „that  the  threshold  of  a  reflex  is  lowered  by  the  escitation  just 
preceeding  its  own".  Auch  läßt  sich  hierdurch  erklären,  daß  solch  eine 
Schaltstelle  zwischen  zwei  Neuronen  (ein  Synaps)  „is  an  apparatus  for 
coordination  and  introduces  a  common  path"  (von  mehreren  Reizen)  (1.  c. 
S  184,  351). 

Was  den  Umstand  anbetrifft,  daß  axonale  Eudigungen  niemals  mit  axoualeu 
Endiguugen  kommunizieren  und  dendritischen  niemals  mit  dendritischen,  ist  von 
dem  hier  vertretenen  Standpunkte  polarer  elektrolytischer  Verhältnisse  keine  weitere 
Erklärung  nötig,  da  dies  notwendigerweise  in  sich  schließt,  daß  gleichnamige  Aus- 
wüchse einander  abstoßen. 

Man  könnte  hier  die  Frage  aufwerfen,  warum  die  Achsenzylinder  derselben 
Zellgruppe,  wenn  gleichnamige  Kräfte  einander  abstoßen,  das  Bestreben  haben,  sich 
zu  einem  Bündel  zu  vereinigen. 


')  Manchmal  nimmt  der  Achsenzylinder  iu  zellulifugaler  Richtung  auch  an  Umfang 

zu  (JOUNSTON,   TrETJAKOFF). 


72        VERBINDUNGEN  MIT  DEN  .MUSKELN.  KEFLEXBOGENBILDUNG. 

Wir  wissen  aber,  daß  in  gleicher  Richtung  gleichzeitig  von  einem  gleich- 
namigen Potential  durchlaufene  Kolloidfasern  eine  Anziehung  auf  einander  ausüben. 

In  sehr  interessanter  Weise  kommt  diese  Auffassung,  diese  i'unktionelle 
Begründung  der  Selektivität,  uns  zu  statten,  um  die  Verbindungen  zu  be- 
greifen, welche  das  zentrale  Nervensystem  mit  den  Muskeln  eingeht. 

BoK  hat  gezeigt,  daß  man  den  planmäiiigen  Verband  zwischen  be- 
stimmten Muskeln  und  bestimmten  (manchmal  ziemlich  entfernten)  Stellen 
des  Zentralnervensystems  dadurch  erklären  muß,  daß  Kontraktionszustände 
der  Muskeln  (deren  Ausbildung  der  dei'  Nervenwurzeln  vorangeht)  als  tropis- 
tische  Wachstumsreize  auf  zentrale  Nervenfasern  wirken.  Eine  durch  irgend 
einen  Umstand  hervorgerufene  Kontraktion  in  einem  Myotom  wird  die 
in  jenem  Augenblick  in  dem  Nervensystem  d.  h.  in  den  zuerst  sich  aus- 
bildenden Längsbahnen,  anwesenden  Reizströme  auf  sich  lenken  i). 

In  Übereinstimmung  damit  ist  die  Tatsache,  daß  die  ersten  Vorder- 
wurzeln als  Kollateralen  zentraler  Längsbahnen  entstellen  (Coghill,  Fig. 
72  A).  Später  werden  die  durch  solche  Längsbahnen  aktivierten  Vorder- 
hornzellen  diese  Kollateralen  vertreten  und  ihre  Achsenzylinder  in  die 
kontrahierenden  M}'otomen  schicken. 

Hieraus  geht  hervor,  dasz  die  Myotome  die  in  dem  Augenblick  der 
Kontraktion  im  Zentralnervensystems  anwesenden  Reizströnie  aktualisieren 
und  die  dadurch  sich  bildenden  Kollateralen  oder  Wurzeln  zu  sieh  ziehen, 
deren  Reize  ihrerseits  diese  Kontraktion  integrieren. 

Ist  einmal  die  Verbindung  mit  dem  Myotom  zustande  gekommen,  dann 
kann  die  Kontraktion  auch  hervorgerufen  wei'den  durch  die  Reizströme  der 
Längsbanen  und  Wurzeln  aus  dem  Zentralapparat. 

BoK  hat  darauf  hin  gewiesen,  daß  ein  kontrahierendes  Myotom  (resp.  Branehio- 
mer),  infolge  der  von  der  Kontraktion  resultierenden  Bewegung,  neue  Reizungen 
der  Sinnesorgane  des  Tieres  hervorruft.  Diese  Reize  werden  zentripetal wärts 
zum  zentralen  Nervensystem  geleitet  und  treffen  bei  ihrem  A^erlauf  innerhalb  des 
zentralen  Nervensystemes  irgetulwo  zusammen.  8pä1erwäch.it  das  motorisclie  Xeiiron 
dieses  Jcontrahierenden  Myotoms  au  jener  Stelle  aus,  weil  diese  Stelle  in  dem 
Augenblick  Prädilektionsstelle  ist.  Bestimmte  Zellen  werden  infolgedessen  in 
ihrer  weiteren  Entwicklung  gelenkt  durch  die  Kontraktion  einer  bestimmten  Mus- 
kelanlage, weil  sie  in  synchroner  Aktion  damit  sind,  und  dem  neurobiotaktischen 
Hauptgesetz  der  synchronen  Korrelation  gemäli  werden  die  von  diesen  Zellen 
sprossenden  Fasern  diesem  Muskel  zuwachsen.  Die  motorischen  Wurzelfasern  bilden 
also  eine  Schaltung  zwischen  den  (von  der  kontrahierenden  Muskel  zu  neuen 
Reizaufnahmen  veranlaßteu)  Sinnesorganen   und  diesem  Muskel  selbst. 

So  zeigt  sieh,  daß  auch  die  Endpunkte  eines  Reflexbogens  definiert  sind  durch 
synchrone  Korrelation,  dadurch,  daß  ein  Muskel  mittelst  seiner  Kontraktion  immer 
bestimmte  Sinnesorgane  aktualisiert.  Reizung  dieser  Sinnesorgane  wird  später  Kon- 
traktionen hervorrufen  in  diesem  speziellen  Muskel.  Das  Sinnesorgan  wird  dann 
der  primäre  Ausgangspunkt,  der  Muskel  der  Effektor  dieses  Reflexbogens.  Man  könnte 


•)   Etwa   wie    das    prolif'erierenrleu    Bindegewebe    in    den    Versuchen    von    Ca.ial  die 
Kollateraien  der  Wurzeln  und  Seitensträngen  anziehen  (Seite  58  Füsznote). 


l.KITUNGSVERBJäSSERUNGBN. 


73 


VII  Kern _ 


Kendriteu.   — 


Hai. 


sagen:  dt-r  KeHexbogeu  ist  Teil  eines  ReÖexkreises,  vor  dem  Entstellendes  Bogen«  gab 
der  Muskel  durch  seine  Kontraktionen  Anlaß  zu  Sinnesreizen,  nach  demselben  gibt  die 
Reizung  dieses  Sinnesorganes  reflektorisch  Anlaß  zu  einer  Kontraktion  dieses  Muskels. 

Diese  Auflassung  Bok's  gewinnt  an  Wahrscheinlichkeit,  wenn  mau  die  direkt 
auf  eine  Muskel-Kontraktion  J'o/^enJe  anoilincl/r  Fotfitiial-Erhohinn/  als  bestimmen- 
den  Faktor  annimmt  (siehe  Seite   71j. 

Diese  Theorie  des  „BeJIe.ikreises" .  uu'e  nie  tw/i  BoK  genannt  wurde,  erklärt  sehr 
vieles  im  Wesen  der  Rejlexe.  Diese  sind  nicht  teleologisch  entstanden,  sondern  aus 
Ziifallshandlungen  herrorf/egangen,  leelche  die  in  dem  Aiigenhlick  der  Handlung  aktu- 
ellen Rcizzustdnde  in  ihrer  Sphäre  lenkten,  um  dann  später  ron  diesen  Beizsphären 
ausgelöst  zu  werden. 

Leitungsverbesserungen  während  der  Phylogenese. 

leh  will  die  Frage 
der  iiiterneuronaleii 
Verbindungen  nicht 
verlassen,  ohne  betont 
zu  haben,  dali  das 
größere  Leitungsvermö- 
gen, welches  der  Achsen- 
zylinder im  Vergleich 
zu  den  Dendriten  besitzt, 
der  Verlagerung  der 
Nervenzelle  in  der 
Richtung  nach  dem 
Reizzentrum  hin,  eine 
besondere  Bedeutung 
gibt. 

Diese  Verlagerung 
führt  nämlicli  eine 
Verkürzung  des  den- 
dritischen und  eine 
Verlängerung  des  axo- 
nalen  Weges  für  den 
Nervenstrom  herbei 
(Fig.  37)  und  infolge- 
dessen eine  Verbesse- 
rung ( V er  schnellung) 
der  Leitung. 


Vn  Kern \_.v 


V 


Achsenzyl.—   i,'  ->^^^ ■^'"■j 

'm,  ■■.■■■. "^       .''Jl'' 

in.     —  —   '^^-;;'(  t.-t  V.  ^  r-p: 


Maus. 


Vir  Ken 


Fig.  37.     Verlagerung  des  Facialiskernes. 

Verkürzung  der  Dendriten  und  Verlängereng  der 

.\chsenzylinder 


l)a  die  verkürzende 
Kontraktion  der  Dendri- 
ten in  Fällen  wie  beim  Hinabsteigen  des  Facialiskernes  bei  den  Säugern  von  einer 
Verlängerung  (Expansion)  des  Achsenzyliuders  begleitet  ist,  können  wir  die  Frage 
aufwerfen,  ob  nicht  eine  Analogie  dieses  Vorganges  mit  dem  bei  Muskeln  beob- 
achteten Prozesse  besteht,  wo  sich  bei  der  Schliessung  des  Stromes  neben  der  Kon- 
ti'aktion  an  dem  kathodischen  Pole  eine  Expansion  an  dem  anodischen  Pole  zeigt. 


74 


LEITUXGSVERBESSERUNGEN. 


Die    prinzipielle   Analogie  zwisdien  dem  Erregimgsgesetz  für  Muskeln   und  Nerven 
ist  wohl  bekannt. 

Dieselbe  Art  der  Leitungsverbesserung  wird  uns  in  etwas  anderer  Form 
demonstriert  durch  die  verschiedenen  Wegstrecken,  welche  die  Hinter- 
wurzel-Vorderhornreflexe  des  Rückenmarkes  bei  verschiedenen  Wirbeltieren 
durchlaufen. 

Dieser    Reflex    wird    bei    den    Fischen    hauptsächlich  dargestellt  durch 

Oünnfasenoes    Dnrsalburdel 


Hinter  wur2el 


OieNfa«  Vcnlr  b 


bensil  mot   Pene» 
Ocndr*i[en 


Pasc  med 

Zenlr  K 
Com  prot  ant 
fasL  lono  vent 


maro  Dendr  netz 


mot  Wurzel  zellen 

'■■  Vorder  Wurzel 

Fig.  38.     Demonstration  dei'  Hinteiwurzel-Vorderhornreflexe 

bei  einem  Rochen.  Die  Dendiiten  der  Vorderhornzelleii 

verästeln  sich  bis  in  die  graue  Substanz  der 

Hinterhörner,  n.  Von  Lenhossek. 


lange,  bis  in  das  Hinterhoru  hineinragende  Dendriten  der  Vorderhorn- 
zellen  (Fig.  38);  bei  Vögeln  und  Säugern  dagegen  durch  ein  längeres  Aus- 
wachsen der  Hinterstrang-Kollateralen  (Fig.  39).  Auch  in  diesem  Falle 
findet  man  also,  daß  eine  dendritische  Wegstrecke  von  einer  axonalen 
Wegstrecke  ersetzt  wird,  was  infolge  der  besseren  Leitungsverhältnisse  in 
dem  Axon,  resp.  Axon-Kollateral  eine  Verbesserung  bedeutet,  und  ermög- 
licht wird  durch  die  größere  und  raschere  Wachstumstendenz  der  Achsen- 
zylinder im  Vergleich  zu  den  Dendriten.  Hierdurch  muß  auf  die  Datier 
der  dendritische  Weg  gegenüber  dem  axonalen  weichen. 


DIE    SYNAl'.S. 


75 


Hiiiterwurzel. 


Hinterhorn. 


Auch  die  Verzogenuig  de«  Nerveiistroms  in  der  intenieurüualen  Schal- 
tung, in  der  Sy7iaps,  kann  durch  gewisse  Vorgänge  vermindert  werden. 

Sehr  interessant  in  dieser 
Hinsicht  ist  das  bereits  er- 
wähnte Verlialten  bei  der 
MAUTHNER'schen  Zelle  der 
Fische,  wo  der  Übergang  des 
zuführenden  Stromes  teilweise 
an  dem  Achsenzylinderhügel 
selbst  mittels  der  Axonkappe 
(Fig.  24)  stattfindet,  und  wo 
vermutlich  die  am  wenigsten 
störende  Synaps  gebildet  wird. 

Andere  Verbesserungen 
in  der  Überführung  des  Stro- 
mes werden  in  anderen  Gleich- 
gewichtsorganen gesehen,  z.  B. 
den  Korbzellen  der  Klein- 
hirnrinde, wo  Fibrillen  der 
Körbchen  direkt  in  die  Fibril- 
len (Fig.  23)  der  Purkinje'-  lO' 
seilen  Zellen  übergehen.               ^,-j      39 


'"^«•o.  \  orderhüiuzellen. 


Demonstration    der    Cbennittluiig    der 

Hinterwiirzel-Voi'derliorniellexe  bei  Säugern. 

Die  Aehsenzylinder  der  Hinterstränge 

senden  Ivollateralen  zu  den  Vorder- 

hornzellen,  n.  Von  Lenhossek. 


Die  Synaps. 

Hierbei  tlrängt  sich  uns 
die  Frage  nach  dem  Wesen 
der  Synaps  auf. 

An  der  Stelle  der  interneuronalen  Schaltung,  die  man  als  Synaps  be- 
zeichnet, liegen  einige  physiologische  Eigentümlichkeiten  vor,  welche  hier 
erwähnt  werden  müssen.  Die  zuerst  auffallende  Eigentümlichkeit  ist,  daß 
der  Reizstrom  an  dieser  Stelle  nur  in  einer  Richtung  erfolgen  kann,  und 
die  zweite  i.st,  daß  der  Reizstrom  an  dieser  Stelle  eine    Verzögerung  erfährt. 

Während  es  experimentell  leicht  nachweisbar  ist,  daß  in  einem  Axon 
(z.  B.  in  einem  motorischen  Nerven)  und  auch  in  dem  Dendriten  (z.  B.  in 
einem  sensiblen  Nerven)  —  wenn  dieselben  in  der  Mitte  gereizt  werden  — 
der  Reizstrom  nach  beiden  Seiten  abläuft,  zeigt  sich,  daß  die  Synaps  — 
die  Übergangsstelle  zwischen  zwei  Neuronen  —  nur  durchgängig  ist  in  der 
Richtung  von  dem  Axonende  nach  den  Dendriten  (siehe  Fig.  40).  Auch 
die  stärksten  Reize  gehen  nicht  in  ungekehrter  Richtung  durch  (in  nor- 
malen Verhältnissen). 

Daß  der  Nervenstrom  an  der  Synaps  eine  Verzögerung  erfährt,  geht 
daraus  hervor,  daß  eine  Nervenstrecke,  in  der  ein  Sj-naps  vorkommt,  mehr 
Zeit  fordert,  um  ganz  durchlaufen  zu  werden,  als  eine  ebenso  lange,  aber 
ununterbrochene  Strecke,  sei  es,  daß  sie  dendritischer  oder  axonaler  Natur  sei. 


7Ö  I>IK    SYNAP.S. 

Wir  müssen  versuchen,  diese  synaptalen  Erscheinungen  in  dem  Lichte 
der  neurol)iotaktischen  Eigenschaften  des  Neurons  zu  hetrachten,  weil  sie 
offenbar  /.usammenhängen  mit  der  Pohirisation  desselben. 

Was  die  Verzögerung  des  Reizstromes  in  der  Öynaps  anbelangt,  wäre 
es  möglich,  dal)  sie  bei  verschiedenen  Synapsen  verschieden  ist,  indem  sie 
nur  gering  sein  dürfte  an  solchen  Übergangsstellen,  wo  die  Fibrillen  des 
ersten  Neurons  direkt  in  diejenigen  des  zweiten  Neurons  übergehen,  wie 
dies  in  dem  \'estibularapi)arat  (s.  o.)  oft  der  Fall  ist.  A  fortiori  kann  dies 
erwartet  werden  in  Schaltungen,  wie  sie  in  der  Mauthnerschen  Zelle  mit- 
tels der  Axonkappe  stattfinden.  Leider  sind  die  Verhältnisse  dort  aber  so, 
daß  sie  nicht  leicht  der  physiologischen  Untersuchung  zugängig  sind.  Wahr- 
scheinlich ist  die  Synaps-Verzögerung  größer,  wo  der  histologische  Ver- 
band nur  aus  einer  Kontiguität,  nicht  aus  einer  Kontinuität  besteht  und 
am  allergrößten,  wo  diese  Kontiguität,  diese  Annäherung,  sogar  noch  ge- 
schaffen werden  muß,  also  bei  neuen  oder  selten  vorkommenden  Schaltungen. 

Die  Verzögerung  an  der  Synaps  läßt  !<ieh  an  solchen  Stellen  schon  vermuten 
aus  der  folgenden  Betraehtung:  Die  Sehuelligkeit,  welche  experimentell  an  Nerven 
festgestellt  ist,  variiert  von  1  m  bis  120  m  pro  Sekunde.  Hütte  der  Keizstrom 
an  einer  Syuaps,  wo  nocli  keine  Kontiguität  besteht,  eine  Schnelligkeit,  die  be.stimmt 
wird  durch  die  Konvektion  der  Ionen,  dann  würde  dieselbe  —  wenn  man  die 
schnellsten  Ionen  als  ihre  Träger  betrachtet  — -  sich  um  mehr  als  1000  X  lang- 
.samer  erweisen. 

Nun  ist  zwar  die  Stelle  des  Überganges  in  den  meisten  Fällen  eine 
kurze  Wegstrecke,  aber  sogar  eine  so  kurze,  wenig  oder  nicht  gebahnte 
Wegstrecke  genügt  offenbar,  um  die  Schnelligkeitsdifi'erenz  bemerkbar 
zu  machen. 

Was  die  bloße  Durchgängigkeit  in  einer  Richtung  anbelangt,  so  hängt 
dieselbe  —  wie  gesagt  —  auf  das  engste  zusammen  mit  der  Polarisation 
des  Neurons,  weil  das  synaptale  Nervensystem  zuerst  auftritt  mit  dem 
Auftreten  der  polarisierten  Neuronen  und  ein  Nervensystem,  welches  aus 
Itrimitiven,  nicht  polarisierten  Ganglienzellen  aufgebaut  ist,  wie  dasjenige 
der  Coelenteralen  asynaptal  ist  (SHEEUiN(iTOX),  d.  h.  nach  beiden  Seiten 
durchgängig. 

Wir  wissen  außerdem,  dall  die  Dendriten  sowohl  wie  die  Achsenzy- 
linder Produkte  der  Reize  sind:  der  Axon  ein  Bildungsprodukt  des  Reiz- 
stromes,  welches  mit  diesem  Strom  mitwächst,  und  der  Dendrit  ein  Bil- 
duugsprodukt,  das  durcli  den  Reizstrom  angezogen  wird. 

Bei  der  ül.ilichen  Durchströnaung  der  Synajjs  in  der  Richtung  vom 
Axon  zum  Dendrit  (Fig.  40.  oben)  wird  also  ein  und  derselbe  Reiz  den  Axon 
nach  der  Zelle  des  zweiten  Neurons'  und  die  Zelle  bezw.  die  Dendriten 
nach  dem  Axon  ziehen. 

Denkt  man  sich  aber,  daß  der  Reiz  in  entgegengesetzter  Richtung  ver- 
läuft, dann  würde  er  infolge  des  stimulo-petalen  Charakters  des  Dendriten 


niK    ^rAIMvUMSCIIEinUNf;    ])KK    ACIISENZVLINnKR. 


( i 


diesen  inieli  sich  liiiiziehei 
Axons  jenen  von  der 
Zelle  abziehen,  also  die 
beiden  von  einander  ent- 
fernen (vergl.  Fig.  40 
unten). 

Ich  möchte  nicht 
entscheiden,  ob  diese  Be- 
trachtung genügt,  um 
das  synaptale  Verhalten : 
die  Unmöglichkeit  einer 
umgekehrten  Durchströ- 
mung des  Synapses  zu 
erklären. 

Jedenfalls  ist  es  sicher, 
daß  die  vorliegenden  Tat- 
sachen sich  vorzüglich  dek- 
ken  mit  den  Tatsachen  der 
Neurobiota.vis  und  mit  der 
galvano-tropischen,  neuro- 
biotak iischen  Po larisa lioi i 
des  Neurons  ^). 


und  inlolgc  des  stimulo-fugalen  Charakters  des 


:b  <r 


-mA. 


^■^ 


->  A 


c 


Fig.  40.  Ei-klnrung  der  Synaps  aus  der  neuiohiotaUtischen 
Polarisation  des  Neurons. 
Die  voll  gezeichneten  Pfeile  demonstrieren  den  Verlauf 
des  Reizes.  Die  gestrichelten  Pfeile  die  Richtung  der 
dadurch  verursachten  Tropismen.  Fig.  40  oben  demon- 
striert die  Annäherung  von  Achsenzylinder  und  Dendri- 
ten bei  der  normalen  Durchströmung  des  Nervensystems. 
Fig.  40  unten  demonstriert  die  Entfernung  in  der  Synaps 
beim   Versuch  der  umgekehrten  Durcliführung  des  Reizes. 


Die  Markumscheidung  der  Achsenzylinder. 

Der  letzte  Punkt,  den  ich  hier  beliandeln  möchte,  ist  die  Frage:  warum 
die  meisten  Achsenzylinder  im  Zentralnervensystem  eine  Markscheide 
erhalten,  und  warum  diese  Markscheide  nicht  an  der  Zelle  und  den  Den- 
driten vorhanden  ist  2). 

Wenn    mann    sich    hier    mit    einer    teleologischen    Erklärnno;    znfrieden  geben 


')  Gegen  die  AufFaßung,  daß  das  Verhalten  an  der  Synaps  —  namentlich  auch  die 
Verzögerung,  welche  dort  stattfindet,  durch  einen  Amöboidismus  erklart  werden  könnte  — 
hat  Sherrington  angeführt,  (Integr.  Action  S.  24,  unten)  daß  die  Latenzzeit  eines  Reflexes 
nicht  verkürzt  wird,  wenn  ein  Schlag  verteilt  wird  in  zwei:  einem  Initial-  und  einem 
Inkrementalschlag.  Übschon  der  letztere  eintritt,  wenn  der  Reflex  schon  im  (iang  und 
die  Verbindung  also  hergestellt  ist,  ist  doch  die  gesamte  Latenzzeit  des  Inkrementalschlags 
und  des  Initialschlags  nicht  geringer,  als  wenn  die  ganze  Kraft  auf  einmal  gebraucht  wird. 
Es  scheint  mir  indessen,  daß  die  auch  von  Sherrington  gefundene  Tatsache,  daß  die  Latenz- 
zeit bei  dem  Inkrementalschlag  mehr  als  20  "/^  kürzer  ist,  als  bei  dem  Initialschlag  (0,038 
sec.  gegen  0.048  sec.)  beweist,  daß  bei  der  Initialschlag  etwas  besonderes  stattfindet,  was 
bei  dem  Inkremetalschlag  nicht  mehr  stattzufinden  braucht,  und  es  ist  mir  wahrschein- 
lich, daß  es  sich  dabei  sehr  wohl  um  eine  neurobiotaktische  Orientierung  der  Teloden- 
drien  und  Dendriten,  resp.  ihrei'  inneren  Kolloidpartikel,  handeln  kann.  Auch  seine  V^^ahr- 
nehnuing,  daß  „the  threshold  of  each  succeeding  refiex  in  lowered  by  the  excitation  just 
preceeding  its  own"  (I.  c.  S.  184)  spricht  zu  Gunsten  meiner  Aulfassung. 

2)  Ich  gehe  hiei-  niclit   näher  ein  auf  die  Markscheide  um  das  periphere  Stück  einer 


iS  DIE    MARKUMSCHEIDUNG    DER    ACHSENZYLINDER. 

wollte,  würde  es  genügen  zu  sagen,  daß  die  Anwesenheit  der  Myelinscheide  um 
den  Achsenzylinder  wahrscheinlich  eine  Isolierung  des  Stromes  zustande  bringt,  vind 
daß  eine  solche  isolierende  Scheide  nicht  an  Stellen  vorkommen  darf,  wo  der  Strom 
von  einem  Neuron  auf  ein  anderes  übergeht  (Dendriten,  Zellkörper,  Telodendrien). 

Indessen  ist  eine  solche  Erklärung  in  dieser  Form  nicht  erlaubt  und  würde 
uns  der  Lösung  der  Frage  nicht  näher  bringen,  in  welcher  Art  und  Weise  der 
Prozeß  der  Markanhäufung  in  der  Nähe  des  Achsenzylinders  vor  sich  geht  und 
wodurch  das  Freibleiben  davon  an  einigen  andern  Stellen  eftektuiert  wird. 

Wir  müssen  vielmehr  der  Ursache  nachspüren,  welche  zur  Anhäufung  von 
Mark  rund  um  den  Aehsenzylinder  führt  und  untersuchen,  warum  das  Mark  sich 
nicht  scheidenartig  um  die  Zelle  und  den  Dendriten  anhäuft. 

Daß  der  primitive  Aehsenzylinder  selbst  imstande  ist,  Mark  zu  bilden 
habe  ich  bereits  bei  der  Beschreibung  der  Markscheide  erwähnt.  Es  zeigt 
sich  dies  am  deutHchsten  in  dem  Zentralnervensystem,  wo  keine  Schwann- 
schen  Zellen  vorkommen,  die  dazu  (wie  im  jieripheren  Nervensystem)  bei- 
tragen k(')nnen,  und  dem  Achsenzylinder  aufliegende  Gliazellen  nur  selten, 
mit  Markkörnern,  versehen  gefunden  werden  (vergl.  Fig.  21,  unten). 

Wir  wissen  weiter  aus  den  Untersuchungen  Ambronn's  und  Held's, 
daI5  die  Markbildung  stark  beeinflußt  wird  durch  die  Funktion  —  die  Be- 
nützung —  der  Bahnen,  also  von  den  hindurchziehenden  Reizen.  Bindet 
man  liei  einem  neugeborenen  Kaninchen  das  eine  Auge  "zu  und  läßt  das 
andej-e  offen,  dann  werden  die  Optikusfasern  des  letzteren  viel  schneller 
und  kräftiger  von  Mark  umscheidet  als  diejenige  des  geschlossenen  Auges. 

Es  ist  außerdem  wahrscheinlich,  daß  die  Ausscheidung  der  Marksub- 
stanz aus  den  Primitivfibrillen  eine  Erhöhung  der  Reiz-Propagation  mit 
sich  führt.  Versuche,  die  in  dieser  Richtung  gemacht  worden  sind,  weisen 
darauf  hin,  daß  der  Nerv  vor  der  Ausscheidung  der  Markscheide  schwer 
erregbar  ist  und  schlecht  leitet.  In  dieser  Beziehung  ist  es  auch  interes- 
sant, daß  die  Reizstrom-Schnelligkeit  in  den  praktisch  marklosen  Fila 
olfactiva  des  Hechtes  nur  0,08 — 0,09  M.  pro  Sekunde  ist  (Nicolai)  während 
sie  in  dem  Mark  umscheideten  Extremitätennerven  des  Menschen  60  M., 
bei  Hund  und  Katze  sogar  78  bei  120  M.  betragen  kann  (Helmholtz, 
Münnich). 

Nach  GÖTHLiN  steht  die  Schnelligkeit  der  Nervenleitung  sogar  in  einem 
direkten    Zusammenhang   zu    der  Dicke  des  Nervenmarkes,  welches  durch 


sensiblen  Wurzel,  welches  Stück  anatomisch  und  ontogenetisch  (es  entwickelt  sich  später 
als  der  zentrale  Prozeß)  ein  Dendrit  ist. 

Unter  den  Millionen  Neuronen  im  Nervensystem  ist  dies  die  einzige  Ausnahme, 
welche  sicherlich  einer  Erklärung  bedarf,  die  aber  zur  Zeit  nicht  unsre  Schlußfolgerung 
bezüglich  der  zentralen  Bahnen  zu  beeinträchtigen  braucht.  Die  peripheren  sensiblen 
Nervenfasern  scheinen  nicht  das  geeignetste  Material  zu  sein  die  Fragen  zu  beleuchten. 
Vielmehr  bedürfen  sie  selber  Beleuchtung. 

Außerdem  beweist  der  Umstand,  daß  spinale  Ganglienzellen,  die  zu  dem  sensiblen 
System  der  Haut  gehören,  teilweise  auch  ihre  Reize  von  andern  Neuronen  (solchen  des 
sympathischen  Systems:  Dogiel)  empfangen,  daß  nervöse  Ströme  darin  auch  nach  der 
Peripherie  hinziehen  können.  (Siehe  weiter  Kapitel  II.) 


DIK    MARKUMSCIIEIDUMi    DER    ACHSENZYLINDER.  79 

seine  Hüssigkristalline  Natur  in;  Stande  sein  soll  zu  den  elektroniotorisehen 
Erscheinungen  beizutragen.  Wie  dem  aueh  sei,  die  Ausscheidung  des  Markes 
aus  den  Primitivfasern  dürfte  ebenso  wichtig  sein  für  die  Förderung  des 
Reizstromes,  als  die   Umscheidung  für  die  Isolierung  desselben. 

Um  die  Markabsonderung  an  der  Peripherie  des  Axons  zu  erklären, 
muß  ich  daran  erinnern,  daß  das  Lezithin,  welches  den  Hauptbestandteil 
der  Markscheide  bildet,  unter  den  Verhältnissen  wie  sie  im  Körper  vorlie- 
gen eine  anodische  Kataphorese  aufweist  (Höber). 

Betreffs  des  Nervenmarkes  selbst  wurde  dies  experimentell  nachge- 
wiesen (Hermann),  welcher  die  Konvektion  desselben  nach  der  Anode 
als  „eine  der  gewaltigsten  mikroskopischen  Erscheinungen"  bezeichnete,  die 
er  jemals  sah,  und  dessen  Befund  von  Ingvar  und  mir  i)  bestätigt  wurde. 

Wenn    wir   dies    nun   auf   die  Struktur  des  Axons  in  dem  Zentralner-, 
vensystem    anwenden,    dürfen    wir  erwarten,  daß  der  Nervenstrom,  der  im 
Neuron  nach  tler  Anode  abfließt,  die  lipoide  Substanz  hauptsächlich  in  dem 
Achsenzylinder  verlagern  wird  -). 

W^eil  aber  —  wie  wir  gesehen  haben  —  von  diesem  Achsenzylinder 
ein  Strom  gleichen  Charakters  seitwärts  irradiiert,  wird  das  Mark  notwen- 
digerweise nach  der  Peripherie  der  Nervenfaser  verlagert. 

Daß  der  Zelleib  und  die  Dendriten  davon  freiblieben,  erklärt  sich  dann 
durch  den  anodotropschen  Charakter  des  Myelins  und  die  Tatsache,  daß 
die  Ausläufer  der  nicht  polarisierten  primitiven  Ganglienzellen  der  Everte- 
braten  (und  des  Sympathicus)  kein  Mark  führen,  ließe  sich  neben  ihrer 
geringeren  Entwicklung  auf  ihre  wechslende  Durchströmung  zurückführen. 

Die  Schwierigkeit  liegt  daher  nicht  in  der  Beantwortung  der  Frage, 
warum  nur  Achsenzylinder  Mark  haben,  und  warum  dieses  Mark  sich,  nach 
der  Peripherie  verlagernd,  sich  scheidenartig  um  ihn  herum  anhäuft,  son- 
dern die  größere  Schwierigkeit  liegt  darin,  zu  erklären,  warum  das  Mark 
dort  bleil)t,  und  warum  es  nicht  weiter  von  der  Peripherie  des  Achsenzy- 
linders weggeschleudert  wird. 

Es  ist  mciglich,  daß  dies  im  Anfang  der  Scheidenbildung  wirklich 
vorkommt  (dann  sind  bisweilen  (Tliazellen  und  namentlich  Lymphozyten 
manchmal  mit  mark-  oder  fettartigen  Körnchen  versehen)  aber  daß,  wenn 


M  Wenn  man  einen  Teil  eines  peripheren  Nerven  eines  Frosches  in  einen  konstanten 
Strom  zwischen  zwei  Elektroden  bringt,  bemerkt  man  einen  deutlichen  Ausfluß  des 
Nerveninhaltes,  besonders  Mark,  an  dem  anodischen  Ende  des  Nerven,  wo  es  sich  in  Ein- 
rollungen anhäuft. 

Bei  Urakehrung  des  Sti'omes  kann  dieses  Mark  wieder  von  dorn  Nerven  absorbiert  wer- 
den. Das  Mark  fließt  dann  an  der  andern  Seite,  (die  Jetzt  der  Anode  gegenüber  liegt)  heraus. 

Die  Neigung  des  Markes  sich  in  die  Richtung  der  .\node  zu  verlagern,  steht  durch 
dieses  Experiment  außer  allem  Zweifel.  Die  von  uns  benutzten  Elektroden  waren  Platin- 
plättchen;  die  Stromstarke  betrug  etwa  0,8  niA. 

^)  Ob  die  von  Cowdry  erwähnte  Eigentümlichkeit,  daß  die  Mitochondrien  der  Zelle 
(ebenfalls  eine  fettartige  Substanz)  sich  manchmal  an  dem  Axonhügel  anhäufen  (siehe 
Fig  18)  etwas  damit  zu  machen  hat,  ist  vorläufig  nicht  zu  entscheiden. 


80  DIE    MARKUM8CHE1DUXG    DER    AGHSENZYTJNDER. 

.seine  Bildung  reichlichei-  wird,  das  Mark  durch  seinen  nicht  leitenden 
Charakter  sich  dem  anodischen  Strom  in  den  Weg  stellt,  die  Irradiation 
desselben  verhindert. 

M<igl icherweise  wird  auch  die  Scheidenbildung  aus  der  Substanz  der 
Primitivfibrillen  verstärkt  durch  einen  Myelinzuwachs  von  außen,  indem 
eine  anodale  Induktion  der  Peripherie  des  Nerveh  zu  einer  Mark-Ablage- 
rung aus  der  Umgebung  Anlaß  gibt. 

Rece.s.sus  pinealls  /^■i^^Ti^s-ifk  Ependyma 
-/ -    ~*    ■'   '                parencephali 


4  .  . 


e 


^  (-Olli    snp.  teloncepholi 


X 


-  marklose 

kommi&Rurkevn 


"^S!^^    ■":        j.o'''c     "^V^  v->^'"  "'"!,.  '   • mal klialtigu  Fasern 

fasciC.                ~'                         .■     ,      s'»e-"''°  J"';*«'/    ' 
retroflex.  v  i-  ;'   ■  'r>l-l,-''%M-''" r,an?lion  hahcniilae 

Fig.  41.     Sagittalschnitt  durch    den    Epithalamus    von  Sc^-lliuni 

ranicula.  Lage  der  matkhaltigen  Fasern  peripher  von  den 

niarklosen  Bündeln  der  Coram.  superior  telencephali. 

In  Verbindung  damit  möchte  ich  einen  Umstand  erwähnen,  der  mir 
manchmal  bei  dem  Studium  des  Gehirnes  niederer  Tiere  auffiel,  wo  häufig 
zu  beobachten  ist  (z.  B.  in  der  Commissura  suijerior  habenulae  der  Plagios- 
tomen  (Fig.  41),  daß  die  Markfasern  der  kreuzenden  Bündel  an  der 
Periplierie  der  marklosen  Fasern  angeordnet  sind. 

Das  Gleiche  fiel  mir  oft  in  dem  Fasciculu.^  retroflexus  auf,  z.  B.  bei  Arius. 

Möglicherweise  vergrößert  sich  in  dieser  Weise  auch  die  Markscheide 
jeder  einzelnen  Faser  durch  Heranziehung  fettartiger  Produktion  aus  der 
Umgebung. 


Hiermit  habe  ich  kurz  die  Lehre  der  Neurobiotaxis  angegeben. 

Ich  zweifle  nicht,  daß  daran  noch  vieles  fehlt. 

Nur  kann  ich  betonen  daß  in  den  zehn  -Jahren,  welche  seit  der  er.sten 
Aufstellung  ihrer  Hauptlinien  verfloßen  sind,  immer  mehr  Daten  gefunden 
wurden,  sowohl  von  mir  selber  als  von  anderen,  welche  sie  bestätigt  und 
weiter  ausgebaut  haben ;  wie  auch  aus  den  folgenden  Kapiteln  hervorgeht. 


rjTTKKATUi;    ZUM    ERSTEN    ICAl'ITEI..  81 


LITTERATUR  ZUM  ERSTEN  KAPITEL. 

Achücauro.  Notas  sobre  la  estruetura  y  fiinciones  de  la  neuroglia.  Traliajos,  Ma- 
drid, Tomo  XI,  1914. 

AcHÜCAEiiO.  Coutribucion  al  estudio  gliotectonico  de  la  corteza  cerebral.  El  aata 
de  Ammon.   Trabajos  de  laboratorio  de  Madrid,  Tome  XII,   1915. 

AcHÜCABRO.  De  revolution  de  la  nevroglie  et  specialement  de  ses  relations  avce 
l'appareil  vasculaire.  Trabajos  del  laboratorio  de  Investigaciones  de  Madrid, 
Vol.  XIII,   1915. 

Agduhr.  Bidrag  tili  Kännedom  om  segmental  nervan.as  raotoriska  innervations 
omräden.  Svenska  Läk.   Handl.  Bnd.  42,   1916. 

Agduhr.  Träningen  inverkan  pa  den  morfologiska  bilden  ov  det  motoriska  ner- 
vensy.stemet  Hygiea,   1917. 

Agduhr.  Morphologischer  Beweis  der  phurisegmentalen  Innervation  einzelner  Mus- 
kelfasern bei  Säugetieren.   Anat.   Anz.  Bnd.  49   1916 — 1917. 

AdDUHE.  Is  the  postembryonic  growth  of  the  nervous  System  due  only  to  an 
increase  in  size  or  also  to  an  increase  in  number  of  the  Neurones?  Procee- 
dings  Kon.   Akademie  v.  Wetensch.,  Amsterdam,   1919. 

Agduhr.  Sympathetie  Innervation  of  the  museles  of  the  limbs.  A  histo-experimental 
study.  Verhandelingen  der  Kon.   Akad.   v.   Wetenseh.   Amsterdam,    1919. 

Aguerre.  Untersuchungen  über  die  menschliche  Neuroglia.  Arch.  f.  mikrosk.  Anat. 
Bnd.  56,   1900. 

.\lcock  and  Lynch.  On  the  relation  between  the  physical,  ehemical  and  eleetrical 
properties  of  the  Nerve.s.  Part.  4.  Potassium.  Chlorine  and  Potassiumchloride. 
Journal  of  Physiology   Vol.  42,    1910. 

Allen.  Distribution  of  the  tSpinalnerves  in  Polistotrema  etc.  Journ.  of  Comp.  Neur. 
Vol.   28   1917. 

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ren Beschaffenheit  des  Nervensystems  An.  Anz.   1907. 

Apathy.  Der  Vergleich  der  Neurofibrillen  mit  Protoplasmaströmen  oder  Pi-oto- 
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Aeiens  Kappees.  Eecherches  sur  le  developpement  des  gaines  dans  le  tube  ner- 
veu.x.   Petrus  Camper,  Deel  II,   1902. 

Ariens  Kappers.  Die  phylogenetischen  Verlagerungen  der  motorischen  Oblongata- 
Kerne.  Ihre  Ursache  und  Bedeutung.  Neur.  Centr.  Bl.  1907  und  Eapport 
du  Congres  international  de  Psychiatrie  et  de  Neurologie.   Amsterdam,   1907. 

Kappers.  6 


82  UTTERATUR    ZUM    ERSTEN    KAPITEL. 

Asiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis.  Die  Seleetivität  der 
Zellenwanderung.  Die  Bedeutung  sjnchronischer  Rei/.verwandtsohaft,  etc.  Folia 
Neuro-biologica,   Bnd.   1,   1908. 

Aeiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  die  Verlagerungen  der  motorischen 
Oblongata-Kerne.  Der  Bau  des  autonomen  vSystems.  Folia  Neuro-biologioa. 
Bnd.   1.   1908. 

Ariens  Kappers.  The  structure  of  the  autonomic  nervous  System  eompared  with 
its  funetional  activity,  Journal  (Englisch)  of  Physiology,    Vol.   37,   1908. 

Aeiens  Kappers.  Über  die  Bildung  von  Faserverbindungen  auf  Grund  von  simul- 
tanen und  sukzessiven  Reizen.  Bericht  des  dritten  Congresses  für  experimentelle 
Physiologie  in  Frankfurt  a/Main,   1908. 

Abiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis.  2.  Die  phylogenetische 
Entwicklung  des  horizontalen  Sehenkels  des  Facialiswurzelkniea.  Folia  Neuro- 
biologica,   Bnd.  2,   1908. 

Aeiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis  3.  Über  den  Einfluss 
der  Neurone  der  Geschmackskerne  auf  den  motorischen  Facialis-  und  Glosso- 
pharyngeuskern  und  ihr  Verhalten  zur  Radix  descendens  Nervi  quinti". 
Folia"  Neuro-biologica,   Bnd.   3,   1909. 

Aeikns  Kappers.  Further  contributions  on  Neurobiotaxis.  i.  The  migrations  of 
the  abducens  nucleus  and  the  conconiitating  changes  of  its  root  fibres".  Psych, 
en  Neur.   Bl.   1910. 

Aeiens  Kappers.  Further  contributions  on  Neurobiotaxis.  5.  „The  migrations  of 
tbc  motor  cells  of  the  bulbar  Trigeminus,  Abducens  and  Facialis  in  the  series 
of  Vertebratcs  and  the  difterences  in  the  course  of  their  rootfibers".  Verhande- 
lingen der  Kon.  Akad.  v.  Wet.  Amsterdam,  Tweede  serie,  Deel  16,  Nr.  4,  1910. 

Ariüns  Kappers.  Further  contributions  on  Neurobiotaxis.  6.  The  migrations  of  the 
motor  rootcells  of  the  vagus  group  and  the  formation  of  the  hypoglossus 
nucleus  from  the  spino-occipital   System.   Psych,  en   Neur.  Bl.   1911. 

AriIons  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis.  7.  Die  phylogene- 
tische Entwicklung  der  motorischen  Wurzelkerne  in  Oblongata  und  Mittelhirn. 
Folia  Neuro-biologica,   Bnd.   6.  8ommerergänzungsheft  1,   1912. 

Aeiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis.  8.  Über  die  motorische 
Facialis-  und  Glossopharyngeus-Wurzel  bei  niedei'n  Vertebraten.  Folia  Neuro- 
biologica,   Bnd.  9,   1912. 

Ariens  Kappers.  Phenomena  of  Neurobiotaxis  in  the  Central  nervous  System. 
Section  Anatomy  and  Embryology  of  the  17  International  Congress  of  Me- 
decine,  London,   1913. 

Aeiens  Kappers.  Further  contributions  on  neurobiotaxis  9.  An  attempt  to  com- 
pare  the  phenomena  of  Neurobiotaxis  with  other  phenomena  of  taxis  and 
tropism.  The  dynamic  polarisation  of  the  neurone.  Psych,  en  Neurol.  Bladen, 
Amsterdam  1916  and  Journal  of  Comp.  Neur.  Vol.   27,   1917. 

Ariens  Kappers.  Verschijnselen  van  Neurobiotaxis  in  het  optische  stelsel.  Psy- 
chiatrische en  Neurologische  Bladen,   Amsterdam   1917. 

Ariens  Kappers.  Versuch  einer  Erklärung  des  Verhaltens  an  der  Syuaps.  Psy- 
chiatr.  en  Neurol.  Bladen,   Amsterdam,   1917. 

Ariens  Kappers.  The  logetic  character  of  growth.  Journal  of  comparative  Neuro- 
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Ariens  Kappers.  Phenomena  of  Neurobiotaxis  as  demonstrated  by  the  motor- 
nuclei  of  the  oblongata.  Journ.  of  nervous  and  mental   Disensis,   1919. 

Ariens  Kappers.  Die  Bildung  von  Bogenfasern  als  primäre  Retlexwege  der  vitalen 
(protopathischen)  Empfindungen.  Feestbundel  Dr.  Kerbert  (in  Bijdragen  tot  de 
Dierkunde  uitgegeven  door  het  Zoöl.  Genootschap,  Amsterdam)  1919. 

Athias.  Anatomia  da  Cellula  nervosa.  Lisboa,   1905. 


LlTTEKATl'R    Zt'M    ERSTEN    KAPITEL.  83 

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10,    1898. 
Auerbach.    L.    Extra-,   sowie    intracelluläre    Netze  nervöser  Natur  in  den  Contral- 

organen  der   Wirbeltiere.   An.   Aiiz.   Bnd.   25,   1904. 
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Bancroft.    Note    on    the  galvanotropic  reaetion  of  a  mediisa  Polyorchis  penicellata. 

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Baktelmez.    Mauthuer's    cell    and   the  nueleus  motorius  tegtnenti.  Journal   of  com- 

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Beccatii.    Ricerche    sulle    celliile    e    flbre   del  Mauthner  e  auile  loro  connessioni  in 

pesci  ed  anfibi.    Areh,   Ital.   Anat.  e  Embr.   Vol.   6,  p.   660,   1907. 
Beccabi.    Contribution    a    Tetiide    des    fonotious    des    cations  Na,   K  et  Ca  dans  le 

tissu  musculaire.   Arehives  italiennes  de   Biologie.  Tome  63,   1917. 
Behr.    Über    die    Ernährung    des    Sehnerven    in  physiologischer  Beziehung  und  als 

Ursache  der  TJnheilbarkeit  der  tabetischen  Sehnervenatrophie.  Klinische  Blätter 

für  Augenheilkunde   1917. 
Bergen.  Zur  Kenntnis  gewisser  Strukturbilder  (Netzapparate,  Saftkanälchcn,  Tropho- 

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gesch.  Bd.   64,   1904. 
Bernabd.    Stndies  on  the  retina.  Quarterly  Journal  of  microscopical  seience   1903. 
Bethe.    Allgemeine    Anatomie    und    Physiologie   des  Nervensystems.    Leipzig   1903. 
Bethe.    Der  heutige    Stand    der    Neuronentheorie.    Deutsche    med.    Wochensclirift, 

No.  33.   1904. 
Bethe.    Bemerkungen    zur    Zellkettentheorie.  Anat.   Anzeiger,   Bnd.  28,   1906. 
Bethe.  Die  Nervenregeneration  und  die  Verheilung  durchschnittener  Nerven.  Folia 

Neuro-biologica,   Bnd.   I,   1907. 
Bfthe.   Ein  neuer  Beweis  für  die  leitende  Funktion  der  Neurofibrillen.  Folia  Neuro- 
biologica.   Bnd.   I,   1907. 
BiELSCHOWSKY.     Die    histologische    Frage  der  Neuronentheorie.  Journal   für  Psych. 

und  Neur.   Bnd.   5,   1904. 
BiELSCHOWSKY.    über   sensible  Nervenendigungen  in  der  Haut  zweier  Insektivoreu. 

Anat.   Anz.  Bnd.   XXXI,   7,   8,    1907. 
BiERVLiET    (van).    La    substance    chromophile    pendant   le    cours   du  developpement 

de  la  cellule  nerveuse.  Le  Nevraxe,   Vol.   1,   1900. 
BoEKE.    The    structure    of   tfie    light  pereepting  cells,  the  neurotibrils  of  the  gang- 

lioncells  and  the  Innervation  of  the  striated  muscles  in  Amphioxus  lanceolatus. 

Proeeed.  of  the  Kon.   Akad.   v.  Wetensch.   Amsterdam   Nov.   1902. 
BoEKE,     On     the    structure    of    the    nervecells    in    the    central    nervous  system  of 

Branchiostoma  laneeolatum.  l'^'  Communication.  Proeeed.  Kon.  Akad.  v.  Wetensch. 

Amsterdam   1907.   2°  Commun.   Ibidem   1908. 
BoEKE    and    de    Groot.    Physiological    regeneration   of  neurofibrillar  endnets.   Proc. 

of  the  Kon.   Akad.   van  Wetensch.  Amsterdam.  XVI. 
BoEKE.    Die  motorische  Endplatte  bei   den  höheren  Vertebraten,   ihre  Entwicklung, 

Form  und  Zusammenhang  mit  der  Muskelfaser.  Anat.  Anzeiger,  Bnd.  35,  1909. 
BoEKE.   Über  eine  aus  marklosen  Fasern  hervorgehende  zweite  Art  von  hypolemmalen 

Nervenendplatten  bei  den  quergestreiften  Muskelfasern  der  Vertebraten.  Anat. 

Anz.  Bnd.   35,   1910. 
BoEKE.   Demonstration   von   Präparaten  mit  periterminalem   Netzwerk   und  akzessori- 
schen   Fasern.    Brüsseler    Anat.    Kongress.   Ergänzungsheft   zum    37.  Bnd.  des 

anat.   Anz.   1910. 
BoEKE.    Beiträge    zur    Kenntniss    der    motorischen    Nervenendigungen.   Int.   Monat- 
schrift f.   Anat.   u.   Physiol.   Bnd.   XXVIII,  Heft.   10/12,    1911. 


84  LITTBRATUR    ZUM    ERSTKN    KAPITEL. 

BoEKE.     Die    doppelte    (motorische    und    sympathische)    efferente    Innervation    der 

quergestreiften  Muskelfasern.  An.  Anz.   Bnd.  44,   1913. 
BoEKE.    On    the    termiuation    of   the    eiferent    nerves   in    piain    musclecells    and   its 

bearing  on  the  sympathetic  (aecessory)  Innervation  of  the  striated  muscle  fibers. 

Proeeed.   Kon.   Akad.   v.   Wetenseh.  Vol.  XVII,   1915. 
BoEKE.  Studien  zur   Nervenregeneration  I.   Die  Regeneration  der  motorischen  Ner- 
venelemente   und    der    Nerven    der    Muskelspindel.    Verh.    der   Kon.   Akad.  v. 

Wet.   Amsterdam,   1916. 
BoEKE.  Studien  zur  Nervenregeneration  II.  Verhandel.  der  Kon.  Akad.  v.  Wetenseh. 

2'J"  Sectie.   Deel  XIX,   N°.   5,    1917. 
BoER,    DE.    Die  quergestreiften  Muskeln  einhalten  ihre  tonisehe  Innervation  mittels 

der    Verbindungsäste    des    Sympathicus    (thoracales    autonomes    System)  Folia 

Neurobiologica  Bnd.  VII,  1913. 
BoER,   DE.  Ueber  den  Skeletmuskeltonus.  2'''  Mitteilung.  Die  tonische  Innervation  der 

quergestreiften  Muskeln  bei  Warmblütern.  Folia  Neurobiologiea  Bnd.  VII,  1913. 
BoK.    Die    Entwicklung    der    Hirunerven    und    ihrer    zentralen    Bahnen.    Die    sti- 

mulogene  Fibrillation.   Folia  Neurologica,   Bnd.   9,   1915. 
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BoK.  The  development  of  reflexes  and  i-eflextracts  I,   The  reflescircle.  Psychiatrische 

en  Neurologische  Bladen,   Amsterdam,   1917. 
BoLL.    Zur  Anatomie  und  Physiologie  der  Retina.  Archiv  f.  Anat.  und  Phj's.    1877. 
BoTEZAT.    Die   Nervenendigung    an    den  Tasthaaren  der  Säugetiere.    Arch.  f.  mikr. 

Anat.   Bnd.   50,   1897. 
BoTEZAT.    Die    fibrilläre    Struktur  von  Nervenendapparaten  in  Hautgebilden.   Anat. 

Anz.   Bnd.   XXX   13   u.   14,   1906. 
BoTEZAT.    Die    Nervenendapparate   in  den  Mundteilen  der  Vögel.  Zeitschr.  f.   wiss. 

Zool.   Bnd.   84,   1006. 
BoTEZAT.    Beiträge    zur    Kenntnis    der  Nervenendigungen  in  der  Mundschleimhaut. 

Anat.   Anz.   Bd.   XXXI  21,   22,   1907. 
BoTEZAT.    Die  sensiblen  Apparate  und  die  G-eschmacksknospen  der  Vögel.  Vers.  d. 

deutschen  Nat.   u.   Arzte,   1908. 
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Vögel.   Anat.   Anz.  , Bnd.   35,   1910. 
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Brücke,  von.   Neuere  Anschauungen   über  den  Muskeltonus.  Deutsche  medizinische 

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Verlag,   1898. 
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logy.  Vol.   10,  No.   1,  January   1911. 
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LITTERATUR   ZUM   ERSTEN    KAPITEL.  85 

Carpentee.  The  migratiou   of  medullary  cells  into  the  ventral  roots  of  pigembryo's 

Anat.   Auz.   Bnd.   31,   1907 
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CiSTEo,    DE.    Nota    sobre    la    disposicion    del    aparato    retieular    de    Golgi    en     los 

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Cattaneo.     Orgaues     nerveux     terminaux     museulo-tendineux    etc.    Arch.    ital.    de 

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DissE.    lieber    die    erste    Entwicklung  des  Riechnerven.    Anat.  Hefte   Abt.   I,  Bnd. 

IX,    1897. 
DoGiEL.    Die  Nervenendigungen  im  Meissnerschen  Körperchen.    I  tern.  Monatsehr. 

f.  Anat.  u.  Phvs.  Bnd.  IX,   1892. 


86  I.ITTERATUK    ZUM    ERSTEN     KAPITEL. 

DoGiEL.    Die    Nerveneudigungen    in    der    Haut    der    äußeren     Genital-organe    des 

Mensehen,   Arch.  f.  mikroskop.   Anat.   Bnd.  41,   1892. 
Do&iEL.    Die    Nervenendigungen    in    den    Thränendrüsen    der    Säugetiere.    Areh.    f. 

med.  An    1893. 
DoGiEL.    Die    Struktur    der    Nervenzellen    der    Eetina.   Arch.  f.  mikr.   Anat.   ßnd. 

46,   1895. 
DoaiEL.  Zwei   Arten   sympathischer  Nervenzellen.  Anat.   Anzeig.   1895. 
DoßiEL     Zur    Frage    über    den    feineren    Bau    des  sympatischen  Nervensystems  bei 

den  Säugetieren.   Arch.  f.  mikroskop.   Anat.  Bud.  46,   1895. 
DoGiEL.  Zur  Frage  über  den  Bau  der  Herbstschen  Körperchen  und  die  Methylen- 
blau-Fixierung nach  Bethe.  Zeitschr.  f.   wiss.  Zool.   Bnd.   66.   1897. 
DoGiEL.  Über  die  Nervenendigungen  in  den  Grandry'sehen  und  Herbst'sehen  Kör- 
perchen in  Zusammenhang  mit  der  Frage  der  Neuronentheorie.  Anat.  Anzeiger. 

Bnd.  25,   1904. 
DoGiEL.    Der    fibrilläre    Bau    der    Nervenendapparate    in    der    Haut    des    Menschen 

und  die  Neuronentheorie,   Anat.   Anz.   Bnd.   27,   1905. 
DoGiEL.  Zur  Frage  über  den  fibrilläreu  Bau  der  Sehnenspindeln  oder  der  Golgi'schen 

Körperehen.  Areh.  f.   mikrosk.   Anat.   Bnd.   67,   1906. 
DoGiEL.    Zur    Frage    über    den    Bau    der    Kapseln    der     Vater — Pacini'schen    und 

Herbst'sehen  Körperschen  etc.  Folia  Neurob.   Bnd.   IV. 
DoNAGGio.     Sur     les    appareils    fibrillaires    endocellulaires    de    conduction    dans    les 

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de  Turin,   1901. 
DoNAGGio.    Su    speciali    apparati    tibriUari    in    elementi    cellulari    uervosi    di    aleuni 

centri  dell'  aeustico.    Bibliographie  anatomique  Tome  XII,    1903. 
DoNAGGio.    II    reticulo  fibrilläre  endoeellulare  ed  il   eilindrasse  della  eellula  nervosa 

dei  vertebrati.   Revista  sperimeutali  di   Freniatria  Vol.   30,   1904. 
DoNAGGio.    Auatomia    e    fisiologia    delle    vie    di  conduzione  endoeelhilari    XII  Con- 

gresso  della   societä  f'reniatrica  italiana,   Genova,   1904. 
DoNAGGio.  Efetti  dell'  azione  combinata  del  digiano  e  del  freddo  sui  centri  nervosi 

dei  mammiferi  adulti;  Revista  sperim.   die  Freniatria  Vol.   32,   1906. 
Dhoogleever  FoliTUTN.   Eenige  beschouwingen    over    de    evolutie    van    het    zenuw- 

stelsel.  Handb.  v.  h.  XVI  Ned.   Nat.  en  Geneesk.  Congres,  den  Haag,    1917. 
DucESSCHi.    Die     Funktion    der    Ruffini'schen    Körperchen.    Folia    Neurobiol.    Bnd. 

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DüsSER    DE    Barense.    üeber    die    Innervation    und  den   Tonus  der  quergestreiften 

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nerveux,    Archives  de   Biologie,   T.   25,   1910. 
Ebeeth  und  Bunge.  Die  Nerven  der  Chromatophoren  bei   Fischen,  Archiv  f.  mikr. 

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Engelmann.    Über    Bewegungen    der    Zapfen  und  des  Pigmentes;   Archiv  f.   d.   ge- 

sammte   Physiol.   Bnd.   35,   1885. 
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Fabeitius.   Versuch  einer  Psyeho-physiologie  des  Gefühls.   Monatsch.  f.   Psychiatrie 

Bnd.   28,   1910. 
FiNDLAT.   The  chorioid   plexusses  of  the   lateral    ventricles  of  the   braiu,    their    histo- 

logy,   normal  and  pathological.   Brain  Vol.   XXII,   1899. 
Flemming.    Über    die    Spinalgauglionzellen    der    Säugetiere  und   Bemerkungen   über 

die  centralen  Zellen.   Arch.   f.   mikr.   Anat.  Bud.  46,   1895. 
Forsmänn.  Zur  Kenntniss  des  Neurotropismus.   Ziegler's   Beiträge,    Bnd.   27,  1900. 
Förster.    Zur    Kenntniss   der  Mu.skelspiudeln.   Virchow'a   Archiv,   Bnd.    127.    1894. 


LITTERATtlR    ZUM    ERSTEN    KAPITEL.  87 

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Galeotti.    Studio    morfologico  e  citologico  della  volta  del  diencefalo  in  alcuni  ver- 

tebrati.   Eivista  di  patologia  nervosa  e  mentale,   1897. 
Garten.    Ein  Deutungsversut-Ii  der  Bewegiingsvorgänge  in  der  Netzhaut.  Verband. 

des  VIF«"!  Physiol.  Congr.   Heidelberg,   1907. 
GiVSioRowsKV.    Ueber    den    Eintiusz  des  Cocains,  der  Durchschneidung  des  Nerven 

und    mechanischer    Reizung    auf   die    Struktur  der  Grandry'schen  Körperchen. 

Lemberg.   1901. 
Gassner.  Der  Galvanotropismus  der  Wurzeln.  Botanische  Zeitung,   1906. 
Gehuchten,    Van    Contribution    a    l'etude    de    l'innervation    des    poils.  Auat.   Anz. 

VII,   1892. 
Gebuchten,    Van    L'etat    actuel    de    la    doctrine    des    neurones.    Ned.    Tijdschr.   v. 

Gen.   Amsterdam   190.5. 
Gehuchten,    Van    Anatomie   du  Systeme  nerveus  de  l'homme.    Uytspruyst  editeur, 

Louvain,  4'^™"  edition,   1907. 
Gemelli.    Sur    la    structure    des    plaques    motrices    chez    les    Reptiles.   Le  Nevraxe 

Vol.   VII,   190.5. 
Genberen  Stört,   v.  Über  Form-   und  Orts-veränderungen  der  Netzhaut  etc.  Arch. 

f.  Ophth.  Bnd.  33,   1887. 
Goldmann.   Die  äußere  und  innere  Sekretion  des  gesunden  und  kranken  Organismus 

in   Lichte   vitaler  Färbung.   Beiträge  zur  Klinischen  Chirurgie,  1909  und  1912. 
Goldmann.    Experimentelle    Untersuchungen    über    die    Funktion    der    Plexus    cho- 

rioidea  und  der  Hirnhaut.   Areh.  f.   Klin.  Chirurgie,   Bnd.   1913. 
Goldmann.    Vitalfärbung    am    Zentralnervensystem.    Beitrag    zur    Physio-pathologie 

des  Plexus  chorioideus  und  der  Hirnhäute.   Abhandl.  der  Kön.   Preuss.   Akad. 

der  Wisseusch.,  Berlin,   1913. 
Goldstein.   Kritische    und    experimentelle    Beiträge    zur    Frage    nach    dem    Einfluß 

des    Zentralnervensystem    auf   die  embryonale  Entwicklung  und  Regeneration. 

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Goldstein.    Abhängigkeit    der    Muskulatur    vom    Zentralnervensystem  während   der 

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GoLCii.    Sulla    fina    anatomia    degli    organi   centrali  del  sistema  nervoso.  Riv.  speri- 

mentale  di  Freniatria.  Vol.   8,  9  und  11;   1882,   1883   und   1885. 
GoLGi.    La    doctrine  du  Neurone.  Conference  nobel  faite  ä  Stockholm.   Dec.   1906. 
GoLui.   La  doctrina  del  Neurone.  Tcoria  e  fatti.  Archivia  di  Fisiologia.  Vol.  t,  1907. 
GÖTHLIN.    Relation    entre    le   fonctionuement  et  la  structure  des  elements  nerveux. 

Conference  faite  devant  la  faeulte  de  medecine  d'Upsal,   1917.   Upsala  Läkare 

förenings   Förhaudlingar,  Band.  XIII,   1917. 
(toübewitsch.    Contribution    ä    l'etude    de    la    resistance    du    reseau    fibaillaire  des 

cellules    nerveuses    de  la  moelle  epiniere  des  lapins  adultes.  Rivista  sperimen- 

tale  di  Freniatria  Vol.   32,   1906. 
Graüower.    Über    Nervenendungeu    im    menschlichen    Muskel.    Archiv  f.   mikrosk. 

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Ghandry.    Recherces    sur    les    corpuseules    de    Pacini.  Journal  de  l'Anat.  et  de  la 

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Journal  de  1' Anatomie  de  la  Physiologie,  Vol.   6,   1869. 
Greelev.   Experiments  on  the  physical  structure  of  the  protoplasm  of  Paramecium 

and    its    relation    to    the    reactions    of  the  organism  to  thermal,  chemical  and 

electrical    stimuli.    1904.    Vol.    7.    Biological    Bulletin  of  the  Marine  Labora- 

tory   Woodshall. 


88  LITTERATUR    ZUM    ERSTEN    KAl'ITEL. 

GüREWiTSCH.    Zur  Morphologie  der  fibrülären  Apparates  der  Nerveuzellen  im  nor- 
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Gtjrwitsch.  Morphologie  und  Biologie  der  Zelle.  Jena,  Fischer,  1904. 
Haggqüist.    Studien    über    die    Tempertursinne    der    Haut    des    Menschen.    Stock- 
holm,  1915. 
Haggqüist.    Histo-pathologische    Untersuchungen    über   den  Temperatursinn  in  der 

Haut  des  Menschen.  Anat.  Anzeiger  Bnd.  45,   1913. 
Haggqüist.    Von    Zellen    nervöser     Art    in    der    Epidermis    des    Menschen.    Anat. 

Anzeiger  Bnd.  47,   1914. 
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Hamakee,   The  nervoiis  system  of  Nereis  virens,  Sars.   Bull,   of  the   Mus.   of  comp. 

Zool.  at  Harvard  College.   Vol.  32,   1898. 
Hambuhgeb.    Über    den    Einfluss  der  Athmung  auf  die  Permeabilität  der  Blutkör- 
perchen. Zeitschrift  für  Biologie,   Bnd.   28,   1901. 
Hamburgeb.  Osmotischer  Druck   und  lonenlehre.   Wiesbaden,   Bergmann,    1904. 
Hamburger  und  van  Lier.  Durchlässigkeit  der  roten  Blutkörpernche  für  die  Anionen 

von  Natriumsalzen.   Areh.  f.  Anat.  und   Physiologie,  physiol.   Abteilung,  1902. 
Hamilton.    The    division    of   ditierentiated    cells    in    the    central   nervous  system  of 

the  white  rat.  Journal  of  Comp.   Neur.   Vol.  XI,   1901. 
Hardt.  On  tue  Coagulation  of  Proteid  by  electricity.  Journal  of  Physiology,  Vol. 

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Proceedings  of  the  Koyal  Society,  Vol  68,   1900. 
Harrison.    Über   die    Histogenese    des    periferen    Nervensystems    bei    Salmo    salar. 

Areh.  f.  mikr.   Anat.   1901. 
Harrison.    The    development    of    peripheral    nervefibers    in    altered    surrouudings. 

Archiv  f.  Entwicklungsmechanik  der  Organismen.   Bnd.   30,   1910. 
Harrisson.   The  outgrowth  of  the  nervefiber  as  a  mode  of  protoplasmatic  movement. 

Journal  of  Experimental  Zool.   Vol.   9,   1910. 
Harrison.    The   lifo  of  tissues  outside  the  organism  from  the  embryological  stand- 

point.    Congress    of   American    Physicians    and    Surgeons,    Washington  May  6 

and  7.  Transactions  Vol.  IX,   1913. 
Hatai.  On  the  presence  of  the  Centrosome  in  certain  nervecells  of  the  white  rat. 

Journal  of  Comp.   Neur.  Vol.   XI,   1901. 
Hatai.  On  the  mitosis  in  nervecelis  of  the  cerebellar  cortes  of  foetal  cats.  Journ. 

of  Comp.  Neur.  Vol.  XI,   1901. 
Head  and  Sherren.  The  eonsequences  of  injurv  to  the  peripheral  Nerves  in  Man. 

Brain,  Vol.   28,   1905. 
Heideniiain.   Plasma  und  Zelle,  T.   11,   1911. 
Held.   Beiträge  zur  Struktur  der  Nervenzellen   und  ihrer  Fortsätze.   Areh.  f.  Anat. 

LI.   Phys.  Anat.    Abt.  I,   1895,  II,   1897. 
Held.    Untersuchungen    über    den    feineren    Bau    des  Gehörorgans  der  Wirbeltiere 

I    zur    Kenntnis    des   CoRTi'schen  Organs  und  der  übrigen  Sinnesapparate  des 

Labyrints    bei    Säugetieren.    Abhandl.    der    Kön.    Sachs.    Gesellsch.    der    Wis- 

sensch.   Math.   phys.   Klasse,  Bnd.   28,   1904. 
Held.    Über    den    Bau    der    Neuroglia    und    über    die   Wand  der  Lymphgefässe  in 

Haut   und   Schleimhaut,   Abhandl.  der  Kön.  Sachs.   Gesellsch.  der  wiss.   Math. 

phys.   Klasse,   Bnd.   28,   1904. 
Held.    Zur    weiteren    Kenntnis    der    Nervenflüsse    und  zur  Struktur  der  Sehzellen. 

Abhandl.    der    math.    phys.    Klasse    der    Kön.    Sachs.    Gesellschaft    der   Wiss. 

Bnd.   29,    1905. 
Held.  Zur  Histogenese  der  Nervenleitung.   Anat.   Anzeiger,   Bnd.   29,    1906. 
Held.   Kritische  Bemerkungen  zu  der  Verteidigung  der  Neuroblasten-  und  Neuro- 

nentheorie  durch  E.  y  Cajal.   An.   Anz.  Bnd.   30,   1907. 


IJTTERATUK    /.UM    ERSTEN    KAPITEL.  89 

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zig,   1909. 
Held.   Über  die  Neurogiia  marginalis  der  menschlichen  Großhirnrinde.  Monatschr. 

f.  Psych.   1909. 
Hensen.   Über    die    Entwicklung    des    Gewebes    und   der  Nerven  im   Schwänze  der 

Froschlarve,   Virchow's   Archiv   Bnd.   31,   1864. 
Hensen.   Ueber  die  Nerven  im  Schwänze  der  Froschlarve.   Arch.  f.  uiikrosk.  Anat. 

Bnd.  IV,   1868. 
Hensen.  Die  Entwickluugsmechanik  der  Nervenbahnen  im   Embryo  der  Saugetiere 

Kiel,   1903. 
Heringa.    The  intraprotoplasmatic  position   of  tlie  ueurofibrils  in  the  axou  and  in 

the  eudorgaiis.  Proeeedings  of  the  Kon.  Akad.  van  Wetenschappen,  Deel  25, 1917. 
Heeinga.   Le    developpemeut    des    corpiiscules  de  Grandry  et  de  Herbst.   Archives 

neerlandaises  des  Sc.   exactes  et  naturelles.  Serie  III  B,  tome  III,   1917. 
Heeinga.  The    sensory    peripheral    nervous    system.    Proceed.    of   the    Koninklijke 

Akademie  van   Wetenschappen  te   Amsterdam,   Deel  XXVI,    1918  (Febr.). 
Heeman'N.  Eine  physikalische  Erscheinung  am  Nerven.  Pflüger's  Archiv  Bnd.  67,  1897. 
Heerick.   Introduction  to  Neurology.  AV.  B.  Sauuders  Company  Philadelphia  1916. 
Heetwiu.    O.    und    R.    Die  Actinien,  anatomisch  und  histologisch,   mit  besonderer 

Berücksichtigung    des   Nervenmußkelsystems,   untersucht.    .lena'ische  Zeitschrift 

für  Naturwissenschaften,  Bnd.   13   und   1 1. 
Hebweeden,   v.   Über  die  Niu-lease-Wirkung  auf  tierischen  Zellen.  Ein  Beitrag  zur 

C'hromodienfrage.   Archiv  für   Zcllforschung,    Bnd.    10,    l!-)13. 
Heeaverden,  V.   Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  der  Nissl'sclien  Körner  der 

Ganglienzellen,  Berliner  klin.   Wochenschr.  N°.   39,  1913. 
Hesse.   Über  den  feinern  Bau  der  Stäbchen   und  Zapfen  eines   Wirbeltieres.    Zool . 

Jahrb.  Supplement,   Bnd.  VII,   1904. 
His,  Sen.   Die    Entwicklung    der  ersten   Nervenbahnen  beim   menschlichen   Embryo, 

Archiv  f.   Anatomie  und  Physiologie.  Anatomische  Abteilung,  1887  (siehe  auch: 

Die  Entwicklung  des  menschlichen  Gehirns). 
His,  Sen.  Die  Neuroblasten  und  deren  Entstehung  im  embryonalen  Mark,  Leipzig,  1889. 
His,  Jun.   Die  Entwicklung  des  Herznerveusystems  bei  den    Wirbeltieren.  Abhand- 
lungen der  Kön.  Sachs.   Akad.  der  Wissenschaften.   Math.   Phys.   Klasse,  Bnd. 

23,    1893. 
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Hefte,   1899. 
HoLMGEEN.  Studien  in  der  feinern   Anatomie  der  Nervenzellen.    Anat.   Hefte.   Heft 

47,    1900. 
HoLMGREN.    Über    die   Trophospongien    centraler    Nervenzellen.    Arch.    f.    Anat.   u. 

Phys.   Anat.   Abt.   1904. 
HoLMGREN.    Über    die    Trophospongien    centraler    Nervenzellen.    Arch.    f.    Anat.   u. 

Phys.  Anat.   Abt.   1904. 
HoLMGREK.   Beitrage  zur   Morphologie  der  Zelle   II.    Verschiedene   Zellarteu.     Anat. 

Hefte,   Bnd.   75,   1904. 
HoLMGEEN.  Weitere    Untersuchungen   über  die  morphologisch  uachweisbareu  stoffli- 
chen   Veränderungen    der    Muskelfasern.    Kungl.    Svenska   Vetenskaps.   Akade- 

miens  Handlingar.   Bnd    49,   No.   2,   1912. 
HoLMGREN.  Trophospongium    und    apparato    rcticulare    der  spinalen  Ganglienzellen. 

Anat.   Auz.   Bnd.   46,   No.   5/6,    1914. 
HoLMGREN.   Die  Trophospongien  spinaler  Ganglienzellen.    Archiv  für  Zoologie.  Bnd. 

9,  No.   15,   1915. 
HooKEE.  The  development  and  function  of  voluntary  and  cardiac  muscle  in  embryos 

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90  LITTERATUR    ZUM    ERSTEN    KAPITEL. 

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Neur.  Vol.   25,   1915. 
Hooker.    Some    resiilts    from    reversing    a   portion  of  tlie  spinalcord  eud-for-end  in 

frog  embrvo.s.   Anat.   Eecord  Vol.   X,   1916. 
Hooker.    Studies    on    regeneration    in    the   spinalcord    11.  Journal   of  comp.  Neur. 

Vol.   27,   1917. 
Huber.  Studies  on  neuroglia.   Au  Journal   Auat.   Vol.   I,   p.  i5,   1901. 
Hdbee.  The  morphology  of  the  sympathetic  System.   Report  XVII'''  Int.   Congress 

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Hüber  and  de   Witt.   A  eontribution  on  the  nerve  terminatious  m  neuro-tendinous 

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HwoROSTocHiN.  Zur  Frage   über  den   Bau  des  Plexus  Chorioideus.  Arch.  f.  mikrosk. 

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LoEB  und  Gerry.  Zur  Theorie  des  Galvano-Trospismus.  2.  Versuche  an  Wirbel- 
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LITTERATUK    Zt'M    ERSTEN    KAPITEI-.  93 

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94  LITTERATUR    ZUM    ERSTEN    KAPITEL. 

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(Adergeti echte).    Foliii   Neurobiologica,    und.   V,    ]!)ll. 
Perboxcito.    Etudes    ulterieures    sur    la    terminaison  des    uerfs    dan.s  les  tnnscles  ä 

fibres  striees.    x\rchives  italiennes  de  Biol.  Tome  381,   1902. 
Pkttit    et    Gehahd.    Sur  la  morphologie  des  plexus  chorioides  du  Systeme  nerveus 

central.  Compt.   rendus  hebd.  de  la  societe  de  biol.   de   Paris.  Tome  54,  1902. 

s.  a.   Archives  d' Anatomie  mieroscopique   1902. 
Pi.oscHKO    (mitgeteilt    \.    Adxstein).     Die    Nervenendigungen    und    Ganglien    der 

Respirationsorgane,   Anat,   Anzeiger,   Bnd.    18,    1897. 
PoNzio.   Le   terminazioni  nervöse  nel  polmone.   Anat.   Anzeiger,   Bnd.   28,   1906. 
Prenant.    Problemes    cytologiques    generaus   souleves  par  l'etude  des  celliiles  mus- 

culaires.  Journal  de  l'Anatomie  et  de  la  Physiologie,   1911. 
Prextis.   The  nervoiis  structures   of  the   palate   of  the  frog.  The  peripheral  networks 

and  the  natnre  of  thier  cells  and  fibers.  Journ.  of  Comp.  Neurol.  Vol.  XIV,  1904. 
Rabl.    Über    die   Prinzipien    der  Histologie.   Verhandlungen  der  anat.  Gesellschaft, 

Berlin,   1889. 
Raffaele.  Per  la  genesi  dei   Nervi   de  Catene  cellulari.  An.   Anz.   Bnd.    18,    1900. 
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LITTEKATUR    ZI'M    KRSTEN    KAl'ITEL.  Wo 

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96  LITTEKATUK    ZUM    ERSTEN    KAl'ITEL. 

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Tello.   Genesis  de  las  terminacions  nerviosas  motrices  y  sensitivas.  I  En  el  sistema 

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Veratti.    Su    alcuue    particolaritä    di    struttura    dei    centri  aeustici  nei  mammiferi. 

Pavia  1900. 
Verworx.    Die    polare    Erregung    durch  den  galvanischen   Strom.   Pflüger's  Archiv, 

Bnd.  45,   1889   und  Bnd.   46,   1890. 
Verwohn.   Untersuchungen    über    die  polare  Erregung  der  lebendigen  Substanz.   3. 

Mitteilung.  Pflüger's  Archiv,  Bnd.   62,   1896. 
Verwohn.    Die    polare    Erregung    der    lebendigen    Substanz    durch  den  konstanten 

Strom.  4.   Mitteilung.  Pflüger's  Archiv  Bnd.   65,    1897. 
Verworn.    Die    Vorgänge    in    den    Elementen    des    Nervensystems.    Eeferat.    XV. 

Internat.    Mediz.    Congi-ess,  Lissabon   1906.  Zeitschrift  f.  allgem.   Phys.   1906. 
Verworn.    Bemerkungen    zum    heutigen    Stand    der    Neuronenlehre.    Medizinische 

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Vignal.   Le  developpement  des  elements  "nerveux  cerebro-spinal.  Massen,  Paris,  1889. 


LITTERATUR    ZUM    ERSTEN    KAPITEL.  97 

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gische  Bladen,   Amsterdam,   1919. 
WiNTBEBERT.    Sur  l'e.xistcnce  d'une   irritabilite  excitomotrice  primitive  independante 

des    voies    nerveuses    chez  les  embryons  cilies  des   Batraciena.   Comptes  rendus 

de   la  soeiete  de   biologie   de   Paris.   Tome   -57,    1904. 
Wlass.ik.    Die    Herkunft    des    Myelins.    Ein    Beitrag  zur  Physiologie  des  nervösen 

Stützgewebes.   Arch.  f.  Entwickl.  Mechanik,   Bnd.   VI,   1898. 
Wolfe.    Die    Kontinuität    des    perifibrillären  Neuroplasma  (Hyoloplasma  Leydig- — ■ 

Nansen).   Anat.   Anzeiger.   Bnd.   3.3,   1903. 
Wreden.    Die    Nervenendungen    in    der    harten    Hirnhaut    des    Rückenmarkes   von 

Säugetieren.    Arch.  f.   mikrosk.   Anat.,   Bnd.   6G,    1905. 
YosHiMDBA.    Das    histochemische    Verhalten    des    menschlichen    Plexus    chorioideus. 

Arbeiten  aus  Neurol.   Instit.   der   Univ.   Wien,    1910. 


KA.PPERS. 


ZWEITES  KAPITEL. 
DIE    VERGLEICHENDE  ANATOMIE  DES   RÜCKENMARKES. 


In  den  folgenden  Seiten  werde  ich  eine  Übersicht  geben  von  dem 
Bau  des  Nervensystems  der  Wirbeltiere  und  des  Menschen. 

Ich  werde  dabei  nicht  das  Nervensystem  als  Ganzes  seriatim  behandeln, 
weil  hierdurch  die  Übersicht  über  die  progressiven  Veränderungen,  welche 
die  einzelnen  Abschnitte  davon  in  der  Tierreihe  aufweisen,  niclit  genügend 
klar  wird. 

Damit  die  Unterschiede  —  andererseits  auch  die  Übereinstimmungen 
in  den  Aufbauprinzipien  —  der  einzelnen  Teile  deutlich  dargestellt  werden, 
habe  ich  meinen  Stoff  so  eingeteilt,  daß  ich  von  jedem  Abschnitte  des 
Zentralnervensystems  Gehirns  eine  vergleichende  Besprechung  gebe. 

Diese  Abschnitte  sind  so  gewählt,  daß  die  Vergleichung  übersichtlich 
ist  und  sich  eignet,  einen  Einblick  in  ihre  progressive  Entwicklung  zu  geben. 

Ich  habe  dabei  angefangen  mit  dem  Rückenmark,  weil  dies  der  einzige 
Abschnitt  ist,  welcher  in  der  Zufuhr  seiner  sensiblen  und  in  der  Abgabe 
seiner  effektorischen  Reize  (Wurzeln)  eine  gewiße  Segmentierung  bewahrt. 

Außerdem  behält  es  bei  den  meisten  Tieren  eine  große  Selbständigkeit 
den  übrigen  Abschnitten  des  Zentral-Nervensystems  gegenüber,  und  modifi- 
ziert es  sich  auch  nicht  in  dem  Maße  wie  jene.  Auch  deshalb  ist  es  not- 
wendig, zuerst  das  Rückenmark  zu  behandeln,  weil  manche  Bahnen, 
welche  dort  entstehen,  zum  Aufbau  der  übrigen  Abschnitte  beitragen 
und  gewisse  Eigentümlichkeiten  in  der  Weiterentwicklung  anderer  Teile 
(Kleinliirn,  Thalamus)  bedingen. 

Bereits  bei  den  niedrigsten  Wirbeltieren  —  bei  denen  das  „Gehirn"  kaum 
entwickelt  ist  —  ist  das  Rückenmark,  mit  seinen  prinzipiellen  Konstitu- 
enten vorhanden. 

Sogar    soll    nach    Gegenbaur    bei    den    Larven    von   gewissen    wirbel- 


DIE    VERGLEICHENDE    ANATOMIE    DES   RÜCKENMARKES.  99 

losen  Tieren  (Aszidien)  ein  Teil  des  Nervensystems  in  vielen  Hinsichten 
dem  Rückenmark  entsprechen,  indem  sicli  dort  in  dem  Ektoderm  eine 
dorso-mediale  Falte  entwickelt,  welche  mit  der  Medullarfalte  der  Wirbel- 
tiere verglichen  wei'den  kann,  die  aber  in  ihrer  Entwicklung  auf  einer 
so  niedrigen  Stufe  stehen  bleibt,  wie  man  sie  bei  den  Embryonen  der 
Säugetiere  nur  in  der  ersten  Zeit  nach  der  Befruchtung  antrifft. 

Der  dorsale  Teil  des  Ektoderms  verdickt  sich  bei  diesen  Wirbellosen 
und  sinkt  in  die  Tiefe,  wälirend  seine  Ränder  emporgehoben  werden. 

Hierdurch  entsteht  in  die  Tiefe  eine  Röhre  von  Ektoderm,  deren  hin- 
terer Teil  sich  schließt,  ja  sogar  größtenteils  obliteriert,  während  der  vordere 
Abschnitt  eine  mit  einem  ziemlich  weiten  Ventrikel  versehene  Blase  bleibt, 
die  mittels  eines  „Neuroporus"  mit  der  Außenwelt  kommuniziert.  Dieser 
Abschnitt  wird  dann  als  ein  primitives  Homologen  des  Gehirns  betrachtet, 
w^ährend  der  hintere  Abschnitt  —  der  sogar  nach  einigen  Autoren  bei 
den  Appendikularien  metamere  Nervenfasern  abgeben  soll,  dem  Rücken- 
marke homologisiert  wird. 

Inzwischen  sind  diese  Punkte  noch  manchen  Kontroversen  unterworfen. 
Zell  werde  mich  denn  auch  bei  dem  Bau  des  Nervensy.stems  der  Wirbel- 
losen nicht  auf  lialten  und  verweise  bezüglich  der  Versuche,  das  Vertebraten- 
Nervensystem  von  dem  der  Evertebraten  abzuleiten  auf  Gäskei.l,  Dohrn, 
Delsman  u.  A. 

Das  Rückenmark  von  Amphioxus. 

Mich  auf  mein  eigenes  Gebiet  beschränkend,  beginne  ich  mit  der  Be- 
schreibung des  Rückenmarkes  von  Amphioxus,  welches  sich  ebenfalls  aus 
einer  riimenförmigen  Einstülpung  des  dorsalen  Ektoderms  bildet. 

Eine  kurze  Übersicht  über  das  ganze  Zentralnervensystem  dieses  teils 
primitiven,  teils  regressiv  veränderten  Tieres  möge  vorangehen. 

Auch  bei  Amphioxus  findet  man  die  Bildung  des  Zentralnervensystems 
aus  einer  ektodermalen,  sog.  Medullarfalte,  die  in  die  Tiefe  versinkt. 

Das  Schließen  dieser  Falte  geschieht  von  hinten  nach  vorn  und  auch 
hier  bleibt  an  der  Vorderseite  längere  Zeit  eine  Verbindung  mit  dem  Ekto- 
derm an  der  Stelle  des  „Neuroporus"  bestehen. 

In  dem  so  entstandenen  Zentral-Nervensystem  kann  man  einen  vordem 
Teil,  mit  einem  weiteren  Hohlraum  (Fig.  42)  unterscheiden  von  einem 
hintern  Teil,  dessen  Lumen  sich  sehr  verengt  und  spaltförmig  ist. 

Der  erste  Teil  wird  als  Urhirii  (Archmcephalon ;  KurFFER),  der  zweite 
gewöhnlich  als  Rücketiraark  bezeichnet. 

Der  Ventrikel  des  Gehirns  korrespondiert  mittels  des  Neuroporus,  mit 
einer  trichterförmigen  Kopfgrube,  der  Riechgrube  Kölliker's,  woraus  ein 
unpaariger  Riechnerv  hervorgeht  (komplette  Monorrhinie  i)).  Hiervon  durch 


')  Ich  unterscheide  die  komplette  Monorrhinie  mit  nur  einer  Riechgrube  und  einem 
Rieclinerven  von  der  inliompletten  Monorrhinie,  hei  der  eine  Riechgrube  mit  zwei  Nerven 
vorliegt  (wie  bei  den  Zyltlostomen;  siehe  Kap.  IX). 


100 


DAS   RUCKENMARK    VON    AMPHIOXUS. 


einen   Pigmentfleck  getrennt,  tritt  ventral  der  paarige  Nervus  terminalis  ein 
(Neivus  apicis  von  van  Wi.the;  Nerv,  septalis  I,  Aut.,  N.  term.   Fig.    42). 


Hirnventrikel. 


Zellen  v.  Joseph. 


"Wirapertrichter. 


N.  term.       Pigment. 


Infunrt.  org. 


Choriia. 


Fig.  42.     Sagittalschnitt,  seitlich  von  der  Medianlinie  diii-ch  da.s  vordere 
Ende  des  Zentralnervensystems  von  Amphioxiis  lanc. 


Hinter  der  Stelle,  wo  dieser  sensible  Nerv  eintritt  i),  findet  sich  ein 
Sinnesorgan  (Infund.  org.  Fig.  42),  dessen  Epithel  —  zuerst  von  BoeKE  nach 
seinem  richtigen  Werte  geschätzt  —  große  Übereinstimmung  mit  dem 
Sinnesepithel  in  dem  Infundibularorgan  der  Fische  aufweist  und  uns  da- 
durch einen  wertvollen  Anhaltspunkt  für  die  Homologisierung  davor  und 
dahinter  gelegener  Teile  darbietet. 

So  kann  man  denn  hier  sagen,  daß  derjenige  Teil  des  Nervensystems, 
welcher  hinter  diesem  Infundibul  ar-organ  liegt,  nur  mit  der  Basis  des 
Mittelhirns,    der   Oblongata   und    dem  Rückenmark  korrespondieren  kann. 

Ob  wir  hier  indessen  von  einer  Mittelhirn-Anlage  reden  können,  ist 
zwar  nicht  ohne  weiteres  zu  verneinen,  aber  auch  nicht  leicht  zu  bejahen. 

Bedenken  wir,  daß  wirkliche  Augen,  wie  wir  sie  bei  den  Kranioten 
kennen,  diesem  Tiere  abgehen  und  damit  auch  die  Augennerven,  dann 
ist  es  klar,  daß  bei  Fehlen  eines  Opticus,  eines  Oculomotorius  und  eines 
Trochlearis  samt  den  damit  assoziierten  Systemen  die  zuverlässigsten  Anlialts- 
punkte  mangeln,  um  die  Diagnose  eines  Mittelhirns  stellen  zu  können. 

Auch  die  Homologisierung  der  hinter  der  Infundibularregion  gelegenen  dor- 
salen Erveeiterung  des  Ventrikels  (nicht  sichtbar  in  Fig.  42),  welche  von  Hatschek 
und  anderen  als  Ventriculus  quartus  bezeichnet  wird,  stößt  auf  Schwierigkeiten. 

Es  ist  m.  E.  nicht  richtig  ihn  ohne  weiteres  dem  vierten  Ventrikel  der  Kra- 
nioten zu  homologisieren.  Hierzu  ist  nämlich  zu  betonen,  daß  auch  das  Dach  des  Mit- 
telhirnventrikels bei  iiiedern  Kranioten  (Petromyzou)  teilweise  noch  von  einer 
ependymalen  Membran  gebildet  wird.  Dazu  kommt,  daß  man  die  vorderste  Dorsal- 
wurzei,  welche  diese  Gegend  aufweist,  (N.  II)  wahrscheinlich  als  Homologon  des 
N.  ophthalmicus  profundus  V  betrachten  muß  (die  Dorsalwurzel,  welche  die 
Kranioten  in  embryonalen  vStadien  im  Mittelhirn  aufweisen  können),   sodaß  es  sieh 


')  Nach  Langeruans  und  van   Wijhe  fühlt  er  Ganglienzellen  in  seinem  Verlaufe. 


DAS   RÜCKENMARK    VON    AMPHIOXUS.  101 

bei  diesem  Ventrikel  teilweise  ebenso  gut  um  ein  tlomologoii  des  Mittelhiniventri- 
kels  der  Kraniofceii  handeln  kann,  und  die  der  Medulla  oblongata  der  Kranioten 
entsprechende  Region  wesentlich  kandaler  liegt.  Ich  möchte  diese  dorsale  Veutrikel- 
erweiterung  (nicht  angeschnitten  in  Fig.  42)  denn  auch  lieber  mit  dem  nichts  präju- 
dizierenden  Namen  VentrirulH-i  posterior  bezeichnen.  Nur  die  zweite  Dorsalwurzel 
(N.  III),  welche  auch  hier  eintritt,  durfte  einem  Oblongatanerven  (N.  maxillo-man- 
dikularis)   homolog   sein. 

Die.se  Gegend  wird  überlagert  von  großen  (Tauglieuzellcu,  die  Lichtzellen  von 
Jo.sEi'H,  welche  sich  durch  den  Besitz  eines  palisadenähnlichen  Saumes  unterscheiden, 
wie  er  oft  an  Sinneszellen  gefunden  wird  (vergl.  Kap.  I,  IV).  Diese  Zellen  welche 
vielleicht  die  spatere  Rolle  des  Mittelhirnes  als  optisches  Zentrum,  bei  den  Kra- 
nioten,  einleiten,   kommen   aber  als   solche   dort  nicht   mehr   vor. 

Die  Diagnose  eines  verlängerten  Markes  ergibt  ebenfalls  Scbwierigkeiten. 

Die  peripheren  Verbindungen  der  Medulla  oblongata  werden  bei  den 
Kianioten,  wie  wir  sehen  werden,  von  den  Kiemenbogennerven  (Trigemi- 
nus,  Facialis,  Glossopharyngeus  und  Vago-accessorius)  und  weiter  von  dem 
N'^estibularis  und  den  N.  N.  laterales  geVjildet. 

Die  N.  N.  laterales  und  ein  von  einem  N.  vestibularis  innerviertes 
Gleichgewichtsorgan  fehlen  al)er  ])ei  Amphioxus,  werden  sogar  nicht  einmal 
angelegt  (van  Wijhe).  Auch  fehlt  ein  Kiefer  (die  Naln-ung  wird  durch 
das  linke  Ohrkiemenloch  aufgenommen:   van  Wijhe). 

Zwar  hat  Amphioxus  Kiemenbogen,  aber  diese  sind  beim  ausgewach- 
senen Tiere  nicht  mit  JMuskeln  versehen. 

Ihre  Funktion  bei  der  Atmung  scheint  von  der  Atrialniuskulatur  und  von 
Pterygialmuskeln  (M.  M.  transversi)  übernommen  zu  werden  (van  Wijhe). 
Wahrscheinlich  haben  diese  eine  viszerale  Innervierung  durch  Äste  der  Dorsalwur- 
zeln. Ob  und  in  wiefern  diese  dorsalen  Wurzeln  von  anderen  —  kaudaleren  — 
Dorsalwurzeln  als  primitive  Branchialnerven  zu  unterscheiden  sind,  werde  ich  in  dem 
folgenden  Kapitel  besprechen.  Aber  auch  wenn  dies  der  Fall  wäre,  bleibt  es  schwer, 
bei  der  großen  .'Anzahl  solcher  pseudo-branchialen  Nerven,  deren  Zahl  bei  Amphioxus 
etwa  38  betragen  kann,  von  einer  wirklichen  Medulla  oblongata  zu  reden,  weil  diese 
Gegend  in   allen  anderen   Hinsichten  dem   Rückenmark  völlig  äluilich  ist. 

Auch  der  Bau  des  Zentralapparates  gibt  uns  keinen  Anhaltspunkt, 
denn  die  Schließung  (Calamus  scriptorius)  des  Ventricukis  posteriw,  der 
hauptsächlich  den  Mittelhirnventrikel  repräsentieren  dürfte,  findet  schon 
statt  hinter  der  zweiten  Dorsalwurzel  (Nerv.  III,  s.  o.).  Mehr  aber  als  die 
Hälfte  aller  folgenden  Dorsalwurzeln  gehört  sicher  noch  zu  der  Bran- 
chialregion  des  Körpers,  und  zu  dem  Aufbau  der  Oblongatanerven  der 
Kranioten  dürften  manche  dieser  Wurzeln  beitragen,  sodaß  die  Einengung 
des  Ventrikels,  der  sog.  Calamus  scriptorius,  bei  Kranioten  offenbar  nach 
hinten  verlegt  wird  (siehe  Kap.  III). 

Bei  Amphioxus  aber  hat  das  Mark  hinter  dem  sog.  Calamus  scripto- 
rius dieses  Tieres,  sowohl  in  der  branchialen  als  in  der  postbranchialen 
Region  i),  noch  einen  im  wesentlichen  gleichartigen  Charakter. 


')  Das  Tier  hat  im  ganzen  etwa  64  Nerven.  Davon  entsprechen  von  dem  2''=''  bis  7'™ 
Dorsalnerven   (III    und    VIII   der   Autoren)   der   Buccoveiar-Region   des  Körpers,  von  dem 


102 


DAS    RUCKENMARK    VON    AMPHIOXUS. 


Ein  Durchschnitt  durch  dieses  Mark  zeigt  die  Form  eines  Dreiecks 
mit  nach  oben  gerichteter  Spitze  (Fig.  44  und  47). 

Die  Basis  ist  ein  wenig  konkav,  eine  EigentümUchkeit,  die  als  Anpas- 
sung an  die  runde  Form  der  Chorda  dorsaUs  zu  betrachten  ist,  und  die 
wir  bei  den  Zyklostomen  zurückfinden  werden  (Fig.  54). 

Der  Zentralkanal  (in  Fig.  44  und  47  kaum  sichtbar)  zeigt  ventral  ein 
ovales  Lumen,  von  dem  ein  Ausläufer  sich  spaltförmig  eine  Strecke  dor- 
salwärts  fortsetzt,  und  nahe  der  hinteren  Oberfläche  wieder  eine  geringe 
Erweiterung  aufweisen  kann,  ein  Zustand,  den  man  auch  bei  Embryonen 
höherer  Tiere  findet. 

In  dem  kaudalsten  Gebiete  des  Rückenmarkes  hören  die  nervösen 
Elemente  auf,  welche  den  Zentralkanal  umgeben,  und  sieht  man  allein  eine, 

ependymale  Röhre,  deren  hohe  Zellen  mit  ihrer 
Innenfiäche  etwas  nach  hinten  gerichtet  sind. 
Diese  Röhre  geht  in  den  meisten  Fällen  schließ- 
lich wieder  in  eine  ampullenartige  Erweiterung 
über  (Fig.  43:  Retzius). 

Das  Verhalten  der  Nerveinvurzelii  ist  bei  Am- 
phioxus  recht  eigentümlich  und  einerseits  auf 
primitive  Verhältnisse  —  andererseits  auf  sekun- 
däre Veränderungen  in  dem  Bau  dieses  Tieres 
zurückzuführen. 

Während  man  in  der  Anatomie  der  Säuger 
und  des  Menschen  gewohnt  ist,  Voi-der-  und 
Hinterwurzeln  etwa  auf  einem  gleichen  Quer- 
niveau austreten  zu  sehen,  ist  dies  hier  nicht 
der  Fall:  die  Hinterivurzel-  and  Vorderwur- 
zclaustritte  alternieren  mit  einander  bei  Am- 
phioxus. 

Dies  ist  einem  primitiven  Verhalten  zu  dan- 
ken, da  die  sensiblen  Wurzeln  in  ihrem  Austritt  mit  den  intermuskulären 
Septen  korrespondieren,  durch  welche  sie  die  Haut  des  Körpers  erreichen 
(siehe  Fig.  45),  ■während  die  Vorderwurzeln  in  die  Masse  des  Myotoms  selber 
eintreten  und  dadurch  mit  den  septal  verUiufenden  sensiblen  Wurzeln 
alternieren. 

Während  das  alternierende  Verhalten  zwischen  \'order-  und  Hinter- 
wurzeln einem  primitiven  Verhalten  zu  danken  ist,  liegt  hier  außerdem  ein 
alternierendes  Verhalten  zwischen  rechts  und  links  vor,  indem  die  rechten 
\'orderwurzeln  mit  den  linken  \'orderwurzeln  alterniei'en  und  die  rechten 
Hinterwurzeln  mit  den  linken  Hinterwurzeln  (siehe  Fig.  45). 

Dies  ist  ein  sekundärer  Zustand,   welcher  dem   Umstände  zu  danken  ist, 


Fig.  43.  Hinteres  arapuUär 

erweitertes  KückenmarUsenHe 

V.  Amphioxus  n.  Retzius. 


7ten  \j\g  2u,y,  39ten  oiler  40*™  der  peribrancliialen  Region  und  v(in  dem  40'™  bis  zum 
F.nde  der  postbi'ancliialen  (postatrioporen)  Region  des  Körpers.  Die  Buixovelar-  unil  Peri- 
brancliialregion  bilden  zusammen  die   Rranchialregion. 


DAS    RUCKENMARK    VON    AMPHIOXUS. 


103 


daü    (liti    linke   Seite    des  Körpers  in  Bezug  auf  die  rechte  eine  sekundäre 
Verschiebung  erfahren  hat. 


Myotom. 


Ua  diese  sekundäre  Verschiebung  der  linken  gegenüber  der  rechten  Seite 
nicht  genau  der  Hälfte  eines  Myotoms  entspricht,  erhält  man  doch  fast  nie  eine 
linke  Vorderwurzel  zugleich  mit  einer  rechten  Hinterwurzel  in  einem  Querschnitt, 
obschon  Andeutungen  davon  namentlich  auch  im  kaudalen  Abschnitt  des  Rücken- 
markes  vorkommen   können   (siehe   z.    B.    Fig.    47). 

Die  ve)itralen  Wurzeln  bestehen  nicht  aus  kompakten  Bündeln,  sondern 
aus  reihentVirmig  iiinter  und  unter  einander  angeordneten  Fasern,  welche 
sich  bald  wieder  in  zwei  Gruppen  verteilen,  (Äste  würde  man  kaum  sagen 
können),  wovon  die 
eine  sich  in  dem  obe- 
ren und  die  andere 
in  dem  unteren  Teile 
der  Seitenmuskel  des 
Rumpfes  verzwei- 
gen 1)  (Fig.  44). 

Es  ist  wahrschein- 
lich, daß  diese  Wur- 
zeln rein  somatomo- 
torisch  sind.  Visze- 
rale Elemente  enthal- 
ten   sie  sicher  nicht. 

Die  Wurzeln  tre- 
ten aus  rechts  und 
links  alternierenden 
Verdickungen  her- 
vor, in  welcher  ein  reichlich  verwobenes  Fibrillennetz  vorkommt  (Retzius). 
Dieses  Netz  steht  mit  zahlreichen  feineu  Fasern  in  Verbindung. 

Bis  jetzt  ist  es  nicht  mit  Sicherheit  gelungen  diese  Fasern  auf  bestimmte 
Zellengruppen  zurückzuführen,  obwohl  mittelgroße  Zellen  an  dem  untern 
und  seitlichen  Rande  des  Zentralkanals  dafür  in  Betracht  kommen  (Wolff, 
Johnston,  Stendell). 

Die  Schwierigkeit,  die  Vorderwurzeln  direkt  bis  zu  ihren  Zellen  zu 
verfolgen,  beweist  wohl,  daß  ihre  Ursprungszellen  größtenteils  nicht  auf 
dem  Niveau  des  Wurzeleintrittes  liegen  -),  eine  Sachlage,  die  wir  bei  den 
Fischen  wieder  finden  werden. 


Dors.   und  ;^'^,; 

ventr.  Astder  '-    "/sil_"'       '    "^ 


Fig.  44.     Austritt  einer  Vorderwurzel  bei  Amphioxus. 


')  Johnston  fand,  daß  sie  sich  nii'ht  immer  an  ein  bestimmtes  Myotom  halten. 

*)  In  Hinblick  auf  das  Verbalten  bei  einigen  Evertebraten  (Krustazeen)  und  der 
Larven  von  Amphibien  (vergl.  Fig.  72ß),  scheint  es  mir  nicht  unmöglich,  daß  sich  die 
Vorderwurzeln  des  Amphioxus  von  längsverlaufenden  Fasern  abzweigen,  deren  Ursprungs- 
zelle ziemlich  weit  von  dem  Wurzelaustritt  liegt  und  deren  longitudinaler  Ast  sich  noch 
eine    Strecke    weit   (als    Hauptfaser    oder    Kollateral)    durch    dis    Rückenmark    fortsetzt. 


104 


DAS    RUCKENMARK    VON    AMPHIOXÜS. 


WoLFF  glaubt  gesehen  zu  haben,  wie  eine  Zelle  unterhalb  des  Zell- 
kanals ihren  Neuriten  in  die  Vorderwurzel  sandte,  während  ein  großer 
Dendrit  derselben  sich  anscheinend  in  die  Hinterwurzel  begab,  so  den 
einfachst  denkbaren  Reflex  bildend. 


Nach  VAN  Wthe  dürften  die  Vorderwurzehi  auch  sensible  Fasern  für  die  Muskel- 
sensibilität führen.  Diese  sind  indessen  noch  nicht  nachgewiesen  bei  Amphioxus,  aber 
im  Prinzip  ist  es  sehr  wohl  möglieh,  weil  solche  von  Sheiihinoton  und  Tozer  bei 
anderen  Tieren  in  der  Oculomotoriuswurzel  nachgewiesen  worden  sind.  Seitlich  vom 
Zentralkaual  gelegene  Zellen,  welche  nach  Wolff  einen  Ausläufer  in  die  Vorderwur- 

zel  schicken,  während  der 
Epiderm.         Myotora.  Med.  öpiu.  andere   ihm  entgegenge- 

setzte Ausläufer  sich  in 
den  Hintersträngen  ver- 
teilt, können  dafür  m 
Betracht  kommen. 

In  dieser  Hinsicht 
sind  nähere  Untersuchun- 
gen aber  sehr  erwünscht. 

Auch   die  Hinter- 
luurzeln   zeigen    rechts 
und  links  ein  alternie- 
rendes Austreten.  Ein 
Längsdurchschnitt 
l^j     (Fig   45)   zeigt    dieses 
charakteristische  \'er- 
%     KM^&WiÜk       Alt    lVWt\5'?'ll    /     lialten    und    den    Zu- 
immiläm       mmJLllMW      sannnenhangn.it  dem 

alternierenden  Stand 
der  Myotome,  bezw. 
deren  Septen. 

Die  Hinterwurzeln 
enthalten  außer  sensi- 
blen   Fasern    viszero- 
motorische  Elemente. 
An    der    Körper- 
wand     angekommen- 
teilen   sie    sich   in   zwei    Aste,    einen  kleinern  dorsalen  und  einen  größern 
ventralen  Ast.  Beide  begeben  sich    in  die    Haut   des   Tieres,    wo   sie    ohne 
besondere  Endkörperchen,  mit  freien  intra-epidermalen  Ausläufern  enden. 

Ein  Zweig  des  ventralen  Astes  geht  außerdem  nach  inneren  Teilen.  Er 
führt  viszero-sensible  und  viszero-motorische  Komponenten  und  fehlt  nur 
den  kaudalsten  Rückenmarksnerven. 

Zwei  Eigenschaften  der  Hinterwurzeln  von  Amphioxus  müssen  beson- 
ders betont  werden.    Die    erste   ist,  daß  sie  sich  nicht  mit  den  Vorderwur- 


a» 


''^'»Sll|||  '^ 


F'ig.  45.  Horizontalschnitt  durch  das  Rückenmark  von  Amphi 

O.XUS.   Zur  Demonstration  des  alternierenden  und  iuter- 

septalen  Verlaufes  der  Hinterwurzeln. 


DAS    RÜCKENMARK    VOX    AMl'HIOXUS. 


105 


zeln  verbinden,  die  zweite,  daß  sie  keine  Zell- Aggregate  in  der  Form  von 
wirklichen  Spinal-Ganglien  besitzen. 

Ersteres  ist  leicht  zu  konstatieren.  Der  zweite  Punkt  ist  ein  Objekt 
vieler  Diskussion  gewesen. 

Retzius  fand  indessen  in  dem  liückennuirk  selber  Zellen,  deren  peri- 
phere Ausläufer  in  die  sensible  Wurzel  gehen. 

Er  gewann  durchaus  den  Eindruck,  daß  dieselben  als  spinale  Ganglien- 
zellen betrachtet  werden  müssen,  die,  anstatt  außerhalb  des  Rückenmarkes 
zu  liegen,  in  demselben  geblieben  sind. 

JoiiNSTON  hat  dies  bestätigt,  aber  daneben  das  Vorhandensein  solcher  Zel- 
len in  dem  N'erlauf  der  Nervenwurzeln  selbst  betont,  was  auch  Kutchin  tat. 

Die  spinalen  Ganglienzellen  in  dem  Rückenmark  selbst  liegen  rings  um 
den  Wurzelaustritt,  nach  der  Wurzel  hin  konvergierend  (Johnston  ;  Fig.  46). 


Fig.   '16.     llinterwiirzeln   mit  intramedullaren  Wiirzehellen 
bei  Ampliioxus,  n.  Joiin.ston. 


Aus  der  eigentümlichen  Lage  der  intramedullären  Plinterwurzelzellen 
gewinnt  man  den  Eindruck,  als  wären  die  Zellen  im  Begriffe,  in  die 
Wurzeln  hinein  zu  migrieren  ^).  Hierfür  spricht  auch  die  manchmal  vor- 
kommende laterale  Ausbuchtung  der  an  jenen  Zellen  vorbeigelienden 
Längsfasern  (Jühnston). 

Dies  alles  scheint  darauf  zu  deuten,  daß  ein  Teil  der  Ganglienzellen, 
die  sich  bei  den  höhern  Wirbeltieren  als  Neuralleiste  extra-medullär  an- 
legen, bei  Ampliioxus  ihre  Anlage  noch  in  dem  Rückenmark  selber  haben 
und  sich  nur  teilw'eise  nach  der  Peripherie  (dem  Reize  zu :  neurobiotak- 
tisch)  verlagern. 


')  Wir  werden  bei  der  Besprechung  des  Rückeninaikes  der  Teleostier  sehen,  daß  auch 
dort  nocli  sensible  Ganglien  in  dem  Rückenmark  liegen  und  ?chon  hier  möchte  ich  die 
Aufmerksamkeit  darauf  lenken,  daß  eiti  kleiner  Teil  der  sensiblen  Wurzeln  des  Trigemi- 
nus  diese  Eigentümlichkeit  bewahrt  bis  zum  Menschen  hin,  nämlich  die  mesenzephalische 
V  Wurzel,  deren  bipolare  Ganglienzellen  bei  allen  Tieren  im  Tectum  opticum  bleiben. 

Amphioxus  lehrt  uns  also,  daß  dies  kein  Ausnahmefall  ist,  sondern  einfach  eine  Erin- 
nerung an  einen  primitiven  Zustand,  der  unzweifelhaft  durch  nourobiotaktische  Einflüsse 
(Migration  der  Zelle  in  der  Richtung  des  Reizes)  veiandert  ist. 


lOß  DAS    RÜCKENMARK    VON    AMPHIOXUS. 

Die  zentralen  Ausläufer  aszendieren  oder  deszendieren,  oder  b(;ides 
zugleich  durch  Dichotomie  (Fig.  49).  Eine  recht  große  Zahl  von  Fasern 
löst  sich  aber  auf  dem  Niveau  des  Eintrittes  auf,  und  wenige  kreuzen 
über  die  Mittellinie. 

Die  Hinterwurzeln  führen  dickere  und  dünnere  Fasern.  Die  ersteren 
dürften  sornato- sensible,  die  letztgenanten  viszero-sensible  Elemente  sein. 

Johnston  fand,  daß  die  letzteren  das  zentralste  Bündelchen  in  dem 
Rückenmark  darstellen,  welches  medioventral  von  den  somato-sensorischen 
E'aseru  verläuft,  sodaß  hier  schon  dieselbe  Anordnung  vorliegen  würde, 
die  wir  bei  höheren  Wirbeltieren  wiederfinden. 

Außerdem  sollen  .sich  die  viszerosensiblen  Fasern  dadurch  von  den 
somatosensiblen  unterscheiden,  daß  sie  sich  zentral  nicht  dichotomisieren, 
während  die  Hautfasern  deutlich  auf  und  absteigende  Aste  abgeben,  von 
denen  die  aufsteigenden  die  größten  sind. 

Außer  diesen  sensiblen  Elementen  führen  die  Hinterwurzeln  auch 
motorische  Fasern  für  die  Eingeweide  {viszero-motorische  Fasern),  deren  Ur- 
sprungszellen lateral  vom  ventralen  Teile  des  Zentralkanales  liegen  sollen  i). 

Die  viszero-motorischen  Fasern  bilden  mit  den  viszero-sensiblen  den 
inneren  Ast  der  Dorsalwurzeln  (s.  o.). 

Diese  Aste  bilden  Flexusse  von  viszero-motorischen  Fasern,  z.  B.  in 
dem  Gebiete  des  Atriums  (Fusari,  van  Wijhe,  Dogiel,  Kutciun).  Hierin 
kommen  auch  multipolare  Zellen  vor,  sodaß  es  sehr  wahrscheinlich  ist, 
daß  neben  direkten  viszero-motorischen  Wurzelfasern  zu  der  quergestreiften 
viszeralen  Muskulatur  des  Atriums  und  der  M.  M.  transversi  auch  das  indi- 
rekte, sympathische  System  der  prä-  und  postganglionären  Fasern  (siehe 
S.   19  u.  w.)  hier  bereits  vorkommt. 

Von  den  sekundären  Neuronen  des  Rückenmarkes  sind  in  erster  Stelle  die 
„Kolossalzellen"  '^)  Rohde's  zu  nennen  (Fig.  47,  48,  49). 

Diese  Zellen  liegen  meistens  in  der  Mittellinie  des  Rückenmarkes, 
oberhalb  der  ventralen  Erweiterung  des  Zentralkanales,  sodaß  ein  Teil 
ihres  Zellkörpers  in  die  linke  Hälfte  und  der  andere  Teil  in  die  rechte 
Hälfte  des  Rückenmarks  hineinragt. 

Nach  RoHDE  sendet  die  vordere  Kolossalzelle  (dicht  hinter  der  linken 
sechsten  sensiblen  Wurzel  gelegen),  ihren  Achsenzylinder  durch  den  ven- 
tralen Teil  des  Rückenmarkes  nach  hinten.  Hierauf  folgt  eine  Gruppe  von 
Zellen,  die  sicii  l)is  zur  XI  Septahvurzel  erstrecken  und  abwechselnd   iiire 


')  Johnston  findet,  daß  diese  Zellen,  welche  eine  ununterbrochene  Reihe  in  dem 
Rückenmark  bilden,  den  viszero-motorischen  Zellen  der  Fische  sehr  ähnlich  sind.  Es  ist 
mir  nicht  gelungen,  dieselben  mit  Sicherheit  üu  identifizieren. 

^)  Sie  unterscheiden  sich  von  den  großen  mehr  frontal  gelegenen  pignienllo^en  Lic-ht- 
zellen  Joseph's,  (oberhalb  des  Ventriculus  posterior,  Fig.  42),  durch  den  Mangel  eines  pali- 
sadenähnlichen Marksaumes  und  treten  erst  auf,  wo  die  Lichtjellen  von  Josiii'H  nicht  mehr 
vorkommen,  während  sie  außerdem  innerhalb  das  Zentralnervensystems  liegen,  nicht  dar- 
auf, wie  jene.  Die  photorezeptorische  Funktion  der  Zellen  von  Joseph  ist  bis  nicht  bewiesen. 


DAS    RUCKENMARK    VON    AMPHIOXUS. 


107 


Aclisenzylinder  auf  der  linken  und  rechten  Hälfte  des  dorsalen  Teiles  des 
Rückenmarkes  ebenfalls  nach  hinten  schicken. 

Zwischen  der  XI  und  XXXIX  Wurzel  sollen  keine  Kolossalzellen  vor- 
kommen;  aber  eine  kaudale  Gruppe  von  etwa  vierzehn  Zellen  tritt  wieder 

Dorao-lat.  str. 
V.  Hinterwurz.  fasern. 


Hinturw. 


Riesenzelle. 


Fig.  47.     Lage  einer  Riesenzelle  auf  den  Niveau  des 
llinterwiirzeleintrittes  bei   Ampliioxus. 


M.  W. 


s.  w. 


M.  W. 


S.  W. 


S.  W. 


M.  W. 


S.  W. 


M.  W. 


Fig.  48.     Schema  der  Bogenfasern.  Lage  ilirer  Ursprungszellen  aut 

dem  Niveau  der  sens.  Wurzeln  und  Verlauf  ihrer  Axonen 

in  stimu'.o-konkui renter  Richtung,  n.  Retzius. 

auf  zwischen  der  XXXIX  und  LXI  sensiblen  Wurzel,  welche  nun  jedoch 
ihre  Achsenzylinder  (abwechselnd  rechts  und  links)  in  die  ventralen  Sei- 
tenteile des  Rückenmarkes  frontalwärts  schicken. 

Daß  diese  sensiblen  Reflexzellen  in  der  Mitte  des  Markes  fehlen,  hängt 
wohl  zusammen  mit  der  Tatsache,  daß  die  Haut  in  der  Mitte  des  KTirpers 
nur  eine  geringe  Empfindlichkeit  aufweist  (vergl.  S.   111,  unten). 

Ihre  Lage  resp.  Entwicklung,  fast  immer  auf  dem  (^uerniveau  des 
Eintrittes  einer  sensiblen  Wurzel,  (Vergleiche  Fig.  47,  4<S  und  49.)  scheint 
durch  die  Reize  jener  Wui'zeln  bedingt  zu  sein. 


108 


DAS    KUCKENMARK    VON    AMPHIOXUS. 


Der   Verlauf  des   dicken   Neuriten   dieser    Zellen    ist    sehr   auffallend. 

Der  dicke  Achsenzylinder,  wie  alle  Fasern  in  dem  Rückenmark  von 
Amphioxus,  marklos,  geht  erst  nach  derjenigen  Seite  des  Rückenmarkes, 
welche  dem  Reizeintritt  abgekehrt  ist,  während  die  Basis  der  Zelle  den 
eintretenden  Wurzelfasern  zugewandt  ist. 

Dieser  Achsenzylinderverlauf,  welcher  dem  eintretenden  Reizstrom 
entspricht  (stimulokonkurrent),  ist  in  völliger  Übereinstimmung  mit  den 
Daten  der  stimulogenen  Entstehung  des  Achsenzylinders  (stimulogene  Akti- 
vierung Bok's:  siehe  Kaj^.  I,  S.  63  und  64). 

An  der  Peripherie  des  Rückenmarkes  angekommen,  biegt  der  Axon 
unter  dem  Zentralkanal  durch  nach  der  andern  Seite  und  läuft  dann  weiter  in 

longitudinaler  Rich- 
tung (Fig.  48  und  49). 

In  seinem  ersten 
Verlauf  uaeli  vorn-unten 
gehen  einige  Kollateralen 
ab,  die  sich  diehotomiseh 
verzweigen  können  ;  der 
dickste  Ast  davon  geht 
auch  nach  vorn  (Fig.  49). 

Man  hat  diese  Zel- 
len verschieden  inter- 
pretiert. 

Wir  müssen  sie 
meinesErachtens  iden- 
tifizieren mit  den  Kom- 
missurzellen  (His'- 
schen  Bogenfasern)  der 
höhern  Wirbeltiere 
(vergl.  auch  Biel- 
scHOWSKY  und  Woi-ff). 


Fig.  49  n.  Retzius. 
Eintritt  einer  sensiblen  Wurzel  und  Ausstrahlung  ihrer  Heize 
auf  einer  Kolossalzelle.  Anfangsverlauf  des  Achsenzylioders 
der  letzteren  mit  der    Richtung    des    Reizstronies   (stimulo- 
konkurrent). 


Wie  wir  unten  se- 
hen werden,  kommen 
auch  dort  bereits,  in 
einem  sehr  frühen  .Sta- 
dium, sekundäre  Neuronen  vor,  deren  Körper  meistens  im  dorsalen  Abschnitt 
des  Eüekeumarkes  liegen  uud  deren  Axonen  in  der  Commissura  anterior,  also 
unterhalb  des  Zentralkanales  kreuzen.  Sie  gehören  dort  nicht  nur  zu  den  zuerst 
sich  anlegenden  Zellen  des  Markes,  sondern  stimmen  auch  insofern  mit  den  Kolos- 
salzellen Kohde's  überein,  daß  die  frontalen  Zellen  dieser  Art  ihre  Achsenzylinder 
nach  hinten  und  die  kaudalen  Zellen  ihre  ,\chsen/,y linder  nach  vorn  senden  (bei 
den  Vögeln;    Bok). 


Dali  die  Achsenzylinder  der  vorderen  Gruppe  nach  hinten  laufen,    ist 
im    Einklänge    mit  der  phj'siologischen  Tatsache,  daß  die  meisten  Reflexe 


DAS    RÜCKENMARK    VON    AMPHIOXUS.  109 

iiucli  bei  Amphioxus  aboral  verlaufen.  Die  zablreichen  frontal  verlaufenden 
Achsenzylinder  sind  dadurch  zu  erklären,  daß,  was  die  Hautempfindlichkeit 
betriift,  auf  den  Kopf  der  Schwanz  i)  folgt  und  viele  Schwanzempfindungen 
oral  elaboriert  werden. 

Neben  diesen  gekreuzten  Reflexbahnen  gibt  es  bipolare  Zellen,  welche 
nach  vorn  und  hinten  einen  Ausläufer  aussenden  und  als  kurze  homola- 
terale Schaltneuronen  (Strangzellen)  zu  deuten  sind. 

Zwischen  den  Ependymzellen  des  Zentralkanals  sind  außerdem  von 
Edinger  und  Stendell  Sinnesnervenzellen  beschrieben,  deren  Neuriten 
bisweilen  konvergieren  und  sich  verschmelzen  sollen  und  eine  überraschende 
Übereinstimmung  mit  ähnlichen  von  Tret.takoff  bei  Zyklostomen  beschrie- 
benen Elementen  aufweisen.  Nähere  Angaben  über  diese  interressanten 
Wahrnehmungen  sind  indessen  noch  zu  erwarten. 

Schließlich  muß  ich  noch  eine  Zellart  in  diesem  Rückenmark  er- 
wähnen,  die  sicher  als  Sinneszelle  zu  betrachten  ist. 

In  dem  Rückenmark  kommt  (bei  Branchiostoma  carribaeum  von  dem 
dritten  Segment  an)  neben  und  unter  dem  Zentralkanal  eine  Anzahl  seg- 
mental grujipierter  Pigntentaugen  vor:  in  den  vorderen  Segmenten  (vom 
vierten  an)  etwa  25,  in  der  Mitte  des  Körpers  viel  weniger,  in  den  Schwanz- 
segmenten wieder  etwas  mehr  -)  (vergl.  hierzu  Fig.  52). 

^'on  Hesse  wurde  nachgewiesen,  daß  diese  Pigmentaugen  Komplexe 
zweiner  Zellen  sind,  einer  kappenförmigen  Pigmentzelle,  in  deren  Konkavität 
eine  große  unpigmentierte  Zelle  liegt,  die  Sehzelle  (vergl.  Fig.  51). 

Diese  zweizeiligen  Augen  liegen  so,  daß  diejenigen,  welche  unter  dem 
Zentralkanal  und  rechts  davon  liegen,  die  Konkavität  ihrer  Pigmentkappe 
annäherend  nach  unten  getift'net  haben,  also  ventralwärts  sehen,  während 
diejenigen,  welche  links  davon  liegen,  annähernil  nacii  oben  sehen 
(Fig.  50). 

Die  meisten  dieser  Zellen  sehen  also  ventralwärts,  eine  geringere  Zahl 
•  dorsalwärts.  Da  das  Tier  jedoch  meistens  auf  der  Seite  liegt  „sehen"  die 
Augen  praktisch  seitwärts  (horizontal)  und  zwar  die  meisten  nach  der  Seite, 
wo  auch  der  Fimbrialapparat  (des  Mundes)  liegt,  während  eine  geringere 
Anzahl  in  der  entgegengesetzten  Richtung  sieht.  Der  Stand  der  Augen 
entspricht  jedenfalls  der  am  meisten  gebrauchten  Seite  des  Tieres. 


')  Daß  die  dort  einwirkenden  Reize  frontal wärts  ii bertragen  werden,  steht  auch  mit 
der  von  Parker  gefundenen  Tatsache  im  Einklänge,  daß  die  motorische  Reaktion  von 
Reizen  irgend  welcher  Art  in  einer  abgeschnittenen  hintern  Hälfte  von  Amphioxus  stets 
viel  geringer  ist  als  in  einer  abgeschnittenen  vordei'n  Hälfte  oder  eines  ganzen  Tieres, 
von  welchem  allein  die  hintere  Hälfte  stimuliert  wird.  Hiei'aus  zeigt  sich,  daß  das  stärkste 
effektive  Zentrum  frontal   liegt  und  daß  die  kaudalen  Reize  liieihin  aufsteigen. 

Diese  physiologischen  Befunde  stimmen  auch  sehr  gut  mit  der  Tatsache  übei'ein, 
daß  die  somatosensiblen  Wurzeln  alle  eine  Dichotomie  aufweisen,  deren  frontalste  Aus- 
läufei-  der  stärkste  ist. 

2)  Nach  BoEKE  ist  diese  Diil'erenz  bei  pelagischen  Larven  noch  größer. 


110 


DAS    RUCKENMARK    VON    AMPHIOXUS. 


Der    nach  der  Pigmentzelle  gekehrte  Saum  der  Lichtzelle  weist  einen 


Haut  des  Rückens 


A.  B. 

Fig.  50.   Sagittallschnitt  durch  das  Rückenmark  von 

Amphioxus,  A  links  vom  Zentralkaral.   B  unter 

dem    Zentralkanal    und   rechts  davon.  Man  beachte 

die  verschiedene  „Blickrichtung"  der  Lichtzellen. 


Streifen  mit  Sinnesstiftchen 
auf,  wodurch  man  an  die 
Sehzellen  mit  gestreiftem 
Saum  erinnert  wird,  wie 
er  auch  bei  den  Augenzellen 
der  Würmer  vorkommen 
kann. 

BoEKE  fand  (Fig.  51)  in 
demjenigen  Teile  der  Seh- 
zelle, der  in  dem  Pigment- 
becher liegt,  eine  linsenför- 
mige Anordnung  von  mehr 
hyalinem  Protoplasma  (o) 
und  zwischen  dieser  Linse 
und  dem  Kern  fand  er  so- 
gar eine  zweite  Ansamm- 
lung (6)  linsenförmig  an- 
zentraikau.  geordneten  Protoplasma's, 
wovon  er  vermutet,  daß 
es  ebenfalls  mit  der  Ge- 
sichtsfunktion in  Verbin- 
dung steht. 

Die  Fibrillen  dieser  Zel- 
len, die  gleichfalls  von 
BoEKE    nachgewiesen    wur- 


den, zeigen  eine  charakteristische  Anordnung  (siehe  Fig.  51). 

Es  ist  schade,  daß  es  keinem 
der  Untersucher  gelungen  ist,  den 
Achsenzylinder  (Nervenfortsatz),  der 
die  Gesichtszelle  an  der  der  Pig- 
mentzelle gegenüberliegenden  Seite 
(c)  verläßt,  weit  genug  zu  verfolgen, 
um  dessen  Verbindung  kennen  zu 
lernen. 

Man  könnte  daran  zweifeln, 
berechtigt  zu  sein,  aus  dem  Bau 
der  Zellen  auf  die  optische  Funk- 
tion derselben  zu  schließen. 

Es  ist  diesbezüglich  zu  bemer- 
ken, daß  die  optische  Funktion 
dieser   Zellen   auch  experimentell  bewiesen  wurde 


Fig.  51.    Lichtzelle  und  deren  Fibrillen 

bei  Amphioxus  n.  Boeke. 
c,    Abgangsstelle  des  Nervenfortsatzes. 


Parker    zeigte,  daß  die  früher  oft  angenommene  Lichtsensibilität  des 


DAS   RUCKENMARK    VON    AMPHIOXXJS. 

vordem  Pigmentfleckes  (der  Hirnblase)  nicht  besteht. 
Dann  hat  er  (wie  bereits  Krausk)  gezeigt,  daß  das 
Rückenmark  von  der  Stelle  an,  wo  die  Lichtzellen  vor- 
kommen, lichtempfindlich  ist  und  daß  diese  Licht- 
empfindlichkeit mit  der  Verteilung  der  genannten 
Zellkomplexe,  in  dem  Rückenmark  übereinstimmt, 
indem  derjenige  Teil  des  Rückenmarkes  am  wenig- 
sten empfindlich  ist  für  Licht,  welcher  die  geringste 
Zahl  dieser  Zeil-komplexe  enthält.  So  findet  man  als 
Schwellenwert  der  Lichtwirkung  in  der  Mitte  25, 
gegen  vorne  1   und  hinten  1,5. 

Da  die  Haut  i)  überall  gleich  gebaut  ist,  kann 
die  Differenz  in  der  Lichtempfindlichkeit,  und  damit 
die  Lichtempfindlichkeit  selber,  nur  erklärt  werden 
durch  die  oben  erwähnten  Zeil-Komplexe. 

Es  ist  klar,  daß  wir  es  bei  den  optischen  Funk- 
tionen dieses  Tieres  nur  mit  sehr  pi-imitiven, 
wesentlich  vitalen  optischen,  Funktionen  zu  tun 
haben.  Die  Organe  nehmen  keine  Gegenstände 
walir,  aber  dienen  nur  dazu,  den  Stand  des  Körpers 
in  Bezug  auf  das  Licht  zu  regulieren   {Photostatik). 

Oljschon  es  nicht  in  den  Grenzen  dieses  Buches 
liegt,  die  Physiologie  der  Sinnesorgane  zu  behan- 
deln, will  ich  doch  noch  einiges  mitteilen  über  die 
übrigen  Befunde  Parkers,  was  Temperatursinn, 
Tastsinn  und  chemischen  Sinn  anbelangt,  weil  dar- 
aus hervorgeht,  welche  Sinnesempfindungen  im 
Ivückenmark  die  primitivsten  sind. 

Amphioxus  reagiert  auf  grobe  Temperatursver- 
änderüvgen.  Die  Kälte  hat  nur  einen  stimulierenden, 
die  Wärme  einen  stimulierenden  tind  richtenden 
Einfluß. 

Ein  grober  Berührungssinn  ist  ebenfalls  ent- 
wickelt und  hierfür  gilt,  wie  bei  den  meisten 
Fischen,  daß  das  Vorderende  des  Tieres  2)  am  meisten 
empfindlich  ist  (namentlich  die  Girri),  dann  der 
Schwanz  und  das  Mittelstück  am  wenigsten  (S.  107). 


111 


Kopf. 


')  Die  Haut  dieses  Tieres  soll  außerdem  nicht  empfind- 
lich sein  für, Licht.  Bloß  Siißwassertiere  sollen  dermalo  pho- 
toreceptoriscli  sein  nach  Parker. 

2)  Wahrscheinlich  wird  von  haart  ragen  den  taUtilen  Zellen 
auch  eine  Vibiation  empfunden,  die  sonst  (bei  höheren  Tieren) 
vom  Lateralorgan  perzii)iert  wird. 


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Schwanz. 


112  DAS  KÜCKENMARK  DER  ZYKLOSTOMEN. 

Das  Tier  weist  außerdem  eine  Empfindlichkeit  für  Säuren,  Alkalien 
und  bittere  Stoffe  (nicht  für  süße)  auf. 

Dieser  chemische  Sinn  ist  am  meisten  auf  den  Cirri  und  Tentakeln 
entwickelt,  die  sogar  mit  einer  Art  von  Sinneszellen  versehen  sein  sollen 
(DoGiEL,  KuTf'Hrx),  was  ich  indessen  bezweifle.  Nach  dem  Kopf  ist  der 
Schwanz  am  empfindlichsten,  und  am  geringsten  empfindlich  für  chemische 
Reize  ist  der  mittlere  Teil  des  Körpers. 

Wir  werden  später  sehen,  daß  dies  dem  \'erhalten  entspricht,  wie  man 
es  im  allgmeinen  bei  Fischen  findet. 

Meistens  ist  die  Reaktion  eine  negative.  Die  peripheren  Endigungen 
sind  alo  überwiegend  nozirezeptiver  Natur.  Es  handelt  sich  hierbei  aus- 
schließlich um  freie  Nervenendigungen,  welche  neben  den  bereits  genannten 
Reizen  zweifellos  auch  für  Schmerz  empfindlich  sind.  Indessen  dürften  die 
freien  Endigungen  doch  auch  gmto-rezeptiver  Natur  sein  (siehe  S.  35) ; 
jedenfalls  sind  ihre  Empfindungen  wohl  stets  von  einem  Affekt  begleitet 
(protopathisch:   Head). 

Eigentümlich  ist,  daß  man  in  den  somatischen  Muskeln  dieses  Tieres 
noch  keine  sensiblen  Fasern,  oder  jedenfalls  keine  Hinterwurzelfasern  hin- 
ein verfolgt  hat  und  wir  somit  annelnnen  müssen,  solange  keine  anderen 
Angaben  vorliegen,  daß  die  Muskelempfindungen  geleitet  werden  von  den 
Vorderwurzeln  (ob  dies  geschieht  in  der  Weise  wie  es  bei  Säugern  von 
Sherrington  und  Tozer  nachgewiesen  ist  für  die  Augenmuskelnerven 
der  Säuger,  oder  in  andei'er  Weise,  ist  unsicher). 

Die  Hüllsubstanz  dieses  Eückenmarkes  wird,  wie  es  scheint,  nur  von  Epen- 
dymzellen,  die  mit  radiären  Ausläufern  versehen  sind,  dargestellt  (Nansen,  Eohde, 
Lenhossek,    Köllikee).   Autonome  Gliazellen  kommen  hier  nicht  vor. 

Also  ein  sehr  primitiver  Zustand,  wie  man  ihn  bei  Embryonen  höherer 
Tiere  nur  noch  in  den  ersten  Stadien  der  Entwicklung  findet.  Die  Ependymfasern 
scheinen  auf  ihrem  Wege  Nervenfasern  zu  umspinnen  (Eeik  Müller),  ohne  in- 
dessen zu  der  Bildung  eines  autonomen  (vom  Zentralkanal  getrennten)  Glia- 
gewebes  zu  führen  1). 

Eine  Differenzierung  von  Rückenmarkshüllen  kommt  nicht  vor,  wohl  ein  loses 
Gewebe,  welches  vielleicht  als  Menins  primitiva  zu  deuten  wäre  (Steezi),  aber  auch 
die  Anlage  des  späteren  endorrhachitischen  Gewebes  (siehe  S.  121)  in  sich  hält. 
Intramedulläre  Bindesgewebssepten  und  intramedulläre  Blutgefäße  fehlen. 

Das  Rückenmark  der  Zyklostcmen, 

obschon  noch  ganz  marklos,  wie  dasjenige  von  Amphioxus,  zeigt  uns  doch 
bereits  viel  liöher  organisierte  Verhältnisse. 

Zwischen  den  beiden  Unterklassen  der  Zyklostomen,  den  Petroviyznnteii 
und   den   Myxinoiden,   besteht   ein    erheblicher   Unterschied,  namentlich  in 


')  Einige,  vom  letztgenannten  Autor  in  seiner  Arbeit  über  dieses  Thema,  in  den  Ner- 
venaustrittshügeln   nathgewiesnen    Zellen    sollen  in  Bezug  darauf  eine  Annahme  machen. 


DAS    KUOKEXMAKK    DER    ZYKLOSTOIvIEN. 


113 


dem    Bau    des    Hirnanteils  des  zentralen  Nervensystems,  aber  ihr  Rücken- 
mark ist  in  den  meisten  Hinsichten  älinlich. 

Die  Myxinoiden  sind  in  manchen  Hinsichten  eine  regressive  Form,  bei  welcher 
der  Optikus,  die  Aiigenmuskelnerven  und  von  den  Kiemenbogennerven  wahrscheinlich 
auch  der  N.  glossopharyngeus  (Johnston,  Röthig,   Black)  fehlen. 

Wir  müssen  in  dem  Fehlen  dieser  Elemente  eine  sekundäre  Atrophie,  eine 
Begression,  sehen. 

In  einigen  Hinsichten  zeigen  sie  aber  primitk-ere  Verhältniße,  so  in  dem 
Besitz  einer  viel  größern  Zahl  von  Kiemenbogen,  während  sie  andererseits,  und 
zwar  gerade  im  Bückenmark  in  der  Verbindung  von  Vorder-  und  Hinterwurzeln, 
sowie  in  dem  Besitz  von  iutra-medullären  Blutgefäßen  (Sterzt),  einen  iceiteren 
ForUchriU  in   der   Entwicklung  aufweisen. 

Nur  bei  den  Embryonen  dieser  Klasse  hat  das  Rückenmark  noch  eine 
prismatische    Form,    später   liegt  es  wie  ein  dünnes  Band  auf  der  Chorda. 

Diese  sekundäre  Abflachung  ist  nach  Tret.iakoff  eine  Anpassung  an 
den  Mangel  an  intramedullären  Blutgefäßen,  weil  dadurch  die  innere 
Ernährung  aus  dem  oberflächlichen  Gefäßnetz  erleichtert  wird.  Daß  nur 
die  Abwesenheit  von  intramedullären  Blutgefäßen  die  Abflachung  verur- 
sacht, ist  aber  unwahrsclieinlich,  weil  auch  das  Rückenmark  von  Myxine, 
worin  wohl  intraraedulläre  Gefäße  vorkommen,  abgeflächt  ist. 

Nach  Allen  soll  der  Druck  der  Chorda  die  Abflachung  herl)eiführen. 

Beide  Meinungen  bedürfen  wohl  noch  einer  weitem  Prüfung:  mögli- 
cherweise spielen  beide  Fak- 
toren und  noch  andere  eine 
Rolle,  denn  der  Wirbelka- 
nal ist  so  weit,  daß  eine  Ab- 
flachung durch  Druck  nur 
dann  verständlich  wäre, 
wenn  man  annehme,  daß 
dem  Rückenmarke  nicht 
nach  dorsalwärts  Raum  ge- 
macht werden  könne,  und 
weshalb.  Ob  die,  nament- 
lich dorsal,  so  starke  Ent- 
wicklung des  perimenin- 
gealen  Gewebes  dabei  eine 
Rolle  spielt? 

Der  Zentralkanal  des 
Rückenmarkes  ist  beklei- 
det von  Ependym,  dessen 
ventrale  Elemente  .sich  durch  ihre  Größe  auszeichnen. 

Ähnlich  wie  bei  Amphioxus  wird  er  bei  den  Zyklostomen  in  der  hin- 
tersten Schwanzregion  (Fig.  53)  oft  etwas  weiter. 

Das  Rückenmark  besteht  dori  nur  aus  einem  Ependymsack  (Retzius), 
indem  die  nervöse  Substanz  bereits  bei  der  Verjüngung,  welche  der  saek- 
Kappers.  8 


Fig.  53.  Hinteres,  am pullär  erweitertes  Rückenmarksende 
von  Petromyzon,  n.  Retzius. 


114 


DAS    RllCKENlMARK    DER    ZYKLOSTOMEN. 


förmigen    Erweiterung  des  Zentralkanals  vorangeht,  fast  gänzlich  verloren 
gegangen  ist. 

Da  bei  den  Zyklostomen  das  Alternieren  der  Myotome  der  linken  Seite 
mit  derjenigen  der  rechten  (wie  wir  sie  bei  Amphioxus  fanden)  nicht  be- 
steht, findet  bei  diesen  Tieren  auch  kein  regelmäßiges  Alternieren  der 
Wurzelaustritte  der  linken  und  der  rechten  Seite  statt,  wenn  auch  nament- 
lich in  den  motorischen  Wurzeln  noch  nicht  die  ausgeprägte  Symmetrie 
besteht  wie  bei  den  höhern  Wirbeltieren. 

SclialtzcUe. 


-   Hint.W. 


Querschn.  MüUer'sche  Motor. zelle. 

raseni . 

Eig.  54.     Querschnitt  durch  das  Rückenmark  von  Ammocoetes  n.  Tret.iakofk. 

In  Fig.  54  sieht  man  aber,  wie  die  linke  und  die  rechte  Hinterwurzel 
auf  demselben  Querniveau  eintreten. 

Während  wir  in  dieser  Hin- 
sicht eine  Annäherung  an  das  Ver- 
halten bei  höhern  Tieren  sehen, 
besteht  in  andern  Hinsichten  noch 
eine  Übereinstimmung  mit  dem 
Lauzettfischchen. 

In  erster  Linie  treten  die  sen- 
siblen Wurzeln  nicht  auf  demselben 
Quer-Niveau  aus  wie  die  motori- 
schen, sondern  frontal  davon  i). 

Letztere  erscheinen  daher  im- 
mer auf  einem  Niveau  zwischen 
denjenigen  zweier  sensiblen  Wur- 
zeln (Fig.  55). 

Dieses  Alternieren  der  sensi- 
blen    und     motorischen     Wurzeln, 


V.W, 


Ganglion 
H.W. 


V.W,  - 


Fig.  55.     Alternierendes   Austreten   der 
Vorder-  (V.  W.)  und  Hinterwurzoln 
(H.W.)    bei    Petromyzon,    n,   .Ioiinstun, 

')  Dieser  Punkt  verdient  wohl  eine  nähere  Untersuchung,  denn  bei  Tieren,  wie  Petro- 
myzon, wo  die  Vorder-  und  Hinterwurzeln  sich  nicht  vereinen,  ist  es  fraglich,  welche 
Wurzeln  (vorne  und  hinten)  zusammen  gehören. 


DAS  RÜCKENMARK  DER  ZYKLOSTOMEN.  115 

welches  mit  der  intraniyotonialen  Endigung  der  motorischen  und  dem  inter- 
myotomalen  Verlauf  der  sensiblen  Wurzeln  zusammenhängt,  wird  kaudal 
weniger  regelmäßig. 

Noch  in  einer  zweiten  Hinsicht  zeigt  sich  ein  primitives  Verhalten 
bei  den  Zyklostomen,  indem  die  dorsale  und  die  ventrale  Wurzel  sich  bei 
Petromyzon  nicht  zu  einem  Stamme  vereinen,  was  mit  der  erwähnten 
Alternanz  der  Wurzeln  im  Zusammenhang  stehen  dürfte  (Fig.  55). 

Nur  bei  den  Myxinoiden  findet  eine  Verbindung  der  dorsalen  und 
ventralen  Wurzel  zu  einem  gemischten  Spinalnerven  statt. 

Die  beiden  vordersten  Paare  der  Rückenmarksvorderwurzeln,  welche 
den  frontalsten  Abschnitt  der  ventralen  Rumpfmuskulatur  von  Petromyzon 
innervieren,  dürfen  nicht  mit  den  vordersten  sog.  spino-okzipitalen  Nerven 
(Fürbringer)  der  höhern  Fische  homologisiert  werden,  weil  sie  (präbran- 
chiale)  Myomeren  innervieren,  welche  dort  verloren  gehen  (Büntschli). 
Erst  darauf  folgen  in  Petromyzon  die  Spino-okzipüalnerven,  d.  i.  solche 
Spinalnerven,  welche  bei  höher  entwickelten  Wirbeltieren  i)  in  den  Schädel 
aufgenommen  werden  und  später  in  den  Hypogiossus  aufgehen  (vergl. 
Kap.  V).  Erst  dann  folgen  die  bleibenden  Spinalnerven. 

Alle  diese  Nerven  treten  jedoch  bei  Petromyzon  noch  außerhalb  seines 
(Paläo-)  Kraniums  aus  vind  sind  nach  demselben  Prinzip  gebaut. 

Die  Ursprungszellen  der  ventralen  Rückenmarkswurzeln  liegen  fast  nie  auf 
dem  Niveau  ihres  Wurzelaustrittes.  Fast  stets  legt  der  motorische  Achsen- 
zylinder, unter  Abgabe  von  intramedullären  Kollateralen,  eine  erhebliche 
Strecke  in  kaudaler,  seltener  in  kranialer  Richtung  ab,  bevor  er  austritt. 
Dieses  Verhalten  kann  seine  Ursache  finden  in  der  Tatsache,  daß  die  moto- 
rischen Wurzelfasern  in  ihrem  primitivsten  Zustande  als  Kollateralen  von 
längsverlaufenden  intramedullären  Fasern  entstehen  (vergl.  Fig.  72  B), 
deren  Ursprungszellen  meistens  auf  frontaleren  Niveaus  liegen.  Es  kann 
aber  auch  damit  zusammenhängen,  daß  die  sensiblen  Wurzeln,  deren  Reiz 
die  Lage  der  motorischen  Zellen  mitbestimmt,  nicht  auf  demselben  Niveau 
eintreten  2)  als  die  motorischen. 

Die  Ursprungszellen  (welche  bei  Amphioxus  zentral  liegen)  weisen  beiden 
Zyklostomen  bereits  eine  seitliche  Auswanderung  auf.  Man  findet  bei  diesen 
Tieren  sogar  deutliche,  flügelähnliche  Hörner  grauer  Substanz.  Von  Hinter- 
hörnern und  Vorderhörnern  kann  man  dabei  nicht  reden ;  jederseits  ist  nur 
ein  Hörn  (Fig.  54  und  58).  Die  motorischen  Zellen  liegen  im  seitlichen 
Abschnitt  dieser  Flügel  und  weisen  eine  multipolare  Gestalt  auf  (Fig.  54). 

Ihre  Dendriten  haben  die  Eigentümlichkeit,  sich  in  einer  senkrecht 
auf  dem  Längsschnitt  des  Rückenmarkes  stehenden  Fläche  zu  verästeln 
(siehe  Fig.  56  und  57). 

Ein   Teil   davon    setzt    sich    mit   Endfüßchen    auf    die    longitudinalen 


')  Teilweise    bereits   bei    Plagiostomen:  Okzipitalnerven  Fürbringer's  (Siehe  S.  123). 
*)  Die  korrespondierende  sensible  Wurzel  soll  meistens  frontaler  eintreten. 


116  DAS    RÜCKENMARK    DER    ZYKLOSTOMEN. 

Nervenfasern    des  Markes ;  die  meisten  legen  sicli  aber  der  Peripherie  des 
Rückenmarkes  an  (Fig.  57). 

Wir  müssen  diesen  auffallenden  Querstand  der  Dendriten  in  einer 
Ebene  —  (wie  er  auch  von  der  PuRKiNJE'schen  Zellen  in  der  Molekular- 
schicht des  Kleinhirns  vorkommt;  Fig.  7)  —  der  seitlichen  ßeizirradiation 
der  zahlreichen  marklosen  Achsenzjiinder  dieses  Rückenmarks  7Aisehreiben  i). 


Fig.  56.  Fig.  57. 

Flächenartige  Ausbreitung  der  Dendriten  der  großen  Rückenmarks- 
zellea  von  Ammocoetes  n.  Tretj.\koff. 
Fig.  56.     Längsschnitt  durch  das  Rückenmark. 

Fig.  57.  Querschnitt  durch  das  Rückenmark  (man  beachte  das  mar- 
ginale Dendritennetz  und  die  Umspinnung  der  MüLLERschen 
Fasern  (rechts)  durch  Dendriten). 

Es  ist  möglich,  daß  die  Vorderwurzeln  neben  den  üblichen  somato- 
motorischen  Fasern  (der  quergestreiften  Muskulatur)  hier  auch  bereits  viszero- 
motorische  (präganglionäre  sympathische)  Fasern  führen,  obschon  die  Mehr- 
heit letzterer  hier,  wie  bei  Amphioxus,  noch  in  den  Hinterwurzeln  verläuft. 

Diese  enden  als  präganglionäre  Fasern  in  kleinen  multipolaren  Zellen,  welche 
den  Arterien  aufliegen  und  als  sympathische  Ganglien  zu  deuten  sind.  Eine  Ver- 
bindung dieser  Granglien  mittels  eines  Grenzstranges  kommt  noch  nicht  bei  diesen 
Tieren  vor.  Die  Lage  der  präganglionären  Ursprungszellen  im  Rückenmark  ist 
nicht  genügend   ermittelt. 


')  Tretjakoff  meint,  sowohl  diesen  Querstand  als  die  Anschraiegung  der  Endfüßchen 
an  die  Peripherie  des  Markes  aus  besseren  Ernährungsverhälmissen  an  der  Oberfläche 
erklären  zu  können,  da  das  Rückenraaik  von  Petromyzon  keine  Blutgefäße  enthält.  Dies 
erklärt  aber  nicht  den  Quei  stand  derselben  und  konnte  höchstens  zu  ihrer  peripheren 
(marginalen)  Verästelung  beitragen. 

Meine  Auffassung  wird  übrigens  dadurch  bestätigt,  daß  die  Purkinjezellen  sich  auch 
in  einer  Ebene  verästeln,  die  senkrecht  zu  den  longitudinalen  Parallelfasern  der  Molekular- 
schicht steht.  Daß  in  letzterm  Falle  keine  pialen  Ernährungseinflüsse  mitspielen,  ist  des- 
halb sicher,  weil  die  Molekularschicbt  des  Kleinhirns,  im  Gegensatz  zu  dem  Rückenmark 
von  Petromyzon,  viele  Blutgefäße  enthält.  Auch  das  Rückenmark  von  Myxine,  welchei- 
wohl  Blutgeföße  enthält,  weist  diesen  Querstand  auf. 


DAS    KUCKKNJIARK    DER    ZYKLOSTO.MKN. 


117 


Die  Hinterwurzeifi  und  deren  zugehörige  Zellen  sind  ein  Objekt  vieler 
Kontroversen  gewesen. 

Ihre  sensiblen  Fasern,  deren  periphere  Verästelungen  nur  freie  Endigun- 
gen (iceine  Tasticörper)  aufweisen,  entstehen  überwiegend  aus  e:cfo'a-medullären 
Zellen,  die  im  Gegensatz  zu  Amphioxus  zu  wirklichen  Knötchen  voreint  sind 
und  spindelförmige  Verdickungen  der  Hinterwurzeln  verursachen  (Fig.  55). 

Diese  Zellen  sind  meistens  bipolar.  Es  kommen  zwischen  ihnen  aber 
bereits  Formen  vor,  bei  denen  der  periphere  und  der  zentrale  Auslaufer 
sich  nähern,  und  schließlich  solche,  wo  dieselben  sich  zu  einem  kurzen 
gemeinschaftlichen  unipolaren  Stamm  vereint  haben  (ähnlich  wie  in  Fig.  10). 

Ob  Petromyzon  außerdem  auch  noch  intramedulläre  sensible  Ganglien- 
zellen besitzt,  ist  zwar  nicht  endgültig  entschieden,  aber  sehr  wahrscheinlich. 


Sen- 
sible Dorsalzellen.                    Dorsalstr. 

^^^:.^f0^ßtfPr'  -■  -^                      Seitenstr. 

*  •-,    ^    ■'  .       -               ,'fcV-  .    '          ' '' -   .,   =                           /-A               Graue  Subst 

/'W-^^^m/^^^:'  ■■:.      --^rj 

,'         ' '                        '"■"'"  J 

"'-'-**>-A»-. 


■«^''^'«Kijiofeiiääei*^' 


O^ 


MüLLER'sche  Fasern. 
Fig.  58.      Querschnitt  durch  das  Rücltenmarli  v.  Petromyzon. 


Man  findet  in  der  hinteren  grauen  Substanz  große  Zellen,  welche  (Fig. 
58)  als  Dorsalzellen  (Fig.  59:  S.  D.  Z.)  beschrieben  sind.  Die  Frage,  ob  diese 
Zellen  einen  Ausläufer  in  die  Hinterwurzel  senden,  ist  verschieden  beant- 
worden.  Während  Tretjakoff  diesen  Verband  verneint,  kam  Beccari,  der 
diese  Sache  zuletzt  wieder  eingehend  untersuchte  ebenso  wie  Kolmer, 
zu  der  Überzeugung,  daß  sie  als  sensible  Ganglienzellen  zu  betrachten  sind, 
welche  (ebenso  wie  das  mit  einem  Teile  der  Ganglienzellen  bei  Amphioxus 
der  Fall  ist)  eine  intramedulläre  Lage  behalten  haben 

Er  ist  auch  meine  Ansicht,  daß  wir  hier  mit  intramedullären  sensi- 
blen Ganglienzellen  zu  tun  haben,  auch  auf  Grund  der  völligen  zytologi- 
schen  Übereinstimmung  dieser  Zellen  mit  den  intra-  und  supramedullären 
Wurzelzellen  bei  höhern  Fischen  (vergl.  Fig.  59  mit  Fig.  70). 

In  dem  Rückenmarke  des  ausgewachsenen  Petromyzons  sind  sie  in 
zwei  symmetrische  Reihen  angeordnet  (Fig.  58  und  59). 


118  DAS    RÜCKENMARK    DER    ZYKLOSTOMEN. 

Immerhin  bilden  diese  intramedullären  Spinalganglienzellen  i),  deren 
Ausläufer  das  dorsomediale  Bündel  des  Rückenmarkes  darstellen,  nur  einen 
geringen  Teil  der  Hinterwurzelfasern  (etwa  ein  Fünftel). 

Die  andern  Hinterwurzelfasern  gehören  (mit  Ausnahme  der  dünnen 
viszero-motorischen  Fasern)  den  extramedullären  Spinalganglien  an,  und 
treten  in  die  dorsalen  und  dorsolateralen  Stränge  des  Rückenmarks  ein. 
Die  dicksten  Fasern  teilen  sich  dichotomisch  (Nansen).  Die  weniger  dicken 
knicken  ohne  eine  solche  Verteilung  in  longitudinaler  Richtung  um. 

S.D.Z.  S.  D.Z.  S.      D.        Z. 


Dors.  Str. 


Graue  Subst. 


Müllersche  Fas. .  ....""'"'-«-^Xii-"--       ..■.-,--..  '>5«*»fei&>^^ 

.  _  «"is^,"     ..'-"-IS 


Vorderstr.  •■  v*;;^. '' 


Müllersche  Fas. 


Müllersche  Fas. 


Fig.  59.     Paramedianer   Sagittalschnitt  durch  das  Zervikalmark 
von    Petromyzon. 

Die  dichotomischen  Fasern  grenzen  an  das  dorso-mediale  Bündel  aus 
den  intramedullären  Ganglienzellen  und  (Tretjakoff)  senden  Kollateralen 
zur  Peripherie  des  Markes,  wo  diese  ein  Kontakt  mit  den  Dendriten  der 
motorischen  und  Schaltzellen  darstellen. 

Die  übrigen  sensiblen  Fasern  liegen  in  den  dorsolateralen  Strängen 
und  haben  weniger  Kollateralen.  Diese  verbinden  sich  aber  auch  an  der 
Peripherie  des  Rückenmarks  mit  den  Querdendriten  der  motorischen  und 
koordinatorischen  Zellen.  In  dem  peripheren  (sog.  marginalen)  Geflechte 
findet  also  ein  Übergang  der  sensiblen  Reize  auf  die  Dendriten  der  Schalt- 
zellen und  der  motorischen  Zellen  statt.  Der  direkte  Übergang  von  sensiblen 
Reizen  auf  dem  motorische  Zellkörper   ist  eine  Ausnahme. 


')  Es  bedarf  wohl  keiner  Betonung,  daß  diese  sensiblen  intramedullären  Zellen  wohl 
zu  unterscheiden  sind  von  den  viszeromotorischen  und  den  sog.  v.  LENHOSSEKschen  Zellen, 
welche  bei  Reptilien.  Vögeln  und  Säugern  im  Zervikalmark  beschrieben  sind  und  eben- 
falls ihre  .^chsenzj'linder  durch  die  Hinterwurzeln  nach  außen  schicken,  aber  als  motori- 
sche Wurzeltäsern  zu  deuten  sind.  Die  v.  LBNHOSSEK'schen  Zellen  liegen,  wo  sie  voikommen, 
in  den  Vorderhörnern,  haben  eine  exquisit  raultipolare  Gestalt  und  viele  Dendriten. 


DAS    RÜCKENMARK    DKK,    ZYICLOSTOMEN.  ll'J 

Auiiei-<leni  liegen  auch  hier  meistens  geicreuzt  und  ungekreuzt  verlaufende 
.sog.  endogene  Neuronen  zwischen  den  eintretenden  und  austretenden  Reizen. 

Yon  diesen  endogenen  Fasern  ist  in  erster  Stelle  eine  Bahn  zu  erwähnen, 
welche  wii-  bereits  bei  Aniphioxus  vorfanden,  und  welche  wir  hier  und  bei  höhern 
Wirbeltieren  als  einen  der  erstentstehenden  Bestandteile  des  Rückenmarkes  wie- 
derfinden werden  :  das  System  der  ventralen  Bogenfasern,  deren  Ursprungszellen 
wir  als  die  Homologa  der  Kolossalzellen  von  Amphioxus  betrachten  müssen. 

Die  Neuriten  dieser  Zellen  kreuzen  die  ventrale  Raphe  und  bilden 
dann  T-förmige  frontale  und  kaudale  Teilungen.  Diese  Teilungen  ver- 
laufen in  den  Vorderseitenstrang  und  enden  nach  kürzerm  oder  längerm 
Verlaufe,  mit  Kollateralen  in  dem  perij>heren  Dendritennetz,  teilweise  um  mo- 
torische oder  Schal t-Zellen,  in  den  seitlichen  Al)schnitten  der  grauen  Substanz. 

Eigentümlich  ist  es,  daß  —  wiihreiiil  wir  bei  liöberii  Wirbeltieren  die 
Zellkörper  dieser  Neuronen  die  ursprüngliche  in  dem  dorsalen  Abschnitt  des  Eücken- 
markes,  wo  man  sie  bei  Amphioxus  antraf,  noch  wohl  einmal  wieder  aufweisen,  — 
diese  Kommissurzellen  bei  Ammoeoetes  meistens  eine  ziemlich  ventrale  Lage 
haben  (Tbetjakoff). 

Letzteres  ist  meines  Erachtens  wohl  teilweise  der  Abdachung  des  Küeken- 
markes  zuzuschreiben,  wodurch  alle  Zellen  mehr  in  die  Seitenteile  gedrängt  werden. 

Eine  Anzahl  dieser  Zellen  dehnt  aber  ihr  Dendritennetz  noch  hinter  dem 
Zentralkanal  entlang,  in  die  andere  Hälfte  des  Markes  aus  (Commissura  protoplas- 
matica  posterior)   und  kann  aach  kontrolaterale  Keize  aufnehmen. 

Wie  weit  die  Fasern  dieser  gekreuzten  sekundär  sensiblen  Bahn  sich 
frontalwärts  ausdehnen  können,  ist  unbekannt.  Größtenteils  lösen  sie  sich 
wahrscheinlich  im  Rückenmark  selber  auf. 

Es  ist  aber  nicht  ausgeschlossen,  daß  neben  diesen  auch  schon  solche 
auftreten,  welche  sich  bis  in  die  Oblongata  ausdehnen  und  sensible  Re- 
llexe  auf  die  retikulären  Zentren  dei'selben  übertragen  können. 

Wir  finden  in  diesem  Bogenfasersystem  die  primitivste  sekundär  sen- 
sible Leitung  des  Rückenmarkes,  welche  die  ersten  sog.  vitalen  Gefühlseindrücke 
der  freien  Hautverästelungen,  die  grobe  Berührung,  den  Schmerz,  starcke 
7'em/)e'rato,?'-em]ifindungen  und  den  chemischen  Sinn  leitet  i). 

Es  ist  m.  1.  nicht  ausgeschlossen,  weil  die  sensiblen  Fasern  sich  auch 
in  den  Muskeln  verästeln,  daß  diese  primitive  Balni  auch  irgend  welche 
Muskelempfindungen   führt,    (vergl.    hier   zu    auch  S.  112  und   Fig.  72  B.). 

Außer  diesen  gekreuzten  Fasern  kommen  in  dem  Rückenmark  von 
i^etromyzon  ungekreuzte  Slrangfasen-n  vor,  welche  sich  vermutlich  mehr  in 
die  dorsalen  und  dorsolateralen  Stränge  begeben  und  als  intersegmentale 
Schaltneuronen  zu  betrachten  sind. 


')  Weshalb  (bereits  bei  Ani|)hioxus)1  die  primitive  vitale  Keflexbahn  gerade  gekreuzt 
verlauft  (was  mit  Her  überwiegenrl  negativen  Reflex-auslösung  zusammen  hängen  düifte) 
dafür  verweise  ich  nach  meiner  Abhandlung  „Ueber  die  Bildung  von  Bogenfasern  als 
priuiiire  Reflexl);iliu  der  vitalen  (protopathischen)  Kiuplindungen"  in  „Bijdragen  tot  de 
Dieikunde",  Amsterdam  1919. 


120  DAS    RÜCKRNMAKK    DER    ZYKLOSTOMEN. 

Beide  gehören  wesentlich  zu  dem   „Eigenapparat"  des    Rückenmarkes. 

Daneben  enthält  das  Rückenmark  von  Petrom^vzon  aber  auch  Elemente, 
welche  ilim  kraniale  Reflexe  übermitteln:  das  System  der  MüLLER'schen 
Fasern,  welciie  durch  ilire  Größe  auflallen  (Fig.  54,  58,  59)  und  deren 
Ursprung  in  dem  Mittulhirn  und  in  der  Oblongata  liegt   (vergl.  Fig.  298). 

Diese  Fasern,  deren  Zahl  jederseits  8  oder  6  beträgt,  lassen  sich  bis 
in  die  kaudalste  Region  verfolgen,  wo  sie  dem  einzigen  Lokomotionsorgan 
des  Tieres  (Petromyzon  hat  keine  Flossen),  dem  Schwänze,  überwiegend 
gleichseitige  Reize  aus  höheren  Zentren  zuführen. 

Dabei  ist  es  eigentümlich  daß  diese  Fasern  keine  Kollateralen  auf- 
weisen, sondern  in  einem  fort  zu  der  Schwanzregiou  laufen.  Unterwegs 
geben  sie  wahrscheinlich  aber  doch  seitliche  Impulse  ab ;  denn  die 
Dendriten  der  motorischen  Wurzelzellen  (und  Schaltzellen)  umspinnen  die 
MüLLER'schen  Fasern  in  einer  solchen  Weise,  daß  man  einen  Übergang 
des  Reflexes  auf  diese  Zellen  nicht  in  Zweifel  ziehen  kann  (Fig.  57). 

Dieser  Apparat  ist  ein  Neugewinn  der  Zyklostomen,  denn  die  Axonen  der 
vordem  Kolossalzellen  von  Amphioxus  (die  gekreuzt  kaudal  verlaufen),  sind 
damit  nicht  zu  homologisieren,  auch  darum  nicht,  weil  der  Abschnitt  des 
Zentral-Nervensystems,  in  welchem  sie  entstehen,  in  funktionellem  Sinne 
nicht  mit  der  Oblongata  oder  mit  dem  Mittelhirn  von  Petromj^zon  verglichen 
werden  darf,  weil  sie  keine  vestibuläre  und  optische  Reize  übermitteln. 

Dieser  Unterschied  zwischen  Amphioxus  und  Petromyzon  ist  im  Ein- 
klänge mit  der  Tatsache,  daß  bei  den  Neunaugen  die  aborale  Reflexe  mit 
der  Ausbildung  des  Kopfes  und  dessen  Sinnesorganen  viel  überwiegender 
geworden  sind. 

Während  dies  anatomisch  aus  der  erheblichen  Ausbildung  des  Ge- 
hirns und  der  Oblongatanerven  bei  diesen  Tieren  hervorgeht,  spiegelt 
diese  Zei^lialisation  sich  auch  ph^vsiologisch  ab. 

Während  wir  bei  Amphioxus  eine  außerordentliche  Selbständigkeit 
und  eine  große  Ähnlichkeit  in  den  Bewegungen  in  der  hintern  Hälfte  des 
halbierten  Körpers  im  Vergleich  zu  der  vordem  sahen,  ist  die  physiolo- 
gische Zephalisation  bei  den  Zyklostomeu  schon  bedeutend  weiter  fortge- 
schritten und  weisen  hintere  Teilstücke  des  Neunaugenkörpers  eine  viel 
größere  Ungeschicklichkeit  in  ihren  Bewegungen  auf. 

Was  die  sensible»  Emptindungen  anbelangt,  welche  dem  Eückenmarke  über- 
mittelt werden,  so  ist  außer  der  bereits  erwähnten  Empfindlichkeit  für  Berührung, 
Schmerz,  Temperatur  und  primitive  Muskelempfindungen  auch  ein  chemischer  Sinn 
und  eine  Empfindlichkeit  für  Licht  nachgewiesen  worden,  übschon  intrumedulläre 
Lichtzellen  fehlen,  reagiert  Petromyzon  auch  auf  Lichteiudrücke,  welche  außerhalb 
der  Augen  fallen. 

Pakker  hat  nachgew-iesen,  daß  die  Haut  selber  dafür  empfindlich  ist  (bei  Petro- 
myzon fluviatilis)  und  zwar  ist  der  Schwanz  empfindlicher  als  der  Kumpf  und  der  Kopf. 

Dieser  Eeiz  wird  offenbar  durch  Spinalnerven  übermittelt  und  zwar  wahr- 
scheinlich nicht  von  denselben  Fasern,  welche  den  chemischen  Sinn  dieses  Tieres 
übermitteln,  da  letzterer  am  besten  von  der  Kopfhaut,  dann  vom  Schwanz  und  am  ge- 


DAS  RÜCKENMARK  DER  ZYKLOSTOMEN.  121 

ringsteu  vom  Rumpf  perzipiert  wird.  Besondere  Endorgane  dafür  kennt  man  aber  nicht. 

Retzius,   fand   nur  freie  intraepidermoidale   Nervenendigungen  (Fig.    26). 

Die  wirklichen  auf  der  Haut  befindliehen  Sinnesknonpen  werden  von  den 
Gesehmacksnerven  der  Oblongata  oder  von  den   N.   N.  laterales  (Kap.   IV)  versorgt. 

öciiließlich .  sei  noch  erwähnt,  daß  von  Tretjakoff  um  den  Zentral- 
kanal von  Petromj'zon  ähnliche  „Sinneszellen"  beschrieben  sind,  wie  von 
Ebingek  und  Stendell  bei  Araphioxus  erwähnt  witrden.  Bezüglich  der 
Sinnesnatur  dieser  Zellen  sind  jedoch,  ebenso  wie  bei  Ampiiioxus,  noch 
nähere  Untersuchungen  abzuwarten. 

Das  Hnll(/eniehe  im  Rückenmark  von  Petromyzon  zeigt  eine  höhere  Stufe  der 
Entwicklung  als  bei  Amphioxus,  indem  dasselbe  nicht  nur  aus  strahligen  Epöndym- 
zellen  des  Zentralkanales  besteht,  .sondern  daneben  Zellen  vorhanden  sind,  welche 
vielleicht  als  autonome  Gliazellen  bezeichnet  werden  können  (Retzus). 

Der  Körper  dieser  Zellen  liegt  oft  an  der  Grenze  der  grauen  Substanz.  Ihre 
Ausläufer  erreichen  indessen  meistens  noch  die  Peripherie  des  Rückenmarkes  und 
bilden  nich  den  Endfüsschen  der  Ependymzellen  die  Limitans  superficialis. 

Erik  Müller  hat  darauf  hingewiesen,  daß  auch  bei  diesen  Gliazellen  eine 
solche  Anordnung  gefunden  wird,  daß  die  Mehrheit  der  Fasern  jener  Zellen,  ge- 
rade wie  die  Dendriten  der  Ganglienzellen,  senkrecht  zur  Oberfläche  stehen.  Da 
das  Rückenmark  von  Petromyzon  noch  keine  (bei  MySiue  nur  wenige)  Blutgefäße 
führt,  halte  ich  es  für  wahrscheinlich,  daß  hierbei  nicht  nur  mechanische  Verhält- 
nisse eine  Rolle  spielen,  sondern  auch  metabolische  Einflüsse,  wie  sie  sieh  bei  hohem 
Tieren  kundgeben  in  dem   Verhalten  zu  den  Blutgefiißen. 

Innerhalb  des  Zentralkanals  ist  eine  eigentümliche  homogene  Faser  gefunden, 
die  meistens  anfängt  an  Ependymzellen  unter  der  Commissura  posterior  des  Mittel- 
hirnes, jedoch  verstärkt  werden  kann  durch  Zusätze  von  andern  Ependymzellen 
(Reissner's  Faser).  Es  handelt  sich  dabei  um  ein  nicht-nervöses  Gebilde,  dem  wir 
meines  Erachtens  auch  keine  sekundäre  Rolle  in  dem  Reizleitungssystem  jener  Tiere 
zuschreiben    dürfen    (vergl.   Teetjakofe.   Dendt   und  Nicholls  und  S.   132  — 133). 

Blutgefäße  (und  damit  Piasepten)  enthält  das  Rückenmark  von  Petromyzon 
noch  nicht  (Myxine  wohl,  Stehzi),  dagegen  liegen  sowohl  dorsal  als  ventral  reiche 
Gefäßnetze  auf  der  Medulla. 

Das  Rückenmark  ist  von  einer  gefäßreichen  Haut  umgeben,  in  welcher  sich 
noch  keine  Pia,  Arachnoidea  und  Dura  unterscheiden  laßen.  Sie  ist  von  Sterzi, 
dem  wir  die  besten  Untersuchungen  auf  diesem  Gebiete  verdanken,  als  Meninx 
primitira  beschrieben   worden. 

Das  den  Wirbeln  anliegende  Gewebe  darf,  nach  Sterzi,  nicht  als  Dura  mater 
bezeichnet  werden,  wie  es  meistens  geschieht,  sondern  soll  Endorrhachis  genannt 
werden.  Es  ist  reich  an  Gefäßen  und  dem  Perichondrium  oder  Periost  der  höheren 
Wirbeltiere  homolog. 

Zwischen  der  Jleninx  primitiva  und  der  Endorrhachis  liegt  ein  großzelliges, 
loses  Gewebe,  welches  als  Perimeningealgewebe  bezeichnet  werden  muß  und  das 
viele  Fettzellen  enthält.  Es  ist  namentlich  dorsal  stark  entwickelt  (vergl.   S.    113). 

Das  Rückenmark  der  Plagiostomen. 

Das  Studivtm  des  Bückenmarkes  der  Plagiostomen  ist  um  so  wichtiger, 
weil  bei  ihnen  zuerst  ein  Bau  auftritt,  der  als  Prototyp  desjenigen  der 
hohem  Wirbeltiere  zu  betrachten  ist  (auch  durch  den  Besitz  von  Mark- 
scheiden). 


122 


DAS    RÜCKENMARK    DER    PLAGIOSTOMEN. 


Lympli.  Gewebe.      R.  M, 


Seine  Form  ist  bei  diesen  Tieren  im  Gegensatz  zu  den  Zyiilostomen 
oval  (Haie)  oder  mehr  oder  weniger  rund  (Rochen).  Es  erstreciit  sich 
nicht  nur  durch  den  ganzen  Wirbelkanal,  sondern  überschreitet  dessen 
kaudales  Ende  bei  den  Haien  nicht  unbedeutend  i)  (Fig.  60,  postchor- 
dales  Rückenmark  von  .SxERzr),  wobei  es  als  Ependymrolir  in  die  Schwanz- 
flosse hineinragt  und  am  Ende 
von  einem  lymphoiden  Gewebe 
umgeben   ist. 

In  den  WurzelaiiMritteii  kommt 
eine  geringe  Inkongruenz  der 
rechten  und  der  linken  Seite  fast 
nur  noch  dorsal,  in  dem  fron- 
talsten Abschnitt  des  Rücken- 
markes vor  (Fig.  62). 

Dagegen  ist  eine  Inkongruenz 
zwischen  den  Austrittstellen  von 
Hinter-  und  Aorderwnrzeln  noch 
ziemlich  allgemein. 

Bei  den  Rochen  ist  das  Al- 


Wirb.  K..rp. 

Fig.  60.      Hinteres  Ende  des  Rüekenniarlses 
eines  Haies,  mit  lymphoideni  Gewebe  umgeben. 
R.  M.  =  postchordales  F^ückenmark;  n.  Sterzi. 


ternieren    der  Wurzeln  weniger  auffallend  und  sind  alle  Nerven  mehr  zu- 
sammengedrängt. 

Außerhalb  des  Wirbelkanals  vereinigen  die  Wurzeln  sich  bei  allen 
Plagiostomen  und  verlaufen  sie  als  gemischte  Aeste  weiter  (Fig.  61),  dadurch 
einen  starken  Gegen- 
satz bildend  zu  dem 
Verhalten  bei  Amphi- 
oxus  und  Petromyzon, 
wo    eine   solche    Yer- 


Öpin  Gaiigl.    — 


Fig.  Ol.     Schema  der  Rückenmarkwurzeli]   bei  einci'  Haie, 
n.  Sterzi. 


R.M. 


Wirb. 


eungung    noch    niclit 
vorkommt. 

Ein  sympathischer 
Ast  wird  für  die  Organe 
der  Eingeweide  abgege- 
ben (nicht  gezeichnet  in 
Fig.  61). 

Diese  Aste  vereini- 
gen   sich    wohl    zu    Plexussen,    aber   ein   eigentlicher    ..Grenzstrang"   tritt  auch   hier 
noch   nicht  auf. 

Die  Spinalnerven  der  Plagiostomen  zeigen  die  Eigentümlichkeit,  daß 
sie  frontal  viel  kleiner  werden,  wie  aus  Fig.  62  hervorgeht.  Die  frontalen 
Nerven  wei'den  als  Spino-ohipitalnerven  zusammengefaßt. 

In  Figur  62  sieht  inan  (in  B),  daß  die  frontalsten  derselben  sogar  der 


')  Ijc!   Roclien  kommt  dies  nur  luubrvoiuil   vor. 


DAS    KUCKENMARK    DER    PLAGIOSTOMEN. 


123 


Hinterwurzel  gänzlich  einiangeln  und  daß  auch  die  ventnden  Wurzeln 
frontal  ganz  fein  sind  und  dicliter  aufeinander  liegen  (Oceip.  Nerven  Fig.  1)2  A.). 

Die  Spino-okzipitalnerveti  der  Haie  sind  auch  sonst  von  einem  andern  Gesichts- 
punkt aus  zu  betrachten  als  die  übrigen,  „wirklichen  Rückenmarksnerven". 

Man  kann  bei  ihnen  zwei  Gruppen  unterscheiden :  die  okzipitalen  Nerven 
und  die  okzipitospinalen  Nerven.  Die  erstgenannten  sind  diejenigen  Nerven, 
welche  sich  zuerst  zu  Kraniahierven  umwandeln  (Fürbringek). 

Während  das  Paläokranium  der  Zyklostomen  kaudal  mit  der  Labyrintli- 
region  abschlielit  und  keine  Rückenmarksnerven  umfaßt,  findet  bei  den  Plagio- 
stomen    eine    kaudale    Vergi'ößerung  des  Schädels  statt  (die  protometamere 


Occip. 
Nerven 


Vüiil.  Würz. 


Hint. 
Würz. 


Fig.  62  A.  Fig.  6'i  B. 

Fig.  62  A.  Vorderwurzclii  in  dem  Übergangsgebiet  zur  Oblongata 
bei  Carchaiias  glaucus.  Ventralansicht 

Fig.  62  B.  Hinterwufzeln  dito.  Man  bemerke  die  frontale  Ver- 
minderung derselben  und  den  asymmetrischen  Austritt. 
Dorsalansicht. 


Assimilation),  w'odurch  die  vorderste  Gruppe  —  die  ( iruppe  der  okzipitalen 
Nerven    (bei    den  Haien  4  oder  5)  —  in  dem  Schädel  aufgenommen  wird. 

Daß  diese  Gruppe  (die  okzipitale)  der  Hinterwurzelii  ^)  gänzlich  entbehrt, 
muß  wohl  damit  in  Zusammenhang  gebracht  werden,  daß  ihr  sensibles  rertektori- 
sches  Innervationsgebiet  so  nahe  am  Kopfe  liegt,  daß  es  von  sensiblen  Hautästen 
des  Trigeminus  und  Vagus  versorgt  wird. 


Bei     einer     zweiten     Vergrößerung     (auximetamere     Assimilation)    des 
Kraniums,  welche  erst  bei   hühern   Tieren    stattfindet,    wird    außerdem    die 


')    Nur   der    kaudalstc    ()kzi|iitalnnrv    hat    zuweilen    eine    Hinterwurzcl    unil  (l;uigli(ui 
(Notidaniden).  Namentlich  i-iubryologisch  laßt  dieses  sich  oft  nachweisen. 


124 


DAS    RUCKENMARK    DER    TLAGIOSTOMEN. 


zweite    Gruppe    von    spino-okzipitalen   Nerven   assimiliert   (die    Gruppe  der 
okzipitospinalen  Nerven ;  Fürbringer). 

Die    wirkliclien    spinalen    Nerven    sind    sehr    gleichartig    gebaut    und 
sehr  zahlreich  (oft  mehr  als  hunderd   Paare). 

Die  ventralen  Wurzeln  nehmen  (namentlicli  bei  den  Haien)  innerhalb  des 
Markes  einen  schrägen  Verlauf  nach  hinten,  da  in  vielen  Fällen  ihre  Ur- 
sprungszellen frontal  von    dem  Wurzelaustritt  liegen. 

Die  motorischen  Wurzelfasern  verlaufen  ungekreuzt  (Fig.  63). 

Die    Anordnung  der  grauen  Substanz  zeigt  erhebliche  Differenzen  mit 

Dunnfaserioes    Do^sa!^^Jndel 


Hinter  Wurzel 


iX  Dielifas  Ve"'''  t) 


Sensit  mot   PeRe« 
Dendriten 


Pasc  med 


Zenir  K 
Com  prol  am 
Pasc  lono  vent 


maro  Oendr  netz  ■ 


mot  Wurzel  zellsn 

""■  Vorder  Wurzel 

Fig.  63.     Demonstration  der  Hinterwurzel-Vorderlioinreüexe 

bei  einem  Rochen.  Die  Dendriten  der  Vorderhornzellen 

verästeln  sich  bis  in  die  graue  Substanz  der 

Hinterhörner,  n.  Von  Lenhossek. 

den  Zyklostomen  und  nähert  sich  bereits  derjenigen  der  höhern  Wirbeltiere. 
Während  bei  den  Neunaugen  noch  nicht  die  Rede  war  von  einer  Ein- 
teilung  der   grauen    Substanz   in    Hinterhörner  und  Vorderhörner,  ist  dies 
wohl  der  Fall  bei  den  Plagiostomen  (Fig.  63). 

Doch  zeigt  sich  insofern  noch  ein  bedeutender  Unterschied  zu  den  höhern 
Wirbeltieren,  als  die  Hinterhörner  so  dicht  bei  einander  liegen,  daß  kaum 
weiße  Substanz  dazwischen  liegt.  Bei  den  Haien  hat  die  graue  Substanz 
dadurch  mehr  die  Form  eines  umgekehrten  Ypsilons  (A).  Bei  den  Rochen 
ist  dies  weniger  der  Fall. 


DAS    HÜCKEXMARK     DEK    I'T.AGIOSTOMKN.  125 

Die  VoTder hörn- Zellen  sind  groß,  oft.  liinglicli  und  parallel  an  einander 
geordnet. 

Die  lateralen  Zellen  zeigen  nicht  selten. eine  laterale  Konvexität,  welche 
sich  dem  Rande  der  grauen  Substanz  anjialtt  (Fig.  63). 

Wie  bei  den  Zyklostomen,  dehnt  ihr  reiches  Dendritennetz  sich  auch 
in  die  weiße  Substanz  des  Markes  aus. 

Man  kann  bei  diesen  Dendriten  drei  Kategorien  unterscheiden  (Fig.  63). 

Die  kleinste  Kategorie  umfaßt  diejenigen,  welche  über  die  ventrale  Raplie 
hinaus  in  die  Vorderstränge  der  andern  Seite  ziehen  und  also  eine  proto- 
plasmatische  vordere  Kommissur  (Comm.  prot.  ant.,  Fig.  63)  bilden,  welche 
wir  auch  bei  andern  Wirbeltieren  angedeutet  finden. 

Bedeutend  zahlreicher  sind  die  Dendriten,  welche  sich  nach  den  Hin- 
terliörnern,  in  der  Richtung  der  Hinterwurzelendigung,  begeben  (sensitivo- 
motorische  Reflex-Dendriten ;  Fig.  63).  Diese  Dendriten  darf  man  wohl 
als  den  kürzesten  Weg  des  einfachen  Hinterwurzelreflexes  betrachten, 
welcher  se)isitivo-molorische  Reflex  in  dieser  Weise  i)  auch  noch  bei  den 
Teleostiern  überwiegt. 

Die  größte  Zahl  der  Dendriten  umfaßt  jedoch  diejenigen,  welclie  sich  in 
dem  Areal  der  Seitenstränge  verästeln  und  —  die  Peripherie  des  Markes 
erreichend  —  ein  feines  Gewirr,  das  marginale  Dendritennetz,  darstellen,  dem 
wir  bereits  bei  den  Zyklostomen  begegneten. 

Bei  den  Plagiostomen  befindet  sich  dieses  Netz  namentlich  in  der 
Nähe  der  Seitenstränge  und  dem  hinteren  Teil  der  Vorderstränge  (marg. 
Dendr.  netz :  Fig.  63  und  66). 

In  dem  ausgewachsenen  Rückenmark  kann  man  dieses  marginale 
Dendritenareal  wahrnehmen  als  ein  rötliches  Feld  in  Präparaten,  welche 
mit  Parakarmin  nachgefärbt  sind  (siehe  Fig.  66).  Sie  bilden  den  sog. 
Campus  triangularis  funiculi  lateralis  Borchert's,  der  namentlich  im  obern 
Drittel  des  Rückenmarks  sehr  ausgebildet  ist. 

Dieses  marginale  Dendritennetz  tritt  in  der  Nähe  der  Peripherie  mit 
reichlichen  Kollateralen  von  Achsenzylindern  in  Kontakt  2). 


')  Bereits  in  der  Einleitung  habe  ich  erwähnt  dasz  bei  höhern  Tieren  (von  den 
Amphibien  an)  eine  Änderung  eintritt  in  dem  Sinne,  daß  die  bis  in  die  Hinterhörner  ein- 
dringenden Dendriten  spärlicher  vorkommen,  aber  dagegen  die  Kollateralen  der  Hinter- 
wurzelfasern sich  bedeutend  vermehren  und  sich  bis  in  das  Vorderhorn  veilängern.  Sie 
bilden  dann  die  bei  den  Plagiostomen  noch  nicht  vorkommenden  direkten  sensitivo-mo- 
torischen  Kollateralen  (vergl.  hierzu  Seite  74  und  75). 

2)  Dieses  marginale  Dendritennetz,  dem  wir  auch  bei  den  Zyklostomen  begegneten  und 
welches  noch  bei  Amphibien  und  teilweise  bei  Reptilien  (Fig.  82)  besteht,  geht  bei  den 
Säugern  verloren,  wo  die  Dendritenverästelung  bei  ausgewachsenen  Tieren  innerhalb  der 
grauen  Substanz  bleibt. 

Von  Lenhossek  bringt  dies  mit  dem  großem  Umfang  der  motorischen  Zellen  im 
Kückenniarke  niederer  Tiere  in  Zusammenhang  und  meint,  bei  diesen  Tieren  „ist  dei- 
Umfang  des  Rückenmarks  der  Mächtigkeit  der  Ausstrahlung  der  Vorderwurzelzellen  so 
wenig   gewachsen,    daß    ihre    Dendiiten    nur   dadurch  innerhalb  der  Grenzen  des  Markes 


126  DAS    RÜCKENMARK    DER    PLAGIOSTOMEN. 

Die  Vorderwurzelzellen  delmen  sich  im  ziemlich  gleichmäßiger  Weise 
über  das  ganze  Rückenmark  aus;  eine  segmentäre  Anordnung  i)  ließ  sich 
bis  jetzt  nicht  nachweisen,  ebensowenig  wie  spezielle  muskuläre  Gruppie- 
rungen. Es  ist  sogar  fraglich,  ob  in  der  Region,  wo  die  motorischen  Flos- 
sennerven entstehen,  Verstärkungen  der  Ventralhörner  auftreten.  Jeden- 
falls kann  man  bei  diesen  Tieren  von  einer  Intumescentia  lumbalis  und 
cervicalis  nicht  reden. 

Es  ist  wahrscheinlich,  daß  die  \"orderwurzeln  der  Plagiostomen  auch 
bereits  viszero-niotorische  Fasern  führen.  Indessen  iindet  der  Austritt  der 
meisten  viszero-motorischen  Fasern  hier  noch  durch  die  Hinterwurzeln  statt. 

Im  Gegensatz  zu  Amphioxus  und  den  Zyklostomen  liegen,  bei  ausge- 
wachsenen Plagiostomen,  alle  Ursprungszellen  der  sensiblen  Wwzeln  in  den 
extramedullären  Spinalganglien. 

Bei  Embryonen  dieser  Tiere  kommen  aber  noch  (von  Beard  als 
„transient  ganglioncells"  beschriebene)  intramedulläre  Zellen  vor,  in  der 
dorsalen  Medianlinie  (an  der  Stelle,  wo  auch  die  Anlage  der  sensiblen 
Ganglienzellen  —  Neuralleiste  —  sich  bildet). 

Ihre  Lage  ist  sehr  charakteristisch  und  ihre  Ähnlichkeit  mit  den  großen 
intramedullären  sensiblen  Zellen  der  Zyklostomen  und  Teleostier  (Fig.  59 
und  70)  auffallend. 

Sie  sind  bis  jetzt  nur  in  larvalem  Zustande  nachgewiesen  und  be- 
sitzen außer  einem  sensiblen  Ausläufer  für  die  Haut  einen  solchen  für  die 
Sensibilität  der  Muskeln  (Neal),  wie  es  aucii  bei  Ampliibienlarven  der 
Fall  i.st  (s.  Fig.  72  A). 

Nach  Beendigung  des  Larvenlebens  verschwinden  sie  aber,  wie  bei 
den  Amphibien.  (Sie  gehen  nicht  in  das  Invertebralganglion  über). 

Die  Intervertebralganglien,  die  Spinalganglienzellen  (Fig.  65),  behalten 
bei    den    Plagiostomen   insofern   noch    ein    primitives  Charakteristikum,  als 


untergebracht  werden  können,  daß  sie  sich  draußen  unter  dei'  Pia  raater  mit  ihreu  End- 
spitzen umkrümraen". 

Diese  Erklärung  will  mir  nicht  genügen,  da  man,  wenn  nur  die  Größe  der  Dendri- 
ten, deren  Wachstumsdrang,  diese  peripheres  Netz  verursachte,  sich  die  Frage  stellen 
darf,  weshalb  dieser  Wachstumsdrang  sich  nicht  auch  in  longitudinaler  Richtung  äußert 
und  weshalb  nur  oder  überwiegend  in  transversaler  Richtung. 

Trophische  Einflüße  von  der  Meninx  aus  dürften  hier  kaum  vorliegen,  weil  das  Mark, 
auch  innerlich,  mit  Blutgefäßen  reichlich  versehen  ist. 

Wie  beim  Rückenmark  der  Zyklostomen,  möchte  ich  hier  auch  auf  die  Wahrschein- 
lichkeit hinweisen,  daß  bei  den  niedern  Tieren,  deren  Fasern  noch  marklos  sind  oder 
doch  jedenfalls  weniger  Mai'k  enthalten  (handelt  es  sich  hier  doch  auch  um  eine  Aus- 
bildung, die  bei  Embryonen  zustande  kommt),  die  irradiative  Reizung  durch  longitudinale 
Faserhalinen,  die  hauptsächliche  Verästelung  in  einer  Querfläclie  des  Rückenmarkes  be- 
reits in  jungen  Stadien  bedingt. 

')  Die  Interkalarligamente  und  die  Neurapophysen  der  Wirbel  können  gewisse  Im- 
pressionen auf  dem  Rückenmark  hervorrufen  (Sterzi).  Diese  können,  wo  sie  vorhanden 
sind,  eine  Segmentierung  vortäuschen,  verdanken  aber  ihre  Anwesenheit  nur  äußern, 
nicht  nervösen  Umständen  und  haben  also  keinen  innern  Wort. 


DAS    RUCKENMAKK    DER    rLAGIOSTOMEX. 


127 


manche  derselben  lebenslang  eine  bipolare  Form  behalten  (G.  Levi), 
obschon  eine  viel  größere  Zahl  wie  bei  den  Zyklostomen  unipolar  ge- 
worden ist. 

Der  zentrale  Fortzatz,  der  Axon,  is  häutig  etwas  dünner  als  der  peri- 
})iiere.  Dieser  peripliere  Foi'tsatz  verästelt  sich  in  der  Haut  mit  freien  En- 
digungen, welche  zwar  verschiedene  Niveaus  der  Epidermis  einnehmen, 
aber  keine  besonderen  Endkürpeichcn  aufweisen. 

Es  liegt  denn  auch  kein  Grund  vor  anzunehmen,  daß  die  Sensibilität 
der  Haie  im  Prinzip  höher  organisiert  sei  als  diejenige  der  Zyklostomen. 
Wie  diese,  beschränkt  sie  sich  wohl  auf  die  vitalen  Empfindungen  i)  des 
nicht  oder  kaum  lokalisierbaren  IJerührungsinnes,  des  Schmerzes,  der 
starken  Temperaturscliwankungen  und  des  chemischen  Sinnes,  während 
auch  sensible  Hinterwurzelfasern  in  die  Muskeln  eindringen. 

Die  Anordnung  in  der  Haut  gestaltet  sich  in  regelmäßiger,  segmen- 
taler Weise,  wobei  jedes 
Wurzelareal  die  nächst- 
liegenden Areale  dorsal 
etwa  über  die  Hälfte 
ihrer  Breite  überlagert, 
wobei  die  ventrale  Seite 
des  Segmentes,  welche 
breiter  ist  als  die  dorsale 
(vergl.  Fig.  64)  eine  größe- 
re (auch  relativ  größere) 
Überdeckung    aufweist 

(VAN    Hl.lXBERK). 

Die  größere  Breite  des  ventralen  Rumpfdermatomes,  die  hier  nicht, 
wie  bei  den  Vögeln  (Fig.  86),  aus  einem  größeren  Umfang  der  Bauchseite 
des  Tieres  zu  erklären  ist,  wird  wahrscheinlich  veranlaßt  durch  die  größere 
Reizung,  welcher  die  Bauchseite  ausgesetzt  ist  (de  Boer),  welche  auch  die 
relativ  größere  Überdeckung  (Faserzuwachs)  erklärt  (Neurobiotaxis). 

Die  Hinterwurzelfasern  verlaufen  zentral  größtenteils  innerhalb  der 
grauen  Substanz  der  Hinterhörner.  In  dieser  sind  ihre  Faserbündel  so 
zerstreut,  daß  von  kompakten  Hintersträngen  keine  Rede  ist  und  die 
Hinterhörner    mit  ihren  retikulären  Ausläufern  aneinanderstoßen  (Fig  66). 

Namentlich  Brouwer  hat  darauf  hingewiesen,  daß  eine  weitere  Aus- 
bildung der  eigentlichen  Hinterstränge,  mit  Auseinanderdrängung  der  Hin- 
terhörner, erst  bei  den  liöliern  Wirbeltieren  auftritt. 

Bei  den  Fischen,  die  er  untersuchte,  fand  er,  daß  das  quantitative 
Verhältnis  der  Hinterstränge  zu  dem  Rest  der  weißen  Substanz  nur  etwa 
6  7o    betrug,    während    dieser    Prozentsatz    beim    Menschen   fast  39  °j^  ist. 


Fig.  64.     Segmentale  Innervierung  der  Haut 
bei  Scyllium,  n.  van  Rijnberk. 
Das  weiße  Feld  zwischen  zwei  punktierten   Keldein 
ist  ein  Segment  isoliert  zwischen   zwei,  infolge  von 
Durchschiieidung    von  je    drei    Hinterwurzeln    anal- 
getischen  Hautbezirken. 


')    Eventuelle    Geschmacksknospen    werden    vom    Facialis,  die   koiiiplizierleii   Lateral- 
organe  vom  Neivus  latei'.  post.  innerviert. 


128  DAS    RÜCKENMARK    DER    PLAGIOSTOMEN. 

•  Bedenkt  man  dabei,  daß  bei  den  Haien  der  größere  (vordere)  Teil  des 
Hinterstrangareales  (dorsales  grobfaseriges  Bündel  v.  Lenhossek's)  noch 
überwiegend  aus  al>steigenden  Axonen  der  dorsalen  Strangzellen  aufgebaut 
ist,  dann  begreift  man,  wie  gering  der  Prozentsatz  der  aufsteigenden  Hin- 
terwurzelfasern darin  sein  muß. 

Es  wäre  indessen  unrichtig,  daraus  zu  schließen,  daß  die  sensiblen 
Wurzelfasern  nach  ihrem  Eintritt  in  das  Rückenmark  nicht  ebensogut  wie 
bei  Amphioxus  und  Petromyzon,  ja  sogar  in  noch  reichlicherer  Weise, 
absteigende  und  namentlich  aufsteigende  Dichotomien  besitzen.  Doch  kommt 
eine  frontale  Akkumulation  davon  (wie  wir  sie  bei  Säugern  kennen)  hier 
nicht  vor,  und  außerdem  sind  die  betreffenden  Fasern  nicht  zu  Hinter- 
strängen gesammelt,  sondern  innerluilb  der  Hinterhörner  und  seitlich  davon 
über  verschiedene  Bündelchen  verteilt. 

Bald  nach  ihrem  Eintritt  in  die  graue  Substanz  der  Hinterhörner  breitet 
ein  Teil  sicli  fächerförmig  aus,  so  daß  einige  Fasern  mehr  dem  dorsalen 
Abschnitt  des  Hornes,  andere  mehr  dem  ventralen  Abschnitt  desselben 
zustrebten  (Fig.  ()3). 

Die  dorsalsten  Fasern  scheinen  rückwärts  zu  biegen  und  unter  Bildung 
von  Kollateralen  in  dem  dorsalsten  Abschnitt  des  Hornes  zu  enden,  in 
dieser  Weise  eine  mehr  oder  weniger  lokale  Endigung  darstellend  (Fig.  63). 
Es  ist  möglich,  aber  nicht  bewiesen,  daß  dieses  Bündel  auch  viszerosensible 
Fasern  (des  S3-mpathikus)  führt. 

Der  ventralere  Teil,  dessen  Fasern  nicht  so  schnell  sich  verjüngen, 
bildet  mittels  Dichotomien  längere  auf-  und  absteigende  Züge,  welche  sich 
über  viele  Segmente  ausdehnen,  oline  jedocii  wirkUche,  das  ganze  Rücken- 
mark bis  oben  durchziehende  Stränge  zu  bilden. 

Diese  Züge  verlaufen  namentlich  in  den  seitlichen  Abschnitten  des 
Hinterhorns  wie  es  besonders  in  Fig.  66  sehr  deutlich  ist. 

Es  scheint,  daß  es  hauptsächlich  diese  gröberen  ventralen  Fasern  sind, 
welche  mit  den  Dendriten  der  Vorderwurzelzellen  in  Verbindungen  treten 
und  den  direkten  sensitiv o-motorisclien  Reflex'^)  übermitteln,  von  dem  bei  der 
Beschreibung  der  motorischen  Zellen  die  Rede  war  (vergl.  Fig.  68). 

Die  zuletzt  beschriebenen  Fasern  sind  als  somatosen.sible  Fasern  zu 
betrachten. 

Die  geringe  Länge  der  aufsteigenden  Bahnen  findet  einen  Ausdriick  in  der 
bereits  erwähnten  Tatsache,  daß  die  Hinterwnrzeln  keine  frontal  akkumulierende 
Stränge  bilden  in  dem  Sinne,  wie   wir  sie  bei  den  Säugern  zu  sehen  gewohnt  sind 


')  Wir  werden  in  der  weitern  Entwicklung  des  Rückenmarkes  sehen,  daß  bei  den 
höhern  Tieren  die  grobem  und  laterulen  Bestandteile  des  Hinterstiangareales  die 
direkten  sensitivo-raotorischen  Kollateralen  abgeben,  und  daß  diese  Hinterwurzelfasern 
bei  einigen  Tieren  im  hintern  Abschnitt  des  Seitenslranges  verlaufen  können  (siehe  bei 
den  Schlangen,  Fig.  82)  anstatt  in  den  Dorsalsträngen,  wie  bei  den  Amphibien,  Vögeln 
und  Säugern. 


DAS    RÜCKENMARK    DER    PL  AGIOSTOMEN. 


129 


In    Übereinstimmung    damit    ist 
bei    den    Säugern    vorkommen,    und 
nicht  zu  sehen  sind. 

Zwar    meint    Wallenberg    auf 
Hinterhörner  im   Areal   des  Calamus 
daß  wir  in  diesem   medialen  Teil  der 
kerne  erblicken  dürfen. 

Dieses  wäre  jedenfalls  eine  sehr 
bemerkt  „eine  mediale  Schleife  aus 
Hypotholamus  habe  ich   bei  vScyllium 


die   Tatsache,   daß   Hinterstrangkerne,   wie   sie 
die    daraus    entstehende    mediale    Schleife   hier 

Grund  der  Tatsache,  daß  ein  Teil  der  grauen 

scriptorius  medial  vom  Nucl.  spin.  N.  V.  bleibt, 

Hinterhörner  eine  Vorstufe  der  Hinterstrangs- 

primitive  Vorstufe,   denn  Wallenbebg   selber 
den    Hinterstraugkernen    zum    Thalamus  und 
nicht  degenerativ  nachweisen  können". 


Hinterwurzel. 


Bogt-iilaser. 


Der  zentrale  \'erlauf  der  viszerosensiblen  Fasern,  ist  bis  jetzt  nicht  genü- 
gend   bekannt. 

Die  Ursprungszellen  der  viszeromotorischen  Fasern,  welche  bei  den  Haien 
(nur  noch  teilweise  oder  ganz?)  durch  die  Hinterwurzeln  austreten,  sind 
bis  jetzt  niclit  genau  lokalisiert.  Von  Lenhossek  hat  ihre  Axonen  in  diesen 
Wurzeln  nachgewiesen,  indem  er  darin  Achsenzylinder  fand,  welche  an  den 
Spinalganglienzellen  vorüberzielien,  also  effektorisch  sind. 

Sie  verlassen  den  Spinalnerven,  zusammen  mit  viszerosensiblen  Fasern, 
peripher  vom  Ganglion  inter- 
vertebrale  und  bilden  damit 
den  Ramus  communicans  zum 
Intestinal-System.  Ein  sympa- 
thischer Grenzstrang  kommt 
hier  noch  nicht  vor.  Die  Rami 
communicantes  bilden  Ge- 
flechte, in  denen  peripiiere, 
sekundäre  Ganglionzellen  lie- 
gen, deren  (postganglionäre) 
Neuriten  sich  an  den  großen 
Gefäßen  und  den  Eingeweiden 
verästeln. 

Als  Ursprungszellen  von 
sekundären,  endogenen  Bahnen 
des  Rückenmarkes  findet  man 
auch  hier  wieder  zwei  Zellarten: 
die  Kommissur-  oder  Bogenfa- 
serzellen  und  die  Strangzellen. 

Die  Bogenfaserzelleii  (Fig.  (^^)  liegen  in  der  ganzen  grauen  Substanz, 
auch  (wie  bei  den  Zyklostomen)  in  den  Vorderhörnern  zwischen  den  moto- 
rischen Zellen.  Ihre  Dendriten  verästeln  sich  durch  die  ganze  Breite  des 
Rückenmarkes,  (teilweise  auch  hinter  dem  Zentralkanal  auf  der  kontro- 
lateralen  Seite :  (Comm.  protopl.  posterior).  Ihre  Axonen,  die  His'schen 
Bogenfasern,  verlaufen  durch  die  vordere  Kommissur,  welche  bei  den  Sela- 
chiern  aus  zwei  Teilen  besteht:  ein  Teil  der  direkt  unterhalb  des  Zentral- 
kanales  verläuft,  wie  dies  auch  bei  höheren  Tieren  der  Fall  ist,  und  ein 
Kappkrs.  9 


Spin,  gangl. 


Fig.  65.     Embryo  von  Spinax  n.  v.  Lenhossek. 
Bogenfaserzelle   und   Vorderwuizelzelle, 
mit  peripherer  Dendritenverästelung. 


130 


DAS    RUCKENMARK    DER    PLAQIOSTOMEN. 


anderer  Teil  ventral  davon,  etwa  auf  der  Mitte  zwischen  Zentralkanal  und 
ventraler  Peripherie.  Letzterer  wird  als  Commissura  accessoria  oder  Kom- 
missur von  Mauthner  bezeichnet  und  ist  nicht  überall  gleich  stark  ent- 
wickelt; an  gewissen  Stellen  kann  sie  fehlen. 

Diese  kreuzenden,  ventralen  Neuronen  sind  dieselben,  welche  wir  bereits 
bei  Ampliioxus  und  den  Zyklostomen  fanden,  und  welche  hier  nach  Kreuzung 
haujjtsiichlich  frontalwärts  verlaufen.  Sie  bilden  die  phylogenetisch  älteste, 
sekundäre  sensible  Bahn  des  Markes,  und  insofern  sie  bis  in  die  üblongata 
aufsteigen,  bilden  sie  die  erste  sensible  Projektions-Bahn  (wahrscheinlicli 
der  EoiNGER'schen  Bahn  der  Säuger  analog)  der  vitalen  Empfindungen. 


Auf-  und  abst. 
Hinterwurzelfas. 


Marg. 

Dendr. 

Nete 


Seit.  Str.  grundb. 

Tr.sp.  bulb.  et- 

mes. 


Abst.  Hiüteistr. 
Grundbündel. 


Fase,  mediani. 


Tr.oct.  Spin, 
lat.  cruc. 


Vorderwurz. 


Vorderstr. 
Grundbündel. 


Vorderwurzel. 


Fig.  66.     Qiiersclinitt  diiich  das  Rückenmark  von  Raja  circolaris. 


Nach  einem  kurzen  Verlauf  in  dem  kontrolateralen  Vorderstrang  steigen 
sie  namentlich  in  dem  Seitenstrang  auf  (Fig.  66).  Wie  weit  sie  reichen, 
ist  nicht  sicher  festgestellt;  aber  wir  dürfen  wohl  annehmen,  daß  ein  Teil 
dieser  sog.  EniNGER'schen  Fasern,  namentlich  diejenige  aus  dem  Zervikal- 
mark,  die  Oblongata,  ja  sogar  das  Mittelhirn  erreicht,  weil  diese  Abschnitte 
eine  große  Zahl  von  Fasern  au.s  dem  Hüekenmarke  und  aus  dem  .spinalen 


DAS    RÜCKENMARK    DER    PLAGIOSTOMKN.  131 

Trigeminuskern    (spino-bulbäre    und    spi7iomesenzephale    Fasern)     empfangen, 
welche  bis  in  das  Tectum  opticnm  hineinreichen  (siehe  Kap.  A'III). 

Wallenbero  fand,  d<aß  das  Dorsalhorn  des  obern  Halsmarkes,  sowie  der 
kaudalste  Abschnitt  des  Kernes  der  spinalen  V- Wurzel  bei  Scyllium,  neben  zahl- 
reichen Reflexfasern  zAi  motorischen  Kernen,  auch  ventral  kreuzende  tektale  Ver- 
bindungen besitzt.  Vereinzelte  degenerierte  Fasern  splittern  augenscheinlich  im 
Ganglion  isthmi  (Kap.  VIII)  auf. 

Diese  Fasern,  welche  nicht  mit  einer  Schleife  homologisiert  werden  dürfen, 
sind  als  Teile  der  obengenannten  sekundär  sensiblen  Bahn  Edingeb's  zu  betrachten. 

Bei  den  ungekreuzten  Assoziationsbahnen,  welche  von  den  Strangzellen 
abgegeben  werden,  unterscheidet  man  zwei  Sorten. 

Die  erste  Art  hat  ihre  Zellen  in  den  Vorderhörnern  und  sendet  ihre 
Axonen  in  den  Vordersti-ang  derselben  Seite:    Vorderstrang-Grundbündel. 

Die  zweite  Sorte  hat  ihre  Zellen  in  den  Hinterhörnern.  Die  dorso-laterale 
Gruppe  der  letzteren  sendet  ihre  Axonen  in  die  Seitenstränge  {Seitenstrang- 
Grundbündel)  ;  eine  dorso-medial  Gruppe  —  aus  größeren  Zellen  bestehend  — 
sendet  ihre  Axonen  in  die  Hinterstränge,  und  bildet  das  grobfaserige 
Bündelchen,  welches  hauptsächlich  absteigt  und  den  vordersten  Abschnitt, 
fast  den  größten  Abschnitt,  der  Hinterstränge  ausmacht:  Hinterstrangrund- 
bündel  (siehe  Fig.  66). 

Diese  letztgenannten  Zellen  können  Dendriten  in  die  Commissura 
posterior  senden,  und  beitragen  zu  der  Commissura  posterior  protoplasmatiea. 

Eine  Projektion  der  Rückenmarkssensibilität  auf  das  Zerebellum  ist 
bei  den  Haien  bereits  vorhanden,  was  in  A'erband  mit  dem  beweglichen 
Charakter  dieser  Tiere  nicht  auffallend  ist. 

Diese  Fasern,  welche  namentlich  aus  dem  oberen  Zervikalmark  gleich- 
zeitig entstehen,  halten  in  der  Oblongata  eine  laterale  Lage  inne  und  treten 
in  den  Corpus  Cerebelli  ein  (vergl.  Kap.  VI).  Sie  erinnern  in  ihrem  Ver- 
laufe an  die  dorsale  Kleinhirnbahn  (F'lechsig's)  der  höhern  Wirbeltiere : 
Tractus  spino-cerebellaris  dorsalis. 

Ob  auch  eine  anterolaterale  (GowERSche)  Kleinhirnprojektion  vorhanden 
ist,  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  sagen;  jedenfalls  wäre  dieser  Abschnitt 
nur  klein  (vergl.  das  Kapitel  über  das  Kleinhirn). 

Außerdem  gibt  es  hier,  wie  mir  scheint,  im  oberen  Halsmark  spino- 
olivüre  Fasern,  als  äußere  Bogenfasern  verlaufend,  deren  Ursprung  aber 
noch  sehr  unsicher  ist. 

Die  in  das  Rückenmark  absteigenden  Bahnen  und  die  infolgedessen  auf- 
tretende Zephalisation  der  Körperbewegungen  ist  bei  den  Selachiern  schon 
viel  ausgeprägter  als  bei  den  Zyklostomen.  Wie  dort  entstammen  diese 
absteigenden  Fasern  namentlich  der  Oblongata  und  dem  Mittelhirn. 

Von  der  Oblongata  her  steigen  Fasern  ab,  welche,  teilweise  dem 
Zerebellum  entstammend,  (Tr.  cerebello-motorius  cruciatus  et  rectus),  teilweise 
aus  den  Octavo-lateralis-Kernen  herrührend  {Tr.  octavo-motorius  cruc.  et  rectus) 
einen  bedeutenden  Teil  der  Vorderstränge  bilden. 


132  DAS    RÜCKENMARK    DER    PLAGIOSTOMEN. 

Andere  absteigende  Elemente  des  Kückenmarkes  sind  Axonen  der 
großen  retikulären  Zellen  der  Oblongata  (vergl.  auch  Kap.  VI). 

Namentlich  aus  der  Octavusregion  kommen  solche  aus  dem  sog. 
ventralen  Vestibularis-Kern  (mihi,  Nucl.  tangentialis  Cajal's),  welche  (mit 
direkten  Wurzelfasern  des  N.  vestibularis  verstärkt)  den  Tr.  vestibulo-spinalis 
medialis  i)  bilden  und  ungekreuzt  in  den  medialen  Abschnitten  der  Seiten- 
stränge absteigen. 

Daneben  gibt  es  solche  in  den  \'orderseitensträngen.  hauptsächlich 
gekreuzt:   Tr.  vestibulo-spinalis  lateralis  crnciatm  Wallenberg's. 

So  finden  wir  also,  daß  das  Rückenmark  dieser  Tiere  —  außer  einer 
Menge  gekreuzter  inid  ungekreuzter  endogener  Reflexfasern,  eine  sehr 
große  Zahl  von  absteigenden  Neuronen  aus  dem  Zerebellum,  dem  Lobus 
Liniae  lateralis  und  den  Octavus-Kernen  enthält  und  somit  eine  reiche 
statische  Innervation  besitzt,  eine  Einrichtung,  die  uns  bei  diesen  beweg- 
lichen Tieren  nicht  wundern  kann  und  die  bereits  bei  den  Zyklostomen 
durch  die  MüLLER'schen  Fasern  angedeutet  war. 

Ob  das  Rückenmark  auch  direkte  Reflexfasern  aus  dem  Tectum  opticum 
erlangt,  ist  nicht  wahrscheinlich. 

Wohl  ist  sicher,  daß  die  deszendierenden  tektalen  Fasern  durch  die 
ganze  Oblongata  bis  zum  Anfang  des  Rückenmarkes  absteigen,  wo  ihre 
Reflexe  durch  die  retikulären  Zellen  der  Oblongata  weiter  nach  liinten 
geführt  werden. 

Dasselbe  gilt  für  die  Vorderhirn  (Riech-)  reflexe,  oder  besser  gesagt 
füi.  die  Neuronen,  die  aus  den  Lobi  inferiores  Hypothalami  bis  zum 
Anfang  des  Rückenmarks  absteigen  (Pedunculi  lobi  inferioris,  siehe 
Kap.  VIII)  und  Reize  aus  dem  Vorderhirn  übermitteln. 

Die  Hüllsnhstanz  im  Rüekeumark  der  Selachier  zeigt  im  Vergleich  zvi  den 
Zyklostomen  zwar  weitere  liifterenzierungen,  aber  im  Vergleich  zu  Säugern  doch 
noch   relativ   primitive    Verhältnisse. 

Als  ein  primitives  Verhalten  ist  zu  erwähnen,  daß  die  Fortsätze  der  Ependym- 
zellen    noch    die   Peripherie  des  Markes  erreichen,  die  Membrana  limitans  bildend. 

Mit  der  Ausbildung  von  vielen  intramedullären  Gefäszen  und  des  Myelins 
sehen  wir  hier  aber  auch  eine  reichliehe  Griiabildung  auftreten. 

Wirkliehe  (autonome)  Gliazellen  liegen  hier  sowohl  in  der  grauen,  als  in  der 
weißen  Substanz  (Ehik  Müller),  aber  zeigen  doch  noch  manchmal  ein  primitives 
Verhalten,  indem  ihr  peripherer  Fortsatz  fast  stets  der  größte  ist,  dadurch  ihre 
Herkunft  von  Ependymzellen  deutlich  demonstrierend.  Nur  in  der  direkten  Um- 
gebung des  Zellkörpers  sieht  man  einen  bartartigen  Saum  von  „sekundären"  Aus- 
läufern,  welche  den   Anfang  der  Bildung  der  Spinzellen  darstellen  (Lenhossek). 

Innerhalb  des  Zentralkanals  ist  auch  bei  den  Plagiostomen  der  KEissNER'sche 
Faden  sehr  oft  nachgewiesen.  Vor  kurzem  hat  Nicholl  ihm  eingehende  Unter- 
suchungen gewidmet.  Er  nimmt  mit  Denux  an,  daß  der  Grad  der  Traktiim  des 
Fadens    von    dem    Tier    perzipiert    wird    und    daß  dem   Faden,  dem  er  selber  keine 


')  Fasciculi  median!  Stieda's  (siehe  Fig.  66). 


DAS    RÜCKENMARK    DER   GANOIDEN    UND   TELEOSTIER.  133 

Heizleitung  zuschreiben  möchte,  in  dieser  Weise  doch  im  Dienste  des  Nervensystems 
eine  Rolle  zukäme.    Diese  Deutung  ist  vorläufig  unkontrollierbar. 

Im  (jegeusatz  zu  den  Zj'klostomeii  enthält  das  Rückenmark  der  Plagiostomen 
Inndgpwehifje  Se.pten,  welche  zusammen  mit  Blutgefäßen  darin  vordringen.  Nament- 
lich die  graue  Substanz  wird  reichlich  mit  Blut  versehen,  die  weiße  Substanz  viel 
weniger. 

Die  drei  Hüllen  des  Hiickeumarkes,  welche  wir  bei  den  Säugern  kennen :  Pia, 
.\rachnoidea  und  Dura,  werden  auch  bei  den  Plagiostomeu  nur  nach  durch  eine 
Membran  vertreten,  die  ileninx  primitiva  Sterzi's,  und  zwischen  dieser  Menins 
und  der  Eiidorrhachis  (Periehondrium)  kommt  auch  hier  ein  lockeres  perimenigeales 
Gewebe  vor,  welches  meistens  eine  muköse  Natur  hat. 

Das  Rückenmark  der  Ganoiden  und  Teleostier. 

\'on  dem  Rückenmark  der  Gandiden  und  Teleostier  werde  ich,  um  nicht 
in  Wiederholungen  verfallen  zu  müssen,  haujatsächlich  einige  Unterschiede 
zu  dem  Verhalten  bei  den  Plagiostomen  erwähnen. 

Das  Rückenmark  der  Ganoiden  ist  demjenigen  dieser  Tiere  noch 
sehr  ähnlich. 

Bei  den  Knochenfischen  findet  man  erhebliche  Diflerenzen. 

An  erster  Stelle  muß  betont  werden,  daß  das  vordere  Ende  des  Rücken- 
markes der  Knochenfische  dem  vordem  Ende  des  Hai-Rückenmarkes  nicht 
homolog  ist. 

Während  wir  bei  den  letztgenannten  Tieren  die  okzipitalen  Nerven 
fanden,  welche  durch  den  Schädel  austreten  und  blosz  Vorderwurzeln 
führen,  fehlen  diese  bei  den  Knochenfischen,  wo  direkt  hinter  den 
Branchialnerven,  ja  teilweise  innerlialb  deren  Region  reine  Spinalnerven 
mit  kompletten,  oft  sogar  sehr  großen  Hinterwurzeln  vorkommen. 

Die  Vorderivurzeln  dieser  Nerven  innervieren  die  vordere  dorsale  und 
ventrale  Längsmuskulatur,  teilweise  sogar  die  Muskeln  des  Schultergürtels 
bezw.  der  Pektoralflossen. 

Die^e  Reduktion  des  vordem  Rückenmarks- Abschnittes  der  Teleostier,  welche 
wir  durch  die  Untersuchungen  Fürbringer's  kennen,  und  welche  in  letzter 
Zeit  eingehend  von  van  der  Horst  studiert  wurde  (vergl.  Kapitel  V),  ist 
eine  Folge  des  Reduktions-Prozesses  an  dem  Übergang  zwischen  Schädel 
und  Wirbelsäule,  deren  angrenzende  Teile  mehr  aufeinandergedrängt  sind, 
wobei  die  entsprechende  Muskulatur  und  Nerven  verloren  gingen. 

Durch  die  auximetamere  Assimilation  des  Kraniums  (vergl.  S.  123) 
treten  aber  jetzt  auch  die  ersten  Rückenmarkswurzeln  durch  den  Schädel  aus. 

Während  diese  Reduktion,  soweit  bekannt,  allen  Teleostiern  eigen 
ist,  und  bereits  bei  den  Knochenganoi'den  auftritt  (Schrkiner),  kommt  bei 
einigen  Teleostiern  auch  eine  kaudale  Regression  vor  (Plektognathen  (Diodon, 
Tetrodon,  Orthagoricus  mola)  und  Lophius)  welche  uns  einen  interres- 
santen  Blick  auf  die  Einfiü.sse  gibt,  welche  die  Form  des  Rückenmarkes 
beherrschen. 

Während    bei    den    Ganoiden    und    vielen   Teleostiern    (siehe    Fig.    67) 


134 


DAS    RÜCKENMARK    DER    GAXOIDEN    UND    TELEOSTIER. 


das  Rückenmark  sehr  lang  ist  und  sich  durch  den  ganzen  Vertebralkanal 
ausdehnt,    finden    wir   bei    einigen    Teleostiern  eine  erhebüche  Verkürzung 


Telenc. 

y-y  _TeLenc, 

Mesenc. 

V    ß'\''M^^''^'''^^- 

Cereb. 

Oblong. 

l    IT.-CeREB 
Ugl        £.üBt. 

Med.cerv. 

^g  ^  ..  Med  SP- 

-^ 

\P..FiU£R. 

Fig.  67  A. 
Trigla  hiniiiHo. 


Fig.  67  B. 
Hirn  und  Rücken- 
mark von  Oithago- 
riscus  nach  Entfer- 
nung der  Cauda 
equina.  N.  Bela 
Hallee.  Man  be- 
achte die  Kürze  des 
Rückenmarks. 


Fig.  67  C.  Hirn  und  Rücken- 
mark von  Orthagoriscus  niola 
mit  Canda  equina  in  Situ. 
Prapai-at  des  Instituts. 


Orthiiporiscus, 


des  Rückenmarkes,  wovon  namenthcli 
aber  auch  Lophius,  ein  Beispiel  gibt. 

Offnet  man  den  \'ertebralkanal  dieser  Tiere,  dann 
findet  man  ihn  augenscheinlich  in  derselben  Weise 
mit  Rückenmark  angefüllt  wie  bei  andern  Teleostiern. 
Nur  wird  man  von  dem  streifigen  Charakter  desselben 
überrascht  (Fig.  67  C). 

Beim  Herauspräparieren  zeigt  sich,  daß  das  eigent- 
liche Rückenmark  nur  einen  kleinen  Teil  dieser  Sub- 
stanz bildet  (Fig.  67  B,  nach  Haller)  und  daß  also 
der  weitaus  größte  Teil  des  Vertebralkanals  mit  längs- 
verlaufenden Wurzelfasern  gefüllt  ist,  einer  enormen 
Cauda  equina,  worin  sich  in  der  Mitte  das  !^lum  ter- 
minale des  Rückenmarkes  als  feiner  Faden  zurückfin- 
den läßt,  wie  Fig.  68  von  Lophius  zeigt. 

Da  die  Verbindung  der  dorsalen  und  ventralen 
Nervenwurzeln  außerhalb  der  Wirbelsäule  stattfindet, 
wo  auch  das  Ganglion  liegt,  wird  der  verlängerte 
Abschnitt  der  Dorsalwurzeln  nur  von  dem  zentralen  Fortsatz  der  Spinal- 
ganglien gebildet. 


DAS    RÜCKENMARK    DEK    GAXOIDEN    UND    TELEOSTIEK. 


135 


Die  Ursache  dieser  auti'allenden  Verkürzung  des  Rückenmarkes  ist 
bis  jetzt  nicht  sicher  nachgewiesen. 

Wir  werden  l)ei  <ler  Besprechung  der  Rückenmarke  höherer  Tiere 
sehen,  daß  die  Jnkongruenz  zwischen  Rückenmark  und  Vertebralkanal  im 
allgemeinen  durch  zwei  Faktoren  verursacht  wird : 

1.  durch  die  Reduktion  oder  den  völligen  Verlust  kaudaler  Körper- 
abschnitte (des  metameren  Schwanzes  z.  B.),  wodurch  die  sakrale»  Rücken- 
markssegmente atrophieren,  und 

2.  durch  ein  Weiterwachsen  der  Wirbelsäule  (in  Verband  mit  der  Ent- 


Med.  Spin. 


Rad.  posterior, 
l' 


Rad.  postur. 


Radices  anter. 

P'ig.  68.  Cjupi-schnitf  durcti  ilas  hintere  Rückenmarksenile  und  Cauda 
equina,  v.  Lophius  piscatoiius.  Man  beachte  den  geringen  Umfang  der  Hin- 
teiwurzeln  in  Vergleich  zu  den  Vorderwurzeln. 


Wicklung  des  Beckengürtels),  wenn  das  Rückenmark  bereits  seine  größte 
Länge  erreicht  hat. 

Von  diesen  Faktoren  kann  bei  den  plektognathen  Fischen  die  zweit- 
genannte Ursache  wegfallen,  'weil  von  einer  besonderen  kaudalen  Ver- 
längerung der  Wirbelsäule  hier  nicht  die  Rede  ist,  namentlich  nicht  in 
deren  hinterem  Abschnitt. 

Im  Gegenteil  finden  wir,  daß  gerade  bei  den  genannten  Fischen  die 
hintere  üegion  iles  Körpers  der  Vorderregion  erheblich  nachsteht,  sodaß 
vielmehr  der  erstgenannte  Faktor  hier  einen  Einfluß  auf  den  eigentümlichen 
Bau  des  Rücketnnarkes  hat,  insofern  das  kaudale  Innervationsgebiet  dadurch 
erheblich  verringert  ist. 


136 


DAS    RUCKENMARK    DER    GANOIDEN    UND    TELEOSTIER. 


Interessant  ist  dabei,  daß  die  kaudalen  sensiblen  Wurzeln  viel  dünner 
sind  als  die  motorischen  Wurzeln  (Fig.  68),  während  die  frontalen  sen- 
siblen Wurzeln  hypertrophieren  i)  (s.  S.  141). 

Ob  hierbei  noch  andere  Faktoren  eine  Rolle  spielen,  ist  bisjetzt  unbekannt. 

Obschon  bei  den  Teleostiern  die  \'order-  und  Hinterwurzeln  sich 
konstant  vereinen  zu  einem  gemischten  Nerven,  findet  mau  hier  doch  oft 
eine  gewisse  Inkongruenz  in  dem  Austritt  der  vordem  und  hintern  Wurzeln, 
wenn  auch  weniger  ausgeprägt  als  bei  niedern  Wirbeltieren. 

Die  Vorderhörner  reichen  bei  den  Teleostiern  meistens  ventraler  als 
bei   den    Plagiostomen,    was    mit    einem    erheblicheren    neürobiotaktischen 


nud.  cei'v  ventr.  mot 

nur.!   cerv  dors  mot. 

Fig.  69.     Das    Rückenmark    von    Saliiia  t'aiiu  auf  dem  Niveau  des   l^'^n 
Spinalnei'ven,  ii.  van  de;r  Horst. 


Einfluß   ventraler   Fasersysteme   zusammenhängt,  wie  er  sich  auch  für  die 
somatomotorischen    Oblongatakerne  dieser  Tiere  nachweisen  läßt  (Kap.  \'). 
Eine  Vergleichung  von  Fig.  66  mit  Fig.  69  und  70  zeigt  diese  Differenz 
aufs  deutlichste. 


')  Die  frontale  Hypertropliie  und  kaudale  Atrophie  der  Sensibilität  hängt  wahrscheinlich 
mit  der  Lebensart  dieses  Tieres  zusammen,  weil  es  oft  mit  dem  Schwanz  unter  dem  Sande 
verborgen  liegt. 


DAS    RÜCKENMARK    DKlt    «ANOIDEN    UND    TELEOSTIER.  137 

Außerdem  sind  bei  manchen  Teleostiern  im  öbern  Zervikalmark  deutlich 
zwei  Gruppen  von  motorischen  N'orderwurzelzellen  zu  unterscheiden,  eine 
dors(omedi)ale  und  eine  ventr(olater)ale  Gruppe  (Fig.  69  und  70). 

Möghcherweise  innerviert  die  letztgenannte  die  Flossen,  während  die 
dorsomediale  Gruppe,  welche  sich  sehr  gleichmäßig  durch  die  ganze 
Rumpfregion  fortsetzt  und  deren  Zellen  manchmal  kleiner  sind,  Rumpf- 
muskulatur innervieren  dürfte. 

Die  Dendriten  der  motorischen  Zellen  dehnen  sich  bei  den  Teleostiern 
nicht  so  weit  peripher  zu  einem  marginalen  Dendriteiinetz  aus,  wie  bei 
den  Plagiostomen. 

Doch  verästelt  die  Mehrheit   derselben    sich    in    der   weißen    Substanz. 

Ein  Teil  der  Dendriten  bildet  auch  hier  eine  Commissura  protoplasma- 

tica   anterior,    indem    sie  sich  bis  auf  die  andere  Seite  ausdehnen,  während 

andere    Dendriten    sich    wieder    in    die  Richtung  des  Hinterwurzeleintrittes 

begeben  und  direkte  sensitivo-motorische  Reflexe  ül^ermitteln  dürften. 

Die  Vorderwurzelfasern,  die  i-ichsenzylinder  dieser  Zellen,  verlaufen  mei- 
stens eine  Strecke  —  in  kaudaler  Richtung  —  in  dem  ventrolateralen  Strang, 
worin  sie  vor  ihrem  Austritt  Kollateralen  abgeben  können. 

Eine  besondere  Art  motorischer  Wurzelzellcn  sind  die  eleJdriscIien  Zellen 
von  Malapterurus  und  Gj'mnotus  electricus. 

Während  bei  den  elektrischen  Plagiostomen  (Torpedo)  das  elektrische 
Organ  sich  aus  der  Kiemenmuskulatur  differenziert  und  flementsprechend 
von  Branchialnerven  innerviert  wird,  ist  das  elektrische  Organ  der  erwähnten 
Teleostier  aus  der  Rumpfmuskulatur,  oder  der  Rumpfhaut  hervorgegangen 
und  wird  es  von  Rückenmarksnerven  innerviert. 

Bei  Malaptervrus  electricus  ist  jederseits  nur  eine  große  elektrische  Zelle 
vorhanden,  im  oberen  Abschnitte  des  Markes.  Aus  dieser  geht  eine  dicke 
stark  markhallige  Nervenfaser  zu  dem  elektrischen  Apparat  der  Haut  hervor. 
Beim  Zitteraal,  Gijmnotxis  electricus,  bestehen  dagegen  mehrere  elektri- 
sche Zellen.  Fast  die  ganze  graue  Substanz  auf  dem  Niveau  der  elektrischen 
Nerven  wird  dort  eingenommen  von  großen  multipolaren  Zellen,  die  zur 
Hauptsache  dorsolateral  vom  Zentralkanal  liegen  (Fritsch). 

Auch  Mormyrus  ist  als  elektrischer  Fisch  beschrieben  worden.  Der  Nerv, 
welcher  das  elektrische  Organ  dieses  Tieres  innerviert,  ist  die  ventrale 
Wurzel  des  3.  Spinalnerven  (Bilharz,  Stendell),  welche  ebenfalls  wie 
diejenige  von  Gymnotus  ein  Rumpfmuskelderivat  innerviert. 

Bei  den  Teleostiern  verläuft  auch  ein  'I'eil  (G.  .J.  Herrick)  der 
viszero  motorische  Fasern  durch  die  Vorderwurzein,  obwohl  die  Hinter- 
wnrzeln  auch  hier  noch  von  Axonen  durchzogen  werden,  deren  Ursprungs- 
zellen offenbar  zentral  liegen,  vielleicht  in  dem  parazentralen  Grau  des 
Rückenmarkes  (sympathische  Wurzelzellen). 

Der  zentrale  A^erlauf  der  viszerosensiblen  Fasern  ist  ungenügend  ermittelt ; 
es  ist  jedoch  wahrscheinlicli,  daß  sie  die  fiöncrii  Elemente  dei'  Hinterwnr- 
zelii  bilden,  die  eine  mehr  zentrale  Endigung  aufweisen. 


138  DAS    RÜCKEXMARK    DER    GANOIDEN    CTND    TELEOSTIER. 

Peripher  vom  Spinalganglion,  wo  die  Vorder-  und  Hinterwurzeln 
vereint  verlaufen,  verlassen  die  viszeralen  Fasern  den  Spinalnerven  und 
treten  mittels  der  Rami  comviunicantes  (praeganglionares)  in  ein  Knoten- 
geflecht über,  welches  hier  zuerst  eine  Anordnung  zu  einerö  Grenzstrang  aufweist. 

Aus  den  Ganglien  jenes  Grenzstranges  gehen  die  postganglionären 
Fasern  zu  den  Gefäßen  und  Eingeweiden. 

Die  soniatoscnsiblen  Elemente  der  Hinterwurzeln  gehen  bei  vielen 
Teleostiern  sowohl  aus  den  üblichen  extramedullären  (teilweise  noch  bipo- 
laren) spinalen  Ganglien  liervor,  als  auch  aus  sensiblen  Zellen,  welche  ihren 
Platz  innerhalb  des  Rückenmarkes,  wie  bei  den  Zyklostomen,  oder  direkt 
oberhalb  desselben  haben. 

Solche   primitiven   intra-  und  supramedullären  Ganglienzellen  i)  kommen 


')  Ich  lasse  hier  eine  Liste  folgen,  in  welcher  die  Tiere,  bei  denen  diese  Zellen  bis 
jetzt  nachgewiesen  wurden,  und  die  Namen  der  Untersucher,  welche  sie  dort  aullanden, 
so  vollständig  wie  möglich  wiedergegeben  sind.  Bei  einzelnen  dieser  Tiere  (mit  einem 
Sternchen  bezeichnet)  kommen  die  Zellen  (wie  bei  Plagiostoraen)  nur  in  larvalem 
Zustande  vor. 
Ordnung  1.  Acanthopterygü: 

Fam.  Percidae:  Perca  tluviatilis  (Kolster).  Labrax*. 

Fam.  Scorpaenidae:  Scorpaena,  Hemitriplerus.  (Tagliäni.) 

Fam.  Sciaenidae:  Corvina  nigra.  (Tagliäni.) 

Fam    Batrachidae:  ßatrachus.  (Tagliäni.) 

Fam.  Pediculati:  Antennarius  histrio,  Lophius  piscatorius.  (Fritsch.  Kappers),  und 
bei  allen  andern  Pediculaten.  (Dahlgres). 

Fam.  Cottidae:  Trigla  (?),  Cottus. 

Fam.  Cataphracti:  Pei'istetus  (Tagliän'i)  Dactylopterus  (Tagliäni). 

Fam.  Discobali:  Cyclopterus  lumpus. 

Fam.  Gobidae:  Callionymus  lyra. 

Fam.  Blennidae:  Zoarces  vivipara. 
Ordnung  It.  Acantliopterygii  pharynt/ognathi: 

Fam.  Labridae:  Ctenolabrus  pavo  (Johnston);  Utenolabi-us  adspersus  (Sargent). 

Ordnung  IIL  Anacanthini: 

Fam.  Gadidae:  Lota  (?) 

Farn.  Ophidiidae:  Fierasfer  homei  ( '/) 

Fam.  Pleuronectidae:  bei  allen  (Dahlgren). 
Ordnung  IV.  Physostumi: 

Fam.  Cyprinidae:  Rodens'  (STUDNigKA),  Catostomus  (Johnston). 

Fam.  Salmonidae:  (Harrison)  Salmo  salar  *,  Salmo  fario  "  (Rohon,  v.  Gebuchten )- 
Coregonus  adspergus  und  C.  albus  (Johnston). 

Fam.  Symbranchidae:  Monopterus,  Symbranchus. 

Ordnung   V.  Lophobranchii : 

Fam.  Syngnathidae:  Syngnathus,  Hippocampus. 
Ordnung    \'I.   Plectognathi: 

Fam.  Sklerodermi     Balistes  (Tagliäni),  Gymnodontes,  Tetrodon  (Haller;. 

Orthagoricus  mola  (Tagliäni  und  Haller). 
Außerdem  sind  die  betreffenden  Zellen  in  larvalem  Zustande  nachgewiesen  bei  einigen 
G.moiden  (Acipenser  (v.  Ki:pffer)  und   Lepidosteus  (BeaiU)))  und  bei  den  Dipnoi  (Protop- 
terus;  (Burckhariit)). 


DAS    RUCKENMARK    DER    UANOIDEN    UND    TELEOSTIEK 


139 


u.  A.    bei    Lophius   piscatorius  vor  (Fig.  70),  wo  sie  von  FRiTscir  entdeckt 
wurden. 

Die  Zellen  können  sich  fast  über  das  ganze  Rückenmark  ausdehnen, 
häufen  sich  jedoch  meistens  auf  dem  frontalen  Abschnitt  desselben,  wo  sie 
größtenteils  auf  dem  Rückenmarke  und  unterhalb  der  Meninx  liegen,  jedoch 
auch  innerhalb  desselben,  direkt  dorsal  oder  kaudal  von  der  hintersten 
Spitze  des  motorischen  Vaguskernes,  dorsal  vom  Zentralkanal.  Auch  können 
sie  sich  bis  in  die  Oblongata  selber  ausdehnen,  wo  sie  dann  oberhalb 
des  motorischen  Vaguskernes  liegen  (Tetrodon).- 


Supramed.  Gaugl.z 


Meninx. 
prim. 


tr.  tcoto-spin. 


Lob.  seus  cerv. 


Fase,  dors.- 

lat.  und  auf  • 

St.  Hinterw. 

fas. 


Vorderlioruzel- 
len  Dorso-med-" 
Gruppe. 


'Ä 


■  (i** '  ■' 


%■-(& 


•5.  -    y-  Hint.Wurz. 

" /■  Auösertj.s 

., Blatt,  der 

Men.  prim. 


l'r.  spin.  bulb. 
et  mesenc. 


■Vord.  Würz. 


Tr.  vest.  spin.  cruc.  lat. 


VüraerliornzLlku 
Ventro-lat.  Gruppe. 


gekreuzte 
Refle.xfas. 


f.  long,  centr.      tr.  vest.  spin.  med. 
Fig.  70.     Querschnitt  Hiirch  Has  obere  Zervikalm:irl<  von  Lophius    piscatorius. 


Die  Zellen  können  sehr  groß  sein,  wie  bei  Lophius,  wo  endozelluläre 
Kanälclien  vorkommen,  welche  vielleicht  als  Lymphktipillare  zu  deuten 
sind  (Studnicka). 

Im  allgemeinen  haben  sie  eine  rundliche  oder  ovale  Forni  und  können 
sie  mit  einem  ganz  kurzen  Dendritennetz,  oder  auch  mit  einer  Art  von 
Membrana  fenestrata,  umgeben  sein,  wodurch  die  Ähnlichkeit  mit  den  extra- 
medullären Spinalganglienzellen  der  Teleostier  (Fig.  9)   noch   größer    wird. 

Da  auch  die  Spinalganglienzelliii  in  den  Interverteliralganglien  der 
Teleostier  eine  crhel)liche  Grölie  crnMcbeu  kcinneu,  ist  die  l 'bercinstim- 
mung  dieser  Zellen  mit  den  extramedullären  Ganglienzellen  evident. 


140  DAS    RÜCKENMARK    DER    GANOIDEN    UND    TELEOSTIER 

Man  kann  den  zentralen,  marklosen  Ausläufer  dieser  intra-  und 
supramedullären  Zellen  (den  Neuriten)  sehr  deutlich  (namentlich  bei 
Antennarius  und  Tetrodon)  in  einem  dorsolateral  liegenden  Bündel  des 
Rückenmarkes  nach  dem  Grau  des  spinalen  Trigeminuskernes  aufsteigen 
sehen,  in  dessen  Richtung  auch  ein  Teil  der  zentralen  Ausläufer  der  Spi- 
nalganglienzellen zieht  (die  eigentlichen  Hinterwurzeln  des  Zervikalmarkes). 

In  letzter  Zeit  ist  es  auch  gelungen,  den  peripheren  Ausläufer  der 
inti-a-  und  supramedullären  Zellen  bis  in  die  Haut  zu  verfolgen  i),  sodaß 
die  sensible  Natur  der  Zelle  damit  gesichert  ist   (Johnston). 

Wir  linden  hier  also,  im  Gegensatz  zu  den  Zyklostomen  und  Plagios- 
tomen,  eine  extramedulläre  Verlagerung  dieser  Zellen  in  der  Richtung  des 
Reizes,  d.  h.  in  der  Richtung  der  Peripherie. 

Die  teilweise  supramedulläre  Lage,  welche  zweifellos  sekundär  ent- 
standen ist,  kann  durch  neuro-biotaktische  Einflüsse  erklärt  werden. 

Die  Persistenz  der  RoHON-BEARD'schen  Zellen  bei  manchen  Knochen- 
fischen, nach  dem  larvalen  Leben,  ist  wohl  der  einzige  Moment,  wodurch 
ihr  Nervensystem  ein  primitiveres  Verhalten  zeigt  als  die  Solachier. 

Die  von  ihnen  übermittelte  Sensibilitätskomponente  ist  vorläufig  unbe- 
kannt. Sie  gehört  jedenfalls  zu  den  primitivsten  Sensibilitätskomponenten 
(vergl.  hierzu  die  Amphibienlarven,  wo  ihre  Funktion  besser  bekannt  ist). 
Auch  die  von  den  Spinalganglieiizellen  übermittelten  Empfindungen  dürften 
kaum,  oder  nicht  über  die  vitalen  Sinne,  der  nicht  scharf  lokalisierbaren 
Berülu'ungen  des  Schmerzes,  der  groben  Temperatur-  und  der  ehemischen 
Empfindungen  hinausgehen.  Jedenfalls  sind  auch  hier  bis  jetzt  keine  zusam- 
mengesetzten Endkörper  gefunden.  Ihre  peripheren  Wurzelareale  überdecken 
sich  nach  v.  Rijnbekk  etwa  um  die  Hälfte  (Pleuronectes). 

Bezüglich  der  zentralen  Verbindungen  der  Spinalganglienzelkn  liegt  hier 
nicht  genau  dieselbe  Sachlage  vor,  wie  bei  den  Selachiern. 

Die  Hinierwurzeln  treten  etwas  seitlich  von  der  grauen  Substanz  der 
Hinterhörner  ein  und  teilen  sich  namentlich  in  dem  hinteren  Abschnitt  der 
SeitenMränge,  in  auf-  und  absteigende  Äste. 

Direkte  Reflex-  oder  sensitivo-motorische  Kollateralen  (zu  den  ^'order- 
hornzcUen)  geben  sie  bei  den  Teleostiern  nicht  ab,  was  nicht  befremdend 
ist,  weil  ein  Teil  der  Dendriten  der  Vorderwarzelzellen  noch  in  die  Hin- 
terhörner reicht  (s.  o.). 

Spärliche  Kollateralen  nach  dem  Hinterhorn  der  andern  Seite  sind 
aber  nachgewiesen  (Martin,  Retzius,  van  Gehuchten). 

Der  laterale  Verlauf  der  aufsteigenden  (und  absteigenden)  Aste  der 
Hinterwurzelfasern  ist  bei  den  Teleostiern  sehr  ausgeprägt  (vergl.  Fig.  70). 

Durch  diesen  überwiegenden  Verlauf  in  den  Seitensträngen  sind  die 
Hinterstränge  nur  spärlich  entwickelt  und  liegen  die  Hinterhörner  einander 


')    Ein    Seitenzweig  für  die  Muskelsensibilitat,  wie  bei  Plagiostotncn  und  Aiiipbiljien 
ist  bis  jetzt  bei  Teleostiern  nicht  nachgewissen. 


DAS    RÜCKENMARK     DKK    flAXOlDEN    UND    TEI.ROSTTER.  141 

SO  nahe,  daß  die  graue  Substanz  hier  noch  mehr  den  Eindruck  eines 
umgekehrten  Ypsilons  (a)  macht  als  bei  den  Plagiostomen  (siehe  Fig.  69). 

Die  geringe  Fasermasse,  welche  sich  zwischen  denselben  befindet,  l)e- 
steht  wie  bei  den  Selachiern  liauptsäclilich  aus  sekundären  Neuronen, 
von  denen  die  meisten  einen  deszendierenden  Charakter  haben. 

Bei  denjenigen  Tieren,  bei  denen  die  oberen  Zervikalwurzeln  besonders 
entwickelt  sind,  ist  die  Anhäufung  der  Wurzelfasern  in  den  Seitensträngen 
dort  sehr  auffallend,  (vergl.  Fig.  70). 

Man  findet  dort  dorsale  Anschwellungen,  von  denen  wohl  zu  betonen 
ist,  daß  es  sich  dabei  nicht  liandelt  um  frontale  sensible  Kerne  für  aufstei- 
gende Hinter  wurzelfasern  aus  dem  ganzen  Bückenmark,  wie  bei  den  Goli- 
'schen  und  BuRDACH'schen  Kernen  der  Säuger,  sondern  um  rein  lokale 
Anschwellungen  für  die  zervikale  Sensibilität. 

Beispiele  solcher  lokalen  Anschwellungen  sind  namentlich  bei  Lophius 
und  Trigla  zu  finden,  wo  die  ersten  sensiblen  Zervikalnerven  durch  ihre 
enorme  Hypertrophie  zu  einer  erstaunliclien  Vergrößerung  der  frontalen 
Abschnitte  der  Dorsalhörner  Anlaß  geben. 

Bei  Lophius  ^)  ist  es  nur  ein  Lobus  sensibilis,  welcher  sich  dadurch 
bildet   (Fig.    70).    In   diesen    enden    der  erste  Zervikalnerv  und  die  abstei- 


Fig.  71.  Präparat  des  Gehirnes  und  des  Zervikalmarkes  eines  Trigla 
hirundodera  links  ein  Tasterfehlte.  Man  beachte  die  Abwesenheit  der  hin- 
teren linken  Zervikalmarkausschwclliing.  Prae)).  des  Anatom.  Musen  ms. 

gende  Trigeminuswurzel.  Ersterer  versorgt  die  stark  vermehrte  Sensibilität 
der  vordem  Flo.ssen,  letztere  den  enormen  Kopf  dieses  Tieres. 

Bei  Trigla  (Fig.  67  A)  findet  man  drei  Paar  Höcker  im  obern  Zervi- 
kalmark,  deren  rein  lokale  Bedeutung  bereits  daraus  hervorgeht,  daß  sie 
korrespondieren  mit  den  ol>eren  drei  Zervikalnerven,  welche  die  drei 
freien  Flossenstrahlen,  die  sich  zu  Tastorganen  diÖeren ziert  haben,  inner- 
vieren. 

Daß  die  Sensibilität  dieser  Tastorgane  dort  lokalisiert  ist,  wird  in 
klarer  Weise    durch    ein    Exemplar   (Fig.  71)   bewiesen,    wo  an  der  linken 


')  Vergl.  hierzu  die  FuDnote  auf  S.  136. 


142  DAS    RÜfKENNfARK    DER    GANOIOEN    UND    TELE08TIER. 

Seite  der  kaudalste  der  drei  Flossenstrahlen  und  dementsprechend  aucli 
der  hinterste  Höcker  an  derselben  Seite  atrophisch  ist  (B''oto,  nach 
einem  Präparate  Bolk's). 

Bei  diesen  Tieren  —  wie  Lophius  und  Trigla  —  ist  auch  das  laterale 
Wurzelbündel  auf  diesem  Niveau  sehr  stark  (Fig.  70)  und  kann  es 
Anlaß  geben  zu  einer  seitlichen  Anhäufung  grauer  Substanz,  die  wegen 
der  Aufnahme  der  aufsteigenden  lateralen  Wurzelfasern  als  Nucleus  funiculi 
lateralis  bezeichnet  ist  (Herriok). 

Auch  dieser  Kern  ist  nicht  einem  Hinterstrangkern  der  Säuger 
homolog,  weil  die  aus  ihm  hervorgehenden  sekundären  Bahnen  wesentlich 
anderer  Natur  sind,  als  die  aus  den  Hinterstrangkernen  der  Säuger. 

Die  sekundären  Bahnen  im  Rückenmarke  dei'  Knochenfische  können  im 
allgemeinen  in  gekreuzte  und  gleichseitige  Neuronen  unterschieden  werden. 

Die  Ursprungszellen  der  erstgenannten  sind  Komrnissurzcllen,  welche 
die  ältesten  sekundären  Neuronen  bilden. 

Die  Axonen  dieser  Zellen  verlaufen  nach  Kreuzung  in  der  Commis- 
sura  antericw-  in  den  Vorder-  und  Vorderseite-Strängen  der  andern  Seite, 
namentlich  in  demjenigen  Abschnitt  des  Fasciculus  löngitudinalis  centralis  i), 
der  zwischen  der  eigentlichen  Commissura  anterior  und  der  Commissura 
ant.  accessoria  liegt.  Viele  dieser  Fasern  dichotomisieren  sich  dort  in  einen 
aufsteigenden  und  absteigenden  Ast. 

Die  meisten  davon  dehnen  sich  wohl  nur  innerhalb  des  Rückenmarkes 
selber  aus. 

Es  gibt  darunter  aber  aucli  Fasern,  welche  erst  eine  Strecke  weit  in 
dem  gekreuzten  Vorderstrang  und  dann  in  den  Seitenstrang  verlaufen  und 
in  die  Oblongata  reichen  (v.  Gbhuchten),  so  einen  Tractus  spino-bulbarw 
crudatus  bildend. 

Es  handelt  sich  hierbei  offenbar  nur  um  die  sekundär  sensible  Bahn 
Edinger's,  welche  die  primitiven  Sensibilitätsempfindungen  (Schmerz,  Tem- 
peratur und  einfacher  Berührungssin  '-))  führt. 

Auch  ein  Tr.  spino-inesencephalicu.s  (Fig.  70)  dürfte  aus  solchen  Zellen 
hervorgehen. 

Die  gleichseitigen  endogenen  Fasern  des  Rückenmarks,  die  Strangzellen, 
liegen  ebenfalls  in  der  ganzen  grauen  Substanz  verbreitet.  Ihre  Dendriten 
wie  die  der  Kommissurzellen  dehnen  sich  teilweise  durch  die  Commissura 
protoplasmatica    posterior    auf    die    kontrolaterale   Seite   aus.  Ihre  Axonen 


)  Das  Bündel,  welches  in  der  Oblongata  seine  Lage  dorsal,  direkt  unterhalb  des 
Ventrikelbodens  hat  (daher  F.  1.  dorsalis  oder  posterior),  liegt  im  Rückenmark  in  dessen 
ventraler  Hälfte  (daher  auch  wohl  F.  I.  ventralis).  Man  nennt  es  am  besten  Fase.  long, 
centralis,  wegen  seinei-  zentralen  Lage,  sowohl  in  der  Oblongata  als  im   Rückenmark. 

äj  Auch  bei  den  Saugern  (namentlich  beim  Menschen)  ist  von  M.^nn,  Petren  u. 
anderen  konstatiert,  daß  die  sekundäre  Bahn  der  primitiven  Sensibilität  von  dem  Vor 
derstrang  in  den  Seitenstrang  übergeht,  also  bajonettförraig  verläuft 


n.VS    RÜCKENMARK    DER    GANOIDEN    UND    TELEOSTIER.  143 

ziehen  teilweise  in  die  \''or(ler-  und  Hinterstränge,  größtenteils  aber  in 
die  Seitenstränge. 

Ahnliche  Kommissur-  und  Strangzellen  bilden  bei  denjenigen  Tieren, 
bei  denen  eine  erhebliche  lokale  Verinehi'ung  der  zervikalen  Sensibilität 
auftritt  (s.  o.),  den  oberwähnten  Nucleus  funiculi  lateralis  seitlich  von  dem 
Grau  der  Hinterhörner. 

Seine  Zellen  empfangen  aulierhalb  der  Wurzelfasern  Schaltneuronen 
aus  den  Hinterhörnern.  Wie  ans  den  Hinterhörnern  gehen  aus  ilim  ge- 
kreuzte Bahnen  zum  Mittelhirn  und  kürzere  Reflexbahnen  zu  der  Formatio 
reticularis  der  Ohlongata  und  (deszendierend)  zu  den  naheliegenden  N'en- 
tralhörnern.  Homolateral  zieiit  aus  diesem  Kern  eine  mächtige  spinozere- 
belläre  Bahn,   Tr.  spino-cerebellaris  dorsalis  zum  Kleinhirn  (Herrick)  i). 

Aus  diesem  Verhalten  geht  hervor,  daß  die  grauen  Massen  im  oberen 
Zervikalmark  der  Knochenfische  nichts  mit  den  GoLL'schen  und  Burdach'- 
schen  Kernen,  wie  wir  sie  bei  den  höhern  Wirbeltieren  antreffen, 
gemein  haben,  sondern  daß  sie,  wegen  der  Abgabe  von  Reflexbahnen 
nach  motorischen  Zentren  und  als  Ursprungsstelle  spino-mesenzephaler 
und  spino-zerebellärer  Neuronen,  dui-chaus  als  Hinterhornteile  zu  be- 
trachten sind.  Dasselbe  gilt  für  den  spinalen  Trigaminuskern. 

Bei  diesen  Teleostiern  ist  also  die  frontale  Projektion  der  primitiven, 
vitalen  oder  protopathischen  Sensibilität  (s.  S.  84  und  35)  besonders 
stark  ausgebildet. 

Die  aus  frontaleren  Gebieten  nach  dem  Rückenmark  absteigmiden  Neu- 
ronen sind  teilweise  dieselben  wie  bei  den  Haien,  mit  dem  Unterschiede, 
daß  die  in  dem  Fasciculus  longitudinalis  centralis  verlaufenden,  absteigenden 
Fasern  bei  den  Selachiern  überwiegen,  während  wir  bei  den  Teieo.stiern, 
namentlich  in  dem  ventrolateralen  Strange,  sehr  mächtige  absteigende 
vestibuläre  Bahnen  finden  —  wie  den  Tractus  vestibulo-spinalis  cruciatus  late- 


')  Die  Verhältnisse  in  dieser  Gegend  sind  besonders  von  Herrick  an  einer  amerika- 
nischen Trigla-Art  (Prionotus  carolinus)  sehr  eingehend  studiert  worden. 

Dieses  Tier  hat,  wie  die  obenerwähnte  europäische  Form,  di-ei  feste  F"lossenstrahien, 
welche  von  den  drei  ersten  sensiblen  Zervikalnerven  innerviert  werden. 

Es  hat  aber  nicht  3  Lobi  sensibiles  an  jeder  Seite  des  Zervikalmai-kes,  sondern  6. 
welche  sich  jedocli  auch  in  3  Gruppen  ordnen  lassen. 

Der  erste  Lobus  nimmt  die  deszendierende  'l'rigeminuswurzel,  somatische  Wurzelfasern 
des  Vagus  und  den  er.sten  Zervikalnerven  auf;  die  darauf  folgenden  beiden  zusammenge- 
hörigen (2.  und  3.)  Lobi  nehmen  den  zweiten  sensiblen  Zervikalnerven  auf  und  die  drei 
letzten  Lobi  (4,  5.  und  ö.)  den  dritten  sensiblen  Zervikalnerven.  Die  zu  einander  gehö- 
renden Lobi  sind  duich  Fasciculi  proprii  verknüpft  und  weisen  überdies  Koinmis- 
sursysteme  auf,  welche  frontal  in  derr  somatischen  Abschnitt  der-  Commissura  inIrma 
übergehen. 

Der  Dorsalstrang  des  Rückenmarkes  dieses  Tier-es  besteht  nun  hauptsächlicli  aus 
sekundären,  deszendierenden  Fasern  dieser  Lobi,  und  auch  der  ventro-laterale  und  nament- 
lich der  dor-so-lateraie  Strang  ist  erheblich  dur'ch  deszendier-ende  Fasern  dieses  Gebietes  — 
namentlich  der  hintersten  Anschwellungen-vei'stärkt. 


144  DAS    RÜCKENMARK    DER    GANOIDEN    UND    TELEOSTIER. 

ralis  Wallenberg's  u.  A.,  die  uuch  wohl  für  die  mehr  ventrale  Lage  der 
Vorderhornzellen  verantwortlich  sind  (Fig.  70). 

Eine  ahnliche  Bahn,  aher  ungekreuzt,  verläuft  im  ventralen  Abschnitt 
des  Vorderstranges  kaudalwärts:   Tr.  vestibulo-spin.  medialis. 

Wir  haben  diese  ventraleren  Bahnen  auch  schon  bei  den  Selachiern 
gefunden;  dort  traten  sie  aber  in  Größe  sehr  hinter  den  dorsaler  liegenden 
Systemen  des  zentralen  Längsbündels  zurück. 

Auch  hier  fehlen  jene  Sj^steme  nicht  und  verlaufen  darin  viele  Fasern 
aus  den  retikulären  Kernen  der  Oblongata  in  das  Rückenmark. 

Nach  BARTELXfEZ  verlaufen  dieselben  gekreuzt  und  ungekreuzt  in 
medialen  Längsbündeln  kaudalwärts,  und  begleitet  ein  Teil  derselben  die 
großen  MAUTHNER'scAe«  Fasern  (vergl.  Kap.  IV)  bis  an  die  Stelle,  wo  diese 
um  die  motorischen  Kerne  des  Schwanzes  enden. 

Mittels  dieser  retikulären  Kernen  werden  optische  und  statische  Reize 
sowohl  wie  Empfindungen  der  Kopf.sensibilität  uml  des  (ieruclis  den  Bewe- 
gungszentren des  Rückenmarkes  übermittelt. 

Ein  Unterschied  zwischen  den  Selachiern  und  den  Knochenfischen 
liegt  namentlich  darin,  daß  sich  bei  den  letzteren  absteigende  Geschmacks- 
bahnen finden.  Bei  denjenigen  Tieren,  welche  viele  Geschmacksbecher  auf 
dem  Körper  haben,  namentlich  bei  den  Gadiden,  wo  diese  auf  den  Brustflossen 
vorkommen  (Herrick)  ziehen  sekundäre  und  tertiäre  Geschmacksbahnen 
teilweise  in  dem  zentralen  Längsbündel,  und  ventrolateral  davon  in  das 
Zervikalmark,  wo  sie  teilweise  in  Korrelation  treten  mit  Tastempfindungen 
der  jenigen  Körperabschnitte,  auf  denen  die  Geschmacksbecher  sich  be- 
finden, teilweise  sofort  zu  den  motorischen  Zentren  ziehen.  Da  die  Ge- 
schmacksnerven alle  Kopfnerven  simi  (Kap.  III),  ist  liierdurch  eine  stärkere 
Zephalisation  der  Rückenmarksretlexe  als  bei  den  Plagiostomen  vorhanden. 

Die  Untersuchungen  von  Retzius,  Maktix  und  van  Gehuchten  über  die 
Küllsuhstanz  des  Rückenmarkes  dieser  Tiere  wurden  nur  an  embryonalem  Material 
angestellt  und  bewiesen  die  Anwesenheit  von  Eadiärfasern  von  EpendymzeUen,  deren 
Körper  dem  Zentralkanal  naheliegt,  während  ihr  trompetformiger  Fortsatz  —  mit 
reichlichen   Seitenfortzätzen  versehen   —   bis  zur   Peripherie   reicht. 

Autonome  GllazrUen,  also  Astrozyten  d.  h.  solche  Zellen,  deren  Körper  nicht 
in  der  Nähe  des  Zentralkanals  bleibt,  waren  in  diesen  Stadien  noch  nicht  nach- 
weisbar. Es  ist  aber  seit  den  Untersuchungen  von  Kolsteh,  Erik  Müllee  und 
Marengui  (S.  48)  nicht  zu  bezweifeln,  daß  bei  ausgewachsenen  Tieren  ein  höheres 
»Stadium   der   Hüllsubstanz  {Gliazellen)  vorliegt,   ähnlich   wie    bei  den   Haien. 

Die  RückenmarkshüUen  sind  (Sterzi)  bei  den  Teleostiern  denjenigen  der 
andern  Fische  im  Prinzip  ähnlich.  Es  handelt  sich  hier  um  eine  einzige  Meninx 
primitiva,  welche  durch  ein  sehr  loses  perimeningiales  Gewebe  von  der  Endorrhachis 
getrennt  ist. 

Das  perimeningeale  Gewebe  ist  bei  den  Teleostiern  adipöser  Natur. 

Die  Meninx  primitiva  selber  kann  manchmal  in  zwei  Blätter  geteilt  werden, 
ein  äußeres  mehr  oder  weniger  pigmentiertes  Blatt,  welches  aus  flachen  Zellen  be- 
steht und  ein  inneres  Blatt  (vergl.  Fig.   VO). 

In    der    Meninx    kommen    verdickte    Stränge    vor,   welche  sich  als  JJfjamentxnn 


DAS    RÜCKENMARK    DER    AMPHIBIEN.  145 

ventrale  mit  der  Endorrhachis  an  der  Stelle  der  ersten  5  bis  8  intervertebralen 
Gelenke  verbinden,  und  ein  Ligamentum  laterale,  welches  sich  zwischen  Vorder-  und 
Hinterwurzeln  anheftet  und  sich  stellenweise  durch  den  perimeningialen  Raum  mit 
der  Endorrhachis  verbinden  kann  (Stehzi). 

Die  Meninx  primitiva  enthält  zahlreiche  Grefäße,  welche  (von  Septen  begleitet) 
in  das   Rückeumark,  namentlich  in  die  graue  Substanz  desselben,   eindringen. 

Das  Rückenmark  der  Amphibien. 

Die   Teleostier  bilden  einen  Seitenzweig  in  der  Reihe  der  Wirbeltiere. 

Was  die  phylogenetische  Entwickling  des  Rückenmarkes  betrifft, 
schließen  sich  die  Amphibien  in  manchen  Hinsichten  viel  mehr  den 
Haien  an  als  den  Knochenfischen,  wie  bereits  von  v.  Lenhossek  bemerkt 
wurde,  und  wie  ich  selbst  auch  für  die  Oblongata  und  das  Vorderhirn 
betont  habe. 

Der  Anschluß  dieser  Tiere,  namentlich  der  geschwänzten  Amphibien, 
an  die  Plagiostomen  ist  ein  so  markanter,  daß  ich  mich  hier  kurz  fassen  kann. 

Ehe  ich  zu  der  Beschreibung  des  Rückenmarkes  der  schwanzlosen 
Amphibien  übergehe,  werde  ich  einiges  über  die  sehr  primitiven  Ver- 
hältnisse, wie  sie  bei  den  Larven  der  geschwänzten  Amphibien  gefunden 
werden,  mitteilen,  weil  diese  Verhältnisse  von  allgemein  biologischer  Be- 
deutung sind  und  gewisse  Strukturverhältnisse  besser  beleuchten. 

Wie  bei  den  Plagiostomen  (und  im  Gegensatz  zu  den  Teleostiern  und 
Zyklostomen)  legt  sich  das  Rückenmark  der  Amphibien  als  eine  von  An- 
fang an  offene  Röhre  mit  einem  weiten  Zentralkanal  an  (vergl.  Fig.  201). 
In  diesem  Kanal  kann  bei  weiterer  Entwicklung  ein  Sulcus  limitans  die 
dorsale,  primär  sensible  Flügelplatte  von  der  ventralen  primären  moto- 
rischen Grundplatte  trennen. 

Eine  raetamere  Einteilung  läßt  sich  aber  nach  Schließung  des  Rohres 
nicht  sehen. 

Die  Zahl  der  Wurzeln .  bei  den  geschwänzten  Amphibien  ist  sehr  groß, 
auch  bei  der  Larve,  aber  sowohl  die  Vorderwurzeln  als  die  sensiblen  Hin- 
terwurzeln bei  der  Larve  weisen  große  Unterschiede  gegenüber  dem  Zustande 
auf,  wie  er  in  ausgewachsenen  Tieren  gefunden  wird,  indem  das  erste  sensible 
Neuron  bei  den  Larven  (Coghill),  nur  von  transitorischen  sog.  Rohon — 
BEARD'sc/ien  Zellen  gebildet  wird,  wie  wir  sie  bereits  bei  Plagiostomen  und, 
bleibend,  bei  den  Teleostiern  und  Zyklostomen  kennen  gelernt  haben. 

Diese  großen  sensiblen  Ganglienzellen  liegen  hier  in  der  dorso-lateralen 
Seite  der  Medulla  und  senden  einen  Dendriten  peripherwärts,  welcher 
sich  verzweigt  und  teils  der  Haut-,  teils  der  Muskeisensibilität  dient  (Fig.  72). 

Der  Axon  dieser  Zelle  (A.  B.  Fig.  72  A)  verläuft  frontal wärts  in  einem 
dorsolateralen  Bündel,  das  mit  Bogenfaserzellen  korrespondiert,  die  in  dem 
jüngsten  Stadium  der  Entwicklung  der  Reflexe  bloß  auf  der  Grenze  von 
Rückenmark  und  Oblongata  vorkommen  (Fig.  72  B),  später  jedoch  auch 
frontal  und  kaudal  von  dieser  Stelle  sich  bilden. 

Kappkus.  tO 


146 


DAS    RÜCKENMARK    DER    AMPHIBIEN. 


Strangzelle. 


Diese  Kömmissurzellm-  (oder  Bogenfaserzellen  Fig.  72  B)  übertragen  rleu 
Impuls  auf  ein  deszendierendes  Neuron  {Strangzelle,  Fig.  72  B),  dessen  Längs- 
faser im  Rückenmark  bleibt,  aber  ein  Kollateral  als  primitive  motorische 
Wurzel  nach  dem  Myotom  (M.)  sendet;  wie  es  auch  bei  einigen  Everte- 
braten  (den  Krustazeen)  vorkommt. 

Die  Längsfaser  endet  um  eine  Zelle,  die  sich  wieder  ebenso  verhält, 
deren  Hauptaxon  also  auch  als  Längsfaser  im  Rückenmark  bleibt  und  nur 
ein  Kollateral  in  das  Myotom  schickt.  (Siehe  Fig.  72  B). 

'  Dieser  Reflexweg  ist  also  ein 
ganz  anderer  als  derjenige,  den  wir 
im  ausgewachsenen  Rückenmark 
kennen. 

Als   Besonderheiten   sind   hierbei 
also  nametülich  zu  betonen: 
1)  die  Tatsache,  daß  ein  einziges  peri- 
pheres Neuron  (die  Rohon-Baerd'- 
sche    Zelle)    sowohl    durch    einen 
■   exterorezeptiven    Beiz    {Baut)    als 
durch  einen  propriorezeptiven  Reiz 
(Muskel)  erregt  werden  kann,  tvelch 


Bogerifas.  zelle. 


Fig.  72  A.  Verästelung  der  peripheren 
(sensiblen)  Ausläufer  einei-  Rohon-Beard- 
schen  Ganglienzelle  in  Haut  und  Mus- 
kel    bei    einer    Tritonlarve,    n.    Coghill. 

A.  B.  =  aufsteigendes  Bündel. 


Fig.  72  B.  Übertragung  der  Reize  von 
den  Rohon-Beardschen  Zellen  (R.  B.)  durch 
eine  Bogenfaserzelie  auf  die  Strangzeilen 
mit  Vorderwurzel-kollateralen  bei  einer 
Tritonlarve  n.  Coghill. 

M  =  Myotom. 


letzterer  Reiz  entsteht,  wenn  der  Muskel  sich  kontrahiert.  Hieraus  geht  wieder 
hervor,  daß  nicht  nur  der  oberflächliche  Berührungssinn  (mit  dem  Schmerz 
und  Temperatursinn)  zu  den  primitivsten  vitalen  Empfindungen  gehört,  aber 
auch  ein  Muskelsinn  darin  bereits  vertreten  ist,  und  daß  dieser  pnmitive  vitale 
Muskelsinn  von  denselben  gekreuzten  sekundären  Bahnen  geleitet  wird,  wie  die 
übrigen  primitiven  vitalen  Empfindungen;    ■ 

2)  die  peripheren  motorischen  Neuronen  sind  noch  nicht  individuell  von  dem  ze)i- 
tralen,  deszendierenden  Bündel  differenziert,  sondern  nur  Ko [lateralen  desselben ;. 

3)  daß    der  Reflexweg,  ivelchen  die  sensorischen  Impulse  nehmen  müssen,  bevor 
sie   ihren   Effekt   ausüben,   ein  sehr  langer  ist,  (namentlich  in  dem  jüngsten 


DAS    RÜCKENMARK    DKR    A  ^rrTTT^.TF;^'. 


147 


Stadium,    in    welchem   fast   nur   im  frontalsten  HalSmark  Bogerifascrn  vor- 
kommen) ; 
4)  daß    dabei   viele   Synapsen   vorkommen,    weil   die  einzelnen  Neuronen  relativ 
kurz  sind. 

Diese  Reflexbahn,  wie  sie  von  Coghill  und  Herrick  beobachtet  wurde, 
macht  schon  in  halb  ausgewachsenen  Larven  andern  Verhältnissen  Raum, 
indem  die  transitorischen  Ganglienzellen  verschwinden, 
und  aus  der  Neuralleiste  sich  wirkliche  Öpinal-Ganglien- 
zellen  entwickeln,  worin  die  propriorezeptiven  und  die 
exterorezeptiven  Zellen  geschiedene  Vertreter  haben. 

Auch  das  eferente  System  ändert  sich,  indem  aparte 
Vorderwurzeln  erscheinen,  was  vielleicht  dadurch  statt- 
findet, daß  von  dem  Kollaterals^^stem  der  Hauptaxoii 
jenseits  der  Stelle,  wo  das  motorische  Kollateral 
abgeht,  verkümmert  und  dadurch  das  Kollateral  zum 
Hauptaxon  wird  i).  Außerdem  werden  zahlreiche  neue 
Neuronen  angelegt,  sowohl  Vorderwurzelzellen  als  Kom- 
missur- und  Strangzellen. 

Dabei  entwickeln  sich  nun  die  Dendriten  der  Kom- 
missurzellen  und  der  motorischen  Zellen  in  enormer 
Weise  durch  den  ganzen  Querschnitt  des  Markes  (wie 
wir  dies  auch  bereits  bei  Zyklostomein  und  Plagiostomen 
fanden)  und  ist  die  Möglichkeit  entstanden,  Reize  von 
vielen  verschiedenen  Systemen  zu  übernehmen. 

Bei  den  schwanzlosen  Amphibien  finden  wir  im  aus- 
gewachsenen Zustande  Verhältnisse,  die  in  manchen 
Hinsichten  eine  Regression,  in  andern  einen  Portschritt 
im  Vergleich  zu  den  ausgewachsenen  geschwänzten  Am- 
phibien und  den  Plagiostomen  aufweisen. 

Während  wir  bei  den  gfeschwänzten  Amphibien  mehr 
als  zwanzig,  bei  Haien  noch  viel  mehr  Rückenmarks- 
wurzelpaare finden  und  bei  den  letztgenannten  außerdem 
noch  eine  Anzahl  von  intrakranial  austretenden  okzipi- 
talen und  extrakranial  austretenden  okzipitospinalen  Wur- 
zeln, ist  blo.sz  die  letztgenannte  Gruppe  beim  Frosch  an- 
wesend und  nur  durch  einen  Nerven  vertreten,  der  einen 
Abschnitt  des  ventralen  Astes  des  H.  Spinalnerven  bildet 
und  als  Hypoglossus  die  Zunge  innerviert  (Gaupp). 

Der  erste  Spinalnerv  fehlt,  und  die  Zahl  der  blei- 
benden Spinalnerven  beträgt  nur  zehn  oder  elf. 

Diese  geringe  Zahl  der  spinalen  Nerven  findet  hauptsächlich  darin  ihren 


Fig.  7.% 

RückenniarU  und 

Filunitenninalc 

on  Rana  nmgiens. 


')  Wenn  umgekehrt  (Jie  cieszenflierende  Uückenmarksfaser  hypertiophiert,  geht  walii'- 
scheinlich  da.s  Vorderwnrzel-KdUateral  zugrunde  und  entsteht  eine  reine  Strangfaser. 


148 


DAS    RUCKENMARK    DER    AMPHIBIEN. 


Grund,  daß  diejenigen  Rückenmarkswurzeln  (etwa  zehn),  welche  den 
Schwanz  der  Larven  und  der  geschwänzten  Amphibien  innervieren,  beim 
ausgewachsenen  Frosche  verloren  gehen.  Infolgedessen  besitzt  das  Rücken- 
mark des  ausgewachsenen  Frosches,  gerade  wie  bei  einigen  Teleostieren, 
ein  sehr  langes  Filum  terminale,  (Fig.  73)  welches  seinen  Ursprung  jener 
Verkümmerung  zu  verdanken  hat  i).  Dieses  Filum  terminale  enthält  keine 
Wurzelzellen,  sondern  nur  spärliche,  oft  variköse  Ausläufer  von  Strang-  oder 
Kommissurzellen  (Fig.  74  A),  während  es  sonst  hauptsächlich  aus  gliösen 
Elementen  besteht,  einer  Fortsetzung  der  Substäntia  gliosa  centralis. 

In  der  vorderen  Hälfte  des  Filum  findet  man  noch  eine  Anzahl 
absteigender    Hinterwurzelfasern   (F.    p. :    nahe    der    dorsalen    Mittellinie), 

welche  den  Lumbosa- 
/r-  P-  kral wurzeln    entstam- 

men. In  den  Vorder- 
seitensträngpn  liegen 
(F.  a.  1.)  absteigende, 
sekundäre  Neuronen 
vor  (vergl.  Fig.  74  A). 
In  der  unteren 
Hälfte  des  Fikims  sind 
auch  diese  Fasern  fast 
gänzlich  verschwun- 
den, und  findet  man 
oberhalb  des  stark 
nach  vorne  verlager- 
ten Zentralkanals  stel- 
lenweise große,  rund- 
liche Spalten  in  der 
gliösen  Masse,  welche 
das  Filum  darstellt 
(Fig.  74  B). 

Das  Rückenmark 
selber  zeigt  gegenüber 
den  Fischen  einen  großen  Unterschied  dadurch,  dasz  es  eine  Intumescentia 
cervicalis  und  eine  Intumescentia  lumbalis  aufweist,  eine  Tatsache,  welche 
der  Entwicklung  der  ziemlich  großen  Extremitäten  dieser  Tiere  zu  ver- 
danken ist. 

Während  die  primitiven  sensiblen  und  primitiven  motorischen  Wur- 
zeln bei  Larven  alternieren  (Fig.  72  B),  weil  der  Anstritt  der  estgenannten 
met   den    Septen,    derjenigen    der   letztgenannten  mit  den  Mytomen  korre- 


m% 


Fig.  74  A.     Querschnitt  durch  die  obere  Hälfte  des 
Filum  terminale  von  Rana  niugiens. 


')  Die  Verkürzung  des  Rückenmarkes  schreitet  in  sehr  seltenen  Fällen  noch  weiter. 
So  beschrieb  Sm.^llwood  das  Rückenmark  eines  Bufo  (Kröte)  in  dessen  hinteren  Abschnitt 
der  VIT  bis  .X  Nerv  ganz  zusammengedrängt  waren. 


DAS    KUC'KKNMAKK    DEK    AMrHlBJP:N. 


149 


Dorsal- 
spalte 


spondiert,    treten    die    ventralen    und    dorsalen   Wurzeln   des  ausgewachsenen 
Froselies  schon  auf  einem  annäliernd  ')  gleichen  Niveau  aus  (Fig.  75  oben). 

Die  ventralen  Wurzeln  sammeln  sich  aus  zahlreichen  Bündelchen,  sodaß 
ihr  Austritt  in  sagittaler  Richtung  ein  größeres  Areal  einnimmt  als  derje- 
nige der  Hinterwurzeln,  obwohl  letztere  meist  dicker  sind  und  die  Zahl 
ihrer  Fasern  die  der  motorischen  übertrifft. 

Die  ventralen  Wurzeln  enthalten  nur  ungekreuzte  Fasern,  deren  Ur- 
sprungszellen wie  bei  den 
Plagiostomen  die  Tendenz 
zeigen,  sich  an  der  Grenze 
der  grauen  und  weißen  Sub- 
stanz anzuhäufen  (Fig.  77). 

In  den  Anschwellun- 
gen vermehrt  sich  die  graue 
Substanz  der  Vorderhörner 
(Figur  75). 

Man  kann  in  ihr  zwei 
Zellsäulen  unterscheiden, 
eine  medioventral  im  Vor- 
derhorn  gelegene,  welche 
sich  ungefähr  über  die  ganze 
Strecke  des  Rückenmarkes 
ausdehnt,  und  eine  mehr 
lateral  im  Vorderhorn  lie- 
gende, die  fast  nur  im  Be- 
reiche der  Intumescentia  cer- 
vicalis  und  Intumescentia  lum- 
balis  vorkommt. 

Der  Umstand,  daß  die  laterale  Vorderhorngruppe  namentlich  in  den 
Anschwellungen  vorkommt,  läßt  uns  vermuten,  daß  diese  die  Muskulatur 
der  Gliedmaßen  innerviert,  wie  durch  experimentelle  Untersuchungen  be- 
stätigt ist  (Sano). 

Während  wir  hierin  einen  Unterschied  mit  den  Haien  erblicken,  liegt 
wieder  eine  Übereinstimmung  mit  jenen  Tieren  vor  in  der  Ausdehnung  der 
Dendriten  durch  den  ganzen  Umfang  der  weißen  Substanz  bis  zu  der 
Pei'ipherie  des  Markes,  wo  auch  hier  ein  perimedulläres  oder  marginales 
Dtndritenneiz  gebildet  wird,  das  sich  namentlich  auf  den  Vorder-Seitenstrang 
ausdehnt  (vergl.  Fig.  77,  mit  Fig.  63)  und  in  Kontakt  mit  Kollateralen 
jener  Stränge  tritt. 

Außer  diesen  Dendriten  findet  man  hier  solche,  welche  in  der  Com- 
missura  anterior  kreuzen   (Comm.   protoplasmatica  anterior,   Fig.   77)   und 


Bogenfaser. 


Zentralkan. 


Fig.  74  B.     Querschnitte    durch   die   hintere  Hälfte 
des  Fihuii  terminale  von  Rana  inugiens. 


')    Hammer  fand  jedoch  bei  Rana  mugiens  die  Korrespondenz  zwischen  ventralen  unri 
dorsalen  Wurzeln  nicht  stets  vollständig. 


1 50 


DAS    RUCKENMARK    DEK    AMPHIBIEN. 


MB 


LB 


M.W  s' 


sw. 


"^  M.W. 


\ 


.■=^ 


Fl?;.  75.     Schnitt  durch  das  Zervikal  mark  (oben), 

Dor.salmark  (Mitte)  und 

Lumbalraark  (unten). von  Rana  mugiens. 


DAS    RÜCKENMARK    DER    AMPHIBIEN.  151 

schließlich  sensitivo-motorischen  Dendriten,  welche  in  die  graue  Substanz 
der  Hinterhörner  ziehen,  aber  beim  ausgewachsenen  Frosch  (wo  die  sensiti- 
vo-motorischen Kollateralen  der  Hinterstränge  sich  entwickelen)  kaum  mehr 
vorkommen. 

Außer  somato-motorischen  (für  die  quergestreifte  Muskulatur)  führen 
die  Vorderw'urzeln  vüzeromotorische  Fasern  für  .die  Rarni  communicantes  albi. 
Auch  in  den  Hinterwurzeln  sind  solche  eferente  Axonen  durch  phj'sio- 
logische  Versuche  Steinach's  wahrscheinlich  gemacht  (von  Horton  Smith 
bezweifelt).  Die  Ursprungszellen  jener  sympathischen  Fasern  dürften  an  der 
Basis  des  Hinterhornes  liegen. 

Die  sensiblen  Empfindungen,  welche  sich  auch  beim  Fro.sch  wesentlich 
auf  vitale  Reize  beschränken  dürften,  erreichen  das  Rückenmark  —  nach- 
dem die  RoHON'schen  intra-medullären  Zellen  (s.  o.)  verschwunden  sind  — 
bloß  durch  die  spinalen  Ganglienzellen  i). 

Die  peripheren  Fortsätze  dieser  Zellen  verteilen  sich  in  der  Haut  nach 
bestimmten  Segmenten  (Eckhard,  Koschewnikoff  und  Sherrington), 
welche  auf  den  großen  hinteren  Extremitäten  eine  Anordnung  haben,  die 
darauf  hinweist,  daß  eine  starke  Dehnung  bei  ihrer  Ausbildung  eine  Rolle 
spielt.  Ob  die  Überdeckung,  welche  bei  den  Rumpfdermatomen  sehr 
erheblich  ist,  auf  den  Extremitäten  geringer  wird,  ist  nicht  sicher.  Jeden- 
falls ist  sie  dort  noch  sehr  groß  (vergl.  Fig.  76,  Sherrington). 

Die  zentralen  Fortsätze  treten  in  das  Rückenmark  nahe  der  sog.  Zona 
marginalk  des  Hinterhorns.  Dabei  fällt  auf,  daß  die  links-  und  rechtsseitigeri 
Hinterhörner  einen  gröszeren  Raum  zwischen  sich  fassen  als  bei  den 
Fischen,  indem  die  auf-  und  absteigenden  Aste  der  sensiblen  Wurzeln 
hier  überwiegend  in  den  Hintersträngen  verlaufen,  welche  dadurch  brei- 
ter sind. 

Die  Prozentzahl  der  Hinterstränge  auf  der  gesamten  weißen  Substanz 
im  Zervikalmark  beträgt  beim  gewöhnlichen  Frosche  etwa  13  %  (s.  aber  u.), 
während  sie  bei  den  Fischen  nur  etwa  5°/^ — 6%  ist  (Brouwer). 

Dadurch  sind  die  Hinterhörner  weiter  auseinander  gedrängt  und  hat 
die  gesamte  graue  Substanz  des  Rückenmarkes  viel  mehr  die  Form  eines 
H  (Fig.  75),  anstatt  eines  umgekehrten  Ypsilons  (a)  wie  namentlich  bei 
den  Haien  der  Fall  ist. 

Beim  Eintritt  der  Fasern  kann  man  zwei  Hauptbündel  unterscheiden, 
ein  laterales  Bündel,  das  sich  nach  außen  wendet  und  wesentlich  in  der  Zona 
marginalis  bleibt  (Fig.  75:  L.  B.),  und  ein  stärkeres  mediales  Bündel  (Fig. 
75:  M.  B.)  zu  den  Hintersträngen  führend. 

Ein  Teil  des  letztgenannten  Bündels  tritt  beim  nicht  ausgewachsenen 
Frosch  in  Verbindung  mit  sentivo-motorischen  Dendriten  der  Vorderhorn- 
zellen.  Diese  Verbindung  verwandelt  sich  jedoch  bei  ausgewachsenen 
Tieren,  wo  diese  Dendriten  sich  nicht  mehr  so  weit  nach  hinten  ausdehnen,  in 


')  Diese  sind  beim  Froscli  überwiegend  monopolar,  nur  ausnahmsweise  bipolar  (G.  Levi). 


152 


DAS    RUCKENMARK    DER    AMPHIBIEN. 


Fig.  76  A. 


Fig.  76  B. 

Fig.  7G  A.  Erstei-  Versuch  zur  Darstellung  der  Segmentation  der 
Haut  auf  den  Extremitäten  des  Frosches,  n.  Eckhardt  (1847). 

Fig.  76  B.  Die  Segmentalinnervation  der  Haut  der  hinteren  Extre- 
mitäten des  Frosches,  n.  Sherrington.  Man  beachte  die  Überdecking. 
Segment  VIII,  auf  der  rechten  Extremität  isoliert  dargestellt,  wird 
vorne  und  hinten  (siehe  die  linke  Extremität)  völlig  überdeckt  durch 
VII,  IX  undJX. 


DAS    RÜCKENMARK    DER    AMI'HIBIEX.  153 

eine  solche  mittels  sensiiivomotorischer  Kollateraleii  (Cajai,),    die    hier   zuerst 
in  der  Phylogenese  auftreten. 

Nach  Abgabe  dieser  Koll^teralen  steigen  die  dichotomierten  Fasern 
weiter  auf  und  ab. 

Einzelne  degenerieren  nach  Durchsclnieidung  des  Rückenmarkes  (Sand- 
meyer i)  nahe  der  dorsalen  Medianlinie  bis  hoch  in  die  Medulla  cervicalis. 

Ob  das  Aufsteigen  der  Fasern  dabei  bereits  so  überwiegend  ist,  daü 
man  im  obersten  Zervikalmark  erheblich  größere  Hinterwurzelstränge 
findet  durch  Akkumulation  mit  kaudal  entstehenden  Fasern,  ist  fraglich. 
Zwar  bilden  im  Zervikalmark  des  Ochsenfrosches  die  Hinterstränge  20  7o) 
im  Lumbaimark  nur  13  7o  *lt;r  weißen  Substanz.  Wir  müssen  aber  im 
Halsmark  des  Frosches  betreti's  dieses  Prozentsatzes  vorsichtig  sein,  weil  — 
wie  Wallenberg  nachwies  —  gerade  beim  Frosch  die  spinale  Trigeminus- 
wurzel  und  auch  ein  Teil  des  Vestibularis  und  der  Vagus-Wurzel  eine 
ganze  Strecke  in  den  Dorsalsträngen  des  Rückenmarkes  absteigt:  die  IX-X- 
Wurzel  bis  ins  2.  oder  3.,  die  Vlll-Wurzel  ins  6.  Spinalsegment,  während 
die  V-Wurzel,  allmählich  sich  verjüngend,  bis  zum  Anfang  der  Lumbaian- 
schwellung  reicht,   ebenfalls  in  dem  lateralen  Abschnitt  der  Dorsalstränge. 

Dieser  laterale  Hinterstrang-Abschnitt  ist  denn  auch  frontal  viel  größer 
als  kaudal,  besteht  aber  nicht  aus  Hinterstrangfasern. 

Wir  dürfen  somit  aus  dem  höhern  Prozentsatz  im  Halsmark  des 
Frosches  nicht  ohne  weiteres  auf  eine  Akkumulation  von  Fasern  vom 
obern  und  untern  Abschnitt  des  Markes  schließen,  wie  sie  bei  den  höhern 
Säugern  vorkommt  (vergl.  Fig.  93  und  94),  denn  es  ist  wohl  sicher  daß 
der  prozentuale  Gehalt  der  aufsteigenden  Hinterwurzelfasern  in  dem  ganzen 
Rückenmark  nach  Abzug  der  obenerwähnien  kaudal  abnehmenden,  deszendiermi- 
den  Systeme  keinen  großen   Unterschied  afweist. 

Wir  werden  bei  der  Besprechung  der  Reptilien  sehen,  daß  sogar  dort 
frontale  Akkumulation  der  Hinlerstrangfasern  noch  sehr  gering  ist.  Wahr- 
scheinlich sind  beim  Frosch  die  wirklichen  Hinterwurzelstränge  ziemlich 
gleichmäßig  auf  allen  Rückenmarkquerschnitten  vermehrt,  im  Vergleich  zu 
den  Fischen. 

Man  findet  bei  den  Amphibien  denn  auch  noch  keine  umschriebenen 
Kerne  der  Hinterstränge  (GoLL'sche  oder  BuRDAcn'sche  Kerne). 

Eine  wirkliehe  mediale  Schleife  liegt  hier  auch  nicht  vor.  Wohl  anstehen 
namentlich  aus  dem  Grau  der  zervikalen  Hinterhörner  (wo  auch  der  spinale  Tri- 
geminus  endet),  gerade  wie  bei  den  Plagiostomen  und  Teleostiern  gekreuzte  Ver- 
bindungen mit  dem   Mittelhirndach. 

Diese  spinomesenzephalen  Fasern,  welche  in  der  üblougata  hauptsächlich  lateral 
verlaufen,  sind  mit  der  primitiven  sekundären  sensiblen  Bahn  Edingek's  zu  ver- 
gleichen (s.  u.),  nicht  mit  der  medialen  Schleife. 

Daß    in    den    Hinterwurzeln  außer  sensiblen  Fasern  höchstwahrschein- 


')  Vergl.  auch  Koppen. 


154 


DAS    RÜCKENMARK    DER    AMPHIBIEN. 


lieh  auch  motorische  für  den  Sympathicus  vorkommen,  ist  bereits  bemerkt. 
Namentlich  die  ph3'siologisclien  A^ersuche  Stelnach's  haben  eine  sympa- 
thische Funktion  dieser  Wurzeln  mindestens  wahrscheinlich  gemacht  i).    . 

Beim  Frosch  tritt  auch  ein  wirklicher  Grenzstrang  des  Sijinpatldcns  auf. 

Was  die  sekundären  Neuronen  des  Rückenmarkes  betrifft,  kann  ich  mich 
kurz  fassen,  da  die  gut  kontrollierten  Tatsachen  sehr  mit  dem  A'erhalten 
bei  den  Haien  übereinstimmen  und  die  weniger  kontrollierten,  bezw.  schwer 
kontrollierbaren  Angaben  teilweise  ziemlich  phantastisch  sind. 

Gut  konstatiert  sind  die  Bogeajaserzellen,  welche  zu  den  zuerst  auf- 
tretenden Neuronen  des  ganzen  Rückenmarkes  gehören  und  hier  nament- 
lich in  den  Vorderhörneru  liegen,  aber  auch  in  dem  Hinterhorn  nahe  der 
Medianlinie  gefunden  werden  (Fig.  77). 


Strangzellen.       Hintere  Bogenfaserzelle 
oder  Komm,  zelle. 


Sens.  mot.Dendr. 


Marg.  Dendr.  Netz. 


Motor.  Zelle 


Comm.  prot.  aat. 


Vordere  Bogenfaserzelle 
oder  Komm,  zelle. 


Fig.  77.     Lage   der  motorischen  Zellen,  Bogenfaser-  und  Strung- 
zellen   bei  einer  alteren  Bufolarve,  n.  Sal.\. 


Ihre  Axonen  verlaufen  durch  die  Commissura  anterior  zu  dem  ven- 
trolateralen  Areal  der  anderen  Seite  (Fig.  77)  (His'sche  Bogenfasern)  und 
ziehen  dann  frontalwärts 

Sie  bilden  einen  Teil  der  groben  Bünrlel,  welclie  in  Fig.  75  so  deutlich  sind. 

Degenerationsversuche    (Sandmeyer)   machen    es    wahrscheinlich,    daß 


')   Es  wird  von  Horton  Smith  bezweifelt. 


DAS    KÜCKEXMAKK    DER    AMPHIBIEN.  155 

diese  Faseriing  neben  kürzeren  auch  längere  Neuronen  enthält  und  daß  deren 
Mittelhirnanteil  denjenigen  Fasern  homolog  ist,  welche  Heurick  beim 
Axolotl  als  „the  spinal  lemniscus"  i)  bezeichnete,  welche  dem  antero- 
lateralen  System  der  höheren  Wirbeltiere  homolog  sein  dürfte,  indem  sie 
eine  Zahl  von  Fasern  an  das  motorische  Tegmentum  der  Oblongata  abgibt, 
und  schließlich  in  dem  Mittelhirn  (teilweise  auch  in  dem  Metathalanius) 
endet  {spino-mesemephale  Fasern,  der  primitiven  Sensibilitätsleitung). 

Ein  Teil  dieser  Bogenfasern  (oder  deren  Kollateralen?)  verläuft  auch 
nach  unten  und  steigt  bis  in  das  Filum  terminale  ab  (Fig.  74  A:  F.  a.  1.). 

Daneben  kommen  in  Seiten-,  Vorder-  und  Hintersträngen  ungekreuzt 
verlaufende  Axonen  von  Strangzellen  vor,  deren  Fasern  jedoch  nicht  nur 
Kollateralen  abgeben  an  die  Ventralhörner  und  Dorsalhörner  derselben 
Seite,  sondern  auch  (seien  es  auch  weniger)  an  die  Horner  der  anderen 
Seite  (via  der  Commissura  dorsalis). 

Als  eine  besondere  Art  jener  ungekreuzt  entstehenden  Neuronen  des 
Dorsalhornes  sind  hier  solche  zu  erwähnen,  welche  sowohl  in  der  medio- 
dorsalen Lage  ihrer  Ursprungszelle,  als  in  dem  Verlauf  ihrer  Axonen  der 
Kleinhirnseitensirangbahn  der  höheren  Tiere  entsprechen. 

Diese  homolateral  entstehende  spino-zerebellare  Fasern  sind  jedoch  beim 
Frosche  (entsprechend  der  geringen  Entwicklung  des  Kleinhirns)  nicht 
zahlreich.  Sie  dürften  hier,  wie  beim  Axolotl  (Herrick),  auf  dem  Niveau 
des  frontalen  sensiblen  Trigeminuskernes  von  Fasern  aus  jenem  Kern  ver- 
stärkt werden.  Das  Bündel  kreuzt  teilweise  in  die  Decu.ssatio  veli  und 
endet  namentlich  (wenn  nicht  ausschließlich)  in  dem  Corpus  cerebelli. 
Diese  spino-zerebellaren  Fasern  sind  aber  weniger  zahlreich  als  die  bereits 
erwähnten  Fasern  zum  Mittelhirn. 

Die  ersten  aufsteigenden  Sensibilitätsbahnen  sind  also  bereits  ent- 
wickelt, während  die  Hinterstrangkerne,  die  mediale  Schleife  und  damit  die 
Tlialamus-  (und  Großhirn)  jjrojektion  der  feineren  Empfindungen  noch  nicht 
(oder  kaum)  vorhanden  sind. 

Diese  histologischen  Befunde  decken  sich  in  treffender  Weise  mit  der 
Auflassung,  daß  man  den  durch  die  gekreuzten  antero-lateralen  Fasern 
geleiteten  Temperatursinn,  den  Schmerz-  und  gröberen  Tastsinn  (und  einen 
primitiven  Muskelsinn  ?)  als  die  zuerst  auftretenden  „vitalen"  Sinne  betraciiten 
darf  inid  die  Funktionen  der  Hinterstrangkerne  (gnostischer  Sinn),  welche 
wir  als  tiefen  Empfindungssinn  und  Diskriminationssinn  betrachten  können 
und  die  von  der  medialen  Schleife  weiter  geleitet  werden,  sich  erst  s])äter 
ausbilden  (Broüwer). 

Im  Zusammenhang  damit  ist  es  von  Interesse,  daß  die  peripheren 
Rezeptoren  der  Sensibilität  aucli  bei  Amphibien  noch  fast  ausschließlich 
aus  freien  Nervenendigungen  bestehen,  und,  abgesehen  von  sjmrlichen  Pa- 

')  Den  Namen  Lemniscus  sollte  man  lieber  reservieren  für  die  Schleife  anseien  llin- 
terstrangkernen  und  dem  Octavus-Gebiet. 


156  DAS    RÜCKENMARK    DER    AMPHIBIEN. 

cini'schen    Körperchen    (Tiefensinn)    sonstige   komplizierte  Endorgane  dort 
auf  dem  Körper  noch  niclit  vorkommen. 

In  den  Muskeln  sind  bei  diesen  Tieren  sowohl  freie  Endigungen 
als  Muskelspindel  nachgewiesen  (Kölliker,  Kühne)  über  deren  Unter- 
schied in  Funktion  wir  bis  jetzt  noch  nicht  unterrichtet  sind  (vergl.  S. 
37  und  38). 

In  der  Hiillnubstanz  des  ßiiokeumarkes  der  Amphibien  liegt  eine  sehr  ein- 
fache Sachlage  vor,  indem  sie  hauptsächlich  nocfe  aus  Ependymfasern  besteht  und 
autonome  Gliakörper  noch  relativ  spärlich  sind. 

In  dem  Zeutralkanal  ist  auch  bei  den  Amphibien  der  Faden  von  Beissnee 
aufgefunden  (Nichoi.ls),  bezüglich  dessen  Bedeutung  ich  nach  S.   132   verweise. 

Das  Rückenmark  enthält,  besonders  in  der  grauen  Substanz,  ziemlich  viel 
Blutgefäße,   welche  mit  Bindegewebssepten  hineinziehen. 

Die  Hüllen  des  Rückenmarkes  zeigen  im  Vergleich  zu  den  Fischen  einen 
erheblichen  Fortschritt,  insofern  man  hier  bereits  zweierlei  Hüllen  unterscheiden 
kann,    welche    von    Steezi    als   Dura  maier  und   Meninj-  secundaria  betitelt   werden. 

Bei  den  schwanztrageuden  Amphibien  ist  diese  Einteilung  nur  angedeutet, 
aber  beim  Frosch  sind  sie  gut  getrennt  vorhanden. 

Die  Dura  mater  scheint  sich  zu  bilden  durch  das  Auftreten  von  Hohlräumen 
in  der  Menins  primitiva  welche  anfänglich   mehr  Gewebslakünen  sind. 

Die  Entwicklung  jener  Gewebslakünen,  scheint  mit  einem  erhöhten  Stoft'wechsel, 
einer  weiteren  Vaskularisation  des  Markes,  im  Zusammenhang  zu  stehen,  da  die 
Lakünen  einen  intimen  Zusammenhang  mit  den  Gefäßen  aufweisen,  welche  in 
dieselben  laufen  können.  Eine  Stützfunktion  kommt  der  Meninx  secundaria  inso- 
fern zu,  da  deren  Ligamentum  ventrale  und  Ligamenta  lateralia  hier  sehr  bedeu- 
tend entwickelt  sind. 

Die  Dift'erenzierung  dieser  Häute  ist  desto  deutlicher,  je  melir  man  frontal- 
wärts  kommt. 

Im  Schwanzareal  der  Urodelen  und  am  Filum  terminale  der  Anura,  findet 
man  bloß  eine  Hülle,  die  aus  der  Verschmelzung  der  beiden  obengenanten  Blät- 
ter entsteht  und  mit  vielen  Trabekeln  auch  wieder  an  der  Endorrhachis  (dem 
Periost  der  Wirbel)  festsitzt. 

Außerhalb  der  Meningen,  von  welchen  die  Meninx  secundaria  ziemlich  stark 
pigmentiert  ist  (die  Dura  kaum),  liegt  ein  großer  perimeningealer  Raum. 

Dieser  ist  jedoch  nicht,  wie  bei  den  Fischen,  mit  Schleim-  oder  Fettgewebe 
gefüllt,  sondern  weist  zwischen  spärlichen  Trabekeln  (welche  die  Dura  mater  mit 
dem  Periost  verbinden)  sonderbare  Röhren  auf,  welche,  wie  bereits  Swammeedam 
nachwies,  Kalk  enthalten. 

Es  sind  Fortsätze  des  Saccus  endolymphaticus  (vergl.  Kapitel  IV),  welche  in 
den  Sehädelraum  eindringen  und  durch  das  Foramen  magnum  in  dep  Vertebral- 
kanal,  wo  sie  sich  vereinigen  zu  einem  großen,  einheitlichen  Fortsatz  bis  zum 
XI  Spinalnerven. 

Auf  den  Niveau  der  Nervenabgäuge  gehen  von  diesem  Fortsatz  Säckehen  aus, 
welche  die  Spinalganglien  umkleiden  und  als  Kalksäckchen  bekannt  sind.  Die  Fül- 
lung und  der  Kalkgehalt  dieser  Organe  häpgen  von  dem  Ernährungszustand  des 
Tieres  ab.  Das  bekleidende  Epithelium  besteht  aus  kubischen  Zellen,  welche  bei 
starker  Füllung  abgeflacht  werden  (Steezi). 

Die  Bedeutung  dieser  Anordnung,  von  der  bei  Dipnoi  und  den  Teleostieru 
nur  frontal,  in  der  Nähe  des  IV.  Ventrikels  Analoga  vorkommen,  ist  nicht  genü- 
gend aufgeklärt.  Es  ist  aber  bekannt  daß  Kalksalze  einen  groszen  Einflusz  auf 
das  Nervensystem  (und  die  Muskeln)  haben. 


T>AS    KÜCKKX-MAHK    DER    REPTILIEN. 

A 


157 


Das  Rückenmark  der  Reptilien. 

Das  Rückenmark  der  Reptilien  zeigt 
insoweit  primitivere  Verhältnisse  als 
dasjenige  der  Frösche,  daß  es  sich 
durch  den  ganzen  Vertebralkanal 
erstreckt  und  es  hier  nicht  zur  Bil- 
dung einer  Cauda  equina  oder  eines 
erheblicheren  Filum  terminale  kommt, 
eine  Tatsache,  die  sich  leicht  aus  der 
Persistenz  des  Schwanzes  bei  allen 
Vertretern  dieser  Klasse  erklären  läßt, 
deren  Schwanzmuskulatur  überdies 
ihren  metameren  Charakter  behalten 
hat  (Gegeneaur). 

Übrigens  weist  das  Rückenmark 
dieser  Tiere  sehr  verschiedene  Formen 
auf,  je  nach  der  untersuchten  Unter- 
klasse. Man  kann  drei  Hauptformen 
unterscheiden:  diejenige  der  Eidechsen 
und  Krokodile,  welche  Gliedmaßen 
und  Rumpfmuskulatur  besitzen,  die 
der  Schlangen,  welche  nur  Rumpfmus- 
kulatur haben  und  die  der  Schildkröten, 
welche  keine  Rumi)fmuskulatur,  son- 
dern nur  die  Muskulatur  der  Glied- 
maßen, des  Schwanzes  und  des  Halses 
aufweisen. 

Der  Einfluß  einer  so  verschiede- 
nen Körperentwicklung  auf  das  Ner- 
vensystem läßt  sich  deutlich  sehen. 
Das  Rückenmark  der  Eidechsen  und 
Krokodile  (Fig.  81),  zeigt  in  der  Zer- 
vikal- und  Lumbairegion  eine  aus- 
geprägte Anschwellung,  welche,  na- 
mentlich in  der  Lurabalregion,  bei 
den  riesigen  fossilen  Dinosauriern,  mit 
ihren  enorm  entwickelten  hinteren 
Extremitäten,  einen  so  großen  Um- 
fang hatte,  daß  die  lumbale  Höhle 
ihrer  Wirbelsäule  den  Schädel  an 
Volumen  übertrifl't.  Dagegen  fehlen 
diese  Anschwellungen  ganz  den  Schlan- 


Fig.  78.  LiiiUs  Gehirn-  iinil  RückciiiiiaiU 
eines  Python  von  3  M.  Länge,  n.  S.  dk 
Lange,  rechts  Gehirn  und  Rückenmark 
einer  Sclnl(nuüten.r!ojANUs(vergLFIg.79). 


158  DAS    RÜCKENMARK    DER    REPTILIEN. 

gen,  wie  im  Zusammenhang  mit  dem  Fehlen  der  GHedmaßen  zu  erwarten 
ist  (Fig.  78,  links). 

Bei  den  Schildkröten  dagegen  erfährt  das  Mark  in  der  Gegend  zwischen 
der  Zervikal-  und  Lumbalanschwellung  eine  auffallende  Verdünnung  (Fig. 
78,  rechts),  da  nicht  nur  die  Muskulatur  des  Rumpfes,  sondern  auch  eine 
dieser  entsprechende  Haut  fehlt  und  also  sowohl  die  ventralen  Hörner 
als  die  dorsalen  Hörner  erheblich  reduziert  sind  (Fig.  79  in  der  Mitte). 

Man  muß  aber  nicht  meinen,  daß  das  Schild  einer  Schildkröte  ohne 
Sensibilitätsorgane  sei.  Solche  sind  sicher  darin  vorhanden,  und  die  Reduk- 
tion der  Vorderwurzeln  ist  denn  auch  eine  erheblich  grcißere  als  die  der 
Hinterwurzeln  (siehe  Fig.  79). 

Ein  Alternieren  der  ^'order-  und  Hinterwurzeln  findet  bei  den  Rep- 
tilien nicht  statt.  Beide  treten  ungefähr  auf  demselben  Querschnitt  aus 
(siehe  z.B.  Fig.  79). 

Über  den  feineren  Bau  des  Rückenmarkes  diesei-  Tiere  sei  folgendes 
mitgeteilt : 

Was  die  ventralen  Wurzeln  anbelangt,  so  ist  ihr  ungekreuzter  Ursprung 
auch  hier  festgestellt. 

Die  Ursprungszellen  nehmen  eine  Lage  ein,  welche  an  diejenige  bei 
den  Amphibien  erinnert,  indem  sie  Gruppen  bilden,  die  etwas  von  dem 
Zentralkanal  entfernt  liegen,  der  weißen  Substanz  angelagert. 

Die  Dendriten  dieser  Zellen  ziehen  auch  hier  noch  durch  die  ganze 
weiße  Substanz  und  bilden  ein  marginales  Flechtwerk,  welches  sich  aber 
nicht  mehr  so  weit  ausdehnt  wie  bei  den  Amphibien  (vergl.  Cajal  und 
Banchi).  Sein  Areal  beschränkt  sich  auf  den  lateralen  Abschnitt  des  Mar- 
kes, eine  Eigentümlichkeit,  welche  wir  gleich  noch  in  einem  besondern 
Lichte  betracliten  werden. 

Die  Zellen,  welche  in  diesen  Plexus  marginalis  Dendriten  senden,  sind 
verschiedener  Art:  Vorderwurzelzellen,  Strangzellen,  Commissura  anterior- 
Zellen  und  (im  Zervikalmark)  sog.  von  LENHOssEK'sche  Zellen,  d.  h. 
viszeromotorische  Zellen,  deren  Achsenzylinder  durch  die  Hinterwurzel 
das  Rückenmark  verlassen,  und  welche  wahrscheinlich  eine  sympathische 
Funktion  haben,  nach  Beccaki  jedoch  eine  Vorstufe  für  die  spinale  Aus- 
dehnung des  N.  accessorius  (S.  161)  bilden,  was  unbewiesen  ist  (vergl.  Fig.  85). 

Die  Lage  des  Perikaryons  der  motorischen  Vorder-Wurzelzellen  ist 
verschieden,  je  nach  der  Art  des  Tieres  und  dem  Areal  seines  Rücken- 
markes. 

Bei  den  Tieren,  welche  Intumeszenzen  haben,  gesellt  sich  in  den 
Intumeszenzen  der  medialen  Gruppe  eine  etwas  mehr  ventrolaterale  hinzu, 
was  namentlich  bei  den  Schildkröten  (Fig.  79)  auffällt,  wo  das  Vorderhorn 
im  Zervikal-  und  Lumbaimark  recht  breit  und  größer  ist  als  das  Hinter- 
horn.  Im  Thorakalmark  dieser  Tiere,  wo  auch  keine  Rumpfmuskulaturzel- 
len vorkommen,  ist  das  Vorderhorn  sehr  schmal,  sogar  kleiner  als  das  Hinter- 
horn.  Die  darin  noch  vorkommenden  Zellen  müssen  als  Strang- (undKommis- 


DAS    KÜCKENMARK    DER    RKPTILTEX 
.JM'W-B. 

HW. 


159 


HW 


ffT"^^"^'^^^^ 


i-/^ 


Mwr.n 


HVv 


Vw 


Fig.  79      y>.e>-sclHu.te    (i.,    demselben    Vergrößerungsve.luUtnis    ^c- 

ze.chnet)   durch    das   sechste   Zervikalsegn.ent  (oben),  das  zweite  Dm-- 

salsegn,ent  (M.tte)  und  das  zweite  Lumbalsegn,ent  einer   Schildkröte, 

nach  S.  de  Lange. 

II.W.  =.  H,nterwu^^el,  V.W.  =  Vorderwurzol,  M.W.B.  =  mediales 

Wurzeibundel,  L.VV.b.  =  laterales   VVurzelbündel. 


160 


DAS    RÜCKENMARK    DER    REPTILIEN. 


sur-)zellen,  teilweise  auch  als  motorische  Sympathicuszellen  angesehen  werden. 
Eine  besondere  Lokalisation  der  letztgenannten  Zellen  konnte  bis  jetzt 
nicht  nachgewiesen  werden,  indem  sowohl  im  ventralen  Teil  des  Vorder- 
horns  als  im  Mittelteil  und  in  der  Basis  des  Hinterhornes  größere  und 
kleinere  Zellen  gefunden  werden. 

Das  Vorderhorn  ist  bei  den  Schlangen  (Fig.  80  A)  überall  gleich  und 

weist,  abgesehen  von 
den  größeren  Hinter- 
strängen eine  gewisse 
Ähnlichkeit  mit  dem- 
jenigen der  Haie  auf. 
Das  Rückenmark 
der  Krokodile  aber  zeigt 
mehrere  Eigentüm- 
lichkeiten (Fig.  80  B). 
Von  diesen  muß 
ich  an  erster  Stelle  die 
exzentrische,  frontale 
Lage  des  Zentralka- 
nal es  erwähnen. 

Wie  man  sieht 
liegt  die  graue  Sub- 
stanz der  Vorderhör- 
ner  weit  hinter  diesem 
Kanal,  der  von  einer 
^"''•'"'"■e- zentralen  gliösen  Sub- 
stanz umgeben  ist.  Die 
Ursache  davon  ist  völ- 
lig unbekannt. 
B  Eine    zweite    Ei- 

gentümlichkeit sind 
die  hierzuerst  von  Gas- 
kell beschiiebenen 
E  an  dkemeiNncleimnr- 
ginales  (Fig.  80  B.), 
welclie  wir  meines  Er- 
achtens    als    Dei'ivate    der    Ventralhörner    ansehen    müssen. 

Beim  Krokodil  zeigen  sie  sich  im  Halsmark  und  im  Sakralraark  als 
kleine,  nahe  dem  Rande  des  Rückenmarkes  gelegene  Kerne,  dorsolateral 
von  dem  Vorderwurzelaustritt.  Die  Zellen  messen  etwa  25  Mikron  und 
sind  eher  rundlich  als  multipolar.  Auch  bei  der  Eidechse  (KöllikerI)) 
und  den  Schlangen  (Shimada)  sind  sie  nachgewiesen. 


M.  H.  btr.  K. 


Nucl.  marg 


7entr  Kin 
Quei  schnitt  durch  das  Zervikal  mark  von  Python 
reticulatiis. 
Fig.  80  B.     Querschnitt  durcli  das  Zervikalmark  von  Crocodi- 
lus  porosus,  n.  S.  de  Lange. 
M.  H.  str.K.  =  medialer  Hinterstrangkern. 


Fig.  80  A. 


')  Koi.i.iKKR    hat    diese    Kerno  nach  seinem  Präparator  Hoffmann  genannt,  der  ihn 


DAS    RÜCKENMAKK    DKR    REl'TILIEN.  161 

Ihre  segmentale  Anordnung  ist  liier  auffallend,  obschon  sie  nicht  in 
allen  Segmenten  vorkommen. 

In  den:  kontinnell  aufgeschnittenen  Rückenmark  einer  Schildkröte 
konnte  ich  nur  im  Lurabalmark  Andeutungen  davon  finden. 

Was  die  Natur  dieser  Kerne  betrifft,  ist  es  interessant,  daß  sie  gerade 
dort  liegen,  wo  der  marginale  Dendritenplexus  noch  am  längsten  erhalten 
bleibt  (Fig.  82),  und  es  ist  wahrscheinlich,  daß  es  sich  um  Zellen  handelt, 
deren  Körper  in  der  Richtung  dieser  ihrer  Dendriten  von  dem  Vorderhorn 
her  ausgewandert  sind.  Daß  es  motorische  Vorderwurzelzellen  sind  ist  nicht 
wahrscheinlich.  Ihre  Form  spricht  dagegen  und  auch  ist  nie  eine  Ver- 
bindung mit  den  Vorderwurzeln  nachgewiesen. 

Ich  werde  bei  den  Vögeln,  wo  diese  Randkerne  viel  größer  und  zahl- 
reicher sind,  auf  die.se  Zellen  zurückkommen  (S.  170). 

Daß  die  Vorderwurzeln  der  Reptilien  neben  somatoraotorischen  Wur- 
zelfasern auch  viszeromotorische  für  den  Sympathicus  enthalten,  geht  schon 
daraus  hervor,  daß  im  Brnstmark  der  Schildkröte  Vorderwurzeln  vorhanden 
sind,  welche,  weil  bei  der  Schildkröte  in  der  dem  Brustmark  entsprechenden 
Körperregion  keine  somatische  Muskulatur  besteht,  nur  als  viszeromotorische 
Fasern  gedeutet  werden  können.  Dieselben  sind  aber  wenig  zahlreich 
(Fig.  79,  in  der  Mitte)  und  es  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  bei  den  Rep- 
tilien  auch  noch  dorsal  austretende  viszeromotorische  Fasern  vorkommen. 

Die  Lage  der  Ursprungszellen  dieser  viszeromotorischen  Fasern  ist  in 
dem  Thorakal-  und  Lumbaimark  nicht  genau  ermittelt  worden.  Man  kann 
nur  sagen,  daß  sie  eine  ziemlich  zentrale  Lage  einnehmen  müssen,  weil 
nur  die  zentralen  Partien  der  grauen  Substanz  im  Thorakalmark  bei  der 
Schildkröte  erhalten  sind. 

Im  Zervikalmark  der  Eidechse  sind  sehr  dicke  dorsale  viszeromotori- 
sche Wurzelfasern  nachgewiesen  (Beccari),  deren  Ursprungszellen  bis 
im    8.    Zervikalsegment    im    medialen    Abschnitt   des  Vorderhornes  liegen. 

Diese  Neuronen,  welche  in  dem  Bau  ihrer  Zellen  den  somatomotori- 
schen  Zellen  gleichen,  und  die  in  dieser  Größe  unterhalb  der  Reptilien 
bis  jetzt  nie  nachgewiesen  sind,  werden  als  v.  LENHOSsEK'sche  Fasern  und 
Zellen  bezeichnet. 

Ihre  besondere  Ausbildung  im  Zervikalmark  bei  Reptilien  und  Vögeln 
(Fig.  85)  ließ  Beccari  vermuten,  daß  sie  Vorstufen  des  N.  accessorius  dar- 
stellen, weil  sie  bei  den  ausgewachsenen  Säugern  (wo  sich  der  Accessorius- 
Ursprung  bis  ins  S'"^  Zervikalsegment  ausdehnen  kann)  als  aparte  Wurzel- 
fasern nicht  mehr  vorkommen,  aber  anscheinend  von  Accessoriuswurzel- 
fasern  ersetzt  worden  sind. 

Bei    den    Reptilien    sind    die    peripheren  Verbindungen  dieser  Fasern 


zuerst  auf  Heren  Anwesenheit  bei  Vögeln  aufmerksam  machte.  Es  scheint  mir  aber  rich- 
tiger, sie  nach  dem  Entdecker  GASKELL'sche  Kerne  zu  nennen,  weil  dieser  sie  schon  viele 
Jahre  vorher  bei  den  Reptilien  beschrieb. 

KM'I'KRS.  11 


162  DAS    RÜCKENMARK    DER    REPTILIEN. 

jedoch  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen.  Eine  bis  zum  Niveau  des  8.  Zer- 
vikaluerven  sich  ausdehnende,  dem  Trapezius  in  irgend  einer  Weise  ver- 
wandte Muskulatur  läßt  sich  dort  nicht  nachweisen,  sodaß  die  funktionelle 
Bedeutung  jener  LENHOSSEK'schen  Zellen  der  Eidechsen  (und  Vrigel)  l)is 
jetzt  ein  Rätsel  ist. 

Jedenfalls  fallen  sie  in  die  Klasse  der  dorsalen  viszeromotorisehen  Nerven, 
und  gerade  so  wie  die  quergestreifte  Herzmuskulatur  ein  Derivat  glatter  Viszeral- 
miiskulatur  ist,  wäre  es  nicht  unmöglich,  daß  die  besondere  Ausdehnung  dieser 
Fasern  in  der  Halsregion  der  Reptilien  mit  der  späteren  zervikalen  Ausdehnung  des 
Trapeziusmuskels  bei  den  Siiugorn  in  Zusammenhang  steht.  Ich  werde  darauf  im 
V.  Kapitel  zurückkommen.  VorliiuHg  müssen  wir  aber  mit  dieser  Deutung  vorsichtig 
sein,  umsomehr,  als  solche  Fasern  nach  Bancui  bei  der  Schildkröte  vielleicht  auch 
im   liumbahnark   vorkommen. 

Die  Hinterwurzeln  enthalten  ül)rigens  somatosensible  und  viszeroscnsible 
Fasern. 

Die  Ganglienzellen  beider  Arten  sensibler  AVurzelfasern  liegen  bei 
ausgewachsenen  Reptilien  nur  in  den  Spinalganglien. 

Intraniedulläre  (Roiiox'sche)  Ganglienzellen  sind  bei  den  Reptilien  nur  von 
TAN  Gehuchies  in  Tropidonotus-Embryoncn  nachgewiesen,  wo  sie  bald  wieder 
verschwinden. 

Die  bleibenden  spinalen  Ganglienzellen  weisen  nur  sehr  ausnahmsweise 
noch  einen  bipolaren  Charakter  auf,  sind  oft  lobiert  und  sehr  unregel- 
mäßig in  Bau  (G.  Levi). 

In  den  peripheren  Verästelungen  der  sensiblen  Nerven  findet  man  bei 
den  Reptilien  nebst  überwiegenden  freien  (primitiv  vitalen)  Endigungen, 
komplizierte  Gefülilskürperchen,  unter  denen  PACiNi'sche  Körperchen 
und  solche  von  Rollet  und  Sachs,  welche  stereognostische  Emi^findungen 
übermitteln. 

In  der  Haut  weisen  die  Hinterwurzelsegmente,  bei  der  Eidechse 
von  VAN  Trigt  studiert  (Fig.  81),  eine  erhebliche  Überdeckung,  bis  zu 
zwei  Drittel  eines  Segmentes,  auf.  Eigentümlicherweise  ist  die  Form 
der  Rumpfdermatome  hier  so,  daß  dieselben  dorsal  breiter  sind  als 
ventral,  im  Gegensatz  zu  dem  gewöhnlichen  Verhalten.  Dies  wird  durch 
S.  DE  Boer  dadurch  erklärt,  daß  die  ventrale  Seite  des  Körpers  Schuppen 
trägt,  welche  deren  Empfänglichkeit  für  Reize  verringern,  sodaß  im  Gegen- 
satz zu  den  Haien  (S.  127)  hier  die  Dorsalseite  des  Körpers  die  meist 
gereizte  ist  und  ein  stärkeres  Auswachsen  von  Nervenendigungen  ver- 
anlaßt. Die  Dermatome  der  Gliedmaßen  weisen  nach  van  Trigt  eine 
bedeutende  Dehnung  und  infolgedessen  (Brouwer,  van  Trigt)  eine  ge- 
ringere   Überlagerung  auf  (Fig.  81). 

Die  zentralen  Ausläufer  der  Hinterwurzeln  zeigen  bei  ihrem  Eintritt  in 
das  Rückenmark  verschiedene  Verhältnisse,  je  nachdem,  ob  man  Eidechsen 
und  Krokodile,    oder   anderseits   Schlangen    und    Schildkröten   untersucht. 


DAS    RUCKENMMARK    DER    REPTILIEN. 


163 


Fig.  81.  Hantsegmente  bei  der  Eidechse,  (links  dorsal,  rechts  ventral)  n.  Van  Trigt. 


164 


DAS    RUCKENMAKK    DER    REPTILIEN. 


Bei  beiden  Gruppen  dichotomisieren  die  Ftisern  nacli  Eintritt  und  geben 
sie    einen    größeren    aufsteigenden  und  ein  kleineren  absteigenden  Ast  ab. 

Bei  Eideobsen  und  Krokodilen  ist  die  Lage  dieser  Aste  wesentlich 
derjenigen  bei  den  Amjjhibien  ähnlich,  indem  das  größere  Bündel,  welches 
auch  die  sog.  direkte  sensitivomotorische  Reflex koUateralen  abgibt,  dorso-medial 
verläuft,  während  ein  feinfaseriges,  kleineres  Bündel  hauptsächlich  in  der 
Zona  marginalis  bleibt. 

Bei  Schildkröten  und  Schlangen  kommt  aber  ein  Verhalten  vor,  welches 
uns  mehr  an  dasjenige  bei  den  Teleostiern  erinnert.  Bei  manchen  Schild- 
kröten liegt  nämlich  ein  ganz  erheblicher  Teil  der  Hinterwurzelfasern  in 
dem,  Seitenstrang  (Baxciii)  und  bei  den  Schlangen  ist  dies  noch  vielmehr 
der  Fall  (Ca.ial,  v.  Gehuchten,  Retzius). 


Corvom    Qnt 

Fig.  82.     Hinterwurzelfasern  (R.  post.)  zum  Seitenstrang  (!•".  lat.) 

Lind  zum   Hinterstiang  (F'asc.  dors.)  bei  Anguis  fragilis: 

n.  RiiTzitis.  C.C.  =  Kommissur-Zellen. 


Dieses  laterale.  Hinter unirzelhündel  ist  meines  Dafürhaltens  keine  seitliche 
Ausdehnung  des  lateralen  Marginalbündels  der  Arnj^hibien  und  anderer 
Reptilien,  sondern  ein  verschobener  Teil  der  Dorsomedialstränge.  Ihr  Faser- 
kaliber stimmt  vielmehr  damit  überein,  und  außerdem  ist  nachgewiesen 
worden  (Schlangen,  Fig.  82),  daß  die  sensitivomotorischen  Kollateralen 
von  diesem  Bündel  abgegeben  werden  i). 

Es  ist  klar,  daß  man  bei  Messungen  der  zentralen,  sensiblen  Wurzel- 
fasern   dieser    Tiere   und    einer    Vergleichung   mit    denjenigen    bei  andern 


')  Daß  gerade  bei  den  Schlangen  das  laterale  Hinterwurzelbiindel  so  grosz  ist,  ist 
vielleicht  zu  erklären  durch  die  Zusamraenwirkung  der  verschiedenen  Rüekenmarks- 
absclinitte  bei  der  eigentümlichen  Lokomotion  dieser  Tiere.  Hier,  wie  bei  den  Fischen, 
ist  rtie  Bewegung  von  allen  Segmenten  bei   dei-  T.dkoijiolion  von  grüßter  rinlcnilung. 


DAS    RÜCKENMARK    DER    REPTILIEN.  165 

Tieren  die  Tatsache  berücksichtigen  muß,  daß  bei  Schildkröten  und 
Schlangen  nur  ein  Teil  der  sensiblen  Wurzelfasern  im  Hinterstrang  verläuft. 
Besonders  ein  Vergleich  zwischen  den  Hintersträngen  dieser  Tiere  mit  den- 
jenigen der  Frösche  wird  wenig  zutreffend  sein,  weil  beim  Frosch  (Seite  153) 
die  Dorsalstränge  außerdem  vermehrt  sind  durch  absteigende  Wurzelfasern 
des  verlängerten  Markes.  Dadurch  erklärt  sich,  daß  ein  Vergleich  der 
Hinterstränge  auf  der  gesamten  weißen  Substanz  im  Zervikalmark  beim 
Ochsenfrosch  (20  %),  Schildkröte  (Dammonia  16,2  %)  und  Schlange 
(ll,yü°/o)i)  zu  Ungunsten  der  genannten  Reptilien  ausfällt. 

Vergleicht  mau  dagegen  die  geschwänzten  Amphibien,  bei  denen  die 
bulbären  Fasern  in  den  Hintersträngen  nicht  so  reichlich  sind  als  beim 
Frosch,  mit  den  Eidechsen,  wo  jedenfalls  alle  Hinterwurzelfasern  in  dem 
Hinterstrang  verlaufen,  dann  bekommt  man  einen  zuverlässigen  Eindruck 
der  relativen,  aufsteigenden  Hinterwurzelfaserverhältnisse  und  ergeben  sich 
denn  auch  bei  der  Eidechse  günstigere  Verhältnisse. 

So  weist  Siren  10. .5  %  Hinterstrangfasern  auf  gegen  12.5  %  beim  Chamä- 
leon. Interessant  ist  dabei,  daß,  während  man  bei  den  Tieren  unterhalb  der 
Reptilien  nicht  mit  Sicherheit  eine  frontale  Akkumulation  van  Hinter- 
wurzelfasern findet,  eine  solche  frontale  Akkumulation  von  sensiblen  Hinter- 
wurzelfasern sich  wohl  bei  den  Reptilien  nachweisen  läßt. 

Auch  treten  hier  (Fig.  80  B)  zuerst  (Brouwer)  Hinter  sträng  kerne  in 
dem  Sinne  der  GoLL'schen  und  BuKDACti'schen  Kerne  auf,  von  welchen 
eine  Projektion  der  tieferen  Empfindungen  und  feineren  Diskrimination 
auf  den  Thalamus  stattfindet,  die  auch  hier  zuerst  sogenannte  neotliala- 
mische  Kerne  aufweist  —  d.  h.  Kerne,  welche  die  Rückenmarks-Sensi- 
bilität auf  das  Vorderhirn  projizieren. 

So  findet  man  —  und  das  ist  einer  der  bedeutendsten  Fortschritte,  den 
das  Rückenmark  dieser  Tiere  aufweist  —  neben  der  bereits  bei  niederen 
Tieren  vorhandenen,  hier  aber  viel  größeren  spiriozerebellären  Bahn,  und 
der  anterolateralen  Projektion  des  Temperatur-,  Schmerz-  und  einfachen 
Tastsinnes  {Tr.  spino-mesencephalicus ;  Edinger)  bei  den  Reptilien  eine 
Zephaiisation  der  Hinterstränge,  mittels  einer  medialen  Schleife.  —  Beim 
Varan  und  Krokodil  fand  Zeehandelaar  außer  einem  medialen  Schwanz- 
kern auch  deutliche  Andeutungen  eines  frontraleren  GoLL'schen  und  eines 
kaudaleren  BuRDACn'schen  Kernes.  Daß  auch  gerade  bei  den  Reptilien  die 
Ausbildung  von  feineren,  sensiblen  Endorganen  stattfindet  ist  bereits 
erwähnt  (S.  163  und  35). 

Auf  die  sonstigen  Bestandteile  des  Rückenmarkes  dieser  Tiere  werde 
ich  nicht  näher  eingehen,  weil  die  Kommissur-  oder  Bogenfaserzellen  und  die 
Strangzelien,wie  auch  dieStrangfasern  und  derenKollateralen  im  Prinzip  keine 
erheblichen  Abweichungen  von  dem  Verhalten  bei  den  Amphibien  zeigen. 


')  Die   Tiere   sind  so  gewählt,  rlaß  sie  annähernrl  gleich  groß  sind,  was  ein  notwen- 
diger Faktor  für  solche  Vergleich ungen  ist  (llovY;  Vergl.  die  2.  Fußnote  (Seite  "173). 


166  DAS  RÜCKENMARK  DER  VÖGEL. 

Nur  ist  7AI  henierken,  daß  —  wie  bei  den  Fischen  —  hier  unter  der 
vordem  Commissura  alba  eine  zweite  kommissurelle  Verbindung  der 
Vorderhörner  vorkommen  kann  als  Commissura  acccssoiia  (Mauthner). 

Dieselbe  enthält,  wie  bei  den  Fischen,  Axonen  von  Kommissurzellen 
und  kreuzende  Kollatei'alen  von  Strangzellen,  wozu  schliel^lich  noch  hete- 
rolaterale Verbindungen  der  motorischen  Dendriten  (Comni.  prot.)  kommen. 

Auch  eine  dorsale  Kommissur  kann  vorkommen,  welche,  neben  Kolla- 
teralen von  Hinterstraugfasern,  Dendriten  und  sogar  Zellen  der  Bogen- 
faserelemente  enthält. 

Namentlich  bei  Emys  (Banchi),  aber  auch  bei  Lacerta  ist  eine  solche 
dorsomediane  Lage  von  Kommissurzellen  bisweilen  sehr  schön  ausgeprägt 
und  erinnert  an  die  dorsale  Lage  vieler  Kommissurzellen  der  Teleostier 
und  an  die  dorsalen  Medianzellen  von  Amphioxus. 

Die  ^^erbindungen,  welche  dem  Rückenmark  zuströmen  aus  frontalen 
Regionen,  stammen  auch  hier  noch  wesentlich  aus  der  Oblongata  und  aus 
dem  Kleinhirn.  Diejenigen  der  Oblongata  sind  die  vestibulo-spinalen  Fasern, 
welche  namentlich  bei  den  Krokodilen  gut  entwickelt  sind  und  im  Vor- 
derstrang und  Vorderseitenstrang  verlaufen.  Die  retikulären  Zellen  der 
Oblongata  übermitteln  dem  Rückenmark  außerdem  optische,  trigeminale 
und    Geruchsreize,   die  jedoch    niemals   direkt  das  Rückenmark  erreichen. 

Die  HiUlsubstanz  zeigt  eine  sehr  große  Annäherung  ;in  das  Verhalten  der 
Säuger,  indem  neben  den  Ependymzellen  Zellen  vorkommen,  welche  den  Astrozyten 
«ähnlich  sind,  obwohl  die  wirkliehen  Spinnfasern  erst  bei  Vögeln  und  Säugern  auf- 
treten (Ca.tal).  Außerdem  dringen  meningeale  Septen  in  das  Rückenmark  durch,  welches 
damit  zahlreiche  Bhitgefäße  emj)fängt,  wieder  überwiegend  in  der  grauen  Substanz. 

Die  Hüllen  des  Rückenmarkes  bei  den  Reptilien  sind  denjenigen  bei  den 
Amphibien  sehr  ähnlich.  Auch  hier  unterscheidet  man  nach  STUiiZi  zwei  Meningen : 
eine  Dura  mater  und  eine  Meninx  secundaria. 

Dabei  bleibt  der  alte  Perimeninifealraum  (welcher  jetzt  Periduralraum  genannt 
werden  könnte),  zwischen  Dura  mater  und  Periost  bestehen  und  ist  sogar  recht 
groß,  sodaß  der  Vertebralkanal  viel  weiter  ist  als  es  dem  Umfang  des  Eücken- 
markes  mit  Seiten  Häuten  entspricht.  Dieser  Periduralraum  ist  bei  Reptilien  nicht 
mit  Schleim-  oder  mit  Fettgewebe  gefüllt,  aiu'h  ist  eine  Ausbreitung  des  Ductus 
endolymphaticus  darin  nicht  wahrgenommen. 

Die  Ligamenta  denticiilata  der  Menins  secundaria,  welche  dem  Riickenmarke 
bei  seitlichen  Bewegungen  eine  Stütze  verleihen,  sind  stark  entwickelt,  namentlich 
bei  den   Schlangen  (Stee/.i). 

Geringer  entwickelt  als  die  lateralen  Ligamenta  denticulata  sind  die  dorsalen 
und  ventralen  Ligamente. 

Frontal  —  in  der  Nähe  des  Schädels  —  besteht  eine  innigere  Verbindung 
mit  dem   Ligamentum   ventrale,  wie  es  bei  den  hohem  Tieren  auch  vorkommt. 


Das  Rückenmark  der  Vögel. 

Das   Rückenmark   der    Vögel  erstreckt  sich  ebenfalls  durch  den  ganzen 
Vertebralkanal,    und    es   kommt  auch  hier  nicht  zur  Bildung  einer  Cauda 


DAS    HUt'KEXMAKK    DEK    VOGEL. 


167 


w. 


ecjuina    oder    eines    eihel)lielK'n    Filuni    terminale.    Nur   in    einem   kleinen 
Teile  der  Sehwtmzwirbel  felilt  es. 

Wie  bei  den  Plugiostomen,  Amphibien  und  Reptilien 
ist  das  Rüekenmark  der  ^'ögel  in  seinen  frühesten  Stadien 
der  Entwicklung,  nach  dem  Schluß  der  Medullarfalte,  ein 
röhrenförmiges  Gebilde,  welches  ein  großes  Lumen  aufweist. 

Eine  Furche,  der  Sulcus  limitans,  trennt  die  sensible 
F'lügelplatte  von  der  motorischen  Grundplatte.  Später  obli- 
tiert  der  dorsale  Abschnitt  des  Zentralkanales,  und  der  Sulcus 
limitans  verschwindet.  In  diesem  Stadium  zeigt  das  Mark 
keine  metamere  Einteilung.  Eine  solche  tritt  aber  durch 
besondere  Bildungen  (den  Nuclei  marginales)  später  an 
manchen  Stellen  auf  (S.  170). 

Das  ausgewachsene  Rückenmark  der  Vögel  unterscheidet 
sich  von  dem  der  meisten  Reptilien  durch  eine  gnißere 
Anzahl  von  Zervikalsegmenten.  Dasjenige  des  Straußes  weist 
dorsal  und  ventral  51  Wurzelpaare  auf,  und  zwar  15  zervi- 
kale, 8  thorakale,  19  lumbosakrale  und  9  coccygeale  (Stree- 
tek).  Dasjenige  der  Taube  hat  38  Segmente,  12  zervikale, 
8  thorakale,  12  lumbosakrale  und  6  coccygeale. 

Es  zeigt  zwei  deutliche  Anschwellungen,  eine  zervikale 
und  eine  lumbosakrale.  Erstere  ist  das  Zentrum  des  Flügel, 
letztere  dasjenige  der  Beine. 

Die  lumbosakrale  Anschwellung,  welche  beim  Sti'auße, 
infolge  der  viel  kräftigeren  Entwicklung  der  Muskulatur 
der  hintern  Gliedmaßen,  viel  größer  als  die  zervikale 
ist,  dehnt  sich  dort  vom  3.  bis  zum  15.  Lumbosakral- 
segment  aus. 

Dorsal  weist  es  eine  Eigentümlichkeit  auf,  welche  wir 
bei  allen  Vögeln  an  dieser  Stelle  finden :  den  Sinus  rliom- 
hoidalis  sacralis  (Fig.  83  A),  der  recht  tief  ist  und  sich  (beim 
Strausz)  in  antero-kaudaler  Richtung  von  dem  7.  bis  zum 
12.  lumbosakralen  Segment  erstreckt  (Fig.  83  B). 

Es  handelt  sich  hierbei  um  eine  sekundäre  Ausein- 
anderziehung der  sensiblen  Regionen  des  Rückenmarkes, 
wahrscheinlich  unter  den  Einfluß  der  vielen  sensiblen  Wur- 
zeln 1),  welche  an  dessen  Oberrand  eintreten  und  gerade 
dort  sehr  gehäuft  sind. 

Der  Sinus  lumbo-sacralis  der  Vögel  bleibt  mit  einer 
halbtransparanten,  gliösen  Substanz,  einem  Derivat  des 
Septum  posterius,  gefüllt  (Fig.  84). 


L.S. 


z-\  V., 


Fig.  83  A,     Das 

Rückenmark  der 

Taube. 

Dorsalansicht. 


')   Älinliche   Gründe  spielen  eine  Rolle  bei  der  Entwicklung  des  Ventriciilus  qiiartus 
der  Oblongata  (Ingvar).  Siehe  das  folgende  Kapitel. 


168 


DAS    KUCKESMAKK    DER    VOGEL. 


30 


31  •- 


32 


as 


31 


35 


36 


/T:  I 


sulc.  doiso  med. 


Eine  zweite  Eigentümlichkeit  der  Lumbo-Sakralregion  besteht  in  der 
Vergrößerung  der  Vorderhörner,  welche  sich  in  segmentaler  Weise  hervor- 
wülben  und  als  Eminentiae  ventrales  medial  von  den  motorischen  Wurzeln 
sichtbar  sein  können. 

Seitlich  von  diesen  Vorwölbungen  kommen  wieder  kleine  Erhö- 
hungen am  anterolateraleu,  bezw.  lateralen  Abschnitt  des  Rückenmarkes 
vor,  welche  von  den  weiter  unten,  näher  zu  beschreibenden  großen  Nuclei 

marginales  (GASKELL'schen-  oder  Hop- 
MANN-KÖLLiKER'schen  Kernen),  verur- 
sacht werden  (Strausz). 

Auch  beim  Kasuar  ist  der  Zustand 
ähnlich ;  aber  bei  andern  Vögeln  sind 
die  von  den  letztgenannten  Kernen 
verursachten  Erhöhungen  so  gering, 
daß  man  sie  kaum  mit  der  Lupe 
sehen  kann. 

Kaudal  von  der  Lumbalanschwel- 
lung  verjüngt  sich  das  Rückenmark 
schnell. 

Die  Vorder-  und  Hinter- Wurzeln 
haben  die  für  die  höhern  Vertebraten 
übliche  Anordnung  und  treten  etwa 
auf  demselben  Niveau  aus.  Die  Ven- 
tralwurzeln verlassen  das  Rückenmark 
in  vielen  dünnen  Bündelchen,  die 
Dorsalwurzeln,  wie  üblich,  in  einigen 
dicken  Bündeln. 

Der  Umfang  der  Vorderhörner  ist 
bei  vielen  Vögeln,  namentlich  beim 
Strauß,  viel  größer  als  derjenige  der 
Hinterhörner,  welche  nur  im  obersten 
Halsmark  (Fig.  88)  durch  die  Entwick- 
lung des  spinalen  Trigeminuskernes 
größer  sind. 

Die    Gruppierung  der  motorischen 
Elemente    in    den    X'orderhörneru    ist 
deutlicher   als    bei    den   Reptilien   und 
erlaubt  eine  Einteilung  in  eine  größere  Zahl  von  Zentren. 

Wir  linden  darin  eine  mediale  Gruppe,  welche  wohl  die  älteste  Gruppe 
ist  und  die  Stammesmuskulatur  innervieren  dürfte.  (Sie  wird  von  Stree- 
TER  Ventrolateralgruppe  genannt.) 

Seitlich  davon  liegen,  namentlich  in  den  Anschwellungen,  die  lateralen 

und  dorsolateralen  Gruppen,  welche  die  Extreniitätenmuskulatur  innervieren. 

So   liegen   die  Zellen  des  M.  pectoralis  major  (des  Fliegmuskels)  nach 


Rad-  dors. 


Fuiiic.  ders. 


Siini.'s  rlionib. 


Sulc   hit. 


Sulc.  dui>-.  lat. 


Sulc.  dorso-med. 


% 


\i 


Fig.   83  B.     Das  Liiinlio-sakraliHark 
des  Straußes  mit  dem  Sinus  rhoiu- 

boidalis;  n.  Streeter.    Man  beaclite 
die  großen  Hinterwurzeln,  welche 
an  ilen  Rand  des  Sinus  eintreten. 


DAS    RUCK'KNMAUK     DKI;    Vo(!KI,. 


1()9 


Cafiut  Cornu  post. 


^-■'^m. 


-j)X    '•       Cell.mot. 

,;■■',' /vT' j      ,  _•,,       lexir.       (Flügel). 

,,  ;vr.{/ 


-;.-  ---^.•;'<  ■ 


;ll  inot-  Iruiic  i 


•  bin,  lumoo-  sacr, 


run.post^,-. 


'% 


Fig.  84.    Quer?chnitt  durch  die  Zeivikalarischwellung  (oben) 

das    Thoi-.il<alinark    (Mitte)    und  die  Lutnbo-Salinil- 

Anschwelluiig  (unten)  des  Huhnes  (gleiche  Vergrößeruno). 


170  DAS  RÜCKENMARK  DER  VÖGEL. 

Sanü  in  <ler  Halsanselnvellung  in  einem  Kern,  welchen  er  iils  „granrl  nuyau 
central"  })ezeichnet  und  der  —  wie  mir  nach  seiner  Beschreibung  scheint  — 
mit  dem  lateralen  Kern  Streeter's  korrespondiert. 

Bei  den  Lau/vögeln  zeigt  dieser  Kern  in  der  Halsanselnvellung  keine 
so  erhebliche  Hypertrophie. 

Bei  diesen  Tiere  haben  dagegen  die  hikralcn.  und  dorsididcvalcn  Zellen 
der  Lumbaianschwellung  sehr  zugenommen,  und  verursachen  sie  dort  eine 
typische  Umgestaltung  des  Vorderhorns. 

Die  Dendriten  der  Vorderhornzellen  bilden  nur  bei  ganz  jungen  Em- 
bryonen einen  "marginalen  Dendriten plexus,  namentlich  am  anterolateralen 
Rande.  Später  (Fig.  85)  ist  davon  nichts,  oder  nur  wenig  übrig. 

Anstatt  dessen  (?)  findet  man  dort  aber  an  dem  anterolateralen  Rande  die 
Nuclei  marginales  von  Gaskell  (oder  Hofmann:  Fig.  84  unten),  welche  sich 
von  Zellen  ableiten  lassen,  die  bei  niederen  AVirbeltieren  in  den  Vorder- 
hürnern  liegen. 

Dieselben  sind  bei  Vögeln  viel  mächtiger  entwickelt  als  bei  den  Rep- 
tilien und  werden  dort  eingeteilt  in  I\uclei  marginales  majores  und  minores. 

Die  erstgenannten,  von  welchen  beim  Strauß  etwa  sechs  Paar  wahr- 
genommen werden,  Inlden  \'erdickungen  i),  welche  seitlich  von  dem  Austritt 
der  Vorderwurzeln  im  Lwnhomkrahnark  hervorwülben  können. 

Die  Nuclei  marginales  mln.ores  finden  sich  im  ZervlkalmarJ:. 

Die  Zellen  dieser  Kerne  gleichen  denen  der  Ventralhörner,  wovon 
ihre  Herkunft  von  Kölliker  ontogenetisch  nachgewiesen  wurde. 

Zwischen  ihnen  und  den  Ventralhörnern  kommen  ausgewanderte  Zellen 
vor,  welche  nicht  die  ganze  Verschiebung  mitgemacht  haben. 

Ich  habe  beim  Krokodil  bereits  darauf  hingewiesen,  daß  wir  in  diesen 
peri])heren  Zellgrupi)en  wahrscheinlich  eine  weitere  Au.sbildung  des  Pro- 
zesses des  periijheren  Dendritenauswachsens  sehen  dürfen,  welches  bei 
Fischen  und  Amphibien  so  auffallend  ist. 

Daß  es  gerade  in  dem  anterodateralen  Abschnitt  des  Rückenmarkes 
zu  einer  Verschiebung  des  Zellleibes  selber  kommt,  ist  insofern  nicht  auf- 
fallend, als  auch  die  periphere  Verästelung  der  Dendriten  (welche  bei  den 
primitivsten  Vertebraten  —  vergl.  Fig.  .54  —  noch  über  die  ganze  Peri- 
pherie des  Rückenmarkes  vorkommt)  sich  später  (vergl.  Fig.  82)  mehr 
auf  den  anterolateralen  Abschnitt  desselben  zuspitzt  und  nun  vielleicht  in 
der  anterolateralen  Verlagerung  einiger  Zellen  ihren  Abschluß  findet. 

Immerhin  ist  es  sonderbar,  daß,  soweit  wir  jetzt  wissen,  die  eigentli- 
chen   Vorderwurzelzellen  selber  diese  Migration  nicht  mitmachen  2). 

')  Nicht  zu  verwechseln  mit  den  Eminentiae  ventrales  (S.  "168),  welche  medial  von 
der   Voiderwurzeln  vorkommen  können  und  den  Vorderhörnern  selber  entsprechen. 

2)  Von  Lenhossek  (Beiträge  üur  Histologie  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane. 
Wiesbaden,  1894,  S.  81)  hat  bei  Hühnchenembryonen  Kommissiirzellen  in  den  Randzellen 
nachgewiesen.  Köi.LUCEFi  (I.e.)  äußerte  —  wohl  aus  diesem  Giimdo  —  die  Möglichkeit, 
daß  es  alle  Kommissurzellen  sind.  Streeter  weist  jedoch  darauf  hin,  daß  die  Comniis- 
sura  ventralis  von  Struthio  camelus  keine  Verdickungen  in  dem  Niveau  dieser  Kerne  aufweist. 


DAS    RUC'KKNMAKK    DER    VOGEL. 


171 


Daß  die  Kerne  (in  direkter  oder  indirekter  Weise)  doch  etwas  mit  den 
Wnrzeln    zn    tun    haben,  wird  bewiesen  durch  ihre  metamere  Anordnung. 

Die  wenig  eckige  Gestalt  ihres  Körpers  ermöghcht  es,  daß  die  auch 
von  KÖLLiKER  geäußerte  Meinung  zutrifft,  dali  es  darunter  sympatliische 
Elemente  gilit. 

AVir  haben  bei  den  Reptilien  gesehen,  daß  ein  Teil  der  viszeromotori- 
sclien  Zellen,  die  Ursprungszellen  der  LENHOssEK'schen  Hinterwurzelfasern, 
einen  Anteil  an  dem  Aufbau  des  marginalen  Dendritenplexus  haben,  und 
so  wäre  es  möglich,  daß  es  sicli  teilweise  um  verlagerte,  den  v.  Len- 
HossEK'schen  Zellen  verwandte,  sympathische  Elemente  handelt  i). 

Ihre    Lage   und    intime    Dendritenverbindung   in   dem   anterolateralen 

VON  LENiiossEK'scho  Faseiu. 


Sensitive- 
motorische 


Reüektcollat.      ^, 


Hinterwurzel. 


Hinterwurzel. 


Spin,  gangl. 


Vorderw. Zelle     ' 


V\g.  85.     Schnitt  durcli  das  Halsniaik  eines  Hühnchen-Embryus,  n.  Van  Geiiuchten. 
Zur   Demonstration   der   v.  LKNHOSSEK'schen  Zellen  und  Fasern. 


Trakt  des  Rückenmarkes  würde  damit  nicht  im  Widerspruch  stehen;  denn 
wir  dürfen  als  sicher  annehmen,  daß  dieser  Trakt  auch  bei  den  Vögeln 
gekreuzte  Fasern  des  Temperatur-  und  Schmerzsinnes  führt,  und  wir  wissen, 
daß  gerade  diese  Sinnesqualitäten  stets  mit  erheblichen  vasomotorischen 
Änderungen  zusammengehen  (Fabritius). 

Auch  würde  dies  erklären,  weshalb  das  Axon  dieser  Zellen  nie  in  den 
Vorderwurzeln  verfolgt  werden  konnte. 

Verlassen  die  Axonen  dieser  Zellen  aber  das  Rückenmark  durch  die 
Hinterwurzeln?  Nachgewiesen  ist  dies  nie,  und  somit  müssen  wir  als 
zweite  Möglichkeit  (wahrscheinlich :  erste)  daran  denken,  daß  die  Zellen  der 


')  Um  wirkliche  v.  LENiios.SEK'sche  Elemente    handelt  es  sich  dal)ei  sicher  nicht,  da 
diese  nicht  oder  kaum  im  Lumbaimark  vorkommen. 


172 


DA8    RÜCKENMARK    DER    VOGEL. 


Randkerne  überwiegend  Kommissur-  (und  Strangzellen?)  zellen  sind  (s.  u.). 
Die  nach  v.  Lenhossek  benannten  motorischen  Hinterwiirzelfasern  (Fig.  85) 
sind  von  diesem  Forscher  bei  den  Vögeln  entdeckt  und  oft  bestätigt  worden 
(Cajal,  van  Gehuchten,  Retzius,  Martin).  Sie  sind  bei  Vögeln  nur  im 
Zervikalmark,  in  dem  medialen  und  lateralen  Abschnitt  der  Vorderhörner, 
nachgewiesen. 

Weshalb  gerade  das  Zervikal- 
mark diese  groben  viszeromolo- 
rischen  Hinterwurzelfasern  auf- 
weist, ist  nicht  bekannt  i).  Viel- 
leicht finden  sich  dort  auch 
feinere  viszeromotorische  Hinter- 
wurzelfasern, deren  Ursprungs- 
zellen in  dem  intermediären  Grau 
(zwischen  \'orderhörnern  und 
Hinterhörnern)  liegen  dürften. 
Auch  in  dem  Thorakal-  und 
Lumbal-Mark  kommen  vielleicht, 
durch  die  Hinterwurzeln  austre- 
tende   (sympathische)    Elemente 


vor,  obgleich  es  wohl  als  sicher 
betrachtet  werden  darf,  daß  die 
Mehrheit  der  viszeromotorischen 
Fasern  bei  den  \'ögeln  das  Kücken- 
mark bereits  durch  die  Vorder- 
wurzeln verläßt. 

Die  viszerosensiblen  Fasern 
treten  mit  den  somatosensiblen 
Fasern  durch  die  Hinterwurzeln  ein. 

Dieselben  entstammen  alle 
deii  extraspinalen  Ganglienzellen. 
Die  periphere  Verteilung  der 
Hautfasern  ist  von  Sparvoli, 
eingehender  aber  von  Deelman 
untersucht  (bei  Tauben).  Dieser 
Forscher  fand  auchhier  eineerheb- 
liche gegenseitige  Bedeckung  — 
etwa  zur  Hälfte  — derDermatome, 
welche  auf  dem  Rumpfe  eine  ausgesprochene  Trapezform,  sogar  Dreiecksform  ^), 


Fig.  86.     Ausdehnung  der  Thorakalsegmente 

bei  der  Taube,  n.  Deelman. 

In    86  A    sind   zwei  angrenzende  Thorakal-Wur- 

zeln  durchschnitten.  Die  schraffierte  Zone  ist 

anaesthetisch.  In  86  B  sind  oral  und  kaudal  von 

einer  Wurzel   zwei   Wurzeln  durchschnitten. 

Die  schraffierten  Zonen  sind  anaesthetisch   ^). 


')  Wie  bereits  bei  den  Reptilien  erwähnt  wurde,  sieht  Becc.\ri  in  ihnen  eine  Vor- 
stufe von  Accessoi-ius- Wurzelfasern.  Ihr  peripheres  Ende  ist  aber  nicht  ermittelt  (S.  161). 

*)  Der  Dorsalast  der  gesparten  Wurzel  ist  offenbar  zu  schwach,  um  allein  das 
Rückenfeld  reizbar  zu  machen. 


DAS    laicKKNMAKK    DER    VÖGEL.  173 

mit  ventraler  Basis  aufweisen,  was  vom  Autor  dem  größeren  ventralen 
Umfang  des  Körpers  zugeschrieben  wird. 

Die  zentralen  Ausläufer  der  Ganglienzellen  verlaufen  alle  in  den  Hin- 
tersträngen. 

Ein  Seitenstrangwurzelbüudel,  wie  bei  den  Schlangen  und  Schildkröten, 
wo  es  die  direkten  sensitivoraotorischen  Kollateralen  abgibt,  ist  hier  nicht 
vorhanden,  und  die  Vögel  stimmen  mehr  mit  den  Eidechsen  (und  Kroko- 
dilen) überein,  weil  hier  das  Hinterwurzelbündel,  welches  die  sensitivo- 
raotorischen Kollateralen  (Fig.  85)  abgibt  i),  wieder  den  Platz  in  den 
Hintersträngen  selber  eingenommen  hat. 

Die  Ursache  des  verschiedenen  ^'^erhaltens  jenes  Bündels  ist  vorläufig 
nicht  anzugeben.  Möglicherweise  hängt  es  damit  zusammen,  daß  die  Hinter- 
stränge bei  den  Vögeln  relativ  weniger  entwickelt  sind  als  bei  den  ge- 
nannten Reptilien  und  darin  mehr  Platz  vorhanden  ist. 

Obwohl  die  Hinterstränge  dieser  Tiere  also  Fasern  enthalten,  welche  bei 
Schlangen  und  Schildkiöten  außerhalb  derselben  liegen,  sind  sie  bei  den 
Vögeln  doch  schmäler   als   bei   den    genannten  Reptilien. 

Brouwer  fand  den  Prozentsatz  des  Hinterstrangareales  zu  der  Gesamt- 
heit der  weißen  Substanz  im  Zervikalmark  der  Vögel  von  7  °/„  bis  8,7  °l^ 
und  meine  eigenen  Messungen  bestätigen  dies  (beim  Huhn  7,7  °/;,). 

Bedenken  wir,  daß  er  bei  den  Reptilien,  sogar  bei  den  kleineren, 
nicht  weniger  als  10,40  °/o  fand  (bei  Dammonia  fand  ich  sogar  16,2  7o)> 
dann  ist  es  klar,  daß  der  Prozentsatz  der  Hinterstrangfasern  bei  den  Vögeln 
erheblich  niedriger  ist. 

Brouwer  meint,  daß  die  Abnahme  der  Hinterstränge  bei  den  Vögeln 
nur  scheinbar  sei,  indem  die  kräftig  entwickelten  tektospinalen  und  vesti- 
bulospinalen  Bahnen  hier  einen  so  großen  Zuwachs  der  Vorder-  und  Sei- 
tenstränge verursachen,  daß  dadurch  die  Prozentzahl  der  Hinterstränge 
gedrückt  wird.  Daß  dies  nicht  der  einzige  Grund  des  relativ  geringen 
Prozentsatzes  der  Hinterstränge  sein  kann,  geht  aus  folgendem  hervor: 
Man  kann  die  Zunahme  der  Seiten-  und  Vorderstränge  ausschalten,  indem 
man  den  Umfang  der  Hinterstränge  mit  dem  Umfang  nicht  mit  der 
übrigen  weißen,  sondern  mit  der  grauen  Substanz  vergleicht. 

Ich  gebe  hier  das   l'erJialtnen  '^)  der  Hinterstrilnge  zu  der  grauen  Substanz 


')  Vergleiche  hierzu  Fig.  63,  wo  der  Hinterwurzel-Vorderhoriireflex  noch  durch  D(>n- 
driten-veriistelung  in  den  Hinterhorn  üherraittelt  wird.  (Yergl.  auch  S.  74  und  75.) 

2)  Beim  Anstellen  solcher  Vergleich ungen  muß  man  immer  berücksichtigen,  dalS  bei 
größeren  Tieren  der  Querschnitt  der  weißen  Substanz  im  Vergleich  zu  dem  Querschnitt 
der  grauen  sehr  zunimmt,  wie  von  Hovy  für  das  Rückenmark  nachgewiesen  wurde.  Dies 
gilt  namentlich  noch  ganz  besonders  für  die  Hinterstlange.  Deshalb  ist  in  dieser  Tabelle 
das  größte  der  anuren  Amphibien  mit  einem  relativ  kleinen  Vogel  und  einem  relativ 
kleinen  Reptil  verglichen,  damit  die  Körpergröße  nicht  allzu  verschieden  ist.  Beim  Strauß 
(Streeter)  ist  der  Prozentsatz  für  die  Ilintcrstränge  größer;  aber  ein  solcher  Vergleich 
Ware  unzullissie. 


174  DAS  RÜCKENMARK  DER  VÖGEL. 

im  oberen  ZervikalmarJc  bei  einem  Amphibinni,  einem  Reptil,  einem  Vogel 
und  einigen  kleinen  Säugern. 

Rana  mugiens 40  ')  "/^ 

Danimonia  subtr "'^     °/o 

Galhis  dornesticus 23     °/^ 

Didelphys 40     °/„ 

Putorins 46     °/„ 

Oedipomidas 50     °/^ 

Callithrix 02,5  7„ 

Leontopithecus ''^     °/o 

Cebus  fatuellus 132     °/„ 

Aus  dieser  Tabelle  2)  ergibt  sich  aufs  deutlichste,  daß  die  progressive 
Entwicklung  der  Hinterstränge  selbst  in  der  Reihe  der  Wirbeltiere  bei  den 
\'ögeln  einen  Rückschlag  erfährt. 

Bezüglich  der  Ursache  dieser  Verringerung  der  Hinterwurzelfasern  bei 
den  Vögeln  können  wir  meines  Erachtens  zwei  Möglichkeiten  unterscheiden. 
Erstens  kann  die  ganze  sensible  Faserzufuhr  (also  die  ganze  Hinterwurzel) 
kleiner  sein,  zweitens  nur  diejenige  der  Hinterstränge,  während  z.  B.  die 
mehr  oder  weniger  direkte  Endigung  der  sensiblen  Fasern  in  den  Hinter- 
hörnern (die  lokale  Endigung)  dieselbe  geblieben  ist. 

In  dem  ersten  Fülle  müßte  die  Entwicklung  der  peripheren  Sensibi- 
lität bei  Vögeln  überhaupt  geringer  sein  als  bei  den  beiden  angrenzenden 
Tierklassen,  was  —  wie  mir  von  zoologischer  Seite  mitgeteilt  wird  — 
tatsächlich  der  Fall  ist.  Der  geringe  Umfang  der  hinteren  Extremitäten 
und  die  Bedeckung  des  übrigen  Körperal)schnittes  mit  Federn,  bringt  dies 
vielleicht  mit  sich. 

Obwohl  die  Federn  auch  mit  sensiblen  Organen  verbunden  sind,  macht 
die  ganze  Lebensart  in  der  freien  Luft  es  wahrscheinlich,  daß  die  Tiere 
viel  weniger  mit  Objekten  in  Berührung  kommen.  Infolge  dessen  sind 
auch  die  sensiblen  Wurzeln  selber  relativ  etwas  dünner  als  bei  den 
andern   Tieren. 

Dies  ist  meines  Erachtens  jedoch  nicht  in  einem  solchen  Maße  der 
Fall,  daß  es  schon  allein  geiaügen  würde,  die  geringe  Entwicklung  der 
Hinterstränge  zu  erklären. 

Ein  zweiter  Faktor  wird  wohl  sein,  daß  die  Endigung  der  meisten 
absteigenden  Fasern  in  dem  Hinterhorn  schon  sehr  bald  stattfindet,  und 
die  aufsteigende  Strecke  der  Hinterwurzelfasern  auch  nur  gering,  und  dadurch 
die  Akkumulation  der  Fasern  nicht  sehr  beträchtlich  ist. 


')  Für  diese  hohe  Ziller  (vei-iiisacht  durch  bulbüre  Wurzelfasern)  siehe  S.   153. 

*)  Nur  bei  den  lileinsten  Säugern:  Maus  und  Spitzmaus,  erhält  man  eine  Zahl,  welche 
derjenigen  des  Huhnes  ähnlich  ist.  Diese  Tiere  sind  aber  so  viel  kleiner  als  das  Huhn, 
daß  sie  nicht  zum  Vergleich  herangezogen  werden  dürfen.  Cebus  ist  reichlich  grosz. 


DAS    RÜCKENMARK    DER    VÖGEL. 


175 


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176  DAS  RÜCKENMARK  DKK  VÖGEL. 

Dieser  Schluß  wird  durch  die  degenerativen  Untersuchungen  Fried- 
länder's  bestätigt,  der  nacli  Rüokenmarksdurehsehneidungen  feststellen 
konnte,  daß  weitaus  die  Mehrheit  der  Hinterstrangfasern  bald  in  die  graue 
Substanz  der  Hörner  eintritt.  Mit  Hinsicht  darauf  ist  auch  die  Tabelle 
Streeter's  (Fig.  87)  interessant,  woraus  hervorgeht,  daß  der  große  Zuwachs 
der  Hinterwurzelfasern,  welche  das  Rückenmark  im  30.  Segment  (Lumbo- 
sakralanschwellung)  aufweist,  bereits  im  26.  verschwunden  ist,  und  daß 
also  die  Auflösung  der  Wurzelfasarn  in  der  grauen  Substanz  bei  den 
Vögeln  sehr  rasch  und  innerlialb  weniger  Segmente  erfolgt. 

Hieraus  geht  hervor,  daß  die  Vögel  in  sehr  starkem  Grade  Reflex- 
tiere sind  und  der  bekannte  Versuch,  daß  ein  geköpftes  Huhn  noch  lange 
Zeit  herumlaufen  kann,  findet  hierin  wohl  ein  Kollarium,  wie  auch 
Streeter  betont. 

Daß  die  Ausbildung  von  längern,  über  viele  Segmente  verlaufenden 
Fasern  bei  den  N'ögeln  weniger  stattfindet  als  bei  den  Reptilien, 
und  die  Eudigung  der  direkten  sensit.ivo-motorischen  Bahn  kürzer  ge- 
drängt ist  als  dort,  ist  auch  damit  in  Übereinstimmung,  daß  die  loko- 
motorischen  Organe  bei  den  \'ögeln  sich  auf  gewisse  Segmente  beschränken, 
während  bei  den  Schlangen  aus  Mangel  an  lokalisierten  Lokomotionsorganen 
der  ganze  Rumpf  daran  Anteil  hat. 

Auch  den  vierbeinigen  Reptilien  und  den  niederen  Sängern  gegen- 
über ist  der  Lokomotionsapparat  der  Vögel  ein  mehr  lokalisierter,  werden 
doch  beim  Fliegen  nur  die  Vordergliedmaßen  und  beim  Gehen  nur  die 
Hintergliedmaßen  gebraucht,  während  bei  vierbeinigen  Reptilien  und  nie- 
dern  Säugern  eine  stetige  und  exakte  Koordination  zwischen  Vorder-  und 
Hinterbeinbewegungeu  stattfindet. 

Wer  sich  jemals  Mühe  gegeben  hat,  einen  Vogel  zu  beobachten,  der 
sich  mittels  Flattern  und  Laufen  zugleich  fortbewegen  will,  wird  von  der 
geringen  Koordination  zwischen  den  Bewegungen  der  vordem  und  hintern 
Lokomotionsorgane  überrascht  worden  sein. 

Doch  enden  nicht  alle  Fasern  der  Hinterstränge  so  bald  im  Marke. 
Ein  kleiner  Teil  steigt  bis  zum  Anfang  der  Oblongata  auf. 

Dieser  Teil  wurde  von  Friedländer  und  Ingvar  degenerativ  dar- 
gestellt durch  Rückenmarksdurchschneidungen  bei  Tauben.  Dabei  ergab 
sich,  daß  vereinzelte  Fasern  aus  dem  Lendenmark,  im  oberen  Halsmark, 
medial  neben  dem  Septum  posterius  liegen,  während  solche  aus  frontaleren 
Wurzeln  sich  lateral  an    die  bereits  eingetretenen  Fasern  legen. 

Ich  gebe  in  Figur  88  Abbildungen  von  den  Hintersir ang kernen. 
Namentlich  der  mittlere  sog.  Schwanzkern  ist  sehr  konstant  (Zeehandelaar), 
der  GoLL'sche  und  BuROACH'sche  nur  angedeutet  und  die  daraus  hervor- 
gehende mediale  Schleife  ist  denn  auch  noch  sehr  klein. 

Außer  den  bis  jetzt  beschriebenen,  groben  Hinterstrangfasern  gibt 
es  in  den  Hinterwurzeln  mehr  lateral  gelegene,  feinere  Elemente. 

Dieses    laterale    Wurzelbündel    ist    viel    kleiner    als   das   mediale    und 


OAS    KUCKENMAKK    DKK    VtXiKL. 


Fig.  88  A. 


H.S.K. 


itinosu). 


iva  inf. 


Fig.  88  B. 


H.S-K.M. 


H.S.K.L. 


Fig.  88  A.    Hintersti'angkern(H.  S.  K.)iiii(l  sijiiial(.TTiigKii]inubkerii(Xu.  Spin.  V)  des  Kasuars. 
Fig.  88  B.    Mittlere  (H.S  K.  M.)  und   laterale  (H.S.K.L.) 
Hinterstrangkerne  von  Cacatua  roseicapilla. 


Kappk.rs. 


12 


178 


DAS    RÜCKENMARK    DER    VOGEL. 


Bogenfaserzellen. 


seine   Kollateralen    entwickeln   sich   später  als  das  große  KoUateral-System 
der  eigentlichen  Hinterstränge  (Ramün  y  Cajal). 

Seine  Pasern  verästeln  sich  namentlich  in  der  Lissauer'scäcti  Rand- 
Z01U,  aber  auch  in  der  hier  noch  spärlich  entwickelten  Substantia  gelati- 
nosa  RoLANDO,  die  bei  den  Vögeln  nur  im  obern  Halsmark  eine 
weitere  Ausbildung  erlangt  unter  Einfluß  der  spinalen  Trigeminuswuriel 
(Fig.  88  A). 

Die  Funktion  dieses  Bündels  ist  nicht  genügend  bekannt.  Da  seine 
Fasern  keine  sensitivo-motorischen  Kollateralen  abgeben  und  auch  nicht 
in  den  Hintersträngen  aufsteigen,  handelt  es  sich  hierbei  offenbar  um 
Fasern,  deren  Reflexbogen  ein  lokaler  ist. 

Welch  eine  bedeutende 
Rolle  die  lokalen  Reflexe  im 
Rückenmark  dieser  Tiere  spie- 
len, geht  auch  aus  der  Betrach- 
tung der  sekundären  Neuronen 
des  Rückenmarkes  hervor. 

Als  solche  sind  hier  wieder 
in  erster  Linie  die  Neuriten 
der  Kommissurzellen,  die  Bogen- 
fasern  von  His,  zu  erwähnen, 
welche  bei  den  Embryonen 
dieser  Tiere,  wie  bei  den  nie- 
dersten Vertebraten,  nament- 
lich in  dem  hinteren  Abschnitt 
der  grauen  Substanz  liegen 
(Fig.  89  und  90). 

Im  ausgewachsenen  Tiere 
dürfte  die  größte  Zahl  ihrer 
Ursprungszellen  von  den  sen- 
siblen Hinterhörnern  sich  all- 
mählich in  dem  motorischen 
Vorderhorn  anhäufen  i). 

Daß  sie  auch  in  den  margi- 
nalen   Kernen    nachgewiesen 
sind,    ist  bereits  erwähnt  (2te 
Fußnote  S.  170). 

Weitaus  die  Mehrheit  bleibt  jedoch  in  der  grauen  Substanz  der  Hörner. 
Ihre    in    der   Commissura   anterior  kreuzenden  Achsenzylinder  senden 
auf-  und  absteigende  Aste  in  die  Vorderseitenstränge,  während  Kollateralen 
davon  sich  auch  in  dem  Vorderhorngrau  derselben  Seite  verästeln. 


Fig.  89     Querschnitt  durch  das  Rüclienmark 
eines  4tägigeii  Hühnerenibryos,  n.  Cajal. 
W  ^=  Wachstumskolben  der  Achsenzylinder. 
K  =  Vorderwurzel. 


')    Eine    etwas    andere    Verlagerung    der    retikulären    Elemente,    denn    darum   han- 
delt es  sich  hier,  finden  wir  in  der  Oblongata  (vergl.  Kapitel  VI). 


II AS  i;ii('ki<:nmakic  der  vogkl. 


17!) 


Wir  haben  gesehen,  daß  diese  Zellen  zu  den  alleriil testen  Bestandteilen  des 
Eückenmarkes  gehören,  und  daß  sie  bereits  als  dorsale  Median/.ellen  nachgewiesen 
sind  bei  Amphioxus,  wo  die  frontalen  Kommissurzellen  ihre  Achseuzylinder  rückwärts 
schicken,  während  die  hintern  Zellen  ihre  Achsenzylinder  nach  Kreuzung  in  fron- 
taler Richtung  aussenden  (s.  Seite   108). 

Es  ist  nun  interessant,  daß  Bok  in  Hühnerembryonen  (wo  sie  bereits  vor  dem 
Auswachsen  der  motorischen  Wtirzelzellen  zur  Entwicklung  gelangen)  fand,  daß 
die  frontalen  Kouimissurzellen  ihre  Achsenzylinder  rückwärts  schicken,  während 
die  kaudnicn  Kommissurzellen  dieselben  in  frontaler  Richtung  senden.  Das  will 
also  sagen,  daß  die  Halsreize  aboral  ablaufen  und  die  Schwanzreize  oral.  Erst 
später  tritt  eine  Dichotomie 
an  diesen  Fasern  auf  nnd 
gleicht  sich  dadurch  dieser 
Unterschied  mehr  oder  weni- 
ger  aus. 

Ein  Blick  auf  die  Ta- 
belle Streetek's  überzeugt 
uns  davon,  daß  die  ventio- 
lateralen  Stränge  der  wei- 
ßen Substanz  in  der  Zervi- 
kal- aber  namentlich  in  der 
Lumbalanscli wellung  stark 
an  Umfang  zunehmen.  Es 
ifst  aber  auch  deutlicli,  daß 
diese  Zunahme  eine  lokale 
ist,  und  daß  sie,  gerade  wie 
es  mit  den  Hintersträngen 
der  Fall  war,  bald  vor  und 
nach  der  Anschwellung 
aufhört,  sodaß  es  sich 
meistens  um  kurze  Neuro- 
nen handelt,  welche  ziem- 
lich naheliegende  Segmente 
vereinigen. 

Den  Kommissurzellen 
folgen  in  der  Entwicklung 
die  Strangzellen  mit  ihren 
homolateralen  Axonen.  (Fig. 
90  D). 


Fig.  90.     Rückenmark    eines    Hühnerembryos  des 

5ten  Tages  n.  Cajal. 

E  und  C  =  Kommissurzellen. 

H  und  D  =  Homolaterale  Stiangzellen. 


Sie  liegen  überwiegend  in  der  Mitte  des  Graus  und  senden  viele 
Dendriten  in  der  Richtung  der  Hinterwurzeln.  Ihre  Axonen  verlaufen 
besonders  im  Seitenstrang,  obgleich  auch  die  Vorder-  und  Hinterstränge 
solche  enthalten.  Im  allgemeinen  hat  ihr  Achsenzylinder  keinen  langen 
Verlauf  und  endet  nach  Dichotomie  und  unter  Abgabe  von  Kollateralen 
l>ald  in  den  angrenzenden  Segmenten. 

Doch    gibt   es   im    Vogelmarke    eine    nicht   so    ganz   geringe  Zahl   von 


]8(*  l'AS    RÜCKENMARK    DKR    VÖGEL. 

längeren  endogenen  Neuronen.  Een  Teil  der  Kommissur-  oder  Bogenfaserzellen 
bildet  längere  aufsteigende  Bahnen  in  dem  Vorder-Seiteustrang,  und  wir 
haben  darin  die  gekreuzte  vitale  Bahn  des  Schmerz-  und  Temperatur- 
sinnes, des  allgemeinen  Berührungsgefühles  (und  primitiven  Muskelsinnes?) 
zu  sehen:  die  spino-bulbären  und  meseazephalen  Fasern  (  Fig.  91),  welche  wir  als 
die  älteste  aufsteigende  sensible  Bahn  kennen  gelernt  haben,  und  welche  in 
dem  Tegraentum  und  dem  Tektum  des  Mittelhirns  mit  statischen  und 
optischen  Empfindungen  in  Korrelation  treten. 

Auch  gibt  es  längere  gleichseitig  aufsteigende  Bahnen  (siehe  Fig.  91, 
in  welchen  oben  die  in  der  Intumescentia  cervicalis  nach  einseitiger 
Lendenmark — Durchschneidung  auftretenden,  aufsteigenden  Degenerationen 
gezeichnet  sind). 

Dabei  sind  die  aufsteigenden  Kleinhirnseitenstrangbahnen  (K.  H.  S.  B.)  zu 
erwähnen,  denen  wir  auch  bereits  bei  niederen  Tieren  begegneten. 

Während  wir  bei  den  Fischen  nur  eine  Projektion  der  zervikalen 
Sensibilität  auf  das  Zerebellum  fanden  (Trigliden  z.  B.),  aber  die  Projek- 
tion der  übrigen  Rückenmarksabschnitte  auf  das  Kleinhirn  dort  zweifel- 
haft ist,  finden  wir  bei  den  Vögln  eine  ganz  bedeutende  Entwicklung  jener 
Fasersysteme  im  ganzen  Rückenmarke  bis  tief  hinunter   im    Lumbaimark. 

Nach  Friedländer's  Beobachtungen  —  Ingv.^r  konnte  dies  bestäti- 
gen —  entsteht  die  spinozerebelläre  Bahn  der  Vögel  bereits  auf  dem  Niveau 
der  letzten  Lumbalnerven.  Sie  verläuft  ungekreuzt  frontalwärts  (nach  Ab- 
gabe einer  kaudalen  Dichotomie)  nahe  der  Peripherie  des  Marks  von  der 
Spitze  des  Hinterhornes  bis  zu  derjenigen  des  Vorderhornes,  also  den 
ganzen  Seitenrand  des  Markes  einnehmend.  Auf  frontalerem  Niveau  wird 
sie  erheblich  verstärkt. 

Ein  Teil  der  Fasern  schließt  sich  in  der  Oblongata  dem  Corpus  resti- 
forme  an,  tritt  mit  dem  hinteren  Kleinhirnarm  in  das  Zerebellum  und  ist 
somit  als  dorsaler  spinozerebellärer  Trakt  zu  betrachten,  während  ein  klei- 
nerer Abschnitt  frontaler  zieht,  um  sich  dann  aufwärts  und  rückwärts 
biegend  durch  das  Velum  medulläre  anticum  in  das  Kleinhirn  einzusenken, 
wo  er  teilweise  in  der  Decussatio  Cerebelli  kreuzt. 

Außerdem  gibt  es  noch  ein  System  von  gleichseitigen  Fasern,  welche 
in  dem  ventro-medialen  Abschnitt  des  Rückenmarkes,  nahe  der  Fissura 
mediana  anterior,  auf-  und  absteigen  (Fig.  91). 

Die  Funktion  dieses  Bündels  und  ihr  Homologon  in  solcher  Ausdeh- 
nung ist  uns  bis  jetzt  bei  den  Säugern  unbekannt. 

Von  den  aus  frontaleren  Abschnitten  zum  Rückenmark  absteigenden 
Neuronen  ist  an  erster  Stelle  eine  eferente  Kleinhirnbahn  zu  erwähnen,  welclie, 
den  aufsteigenden  Tr.  s|iino-cerebellaris  an  der  medialen  Seite  begleitend 
bis  ins  Lumbaimark  hineinverfolgt  werden  kann  (Frenkkl). 

Es  handelt  sich  dabei  vielleicht  um  das  Homologen  des  Hakenbündels 
,  der  Säuger  {Fasciculas  uncinatus),  welches  (teilweise)  gekreuzt  aus  dem 
Daclikcru  des  Kleinhirns  hervorgeht. 


DAS    KUCKENMAKK    DER    VOCEL. 


18] 


Neben  diesen  kommt  eine,  gerade  bei  den  Vögeln  ganz  mächtige  ab- 
steigende Verbindung  aus  dem  Tectum  opticum  und  den  Kernen  des  Vesli- 
bularis  vor  (Münzer  und  Wiener,  Wallexberg). 

Beide  tragen  zu  der  Vergrößerung  des  Vorder-  und  Vorderseitenstran- 
ges bei,  die  optische  Faserung  besonders  zu  der  des  \'orderstranges. 


(gekreuzte 
Degeuer.) 

BogBDfaserm 

und 

Tr.  spino- 

inesenceph. 


,H.S. 


(gleiche.  Deg.) 


,''l^'         (gleichs.   Deg.) 


Ue^d^'t^  (gJeichs.  Deg.) 


t-iu.  rliomb 

^      lunibo-sacr. 


Kleichs.  Degen. 


Fi^.  DI.     Taube,    deren    i'eehtes    Hinteihurn   im   Ijiiiiilialiiiaik  (mittlere 
Figur)  ihirchscliiiitten  wurde.  Gleiehseitig  iiut'steigeiide  Degeneration 
im  Zervikalmaik  in  den  llintei'stirtngen,  Voidei--  und  Hinterseiten- 
strängen    (Kleinh  rn-Seitenstraughahii)    und     gekreuzt    aufstei- 
gende  Degeneration  der  spinü-niesenzephaleu  Fasern. 
Gleichseitig  absteigende  Degenerationen  im  Sakralniark.  N.  FRiEULäNDER. 


Es  würde  mich  aucli  niclit  wundern,  wenn  der  bei  den  V^ögeln  bereits 
deuthcli  entwickelte  Nvclens  ruber  des  Mittelliirns  seine  Axonen  —  wie  bei 
den  Säugern  —  in  das  Rückenmark  schickte  Ihr  Verlauf  wäre,  wie  dort, 
in  dem   medialen  Absciniitt  des  Seitenstranges  zu  suchen. 


182  DAS  RÜCKENMARIC  DER  SÄUGER. 

Wir  sehen  aus  diesen  Wahrnemungen,  daß  das  Rückenmark  dieser 
Tiere  außer  dem  miiclitigen,  stark  lokalisierten  Eigenapparat  erhebliche 
absteigende  ^Verbindungen  mit  dem  Kleinhirn,  dem  Vestibulär- Apparat  und 
dem  optischen  System  hat,  was  uns  bei  solchen  exquisiten  Gleichgewichts- 
tieren nicht  wundern  kann. 

Eine  Vordei-hirn-Rückenmarks — Bahn  im  Öiuue  der  Rückenmarkspyra- 
mide der  Säuger  ist  bei  den  Vögeln  nicht  nachgewiesen  ^).  Die  Bahnen, 
welche  das  Rückenmark  influenzieren,  sind  wesentlich  vitaler  Natur,  d.  h. 
sie  entstammen  den  Zentren  der  Gleichgewichtsorgane  (Vestibularis),  der 
Statik  (Zerebellum  und  Adnexa)  und  der  optischen  oder  Photostatik 
(Tektum),  also  gerade  den  Zentren,  welche  auch  mit  den  ersten  aufstei- 
genden sekundären  Bahnen  der  primitiven  Rückenmarks-Sensibilität,  ein- 
schließlich der  primitiven  Muskelsensibilität  (mesenzephalier  V  Kern)  in 
Korrelation  treten. 

Die  Hiillsuhstanz  des  Vogelmarkes  ist  hoch  entwickelt  und  zeigt  neben  den 
üblichen  radiären  Ependymfasern  knrzfaserige  und  langfaserige  Astrozyten,  nament- 
lich um  die  Gefäße  und  an  dem  Rande  des  Markes.  Für  weitere  Einzelheiten 
verweise  ich  nach  den  Arbeiten  von  Golgi,  Oajal,  Lenhossek,  Lacchi  und  Eet- 
zius  (welche  jedoch  vielfach  den  Nachteil  liaben,  nur  ziemlich  junge  Entwickhuigs- 
stadien  dieser  Substanz  zu  beschreiben)  und  denjenigen   Achucciero's. 

Die  Hüllen  des  Markes  sind  denen  der  ßejjtilien  sehr  ähnlich.  Es  besteht  eine 
Dura  mater  und  eine  Menins  secundaria  (Stekzi). 

Nach  Stkeeter  soll  beim  Strauß  die  Meuiux  secundaria  sich  bereits  in  eine 
typische  Pia  mater  und  ein  Arachnoid  getrennt  haben,  dessen  Wände  mit  Endothel 
bekleidet   sind   und  nur   wenige   Trabekeln   aufweisen. 

Der  Perimeningeal-  oder  Periditralmum  (zwischen  Dura  und  Periost)  ist  weniger 
ausgebildet  als  bei   Reptilien. 

Die  Ligamente  der  Meninx  secundaria  sind  das  übliche  lägamentum  ventrale 
und  die  beiden  Ligamenta  lateralia,  von  denen  das  letztere  das  Ligamentum  den- 
ticulatum  bildet. 

In  der  Lumbairegion  kommen  außerdem  fibröse  Verdickungen  zwischen  dem 
Ligamentum  ventrale  und  den  beiderseitigen  Ligamenta  lateralia  vor,  welche,  als 
Pontkuli  interliqamentarii  zu  bezeichnen  sind.  Sie  liegen  in  den  Furchen,  welche  die 
Emineutiae  ventralis  der  Vorderhörner  (s.   o.)  scheiden  (Streeteh). 

Das  Rückenmark  der  Säuger. 

Im  Gegensatze  zu  den  ^Vüg■eln  und  Reptilien  füllt  das  Rückenmark  der 
Säuger  fast  nie  den  Vertebralkanal  ganz  aus.  Es  ist  meistens  viel  kürzer, 
sodaß  der  kaudale  Abschnitt  des  Vertebralkanals  kein  Rückenmark,  son- 
dern nur  eine  Oauda  equina  und  ein  Filuin  terminale  enthält,  wie  wir  es 
(in  noch  auftallenderer  Weise)  bereits  bei  einigen  Teleostiern  (Lophius, 
Orthagoriscus)  und  beim  Frosch  vorfanden. 

Diese    Diskrepanz    zwischen    Rückenmark    und  \Vertebralkanal  ist  hier 


')  Nur  Sandmeyer  erwähnt  eine  Riickenmarkspyrivmifle  bei  der  Taube,  welche  SäNGEii, 
Wallenberg  u.  A.  verneinen. 


DAS  RUCKENMAKK  DER  SÄUGER. 


183 


o 


It 


nicht  nur  die  Folge  einer  Verivünimerung  der  Schwanzregion  des  Rücken- 
markes. 

Es  zeigt  sich  nämlich  durch  das  ganze  Mark  eine 
Inkongruenz  in  dem  Sinne,  daß  ein  bestimmtes  Mark- 
segment beim  Menschen  immer  etwas  höher  liegt  als 
die  entsprechenden  Skierotome,  d.  Ii.  als  die  Wirbel, 
welche  seine  austretende  Wurzel  umfassen  (Fig.  92). 

Für  die  menschliclie  Anatomie  und  Pathologie  ist 
die  Kenntnis  dieses  \'^erhaltens  von  besonderem  Interesse, 
weil  man  die  Lage  gewisser  Rückenmarkssegmente  an 
den  Dornfortsätzen  der  Wirbel  abzuzählen  pflegt. 

Die  Erklärung  dieses  Verhaltens  ist  haui^tsächlich 
darin  zu  suchen,  daß  die  Wirbelsäule  sich  noch  verlängert, 
wenn  das  Mark  bereits  seine  definitive  Länge  erreicht 
hat.  Da  naTnentlich  der  kaudale  Abschnitt  der  Wirbelsäule 
(in  Verbindung  mit  der  Ausbildung  des  Beckengürtels) 
im  Laufe  der  Entwicklung  eine  bedeutende  Vergrö- 
ßerung erfährt,  läßt  dieser  Einfluß  sich  auch  nament- 
lich dort  bemerken.  Nebenstehende  Figur  zeigt,  daß  die 
Inkongruenz  zwischen  Marksegment  und  Skierotom  in 
kaudaler  Richtung  zunimmt  beim  Menschen. 

Aus  Fig.  92  geht  hervor,  daß  das  untere  Ende  des 
eigentlichen  (funktionierenden)  Rückenmarkes,  welches 
man  seiner  kegelförmigen  Gestalt  wegen  als  Conus 
terminalis  bezeichnet,  sich  beim  Menschen  etwa  in  der 
Mitte  des  zweiten  Lendenwirbel  befindet,  und  somit 
der  Kanal,  welcher  von  den  drei  untern  Lendenwirbeln 
und  der  ganzen  Sakralsäule  gebildet  wird,  nur  ein  Filum 
terminale  und  Cauda  equina  enthält. 

Beim  Menschen,  dessen  Schwanz  verkümniert  ist,  ist 
die  coccygeale  Kegion  des  Markes  nachträglich  „dedif- 
ferenziert" (Streeter).  Auch  bei  Affen,  Karnivoren 
und  L^ngulaten,  ja  sogar  bei  den  Zetazeeen  kommt  es 
zu  der  Bildung  eines  Filum  terminale  und  zu  der 
obengenannten  Inkongruenz,  was  neben  dem  (hier  gerin- 
geren) Wachstumsunterschied  zwischen  Wirbeln  und  Mark 
damit  zusammenhängt,  daß  die  Schwanzmuskulatur  bei 
diesen  Tieren,  wie  groß  sie  auch  sein  möge,  nicht  einen 
metameren  Charakter  hat,  wie  bei  den  Reptilien,  sondern 
nur  durch  Ausbildung  der  proximalen  Schwanzmuskelu    .sches   Verhalten  des 

entsteht,  während  die  hinteren  Sclnvanzmyotome  verloren      Rückenmarkes  zur 
,  ,r-i  .  Wirbelsäule    beim 

gehen  (GeGENBAUR).  Menschen; «.Gowers. 

Obschon  beim  Menschen  die  Inkongruenz  zwischen 
Rückenmarkslänge  und  Vertebralkanal  ansehnlicher  ist  als  bei  den  Affen, 


L- 


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Fig.  92.   Topf>grapbi- 


184  DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 

und  der  Conus  terminalis  bei  den  Karnivoren  fast  bis  zum  Ende  der  Lum- 
balwirbel,  bei  den  Ungulaten  sogar  noch  bis  zur  Mitte  der  Sakralgegend 
(Vermeuden)  reicht,  gibt  es  bei  den  niederen  Säugern  aucli  Beispiele  einer 
größeren  Inkongruenz.  So  findet  man  (Gegenbaur)  bei  Echidna  das  Ende 
des  eigentlichen  Rückenmarkes  bereits  in  der  Mitte  des  Vertebralkanals ; 
der  Rest  des  letztern  enthält  nur  Filum  und  Cauda  equina.  Dem  gegenüber 
weist  der  andere  Repräsentant  der  Monotremen,  Ornithorrhynchus,  ein 
Verhalten  auf,  welches  demjenigen  bei  den  Reptilien  ähnlich  ist,  indem 
sich  dort  das  Rückenmark  bis  in  den  Sakralkanal  hinein  erstreckt. 

Beide  Tiere  haben  einen  Schwanz  von  ungefähr  ein  Viertel  der  ge- 
samten Körperlänge.  Bei  Ornithorrhynchus  ist  der  Schwanz  aber  ein 
stark  muskulöses,  beim  Scliwimmen  funktiouierendes  (Jebilde,  bei  Echidna 
dagegen  ein  viel  dünnerer,  ungebrauchter  Anhang. 

Daß  indessen  nicht  allein  das  Verlialten  des  Schwanzes  hierauf  infiu- 
enziert,  geht  daraus  hervor,  daß  man  ähnliche  Kontraste  findet  zwischen 
Tieren,  welche  beide  fast  schwanzlos  sind,  z.  B.  zwischen  gewissen  Roden- 
tiern  (Lepus)  einerseits  —  wo  das  Rückenmark  sich  in  den  Sakralkanal 
erstreckt  —  und  Chiropteren  und  Insektivoren  (Erinaceus)  andererseits,  wo 
es  relativ  sehr  kurz  ist  (Gegenbaur).  Obschon  beim  Kaninchen  die  Prä- 
ponderanz  der  hinteren  Extremitäten,  bei  den  anderen  Tieren  die  Präpon- 
deranz  der  vorderen  Extremitäten  hierauf  einen  Einfluß  haben  dürfte, 
spielen  hierbei  vielleicht  noch  andere  Faktoren  (Vaskularisation?)  eine 
Rolle,  die  bis  jetzt  nicht  genügend  ermittelt  sind  und  in  jedem  Falle  für 
sich  beurteilt  werden  müssen. 

Au  dem  Ende  des  Couus  terminalis,  direkt  frontal  vom  Filum  terminale, 
erfiihrt  der  Zentralkanal  eine  erhebliche  Erweiterung,  die  als  Kiiiusn'seher 
Ventrikel  i)  bekannt  ist.  Diese  Erweiterung  des  Kanals,  welche  von  auft'allend 
vielen  oder  groszen  Gefäßen  umgeben  ist,  findet  dorsalwärts  statt,  was  oftenbar 
damit  zusammenhängt,  daß  die  Obliteration  des  dorsalen  Abschnittes  jenes  Kanales 
hier  ausgeblieben  ist  ^).  8ie  weist,  wie  von  Vekmeulen  bei  Ungulaten,  von  anderen 
Autoren  seltener  auch  beim  Menschen  nachgewiesen  wurde,  manchmal  einen  dorsalen 
Durchbrach  auf,  der  nach  meiner  Meinung  nicht  von  der  Anlage  her  offen  bleibt, 
also  keine  Art  Neuroijorus  ist,  sondern  vielmehr  im  Laufe  des  Lebens  durch  besondere 
Druckverhältnisse  oder  Zerrungen  entstanden  sein  dürfte  (vielleicht  auch  mal  durch 
unvorsichtiges  Auspräparieren  vergrößert  sein  kann.  Stilling). 

Die  Lage  des  Rückenmarkes  im  Vertebralkanal  zeigt  bei  einigen  Tieren 
auch  noch  andere  Eigentümlichkeiten,  die  teilweise  dui-ch  das  größere 
Wachstum  des  Wirbelkanales  im  Verhältnis  zum  Marke  zu  erklären  sind, 
wie   z.  B.    die    auffallende    Weite   des   Kanals   beim    Dugons:  und   Wal,  wo 


')  Der  A^entrikel  des  Conus  ist  nicht  dem  Ventriculus  terminalis  von  Amphioxu-i  und 
der  Zyklostomen  (Fig  43  und  -53)  zu  homologisieren,  weil  letztgenannter  ara  allerUauclalsten 
Abschnitt  des  Medullarrohres  vorkomMit,  also  das  Ende  des  Rückenmarkes  bildet. 

')  Auch  im  anderen  Hinsichten,  z.  B.  in  den  Hiillen,  weist  das  hintere  Rnde  des 
Markes  primitivere  Zustände  auf. 


DAS    KUCKKN.MAKK     1>KI;    SAUGEl!. 


lcS5 


Biickenm. 


(im   Halsmark)    das  Lumen  desselben  den  Umfang  des  Rückenmarkes  um 
das  zwölffache  übertreffen  kann  (Dexlkr  und  Eger). 

Interessant  ist  auch  die  von  Hochstettek  und  he  Buhlet  bei  Cho- 
loepus  und  Bi-adypus  beschriebene  exzentrische  Lage  des  Markes  in  dem 
dort  ebenfalls  sehr  weiten  Kanal,  wo  es  von  einer  großen  Vene  seitwärts 
gedrängt  wird  (Fig.  93)  '■). 

Eine  nietamere  Gliederung  der  Rilckenmarksuhstanz  wurde  bis  jetzt  nur 
einmal  (von  Bolk)  beobachtet  bei  einem  menschliciien  Embryo  der  vierten 
Woche,  wo  der  dorsal  von  dem  Hulcus  limitans  gelegene  sensible  Abschnitt 
segmentale  \'erdickungen  aulwies  an  der  dem  Zentralkanal  zugewandten 
Seite,  welche  mit  den  Wurzeleintrittstellen  korrespondierten  und  von  inter- 
segmentalen,  taschenartigen  Erweiterungen  des  Zentralkanals  getrennt  wur- 
den. Ob  es  sich  dabei 
um  einen  konstanten  Be- 
fund handelt,  ist  noch 
abzuwarten. 

Bei  der  weitern  Aus- 
bildung des  Markes  ver- 
dickt sich  die  primär  sen- 
sible Flügelplatte  über 
ihre  ganze  Länge.  Die  in- 
tersegmentalen  Taschen 
verschwinden,  der  obere 
Abschnitt  des  Zentral- 
kanals obliteriert  und 
auch  der  Sulcus  limitans 
verschwindet.  Das  aus- 
gewachsene Rückenmark 
zeigt  äußerlich  nur  die  üblichen  Anschwellungen  in  der  Hals-  und  Lenden- 
region, welche  von  der  Entwicklung  der  Extremitäten  in  diesen  Gegenden 
bedingt  sind. 

Li  Übereinstimnuing  damit  ist  die  Tatsache,  daß  die  Lendenanschwel- 
lung bei  denjenigen  Tieren  fehlt,  welche  der  hintern  Extremitäten  erman- 
geln, wie  Halicore  dugong  (Dexlek). 

Nach  GuLDBERG  ")  soll  dies  auch  l)eiui  Bartenwal  der  Fall  sein. 
Andererseits  kann  ich  die  .Vngaben  von  C'ünningh.\m  und  Hatschek  be- 
stätigen, daß  wir  bei  Phocaena  und  beim  Delphin  eine  schwache  Intu- 
mescentia  lumbo-sacralis  mit  entsprechender  Vermehrung  der  grauen  Sub- 


Fig.  93.     VertcbralkanLiI   mit  Rurkeniiiark  und  i;roßer 
Vene  bei  Choloepiis;  ii.  he  Buhlet. 


')  Man  hat  gemeint,  daß  die  eigentüraliclie  hängende  Haltung  dieser  Tiere  zu  der 
Entwicklung  jenei-  Vene  Anlaß  gegeben  hat,  welche  Aulfassung  nicht  mehr  zutrifft,  seit- 
dem wir  wissen  (dk  Buhlet),  daß  sie  auch  bei  Zetazeen  vorkommt  (beim   Bartenwal). 

*)  Nach  GuLDBERG  kommt  die  Lumbalanschwelhmg  wohl  bei  den  Embryonen  der 
Bartenwale  vor  —  entsprechend  der  Abstammung  von  Vierlußern  —  soll  aber  beim  aus- 
gewachsenen Tier  ausgeglichen  sein. 


186  DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 

stanz  finden.  Offenbar  hängt  die  Anwesenheit  dieser  Anschwellung  bei  den 
letztgenannten  Tieren  mit  der  bedeutenden  Funktion  ihres  Schwanzes  zu- 
sarnmen.  Bekanntlich  sind  diese  Tiere  viel  lieweglicher  als  die  Sirenen 
(Manatus  und  Halicore)  und  auch  beweglicher  als  der  Bartenwal.  Ihr  volks- 
tümlicher Name  „Tümmler"  weist  schon  darauf  hin.  Sie  verdanken  diese 
große  Beweglichkeit  namentlich  dem  Schwänze. 

Bei  allen  übrigen  Ordnungen  kommen  beide  Anschwellungen  regelmäßig 
vor.  Wenn  die  vom  Lumbalplexus  innervierten  Teile  besonders  groß  sind, 
wie  beim  Känguruli,  mit  seinen  .gering  entwickelten  vordem  Extremitäten 
und  starken  Ausbildung  der  hintern  Extremitäten  und  des  Schwanzes, 
dann  übertrifft  die  Lumbalansch wellung  die  zervikale  Intumeszenz  an 
Umfang  (Poppkr). 

Meistens  ist  aber  die  Zervikalanschwellung  dicker  als  die  Lendenan- 
schwellung. 

Ganz  autfallend  ist  dies  bei  den  Chiropteren,  wo  die  vorderen  Extre- 
mitäten (Flügel)  eine  die  Größe  des  Körpers  bedeutend  übertreffende 
Oberfläche  haben  und  die  hinteren  Extremitäten  sehr  klein  sind. 

Aber  auch  l)ei  anderen  Tieren,  sogar  beim  Menschen,  ist  die  Zervikal- 
anschwellung diu  größere.  Dies  hängt  damit  zusammen,  daß  die  aufstei- 
genden Bahnen  des  Rückenmarkes  oralwärts  durch  Akkumulation  umfang- 
reicher werden  und  die  absteigenden  Bahnen  ebenfalls  oral  mächtiger  sind 
und  kaudal  sich  auflösen. 

Der  mehrere  Umfang  der  Halsanachwellung  gegenüber  der  Lendenan- 
schwellung bei  den  Primaten  ist  somit  besonders  der  weißen  Substanz 
zuzuschreiben    (vergl.    Fig.    94:   LV  und  C  VII  und  95:   LV  und  C  VII). 

Die  Fissura  mediana  anterior  schneidet  bei  den  Säugern,  infolge  der 
vermehrten  Entwicklung  der  weißen  Vorderstränge,  tiefer  ein  als  bei 
den  meisten  Nichtsäugern.  Der  Sulcus  dorso-lateralis,  welcher  der  Ein- 
trittslinie der  Hinterwurzeln  entspricht,  ist  ebenfalls  deutlicher  als  bei 
niedern  Tieren  i),  was  dem  Umstände  zu  verdanken  ist,  daß  die  dem 
Kopf  des  Hinterhornes  angrenzenden  weißen  Stränge  hier  ebenfalls  mehr 
entwickelt  sind. 

Im  allgemeinen  ist  das  Verhältnis  der  weißen  zur  grauen  Substanz 
bei  den  Säugern  zu  Gunsten  der  weißen  Substanz  gestiegen. 

Zahlreich  sind  die  Messungen,  welche  das  Verhältnis  der  gesamten 
weißen  Substanz  —  oder  Abschnitte  davon  —  zur  grauen  Substanz, 
als  Ziel  hatten.  Ich  muß  hierbei  aber  bemerken,  daß  bei  solchen  Messun- 
gen an  erster  Stelle  die  Größe  des  Tieres  den  Durchschlag  gibt,  da  —  wie 
von  HovY  für  das  Rückenmark  bewiesen  wurde  —  bei  größern  Tieren 
derselben  Ordnung  die  weiße  Substanz  sehr  viel  melir  zunimmt  als  die 
graue  ^),  was  mit  der  von  E.  de  ^^RrES  gefundenen  Formel  zusammenhängt, 

')  Diese  Furche  fehlt  sogar  bei  vielen  niederen  Tieren. 

'')    Es    ist   selbstverständlich,    daß    diese    Tatsache    auch    bei    Messungen  in  Betracht 
gezogen    werden    muß,    welclie   das   Verhältnis   einzelner  Abschnitte  der  weißen  Substanz 


DAS    Kiu'KEN^rARK    DER    SÄUGER.  187 

(laß  die  weiße  Substanz  bei  größein  Tieren  im  Querschnittsbilde  in  der 
dritten  Potenz  zuninunt,  wenn  die  graue  sich  mit  einer  Quadratzifier  ver- 
mehrt (siehe  auch  Kap.  X). 

Das  numerische  Verhalten  der  Wurzelfasern  ist  bei  den  Säugern  (wie 
auch  bei  den  meisten  niedern  Tieren)  gewöhnlich  zugunsten  der  sensiblen 
Wurzelfasern,  obschon  diese  Differenz  infolge  der  gr(")ßern  Dicke  der  moto- 
rischen Wurzelfasern  in  dem   Umfang  meistens  nicht  sichtbar  ist. 

Indessen  gibt  es  Ausnahmen.  So  sind  bei  Zetazeen  die  Vorderwui'zeln 
umfangreicher  als  die  Hinterwurzeln,  was  von  Cunninisham  und  Hatschek 
mit  Recht  der  geringen  Entwicklung  der  Hautsensibilität  dieser  Tiere 
zugeschrieben  wurde,  da  das  Haarkleid  —  sonst  ein  reichlich  mit  sensiblen 
Endigungen  versehener  Organismus  —  ihnen  fehlt. 

Der  l^nterschied  zugunsten  der  Vorderwurzeln  ist  dort  so  groß,  daß 
in  der  Cauda  equina  die  sensiblen  Wurzeln  etwa  nur  die  Hälfte  der  Dicke 
der  motorischen  aufweisen  (Cunninghäm)  i). 

In  den  Vorderwurzeln  kann  man  zweierlei  Fasern  unterscheiden,  grobe 
und  dünne. 

Die  groben  Fasern,  welche  vor  ihrem  Austritt  ein  Kollateral  abgeben 
können,  welches  in  die  graue  Substanz  zurückzieht,  bilden  die  somatomo- 
torische  Wurzel. 

Die  Wurzelzellen  dieser  Fasern  liegen  nur  im  Vorderhorn  -)  derselben 
Seite  und  zeigen  bei  den  meisten  Säugern  eine  viel  deutlichere  C4ruppierung 
als  bei  niedern  Tieren. 

Man  beobachtet  in  den  Anschwellungen  eine  erhebliche  Zunahme  der 
seitlichen  Zellgruppen,  welclie  den  Extremitäten  entsprechen.  Dies  ist 
namentlich  auffallend  im  Zervikalmark  beim  Menschen  (Fig.  95),  wo  die 
Fingerzentren,  sogar  im  Vergleich  zu  den  anthropoiden  Atfen  (Fig.  94), 
sehr  stark  entwickelt  sind. 

Durch  Verfolgung  der  motorischen  Nerven  von  den  Muskeln  bis  zu 
ihrem  Eintritte  in  das  Rückenmark  (wie  dies  von  Bolk  getan  wurde)  ist 
die  radikuläre  Anordnung  der  einzelnen  Muskeln  in  der  Längsachse  des 
Rückenmarkes  bestimmt,  unter  der  Annahme  (die  wohl  berechtigt  scheint, 
obwohl  sie  nicht  überall  bewiesen  ist),  daß  innerhalb  des  Rückenmarkes  keine 
so  erhebliche  sekundäre  Verlagerung  der  Kerne  in  der  Längsrichtung  statt- 
findet, daß  dabei  eine  sekundäre  Wanderung  von  einem  Segmente  in  das 
andere  erfolgt. 


zur  grauen  Substanz  zum  Ziele  halien,  namentlich  bei  ()er  Betrachtung  der  Hinterstränge, 
weiche  j;i  mit  der  Vermehrung  der  empfuidlichen  Masse  und  Oberiläche  des  Korpers  zu- 
nehmen. Ich  werde  darauf  bei  der  Behandlung  dieser  Systeme  zuriicUUommen. 

')  Ähnliches  fand  ich  auch  in  der  Gauda  equina  von  Lophius,  wie  aus  Kig  68  hervorgeht. 

^)  Abspaltungen  des  Vorderhornes  (als  GASKELL'sche  Kerne)  sind  bei  Säugern  nur 
von  DRäsECKE  bei  Chiropteren  im  Lumbal-  und  Thorakalraark  beobachtet.  Ihre  Identität 
ist  jedoch  noch  nicht  sichei-. 


188 


DAS  RÜCKEXMARK  DER  SÄUGER. 


CVII 


Fig    94     Querschnitte   durch   das  2to,  7te  und  8te  Zervikalsegment  und  durch 

das  fünte  Lumbaisegment  des  Orang  Utan.  Material  von  Dr.  Eliiers. 

Man  beachte  die  geringe  Entwicklung  des  (lateralen)  Fingerzentruins  ,n  t  7 

und  C  8  im  Vergleich  zum  Menschen  (Fig.  95). 


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190 


DAS  RUCKENMARK  DER  SAUGER. 


Radikuläre  Topographie  der  menschlichen  Rückenmarks-Musl<ulatur;  nach  Bolk. 


Kectus  capitis  anticus  et  late- 

ralis   

Cl. 
Cl. 

Kectus  cap.  pobt.  minor    .... 

Rectus  cap.  post.  maior    .... 

C2. 

Obliquus  capitis  sup     

Cl. 

Obliquus  capitis  inf.     

C2. 

Longus  colli 

Cl.  2. 
0  3.  4. 

3   4  5 

Scalenus  anticus 

5. 

Scalenus  medius 

C2.  3. 
C5.  6. 

4   5   6    7.  8. 

Scalenus  posticus 

7.  8. 

Thyreo-hyoideus 

01.  2. 

Sterno-hyoideus    

Ol.  2. 

3. 

Omo-hyoideus 

Cl.  2. 

3. 

Sterno-tiiyreoideus 

Ol.  2. 

3. 

Trapezius  '.i 

0  2.  3 

Sterno-cleido-mastoideus  ')    .  . 

0  2.  3. 

Accessorius ') 

Levator  scapulae 

0  3.  4. 

Rhomboides 

C5.  6. 

Serratus  anticus 

C5.  6. 

7. 

Supraspinatus 

C  4.  5. 

Infraspinatus    

C5.  6. 

Teres  minor  .... 

0  5.  6. 
0  6.  7. 

Teres  maior 

0  6.  7. 
0  5.  6. 

8 

Subscapularis 

Subclavius 

C5. 
C  5.  6. 
C7.  8. 

7  8 

Pectoralis  minor  ......... 

C5.  6. 

C6.  7. 

Coraco-brachialis 

Biceps  brachii 

0  5.  6. 

0  5.  6. 

0  6.  7. 

Anconaeus  longus 

8. 

Anconaeus  internus 

C7.  8. 

Anconaeus  externus 

0  6.  7. 

Anconaeus  quartus 

C7.  8. 

Pronator  teres    . 

0  6. 

06.  7. 

Pronator  quadratus 

8.  Th.l. 

Flpxor  carpi  radialis     

0  6.  7. 

Palmaris  longus 

C7.  8. 

Th.l. 

Flexor  carpi  ulnaris  ...... 

C8.  Th.l. 

Flexor  pollicis  longus 

C6.  7. 

Flexor  digitorum  sublimus    .  . 

0  7.  8. 

Th.l. 

Flexor  digitorum  profundus  .  . 

0  7.  8. 

Th.1. 

Palmaris  brevis    

0  8. 
06.  7. 

Abductor  pollicis  brevis    .... 

Opponens  pollicis    

06.  7. 

Flexor  pollicis  brevis 

C6.  7. 

Adductor  pollicis 

0  7.  8. 

Th.l. 

Flexor  brevis  dig.  V  et  Oppo- 

nens dig.  V 

C8. 

Adductor  ditr.  V    .  .     .' 

C8.  Th.l. 

Lumbricales 

C  7.  8. 

Th.  1 . 

Interossei    

C8   Th.l. 

Brachio-radialis     

05.  6. 
0  6.  7. 

Ext.  carpi  rad.  longus 

Ext.  carpi  rad.  brevis 

0  6.  7. 

Supinator    

C5.  6. 

7. 

Abductor  pollicis  longus  .... 

0  6.  7. 

Extenso)   pollicis  longus   ... 

C  7.  8. 

Extensor  dig.  comm 

G7.  8. 

Extensor  pollicis  brevis 

CR.  7. 

Extensor  indicis  proprius    .  .  . 

C  7.  8. 

Extensor    dig.   V   et  ext.  carpi 

ulnaris 

0  7.  8. 

Serratus  posticus  sup 

Th.l. 

2.  3.  4.  5. 

Serratus  posticus  inf.  . 

Intercostales  

Diaphragma 

Transversus  thoracis.  . 

tjuadratus  lumborum  .  . 

Obliquus  abdominis  exl. 

Obliquus  abdominis  int. 

Transversus  abdominis 

Rectus  abdominis   .  .  . 

Pyramidalis  .      

Cremasler 

Psoas 

lliacii: 

Glutaeus  maximu^ 

(Uutaous  medius 

Glutaeus  minimus 

Tensor  fasciae  latae 

Piriformis 

Obturator  interraus  +  Gemel- 
lus  sup. 

t^iuadratus  femoris  +  Gemel- 
lus  inf.     . 

Sartorius 

Vastus  externus  

Vastus  medius 

Vastus  internus 

Rectus  femoris 

Pectineus 

Adductor  longus 

.4dductor  brevis 

Adductor  magnus 

Obturator  externus 

Gracilis 

Semimembranosiis  .   ,      

Semitendinosus 

Biceps  fem.  caput  lungum  .  .  . 

Biceps  fem.  caput  breve  .... 

(iastrocnemius 

Soleus ,   .  , 

Plantaris 

Flexor  digit.  long 

Flexor  hallucis  long 

Tibialis  posticus 

Popliteus 

Tibialis  anticus 

Extensor  hallucis  long 

Exsensor  digit.  long 

Peronaeus  longus 

Peronaeus  brevis        

Extensor  digit.  brevis  +  exten- 
sor hallucis  brevis 

Abductor  hallucis 

Flexor  hallucis  brevis.  .     .      . 

Adductor  hallucis 

Flexor  digit.  brevis 

Flexor  brevis  dig.  V 

Opponens  dig.  V 

."abductor  dig.  V 

Interossei 

Lumbricales  1  und   II 

Lumbricales  III  und  IV    .... 

Levator  ani    

Sphincter  ani 

1  liilbo-cavernosus  sive  ( 'onstric- 
tor  cunni 

Ischio-cavernosus 


Th.9.  10.  11.  12. 

Th.l.  bis  11. 

0  4.  5. 

Th.  3.  4.  5.  9. 

L  1.  2. 

Th.7.  8.9.10.11.12.  L.l 

Th.8.  9.  10.  11.  12.  L  1 

Th.8.  9. 10.11.12  L.l 

Th.6.  7.8.9.10.11.12 

Th.12. 

LI. 

L2.  3. 

L3.  4. 

L  5.  S  1.  2. 

L4.  5.  Sl. 

L4.  5.  Sl. 

L  4.  5. 

Sl.  2 

L  4.  5.  S 1.  2. 

L4.  5.  Sl. 

L2.  3. 

L3.  4. 

L3.  4. 

L2.  3. 

L3,  4. 

L2.  3. 

L2.  3. 

L2.  3. 

L3.  4. 

L3.  4. 

L3.  4. 

L4.  5. 

Li.  5.  Sl. 

Sl.  2.  3. 

L5.  Sl. 

Sl.  2. 

L5.  Sl.  2. 

L4.  5.  Sl. 

LT).  Sl. 

L5.  Sl.  2. 

L5.  Sl. 

L4.  5.  Sl. 

L4.  5.  Sl. 

L4.  5.  Sl. 

L4.  5.  Sl. 

L5.  Sl. 

L5.  Sl. 

L4.  .5.  Sl. 

L5.  Sl. 

L5.  Sl.  2. 

Sl.  2. 

L5.  Sl. 

Sl.  2. 

S  1.  2. 

Sl.  2. 
!   L5.  S1. 
'  Sl.  2. 

I  S  4.  5. 
S  4.  5. 


S3.  4. 
S3.  4. 


')  Der  M.  trapezius  und  der  Sterno-cleido-mastoideus  werden  in  erster  Stelle  vom  Accessorius,  einem 
ursprünglichen  Branchialnerven  innerviert  (vergl.  Kap.  V).  Dessen  Kern  dehnt  sich  (beim  Menschen) 
vom  1.   l)is   zum  5ten  oder  6ten  Zorv.-Segment  aus.  Nur  aus  C  2.  3.  fügen  daran  Vorderwurzelästclien  zu. 


DAS    Rur'KKNMAKK     I)K1{    SA  HG  KR. 


191 


Die  longitndinale  Lokiilisation,  die  sich  (laV)ei  ergibt,  ist  in  der  neben- 
stehenden Tabelle  wiedergegeben,  aus  der  aucli  hervorgebt,  daß  nur  ganz 
wenige      Muskeln      des 


'%, 


Fig.  96.     Hypertrophie  der  ventrinnedialen  (Schwanz-) 

Kerngr-uppe  in  rtem  elften  Lumho-sakralsegment  von 

Phocaena    communis:    n.    HEPriURN    und    Waterston, 


menschlichen       Körpers 
monosegmentär  sind. 

Außerdem  scheint 
eine  erhebliche  Über- 
deckung motorischer  In- 
ner vationsareale  vorzu- 
kommen, indem  sogar 
die  einzelnen  Muskell)ün- 
del  vieler  Muskeln  eine 
plurisegmentale  Innerva- 
tion aufweisen,  was  na- 
mentlich bei  solchen 
Muskeln  der  Fall  ist, 
an  die  große  Ansprüche 
gestellt  werden,  z.  B. 
die  Zehenbeuger  der 
Karnivoren  (Agduhr). 
Die  Art  und  Weise,  wie 
die   Muskelgruppen  sich 

auf  dem    Querniveau    der   grauen    Substanz  anordnen,  ist  eine  solche,  daß 

der  das  ganze  Rücken- 
mark in  wechselnder 
Größe  1)  durchzie- 
hende Kern  der  dor- 
salen Stammesmus- 
kulatur, gerade  wie 
bei  den  Vögeln,  die 
ventromediale  Grup- 
pe der  motorischen 
Wurzelzellen  bildet. 
Bei  Phocaena  er- 
reicht diese  Gruppe 
in  der  Schwanzregion 
des  Markes  eine  au- 
ßerordentliche Größe 
(Hepburn  und  Wa- 
TKRSTON,   Fig.   96). 


Fig.  97.     Querschnitt  des   Rückenmarkes  in  der  Halsanschwel- 
lung eines  Mannes,  dem  der  (dem  rechten  Abschnitt  der 
Zeichnung)  entsprechende  Arm  fehlte:  n.  Eldkrs. 


')  Er  ist  beim  Menschen  im  letzten  Zervikal-  und  Lumbaisegment  und  im  ersten 
Sakralsegment  sehr  klein,  entsprechend  der  geringen  Entwicklung  des  dorsalen  motori- 
schen Astes  in  diesen  Segmenten. 


192 


DAS    linCKIONMAHK    IiICK 


;AII(iKR. 


Die  Bedeutung  der  ventromedialen  Gruppe  (Fig.  97,  rechts)  für  die 
Stammesmuskulatur,  wird  auch  dadurch  erwiesen,  daß  sie  bei  allen  Am- 
putationen welche  nicht  diese  Muskulatur  berühren,  intakt  bleibt  (Fig.  97, 
rechts). 

Die  Muskeln  des  Scliulter-  und  Beckengürtels  und  der  Extremitäten 
sind,  wie  bereits  unterhalb  der  Säuger  der  Fall  ist,  mehr  lateral  im  Vor- 
derhorn  lokalisiert,  wie  auch  aus  der  hier  beigegebenen  Figur  97  des  Zer- 
vikalmarkes  in  einem  Fall  von  Amputation  des  Armes  liervorgeht. 

Die  feinere  Lokalisation  der  Extremitätenmuskeln  ist  so,  daß  die 
distalsten  Muskeln,  diejenigen  der  Hände  und  Füße,  die  dorsalste  Stelle 
in  dem  lateralen  Abschnitt  des  \'orderhornes  einnehmen  (Fig.    9.S). 


Postposterolat. 
Kern  (iun.Fuszm.) 


Po.stero-lat.K. 
aiiss.  Fuszm. 

,  W.idenm. 
■^     Lat.  Kern 


Zentr.  K. 
Oberschenkel. 
"M. 


Gesäsz  u.  Htttt  m. 
Ventro-Iat.  K. 

Fig.  98.     Querschnitt  des  menschlichen 

Rückenmarkes  auf  der  Grenze  des  ersten  und 

zweiten  Sakralsegmente.-j;  n.  Bruce. 

Vergl.  hierzu  die  Tabelle  von  Bolk. 


Diese  Muskeln  sind  Derivate  des  ventralsten  Teiles  des  periviszeralen 
Myotoinabschnittes  (stelopodialer  Abschnitt  Bolk's),  welcher  Abschnitt 
also  im  Rückenraarke  dorsal  von  den  übrigen  Mj'otomabschnitten  loka- 
lisiert ist 

So  liegt  der  Kern  des  Pectoralis  major  (ein  ventrales  Myotomderivat) 
dorso-lateral  von  dem  Kern  des  Latissimus  dorsi  und  der  Kern  der 
Arm-  und  Finger-Muskulatur  wieder  dorsolateral  von  dem  erstgenannten 
(siehe  Fig.  118). 

Denselben  Regeln  entspricht  die  Lokalisation  der  Muskeln  im  Sakral- 
mark. (Fig.  98),  wo  die  Fußmuskeln  am  meisten  dorsal  liegen. 

Die  Gründe  dieser  Anordnung  der  Kernein  den  Vorderhörnern,  welche 


DAS    RÜCKENMAKIC    DER    SÄUGER.  l93 

namentlit.li  durch  die  Untersuchungen  von  Sano,  Waldeyer,  Bruce, 
Kaisek,  OxN'UERowicz  u.  A.  ermittelt  wurde  und  die  ungefähr  genau  umge- 
kehrt ist  wie  diejenige  der  entsprechenden  Myotomabschnitte  (indem  der 
dorsale  (perichordale)  Mj'otomabschnitt  ventro-medial  von  den  Derivaten 
des  ventralen  oder  stelopodialen  Myotom-Abschnittes  lokalisiert  ist),  sind 
bis  jetzt  nicht  bekannt. 

Zwecks  Erklärung  dieser  Verhältnisse  muß  man  zAinäehst  fragen,  ob  es  sich 
hierbei  um  primäre  topograpliische  Untersohiede  (welche  in  der  Anlage  bedingt 
sind)  handelt,  oder  ob  wir  hier  mit  sekundären  Anordnungen  durch  neurobiotaktische 
oder  andere  Einflüsse  zu  tun  haben,  die  für  die  distalsten  Extremitätenmuskeln 
eine  dorsalere  Lage  hervorrufen  als  für  die  mehr  proximalen,  und  die  Rumpfmus- 
kelkerne in  ventro-mediale   Lage  zwingen. 

Angesichts  der  neurobiotaktischen  Zell  Verlagerungen,  wie  wir  ihnen  be 
der  Behandlung  der  motorischen  Oblongatakerne  begegnen  werden  (siehe 
Kap.  V),  kann  es  kaum  bezweifelt  werden,  daß  die  Reize  auch  im  Rücken- 
mark nicht  ohne  Einfluß  auf  die  Lage  der  Zellgruppen  sein  können.  So 
dürfte  die  Lage  der  Rumpf-  und  Schwanzmuskeln,  welche  zu  der  Statik 
des  Körpers  in  engster  Beziehung  stehen,  mit  der  großen  Bedeutung 
des  zentralen  Längsbündels  als  Koordinationsareal  statischer  und  equili- 
bratorischer  Reize  im  Zusammenhang  stehen,  während  die  dorso-laterale 
Lage  der  Hand-  und  Fuß-Zentren  vielleicht  erklärt  werden  kann  in  Ver- 
bindung mit  der  Tatsache,  daß  das  an  sie  angrenzende  Gebiet  auch  die 
Seitenstrangpj'ramide  und  Tr.  rubro-spinalis  führt  und  sich  auch  dadurch 
als  ein  Zentrum  höher  organisierter  Bewegungen  kundgibt. 

Daß  es  nicht  die  Pyramide  selber  ist,  welche  diese  Lage  bedingt,  ist  dadurch 
ziemlich  sicher,  daß  eine  ähnliche  Lage  der  entsprechenden  Zellen  bereits  bei  den 
Vögeln  vorkommt.  Es  ist  aber  nicht  ausgeschlossen,  daß  sowohl  die  Beziehung  der 
Pyramiden  zu  dieser  Gegend,  a's  auch  die  Lage  der  Zellen  in  diesem  Areal  von 
einem  gleichen  Tertium  abhängig  sind,  welches  bei  der  Regulierung  feiner  Bewe- 
gungen eine  Rolle  spielt.  Für  die  Beurteilung  davon  wäre  es  notwendig,  das 
genaue  topographische  ^''erhalten  der  Sensibilität  der  entsprechenden  Teile  im 
Eückenmarke  zu  kennen,  doch  sind  wir  soweit  noch  nicht.  Vorläufig  werden  wir  uns  denn 
auch  mit  der  Feststellung    des  erwähnten  Tatsachenmateriales   zu   begnügen  haben. 

Dw  dünnen  Fasern  der  Vorderwurzeln  gehören  wahrscheinlich  dem  sym- 
pathischen Nervensystem  an,  welches  hier  im  Gegensatz  zu  den  niedrigsten 
Wirbeltieren  seine  zentralen  ^'erbindungen  nur  mittels  der  Vorderwurzeln 
empfängt  i)  (Gabri,  Sherrington,  v.  Gehuchten). 


')  MoRAT  fand  nach  Durchscbneidung  der  Hinterwurzeln,  zwischen  Spinalganglien 
und  Rückenmark,  doch  tropliisclie  Störungen.  Möglicherweise  hängt  dies  mit  sensiblen 
Störungen  zusammen,  denn  allgemein  nimmt  man  an,  daß  die  in  den  sensiblen  Haut- 
nerven verläufenden  sympathischen  (z.  B.  i)ilo-motorischen)  Fasern  diesen  Nerven  aus  den 
Grenzstrang-Ganglien  zugefiigt  werden,  also  postganglionär  sind.  Nach  Lugaro,  gibt  es 
bei  den  Säugern  allerdings  noch  vereinzelte  elfektorische  Sympathicusfasern  in  den  dor- 
salen Wurzeln. 

Kai'pf.us.  13 


194 


DAS    RUCKEXMARK    DER    SÄUGER. 


Iiitcriri. 
lat.  K. 


Fig.  99.   Schnitt  durcli  das  Vierte 
Thorakalsegment  von   Simia  Satyrus. 


Die  Ursprungszellen  dieser  Fasern,  welche  —  was  indessen  nicht 
genügend  bewiesen  ist  —  teilweise  auf  der  entgegengesetzten  Seite  des 
Rückenmarkes  liegen  (Bechterkw)  sollen,  finden  sich  nach  Onuf  (Onu- 
FRowicz)  und  CoLLiNS  hauptsächlich  in  der  intermedio-lateralen  Zone.  Iin 
Thorakalmark  sind  diese  Zellgruppen  besonders  deutlich.  Beim  Menschen 
(Fig.  108)  und  namentlich  bei  den  Affen  (Fig.  99)  findet  man  dort  eine 
sich  durch  das  ganze  Dorsalmark  erstreckende  Vorwölbung  zwischen  '\'or- 
der-  und  Hinterhorn:  den  intermedio-lateralen  Kern. 

Im    untern   Lumbalraark    und    obern    Sakralmark    (Fig.  98)   ist  dieser 

intermediü-laterale  Kern  kaum  entwickelt, 
während  er  auch  im  obern  Halsmark 
nicht  so  hervorsteht. 

Im  untern  Sakralmark  ist  er  wie- 
der deutlicher. 

Da  ich  den  histologischen  Bau  der 
peripheren  sympathischen  Ganglien  be- 
reits in  dem  ersten  Kapitel  behandelte, 
will  ich  mich  hier  beschränken  auf 
einige  kurze  Angaben  über  deren 
anatomische  und  topographische  Be- 
ziehungen, wovon,  nach  den  ausführ- 
lichen Untersuchungen  von  Langley, 
Müller  u.  a.,  in  letzter  Zeit  nament- 
lich Van  den  Broek  eine  sehr  wertvolle  Darstellung  gegeben  hat 
(Fig.  100). 

Die  pmcf/afifflionären  Fasern  der  drei  obersten  Halssegmente  strömen  dem 
Ganglion  cervkale  superior  (g.  c.  s.)  zu.  In  diesem  Ganglion  entstehen  die  post- 
ganglionären Pasem  für  den  M.  tarsalis  superior,  M.  orbitalis  und  den  Dilatator 
pupillae,  weiter  für  die  Haare  und  Hautgefäße  des  Kopfes  und  des  Halses,  viel- 
leicht auch  spärliche  Fasern   für  die  Gland.  submasillaris  und  subungualis. 

Die  praegangliuuären  Fasern  des  untern  Halsmarkes  und  des  Thorakal-  und 
Lumbaimarkes  begeben  sich  als  Rami  communicantes  albi  in  dem  Grenzstrang.  Teils 
enden  sie  dort  in  den  Ganglien  des  Grenzstranges,  der  in  dem  Gangl.  cervicah 
inferitts  oder  Ganglion  stellaiiim  (g.  st.  Fig.  100)  ein  besondere  Anschwellung  besitzt, 
woraus  u.  m.  der  A'.  accelerans  cordis  zum  Vorschein  kommt.  Diese  Anschwellung 
steht  in  Verbindung  mit  dem  Ganglion  eervieale  superius  mittels  eines  Stranges, 
der  sich  als  Ansa  Vieusscnii  (a.  V.)  um  die  Arteria  subclavia  (subcl.)  zieht  und  eine 
kleine  Anschwellung  besitzt  {Ganglion  eervieale  medius:  g.  c.  m.). 

Teils  durchziehen  die  Eami  communicantes  den  Greuzstrang  bloß,  um  in  mehr 
peripher  liegenden  Ganglien  der  Eingeweide  (Fig.   100,   PI.  abd.)  zu  enden. 

Für  die  erstgenannten  Fasern  fangen  die  sekundären  peripheren  Neuronen, 
die  postganglionären  Neuronen  in  den  Grenzstrangganglien  an.  Diese  ziehen  meistens 
als  Eami  communicantes  grisei  in  die  Dorsahvurzelfasern  nach  der  Haut,  wo  Haare, 
Hautdrüsen  (Schweissdrüsen)  und  Blutgefäße  von  ihnen  innerviert  werden  und  zwar 
in  segmentaler  "Weise  (Langlet,  t.  Rusberk).  Nach  de  Boer  findet  auch  eine 
tonische  Innervation  der  quergestreiften  Körperuiuskeln  (BoEKE'sche  Eiidplatte) 
in  den  thorakalen  Grenzstrangganglien  ihren  Ursprung  (akzes.sorische  Fasernj. 


DAS  RUCKENMAKK  DER  SÄUGER. 


195 


Die  Abteilung  des  autonomen  Systems 
und  u.  m.  die  Haare, 
Gefäße  und  Drüsen  der 
Körperiiaut  innerviert, 
wird  auch  als  sympathi- 
sches Systems  S.  str.  be- 
zeichnet. Es  zeichnet  sich 
dadurch  aus,  daß  seine 
postgang;lion;iren  Fasern 
die  ganze  Oberfläche  des 
Rumpfes  und  der  Extre- 
mitäten erreichen.  Der 
übrige  Abschnitt  des 
autonomen  Systemes, der- 
jenige des  Zervikal-  und 
des  Lumbo-sakralmarkes 
versieht  nur  bestimmte 
Abschnitte  des  Körpers 
und  wird  als  parasj/m- 
pathisches  Si/ntem  be- 
zeichnet   (Lanoley). 

Auch  in  ihrem  Ver- 
halten zu  Toxinen  zeigen 
diese  beide  Abschnitte 
eine  gewisse  Unabhän- 
gigkeit von  einander. 

In  dem  unteren  Ab- 
schnitt des  Grenzstran- 
ges, teilweise  auch  in 
mehr  peripheren,  sog. 
praevertebralen  Ganglien 
der  Bauchhöhle  entstehen 
die  postganglionären  Fa- 
sern des  Plexus  abdo- 
minalis der  verschiede- 
ne Organen  der  Bauch- 
höhle (Leber,  Milz,  Darm, 
Genit.  interna),  inner- 
viert und  auch  teil- 
weise mit  dem  Meiss- 
NER'schen  und  Auer- 
BACH'schen  Plexus  in 
Verbindung  tritt. 

Die  praeganglionä- 
reu  Fasern  des  Sakral- 
markes (das  I^t"  Sakral- 
segment gibt  nur  ganz 
wenige  ab)  begeben  sieh 
zu  einem  aparten  Plexus, 
dem  Plexus  hypogastri- 
cus.  (PI.  hypog.).  Dort 
finden       postganglionäre 


welclie  dem  Thorakalmark  entstammt 


m  sphincl.  iridis 
m.cilioris 


_^Gl  lacrymali! 
Vphp/''''^  Gl   mucosae  naris  et  paUnt 

"^ Q,\  subma«  et  subling. 


Cl  p^T-olis 

IT)    tnr?    Sup  •  orb 

m  dilsl   pup 


Fig.  100.  Schema  der 

npathischenlnnerva- 

n.    Der   spinale   Ab- 

hnitt     n.     van     den 

ROEK,    der    übrige   n. 

NGLEY   und  Yagita. 


Leber 
ntes-     Milz. 
Darm. 
Gen.  int. 


196  DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 

Pasern  zu  den  äußern  Genitalien,   der  Harnblase  und  dem  Eectum  ihren  Ursprimg. 
Das   sympathische    System    der    Eingeweide   wii'd,    demjenigen    der    Haut  und 
der  Gefäße  gegenüber,  auch  wohl  als  vegetatives  System  bezeichnet. 

Die  sensiblen  Fasern  des  Sympathicus  sind  viel  weniger  zalilreich  als  die 
eferenten  praeganglionären  Fasern  und  treten  durch  die  Spinalganglien 
in  das  Rückenmark  mit  den  somatosensiblen  Fasern  vereint. 

Nach  DoGiEL  sollen  in  den  Spinalganglien  auch  Neuriten  von  sensiblen 
Sympathicuszellen  enden,  und  müssen  wir  annehmen,  daß  ein  Teil  der 
in  dem  Spinalganglion  eintretenden  Syrapatlncusfaseru  nicht  das  Rücken- 
mark erreicht,  aber  um  somatische  Wurzelzellen  aufsplittert  und  in  dieser 
Weise  Korrelationen  des  .sympathischen  Nervensystems  mit  Hautarealen 
(Head)  zustande  bringt,  was  indessen  meistens  stattfinden  möchte  durch 
Kollateralen  von  sensiblen  Sympathicus-fasern,  deren  Hauptaxon  in  das 
Rückenmark  zieht. 

Es  liegen  in  dem  Spinalganglion  der  Säuger  verschieden  gebaute  Zellen 
vor,  wobei  der  Bau  der  eigentlichen  sensiblen  Spinalganglien  sich  nicht 
wesentlich  unterscheidet  von  demjenigen  bei  den  Vögeln,  sodaß  ich  nicht 
in  eine  nähere  Beschreibung  denselben  treten  werde.  (Man  vergleiche  hierzu 
namentlich  die  Arbeiten  van  Dogiel  und  Levi). 

Eigentümlich  ist,  daß  die  Spiualganglien  der  Lumbosakralregion  nicht  selten 
eine  Zweispaltung  aufweisen  (Nicholls  und  Stheeter). 

Die  Haulareale,  welche  von  den  peripheren  Ausläufern  der  Hinterwur- 
zeln innerviert  werden,  sind  auch  bei  den  Säugern  auf  verschiedenen 
Wegen  untersucht.  Erstens  durch  anatomisches  Präparieren,  wie  es  beim 
Menschen  von  Bolk  geschah,  der  jede  sensible  Wurzel  bis  in  ihre  Haut- 
verästelungen entfaserte. 

Die  Hautareale  aller  Spinalnerven,  mit  Ausnahme  des  l**'"''  Zervikal- 
nerven, der  keine  sensible  Wurzel  führt  i),  sind  in  dieser  Weise  bestimmt. 

Aus  Fig  101  A  geht  hervor,  daß  die  Segmente  in  Bezug  auf  die  Processi 
"  spinosi  der  Wirbel,  zwischen  welchen  ihr  Wurzelaustritt  stattfindet,  sich 
ventral wärts  verlagern. 

Liegen  also  bereits  die  Wirbel  ventraler  als  die  entspreclienden  Rücken- 
marks-Segmente (sielie  Fig.  92),  so  liegen  die  Hautsegmente  wieder  ventraler 
als  die  Wirbel. 

Weiter  hat  sich  ergeben,  daß  im  allgemeinen  (mit  Atisnahme  des 
2tca  Zervikalnerven)  das  von  den  Rami  dorsales  der  Hinterwurzeln  inner- 
vierte Gebiet  viel  kleiner  ist  als  dasjenige  der  Rami  ventrales. 

Das  gesamte  dorsale  Feld  ist  infolgedes.?en  nur  klein.  Außerdem 
nehmen  nicht  alle  Wurzeln  daran  Teil.  So  fehlen  auf  dem  Rücken  darin 
die  Rami  dorsales  der  beiden  untersten  Zervikal-  und  Lumbalnerven. 


•)  Daß  der  erste  Zervikalnerv  keine  sensible  Wurzel  führt,  ist  eine  analoge  (nicht 
homologe)  Reduktion  als  die,  welche  wir  bei  den  Fischen  in  dem  oberen  Rückenmark 
fanden  (vergl.  hierzu  Fig.  ß2). 


DAS    KLICKEXMAKK    DER    SAUGER. 


197 


Infolgedessen  folgen  auf  dem  Rücken  die  Dermatome  einander  nicht 
in  kompletter  Reihe  und  findet  man  liinten  das  V^'^  Thorakaldermatom 
(9  in  Fig.  101  A,  links)  sofort  unter  dem  6*^™  Zervikaldermatom,  während 
in  dem  Lumbaigebiet,  dem  3'®  Lumbaisegment  (23)  auf  dem  Rücken  sofort 
das  iste  Sakralsegmont  folgt  (26  in  Fig.  101  A,  links). 


Fig.  101  A.     Die  menschlichen  Rumpfdermatome  nach  Bolk. 
Die   Segmente   sind    mit   arabischen    Ziffern   durchlaufend  numeriert. 
Das  2te   Segment  —   nicht   anwesend    in  diesen  Zeichnungen  —  findet 
sich  auf  dem  Kopfe. 

Die  Grenze  zwischen  den  dorsalen  und  ventralen  Wurzelarealen,  als 
Dorso-lateral-linu  bezeichnet  (siehe  Fig.  101  A  links),  —  fängt  am  Kopfe  an 
und  dehnt  sich  bis  oberhalb  des  Os  coccygis  aus. 

Eine  weitere  Betrachtung  der  dieser  Linie  angrenzenden  Gebiete  zeigt 
uns,  daß  die  dorsalen  und  ventralen  Aste  derselben  Wurzel  nicht  immer 
angrenzende   Gebiete    innervieren.   Erstens   findet   eine    gegenseitige    Ver- 


198 


DAS  RUCKENMARK  DER  SAUGER. 


Schiebung  in  dorso-ventraler  Eichtung  darin  statt  (s.  Fig.  101  A,  links),  zwei- 
tens liegen  die  dorsalen  und  ventralen  Abschnitte  des  6'*^"  Zervikal-Nerven, 
sowie  diejenige  des  ersten  Thorakalnerven  (9)  weit  auseinander  (Fig.  101 
und  102  A)  und  sind  getrennt  durch  Hautgebiete  anderer  Wurzeln  (Bolk). 

Diese  Erscheinung  wiederholt  sich  in  dem  Sakralgebiet,  wo  das  erste 
Sakraldermatom  (Segment  2G)  teilweise  auf  dem  Sakrum,  aber  auch  teil- 
weise davon  getrennt  auf  dem  ünterbein  (Fig.  103  A)  liegt  (Bolk)  i). 

Die  beiden  letzgenannten  Erscheinungen  sind  offenbar  eine  Folge 
der  Bildung  der  Extremitätsegniente  in  dem  unteren  Zervikal-  und  in 
dem  Lumbo-sakralgebiet. 


Fig.  101  B.     Querliision  des  menschlichen  Rückeninaikes  in  Th  10  und  M    (Segm. 
•18  und   19)  n.  Brouwer.   Schraffiert  ^  anaesthetisch. 


')    Letzteres    hat  zur    Folge,   daß    Affektionen    einer  einzigen  Riickenmarkswurzel  an 
zwei  ganz  verschiedenen  Stellen  Schmerz  verursachen  können. 


DAS  KUCKEX.MAKK  DER  SAUGER. 


199 


Daß  die  Segmentierung  auf  dem  Rumpfe,  wie  sie  Bolk  angegeben 
hat,   auch   kUnisch  sehr  brauclibar  ist,  geht  u.  ra.  aus  Fig.  101  B   hervor. 

Die  Segmontbildung  der  oberen  Extremitäten  findet  so  statt,  daß  zuerst 
das  7^^  und  8'-®  Zervikalsegment  sicli  von  dem  Rumpfe  entfernen  (daher 
die  dortige  Lücke).  Dann  verlagern  sich  oder  (und)  dehnen  sich  aus  das 
6'"^  Zervikalsegment  (dem  teilweise  das  o'*^  folgt)  und  das  l^'®  Thorakal- 
segment  (9).  In  Übereinstimmung  damit  ist,  daß  das  7'''  und  8'^  Zervikal- 
segment später  den  vom  Rumpfe  am  weitesten  entfernten  Absclinitt  (die 
Hand)  innervieren,  und  die  anderen  darauf  nach  dem  Rumpfe  hin  folgen 
(Bolk:  Fig.  102  A). 

Sri 


w 


^ 


K 


w 


Vorne. 


> 


\^ 


K 


ho 


N-l 


Hinten. 


Fig.   102  A.   Die  Armderniatome 
n.  BuLK. 


Fig.  102  B.    Läsion  des  Ilalsmarlies  und   im 

-Iste  Tlioi-alialsegment  n.  Brouwer. 

Schraffiert  =  anaesthetisch. 


Bei  den  unteren  Extremitäten  tindet  ähnliches  statt,  nur  wird  der  Prozeß 
dort  kompliziert  durch  die  Torsion,  welche  die  unteren  Extremitäten 
erfaren,  welche  Torsion  gerade  durch  die  Anordnung  der  Dermatome 
auf  der  unteren  Extremität  besonders  deutlich  zu  Tage  tritt  (Bouv). 

Welche  Segmente  dort  an  diesem  Prozeß  teilnehmen,  ist  aus  den 
Figuren  ohne  weiteres  erkenntlich  (Fig.  103  A). 

Die  bereits  bei  den  niedern  Tieren  erwähnte  Überlagerung  der  Seg- 
mente findet  auch  bei  den  Säugern  statt.  Namentlich  Sherrington,  Lang- 


200 


DAS  KUCKENMAKK  DER  SAUGER. 


LEY,  WiNKLER,  Yan  Rijneerk  Und  Seine  Mitarbeiter:  Dusser  de  Barenne, 

S.  de  Boer  und  Ki.essens  haben  in  diese  Überlagerungen  Klarlieit  gebracht. 

Sie    kann    bei    der    Katze    sogar   zwei    Drittel,    beim    Affen    (Macacus) 

die   Hälfte,  beim  Hund  ein  Drittel  des  angrenzenden  Segmentes  betragen. 

Infülgedessen  findet  mau  in  manchen  Fallen  naeh  Durchschneidung  einer 
Hinterwurzel  keine  Sensibilitätsstörungen. 

Um  nachzuweisen,  wie  weit  die  sensiblen  Fasern  einer  Wurzel  sich  ausdehnen, 
haben  denn  auch   die  genannten  Untersucher  mehrere  au  diese   Wurzel   grenzenden 


\ 


\U 


n 


^7 


Fig.  103  A.     Die  Beinder  matome 
n.  BoLK. 


Fig.  103  B.     Liision  in  L  4,  5  und 
im  Sakralmark  n.  Brouwer. 


Wurzeln  durchschnitten  (Isolier-Methode)  uud  so  den  isolierten  normal  gebliebenen 
Bezirk  bestimmt  (vergl.   Fig.   64  und  Fig.  86  B). 

Eine  noch  bessere  Methode  hat  von  S.  de  Boer  angewandt,  der  eine  isolierte,  aus- 
tretende Hinterwurzel  hj'peralgetisch  machte  nach  der  Methode  Bauenne's  (durch 
Applizierung  vou  Stryehnin)  und  dann  die  dadurch  entstehende  hyperalgetische 
Hautzone  bestimmte.  Dies  bat  den  Vorteil,  daß  die  sonst  wenig  empfindliche  Eand- 
zone  des  Segmentes  (Winkler,   v.  Bukberk)  deutlieh  zum   Vorsehein  tritt. 

Selbstverständlich  liegt  auch  beim  Menschen  eine  Überdeckkung  vor 
und  sind  die  Grenzen,  wie  sie  von  Bolk  angegeben  -wurden,  nieht  die 
äußersten  Grenzen  der  Dermatome,  obschon  er  die  Nervenfasern  mit  der 
Lupe  bis  in  die  Haut  verfolgt  hat. 

Inzwisschen  sprechen  die  pathologischen  Erfahrungen  beim  Menschen 
dafür,  daß  die   Überlagerung  dort  nicht  so  groß  sein  dürfte. 


DAS  KUCKENMARK  DKK  SAUGER. 


201 


Nach  den  teilweise  recht  brauchbaren,  teilweise  auch  weniger  genauen 
Darstellungen  von  Thorburn,  Katilek,  Starr  u.  a.  hat  namentlich  Brouwee 
das  klinische  Verhalten  der  menschlichen  Segmente  eingehend  untersucht. 

Er  hat  die  geringere  Ueberdeckung  erklärt,  indem  er  darauf  hinwies, 
daß  bei  der  Vergrößerung  oder  Dehnung  eines  Körpers  oder  Körperteiles 
die  Wurzelfelder  aus  einander  gezogen  werden,  (s.  auch  v.  Trigt  S.  162). 

Namentlich   eine    Vergleichung   der   hinteren    Exti-emitätsegmente  bei 
Katzen,  Affen  und  Menschen  spricht  zu  Gunsten  desselben,  ebenso  der  Un- 
terschied in  dem  Grade 
der  Überlag eiung  von 
C2    und    C3   bei   Affe 
und  Mensch  (Fig.  104). 

Ob  dies  indessen 
der  einzige  Grund  ist 
und  nicht  auch  die 
mehrere  Reizung  be- 
stimmter Stellen  auf 
die  mehrere  Ueber- 
deckung Einfluß  hat, 
wie  S.  de  Boer  ver- 
mutet, verdient  jeden- 
falls Berücksichti- 
gung, ebenso  wie  der 
von  diesem  Autor  ge- 
machte Befund,  daß 
von  den  einzelnen 
Bündelchen  (Radicu- 
la),  welche  eine  Wurzel 
bilden,   das    vorderste 

Bündelchen  den  hinteren  Abschnitt  und  das  hintere  Bündelchen  den  vor- 
dersten Abschnitt  desselben  frei  läßt.  Dies  deckt  sich  mit  der  Tatsache, 
daß  man  in  dem  Dermatom  eine  besser  innervierte  Kernzone  von  einer  etwas 
seil  wacheren  Ramhone  unterscheidet  (Sherrington,  Winkler,  v.  Rijnberk). 

Wie  sich  die  verschiedenen  Empfindungen  in  den  Dermatomen  ver- 
halten —  die  geringere  Ausbreitung  des  Schmerzsinnes  i)  und  die  größere 
Ausbreitung  des  Berührungssinnes  (Head)  —  dafür  muß  ich  auf  die  Spe- 
zialabhandlungen  verweisen. 

Namentlich  für  die  menschliche  Pathologie  liegt  hier  ein  sehr  wichtiges 


1 


Fig.  104.    Links  Mac.acus  (n.  Sherrington),  rechts  Mensch 

(n.  Bolk).  Einfluß  der  Recknng  des  Halses  auf  die 

Ueberlagerung  der  Segmente  (Brouwer). 


')  Es  scheint,  daß  im  allgemeinen  die  feineren  epikritischen  (gnostischen)  Sinne 
die  größste  Ausdehnung  erreichen,  die  vitalen  Sinne  dürften  mehr  primitive  Verhältnisse 
beibehalten.  Auch  die  sympathischen  Dermatomen  überdecken  einander  nur  wenig. 

Ersteres  läßt  sich,  m  dem  Sinne  der  he  BoEii'schen  Auflassungen,  neurobiotaktisch 
sehr  gut  daraus  erklären,  daß  die  mehr  empfindlichen  Nerven  auch  einen  stärkeren 
Wachstumstropismus  aufweisen  müssen.  (Vergl.  hierzu  S.  127.) 


202 


DAS  RUCKENMARK  DER  SÄUGER. 


Gebiet  vor,  mit  Hinsicht  auf  die  topische  Diagnostik  der  Rückenmarks- 
erkrankungen. 

Bei  ihrem  Eintritt  in  das  Rückenmark  können  in  den  Hinterwurzeln 
zwei  Bündelchen  unterschieden  werden:  ein  laterales,  feinfaseriges  Bündel, 
welches  sich  in  der  Marginalschicht  und  in  der  Substantia  gelatinosa  ver- 
ästelt, und  ein  größeres  grobfaseriges  mediales  Bündel,  welches  die  eigent- 
lichen Hinterstränge  bildet,  von  denen  ein  Teil  Kollateralen,  u.  m.  an  die 
Vorderhornzellen,  abgibt  (v.  Lenhossek,  Fig.  110). 

Es  ist  wohl  sieher,  daß  wir  diesen  zwei  Hinterwurzelbündeln  verschie- 
dene Funktionen  zuschreiben  müssen  (vergl.  S.  205  und  207). 

Bevor  ich  darauf  näher  eingehe,  werde  ich  erst  etwas  über  den  Bau 
der  Hinterhörner  selber  bei  den  Säugern  mitteilen  müssen. 

Z.M. 


s  &  R 


H  V, 


H.h.k 


Free.  ret. 


Z    M. 


S.G.R. 


\  ZI 


Fig.  105.     Sclinitt  durch  das  zweite  Zervikalsegment  von  Hippotragiis  iiiger. 
H.  W.  =  Hinterwurzel.  N.  Xi  =  N.  accessorius.    Z.  M.  =  Zona  marginalis.    S.  G.  R.  =  Substan- 
tia gelatinosa  Rolandi      H.h.K.  =  Hinterliornkörper.    Proc.  ret.  —  Processus  reticularis. 

In   den   Hinterhörnern  der  Säuger  können  wir  drei  Abschnitte  unter- 
scheiden (Fig.  105): 

1.  die  Randzone  oder  Zona  marginalis,  welche  auch  bei  den  niedern 
Tieren  vorkommt   (Z.  m  ). 

2.  die  Substantia  gelatinosa  Rolando;  bei  den  Säugern  viel  mehr  entwickelt 
als  bei  den  Nichtsäugern  (S.  g.  -ß.). 

3.  den  Körper  des  Hinte)-hornes,  der  die  Hauptinasse  desselben  bildet  und 
auch  bei  allen  niederen,  Wirbeltieren  vorhanden  ist,  obschon  in  ver- 
schiedener Ausbildung  (H.  h.  K.). 

1.    Die   Randzone   (von    Waldeyer   oder   Lissauer)  bildet  den  hinter- 


DAS  KÜCKENMAKK  DER  SÄUGEK.  203 

sten  Abschnitt  der  sensiblen  Hörner.  In  und  medial  von  ihr  treten  die 
Hinterwurzelfasern  ein  (Wurzeleintrittzone  Fig.  118).  Siehe  auch  Fig.  105). 

Die  Zona  marginalis  selber  zeigt  auf  WEiGERT-Präparaten  meistens  eine 
große  Anzahl  dünner  Fasern  (Fig.  105),  worunter  viele  marklose. 

Ihre  graue  Substanz  besteht  aus  spärlichen  großen  Elementen,  deren 
Dendriten  eine  Grenzschicht  zwischen  den  Hinterhörnern  und  der  angrenzen- 
den weißen  Substanz  ])ilden  und  mit  Kollateralen  der  Hinterwurzeln  in 
Verbindung  treten. 

Die  Axonen  dieser  Zellen  biegen  seitwärts  in  den  hintersten  Ab- 
schnitt des  Seitenstranges  ein,  wo  sie  auf-  und  absteigende  Fasern  bilden 
(Cajal). 

Die  Zellen  benehmen  sich  also  wie  die  Strangzellen  der  Hinterhörner, 
welche  wir  bei  den  niedern  Tieren  nur  in  denr  Körper  des  Hinterhornes 
selbst  eingebettet  fanden,  doch  die  hier  teilweise  nach  der  hintern  Peripherie 
des  Markes  verschoben  .sind. 

Cajal  meint,  daß  die  anteroposteriore  Verschiebung  jener  Zellen  eine  Folge 
von  Eaiunmangel  sei,  indem  die  Zahl  der  Strangzellen  so  sehr  vermehrt  sei,  daß 
dieselben  in  dem  ursprünglichen  Areal  des  Hinterhornkörpers  keinen  Platz  mehr 
fänden . 

Es  ist  aber  deutlieh,  daß  dies  nicht  erklärt,  weshalb  die  Zellen  gerade  nach 
Junten  sich  verschieben  und  we.shalb  nicht  nach  vorne  oder  lateral.  Ich  bin  denn 
auch  der  Meinung,  daß  vrir  es  hier  mit  einem  Falle  von  Neurohiota.ris,  einer  Ver- 
lagerung  in  der  Sichtung  des  Reizes,  der  von  den  Hinterwurzeln  kommt,  zu 
tun  haben,  wie  überhaupt  die  Bildung  des  Hinterhornes  aus  dem  ursprünglich 
periependjuialen  Grau  ein  Wach.stiim  in  der  Richtung  der  Hinterwurzeln  aufweist. 

2.  Die  zweite  Schicht:  die  Sabstantia  gclatiiiosa  Rolando  ^)  hat  bei  den 
Säugern  (im  Gegensatz  zu  der  erstgenannten  Schicht)  im  Vergleich  zu  den 
Nichtsäugern  sehr  zugenommen.  Während  sie  bei  den  Vögeln  und  Reptilien 
hauptsächlich  auf  das  oberste  Zervikalmark  (spinaler  Trigeminuskern)  be- 
schränkt bleibt,  tritt  sie  bei  den  Säugern  in  dem  ganzen  Rückenmark  auf. 

Ich  glaube,  daß  wir  nicht  fehlgehen,  wenn  wir  dies  einer  Vermehrung 
der  Sensibilität  der  Haut,  auch  in  Verbindung  mit  dem  an  sensiblen 
Endigungen  reichen  Haarkleid,  zuschreiben. 

Dafür  spricht  die  Tatsache,  daß  sich  unter  den  Säugern  nur  bei  den 
Zetazeen  eine  eigentliche  Substantia  gelatinosa  (Hatschek)  nicht  oder  kaum 
differenziert,  was  bei  der  geringen  Entwicklung  der  Hautsensibilität  und 
dem  fehlenden  Haarkleid  bei  diesen  Tieren  nicht  befremdend  ist  (s.  oben). 

Sonst  bildet  die  Snbstantia  gelatinosa  Rolando  überall  durch  ihr  gela- 
tinöses   Aussehen    einen    auffallenden    Abschnitt   des  Hinterhornes. 

Meistens   stellt   sie    eine   kortexähnliche    Kappe   dar   auf  dem    eigent- 


•)  Man  muß  diese  Substanz  unterscheiden  von  der  Substantia  gelatinosa  centralis, 
welche  namentlich  im  Sakralahschnitt  sehr  entwickelt  sein  kann,  aber  überwiegend  gliös 
ist.  Sic  enthält  nur  wenige  kleine  Nervenzellen,  deren  Axon  meistens  in  die  Comm.  ant. 
zieht  (Cajal),  Man  vergleiche  hierzu  auch  das  Verhalten  beim  Frosch  (Fig.  74). 


204 


DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 


liehen  Körper  des  Hinterhornes,  zwischen  diesem  und  der  Randzone 
(vergl.  Fig.  105). 

Bei  einigen  Säugern  erreiclit  diese  Rolando'sche  Substanz  eine  ganz 
erhebliche  Entwicklung,  wie  z.  B.  bei  den  Ungulaten  (siehe  Fig.  106). 
Namentlich  ist  dies  der  Fall  im  Sakralmark  (z.  B.  von  Gazella  dorcas; 
Biach),  wo  sie  sich  sogar  durch  "Windungsbildung  vergrößert. 

Im  Dorsalmark  des  Hundes  und  bei  Simia  satyrus  (Fig.  99)  kann 
die  Rolandoschicht  der  einen  Seite  mit  derjenigen  der  andern  Seite  ver- 
schmelzen, sodaß  die  ganze  Hinterfläche  i)  der  grauen  Substanz  des  Rücken- 
markes dort  mit  einer  rindenähnlichen  Schicht  bekleidet  ist. 

Wie  wir  in  den  folgenden  Kapiteln  wiederholt  finden  werden,  sind 
solche  rindenähnlichen  Oberflächenausdehnungen  grauer  Substanz  typisch 
für    verschiedene     hochorganisierte    Kerne    mit   ausgesprochenen  sensiblen 


_..iw*s?'^'T*^t* 


Fig.  106.   Schnitt  durcli  das  Sakralmark  von  Gazella  dorcas  n.  Biacii. 

Zur  Demonstration  der  starken  Entwicklung  und  Windung 

der  Substantia  gelatinosa. 


Funktionen  2)  und  muß  es  uns  also  nicht  wundern,  dieselbe  gerade  auch 
hier  anzutreff^en. 

Auch  der  Bau  der  Zellen  dieser  Region  steht  mit  jener  Oberflächen- 
tendenz der  ganzen  Schicht  im  Einklänge. 

Die  gelatinöse  Beschaflenheit  dieser  Schicht  wird  durch  den  Umstand 


')  Auch  diese  Ausdehnung  der  Substantia  gelatinosa  Rolando  hat  nichts  mit  der 
Substantia  gelatinosa  centralis  zu  tun,  welche  man  besser  Substantia  gliosa  centralis  nennt. 

2)  Vergleiche  hierzu  meine  Arbeit:  Ueber  das  Rindenproblem  und  die  Tendenz 
innerer  Hirnteile  sich  durch  Oberflächenvermehrung  statt  duich  Volumzunahme  zu  ver- 
größern. Folia  Neurobiologica;  Bnd.  VII,  1914. 


DAS  RUCKENMAKK  DEU  SAUGKU. 


205 


vernrsaclit,  daß  die  Dendriten  ihrer  —  relativ  kleinen  —  Zellen  sich  haupt- 
sächlich in  einer  Ebene  verästeln,  welche  Ebene  der  hintern  Oberfläche  des 
Rückenmarkes  parallel  liegt  (Fig.  107).  Auch  in  der  Breite  —  d.  h.  von 
rechts  nach  links  —  dehnen  sie  sich  fläehenartig  aus.  Dendriten,  welche 
bis  in  die  Substanz  des  Hinterhornes  hinein  ziehen,  kommen  nur  selten 
zur  Beobachtung  (Cajal). 

Die  Dendritenausbreitung  dieser  Zellen  stellt  also  eine  Art  Um- 
kleidung des  Hinterhornkörpers  dar,  und  infolgedessen  hat  die  ganze 
Rolando'sche  Substanz  das  Aussehen  einer  umkleidenden,  rindenähnlichen 
Schicht  (s.  o.).  Der  gelatinöse  Aspekt  der  ganzen  Substantia  gelatinosa 
resultiert  aus  der  Armut  an 
Markfasern  und  der  Reichtum 
der  Dendriten,  welche  ein 
dichtes  Protoplasmanetz  bil- 
den. 

Die  Axonen  dieser  Zellen 
sind  nicht  lang. 

Sie  begeben  sich  meistens 
in  die  hinteren  Seitenstränge, 
teilweise  auch  in  die  Grund- 
bündel der  Hinterstränge,  und 
senden  Kollateralen  in  den 
angrenzenden  Niveaus  der  ge- 
latinösen Substanz  i)  (Cajal). 

Wir   haben    in   der   Sub- 
stantia gelatinosa  Rolando  mit 
einer  Anordnung  zu  tun,  welche 
die     Reize     der     feinfaserigen 
lateralen    Hinterwurzelbündel 
aufnimmt   und   dieselben  nur 
über   relativ   geringe    Distan- 
zen,  höchstens  zwei   Segmente   ~),   ausbreitet.   Nach   Ranson   nimmt   diese 
Substanz    auch    marklose    Fasern    der    Hinterwurzeln    auf,    welche    vitale 
(protopathische  Reize)  leiten  und   übermittelt  sie  (Sano)  vaso-  und  pilomo- 
torische Reflexe,  welche  die  Schmerzempfindungen  begleiten. 

Wir  müssen  also  annehmen,  daß  die  Vermehrung  dieser  Substanz,  wie 
sie  bei  den  Säugern  vorkommt,  einer  Vermehrung  der  vitalen  Sensibili- 
tätsfaktoren entspricht. 

Die  große  Ausdehnung,  welche  die  gelatinöse  Substanz  des  Hinterhornes  im 
oberen  Zervikalmark  in  dem  Bereiche  des  spinalen  Y-Kernes  erreicht,  spricht  dafür, 
daß  die  spinale  Trigeminuswur/.ol  in  der  Art  ihrer  Sensibilitätsleitiing  dem  lateralen, 


Fig.  107.  Längsschnitt  durch  die  Substantia 

gelatinosa  n.  Cajal. 

Man  beachte  die  flächenartige  Topographie  der 

Zellen  und   Dendriten  der  gelatinösen  Substanz  (C). 

A  =  Hinterstränge;  B  =  Strangzellen. 


')    Die  Ausbreitung  des  .Axons  und  dessen  Kollateralen  bleibt  fast  immer  homolateral. 
*)    Es    wäre   möglich,   daß   die   gleichseitigen  H3'perreflexie  einiger  Segmente,  welche 
Barenne  bei  einseitiger  Strychninapplizierung  sah,  auch  hierdurch  effeUtuiert  wird. 


206 


DAS  RÜCKENMARK  DKR  SAUGER. 


Vorderhorn 
Fig.  108.   Schnitt  durch  das 4''' Thorakalsegment.  Mensch. 


feinfaserigen  Wurzelbflndel  des  Rückenmarkes  verwandt  ist  und  nicht  den  grob- 
faserigen medialen  Wurzelbündeln,  welche  zu  den  .Schleifenkernen  ziehen.  Diese 
Schlußfolgerung  findet,  wie  wir  später  (Kap.  III)  sehen  werden,  ihre  Bestätigung 
in  der  Tatsache,  daß  die  V-Schleife,  welche  der  medialen  Schleife  analog  ist,  dem  fron- 
talen, sensiblen  V-Kern 
entstammt,  während  der 
spinale  Trigemiuuskern 
nur  EüiNGEK'sche  Fasern 
aussendet. 

3.  Im  Körper  des 
HinterJiornes  können 
wir  verschiedene  Teile 
unterscheiden: 

Am  meisten  dif- 
ferenziert ist  die  me- 
diale Partie  desselben: 
die  Clarke'scIic  iSftule, 
welche  sich  beim  Men- 
schen im  Dorsalmark 
(E'ig.  108)  und  obern  Abschnitt  (L I  und  L II)  des  Lumbaimarkes  findet 
und  im  Zervikalmark  vertreten  werden  dürfte  von  Stilling's  Zervikalkern. 
Die  CLARKE'sche  Säule  fängt  bereits  im  oberen  Drittel  des  Dorsal- 
markes (Fig.  108)  an,  hat  aber 
ihre  stärkste  Entwicklung  in  der  ■  """^^''  ''''■''■' 
untern  Hälfte  desselben  und  weist 
zwei  Zellarten  auf,  kleinere 
Tangential  Zellen  und  große,  oft 
pigmentierte  Hauptzellen.  Die 
großen,  etwas  rundlicheir  Haupt- 
zellen fallen  sofort  auf.  Bei  ge- 
wöhnlichen Präparaten  bekommt 
man  den  Eindruck,  als  hätten 
sie  nur  eine  geringe  Dendriten- 
verästelung, was  nur  insofern 
zutrifft,  als  ihre  Dendriten,  die 
ziemlich  zahlreich  sind,  sich 
hauptsächlich  auf  das  Areal  der 
Säule  selbst  beschränken  (Ca.tal). 
Die  Axonen  dieser  Zellen 
ziehen  fast  ausschließlich  unge- 
kreuzt 1)    in    die    dorsale   spino- 

zerebelläre    Bahn,    welche   aber    nur   teilweise   von    ihnen    aufgebaut   wird. 
Wir   werden   bei    der  Besprechung  dieser  Faserung  sehen,  daß    die   spino- 


Fig.  109.     Zellen  in  dem  Körper  des 
Hinterhornes  n.  Cajal. 
A   =  Clarke'sche    Säule.     B  =  medio-zentraler 
Kern.   P  =  Hinterstränge.  E  =  ZentralUanal. 


')    Nach   Caj.\l,  Horsley   und   Mc.  Nalty  sollen  auch  einige  Axonen  dieses  Kernes 
sich  durch  die  Comraissura  anterior  auf  die  kontrolaterale  Seite  begeben. 


ÜAS  RÜCKKNMAUK  DER  SÄUGKR.  207 

zerebelliiren  Fasern  anderer  Ebenen  des  Markes  (Zervikal-  und  Lumbal- 
mark)  aus  weniger  tj'pischen  Zellgruppeu  (Jacobson,  Pirik)  hervorgehen, 
wie  es  auch  noch  bei  den  Vögehi  der  Fall  ist,  wo  noch  keine  eigentliche 
CLARKB'sche  Säule  vorkommt. 

Im  Halsmark  kommen  an  ähnlicher  Stelle,  nur  etwas  weniger  medial, 
auf  der  Grenze  von  Hinter-  und  Vorderhorn  Zellen  vor,  welche  nach  ex- 
perimentellen Erfahrungen  diese  vertreten.  Ahnliches  scheint  im  untern 
Lendenmark  der  Fall  zu  sein  (Jacobson,  Pirie). 

Im  untern  Lumbahnark  findet  sich  in  dem  medialen  Grau  des  Hinterhorues 
außerdem  eine  Gru])pe  kleinerer  Zellen,  deren  Axonen  das  sog.  korniikommissnrnh 
Bündel  darstellen,  welches,  in  der  Tiefe  des  Hinterstranges  (veutr.  Hinterstr.  feld  : 
Fig.  118)  gegen  die  Commissura  posterior  liegend,  namentlieli  sichtbar  wird,  wenn 
die  Hinterstränge  beim   Menschen  degeneriert  sind. 

Es  handelt  sich  hierbei  um  absteigende  sekundäre  Hinterstrangneiironen,  wie 
wir    sie    auch    bereits    bei    niedern,  Tieren  an  derselben  Stelle  vorfanden  (Fig.   66). 

Die  Lateralabschnitt  des  Hinterhornkörpers,  dem  sich  im  Zervikalmark 
der  Processus  reticularis  (Fig.  105),  im  Thorakalmarkd  der  intermedio-laterale 
Kern  (Fig.  108)  anschließt,  enthält  multipolare  Zellen,  deren  Dendriten  sich 
nach  den  Hinterwurzeln  bis  in  die  Roi.ANDo'sche  Substanz  und  bis  zur 
Grenzschicht  wenden,  teilweise  in  der  Commissura  protoplasmatica  pos- 
terior nach  der  andern  Seite  ziehen  und  sensible  Eindrücke  der  kontro- 
lateralen  Wurzel  übernehmen. 

Während  die  Mehrzahl  der  Axonen  dieser  Zellen  ein  großes  Kon- 
tingent von  homolateralen  Fasern  an  den  Grundbündeln  der  Seitensträngen 
liefert,  findet  sich  unter  ihnen  auch  eine  nicht  geringe  Zahl  von  solchen, 
welche  sich  durch  die  Commissura  anterior  nach  der  andern  Seite  in  den 
Vorderseitenstrang  begeben  und  teilweise  kürzere,  gekreuzte  spinale  Reflex- 
fasern und  spino-bulbare  Fasern  bilden,  teilweise  die  gekreuzte  spino-mesen- 
zephale  Bahn,  die  sekundäre  Bahn  der  primitiven  Gcfühlsempfindungen, 
Schmerz,  Temperatur  und  allgemeiner  Berührungssinn,  bilden,  welche  als 
EniNGER'sche  Bahn  bekannt  ist  i)  (s.  weiter  unter). 

Die  Verteilung  der  Hiiiterwurzelfasern  inbezug  auf  die  graue  Substanz 
der  Hinterhörner,  ist  nun  so,  daß  während  das  laterale,  dünnfaserige  Wur- 
zelbündel sich  in  der  Zona  marginalis  und  besonders  in  der  Substantia  gelatinosa 
verästelt  und  somit  mehr  lokale  Reflexe  übermittelt  —  der  Körper  des 
Hinterhorues,  sowie  die  CLARKE'sche  Säule  und  der  Processus  reticularis, 
Kollateralen  bekommen  von  medialen  grobfasei-igen  Hinterwurzeljasern,  in  der- 
selben Weise  wie  die  Vorderhornzellen  der  gleichen  und  der  andern  Seite 
(siehe  Fig.  110,    direkte    sensitivo-motorische  Reflex- Kollateralen). 


')  Oberblickt  man  den  Bau  des  Hinterhornes  dann  kann  man  sagen  daß  er  durch 
seine  drei  Hauptschichten:  die  faserhaltige  Zona  marginalis,  die  rezeptive,  kleinzellige 
Substantia  gelatinosa  und  den  Hinterhornk()rper  mit  seinen  großen  eferenten  Zellen,  eine 
Organisation  aufweist,  wie  wir  sie  prinzipiell  in  dem  Bau  des  Neokortex  zurückfinden 
werden  (siehe  Kapitel  X,  zweiten  Teil)  als  Tangentialfaserschicht,  rezeptive  Zellschichten 
und  eferente  Schichten. 


208 


DAS  RUCKENMARK  DER  SÄUGER. 


Hinterwurzel. 


Hinterhorn. 


Die  Hauptaxonoi  des  medialen  Hinterwurzelbündels  dichotoniisieren 
sich  in  langen  aufsteigenden  und  absteigenden  Aste.  Die  absteigenden  Äste 
sind  nicht  die  längsten  und  häufen  sich  infolgedessen  nur  wenig.  Bün- 
delcheif,  von  ihnen  gebildet,  finden  sich  im  untern  Zervikalmark  als 
ScHULTZE'sches  Kommabündel  (Fig.  118)  zwischen  dem  GoLL'schen  und 
BuRDACH'schen  Strang  und  als  ovales  Feld  (Flechsig)  nahe  dem  Septum. 
Letzteres  ist  im  Sakralmark  mehr  ausgeprägt  (Fase,  sacralis  postero-medialis, 

Obersteiner)  und  führt  nur  ab- 
steigende Wurzelfasern  (Wink- 
ler, Batten  und  Holmes). 

Die  längeren  aufsteigenden 
Dichotomien  häufen  sich  aber 
frontalwärts  ganz  mächtig  in 
den  Hintersträngen  und  es  ist 
gerade  die  größere  Entwick- 
lung dieser  Fortsätze,  welche 
die  frontale  Akkumulation  der 
Hinterstränge  bedingt,  welke 
für  das  Säugermark  charak- 
teristisch ist  (Brouwer). 

Vergleichen  wir  die  Ak- 
kumulation von  dem  Lumbal- 
zu  dem  Zervikalmark  bei  den 
Reptilien  mit  der  der  höhern 
Säugern  (Fig.  79  und  95)  dann 
fällt  sofort  auf,  daß  die  Zu- 
nahme der  Hinterstränge  im 
Zervikalmark  bei  den  letzteren 
viel  mächtiger  ist 
Es  ist  nicht  die  Relation  der  Hinterstränge  auf  die  übrige  weiße  Sub- 
stanz oder  auf  die  graue  Substanz  an  einer  Stelle  des  Markes,  welche  das 
Wesentliche  für  die  Beurteilung  dieses  Fortschrittes  darstellt,  sondern  die 
Progression  in  diesem  Verhältnis  zu  Gunsten  der  Hinterstränge,  wenn  man 
in  frontaler  Richtung  weiterschreitet.  Bei  den  Reptilien  beträgt  diese  fron- 
tale Akkumulation  zwischen  Lumbal-  und  oberen  Zervikalmark  höchstens 
5  °/o,  beim  Menschen  ist  sie  sicher  mehr  als  100  7o- 

Man  kann  aber  einen  Eindruck  von  jener  Anhäufung  bekommen,  wenn 
man  den  relativen  Umfang  der  Hinterstränge  im  Zervikalmark  bei  ver- 
schiedenen Säugern  bestimmt. 

In  Tabelle  I,  welche  von  mir  zusammengestellt  wurde,  ist  der  relative 
Umfang  der  Hinterstränge  im  Zervikalmark  auf  der  grauen  Substanz  in 
derselben  Region  angegeben.  Tabelle  H,  welche  von  Bkouwer  zusammen- 
gestellt, wurde,  zeigt  den  Prozentsatz  der  Hinterstrangfasern  zu  der  totalen 
weißen  Substanz  des  Zervikalmarkes. 


Voi  derhornzel  len. 


Fig.  HO.    ReflexkoUateralen  dei-  Hinterstränge 
bei  der  Maus,  n.  von  Lenhossek. 


DAS    JiUCKlCN.MAliK    DER    SAUGER. 


209 


Aus  beiden  geht  liervor,  daß  der  Prozentsatz  der  ilintersirange  in 
zweierlei  Weise  steigt. 

Liste  B  zeigt  in  beiden  Tabellen,  daß  in  denselben  Ordnungen  (Mar- 
supialier,  Karnivoren  und  Aflen  sind  als  Beispiele  genommen)  das  größte 
Tier  einen  größeren  Prozentsatz  an  Plintersträngen  hat.  Dieser  Unterschied 
kommt  besonders  deutlich  in  der  ersten  Tabelle  zum  Ausdruck. 

Man  vergleiche  Cebus  mit  Oedipomidas,  Ursus  malayanus  mit  Puto- 
rius,  Macropus  mit  Didelphj^s,  und  schließlich  als  Beispiel  eines  ganz  kleinen 
mit  einem  ganz  großen,  aber  nicht  verwandten,  Tieres :  Maus  mit  Elephant. 


Tabelle  I:    Prozentsatz  der  Hinterstränge  auf  der  grauen  Substanz 

im  Zervikalmark. 


LISTE    A 

NIEDERE    UND    HÖHERE    TiERE. 

Macropus 103%       Mars. 


Ursus  malayanus  .  .  .  106  °/o 
Cebus  fatuellus  .  .  .  .  112% 
Homo 185% 


LISTE    B 

KLEINERE    UND    GRÖßERE    TiERE. 

(  klein  :  Didelphys  mars. ...     41  % 
I  groß :  Macropus  rob 103  % 

,    _     ^  klein :  Putorius  putorius  .  .     46  °/(, 
''  groß:  Ursus  malayanus   .  .  106% 

.^      (klein:  Oedipomidas  oedipus     50  °/q 
^^^  I  groß:  Cebus  fatuellus    .  .  .  112  "j^ 

klein :  Mus  rausculus  ....     22  °/^ 
groß :  Elephas  indicus  ...  292  % 


Diese  relative  Zunahme  der  Hinterstränge  i).  bei  den  großem  Tieren 
ist  leicht  erklärlich  in  Hinsicht  darauf,  daß  dieselben  die  Sensibilität  des 
Körpers  repräsentieren.  Sie  werden  dadurch  von  der  Körpergröße  direkt 
beeinflußt. 


')  übrigens  gilt  diese  Erscheinung  nicht  nur  für  die  Hinterstränge,  sondern  auch 
für  die  übrige  weiße  Substanz  (Hovy)  was  daher  kommt,  daß  korrespondierende  Kücken- 
markniveaux  verschiedener  Tiere  die  Zunalime  der  grawn  Substanz  für  das  entsprechende 
Niveau     im     Grade    der    zweiten    Potenz    zeigen,    während    dieselben    Querschnitte   eine 


Maus. 


Aguti. 


Kli'phaiit. 

Zunahme  der  weißen  Substanz  (weil  auch  die  auf-  und  absteigenden  Fasern  des  oberhalb 
und  unterhalb  davon  liegenden  Rückenmarks  dazu  beitragen)  im  Gjade  der  dritten  Potenz 
aufweisen  (E.  riE  Viuics).  Mau  vergl.  Maus,  Aguti,  Elephant. 

Da  die  graue  Substanz  also  viel  weniger  zunimmt  (vergl.  die  Figur)  ist  die  l-^"'"  Ta- 
belle am  geeignetsten  für  die  Liste  B. 

Kappers.  ■14 


210  r>AS    RÜCKENMARK    DKK    SÄUGER. 

Tabelle  II:    Prozentsatz  der  Hinterstränge  auf  der  gesamten  Weiszen 
Substanz  im  Zervikaimark  (n.  Brouwer). 

LISTE    A  LISTE    B 

NIEDERE    UND    HÖHERE    TiERE.  KLEINERE    UND    GRÖßERE    TiERE. 

Didelphys  mars  .  .  .  1G,64  7„  ^  klein :  Didelphys  mars. .  .  16,64  "/<, 

Lepus  c-uniculis  .  .  .  21,06  °/„       '  ^^^'  <  groß:  Macropus  rob.  .  .  .  21,82% 

Bos  taurus 22,02  °/<,       Garn.  \  ^^^^jj^  f,^^«"^^^  f  ^^«""^  "  1^'%  °J° 

'  groß:   Ursus  malaj^anus   .  2.3,86    /o 

TT  1  noo,-.  o/         Air      ^  klein:  Oedipomidas  oed.  .  19,74  % 

Ursus  malavanus  .  .  20,067.       Arten  n     r.  i        r  ^     n  o,^  «oo/ 

'       '°  /  groß:  Cebus  fatuellus    .  .  26,43% 

Cebus  fatuellus  .  .  .  26,43  %  Sorex  vulgaris .  .  .  14,25  % 

Homo 38,91%  Elephas  indicus  .  .  32,25% 

Schwieriger  ist  die  Deutung  der  Tatsache,  welche  ebenfalls  aus  beiden 
Tabellen  hervorgeht  (Liste  A),  aber  namentlich  aus  Tabelle  II:  die  Ver- 
mehrung der  Hinterstränge,  auch  auf  die  übrige  weiße  Substanz,  bei 
höher  stehenden  Tieren. 

Weshalb  erhalten  wir  eine  so  auffallende  Vermehrung  der  Hinter- 
stränge inbezug  auf  die  andern  Stränge  des  Markes  bei  der  höhern  Ent- 
wicklung des  Tieres? 

Diese  Frage  ist  von  Brouwer  in  eingehender  Weise  untersucht  worden. 
Zum  besseren  Verständnis  dessen  müssen  wir  die  klinischen  Erfahrungen 
benutzen. 

Durchschneidungen  peripherer  Nerven  (Head  und  Sherren)  beweisen 
daß  die  primitiven  (vitalen)  Emptindungen  apart  verlaufen  von  den 
feineren  Reizen.  Ranson  machte  es  wahrscheinlich,  daß  die  Fasern  der 
vitalen  Sinne  in  den  Nerven  die  dünnsten  sind  (vergl.  S.  200). 

Die  oberflächliche  Sensibilität,  diejenige  der  Haut  benutzt  also  zwei 
Gruppen  von  Fasern ;  eine,  welche  korrespondiert  mit  den  vitalen 
Sinnesempfindungen  der  niedern  Tiere  und  eine  zweite,  welche  mit  feinern, 
gnostischen  Empfindungsmögliclikeiten  (Diskrimination)  korrespondiert. 

Daß  diese  Empfiudungsqualitäten  iu  den  peripheren  Nerven  getrennt  ver- 
laufen, gebt  daraus  hervor,  daß  (Head,  Sheuren  und  Eivehs)  wenn  man  einen 
Hautast  durchschneidet,  die  zuerst  (etwa  nach  1  '/j  Monaten)  zurückkehrende  Sensi- 
bilität in  diesem  Gebiete  eine  andere  ist  als  die  später  zurückkehrende,  nämlich 
nur  ein  Schmerzsinn,  der  nicht  genau  lokalisiert  wird.  Bald  darauf  folgen  grobe  Kälte- 
(unter  26°  C.)  und  Wärme-  (über  37°  C.)  Empfindungen,  welche  ebenfalls  nicht 
scharf  lokalisiert  werden,  ebensowenig  wie  der  erste  Berührungssinn.  Bedeutend 
später  (nach  einem  Jahre)  entsteht  wieder  eine  Empfindlichkeit  für  feinere  Be- 
rührungen, welche  dann  auch  genauer  lokalisiert  werden,  und  werden  Temperatur- 
unterschiede zwischen  26°  und  37°  empfunden  und  lokalisiert.  Schließlich  werden 
auch  Berührungen,  welche  auf  kurze  Distanz  von  einander  die  Haut  treffen,  als 
verschiedene  Berührungen  empfunden  und  genau  lokalisiert :  Diskrimiiiationssinn. 


DAS  KÜCKEN.MAHK  DER  SÄUGER.  211 

Hieraus  ergibt  sich  also,  daß  die  Hautsiiine,  welche  wir  auch  phylogene- 
tisch als  die  primitivsten  kennen  gelernt  haben,  die  „vitalen'  Simia  (von  Head 
als  „protopathische  Sinne''  bezeichnet)  sich  zuerst  regenerieren,  während  die  feinern, 
von  IIead  als  epikritischc  Sinne  ^)  von  uns  als  gnostische  Sinne  bezeichnet,  erst 
später  zurückkommen,  wie  sie  auch  erst  später  in  der  Phylogenese  entstanden 
sind.  Es  besteht  also  in  dieser  Hinsicht  eine  Analogie  zwischen  der  phylogenetischen 
und  der  regenerativen   Eeihenfolge  der  Entwicklung  der   Hautempfindungen. 

Die  tiefen  Empfindungen  der  Muskeln,  Sehnen  und  Gelenke  werden 
durch  Nervenfasern  geführt,  die  mit  den  motorischen  Nerven  zentralwärts 
ziehen  und  daini  durcli  die  Spinalganglien  und  ilire  Fortsätze  ins  Rücken- 
mark treten.  Man  bezeichnet  diese  Fasern  als  diejenigen  der  tiefen  Sm- 
sibüität. 

Die  primitiven  vitalen  (protopathischen)  und  die  neuerworbenen  gnosti- 
schen  Hautsinne  haben  auch  einen  getrennten  Verlauf  im  Rückenmark. 
Die  vitalen  Sinnesfasern  enden  bald  nach  ihrem  Eintritt  im  Rückenmark, 
wo  ihre  Reize  durcli  gekreuzte  Bogenfasern  auf  die  andere  Seite  übertra- 
gen werden,  und  lüer  aufsteigen,  während  der  gnostische  Sinn  in  den 
gleicJiseitigen  Hintersträngen  aufsteigt. 

Der  tiefe  Sinn  schließt  sich  dort  den  Bahnen  des  gnostischen  Hautsinnes  an. 

Bei  einer  Läsion,  wobei  genau  die  Hälfte  des  Halsmarkes  durcli- 
schnitten  ist  (sog.  BROWN-SEQUARD'schen  Halbseitenläsion)  zeigt  sich  denn 
auch,  daß  die  Temperatur-  und  Schmerzreize  der  der  Läsion  gegenüberliegende 
Körpcrlüilfte  nicht  bewußt  werden  (nicht  aufsteigen  können),  während 
auf  der  Seite  der  Läsion  die  Muskel-  und  Gelenkempfindungen  und  die  Dis- 
krimination nicht  zum  Bewustsein  aufsteigen. 

Hieraus  geht  hervor,  daß  —  wie  gesagt  —  die  vitalen  Sinne  nach 
ihrem  Eintritt  im  Rückenmark  selber  kreuzen,  während  der  tiefe  Sinn 
und  die  feine  Diskrimination  der  Haut  im  Rückenmark  selber  ungekreuzt 
aufsteigen.  (Petren,  Pabritius,  Brouwer). 

Klinische  Untersuchungen  bestätigen,  daß  beim  Menschen  der  primi- 
tive Temperatur-  und  Schmerzsinn  und  ein  nicht  scharf  lokalisierter 
ßerührungssinn  in  dem  gekreuzten  Vorderseitenstrang  (in  den  Edin- 
GER'schen  Fasern)  verlaufen,  während  der  feinere  Diskriviinitation  und 
Muskel-   und    Gelenksinn  an  den  gleichseitigen  Hintersträngen  entlang  zieht. 

Die  von  Petren  u.  A.  auf  klinischen  Gründen  basierte  Annahme,  daß 
der  Musheisinn  teilweise  in  dem  gleichseitigen  Vorderseiteustrang  verläuft,  ist  so 
aufzufassen,  daß  es  sich  dabei  nicht  um  Eeize  handelt,  die  bewust  werden, 
sondern  um  solche,  die  zum  Zerebellum  aufsteigen  (Tr.  spino-cerebellaris).  In 
einem  solchem  gleichseitigen  Ventro-lateralsystem  verläuft  auch  die  primitive 
Muskelsensibilität  der  niederen  Tiere. 

Dagegen  dürfte  —  meines  Erachtens  —  der  Gelenksinn  gänzlich  in  den  Hin- 


')  Protopathisch  von  protos  (zuerst  entstanden)  und  Pathos  (Affekt);  das  heißt:  was 
zuerst  entsteht  und  von  einem  persönlichen  Affekt  begleitet  ist.  Epikritisch  von  epi  = 
später  dazu  kommend  und  krinein  =  urteilen.  Vergl.  auch  S.  35. 


212  DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 

tersträngen  bleiben,  weil  die  hohe  Organisation  der  Grelenke,  ebenso  wie  die  starke 
Entwicklung  der  Hinterstränge,  neueren  Datums  sind  und  größtenteils  von  Pa- 
cinischen  Körperchen  (die  man  bei  den  niedersten  Tieren  kaum  findet)  perzipiert  wird. 

Der  Tastsinn  i)  geht  im  Rückenmarck  offenbar  an  beiden  Bahnen  entlang, 
sowohl  via  Hinterstränge  als  an  den  Bogenfasern  des  Rückenmarkes, 
denn,  nach  einer  Läsion  des  Vorderseitenstranges  geht  immer  ein  Teil 
des  Tastsinnes  der  gekreuzten  Seite  ununterbrochen  durch,  während  bei 
einer  Hinterstrang-Degeneration  auch  ein  Teil  des  Tastsinnes  der  ent- 
sprechenden Seite  zum  Bewußtsein  kommt. 

Müssen  wir  also  sowohl  der  gekreuzten  vitalen  Bahn  als  der  unge- 
kreuzten Hinterstrangbahn  die  Leitung  des  allgemeinen  Tastsinnes  zuschrei- 
ben, sodaß  diese  sich,  was  den  Tastsinn  betrifft,  vertreten  können,  so  hat  sich 
doch  gezeigt,  daß  der  Tastsinn,  welcher  von  den  Hintersträngen  geleitet 
wird,  ein  viel  feinerer  ist  als  derjenige,  welcher  an  den  gekreuzten  Seiten- 
stiängen  entlang  geht. 

Dieser  feinere  Sinn,  Diskriminationssinn  genannt,  kommt  nur  den  Hin- 
tersträngen zu. 

Kombiniert  man  diesen  Diskriminationssinn  mit  dem  Gelenk-  und  be- 
wußten Muskelsinn  als  inhärent  an  den  Hintersträngen,  dann  sieht  man 
daraus,  daß  die  Hinterstränge  uns  zu  einer  feinere  Beurteilung  der 
Objekte  befähigen,  wozu  sowohl  die  obengenannte  Diskrimination  als 
der  den  genauen  Stand  unserer  Gliedmaßen  übermittelnde  Gelenksinn, 
beitragen. 

Die  Kombination  dieser  zwei  Siime  bildet  einen  stereognostischen  Sinn,  der 
für  die  genaue  Beurteilung  der  uns  umgebenden  Objekte  eine  sehr  hohe 
Bedeutung  hat  und  bei  den  Säugern  eine  große  Progredienz  aufweist. 

Peripher  geht  diese  Progedienz  parallel  mit  einer  Zunahme  der  kom- 
plizierten Gefühlskörperchen,  zentral  mit  einer  Zunahme  der  Hinterstränge. 

Daß  dieser  Sinn,  oder  —  wenn  wir  es  anatomisch  ausdrücken  wollen  —  diese 
Hinterstrangfasern  erst  mit  dem  Landleben  zur  höhern  Entwicklung  kommen,  kann 
uns  nicht  wundern  angesichts  der  Tatsache,  daß  erst  beim  Leben  auf  dem  Lande, 
beim  Bewegen  auf  einem  festen  Boden  mittels  wirklicher  Gliedmaßen,  Gelenk-  und 
Muskelsinn  zu  höherer  Entwicklung  kommen,  während  außerdem  der  Aufenthalt 
des  Körpers  aufierhalb  des  Wassers  —  d.  h.  unter  viel  stärkerem  Einfluß  der 
Schwerkraft  • —  und  zwischen  festen  Objekten  auch  andere  Ansprüche  an  die  kina- 
esthetischen  Empfindungen  stellt  (vergl.   van  YALKENBUitQ,   1917). 

Wir  sehen  hieraus,  daß  diese  ganze  Lehre  der  zwei  Sinnesbaknen  im  Rücken- 
mark, welche  aus  klinischen  Erfahrungen  so  meisterhaft  von  Head,  Petren, 
und  Fabritius  aufgebaut  luurdc,  sich  {wie  namentlich  von  B.  Brouwer  nach- 
geivicsen  tvard.)  genau  mit  der  phylogenetiscJien  Entwicklung  dieser  Systeme  deckt 
und  die  größere  Entwicklung  der  Hinterstränge,  besonders  deren  frontale  Akku- 
mulation bei  den  hohem  Tiere  (vergl.  Fig.  94),  speziell  beim  Menschen  (Fig.  95) 
schön  beleuchtet. 


')  Tastsinn  ist  hier  als  Berührungssinn  gemeint. 


DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER.  213 

Auch  die  proorediente  Entwicklung  der  Hinterstrangkerne  bei  den 
Säugern  wird  hierdurch  in  ein  klareres  Licht  gestellt  i). 

Von  den  zwei  Hinterstrangkernen,  dem  BuBDAcn'schen  {Nucl.  cuneatus) 
und  dem  GoLL'schen  Kern  {Nuclem  gracilw)  reicht  der  letztgenannte  am 
weitesten  kaudal.  Beide  erstrecken  sich  frontal  bis  über  den  Calamus 
hinaus. 

Der  laterale,  BuRDAcn'sche  Kern  empfängt  (bei  den  Primaten)  die 
aufsteigenden  Hinterwurzelfasern  des  Zervikalmarks  und  des  obern  Drittels 
des  Thorakalmarks.  Der  GoLL'sche  Kern  nimmt  die  aufsteigenden  Hinter- 
strangfasern des  übrigen  Rückenmarkes  auf. 


Goll  Burdach 


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^SS^-i 


Mediale  Schleife 
Fig.  111.     Hinterstraiigkerne  und  spinaler  V-Kern  bei 
Didelphys  marcsupialis. 

Bei  den  Marsupialiern  (Fig.  111)  sind  sie  noch  sehr  klein.  Der  Bur- 
DACH'sche  Kern  weist  dort  eine  etwas  breitere  Basis  auf  als  der  sehr 
schmale  GoLL'sche  Kern.  Bei  den  übrigen  Säugern  liegen  verscheidene 
Verhältnisse  vor,  je  nach  der  Ordnung. 

So  ist  bei  den  Zetazeen  der  GoLL'sche  Kern  sehr  winzig,  wie  bei  dem 
Fehlen  hinterer  Extremitäten  und  der  geringen  Entwicklung  der  Sensibi- 
lität bei  diesen  Tieren  begreiflich  ist.  Der  BuRDACH'sche  Kern,  wenngleich 
auch  nicht  sehr  groß,  ist  doch  besser  entwickelt,  ensprechend  dem  Vor- 
handensein oberer  Extremitäten.  Er  geht  hier  frontal  und  lateral  sehr 
gleichmäßig  in  den  mehr  großzelligen  MoNAKOw'schen  Kern  über  {Nuclevs 
cuneatus  externus),  der  deszendierende  Vestibularisfasern  aufnimmt.  Beim 
Seehund  fand  ich  beide  Kerne  besser  entwickelt,  und  der  BuRDAcn'sche 
Kern  weist   hier   eine   gewisse    Lamellierung   auf,   wie  man  sie  oft  in  sen- 


')    Dieselben  nehmen  übrigens  nicht  alle  Fasern  der  Hinterstränge  auf.  Ein  Teil  davon 
dürfte  bis  in  den  Nuclei  Corp.  restiformis  vorwärts  dringen  (siehe  S.  215). 


214 


DAS  RUCKENMARK  DKR  SAUGER. 


Spin.VK. 


siblen  Zentren  findet  und  die  wir  auch  bereits  in  der  Substantia  gelatinosa, 
namentlich  bei  den  Ungulaten,  gesehen  haben  (vergl.  Fig.  106). 
Ähnhch  ist  das  Verhalten  bei  den  landlebenden  Karnivoren. 
Bei  den  Edentaten  erreichen  beide  Kerne  eine  mächtige  Entwickelung 
(besonders  bei  Myrmecophaga).  Dabei  fiel  es  mir  auf,  daß  der  GoLL'sche 
Kern  hier  auf  frontalerem  Niveau  dorsal  eine  starke  seitliche  Ausdehnung 
erhält,  welche  an  dem  dorsalen  Rande  des  Markes  eine  Kappe  grauer 
Substanz  bildet,  die  über  den  BuRüAcn'schen  Kern  hinausreicht  und  sich 
mit  dessen  peripherem  Abschnitt  oder  mit  dem  Nucleus  cuneatus  externus 
(MoNAKOw's  Kern)  verbinden  kann.  Von  diesem  lateralen  Flügel  des 
GoLL'schen  Kernes  ziehen  Bogenfasern  an  der  Außeneite  nach  unten. 

Ahnliches  findet  sich  bei  einigen  Affen,  besonders  beim  Schimpansen, 
wo  auch  graue  ^^erbindungsstücke  zwischen  dem  GoLL'schen  Kern  und  dem 

MoNAKOw'schen  Kern  vor- 
handen sind. 

Bei  den  platyri'hinen 
Affen,  sowohl  bei  den  Greif- 
schwanzaffen (Atelidae)  wie 
bei  den  SollscJiwanzaffen 
(Cebus,  Fig.  112)  findet  man 
die  mächtigste  Entwicklung 
der  GoLL'schen  (und  BuR- 
DAcn'schen?)  Kerne,  welche 
hier  auf  manchen  Ebenen 
schwer  von  einander  zu 
trennen  sind  und  eine  ganz 
auffallende  Lamellierung 
und  Nesterbildung  aufwei- 
sen. 

Die  besondere  Entwick- 
lung der  GoLL'schen  Kerne  bei  diesen  Affen  dürfte  zusammenhängen  mit 
der  bedeutenden  Funktion,  welche  der  Schwanz  bei  ihrer  arborealen  Le- 
bensart spielt. 

Beim    Menschen    sind    beide    Kerne    auch    gut    ausgebildet,    aber  der 
GoLL'sche  Kern  ist  dort  nicht  so  groß  wie  bei  den  Affen. 

Er  reicht  bis  in  das  erste  Zervikalsegment,  ist  aber  relativ  schmal. 
Audi  hier  weist  der  GoLL'sche  Kern,  nach  meinen  Erfahrungen  bei 
ausgewachsene  Material,  in  seinem  dorsalsten  Abschnitt  oft  einen  seit- 
lichen Ausläufer  von  grauer  Substanz  auf,  aus  dem  ebenfalls  periphere 
Bogenfasern  hervorgehen.  So  ausgeprägt,  wie  bei  einigen  Affen  und  bei 
den  Edentaten,  ist  dies  aber  nicht.  Die  Bedeutung  jener  Fasern  ist  nicht 
genügend  ermittelt.  Sie  werden,  weil  sie  auf  ihrem  weitern  Verlaufe  lateral 
am  Trigeminus  entlang  ziehen,  als  Fibrae  praetrigeminales  (Mingazzini) 
bezeichnet  und  gesellen  sich  dem  Fasermantel  der  Oliva  inferior  zu  (Ziehen). 


Fig.  112.     Laraelliei'te  Hinterstrangkerne 
von  Cebus  hypoleucus. 


DAS  RUCKENMARK  DER  SAUGER. 


215 


Teilweise  enden  sie  vielleicht,  in  der  Olive.  Auch  bei  den  niedern  Vertebraten 
(wo  noch  keine  Hinterstrangkeriie  vorkommen)  genann  ich  manchmal  den  Eindruck, 
daß  äußere  Bogenfasern  aus  dem  obern  Halsniark  dort  hinein  ziehen. 

Der  BuRDACH'sche  Kern  ist  an  der  Basis  breiter  als  der  GoLL'sche, 
erstreckt  sich  aber  nicht  so  weit  kaudalwärts  aus.  Namentlich  bei  Tieren, 
welche  ihre  vorderen  Extremitäten  besondei's  benützen  fand  Zeehande- 
LAAR  diesen  Kern  stark  entwickelt  (Talpa,   Myrmecophaga). 

Es  ist  indessen  interessant,    daß,    während   die   Fasermasse   des  Goll- 


Deplaciertei 

Spin  V-Korn 

abschnitt 


Fibr.  arc.  ext 


Spin.  V-Kern 


"Vorderhornrest 


Pyramidenkreuzung. 
Fig.  113.     Hinterstrangkerne  des  Menschen. 


'sehen  Stranges  sich  allmählich  in  der  grauen  Substanz  des  GoLi/scheii 
Kernes  erschöpft,  diejenige  des  Keilstranges,  ohne  gänzlich  erschöpft  zu 
werden  in  dem  Nucleus  cuneatus,  sich  bis  in  die  Oblongata  selber  ausdehnt. 
Dies  kommt  teilweise  daher,  daß  einige  Fasern  des  Keilstranges  weiter 
nach  vorne  in  dem  seitlichen  Grau  der  Oblongata  enden,  teilweise  ist  es 
aber  der  Tatsache   zuzuschreiben,   daß   in   diesem  Areal  auch  Fasern  von 


216  DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 

der  Oblongata  her  herunter  steigen,  d.  i.  solche  der  absteigenden  Vestibu- 
lariswurzel,  welche  enden  in  dem  Nucleus  cuneatus  externus,  dem  Mona- 
Kow'schen  Kern,  einem  von  BuRDACH'schen  getrennten  großelligen  Kern. 

In  der  Nähe  des  BuRDACH'schen  Kernes  können  außerdem  abgesprengte 
Stücke  der  Substantia  gelatinosa  trigemini  in  dem  Keilstrang  vorkommen, 
welche  sich  indessen  durch  die  Kleinheit  ihrer  Zellen  leicht  von  dem 
Nucl.  cuneatus  externus  unterscheiden  lassen  (Karplus)  und  absteigende 
Trigeminusfasern  aufnehmen. 

"Wie  bei  Reptilien  und  Vögeln  (s.  d.)  findet  man  bei  den  Säugern, 
daß  die  GoLL'schen  Kerne  in  der  Mittellinie  verschmelzen  können,  oder 
daß  dort  eine  aparte  Anhäufung  von  Zellen  vorkommt,  welche  als 
BiscHOFP'scher  Kern  bekannt  ist. 

Weil  er  die  medialsten  Fasern,  also  die  kaudalsten  aufnimmt,  glaubt 
man  diesen  Kern  mit  der  Sensibilität  des  Schwanzes  in  Verbindung 
bringen  zu  müssen.  Sein  Vorkommen  bei  der  Ratte,  der  Spitzmaus,  dem 
Känguruh,  dem  Tamandua  und  einigen  Afi'en,  in  geringerem  Grade  auch  bei 
den  Zetazeen  (tiefes  Gefühl  des  Schwanzes;  Zeehandelaar),  spricht  dafür. 

Bei  allen  Tieren  mit  erheblich  ausgebildetem  Schwanz  kommt  er  jedoch 
als  aparter  Kern  nicht  vor,  worauf  namentlich  Ziehen  aufmerksam  ge- 
macht hat,  und  die  mächtige  Entwicklung  der  GoLL'schen  Kerne  bei  den 
Greif-  und  Rollschwanzaffen,  wo  kein  aparter  BiscHOFF'scher  Kern  vor- 
kommt, dürfte  ebenfalls  mit  der  Hypertrophie  der  kaudalsten  sensiblen 
Region,  namentlich  auch  des  Schwanzes,  zusammenhängen. 

Welche  Faktoren  gerade  die  Ausbildung  des  BissHOFF'schen  Kernes 
bedingen,  ist  nicht  genügend  ermittelt.  AVie  wir  sahen,  kommt  er  sehr 
oft  bei  den  Vögeln  vor  (Fig.  88). 

Die  aus  den  Hinlerstrang  kernen  entstehende  mediale  Schleife  sammelt 
sich  als  Fibrae  arcualne  internae  in  der  Olivenzwischenschicht  und  endet 
hauptsächlich  in  den  Nuclei  ventrales  und  teilweise  auch  in  dem  Nucleus 
medialis  Thalami,  welche  die  feinern  sensiblen  Eindrücke  dem  \'orderhirn- 
mantel  übermitteln    (epikritisclie  oder  gnoslische  Projektion  der  Sensibilität). 

Einige  dieser  Fasern  (gemischt  mit  solchen  aus  dem  spinalen  V-Kern?) 
enden  auch  teilweise  in  den  Corpora  mamillaria  (Wallenberci  :  Tr.  spino- 
hypothalamicus.  Näheres  siehe  Kap.  VIII). 

Was  die  aus  den  Hinterhörnern  des  Rückenmarkes  entstehenden  Bahnen 
anbelangt  (bezw.  die  Grundstränge  siehe  oben)  sind  hier  —  wie  bei 
den  niedern  Tieren  —  die  spino-mesenzephale  oder  vitale  Projektionsbahnen 
und  die  spino-zerebelläre  Projektion  des  Muskelsinnes  zu  erwähnen.  Die- 
selben entstehen  in  fast  allen  Segmenten  des  Rückenmarkes. 

Nach  den  Untersuchungen  von  Mann  und  Petren  verlaufen  die  vitalen 
EoiNGER'schen  Fasern  nach  der  Kreuzung  erst  eine  Strecke  weit  im  Vor- 
derstrang  nahe   dem    Grau  i).    Nachdem  sie  in  dieser  Lage  4  oder  5  Seg- 


')    Dies  dürfte  auch  den  ScHiFF'sehen  Versuch  erklaren,  dal!  der  Schmerz  noch  durch 


DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER.  217 

Diente  durchlaufen  haben,  ziehen  sie  mehr  und  mehr  lateralwärts  i)  und  kom- 
men schHeßlich  in  die  Vorderseitenstränge  nehen  die  spino-zerebelläre  Bahn. 

Die  Melirheit  solcher  Bogenfasern  wird  sich  wohl  über  eine  kürzere 
Strecke  ausdehnen  und  im  Rückenmark  selber,  teilweise  in  der  Oblongata, 
ihr  Ende  finden. 

Ein  anderer  Teil  derselben  —  das  GowERs'sche  Kleinhirnbündel  medial 
begleitend  —  erreicht  das  Mittelhirn  und  den  Meta-thalamus  und  endet 
namentlich  in  dem  Corpus  postieum,  dem  Ganglion  geniculatum  mediale 
(Mott)  und  dem  Tectum  opticum,  wo  die  primitive  Körpersensibilitiit  mit 
optischen  und  Octavus  (vestibulären)  —  Reizen  in  Korrelation  tritt. 

Ich  hatte  Gelegenheit,  mich  an  Degenerationspräparate  des  menschlichen 
Hirnstammes  von  der  Richtigkeit  der  MoTT'schen  Angabe  bezüglich  der 
Endigung  jener  Fasern  im  Mesenzephalon  und  Metathalamus  (Ganglion 
geniculatum  mediale)  zu  überzeugen  und  möchte  hier  darauf  hinweisen, 
daß  jene  Endigung  in  optischen  und  statischen  Gebieten  namentlich  dann 
von  großer  Bedeutung  sein  würde,  wenn,  was  nicht  nachgewiesen  ist, 
jene  Bahn  auch  primitive  Muskelreize  fülirt.  In  dem  folgenden  Kapitel 
werden  wir  aber  sehen,  daß  das  Mittelhirn  sieh  durch  den  Besitz  des 
Nucleus  mesencephalicus  trigemini  als  ein  primitives  muskulo-sensitives 
Zentrum  dokumentiert. 

Est  ist  interessant  zu  Ijeobachten,  wie  die  vitalen  Empfindingen 
dort  ein  Korrelationsgebiet  finden,  denn  auch  die  Optikus-ausstrahlung 
zum  Mittelhirn  hat  wesentlich  eine  vitale  Bedeutung,  für  die  Photostatik, 
welche  mit  der  Gravi-statik  die  Hauptkoordinat  des  Raumes  ist,  worin 
die  Körperempfindungen  die  dritte  Koordinate  darstellen. 

In  den  spino-zerebellären  Bahnen  unterscheidet  man  zwei,  das  ventrale 
GowERs'sche  Bündel  und  das  dorsale  FLECHSio'sche  Bündel. 

Daß  wir  hierin  zwei  verschiedene  Systeme  sehen  müssen,  ist  nicht 
wahrscheinlich:   vielmehr  sind   es   zwei  Komponente  desselben  S3'stemes. 

Weitaus  der  größte  Teil  der  dorsalen,  spino-zerebellären  Bahn  entsteht 
ungekreuzt  aus  den  CLARKE'schen  Zellen.  Da  dieselben  sich  nur  über  das 
dorsale  Mark  und  das  obere  Lendenmark  ausdehnen,  repräsentiert  diese 
Bahn  in  erster  Linie  die  Sensibilität  des  Rumpfes.  Doch  sollen  sich  nach 
Mc.  Nalty  und  Hoesley  auch  spinozerebelläre  Projektionen  der  hintern 
Extremitätenregion  (Lumb,  III— Sacr.  II)  darin  vorfinden,  welche  aus 
andern  parazentralen  Zellen    (s.  o.)  hervorgehen. 

Fasern  der  lumbo-sakralen  Region  verlaufen  auch  in  der  ventralen, 
spino-zerebellären  Bahn,  welche  sonst  überwiegend  aus  Zellen  des  Zervikal- 
markes  hervorgeht,  fast  nur  ungekreuzt. 

das  Rückenmark  geleitet  wtid,  wenn  die  weiße  Substanz  aiii  einer  bestimmten  Strecke 
fast  ganz  entfernt  wird.  Aiicli  sind  klinische  Fülle  bekannt,  wubei  nach  Zerstörung  der 
Hinter-  und  Seitenstrange  die  primitive  Gefühlsleitimg  lilieb. 

')  Bei  den  Teleostiern  (S.  142)  habe  ich  bereits  auf  diesen  eigentumlichen,  bajonett- 
formigen  Vei-lauf  hingewiesen. 


218  DAS    RÜCKENMARK    DER    SÄUGICK. 

Nach  Mc.  Nalty,  Horsley  und  Ingvar  enthalten  beide  Bahnen 
auch   im    Rückenmarke  kreuzende  Komponenten,  jedoch  nur  wenige. 

Die  spino-zerebellären  Bahnen  verlaufen  so  im  Rückenmark,  daß  die 
Fasern  aus  der  Zervikalregion  gegen  derjenigen  der  Rumpf-  und  Len- 
denregion liegen.  Sie  enden,  nach  Abgabe  von  Kollateralen  in  der  Oblon- 
gata  (Nucl.  Deiters),  größtenteils  homolateral,  teilweise  konti'alateral  in 
der  Rinde  der   Verniis  cerebelli  i).    Vergl.  Fig.  403  und  404). 

Schießlich  sei  noch  ein  Faserbündel  erwähnt,  welches  sich  im  Zervi- 
kalmark,  in  der  Region  des  antero-lateralen  Bündels  befindet,  die  Hel- 
WEG'sche  Dreikantenbahn,  welche  lateral  von  den  Vorderwurzeln  verläuft 
(Obersteiner).  (In  Fig.  118:  Fase,  oliv.;  etwas  zu  medial  eingetragen). 

Das  Faserkaliber  des  Bündels  ist  ein  sehr  feines;  seine  Form  ist  nicht 
selten  unregelmäßig  dreieckig  oder  halbmondförmig  (Obersteiner). 

Manche  Autoren  (u.  a.  Kaplan)  halten  diese  Bahn  für  eine  aufstei- 
gende, welche  in  der  untern  Olive  enden  soll,  daher  auch  ihr  Name  Tr. 
spino-olivaris. 

Andere  Autoren  nehmen  an,  daß  es  ein  absteigendes  System  der  Oliva 
inferior  ist  und  daß  medial  von  ihm  aufsteigende  spino-oliväre  Fasern  ver- 
laufen (Goi.dstein). 

Unter  den  absieigenden  Systemen  des  Rückenmarkes  finden  wir  den  Tr. 
tecto-spinalis  und  das  Bündel  von  Deiters  zurück,  welche  teilweise  in  dem 
zentralen  Längsbündel  und  in  dem  \"order-Seitenstrang  (Fibrae  vestibulo- 
spinales,  Fig.  118)  verlaufen;  daneben  absteigende  Neuronen  der  retikulären 
Zentren  der  Oblougata),  welche  fast  gänzlich  im  Halsmark  bleiben :  Fase. 
Thomasi,  Lewandovvsky). 

Dabei  kommen  im  Hals-  und  Thorakalmark  absteigende  Bahnen  aus 
dem  Atmungszentrum  der  Oblongata  zu  den  Kernen  der  Respirationsmuskeln 
(B^ig.  141)  und  als  sehr  wichtige  Verbindungen  die  rubrospinalen  und  die 
kortikospinalen  Bahnen. 

Der  Tr.rubro-spinalif,  cruc.  (Monakow's  aberrierendes  Seitenstrangbündel) 
der  unter  den  niedern  Wirbeltieren  nur  bei  den  Vögeln  nachgewiesen 
ist  2),  hat  mit  der  mächtigen  Entwicklung  des  roten  Kernes  bei  manchen 
Säugern  eine  erhebliche  Ausbildung  erfahren  (Fig.  118). 

Er  verläuft  im  Rückenmarke  in  dem  Seitenstrang  ventral  vom 
Pyramidenseitenstrang  und  ist  bis  ins  Lendenmark  verfolgt  worden 
(Lewandoavsky,  Winkler). 

Die     wichtigste     Ausbreitung    der    Rückenraarksfaserung    stellen    die 


')  Dabei  verhalten  sich  die  ungekreiizten  zu  den  gekreuzten  Fasern  nach  Horsley  in 
dem  dorsalen  FLECHSiG'schen  Bündel  wie  2:1,  in  dem  ventralen  GowERS'schen  wie  4:1. 

Der  ventrale  Trakt  (Gowers)  soll  auch  Fasern  an  den  gleichseitigen  Dachkern 
abgeben. 

')  Auf  der  Stelle  des  Nucl.  ruber  kommen  bei  Reptilien  und  Plagiostomen  auch 
große  retikuläre  Elemente  vor;  vielleicht,  daß  sie  die  Vorstufe  des  Kernes  bilden  und  ihre 
Axonen  das  Mark  erreichen  (de  Lange). 


DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 


219 


kortiko-spinalen  Fasern  dar,  welche  nur  den  Säugern  zukommen  und  Varian- 
ten in  ihrem  Verlaufe  und  Endigung  aufweisen,  welche  ein  interessantes 
Licht  auf  die  Gesetze  der  Faserbildung  und  -anordnung  werfen. 


Nu.  Burd. 


Nu.  Goll. 


Nu  V-spin. 


", '  M^ffi'JiP^        Hu  ret.  lal. 


Pyr.  Kreuzung  zum  Hinterstr. 
Fig.  H4.    Arctomys  marmota.    Verlauf  der  Pj'ramidenfasern 
zu  den  Hinterstlängen  (vergl.  auch  Fig.  -116). 

Nu.  Goll. 


Nu.  V-spin. 


Vorderliorn  rest. 
Pyr.  Kreuz,  zur  Seitenstr. 

Fig.  IIS.    Cebus  fatuellus  (Rollschwanzalfe). 

Verlauf  der   Pyramiden    zu  den  Seitensträngen 

Man  unterscheidet  zwei  kortiko-spinale  Systeme :  den  Pyramiden-Seiten- 
strang  und    den    Pyramiden- Vordeisirang,    welche   Namen,    wie   die    meisten 


220  DAS  KÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 

in  der  Hirnanatomie,  den  Verhältnissen  beim  Menschen  entnommen  sind, 
sodai3  sie  oft  für  niedere  Tiere  nicht  zutreßen. 

Dies  gilt  besonders  für  den  sogenannten  Pyramiden-Seitenstrang. 

Es  stellt  sich  nämlich  heraus,  daß  die  ursprüngliche  Lage  dieser  Bahn, 
welche  bei  niederen  Säugern  noch  sehr  wenig  — •  oder  kein  (Maulwurf) 
—  Mark  führt,  nicht  in  dem  Seitenstrang,  sondern  im  Hinterstrang,  ist  und 
daß  die  Lage  im  Seitenstrang  eine  sekundär  erworbene  ist,  die  erst  bei  höhern 
Säugern  und  beim  Menschen  konstant  wird.  (Man  vergl.  Fig.  116  und  117). 

Eine  andere  Variation  besteht  in  ihrer  verschiedenen  Länge. 

Bei  manchen  niedern  Säugern  reicht  sie  nur  bis  in  das  Zervikalmark, 
bei  den  höhern  bis  ins  Lendenmark  oder  Sakralmark. 

Einige  vergleichende  Angaben  mögen  hier  folgen : 

Bei  den  Monotremen  verläuft  die  Bahn  gänzlich  oder  größtenteils  in  dem 
Hinterstrang. 

Bei  einigen  Marsnpi aliern  verläuft  sie  ausschließlich  in  dem  Hinterstrang 
(Pseudoehirus,  Phalangista),  bei  andern  größtenteils  darin  (Fhascolarctus,  Macropus). 
Bei  diesen  Tieren  reicht  sie,  soweit  unsere  Erfahrung  lehrt,  nicht  über  das  Zer- 
vikalmark hinaus,   was,  nach  King,  auch  hei  den  Ungulaten  der  Fall  sein  soll. 

Unter  den  Rodentiern  verläuft  die  Bahn  beim  Eichhörnchen  (Golüstein),  bei 
der  Eatte,  Aretomys  (Fig.  114),  Cavia  cobaya  und  Cavia  aperea  ausschließlieh  in 
den  Hintersträngen.  Eeveley  konnte  sie  beim  letztgenannten  Tier  und  Spermo- 
philes  (sehr  verringert)  bis  in  das  Lumbaimark   verfolgen  (Fig.   116). 

SuTHEULAND  iSiMPSON  fand  sie  sogar  beim  roten  Eichhörnchen  und  bei  der 
Chipmuuk   in   den   Hintersträngeu   bis  in   das  iSakralmark. 

Unter  den  Nagern  fand  letztgenannter  Autor  nur  bei  Erethizon  dorsatus  zwar 
die  Hauptmasse  in    dem    Hinterstrang,    aber   doch  einen  Teil   im  Lateralstraug. 

Erst  bei  den  höhern  Tieren,  den  Karnivoren  und  Primaten  liegt  diese 
Pyramidenbahn  gänzlich  in  den  Seitensträngen  und  (Fig.  117  und  118) 
erreicht  besonders  bei  den  letztern  ihre  größte  Entwicklung,  indem  sie  bis 
in  die  letzten  sakralen  Segmente  verfolgt  werden  kann. 

Einige  Fasern  der  Pyramiden-Hinterstrangbahn  oder  Pyramiden-Seiten- 
strang sollen  nicht  kreuzen,  sondern  in  das  laterale  Hörn  derselben  Seite 
eintreten.  Die  Endigung  der  gekreuzten  ist  nach  den  meisten  Autoren 
in  den  Schaltzellen  zwischen  Hinter-  und  Vorderhorn  zu  finden,  nicht, 
oder  weniger,  im  Vorderhorn  selbst. 

Die  Verhältnisse,  wie  sie  hier  geschildert  werden,  beweisen  uns  in 
trefl^lieher  Weise,  daß  Verlaufs-  und  Endigungsweise  dieser  sog.  zentral- 
motorischen Bahn  nicht  durch  motorische  Zentren,  sondern  durch  sensible 
Xreale  (d.  h.  durch  assoziative  Reizverhältnisse,  Neurobiotaxis)  bestimmt 
'^^-ferd^n  1). 

Die    zweite    kortiko-spinale    Bahn   ist   der  Pyrainiden-V(jrdcrslrang,  von 

dessei>  Entwicklung  wir  viel  weniger  wissen  als  von  der  hinteren  Pyramide. 

. 'Ei' .'kreuzt   nicht   in    toto  auf  der  Grenze  von  Oblongata  und  Rücken- 


')  Siehe:  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiota.'iis,  Folia  Neurobiologica.  Bd.  I,  1908. 


DAS  RÜCKENMARK  DER  SAUGER. 


221 


Oblong. 


Kreuzung. 


Zervik. 


Zervik. 


Thorak. 


Lumbal. 


Zervik. 


Tliorak. 


Lumb. 


Sakral. 


Unt.  Sakr. 


Fig.  116.     Degeneration  der 

Pyrainiden-H in ter.st rangball n    bei 

Cavia  aperea;    n.  Reveley. 

(Verg.  anch  Fig.  114). 


Fig.  117.    Degeneration  des 
Pyramiden-Seitenstranges  un 
des  Pyramiden-Vorderstrangi 
beim  Menschen,  n.  Enn. 


222  DAS  RÜCKENMARK  DER  SÄUGER. 

mark  i)  —  wie  die  andere  P^'ramide  —  aber  erst  später  im  Rückenmark 
selber,    bündelgeraäß  auf  verschiedenen  Niveaus. 

Im  Rückenmark  verläuft  er  nahe  der  Fiss.  mediana  anterior  und 
dehnt  sich  (im  Dorsalmark)  seitlich  bis  zum  ersten  Pialseptum  aus  (Kooy). 

Man  nahm  früher  an,  daß  der  ventrale  Pyramidenstrang  nur  beim 
Menschen  und  den  anthropoiden  Affen  vorkäme  und  war  deshalb  geneigt, 
ihm  eine  Funktion  in  Verbindung  mit  dem  aufrechten  Gang  zuzuschreiben. 
Seitdem  ist  er  aber  auch  bei  anderen  Tieren  wahrgenommen. 

Bei  dem  kanadesischen  Stachelschweine  -),  ist  die  ventrale  Pyramide 
sogar  bis  in  das  fünfte  lumbale  Segment  verfolgt  worden  (Simpson  und 
King).  Ich  habe  mich  an  Präpraraten  des  hiesigen  Institutes  überzeugt, 
daß  sie  sich  auch  beim  Menschen  liis  in  das  Lumbaimark  ausdehnt  (vergl. 
hierzu  auch  die  alte  Abbildung  117  von  Erb,  Edinger's  Vorlesungen 
entnommen).  Ein  ähnliches  Resultat  fand  Kooy. 

Wahrscheinlich  hat  das  Bündel  eine  Bedeutung  für  die  Slammesmus- 
kulatur,  sodaß  es  nicht  befremdend  ist,  daß  ihre  Anwesenheit  auch  bei  den 
Zetazeen  konstatiert  wurde  (Gans),  wo  diese  Muskulatur  so  sehr  überwiegt. 

Die  ventrale  Pyramide  sendet  ihre  Fasern  örtlich  auf  verschiedene 
Niveaus  durch  die  ventrale  Kommissur  zu  dem  medialen  Abschnitt  des 
Vorderhorues,  wo  sie  wahrscheinlich  die  medialen  Zellgruppen  der  Stam- 
mesmuskulatur innervieren. 

Bei  der  größeren  Entwicklung,  der  Pyramidenfasern,  namentlich  der 
Seitenstraugpyramide  bei  höhern  Säugern,  wird  ein  größeres  Areal  des 
Rückenmarks  davon  in  Anspruch  genommen,  was  zugleich  physiologisch 
einen  größern  Einfluß  der  Rinde  auf  den  Körper  und  die  Gliedmaßen 
bedeutet. 

Der  Prozentsatz  im  Halsmark,  welcher  von  den  Pyramiden  einge- 
nommen wird,  wurde  zuerst  durch  von  Lenhossek  an  Fötussen  bestimmt, 
wo  die  marklose  Pj'ramide  sich  scharf  von  den  umringenden  Fasern 
abgrenzt. 

Die  Zahlen,  welche  er  fand,  sind  folgende : 

Maus 1,14% 

Kaninchen 5°l^ 

Katze 7°/„ 

Mensch 11°/, 

Es  ist  jedoch  klar,  daß  diese  Ziffern  von  dem  Verhältnis  beim  ausge- 
wachsenen Rückenmark  keinen  richtigen  Eindruck  geben,  wäre  es  nur 
deshalb,  weil  ihr  Areal  durch  den  Mangel  an  Markumkleidung  in  bezog 
auf  die  andern  Stränge  hier  relativ  zu  klein  ist. 

Höher  sind  denn  auch  die  Ziffern,  welche    Bregmann  bei  ausgewach- 


')    Daher  kommt  es  daß  sie  auch  wohl  als  direkte  Pyramide  bezeichnet  wird. 
*)    Unterhalb  der  Nager  ist  es  bis  jetzt  nicht  gesehen. 


I)A,S    KUCKKNMAKK     UER    SÄL'GKK. 


223 


senen  Individuen  fand,  und  welche  niunentlich  zeigen,  wie  viel 
grüßer  der  Prozentsatz  der  Pyramidenfasern  bei  den  Primaten  und  dem 
Menschen  wird. 

Didelphys .     3,6  % 

Elephas 4,8  °/„ 

Hund 6,7% 

Phoca  vitulina .19,4% 

Cebus  fatuellus 20,1  % 

Mensch 30% 

Die  hohen  Zahlen  bei  den  Primaten  und  dem  Menschen  haben  einen 
desto  größern  Wert,  weil  durch  die  schon  erwähnte  Zunahme  der  Hinter- 
stränge bei  den  höhern  Tieren  die  Zunalnne  des  Prozentsatzes  der  Pyra- 
midenfasern beeinträchtigt  wird. 

Der  größere  physiologische  Einfluß  der  Rinde  auf  die  Bewegungen 
bei  den  letzlgenanten  ist  sowohl  quantitativ  als  qualitativ. 

Sarr, 

ü'ittior'w 


Fig.  118.     Schema  der  Einteilung  der  grauen  und  weißen  Substanz 

im  unteren  Zervikalmark  des  Menschen;  n.  Edinger,  mit 

einigen  Modifikationen  n.  Lewandowsky,  Winkler  u.  A.  '). 


Reizverzuche  der  Rinde  (siehe  Kap.  X)  bestätigen  die  erwähnten 
Degenerationsversuche,  daß  bei  dem  einen  Tier  eine  größere  Strecke  des 
Rückenmarks  Pyramidenfasern  empfängt  als  bei  einem  andern  Tier.  Dement- 
sprechend können  bei  manchen  Tieren  wohl  die  vordem  Extremitäten  durch 
Rindenreizung  influenziert   werden,    aber    nicht  die  hintern. 

Dazu    kommt    noch,    daß    auch    die    Art    und  der  Grad  des  Einflusses 


•)  Die  HELWEfi'sche  Bahn  (Fase,  oliv.)  liegt  mehr  lateral  als  in  der  Figur  angegeben. 


224  DIE    XICriT-NERVÖSEN    BESTANDTEILE    DES    RÜCKENMAraCES 

verschieden  ist,  wie  namentlich  durch  die  Pathologie  gezeigt  wird,  welche 
uns  lehrt,  daß  ein  niederer  Säuger  nach  kortikalen  oder  subkortikalen 
Läsionen  fast  keine  länger  anhaltenden  Bewegungsstörungen  aufweist, 
während  eine  solche  Läsion  beim  Menschen  sehr  andauernde  und  tief 
eingreifende  Störungen  der  Bewegungen  verursacht. 

Zum  Schluß  reproduziere  ich  hier  ein  Schema  der  verschiedenen  auf- 
und  absteigenden  Bahnen  im  unteren  Halsmark  des  Menschen  (Fig.  118). 

Die  nicht-nervösen  Bestandteile  des  Rücl(enmarl<es  bei  den  Säugern 

und  dessen  Hüllen. 

Die  HüUsubstanz  des  Säugerrückenmarkes  zeigt  einen  hohen  Grad 
von  Differenzierung  (vergl.  auch  S.  45 — 49).  Ich  werde  sie  etwas  aus- 
führlicher behandeln,  weil  ihre  Kenntnis  für  die  menschliche  Pathologie 
sehr  wichtig  ist. 

Der  periphere  Ausläufer  der  Ependyvizellen  reicht  beim  ausgewachsenen 
Menschen  nicht  mehr  durch  die  ganze  Dicke  des  Rückenmarkes  hin, 
sondern  dehnt  sich  im  ausgewachsenen  Mark  meistens  nicht  weiter  aus, 
als  der  grauen  Substanz  entspricht. 

Die  Zellen  sind  an  der  Ventrikelseite  mit  einem  Flimraersaum  besetzt, 
der  namentlich  dort,  wo  die  dorsale  Einengung  des  Zentralkanals  ausbleibt, 
also  am  Ende  des  Conus  terminalis,  sehr  deutlich  sein  kann.  An  dieser 
Stelle  findet  man  manchmal  Öeffnungen,  wodurch  der  Zentralkanal  mit 
dem  perimedullären  Raum  in  Kontakt  tritt.  Die  Umgebung  des  Ependyms 
ist  hier  oft  stark  vaskularisiert  (Ver.meulex). 

Innerhalb  des  Zentralkanales  ist  auch  bei  den  Säugern  der  REissxER'sche 
Faden  gefunden  (Hohslet,  Nicholls)  über  dessen  Bedeutung  keine  Sicherheit 
besteht.  Es  ist  jedoch  ausgeschloßeu,  daß  es  sieh  dabei  handelt  um  einen  nervösen 
Reflex- Apparat.  Doch  soll  hier  auch  keine  zufällige  Koagulation  von  Eiweiß 
vorliegen  (Nicholls). 

Die  übrigen  Stützzellen  haben  durch  ihre  Lage  und  die  Entwicklung 
von  sekundären  Ausläufern  den  Charakter  von  autonomen  Gliazellen  (Astro- 
zyten).  Man  unterscheidet  darin  zwei  Sorten.  Je  nach  der  Länge  der  sekun- 
dären Fasern  spricht  man  von  Kurzstrahlern  und  Langstmhlern.  Die  ersteren 
finden  sich  hauptsächlich  in  der  grauen  Substanz,  die  Langstrahler  in 
der  weißen. 

Die  Langstraliler  in  der  weißen  Substanz  sind  nicht  so  zahlreich  wie 
die  Kurzstrahler  in  der  grauen. 

Beide  bilden  um  die  Gefäße  oder  richtiger  um  die  perivaskulären 
Lymphscheiden  eine  geschlossene  Bekleidung,  die  sog.  „Adventitia  gliosa" 
oder  Limitans  gliosa  perivascularis,  welche  sich  bildet  aus  den  verbreiterten 
Endfüßchen  der  Gliafasern  (vergl.  S.  4G  bis  48  und  Fig.  32  B). 

Innerhalb  der  perivaskulären  Scheide  (ViRCHOW-RoBis'schen  Raum) 
begeben  sich  nur  die  (nach  Held  von  der  Glia  ab  zu  leitenden)  Stäbchenzellen. 


l'.Kl    DKX    SÄCGKUN    UNI)    DESSKX    HÜI.I.KN.  225 

An  der  Peri[)hei'ie  des  Rüekeinnarki;s  Inldeii  ilie  Endfüiielien  der 
äußeren  Gliazellen  (Gliarandzellen)  die  Limitans  gliosa  superficialis  (wie  in 
Fig.  32  A). 

Sonst  umspinnen  sie  die  Markseheiden  der  Nervenfasern.  Sie  dringen 
darin  sogar  ein  (Pai..4Dino)  wie  ihre  Ausläufer  auch  in  die  Ganglienzellen 
eindringen  können.  Unter  normalen  Um.ständen  führen  sie  normale  Stofi- 
weclisi'lproduktie  davon  ab.  Ihre  Funktion  erfährt  aber  unter  pathologischen 
Umständen  eine  eriiebliche  Exazerbation  und  der  Glia  kommt  eine  große 
Rolle  zu  in  der  menschlichen  Pathologie,  wobei  sie  vielfach  einen  phago- 
zytären Charakter  aufweist,  namentlich  für  Scheidensubstanz  {MyelopJiagie) 
mid   Blutzellen  aber  auch  Ganglienzellen  gegenüber  {Neaironophagie). 

Außerdem  soll  der  Glia  (NACiEOTXE,  Mawas)  eine  sekretorische  Funktion 
zukommen,  indem  iiire  Mitochondrien  sicli  zu  Sekretkörneru  umbilden  können. 
Im  Rückenmark  ist  dies  allerdings  nicht  naciigewiesen,  wohl  im  Auge  und 
in  der  Epiphyse  (Vergl.  auch  Achuccarro). 

Neben  der  Glia  enthält  das  Rückenmark  zahlreiche  piale  Bindegewebs- 
septen,  welche  Blutgefäße,  größer  als  Kapillaren,  führen,  die  sich  außerhalb  der 
Septen,  namentlich  in  der  grauen  Substanz,  aber  auch  in  der  weißen,  in 
Kapillaren  aufsplittern. 

Es  handelt  sich  dabei  stets  um  Endkapillaren,  das  heißt  solche,  welche 
keine  kollateralen  Verbindungen  haben. 

Die  Gefäße  und  Kapillaren  sind  umgeben  von  weiten  perivaskulären 
Lymphräumen,  welche  sich  fortsetzeii  in  den  Lücken  der  Arachnoidalhaut 
und  deren  Perithelien,  wahrscheinlich  verwandt  sind  mit  der  endothelialen 
Bekleidung  der  Arachnoidea.  Wirkliche  Lymphgefäsze,  wie  sie  sonst  überall 
im  Körper  vorkommen,  liegen  in  dem  Rückenmark  (und  in  dem  Gehirn) 
nicht  vor. 

Die  Hüllen  des  Rückenmarkes  weisen  eine  l)edeutend  höhere  Differen- 
zierung auf  als  bei  den  Vögeln,  indem  das  Arachnoidalgewebe,  das  bei 
den  \^ögeln  kaum  anwesend  ist,  sich  bei  den  Säugern  zu  einem  mächtigen, 
spongiöseu  Sack  ausgebildet  hat,  welcher  aus  der  Meninx  secundaria  der 
niedern  Tiere  hervorgeht,  die  sich  hier  in  zwei  Abschitte  auflöst:  die  Pia 
Mater  und  die  Arachnoidea. 

Die  Pia  Mater  liegt  direkt  dem  Rückenmark  auf,  besteht  aus  mehr 
oder  weniger  fibrösen  Fasern  und  ist  reichlich  vaskularisiert. 

Ihre  au  dem  Nervensystem  (dessen  Membr.  limitans  gliosa)  grenzende 
Sehiclit:  der  Mend)rana  intima  Piae  (Held)  besteht  aus  endothelartigen 
Zellen,  welche  der  Membrana  limitans  gliosa  überall  folgen. 

In  der  Pia  kommen  bei  den  Säugern,  auch  bei  den  Menschen,  stellen- 
weise Pigmentzellen  vor. 

Die    Arachnoidea  i)    ist    eine  dvn-ch  Bindegewebstrabekeln  durclicjuerter 


')  In  der  Araohnoidea  werilen  iiiiinchinal  KalkkonUremente  gefunden,  die  sogai-  sehr 
KAPPr.ns.  .  15 


22ß  DIE    XICIIT-NERVÖSKN    nESTANDTEII.E    DES    RÜCKENMARKES 

spoiigiöser   Sack,    dessen   Wände    überall   mit   Endothelien    bekleidet   sind. 

Dns  innere  Blatt  jenes  spongiösen  Gewebes  liegt  auf  der  Pia,  das  äußere 
Blatt  is  weit  davon  entfernt  und  beide  fassen  den,  bei  den  Rodentiern 
weniger,  bei  den  Karnivoren  und  Primaten  sehr  weiten  Intrnarachnoidal- 
raum  zwischen  sich  (Key  und  Retzius). 

In  dem  Innenblatt  der  Arachnoidea  und  in  den  größeren  TraViekeln 
verlaufen  Blutgefäße,  ebenso  wie  in  der  Pia.  Diese  sowohl  wie  die  pialen 
Gefäße  kommunizieren  mit  den  Gefäßen  der  RückeuTnarkssepten,  während 
die  intraarchno'idalen  Räume  kontinu  sind  mit  den  'perivaskulären  Räumen,  des 
Markes,  sodaß  die  perivaskuläre  Lymphe  in  dem  Liquor  cerebrospinalis 
übergeht  und  umgekehrt. 

Hieraus  erklärt  sich,  daß  Sul>stanzen,  welche  in  dem  Intraarachnoidal- 
raum  injiziert  werden,  zurückgefunden  werden  in  den  perivaskulären 
Räumen  und  von  da  aus  das  Rückenmark  erreichen  können  (Goldmaxn) 
wenn  sie  (was  oft  nicht  der  Fall  ist)  die  Limitans  gliosa  passieren  können. 

Die  Flüssigkeit  des  Intraarachnoidalraumes  wird  wohl  als  Liquor  cere- 
brospinalis exicrnus  bezeichnet  gegenüber  dem  Inhalt  der  Hirnventrikel  und 
des  Zentralkanals,  der  als  Liquor  cerebro-spinalis  internus  bezeichnet  wird. 

Indessen  hat  dieser  Unterschied  hauptsächlich  eine  topographische 
Bedeutung  und  dürften  beide  Flü.ssigkeiten  im  we.sentlichen  dasselbe  sein, 
umsomehr,  als  an  den  Foramina  Magendi  und  Luschkae  (vergl.  das  folgende 
Kapitel)  des  vierten  Ventrikels  und  an  dem  Conus  terminalis  eine  Kon- 
tinuität dieser  Flüssigkeiten  besteht. 

Der  Licpior  eerebro-spinalis  enthält  nach  der  Analyse  vieler  Autoren 
nur  wenig  Eiweiß,  geringe  Salzquantitäten  und  SpuT'en  von  Dextrose.  Er 
unterscheidet  sich  von  der  Körperlymphe  durch  einen  geringeren  Gehalt 
an  Fettkörperchen  und  Lymphozyten. 

Der  Liquor  cerebro-spinalis  internus  bildet  sich,  ])hylogenetisc]i  und 
ontogenetisch,  zuerst  als  Transsudat  der  Kapillaren,  welches  durch  die 
gliösen  Grenzmembranen  und  durch  das  Chorioidepithel  und  Ependym  ein 
besonderes  Gepräge  erhält. 

Die  erste  Ausbreitung  der  ventrikulären  Flüssigkeit  in  den  perime- 
dullären Gewebsspalten  (also  die  Bildung  des  Liquor  cerebro-spinalis  externus) 
zeigt  sich  —  beim  Schwein  —  in  einem  Embryo  von  14  m.m.  (Weed) 
durch  die  Dachmembran  des  IV  Ventrikels. 

Beim  Rückenmark,  wo  Araclmoidalzotten  und  große  venöse  Sinusse 
fehlen,  wird  der  Liq.  cerebro-spinalis  ext.  nach  der  Meinung  der  meisten 
Untersucher   abgeführt  durch  die  intrafascikulären  (endoneuralen)  Lymph- 


reichlich   sein    können.    Ich   erinnere    niicb    eines   Falles,  wo    ilas   Marli    völlig   damit  ge- 
panzert war. 

Der  Mann  (er  starb  an  Pneumonie)  hatte  nie  Klagen  geäußert,  welche  auf  irgend  eine 
Reizung  des  Rückenmarkes  oder  deren  Häute  hinwiesen.  Nach  verschiedenen  Unteisuchern 
handelt  es  sich  dabei  um  verkalkte  Knorpelplättchen  (vergl.  KRäMEi),  Citvostek.  Z.\nda, 
Obersteiner). 


15KI    DKN    SÄIinKKX    TIN!)    DESSIOX    HÜLT,KN.  227 

spalten  der  Wuiv.eln.  Roi'eits  Key  uml  Retzh's  konnten  naclnveison,  daß 
eine  intraaraeluididale  FarbstolHnjektion  durelidringt  in  die  Lyniplisiialten 
dei-   Wurzeln  und  der  Intervertebralganglien. 

Im  Gehirn,  wo  nur  wenige  Wurzeln  vorkommen  und  dem  gegenüber  große  venöse 
Sinusse  und  Araehnoidalzotten  vorliegen,  wird  dasselbe  nach  den  Untersuchungen  von 
Quincke,  Reiner  und  Sciinitzler,  Spina,  Ziegleb,  Hill,  Lewandovtsky  und  Weed 
hanptsächlieh  durch  die  Sinusse  —  also  direlst  durch  die  Blutbahn  —  abgeführt. 
Nach  Goldmann,  Daxdv  und  Tir.ACKFAN  aber  sollen  hier  Kopflymphgefäße  den 
Hauptabfidirweg  bilden. 

Der  Intraarchnoidalraum  des  Rückenmarkes  setzt  .sieh  frontalwärts 
fort,  in  den  des  Gehirns,  namentlich  in  den  der  Hirnbasis.  Mit  dem  ent- 
sprechenden Raum  des  Kleinhirns  und  der  Konvexität  des  (4roßhirns  be- 
steht auch  eine  N^erbindun'o;.  Der  Übergang  darin  ist  jedoch  nicht  so  leicht 
als   an   der  Basis,  wie  Injectionsvei-suehe  beweisen  (Goldm.\nn,  Brot'wer). 

In  der  Dura  Mater,  welche  neben  Bindegewebe  elastische  Fasern  führt, 
sind  wieder  zwei  Blätter  zu  unterscheiden,  von  denen  das  innere  Blatt 
sieh  dem  Außenblatt  der  Arachnoidea  anlegt,  das  äußere  dem  Periost. 

Zwischen  den  beiden  Duralblättern  findet  sich  der  Jntraduralraum, 
der  ebenfalls  Endothelien  aufweist  (Sterzi)  und  in  dem  Rückenmarke  sehr 
klein  ist,  kleiner  als  im  (Tchirn. 

Der  Intraduralraum  kommuniziert  kaum  oder  nicht  mit  dem  Intraarach- 
noidalraum.  Stoffe,  in  den  letzteren  eingebracht,  erscheinen  nicht  in  dem  Intra- 
duralraum (Key  und  Retzius,  Weed,  Cushing).  Dagegen  kommen  manche 
Stoffe,  welche  in  den  Duralraum  eingebracht  sind,  wohl  in  den  Intra- 
arachnoidalraum. 

Es  handelt  sich  hier  also  um  eine  einseitige  Permeabilität  zwischen 
diesen  Räumen.  Den  Endothelzellen,  welche  die  verschiedenen  Häute,  nament- 
li(-h  auch  die  Arachnoidea,  beklei<len,  dürfte  dabei  eine    Rolle  zukommen. 

Zwischen  Pia  mater  und  Dura  mater  erstrecken  sich  die  Ligamenta 
denticulata,  mit  den  Wurzeln  der  Spinalnerven  alternierend,  durch  den 
Arachnoidalraum  hindurch. 

Die  Dura  mater  ist,  wie  die  Pia  mater,  reich  an  Gefäßen.  Peripherie- 
wärts  kommunizieren  dieselben  (wie  die  der  Pia)  mit  denjenigen  der  Ner- 
venwurzeln. Die  Dura  selber  geht  in  das  Perineurium  der  Wurzeln  über. 
perimeningealcs  Fettgewebe,  so  reichlich  bei  niedern  Tieren,  ist  nur  noch  in 
Spuren  vorhanden,  namentlich  in  der   Umgebung  des  Filums. 

Auf  dem  Filum  terminale  vereinigen  sich  die  drei  Hirnhäute  wieder 
zu  einer  gemeinsamen  Haut.  Hier  findet  sich  also  ein  Stehenbleiben  auf 
primitiveren  Verliältnissen,  ebenso  wie  in  dem  Zentralkaiial  des  Conus 
terminalis,  wo  die  \'erl('itung  des  dorsalen  Abschnittes  desselben  meist  aus- 
bleibt (S.  224). 


228       '  ÜBEKP.I.ICK    ÜBER    HTE    ORUAMSATION    tl.\n 


Überblick  über  die  Organisation  und  progressive  Entwicklung 
des  Rückenmarkes. 


Amphioxus. 

Überblicken  wir  jetzt  die  phylogenetische  Entwicklung  des  Rücken- 
marks dann  sehen  wir,  daß  in  dem  primitivsten  Zustande  (Amphioxus) 
die  Hinter-  und  Vorderwurzeln  in  ihrem  peripheren  Verlaufe  ganz  getrennt 
sind  und  alternierend  austreten,  indem  die  Hinterwurzeln  auf  dem  Niveau 
der  intermyotomalen  Septen,  die  Vorderwurzeln  etM^a  auf  der  Mitte  der 
Myotome  austreten. 

Die  Ursprungszellen  der  hier  noch  rein  somato-motorischen  Vorder- 
wurzeln, noch  nicht  mit  Sicherheit  lokalisiert,  liegen  anscheinend  nicht 
auf  dem  Niveau  des  Wurzelaustrittes,  und  man  muß  an  die  Möglichkeit 
denken,  daß  diese  Wurzeln  als  Kollateralen  von  Längsfasern  entstehen. 

Die  Hinterwurzeln  enthalten  drei  Faserarten:  erstens  somato-sensible 
Fasern  (für  die  Haut)  und  viszero-sensible  (für  die  Schleimhaut),  welche 
beide  nur  mit  freien  Ausläufern  enden. 

Außerdem  sind  darin  motorische  Fasern  für  die  viszerale  Muskulatui- 
enthalten. 

Die  Ursprungszellen  der  sensiblen  Fasern  sind  nocli  bipolar  und  liegen 
teilweise  (V3)  intramedullär,  teilweise  in  dem  extramedullären  Abschnitt 
der  Wurzel,  ohne  sich  dort  zu  einem  Spinalganglion  zu  liäufen.  Die  viszero- 
sensiblen  Fasern  verlaufen  im  Rückenmark  zentral  von  den  auf-  und  ab- 
steigenden Dichotomien  der  somato-sensiblen  Fasern. 

Als  sekundäre  Rückenmarkszellen  sind  an  erster  Stelle  die  dorso-medi- 
anen  Riesenzellen  zu  erwähnen,  deren  Lage  mit  den  Eintrittstellen  der 
sensiblen  Wurzeln  korrespondiert  und  deren  Axonen  ventrale  Kommissur- 
oder  Bogenfasern  bilden,  wovon  diejenigen  des  kaudalen  Rückenmark- 
abschnittes abwechselnd  rechts  und  links  frontal wärts  laufen,  diejenigen 
des  vorderen  Abschnittes  kaudalwärts,  ebenfalls  alternierend.  Es  handelt 
sich  hierbei  um  die  erste  sekundäre  Sensibilitätsbahn  für  vitale  (protopa- 
thische Reize),  deren  Reflexauslösung  meistens  negativer  Natur  ist. 

Außerdem  kommen  kleinere  Zellen  vor,  die  als  homolaterale  Strangzellen 
zu  deuten  sind. 

Anzestrale  Bildungen,  welche  unter  den  Vertebraten  nur  bei  Ampliioxus 
vorkommen,  sind  die  haartragenden  Sinnesnervenzellen  in  den  Tentakeln 
und  namentlich  die  Rückenmarksaugen,  die  haupsächlich  in  den  ersten 
und  letzten  Segmenten  des  Markes  sehr  zahlreich  sind. 


PKOGRESSIVE   ENTWICKLUNG    DES    KÜCKENMARKES.  229 


Zyklostomen. 

Das  Alternieren  der  motorischen  V^order-  und  gemisciiten  Hinterwur- 
zeln  ist  bei  den  Zyklostomen  noch  vorhanden.  Eine  Vereinigung  dieser 
Wurzeln  zu  einem  Stamme  findet  sich  nur  bei  den  Myxinoiden,  nicht  beim 
Neunauge. 

Die  graue  Substanz  beschränkt  sich  nicht  mehr  auf  den  Zentralkanal, 
sondern  zeigt  jederseits  ein  gemischtes,  motorisches  und  sensibles  Hörn, 
das  sich  seitlich  vom  Zentralkanal  ausdehnt  wie  zwei  Striche  ( — o— )  und 
u.  m.  die  Ursprungszellen  der  Vorderwurzeln  enthält. 

Diese  Zellen  liegen  auch  hier  fast  nie  auf  dem  Niveau  des  Wurzel- 
austrittes. Ihre  Dendriten  dehnen  sich  in  einer  Fläche  aus,  welche  quer 
auf  den  zahlreichen  marklosen  Längsfasern  des  Rückenmarks  steht,  wahr- 
scheinlich infolge  der  irradiativen  Reizausstrahlung  der  Längsfasern  des 
Rückenmarkes,-  welche  bei  diesem  Tiere  nocli  gänzlich  marklos  sind. 

Diese  Dendriten  enden  teilweise  auf  den  MüLLER'schen  Fasern,  stellen 
aber  größtenteils  ein  marginales  Dendritennetz  dar,  zu  dessen  Bildung 
vielleicht  auch  trophische  Verhältnisse  beitragen. 

Die  Hinterwurzeln  enthalten  auch  hier  neben  somato-  und  viszero- 
sensiblen  Fasern,  viszero-motorische  Komponenten. 

Von  den  somato-sensiblen  Fasern,  die  auch  bei  den  Zyklostomen  (wie 
bei  Amphioxus)  nur  freie  Eindigungen  in  der  Haut  besitzen,  entsteht  nur 
noch  Vs  aus  intramedullären  Zellen,  die  übrigen  gehen  aus  extramedul- 
lären, meistens  noch  bipolaren  (langlienzelleu  hervor. 

Die  zentralen  Ausläufer  der  letztgenannten  Zellen  dichotomisieren  sich 
teilweise  im  dorso-lateralen  Abschnitt  des  Rückenmarks  und  treten  durch 
Kollateralen  mit  der  grauen  Substanz  der  Hörner  und  mit  dem  marginalen 
Dendritennetz  in  Verbindung.  Die  viszero-sensiblen  Fasern  enden  zen- 
tral davon. 

Die  Lage  der  Ursprungszellen  der  viszero-motorischen  Fasern  ist  uns 
ungenügend  bekaiuit. 

Die  sekundären  Systeme  sind  hier  bedeutend  mehr  entwickelt  als  bei 
Amphioxus.  Darunter  sind  an  erster  Stelle  die  ventralen  Bogenfasern  der 
primitiven  sekundär  sensiblen  Bahn  zu  erwähnen,  welche  als  Homologa 
der  Riesenzellen  von  Amphioxus  betrachtet  werden  müssen,  aber  viel  zahl- 
reicher sind. 

Sie  verlaufen  im  Vorderseitensti-ang  und  können  sich  frontalwärts 
in  die  Oblongata  ausdehnen. 

Daneben  kommen  gleichseitige  Strangfasern  vor,  deren  Axonen  haupt- 
sächlich in  den  dorsalen  und  lateralen  Strängen  verlaufen  und  überwiegend 
als  kurze  intersegmentale  Schaltneuronen  zu  deuten  sind. 

Auch  das  Rückenmark  der  Zyklostomen  ist  noch  fast  gänzlich  ein 
Lokalapparat. 


230  ÜÜEKBLICK    ÜliEK    DIE    ORGANISATION    UND 

Das  einzige  SysteiD,  das  ilim  Reize  aus  frontalen  Hirnabschnitten 
übermittelt,  wird  von  den  MüLLER'schen  Fasern  gebildet,  welche  aus  dem 
Mittelhirn  und  der  Oblongata  stammen  und,  das  ganze  Mark  durchziehend, 
erst  im  Schwanziuark  enden.  Die  sie  durchlaufenden  Reize  üben  aber  auch 
einen  (irradiativen)  Einfluß  auf  die  Zellen  des  übrigen  Rückenmarks  aus. 
Daneben  erhält  das  Mark  kleinere  absteigende  Bahnen  aus  den  retikulären 
Zellen  der  Oblongata. 

Plagiostomen. 

Erst  das  Rückenmark  der  Plagiostomen  bildet  durch  die  Markumschei- 
duug  seiner  Fasern,  die  Anordnung  seiner  grauen  Substanz  und  die  kon- 
stante Verbindung  der  Hinter-  und  Vorderwurzeln  das  Prototyp  für  das 
Rückenmark  der  höheren  Tiere. 

Von  der  Vereinigungsstelle  der  \'ordei-  und  llinterwurzeln  geht  ein 
symi^hatischer  Ast  zu  den  Eingeweiden  und  Gefäßen,  bildet  aber  noch 
keinen  sog.  „Grenzstrang". 

Im  frontalen  Abschnitt  des  Rückenmarkes  besteht  ein  erheVilicher  Un- 
terschied in  dem  Umfang  der^^order-  und  Hinterwurzeln,  indem  die  letzteren 
dort   sehr   klein   sind   und  ganz  frontal  fehlen  (spino-occipitale  Nerven). 

Diese  frontalsten  Rückenmarkswurzeln  werden  als  okzipitale  Nerven 
bezeichnet  und  sind  bei  der  kaudalen  Vergrößerung,  welche  der  Schädel 
der  Plagiostomen  (Neokranium)  im  ^^ergleich  zu  demjenigen  der  Zyklo- 
stomen (Paläokranium)  erfahren  hat,  darin  aufgenommen  worden  (erste 
oder  protometamere  Assimilation  von  Rückenmarkswnrzeln). 

Das  eigentliche  Rückenmark  und  dessen  Nerven  sind  ziemlich  gleich- 
artig gebaut,  weil  Lumbal-  und  Zervikalanschwellungen  hier  noch  fehlen. 

Der  gemischte  motorisch-sensible  zweiflügelige  Typus  der  grauen 
Substanz,  wie  er  bei  den  Zyklostomen  vorliegt,  wobei  kein  Hinter-  und 
Vorderhorn  zu  unterscheiden  ist,  erfährt  bei  den  Plagiostomen  zuerst  eine 
Differenzierung  zu  einer  vierflügeligen  Form,  indem  die  graue  Substanz'  sich 
jederseits   in  ein  hinteres  sensibles  und  vorderes  motorisches  Hörn  trennt. 

Der  sensible  Abschnitt  unterscheidet  sich  (namentlich  bei  Haien)  von 
dem  vorderen  motorischen  Abschnitt,  indem  ihre  linke  und  rechte  Seite 
mehr  oder  weniger  verschmolzen  sind,  während  ventral  immer  zwei  deut- 
lich getrennte  Hörner  vorkommen. 

Die  VordcTwurzeln  entstehen  ungekreuzt  aus  Zellen,  welciie  auch  hier 
meistens  nicht  auf  dem  Niveau  des  Wurzelaustrittes  liegen.  Ihre  Dendriten 
bilden,  wie  bei  den  Zyklostomen,  einen  marginalen  Plexus,  namentlich  an 
der  lateralen  Peripherie  des  Markes. 

Vielleicht  enthalten  die- Vorderwurzeln  neigen  somato-motorischen  auch 
viszero-motorische  Fasen  i . 

Die  Hvnterwurzc'hb  cnllialten  jedenfalls  neben  somato-sensiblen  und 
viszero-sensiblen  Fasern  auch  viszero-motorische  Fasern. 


l'Rt)ÜUESSn'E    KNTWICKIJ'NC;    HKS    IIÜCKKN'MARKKS.  231 

Von  den  sensiblen  Fasern  stellt  nur  bei  Embryonen  noch  ein  Teil 
liervor  aus  intramedullären  Zellen.  Beim  ausgewachsenen  Tier  finden  alle 
ihren  Ursprung  in  den  extramedullären  Spinalganglienzellen. 

Zentral  enilet  ein  Teil  der  Uinterwitrzelfasern  in  dem  dorsalsten  Ab- 
schnitt des  Hinterliornes,  ein  anderer  l^eil  verläuft  als  Längsfasern  in 
auf-  und  absteigenden  Bündeln,  welche  dieses  Hörn  durchlöchern. 

Eine  dorso-mediale  Anliäufung  davon  zu  eigentlichen  sensiblen  Hinter- 
strängen fehlt  aber  bei  diesen  Tieren,  und  eine  Akkumulation  von  Hinter- 
wurzelfasern an  der  Übergangsstelle  von  Oblongata  und  Rückenmark  und  eut- 
sprechenile  Hinterstrangkerne  kommen  bei  den  Plagiostomen  noch  niclit  vor. 

Der  Hinter\vurzel-\^orderhornreflex  wird  vermittelt  durch  grolie  Den- 
driten von  A'orderhornzellen,  die  sich  liis  in  die  graue  Substanz  des  Hin- 
terhornes  verästeln  und  mit  KoUateralen  oder  Endigungen  von  Hinter- 
wnrzelfasern  in   Verliindung  treten  {primitive  sensitivo-tnotorische  Reflexbahn). 

Unter  den  sekundären  sensiblen  Neuronen  sind  die  Bogenfasern  der 
primitiven  vitalen  sekundären  Sensibilitätsbahn  außerordentlich  zahlreich 
und  begeben  sich  an  der  entgegengesetzten  Seite  in  den  Vorderseitenstrang, 

Ein  Anzahl  davon  —  namentlich  aus  dem  Zervikalmark  —  steigt  bis 
in  die  Oblongata  und  bis  zum  Mittelhirn  empor  (Tr.  spiuo-bulbaris  und 
Tr.  spino-mesencephalicus). 

Die  gleichseitigen  Strangjasern  sind  ebenfalls  stark  verinehrt  und  bilden 
Bündel,  welche  in  den  Vorderstrang  verlaufen  und  solche  in  den  dorsalen 
und  den  lateralen  Strängen,  meistens  absteigend,  so  daß  der  aborale  Reflex 
darin  überwiegt. 

Auch  hierunter  gibt  es  indessen  Fasern,  die  weit  frontalwarts  zielien 
(Tr.  spino-cerebellaris). 

Das  Rückenmark  dieser  Tiere  wird  außerdem  von  einer  viel  größeren 
Anzahl  Systeme  aus  höher  gelegenen  Zentren  beeinflußt,  als  dasjenige  der 
Zyklostomen. 

Solche  Bahnen  entstehen  hauptsächlich  in  den  (Tleichgewichtszentren 
und  retikulären  Zellen  dei'  Oblongata  und  übermitteln  dem  Rückenmark 
Reize  der  N.  X.  V,  vestibularis,  und  laterales  und  des  Kleinhirns. 

Direkte  Fasern  aus  dem  Tectum  opticum,  den  Lobi  inferiores  und  der 
Mittelhirnbasis  sind  nicht  nachgewiesöin,  aber  Bahnen  aus  diesen  Zentren 
steigen  in  die  Oblongata  bis  zum  Anfang  des  Rückenmarkes  ab,  wo  ihre 
Reize,  korreliei't  mit  andern  Reizen,  mittels  retikulärer  Elemente,  deren 
Axonen  ein  „final  common  path"  verschiedener  .Empfindungen  darstellen, 
auf  das  Rückenmark  übertragen  werden. 

Teleostier. 

Bei  allen  Telcostiern  weist  das  Mark  in  seinem  frontalen  Abschnitt  im 
Vergleich  zu  dem  der  Plagiostomen  eine  Reduktion  auf  durch  den  Verlust 
der  okzipitalen  und  okzipito-spinalen  Nerven. 


2o2  ÜISERliLIl'K    ÜBER    DIE    UKUAMSATION    UND 

Dadurch  folgen  wirkliche  spinale  Nerven  mit  gut  ausgebildeten 
Hinterwurzeln  direkt  auf  die  Branchialnerven  der  Oblongata.  Dieselben 
liegen  sogar  teilweise  innerhalb  des  Schädels  (auximetamere  Assimilation). 
Eine  zweite  Reduktion,  welche  das  kaudale  Rückenmark  betrifft,  kommt 
nicht  bei  allen  Teleostiern  vor,  doch  ist  bei  den  Plektognaten  sehr  auflal- 
lend (namentlich  bei  Orthagoriscus  und  Lophius),  wo  ein  großer  Abschnitt 
des  Vertebralkanals  nur  längsverlaufende  Wurzelfasern  (Cauda  e(iuina)  und 
das  Filvmi  terminale  des  Rückenmarks  enthält. 

Diese  kaudale  Reduktion  liängt  mit  der  starken  \'erkümmerung  des 
hintern  Körperahschnittes  jener  Tiei'e  zusammen. 

Peri{)her  von  der  A^ereinigungsstelle  der  Vorder-  und  Hinterwurzeln 
(außerhalb  des  Vertebralkanals)  1)ilden  die  Rami  coramunicantes  des 
Sympathikus  hier  zuerst  einen  wirJdichen  Grenzstraiig. 

Die  Ursprungszellen  der  moturlschen  Wurzeln  reichen  bedeutend  ven- 
traler als  bei  den  Plagiostomen,  durch  den  überwiegenden  Eintluß  ven- 
traler Refiexsysteme  (Neurobiotaxis). 

Dadurch  kann  man  in  ihnen  oft  eine  dorso-mediane  und  eine  ventru- 
laterale  Gruppe  unterscheiden.  Ihre  Dendriten  bilden,  wie  bei  allen  Fischen, 
einen   marginalen    Plexus,    namentlich    an    der  lateralen  Seite  des  Markes. 

Die  Vorderwurzeln  enthalten  hier  neben  .somato-motorischen  Fasern 
bereits  eine  große  Anzahl  viszero-motorischer  Fasern  (praeganglionäre  oder 
Wurzelfasern  des  Sympathicus),  die  ihren  ursprünglichen  ^"e^lauf  durch 
die  Hinterwurzeln  teilweise  hierin  verlegten. 

Bei  einigen  Teleostiern  (Malopteriirus  und  Gyiuuotus,  wahrscluinlifb  auch 
Mormyi'us)  sind  mütorische  Zollen  zu  Ursprungszellen  von  elektrischen  Nerven 
geworden.  Bei  (xymnotus  handelt  es  sich  dabei  um  somato-motorische  Zellen 
dat  das  elektrische  Organ  hier  aus  Somiten  entsteht),  bei  Malopterurus  um  viszero- 
(moorische  Zellen  (elektrisches  Hautorgan). 

Die  Hinierwurzeln  der  Knochenfische  enthalten  noch  die  drei  üblichen 
Komponenten:  somatosensible,  viszero-sensible  Fasern  und  (wenige)  viszerö- 
motorisclie  Fasern. 

Die  erstgenannten  Fasern  entstehen  bei  vielen  ausgewachsenen  Teleos- 
tiern, im  Gegensatz  zu  den  Plagiostomen,  teilweise  noch  aus  intramedullären 
Zellen,  die  entweder  über  das  ganze  Rückenmark  vorkommen,  oder  nur 
im  Zervikalmark. 

Die  zentralen  Ausläufer  dieser  Zellen  lassen  sich  frontalwärts  bis  zu 
der  deszendierenden  Trigeminuswurzel  verfolgen. 

Die  Mehrheit  der  Hinterwur/.eln  wird  aber  von  extramedullären  spinalen 
Ganglienzellen  gebildet. 

Die  zentralen  Ausläufer  dieser  Spinalganglienzellen  treten  namentlich 
seillich  von  der  grauen  Substanz  der  Hinterhörner  ein  und  teilen  .sich  dort 
in  auf-  und  absteigende  Aste,  welche  in  dem  hintern  Abschnitt  der  Seiten- 
stränge verlaufen. 


rUÜUKESSIVK    KNTWlCKI.I'Ni;    DICS    lliuilCKN  M  AKKKS.  23o 

Durch  diesen  überwiegend  seitlichen  Verlauf  der  Hinterwurzelfasern 
sind  die  eigentlichen  Hinterstränge  sehr  klein  und  bestehen  sie  haupt- 
sächlich, aus  deszendierenden  Neuronen  von  Strangzellen,  welche  aborale 
ReHexe  übermitteln. 

Die  aufsteigenden  endogenen  Faseni  leiten  die  primitive  vitale  Sen- 
sibilität und  entstehen  aus  Bogenfasern  und  aus  lioinolatcralen  Strang- 
fasern. 

Die  Bogenfasern  verlaufen  nach  der  Kreuzung  erst  eine  k\nze  Strecke 
im  Vorderstrang  und  gehen  dann  in  den  Seitenstrang  über. 

Ein  Teil  derselben  erreicht  die  (Jblongata  und  das  Mittelhirn,  nament- 
lich .solche  aus  dem  Zervikalmark:  Tr.  spinn-bulbaris  und  spino-nie.sen- 
cephalicus  oder  antero-laterale  primitive  Sensibilitätsl)ahn  Edingek's. 

Die  gleichseitigen  Strangfasern  verhalten  sich  wie  bei  den  Selachieni. 
Ein  Teil  davon  bildet  einen  Tr.  spino-cerebellaris  (dorsalis). 

Bei  einigen  Teleostiern  sind  die  Hinterhörner  im  Halsmark  stark  ver- 
größert, infolge  einer  Hj'pertrophie  der  Taktilität  in  dem  Gebiete  der 
entsprechenden  peripheren  sensiblen  Nerven:  namentlich  bei  Trigla  und 
Lophius  ist  dies  sehr  auflallend. 

Diese  dorsalen  grauen  Massen  sind  jedocli  nicht  mit  Hiuterstrang- 
kernen  zu  vergleichen,  weil  sie  nur  eine  lokale  Bedeutung  haben. 

Bei  diesen  Tieren  kann  außerdem  in  dem  dorsalen  Seitenstrang  ein 
Kern  vorkommen.  (Nurleus  fuiiiculi  lateralis),  der  nur  aufsteigende  Fasern 
aus  dem  Halsmark  aufnimmt  und  sekundäre  Neuronen  zur  Oblongata, 
Mittelhirn  und  Kleinhirn  sendet,  also  auch  nicht  mit  den  Hinterstrang- 
kernen der  Säuger  zu  homologisieren  ist. 

Die  aus  frontalem  Hirnabschnitten  dem  Rückenmark  zuströmenden 
Fasern  sind  bei  den  Teleostiern  denjenigen  der  Plagiostomen  ähnlich.  Wie 
dort  handelt  es  sich  dabei  überwiegend  um  optische,  trigeminale  und 
C4eruchsrefiexe,  welche  ihm  mittels  Koordination.skernen  der  Oblongata  über- 
tragen werden. 

Neben  den  vestibulo-spinalen  Bahnen  fällt  namentlich  die  dicke  Malth- 
NER'.sche  Faser  in  der  Nähe  des  Fasciculüs  longitudinalis  centralis  auf, 
welche  ein  Korrelat  verschiedener  Oblongatareßexe,  optische,  Lateralis-  und 
Trigeminus- Reize,  namentlich  aber  Vestibulai'-reflexe  auf  die  Schwanzregion 
des  Rückenmarkes  überträgt:  ein  typisclies  Beispiel  einer  gemeinschaft- 
lichen Endbahn  multipler  Reize  („Final  common  path"). 

Daneben  kommen,  bis  jetzt  bei  den  Selachiern  nicht  nachgewiesene, 
absteigende  sekundäre  Geschmacksbahnen,  deren  Endigungen  aber  auf  den 
Anfang  des  Zervikalmarkes  beschränkt  bleiben. 

Die  Zephalisation  des  Rückenmarkes  ist  hier  also  woiil  etwas  weiter 
geschritten  als  bei  den  Haien,  beschränkt  sich  aber  noch  auf  indirekte 
Mittelhirn-  und  direkte  Nachhirn  reize. 


234  ÜBERBLICK    ÜBER    DIE    ORGANISATION     UNI) 

Amphibien. 

Auch  das  Rückenviark  der  AmpJiibien  zeigt  eine  große  Keduktiou  im 
Vergleich  zu  dem  der  Plagiostomen,  dem  es  sonst  in  seinem  histologischen 
Aufl)au  sehr  ähnlich  ist. 

Anstatt  der  zahlreiclien  okzipitalen  und  ükzi})ito-s{>inalen  Wurzeln  jener 
Tiere  findet  man  hier  bloß  einen  Nerv  dieser  Art,  der  sich  dem  11''®° 
Spinalnerven  zugesellt  und  den  N.  hypoglossus  bildet. 

Auch  der  erste  Spinalnerv  fehlt  und  die  Zahl  der  übrigen  wirklichen 
Rückenmarksuerven  beträgt  nur  zehn  oder  elf  (gegen  manchmal  100  bei 
den  Haien). 

Bei  der  Larve  des  Frosches  und  bei  geschwänzten  Amphibien  kommen 
indessen  viel  mehr  Nervenwurzeln  vor,  weil  auch  deren  Schwanz  inner- 
viert wird.  Erst  bei  der  Reduktion  desselben  gehen  diese  Wurzeln  verloren 
und  wird  der  hintere  Abschnitt  des  Markes  in  ein  atrophisches  Filum 
terminale  umgewandelt. 

Eine  besondeie  Eigentümlichkeit  ist,  daß  hier  zuerst  eine  Lumbal- 
und  Zervikalanschwellung  auftreten,  entsprechend  der  starcken  Entwick- 
lung der  Extremitäten. 

Die  ventralen  Wurzelfaseni  (welche  bei  Embryonen  bloß  KoUateraleu 
von  längsverlaufenden  Fasern  sind)  werden  bei  ausgewachsenen  Amphibien 
in  der  üblichen  Weise  von  den  A.xonen  ventraler  Wurzelzellen  gebildet. 
Man  kann  in  diesen  Zellen  eine  medio-ventrale  Säule  unterscheiden,  welche 
sich  durch  das  ganze  Rückenmark  erstreckt,  und  laterale  Gruppen,  welche 
sich  namentlich  in  den  Intuineszenzen  finden  und  der  Innervation  der 
Extremitäten  dienen. 

Das  marginale  Dendritennetz,  welches  aus  diesen  Zellen  und  andern 
Elementen  der  Vorderhörner  hervorgeht,  dehnt  sich  fast  über  die  ganze 
Peripherie,  namentlich  aber  über  deren  ventro-laterale  und  laterale  Ab- 
schnitte aus,  wie  bei  den  Haien. 

Sensible  Wurzelfasern  aus  intramedullären  Zellen  kommen,  wie  bei  den 
Haien  und  Rochen,  nur  während  des  larvalen  Lebens  vor.  Sie  senden 
einen  peripheren  Ausläufer  zu  der  Haut  und  zu  den  Muskeln  (Muskelsen- 
sibilität). 

Im  ausgewachsenen  Zustande  sind  diese  Zellen  verschwunden  und 
geschieht  die  Sensibilitätsleitung  bloß  durch  Ausläufer  von  extramedullären 
Ganglienzellen. 

Die  zentralen  Portsätze  davon  bilden  zwei  Bündel.  Ein  laterales  zieht 
in  die  Zona  marginalis  der  Hinterhörner. 

Ein  größeres  mediales  verläuft  in  den  Hintersträngen. 

Die  Ausbildung  dieser  Hinterstränge  hat  zu  Folge,  daß  die  sensiblen 
Hintorhürner  auseinander  gedrängt  werden  und  das  Rückenmarksgrau  nun 
mehr  die  Form  eines  X  aufweist. 

Die  sensitivo-motorisclien  Reflexe  (beim  nicht  ausgewachsenen  Frosch 


rK()(;RESSIVE    ENTWICKLUNCi    DICS    KUCKE.N.M AHKE.S.  loD 

noch  veniüttelt  durch  lange  Dendriten  der  motorischen  Zellen)  werden  beim 
ausgewachsenen  Frosch  (zuerst  in  der  Phylogenese)  ermittelt  durch  lange 
sensitivo-motorische  Kollateralen  der  Hinterstränge,  welche  bis  in  die 
\'orderhörner  reichen. 

Nach  Abgabe  derselben  steigen  die  Hinterstränge  weiter  auf  (und  ab). 

Obschon  die  Auseinanderdrängung  der  Hinterhörner  durch  die  dorso- 
medialen  Hinterstrangfasern  zwar  im  Zervikalmark  starker  ist  als  im  Dorsal- 
und  Lumbaimark,  dürfen  wir  daraus  nicht  schließen,  dal)  die  Hinterwurzel- 
fasern  selber  sich  bereits  bedeutend  im  vordem  Abschnitt  des  Rückenmarkes 
akkumulieren,  weil  im  Zervikalmark  des  Frosches  viele  sensible  Trigeminus-, 
\'estibularis-  imd  Vagu.sfasern  dazu  kommen. 

Wirkliche  Hinterstrangkerne  sind  hier  denn  auch  nicht  nachge- 
wiesen (ebenso  wenig  wie  eine  mediale  Schleife  zum  Thalamus),  und  die 
aus  dem  Rückenmarke  und  namentlich  aus  dem  oljern  Zervikalmark  auf- 
steigende sekundäre  sensible  Leitung  besteht  noch  überwiegend  aus  ge- 
kreuzten spino-bulbären  und  spino-mesenzephalen  (EoiNGER'schen)  Fasern  des 
primitiven  Berührungssinnes,  des  Temperatur-  und  Schmerzsinnes  (vitale 
Sensibilität),  was  mit  der  Tatsaclie  übereinstimmt,  daß  auch  in  der  Peri- 
pherie des  Körijers  fast  nur  unkomplizierte  sensible  Rezeptoren  vorhan- 
den  sind,    wie  bei  Ftschen. 

Wie  bei  Haien  und  Knochenfischen  kow.men  ünch  hiev  spino-zerchellare 
Bahnen  vor  (namentlich  im  Zervikalmark),  welche  ungekreuzt  entstehen. 
Das  System  ist  indessen  nur  klein. 

Die  übrigen,  kurzen  sekundären  Bahnen  sind  bei  den  Amphibien 
annähernd   wie  bei  den  Fischen. 

Die  zum  Rückenmark  absteigenden  Bahnen  sind  vermehrt  durch  W'urzel- 
fasern  der  Y,  Ylll  und  X  (s.  o.),  sodaß  die  Funktionen  des  Rückenmarkes 
beim  P>osch  stark  beherrscht  werden  von  Kopfnerven,  namentlich  vom 
Trigeminus,  der  bis  zum  Lumbaimark  absteigt, 

Reptilien. 

Bei  den  BeptiUeu  zeigen  sich  Veränderungen,  welche  als  ^'orstufe  der 
Organisation  des  Säugermarkes  betrachtet  werden  können. 

\'ün  demjenigen  des  Frosches  unterscheidet  sieh  das  Rückenmark 
dieser  Tiere  dadurch,  daß  es  sich  durch  den  ganzen  \^ertel)ralkanal  erstreckt 
und  nicht  in  ein  atrophisches  Filum  terminale  endet,  was  mit  der  Per- 
sistenz der  metameren  Schwanzmuskulatur  zusammen  hängt.  Sonst  zeigen 
die  einzelnen  Ordnungen  dieser  Klasse  große  Verschiedenheiten. 

Makroskopisch  kann  man  drei  Rückenmarkstypen  unterscheiden : 
1.  denjenigen  der  Eidechsen  und  Krokodilier,  welche  beide  Rumj)f-  und 
Gliedmaßenmuskulatur  besitzen;  2.  denjenigen  der  Schlangen,  wo  nur 
Rumpfmuskulatur  vorluinden  ist;  3.  denjenigen  der  Schildkröten,  wo  keine 
thorakale  Rumiifmuskulatur,  aber  wohl  Hals-,  Schwanz-  und  Gliedmaßen- 
muskulatur vorkommt. 


2ot>  ÜliEKBLirK     ÜKliK    DIK    ORGANISATION    UND 

'  Die  erste  Gruppe  zeigt  ein  überall  gut  entwickeltes  Mark  mit  Zervi- 
kal- und  Lumbalanschwelluugen,  die  zweite  weist  keine  Lumbal-  und  Zer- 
vikalansehwellungen  auf,  und  bei  der  dritten  ist  das  Rückenmark  in  der 
Thorakalregion  auffallend  dünn. 

Die  Vorderhörner  —  in  den  Anschwellungen  mit  motorischen  Zellen 
für  die  Extremitätenmuskeln  beträchtlich  vermehrt  —  enthalten  außer 
motorischen  Vorderwurzelzellen  auch  Hinterwurzelzellen,  sog.  Lenhossek- 
'schen  Zellen,  welche,  in  dieser  Große  und  Lage,  zuerst  bei  den  Reptilien 
auftreten.  Es  liandelt  sich  dabei  um  viszerale,  wahrscheinlich  sympathische 
Zellen,  die  sich  (hirch  ihre  Ijesondere  Größe  von  den  üblichen  Sympathikus- 
zellen unterscheiden  und  namentlich  (nur?)  im  Zervikalmark  vorkommen  i). 

Das  marginale  Dendritennetz  ist  bei  ausgewachsenen  Reptilien  sehr 
verkleinert,  vielleicht  treten  an  ihrer  Stelle  die  sog.  Randkerne  (Nuclei 
■marginales)  auf,  welche  (am  deutlichsten  l)ei  den  Krokodiliern)  am  lateralen 
Rande  des  Rückenmarkes  liegen,  wo  der  marginale  Dendritenplexus  liei 
niederen  Tieren  am  längsten  erhalten  bleibt.  Sie  können  sympathischer 
Natur  sein  (verlagerte  LENHOSSEK'sche  oder  sekundäre  sympathische  Zellen?) 
oder   —  was  wahrscheinlicher  i.st  —  Bogenfaserzellen. 

Was  die  Hinterivurzeln  dieser  Tiere  anbelangt,  kommen  nur  im  larvalen 
Zustande  noch  intramedulläre  Ganglienzellen  vor.  Diese  verschwinden 
aber  bald. 

Die  zentralen  Ausläufer  der  definitiven,  extramedullären,  Ganglienzellen 
zeigen  verschiedene  \^erhältnisse,  je  nach  der  Tierklasse. 

Bei  den  Eidechsen  ist  ihr  Verhalten  demjenigen  der  Amphibien  ähnlich, 
indem  die  Hinterwurzelfasern  dort  größtenteils  in  den  Hintersträiigen, 
teilweise  in  der  Zona  marginalis  der  Hinterhörner  verlaufen.  Dabei  gibt 
das  größere,  mediale  Hinterstrangbündel  die  sensitivo-motorisehen  Kollate- 
ralen zu  den  Vorderhörnern  ab. 

Bei  Schildkröien  und  Schlangen  finden  wir  ein  Verhalten,  welches  an 
die  Teleostier  erinnert,  weil  viele  Hinterwurzelfasern  hier  in  dem  hinteren 
Abschnitt  der  Seitenstränge  verlaufen.  Dieses  Bündel  ist  keine  Abspaltung 
oder  Vergrößerung  des  marginalen  Bündels,  sondern  vielmehr  ein  verla- 
gerter Abschnitt  des  medialen  Hinterstrangbündels,  weil  es,  wie  dieses, 
die  sensitivo-motorisehen  KoUateralen  zu  den  Vorderhornzellen  abgibt. 

Die  Zahl  der  aufsteigenden  Hinterwurzelfasern  ist  bei  allen  Reptilien 
erheblich  vermehrt  im  Vergleich  zu  den  Amphibien. 

Audi  treten  zuerst  Hinterstrang  kerne  auf,  wovon,  sei  es  auch  sehr  wenige, 
mediale  Schleifen  fasern  zum  Zwischenhirn  ziehen. 

Da  wir  aus  dem  Verhalten  bei  den  Säugern  wissen,  daß  die  mediale 
Schleife,    die    feineren    — •    gnostischcn   —    Empfindungen  des  Körpers  zum 


')  Beccahi  ist,  geneigt,  ihnen  eine  Rolle  bei  ilm-  zervil^alen  Vergrößerung  des  N. 
accessorius  beizumessen,  eine  interessante  .\uffassung,  die  Berücksiclitigung  verdient,  aber 
bis  jetzt  unbewiesen  ist. 


PRCIfiKKSSIVE    KNTWK'K'l.rNti    HKS    RÜrKTCNNr  A  R,K  RP.  237 

'riuilaiuus  führt,  können  wir  hieraus  seiiHessen,  dali  nehen  der  priautiven 
vitalen  spino-niesenzephalen  Projektion  hier  (zum  ersten  Male  in  der  Phylo- 
genese) eine  Projektion  höherer  Sensihilitätsqualitäten  vorkommt  (stereo- 
gnostischer  Sinn:  s.  u.)-  Diese  zentrale  Veränderung  läuft  parallel  zu  der 
Entwicklung  von  zusammengesetzten  sensiblen  Endorganen  {Patiinsclie  Kör- 
perchen  u.  A),  in  der  Peripherie,  wovon  wir  annehmen  dürfen,  nacii  Analogie 
von  dem,  was  wir  davon  hei  den  Siuigern  wissen,  dal!  sie  eine  li(")liere 
{gnostiscJie  oder  epikritlsclie)  Sensibilität  (s.  u.)  führen. 

Diese  steht  ihrerseits  wieder  im  Zusammenhang  mit  dem  Landleben, 
wobei    an    den    Haut-   und    Gelenksinn  höhere  Ansprüche  gestellt  werden. 

Bezüglich  der  sonstigen,  sekundären  Fasern  des  Rückenmarkes  dieser 
Tiere,  der  gekreuzten  vitalen  Sensibilitätsbalin  und  des  homolateralen  spino- 
/.erebellaren  Systeines,  liegt  wahrscheinlich  kein  prinzipieller  Unterschied  mit 
dem    Frosche  vor,  nur  sind  sie  gnlßer,  namentlich  das  zerebellare  System. 

Die  frontale  Beeinflussung  des  Rückenmarkes,  findet  nicht  (wie  beim 
Frosch)  durch  soviele  absteigende  Wurzelfasern  statt,  vielmehr  durch 
sekundäre  und  tertiäre  Bahnen  aus  Mittelhirn  und  Oblongata.  Ein  direk- 
ter Einflnli  vom  ^''orderhirn  liegt  hier  noch  nicht  vor. 

Vögel. 

Das  Ruckenmark  der  Vögel  unterscheidet  sich  makroskopiscli  von  dem- 
jenigen der  Reptilien  durch  die  große  Länge  des  Zervikalmarkes  und  durch 
den  Besitz  eines  Sinus  lumbo-sacralis,  einem  mit  halb-flussig-transparantem 
gliösem  Gewebe  ausgefüllten  Raum,  zwischen  den  Hintersträngen  des 
Lumbo-sakralmarks,  welche  offenbar  durch  die  seitliche  Verlagerung  der 
Hinterhörner  (infolge  der  starken  Hinterwurzelfaserzufnhr  in  diesem  Ge- 
biet?) entstanden  ist  (s.  Kap.  III:  die  Bildung  des  vierten  Ventrikels). 

Zervikal-  und  Lumbalanschwullungen  fehlen  nie.  Bei  den  Laufvögeln 
ist  die  Lumbo-sakralanschwellung  die  größere,  bei  exquisiten  Fliegern  die 
Zervikalansch  wellung. 

Die  Vorderwurzeln  sind  etwas  dicker  als  die  Hinterwurzeln,  und  die 
Vorderhörner  umfangreicher  als  die  Hinterhörner,  namentlich  bei  den 
Laufvögeln. 

In  den  Vorderhörnern  lassen  sich  deutlich  mediale  und  laterale  Zell- 
gruppierungen unterscheiden,  erstere  für  die  Stammuskulatur,  letztere 
für  die  Extremitäten.  Beim  Strauß  sind  letztere  namentlich  in  der  Intu- 
mescentia  lumbalis  sehr  vermehrt,  bei  den  andern  Vögeln  in  der  Zervi- 
kalanschwellung,  weil  von  da  aus  der  Hauptmuskel  der  Flügel  (M.  pecto- 
ralis  major)  innerviert  wird. 

Ein  marginaler  Dendritenplexus  kommt  nur  noch  vor  bei  Embryonen. 
Wie  beim  Krokodil  findet  man  auch  liier  bei  ausgewachsenen  Tieren  an 
dem  antero-lateralen  Randabschnitt  die  Nuclei  marginales  stark  hervortre- 
ten, namentlich  im  Lumbaimark  und  im  Zervikalmark. 


238  ÜBERBLICK     ÜBER    DIE    ORIJANIS ATIOX    UND 

Ontogenetisch  lassen  diese  sich  von  Vorderhornzellen  alileiten ;  sie  sind 
vielleiclit  durch  eine  perijihere  Verlagerung  solcher  Elemente  entstanden, 
deren  Dendriten  in  den  antero-lateralen  Abschnitt  des  marginalen  Den- 
dritenplexus  von  Embryonen  hineinziehen. 

Ihre  Funktion  ist  auch  hier  nicht  bekannt,  ebensowenig  wie  bei  den 
Reptilien.  Nur  wissen  wir  auch  hier,  daß  ihre  Achsenzylinder  nicht  mit 
den  Vorderwurzeln  austreten,  sondern  teilweise  Bogenfasern  bilden. 

Wie  bei  den  Eidechsen  und  Amjihibien  verlaufen  alle  zentralen  Aus- 
läufer der  Spinal-Ganglienzellen  in  den  Hintersträngen,  und  in  der  Zona 
marginalis  (nicht  in  den  Seitensträngen). 

Doch  sind  die  Hinter  stränge  der  Vögel  im  \'^ergleich  zu  der  übrigen 
weißen  SuTjstanz  und  auch  im  Vergleich  zu  der  grauen  Substanz  bedeutend 
kleiner  als  bei  den  genannten  Reptilien. 

Dieser  geringe  Umfang  der  Hinterstränge  ist  teilwiese  eine  Folge  der 
geringeren  Entwicklung  der  Hinterwurzeln  dieser  Tiere,  deren  Hautsensi- 
bilität, infolge  der  Federbekleidung,  nicht  so  groß  ist  als  bei  manchen 
Reptilien.  Teilweise  dürfte  eine  geringere  Länge  der  aufsteigenden  Dicho- 
tomie als  Ursache  davon  zu  betrachten  sein,  weil  dadurch  keine  erhebliche 
Akkumulation  stattfindet. 

Auch  sind  die  Hinterstrangkerne  bei  diesen  Tieren  nicht  grosz,  ebenso 
wie  die  daraus  entstehende  mediale  Schleife. 

Die  endogenen  Neuronen  sind  bedeutend  zahlreicher  als  bei  den  Rep- 
tilien, namentlich  die  kürzeren  intersegmentalen  Neuronen. 

Weiter  frontalwärts  aufsteigende  Axonen  von  Bogenfasern  bilden  im 
antero-lateralen  Areal  des  Markes  die  EDixoER'sche  Bahn  der  primitiven 
vitalen  Sensibilitätsleitung  (Tr.  spino-bulbaris  und  spino-mesencephalicus), 
die  hier  sehr  bedeutend  entwickelt  ist. 

Auch  die  homolateralen  aufsteigenden  Seitenstrangfasern  sind  stark  ver- 
mehrt und  bilden  einen  bedeutenden  Tr.  spino-ccrebellaris,  der  bei  den 
Vögeln  zuerst  aus  der  ganzen  Länge  des  Markes,  vom  untern  Lumbaimark 
an,  entsteht,  und  die  ganze  seitliche  Peripherie  des  Markes  einnimmt. 

Er  wird  von  absteigenden  zerebello-spinalen  Fasern  begleitet,  welche  tief 
herunter  ins  Rückenmark  reichen.- 

Sonstige  absteigende  Bahnen  empfängt  das  Rückenmark  aus  den  Vesti- 
bnlariskernen  und  aus  dem  Tectum  opticum  (Tr.  tecto-spinalis). 

Beide  enden  in  den  Vorder-  und  Vorderseitensträngen. 

Rubro-spinale  Fasern  verlaufen  wahrscheinlich  in  den  Seitensträngen. 

Das  Rückenmark  wird  —  außer  von  sehr  vielen  lokalen  Reflexen  • — 
in  viel  höherm  Maße  als  bei  den  Reptilien,  Amphibien  und  Fischen  durch 
absteigende  Systeme  aus  den  Gleichgewichtszentren  der  Oblongata,  aus  dem 
Kleinhirn  und  dem  optischen  Gebiete  beherrscht,  was  bei  der  besondern 
Bewegungsart  dieser  Tiere  nicht  befremdend  ist. 

Absteigende  Bahnen  aus  dem  Vorderhirn  sind  hier  aber  noch  nicht 
nachgewiesen. 


rriofiRKSsivK  KNT^vK  Ki.TTxr;  dks  kücucknmarkks.  239 

Säuger. 

Das  Ilückcnviark  ehr  Säuger  untersclieidet  sich  von  demjenigen  der 
Reptilien  und  Vclgel  zunächst  dadurch,  daß  es  fast  bei  keinem  einzigen 
Vertreter  den  Vertehralknnal  der  Länge  nach  ausfüllt,  sodali  meistens 
eine  große  Inkongruenz  zivischeii  Rückenmark  und   Wirbelsäule  besteht. 

Diese  Inkongruenz  findet  sich  nicht  nur  im  sakralen  Abschnitt  — 
obschon  sie  dort  am  größten  ist  —  sondern  auch  in  den  übrigen  Abschnitten 
des  Markes,  was  daher  kommt,  daß  die  Wirbelsäule  sich  noch  verlängert, 
wenn  das  Rückenmark  bereits  seine  definitive  Länge  erreicht  hat. 

Lifolgedessen  liegt  ein  bestimmtes  Rückenmarksegment  immer  h()her 
als  die  entsprechenden  Wirbel. 

Daß  dieses  Verhalten  kaudalwärts  zunimmt,  liegt  teilweise  an  der 
Entwicklung  des  Beckengürtels,  teilweise  daran,  daß  bei  den  meisten 
Säugern  der  untere  Abschnitt  des  Rückenmarkes  verkümmert,  weil  die 
Schwanzmuskulatur  gänzlich  oder  fast  gänzlich  atrophiert  ist,  und  außerdem 
bei  denjenigen  Tieren,  wo  noch  ein  Schwanz  vorhanden  ist,  dieser  seinen 
metameren  Charakter  verloren  hat  und  nur  Muskeln  gewisser  Schwanz- 
segmente repräsentiert. 

Beim  Menschen  liegt  das  untere  Ende  des  Rückenmarkes  (die  untere 
Grenze  des  Conus  terminalis)  auf  dem  Niveau  des  zweiten  Lendenwirbels. 

Indessen  ist  diese  Inkongruenz  bei  manchen  Wirbeltieren  größer  und 
können  sogar  innerhalb  einer  selben  Ordnung  große  Unterschiede  vor- 
kommen (Monotremeu). 

Auch  transversal  besteht  bisweilen  eine  große  Inkongruenz  zwischen  Rücken- 
mark und  Wii'belsaule,  wie  beim  Diigong  und  heim  Wal,  wo  der  Hohlraum  des 
Vertebralkanales  den  Rückenmarksquerschnitt  (in  der  Zervikalregion)  um  das 
zwölffaehe  übertreften  kann. 

Von  den  zervikalen  und  lumbalen  Anschwellungen  fehlt  letztere  bei 
einigen  Tieren  ohne  hintere, Extremitäten:  Dugong,  Bartenwal.  Bei  Phocaena 
und  Delphinus,  wo  sie  doch  anwesend  ist,  ist  sie  der  erheblichen  Ent- 
wicklung der  Schwanzmuskulatur  zuzuschreiben. 

Bei  allen  andern  Säugern  sind  beide  Anschwellungen  vorhanden. 

Die  Lumbo-sakrale  Anschwellung  kann  die  größte  sein,  wie  beim 
Känguruh,  wo  die  Muskulatur  der  hintern  Extremitäten  und  des  Schwanzes 
diejenige  der  vordem  Extremitäten  so  sehr  übertriftt. 

Meistens  ist  aber  die  Zervikalansch wellung  dicker,  weil  die  aufsteigen- 
den Bahnen  sich  oralwärts  durch  Akkumulation  vermehren  und  die  ab- 
steigenden Bahnen  oral  ebenfalls  umfangreicher  sind,  weil  sie  sich  kaudal- 
wärts auflösen.  Der  große  Umfang  der  Zervikalanschwellung  ist  also  haupt- 
sächlich durch  die  weiße  Substanz  bedingt,  diejenige  der  Lmnbalansch wel- 
lung durch  die  graue. 

Die  Vorderwurzeln  sind  bei  den  meisten  Säugern  faserärmer,  obschon 
'etwas   dicker   als  die    Hinterwurzeln .    Nur    liei  dem  Zetazeen  sind  sie  faser- 


■240  ÜBERET.TI'K     ÜBER    DIE    ORCANISATIOK    TTNH 

reicher,  infolge  einer  starken  Atrophie  der  Hautsensibilität,  welche  ihrerseits 
wieder  zusammenhängen  düi'fte  mit  dem  Mangel  eines  Haarkleides  bei 
diesen  Tieren. 

In  den  Vor  der  wurzeln  kann  man  dicke  und  dünne  Fasern  unterscheiden. 

Die  dünnen  Fasern  sind  .symiiathische  Fasern,  welche  hier  im  Gegen- 
satz zu  den  niedersten  ^"ertebraten  alle  ventral  austreten.  Ihr  Ursprung 
liegt  größstenteils  in  der  Basis  des  Hinterhornes  und  in  den  intermediären 
Zellen,  welche  namentlich  in  Thorakalmark  als  deutliclie  Processus  inter- 
medio-la,terales  hervorragen. 

Die  groben  Fasern  der  quergestreiften  Muskulatur  entstehen  alle  unge- 
kreuzt aus  dem  Vorderhorn,  welches  deutliche  Zellgruppierungen  aufweist, 
indem  die  Stammesmuskulatur  in  den  ventro-medianen,  durcli  das  ganze 
Rückenmark  sich  vorfindenden  Zellen  vertreten  ist,  und  die  Muskulatur 
der  Gliedmaßen  in  den  latero-ventralen  und  latero-dorsalen  Partien  des' 
Vorderhornes. 

Für  die  Muskulatur  der  Gliedmaßen  gilt  dabei  als  Regel,  daß  die 
dem  Rumpfe  naheliegenden  Muskeln  (also  diejenigen  der  Hüfte  und  der 
Schulter)  von  latero-ventralen,  die  von  dem  Rumpfe  am  meisten  entfernten 
(sog.  stelopedialen)  Muskeln  (also  diejenigen  der  Finger  und  der  Zehen) 
von  latero-dorsalen  Gruppen  iinierviert  werden. 

Beim  Menschen,  dessen  Finger  eine  große  Freiheit  und  Feinheit  von 
Bewegungen  zukommt,  sind  in  Uebereinstimmung  hiermit  die  lateralen 
Partien  des  untern  Zervikalmarkes  ganz  besonders  entwickelt,  sogar  im 
Vergleicli  zu  den  anthropoiden  Affen. 

Nach  welchen  Gesetzen  diese  Gruppierungen  sich  bilden,  ist  bis  jetzt 
unbekannt.  Wahrscheinlich  spielen  dabei  Synergien,  beruhend  auf  gemein- 
samen, topographisch  und  funktionell  verwandten  Reizen  (Neurobiotaxis) 
die  größte  Rolle,  wie  es  auch  für  die  in  dieser  Hinsicht  leichter  zu  deutenden 
topographischen  Unterschiede  der  Oblongatakerne  nachgewiesen  ist. 

Die  graue  Substanz  der  Hinterhörner  weist  eine  deutliche  ^'erteilung 
in  drei  Abschnitte  auf:  die  Zona  marginalis  posterior,  die  Substantia  gela- 
tinosa  Rolando  ')  und  den  Körper  des  Hinterhornes. 

Die  Zona  margiualis  unterscheidet  sich  nicht  wesentlich  von  derjenigen 
bei   niederen  Tieren. 

Die  Substantia  gelatinosa  Rolando  erreicht  aber  bei  den  meisten  Säugern 
eine  Entwicklung,  wie  sie  sonst  bei  den  Vertebraten  nie  vorkommt.  Dies 
scheint  eine  Folge  der  in  \"erbindung  mit  der  Behaarung  vermehrten 
Hautsensibilität  zu  sein.  Dafür  spricht  auch  die  geringe  Entwicklung  dieser 
Substanz  bei  den  Zetazeen,  wo  das  Haarkleid  fehlt  und  die  Hinterwurzeln 
geringer  entwickelt  sind  als  bei  den  andern  Säugern. 

Sie  liegt  wie  eine  Kappe  oder  Rinde  auf  dem  Kopf  der  Hinterhornes 


>)  Wohl    zu    unterscheiden   von   dei-   Substantia   gelatinosa  centralis,  die  besser  sub- 
stantia gliosa  centralis  genannt  wird. 


I'UOGRKSSTKVK    KNTWICK  LUXG    HKS    UÜCKKNM  AKKES.  lil  I 

ausgebreitet  uml  kann  i-'ich  mit  dei'  Substanz  der  andern  Seite  verbinden 
(Karnivoren,  AiTen)  oder  (Ijumbo-Sakr§,lmark  der  Ungulaten)  sieh  sogar 
in  Windungen  legen. 

Ilire  marklose,  gelatinöse  Beschafienheit  entsteht  durcli  den  Reichtum 
an  relativ  kleinen,  spindelförmigen  Zellen,  deren  Demlriten  sich  fast  aus- 
schließlich innerhalb  der  Substantia  Rolando  selber  ausdehnen. 

Die  Axonen  dieser  Zollen  sind  nicht  lang  und  verlaufen  in  den  un- 
mittelbar angrenzen<len  Grundsträjigen.  Ihre  Koilateralen  enden,  homo- 
lateral, in  derselben  Substanz  auf  andern  Niveaus,  wodurch  die  mehr 
örtliche  Efiektuierung   der  zu  dieser  Substanz  geführten  Reize  iiervortritt. 

Im  Hinter hornkörjjer  sind  verscliiedene  Abschnitte  zu  unterscheiden. 

Deutlich  differenziert,  beim  Menschen,  ist  die  Ci.AHKE'sche  Säule  oder 
STiij.iXG'seher  Kern,  eine  Ansammlung  von  großen,  runden  Zellen  in  dem 
medialen  Abschnitt  des  Hornes,  welche  nur  im  Dorsal-  und  obern  Lum- 
balmark  vorkommt.  Aus  ihr  entsteht  ein  Teil  der  spino-zerebellären  Fasern. 
Bei  den  meisten  Tieren  (auch  im  Zervikal-  und  Lumbaimark  des  Menschen) 
sind  die  Ursprungszellen  der  spino-zerebellären  Fasern  nicht  so  markant, 
und  sind  sie  ohne  weiteres  nicht  zu  unterscheiden  von  den  andern  Zellen 
des  Hinterhornkörpers. 

Die  zentralen  und  lateralen  Abschnitte  des  Hinterhornkörpers  sind 
weniger  differenziert.  In  ihnen  liegen  die  Ursprungszellen  der  gltjichseitigen 
Grundbündel. 

Hierzu  gehört  auch  das  (phylogenetisch  sehr  alte)  absteigende  endogene  Bündel 
der  Hinterstranggrundbündel,  beim  Menschen  als  komii-kommisaurale.s  Bündel  oder 
ventrales  Hinterstrangfeld  bekannt. 

Ursprungszellen  von  Bogenfasern  kommen  sowohl  in  dem  Hinterhorn- 
körper  als  im  Vorderhorn  vor. 

Die  Art,  wie  die  Hinterwurzeln  sich  in  bezug  auf  diese  Abschnitte 
verteilen,  ist  so,  daß  das  laterale  feinfaserige  Wurzelbündel  sich  bald  in  der 
Zona  marginalis  und  in  der  Substantia  gelatinosa  verästelt  und  also  mehr 
lokalen  (wahrscheinlich  vitalen)  Reflexen  dienen  dürfte. 

Das  gröbere  medialv  Bündel  sendet  Kollateralen  (ungekreuzt  und  ge- 
kreuzt) zu  den  Zellen  des  Hinterliornkörpers  und  des  Vordei'hornes  (sen- 
sitivo-niotorische  Koilateralen)  und  steigt  übrigens  auf  und  ab. 

Die  sekundären  Fasern  der  primitiven  vitalen  Sensibilität,  welche  aus 
dem  Hinterhorn  hervorgehen,  kreuzen  bereits  im  Rückenmark  selber. 

Sie  enden,  sofern  sie  nicht  auf  das  Rückenmark  beschränkt  bleiben, 
teilweise  in  der  Substantia  reticularis  des  Bulbus,  teilweise  im  Mittelhirn 
und  hintern  Abschnitt  des  Zwischenhirues  {Tr.  spino-bulbaris  et  spino- 
mesencephalis. 

Verstärkt   von   gekreuzten    Fasern   aus  dem  spinalen  V-kern,  bringen 
sie  dort  vitale  Rückenmarksempfindungen  in  Korrelation  mit  vitalen,  opt- 
ischen und  mit  statischen  Empfindungen  [vitales  Korrelationszentrum). 
Kafm'eüs.  10 


242  ÜBERBLICK    ÜBER    DIE    ORGANISATION    UND 

Die  spino-zerehellären  Bahnen  entstehen  fast  ganz  ungekreuzt.  Diejenige 
aus  den  CLARKE'sehen  Zellen  dgs  Thorakal-  un<l  olieren  Lunibalmarkes, 
sowie  diejenige  aus  dem  unteren  Lunil)almark  bilden  die  dorsale  (Flech- 
sie'sclie)  spino-zerebelläre  Bahn,  die  aus  der  Hals-  und  obern  Extremi- 
tätenregion des  Markes  bilden  hauptsächlich  die  ventrale  spino-zerebel- 
läre (GowERsche)  Bahn. 

Beide  enden  in  der  Vermis  cerebelli,  wovon  nur  ein  kleiner  Abschnitt 
davon  freibleibt. 

Als  drittes  aufsteigendes  System  des  Rückenmarkes  ist  die  Hel- 
Vi^EG'sche  Dreikantenbahn  zu  erwähnen,  welche  vielleielit  in  der  Oliva 
inferior  endet. 

Ihre  aufsteigende  Natur  wird  indessen  bestritten,  und  es  ist  möglich, 
daß  die  eigentlichen  spino-olivären  Fasern  medial  davon  verlaufen,  und  dali 
die  Dreikantenbahn  selber  eine  absteigende  oliväre  ^'erbindung  ist. 

,  Die  Hauptaxonen  der  Hinterwurzeln  treten  nicht  in  die  Substanz 
des  Hinterhornes  ein,  sondern  senden  kurze  Ausläufer  kaudalwärts  in 
die  Hinterstränge  (ovales  Feld,  Kommabündel),  während  iiire  Hauptaus- 
läufer darin  einen  aufsteigenden  Verlauf  nehmen  und  frontalwärts  stark 
akkumulieren. 

Je  höher  das  Tier  in  der  Mammalierreihe  steht,  desto  erheblicher  sind 
diese  Hinterstränge  was  mit  der  Vermehrung  des  stereognostischen  Sinnes 
zusammenhängt. 

Es  läßt  sich  nämlich  (klinisch,  Ijeim  Menschen)  nachweisen,  daß  die 
aufsteigenden  Hinterstrangfasern  die  räumlichen  Empfindungen  leiten,  welche 
aus  zwei  Faktoren  aufgebaut  sind,  dem  superfiziellen  Diskriminationssinn, 
(das  Unterscheidungsvermögen  zwischen  einander  nahe  liegenden  Reiz- 
punkten)  und  dem  tiefen  Gelenk-  und  Muskelsinn,  welcher  dem  Tier  oder  dem 
Menschen  erlaubt,  sich  über  den  Stand  seiner  Gliedmaßen  zu  orientieren. 
Die  fortgeschrittene  Entwicklung  dieser  Sinne  wird  peripher  von  einer 
Vermehrung  der  zusammengesetzten  Tastkörperchen  in  der  Haut  (nament- 
lich der  Meissnerschen  Körperchen)  und  in  den  Gelenken  und  Muskeln 
resp.  deren  Bändern  begleitet,  zentral  von  einer  Vermehrung  der  Hinter- 
stränge, die  sich  außerdem  viel  weiter  nach  vorne  au.sdehnen  und  dadurch 
frontal  akkumulieren. 

Infolgede.ssen  ist  der  Prozentsatz  der  Hinterstränge  auf  der  gesamten 
weißen  Substanz  im  Zervikalmark  der  Katze  22  %,  beim  Affen  26  %  und 
beim  Menschen  39  %. 

In  Übereinstimmung  mit  dieser  stärkeren  Entwicklung  der  Hinter- 
strangfasern ist  die  Vergrößerung  der  Hinterstrangkerne. 

Man  kann  deren  zwei  unterscheiden:  den  medialen  GoLL'schen  Kern 
(Nucleus  gracilis)  der  Lumbalfasern  und  untern  Thorakalfasern  und  den 
lateralen  BuRDAcn'sehen  Kern  (Nucleus  cuneatus)  der  obern  Thorakal-  und 
der  Zervikalfasern. 

Weshalb    das    Endigungsgebiet    jener    Faseru     gevado    in    zwei     ver.si'hiedene 


l'i;(liii;ESSIEVE    KNTWK'KI.UNO     DES    KÜCKENM  AKKES.  243 

Kerne  getreunt  ist,  und  weshalb  die  Trenn iing  der  ürspriingsgebiete  ihrer  Faser- 
systeme im  unteren  Dorsalmark  liegt,  ist  vorläufig  unbekannt.  Da  die  Trennung 
bei  den  Tieren  nicht  so  scharf  ist  als  beim  Mensehen  wäre  es  denkbar,  daß  die 
starke   Emanzipation   der  oberen   und  unteren  Extremitäten  darauf  einen  Einfluß  hat. 

Der  Entwicklungsgrad  beider  Kerne  kann  sehr  verschieden  sein;  na- 
mentlich der  mediale  Kern  weist  sehr  große  Unterschiede  in  der  Entwick- 
lung auf.  Bei  den  Zetazeen  ist  er  sehr  klein,  auch  weil  die  hintern  Extre- 
mitäten fehlen.  Bei  einigen  Tieren  reicht  er  bogenförmig  dorso-Iateral  über 
den  BuRDACHkern  hinaus  (Edentaten,  Schimpanse). 

Beide  Kerne,  namentlich  aber  der  GoLL'sche,  können  bei  starker  Ver- 
größerung eine  Lamellierung  aufweisen,  wie  bei  den  Roll-  und  Oreif- 
sehwanzall'on,  infolge    ilirer  exquisit  rezeptorischen  Charakters. 

In  der  Medianlinie  zwischen  den  GoLL'schen  Kernen  kann  ein 
unpaarer  sog.  BiscHorrkern  vorkommen,  namentlich  bei  vielen  (nicht 
allen)  geschwänzten  Tieren,  abei  auch  wohl  einmal  bei  solchen,  deren 
Schwanz  nicht  stark  entwickelt  ist. 

Die  aus  diesen  Kernen  hervorgehende  mediale  Schleife  endet  haupt- 
sächlich in  den  ventralen  Thalamuskernen,  teilweise  auch  in  den  medialen, 
welche  ihre  Sensibilität  dem  Vorderhirnmantel  übermitteln,  der  dadurch 
ein  Zentnern  gnostischer  (epi-kritischer)  GefiiMsreize  wird. 

Die  absteigenden  Systeme,  welche  das  Rückenmark  von  frontaleren  Ab- 
schnitten aus  beeinflussen,  sind  bei  den  Säugern  viel  zahlreicher  als  bei 
den  niedern  Tieren. 

Außerhalb  der  vestibulo-spinalen  Fasern  zu  dem  zentralen  Längsbündel 
und  zum  Vorder-  und  Seitenstrang  sind  hier  im  Halsmark  und  Thorakal- 
mark  sekiuidäre  Neuronen  aus  den  Atmiungszentren  der  Oblongata  und  der 
ihr  nahe  liegenden  retikulären  Substanz  nachgewiesen. 

Zerebello-spinale  und  teclo-spinale  Fasern  erreichen  außerdem  das  obere 
Halsmark. 

Die  rnbro-spinale .Hahn,  im  medialen  Abschnitt  der  Seitenstränge,  ist 
bei  manchen  Säugern  sehr  groß  und  steigt  weit  kaudalwärts  ab. 

Während  wir  in  diesen  absteigenden  Systemen  alte  Bekannte  sehen 
dürfen,  die  hier  teilweise  bloß  vergrößert  sind,  ist  die  direkte  Beeinflussung 
des  Rückenmarkes  durch  den  V^orderhirnmantel  mittels  der  kortiko-spinalen 
Bahnen:  der  sog.  Pyramiden-Seitenstrang  und  Pyramiden-Vorderstrang  ein 
Neugewinn  der  Säuger. 

Die  sog.  Seitenstrangpyramide  kreuzt  an  der  Übergangsstelle  zwischen 
Oblongata  und  Rückenmark.  Ihr  ursprünglicher  Verlauf  im  Rückenmark 
ist  im  Hinterstrang,  was  beweist,  daß  ihr  Auswachsen  durch  sensible,  d.  h. 
assoziative  (neurobiotaktisehe)  Verhältnisse  bedingt  wird.  Eine  überwiegende 
Hinterstranglage  ist  noch  bei  Monotremen,  Marsupialiern.  Ungulaten  vor- 
handen und  namentlich  bei  Rodentiern  sehr  ausgeprägt. 

Erst  bei  Karnivoren  und  Primaten  flndet  man  eine  exquisite  Seiten- 
stranglage  als  sekundären  Zustand. 


244  ÜBTCRBLirK      ÜBER    HAS    RÜCKENMARK. 

Doch  enden  die  Fasern  auch  dort  noch  teilweise  um  die  Zellen  an 
der   Basis   des    Hinterhornes   und  medianen  Zellen. 

Bei  den  niedersten  Tiei-en,  auch  noch  bei  den  üngulaten,  steigt  das 
Bündel  nur  bis  zum  Zervikahnark  ab. 

Bei  Rodentiern  reicht  es  aber  schon  bis  ins  Lumbaimark,  ebenso  bei 
den  Karnivoren  und  Primaten. 

Der  Pyraviiden-Vorderstrang,  viel  kleiner  als  der  Pyramideii  Seiten- 
strang, wurde  bei  einem  Rodentier  bis  ins  obere  Lumbaimark  verfolgt. 
Bei  höheren  Tieren  ist  er  ebenfalls  bis  ins  obere  Lumbalraark  nachweisbar. 

Seine  Fasern  kreuzen  auf  verschiedenen  Ebenen  in  der  Commissura 
anterior  des  Rückenmarks  und  innervieren  wahrscheinlich  die  Stammes- 
muskulaturzentren. 

Gerade  wie  die  progressive  Vermehrung  der  \'orderbirnprojektion 
mittels  der  Schleife,  ist  auch  die  progressive  Vei'großerung  der  P}'rami- 
denbahnen  bei  den  höhern  Säugern  evident.  Beim  Hund  bilden  sie  etwa 
10%,  beim  Affen  20°/^,  beim-  Menschen  etwa  50°/^  der  gesamten  weißen 
Substanz. 

Dies  beweist  den  stets  größer  werdenden  Einfluß  des  Vorderhirn- 
mantels auf  die  Bewegungen  und  ist  als  eine  Folge  der  sich  stets  vermeh- 
renden sensiblen  Projektion  der  Rückenmarkszentren  auf  die  Rinde  zu 
betrachten. 

Die  Selbständigkeit  der  Rückenmarksfunktionen  hat  dadurch,  nament- 
lich beim  Menschen,  sehr  eingebüßt,  wie  auch  daraus  hervorgeht,  daß 
Läsionen  der  motorischen  Rindenregion  bei  niedern  Säugern  keine  oder  nur 
kurzdauernde  und  geringe  Motilitätsstörungen  mit  sich  führen,  während 
.sie  einen  Menschen  längere  Zeit  hilflos  machen  können. 


LITTERATUK    ZUM    ZWEITKX    KAI'ZTEL.  245 


LITTERATUR  ZUM  ZWEITEN  KAPITEL. 
Amphioxus. 

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MTTEKATl'R    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL.  247 

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LITTKIIATUK    ZTM    /WEITKX    KAIMTKL.  249 

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Haller.     LTntersuchungen    über    das    Rückenmark    der    Teleostier.     Morphologisch 

Jahrbücher,  Bnd.   23,   1896. 
Herkick".    The    tactile    centers    in     the    spinal    cord    and    Brain    of   the   Sea-robin. 

Prionotus  carolinus.  Journal  of  Comp,   Neur.   Vol.  XVII,    1907. 
Hehrick.  The  cranial  and  'first  spinal  lierves  of  Menidia.   Journ.  of  Comp.  Neurol. 

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HEnRiCK.  An  introduction  to  Neurolog}-  2'>  Edition,  Saunders  C°,  Philadelphia,  1918. 
Herhick.    The    central    gustatory    paths    in    the    brains    of  bonv  fislies.  Journ.   of 

Comp.   Neur.   Vol.   15,   1905. 
Herrick.  On  the  centers  for  taste  and  touch  in   the  Medulla  Oblongata  of  fishes 

Journ.  of  Comp.  Neur.  Vol.   IG,   1906. 
HoLMGREx.    Ueber    die    sogenanten    intracellulären    Fäden    der    Nervenzellen    von 

Lophius  piscatorius.   Anat.   Anzeiger,   Bnd.   23,    1903. 
Horst,  van   der.  Die  motorischen   Kerne  und    Bahnen  in  dem   Gehirn  der  Fische. 

Ihr  tasonomischer  AVert  und  neurobiotaktische  Bedeutung.  Tijdschrift  der  Ned. 

Dierkundige  Vereeniging,   1918. 
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Nenr.  Vol.   X,    1900. 
JoiiXSTON.   The   Brain   of  Acipeuser.    Fisher,   Jena,    1902. 

JouxsTox.    The    nervous   System  of  vertebrates.   P.  Blakinston's  .Sons  &  Co.,    Phila- 
delphia,  1906. 
KoLSTER.    Untersuchungen    über    das    zentrale    Nervensystem   1.   Über  das  Rücken- 
mark der  Teleostier.   Berlin,    1S9S. 
!\cii,i,iKEii.    Handbiicli  der   (iinvebelehre.    Bnd.    2,    Leipzig,    1896. 
Lkvi,    (i,    l    gaiiglii    cerebro-spinali,   Siiplcniento   :il   Vol.   AMI.   dell'    .Vrdiivio   italiano 


250  LITTERATUK    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL. 

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den  Folia  Neurobiologica,  Bnd.   VI,   1912). 

Mahenghi.  La  Neuroglia  nei  pesci  Teleostei.  Referat  in  Folia  Neurobiologica, 
Bnd.   I,   1908. 

Mautin.   La  moelle  epiniere  du  poulet  et  de  la  tniite.   La  Cellule  Tome  XI,  1895. 

Mauthner.  Untersuchungen  über  den  Bau  des  Rückenuiarljs  der  Fische.  Sitzber. 
der  Wiener  Akad.  der  Wiss.   Bnd.   34,   1859. 

Müller,  Erik.  Studien  über  Neuroglia.  Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie,  Bnd.  55,  1899. 

Ebtzius.  Die  nervösen  Elemente  im  Rückenmark  der  Knochenfische.  Biol.  Unter- 
such. N.   F.   Bnd.  5,   1893. 

Retzius.  Studien  über  Ependvm  und  Gtia.  Biologische  Untersuchungen  N.  F. 
Bnd.   V,   1893. 

RiJNBERK,  V.  Sulla  metameria  nel  sistema  uervoso  simpatieo.  riunervazione  pig- 
meutomotrice  Archivio  di   Fisiologia,   Vol.  III,   1906. 

Rmnuerk,  V.  Ueber  den  durch  (!hromatophoren  bedingteu  Farbenwechsel  bei 
Tieren  (sog.  chromatische  Hautfunction).  Ergebnisse  der  Physiol.  (Asher  und 
Spiro).  Jahrg.   V,   1906. 

SAR(jE>fT.  The  giant  ganglioncells  in  the  spinal  cord  of  Cteuolabrus  adspersus. 
Journal  of  Comp.   Xeur.   Vol.   VIII,   1898. 

Sauuent.  The  giant  ganglioncells  in  the  spinal  cord  of  t'teuolabrus  coerulens. 
Stoier.    Anat.    Anzeiger,   Bnd.    15,    1S9S. 

Sceeeiner.  Einige  Ergebnisse  über  den  Bau  und  die  Entwicklung  der  Occipital- 
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Studnecka,  Ll'eber  die  pericelluliirc  und  endocelloläre  Blutcapillairen  der  Riesen- 
zellen von  Lophius  piscatorius.  K.  K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften.  Math. 
Naturw.  Classe ;  Sitzungsberichte,   1903. 

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Bkodwer.  Die  biologische  Bedeutung  der  Dermatomerie.  Beitrag  zur  Kenntnis  der 

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BuRCKHARDT.   Untersuchungen  im  Rückenmark  der  Tritonen.   Arch.   f.  mikr.  Anat. 

Bnd.   34,   1898. 
CoGHiLL.    The    development    of   the    swimming    movement    in    Amphibiau    embryos. 

Anatomical   Record ;   Vo].   11,    1908. 
COGHILL.    The    reaction    to    tactile    Stimuli    and    the    development  of  the   swimming 

movement   in    embryos    of   diemyctilus  torosus.   Eschscholtz.  Journal   of  Comp. 

Neur.  Vol.   19,    1909. 
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Journal   of  Comp.   Neur.   Vol.   23.    1913. 
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the  vertebrate  nervous  System.  Science.   Vol.  37,   1913. 
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Neur.   Vol.   24,   1914. 


LITTEKATll!    ZLM    ZWEITKX    KAITIKL.  251 

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Edinuer.  Vorlesungen  über  den  Bau  der  nervösen  Zentralorgane;  2'^'"'  'l'eil,  7^''  Auf- 
lage. Vogel,  Leipzig,   1908. 

Gau.  Einiges  über  Centren-  und  Leitungsbahnen  im  Hiickeninark  des  Fro.sches. 
Würzburg,   18S4. 

Gaupp.   Anatomie  der   Frosches.  Teil  II,  Zweite  Auflage,   1899. 

Gegenbair.   Vergleichende  Anat.  der  Wirbeltiere.  Eugelraanii,   Leipzig,   1898. 

Gehuchten,  van.  La  moelle  epiniere  des  larves  des  Batraciens  (Salamandra  macu- 
losa) Archives  de  Biologie,  Tome  XV,   1897. 

Habdesty.  The  number  and  arrangement  of  the  fibers  forming  the  spinal  nerves 
in  the  frog.  Journ.   of  Comp.  Neur.  Vol.   IX  und  X,   1899   und  1900. 

Hekeick.  The  medulla  oblongata  of  larval  Amblystonia.  Journal  of  Comp.  Neur. 
Vol.   24,   1914. 

Hehriok  and  Coöhill.  The  development  of  reflex  mechanism  in  Amblystoma. 
Journal  of  Comp.   Neur.   Vol.  25,   1915. 

Koppen.  Zur  Anatomie  des  Froschgehirus.  Areh.  f.   Anat.   und  Physiol.   1888. 

Horton  Smith.  On  eflerent  fibres  in  the  posterior  roots  of  the  frog.  Journiil  of 
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Levi,  G.  I  gangli  cerebro-spinali.  Supplemente  al  Vol.  VII  dell'  Archivio  di  Aua- 
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f.  Biol.   Bnd.   28,   1901. 

Saxo.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  motorischen  Kerne  im  Eückenmark  der  Wirbel- 
tiere. Verband!,  der   Anat.  Gesellschaft  in  Genf.   August   1905. 

Sclavunos.  Beiträge  zum  feineren  Bau  des  Eückenmarks  der  Amphibien.  Fest- 
schrift für  KöUiker,   1892. 

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Smallwood.  A  short  spinal  cord  in  the  Toad.  Anat.  Eecord  ;  Vol.  10,  1915  — 1916. 
Stbinach.   Ueber    die    motorische    Innervation    des  Darmtractes  durch  die  hinteren 
Spinalnervenvvurzel.   Lotos  Cd.  XIV,   1893. 

Steinach.  Ueber  die  viszero-motorischen  Funktionen  der  Hinterwurzeln  und  über 
die  tonische  Hemmungswirkung  der  Medulla  oblongata  auf  den  Darm  des 
Frosches.   Archiv  für  Physiologie,   1898. 

Sterzi.  Eicerehe  interno  all'  anatomia  eomparata  ed  all'  ontogenesi  delle  meningi. 
Atti  del  E.   istituto  veneto  di  scienze,   lettere  ed  arti,    1900 — 1901. 

Türkheim.    Über    das    Eückenmark   von  Cryptobranchos  japonieus.  Inaugural  Dis- 
sertation, Wien,  1902. 
Wallexbebg.   Die  kaudale  Endigung  der  bulbo-spinalen  Wurzeln  des  V,  VIII  und 
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Reptilien. 

Abi  UNS  K  m'pers.  Weitere  Mitteilungen  über  N'eurobiotaxis  VI.  The  migration  of 
the  motor  rootcells  of  the  vagusgroupe  and  the  phylogenctic  difi"erenciation 
of  the  hypoglossu.s  nucleus  from  the  spiuo-occipital  System.  Psych,  en  Neur. 
Bladen,  Amsterdam  1911.  Siehe  auch  Folia  Ncurob.  Bnd.  \'I  Sommererganz- 
heft,    1912. 

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di  Anatomia  e  di  Embrvologia  ;   Vol.   2,   190.3. 


252  LITTERATUR    ZUM    ZWEITKN    KAPITEL. 

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Beccaki.  II  IX,   X,  XI  e  XII  pajo  di  nervi  cranici  e  i  nervi  cervicali  iiogli  em- 

brioni  di  Laeerta  muralis.   Arch.   d.   Auat.  e  di  Erabriol.   Vol.  XIII   1914. 
Bkouwer.   Die  biologisi/he  Bedeutung  der  Dermatoraerie.   Beitrag  zur  Kenntnis  der 

Sensihilitiitsleitung  im  Rückenmark   und  in  der  Medulla  Oblougata.  Folia  Neu- 

robiologiea.   Bnd.  IX,   1915. 
Eul^'(^ER.   Vorlesungen    über    den    Bau    der    nervösen    Zentralorgane    S'^"^   Teil,     7'" 

Auflage,   Vogel,   Leipzig,   1908. 
Gaskell.  Proeeedings  of  the   Physiological  Society.   1885. 
Gaskell.  The  cranial  uerves.  Journal  of  Physiology  ;   Vol.   X,   1888. 
Geöenbaur.  Vergl.   Anatomie  der  Wirbeltiere.  Teil   1,   1898,  Leipzig. 
Gehuchten,   VAX.    Contribution    ;i    l'ötude  de  la  moelle  epiniere  chez  les  vertebres 

(Tropidonotus  uatrix).  La  Cellule,  Tome  XII,   1896. 
GlULLlANi.     Sulla    struttura    della    midolla    spinale    della    Lacerta   viridus.    Bicerche 

fatte    nel    laborotorio    di   Anatomia  normale  della  E.   Universita  di   Roma  etc. 

Vol.   11,   1893. 
GiiiMM.    Beiträge    zur   Kenntnis  des  Rückenmarkes  von  Vipera  beriis.   Archiv,  f. 

Anat.  und  Physiologie,   1864. 
KÖLLiKER.    Die    oberflächlichen    Nervenkerne    im    Marke  der  V7)gel   und  Reptilien. 

Zeitschr.  f.  Wiss.  Zoöl.   Bnd.   72,   1902. 
La>ge,    de.    Das    Hiuterhirn,    das    Nachhiru    und    das    Ruckenmark  der  Reptilien, 

Folia  Neurobiologica ;  Bnd.  X,   1916. 
Levi,  G.  I  ganglii  cerebro-spinali.  Supplemento  al   vol.   VII  dell'   Archivio  di  Ana- 
tomia   e  di  Embriologie.   190S  (für  Referat  siebe  Folia  Neurobiologica;   Bnd. 

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Ramok  t  Caj4.l.   La  medulla  espiual  de  los  reptiles.    Barcelona,  1891. 
Ramok"    y    Cajal.  Textura    del    sistema    nervioso  del  horabre  v  di  los  vertebrados. 

Madrid,  Tomo   1,   1899. 
Retziüs.   Die  embryonale  Entwicklung  der  Riickenmarkselemente  bei  den  Ophidiern. 

Biologische  Untersuchungen:   X.   F.   VI,    1894. 
Retzius.  Weiteres  über  die  embryonale  Entwicklnng  der  Rückenmarkselemente  bei 

den  Ophidiern,   Ibidum ;   Bnd.   VIII,   1898. 
Retzius.    Zur    Kenntnis    der    Entwicklung  des  Rückenmarkes  von   Angiiis  fragilis ; 

Bnd.  VIII,   1898. 
Schaffer.     Vergleichende     anatomische     Untersuchungen     über     das    Rückenmark. 

Archiv  f.  mikr.   Anat.   Bnd.   38,   1891. 
Shimada.    Über    die    Segmentierung   des    eigentlichen    Rückenmarksbandes  und  die 

H  off m  an  n 'sehen  Kerne  (KöUiker)  des  Rückenmarks  von  einigen  Schlangen. 

Anat.   Anzeiger;   Bnd.  41,   1917. 
Stefanelli.    Nnova  contributo  alla  eonosceuza  delle   espansioni   sensitivi   dei   Rettili 

e    considerazioni    sulla    tessitura    del  sistema  nervoso  periferico.   Internationale 

Monatschr.  für   Anatomie  u.   Phys.   1916. 
Sterzi.  Ricerche  intorno  all'  anatomia  comparata  ed  all'   ontogeuesi  delle  meninge. 

Atti  del  R.  istitnto  veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti,    1900 — 1901. 
Trigt,  V.    La    dermatomerie    du    Lezard.    Aj'chives    Xeerlandaises    de    Physiologie ; 

Tome  11,   1917. 
Zeehandelaar.    De    Onto-    en    Phylogenese    der    Achterstreugkernen.    Dissertatie, 

Amsterdam,   1919. 

Vögel. 

Aniüxs    Kai'I'kies.   Weitere    Mitteilungen    über    Xeurobiotaxus  VI.    I'lie  migrations 
of  the  motorroot  eells  of  the  vagus  groupe  and  the  phylogenetic  differentiation 


LITTKHATUR    '/.VM    ZWEITEX    KAPITEL.  253 

of   the    XII    niicleus    f'roui    tlie    sjjiiui-ofcipital    System.  Psych,  eii  Neur.   Bla- 

dcn,   1911.  Siehe  auch:   Folia  A'curobiol.   Bnd.  V"l,  >Somtneiergänz-Heft,   1912. 
l?R()rwEn.  Die   biologische  Bedeutiiiit;  der  Dermatouierie.   Beitrag  zur  Kenntnis  der 

Segmentalanatomie    und    der    Sonsibilitütsleitung    im    Eiickeiimark    und   in   der 

Medulla  oblongata;   Bnd.   IX,   1915. 
Deelman.  The    segmentation  of  the  Skin  in  pigeons.    Procei'ds  of  thc  Kon.    Ak.-id. 

V.   Wetensch.  te  Amsterdam,   1919. 
Di'VAL.    Reelierehes    sur    le    sinus    rhomboidal   des   Oisean.t.   Joui'ual    de    l'Analoniie 

et   de   la   Physiologie,    1877. 
Ebinoer.  Vorlesungen  über  den    Bau   der  nervösen  Zentralorgane.  Teil   2,   7''^  Auf- 
lage,  Vogel,   Leipzig,   1908. 
FitESKEL.  Die  Kleinhirnbahnen  der  Taube.   Exti-ait  du   Bulletin  de  l'Academie  des 

Sciences  de  Cracovie.  .Tuin,   1909. 
Friedlündee.   Untersuchungen   über  das   Rückenmark   und  das  Kleinhirn  der  Vögel. 

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Geiiuchten,  VAS.    Lea    elements    nerveus    moteurs    des    racines    posterieurcs.      An. 

Anz.  Bud.  VIII,   1893. 
Imhof.    Anatomie    und   Entwicklungsgeschichte  des   Lumbaimarkes  bei   den   Vögeln. 

Arch.  f.  mikr.   Anat.   und  Entwicklungsgesch. ;   Bnd.   65,   1905. 
Inovak.    Zur    Phylo-    und    Ontogenese    des    Kleinhirns.    Folia    Neuro-biolog.    Bnd. 

XI,   1919. 
KÖLT.iKEii.    Über    einen    noch    unbekannten    Nervenzellenkern    im   Rückenmark  der 

Vögel.  Akademischer  Anzeiger  (Wien)  No.  XV,   1901. 
KöLLiKED.   Weitere    Beobachtungen    über    die    Hofmannscheu   Kerne  am  Mark  der 

Vögel.  Anat.   Anzeiger;   Bnd.   21,   1902. 
Kölliker.   Lieber  die  obertiächlichen   Nervenkerne  im  Marlie  der  Vögel   und    Rep- 
tilien. Zeitschr.   f.   Wissenseh.  Zoologie;   Bnd.   72,   1902. 
Laciii.     Alcune    particolaritä    anatomiche    del    ringofiamento    sacrale    nella    midoUa 

degli    uccelli.    Memorie    delle    Societii    to.scana    di    Scienze    NatiArali.   Vol.    X, 

1889,   Pisa. 
Lesiiossek,  von.   Beitrüge  zur   Histologie  des  Nervensystems  und  der  Sinnesorgane. 

Wiesbaden,   1894. 
Levi,    fi.   I  ganglii  cerebro-spinali.  Siipplemento  al  vol.   VII  del  Archivio  di  Ana- 

tomia    e    di    Embriologia    1908    (ein    ausführliches    Referat  findet  sich  in  die 

Folia  Neurobiologica ;   Bnd.   VI,   1912.) 
Martin.  La  moelle  epiniere  che«  lo  poulet  et  chez  la  truite.  La  Cellule,  Tome  XI,  1895. 
Ramon    y    Cajal.    A    quelle    epoque  apparaissent  les  expansions  des  Cellules  ner- 

veuses  de  la  moelle  epiniere  du  poulet.  An.   Anz.  Bnd.   V,   1890. 
Ramon  t  Cajal.  Sur  l'origine  et  les  ramifications  des  fibres  nerveuses  de  la  moelle 

embryonaire  An.   Anz.   Bnd.  V,   1890. 
Ramon    y    Ca.jal.  Textura    del    sistema  nerviosa  del  hombre  y  de  los  vertebrados. 

Tome   1,   Madrid,.  1898. 
Retztüs.  Zur  Kenntnis  der  oberiUichiicheu  ventralen  Nervenzellen  im  Lendenmark 

der  Vögel.  Biol.  Forch.   1912.  N.  F.  Bnd.  X. 
Sandmeter.  Secundäre  Degeneration  nach  Exstirpation  motorischer  Centra.  Zeitschr, 

f.   Biologie;   Bnd.   28,   1901. 
Sano.   Experiences  de  localisation  chez  la  grenonille,  le  pigeon,  la  poule  etc.  Annexe 

au    Rapport    presente    an    XIV.    Congres   des  Medicins  alienistes.   Pau,   1914. 
Shimazono.   Das  Kleinhirn  der  Vögel.  Arch.  f.   mikroskopische  Anatomie;  Bnd.  SO, 

Abteilung   1,    1912. 
Singer.    Untersuchungen    über    das    Gehirn    der  Taube.  Sitzungsberichte  der  Kais. 

Akad.  der  Wiss.  in  Wien ;  Bnd.   84. 


254  LITTEKATUR    ZUM    ZWEITEN     KAPITEL. 

Spabyoli.  Siiir  innervazione  segment.ile  della  cute  negli  iici-elli.  Ari'hivio  di  Anat. 
e  di  Embriol.   Vol.  VI,    1907. 

Sterzi.  Eicerche  intorno  all'  anatoiuia  comparata  ed  all'  ontogenesi  delle  meningi. 
Atti  del  E.  istituto  veiieto  di  scienze,  lettere  ed  arti,   1900 — 1901. 

Stieda.  8tndieu  über  das  centrale  Nervensystem  der  Vögel  und  Säugetiere.  Zeit- 
sohr, für  wissenschaftliche  Zoologie ;  Bnd.   19. 

iStreeteü.  The  striicture  of  the  spinal  oord  of  the  Ostrich.  American  Journal  of 
Auatomy,  Vol.   3,   1903. 

ZEEHiNDELAAR.  De  Onto-  en  Phylogenese  der  Achterstrengkerneti.  Dissertatie, 
Amsterdam,   1919. 

Säugetiere. 

AaDUiiii.    Anatomische,   statistische    und  experiinentelle  Untersuclumgen  über  den  N. 

medianus  und  N.  ulnaris,  besonders  deren  motorisches  Innervationsgebiet  u.  s.  w. 

Auat.   Hefte;    Bnd.  52,   191.5. 
AonuHR.    Morphologischer    Beweis    der    doppelten    (plurisegmentalen)    motorischen 

Innervation    der   einzelnen    quergestreiften    Muskelfasern  bei  den  Saugetieren. 

Vorläufige  Mitteilung.   Anatomischer  Anzeiger;   Bnd.  49,   1916. 
Argutinsky.    Über    eine    regelmäßige    Gliederung    in     der    grauen     Substanz    des 

Rückenmarks.   Arch.   f.   mikr.    Anat.   Bnd.   IS. 
Ariens    Kai'pers.   Weitere    Mitteilungen    über    Neurobiotaxis.   Die  Selektivität  der 

Zellenwanderung.   Die  Bedeutung  synchronischer  Reize.  Verlauf  und  Endigung 

der    zentralen    sogenannten    motorischen    Bahnen.    Folia  Neur.   Bnd.   1,   1908. 
AriÜns    Kappers.    Über    die    Tendenz    innerer    Hiruteile,   sich  durch   oberflächliche 

Vermehrung     statt     Volumenzunahme    zu     vergröfiern.     Folia     Neurobiologica ; 

Bnd.  VIII,   191^.  '^  • 

Athanassio-Benisti'.  Formes  cliniques  des  lesious  des  nerfs.   Paris,   1916. 
Auerbach.    Zur    Anatomie    der    aufsteigend  degenerierenden  Systeme  des  Rücken- 
marks.  Anat.   A.   Bnd.  V,   1890. 
Basleb.  über  die  Beteiligung  des  Muskelsinnc  am  absichtlichen  Betasten.  Pflugers 

Archiv;   Bnd.   153,   1913. 
Ber^'Hardt.    Allgemeine    Pathologie    der  periphei'isehen  Nerven.  Nothnagel,  Hand- 
buch,  1902. 
BiACH.    Das    Rückenmark    der  Ungulaten.  Obersteiners  Arbeiten;   Bnd.   16,   1908. 
Bing.    Zur    Kenntnis    der    endogenen    Rückenmarksfaserung.    Arch.    f.   Psychiatrie. 

Bnd.   39. 
Bing.    Experimentelles    zur    Physiologie    des    Tractus    spino-cerebellaris.    Arch.    f. 

Physiologie,    1906. 
BiNSWANGEE    und    MoELi.    Zur    Frage    der    sekundären    Degeneration.    Neurolog. 

Zentralbl.   1833. 
Bischof.   Beitrag  zur  Anatomie  des  Igelgehiimes.   Anat.   Anz.   Bnd.  XVIII,   1900. 
Blik.  Experimentelle  Beiträge  zur  Lösung  der  Frage  über  die  spezifische  Energie 

der  Hautnerven.  Zeitschrift  f.   Biologie;  Bnd.   20,   1881.,   Bnd.  21,   1885. 
BoER,   DE.    Die  quergestreiften  Muskeln  erhalten  ihre  tonische  Innervation   mitteLs 

der    Verbindungsäste    des    Sympathicus    (thorakales  autonomes  System).    Folia 

Neurobiologica:   Bnd.  VII,   1913. 
BoER,   DE.   Ueber  den   Skelettmuskeltonus.   2'*^  Mitteil.   Die  tonische  Innervation  der 

quergestreiften  Muskeln  bei   Warmblütern.  Folia  Neurobiol,   Bnd.  VII,   1913. 
BoER,  ■  DE.    Die  Form  der  Rumpfdermatome.  Psychiatrische  en  Neurologische  Bla- 

den.   Amsterdam,   1918. 
BoLK.    Beziehungen    zwischen    Skelett.    Muskulatur    und   Nerven   der  Extremitäten. 

Morphel.  Jahrbuch;   Bnd.   21,    1894. 


LITTEKATUR    y.VM    /.WEITKN    KAPITEL.  255 

BoLK.    Eekonsl.ri[kti()ii    der    SeguicntitTiiii«;'    der    (Tliedmaßcimuiskulatur.    iMorpholo- 

gisches  Jahrbuch;    Bud.   22,   1895. 
Boi.K.  Ben  en  ander  iiit  de  segnientaal-anatoniie  van  het  menseliolijk  liehaam.  Ned. 

Tijd.schr.   voor  Geneeskunde,   1897,  Deel    11. 
BoLK.   Die  iSegmentaldifterenzierung   des   uiensehlicheu   Rumpfes    und    seiner    Extre- 
mitäten.  Teil    1    und   11    Morphol.   Jahrbuch;    Bnd.   25    und   26,    1898. 
BoLK.    Die    Segmentaldifterenzierung    des  menschlichen  Rumpfes  und  seiner  Extre- 
mitäten. Teil   III   und  IV.   Morphol.  Jahrbuch;  Bnd.   27   und  28,   1899. 
Boi.K.    Ueber    die    Neuromerie    des    menschlichen    Eückenmarkcs.   Anat.   Anzeiger; 

Bnd.  28,   1906. 
BoLK.    De    segmentale    innervatie    van    rom[i    on  ledematen  bij   den  uieusch.   Bohn, 
Haar  lern,   1910. 

BoRCHEET.  Experimentelle  Untersuchungen  an  den  Hintersträngen  des  Eücken- 
markes.   Archiv  f.  Anatomie  und  Physiologie  (Physiol.   Abteil.),   1902. 

Braittigam.  Vergleichend  anat.  Untersuchungen  über  den  Conus  uiedullaris.  Ober- 
steiner's  Arbeiten;   Bnd.   1,   1892. 

Bregmann.  Neue  Untersuchungen  zur  Kenntnis  der  Pyramidenbahn.  1.  Der  Anteil 
der  Pyramide  am  Eückenmarks-Querschnitt  bei  verschiedenen  Tieren  und 
seine  Entwicklung  beim  Menschen.   An.   Anzeiger;   Bnd.  48,   1915. 

Broek,  van  den.  Untersuchungen  über  den  Bau  des  sympathischen  Xervensystems 
der  Säugetiere.  1  Teil.  Der  Halssympathicus.  Morphologi.sches  Jahrbuch ;  Bnd. 
37,   1907. 

Broek,  van  den.  Untersuchungen  über  den  Bau  des  sympathischen  Nervensystems 
der  Säugetiere.  II.  Der  Enmpf  und  Beckensympathicus.  Morphologisches  Jahr- 
buch;   Bud.   38,   1908. 

Brouwer.  Die  Bedeutung  der  Bulbärläsion  bei  Syringo-myelie  für  die  sensiblen 
Ausfallerscheinungen.  Monatsehr.  f.  Psychiatrie  und  Neurologie;  Bnd.  32,  1912. 

Brouwer.  Over  Dermatomerie.  Bijdrage  tot  de  kennis  der  segmentaal-anatomie  en 
der  sensible  geleiding  bij  den  mensch.  Ned.  Tijdschr.  voor  Geneeskunde,  1914. 

Brouwer.  Über  die  Querläsion  des  Eückenmarks  und  über  das  Bastiaansche  Ge- 
setz.   Psych,   und   Neur.   Bl.   Amsterdam,    1915. 

Brouwer.  Die  biologische  Bedeutung  der  Dermatomerie.  Beitrag  zur  Kenntnis  der 
Segmeutalanatomie  und  der  Sensibilitätsleitung  im  Eückenmark  und  in  der 
Medulla  oblongata.   Folia  Neurobiologica ;   Bnd.  IX,   1915. 

Brouwer  en  Blauwkuip.  Über  das  Zentralnervensystem  bei  perniziöser  Anaemie. 
Monatschrift   f.   Psychiatrie   und   Neur.   Bnd.   38,    1915. 

Beouwer.  Klinische  demonstratie  over  een  verlamming  van  Brown  Sequard.  Ned. 
Tijdschr.   v.  Geneeskunde  2''«   helft,    1916. 

Bruce.  Distribution  of  the  cells  in  the  iutermedio-lateral  tract.  Transact.  Eoyal 
Soc.  Edinburgh.    1906. 

Bruce.  Topographical   Atlas  of  the  spinal  cord.  Edinburgh,   1901.  . 

Brücke.  Neuere  Anschauungen  über  den  Muskeltonus.  Deutsche  Med.  Wochenschr. 
N°.  5  en  6.   1918. 

BüELET,  DE.  Het  aderlijk  stelsel  der  Bradypodidae.  Verhandelingeu  van  het  XIIpl"^ 
Nederl.  Natuur-  en   Geneeskundig  Congres  gehouden  te  Groningen,    1911. 

Carpentek  and  Conel.  A  study  of  ganglioncells  in  the  sympathetic  nervous  svstem, 
with  special  reference  to  intrinsic  sensory  neurones,  Journal  of  Comparative 
Neurol.   Vol.   24,   No.  3,   1914. 

Clarke.  Researches  on  the  intimate  structure  of  the  Brain.  Phil.  Transact.  Vol. 
158,   1869. 

Claude  et  Chauvet.  Semiologie  reelle  des  actions  totales  des  nerfs  mixters  peri- 
pheriques,   Paris,    1911. 


256  LITTKKATUK    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL. 

CoTjLiek  and  Buzzard.    Uegenerations  resiilting  from   lesions  of  the  postei'ior  nervp- 

roots.   Brain,    1904. 
CoLLiNS.  The  cells  of  the  cervical  spinal  cord.  JN'.   Y.   medical  Journal,   1894. 
CuNES.    Maladies    des    nerfs.    Noin'eau  traite  de  Chirurgie  de  le   Dentii  et  DelBet. 

Paris,   1911. 
CutJNiNGHAM.   The    spinal    nervous  System   of  the   porpoise  and   dolphin.   Journal   ot 

Anat.  and   Physiology;   Bnd.   11,   1877. 
Dejerine.  Semiologie  des  AfFections  de  Systeme  nerveux,    Paris,   1914. 
Dejerike  et  SoTTAS.  Sur  la  distributiou  des  fibres  endogenes  dans    le  eordou  pos- 

terieur  de  la  moelle  et  sur  la  Constitution  du  cordon  de  GoU.  C'omptes  rendus 

de   la  Soeiete   de   Biologie,    189-5. 
Dejerine  et  Thomas.  Oontribution  ä   Tetude  du   trajet  intra-raeduUaire  des  racines 

posterieures  dans  la  region  eervicale  et  dorsale    Comptes  rendus  de  la  Societe 

de   Biologie,   1896. 
Dendt  and  Nicholls.  On  the  oceurenee  of   a  mesoeoelic  recess  iu  the  huiuan  brain 

etc.   with   special   reference  to   the  distribution   of  ßeissner's   über  and   its  pos- 

.sible  funetion.   Proc.   of  the   Royal  f>oeiety;   Vol.   Bnd.   82,   1910. 
Dexi,er  und  Egeb.  Beiträge  zur  Anatomie  des  Säugerriiekenniarks.  Das  Küekenmark 

von  Halicore  du  jong.   Morphologischen  Jahrbuch.  Bnd.  43,   1911. 
Dana.  The  question  of  protopathic  and  epicritic  sensibility  and  the  distributiou  of 

the  Trigeminusnerve  (third  branch).  The  Journal  of  nervous  and  mental  diseases. 

Vol.   33,   1906. 
DoNALDSox.  The  growth  of  the  brain.  The  contempai'ary  Science  series  ;  London,  1895. 
DonäLDSon  and  Davis.   A  description  of  Charts  showing  the  areas  of  cross  seetions 

of  the  spinal  cord.  Journal  of  Comp.  Neurol.  Vol.  XIII,  1903. 
DuäsECKE.  Zur  mikroskopischen  Kenntnis  der  Pyramidenkreuzung  der  Chiropteren. 

An.   Anz.   Bnd.   23,   1903. 
Drüsecki!.    über   einen    bisher   nicht  beobachteten   Kera  (Hoft'manu — KöUiker)  bei 

Chiropteren.   Au.   Anz.   Bud.  23,   1903. 
ÜRäsECKE.    Zur    Kenntnis    des    Rückenmarks    und    der    Pyramideubahn   von  Talpa 

europea.  Monatschr.   f.   Psychiatrie  und  Neurologie;   Bud.   XV,   1904. 
DüFOUR.    Sur    le    groupement    des    fibres    endogenes   de  la  moelle  dans  les  cordons 

posterieurs.   Arch.  de  Neuro!.   Vol.   2,    1896. 
Dusseh  de  Barenxe.   Die  Strychninwirkung  auf  das  Zentralnervensystem.   Vorlaut. 

Mitteilung.  Zentralblatt  für  Physiologie;   Bnd.   24,   1910. 
DrssEK    DE    Barenxe.    Die    Strychninwirkung    auf   das    Zentralnervensystem.    Zur 

Wirkung  des  Stryehnins  bei   lokaler  Applikation.   Folia  Neurobiologica;    Bnd. 

V,   1911. 
DussER  DE  Baeenne.   Die  Strychniuwirkung  auf  das  Zentralnervensystem,  111.  Die 

segmentäi'e    Strychninvergiftung    der   dorsalen    Rückenmarksmechanismen ;     ein 

Beitrag  zur  Dermatomerie  der  hintern  Extremität  des  Hundes.     Folia  Neuro- 
biologica;  Bud.   V,   1011. 
DüsSER    DE    Barenne.    Die    Strychninwirkung    auf   das    zentrale    Nervensystem  IV. 

Theoretische  Betrachtungen.  Folia  Neurobiologica,   Bnd.  VI,   1912. 
DussER    de    Barenne.    Die    Strychninwirkung    auf   das    zentrale    Nervensystem    V. 

Folia  Neurobiologica,   Bnd.  VII,   1913. 
DüsSER    DE    Baeenne.    Zur    Kenntnis    der    Alloaesthesie.    Monatschr.  f.   Psychiatrie 

uud  Neur.   Bnd.  34,   1913. 
Düssee  de  Barenne.  Über  die  Enthirnungsstarre  (decerebrate  Eigidity  Sherrington's) 

in  ihrer  Beziehung  zur  eff'erenten  Innervation  der  quergestreiften  Muskulatur. 

Folia  Neuro  biologica,   Bnd.  VII,   1913. 
DussER  DE  Barenne.    Über    Alloaesthesie.    Experimenteller    Beitrag    zur    Kenntnis 


MTTERATTIR    ZUM    ZWftITKN    K'AI'ITKl..  io  / 

dieses  Syiinjtouies.  Psyehiatrische  en  Neurologische  Bladen,   Amsterdaui,  1914. 
EniNüKii.    Kückenmaric    und    Gehirn    in  einem  Falle  von  angeborenem   JNIaugel   des 

Vorderarms.   Virehow's   An-hiv ;  Bnd.   89,   1882. 
Edingek.    Über    die    FortsetzAing    der    hinteren    Rückenmarkswnrzeln    zum   Gehirn. 

Anat.  Anz.   1889. 
Edinöer.     Einiges    vom     Verlauf    der    Gefühlsbahnen     im    zentralen   Nervensystem. 

Deutsche   med.    VVochensehrift,    1890. 
Edixokr.  Vorlesungen  über  den   Bau  der  nervösen  Zentralorgane.   1'^''^"   Teil,  1908. 
Elders.    Die    motorischen    Zentren    und    die    Fbrm    des    V^orderhirns    in    den  fünf 

letzten    Segmenten    des    Zervikalmarkes    und  dem  ersten  Dorsalsegmente  eines 

Mannes,    der   ohne  linken   Vorderarm  geboren  ist.  Monatscbrift  f.  Psych,  und 

Neurologie;   Bnd.   28,   1910. 
Eldeks.    Über    die    dem    Vorderarme    und    der    Hand    zugehörigen  Bahnen  erster 

Ordnung  eines  Mannes  der.  ohne  linken  Arm  j^eboren  ist.   Monatschr.  f.   Psy- 
chiatrie und  Neurologie,   1914. 
Fabeitius.    Zur    Gruppierung    der    motorischen    ]?ahneu    innerhalb    der  Pyramiden- 
stränge. Arbeiten  aus  dem   pathologischen  Institut  der  Universität  Helsingfors. 

Teil   1,   1907. 
Fabkitius.    Studien    über    die    sensible    Leitung    im  menschlichen  Rückenmark,  auf 

Grund    klinischer   und  pathologisch-anatomischer  Tatsachen.   Arbeiten  aus  dem 

pathologischen  Institut  der  Univer.sität  Helsingfors.  Teil  II,   1908. 
Fabritius    Versuch  einer  Psychopbysiologie  des  Gefühles.  Monatschrift  für  Psychi- 
atrie und  Neurologie,   Bnd.   28,   1910. 
Fabritius.    Zur    Frage    von    der    sensiblen    Leitung    im  menschlichen  Rückenmark. 

Monatschr.   Psych,  und  Neur.  Bnd.   31,   1912. 
Farritius  und  Bergmann.  Zur  Kenntnis  der  Haut  und  Tiefensensibilität  untersucht 

mittels  der  Abschuürungsmethode.  Pflügers's  Archiv,  Bnd.   151,   1913. 
Fedem.    Recherches    histologiques    sur    la    dui-e    mere.   Arch.  italiennes  de  biologie, 

Tome  63. 
Förster.    Die    Topik    der    Seusibilitätsstörungeu    bei    Unterbrechung    der    sensiblen 

Leitungsbahnen.   Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilkunde,   Bnd.   56,   1917. 
Frank.    Anatomie    du    nerf  vertebral  chez  l'homme  et  les  mammiferes.  Journal   de 

Physiologie  et  de  Pathologie  genei'ale,  Tome  1,   1899. 
Frank  et  Pitres.    Des  degenerations  secondaires  de  la  moelle  opiniere  consecutive 

k     l'ablation     du     gyrus    sigmoulien    chez    le     chien.     Gazette    medicale    de 

Paris,  1880. 
Franssen.    Le    systemo    vasculaire    abdominal    et  pelvieu  chez  les  Primates.   Petrus 

Camper,  Deel  IV,   1906. 
Franz  (S.  J.)  Sensations  following  Nerve  division,  Bull.  N°.  2.  Government  hospital 

for  the  Insane,  Washington,   1911. 
Frey,   von.  Untersuchungen  über  die  Sinnesfunktion  der  menschlichen  Haut.  Kön. 

Sachs.  Gesellschaft  der  Wissensch.  Math.  phys.  Classe,   Bnd.  40,   1897. 
Fret,    von.    Neue    Untersuchungen    über    die    Sinnes    leistungen   der  menschlichen 

Haut.  Fortsehritte  der  Psychologie,  Bnd.  2,   1914. 
Frey,   vot).   Beobachtungen  an   Hautfiächen  mit  geschädigter  Innervation.  Zeitschrift 

für  Biologie,  Bnd.   63,   1914. 
Gaekt.    Apropos     des     cellules     radiculaires    posterieures.    Archives    Italiennes    de 

Biologie,   1896. 
Gans.  Die   Pyramidenbahnen  der  Phocaena.   Anat.   Anz.   Bnd.  49,   1916. 
Gegenbaür.    Vergleichende    Anatomie    der    Wirbeltiere    mit    Berücksichtigung    der 

Wirbellosen,  Teil  I.  Engelmanu,   Leipzig,   1898. 
Gehuchten,  van.   La  structure  des  centres  nerveux.   La  moelle  epiniere  et  le  cer- 

velet.  La  Cellule,   1891. 
Kappers.  17 


258  LITTEKATUK    ZUM    ZWEITKX    KAPITEL. 

Gehuckten,   vas  et  de  Neeff.   Les  noyaux  moteurs  de  la  muelle  lombo-saeree  chez 

l'homme.  Le  Nevrase,  Vol.   1,   1900. 
GoLDSCHEiDER.    Über  Heury  Head's  Leliru  vom   Teinperatursinii  der  Haut.  Medizin. 

Klinik.  Jahrgang  7.   1911. 
Goldstein.  Zur  vergleichenden   Anatomie  der   Pvrainidenb.ihn.   Au.  Anzeiger,   Bnd. 

24,   1904. 
Goldstein.    Ueber    die    aufsteigende    Degeneration    nacli  CL)iierschnittsuuterbrechung 

des  Rückenmarkes  (Tr.  spino-cerebellaris  posterior,   Tr.  spinn-olivaris,   Tr.  spino- 

thalamicus).  Neurol.  Centralblatt,   1910. 
GoLGi.    Ueber    den  feineren  Bau  des  Eiickenmarks.  An.   Anzeiger,  Bnd.   V,   1890. 
GoMBAULT    et    Philippe.    Contribution    ä  l'etude  des  lesions  systematisees  dans  les 

cordons  blancs  de  la  moelle  epiniere.  Archive«  de  Medecine  experimentale,  1894. 
GuLDBERG.     Ueber    das    Zentralnervensystem    der  Bartenwale,  Yidenskabs,  Selskabs 

l'orlhandlinger,   Christiaua,    1885. 
HäcKEu.  Beobachtungen  an  einer  Hautstelle  mit  dissozierter  Empfindiguugslähmiing. 

Zeitschrift  f.   Biologie,   Bnd.   61,    1913. 
HaGGQtrisT.  Histophysiol.  Studien  über  die  Temperatursinne  der  Haut  des  Menschen. 

A.n.  Auz.  Bnd'  45.   1913. 
HäGGQUiST.    Studien    über    die    Temperatursinne    der    Haut    des    Mensehen.   Kungl. 

Svenske  Vetenskaps  Akad.   Handl.    1915. 
Hardesty.  Observations  on  the  Medulla  spinalis  of  the  Elephaut.  Journal  of  Comp. 

Neur.  Vol.   12,   1902. 
Hatschek.  Vher  das  Eückenraark  des  Delphins.  Obersteiner's  Arb.  Bnd.  IV. 
Hatschek.    Über    das    Rückenmark    des    Seehundes    (Phoca    vitulina)  im  Vergleich 

mit  dem   Hunde.   Obersteiner's  Arbeiten,   Bnd.  IV,   1896. 
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UTTERATUR    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL.  259 

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den  supraponierten  Zentren.  Obersteiners  Arbeiten,   Bnd.   21,   1916. 
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Neurobiologica,   Bnd.  VII,   1913. 
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Matee.    Zur    pathologischen    Anatomie    der   Rückenmarkshinterstränge.  Jahrbücher 

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LITTKKATUR    ZUM    ZWEITKN    KAPITEL.  261 

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mark.   Skaiidiii.   Arch.  f.   Physiol.    Bnd.   18,   1902. 
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des   Hinterhorns.   Obersteiners  Arbeiten;   Bnd.    17    1909. 
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Langue  fran^aise.   Pau.   1904. 
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262  LITTERATUK    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL. 

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ScHEER,    VAN  DEE.    Beitrag  zur  Frage  nach  der  Bedeutung  des  Herpes  zoster  und 

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Vermeulen.   Über  den  Conus  medullaris  der  Haustiere  ete.  Berl.  Tierärtzl.  .Wochen- 

schr.   1916. 


LITTERATÜR    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL.  263 

Vermeulen.    Concerning    the  nerviis   sympathicus  of  domestic   aninnals.    Proceediugs 

Kon.   Akad.   v.   Wetensc-h.   Amsterdam,   Vol.  No.   7,  Vol.   XVIII,   1916. 
Vermeülen.     Über    den     Nervus    sympathifus     der     Haustiere.     An.     Au/,.     Bnd. 

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Vloet,   V.    D.    Über  den   Verlauf  der  Pyramidenbahn  bei  uiedern  Säugetieren.   An. 

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Winklee    en    van    Ei.ixberic.    On  funetion  and  strueture   of  the  truiikdermatoma. 

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Ziehen.    Secundaire    Degeneration    nach    Exstirpation    motorischer  Rindenregionon. 

Arch.   f.   Psych,   und   Nervenkrankheiten.    Bnd.    18,    1887. 
Ziehen.  Zur  vergleichenden  Anatomie  der  Pyramideubahn.  An.  Auz.  Bnd.  16,  1899. 
Ziehen.    Über    die    Pyramidenkreuzimg   des  Schafes.   An.   Anz.  Bnd.   XVII,    1900. 
Ziehen.    Makroskopische    und    mikroskopische    Anatomie   des  Zentralnervensystems. 

Fischer,  Jena.   1899,   1903   und   1913. 


EINIGE  LITTER  AT  UR- ANGABEN  ÜBER  DIE 
RUCKENMARKSHÄUTE  UND   DEN  LIQUOR  CEREBRO-SPINALIS  i) 

Adamkiewitz.  Die  Blutgefäße  des  menschliehen  Rückenmarkes.  I  Theil.  Die  Ge- 
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en  eonditions  normales  et  sous  l'influence  de  quelques  medicaments.  Arch. 
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')  Die  Litteratur  auf  diesem  Gebiete  ist  größtenteils  gesammelt  von  Weeu  (k.  iL). 


2G4  LITTERATUR    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL. 

Cappelletti.    L'efflusse    del    liquido  cerebro-spinale  dalla  tistola  cefalorachidiana  in 

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verwandte  Erscheinungen.   Mitteilungen  a.  d.  Grrenzgebiet.  d.   Med.  und  Chir., 

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1902,  CXXIV. 
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LITTERATUU    ZUM    ZWEITEN    KAPITEL.  265 

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gesunden   und  kranken  Zustande.   5'''  Auflage,   Deuticke,  Wien,   1912. 
Plaut,  Rkum  und  iScuüTTMÜLLEii.   Leitfaden  zur  Untersuchung  der  Zerebro-spinaJ- 

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u.   Wissenseh.   Med.  (Du  Bois — Eeymond),   Leipzig,   1872. 
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Salvi,   G.    Histogeuese  et  structure  des  meninges.  These  de  Paris,   1898. 
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Braunsehweig,   Vieweg  &  Sohn,    1859. 
Spina.  Experimenteller  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Hyperämie  des  Gehirns.  Wiener 

med.  Blätter,  1898,  XXI. 
Spina.   Experimentelle    Untersuchungen    über    die    Bildung    des   Liquor  cerebro-spi- 

nalis.   Arch.  f.  d.  gesamte   Physiol.,   Bonn,   1899,  LXXVI. 
Spina.    Über  deu  Einflusz  des  hohen  Blutdrucks  auf  die  Neubildung  des  Cerebro- 

spinalflüssigkeit.   Arch.  f.  d.  gesamte  Physiol.,   Bonn,   1900,   LXXX. 
Spina.   Untersuchungen  über  die  Resorption  des  Liquor  bei  normalem  und  erhöhtem 

intracraniellem    Drucke.   Arch.    f.    d.    gesamte    Physiol.,    Bonn,    1900 — 1901, 

Bad.  LXXXIII. 
Sterze.   Recherches  sur  l'anatomie  compare  et  sur  l'ontogenese  des  meninges.  Arch. 

Ital.  de  Biol.,   1902,   XXXVII. 
Sterzi.  Ricerche  intorno  all'  anatomia  comparata  ed  all'  ontogenesi  delle  meningi, 

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lettere  et  Arti.   1900—1901,   LX,  parte  II. 
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spinal    fluid    with    an    analysis    of   the    methods    of   investigation.  Jour.  Med. 

Research,   Boston,   1914,   XXXI  (n.   s.   XXVI). 
Week.   Studies  on   cerebro-spinal   fluid,   No.   III  :   The   pathways  of  escape   froni   the 

subarachiioid    Spaces,    with    particular    reference    to    the    arachnoid   villi,   .lour. 

Med.   Research,   Boston,   1914,  XXXI  (n.  s.  XXVI). 
Weed.   Studies  on  cerebro-spinal  fluid,   No.  IV:   The  dual  source  of   cerebro-spinal 

fluid.    Jour.   Med.  Research  Boston,   1914,  XXXT,  (n.  s.   XXVI). 
Weed.   The  development  of  the  cerebro-spinal  Spaces  in  pig  and  man.  Contributions 

to  embryology.   Volume   V,   No.    14,   Carnegie-Institution   of  Washington  1917. 
Zanua.    Lieber   die    Entwicklung    der    Osteome    der    Arachnoidea  spinalis.  Ziegler's 

Beiträge,   1889. 
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DRITTES   KAPITEL. 
DIE    MEDULLA  OBLONGATA. 


Allgemeines  über  ihre  Form  und  Einteilung. 

Unter  MeduUa  oblongata  versteht  man  bei  den  Kranioten  denjenigen 
Abschnitt  des  Zentrahiervensj'stems,  der  von  der  Stelle,  wo  der  Zentral- 
kanal des  Rückenmarks  sich  zu  erweitern  anfängt  {Calamus  smptorius), 
bis  zum  Mittelhirn  reicht. 

Der  obere  Abschnitt  des  i^rimitiven  Zentralkanals,  der  im  Rückenmark 
obliteriert,  bleibt  hier  offen,  und  dessen  Seitenwände  werden  sogar  weit  ausein- 
ander gezogen,  sodaß  oberhalb  der  direkten  Fortsetzung  des  sekundären 
Zentralkanals  (bloß  von  der  Fi.ssura  medialis  i)  Oblongatae  repräsentiert) 
ein  Hohlraum  entsteht  {Ventriculus  quartus),  der  vorn  von  dem  Zerebellum, 
hinten  bloß  von  einem  Plexus  chorioideus  überdacht  wird. 

Dieser  Plexus  chorioideus  (Fig.  30)  ist  meistens  sehr  groß  und  weist 
hinter  dem  Kleinhirn  bilaterale  Aussackungen  auf:  die  Recessus  laterales. 
Diese  Aussackungen,  welche  manchmal  eine  große  Ausdehnung  erreichen, 
können  kleine  Löcher  aufweisen :  die  Foramina  von  Luschka  oder  Aperturae 
laterales.  Eine  ähnliche  Kommunikationsstelle  zwischen  Ventrikel  und 
Arachnoidal-Raum  -)  findet  sich  direkt  frontal  vom  Galamus  scrijitorius  und 
wird  als  Foramen  von  Magbndi  oder  Apertura  inferior  bezeichnet.  Sie  ist 
(beim  Menschen)  manchmal  so  groß,  daß  ein  Bleistift  hindurch  gesteckt 
werden  kann.  Beim  Pferde  kommen  nur  die  Foramina  lateralia  vor,  welche 
dort  größer  sind  als  beim  Menschen.  Für  andere  Tiere  liegen  keine 
genügenden  Angaben  vor  (Retzius). 

Mittels  dieser  Oeffnungen  kommuniziert  der  Liquor  cere])ro-spinalis  inter- 
nus direkt  mit  dem  Inhalt  des  Arachnoidalraumes  und  zwar  mit  der  sog. 
Cisterna  magna  posterior  cerebelli. 


')  Vor  dem  Calamus  kann  darin  eine  Vertiefung  vorkommen:  dei'  Ventriculus  Arrnilii, 
der  sehr  inkonstant  ist  und  keine  besondere  Bedeutung  hat. 

*)  Auch  die  Pia  fehlt  dort,  indem  sie  endet  in  den  fibrösen  Ring,  der  das  Loch 
umgibt. 


DIE    MEDULLA    OBLONG  ATA.    FoRM    UNO    EINTEILUNG 


267 


Die  Seitenwände  der  Oblongata,  welche  kaudal  nur  weni»;  auseinander 
weichen,  erreichen  die  grüßte  Distanz  etwa  auf  dem  Niveau  des  Trigeniinus, 
des  Octavus  und  Facialis  (wo  bei  Fischen  auch  der  Lateralis  ant  eintritt: 
Fig.  119).  Sie  fügen  sich  frontal  wieder  zusammen,  wodurch  beim  Übergang 
zum  Mittelhirn  eine  schmälere  Stelle,  der  Isthmus  entsteht,  wo  der  Ventri- 
culus  quartus  sich  zu  dem  Aquaeductus  Sylvü  einengt.  Hierdurch  weist  die 
Oblongata  eine  Rautenform  auf,  und 
dieser  rautenförmigen  Gestalt  wegen  wird 
ihr  Ventrikel  auch  wohl  Venlriculus 
rhomboidalis  genannt  und  die  Oblonga- 
ta selber:  Rhomhencephalon. 

Auf  die  Entwicklungsgründe  des 
vierten  Ventrikels  und  dessen  Form, 
welche  durch  die  überwiegende  Ent- 
wicklung bestimmter  Hinterwurzeln  ent- 
steht, werde  ich  bei  Amphioxus  zurück- 
kommen. 

Der  hintere  Abschnitt  des  Rauten- 
hirns, dessen  Spitze  sich  dem  Rücken- 
mark (M3'elon)  anschließt,  wird  auch 
Nachhirn  ')    (Myelencephalon)    genannt. 

Der  vordere  Abschnitt,  aus  des- 
sen dorsalen  Wänden  das  Kleinhirn 
hervorgeht,  während  an  seiner  Basis 
sich  die  Brücke  bildet,  wird  dann  als 
Hinterhirn  ~)  (Metencephalou)  bezeichnet. 
Diese  Einteilung  ist  bei  Säugern  leicht 
zu  machen,  umsomehr,  weil  zwischen 
diesen  Abschnitten  während  der  embryo- 
nalen Entwicklung  eine  Knickung,  die 
Briickenbeuge,  vorkommt. 

Bei  niederen  Tiere  wird  sie  mehr 
oder  weniger  künstlich,  weil  eine 
Brücke  dort  nicht  vorkommt,  die  Lage 
der  sog.  Brückenbeuge  in  den  Em- 
bryonen der  niederen  Vertebraten 
nicht  genau  dieselbe  ist,  und  das 
Zerebellum  verschieden  groß  sein  kann,  ja  bisweilen  fehlt. 

Dazu  kommt  noch,  daß  die  Oblongata  in  ihrer  Gesamtheit  eine  wichtige 
Empfangs-  und  Ursprungsstolle  von  einander  mehr  oder  weniger  verwandten 


<-   «  /"  :/<^2. 


\ 


I 


Fig.  119.  Dorsalan-sicht  dei'  Oblong.ita 
von  Petiömyzon  marinus.  De  Tela 
Chorioidea  ist  entfernt.  De  IX  und 
X  wurzeln  sind  nicht  eingezeirlinet. 


')  Dieser   Abschnitt   geht   aus   dem   7.    und    darauf  folgenden   Oblongataneurnnieren 
liervor. 

M  Dieser  Abs(diiiitt  geht  aus  dem  G  Neuroraer  hervor. 


268 


DIE    MKDULLA    OELONGATA.    FORM   UND    EINTEILUNG. 


Hirnnerven  ist,  wovon  einige  ihre  Wurzelfasern  sowohl  in  dem  als 
„Nachhirn"  wie  in  dem  als  „Hinterhirn"  bezeichneten  Teil  der  Oblongata 
schicken  (der  Trigeminus  und  der  Octavus).  Diese  Einteilung  ist  denn 
auch  für  die  Beschreibung  dieses  Hirnabschnittes  bei  erwachsenen  Tieren, 
als  weniger  geeignet  außer,  Gebrauch  gekommen. 

Sehr  ausgeprägt  dagegen  und  funktionell  wichtig  ist  die  Verteilung 
der  ganzen  Oblongata  in  dorsale  und  ventrale  Areale. 

Namentlich  die  amerikanische  Schule  hat  darauf  hingewiesen. 

Ebenso  wie  man  in  dem  Rückenmark  im  allgemeinen  in  der  dorsalen 
Flügelplatte  ein  sensibles  Areal  findet  und  in  der  ventralen  Bodenplatte 
ein  primär  motorisches  Areal,  wird  dieselbe  Einteilung  auch  in  der  Oblon- 
gata wiedergefunden  (His). 

Während  aber  die  Scheidungslinie  zwischen  diesen  Platten,  >S'.  limilans, 
im  ausgewachsenen  Rückenmark  verloren  geht,  bleilit  sie  in  der  Oblongata 


N  lat.  post. 


R.  IS  sens. 

-  -    B.  IX  niot. 

-  ■    R.  V  desc. 


Fig    120.     Schematisierter  Qiiersclinilt  iliiich  ileii  liinteien  Teil  Her 
Oblongata  von  Scyllium  canicula.  Der  soniato-sensible  Absclinitt 
der  Plügelplatte  ist  senkrecht,  der  viszero-sensible  Ab- 
schnitt liorizontal  schraffiert.  Die  üninrlplatte 
ist  nicht  schattiert. 


bestehen  und  ist  diese  Grenze  zwischen  der  sensiblen  Flügeliüatte  und  der 
motorischen  Bodenplatte  (His)  meistens  deutlich  .^^ichtbar,  was  damit  zusam- 
menhängt, daß  dieser  Abschnitt  des  Gehirns  niclit  so  komprimiert  wird, 
wie  es  beim  Rückenmark  der  Fall  ist. 

Die  Furche  ist  namentlich  bei  niedern  Tieren  sehr  ausgeprägt  (Fig.  120). 

Überall  ist  das  Areal  dorsal  von  dieser  Furche  ein  sensibles  und  Karre- 


IHK    MKI  ULLA    OP.I.nNi;  ATA.    IlIKK    Wl'KZKLN.  269 

latioii.'^anal,  walii'eml  das  cciitnil  chivou  liogcudc  (Jehiet  lKUH)tsäclilicli  pri- 
märe oder  sckiriuliirc  effeklormlic  Zciiircn  enthält. 

Tu  dem  dor.saleii  Areal  kann  man  wieder  einen  somato-sensiblen  Abschiiiü 
(senkrecht  schraffiert  in  Fig.  120)  als  Endigungsgebiet  von  Haut-  und  damit 
verwandten  Fasern  (VIII  und  Lat.)  trennen  von  einem  viszero-scnsiblcn  Gebiet 
(horizontal  schraffiert)  für  Schleimhautfasern  (Gaskioll,  .Johnston,  Herkick). 

An  manchen  Stellen  der  Flügelplattc  iil)erwiegt  die  primär  sensible,  an 
andern  die  korrelativ-sensible  Funktion.  Ersteres  gilt  namentlich  für  den 
hinteren  Abschnitt  der  Oblongata,  letzteres  für  den  vorderen  Abschnitt,  wo 
sich  bei  den  meisten  Tieren  ein  großes  Korrelationszentrnra,  das  Zerel)el- 
Inm,  entwickelt. 

In  der  Bodenplatte  treten  die  primär  motorischen  Funktionen  meistens 
auf  den  Hintergrund  im  Vergleich  zu  den  koordinatorischen  Funktionen, 
was  namentlich  frontal  vom  Trigeminus  der  Fall  ist. 

Ich  werde  später  darauf  zurückkommen  und  auch  Gelegenheit  liaben, 
auf  den  Wert  dieser  Einteilung  für  unsere  Deutung  des  Zwischenhirnes 
und  des  A^orderhirnes  hinzuweisen  (vergl.  Kap.  VIII). 

Zuerst  werde  ich  die  Oblongata,  wo  diese  Einteilung  leicht  durch- 
führbar ist,  behandeln  und  werde  mit  deren  rezeptorischen  Komponenten 
anfangen. 

Das  sensible  System  der  Oblongata.   Die  Branchialnerven. 

In  dem  verlängerten  Mark  der  Kranioten  findet  man,  ebenso  wie  in 
dem  Rückenmark,  Vorderwurzeln  und  Hinterwurzeln.  Während  aber  die 
Vorderwurzeln  hier  sehr  reduziert  sind,  sind  die  Hinterwurzeln  der  Oblongata 
außerordentlich,  stark  entwickelt. 

Diese  Hypertrophie  der  Hinterwurzeln,  die  auch  zu  der  seitlichen  Aus- 
buchtung ihres  sensiblen  Areales  und  so  zu  der  Bildung  des  vierten  Ven- 
trikels beiträgt  (Inüvak)  ist  von  zweierlei  Art.  Einerseits  finden  wir  hier  eine 
besondere  Au.sbildung  von  somato-sensiblen  Fasern,  was  mit  der  Entwick- 
lung der  Kopfsensibilität  (V)  und  des  Octavo-Lateralis-Systems  zusammen- 
hängt. Anderseits  sind  die  viszeralen  Komponenten  der  Hinterwurzeln  hier  stark 
vermehrt,  und  in  manchen  Nerven  erhalten  dieselben  eine  üljerwiegende 
Entwicklung,  weil  dieser  Abschnitt  des  Zentralnervensystems  den  Kiemcn- 
bogenajyparat  und  dessen  Derivate  innerviert. 

Die  Nerven  dieses  Apparates,  die  Branchialnerven  Sensu  strictiori,  kenn- 
zeichnen sich  sowohl  durch  eine  starke  Vermehrung  der  viszeromotorisclicti 
als  der  viszerosensiblen  Komponeiiten,  die,  mit  somato-sensiblen  (=Haut)Fasern 
vereint,  zusammen  eintreten,  wie  es  bei  niedern  Tieren  auch  in  den  Hin- 
terwurzeln des  Rückenmarks  der  Fall  ist. 

Alles  spricht  dafür,  daß  man  die  Braurlikdnerren  nur  als  besondere  Aus- 
bildungen der  aus  drei  Komponenten  aufgebauten,  primitiven  Hinterwurzeln 
von  Amphioxus  betrachten  mufi. 


270 


DIE    MEDULLA    OBLONGATA.    IhRE    WuRZELN. 


llir  A'erhalten  bleibt  aut-h  dadurcli  mehr  primitiv,  weil  die  Branchial- 
wurzeln  sich  nicht  mit  den  VorderM'nrzeln  der  Oblongata  vereinen. 


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Die  3Iuskeln  der  Kiemenbogennerven  werden  denn  auch  niclit,  wie 
diejenigen  der  ventralen  Rückenmarkswm'zeln,  als  (Soraiten  oder)  Myotonie 
angelegt,  sondern  als  sog.   „Seitenplatten",  die  keine  somiten-iihnliche  Ein- 


IHK    MEDiUJ.A    (IIU.ONCATA.    IllUIC    WUUZKLN.  271 

tt'iluii.i;'    aiil'wui.scu    (v.w   ^\'VIII':).    Ks    ist    ciiio    liy |ifrlri)|iliiselie     Hiiitcrwur- 
zelmuskulatur. 

Durcli  (licso  Eigi'iurunlii-likeit  nahcni  sie  sich  dfu  urspriinglicli  i'liuiiriills  von 
motorisfheu  Komponenten  der  Hiuterwurzeln  iniicrviorten  Muskeln  der  Eingeweide, 
von  denen  sie  sieh  nur  dadurch  unterscheiden,  daß  sie  eine  Querstreifung  aufweisen, 
die  allerdings  ausnahmsweise  auch  Muskeln  der  Eingeweide  zukommt  (Herzmuskel). 
Aus  den  Branchialnerven  entwickeln  sich  denn  auch  die  Fasern  für  die  sympa- 
thischen (ianglieu  der  Oblongata  (K  I — V,  Fig.   121;   vergl.   hierzu  auch  Fig.   100). 

Die  soisibkii  Aste  der  eigentlichen  Kiemennerven  (X,  XI,  VII)  weisen 
nur  einen  qUcantitativen  Unter.schied  mit  den  Hinterwurzeln  der  Rücken- 
marksnerven  aiit'.  wniiiit  sie  auch  sonst  durcli  diMi  Besitz  von  extramedul- 
lären Ganglien,  liier  als  Kranialganglien  bezeichnet,  übereinstinmien. 

Diese  Kopfganglien,  welche  bei  den  meisten  Tieren  monopolare  Zellen 
enthalten,  sind  sehr  groß  und  oft  gegenseitig  verbunden.  Während  aber  in 
den  Rückenmarkshinterwurzeln  die  zahlreichen  Rezeptoren  der  äußeren 
Haut  nur  mit  spärlichen  Rezeptoren  der  Eingeweide  vereinigt  sind,  bilden 
die  sensiblen  Fasern  der  Innern  (Schleimhaut-)  Oberfläche  der  Branchial- 
gegend  den  größten  Teil  der  rezeptorischen  Fasern  der  Branchialnerven, 
entsprechend  der  ^'ei-gr/ißerung.  welche  die  Schleimliaut  in  der  vordem 
Branchialgegend  erfährt. 

Die  Fasern  für  die  äußere  Haut,  welche  darin  liei  niedern  Wirbel- 
tieren deutlich  nachweisbar  bleiben,,  erfahren  in  der  Phylogenese  eine 
Atrophie.  Nur  in  einem  der  Branchialnerven,  dem  Trigeminus,  überwiegen 
die  Hautfasern,  ja  sie  bilden,  wenn  man  von  spärlichen  sympathischen 
viszerosensil)len  Fasern  absieht,  den  einzigen  Bestandteil  der  Rezeptoren, 
weil  auch  die  sclcnndäre  Mundhalde,  die  Region  vor  der  Bucco-pharj'ngeal- 
Membran  (etwa  unserm  Giaumenbogen  entsprechend)  als  ein  Derivat  der 
äußern  Haut  anzusehen  ist. 

In  den  Facialis,  Glossopharyngcus  und  l^agiis  dagegen  sind  bereits  bei 
den  Zyklostomen  die  Fasern  für  die  äußere  Haut  sehr  spärlich  geworden 
und  in  dem  Facialis  und  Glossopharyngcus  mancher  Tiere  sogar  ganz 
verschwunden  (die  schwarzen  Fasern  dieser  Nerven  in  Fig.  121  gehen 
zu  den  Lateralorganen). 

Dieser  in  der  Reihe  der  Wirbeltiere  stets  größer  werdende  Verlust 
der  taktilen  Hautrezeptoren  jener  Nerven  ist  mit  einer  weitern  Ausdehnung 
der  somatischen  Trigeminusfasern  verbunden,  welcher  Nerv  dadurch 
das  Gepräge  einer  hinteren  Rückenmarkswurzel  am  meisten  bewahrt 
und  vikariierend  eintrit  für  die  Hautäste  der  anderen  Branchialnerven. 

Amphioxus. 

Betrachten  wii-  von  diesen  Gesichtspunkten  aus  ilen  vordci'cn  'i'eil 
des  Markes  von  Amiihioxm,  dann  kann  es  uns  nicht  wundern,  dort  in 
der    Anordnung   der  Hinterwurzeln  in  dem  der  Oblongata  entsprcclienden 


272  Das  Verhalten  bei  ÄMriiioxus. 

Abschnitt  \'erluiltnisse  zu  finden,  welche  noch  viel  mehr  denjenigen  der 
dorsalen  Rückenuiarksvvurzeln  ähnlich  bleiben,  weil  ein  wirklicher  Kiemen- 
bogenapparat  und  ein  Vestibularorgan  hier  fehlt. 

Gerade  dadurch  ist  es  aber  nicht  leicht,  ja  ganz  unmöglich,  die 
Nerven  nach  ihrem  Bau  und  ihrer  Funktion  zu  trennen  und  wird  die 
Numerierung  der  Nerven  dieses  Tieres  vom  Kopf  bis  zum  Schwanz  in 
einer  Reihe  vorgenommen,  ohne  daß  man  von  Oblongata  und  Rücken- 
marksnerven spricht. 

In  dieser  Numerierung  wird  der  unpaare  Riechnerv  nicht  mitgezählt 
und  wird  der  Nerv,  der  ventral  vor  dem  Infundibulum  eintritt  (siehe 
Fig.  42)  als  I.  Nerv  bezeichnet. 

Wie  wir  später  sehen  werden,  müssen  wir  diesen  Nerven,  der  bei 
Amphioxus  überwiegend  somatosensibel  i)  ist,  mit  vax  Wyhe  als  Nervus 
terminalis  betrachten. 

Er  ist  jedoch  den  somatosensensiblen  Fasern,  welche  hinter  dem  In- 
tundibulum  dorsal  eintreten,  völlig  analog,  und  sein  ventraler  Eintritt  ist 
einfach  dem  Umstände  zu  danken,  dasz  die  sensible  Flügelplatte  des 
Nervensystems  frontal  die  Basis  des  Gehirns  erreicht  (Kap.  VIII,  Fig.  408). 

Der  darauf  folgende  Nerv  II  der  Autoren  tritt  dorsal  und  hinter  dem 
Infundibulum  ein.  Er  ist  ebenfalls  rein  sensibel,  versieht  wie  der  vorige 
die  Haut  des  Rostrums  und  eines  Teiles  der  sog.  „dorsalen  Flosse"  und 
ist  meistens  ungleich  in  seiner  Entwicklung  auf  der  linken  und  rechten 
Seite,  entsprechend  der  Asymmetrie  dieses  Tieres. 

Dieser  Wurzel  entspricht  auch  keine  ventrale  Wurzel  und  auch  führt 
sie  keine  viszerosensiblen  und  viszero-motorischen  Fasern.  Sie  tritt  vor  dem 
zweiten  Myolom  in  das  Gehirn  und  i.st  auf  Grund  davon  als  das  Homo- 
logon  des  frontalsten  Dorsalnerven  der  Kranioten :  des  R.  oplithalmicus 
profundus  Trigemini  ~),  der  ebenfalls  vor  dem  zweiten  Myotom  eintritt 
(van  Wyhe),  zu  betracliten. 

Der  hinter  dem  Nerv  II  der  Autoren  und  hinter  dem  zweiten  Myotom 
austretende  Nervus  III  (dem  bereits  "ine  ventrale  motorische  Wurzel  ent- 
spricht) wäre  dann  das  Homologon  des  Radix  maxillo-n:iandibularis  Trige- 
mini. Er  führt  neben  Haut-  auch  viszerale  ^)  Fasern. 

Die  kaudal  von  ihm  eintretenden  Hinterwnrzeln  von  Amphioxus  sind 
in    Prinzip   ähnlich,  und  es  ist  warscheinlich,   daß    wir    in  jenen    Wurzeln 


')  N;icli  KöTCHiN  ist  er  rein  somatosensibel  nach  Langerhans  und  van  Wyhe  fiihrt 
er  periphere  Ganglien  viszeraler  Natur. 

- )  Der  Nervus  ophthalmicus  profundus  und  der  N.  terminnUs  sind  die  einzigen  frontal  vom 
dem  zweiten  Myotom  abgehenden  Nerven.  Der  bei  Ammocoetes  von  Tretjakoff,  bei 
den  Vögeln  von  Platt  beschriebene  N.  thalamicus  (dort  auch  von  Mesdag  gesehen) 
is  nirgends  konstant  und  war-scheinlich  ein  Rest  des  Ophthalmicuis  profundus,  der  die 
kaudale  Verschiebung  nicht  mit  machte,  welche  dieser  Nerv  bei  allen  Kranioten  in  dei' 
Ontogenese  erfähi-t,  in  dem  er  sich  dem  N.  maxillo-mandibularis  Trigemini  anschließt. 
^)  Nur  viszero-sensible,  keine  viszero-motorische,  weil  die  Kiefermuskulatur  fehlt. 


DAS   VERHALTEN    BEI    AMPHIOXUS.  273 

der  sog.  Buccal-  und  der  (Peri-)  Brimchialregion  dieses  Tieres  (etwa  86)  die 
Urzustände  der  bei  den  Kranioten  hinter  dem  Trigeminus  liegenden  Bran- 
chialnerven  Sensu  str.  zu  sehen  haben,  umsomehr,  als  sie  bereits  bei 
Amphioxus  einen  starken  viszeromotorischen  Zweig  nach  der  quergestreif- 
ten peribranchialen  Ätraungsmuskulatur  dieses  Tieres  (Min.  transversi) 
abgeben. 

Die  Bedeutung  jener  (etwa  36)  hinter  dem  N.  III  eintretenden  Hin- 
terwurzeln für  den  Atmungsmechanismus  und  die  infolge  dessen  erhebliche 
Entwicklung  ihrer  viszerosensiblen  und  viszeromotorischen  Komponenten 
zeigt  uns  den  Weg,  welchen  diese  zukünftige  Oblongatawurzeln  bei  der 
Ausbildung  des  mächtigen  Kiemenapparates  der  Kranioten  nehmen,  wo 
deren  weitere  Ausbildung  außerdem  durch  die  Entwicklung  der  Sinnes- 
organe des  Vestibularis  und  Lateralis  kompliziert  wird. 

Bei  Amphio.Kus  .sind  aber  noch  keine  besonderen  Kopfsinnesorgane  des 
Vestibularis  und  Lateralis  entwickelt,  welche  zu  einer  Spezialisierung  und 
Hypertrophie  der  Hautäste  Anlasz  geben  können,  und  auch  fehlt  dort 
die  Hj'pertrophie  der  Schleimhautfasern,  welche  erst  mit  der  Entstehung 
des  eigentlichen  Kiemenbogenapparates  auftritt. 

In  Übereinstimmung  mit  der  Tatsache,  daß  die  Hinterwurzeln  in 
dieser  Region  noch  nicht  die  Hypertrophie  aufweisen,  welche  sie  bei  den 
Kranioten  kennzeichnet,  ist  auch  die  seitliche  Äushuclihmg  des  sensiblen 
Oblong  ata- Areales,  luelehe  die  Bildung  des  Ventrierdus  rhomboidalis  der  Kra- 
nioten veranlaßt  CIngvar^  bei  Ampkioxus  noch  nicht  oder  kaum  eingetreten, 
und  ist  die  entsprechende  Region  bis  zu  dem  dritten  Dorsalnerven  (N. 
IV.  Aut.)  ein  geschlossenes  Rohr. 

Auch  bei  Myxinoiden  liegt  der  Calamus  noch  sehr  frontal,  etwa  auf  dem 
Niveau  des  N.   Facialis  (Eöthig,  Black).  , 

Bei  Amphioxus  ist  die  Übereinstimmung  der  sog.  peribranchialen  Nerven 
mit  den  kaudaleren  Dorsalnerven  außerdem  sehr  groß  infolge  ihrer  starken 
Hautkomponenten  und  der  Konstanz  von  mit  ihr  korrespondierenden  (aber 
nicht  mit  ihr  verbundenen)  Ventralwurzeln. 

Diese  Übereinstimmung  macht  es  schwer,  einen  erheblichen  Unter- 
schied zwischen  den  frontalen  und  den  kaudalen  Hinterwurzeln  des  Markes 
zu  ziehen,  sodaß  ich  die  vordem  gemischten  dorsalen  Wurzeln  am  liebsten 
als  Branchio-spinale  Nerven  l)ezeichnen  möchte. 

Bei  den  Kranioten  findet  eine  Reduktion  des  hintern  Abschnittes 
der  (Peri-)Branchialgegend  statt,  deren  Elemente  sich  der  Darmwandung 
zugesellen  dürften.  Infolge  dessen  gehen  die  hintern  branchiospinalen  Nerven 
verloren,  oder  es  bleiben  von  ihren  viszeralen  Komponenten  nur  wenige 
Fasern  übrig,  denen  eine  Bedeutung  für  die  Eingeweide  zukommt,  und 
welche  durch  die  mehr  und  mehr  von  der  Außenwelt  abgeschlossene 
Funktion  des  vordem  Darmabschnittes  zu  sympathischen  Systemen  mit 
sehr   verkümmerten  sensiblen  Komponenten  werden. 

Kappers.  'IS 


274  DAS    VERHALTEN    BEI    AMPHIOXUS. 

Der  vordere  Abschnitt  der  Branchialgegend  erfährt  jedoch  bei  den 
Kranioten  eine  Hypertrophie  seiner  viszeralen  Bestandteile,  infolge- 
dessen die  hinter  den  beiden  Trigeminuswurzeln  (N.  II  nnd  III  von 
Amphioxus)  austretenden  Dorsalwurzeln  durch  Zunahme  der  Schleirahaut- 
fasern  und  durch  die  Entwicklung  der  Branchialmuskelnerven  sich 
weiter  ausbilden  und  zu  der  Entstehung  des  Facialis,  Glossopharj'ugeus 
und  Vagus  führen. 

Wieviele  Dorsalwurzeln  von  Amphioxus  in  der  Bildung  dieser  Nerven 
aufgehen,  ist  nicht  zu  sagen ')  und  ist  sicherlich  für  die  verschiedenen 
Kranioten  nicht  gleich. 

Was  den  hintersten  dieser  Nerven,  den  Vagus,  anbelangt,  ist  zu 
betonen,  daß  die  stets  fortschreitende  Atrophie  kaudaler  Branchialbogen 
(deren  man  bei  den  Myxinoiden  noch  13,  bei  Petromyzon  8,  bei  Heptan- 
chus  7,  Hexanchus  6  und  den  andern  Plagiostomen  5  zählt)  mit  einer 
stets  weiter  schreitenden  Reduktion  seiner  Wurzeln  zusammengeht,  welche 
aber  ihre  Verwandtschaft  mit  den  Dorsalwurzeln  des  Rückenmarkes  auch 
noch  dadurch  zeigen,  daß  die  kaudalsten  Bündelchen  derselben  manchmal 
einen  Austritt  aufweisen,  der  in  der  direkten  Verlängerung  der  Austritts- 
linie der  hinteren  Rückenmarkswurzeln  liegt. 

Die  sensiblen  Wurzeln  des  Vagus,  Glossopharyngeus  und  Facialis. 

Der  Geschmack. 

Finden  wir  in  dem  Trigeminus  (N.  II  und  III)  bei  Amphioxus  und  na- 
mentlich bei  den  Kranioten  die  ausgesprochene  Tendenz  eine  überwiegend 
somatosensible  Rolle  zu  spielen  für  die  Tastempfindungen  des  Kopfes 
(S.  317),  so  haben  der  Vagus,  der  Glossopharyngeus  und  der  Facialis  der 
Kranioten  dagegen  außer  der  viszeralen  Semibilität  und  ihrer  bei  den  höhern 
Wirbeltieren  stets  kleiner  werdenden  Somatosensibilität  nocli  eine  Funk- 
tion zu  erfüllen,  welche  nur  diesen  Branchialnerven  zukommt:  die  Per- 
zeption  des  Geschmacks. 

Dadurch  entsteht  nun  auch  ein  qualitativer  Unterschied  zwischen  den 
hintern  Branchialnerven  (dem  Vagus,  Glossopharyngeus  und  Facialis) 
einerseits  und  dem  Trigeminus  andererseits,  welches  mich  veranlaßt,  die 
ersten  drei  Nerven  zusammen  zu  behandeln,  um  dann  am  Schluß  dieses 
Kapitels  den  Trigeminus  zu  besprechen,  der  auch  in  andern  Hinsichten 
eine  Sonderstellung  unter  den  Branchialnerven  einnimmt. 

Da  der  Besitz  von  Geschmacksknospen  diesen  drei  Nerven  eine  beson- 
dere Bedeutung  gibt,  werde  ich  mit  einer  kurzen  Skizze  jener  Knospen 
und  ihrer  Verbreitung  bei  den  verschiedenen  Wirbeltieren  anfangen. 


')  Die  Tatsache,  daß  die  Vorderspitze  der  Leberanlage,  welche  bei  den  Kranioten 
gleich  hinter  die  Kopfregion  fallt,  hier  etwa  mit  dem  neunten  Nerven  korrespondiert, 
gibt  uns  vielleicht  einen  Anhaltspunkt,    (van  Wyhe). 


DER   aESCHMACK. 


275 


Geschmacksporus. 


Geschmaclsatifte. 


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^: 


Perigenim. 
F.isern. 


Die  Gesehmacksknospen  oder  -Becher,  (Fig.  122)  siiul  mit  einer  geschlos- 
senen Blumenknospe  7,11  vergleichen,  weil  sie  in  der  Mitte  breit  sind  und 
sich  nach  oben  und  unten  zuspitzen. 

Drei  Zellarten  nehmen  an  ihrem  Aufbau  teil:  Sinneszellen,  Stütz- oder 
Deckzellen  und  Basalzellen.  Die  Basalzellen  umgeben  den  Becher  nur  an 
der  untern  Seite.  Die  eigentliche  Geschmacksknospe  besteht  aus  den 
Geschmackszellen  und  den  Sintzzellen.  Beide  sind  ungefähr  gleich  lang  und 
dehnen  sich  durch  die  ganze  Tiefe  des  Bechers  aus.  Die  erstgenannten 
sind  oft  schmäler 
als  die  letzteren  und 
weisen  nur  an  der 
Stelle,  wo  der  Kern 
liegt,  eine  \'erdik- 
kung  auf. 

Jede  Geschmacks- 
zelle trägt  einen 
Stift,  sodaß  der 
Eingang  zum  Ge- 
sell macksbecher  — 
der  Geschmackspo- 
rus —  mit  einem 
Stiftchensaum  um- 
geben ist. 

Die  Geschmacks- 
zellen sind  reine 
Sinneszellen,  keine 
Sinnesnervenzellen , 
denn  sie  entbehren 

eines  eferenten  Ausläufers.  Die  von  ihnen  perzipierten  Reize  werden  weiter- 
geführt durch  Ausläufer  sensibler  Nefven.  Diese  Nerven  dringen  in  die 
Geschmacksknospe  ein  (intrageriimale  Fasern)  und  enden  um  die  Neuro- 
epithelzellen,  teilweise  wachsen  sie  in  die  Zellen  ein  (Boekk). 

Andere,  perigemmale  Fasern  umgeben  den  Becher. 

Dieses  Aufbauprinzip  ist  bei  allen  Wirbeltieren  (außer  bei  Amphioxus, 
dem  Geschmacksknospen  fehlen)  zu  finden,  obwohl  die  äußere  Form, 
namentlich  die  Breite  des  Bechers,  sehr  verschieden  ist.  So  findet  man 
bei  den  Vögeln  z.B.  ganz  schmale  Becher,  bei  den  Amjihibien  und  Säugern 
breitere.  Auch  ist  der  Umfang  des  äußern  Geschmacksporus  sehr  ver- 
schieden. 

Von  größerer  Wichtigkeit  ist  die  verschiedene  Verbreitung  der  Becher 
bei  den  verschiedenen  Wirbeltieren. 

Ursprünglich  entodermaler  Herkunft  (Johnston)  können  die  Becher 
sich  sehr  weit  verbreiten  und  große  ektodermale  Gebiete  besetzen. 

Bei  der  Larve  des  Neunauges  finden  sie  sich  nur  in  dem  Phai-ynx  und 


Fig.  122. 


Intragemm.  Fasern. 

Geschmacksbecher  in  der  Zunge  des  Igels; 
n.  BoEKE. 


276  DER    GESCHMACK. 

in  den  Kiemenhöhlen,  bei  dem  ausgewachsenen  Tiere  jedoch  auch  auf  der 
äußeren  Haut.  Bei  den  Plagiostomen  bleiben  sie  auf  den  Pharynx  und  die 
Mundhöhle  beschränkt,  soweit  bis  jetzt  bekannt  ist,  aber  bei  den  Ganoiden 
und  Teleostiern  dehnen  sie  sich  oft  über  den  Kopf  und  (liei  vielen  Teleos- 
stiern)  auch  auf  den  Körper  aus,  wodurch  die  Zahl  der  Becher,  namentlich 
bei  Bodenfischen  (wie  Siluroiden),  eine  sehr  große  wird  und  viele  Zehn- 
tausende betragen  kann  (Heriiick  u.  A.). 

Diese  Geschmacksknospen  der  äußeren  Kopf-  und  Körperhaut  werden 
immer  von  einem  Facialisast  (Nervus  recurrens  facialis)  innerviert  (Fig.  126). 

Oberhalb  der  Fische  hört  aber  die  Verbreitung  der  Geschmacksknospen 
auf  der  äußeren  Haut  auf. 

Bei  den  Amphibien,  besonders  bei  den  geschwänzten,  ist  ihre  Zahl  in 
der  Mundhöhle  und  Pharynx  noch  sehr  groß.  Dort  entwickelt  sich  zuerst 
eine  muskulöse  Zunge,  welche  hier,  aber  hauptsächlich  bei  den  höhern  Tieren, 
eine  bedeutende  Rolle  als  Explorationsorgan  des  Geschmacks  spielt. 

Eine  Reduktion  des  Geschmacks,  welche  mit  dem  Landleben  eintritt, 
wird  bei  Reptilien  gesehen. 

So  ist  die  Zunge  der  Schlangen  nicht  in  erster  Linie  ein  Geschmacks- 
organ, sondern  vielmehr  ein  Tastorgan.  Doch  kommen  an  ihrem  Hinter- 
rande, wie  auch  am  Gaumen  zahlreiche  Geschmacksbecher  vor. 

Die  Zunge  des  Alligators  soll  nur  spärlich  mit  Geschmacksknospen 
versehen  sein  (B.iTH)  und  auch  bei  diesen  Tieren  sollen  sich  die  Geschmacks- 
knospen hauptsächlich  bei  dem  Pharynx  und  an  den  Choanen  befinden. 

Bei  den  Schildkröten  fand  Tuckerman  aber  eine  ziemlich  große  Zahl 
Geschmacksknospen  auf  der  Zunge,  sowohl  an  deren  vorderer  als  deren 
hinterer  Hälfte  und  ähnliches  erwähnen  Merkel  und  Leydig  über  die 
Saurier. 

Die  größte  Atrophie  des  Geschmacks  findet  bei  den  Vögeln  statt.  Die 
teilweise  verhornte  Zunge  dieser  Tiere  ist  sehr  spärlich  mit  Geschmacks- 
knospen versehen,  welche  dort  nur  noch  an  der  Zungenwurzel  vorkommen. 
Etwas  mehr  finden  sich  auf  dem  Palatum  in  der  Nähe  der  Choanen,  an 
dem  Pharynx  und  der  hintern  Seite  der  Epiglottis.  Bei  einigen  Vögeln 
finden  sich  auch  noch  welche  an  dem  Unterkieferrand. 

Alles  zusammengenommen  ist  jedoch  die  Zahl  der  Geschmacksknospen 
sehr  gering  und  variiert  von  40  bis  60.  Nur  bei  den  Papageien  können 
bis  400  vorhanden  sein  (Bath). 

Die  eigentliche  Entwicklung  des  Geschmacks  als  spezielles  Sinnesorgan 
der  Zunge  kommt  erst  bei  den  Säugern,  vor.  Obschon  bei  den  meisten 
Säugetieren  das  Palatum,  der  Pharynx  und  die  hintere  Seite  der  Epiglottis 
und  sogar  bisweilen  der  Larynx  auch  Geschmacksbecher  besitzen,  ist  deren 
Zahl  im  Vergleich  zu  denjenigen  der  Zunge  doch  außerordentlich  klein. 
Namentlich  die  Papulae  fungiformes,  und  —  bei  den  Rodeutiern  —  die 
Papulae  foliatae,  dann  die  Papulae  circumvallatae  sind  exquisite  Sam- 
melplätze derselbe. 


GESCHMACK    UND    CHEMISCHER    SINN.  277 

Ihre  Zahl  ist  in  den  einzehien  Ordnungen  sehr  verschieden. 

PoüLTOX  berechnet  sie  für  die  größern  Marsupialier  auf  etwa  10000. 
Bei  der  kleinen  Fledermaus  fand  Tuckerman  immerhin  noch  etwa  800, 
beim  Eichhorn  4000  bis  6000,  bei  dem  Hasen  9000,  Kaninchen  17000, 
Schwein  und  Geißbock  15000,  beim  Schaf  10000  und  beim  Rind  bis  35000. 
Beim  ausgewachsenen  Menschen  _  sollen  etwa  9000  Geschmacksknospen 
vorhanden  sein. 

Hierbei  ergibt  sieh  die  interessante  Tatsache,  daß  beim  Siui^ding  die  fungi- 
formen  Papillen  mehr  entwickelt  sind  als  beim  Erwachsenen,  wo  die  (auch  phylo- 
genetisch re/.entere)  Pap.  circumvallataedann  mehrGeschaiacksknospen  fülu'en,  während 
die  fiingiformeu  Papillen  teilweise  verhornen.  Auch  die  beim  iSiiugliug  noch  vorhan- 
denen Gesehmacksknospen  auf  der  Innenseite  der  Backen  atrophieren  später  (Stahr). 

Im  allgemeinen  findet  man  also  bei  den  Säugetieren  eine  große  Ver- 
mehrung der  Geschmacksknospen  im  Vergleich  zu  den  Rejitilien  und  Vögeln. 

Dabei  muß  betont  werden,  daß  bei  den  Säugern  speziell  die  Zunge 
als  Explorationsorgan  des  Geschmacks  auftritt,  eine  wichtige  Tatsache,  die 
auch   in    dem    Bau    der   bulbären  Geschmackszentren  zur  Geltung  kommt. 

Mit  Hinsicht  darauf,  daß  die  Fische  im  allgemeinen  so  enorm  viel  Geschmacks- 
knospen haben,  ist  die  Tatsache  befremdend,  daß  die  Zetazeen  —  welche  doch 
auch  aquatile  Tiere  sind  —  so  wenige  besitzen.  Eawitz  fand,  daß  die  Geschmacks- 
becher der  Zetazeen,  wenigstens  bei  Delphinus  delphis,  fehlen.  Eigentümlich  ist 
es  auch,  daß  bei   denselben  Tieren  der  Nervus  olfactorius  fehlt. 

•  Was  die  Physiologie  des  Geschmacks  und  den  Unterschied  zwischen  dem 
letztern  und  dem  chemischen  Sinn  der  freiendenden  Hautnerven  anbelangt, 
sei  folgendes  erwähnt: 

Wir  wissen  seit  längerer  Zeit,  daß  die  somatischen  (Haut-)Nerven  eine 
Empfindlichkeit  haben,  welche  als  „chemischer  Sinn"  bekannt  ist  und  die 
nur  bei  der  Verhornung  der  Haut  verloren  geht. 

Bei  einem  Tier,  welches  auf  der  äußern  Körperhaut  keine  Geschmacks- 
knospen hat  1),  wie  z.  B.  die  Larve  des  Neunauges,  ein  Haifisch  oder  ein 
Frosch,  ist  die  Haut  doch  empfindlich  für  Salze,  Alkalien,  Säuren  und 
Amara  (nicht  für  Zucker). 

Auf  diese  Stoffe  reagiert  das  Tier  (namentlich  der  Fisch)  gewöhnlich 
am  stärksten,  wenn  der  Stofif  auf  den  Kopf  appliziert  wurde;  der  Schwanz 
und  die  Gliedmaßen  sind  weniger  empfindlich  und  der  Rumpf  am  wenigsten. 

Diese  Empfindlichkeit  für  chemische  Eindrücke  ist  an  freie  Endigungen 
der  Hautnerven  geljunden,  denn  besondere  rezeptive  Körperchen  kommen 
bei   solchen   Tiere    nicht   vor,  und  außerdem   ist  der  chemische  Sinn  dort 


')  Bei  Tieren,  welche  Geschmacksnerven  auf  der  äußern  Haut  haben,  wie  die  silu- 
roiden  Fische,  bleibt  diese  Funktion  der  äußern  Haut  auch  bestehen,  wenn  der  Nerv  für 
die  Geschmacksbecher  durchschnitten  wird,  so  daß  auch  hier  oH'enbar  die  gewolinlichen 
spinalen  Hautnerven  eine  chemische  Emplindlichkeit  besitzen. 


278  GESCHMACK    UND    CHEMISCHER    SINN. 

am  besten  entwickelt,  wo  die  meisten  sog.  freien  Endignngen  vorkommen. 
Man  sollte  meinen  daß  das  Tier  nur  auf  die  Berührungs  empfin- 
dung  reagiere,  welche  der  Tropfen  Säure  oder  ein  anderer  Stoff  bei  der 
Berührung  der  Haut  verursacht.  Diese  Möglichkeit  wurde  aber  bereits  als 
unwahrscheinlich  erwiesen  durch  die  Versuche  van  Wayenburg's,  der 
nachweisen  konnte,  daß  die  Schwankungen  in  den  von  chemischen 
Reizen  hervorgerufenen  Reflexen  parallel  mit  der  Konzentration  der 
angewandten  Stoffe  ist  und  nicht  mit  ihrem  dabei  ganz  oder  ziemlich 
gleichbleibenden  taktilen  Einfluß. 

Dieser  Autor  war  der  erste,  der  (bei  Fröschen)  nachwies,  daß  die  Empfind- 
lichkeit der  Haut  für  chemische  Einwirkungen  dem  Gesetze  von  Webeh  und  Fecuner 
unterliegt  und  in  dieser  Hinsicht  den  andern  Sinnesqualitäten  analog  ist.  Bei 
einer  geometrischen  Steigerung  der  chemischen  Eeize  (wobei  der  taktile  oder  Tem- 
peratureindruck der  damit  zusammenging,  annähernd  gleich  blieb)  wurde  eine 
arithmetische  Steigerung  der  Eeflese  beobachtet. 

Daß  es  sogar  wahrscheinlich  nicht  dieselben  freien  Nervenendigungen 
sind,  die  diese  Empfindung  und  das  Berühr üngsgefühl  übermitteln,  wurde 
von  Parker  und  Shbldon  betont,  welche  fanden,  daß  bei  Applikation 
von  Kokain  die  Haut  zuerst  für  die  taktilen  Reize  und  später  für  diese 
chemischen  Reize  gefühllos  wird.  Ein  ähnlicher  Versuch  lehrt  uns  auch, 
daß  allgemeine  chemische  Empfindlichkeit  etwas  anderes  ist  als  Geschmacks- 
empfindung. Die  Geschmacksempfindung  wird  nämlich  nicht  später, 
sondern  eher  betäubt  als  die  Taktilität. 

Wir  finden  also  hierin  schon  einen  Beweis,  daß  der  chemische  Sinn 
der  Haut  und  der  Geschmackssinn  verschiedene  Sinne  sind,  obgleich  bei 
beiden  die  Reizstoffe  und  deren  Konzentration  dieselben  sein  können,  (nur 
für  Süß  ist  der  chemische  Sinn  nicht  zugänglich)  und  bei  beiden  die 
negativen  Ionen  es  sind,  welche  den  Reiz  bestimmen. 

Ein  größerer  Unterschied  zwischen  beiden  zeigt  sich  in  ihrem  phy- 
siologischen Charakter  in  dem  Umstände,  daß  die  Reflexe,  welche  der 
chemische  Sinn  auslöst,  immer  negative,  d.h.  Abwehrreflexe  sind  (van 
Wayenburg,  Herrick),  was  mit  der  Lehre  Sherrington's  im  Einklänge 
steht,  daß  die  freien  Endigungen  in  der  Haut  meistens  eine  nozirezeptive 
Punktion  haben.  (Vergl.  jedoch  auch  S.  35  der  Einleitung.) 

Ganz  anders  nun  sind  die  Reflexe,  welche  von  den  Geschmacksbechern 
ausgelöst  werden. 

Versuche  welche  C.  J.  Herkick  bei  verschiedenen  Knochenfischen  aus- 
führte, zeigen,  daß  diejenigen  Tiere,  deren  Körperhaut  mit  Geschmacks- 
knospen versehen  ist  (Siluroiden,  Zyprinoiden,  Gadiden)  auf  sapide 
Nahrungsstoffe  reagieren  (diese  suchen),  wenn  dieselben  mit  der  Haut  in 
Berührung  gebracht  werden,  während  andere  Tiere,  welche  keine  Geschmacks- 
knospen auf  dem  Außenkörper  haben  (Prionotus,  Opsanus),  darauf  nicht 
im  geringsten  reagieren  oder  den  mit  der  Nahrung  verbundenen  taktilen 
oder  chemischen  Reiz  entfliehen. 


DIE   SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER    ZYKLOSTOMEN. 


279 


Parker  bestätigte  diese  Wahrnehmung  und  fand,  daß  Fisclie  mit 
durchschnittenen  Geschmacksnerven — auch  werwi  sie  auf  Salz,  Lauge,  Sauer 
und  Bitter  noch  reagieren,  nicht  mehr  positiv  auf  Nahrung  reagierten. 

Doch  zeigt  sich  Ijei  den  Nalirungsversuchen,  die  Eigentümlichkeit, 
welche  von  prinzipieller  Bedeutung  ist,  daß  die  ungestörte  Existenz  der 
Geschmacksknospen  allein  oft  nicht  genügt,  um  die  positive  Reaktion 
hervorzurufen . 

Die  Nahrungsreaktion  erjährt  eine  erhebliche  Störung,  ivenn  die  Nerven 
durchschnitten  sind,  welche  das  betreffende  Geschmacksknospenareal  mit  taktilen 
Fasern  versehen,  sodaß  die  Korrelation  dieser  beiden  Sinne  offenbar  bei  der 
Beurteilung  und  namentlich  heim  Auffinden  der  Nahrung  (Lokalisation f)  eine 
große  Rolle  spielt.    (Vergleiche  hierzu  auch  S.  316). 

Diese  Wahrnehmung  ist  eine  außerordentlich  wichtige  und  wir  werden 
sehen,  daß  diese  Korrelation  zwischen  Geschmackssinn  und  Tastsinn  auch  in  der 
Anatomie  der  Geschmackszentren  und  deren  Verbindungen,  wozu  ich  jetzt  über- 
gehe, zum  Ausdruck  kommt. 

Besonders  ist  dies  der  Fall  bei  denjenigen  Tieren,  bei  denen  die  Ge- 
schmacksfasern und  die  taktillen  Fasern,  welche  ihrem  Areal  zustreben, 
verschiedenen  Nerven  angehören. 

Die  Sensiblen  Branchialnerven  der  Zyldostomen. 

Bei  den  Zyklostomen  ist  das  Verhalten  von  Gesclimack  und  Berührungs- 
sinn sehr  einfach,  weil  die  Geschmacks-Regionen  dort  ihre  taktilen  Fasern 
wesentlich  von  denselben  Nerven  erhalten,  welche  auch  Fasern  zu  den 
Gescbmacksknospen  senden. 

Entsprechend  ihrem  Ursprünge  aus  den  branchiospinalen  Nerven 
von  Amphioxus 
führen  der  Va- 
gus, Glossopha- 
ryngeus  und  Fa- 
cialis von  Petro- 
myzon  außer  Ge- 
schmacksfasern 
solche  für  den 
Berührungssinn 


Fig.  12.3.     Hautäste  der  Branchialnerven  bei  Petromyzon 

(n.  Joiinston).  Die  punktierten  Linien  sind  Hautästc, 

welciie  bei  den  meisten  Fischen  oberhalb  der 

Zyklostoraen  verschwinden. 


und  können  die 
letzteren    wieder 
in   zwei  Katego- 
rien   unterschie- 
den werden:  .sol- 
che der   Schleimhaut  und  solche  der  Außenhaut  (somato-sensible  Fasern). 
Beim  Neunauge  besitzen  sowohl  der  Vagus  und  Glossopharyngeus  als 
der  Facialis  auch  Tastsinnfasern  für  die  Kopfhaut,  wie  von  .Joiinston  nach- 
gewiesen ist  (vergl.  Fig.  123). 


280  DIE    SENSIBLEN    IJRANCHIALNERVEN    DER    ZYKLOSTOMEN 

Die  somatosensiblen  Fasern  des  Vagus  und  Glossopharyngeus  haben 
sowohl  ihren  dorsalen  als  ihren  ventralen  Ast  bewahrt  und  verbreiten  sich 
an  der  dorsalen  und  ventrolateralen  Seite  der  Kiemenbogenregion. 

Die  sensiblen  Hautäste  des  Facialis  kommen  aber  beim  Nennauge  nur 
noch  an  der  Oberfläche  des  Kopfes  hinter  und  unter  der  Orbita  vor.  Der 
Dorsalast  fehlt  hier  bereits,  und  sein  Gebiet  wird  vom  Trigeminus  versorgt. 
Die  allgemein  sensiblen  Fasern  der  Schleimhaut  sind  viel  reichlicher  i) 
als  diejenigen  der  Haut  und  verlaufen  meistens  zusammen  mit  den  Ge- 
sell macksfasern. 

Die  drei  sensiblen  Komponenten  jener  Nerven  entstammen  alle 
den  Kopfganglien,  welche  den  Spinalganglien  analog  sind,  und  erreichen 
die  Oblongata  in  einer  gemeinsehaftlichen  Wurzel.  In  der  Oblongata  findet 
wieder  eine  Trennung  jener  Komponenten  statt. 

Diese  iutrameduUäre  Differenzierung  geschieht  in  der  Weise,  daß  die 
Fasern,  welche  von  der  äußern  Haut  kommen,  sich  dem  Hauptnerven  der 
äußern  Kopfhaut,  den  deszendierenden  Trigeminusfasern,  anschließen:  ein 
deutliches  Beispiel  der  auf  gleicher  Funktion  beruhenden  Faseranordnung 
im  zentralen  Nervensystem  (Neurobiotaxis).  Sie  nehmen  mit  dieser  Wurzel 
einen  Teil  der  Flügelplatte  der  Oblongata  ein,  welche  mehr  dorsal  Octavus- 
und  Lateralisfasern  führt  und  wegen  ihrer  Bedeutung  für  äußere  Körper- 
eindrücke als  somatosensibles  Areal  zu  bezeichnen  ist  (siehe  Fig.  120). 

Die  Schleimhautäste,  sowohl  die  der  allgemeinen  Schleimhautsensibi- 
lität als  die  der  Geschmacksknospen,  passieren  aber  die  deszendierende 
Trigeminus-Wurzel  und  ziehen  weiter  medialwärts  zum  Boden  des  vierten 
Ventrikels,  zu  dem  viszerosensiblen  Areal  der  Oblongata  (vergl.  das  Schema 
in  Fig.  120). 

Diejenigen  des  Glossophaiyngeus  und  \'agus  enden  teils  auf  dem  Ni- 
veau ihres  Eintrittes,  teils  mehr  kaudal  in  einer  Säule  grauer  Substanz  in 
der    dorsomedialen  Ecke  des  Ventrikelbodens,  den  Lobi  vagi. 

Kaudal  fügen  sich  die  beiderseitigen  Säulen  in  der  Medianlinie  zu- 
sammen und  bilden  den  Kern  der  Commissura  infima.  Da  dieser  Zusam- 
menschluß ziemlich  bald  stattfindet,  dehnt  sich  der  Lobus  vagi  noch  eine 
Strecke  hinter  dem  Calamus  aus  (.Johnston). 

Auch  die  Schleimhautäste  des  Facialis  laufen  (nachdem  auch  ihr  kleiner 
Hautast  an  die  deszendierende  Quintuswurzel  abgegeben  ist)  weiter  dorsal- 
wärts,  und  dürfte  auch  auf  dem  Niveau  ihres  Eintrittes  eine  geringe  Zahl 
von  ihnen  enden.  Die  Mehrheit  der  Facialis-Schleimhautfasern  biegt,  aber 
oben  angelangt,  nach  hinten  um  und  ist  zu  verfolgen  bis  in  die  gemeinschaft- 
liche  sensible   Säule    des    Glossopharyngeus    und    Vagus:  ein  zweites   Bei- 


')  Diejenigen  des  VII.  innervieren  die  Sensibilitiit  der  vordem  Hälfte  der  ersten  Kie- 
raentasche,  die  des  IX.  die  Innenseite  der  hintern  HiUf'te  der  ersten  Kiementasclie  und 
die  Innenseite  der  vorderen  Hälfte  der  zweiten  Kiementasclie,  wahrend  die  Schleimhaut- 
fasern der  Vagus  die  restierenden  Kiemenhöhlen  innervieren. 


DIE    SENSIBLEN    BKANCHIALNERVEN    DER    l'LAGIOSTOMEN.  2S1 

spiel  von  Faseranordminc;  und-Eniligung  auf  Griuul  üboreinstinimfiider 
Funktion. 

Während  es  gelingt,  die  Tastfasern  der  Haut  dieser  drei  Nerven 
gesondert  in  die  deszendierende  Trigeminuswurzel  zu  verfolgen,  war  es  hier 
bis  jetzt  nieht  möglich,  in  dem  viszeralen  Bündel  die  Geschmacksfasern 
und  die  Tastfasern  der  Schleimhaut  getrennt  nachzuweisen. 

Wir  werden  bald  sehen,  daß  die  Tastfasern  i)  der  Schleimhaut  sich  bei 
den  höheren  Tieren  zu  einem  großen  bis  in  das  Rückenmark  absteigenden 
Bündel,  Fasciculus  solitarius,  verfolgen  lassen. 

Von  einem  wirklichen  Fase,  solitarius  (IX  &  X),  wie  er  bei  höhern 
Tieren  gefunden  wird,  d.  h.  von  einem  überwiegend  absteigenden  Verlauf 
der  IX-  und  X-Fasern  auf  einer  langem  Strecke  ist  hier  aber  kaum  die 
Rede.  Nur  die  kaudal  verlaufende  Strecke  der  sensiblen  Facialis wurzel 
(S.  o.)  wäre  als  prävagaler  Teil  des  Fase,  solitarius  zu  bezeichnen. 

Als  sekundäre  Systeme  dieser  Nerven  sind  Neuronen  zu  erwähnen, 
welche  im  dem  viszerosensiblen  Grau  der  Oblongata  entstehen  und  im 
allgemeinen  einen  gekreuzten,  meist  nach  hinten  gerichteten  Verlauf 
nehmen,  eine  Art  Bogenfaserzellen,  welche  hier  überwiegend  aborale  Reflexe 
übermitteln.  Solche  gehen  auch  aus  dem  Kern  der  Commissura  imiima 
hervor. 

Die  motorischen  Wurzelfasern  dieser  Nerven  treten  in  direktem  medi- 
alem Anschluß  an  die  sensiblen  Wurzelfasern  ein,  entsprechend  ihrem 
viszeromotorischen  Hinterwurzelcharakter.  Ihre  Kerne  weisen  eine  sehr 
primitive    Anordung  auf,  welche  ich  in  Kapitel  V  eingehender  behandele. 

Hier  sei  bloß  erwähnt,  daß  diejenigen  des  Glossopharyngeus  und 
A'agus  etwa  auf  dem  Niveau  ihres  Wurzeleintrittes  eine  kontinuierliche 
Säule  bilden,  medial  von  dem  viszerosensiblen  Grau,  und  daß  der  motorische 
Facialiskern  ebenfalls  eine  dorsale  Lage  hat  auf  ihrem  Wiirzelniveau  und 
im  Anschluß  bleibt  an  den  Trigeminuskern  (siehe  Fig.  206). 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Plagiostomen. 

Bei  den  Plagiostomen  sind  die  eigentlichen  Branchialnerven  schon 
bedeutend  größer  als  bei  den  Zyklostomen.  Bei  den  primitiven  Selachiern 
führen  sie  noch  alle  sensible  Komponenten,  wie  beim  Neunauge,  d.  b. 
Fasern  für  die  allgemeine  Sensibilität  der  äußern  Haut,  solche  für  die 
allgemeine  Sensibilität  der  Schleimhaut  und  Geschmacksfasern. 

Doch  ist  die  Eeduktiou  der  somatosensiblen  Fasern  hier  bereits  weiter  fort- 
geschritten, indem  der  Vagus  und  der  Glossopharyngeus  nur  noch  ihre  dorsalen 
Hautäste  aufweisen  (Ewaht,  Coi.e  und  Hawkes),  während  der  Hautast  des  Facialis 
noch  kleiner  geworden  ist,  ja  vielleicht  nicht  bei  allen   Phigiostomeii   vorkommt. 

Bei  Heptanchus  und  Hexanchus  ist  er  —  nach  meinen  Erfahrungen  über  das 
zentrale  Verhalten  der  Facialiswurzel  bei  diesen    Tieren  —  noch  vorhanden.    Sein 


')  Wenn    hiei'   und    in   ilen   füllenden   Zeiten  von  ,,Tast"fasern  gesprocVicn  wird  sind 
damit  alle  Qualitäten  des  einfachen  llautsinne.s  gemeint. 


282 


DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER    PLAGIOSTOMEN. 


peripheres    Verhalten    konnte    ich,    wegen   Mangels   an  geeignetem  Material,  nieht 
ermitteln. 

Bei  Chlamydoselachus  aber  fand  Meerit  Hawkes  einige  kleine  Äste  des 
VII.    zur  ventrolateralen  Haut  gehend. 

Bei  Heptanchus  und  Hexanchus  gelang  es  mir,  die  viszeralen  und 
somatischen  Komponenten  getrennt  nachzuweisen. 

In  Fig.  124  A  ist  das  Verhalten  des  Vagus  wiedergegeben  (das  Bild, 
welches  der  Glossopharyngeus  darbietet,  ist  genau  dasselbe). 

Deutlich  sieht  man,  wie  die  Wurzel  sich  in  der  Oblongata  in  drei 
Aste  teilt.  Die  motorische  Wurzel  biegt  medialwärts  ab  zu  ihrem  Kern 
(n.  X.  mot).  Die  sensible  Wurzel  teilt  sich  in  zwei  Systeme,  wovon  das  eine 
Längsfasern  bildet,  welche  der  deszendierenden  Trigeminuswurzel  parallel 
laufen,  und  die  nur  durch  den  motorischen  Ast  davon  geschieden  sind.  Dies 
ist  der  Hautast  dieses  Nerven  (X  sens.  som.  Fig.  124  A)  der  sich  dort,  wo  die 
motorische  Wurzel  aus  der  Schnittflcäche  verschwindet,  dem  Trigeminus 
descendens  anlegt  und  mit  ihm  absteigt. 

Der    viszero-sensible    Ast   des   Vagus  (X  sens.  visc.  Fig.  124  A)   endet 


Fig.  124  A.    Die  verschiedenen 

Komponenten    der   Vaguswurzel 

bei  Heptanchus. 


Fig.  124.  B  Die  verschiedenen  Komponente 
der  Facialisv^urzel  bei  Heptanchus- 

Man  beachte  die  Lage  des  Hautastes  des 
VII.  in  der  Nähe  des  V  descendens. 


Überwiegend  auf  dem  Niveau  seines  Eintrittes,  in  dem  mediodorsalen 
viszero-sensibleu  Areal,  dem  Lobus  vagi.  In  der  oberen  Ecke  jenes  Areales 
bilden  einige  Fasern  ein  absteigendes  Bündelchen  viszero-sensibler  Fasern, 
welches  als  Fasdculus  solitarius  bezeichnet  werden  kann. 

Kaudalwärts  nimmt  dieser  primitive  Fasciculus  solitarius  etwas  an 
Umfang  zu;  er  wird  jedoch  bei  den  Haien  nie  sehr  groß. 

Obschon  der  viszerale  Ast  sowohl  Geschmacksfasern  als  allgemein 
sensible  Fasern  der  Schleimhaut  enthält,  ist  es  wahrscheinlich,  wie  ich 
weiter  unten  begründen  werde,  daß  die  absteigenden  (Fasciculus  solitarius-) 


DIE    SENSIBLEN    BRANCIIIALNEKVKN    DER    TLAOIOSTOMEN. 


283 


Fasern  üljerwiegend  allgemeine  Fasern  der  Schleimhaut  sind,  während 
die  Geschniachskomponenten  hauptsächlich  eine  direkte  Endigung  besitzen. 
Die  sensible  Facialiswurzel,  welche  viel  weiter  frontal  die  Oblongata 
erreicht,  strebt  nach  Eintritt  in  die  Oblongata  ebenfalls  in  dorsaler  Rich- 
tung, teilt  sich  aber  in  der  Nähe  der  deszendierenden  Quintuswurzel  in 
zwei  Äste,  von  denen  einer,  offen- 


bar der  Hautast  jenes  Nerven, 
kaudalwärts  sich  mehr  und  mehr 
dem  deszendierenden  Trigeminus 
anschließt  (Fig.  124  B).  Ein  größe- 
rer, mehr  feinfaseriger  Teil  der 
Wurzel,  zieht  jedoch  zum  Boden 
des  vierten  \'entrikels  und  ver- 
läuft, eine  Erhebung  des  Ven- 
trikelbodens bildend,  nach  hinten, 
um  in  demselben  Kern  zu  enden, 
in  dem  auch  der  sensible  visze- 
rale Glossopharyngeus  endet. 

Dieser  prävagaleTeil  des  Fas- 
ciculus  solitarius,  d.  i.  die  deszen- 
dierende viszero-sensible  Facialis- 
wurzel, ist  gut  entwickelt  und 
(Fig.  125)  sogar  makroskopisch  Au^t.c. 
in  dem  Ventrikelboden  sichtbar. 

Die  Säule  grauer  Substanz, 
worin  die  viszero-sensiVjlen  Fa- 
sern dieser  drei  Nerven  enden, 
bildet  eine  Reihe  von  Erhöhun- 
gen, welche  sich  kaudalwärts  fast 
bis  zu  dem  Calamus  scriptorius 
ausdehnen  (Fig.  125). 

Mikroskopisch  läßt  sich  diese 
Säule  noch  weiter  nach  hinten 
verfolgen:  sie  geht  an  dem 
Calamus  scriptorius  in  den  un- 
paaren  Kern  der  Commissura  in- 
fima  über. 

Zusammenfassend  niulen  wir 
somit  auch  bei  den  Haien,  dall 
die  Hautäste  der  eigentlichen 
Branchialnerven  sich  dem  Tri- 
geminus descendens  anschließen,  und  daß  von  den  viszeralen  Asten 
diejenigen  des  Facialis  zu  den  Lobi  vagi  absteigen,  während  diejenigen  des 
Glossopharyngeus    und    Vagus   hauptsächlich   enden    auf  dem    Niveau  des 


l'ig.  125.     Obere  Ansicht  der  Oblongata 
eines  Haies  (Carcharias  glaucus). 
Die  Tela  Chorioidea  ist  entfernt. 


284  DIE    SENSIBLEN    BKANCHIALNERVEN    DER    TELEOSTIER. 

Wurzeleintrittes  und  nur  sehr  wenige  davon  einen  absteigenden  Fasciculus 
solitarius  bilden. 

Obschon  wir  auch  hier  zentral  keinen  Unterschied  zwischen  Geschmacks- 
i'asern  und  Tastfasern  der  Schleimhaut  machen  kr>nnen,  dürfen  wir  es  doch 
als  wahrscheinlich  erachten,  daß  der  größere  Umfang  der  Oblongatakerne 
speziell  der  Vermehrung  der  Geschmacksorgane  zu  danken  ist,  da  die  all- 
gemein sensiblen  Fasern  bei  den  Haien  relativ  nicht  eine  so  große  Xer- 
mehrung  aufweisen. 

Aus  dem  Kern  der  Commissura  infima,  namentlich  aber  aus  der  viszero- 
sensiblen  Kernsäule  der  Oblongata,  gehen  Reflexfasern  zu  den  naheliegenden, 
motorischen  VIT-,  IX-  und  X-Kernen  und  andere  in  ventraler  Richtung, 
deren  weiterer  Verlauf  und  Endigung  noch  nicht  bekannt  ist,  sich  aber 
vermutlich  zu  deszendierenden,  größtenteils  kreuzenden  Fasern  für  lokale 
und  aborale  Reflexe  gestalten  (Fig.   12-1  A,  sec.  X  tr.). 

Die  motorischen  Vagus-^  Glossopliaryngeus-  und  Fanalis-Warzelf asern,  welche 
in  Kapitel  V  ausführlicher  behandelt  werden  (vergl.  Fig.  212),  treten  auch 
bei  den  Plagiostomen  direkt  medioventral  von  den  sensiblen  Wurzeln  ein. 

Während  aber  bei  den  Zyklostomen  nur  die  motorischen  IX-  und  X- 
Kerne  sich  auf  dem  Niveau  des  viszerosensiblen  Hauptkernes  fanden  und 
der  motorische  Facialiskern  die  ursprüngliche  Lage  auf  dem  Niveau  seines 
Wurzeleintrittes  beibehalten  hat,  ist  bei  den  Haien  —  infolge  der  mächtige- 
ren Entwicklung  des  kaudalen  sensiblen  VII-Kernes  —  auch  der  motorische 
VII-Kern  rückwärts  gewandert  (Neurobiotaxis)  und  bildet  eine  konti- 
nuierliche Zellreihe  mit  denjenigen  des  motorischen  Glossopliaryngeus  und 
Vagus. 

Die  hierzugehörige  Kiemenbogenmuskulatur  steht  dadurch  in  ihrer 
Totahtät  unter  dem  direkten  Einfluß  der  Kiemenbogensensibilität,  wnvon 
der  Geschmack  ein  wichtiger  Bestandteil  ist,  weil  die  Qualität  des  Atem- 
wassers dadurch  beurteilt  wird. 

Die  sensiblen  Branchiainerven  der  Teleostier. 

Die  Reduktion  in  den  somalo-scnsibkn  Komponenten  der  Branchiainerven, 
welche  bei  den  Haien  schon  mehr  ausgeprägt  war  als  bei  den  Zyklostomen, 
geht  bei  den  Ganoiden  und  Teleostiern  —  wahrscheinlich  infolge  der  Entwick- 
lung  eines   Kiemendeckels  (Operculum)  bei  diesen  Tieren  —  noch  weiter. 

Nicht  nur  der  Hautast  des  Facialis,  auch  derjenige  des  Glossopliaryn- 
geus geht  hier  verloren.  Nur  der  dorsale  Hautast  des  Vagus  bleibt  und  inner- 
viert die  Okzipetalregion  des  Kopfes  und  den  obern  Teil  des  Ojierculums. 
Die  übrige  Kopfhaut  wird  vom  Trigeminus  innerviert. 

Bei  manchen  dieser  Tiere  dehnen  sich  die  ursprünglich  nur  viszeralen 
Geschmacksfasern  weit  ül)er  den  Kopf,  bei  einigen  sogar  über  den  Rumpf 
aus  und  erhalten  dadurch  eine  somatische  Funktion. 

Obschon   beim   ausgewachsenen   Neunauge  bereits  einige  Geschmacks- 


TUE   SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER   TELEOSTIER. 


285 


becher  auf  der  Kojjfhaut  gefunden  werden,  fängt  die  Verbreitung  der  Ge- 
schmacksknospen auf  dem  Außenkörper  erst  i'echt  bei  den  Ganoiden  an, 
und  die  größte  Ausdehnung  findet  sicli  bei  den  Knochenfischen,  nament- 
licli  bei  den  Zyprinoiden  und  Siluroiden,  wo  das  vordere  Gesclimaeksareal 
des  Mundes  sieh  über  den  Kopf  und  seine  Anhänge,  bei  den  letztgenannten 
auch  über  den  Körper  bis  fast  zum  Schwanz  erstreckt. 

Wie  bereits  gesagt,  ist  diese  Vergrößerung  des  proximalen  Geschmacks- 
areales über  Kopf  und  Körper  immer  mit  einer  Hypertrophie  der  sensiblen 
Facialiswurzel  (nicht  mit  einer  Hypertrophie  des  Glossopharyngeus  und 
Vagus)  verbunden  (siehe  Fig.  126). 

Da     übrigens     auch     die    inneren    Geschmacksknospen    bei    manchen 
dieser  Tiere  erheblich  vermehrt  sind  (Palatumorgan),  findet  man  hier  auch 
oft    eine     Vergrößerung     der 
sensiblen      Glossopharyngeus-  -^-^ 

und  ^^aguswurzel. 

Daß  die  Hypertrophie 
dieser  drei  Nerven  wirklich 
eine  Folge  der  Vermehrung 
der  Geschmacksknospen  ist 
und  nicht  auf  einer  Vermeh- 
rung des  allgemeinen  viszera- 
len Berührungssinnes  beruht, 
ist  außer  Zweifel,  weil  eben 
eine   solche   Vermehrung  der 

allgemeinen  freien  Endigungen  nicht  gefunden  wird  und  wohl  die  Zaiil 
der  Geschmacksbecher  sehr  zugenommen  hat  (Herrick). 

Die  auffallende  Vermehrung  der  Geschmackskiiospen  des  Facialis  auf 
der  äußeren  Körperhaut  ist  Ursache,  daß  die  Fasern  dieses  Nerven  sich 
in  Gebieten  ausdehnen,  deren  gewöhnliche  Taktilitätsreize  von  andern 
Nerven  übermittelt  werden,  ein  wichtiger  Punkt,  der  auch  in  der  Anord- 
nung der  Zentren  und  deren  Verbindungen   eine  Rolle  spielt. 

Das  Gebiet,  dessen  Areal  Geschmacksfasern  vom  Facialis  enthält,  ist 
an  erster  Stelle  das  Trigeminusgebiet,  für  die  Gadiden  außerdem  das  zer- 
vikale Sensibilitätsgebiet  der  vordem  Flossen  und  für  einige  Siluroiden  das 
spinale  .sensible  Gebiet,  wie  z.  B.  bei  Ameiurus  melas  der  Fall  ist,  wo  die 
sensible  Facialis- Wurzel  (siehe  Fig.  126)  sich  über  die  ganze  Körperober- 
fläche ausdehnt,  ebenso  wie  bei  Silurus  glanis.  {R.recwrens  facialis). 

Infolge  der  erheblichen  Vermehrung  der  Geschmacksfunktion  weisen 
ganz  bestimmte  Areale  der  Oblongata  eine  enorme  Vergrößerung  auf  (siehe 
Fig.  127  A  und  B),  welche  darauf  hindeutet,  daß  es  namentlich  die  lokalen 
Oblongatazentren  sind,  welche  die  Zentren  des  Geschmacks  darstellen  und 
nicht  die  Fasern  des  Fase,  solitarius,  welche  hier  nicht  vermehrt  sind. 

Ich  werde  die  zentralen  Verhältnisse  bei  einigen  Tieren,  wo  sie  am 
auffallendsten    sind,    kurz   besprechen    und    wähle   dazu    die  besonders  von 


Fig.  120.    Ausbreitung  der  Facialis-Gesclimacks- 

fasern  auf  die  äußere  Haut  von  Ameiurus 

nielas;  n.  C.  .1.  Hkrrick. 


286 


DIE    SENSIBLEN    BKANCHIALNEEVEN    DER    TELEOSTIEE. 


Herrick   studierte   Gruppe  der  Zyprinoiden  und  Siluroiden,  die  auch  von 
Berkelbach  V.  D.  Sprenkel  und  von  mir  darauf  untersucht  wurden. 

Wie  Fig.  128  zeigt,  schließen  sich  die  Hautfasern  de'S  Vagus  (Rad.  X 
som.  seils.  Fig.  128)  bei  Tinea  bald  nach  ihrem  Eintritt  dem  Trigeminus 
descendens  an,  wobei  sie  das  motorische  Wurzelbündel  jenes  Nerven  (Rad. 
X  mot.)  kreuzen.  Die  viszero-sensiblen  Vagusfasern  (wie  die  Glossopharjni- 
geusfasern)  steigen  dorsalwärts  empor  und  endigen  in  einer  als  Lohtis 
Glossophai-yngei  et  Vagi  bezeichneten  halbmondförmigen  Verdickung  der 
Oblongata. 


Lob.  IXetX. 


Lob.  sens.  VU. 
Lub.  aens.  X. 


Fig.  127  A.    Oben-  und  Seitenansiclit 

des  Gehirnes  von  Carpiodes  velifer 

n.  C.  L.  Herrick. 


Fig.  127  B.  Dorsalansicht  des 

Gehirnes  eines  Siluroiden: 

Malaptenis  electricus. 


Da  speziell  die  peripheren  (kapsulären,  in  meinen  Schnitten  etwas 
dunkler  gefärbten)  Fasern  (Fig.  128.  Rad.  X  visc.  sens.  p.  ext. ;  Fibr.  caps.) 
bei  der  Vermehrung  der  Geschmacksknospen  zunehmen,  ist  es  wahr- 
scheinlich, daß  diese  den  Geschmacksfasern  entsprechen,  und  daß  die  weniger 
zahlreichen  zentralen  Fasern  (Fig.  128  R.  visc.  sens.  p.  int.)  taktile  Schleim- 
hautfasern sind  (Herrick). 

Während  also  der  lokale  Oblongatakern  des  Vagus  hier  ganz  mächtig  ist, 
sind  die  absteigenden  viszeralen  IX-  und  X-Fasern  (Fasciculus  solita- 
rius)  auch  bei  diesen  Fischen  nur  wenig  entwickelt  i). 

Der  Eintritt  des  sensiblen  Fadalis  findet,  im  Gegensatz  zu  den  Zyklos- 


')  Ein  absteigender  Charakter  kommt  hier  unter  den  IX.  und  X.  Fasern  eigentlich 
nur  einigermaßen  in  dem  sensiblen  Glossophar3'ngeus  zum  Ausdruck,  welche  (wenigstens 
bei  einigen  Teleostiern)  etwas  absteigt,  bevor  sie  ihren  Endkern  erreicht. 

Kaudal  von  dem  Kern  der  Commissura  infima  ist  ein  feinfaseriges  Bündel  zu  ver- 
folgen, welches  bis  etwa  zum  Niveau  des  ersten  Spinalnerven  in  der  parazentral  gelegenen 
Säule  grauer  Substanz  sich  autlöst;  aber  es  handelt  sich  dabei  wahrscheinlich  nicht  um 
ein  absteigendes  Wurzelbündel  des  X.  oder  XL,  sondern  um  sekundäre  Fasern  wie  bei 
Petrorayzon. 


DIE   SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER   TELEOSTTER. 


287 


tomen  und  Haien,  bei  manchen  Teleostiern  nicht  in  direktem  An- 
schhiß  an  die  motorische  Wurzel  jenes  Nerven  statt,  sondern  oft  frontaler 
und  dorsaler,  sodaß  zahlreiche  Vestibularisfasern  ihn  von  der  motorischen 
FaciaHs-Wurzel  trennen. 

Bei  manchen  .Siluroiden  (siehe  Fig.  35 G  und  357  Arius)  ist  der  Eintritt  der 
sensibk^n  VII.  Wurzel  so  weit  nach  vorne  verlegt,  daß  sie  sich  der  sensiblen  V.  AV^urzel 
anschließt.  (St.a.nnius,  Heurick   und   Bekkelbach   van  dtai  SphknkeI/.) 

Seine  Fasern  streben  in  schräger  Richtung  dorsal-  und  kaudalwärts 
und    enden,   wie  bei  den  Plagiostomen,  in  einem  Kern,  der  immer  bedeu- 

Fibr.  cap?. 


r^,^^ 


Lobus 

Glossopbaryn- 

gei  et  Vagi. 


R.  Xvisc.  sena 
p.  ext. 


R.  X  visc. 
sens.  p.  int 


aa  Zmol 
R.  X  som.  sens. 


Fig.  128.     Verschiedene  Komponenten  der 
Vaguswurzel  bei  Tinea  (Zyprinoide). 


Nu.  raot.  X 


Tr.  gust.  sec. 


R.  desc.  \r 


tend    kaudal    von    dem   Eintritte   der   Wurzel    liegt,   dessen   Lage  jedoch 
bei  den  verschiedenen  Teleostiern  verschieden  ist. 

Die  verschiedene  Lage  jenes  Kernes  ist  eine  Folge  der  Verschiedenheit 
in  den  peripheren  Verästelungen  des  Nerven.  Bei  den  Zyprinoiden  und 
Siluroiden  ist  der  Kern  von  dem  Lobus  Glossopharyngei  et  Vagi  ziemlich 
unabhängig;  er  liegt  größtenteils  frontal  davon  (Fig.  127  B  und  131). 
Bei  den  Zyprinoiden  ist  der  mächtige  Kern  der  beiden  Seiten  in  der  Mit- 
tellinie verschmolzen  und  schließt  als  Tuberculum  impar  den  vierten  Ventri- 


2SS 


DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DEK    TELEOSTIER. 


kel   nach    oben  ah,  während  er  an  seiner  hintern  Seite  schalenförmig  von 
dem  LoIkis  Glossopharyngei  et  Vagi  umfaßt  wird.  (\'ergl.  Fig.  129  A  und  B). 

Bei    den    Sihiroideii    kommt    eine    solche    Verschmelzung    in    der    Mittellinie 
nicht     vor     (Vergl.    Fig.     130)  ;      man     findet     dort     beiderseits     manchmal     sogar 

zwei  4iihäiifungen  grauer 
Substanz,  eine  laterale 
lind  eine  mediale,  welche 
beide  eine  große  Zahl 
von  Facialisfasern  auf- 
nehmen (s.w.  u.) 


Lob.  IX 


Tr.  FCC.  IX  ,- 
et  X   V 


R.  T  desc. 


Tuh. 


impar 
VII 


■^.^i 


Dergroße  frontale, 
sensible  Facialiskern 
dieser  Tiere  nimmt 
nur  die  Geschmacks- 
fasern der  äußeren 
Haut  auf,  während 
die  VII  Fasern  der 
SchlehnJiaut  nach  hin- 
ten ziehen  und  sich, 
wie  bei  den  Haien,  in 
den  Lobus  IX  und  X 
verlieren  (Herrick). 

Wir  müssen  in  der 
Verbindung  des  letz- 
ten Teiles  der  sensi- 
Vjlen  Facialisfasern  mit 
dem  Zentrum  des  Glos- 
soj^haryngeus  und  Va- 
gus wieder  einen  Aus- 
druck ihrer  periphe- 
ren Verwandtschaft  als 
Geschmacksfasern  der 

Scideimhaut    sehen 
(Neurobiotaxis). 

Indessen  zeigt  sich 
bei  den  vorderen 
Kern  in  deutlicher 
Weise  die  Korrelation, 
welche  zwischen  dem 
Hautgeschmack      des 

^'II.  und  den  taktilen  Trigeminusfasern  seines  Areals  besteht. 

Dieser  rein  örtliche  korrelative  Verband  (der  Trigeminus  führt  keine 

Geschmacksknospen)    kommt    in    der    Oblongata    in    folgender  Weise  zum 

Ausdruck : 


VII  seiis 


Tr..sec.  VI 


Fig.  129  A  u.  B.    Lateral:  sensibler  Glossopharjngeiiskern 
medial:  das  Tuberculum  irnpar  sensibilis  VII 
bei  Tinea  tiiira  (Zyprinoule). 


DIE    SENSIBLEN    BRANOHIALNKK VEN    DER    TELEOSTIER. 


289 


Auf  dem  Niveau,  wo  die  deszendierende  Trigeminuswurzel  das  Tuber- 
culum  impar  facialis  passiert,  steigen  von  dem  Trigeminus  eine  große  Zahl 
von  Kollateralen  dorsalwärts  auf  und  verlieren  sich  in  einen  Abschnitt  des 
sensiblen  Pacialiskernes,  den  Herrick  als  Nucleus  intermedius  Facialis  be- 
zeichnet hat,  und  der  offenbar  ein  Korrelationskern  zwischen  diesen  zwei 
verschiedenen  Sinnesfunktionen  (Geschmack  und  Tastsinn)  desselben  Area- 
les darstelt. 

Aus  diesem  Kern  gehen  Kefiexfasern  für  die  motorischen  Zentren 
hoi'vor. 

Ein    zweites   Beispiel    einer   Annäherung   zwischen  Geschmacksbahnen 


tr  aust  ant  J        ~     "  j  ifiucl  7IImot. 

fip.        n.VKciüt. 

Fig.   130.     GeschmacUskeni    (Nucl.    VII   seiis.)   und    vorilere 

(ioschmacksbahn  (tr.  gust.  ant.)  eines  Sikuonleii :  Ariiis.' 

n.  Van  der  Höhst. 


und  Tastfasern  wird  uns  gegeben  durch  den  eigentümlichen  \'erlauf  der 
aufsteigenden  sckuiuliiren  Geschmaclcshahn.  Diese  Bahn  — ■  auch  bei  ilen 
Siluroiden  sehr  groß  (Fig.  130:  tr.  gust.  ant.)  —  entsteht  teils  aus  dem 
Facialis  -  (Fig.  129),  teils  aus  dem  Yago-Glossopharyngeuskern  (Fig.  128) 
und  zwar  aus  der  dorso-medialen  i)  Peripherie  jener  Kerne,  wo  die 
Geschmacksfasern  enden  (Herrick). 


')  Bei  den  Sduroiden  (siehe  Fig.  130)  liegt  ilir  Urs|irnngsgebiet  im  medialen  VII.  Kein. 
Kai'PP.us.  19 


290 


DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER    TELEOSTIER. 


Nach  ihrer  Entstehung  begeben  sich  diese  sekundären  Geschmacks- 
fasern ventralwärts  zum  Grau  der  deszendierenden  Trigeminuswurzel 
(vergl.  Fig.  128,  129,  130,  131)  und  verlaufen  an  dieser  Wurzel  entlang 
(Fig.  131;  v.s.G.B.)  in  frontaler  Richtung  nach  dem  vorderen  Geschmacks- 
kern (v.G.K.)  oder  „Rindenknoten",  welcher  auch  Kollateralen  der  sensiblen 
Trigeminuswurzel  aufnimmt.  Dieser  vordere,  sekundärer  Geschmackskern 
erweist  sich  also  ebenfalls  als  ein  Korrelationszentrum  zwischen  Tastgefühl 
des  Trigeminus  und  dem  Geschmack  des  Facialis. 

Die  Ausdehnung  des  Facialisgeschmacks  beschränkt  sich  bei  diesen 
Tieren  aber  nicht  nur  auf  die  äußere  Haut  des  Kojrfes,  sondern  erstreckt 
sich  auch  auf  den  Körper,  wo  der  Geschmackskomponent  also  mit  zervi- 
kaler oder  sogar  spinaler  Sensibilität  in  Korrelation  tritt. 

Auch  diese  periphere  Korrelation  findet  in  den  Faserverbindungen 
des  sensiblen  VIT.  Kernes  einen  Ausdruck,  indem  aucli  absteigende, 
sekundäre  Fasern  aus  diesem  Kern,  namentlich  aus  dessen  lateraler 
Peripherie,  ihren  Ursprung  nehmen  und  mit  den  Hinterliörnern  des  Zer- 
vikalmarks  in  Verbindung  treten. 

Diese  absteigende,  sekundäre  Oesckmacksbahn  (H.  S.  G.  B.  Fig.  131).  läuft 
ebenfalls    grclßtenteils    an    der    deszendierenden     V.    Wurzel    entlang,    auf 
ihrem  Wege  zu  ihrem  zervikalen  Korrelationszentrum  (N.  F.  Fig.  131). 
Aus   diesem    spinalen  Korrelationszentrum  gehen  dann  zahlreiche  Re- 
flexfasern   zu    motori- 
schen   Regionen   her- 
vor (die  teilweise  auch 
aus  dem  lateralen  Ab- 
schnitt der  Oblongata- 
kerne  hervorgehen). 

Interessant  ist,  daß 
die  absteigende  Ge- 
schmacksbahn nur 
aus  dem  Facialis-Ge- 
schmackskern  hervor- 
geht, also  aus  jenem 
Kern,  der  den  Ge- 
schmack der  zervika- 
len Gegend  aufnimmt. 


(:,<:(.. cilicZ 


Fig.  131.    Geschmackskerne  nnd  Bfilinen  eines  Zyprinoiden. 

Schematisch  dargestellt;  n.  IIerrick. 

{N.  F.  =  Nucl.  Funiculi). 


Docli  besitzt  der  Lobus  IX — X  auch  einen  Korrelationskoru  mit  kaudalen 
Systemen.  In  diesem  Falle  aber  handelt  es  sich  vermutlich  nur  um  taktile  Systeme 
der  Schleimhäute. 

Es  ist  eine  Verbindung  mit  einem  Kern,  den  ich  schon  eher  nannte,  und  der 
am  Calamus  scriptorius  die  beiderseitigen  Vagusareale  verbindet:  dem  Nneleus 
Commüsurae  infimae  (Fig.   131 :   N.   Comm.). 

Dieser  Kern,  welcher  mehr  oder  weniger  in  einer  kontintiierlichen  Linie  mit 
dem  Nneleus  intermedius  VII  und  dem  Nucleus  intermedius  IX  und  X  liegt  (s.o.), 
enthält  neben  Fasern  der  hintersten  Vaguswurzel,  (welche  wohl  kaum  mehr  Geschmacks- 


DIE    SENSIBLEN    liRANC'IIIALNERVEN    DER    TELEOSTIER.  291 

reize  führen,  aber  wohl  hauptaächlieh  taktiler  Natur  sind)  solche  aus  einem 
Abschnitt  des  IX.  und  X.  Kernes  (Fig.  130,  sec.  desc.  X)  der  dem  Nneleua  inter- 
medius  VII  ähnlieh  ist.  Auch  aus  diesem  Kommissurkern  gehen  eferente  Neuronen 
in  die  Substantia  reticularis  motoria  der  Umgebung. 

Wir  lernen  aus  diesen  anatomischen  Tatsachen  zweierlei : 

1.  Daß  Systeme,  welche  eine  periphere  Reizverwantschafi  besitzen,  sei  eft,  daß 
sie  angrenzende  Areale  mit  analogen  WaJirnehmimgsnerven  vefselien  (wie  die 
Geschmacksäste  der  Schleimhaut  des  VII.  und  des  IX.  und  X.)  oder  sei  es,  daß 
sie  verschiedene,  aber  örtlich,  zusa/inmenwirkcnde  Wahrnehmungen  {Tast  und  Ge- 
schmack desselben  Areales)  innervieren,  zentrale   Verbindungen  eingehen. 

2.  Übereinstimmend  mit  der  physiologischen  Tatsache,  daß  Zusammenivir- 
knng  von  Geschmackn-  und  Tastempfindung  zwar  nicht  nötig,  aber  doch  erwünscht 
ist  für  das  Zustandekommen  des  Nahrungsreflexes  (S.  279)  finden  wir,  daß  die 
eferenten  Bahnen  zu  den  motorischen  Gebieten  gerade  aus  den  Korrelationszentren 
von  Geschmack-  und  Tastsinn  ihren  Ursprung  nehfinen,  also  ein  „final  common 
path"  in  dem,  Sinne  Sherrington's  darstellen. 

3.  Diese  Geselzmäszigkeiten  sind  in  Uebereinstemmung  mit  den  in  Kap.  I 
erörterten  neurobiotaktischen   Gesetzen. 

Während  bei  den  meisten  Teleostiern  das  Zusammenwirken  des  Faci- 
alis-Geschmacks  mit  der  Trigeminussensibilität  überwiegt  und  dies  sich 
auch  zenti-al  zeigt,  haben  die  Gadiden  eine  große  Zahl  von  Geschmacks- 
knospen auf  den  vordem  Flossen,  welche  als  förmliche  Explorationsorgane 
des  Geschmacks  und  des  Tastsinnes  dienen  (Herrick). 

Es  ist  nun  interessant  zu  sehen,  wie  bei  diesen  Tieren  die  periphere 
Korrelation  zwischen  der  zervikalen  Taktilität  der  vordem  Flossen  und  dem 
auf  diese  ausgedehnten  VII.  Geschmack  zentral  zum  Ausdruck  gelangt. 

Diese  Korrelation  zeigt  sich  zunächst  dadurch,  dal)  das  Facialiszentrum 
und  der  Lobus  Glossopharyngei  et  Vagi  sich  anders  zu  einander  verhalten. 

Während  bei  Siluroiden  und  Zyprinoiden  das  Zentrum  des  Facialis- 
geschmacks  hauptsächlich  frontal  von  demjenigen  des  IX.  und  X.  lokali- 
siert ist  und  mit  TrigeminuskoUateralen  in  Verbindung  steht,  findet  man 
bei  den  Gadiden,  daß  der  sensible  Facialiskern  sich  am  Glossopharyngeus 
und  Vaguskern  entlang  nach  hinten  ausdehnt,  an  dessen  Außenseite  sich 
anlagernd  (Herrick). 

Es  liegt  also  der  Facialiskern  beim  Kabeljau  hauptsächlich  neben 
dem  Lobus  IX  und  X.  (Fig.  132). 

Nicht  alle  sensiblen  VII.  Fasern  ziehen  jedoch  in  diesen  (lateralen) 
Facialiskern  hinein.  Ein  kleinerer  Teil  nimmt  —  wie  bei  (Zyprinoiden  und) 
Siluroiden   —  einen  andern  Verlauf  und  endet  in  dem  Lobus  IX  und  X. 

Es  liegt  die  Vermutung  nahe,  daß  es  sich  dabei  hier,  wie  dort,  um 
diejenigen  Aste  des  Facialis  handelt,  welche  den  Geschmack  und  die  VII. 
Sensibilität  des  vordem  Abschnittes  der  Mundhöhle  versorgen  und  also  in 
pei'ipherer  Verwandtschaft  mit  der  sensiblen  IX.  und  X.  Wurzel  stehen, 
welche  den  Pharvnx  und  die  Kiementaschen  versorgen. 


292 


DIE    SENSIBLEN   ERANCHIALNERVEN    DER    TELEOSTIER. 


Dieser  Kern,  der  also  liauptsfichlich  Mund-  und  Schleimhautkern 
ist,  hat  dieselben  ^'erbindungen,  wie  bei  andern  Fischen.  Er  steht  kaudal 
in  Verbindung  mit  dem  Nucleus  Commissurae  infimae  und  frontal  mit  dem 
Rindenknoten. 

Der  laterale  VII.  Kern  stellt  wahrscheinlich  einen  Endkern  des  Ge- 
schmackes der  Flossen  dar. 

Die  Verbindungen  des  lateralen  VII.  Kernes  sind  aber  andere  als  die- 
jenige des  Tuberculum  inipar  bei  den  Zyprinoiden.  Erstens  nimmt  er  kaum 
einen  Anteil  an  dem  Aufbau  der  vordem,  sekundären  Geschmacksbahn, 
aber  dehnt  sich  so  weit  nach  hinten  aus,  daß  er  fast  kontinuierlich  ist  mit 
dem  sensiblen  Grau  des  zervikalen  Markes  und  demonstriert  bereits  da- 
durch den  intimen  Zusammenhang,  welcher  zwischen  dem  Flossengeschmack 
dieser  Tiere  und  der  (zervikalen)  Taktilität  der  Flossen  besteht. 

R.  vn. 

Lob.  seus.  vir.      seas.     Lob.  sens.  IX -X. 


It.  V  desc. 


(  R.  niax.  maniL 
f  It.  opbth. 


Tr.  soc.  giLst. 


*    Fibr.  desccruc. 


Flg.  132.     Gegenseitiges  Verhalten  der  sensiblen  Kerne  des  VII.  und  IX — X. 

Sekundäre  Geschniacksbahn  (Tr.  sec.  gust.)  aus  dem  sensiblen  IX — X  Kern  und 

deszendierende  (motorische)  Bahn  (Fibr.  desc.  cruc.)  aus  dem  Lobus  VII. 


Auch  durch  sekundäre  Bahnen  kommt  dies  zum  Ausdruck.  In  erster 
Linie  durch  eine  Bahn  aus  dem  lateralen  sensiblen  VII.  Kern  zir  dem 
zervikalen,  sensiblen  Korrelations-Zentrum,  an  zweiter  Stelle  durch  eine 
sehr  mächtig  entwickelte  direkte  Bahn  ans  dem  VII.  Kern  zu  der  moto- 
rischen Region  des  Zervikalmarkes,  wodurch  die  Geschmacksem2>findungen 
der  Flossen  mit  der  Motilität  dieser  Flossen  auch  in  direkten  Zusammen- 
hang gebracht  werden. 

Wir  finden  somit  bei  den  Gadiden,  entsprechend  dci'  besondern  Lokali- 
sation des  Facialisgeschmacks  auf  den  Flossen,  eine  ganz  andere  Topographie 
des  zentralen  VII.  Geschmackskernes,  und  die  peripheren  Verhältnisse 
desselben    zur   zervikalen    Sensibilität   und    Motilität    weisen    ein    zentrales 


DIE   SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER   TELEOSTIER.  293 

Ebeiiljikl  auf,  dessen  Entstehung  leielit  iiuf  den  Gesetzen  der  Neurubiutaxis 
zurückzuführen  ist. 

Von  Interesse  ist  auch  hier  wieder,  daß  sowohl  für  die  viszeralen  als 
für  die  äußern  Geschmackempfindvinrren  und  Tastempfindun,i^en  ein  Korrc- 
lationszentrum  in  dem  Nucleus  C'oniniissurae  intiniae  gefunden  wird,  aus 
welchem  Reflexfasern  zu  motoiischen  Zentren  gehen  („final  common  [)ath", 
im  (Sinne  Sherrington's). 

Auch  in  der  Anordnung  der  motorischen  Kiemcnbogoi kerne  finden  wir 
einen  Ausdruck  der  besondern  Verhältnisse  bei  den  Knochenfischen. 

Während  wir  bei  den  Haien  den  Einfluß  des  gemeinschaftlichen  sensiblen 
VII.,  IX.  und  X.  Kernes  darin  wahrnehmen,  daß  die  entsprechenden 
motorischen  Kerne  eine  geschlossene  Zellreihe  bilden,  auf  dem  Niveau  der 
sensiblen  Säule,  finden  wir  hierin  bei  den  Knochenfischen  insofern  eine 
Veränderung  als  nur  der  motorische  Vaguskern  konstant  diese  Lage  bei- 
behält. Der  Glossopharj'ngeuskern  kann  auch  darin  bleiben  (Menidia, 
Pleuronectiden  und  Zyprinoiden),  er  kann  aber  auch  teilweise  in  Ver- 
bindung mit  dem  Facialiskcrn  verlagert  sein,  von  dem  entweder  nichts 
oder  nur  ein  Teil  der  Vagussäule  einverleibt  bleibt  (vergl.  Fig.  222  und  223). 

Die  starke  Ausbildung  der  sekundären  Geschmacksbalmen  in  dem 
Areal  der  deszendierenden  Trigeminuswurzel  (der  Kopfsensibilität)  zeigt 
hier  aber  ihren  Einfluß  auf  den  motorischen  Zentren  dadurch,  daß  die 
Melirheit  der  motorischen  Facialiszellen  sich  von  der  Vagussäule  getrennt 
und  einen  nähern  Anschluß  an  die  frontalwärts  an  der  deszendierenden 
Trigeminuswurzel  entlang  verlaufenden  sekundären  Geschmacksbahn  nimmt 
(Fig.  130),  welche  mehr  frontalwärts  auch  die  Lage  des  motorischen 
Trigeminuskernes  bedingt. 

Auch  die  kaudalwärts  verlaufenden  sekundären  Geschmacksbahnen 
können  einen  Einfluß  auf  die  Lage  jener  Kerne  ausüben,  welche  indessen 
auch  von  verschiedenen  anderen  Systemen  influenziert  werden. 

Ich  verweise  aber  für  die  Details  bezügl.  der  motorischen  Kerne  der 
Branchialnerven  nach  dem  Kapitel  über  das  eflektorische  System  der 
Oblongata. 

Die  Sensiblen  Branchialnerven  der  Amphibien. 

Gegenüber  den  stark  entwickelten  und  ditterenzierten  Verhältnissen 
bei  den  Knochenfischen  liegt  bei  den  Amphibien  wieder  eine  einfachere 
Anordnung  vor,  welche  namentlich  bei  den  geschwänzten  Amphibien 
(Salamander,  Triton  u.s.w.)  den  bei  den  Plagiostomen  gefundenen  Verhält- 
nissen mehr  ähnlich  ist. 

Dies  zeigt  sich  schon  in  dem  einfacheren  Aspekt  des  Ventrikelbodems 
(Fig.  133),  welcher  bei  diesen  Tieren  nicht  solche  mächtigen  Erhebungen 
aufweist  als  bei  den  Teleostiern  und  sogar  bedeutend  einfacher  ist  als  bei 
den  Haien  und  Rochen. 


294 


DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER    AMPHIBIEN. 


Insofern  liegt  aber  eine  größere  Übereinstimmung  zwischen  den 
gescliwiinzten  Arai^hibien  und  den  Plagiostomen  vor,  daß  nicht  nur  der  Vagus, 
sondern  —  bei  manchen  RejM-äsentanten  der  geschwänzten  Amphibien  — 
^^^^^^^  auch     der    Glosso- 

-5uU  parac^        [""^^^^H^P^^^^^^S^  pharyngeus(z.B.  bei 

Necturus)  und  der 
FaciaUs  noch  Haut- 
üste  aufweisen  (Co- 

GHILL,    NORRIS). 


Da  auch  die  Am- 
phibien, wie  die  Pla- 
giostomen, keiu  Oper- 
fulum  besitzen, spricht 
dies  für  die  Auffas- 
sung, daß  das  Ver- 
schwinden der  VII. 
und  IX.  Hantäste  bei 
den  Teleostiern  mit 
der  Bildung  des  Kie- 
mendeckels zusam- 
menhängt. 

Die     zentralen 
Verhältnisse     ken- 
nen wir  am  besten 
aus    den    Arbeiten 
von  Gaupp,  Strong, 
KiNGSBURY,     Her- 
rick UND  RÖTHIG  1). 
Ich  selber  hatte  die 
Gelegenheit,  sie  mit 
Ha.mmer  zu  studie- 
ren bei  dem  Ochsen- 
frosch, wo  sie  beson- 
ders deutlich  sind. 
Die  folgende  Dar- 
stellung bezieht  sich 
im  wesentlichen  auf 
dieses  Tier. 
Der  Vagus  nähert 
sich    der  Oblongata  nicht  in  so  vielen  Würzelchen,  wie    es  bei  den  Haien 
meistens  der  Fall  ist,  sondern  hat  nur  zwei  Hauptwurzeln. 

Nachdem   er   seine  Hautäste  in  der  üblichen  AVeise  an  die  deszendie- 
rende   Trigeminuswurzel    abgegeben    (Fig.    1345)    hat,    verläuft   der    Nerv 


nreaTrlgem 
i-CaL. Script 
.3uLc  cnterm 


Fig.  133.     Obere  Ansicht  der  Medulla  Oblongata  von 

Rana  mugiens  (catesbyana).  Wachsrekonstruetion  von  H.^mmer. 

Die  Strichellinie  gibt  die  Ansatzstelle  des  Plexus 

chorioideus  an. 


')    Noch  nic.bt  jiubliziert,  erscheint  in  Oi'Pkls  Handbuch  der  Gewebelehre. 


DIE   SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER    AMPHIBIEN. 


295 


(lurs;il\v;ii1s  und  endet  teilweise  auf  dein  Niveau  seines  Eintrittes  in  dem 
Nueleus  sensibilis  Glossopharvngei  et  Vagi,  der  in  der  Masse  des  liirn- 
stammes  eingebettet  liegt  und  den  Boden  nicht  oder  kaum  hervorwülbt 
(siehe  Fig.  134). 

Fase.  Kol.  R.  ilDSc  VÜI. 

K.  dose.  V. 


Fortsotz.  dP.-  _i^R:&VÄ'^^  '' '  \  ]  ■■'      !»  U^  ife^ 


Nu    niot.  X 


ot  ascend 


E.  XII. 


Fig.  134/1. 
Nu.  R.  desc.  VIII. 


Fase. 
sol. 


N.  X. 


R.  desc.  VIII. 


iisc.  sol. 


Nu  sens  IXotX 


K. desc.  V  mit 
llautastB  des 
N.  X. 


Nu.  sens.  IX  <1) 
i  *  .-    et  X. 

Nu.  X  mot.  Fig.  1340. 

Fig.  134.4  en   B.     Zwei  Querschnitte  durch  die  Vagus  gogend  von  Rana 
inugiens,  üben  (.4)  kaudal,  unten  (B)  frontal. 


Dasselbe  gilt  für  den  Glossopharj^ngeus. 

Im  Gegensatz  aber  zu  den  niedern  Wirbeltieren  biegt  hier  der  größte 
Teil  der  viszeralen  Glossopharyngeus-  und  Vagusfasern  nach  hinten  um  und 


296  DIB    SENSIBLEN    BRANCHIALNEKVEN    DER    AMPHIBIEN. 

bildet   einen   ausgeprägten    Fasciculus  soliiarius  IX  et  X,    der   medial    und 
dorsal  von   der  absteigenden  V.  Wurzel  kaudalwärts  läuft. 

Der  F.  solitarius  ist  hier  bereits  ein  ganz  mächtiges  Gebilde,  ähnlich 
dem  Verhalten  bei  höheren  Wirbeltieren  (Fig.  1345).  Kaudalwärts  wird 
er  auffallend  ärmer  an  markhaltigcn  Fasern  (Fig.  134J)  und  verlagert 
sich  dabei  mehr  und  mehr  dorsalwärts. 

Das  Bündel  ist  während  seines  Verlaufes  in  der  Üblongata  an  seiner 
medialen  Seite  von  einer  Säule  grauer  Substanz  begleitet,  welche  beson- 
ders frontal  (auf  dem  Niveau  des  Glossopharyngeus-Eintrittes)  sehr  mäch- 
tig ist  und  die  markhaltigen  Wurzelfasern  aufnimmt.  Infolgedessen  wird 
der  Fasciculus  solitarius  in  kaudaler  Richtung  (obwohl  er  verstärkt  wird 
von  neuen  AVurzelfasern)  dünner  und  markloser. 

Er  endet,  nachdem  er  teilweise  gekreuzt  und  Fasern  an  das  (irau  der 
Commissura  infima  abgegeben  hat,  erst  im  zweiten  und  dritten  spinalen 
Segment  (vergl.  Wallenberg). 

Die  Facialiswurzcl,  welche  bei  den  geschwänzten  Amphibien  viel 
größer  ist  als  beim  Frosch,  tritt  auf  dem  Niveau  des  VIII.  ein.  Dort,  wo  sie 
Hautfasern  führt  i),  treten  diese  in  die  deszendierende  Quintuswurzel  über. 

Der  viszerale  Teil  biegt,  nachdem  er  sich  dem  Boden  des  Ventrikels 
genähert  hat,  rückwärts  und  endet  (wie  bei  den  Haien)  kaudal  in  dem 
Kern  des  Glossopharyngeus,    der   dadurch  sehr  umfangreich  ist. 

Histologisch  läßt  sich  kein  Unterschied  zwischen  Geschmacksfasern 
und  den  taktilen  Schleimhautfasern  machen,  wie  wir  aber  gleich  sehen 
werden,  ist  es  wahrscheinlich,  daß  die  deszendierenden  Fasern  des  Fascicu- 
lus solitarius  den  gewöhnlichen  Schleimhautfasern  entsprechen. 

Als  aufsteigende  sekundäre,  sensible  Bahn  sind  bei  den  geschwänzten  Amphi- 
bien Fasern  zu  bezeichnen,  welche  aus  den  Zellen  hervorgehen,  die  den 
Fasciculus  solitarius  in  der  Oblongata  begleiten  (Herrick). 

Diese  Faseni,  die  ich  beim  Ochsenfrosch  nicht  fand,  steigen  an  der- 
selben Seite  auf  und  ende'n  —  wie  bei  den  Fischen  —  in  dem  Gebiete 
des  Isthmus  in  einem  Kern,  welcher  dem  Rindenknoten  der  Teleostier 
(dem  vordem  sekundären  Geschmackskern)  homolog  sein  muß  (umsomehr, 
Aveil  er  auch  tertiäre  Neuronen  in  den  Hypothalamus  sendet). 

Daneben  gibt  es  absteigende,  sekundäre  viszcrosensible  Fasern  (auch  beim 
Frosch),  die  in  der  Raphe  unter  dem  Fase.  long,  centralis  kreuzen  und 
dadurch    an   die  hintere  sekundäre    Geschmacksbahn  der  Fische  erinnern. 

Finden  wir  hierin  eine  Übereinstimmung  mit  dem  Verhalten  bei  den 
Fischen,  so  liegt  insofern  eine  Differenz  Vor,  daß  diese  Fasern  viel  weniger 
zahlreich  sind  als  bei  den  Knochenfischen,  während  der  Fasciculus  solitarius 
Sensu  strictiori,  d.  i.  das  absteigende  Bündel  der  viszeralen  Glossopharyngeus- 
und  Vaguswurzcln,  hier  viel  mehr  entwickelt  ist  und  nicht  nur  umfang- 
reicher ist,  aber  auch  weiter  kaudalwärts  absteigt  als  bei  den  Fischen. 


')  Bei  den   L'rodi'len  Aiiipliibien  (NoRRis). 


DIE   SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER   AMPHIBIEN.  297 

Die  Ur.saclie  dieser  Ersehciiuing,  welche  namentlicli  l)ei  den  Reptilien, 
Vögeln  und  Säugern  ganz  uiiflallend  ist,  hat  man  noch  nicht  genügend  erkannt. 

Daß  es  sich  dabei  um  CJeschmacksfasern  handelt,  ist  nicht  wahrschein- 
lich; denn  erstens  weisen  die  Amphibien  keine  besondere  Entwicklung 
des  Geschmacks  auf  und  zweitens  fanden  wir  bei  makrogustatorischen 
Tieren  gerade  eine  lokale  H3'pertrophie  der  Oblongatakerne. 

Die  Tatsache  aber,  dal!  die  absteigenden  Fasern-  teilweise  in  dem  Nu- 
cleus  der  Commissura  intima  enden  und  die  letzte  sensible  Vaguswurzel, 
welche  den  geringsten  Anteil  an  der  Geschmacksversurgung  hat,  daran  auch 
einen  beträchtlichen  Teil  ihrer  Fasern  abgibt,  sowie  die  Tatsache,  dal)  dei- 
Nucleus  der  untern  Kommissur  bei  den  Fischen  bereits  die  Bedeutung  eines 
Korrelationszentrums  mit  taktilen  Reizen  hatte,  lassen  uns  vermuten,  dali 
das  Absteigen  einer  soviel  grölleren  Zahl  von  IX.  und  X.  Wurzelfasern  bei 
den  Amphibien  nicht  mit  dem  Geschmack  in  Zusammenhang  gebracht 
werden  muß,  sondern  wahrscheinlich  mit  Korrelationen  und  Reflexen  der 
Schleimhautsensibilit'it,  wie  dies  auch  bei  der  deszendierenden  V.  Wur- 
zel für  die  Emjifindliclikeit  der  Haut  gilt.  Während  aber  bei  der  letzteren 
die  Ursache  ihres  zentralen  Verhaltens  eine  sehr  augenfällige  ist,  weil 
dadurch  eine  Zusammenwirkung  der  äußern  Sensibilität  des  Kopfes  mit 
derjenigen  von  Hals  und  Körper  zum  Ausdruck  kommt,  läßt  sich 
bei  dem  Absteigen  des  Fasciculus  solitarius  über  die  hintere  Grenze 
der  letzten  Vaguswurzel  hinaus  die  Frage  stellen,  welche  Korrelation  hier- 
bei zustande  kommt  und  wodurch  dieselbe  bedingt  wird. 

An  erster  Stelle  muß  man  daran  denken,  daß  mit  dem  Eintritt  der 
Lungenatmung,  welche  teilweise  ihre  Zentren  im  Rückenmark  hat,  die 
sensiblen  Fasern  der  Mund-,  Zungen-,  Pharj'nx-  und  Larynxwand  in  aus- 
gedehntere Korrelation  mit  kaudalen  Respirationszentren  treten,  welche 
Korrelation  schon  deshalb  wichtig  wäre,  weil  bei  Amphibien  auch  durch 
die  Schleimhaut  von  Mund,  Zunge  und  Rachen  ein  erheblicher  Sauerstoff- 
austausch stattflndet. 

Die  Tatsache,  daß  die  Wurzeln  des  Glossopharyngeus  und  namentlich 
des  Vagus  nach  Abgabe  von  Fasern  an  die  Commissura  infima  bis  ins  3. 
spinale  Segment  absteigen  i),  muß  uns  veranlassen,  diese  Möglichkeit  in 
den  Vordergrund  zu  stellen.  Die  Wurzeln  enden  (nach  Marchidegeneratio- 
nen  zu  urteilen)  an  der  Basis  des  Septum  mediale  posticum  (Wallenberg) 
also  in  den  ventromedialen  Teilen  der  Hinterhörner,  einem,  nach  unserer 
jetzigen  Kenntnis,  sympathischen  Areal.  Es  würde  dann  das  absteigende 
Bündelchen  seinen  alten  Namen  „Fascirulus  respiratorius'" -}  wohl  verdienen. 

')  BeUanntlicli  entwickelt  sich  der  N.  phrenicus  aus  dem  IV  (und  111.')  Halssegment. 
Obschon  ein  Diaphragma  im  eigentlichen  Sinne  erst  bei  den  Reptilien  auftiitt,  findet  bei 
den  Amphibien  bereits  (Fürüringer)  eine  Verbindung  der  Myocommata  des  Sternohyoids 
mit  dem  Herzbeutel  statt. 

^)  Dieser  Name  ist  indessen  bei  den  Saugern  auch  (fälschlich)  benützt  für  Accesso- 
riuswurzelfasern. 


298  DIE    SENSIBLEN    BKANCHIALNERVEN    DER    AMPHIBIEN. 

Neben  diesei'  Mögliolikeit-  gibt  es  aucli  sonst  bei  den  Amphibien  Nenigkeiten, 
welche  eine  Veränderung  der  sensiblen  Leitiingsbahneu  in  kaudaler  Eichtung  beein- 
flussen könnten. 

Ich  meine  die  Tatsache,  daß  bei  den  Amphibien  znerst  eine  muskulöse  Zunge 
auftritt,  welche,  Hypoglossus-JIuskulatur  führend,  von  einer  Schleimhaut  bedeckt  wird, 
die  vom  Trigeminus,  Glossopharyngeus  und  Facialis  ihre  sensible  Innervation 
erhiilt. 

Mit  Hinsicht  auf  die  Rolle,  welche  dieser  Zunge  mehr  und  mehr  als  Explorations- 
organ  des  Geschmacks  und  der  diesen  begleitenden  Taktilität  zukommt,  wäre  eine 
Korrelation  der  Emptindungen  ihrer  Oberfläche  mit  den  übrigen  Empfindungen  der 
Mundhöhle  eine  mögliche  Ursache  dieses  absteigenden  Faserverlaufes.  Die  übrige 
iSensibilität  der  Mundhöhle  ist  nämlich  in  dem  dorsalsten  Teil  des  absteigenden  Trige- 
minus repräsentiert,  und  da  dieser  im  obern  Zervikalmark  bei  dem  Calamus  einen  End- 
kern besitzt,  konnte  auch  die  Korrelation  mit  diesem  System  einen  Einfluß  auf  den 
mehr  ausgesprochenen  deszendierenden  Verlauf  der  Innern  sensiblen  Fasern  ausüben. 
Die  erstgenannte  Korrelation,  der  Zusammenhang  mit  der  Lungenatmung,  ist  aber 
bei  weitem  die  wahrscheinlichste  Bildungsursache  des  Fase,  solitarius ;  denn  der 
Fasciculus  solitarius  hat  gerade  dort  seine  größte  Ausdehnung,  wo  die.  Sensibilität 
der  Zunge,  sowohl  deren  Tastempfludung  als  der  Geschmackssinn,  sehr  gering  ist,  d.  i. 
bei   den   Vögeln,  deren  Zunge  teilweise  verhornt  ist. 

Die  Anordung  der  motoriachoi  Kerne,  für  deren  detaillierte  Beschrei- 
bung ich  auf  Kapitel  V  verweise,  bietet  nichts  Überraschendes. 

Bei  den  Urodelen  finden  wir  genau  dasselbe  Verhalten  wie  bei  den 
Haien,  indem  die  motorischen  Kerne  des  VII.  IX.  und  X.  dort  eine  kon- 
tinuierliche Zellsäule  bilden  (Fig.  237  Ceratodus,  Molge;  Taf.  III  Crypto- 
branchus),  welche  sich  auf  dem  Niveau  der  gemeinschaftlichen  sensiblen 
VII.,  IX.  und  X.  Keinsäule  ausdehnt. 

Bei  den  ungeschwänzten  Amphibien  aber  ist  ein  Zustand  vorhanden, 
der  fast  gänzlich  mit  demjenigen  von  Petromyzon  übereinstimmt,  indem 
dort  nur  die  IX.  und  X.  Kerne  an  der  gemeinschaftlichen  sensiblen  VII., 
IX.,  X.  Säule  entlang  liegen  und  der  motorische  VII.  Kern  seine  Lage 
auf  dem  Niveau  seines  Wurzeleintrittes  behalten  hat.  Wie  beim  Neunauge 
liegt  er  dort  in  fast  direktem  Anschluß  an  den  motorischen  V.  Kern 
(Fig.  237:  Rana  catesbyana  und  Taf.  II  Rana). 

Daß  Rana  in  dieser  Hinsicht  eine  größere  Übereinstimmung  mit 
Petromyzon  zeigt  als  die  geschwänzten  Amphibien,  kommt  dadurch,  daß 
die  sensible  VII.  Wurzel  hier,  wie  dort,  weniger  entwickelt  ist  als  bei 
Salamaudrinen,  und  der  reflektorische,  neurobiotaktische  Einfluß  seines 
kaudalen,  sensiblen  Kernes  auf  die  Lage  dieser  Zellen  deshalb  weniger 
bedeutend  ist. 

Die  sensiblen  Branchialnerven  der  Reptilien. 

Bei  den  Reptilien  findet  man  einige  Differenzen  in  dem  Aufbau  der 
Branchialnerven,  je  nachdem  man  Schildkröten,  Krokodile,  Schlangen  oder 
Eidechsen  untersucht. 


DIE    SENSIBLEN    BRANC'HIALNERVEN    DER    REPTILIEN. 


299 


Fars  inipar. 

mes.  .. 

Tect.  opt.  - 

cor.  - 


N.  VUI  -. 


IG 

Hab. 

-N 

IV. 

■-N 

V. 

-F. 

cer.  post 

-  VIII  dcsc. 

,- V 

desc. 

Fig.   135.     Obere   Ansicht  des  Hirnstarniues  von 
Crocodilus  porosus. 
Man  heachte  Hie  Einengung  des  Ventrikels  duix-h  die 
starke  Entwicklung  der  Soraato-sens.  Region 
(besonders  des  V.  desc). 


Es  hat  aber  keinen  Zweck,  hier  die  A'^erhältnisse  bei  allen  vier  Unter- 
klassen eingehend  zu  erörtern.  Ich  werde  nur  den  Bau  der  in  Kede 
stehenden  Systeme  der  Krokodile  und  Eidechsen  beschreiben,  weil  sie 
dort  am  deutlichsten  sind. 

Beim  Krokodil  zeigt 
schon  das  äußere  Bild  der 
Oblongata  (Fig.  135),  daß 
hier  ganz  andere  Systeme 
überwiegen  als  bei  den 
Fischen.  Das  dorsale,  soma- 
tosensible  Areal  (Trigemi- 
nus  und  Octavus)  ist  dort 
dem  viszeralsensiblen  Areal 
gegenüner  so  sehr  entwik- 
kelt,  daß  ein  Einblick  in 
den  vierten  Ventrikel  kaum 
mehr  möglich  ist. 

Von  den  viszeralen  Ner- 
ven hat  nur  der  A^igus  hier 
noch  einen  Hautast,  der 
auch  hier  nahe  der  deszen- 
dierenden Trigeminuswur- 
zel  verläuft.  (Fig.  136;  X 
som.  s.). 

Alle  IX.  und  die  gi'oße 
Mehrheit  der  X.  Fasern 
ziehen  weiter  und  bilden 
den  großen  Fasciculus  soli- 
tarius,  während  auch  ein 
kleiner  Teil  der  Fasern  an  . 
der  medialen  Seite  dieses 
Fasciculus  umbiegt  und  in 
dem  medial  davon  gele- 
genen Grau  endet.  (Siehe 
Fig.  136.) 

Aus  diesem  Grau  ent- 
stehen Fasern  (Tr.  sec.  X, 
Fig.  186),  welche  medial- 
wärts  gehen  und  sich  zwi- 
.schen  dem  motorischen  X.  '•^'J-  Alligator  sklerops.  Die  Kompünenten  des  Vagus. 
Kern  und  dem  Fase.  long, 
centralis  (sive  posterior)  dem  Auge  entziehen. 

Letztgenannter  Kern,  sowie  das  System  des  Fase,  solitarius  werden 
kaudal    bedeutend    geringer,     dann    verschmelzen    die   Kerne   der    beiden 


300 


DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALXERVEN    DER    REPTILIEN. 


X    Gnui. 


Seiten    mit    eiuiinder    und    endet    der    inzwisclien    sehr    verschmälerte    F. 
solitarins,  teilweise  in  der  Commissura  inlima  kreuzend,  hinter  dem  Calamus. 
Obschon   einzelne  Fasern  sich  in  dem  Rückenmark  fortsetzen,  konnte 
ich  nicht  mit  Sicherheit  ermitteln,  wie  weit  sie  darin  absteigen. 

Die  Fadaliswiirzel,  die  beim  Alligator  kleiner  ist  als  bei  dem  gleich 
zu  licschreibenrlen  Varan  (Fig.  137),  tritt  auf  dem  Niveau  des  N.  "\'esti- 
Imlaris  ein,  durch  den  letzteren  von  der  motorischen  Wurzel  getrennt. 

Unter  dem  Ventrikel  biegt  sie  um  und  zieht  kaudalwärts,  um  sich  dann  in 

denFasciculus  solitarius  zu  verlieren,  einen  prävagalen  Teil  desselben  bildend. 

Beim  Varan  ist  der  Eintritt  der  Vagus-  und  Glossopharyngeus- Wurzeln 

wie  beim   Alligator. 

Da  die  hinteren  Vagus- 
wurzeln durch  die  absteigende 
Trigeminus- Wurzel  nach  oben 
gedrängt  sind,  geschieht  der 
Eintritt  der  kaudalsten  Wur- 
zelbündelchen fast  von  dorsal 
nach  ventral.  (X.S.  Fig.  137.4.) 
Die  Abgabe  von  Haut- 
fasern  au  den  deszendierenden 
V,  lindet  in  übliclier  Weise 
statt.  Von  dem  großem,  visze- 
ralen Rest  der  Wurzelfasern 
geht  auch  hier  der  größte  Teil 
in  den  Fasciculus  solitarius, 
an  dessen  Aufbau  sowohl  Va- 
gu.s-  als  Glossopharyngeusfa- 
sern  teilnehmen. 

Ein   kleinerer  Teil   endet 
aber  auf  dem  Eintrittsniveau, 
jedoch  nicht  nur  in  einem  dor- 
salen Kern,  sondern  auch  in  einem  medialen  Kern,  der  neben  der  Raphe 
liegt.    Dieses  mediale  Grau  scheidet  den  motorischen  Vaguskern  vom  zen- 
tralen Längsbündel  (Fig.  136). 

Der  Unterschied  mit  dem  Alligator  liegt  hauptsächlich  darin,  daß 
beim  Varan  das  dorsale  Grau  kleiner  ist,  das  mediale  Grau  größer. 

Die  sensible  Facialiswurzel  wird  von  der  motorischen  Wurzel  durch 
Vestibularis-Wurzelfaseru  getrennt  und  tritt  infolgedessen  fast  dorsal  ein 
(Fig.  lo7B).  Unter  dem  Ventrikel  biegt  sie  rückwärts  und  schließt  sich  auf 
dem  (41ossopharyngeus-Niveau  dem  Solitärbündel  an,  in  dessen  Grau  sie  sich 
bald  erschöpft  i). 


Fig.  137^.    Varanus  Salvator. 
Die  KumiKiiieiiten  des  Vagus. 


')  Nacli  Beccäui  gibt  die  sensible  VII,  Wurzel  nach  Dichotomie  aufsteigende  Äste  zum 
Zerebellum  ab,  was  ich  nicht  bestätigen  liann.  Ich  lialte  sie  für  Vestibularisfasern. 


DIK    SENSIBLEN    BRANCHIALNEUVEN    DER    REPTIIJEN. 


301 


Bei  beiden  Reptilienarten  ist  dus  absteigende  Solitärbiindel  noch  größer 
als  bei  den  Amphibien;  namentlich  beim  Alligator  ist  es  sehr  stark  ent- 
wickelt, obschon  hier  die  Gesclimacksknospen  relativ  viel  geringer  sind  als 
beim  Frosch. 

Vieles  spricht  denn  auch  dafür  (wie  wir  besonders  bei  der  Beschreibung 
der  Vögel  sehen  werden),  daß  die  Vergrößerung  des  Solitärbündels  nichts  mit 
dem  Geschmack  /ax  tun  hat,  sondern  mit  der  Korrelalion  der  Schleindiaut- 
sensibilität  mit  spinalen  Zentren.  Wahrscheinlich  ist  auch  hier  der 
Geschmack  in  der  Oblon- 
gata  selber  lokalisiert,  wie 
bei  den  Fisschen. 

Als  Kerne  dafür  kom- 
men bei  den  Repitilien  so- 
wohl das  dorsale  wie  das 
mediale  sensible  Grau  in 
Betracht. 

Dieses  mediale  sensible 
Orau,  welches  zwischen  dem 
zentralen  Längsbündel  und 
dem  motorischen  Vagus- 
kern liegt,  enthält  außer- 
dem sekundäre  Fasern  aus 
dem  dorsalen,  sensiblen  X. 
Kern.  Es  nimmt  kaudal- 
wärts  an  Umfang  zu  und 
ist  aucli  bei  der  Commis- 
sura  infima  noch  ziemlich 
gut  entwickelt,  stets  erkenn- 
bar durch  sein  feines  Netz  markhaltiger  Fasern. 

Dort,  wo  der  Eypoglossus^Kern  bereits  in  den  Schnitten  erscheint,  schiebt 
sich  ein  Teil  jenes  medialen  Graus  zwischen  den  XII.  und  den  motorischen 
Vajjus-Kern  ein  und  verdient  dadurch  den  Namen  Nuclcus  intcrcalatus. 


iAIB.     Kintritt  der  sensiblen 
Facinliswuizel  bei  Varanus 


und  niütorisclien 
Salvator. 


Über  die  viszeralen  motorischen  Kerne  kann  icli  mich  hier  kurz  fassen, 
da  sie  später  ausführlich  beliandelt  werden.  Hier  sei  bloß  erwähnt,  daß 
der  dorsale  motorische  Vaguskern  (Lungen,  Magen  und  Speiseröhre)  dem 
Fasciculus  longitudinalis  centralis  nicht  mehr  so  nahe  liegt  als  bei  Haien. 
Er  ist  etwas  lateraler  und  dorsaler  gerückt,  näher  dem  dorsalen,  sensiblen 
Grau,  von  dem  er  Reize  aufnimmt  (Neurobiotaxis),  und  seine  Wurzelfasern 
machen  eine  Schlinge.  (Fig.  136),  welche  eine  Folge  dieser  Verlagerung  ist. 

Der  Glossopharj'ngeuskern  ist  mit  dem  Facialiskern  vereinigt.  Beide 
liegen  l>eim  Alligator  teilweise  noch  ziemlich  dorsal,  beim  ^"aran  etwas 
mehr  ventral  (vergl.  Fig.  24U  und  Tafel  11  und  III). 


i 


302  DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEN    DER    VÖGEL. 

Die  sensiblen  Brancliialnerven  der  Vögel. 

Sehr  lehrreich  für  eine  richtige  Würdigung  der  sensiblen  Faserkategorien 
dieser  Nerven  ist  das  Studium  der  ^"^)gel. 

Wie  ich  bereits  bei  der  Besprechung  der  peripheren  Nerven  und  deren 
Endorgane  bemerkte,  ist  der  Geschmack  bei  diesen  Tieren  sehr  atrophisch, 
namentlich  in  dem  proximalen  Geschmacksgebiet  des  Facialis. 

Dementsprechend  ist  die  sensible  Facialiswurzel  sehr  klein. 

Der  Glossopharyngeus  und  namentlich  der  Vagus  sind  grüßer  und 
treten  ziemlich  dorsal  in  die  Oblongata.  Sie  verlaufen  medialwärts  über  und 
durch  das  obere  Drittel  der  deszendierenden  Trigeminuswurzel,  die  vom 
\'agns  und,  wie  es  sclieint,  auch  vom  Glossopharyngeus  Fasei'ii  erhält. 

Von  den  Schleimhautfasern,  welche  in  medialer  Richtung  weiterziehen, 
begibt  sich  die  Mehrheit  in  das  Solitärbündel,  das  bei  den  X'ögeln  im 
allgemeinen  und  namentlich  beim  Kasuar  ganz  mächtig  entwickelt  ist 
(siehe  Fig.  138.1  und  B). 

Cajal  unterscheidet  beim  Spatzen  sogar  an  jeder  Seite  zwei  Solitärbün- 
del, wovon  das  dorsolaterale  gekreuzte  Fasern  (namentlich  des  Glossopharyn- 
geus) aufnehmen  soll.  Kaudalwärts  verschmelzen  diese  Bündel  jedoch. 

Bedenken  wir  nun,  daß  der  Geschmack  gerade  bei  diesen  Tieren  sehr 
gering  entwickelt  ist,  so  liegt  schon  hierdurch  die  Vermutung  nahe,  daß 
von  allen  sensiblen  Glossopgaryngeus-  und  \^agusfasern  das  Solitärbündel 
wohl  am  wenigsten  mit  dem  Geschmack  zu  tun  hat. 

Ein  Vergleich  mit  den  Säugern  bestätigt  dies.  So  sind  die  korrespon- 
dierenden Durchschitte  vom  Kasuar  in  Fig.  138  und  vom  Kaninchen  in 
Fig.  142  etwa  gleich  groß.  Beim  Kasuar  ist  aber  das  Solitärbündel  grö- 
ßer als  beim  Kaninchen.  Bedenkt  man  nun,  daß  die  Zahl  der  Geschmacks- 
knospen bei  den  Vögeln  zu  der  beim  Kaninchen  sicii  ungefähr  verhält 
wie  100:17000,  dan  geht  auch  daraus  hervor,  daß  eine  direkte  Verwandt- 
schaft zwischen  Solitärbündel  und  Geschmack  nicht  warscheinlich  ist. 

Der  größte  Teil  des  Fasciculus  solitarius,  etwa  drei  Viertel,  kreuzt 
in  der  Commissura  infima  und  endet  in  dem  Kern  dieser  Kommissur.  Ein 
anderer  Teil  seiner  Fasern  zieht  weiter  kaudalwärts  und  verliert  sich  im 
obern  Halsmark  (Brandis). 

Obschon  die  Mehrheit  der  Wurzelfasern  des  Vagus  und  Glossopharyn- 
geus in  diesem  Bündel  verläuft,  schlägt  doch  ein  anderer,  viel  kleinerer 
Teil  einen  andern  Weg  ein  und  begibt  sich,  nachdem  er  das  Solitär- 
bündel eine  kurze  Strecke  begleitet  hat,  an  dessen  unterer  Seite  weiter 
medialwärts.  Ein  Teil  davon  endet  dorsal  von  dem  Fasciculus  solitarius. 
Dieser  dorsale  Bulbärkern — sehr  auffallend  beim  Krokodil  —  ist  jedoch 
bei  Vögeln  nur  klein.  —  Etwas  zahlreicher  (namentlich  beim  Kasuar)  sind 
die  Fasern,  welche  zwischen  dem  zentralen  Längsbündel  und  dem 
dorsalem,  motorischen  Vaguskern  enden.  Dieselben  bilden  medial  von 
letztgenanntem  Kern  ein  feines  Netzwerk  (dorso-med.  Vagus-Grau  Fig.  138). 


DIK    SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEX    PER    VOOET,. 


303 


d(nAe-  faf- 


dtrUo-  ty]td 


Fig.   l'iHA.     Vaguswurzel,  Fasciculus  solitarius 

unfl  dorsomediales  Grau  mit  Fasernetz 

beim  Kasuar  (ziemlich  kaudal). 

(Neben  dem  Fase.  long,  centr.  drei  XII.  Zellen). 


Dieses  Netz  ist  bei  dem  Kasuar  viel  deutlicher  entwickelt  als  hei 
andern  Vögeln:  Spheniscus, 
Col3'mbus,  Ciconia,  wo  ich 
es  kaum  angedeutet  fand. 
Wie  beim  Varan  wird  es 
auch  beim  Kasuar  kaudal- 
wärts  größer,  es  ist  aul' 
dem  Niveau  der  Commis- 
sura  infima  unterhalb  der- 
selben noch  deutlich  ent- 
wickelt. 

Wo  der  Hypoglossus- 
kern  in  den  Schnitten  auf- 
tritt, dehnt  sich  der  me- 
diale, sensible  Vaguskern 
etwas  über  ihn  aus  und 
keilt  sich  zwischen  ihn  und 
den  dorsalen,  motorischen 
Vaguskern  ein  (vergl.  Fig. 
1384),  wie  beim  Varan,  so- 
dasz  er  auch  hier  als  ein 
primitiver  Nucleus  intercalatus  betrachtet  werden  kann. 

Die   kleine   sensible   Facialiswurzel  der  Vögeln  ist  wahrsclieinlich  mehr 

allgemein  sensibel  als 
gustatorisch  in  ihren 
Bestandteilen. 

Bedenkt  man  näm- 
lich, dnQ  die  meisten 
Vögel  nur  40—00 
Geschmacksknospen 
haben,  und  die  große 
Mehrheit  derselben 
im  Glossopharyn- 
geusgebiet  liegt,  dann 
bleibt  für  den  Facia- 
lis höchstens  ein  Drit- 
tel dieser  Zahl  zur 
Innervation  übrig. 
In  der  Oblongata 

angelangt,   biegt    er 
Fig.  1.38/i.     Glossopliarvngeiiswurzel   und  I'ascieulus  solitarius        i     i  i  i    i  ■    , 

.,  „  A  II'  t    i   •     T^  bald  nach  hmten,  um 

mit  l'asern  zum  norso-med.  rasernetz  beim  Kasuar 

(frontal  von  Fig.  1:«,.).  sich    als    priivagaler 

Teil  dem  Fasciculus 
solitarius  anzuschließen. 


30 i  DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALNERVEX    DER    VÖGEL. 

Hierin  stimmt  er  also  V(")llig  mit  dem  übliclien  A'erhalten  dieser  Wur- 
zel ülierein. 

Die  Hauptsache  von  dem,  was  uns  die  Vogel  in  bezog  auf  den  Bran- 
chialnerven  lehren,  ist  dieses,  daß  wir  hier  bei  einer  ausgesprochenen 
Atrophie  des  Geschmacks  eine  auffallend  starke  Entwicklung  des  Fase, 
solitarius,  d.  i.  der  absteigenden  IX.  und  X.  Fasern  haben,  und  daß  es 
also  sehr  unwahrscheinlich  ist,  daß  die  absteigenden  Vagus-  und  Glosso- 
plmryngeus-Fasern  etwas  mit  der  Geschmacksfunktion  zu  tun  haben. 

^  Was  die  iiiotorischcii  Kerne  dieser  Nerven  anbelangt,  verweise  ich  auf 
Kap  "\\  Hier  sei  nur  erwähnt,  daß  der  motorische  Glossopharyngeuskcrn 
ganz,  der  ^"aguskern  grcißtcnteils  dorsal  liegt.  Der  Vagusabschnitt  ist,  ent- 
sprechend dem  großen  Magen  un<l  ilem  muskulösen  Beimagen  (Kropf) 
mancher  Vögel,  jedoch  viel  größer  als  bei  Reptilien  (A^ermeulen). 

(Tbrigens  stimmt  der  dorsale  IX  und  X  Kern  in  der  Bezieliung  mit 
dem  dorsalen  Vagimkcrn  letztgenannter  Tiere  überein,  daß  seine  Wurzelfasern 
eine  Schlinge  (Fig.  138  A)  machen  durch  den  seitlichen  Abschnitt  des 
Fase,  longit.  centralis,  welche  Schlinge,  wie  dort,  der  Ausdruck  ist  einer 
sekundären,  seitlichen  Verlagerung  jenes  Kernes,  die  bei  den  Säugern 
noch  viel  weiter  geht  und  dort  zu  einer  fast  völligen  Verschmelzung  des 
dorsalen  motorischen  Vaguskernes  mit  dem  sensiblen  Kern  jenes  Nerven 
(Neurobiotaxis)  führt.  (Die  Schlinge  geht  bei  den  Säugern  verloren). 

Während  von  dem  Glossopharyngeuskern  bis  jezt  keine  ventrale 
A'erlagörung  bekannt  ist,  kann  man  dies  wohl  vom  Vagusabschnitt  sagen. 

Hinter  dem  frontalen  Viertel  der  ganzen  Säule  zeigt  ein  ventro- 
mediales  Stück  des  Kernes,  eine  mehr  oder  weiniger  eigene  Individualität 
dadurch,  daß  die  Zellgrupe,  um  die  es  sich  handelt,  teilweise  von  dem 
Rest  des  Kernes  abgetrennt  ist.  Ein  mehr  kaudaler  Abschnitt  zeigt  eine  ven- 
trolaterale  ^Verlagerung  (siehe  weiter  Kap.  V,  Fig.  254  und  256). 

Ein  besondere  Veränderung  zeigt  der  motorische  Facialiskern,  dessen 
A'erhalten  mit  Hinsicht  auf  die  Atrophie  des  Geschmacks  bei  diesen  Tieren 
ein  sehr  deutliches  Licht  auf  die  Bedeutung  der  Neurobiotaxis  wirft. 

Wie  wir  l)ei  den  niedern  Vertebraten  gesehen  haben,  wird  die  Lage 
dieses  Kernes  sehr  durch  seine  sensible  Wurzel  und  deren  A'erl)indungen 
beeinflußt. 

Wir  haben  gesellen,  daß  bei  Tieren  mit  gering  entwickeltem  sen- 
sililem  Facialiskern,  die  motorischen  Facialiszellen  ihre  primitive  Lage 
auf  dem  Wurzelniveau  beibehalten,  während  sie  bei  stark  entwickeltem 
kaudalem  sensiblem  Facialiskern  kaudalwärts  wandern  und  sich  dem  mo- 
torischen Glossoi)haryngeus  und  Vaguskern  anschließen. 

Dementsprechend  ist  zu  erwarten,  daß  bei  den  Vc'igeln,  wo  der  (kandale) 
sensible  Facialiskern  so  gering  entwickelt  ist,  auch  die  kaudale  A'erlage- 
rung  des  motorischen  \TI.  Kernes  ausbleibt. 

Dies    ist    nun    tatsächlich    der    Fall ;    ja,     es    zeigt    sich    sogar,     daß 


DIE   SENSIBLEN    BKANCHIAI.NEKVEN    DER   SÄUGER.  305 

der  Kern  hier  frontalwllrix  gewandert  ist  und  sicli  dem  Trigeminuskern 
anschließt.  Bedenkt  man  nun,  daJi  dv.r  motorische  Facialiskern  der  Vögel 
neben  dem  geringen  Constrictor  colli  hauptsächlich  den  hintern  Bauch 
des  Muse,  digastricus  innerviert,  dessen  vorderer  Bauch  vom  Trigeminus 
innerviert  wird,  dann  sieht  man  hierin  wieder  ein  Beispiel  dafür,  wie 
die  sensible  Reflexen  die  Lage  der  Kerne  influenzieren,  denn  für  beide 
Teile  des  Musculus  digastricus  gilt  der  Trigeminus  als  reflexauslösendes 
Moment.  (Vergl.  Fig.  253—2.55  und  Tafel  III). 

Die  sensiblen  Branchiainerven  der  Säuger. 

Von  den  drei  in  Rede  stehenden  Nerven  führt  auch  bei  den  Säagern  i) 
der  Vagus  noch  wirkliehe  Hautäste.  Diese  bilden  den  R.  auricularis  jenes 
Nerven,  welcher,  entstehend  aus  dem  Ganglion  jugulare,  die  Haut  der 
Ohrmuschel  und  des  Meatus  auditorius  extei'iius  innerviert. 

Dieser  Hautast  entspricht  zweifellos  den  Fasern,  welche  vom  Vagus 
intramedullär  an  die  deszendierende  Trigeminuswurzel  abgegeben  werden. 

Von  den  sensiblen  Glossopharyngeusfasern  ziehen  ebenfalls  einige 
Hautfasern  (mit  dem  R.  auric.  X)  nach  dem  äußern  Ohr.  Sie  entstammen 
dem  Ganglion  superius  Glossopharj'ugei  und  sollen  sich  intramedullär  der 
deszendierenden  V.  Wurzel  anschließen  (Hekrick). 

Tatsächlich  hat  Caj.al  bei  der  Ratte  Glossopharj-ngeusfasern  in  die 
deszendierende  V.  Wurzel  eintreten  sehen. 

Die  sensiblen  Schleimhautfasern  des  Glossopharyngeus-  und  Vagus 
streben  medialwärts  und  finden  verschiedene  Endigungsstellen.  Die  Mehr- 
zalil  biegt  kaudalwärts  um  (warseheinlich  ohne  frontale  Dichotomie)  und 
bildet  das  absteigende,  solitäre  Bündel,  welches  zwar  nach  einigen  Autoren 
hauptsächlich  aus  Glossopharyngeusfasern  besteht  (Forel,  Bechterew  und 
Brun)  aber  sicher  auch  Vagusfasern  enthält  (KcIlliker,  Bruce,  Stüurman, 

KoSAK.\    und    YAfilTA). 

In  der  Oblongata  verläuft  jenes  Bündel  direkt  unterlialb  der  Area 
Vagi  (Fig.  139),  welche  den  sensiblen  und  motorischen  Oblongatakern 
jener  Nerven  enthält. 

Der  Fasciculus  solitarius  der  Säuger  kreuzt  mit  einem  großen  Teil 
i^k)  seiner  Fasern  in  der  Commissura  infima  und  endet  dann  auf  der 
kontro-lateralen  Seite  in  dem  Kern  dieser  Kommissur,  dem  CAJAL'schen 
Kern.  Die  übrigen  Fasern  steigen  ungekreuzt  in  das  Zervikalmark  ab. 

Es  ist  nicht  genau  bekannt,  bis  wie  weit  diese  absteigenden  Fasern 
reichen.  Bei  der  Maus  und  der  Katze  sind  sie  kaudal  von  den  Hinter- 
strangkernen noch  vorhanden  (Cajau)  und  dürften  sie  vielleicht  ins  2. 
Halssegment  liineinreichen. 

Der  Fasciculus  solitarius  wird  in  der  Oblongata  von  einer  Säulo  grauer 


')    Für     die     sympathischen    Knmponcnten    dor    Br.inchialnerven    der    r^juger    siehe 
Kig.  -100. 

Kappers.  20 


306 


niE    SEXSIBLTCN    r.PvAXrHIALXlCRVEX    DER    SÄUGER. 


Substanz  begleitet,  deren  größerer  Abschnitt,  an  der  medialen  Seite  gelegen, 
als  Nuclem  fasc.  solitarii  bekannt  ist,  während  der  ihn  an  der  ventro- 
lateralen  Seite  begleitende  Kern  von  Kohnstamm  und  Wolfstein  als  Nucleus 
parasolüarius  (Fig.  140)  bezeichnet  wurde. 

TuMBELAKA  (Fig.  140)  fand  beim  Menschen  die  großen  Zellen  des 
Nucleus  parasolitarius  bei  einer  gekreuzten  Affektion  des  mittleren  Drittels 
des   ventrolateralen    Neothalamuskernes   degeneriert,   sodaß   wir  annehmen 


fou  Lat  meä 

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Fig.  139.     Obere  Ansicht  des  vierten  Ventrikels  des  Menschen. 


dürfen,  daß  jene  Zellen  die  aufsteigende  thalamische  Verbindung  (die 
Glossopharyngeus-  und  ^'agusschleife)  abgeben.  Ähnliches  wurde  aucli  von 
V.  Monakow  nacligewiesen. 

Der  Nucl.  parasolitarius  soll  auch  Zellen  enthalten,  welche  mit  der  Regu- 
lierung der  Atembewegungen  zu  tun  haben,  indem  ihre  Axonen  mit  der 
lateralen  Formatio  reticularis  in  Verbindung  stehen,  die  ihrerseits  absteigende 


a 
c 


s 


s^ 


S    cfi 


=  a 


S      M 


Ca 

£m 

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0/ 

Cß 

s 

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308 


DIE    SENSIBLEN    BRANCHIALNERA'EN    DER    SÄUGER. 


Bahnen,  meistens  gekreuzten,  zum  Rückenmark  senden  für  die  kostale  und 
Diaphragtnabewegungen  (Fasciculus  Thomasi :  Thomas,  IjEwandowsky, 
Kohnstamm). 

Nach  Rothmanns  Experimenten  verläuft  diese  Bahn  hauptsächlich  im 
Vorderseitenstrang,  soweit  sie  die  Innervation  des  Zwerchfelles  anbelangt. 
Die  Bahn  für  die  Thoraxatmung  soll  zum  größten  Teil  durch  den  lateralen 
Abschnitt  des  Vorderstranges  ziehen. 

Kosaka    und    Yagita    fanden    außerdem    eine    direkte   Bahn,    Fascicu- 


i 


\ 


./ 


Fig.   141.     Die  nach  Lilsion  des  Fasciculus  solitaiius  uiul  ilossen  in 

nächster  Umgebung  aufsteigenden  (oben)  und  absteigenden 

(unten)  Degenerationen,  n.  HiiiOSE  (iVlARcmprepar.). 

lus  solitario-spinalis,  aus  der  Umgebung  des  Solitärbündels  zu  den  Atmungs- 
zeutren  des  Rückenmarkes.  Sie  konnten  ihre  Fasern  durcli  das  zentrale 
Längsbündel,  worin  sie  teilweise  kreuzen,  verfolgen  bis  in  die  Vorder- 
stränge des  Rückenmarks  und  zu  den  Vorderhürnern  des  Hundes. 


DIK   SENSIBLEN    J5KANCHIALNERVEN    DER   SÄUGER.  309 

Dieses  Bündel  erstreckt  sich  nündestens  zum  4.  Zervikalsegment  (Phre- 
nicus- Ursprung)  und  dient  zweifellos  der  Respiration,  was  auch  experimen- 
tell nachgewiesen  ist.  Die  Verbindung  wurde  von  Hieüse  (Fig.  141)  beim 
Kaninchen  bestätigt  i). 

Da  der  Fasciculus  solitarius  nebst  Fasern  des  Ganglion  jugulare  auch 
solche  des  G.  nodosum  enthält  und  neben  sensiblen  Fasern  des  Magens, 
des  Oesopiiagus  und  des  Pharynx  solche  der  Schleimhaut  des  Larynx,  der 
Trachea  und  der  Bronchien  führt,  bestätigen  diese  Tatsachen  die  Meinung, 
daß  die  absteigenden  Wurzelfasern  mit  der  allgemeinen  Sensibilität  der 
obern  Eingeweide,  namentlich  auch  mit  deren  Einflui^  auf  die  Atmung  zu 
tun  haben. 

Daß  sie  nicht,  oder  wenigstens  nicht  an  erster  Stelle  Geschmacksfasern 
sind,  geht  schon  daraus  hervor,  daß  der  Vagusanteil  au  dem  Solitärbündel 
sicher  recht  erheblich  ist  und  der  sensible  Vagus  bei  den  Säugern  kaum 
noch  Geschmacksknospen  innerviert. 

Die  Endiguug  von  Vagus-  und  Glossopharyngeusfasern  in  dem  Fasci- 
culus solitarius  und  dessen  Kernen  ist  jedoch  nicht  die  einzige  Endigungs- 
art  dieser  Nerven. 

Wie  beim  Kasuar  gi))t  es  außerdem  zwei  andere  Endigungen:  einen 
dorsalen  und  einen  medialen  Kern. 

Fasern,  welche  an  der  medialen  Seite  des  Fase,  solitarius  vorüljer  ziehen, 
enden  in  dem  dorsalen  Kern  (B'ig.  142),  den  man  —  teilweise  mitPecht  — 
als  eine  kaudale  Fortsetzung  des  Nucleus  triangularis  Vestibularis  (s.  u.)  be- 
trachtet. Dieser  Kern  ist  aber,  wie  bereits  von  Sala  nachgewiesen  wurde, 
sicher  nicht  nur  ein  absteigender  Vestibulariskern ;  sein  medialer  Abschnitt 
erhält  eine  nicht  so  ganz  kleine  Zahl  von  Wurzelfasern  aus  dem  Glösso- 
pharyngeus  und  den  vordem  X'aguswurzeln. 

Ein  anderer  Teil  der  sensiblen  Fasern  läuft  in  medialer  Richtung 
weiter,  um  in  den  Nucleus  intcrcalatus  Staderini  einzudringen,  wie  auch 
von  Brun  und  Fuse  wahrgenommen  wurde  (Fig.  142:  N.  Stad.). 

Bei  den  Säugern  verlaufen  diese  ventral  vom  motorischen  dorsalen 
X.  Kern,  während  sie  beim  Varan  und  Kasuar  oberhalb  dieses  Kernes, 
(zwischen  ihm  und  dem  Ventrikelljoden)  zu  dem  entsprechenden  Kern  liefen. 
Diese  Diflerenz  im  Verlaufe  von  sensiblen  IX.  und  X.  Fasern  zu  dem 
Nucl.  intcrcalatus  muß  zweifellos  dadurch  erklärt  werden,  daß  nicht 
der  Verlauf  dieser  Fasern  sich  geändert  hat,  sondern  daß  namentlich  die  Lage 
des  motorischen  dorsalen  Vaguskernes  bei  den  Säugern  eine  mehr  laterale 
geworden  ist,  wie  eine  Vergleichung  sofort  zeigt  (vergl.  Fig.  138  und  142). 

Die  Endigung  in  dem  STADERiNischen  Kern  läßt  sich  am  schönsten 
beoljachten  bei  den  Edentaten :  Tamandua  vmd  namentlich  bei  dem  x\mei- 
senfresser,  Myrmecophaga  jubata.  ist  aber  auch  beim  Kaninchen  recht  deutlich. 


M    Dieser    Autor    fand  auch  einige  Fasern,  welche  sich  in  dei'  med.  Schleife  und   im 
zentralen  Längsbündel  nach  oben  begaben. 


310 


DIE    SENSIBLEN    BKANCHIALNEKVEN    DEK    SATGEK. 


Der  Nucleus  intercalatus  Stadekini  (oder  mediales  sensibles  IX  und 
X  Grau)  dehnt  sich  bei  diesen  Tieren,  im  allgemeinen  bei  Säugern,  recht 
weit  kaudalwärts  aus.  Er  liegt  nicht  nur  interkaliert  zwischen  den  moto- 
rischen Vagus-  und  Hypoglossuskernen,  sondern  dehnt  sich  in  das  Gebiet 
des  sog.  Nucleus  funicidi  teretis  (Fig.  142)  medial wärts  aus,  den  Hypo- 
glossuskern  wie  eine  Kappe  bedeckend,  sodaß  in  hintern  Abschnitten  der 
Üblongata  die  beiderseitigen  Nuclei  intercalati  aneinander  stoßen  und  Fasern 
austauschen. 

Frontalwärts  vereinigt  sich  das  mediale  sensible  Glossopharyn- 
geus-   und    Vagusgrau    mit    dem    dorsalen    sensiblen    IX.    X.    Grau,    was 

auch  ihre  funktionelle 
A'erwandtschaft  demon- 
striert. Sekundäre  Fasern 
vom  dorsalen  Kern  zum 
medialen  Kern  oder  N. 
intercalatus,  wie  sie  beim 
Alligator  in  spärlicher 
Zahl  vorkommen,  sind 
von  FusK  und  mir  auch 
bei  Säugern  beobachtet. 
Erstgenannter  hat  sie 
u.  m.  beim  Menschen  als 
Triang  u  laris-iiUercalatus- 
Bündel  beschrieben. 

Das  mediale  und  dor- 
sale sensible  Grau  der 
Glossopharyngeus-  und 
Vagusfasern  ist  m.  E. 
eher  mit  dem  Geschmack 
und  dessen  Korrelationen 
in  A'erlnndung  zu  brin- 
gen als  der  Fasciculus  solitarius  (s.  weiter  S.  oV2). 

Der  Eintritt  der  sensiblen  Facialisivurzcl  i)  {N.  inlermedius  Wrisbergi)  und 
ihr  \\n-lauf  nach  hinten,  direkt  dorsal  vom  Grau  der  deszendierenden 
Trigeminuswurzel,  ist  bei  den  Säugern  ziemlich  konstant. 

Der  Nerv  führt  — jedenfalls  beim  Menschen  — außer  Geschmacksfasern 
gewöhnliche  sensible  Fasern  der  Zunge  (Cushing,  Opi'enheim),  was  daraus 
hervorgeht,  daß  bei  Trigeminus-Exstirpation  die  Zungenspitze  ihre  Empfind- 
lichkeit für  taktile  Reize  teilweise  behalten  kann.  Außerdem  vermittelt  er 
nach  Hunt  Sensibilität  eines  kleinen  Teiles  des  äußern  Ohres,  des  Mittel- 
ohres, des  Innern  Ohres,  der  Tuba  Eustachii  und  der  Ccllulae  mastoideae. 
Es   handelt   sich    dabei    also    wesentlich    um  ursprüngliche  somato-sensible 


Fig.  142.  VagLiswurzel,  Fasciculus  solitarius,  dorso-lat., 
Grau;  dois.  niot.  X.  Kern,  luicl.  Staderini  uud  im.  XII 
beim  Kaninchen. 


')  Auch  wolil  N.  glosso-palatinus  genannt  (Ra.m.sav  Hunt). 


DIK   SKNSIBLKN    BKANUHIAI.NKRVEN    DEK    SÄUGER. 


Ul 


Fasern,  die  erst  später  (weil  iler  Mund  ein  sekundäres  Gebilde  ist  s.  S.  317) 
größtenteils  zu  sekundär-viszeriilen  Fasern  geworden  sind.  Anfänglich  liegt 
denn  auch  die  absteigende  VII  Wurzel  nahe  dem  V  descendens. 

Kaudal  schließt  sie  sich  aber  dem  Fasciculus  solitarius  an.  Dieses 
^\•rhalten  ist  indessen  nicht  befremdend,  da  nach  den  Wahrnehmungen 
W.VLLENBERGS  aucli  die  Fasern  des  Rani,  lingualis  Y.  sich  dem  Fase, 
solitarius  anschließen  (Fig.  143). 

Letzteres  beweist  natürlich  keineswegs,  daß  derRamus  lingualis  desTrigc- 
minus    Geschmacksfasern    enthält'  (wie    Wai,leni!erg    angibt).    Eher    das 
Umgekehrte:    denn   ich  habe  schon  darauf  hingewiesen,  daß  es  sich  auch 
beim  Fasciculus  solitarius  wahr- 
scheinlich  an   erster   Stelle    um 
allgemein  sensible  Fasern  innerer 


Oberflächen  handelt. 

Wo  die  sensiblen  Facialis- 
fasern  genau  enden,  und  ob  ilire 
Geschmackskomponenten  eine  an- 
dere Endigung  haben  als  ihre  tak- 
tilen  Fasern,  ist  nicht  genügend 
ermittelt.  Letztere  enden  aber 
wahrscheinlich  in  dem  Grau  des 
Fasciculus  solitarius,  wo  auch  der 
Ramus  lingualis  trigemini  sich 
auflöst. 

Die  ganze  Phylogenese  des 
Fasciculus  solitarius  spricht  also 

dafür,  daß  es  mit  der  allgemeinen  Sensibilität  der  oberu  und  tiefern  Luft- 
wege zu  tun  hat  und  namentlich  mit  der  Lungen-Atnuuig  in  Verbindung 
steht,  weil  es  erst  dann  in  typischer  Ausbildung  auftritt,  wenn  die  Kiemen- 
atmung von  der  Lungenatrnung  ersetzt  wird. 

Daß  auch  Fasern  der  Mundhöhle  sich  ihm  anschließen,  ist  nicht 
befremdend.  Der  Einfluß  der  peripheren  Iteizung  der  R.  r.  linguales  \',  \'II 
und  IX  auf  die  Atmung  ist  doch  längst  eine  anerkannte  Tatsache,  die  auch 
durch  die  Versuche  van  Melles  über  Labokdes  Methode  der  künstlichen 
Atmung  durch  Zungentraktion  bewiesen  wurde. 

Demgegenüber  wissen  wir  durch  vergleichende  Untersuchungen  bei 
niedei'n  Tieren  (Fischen),  daß  Hj'pertrophie  des  Geschmacks  gerade  mit 
Hypertrophie  der  bulbären  Kerne  zusammengeht,  nicht  mit  Bildung  ab- 
steigender Fasern,  die  gerade  dort,  wo  der  Geschmack  am  meisten  ent- 
wickelt ist,  am  geringsten  sind. 

Wir  werden  denn  auch  wohl  nicht  fehlgehen,  wenn  wir  auch  bei 
Säugern  das  bulbäre  VII.  IX.  X.  Grau  als  Hauptzentrum  des  Geschmacks 
ansehen.  Schwierig  —  unmöglich  bis  jetzt  —  ist  aber  die  Entscheidung, 
welchem  der  zwei  bulbären  Systeme  dabei  die  Hauptfunktion  zufällt:  dem 


Fig.  143.     Verhalten  der  l-aseni  tles  diittoii 

IVigeminusastes  (naineiillicli  des  R.  lin- 

guali.s  V)  zum  Fasciculus  solitafius 

beim  Menschen;  n.  Wallenberg. 


312  DIE    SENSIBLEN    BRANCHIAI.NERVEN    DER    SÄUGER. 

dorsalen  (das  bei  den  Fischen,  z.  B.  bei  den  Haien,  die  wiclitigste  Rolle 
spielt),  oder  dem  medialen  oder  STADERiNischen  Kein. 

Die  Tatsache,  ilaß  erst  bei  den  Säugern  der  StaderiniscIic  Kern  seine 
größte  Ausdehnung  besitzt,  dürfte  uns  vielleicht  dazu  führen,  bei  den 
Säugern  jedenfalls  dem  letztern  eine  Hauptfunktion,  namentlich  für  den 
Geschmack  der  Zunge,  zuzuschreiben. 

Als  Argument  zu  Gunsten  dessen  darf  auch  angeführt  werden,  daß 
unter  den  Säugern  der  STADERiNische  Kern  gerade  bei  den  Eodentiern 
und  Edentaten  so  mächtig  entwickelt  ist,  deren  Zunge  reich  an  Geschmacks- 
knospen ist,  M'ährend  er  beim  (fast)  geschmackslosen  Delphin  sehr  dürftig  ist. 

Diese  Auffassung  würde  auch  erklären,  weshalb  der  Nucl.  Staderini 
l_>ei  den  Fischen,  wo  eine  wirkliche  Zunge  fclilt,  nicht  vorkommt.  Schließlich 
spricht  auch  die  Lage  des  ST.\DERiNischen  Kernes,  zwischen  dem  moto- 
rischen Zentrum  des  Magens  (Nucl.  mot.  dors.  X)  und  der  Zunge  (XII) 
sehr  für  diese  Auffassunir. 


Auf  die  motorischen  Kerne  des  Vagus,  Glossopharyngeus  und  Facialis 
wei-de  ich  hier  nicht  weiter  eingehen.  (S.  Kap.  X.  Tafel  II  und  III). 
Nur  sei  erwähnt,  daß  von  den  motorischen  Vaguszellen  nur  die  motorischen 
Zentren  der  ungestreiften  Muskulatur  des  Oesophagus,  des  Magens  und  der 
Lunge  ihren  dorsalen  Platz  behalten  haben  (Kohnstamn,  Kosaka,  Yagita, 
Vermeulen,  FIudovernig,  Stuurman  n.  a.). 

Die  einzige  Differenz,  welche  ihre  Lage  mit  der  bei  den  Submammaliern 
aufweist,  ist  diese,  daß  sie  bei  den  Mammaliern  mehr  lateral  liegen,  dem 
Grau  des  Fasciculus  solitarius  stark  genähert,  mit  dem  sie  hier  fast  völlig 
einheitlich  geworden  sind  (vergl.  z.  B.  Fig.  142  mit  Fig.  124^). 

Außerdem  kommt  bei  manchen  Säugern  (Ungulata)  am  Calamus  ein 
Nucleus  commissuralis  motorius  Vagi  vor,  welcher  von  Vermeulen  zuerst 
Ijeschrieben  wurde,  und  der  ebenfalls  ein  Ausdruck  neurobiotaktischer 
Einflüsse  ist  (siehe  Fig.  274). 

Frontal  hat  das  viszero-motorische  Zentrum  der  Speichelsekretion 
(N.  .Jacodsonii  IX  und  Chorda  t\'mpani  des  VII)  eine  mehr  oder  weniger 
dorsale    Lage   bewahrt   in  der  Nähe  des  sensiblen  Zentrums  jener  Nerven. 

Nach  den  Untersuchungen  Yagitas  und  Hayamas  finden  sich  diese 
Zentren  in  der  Nähe  des  Prontalpoles  des  sensiblen  VII-  IX.  Kernes,  d.  i. 
also  in  der  Nähe  derjenigen  Nerven,  welche  den  Geschmack  innervieren, 
und  von  welchen  Kollateralen  oder  Schaltneuronen  die  Speichseisekretion 
direkt  beeinflussen  dürften.  Dabei  bildet  das  Speichseizentrum  der  Chorda 
tympani  (VII)  mit  demjenigen  des  N.  Jacobsonii  (IX)  eine  gemeinsame 
Zellgruppe,  wie  wir  es  aucli  bei  denjenigen  Tieren  wahrnahmen,  wo  noch 
die  ganze  VII.  IX.  Muskulatur  unter  dem  direkten  Einfluß  der  ent- 
sprechenden sensiblen  Zentren  stand  (Haie). 

Was  die  sonstigen  sympathischen  Zentren  des  Facialis  anbelangt,  so  ist  über  ihre 


DISKUSSION    DKR    PEKII'HEREN    GESe'HM ACKSLIilTUNG.  313 

Lage  in  der  Oblongatii  nur  wenig  bekannt.  Es  ist  aber  wahi-sfheiulicli,  dal5  der 
sog.  NucleuH  facialis  dorsalin,  den  ieh  in  Kap.  V.  näher  besprechen  werde,  die 
zentrale   Innerviitionsstelie  der  Traiieiiseliretion   entspricht  (Yagita). 

Diskussion  der  peripheren  Geschmaci<sleiiung  in 
Bezug  auf  den  Trigeminus. 

Bevor  ich  dazu  übergehe,  das  zenti-ale  Verhalten  des  Trigeminus 
zu  bespreelien,  Avill  ich  zuerst  einen  Punkt  erörtern,  der  in  direkter 
^'erllilldung  mit  dem  bereits  behandelten  steht,  nänilicli  die  Frage,  ob  dieser 
Nerv*  auch  einen  Anteil  an  der  Geschniacksleitung  nimmt,  oder  ob  nur 
die  bis  jetzt  erwähnten  Fasern  des  VII.,  IX.  und  X.,  dafür  in  Betracht 
kommen. 

Diese  Frage  ist  namentlich  für  die  menschliche  Klinik  von  Wichtig- 
keit, aber  immer  noch  nicht  mit  völliger  Sicherheit  gelöst. 

Darüber  sind  alle  Forscher  einig,  daß  die  kaudalen  Geschmacksareale 
der  Mundhöhle  und  des  Rachens  vom  Glossopharyngeus  und  vom  Vagus 
innerviert  werden. 

Auch  beim  Menschen  besteht  in  dieser  Hinsicht  kein  Zweifel,  wenn 
auch  dort  das  "N^agus-Geschmacksareal  bedeutend  eingeengt  ist  und  nur 
spärlichen  Fasern  des  Nervus  laryngeus  superior  eine  solche  Funktion  noch 
zukommt.  Was  den  Glossopharj'ngeus  anbelangt  —  der  auch  bei  niederen 
Wirbeltieren  ein  Ilauptgeschmacksnerv  ist,  bleibt  ihm  das  hintere  Drittel 
der  Zunge  und  der  Pharynx  von  allen  Autoren  als  Geschmacksareal 
zugewiesen. 

Über  die  Innervation  des  proximalen  Geschmacksgebietes  bestehen 
aber  Kontroversen,  indem  manche  dem  Trigeminus  diese  Funktion  zu- 
schreiben, während  andere  den  Facialis  als  Geschmacksnerven  der  vor- 
dem zwei  Drittel  der  Zunge  (und  des  (iaumens)  betrachten. 

Persönlich  möclite  ich  für  die  Innervation  des  proximalen  Geschmacks- 
areales nur  den  Facialis  in  Anspruch  nehmen,  und  zwar  aus  folgenden 
Gründen : 

1.  Eine  Hypertrophie  des  proximalen  Geschmacksareales,  wie  sie  bei 
Fischen  vorkommt,  geht  immer  mit  einer  Hypertrophie  der  sensiblen  Facia- 
liswurzel  gepaart,  nie  mit  einer  Hypertrophie  der  sensiblen  Trigeminus- 
wurzel. 

2.  Während  in  der  Mundhöhle,  wo  sowohl  Trigeminus  als  Facialis- 
fasern  zu  den  vordem  zwei  Dritteln  der  Zunge  gehen,  noch  Zweifel  mög- 
licli  ist  über  die  Frage,  welcher  von  beiden  die  Geschmacksknospen 
innerviert,  wird  bei  denjenigen  Fischen,  wo  das  proximale  Geschmacks- 
areal über  die  Lippen  imd  den  Kopf  hinaus  sich  auf  den  Rumpf  oder  die 
Flossen  ausdehnt,  immer  nur  eine  dementsprechende  Vergrößerung  der 
peripheren  Facialis  und  nie  der  peripheren  Trigeminusäste  gefunden. 

3.  Atroj^hie    des   proximalen    Geschmacksareales   geht   stets   mit   einer 


314  DISKUSSION    DKR    rEKIPHEKEN    GESCHMACKSLEITUMG       ■ 

Atrophie  der  sensiblen  Facialiswnrzel  Hand  in  Hand.  Namentlich  ist  bei 
den  Vögeln,  *wo  die  Gescliraacksorgane  der  vordem  zwei  Drittel  der  Zunge 
fast  völlig  fehlen,  die  Chorda  tympani  und  die  intfamedulläre  sensible 
Facialiswurzel  winzig  klein.  Demgegenüber  ist  aber  bei  vielen  Vögeln  der 
Trigeminus  stark  entwickelt. 

4.  Alle  Autoren,  auch  diejenigen,  welche  den  Trigeminus  als  proxi- 
malen Geschmacksnerven  betrachten,  schreiben  der  Chorda  tympani  den 
peripheren  Verlauf  dieser  proximalen  Geschmacksfasern  zu. 

Die  Chorda  tympani  erhält  aber  ihre  Fasern  aus  dem  Facialisgang- 
lion,  dem  Ganglion  geniculi,  wovon  */5  der  Zellen  nach  Durchschneidung 
der  Chorda  degenerieren  (Gaetaxo  und  Amaf.ilixo). 

Daß  diese  Zellen  ihre  zentralen  Ausläufer  in  den  Trigeminus  schicken 
sollten  (etwa  durch  eine  Verbindung  mit  dem  Nerv,  petrosus  superfi- 
cialis major),  dafür  besteht  kein  triftiger  Grund. 

5.  Die  Chorda  tympani  wird  von  allen  rezenten  Autoren,  welche  iin-e 
Abkunft  vergleichend  anatomisch  untersucht  liabcn,  von  einem  Facia- 
lisast  der  niedern  Wirbeltiere  abgeleitet  i). 

Den  Ramus  petrosus  superficialis  major  selber  müssen  wir,  mit  Dixox, 
CoLE  und  Herrick,  ebenfalls  als  einen  Facialisast  betrachten,  auch 
weil,  wie  Weiüner  und  Streetek  bewiesen,  die  Zellen  dieses  Astes  iin 
Ganglion  geniculi  liegen.  Wenn  also  Läsionen  dieses  Nerven  (der  u.  m. 
die  Rami  palatini  abgibt  für  den  Geschmack  des  Gaumens)  Geschmacks- 
Störungen  ergibt,  dürfen  diese  nicht  als  ein  Argument  zu  Gunsten  des 
Trigeminus  angeführt  werden. 

Betrachten  wir  demgegenüber  die  Argumente  derjenigen,  welche  dem 
Trigeminus  die  Rolle  eines  Geschmacksnerven  zuschreiben,  so  sehen  wir, 
daß  diese  hauptsächlich  auf  der  namentlich  von  Krause  gemachten  An- 
gabe beruhen,  daß  bei  der  Exstirpation  des  Ganglion  Gasseri  der  Ge- 
schmack auf  der  vordem  Zunge  im  Anfang  oft  gestört  ist.  Dasselbe  wurde 
von  Sjierrixgton  experimentell  bei  Aöen  nachgewiesen. 

Wallenberg,  der  eine  teilweise  Trigeminusganglion-Degeneration  un- 
tersuchte, wobei  auch  der  Nervus  lingualis  degeneriert  war,  konstatierte, 
daß  Taktilität  und  Geschmack  des  entsprechenden  (linken)  Zungenrückens 
gestört  waren.  (Eigentümlicherweise  war  auf  der  Spitze  der  Geschmack 
nicht  gestört). 

Die  Lehre  von  der  Bedeutung  des  Trigeminus  für  die  Geschmacks- 
leitung   bei    den    Menschen    fand    außerdem    eine    Stütze    in  einer  Ar))eit 


')  Voll  EwAUT,  Coi.K,  SriiONi:,  Gheen  uikI  Bender  wiid  sio  auf  Jen  Uaiiiiis  inainJi- 
bularis  internus  der  Selachier  zurückgefiilirt.  Herriciv  fühlt  sie  auf  denselben  Nerven 
der  Teleostier  zuiücii  und  CotiHlLl,  und  Bender. demonstrierten  dasselbe  für  die  Amphi- 
bien. Was  das  Verhalten  bei  den  Reptilien  und  Vögeln  anbelangt,  verweise  ich  auf  die 
schone  Arbeit  Be.nder's  über  die  Schleinihautiiste  der  VII.,  IX.  und  X.,  worin  dieser 
Autor  zu  demselben  Schluß  komt. 


IN    BEZUG    AUF    DEN    TRIGEMINUS.  315 

Köster'sI),  deren  Inhalt  ich  liier  nicht  eingehend  kritisieren  kann,  gegen 
die  aber  wichtige  Bedenken  erhoben  werden  können. 

Ich  möchte  demgegenüber  hervorheben,  daß  bereits  Dana  den  Ge- 
schmack ungestört  fand  in  einem  Fall  von  Paralyse  des  Trigominus, 
und  daß  kurz  darauf  Bkuns  betonte,  daß  bei  der  Exslirpation  des  Gang- 
lion-GasHeri  die  Geschmacksstörung  erheblich  variieren  kann. 

Letztgenannter  Autor  l^eschrieb  sogar  einen  guten  Fall,  wobei  die 
ii"/(X'.sseitige  Totalextirpation  jenes  Ganglions  gut  gelungen  war  und  der 
Geschmack  links  ungestört  erschien.  Dieser  Fall  ist  umsomehr  wertvoll 
für  uns,  weil  bei  demselben  Patienten  an  der  rechten  Seite  eine  Facialis- 
lähmung  bestand,  die  mit  Geschmacksstörung  auf  der  vordem  rechten 
Hälfte  der  Zunge  zusammenging. 

Gushing,  dem  wir  eine  eingehende  Untersuchung  über  dieses  Thema 
verdanken,  betont  ausdrücklich,  daß  er  bei  Trigeiaiinus-Exstirpation  in  17  von 
18  Fällen  bei  Untersuchung  einen  Monat  nach  der  Operation  keine  Ge- 
schmacksstörung konstatieren  konnte,  und  Dävies,  dessen  Arbeit  über 
dieses  Thema  ich  sehi'  empfehle,  fand  in  17  gut  untersuchten  Fällen  von 
Trigeminusexstirpation  15  Mal  den  Geschmack  völlig  ungestört. 

Dazu  kommt,  daß  bereits  LussaNxV  .sich  aus  guten  Gründen  bestimmt 
für  den  Facialis  aussprach  und  Delprat  in  einem  Fall  von  doppelsei- 
tiger, zentraler  Facialisparese  den  Geschmack  auf  dei-  Zunge  sehr  gestört 
fand.  Anderseits  gibt  es  Fälle  von  Trigeminusparalyse,  wo  auch  der  Ge- 
schmack auf  dem  hinteren  Drittel  der  Zunge  erschwert  war,  welche  doch 
Consenu  Omnium  vom  Glossopharyngeus  innerviert  wird. 

Wir  dürfen  hier  beifügen  (Zwaakdemaker  1903)  daß  aus  denjenigen 
Fällen,  wo  nach  Paralyse  oder  Exstirpation  des  Ganglion  Gasseri  der 
Geschmack  gestört  war,  noch  nicht  geschlossen  werden  darf,  daß  der 
Trigeminus  die  Geschmacksinnervation  für  dieses  Gebiet  führt.  Vollkom- 
men Analoges  is,t,  nämlich  mit  Rücksicht  auf  den  Geruchssinn,  festgestellt 
worden.  Sowohl'  von  Kkausb-  als  von  Wektheim  Salomonson  wurden  chi- 
rurgische Fälle  beobachtet,  wo  nach  Trigeminu.s-Durchschneidung  an  der 
operierten  Seite  nicht  nur  (Tcschmackslähmung,  sondern  auch  Anosmie 
aufgetreten  war  und  auch  in  Wallenbergs  Fall  von  linksseitiger  Trige- 
minus-Läsion  war  der  Geruch  links  gestört.  Wir  müssen  m.  E.  in  solchen 
Fällen  von  Trigeminusläsion  oder  -Exstirpation  sowohl  die  Ageusie  als  die 
Anosmie  als  eine  Sekundärerscheinung  auffassen,  die  vielleicht  infolge 
des  Ausfalles  des  trophischen  Einflusses  des  Trigeminus  auf  die  Schleim- 
haut   von    Mund    und    Nase    auftritt.  Daneben  ist   wahrscheinlich  bei  der 


')  KöSTBR  (im  »Deutschen  Archiv  f.  Klin.  Med."  Bncl.  68,  1900,  S.  341^  und  505) 
betiachtet  in  seiner  lesenswerten  Arbeit  über  den  Facialis  diese.i  Nerven  niclit  als  Ge- 
schmacksnerven (S.  518)  und  bezieht  sich  dabei  namentlich  auf  seine  Fälle  33,  40  und 
41,  welche  mich  aber  nicht  überzeugen  liönnen,  umsoweniger,  als  Kösteü  selber  angibt, 
daß  die  Geschmaclisfasern  widerstandsfähiger  siiid  als  die  motorischen  Fasern. 


316  DER    NERVUS    TRIÜBMINUS. 

Beurteilung  des  Geschmacks  die  Korrelation  von  eigentlichen  Geschniacks- 
reizen  mit  allgemeinen  Empfindungen  des  Trigeminus  notwendig. 

Geschmacks-  und  Tastempfindung  wirken  auch  beim  Menschen  bei 
der  Beurteilung  schmeckender  Substanzen  sehr  wesentlich  zusammen  (Van 
Wayenbukg),  wird  doch  der  mehr  oder  weniger  „croquante"  oder  (in 
unangenehmen  Sinne)  der  gelatinöse  oder  zähe  Charakter  der  Sjaeisen, 
sowie  ihre  Temperatur,  welchen  Faktoren  bei  der  Beurteilung  der  Speisen 
eine  große  Rolle  zukommt,  zweifellos  vom  Trigeminus  ermittelt. 

Mit  Rücksicht  darauf  will  ich  hier  an  den  bereits  erwähnten  Befund 
Herricks  erinnern,  daß  die  Nahrungsreaktion  auf  Geschmack  bei  Fischen 
gewöhnlich  nui'  durch  Zusammenarbeiten  von  Geschmack-  und  Tastsinn 
ausgelöst  wird ;  und  daß  Wegnahme  eines  von  beiden  genügen  kann,  das 
Ausbleiben  der  Reaktion  hervorzurufen  (vergl.  hierzu  S.  279). 

Auch  der  Versuch  Paekers  —  (bei  Durchschneidung  des  korrelativen 
Verbandes  zwischen  Körpergeschmack  imd  Körpersensibilität  blieb  die 
Xahrungsreaktion  aus,  während  der  Geschmack  doch  intakt  war)  —  spricht 
in  diesem  Sinne. 

Man  miili  bei  Läsiuntm  des  Trigeminus  außerdem  d;iuiil  rechnen,  daß  das 
entsprechende  Areal  der  Zunge  durch  diese  Liisiou  nicht  nur  seine  taktile  Inner- 
vation größtenteils  einbüßt,  sondern  auch  eine  erhebliche  Störung  in  der  Em- 
pfindung des  undifterenzierteu  cheniischeu  (Sinnes  erfährt   (Shei.don). 

Bedenkt  man,  daß  Geschmacksempfindungen  in  der  ganzen  Tierreihe 
immer  mit  Tastempfindungen  des  Trigeminus  (auch  mit  dem  undifferen- 
zierten chemischen  Sinn)  korreliert  sind,  dann  kann  man  sich  lebliaft 
denken,  daß  der  Wegfall  einer  von  zwei  korrelierten  Empfindungen  den 
Verband  derart  stört,  daß  zeitweise  oder  länger  eine  Ageusie  entsteht, 
sogar  bisweilen  auch  dann,  wenn  die  Trigeminusläsion  nicht  einmal  sicht- 
bare Störungen  in  der  Trophik  zur  Folge  hat. 

Was  die  Innervierung  der  Geschnmcksknospeii  selber  anbelangt,  müssen 
wir  aber  auch  für  die  Säuger  und  den  Menschen  daran  festhalten,  daß 
ihr  proximales  Areal  vom  Facialis,  das  mittlere  vom  Glossopharyngeus 
und  der  hinterste  (beim  Menschen  sehr  atrophische)  Abschnitt  desselben 
vom    ]''agus  innerviert  wird. 

Der  Nervus  Trigeminus. 

Ich  werde  denn  auch  den  Trigeminus,  oliwohl  er  zu  den  Branchial- 
nerven  gehört,  gesondert  behandeln.  Nicht  nur  weil  dieser  Nerv  keine 
Geschmacksknospen  innerviert,  sondern  auch  weil  er  in  anderen  Hinsichten 
sich   unterscheidet   von    den   übrigen  —   eigentlichen  —  Branchialnerven. 

Während  der  Vagus,  Glossopharyngeus  und  der  Facialis  sich  bei 
ihrer  Entwicklung  aus  den  branchiospinalen  Hinterwurzeln  von  Amphi- 
oxus  durch  einen  fortschreitenden  Verlust  der  Hautkomponenten  und 
eine    Hypertrophie    der  viszero-sensiblen  Fasern  kennzeichnen,  findet  beim 


DER    NERVUS    TRIGEMINUS.  317 

sensiblen   Trigeminus   (Portio   major   dieses  Nerven)  das  Umgekehrte  statt. 

Bereits  in  dem  ersten  Dorsalncrven  von  Amphioxus  (Nerv  II  An- 
tor.),  der  dem  R.  oplithalmicns  V  cntspriclit,  sind  die  viszero-sensiljlen 
Fasern  verloren  gegangen.  Nur  in  dem  zweiten  Dorsalnerven  dieses 
Tieres  (Nerv  III  Autor.)  der  dem  1!.  maxillo-mandibularis  V  entsprechen 
dürfte,  sind  solche  vorhanden.  Bei  den  Kranioten  führt  der  Trigeminus 
aber  fast  keine  viszero-sensiblen  Fasern  mehr,  (wenn  man  von  den  wenigen 
sensiblen  Sympathicusfäserchen  zum  Ganglion  ciliare  — ■  Fig.  121  —  absielit). 
Wirkliche  Schleimhautäste  führt  er  hier  nicht.  Zwar  schickt  er  einen 
Teil  seiner  Fasern  in  die  Mundh<ihle,  aber  bekanntlich  ist  die  Mund- 
höhle der  Wirbeltiere  ein  sekundär  erworbener  Besitz,  welcher  als  eine 
ektodermale  Verlängerung  des  Primordialmundes  aufti-itt,  dessen  ursprüng- 
liche Vordergrenze  von  der  Buccopharyngealmembran  —  etwa  der  Stelle 
des  Gaumenbogens  entsprechend  —  gebildet  winl. 

Kaudal    nun   von  dieser   Stelle,  entsendet  der  Trigeminus  keine  Aste. 

Seine  sensible  Faserung  ist  also,  von  diesem  Standpunkt  aus  betrachtet, 
eine  rein  somatische. 

Weil  aber  die  sekundäre  Mundliöhle  sich  bereits  früh  in  der  Keihe  der  Wir- 
beltiere, ausbildet,  und  sie  spater  seitlich  von  der  Außenwelt  durch  Backen- 
muskulatur abgetrennt  wird,  wird  die.ses  Tnnervationsterritoriuin  in  mancher  Hinsicht 
allmählich  ein  „inneres",  indem  es  funktionell  stets  mehr  Anschluß  an  die  Inner- 
vation der  Eaehen-Kehlkopfgegend  erhält,  und  somit  in  funktioneller  Hinsicht 
ein   „sekundär  viszerales"  Inner \'ationsterritorium  genannt  werden  konnte. 

Wir  liaben  bereids  gesehen,  daß  dieser  stets  ausge[)rägter  werdende  funlitionelle 
Ansciduß  des  Mundteiles  der  Trigeminussensibilität  an  diejenige  des  Eachens  sich 
phylogenetisch  auch  mehr  und  mehr  in  dem  zentralen  A'ei'halten  jenes  Nerven 
manifeistiert  (S.   311,  Fig.   113). 

Der  größere  Abschnitt  der  Trigeminussensibilität  (Trigeminussensibilität 
des  äußern  Kopfes)  beiiält  überall  vollständig  seinen  Charakter  als 
„äußere"  somatische  Sensibilität. 

Das  Verbreitungsareal  jener  exquisiten  Ilautäste  vcrgrc'ißert  sich  sogar 
in  der  Phjdogenese,  was  damit  zusammenhängt,  daß  die  Hautfasern  des 
Facialis  und  Glossopharyngeus  bald  verloren  gehen  und  diejenigen  des 
Vagus  ein  stets  kleiner  werdendes  Areal  einnehmen. 

Der  Trigeminus  hat  noch  eine  andere  auffallende  Eigentümlichkeit, 
durche  welche  er  .sich  von  den  andern  Branchialnerven  unterscheidet  und 
den  somatischen  Nerven  der  Rückenmarkshinterwurzeln  mein'  ähnlich  ist, 
nämlich  den  Besitz  von  intrazerebralen  sensiblen  Ganglionzellen. 

Diese  Ganglienzellen,  welche  den  Nncleus  meseyiceplialicus  Trigemini 
bilden,  senden  vielleicht  bisweilen  ihre  Axonen  teilweise  in  den  1.  und  2., 
fast  immer  aber  nur  in  den  dritten  Ast  jenes  Nerven. 

Sie  sind  nicht  vorübergehend,  wie  die  transitorischen  Zellen  des 
Rückenmarks,  sondern  bleiben  während  des  ganzen  Lebens  bei  allen  Tieren 
anwesend,  stets  in  der  Wand  des  Gehirns  eingebettet,  gerade  wie  die  intra- 
meilullären  Ganglionzellen  int  Rückenmark  der  Zyklostomen  (Fig.  58  und  59). 


318  TRKiKMINl'.S-IIOMOLOlilKN    T.FA    AMPHIOXUS. 

Es  ist  höchst  eigentümlich,  daii  sensible  Wurzelzellen  im  Rückenmark 
entweder  nur  bei  niedren  Tieren  oder  in  jungen  Entwicklungsstadien  vor- 
kommen, während  bei  allen  Wirbeltieren  ein  Teil  der  sensiblen  Zellen  des 
Trigeminus  bleibend  im  Mittelhirn  vorkommt. 

Am  Schluß  dieses  Kapitels  werde  ich  hierauf  zurückkommen. 

Hier  will  ich  nur  erwähnen,  daß  diese  Zellen  mit  der  Sensibilität 
der  Kaumuskeln  zu  tun  haben,  welche  Muskeln  sie  mit  dem  mandibularen 
Ast  erreichen. 

Auch  in  dieser  Beziehung  weisen  sie  also  eine  Übereinstimmung  auf 
mit  den  intramedullären  Spinalganglienzellen  (Vergl.  Fig.  72)  welclie 
ebenfalls  teilweise  mit  Muskelsensibilität  zu  tun  haben  (daneben  führen 
sie,  wie  jene,   vielleicht  taktile  Fasern). 

Daß  diese  Zellen  in  dem  Mittclhirn  liegen  (obschon  iln-e  Fasern  dem 
Pars  maxillo-mandiliularis  und  nicht  dem  vorderen  Pars  ophthalmicus  zuge- 
hüren)  ist  in  Uebereinstimmung  damit,  daß  wir  das  Mittclhirn  werden 
kennen  lernen  als  ein  ausgesjirochenes  Korrelationsorgan  von  primitiven, 
somatischen  Eindrücken  mit  optis&hen  und  statischen  Reizen,  ein  soma- 
tiscli- vitales  Korrelationsorgan  (vergl.  auch  S.  323:   Kleindruck). 

Auch  durch  den  Besitz  jener  intrazerebralen  Ganglienzellen  ist  der 
Trigeminus  also  den  primitiven  somatischen  Rückenmarkshinterwurzelfasern 
ähnlich,  während  die  Tatsache,  daß  dieser  Nerv  keine  Geschmacksbecher 
innerviert,  uns  insofern  nicht  befremden  kann,  als  diese  Becher  ursprüng- 
lich entodermale  Gebilde  sind  (.Johnston)  und  also  von  Anfang  an  dem 
viszero-sensiblen  System  zugeh(")ren. 

Diese  obengenannten  Faktoren,  der  exquisit  somalosensible  Charakter  des 
Trigeminus  und  der  Mangel  an  Geschmackshechern  in  seinen  Endigungen,  gehen 
dem  Nerven  einen  so  aparten  Charakter  im  Vergleich  zu  dem  Facialis,  Glosso- 
pharyngeiis  und  Kaf/t«  und  lassen  seine  sensible  Wurzel  sich  so  sehr  einer  dor- 
salen^  somatischen  Rückcnmarksivurzcl  nähern,  daß  eine  gesonderte  Besprechung 
wohl  angewiesen  ist. 

Die  Homologie  des  Trigeminus  bei  Amphioxus. 

Daß  der  Trigeminus  wesentlich  zwei  Nerven  enthält,  ist  bereits  er- 
wähnt. Vermutlich  entsteht  er  aus  dem  1.  und  2.  Dorsalnerven  von 
Ampliioxus  (Nerv  II  &,  III  Autor.),  welche  den  Ranius  ophtkahnicus,  der 
vor  dem  zweiten  Myotom  austritt  und  den  Raums  ■inaxillo-mandibtilaris,  der 
hinter  dem  zweiten  Myotom  austritt,  bilden. 

Die  Kenntnis  dieses  Verhaltens  verdanken  wir  den  Untersuchun- 
gen v.\N  WvrtKs,  welche  später  vielfach  bestätigt  worden  sind,  und  welche 
nachwiesen,  daß  das  sensible  Ganglion  des  Ramus  ophthalmicus  ^'  (also 
des  ersten  Quintusastes)  in  jüngsten  Stadien  der  Entwicklung  bei  den 
Kranioten  auf  dem  Niveau  des  Mittelhirns  angelegt  wird  und  erst  sekundär 
kaudalwärts  verscliiebt,  um  mit  dem  Ganglion  des  Nervus  maxillo-mandi- 
bularis    (des    zw'eiten    und    dritten    Quintusastes)   zu   verschmelzen.    Dieser 


TKICEMINUS    DKK    ZVKr.OSTOMKX.  319 

Vori>-anf;-  wiederholt  sieh  in  fa.st  allen   Klassen,  mit  Ausnahme  der  Zyklos- 
tomeu  und  einzelner  Ganoi'den  und  Selaehier  (FuoRiicr). 

Während  aber  die  beiden  den  Trigemiuus  der  Kranioten  zusammen- 
setzenden Nerven  bei  Amphioxus  wohl  vorhanden  sind  und  sich  nur  da- 
durch von  den  Trigeminuskomponenten  der  höheren  Tiere  unterscheiden, 
daß  sie  bei  Am})hioxus  getrennt  bleiben  (und  iler  hinteren  der  zwei,  der 
dem  N.  maxillo-mandibnlaris  entspricht,  die  motorisclic  Komponente  der 
Kiefermuskulatur  fehlt),  liegt  auch  insofern  ein  primitiver  Zustand  bei 
Amphioxus  vor,  dali  die  somato-sensiblen  Wurzelfasei'n,  die  sie  zusammen- 
setzen, zentral  nicht  ein  so  weit  kaudahväi'ts  deszendierendes  Bündel  bilden 
als  der  Radix  descendens  Trigemini  der  Kranioten. 

Ein  solches  Bündel  ist  hier  aber,  wegen  der  reichlichen  Ausbildung 
der  somato-sensiblen  Elemente  in  den  hinter  den  primitiven  Trigeminus- 
wurzeln  eintretenden  bi-anchios]iinalen  Wurzeln  bei  Amphioxus  nicht  zu 
erwarten. 

Das  weite  Absteigen  des  Radix  spinalis  \'  bei  den  Kranioten  beruht 
doch  offenbar  auf  der  großen  Reduktion  der  Somato-Sensibilität  der  anderen 
branchialen  Nerven,  wodurch  das  nächste  — •  wenigstens  das  wichtigste  — 
Korrelationszentrum  der  Kopfsensibilität  bei  den  Kranioten  erst  im  Zervi- 
kalmark  liegt. 

Ob  von  den  intrazerebralen  Spinalganglicnzellen,  welche  beide  Trige- 
minuswurzeln,  wie  alle  Dorsalwurzeln  des  Amphioxus  aufweisen,  irgend 
welche  als  Vorstufe  der  mesenzephalischen,  intrazerebralen  Zellen  der 
Kranioten  zu  deuten  sind,  ist  nicht  zu  sagen. 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  daß  wir  in  den  beiden  Dor.salnerven, 
welche  bei  Amphiosus  dem  Trigemiuus  entsprechen  dürften,  eine  noch 
größere  Analogie  mit  den  Hückenmarksliinterwurzeln  finden,  besonders 
mit  den  somatosensiblen  Komjwncnten  derselben,  als  bei  hciheren  Tieren. 
Dazu  trägt  noch  l)ei,  dass  der  hinteren  Trigeminuswurzel  von  Amphioxus 
eine  motorische  Komponente  abgeht,  infolge  der  .\bwesenheit  von  Kiefei'- 
muskeln. 

Der  Trigeminus  der  Zyklostomen. 

Bei  den  Zyklostomen  weist  der  Trigeminus  bereits  einen  ganz  anderen 
Charakter  auf  und  erhält  er  zuerst  sein  besonderes  Gepräge. 

Bei  Peiroiiiyzoni€7i  un<l  Myxlnoidoi  ist  dieser  Nerv  sehr  groß.  Bei 
den  letztgenannten  Tieren  tritt  er  auch  dadurch  noch  besonders  hervor, 
daß  die  übrigen  Oblongatanerven  dort  so  sehr  atro})hiert  sind  (Woiitiiing- 
TON,  Rötiiig). 

Bei  der  Larve  von  Pctromyzon:  Ammoeoetes  (Tiiet.tako1''f)  tritt  der 
Trigeminus  noch  mit  zwei  getrennten  Bündeln  ein,  dem  R.  ophthalmicus  und 
dem  R.  maxillo-mandibularis,  welche  sich  beide  in  der  Oblongata  dichoto- 
mieren.  Die  aufsteigende  Dichotomie  ist  aber  eine  sehr  kurze  und  macht  nur 
den  Eindruck  eines  Kollaterals.  Die  absleigenden  DiclKitnniicn  heiilcr  Wurzeln 


320  TKIGEMINUS    DER    ZYKLOSTOMEN. 

können  jedoch  (mehr  oder  weniger  getrennt)  in  der  Oblongata  weit  nach 
hinten  verfolgt  werden,  namentUch  diejenige  des  R.  ophtliahnicus,  welche 
kaudal  von  den  nicht  sehr  reichhchen  Hautfasern  des  FaciaUs,  Glosso- 
pharyngeus  und  Vagus  (S.  279)  begleitet  wird. 

Beim  ausgewachsenen  Tier  treten  beide  Aste  vereint  in  die  Oblongata. 
Die  am  meisten  kaudal  eintretenden  V.  Fasern,  welche  dem  Ganglion 
maxillo-mandibulare  entstammen,  nehmen  dfebei  in  der  Oblongata  eine 
etwas  dorsalere  Lage  ein  als  die  Fasern  des  er.sten  Astes. 

Die  erstgenannten  Fa.sern  splittern  sich  in  der  Oblongata  allmählich 
auf  und  ihr  entsprechendes  Bündel  ist  schon  sehr  dünn,  wenn  es  den 
Calamus  scriptorius  —  die  Übergangsstelle  von  Oblongata  und  Rücken- 
mark —  erreicht. 

Einen  mehr  kaudalen  Verlauf  nimmt  der  R.  ophthalmicus  Trigemini. 
Tretjakoff  gibt  sogar  an,  daß  dieser  bei  der  Larve  allein  den  Ramus 
descendens  trigemini  bildet.  Er  steigt  bis  ins  Zervikalmark  ab,  wo  er  mit 
der  Sensibilität  der  oberen  Halsnerven  in  Korrelation  tritt,  und  wo  seine 
Reize,  also  die  Reize  von  der  Spitze  des  Kopfes,  auf  die  motorischen  Zentren 
des  Rumpfes  übertragen  werden. 

^'a\  Vai.kenburü  hat  in  seiner  Trigeminus-Arl)eit  darauf  hingewiesen 

—  und  wii-  werden  dies  in  den  folgenden  Zeilen  häufig  bestätigt  finden  — 
daß  im  allgemeinen  die  sensiblen  Fasern  des  ersten  Astes  am  weitesten 
absteigen  und  diese  also  Reflexe  des  Rumpfes  hervorrufen  können,  während 
die   Fasern   der   Kieferäste   des  Nerven  bereits  eher  aufgelöst  werden  und 

—  mittels  sekundärer  Verbindungen  —  vielmehr  Einfluß  auf  motorische 
Zentren  der  Oblongata  ausüben. 

Der  überwiegend  deszendierende  Charakter  der  sensiblen  Trigeminus- 
fasern,  welcher  mit  der  überwiegenden  Ausbildung  der  aszendierenden 
Dichotomie  der  Hinterwurzelfasern  des  Rückenmarkes  stark  kontrastiert, 
wird  zweifellos  durch  das  Hauptgesetz  der  Neurobiotaxis:  die  Bedeutung 
korrelierter  Reize  für  die  Bahnbildung,  bedingt,  da  am  Kopfe  das  sensible 
Areal  des  Trigeminus  an  dasjenige  der  obersten  Spinalnerven  grenzt,  und 
deren  oft  stattfindende  gleichzeitige  oder  nacheinander  erfolgende  Reizung 
zentral  eine  gegenseitige  Annäherung  der  sie  innervierenden  Wurzelfasern 
mit  sich  führt,  irmsomehr,  als  die  Hautäste  der  andern  Branehialnerven 
so  kümmerlich  entwickelt  sind. 

Daß  die  sensiblen  Fasern  der  Kieferäste  sich  dabei  eher  auflösen  als 
diejenigen  des  ersten  Astes,  ist  dem  Umstände  zuzuschreiben,  daß  deren 
funktionelles  Territorium  mehi'  den  viszeralen  Oblongatazentren  ver- 
wandt ist. 

Von  eigentlichen  sensiblen  Kernen  des  Trigeminus  kann  man  bei 
Petromj'zon  nicht  reden. 

Die  deszendierende  Wurzel  ist  überall  von  kleinern  und  größeren 
Zellen  begleitet,  welche  in  Bau  und  Anordnung  mit  dem  somatischen 
Rückenmarksgrau    übereinstimmen  und  Fasern,  namentlich  gekreuzte  sog. 


TRIGEMINUS   DER   PLAGIOSTOMEN.  321 

Kommissur-  oder  Bogenfasern  nach  den  angrenzenden  motorischen 
Gebieten  abgeben. 

In  der  Oblongata  ist  es  an  erster  Stelle  die  Umgebung  des  motorischen 
Trigeminus-  und  des  Facialiskernes,  welche  solche  sekundäre  Bogenfasern 
aufnimmt,  und  im  obern  Zervikalmark  ist  es  das  Areal  der  motorischen 
Rumpfzellen. 

Ein  intrazerebraler  sensibler  (mesenzephaler)  Kern  ist  bis  jetzt  bei  den 
Zyklostomen  noch  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  i),  und  zwar  weder 
auf  dem  Niveau  des  Wurzeleintrittes,  wo  man  ihn  entsprechend  seiner 
Verwandtschaft  mit  den  RoHON-BEARD'schen  Zellen  des  Rückenmarkes 
erwarten  könnte,  noch  in  dem  Mittelhirndach,  wo  der  Korn  bei  den  höhern 
Wirbertieren  liegt. 

Der  motorische  Kern  des  Trigeminus  besteht  bei  Petromyzon  aus  sehr 
großen  pallisadenförmigen  Zellen,  welche  eine  sehr  primitive  Lage  —  in 
der  Nähe  des  Ventrikelependyms  —  einnehmen  (Vergl.  Kap.  V). 

Kaudalwärts  geht  er  direkt  in  den  motorischen  Facialiskern  über, 
mit  dem  er  bei  den  Bewegungen  des  Saugapparates  funktioniert  und 
der  auch  auf  sensible  Trigeminusreize  reagiert  (siehe  Fig.  206  und 
Schema  Fig.  205). 

Bei  den  Myxinoiden  sind  beide  Kerne  in  sehr  ventrale  Lage  gekommen 
(RöTHiG,  Black),  ganz  in  Anschluß  an  das  Grau  der  sensiblen  V.  Wurzel 
siehe  Fig.  211,  n.  Röthig). 

Der  Trigeminus  der  Piagiostomen. 

Bei  den  Piagiostomen  nehmen  die  kaudaist  eintretenden  Fasern  des 
Trigeminus,  diejenigen  der  maxillo-mandibulären  Äste,  in  dem  Areal  des 
V  descendens  die  dorsalste  Lage  ein,  während  die  mehr  frontal  eintretenden 
Ophtalmicusfasern  die  ventralste  Lage  in  diesem  Areal  haben.  Der  letzte 
Abschnitt  kann  auch  etwas  kompakter  sein  als  der  erstgenannte  obere 
(maxillo-mandibuläre)  Teil  der  Wurzel,  ein  Unterschied,  der  bei  Teleostiern 
(Fig.  145)  manchmal  ganz  auifallend  ist. 

Daß  bei  einigen  Haien  die  deszendierende  V.  Wurzel  von  Plautfasern 
des  Facialis  (Fig.  124  B),  bei  allen  von  Hautfasern  des  Glossopharyngeus 
und  Vagus  (Fig.  124^4)  begleitet  wird,  ist  schon  erwähnt. 

Der  ganze  Komplex  dieses  nunmehr  aus  verschiedenen  Fasern  auf- 
gebauten, absteigenden  Bündels  wird  von  einer  ziemlich  gleichmäßigen 
Säule  grauer  Substanz  begleitet  und  endet  auch  hier  teilweise  in  der 
Oblongata  selber  in  der  Nähe  des  Ventrikelbodeus  (Wallenberg). 

Die  Mehrheit  der  Fasern  —  namentlich  des  ventralsten,  ophthalmischen 


')  In  Verbindung  mit  der  ganz  andern  Organisation  der  Mundmuskoln  ließe  dies  sich 
vielleicht  erklären,  da  die  Radix  sensibilis  mesenc.  der  andern  Vertebratcn  —  soweit 
bekannt  —  die  Sensibilität  der  Kaumuskeln  innerviert  (siehe  Seite  344). 

Kappers.  21 


322 


TRIGEMINUS    DER    PLAÖIOSTOMEN. 


Bündels-    endet   ziemlich    weit  kaudal  in  dem  Zervikalmark,  im  Anschluß 
an  Endigungen  sensibler  Zervikalnerven. 

Ein  wirklicher  frontaler  sensibler  V.  Kern,  auf  dem  Niveau  des  Nerven- 
eintrittes, kommt  auch  bei  den  Selachiern  noch  nicht  vor  (van  Valken- 
burg),  eben  so  wenig  wie  eine  Trigeminusschleife  zum  Zwisehenhirn. 

Aus  dem  spinalen  V.  Kern  entstehen  aber,  auiier  reflektorischen  Neu- 
ronen zu  den  Vorderhörnern,  auch  aufsteigende  Fasern,  welche  in  der  Oblon- 
gata  lateral  von  der  Oktavusschleife  verlaufen  und  wie  jene  in  dem  Tektum 

und  der  Mittelhirnhaube  enden, 
ventro-lateral  von  den  Oktavusfa- 
scrn  (s.  Kap.  VIII,  Fig.  418—420). 
Diese  Projektion  des  kaudalen 
Kernes  ist  die  älteste  frontale  Trige- 
minusprojektion. 

Sie  entspricht  aber  nicht  einer 
Schleife,  sondern  ist  als  Homolo- 
gon  der  primitiven,  vitalen  Projek- 
tionsbahn des  Rückenmarks  zu  be- 


>-. 


o/,^ 


Fig.  144a.    Lage  des  mesenzeplialen  V.  Kernes 

und  zentraler  Verlauf  seiner  Wurzel  bei 
Scyllium;  n.  Johnston.  A.  medial,  C.  lateral. 


Fig.   144!).     Austritt  der  mesenzephalen 

Trigeminuswurzel  bei 

Scyllium;    n.    v.    Valkenburg. 


trachten  und  In'ingt  die  vitalen  Kopfempfindungen  in  Korrelation  mit 
gravi-statischen  und  photo-statischen  Empfindungen. 

Im  Gegensatz  zu  den  Zyklostomen  ist  der  mesenzephale  Trigeminuskern 
hier  sehr  evident  (siehe  Fig.  144a  und  1446). 

Der  Kern  besteht  aus  großen  runden  oder  birnförmigen  Ganglienzellen 
(Fig.  144a),  welche  sich  nahe  der  Raphe  des  Mittclhirndaches  häufen,  von 
der  Commissura  posterior  (c.p.)  zum  Velum  anticum  cerebelli,  manchmal 
zwischen  den  Ependymzellen  des  Ventrikels  liegend. 

Ihre  Dendriten  sind  kurz,  mit  Ausnahme  des  großen  zellulipetalen 
Ausläufers,  der  zur  Peripherie  geht,  und  der  auch  ein  Dendrit  ist. 


TRIÜEMINUy    DER    TELEOSTIER. 


323 


Den  Aquaeductus  Sj'lvii  umgebend,  ziehen  dieselben  kaudalwärts  als 
mesenzephalisehe  V.  Wurzel,  lateral  von  der  aufsteigenden  Trochlearis- 
wurzel.  Auf  dem  Niveau  des  motorischen  Trigeminuskernes  biegt  sie  dorsal 
von    der   motorischen    Wurzel    seitwärts  um  auszutreten  (siehe  Fig.  1-lib). 

Der  weitere  Verlauf  ist  nicht  genügend  ermittelt.  Wahrscheinlich 
begibt  sie  sich  in  den  maxillo-mandibulären  Teil  des  Nerven  (nach  Analogie 
mit  dem  Verhalten  bei  höheren  Tieren,  s.  S.  342 — 344). 

Die  Tatsache  aber,  daß  die  Zellen  bei  deu  Plagiostomen  im  Mittelhirndach, 
also  in  dem  Oplithalmieus —  Neuromer  liegen,  laßt  uns  vermuten,  daß  der  Ansehhiß 
an  die  mandibularen  l''asern  ein  sekundär  erworbener  Zustand  ist. 


Die  mesenzephalische  Trigeminuswurzel  gibt  etwa  auf  dem  Niveau,  wo 
sie  zur  Peripherie  tritt,  Aste  ab,  an  den  motorischen  V  Kern  und  weiter 
kaudal. 

Diese  Aste  sind  als  die  Achsenzylinder  des  Nerven  zu  betrachten. 

Es  handelt  sich  bei  dieser  Wurzel  also  um  eine  sensible  Wurzel,  deren 
Ursprungszellen  (Ganglion)  im  Mittelhirndach  liegen  und  deren  zentri- 
petale Ausläufer  nur  kurz  sind  und  fast  unmittelbar  in  den  motorischen 
Trigeminuskern  und  weiter  kaudal  (im  Facialiskern  ?)  enden. 

Der  Umfang  der  Portio  motoria  ist  viel  geringer  als  die  sensible 
Wurzel  und  wird  deshalb  als  Portio  minor  bezeichnet. 

Ihr  Kern  liegt  dorsal  auf  dem  Niveau  des  Wurzeleiiitrittes. 

Im  Gegensatz  zu  den  Zj'klostomen  ist  er  nicht  mehr  kontinuell  mit 
dem  motorischen  VII.  Kern, 
weil  letzterer  hier  kaudal- 
wärts gewandert  ist  und  an 
den  motorischen  IX.  und 
X.  Kern  Anschluß  bekom- 
men hat;  (siehe  weiter  Kap. 
V  und  Fig.  212). 


Der  Trigeminus  der 
Teleostier. 

Bei  den  Tcleoslier)i  sind 
die  beiden  Abschnitte  der 
absteigenden  sensiblen  Trige- 
minuswurzel meistens  deut- 
lich getrennt,  namentlich  bei 
Lophius  piscatorius  (siehe 
Fig.    145    und    HG),    docli 


f 


ac. 


idiriq.fi.m.m. 


f^ 


c.  n  u. 


Fig.  145.  Unterschied  in  Farbe  und  Umfang  zwischen 
dem  Pars  niaxillo-mandibulans(r.  d.  trig.  p  m.  m.)  und 
dem  Pars  ophthalmicus  (r.  d.  trig.  p.  o.)  des  Trigeniinus 
bei  Lophius  piscatorius.  (Vergl.  Fig.  132.)  (Zeichnung 
von  Droogleever  Fortuyn). 


auch  bei  Gadus  (Fig.  132). 
In  der  Oblongata  ver- 
läuft  der  R.   ophthalmicus 
ventral  von  den  etwas  kaudaler  eingetretenen  losen  Faszikeln  des  Ramus 


324 


TRIGEMINUS    DER    TELEOSTIER. 


E.  111.  1)1.  V       Lob.  Seiis.  X 


R.  X 


maxillo-mandiliularis,    von   welchem    er    sich    durch    die    dunklere    Farbe 
unterscheidet  (siehe  Fig.  145,  132). 

Der  dorsale  und  ventrale  Abschnitt  der  absteigenden  Trigeminuswurzel, 
des  Pars  maxiilo-mandibularis  und  des  Pars  ophthalmicus,  verlaufen  mehr 
kaudal  bei  Lophius  ganz  getrennt  (v.  Valkenburg):  Zwischen  diesen  beiden 
tritt  der  Nervus  vagus  aus  (Fig.  140).  Die  dorsale  Abteilung  kommt  dann 
mehr  und  mehr  dorsal  und  endet  unter  steter  Abgabe  von  Markfasern  in  das 
benaclibarte  Grau,  (Fig.   146),  noch  bevor   die  spinalen  Nerven  eintreten. 

Die  ventrale  Abteilung,  der  R.  ophthalmicus,  reicht  weiter  kaudalwärts 
und  verliert  dort  einen  beträchtlichen  Teil  seiner  Fasern.  Was  noch 
übrig  bleibt,  wivtl  unigeben  von  zwei  Nervenbündeln,  aufsteigende  Faserndes 

R.  niax.  niaiui.  V  crstcn    uud  zweitcu  sen- 

siblen Zervikalnerven, 
die  —  wie  ich  bei  der  Be- 
schreibung des  Rücken- 
markes erwähnte  —  star- 
ke Wurzelbündel  in  fron- 
tale Richtung  (Fig.  70) 
schicken. 

Erst  hinter  dem  ersten 
Spinalnerven     entzieht 
der   R.    ophtlialmicus  V 
sich    einer   weitern  Ver- 
folgung. 

Wir  finden  also  auch 

hier,    daß    der   Kieferast 

sich   mehr  in  der  Oblon- 

gata  auflöst,  während  der 

Ramus   ophthalmicus,    der    die    veiitralste    Lage    in    dem    deszendierenden 

Bündel   einnimmt,    am    weitesten    kaudalwärts  absteigt  und    Korrelationen 

mit  dem  Rückenmark  (Schultergürtel  und  Brustflossen)  hat. 

Wahrscheinlich  ist  diese  Sachlage  wichtig  mit  Hinsicht  auf  Flossen- 
reflexe, welche  von  Kopfempfindungen  (Angelapparat)  ausgelöst  werden. 
Obwohl  die  graue  Substanz  der  Rad.  spin.  V  frontal  bei  manchen 
Teleostiern  etwas  reichlicher  ist  (Nucl.  princeps,  V  Fig.  302),  ist  auch  hier 
eine  in  dieser  Region  entstehende  V.  Schleife  nicht  nachweisbar,  obschon 
wenige  gekreuzte  Fasern  zum  kaudalen  Abschnitt  der  Mittelhirnbasis  ziehen. 
Dagegen  kommen  aus  dem  großen  spinalen  Kern  zahlreiche  Bogenfasern 
hervor,  worunter  auch  solche  zum  Mittelhirndach.  Sie  sind  begleitet  von 
sekundären  Fasern  der  zervikalen  Sensibilität  und  sind  den  EoiNGERSchen 
Fasern  der  primitiven  vitalen  Sensibilitätsleitung  zu  homologisieren. 

Außer  der  deszendierenden,  sensiblen  Wurzel  ist  auch  bei  den  Teleo- 
stiern eine  sensible  mesenzephale  Wurzel  vorhanden,  welche  zuerst  von  van 
Gehüchten  beschrieben  wurde. 


Fig.  146.     Trennung  des  R.  max.  mantl.  V  von  dein 
R.  Ophthal  m.  V  durch  die  eintretende  X  Wurzel. 
Der  R.  max.  mand.  fangt  an  zu  enden. 
Der  R.  ophthalmicus  geht  weiter  kaudalwärts 


TEIGEMINUS    DER   TELEOSTIEK. 


325 


Die  Ganglienzellen  jener  Wurzel  liegen  bei  diesen  Tieren  jedoch  nicht 
in  der  dorsalen  Mittellinie  des  Tectum  opticum,  sondern  haben  sich  unter 
dem  frontalen  Abschnitt  desselben  angehäuft,  oder  dort,  wo  das  Tektuni 
in  die  posthabenuläre  Region  des  Gehirns  übergeht  (nahe  dem  Niveau  der 
Comraissura  posterior;   Fig.  147). 

Dort  bilden  sie  rechts  und  links  einen  Kern  von  birnenförmigen, 
großen  Zellen  mit  kurzen,  sich  bald,  aber  spärlich,  verästelnden  Dendriten. 


Tect  opt. 


.^^i^Bäm 


Co.  trans 


^l/^lli. 


Der  periphere  Ausläufer  (eigentlich  Hauptdendrit)  dieser  Zellen  verläuft 
unterhalb  des  Ventriculus  tecti  optici  rückwärts  und  tritt  in  dem  frontalsten 
Abschnitt  des  V.  Wurzel-Austrittes  aus,  etwa  auf  demselben  Niveau,  wo  auch 
die    motorische  V.  Wurzel    austritt,  dorsal  von  und  parallel  derselben. 

Obschones  wahrscheinlich  ist,  daß  die  peripheren  Ausläufer  in  den  man- 
dibularen Ast  gehen,  Nu.  mes.  V 
ist  dies  bei  den  Te- 
leostiern  nicht  sicher 
bekannt.  Wohl  erhält 
man  den  Eindruck, 
daß  sie  Fasern  abge- 
ben (aus  dem  Dendrit 
entstehenden  Axonen), 
die  das  Niveau  des 
Wurzelaustrittes  nach 
hinten  überschreiten 
und  dem  motorischen 
Trigeminus  (und  Faci- 
alis?) -Kern  zustreben. 

Die  motorische  V. 
Wurzel  der  Teleostier 
—  die  Portio  minor  — ■ 
weist  zentral  je  nach 
dem  Tier,  welches  man 
untersucht,  verschie- 
dene Verhältnisse  auf, 
welche   von  der  Lage  ihres  Kernes  a])hängen  (vergl.  Kap.  V). 

Man  findet  bei  den  Knochenfischen  — -  je  nach  der  Ausbildung  der 
Bahnen,  welche  den  Kern  reizen  (namentlich  der  sekundären  Geschmacks- 
bahnen :  Zyprinoiden,  Siluroiden,  in  andern  Tieren  auch  unter  Einfluß 
zerviko-bulbärer  Keflexe:  Lophius,  Orthagoriscus)  eine  sehr  verschiedene 
Topographie,  indem  der  hintere  Abschnitt  des  Kernes  die  Tendenz  hat,  sich 
in  ventro-lateraler  und  kaudaler  Richtung  zu  verlagern  (Neurobiotaxis). 

Bei  einigen  (Chipea,  Osmerus)  hat  nur  ein  kleiner  (kaudaler)  Abschnitt  eine 
^  erlageruDg  in  ventrolateraler  Richtung  erfahren,  bei  andern  fast  der  ganze  Kern 
(Fig.  223). 


Fig    147.     Lage  des  niesenzephalen  Trigeminuskernes 

unter  dem  vorderen  Tekturaabschnitt  bei  Monop- 

terus  albus;  n.  Van  deu  Horst. 


326  TRTGEMINUS    DER    AMPHIBIEN. 

Angesichts  der  Tatsache,  daß  der  hintere  V.  Kernabschiiitt  in  dem  Grade  und 
der  Richtung  seiner  Migration  eine  sehr  große  Analogie  mit  dem  Faeialiskern  zeigt, 
ist  es  möglich,  daß  er  denjenigen  Abschnitt  der  V.  Muskulatur  innerviert,  welche 
am  meisten  mit  der  Facialismuskulatur  zusammenwirkt,  d.i.  den  Eetractor  mandi- 
bulae.  Übrigens  verweise  ich  nach  Kapitel  Y. 

Der  Trigeminus  der  Amphibien. 

Die  Teleostier  sind  im  allgemeinen  scharf  differenzierte  Tiere. 

Bei  den  AmpMbien  sind  die  A'erhältnisse  in  diesem  Gebiet  nicht  so 
leicht  übersichtlich  und  nicht  überall  dieselben. 

Bei  den  geschwänzten  Amphibien  —  wobei  außer  dem  Vagus  auch 
der  GlossophaiTngens  und  Facialis  noch  Hautäste  aufweisen,  wird  die 
deszendierende  A'  Wurzel  von  Fasern  aus  diesen  drei  Nerven  verstärkt 
(Vergl.  S.  294).  —  Beim  Frosch  könnte  ich  darin  nur  Zusätze  aus  dem 
Vagus  nachweisen  (Fig.  134  B). 

Dabei  machen  die  Präparate  des  Frosches  den  Eindruck,  daß  ein  Teil 
des  dorsalen  Abschnittes  der  Radix  descendens  sich  bereits  in  der  Region 
der  Oblongata  in  dem,  dem  Ventrikel  benachbarten  Grau  erschöpft. 

Interessant  ist  aber  die  von  Wallenberg  beim  Frosch  auf  degenerati- 
vem Wege  festgestellte  Tatsache,  daß  ein  großer  Teil  der  deszendierenden 
V.  Wurzel  dort  bis  in  das  Lumbaimark  (ins  8.  Spinalsegment)  absteigt, 
teilweise  am  Calamus  kreuzend,  und,  den  lateralen  Abschnitt  der  Hiuter- 
stränge  bildend,  zu  der  A'^ergrößerung  des  Hinterstrangareales  beiträgt 
(Vergl.  S.  153):  Es  handelt  sich  dabei  um  Ophthalmicusasern. 

Ebenso  wie  bei  den  Teleostiern  die  Sensibilität  des  Kopfes  besonders 
in  Korrelation  tritt  mit  der  zervikalen  Sensibilität  und  (indirekt)  mit  der 
Motilität  der  Brustflossen,  so  wird  beim  Frosche  eine  Korrelation  zwischen 
der  Sensibilität  der  vordem  Kopfspitze  und  der  Sensibilität  und  Motilität 
des  Lumbahnarkes  zustande  gebracht,  was  (Valkexburg)  damit  in  Verbin- 
dung stellten  dürfte,  daß,  ebenso  wie  bei  manchen  Fischen,  die  Brustflossen 
die  wichtigsten  Organe  für  die  Fortbewegung  des  Körpers  sein  dürften, 
diese   Rolle   bei  den  Fröschen  von  den  hintern   Extremitäten  erfüllt  wird. 

Die  deszendierende  V.  Wurzel  der  Amphibien  hat  auch  eine  Projek- 
tion auf  das  Mittelhirn.  Schon  beim  Axolotl  sind  von  Herrick  in  dem 
Grau  dieser  AVurzel  Zellen  nachgewiesen  (deren  Dendriten  auch  mit  dem 
Grau  des  Fase,  solitarius  in  Verbindung  stehen),  deren  Achsenzylinder  nach 
Kreuzung  zum  Tectum  opticura  aufsteigen,  wo  sie  kaudal  von  den  spino- 
tektalen  Fasern  und  im  Anschluß  an  dieselben  enden.  Ebenso  wie  die 
spinotektalen  Fasern  sind  die  tektalen  Fasern  des  Trigeminus  als  sekun- 
däre Bahnen  der  primitiven,   vitalen  Sensibilitätsleitung  zu  betrachten. 

Auch  beim  Frosch  gibt  es  solche  Fasern  aus  der  Region  des  spinalen 
V  Kernes. 

Ob  aber  aus  dem  frontalsten  Abschnitt  jener  grauen  Substanz,  dem 
sog.  frontalen  sensiblen  Trigeminuskern,  bereits  eine  Projektion  (Trigeminus- 
schleife)  zum  Zwischenhirn  hervorgeht,  ist  zweifelhaft. 


TRIGEMINUS    DER   KKPTILIEN. 


327 


Nu.  mes.  V 


com  cb  / 


com.  cb 


^'on  Bindewald  wurde  bei  Proteus  eine  komraissurelle  Verbindung 
jener  Kerne  beschrieben  (Commissura  intertrigemina),  deren  Natur  jedoch 
noch  einer  weiteren  Untersuchung  bedarf  (Fig.  148  Com.  cb?). 

Auch  die  sensible  mesenzephale  Wurzel  ist  bei  den  Amphibien  vorhanden 
(Cajal,  Johnston,  Hekrick)  und  Hegt,  wie  bei  den  Haien,  hauptsächHch 
nalie  der  Mittellinie  des  Tectums  (Fig.  148).  Die  Zellen  dürften  sich  aber 
nicht  so  weit  frontalwärts  ausdehnen,  wie  bei  den  letztgenannten.  Interes- 
sant ist  eine  Wahrnehmung  Johnston's,  der  bei  Larven  von  Amblystoma 
und  Desmognathus  jene  Zellen  in  einer  so  oberflächlichen  Lage  fand, 
daß  .diese  an  die  Lage  der  intramedullären  sensiblen  Ganglienzellen,  der 
RoHON-BEARD'schen  Zelle  der  Fische  erinnert,  mit  denen  diese  Zellen 
tatsächlich  zu  homologisieren  sind.  Silberpräparate  zeigen,  dali  sie  im 
Prinzip  denselben  Bau  haben  wie  bei  den  übrigen  Tieren. 

Der  A''erlauf  der  kaudalen  Fortsätze  (Fig.  148)  ist  derselbe  wie  bei 
allen  andern  Tieren. 

Li  der  Nähe  der  motorischen 
Wurzel  zieht  das  Bündel  lateral- 
wärts,  und  tritt  mit  den  Fasern  der 
sensiblen  Radix  descendens  V  aus. 
Bevor  er  austritt,  gibt  er  Kollate- 
ralen (eigentlich  seine  Achsenzy- 
linder) an  den  motorischen  Trige- 
minuskern  und  sogar  an  den  moto- 
rischen Facialiskern  ab  (Herrick). 

Die  motorische  V.  Wurzel  (Vergl. 
Kapitel  V)  auch  bei  den  Amphibien 
bedeutend  kleiner  als  die  sensil)le, 
entstanniit  einem  auf  dem  Niveau 
des  Wurzeleintriltes  dorsal  gelege- 
nen Kern. 

Beim  Frosch  liegt  der  motorische  Facialiskern  in  seiner  direkten  Nähe  i) 
(ohne  damit  jedoch  kontinuell  zu  sein,  wie  bei  den  Zyklostomen). 

Der  Trigeminus  der  Reptilien. 

Bei  den  Reptilien  zeigt  der  sensible  Trigeminus  große  Unterscliiede, 
je   nach  der  untersuchten  Ordnung. 

Am  größten  ist  er  bei  Krokodillen,  wo  namentlich  die  deszendierende 
Wurzel  sehr  auffällt  (Fig.  150.)  was  mit  der  Verlängerung  der  Schnauze 
bei  diesen  Tieren  zusammenhängt. 

Schon  makroskopisch  sieht  man,  daß  die  mächtige  Entwicklung  der  Eadix 
descendens  den  vierten  Ventrikel  zu  einer  schmalen  Spalte  einengt.  (Fig.  149.) 


Fig.    148.      Lage    des    Nucleus    raesen- 
cepbalicus  Trigemioi  bei  Nectuius; 
n.  G.  J.  Herrick. 


')  Bei   den   geschwänzten   Amphibien   liegt  dei-  motorischen  Facialisitern  weit  davon 
entfernt,  in  der  Nähe  des  motorischen  Giossopliaryngeus-  und  Vaguskei'nes. 


328 


TRIGEMINUS    DER    REPTILIEN. 


Pars  inipar. 
nies 


Hab. 


Fig.  149.     Obere   AiiKicht  des  lliinstanimes  von 

Crocodilus  poiosiis. 

Man  beaclite  die  Einengung  des  Ventriliels  durch  die 

starlie  Entwicklung  der  somato-sens.  Region 

(besonders  des  V.  desc). 


Bei  den  Schlangen  dagegen  ist  die  mesenzephale  Wurzel  sehr  stark. 
Bald  nach  seinem  Eintritt  gibt  der  Trigeminus  (Beccaki,  Ingvar) 
einige  Fasern  zum  Cerebellum  ab,  welche  dem  oberen  Abschnitte  des- 
selben zu  entstammen  schei- 
nen und  also  tler  Sensibi- 
lität der  unteren  Aste  {Mus- 
kelsensibilität ?)  entsprechen 
dürften. 

Diese  Fasern  begleiten 
die  dorsale  spino-cerebellare 
Bahn  (siehe  Fig.  369). 

In  der  Oblongata  zeigt 
sich  bloß  ein  geringer  Un- 
terschied in  der  Struktur 
des  obern  (maxillo- mandi- 
bularen) und  des  unteren 
(ophthalmischen)  Abschnit- 
tes. 

Die  deszendierende  Wur- 
zel kommt  allmählich  dor- 
saler, und  auf  dem  Niveau  des  Vaguseintrittes  schließen  sich  die  Haut- 
fasern jenes  Nerven  ihm  an  (Fig.  135).  Der  ventralste  Abschnitt  scheint  auch 
hier  am  weitesten  kaudalwärts  abzusteigen.  Wie  weit  er  absteigt,  ist  aber 
ohne  degenerativen  Untersuchungen  nicht  zu  sagen. 

Die  deszendierende  Wurzel  ist  beim  Alligator  auf  ihrer  ganzen  Länge 
von  einer  Säule  grauer  Sub- 
stanz, dem  sog.  Grau  der 
deszendierenden  V.  Wurzel,  be- 
gleitet, ^vie  es  auch  bei  niedern 
Wirbeltieren  der  Fall  ist. 

Frontal  von  dem  Niveau 
des  VI.  und  VII.  Kernes  fängt 
diese  graue  Substanz  der  Wur- 
zel mächtig  zu  schwellen  an  und 
wird  sie  bald  zu  einem  großen 
nierenförmigen  Körper,  dessen 
Ililus  medialwärts  gerichtet 
ist.  Dies  ist  der  frontale  sen- 
sible V.  Kern  (Fig.  150),  der 
auf  dem  Niveau  des  motori- 
schen V.  Kernes,  den  er  fast 
berührt,  seinen  größten  Um- 
fang erreicht. 

Dort   ist   die  graue  Substanz  beim  Alligator  viel  mächtiger  entwickelt 


SSSflil^ 


Fig.  ISO.    Frontaler  sensibler  Trigeminuskern 
bei  Alligator  sklerops;  nach  de  Lange. 


TRIGEMINUS    DER   REPTILIEN. 


329 


und  unterscheiden  sich  die  Reptilien  von  den  niedern  Tieren  besonders  da- 
durch, daß  hier  ein  ausgeprägter  frontaler  sensibler  Trig&minmkern  vorkommt. 

Als  spinaler  Trigerninmkcrn  ist  das  Grau  zu  betrachten,  welches  auf 
dem  Niveau  des  ersten  Zervikalnerven  den  Kopf  des  Hinterhornes  bedeckt. 
Dieses  Grau  weist  zuerst  bei  den  Reptilien  einen  gelatinösen  Bau  auf 
(Substantia  gelatinosa  Rolando),  welcher  jedoch  bei  den  Vögeln  (Fig.  88  A) 
und  namentlich  bei  den  Säugern  (Fig.  111  und  113)  viel  ausgeprägter  wird. 

Aus  beiden  Kernen  kommen  sekundäre  Fasern  zum  Vorschein. 

Die  aus  dem  frontalen  sensiblen  V.  Kern  traversieren  den  Kern  teil- 
weise. Sie  begeben  sich  zum  Teile  in  etwas  dorsaler  Lage  zu  der  kontra- 
lateralen Hälfte  der  Oblongata  und  sind  vielleicht  Reflexfasern  für  den 
motorischen  Kern  der  andern  Seite.  Doch  begeben  sich  auch  gekreuzte 
Fasern  aus  diesem  frontalen  sensiblen  V.  Kern  in  ventraler  Richtung.  Ob 
diese  bereits  eine  Trigeminusschleife  darstellen,  d.  i.  ob  Fasern  aus  diesen 
Kern  zu  den  Thalamuskernen  ziehen,  läßt  sich  ohne  weiteres  nicht  sagen. 
Es  ist  mir  jedoch  wahrscheinlich,  daß  eine  solche  Trigeminusschleife  aus 
dem  frontalen  V.  Kern  hier  schon  vorhanden  ist,  weil  auch  der  mediale 
Thalamuskern  (b.)  (siehe  Kapitel  VIII)  schon  bei  den  Reptilien  anfängt 
sich  auszubilden  und  dieser  Kern,  wie  bei  den  Säugern,  ein  thalamischer 
V.  Kern  sein  dürfte. 

Es  wäre  nicht  befremdend,  gerade  bei  den  Reptilien  zuerst  diesen 
Projektionsweg  zu  fin- 
den, der  (wie  die  me- 
diale Schleife  des  Rück- 
kenmarkes) eine  höhe- 
re Bedeutung  haben 
dürfte,  weil  man  auch 
grade  hier  in  dem 
peripheren  Trigemi- 
nusgebiet      zahlreiche 

zusammengesetzte 
Tastkörperchen  (u.  a. 
PACiNi'sche  Körper- 
chen) findet,  die  einer 
hölieren  Sensibilitäts- 
projektion entsprechen 
dürften. 

Aus  dem  Grau  des 
spinalen  V.  Kernes  und 
dem  angrenzenden 
Rückenmarksgrau  ge- 
hen kreuzende  Bugen- 
fasern hervor,  welche 
meistens  als  kurze  Reflexfasern  zu  den  benachbarten  motorischen  2fentren 


Nu.  magii. 


Ku.  lam.  ' 


^tact.  -futsE 


iTT 


Fig.  151.     Sagittalschnitt  durch  das  Kleinliini  und  Mittel- 
hirn von  Alligator  sklerops;  n.  de  L.\nge. 


330 


TRIGEMINUS    DER    REPTILIEN. 


ZU  deuten  sind  und  retiektorische  Kopf-  und  Nackenbewegungen  hervor- 
rufen, teilweise  auch  spino-raesenzephale  (EoiNGERSche)   Fasern  sein  dürften. 

Wie  bei  den  andern  Tieren  ist  aucli  l)ei  den  Reptilien  die  Radix 
descendens  nicht  der  einzige  sensible  Trigeminusabschnitt.  Auch  hier 
kommt  eine  Badix  sensibilis  mcsencephalica  vor,  welche  von  Johnston 
für  die  Schildkröten,  von  v.  Valkenburg  auch  für  die  übrigen  Reptilien 
beschrieben  wurde. 

Beim  Alligator  und  bei  Chelone  finden  sich  ihre  Zellen  über  die 
ganze  Länge  des  Tectums  und  kommt  —  ähnlich  wie  bei  Scyllium  —  ein  un- 


Ccr.     Nucl.  V.  nies. 


Tectuni  opt. 


Fi 


52.    Mesenzophaler  Trigeminus- 
kern  einer  Schlange:    Eunectes; 
Sagittalschnitt  n.  v.  Valkenburg. 


Coip.  post. 


paarer  Mediankern  vor,  der  sich  beim 
Alligator  in  dem  frontalsten  Drittel,  nahe 
der  Commissura  posterior  (Fig.  151),  bei 
Chelone  im  hintern  Abschnitt  des  Tek- 
tums  anhäuft. 

Bei  Eidechsen  und  Schlangen  findet 
man  die  Zellen  nicht  so  sehr  in  der 
dorsalen  Medianlinie  als  etwas  lateral 
davon,  durch  die  ganze  Länge  des  Tek- 
tums.  Sie  häufen  sich,  namentlich  bei 
den  Schlangen,  im  hintersten  Abschnitt 
zu  einem  ganz  mächtigen  Kern  (Fig. 
152),  der  deshalb  bei  der  Schlange  so 
groß  sein  dürfte,  weil  die  Unterkiefermuskulatur,  deren  Sensibilität  sie  inner- 
vieren (siehe  die  Betrachtung  am  Schluß  dieses  Kapitels)  dort  so  groß  ist. 

Die  Wurzel  verläuft  in 
üblicher  Weise  lateral  von 
der  aufsteigenden  Trochle- 
ariswurzel  nach  hinten.  Am 
besten  ist  sie  zu  folgen  auf 
Frontalschnitten,  nament- 
lich bei  der  Schlange  wo 
sie  (Fig.  153,  Boa  constric- 
tor)  kurz  vor  ihrem  Austritt 
ein  dickes  Bündel  seitlich 
vom  hinteren  Längsbündel 
bildet.  Sie  tritt  parallel  mit 
der  motorischen  Wurzel 
nach  außen,  wobei  ihre  Fa- 
sern sich  der  Portio  minor 
anscldießen. 

■  Die  viotorische  Trigemi- 
vvsivurzel  der  Reptilien  ent- 
stammt   einem  Kern,  der  in  Lage   und  Bau  gewissermaßen   an    den    ent- 
sprechenden Kern  bei  manchen  Teleostiern  erinnert. 


Vi 


K.  lues.  V 


Tr.  oot.müs. 


^i^jl 


N.  IV 


'// 


l^f^ 


Fig.   153.     Verlauf  der  mesenzephalen  Trige- 
minuswurzel  bei  Boa  Constrictor. 


TRIGEMINUS    DER    VOGEL. 


331 


Bei  den  aquatilen  Reptilien  (Schildkröten  und  Krokodilen)  liegt 
er  größtenteils  dorsal  (Fig.  150)  und  ist  nur  ein  kleiner  kaudaler  Abschnitt 
in  ventrolateraler  Richtung  verlagert  (siehe  Figur  244  und  245, 
Kapitel   V). 

Bei  den  Eidechsen  ist  die  ventro  laterale  Verlagerung  des  Kernes  weiter- 
geschritten und  dehnt  sich  über  einen  größern  Abschnitt  desselben  aus, 
während  der  Kern  sich  bei  den  Schlangen  in  seiner  Totalität  von  dem 
Ventrikelboden  entfernt  hat.  (Fig.  240). 

Daß  die  Verlagerung  des  Kernes  eine  ventro-kaudale  Tendenz  aufweist, 
hängt  hier  wahrscheinlich  zusammen  mit  den  oben  erwähnten  Reflex- 
fasern aus  dem  spinalen  Trigeminus-Kern  und  mit  Schaltneuronen  aus 
dem  sensiblen  Grau  des  Rückenmarkes,  weil  diese  Fasern  in  den  Vorder- 
seitenstrang laufen. 


Der  Trigeminus  der  Vögel. 

Der  Trigeminus  der  Vögel  weist  in  seinen  peripheren  Verästelungen 
sehr  auffallend  gebaute  Endorgane  auf:  die  Körperchen  von  Grandry 
und  Herbst,  wek-lie  namentlich  in  der  Wachshaut  des  Schnabels,  erstge- 
nannte auch  in  der  Zunge,  vorkom- 


men. Bei  den   GRANDRy-Körperchen 


Fig.  154  A.     Querschnitt  durcli  ein  Körperclien 

von  Grandry,  n.  Heringa. 

Zwischen  den  Sinneszellen  Fibrillen  des  sensiblen 

Trigeminus,  welche  in  die  Zellen  übergehen. 


Fig.  154  B.    Längsschnitt  durch  ein  Körperchen 

von  Grandry,  n.  Heringa. 
Cbergang  der  Trigeniinusfibrillen  in  der  Zelle. 
a.  z.  =  afferenter  Nerv.    K.  z.  =  Kapselzellen. 


handelt  es  sich  um  zusammengesetzte  Endorgane,  aus  zwei  oder  drei 
Sinneszellen  gebaut,  worin  die  Fibrillen  der  sensiblen  Fasern  eindringen 
(vergl.  Fig.  154). 

Ein  HERPSTsches  Endorgan  ist  in  Fig.  27  wiedergegeben. 


332 


TRIGEMINUS    DER    VOGEL. 


Die  Mehrheit  der  Fasern  endet  aber  in  freien  Endigungen  oder  als 
Tastscheibeu,  was  die  Haut  anbelangt,  und  in  Muskelspindeln,  insofern 
es  die  Muskeln  betrifft. 

Die  Größe  des  sensiblen  Astes  wechselt  mit  der  Größe  und  Ausbildung 
des  ICopfes,  namentlich  des  Schnabels. 

Betreffs  der  Eadix  descendens  ist  im  Gegensatz  zai  den  Reptilien  auffallend, 
daß  der  frontale  sensible  Trigeminuskern,  welcher  beim  Alligator  noch 
kontiiiuierlicli  war  mit  der  übrigen  grauen  Substanz  der  deszendierenden 
V.  Wurzel,  hier  ein  fast  selbständiger,  mehr  dorsal  liegender  Kern  geworden 
ist,  der  daher  als  sensibler  dorsaler  Haupthern  (Fig.  155)  bezeichnet  wird. 
Dieser  Kern,  der  viele  große  Zellen  enthält,  ist  durch  eine  deutliche  Mark- 
kapsel von  der  Umge- 
bung getrennt.  Er  emp- 
fängt zwar  eine  große 
Zahl  von  sensiblen  V. 
Wurzelfasern,  aber  liegt 
nicht  Inder  direkten  Fort- 
setzung des  spärlichen 
Graues  der  Radix  des- 
cendens,  welche  in  etwas 
ventralerer  Ebene  kau- 
dalwärts  läuft,  nur  von 
wenig  grauer  Substanz 
begleitet. 

Die  R.  descendens  zieht 
nach  hinten  unter  dem 
Eintritt  des  Vagus  ent- 
lang, von  welchem  sie 
somatische  Fasern  auf- 
nimmt, steigt  in  dorsaler 
Richtung  auf  au  der 
Grenze  von  Oblongata 
und  Rückenmark  und 
besitzt  dort  wieder  eine 
erheblichere  Masse  grauer  Substanz :  den  spinalen  sensiblen  Trigeminuskern 
(vergl.  Fig.  88  A). 

Ich  neige  der  Annahme  zu,  daß  der  vordere  sensible  V.  Kern  über- 
wiegend maxillo-mandibuläre  Fasern  bekommt,  und  daß  wir  darin  also 
hauptsächlich  den  Kern  des  Schnabels  sehen  müssen,  während  die  Radix 
descendens  hier  vielleicht  überwiegend  ophthalmische  Fasern  führen 
dürfte. 

Ob  die  yTrigeminuswurzel  bei  den  Vögeln  Fasern  zum  Zerebellum 
abgibt  ist  nicht  sicher,  aber  keineswegs  ausgeschlossen. 

Aus    dem    frontalen    sensiblen    Hauptkern    entstehen    mindestens   zwei 


Nu.  mot.  V 


Fig.  155.     Frontal-  sensibler  und  motorischer 
Trigeminuskern  eines  Vogels 
(Catharishes  Urubu). 


TRIGEMINUS    DER   VOGKL. 


3^3 


Nu.  mes.  trig. 


Nu.  in 


Systeme  sekundärer  Fasern.  Das  eine  besteht  aus  groben  Fasern,  die  dorsal 
kreuzen  und  an  der  entgegengesetzten  Seite  sich  in  die  Substantia  reticu- 
laris des  Bulbus  auflösen.  Das  zweite  System,  bis  jetzt  nur  bei  Vögeln 
nachgewiesen,  ist  der  Tractus  qu'mlo-Jrontalis  WALi.ENr.ERGs,  welcher  nach 
teil  weiser  Kreuzung  im  Bulbus  nach  dem  basalen  Abschnitt  des  Vorder- 
hirn.« verläuft  und  dadurch  Gefühlsempfindungen  des  Kopfes,  „Oralsinn", 
mit  dem  Olfaktorium  korreliert.  Eine  V  Schleisse  ist  nicht  nachge- 
wiesen, wohl  gibt  der  Kern  sekundäre  Fasern  an  den  untern  Abschnitt 
des  Nucl.  lateralis  mesencephali  und  an  die  tiefere  Schicht  des  Tectum 
opticum  ab  (Tr.  quinto-mesencephalicus;   Wallenberg). 

Aus  dem  spinalen  Quintuskern,  welcher  namentlich  beim  Kasuar  mit 
einer  ausgedehnten  Kappe  gelatinöser  Substanz  bedeckt  ist  (F'ig.  88  A),  gehen 
ebenfalls  gekreuzte  Fasern  hervor,  die  größtenteils  in  der  umgebenden 
Substantia  reticularis  motoria  enden,  aber  auch  teilweise  in  dem  antero- 
lateralen  Bündel  zum  Mittelhirn 
und  hintern  Thalamus  ziehen 
dürften  und  als  primitive  Gefülils- 
bahn  des  Trigeminus  zu  betrach- 
ten sind. 

Die  gelatinöse  Substanz  selbst 
dürfte  wohl  mehr  lokale  Verbin- 
dungen besitzen,  deren  Natur  uns 
noch  nicht  genügend  bekannt 
ist  (vergl.  S.  203—205). 

Auch  die  viesenzepJuilc  Wur- 
zel dieses  Nerven  hat  einige  Eigen- 
tümlichkeiten, durcli  welche  sie 
sich  unterscheidet. 

Die  großen  bläschenförmi- 
gen Zellen  jenes  Kernes  finden 
sich  bei  diesen  Tieren  zwar  bis- 
weilen durch  das  ganze  Tektum 
hin,  aber  eine  Anhäufung  von 
ihnen  findet  fast  immer  in  dem 
hinteren  Abschnitt  desselben  statt. 
(Fig.  156  und  157.) 

Bei  einigen  Vögeln  findet  man  die  Zellen  hauptsächlich  in  oder  nahe 
der  Mittellinie  lokalisiert  (Fig.  156  Gatharistes),  ob.schon  dort  auch  lateralere 
Gruppen  vorkommen.  Bei  andern  (Storch  und  Truthahn  Fig.  157)  sind 
die  Zellen  meistenteils  lateral  gelagert. 

Die  größte  Anzahl  findet  sich  auf  dem  Niveau  des  Okulomotoriuskernes 
und  sie  begleiten  die  mesenzephale  Wurzel  noch  eine  kurze  Strecke 
nach  hinten  bis  etwa  zu  dem  Niveau  des  Trochleariskernes.  Das  Wurzel- 
büudel  konnte  bis  jetzt  nicht  mit  genügender  Sicherheit  in  der  extrabulbären 


se 


Fig.  "156.     Mesenzephale  Trigeminus- 
zellen  v.an  Catharislies  iirubii. 


334 


TRIGEMINUS    DER    VoGEI,. 


Wurzel  verfolgt  werden;  es  liegt  aber  kein  Grund  vor,  daran  zu  zweifeln, 
daß  dasselbe  in  die  mandibulare  motorische  Wurzel  eintritt,  und  (wie  bei 
den  Säugern)  für  die  sensible  Innervation  der  Trigeminusmuskeln  dient. 
Außerdem  sind  Kollateralen  (Aclisenzylinder)  zu  dem  medialen  (Dach-) 
Kern  des  Kleinhirns  wahrgenommen  worden,  während  andere  in  den 
motorischen  Trigeminuskern  und  >Substantia  reticularis  bis  auf  das  Niveau 
des  Glossopharyngeus  verfolgt  wurden  (Wallenberg). 

Nu.  nies.  V 


::,:.•>: 


"■■■  ''n'".''.' 


Fig.  "157.     Mesenzeplialische  Trigeminuszellt'n  des  Truthahns;  n.  Kos.\k.\. 

Der  'motorische  Trigemiaiis  entsteht  nur  noch  bei  den  primitivsten  Vögeln 
aus  einem  Kern,  der,  wie  beim  Krokoilil,  fast  gänzlich  dorsal  liegt.  Bei  allen 
anderen  (Fig.  155  i))  liegt  ein  höher  differenziertes  ^''erhalten  vor,  indem 
die  motorische  Wurzel  aus  einem  Kern  hervorgeht,  der  ventro-lateral  liegt. 

Manche  seiner  Wurzelfasern  nehmen  nach  ihrer  Entstehung  aus  diesem 
Kern  einen  bogenförmigen  Verlauf  in  dorsaler,  dann  in  lateraler  Richtung, 
bevor  sie  austreten. 

Dieser  knieförmige  Verlauf  stimmt  mit  der  Tatsache  überein,  daß  der 
Kei'n  dorsal  angelegt  ist  und  erst  sekundär  in  ventro-lateraler  Richtung 
migriert,  wie  embryologisch  leicht  nachweisbar  ist  (Biondi,  Bok). 

Ein  anderer  Teil  der  motorischen  Wurzelf'asern  hat  sich  aher  bei  den  meisten 
Vögeln  bereits  in  dem  »Sinne  der  neuen   Lage  des   Kernes  angepaßt,  daß  sie  dii-ekt 


')  Bisweilen    findet   man    auch    hier   noch    einen    kleinen    dorsalen    V.    Kern    der   die 
ursprüngliche  Lage  beibehalten  hat  (BloxDi). 


TRIGEMINUS    DER   SAUGKR. 


335 


von  dem  ventralen  Kern  zur  Peripherie  treten  (ein  Yerlialten,  welches  wir  bei  den 
Säugern  als  das  allein  vorkommende  finden  werden). 

Der  große  ventro-laterale  Trigeminiis-Kern  gren/t  direkt  an  den  größten  der 
zwei  VII.  Kerne,  der  den  hinteren  Bauch  des  M  biventer  innerviert.  Bei  einigen 
Tieren   ist   er  sogar  damit    kontinuell   (siehe   Kapitel   \,   Fig.   253 — 255   nnd   258). 


Der  Trigeminus  der  Säuger. 


Bei  den  Säugern  siiielt  der  Trigeminus  eine  sehr  wichtige  Rolle,  weil 
hier  die  Schnauze  —  y.usammen  mit  dem  Geruch  —  vielfach  als  Ex- 
plorationsorgan  benützt  wird. 


Mu  ettr^Vnidesc.     Mutrian^. 


Corp.restif; 


nu,Corpr?it- 


Corp  trap-restlF.  Ydesc 

Fig.  158.     Die  deszendiei-pmle  Ti-igemiiiHswiirzel  von  Echidna.   n.  Schepman. 


Namentlich  ist  diese  Rolle  von  Bedeutung  bei  Tieren,  die  mit  der 
Schnauze  in  der  Erde  wühlen,  wie  Echidna  (Fig.  158),  Maulwurf,  und 
Schwein.  Beim  Maulwurf  stellt  das  Eimersche  organ,  beim  Schwein  stellen 
eine  große  Zahl  von  Tastmenisci  die  Sensibilitätsorgane  dieses  Nerven  dar. 

Eine  andere,  aber  nicht  weniger  wichtige  Rolle,  spielt  der  Trigeminus 
bei  Tieren,  wie  Maus  und   Katze,  wo  die  Schnurbarthaare   eine   Funktion 


336 


TRIGEMINUS   DER   SAUGER. 


verrichten  analog  den  Tastern  der  Insekten,  zur  Orientierung  im  Raum  i). 

Diese  Haare  werden,  weil  sie  in  ihrem  Balg  venöse  Sinusse  aufweisen, 
auch  wohl  als  „Sinushaare"  bezeichnet  (Tafel  I). 

Die  Größe  der  sensiblen  Wurzel  ist  aber  nicht  nur  bedingt  von  der 
Feinheit  der  von  ihr  perzipierten  Wahrnehmungen.  Das  Areal  der  Inner- 
vierung spielt  dabei  eine  überwiegende  Rolle.  So  erreicht  der  Trigeminus 
bei  den  Monotremen  (Fig.  158)  wo  ihr  peripheres  Gebiet  sich  sehr  weit  aus- 
dehnt, eine  ganz  auffallende  Größe.  Letzteres  ist  aber  auch  der  Fall  bei 
der  Feldmaus  (Sorex),  wo  melir  die  Feinheit  der  Innerviering  als  die  Größe 
des  innervierten  Areales  als  Ursache  dessen  zu  betrachten  ist. 

Das  Ausbreitungsgebiet  des  Trigeminus  beim  Menschen  —  (berüchtigt 
weil  er  ein  vielfacher  Sitz  von  Neuralgien  ist)  ist  in  Fig.  159  aangegeben, 


inuestheslt 
grenze. 


'Analgesie 
grenze. 


'•^M 


Fig.  ISO.    Trigeminusaroal  des  Menschen.  Links,  nach  Exstirpation  des 

Ganghon  Gasseii  bestimmt  durcli  Göshing    Rechts,  Dasselbe 

iliirch  anatomisches  Preparieren  bestimmt  durch  Boi.ic 

I,   II    lind    111    sind    die   Areale   der   entsprechenden    Aste. 


rechts  nach  einer  Präparation  Bolk's,  links  nach  einer  Bestimmung  der 
Gefühlsgrenzen  nach  Exstirpation  des  Ganglion  Gasseri  durch  Cusiiinp,. 

Dieses  sensible  Areal  entspricht  dem  deszendierenden  Ast  (dem  sich 
zentral  auch  noch  somatische  Fasern  des  Glossopharyngeus,  und  des  R. 
auricularis  vagi  anschlieszen). 

Die  zwei  Hauptbestandteile  desselben,  der  Pars  maxillo-mandibnlaris 
und  der  Pars  ophtlialmicus  Trigemini,  sind  meistens  leicht  erkennljar. 
Hierbei  zeigt  sich  wieder,  daß  der  ophthalmische  Teil  am  frontalsten  ein- 


')  Einige  Forscher  sind  geneigt  in  den  Schnurbarthaai-en  ein  Organ  zu  sehen,  womit 
das  Tier  sich  über  die  Breite  der  Löcher  und  Gänge  orientiert. 


KAPPERS. 


Tafel  I. 


Die  Nervennndigungen  (rot)  an  einein  Tast-oder  Sinushaare;  n.  Trktjakoff. 
Verlag  :  De  Erven  F.  Bolm,  Haarlem. 


Erklärung  der  Abbildung. 


Tafel  I.    Simishaar  des  Bindes.  Teile  des  Haarbalges:  A,  äußere  Balglamelle; 
Ar,    Arterie;    B,  Sinusbalken;   G,  Glashaut;  F,  bindegewebige  Fasern;  H,   Haar; 

I,  innere  Balglamelle  ;  7v',  konischer  Körper ;  Ki,  Sinuskissen  ;  P,  Papille  ;  8.  Sinus- 
raum ;  Seh.  schirmförmige  Verbreiterung  der  äußeren  Wurzelscheide ;  T,  Talgdrüse ; 
V,  Vene;  W,  Anschwellung  der  äußeren  Wurzelscheide.  Nervöse  Gebilde:  1,  in 
den  Balg  eintretende  Nervenbündel ;  2,  unteres  ringförmiges  Geflecht ;  3,  einfacher 
Schaltapparat  unterhalb  des  ringförmigen  Geflechtes  an  der  inneren  Fläche  der 
äußeren  Wurzelseheide ;  4,  komplizierter  Schaltapparat  in  derselben  Lage ;  5,  Sehalt- 
apparat auf  dem  längs  der  inneren  Fläche  der  äußeren  Balglamelle  aufsteigenden 
Bündel ;  6,  Schaltapparat  in  der  äußeren  Balglamelle ;  7,  Schaltapparat  in  Verbin- 
dung mit  der  baumförmigeu  Endiguug  in  der  äußeren  Balglamelle;  S,  Schaltapparat 
des  mittleren  Gebietes  des  Haarbalges;  9,  oberes  ringförmiges  Geflecht  —  oberer 
Nervenring;   10,   Fasern,   die  in  das  subpapilläre  Bindegewebe  nach  oben  verlaufen ; 

II,  Endverzweigung  in  der  äußeren  Balglage  unterhalb  des  unteren  ringförmigen 
Geflechtes;  12,  dieselbe  Endigung  in  dem  mittleren  Gebiet  des  Haarbalges;  13, 
dieselbe  Endignng  im  oberen  Gebiet  der  äußeren  Balglamelle;  14,  Endkolben  mit 
einem  zentralen  Endfaden;  lo,  Endkolben  mit  verzweigtem  Endfaden  (Golgt- 
MAZZoxisches  Körperchen):  16,  eingekapselte  Endverzweigung  mit  plättchenförmigen 
Verbreiterungen;  17,  baumförmige  Endigung,  präterminale  Endigung;  i<9,  dieselbe 
Endigung,  Spindelendigung ;  19,  dieselbe  Endigung,  Knäuelform;  20,  Endigung 
auf  dem  Sinusbalken;  21,  sensible  Endplatte  unterhalb  der  Wurzelscheidenansehwel- 
lung;  22,  sensible  Endpiatte  an  der  Wurzelscheidenanseh  wellung :  23,  sensible 
Endplatte  im  konischen  Körper;  24,  verzweigte  Endplatte,  die  dem  Boden  der 
Talgdrüse  anliegt ;  25,  Tastscheibe  in  der  oberen  Hälfte  der  Wurzelscheiden- 
anschwellung; 26,  Tastscheibe  in  der  unteren  Hälfte  der  Wurzelscheidenanschwel- 
lung ;  27,   unteres  ringförmiges  Geflecht  oder  unterer  Nervenring ;   n.  Tretjakoff. 


TRIGEMINUS    DER   SÄUGER. 


337 


tritt    und   daß    der   maxillo-mandibuläre   Teil    erst    kaudaler   hinzukommt. 

Ob  der  V  direkte  Wurzelfasern  in  das  Zerebellum  schickt,  ist  noch  immer 
eine  umstrittene  Frage,  woraus  wohl  hervorgeht,  daß,  wenn  es  solche 
gibt,  dieselben  jedenfalls  auch  bei  den  Säugern  spärlicli  sind  i). 

Wie  üblich,  legt  sich  der  oph thalmische  Teil  am  meisten  ventral,  der 
maxillo-mandibuläre  am  meisten  dorsal  in  der  Oblongata. 

Dies  wurde  von  Beegmann,  Bochenek  und  Wallenberg  für  das 
Kaninchen  nachgewiesen.  Letzterer  Autor  konnte  sogar  beim  Menschen 
zeigen,  daß  von  dem  mandibularen  Teil  des  Ramus  lingualis  V  wieder 
am  meisten  dorsal  läuft  und  sieh  dem  Fasciculus  solitarius  nähert  (siehe 
Fig.  143). 

v.  Valkenburg  hat  die  ventrale  Lage  des  R.  ophthalmicus  für  den 
Menschen  bestätigen  können  und  fand  außerdem  —  wie  Bregmann  für 
das  Kaninchen  —  daß  der  ophthalmische  Abschnitt  am  weitesten  kaudal- 
wärts  reicht,  wie  es  auch  bei  niedern  Wirbeltieren  den  Fall  ist. 

Wie  weit  die  Radix  descendens  Trigemini  in  das  Halsmark  hinunter- 
zieht, ist  für  die  verschiedenen  Säugerordnungen  verschieden.  Bei 
manchen  dürfte  sie  jedenfalls  mit  ihren  kaudalsten  Ausläufern  ins  zweite 
Zervikalsegraent  2)  reichen. 

Auch  physiologisch  läßt  zieh  nachweisen,  daß  die  Reize  aus  dem 
obern  Abschnitt  des 
Kopfes(  Umgel;)ung  des 
Auges)  den  größten 
Einfluß  auf  die  Bewe- 
gungen der  Halsmus- 
kel haben  und  daß  die 

maxillo-mandibulä- 

ren,     wenigstens     die 

letztgenannten  Fasern, 

mehr    Bulbärreflexe 

auslösen. 

Es  ist  interressant, 
daß  die  Lage,  welche 
der    deszendierende 
Quintus   in   der    Oblongata   einnimt,    nicht   bei    allen    Säugern  dieselbe  ist 
(van  Vai.kenburg). 

Bei  einigen  liegt  der  halbmondförmige  Querschnitt  dieses  Bündels 
mehr  peripher  und  bildet  sogar  eine  Ausbuchtung  der  Oblongata  (siehe 
Fig.  160,  Erinaceus),  bei  andern  ist  auf  demselben  Niveau  die  obere  Spitze 
des    Halbmondes    (der    pars   maxillo-mandibularis)    viel    mehr  nach  innen 


Fig.  160      Verschiedene  To|)Ographie  des  Radix  descendens 
N.  V.  (Schwarz)  beim  Igel  (links)  und  Ameisenbaien 
(rechts)  nach  v.  Valkenburg. 


')  Aus  myelogenetischen  Untersuchungen  scheint  mir  dies  nicht  ausgeschlossen. 
^)    Schon    deshalb,    weil    der   erste  Zervikalnerv  meistens  keine  sensible  Wurzel  liat 
und  eine  sensible  Korrelation  mit  dem  zweiten  Zervikalsegraent   wohl  vorliegen  wird. 
Kappers.  22 


338  TRIGEMINUS    DER    SÄUGER. 

gedreht  und  nähert  sich  mehr  dem  Ventrikelboden  (siehe  Fig.  160: 
Tamandua). 

Diese  Verschiedenlieiten  hängen  oifenbar  mit  der  verschiedeneu  Aus- 
bildung und  Funktion  der  entsprechenden  Trigeminussensibilität  zusammen. 

So  dürfte  beim  Ameisenbären,  der  mit  seiner  außerordentlich  langen 
Zunge  seine  Nahrung  aufnimmt,  wohl  eine  besondere  Ausbildung  der 
Zungensensibilität  die  Ursache  sein  einer  stärkeren  Entwicklung  der  Lin- 
gualisfasern  und  eines  vermehrten  Anschlusses  dersell)en  an  die  dorsal 
verlaufenden  Fasern  des  Rachens  und  Kehlkopfes  (F.  solitariu.s). 

Überhaupt  muß  mau  die  eigentümlichen  Lageverhältnisse  in  dem 
Trigerainus  descendens  nicht  als  bloßen  Zufall  auflassen,  worauf  bereits 
VAN  \^ALKBNBURG  liiuwies,  soudem  muß  darin  eine  durch  neurobiotaktische 
Einflüsse  bedingte  Anordnung  sehen,  wodurch  die  Fasern  so  geordnet 
werden,  daß  Bahnen,  welche  oft  zugleich  gereizt  werden,  zusammen  laufen. 

Deshalb  fanden  wir  auch  die  Trigeminussensibilität  des  Innenraumes 
der  Mundhöhle  (namentlich  vom  E..  mandibularis  innerviert)  bei  allen 
Tieren  zentral  am  meisten  derjenigen  des  Rachens,  Kelilkopfes  und  der 
Speiseröhre  (Fase,  solitarius)  genähert.  Daß  diese  Annäherung  bei  den 
Säugern  mehr  hervortritt  als  bei  den  Nichtsäugern,  braucht  uns  nicht  zu 
befremden,  weil,  wie  bereits  im  Anfange  erwähnt  wurde,  l)ei  den  Säugern 
die  Sensibilität  des  Innenraumes  des  Mundes  durch  die  Entwicklung  der 
Backenmuskulatur  den  Charakter  einer  sekundären  viszeralen  Sensibilität 
erhält.  Auch  tritt  zuerst  bei  den  Säugern  das  Kauen  der  Nahrung  auf, 
wodurch  auch  eine  weitere  Korrelation  des  Mundtrigeminus  mit  Palatum-  und 
Rachensensibilität  zustande  kommt.  Die  Fasern  des  ersten  Astes,  aus  der 
Umgebung  der  Augen  und  von  den  Augen  selber  herstammend,  suchen 
dagegen  den  intimsten  Anschluß  an  die  Bahnen,  welche  in  dem  ventralen 
Tegmentum  bulbi  verlaufen,  wo  u.  m.  aufsteigende  spino-mesenzephale  Fasern- 
bahnen und  gekreuzte  Reflexbahnen  des  Octavus  enden,  und  reiciien  bis 
zu  den    Halszentren,    an    dessen    Sensibilitätsareal  das  ihrige  grenzt,  hinab. 

Eigentümlich  ist  dabei,  daß  die  Fasern  des  zweiten  Astes  (E.  maxillaris) 
manchmal  einen  näheren  Anschluß  an  die  ophthalmisehen  Fasern  haben  als  an 
die  mandibularen.  Diese  R.  secundus  spielt  namentlich  bei  der  Innervation  der 
8chnurbarthaare  der  Tiere  und  im  Oralsinn  eine  große  Rolle,  stimmt  also  darin 
mit  dem  Ramus  ophthalmicus  überein,  daß  sie  besonders  für  Perzeptionen  der  Außen- 
welt dient  1). 

Die  Radix  descendens  wird  von  kurzen  Neuronen  begleitet,  welche 
verschiedene  Höhen  ihrer  grauen  Substanz  untereinander  verbinden  und 
welche  bei  einer  Degeneration  der  Wurzel  intakt  bleiben.  (Marburg  und 
Breuer:  Fibrae  concomitantes  Trigemini.) 

Bei   fast   allen    Säugern  sind  der  frontale  und  der  spinale   Trigeminus- 


')  KoLLiKKR  spricht  sogar  von  einem  mandibularen  und  einem  maxillo-ophthalrai- 
schen  Abschnitt  bei  Echidna  und  Ornitliorhynchus,  was  jedoch  mit  der  Entwicklung 
jenes  Nerven  streitet  (siehe  S.  318). 


TRIGEMINUS    DER   SÄUGER.  339 

kern  kräftig  entwickelt.  Beide  empfangen  Fasern  des  maxillo-mandibulären 
und  des  ophthalmischen  Astes,  aber  gerade  wie  bei  den  Vögeln  erhält 
der  frontale  sensible  Trigeminuskern  Hauptkontingent  von  den  niaxillo- 
mandibullären  Fasern,  während  der  spinale  V.  Kern  überwiegend  ophthal- 
mische  Fasern  empfangen  dürfte.  (Van  Valkenburg.) 

Der  ■  frontale  Trigeminuskern  ist  bei  manchen  Säugern  größer  als 
bei  Vögeln,  liegt  aber  nicht  so  weit  dorsal  und  enthält  neben  großen  Zellen 
viele  kleinere  Elemente. 

Der  spinale  Trigeminuskern  ist  mit  einer  ausgeprägten  Substantia 
gelatinosa  bedeckt,  welche  dem  frontalen  Kern  völlig  fehlt  (Fig.  111 — 115). 
Schon  hieraus  geht  hervor,  daß  beide  Kerne  wenigstens  teilweise 
verschiedenen  Funktionen  dienen  dürften,  und  daß  der  spinale  Kern  mehr 
dem  Körper  der  Rückenmarkshinterhörner  ähnlich  ist,  der  ebenfalls  mit 
einer  gelatinösen  Kappe  bedeckt  ist.  (Fig.  105  und  106). 

Der  frontale  Kern  ist  dem  gegenüber  mehr  den  medialen  Schleifen- 
kernen des  Rückenmarkes  (Nuclei  Goll  und  Burdach)  homolog. 

Dies  geht  hervor  aus  den  aus  ihnen  hervorgehenden  aufsteigenden 
Projektionsbahnen. 

Sowohl  aus  dem  spinalen  Trigeminu.skern  als  aus  dem  frontalen  V 
Kern  der  Säuger  entstehen  sekundäre  Bahnen. 

An  erster  Stelle  kurze  Neuronen  zu  den  umgebenden  retikulären 
Zellen :  meistens  kreuzende,  aber  auch  ungekreuzte  Fasern. 

Außerdem  gehen  aus  beiden  Kernen  längere,  frontale,  sekundär 
sensible  Bahnen  hervor,  welche  jedoch  verschiedenen  Charakters  sind. 

Aus  dem  frontalen  Kern  entstehen  die  Fibrae  transversae  trigemini  oder  die 
sekundäre  dorsale  Quintus-Bahn,  weil  sie  die  Oblongata  dorsal  durchqueren. 
Es  sind  Reflexfasern,  welche  namentlich    aus   dem    dorsomedialen    Ab- 
schnitt  des   Kernes   entstehen-  und   zum  motorischen  V.  Kern  der  andern 
Seite,  auch  zum  Oculoniotoriuskern  ziehen  (dors.  sek.  V  Bahn  Fig.  161). 

Die  frontale  Trigeminusschleife  entsteht  aus  demselben  Kern  aus  relativ 
kleinen  Zellen,  als  dünne  Fasern,  welche  in  ventraler  Richtung  der 
Medianlinie  zustreben  (Fig.  161:  Trig.  Schleife). 

Kaudal  von  der  Bindearm-Kreuzung  überschreiten  sie  die  Raphe, 
teils  ein  wenig  dorsal  von  der  medialen  Schleife,  teils  durch  die  mediale 
Schleife  selbst  hindurch  tretend.  Auf  der  andern  Seite  legen  sie  sich 
gänzlich  in  das  Areal  der  medialen  Schleife,  teilweise  darüber. 

Obschon  bis  jetzt  isolierte  Läsionen  der  Trigeminusschleife  klinisch 
kaum  studiert  wurden,  spricht  dieser  Anschluß  an  die  Schleifenfasern  der 
Hinterstrangkerne  dafür,  daß  auch  die  Trigeminus-Schleife  ähnlichen 
stereognostischen  Di,skriminationen  dient,  namentlich  auch  Gelenk-  und 
Muskelempfindungen,  i)  Nachdem  sie  einige  Fasern  in  das  Corpus  mammil- 


')   Dabei   ist  nicht  nur  an  die  Muskeln  des  Trigeminus,  sondei-n  aucii  an  diejenigen 
des  Facialis  zu  denken  (vergl.  Fußnote  2,  S.  344). 


340 


TRIGEMINUS    DER    SÄUGER. 


lare  abgegeben  hat,  strahlt  sie  in  den  kaudalen  Teil  des  Zwischenhii-ns, 
teilweise  in  dem  ventralen  Tlialamuskern,  größtenteils  al;er  via  Laniina 
medullaris  interna  in  das  Centre  median  (Nuelens  medialis  b,  von 
V.  MoxAKow)  aus,  während  schließlich  frontaler  noch  Fasern  enden  in 
dem  Grau  des  <lritten  Ventrikels  und  in  den  mittleren  Partien  des  ven- 
tralen Tiialamuskernes  bis  zu  dem  Nucleus  anterior  (Wallenberg). 

Dors.  Sek.  V  Bahn  Läsion 


Trig.  schleife 
Fig.  161.     Sekundäre  Degenerationen  nach  Läsion  des  frontalen  sensiblen 

Trigeminuskernes  beim  Kaninchen;  n.  Wallenberg. 
(Auch  die  Fiocculus-Kommissur  der  Kleinhirns  ist  auf  der,  der  Läsion  ent- 
gegengesetzten Seite  degeneriert,  weil  der  Stich  durch  den  Flocculusstiel  ging). 


Diese  Trigeminusschleife  entstellt  nur  aus.  dem  frontalen  sensiblen 
Trigeminuskern  (Hösicr.,  Wallenberg,   Lkwaxdowskv,  v.  IMonakow). 

Die  Reflea'faserii  des  spinalen  Trigeminuskernes  enden  in  dem  um- 
gebenden Grau  der  Vorderhörner  und  scheinen  nur  gekreuzt  zu  sein 
(Wallenberg). 

Aus  dem  spinalen  Grau  des  V  descendens  entstehen  auch  aufsteigende 
Fasern.  Diese  schließen  sich  nach  Kreuzung  jedoch  nicht  der  medialen 
Schleife  und  weiter  frontalwärts  auch  nicht  der  Trigeminusschleife  an, 
sondern  begleiten  die  EoiNGERschen,  spino-mesenzephalen  Fasern,  in  ähn- 
licher Weise  also,  wie  bei  niederen  Tieren. 

Hieraus  geht  hervor,  daß  der  frontale  sensible  V.  Kern  in  seinen  Ver- 
bindungen mehr  den  BuRDACHselien  und  GoLLschen  Kernen  des  Rücken- 
marks homolog  ist,  während  der  kaudale  Unsprungskern  der  anterolateral 
aufsteigenden  V.  Fasern  dem  Körper  der  Rückenmarkshinterhörner  zu 
homologisieren  ist,  woraus  auch  die  spino-mesenzephalen  EoiNGERschen 
Fasern  der  primitiven,  vitalen  Sensibilität,  entstehen   (siehe  Kapitel  I). 


TRIGEMINUS    DER    SÄUGER.  341 

Diese  aus  anatomischen  Walirnelunungen  gezogeneu  Schlüsse  werden 
durch  die  von  Brouwek  u.  anderen  nachgewiesene  Tatsache  bestätigt, 
(hüi  bei  Läsionen  des  kaudaleu  sensiblen  Trigeminuskerues  Schmerz-  und 
Temperatursinu  gestört  sind,  während  der  allgemeine  Tastsinn  nur  eine 
ganz  geringe  Beeinträchtigung  erfährt. 

Mit  Hinsicht  hierauf  ist  es  auch  von  besonderem  Interesse,  daß  der  kor- 
neale  Trigeminusretlex,  ein  exquisit  vitaler,  nozirezeptiver  Reflex,  ermittelt 
wird  durch  die  absteigende  Trigeminuswurzel,  wie  durch  Wallenbekg  in 
Fällen  von  lokalisierten  Herden  in  dieser  AVurzel  nachgewiesen  wurde. 

Alles  weist  also  darauf  hin,  daß  die  sensible  Wurzel  dieses  Branchial- 
nerven  sich  ähnlich  den  rein  somatosensiblen  Rückenmarksnerven  ausge- 
bildet hat,  und  daß  darin  eine  ähnliche  Funktionstellung  vorkommt  wie  dort. 


Cerebell.  --- 


Fio-.   162.     Mesenzephaler  Tiigeminuskern    von   Onychogale 
frenata  (Sagittalschnitt);  n.  v.  Valkenburg. 

Der  Kern  der  sensiblen  mesenzephalcn  Wurzel  des  V.  dehnt  sich  bei 
vielen  Säugern  durch  die  ganze  Länge  des  Tectum  opticum  bis  zu  der 
Ebene  der  Commissura  posterior  aus,  wie  bei:  Echidna,  Onychogale.  (Fig. 
162),  Vesperugo,  Tamandua,  Phoca  u.a.  Auch  beim  Menschen  reichen  die 
Zellen  noch  ziemlich  weit  frontal  (van  Valkenburg). 

Die  stärkste  Anhäufung  findet  sich  aber  fast  ausnahmlos  auf  <ler  Ebene 
des  Oculomotoriuskernes,  dorsal  oder  dorso-lateral  davon. 

Bei  Echidna  und  bei  den  Marsupialiern  kommt  es  auf  dieser  Höhe  zu 
der  Bildung  eines  ausgesprochenen  dorsalen  Mediankernes.  Bei  den  meisten 
andern  Tieren  Hegen  die  Zellen  mehr  dorso-lateral  oder  lateral  vom  Aquaedukt, 
und  sind  sie  mit  ebenfalls  sehr  großen,  aber  mehr  polygonalen  Zellen 
gemischt,  welche  vielleicht  Ursprungselemente  der  Commissura  posterior 
sind  oder  absteigende  tektale  Bahnen  (Kohnstamm's  Nucl.  intra-trigemi- 
nalis)  aussenden. 

Bei  manchen  Tieren  (Cavia,  Mus  rattus  u.  a.)  begleiten  die  großen 
bläschenförmigen  Zellen  des  R.  mesencephalieus  die  Wurzel  auf  einer 
erheblichen    Strecke   nach   hinten.    So    wird    bei  Cavia  und  beim  Schwein 


542 


TRIGEMIXUS    DER    SAUGEK. 


(HuLLEs)  die  Trochleariswurzel  noch  von  solchen  Zellen  umgeben,  und  beim 
Maulwurf,  Kaninchen  und  der  Ratte  erreicht  eine  groIte  Zahl  derselben 
sogar  die  Ebene  des  motorischen  V.  Kernes  (Fig.  163). 

Diese  Verlagerung  der  Ganglienzellen  in  der  Richtung  des  Wurzel  — 
austrittes  entspricht  der  Tatsache,  daß  es  sich  um  Zellen  handelt,  die  ihre 
Reize  von  der  Peripherie  erhalten,  also  um  sensible  Ganglienzellen,  welche 
bei  dieser  (neurobiotaktischen)  Verlagerung  ihre  Reizquelle  aufsuchen  und 
sich  7-ur  Peripherie  verschieben.  Ob  .sie  dabei  so  weit  kommen,  daß  sie  zu 

Cereb.  Nu.  mes.  V  Nu.  sens.  front.  V 


S^^^^&'ifi^j.^*- 


1 


y^ap^gS; 


Flocc,  cer. 


R.  mot.  V 
Nu.  mot.  V 

Nu.  jet.  sup. 
Fig.  lös.     Der  mesenzephale,  der  frontale  sensible  und  der 
motorische  Trigeminuskern  beim  Kaninchen. 


wirklichen  extrazerebralen  Zellen  werden  (wie  bei  den  spinalen  Riesengang- 
lienzellen der  Teleostier  der  Fall  ist:  Fig.  70),  läßt  sich  nicht  sicher  sagen 

Dafür  spricht  vielleicht  der  zuerst  von  May  und  Horsley  gemachte,  von 
Allen  bestätigte  Befund,  daß  nicht  alle  Fasern  der  R.  mesencephalica  den 
Mittelhirnzellen  entstammen,  sondern  ein  Teil  davon  im  Ganglion  semilunare 
(Gasseri)  seinen  Ursprung  nimmt,  dessen  Zellen  sonst  (wie  bei  den  Spinal- 
ganglien) sicher  als  Neuralleiste  angelegt  werden. 

Die  mesenzephale  Wurzel  selber  ist  bei  vielen  Säugern  auch  auf 
degenerative  Weise  verfolgt  worden  (v.  Londen,  Van  Valkenburg,  May 
und  Horsley,  Kosaka,  Allen).  Diese  Untersuchungen  führten  auch  zu  dem 
Schluß,  daß,  wie  bereits  Johnston  angegeben  hatte,  es  sich  hier  nur  um 
eine  sensible  Wurzel  handelt.  Nach  Kosaka's  Erfahrung  stehen  ihre  Wurzel- 
fasern hauptsächlich,  nach  May  und  Horsley  und  Allen  ausschließlich 
mit  dem  dritten  Ast  des  Nerven  in  ^'erbindung. 


TRIGEMINUS    DKK   SÄUGER.  343 

Ihre  Fasern  zielien  doi'solateral  an  dem  motorischen  V.  Kern  vorüber, 
an  welchen  sie  ihre  Achsenzj'linder  abgeben  (Ca.ial,  Willems  i))  wovon 
ein  Teil  weiter  kaudalwärts  bis  auf  das  Niveau  des  VJI.  und  IX.  zu  ver- 
folgen ist  (Pkobst),  wie  bei  manchen  niederen  Tieren. 

Es  ist  gewiß  sonderbar,  daß  (mit  Ausnahme  von  v.  \'.\lkexburg) 
kein  Autor  Fasern  der  mesenzephalen  Trigeminuswurzel  in  dem  Ramus 
ophthalmicus  nachgewiesen  hat,  welcher  doch  auch  ursprünglich  dem 
dem  Mesenzephalon  angehörigen  Neuromer  entspricht  (S.  823:  Kleindruck). 
Dies  wird  von  Kos.\K.i  dem  Umstände  zugeschrieben,  daß  die  Entfernung 
zwischen  dem  Austritt  des  Pi.  ophthalmicus  und  des  R.  mesencephalieus 
größer  ist  als  zwischen  dem  Austritt  des  R.  maxilo-maxillaris  2)  und  des 
R.  mesencephalieus. 

Diese   Erklärung  ist  also  eine  rein  mechanische. 

Es  ist  zwar  nicht  zu  leugnen,  daß  die  Nerven  bei  ihrem  Wachstum 
manchmal  die  Neigung  haben,  sich  den  in  der  Nähe  liegenden  Bahnen 
anzuschließen,  ihr  Endpunkt  wird  dadurch  aber  nie  bestimmt,  und  die 
mesenzephale  Wurzel  verlauft  nicht  nur  mit  jenem  Ast,  sondern  verteilt 
sich  auch  peripher  in  dessen  Gebiet,  sodaß  wir  eher  eine  funktionelle 
Verwandschaft  annehmen  müssen. 

Was  nun  die  Bedeutung  jener  Fasern  anbelangt,  dürfte  diese  an  erster 
Stelle  in  einer  sensiblen,  reflektorischen  Funktion  für  den  Kaukern  bestehen, 
an  welchen  sie  ilire  zentrii^etalen  Ausläufer  abgibt. 

Daß  die  Durchsehneiduug  jener  Fasern  (welche  von  May  und  Hoesley  unter- 
nommen wurde)  keine  wahrnehmbare  funktionelle  Störung  nach  sieh  zieht,  muß 
m.  E.  dadurch  erklärt  werden,  daß  auch  andere  Fasern  des  Trigeminus  mit  der 
Muskelsensibilität  in  Verbindung  stehen  (Edgeworth  3).  Die  Meinung  von  Hobsley, 
daß  nicht  alle  Fasern  dieser  Wurzel  ihren  peripheren  Endpunkt  erreichen,  sondern 
ein  kleiner  Teil  in  dem  Ganglion  Gasseri  stecken  bleibt,  ist  nach  Allen,  der 
diesen  Punjjt  eingehend  untersuchte,  nicht  richtig. 

Daß  die  sensible  mesenzephale  Wurzel  sich  wesentlich  der  mo- 
torischen Wurzel  beimischt,  dafür  sprechen  auch  die  vortretHichen  Unter- 
suchungen von  Willems,  der  nachwies,  daß  die  Zahl  der  Fasern  (4800) 
in  der  Portio  minor  V  beim  Kaninchen  etwa  ebenso  viel  beträgt  als  die 
Zahl  der  mesenzephalischen  (1600)  und  motorischen  Zellen  (2900)  zusammen 
(4500). 

Das     numerische     Verhalten     der     mesenzephalischen     zu     den     mo- 


')  Dieser  Autor  hat  nachgewiesen,  daß  dort  die  A.xonliügel  liegen. 

2)  Nach  KoSAKA  soll  außer  der  N.  mandibularis,  der  N.  raaxillaris  Fasei-n  hiervon 
führen.  Diese  sollen  //ausfasern  sein.  Jene  Aulfassung  ist  indessen  in  Streit  mit  den 
Resultaten  Mays,  Housleys  und  Allens. 

')  KosAKA  glaubt  denn  auch,  daß  „der  Nucleus  mesencephalieus  nervi  V  als  Rest 
einer  phylogenetischen  Urform  nur  eine  rudimentäre  Bedeutung  hat". 


344  TRIGKMINUS    DER    SÄUGER. 

torischen  Fasern  (30%)  entspricht  dem  Verhalten  von  sensiblen  zu 
motorischen  Fasern,  wie  dies  von  Sherrington  in  den  Muskeln  bei  der  Katze 
als  untere  Grenze  gefunden  wurde.  Aus  diesen  Daten  schließt  Willems, 
und  DoNALDsoN,  der  vorzügliche  Statistikus  des  Nervensj'stems,  bestätigt 
es,  daß  es  sich  hierbei  um  sensible  Fasern  handelt  und  zwar,  daß  der  R. 
mesencephalicus  Muskelsensibilität  führt,  obgleich  nicht  ausschließlich, 
weil  nicht  alle  mesenzephalische  Zellen  nach  Muskelextirpation  zu  Grunde 
gehen  und  auch  einzelne  Fasern  davon  nach  Kosaka  in  rein  sensiblen 
Ästen  des  zweiten  Trigeminusastes  verfolgt  i)  sind. 

Willems  verdanken  wir  auch  den  Nachweis,  daß  die  Abgangsstelle 
der  Fasern  aus  den  Zellen  des  Nucleus  mesencephalicus  nie  einen  Axonhügcl 
aufweist,  welche  wir  nur  dort  finden,  wo  die  Kollateralen  (Achsenzylinder) 
zu  dem  Kaukern  abgehen. 

Die  Tatsache,  daß  diese  Wurzel  jedenfalls  hauptsächlich  der  Mus- 
kelsensibilität dient,  erklärt  besser  den  überwiegenden  Verlauf  dieser  Fasern 
in   dem  dritten  Trigeminusast  als  die  mechanische  Theorie  Kosakas. 

Nach  Allen  ist  es  namentlich  der  M.  Masseter  ")  dessen  Muskelsen- 
sibilität hierdurch  (teilweise)  innerviert  wird. 

Dies  würde  auch  erklären,  weshalb  die  mesenzephale  Wurzel  so  auf- 
fallend groß  ist  bei  den  Schlangen  (Verg.  Fig.  153),  dei'en  Unterkiefer- 
muskulatur so  mächtig  ist. 

Schließlich  ist  es  in  Übereinstimmung  mit  dem,  was  wir  von  den 
(transitorischen  oder  bleibenden)  intramedullären  Ganglienzellen  wissen, 
welche  (außer  einer  Verästelung  in  der  Haut)  auch  eine  solche  in  den 
Muskeln  aufweisen  (Fig.  72). 

Hehkick  ejachtet  es  als  möglich,  daß  die  mesenzephalen  V.  Fasern  nur  eine 
Art  Muskelsensibilität  führen  (z.  B.  Muskelspindel  innervieren),  wahrend  andere 
sensible  V.  Fasern  vielleicht  andere  Empfindungen  des  Muskels  leiten. 

Der  motorische  Kern  des  Trigeminus  variiert  je  nach  der  Entwicklung 
der  Kaumuskulatur,  welche  (mit  dem  Ten.sor  tympani)  von  ihr  innerviert 
wird.  So  ist  er  bei  dem  zahnlosen  Ameisenigel  (Echidna),  der  nicht  oder 
kaum  kaut,  sehr  klein,  bei  den  Karnivpren  am  größten. 

Bei   Echidna  hat  der  Kern  noch    eine  mehr  dorsale  Lage. 

Bei  allen  andern  Säugern,  welche  ich  untersuchte,  liegt  er  etwa  in 
der  Mitte  der  Oblongata  in  der  Nähe  seines  Reflexzentrums  d.  i. :  in  der 
Nähe  des  frontalen  sensiblen  Hauptkernes,  der  einen  großen  Abschnitt 
der  maxillo-mandibulären  Fasern  oder  deren  Kollateralen  und  Axonen 
der  Radix  mesencephalica  aufnimmt.  —  (Siehe  Fig.  163  und  Kap.  V).. 


■)  Nach  VAN  VALKENiiURG  beim  Menschen  auch  in  dem  1  Ast. 

')    Die    Facialismusl<ulatiir    erhält    ihre  sensiblen  Fasein  wahrscheinlich  aus  dem  lt. 
niaxillo-mandibularis  und  R.  ophthalmicus  selber  (Siehe  Fußnote  S.  339). 


ÜBERBLICK    ÜBER    DIE    ENTWICKIAWO    DER    BRANCHIALNERVEN.  345 

Ueberblick  über  die  Entwicklung  der  Branchialnerven  und  deren 
zentrale  Verbindungen. 

Wir  Iiabcn  in  den  vorigen  Seiten  gesellen,  dail  die  Oblongaüi  sich 
wesentlich  dadurch  unterscheidet  vom  Rückenmark,  daß  die  Hinterwur- 
zeln hier  stark  überwiegen  über  die  Vorderwurzeln,  wodurch  (vorgleiche 
den  Sinus  lumbalis  der  Vögel)  i)  die  Flügelplatten  nicht  verlöten,  son- 
dern sogar  weit  auseinander  weichen  unter  Bildung  des  Ventriculus 
rhomboidalis  (oder  quaitus). 

Die  Ursache  dieser  Hypertrophie  der  Hinterwurzeln  ist  die  Ausbildung 
des  Kieraenbogen-Apparates  und  spezieller  Sinnesorgane. 

Die  Nerven  jener  Sinnesorgane  (N.  VHI  und  N.N.  laterales)  sollen 
in  dem  folgenden  Kapitel  behandelt  werden. 

Diejenigen  des  Kienienbogenapparates,  die  Branchialnerven,  sind  zu 
betrachten  als  besondere  Ausbildungen  der  ursprünglichen  Form  von  Hin- 
terwurzeln —  wie  sie  bei  Amphioxus  allgemein  ist  —  welche  neben  somato- 
scnsiblen  und  viszero-sensiblen  Fasern  auch  viszero-motorische  Fasern 
führen   und  sicli  niclit  mit  ventralen  motorischen  Wurzeln  verbinden. 

Bereits  bei  Amphioxus  aber  Itesteht  eine  Differenzierung  in  den  frontalsten 
Hinterwurzeln  in  dem  Sinne,  daii  die  vorderste  dorsale  Wurzel  (Nerv.  II 
Aut.)  infolge  Atrophien  in  dem  proximalen  Körperende  nur  somato-sen- 
sible  Fasern  führt.  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  dieser  Nerv  dem  R.  ophthal- 
micus  Trigemini  der  Kranioten  entspricht,  auch  weil  er  vor  dem  zweitem 
Kopfmyotom  austritt. 

Der  hinter  dem  zweiten  Myotom  austretende  zweite  Dorsalnerv 
(Nerv.  III  Aut.)  entspricht  dann  dem  R.  maxillo-mandibularis.  Dieser 
Nerv  fübrt  bei  Amphioxus  auch  viszero-sensible  Fasern  und  untersclieidet  sich 
nur  dadurch  von  den  kaudal  von  ihm  austretenden  Hinterwurzeln  der 
bukkalen  und  peribranchialen  Region,  daß  die  letztere  neben  somato-sensiblen 
und    viszero-sensiblen    Fasern  auch  viszero-motorische  Elemente  enthält. 

Letztere  sind  die  ^^orstufen  des  Facialis,  Glossopharyyigeus  und  ]'agus 
(Branchialnerven  s.slz.)  auch  weil  ihre  viszero-motorischen  Fasern  bei  der  At- 
mung  die    M.  M.  transversi    des   Peribranchialraumes   innervieren. 

Alle  diese  Nerven  weisen  jedoch  eine  so  große  Übereinstimmung  mit  den 
Hinterwurzeln  des  postbranchialen  Rückenmarkes  auf,  daß  sie  am  besten 
als  Branchiospinalnerven  zu  bezeichnen  wären. 

Ihre  Anzahl  ist  viel  größer  (etwa  36)  als  die  der  eigentlichen  Bran- 
chial wurzeln  der  niedrigsten  Kranioten  (13).  Dies  kann  uns  jedoch  nicht 
wundern,  weil  auch  innerhalb  der  Kranioten  eine  weiterschreitende  Re- 
duktion der  hinteren  Branchialnerven  oder  wenigstens  der  Kiemenbogen, 
denen  sie  zugehören,  stattfindet:  so  hat  Petromyzon  bloß  8,  Heptanchus  7, 
Hexanchus  6,  die  übrigen  Haie  1)loß  5   Kiemenbogen. 

')  Wo  bei  aber  tl  as  Auseinanderweiclien  erst  mich  der  Vei-lötung  (also  seluindiir)  st  iittiiiul  et. 


346     ÜBERBLICK  ÜBER  DIE  ENTWICKLUNG  DER  BRANCHIALNEEVEN. 

Wiilirend  also  die  hintern  branchialen  Nerven  reduzieren,  geht  die 
Ausbildung  der  vordem  branchialen  Nerven  von  Atnphioxus  (mit  Aus- 
nahme der  zwei  primitiven  Trigeminus-wurzeln ;  s.  o.)  zu  den  Branchial- 
nerven  Sensu  str.  der  Kranioten  gejaaart  mit  einer  Hypertrophie 
ihrer  viszerosensiblen  und  vizsero-inotorischen  Fasern,  infolge  der  Aus- 
breitung der  Kiemenschleimhaut  und  Ausbildung  von  wirklichen  Kiemen- 
mqskeln. 

Andere  sekundäre  Abweichungen  von  dem  ursprünglichen  Hinter- 
wurzelapparat, welche  der  Vagiis,  Glossopharyngeus  und  Facialis,  aufweisen, 
sind:  1°,  der  Zusatz  von  Elementen  aus  den  Kiemenspaltorganen  Frorieps 
{Epibranchialplahoden  Kuj^ffer's)  zu  ihren  Ganglien,  2°  die  Entwicklung  von 
Geschmacksbechern  in  ihrem  peripheren  Areal  (welche  bei  Amphioxus  noch 
fehlen)  und   3°  die  fortschreitende  Atroj^hie  ihrer  Hautfasern. 

Dem  letzten  Punkt  steht  gegenüber,  daß  somato-sensible  Elemente  der 
Oblongata  spezialisiert  werden  für  besondere  Funktionen,  diejenigen  des 
Labyrinths  und    des   Lateralissystems  (siehe :  Kap.  IV). 

Durch  die  starke  Entwicklung  dieser  sensiblen  Systeme,  namentlich 
auf  dem  Niveau  des  Facialis,  Octavus  und  N.N.  laterales  wird  infolgedessen 
die  Flügelplatte  der  Oblongata  gerade  dort  weit  auseinander  gezogen  und 
der  Calamus  scriptorius,  der  bei  Amphioxus  schon  hinter  dem  dritten  Dor- 
salnerv (N.  IV  Aut.)  liegt,  weiter  nach  hinten  verlegt. 

Reine  Hautäste  des  Facialis  und  Glossopharyngeus  sind  nur  noch 
bei  Zyklostomeh,  einigen  Selachiern  und  Amphibien  vorhanden.  Bei  den 
andern  Tieren  wird  ihr  sensibles  Kopfareal  vom  Trigeminus  ersetzt.  Der 
sensible  Hautast  des  Vagus  bleibt  bis  zum  Menschen  (wo  auch  noch 
einige    IX.    Hautäste    vorkommen)    als    Ramus    auricularis   vagi  bestellen. 

Die  Hautäste  des  Vagus,  Glossopharyngeus  und  Facialis  schließen 
sich  in  der  Oblongata  der  deszendierenden  Trigeminuswurzel  an,  mit  deren 
Fasern  schließlich  alle  Hautäste  kaudalwärts  laufen,  eine  Anordnung  aus 
peripher-funktionellen  Gründen,  die  von  dem  Standpunkt  der  Neurobio- 
taxis  leicht  verständlich  ist. 

Die  sensiblen  Schleimhautfasern  und  die  Geschmacksfasern  Ijleiben 
zentral  zunächst  beisammen  und  enden  medial  von  dem  somato-sensiblen 
Areal  in  dem  viszero-sensiblen  Gebiet  der  Flügelplatte.  Zunächt  enden  die 
sensiblen  IX.  und  X.  Fasern  ziemlich  direkt,  rl.  h.  nahe  dem  Niveau  ihres 
Eintritts.  Nach  diesem  Zentrum  steigt  die  sensible  VII.  Wurzel  von  vorne 
her  kaudalwärts    ab. 

Dieser  Zustand  ist  überwiegend  bei  allen  Fischen. 

Die  Ausbildung  absteigender  Wurzelfasern  des  Glossopharyngeus  und 
Vagus  wird  erst  bedeutend  bei  Amphibien,  tritt  dann  sehr  in  den  Vor- 
dergrund bei  den  Reptilien  und  wird  Ijei  Säugern  und  namentlich  bei 
Vögeln  sehr  auffallend. 

Diese  spezielle  Sonderung  absteigender  viszeraler  Fasern  hat  nicht  an 
erster   Stelle   mit   der   Geschmacksfunktion     zu    tun,    weil   bei    Tieren   mit 


ÜBERBLICK    iir.ER    UIK    KiNTWU'KLUXG    DER    BRANCHIALNERVEN.  3-17 

Hypertrophie  des  Geschmacks  gerade  die  örtlichen  Oblongatakerne  des 
(Facialis)  Glossopharyngeus  und  Vagus  hypertrophieren,  und  auch  weil  die 
absteigenden  Solitariusfasern  am  auffallendsten  bei  den  Vögeln  sind,  deren 
Geschmack  stark  atrophisch  ist. 

Die  Ausbildung  der  absteigenden  Bahn  des  Fasciculus  solitarius  hängt 
wahrscheinlich  mit  allgemeinen  Schleimhautempfindungen  der  obern  Einge- 
weide zusammen,  auch  mit  denjenigen,  welche  von  den  Atemwegen  herrühren. 

Dies  wird  dadurch  bewiesen,  daß  die  Bildung  eines  richtigen  Fase, 
solitarius  Glossopharyngei  et  Vagi  erst  bei  denjenigen  Tieren  auftritt, 
bei  denen  die  Kiemenatmung  durch  die  Lungenatmung  ersetzt  wird  und 
bei  denen  ein  Zentrum  der  Lungenatmung  im  4.  Zervikalsegment  (N. 
phrenicus:  Diaphragma)  und  im  Thorakalmark  vorkommt. 

Im  Hinblick  hierauf  ist  es  wichtig,  daß  nachgewiesen  wurde,  d&Ö 
tatsächlich  sensible  Fasern  der  Luftwege  (X)  in  den  F.  solitarius  absteigen, 
und  daß  dieses  Absteigen  bei  einigen  Tieren  bis  ins  3.  Zervikalsegment 
verfolgt  worden  ist,  während  sekundäre  absteigende  Neuronen  von  der 
Umgebung  des  Fasciculus  solitarius  ins  vierte  Zervikalsegment  und 
weiter  absteigen. 

Die  Geschmacksfasern  bleiben  auch  bei  höbern  Wirbeltiern  (Mam- 
maliern)  wahrscheinlich  in  den  bulbären  Kernen  lokalisiert  und  zwar 
dürfte  von  dem  dorsalen  und  dem  medialen  (oder  STADERiNischen)  Oblon- 
gatakern  dem  letzteren,  als  Zentrum  des  Geschmacks,  die  größte  Be- 
deutung zukommen.  Es  ist  nämlich  auffallend,  daß  dieser  STADERNische 
Kern  erst  bei  denjenigen  Tieren  zu  völliger  Ausbildung  gelangt,  bei  denen 
die  Zunge  das  exquisite  Explorationsorgan  des  Geschmacks  wird,  den 
Säugern.  Er  fehlt  bei  Tieren  ohne  muskulöse  Zunge  (Fischen)  und  ist  bei 
Säugern  mit  vielen  Geschmacksknospen  auf  der  Zunge  (Rodentier  und 
Edentaten)  viel  größer  als  bei  denjenigen,  bei  denen  der  Geschmack  der  Zunge 
atrophisch  ist  (Zetazeen). 

In  dieser  Hinsicht  ist  auch  seine  Topographie  zwischen  dem  moto- 
rischen Zungenkern  und  motorischen  Magenkern  wichtig. 

Schließlich  sei  noch  bemerkt,  daß  von  den  zentralen  Projektionen 
der  viszeralen  Sensibilität,  außer  einer  nicht  sehr  bedeutenden  Projektion 
auf  den  ventralen  Neothalamuskern,  wenig  bekannt  ist,  was  wohl  beweist, 
daß  diese  nicht  im  Vordergrunde  stehen,  wie  auch  bei  dem  überwfegend 
viszeralen  Charakter  ihrer  Reize  zu  erwarten  ist. 

Was   die    motorischen    Kerne    dieser  Nerven  betrifft,  siehe   Kapitel  V. 

Die  sensible  Trigeminuswurzel  entsteht  wahrscheinlich  durch  Vereini- 
gung der  l)eiden  vordersten  Dorsalnerven  von  Amphioxus  (dem  II.  und 
III.  Septalnerven  der  Autoren),  von  denen  der  vorderste  vor  dem  zweiten 
Myotom,  der  hintere  hinter  dem  zweiten  Myotom  austritt,  was  auch  für 
den  R.  opthalmicus  und  den  R.  maxillo-mandibularis  gilt.  Auch  bei 
Embryonen  weist  sie  zwei  Wurzeln  auf:  den  R.  ophthalmicus,  welcher  der 
frontalste    ist   und    mit   den    II    Septal    (vordersten    Dorsal-)    Nerven    von 


348      ÜBERBLICK  ÜBER  DIE  ENTWICKLUNG  DER  BRANCHIALNERVEN. 

Amphioxus  korrespondieren  dürfte  und  des  N.  niaxillo-niandibularis,  welcher 
dem    ITI.   Septal-   (2.  Dorsal-)  Nerven    von    Anipluoxus   entsprechen    kann. 

Im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Ihani'hialnerven  weisen  diese  Nerven 
bei  den  Kranioten  eine  Atrophie  ihrer  viszero-sensiblen  Elemente  und  eine 
H^vpertrophie  ihrer  somato-sensiblen  Elemente  auf. 

Zum  hintersten  Abschnitt,  dem  N.  maxiJlo-niandibularis,  gehören 
bei  den  Kranioten  auch  Fasern,  welche  dem  Ganglion  mesenccphalicum 
N.  quinti  entstammen  und  welche  meistens  gänzlich  dem  Ramus  man- 
dibularis  einverleibt  werden  (womit  sie  zu  den  Kaumuskeln  ziehen, 
deren  Sensibilität  sie  innervieren),  vielleicht  bisweilen  auch  einige  Haut- 
fasern an  den  R.  maxillaris  und  R.  ophthalmicus  abgeben. 

Es  gibt  keine  genügenden  Argumente,  weder  phylogenetische  noch  2»atho- 
logische,  welche  beweisen,  daß  der  Trigeminus  Geschmacksbecher  innerviert. 

Die  Geschmacksbecher,  welche  in  seinem  Areale  vorkommen,  werden 
vom  sensiblen  Facialis  innerviert. 

Obschon  ein  großer  Teil  des  Trigeminus  die  Mundhöhle  innerviert, 
müssen  diese  Aste  doch  als  somato  -,  nicht  als  viszero-seusible  Fasern  gedeutet 
werden,  weil  ihr  Verbreitungsareal  vor  der  primitiven  Mundhöhle  liegt, 
in  dem  Ciebiet  vor  der  Buccopharyngealmembran  (etwa  dem  Gaumenbogen 
entsprechend),  welches  ektodermaler  Herkunft  ist. 

Weil  al)er  das  Areal  der  sekundären  Mundhöhle,  namentlich  bei  der 
Entwicklung  der  Backenmuskulatur,  mehr  und  mehr  ein  „inneres",  ge- 
wissermaßen „sekundär  viszerales"  Areal  wird  und  sich  direkt  dem  Areal 
der  viszeralen  Sensibilität  anschließt,  nehmen  die  Mundfasern  dieses  Nerven 
auch  mehr  und  mehr  einen  „sekundär"  viszeralen  Charakter  an. 

Der  Einfluß  dieser  phylogenetischen  Veränderung  in  der  Peripherie 
macht  sich  auch  geltend  in  dem  zentralen  Verlauf  ihrer  Fasern. 

Zentral  zeigen  die  verschiedenen  Aste  des  Trigeminus  ein  ganz  be- 
stimmtes Verhalten  in  dem  Ramus  descendens  trigemini. 

Die  Anordnung  in  dem  letzteren  entspricht  der  i)eripheren  Funktion 
in  dem  Sinne,  daß  diejenigen  Trigeminusfasern,  deren  peripheres  Areal 
sich  dem  Areal  des  Facialis  und  Glossopharyngeus  anschließt,  in  der 
Oblongata  nahe  den  zentralen  Fasern  des  Facialis  und  Glossopharyngeus 
(Fasciculus  solitarius),  also  dorsaler,  verlaufen  als  die  Fasern  des  R.  ophthal- 
micus, welche  in  dem  Bulbus  die  ventralsten  Bestandteile  des  Radix  des- 
cendens N.  V  bilden. 

Namentlich  bei  den  Tieren,  welche  ihie  Nahrung  kauen,  also  bei  den 
Säugern,  wird  der  Anschluß  der  mandibularen  Fasern,  insbesondere  der 
Lingualisfasern  des  Trigeminus  an  den  Fasciculus  solitarius  sehr  eng,  weil 
ihre  funktionelle  Verwandtschaft  mit  den  allgemein  sensiblen  viszeralen 
Systemen  der  Rachenhöhle  größer  wird. 

Außer  in  der  dorso-ventralen  Anordnung  zeigen  die  Bestandteile  der 
Radix  descendens  N.  V  einen  Unterschied  in  der  Länge  ihrer  Ausdehnung, 
indem    der   Ramus    maxillo-mandibularis   entsprechend  demselben  funktio- 


iniERÜLICK    Ül'.KR    DTK    10XT\VTrKT,TN'l ;    DFAl    lillAXCIl  I ALNKU  VKN.  349 

nellen  Gesetz  sich  eher,  schon  teilweise  in  der  Ohlongata  auflöst,  und  der 
Ramus  ophtliahniciis  sicli  weiter  nacli  liintcn  fortsetzt,  dadiircli  mehr  mit 
der  zervikalen  als  mit  der  Inilhären  ((jllo.ssopliaryngeus  und  N'agus)  Takti- 
lität  in  ^'erbinding  tretend,  weil  doch  die  äuliere  Kojif'taktilität  korreliert 
ist  mit  dem  Taktilitätsareal  der  oberen  Zervikalnt-rven  und  niclit  mit 
dem  jenigen  des  Rachens. 

Man  darf  denn  auch  annehmen,  dat!  die  Reflexe  der  Kopfliaut  teil- 
weise, ja  größtenteils  im  oberen  Zervikalmark  verwertet  werden,  bei  den 
Fröschen  sogar  im  Lumlialinark,  ein  Unterschied,  der  wahrscheinlicli  in 
der  besondern  Bedeutung  dieser  Abschnitte  des  Markes  für  die  Flucht-  und 
andern  Bewegungen  des  Tieres  hat  (Brustflossenregion  bei  Fischen,  hintere 
Extremitätenregion  beim  Frosch,  Halsbewegungen  beim  Menschen). 

Der  größte  Unterschied,  den  die  Trigeminuswurzel  phylogenetiscli 
aufweist,  liegt  in  der  Ausbildung  ihrer  sekundären  frontalen  Projektion. 

Bei  den  Tieren  unterhalb  der  Reptilien,  ist  (abgesehen  von  dem  Grau, 
welches  die  V.  Wurzel  begleitet)  nur  von  einem  Jcaudalen  sensiblen  Kern  die 
Rede  imd  zwar  am  obern  Zervika  mark  {spinalei-  sensibler  V.  Kern),  von 
dem  keine  eigentliche  schleifenähnliche  Projektion  auf  das  Vorderiiirn 
ausgeht,  wohl  aber,  neben  kurzen  reflektorischen  Fasern,  eine  gekreuzte 
antero-laterale  Bahn  entsteht,  welclie  mit  den  EniNGERsctei  Fasfrn  der^)?-/iH('- 
üven  (vitalen)  Empfindungen  nach  vorne  zieht 

Diese  Bahn  endet  im  Mittelhirn,  es  sei  im  Tectum  opticum,  in  den 
Kernen  des  Tegmentum  oder  sogar  teilweise  in  dem  Ganglion  Isthmi 
(Corp.  genic.  mediale),  sodaß  wir  dort  ein  wichtiges  Korrelationszentrum 
jener  Empfindungen  mit  der  Optik  und  Statik  haben. 

Hierdurch  zeigt  sich,  daß  der  spinale  Trigeminuskern  ain  meisten 
den  vitalen  Endstellen  der  Rückenmarksnerven  ähnlich  ist,  welche  in  dem 
Hinterhorne  selber  liegen,  eine  Obereinstimmung,  die  namentlich  auch 
durch  die  Tatsache  bestätigt  wird,  daß  sich  sowohl  auf  dem  spinalen  V. 
Kern  als  auf  dem  Rückenmarkshinterhorn  im  Laufe  der  Phylogenese  die 
Substantia  gelatinosa  Rolando  entwickelt,  ein  sensibles  Areal,  welches  nament- 
licli  lokalen  Reflexen  zu  dienen  scheint,  möglicherweise  mit  den  Tast- 
haaren u.  d.  zu  tun  hat. 

Erst  bei  den  Reptilien  (wo  auch  zuerst  die  mediale  Schleife  aus  den 
Hinterstrangkernen  des  Rückenmarkes  entsteht)  ist  das  frontale  Ende  der 
grauen  Substanz,  welches  den  V.  desc.  begleitet,  zu  einem  wirklichen 
frontalen  sensiblen   V.  Kern)  oder  Nucleus  princeps  sensibilis  U)  angeschwollen. 

Obsclion  wir  die  dort  daraus  sicher  hervorgehende  frontale  Fastrung 
noch  nicht  genügend  in  ilirem  Verlauf  verfolgen  können,  spricht  die  Ent- 
wicklung der  thalamischen  Kerne  bei  den  Reptilien  zugunsten  der  Anwesen- 
heit  einer   wirklichen    (gnostischen    oder  epikritischen)  Trigeminussclileife. 

Dies  ist  deshalb  .selir  wichtig,  weil  vieles  dafür  spricht,  daß  die  Trigeminus- 
scldeife  der  Projektion  einer  hohem  (slercognostisclien)  Sensibilität  ent-;priclit 
und  gerade  auch  bei  den  Reptilien  zuerst  in  der  Peripherie  des  V.  konii)li- 


350  ÜBERBLICK    ÜBER    DIE    ENTWICKLUNG    DER    BRANCHIALNERVEN. 

zierte   Tastkörperclien  (auch  Vater — PACiNische  Körperchen)  vorkommen. 

Bei  den  Vögeln  und  den  Säugern  kennen  wir  die  Projektionsbahnen 
genauer.  Bei  den  erstgenannten  entstehen  (aui^er  den  dorsalen  reflektorischen 
Fasern  zu  dem  umgebenden  Tegnientum)  zwei  Projektionsliahnen  aus  dem 
frontalen  sensiblen  Kern:  eine  zum  Thalamus:  die  gekreuzte  Trigeminusschleifc 
und  eine  zu  der  Basis  des  Vorderhirns:    Tr.  qainto-Jroiitalis. 

Bei  den  Säugern  ist  außer  den  reflektorischen  Fasern  zum  umgebenden 
Tegmentum,  namentlich  die  geki-euzte  thalamische  Verbindung:  die  Trige- 
minusschleife  vorhanden,  welche,  wie  die  V.  Schleife  der  Vögel,  der  medialen 
Schleife  aus  den  Hiiiterstrangkernen  zur  Seite  zu  stellen  ist  und  als  eine 
Projektionsbahn  der  höhern  Sensibilität  (des  stereognostischen  Sinnes) 
betrachtet  werden  muß  i). 

Bei  Vögeln  und  Säugern  sind  denn  auch  die  entsprechenden  thalamischen 
Kerne  mächtig  entwickelt  und  geben  sie  eine  liedeutende  Faserung  zum 
Vorderhirn  ab. 

Wir  finden  also,  wenn  wir  die  sekundären  Verbindungen  dieses  Branchial- 
nerven  mit  denjenigen  des  V^IL,  IX.  und  X.  vergleichen,  daß  bei  dem 
Trigeminus  die  thalamische  und  die  daran  anschließende  Vorderhirn- 
projektion viel  mehr  ausgeprägt  wird,  widirend  diese  bei  den  VII.,  IX. 
und  X.  Zentren  im  Hintergrunde  bleibt. 

Auch  dadurch  tritt  die  somatische  Natur  des  Trigeminus  und  ihre 
Übereinstimmung  mit  den  somatischen  Rückenmarkswurzeln  deutlich  zu 
Tage,  daß  man  in  seinen  primären  Endigungen,  sowie  in  dessen  Verbindungen 
dem  niedern  (spinalen)  vitalen  Zentrum  (Nucl.  cerv.  V)  ein  pliylogenetisch 
jüngeres  frontales  Zentrum  (Nucl.  frontalis  principalis  V)  entgegenstellen 
kann,  aus  dem  die  liöhere  sekundäre  Gefühlsbahn  des  Trigeminus,  die 
Trigeminusscbleife,  hervorgeht. 

Bezüglich  des  mesenzephalen  Trigcmiiiuskernes  ist  zu  betonen,  daß  er  als 
ein  Analogon  der  Rohon — BEARDSchen  (intraraeduUären  oder  supramedul- 
lären) Ganglienzellen  des  Rückenmarkes  betrachtet  werden  muß.  Der  Verlauf 
seiner  peripheren  Ausläufer  in  der  mandibularen  Wurzel  (dritter  Ast)  macht 
es  wahrscheinlich,  daß  sie  die  Muskelsensibilität  des  motorischen  Trigeminus 
leiten.  Bekanntlich  führen  die  BEAROschen  Zellen  (neben  Hautfasern)  aucli 
Muskelsensibilität.  Diese  Autfassung  wird  durch  dem  Umstand  bestätigt, 
daß  die  Wurzel  namentlich  bei  den  Schlangen  mit  ihrer  großen  ünter- 
kiefermuskulatur  stark  vergrößert  ist  und  ihre  Ausläufer  Axonen  an 
den  motorischen  V.  Kern,  bei  einigen  Tieren  sogar  auch  an  den  moto- 
rischen VII.  Kern,  abgibt. 

Das  Vorkommen  dieser  Zellen  ist  bei  den  Zyklostomen  noch  nicht 
bewiesen.    Möglicherweise   ist  der  Kern  dort,  in  Verbindung  mit  der  ganz 


')  Der  quinto-fiontalen    Bahn    homologe   Fasern   sind   auch    beim    Kaninchen    nach- 
gewiesen worden;  sie  reichen  aber  nur  bis  zum  Ganglion  entopedunculare. 


ÜBERBLICK    ÜBKR    DIE    ENTWlCK'M'Ni  1    DICH    BRANCUIALNERVEN.  351 

andern  Organisation  der  motilen  Funktion  des  mandibularen  Astes,  dein 
sicli  ihre  peripliere  Fasern  beimischen,  nicht  vorlianden.  Weil  der  Kern 
selten  oder  Iceine  Fasern  in  den  R.  ophthalmicus  scliickt,  ist  die  Lage  ihrer 
Usprungszellen  im  Mittelhirnsegment  selir  merkwürdig  und  möglicherweise 
ein  Rest  aus  einer  Zeit,  da  auch  der  Ophtlialmicus  noch  aus  solch  einem 
Kern  Fasern  erhielt. 

Bei  den  Selachiern  liegen  seine  Zellen  durch  das  ganze  Tectum  opticum 
nahe  der  Mittellinie.  Bei  den  Teleostiern  sind  sie  unter  dem  Vorderrande 
des  Tektums,  mehr  lateral  angehäuft.  Bei  den  Amphibien  findet  man  sie 
liauptsächlich  in  der  liintcrn  Hälfte  des  Tektums,  nahe  der  Mittellinie  und 
dasselbe  gilt  für  die  Schlangen,  Saurier  und  für  Chelonier,  bei  denen  die  Zellen 
zwar  über  die  ganze  Länge  des  Tektums  gefunden  werden,  aber  sich 
hauptsäcliüch  im  hintern  Abschnitt  desselben  häufen,  während  die  Mehrheit 
derselben  bei  den  Hvdrosauriern  in  dem  vorderen  Abschitt  des  Daches  liefft. 

Bei  den  Vögeln  findet  man  sie  hauptsächlich  nahe  und  in  dem  Velum 
anticum  cerebelli  und  seitlich  davon,  und  bei  manchen  Säugern  erhalten 
sie  eine  noch  melir  kaudale  Lage,  sodaß  sie  (namentlich  bei  den  Rodentiern) 
bereits  auf  dem  Niveau  des  motorischen  V.  Kernes,  also  in  der  Oblongata 
selber,  vorhanden  sind. 

Bei  den  Säugern  soll  die  Wurzeln  auch  Fasern  enthalten,  deren  Zellen 
in  dem  Ganglion  Gasseri  selber  liegen. 

Diese  kaudale  Verlagerung  ist  als  eine  neurobiotaktische  Erscheinung 
aufzufassen,  eine  \^erlagerung  in  der  Richtung  ihrer  Wurzelreize. 

Dafür  spricht  auch  die  Tatsache,  daß  diese  kaudale  Lage  bei  den 
Säugern  (welche  ihre  Nahrung  kauen)  am  meisten  ausgejjrägt  ist. 

Besondere  zentrale  Projektionen  des  mesenzephalen  Trigeminuskernes 
sind  bis  jetzt  nicht  bekannt,  was  mit  der  hervorragend  reflektori.schen 
Verwertung  der  ihm  zugeführten  sensiblen  Reize  übereinstimmt,  welche,  wie 
gesagt,  wesentlich  in  dem  motorischen  Kaukern,  teilweise  auch  in  mehr 
kaudalen  Ebenen  in  dem  Facialiskern  ihren  Abfluß  finden. 

Uebrigens  ist  zu  betonen,  daß  die  mesenzephale  Trigeminuswurzel  nicht 
der  einzige  Teil  des  Trigcminus  ist,  der  Muskelsensibilität  führt. 

Ein  nicht  geringer  Teil  der  Trigeminus-  und  Faeialismuskulatur  schickt 
seine  sensiblen  Fasern  in  die  Radix  descendens. 


352  LITERATUR    ZUM    DRITTEN    KAPITEL. 


LITERATUR  ZUM  DRITTEN  KAPITEL. 

Einige  üteratur'angaben  über  die  Bildung  der  Oblongata 
und  über  den  Plexus  Chorioideus  Ventr.  IV  i). 

Blake.    The    roof   and    lateral    reoesses  of  the  foiirth  ventricle  considered  morpho- 

logically   and   embryologioally.  Jouru.  Comp.  Nciirol.,  Vol.  X,   1900. 
Cannieu.  Contribution  a  rötude  de  la  vouve  du  quatrienie  ventricule  cliez  les  mammi- 

feres  ;  le  trou  de  Magendie.  .Tour,  de  Med.  de   Bordeaux,  Tome  XXVII,   1S97. 
ExGEL.    Über    die  Sekretionserscheinungen  in  den  Zellen  der  Plexus  choriodei  des 

Menschen.   Arch.  f.  Zellforschung.  Leipzig,  Bnd.  II,   1909. 
Froriep    iu    Edixgers    Vorlesungen    über    den    Bau    der    Nerv()sen    Zentralorgane, 

Teil   II,   7.   Auflage,  Vogel  Leipzig,   1908. 
His.    Die    Entwickelung    des    menschlichen    Eautenhirns,    vom  Ende  des  ersten   bis 

zum   Beginn  des  dritten  Monats.  Leipzig,  Hirzel,   1890. 
His.    Die    Häute    und    Höhlen  des  Körpers.  Arch.  f.  Anatomie  u.   Physiol.,   x\nat. 

Abth.,   1903. 
His.   Die  Entwickelung  des  menschlichen  Gehirns.  Leipzig,  Hirzel,   1901. 
Hess.    Das    Foramen    Magendii    und    die   Öfthungen  an  den  Eecessus  laterales  des 

vierten  Ventrikels.  Morphol.  Jahrbuch,   Leipzig,   Bnd.  X,   1885. 
Heuser,  The  development  of  the  cerebral  ventricles  in  the  pig.   Am.  Jour.   Anat., 

Philadelphia,   Vol.  XV,   1913—14. 
HwoflOSTüciiiN.    Zur    Frage    über    den  Bau  des  Plexus  chorioideus.   Arch.  f.   mikr. 

Anat.,   Bonn,  Bud.   77,   1911. 
Kev    und    Eetzius.    Studien    in    die    Anatomie  des  Nervensystems  und  des  Binde- 
gewebes. Teil  I,  Stockholm,   1875. 
V.    KuPFFER.    Die  Morphogenie  des  Zentralnervensystems.  In  Hertwig's  Handbuch 

der  Entwicklungslehre.   Bnd.  II  Teil  III  Jena  1906. 
Luschka.  Die  Adergeschlechte  des  menschlichen  Gehirnes.  Berlin,  G.  Reimer,  1855. 
Magendie.  Recherches  sur  le  liquide  cephalo-raehidien.  Paris,   1825. 
Magendie.    Recherches   philosophiques  et  cliniques  sur  le  liquide  cephalo-rachidieu 

ou  cerebro-spinal.   Paris,   18-12. 
Meek.    A    study   of  the   choroid   plesus.   Jour.    Comp.   Neurol.    and    Psvchol.,    Vol. 

XVn,   1907. 
Pellizzi.    Experimentelle    histologische    Untersuchungen  über  die  Plexus  ehorioidei 

(Adergeflechte).   Folia  ueuro-biologica,  Haarlem,   Bnd.   V,   1911. 
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and  Ment.  Dis.,  New- York,  Vol.  XIII,   188G. 
Wilder.    The    metapore    (foramen    of   Magendie)   in  man  and  Orang.   Med.   News, 

Philadelphia.  Vol.  LXIII,   1893. 
ZiEHEX.    Die   Morphogenie  des  Zentralnervensystems  der  Säugetiere.  In  Hertwig's 

Handbuch  der  Entwicklungslehre.  Bnd.  II,  Teil  III,   Fischer,  Jena  1906. 

')  Für  sonstige    Literatur,   den    Plexus   chorioideus   im    allgeiueiuen    betred'enJ,  ver- 
weise ich  nach  Kapitel  I. 


i.iTKKATn;  zTiM  r)HrrTp;N'  katitel. 


353 


Verbreitung  der  Geschmacksknospen  und  Papillen  ^. 
Zyklostomen. 

JoHNSTOx.   The  brain  of  Petroniyzmi.  Journal  of  Comparative  Neurology  ;  Vol.  12, 

1902. 
JonxsTON.  The  cranial  nervecomponents  of  Petromyzon  (p.   188).    Morphologisches 

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Eetzius.  lieber  Geschmacksknospen  bei  Petromyzon.  Biolog.  Unters.  N.  F;  Bnd.  5, 

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WiKüEiiSHEiM.  Grnnthil!  der  vergleichenden  Anatomie  der  Wirbeltiere,  Fischer,  Jena. 

Plagiostomen. 

Oppel.  Vergleichende  mikroskopische  Anatomie  der  Wirbeltiere,  Teil  III.  Mund- 
höhle u.  s.  w.,   Fischer,  Jena   1900. 

iSiiELDOX.  The  reactions  of  the  dogfish  to  chemical  Stimuli.  Journal  of  Comp. 
Neurology;   A^ol.   19,   1909. 

Ganoi'den  und  Teleostier. 

Allis.    On    the    muscular    System    and    cranial    iierves    of   Amia  Calva.  Journal  of 

Morphology;  Vol.   V.   1897. 
Hehrick.    A    contribution    lipon    the    cranial    Nerves    of   the    Codfish.    Journal    of 

Comparative  Neurology;   Vol.   10,   1900. 
Herhick.  On  the  Phylogeny  and  morphological   position  of  terminal   buds  in  fishes. 

Journal  of  Comp.  Neurology;  Vol.   13,   1903. 
Herrick.    A    study    of   the    Vagal  lobes  and   funicular  nuclei  in  the  Brain  of  the 

Codfish.  Journal  of  Comparative  Neurology;  Vol.  XVII,   1907. 
Höhschelmann.    Ein    Beitrag    zur    Anatomie    der    Zunge    der   Fische.  Dissertation, 

Dorpat,   1866. 
Johnston.  The  brain  of  Acipenser,  Fischer,  Jena,   1901. 
Landacre.    On    the    place    of   origin    and  method    of  distribution  of  taste  buds  in 

Ameiurus  melas.  Journal  of  Comparative  Neurology;   Vol.   17,    1907. 
Leydig.     Anatomisch-histologische     Untersuchungen     über    Fische    \ind    Eeptilien, 

Berlin,   18.53. 
Lbydig.  Lehrbuch  der  Histologie  des  Menschen  und  der  Tiere,   1857. 
Oppel.    Vergleichende    mikroskopische   Anatomie  der  Wirbeltiere,  Teil  III,   Mund- 
höhle u.  s.  w.,  Jena,    1900. 

Amphibien. 

FixsEN.  De  linguae  raninae  textura,   Dorpat,   1857. 

Hartmann.  Ueber  die  Endigungsweise  der  Nerven  in  den  Papillae  fungiformes 
der  Froschzunge.   Archiv,  für  Anatomie,   1863. 

Johnston.  The  limit  between  the  ectoderm  and  entoderm  in  the  mouth  and  the 
origin  of  taste  buds.   I  Amphibia  American  Journal  of  Anatomy ; Vol.  X,  1910. 

JjEydig.  Anatomisch-histologische  Untersuchungen  über  Fische  und  Heptilien  (ent- 
hält auch  Mitteilungen   über  Amphibien),   Berlin,   1853. 

')   Für    die    Literatur   über   die   Papillen  verweise  ich  namentlich  auf  Oppkl's  Buch. 
Für   die    Liteiatui'    über   die   motorischen    Kerne   der    Branchialneiven    verweise    ich 
auf  Kapitel  V. 

Kappers.  2:! 


354  LTTERATIK    Zt'M    DRITTEN    KAPITEL. 

Oppel.  Vergleichende  mikroskopische  Anatomie  der  Wirbeltiere,  Teil  III,  Mund- 
höhle u.  s.  w.,   Fischer,   Jena.    1900. 

Retzius.  Zur  Kenntnis  der  Nervenendigungen  in  den  Papillen  der  Zunge  der 
Amphibien.   Biol.   Unters.  N.   F.,   Bnd.   12,   1905. 

Reptilien. 

Bath.  Die  Gesehmacksorgane  der  Vögel  und  Krokodile.  Archiv  f.  Biontologie; 
Bnd.   1,   1906. 

Levdig.  Zur  Kenntnis  der  Sinnesorgane  der  Schlangen.  Archiv  für  mikroskopische 
Anatomie;   Bnd.  VIII,   1872. 

Letdig.   Die  in  Deutschland  lebenden  Arten  der   Saurier,  Tübingen,   1872. 

Leydig.   Anat.   histolog.  Untersuchungen  über  Fische  und   Reptilien,  Berlin,  1853. 

Mebkel.  Ueber  die  Endigungen  der  sensiblen  Nerven  in  der  Haut  der  Wirbel- 
tiere. Rostock,   1880. 

Oppel.  Vergleichende  mikroskopische  Anatomie  der  Wirbeltiere,  Teil  III,  Münd- 
höhle u.  s.  w.,  Fischer,  Jena,   1900. 

TrcKEEMAN.  On  the  terminations  of  the  Nervus  of  the  lingual  papillae  of  the 
Chelonia.  Internationale  Mouatschrift  für  Anatomie  und  Physiologie ;  Bnd.  9, 
1892. 

Vögel. 

Bath.  Die  Geschmacksorgane  der  Vögel  und  Krokodile.  Archiv  f.  Biontologie, 
Bnd.   1,   1906. 

Oppel.  Vergleichende  mikroskopische  Anatomie  der  Wirbeltiere,  Teil  III,  Mund- 
höhle u.  8.  w.,   Fischer,  Jena,   1900. 

Säugetiere. 

Oppel.    Vergleichende    mikroskopische    Anatomie   der  Wirbeltiere.  Teil  Ilf,  IVIund- 

höhle.   Bauchspeicheldrüse  und   Leber,   Fischer,  Jena,   1900. 
PouLTON.   The  tongue   of  Peromeles   nasuta   with   some    suggestions  as   to   the  origin 

of  tastebulbs.  Quarterly  Journal  of  microscojjical  Science;  Vol.  23,   1883. 
PouLTON.  The  tongue  of  Ornithorrhynchus  paradoxus.  The  origin  of  tastebulbs  and 

the  parts  upon  which  they  occur.  Quarterly  Journal  of  microscopical  Science ; 

Vol.   23,   1883. 
PoüLTON.   On  the  tongues  of  the  Marsupiais,   Proceedings  of  the  Zoological  Society 

of  London,   1883. 
Rawitz.    Beiträge    zur    mikroskopischen    Anatomie    der    Cetaceen    II.     Ueber    die 

Zunge  von  Delphinus  delphis.    Internationale  Monatschritt    für  Anatomie  und 

Physiologie;  Bnd.   20,   1903. 
Stahr.    Ueber    die   Papillae    fungiformes  der  Kinderzunge  und  ihre   Bedeutung  als 

Geschmacksorgan.  Zeitschr.  f.   Morphologie  und    Anthropologie;  Bnd.  4,  1901. 
TucKERMAN.    The    tongue    and    gustatory    organs  of  Fiber    Zibethicus.  Journal   of 

Auatomy  and  Physiology ;   1888.   Vol.   22. 
TucKERMAN.    The    gustatory    organs    of    Lepus    americanus.    American    Journal   ot 

Science;   Vol.  38,   1889. 
TucKERMAN.  The  gustatory  organs  of  Mammalia.  Proceedings  of  the  Boston  Society 

of  Natural  history ;   Vol.   24,   1889. 
TucKERMAN.  The  development  of  the  gustatory  organs  in  Man.   American  Journal 

of  Psychiology;  Vol.  HI,   1890. 
TtiCKERMAN.  On  the  gustatory  organs  of  sciurus     hudsouius.    International  Monat- 
schrift für  Anatomie  und  Physiologie;   Bnd.   18,   1891. 


MTKKATtlK    ZUM    DKITTKN    K  APITKI..  355 

TrcKEiiMAN.  The  gustatory  organs  of  Procyon  loior.  Journal  of  Aiiatomy  and 
Physiology;   Vol.   24,"  1900. 

TvcKEKMAN.  The  gustatory  organs  of  Belideus  ariel.  Journal  of  Anatoniy  and 
Physiology;   Vol.    24,    1000. 

TucKEKMAN.  The  gustatory  Organs  of  Atelea  ater.  Journal  of  Anatomy  and  Phy- 
siology;  Vol.   36,   1902. 

Chemische  Reize  und  Geschmack. 

Braeünino.  Zur  Kenntnis  der  VV^irkung  chemischer  Kei/.e.  Archiv  für  die  ge- 
samte Physiologie;  find.    102,   1904,  S.    163. 

CoLE.  Reaction  of  frogs  to  Chlorides  of  ammonium,  potassium,  sodiuui  and  lithium. 
Journ.  of  Comp.  Neur.   Vol.   20,   1910. 

Herrick.  Organ  and  sense  of  Taste  in  Fishes.  Woodshole  Bulletin  for  1902  (1904). 

Hehrick.  On  the  centers  for  taste  and  touch  in  the  Medulla  Oblongata  of  Fishes. 
Journ.  of  Comparative  Neurology ;  Vol.   16.   1906. 

Nagel.  Vergleichend  physiologische  und  anatomische  Untersuchungen  über  den 
Geruchs-  und  Geschmackssinn  und  ihre  Orgaue ;  mit  einleitenden  Betrach- 
tungen aus  der  allgemeinen  vergleichenden  .Sinnesphysiologie.  Bibliotheca 
Zoologica;  Heft   18,   1894. 

Parkek.   The  sense  of  taste  in  fishes.  Science;  N°.   27,   1908. 

Parker.  tSmell,  taste  and  chemical  sense  in  Vertebrates.  Academy  of  Natural 
Science  in   Philadelphia,  March.   1912. 

Sheldox.  The  reactions  of  the  dogfiseh  to  chemical  stimuli.  Journal  of  Compara- 
tive Neurology  ;  Vol.   19,   1909. 

Van    WATENBUEa.    De  beteekenis    van  reflectorische  bdwegingen  voor  de  zintuige- 
lijke  waarueming  iu  verband  met  de  wetten  van  Weber  eu  Fechner. 
Amsterdam,   1897.  Scheltema  en  Holkema. 

ZwAVRDEMAKER.  Ergebnisse  der  Physiologie.   Bnd.   II,   1903. 

Das  periphere  und  zentrale  Verhallen  des  X,  IX  und  VII. 
Zyklostomen  i). 

Aiii.BOKX,  Untersuchungen  über  das  Gehirn  der  Pehromyzonteu.  Zeitschr.  f.  Wiss- 
Zoologie,   Bnd.   39,   1883. 

Asiens  Kappers  and  Eöthig„  Further  contribution  to  our  knowledge  of  the  brain 
of  Myxine  glutinosa.  Proceed.  of  the  Kon.  Akademie  v.  Wet.  Amsterdam,  1914. 

Edinöer.  Das  Gehirn  von  Myxine  glutinosa.  Abhandl.  der  Preuss.  Akad.  der 
Wiss..   1906. 

JoiiNSTON.  The  Brain  of  Petromyzon.  Journal  of  Comparative  Neurology ;  Vol.  12.  1902. 

Johnston.  The  cranial  nerveeomponents  of  Petromyzon.  Morphologisches  Jahrbuch; 
Bnd.  34,   1905. 

JoiiNSTON.  The  nervous  system  of  Vertebrates.  Blakiston's  &  son  &  Co.  Philadel- 
phia,  1906. 

JoitxsTON.  Additional  notes  on  the  cranial  nerves  of  Petromyzonts.  Journal  of 
Comparative  Neurology;   Vol.   18,   1908. 

JoiiNSTON.  Note  on  the  glossopharyngeal  nerve  in  Mvxinoids.  Anat.  Record. 
Vol.  II,   1908. 

Schilling.  Untersuchungen  über  das  Gehirn  von  Petromyzon  tluviatilis.  Abhand- 
lungen der  Senckenbergischen  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Frankfurt 
a./M.,   1907. 


')  Die  Literatur  liber-  Aniphioxus  ist  gcsauiuielt  in  der  Literaturlisle  des  II.  Kiipitels. 


356  LITERATUR    ZUM    DRITTEN    KAPITEL. 

Tret.takoff.    Das    Nervensystem    von    Amniot-oetes.    Archiv    für    mikr.     Anatomie; 

1909,   ßud.   74. 
WoETHiKGTON.    Descriptive    anatomy    of   the    brain   and  cranial  nerves  of  B  dello- 

stoma  Dombey.  Quartesly  Journ.  of  mierosc.  Science,   Vol.  49,   1906. 

Plagiostomen 

AiiTENs    Kappees.    The    strueture     of    the  teleostian  and  selaehian  br.ain.    Journal 

of  Comp.  Neur.  Vol.   16,   1906,  S.   100. 
Aeiens    Kappees.  Weitere    Mitteilungen  über  Neurobiotaxis  II.    Die  Entwiekhing 

des     horizontalen     Sehenkels    des    Facialiswurzelknies.     Folia     Neurobiologica ; 

Bud.   11,   1908. 
Aeiens    Kappees.    Der    Geschmack,    peripher    und    zentral.    Eine    Skizze    von    den 

phylogenetischen  Veränderungen  der  sensiblen  X,   IX  und  VII  Fasern.  Psych. 

en  Neur.  Bladeu,   Amsterdam,   1911. 
Bender.  ITber  die  Schleimhautnerven  der  VII,  IX  und  X  in  Semons  Forschungs- 
reisen. Fischer.  Jena  1906. 
CoLE.    On    the    cranial    nerves    of    Chimaera    monstrosa    with    a  discussion  of  the 

lateral    line    System    and    the    morpliologv    of   the    chorda   tympani.   Transaet. 

Royal  Society  Edinburgh,   1896. 
EwAET.  On  the  cranial  nerves  of  Elasmobranch    fishes.   Proc.  of  the  Royal  society 

of  London;   Vol.  45.   1889. 
EwAET    and    Cole.    On    the    dorsal    branches    of   te    cranial    and    spinal    nerves  of 

Elasmobranch.    Proc.  of  the  Royal  society  of  Edinbiirg;  Vol.    20,   1893—95. 
Geöenbaur.  Die  Kopfnerven   von   Hesauchus  und  ihr  Verhältnis  zur  Wirbeltheorie 

des  Schädels.  Jenaische  Zeitschrift;  Bnd.  VI,   1870. 
Hereick.    A    study    of   the    Vagal   lobes  and  of  the  funicular  nuclei    in   the  brain 

of  the  Codfish.  Journal  of  Comp.  Neur.   Vol.   17,   1907. 
HousER.    The    neurones    and    supporting    elements    in    the    brain    of    a    Selachan. 

Journal  of  Comp.   Neurol.  Vol.   XI,    1901. 
Mereit    Hawkes.    The    cranial    and    spinal  nerves  of  Chlamydoselachus  anguineus. 

Proc.  of  the  zoological  society  of  London,   1896. 
Strong.  The  cranial  nerves  of  Squalus  acanthias.  Science,   Vol.   17,   1903. 
Wallenbeeg.    Beiträge    zur    Kenntnis    des    Gehirns    der    Teleostier   und  Selachier 

Auat.  Anz.   Bnd.  XXXI,   1907. 

Ganoiden  und  Teleostier. 

Allis  On  the  muscular  System  and  cranial  nerves  of  Amia  calva.  Journ.  of  Morpho- 
logy,  Vol  V,  1897. 

Aeiens  Kappees.  Untersuchungen  über  das  Gehirn  der  Knochenganoideu  Amia 
calva  und  Lepidosteus  osseus.  Abhandlungen  der  Senckenb.  Naturf.  Gesel- 
schaft  in  Frankfurt  a/Main,   1907. 

Ariens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis  III.  Über  den  Ein- 
fluß der  Geschmacksbahnen  auf  den  Facialis  und  Glossopharyngeuskern  und 
deien  Verhalten  zur  Radis  descendens  N.  quinti.  Folia  Neni-,  Bnd.  11,  1910. 

Aeiens  Kappees.  Der  Geschmack  peripher  und  zentral.  Eine  Skizze  von  den 
phylogenetischen  Veränderungen  der  sensiblen  X,  IX  und  VII  Fasern.  Psych. 
en  Neur.  Bladen,   Amsterdam,   1914. 

Gegenbaür.  Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere  mit  Berücksichtigung  der 
Wirbellosen.  Teil  II,   Leipzig,   1898. 

Heerick.  The  cranial  and  first  spinal  nerves  of  Menidia.  Journ.  of  Comp.  Neuro- 
logy;   Vol.  IX,   1899. 


LITERATUR    ZUM    niMTTEN    KAPITEL.  357 

Hehrick.  A  contribution  lipon  thc  crimial   nerves  of  the  Codfish.  Jourii.   of  Comp. 

Neiirol.   Vol.  X,   1900  L. 
Herrick.   On   the  cranial  nerves  and  eutaueous  sense  organs  of  the  North  American 

Siliiro'id    fishos.    Journal    of   Comp.   Neurology  Vol.  XI,   1901.    The  giistatory 

paths    in   te  brains  of  bony  fishes.  Journal  of  Comp.  Neurol.   Vol,   15,   1905. 
Heübick.  On  the  centers  of  taste  and  toucli   in  the  Oblongata  of  fishes.  Jouru.  öf 

Comp.  Neurology;   Vol.   16,   1906. 
Heerick.    A  study  of  the  vagal  lobes  and  of  the  fuuicular  nuelei  in   the  brain  of 

the  codfish.  Journal  of  Comp.   Neurology;   Vol.   17,   1907. 
Hebrick.   On  the  Commissura  infima.  Journal  of  Comp.  Neur.  Vol.   18.   190S. 
JoHNSTOX.   The  braiu   of  Acipenser.   Fischer,  Jena   1901. 
Landacee.   The   origin   of  the   cranial  ganglia   in    Ameiiirns.   Journal  of  Comp.  Neur. 

Vol.   20,   1910. 
L.vndacre.    Embryonic    cerebral    ganglia    and    the    doctrine    of    nerve    couiponents. 

Folia  Neurobiolügiea  Band  VIII,   1914. 
ScinviRTZ.    Über   die  Entwicklung  der  Kopfganglien  und  des  Kopfsympathicus  bei 

der  Forelle.   Folia  Neurobiologica  Band  II,   1918. 
Stannius.    Untersuchungen    über    das    peripherische  Nervensystem  der  Fische.   Ro- 
stock,  18-19. 
Wallexberg.    Beiträge    zur    Kenntnis    des    Gehirns    der    Teleostier   und  Selachier. 

Anat.   Anz.  Bnd.  31,   1907. 
Van    Wi.jhe.    Das    Viszeralskelett    und    die  Nerven  des  Kopfes  der  Ganoiden   und 

von  Ceratodus.  Niederl.  Arch.  f.  Zoologie;  Bnd.   V,   1879 — 1882. 

Amphibien. 

AriEss  Kappers  und   Hammer.   Das  Zentralnervensystem, des  Ochsenfrosches  (Rana 

Catesbyana).   Psychiatrische  en   Neurologische  Bladen,   1918. 
CoGHiLL.  The  cranial  nerves  of  Amblystoma.  Journ.  of  Comp.  Neur.  Vol.  22,  1912. 
Geuenbaur.    Vergleichende    Anatomie    der    Wirbeltiere    mit    Berücksichtigung    der 

Wirbellosen.  Bnd.   11,   Leipzig,   1898. 
KiNOSBURY.  The  Braiu  of  Nec.turus.  Journal  of  Comparative  Neurology  ;  Vol.  5,  1895. 
NoRRis.    The  V'h  and  VII'''  Cranial  Nerves  in  Plethodon  glutinosus.   Proc.   of  the 

Iowa  Acad.  of  Science.  Vol.   16.   1909. 
NoRRis.    The  cranial  nerves  of  Siren  lacertina  Journ.  of  Morphol.  Vol.   21,   1913. 
NoREis  and  Bucklet.   The  peripheral  distribution  of  .the  cranial  nerves  of  Nectutus 

maculatus.   Proceedings  of  the  Iowa  Ac.  of  Science.  Vol.   18,   1911. 
Von     Plessen     und     Rabixowitz.     Die     Kopfnerven     von    Salamandra     maculata. 

München,   1891. 
RöTuiG.    Contributions  upon  Neurobiotaxis.  The  arrangement  of  the  motor  Nuelei 

in    My.\ine    glutinosa,    in    Cryptobranehus,    Neeturiis,    Rana  fiisca    and    Bufo. 

Proc.    of  the  Kon.  v.   Wet.   Amsterdam.  October  1913. 
RüTHiG.   Das  Gehirn  der  Amphibien.  Wird  in  Oppei.s  Handbuch  erscheinen. 
Stroxo.    The    craiiial   nerves   of  Amphibia.   Journal   of  Morphology ;   Vol.   X,    1895. 
Wallexbero.   Die  kaudale  Endiguug  der  bulbo-spiualen  Wurzeln  des  V,  VIII  und 

X  beim   Frosche.   Anat.  Anz.   Bnd.   30,   1907. 

Reptilien. 

Ariexs    Kappers.    Der  Geschmack,  peripher  und  zentral   u.  s.  w.   Psychiatrische  eu 

Neurologische  Bladen,    Amsterdam,   1914. 
Beccari.    II.   9,   10,   11   e   12   pajo  di  nervi  cranici  etc.   negli  embrioni  di   Lacerta 

muraÜB.  Archivio  di  Anat.  e  di  Embriol.  Vol.   13,   1914. 


358  I.ITERATÜR    ZUM    DRITTEN    KAPITEL. 

Bender.  Die  .Sehleimhautnerven  des  VII,   IX  und  X.  Fischer,  Jena,   1906. 
Edingeh.  Vorlesungen  über  den  Bau  der  nervösen  Zentralorgane.  Vogel,  Leipzig,  1908. 
Gegenbaik.   Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere.  Bnd.  2,   1898. 

Vögel. 

AiiiENS    Kappers.    Der    Geschmack,    peripher    und    zentral.    Eine    Skizze    von    den 

phylogenetischen    Veränderungen    der    sensiblen    X,    IX    und    VII    Wurzeln. 

Psychiatrische  en  neurologische  Bladen,   Amsterdam,   1914. 
BoK.    Die    Entwicklung    der    Hirnnerveu    und    ihrer  zentralen   Bahnen.   Die  stimu- 

logene  Fibrillation.   Tolia  Neurobiologica ;   Bnd.   IX,   1915. 
Brandts.    Untersuchungen    über  das  Gehirn  der  Vögel,  Teil   II,   Arcli.   f.   mikrosk. 

Anatomie;   Bnd.  43. 
Mesdaö.    Bijdrage   tot  de  ontwikkelingsgeschiedenis  van  de  structuur  der  liersenen 

bij   het  kip-embryo.  Dissertatie,   Groningen,   1909. 
Ramon  t  Ca.taIj.   Eadiculares  sensitivos  entrecruzados  dul   pneumogastrieo  y  glosso- 

faringeo.  Trabajos  etc.  Tome,   VII. 

Säugetiere. 

Akiens  Kappeks.  Der  Geschmack,  peripher  und  zentral.  Eine  vSkizze  von  den 
phylogenetischen  Veränderungen  der  sensiblen  X,  IX  und  VII  Wurzeln. 
Psych,  en  Neur.   Bladen,   Amsterdam,   1914. 

V.  Bechterew.  Leitungsbahnen.   Leipzig,   1899. 

BioxDi.  Sul  decorso  e  suUe  connessioni  della  porzione  distale  del  fasciculus  solitarius 
neir  uomo.  Eicherche  fatte  nel  laboratorio  di  anatomia  normale  etc.  Vol. 
15,   1911. 

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LuNA.  Zur  Morphologie  und  zur  Entwicklung  des  Nucl.  intercalatus  (Staderini). 
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to    restore    by    rhytmical  traction  of  the  tongue  the  respiration  suppressed   in 


MTERATÜR    ZUM    DRITTEN    KAPITEL.  359 

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Physiol.  Abteil,   1902. 
Stadüiuni.   INlonitore  Zool.   Italiano   1894  Anno  V   und   189(5  Anno  VII  ;  Internat. 

Monatsi-hrift    f.    Anat.    und    Phys.    1895,    Bnd.    XII   und   1896,  Bnd.  XIII; 

Auat.      Anzeiger,      1898,      Bnd.      XIV,      1906,      Bnd.      XXIX     und      1907, 

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Amsterdam,   1913. 
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TuMRELAKA.    Konsekutive    Veränderungen    eines    kleinen    Herdes    in    dem    ventro- 

lateralen   Thalamuskern    und  das  demselben  zugrunde  liegende    klinische    Bild. 

P.syehiatrische  en   Neurologische  Bladen,   Amsterdam,   1916. 
Vax    Watexblug.    Diseussie :    Notulen    der    Wetenschappelijke    Vergaderiug    v.   d. 

Nederl.    Vereen.    voor    Psych,    en    Neurologie    te    Utrecht.    Psychiatrische    eu 

Neurologische  Bladen,  Amsterdam,   1914. 
Weigneh.   Ueber  den   Verlauf  des  Nervus  intermedius.  Merkel  und  Bonnet.  Anatom. 

Hefte,   Bnd.   29,   1905. 
Winkler,   Anatomie  du  Systeme  nerveux,   Bohn,   Haarlem,    1917. 


Literatur  über  den  Ursprung  der  Chorda  Tympani  und  über  die  Frage 
der  Funktion  des  Trigeminus  beim  Geschmack. 

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Bruns.    Multiple    Hirnnervenläsion     nach    Basisfraktur.      Archiv     für    Psychiatrie ; 

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and  Physiol.  Vol.  33,    1899. 
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ZwAAEDEMAKEit.   Greschmack.   Ergebnisse  der   Physiologie  Bnd.   II,    1903. 

Das  periphere  und  zentrale  Verhalten  des  Trigeminus. 
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zeiger;   Bnd.  XXVII,   1905. 

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V.  Valkenburg.  Zur  Kenntnis  der  Eadix  spinalis  N.  trigemini.  Monatschrift  für 
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V.  Valkenburg.  Zur  vergleichenden  Anatomie  des  mesenzephalen  Trigeminus- 
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Teleostier. 

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Tello.    Contribueion   al  conocimiento    del    encefalo   de  los  Teleosteos.  Trabajos  del 

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V.   Valkenburg.    Zur    Kenntnis    der    Eadix  spinalis  Nervi  trigemini.   Monatschrift 

für  Psychiatrie  und  Neurologie;   Bnd.  XXIX,   1911. 
V.  Valkenburg.  Zur  vergleichenden   Anatomie   des    mesencephalischen    Trigemiuus- 

anteils.   Folia  Neurobiologica;   Bnd.   v.   1911. 
Wallenbero.    Beiträge    zur    Kenntnis    des    Gehirns    der   Teleostier    und  Selachier. 

Anat  Anzeiger;   Bnd.   31,   1907. 


')  Die   Literatur  über  Amjihioxus  ist  gesammelt  in  der  Literaturliste  des  II.  Kapitels. 


LITERATUR    ZUM    DKUPTEN    KAPITEL.  361 

Amphibien. 

Ecker,  Wiedersheim  und  (xaupi'.   Die   Anatomie  des  Frosehes  II.  Teil,  Braunscii- 

weig,   1894. 
Hbrrick.    The    medalla    oblongata    of  larval    Amblystoraa.  Journal  of  Comp.   Neu- 

rology;  Vol.   24,   1914. 
JoHKSTON,    The    radix    meseneephalica    trigemini.    The    ganglion    isthmi.   Anat.  An- 
zeiger; Bnd.  XXVII,  1905. 
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Vol.   9,   1909. 
Ramon    y    Cajal.    Origin    del    nervio  mastioador    en  los  aves,  reptiles  j  batraeios. 

Trabajos  du   laboratorio  etc.  de  ]\Iadrid ;   Tome,  III,   1904. 
Strong.  The  cranial  nerves  of  Amphibia.  Journal    of  Morphology  ;    \o\.   X,   1895. 
V.  Valkenburg.    Zur  vergleichenden  Anatomie   des  mesencephalischen  Trigeminu.'<- 

anteils.  Folia  Neurobiologica :  Bnd.   V,   1911. 
V.   Vai.kenbürg.    Zur    Kenntnis    der    Radix    spinalis    N.  trigemini.   Monatschrift  f. 

Psvehiatrie  und  Neurologie;   Bnd.   XXIX,   1911. 
Wallexberg.    Die    kaudale    Endigung    der    bulbo-spiualen    Wurzeln    des    V.   VIII, 

und  X  beim  Frosche,   Anat.   Anzeiger;   Bnd.   XXX,    1907. 

Reptilien. 

Beccari.  La  costituzione,  i  nuclei  terminal!,  e  le  vie  di  connessione  del  n.  A^IIl 
nella  Lacerta  mural.   Archivio  di   Anat.    Vol.  X,  1911. 

Johnston.  The  radix  meseneephalica  trigemini.  Journal  of  Comparative  Neuro- 
logy;  Vol.   19,   1909. 

De  Lange.  Das  Zwischenhirn  und  das  Mitttelhirn  der  Eeptilieu.  Folia  Neuro- 
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De  Lange,  Hinterhirn,  Nachhirn  und  Rückenmark  der  Reptilien  Folia  Neuro- 
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Ramon  r  Cajal.  Origen  del  nervio  mastieador  en  los  aves,  los  reptiles  y  los 
batraeios.  Trabajos  etc.  Tome,   III,   1904. 

V.  Valkesburg.  Zur  vergleichenden  Anatomie  des  mesenzephalen  Trigeminus- 
anteils.  Folia  Neurobiologica;   Bnd.  V,   1911. 

V.  Valkenburg.  Zur  Kenntnis  der  Radix  spinalis  N.  trigemini.  Monatschrift  für 
Psychiatrie  und  Neurologie;    Bnd.   XXIX,   1911. 

Vögel. 

BoK.    Die    Entwicklung    der  Hirnnerven    und    ihrer  zentralen  Bahnen.    Die  stimu 

logeue  Fibrillation.   Folia  Neurobiologica;  Bnd.   IX,    1915. 
BuANDis.    Untersuchungen-  über    das    Gehirn    der    Vögel    IV.    Der    Ursprung    der 

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1895. 
KosAKA.    Zur    Frage    der    physiologischen    Natur    der   zerebralen   Trigeminuswurzel 

Folia  Neurobiologica;   Bnd.   VI,   1912. 
Ramon  y  Ca.tal.   Origen  del  nervio  mastieador  en   los  aves,   los    reptiles  y  los  ba- 

tr.acios.  Trabajos  du  laboratoris  de  Madrid;   Tome  III,   1904. 
v.    Valkenburg.    Zur    vergleichenden     Anatomie     des    mesencephalen    Trigeuiinus- 

anteils.   Folia  Neurobiologica;   Bnd.  V,   1911. 
V.    Valkenburg.  Zur  Kenntnis  der  Radix    spinalis  N.    trigemini.    Monatschrift  für 

Psychiatrie   und   Neurologie;    Bnd.   XXIX,    1911. 
Wallenberg.    Die    secundäre    VIII    Bahn    der    Taube.    .\u.    Anz.   Bnd.    14,   1898 

(enthält  verschiedene  Angaben  bezüglich  des  Trigeminus). 


362  r.ITEKATl'K    /.IM    DKITTEX    KAPITEL. 

"Wallenbeko.    Der    Ursprung    des    Tr.     isthino-striaticus    (oder    biilbo-striatus)    der 

Taube.  Neur.  Centralblatt,   1903. 
Wallenberg.    Neue    Untersuchungen    über    den   Hirnstamin    der  Taube.  An.  Auz. 

Bnd.   25,   1904. 
Wallenbeeö.  Nachtrag  zu    meinen    Artikel    über    die    zerebrale    Trigeminuswurzel 

An.   Anz.   Vol.   25,   1904. 

Säugetiere. 

Allex.    The    application    of   the  Marcbi-method  to  the  study  of  the  Radix  raeseu- 

cephalica  Trigemini  in  the  Guinea    —    pig.  Journal  of  Comparative  Neurology 

Vol.   30,   1919, 
BocHENEK.   La    racine  hulbo-spinale  du  trijumeau  etc.    Nevraxe,    Tome  III,   1901. 
BiiEGMANN.    Experimentelle    aufsteigende    Degeneration    motorischer    und    sensibler 

Hirnnerven,  Jahrbuch  f.   Psych,  und  Neurologie;   Bnd.  XI,   1892. 
Bkouweb.    Die    biologische    Bedeutung    der    Dermatomerie.    Beitrag    zur    Kenntnis 

der    Segmentalanatomie    und    der    Sensibilitiitsleitung    iui    Rückenmark    und   in 

der  Üblongata.   Folia  Neurobiologica;   Bnd.   9,   1915. 
DöNALDSON;  Review  of  Willems:   „Localisation  motrice  et  kinaesthesique".  Journal- 

of  Nervous  and  Mental  Diseases;   Volume  39,   1912. 
Herrick.   An  introduction  to  neurology.  Saunders  &  Comp.,   II   Ed.   1918. 
HösEL.   Archiv  f.  Psychiatrie  Bnd.   25,   1893. 
HuLLEs.  Zur  vergleichenden  Anatomie  der  zerebralen  Trigeminuswurzel.  Obersteiners 

Arbeiten;   Bnd.  XVI,    1907. 
JoiiNSTOS.    The    radix  mesencephalica  nervi   trigemini.  Journ.  of  Comp.   Neur.   Vol. 

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[vÖLf.iKEu.    Ueber   die    Meiulla    Oblongata    und  die  Vierhügelgegend   von  Ornitho- 

rhyiichus  und  Echidna.   Engelmaiui,   Leipzig,   1901. 
KoSAKA.    Zur    Frage    der    physiologischen    Natur    der  zerebralen  Trigeminuswurzel. 

Folia  Neurobiologica;   Bnd.  VI,    1912. 
Lewandowskt.  Die  Leitungsbahnen  des  Truneus  Cerebri.  Fischer,  Jena,   1904. 
Vax  Londen.   Untersuchungen  über  den  zentralen   Verlauf  des  Nerv,  trigemini  etc. 

Petrus  Campe,   1907. 
Meyer    Sohn.    Die    Dicke    der    absteigenden    Trigeminuswurzel    bei    verschiedenen 

Säugern.   Folia  Neurobiologica  Bnd.  VII,   1913. 
Von  Monakow.  Der  rote  Kern,  die  Haube  und  die  Regio  hypothalamica.  Teil    I. 

Arbeiten  aus  dem  hirnanatomischen  Institut  in  Zürich.   Heft  III,   1909. 
Ramon  t  Cajal.   Textura   del   sistema  nervoso   centrale  del   hombre   y   de  los  verte- 

brados,  Tomo  II,   Madrid,   1904. 
Y.   A'alkexbukö.     Zur    Kenntnis    der    radix    spinalis   N.   Trigemini.    Monatschrift   f. 

Psychiatrie  und  Neurologie;   Bnd.  XXIX,   1911. 
GiGLio    Tos.    Suir    origine    embrionale    del    nervo    trigemino    nell'    uomo.    Anat. 

Anzeiger  Bnd.   21,   1902. 
T.  Valkenburg.  Zur  vergleichenden  Anatomie  des  mesencephalen  Trigeminusanteils. 

Folia  Neurobiologica;   Bnd.   V,    1911. 
Wallenberg.     Zur     Physiologie    der    spinalen     Ti'igeminuswurzel.     Neurologisches 

Centralblatt,   1896. 
Wallenberg.  Sekundäre  Bahnen  aus  dem  frontalen  sensiblen  Trigeminuskerne  des 

Kaninchens.   Au.    Anz.   Bnd.   26,    1905. 
Willems.   Localisation  motrice  et  kinesthesique.  Les  uoyaux  masticateur  et  mesen- 

cephalique  du  trijumeau  chez  le  lapin.  Nevraxe   1911. 
Winkler.   .\natomic  du  Systeme  nerveux  Tome  I.   Bohn,   llaarkin,    1917. 


VIERTES  KAPITEL.      • 
DAS  LATERALIS-  UND  OCTAVUSSYSTEM. 


Allgemeines. 

Während  die  Umbildung  der  vorderen  Dorsalnerven  von  Amphioxus 
zu  den  Branehialnerven  der  Kraniotcn  (mit  Ausnahme  des  zukünstigen 
Trigeminus  zusammengeht  mit  einer  Hypertrophie  der  Sehleimhautfasern, 
in  deren  Gebiet  sich  auch  Geschmacksknospen  ausbilden,  ui\d  einer 
gleichzeitigen  Hypertrophie  der  dorsalen  (viszeralen)  motorischen  Elemente, 
fanden  wir,  daß  die  Hautfasern  jener  Nerven  (wieder  mit  Ausnahme  der- 
jenigen des  Trigeminus)  stark  reduziert  werden. 

Dem  letzten  Punkt  gegenüber  steht,  daß  bei  den  Kranioten  eine  große 
Zahl  von  Hautfasern  in  diesem  Gelnete  eine  Modifikation  erfährt  infolge 
der  Ausbildung  neuer  Funktionen :  denjenigen  des  Labyrinthes  und  der 
Lateralorgane,  welcJie  Organe  bei  Amphioxus  noch  völlig  fehlen. 

Dort  (Pärkeb)  werden  Schwingungen  des  Wassers  vielleicht  perzipiert 
von  haartragenden  Sinnesnervenzelleu  auf  den  Tentakeln  und  dem  Velum 
(DooiEi>,  KuTCHiN).  Daß  die  Zellen  von  Joseph  (siehe  Fig.  42)  dabei  eine  Rolle 
spielen,  int  giinzlich  unbewiesen.  Eine  Uebereinstimmung  zwischen  diesen  Zellen 
und  den  Purkinjezellen  des  Zerebellums  —  von  BoeiCe  angenommen  —  kann 
ich  nicht  sehen. 

Namentlich  die  amerikanische  Schule  hat  darauf  hingewiesen,  daß  die 
Nerven,  welche  die  statischen  Organe  innervieren,  zu  der  Kategorie  der 
somato-sensiblen  Fasern  gehören,  auch  weil  die  von  ihnen  innervierten 
Sinnesorgane  dem  Ektoderm  entstammen  im  Gegesatz  zu  den  Geschmacks- 
knospen, welche  zuerst  in  dem  Entoderm  auftreten  (S.  275). 

In  Hinsicht  auf  diese  Tatsachen  ist  es  nicht  befremdend,  daß  die 
sensiblen  Wurzelfasern  der  statischen  Nerven  gerade  an  derjenigen  Stelle 
der  Oblongata  austreten,  wo  die  unmodifizierten  Hautfasern  stark  reduziert 
werden,  d.i.  vom  Facialis  bis  zum  Vagus. 


364 


ALLGEMEINES    ÜBER    DAS    LATEIIALIS-    VXD    OCTAVUSSYSTEM. 


Während  der  Labyrinthnerv  selber,  als  N.  Octavus,  direkt  hinter  dem 
Facialis  —  wesentlich  im  Anschluß  an  ihn  —  austritt,  finden  die  Nerven 
der   Lateralorgane   ihren    Ursprung   im  Bereiche  des  Facialis  (N.  Lateralis 

anterior  oder  N.  late- 
ralis Facialis)  und  im 
Bereiche  des  Glosso- 
pharyngeus  und  Vagus 
(N.  lateralis  Glosso- 
pharyngei  oder  Vagi). 
Die  statischen  Ner- 
ven unterscheiden  sich 
von  den  gewöhnlichen 

Hautfasern  auch 
dadurch,  daß  sie  nicht 
nur  aus  der  Neural- 
leiste  der  Oblongata 
(wie  es  bei  den  Spinal- 
nerven der  Fall  ist) 
hervorgehen. 

Ebenso  wie  dieBran- 
chialnerven  Zusätze 
erhalten  aus  dem  Ek- 
toderm  (Epibranchial- 
plakoden  v.  Kupffers 
oder  Kiemenspaltor- 
gane  Frorieps),  wer- 
den auch  die  drei 
Nerven  der  statischen 
Sinne  während  ihrer 
Ausbildung  verstärkt 
aus  ektodermalen  Ver- 
dickungen, die  an  an- 
deren Stellen  gelegen 
sind  als  die  Epibran- 
chialplakoden  und  als 
Seitenorganplakoden  be- 
zeichnet werden. 

in  diesen  Plakoden 

der  statischen  Organe 

sind  drei  Gruppen  zu 

unterscheiden. 

Die   vordere  Gruppe,  die  des  LateraHs  anterior,  befindet  sich  an  dem 

Kopfe  und  bestellt  aus  drei  Anlagen,  derjenigen  der  Canalis  supraorbitalis, 

der  Canalis  infraorbitalis  und  der  Canalis  maudibularis.   Die  mittlere,  die- 


Fig.  164.  Ektodermkontakte  Ijei  einem  12  mm  langen 
Torpedo-Embi'j-o.  Seitenorganplakoden  quergestrichelt,  Kie- 
menspaltorgane  (Epibranchialplakoden)  dunkelschwarz, 
Nerven  grau. 

Nach  Froriep  aus  Edinger's  Vorlesungen. 


AI.LGEMEINKS    ÜniCK    DAS    LATKRAUS-    UND    OCTAVUSSYSTKM.  365 

jenige  des  Labyrinthes,  umfaßt  nur  eine  Plakode,  und  die  liintere  Gruppe, 
bildet  die  Seitenlinie  des  Körj^ers. 

Obschon  die  Funktionen  der  Lateralorgane  und  des  Labyrinthes  nicht 
dieselben  sind,  weisen  sie  eine  so  grolie  Verwandtschaft  auf,  daß  eine  ge- 
meinschaftliche Behandlung  derselben  wohl  zu  rechtfertigen  ist. 

Bevor  ich  dazu  schreite,  möchte  icli  darauf  hinweisen,  daß  —  ebenso 
wie  in  den  gewöhnlichen  Hautfasern  —  auch  hier  eine  Einteilung  der 
Funktionen  in  primitive  vitale  (oder  protopathische)  und  höhere,  gnostische 
(oder  epikritische)  möglich  ist  und  zwar  in  dem  Labyrinth. 

Während  die  genannten  Nerven  in  ihrer  primitiven  Punktion  nur 
dazu  dienen,  Reize,  welche  direkt  mit  dem  Stand  und  der  Haltung  des 
Körpers  zu  tun  haben,  zu  perzipieren  und  diese  unmittelbar  (reflektorisch) 
zu  effektuieren,  also  für  das  subjektive  Verhalten  des  Tieres  von  großer 
Wichtigkeit  sind,  entwickelt  sich  im  Anschluß  an  das  primitive  Labyrinth 
ein  Organ  —  die  Cochlea  —  welches  dem  Hören  dient  und  das,  namentlich 
in  höheren  Entwicklungsstufen,  mehr  und  mehr  benutzt  wird  für  solche 
Reize,  deren  Wahrnehmung  für  das  subjektive  Verhalten  des  Tieres  nicht 
direkt  notwendig  ist  und  in  Uebereinstimmung  damit  auch  nicht  stets 
sofort  effektorisch  elaboriert  wird. 

Ein  großer  Teil  der  Gehörswahrnehmungen  steigt  zum  Bewußtsein 
auf  und  trägt  als  epikritische  Perzeptionen  zur  Kenntnis  (Gnosis)  der 
Außenwelt  bei. 

Wir  werden  von  dieser  physiologischen  oder,  wenn  man  will,  psycho- 
logischen Tatsache  auch  in  der  Anatomie  der  zentralen  Verljindungen  jener 
Nerven  Ausdrücke  finden,  indem  von  allen  Empfindungen,  um  die  es  sich 
in  diesem  Kapitel  handelt,  nur  oder  fast  nur  die  Gehörsempfindungen  eine 
Projektion  auf  der  Rinde  erhalten,  während  die  anderen  Reize  entweder 
direkt  aboral  oder  in  Verband  mit  anderen  Bewegungskorrelationszentren 
(Zerebellum)  effektuiert  werden. 

Bevor  ich  dazu  schreite  diese  zentralen  Verhältnisse  näher  zu  erörtern, 
zunächst  noch  etwas  über  die  peripheren  Endorgane  selber,  auch  in  ilirem 
Bau  eine  große  Verwandtschaft  aufweisen. 

Diese  Verwandtschaft  (Fig.  165  A,  B  und  C)  besteht  darin,  daß  die 
Neuroepithelzellen  von  allen  di-ei  im  Prinzip  ähnlich  gebaut  sind  und 
zwar  als  kolbenförmige  Zellen,  welche  (im  Gegensatz  zu  dem  Verhalten 
der  Neuroepithelzellen  in  den  Geschmacksknospen)  erheblich  kürzer  sind 
als  die  sie  umgebenden  Stützzellen,  nicht  so  tief  reichen  wie  diese. 

An  ihrem  obern  freien  Ende  sind  sie  mit  langen,  feinen  Wimpern 
versehen,  welche  sich  von  denjenigen  der  Geschmacksorgane  durch  ihre 
Dünnheit  und  Länge  unterscheiden.  Während  die  Borsten  der  Geschmacks- 
zellen kurze,  steife  Härchen  sind,  sind  die  Haare  der  Octavus-  und  Lateralis- 
Sinnesorgane  im  allgemeinen  so  gebaut,  daß  sie  leicht  bei  Vibrationen  der 
sie  manchmal  bedeckenden  Kutikularmembran  oder  der  umgebenden  Flüs- 
sigkeit in  Bewegung  geraten,  ja  f()rmlich  jede  Bewegung  derselbe  mitmachen. 


3(>(5 


Ar.r.GEMEINKS    ÜBER    DAS    LATERALIS-    INI)    OPTA VISSYSTEM. 


Diese  Flüssigkeit  kann  das  Wasser  sein,  welclies  den  Körper  umspült, 

Haarzeiieu.  oder  es  kann  eine  eingekapselte 

*>  Körperflüssigkeit  sein,  welche  den 

/  ',  \  Hohlraum,   in    dem    das  Sinnes- 

'     '    '-^  Organ  vorkommt,  füllt. 

Die  vibrierende  Membran 
mit  oder  ohne  Kalkablagerungen 
(Otolithen)  spielt  dabei  manchmal 
eine  große  Rolle  (Maculae  acus- 
ticae,  Cochlea). 

Auch  zeigendie  Lateralorgane 
und  das  Labyrinth  darin  eine  Ver- 
wandtschaft, daß  sie  ursprünglich 
eine  offene  Kommunikation  mit 
dem  umgebenden  Wasser  haben. 
In  den  Lateralorganen  geht 
die    offene    Kommunikation    mir   selten    verloren,    doch    fehlt  sie  konstant 
bei  den  SAvischen  Bläschen  und  bei  den  ICanälen  einiger  Fische. 


Sinneshaar. 


StützzeUen. 

Fig.  165  A.    Lateralorgan  einer  Catostomus- 
larve,  n.  Johnston. 


Sinnes- 
zellen.   '^5~^ 


Diplosom . 
Stützzelle. 


Sens.  Nerv.    —   —    —    —   —  L    ,'■ 


Bind.  7.. 


Markscheide. 

Fig.  \&öh.     Sinneszellen  und  Stützzellen  einer  Crista  aciistica 
von  Proteus  anguinens  n.  Hetzius. 


ALLGKMIOIN'KS    ÜP,KK    UAS    I.A'I'KU.U.IS-    VS[.>    I  HTA  VUSSYSTKM. 


3G7 


Das  T.al)yrintli  hat  nur  iiocli  bei  ^\^^n  Plagiostomen  (Fig.  171)  eine 
W'iliindung  mit  dem  umgebenden  Wasser  durch  den  Ductus  endolympha- 
ticus.   Bei  den  höheren  Formen  feldt  diese  offene  Kommunikation. 

Die  eingekapselte  Flüssigkeit  kann  jedoch  leicht  in  Schwingung 
gebracht    werden,    entweder    weil    die    sie    von    der   Außenwelt  trennende 


Arrafr/i  V.  Mensen     Mennbrana   Tectoria 
Haarzellen 


Limbus 
spiralis. 


Membr- 
Basilaris 


Pfeilerzellen 


Nerv.  Cochl. 


Sulcu.s  spiralis. 


Fig.  105  C.     Das  CoRTische  Organ  eines  6  Tagen  alten  Kaninchens, 

n.  Held. 


Membran  nur  dünn  ist  (Cochlea),  oder  weil  die  Schwingung  an  der 
Hohlraumsflüssigkeit  selber  angreift  (Vestibularapparat). 

Kurzgefaßt  kann  man  sagen,  daß  der  Bau  aller  dieser  perzipierenden 
Organe  stets  ein  solcher  ist,  daß  er  der  Rezeption  von  dynamischen  Reizen 
der  Flüssigkeit  angepaßt  ist. 

Diese  Reize  sind  meistens  (vielleicht  immer)  rhythmisch.  Es  handelt 
sich  hierbei  also  um  taktile  Organe,  welche  eine  periodische  Druckwirkung 
erfahren,  sei  es  von  massalen  Bewegungen,  sei  es  von  rhytmischen  Vibra- 
tionen, und  man  kann  die  Gruppe  dieser  Sinneswerkzeuge  als  Ziuingimgs- 
rezeploren  bezeichnen. 

Ich  kann  wenigstens  kein  besseres  Wort  finden,  um  die  Verwandt- 
schaft zwischen  diesen  Organen  anzudeuten,  welche  ihre  Ascendenz  weit 
nach  unten  bis  in  die  Reihe  der  wirbellosen  Tiere  ausdehnen,  indem  dort 
an  verschiedenen  Stellen  der  Körperoberfläche  (wie  auch  an  den  Zirri 
und  Tentakeln  von  Amphioxus)  Zellen  mit  haarförmigen  Au.släufern  vor- 
kommen, welche  (neben  Tastempfindungen?)  massale  Bewegungen  und 
"N'ibrationen  der  umgebenden  Flüssigkeit  perzipieren  dürften. 

Die  erste  Spezialisierung  solcher  Rezeptoren  zu  einem  bestimmten 
Organ  steht  im  Dienste  des  Gleichgewichtes  und  des  Muskeltonus  und 
zeigt  sich  bei  den  Wirbellosen  als  Statozysle. 

Untej'  den  Wirbeltieren  treten  erst  bei  den  Kranioten  besondere  End- 
organe für  spezialisierte  Schwingungsrezeptionen  auf. 


368  ALLGEMEINES    ÜBEK    DAS    LATERAIJS-    UND    OCTAVÜSSYSTEM. 

Den  am  wenigsten  komplizierten  spezialen  Apparat  dieser  Art  finden 
wir  bei  den  Fischen  in  den  Lateralorganen,  deren  Funktion  (man  vergleiche 
die  Untersuchungen  von  Parker,  Hofer  und  Steinmann)  darin  bestehen 
dürfte,  daß  sie  den,  beim  Hin-  und  Herschleudern  des  Schwanzes  während 
dies  Schwiramens  vom  Wasser  in  Periode  damit  ausgeübten  Gegendruck 
perzipieren.  Auch  sollen  sie  dienen  für  die  Wahrnehmung  der  reflektierten 
Schwingungen  bei  der  Näherung  an  feste  Gegenstände.  So  sollen  sie  es 
dem  Tier  ermöglichen,  auch  im  Dunklen  und  in  trüben  Wassern  seinen 
AVeg  zu  finden,  ohne  sich  an  feste  Objekte  zu  stoßen. 

Die  Seitenlinien  des  Körpers  und  des  Kopfes,  in  welchen  jene  Organe 
meistens  enthalten  sind,  sind  schon  längst  bekannt,  weil  sie  bei  manchen 
Fischen  direkt  auffallen. 

Meistens  findet  man  davon  vier,  wovon  eine  sich  wie  eine  gerade  Linie 
auf  der  Körperseite  erstreckt  und  dem  ganzen  Apparat  den  Namen  gegeben 
hat.  Die  drei  andern  linden  sich  am  Kopfe  und  sind  wieder  so  geordnet, 
daß  eine  über  oder  um  das  Auge  verläuft  (C.  S.  O.),  eine  unter  demselben 
(C.  I.  0.)  und  eine  dritte  sich  über  den  Unterkiefer  erstreckt  (C.  H.  m., 
Vergl.  Fig.  168). 

Daß  diese  Kanäle  Sinnesorgane  enthalten,  ist  erst  in  der  Mitte  des 
vorigen  Jahrhunderts  von  Leydig  bei  den  Fischen  entdeckt  und,  etwa  1870, 
wurden    die    Organe  von  Schulze  auch  bei  den  Amphibien  nachgewiesen. 

Bei  deii  Urodelen  Amphibien  sind  die  Lateralorgane  während  des 
ganzen  Lebens  anwesend,  nur  senken  sie  beim  Landleben  in  die  Tiefe  hinein, 
vermutlich  durch  Eintrocknen,  und  kommen  im  folgenden  Frühjahr  wieder 
an  die  Oberfläche. 

Auch  bei  Fiselien,  namentlich  t'ypriiio'iden,  können  sie  zeitlich  verloren  gehen 
durch   Verhornuiig;  sie  bilden  dan  sog.  Perlorgane,  werden  aber  durch  neue  ersetzt. 

Die  Anuren  haben  solche  nur  während  der  Larvalzeit. 

Die  einfachste  Form  des  Lateralorganes  liegt  vor  bei  Petromyzon  und 
den  Amphibien. 

Dort  findet  man  reihenmäßig  geordnete  Gebilde  von  kurzem,  z\'lin- 
drischem  Epithel  mit  großen  Stützzellen,  die  von  einem  Grübchen  um- 
geben sind,  sodaß  die  Ränder  des  Organes  tiefer  liegen  als  die  umgebende 
Haut  1),  während  die  Mitte  desselben  etwa  mit  dem  Niveau  der  Haut 
gleich  ist. 

In  eigentliche  Kanäle  sind  dieselben  hier  nicht  versenkt. 

Letzterer  Zustand  findet  sich  aber  bereits  bei  den  Selachiern,  und  bei 
den  Holocepiialen  (Chimaera)  ist  diese  Kanalbindung  schon  makroskopisch 
sehr  aufl'allend. 


')  Weil  sie  meistens  tiefer  liegen  als  die  Haut,  werden  sie  in  der  englischen  Literatur 
„pit  Organs"  oder  „neuromasts"  genannt,  im  Gegensatz  zu  den  Geschmac.ksknospen  der 
Haut,  wovon  auch  ihr  Neuropithel  sich,  wie  oben  erwlihnt,  unterscheidet. 


ALLGEMEINES    ÜBER    DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVUSSYSTEM.  3G9 

Sie  kommt  dudurcli  zustande,  daß  die  diese  Organe  umgebende  Wand 
sich   bedeutend   erhöht,   resp.   daß   das  Organ  mehr  in  die  Tiefe  versinkt. 

Indem  nun  um  jedes  Organ,  oder  zwischen  zwei  Organen,  die  Epider- 
misfalte  sicli  erhöht,  bleibt  direkt  oberhalb  desselben  ein  Perus  offen, 
der  die  Kommunikation  mit  dem  Wasser  und  die  direkte  Perzeption  von 
dessen  Vibrationen  ermöglicht. 

Bei  einigen  Fischen  werden  die  Kanäle  fast  gänzlich  geschlossen  (Der- 
cüm),  sodaß  eine  direkte  Wahrnehmung  dieser  Vibrationen  kaum  möglich 
ist.  Meistens  ist  aber  die  äußere  Haut  darüber  dann  so  dünn,  daß  eine, 
wie  durch  ein  Trommelfell  erfolgende  Fortpflanzung  der  Molekularbewe- 
gungen auf  die  in  den  Kanälen  l)efindliche  Flüssigkeit  vor  sich  gehen  dürfte. 

Eine  bedeutend  tiefere  Einsenkung  zeigen  zwei  Abarten  der  Lateral- 
organe :  die  LoRENZiNischen  Ampullen  und  die  SAvischen  Bläschen. 

Erstgenannte  Organe  kommen  I)ei  Selachiern  in  Gruppen  am  Kopfe 
vor  (Fig.  168),  in  der  Form  von  in  die  Tiefe  eindringenden  Ptöhren. 

Sie  setzen  sich  fort  bis  weit  unter  die  Epidermis  und  enden  in  einer 
ampullenartigen  Erweiterung,  welche  kleine  seitliche  Ausbuchtungen  auf- 
weist und  einen  Ast  des  N.  lateralis  antei'ior  erhält. 

Das  in  dieser  Ampulle  sich  findende  Sinnesorgan  zeigt  denselben  Bau 
wie  die  Kanalorgane,  ist  aber  mit  einer  Gallertmasse  bedeckt,  die  sich  bis 
zu  der  äußern  Öffnung  erstreckt.  Daher  kommt  es,  daß  diese  Organe  auch 
wohl  Gallertröhren  genannt  werden. 

Bei  der  zweiten  Abart  von  Lateralorganen,  den  Sa  vischen  Bläschen, 
hat  eine  gänzliche  Abschnürung  von  der  Außenwelt  stattgehabt. 

Sie  finden  sich  nur  bei  Torpedo  und  zwar  in  der  Nähe  der  elektrischen 
Organe  als  mit  Plattenepitbel  ausgekleidete  Bläschen,  welche  auf  dem  Boden 
große,  mit  Wimpern  versehene  Sinneszellen  aufweisen. 

Die  Bläschen  sind  mit  einer  Flüssigkeit  gefüllt,  und  wir  müssen  an- 
nehmen, daß  es  die  Vibration  dieser  Flüssigkeit  ist,  welche  von  den  Sin- 
neszellen perzipiert  wird. 

Hier  finden  wir  also  einen  Übergang  von  dem  offenen  zu  dem  ge- 
schlossenen System  von  Vibrationsorganen. 

Ich  habe  bereits  darauf  hingewiesen,  daß  auch  der  andere  Apparat  für 
Vibrations-Perzeptionen,  der  Vestibularapparat  anfänglich  ein  mit  der  Außenwelt 
frei  kommunizierendes  Gebilde  ist,  dessen  flüssiger  Inhalt  mittels  des  Ductus 
endolymphaticus  in  direkter  Kontinuität  mit  dem  umgebenden  Wasser  steht.  Audi 
hier  tritt  (oberhalb  der  Elasmobranchier)  eine  Scheidung  ein  und  hört  die  direkte 
Kommunikation  mit  der  Außenwelt  auf. 

Oberhalb  der  Selachier  nimmt  die  Zahl  der  Lateralorgane  ab,  ihre 
Größe  jedoch  zu.  Die  größten  Organe  finden  sich  bei  den  Teleostiern,  wo 
auch  das  Hautskelett  sich  an  ihrem  Bau  beteiligt  (Gegenbaur). 

Eine  ganz  mächtige  Entwicklung  erreicht  der  Aj^parat  auf  dem  Kopfe 
einiger  Tiefseefische  (Macruridae;   Pfüller)  sowie  bei  Mormyrus. 

Wie  bereits  gesagt  wurde,  kommen  die  Lateralorgane  noch  vor  bei 
Kappers.  24 


370  ALLGEMEINES    ÜBER    DAS    LATERALIS-    UND    OC.'TAVUSSYSTEM. 

den  wasserlebenden  Amphibien,  namentlich  bei  den  Perennibranchiaten, 
aber  auch  bei  den  Caducibranchiaten.  Sie  sind  dort  nicht  mehr  in  Kanäle 
eingeschlossen,  sondern  zeigen  wieder  die  primitive  Form,  wie  bei  den 
Zyklostomen. 

Bei  den  Larven  der  schwanzlosen  Amphibien  findet  man  sie  ebenfalls, 
doch  zeigen  sie  dort  bei  der  Metamorphose  den  Ziirückgang  durch  Ver- 
hornung der  Stützzellen,  wovon  bereits  oben  die  Rede  war.  Wenn  später 
die  verhornte  Platte  abgefallen  ist,  findet  n:ian  die  Stelle  nur  wieder  durch 
einen  Mangel  an  Pigment. 

Diese  „Flecken"  sind  als  Tastflecken  bekannt;  daß  sie  aber  eine  bedeutende 
Funktion  beim  Tasten  spielen,  ist  nicht  wahrscheinlich  (Ge&enbauh). 

Die  Nerven,  welche  die  Lateralorgane  innervieren,  sind  verschieden 
ausgebildet,  je  nach  der  untersuchten  Fischordnung.  Man  unterscheidet 
deren  zwei,  den  Nervus  lalei-alis  posterior  und  den  Nervus  lateralis  anterior, 
wovon  letzterer  mit  zwei  Wurzeln,  einer  obern  und  einer  untern,  die  Oblon- 
gata  verläßt. 

Der  erstgenannte  Nerv  versieht  die  Seitenlinie  des  Körpers  mit 
Fasern,  der  letztgenannte  die  Organe  des  Kopfes. 

Der  Nervus  lateralis  posterior  wird  auch  wohl  Nervus  lateralis  vagi 
oder  N.  lat.  glossopharyngei  genannt,  weil  er  meistens  auf  dem  Niveau  des 
Vagus  oder  des  Glossopharyngeus  in  die  Oblongata  tritt. 

Der  Nerv,  lateralis  anterior  wird  auch  unter  dem  Namen  eines  Nervus 
lateralis  Facialis  oder  (seltener)  Nervus  lateralis  Trigemini  beschrieben,  weil 
er,  wie  bereits  erwähnt,  auf  dem  Niveau  des  VILEintrittes  in  die  Oblon- 
gata tritt  aber  peripher  vielfach  mit  sensiblen  Asten  des  Trigeminus  zu- 
sammen läuft. 

Das  periphere  Eudorgan  und  die  verschiedenen  Aeste  des  N.  octavus 
werden  besser  bei  jeder  Klasse  gesondert  behandelt,  weil  sie  in  den  ver- 
schiedenen Klassen  der  Wirbeltiere  einen  sehr  verschiedenen  Entwicklungs- 
grad erreichen. 

Das  Lateralis-  und  Octavussystem   der  Zyklostomen. 

V'on  den  beiden  Ordnungen  der  Zyklostomen  sind  die  uns  interessie- 
renden Systeme  am  geringsten  bei  den  Myxinoiden  entwickelt,  wie  aus 
den  Untersuchungen  Ayers  und  Wortiiingtons  hervorgeht. 

Es  gilt  dies  sowohl  für  die  peripheren  Endorgane  dieser  Nerven  als 
für  ihr  zentrales  Verhalten. 

Da  wir  darin  viel  eher  regressive  als  primitive  Verhältnisse  sehen 
müssen,  werde  ich  darauf  nicht  weiter  eingehen  und  verweise  ich  auf 
Untersuchungen  der  genannten  Forscher. 

Bei  den  Petromyzonten  sind  die  Lateralnerven  und  der  N.  octavus  gut 
ausgebildet   und    enden    hauptsächlich  in  dem  sog.  Tuberculum  acusticum 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTA VUSSYSTEM    DEK    ZYKLOSTOMEN.  371 

der  Oblonjrata,  besser  Tuberculum  staticum  oder  Area  statica  genannt,  dem 
dorsolateralen  Abschnitt  der  Oblongata,  der  sich  kaudalwärts  an  das  Areal 
der  Hinter wurzehi  anschließt. 

Die  Area  statica  von  Petromyzon  ist  durch  den  Besitz  ähnlicher 
Zellen  gekennzeichnet,  wie  man  sie  in  dem  Hinterhornareal  des  Rücken- 
marks und  in  dem  spinalen  Trigeminuskern  findet,  d.h.  große  Zellen  mit 
einem  nach  auswärts  gewandten  Dendritennetz,  dessen  Neuriten  ßogen- 
fasern  bilden.  Übrigens  enthält  sie  körneränliche  Zellen,  deren  genaue  \'er- 
bindungen  noch  nicht  bekant  sind  (Johnston). 

Die  Art,  wie  ihre  graue  Substanz  sich  gliedert,  ist  am  deutlichsten 
auf  dem  Niveau  des  Vestibularis-P]intrittes  zu  sehen.  (Fig.  166). 

Dort  kann  man  drei  Areale  darin  unterscheiden.  In  erster  Linie  ein 
dorsales  Areal,  welches  hauptsächlich  die  Elemente  des  N.  lateralis  anterior 
aufnimmt  (mit  Ausnahme  der  feineren  Fasern)  und  deshalb  als  Lotus  liniae 
lateralis  anterioris  bezeichnet  wird  (nu.  dors.  Fig.  166). 

\'entral  davon  findet  sich  ein  Gebiet,  welches  als  medialer  Kern  be- 
zeichnet werden  kann  (dorso-medialer  Kern  Johnstons)  und  neben  den 
feineren  Fasern  des  N.  lateralis  anterior  hauptsächlich  die  Fasern  des  N. 
lateralis  po.sterior  aufnimmt.  (Fig.  166:  nu.  med.)  Zuletzt  kann  man  ein 
ventrales  Areal  {veiitro-lateraler  Kern  Jofinstons)  unterscheiden,  welches  der 
Hauptsache  nach  als  Endgebiet  des  Vestibularis  betrachtet  werden  muß. 
(nu.  ventr.  Fig.  166), 

In  allen  diesen  drei  Kernen  kommen  die  genannten  zwei  Zellarten  vor. 

Dabei  tritt  in  dem  Lobus  Nervi  lateralis  anterioris  oder  Dorsalkern 
noch  eine  Art  großer  spindelförmiger  Zellen  auf,  welche  größtenteils  im 
frontalsten  Abschnitt  nahe  dem  Zerebellum  liegen  (Nucl.  octavo-motorius), 
teilweise  im  liintern  Abschnitt  dieses  Lobus  vorkommen. 

Die  ganze  Area  statica  ist  von  einer  Fortsetzung  der  Molekularschiclit 
des  Zerebellums  bedeckt,  einem  bei  Petromyzon  noch  ziemlich  dünnen 
Neuropil,  welches  Dendriten  von  großen  Zellen  und  zahlreiche  Endauf- 
pinselungen von  Wurzelfasern  enthält,  die  Crista  cerebellaris. 

Die  großen  Zellen,  welche  dahin  einen  Teil  ihrer  Dendriten  senden, 
scliicken  auch  Dendriten  nach  innen  in  das  zentrale  Grau  des  Lobus. 

Sie  gehen  frontalwärts  allmählich  in  die  Purkinjezellen  des  Zere- 
bellums über,  wobei  die  nach  innen  auswachsenden  Dendriten  verloren 
gehen  und  nur  das  äußere  Dendritennetz  in  der  Molecularis  übrig    bleibt. 

Von  den  drei  Kernen  selber,  dem  dorsalen,  medianen  und  ventralen, 
geht  namentlich  der  mediane  Kern,  also  der  Kern  unterhalb  des  Lobus 
lateralis  anterior,  in  das  Zerebellum  über  (Johnston). 

Der  Verlauf  der  Lateralnerven  ist  nun  wie  folgt. 

Der  N.  lateralis  posterior  tritt  auf  dem  Niveau  des  N.  glossopharyngeus  in 
die  Oblongata  ein,  etwas  frontal     und  dorsal  von  der  sensiblen  IX-Wurzel. 

Seine  Fasern,  die  meistens  nur  ein  Bündel  bilden,  fallen  durch  ihre 
Dicke  auf  und  verlaufen  in  der  dorso-lateralen  Peripherie    der    Oblongata 


6fi 


DAS    LATERALIS-   UND    OCTAVUSSYSTEM    DER    ZYKLOSTOMEN. 


frontalwärts.  Sie  enden  meistenteils  in  dem  medianen  Kern  der  Area  sta- 
tica.  Ein  Teil  derselben  tritt  in  die  Crista  cerebellaris  der  Oblongata  ein, 
wo  ihre  Endaufpinsehinoen  sich  an  die  Dendriten  der  Purkinje-artigen 
Zellen  legen,  während  ein  dritter  Teil  in  das  Zerebellum  selber  hinein 
zieht,  wo  sie  teilweise  kreuzen  (dickfaseriger  Abschnitt  der  Commissura 
Cerebelli),  teilweise  nngekreuzt  enden. 

Dichotomien  sollen  nicht  vorkommen  iu  den  Wurzelfasern  des  N.  lateralis 
posterior,  aber  ein  Teil  derselben  soll  absteigen  (Teetjakoff.) 

Der    Nerv,    lateralis   anterior   (oder   Nerv,    lateralis   VII)    tritt   auf  dem 

Niveau  des  Facialis  und  "\'estibularis 
in  die  Oblongata  ein,  oberhalb  des 
letzgenannten  Nerven  und  etwas  fron- 
tal davon. 

Er  besteht  deutlich  aus  zweierlei 
Wurzelbündeln,  welche  sich  durch 
das  Kaliber  ihrer  Fasern  unterschei- 
den (vergl.  Fig.  166). 

Die  dünneren  ventralen  Fasern 
enden  meistenteils  in  de  medianen  Kern, 
in  den  auch  der  größere  Teil  des  N. 
Lateralis  posterior  eintritt.  Andere 
steigen  zum  Kleinhirn  auf. 

Das  dickfaserige  dorsale  Bündel 
(R.  d.  N.  1.  a.)  legt  sich  jedoch  in  den 
dorsalsten  Abschnitt  der  Oblongata, 
den  dorsalen  Kern  oder  Lobus  Nervi 
lateralis  anterioris  und  verläuft  dort 
auf-  und  abwärts. 

Die  aufsteigenden  Fasern  der 
dichotomisierenden  Wurzelen  enden 
größtenteils  um  den  vordem  octavo- 
motorischen  Kern  (Fig.  167),  um  dessen  Zellen  sie  sich  mit  einem  spatei- 
förmigen Ende  anlegen.  Von  hier  gehen  Bogeiifasern  zur  Mittelhirnbasis. 
Die  absteigenden  Fasern  verästeln  sich  innerhalb  des  Lobus  lateralis 
anterior  um  kleinere  und  größere  Zellen,  wovon  die  größern  hauptsächlich 
im  kaudalsten  Abschnitt  des  Lobus  einen  mehr  oder  weniger  ausgepräg- 
ten Kern  bilden,  den  man  als  Nucl.  octavo-motorius  posterior  bezeichnen 
könnte,  im  Gegensatz  zu  dem  ebengenannten  vordem  Kern.  Von  diesen 
Zellen  gehen  Bogenfasern  in  kaudaler  Richtung. 

Da  auch  in  dem  medianen  Kern,  der  wesentlich  den  Hauptkern  des 
Lateralis  posterior  darstellt.  Lateralis  anterior-Fasern  enden,  sind  die  Lateral- 
Systeme  nicht  streng  geschieden  und  kommt  eine  Korrelation  ihrer  Reize 
namentlich  im  medianen  Kerne  zustande. 


Fig.  166.    Die  Wiirzelfasein  des  N.  VIII 

und  des  N.  lateralis  anterior. 

Der  Nucl.  dorsalis,  medialis  und  ventralis 

bei  Petromyzon,  n.  Johnston. 

R.  d.  N.  l.  a.  =  Radix   dorsalis  Nervi 

lateralis  anterioris;  R.v.lSl.l.  rf.  =  Radix 

ventralis  Nervi  lateralis  anterioris. 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVU8SYSTEM    DER    7.YKLOSTOMEN. 


373 


Das  Vestibular-Organ  der  Zyklostomen  ist  viel  komplizierter  in  seinem 
Bau  als  die  Lateralorgane. 

Bei  den  Myxinoiden  besteht  es  aus  einem  Saccus  communis,  an  dessen 
Seitenenden  der  eine  Bogengang  dieses  Tieres  inseriert.  An  dem  Saccus 
endet  der  N.  VIII  in  zM^ei  Asten:  dem  R.  posterior  und  anterior  (Retzius). 

Bei  Petromyzon  weist  der  Saccus  communis  jedoch  zwei  Abteilungen 
auf  und  hat  auch  der  Bogengang  sich  in  zwei  Kanäle  differenziert,  Canalis 
anterior    und    posterior,    wovon    der    erste   den    Ram.  ant.,    der  zweite  den 


TVC. 


e/ulil 


eiJlti 


TV.  itcUi/iri/  mMt  c^ni 


aar.  TT 


nx  A*'>v6."ir 


Fig.   167.    Der  Niicleiis  Octavo-motorius  anterior  bei  Petromj'zon. 
Zeichnung  v.  v.  Hoevell. 


Ramus  posterior  des  N.  VIII  in  sein  ampuUenförmiges  Anfangsstück  auf- 
nimmt.   Andere    Fädchen   bleiben    mit  dem  Saccus  comm.  in  Verbindung. 

In  seinen  zentralen  Endigungen  ist  der  N.  Ocfavus  von  Petromyzon  den- 
jenigen der  N.  N.  laterales  sehr  verwandt,  namentlich  zeigt  er  eine  große 
Übereinstimmung  mit  dem  N.  lateralis  anterior. 

Der  Ramus  posterior  VIII,  welcher  der  dorsalen  Wurzel  des  Octavus 
entspricht,  hat  überwiegend  dichotomisierende  Fasern,  welche  frontal-  und 
kaudalwärts  ziehen.  Hierunter  fällt  eine  Gruppe  von  sehr  feinen  Fasern 
auf,  welche  in  dem  dorsalsten  Abschnitt  der  Area  statica  enden  und  also 
eine  Korrelation  mit  dem  Lateralissystem  darstellen. 

Die  nicht  dichotomisierenden  Fasern  der  oberen  Wurzel  verlaufen 
frontalwärts,  in  der  Richtung  des  Zerebellums, 


374  DAS    LATERALIS-    UND    OCTA VUSSYSTEM    DER    ZYKLOSTOMEN. 

Auch  die  Fasei-n  der  untern  Wunel  (R.  anterior)  dichotomisieren  sich 
meistens.  Doch  scheinen  auch  darin  nicht-dichotomisierende  Fasern  vor- 
zukommen (Tretjakoff),  welche  aber  nicht,  wie  diejenigen  der  obern  Wurzel, 
aufsteigen,  sondern  einen  absteigenden  Verlauf  nehmen.  Diese  Fasern  unter- 
scheiden sich  durch  ihr  grobes  Kaliber   (änlich    wie   bei    den   Teleostiern). 

Man  würde  geneigt  sein,  aus  diesem  Verhalten  zu  schließen,  daß  zwar 
beide  Wurzeln  analoge  Funktionen  haben,  insofern  beide  auf-  und  abstei- 
gende dichotomisierende  Fasern  bilden,  aber  daß  die  untere  Wurzel  hier 
bereits  mehr  aboralen  Reflexen  dient,  die  obere  mehr  eine  Korrelation 
mit  frontalen  Zentren  (Zerebellum?)  darstellt. 

Die  Mehrzahl  der  dichotomisierenden  Fasern  endet  in  dem  ventralen 
Kern  (ventrolateralen  Kern  Johnstons)  der  Area  statica. 

In  diesem  Kern  kommt  eine  Zahl  von  größern  Zellen  vor,  deren 
Neuriten  eine  ventrale  Kommissur  bilden  (Dekussation)  und  dann  über- 
wiegend neben  dem  Fase.  long.  post.  absteigen.  Sie  sind  als  octavomoto- 
rische  Reflex-Neuronen  zu  betrachten,  welche  die  Gleichgewichtseindrücke 
auf  niedere  Zentren  übertragen.  (Tretjakoff.) 

Vielleicht,  daß  einige  dieser  Zellen  den  MAUTHNEEschen  homolog  sind,  welche 
bei  höhereu  Fischen  die  Eeize  des  Octavo-Lateralissystems  auf  die  Sehwanzregion 
des  Eückenmarkes  übertragen ;  vielleicht  sind  sie  näher  dem  Tangentialkern  ver- 
wandt, welchen  Cajal  bei  Fischen  beschrieb,  und  dessen  Elemente  dieselbe  Ver- 
biuduugsart  mit  den  zuführenden  vestibulären  Fasern  aufweisen,  welche  sich  wie 
ein  Löffel  dem  Zellkörper  anlegen. 

Da  das  ganze  Gebiet  der  Area  statica  frontal  mit  dem  Kleinhirn  und 
kaudal  mit  dem  Areal  der  Hinterwurzelfasern  des  Rückenmarkes  konti- 
nuell  ist,  wird  dadurch  ihre  bereits  am  Anfang  dieses  Kapitels  erörterte 
^"erwandtschaft  mit  den  somatosensiblen  Reizen  demonstriert. 

Auch  gellt  ans  dieser  Auseinandersetzung  hervor,  daß  das  Kleinhirn 
von  Petromj'zon  bloß  eitie  Fortsetzung  und  weitere  Differenzierung  des 
statischen  Areales  ist,  worauf  ich  in  dem  entsprechenden  Kapitel  näher 
eingehen  werde. 

Das  Lateralis-  und  Octavussystem  der  Plagiostomen. 

Bei  den  Plagiostomen  ist  sowohl  das  Lateralis-  als  das  Octavussystem 
viel  bedeutender  entwickelt  als  bei  den  Zyklostomen.  Dies  geht  an  erster 
Stelle  aus  dem  Verhalten  an  der  Peripherie  hervor. 

Die  Endorgane  des  Lateralissystems  haben  den  Zyklostomen  gegenübei- 
sehr  zugenommen.  Mehr  als  hundert  Kanal  Organe  finden  sich  am  Körper 
und  Kopf,  welcher  (Fig.  168)  daneben  auch  noch  LoRENZiNische  Ampullen 
(und,  bei  Torpedo,  auch  SAVische  Bläschen)  trägt. 

Die  Nerven  des  Lateralapparates  und  auch  die  zentralen  Endigungen 
SHid  zwar  dieselben  wie  bei  Petromyzon,  aber  sehr  vergrößert. 

Der  Nerv,  lateralis  postei-ior  tritt  bei  den  Selachiern,  wie  bei  Petromyzon, 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVUSSYSTEM    DER    PLAGIOSTOMEN. 


375 


auf  dem  Niveau  des  Glossopharyngeus  ein  (obschon  er  peripher  eine 
Strecke  zusammenläuft  mit  dem  Vagus),  während  der  N.  lateralis  anterior 
dorsal  vom  Facialis  und  Vestibularis  eintritt. 

Die  gesamte  Area  statica  ist  viel  mächtiger  als  liei  den  Zyklostomen, 
doch  hissen  sich  die  drei  dort  erwähnten  Areale  auch  hier  darin  unterschei- 
den, namentlich  bei  den  Formen  mit  evertiertem  Nachhirn,  wie  Hexanchus. 

Zunächst  ist  auch  hier  als  dorsaler  Kern  der  Lobus  Nervi  lateralis 
anterioris   zu    erwähnen,    welcher   als  ganz  aparter  Höcker  der  Oblongata- 


A. 


N.  lat  anterior 
R.dors.    R.ventr. 


N  vest 


C  fO 


C.Hm.  A 


Fig.  lüS.     Das  System  iler  Lateralorgane  und  LorenziniscIibu  Ampullen 
bei  Luemargus  borealis  (n.  E\v.\kt). 
Auf    deru    Kopf: 

C.  S.  0.  =  Canalis  sufua-orbiialis  (verlauft  um  das    .\ugengebiet);    C.  1.  0.    =    Canalis 
infra-orbitalis;    C.H.ni.   =   Canalis    Hyo-mandibulaiis;    A.  =  Ampullen  von  Loüenzini. 
A  u  f   d  e  111    K  ö  r  p  e  r  : 

C.  L.  =  Canalis  lateialis. 


wand  autliegt  und  nur  mittels  einer  schmalen  Zone  mit  derselben  verbun- 
den ist  (siehe  Fig.  170:  L,  L.  A.  :=  Lobus  Liniae  anterioris). 

Die  beiden  andern  Kerne  (der  mediale  und  ventrale  Kern  von  Petro- 
myzon)  sind  in  dem  obersten  Abschnitt  der  eigentlichen  Oblongatawand 
und  in  dem  mehr  ventrolateral  gelegenen  Areal  wiederzufinden. 

Der  mediane  Kern,  welcher,  wie  bei  Petromyzon,  hauptsächlich  den 
N.  later.  posterior  aufnimmt  (aber  doch  auch  Lat.  ant.-Fasern),  ist 
deshalb  wohl  als  Lobus  N.  lateralis  posterioris  bezeichnet  (Fig.  169:  L. 
Sens.  Som.). 

Diese  beiden  Kerne  sind  wieder  mit  einer  Crista  ce^-ebellaris  bedeckt, 
welche  bei  Selachiern  viel  dicker  ist  als  bei  Zyklostomen  und  sich  fast  bis 
zum  Calamus  scriptorius  ausdehnt  (Fig.  109  und  170). 


376 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVUSSYSTEM    DER    PLAGIOSTOMEN 


In  diesen  beiden  Kernen  liegen,  neben  zahlreichen  kleinen  Granula- 
ähnlichen Zellen,  große  Elemente. 

Darunter  findet  man  solche,  welche  in  der  grauen  Substanz  der  Lobi 
selber  eingebettet  sind  und  ihre  Dendriten  ziemlich  gleichmäßig  in  alle 
Richtungen,  wenn  auch  namentlich  nach  außen  schicken.  Ihre  Neuriten 
bilden  innere  Bogenfasern. 

Andere  große  Zellen  liegen  nahe  der  Crisia  und  senden  die  Mehrheit 
ihrer  Dendriten  in  die  Crista  selber  hinein. 

Die  Dendriten  der  letztgenannten  Gruppe  sind  mit  kleinen  Verdickun- 
gen (Dornen)  besetzt  und  sind  dadurch  den  Purkinjezellen  noch  mehr 
ähnlich    als    es   bei  Petromyzon  der  Fall  war.   Sie  unterscheiden  sich  aber 

fibr  desc.Iat.ant. 


Crista  cen 


\      troct  motori'us 


n.lat.post. 


[r  Ol  cer 


R.dssc.Y 


fasc.  med. 


Fig.  169.     Eintr'itt  de.s  Nei-v.  lateralis  posterior  bei  Scylliutn  canicula,  n.  ScfiEPMAN. 


auch  hier  noch  dadurch  von  den  letzteren,  daß  sie  doch  auch  Dendriten 
haben  —  sei  es  auch  wenige  — ,  welche  sich  in  die  innere  Masse  des 
Lobus  ausdehnen  (Houser,  Johnston). 

Der  untere,  ventrale  Kern  der  Area  statica,  der  den  Octavus  aufnimmt, 
ist  anders  gebaut  als  die  l)eiden  erstgenannten ;  er  enthält  weniger  körner- 
ähnliche  Zellen   und   mehr  größere   Elemente,   namentlich  in  seinem  uu- 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTA VUSSYSTEM    DER    PLAGIOSTOMEN.  0(l 

tersten    Abschnitt.    Letztgenannte    sind    gewissermaßen    als    Homologa    der 
noch  großem  MAUTHNERSchen  Zellen  der  Teleostier  zu  betrachten. 

Die  Verbindungen  der  Nerven  mit  diesen  Kernen  sind  im  Prinzip  wie 
bei  den  Zyklostomen. 

Der  Lateralis  posterior  (Fig.  169  rechts)  verläuft  mit  der  Mehrheit  seiner 
Fasern  an  der  dorsolateralen  Peripherie  der  Oblongata  frontalwärts  und 
verliert  sich  auf  dem  Niveau  des  VII — VIII  Eintrittes  in  der  Crista  cere- 
bellaris  und  der  darunterliegenden  Granularsehicht  des  Lobus  N.  lateralis 
posterioris  oder  des  medianen  Kernes. 

Ein  Teil  der  Fasern  strebt  weiter  nach  vorne  und  tritt  (lateral  von 
der  aufsteigenden  Vlll-Wurzel)  in  die  Aurikel  des  Kleinhirns  ein,  ver- 
liert sich  darin  teilweise  und  zieht  teilweise  bis  zu  der  Emineutia  lateralis 
Cerebelli  (einer  Verdickung  der  Seitenwand  des  Kleinhirns,  wo  dasselbe 
in  die  Oblongata  übergeht;  s.  Kapitel  VII). 

Daß  die  Lateralorgane  Verbindungen  mit  den  Kleinhirnohren  haben 
scheint  auch  daraus  hervorzugehen,  daß  unter  den  Plagiostomen  letztere 
bei  Tieren  mit  großen  Lateralorganen  mehr  entwickelt  sind  als  bei  anderen, 
sogar  körperlich  größeren  Tieren  (vergl.  Kap.  VII). 

Eine  geringe  Zahl  von  Wurzelfasern  des  Lateralis  posterior  verläuft 
abwärts,  ebenfalls  lateral  von  der  absteigenden  Vestibulariswurzel,  und 
läßt  sich  weit  kaudalwärts  im  Bulbus  verfolgen. 

Der  Lateralis  anterior  (Fig.  170)  hat,  wie  es  bei  Petromyzon  bereits  der 
Fall  ist,  zwei  Wurzeln,  eine  obere  und  eine  untere. 

Ein  auffallender  Unterschied  in  Faserkaliber  —  wie  dort  —  besteht, 
jedoch  bei  den  Selachiern  niclit,  obschon  die  obere  Wurzel  in  Weigert- 
präparaten  etwas  dunkler  ist. 

Die  untere  Wurzel  des  Lateralis  anterior  (H.  v.  N.  1.  a.  Fig.  170)  zieht 
in  den  oberen  Abschnitt  des  medianen  Kernes  (hat  also  dieselbe  Endi- 
gungsstelle  wie  die  feinen  Fasern  des  vordem  Lateralnerven  bei  Petromj'zon). 

Der  mediane  Kern  stellt  also  auch  hier  einen  Korrelationskern  der 
beiden  Lateralnerven  dar  (vergl.  Fig.  169  links:  fibr.  desc.  lat.  ant.). 

Bei  primitiveren  Arten  lassen  diese  Fasern  sich  gut  unterscheiden  von  den- 
jenigen des  Vestibularis,  bei  Acanthias  sind  sie  aber  mehr  z\vischen  diese  ge- 
mischt (Schepman). 

Ein  kleiner  Teil  dieser  Fasern  dürfte  durch  die  schmale  Verbindungs- 
brücke zwischen  Lobus  posterior  und  anterior  auch  den  letztern  erreichen. 

Die  obere  Wurzel  des  Lateralis  anterior  (R.  d.  N.  1.  a.  Fig.  170)  endet 
in  den  genannten  aparten  Lappen,  den  Lobus  Liniac  lateralis  anterior  oder 
Dorsalkcrn  (L.  L.  A.  Fig.  170),  der  bei  den  meisten  Selachiern  medial  vom 
Lobus  Liniae  posterioris  liegt,  doch  bei  He.yanchus  nach  außen  umge- 
klappt ist. 

Ihre  Fasern  verlaufen  darin  sowohl  vorwärts  als  rückwärts. 

Die   Eudigung  derselben   findet   wesentlich   in    der  Masse  des  Dorsal- 


378 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTA VUSSYSTEM    DER    PLAGIOSTOMEN. 


kernes  statt,  vielleicht  hauptsächlich  in  der  Molekularschicht  oder  Grista, 
um  die  Dendriten  der  Purkinje-arligen  Zellen,  also  eine  Art  von  Kletter- 
fasern darstellend . 

Möglicherweise   gehen    von   diesem  olleren  Aste  des  Lateralis  anterior 
auch  einitre  Fasern  zum  Kleinhirnaurikel. 


,,:&^  ^-j' 


...  Aur  o.BI, 
'f^rC^        Aur.u.Bl. 


....  Cnista  cer. 
R.d.  N.Vest 


R.v.M.i.a. 


Fig.  170.     Eintritt  des  Nervus  Lateralis  anterior  und  des  N.  vestibularis  bei 
Scyllium  Canicula,  n.  Sciiepm.\n. 


Im  allgemeinen  kann  man  sagen,  daß  die  Verbindungen  der  Lateral- 
nerven bei  den  Haien  und  Piociien  viel  deutlicher  sind  als  bei  den  Z}-- 
klostomen. 

Das  Labyrinth  der  Plagiostomen  ist  den  Zj'klostomen  gegenüber  sehr 
vergrößert.  Während  Petromyzon  nui-  zwei  Bogengänge  hat,  die  Canalis 
posterior  und  anterior,  weisen  die  Solachier  noch  einen  dritten  Bogengang, 
Ganalis   externa,   auf  und   zeigen  dadurch  bereits  die  üblichen  drei  Bogen- 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVUSSYSTEM    DER    PLAGIOSTOMEX. 


379 


can  anr 


can.poft. 


giiiigr,    welche    auch    weiterliiii    in    der    Vertebratenreihe  das  bleibende  Be- 
sitztum l)ilden. 

Außerdem  hat  der  Saccus  coinniunis  sich  iu  einen  Saceulus  und  Utriculus 
differenziert  (Fig.  171). 

Im  Anschlulä  an  den  Saceulus  entwickelt  sich  hier  die  Laijena  (Fig.  171, 
p.  lag.),  noch  wenig  scharf  davon  abgegrenzt.  Schließlich  bildet  auch  die 
Macula,  besser  (Benjamins  i))  „Crista"  neglecta  einen  Endapparat,  welchen 
wir  bei  den  Zyklosto- 
men noch  nicht  vor-  tpidormrs  g 
fanden  (nicht  bezeich- 
net in  Fig.  171). 

Der  Odavus  der  Se- 
lachier  empfängt  also 
seine  Fasern  aus  einer 
viel  größeren  Zahl  von 
Endstellen  als  bei  den 
Z_yklostomen. 

Zentral wärts  sam- 
meln sich  seine  Fasern 
aber  in  zwei  Wurzeln, 
welche  wir  auch  wei- 
terliin  bei  den  Verte- 
braten  vorfinden  wer- 
den. 

Der  vordere  Ast,  Ramm  aiilerior,  sammelt  seine  Fasern  aus  der  Am- 
pulla  anterior,  der  AmpuUa  externa  und  dem  Utriculus.  Der  hintere  Ast, 
Ramus  posterior  (an  den  sich  bei  den  höhern  Vertebraten  der  N  cochlearis 
anschließt)  sammelt  sich  aus  der  Ampulla  posterior,  dem  Saceulus,  der 
Crista  neglecta  und  der  Papilla  lagenae. 

Zentral  kann  man  den-  Ramus  posterior  als  dorsale  und  den  Uamus 
anterior  als  ventrale  Wurzel  unterscheiden  (Fig.  172). 

Die  dorsale  Wurzel  (N.  VIII  dors.  Fig.  172)  endet  teilweise  in  der 
Nähe  ihrer  Eintrittsebene  um  große  Zellen,  welche  mit  den  großen  Ur- 
sprungselementen der  Fibrae  arcuatae  von  Petromyzon,  mit  den  Deiters- 
zellen der  höhern  ^'ertebraten  verglichen  werden  können. 

Dieselben  liegen  lateral  und  laterodorsal  von  der  deszendierenden 
V-Wurzel  und  senden  ihre  Axonen  größtenteils  kaudalwärts. 

Die  Fasern  der  dorsalen  VUl-Wurzel  steigen  ab  und  auf.  Die  abstei- 
genden und  aufsteigenden  Bündel  sind  einander  dabei  in  Größe  und  Form 


Fitr.  171.   Labyrinlli  von  Acanthias  vulgaris,  n.  Hetzius. 


')  Dieser  Autor  hat  darauf  liingewiesen,  daß  die  von  Retzius  endeclite  und  als 
Macula  neglecta  bezeiclinete  Endstelle  keine  Membrana  tectoria  und  Otokonien  führt  und 
auch  in  Hinsicht  auf  ihren  liervorrngendi-ren  Bau  gehört  sie  zu  der  Kategorie  der  Cristae 
acusticae. 


380 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVUSSYSTEM    DER    PLAGIOSTOMEN. 


SO  ähnlich,  daß  man  den  Eindruck  bekommt,  daß  es  sich  hier  um  Dicho- 
tomien handelt.  Sie  liegen  in  der  Oblongata  sehr  nahe  an  der  Ventrikel 
als  ovale  kompakte  Bündel.  Die  absteigenden  Fasern  (VIII  desc.  Fig.  172) 
sind  bis  an  die  Übergangsstelle  von  Oblongata  und  Rückenmark  zu 
verfolgen. 

Die  ähnlich  gebauten  frontalen  Bündel  verlaufen  ebenfalls  nahe  der 
Ventrikelecke  medial  von  den  aufsteigenden  Lateralisfasern  (Fig.  172 
Fibr.  ad.  lob.  lat.  ant.)  und  lassen  sich  bis  an  den  Aurikel  und  die  Emi- 
nentia  lateralis  Cerebelli  verfolgen.  In  den  Körper  des  Kleinhirns  ziehen 
die  Fasern  nicht  hinein. 

Die   ventrale  oder   vordere   WU-Wurzel  (Fig.   172:    VIII  ventr.)  liegt 


n  lat.ant.dors. 


M.lat.postas 


s  t  a 


j.#.V  '^W^A-^  3^5A  .^^.;^- 


f  br  ad  lob  lat  ant 
•Till  desc. 


-Ydesc. 


•Ym  dors. 


Fig.  172.     Eintritt  und   Verlauf  der  Vestibularisfasern  bei 
Acanthias  vulgaris,  n.  Schepman. 


direkt  gegen  die  Vll-Wurzel  an,  kommt  dann  medial  von  derselben  und 
verläuft  an  der  Basis  der  Oblongata,  allmählich  ein  etwas  dorsaleres  Niveau 
einnehmend,  nach  hinten. 

Etwa  in  der  Mitte  zwischen  der  Ebene  des  Eintrittes  von  VII  und  IX 
kreuzt  ein  Teil  ihrer  Fasern  und  verliert  sich  teilweise  in  dem  ventralen  Ab- 
schnitt des  Bulbus.  Teilweise  dürften  sie  bis  zu  dem  Rückenmarke  zu  verfol- 
gen sein,  wo  sie  sich  in  den  ventrolateralen  Teilen  des  Vorderhornes  (von 
sekundären  Bahnen  begleitet?)  aufsplittern  (Tr.  octavo-spinalis  cruciatus: 
Wallenberg). 

Die  Endkerne  des  N.  Lateralis  und  Vestibularis  sind  kommissurell 
verbunden  mittels  Fasern,  die  im  ventralen  Tegmentum  kreuzen. 


DAS    LATERALIS-   UND   OCTAVUSSYSTEM    DEIl    PLAGIOSTOMEN.  381 

Ans  der  ganzen  Area  statiea  entstehen  außerdem  reflektorische  und 
koordinatorische  Fasern,  welche  auf-  und  absteigend  im  hintern  Längs- 
bündel und  darunter  verlaufen  und  den    Tr.  ociavo-motorius  darstellen. 

Sie  verlaufen  mit  den  zerebello-niotorischen  Fasern  nahe  an  dem  Ven- 
trikel entlang  als  dorsale  Bogenfasern  zum  prädorsalen  Bündel,  gekreuzt 
und  ungekreuzt. 

Die  große  Mehrheit  dieser  Fasern  hat  einen  aboraleu  Verlauf.  Nur 
wenige  steigen  zu  den  vorderen  Augenmuskelkernen  auf. 

Die  großen  Zellen,  denen  sie  entstammen,  liegen  in  dem  dorsolateralen 
Rand  der  Oblongata  und  sind  vielleicht  teilweise  dem  DEiTicRS-Kern  zu 
vergleichen,  obwohl  sie  noch  nicht  so  kompakt  zusammen  liegen. 

Außer  diesen  sekundären  Neuronen,  welche  sehr  reichlich  sind,  kann 
man  bei  den  Selachiern  noch  zweierlei  sekundäre  Systeme  aus  den  obern 
und  mittlem  octavo-lateraleu  Kernen  degenerativ  verfolgen. 

Die  einen  gesellen  sich  den  Koordinationsbaiinen  des  zentralen  Längs- 
bündels bei  und  enden  im  Thalamus  und  in  dem  Hypothalamus  {Tr. 
odavo-thalamicus   et   hypolhalamicm ;    vergl.  Kapitel  VIII,  Fig.  420  en  421). 

\\e\  stärker  ist  das  sog.  laterale  Längsbundel  oder  die  laterale  Schleife, 
welche  als  Fibrae  arcuatae  dorsales  aus  dem  Gebiete  der  Area  statiea  her- 
vorgeht und  frontalwärts  ziehend,  sich  teilweise  im  Tectum  (Wallen- 
BERCi)  hauptsächlich  unterhalb  des  Ventrikels  des  Mittelhirns  in  einer  als 
medialer  Mitlelhirn-Haubenkei'n  (Nvcl.  tegmenti  mesen.cephali  viedialis)  bezeich- 
neten Zellmasse  verliert,  welche  bei  einigen  Selachiern  einen  ventralen 
Ausläufer  aufweist  (Nucl.  profundus  mesencephali :  Kap.  VIII). 

Ich  will  hier  bereits  erwähnen,  daß  die  Zellmasse  unter  dem  hintern  Ab- 
schnitt des  optischen  Ventrikels,  der  mediale  Mittelhirn-Haubenkern,  das  primitive 
Homologon  des  Torus  semicireularis  der  Teleostier  und  des  Corpus  quadrigemiuum 
posticuni  der  Säuger  ist. 

Aus  dieser  Verbindung  mit  sensiblen  Gebieten  des  Mittelhirnes,  welche 
bei  Petromyzon  noch  kaum  nachweisbar  ist,  geht  hervor,  welche  intimen 
Verknüpfungen  zwischen  dem  Endgebiet  des  Lateralis  und  Vestibularis 
einerseits  und  den  optischen  Zentren  andererseits  bestehen:  eine  faser- 
anatomische Korrelation,  die  offenbar  eine  Folge  der  simultanen  Reizung 
von  Retina  und  Labyrinth  bei  Lageveränderungen  und  Raumorientierungen 
des  Körpers  ist,  eine  Korrelation  der  Gravistatik  und  Photostatik. 

In  Verband  hiermit  ist  zu  betonen,  daß  die  laterale  Schleife,  welche 
diese  Verknüpfungen  bildet,  teilweise  aus  demjenigen  Abschnitt  des  octavo- 
lateraleu  Gebietes  entsteht,  welches  mit  der  dorsalen  Wurzel  des  Vesti- 
bularis zu  tun  hat  (die  ventrale  Wurzel  übermittelt  mehr  direkte 
spinale  und  bulbäre  Reflexe).  Da  die  dorsale  oder  hintere  Wurzel  mit 
dem  hintern  Ast  des  Vestibularis  korrespondiert,  sind  es  also  namentlich 
die  Reize  der  Ampulla  posterior,  des  Sacculus,  der  Crista  neglecta  und 
der  Lagena,  welche  diese  Korrelation  mit  dem  Mittelhirn  eingehen. 


382  DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVUSSYSTEM 

Übrigens  ist  wohl  zu  betonen,  daß  dieses  Projektionsbündel  zum  Mit- 
telhiru  bei  den  Fischen  zu  einem  nicht  geringen,  vielleicht  dem  größten 
Teil  eine  Projektion  von  Lateralisreizen  ist,  wie  namentlich  dadurch  be- 
wiesen wird,  daß  das  Bündel  eine  enorme  Hypertrophie  bei  Tieren  auf- 
weist, wo  die  N.  N.  laterales  hypertrophieren. 

Solche  Hypertrophien  kommen  bei  den  Teleostiern  vor,  zu  deren  Be- 
schreibung ich  jetzt  schreite. 

Das  Lateralis-  und  Octavussystem  der  Ganoiden  und  Teleostier. 

Für  die  Beschreibung  des  Lateralis-  und  Octavussystems  und  ihrer 
zentralen  \\'rbindungen  bei  den  Teleostiern  wähle  ich  als  Beispiel  die 
Siluroiden,  wo  namentlich  das  Lateralissystem  eine  sehr  starke  Entwicklung 
zu  verzeichnen  hat  und  ausführlich  von  Berkelbach  van  der  Sprenkel 
bei  Silurus  glanis  untersuclit  wurde. 

Im  Anschluß  daran  werde  ich  einiges  über  das  Verhalten  bei  Mor- 
myrus  erwähnen,  wo  es  zu  einer  exzessiven  Ausbildung  dieses  Apparates 
kommt  (Stendell,  Berkelbach)  ebenso  wie  bei  einigen  Tiefseefischen, 
wo  namentlich  die  Kopforgane  eine  ganz  auffallende  Ausbildung  erlangen. 

Der  N.  lateralis  j)Osteri(yr  (Fig.  173)  tritt  bei  diesen  Tieren,  wie  üblicli, 
nur  mit  einem  Wurzelbündel  in  die  Oblongata  ein.  Der  Lateralis  anterior 
(Fig.  175),  hat  aber  —  wie  auch  bei  den  Selachiern  —  zwei  Wurzelbün- 
del, ein  ventrales  und  ein  dorsales,  welche  jedoch  nahe  aneinander 
schließen  und  bei  ihrem  Austritt  manchmal  mit  dem  sensiblen  Facialis 
und  peripher  mit  dem  Trigeminus  verlaufen,  wovon  sie  fast  nur  durch 
ihr  Faserkaliber  unterschieden  werden  können. 

Der  Bau  der  zentralen  Kerne  der  Area  statica  ist  durch  die  kom- 
primiertere Form  des  Teleostierhirns  weniger  deutlich  gegliedert  als  bei 
den  Selachiern. 

Doch  läßt  sich  auch  hier  die  dort  erwähnte  prinzipielle  Einteilung 
erkennen  in  einen  dorsalen  Kern  oder  Lobus  liniae  lateralis  anter ioris 
(Fig.  175),  einen  nwdianen  Kern,  welcher  auch  hier  Fasern  der  beiden 
Lateralnerven  aufnimmt,  aber  doch  hauptsächlich  zur  Aufnahme  des  Late- 
ralis posterior  dient  und  daher  als  Lobus  Nerv,  lateralis  posterioris  bezeich- 
net ist  (Fig.  173),  und  den  darunter  liegenden  ventralen  Kern  oder  besser^ 
gesagt  das  ventrale  Areal,  welches  überwiegend  vestibuläre  Fasern  auf- 
nimmt. 

Die  beiden  erstgenannten  Kerne  sind  auch  hier  mit  einer  Crista  cere- 
bellaris  bedeckt,  welche  gerade  bei  den  Siluroiden  sehr  groß  ist  (Fig.  173). 

Man  kann  in  dieser  Crista,  wie  bei  Selachiern  (Fig.  170),  zwei  Ab- 
schnitte unterscheiden,  von  denen  jeder  mit  einem  <ler  genannten  dorsalen 
und  medialen  Kerne  korrespondiert. 

Von  diesen  beiden  Abschnitten  dehnt  sich  bei  einigen  Siluroiden  (Silu- 
rus glanis)  die  Crista  des  Lobus  anterior  weiter  kaudalwärts  als   diejenige 


DKR    GANOIDEN    UND    TELEOSTIER. 


383 


des  Lobus  posterior.  Bei  anderen  (Arius:  Fig.  173)  ist  es  umgekehrt. 
Frontal  nimmt  aber  die  Crista  des  Lobus  jtosterior  viel  melir  an  Um- 
fang zu  als  diejenige  des  Lobus  anterior  und  verschmilzt  sie  eher  mit  der 
Molecularis  des  Zerebellums  als  die  Crista  des  Lol)us  anterior,  welche  nocli 
eine  kurze  Strecke  unter  dem  Zerebellum  durch  verläuft,  dann  (bei  Siluris 


lob.lin  la    Post. 
(.cristaw , 


Kig.  173.    Eintritt  der  N.  lateralis  posterior  in  den  Lubus  liniae  lateralis 

posterior  (Nucleus  medianus)  mit  Crista  cerebellaris  eines 

Siluroiden  (Arius)  n.  van  der  Horst. 


glanis)  mit  dem  kontralateralen  Lobus  verschmilzt  und  erst  darnach 
eine  Verbindung  mit  dem  Zerebellum  eingeht. 

Frontalwärts  nimmt  auch  die  Körnerschicht  des  Lobus  posterior  stark 
an  Umfang  zu  und  bildet  die  Massa  granularis  (Franz),  welche  teilweise 
dem  Aurikel  der  Selachier  entspricht,  aber  in  Verband  mit  dem  kompri- 
mierteren Charakter  des  Teleostierhirns  hier  ihren  spaltförmigen  Hohlraum 
verloren  hat  und  massiv  geworden  ist  (vergleich  hierzu  das  Kapitel  Klein- 
hirn, Fig.  356). 

Die  Fasern  des  N.  lateralis  posterior,  die  auf  dem  Niveau  des  IX  ein- 
treten,   verlaufen    an    der   dorsolateralen    Periiiherie    frontalwärts  (Fig.  173 


384 


DAS    LATERALIS-    UND    OOTAVUSSYSTEM 


Lat.  post.).  Nur  ein  kleiner  Teil  derselben  verläuft  kaudal,  neben  den  ab- 
steigenden Fasern  des  Vestibularis,  bis  zum  Anfang  des  Rückenmarkes.  Sie 
sollen  Bifurkationen  eines  Teiles  der  frontal  verlaufenden  Fasern  sein  (Tello). 
Die  frontalen  Fasern-  weitaus  die  Mehrzalü-enden  hauptsächlich  dort, 
wo  der  Lobus  posterior  seinen  größeren  Umfang  erreicht  hat  und  scheinen 

sich  sowohl  in  der  Crista 
als  in  der  Granularis  auf- 
zusplittern, was  namentlich 
bei  Mormyrus,  wo  dieser 
Nerv  und  dessen  Endgebie- 
te einen  enormen  Umfang 
erreichen  (Fig.  174)  sehr 
deutlich  ist. 

Sie  werden  —  dies  ist 
bei  Silurus  sehr  deutlich  — 
darin  von  Fasern  des  Late- 
ralis anterior  (und  Vestibu- 
laris) begleitet,  sodaß  der 
mediane  Kern  hier  sowie 
l)ei  den  Plagiostoraen  nicht 
ausschließlich  dem  hintern 
Seitennerven  gehört. 

Ein  Teil  der  Lateralis 
posterior-Fasern  erreicht  das 
Zerebellum,  oder  wenigstens 
denjenigen  Abschnitt  des- 
selben, der  dem  Aurikel 
entspricht. 

Die  Zusammensetzung 
des  Nerv,  lateralis  anterior 
und  dessen  Verlauf  sind 
komplizierter.  Ihre  zwei 
Wurzelbündel  sind  nicht  so 
leicht  trennbar  als  bei  Se- 
lachiern  (die  Unterschei- 
dung in  dicke  und  feinere 
Fasern  entspricht  keinen 
bestimmten  Wurzeln). 

Die  frontalsten  Latera- 


Xs.e. 


Fig.   174.     Exzessive  Entwicklung  und  gegenseitige 
Verschmelzung  des  Lobus  lateralis  posterior. 
(Endgebiet  des  N.  lat.  post.)  bei  Mormyrus 
Cashive,  n.  BERKELn.\CH  v.  d.  Sprenkel. 
Cr.  l.  =  Crista  lobi  lat.  postei'ioris;    L.  of  C.  =  Zell- 
schicht des  Lob.  lat.  post.;  M.  of  L.  =  Markschicht 
des  Lob.  lat.  post.;   Tr.Sp.c.   =  Tractus  Spino-cere- 
bellaris. 


lisfasern  sind  ziemlich  fein 
und  steigen  —  wie  auch  von  Tello  beim  Karpfen  beschrieben  wurde  — 
zum  Kleinhirn  empor,  wo  sie  vielleicht  teilweise  in  der  Decussatio  Veli 
kreuzen.  Die  übrigen,  hiervon  etwas  getrennten  Fasern  dringen  in  den 
Lobus  lateralis  anterior  selber  ein. 


DKK    (iANOIDKN    1NI>    TELKOSTIKl!.  385 

Einige  dieser  Fasern  kreuzen  die  llaiihe  und  enden  in  der  kontralate- 
ralen Crista. 

Das  ventrale  Wurzelbündel  des  Lateralis  anterior  enthält  bei  den 
Biluroiden  auttallend  dicke  Fasern,  die  kaudalwärts  laufen  und  in  oder 
nahe  dem  Nnel.  tano'entiali.s  (s.  u.)  und  den  MAUTHNERSchen  Zellen  enden. 

Obschon  ein  'Teil  dieser  dicken  Fasern  auch  den.  Lohns  lateralis  posterior 
erreicht,  hegleitet  die  Mehrzahl  derselben  das  i'estibularissijstem,  dadurch  den 
intimen  Zusammenhang  zwischen  diesen  beiden  Apparaten  demonstrierend. 

Aus  welchen  Kopfseiten-Organen  gerade  die  großkalibrigen  Lateralis  anterior- 
Fasern  stammen,  ist  mir  nicht  bekannt.  Ihre  Dicke  und  ihre  direkte  Verbindung 
mit  dem  motorischen  Tegmentum  des  Bulbus  weist  auf  ihre  direkte  reflektorische 
Natur  hin. 

Das  Labyrinth  der  Teleostier  unterscheidet  sich  von  demjenigen  der 
Selachier  dadurch,  daß  der  Ductus  endolymphaticus,  welcher  bei  den  Se- 
lachiern  noch  eine  offene  Kommunikation  mit  der  Außenwelt  hat,  hier, 
von  der  Meninx  bedeckt,  blind  endet.  Außerdem  ist  bei  manchen  Teleo- 
stiern  i)  (Siluroiden  und  Zyprinoiden)  die  Lagena  erheblich  mehr  differen- 
ziert als  bei  den  Selachiern. 

Der  N.  octavus  der  Teleostier  ist  uns  namentlicli  durch  die  Unter- 
suchungen von  Retzius,  Cajal  und  Tello  bekannt. 

Die  sieben  vestibulären  Perzeptionsstellen :  die  drei  Cristae  der  Ampul- 
len, der  Utriculus,  der  Sacculus,  die.  Macula,  besser  „Crista"  ~)  neglecta 
(welche  bei  den  Plattfischen  und  noch  einigen  änderen,  wie  Raniceps, 
Gobius,  Lophius,  Zeus,  Calliouymus,  Gadus,  fehlt;  Retzius)  und  die  Papilla 
Lagenae  enthalten,  wie  wir  bereits  durch  die  Uiatersuchungen  von  Retzius 
wissen,  Vestibularisfasern  von  verschiedenem  Kaliber. 

Die  Fasern  der  drei  Ampullen  sind  teilweise  sehr  grob,  teilweise  fein, 
die  der  Crista  neglecta  sind  sehr  grob,  diejenigen  des  Utriculus  und  Sac- 
culus sind  mittlem  Kalibers,  und  die  der  Papilla  Lagenae  sind  sehr  fein 
und  wenig  zahlreich. 

Die  Art,  wie  die  Fasern  auf  die  beiden  Vestibulariswurzeln  verteilt 
sind,  ist  so,  daß  die  ventrale  Vesbihulariswurzel,  welche  dem  Ramus  anterior 
vestibularis  entspricht,  die  groben  und  feinen  Fasern  der  Ampulla  anterior 
und  externa  und  die  (mittelkalibrigen)  Fasern  des  Utriculus  führt. 

Die  dorsale  Vestibulariswurzel,  welche  dem  Ramus  posterior  Ylll  ent- 
spricht, führt  die  groben  und  feinen  Fasern  der  Ampulla  posterior  und 
der  Macula,  besser  „Crista"  neglecta,  die  (mittelkalibrigen)  Fasern  des 
Sacculus  und  die  feinen  Fasern  der  Lagena  3). 


')  Eine  selten  vorkoiuniende  Eigentümlichkeit  weist  des  Labyrinth  von  Cynoscion 
regalis  auf,  wo  Sacculus  und  Utriculus  nicht  miteinander  verbunden  sind  (Parkkr). 

'-)   Siehe  Seite  379. 

^)  Nur  bei  einigen  Teleostiern  (Sahno  salar,  Clupea  harengus  und  Anguilla)  gibt 
auch  der  R.  anterior  einen  Ast  an  den  Sacculus  ab  (Retzius). 

Kappers.  25 


386 


DAS    LATERALIS-    UND    Of'TAVUSSYSTEM 


Während  also  jede  Wurzel  Fasern  verschiedenen  Kalibers  führt,  tren- 
nen sich  in  der  Oblongata  die  groben  Fasern  von  den  feinen  und  mittle- 
ren und  haben  alle  ihre  besondere  Endigung. 

Die  sehr  groben  Fasern  aus  den  drei  Ampullen  und  der  Crista  neglecta 
enden  ziemlich  rasch  nach  ihrem  Eintritt  in  die  Oblongata  in  den  bereits 
erwähnten  tangentialen  Kern.  (Tei.lo),  in  den  (bei  Silurus)  auch  die  groben 
Fasern  des  Lateralis  anterior  eintreten. 


FTArWor,,    Vf,l,l> 


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cell  Mauihner 


hucl.vestib   "  A 


Fig.  175.     Kintritt  der  Vestibiilariswurzel  in  die  Oblongata  von 
Amia  Calva,  n.  Schepman. 


Die  Art,  wie  sich  die  Ve-stibularisfasern  den  Zellen  des  Tangential- 
kernes  anlegen,  ist  sehr  tyj)isch  und  stimmt  mit  demselben  Verhalten  bei 
dem  Spindelzellkern  (Nu.  octavo-motorius  anterior:  Fig.  168)  der  Zyklosto- 
men und  dem  Tangentialkern  der  Reptilien  und  Vögel  überein,  indem 
sie  durch  eine  löfFelartige  Verbreiterung  des  Endastes  erfolgt. 

Bei  einigen  Fischen  kann  man  in  dem  Tangentialkern  zwei  Abschnitte  unter- 
scheiden: einen  vordem,  mehr  ventral  unterhalb  des  sog.  DEiTERskernes  dieser  Tiere 
gelegenen  Abschnitt,  und  einen  hinteren  dorsaleren  Abschnitt,  welcher  sich  kaudal 
an  den  DEiTEKskeru  anschließt  (Tello). 

Die  mittelkalibrigen  Fasern  des  Utriculus  enden  um  den  etwas  mehr 
dorsal  liegenden  DEiTERskern.  (Nucl.  vest.  Fig.  175). 

Diejenigen  des  Sacculus  enden  teilweise  an  retikulären  Zellen  (s.  u.). 
Ein  Teil  der  Sacculusfasern  bildet  aber  mit  feineren  Elementen  der  Am- 
pullen und  der  Lagena  auf-  und  absteigende  Wurzelbündel  in  dem  dor- 
salen   Abschnitt   der    Oblongata.    Das   aufsteigende    Bündel  endet    in    dem 


DER    GAXOinEX    UNH    TELEOSTIER.  387 

übereil  tlr;ui  und  in  dessen  Cri.sta.  Es  ist  von  Endiisteii  der  N.  N.  late- 
rales begleitet  und  o;il)t  audi  Käsern  an  das  Kleinliirn  ab,  sowold  ge- 
kreuzte als  ungekrenzte. 

Das  absteigende  Bündel  verläiü't  mit  dem  letztgenannten  erst  zwischen 
den  absteigenden  V-  und  Vll-Wnrzeln  und  schließt  sieb  dann  den  ab- 
steigenden Elementen  der  Lateralnerven  an. 

Überblickt  man  dieses  Verhalten,  so  zeigt  sich,  daß  die  groben  Fasern, 
welche  durch  ihr  Kalil)er  bereits  den  Eindruck  reflektorischer  Elemente 
machen  (also  die  groben  Am  pullenfasern  und  die  groben  Neglectafasern) 
direkt  dem  tangentialen  Kern  zuströmen  in  dem  —  bei  Siluroiden  —  auch 
die  groben  Elemente  des  N.  lateralis  anterior  enden  (s.  S.  oSö). 

Ihre  Reize  werden  von  hier  aus  durch  sekundäre  Bahnen  i)  reßektorisch 
verwertet,  hauptscächlich  kontrolateral. 

Ähnliches  gilt  für  die  dicken  Utriculus-  und  Sacculusfasern,  deren 
Reize  aber  von  den  etwas  mehr  dorsal  liegenden  DiciTERszellen  und 
retikulären  Zellen  iiauptsiiclilicli  honiolateral  in  absteigendem  Sinne  ver- 
wertet werden. 

Die  anderen  Fasern  dagegen  (ein  Teil  der  Ampullen  und  der  Sacculus- 
fasern und  alle  Lagenafasern)  bilden  auf-  und  absteigende  Fasern  in  dem 
dorsalen  Abschnitt  der  Area  statica  (Fig.  175  Fibr.  dors.  A'estib.)  wo  sie, 
in  dessen  innerm  Grau,  wie  in  dessen  Crista,  enden.  Ihre  Reize  werden 
nicht  sofort,  wenig.stens  nicht  nur  zu  motorischen  Zentren,  übertragen, 
sondern  werden,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  mittels  des  Fasciculus 
longitudinalis  lateralis  (laterale  Schleife)  auf  das  Mittelhirn  projiziert. 

Zusammenfassend  finden  wir  also,  daß  die  Funktionstrennung,  ivelvlie  im 
zentralen  Ne^-vensystem  durch  die  verschiedenen  Endig ungszentren  und  deren  ver- 
schiedene Vei'bindungen  bestellt,  bereits  in  der  Peripho'ie  durch  das  verschiedene 
Kaliber  der  Fasern  angedeutet  ist,  und  daß  man  darin  bereits  die  mehr  direkt 
reflektorischen.  Elemcnie  durch  ihre  besondere  Große  unterscheiden  kann. 

Wichtig  ist  es  dabei,  zu.  bemerken,  daß  alle  Lagenafasern  zu  der  Kategorie 
der  feinen,  nicht  direkt  reflektorischen,  Elemente  gehören  und  in,  den  dorsalen 
Abschnitt  der  Oblongata  treten  (s.  die  Bctracldung  am  Hchluf)). 

Die  Zellen,  welche  im  Dienste  der  direkten  motorischen  Reizübertra- 
gung stehen,  sind  teilweise  den  Müi.LERschen  Zellen  der  Zyklostomen 
verwandt  und  bilden  einen  Teil  der  retikulären  Zellen  des  Bulbus,  des 
sog.  Nucleus  raotorius  reticularis  -),  d.  b.  jener  meistens  großen  Zellen, 
welche  ursiarünglich  mehr  in  der  Nähe  der  motorischen  Zellen  des  Bul- 
bus  angelegt,    sekundär,   neurobiotaktisch,  ein  intimeres  Verhalten  zu  den 


')  Diese  sekundären  absteigenden  Bahnen  werden  auch  noeh  von  einzelnnn  piimliren 
Neuronen  begleitet  (Wallkmikug). 

')  Der  Name  Nucl.  motoriiis  togiiienli  (Ehinukr)  ist  nicht  so  gut,  weil  man  ursprüng- 
lich unter  Tegmentum  (=  Haube  oder  Kappe)  einen  dorsalen  Teil  versteht,  welchei-  dcf 
Flügelplatte  entspricht  und  weil  es  sich  hier  um  Bestandteile  der  Basalplatte  handelt. 
Besser  ist  Nucl.  motorius  reticularis. 


388  DAS    LATERALIS-    TINP    OCTAVUSSYSTKM 

primär-sensorischen  Kernen  erhalten  (Bartelmez),  und  eine  diesen  Kernen 
entsprechende  Differenzierung  aufweisen  (Kap.  VI). 

Diese  neurobiotak tische  Annälierung  an  die  sensorisclien  Systeme 
sehließt  eine  vermehrte  Adaptierung  für  schnelle  Reflexe  zwischen  jenen 
sensorischen  Zentren  und  den  Zentren  der  somatischen  Muskulatur  in  sich. 

Es  ist  nicht  befremdend,  daß  gerade  eine  große  Zahl  dieser  Zellen 
sich  in  dem  Gebiet  des  Vestibulariseintrittes  anhäuft,  wo  so  wiciitige  und 
oft,  ich  möchte  fast  sagen:  stets  in  Reizung  sich  befindende  sensorische 
Fasern,  die  des  Gleichgewichtes,  enden. 

Diese  Zellen  sind  teilweise  den  MüLLERSclien  oder  großzelligen  Ele- 
menten des  Lobus  staticus  bei  den  Zyklostomen  zu  homologisieren. 

Teilweise  auch  entstammen  sie  erst  bei  den  höheren  Fischen  zu  dieser 
Ausbildung  aktivierten  Neuroblasten. 

Einige  dieser  Zellen  finden  sich  in  der  Nähe  der  Rajjhe,  wo  sie  unter 
mehr  Kollateralen  der  vestibulo-lateralen  Dekussation  empfangen. 

Unter  diesen  retikulären  Elementen  ist  bei  den  Teleostiern  eine  Zelle 
sehr  weit  gegangen  in  ihrer  Differenzierung,  nämlich  die  MAUTHNKRSche 
Zelle,  welche  durch  ihre  Größe  bereits  sehr  lange  die  Aufmerksamkeit  der 
Untersucher  auf  sich  gezogen  hat,  und  in  letzter  Zeit  namentlich  durch 
die  Untersuchungen  von  Beccaei,  Bartel.mez  und  Kivoyasu  Mariu  besser 
bekannt  gewoi'den  ist.  Es  lohnt  sich  hier,  etwas  Näheres  davon  mitzu- 
teilen (vergl.  auch  S.  31). 

Der  Zellleib  und  die  Dendriten  dieser  Zelle  sind  enorm. 

Mittels  eines  lateralen  Dendriten  i)  und  der  sogenannten  Axonkappe 
(Ax.  cp.  Fig.  176  B)  steht  sie  in  Verbindung  mit  gleichseitigen  Vestibu- 
lariswurzelfasern  (namentlich  des    Sacculus,    Beccaki;    Fig.  176  A  und  B). 

Auch  senden  gekreuzte  Ve.stibularisfasern  Kollateralen  in  diese  Kappe 
und  in  das  Netzwerk  von  Tel.odendrien,  welches  die  Zelle  umspinnt. 

Außer  diesen  direkten  Vestibularisverbindungen  hat  die  Zelle  eine 
Menge  sekundärer  Octavo-Lateralis-^'erbindungen,  indem  äußere  und  innere 
Bogenfasern  des  ventralen  und  dorsalen  Kernes,  gekreuzt  und  ungekreuzt 
Axonen  und  Kollateralen  in  das  Netzwerk  oder  in  die  Axonkappe  senden, 
welche  auch  Fasern  des  Tractus  cerebello-motorius  (Tr.  cerebello-tegmen- 
talis)  enthält,  und  solche  aus  dem  vordem  sensiblen  Trigeminuskern,  dem 
Mesenzephalon  und  sogar  aus  dem  Tectum  opticum  erhält. 

Die  zerebello-motorischen  Neuronen,  sowie  diejenigen  aus  dem  Nucleus 
princeps  Trigemini  (frontaler  sensibler  Trigeminuskern)  enden  hauptsächlich 
um  einen  speziellen  Dendriten,  den  obern  ventralen  Dendriten  '^),  während 
die   ventralen    Octavuskerne    und    die  gekreuzten  und  ungekreuzten  tekto- 


')    Es  sind  nanieutiich  Sacculusfasern,  welche  dort  enden  (Beccari). 

2)  Das  hier  beschriebene  Verhalten  gilt  für  Araeiurus.  Bei  den  meisten  Ti^leostiern 
kommt  nur  ein  ventraler  Dendrit  vor  (siehe  Fig.  176  B),  welcher  den  Verlauf  des  obeni 
ventralen  Dendriten  von  Ameiurus  hat. 


DICK    liANlIlDKN     INI»    TICLEOSTIER. 


389 


Achsenzy. 
linder 

Axonhtigel. 


Auerbaclisclie  Endfüschcn  von 
Telodcndrien. 


.M(J  Sh 


f  '  lal  Den 


CDend' 


;nf  VentDend 


Med  Denä' 

Fig.  -176  A.     Mauthnersche  Zelle  eines  Knochenfisches  n.  Bartelmez. 
.Man  beachte  die  Axonkappe,  welche  den  A.'conhiigel  umgibt  und  die  Auer- 
liALiischen    Endfiischen    des   N.    vestibularis  auf  den  lateralen  Dendriten. 
Md.  Sh.  =^  Marksclieide  des  Achsenzylinders;  Gl.  =  Gliazellen;  C.  Dend.  = 
kleine  dendritische  .Xusläufer,  welche  in  die  A.\onkappe  hineinragen. 


Fig.   17(1  15.    .Mauthnersche  Zelle  eines  jungen  Lachses, 
n.  Baiitelmez. 
F.  L.M.  —  Fasciculus  longitudinalis  niedialis  (=  centralis): 
A.t.  =  Axon;  A.r.Cp.  =  Axonkaijpe:  Nucl.  D.  =  DEiTEiis-kern. 


390  DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVUSSYSTEM 

bulbären  Fasern  mit  dem  unteren  ventralen  Dendriten  der  Zelle  in  Ver- 
bindung treten. 

Die  Mauthnersc/ic  Zelle  ist  also  ein.  deutliches  Beispiel  eines  gemciiiscliaji- 
lichen  Endweges  versdiiedener  Reize  (final  common  path  Sheeringtons),  und 
ihre  Verbindungen  beweisen  die  wichtige  Funktion  dieser  Zelle  für  die  Erhal- 
tung des  Gleichgewichtes  und,  weil  das  Axon  bis  in  das  Schwanzsegment  des 
Rückenmarkes  zu  verfolgen  ist,  insbesondere  für  die  Rolle,  xvelche  der  Schwanz 
dabei  spielt. 

Mit  Hinsicht  darauf  ist  es  interessant,  daii  namentlich  Fische  mit  einer 
starken  Schwanzmuskulatur  diesen  MAUTHNERschen  Apparat  am  deut- 
lichsten zeigen,  z.B.  der  Lachs  (Fig.  176  B:  vergl.  auch  S.  395). 

Ähnliche  Verbindungen  mit  dem  \'estibularapparat,  wie  der  untere 
ventrale  Dendrit  der  Mai  TUNERschen  Zelle,  hal)en  auch  die  anderen,  hinter 
diesem  Areal  gelegenen  retikuläi-en  Zellen  (Nncleus  motorius  reticularis, 
Pars  postmauthneriana  von  Baktelme/). 

Außerdem  kommen  aus  dem  oberen  Abschnitt  der  üblongata  reflek- 
torische Fasern  hervor,  welche  wie  die  octavomotorischen  Bahnen  der  Selachier 
verlaufen  und,  dui'ch  zerebellomotorische  Fasern  verstärkt,  auf  dem  Wege 
des  zentralen  Längsbündels  und  der  ventrolateralen  Stränge  gekreuzt  und 
ungekreuzt  auf-  und  alnvärts  ziehen. 

Die  aufsteigenden  Fasern  ziehen  zu  den  vordem  Augenmuskelkernen 
(Nucl.  III  und  IV),  die  absteigenden  zu  dem  Abducenskern  und  zu  der 
liegion  der  spinalen  Nervenkerne. 

Was  die  sonstigen  sekundären  Verbindungen  der  Octavo-lateralis-Kerne 
anbelangt,  muß  zunächst  erwähnt  werden,  daß  die  dorsalen  Areale  der 
beiden  Seiten  —  wie  bei  den  Selachiern  —  durch  kommissurelle  Fasern 
verbunden  sind. 

Während  die  Octavo-Lateralis-Kommissur  bei  den  Selachiern  aber 
ventral  verläuft,  wird  sie  Ijei  den  Teleostiern  von  dorsalen  Bogenfasern 
dargestellt  (Cj'prinu.s),  welche  direkt  unterhalb  des  Fasciculus  longitudinalis 
centralis  kreuzen,  ja,  bei  den  Gadiden  sogar  durch  eine  Kommissurplatte, 
welche  oberhalb  des  vierten  Ventrikels  die  Lobi  der  beiden  Seiten  verbindet. 

Bisweilen  kann  man   zwei   solche  Kommissurbündel  unterscheiden. 

Das  mächtigste  aufsteigende  Korrelationsbündel  des  gesamten  Octavo- 
Lateralis-Systemes  bildet  indessen  auch  hier  wieder  der  Fasciculus  longitu- 
dinalis lateralis  oder  der  laterale  Lemniscus  (laterale  Schleife),  welcher  bei 
Teleostiern  aus  dem  dorsalen  und  medianen  Kern  der  Area  statica  entsteht, 
direkt  unterhalb  des  Fase.  long,  centr.  kreuzt  und  zum  Torus  semicircu- 
laris  des  Mittelhirnes,  dem  Homologon  des  Nucl.  tegmentalis  medialis  der 
Selachier.  zieht. 

Direkte  Verbindungen  mit  dem  Tectum  optieum,  wie  wir  dort  noch 
fanden,  scheinen  hier  nicht  mehr  vorzukommen  (Wallenberg;  Kap.  VIII). 

Auch  zum  Zwischeuliirn,  Thalamus  uud  Hypothalamus  lassen  sicji  verein- 
zelte  sekundäre    Neuronen   des   Octavo-Lateralis-Webietes    verfolgen  (Wallenkehg). 


DER   GANOIDEN    UND   TELEOSTIEK. 


391 


Da  die  Projektionsbahn  dieses  Gebietes  hauptsächlich  dem  dorsalen 
und  medianen  Kern  des  Lobus  staticus  entstammt  und  diese  Kerne  an 
erster  Stelle  (neben  dorsalen  Vestibularisfasern)  LateraHsfasern  empfangen 
(Lob.  nerv.  lat.  ant.  und  Lob.  nerv.  lat.  post.),  kann  es  uns  nicht  wundern, 
daß  dieser  laterale  Lemniscus  bei  einer  Hypertrophie  der  N.N.  laterales  h^yper- 
troi)hiert,  wie  die  ganz  auttallend  ist  bei  Mormyrus  (Stendell,  Berkelhaou). 
Dort  wachsen  diese  Ker- 


ne zu  einer  enormen  Größe 
an ;  der  mediane  Kern  oder 
Lobus  lateralis  posterior,  er- 
reicht dort  einen  solchen 
l'mfang,  daß  eine  bilate- 
rale \'erschmelzung  in  der 
l'^orm  einer  großen  Kappe 
statttindet,  welche  den  klei- 
nern Lobus  n.  lateralis  ant., 
der  auch  eine  bilaterale  Ver- 
schmelzung aufweist,  nach 
oben  und  hinten  gänzlich 
umschließt  (siehe  Fig.  174). 
Oljschon  nun  der  Vesti- 
bularapparat  dieser  Tiere 
relativ  klein  ist,  ist  doch  die 
obengenannte  Projektions- 
bahn zum  Mittelhirn :  der 
Lemniscus  lateralis  (Lem.  1. 
Fig.  177)  und  ihr  Kern  im 
Torus  semicircularis  sehr 
vergrößert  und  weist  auch 
die  tertiär  mit  diesem  Kern 
verbundene  Valvula  Cere- 
belli  eine  riesige  Ilyjtertro- 
phie  auf.  Tatsächlich  beruht 
die  enorme  Valvulabildung 
bei  dieseniTiere  auf  den  dem 
Kleinhirn  mittels  des  Lem- 
niscus lateralis  und  des 
Torus  semicircularis  zuge- 
führten Reizen  der  ver- 
größerten Lateralnerven. 


MW 


CAlfi.ce'^ 


Hc  lYtiuct 


Kig.  177.     (Querschnitt   durch    die    Mitteliiirn- 
Oblongata  Grenze  von  Mormyrus  Cashive; 
van  GiESON-Präparat. 
Man  heaolite  die  starke  Entwicklung  der  lateralen 
Schleife  (Lern.  L). 

Lob.  in  f.  =  lobus  inferior  hypothalanii. 
Valv.  cer  ,  Corp.  cer.  =  Valvula   und   Corpus  Cere- 
belli,  n.  Burkelbach  van  der  Sprenkel. 


Ich    möchte   schließlich    mit    wenigen  Worten   die  Frage  berühren,  od 
<lk   Fische  hören;  ob  also  ein  Teil   der  hier  beschriebenen  Fasern  auch  der 


Hörleitung  dient. 


392  .  UB    DIE    FlSf'HE    HÜKKN  ? 

Diese  Frage  ist  eine  viel  umstrittene.  Sie  scheint  mir  aber  dadurch 
gelöst  zu  sein,  daß  Pipkr  nachweisen  konnte,  daß  der  N.  octavus  eines 
Herings  eine  negative  Schwankung  aufweist,  wenn  in  der  direkten  Nähe 
des  Wassers,  in  welchem  sich  das  Experiinenttier  befindet,  ^'ioliusaiten  in 
Schwingung  gebracht  werden. 

Außerdem  hat  Pakkkk  nachgewiesen,  ilaß  jedenfalls  gewisse  Fische 
reflektorisch  auf  diejenigen  Schwingungen  des  Wassers  reagieren,  welche 
von  einer  Stimmgabel  von  128  Vibrationen  i)  per  Sekunde  verursacht 
werden.  Der  dadurch  ausgelöste  Reflex  l^estand  aus  einem  plötzlichen 
kleinen  Sprung  mittels  Schwanz  und  Pektoralflosse. 

Durch  Durchschneidung  der  N.  N.  laterales  wurde  der  Reflex  nicht 
beeinträchtigt.  Hierdurch  wird  also  bewiesen,  daß  es  der  N.  Xlll,  nicht 
der  Lateralis  ist,  welcher  diese  Gehörschwingungen  perzipiert.  Diese  Auto- 
ren haben  nicht  ermittelt,  welche  Fasern  des  N.  VHI  diese  Perzeption 
leiten  oder  ob  alle  dazu  imstande  sind. 

Wir  wissen  jedoch,  daß  die  Schwanzmuskulatur  stark  von  der  Mauth- 
NERschen  Zelle  beeinflußt  wird  und  daß  deren  lateraler  Dendrit  mit  Sac- 
culusfasern  in  intimer  Verbindung  steht  (Bkccari).  Es  ist  also  nicht  un- 
möglicli,  daß  dieser  primitive  Hörreflex  von  dem  Sacculus  übermittelt 
wird  (Baktelmez).  Dies  ist  um  so  wahrscheinlicher,  weil  viele  Physiologen 
(namentlich  Hensen)  eine  Empflndlichkeit  des  Sacculus  (auch  bei  den 
Säugern)  für  Geräusche  annehmen. 

Außerdem  wissen  wir,  daß  die  Papilla  Lagenae  sich  aus  der  Macula 
Sacculi  differenziert.  Da  aber  die  Papilla  basilaris  Cochleae  der  hohem  Ver- 
tebraten  (Amphibien),  wie  wir  gleich  sehen  werden,  sich  wieder  aus  der 
Papilla  Lagenae,  oder  besser  in  Anschluß  daran  entwickelt,  ist  es  wohl 
wahrscheinlich,  daß  auch  die  dorsal  endenden  Lagenafasern  der  Fische  auch 
zu  dieser  Perzeption  beitragen. 

Die  Endorgane  des  Lateralissystems  perzipieren  nach  den  Exi)erimen- 
ten  Parkees,  Hofers'  und  Steinmanns  periodische  Druckänderungen  des 
Wassers,  welche  entstehen  beim  Hin-  und  Hersclileudern  des  Schwanzes 
während  des  Schwimmens  oder  durcli  Anprall  des  Wassers  gegen  harte 
Gegenstände.  Die  Art  der  dadurch  verursacliten  Scliwingungen  ist  —  wie 
diejenige  des  Gehörs  —  auch  longitudinal  —  sinussoider  Natur.  Die  Periode 
soll  aber  nur  ungefähr  6  per  Sekunde  sein.  Das  primitive  Hören  ist  also 
nicht  daran  gebunden,  umsoweniger,  als  erst  bei  Amphibien,  wo  (bei  den 
Anuren)  das  Lateralorgan  verschwindet  und  in  Anschluß  an  die  Lagena 
die  Papilla  basilaris  Cochleae  sich  entwickelt,  das  Hören  als  ein  ausge- 
sprochener, sei  es  auch  (Edinger)  wenig  entwickelter  Sinn  aufti-itt. 

Das  Lateralis-  und  Octavussystem  der  Amphibien. 

Das  Lateralis-  und  Octavussystem  der  Amphibien  ist  verschieden  ent- 


')    Dies  übersteigt  schon  die  untere  Grenze  der  Gehörschwingungst'requenz. 


DAS    1-ATEKAI.IS-    (NM)    Ot'TAVUriSiYSTEM    DKR    AMPHIBIEN. 


393 


wickelt,  je  nachdem  man  die  geschwänzten  oder  ungeschwänzten  Repräsen- 
tanten dieser  Ordnung  untersucht. 

Dies  gilt  sowohl  für  die  peripheren  als  für  die  zentralen  Verhältnisse, 
über  die  wir  l)ezüglicli  der  geschwänzten  Amphibien  durch  Strong, 
KiNiiSBiTRY,  Beccari,  Herkicic,  Röthig,  Schepman,  betreüs  der  schwanz- 
losen Formen  durch  Gokdün  Holmes,  Gaupp,  Deganello,  Hammer  und 
Röthig  orientiert  sind. 

Beide  Ordnungen  i)  sind  während  des  Larvallebens  mit  Latei'alner- 
ven  ausgestattet.  Während  aber  die  Anuren  sie  bei  der  Metamorphose 
verlieren,  haben  die  ürodelen  sie  auch  später  noch.  Sie  funktionieren 
jedoch  nur,  solange  diese  Tiere  im  Wasser  leben.  Jedesmal  nach  der 
Laichzeit   gehen    die   Tiere    aufs   Trockene,    die    Organe   senken  sich  dann 

in  die  Tiefe,  um  erst  nach-  p,b',  arc.dors.  LLIat  dors. 

stes     .Jahr    wieder    an    die  ;  Pnm.  cochl.kern ,      «-:     tracta 

Oberfläche  zu  kommen.  —  Flp    ';  ^xj^lfr';'.  LLIat  med 

s#*   i^'^^W-  ^^■:, .  tra  ct.  b. 
,^-LLIatventr 
-Nerv. 
'^^^».^^2'    Cochl. 


Dies  wiederholt  sich  perio- 
disch. 

Bei  diesen  Tieren  tiii- 
det  man  denn  auch  noch 
eine  Ausdehnung  der  Crista 
cerebellaris  auf  der  Oblon- 
gata  (Fig.  178)  welche  beim 
Schwund  der  Lateralnerven 
(Fig.  180)  verloren  geht. 

Da  ich  beabsichtige, 
hier  namentlich  die  zentra- 
len \'erhältnisse  zu  skizzie- 
ren, wie  sie  beim  Frosche 
vorliegen,  werde  ich  hier 
nicht  weiter  auf  die  Ver- 
bindungen der  Lateralner- 
ven bei  den  ürodelen  Am- 
phibien eingehen,  welche  ja  auch  in  viel  klassischerer  Weise  bei  den  Fischen 
vorkommen.  Man  lese  hierüber  namentlich  den  interessanten  Artikel  von 
KiNGSBURYS  und  C.  J.  Herricks  und  die  Arbeit  Schepmans,  der  ich  bei- 
gehende Figur  178  entnehme. 

Das  überwiegende  Interesse  des  Aiuphibiengehirnes  liegt  für  unser 
Problem  in  der  weitern  Ausl)ildung  des  N.  octavus,  sowohl  in  dessen 
peripherem  als  in  seinem  zentralen  Verhalten. 

Auch  was  den  Net-vus  Octavus  anbelangt,  liegen  Unterschiede  in  dem 
peripheren  Verhalten  bei  dem  genannten  Ordnungen  vor. 


7%:m 

Nerv.VHmot 


;    Vdesc. 

Visc.  asc. 
Fig.  178.     Verlauf  der  Lateraliswurzellaserii 
unter  der  Crista  cerebellaris  Oblongatae  bei  Molge 
cristata,  auf  dem  Niveau  des  Einti'itts  der  Fasern 

der  Lagena  und  der  Papilla  Ijasilaris. 
Tract.  ((  und  b  (Kingsbury)  scheinen  Assoziations- 
fasern zu  sein.  n.  Schepm.^n  (verg.  Fig.  180). 


')    Auch    bei    e.xtinkten    Foi'iuen    von    Anipliibieri    sind  Lateruiorgane  in  starker  Kiit- 
wicklung  nachgewiesen  (Mooim:). 


394 


DAS    LATERALIS-    UND    OCTAVÜSSYSTEM    DER    AMPHIBIEN. 


Bei  beiden  Amphibienarten  teilt  sich  tler  Octavus  in  zwei  Äste,  einen 
Ranius  posterior  und  einen  Ramus  anterior,  und  bei  beiden  versieht  der 
Ramus  anterior  die  Ampulhi  externa,  Anipulla  anterior  und  den  Uli'icuhis 
mit  B^isern,  wäln-end  der  Kamus  jiosterior  die  AmpuUa  postei'ior  die 
Crista  neglecta,  Papilla  Lagenae  und  Pai)illa  basilaris  Cochleae  versieht. 
Was  die  Nervenverbindung  des  Sacculus  anbelangt,  zeigt  sich  aber 
ein  Unterschied  in  dem  Sinne,  daß  die  geschwänzten  Amphibien  (welche 
auch  in  andern  Eigentümlichkeiten  des  Zentralnervensystemes  sich  stark 
den  Selachiern  nähern)  eine  Nervenverästelung  haben  (Retzius),  die  mit 
derjenigen  der  Plagiostomen  übereinstimmt,  wo  die  Sacculusfasern  von  dem 
Ramus  posterior  herstammen,  ^vährend  die  Sacculusfasern  bei  den  unge- 
schwänzten (froschartigen)  Amphibien  in  dem  Ramus  anterior  verlaufen  i). 
In  dem  Labyrinth  der  Amphibien  entwickelt  sich  zuerst  im  Anschluß 
an  die  Lagena  der  Anfang  einer  Cochlea,  flie  Pars  basilaris  Cochleae,  welche 
ihre  Nervenfasern  auch  aus  dem   Kamulus  Lagenae    erhält,   also   bei    allen 

1'ieren  aus  dem  hintersten 
Cl.endof.  Ast  des  N.  Octavus. 

;'  Diese     Cochlea- Anlage 

/  ,can.post 

can.ant. 


-can.exr. 


■■P- bas,  cochf. 


ist  anfänglich  noch  sehr 
klein  und  fehlt  sogar  bei 
einigen  geschwänzten  Am- 
phibien (Proteus,  Meno- 
branchus,  Amphiuma). 

Im  allgemeinen  ist  sie 
bei  den  ungeschwänzten 
Amphibien  (Fig.  179)  größer 
als  bei  den  geschwänzten 
und  man  dürfte  also  sagen, 
daß  dort,  unter  den  Amphi- 
bien, die  akustische  Funk- 
tion am  meisten  entwickelt 
ist  2). 

Inmierhin  müssen  wir 
wohl  daran  denken,  daß  die 
Zahl  der  Fasern,  welche  aus  der  Papilla  basilaris  Cochleae  kommen,  auch 
bei  den  Froschartigen,  nur  einen  ganz  kleinen  Teil  der  Hinterwurzel  dar- 
stellen, und  daß  die  Mehrheit  der  Fasern  den  andern  Endstellen  des  R. 
posterior  dieser  Tiere,  nämlich  der  Ampulla  posterior,  der  Crista  neglecta 


sacc. 


F'\^.  179.     Laliyrintli  des  Frosches  n.  Retzius. 
(Man    beaclite   die   Anwesenheit  eines  Pars  basilaris 
Cochleae  im  Gegensatz    zu  dem  Verhalten  bei  Acant- 
thias:  Fig.  17'2  A. 


')  Nur  ein  'I'ier,  Amphiuma,  nimmt  eine  Mittelstellung  ein,  weil  dort  der  Sacculus 
.sowohl  Fasei'n  von  dem  R.  anterior  als  von  dem  R.  posterior  empfängt  (Retzuis). 

^')  Eine  andei-e  Besonderheit  des  Labyrinthes  dieser-  Tiere,  welche  man  namentlich 
beim  l'rosch  findet,  ist  die  außeronlentliche  Ausdehnunp;  des  Ductus  endolymphaticus  in 
dem  V('rtid)ialkanal.  welchen  ich  in  dem  Kapitel  ulier  ilas  Riickenmai-k  (S.  l.'iO)  be- 
schrieben habe. 


DAS    LATERALIS-    CN'D    OCTAVUSSYSTEM    DER    AMPHIBIEN.  395 

u])(]  (1er  Papilla  Lagenae  entstaiuuit'U,  also  wohl  hauptsächlich  vestibulären 
Funktionen  dienen. 

Ich.  werde  nun  die  zentralen  Verhältnisse  beschreiben,  wie  sie  beim 
P'roschc  vorliegen,  weil  dei'  Cochlearapparat  dort  am  meisten  entwickelt 
ist  und  die  Verhältnisse  der  Fasern  und  der  Kerne  <lort  am  deutlichsten 
nnd  am  besten  studiert  sind. 

Außerdem  hatte  ieli  selber  Präparate  des  Ochsenfrosches  *)  (Rana 
mugiens)  zu  meiner  Verfügung,  bekanntlich  der  größte  Repräsentant  dieser 
.Sorte,  sodaß  ich  (zusammen  mit  H.-i.mmer)  die  Angaben  der  Autoren 
daran  prüfen  konnte. 

Man  findet  beim  Frosche  die  zwei  Octavuswurzeln,  die  zwei  getrennten 
Ganglien,  dem  (ninglion  acusticum  posterius  und  anterius,  entstammen, 
ziemlich  ileutlich  getrennt,  aber  ungefähr  auf  demsellien  Querniveau  in 
die  Oblongata  treten  (Fig.  LSD). 

Die  dorsalst  eintretenden  Fasern  entsprechen  dem  hintern  Ast,  welche 
neben  Fasern  der  Ampulla  posterior,  Crista  neglecta  und  Lagena  auch 
solche  der  Papilla  basilaris  oder  Cochlea  führt. 

Der  PMmus  anterior,  welcher  i'ein  vestibulär  in  seinem  Charakter  ist, 
tritt,    wie  l)ei  den  Fischen,  etwas  mehr  ventral  in  die  Oblongata. 

Die  Endigungen  der  beiden  Wurzeln  sind  verschieden. 

Die  ventrale  Wurzel  zieht  jedenfalls  nicht  zu  dem  dorsalen  magno-zel- 
lulären  Keriij  sondern  endet  ventral  davon  in  verschiedener  Weise  (Fig.  IStl). 

In  erster  Linie  sendet  sie  einen  Teil  ihrer  Endigungen  (nach  Dicho- 
tomie) in  den  sog.  ventralen  VIII-Kern,  welcher  teilweise  als  das  Homologon 
des  DEiTERschen  Kernes  der  iKihern  Tiere  zu  betrachten  ist,  bei  niedern, 
geschwänzten  Amphibien  al)er  (Bicccari,  Herrick)  nocli  seinen  retiku- 
lären Charakter  durch  den  Besitz  einei-  MAi'TiiXEK'schen  Zelle  zeigt,  deren 
Axon  in  der  üblichen  Weise  neben  oder  in  dem  Fasciculus  longitudinalis 
centralis  kaudalwärts  läuft  und  einen  Einfluß  auf  die  S(;hwanzbewegungeii 
hat.  Diese  MAUTHNERsche  Zelle  wird  jedoch  bei  den  schwanzlosen  Tieren 
nicht  mehr  gefunden  (vergl.  auch  S.  390). 

Andere  Fasern  der  ventralen  Wurzel  bilden  längere  auf-  und  abstei- 
gende   Äste. 

Erstgenannte  steigen  bis  in  das  untere  Gebiet  des  Zerebellums  auf, 
letztgenannte  sind  von  Wallenbkrg  bis  in  das  6.  spinale  Segment  ver- 
folgt worden. 

Auliw  dieseu  dorsal  endenden  Riickenmarksfasern  Wallenbekgs  hat  Deca- 
NELLü  nach  Abtragung  des  Labyrinthes  Degenerationen  in  den  A'entralsträngen 
de»  Rückenmarkes  wahrgenommen  und  noih  manche  andere,  welche  nach  meiner 
Meinung  aber  mit  Voraicht  gedeutet  werden  müssen,  weil  es  sich  dabei  ebenso 
gut  um  sekundäre  Bahnen,  vielleicht  um  Degenerationen  handeln  kann,  welche  nichts 
mit  der   ^'estibuIariswul'zel   zu    tun    haben. 


')    Wir  vertluiiken  dieses  weitvullc  .Material  Piof.  Uöthig  in  Oliarlottenburg. 


396 


nAS    LATERALIS-    UM)    OCTAVUSSYSTEM    DER    AMPIIir.IEN. 


Sowohl  unter  denjenigen  Fasern,  welche  in  dem  ventralen  Kern  selber 
enden,  als  unter  den  auf-  und  absteigenden  Fasern  gibt  es  gekreuzte 
Elemente,  wie  einstimmig  von  allen  Autoren  angegeben  wird.  Diese  bilden 
einen  Teil  der  Fibrae  arcuatae  dorsales  und  steigen  mehrenteils  ab. 

Die  dorsale,  hintere  Wurzel  endet  größtenteils  um  einen  großzelligen 
Kern  in  dem  dorsolateralen  Abschnitt  der  Area  statica.  Die  Stelle,  wo 
dieser  Kern :  der  Nudeiis  dorsalis  magno-cellularis  (Fig.  180)  liegt,  entspricht 
dem  Gebiete,  welches  ich  bei  den  Fischen  als  medianen  Kern  bezeichnete, 
und    das   dort  außer  Octavusfasern  hauptsächlich  Lateralisfasern  aufnahm. 

nu  dors, 
majnocell 


nu  ventr. 

vin.    . 


R  dors. 

Nvni 


R  ventr 
NWI 


numot 
VE 


0  I.  S  U  [ 

Fig.  180.     Eintritt  der  dorsalen  und  ventialen  Octavuswurzel  bei  Runa  nuigiens. 
Dorsaler  und  ventraler  Octavuskern.  Die  Crista  cerebellaris  gehlt  (vergl.  Fig.  178). 

Hier  bildet  er  den  dorsalsten  Abschnitt  der  Üblongata,  weil  der  Nucleus 
dorsalis  (Lobus  lateralis  anterior)  der  Fische,  welcher  nur  Lateralis  anterior- 
Fasern  hat,  hier  weggefallen  ist. 

Die  Lateralis  posterior-Fasern  zu  diesem  Kern  der  Area  statica  fehlen 
natürlich  auch  beim  Frosch,  und  da  diese  Region  sich  von  nun  ab  mehr 
und  mehr  als  akustische,  kochleare  Region  der  Oblongata  entwickeln  wird, 
kann  dafür  von  nun  an  zweckmäßig  der  übliche  Name  Tuberculum  acusti- 
cum  gebraucht  werden  (s.  auch  Fig.  133). 

Wir  müssen  dabei  aber  sofort  wieder  betonen,  daß  gerade  wie  diese 
Region  bei  den  Fischen  auch  ^"estibularisfasern  enthielt,  solche  Fasern 
auch  mit  der  dorsalen  Wurzel  in  das  Tuberculum  acusticum  des  Frosches 
eintreten.  Ob  diese  Fasern  aber  alle  um  den  magno-zellulären  Kern  enden, 
ist  fraglich,  umsomehr,  als  man  tatsächlich  den  Eindruck  erhält,  daß 
ein  Teil  der  Dorsalwurzelfasern  ventral  von  dem  magnozellulären  Kern 
weiter  medialwärts  zieht  und  in  vestibulären  Kernen  endet. 


DAS    r.ATRr.AMS-    tINI)    OCTA VUSSYSTEM    UKU    AMrilllUTCN.  oOT 

Die    sc/cKiidilnui    Bahnen    ilfs    ( )i;la\'U.s  ')    siiiil    nur   iii;iiii;clliart    lickainil. 

\'iin  den  ^^'^llilllluno■('^,  \vclrli(>  mit  der  l'lrliiiltiuig  des  ( deu'hgewiclites 
zu  tun  lialien,  kuimeu  wir  or(il>i'  auf-  und  naiiuMitlich  absteigende  Axonen 
des  ventralen  Kei'nes,  welche  als  ilellexfasern  y,u  motorischen  Schaltzentren 
de§  Mittelhirnes,  des  Bullnis  und  des  Jüiekeinnarkes  ziehen  und  mit 
den  groben  Ri:flex-Famrn,  welche  wir  auch  bei  Fischen  fanilen,  zu  ver- 
gleichen sind  (Fig.  ISO  tr.  oetavo-raot.). 

Aus  den  dorsalen  Partien  des  Bulbus,  vielleiclit  aucli  aus  dem  dorsalen 
Kern  selber  zieht  dagegen  ein  festgeschlossenes  Bündel  hervor,  welches 
viel  mehr  den  Charakter  eines  Korrelationsbündels  hat,  weil  es  nach  Kreu- 
zung einen  aufsteigenden  ^'erlauf  nimmt  und  in  dem  hintern  seitlichen 
Abschnitt  des  Tectum  opticum  und  in  dem  Corpus  quadrigemiiiuni  poste- 
rius endet  (tr.  bulbo-mes.  (lemn.  1.)  Fig.   ISO). 

Wir  liuben  gesehen,  daß  dieser  Fai^ncu.las  lon.gitudinalis  lateralis  oder 
laterale  Schleife  bereits  in  derselben  F^rm  auch  bei  den  Fischen  —  sehr 
deutlich  bei  den  Knochenfischen  (Fig.  177)  —  vorhanden  war  UTid  dort 
ebenfalls  aus  dem  dorsaleren  Abschnitt  der  Üblongata  entstand. 

Dort  dürfte  man  wohl  noch  kaum  von  einer  sekundären  Hörbahn 
sprechen.  Hier  ist  dies  sicherlicli  bereits  der  Fall,  weil  der  peripliere  Hi'ir- 
apparat  in  den  dorsalen  Acusticuskern  seine  Endigungen  schickt. 

Die  Entwicklung  des  peripheren  Gehorapparates,  und  des  Nucleus 
magnocellularis  geht  mit  der  Ausbildung  eines  andern  aber  sekundären 
Kernes  bei  den  Amphibien  zusammen,  dessen  Bedeutung  als  akustischer 
Apparat  bei  den  höhern  Vertebratien  bereits  längst  bekannt  ist,  ich  meine 
die  Oliva  superior  (Fig.  180). 

Während  von  einer  solchen  ventralen  Anhäufung  kleinzelliger  Ele- 
mente in  dem  A'erlaufe  der  lateralen  Schleife,  auf  dem  Niveau  des  Octa- 
vus-Areales  selber,  bei  den  Frischen  noch  keine  Hede  war,  findet  man  beim 
Frcsch  etwa  in  der  Mitte  zwischen  VII-  und  IX- Wurzeleintritt,  also  auf 
dem  Niveau  des  Octavuseintrittes  eine  deutliche  Ansammlung  von  kleinen 
Zellen,  welche  durch  ihre  Art  und  ihre  Lage  der  obern  Olive  der  höheren 
Vertebraten  entsprechen. 

Obsclion  das  Eintreten  von  Schleifen-Kollateralen  in  diese  Zellgruppe 
noch  nicht  mit  Silberi)räparaten  verifiert  ist,  spricht  doch  das  ganze  ana- 
tomische Verhalten  dieser  Bildung  sehr  dafür,  daß  sie  —  eben.so  wie  die 
Oliva  superior  der  Säuger  —  dazu  dient,  akustische  Reflexe  auf  die 
Oblongata  zu  übertragen. 

ScHEPMAN  hat  darauf  liingewiesen,  daß  jener  Kern  eine  große  dorso- 
ventrale  Au.sdehnung  hat,  wie  es  bei  manchen  Reptilien  auch  noch  vor- 
kommt (.siehe  dort). 

Ob   in   frontaleren    Niveaus   auch    die  sogenannte  Kerne  des  lateralen 


')    Sie  sollen  aarli    Dmganello    teilweise    von    |irim:ii('ii    Neiiidneii    begleitet    weiileii 
(vergl.  auch  Teleostier,  Vögel,  Säuger). 


39S  DAP    OrTAVTISSYSTENf    DEK    REPTILIEN. 

Lemiüscu.s  sc-liuii  hei  dfii  Aiiijihiliicu  vurliegen,  hcdiii'f  uorli  näherer  Naeh- 
forsc'hun,^en  (vergl.  hierzu  (he  ReptiUen,  Vögel  und  Sauger). 

Es  verdient,  hervorgehohen  zu  werden,  daß  die  Endstelle  der  lateralen 
Schleife  bei  den  Fröschen  ein  Bild  aufweist,  welches  dem  topographischen 
Verhalten  der  Corpora  quadrigenhna  posteriora  der  Säuger  schon  mehr 
ähnlich  ist  als  bei  den  Fischen. 

Während  docli  die  ihr  entsprechende  Tori  semicirculares  der  Teleostier 
einen  von  iler  Medianlinie  entfernte  Lage  einnehmen,  findet  man,  daß  die 
jenen  entsprechenden  Gebieten  bei  den  Amphibien  in  der  Mittellinie 
zusammengewachsen  sind,  einen  Teil  des  Ventriculus  opticus  zwischen 
sich  schließend,  unter  Bildung  eines  wirklichen  Aquaeductus  Sylvii  (vergl. 
Kap.  VIII). 

Nur  an  ihrem  vordem  Ende  sind  sie  noch  frei  von  einander  und 
weisen  sie  dort  dadurch  ein  primitiveres  Verhalten  auf. 

Es  muß  jedoch  betont  werden,  daß  auch  der  hintere  Abschnitt  der 
Corpora  puadrigemina  posteriora  noch  ganz  vom  Tectum  opticum  bedeckt 
bleibt,  sodaß  an  der  Außenseite  des  Gehirnes  von  einer  Gliederung  des 
Mittelhirndaches  in  vier  Hügel  noch  nichts  zu  sehen  ist  (vergl.  Fig.  443). 

Die  äußere  Hervorwölbung  der  hintern  Vierhügel  findet  erst  bei  den  Repti- 
lien statt,  wobei  nicht  nur  die  Vergrößerung  der  hinteren  Hügel,  sondern  auch 
die  relative  Verkleinerung  der  vordem  durch  die  stärkere  Ausbildung  des  Corpus 
geniculatum  laterale  als  Aufnahmestelle  des  Sehnerven,  eine  KoUe  spielt  (siehe 
Kapitel  VIII). 

Das  Octavussystem  der  Reptilien. 

Bei  den  Reptilien  weist  der  Octavus  ebenfalls  zwei  Aste  auf,  den 
Ramus  posterior  und  den  Ramus  anterior. 

Die  Verteilung  dieser  Aste  ziegt  jedoch  einige  Differenzen. 

Der  R.  'posterior  innerviert  bei  den  Schlangen  und  Eidechsen  den  Sac- 
culus,  die  Ampulla  posterior,  die  Macula  neglecta,  die  Lagena  und  die 
Papilla  basilaris  Cochleae,  während  der  R.  anterior  dort  die  Ampulla  ante- 
rior und  externa  und  den  Utriculus  innerviert  (Retzius). 

Bei  den  Hydrosauriern,  wenigstens  beim  Krokodil,  wird  der  Sacculus 
aber  vom  R.  anterior  innerviert  und  bei  den  Cheloniern  oder  Schildkröten 
erhält  der  Sacculus  Fasern  von  beiden  Ästen. 

Es  liegt  also  bei  den  Reptilien  dasselbe  Wechselverhalten  vor  wie 
hei  den  Amphibien,  und  dabei  schließen  sich  die  Schildkröten  bei  Amphiuma 
an,  während  die  Krokodilier  sich  den  Anuren  und  die  Schlangen  und 
Eidechsen  den  geschwänzten  Amphibien  anschließen  (vergl.  S.  394). 

Ich  werde  meine  Beschreibung  mit  Zeichnungen  von  dem  Verhalten 
bei  Krokodilen  illustrieren,  weil  dort  infolge  des  Fehlens  des  Ramus  Sacculi 
in  dem  hintern  Ast  und  durch  die  stärkere  Entwicklung  des  Cochlear- 
apparates   (Fig.    181),   die    Verbindungen    des    Ramus    posterior    noch    am 


DAS    OrTAVTISSYSTRM    DER    TJRPTTI.TEN. 


?,m 


can  ant 


canpost. 


can  exH 


p.bas.eochl. 


meiston    iil.s   ukustische   gelten    krmncn,    ubschon  die  Ain]nill:i  posterior  (.s. 
Fig.    l<Si)    und    die    Crista    neglei,-t;i   uueii    Fasern   jenes    Astes  erhalten. 

Außerdem  hat  der 
Oochlearisabschnitt  sich 
an  der  Eintrittsstelle  von 
dem  übrigen  Abschnitt 
des  R.  posterior  durch 
seine  dorsalere  Lage  mehr 
oder  weniger  getrennt 
Die  beiden  Octavus- 
äste  treten  in  ziemlicher 
Entfernung  von  einander 
in  die  01)longata,  der  R. 
ventralis  auf  einem  fron- 
taleren Niveau  (Fig.  182) 
als  der  R.  dorsalis  oder 
posterior  (Fig.  183). 

Man  kann  in  der 
Radix  anterior  (ventralis) 
zwei  Faserarten  unter- 
scheiden. 

Die  groben  Fasern  des 
Vestibularis  (welche  aus- 
schließlich den  Ampullen 
entstammen)  enden  bald 
nach  Eintritt  in  die 
Oblongata  in  einem  Kern, 
den  wir   bereits  bei  den 

Teleostiern  vorfanden,  dem  Nucl.  tangentialis ;  wie  dort  legen  sich  ihre 
löttelförmigen  Endigungen  den  birnffirmigen  Zellen  dieses  Kernes  sehr  intim 
an,  sodaß  man  kaum  eine  Trennung  zwischen  beiden  sehen  kann  (Bec- 
CARi ;  Eidechse). 

Bisweilen  —  aber  selten  —  gabelt  eine  grobe  Faser  sich  und  geht 
ein  Ast  derselben  in  die  aufsteigende  Vestibulariswurzel  nach  oben,  während 
der  andere  um  eine  Zelle  des  Tangentialkernes  endet  (Beccari). 

Gelegentlich  können  auch  beide  sich  mit  zwei  solchen  Zellen  verbinden. 
Der  Tangentialkern  erhält  grobe  Fasern  aus  der  vordem  \'estibu- 
lariswurzel  und  aus  dem  \'estibularis-Anteil  der  hintern  Wurzel.  Die  Axonen 
ihrer  Zellen  bilden  (vergl.  auch  Ö.  386)  aufsteigende  und  namentlich  abstei- 
gende gekreuzte  Reflexbahnen  in  uml  nahe  dem  zentralen  Längsbündel. 
Etwas  feinere  Vestibularisfasern  entstammen  dem  Sacculus,  dem  Utriculus 
nnd  liilden  einen  Teil  der  Ampullenfasern. 

Sie  teilen  sich  durch  Dichotomie  nach  Eintritt  in  die  Oblongata  in 
absteigende  und  aufsteigende  Fasern  (vergl.  auch  S.  386). 


Fig.  181.     Labyrinth  des  Alligators  n.  Retzius. 
(Man  beachte  die  mehrere  Ausbildung  der  Pars  basi- 
laris  Cochleae  Im  Veigleich  zum  Frosch,  Fig:   179). 


400 


DAS    Or'T.VVUSSYSTEINr    DEF.    REPTII,IEN. 


entr  Vjn 


Die  letzteren  sind  l>is  in  die  nntcrn  Kluinliirnabschnitte  zu  verfolgen. 
Sie  passieren  dabei  eineii  auf  dem  Niveau  des  Trigeminus  im  medialen 
Absclniitte  des  C!orpus  restiforme  liegenden  Kern,  der  von  Beccari  als 
Nucleus  vestibularis  superior  l)ezeichnet  wurde  und  m.  E.  das  Homologon 
des  BECHTEREw'sclien  Kernes  der  Säuger  darstellt,  welcher  eljenfalls  der 
aufsteigenden    Vestibulariswurzel    einverleibt   ist    und    an   ähnlicher  Stelle 

liegt.  Die  deszendie- 
renden Vestibularis- 
fasern  erreichen  den 
Anfang  des  Rücken- 
markes, ja  ziehen 
vielleicht  noch  eine 
kürzere  oder  längere 
Strecke  darin  hinab. 
Ein  Teil  dersel- 
ben endet  jedoch 
nicht  weit  von  dem 
Niveau  des  Eintrittes 
der  Wurzel  um  die 
Zellen  des  Deiters- 
kernes,  der  sich  bei 
den  hier  beschriebe- 
nen Eidechsen  und 
Krokodilen  haupt- 
sächlich auf  der 
Ebene  des  Facialis- 
wurzeleintrittes  und 
eiwas  frontal  davon 
findet. 

Der  ÜEiTERskern, 
obschon  ein  mächtig 
entwickeltes  Gebilde 
von   großen    polygo- 
nalen  Zellen,    hat  bei    den    Reptilien   noch    nicht  die    erhebliche    kaudale 
Ausdehnung   wie    bei   den   Säugern,    wo   er   sich   fast   bis    zur    Ebene   des 
Glossopharyngeus  erstreckt. 

Da  wir  wissen,  daß  der  vordere  Ab.?chnitt  des  DEiTERskenies  der  Säuger  nament- 
lich mit  Hals-,  Kopf-  und  Augeubewegungen  zu  tun  hat,  liißt  sich  vermuten,  daß 
es  dieser  Abschnitt  ist,  der  bei  den  Reptilien  entwickelt  ist. 

Doch  lassen  sich  in  ihm  bei  den  Eidechsen  verschiedene  Zellgruppen 
unterscheiden,  eine  zentrale,  eine  dorsale  und  eine  hintere  Gruppe. 

Die  zentrale  Zellgruppe  steht  hauptsächlich  mit  der  vordem  Vestibu- 
lariswui'zel  in  Verbindung,  die  dorsale  mit  der  hintern  Wurzel. 


f.arc.dors 


ol.sup. 
f  anc.ventr 


Y.  desc. 


Fig.  182.     Eintritt  der  Vorderen  VIII  (Vestibularis)  Wurzel 
beim  Alliffator  n.  ue  Lange. 


DAS    OCTAVI'SSYSTKM    DfCU    KKPTTIJKX. 


401 


Letztgenannte  (rru}>pc>,  welche  nahe  ilein  ilorsalen  Coelilcariskern  liet^t, 
empfängt  anch  Kollateralen  des  Cochlearis  (vcrgl.  S.  402  und  42S). 

Aus  beiden  Gruppen  ziehen  Fasern  in  das  zentrale  Längsljündel 
(gWißtenteils  sich  kreuzend),  Avährend  der  größte  Al:)schnitt  des  homolatera- 
len DEiTERschen  Tr.  vestibulo-spinalis  d(>r  hinlern  Gruppe  von  Deiters- 
zellen  entstammt  (Beccari). 

Der  hintere  Ast  des  N.  octavus  führt  sowohl  ilie  Fasern  der  Cochlea 
als  diejenigen  der  Ainjiulla  posterior  und  (hei  Eidechsen)  des  Sacculus. 

Die  Ampulla  posterior-  und  Sacculus-Fasern  haben  zentral  jedoch  die- 
selbe Endigung,  wie  die  Vestibularisfasern,  welche  die  Radix  anterior 
darstellen  (Beccari). 


nu  dors 

maffnVnr 


cochlearis . 


Fihp  ancdons 


Fig.  183.     Eintritt  des  R.  posterior  VIII  und  Nucl.  magno- 
celliilaris  doi;'iaIis  beim  Alligator,  n.  de  Lange. 


Die  dorsalen  Cochlearü fasern  enden  jedoch  größtenteils  anders. 

Man  kann  in  dem  dorsalen  Abschnitt  der  Oblongata  zwei  Zellgruppcn 
unterscheiden,  welche  offenbar  beide  zu  dem  System  der  dorsalen  Wurzel 
gehören. 

Die  hinterste  Zellgruppe  (Fig.  183)  des  acustischen  Gebietes  liegt 
auf  dem  hintern  Abschnitt  der  Distanz  zwischen  VII- Wurzel-  und  IX- 
Wurzel-Eintritt  in  ganz  dorsaler  Lage. 

Sie  besteht  aus  ziemlich  großen,  nicht  sehr  eckigen  Zellen  und  ent- 
spricht dem  dorsalen  magnozellulären  Acusticuskeni  der  Amphibien. 

In  diesen  Kern  tritt  die  Hauptmasse  der  dorsalen  oder  hintern  Octa- 
vuswurzel  ein  (Fig.  183). 

Frontal  van  diesem  Niveau  findet  sich  ein  zweiter  Kern,  in  dem 
Kappers.  -'^ 


402 


DAS    OCTAYrSSYSTEM    DER    REPTILIEN. 


Cochlearisfasern  enden :  der  A\(clens  angularis,  der  dorsal  und  gauz  an  der 
Peripherie  der  Oblongata  liegt  (Fig.  184). 

Dieser  Kern  (von  Holmes  beim  Krokodil  nnd  von  Bi;c(Ari  bei  La- 
certa  als  Dorsalkern  beschrieben)  scheint  nur  am  besten  mit  dem  Nucl. 
angularis,  dem  Eckheni  der  Vögel,  zu  vergleidicii,  mit  dem  er  in  seiner 
frontalen  und  lateralen  Lage  übereinstimmt. 

Eine  Eigentümlichkeit  des  Nucl.  angularis  ist  die,  bei  Vögeln  noch 
mehr  entwickelte,  Tendenz  zur  Flächenausdehnung.  Schon  bei  den  Kroko- 
dihen  ist  er  napfförmig  in  seinem  Bau. 

Um  diesen  Kern  enden  aufsteigende   Fasern   der  Cochleariswurzel. 

Seine  Axonen  verlaufen  als  äußere  Bogenfasern  und  fügen  sich  der 
lateralen  Schleife  zu  (tr.  sec.  Cochleae  ventral;  Fig.  184). 

min  ^f*~^  —>_  'S 


Nu     V; 


Fig.  484.     Nucleus  angularis  und  Nucl.  larainaris  beim  Krokodil,  n.  Schepman. 


Außerdem  hat  Beccari  aufsteigende  Cochlearisfasern  zum  Kleinhirn 
gefunden,  welche  von  aufsteigenden  Vestibularisfasern  i)  begleitet  werden, 
und  bei  der  Eidechse  sah  er  vereinzelte  Cochlearisfasern  in  den  Deiters- 
kern  treten  (vergl.  bei  den  Säugern,  S.  401   und  428). 

Zwischen  dem  Eckkern  und  dem  Nucl.  magnocellularis  bildet  sich, 
im  Anschluß  an  letzteren,  bei  den  Krokodilien  der  Nucl.  laminaris,  so 
genannt  weil  er  ganz  flach  ist  (Fig.  184). 

Dieser  Kern,  der  bei  keinem  Reptil  so  gut  -)  entwickelt  ist,  wie  beim 
Alligator  und  Krokodil,  ist  nicht  als  direkter  En<lkern  der  Hinterwurzel 
zu  betrachten,  hat  aber  einen  topographischen  N'erband  mit  dem  magno- 
zellulären  Kern,  indem  sein  lateraler  Ausläufer  damit  verbunden  ist. 


')  Beccari  erwähnt,  dall  aucli  VII  Fa.sern  zum  Kleinhirn  aufsteigen,  was  jedoch  einer 
weiterer  Bestätigung  bedarf. 

^)  Beim  Varan  ist  er  auch  ziemlich  deutlich.  Bei  Schildkröten  und  Schlangen  konnte 
ScHKPMAN  ilin  nicht  nachweisen. 


DAS    OfTAVrSSYSTEXr    DEI!     KKl'Tir.TKX.  403 

SeiiU'  \'cil)iiiiluii.i;('n  siii<l  liis  jetzt  l.>ei  den  lleptilien  nur  studiert  an 
Silberprüparaten ;  daher  ktlnnen  wii-  wenig  iSicluires  darüber  sagen. 

Es  ist  indessen  nicht  zweifelliai't,  daß  es  sich  hier  um  das  Homologon 
des  gleieluianiigen  Kernes  der  Vögel  handelt,  dessen  Verbindungen  uns 
besser  l>ekaiint  sind. 

Man  <larf  auf  Grund  dessen  annehmen,  daß  es  sich  um  einen  Endkern 
von  gekreuzten  und  ungekreuzten  Neuronen  aus  dem  Nucleus  magnocel- 
lularis  handelt. 

Aus  dem  laminaren  Kern  soll  nach  Holmes  eine  ungekreuzte  Bahn 
zum  Zerebellum  emporsteigen  (siehe,  was  diesen  Punkt  anbelangt,  bei  den 
Vögeln,  S.  411,  Kleindruck). 

Deutlicher  ist  heim  Alligator,  daß  der  Nucleus  laminaris  gekreuzte 
ventrale  Fasern  abgibt,  welche  wie  eine  laterale  Schleife  nach  Kreu- 
zung an  dem  lateralen  Rand  der  Oblongata  vorwärts  ziehen  zum 
Ganglion  isthmi  und  namentlich  zum  Corpus  quadrigeminuvi  posticum,  dem 
Homologon  der  Tori  semicirculares  der  niederen  Tiere,  welches  sich  von 
den  Reptilien  an  mehr  und  mehr  von  dem  Corpus  quadrigeminum  anticum 
(Tectum  opticum)  abgrenzt,  sodaß  man,  wenigstens  bei  Schlangen  und 
einigen  Eidechsartigen  bereits  von  Vierhügeln  sprechen  kann. 

Die  hintern  Vierhügel  wöll)en  sich  aber  viel  weniger  äußerlich  hervor 
als  die  vordem,  und  die  Hauptmasse  des  Endkernes  der  lateralen  Schleife 
ist  bei  allen  Reptilien  noch  von  dem  Tectum  opticum  bedeckt  (vergleiche 
hierzu  Fig.  151  und  Fig.  460). 

In  dem  Lemniscus  lateralis,  welcher  sicher  auch  Fasern  des  niagno- 
zellulären  dorsalen  und  des  angulären  Kernes  enthält,  liegt  wie  bei  den 
Amphibien  —  eine  deutliche  obere  Olive  eingeschaltet. 

Die  Oliva  superior  der  Rejitilien  hat  etwas  Interessantes,  was  nähere 
Erwähnung  verdient. 

Namentlich  bei  Eidechsen  (siehe  Tafel  III:  Varan)  und  Krokodilen 
zeigt  sich,  wie  dieses  Organ  (schwarz  in  Tafel  III),  welches  bei  den  Säugern 
ein  ventrales  Gebilde  ist,  (beim  Frosch  aber  noch  eine  große  dorso- 
ventrale  Ausdehnung  hat)  sich  entsprechend  dem  Verlauf  der  Schleife 
ausbildet. 

Wir  finden  hier  n.l.  kaudal  mehr  dorsale  und  frontal  mehr  ventrale 
Partien,  die  sich  offenbar  an  der  Schleife  entlang  angesammelt,  resp. 
differenziert  haben,  und  deren  kaudale  Hauptmasse  aus  dem  dorsalen 
Grau  der  Oblongata  hervorgeht. 

Dies  ist  namentlich  interessant  mit  Hinsicht  auf  die  Herkunft  der 
pontinen  Kerne  und  der  unteren  Olive,  deren  Zellmassen  —  wie  Essick 
zuerst  nachwies  und  wie  von  Koov  bestätigt  wurde  —  sich  ursprünglich 
ebenfalls  aus  der  dorso  lateralen  Seite  der  Oblongata  sammeln. 

Diese  sekundären  Kerne  derivieren  also,  wenigstens  teilweise,  ihre 
graue  Substanz  von  dem  Areal,  wo  die  primären  sensiblen  Fasern 
enden. 


404  DAS    OOTAVUSSYSTEM    DRR    üF.rTIIJEX. 

Ein  Teil  der  Olive  bildet  sieh  offenbar  in  mehr  ventraler  Ebene,  denn  die 
obengenannte  Masse  stößt  mit  ihrer  ventroi'rontalen  Spitze  an  eine  Ansammlung 
ähnlicher  Substanz,  die  ganz  ventral  und  frontal  von  derselben  in  dem  Anfang 
des  Längsverlaufes  der  lateralen  Schleife  eingeschaltet  ist.  Dies  ist  sovrohl  beim 
Varan  als  beim  Alligator  zu  beobachten,  und  wir  werden  sehen,  daß  auch  die 
Verhältnisse  bei  den  Vögeln  auf  eine  derartige  doppelte  Herfcunt  der  oberu  Olive 
hinweisen. 

Schließlich  sei  erwähnt,  daß  in  dem  frontalen  Abschnitt  der  lateralen 
Schleife  ähnliche  Ansammlungen  grauer  Substanz  vorkommen,  welche 
zweifellos  als  Nuclei  lemnisci  lateralis  zu  deuten  sind. 

Wir  finden  also,  daß  bei  den  Reptilien  und  namentlich  bei  den 
Krokodilen  inid  Eidechsen  der  Acusticusapparat,  wie  wir  ihn  bei  den 
Säugern  kennen  lernen  werden,  fast  liereits  in  all  seinen  Einzelheiten  aus- 
gebildet ist. 

Bezügl.  der  Frage,  welcher  Cochleai-iskern  der  Reptilien  (und  Vögel) 
als  die  Vorstufe  des  ventralen  Cochleariskernes  der  Säuger  zu  deuten  ist, 
werde'n  wir  weiter  unten  sehen,  daß  es  sehr  wahrscheinlich  der  dorsale 
magno-zelluläre  Kern  ist,  welcher  durch  eine  ventrale  Verlagerung  zur  Aus- 
bildung des  ventralen  Cochleariskernes  der  Mammalier  Anlaß  gibt,  wie 
bereits  von  Brandis  und  Cajal  angegeben  wurde. 

Der  Eckkern  dagegen  bildet  wahrscheinlich  das  primitive  Homologon 
des  Tuberculum  acusticum  (siehe  für  weitere  Details  die  Säuger)". 

Ich  habe  bereits  darauf  hingewiesen,  daß  die  liintere  Octavus-Wurzel 
der  Krokodile  nicht  nur  Cochlearis-  und  Lagenafasern  führt,  sonder  auch 
solche  der  Ampulla  posterior,  der  Macula  neglecta  (besser  „Crista"  neglecta) 
und  bei  Eidechsen  und  Schlangen  alle,  bei  den  Schildkröten  einen  Teil 
der  Sacculitsfasern.  Die  Endigung  dieser  Fasern,  welche  den  untern  (ven- 
tralen) Abschnitt  der  Radix  posterior  darstellen,  wurde  (bei  der  Eidechse) 
eingehend  von  Beccari  studiert,  der  fand,  daß  sie  dieselben  Endigungen 
wie  die  übrigen  Vestibularisfasern  (die  Radix  anterior)  aufweisen,  sodaß 
die  funktionell  zusammen  gehörenden  Fasern  ihre  Verwandtschaft  auch 
durch  ihre  zentralen  Verbindungen  aufs  deutlichste  demonstrieren,  ein 
Verhalten,  das  wir  auch  bei  den  Vögeln  finden,  und  woraus  wieder  her- 
vorgeht wie  maßgebend  die  Reizverhältnisse  für  die  zentrale  Anordnung  der 
Bahnen  sind,  welche  wesentlich  bedingt  wird  durch  das  Hauptgesetz 
der  Neurobiotaxis :  die  zeitliche  oder  inhaltliche  Reizverwandtschaft. 

Das  Octavussystem  der  Vögel. 

Das  Octavussystem  der  Vögel  ist,  was  seine  periplieren  Verhältnisse 
anbelangt,  namentlich  von  Retzius,  was  seine  zentralen  Verbindungen 
betrifft,  in  letzter  Zeit  sehr  eingehend  von  Ca.jal  und  Bok  studiert,  während 
ScHEPMAN  auch  die  Verbindungen  des  peripheren  Organs  mit  den  zentralen 
Kernen  verfolgte. 

Die  periphere  Ausdehnung  der  Octavuswurzelfasern,  wie  sie  von  dem 


DAS    OCTAVUSSYSTEM    DER    VOGEL. 


405 


''Nr. 


can.  ant. 


.scliwedischen    Anatomen    l)('i   den  Vc'igeln  gefunden  wurde,  weist  nocli  am 
meisten  Anklang  an  die  Eidechsen  und  Schlangen  i)  auf. 

Sie  ist  eine  solche,  daß  der  hintere  Ast  des  Nerven  die  Ampulla 
posterior,  den  Sacculus,  die  Macula,  besser  „Crista"  neglecta,  mitsamt 
der  Papilla  Lagenae  und  der  Membrana  basilaris  Cochleae  innerviert. 

Die  Membr.  basilaris  Cochleae,ist-bei  den  meigten  Vögeln  zwar  größer 
als  bei  den  Reptilien,  hat  jedöcli  "noV'h  keinen  gewundenen  Charakter 
(Fig.  185),  wie  es  bei 
den  meisten  Säugern 
der  Fall  ist.  Die  an 
ihrer  Spitze  vorkom- 
mende Lagena  ist  im- 
mer gut  entwickelt 
(vergl.  Fig.  185).  Ihre 
Fasern  unterscheiden 
sich  von  den  Cochlea- 
risfasern  durch  ihre 
größere  Dicke  (Ca.tal). 


"can  pobf 
can.exL 


Kig.  185.     Ij;il)yrintli  einer  Gans,  n.  Retzius. 


lu  selteueu  Fällen 
fand  Eetzius  den  Saccu- 
lus (wie  es  bei  den 
Hydrosauriern  der  Fall 
ist)  vom  E..  anterior  in- 
nerviert (Columba,  Tur- 
dus)  was  übrigens  doch 
beweist,  daß  das  Wech- 
selverhalteu  in  diesem 
Bündelcheu.    wie  wir  es 

bei    Amphibien    und    Reptilien     fanden,    auch    bei    Vögeln    vorkommt,    sei    es    nur 
ausnahmsweise. 

Bezüglich  der  zentralen  Kerne  dieser  Wurzeln  ist  Folgendes  zu  be- 
merken: (vergleiche  hierzu'  die  Abbildungen). 

Der  Ramus  anterior  {Nervus  vestibidaris)  hat  verschiedene  Zentralstellen, 
welche  wir  am  besten  durch  die  Untersuchungen  Cajal's  kennen.  Man 
kann  in  ihm  einfache  (nicht  dichotomisierende)  Fasern  und  dichotomi- 
sierende  Fasern  unterscheiden. 

Von  den  erstgenannten  kennt  man  wieder  dickere  und  weniger  dicke 
Fasern. 

Die  dirkcii.  Fasern  drr  Amiiullcn  und  der  Crista  neglecta  enden  auch 
hier  in  einem  Kern,  der  mit  dem  Nucleus  tangentialis  der  Fische  und 
Reptilien  (Ca.tai.)  zu  vergleichen  ist  (vergl.  S.  387  und  399). 

Er  liegt  nahe  dem  Eintritt  des  Nerven  und  besteht  aus  großen  spin- 
delförmigen   Zellen   (Fig.    ISG   und  187  A).    Die    eintretenden    vestibulären 


')    Dies    ist    einüjcrrnalii^ii    IjelVeindeml,    weil  das  zentrale  Verhalten  hei   den  Viigeln 
vieliiielu'  (lern   der   llvdro^aiiriei'  äliidieh   ist. 


4(J6  DAS    OCTAVUSSYSTK.M    DEK     VÖGEL. 

Fasern  legen  sich  mit  einer  löifelförmigen  Abfläcliung  gegen  den  Zellleib, 
während  das  \'estibularisaxon  selber  noch  etwas  ^Yeiter  durchgehen  kann. 
Ahnliche  Verhältnisse  haben  wir  bei  den  Keptilien  und  Fischen  kennen 
gelernt. 

Die  Achsenzylinder  der  Zellen  des  Nucl.  tanyeaüalis  begeben  sich 
medialwärts  in  die  direkte  Fortsetzung  der  eintretenden  Wurzel  selber  und 
werden  bald  mit  absteigenden  Fasern  des  DEiTERskernes  gemischt. 

Nach  Kreuzung  in  der  Raphe  bilden  die  P^asern  absteigende  Systeme 
im  zentralen  Längsbündel  (wie  wir  sie  ebenfalls  bei  den  Teleostiern  und 
Reptilien  vorfanden),  teilweise  auch  ventral  davon  (Tr.  octavo-spinalis 
cruciatus  lateralis).  Auch  dürften  Verbindungen  mit  den  Augenmuskel- 
kernen vorliegen;  jedoch  sind  genauere  Angaben  darüber  noch  nicht 
vorhanden. 

Außer  diesen  groben  einfachen  Wurzelfasern  des  Vestibularis,  welche 
zum  Nucl.  tangentalis  gehen,  gibt  es  feinere  Fasern,  welche  ebenfalls 
keine  Bifurkationen  abgeben.  Sie  bilden  das  gekreuzte  Veslibularisbündcl 
(Fase,  transv.  N.  vest.  Fig.  186),  welches  —  wie  es  scheint  —  auf  der 
kontrolateralen  Seite  in  ein  deszendierendes  System  übergeht  (Ca.ial). 

Dieses  Bündel  hat  mit  dem  Tangentialkern  nichts  zu  tun.  Es  wird 
als  transversale  Vestlbulariswurzel  bezeichnet  und  scheint  si<-h  um  retikuläre 
und  Schaltzellen  der  andern  Seite  zu  verästeln. 

Alle  übrigen  Vestibularisfasern,  auch  die  aus  Sacculus  und  ütriculus, 
dichotomisieren  nach  ihrem  Eintritt  in  der  Oblongata. 

Die  Dichotomie  hndet  in  der  Nähe  des  Nucleus  tangentialis  statt. 

Der  absteigende  Ast  der  Bifurkation  besteht  aus  recht  dicken  Fasern 
und  verläuft  in  dem  dorsalen  Abschnitt  der  Oblongata,  kaudalwärts,  all- 
mählich Fasern  an  Zellen  abgebend,  die  als  Kern  der  deszendierenden 
^'estibulariswurzel  zu  deuten  sind  (Nucleus  spinalis  N.  VIII). 

Noch  auf  den  kaudalsten  Abschnitten  der  Oblongata  am  Calamus 
scriptorius  ist  diese  deszendierende  Wurzel  medial  von  dem  Accessorius- 
wurzeleintritt  zu  finden,  dann  hört  sie  erst  allmählich  auf  in  dem  medialen 
Grau  an  der  Basis  des  "Hinterhornes  i),  wo  wir  auch  bei  Re})tilieu  und 
Amphibien  die  absteigenden  Fasern  verfolgen  konnten. 

Die  aufsteigende  Vestibulär iswiirzel  hat  eine  größere  Anzahl  von  wohl 
differenzierten  Endstationen,  wovon  folgende  die  wichtigsten  sind : 

Ziemhch  medial  liegt  der  große  DEiTERS-Zie?-?),  der  frontal  dünner  wird 
'und  aus  sehr  großen  Elementen  besteht.  Dorso-lateral  von  ihm  liegt  der 
piriforme  Kern,  dessen  Zellen  viel  kleiner  sind  und  seitlich  grenzen  an  den 
Nvclevs  vestibulo-eerebcllosus.  Beide  letztgenannte  Kerne  bilden  (Fig.  186) 
einen    Komplex.    Lateral    von    diesem    Komplex    liegt   eine   aparte   Gruppe 


')  Dieses  Grau  differenziert  sich  Ijei  den  Säugei-n  als  ein  separater  ( MoN'AKow'scher) 
Kern,  der  auch  dort  zwischen  dem  Hinterstrangkein  (^BuRrMCirschen  Kern)  und  dem 
spinalen  Trigeminuskern  cinliegt  (  s.  S.  213), 


PAS    Of'T AVUSSYSTEM    DER    VOGEI,. 


407 


von  ziemlicli  großen  Zellen,  welche  von  Cajal  a.h  J\ucleii^  juxtapeduncalaris 
(oder  Nucleus  quadr angularis)  bezeichnet  ist,  und  in  einem  dorsaleren  Niveau, 
nahe  der  Ecke  des  Ventrikels  beim  Übei'gang  zum  Kleinhirn,  finden  sich 
schließlich  zwei  Zellhaufen,  welche  als  Nu.  bigeminus  bezeichnet  werden, 
und  offenbar  dem  BECHTEREw'schen  Kern  der  Säuger  homolog  sind. 

Dieser   Kern   besteht   ebenfalls  aus  großen  Zellen  (nicht  gezeichnet  in 
Fig.  ISß;  er  liegt  mehr  frontal). 


nuci  vestib 
nucl.  quadrang.  .  cerebe 


Corpus 
trapezoides 


nucl.  pirif 


, Front  ende 
>^-''        nucl.  lamin. 
\ 


^^____-  Kern  v. 
Deiters. 


Fase,  frans V. 

Fig.  186.     Die  V'estiljiilari-;  KiM'iie  eines  Vogels,  n.  Cajal  (Passer  doinesticus). 


Ich  werde  über  all  diese  Kerne  nicht  ausführlich  berichten.  Ilire  Dif- 
ferenzen liegen  namenthch  in  der  Größe  der  Zellen  und  dem  (nicht  immer 
genau  bekannten)  absteigenden  oder  aufsteigenden  Charakter  ihrer  Axonen. 

Der  DKiTERskern  (vergl.  Fig.  1S6  nach  Ca.tal)  ist  weitaus  der  größte 
und  besteht  auch  aus  den  größten  Zellen.  Er  "schließt  sich  medio-dorsal 
an  den  bereits  erwähnten  Tangentialkern  an  und  sendet,  wie  dieser,  ab- 
steigende und  aufsteigende  Fasern  zu  den  motorischen  Kefiexzentren  des 
Rückenmarkes,  des  Bulbus  und  des  Mittelhirnes  (Augenmuskelkerne), 
größtenteils  ungekreuzt. 

Diese  Axonen  verlaufen  teilweise  in  der  retikulären  Substanz  des 
Bulbus,    teilweise   in    dem    Fasciculus   longitudinalis  centralis  (s.  posterior). 

Die  Axonen  des  Xucl.  ju.clapcdunculariti  oder  qaadraugularis  und  des 
BECHTEREWschen  Kernes  Ijegebeu  sich  ebenfalls  zu  den  motorischen  Schalt- 
gebieten des  Bulbus  und  der  Mittelhirnbasis,  und  .sind  also  auch  als  moto- 
rische Reflexkerne  zu  betrachten. 

Die  Verbindungen  der  andei'u  \'estibulariskerne  sind  nicht  so  leicht 
zu  verfolgen,  alier  dürften  einen  aufsteigenden  Charakter  luiben.   Diejenige 


40S 


7)AS    OfTAVUSSYSTKM    DKK    VcXIKL. 


des    Nud.    piriformis    scheinen   sich    zn    dem  Nucle 
zu  begeben,  deren  Schaltstück  der  Nncl.  piriformis 


oo 


Fasern  der  Ampulln  posterior,  des  Saccnlus  und 


HS  vestibnlo-cerebellaris 
7Ai  l)ilden  sclieint. 

Der  Nudeus  vesti- 
bulo-cerebellosus  selber 
sendet  seine  Axonen 
als  anfsteigendeFasern 
zum  Zerel)ellum,  wo 
sie  in  dem  hintern 
Abschnitt  der  Rinde 
des  Corpus  cerebelli, 
vielleicht  auch  in  der 
Rinde  des  Flocculus 
enden. 

Ob  diese  Fasern  zu- 
sammen mit  dem  Tr. 
eodileo-cerebellaris  Boks 
(s.  u.)  den  Tr.  octavo- 
floccularis  Shiaiazono's- 
bilden,  ist  nicht  ausge- 
macht. 

Soviel  ist  sicher, 
daß  die  Markreifung  der 
Flocke  sich  bei  den 
Vögeln,  wie  bei  den  Säu- 
gern, direkt  derjenigen 
des  Octavusareales  an- 
schließt. 

Schließlicli  endet 
ein  Teil  der  Vestibu- 
larisfasern  auch  direkt 
in  der  Rinde  des 
untern  Kleinhirnab- 
schnittes, der  also  bei 
Vögeln  eine  erhebliche 
Menge  von  indirekten 
und  direkten  Vestibu- 
larisfasern  empfängt. 
(Siehe  hierzu  Kapitel 
VII.) 

Der  Raums  poste- 
i-ior  des  N.  odavua 
wird  gemeiniglich  als 
Nerv,  cochlcaris  1  )ezeich- 
net,  obschon  er  aucli 
[er  Crista  ueglecta  führt. 


iiAS  ncTAVFssvs'i'KM   riKi;    \o(;ki.. 


409 


wie  bei  der  Taube  von  Gokdon  Holmes  füi-  die  Fasern  der  Ani])ulla 
posterior  mit.  Sicherheit  nachgewiesen  wurde. 

Letztere  unterscheiden  sitdi  von  den  dorsaler  eintretenden  kochleiiren 
Fasern  durcli  ihren  ventraleren  Eintritt  und  ihre  Dicke  und  können  da- 
durcli  aucli  zentral  davon  unterschieden  werden.  Sie  enden  in  dem  meist 
dorsalen  Teil  des  Nucleus  tangentialis. 

Wie  bei  den  Keptilien  und  Amphibien  tritt  die  dorsale  Oochlearis- 
wurzel  in  den  dorsal  und  kaudal  gelegenen  Xucl.  magno-cellilaris  dorsalis 
ein  (Fig.  IST  und  188  A),  welcher  —  gerade  wie  bei  den  obengenannten 
Tieren  —  als  der  llauptkern  dieser  \\^irzel  zu  betrachten  ist  ^). 


"^|r  _ nu.  anjul. 


nu.macm  dorsVüI 


R.dorsVm 


Fig.  188  A.     Eintritt  iler  R.  Coclilearis  l)ei  F'ratincola  rubicola. 

In  Bezug  auf  seine  höchstwahrscheinliche  Homologie  mit  dem  ven- 
tralen Cocbleariskern  der  Säuger  ist  es  interessant,  daß  Bok  bereits  bei 
den  Vögeln  einige  Zellen  dieses  Kernes  eine  etwas  mehr  ventrale  Lage 
einnehmen  sah  (Fig.  189:  Gell,  ventr.  Cochl.). 

Der  niagno-zelluläre  oder  Haupt-Endkern   ist  jedocli   nicht  der  einzige 


')    Lue  Angabe  von   Hoi.Mics  ilali  aur.li  Aiuimlla  piistcridr-Faseni  ilafiii  (ka.iiilal)  ciiiicii, 
Ijoilarf  wolil  ndch  niilierer  Kontiollf. 


410 


DAS    Of'TAVU.SSySTEM    DER    VOGEL. 


Kern  des  Coelilearis.  Ein  Teil  der  Fasern  biegt  sofort  nacli  Eintritt  in  die 
Oblongata  frontalwärts  al)  und  endet  in  einer  Gruppe  von  etwas  kleineren 
Zellen,  welelic  mehr  frontal  (näher  dein  Ansatz  des  Zerebellums)  liegt,  von 
einigen  absteigenden  zerebellären  Fasern  von  der  Aulienwand  der  Oblon- 
gata geschieden. 

Dieser  Kern  (Fig.  187  und  1S8  B),  der  Niicleus  au(jularis  ^),  ist  kein 
Novuni  bei  den  Vögeln,  obschoi]  er  dort  viel  besser  entwiekelt  ist  als  beim 
Alligator. 

Bei    den    Amphibien    fanden  wir   ihn  jedoch    noch   nicht,    und  damit 


nu  maQ;n.dors. 
iVffl 


Rbr  arc.dors. 


Kig.   I^i8  H.     Xucl.  angiihiris  i>oi   fratim-nla. 

stimmt  es  auch,  daß  er  nach  BoKS  Untersuchungen  sicli  einen  ganzen 
Tag  später  als  der  Nncl.  magno-cellularis  in  der  Ontogenese  des  Huhnes 
bildet. 


')  Der  NiUiie  Niicl.  angularis  Uann  leicht  AiilalJ  geben  zu  Verwechslungen  mit  dem 
sdg.  IvUkern  ilcr  Säuger,  dem  BKciiTEiiEWschen  Kern,  der  jedoch  im  Gegensatz  zu  den 
Nncl.  angularis  iler  Keptilien  und  Vögeln  medial,  nehen  der  Ventrikel-Ecke,  liegt  und 
ein  Vestibularis.  kein  Coclileariskern  ist  (siehe  Seite  4Ü7 :  Xu    higeniinus). 


PAS    OfTAVÜSSYSTKNf    DKK    VÜriEL.  411 

Die  seiiun  bei  ilm  Kcptilieu  ungutkaitete  Olx'rliiichuiKiu.shroituiig  dieses 
Kernes  zeigt  sicli  auch  bei  den  Vögeln,  wo  er  napfförmig  ist  (Fig  187  B). 

Die  Form  seiner  Zellen,  die  beim  großzelligen  Kern  meist  rundlicli 
ist,  ist  annähernd  spindelförmig  (ScHEPNrAN). 

Beides  spricht  zvi  (Gunsten  der  Hypothese,  daß  der  Xuelens  angularis 
homolog  ist  mit  dem   Kern   des  Tuliei'culuin   acusticnm  der  Säuger  (S.  426). 

i-'ehließlich  sei  ei-wähnt,  diüi  Bok  auch  ganz  vereinzelte  Fasern  des 
U.  dorsalis  direkt  zu  der  Olive  treten  sah  i)  (vergl.  die  Säuger  S.  427). 

Während  hiermit  die  direkten  Verbindungen  des  dorsalen  Astes 
erwähnt  sind,  kommen  wir  jetzt  zu  dessen  sekundären  Verknüpfungen, 
welche  sehr  wichtig  sind  und  manche  Anklänge  an  das  ^\■rhalten  bei  den 
Reptilien  aufweisen. 

An  erster  Stelle  is  eine  aufsteigende  gekreuzte  Verbindung  des  Nucleus 
magno-cellularis  mit  dem  lateralen  Kern  des  Kleinhirns  zn  erwähnen, 
welche  von  Bok  als  Tr.  cochleo-cerehvllaris  bezeichnet  wurde,  und  deren 
Homologon  wir  vielleicht  auch  bei  den  Reptilien  kennen. 

In  welchem  Abschnitt  des  Kleinhirns  (Corjius  oder  Flocke)  diese  Fasern 
enden,  ist  nicht  bekannt  (vergl.  hierzu  das  Kapitel  über  das  Kleinhirn). 

Nach  Mesdac  liomuit  diese  Bahn  aus  dem  Nucleus  lamijjaris  deiselben  iSeitc 
(s.  S.  4.03).  Nach  Bok  ist  dies  nur  scheinbar  so,  indem  sie,  von  der  entgegen- 
gesetzten .Seite  kommend,  nach  ihrer  Kreuzung  an  dem  Nucleus  laminaris  ent- 
lang zieht.  In  beiden  Fällen  ist  der  von  Bok  gegebene  Name  richtig  und  haben 
wir  es  bei  dieser  Bahn  mit  einer  Verbindiuig  von  akustischen  Zentren  mit  dem 
Kleinhirn  zu  tun,  was  für  meine  Auffassung  von  der  Akustik  in  Verband  mit  Mus- 
keitonus  wichtig  ist.  (Siehe  die  Bemerlsuug  am  Schlüsse  dieses  Kapitels).  Nach 
ScuEPMAN   fügen   sicii    ilim   auch    Vestibuhu-is   Fasern   derselbeu   Seite   zu. 

Als  eine  zweite,  nicht  weniger  wichtige  sekundäre  Verbindung  des 
magnozellulären  Kernes  ist  diejenige  des  Nucleus  magnocellnlaris  mit  dem 
Nucleus  laminaris  zu  erwähnen. 

Der  Nucleus  laminaris  ist  hauptsäcldich  iVonto-niedial  von  dem  magno- 
zellulären Kern  gelegen  und  l)esteht  aus  kleinern  Zellen,  die  sowohl  in 
dorsaler  als  in  ventraler  Richtung  Dendriten  aussenden. 

In  dem  Ganglion  enden  zwei  Nervenbahnen,  die  eine  kommt  von  der 
Außenseite,  die  andei'c  von  der  Raphe-Seite  der  Oblongata. 

Man  hat  ursprünglich  gemeint.  <\:ii\  diese  Fasern  Wurzelfa.sern  des 
Octavus  seien,  eine  Auflassung,  die  jcdocli  aufgegeben  ist,  seitdem  Wal- 
LENBEKG  bowies,  daß  nach  Durchschiicidung  der  Coehleariswurzel  keine 
Degenerationen  im  Nucleus  laminaris  vorkomnu.Mi  und  Gajai,  und  Bok 
mxcliweisen  konnten,  daß  die  Fasern,  welche  von  außen,  .sowie  von  innen 
zu  dem  Kern  kommen,  Axonen  von  den  Zellen  des  magnozellulären  Kernes 

'  )  Einen  ilerartipen  Verlauf  von  priiuareii  Fiisorn  in  Begleitung  von  Sekundären 
ist  auch  von  WAi.LKNiiiaK!  i'IVli'nstici-,  Auiphiliii'u )  wahrgiMioinmen,  und  vom  Winkt, Kl; 
(bei  den  Säugein). 


412 


DAS    OCTAVUSSYSTEM    DER    VOGEL. 


sind,  welclie  gekreuzt  und  inigekreuzt  damit  in  ^'erbindung  stehen,  wobei 
die  gekreuzten  Fasern  sich  an  den  Dendriten  der  ventralen  Seite  und  die 
ungekreuzten  Fasern  an  denjenigen  der  dorsalen  Seite  des  Nucleus  lami- 
naris  verästeln. 

Inzwischen  stellt  der  Nucleus  niagno-celluiaris  nicht  nur  mit  dem 
Kleinhirn  und  dem  Laminarkern  in  ^'erl^indung. 

AVallenberg  fand  nach  Stichverletzungen  dieses  Kernes  auch  Fasern, 
welche  sicli  nach  mehr  ventraler  Ebene  begeben  und,  naclidem  sie  Kolla- 
teralen an  die  gleichseitige  Oliva  superior  abgegeben  haben,  sich  auf  der 
andern  Seite  der  Oblongata  in  der  lateralen  Schleife  weiter  frontalwärts 
begeben. 


Nr   Anoi/laris 


N.  Cockl. 

Cetl.Vcntr. 
Cocbl 

PriDKire 
Cochl.  Fasern 
im 

Syst.    Vciitr. 


Oliva  Snp. 
II.  Lcmn.  Lat 


Ventr.  .Aiislinifer 

•des 
Nc    Magiioeell 

Ne    Laminaris 

Tr.  Coclileo- 
Ccrebcllaris 

Dors.   Coe/i/raris- 
Ko'niiiissiir 


Ventr.  Cochl.- 

Koniinissur 


Fig.  189.     Verhiuf  iler  |jrim;u'en  und  sekundären  Cochlearisliisei-n 
beim  Huhn.  Schema  n.  Bok. 


Die  sekundären  Verbindungen  des  Eckkernes  sind  weniger  gut  bekannt. 

Nur  scheint  es  (Cajal)  ziemlich  sicher  zu  sein,  daß  auch  dieser  Kern 
gekreuzte  (und  ungekreuzte?)  Axonen  zu  dem  Laminarkern  sendet,  wenn 
deren  Zahl  auch  bedeutend  geringer  ist,  als  die,  welche  aus  dem  mugno- 
zellulären  Kern  iicrvorgehen. 

Außerdem  konnte  ich  mit  Sicherheit  eine  ganz  erhebHche  Zahl  von 
äußeren    Bogenfasern    aus   diesem    Kern   in  die  laterale  Schleife  verfolgen. 

Auch  aus  dem  Laminarkern  selber  entsteht  eine  Balin,  die  als  Zusatz 
zur  lateralen  Schleife  (s.  o.)  zu  betrachten  ist:  Tr.  lamino-viesencephalicns.  Sie 
entsteht  senkrecht  aus  dieser  Zeil-Platte,  wie  dies  (BoKS  Ge.setz  der  stimu- 
logenen  Fibrillation  gemäß)  oft  der  Fall  ist  mit  sekundären  Bahnen.  Ihre 
Fasern  kreuzen  in  der  ventralen  Ebene  der  Oblongata,  Kollateralen  an 
die    Oliva.    superior    abgebend,    um    alsdann    an    dem    lateralen    Rand  iles 


IIAS    OrTAVrssYSTEM    TiKR    VÖOEl..  41  ?> 

Bulbus  entl;in,i>  zum  C'orjius  |)osficuni  aufzusteigen  (dorsalei'  Absc-linitt  des 
Nucleus  lateralis  mesencepliali  der  V(igel;  Wali-enher«),  alles  in  älmlidier 
Weise,  wie  wir  es  bei  den  Krokodiliern  bereits  gesehen  haben. 

Die  eigentümliche  Stelhing  des  Nitcl.  lamiiiaris  iu  der  Anatomie  der  Octaviis- 
zentren  der  Reptilien  und  A'ögel  laßt  ims  die  Frage  stellen  :  Ist  dieser  Kern  mit 
einem  Kern  des  im  allgemeinen  bekannteren  Oetavns  komplexes  der  Siiiiger 
zu  homologisieren  V  Ca.i\i,  hat  in  sehr  scharfsinniger  Weise  versucht,  diese  Homo- 
logie aufzufinden  und  meint,  in  dem  Nucleus  laminaris  die  Vorstufe  der  obern 
Nebenolive  der  Sauger  sehen  zu  dürfen,  deren  zelluläre  Elemente  damit  insofern 
übereinstimmen,  daß  es  ebenfalls  nicht  große,  fusiforme  Zellen  sind,  die  an  beiden 
.Seiten  Dendriten  aussenden  (was  übrigens  auch  für  die  obere  Hauptolive  gilt). 
Dabei  hat  auch  die  mediale  Xebenolivc  eine  flache  Form.  Wir  wissen  aber  nicht  — 
wie  C.\.iAL  selber  bemerkt  —  ob  die  mediale  Nebeuolive  aufsteigende  gekreuzte 
Fasern  in  die  laterale  Schleife  sendet  und  ob  ihre  Axonen  nicht  viel  eher  abstei- 
gende Nenronen  sind.  Die  Homologie  wird  denn  auch  von  Cajal  nur  als  Mög- 
lichkeit gegeben,  nicht  als  Sicherheit.  Überdies  ist  bei  den  niedersten  Säugern  keine, 
oder   wenigstens   keine   lamellenföruiige   Nebenolive  anwesend. 

In  der  Oliva  swperior  der  \'(")gel  kann  man,  gerade  wie  bei  den  Repti- 
lien, zwei  Abschnitte  unterscheiden,  einen  dor.saleren  Abschnitt  und  einen 
ventraleren.  Der  dorsale  Abschnitt  i)ildet  den  kaudalsten  Teil  dieses  Kör- 
j^ers  und  ist  meistens  der  größte.  Er  entspricht  dem  hintern  obern  Ab- 
schnitt der  Keptilien-Olive,  hat  aber  bei  den  Vögeln  —  mit  Ausnahme 
der  Laufvögel  — •  bereits  eine  etwas  mehr  ventrale  Lage  eingenommen, 
obschon  er  noch  —  wie  bei  den  Reptilien  — •  in  dem  bogenartig  verlaufen- 
den Anfangsstück  der  lateralen  Schleife  liegt  (vergl.  Fig.  241  und  259). 

Der  dünnere  ventrale  Abschnitt,  der  sich  im  Gegensatz  zu  dem  erst- 
genannten in  dem  ventralen  Tegmentum  ansammelt  (Fig.  189),  kann  damit 
durch  einen  dünnen  Auslänfer  verbunden  sein,  aber  auch  davon  getrennt 
bleiben  (vergl.  hierzu  auch  Tafel  III).  Dieser  Teil  erstreckt  sieh  bei 
manchen  Vögeln  recht  weit  vorwärts  in  den  longitudinal  verlaufenden 
Abschnitt  der  lateralen  Schleife. 

An  derselben  Stelle,  aber  mehr  frontal  auf  der  kaudalen  Grenze  des 
Mittel hirns,  treten  in  der  lateralen  Schleife  wieder  neue  graue  Massen  auf, 
die  aber  wenig  erheblich  sind :  Nuclei  lemnisci  lateralis. 

Die  Zellen  der  obern  Olive  (sowie  wahrscheinlich  diejenigen  der  late- 
ralen Schleifenkerne  s.  u.)  senden  ihre  Axonen  in  das  umgebende  Grau 
des  Tegmentum  Bulbi  und  übermitteln  wahrscheinlich  Gehörreflexe  an  die 
umgebenden  retikulären  Elemente.  Längere  aufsteigende  oder  absteigende 
Bahnen  geben  sie  nicht  ab. 

Ein  Nucl.  Corporis  trapezoides  (siehe  Säuger)  ist  bei  den  Vögeln  bis  jetzt 
nicht  nachgewiesen.  Da  er  bei  den  niedrigsten  Säugern  aber  bereits  vor- 
handen ist,  besteht  die  M<>glichkeit,  daß  er  sich  in  dem  ventralen  Teil  der 
Schleife  —  nahe  der  Kreuzung  des  Corpus  trapezoides  —  aus  großen  reti- 
kulären Elementen  der  Vögel  anhäuft. 

Man    findet   bei   den  Vögeln  dorsal  in  dem  Anfangstück  der  lateralen 


414  DAS    Or:TAVUSSYSTK>r    DKH    SÄT-GEK. 

Schleife  ein  beträclitliche  Menge  ganz  großer  Zellen,  nnd  (!s  sclieint  mir 
sehr  plaufsibel,  daß  diese  —  wie  andi  die  Olive  —  sich  später  weiter 
ventral  verlagern  (Neurobiotaxis). 

Eine  analoge  Erscheinung  findet  man  auf  mehr  frontaler  Ebene  inso- 
fern, als  die  großen  Elemente  des  Nnel.  reticularis  superior  dort  sowohl 
bei  den  Reptilien  als  Ijei  den  Vclgeln,  eine  Tendenz  aufweisen,  sich  der 
Schleife  zu  nähern  (van  Hoevf.ll,  vergl.  Fig.  306  und  Fig.  309). 

Es  handelt  sich  dann  um  eine  Verlagerung  retikulärer  Elemente  nach 
sekundär  sensiblen  Systemen. 

Das  Octavussystem  der  Säuger. 

Bevor  ich  dazu  schreite,  die  zentralen  \'erhältnisse  bei  den  Säugern 
zu  beschreiben,  will  ich  auch  hier  etwas  von  der  peripheren  Verästelung 
des  N.  octavus  mitteilen,  weil  dies  zum  richtigen  Verständnis  seiner  Ver- 
bindungen notwendig  ist  und  weil  es  öfters  bei  der  Besclireibung  und  auch 
bei  der  Deutung  der  zentralen  Verhältnisse  unterlassen  wird. 

Ebenso  wie  bei  den  anderen  Vertebraten  ist  die  Verteilung  des  N. 
octavus  bei  den  Säugern  so,  daß  er  (im  Meatus  auditorius  internus)  einen 
Ramus  anterior  und  einen  Ramus  posterior  abgibt. 

Erstgenannter  Ast  (auch  als  Ramus  superior  bezeichnet)  entstammt 
dem  Pars  superior  des  Ganglion  Scarpae  und  zieht  zu  der  Ampulla  anterior 
und  Ampulla  externa  (hör.)  und  zum  Utriculus.  Außerdem  fand  \'orr  — ■  und 
OoßT  konnte  dies  bestätigen  —  ein  Bündelchen  davon  zu  der  Macula 
Sacculi  (vergl.  Fig.  190)  ziehend. 

Der  Ramus  posterior  oder  inferior  besteht  aus  zwei  Teilen.  Ein  Teil,  der 
dem  Pars  inferior  der  (ianglion  Scarpae  entstammt,  begibt  sich  zu  der  Am- 
pulla posterior  und  zu  dem  Sacculus;  der  a)idere  Teil,  dessen  Ganglienzellen 
in    der   Cochlea  selber  liegen,  innerviert  die  Membrana  basilaris  Cochleae. 

Die  Crista  neglecta  —  bei  Echidna  und  Maulwurf  von  Alexander, 
bei  den  übrigen  Säugern  von  Benja.mins  nachgewiesen,  (der  darauf  hin- 
weist, daß  sie  auch  hier  durchaus  den  Character  einer  Crista  hat)  —  wird 
ebenfalls  vom  R.  posterior  innerviert  (nicht  angegeben  in  Fig.  190). 

Die  Astchen  für  die  Ampulla  posterior  und  den  Sacculus  können  zu  einem 
gemeinschaftlichen,  sogenanuten  Eamus  medius  verbunden  sein  (s.   Fig.   190). 

Der  Ast  zu  der  Membrana  basilaris  wird  als  R.  cochlearis  oder  Ramus 
posterior  Sensu  strictiori  bezeichnet. 

Beim  Kaninchen  und  bei  der  Katze  wurde,  von  Oort,  eine  phyloge- 
netisch sehr  interessante  Verbindung  (Fig.  190  bei  *)  gesehen  von  dem 
Ganglion  Sacculi  mit  dem  R.  cochlearis,  indem  ein  Ast  des  genannten 
Ganglions  sich  dem  Cochlearis  zufügte,  gewissermaßen  eine  Erinnerung  an 
den  Zustand  bei  den  Fischen,  wo  der  Ramulus  Lagenae  (aus  dessen 
Entwicklung  der  Ramus  Cochleae  entsteht)  noch  ein  Ast  des  Ramus  Sac- 
cularis  ist. 


DAS    Of'TAVTSSYSTEM     KVAi    SÄTTGER 


11 ; 


Inilcsscii  kdiiiiiil.  iMiic  l'njiilla  Tja,i;'cn;io  ')  und  a.lso  aucli  eine  llaiiiulii^ 
La.^enae  unter  den  Siiugeni  nur  noch  bei  den  MoiKitremeii  vor  (Alioxas- 
ukr):  bei  den  liölieren  Säugern  nicbt  niclir. 

\\'eslialb  die  Lagena,  bei  den  meisten  niederen  Wirlx'ltiercn.  aucli  l)ei 
den  Vögeln,  so  gut  entwickelt,  bei  <len  meisten  Säugern  fehlt,  ist  eben  so 
unbekannt   wie  deren   Funktion. 


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post^s.infj 


R.  unt 


Sam. 


Fio;.   190.    Schema  zur  Verästelung  des  Nervus  octaviis 
beim  Kaninchen,  n.  Oort. 

Der  K.  anterior,  welcher-  die  Macula  utiiculi  vei'-sorgt,  gibt  Soi- 
tenäste  ab  an  die  beiden  vorderen  Ampullen,  außerdem  den  kleinen 
Zweig  an  die  Macula  sacculi  (Vorr).  Der  R.  posterior,  teilt  sich 
in  zwei  Aeste.  Der  Zweig,  welchei-  sich  zur  Macula  sacculi  begibt, 
innei'viert  außerdem  die  Arnpulla  posteiior.  Von  diesem  selben 
Zweig  geht  außerdem  hoch  ein  kleines  Bündel  ab  *,  welches  mit 
dem  Nerv,  cocblearis  zur  Cochlea  vetläuft.  Dieses  Bündel  stellt 
demnach  eine  Verbindung  zwischen  den  Gebieten  des  Nerv, 
cocblearis  und  des  Nerv,  vestibularis  dai-. 

Wie  sich  dei-  Ramus  Sacculi  und  der  Ramus  Ampullae  posterioris 
zentral  vorhalten,  ob  deren  Fasern  sich  dort  den  Vestibularis-Endigungen 
zugesellen  odei-  mit  der  Cochleari.s-W'urzel  vei-laufen,  darauf  werde  ich  bei 
der  Besprechung  der  zentralen   Verhältnisse  näher  eingelien. 

Die  Vesiilndarüwurzel  tritt  als  Radix  anterior  etwas  frontal  von  der 
Cochleariswurzel  ein,  zugleicherzeit  etwas  dorsaler. 


')  Zwai-  spricht  man  in  der  Anatomie  des  menschlichen  Horiippaiates  von  einer 
Lagena  Cochleae,  hiermit  ist  aber  nur  die  Spitze  der  Schnecke  gemeint.  Also  ein  rein 
topographischer  Begriff. 


41C 


DAS    OCTAVUSSYSTEM    DKK    SÄI'GER. 


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lift/enerierte  Fasern 
znr  ümilarinde. 

/?(  f/CT"  Com  ims!,ura  cei-ebelli 
fiich  kreuzende  Fasern. 
{Zum  Nuclejis 
terti.) 


Degenerierte  Fasern 
zur  Lingnlarinde . 


Fig.  191.     Degeneration  der  vestibulären  Wurzelfasern. 

Marchipreparate  von  dem  Kleinhirn  nebst  Mednlla 

nblonsatn  einer  Knt7e;  n.  S.  Ingvar. 


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DAS  ncTAvrssYSTK^r  dkf;  sÄrriici;.  ^117 

Ilire  zentralen  N'crliinilunn'cn  sind  hri  den  Säugern  weniger  kunipli- 
ziert  als  bei  den  X'ögeln,  was  wulil  ilaniit  zusammenhüugt,  daß  bei  fliegen- 
den Tieren  besonders  liolie  Ans|iriirlic  an  diesen  Apparat  gestellt  werden. 

Die  Zahl  der  Kerne,  wolehe  niiin  darin  bei  den  Säugern  unterscheidet, 
ist  geringer. 

Der  liei  den  A'öyclii  (  IJopl  iliiMi  iiinl  TcliMistiern)  auf  seinem  Eintrittsiiiveaii 
gelegene  Taiuiriitialkrrii  (der  sicdi  kennzeiehnet  durch  den  löftelartigon  Kontakt 
von  direkten  Wiiv/.elfasern  mit  seineu  Zellen)  ist  bei  den  Säugern  nicht  nachgewiesen, 
es  sei  denn,  d;i(i  die  s|)ai'li<-hen  iutersliiielleu  /eilen  (Sala,  CA.rAr,)  als  solclie  zu 
deuten  sind. 

Eine  geringe  Zahl  der  Vestibularisfasern  kreuzt  bei  den  Säugern. 
ScHEr.\r.\N'  konnte  bei  einer  Kongenital  tauben  Katze,  deren  Vestibidaris  von 
DK  Kr.EYX  durchschnitten  wai-,  dnrsal  und  ventral  kreuzende  Fasern  be- 
obachten (Fig.  198),  die  aber  nicht  sehr  zahlreich  waren. 

Die  dorsalen  kreuzenden  W'urzelfasern  entsprechen  dem  transversalen 
\'estibularisbündel  Ca.tai.s. 

Die  ventral  ki'euzenden  l'^isern  onts])rechen  den  vestibulären  'l'rapez- 
k('irpcr- Fasern  WiNKr.Rus  (vei'gl.  S.  428) 

Die  übrigen  Vestibnlariswurzelfasern  teilen  sich  bald  nach  ihrem  Ein- 
ti'itt  in  den  Rullms  durch  Bifurkatiun  in  zwei  Aste:  einen  auf.sleigenden 
und  einen  al)steigenden  Ast. 

\'om  aufsteigenden  Bihuhi  gelien  Fasern  direkt  zum  Zerebellum  (Euin- 
(iKii,  VAX  Gehuchten,  Ca.ial,  TnojrAs).  Sie  durchqueren  den  Nucleus 
Bechterew,  an  den  sie  Kollateralen  abgeben,  und  gelangen  mediahvärts 
vom  Corpus  restiformc  zum  Zentrum  medulläre  des  Kleinhirns. 

IxiiVAR  (vergl.  Fig.  l'dl )  hat  zeigen  können,  dal5  die  Endigung  dieser 
Fasern  aulierhalb  im  Nucleus  Tecti  nur  in  der  Rinde  bestimmter  Zerebel- 
lum-Abschnitte  statthnilet:  nämlich  in  derjenigen  des  Nodulus,  der  Uvula, 
der  Lingula  und  des  Flocculus.  Es  gibt  somit  im  Säugei'-Zerebellum 
einen  ringförmigen  Basalabschnitt,  der  direkte  vestibuläre  Einflüsse  erhält 
und    so    zu    sagen   die    vestibuläre    Basis  für   das    übrige    Kleinhirn   bildet. 

Als  Kern  der  nafskigcnilen  VeHÜbidarmvurzel  ist  der  BECHTEHEVVSc/tß 
Kern  (Nucleus  vestibularis  superior)  zu  erwähnen,  welcher,  in  der  frontalen 
Fortsetzung  des  DEiTEijskernes  gelegen,  an  der  Übergangsstelle  von  Oblon. 
gata  unil  Kleinhirn  zwischen  ^^entrikelwand  und  Corjnis  restiforme 
vorkommt. 

Der  Nucleus  Bechterew,  tler  seinen  größsten  Umfang  bei  den  Pri- 
maten und  beim  Menschen  erreicht  i),  erhält  zahlreiche  Kollateralen  jener 
Wurzel,  welche  sich  um  ihre  Zellen  verästeln. 

')  V.v  wiril  hier  uuih  wohl  ;iIk  Xucleus  angularis  bezeichnet,  weil  er  medial  au  der 
seitlichen  Ecke  des  vierten  Ventrikels  liegt.  Dieser  Name  ist  jedoch  irreführend,  weil 
der  Nucl.  angularis  der  Vögel,  dei-  ganz  latei-al  an  der  Peripliei'ie  des  Bulbus  liegt  —  ein 
primärer  Cochleariskern   ist  (siehe  Kuliuote  auf  S.  405). 

Kappers.  27 


418  DAS    OCTAVUSSY8TEM    HER    SÄUGER. 

Die  Axonen  dieser  Zellen  verlaufen  teilweise  rückwärts  und  {gesellen 
sich   gekreuzt   und    ungekreuzt   den    Bahnen  des  DEiTERskernes  (s.  u.)  zu. 

Leidler  hat  aber  nachgewiesen,  daß  nur  sehr  wenige  Fasern  aus 
ihm  in  das  hintere  Längsbündel  übergehen  und  .sich  zum  Oculomotorius 
(und  Trochleariskern  ?)  derselben  Seite  begeben.  Auch  genügt  eine  Schädi- 
gung dieses  Kernes  allein  iiicht,  um  erhel>liche  Störungen  der  Augen- 
motilität  zu  verursachen. 

Der  BECHTEREWSche  Kern  steht  vielleicht  mit  dem  Flocculus  (Floc- 
culusstiel  Obersteiners)  in  Verljindung,  von  dem  er  zahlreiche  Fasern 
zu  empfangen  scheint. 

Der  Tr.  nnqiilaris  Löwts,  worin  jene  Fasern  verlaufen,  enthält  auch  zerebel- 
lipetale  Komponenten,  welche  wahr.scheiuHeh  dem  Triangnlariskern  entstammen. 
Sogar  beim  Wal  sind  solche  Fasern  erwähnt  (von  IIatscheic  und  Sohlesingee), 
obschon  dort  der  Triangidarkern  (s.  n.)  entsprechend  dem  kleinen  Labyrinth  dieser 
Tiere  (Gbat)  nnr  wenig  entwickelt  ist.   - 

Das  absteigende  Vestibularishündel  biegt  lateral  vom  DEiTERsÄiern  kaudal- 
wärts  um,  sendet  zahlreiche  Kollateralen  in  diesen  Kern  hinein  und 
splittert  sich  während  seines  Verlaufes  allmählich  um  ziemlich  große 
polj'gonale  Zellen  auf,  welche  es  begleiten  [Kern  der  absteigenden  VIII 
Wurzel). 

Die  Art,  wie  seine  Kollateralen  um  die  Zellen  des  DEiTERskernes 
sich  verästeln,  ist  eine  sehr  intime  und  erinnert  gewissermaßen  an  die 
Art  und  Weise,  wie  die  Kletterfasern  (ebenfalls  teilweise  Vestibularisfasern) 
im  Kleinhirn  sich  um  die  Dendriten  der  PuEKiN.jEzellen  schließen. 

Mittels  des  Deiters  Kernes  (der  auch  eine  große  Anzahl  von  zerebel- 
laren  Fasern  aufnimmt;  Lewando\vsky  u.  A.)  werden  seine  Reize  (mit 
solchen  aus  dem  Kleinhirn  korreliert)  auf  beiden  Seiten  des  Rückenmarkes 
überti'agen,  wo  sie  teilweise  in  dem  Fase,  longitudinalis  centralis,  teilweise 
im  ^'order-Seitenstrang  verlaufen  {Tr.  Deiters  descendens). 

Die  absteigende  Wurzel  selber  ist  kaudalwärts  zu  verfolgen,  bis  zu 
einem  Kern,  der  lateral  vom  BuROACHschen  Kern  und  medial  von  dem 
Hinterhornrest  liegt. 

Dieser  Kern,  (zuerst  von  Blumenau  erwähnt)  welcher  sich  durch  größere 
Zellen  von  dem  BuRDAr'Hschen  Kern  unterscheidet  (mit  dessen  vorderm 
Abschnitt  er  verbunden  ist),  ist  mehr  als  Kern  von  Monakow  (S.  213) 
bekannt.  Er  dürfte  statische  Reize  des  Vestibular-Apparates  mit  stereo- 
gnostischen  Impulsen  der  Hinterstrangkerne  vermitteln  und  hat  sich,  wie 
diese,  aus  dem  medialen  Grau  der  Hinterhornbasis,  der  er  noch  bei  den 
Vögeln  eingeschlossen  ist,  herausdifferenziert. 

Von  Monakovv-  konnte  nachweisen,  daß  die  Zellen  jenes  Kernes  ihre 
Axonen  in  das  motorische  Gebiet  der  Umgebung  senden,  namentlich  auch 
des  Rückenmarkes. 

Wie    weit   sie   sich  babei  ausdehnen,  ist  bis  jetzt  nicht  mit  Sicherheit 


DAS    OCTAVtlSSYSTiar    DKH    SAUGER. 


419 


nachgewiesen,  nni-  wcili  man,  dali  die  gleichseitigen  Zellen  dieses  Kernes 
nacii  Hnlhseitendui-chtrcuiiung  des  Rückenmarkes  degenerieren  (  v.  Mo- 
nakow). 

Auliei-  um  die  /eilen  des  DiornoRskernes,  des  absteigenden  Kei'nes 
nnd  des  MonakowscIhui  i\ernes  sendet  die  a,bsteigende  Wurzel  eine  große 
Zalil   von    KoHateralen    in   eine  ZcUmasie,  die  wir  bei  den  Vögeln  in  dieser 


Nu.     \ 
DeiliTs.  (  , 


Nil.  ali.il 


\     •■  ?■ 


■  >3  ">Nu.  triang. 
iJ^r^      sivt)  piiuc. 


-Nil.  aliiiuc 


.N.  \  1        i.isc.  long,  centr. 
Fiu;.   192.     Deiterskoin  uml   Xucl.  tviiuiguhiris  (principalis)  vestilnili   Ijoiiii  Kiniiiii'lii'ii. 

Lage  und  Größe  noeli  niciit  vorfanden  i)  nnd  die  als  kleinzelliger  Vesti- 
liiilariskern,   Nucl.  principalis   oder  Nnd.  triangularis  dorsalis  bezeichnet  ist. 

Derselbe  dehnt  sich  dorsal  und  medial  vom  DEiTERskern  bis  zum  Boden 
des  vierten  \'entrikels  aus  und  läßt  sich  bis  weit  nach  hinten  verfolgen 
(l)is  zum  Anfang  des  Hypoglössus-Kerns). 

Seine  medialen  Zellen  sind  die  kleinsten.  Die  lateralen  sind  bedeutent 
größer  und  haben  eine  ausgesprochen  polygonale  Gestalt.  Dieses  Ver- 
halten erinnert  uns  an  dasjenige,  welches  zwischen  dem  Nuclevis  piriformis 
der  Vögel  und  dem  mehr  lateralen  Nucleus  vestibulo-cerebellosus  (Fig.  18G) 
besteht  und  (auch  weil  sonst  keine  Homologie  jener  Kerne  bei  den  Säugern 
nachzuweisen  sind)  wäre  es  möglich,  daß  wir  diese  in  dem  Nucleus  trian- 
sjularis  dorsalis  zurück  finden. 


')  Nach  GoRiiON'  FTot.MKS  kommt  eino  Andeutung  dieses  Kernes  bei  den  letzt- 
genannten Tieren  vor  in  der  grauen  Sul)slanz  nahe  dem  Ventrikel.  .Jedenfalls  wäre  er 
dann  sehr  klein.  Mir  ist  es  iiii-lit  gelungen,  ihn  an  jener  Stelle  nachzuweisen. 


420  DAS    OCTAVUSSYSTEM    DER    SÄUGER. 

Außerdem  soll  (nach  BRrcE)  iler  Nucleus  triangularis  (ebenso  wie  der 
Nucl.  vestibiilo-cerebellosus  der  ^^■^gel)  taufsteigende  zerebelliire  Verbindun- 
gen aufweisen,  wie  auch  Hatschek  und  ScnLESiN(;£R  (s.  o.)  angeben. 

Von  einigen  Autoren  sind  sogar  aufsteigende  \'erbindungen  des 
Nucleus  triangularis  speziell  mit  der  Uvula  und  dem  Nodulus  beschrieben, 
was  im  Einklang  stehen  würde  mit  der  ol)en  erwähnten  direkten  Zerebel- 
larverltindung  des  N.  vestil)ularis  in  diesen  Teilen  (Inuv.vr,  Fig.  191). 

Inzwisschen  sind  nähere  Untersuchungen  über  die  phylogenetische 
Entwicklung  des  Nucleus  principalis  vestibularis  sehr  erwünsclit  und  sind 
die  aufsteigenden  zerebellären  ^^erbindungen  sicher  nicht  die  einzigen  und 
wichtigsten  eferenten  Neuriten  jenes  Kernes. 

Andere  Neuriten  begeben  sich  in  den  Ahducenshern  (der  offenbar  unter  Ein- 
fluß dieses  Kernes  und  des  dorsalen  Abschnittes  des  DEiTERskernes  seine, 
bei  manchen  Säugern  so  auffallende,  dorsolaterale  Verlagerung  erfährt; 
vergl.  das  folgende  Kapitel).  Vielleicht  sind  die  Ursprungszellen  jener 
Fasern  dem  Nucleus  (juadrangularis  der  V"gel  homolog  (S.  407). 


Bevor  ich  die  zentralen  Verbindungen  der  R.  corldearia  bespreche, 
werde  ich  in  Kürze  die  Frage  berühren,  ob  die  Fasern  der  AmpuUa  po.ste- 
rior  und  des  Sacculus,  welche  diese  Wurzel  peripher  begleiten,  sich  beim 
Eintritt  in  die  Oblongata  von  der  Wurzel  al)spalten,  oder  ob  dieselben 
auch  zentral  mit  den  Cochlearisfasern  auf  einer  gn'ißcrn  '»der  kleinem 
Strecke  zusammen  bleiben. 

Ich  möchte  dazu  folgendes  mitteilen : 

Sowohl  bei  der  Katze,  als  beim  Kaninchen  treten  die  hintern  ampul- 
lären  und  die  sakkulären  Fasern  im  Anschluß  an  den  Ramus  Cochlearis, 
also  mit  der  Radix  posterior  in  die  Oblongata.  Zentral  aber  divergieren 
die  Fasern.  Während  der  größte  Teil  der  Radix  posterior  im  Ganglion 
ventrale  und  im  Tuberculum  acusticum  endet,  treten  eine  Anzahl  Fasern 
direkt  um  das  Corpus  restiforme  herum  in  einen  lateralen  Ausläufer  des 
Nucl.  triangularis  (eines  vestibulären  Kernes)  ein. 

Bereits  Ca.tai,  hat  darauf  hingewiesen,  daß  Fasern  der  Radix  posterior, 
welche  direkt  an  dem  Corpus  restiforme  entlang,  das  Gebiet  des  Deiters- 
kernes  und  der  zentralen  retikulären  Substanz  erreichen,  und  Brouwer 
fand  bei  einer  kongenital  tauben  Katze,  bei  der  die  primären  akustischen  Kerne 
ganz  fehlten,  einen  Teil  der  Striae  acusticae,  unmittelliar  auf  dem  Corpus 
restiforme,  erhalten,  was  er  ebenfalls  für  möglich  erachtet  durch- die  Deutung 
dieser  Fasern  als  vestibuläre  Elemente. 

Daß  es  sich  hierbei  tatsächlich  um  Sacculus-  oder  Ampulla  posterior- 
Fasern  handelt,  wird  dadurch  bewiesen,  daß  bei  Abtragung  der  Cochlea 
dieser  Teil  der  Fasern  der  Radix  posterior  unversehrt  bis  in  den  Vestibu- 
larkern  verfolgt  werden  kann  (Winkler). 

Noch  ein  zweites  Ai'gument  wird  von  Winkler  hierfür  angegeben. 


DAS    OCTAVUSSYSTEM    DEU    SAUGER. 


421 


Wiilireiid  näiiilicb  heim  Menschen  der  Vestibularis  bereits  in  einem 
23  cm  langen  Embrj^o  myclinisicrt  wird  und  der  Cochlearis  erst  bei  28  cm, 
erhi'ilt  ein  Teil  der  Radix  posterior  —  und  zwar  aueli  wieder  nur  der 
tiefere,  gegen  das  Gor[)Us  restiforme  gelegene  Abschnitt  —  auch  bereits 
sein  Mark  beim  23  cm  Embryo. 

Zugunsten  dieser  Deutung  spricht  auch,  daß  Schep.man  bei  der  schon 
oben  genannten  kongenital  tauben  Katze  nach  Labyrinthextirpation  dege- 
nerierte Fasern  fand,  welche,  kaudal  von  der  Radix  anterior  eintretend, 
sich  um  das  Corpus  restiforme  lagern  und,  wahrscheinlich  dichotomisiert, 
in  den  Nucleus  triangularis  und  in  das  Zerebellum  eintreten. 

Es  ist  also  nicht  zu  bezweifeln,  daß  auch  bei  den  Säugern  die  Radix 
posterior,  ebenso  wie  bei  den  Reptilien  und  Vögeln,  kein  reiner  Cochlearis- 
nerv  ist,  wenn  auch  die  Zahl  der  wirklichen  Cochlearisfasern  darin  .sehr 
zugenommen  hat. 

Ob  aber  die  saccuhiren  und  hinteren  ampullären  Fasern  zentrale 
Endigungeu  besitzen,  welche  übereinstimmen  mit  cochleären  Endigungen, 
ist  also  fraglich,  um  so  mehr,  als  auch  bereits  bei  Reptilien  von  Beccäri 
nachgewiesen  wurde,  daß  die  vestibulären  Komponenten  der  Radix  pcste- 
rior  dieselben  Verbindungen  haben  als  die  R.  anterior  (s.  S.  401). 

Can.  post. 
Can.  ext. 


Can.  aut. 


Cotlil. 


■  Can.  ant. 


Sac. 


-  M.  bas.  cochl. 


Fig. 


19.1  A.    Labyiiiitli  von  Kcliiiiiia  II.  (iii.w.  Fig.   193  6.     Vom  Kaninchen  n.  Hf.tzhjs 

Man  beaclite  ilif  geiingo  Kntwioklung  der  Cochlea  bpini  Ecliirlna. 

Finden  wir  übrigens  in  dem  gemischten  Chai'akter  der  Radix  jjoste- 
rior  einen  direkten  Anklang  an  das  \'ei-lialten  bei  den  Submamnialiern, 
namentlich  auch  bei  den  ^^">geln,  so  ist  die  Homologie  der  CochlearLskerne 
liei   Vc'igeln  und  Säugern   nicht  so  leicht  aufzufinden. 

Nur  das  Studium  der  niedersten  Säuger  ist  imstande,  uns  den  Ein- 
Mick  in  sie  /.u  erleichtern. 


422  DAS    ÜCTAVUSSYSTEM    DER    SÄUGER. 

Ich  werde  daher  zuerst  (he  zentralen  Verhältnisse  beschreihen,  wie 
sie  bei  den  Monotremen   und   einigen  ]\Iarsupialiern   vorkommen. 

Schon  der  periphere  Octavusapparat  dieser  Tiere  weist  eine  erheblich 
einfachere  Entwicklungsstufe  des  cochleären  Abschnittes  auf  als  bei  den 
höheren  Säugern,  indem  die  nicht  oder  kaum  gewundene  Cochlea,  welche 
(bei  Echidna)  auch  noch  eine  Papilla  Lagenae  führt,  viel  mehr  an  das 
Verhalten  bei  Vögeln  erinnert  (vergl.  Fig.   193  A   mit  Fig.  185). 

Die  zentralen  Verhältnisse  bei  Echidna  sind  am  besten  studiert  worden 
von  KöLiJKER  und  Sciiepmax,  wäin-end  wir  bezüglich  der  Marsupialer 
wertvolle  Angaben  besitzen  von  Holmes  und  Stokes. 

ScHEPMAN  konnte  bei  Ecliidna  zwei  Cociileariskerne  nachweisen, 
einen  großzelligen  Kern  (Fig.  104  A),  mit  dem  deszendierenden  Ast  des  Coch- 
learis  verbunden,  und  einen  Kern  mit  spindelförmigen  Zellen  (wie  die- 
jenige des  Nuclcds  angularis  der  Reptilien),  welcher  mit  der  aufsteigenden 
Bifurkation  jener  Wurzel  verbunden  ist  (Nu.  dors.  cochl.  Fig.  194  B). 

Der  Nucleus  magnocellularis  endet  nach  vorn  in  zwei  Spitzen,  wovon 
eine  lateral  vom  Corpus  restiforme,  die  andei'e  medial  davon  liegt  (Fig. 
194A).  Der  Spindelzellkern  aber  liegt  ganz  medial  (Fig.  194  B). 

Dieses  Verhalten  findet  man  wieder  bei  den  Marsupialiern. 

Gordon  Holmes  hat  darauf  liingewiesen,  daß,  ebenso  wie  bei  den 
Vögeln  und  Reptilien,  bei  Macropus  die  koclileären  Kerne  größtenteils 
medial  vom  Corpus  restiforme  liegen  und  niclit,  wie  bei  den  höhern 
Säugern,  lateral  oder  ventral  davon. 

Bedenken  wir  nun,  daß  der  Nucleus  dorsalis  cochlearis  u.  a.  aufstei- 
gende Cochlearisfasern  empfängt  und  also  wahrscheinlich  das  Homologon 
des  Nucleus  angularis  der  Vögel  bildet  (womit  auch  seine  Zellform  über- 
einstimmt), dann  fällt  es  uns  auf,  daß  die  Lage  dieses  Kernes  beim  Opos- 
sum insofern  eine  Übereinstimmung  mit  derjenigen  bei  den  Vögeln  dar- 
bietet, daß  auch  bei  den  ^^ögeln  der  Eckkern  von  zerebellären  Fasern  von 
der  Peripherie  getrennt  wird  (vergl.  S.  410). 

Wir  finden  also  in  diesem  Verlialten  eine  große  Stütze  für  unsere 
Annahme  einer  Homologie  zwischen  Eckkern  und  dem  sog.  dorsalen  Kern 
des  Tnberculum  acusticum  der  Säuger. 

Noch  wichtiger  sind  die  Verhältnisse  beim  Opossum  in  bezug  auf 
den  großzelligen   „ventralen"  f'ochleariskern  der  Säuger  (Fig.  195  A  und  B). 

Dieser  Kern  verdankt,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  seinen 
Namen  „ventraler"  Cochleariskern  Ijei  den  Säugern  der  Tatsache,  daß  die 
große  Mehrheit  seiner  Zellen  tatsächlich  bei  den  meisten,  fast  allen  Säugern 
eine  sehr  ventrale  Lage  einnimmt,  ja  gi'ößtenteils  als  Säckchen  an  der 
ventrolateralen  Peripherie  des  Bulbus  nach  außen  liängt  (Fig.  19ü  inid  19S). 

Diese  ventrale,  teilweise  sogar  extrabulbäre  Lage  des  „ventralen" 
Cochleariskernes  der  Säuger  macht  es  auf  den  ersten  Blick  schwierig,  in  ihm, 
ein  Derivat  des  Nucleus  magno-cellularis  der  Vögel,  Reptilien  und  Amphi- 
liien  zu  erkeinien,  weil  letztgenannter  Kern  eine  gänzlich  dorsale  Lage  in 


DAS    OCTAVUSSYSTEM    DER    SÄUGER. 


423 


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V 


Fig.   194  A. 

New.  et  Nu.  VIII  desc. 
Nu.  vc'iitr.cochl.  |  Nu.  Pastig. 


Nu.dors.cochl. 
I     (Tub.  acust.) 
/ 


hu  trianoulapi; 


.,r*f5 f1-K 


RocC.  Cer.       Corptnap   y 


1Si"poü 


/ 


Fibr.  meaiai.  f'^^:^': 
Tdesc 

Fi--.   11)4«. 
Fiir.  194  A   uinl   H.     Dir  ViTliimliiiineii  der  li.  CoitliloaiMS  bei  FcliidiKi  n.  Sckei'Man. 


424 


UAS    OCTAVUSSYyTKM    1>KK    SÄUGER. 


der  pblüiiguta  luit,  und  (icrade  deshalb  kt  es  wichtig,  zu  konstatieren,  daß  bei 

den  niederste)).   Säugern 


nu.dors.  B.cochl. 
I 


;;3if(»'222J« 


nu.ventr. 
P  cochl 


Rvpst.--- 


corp.trap. 


ol.sup. 

Fig.  -195  A. 


nu.dors.  P.cochl. 


nu.ventr  R. cochl. 

tr.  desc.N.vest 


d  vesC. 


Fig.  195  B. 

Fig.  i95  A  und  B.     Verhalten  der  Oetavuskerne 

beim  ()|)üssurn,  n.  Stokes. 


maßen  .seinen  eintretenden  Fasern 


die  Lage  dieses  Kernes 
auch  noch  größtenteils 
eine  mehr  mediale  und 
dorsale  ist  (Fig.  195  A 
und  B:  Nu.  ventr.  R. 
Cochl.). 

Nur    der   hintere 
Alisehnitt  jenes    Ker- 
nes  ist  auch   bei  den 
AplazentaUern     etwas 
naeh  unten  verlagert. 
Vergleicht    man     die 
Abbildungen,    welche 
ich  hier  vom  Ujios.sum 
und    von   der  Fleder- 
maus   (Fig.    195    und 
Fig.   196)   gebe,  dann 
füllt   sofort   der  Kon- 
trast   auf    und     sieht 
man,  welch  eine  wich- 
tige    Zwischenstufe 
diese  Tiere  für  unsere 
Kenntnis   dieses  Ver- 
haltens bilden. 

Stokes  ist  geneigt, 
die    mehr   und    mehr 
nach    außen   hin  nei- 
gende   Lage  des  ven- 
tralen    Cochlearisker- 
nes    bei    den    höhern 
Säugern  der  Tatsache 
zuzuschreiben,  daß  der 
Bulbus  bei  den  böhern 
Tieren    eine  stets  zu- 
nehmende   Zahl    von 
Strukturen    enthalt, 
welche  dadurch  diesen 
Kern     nach     außen 
drängen    sollten    und 
den    ventralen    üoch- 
leariskern       gewisser- 
entgegentreten lassen. 


DAS    (IC'l'AVrsSYSTICM     IUCK    .SATT(4ER. 


4-25 


Icli  kuiiu  ilicsu  Ei-klariiii<;'  iiiclit  aunelnnen,  weil  aus  rein  nieflianischen 
(iniiiilen  niclit  einzusehen  ist,  wesliall)  die  Dislozierung  gerade  den  Coeh- 
leuriskern  trifft,  und  weslialb  ilieser  gerade  in  seine  Wurzel  hinein  sich 
verlagert.  Ich  bin  vielmehr  geneigt,  in  der  X'erlagerung  des  ventralen 
kochleären  Kernes  bei  den  Säugern  eine  Erscheinung  von  Neurobiotaxis 
zu  sehen,  welclie  die  Zellen  in  die  iüchtnng  der  iinien  zustrebenden  Iteize 
verlagern  lälit  und  dadurch  Anlaß  gibt,  daß  dieser  Kern  wie  Stores  es 
i-iehtig  ausdrückt,  in  die  Wurzel  hinein  (d.  h.  dem  zugeführten  Keiz 
entgegen)  wandert,  welche  bei  Säugern  viel  größer  ist  als  bei  \'ögeln. 

Diese  Erklärung  stimmt  auch  völlig  mit  der  Tatsache  überein,  dali 
die  Verlagerung  des  ventralen  Kernes  nach  außen  nicht  am  stärksten  bei 
denjenigen  Säugern  ist,  deren  Bulbus  am  meisten  mit  neuen  Strukturen 
komiiliziert  wird,  d.  h.  bri  den  höchsten  Affen  und  Ijeim  Menschen,  son- 
dern bei  denjenigen,  bei  denen  infolge  der  stark  entwickelten  Cochlea  (Fig. 
193  B)  die  Cochleari.sreize  die  zahlreiclisten  sind,  d.i.  bei  den  Ohiropteren, 
Rodentiern  und  Karnivoren  (auch  beim  Wal).  Die  \''erlagerung  des  magno- 
zellulären  Cochleariskernes  ist  sogar  am  stärksten  bei  Fledermaus  und  Wal, 
obschon  dort  die  innere  Oblongata  auf  einer  relativ  niedern  Stufe  der  Ent- 
wicklung steht  (Fig.  196). 


R.cochi 


corp.  Ir-ap. 


nu  ventc  coohl. 


'"ig.   190.     Veiitialef  Ciirlileai'iskcrn,  corpus  trapezoides,  Oliva  siiperior. 
und  Corpora  qiiadi-igciniiui  püstcrior  (c,  q.  |i.)  bei  Vespeiiiiga  iinrtula. 


Die  Verlagerung  des  niagnu-zcllulären  Cochleariskernes,  seiner  Wurzel 
entgegen,  hat  einen  Einlluß  auf  die  Nomenklatur  der  Octavuswurzeln  bei 
den  Säugern  geliabt,  welche  icii  gleich  im  Anschluß  hieran  erwähnen  nniß. 

Wir  siml  nändich  gewohnt,  die  hintere  Wurzel  des  Octavus  (welche 
die    k(jchleären    Fasern    enthält)    liei   den   Reptilien   und   \'('igk'n  auch   wnbl 


426 


DAS    0CTA\'rsSY;5TEM    PER    SAUaER. 


als  dorsale  Wurzel  zu  bezeichnen,  weil  sie  dort  dorsaler  als  die  vordere 
oder  vestibuläre  Wurzel  eintritt,  welche  deshalb  auch  ventrale  Wurzel 
genannt  wird. 

Bei  den  meisten  8äup;ern  ist  dieses  Verhalten  durch  die  ventrolaterale 
Verlagerung  des  magnozellnlären  Kernes  geändert,  indem  die  ventrale 
Aussackung  so  weit  geht,  daß  der  Eintritt  des  R.  coclilearis  oder  R.  poste- 
rior in  das  zentrale  Grau  tatsächlicli  ventraler  gekommen  ist  als  der 
Eintritt  der  vordem  oder  vestibulären  Wurzel,  und  man  deshalb  in  der 
Säuger-Anatomie  die  hintere  oder  kochleäre  Wurzel  als  ventrale  Wurzel 
und  die  vordere  oder  vestibuläre  Wurzel  als  dorsale  Wurzel  bezeichnet. 

Wir  linden  also,  daß  die  oben  erörterte  Lageveränderung  der  zen- 
tralen grauen  Substanz  eine  topographische  \^eränderung  in  dem  ^'erhalten 
der  Wurzeleintritte  hervorgebracht  hat. 

Auch  der  vordere  Cochlearis  Kern  —  der  Eckkern  bei  den  Reptilien 
und  Vögeln  —  bei  den  Säugern  als  Tiiberctdum  acusticum  bezeichnet  —  erfährt 

eine  Umgestaltung  bei 
den  Säugetieren,  indem 
er  sich  auf  Kosten  des  dor- 
salen Oblongatagraus  ver- 
größert und  eine  noch  stär- 
kere  Tendenz  zur  Ober- 
Hächenbildung  aufweist. 
Diese  Vergrößerung  rüiirt 
nach  ScHEPMAN  von  dem- 
selbem  .  Grau  her,  aus 
dem  auch  das  Corpus 
})ontobulbare  (siehe  Kap. 
VII,  Fig.  406)  hervor- 
geht.   Er    erstreckt    sich 


Ti. 
V 
sp. 


;■-::/ 


bei  manchen  Tieren 
(Katze)  über  den  groß- 
zelligen Ventralkern  hin- 
aus (Fig.  197). 

A\'ir  werden  jetzt 
sehen,  daß  auch  der  in- 
nere Verlauf  der  Wurzel 
im  Zusammenhang  mit 
der  Verlagerung  und  dem 
Wachstum     der     Kerne, 

speziell  alier  unter  Einlluß  ibrer  \''ergrößerung  sich  bei  den  Säugern  ändert. 
Die  Ausdehnungsverhältnisse  der  zentralen  Cochleariskerne  lassen  sich 

bei  denjenigen  Säugern,  bei  denen  sie  am  deutlichsten  entwickelt  sind,  kurz 

folgendermaßen  beschreiben: 

Der  dorsale  Kern,  das  Tuljerculum  acusticum,  der  Säuger  (Homologen 


/    N\icl.  veiitr. 

J 

Fig.  lf)7.     Das  Tubercuhmi  aoiisticiini  luul  der 

Niicl.  ventralis  Vtll  in  ihrem  gegenseitigen 

Verlialteii   h.  iL  Katze:  n.  FuSE. 


DAS    O^TAVTJSSYSTE^^    DER    SÄUGER.  427 

des  Nucl,  angularis  ilor  V(").ü;el),  sowie  der  ventrale  Kern  (Tromologon  des 
Nucl.  iiiaiTno-cellularis  der  Vögel)  sind  beide  außerordentlich  vergrößert, 
der  dorsale  oder  Eckkeru  nach  hinten,  der  ventrale  oder  niagnozelluläre 
Kern  auch  etwas  nach  hinten,  aber  namentlich  nach  vorne,  sodaß  beide 
Kerne  im  Gegensatz  zu  den  meisten  Vögeln,  teilweise  auf  denselben 
Querschnitten  vorkommen,  noch  weit  kaudalwärts  vom  Octavusein- 
tritt. 

Es  ist  deslialb  wichtig,  dies  zu  betonen,  weil  wir  bei  den  \^ögeln  den 
Eckkern  nur  in  \'erbindung  mit  aufsteigenden  Fasern  der  Radix  posterior 
sahen  untl  bei  den  Scäugern  sehen,  daß  dieses  Verhalten  sich  geändert 
hat,  indem  das  weit  nach  hinten  sich  ausdehnende  Tuberculum  acusticum 
selbstverständlich    auch    eine    Menge    von    deszendierenden  Fasern  enthält. 

Umgekehrt  geht  die  frontale  Vergrößerung  des  magnozellulären  — 
hier  ventralen  —  Kernes  mit  der  Tatsache  zusammen,  daß  ein  Teil 
der    Wurzelfasern,  die    in    ihm   enden,  einen  aufsteigenden  Charakter  hat. 


Diese  beiden  Punkte  sind  wohl  zu  betonen,  weil  man  sonst  erwarten  könnte, 
daß  die  Verhältnisse  der  aufsteii^enden  und  nicht  aufsteigenden  Fasern  der  Radix 
posterior  bei  den  Säugern  in  bezug  auf  die  homologen  Kerne  dieselben  sein 
müßten  wie  bei  den  Vögehi,  und  es  deutlich  ist,  daß  die  Lageveränderungen  und 
erhebliclien  Ausdehnungen  dieser  Kerne  das  Verhalten  der  Wur/el fasern  sogar 
teilweise  umkehren. 

Nach  dieser  Auseinandersetzung,  welche  zur  Aufklärung  des  schein- 
bar gegensätzlichen  Verhaltens  der  ei'wähntcn  Wurzelfasern  bei  Säugern 
und  Nicht-Säugern  notwendig  ist,  werde  ich  nunmehr  ganz  kurz  die  Ver- 
bindungen des  N.  Octavus  beschreiben,  wie  sie  sich  im  allgemeinen  bei 
den  Säugern  vorfinden. 

Diese,  sind  in  den  Hauptziigen  folgende :  Nahe  der  Stelle,  wo  die 
Radix  ■posterior  in  die  01)longata  eintritt  (Fig.  19G),  liegt  der  ventrale  oder 
niagnozelluläre  Kern,  in  dessen  Areal  sich  die  Wurzel  durch  ])iciiotomie 
in  einen  aufsteigenden  und  einen  absteigenden  Ast  teilt. 

Die    Endigungsweise  dieser  beiden  A.ste  ist  verschieden. 

Die  meisten  Endfasern  des  aufsteigenden  Astes  haben  HEi.Dsche 
Körbchen  als  Endigungsweise  (Ca.ial)  und  enden  hauptsächlich  in  dem 
ventralen  Kern,  während  die  absteigenden  Fasern  sieh  aufsplittern  in 
l)erizelluiären  Plexussen,  hauptsächlich  in  dem  Tuberculum  acusticum. 

Nach  Held  und  Winklki;  weist  der  Gehörnerv  aucii  noch  andere 
P]ndigungen  auf,  und  zwar  sollen  Fasern  desselben  direkt  zu  sonst  über- 
wiegend sekundären  Zentren  gehen,  z.  B.  direkt  durch  das  Corjius  trape- 
zoVdes  in  die  Oliven  (vergl.  auch  die  Vögel,  S.  411). 

Ein  zweiter  Punkt,  auf  den  namentlich  der  letztgenannte  Autor  liin- 
gewiesen  hat,  ist  die  Verbindung  der  Kadix  cochlearis  mit  Zentren,  welche 
sonst  liaujitsächlieh  der  R.  vestibularis  dienen. 

(.)bKchun    iiriiiziuiell    t'inc    nähere    Verwand ts(diaft  zwiscluui   ('dchlearis- 


42S 


DAS    OCTÄVUSSYSTEM    DER    SÄUGER. 


un<l  Vestibiilariseiidungen  sich  auf  (Jrmid  phylogenetischer  Tatsachen 
uiclit  ausschließen  läßt,  niuß  man  iiierbei  zunächst  die  Möglichkeit  in 
Betracht  ziehen  (auch  auf  Grund  von  Winklers  eigenen  Angaben),  daß  die 
Radix  posterior-Fasern,  welche  zu  sonst  überwiegenden  Kadix  anterior- 
Kernen  gehen,  dem  Sacculus  oder  der  AmpuUa  posterior  entstammen,  und 
somit  nicht  als  cochleäre,  sondern  als  vestibuläre  Fasern  zu  Ijetrachten  sind. 


Corps,  rasttp. 

Str   ac  int 

Hu   princ   TBH 

J         F  lono  p 

Nu.  m    ^m^'^y.^' W^^^^i  Ccp 


"R    afc    v/esi. 


iJV  u.  vent  n 
coc  K 1 . 


Fig.  t98.     Eintritt  des  N.  VIII  beim   Menschen  (rechts). 
Links:  der  \u.  ventralis  Cochleae  und  das  Tub.  acusticum. 


Indessen  hat  Wixkler  auch  wirkliche  Cochleari.sfasern  in  den  dorso- 
medianen  Abschnitt  des  DEiTEKskernes  eintreten  sehen,  wie  bestätigt 
wurde  von  Schep.man  (vergl.  auch  S.  402). 

Schließlicii  zielien  einige  Cochlearisfasern  in  das  Corj:)Us  trapezoi'des, 
sonst  ein  überwiegend  sekundäres  ( Jehörssystem. 

\'on  den  sekundären  Fasern  der  Cochleariskerne  siml  diese,  aus  dem 
magnozellulären    ventralen    Kerne   kommenden    Fasern,  die  auß'allendsten. 

Während  diese  sekundären  Fasern  aber  bei  den  Vögeln,  entsprechend 
der  dorsalen  Lage  des  magnozellulären  Kernes  bei  den  Vögeln,  wesent- 
licli  ein  ilorsales  System  von  kreuzenden  Fasern  darstellen,  tinden 
wir  l)ei  den  Sängern  die  sekundäre  Bahn  des  veuti-alen  Kernes  in  ventraler 
Lage,  und  l.>iidet  dieselbe  das  Corpus  trapezoides,  welches  sich  bakl  in  die 
laterale  Scideife  frontalwärts  licgibt,  al.)er,  wie  zuerst  von  Wtnki.ek  nach- 
gewiesen und  von  IxiivAK  und  S(;mkpmax  bestätigt  wui'de,  neVist  cochleäre, 
auch  vestibuläre  Wurzelia.sern  enthält  (s.  Fig.  191 :  '2). 

Diese  ventrale  Lage  der  sekundären  Cochlearisbahneii  ist  sicher  einer- 
seits eine   l'olge  der  ventralen  Verlagernng  des  inagnozellulären  (venti'ulen) 


DAS    OCTAVXISSYSTEM    DER    SAUOER. 


429 


Kornes,  amlei-seits  dürfte  sie  inu-li  /,ii  staurle  kommen  infolge  einer  intimem 
Korrelation  ihrer  Fasern  und  Kollateralen  mit  dem  ventralen  Tegmentum, 
worauf  das  \'orliandensein  eines  kloinen  ventralen  Olivenabschittes  bei  den 
Vögeln  bereits  hinwies. 

Die  ventrale  Verlagenmg  der  sekvmdären  Cochlearisliahn  nimmt  all- 
mählich zu  in  der  Säugerreihe. 

So  findet  man  bei  Echidna,  mit  einem  noch  wenig  entwickeltem  ven- 
tralen Kerne  das  Corpus  trajjozoides  nur  als  einen  dünnen  Beleg  gegen 
den  Aulienrand  der  Oblongata.  ^'iel  deutlicher  ist  doi't  die  dorsale  Kreu- 
zung (ScHEPMAx).  Schon  DideJpiiys  al>er  hat  eine  kräftige  ventrale  Kreu- 
7.ung,  während  die  dorsale  Kreuzung  dort  sehr  wenig  entwickelt  ist. 

Die  ventrale  Trapezoidkreuzung,  der  sich  auch  Fasern  aus  dem  Tul)er- 


(iorsale 
Kreuzung 


Ventrale  Kreuzung  oder  Corp.  trapezoides. 
Fio;.  199.     Seciindäre  .Aciisticus-fasernng  bei  der  Katze. 


culum  acusticum  zugesellen,  bildet  aber  bei  den  höheren  Säugern  nicht 
den  einzigen  Bestandteil  des  Lemniscus  lateralis.  Auch  hier  strömen  von 
der  dorsalen  Seite  Fasersysteme  in  ihn  ein,  und  zwar  zwei  (Fig.  199):  erstens 
Fasern  der  dorsalen  oder  MoNAKOwschen  Kreuzung;  zweitens  solche  der 
intermediären  oder  HELDschen  Kreuzung. 

Die  Fasern,  welche  die  dorsale  oder  MoNAKOWsche  Kreuzung  der 
lateralen  Schleife  darstellen,  entstammen  dem  Tuberculum  acusticum  und 
begeben  sich  als  Striae  Monakow,  über  das  Corpus  restforme  oder  direkt 
unter  dem  Boden  des  vierten  ^^entrikels  entlang  zur  Raphe,  wo  sie  dii'ekt 
ventral  vom  Fascieulus  longitudinalis  centralis  (s.  posterior)  zur  Kreuzung 
übergehen. 

Es  ist  hierbei   zu  betonen,   daß   die   sog.   Klangfasern  des  A^eutrikelbodens  (der 


430  DAS    oriTAVUSSYSTEVr    der    SÄT'aER. 

Klangstab    BniiG:\iAXNS    oder    Striae    lucdiillares    ar-iistioae    (Piocolomini,    Fis;.  1;H6) 
mit  dem  (Tehör  nichts  zu   tan  haben. 

Es  handelt  sich  dabei  ganz  oder  hauptsächlich  um  A'crbindungcn  des  Klein- 
hirns  mit   den    Xuclei   arciiati. 

Auf  mehr  frontalen  Ebenen  laufen  die  Fasern  der  MoNAKOWschen 
Kreuzung  mit  den  ventral  kreuzenden  Fasern  zusammen  in  der  lateralen 
Scldeife. 

Ein  Bündel  von  sekundären  Fasern,  welches  in  seinem  ^'erlaufe  eine 
Zwischenstufe  zwischen  den  dorsalen  MoxAKOwschcn  Fasern  und  den 
ventralen  Trapezoid fasern  einnimmt,  sind  (he  B\isern  des  HELnschen  oder 
iiUcrniediiireii  Bündels,  welclie  aus  dorsalen  Abschnitten  des  venti-alen  Kernes 
stammend  und  über  das  ('orpus  i-estiforme  liin  verlaufend,  darnach  in 
ventrale  Lage  kommen  und  die  liaphe  etwa  zwisclien  der  dorsalen  Kreu- 
zung und  dem  Corpus  trapezoides  überschreiten,  um  sich  dem  letztei-n 
anzuscldießen. 

Während  also  die  Kreuzung  der  sekundären  akustischen  Bahn  bei  den 
Vt'igeln  gn'ißstenteils  dorsal  war,  ist  sie  bei  den  Säugern  über  den  ganzen 
Querschnitt  der  Oblongata  verteilt,  jedoch  hauptsächlich  ventral. 

Auch  die  Zellgruppen,  welche  in  den  sekundären  akustisclien  Faser- 
systemen vorkommen,  haben  eine  ventrale  ^"erlagerung  erfahren. 

Der  lamelläre  Kern  der  Reptilien  und  ^^ögel  ist  gemäß  der  ventralen 
\\!rlagerung  des  magnozellulären  Kernes  und  dessen  Faserung,  mit  der 
er  in  \"erbindung  steht,  ebenfalls  in  ventrale  Ebene  gekommen  uml  wäre 
nach  Ca.tai.  als  O/iva  acccssoria  medialis  wiederzufinden. 

Die  Homologie  der  Niicl.  laniiuaris  mit  der  Nebenolive  der  Säuger  halte 
ich  keineswegs  filr  sichei',  um  so  mehr,  als  eine  deutliche  Nebenolive  bei  den 
niedersten   Säugern   fehlt.    . 

Auch  läßt  sich  bis  jetzt  nicht  sagen,  ob  die  mediale  Nebenolive  ■ —  wie  der 
Lamellarkern  der  Vogel  —  u;ekreuzte  Bahnen  in  das  Corpus  trajiezoides  und  in 
die  laterale  Schleife  sendet. 

Die  Hauptolive  ist  mit  Kollateralen  der  sekundären  akustischen  Fasern 
verbunden  und  sendet  kurze  Neuronen  zu  den  motorischen  (Tensor  Tym- 
pani,  äußere  Ohrmuskeln,  M.  Stapedius)  und  retikulären  Zellen  der  Um- 
gebung  (Ca.ial).  Die  größste  Olive  wird  denn  auch  gefunden  bei  den 
Tieren,  bei  denen  die  Gehörreflexe  stark  sind.  Die  Hauptolive  liegt  ganz 
ventral  und  ist  stark  vergrößert  bei  den  Säugern.  Bei  manchen  Säugern 
kann  man  nocli  eine  Einteilung  in  zwei  Teile  darin  vorfinden  (Hoffmann). 

Ob  diese  Teile  ^korrespondieren  mit  den  beiden  Teilen,  welche  ich 
darin  nachweisen  konnte  bei  den  Reptilien  und  Vögeln,  ist  bis  jetzt  nicht 
zu  sagen. 

Außerdem  findet  man  bei  den  Säugern  einen  neuen  Kern  in  der 
CiehörV)ahn  eingeschaltet,  dessen  Homologon  bis  jetzt  nicht  bei  niedern 
Vertebraten-  nachgewiesen  ist,  aber  sich  vielleicht  aus  retikulären  Zellen 
der  Umgebung  gesammelt  hat:  den  Nucleus  corporis  trapezoides,  einen  groß- 


DAS    Or'T.WrSSYSTlCM    DKR    SATORR. 


131 


zelligeii,  median  von  der  Nelxiidlive  gelegenen  Kern,  dessen  Axoneii  sieh 
nncli    Kreuzung  der  lateralen  Schleife  zugesellen. 

\'nii  den  Zellen  der  Oliven  unterscheiden  sich  diejenigen  dieses  Kernes 
anllci'    durcli    ilire    (4rüße,  auch  durch  ihre  Gestalt  (vergl.  hierzu  Fig.  22). 

In  dem  weitern  frontahiu  N'erlaufe  der  lateralen  Schleife  zum  Corpus 
posticmn  und  Corpus  genieulatmn  mediale  des  Mittelhirnes  sind  nochmals 
Anhäufungen  grauer  Suhstanz  eingebettet,  welche  wir  auch  liereits  bei 
niederen  Tieren  angedeutet  fanden,  die  Nuclei  Lemnisci  Internles,  wovon 
man  einen  oberen  und  einen   untern  Kern  unterscheidet. 

llire  Axonen  haben  haujitsächlich  eine  Bedeutung  für  die  Übermitt- 
lung der  Reize  auf  das  umgebende  Gebiet,  wohin  sich  ihre  Neuriten  sowohl 
gekreuzt  als  ungekreuzt  begeben  (die  gekreuzten  Fasern  liildcn  einen 
Teil  der  sog.  PRor.sTseben   Kommissur). 


Uriui-li.  i'oni 


■  A 


e.  q.  p. 


N.  V 


Poiis 


Ponsgrati. 


Fig.  200  A.     Corpora  quarlrigeniina  posteriora  (C.  q.  p.)  und 

Lateiale  Schleife  (L.  I.)  bei  Pliocaena  communis. 

üezeiclinet  n.  einem  Präparat  van  .(Er,GEnsMA.  L.  1.  =  Lemnisciis  lateralis 

(in  fler  links  flei-  obere  Schleifenkern  eingebettet  ist). 


Es  verdient  weiter  Erwähnung,  daß  die  großen  retikulären  Zellen 
des  Isthmus:  der  Nucleus  reticularis  superior  der  Autoren,  sich  in  dieser 
Gegend  mit  ihrem  untern  Abschnitt  stark  der  lateralen  Schleife  genähert 
hat,  sodaß  man  den  Eindruck  erhält,  daß  sie  sich  unter  dem  Einfluß 
von  Reizen  (Kollateralen?)  der  lateralen  Schleife  oder  unter  Einfluß  darin 
liegender  Schaltzellen  in  dieser  Richtung  verlagert  haben. 


432 


DAS    OCTAVUSSYSTn:>r    DER    SATTJER. 


C-  auadr.iin  t. 

""Tr.  sp.et.  bulbo-tect 

13  rc 


Nach  seinem  weiteren  frontalen  \'erlanfe  endet  die  laterale  Schleife 
im  Mittelhirn  an  zwei  Ivernen,  dem  Corpus  qiuidrigeminum  jwsterim  (oder 
Corpus  postinuii  (.l''is'-  -""  A)  und  dem  Ciaaglion  geniculatum  mediale 
(Fig.   200  B). 

^"on  diesen  beiden  Kernen  muß  der  /.nletzt  genannte  m.  E.  als  das 
Homologon  des  Ganglion  Isthmi  der  niederen  Tiere  betrachtet  werden, 
während  der  Kern  des  Corpus  posticum  das  Homologon  des  Nucleus  late- 
ralis mesencephali  der  Vögel,  des  Cor[)Us  posticum  der  Reptilien,  des 
Torns  semi  circülaris  der  Fisclio  ist. 

Das  Corpus  posticum  ist  bei  den  Säugern  viel  stärker  entwickelt  als  bei 
den  Nichtsäugern  und  wölbt  sich  hinter  dem  optischen  Zweihügel  als  zwei 
Höcker  liervor,  wodurch  das  Mittelhirndach  dieser  Tiere  nun  als  ein  Vier- 
hügeldach 7A1  bezeichnen  ist. 

Bei  den  meisten  niedern  Manimaliern  sind  die  Corpora  quadrigemina 

posteriora  bedeutend 
kleiner  als  die  vordem 
Zweihügel  (bei  Marsu- 
pialiern,  Ungulaten  z. 
B.).  Bei  anderen  Tie- 
ren (Carnivora,  Ceta- 
cea)  sind  sie  jedoch 
eben  so  groß  (Fig. 
200  A)  oder  grölkr. 

Das    zweite    aku- 
stisclne    Ganglion    des 
a  .Mittclliirnes,   das  Cor- 
■^    E  pus  geniculatum    iiicdi- 
^.f-iff.  ,t  ah;     ist     dem    Gangl. 
Istlnni  gegenüber  viel 
weiter  nach  vorne  ge- 
lagert. Es  verhält  sich 
bei  den  Säugern  dem 
Corpus    posticum   ge- 
genüber Avie  das  Gang- 
lion geniculatum  late- 
rale zum  Corpus  anti- 
cum :    es  ist  der  Pro- 
jektionskern zum  Vor- 
derhirn  (Fig.   200  B). 
Man  sieht  denn  auch,  daI3  es  größer  wird  in  der  steigenden  Reihe  der 
Säugetiere,  je    nachdem  die  Rindenprojektion  des  Octavus  (auf  der  ersten 
Temporalwindung,  oder  dessen  Homologon)  sich  vergrößert. 

Schließlich  möchte  ich  noch  bemerken,  daß,  obschon  eine  Teilnahme 
der  Vestibularis-Kerne  an  dem  Aufbau  der  lateralen  Schleife  bis  jetzt  bei 


.m 


l  f,  lemn   pe 

Fig.  200  B.    Schnitt  diirrli  den  Hiinstainin  des  Men?r,hen 
auf  dem  Niveau  des  Ganglion  "eniculatinn   mediale. 


DAS    Of'TAVrSSYSTEM    DFR    SÄUGEK.  4"') 

den  Säugern  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  ist,  wir  keinen  genügenden 
Grund  liuben,  anzunehmen,  daß  nur  die  Gehörreize  sich  auf  dem  Mittel- 
hirn projizieren. 

Die  ganze  Phylogenese  des  Octavus-Systemes  weist  darauf  hin,  daß 
zwischen  den  Endorganen,  den  peripheren  Nerven  und  zentralen  Endstellen 
des  Vestibularis  und  des  Cochlearis  eine  größere  Verwandtschaft  besteht  als 
bis  jetzt  im  allgemeinen  realisiert  wurde.  Daß  auch  der  Projektionsweg 
zum  Mittelhirn,  (dessen  mediale  Geniculatum-Verbindung  ein  Zweig  ist), 
ein  sehr  altes  System  ist,  wurde  in  diesem  Kapitel  öfters  betont.  Fanden 
wir  ihn  doch  bereits  bei  Haien  und  Knochenfischen  in  starker  Ausbildung. 

Mögen  dort  auch  die  Kerne  der  Lateralnerven  viel  zu  seinem  x\ufbau 
beitragen,  aucli  beim  Frosche,  wo  diese  Nerven  fehlen  und  die  Gehörs- 
fasern in  dem  N.  Octavus  nur  äußerst  spärlich  sind,  ist  die  laterale 
Schleife  zu  groß,  um  ihre  Ausbildung  nur  auf  die  Gehörskerne  bezielien 
zu  können. 

Schließlich  möchte  ich  darauf  hinweisen,  daß  auch  die  Physiologie 
rhythmischer  Bewegungen  eine  funktionelle  Verwandtschaft  zwischen 
Cochlea  und  Vestibuluni  wahrscheinlich  macht. 

In  dieser  Hinsicht  möchte  icii  eine  interessante  Wahrnemung  von 
HoRNBOSTELS  1)  Über  melodischen  Tanz  erwähnen,  worin  betont  wird, 
daß  nicht  nur  die  zeitliche  Entfernung,  sondern  auch  der  Stärkegrad  der 
Bewegungsimpulse  dem  Akzente  der  Musik  entspricht  und  auch  die  Melo- 
diebewegung Bewegungsimpulse  und  Bewegungsvorstellungen  auszulösen 
vermag,  so  daß  die  Richtung  der  Körperbewegung,  welche  von  einer 
Melodie  ausgelöst  wird,  stets  zusammenfällt  mit  der  Bewegungsrichtung 
der  Melodie:  bei  steigender  Melodie  haben  wird  die  Tendenz,  Kopf,  Arm, 
Bein  und  Thorax  zu  heben,  bei  fallender  Melodie  die  Gliedmaßen  sinken 
zu  lassen  und  auszuatmen.  Die  melodische  Körperbewegung  ist  el^enso  der 
adäquate  Ausdruck  der  musikalischen  Bewegung,  wie  die  Melodiebewegung 
einen  realen  Bewegungsvorgang  auszudrücken  vermag. 

Auch  die  Erfahrungen,  die  das  Studium  des  Tanzes,  der  Marschmu.sik 
etc.  uns  gibt,  alles  weist  darauf  hin,  daß  zwischen  Vestibularis  und  Coch- 
learis, jedenfalls  insofern  eine  Verwandtschaft  besteht,  als  beide  Einfluß 
ausüben  auf  Muskelspannung. 

Interessant  ist  auch  die  Theorie  der  Rumpfstände,  aufgestellt  von 
RuTz,  später  aufgenommen  und  vertieft  von  Sievers.  Diese  lehrt,  das  beim 
Hören  von  Musik,  Gedichten  und  Prosa,  je  nach  dem  Temperament  und 
der  Art  des  Verfassers,  ein  anderer  Stand  des  Rumpfes  angenommen  wird, 
durch  jedemal  andere  Muskelspannungen. 

Der   Raum   verbietete   mir,   hier  tiefer  in  diese  Materie  einzudringen. 


')    Zeitschrift  der  internationalen   Musiltgesellschaft,    Jahrgang  V.    Heft  12,    S.  482 
bis  488  und  briefliche  Mitteilung  des  Verfassers. 

IvArPKHS.  28 


434  ÜBERBLICK  ÜBER  DEN  BAU  UND  DIE  VERBINDUNGEN 


Überblick  über  den  Bau  und  die  Verbindungen  der  Octavus- 
und  Lateralorgane. 

Während  bei  der  Umbildung  der  vorderen  Dorsalnerven  von  Am- 
phioxus  zu  Oblongatanerven  die  Hinterwurzeln  (mit  Ausnahme  des  Trige- 
minus)  eine  Reduktion  der  Hautfasern  aufweisen,  finden  wir  anstatt 
dessen  bei  den  Kranioten  eine  große  Zahl  von  modifizierten  Hinterwurzel- 
fasern sich  ausbilden  im  Anschluß  an  besondere  Sinnesorgane,  diejenigen 
der  N.  N.  laterales  und  des  N.  Octavus. 

Gerade  wie  die  eigentlichen  Branchialnerven  verstärkt  werden  durch 
ektodermale  Zusätze  (Epibranchialplakoden,  oder  Kiemenspaltorgane)  ist 
dies  auch  der  Fall  bei  den  Sinnesnerven  obengenannter  Organe,  wie  sich 
durch  die  Entwicklung  von  Lateral-  und  Lab_yrinthplakoden  zeigt. 

Schon  das  Auftreten  derartiger  Zusätze  zu  jenen  sensiblen  Nerven 
ist  ein  Hinweis  auf  die  zusammengesetztere  Natur  jener  Bildungen 
und  ihre  speziellen  Funktionen,  —  in  diesem  Falle  die  Perzeption  von 
Schwingungsverhältnissen  umgebender  Medien,  welciie  bei  Amphioxus  noch 
von  einfachen  Siilnesnervenzellen,  hier  aber  durch  eine  Kombination  von 
Sinnesepithel  und  Nerven  übermittelt  werden. 

Obschon  die  Wahrnemungen,  welche  von  den  Seitennerven  und  vom 
Nervus  octavus  übermittelt  werden,  nicht  dieselben  sind,  und  wir  sogar 
in  dem  letztgenannten  Nerven  bei  den  höheren  Tieren  (vielleicht  schon 
bei  den  niederen)  zweierlei  Art  von  Perzeptionen  unterscheiden  müssen, 
die  rein  protopathischen  (vitalen)  Perzeptionen  des  Gleichgewichtes  und 
die  mehr  epikritischen  (gnostischen)  Perzeptionen  des  Gehörs,  stimmen 
doch  alle  drei  darin  überein,  daß  sie  Vibrationsrezeptoren,  sind,  weil  sie 
Schwingungen  der  umgebenden  Medien  direkt  oder  indirekt  (durch  eine 
Membran)  perzipieren. 

Auch  anatomisch  weisen  ihre  Endorgane  eine  große  Verwandtschaft 
auf,  indem  bei  allen  dreien  ein  perzipierendes  Epithel  vorkommt,  welches  aus 
birnförmigen  Sinneszellen  besteht,  die  bedeutend  kürzer  als  die  umgeben- 
den Stützzellen  und  mit  einem  langen  Haar  versehen  sind. 

Schließlich  findet  sich  insofern  eine  Übereinstimmung,  als  die  End- 
organe in  dem  primitivsten  Zustand  ihrer  Entwicklung  mit  der  Außen- 
welt (dem  Wasser)  eine  ofiene  Kommunikation  haben,  welche  sich  bei 
weiterer  Ausbildung  schließt. 

Auch  zentral  ist  die  Verwandtschaft  dieser  Vibrations-Rezeptoren  deut- 
lich ausgeisrägt  Alle  drei  haben  ihre  Zentren  in  dem  dorso-lateralen, 
somato-sensiblen  Areal  der  Oblongata,  entsprechend  ihrer  Herkunft  von 
und  Verwandtschaft  mit  Hautfasern. 

Von  diesen  drei  Rezeptoren  sind  diejenigen  der  Lateralorgane  nur  bei 
wasserlebenden  Tieren  vorhanden,  die  der  Cochlea  hauptsächlich  bei  luft- 
lebenden  Tieren,    obschon    wir   wahrscheinlich  annehmen  dürfen,  ^laß  der 


DER  OCTAVUS-  VSTi    LATERALORG ANK.  435 

Saccnlus  (und  die  Papilla  Lageiiae?)  der  Fische  bereits  für  Geräusche  empfind- 
lich  ist.   Nur   der  Vestibularapparat   ist   bei   allen  Vertebraten   vorhanden. 

Bei  den  kieraenatmenden  Vertebraten :  den  Fischen,  den  perennibran- 
chiaten  Amphibien  (während  ihrer  aquatilen  Periode),  sowie  bei  den  caduci- 
bi'anchiaten  Amphibien  (während  der  larvalen  Periode)  findet  man  auf 
der  Körperseite  und  am  Kopfe  die  Lateralorgane  (Kanalorgane,  Lorinzinische 
Ampullen  und  bei  den  Torpidineen  die  SAVischen  Bläschen),  welche  longi- 
tudinale  sinussoide  Schwingungen  der  umgebenden  Flüssigkeit  perzipieren, 
deren  Schwingungsfrequenz  sehr  gering  ist  (6  pro  Sekunde)  und  unterhalb 
der  Frequenz  der  akustischen  Schwingungen  (10 — 20.000  pro  Sekunde) 
liegt.  Sie  dienen  zur  Orientierung  beim  Schwimmen  (S.  368). 

Diese  Perzeption  ist  in  dem  dorsalsten  Abschnitt  der  Oblongata  loka- 
lisiert, der  mit  einer  Fortsetzung  der  Molekularschicht  des  Kleinhirns 
(Crista  molecularis)  bedeckt  ist,  was  wohl  beweist,  wie  eng  die  Funktion 
der  Lateralorgane  mit  der  Funktion  des  Kleinhirns  verbunden  ist. 

Die  zentrale  Endigung  der  Lateralisfasern  ist  überwiegend  gleichseitig 
und  findet  derartig  statt,  daß  die  Fasern  des  N.  lateralis  anterior,  sowohl 
in  der  Oblongata  aufsteigen  als  absteigen,  während  diejenigen  des  Lateralis 
posterior  überwiegend  bis  zum  Niveau  des  Lateralis  anterior-Eintrittes 
aufsteigen  und  nur  ein  kleines  absteigendes  Wurzelbündel  aufweisen. 

Die  Fasern  des  Nervus  lateralis  anterior,  (welche  die  Kopfkanäle  und 
eventuell  die  Lorenzinischen  Ampullen  und  SAvischeri  Bläschen)  inner- 
vieren, enden  teilweise  (R.  superior)  in  dem  dorsalsten  Abschnitt  der  Oblon- 
gata —  Dorsalkern  oder  Lobus  lateralis  anterior  — ,  teilweise  (R.  inferior) 
in  einem  unterhalb  desselben  gelegenen  Gebiet,  das  als  Mediankern  oder 
als  Lobus  lateralis  posterior  bezeichnet  wird,  weil  darin  auch  die  Haupt- 
masse der  Fasern  des  N.  lateralis  posterior  (Körperseitenlinie)  endet. 

Letztgenannter  Kern  ist  also  als  Korrelationskern  der  beiden  N.  N. 
laterales  zu  betrachten. 

Außerdem  steigen  Fasern  dieser  Nerven  bis  zur  Ansatzstelle  des  Auri- 
culus  (primitiver  Flocculus)  Oerebelli  empor. 

Die    Endigung    der    Fasern    findet   sowohl  statt  um  Körnerzellen,  das 
innere  Grau  jener  Kerne,    als  an  größeren  Zellen,  deren  Dendriten  in  die' 
Crista  molecularis  hineinziehen. 

Die  Ausdehnung  jener  Crista,  auch  wohl  als  Crista  cerebellaris  bezeich- 
net, auf  der  Oblongata,  hängt  denn  auch  offenbar  zusammen  mit  der 
Verästelung  jener  Nerven,  weil  sie  bei  jenen  Tieren,  wo  die  Lateral- 
nerven fehlen  (schwanzlosen  Amphibien)  nicht  mehr  auf  der  Oblongata 
anwesend  sind. 

Bei  den  Knochenfischen,  läßt  sich  außerdem  ein  Bündel  von  ganz 
groben  Lateralis-anterior  Fasern  verfolgen  zu  dem  Tangential-Kern  und 
der  Mauthnerschen  Zelle,  welche  sonst  überwiegend  Vestibularisreize 
aufnehmen. 

Als  sekundäre  Verbindungen  sind,  außer  den  Axoncn    des   genannten 


& 


436  ÜBERBLICK    ÜEKR    DKX    BAU    t'ND    DIE    VERBINDtTNGE\ 

Kernes  und  der  Mauthnerschen  Zelle,  welche  gemeinschaftliche  aborale 
Bahnen  darstellen  (common  final  path),  Bogenfasern  zu  erwähnen,  die  teil- 
weise Reflexfasern  des  dorsalen  Oblongataabschnittes  bilden,  teilweise  als 
laterale  Schleife  aufsteigen  und  im  Tegmenium,  teilweise  (bei  den  Plagio- 
stomen)  auch  in  dem  Tectum  des  Mittelhirnes  enden. 

Dieses  Mittelhirngebiet  ist  wesentlich  als  em  Korrelationsgebiet  von 
vitalen  statischen  und  vitalen  optischen  Reizen  zu  betrachten. 

Der  große  Einfluß  der  Lateralnerven  auf  die  Ausbildung  jener 
Schleife  bei  den  Fischen  geht  daraus  hervor,  daß  bei  den  Tieren,  welche 
große  Lateralnerven  haben,  diese  Schleife  und  deren  Endgebiete  und 
ihre  Nebenkerne  (\'alvula  Cerebelli)  hypertrophieren  (Mormyrus). 

Bei  den  Fischen  und  wasserlebenden  Amphibien  besteht  aber  eine 
große  Verwandtschaft  zwischen  der  Endigung  der  Lateralnerven  und  der- 
jenigen des  Nervus  Vestibularis. 


Der  Nervals  Oetavus  weist  bereits  bei  den  niedern  Vertebraten  zwei 
Äste  auf:  einen  vordem  Ast  oder  Ramus  anterior  und  einen  hintern  Ast 
oder  Bamus  posterior. 

Der  Ramus  anterior  —  ursprünglich  der  ventralste  bei  seinem  Eintritt 
in  die  Oblongata  —  führt  in  den  meisten  Fällen  die  Fasern  der  Ampulla 
anterior,  Ampulla  externa  und  des  Utriculus. 

Der  Ramus  posterior  —  ursprünglich  derjenige,  welcher  am  dorsalsten 
eintritt  — ■  führt  bei  den  Fischen  die  Fasern  der  Ampulla  posterior,  der 
Crista  neglecta,  des  Sacculus  und  der  Papilla  Lagenae. 

Der  Sacculus  kann  aucli  ganz  oder  teilweise  von  R.  anterior  innerviert 
werden. 

Ln  Anschluß  an  die  Lagena  entwickelt  sich  bei  den  Amphibien  die 
Papilla  basilaris,  welche  der  Anfang  der  Cochlea  ist.  Letztere  wird  bei 
den  höheren  Tieren  so  groß,  daß  weitaus  die  Mehrheit  der  Fasern  des  Ramus 
posterior  dort  von  Cochlearisfasern  gebildet  wird. 

Man  nennt  die  ganze  Hinter wurzel  bei  den  Säugern  manchmal  „Radix 
cochlearis"  und  vergißt  dabei  oft,  daß  sie  auch  Fasern  des  Sacculus  und 
der  Ampulla  posterior  führt  und,  mindestens  durch  die  letztgenannten, 
auch  vestibuläre  Funktionen  leitet. 

Interessant,  in  Hinsicht  auf  die  Phylogenese  der  VIII- Verbindungen, 
ist  auch  der  Nachweis,  daß  bei  den  Säugern  sich  ein  Astchen  vom  Sacculus- 
ganglion  dem  peripheren  V^erlaufe  des  Cochlearis  beimischt. 

Wir  werden  indessen  sehen,  daß  die  nicht  eochleären  Bestandteile 
der  Radix  posterior,  schon  von  den  Amphibien  an,  wesentlich  den  vesti- 
bulären Zentren  zufließen. 

Von  den  zentralen  Verbindungen  der  Radix  anterior  und  des  R. 
posterior  zeigen  sich  diejenigen  der  Radix  anterior  als  die  konstantesten, 
während    diejenigen    des    Radix    posterior    in    Übereinstimmung    mit    der 


DER    OCTAVUS-    UND    LATERALORGANE.  437 

Entwicklung    der    Cochlea    am    meisten    in    der    Phylogenese    verändern. 

Die  eigentlichen  vestibulären  Verbindungen  sind  im  Prinzip  bei  allen 
Vertebraten  einander  ziemlich  ähnlich:  die  Mehrheit  dichotoraiert. 

Die  aufsteiji enden  Fasern  reichen  bei  allen  Tieren  bis  zur  Kleinhirn- 
basis und  deren  Dachkern.  In  diesem  aufsteigenden  V'esiibularisbündel  sind 
der  Nucl.  vestibulo-cerebellosus  (Vögel)  und  der  BECHTEEEWsche  Kern 
(Säuger)  die  wichtigsten  Kerne. 

Die  absteigenden  Fasern  ziehen  bis  ins  Rückenmark  (Amphibien)  oder 
bis  zum  Übergangsgebiet  zwischen  Oblongata  und  Rückenmark,  wo  sie 
den  Bahnen  nahe  kommen,  welche  die  Statik  des  Körpers  beherrschen, 
was  namentlich  bei  den  Säugern  seinen  Ausdruck  findet  in  der  Entwick- 
lung des  MoNAKowschen  Kernes  im  Anschluß  an  den  BuRDACHschen  Kern. 

Meh'r  örtliche  Endigungen  des  Nerven  werden  von  dem  DEiTERskern 
dargestellt,  dessen  Homologon  bei  allen  Vertebraten  vorhanden  ist  und 
von  großen  retikulären  Elementen  gebildet  wird,  die  sich  bei  höhern  Ver- 
tebraten mehr  und  mehr  zu  einem  einheitlichen  Kern  sammeln,  wovon 
bei  den  Reptilien  eigentlich  bloß  der  frontale  Abschnitt  besteht,  dem  sich 
aber  bei  Säugeria  kaudal  eine  große  Anzahl  Zellen  anfügen. 

Der  DEiTERskern  darf  aber  nicht  als  ein  spezifischer  Vestibulariskern 
betrachtet  werden,  weil  er  auch  viele  zerebellofugale  Fasern  und  Kollate- 
ralen des  Tr.  spino-cerebellaris  dorsalis  aufnimmt  und  seine  Axonen  also 
korrelierte  Reize  des  Rückenmarks  (und  der  Augenmuskelkerne)  über- 
mitteln (final  common  path). 

Dasselbe  gilt  für  die  Verbindungen  der  MAUTHNERschen  Zelle  bei 
den  Fischen,  wovon  auch  noch  bei  den  geschwänzten  Amphibien  ein 
Homologon  sich  vorfindet.  Diese  Zelle  überträgt  Vestibularis-,  Lateralis- 
und-Trigeminus  Reflexe  zu  den  Kernen  der  Schwanzmuskulatur. 

Weiter  findet  sich  bei  den  Fischen,  Reptilien  und  Vögeln  noch  der 
Tangentialkern  Cajals,  welcher  ebenfalls  hauptsächlich  aborale  Reflexe  leitet. 

Der  Nacl.  principalis  oder  triangularis  Vestibuli  ist  aber  nur  mit  Sicher- 
heit bei  den  Säugern  nachgewiesen  und  dient  vielleicht  (nur?)  für  feinere 
Augenmuskel-Koordinationen,  während  er  vielleicht  auch  aufsteigende 
Fasern  zum  Zerebellum  schickt. 

Bei  Säugern  ziehen  auch  Fasern  in  das  Corpus  trapezoides  hinein. 

Die  Veränderungen,  welche  die  zentralen  ^'erbindungen  der  Badi.r 
posterior  erleiden,  sind  natürlich  viel  größer  und  gehen  der  Entwicklung 
der  Cochlea  parallel.  Da  dieselbe  am  engsten  mit  der  Lagena  i)  der  Fische 
verwandt  ist,  ist  es  wichtig,  daß  wir  die    Endigung   der   Lagenafasern   bei 


')  Eine  einfache  Ausdehnung  der  Lagena  ist  die  Cochlea  aber  niciit,  ilonn  die  Lagena, 
welche  bis  zu  den  niedersten  Säugern  neben  der  Cochlea  bestehen  bleibt,  führt  einen 
Otolith.  Bei  Vögeln  kann  man  aber  sehen,  daß  die  Membrana  tectoria  eine  Fortsetzung 
der  Lagena-otolith  ist. 


438  ÜKEKIUJCK  ÜBER  DEN  BAU  UND  DIE  VERBINDUNGEN 

diesen  Tieren  kennen  und  wissen,  daß  dieselben  in  dem  dorsalsten  Abschnitt 
der  Oblongata  stattfindet. 

Bei  den  AmjyJiibien  schon,  wo  sich  auch  bereits  eine  wirkliche  Papilla 
basilaris  Cochleae  findet,  ist  in  diesem  dorsalsten  Abschnitt  der  Oblongata 
ein  Kern  nachweisbar,  welcher  die  dorsalsten  Fasern  der  R.  posterior 
aufnimmt,  und,  zweifellos  als  Cochleariskern  betrachtet  werden  darf:  der 
Nucleus  magno-cellularis  Cochleae,  welcher  auf  einem  ziemlich  kaudalen  Niveau 
liegt.  Ob  ein  zweiter  Cochleariskern  bereits  bei  den  Amphibien  auftritt, 
ist  fraglich;  jedenfalls  ist  dies  nicht  mit  Sicherheit  konstatiert. 

Als  sekundärer  Kern  des  akustischen  Systemes  ist  hier  die  „Oliva 
superior"  zu  bezeichnen,  deren  genaue  Verbindungen  noch  weiterer  Unter- 
suchung bedürfen. 

Die  übrigen  Fasern  des  R.  posterior  der  Amphibien  sind  vestibulärer 
Natur.  Sie  ziehen  an  dem  magnozellulären  Kern  vorüber  und  enden  in 
ventraleren  Ebenen,  wo  auch  die  Fasern  des  R.  anterior  enden. 

Bei  den  Reptilien  sind  in  den  kochleären  Fasern  der  R.  posterior  bereits 
zwei  Kerne  und  Fasersysteme  erkennbar. 

Das  hintere  System  zieht  dort  ebenfalls  zu  dem  Nucl.  magnocellularis, 
der  hier,  namentlich  bei  den  Krokodilien,  bereits  viel  größer  geworden 
ist  als  bei  den  Amphibien,  und,  wie  dort,  ganz  dorsal  liegt. 

Ein  nach  vorne  abzweigender  Faserzug  zieht  jedoch  zu  einem  Kern, 
welcher  auf  einem  viel  frontaleren  Niveau  liegt,  etwa  hinter  der  Stelle,  wo 
das  Zerebellum  aus  der  Oblongata  hervorgeht  und  der  als  Eckkern  be- 
zeichnet ist. 

Dieser  —  ebenfalls  akustische  —  Kern  ist  kleiner  und  besteht  auch  aus 
kleinern,  spindelförmigen  Zellen. 

Vereinzelte  Cochlearisfaserii  stehen  schließlich  in  Verbindung  mit  dem 
Deiters-Kern,  sonst  wesentlich  ein  Vestibularer-Endkern. 

Angesichts  des  schon  bei  den  Amphibien  wahrgenommenen  Verhaltens 
ist  es  nicht  befremdend,  daß  die  nicht  kochleären  Bestandteile  des 
R.  posterior  (die  Fasern  des  Sacculus  und  der  AmpuUa  posterior)  auch  bei 
den  Reptilien  an  dem  magnozellulären  Kern  vorüberziehen,  obschon  viel- 
leicht ein  Teil  derselben  (siehe  Vögel,  sacculäre  Fasern?)  in  dem  magno- 
zellulären Kern  endet. 

Als  sekundäre  und  tertiäre  akustische  Kerne  der  Oblongata  sind  bei 
den    Reptilien    der    Nucleus    laminaris  und  die  Oliva  superior  zu  nennen. 

Der  erstgenannte  Kern  liegt  dorsal,  vor  und  etwas  medial  von  dem 
magnozellulären  Kern  und  dehnt  sich  weit  nach  vorn  aus. 

Die  Oliva  superior  liegt  teilweise  dorsal,  teilweise  ventral  in  der 
Oblongata  und  ist  in  der,  hier  teilweise  aus  den  Nuclei  magno-cellularis 
und  angularis,  teilweise  aus  dem  Nucleus  laminaris  i)  stammenden  Balin 
zum  Mittelhirn  (lateralen  Schleife)  eingeschaltet. 


')     Wo  dieser  vorkommt,  d.  li.  bei  den  Eidechsen   und  Krokodilen. 


ri£R    OCTAVUS-    UXD    LATERALOKGANE.  439 

Bei  den  Vögeln  ist  das  Verhalten  der  Cochleariskerne  ähnlich  wie  bei 
den  üeptilien,  aber  viel  deutlicher  ausgeprägt. 

Die  Hauptmasse  der  Fasern  der  R.  posterior  endet  in  dem  dorsalen 
magno-zeUulären  Kern,  der  hier  wieder  größer  ist  als  bei  den  Reptilien. 

Der  vordere,  mehr  kleinzellige  Eckkern  ist  inzwischen  auch  gut  ent- 
wickelt, sehr  viel  deutlicher  als  bei  den  Reptilien,  und  liegt  an  derselben 
Stelle  wie  beim  Alligator,  medial  von  Corpus  restiforme. 

Die  Radix  posterior  enthält  jedoch  auch  hier,  neben  seinem  kochlearen 
Bestandteil,  Fasern  der  Ampulla  posterior  und  des  Sacculus. 

In  dem  magnozellulären  Kern  zieht  vielleicht  auch  ein  Teil  der  non- 
cochleären  Elemente  der  R.  posterior. 

Aus  beiden  Kernen  gehen  Schleifenfasern  hervor,  aus  dem  magno- 
zellulären Kern  außerdem  solche  zum  Kleinhirn. 

Der  sekundäre  Nucl.  laminaris  ist  ähnlich  aber  größer  als  beim  Alligator 
und  erhält  sekundäre,  gekreuzte  und  ungekreuzte  Fasern  der  beiden 
primären  Cochleariskerne,  während  er  solche  in  die  Schleife  schickt. 

Die  Oliva  superior  liegt  bei  den  Vögeln  noch  teilweise  dorsal,  größ- 
tenteils schon  ventraler,  in  der  lateralen  Schleife  eingeschaltet  und  dient 
oHenbar  für  bulbäre  Reflexe. 


Überblickt  man  schließlich  das  Verhalten  des  cochleären  Systemes 
der  Säuger,  und  vergleicht  man  es  mit  demjenigen  der  Vögel  und  Reptilien, 
dann  sehen  wir  viele  übereinstimmende  Punkte  und  einige  ganz  charak- 
teristische Differenzen. 

Die  Übereinstimmungen  liegen  in  der  Anwesenheit  von  zwei  Cochlearis- 
Endkernen,  den  sekundären  Bahnen,  welche  diese  Kerne  mit  Olive  und 
Nebenolive  (Nucl.  lamin.)  verbinden  und  dem  Aufsteigen  solcher  Bahnen 
zum  Mittelhirn. 

Eine  quantitative  Differenz,  die  mit  dem  größern  Umfang  der  Cochlea 
zusammenhängt,  liegt  in  der  Ausbildung  des  kleinen  Eckkerns  zu  dem 
viel  größeren  Kern  des  Tuherculum  acusticum  der  Säuger,  welcher  sich  über 
eine  viel  größere  Strecke  der  Oblongata  und  auch  seitlich  weiter  ausdehnt. 

Auffallend  ist  auch  die  Vergrößerung  und  namentlich  die  ventrale 
Verlagerung  des  ursprünglich  dorsal  gelegenen  magnozellulären  Kernes, 
hier  als  ventraler  Kern  bezeichnet. 

Eine  Zwischenstufe  zeigen  Echidna  und  Opossum,  wo  dieser  Kern, 
wie  auch  derjenige  des  Tuberculum  acusticum  noch  teilweise  wie  bei 
Submammaliern,  medial  vom  Corpus  restiforme  und  also  auch  mehr 
dorsal  liegt. 

Die  starke  ventrale  Verlagerung  des  Nucl.  magno-cellularis  bei  den 
höhern  Säugern  zu  einem  Nucl.  ventralis  ist  zweifellos  eine  Erscheinung 
der  Neurobiotaxis,  eine  Verlagerung  der  Zellen  in  der  Richtung  der  Reize, 
welche  durch  die  enorme  Vergrößerung  derCochlea  so  sehr  zugenommen  haben. 


440  ÜBKRHIJCK    ÜP.KR    DEN    BAU    UND    ME    VERBINDUNtiEN    U    S.    W. 

Sie  führt  zu  großen  Konsequenzen  für  die  Konstellation  der  übrigen 
Cochlearisbahnen,  indem  nun  auch  die  aus  diesem  Kern  hervorgehende 
gekreuzte  sekundäre  Bahn  (im  Gegensatz  zu  der  dorsalen  Kreuzung  aus  dem 
Tuberculum  acusticum)  ventral  zu  liegen  kommt  (Corpus  trapezoides),  ebenso 
wie  der  mit  dieser  sekundären  Bahn  in  Verbindung  stehende  Nyxi.  olivaris 
acc&ssorius  medialis,  welcher  dem  ursprünglich  dorsalen  Nucl.  laminaris 
der  Reptilien  und  Vögel  entsprechen  dürfte. 

Auch  die  in  diese  sekundäre  Faserung  eingeschaltete  Hauptolive  liegt 
liei  den  Säugern  in  ihrer  Totalität  ventral  und  ist  außerdem  viel  stärker 
entwickelt,  als  bei  den  niederen  Tieren. 

Diese  Verhältnisse  bei  den  Saugern  lassen  sich  schließich  alle  aus  der 
Vergrößerung  des  peripheren  akustischen  Apparates  erklären  und  aus  der 
dieser  entsprechenden  vermehrten  Reizzufuhr  zum  Nucl.  magnocellularis, 
welcher  sich  mit  allen  seinen  sekundären  Annexen  ventral  verlagert,  während 
der  kleine  Eckkern  der  Vögel  lateral  über  das  Ganglion  ventrale  auswächst 
und  beide  Kerne  sich  in  antero-kaudaler  Richtung  stark  vergrößern. 

Es  sei  noch  erwähnt,  daß  dies  sogar  einen  Einfluß  auf  die  Eintritts- 
höhe der  beiden  VIII  Wurzeln  hat. 

Während  bei  allen  Tieren  unter  den  Mammaliern  R.  anterior  und 
R.  ventralis  Synonym  waren,  ebenso  wie  R.  posterior  und  R.  dorsalis,  hat 
bei  den  Säugern  der  R.  posterior  oder  Cochlearis  einen  ventraleren 
Eintritt  als  der  R.  anterior  oder  vestibularis  erhalten. 

Dies  kommt  daher,  daß  durch  die  neurobiotaktische  Verschiebung 
des  magnozellulären  Cochlearis-Kernes,  dieser  in  die  Wurzel  hinein  ge- 
wachsen ist,  und  die  Vereinigungsstelle  von  R.  cochlearis  und  Oblongata 
daher  bedeutend  ventraler  gekommen  ist. 

Schließlich  sei  betont,  daß  auch  bei  den  Säugern  die  Radix  posterior, 
nicht  nur  als  Gehörsnerv  aufzufassen  ist,  weil  auch  dort  neben  dem  Ramus 
cochlearis  die  ältesten  Bestandteile  der  R.  posterior:  die  Aste  zur  Ampulla 
posterior  und  zum  Sacculus  —  noch  in  dieser  Wurzel  verlaufen  und  somit 
bei  deren  Eintritt  in  die  Medulla  oblongata  eine  Mischung  von  vestibulären 
und  kochleären  Fasern  darin  vorkommt,  welche  jedoch  sehr  wahrscheinlich 
in  dem  Bulbus  selber  getrennte  Wege  nehmen,  indem  die  nicht  coch- 
leären  Bestandteile  über  das  Corpus  restiforme  hin  zu  vestibulären 
Zentren  ziehen. 

Indessen  ist  es  wohl  wahrscheinlich,  daß  der  R.  Cochlearis  selber  auch 
Verbindungen  hat  mit  Zentren  (mit  einem  Teil  des  Deiterskernes),  die 
sonst  dem  Vestibularis  zukommen,  und  daß  Vestibularisfasern  sich  dem 
sonst  akustischen  Corpus  trapezoides  anschließen,  sodaß  die  genetische  Ver- 
wandtschaft, welche  zwischen  diesen  beiden  Nerven  besteht,  sich  auch 
bei  den  Säugern  zentral  nachweisen  läßt. 

Die  Verwandtschaft  zwischen  den  vestibulären  und  cochleären  Funk- 
tionen findet  auch  in  der  Pliysiologie  der  Gehörsfunktion  einen  Ausdruck, 
indem  die  Folgen   rbytmischer   (musikalischer)   Reize  auf  den  Bewegungs- 


niK    ^VICHTIGSTEN    GEHÖRSTHEORIEN.  441 

(Muskel-)Apparat,  wie  man  bei  Tanz-  und  Marschmusik  beobachtet,  sich 
dadurch  viel  besser  erklären  lassen. 

Die  wichtigsten  Gehörstheorien. 

Im  Anschluß  hieran  möchte  ich  von  den  Gehörstheorien  dasjenige 
mitteilen,  was  nötig  ist,  um  einzusehen,  daß  die  Rezeption  des  Klanges 
im  Prinzip  wie  die  in  den  vestibulären  Organen  vorgeht,  nämlich  durch  den 
Druck    einer  kutikulären  (in  Vestibulum  oft  verkalkten)  Deckmembran. 

Es  gibt  vier  Hörtheorien :  1.  die  Kesonanztheorie,  2.  die  Telephon- 
theorie, 3.  die  Klankbildertheorie  Ewalds  und  4.  die  Theorie  Göbels. 

I.  Die    Resonanztheorie     ist    die  älteste  und  hat  die  meisten  Anhänger. 
Wie   Hei.mholtz   sie    1863   aufstellte,    lautet   sie:    Der  Klang  wird  von 

den  Gehörsknöchelchen  in  das  häutige  Labyrinth  geleitet,  tritt  an  der 
Basis  in  die  Cochlea  ein,  die  Endolymphe  gerät  in  Schwingung,  und  wenn 
diese  geleitet  ist  bis  dort,  wo  die  Pfeilerzellen  auf  diesen  Ton  gestimmt 
sind,  nehmen  diese  die  Schwingungsenergie  über.  Die  auf  dieser  Höhe 
liegenden  Haarzellen  müssen  mit  vibrieren,  und  so  wird  der  Nerv  gereizt. 

Später  meinte  Hensen,  daß  die  Membrana  basilaris  aus  absonderlichen 
Saiten  bestünde,  deren  jede  mit  einem  bestimmten  Ton  mitvibrierte,  und 
änderte  Helmholtz  seine  Theorie  in  diesem  Sinne,  auch  schon  deshalb,  weil 
Vögel  und  Reptilien  keine  Pfeilerzellen  besitzen. 

In  neuer  Zeit  zeigte  Shambaugh  jedoch,  daß  die  untere  Windung  der 
Cochlea  oft  keine  Membrana  basilaris  hat  und  in  andren  Fällen  eine,  die 
zu  steif  ist,  um  vibrieren  zu  können. 

Weiter  fand  Hardesty,  daß  die  Membrana  basilaris  nicht  aus  abson- 
derlichen Saiten  besteht.  Auch  liegt  sie  nicht  frei,  ist  durch  mehrere  Zel- 
lagen  und  das  Vas  Spirale  ungleich  beschwert. 

Darum  betrachtet  man  jetzt  meistens  die  Membrana  tectoria,  welche  ein 
Analogen  der  Otolithen  i)  ist,  als  tonanalysierendes  Organ,  wobei  der  Cortische 
Apparat,  der  mit  dieser  Membran  in  Größe  zunimmt,  als  Dämpfer  wirken  soll. 

II.  Die  Tclephontheorie,  auch  schon  ziemlich  alt,  meint,  daß  bei  jeder 
Schwingung  die  ganze  Membran  (durch  die  ganze  Cochlea)  in  Vibration 
gelangt,  aber  je  nach  der  Tonhöhe  mit  verschiedener  Frequenz.  Die  älteren 
Autoren  dachten  dabei  wieder  an  die  Membrana  basilaris. 

Hardesty  aber  wendete  diese  Theorie  auf  die  Membrana  tectoria  an. 

Die  höheren  Töne,  welche  weniger  Energie  haben  als  die  niedi'igen, 
können  nur  den  basalen  Teil  der  Membran  in  Schwingung  versetzen.  (Also 
doch  eine  gewisse  Lokalisa^tion).  —  Die  Resonanztheorie  hat  sich  in  späterer 
Zeit  der  Telephontheorie  in  dem  Sinne  genähert,  daß  sie  behauptet,  daß 
jeder  Ton  einen  größeren  Teil  der  Membrana  tectoria  in  Anspruch  nimmt, 
dessen  Mitte  aber  bei  jeden  Ton  eine  andere  Lage  einnimmt. 

III.  Ganz    anders   ist   die   Theorie    Ewalds,    welche    von    den   Klang- 

I)  Vergl.  die  FulJnote  auf  S.  437. 


442  DIE    WICHTIGSTEN    GEHÖRSTHEORIEN. 

figuren,  von  Chladni  endtdeckt,  ausgehend,  meint  daß  jeder  Ton  eine 
andere  leichte  Rumpfung  der  ganzen  Membran  zur  Folge  habe,  und  so  dadurch 
jedesmal  andere  Haarzellen  gereizt  würden. 

Ewald  faßt  dabei  wieder  die  Membrana  basilaris  ins  Auge,  Held 
dagegen  meint,  daß  die  Membrana  tectoria  diese  Funktion  habe. 

Ein  Argument  gegen  diese  Meinung  ist,  daß  letztgenannte  Membran 
nicht  zwischen  zwei  festen  Punkten  ausgebreitet  ist,  und  auch  nicht  überall 
gleich  dick  ist,  wie  für  Chladnis  Klangfiguren  postuliert  wird. 

Experimente  der  letzten  Jahre  sind  sowohl  für  die  Resonanz  als  für 
die  Klangbilden-theorie  als  Beweise  angeführt. 

Indessen  hat  AVittmaack  bewiesen,  daß  ein  bestimmter  Ton  einen  be- 
stimmten Teil  der  Cochlea  vernichtet  und  Yosjii,  der  mit  verschiedenen 
Schwingungszahlen  arbeitete,  bestätigte  dies,  indem  er  fand,  daß  die  höchsten 
Töne  die  unteren,  engen  Windungen  antasten,  die  niedrigen  Töne  dagegen 
die  oberen,  geräumigeren  Windungen. 

[Man  muss  nämlich  wohl  bedenken,  daß  die  häutige  Schnecke,  im 
Gegensatz  zu  der  knöchernen,  in  der    Richting  der  Spitze  größer  wird.] 

Auch  Ewald  nimmt  jetzt  eine  gewisse  Lokalisation  an,  und  so  sieht 
man  die  verschiedenen  Theorien  sich  einander  nähern  i). 

Es  ist  am  wahrscheinlichsten,  daß  sowohl  der  Ort  der  Rezeption,  als  die 
Frequenz  der  Vibration,  beide  bei  der  Tonanalyse  wirksam  sind,  i) 

IV.  Es  sei  noch  ern-ähnt,  daß  Goebel  iu  seinen  nicht  sehr  deutlichen 
Artikeln  einen  besonderen  Standpunkt  einnimmt. 

Er  meint,  daß  nicht  Schwingungen,  sondern  nur  Luftüberdruek  iu  dem  Labyrinth 
wirksam  ssi,  daß  durch  diesen  Überdruck,  dessen  Intensität  je  nacli  der  Tonhöhe  sich 
ändert,  die  Lamina  ossea,  woran  die  Membrana  tectoria  befestigt  ist,  und  die 
Membrana  basilaris,  nicht  gleich  weit  durehbeugen,  und  demzufolge  an  einem 
bestimmten  Ort  kontakt  zwischen  Membrana  tectoria  und  Haarzellen  zu  stände  komme. 

ScHEPMAN  bringt  gegen  diese  Theorie  ein,  daß  es  nicht  bewiesen  sei,  daß 
ein  Ton  im   Labyrinth  nicht  als  Schwingung,  sondern  als   Überdruck  anlange. 

Ich  möchte  schließlich  auch  hier  nochmals  sagen,  daß  wahrscheinlich 
nicht  nur  die  Cochlea,  sondern  —  wenigstens  bei  Fischen  —  auch  der  Sacculus 
einen  Hörapparat  (für  Geräusche  ohne  Tonanalyse)  darstellt  (Hensen). 

Mir  scheinen  die  ^'ersuche  Farkers  mit  Cynosciou  regalis,  einem  Fische, 
der  auf  Gehörseindrucke  reagiert,  in  dieser  Hinsicht  beweisend. 

Bei  jenem  Tiere  fehlt  der  Kanal  zwischen  Utricucus  und  Sacculus. 
Wird  nun  der  ütriculus  vernichtet,  dann  zeigt  das  Tier  Bewegungsstö- 
rungen, doch  werden  Gehörsreaktionen  ausgeführt,  welche  aber  wegbleiben, 
wenn  den  Sacculus  vernichtet  wird.  • 

Weil  hier  eine  Cochlea  fehlt,  ist  dies  —  ebenso  wie  der  bereits  erwähnte 
Versuch  Pipers  (S.  392)  —  beweisend  für  die  Gehörsfunktion  des  Sacculus. 


')    Abweichende    —   nui-  vorläufige  —  Resultate  fand  GruiNUERG  bei  den  Vögeln. 
Die   physischen  Verhältnisse  sind  in  dieser  Klasse  aber  nicht  mit  denen  den  Säuger 
zu  vergleichen. 


LITERATUK    ZT'M    VIERTEN    KAPITEL.  443 


LITERATUR  ZUM  VIERTEN  KAPITEL. 


Allgemeines. 

Benjamins.    Beitrag    zur    Kenntnis    des    häutigen    Labyrinthes.    Ueber    eine   vierte 

Crista  acustica.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.,   Bnd.   68,   1913. 
Geöenb.vue.   Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere.  Bnd.   1,   Leipzig  1888  (aus- 
führliche Angabe  der  Literatur  über  die  peripheren  Organe  bis  zu  1898). 
Grat.  The  Labyrinth  of  Animals.  Churchill,   London,   1907. 
Gkay.   Au  investigation  ou  the  anatomical  structive  and  relation  of  the  Labyrinth 

in  the  reptile,  the  bird  and  the  mammal,  Proc.  Roy.  Soe.  Vol.  B.   80,   1908. 
Helmholtz.    Die    Lehre  von  den  Tonempfindungen  als  physiol.    Grundlage  für  die 

Theorie  der  Musik,   1863   und   1896. 
Hofer.   Ueber  die  Hautsinuesorgane  der  Fische.  Berichte  der  Bayr.  Biol.  Versuchs- 
station, München,   Bnd.   I,    1907. 
JoiiNSTON.  The  nervous  System  of  vertebrates.  P.  Blakistou  Sou  &  Co.  Philadelphia  1906. 
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Parker.    Hearing    and    allied  senses   in  fishes.   U.  S.  Fish  commission  bulletin  for 

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Pauker.  The  function  of  the  lateral   line  organs  in  fishes.   Bulletin  of  the  Bureau 

of  fisheries  for   1904  Vol.   24   Washington  1905. 
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Bureau  of  fisheries  Vol.   28   1908.   Washington   1910. 
Parkeh.    Sound    as    a    direetiug    influeuce   in  the  movements  of  fishes.  Bulletin  of 

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.lourn.  of  Anat.   Vol.   7,   1907. 
ScHEPMAN.    De    Octavo-laterale   zintuigen  en   hun   verbindingen   in  de   hersenen  der 

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Schallein  Wirkung.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bnd.   58,   1909. 


444  LITERATUR    ZUM    A'IERTEX    KAPITEL. 

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Ayers  and  Worthinötox.  The  tiner  Anatomy  of  the  Brain  of  Bdellostoma  Dom- 
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Teetjakoff.  Die  peripherische  und  zentrale  Endigung  des  Gehörsnerven  bei  Ammo- 
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Tretjakoff.  Das  Nervensystem  v.  Ammocoetes  Teil  II,  Das  Gehirn.  Arch.  f.  mikr. 
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Plagiostomen. 

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AriSns  Kappeus.  The  structure  of  the  Teleostean  and  Selachian    Brain.   Joiirn.    of 

Comp.  Neurology.  Vol.   IG,   1906. 
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of  Comp.  Neurology.   Vol,  XI,   1901. 
Klinkuakdt.     Beiträge     zur     Entwicklungsgeschichte    der    Kopfganglien    und    der 

Sinneslinien    der    Selachier.    Jenaische    Zeitschr.    für  Naturw.   Bnd.  40,   1905. 
ScHEPMAN.  De  octavo-laterale  zintuigen  an  hun  verbindingeu    in    de    hersenen    der 

vertebraten.  Dissertatie,   Amsterdam,   1918, 
Sterzi.  II  sistema  uervoso  centrale,  Selaci,  Draghi,   Padova,   1909  und   1912. 
Wallenbeku.    Beiträge    zur    Kenntnis    des    Gehirns    der    Teleostier    und  Selachier. 

Anat.  Anzeiger.   Bnd.   31,   1907. 

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Allis.  Anatomy  and  development  of  the  lateral  line  system  in  Amia  Calva.  Journ. 

of  Morphology  Vol.  II,   1889. 
Abiens  Kappers.  The  structure  of  the  Teleostean  and  Selachian    Brain    Journ.    of 

Comp.   Neur.   Vol.   16.   1906. 
Ariens    Kappees.    Das    Gehirn  des  Knocheugandiden  Amia  calva  und  Lepidostens 

osseus.  Abhandl.  der  Senck.  Naturf.   Geselschaft.   1907. 
Bartelmez.  Mauthner's  cell  and  nucleus  motorius  tegmenti.  Journ.  of  Comp.  Neur. 

Vol.   25,   1915. 
Beccaei.   Eieerche  suUe  cellule  e  tibre  del  Mauthner    e    sulle    loro    connessioni    in 

pesci  ed  anfibii.  Arch.  di   Anatomia  e  di  Embriologia  Vol.   6,   1907. 
Benjamins.  Beitrag    zur    Kenntnis    des    häutigen    Labyrinthes.    Ueber    eine    vierte 

Crista  acustiea.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilkunde  Bnd.  68,   1913. 
Berkelbach    van    der    Speenkel.    The    central    relations    of  the  cranial  nerves  in 

Silurus    glanis  and  Mormyrus  cashive.  Journ.  of  Comp.  Neur.  Vol.  25   1915. 
Cajal.    Sur    un    noyau    special    du    nerf   vestibulaire    des   poissions  et  des  oiseaui. 

Travaux  du  lab.  de  Recherches  biol.  de  Madrid.   1908  Tome   1. 
Edinger.   Vorlesungen  über  den  Bau  der  nervösen  Zentralorgane.  Teil    2    7.    .Auf- 
lage,  Vogel,   Leipzig,   1908. 


LITERATUR    ZUM    VIERTEN    KAPITEL.  445 

Hereick.    The    cranial  and   Hrst  spinal   nerves  of  Menidia.  Jouni.   of  ('()in[).   Neiu-. 

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KiYOTASu  Mariu.  The  effect  of  overactivity  etc.  Journ.  of  Comp.  Neur.  Vol.  30,  1919. 
Landacre  and  Conöer.  The  origin  af   the    lateral    line    primordia    in    Lepidostens 

osseus.  Journ.   of  Comp.   Neiirol.  Vol.   23.   1913. 
Letdig.  Integument  und  Hautainnerorgane  der  Knochenfische.    Zool.  .Taiirb.    Anat. 

Bnd.   8,   1894. 
Mayser.     LTntersuchungen    über    das    Gehirn    der    Knochenfische    mit    besonderer 

Berücksichtigung    der    Cyprinöiden.    Zeitschr.    f.    Wiss.  Zool.   Bnd.   36,    1S81. 
Pfüller.    Beiträge    zur    Kenntnis    der    Seitensinnesorgane    und    Kopfanatomie    der 

Macruriden.  Jeuaische  Zeitschrift  für  Naturwissenschaft.  Bnd.   52,   1914. 
ScnEPMAN.   De  octavo-laterale  zintuigen  en    hun   verbindingen    in   de  hersenen    der 

Vertebraten.  Dissertatie   Amsterdam   1918. 
Stendell.  Die  Faseranatomie  des  Mormyridengehirns.  Abhandlungen  der  iScnckenb. 

Naturf.  Gesellsch.  in  Frankfurt  a/M.   1914. 
Stendell.   Morphologische  Studien  an  Mormyriden.  Verhandlungen  der   Deutsehen 

Zoologischen  Gesellsch.  Freibnrg.   1914. 
Tello.  Contribucion  al  eonocimiento  del   encefalo  de  los  Teleosteos.   1   Los  nucleos 

bulbares  Trab,  del  labor.  de  investigaciones  biologicas,  Tome  VII,   1909. 
Wallenbeeö.  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Gehirns  der  Teleostier  und  Selachier.  Anat. 

Anzeiger  Bnd.   31,   1907. 

Amphibien. 

Ariens  Kappers  und  Hammer.  Das  Zentralnervensystem  des  Ochsenfrosches  (Rana 

Catesbyana).   Psych,  en  Neurol.   Bladen,   Amsterdam,   1918. 
Beccari.    Rieerche    sulle    cellule    e   fibre    del  Mauthner  e  sulle  loro  connessioni   in 

pesci  ed  anfibii.   Arch.  di  Anat.  e  di  Embriologia  Vol.  6,   1907. 
Benjamins.     Beitrag    zur    Kenntnis    des    häutigen    Labyrinthes,    lieber    eine   vierte 

Crista  acustica.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilkunde,  Bnd.   68,   1913. 
Deoanello.  Degenerazioni  nel  nevrasse  della  Rana,  eonsecutive  all'asportazione  del 

labirinto  dell'orecchio,  Venezia  (Ferrari)   1906. 
Ecker,    Wiedersheim    und    Gaupp.   Anatomie  der  Frosches.   Zweite  Abt.,   Vieweg, 

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Edinger.    Vorlesungen    über    den    Bau    der   nervösen    Zentralorgane,    T.   II,    1908. 
Herrick.    The    medulla    oblongata    of   larval   Amblystoma.    Journ.  of  Comp.  Neur. 

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Holmes.  On  the  comparative  anatomy  of  the  nervus  aeusticus.  Transactions  of  the 

Royal  Irish  Academy.  Vol.   32,   Section   16,   Part  2,   1903. 
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Anat.  Reeord,  Vol.  I,    1907. 
Moodie    A  further  contribution  to  our  knowledge  of  the  lateralis  System  in  extinet 

Amphibia.  Journ.  of  Comp.   Neur.  Vol.   25,   1915. 
ScHEPMAN.    De    Octavo-laterale    zintuigen   en  hun  verbindingen  in  de  hersenen  der 

vertebraten.   Dissertatie,   Amsterdam,   1918. 
Strong.   The  cranial   nerves  of  Amphibia.  Journ.  of  Morph.  Vol.  X,   1895. 
Wallenberg.   Die  kaudale  Endigung  der  bulho-spinalen  Wurzeln  des  V,  VIII  und 

X  beim  Frosche.   Anat.   Anzeiger,  Bnd.   XXX,   1907. 

Reptilien. 

Becgari.   La  costituzione,   i  nuclei  terminali  e  le  vie  di  eonnessione  del  nervo  VIII 
nella  lacerta  muralis.    Arch.   di    Anat.   e  di   Embr.    Vol.    11,    1912. 


44G  LITERATUK  ZUM  VIEMTKX  KAIMTEI,. 

Hen.tamixs.  ßeitras;  zur  Kenntnis  des  häutigen  Labyrinthes.  Zeitsehr.  f.  Ohren- 
heilkunde,  Bnd.   (!8,   1913. 

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der  Medulla  Oblongata.  III.  Acustieusgruppe.  Arch.  f.  Mikr.  An.  Bnd.  43,  1894. 

Edinger.  Vorlesungen  über  den  Bau  der  nervösen.  Zentralorgane,  7.  Auflage, 
Teil  II,  Vogel,  Leipzig,   1908. 

Gh.\t.  The   labyrinth  of  aiiiraals,  Churchill,  London,   1907. 

Holmes.  On  the  comparative  anatomy  of  the  N.  aeustieus.  Transact.  of  the  Eoy. 
IrLsh   Academy,   Vol.   32,    1903.  " 

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Nachhirn  und  das  Rückenmark.   Folia  Neurobiologica.   Bnd.  X,    1916. 

Vögel. 

Benjamins.    Beitrag    zur    Kenntnis    des    häutigen    Labyrinthes.    Lieber    eine    vierte 

Crista  acustica.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilkunde,   Bnd.   68,   1913. 
BoK.   Die  Entwicklung  der  Hirnnerven   und  ihrer  zentralen  Bahnen.    Die    stimulo. 

gene  Fibrillation.  Folia  Neurobiologica.  Bnd.  IX,   1915. 
Cajal.    Les    ganglions  terminaux  du  nerf  acoustiqne  des  oiseaux.    Trabajos  del  la- 

boratorio  di  invest.  biol.  Tome  VI,    1908. 
Edinger.    Vorlesungen     über    den    Bau    der    nervösen    Zeutralorgane,    Teil    II,    7. 

Aullage,   Vogel,  Leipzig    1918. 
Geat.  The  labyrinth  of  animals.  Churchill,   London,   1907. 
Holmes.    On    the    comparative    Anatomy    of  the   Nervus  aeustieus.  Transactions  of 

the  Eoyal  Irish   Academy,  Vol.   32,  section  B,  Part.  II,   1903. 
Holmes.    On    the    comparative    Anatomy    of   the   Nervus  aeustieus.   Transactions  of 

the  Royal  Irish    Academy,  Vol.   32,  section  B,   Part.   2,   1903. 
Mesdag.  Bijdrage  tot  de  ontwikkelingsgesehiedenis  van  de  structuur   der    hersenen 

bij   het  kip-embryo.  luaugural-Dissertation,   Groningen   1909. 
Schepman.  De  octovo-laterale  zintuigen  en  hunne  verbindingen  in  de  hersenen  der 

vertebraten.   Dissertatie  Amsterdam   1918. 
Sinn.   Beitrag  zur  Kentuis  der  Medulla  oblongata  der  Vögel.  Monatschr.  f.  Psych. 

und  Neurol.   Bnd.   33. 
Wallenbeeg.  Die  secundäre  Octavusbahn  der  Taube.  An.  Anzeiger,  Bnd.  14,  1898. 
"Wallenbeeg.  Ueber  die  zentralen  Endstätten  des  N.  Oetavns  bei  der  Taube.   An. 

Anz.   Bnd.   XVII,   1900. 

Säugetiere. 

(Nur    die    in    vergleichend    anatomischer    Hinsicht    wichtigsten    Arbeiten    sind 
hier  erwähnt.) 

Alexandee.  Zur  Anatomie  des  Ganglion  vestibularis  der  Säugetiere.  Sitsungsber. 
der  Wissensch.  in  Wien.   Math.   Nat.  Klasse  Abt.  III,   Bnd.   108.   1899. 

Alexander.  Entwicklung  und  Bau  des  inneren  Gehörorgans  van  Echidna.  Simons 
Forschungsreisen.,   Bnd.   3,   Teil  2,   1904. 

Alexandee.  Zur  Frage  der  phylogenetisch  vikariierenden  Ausbildung  der  Sinnes- 
organe. Zeitschr.  f.   Psycliol.  und  Physiologie  der  Sinnesorgane,  Bnd.  38,  1905. 

Baginsky.  Ueber  den  Ursprung  und  den  centralen  Verlauf  des  N.  aeustieus  des 
Kaninchens.  Virchows  Archiv.   Bnd.   105,   1886. 

Baginskt.  Ueber  den  Ursprung  und  den  centralen  Verlauf  des  N.  aeustieus  des 
Kaninchens  und  der  Katze.  Ibidem,   Bnd.   119,   1890. 

Baeanx  and  Wittmaack.  Funktionelle  Prüfung  des  Vestibularapparates.  Verhandl. 
der  Deutschen   otolog.   Gesellsch.    1911. 


LiTEKATUi;  /r.\r  vikhtex  kafitej,.  447 

Benjamins.    Beitrag    z\ir    Kenntnis    des    häutigen    Labyrinthes,    lieber    eine    vierte 

Crista  acustiea.  Zeitsehr.   f.  Olirenheilkunde.  Band  68,   1913. 
Brouwer.     Das     Gehirn    einer    kongenital    tauben     Katze.     Folia    Neurobiologiea. 

Bnd.  VI  1912. 
BiiouwE7i    in    Quix    und    Brouwer.    Beitrag  zur  Anatomie  der  kongenitalen  Taub- 
stummheit.  Bergmann,   Wiesbaden,    1910. 
BiioxnvEB    und    van    Walree.    üeber    den    Hirnstamm    eines    Taubstummen.    Folia 

Neurobiologiea  Bnd.  VIII,   1914. 
Cajal.  Textura  del  sistema  nerviosa  del    hombre    y    de    los    vertebrados.    Tome  II, 

Madrid,    1901. 
Edinger.  Vorlesungen  über  die  vergleichende  Anatomie  der  nervösen  Zentralorgane. 

Letzte  Auflage,  Vogel   Leipzig,   1908. 
Ewald.    Zur    Physiologie    der   Bogengänge.    Archiv    f.  d.    gesamte    Physiologie    des 

Menschen   und  der  Tiere.   Bnd.   41   und  44. 
Ewald.    Physiologische    Untersuchungen    über    das    Endorgan    des  Nervus  octavus. 

Wiesbaden,   1892. 
FusE.  Das  Ganglion  ventrale  und   das    Tuberculum    acustieum    bei    einigen    Säuge- 
tieren   und    beim    Menschen.    Arbeiten  aus  dem  hirnanatomischen  Institut  in 

Zürich,  Heft  VII,   1913. 
FüSE.  Die  Striae  am  Boden  des  vierten   Ventrikels.  Ibidem. 
Van  Gebuchten.  Systeme  nerveux,  4iemG  Edition.   Louvain  1907. 
Gbay.    An    investigatiou    on    the    anatomical    structure    and    relationships    of   the 

labyrinth    in    the  reptile,   the  bird  and  the  mammal.  Proc.  Roy.  Soc.  B.   Vol. 

80,   1908. 
Gray.  The  Labyrinth  of  Animals,  Churchill,   London,  1907. 
Hardesty.    On    the    nature    of  the  teetorial  membrane   Amer.  Journ,   of  Anatomv. 

Vol.   8,   1908. 
Hardesty.  On  the  proportions  of  the  tectörial  membrane.  Ibidem.  Vol.   16,  1915. 
Harrison.  The   homology    of   the    lagena    throughout    vertebrates.    Anat.  Anzeiger 

Bnd.   23,   1903. 
Held.    Die  zentralen  Bahnen  des  N.  acusticus  bei  der  Katze.   Archiv,  f.   Anatomie 

und  Physiologie,   1893. 
Held.   Die  centrale  Gehörleitung.  Archiv  f.  Anatomie  und  Physiologie,  1893. 
Held.  Untersuchungen    über    den   feinen    Bau    des    Ohrlabyrinthes.    Abhandl.   der 

Sachs.    Gesellsch.    der    Wissensch.    Math.    phys.    Classe    Bnd.   28,    1902   und 

Bnd.  31,   1907. 
Holmes.    On  the  comparative  anätomy  of  the  Nervus  octavus.   Transactions  of  the  ■ 

Irish  Academy  Vol.  32,  section  B,   Part  II,   1903. 
Kaplan.  Die  spinale  Acusticuswurzel   und  die  in  ihr  eingelagerten  Zellsysteme.  Der 

Nucl.   Deiters  —  Nucl.   Bechterew.  Obersteiners  Arbeiten  Bnd  20,    1913. 
Kölliker.  Handbuch  der  Gewebelehre.  Teil  II,   1896.  Engelmann,   Leipzig. 
Kölliker.  Die  Medulla  Oblongata  und  die  Vierhügelgegend  von  Ornithorrhynchus 

und  Echidna.  Engelmann,  Leipzig,   1901. 
Keeidl  und  Kato.  Zur  Frage  der  secundären  Hörbahn.  Folia  Neurobiologiea,  Bnd. 

VII,   1913. 
Leidler,   Ueber  das  Endigungsgebiet  des  N.  acusticus.  Obersteiner's  Arbeiten.  Bnd. 

20  und  21,   1913—14. 
Leidler.    Ueber    die    Anatomie  und  Funktion  der  Nucl.  Bechterew.   Monatschr.   f. 

Ohrenh.,  Bnd.  48,   1914. 
Lewandowsky.   Die  Leitungsbaimen  des  Truncus  eerebri.  Fischer,  Jena,   1904. 
Lewy.    Degenerationsversuche    am    aciistischen    System    des    Kaninchens.     Zugleich 

ein  Beitrag   zur  Anwendung   der   Marchischen    Methode.   Folia  neurobiologiea, 

Bnd.  II,   1909. 


44S  IJTERATOK    ZT'M    VIERTEX    KAPITEL. 

Lewy.    Der    Deitersche    Kern    und    das    Deitero-spinale  Bündel.   Arbeiten  aus  dem 

Hirnanatomischen  Institut  in  Zürich,  Heft  IV,   1910. 
Magnus.   Welche  Teile  des  Zentralnervensystems  müssen  für  das  Zustandekommen 

der    tonisehen    Hals-    und    Labyrinthreflexe    auf   die    Körpermuskulatur     vor- 
handen sein?   Pflüger's  Archiv   Bud.   159,   1914. 
Meteb.   Ueber  eine  Verbindungsweise  der  Neuronen.   Archiv  f.  mikrosk.  Anatomie, 

Bnd.  47,   1896. 
Monakow,  von.  Hirnpathologie,   2**^  Auflage.    Wien,   1905. 

OoKT.  Ueber  die  Verästelung  des  Nervus  octavus  bei  den    Säugetieren.  Anat.  An- 
zeiger.  Bnd  51,   1918. 
ScHEPMAN.   De  octavo-laterale  ziutuigen  en  hun  verbindingen    in    de    hersenen    der 

Vertebraten.  Dissertatie,  Amsterdam,   1918. 
Stokes.  The  aconstic  eomplex  and  its  relations  in  the  brain  of  the  Opossum  (Didel- 

phys  virginiana)  American  Journal  of  Anatomy.  Vol   17,   1912. 
Veratti.    Su    alcuui    particolaritä    di    struttura    dei    centi-i  acustici  nei  mammiferi ; 

Pavia,  Tipografia  cooperativa,   1900. 
ViNCENzi.  Del  nucleo  del  corpo  trapezoide  studiato  col  metodo  di  Cajal  per  le  nevro- 

fibrille.  An.  Anz.,  Bnd  27,   1905. 
VoiT.    Zur   Frage  der  Verästelung  des  Nerv,  aeusticus  bei  den  Säugetieren.   Anat. 

Anzeiger,   Bnd.  31,   1907. 
WiNKLEn.  The  central  eourse  of  the  nervus  octavus  and  its  influence  on  motility. 

Verhandelingen    der    Koninklijke    Akademie    van  Wetenschappen.   Amsterdam, 

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WiNKLEH.  Die  Folgen  der  Abtragung  des  Tuberculum  acustieum  bei  neugeborenen 

Kaninchen.  Folia  Neurobiologica,   Bnd.  III,   1910. 
Winkler.   Anatomie  du  Systeme  uerveux,   Bohn,  Haarlem. 
ZwAAEDEMAKER.   Leerboek  der  Physiologie.  Bnd.  II,   1915,   Bolm,  Haarlem. 


FÜNFTES  KAPITEL. 

DAS  EFFEKTORISCHE  SYSTEM   DER   MEDULLA   OBLONGATA 
(UND    DES    MITTELHIRNS). 


Die  motorischen  Wurzeln  und  deren  Kerne. 

Bevor  ich  dazu  schreite,  die  motorischen  Wurzeln  und  deren  Kerne 
bei  den  Kranioten  zu  beschreiben,  will  ich  einiges  über  das  Verhalten 
jener  Elemente  und  ihrer  peripheren  Endorgane,  der  Muskeln,  bei  den 
Akraniern,  bei  Amphioxus,  mitteilen. 

Zuerst  aber  einige  Worte  über  die  Entstehung  der  Muskeln  im  all- 
gemeinen. 


Fig.  2ol.     Zwei  Querschnitte  durch  einen  Tritonembryo   n.  Hertwig. 

A  Hurch  die  Gegend  des  Rumpfes,  wo  die  Medullarplalte  (ra.  p.)  noch  niclit  geschlossen 
ist  und  ili(>  Ursegment höhlen  (U  s  h)  sich  von  der  Leibeshöhle  (1.  h.)  abzuschnüren  anfangen. 

H  durch  die  Gegend  des  Rumpfes,  in  welcher  das  Nervenrohr  (n)  geschloßen  ist  und  die 
Ursegmento  sich  gebildet  haben.  ch  =  chorda;  d.h.  ^  Darmhöhle;  ep  =  epidermis;  ni.k'  = 
parietales  Blatt  des  Coeloms;  mk^  =  viszerales  Blatt  des  Coeloras. 

Die  Muskeln  bilden  sich  aus  dem  Mesoderm  als  Abschnürungen  des 
Kopf-  und  Körper-Coeloms,  und  diese  Abschnürungen,  Myotonie,  weisen 
dementsprechend  als  Ursegmente  (u  s  h)  noch  einen  Hohlraum  auf,  welcher 
ursprünglich  mit  dem  Hohlraum  des  Coeloms  (1.  h.)  zusammenhängt  (vergl. 
Fig.  201  A,  rechts),  bald  aber  (Fig.  201  B)  ganz  geschloßen  ist. 

Kappek.?.  ti'J 


450  DTE    XrOT.ORlSr'HKN    WT-RZELN    UND    DEREN    KERNE. 

Während  das  Coelom  einen  großen  ventro-lateralen  Hohlraum  bildet, 
schnüren  sich  die  Myotonie  also  an  der  medialen,  perichordalen  Seite  als 
zahlreiche  in  einer  Reihe  angeordnete  Muskelglieder  davon  ab.  Diese 
dorsalen  gegliederten  Muskelräume  bilden  den  Anfang  von  Muskelsegmenten, 
von  denen  je  eines  von  einer  ventralen  Nervenwurzel  innerviert  wird  i). 
Sie  bilden  das  Anfangsstadium  der  sogenannten  somatischen  Muskulatur. 

Dieser  Vorgang  geschieht  in  der  Kopjhöhle  und  in  der  Körperhöhle  in 
ähnlicher  Weise,  sodaß  die  Entstehungsart  der  somatischen  Muskeln  an 
Körper  und  Kopf  dieselbe  ist. 

Neben  dieser  somatischen  Muskulatur,  welche  in  Segmente  gegliedert 
ist,  entwickelt  sich  am  Kopfe  außerdem  noch  eine  sog.  viszerale  (oder 
hranchiale)  Muskulatur,  welche  aus  demjenigen  Blatt  der  wirklichen  Coe- 
lomwand  hervorgeht  (van  Wyhe),  welches  dem  Innern  Keimblatt  zuge- 
wandt ist,  die  viszerale  Platte  (mk-)  des  Coeloms.  Diese  viszerale  (oder  hran- 
chiale) Muskulatur  wird  aber  von  motorischen  Fasern  der  dorsalen  Wur- 
zeln ")  innerviert. 

Sie  zerlegt  sich  nicht  in  myotomenähnliche  Teilstücke,  sondern  bildet 
eine  große  laterale  Platte  muskulösen  Gewebes,  welche  zwar  Abschnitte 
aufweist,  aber  viel  kleinere,  als  den  Mj^otomen  entspricht. 

Auch  in  der  Coelomwand  der  Leibeshöhle  können  sich  hier  und  dort  Muskel- 
fäserchen  in  der  dem  Entoderm  zugewandten  Viszeral  platte  entwickeln,  aber  mehr 
diffus  und  in   spätem  Entwickhmgsstadien  (Darmmuskulatur.) 

Die  Art,  wie  sich  nun  die  einzelnen  Abschnitte  der  Muskelanlageu 
des  Kopfes  bei  den  verschiedenen  Tieren  entwickeln,  ist  sehr  verschieden. 

Es  kann  vorkommen,  daß  ein  Coelomabschnitt,  welcher  bei  einem 
Tier  eine  dorsomediale  Muskels|)rosse,  ein  Myotom,  bildet,  bei  einem 
andern  Tier  als  reiner  Kopf-Coelomraum  bestehen  bleibt,  während  wieder 
andererseits  dadurch  in  der  Interpretation  Scliwierigkeiten  entstehen  kön- 
nen, daß  man  im  Zweifel  sein  kann,  ob  ein  Muskel  ein  Derivat  eines 
Myotoms  ist  oder  ein  Teil  der  viszeralen  Platte,  weil  ja  beide  schließlich 
aus  Änderungen  der  Coelomwand  hervorgehen. 

Wir  werden  beiden  Schwierigkeiten  begegnen. 

Die  Kopfmuskulatur  von  Amphioxus  und  ihre  Homologa 
bei  den  Kranioten. 

Bei  Amphioxus,  der  kein  bewegliches  Auge  hat,  fehlen  dementspre- 
chend die  Augenmuskeln. 


')  Ausnahmsweise  soll  es  vorkommen,  daß  Fasern  von  einer  Wurzel  auch  nach  einem 
angrenzenden  Myotom  gehen  (Johnston). 

-)  Wir  finden  hier  also,  daß  ventralere  Muskelteile  von  dorsaleren  Fasern  innerviert 
werden  als  mehr  dorsomediale  Teile.  Im  Rückenmark  fanden  wir,  daß  die  stelopodialen 
(ventralen)  Teile  dorsalere  Zentren  besitzen  als  die  dorsalen  Teile.  Ob  hier  ein  ilnhliches 
Gesetz  vorliegt? 


DIK    KüPFMUSKULATUR    VON    ANtPHIOXUS    UND    IURE    IIOMOI.OGA.  451 

Eine  dem  ersten  oder  Oculomotorius-Myoiorn  der  Kranioten  entsprechende 
Muskelbildung  lindet  nicht  statt.  Die  entsprechende  Region  ist  bei 
Amphioxus  Kopfcoelom  geblieben  und  liegt  zwischen  dem  I.  sensiblen 
Nerven  (iV.  terminalis)  und  dem  II.  sensiblen  Nerven  (dem  ersten  dorsal 
austretenden  Nerven  oder  N.  ophthalmicus). 

Muskelsprossen  gehen  bei  Amphioxus  aus  diesem  Abschnitt  des  Coe- 
loms  nicht  hervor,  weder  somatische  noch  viszerale,  sodaß  dem  I.  Dorsal- 
nerven (dem^N.  ophthalmicus)  keine  motorischen  Fasern  entsprechen. 

Das  zweite  Myotom  ist  dagegen  vorhanden  und  steht  mit  einem  mus- 
kulös veränderten  Abschnitt  der  ]' iszeralplatte  in  Verbindung.  Aus  diesem 
Viszeralplattenabschnitt,  der  von  dorsalen  motorischen  Fasern  des  zweiten 
dorsalen  Nerven  (dritter  Septalnerv)  innerviert  wird,  entwickeln  sich 
Muskeln  des  Trigeminus.  Der  perichordale  Mi/otomabschnitt  erhält  aber 
ventrale  Wurzelfasern. 

Nach  der  Meinung  van  Wyhe's  und  Goldschmidt's  geht  aus  dem 
Myotomabschnitt  jener  Region  der  Muse,  obliquus  superior  hervor  und 
sollen  die  ventralen  Wurzelfasern,  welche  ihn  bei  Amphioxus  innervieren, 
später  (bei  den  Kranioten)  zu  den  dorsal  austretenden  Fasern  des  Troch- 
learis  der  Kranioten  werden.  Andere  nehmen,  an  daß  Trochlearismuskel 
und  -Nerv  ursprünglich  viszeral  seien  (Vergl.  auch  S.  454). 

Alltoren  (wie  HorrMAXN  und  Platt),  welche  Granglienzellen  in  dem  Verlauf 
des  Trochlearis  fanden,  sind  der  Meinung,  daß  der  Troehlearis  von  Anfang  an  ein 
viszeraler  Nerv  und  seine  Muskulatur  dementsprechend  viszeraler  Natur  sei,  eine 
Meinung,  die  durch  die.  Entdecking  Bok's  (vergl.  iS.  4.55)  gestützt  wurde,  der 
fand,  daß  der  N.  trochlearis  beim  Hühnchen  in  der  Reihe  der  viszeromotorischen 
Nerven  und  nicht  in  derjenigen  der  somatomotorisehen  Nerven  aktivert  wird.  Dies 
tut  jedoch  der  Tatsache  keinen  Abbruch,  daß  bei  Amphioxus  die  entsprechende 
Stelle  einen  wirkliehen  Ventral  (=  Myotom-)  nerven  aufweist.  Ich  werde  später  auf 
diesen   Punkt  zurückkommen. 

Aus  dem  dritten  Myotom  von  Amphioxus  entwickelt  sich  bei  den 
Kranioten  der  Abducensmuskel,  der  Rectus  externus,  während  die  ihm  ent- 
sprechende Viszeralplatte  ebenfalls  (s.  o.)  zu  dem  Aufbau  der  Trigeminus- 
muskulatur  beiträgt. 

Das  vierte  und  fünfte  Myotom,  welche  bei  Amphioxus  wohl  zur  Ent- 
wicklung kommen  und  ventrale  Wurzelfasern  empfangen,  gehen  bei  den 
Kranioten  verloren  (nur  das  fünfte  Myotom  wird  dort  noch  zeitweise  an- 
gelegt). Die  ihnen  entsprechende  viszerale  Muskulatur,  von  dorsalen  Nerven- 
fasern innerviert,  bildet  die  Facialismuskulatur. 

Das  sechste,  siebente,  achte  und  neunte.  Myotom  bilden  die  von  sog. 
spino-okzipitalen  Nerven  innervierten  Muskeln,  ans  denen  bei  den  höhern 
Kranioten  die  Zungenmuskeln  hervorgehen,  während  ihre  Nerven  den  N. 
hypoglossus  bilden. 

Die  ihrer  Region  entsprechenden  viszeralen  Derivate,  welche  ein  Ganzes 
darstellen,  bilden  die  Muskeln  der  Nervi  glossopharyngeus,  vagus  et  acessorius. 


452  DIE    KOPFMUSKt'T.ATUR    VON    AirPHIOXUS    UND    IHRE    HOMOLOÖA. 

Das  zehnte  Myotom  bildet  den  Anfang  der  somatischen  Rückenmarks- 
muskeln. Eventuelle  ihnen  entsprechende  viszerale,  von  dorsalen  Fasern 
innervierte  Muskelfasern  sind  sympathischer  Natur. 

Bezüglich  der  zentralen  Lage  der  Ursprungszellen  der  ventralen  und 
dorsalen  motorischen  Wurzeln  bei  Amphioxus  sind  keine  genauen  Angaben 
zu  machen. 

Am  wahrscheinlichsten  ist,  daß  beide  eine  mehr  oder  weniger  kon- 
tinuierliche Reihe  bilden  (ventral  oder  lateral  vom  Zentralkanal),  und 
daß  von  einer  scharf  gesonderten  somatomotorischen  und  viszeromotorischen  Kern- 
säule hier  noch  keine  Rede  ist. 

Auch  bei  sehr  jungen  Embryonen  der  Kranioten  ist  die  ursprüngliche  Lage  der 
somatomotorischen  und  viszeromotorischen  Zellen  gleich.  Sie  liegen  aufangs  in  genau 
derselben  Reihe,  sodaß  die  Unterscheidung  einer  viszeromotorischen  und  einer 
somatomotorischen  Zellsäule  in  dem  jüngsten  Stadium  nicht  zutrifft,  wie  Beccari 
für  die  Reptilien  und  Bok  für  die  Vögel  nachwies. 

Betrachten  wir  jetzt  den  Zustand,  wie  er  bei  ausgewachsenen  Kranioten 
vorkommt,  dann  finden  wir  dort  eine  sehr  erhebliche  Differenzierung. 

Die  regelmäßige  Anordnung  des  Myotome  hat  sich  dort  zu  ganz  be- 
stimmten Muskelgruppen  diiferenziert.  Das  Kopfcoelom  von  Amphioxus, 
dem  e7-sten  Myotom  entsprechend,  umgreift  das  Auge  und  hat  zur  Ausbil- 
dung der  Oculomotoriusmuskeln  Anlaß  gegeben. 

Viszerale  Muskelfasern  kommen  aber  dem  Ojihtlialmicus  auch  bei  den 
Kranioten  nicht  zu. 

Dem  zweiten.  -Myomer  i)  entstammen  die  Muskeln,  des  Trigeminus  und 
Trochlearis.  Ihre  Nerven  weisen  bezüglich  ihres  Austrittniveaus  bei  vielen 
Tieren  (Zyklostomen,  Amphibien)  noch  eine  große  Verwandtschaft  auf, 
indem  sie  bei  sehr  primitiven  Tieren,  wie  Petromyzon  und  Molge  fast  auf 
einer  Ebene  austreten  (vergl.  Fig.  205  B  und  237).  Ob  die  Trochlearisraus- 
kel  dabei  einem  Myotom-  (v.  Wyhe)  oder  einem  Viszeralplatten-Abschnitt 
(Hoffmann,  Platt,  Bok)  entstammt,  ist  eine  Streitfrage  (s.  S.  454 — 455). 
Die  somatischen  und  viszeralen  Muskeln  des  dritten.  Myomers,  Abducens- 
und  Trigeminusmuskeln,  zeigen  nur  bei  den  Zyklostomen  durch  ihre 
Nerven  noch  eine  topographische  Verwandtschaft,  indem  der  Abducens  mit 
dem  Trigeminus  zusammen  (etwas  ventromedial  davon)  in  die  Oblongata 
eintritt  (Fig.  205  B).  Bei  höhern  Wirbeltieren  verlagern  sich  die  Abducens- 
wurzeln,  infolge  Kernverlagerung,  zunächts  nach  hinten  und  entsteht  eine 
größere  Trennung  zwischen  diesen  beiden  Nerven. 

Die  posttrigeminale  Branchialmuskulatur,  diejenige  des  Facialis,  Glosso- 
pharj'ngeus,  Vagus  und  Accessorius,  geht  aus  der  Viszeralplatte  liinter 
dem  Areal  des  dritten  Myomers  hervor  und  entspricht  einer  großen  Anzahl 
von  Mj'omern,  welche  auf  der  vorigen  Seite  erwähnt  sind. 


')  Der  Aiistinick  ,,M3'omer"  ist  hier  gebraucht  für  die  gesauite  auf  einer  gewissen 
Querschnittsebene  anwesende  Muslielanlage  (sowohl  für  die  perichordale  Mj'otomanlage  als 
für  das  viszerale  Blatt). 


DIE    KOPFMUSKULATUR    VOX    AMnilOXUS    UND    IHRE    1IO^[ÜI.OGA.  453 

In  dieser  Gegend  bildet  sicli  auch  das  spino-okzipitale  System,  welches 
aus  dem  6.  bis  9.  Myotom  hervorgeht  (N.  hypoglossus,  s.  o.).  Ihm  schließt 
sich  das  10.  Myotom  als  erstes  Rückenmarksmyotom  an. 

In  dem  Kapitel  über  das  Rückenmark  habe  ich  bereits  darauf  hinge- 
wiesen, daß  bei  den  Fischen,  mit  Ausnahme  der  Teleostier  (und  Ganoiden) 
in  dem  Übergangsgebiet  zwischen  Oblongata  und  Rückenmark  eine  Anzahl 
\'entralwurzeln  austritt,  welche  bei  den  Zyklostomen  noch  gänzlich  außerhalb 
des  Schädels  (Paläokranium)  liegen,  welcher  bei  diesen  Tieren  mit  der 
Labyrinthregion  abschließt. 

Bei  Selachiern  (S.  123)  dehnt  sich  der  Schädel  weiter  nach  hinten  aus  und 
wird  eine  Anzahl  der  frontalsten  Rückenmarksnerven  in  den  Schädelraum 
aufgenommen  (protomere  Assimilation).  Diese  Nerven,  welche  keine  bleibende 
sensible  Hinterwurzel  haben,  nennt  man  die  okzipitalen  Nerven.  Bei  höhern 
Tieren  dehnt  sich  der  Schädel  noch  weiter  nach  hinten  aus  und  wird  eine 
zweite  Anzahl  von  Nerven  darin  aufgenommen  (auximere  Assimilation) : 
die  okzipitospinalen  Nerven. 

Die  ganze  Gruppe  (die  okzipitalen  und  die  okzipitospinalen  zusammen) 
nennt  Fürbringer  die  spino-okzipitalen  Nerven,  mit  welchem  Namen  sie 
in  meinen  Diagrammen  angedeutet  sind  (oder  mit  Buchstaben). 

Solche  Nerven,  welche  also  von  Rückenmarksnerven  zu  Kranial- 
nerven werden,  bilden  schließlich  den  Hypoglossus;  daher  werden  sie 
hier   ausführlicher   als   in  dem    Kapitel   über   das   Rückenmark  behandelt. 

Wir  werden  nämlich  sehen,  daß  zu  dieser  Veränderung  in  den  Schädel- 
verhältnissen sehr  große  Veränderungen  in  der  Lage  der  entsprechenden 
Kerne  hinzutreten,  welche  in  diesem  Kapitel  näher  erörtert  werden  sollen 
und  infolgedessen  die  spino-okzipitalen  Nerven  nicht  nur  deshalb  wirkliche 
Kopfnerven  werden,  weil  der  Schädel  sich  nach  hinten  ausdehnt,  sondern  auch,  weil 
ihre  entsprechenden  Zellen  sich  frontal  verlagern   (siehe  die  farbige  Tafel  II). 

Die  spino-okzipitalen  Nerven  (also  auch  der  Hypoglossus)  gehören  als 
ventrale  Wurzeln  zu  den  somatomotorischen  Nerven. 

Die  zentralen  Ursprungszellen  der  somatischen  und  viszeralen  Musku- 
latur bilden  vor  ihrer  weiteren  Entwicklung  eine  gemeinsame  Neuroblasten- 
reihe  (Bok,  Beccari),  deren  Ausbildung,  nahe  der  Medianlinie,  verursacht 
wird  durch  Reizströme,  ausgehend  von  der  ersten  zentralen  Bahn  (Fasci- 
culus  longitudinalis  centralis)  deren  Reizströme  an  bestimmten  Stellen  (welche 
bedingt  sind  durch  die  mit  jenen  Reizströmen  korrelierten  Kontraktionen 
angrenzender  Myomere)  diese  Neuroblasten  zur  Ausbildung  von  Wurzel- 
neuriten aktivieren  (Gesetz  der  stimulogenen  Fibrillation,  Bok  S.  64  und  72). 

Wir  werden  in  diesem  Kapitel  sehen  daß  auch  die  sekundäre  Lage 
jener  motorischen  Kerne  bedingt  wird  durch  besondere,  mit  der  Funktion 
ihrer  Muskeln  korrelierte  sensible  Zentren  (Neurobiotaxis). 

Von  den  Kernen  der  somatischen  Nerven  unterscheiden  sich  diejeni- 
gen der  branchialen  effektorischen  Wurzeln  bei  den  Kranioten  bereits 
kurze  Zeit  nach  ihrer  Bildung  durch  ihre  Lage. 


454  DIK    KOPFMUSKULATUR    VON    AMPHIOXUS    UND    IHRE    HOMOLOGA. 

Dieser  Unterschied  ist  also  sekundär  und  zeigt  sich  darin,  daß  die 
Ursprungszellen  der  viszero-oder  branchiornotorischen  Wurzeln  bei  ausge- 
wachsenen Tieren  eine  mehr  dorsolaterale  Lage  einnehmen,  während  die 
Ursprungszellen  der  somatomotorischen  Wurzeln  im  allgemeinen  eine  mehr 
mediale  Lage  beibehalten. 

Zu  diesem  Unterschiede  gesellt  sich  ein  anderer,  ein  entwicklungs- 
geschichtlicher  Unterschied,  welcher  von  Bok  bei  Hühnern  gefunden  wurde, 
nämlich  diesei-,  daß  die  Axonen  der  viszeromotorischen  Wurzeln  eher  zur 
Peripherie  auswachsen  (etwa  20  Bebrütungsstunden  eher)  als  die  somato- 
motorischen. 

Dieser  Punkt  veranlasst  mich,  hier  noch  einmal  einen  Augenblick  bei  der 
Frage  zu  verweilen,  zu  welcher  Gruppe  von  Nerven  der  Trochlearis  gehört,  zu  den 
somatischen  oder  zu  den  viszeralen. 

Was  ihre  peripheren  Unterschiede  anbelangt,  habe  ich  bereits  darauf  hinge- 
wiesen, daß  die  Muskeln    dieser    beiden    Gruppen    verschiedenen    Ursprunges  sind. 

Während  die  Muskeln  der  somatischen  Wurzeln  aus  Myotomen  hervorgehen, 
stammen  diejenigen  der  Brauchialnerven  aus  den  Viszeralplatteu  der  Kiemenbogen- 
gegend,  welche  nicht  somiten-ähnlich   aufgebaut  sind. 

Ein  zweiter  Unterschied  zwischen  diesen  motorischen  Wurzeln  beider  Gruppen 
liegt  darin,  daß  die  motorischen  Wurzeln  der  somatischen  Nerven  eine  ventrale 
Austrittsstelle  in  der  Oblougata  haben,  übereinstimmend  mit  den  ventralen  Wurzeln 
des  Rückenmarkes,  und  von  den  sensiblen  AVurzeln,  wenn  diese  vorhanden,  weit 
getrennt  sind,  während  die  viszeralen  motorischen  Fasern  mit  den  Hinterwurzel- 
fasern  die  Oblongata  verlassen. 

Während  bezüglich  der  spino-okzipitalen  Nerven  (des  Hypoglossus)  und  be- 
züglich des  N.  abducens  und  N.  oculomotorius  kein  Zweifel  über  ihre  somatomo- 
torisehe  Natur  besteht,  weil  alle  in  obigen  Zeilen  erwähnten  Kennzeichen  dersel- 
ben vorhanden  sind  und  mit  einander  übereinstimmen,  und  ebensowenig  der  ur- 
sprünglich viszerale  oder  brauchiale  Charakter  des  Aeeessorius,  Vagus,  Glossopha- 
ryngeus,  Facialis  und  Trigeminus  bezweifelt  werden  kann,  weil  auch  für  sie  alle 
obenerwähnten  Merkmale  branehialer  Nerven  übereinstimmen,  ist  dies  mit  dem 
Trochlearis  anders  bestellt.  Die  Herkunft  des  Muskels,  welchen  er  innerviert,  des 
(^bliquus  superior,  ist  keineswegs  sieher.  Die  meisten  Autoren  nehmen  an,  daß 
dieser  Muskel  dem  perichordalen  (also  myotomalen)  Abschnitt  des  zweiten  Myomers 
entspricht.  Es  gibt  jedoch  auch  solche,  die  ihn  aus  der  Visy.eralplatte  desselben 
Myomers  herleiten  möchten. 

Können  wir  also  auf  Grund  dessen  nicht  zu  einer  sichern  Entscheidung  kom- 
men, so  spricht  die  laterale,  sogar  dorsolaterale  Lage  seines  Kernes  bei  Petromyzon 
(Fig.  20S)  und  der  überall  sich  zeigende  dorsale  Austritt  der  Wurzel  zweifellos 
zu  Gunsten  eines  viszeralen  Charakters  jenes  Nerven,  während  schließlich  auch  noch 
von  einigen  Autoreu  (Hopfmann  und  PLiTT)  Ganglienzellen  ')  in  ihrem  Yerlaul'e 
wahrgenommen  sind,  welche  darauf  hin  zu  deuten  scheinen,  daß  in  ihm  Reste  von 
sensiblen  (also  auch  Dorsal wurzel-)   Fasern  vorkommen. 

Hierzu  kommt  nun  noch  die  sehr  interessante,  von  Bok  entdeckte  Tatsache, 
daß  der  Nerv  zu  denjenigen  Nerven  gehört,  deren  Axonen  zuerst  auswachsen,  in 
der  Reihe  der  viszeralen  Nerven. 


')  Von  den  Gegnern  der  Lehre,  daß  der  Trochlearis  ein  viszeraler  Nerv  sei,  werden 
diese  Zellen  zwar  anerkannt,  aber  als  emigrierende  Sciicidcuzellen  gedeutet.  Ihr  nervöser 
Charakter  scheint  aber  nicht  zweifelhaft. 


DIE    KOPFMÜSlCrLATtn    Vd.X    AMl'IIIOXUS    UND    IHKK    H0MOU)UA.  455 

Das  periphere  Wachstum  der  Xerveuwiirzeln  erfolgt  nämlich  so,  daß  die 
viszeromotorischen  Wurzeln  etwa  20 — 24  IStiiudeu  eher  auswachsen  als  die  sDinato- 
motorischeu  Wurzeln,  i)  und  innerhalb  jeder  Grruppe  das  Auswachsen  so  geschieht, 
daß  die  oralsten  "Nerven  derselben  Gruppe  zuerst  auswachsen. 

Wäre  nun  der  Trochlearis  ein  somatischer  Nerv,  so  müßte  er  später  aus- 
wachsen als  der  Oculomotorius,   weil  er  kaudal  davon  liegt. 

Er  wächst  aber  bedeutend  eher  aus  und  eröffnet  die  Keihe  des  Auswachsene 
der  viszeromotorischen  Nerven,  während  der  Oculomotorius  erst  bedeutend  später, 
das   Auswachsen  der  somatomotorischen  Wurzeln   eröfinet. 

Wir  finden  somit,  daß  alle  drei  Merkmale,  welche  wir  für  den  Nerven  selber 
haben,  um  seinen  Charakter  zu  bestimmen:  Auswachsungsmoment,  Austrittsrichtung 
aus  dem  Gehirn  und  dorso-laterale  Kernlage,  alle  zu  Gunsten  der  Deutung 
sprechen,  daß  der  Trochlearis  der  Kranioten  ein  viszeromotorischer  Nerv  ist  und 
nicht,  wie  in  allgemeinen  angenommen  wird,  ein  somatomotorischer  Nerv.  Wir 
müssen  dann  aber  annehmen,  daß  das  Myotom  des  zweiten  Myomers,  welches  bei 
Amphioxus  vorhanden  ist,  bei  den  Kranioten  eine  andere  Funktion  erhielt  wie 
dasjenige  der  Obliquusbildung,  oder  daß  es  verloren  ging.  Hierüber  sind  nähere 
Untersuchungen  abzuwarten.  Das  Problem  des  Trochlearis  bleibt  also  vorläufig 
noch  ein  Problem,  obschon  vieles  darauf  hinweist,  daß  der  Trochlearis  der  Kranioten 
etwas  anderes  innerviert  als  das  zweite  Myotom  von   Amphioxus. 

Was  die  allgemeine  Einleitung  zu  diesem  Kapitel  betrifft,  möchte  ich 
es  hierbei  bewenden  lassen. 

Nur  noch  einige  Worte  zur  Erläuterung  der  in  diesem  Kapitel  vor- 
kommenden Diagramme. 

Dieselben  sind  hergestellt,  um  die  sagittale  Topographie  der  motorischen 
Kerne  anzudeuten,  also  ihre  Lage  zu  einander  in  der  Längsachse  des 
Stammes  und  ihre  Lage    in   Bezug   auf   die   Eintrittsstelle    ihrer    Wurzeln. 

Diese  sagittale  Lage  ist  dargestellt  auf  Grund  von  Zählungen  der 
Schnittenzahl  in  Frontalserien,  ist  also  in  dieser  Hinsicht  mathematisch 
korrekt. 

Die  obere  Grenzlinie  eines  jeden  Diagranuiies  stellt  den  Boden  des 
Ventrikels  dar,  die  untere  die  Basis  der  Medulla  oblongata  und  des  Mittel- 
hirns, welche  beide  gestreckt  gedacht  sind. 

Nun  liegen  die  motorischen  Kerne  der  Oblongata  nicht  in  derselben  sagit- 
talen  .Fläche,  weil  die  viszero-motorische  Reihe,  wie  bereits  gesagt,  bei  aus- 
gewachsenen Kranioten  meistens  lateraler  liegt  als  die  somato-motorische 
Reihe. 

Doch  ist  jeder  Kern  so  eingezeichnet,  wie  er  in  seiner  eigenen  Sagittal- 
tläche  projiziert  werden  kann.  Ich  müßte  daher  eigentlich  zwei  Diagramme 
für  jedes  Tier  geben,  eins  für  die  viszeromotorischen  und  eins  für  die 
somatomotorischen  Kerne.  Da  jedoch  die  Topographie  der  sämtlichen 
viszero-  und  somatomotorischen  Kerne  zu  einander  dann  nicht  so  leicht 
zum  Ausdruck  kommen  würde,  sind  diese  beiden  Flächen  aufeinander 
gelegt  gedacht  und  in  einen  Rahmen  eingezeichnet. 


')     Dieser  Unterschied  ist  ein  sehr  großer,  wenn  man  bedenkt,  daß  das  Auswachsen 
in  4  Tagen,  also  in  nur  4   X   24  Stunden  vor  sich  geht. 


456 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    ZYKLOSTOMEX. 


Meine  Mitarbeiter  und  ich  haben  in  \'ieljährigen  Untersuchungen  die 
Erfahrung  gemacht,  daß  diese  Art  der  Darstellung  die  einleuchtendste  ist 
und  sich  am  besten  eignet  zu  Vergleichungen. 

Nach  diesen  Auseinandersetzungen  werde  ich  jetzt  dazu  übergehen, 
den  Bau  und  die  Lage  der  effektorischen  Zentren  bei  den  Hauptklassen 
der  Kranioten  zu  skizzieren  und  dabei  anfangen  mit  den  Zyklostomen. 

Das  motorische  System  der  Zyklostomen 

Das  Verhalten  der  motorischen  Kerne  ist  bei  den  beiden  Ordnungen 
der  Zyklostomen :  den  Petromyzonten  und  den  Myxinoi'den  sehr  verschieden 
(vergl.  Fig.  205 :  Petromyzon  und  Bdellostoma). 

Ich  werde  zuerst  die  mehr  primitive  und  komplettere  Anordnung  bei 
Petromyzon  beschreiben  und  dann  einiges  von  dem  stark  reduzierten  Ver- 
halten der  Myxinoi'den  erwähnen. 

In  dem  kaudalen  Abschnitt  der  Oblongata  von  Petromyzon  marinus 
kann  man  ohne  Mühe  zwei  Zellsäulen  unterscheiden:  eine  dorsomediale 
und  eine  dorsolaterale  Zellsäule.  Beide  bestehen  aus  großen  multipolaren, 
reichlich  mit  Dendriten  versehenen  Elementen.  Die  Zellen  der  dorsomedialen 
Säule  (Fig.  202)  unterscheiden  sich  von  denen  der  dorsolateralen  Reihe 
(Fig.  203)  dadurch,  daß  sie  einen  mehr  polygonalen  Bau  haben.  Durch- 
schnittlich sind  sie  vielleicht  auch  etwas  größer,  obschon  auch  unter  den 
dorsolateralen  Elementen  ganz  große  vorkommen. 


Fig.  202.  Spino-okzipitaler  Kern 

von  Petromyzon  (Schnitt 

durch  den  Calanuis). 


Fig.  203.  Vaguskern  von  Petromyzon 
(etwas  frontaler  als  Fig.  202). 


Die  dorsomedialen  Elemente,  welche  hier  gemeint  sind,  entsenden  ihre 
Wurzelfasern  ventralwärts  in  den  spino-okzipitalen  Nerven  i) ;  die  dorso- 
lateralen   Zellen   sind    die  Ursprungszellen  des  lateral  austretenden  Vagus. 

Die  ersteren  bilden  die  direkte  Fortsetzung  der  Vorderwurzel-Zellsäule 
des  Rückenmarks. 

Eine  hintere  Grenze  ist  dadurch  an  dieser  Zellreihe  nicht  festzustellen. 


')  Da  bei  den  Zykiüstoriien  noch  praniandibuläre  Segmente  vorkommen,  ist  die 
Homologie  dieser  Nerven  mit  derjenigen  dei-  IMagiostoiiien  niilit  ganz  richtig.  Daher  die 
griechischen  Buchstaben,  statt  lateinischen,  in  den  Diagiammen. 


DAS    MOTORISCHE   SYSTiar    DER    ZYKLOSTOMKN. 


457 


Auch  wäre  es  uielit  leicht,  die  vordere  (Frenze  mit  völliger  Sicherheit 
anzugeben,  wenn  man  hloß  auf  die  Zellen  selhcr  achten  wollte.  Die  ZcUsäule 
doch  ist  mit  retikulären  Zellen  (Fig.  298)  durchsetzt,  deren  Achsen/.ylinder 
nicht  in  die  spino-okzii>italen  Wurzeln  übergehen,  sondern  in  absteigender 
Richtung  intraniedullär  verlaufen. 

Es  sind  die  primitiven  Homologa  von  sekundären  retikidären  Zellen, 
welche  hier,  entsprechend  dem  einfachen  Charakter  der  Oblongata,  noch 
eine  peripend^'male  Lage  einnehmen. 

Während  nun  die  spino-okzipi- 
tale  Wurzelzellsäule  frontalwärts 
bald  aufhört,  setzen  diese  Elemente 
sich  weiter  fort  (Fig.  204). 

Die  Grenze  der  spino-okzipi- 
talen  Säule  kann  dadurch  nur  be- 
stimmt werden,  indem  man  die 
Fasern  der  spino-okzipitalen  Wur- 
zeln verfolgt. 

Diese  lassen  sich  von  ihrer 
Austrittsstelle  in  der  Ulflongata  in 
dorsaler    und     frontaler     Richtung 

verfolgen  zu  ihren  Ursprungszellen,  woraus  hervorgeht,  dai)  die  spino- 
okzipitale  Zellsäule  sich  also  etwas  frontal  von  dem  Wurzeleintritt  der 
entsprechenden  Nerven  ausdehnt,  wie  wir  es  weiter  unten  in  noch  höherem 
Maße  bei  den  Selachiern  und  Teleostiern  wieder  finden  werden. 

Die  Ausdehnung  dieser  Säule  und  ihre  Lage  in  Bezug  auf  die  viszerale 
Säule  ist  in  dem  nebenstehenden  Diagramm  von  Petromyzon  verdeutlicht 
(Fig.  205  B). 

Daraus  ergibt  sich,  daü  die  spino-okzipitalen  Zellen  und  ihre  Wurzeln 
eine  sehr  kaudale  Lage  einnehmen.  Namentlich  ein  Vergleich  mit  den 
später  zu  beschreibenden  Tieren  macht  dies  deutlich  (farbige  Tafel  II). 


Spino-okz.  Zol 

Fig.  204.     Sagittalschnitt  (medial)  iluich 
die  spino-okzipitale  Zellsäule. 


Die  viszerale  Zellreihe  von  Petromyzon  teilt  sich  (Fig.  206)  in  zwei  Cirup- 
pen,  die  durch  eine  deutliche  Lücke  (zwischen  Facialiswurzel  und  (ilosso- 
pharyngeus Wurzel)  getrennt  sind. 

Die  hintere  Gruppe  enthält  die  Wurzelzellen  des  Glossopharyngeus  und 
des  \"agus. 

Ob  wir  in  den  hintern  P'aseru  des  letztern  auch  Aecessoriuselemente  erblicken 
dürfen,  hängt  davon  ab,  ob  die  Myologie  irgend  einen  Muskel  des  Kiemen-resp. 
iSchultersystems  dieses  Tieres  dem   M.  trapezius  homolog  erachtet. 

Da  letzteres  bis  jetzt  nicht  mit  Sicherheit  ausgemacht  ist,  muß  auch  die  Frage 
eines  Accessorius-Kernabschuittes  für  Petromyzon  vorläufig  noch  als  unbeantwortet 
betrachtet  werden  1). 


')    Teil  iiiiili  liier  erwähnen,  ilali  Tiietj.vkoff  bei    Ammucoetes  von  einem  N.  aixes- 
sorius  spiiclit,  ohne  dies  jedoch  myologisch  zu  begründen. 


458 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    ZYKLOSTOMEN. 


Wie  aus  dem  Diagramm  hervorgeht,  erstreckt  sich  die  liintere  viszerale 
oder  IX — X-Zellsäule  von  einer  frontal  vom  IX  Wurzeleintritt  liegenden 
Distanz  bis  zu  einer  Distanz  hinter  dem  letzten  Vaguswurzel-Eintritt. 


=  nucl.6  rad  HI 
=  nucl.a-  rad.Yn 


(•'•~k>  •'«'•'•'•'4 

=  nucl.<5  rad.r/     ^ffiffissä-nucl  &  rad.Y 
=  nucl.K     nuci  /'' 


<^^  =  nucI  71 
=  nucI  &  rad  occ. 


J^j 


=  nucl.  6  rad  spin        l  =  calamus  scnptonus 

F"ig.  205  X.     Zeichenerklärung. 

L 


^•••••* ••^^SV'  "■■■-■"■ -■•■■■-1 

»•••••  •  ••H. /«■■:-:■:-"■*■■  ■:■■■■■■ 

^>  «»•»••  »«Mi^  ■  .yf •■'■:•::•::-.:':  ':-:J 


jMMJMwwMWggeiggaa 


Fig.  205  B.    Petromyzon  luarinus  L.  (Kappers  (33)). 


I    fö  •  •  •  •  •  •  #1*  •  •  •  ••:--:i.-;-:-:'  ■;■!•:-  ■>:■:■ 

■     [•••  •••••;[•••••;- -V ?-  --■-^■» 


TH 


XV 


^«^^^x 


Fig.  205  0.     Bdellostotna  Dombey  Lacep.  (Black). 

Fig.  205..   Diagrauinjatiiiche  Darstellung  des  topographischen  Verhaltens  der  motorischen  Wurzel 

und  Kerne  bei  zwei  Zyklostomen. 

Die  Vordergrenze  der  hintern  Säule  ist  genau  zu  bestimmen;  bei  der 
hintern  Grenze  ist  dies  schwieriger.  Man  geht  aber  wohl  nicht  fehl,  wenn 
man  annimmt,  daß  sich  der  Vaguskern  kaudalwärts  etwa  so  weit  aus- 
dehnt, wie  es  dem  frontalen  Anfang  der  spino-okzipitalen  Zellsäule 
entspricht.  Johnston  gibt  den  Calamus  scriptorius  (Pfeil  des  Diagrammes) 
als  Grenze  an,  was  mit  dieser  Annahme  niclit  in  Streit  ist. 

Die  Grenze  zwischen  den  Glossopharyngeuszellun  und  den  \'aguszellen 
ist  nicht  scharf  markiert.  Der  Übergang  ist  ein  allmählicher,  wenngleich 
perlschnurartige  Verdüimungen  der  Zellsäule  an  der  Stelle  nicht  selten  sind. 

Die  ganze  Säule  hält  eine  dorsale  Lage  ein. 


.'j)     Dieselbe   Schraflierung   deutet    auch    den  Accessorius  Kern  an,  wo  er  vorkommt. 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    ZYKLOSTOMEN. 


459 


-^^^^^i».. 


Irgend  eine  Andeutung  von  ventralei-  Verlagerung  ist  nicht  zu  sehen. 
Ihre  Dendriten  dehnen  sich  aljer  in  vielen  Richtungen  aus.  Einige  größere 
hegeben  sich  in  hiteraler  und  ventro-lateraler  Richtung:  ein  Beweis,  dai^ 
die  Ausläufer  diesei;  Zellen  bereits  die  Reize  ventrolateraler  Fasersysteme 
empfinden,  welche  wohl 
liauptsächHch  durch  Ver- 
ästelungen der  Trigemi- 
nuswurzel  und  der  diesen 
sich  anlegenden  Hautfasern 
der  andern  Kiemenbogen- 
nerven  gebildet  werden. 

Die  vordere  viszerale  Zell- 
säule (Fig.  206)  enthält  in 
ihrem  hintern  Abschnitt  den 
VII-Kern  iFig.  207),  in  dem 
vordem  den  V-Kern. 

Es  ist  nicht  unwahr- 
scheinlich,    daß     zwischen 

beiden  Zellen  liegen,  welchen  der  Abducens  seinen  Ursprung  verdankt; 
denn,  wie  bekannt,  gehen  die  Fasern  der  Abducenswurzel  intrakraniell  und 
intrazerebral   mit   der  ^^-wurzel    zusammen   und  lassen  sich  in  der  Oblon- 


Fig.  206.    Sagittalschnitt  (lateral  von  Fig.  204) 

von  Petromyzon  marinus.  Die  hintere  und 

vordere  viszerale  Zellsäule. 


[ 

'     A 

N.  lat.ant. 

'\ß 

R.  sup. ■ 

"TTä- 

l 

N.VIII  1 

dors.     \ 

N.VII- 


m' 


•i'.Si 


v<. 


-—Nil  Vir  in. 


Fig.  207.     Motorischer  Facialis-Kern  von  Petromyzon 
marinus.  Silber-Präparat. 


gata  auch  nielit  wieder  von  letzterer  trennen  (Tketjakoff:  Animocoetes). 
Es  ist  daher  wahrscheinlich,  daß  die  entsprechenden  Wurzelzellen  dem 
Trigeminuskern  einverleibt  oder  wenigstens  angrenzend  sind. 


460 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    ZYKLOSTOMEN. 


Wenn  dies  näher  bestätigt  wird,  haben  wir  darin  insofern  eine  inte- 
ressante Tatsache  zu  erblicken,  als  dann  in  diesem  Abschnitt  noch  eine 
wenig  scharfe  Trennung  zwischen  der  viszero-  und  somato-motorischen 
Säule  vorliegen  würde,  was  sehr  wohl  möglich  ist,  mit  Hinsicht  auf  das, 
was  wir  von  dem  primitiven  Verhalten  dieser  Säulen  wissen  (vergl.  S.  453). 
Wir  dürfen  übrigens  nicht  aus  dem  Auge  verlieren,  daß  in  der  vordem 
viszei'alen  Säule  der  Oblongata  die  motorischen  Zellen  eine  weit  größere, 
breitere  Strecke  des  "\''entrikelbodens  einnehmen  als  in  der  hintern  viszero- 
motorischen  Säule.  Während  sie  sich  in  der  letztern  auf  die  dorsolaterale 
Region  beschränken,  treten  sie  in  der  vordem  Region  viel  nährer  an  die 
Medianlinie  heran  und  schon  auf  Grund  dessen  ist  es  nicht  auszuschließen, 
daß  die  mehr  medianwärts  gelegenen  Elemente  dieser  Säule  tatsächlich 
somatomotorische  wären,  dem  Abducens  zugehörend.  Von  einer  scharf 
gesonderten  Abducens-Gruppe  ist  hier  aber  jedenfalls  keine  Rede. 

Der  Facialis-Kern  von  Petromyzon  liegt  ganz  dorsal  auf  dem  Niveau 
des  VII- Wurzel-Eintrittes  und  dehnt  sich  etwas  kaudalwärts  davon  aus. 
Dies  ist  die  primitivste  Lage  jenes  Kernes  (Fig.  207),  die  uns  nur  deshalb 
wundert,  weil  wir  mehr  an  die  außerordentlich  komplizierten  und  sekundär 
veränderten  Verhältnisse  bei  Säugern  gewöhnt  sind. 

Der   Kern   stellt   bei    Petromyzon    ein   einheitliches  Gebilde    mit   dem 

Trigeminus-Kern  dar  (nur  dann  und  wann  durch  eine   große    MüLLER'sche 

Zelle    davon   getrennt)   Dieser   Zusammenhang   beruht  wohl  auf  dem  Ura- 

Nu.  IV.  Stande,    daß    die    motorische    ^'11, 

zusammen  mit  der  motorischen 
V-Wurzel  einen  erheblichen  Anteil 
an  der  Innervierung  der  Muskula- 
tur der  sogenannten  „Zunge"  der 
Zyklostomen  nimmt,  deren  Sensibi- 
lität hauptsächlich  durch  den  Trige- 
minus  sorgt  wird. 

Der  Trigeminus-Kern  hält  eben- 
falls seinen  dorsalen  Platz  inne, 
und  von  einer  ventralen,  bezw.  ven- 
trolateralen  Verschiebung  ist  auch 
hierbei  keine  Rede.  Der  Kern  liegt 
genau  so  wie  der  in  Fig.  207  abgebildete  Facialis-Kern,  nur  sind  seine 
Elemente  etwas  größer. 

Die  Augenmxiskelkerne  des  Trochlearis  und  Oculomoiori.us  zeigen  beim 
Neunauge  Eigentümlichkeiten,  die  für  unsere  Kenntnis  jener  Nerven  von 
größtem  Interesse  sind.  Der  Trochleariskern  liegt  nicht,  wie  bei  den  meisten 
Tieren,  ventral  vom  vierten  "N'entrikel,  sondern  dorsal  davon  im  Velum 
anticum  cerebelli  (Fig.  208),  oberhalb  des  Sulcus  limitans  und  hinter  seinem 
eigenen  Wurzelaustritt,  etwa  in  dem  Areal  des  Trigeminuseintrittes  (vergl. 
das  Diagramm,  Fig.  205  B).  Est  ist  eine  ganz  auß'allende  Tatsache,  daß  der 


Fig.  208.   Tiochleariskern  von  Petromyzon 
niarinus.  Kombinierte  ZeichnunK. 


PAS    MOTORTSf'IIK    SYSTKXr    DKR    ZYKI.OSTOMKX.  461 

Kern  nälier  beim  Tiia^eininuskern  als  beim  Oculomotoriuskeru  liegt,  was 
aber  völlig  in  G'bereinstimmung  mit  dem  von  Hof.manx  bei  Acanthias 
gemacbten  Befunde  ist,  daß  der  M.  obliquus  superior  der  Trigeminus-Mus- 
kulatur  entstammt  und  die  Trochleariswurzel  sich  vom  Trigeminus  sekundär 
abspaltet  (der  ihn  bei  Amphibien,  s.  d.,  wohl  einmal  zu  vertreten  scheint). 
Außerdem  ist  es  in  völliger  Cbereinstimming  mit  der  BoK'schen 
Deutung  des  Trochlearis  als  viszeralen  Nerven  (S.  455. )■ 

Der  Oculoynotoriuskern  besteht  aus  zwei  Zellanhäufungen,  die  bei  dem 
einen  Tiere  derselben  Art  mehr  getrennt  bleiben,  bei  dem  andern  (in  dem 
im  Diagramm  wiedergegebe- 
nen Falle)  fast  ganz  ineinan- 
der übergehen.  —  (Fig- 
209).  — •  Die  dorsale  Gruppe, 
welche  sich  mehr  kaudalwärts 
ausdehnt,  Viesteht  aus  etwas 
größern  Zellen  als  die  ven- 
trale Gruppe. 

Es  haben  sich  Stimmen  dafür  ^'S-  2"^-     Oculomotoriuskern  von 

erhoben,  den  ventralen  Kern  nicht  Petromyzon   mannus. 

zum  Oculomotorius- Wurzelkern  zu 

rechnen.  Tretjakoff  z.B.  gibt  mit  ziemlich  großer  Bestimmtheit  a,n,  daß  die  Achsen- 
zylinder des  ventralen   Kernes  nicht  in  die  Wurzel   hineingehen' 

Die  meisten  Autoren  behaupten  dagegen,  daß  letzteres  wohl  der  Fall  sei,  und 
die  Tatsache,  daß  der  ventrale  und  der  dorsale  Kern  in  einem  Falle,  wie  dem 
hier  abgebildeten,  so  gleichmäßig  ineinander  übergehen,  während  der  ventrale  Kern 
in  seiner  Lage  ganz  dem  Wurzelaustritt  des  HI.  entspricht,  läßt  vermuten,  daß 
der  ventrale    Kern  dem  Oculomotorius-Komplcx  zugerechnet  werden  muß. 

Nähere   Untersuchungen  sind   hier  aber  notwendig. 

Myxinoiden. 

In  dem  stark  reduzierten  Gtehirn  der  My.rinoiden  fehlen  verschiedene  Nerven. 
So  ist  bei  der  gänzlichen  Reduktion  der  Augen  keine  Spur  von  Augenmuskelkernen 
vorhanden  (Sanders,  Holm  u.  A.).  Auch  ist  es  so  gut  wie  sicher,  daß  der  motorische 
Glossopharyngeus  hier  nicht  voriianden  ist  und  vielleicht  auch  der  erste  eigentliche 
Vagusast  fehlt  (Johnston,  Eöthig,  Black). 

Dabei  ist  das  Gehirn  von  Mysine  (auch  dasjenige  von  Bdellostoma;  Black) 
in  frontokaudaler  Richtung  sehr  komprimiert  (Fühbuinueh).  Letzteres  ist  auch  wohl 
Ursache,  daß  man  aus  den  Diagrammen  den  Eindruck  bekommen  könnte,  als  dehne 
sich  die  spino-okzipitale  Zellsäule  bei  diesem  Tiere  weiter  nach  vorn  aus  als  bei  Petro- 
myzon. Diese  Kompression  ist  auch  Ursache,  daß  die  Verkürzung  der  vorderen  Spitze 
der  hinteren  viszeralen  Säule  nicht  in  dem  Diagramme  zum  Vorschein  tritt  und  diese 
Säulen  in  der  Rekonstruktion  von  Petromyzon  und  Bdellostoma  fast  zusammenfallen. 

Da  wir  aber  wissen,  daß  die  Zahl  der  hinteren  Kiemenbogen  hier  größer  ist  als  bei 
Petromyzon,  während  der  Glossopharyngeus  hier  fehlt,  ist  es  wahrscheinlicher,  anzu- 
nehmen, daß  Redaktion  an  der  Vorderspitze  von  einer  Apposition  an  dem  hinteren  Ende 
ergänzt  ist,  umsomehr,  da  das  Verhalten  des  hintern  Endes  der  Vagussäule  zur  spino- 
okzipitalen  Säule  bei  Bdellostoma  für  eine  Verlängerung  in  kaudaler  Richtung  spricht. 


462 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    ZYKLOSTOMEX. 


driingung,   welche    das    fTehirn    veii  hinten    her    i'i'fahren 

^m/mmjj^^/^  '    ' 

1                 ^^s^ 

Fig.  210« 

1                    1 
1                    1 

L 

210  h. 


Fio.  210«. 


Fig.  210  h, 


Hinterer  Abschnitt  der  Oblongata 

von  Petromyzon. 
Hinterer  Abschnitt  der  Oblongata 
von  Myxine;  nach  Röthig. 


Diese  Yerrnntung  wird  nun  bestätigt,  wenn  man  bei  Mt/jcine  die  Zusammen- 
hat, redressiert  und  die 
vorderen  Grenzen  der 
spino-ükzipitaleu  Ner- 
ven untereinander  stellt 
(Fig.  210«  und  2105), 
wie  RöTHiG  es  tat. 

Es  stellt  sieh  dann 
heraus,  daß  die  Verkür- 
zung, welche  die  hintere 
viszerale  Säule  bei  Myxi- 
ne aufweist,  hier  sicher 
den    vorderen,  d.  i.  den 

Glossopharyugeus- Ab- 
schnitt, betrift't. 

Eine  andere  Diffe- 
renz mit  Petromyzon  zei- 
gen die  Myxinoiden  dar- 
in, daß  alle  viszeromoto- 
rischen  Zellen  eine  viel 
ventralere  Lage  haben. 
Tritt  dies  sehou'in  der 
Vagussäule  hervor,  so  ist 
es  noch  auffallender  in 
der  Zellmasse,  welche 
dem  Trigeminus  und  dem 
Facialis  ihren  Ursprung 
gibt.  Die  vordere  viszerale  Säule,  ans  der  diese  Nerven  entstehen,  hat  eine  ganz 
ventrale  Lage  angenommen  und  liegt  an  der  grauen  Substanz  der  sensiblen  des- 
zendierenden Trigeminuswurzel  entlang  (Fig.  211)  (Röthig,  Myxine;  Black, 
Bdellostoma). 

Facialisivurzel  und  -Jcern 
sind  nicht  groß.  Auch  die 
Ursprungszellen  selber  des 
VII  sind  etwas  kleiner  als 
diejenigen  des  Trigeminus. 
Sie  liegen  in  dem  kaudal- 
sten  Abschnitt  des  hintern 
Trigeminuskernes.  Der  Tri- 
geminus selber  weist  zwei 
deutlich  getrennte  moto- 
rische Wurzelbündel  auf, 
welche  jedes  zu  einem  mehr 
oder  weniger  getrennten 
Kern  ziehen,  von  denen  der 
vordere  der  größte  ist  (Fig. 
205  C),  während  der  hintere 
auch  V  die  Ursprungszellen 
des  Facialis  enthält. 

Der  große  Unterschied,  welchen  Myxine  und  Bdellostoma  im  Vergleich  mit 
Petromyzon  aufweisen,  liegt  außer  in  der  obenerwähnten  Reduktion  verschie- 
dener   motorischer    Wurzeln   (III,   IV,   VI,   IX)   und   in    der  kaudalen   Kompression 


/ 


Spin.-okz. 
Zellsäule. 


Fig.  21'!.     Seitlicher  Sagittalschnitt  durch  die 
Oblongata  von  Myxine  glutinosa;  n.  Röthig. 


DAS    MOTORISCHE    SYSTKM    MKK    IM.AOIOHTOMEN. 


463 


des     Gehirnes     auch     in     der     geringern    Entwicldiing    viszeral-sensibler    Systeme. 
Padureh  hat  die  hier  gerade  hv[)ertrophierte  sen8il)le  deszendierende  Trigeminus- 

wurzel    einen    so  überwiegenden   Eindiil!  auf  die  reilektorische  Tätigiseit  und  somit 

auf  die  Topographie  der  moto- 
rischen Zentren,  'daß  diese  fast 
gänzlich  dem  Verlaufe  der 
deszendierenden  Quiutusvvurzel 
entspricht. 

Diese  Tatsachen  sind  aiu-li 
in  völliger  Übereinstimmung 
mit  der  -parasitischen  Lebens- 
weise dieser  Tiere,  welche  sich 
mit  ihrem  Saugmunde  an 
n.ihrungshaltige  Objekte  fest- 
heften und  im  Dunklen,  mei- 
stens- in  ziemlich  großer  Tiefe, 
leben  (Ateüs  und  Woething- 
ton). 


Fig.  212.     Acanthias  acanthias  (L.) 
nach  "V.\N  per  Horst. 


Als  Beispiele  der  Anordnung  der  motorischen 
Elemente  bei  den  Plagiostomen  gebe  ich  hier 
verschiedene  Rekonstruktionen  von  Haien  und  Rochen.  (Fig.  212,  214 
und  220). 

Daraus  geht  Folgendes  hervor : 

Die  spino-okzipitale  Zellsäule,  welche  sich  im  Zervikalmark  selber  etwas 
mehr  ventralwärts  ausdehnt,  fängt  bereits  kurz  hinter  dem  Calamus  scrip- 
torius  an,  siali  etwas  mehr  auf  die  dorsomediale  Region  zu  beschränken. 
Es  scheint,  daß  die  mediozentralen  Zellen  des  Rückenmarks  sich  am  weitesten 
frontalwärts  ausdehnen  (Fig.  212). 


5 N.  acc. 


Fase.  sol. 


464  DAS    MOTORISCHE   SYSTEM    DER    PLAGIOSTOMEN. 

Ob  die  zwei  vordersten  Wurzeln  von  Petromyzon  («  und  ^i)  homolog 
sind  mit  den  zwei  vordersten  von  Heptanchus  und  Hexancbus  {w  und  x)  ist 
zweifelhaft,  weil  bei  den  Petrom_yzonten  noch  praemandibuläre  Segmente 
vorkommen  sollen.  Jedenfalls  treten  die  mit  lateinischen  Buchstaben  an- 
gegebenen Wurzeln  bei  den  Plagiostomen  durch  das  protomer  vergrößerte 
Cranium  aus,  was  bei  den  Petromyzonten  mit  den  mit  griechischen  Buch- 
staben bezeichneten  Wurzeln  nicht  der  Fall  ist,  weil  das  Cranium  dort  hinter 
der  Ohrblase  abschließt.  Die  mit  lateinischen  Buchstaben  versehenen  (w,  x, 
y,  z)  Wurzeln  und  deren  Kerne  gehören  den  occipitalen  Nerven  Furbrin- 
ger's  an.  Ihre  Zahl  ist  verschieden  bei  den  Haien,  und  bei  den  Rochen 
(vergl.  Fig.  220)  fehlen  sie.  Dort  treten  alle  kaudalen  ^^entral-Wurzeln  hinter 
dem  Cranium  aus.  In  wieferne  diese  topographischen  Differenzen  auch 
mit  intrinsiken  Unterschieden  zusammen  gehen,  inwiefern  also  die  Abwe- 
senheit von  okzipitalen  Nerven  (wie  bei  den  Rochen  und,  wie  wir  später 
sehen  werden,  bei  den  Teleostiern)  stets  mit  einem  entsprechenden  Schwund 

peripherer  Muskeln  zusam- 
mengeht, ist  nicht  in  jedem 
Falle  gleich.  Wohl  wissen 
wir  aber,  daß  mit  der  Ver- 
kürzung des  Zervikalgebie- 
tes,  welche,  bei  jenen  Tieren 
vorliegt  tatsächlich  Skelett- 
und  Muskelreduktionen  zu- 
sammengehen. Für  weitere 
Nu\cc.  Details    dieser    Frage    ver- 

Fibr.  arc.  ext.  /  w ,    '  •     „  weise  ich  nach  der  Arbeit 

Oliv.  ini.  Nu.  spino-occ. 

Fükbeingkr's  und  nament- 

Fig.  213.     Querschnitt  durch  die  Calamus-Gegend         lich   auch   nach  der  vorzüg- 

von  Galeus  canis.  liehen  Darstelling  von  van 

DER  Horst  (s.  auch  S.  474). 

Die  Lage  der  vorderen  okzipitalen  Zellsäule  ist  in  Fig.  213  wiedergegeben. 

Die  hintere  viszerale  Säule  der  Plagiostomen  unterscheidet  sich  prinzipiell 

von  derjenigen  des   Neunauges,   indem    auch   der   Facialiskern   — •    welcher 

beim  Neunauge  in  der  vordem  viszeralen  Säule  liegt  —  sich  hier  der  hintern 

Säule  angeschlossen  hat(Fig.  212,  214  und  220). 

Die  Gründe  hierfür  sind  die  mächtige  Entwicklung  des  Geschmacks- 
sj'stems  der  sensiblen  VII-,  IX-  und  X-Wurzel  und  die  Endigung  der 
sensiblen  VII- Wurzel  in  dem  gemeinschaftlichen  sensiblen  VII — IX-Keru 
auf  dem  Niveau  des  IX-Wurzeleintrittes,  wie  ich  in  einem  vorigen  Kapitel 
(S.  283)  ausführlicher  beschrieben  habe. 

Da  die  große  sensible  Wurzel  des  XII  bei  den  Haien  in  dem  sensiblen 
IX-Kern  endet,  ist  das  Hauptreflexzentrum  des  motorischen  ^'H-Kernes 
nach  hinten  verlegt.  Dies  hat  die  Verlagerung  des  motorischen  \'II-Kernes 
und    seinen  Anschluß  an  die  motorische  Glossopharyngeussäule  zur  Folge 


DAS    MOTORI.SCIIK    SYSTKM    DER    PLAOIOSTONriON. 


4(; 


Daß  den  GeschmacksreHexen  diese  Kolle  zukommt,  wird  lüelit  nur  dureli 
(las  Unterbleiben  dieser  Verlagerung  bei  Petromj'zon  bewiesen,  wo  der 
kaudale  Geschmackskern,  wie  früher  betont,  sehr  wenig  entwickelt  i.st, 
sondern  auch  durch  das  Verhalten  bei  den  Vögeln  (s.  S.  507). 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  durch  den  Anschluß  des  motorischen 
VII-Kernes  an  den  IX-Kern  die  hintere  viszerale  Zellsäulc  in  ihrem  vor- 
deren Abschnitt  verlängert  wird  im  Vergleich  zu  Petromyzon. 

Iw  '  1 


VI  ^ 

Fig.  214  A.     Heptanchiis  cinereus  (Gm.). 


m.  U^  iJJtA 


YI    K 

Fig.  214  B.     Hexanchus  griseiis  (Gm. 


y\  Vi 

Fig.  214  C.     Acantliias  acanthias  (L.). 

Fig.  214.     Diagrammatische  narstellung  des  topographischen  Verhaltens  dei-  motorischen 
Wurzeln  und   Kerne  bei  einigen  Haien,  n.  van   der  Horst. 

Der  horizontale  Schenkel  des  Facialiswurzelknies  ist  also  bereits  bei 
den  Haien  gebildet,  indem  sich  die  motorische  Facialiswurzel  von  ihrem 
Eintritt  in  die  Oblongata  zuerst  dorsomedialwärts  zum  Boden  des  Ventrikels 
wendet  und  dann  unterhalb  des  Ventrikelbodens,  meistens  im  Anschluß  an 
den  Fasciculus  longitud.  centralis  (Fig.  216:  r.  VII  m.),   kaudalwärts  läuft. 

Ein  absteigender  Schenkel  fehlt  aber  den  Haien,  denn  die  Vll-Zellen 
behalten  ihre  dorsale  Lage  bei,  obgleich  die  Tendenz  zu  ventrolateraler 
Wanderung  durch  die  Richtung,  in  welche  ihre  Hauptdendriten  auswachsen, 
und  auch  durch  die  Form  des  Kernes  angezeigt  sein  kann  (vergl.  Tafel  ITI). 


KAPrER.*. 


:'.() 


40(1 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DKK    PLAGIOSTOMEX. 


Der  Kern  ist  völlig  kontinuell  mit  dem  motorischen  Glossophiiryngeus 
und  Vaguskern  (vergl.  Fig.  214). 

Die  letztgenannten  Kerne  sind  genau  so  gebaut  wie  der  Facialiskern, 
nur  liegt  in  dem  Verlauf  der  Wurzelfasern  ein  Unterschied  vor,  indem 
diejenigen  des  Glossopharyngeus  auf  ihrem  Wege  manchmal  den  Facialis- 
kern durchqueren  und  außerdem  eine  ganz  kurze  Schlinge  machen  durch 
den  seitlichen  Abschnitt  des  Fasciculus  longitudinalis  centralis  (vergl.  Fig. 
215),  was  vielleicht  ein  Ausdruck  dessen  ist,  daß  die  ursprüngliche  Anlage 

dieser  viszeromotorischen  Zellen 
noch  mehr  medial  war,  als  sie 
im  ausgewachsenen  Tiere  scheint. 

Wir  werden  die  laterale  Lage 
in  auftallenderer  Weise  bei  den 
Eeptilien  und  Vögeln  finden  (vergl. 
Fig.  238  B  und  252),  während  der 
Wurzelverlauf  durch  den  Vll-kern 
bei  den  Teleostiern  eigentümliclie 
Folgen  mit  sieh  bringt  (S.  476). 

Die  hintere  Grenze  der  vis- 
zeralen Zellsäule  dehnt  sich  bei 
manchen  Haien,  namentlich  bei 
Hesanchus  (Fig.  214  B),  weiter 
aus  als  bei  den  Rochen  (Fig. 
220).  —  Bei  den  erstgenannten 
übertrifft  sie  auch  in  kaudaler 
Ausdehnung  die  Petromyzonten ; 
bei  Raja  ist  die  Ausdehnung 
etwa  gleich  der  bei  den  Petromy- 
zonten   (siehe    die    Diagramme) 


Fig.   215.     "VeHauf  der    motorischen   Glosso- 

jiharyDgeus  Wurzel  durch  den  motorischen 

"VIl-Kern  bei  Scj'llium. 


Die  Ursache  dieses  Unterschiedes  zwischen  den  Haien  und  Rochen  liegt 
vielleicht  in  manchen  Fällen  darin,  daß  die  erstgenannten  manchmal  einen 
Trapezmuskel  besitzen  und  daher  einen  N.  accessorius  und  die  Rochen  nicht. 

Ebenso  wenig  indessen  eine  Sonderung  des  Nervus  accessorius  vom 
Vagusstamme  bei  den  Fischen  vorhanden  ist,  ebenso  wenig  ist  eine 
Sonderung  des  XI-Kernes  von  dem  Vaguskern  dort  nachweisbar. 

Der  Abducens-Kern  der  Haie  besteht  aus  ziemlich  diffus  angeordneten 
großen  Elementen,  neben  dem  zentralen  Längsbündel  (f.  1.  p.)  zerstreut. 
Es  ist  meistens  schwer,  den  Kern  zytologisch  abzutrennen.  In  der  Mehrheit 
der  Fälle  muß  die  Wurzelfaserausdehnung  über  die  Grenzen  ihres  Ursprungs- 
gebietes Aufschluß  geben. 

Bei  allen  Haien  liegen  die  Zellen  sehr  dorsal,  und  ihre  Ausbreitung 
erstreckt  sich  etwa  über  das  mittlere  Drittel  der  Distanz  zwischen  VII- 
und  IX- Wurzeleintritt.  Entsprechend  dieser  Topographie  treten  die  Wurzel- 
fäden  etwa   in    der    Mitte    zwischen    VII-    und  IX- Wurzelniveau  aus  nahe 


DAS    >rOT0KISCHK    hSYSTKM    DICH    I>LA(;Tf )STOMRX. 


467 


der  Medianlinie  (wie  es  auch  bei  den  spino-okzipitalen  und  Riicken- 
markswurzeln  der  Fall  ist).  In  der  Oblongata  (Fig.  216)  steigt  die  Wurzel 
mit    einer   medialen  Konvexität  nach  oben  und  streift  die  seitliche  Partie 


Nuclells  VI. 


W(.t.  V-Kein 


Nervus  VI. 
Fig.  2i6.     N.  Abrlucens  hei  Acanthias.  f.  l.  p.  =  zentrale.s  Längsbümlel. 

des  zentralen  Längsbündels,  um  dann  ihren  Ursprungszellen  zuzustreben,  wie 
dies  namentlich  bei  Hexanchus  und  Acantliias  sehr  deutlich  ist. 

Die  dorsale  Lage  des  Abducenskernes  bei  den  Haien  hängt  zweifellos 
mit  der  enormen  Entwicklung 
der  dorsalen  vestibulären  (und 
optischen)  Reflexbahnen  zusam- 
men, welche  dem  Längsbündel 
bei  diesen  Tieren  seine  autiallend 
große  Ausdehnung  geben  (ver- 
gleiche Fig.  216). 

Es  ist  nämlich  autiallend, 
welch  einen  großen  Zuwachs  von 
zerebello-  und  octavomotorisohen 
(vestibulomotorischen)  Fasern, 
das  zentrale  Längsbündel  gerade 
an  der  Stelle  des  Abducenskernes 
empfängt.  Dies  erklärt  auch  seine 

kaudalere  Lage  zwischen  YIl-  und  IX-Niveau,  weil  dort  die   Vestibularis- 
kerne  am  meisten  entwickelt  sind  (N.  VIII). 

Der  Abducens  wird  dann  auch  wohl  als  die  funktionelle  Vorderwurzel 
des  Octavus  betrachtet,  obschon  er  ursprünglich  dem  Trigeminus-Neuroraer 
zugehört  (S.  452). 


Fig.  217.     Lage  de.s  motorisclien 
Trigemimis-Kernes  bei  Raja  clavata. 


468 


DAS    MOTORISCHE    SYSTKJf    DER    PLACtIOSTOMEX. 


Der  Trigeminuskern  zeigt  bei  allen  Plagiostomen  etwa  dieselbe  Anordnung 
(Fig.  217).  In  diesem  Kern  ist,  im  Gegensatze  zu  dem  Verhalten  bei  Petro- 
myzon,  die  Andeutung  einer  ventrolateralen  Verschiebung  bereits  deutlich 
vorhanden  (Fig.  217),  und  zwar  gilt  dies  für  fast  die  ganze  Länge  des  Kernes. 

Das  Grau  der  sensiblen  deszendierenden  Trigeminuswurzel  (deren 
dorsaler  Teil  die  mandibularen  Fasern  führt),  hat  wohl  diesen  Einfluß  auf 
die  Lage  des  motorischen  V-Kerns  (vergl.  Myxine  und  die  Säuger). 


Ein  interessantes  Verlialten  zeigen  die  vordem  Augenmuskelkerne 
bei  diesen  Tieren,  wenn  man  sie  mit  denen  des  Neunauges  vergleicht. 
Während    die   sagittale    Topographie   des  III-Kernes  dieselbe  geblieben  ist 

und  dieser  Kern  —  ob- 


gleich jetzt  ganz  dor- 
sal gelagert  —  noch 
auf  dem  Eintrittsni- 
veau seiner  Wurzel 
liegt,  istder  Trochlearis- 
kern  frontalwärts  ge- 
wandert und  hat  (s. 
Fig.  214  und  220)  An- 
schluß bekommen  an 
dem  Oculomotorius- 
kern,  indem  er  zu 
gleicher  Zeit  unter  den 
Ventrikel  —  resp. " 
Aquäduktboden  ge- 
kommen ist  (Fig.  218). 
Da  der  IV- Wur- 
zel-Eintritt jene  starke 
Verlagerung  nicht  so- 
weit mit  macht,  findet 
man  den  Kern  jetzt 
frontal  von  seinem 
Wurzeleintritt  (vergl. 
die  Diagramme). 

Bei  den  von  mir 
untersuchten  Tieren 
ist  bei  Spinax  der 
Wurzeleintritt  des  TV 


tr  cer  diene 


Fig.  218.  La^e  des  Trochlearis-Kernes  (auf  dem  f.  I.  p.)  und 
Verlauf  der  Trochleariswurzel  bei  Acanthias, 
n.  VAN  DER  Horst. 


bedeutend  mehr  nach  vorn  verschoben  als  bei  den  anderen  Plagiostomen. 
AVeshalb  bei  dem  einen  Tiere  die  Wurzel  sich  mehr  nach  vorn  verschiebt 
als  beim  andern,  habe  ich  nicht  mit  Sicherheit  konstatieren  können.  Es  ist 
wahrscheinlich,  daß  die  verschiedene  Lage  des  Velum  anticum,  welche  diese 
Unterschiede  in  der  Lüge  des  TV^- Wurzeleintrittes  bedingt,  von  den  Variationen 


DAS    ^rOTORISCHE    SYSTEM    DIOR    I'LAI  UOSTOMEN. 


469 


in  dem  gegenseitigen  Verhalten  von  Tectum  optieum  und  Zerebelluni  ab- 
liängt,  namentlich  auch  von  Form  und  Größe  des  hintern  Tectumabschnittes. 

Bei  fast  allen  von  mir  untersuchten  Haien  und  Rochen  geht  der  Troch- 
leariskern  allmählich  in  den  III-Kern  über,  sodaß  es  oft  schwer  ist,  die 
Grenze  festzustellen. 

Die  Lage  des  Trochleariskernes  (Fig.  218)  in  Hinsicht  auf  das  zentrale 
Längsbündel  und  den  ^^entrikel  ist  übrigens  bei  allen  Haien  dieselbe.  Er 
liegt  in  der  Form  eines  liegenden  Halbmondes  dicht  unter  dem  Ependym 
des  Ventrikels,  dorsolateral  vom  Fasciculus  longitudinalis  centralis  (f.  l.p.), 
teils  darin  eingebettet.  Seine  Länge  im  Vergleich  zum  HI-Kern  wird  von 
dem  Diagramm  angegeben  (Fig.  214  und  220). 

Der  Oculomotoriuskern  der  Selachier  weist  insofern  einen  großen  Unter- 
schied mit  dem  des  Neunauges  auf,  als  er  größtenteils  dorsal  und  sehr 
medial,  teilweise  zwischen  dem  linken  und  rechten  zentralen  Längsbündel 
gelagert  ist  (Fig.  219:  Nu.  III). 

Bei  Heptanchus  und  Hexanchus  reicht  der  Kern  frontal  etwas  ventraler, 
was  mit  einer  ganz  tiefen  Einstülpung 
der  medialen  Spalte  des  Aquäduktes 
zusammengeht,  dessen  unterer  Teil 
nicht  geschlossen  ist,  sondern  fast  bis 
zur  Commissura  ansulata  durchdringt. 
Ich  bin  geneigt,  anzunehmen,  daß  dies 
dazu  beiträgt,  daß  der  III-Kern  dort 
einen  etwas  mehr  ventralen  Platz  ein- 
nimmt. 

Bei  den  andern  Selachiern  geht 
die  eben  erwähnte  Spalte  an  dieser 
Stelle  nicht  so  tief  hinunter. 

Der  Oculomotoriuskern  liegt  dann 
zwischen  den  Längsbündeln,  teil- 
weise (namentlich  kaudal)  darüber 
sich  seitlich  ausdehnend  und  reicht 
weniger  weit  ventralwärts  als  bei  den  eben  erwähnten  Selachiern. 

Eine  Einteilung  in  Zellgruppen  läßt  sich  bei  den  Haien  kaum  voi-- 
nehmen.  Man  könnte  höchstens  den  medianen  Teil  zwischen  den  beiden  zen- 
tralen Längsbündeln,  resp.  zwischen  diesen  und  der  medianen  Ventrikelsj^lte 
von  dem  hauptsächlich  kaudal  vorkommenden  Abschnitt,  welcher  seitlich 
etwas  über  das  zentrale  Längsbündel  uinbiegt,  unterscheiden.  So  würde  man 
von  einem  medianen  und  einem  dorsolateralen  Teil  sprechen  können, 
welch  letzterer  also  mehr  der  Lage  des  ihm  benachbarten  Trochlearis-Kernes 
entspricht.  Diese  Teile  gehen  aber  gleichmäßig  ineinander  über  und  unter- 
scheiden sich  auch  nicht  durch  den  Zelltypus  von  einander.  Von  zwei  ver- 
schiedenen Zellgruppen  ist  hier  also  kaum  die  Rede,  im  Gegensatz  zu  den 
Knochenfischen. 


Fig.  '219.     Oculoinotoriiiskei'n  vun 
Selache  maxinia,  n.  Black. 


470 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    PJ.AGIOSTOMEN. 


Zum  Schluß  möchte  ich  noch  erwähnen,  daß  der  Oculomotoriuskern, 
ebenso  wie  der  Trochlearislvern,  kaum  von  bestimmten  kleinzelligen  retiku- 
lären Grupi^en,  wie  wir  sie  bei  höhern  Tieren  als  konstantes  Ergebnis 
finden,  umgeben  ist. 

Es  liegt  hier  also  nur  eine  großzellige  Masse  voi',  die  keine  wirklichen 
Gruppenbildungen  aufweist. 


Fig.  220  A.     Selache  maxima  (L.) 


Fig.  220  B.     Raja  clavata  L. 


m 


"1 


Fig.  220  C.  Raja  circularis  Couch. 

Fig.  220.     Diagramniatische  Darstellung  des  topographischen  Verhaltens  der  motorischen  Wurzeln  und  Kerne 
bei  einem  Hai  (Selache)  und  zwei  Rochen.  Nach  v\N  her  Horst. 


Ob  bestimmte  Teile  mehr  speziell  für  die  gekreuzten  Fasern  und 
ungekreuzten  Fasern  bestimmt  sind,  darüber  möchte  ich  mich  ohne  De- 
generationsversuche nicht  aussprechen ;  wohl  scheint  es  mir,  daß  die 
Zahl  der  gekreuzten  Fasern  bedeutend  kleiner  ist  als  die  der  ungekreuzten. 

Das  Verhalten  der  Kerne  und  Wurzeln  bei  den  Rochen  (Fig.  220  B,  C)  ist 
dem  der  Haie  (Fig.  220  A)  sehr  ähnlich.  Nur  fehlt  hier  das  spino-okzipetale 
System;  auch  ist  die  hintere  viszerale  Säule  manchmal  kürzer  (S.  466). 


DAS    MOTORISCHE    SYSTE^r    DER    GANOIDEN    UND   TELEOSTIEK. 


471 


Das  motorische  System  der  Ganoi'den  und  Teleostier. 

Die  Anordnung  der  motorischen  Wurzelelemente,  welche  wir  bei  den 
Plagiostomen  haben  kennen  gelernt,  geht  einerseits  (Fig.  221)  über  die 
Crossopterygier  (Ganoi'den)  über  in  diejenigen  der  Knochenfische,  anderseits 
über   diejenigen   der   Dipnoi  in  die  Anordnung  der  Amphibien  (Fig.  237). 

Die  große  Verschiedenheiten,  welchen  wir  bei  den  Teleostiern  finden 
und  welche,  wie   van  der  Horst  in  meisterhafter  Weise  nachwies,  manch- 


Fig.  221  A.    Calamoichthys  calabaricus  J.  A  Smith. 


m 


fm 


^r  -^ 


K 


VI 


Fig.  221  B.     Lepidosteus  osseus  (L.)  (Tiieunnissen). 


Fig.  221  C.     Megalops  cyprinoides  (Brouss.) 

Fig.  221.     Üiagrammatische  Darstellung  des  topogiaiihischen  Verhaltens  der  moteiischen  Wurzeln   und  Kerne 
bei  zwei  Ganoiden  und  einem  Teleostier  (Megalops)  nach  van  der  Horst. 

mal  einen  ausgesprochenen  taxonomischen  Charakter  zeigen,  versteht  man  am 
besten,  wenn  man  mit  der  Anordnung  bei  den  Crossopterygiern  und  Ganoiden 
beginnt,  deren  Verhalten  wir  namentlich  durch  die  Untersuchungen  von 
VAN  DER  Horst,  Theunissen  und  Droogleever  Fortuyn  kennen. 

Aus  diesen  Untersuchungen  geht  hervor,  daß  das  Bild,  welches  z.  B. 
Calamoichthys  calabaricus  (vergl.  Fig.  221 A,  n.  van  der  Horst)  zeigt  in  den 
meisten  Punkten  noch   eine  treffende  Aehnlichkeit  aufweist  mit  dem  Ver- 


47*2  DAS    .MOTOÜISCIIK    SYSTEM    DER    GANOiDEX    UND    TELEOSTIER. 

halten  bei  den  Selachiern.  Die  somato-motorische  Säule,  welche  den 
Uebergang  zum  Rückenmark  darstellt,  weist  zwei  deutlich  entwickelte  Okzi- 
pitalwurzeln  auf  (y  und  z),  die  hintere  viszerale  Säule  ist  kaudalwärts  sehr 
lang  und  enthält  die  Facialis-,  Glossophar3'ngeus-  und  Vaguselemente, 
auch  solche,  deren  Wurzelfasern  zum  M.  trapezius  ziehen  und  somit  einen 
Accessorius-Kern  darstellen,  welche  jedoch  so  gleichmäßig  übergeht  in  die 
dorsale  Vagussäule,  daß  sie  nicht  apart  markiert  werden  kann. 

Der  einzige  Unterschied  findet  sich  in  den  frontaleren  Abschnitten  der 
Oblongata,  indem  der  Abducens-Kern  (sehr  klein  bei  Calamoichthys  und 
sehr  diffus ;  nicht  genau  abzugrenzen  in  Lepidosteus)  etwas  weniger  dorsal 
liegt,  was  vielleicht  mit  der  geringeren  Entwicklung  des  zentralen  Längs- 
bündels bei  diesen  Tieren  zusammenhängt. 

Der  Trigeminus  Kern  dagegen  weist  eine  geringere  ventrale  ^'erlage- 
rung  auf  als  bei  den  Plagiostomen  und  ist  mehr  der  Länge  nach  aus- 
gedehnt. 

Der  meist  typische  Unterschied  liegt  schließlich  darin,  daß  die  nicht 
großen  Trochlearis-  und  Oculomotorius-Kerne  bei  all  diesen  Tieren  (für 
Polyodon,  s.  Black)  getrennt  bleiben  und  die  IV- Wurzel  kaudaler  austritt. 

Das  moiorüclie  Sijstem  der  Teleostier  ist  sehr  verschieden,  je  nach  dem 
Tier,  welches  man  untersucht.  Bei  den  primitivsten  Teleostiern  findet  man 
ein  Verhalten,  welches  an  die  Ganoiden  erinnert.  Eine  Übergangsform  wäre 
Amia  calva  (Fortuyn),  welche  kaum  von  den  Crossopterygiern  abweicht. 
Ähnliches  fand  van  der  Horst  bei  Megalops  (Fig.  221  und  222),  obschon 
durch  den  Mangel  an  okzipetalen  Wurzeln  und  durch  die  ventralere  Lage 
des  III-Kernes  das  Bild  dort  schon  mehr  dem  allgemeinen  Teleostiertypus 
ähnlich  wird. 

Außer  den  okzipitalen  Wurzeln  fehlt  manchen  Teleostiern  auch  die  erste 
spinale  Wurzel  (Fig.  224  und  226). 

Die  spinale  Zellsäule  unter.scheidet  sich  denn  auch  von  der  okzipitalen 
Säule  der  niederen  Fische,  daß  sie  sich  weiter  ventralwärts  ausdehnt  Da 
ihre  dorsale  Grenze  meistens  dieselbe  bleibt,  ist  also  der  dorsoventrale 
Durchmesser  dieses  Kernes  bei  den  Teleostiern  recht  groß,  und  trägt  auch 
die  vordere  Spitze  dieses  Kernes  dadurch  völlig  den  Charakter  eines 
Rückenmarkshornes  (Fig.  223). 

Durch  innere  Bogenfasern,  welclie  in  den  Hinterhörnern  des  Rücken- 
markes ihren  Ursprung  nehmen  und  teilweise  als  reflektorische  Pasern 
(absteigende  Neuronen)  zu  betrachten  sind,  werden  die  Vorderhörner  dann 
und  wann  in  zwei  Teile  geteilt,  einen  mediozentralen  Abschnitt,  nahe  dem 
Zentralkanal,  und  einen  ventrolateralen  Abschnitt  (s.  auch  Fig.  69  und  70). 

Bei  Teleostierlarven  sind  die  zentralen  Zellen  etwas  größer  und  haben 
sie  eine  reichliche  Zahl  von  großen,  sich  ganz  dunkel  färbenden  Fibrillen. 
Ihre  Dendriten  verästeln  sich  teils  in  angrenzenden  Abschnitten  der  Sub- 
stantia  reticularis,   teils   in   dem   zentralen   Längsbündel,   wo    sie   mit  den 


DAS    MOTOlüSCHK    SYSTKM    DKK    GANOIDKN    UND    TKLEOSTIEß. 

I 


473 


474 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    GANOIDEN    UND    TELEOSTIER. 


X-Kern. 


Sp.  Kern. 


Heflexb. 


Fig    223.     Vaguskern  (weisz)  und 

Spinale  Kerne  (schwarz  bei 

Lopliius  piscatorius. 


MAUTHNER'schen   Riesenfasern   (einer   vestibulomotorischen)  Bahn  in  Kon- 
takt treten. 

Die  ventralen  Zellen  sind  dort  kleiner  und  haben  auch  kleinere,  sich 
schwerer  tingierende  Neurofibrillen.  Ihre  Dendriten  lassen  sich  nach  allen 
Richtungen  verfolgen  (Tello). 

Die  Abwesenheit  der  occipitalen  (in.  den  Diagrammen  weiß  punk- 
tierten) mediozentralen  Zellgruppe,  welche  bei  den  Plagiostomen  so 
groß  ist,  entspricht  einer  Reduktion  in  der  ventralen  (hypobranchialen) 
medianen    Rumpfmuskulatur    bei    den    Teleostiern,    wo    das    Uebergangs- 

gebiet  zwisscben  Kojjf  und  Rumpf 
große  Einschränkungen  erfahren  liat. 
Beide,  die  zentrale  und  ventrale  Zell- 
gruppe, dehnen  sich  meistens  gleich  weit 
frontalwärts  aus  und  ihre  Vordergrenze 
(Fig.  221  C,  224  C,  226  A  und  B)  ent- 
spricht merkwürdigerweise  oft  (van  der 
Horst)  dem    Calamus    scriptorius. 

Ich  bekam  den  Eindruck,  ebenso 
wie  auch  Tello,  daß  die  zentromedialen 
Zellen  (welche  in  Gegensatz  zu  den 
Selachiern  hier  erst  ziemlich  kaudal 
gefunden  werden)  von  den  zentrome- 
dialen Faserbündeln  beeinflußt  werden  (Fasciculus  longitudinalis  centralis 
und  MAUTHNER'sche  Fasern)  und  daß  die  ventrolaterale  Gruppe  sehr  unter 
dem  Einfluß  der  al)steigenden  Tr.  tecto-bulbaris  ventralis  und  der  ventro- 
lateralen  Vestibularisbahn  steht,  namentlich  unter  dem  Einfluß  des  von 
Wallenberg  beschriebenen  Tr.  octavo-motorius  cruciatus  ventro-lateralis, 
der  nach  seiner  Kreuzung  in  der  Octavus-region  an  dem  ventrolateralen 
Rand  der  Oblongata  kaudalwärts  zieht,  dann  an  dem  hintern  Abducens- 
kern  und  an  der  ventrolateralen  Seite  des  Stammes  direkt  unterhalb  der 
peripheren  Vorderhornzellen,  entlang  verläuft  (Fig.  223). 

Diese  Bahn  splittert  sich  in  der  peripheren  Zellgruppe  auf. 
Ob  die  zentrale  und  die  periphere  Zellgruppe  aparten  Muskelsystemen 
oder  besondern  Bewegungen  dienen,  ist  bis  jetzt  nicht  experimentell  ent- 
schieden. Ich  habe  oben,  anläßlich  des  Unterschiedes  in  der  Zellauordnung 
dieser  Region  bei  Selachiern  und  Teleostiern,  schon  erwähnt,  daß  bei 
den  Selachiern  die  weiter  frontalwärts  sich  ausdehnende  zentromediale 
okzipitale  Zellsäule  nur  ventrale  Medianmuskeln  innerviert.  Die  vordere 
spinale  Zellmasse  der  Teleostier  beherrscht  aber  neben  (kaudalere)  Ventro- 
medianmuskeln  auch  die  Muskeln  der  Schultern  und  Flossen,  namentlich 
dort  wo  die  1.  spinale  Vorderwurzel  fehlt  (Fig.  224  und  226).  Gerade 
wie  beim  Säugerrückenmarke  dürfen  wir  also  auch  die  ventro-laterale  Gruppe 
jenes  spinalen  Graus  bei  den  Teleostiern  in  Verband  bringen  mit  Extre- 
mitäten-Muskulatur,  weil   wir  wissen  daß  die  ventro-lateralen  Zellgruppen 


DA.S    MOTORISCHK    SYSTEM    ]<EK    GANÜIDKN    UND    TELKOSTIER. 


475 


des   Rückenmarkes   den   stelopodialen    (Bolk)   oder,  im  Allgemeinen,  peri- 
pheren Gliedmaßmuskeln  entspreclien  (vergl.  Kapitel  I,  Seite  192). 

Interessant  ist  der  Befand  van  der  Horst's,  daß  bei  einigen  Teleostiern 
die  ventro-laterale  Zellgruppe  sieh  sogar  weiter  nach  vorne  ausdehnt  als 
die  zentro-mediane  (siehe  Fig.  280),  ein  Beweis  für  die  bedeutenden  fron- 
talen Reflexe  welche  die  Wurzelzellen  der  Extremitäten  empfangen. 


Fig.  224  A.   Tinea  tinca  (L.)  (Kappers). 


Fig.  224  B.    Siliinis  glanis  L.  (Berkei.bach  van  der  Sprenkel). 


Fig.  224  C.     Exocoetes  evolans  L. 

Fig.  224.     Diagraniniatische  Darstellung  des  topographischen   Verhaltens  der  motorischen  Wurzeln 
Kerne  bei  einer  Schleie,  beim  Wels  (Berkelbacii  van  der  Sprenkel)  und 
beim  Fliegenden  Fisch  (van  her  Horst). 

Die  viszerale  Zellsäule  zeigt  bei  fast  allen  Teleostiern  eine  erheblich 
größere  Differenzierung  als  bei  den  Selachiern  und  Ganoiden. 

Obschon  die  meisten  Teleostier  i),  ebenso  wie  die  Ganoiden,  keinen 
wirklichen  Trapezmuskel  haben  und  somit  von  einem  Accessoriuskern  keine 


und 


')  Nach  der  Angabe  Herrick's  soll  bei  Menidia  ein  wirklicher  M.  Irapezius  vorkorniiien 
und  somit  auch  ein  N.  acces^orius.  Van  der  Horst  hat  dieses  Thema  wieder  aufgenommen, 
in  Verband  mit  der  Tatsache,  daß  er  die  Länge  der  hinteren  viszeralen  Säule  bei  ver- 
schiedenen Teleostiern  sehr  verschieden  fand.  Man  vergl.  hierzu  seine  Arbeit. 


476 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    GAKOIDEN    UND    TELEOSTIER. 


Rede  sein  kann,  delmt  die  hintere  viszerale  Säule  sich  hier  im  allgemei- 
nen niclit  viel  weniger  kaudalwärts  aus  als  durchschnittlich  bei  den 
Selachiern  der  Fall  ist,  was  vielleicht  (v.  d.  Horst)  dem  Umfang  der 
M.M.  arcuati  transversi  zu  danken  ist,  welche  vielleicht  derselben  Anlage 
entstammen  als  der  Trapezius  (Dietz). 

In  dem  hintern  Teil  dieser  Säule  findet  man  bei  allen  Teleostiern  sonst 
als  eine  ziemlich  geschlossene  Zellreihe  den  Vaguskern,  dessen  vorderer 
Abschnitt  bei  den  primitiven  Teleostiern  auch  die  IX-  und  (Fig.  222)  alle 
Facialiswurzelfasern  aussendet.  Bei  weniger  primitiven  Arten  kann  man  nur 
einen  Teil  der  Facialisfasern  darin  verfolgen,  während  andere  aus  einem 
aparten  Kern  hervorgehen,  der  bei  einigen  Arten  (Siluris  glanis,  Fig.  224  B) 
alle  Facialis-Fasern  entsendet.  Schließlich  können  auch  die  Glossopharyn- 
geus  Zellen  sich  von  der  dorsalen  viszeralen  Säule  lostrennen  (Fig.  226). 
Die    Art,  wie    die    GlossopharytigeitswuTzeliasern   ihren    Kern    erreichen 

in  den  Fällen,  wo  er  noch  einheit- 
lich ist  mit  dem  Vaguskern,  und  der 
Facialis-Kern  sich  ganz  oder  teil- 
weise sequestriert  hat,  ist  eine  sehr 
eigentümliche. 

Nach  ihrem  Eintritt  verlaufen 
die  Glossopharyngeusfasern  dann 
weit  nach  vorne,  durchqueren  den 
frontalen  MI-Kern  (s.  Fig.  227) 
und  kommen  wieder  medial  von 
diesem  Kerne  zum  Vorschein. 

Neben    dem    zentralen    Längs- 
bündel ziehen  sie  dann,  eventuel  mit 
denjenigen  Vll-Wurzelfasern,  die  zum  hinteren  VII-Kern  gehören,  kaudal- 
wärts,   um    mit  den  letztgenannten  in  den  vorderen  Abschnitt  der  Vagus- 
säule einzutreten  i). 

Diese  frontale  Bucht,  welche  die  IX-Wurzel  beschreibt,  wird  durch 
die  frontale  Verlagerung  des  vordem  VII-Kernabschnittes  verursacht,  durch 
welchen  Abschnitt  die  IX-Wurzel  bereits  bei  den  Haien  hindurchtritt 
(vergl.  hierzu  Fig.  215). 

Wenn  der  Glossopharyngeuskern  sich  von  der  Vagussäule  abtrennt 
(Fig.  226),  kann  er  mit  dem  Facialiskern  eine  ventralere  Lage,  unter- 
halb des  Vaguskernes,  einnehmen,  was  möglicherweise  auf  eine  Reizung 
durch  ventro-laterale  spino-bulbäre  Fasern  zurückzuführen  ist  (vergl.  auch 
Fig.  230).  Man  findet  dies  nämlich  .speziell  dort,  avo  die  zervikale  oder 
spinale   V  Sensibilität  hypertrophiert  ist  (vergl.  Seite  14 1 ;  auch  494). 


Fig.  225. 
AViirzi» 


Motorischer  Vaguskern  und 
bei  Lopliius  piscatorius. 


')  Wie  man  beincrlst,  gebe  icli  die  Beschreibung  des  Wurzelvetiani'es  gegen  den 
ReizstroMi  fnach  der  Ursprung>zelle  hin),  weil  man  die  Wurzel  auch  in  Praxi  meistens 
auf  diese  Weise  verfolgt. 


DAS    .MoTOKlSCinO    SYS'I'KM    DKi;    (!  A  X(  )1  DK.N    IIXD    TKLI'XISTI  iOH. 


477 


Die  auüallendste  Ersclieiuung  au  den  Facialmvurzelzcllcii  der  Teleostier 
ist  ihre  bereits  erwähnte  Teilung  in  zwei  Kerne,  von  denen  der  vordere 
oft  ganz  frei  wird,  während  der  hintere  dem  IX-Kern  angeschlossen 
bleibt  (Fig.  226). 

Die  Ursache  dieser  Differenzierung  ist  uns  noch  nicht  sicher  bekannt. 


Fio;.  2'26  R.     Lopliius  piscatorius  L. 


Fig.  22ß  C.     Orthagorisciis  iriola  L. 

22ß.     Diagiammatische  Darstellung  des  topograpliischen  Veihaltfiiis  der  motorischen  Wurzeln  iiml   Kernt; 
beim  Schellfisch,  Anglerfisch  und  Mondfisch  (n.  V\n  der  Horst). 


Es  scheint  mir  möglich,  daß  der  vordere  Kern,  welcher  in  seiner 
Topographie  oft  mit  dem  V-Kern  übereinstimmt,  bei  dem  Schluclvakt  funk- 
tioniert, während  der  Facialiskern,  welcher  dem  IX-kern  angeschlossen 
bleibt,  mit  dem  Kiemenapparat  zu  tun  hat.  So  wäre  es  denkbar,  daß  die  bei 
den  Teleostiern  vom  Facialis  innervierten  Levator  und  Adductor  Operculi 
in  dem  hintern  ^'II-Kern  ihre  Repräsentation  hätten. 

Der  vordere  VII-Kern  verschiebt  sich  oft  weiter  nach  vorne  (Fig.  224), 
der  hintere  manclnnal  nach  hinten  (Fig.  22ß  und   230). 


478 


DAS    M0T0K7SCIIE    SYSTfOM    DER    GANOIDEX    UND    TEI.EOSTII«;!;. 


Wie   Fig.  228    zeigt,    legen  sicli  die 


Tn.yn 


Fig.  227.     Durchtritt  der  motorischen 

Glossopharyngeuswurzel  durch  den  frontalen 

Facialiskern  beim  Schellfisch. 


R.VIIaens.    E.VIImot. 


vorderen  Facialis-Zellen  teilweise 
an  dem  Grau  der  vordem  Ge- 
schinacksbahn  (Tr.  see.  gust.) 
entlang.  Bei  einem  Tier  wie 
Tinea,  wo  die  Geschmacksfase- 
rung  noch  sehr  viel  größer  ist 
als  bei  Gadus,  ist  diese  An- 
näherung noch  auffallender.  Am 
meistens  evident  ist  sie  jedoch 
l»ei  den  Siluroiden  (Berkelbach 
v.  ]>.  Svrenkel:  Fig.  224  B). 

Als  Argument  für  die  Auf- 
fassung, daß  der  Platz  dieses 
Kernes  durch  jene  Faserung 
bedingt  wird,  gilt  also,  daß 
seine  ventrolaterale  bezw.  ven- 
trale Verschiebung  größer  ist,  je 
nachdem  diese  (ventrolateral  lie- 
gende)   Bahn   größer    ist. 

Auch  der  hintere  VII-Kern 
kann  sich  vom  Vaguskern  se- 
questrieren, wie  z.B.  schon  beim 
Gadus  der  Fall  ist  (Fig.  226). 


Ku.VIpo.st. 


Nu.VII  ant.        Tr.  tecto-bulb.  \vi]tr. 
Flg.  228.     Vorderer  motorischer  Facialiskern  und  hinterei' 
Alidui-eiisliorn  bei  Oadus  mciriliun. 


DAS    MdTdUIS 


IS(;HK    SYSTEM    DER    GANOIDEN    UND    TELEOSTIEK. 


479 


•fac= 


Bei  Lophius  und  Orthagoriscu.s  (Fig.  226)  weist  der  ganze  Kern  eine 
große  Selbstständigkeit  auf: 
kein  vagaler  Vil-Kern  be- 
steht, und  die  Wurzelzellen 
des  VII-Nerven  verteilen 
sich  über  einen  großen  dor- 
salen und  einen  noch  etwas 
größern  ventralen  VII-Kern, 
die  durch  eine  enge  Brücke 
von  Vll-Zellen  verbunden 
sind  (Fig.  229).  Der  untere 
Kern,  gleichzeitig  die  mehr 
kaudale  Partie,  enthält  auch 
den  Glossopharyngeuskern. 

Daß  hier,  wie  bei  Tetro- 
don  (Fig.  230),  wahrschein- 
lich spinale  V  Reflexe  eine 
Rolle  spielen  ist  bereits 
erwähnt.  -- 


ccJ.tng.p.m.m. 
dc  n  u. 


fr.t.-b 


Fig.   229.     Der  dorsale  (d.  f'ac.  nu  )  und   ventrale 

(v    fac.  nu.)  Facialiskern  von  Lophius   pisca- 

torius,  nach  Üroogleever  Forti;yn 


TotindiiM   spec. 
Fig.  230.     Die  motorischen  Wurzeln  und  Kerne  bei  einem  Kugelfisch,  nach  van  dku  Höhst. 


480 


DAS    MOTÖRISCHK    SYSTE>[    JlKR    GAXOIDKN    UND    TKI.ROSTIKR. 


nucl.VIImot 


.vnmot 


nMsen: 


Auch  der  Abducenskem  der  Teleostier  (Fig.  231)  verhält  sich  ganz  anders 
als  bei  den  Selachiern.  Anstatt  dorsal,  liegt  er  ventral  (Fig.  228  und  231). 
Außerdem  hat  er  sich  bei  fast  allen  Teleostiern  in  zwei  deutliche  Kerne 
gegliedert  (siehe  Fig.  224,  226  und  230). 

Da  bei  den  Teleostiern  die  ventralen  Reflexbahnen  überwiegen,  nament- 
lich die  tekto-bulbäre  Faserung,  während  im  Verhältnis  zu  den  Selachiern 
der  Fase,  longitudinalis  centralis  sehr  gering  entwickelt  ist,  kann  diese 
ventrale  A'erlagerung  der  Vl-Zellen  uns  nicht  wundern.  Es  ist  eines  der 
evidentesten  Beispiele  von  Neurobiotaxis  (Fig.  231). 

Bei  fast  allen  Teleostiern  findet  man  zwei  deutlich  getrennte  Haupt- 
kerne, die  meistens  jeder 
nur  eine  Wurzel  haben. 
Von  den  Wurzeln  liegt 
die  eine  nahe  dem  Ni- 
veau des  Vll-Wurzel- 
austrittes  (mehr  medial 
natürlich),  die  andei'e 
zwischen  den  VII  und 
IX  Wurzeln. 

Die  Wurzeln  liegen 
oft  etwas  frontaler  als 
der  ihnen  entsprechende 
Kernteil. 

Bezüglich  der  Schleie 
ist  zu  l^emerken,  daß  von 
der  vordem  W  Wurzel 
die  Faserbündelchen  in 
drei  verschiedenen  Rich- 
tungen hin  vei'folgt  wer- 
den können.  Die  Mehr- 
heit geht  zu  dem  vor- 
dem ventralen  Kern,  ein 
kleiner  Teil  biegt  nach 
Eintritt  lateralwärts  ab 
zu  einer  zweiten  ventra- 
len oder  ventrolateralen 
Zellgruppe,  die  in  der 
Subslantia  reticularis  ventro-lateralis  eingebettet  liegt,  und  ein  drittes  Bün- 
delchen, das  kleinste,  strebt  dem  Fasciculus  longitudinalis  centralis  zu, 
in  dessen  Nähe  eine  kleine  Zellgruppe  liegt  i),   welche  ebenfalls  Abducens- 


oust.ant. 

\ 

tr  oct  mot. 


n.YI 


Flg.  '231.     Tetiodon  speciosus.  Nervus  ot  nucleus 

abducens  posterior  und  Nucleus  niotorius 

facialis  anterior,  n.  van  deh  Horst. 

Die  Fasnrhündel  medial  vom  VIKern  bilden  den 

Tr.  tectobulbaris  ventraüs. 


')     Diese    Zpll^ru]ipen    sind 
weil  sie  so  klein  waren. 


meinem    Diagramm    von   Tinea  niilit  eingezeichnet, 


DAS    MOTORISCHE    SYSTKXf    DER   OANoTöEN    TND    TELEOSTIER.  481 

fasern  abgibt  i).  Also  eine  neurobiotaktische  Differenzierung,  die  außeror- 
dentlich weit  geht. 

Bei  den  Plattfischen  ist  es  auffallend,  daß  ihre  Abducens-Kerne,  wie 
auch  die  entsprechenden  Würzelchen,  etwas  frontaler  liegen  als  bei  manchen 
andern  Teleostiern,  sodaß  der  vordere  Vf-Kern  auf  das  Austrittsniveau 
der  Vll-Wurzel  fällt,  und  die  entsprechende  VI- Wurzel  bei  Pleuronectes 
und  Khombus  sogar  vor  dem  VII-Austritt.  Die  mehr  frontale  Verlage- 
rung der  Abducenskerne  bei  den  Plattfischen  steht  im  Einklänge  mit  der 
großem  Entwicklung  der  frontalen  Reflexbahnen  dieser  Tiere.  Die  ventralen 
tekto-bulbären  Bahnen  sind  gerade  bei  Plattfischen  —  wohl  im  Zusammen- 
hang mit  den  Eigentümlichkeiten  ihrer  Augenbewegungen  —  stark  ausge- 
bildet. Deren  Neuriten  und  Ivollateralen  splittern  sich  in  den  Abducenskernen 
und  der  sie  umgebenden  retikulären  Substanz  auf. 

\'an  DER  Horst  fand  die  frontale  Verlagerung  noch  ausgeprägter 
bei  Gasterosteus  und  einigen  andern  Tieren  met  besonders  entwickelten 
Augen  (Tetrodon  Fig.  230  und  Orthagoriscus  Fig.  226).  Weshalb  meistens 
nur,  oder  jedenfalls  hauptsächlich  der  vordere  Teil  des  Abducenskernes  sich 
so  weit  frontalwärts  verlagert,  weshalb  nicht  der  Kern  als  Ganzes  an 
dieser  Verlagerung  teilnimmt,  sondern  sich  in  zwei  Abschnitte  teilt,  ist  bis 
jetzt  nicht  bekannt. 

Man  kann  einerseits  den  Umstand  dafür  verantwortlich  machen,  daß  mit 
Hinsicht  auf  die  rasche  Aufsplitterung  der  ventralen  tektobulbären  Eeflexbahn  in 
ihrem  kaudalen  Verlauf  die  vordere  Spitze  des  Abducenskernes  mehi'  damit  in 
Kontakt  kommt  als  die  hintere.  Obgleich  dies  sicher  dem  frontalen  Kernabsehnitt, 
wenn  er  einmal  so  viel  frontaler  gekommen  ist,  zum  Vorteil  gereicht,  kann  es  doch 
schwerlich  als  Ursache  dessen  angesehen  werden,  daß  der  hintere  Kernabsehnitt 
seinen  ursprünglichen  Platz  beibehält,  denn  dessen  Lage  korrespondiert  im  sagittalen 
Niveau  etwa  mit  der  Lage  dieses  Kernes  bei  den  mehr  primitiven  Selachiern  und 
Ganoiden. 

Es  liegt  sicher  ein  Faktor  vor,  der  diesen  Abschnitt  auf  seinem  kaudaleren 
Platz  hält,  und  es  scheint  nicht  unmöglich,  daß  der  Tr.  octavo-motorius  ventro- 
lateralis  cruciatus  (Wallenberg),  den  ich  auch  bei  der  Besprechung  der  ventralen 
spinalen  Kerne  erwähnte  (S.  474)  in  engen  Kontakt  mit  dem  hintern  Abducenskern- 
abschnitt  tritt,  während  er  mit  dem  vordem  nicht  in  Verbindung  zu  stehen  scheint. 
Es  wäre  denkbar,  daß  wir  diesem  Umstand  das  Haftenbleiben  dieses  Abschnittes 
auf  dem  Octavuskern-Niveau  zuschreiben  müssen. 

Der  Trigeminuskern  weist  bei  den  verschiedenen  Vertretern  der  Knochen- 
fische erhebliche  Unterschiede  auf.  Immerhin  liegen  auch  einige  konstante 
Merkmale  vor. 

In  Übereinstimmung  mit  den  Ganoiden  dehnt  er  sich  auch  bei  den 
Teleostiern  weit  nach  hinten  aus,  bis  zum  Niveau  des  Facialis- Wurzel- 
eintrittes, ja   bis   hinter   dasselbe    (Silurus,    Fig.    223;    Lophius  und  Ortha- 


')  Schon  Cajal  fand  bei  embryologischem  Material  mehr  als  zwei  Gruppen  (wie 
auch  Tello).  Bei  primitiven  Teleostiern  fand  van  der  Horst  sogar  eine  größere  Anzahl 
von   Zellgruppen   (vergl.  Fig.  221  C  und  222  Megalops). 

Kappers.  31 


482 


DAS    Mi.lTORIsrilK    SYSTEM    DJCK    IJAXOIDISN    l'XD    TELEOSTIEK. 


j^  /A^l: 


''•'/^> .?; 


Dendi-. 


Fig.  232.     TrigeiiiiiiusUorne  von  Lopliius  piscatorius. 


I      I 


i<Sü^y 


n  Ymot. 

n  Ysens 


n.TnmotN 


n  vm 


p; 


Kf». 


-^^"T^i 


fl 


ni.cl  Vmot  DOS 


I      I 


~n  VH  sens 


\ 


tr.  oust  See 


n.  Vn  mot. 


tr.  oustsec 

nucl.  Vmot  anf. 


Fig.  233.     Aiius    Linlis  Niicleus  motoriiis  Trigeniiiii  posteiiur.  rechts  Nucleiis 

motoi-ins  Trigemini  anterior.  Ventral  der  Niiel.  reticularis  superior, 

n.  VAN  DKR  Horst. 


UA.S    MOIDKISCHE    SYSTKM    DKK    (iANdlDKX    TMi    TKI.KOSTIEU. 


483 


top  Sem 


goriscus,  Fig.  226).  Er  unterscheidet  sicli  jedocli  von  diesen  dadurch, 
daß  bei  fast  allen  Knochenfischen  hinter  einer  Gruppe  von  meiir  dorsal 
bleibenden  Zellen,  eine  andere  sich  findet,  die  eine  mehr  ventrale  Lage 
einnimmt.  Letztgenannte  ist  desto  größer,  je  mehr  die  vordere  sekun- 
däre Gesehraacksbahn  Herkicks  entwickelt  ist.  Daher  kommt  es,  daß 
die  ventrale  \'erlagerung  so  groß  ist  bei  Tinea  und  Arius,  wo  diese  Bahn 
so  mächtig  ist  (vergl.  Fig.  129  und  Fig.  233),  und  daß  sie  fast 
immer  an  der  kaudalen  Spitze  des  Kernes  am  meisten  ausgeprägt  ist. 
Wie  in  einem  der  vorigen  Kapitel  (III)  Ijcschrieben  wurde,  nimmt  diese 
Geschmacksbahn  etwa  an  der  Stelle,  wo  die  Trigeminuswurzel  austritt, 
einen  dorsaleren  Verlauf  (Fig.  131).  In  Übereinstimmung  damit  liegt  der 
vordere  Teil  des  Ker- 
nes, meistens  dorsaler 
(Fig.  224  und  226  A). 
Bei  Tinea,  Lophius, 
Exocoetus  und  vielen 
anderen  Teleostiern 
findet  man  eine  völlige 
Teilung  des  Kernes  in 
zwei  Abschnitte  (Fig. 
224  und  226). 

Tello  teilt  sogar 
den  vordem  Trigemi- 
nuskern  wieder  in  zwei 
Abschnitte,  einen  ven- 
traleren und  einen  dor- 
saleren Abschnitt,  ein. 
Nach  ihm  sollen  die 
Dendriten  des  erstge- 
nannten Abschnittes 
mit  dem  Tractus  tecto- 
bulbaris  ventralis  in 
Verbindung  treten. 


Inines 
cep 


Fase  -long   posF 

Fig.  234.    Troclileaiiskern  des  Aales  (Anguilla).  Zeichnung  aus 
mehreren  Schnitten  zusammengesetzt.  Nach  van  lieü  Höhst. 


Die    vordem    Augenmuskelkerne    zeigen   manche   Eigentümlichkeiten. 

Der  Trochleariskern  der  Teleostier  liegt  auf  etwa  demselben  Niveau  wie 
bei  den  Haien  (anscheinend  mehr  frontal,  weil  der  Abstand  zwischen 
ihm  und  seinem  Wurzelaustritt  größer  ist  als  bei  den  Haien.  Dies  ist  aber 
der  relativ   kaudalen  Lage  der  Trochleariswurzel  zu  danken). 

Eine  Eigentümlichkeit  der  Trochleariswurzel  bei  einigen  Teleostiern 
ist  ihre  Zersplitterung,  durch  den  Tractus  mesencephalo-cerebellaris  dorsalis 
(tr.  mes.  cer.  Fig.  235)  oder  andere  Ursachen. 

Während  ich  für  eine  eingehendere  Beschreibung  auf  die  Veröffent- 
lichungen von  HtTET,  VicTOK  Fkanz  und  namentlifh  van  dek  Horst  ver- 


484 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    GAXOIDEN    UND    TELEOSTIER. 


weise,  will  ich  hier  nur  mitteilen,  daß  ein  Teil  der  Wurzelfasern  dieser 
Nerven  bei  manchen  Teleostiern  nach  der  Entstehung  aus  dem  Kern  direkt 
um  die  seitlichen  Ecken  des  Aquäduktes  herum  in  das  Veluni  medulläre 
übergeht.  Dort  kreuzen  sie,  und  nach  der  Kreuzung  wenden  die  Fasern 
sich  seitwärts,  um  auszutreten.  Ein  anderer  Teil  wendet  sich  nach  ihrem 
Entstehen  aus  dem  Trochleariskerne  mehr  zur  Peripherie  des  Hirnstammes. 
Unter  den  Tr.  cerebello-mesencephalicus  dorsalis  hindurch  biegen  andere 
an  dessen  lateraler  Seite  herum  und  laufen  dann  wieder  vorwärts. 

Bei  Tieren,  welche  eine  große  Valvula  cerebelli  haben,  welche 
weit  unter  dem  Tectum  hervorragt,  können  wieder  andere  Verlaufs- 
varietäten    der     Wurzel     auftreten,     welche     namentlich     von     van     der 

Horst  beschrieben 
sind  (Fig.  235). 

Der  Verlauf 
erklärt  sich  oft 
durch  den  Einfluß, 
welchen  das  Velum 
erfährt  bei  ihrer 
Umbildung  in  Val- 
vula und  die  Ver- 
schiebung, welche 
die  Oberfläche  des 
Velums  aufweist 
(vergl.  hierzu  auch 
Fig.   222). 


Die  vüu  Bela 
Haller  gemachte  An- 
gabe, daß  eine  Troch- 
leariswurzel  aus  dem 
Zerebellum  selber  ent- 
stehen soll,  trift't  nicht 
zu,  findet  aber  viel- 
leicht im  Obener- 
wähnten ihre  Erklä- 
rung. 


Sac.  vasc. 

Fig.  235.     Verhxuf  iler  Trochleariswurzel  beim  Flußbarsch, 
n.  v.\N  DER  Horst, 


Der  Trochleariskern  geht  bei  den  meisten  Teleostiern  gleichmäßig 
in  den  Oculomotorius-Kern  über,  bei  anderen  liegt  zwischen  beiden  eine 
Lücke,  wodurch  Fasern  treten. 

Letzteres  ist  der  Fall  bei  manchen  primitiven  Teleostiern,  aber  auch 
bei  Perca,  Amodytes,  Symbranchidae,  Anguilla,  Hippoglossus  und  Rhombus. 
Welche  Ursachen  dem  Umstand  zu  C4runde  liegen,  daß  bei  dem  einen 
Teleostier  diese  Kerne  gleichmäßig  ineinander  übergehen  und  bei  einem 
andern  nicht,  ist  unbekannt.  Es  ist  desto  schwerer,  dies  zu  entscheiden, 
weil  sogar  bei  einer  verwandten  Gruppe,  wie  den  Plattfischen,  darin  noch 


DAS    MOTOKISCHE    SYSTEM    DER    GAXOIDEN    UND    TELEOSTIER. 


485 


^    -    ^:.^f^---^ 


so-lat.  III-Kern. 


Unterschiede  vorkoininen,  da  bei  Pleuronectes  die  Kerne   ineinander  über- 
gehen   und    bei    den 
oben  genannten  Platt- 
fischen nicht. 

Der  Oculomotorius- 
kern  weist  eine 
erliel)Hchf     ventrale 
Ausbuchtung  auf.  Die 
ventrale    Verlagerung      Rad.iii.«^ 
eines  Teiles  seiner  Zel- 
len geht  so  weit,  daß  ' 
die    Zellen    nur   noch 
durch  die  Commissura 
ansulata  von  der  Basis 
des  Gehirns  getrennt  sind,  (Fig.  236  A). 

Der  ventrale  Teil  ragt  oft  weiter  nauli   hinten  als  der  dorsale. 


veiitromed.  UI-Kcrn. 


comra.  angulata 
Fig.  236  A.     Ociiloraotoriuskern  von  Garlus  moirliua. 


tor  sem 


f.l.l. 


trt.b 


fr  mes.  cerpost 
nucl.nidors 
tr  tectocep. 

nuciniventp. 
trt.b  cruc. 


n.JU 


Fig.  230  B.     Oculoriiotoriiisltern  und  Wurzel  bei  einem  Nerflinj! 
(Idus  idus),  n.  van  der  Horst. 


480  DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DEK    AMPHIBIEN' 

Gerade  dieser  Faktor  deutet  in  interessanteste*  Weise  auf  den  neuro- 
biotactischen  Faktor  in  dieser  Konstellation  hin. 

Wie  wir  ja  aus  den  Untersuchungen  de  Lange's  wissen,  kreuzen  die 
tekto-bulbären  Fasern  der  Teleostier  auf  verschiedenen  Niveaus.  Während 
die  dorsale  tecto-bulbäre  Bahn  in  einem  ziemlich  frontalen  Niveau  dekus- 
siert,  findet  die  Kreuzung  der  ventralen  tekto-bulbären  Bahn  erst  weiter 
kaudalwärts  statt. 

Es  ist  nun  sehr  interessant,  zu  konstatieren,  daß  die  dorsale  tekto- 
bulbäre  Kreuzung  etwa  mit  dem  vorderen  Niveau  des  dorsalen  Oculomo- 
toriuskernes  zusammenfällt,  während  die  ventrale  Kreuzung  erst  auf  dem 
Niveau  stattfindet,  wo  der  ventrale  III-Kern  seine  ventralste  Spitze  auf- 
weist. Nun  werden  die  Augenmuskelkerne  sehr  erheblich  von  diesen  ge- 
kreuzten Fasern  innerviert.  Namentlich  gilt  dies  für  den  ventralen  Abschnitt. 

Während  bei  den  Zyklostomen  (Fig.  209)  der  ventrale  III-Kern  eine 
ganz  laterale  Lage  aufweist,  zeigt  er  bei  den  Teleostiern  gerade  eine  mediale 
Lage,  nahe  der  Raphe,  und  während  bei  den  Zyklostomen  die  dorsalen 
Kerne  die  mehr  medial  gelegenen  sind,  ist  die  gesamte  Topograpliie.  des 
Oculomotoriuskernes  der  Teleostier  eine  solche,  daß  gerade  die  dorsalsten 
Zellen  die  am  meisten  laterale  Lage  aufweisen.  In  Uebereinstimmung  damit 
ist,  daß  die  lateralen  Flügel  des  III-Kernes  gerade  viele  ungekreuzte  tekto- 
bulbäre  Fasern  aufnehmen. 

Aus  welchem  Teile  des  III-Kernes  die  gekreuzten  und  aus  welchem 
Teile  die  ungekreuzten  Wurzelfasern  des  III  entstehen,  darüber  möchte  ich 
keine  allgemein  gültige  Regel  geben.  Im  allgemeinen  scheint  wohl  der 
ventrale  Teil  des  III-Kernes  einige  gekreuzte  Wurzelfasern  abzugeben.  Wir 
werden  weiter  unter  sehen,  daß  auch  bei  den  Vögeln  der  ventrale  Kern- 
abschnitt die  meisten  gekreuzten  Fasern  aussendet,  im  Gegensatz  zu  den 
Säugern. 

Die  gekreuzten  Wurzelfasern  des  III-Kernes  sind  aber  viel  weniger  zahl- 
reich als  die  ungekreuzten. 

Das  motorische  System  der  Amphibien. 

Die  Anordnung  der  motorischen  Wurzelzellen  in  der  Oblongata  und  dem 
Mittelhirn  der  Amphibien  weist  —  im  Gegensatz  zu  der  der  letztbeschriebenen 
Fisch-Ordnung  —  wieder  primitivere  Verhältnisse  auf. 

In  mancher  Beziehung  bilden  diese  Verhältnisse  einen  Anschluß  an  den- 
jenigen bei  den  Dipnoi  (deren  Anordnung  uns  durch  die  Untersuchungen 
VAX  DER  Hokst's  bekannt  sind)  und  den  Plagiostomen.  In  anderen  Punkten 
sind  sie  deshalb  als  wichtig  zu  betrachten;  weil  wir  sie  als  Grundstufe  für 
die  Anordnungen  der  hohem  Vertebraten,  einschließlich  der  Säugetiere  und 
des  Menschen  ansehen  dürfen. 

•Aus  den  Untersuchungen  Röthig's  sowie  "aus' meinen  eigenen  Unter- 
•  süblmngOnUrat  sieh'lieraHSgestelk',iÜ!aß-dife'lilH^*l^'JA'iü{?llti%i6A'''öiöi'-'^W^^^ 


DAS    MOTORISCHE    SVSTK.M    DEM    AMPHIHIEN.  487 

Ähnlichkeit  mit  den  oben  erwähnten  Fischen,  aufweisen.  Eigentümlich  ist 
dabei,  daß  nicht  nur  die  Pei'ennibranchiaten  aber  auch  die  Caducibranchiaten, 
welche  doch  nur  eine  kurze  Zeit  ihre  Kiemenatmung  beibehalten,  diese 
(Jbereinstimnmng  mit  den  Plagiostomen  zeigen.  Diese  Ül^ereinstinimung 
iiuiiert  nämlich  in  der  Aiiordnung  der  Kiomenkerne,  namentlich  in  der 
Lage  des  Facialiskernes. 

Die  Fortsetzung  des  Rückonmarkgraus  dehnt  sich  bei  den  Amphibien 
eben  so  weit  nach  vorn  aus  als  beim  Lunglisch  (Fig.  237).  Nach  Fürhringer 
fehlen  aber  bei  den  erstem  die  occipitalen  Elemente. 

Es  ist  mir  indessen  wahrscheinlicher,  daß  dies  nur  teilweise  richtig  ist. 

Jedenfalls  kommt  bei  Kana  ein  Art  Hypoglossuswurzel  vor  (XII,  Fig. 
'2o7  C),  die  sich  jjeripher  dem  2.  Spinalnerven  anschließt. 

Der  1.  Spinalnerv  geht  nämlich  diesem  Tiere  ab  (vergl.  Seite   147). 

Eine  Trennung  in  eine  Zellgruppe,  aus  der  die  spino-okzipiialev.  (oder 
XII)  Fasern  entstehen,  und  eine  solche  des  Zervikalmarks,  läßt  sich  nicht 
vornehmen  bei  den  Amphibien.  Nur  kann  man  sagen,  daß  beim  Frcsch  das 
Grau  der  motorischen  Zellen  im  Zervikalmark  eine  melir  ventrolaterale 
Ausdehnung  erreicht  als  in  der  Oblongata  (vergleiche  auch  Röthig 
und  Bl.'\ck). 

In  Bezug  auf  die  viszeralen  Kerne  zeigen  sich  größere  Differenzen  zwischen 
den  Urodelen  einerseits  und  Rana  andererseits. 

Während  bei  beiden  Gruppen  der  Vagus-  und  Glossopharyngeuskern 
eine  einheitliche  Säule  bilden  (aus  deren  hinterstem  Abschnitt  ein  Acces- 
soriuswürzelchen  hervorgeht)  gesellt  sich  bei  den  geschwänzten  Amphibien 
dieser  Säule  noch  der  Facialiskern  hinzu,  welcher  damit  also  eine  einheit- 
liche Zellreihe  bildet,  wie  bei  den  Dipnoi  und  den  Plagio.stomen. 
Beim  Frosch  dagegen  findet  man  einen  Zustand,  den  man  auch  l)ei  den 
Zyklostomen  antrifft,  daß  der  Glossopharyngeus-  und  Vagus-Kern  (fast) 
eine  einheitliche  Säule  bilden,  während  der  VII-Kern  davon  getrennt 
auf  dem  Niveau  seines  eigenen  Wurzelaustrittes  liegen  bleibt.  Er  unter- 
scheidet .sich  nur  insofern  vom  Facialiskern  bei  Petromyzon,  als  er 
nicht  mit  dem  Trigeminus-Kern  verbunden  ist  (vergl.  Fig.    237  C). 

Es  drängt  sich  hierbei  sofort  die  Frage  auf,  weshalb  dieser  Unterschied 
zwischen  den  geschwänzten  und  ungeschwänzten  Amphibien  besteht. 

Als  Antwort  darauf  darf  man  sagen,  daß  die  große  Ähnlichkeit  der 
Urodelen  mit  den  Dipnoi  und  Plagiostomen  uns  nicht  wundern  darf,  weil- 
beide  kiemenatmende  Tiere  ohne  Operculum  oder  mit  nur  einem  kleinen 
Operculum  sind  und  der  enge  Anschluß  der  genannten  drei  Kiemen- 
mu.skelkerne  zu  einer  Säule  bei  beiden  stattfindet  unter  dem  Einfluß 
der  kaudalen  Lage  des  sensiblen  Kiemenzentrums,  welches  hier  prinzipiell 
dasselbe  verhalten  aufweist  wie  bei  den  Plagiostomen. 

Befremdend  ist  aber,  daßdiese  Anordnung  auch  bei  den  Caducibranchiaten 
bleibt,    weil    diese    nicht    ihr    ganzes    Leben    kiemenatmende    Tiere    sind. 
1"  #'^gzä^'aliFrie^&'-^4'cM^'iiuVfiMc«l\'ib(^i*''1b\3yiyfkefl}^ltIä^^ 


488 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    AMPHIBIEN. 


Facialis,  welcher  an  erster  Stelle  die  Reflexe  und  damit  die  Lage  des  mo- 
torischen Facialiskernes  bedingt,  bei  Caducibranchiaten  genau  denselben 
Verlauf  und,  was  mehr  sagt,  eine  nicht  geringere  Entwicklung  hat  als  bei 
Perennibranchiaten.  Auf  Grund  der  Gleichartigkeit  der  Lage  und  Größe 
dieses  Zentrums  in  der  Fortsetzung  des  sensiblen  Glossopharyngeuszentrums 
können  wir  also  bei  Molge  keine  andere  Lage  als  bei  Necturus  z.  B.  erwarten. 


Fig.  23T  A.     Neoceratodus  forsteri  (Krell't). 

Ir/ 


Fig.  237  B.     Molge  cristata  Laui'. 


Fig.  237  C.     Rana  calesbyana  Shaw. 

Fig.  237.     Diagrammatische  Darstellung  des  topographischen  Verhaltens  der  motorischen  Wurzeln  und  Keine 
bei  einem  Lungfisch,  beim  Jfolch  (n.  van  der  Horst)  und  beim  Ochsenfrosch  (n.  Black). 

Daß  aber  der  sensible  Facialis,  d.h.  die  Geschmacksempfindung  des 
Facialis,  bei  den  ungeschwäuzten  Amphibien  nicht  mehr  von  so  großer  Bedeu- 
tung ist,  habe  ich  bereits  in  dem  Kapitel  über  die  Branchialnerven  erwähnt. 

Der  Äbducenskei-n  nimmt  bei  den  urodelen  und  anuren  Amphibien  in 
der  dorsalen  Topographie  etwa  denselben  Platz  ein. 

In  sagittaler  Richtung  scheint  eine  gewisse  Differenz  vorhanden 
zu    sein,    indem    der    Kern    bei    Rana   kürzer    ist   in   der   Rekonstruktion 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    AMPHIBIEN.  489 

als  bei  Molge.  Ich  glaube,  daß  dies  dem  mehr  diffusen  Charakter  des 
Kernes  zu  verdanken  ist  oder  der  Anwesenheit  anderer  Elemente,  welche 
die  Abgrenzung  beim  Molch  schwieriger  machen. 

Der  .\bducenskern  selber  ist  aber  auch  beim  Frosch  ein  wenig  kom- 
paktes Gebilde  von  groiien  Zellen,  die  ziemlich  diffus  angeordnet  sind. 

Hinsichtlich  des  motorischen  Trigeminus-Kernes  dieser  Tiere  ist  bereits 
gesagt,  daß  er  hier  auf  dem  Niveau  seiner  Wurzel,  teilweise  dahinter  liegt, 
in  ganz  dorsaler  Lage.  Beim  Frosch  ist  er  nur  durch  eine  kleine,  aber 
deutliche  Lücke  geschieden  von  dem  Facialis-Kern  mit  dessen  Zellen  die 
seinigen  völlig  übereinstimmen. 

Die  Fasern  aus  dem  Kern  konvergieren  nach  vorn,  sodaß  ihr  Austritt 
mit  dem  vordem  Abschnitt  des  Kernes  korrespondiert. 

Bezüglich  der  vordem  Augenmuskelkerne  der  Amjjhibien  muß  ich  erwähnen, 
daß  es  mir  nicht  gelungen  ist,  bei  Siren  lacertina  eine  Trochleariswurzel 
nachzuweisen,  und  daß  auch  das  Bestehen  eines  Trochleariskemes  bei 
diesem  Tiere  von  mir  in  Zweifel  gezogen  wird. 

Die  IV-Wurzel  ist  auch  von  Von  Plessen  und  Rabinovicz  für  Sala- 
mandra  mal  vermisst  worden,  wo  ich  den  Kern  jedoch  antraf  (auch  von 
andern  ist  er  wohl  einmal  dort  gefunden  worden).  Ob  der  IV  bei  Siren 
durch  einen  Ast  des  Trigeminus  II  ersetzt  wird,  wie  es  in  dem  Fall  von 
V.  Plessen  beim  Salamander  geschah,  habe  ich  nicht  nachprüfen  können. 

Molge  und  Rana  zeigen  bezüglich  der  vordem  Augenmuskelkerne  ein 
verschiedenes  Verhalten,  nämlich  darin,  daß  der  Trochlearis-Kern,  der  beim 
Molch  auf  einer  großen  Distanz  vom  Owiloniotoriuskern  liegt,  bei  Rana 
bereits  mehr  frontal  liegt,  in  direktem  Zusammenhang  mit  dem  Oculomoto- 
riuskern  (vergl.  Fig.  237;  für  Necturus  und  Cryptobranchus  s.  Röthig). 

Bei  Bufo  und  Rana  fusca  weist  er  eine  frontale  Ausreckung  auf,  welche 
als  Anfang  einer  Verlagerung  in  der  Richtung  der  Oculomotoriuskernes 
gedeutet  werden  kann  (Röthig)  :  also  ein  "Übergaugsstadium  (vergl.  S.  496). 

Bei  einigen  Amphibien  kann  man  in  dem  Oculomotoriuskem  eine  Ein- 
teilung in  einen  medialen  und  einen  dorsolateralen  Abschnitt  vornehmen, 
wovon  wir  weiter  unten  zeigen  werden,  daß  sie  die  Vorstufe  deutlicher 
Einteilungen  bei  den  Reptilien  darstellen. 

Von  einem  ventralen  Kern,  wie  bei  den  Teleostiern,  ist  bei  diesen 
Tieren  keine  Rede;  alle  Zellen  nehmen  einen  dorsaleren  Platz  ein. 

Bezüglich  des  Verhaltens  und  der  Lokalisation  der  gekreuzten  und 
ungekreuzten  Wurzelfasern  des  Oculomotorius  Uegen  bis  jetzt  keine  sichern 
Angaben  vor. 

Das  motorische  System  der  Reptilien. 

Das  niotorische  i>ydem  der  Reptilien,  bietet  eine  Reihe  von  Entwicklungs- 
stadien dar,  die  im  Hinblick  auf  die  Entstehung  des  definitiven  Säuger- 
typus, sowie  mit  Hinsicht  auf  den  Vogeltypus  von  großem  Interesse  sind. 


490 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DKR    liEl'Tir.IKN. 


nr.X 


Bei  diesen  Tieren  fangen  die  Differenzierungen  an,  die  wir  später  }>ei 
den  Säugern  oder  bei  den  Vögeln  weiter  ausgebildet  finden. 

Dies  gilt  namentlich  vom  Vagus-System  und  dem  System  der  Augen- 
muslcelkerne.  Die  Differenzierungen  im  Gebiete  des  Vagus-Systemes  sind 
indessen  nicht  sehr  auffallend,  wie  es  ja  für  den  IX-  und  X  nicht  Wunder 
nehmen  kann,  weil  die  weitere  Ausbildung  der  Pharynx-  und  Larynx- 
muskulatur,  auf  deren  feinerer  Organisation  die  Differenzierung  der  ventralen 
Kerne  des  Glossoi)haryngeus  und  Vagus  großenteils  berulit  (Nucleus  am- 
l)iguus),  noch  nicht  bei  diesen  Tieren  eingetreten  ist. 

Auch  die  Trapezius-Muskulatur  und  deren  Nerv  haben  nocli  nicht  die 
große  Ausbildung  wie  bei  den  Säugern  erlangt  (siehe  weiter  S.  491). 

Können    wir    somit    im    allgemeinen    niclit    erstaunt    sein,    bei    den 
Reptilien  noch  einfache  Zustände  anzutreffen,  so  wundert  es  uns  doch,  daß 
wir  in  dem  Rypoglossusareal  dieser  Tiere  noch  keine  sciiärferen  Sonderungen 
ffnden,  weil  die  Zungenmuskulatur  bei  einigen  Reptilien  doch  ganz  scharfe 
Differenzierungen    aufweist.    Immerhin    hat   die   bei   einigen    Reptilien    be- 
deutsame   Entwicklung   des  Ge- 
schmacksystems  auf  der  Zunge, 
welches  System  bei  der  Differen- 
zierung und  frontalen  Verschie- 
bung der  Hypoglossuszellen  eine 
so    große    Rolle    spielt,    bereits 
einige     Veränderung     hervorge- 
rufen. 

\'^ergleicht   man  die  Rekon- 
struktionen von  Ohelonc,  Alliga- 
tor, Boa  und  Foramts  (Fig.  247  A — 
D)    mit    denen    der    Fische,    so 
sielit  man,  daß  die  entsprechende 
Zellsäule   bei   den    erstgenannten 
Tieren    weiter    frontalwärts    ge- 
rückt   ist    (vergl.     die     farbige 
Tafel    II).    Die    medialen  Zellen 
(XII)  dehnen  sich  am  weitesten 
nach  vorn  aus. 
Durch  die  größere  Distanz,  welche  den  Hypoglossuskern  der  Reptilien 
von  der  ventralen  Peripherie  der  Oblongata  trennt,  erhalten  seine  Wurzeln 
jetzt  auch  mehr   den    verlängerten    Aspekt,    welchen    wir    von    den    Hypo- 
glossuswurzeln  der  Säuger  gewohnt  sind. 

Eine    völlige  Isolierung  eines  Hypoglossuskernes   von  der  motorischen 

Säule  des  Zervikalmarks  kommt  jedoch  auch  bei  Reptilien  noch  niclit  vor. 

Es  ist  mir  wenigstens  nicht  gelungen,  sie  naclizuweisen. 

■     Die    Differenzierung    des-    Hypoglossuskernes     ist     namentlich     wenig 

^•'''«iktek^tÜ-Mgiisil?! bi?iVlöv'#!mi%feF{Ji'y%l'<!'VcW4'ii#  diV^AAWf  W  Tl^^^^'s), 


/<> 


^x 


Fig.  238 A.  HN'poglossuskern  beim  AlHgator, 

n.    VAN    HOEVULL. 


DAS    MOTOIUSCIIK    SYSTEM    DER    KEI'TILIKN. 


I'.M 


wo    das    Rückenmarksgrau   sein-    wenig   entwickelt  ist  und  eine  erliebliclie 
laterale  Ausdehnung  der  \'orderhörner  (vergl.  Fig.  80  A  und  B)  fehlt. 

Die  hintere  Grenze  des  Hypoglossuskernes  läßt  sich  also  nur  bestinnnen, 
wenn  man  die  hinterste  Wui'zel,  welche  diesem  System  angehört,  zentral 
verfolgt. .Man  sieht  dann  aber  gleich,  dali  keine  Lücke  die  Grenze  zwischen 
.\II-Kern  und  zervikaler  Zellsäule  andeutet. 

In  den  Diagrammen  liabo  ioli  iiiu- eine  Hypoglo.ssusvvur/rl  eingezciclinel.,  «eil  uns 
baiiptsäcblich  die  Vordergrenzu  dieses  (lebictes  interessiert.  Audi  ist  hier(«io  bei  Kann) 
der  Hypoglossns-Kern  mit  derselben  Markierung  (sehwar/.)  angegeben  als  das  zervikale 
(xraii,    obschun   er  als  spino-okzipitaler   Kern   eigentlicb    weiß   [lunktiert    si'in   müßte. 

Mehr  Besonderheiten  bietet  das  Studium  der  hintern  viszeralen  Siiu/c.  An 
erster  Stelle  ist  es  eigentümlich,  daß  die  ganze  Säule  hier  etwas  mehr  seitlich 
gelagert  ist  als  bei  den  Fischen 
und  ihre  Wurzelfasern  infolge 
dessen  eine  kleine  Schlinge  bil- 
den (Fig.  238  B),  weil  dieWur- 
zel  fixiert  wird  vom  zentralen 
Längsbündel. 

Ihre  Vorderspitze  dehnt 
sich  bei  allen  Reptilien  fast 
gleich  weit  nach  vorn  aus. 

Die  Hintergrenze  der  dor- 


Fis. 


'i38  B.     Alligator  Sclilingenförmiger. 
Verlauf  der  mot.  X-Wuizel. 


salen  Vagussäule  ist  aber  bei 
den  Hydrosauriern,Cheloniern 
und  Lazertiliern  einerseits  und 
den  Schlangen  andererseits 
(vergl.  Fig.  240  A— D)  ver- 
schieden. 

Am  weitesten  dehnt  sie 
sich  nach  hinten  aus  bei  der, 
Schildkröte,  wo  .sie  noch  etwas 
weiter  kaudalwärts  geht  als  in 
dem  Diagramm  angegeben  ist ; 
denn  auf  dem  letzten  Schnitt 

meiner   Serie    war   der    Kern    noch    deutlich    vorhanden.    Dasselbe  gilt  für 
den  Alligator. 

Die  geringste  kaudale  Ausdehnung  ist  bei  den  Schlangen    vorhanden. 

Es  ist  aus  mehreren  Gründen  wahrscheinlich,  daß  wir  in  dem  kaudalen 
Abschnitt  des  dorsalen  \'aguskernes  einen  Accessorimkerii  erblicken  müssen. 

Deshalb    dürfte    auch    bei    den    Schlangen    die    kaudale    Ausdehnung 
dieser  Säule  so  gering  sein,  weil  ein  Trapezius,  wie  überhaupt  ein  Schulter- 
gürtel   diesen    Tieren    fehlt.    Auch    die    weite    Ausdehnung    der    kaudalen 
Spitze   bei    den    im  Wasser  lebenden  Reptilien  spricht  für  einen' XI-K'erTi. 
i "I I^iirch  iiiFilUi^.tJ^^G%;R  b^ i'' Ai-bl'itelf l-  iÄl'-"#ocll'''<f_MUiinn't',:^UU(^*^'di^'-<-A&«m'^'i'ius- 


492 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    REPTILIEN. 


muskulatur  namentlich  bei  den  im  Wasser  lebenden  Reptilien  ein  ziemlich 
bedeutend  entwickeltes  System  darstellt. 

Die  XI- Wurzel  läßt  sich  beim  Krokodil  bis  ins  2.  Zervikalsegment 
verfolgen  und  tritt  sehr  dorsal  aus  (Fig.  270  B). 

Ich  möchte  noch  erwähnen,  daß  die  dorsale  viszerale  Säule  in  den 
kaudalen  Schnitten  eine  etwas  ventrolateralere  Lage  einnimmt  (wie  ich 
es  in  dem  Diagramm  von  Varanus  (Fig.  240  D)  anzudeuten  versuchte).  Sie 
erinnert  hierdurch  sehr  stark  an  das  Bild,  welches  der  embryonale  Acces- 
soriuskern  der  Schafembryonen  im  oberen  Zervikalmark  bietet  (Fig.  271  B). 

Nach  den  Untersuchungen  von  Beccari  sollen  wir  in  diesem  hintersten 
Abschnitt  der  Säule  nur  den  sog.  kranialen,  nicht  den  spinalen  Accessorius 
vorfinden.  Letzterer  soll  nach  ihm  erst  bei  den  Säugern  entstehen  aus 
Zellen,  deren  Homologa  die  LENHOssEKSchen  Zellen  bei  den  Reptilien  und 
Vögeln  (S.  171)  sind.  Ich  komme  darauf  später  zurück. 

Ein  zweiter  wichtiger  Punkt  in  der  Entwicklung  der  hintern  viszeralen 
Säule  ist  die  Enstehung  eines  ventro-lateralen  Kernabschnittes  bei  den  Reptilien. 

Die  einfachste 
Form    jener     Zell- 


-V. 


Zentraler- 
Vaguskern. 


-=i^?5"- 


Seitlich  verls^.  Vagus- 
zellen. 


Hypogloss.- 
Kern. 


;V, 


Fig.  239.     Die  Verschiebung  von   Vaguszellen  in  seitlicher 
Richtung  beim  Alligator. 


Verschiebung  findet 
man  bei  Chelone, 
wo  zwischen  dem 
mittlem  und  hin- 
tern Drittel  dieser 
Säule  eine  deutliche 
ventrolaterale  Zell- 
verlagerung auf- 
tritt, die  jedoch  an 
allen  Stellen  ihren 

Zusammenhang 
mit    der     dorsalen 

Säule  beibehält 
fFig.  240  A). 
Etwa    an    derselben   Stelle    findet    man    eine  ventrolaterale  Zellgruppe 
beim    Alligator,    die  ebenfalls  mit  Wurzelfasern  des  Vagus  in  Verbindung 
steht,    deren   Natur  also  genau  dieselbe  ist,  die  aber  etwas  mehr  Selbstän- 
digkeit erworben  hat  (Fig.  239  und  240  B). 

Auch  beim  Varan  ist  genau  in  derselben  topographischen  Lage  eine 
Zellverschiebung  zu  beobachten.  Diese  ist  aber  geringer  in  frontokaudaler 
Ausdehnung.  Was  ihre  Selbständigkeit  anbelangt,  gleicht  sie  den  ausge- 
wanderten Zellen  des  Alligators.  Bei  Boa  scheint-  dieser  Kern  sehr  klein 
zu  sein  oder  zu  fehlen. 

Obschon  ich  anfangs  mehr  geneigt  war,  in  dieser  Gruppe  den  Anfang 
eines  ventrolateralen  Accessoriuskernes  zu  erblicken,  hat  sich  doch  meine 
Meinung    in    dieser    Hinsicht    geändert    auf    Grund    einer    exakten    topo- 


I1A8    MOTORISCHE   SYSTEM    DER    REPTILIEN. 


493 


graphischen     Vergleichung     mit     den     Vögehi     und     niedern     Säugern. 
Derselbe  Kern  kommt  nämhch  vor  bei  den  Vögeln,  wo  dessen  Homo- 
logie mit  demjenigen  der  genannten  Reptilien  keinen  Zweifel  läßt.  Bei  den 


Tnrai 


^M^-    '^n. 


Fig.  240  A.     Schildkröte  (Chelone  mitlas). 
1>.       J. 


Fig.  240  R.     Alligator. 


i 


''^^J/W///////? 


imii  #> 


mmf 


\ 


n 


Fig.  240  C.     Schlange  (Boa  constrictor). 


Fig.  240  D.    Eidechse  (Varanus  salvator). 

Fig.  240.     Diagrammatische  Darstellung  des  topographischen  Verhaltens  der  motorischen  Wurzeln  und 
Kerne  bei  den  Reptilien.  Die  schraffierte  Figur  D.— D.  =  DEITERS-Kern. 

Vögeln  aber  ist  die  Vagusnatur  jenes  Kernes  völlig  sicher.  Ein  Vergleich 
mit  den  Säugern  weist  darauf  hin,  daß  er  mit  dem  hinteren  Drittel  des 
Nucl.  ambiguus  korrespondiert  (vergl.  weiter  S.  505). 


4!i4 


DAS    MOTORLSrilK    SYSTE.M     ]>KR    KKPTILIKX. 


Der  Glossopharyngeuskerii  der  Reptilien  bietet  große  Schwierigkeiten. 
Vergleicht  man  die  frontale  Ausdehnung  der  hintern  viszeralen  Säule  der 
Reptilien  mit  der  der  nächstliegenden  Amphibien  und  Vfigel,  dann  fällt 
zuerst  auf,  daß  dieselbe  bei  den  Reptilien  weit  hinter  dem  Eintritt  der 
IX- Wurzel  aufhört,  während  sie  bei  den  Amphibien  und  Vögeln  das  Niveau 
dieses  Wurzeleintrittes  frontalwärts  überragt. 

Eine  Fortsetzung  der  dorsalen  Vagu.?säule  bis  zum  Glossopharyngeus- 
wurzeleintritt  findet  sich  also  bei  den  Reptilien  nicht. 

Es  scheint  mir  denn  auch  nicht  wahrscheinlich,  daß  der  motorische 
IX  in  der  dorsalen  Vagussäule  entsteht,  denn  nie  ist  es  mir  gelungen,  die 
IX-Fasern  dahin  zu  verfolgen  (nur  beim  Alligator  habe  ich  wohl  einmal  ge- 
zweifelt, daher  die  Kontroverse  zwischen  Fig.  240  D  und  der  farbigen  Tafel  II). 


-p:-r;*««^r-^       I 


-^i:. 


N.  cocül. 


Abd.-Kt-] 


Facialiskeni 


Fi{j.  241.     Facialis-  und   Abilucenskern  beim  Alligator. 


Die  motorischen  IX-Fasern  laufen  meistens  eine  kurze  Strecke  frontal- 
ivärts  nach  dem  Eintritt  in  die  Oblongata,  und  es  scheint,  daß  die  Wurzel 
aus  derselben  Zellgruppe  hervorgeht,  aus  welcher  auch  die  Facialis- 
wurzel  entsteht  (Bezügl.  Boa  kann  ich  nichts  Sicheres  sagen,  deshalb  fehlt 
die  Platzangabe  des  XI-Kernes  in  Fig.  240  C). 

Es  würde  eine  solche  Vereinigung  der  motorischen  Glossopharyngeus- 
und  Facialiskerne  zu  einem  gemeinsamen  ventraleren  Kern  nicht  verein- 
zelt dastclicn.   weil   wir  liei  einigen   Telcostiern  ähnliches  fanden  (Fig.  226). 


IiAS    MoTdIMSCHK    SYSTEM     UICK    i;  ICI'TII.IEN.  49." 

Beim  Allicfator  (Fia'.  -41)  gibt  es  zwei  Fanalis-Kernc :  einen  dorsalen 
und  einen  ventralen  Kern.  Weniger  sdiarl'  ist  eine  solclie  Trennung  beim 
Varan,  wo  ül>rigens  der  ganze  Komplex  mehr  ventral  liegt  (Fig.  242)  und 
das  Facialiswurzelknie  dem  der  Säuger  ähnlich  ist  (fai*l).  Tafel  III). 

Die  \"erschiebung  in  diesem  Komplex  ist  nieiit  nur  ventrolateral, 
sondern  auch  kaudalwärts.  Die  kaudale  \'erlagerung  ist  am  geringsten  beim 
Alligator  (vergleiche  Fig.  240  B). 

Die  Tatsache,  daß  der  VII-Kern  bei  den  Rei>tilien  hinter  ihrem 
Wurzeleintritt  liegt,  ist  wohl  teilweise  dem  Einfluß  der  kaudalen 
Reflexgebiete  zu  danken.  Wahrscheinlich  handelt  es  sicii  dabei  um  spino- 
bulbäre    und  trigemino-bulbäre  Reflexe  (aus  dem  spinalen  V-Kern). 


Päd  desc  NV         -    ':.:'i^''<-  ''  ' 


:  /  -J  V    .. 


Nuc!    VII  d  A'--   M-  '■^^--^■-  '- 


Nuci   VII  V    -~^'', /'}'■/■:: 


■  *■; 


'   .■/;^^.;.  ;-■ 


Fig.  242.     Mütorisclie  Facialiskernu  beim   Vaian. 

Schließlich  sei  noch  bemerkt,  daß  der  VII-Kern  bei  denjenigen  Tieren 
unter  den  Reptilien,  welche  eine  obere  Olive  haben,  medial  von  der  Qlive 
liegt.  Namentlich  Deim  Alligator  ist  das  sehr  deutlich,  weil  VII-Kern  und 
obere  Olive  in  einer  und  derselben  Schnittfläche  vorkommen,  und  man 
sich  also  leicht  überzeugen  kann,  daß  der  \'II-Kern  dort  medial  (s.  Fig.  241) 
liegt.  Es  ist  deshalb  wichtig,  darauf  hinzuweisen,  weil  bei  den  höhern 
Säugern  (und  beim  Menschen,  Fig.  280)  der  Facialiskern  lateral  von  der 
obern  Olive  liegt.  Dies  ist  sicher  teilweise  der  bei  den  Säugern  mehr 
ventro-medialen  Lage  der  Olive  zuzuschreiben,  worauf  ich  bereits  S.  403 
hinweis. 

Von  großem  Interesse  sind  die  Reptilien  für  das  Studium  der  Augen- 
niuskelkernc,  weil  innerhalb  dieser  Klasse  sich  die  X'eränderungen  abspielen, 
welche  von  den  wenig  differenzierten  und  wenig  kompakten  Augenkernen 


496 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    REPTILIEN. 


TL 


Nu.  lam. 


Nu.  Deiters 


der    niedern    ^"ertebrateii    zu    den    fein    differenzierten,   kompakten  Kern- 
massen der  höheren  Vertebraten  hinüberleiten. 

Bei  dem  Alligator,  sowie  bei  Chelone  weist  der  Abducenskern  noch  viele 
Eigenschaften  auf,  welche  an  den  von  den  Amphibien  dargebotenen  Typus 
erinnern.  Bei  den  wasserlebigen  Eeptilien  ist  dieser  Kern  nämlich  noch  sehr 
diffus  gebaut,  und  ein  großer  Teil  von  ihm  liegt  sehr  weit  kaudal  vom 
VII- Wurzeleintritt,  .sogar  bis  zum  IX-Wurzeleintritt  bezw.  über  demselben. 
Entsprechend  dieser  Kernlage  ist  auch  die  Wnrzellage. 

Bei  keinem  Tiere  sind  die  Abducenswurzeln  imd  auch  der  Kern  über 
eine  so  große  Strecke  zerstreut  (Fig.  240  A,  B). 

Dies  hat  seinen  Grund  in  dem  Umstände,  daß  der  Kern  von  den 
Reptilien  an  eine  frontale  Wanderung  durchmacht.  Während  nämlich  die 
kaudale   Lage   seines   hinteren    Abschnittes   der   Ausdruck    des   primitiven 

Verhaltens  ist,  wie  es 
auch  bei  den  Amphi- 
bien (und  Selachiern) 
vorliegt,  ist  die  fron- 
tale Ausreckung  (ver- 
gl.  S.  489)  ein  neuer 
Faktor,  eben  der  An- 
fang einer  frontalen 
Wanderung,  die  erst 
bei  den  höhern  Rep- 
tilien auch  an  dem 
kaudalen  Abschnitt 
des  VI-Kernes  auftritt. 
Vergleichen  wir 
das  Verhalten  von  Che- 
lone mit  dem  bei  Boa, 
so  sehen  wir,  daß  bei 
dem  letztgenannten 
Tiere  bereits  der 
Kaudalpol  des  VI-Ker- 
nes bedeutend  einge- 
schrumpft ist  und  der  Kern  sich  nicht  mehr  so  weit  ausdehnt.  Gleichzeitig 
haben  auch  alle  seine  Wurzelfäden  einen  frontaleren  Austritt  genommen 
und  verlassen  sie  die  Oblongata  frontal  vom  VII- Wurzel-Niveau  (vergl. 
Fig.  240  A— D). 

Dieser  Prozeß  erreicht  seinen  Höhepunkt  beim  Varan,  wo  der  Zustand 
der  Vögel  und  der  Säuger  bereits  eingetreten  ist  (Fig.  240  D  und  287). 

Hier  ist  der  ganze  Kern  so  weit  frontal  gewandert,  daß  er  frontal  das 
Niveau  des  Facialiswurzeleintrittes  schon  überragt  und  —  wie  bei  den 
Säugern  —  in  der  Mitte  zwischen  V  und  IX  Wurzel  liegt.  Gleichzeitig 
ist    der    Kern    bedeutend    kompakter   geworden.  Daß   diese    frontale   Ver- 


f.  1   c. 


Nu.  VI 


Fig.  243. 


/-xc 


Abducenskern  von  Alligator  sklerops, 

n.    VAN    HOEVELL. 


IIAS    MOTORISCHE    SYSTEM    IJiClv    KEPTILIKN. 


491 


//lr-^ 


lajrerung  des  dorsalen  ^"I-Kernes  in  der  Reptilienreihe  tatsächlich  statt- 
findet, läßt  sich  nicht  nur  in  Bezug  aut  die  VII-  und  IX-Wurzeln 
nachweisen,  sondern  auch  in  Bezug  auf  andere  Punkte  in  der  Oblongata, 
wie  eine  genaue  Betrachtung  der  in  Fig.  240  gegebenen  Rekonstruktionen 
sofort  zeigt. 

Man  erhält  den  Eindruck,  daß  der  VI-Kern,  der  sich  dem  Deiters- 
kern  allmählich  nähert  von  dessen  Reflexbahnen  stark  beeinflußt  wird. 

Oberhalb  meiner  Reptilien-Diagramme  ist  für  Alligator,  Boa  und  Varan 
die  Lage  des  DEiTERskernes  mittels  eines  karrierten  Feldes  (D — D)  ange- 
geben, und  es  ist  auff'allend,  daß  sich  der  VI-Kern  diesem  Felde  mehr 
und  mehr  nähert,  und  schließlich  auf  dessen  Niveau  liegen  bleibt. 

Der  DEiTEüskern  der  lleptilien  ist  —  wie  aus  obigen  Diagrammen  hervor- 
geht —  nicht  so  ausgedehnt  wie  bei  den  Säugern,  wo  er  sich  bekanntlieh  bis  zur 
Nähe  des  IX-Wurzeleintrittes  erstreckt  (vergl.  S.  400). 

Lewt  hat  aber  nach- 
gewiesen, daß  der  hintere 
Teil  des  DEiTERskernes  der 
Säuger  bei  Durchschneidnng 
des  Halsmarks  atrophiert. 
Nur  der  vordere  Teil, 
welcher  dann  unverändert 
bleibt,  dient  den  bul  baren 
DEiTETischen  Rettesbahnen 
als  Ursprung.  Auch  Kohn- 
STAJIM  hat  in  dem  vordem 
Abschnitt  des  DEriERsker- 
nes  das  Reflexzeutrum  für 
die  Augenmuskelkerne  nach- 
gewiesen. Es  ist  offenbar 
dieser  Teil,  welcher  sich 
phylogenetisch  zuerst  bildet, 
und  wesentlich  dem  karrier- 
ten Areal  in  Fig.  240  ent- 
spricht, welches,  wie  gesagt, 
die  Lage  des  Abducens- 
kernes  zu  bestimmen  scheint. 
Daß  überhaupt  der  Vesti- 
bularapparat    dessen     Lage 

(vergl.  S.  467)  beeinflußt,  werde  ich  später,  wenn  ich  die  dorsolaterale  A'erlagerung 
jenes  Kernes  bei  den  Säugern  bespreche,   näher  beweisen   können. 

Man  findet  bei  den  wasserlebigen  Reptilien,  welche  in  den  obigen 
Diagrammen  abgebildet  sind,  einen  überwiegend  dorsal  gelagerten  Trige- 
minuskt^n.  Nur  ein  kleiner  Teil  dieses  Kernes  ist  ventrolateral  gewandert, 
und  zwar  der  hinterste  Abschnitt. 

Sowohl  bei  Chelone  (Fig.  244)  als  namentlich  beim  Alligator  (Fig.  245) 
ist  dieser  ventrale  Abschnitt  des  V-Kernes  sichtbar,  bei  dem  letztge- 
nannten Tiere  völlig  abgetrennt  von  dem  übrigen  Abschnitt,  wie  man  es 
sonst  nur  bei   Knochenfischen  findet. 

Kai'pers.  -^2 


Fig.  244     Trigeminuskern  (mittlerer  Abschnitt)  bei 

der  Schildkröte. 

a  und  h  sind  retikuliire  Zellen,  n.  van  Hoevell. 


498 


DAS    >rOTORISCHE    SYSTEM    DER    REPTILIEN. 


Während  aber  bei  den  meisten  Teleostiern  die  sekundäre  Geschmacks- 
^  .^  bahn  (vergh  Fig.  483)  für  die  ^'erlage- 

rung  des  kaudalen  V-Kern-Abschnittes 
verantwortlich  gemacht  werden  muß, 
ist  diese  Ursache  bei  den  ReptiUen 
nicht  nachweisbar. 

Hier  dürfte  es  vielmehr  die  sekun- 
däre Bahn  aus  dem  spinaleia  Trigemi- 
nusgrau  sein,  und  diei  spino-bulbären 
Reflexfasern,  welche  die  genannte  Ver- 
schiebung verursachen,  wie  es  auch  für 
den  Facialiskern  dieser  Tiere  wahr- 
scheinlich ist. 

Bei  Boa  ist  der  ganze  V-Kern  von  dem 
Ventrikelboden  entfernt  und  ihrer 
sensiblen  Wurzel  näher  gerückt. 

Ob  das  mit  dem  komplizierteren 
und  feinern  Kiefermechanismus  dieser 
Tiere  im  Zusammenhang  steht,  läßt 
sich  vorläufig  nicht  entscheiden.  Die 
Tatsache  ist  aber  auffallend  und  beruht 
Zusammenarbeiten   von    Mundhühlensensibili- 


0€  Sty, 

Fig.  245.     Trigeminuskerne  (kaudaler 

Schnitt)  beim  Alligator. 

h  sind  retiliuläre  Zellen,  n.  van  Hoevell. 


sicher  auf  einem  intimeren 
tat  und  Kiefermuskulatur 
(vergl.  hierzu  S.  329  und 
330)  bei  diesen  Tieren. 

Die  vordem  Augenmus- 
kelkerne der  Reptilien  bieten 
gerade  wie  der  VI-Kern  alle 
Stadia  der  Entwicklung  dar, 
von  den  einfachen,  we- 
nig differenzierten  Kernen 
der  Chelonier  zu  dem  kom- 
pakten, in  verschiedene 
Gruppen  gegliederten  und 
hoch  differenzierten  Oculo- 
motoriuskern,  welcher  für 
die  Säuger  und  '\''ögel  t}'- 
pisch  ist. 

Auch  das  gegenseitige 
Verhalten  des  Trochleuris- 
kernes  zum  Oculomotorius- 
kern  bietet  Verschiedenhei- 
ten  in   der   Reptilienreihe. 

Beim  Alligator,  bei  Ghe- 


R.  N, 


Fig.  246.     Trochleariskern  einer 
n.  S.  J.  DE  Lange. 


Schildkröte. 


DAS    MOTORISCHE   SYSTEM    DER    REPTILIEN. 


499 


lone  und  Boa  sind  Trochleariskern  und  Oculomotoriuskern  keine  ange- 
schlossenen Gebilde;  eine  deutliche  Lücke  trennt  die  beiden  Kerne.  Beim 
Varan  dagegen  ist  der  Anschluß  ein  ganz  intimer  geworden.  (Fig.  240  D). 

Bei  einer  Varanart,  deren  Speziesnamen  mir  nicht  bekannt  ist,  ist 
sogar  eine  gewisse  Überdeckung  vorhanden. 

Der  Trochlearis-Kern  liegt  auf  dem  zentralen  Längsbündel,  (Fig.  246, 
Chelone  midas,  f.  1.  c.)  und  ist  sehr  groß.  Doch  ist  der  Trochlearis- 
kern noch  nicht  von  sovielen  kleinzelligen  oder  großzelligen  retikulären 
Elementen  umgeben,  wie  es  bei  manchen  Säugern  der  Fall  ist  (Fig.  290 
und  291). 

Eine  besondere  Erwähnung  verdient  der  IV-Kern  eines  Varans. 

Dieser  liegt  in  einer  Vorwölbung,  nicht  aber  in  einer  Vorwölbung, 
welche  aus  dem  Boden  des  Aquäduktes  hervorgeht,  sondern  welche  aus 
der  dorsolateralen  Partie  der  Ventrikelwand  entsteht. 

In  Hinsicht  auf  die  ursprünglich  dorsale  Lage  des  IV-Kernes  (bei 
Zyklostomen)  im  Velum  anticum  ist  dies  wohl  interessant. 

Die  Trochlearis-Wurzel  bietet  keine  Besonderheiten. 

Der  Oculomotoriuskern  zeigt  bei  den  verschiedenen  Reptilien  eine  Reihe 
von  Gestaltsveränderungen. 

Den  einfachsten  Zustand  findet  man  bei  den  Schildkröten. 

Bei  diesen  Tieren  ist  die  Spalte  des  Aquäduktes  tief  in  die  Basis  des 
Mittelhirns  eingedrungen. 

Seitlich  von  dieser  Spalte  liegt  der  Oculo- 
motoriuskern, zwischen  ihr  und  dem  zentralen 
Läng.sbündel,  welches  die  seitliche  Begrenzung 
des  III-Kernes  bildet. 

Eine  dorsolaterale  Flügelbildung  ist  an  dem 
Kern  angedeutet.  Man  kann  hier  aber  kaum  voii 
einer  dorsolateralen  und  einer  medialen  Kern- 
gruppe reden.  Die  ganze  dorsoventrale  Zellsäule 
macht  mehr  den  Eindruck  einer  einheitlichen 
Zellmasse. 

Beim  Alligator  (Fig.  247)  kann  man  eiier 
von  einer  Gliederung  des  Kernes  sprechen. 

Der  ganze  Kern  ist  dort  mehr  auf  die  dor- 
sale Abteilung  der  Mittelhirnbasis  beschränkt. 
Er  gruppiert  sich  zwischen  der  Raphe  und  dem 
zentralen  Längsbündel.  Die  dorsalen  Zellen  des 
IILKernes  dehnen    sich   über   das   Längsbündel 

seitlich  aus  und  häufen  sich  an  der  lateralen  Seite  desselben  noch- 
mals wieder  an,  sodaß  man  einen  ventromedialen  Kern  und  einen  dorso- 
lateralen Kern  unterscheiden  kann.  Kaudal  fangen  diese  beiden  Gruppen 
auf  demselben  Niveau  an  (Fig.  249).  Die  dorsolaterale  Gruppe  entspricht 
dabei  etwa  der  Lage  des  Ti'ochleariskernes.  Frontalwärts  besteht  aber  eine 


sSn 


Eig.  247.    Oculomotoriuskern 
des  Alligators. 


500 


DAS    \fOTORlSCHE    SYSTE.Nr    DKR    REPTII.IKN'. 


Dors.  III-Kern- 


Vciitr.  in-Kc-iii_ 


f^^^-il 


^^~^pf^\ 


?^'fc^ 


J-. 


Fig.  248.  Oeiiloiiiotoiiuskern  eini's  ('hani;ileüns. 


Fig   249. 


15  K  C  l  rv 


=   •^«4  UTK. 


Sagittale  Topographie  des  IV-  und  Ill-kernes 
beim  Alligator. 


Differenz  (Fig.  249),    indem    der    dorsolaterale    Kern    sich    weiter   ausdehnt 

als  der  ventro-mediale. 
Deutlicher  wieder 
als  beim  Alligator  ist 
die  Trennung  des  III- 
Kernes  in  einen  dorso- 
lateralen  Hauptkern 
und    einen   ventronie- 

dialen  Hauptkern 
l)eim  Chamäleon  und 
beim  Varan  (Fig.  248, 
250).  Genau  wie  beim 
Alligator  dehnt  sich 
auch  hier  die  dorsola- 
terale Kerngrujipe  am 

weitesten  frontalwärts  aus,  während  kaudal  die  dorsolaterale  und  die  ventro- 

mediane  Gruppe  etwa  ^„.r^-rr^n-r..-^ 

f  ,        „    ^v-  .fTTTTTITTTrnTTTTrrrs 

auf  demselben  JNiveau 

anfangen.  Der  dorso- 
laterale Kern  geht 
hier  allmählich  aus 
dem  Trochleariskern 
hervor. 

Beim    Varan    sind    bereits   Zellen    dazu    gekommen,    die  sonst  erst  ^Is 

regelmäßiger   Befund    bei  den  Vögeln  und 
bei  den  Säugern  auftreten. 

Oberhalb  des  dorsolateralen  Kernes, 
namentlich  auf  dessen  mittlem  Drittel, 
findet  man  eine  Zellgruppe  (Fig.  250),  die 
sowohl  durch  ihre  Anordnung  als  durch  die 
kleinere  Gestalt  ihrer  Zellen  und  ihre  Ab- 
grenzung von  den  übrigen  Gruppen  durch 
eine  deutliche  Marklamelle,  eine  selbstän- 
dige Stellung  einnimmt.  Ihr  ganzes  Verhal- 
ten spricht  dafür,  daß  sie  das  Homologon 
des  EoiNGER-WESTPHALschen  Kernes  der 
Säuger  ist.  Ob  er  ein  wirklicher  Wurzel- 
bestandteil des  HI-Kernes  ist  (Edixger. 
Cajal),  oder  ein  eingefügtes  retikulärer 
Bestandteil  (Tsuchida),  darüber  sind  für 
die  Säuger  die  Meinungen  geteilt.  Für 
die  letztere  Autfassung  spricht,  daß  bei  den 
^'ögeln  und  Säugern  nachgewiesen  ist,  daß 
er    auch    ontogenetisch    (genau    wie    phylogenetisch)    erst    später    auftritt 


Nu.  acc. 


Fig.  250.     Querschnitt  durch  den 

Ociiiüniiitoriuskern  eines  Varans. 

n    einem  HoUunderbeercnsaft- 

prii  parat. 


DAS    MOTORISCHE    SVSTKM     DKP,    VÖOEI..  501 

als  die  anderen  Zellen  jenes  Kernes.  Ich  halte  es  indessen  für  wahrschein- 
licher, auf  Grund  von  degenerativen  Erfahrungen  bei  Vögeln  und  Säugern, 
daß  er  wohl  Wurzelfasern  aussendet  und  der  Innervation  innerer  Augen- 
muskeln dient  (vergl.  S.  512). 

Der  Varan  ist  das  einzige  Reptil,  bei  dem  ich  .ihn  fand ;  sogar  beim 
Chamäleon,  dessen  Augenmuskelkerne  sonst  so  kräftig  entwickelt  sind,  habe 
ich  ihn  nicht  mit  Sicherheit  nachweisen  können. 

Bezüglich  des  genauen  Ursprungs  der  gekreuzten  und  ungekreuzten 
Wurzeln  des  dritten  Nerven,  sind  bis  jetzt  noch  keine  genauen  Angaben 
zu  machen. 

Es  scheint  mir  jedoch,  daß  die  Reptilien  nicht  so  viel  gekreuzte  HI- 
Fasern  haben  als  die  Säuger  und  daß  dieselben,  wie  bei  Teleostiern  und 
Vögeln,  hauptsächlich  dem  ventralen  Kern  entstammen. 

Das  motorische  System  der  Vögel. 

Das  motorische  System  der  Vögel  bietet  uns  einerseits  schöne  Ubergangs- 
formen  zwischen  dem  der  Rejatilien  und  der  Säuger,  andererseitz  ganz 
spezielle,  nur  den  Vögeln  eigene  Strukturen. 

Ein  Übergangsstadium  zu  der  Mammalier->Struktur  ündet  man  gewisser- 
maßen in  dem  Bau  des  kaudalen  Oblongatäteiles.  Eine  den  Vögeln  ganz 
eigene  Topographie  weist  der  Facialiskern  auf. 

Fangen  wir  mit  dem  erstgenannten  Gebiet,  dem  kaudalen  Abschnitt 
der  Oblongata  an  (vergl.  die  Rekonstruktionen:  Fig.  202,  253,  254). 

Das  Hypoglossussystem  der 
V^'igel  zeigt  den  Reptilien  gegen- 
über eine  ganz  besondere  Eigen- 
tümlichkeit,  indem   die    hintere 

somatische  Säule  zwei  Teile  auf^      \  «J^-fS:" /-Nu.  cerv. 

weist.    Der    untere   Teil   ist  die 

direkte  Fortsetzung  des  zentralen 

Abschnittes  der  zervikalen  Vor- 

derhörner.    Er   hegt   etwas    ven-  p.^  354.    Querschnitt  durch  das  hintere 

traler  als  der  XII  Kern  bei  den  ^^^^^  der  Oblongata  vom  Storch 

Reptilien    (Nu.    cerv.    Fig.    251  (schematisiert). 

und  256). 

Nach  den  Untersuchungen  Kosaka's  und  Yagita's  enthält  dieser  Ab- 
schnitt keine  wirklichen  Hypoglossuszellen  (keine  Wurzelzellen). 

Eine  scharfe  Trennung  dieser  Zellgruppe  von  dem  Zervikalmarke  ist 
mir  bei  den  in  den  Diagrammen  rekonstruierten  Tieren  unmöglich 
gewesen. 

Anders  steht  es  mit  den  Zellen,  welche  von  dieser  Säule  aus  nach  oben 
gewandert  sind  und  teilweise  einen  Anschluß  an  einigen  nach  unten  ver- 
lagerten Vaguszellen  (Nu.  int.  Fig.  251)  erhalten  haben,  denen  sie  sich  bei 
den  von  mir  untersuchten  Tieren  namentlich  an   der  frontalen  Spitze  an- 


502 


DAS    MOTORISCHE   SYSTEM    DER    VOGEL. 


schließen.  KosAifA  und  Yagita  fanden  diesen  Anschluß  bei  der  Ente  in 
dem  kaudalen  Teil,  und  bei  Hühnern  gar  keinen  Anschluß.  Bei  Colj'mbus 
fand  ich  auch  in  dem  kaudalen  Abschnitt  diesen  Anschluß  an  den  dorsalen 
Vaguskern.  Man  kann  dieselben  als  Zellen  des  Hypoglossuskerues  erkennen 
wegen  des  Verlaufes  der  Wurzelfäden  dieses  Nerven,  welche  sich  darin  ver- 
folgen lassen  und  ferner  durch  degenerative  Untersuchungen  (vergl.  Brandis 
und  Kosaka).  Diese  Zellen  des  XII-Kernes  finden  sich  nur  auf  einer  relativ 
kurzen  Strecke.  Weit  hinter  der  Vorderspitze  der  IX — X-Säule  anfangend, 
erstrecken  sie  sich  kaudalwärts  nie  so  weit  wie  der  dorsale  Vagus-Kern. 
Die  Frage,  ob  sich  diesem  Hypoglossus-Kern  Vagus-Zellen  anschlies- 
zen.  wird  von  Kosaka  verneinend  beantwortet.  Brandis,  Bok  und  ich 
sind  dagegen  der  Ansicht,  daß  letzteres  wohl  der  Fall  ist,  und  dies  scheint 
mir  auf  einen  funktionellen  Zusammenhang  hinzuweisen.  Welches  die 
vermutliche  Art  dieses  Zusammenhanges  ist,  werde  ich  bei  der  Besprechung 
der  hintern  viszeralen  Säule  näher  zu  erörtern  versuchen.  Hier  will  ich  nur 
darauf  hinweisen,  daß  der  Hypoglossuskern  der  Vögel  nicht  bloß  die  nur 
gering  entwickelte  Zungenmuskulatur  dieser  Tiere  innerviert,  sondern 
hauptsächlich  zur  Innervation  derjenigen  Muskeln  dient,  welche  der  eigen- 
tümlichen Erweiterung  der 
Trachea  direkt  oberhalb  der 
Bronchien,  bekannt  als  Sy- 
rina;  angehören  und  zur  Pro- 
duktion von  Lauten  dienen. 
Die  Muskulatur  der  Syrinx 
entstammt  dem  Sterno- 
hyoideus,  welcher  bei  den 
Säugern  vom  R.  descendens 
hypoglossi  innerviert  wird. 
Der  sogenannte  Ramus  la- 
ryngeus  XII  der  Vögel, 
welcher  die  Syrinx  inner- 
viert, ist  das  Homologon 
dessen,  und  es  ist  nun  eben 
interessant,  daß,  während 
der  R.  descendens  bei  den 
höhern  Säugern  dem  Vor- 
derhornrest  des  Zervikal- 
marks  entspringt  (Kosaka),  der  Syrinxnerv  der  Vögel  nach  demselben  Autor 
den  dorsaleren  und  frontaleren  Xll-Zellen  entstammt,  was  eben  auf  einen 
größern  funktionellen  Zusammenhang  mit  dem  dorsofrontalen  Gebiete, 
namentlich  mit  dem  sensiblen  Glossopharyngeus- Vagus-Areal  hinweist. 

Der  vordere  Abschnitt  des  Hypoglossuskerues  der  ^'ögel,  der  die 
eigentlichen  Zungenmuskeln  enthält,  ist  wahrscheinlich  bestimmt  von  der 
Lage  des  sensiblen  Rachen-Zentrums. 


Fig.  252.     Schlingenförmiger  Verlauf  der 

inotoriscben Vaguswurzel,  durch  das  zentrale 

Längsbündel  beim  Casuar. 


DAS    MOTORISCHE   SYSTEM    DER    VÖGEL.  503 

Die  hintere  viszerale  Säule  (vergl.  auch  Kapitel  II)  zeigt  bei  \'^ögeln 
insoferne  dasselbe  Verhalten  wie  bei  den  Reptilien,  als  eine  geringe  laterale 
Verlagerung  jener  Säule  (im  Vergleich  zu  den  Plagiostomen)  auch  hier 
angedeutet  ist  und  sich  äußert  durch  eine  eigentümliche  rückläufige  Schlinge, 
indem  die  motorischen  Vaguswurzeln  erst  von  dem  Kern  in  die  seitlichen 
Partien  des  Fase.  long,  centr.  eindringen  und  erst  dann  lateralwärts  ziehen. 
In  fronto-kaudaler  Richtung  weist  die  Säule  aber  ein  anderes  Verhalten 
auf  als  bei  den  Reptilien. 

Während  die  hintere  Grenze  dieser  Säule  bei  den  Vögeln  etwa  mit 
derjenigen  bei  Varanus  übereinstimmt,  was  mit  der  etwa  gleich  großen 
Entwicklung  des  M.  trapezius  (XI-Kernes)  in  Übereinstimmung  ist,  liegt 
die  frontale  Grenze  derselben  bei  den  Vögeln  viel  weiter  nach  vorn, 
indem  sie  sich  bis  über  das  Niveau  des  Eintrittes  der  IX-Wurzel  aus- 
dehnt, während  sie  bei  den  Reptilien  bereits  eine  Strecke  weit  hinter 
dieser  Wurzel  aufhört.  Bei  den  Reptilien  habe  ich  darauf  hingewiesen,  daß 
dies  dem  Umstände  zuzuschreiben  ist,  daß  der  IX-Kern  sich  (ganz  oder 
teilweise?)  dem  VII-Kern  hinzugesellt  hat.  Bei  den  Vögeln  aber  läßt  sich 
mit  Leichtigkeit  der  Nachweis  erbringen,  daß  der  vordere  Abschnitt 
der  dorsalen  Zellsäule  die  IX- Wurzelfasern  entsendet  und  man  braucht 
nicht  daran  zu  zweifeln,  daß  die  größere  frontale  Ausdehnung  der  dorsalen 
viszeralen  Säule  bei  diesen  Tieren  der  Tatsache  zu  danken  ist,  daß  der 
Glossopharyngeuskern  hierin  erhalten  geblieben  ist. 

Während  wir  also  in  dem  motorischen  Glossopharyngeuskern  ein  sehr 
primitives  Verhalten  finden,  kann  dies  nicht  mehr  von  den  übrigen  Teilen 
der  hintern  viszeralen  Zellsäule  gesagt  werden. 

Hierin  findet  man  zwei  deutliche  Andeutungen  von  ventro-lateralen 
Zellverlagerungen:  die  eine,  nur  geringfügige,  fängt  etwas  mehr  frontal  an 
als  die  zweite,  deren  Verschiebung  erheblicher  ist. 

Die  erste  Zellverlagerung,  welche  sich  allmählich  aus  dem  dorsalen 
X-Kern  ableiten  läßt,  mit  dem  sie,  bei  den  von  mir  untersuchten  Vögeln, 
teilweise  vereint  bleibt,  bildet  mit  einem  dorsal  verlagerten  Teil  der  Hypo- 
glossussäule  den  Nucleus  intermcdius  (Fig.  251). 

Diese  verlagerten  X-Zellen  hören  auf  einer  ziemlich  großen  Strecke  von 
der  hintern  und  vordem  Spitze  des  dorsalen  Kernes  auf.  Die  Bedeutung, 
welche  diesen  Zellen  zukommt,  ist  nicht  sicher.  Man  weiß,  daß  in  der  dorsalen 
^'agussäule  selber  die  Motilität  des  untern  Oesophagus,  des  Magens  und 
der  Lungen,  entweder  direkt  oder  indirekt  (mittels  sympathischer  Ganglien), 
lokalisiert  ist.  Diese  Zentren  bleiben  bei  den  Säugeim  (wo  sonst  eine  erheb- 
liche Zellverlagerung  stattfindet  im  X-Gebiete)  dorsal  liegen.  —  Dort 
wandern  ventral  —  außer  dem  IX-Kern  —  der  Larynx-  und  der  Herzkern. 

Wir  werden  wahrscheinlich  auch  in  demjenigen  Teil  des  Vaguskernes 
der  Vögel,  welcher  ventral  sich  zu  verlagern  anfängt,  entweder  den  Larynx- 
oder  den  Herzkern  erblicken  müssen.  Mit  welchem  von  beiden  wir  hier  zu 
tun  haben,    läßt   sich    nicht   mit   Sicherheit   sagen.    Wir   können   bloß   auf 


504 


DA.S    MoTiJKISCilE    SY^iTEM    DER    VÖGEL. 


Grund  von  Vergleichungen  Vermutungen  äußern.  Nun  i.st  es  auffallend, 
daß  der  obere  Teil  der  verlagerten  Zellen  des  X-Kernes  sich  teilweise 
zusammen  gruppiert  mit  dorsal  verlagerten  Xll-Zellen,  mit  denen  sie  den 
Nuclcus  interrncdius  bilden  (S.  502).  Auf  irgend  eine  Herztätigkeit  kann 
das  nicht  hinweisen.  Wenn  man  dagegen  nachzuforschen  versucht,  inwiefern 
das  mit  der  Funktion  des  Larynx  zu  tun  haben  kann,  erhält 
einige   Anhaltspunkte,  die  Hinweise  in  dieser  Richtung  geben. 

32-^, ^ 


man 


Fig.  253.    Casuaiis  '). 


Fig.  234.     PinsLiiii. 


VlIXAVy.'/A;//   ,  ;/.    '  7//// ////LS» 


Fig.  255.    Colymbus 
Flg.  253,  204  und  255.     Diagnimmatis.'he  Darstellung  des  topograpliisclieii   Verhaltens  der  motorischen 

Wurzeln  und  Kerne  bei  einigen  Vögeln. 

Der  erste  Punkt  ist  negativer  Natur ;  es  ist  der  geringe  Umfang  dieses 
Kernes,  der  nicht  sehr  mächtig  ist,  namentlich  wenn  man  in  Betracht 
zieht,  daß. seine  Zellen  nicht  dicht  aufeinander  liegen. 

Bekanntlieh  ist  auch  die  Larynxmuskiilatur  der  Vögel  nur  sehr  schwach 
entwickelt,    und    würde    also   die  geringe  Entwicklung  ihres  Kernes  damit 

')  Der  VII  Kein  er.^treckt  sich  mit  einer  Spitze  etwas  weiter  nach  vorn  als  hier 
angegeben  ist  und  erreicht  nist  den  ventralen  TrigeminiisUern. 


DAS    MOTORISCH  p;    SVSTJC-Nr    DIvK    V("KiKI,.  5()5 

im  Einklänge  stehen.  Das  wäre  aber  ein  ullzu  geringer  Grund,  wenn  nicht 
die  geringe  Entwicklung  der  Lurvnxmuskulutur  der  \'ögel  eine  Neben- 
erscheinung mit  sich  führte,  welche  für  die  Bestätigung  unserer  Auf- 
fassung von  großer  Wichtigkeit  ist.  Die  Lautproihiktion  der  V'ögcl 
geschieht  nämhch  nicht  nur,  sogar  nicht  hauptsächlich,  durch  den 
Larynx,  sondern  durch  die  Syrinx,  welche  vom  Hypoglossus  innerviert 
wird.  Die  Lautproduktion  würde  somit  ein  Zusammenarbeiten  von  ^"agus- 
zullen  und  Hypoglossuszellen  erfordern,  und  es  ist  sicher  auffallend,  daß  der 
Nucleus  intermedius  X — XII  der  Vögel  gerade  das  anatomische  Substrat 
eines  solchen  Zusammenarbeitens  geben  würde. 

Ich  will  hiermit  keineswegs  als  bewiesen  eraiuhten,  daß  <lie  Annä- 
herung von  X-Zellen  und  Xll-Zellen,  welche  wir  in  dem  Nucleus  inter- 
medius finden,  das  Lautproduktion.szentrum  dieser  Tiere  darstellt,  aber  es 
scheint  immerhin  eine  wohlbegründete  Möglichkeit. 

Wir  kommen  jetzt  zu  dem  zweiten  ventrolateralen  Ausläufer  der  hin- 
tern viszeralen  Säule  bei  diesen  Tieren,  welche  sich  ein  wenig  kaudaler, 
auf  und  etwas  hinter  dem  Calamus  scriptorius  findet  (Fig.  253 — 255). 

Dieselbe  Zellgruppe  ist  auch  von  Ca.tal  gesehen  worden,  der  ihre  Verbindung 
mit  den  austretenden   Wurzflfasern  der  Vagusgruppe  ebenfalls  wahrgeuümmen  hat. 

Er  rechnet  diese  Zellgruppe,  deren  vordere  und  hintere  Grenze  nicht  von 
ihm  erwiihnt  werden,  von  der  er  aber  eine  sehr  schöne  Abbildung  gibt,  dem 
Acceasorius  (seinem  Nervio  espinal)  zu. 

Es  kann  aber  sehr  gut  sein,  daß  Ca.ia],  hier  den  vagobulbäreu  Teil  des  Acces- 
sorius  meint,  den  er  sonst  (bei  Säugern)  auch  selber  zum  Vagus  rechnet.  Dies  ist 
umso   wahrscheinlicher,  als  er  auch   einen   sensiblen    Ast  dabei   zeichnet. 

Dann  würde  zwischen   ihm   und  mir  keine  Kontroverse  bestehen. 

Die  einzige  Art,  zu  entscheiden,  ob  es  sieh  hier  um  einen  ventralen  X-Kern 
oder  um  einen  XI-Kern  handelt,  besteht  darin,  die  Wurzel,  die  aus  ihm  hervorgeht, 
bis  zur  Peripherie  zu  verfolgen.. —  Eekanntlich  ist  das  auch  nicht  leicht,  denn  wir 
wissen,  dali  die  hintern  Vagus-Wurzelfäden  bei  einigen  Tieren  mit  dem  Accessorius 
austreten  und  dann  den  Stamm  dieses  Nerven  wieder  verlassen,  um  in  das  Ganglion 
nodosum  einzutreten  (R.  internus  accessorius).  —  Man  müßte  also  den  ganzen 
peripheren  Verlauf  dieser  Wurzel  verfolgen,  um  Sicherheit  über  ihre  Natur  zu  erlangen. 

Vergleichen  wir,  um  nachzr.forschen,  ob  wir  es  hier  mit  einem  hintern 
Teil  des  Nucl.  ambiguus  der  Säuger  könnten  zu  tun  haben,  die  Topographie 
dieses  Kernes  mit  der  Topographie  des  Nucl:  ambiguus  der  Mammalier, 
so  finden  wir,  daß  seine  frontokaudale  Ausdehnung  tatsächlich  innerhalb 
der  kaudalen  Ausdehnung  des  'Nucleus  ambiguus  der  Säuger  fällt,  wie 
deutlich  aus  der  farbigen  Tafel  II   in  diesem   Kapitel   hervorgeht. 

Auch  von  einem  anderen  Standpunkte  aus  spricht  die  sagittale  Topo- 
graphie dieses  Kernes  eher  für  einen  Vaguskern  als  für  einen  Accessoriuskern. 

Vielfach  doch  wird  angegeben  —  bei  der  manchmal  schwierigen  Grenz- 
bestinnnung  von  Nucl.  ambiguus  und  Nucl.  accessorii  l)ei  den  Säugern  — 
daß    man    erst   dann    von    Nucl.    accessorii    reden    soll,    wenn    die    hintere 


506 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    VOGEL. 


Olive  aus  dem  Quersclmitt  verschwunden  ist.  Bei  den  V^'ögeln  (Fig.  253 — 55) 
habe  ich  nun  die  Ausdehnug  der  untern  Olive  mittels  des  mit  Kreuzen 
markierten  Meniscus  angegeben  und  es  ergibt  sich  die  eigentümliche 
Tatsache,  daß  der  genannte  Kern  der  Vögel  die  untere  Olive  bei  keinem 
meiner  Exemplare  nach  hinten  überragt. 

Auch  dieses  Verhalten  spricht  also  zu  Gunsten  eines  Vaguskernes. 

Es  liegt  aber  noch  ein  Grund  vor,  weshalb  es  nicht  wahrscheinlich 
ist,  daß  wir  es  hier  mit  einem  Accessoriuskern  zu  tun  haben,  nämlich 
die  Tatsache,  daß  der  Nucleus  dorsalis  Vagi  von  dessen  Vagusnatur  wir 
völlig  überzeugt  sein  können,  und  der  fragliche  ventrale  Kern  in  fronto- 
kaudaler  Ausdehnung  teilweise  übereinstimmen,  ja,  der  ventrale  Kern 
gänzlich  innerhalb  jenes  Niveaus  fällt. 


Nu.  dors.  X.  ■ 


-*»■■ 


a 


Nu.  iutei-m. 


>   .>;: 


.■*fS-i> 


/r' 


"X   'i* 


•  4- V 


Nu.  corvic. 


'■V  ,!  'T" 


Fiff.  256.     Vaffu.skerne  und  oberes  zervikales  Grau  beim  Pineuin. 


Gegen  die  Accessoriusnatur  dieses  Kernes  spricht  schließlich  die 
Tatsache,  daß  seine  Wurzel  bei  ihrem  Eintritt  von  sensiblen  Wurzelfasern 
begleitet  ist. 

Es  ist  also  sehr  wahrscheinlich,  daß  es  sich  hier  um  einen  Vaguskern 
handelt  (was  auch  Kos.\ka  meint),  und  daß  wir  es  hier  mit  dem  untersten 
Drittel  des  Nucleus  ambiguus  der  Säuger  zu  tun  haben,  das  dort  den 
Larynx-  und  Herzkern  enthält.  —  Da  wir  nun  mehr  Anhaltspunkte  haben, 
um  den  Vagusteil  des  Nucleus  intermedius  als  Larynxkern  zu  betrachten, 
würden  wir  es  hier  dann  mit  dem  Herzkern  zu  tun  haben,  der  auch  noch 
bei  den  Säugern  eine  ventralere  Lage  beibehält  als  der  Larynxkern. 

Daß  der  ventrale  X-Kern  sich  frontalwärts  so  viel  weniger  weit  aus- 
dehnt als  der  Nucleus  ambiguus  der  Säuger,  muß  selbstverständlich  der 
Tatsache  zugeschrieben  werden,  daß  der  IX-Kern  bei  den  Säugern  mit  im 


DAS    MOTORISCHE    SYSTKM    DER    VOGEL. 


507 


Nucl.  am]>iguus  einbegriffen  ist,  wührend  er  bei  den  Vögeln  nocli  seinen 
dorsalen  Platz  bewahrt  hat. 

Die  vordere  viszerale  Säule  der  Vogel  bietet  Eigentümlichkeiten  dar,  die 
gerade  den  schönsten  Beweis  für  die  nenrobiotaktische  Natur  der  Zell- 
verlagerungen liefern. 

Während  wir  bei  den  Laufvögeln  (Kasuar,  einem  der  niedrigsten  Vögel) 
noch  Verhältnisse  finden,  welche  mehr  denjenigen  beim  Alligator  ähnlich 
sind,  wenigstens  in  Bezug  auf  den  Trigeminuskern  (vergleiche  Fig.  253 
mit   Fig.    240  B),    zeigen   die   übrigen    Vögel  ganz  andere  Verhältnisse. 

Alle  weisen  sie  in  der  Topographie  ihres  Facialiskernes  insofern  ein 
prinzipiell   verschiedenes   Verhalten    auf,    als    der    Kern    hier   nicht   hinter 


Nu.  Vn  dorsal. 


Oliva  super. 


Nu.  VII  veutr. 


■  ■  ■  'i 


-Nu  nbd. 


L. 


Fig.  257.  Die  Facialiskerne  und  der  Abdiicenskern  beim  Storch. 
(Vergl.  liierzu  auch  Fig.  309.) 

ihrem  Wurzelaustritt  liegt,  sondern  darauf  (Kasuar)  oder  größtenteils  davor. 
Meistens  weist  er  zwei  Teile  auf,  einen  größern  dorsalen  Teil,  et  wain  der 
Mitte  der  Oblongata  gelegen,  und  einen  kleinern  ventralen  Teil. 

Der  dor.salere  Teil  liegt  dem  Trigeminuskern  fast  an,  oder  verschmilzt 
sogar  bei  einigen  Tieren  mit  einem  Teil  derselben. 

Das  Fehlen  einer  kaudalen  \"erlagerung  des  VII-Kernes  bei  den  Vcigeln 
ist  ein  auffallend  deutlicher  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  von  mir  ange- 
gebenen Gründe  für  die  kaudale  Verlagerung  bei  andern  Tieren,  welche 
dort  in  der  kaudalen  Lage  des  Geschmackskernes  ihren  Grund  findet  (siehe 
bei  den  Haien,  S.  464,  465).  Es  ist  nämlich  auffallend,  daß  gerade  bei 
Vögeln    die   Entwicklung   des   Geschmacks  sehr  gering  ist  (siehe   Kapitel, 


508  DAS    MOTOKISCIIE    SYSTKM    DKK    VÜGKI,. 

Ö.  303).  Zwar  hat  Batji  durch  eingehende  Untersuchungen  Geschmack?;- 
becher  nachweisen  können.  Diese  liegen  aber  fast  ausschließlich  in  dem 
peripheren  Verbreitungsgebiet  des  Glossopharyngeus.  Das  Facialis-Ge- 
schmacksgebiet  ist  sehr  verkümmert  i).  Es  kann  also  nicht  Wunder 
nehmen,  dalä  der  Einfluß  des  Facialisgeschmackskernes  auf  den  moto- 
rischen VII-Kern  dieser  Tiere  nicht  zur  Geltung  kommt.  Nach  dem 
Geschmack  aber  ist  die  gewöhnliche  Taktilitätsempfindung  der  MundlKÜile 
und  des  Kopfes  wohl  der  hauptsächlichste  Reflexfaktor  für  den  Facialis- 
kern  der  niedern  Tiere,  und  man  sieht  denn  auch,  daß  bei  den  Vögeln, 
wo  der  Geschmack  als  lage-bestinnuender  Faktor  für  den  V^II-Kern  ausfällt, 
die  Trigeminusemptindungeu  dessen  Platz  vertreten.  —  Daher  kommt  es, 
daß  die  motorischen  Facialiszellen  der  Vögel,  anstatt  rückwärts  zum  Glosso- 
pharyngeusniveau,  frontalwärts  zum  Trigeminusniveau  wandern. 

Interessant  ist  die  von  Kosaka  und  Hikaiw.\  nachgewiesene  Tatsache, 
daß  der  dorsalere  -)  der  beiden  VII-Kerne  (Fig.  '257  und  809),  der  sich  dem 


"Nu.  sens. V. 


-Nu.  mot. 


■  K.  niot.  V 


Flg.  'JOS.     Motorische  und  sensible  Trigeminnskerno 
l)eirii  Storcli  (vergl.  auch  Fig.  155). 

Trigeminus-Keru  anlegt,  ja  bisweilen  (Fig.  255)  damit  verschmilzt,  den  hin- 
tern Bauch  des  M.  biventer  innerviert,  dessen  vorderer  Bauch  vom  V.  inner- 
viert wird.  Offenbar  stehen  Trigeminuskern  und  Facialiskern  bei  diesen  Tie- 
ren unter  ähnlichen  Einflüssen.  Ähnliches  fanden  wir  bei  den  Zyklostomen. 
Audi  der  motorische  Trigeminuskern  der  Vögel  M'eist  oft  zwei  nahe  an- 
einander liegende  Gruppen  auf  (nicht  apart  eingetragen,  weil  sie  sich  decken). 


')  Die  ganze  Zahl  der  (leschmacksknospen  bei  Vögeln  (Papageien  ausgenommen) 
verhält  sich  zu  denen  der  Säugetiere  durchschnittlich  wie  1  :  100.  Für  die  genaue  Zahl 
bei  ver-schiedenen  Vögeln  und  Säugern  verweise  ich  auf  das  Kapitel  HI,  S.  270  und  277. 

2)     Die  ventrale  Gruppe  innerviert  den  Sphincter  colli. 


DAS    ^rOTnRTS^■HK    SYSTEM     hlOH    VdCEI,. 


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Ein  kleinerer  medialer  V-Kern  (sehr  (ieutlich  bei  Chrysoruitris)  hat 
eine  flachere  Form.  Er  sendet  seine  Wurzelfasern  in  Bogenform  erst  dorsal- 
wärts  und  dann  lateral  nach  außen.  Es  ist  dieser  Kern,  welcher  bei  einigen 
Tieren  eine  direkte  \'er.schmelzung  mit  dem  dorsaleren  der  VII-Kerne  eingeht 
und    also    wahrscheinhch    den   vorderen  Bauch   des  M.   biventer  innerviert. 

Der  größere  Kern,  lateral  davon  sendet  seine  Wurzelfasern  direkt  ventro- 
lateral  nach  außen  (vergl.  Fig.  258).  Dieser  Kern  ist  mehr  rund  und  dehnt 
sich  etwas  weiter  nach  vorn  aus.  Der  ganze  Komplex,  namentlich  aber  der 
letztgenannte  Teil  des  Kernes,  liegt  im  untern  Drittel  der  Oblongata. 

Beim  Kasuar  (l'ig.  253)  ist  der  Ziist:ind  anders  und  weist  primitivere  Verhält- 
nisse auf,  welche  au  die  bei  Alligator  und  Chelone  erinnern.  Auch  hier  findet 
man  eine  Andeutung  von  zwei  Trigemiuuskernen,  von  denen  der  kleinere,  kaudalere 
eine  ventrolaterale  Verlagerung  aufweist.  Dieser  Kern  entspricht  vielleicht  dem 
mehr  medialen  flachen  V-Kern  der  andern  Vilgel.  Die  größere  Masse  bleibt  hier 
aber  gänzlich  dorsal  liegen  1),  ganz  nahe  dem  Boden  des  vierten  Ventrikels,  sodaß 
wir  in  der  Anordnung 
der  V-Zellen  bei  die- 
sem Tiere  einen  viel 
primitiveren  Zustand 
vor  uns  haben  als  bei 
den    andern    Vögeln.  jt^r^.         _^^    ^«,«11  n      ___^-— _.r-  -j___ 

Ich  habe  den 
VII-  und  ^-Kern 
der  ^'ögel  zusam- 
men behandelt,  weil 
gerade  in  ihrem  ge- 
genseitigen Verhal- 
ten das  Wissens- 
werte über  jene 
Kerne  bei  diesen 
Tieren  liegt.  Jetzt 
werde  ich  mit  weni- 
gen Worten  das 
Verhalten  des  VI- 
Kernes  und  dessen  Wurzeln  erwähnen.    ' 

Der  Abducenskern  (Fig.  259)  der  Vögel  ist  ein  einheitliches  Gebilde. 
Der  Kern  liegt  seitlich  gegen  das  zentrale  Längsbündel  an,  teilweise  auf 
dem  Niveau  des  Facialiswurzeleintrittes,  teilweise  frontal  und  kaudal  davon. 
Er  ist  ziemlich  voluminös,  seitlich  etwas  abgeflächt. 

Bei    den    meisten    Vögeln    treten    die    Abducenswurzeln,    wie    bei  den 


T  Jtic- 


cialiskcru  heim   Casuar. 


')  Auch  bei  andern  Vögelo  kann  ein  kleiner  Teil  des  V-Kernes  dorsal  bleiben, 
sodaß  dann  im  wesentlichen  drei  Kerne  zu  unterscheiden  sind.  Ich  bin  nicht  davon 
überzeugt,  daß  dies  konstant  ist.  Ontogenetisch  sind  aber  (beim  Huhn)  alle  Obergangs- 
stadien  vorhanden  (Bok,  Bioniii). 


510  DAS    MOTORISCHE   SYSTEM    DER    VÖGEL. 

höhern  Eeptilien  und  den  meisten  Säugern,  frontal  vom  Niveau  der  VII- 
Wurzel  aus.  Der  Name  eines  „sechsten"'  Nerven  ist  hier  also  gut 
angebracht.  Eigentümlich  ist  aber,  daß  der  Kasuar,  der  auch  in  andern 
Hinsichten  primitivere  \'erhältuisse  aufweist,  hiervon  wieder  eine  Ausnahme 
macht,  indem  dort  die  Mehrheit  der  Abducenswurzeln  hinter  dem  Niveau 
der  VII- Wurzel  austreten  (Fig.  253). 

Dies  entspricht  dem  phylogenetischen  Entwicklungsgang  vollkom- 
men, ebenso  wie  die  Tatsache,  daß  Mesdag  bei  jungen  Hühnerembryonen 
einen  Teil  der  Wurzeln  in  ganz  kaudaler  Lage  fand  (vergl.  auch  Belo- 
golowy). 

Die  sagittale  Topographie  des  VI-Kernes  der  Vögel  bietet  insofern 
keine  Besonderheit,  als  wir  dessen  Lage  auf  dem  Facialis- Wurzelniveau 
auch  bereits  bei  dem  Varan  fanden.  Der  Kern  ist  bei  Vögeln  ganz 
besonders  groß,  entsprechend  der  Tatsache,  daß  er  nicht  nur  den  M. 
rectus  esternus  innerviert,  sondern  auch  die  Muskeln  bezw.  den  Muskel 
der  Membrana  nictitans,  wie  es  auch  bei  den  Reptilien  der  Fall  ist. 
Ein  Vergleich  mit  Säugetieren  wird  uns  zeigen,  daß  der  Kern  der  Vögel 
sich  von  dem  der  Säugetiere  dadurch  unterscheidet,  daß  er  keine  Tendenz 
zu  dorsolateraler  Verlagerung  aufweist,  wie  z.  B.  beim  Kaninchen  und  beim 
Menschen  (vergl.  Fig.  289  und  Fig.  280).  Dies  steht  vielleicht  damit  in 
Zusammenhang,  daß  der  Kern  der  Vögel  etwa  ebenso  viele  kontrolaterale 
als  homolaterale  Reflexfasern  aus  den  Vestibulariskernen  und  dem  Klein- 
hirn bekommt,  während  er  bei  vielen  Säugern  mehr  homolaterale  Reflex- 
bahnen aufnimmt,  deren  Reize  dort  eine  Verlagerung  in  dorsolateraler 
Richtung  verursachen  (vergl.  Fig.  289). 

Die  vordem  Augenmuskelkerne  der  Vögel  zeigen  ein  hochdifferenziertes 
Verhalten,  indem  der  Oculomotoriuskern  eine  deutliche  Zergliederung  in 
verschiedene  Zellgruppen  aufweist  (Fig.  261). 

Trochleariskern  und  Oculomotoriuskern  gehen  direkt  ineinander  über. 
Bei  Colymbus  überdecken  die  beiden  Kerne  einander  sogar  einige  Schnitte 
weit,  in  dem  Sinne,  daß  der  mediale  Teil  des  III-Kern  sich  etwas  unter, 
bezw.  zwischen  den  beiderseitigen  Trochlearis  Kernen  ausdehnt. 

Der  direkte  Übergang  vom  Trochleariskern  in  den  Oculomotoriuskern  bei 
den  Vögeln,  welcher,  wie  wir  wissen,  phylogenetisch  ein  sekundär  erworbener 
Zustand  ist,  ist  auch  ontogenetisch  erst  in  späteren  Stadien  entstanden,  wie  die 
interessanten  Befunde  von  Mesdag  und  Bok  beweisen.  Bei  einem  Hühnerembryo 
von  S'/j  Tagen  liegt  zwischen  III-  und  IV-Kern  eine  Distanz,  die  ebenso  groß 
ist  wie  die  Länge  des  Oculomotoriuskernes  bei  diesem  Embryo  beträgt.  Bei  einem 
Huhn  vom  9.  Bebrütungstage  berühren  sie  einander  fast,  aber  auch  am  13.  Bebrü- 
tungstage  sind  sie  noch  nicht  ganz  verschmolzen.  Der  Zustand  des  völligen  Über- 
gangs des  einen  Kernes  in  den  andern  erfolgt  also  erst  später  und  geschieht  in 
der  Weise,  daß  der  IV-Kern  dann  in  der  kaudalen  Fortsetzung  des  dorsolateralen 
III-Kernabschnittes  liegt. 

Der  Trochleariskern  liegt  dorso-lateral  vom  zentralen  Längsbündel,  wie 
bei  den  meisten  höhern  Vertebraten.  Eine  Zergliederung  in  Gruppen  weist 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    VOGEL. 


511 


Nil.  IV 


I''.  I.  c. 


er  nicht  auf  (Fig.  260).  Retikuläre  Zellen  haben  sich  ihm  nur  wenige  hin- 
zugesellt. 

Der  Oculomotoriiiskerii  der  Vögel  bietet 
sehr  interessante  Verhältnisse  (vergl.  Fig. 
261 — 202).  Bei  allen  von  mir  untersuchten 
Vögeln  ließ  dieser  Kern  sicli  ohne  jeglichen 
Kunstgrift'  jederseits  in  wenigstens  vier 
Gruppen  zergliedern  (vergl.  hierzu  auch 
Jelgersma  und  Cajal):  1.  eine  ventrome- 
diale  Grujipe,  welche  zwischen  zentralem 
Längsbündel  und  Raphe  liegt,  2.  eine  dor- 
somediale  Gruppe,  welche  die  dorsale  Fort- 
setzung davon  bildet,  aber  mehr  oder  weni- 
ger davon  getrennt  bleibt;  3.  die  dorso- 
laterale  Gruppe,  welche  dorsal  seitlich  vom 
dem  hintern  Längsbundel  angetroffen  wird, 
und  schließlich  kommt  ein  vierter  Kern 
ganz  konstant  bei  den  Vögeln  vor,  welcher  von  Brandis  und  Cajal  als  Nucl. 
Edinger-Westphal,  von  Mesdag  als  Nucl.  accessorius  III  bezeichnet  wurde. 


Fig.  260.     Trochleariskern  des 

Storches  (Ciconia  alba). 

Van  GiEsoNpräparat. 


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(Ed.-Westph.)  •  .  • 


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Fig.  261.  Oculornotoriiiskern  des  Huhnes,  n.  Vermeulen. 
NissLprilparat. 


Letztgenannte  Gruppe  liegt  dorsal,  bezw.  dorsolateral  von  dem  Nucl.  dorso- 
lateralis  und  unterscheidet  sich  von  all  den  andern  Kernen  des  dritten  Nerven 
durch   den   kleinern   Umfang  und  die   geringere  Tingibilität  seiner  Zellen. 

Diesen  Nucl.  accessprius  Oculomotorii  fand  ich  unter  den  Reptilien  nur 


512  DAS    >rOTORIsr'HE    SYSTEM    DEE    TÖGEL. 

beim  A'aran  in  genau  derselben  Lage,  Zellform  und  Größe  (vergl.  Fig.  250). 

Die  frontokaudale  Au.sdehnung  der  verschiedenen  Zellgruppen  l)ietet 
insofern  eine  Übereinstimming  mit  dem  Verhalten  beim  AUigator,  als 
der  dorsolaterale  Kern  sich  weiter  nach  vorn  ausdehnt  als  der  Komplex 
des  ventromedialen  und  des  dorsomedialen  Kernes  (vergl.  Fig.  249  und  262). 

Was  nun  die  sagittale  Topographie  des  hinzugekommenen  Nucleus 
accessorius  oculomotorii  anbelangt,  ergibt  sich  dasselbe  wie  bei  ^'aranus, 
indem  dieser  Kern  in  dem  kaudalen  Abschnitt  des  Oculomotoriuskernes 
nicht  vorhanden  ist.  Er  fängt  erst  vor  dem  hintern  Drittel  des  Oculomo- 
toriuskernes an  und  dehnt  sich  meistens  bis  7AI  der  ^'orderspitze  des 
dorso-lateralen  Kernes  (also  bis   zum    frontalen   Ende    des  III-Kernes)  aus. 

Ich  fand  dasselbe  Verhalten  beim  Menschen  (Fig.  297). 


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Fig.  262.     Sagittale  Topographie  des  Trochlearis-  und  Oculomotoriuskeines 

beim  Pinguin. 

Aus  dem  ganzen  Verhalten  des  Nucleus  accessorius  Oculomotorii  bei 
den  V(')geln  geht  hervor,  daß  die  schon  von  Brandis  für  möglich  gehaltene 
Homologie  mit  dem  EoiNGER-WESTPHALschen  Kern  der  Säugetiere  (s.  dort) 
richtig  i.st. 

Auch  aus  dem  akzessorischen  III-Kern  entstehen  Wurzelfasern  (Cajal, 
Mesdag).  Brouwer,  der  diesen  Kern  bei  einem  Sperling,  dessen  Augen 
völlig  atrophisch  waren,  degeneriert  fand,  ist  geneigt,  darin  die  Innervation 
der  inneren  Augenmuskeln  zu  sehen  (wie  Edinger  bei  den  Säugern). 

Den  DABKSCHEWiTScn'scÄera  Kern  habe  it-h  in  diesem  Zusammenhang  nicht  erwähnt, 
weil  ich  es  nicht  für  richtig  halte,  ihn  zu  dem  direhten  Verbände  des  Ocnlomo- 
toriuskernes  zu  rechnen.  Er  ist  wahrscheinlich  eine  Zellgruppe,  die  ihre  Fasern 
schickt  in  die  Commissura  posterior  (wie  auch  Ca.tal  angegeben  hat)  und  in  das 
zentrale  Längsbündel.  Topographisch  schließt  er  sich  bei  den  Vögeln,  namentlich 
bei  Casuaris  und  Spheniscus,  dorso-lateral  Nucl.  accessorius  III  an.  Er  liegt  aber 
mehr  frontal    und  hat  eine  größere   Breite  (vergl.    weiter  Kap.   VIII). 

Von  den  Wurzelfasern  des  Oculomotorius  kreuzt  eine  nicht  unbe- 
trächtliche Menge,  namentlich  solche  aus  dem  ventro-medialen  Kern. 

Die  Art,  wie  diese  Kreuzung  sich  bildet,  ist  eine  sehr  eigentümliche 
und  ist  von  Biondi  beschrieben,  dessen  Angaben  der  Hauptsache  nach  von 
BoK  bestätigt  wurden. 

Es  stellt  sich  nämlich  heraus,  daß  in  einem  4  tägigen  Hühnerembryo 
alle  Wurzelfasern  noch  ungekreuzt  austreten.  Am  sechsten  Tage  der  Inku- 
bation fängt  aber  eine  Migration  von  Zellen  durch  die  Kaphe  an,  wenn  die 


DAS    MOTOHISCHK    SVSTRM    DER    SÄIIGÜR. 


513 


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Axonen  schon  größtenteils 
Wurzelfasern  einen  ge- 
kreuzten Ursprung  — 
namentlich  diejenige 
des  ventro-medialen 
Kernes.  Diese  Migra- 
"tion  (siehe  Fig.  203) 
endet  am  achten  Tage 
der  Inkubation  und 
Hndct  zweifellos  statt 
infolge  van  gekreuz- 
ten,   den    Oculomoto- 

riuskern  beeinflus- 
senden Fasern  (Ncuro- 
biotaxis). 

Das  motorische  System 
der  Säuger. 


gebildet   sind.    Infolgedessen    erhalten    manche 


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Die  Anordnungen 
der  motorischen  Ele- 
mente in  der  Oblon- 
gata  und  dem  Mittel- 
hirn der  verschiedenen 
Säugetiere  bieten  einer- 
seits so  zahlreiche 
Punkte  von  Überein- 
stimmung, daß  man 
die  Klasse  als  solche 
ruhig  von  einem  Ge- 
sichtspunkte aus  ])e- 
trachten  kann. 

Andererseits  aber 
liegen    auch    l)ei    den 
verschiedenen     Ord- 
nungen dieser  Klasse 
genügend   Unterschie- 
de vor,  um  einige  De- 
tails    sehr     schön    in 
ihrem     ursächlichen 
Verbände  zu  beleuch- 
ten.  Ich  werde  daher 
zuerst   das    Verhalten 
bei  Echidna  (Fig.  264)  besprechen  un 
Kappeus. 


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dann  die  hauptsächlichsten 


Unter- 
33 


514 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SAUGER. 


schiede,    welche   die  Kerne  bei  den  höheren  Säugern   aufweisen,  jeden  für 
sich  erörtern.  (Vergl.  hierzu  die  Diagramme). 

Während  wir  bei  den  Vögeln  bereits  eine  gr<">ßere  Differenzierung  im 
Hypoglossussystem  konstatieren  konnten,  indem  seine  Zellen  dort  anfangen 
sich  von  der  Fortsetzung  des  zervikalen  Graus  los  zu  lösen,  haben  wir 
bei  den  meisten  Mammaliern  das  Recht,  von  einem  ganz  selbständig  ge- 
wordenen Hypoglossuskern  zu  sprechen. 


Fig.  264  C.  Talpa. 
Fig.  '264.  Diagrammatische  Darstellung  des  topographischen  Verhaltens  der  motorischen 
Wurzeln  und  Kerne  bei  einigen  niederen  Säugern.  Beim  Maulwurf  fehlen  die  Augen- 
muskelnerven (mit  Ausnahme  des  III).  Die  zwei  vertikalen  Striche  |  |  geben  die  Lage 
des  Vll-Wurzelknies  an.  (Der  ventrale  X  Kern  dehnt  sich  etwas  weiter  nach  hinten 
aus  als  in  diesen  Diagrammen  angegeben  ist:  vergl.  Fig.  273). 

Der  Unterschied  zwischen  dem  Hypoglossuskern  der  Säuger  und  dem 
Hypoglossuskern  der  Vögel  besteht  darin,  daß  die  Zellen  bei  den  Säugern 
eine  noch  dorsalere  Lage  eingenommen  haben. 

Ein  anderer  Unterschied  mit  dem  Xll-Kern  der  Vögel  ist  dieser,  daß 
der  Hypoglossuskern  der  Mammalier  sich  weiter  nach  vorn  ausdehnt  und 
bedeutend  größer  ist. 


DAS    MOTOKISGHR    SVSTKM    HKl!    SÄriiKR.  515 

Bei  den  Sängern  ist  also  der  XII  total  in  den  Gehirnstamm  aufge- 
nommen und  hat  er  seine  Verwandtschaft  mit  dem  Rückenmarke  meistens 
gänzlich  aufgegeben. 

Diese  frontale  Verschiebung  des  Kernes  geht  mit  der  frontalen  Ver- 
lagerung seiner  Austrittswurzeln  zusammen,  welche  direkt  hinter  dem 
Niveau  des  IX.  Nerven  erscheinen,  ja,  wohl  einmal  vor  diesem  Niveau 
(Macropus)  ein  Wurzelfädclien  aussenden.  Wir  finden  hier  somit  dasselbe, 
was  wir  auch  bei  dem  Abducenskern  gefunden  haben:  daß  die  Wurzel- 
verlagerung mit  der  Kernverlagerung  gleichen  Schritt  halten  kann. 

Ich  sage  hier  absichtlich  Schritt  halten  Icann,  denn  wir  haben  in  der  Facialis- 
wurzel  lind  in  der  Trochleariswurzel  deutliehe  Beispiele  dafür,  daß  die  Wiirzelver- 
Ingening  keineswegs  mit  der  Kernverlagernng  Schritt  halten  miiji. 

Die  räumliche  Möglichkeit  der  Wurzelverschiebung  muß  eben  vorhanden  sein. 
In  dem  Falle  des  Trochlearis  gibt  es  hemmende  Einflüsse  der  Corpora  quadrigemina 
und  des  Zerebellums.  In  dem  Falle  des  Facialis  ist  es  das  Verhalten  des  Corpus 
trapezoides,  welches  erhebliche  Verlagerungen  verhindern  kann. 

Welche  Faktoren  bestimmen  die  Lage  dieses  Kernes  bei  den  Säugern? 
Zur  Beantwortung  dieser  Frage  ist  es  erforderlich,  die  Reflexe,  welche  die 
Hypoglossusmuskeln  beeinflussen,  näher  zu  betrachten. 

W'ährend  bei  den  niedersten  "\^ertebraten  die  Muskulatur  des  spino- 
okzipitalen  Systems  keine  Zunge  bildet,  finden  wir  von  den  Amphibien 
an,  daß  diese  Muskulatur  mehr  und  mehr  zum  Bewegunsorgan  einer  wirk- 
lichen Zunge  wird. 

Die  Sensibilität  dieser  Zunge  ist  von  zweierlei  Art:  einerseits  die  spe- 
zielle Geschmacksempfindung,  andererseits  die  Taktilität.  Die  erste  wird  vom 
Facialis  und  vom  Glossopharyngeus,  die  zweite  außer  von  diesen,  von 
Zweigen  des  Trigeminus  versorgt.  Diese  drei  Hirnnerven  innervieren  also 
die  Haut,  welche  über  die  Zungenmuskulatur  ausgespannt  ist,  das  will 
sagen :  nach  dem  Verluste  der  eigenen  Hinterwurzel  (XII  sensibilis,  wovon 
embryologisch  Reste  vorkommen :  Froriep)  sind  die  genannten  sensiblen 
Kopfnerven  im  funktionellen  Sinne  die  Hinterwurzeln  des  XII  geworden, 
sie  innervieren  die  Haut  (und  Muskelsensibilität),  welche  die  Xll-Musku- 
latur  beherrscht  und  bilden  deren  hauptsächlichstes  Reflexsystem. 

In  Anbetracht  dieser  Tatsache  kann  es  nicht  in  Erstaunen  versetzen,  wenn 
wir  finden,  daß  der  motorische  Hypoglossuskern  sich  von  den  Reptilien  an 
dem  sensiblen  System  dieser  Kopfnerven  anschließt  (farbige  Tafel  II). 

Wir  wissen  (Fig.  143),  daß  der  Trigeminus  (Wallenberg)  einen  Teil 
seiner  Fasern,  und  gerade  die  der  Mundschleimhaut,  in  das  Grau  in  der 
Nähe  des  Fasciculus  solitarius  hineinschickt.  Wir  wissen  weiter,  daß  aus 
das  sensible  Endkernen  des  VII,  IX  und  X,  die,  aus  gekreuzt  und  un- 
gekreuzt verlaufenden  kurzen  Neuronen  aufgebaute,  „via  central  del 
V,  VII,  IX  y  X"  von  Cajal,  medial  vom  Fasciculus  solitarius,  direkt  an 
dem  Hypoglossus  entlang  verläuft,  der  in  sie  eine  große  Zahl  seiner  Den- 
driten entsendet. 


516 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 


Es  treten  hierbei  aber  noch  andere  Factoren  auf. 

Zu    den    Systemen,    welche    die   Lage   des    Zungenkernes    bestimmen, 

muß   auch    der   STADERiNi'sche   Kern   gerechnet  werden,  welcher  zwischen 

XII-  und  dorsalen  motorischen  X-Kern  eingekeilt  liegt  (siehe  das  Kapitel 

III,  Fig.  142  und  S.  312).  Der  neurobiotaktische  Einfluß  all  der  genannten 

Systeme  bedingt  offenbar 
y  -*JL     *■         ^.^^T""'*"*^,  *^'^  Lage  des  motorischen 

Zungenkernes. 

Daß  der  Geschmack 
der  Zunge  dabei  eine 
Hauptrolle  spielt,  wird 
durch  die  von  Vermeu- 
LEN  entdeckte  Tatsache 
bewiesen,  daß  der  Kern 
bei  Phocaena  (wo  der 
Geschmack  atrophiert  ist: 
Rawitz)  viel  weniger 
weit  nach  vorn  verlagert 
ist  und  seine  Verbindung 
mit  dem  Grau  des  Zervi- 
kalmarkes  beibehalten 
hat  (vergl.  Fig.  265). 

Zwar     findet     man 
auch  bei  Gameliden  und 
bei     der    Giraffe    daran 
erinnernde  Verhältnisse, 
der    primitive   Typus  wird  aber  unter  den  Säugern  nirgends  so  stark  vor- 
geführt als  bei  Phocaena  (VERAfErT.EN). 
Ich    werde  jetzt 


noch  einige  Details 
jenes  Kernes  bei  ver- 
schiedenen Säugern 
erwähnen. 

Der  XII-Kern 
von  Ecliidna  und 
Didelphj's  ist  klein 
und  nimmt  eine  late- 
rale Lage  ein,  sich 
seitlich  in  der  Rich- 
tung des  dorsalen  Va- 
guskernes ausdeh- 
nend   (siehe   Fig.    266   und    275). 

Eine    deutliche    Einteilung    in    Gruppen    habe    ich    bier    nicht   wahr- 
nehmen können. 


Fig.  265.     Hypoglossuskern  (XII),  V  =  Vonlerhornrest, 
ffl  =  Ambigiiuskern  hei  Phocaena,  ii.  Vermeulkn. 


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'200.     Ilvpoglussuskei-n  des  Opsosuiiis 
(Didelphys  marsiipialis). 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DKK    SÄÜGEK 


517 


Letzteres  i?t  wohl  der  Fall  bei  Karnivoren,  wo  man,  bei  Canis  familiaris 
mindestens  drei  Zellgruppen  unterscheiden  kann. 

Die  längste  Gruppe  liegt  ventro-median,  über  die  ganze  Länge  des  Kernes. 

In  seiner  vordem  Hälfte  weist  der  Kern  außerdem  eine  ventrolaterale 
Gruppe  auf,  welche  etwa  der  Richtung  des  Wurzelverlaufs  entspricht,  lateral 
davon  liegt,  und  eine  ziemlich  große  Anzahl  Zellen  umfaßt.  Frontal  von  der 
Mitte  des  XII-Kernes  nimmt  diese  Gruppe  an  Umfang  zu,  um  sich  dann 
allmählich  mit  dem  ganzen  Kern  zu  verkleinern. 

Die  dritte  Zellgruppe  des  XII-Kernes  fängt  an  auf  dem  2.  Fünftel  der 
Kernlänge  —  vom  hintern  Pole  angerechnet.  —  Anfänglich  liegt  sie  dorso- 
lateral,  mehr  nach  vorn  zu  rein  lateral.  Diese  Zellgruppe  hat  namentlich 
in  ihrem  hintern  Abschnitt  Anschluß  an  die  Zellen  des  dorsalen  X-Kernes 
(Vergl.  S.  502)  und  scheint  diejenige  zu  sein,  in  welche  Kosaka  und  Yagita 
den  R.  descendens  XII  beim  Kaninchen  und  Hund  lokalisieren,  in  Über- 
einstimmung mit  früher  von  Pakhon  und  Goldstein  gemachten  Experi- 
menten. In  der  Nähe  der  Zellen  des  R.  descendens,  etwas  oberhalb  der- 
selben, liegt  der  Kern  des  Hyo-glossus  Und  Stylo-glossus  (Stuurman),  während 
die  Genio-hyoideus  und  Genio-glossus  ihren  Ursprung  in  dem  vordem  ventro- 
lateralen  Abschnitt  finden.  Die  M.M.  verticales  und  transversi,  welche  die  zen- 
trale Masse  des  Zungenfleisches  bilden,  werden 

.-  schließUch  von  der  erst  erwähnten,  ventromedia- 

./   .  "  -^'V'-^    nen  Zellgruppe  innerviert  (Stuurman  :  Maus). 


'Nu.  dorsolat. 
.\II. 


Nu  venlro 
nn.'d.  ut  Nu. 
r.iphes  Xn. 


-■if- 


"T 


"Nu.vcntro-lat. 
XII. 


m-- 


Kig.  267.    Hypoglus.sü.ski  1  u  i,lv.nKlal|)ol) 
eines  Ameisenbaren  (Myrmecophaga). 


Fig.  268.     Ilypoglossuskei-n  (in  dei-  Mitte) 
eines  Ameisenbären  (Myrmecophaga). 


Sehr  interessant  ist  auch  der  XII-Kern  der  Ameisenfresser  durch  seine 
enorme  Größe,  die  mit  der  großen  Länge  der  Zunge  dieser  Tiere  korrespon- 
diert, und  durch  seine  exquisite  Zellgruppierung. 

Insofern  zeigen  Mj/rmecophaga  ju.hata  (Fig.  267  und  268)  und  Tamandua  tetra- 
dactyla  (die  im  Prinzip  miteinander  übereinstimmen)  eine  Übereinstimmung  mit 
der  ebenerwähnten  Zellgruppieriing  des  Hundes,  daß  man  einen  ventromedianen 
und    einen    dorsolateralen    Kern    deutUch    unterscheiden    kann.    Von   diesen  beiden 


518 


DAS    MOTOKISCHE    SYSTEM    DER    SAUGER. 


S5 


ist  auch  wieder  die  ventromediane  Gruppe  diejenige,  welche  fast  durch  den  ganzen 
Kern  hin  zieht,  während  die  dorsolaterale  Gruppe  bei  Myrmecophaga  im  hintern 
Drittel  (beim  Hund  nur  im  hintern  Fünftel)  fehlt  (Fig.  267.)  Der  dorsolaterale 
Kern  legt  sich  dem  dorsalen  X-Kerne  sehr  nahe  an.  Die  ventrolaterale  Gruppe 
weist  keinen  auffallenden  Unterschied  zum   Verhalten  beim  Hunde  auf. 

Namentlich  interessant  bei  diesen  Tieren  ist  der  Umstand,  daß  die 
ventromedianen  Kerne  der  rechten  und  linken  Seite  sehr  eng  aneinander- 
stoßen, sehr  groß  sind  und  frontal  vom  hintern  Drittel  (Fig.  268)  eine 
Raphegruppe  ^)  bilden,  die  sehr  mächtig  wird.  Fron  talwärts  endet  zuerst  der 
Raphekern,  dann  der  Rest  des  ventromedianen  Kernes,  während  der  dorso- 
laterale Kern  am  längsten  bestehen  bleibt. 

Nach  Stuurman  stimmt  diese  Entwicklung  des  ventromedianen  Kernes 
überein  mit  der  Tatsache,  daß  die  M.M.  verticalis  und  circularis  bei  diesen 

ia  Tieren    sehr    stark 

sind.  Ob  das  Fehlen 
eines    Zungen-Sep- 

tums  bei  diesen 
Tieren  und  die  da- 
her starke  Zusam- 
menwirkung bei- 
derseitiger Muskeln 
den  Raphekern  her- 
vorruft, ist  nicht 
sicher,  aber  sehr 
wahrscheinlich. 

Auch  der  Hypo- 
glossuskern  der  Pri- 
maten und  des 
Menschen  (Fig.  209) 
weist  deutliche  Zell- 
gruppierungen auf, 
(vergl.  hierzu  na- 
mentlich Gold- 
stein  und   Minea, 

MiNGAZZINI,    HUDO- 


•z 

a 


.-' 


/' 


Nucleus 
_  ventro- 
lat. 

-Nu.  Rol- 
ler. 


Fig.  269. 


Hypoglossuskern  des  Mensc 
des  Kernes. 


leii.   .Mittel.-tiick 


VERNiG,  Parrhon  Und  Papinian).  Hierbei  tritt  als  größte  Differenz  hervor, 
daß  der  R.  descendens  XII  bei  den  Primaten  nicht  mehr  vom  XII-Kern, 
sondern  vom  oberen  Zervikalmark  innerviert  wird. 

Bezüglich    der   Nebenkerne   des   XII :    des   Nucleus   antero-lateralis   von 
Duval  und  des  Nucleus  accessorius  von  Roller,  kann  ich  kurz  sein. 


')  Bei  dem  sehr  großen  XII-Kern  der  Giraffe  fand  Vermeulkn  ebenfalls  eine  Andeutung 
eines  Raphekernes,  was  bei  dei-  ebenfalls  sein-  beweglichen  und  langen  Zunge  dieses  Tieres 
nicht  befremdend  ist. 


DAS    MOTORISCHE    SYSTE\f    DER    SÄUOER.  519 

Der  RoLLERsche  Kern  (Fig.  269)  ist  kein  Hypoglossuskern,  wie  aucb 
schon  aus  seiner  kleinern  Zellgröße  hervorgeht,  sondern  eine  frontale 
Fortsetzung   der    retikulären    Elemente   des   zervikalen   Graues   (Cajal)  i). 

Was  den  anterolateralen  Kern  von  Düval  betrifft,  so  glaube  ich  nicht, 
daß  er  einem  abgesprengten  Stück  des  XII-Kernes  ~)  (dem  Nucleus  praeposi- 
tus  Marburg's)  entspricht,  sondern  daß  es  sich  um  kleinere,  wahrscheinlich 
retikuläre  Elemente  handelt,  welche  fast  konstant  am  Vorderpole  des  Hypo- 
glossuskernes  bei  allen  Säugern  (viellicht  mit  Ausnahme  von  Echidna)  ge- 
funden werden:  retikuläre  Elemente  des  Höhlengraus. 

Es  ist  nämlich  ein  interessanter  Unterschied  zwischen  der  Umgebung 
des  XII-Kernes  der  Mammalier  mit  der  niedern  Vertebraten ;  bei  den  Säu- 
gern ist  der  Kern  mehr  und  mehr  von  kleinen  retikulären  Elementen  um- 
geben, die  sich  ihm  dorsal  als  Zellen  des  Höhlengraus  anschließen  (bei 
Myrmecophaga  namentlich  an  der  vordem  Hälfte  des  Kernes).  Dies  ist  eine 
Eigentümlichkeit,  welche  allen  motorischen  Kernen  der  Säuger  eigen  ist, 
(wie  wir  weiter  unten  beim  Abducenskern,  S.  544,  auch  sehen  werden). 

Die  Kerne  der  hintern  viszeralen  Säule  weisen  bei  den  Säugern  die 
größten  Veränderungen  auf  im  Vergleich  zu  den  Nicht-Säugern.  Das  zeigt 
sich  sofort  an  dem  Verhalten  des  Accessorius-Kernes. 

Man  teilt  den  Nervus  accessorius  der  Säuger  wohl  in  zwei  Teile  ein, 
einen  bulbären  und  einen  spinalen  Abschnitt,  auch  wohl  bekannt  als  Nervus 
vago-accessoriv^  und  Nervus  accessorius  spinalis. 

Nähere  Untersuchungen  haben  indessen  gezeigt,  daß  der  Nervus  vago- 
accessorius  Autorum  aus  dorsalen,  (oder,  nach  andern,  aus  ventralen  — 
Ambiguus  — )  Vaguszellen  seinen  Ui'sprung  nimmt  und  deshalb  ein  Unter- 
schied zwischen  N.  accessorius  bulbaris  und  N.  accessorius  spinalis  gleich 
ist  einem  Unterschied  zwischen  hinterer  Vaguswurzel  und  N.  accessorius 
(spinalis)  weil  der  sog.  N.  accessorius  bulbaris  eben  als  der  hinterste  Ab- 
schnitt des  Vagus  zu  betrachten  ist  (Kosaka). 

Will  man  aber  denjenigen  Teil  des  spinalen  XI-Kernes  (Fig.  273)  der  bei 
Verfolgung  in  frontaler  Richtung  noch  in  der  Oblongata  zu  erkennen  ist, 
Nucleus  accessorius  bulbaris  nennen,  dann  liegt  manchmal  ein  bulbärer 
Abschnitt  jenes  Kernes  vor,  dessen  Fasern  aber  peripher  mit  dem  N.  accesso- 
rius spinalis  verlaufen. 

Als  Grenze  der  Oblongata  wird  bei  Säugern  im  allgemeinen  die  Pyra- 
midenkreuzung genommen,  und  manchmal  dehnt  sich  der  Accessoriuskern, 
den  man  leicht  vom  Rückenmark  nach  vorne  verfolgen  kann,   über  diese 


')    Es    scheint    mir    nicht    unmöglich,    daß    er    mit   dem    zervikalen  grauen  Fortsatz 
unterhalb  des  XII-Kernes  der  Vögel  korrespondiert. 

')  Solch  ein  frontal  abgesprengtes  Stück,  aus  dem  tatsächlich  Wurzelfasern  hervor- 
gehen, kam  einmal  zu  meiner  Beobachtnnff.  Auch  hinten,  zwisschen  XTI  unil  Vorderhorn 
kann  eine  solche  Zellgruppe  vorkommen. 


520  T)AS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 

Grenze  frontalwärts  hinaus.  In  diesem  Sinne  genommen,  kommt  also  bei 
vielen  Säugern  ein  bulbärer  Accessoriusabscbnitt  vor. 

Indessen  wäre  es  unrichtig,  diesen  Abschnitt  als  etwas  anderes  zu  be- 
trachten, als  einen  bloßen  Fortsatz  des  N.  Accessorius  spinalis,  und  es  wäre 
also  der  Unterschied  zwischen  bulbärem  und  spinalem  Accessoriuskern  bloß 
topographisch,  sodaß  man  schließlich  um  Verwirrung  vorzubeugen,  am  besten 
tut,  nur  vom  einem  Accessoriuskern  im  allgemeinen  zu  sprechen  und  nur 
von  einem  Nervus  accessorius,  dem  sich  frontal  auf  einer  kurzen  oder  längeren 
Strecke  wirkliche  Vagusfasern  zugesellen  können. 

Wie  wir  gesehen  haben,  ist  der  Accessoriuskern,  d.  i.  der  Kern  des 
Trapezius  und  Sterno-cleido-mastoideus,  bei  den  niedern  Tieren  noch  ganz 
in  einer  Säule  mit  dem  dorsalen  Vaguskern  einbegrififen. 

Während  sich  bei  den  Säugern  nun  aus  der  gemeinschaftlichen  dor- 
salen Zellsäule  derNucleus  ambiguus  (s.  u.)  in  ventrolateraler  Richtung  sondert 
differenziert  sich  der  Accessorius-Kern  aus  der  dorsalen  Säule  in  kaudo- 
lateraler  Richtung,  und  wird  er  außerdem  im  Rückenmark  durch  Apposition 
vergrößert . 

In  Hinsicht  darauf  ist  es  interessant,  daß  Vermeulen  bei  Cameliden, 
Giraffe,  ja  bei  allen  Ungulaten  und  auch  bei  Phocaena  noch  einen  Verband 
des  Accessoriuskernes  (natürlich  des  intrabulbär  liegenden  Frontalpols  dessel- 
ben) mit  dem  dorsalen  Vaguskern  fand  (vergleiche  Fig.  272  und  Fig.  273). 

Kaudalwärts  erstreckt  sich  der  Accessoriuskern  bei  dem  Menschen  von 
etwa  dem  hintern  Pole  der  Oliva  inferior  bis  ins  5.  oder  6.  Zervikalsegment 
hinein,  beim  Pferde,  wo  er  zur  Hebung  der  Vorderbeine  beiträgt,  bis  in 
daß    7.    Segment.   Nicht   bei  allen  Säugern  reicht  er  jedoch  so  weit  hinab. 

Seine  Zellen  haben  in  allgemeinen  im  Rückenmark  eine  laterale, 
perlschnurähnliche  Anordnung,  und  seine  Wurzeln  zeigen  die  Eigentüm- 
lichkeit, daß  die  kaudaleren  etwas  dorsaler  austreten  als  die  frontaleren,  ein 
wichtiger  Anhaltspunkt,  der  auch  für  die  Wurzelfäden  der  hinteren  viszeralen 
Säule  der  Reptilien  sehr  deutlich  ist  (vergleiche  hierzu  Fig.  270  A,  B  und 
C  und  auch  Fig.  105). 

Die  Würzelbündel  des  Nerven  vereinigen  sich  zu  einem  Stamm,  der 
im  Vertebralkanal  zwischen  Vorder-  und  Hinterwurzeln  aufwärts  steigt  und 
direkt  hinter  dem  Vagus  durch  das  Foramen  jugulare  den  Schädel  ver- 
läßt. Eine  Ausnahme  machen  nur  die  Cameliden,  wo  jedes  Accessorius- 
würzelchen  für  sich  den  N'ertebralkanal  verläßt  (Lesbre,  Wingate  Todd  i) 
und  Vermeulen)  und  wahrscheinlich  nahe  den  Hinterwurzeln  der  entspre- 
chenden Segmente  aus  dem  Vertebralkanal  zieht. 

Da  der  Unterschied  zwischen  dem  Accessoriuskern  der  Säuger  unfl 
demjenigen  der  Nichtsäuger  zu  groß  ist,  um  ein  Bild  von  der  Entwicklung 
des  Mammalier-Accessoriuskernes  aus  demjenigen  der  Submammalier  geben 
zu  können,  habe  ich    die    Ontogenese   dieses   Kernes   bei    Schafembryonen 


')     Briefliche  Mitteilung. 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEKF    DER    SADOER. 


521 


verschiedenen  Alters  studiert;  Prof.  Röthig  hatte  die  Güte,  mir  verschiedene 
sehr  schön  gefärbte  Serien  derselben  zur  Verfügung  zu  stellen.  (Em- 
brj'-onen  v.  12,  17,  23  und  33  mm  Scheitelsteißlänge). 

Bevor  ich  aber  zur  Beschreibung  dieser  ontogonetischen  Befunde  über- 
gehe, will  ich  in  wenigen  Worten  zusammenfassen,  was  die  Phylogenese 
uns  bis  jetzt  über  diesen  Kern  gelehrt  hat. 

Das  Studium  des  Trapeziuskernes  der  niedern  Vertebraten  hat  gezeigt, 
daß  der  Trapeziuskern  der  Selachier  eine  einfache  Fortsetzung  der- dorsalen 
Vagussäule  dieser  Tiere  ist,  daß  er  also 
dort  die  kaudalste  Spitze  dieser  Säule  bildet 
(vergl.  für  die   Wurzeln  Fig.  270  A). 

Bei  Eidechsen  sahen  wir  nun,  daß 
in  dem  kaudalen  Teil  der  Vagussäule  sich 
zwei  Prozesse  abspielen ;  der  eine  Prozeß 
besteht  darin,  daß  etwa  auf  dem  Niveau 
des  Calamus  scriptorius  und  etwas  dahinter 
eine  ventrale  Zell  Verlagerung  auftritt,  die 
wir  auf  Grund  der  Vergleichung  mit  Vögeln 
und  Säugern  als  den  Anfang  des  ventralen 
Vaguskernes  (hinteres  Stück  des  Ambiguus) 
betrachten    dürfen   (S.  492    und    Fig.   240). 

Diese  Verlagerung  findet  an  der  Grenze 
zwischen  dem  mittlem  und  hintern  Ab- 
schnitt der  viszeralen  Säule,  aber  nicht  an 
ihrem  allerkaudalsten  Abschnitt  statt.  Dort 
geht  ein  anderer  Prozeß  vor  sich,  nämlich 
eine  bedeutende  spinale  Verlängerung  der 
dorsalen  Säule,  wie  ein  Vergleich  mit  der 
nämlichen  Säule  der  Selachier  und  Amphi- 
bien lehrt. 

Dabei  läßt  sich  konstatieren,  daß  die 
kaudalsten  Zellen  dieser  .spinalen  Verlänge- 
rung in  ihrer  Totalität  mehr  und  mehr  die 
Lage  in  der  direkten  Nähe  des  Zentralka- 
nals (etwas  dorsal  davon)  verlieren  und  sich 
etwas  mehr  lateroventral  zwischen  Hinter- 
und  Vorderhornbasis  hineinschieben. 

Diese  Verlagerung  ist  dort  jedoch  nur  noch  eine  geringe.  Soviel  aber 
war  deutlich  aus  dem  Verhalten  bei  diesen  Tieren,  daß  der  Accessoriuskern 
dort  nicht  aus  einer  kaudalen  Verlängerung  des  ventralen  Vaguskernes, 
sondern  aus  der  spinalen  Verlängerung  der  dorsalen  Vagussäule  entstand, 
welche  sich  zu  gleicher  Zeit  in  ihrer  Totalität  etwas  ventrolateral  verschiebt. 
Dasselbe  nun  zeigt  das  Studium  der  Schafembryonen,  aber  in  viel 
deutlicherer,  sogar  auftallender  Weise. 


F"ig.  270.     Luge  und  Ausdehnung 

der  Accessoiiuswurzeln  bei  einem 

Hai    A,    einem    Alligator    B, 

und  bei  einem  Säuger  C. 


522 


DAS    MOTORISrnE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 


Nu.  dors.  X. 


Nu.  XII. 


Bei    einem    Embryo   von   12,  namentlich  aber  von  17  mm  findet  man 

im  Zervikalmark  bereits  einen 
deutlichen  Accessoriuskern,  der 
sich  durch  die  Größe  seiner  Zel- 
len klar  von  der  Umgebung 
abhebt. 

Noch  deutlicher  aber  sind 
diese  Verhältnisse  Ijei  EmbrA'o- 
nen  von  23  und  33  mm,  die 
auch  deshalb  für  dieses  Studium 
wertvoller  sind,  weil  die  untere 
Olive  dort  bereits  gut  entwickelt 
ist  und  wir  somit  mehr  topo- 
graphische Anhaltspunkte  haben. 
A'^erfolgt  man  dort  diesen 
Kern  frontalwärts,  so  zeigt  sich 
die  eigentümliche  Tatsache,  daß 
er  nicht,  wie  es  bei  ausgewach- 
senen Säugern  manchmal  der  Fall 
ist,  scheinbar  in  den  ventralen 
Vaguskern  übergeht,  sondern  in 
den  dorsalen  Vaguskern  ')  (Fig. 
271  A,  B  und  C). 

Interessant  ist  dabei,  daß 
diese  Entwicklung  des  Trapezius- 
kernes  etwas  eher  auftritt  als 
diejenige  des  ventralen  Vagus- 
kernes, von  dem  in  dem  Em- 
bryo von  23  mm  kaum  eine 
Andeutung  ist,  während  in  dem 
von  33  mm  bloß  sein  Anfang  auf 
dem  hintern  Niveau  der  untern 
Olive  ersichtlich  ist,  gerade  wie 
dies  bei  Vögeln  der  Fall  ist. 
Es  ist  offenbar,  daß  die  On- 


L  Nu.  XI. 


Fig.  271.     Qiierschitte  duich  das  oljere  Zer- 
vikalmark nahe  der  Oblongata  eines 
Schafen) br3-03  von  33  mm  Scheitelsteißlänge. 
(Präparate  Dr.  Rotiug.) 
A:  128  Scbitte  vor  dem  Hinterpol  der 
Oliva  inferior. 
B:  2  Schnitte  kaudal  von  der  Olive. 
C:  62  Schnitte  kaudal  von,  der  Olive. 


togenie  hier  die  Phylogenie  wie- 
derholt, aber  in  viel  klarerer 
Weise. 

Diese  größere  Deutlichkeit 
findet  ihren  Grund  hauptsächlich 
darin,  daß  die  Trapeziuszellen  der 


Reptilien  denselben  relativ  klei- 

')  Dieser  hat  in  jenem  Stadium  auch  die  perlschnurfnrmige  .\nnrdniing  des  Trape- 
ziuskernes  (hier  und  da  Lücken). 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SAUGER. 


523 


nen  Umfang  der  Zellen  des  dorsalen  Vaguskernes  dieser  Tiere  haben, 
während  die  Trapeziuszellen  dieser  Embryonen,  wie  diejenige  der  Vagus- 
kernes derselben,  sieh  durch  iiire  Größe  auszeichnen.  (Fig.  271,  A,  B  und  C). 

Ich  möchte  noch  darauf  hinwei- 
sen, daß  die  Tatsache,  daß  der  Trape-  ^"^^ — -»^ 
ziuskern  teilweise  durch  ein  spinales  >  "--= 
Wachstum  von  ursprünglich  frontaler 
liegenden  Zellgruppen  entsteht,  auch 
die  Bildung  der  sog.  IvRAUSE'schen 
„Respirationsbündelchen"  i)  erklärt, 
welche    namentlich   beim    Kaninchen 


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sehr  deutlich  sind  und  aus  longitudi- 
nalen  frontal  verlaufenden  intramedul-  r 

lären    Wurzelfasern    des    Accessorius 
bestehen. 

In  Übereinstimmung  mit  dieser 
Darstellung  steht  die  l)ereits  erwähnte 
Tatsache,  daß  Vekmeulen  bei  vielen 
ausgewachsenen  Tieren  (namentlich 
Ungulaten)  noch  einen  Zusammenhang 
zwischen  dem  Accessoriuskern  und  dem 
dorsalen  Vaguskern  nachweisen  konnte, 
jedoch  nicht  zwischen  dem  x4.ccessorius- 
und  ventralen  Vaguskern. 

Als  Fortsetzung  des  Nucl.  ambi- 
guus  darf  der  Accessoriuskern  nicht 
betrachtet  werden,  obschon  er  daran 
grenzen  kann  (Fig.  273). 

Der  Ambiguuskern  verlagert  sich 
selbständig  vom  dorsalen  X-Kern  in 
ventraler  Richtung,  und  in  den  Fällen, 
in  denen  Accessorius  und  Ambiguus- 
kern bei  ausgewachsenen  Säugern  gele- 
gentlich einmal  scheinbar  in  einer  Säule 
liegen,  handelt  es  sich  um  einen  se- 
kundären Zustand  (vergl.  auch  Vek-  .  '272  B 
meulen). 

Obgleich   also   ursprünglich    eine 
spinale  Verlängerung  des  dorsalen  Vaguskernes   und  manchmal   damit  ver- 
bunden, soll  deshalb  nicht  gesagt  sein,  daß  der  Accessoriuskern  der  Säuger 

')  Es  braucht  wohl  kaum  gesagt  zu  werden,  daß  dieselben  mit  dem  eigentlichen 
Respirationsbündel,  dem  Fase,  solitarius,  nichts  zu  machen  haben.  Der  Fase,  solitarius 
(siehe  Kap.  III)  besteht  wesentlich  aus  s'ensihlen  Wurzelfasei-n  des  .Glossopharj'ngeus  und 
Vagus  und  steigt  niclit  so  weit  hinab  als  die  KßAUSE'schen  Bündelchen  (S.  306—309). 


W' 


^^ 


-1,-1, 


Fig.  272  n. 


Fig.  272  A,  B.     Zwei   Querschnitte   durch 
das  obere  Zervikalmark  einer  Lama 

n.  Vermeulen. 
In  Fig.  272  A  —  etwas  frontaler  als  Fig. 
sind    XI    und    dorsaler   X    Kern 
verbunden. 


524  DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 

nur  entsteht  durch  eine  kaudalwärts  fortschreitende  Teilung  oder  Ver- 
schiebung der  dorsalen  X  Neuroblasten. 

Wir  müssen  annehmen,  daß  außerdem  an  vielen  Stellen  des  Zervikal- 
markes  viszerale  Zellgruppen  sich  ausbilden,  die  sich  zu  einer  Reihe  legen, 
den  Accessoriuskern  durch  ein  appositionelles  Wachstum  vergrößernd. 

Daß  es  sich  dabei  nicht  liandelt  um  Ventral  Wurzelelemente,  deren 
Zellen  und  Axonen  sich  dorsal  verlagern,  geht  aus  der  ganzen  Eigenart 
des  viszeralen  Nervenapparates  als  Dorsalwurzel  hervor  und  findet  eine 
Bestätigung  in  der  Tatsache,  daß  gerade  die  kaudalsten  Wurzelbündel  des 
Accessorius  am  dorsalsten  nahe  der  Hinterwurzel  austreten.  Falls  das  kaudale 
Wachstum  jenes  Kernes  aus  ventralen  Wurzelelementen  hervorginge,  würde 
man  gerade  an  seiner  Wachstumsspitze,  an  dem  Kaudalpol,  einen  mehr 
ventralen  Austritt  der  Wurzelbiindel  erwarten. 

Eher  darf  man  der  Theorie  Becc.\ri's  eine  W^xhrscheinlichkeit  nicht 
absprechen,  daß  die  Vergrößerung  des  Kernes  in  Myelo  stattfindet  aus 
Elementen,  welche  den  Von  LENHOSSEK'schen  Elementen  der  Vögel  und 
Reptilien  (S.  171)  verwandt  sind. 

Die  Lage  des  Accessoriuskernes  im  Zervikalmark  weist  einige  Verschie- 
denheiten auf,  je  nach  der  Tierart.  Für  fast  alle  Tiere  gilt  jedoch,  daß  der 
Kern,  je  weiter  man  kaudal  kommt,  desto  mehr  ventrolateral  liegt,  obschon 
seine  Wurzel  dorsaler  austritt. 

Auch  dies  spricht  zu  Gunsten  einer  Verwandtschaft  mit  den  Lenhossek- 
schen  Elementen  der  Reptilien  und  Vögel,  deren  Zellen  in  dem  ventro- 
lateralen  Abschnitt  des  Vorderhornes  liegen,  während  ihre  Wurzeln  mit 
den  Hinterwurzeln  austreten  (Fig.  85). 

Zu  Gunsten  dieser  Theorie  darf  vielleicht  auch  die  von  Lesbre,  Win- 
öATE,  ToDD  und  Vermeulen  bestätigte  Tatsache  erwähnt  werden,  daß 
bei  einigen  Ungulaten  (Cameliden)  der  N.  Accessorius  sich  nicht  extra- 
medullär zu  einem  einheitlichen  Strang  sammelt,  sondern  getrennt  bleibende 
Wurzelbündelchen  aufweist,  welche  nahe  den  Hinterwurzeln  austreten  (s.  o.). 

Zum  Schluß  möchte  ich  noch  erwähnen,  daß  Berkelbach  van  der 
Sprenkel  beim  Igelembryo  Ganglienknötchen  an  den  Accessoriuswurzel- 
bündelchen    sah,    was   ebenfalls   ihre    originelle  Hinterwurzelnatur  beweist. 

Hiermit  soll  selbstverständlich  der  Tatsache  (Bolk  u.  A.)  nicht  widersprochen 
werden,  daß  sich  der  Accessoriuswiirzel  nach  ihrem  Austritt  aus  dem  Vertebralkanal 
ventrale  Wurzelfasern  aus  den  ventralen  Hörnern  anschließen  können  und  der 
Trapeziusmuskel  auch  somatische  Nervenendigungen  aufnimmt. 

Es  können  die  Zellen,  aus  denen  diese  ventralen  AVurzelbündel  des  M.  Tra- 
pezius  hervorgehen,  sich  sogar  zentral  den  Acces.soriuszelleu  anlegen  (Vermeulkn). 
Dies  ist  aber  ein  sekundärer  Zuwachs,  der  die  viszerale  Integrität  des  eigentlichen 
Accessoriuskernes  nicht  beeinflußt. 

Die  beiden  übrigen  Bestandteile  der  hinteren  viszeralen  Säule,  den 
Vagus-  und  Glossopharyngemkern,  werde  ich  im  Anschluß  an  den  Acces- 
soriuskern behandeln. 


DAS    MOTORISCHE    SY8TE.\r    DER   SÄUGER. 


525 


Die   Ursache   der   geringern  frontalen  Ausdehnung  der  hintern  dorso- 

viszeralen    Zellsäule   im    Vergleich    zu    den    Vögeln    (farbige  Tafel    II),    wo 

sie  sich  über  das  Niveau  des  Glossopharvngouseintrittes  ausdehnt  (Fig.  253 — 

255),  liegt  in  der  Tatsache,  dal)  der  motorische  Kern  jenes  Nerven,  der  bei 

den    Vögeln   gänzlich  im  der  dorsalen  Säule  einverleibt  ist,  bei  den  Mam- 

raaliern  eine  ventrale  Lage  angenommen  hat  und  den  vorderen  Abschnitt 

des  Nucl.  ambiguus  bildet. 

BOSTAURUS 


CAPRA  HIRCUS. 


S«S  SCRrtFA  DflMESrirA 


Fig.  273.     Verhalten  iles  Accessoriiis  Kernes  (XI,  gestrichelt)  zum  (iorsa!en 
und  ventralen  Vaguskern  bei  einigen  Huftieren,  n.  Vermeulen. 

Nur  wenige  Zellen  des  Glossopharyngeus  —  das  Speichelaekretionszentriim  des 
N.  Jacobsonii  (Grland.  parotis)  —  haben  eine  etwas  dorsalere  Lage  in  der 
Nühe  des  Geschmackszentrums  beibehalten  (Fig.  282  :  n.  Yagita).  Ich  komme  darauf 
zurück  bei  der  Behandlung  des  Speichelsekretionszentrums  des  Facialis  (Gland. 
submaxillares  und  sublinguales,  s.  S.   538). 

Auch  in  dieser  Beziehung  ist  die  dorsale  Säule  bei  den  Säugern  anders 
als  bei  den  Vögeln,  daß  ihre  frontale  Spitze  etwas  ventralwärts  abbiegt, 
wie  in  den  Diagrammen  schematisch  (etwas  stark)  angegeben  ist  (Fig.  273). 


526  DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 

Dies  kann  eine  Folge  rein  mechanischer  Einflüsse  der  Umgebung  sein 
und  seine  Ursache  darin  finden,  daß  der  STADERiNi'sche  Kern,  der  kaiidal 
zwisclien  X-  und  XII-Kern  liegt,  sich  frontal  in  lateraler  Richtung  ver- 
größert und  sich  zwischen  den  dorsalen  Vaguskei'n  und  den  Boden  des  vierten 
Ventrikels  einschiebt. 

Die  ventrale  Abdrängung  des  motorischen  X-Kernes  fängt  nämlich 
dort  an,  wo  der  Nucleus  Staderixi  sich  über  den  Vaguskern  hin  mit  dem 
lateralen  Oblongatafelde  verbindet.  Ich  muß  aber  bemerken,  daß  dadurch 
dort  auch  das  sensible  Grau  der  viszeralen  »Säule  etwas  niedriger  zu 
liegen  kommt.  Es  kann  also  auch  sein,  daß.  diese  Verlagerung  die  Folge 
des  genannten  Verhaltens  des  sensiblen  Kernes  ist.  Jedenfalls  bleiben  die 
viszerosensible  und  viszeromotori^che  Säule  miteinander  in  Kontakt. 

Da  bei  dem  Menschen  an  dieser  Stelle  der  ventrale  Kern  (Nucl.  am- 
biguus)  etwas  nach  oben  umbiegt,  nähern  sich  dort  die  beiden  Kerne 
erheblich,  hören  aber  dann  auch  bald  auf  (Fig.  285). 

Ein  anderer  Unterschied  zu  dem  Verhalten  bei  niedren  Vertebraten 
ist  dies,  daß  der  dorsale  X-Kern  bei  den  Säugern  viel  weiter  von  der 
Mittellinie  entfernt  ist  und  fa.st  dem  Grau  der  (ihn  reizenden)  sensiblen 
Vaguswurzel  einverleibt  ist:  ein  fortgeschritteneres  Stadium  der  Verschie- 
bung, welche  bei  den  Vögeln  und  Krokodiliern  bereits  angedeutet  war  in 
dem  schlingenfürmigen  Verlauf,  den  die  motor.  X-Wurzel  dort  macht  (vergl. 
Fig.  238  B  und  252),  deren  Verlauf  liier  aber  vereinfacht  ist. 

^  _.,...  _  Die  Grc'iße  des  dcrrsalen  Vagus- 

•  ■  1  •."••'"•' "?;•*'■.■-' Tr.'.-'V.l'-v  ..»     kernes  ist  ziemlich  verschieden.  Bei 

'.!/-'*•■    '".  ''.'■■.'<;■     den  Monotremen  und  Marsupialiern 

ist   er  gleich   groß,   und   auch   die 

— ,  Yj  /        Rodentier  haben  etwa  einen  ebenso 

X"  "J^u^Z  .  "  großen   Nucleus   dorsalis   X.    Beim 

►  "      -   ■*  ,••       Rind  fand  Vermeulen  ihn  erheblich 

^.     „_,    ,,    ,  .  .         ,.   ,,      größer,    was    er    mit    dem    großen 

Flg.  2/4.  Nucleus  motonus  commissuralis  A      °  ■      -tr     i  •     i 

dorsalis  bei  der  Llama,  n.  Vermeulen.         ^agen  dieser  Tiere  in  Verbindung 

bringt.  Die  Elemente,  welche  in  dem 
dorsalen  Vaguskern  repräsentiert  sind,  sind  nämlich  der  untere  Teil  des 
Oesophagus,  der  Magen  und  die  Lunge. 

Bei  einigen  Säugern  (Cameliden  Giraffe,  Phocaena)  zeigt  der  dorsale 
X-Kern  am  hintern  Ende  eine  kommissui-elle  Verbindung  der  motorischen 
Zellen  oberhalb  des  Zentralkanals  (Nucl.  commiss.  motorius  X  Vermeulen's) 
in  der  Nähe  der  Commissura  infima  (Fig.  274),  ebenfalls  ein  eklatantes 
Beispiel  neurobiotaktischer  Einflüsse,  weil  diese  motorischen  Zellen  dem 
Grau  der  kreuzenden  sensiblen  Fasern  dieses  Nerven  anliegen.  Sehr  lehr- 
reich ist  das  Studium  des  Nercl.  ambiguus. 

Vergleichen  wir  den  Abschnitt  des  Vaguskernes,  welcher  bei  den 
Vögeln  die  ventrale  Wanderung  gemacht  hat  mit  dem  Nucl.  ambiguus  der 
Säuger,  dann    sehen    wir,    daß   der   ventrale    Kern    der   Säuger   größer   ist. 


I>A8    MOTORTSCHE    STSTKM    DKR    SÄUGER. 


527 


Nu.  XII. 


Die.s  läßt  sich  verstehen,  wenn  man  Ix'denkt,  daß  er  eben  außer  ventralen 
^"aguselementen  jetzt  auch  den  Ulo.ssopliaryngenskern  (dessen  Speichelkern 
ausgenommen)  enthält.  Auch  ist  die  qiieru-c.^treifte  Vagusmuskulatur  (Ijarynx), 
welche  vom  ventralen  X-Kern  innerviert  vviril,  hei  den  Säugern  außerdem 
viel  größer  als  bei  den  Vögeln. 

Der  Nucleus  ambiguus  der  niedern  Säuger  ragt  manchmal  über  das 
Niveau  der  Vorderpole  des  dorsalen  Vaguskernes  hinaus,  wie  nach  der 
Tatsache  zu  erwarten  ist,  daß  er  auch  den  IX-Kern  enthält.  Der  vordere 
Abschnitt  ist  außerdem  bedeutend  dicker  als  der  hintere  Teil  des  Nucleus 
ambiguus  und  namentlich  kompakter. 

Kaudalwärts,  namentlich  im  letzten  Drittel  des  Nucleus  ambiguus, 
wird  dieser  bei  den  Säugern 
sogar  so  lückenhaft,  daß  man- 
cher Schnitt  keine  oder  nur 
eine  oder  zwei  Ganglienzellen 
davon  enthält. 

Die  Elemente  des  letzten 
Drittels  dieses  Kernes  können 
nacli  KosAK.\s  üntersucliun- 
gen  bei  dem  Hunde  wieder  in 
zwei  Gruppen  eingeteilt  wer- 
den, von  denen  die  dorsalere 
dem  Kern  dci'  Larynxmusku- 
latur  (mit  Ausnahme  des  Cri- 
cothyroideus),  die  ventrale  dem 
Herzkern  entspricht.  —  Das 
mittlere  Drittel  des  Nucl.  am- 
biguus soll  nach  demselben 
Autor  (dessen  Untersuchungen 
hauptsächlich  auf  Hunde-Ex- 
perimenten beruhen)  die  Mus- 
keln des  Velum  palatinum  be- 
wegen, während  der  vorderste  Teil,  wie  gesagt,  die  Glossopharyngeusmus- 
kein,  d.h.  die  Pharynxmuskeln  und  den  daraus  hervorgehenden  M.  crico- 
thyrioideus,  dann  auch  den  obern  (quergestreiften)  Teil  der  Oesophagus- 
muskulatur  innerviert. 

Ich  möchte  hierbei  bemerken,  daß  wir  noch  nicht  mit  Sicherheit  sagen  können, 
ob  die  r4aumensegelncrven  den  Hirnstamm  Im  (Tlossopharyngeus  oder  in  der  Vagus- 
wurzel verlassen  und  man  also  auch  nicht  sicher  weiß,  ob  der  entsprechende  Ivern- 
teil  als  IX  oder  als  X  aufgefaßt  werden  muß.  Die  peripheren  Anastomosen  sprechen 
mehr  für  den   Glossopharyngens,  das  Kernstück  mehr  für  den   Vagus. 

Vergleicht  man  die  vom  dorsalen  Kern  innervierten  Muskel  mit  den 
vom  ventralen  Kern  innervierten,  dann  kann  man  das  Resultat  so  ausdrücken, 
daß  der  dorsale  Kern  nur  glatte,  der  ventrale  Kern  quergestreifte  Musku- 


•'ig.  275.     Ventraler  Vaguskern  und 
Hypoglossuskern  bei  Ecliidna. 


528  DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 

latur    innerviert    (bekanntlich    hat    auch    die    Herzmuskulatur   eine    Quer- 
streifung). 

Der  Satz,  der  obere  Kern  sei  der  sympathische  Vaguskern,  ist  richtig, 
wenn  man  damit  nur  nicht  meint,  daß  der  nntere  ganz  und  gar 
nicht  sj^mpathisch  wäre,  denn  er  enthält  den  inhibitorisclien  Kern  des 
Herzens,  dessen  Nervensystem  zum  sympathischen  gehört. 

Zutreffend   ist   aber   die    Definition,    daß    bei   den    Säugern    diejenigen 
Bestandteile   der   hintern   viszeralen    Säule    (es   gilt   nämlich   aucl]  für  den 
Accessorius)  sich  ventrolateral  verlagern,  welche  quergestreifte  Muskulatur 
(einschließlich  der  Herzmuskulatur)  innervieren. 

Die   Frage   drängt  sich  auf,  was  ist  die  Ursache  dieser  Verlagerung? 

Die  Ursache  muß,  nach  Analogie  der  andern  Kernverlagerungen  in 
Oblongata  und  Miftelhirn,  zweifellos  auf  dem  Gebiete  der  Neurobiotaxis 
gesucht  werden. 

Fangen  wir  an  mit  der  Frage,  weshalb  der  dorsale  Kern  liegen  bleibt. 

Das  sympathische  Nervensj'stem  reagiert,  wie  bekannt,  hauptsächlich 
auf  Reflexe.  —  Abgesehen  von  den  Axonenreflexen,  welche  sich  in  den 
postganglionären  Neuronen  dieses  Systems  abspielen,  sind  die  einfachsten 
Reflexe  diejenigen,  welche  von  einer  sensiblen  Wurzel  auf  motorische  Kerne 
übergehen,  mittels  eines  kleinzelligen  Schaltneurons  (s.  Kap.  VI),  dessen 
Körper  und  Dendriten  in  den  sensiblen  Kernen  liegen  und  dessen  Neui'it 
um  die  motorischen  Zelle  herum  endet.  Diese  Art  der  Reizübertragung 
spielt  in  dem  sympathischen  Nervensystem  eine  große  Rolle. 

Denn  ebenso  wie  die  Sensibilitätszentren  der  Eingeweide  kaum  sekun- 
däre Bahnen  zu  höhern  Hirnzentren  aussenden,  ebenso  wenig  stehen  auch 
ihre  motorische  Elemente  unter  dem  Einflüsse  der  höhern  bewußten  Zentren. 
Die  Mehrheit  der  dem  dorsalen  motorischen  X-Kern  zugeführten  Reize 
entstammt  seinem  eigenen  sensiblen  Kern. 

Diese  Tatsache  erklärt  also  die  Lage  der  motorischen  Eingeweide- 
zentren in  der  direkten  Nähe  der  sensiblen  Zentren  dieser  Teile,  eine  Lage, 
die  sie  bereits  bei  den  niedersten  Vertebraten  einnahmen  und  unverändert 
beibehalten. 

Ln  Gegensatz  zu  diesen  Zentren  sehen  wir  diejenigen  der  gestreiften 
Muskulatur  allmählich  in  der  Phylogenese  ihren  ursprünglichen  Platz  ver- 
lassen und  in  ventrolateraler  Richtung  wandern.  —  Der  erste  Teil  der  nach 
der  Peripherie  verlagert  wird,  ist  der  hintere  Abschnitt  des  ventralen  X- 
Kernes,  dessen  Verlagerung  bereits  bei  den  Reptilien  anfängt  (Herzkern?). 
Bei  den  Vögeln  sehen  wir  dann,  wie  dabei  noch  ein  Teil  des  Vaguskernes 
eine  kleine  Verlagerung  erfährt,  um  den  Nucleus  intermedius  mit  auf- 
zubauen, obschon  erst  bei  den  Säugern  der  Larynxkern  zu  einem  ven- 
tralen Vaguskern  geworden  ist.  Schließlich  kommt  bei  den  Säugern  der 
Glossopharyngeus  auch  ventral  und  schließt  sich  dem,  ihm  funktionell  ver- 
wandten  ventralen  Vaguskern  an. 

Bezüglich  der  letztgenannten  Kerne  sei  zuerst  betont,    daß   ihre  Wan- 


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DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUÜEK.  529 

(lerung    mit    einer  Vergrößerung   oder   feinern    Differenzierung   der   ihnen 
zugehörigen  Muskeln  verbunden  ist. 

Das  gilt  an  erster  Stelle  für  die  Larynxmuskulatur.  —  Einen  total 
ventral  gelagerten  Larynxkern  findet  man  nur  bei  Säugern.  Nur  bei 
Säugern  ist  auch  die  Larynxmuskulatur  so  bedeutend  differenziert  und  aus- 
gebildet, nicht  bei  Vögeln  und  Reptilien,  viel  weniger  bei  Amphibien. 
Abgesehen  von  den  Vögeln  (über  deren  spezielle  Einrichtung  ich  S.  502  ge- 
sprochen habe)  kommt  erhebliche  Lautproduktion  auch  nur  bei  Säugern  vor. 

Und  dasselbe  gilt  für  die  Muskeln  des  Glossopharyngeus :  die  Musku- 
latur von  Pharynx,  Cricothyroideus  und  Velum  palatinuni,  welche  auch  nur 
oder  doch  hauptsächlich  bei  Säugern  zu  bedeutender  Entwicklung  gelangt. 

Aus  dem  Vorhergehenden  geht  deutlich  liervor,  daß  zentrale  Ver- 
änderungen und  periphere  Differenzierungen  miteinander  parallel  gehen, 
gerade  wie  das  beim  Hypoglossuskern  und  der  Hypoglossusniuskulatur 
der  Fall  war,  und  wie  wir  es  bei  dem  Facialiskern  und  dessen  Muskeln 
wiederfinden  werden. 

Die  Frage  ist  nun,  kennen  wir  füj-  den  ventralen  Kern  des  X-  und 
IX-  die  zuführenden  Reflex-oder  höheren  Bahnen  genügend,  um  anzugeben, 
welche  speziellen  Reize  diese  Verlagerung  der  Kerne  hervorrufen  und  in 
welchem  Zusammenhang  diese  mit  der  Weiterentwicklung  der  genannten 
Muskelsysteme  stehen? 

Aus  der  großen  Analogie  der  Lage  des  ventralen  IX-  und  X-Kernes,  welche 
tatsächlich  kontinuell  sind,  muß  man  schließen,  daß  die  Bahnen,  welche  ihre 
Verlagerung  bewirken,  eine  topographische  Übereinstimmung  aufweisen. 

Der  wichtigste  Reflexreiz  der  Pharynx-  und  Larynxmuskulatur  ist 
nun  wohl  die  Tastempfindung  der  entsprechenden  Teile  der  Mund- 
Raclienhühle  und  des  Kehlkopfes.  Davon  sind  uns  außer  der  bei  der  Be- 
sprechung der  Hypoglossusbahnen  erwähnten  „Via  central  del  V-,  VII-  y 
X-"  andere  Reflexbahnen  des  V,  IX  und  X  bekannt,  welche  aus  dem  Grau 
der  deszendierenden  Trigeminuswurzel  entstehen  und,  größtenteils  gekreuzt, 
ihre  Kollateralen  in  den  Atobiguuskern  senden.  Die  ventralere  Lage 
dieser  Reflexbahn  ist  in  völliger  Übereinstimmung  mit  der  ventralen  Lage 
des  Nucleus  ambiguus. 

Kurz  gefaßt,  wenn  wir  die  Verbindungen  ins  Auge  fassen,  finden  wir, 
daß  diese  tatsächlich  der  Hauptsache  nach  dem  ventro-lateralen  Oblongata- 
gebiet,  namentlich  dem  Trigeminus  entstammen. 

Sie  unterscheiden  sich  darin  von  den  Reflexbahnen  des  Hypoglossus- 
kernes,  daß  letztere  nur  die  kurzen  dorsalen  Neuronen  enthalten,  die  mehr 
den  Geschmackszentren  des  VII — IX-Kernes  als  den  Tastzentren  des  V- 
und  IX-Nerven  entstammen.  Der  Unterschied  in  der  Ortsbestimmung  des 
dorsalen  X-Kernes  und  des  XII-Kernes  einerseits  und  des  Nucleus  ambiguus 
andererseits  wäre  somit  hauptsächlich  in  dem  verschiedenen  Verlauf  der 
Geschmacks-  und  Taktilitätsbahnen  zu  suchen,  von  denen  die'  erstem  einen 
dorsalem  Platz  in  der  Oblongata  beibehalten  als  die  letztern. 

KAPPF.ns.  M 


5o0  DAS    MOTOßISCHE    SYSTEM    DRK    SÄUcJER. 

Wären  wir  also  aucli  imstande,  die  ventrale  Lage  der  quergestreiften 
Vekun-,  Pharynx-  und  Larynxkerne  im  Lichte  ihrer  Reflexbahnen  besser 
zu  verstehen,  so  bleibt  uns  vorläufig  doch  die  ventrale  Lage  des  Herzkernes 
bei  den  Säugern  ein  Rätsel. 

Nach  den  rezenten  Untersuchungen  Kosak a 's  ist  der  Herzkern  in  dem 
distalsten  Drittel  des  Nucleus  ambiguus  und  zwar  in  dessen  ventralstem 
Teil  zu  flnden.  Dieser  Abschnitt  verlagerte  sich  bereits  bei  den  Vögeln. 

Es  ist  wunderbar,  daß  von  den  sympathisch  innervierten  Muskeln  das- 
Herz  der  einzige  ist,  dessen  Kern  sich  ventral  verlagert.  Ob  das  mit  Wärme- 
regulierungsbahnen zusammenhängt,  die  bekanntlich  ventrolateral  in  den 
EoiNGEKschen  Fasern  lokalisiert  sind  und  möglicherweise  in  der  Homoio- 
thermie  der  Vögel  und  Säuger  eine  Rolle  spielen?  Ich  verzichte  hier  auf 
einen  Versuch  zur  Erklärung  und  möchte  nur  betonen,  daß  von  einer 
mechanischen  Verlagerung  dieses  Kernteiles  ebenso  wenig  die  Rede  sein 
kann  wie  bei  den  übrigen  Teilen  des  Ambiguus. 

Jetzt  noch  einige  Angaben  über  den  Bau  des  Nucleus  ambiguus. 

Zunächst  sei  erwähnt  dasz  der  Kern  bei  allen  Säugern  vorn  dicker  und 
kompakter  ist  als  hinten,  wo  er  unregelmäßig  in  Umfang  und  lückenhaft  wird. 

Auch  liegt  der  Kern  vorn  meistens  etwas  ventraler  als  hinten,  sodaß 
sein  vorderer  Teil  bei  einigen  Tieren  ganz  den  Eindruck  machen  kann  als 
wäre  es  eine  direkte  Eorsetzung  des  Facialiskernes. 

Nur  bei  den  Primaten  ist  der  Kern  etwas  anders  gebaut.  Nachdem  der 
Kern  dort  frontal  etwas  dicker  geworden  ist,  verschmälert  er  sich  wieder 
und  biegt  anstatt  nach  unten,  nach  oben  um,  wie  es  auch  von  Marburg 
und  Jacobsohn  beschreiben  worden  ist.  Der  ventrale  und  dorsale  Kern 
nähern  sich  also  (Fig.  285).  Was  die  Ursache  der  dorsalen  Umbieguug  der 
vordem  Spitze  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Die  vordere  Spitze  ist  in  Fig.  285  (Homo)  einheitlich  gezeichnet. 
Tatsächlich  endet  sie  in  lockeren  Gruppen. 

Es  ist  ganz  auffallend,  daß  die  Wurzelfasern  des  Nucl.  ambiguus  nicht 
den  kürze.'-ten  Weg  zu  ihrer  Austrittstelle  nehmen,  sondern  erst  nach  oben 
etwa  bis  zu  der  Stelle  ziehen,  wo  der  dorsale  motorische  Vaguskern  liegt 
und  dann  rückläufig  zur  Peripherie  treten. 

Dieser  Umweg  beweist,  daß  die  ventralen  Vaguszellen  von  oben  nach 
unten  gewandert  sind,  wobei  ihre  Achsencylinder  sich  dementsprechend 
verlängern. 

Während  also  —  wie  wir  bereits  bei  den  Vögeln  sahen  —  die  Mehrheit 
der. motorischen  Trigeminuswurzelfasern  bei  höhern  Tieren  ihre  altherkömm- 
liche Verlaufsrichtung  aufgegeben  haben  und  den  kürzesten  Weg,  direkt 
zur  Peripherie  nehmen,  ist  dies  bei  den  Vagusfasern  nicht  der  Fall. 

Vielleicht  ist  dies  der  Tatsache  zuzuschreiben,  daß  der  ganze  Prozeß 
der  Verlagerung  des  Trigeminuskernes  viel  älterer  und  mehr  ausgereift 
ist,  vielleicht  auch  einer  Fixierung  der  Vagus-Wurzelfasern,  wie  es 
(durch   die    DKiTERsbahn    und   den    Abducenskern)   auch  bei  den  Facialis- 


IiAS    NrOTORISCIIE    SYSTEM    DIOR    SÄUGE]{. 


531 


Wurzeliasern  vorkommt,  deren  Kniebildung  eine  allen  Anatomen  seit 
jeher  auffallende  Ersclieinung  ist,  welche  erst  in  letzter  Zeit  durch 
die  Auffindung  der  neurobiotaktischen  Verlagerungen  dieses  Kernes 
erklärt  ist. 

Die  Verlagerungen,  teilweise  durch  neurobiotaktische,  teilweise  durch 
mechanische  Einflüsse,  des  i^aciafekernes  der  Säugetiere  sind  sehr  interessant. 

Ich  werde  mich  in  der  Darstellung  seiner  Verhältnisse,  in  den  ein- 
zelnen Ordnungen  dieser  Klasse  kurz  fassen. 

Der  Facialiskern  der  Monotremen  weist  ein  ganz  anderes  Verhalten 
auf  als  bei  den  übrigen  Säugern. 


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Abducenswurzel 
Fig.  27G.     Dorsaler  Facialiskern  (rechts)  und  ventraler 
Facialiskern  (rechts  iinfl  links)  bei  Echidna. 

Sowohl  bei  Echidna  (Fig.  276)  als  bei  Ornithorhynchus  (Kölliker) 
kommen  zwei  Facialiskerne  vor:  ein  größerer,  der  sich  von  einer  kleinen 
Distanz  vor  der  IX-Wurzel  bis  weit  über  das  frontale  Niveau  der  VII- 
Wurzel  ausdehnt,  etwa  in  <ler  Mitte  des  Oblongata-Diameters  gelegen. 

Der  andere  ist  ein  kleiner  Zellhaufen,  der  sich  oberhalb  der  vordem 
Spitze  des  großen  VII-Kernes  befindet,  sich  etwas  mehr  frontalwärts  aus- 
dehnend als  dieser.  Im  ventrolateralen  Diameter  der  Oblongata  zeigen  diese 
Facialiskerne  eine  Topographie,  die  durch  die  noch  nicht  ganz  ventral 
verschobene  Lage  des  Kernes  sich  als  bedeutend  primitiver  erweist  als 
der  Kern  bei  den  übrigen  Säugern. 


532  DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 

Auch  durch  seine  große  frontale  Ausdehnung  unterscheidet  sich  der 
Facialiskern  dieser  Tiere  von  dem  der  übrigen  Säuger. 

Die  Frage  läßt  sich  stellen,  ob  wir  in  dem  frontalen  Abschnitt  eine 
frontale  Verlagerung  oder  eine  frontale  Ausdehnung  infolge  Vergrößerung 
des  Kernes  zu  sehen  haben.  Da  der  kaudale  Pol  des  Kernes  dieselbe  Lage 
einnimmt  wie  bei  Didelphys  (vergl.  die  Diagramme),  handelt  es  sich  offen- 
bar um  eine  Vergrößerung,  wie  nicht  befremdend  ist. 

Wir  wissen,  daß  die  Facialismuskulatiir,  welche  bei  Reptilien  (und 
Vögeln)  noch  eine  sehr  einfache  ist,  sich  bei  den  Säugern  zu  einem  ganz 
besondern  System  ausbildet.  Die  größte  Veränderung  findet  in  dem  zirku- 
lären Muskels3'stem  statt,  welches  die  Reptilien  (Fig  277)  als  Sphincter 
Colli  erworben  haben.  Dessen  oberflächliche  Schicht  bildet  bei  den  Säugern  das 
Platysma,  welches  teilweise  in  der  Halsregion,  teilweise  am  Kopf  gefunden 
wird  als  Muse,  subcutanecus  Faciei.  Hiervon  differenzieren  sich  weiter  der 
M.  orbicularis  Oculi,  der  M.  quadratus  Labii  inferioris  und  der  M.  mentalis. 
Andere  Teile  der  VH-Muskulatur  verbinden  sich  bei  den  Säugern  mit  der 
Ohrmuschel  und  mit  der  Nase.  Auch  die  tiefere  Schicht  der  Sphinkter- 
inuskulatur  geht  weitere  Differenzierungen  und  Ausbreitungen  ein,  ebenfalls 
in  ^^erbindung  tretend  mit  dem  Mund,  den  Obicularis  Oris,  den  Triangularis 
und  Buccinator  bildend. 

Hieraus  geht  aufs  deutlichste  hervor,  daß  die  ansehnlichen  Verbin- 
dungen mit  dem  Antlitz,  welche  dem  Nerven  den  Namen  eines  Facialis 
verschafften,  erst  bei  den  Säugern  zustande  kommen. 

Diese  Muskeln  sind  von  großer  Bedeutung  für  die  Nahrungsaufnahme  (Lip- 
penmuskeln, und  Buccinator)  und  von  noch  größerer  Bedeutung  für  die  Sinnes- 
organe (Ringmuskeln  des  Auges,  Nasenflügelmuskeln,  undMuskeln  des  äußeren 
und  innern  Ohres:  Stapedius). 

Diese  Differenzierungen,  die  namentlich  wichtig  sind,  um  die  eigentüm- 
liche Lage  des  Facialiskernes  bei  den  Säugern  oberhalb  der  Monotremen  zu 
beleuchten,  sind  bei  den  Monotremen  noch  nicht  alle  vorhanden,  aber  der 
Mangel  an  feinerer  Differenzierung  jener  Muskulatur  bei  Echidna  steht  in 
großem  Kontrast  zu  ihrer  enormen  Ausdehnung  bei  diesem  Tiere. 

Während  einige  Teile  sich  bis  zum  Mund  (Buccinator),  Auge  und  Ohr 
ausdehnen,  erstreckt  sich  das  Platysma  hier  so  weit  nach  hinten,  daß  es 
die  Skelettmuskeln  der  pektoralen  Region  teilweise  bedeckt  und  sich  mit 
der  Muskulatur  der  vordem  Gliedmaßen  vermischt.  Man  nimmt  an,  daß 
dieser  Partie  eine  besondere  Rolle  bei  der  Aufrechtstellung  der  Stacheln 
der  vordem  Körperhälfte  zukommt,  da  ihre  Muskelbündel  sich  bis  an  die 
Stacheln  (Rüge)  verfolgen  lassen. 

Mit  dieser  enormen  Entwicklung  der  VH-Muskulatur  bei  Echidna  steht 
der  Umstand  in  völliger  tjbereinslimmung,  daß  der  Kern  des  siebenten 
Nerven  bei  diesem  Tiere  einen  Umfang  angenommen  hat,  wie  er  sonst 
wohl  nirgends  vorkommt. 

Der  Facialis  spielt  hier  eine  große  Rolle  in  der  Verteidigung. 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    ÜEK    SAUGER. 


533 


Die  Reize,  welche  seine  Reflexe  auslösen,  sind  überwiegend  Reize, 
des  sensiblen  Trigeminus,  der  bei  den  Monotremen  (Fig.  158)  ganz  enorm  ent- 
wickelt ist  und  sich  in  großer  Ausbreitung  über  die  Kopf-  und  Nacken- 
region ausdehnt,  sodaß  die  Facialismu,skulaturregion  von  einer  Haut  bedeckt 
ist,  welche  dem  Trigeminus  angehört. 


Vorderster  Geschmackskern. 


VII  Kern. —  »■i-v'  '.v''' 


Dendriten. 


Hai. 
A 


Facialis-Muskulatur  Hai  (n.  Rüge). 


Facialiskern:  Scylliura  canicula. 


VII-Kern. ■\r' "i 


Eidechse. 


Facialis-Muskulatur  Varan  (n.  Rüge). 


Facialiskerne :  Varanus  Salvator« 


Achaenzyl.—   *    ■^«.ic         ,,    ■/  \ 

VII  Kern. ^*^lMv-~'7=^r^v^>-. 

Facialiskern:  Rodentier  (Mus  museulus). 


Maus. 
C 


Facialis-rauskulatur  Rodentier 
(n.  Parsons). 


Fig.  277.     Phylogenetisches  Verhalten  des  Facialiskernes 
und  der  Facialis-Muskulatur. 

Angesichts  dieser  Tatsache  läßt  es  sich  begreifen,  daß,  gerade  wie  bei 
den  Vögeln  der  VII-Kern  sich  frontalwärts  in  das  Reflexareal  des  Tri- 
geminuskernes  verlagerte,  auch  bei  Echidna  die  Vergröszerung  des  Kernes 
in  dieser  Richtung  stattfindet,  sodaß  er  sich  fast  direkt  dem  kleinen  mo- 
torischen Trigeminuskern  anschließt,  dessen  Funktion  er  außerdem  unter- 
stützt, ja  übernimmt,  weil  diese  Tiere  kaum  kauen,  sondern  die  Nahrung 
(meistens  AVürmer)  zu  sich  nehmen,  indem  sie  sie  in  der  engen  Mundspalte 


534  DAS    MOTOItlSCHE   SYSTEM   DER    SÄUGER. 

aufsaugen,  wobei  dem  vom  Facialis  innervierten  Buccinator  eine  erhebliche 
Rolle  zukommen  dürfte. 

Wir  finden  somit  die  Größe  und  Lage  des  VII-Kernes  dieses  Tieres 
in  auffallendem  Einklang  mit  der  Größe  und  Funktion  seiner  Muskulatur. 
Wie  diese  Funktionen  sich  über  die  beiden  (den  kleinen  dorsalen  und  den 
großen  ventraleren  Kern)  verteilen,  ist  uns  vorläufig  unbekannt. 

Was  den  Facialis-Kern  der  übrigen  Säuger  anbelangt,  so  stimmen 
diese  alle  darin  überein,  daß  er  dort  eine  Lage  (Fig.  277—79)  kaudal  von 
seinem  Wurzeleintritt  einnimmt.  Nur  bei  Anthropomorphen  und  Menschen 
fallen,  durch  die  kaudale  Verlagerung  des  Vll-Wurzeleintrittes  (infolge 
des  Wachstums  der  Brücke),  Wurzeleintritt  und  Kern  etwa  auf  dasselbe 
Niveau  (Fig.  285). 

Die  kaudale  Lage  des  VILKernes  fand  sich  schon  bei  vielen  niederen 
Tieren. 

Wir   finden   hierin    also   ein    Erbteil  unserer  Vorfahren. 

Insofern  muß  diese  Lage  erläutert  werden,  als  man  anzugeben  hat, 
weshalb  sie  bei  den  Säugern,  im  Gegensatz  zu  den  Vögeln,  bliebt. 

Diese  Erklärung  i;-t  eine  leichte,  wenn  wir  daran  denken,  welche 
Faktoren  die  kaudale  ^"erlagerung  ursprünglich  hervorgerufen  haben 
und  sehen,  daß  diese  Faktoren  bei  den  Vögeln  fast  verloren  gegangen 
sind,  aber  bei  den  Säugern  fortbestehen :  die  Entwicklung  eines  großen 
Geschmackskernes   auf   einem  Niveau  weit  hinter  dem  Vll-Wurzeleintritt. 

Denn  genau  wie  bei  Reptilien  und  Fischen  die  sensible  Facialiswurzel 
rückwärts  läuft,  um  erst  auf  dem  Niveau  des  IX.  Wurzeleintrittes  zu  enden, 
wo  sie  mit  den  Geschmacksfasern  des  letztern  den  Geschmackskern  bildet, 
ist  dies  auch  bei  den  Säugern  der  Fall. 

Wir  finden  schon  bei  Säugetierembryonen  die  Anlage  des  motorischen 
VII-Kernes  kaudal  von  seinem  Wurzeleintritt,  sei  es  auch  in  dorsaler 
Lage  (His). 

Später  wird  diese  dorsale  Lage  aufgegeben  und  wandert  der  Kern  ganz 
ventralwärts,  während  nur  ein  kleiner  Teil  seiner  Zellen,  worüber  ich  später 
(S.  537)  mehr  sagen  werde,  weiter  in  dorsaler  Lage  verharrt. 

Der  Hauptkern,  welcher  der  Antlitz-  (und  Stapedius-)Muskulatur  ent- 
spricht, wandert  ventralwärts  und  lagert  sich  bei  den  niedern  Säugern 
(Fig.  278 — 79)   kaudal    (und  etwas  medial)  von   der   obern   Olive. 

Wo  die  Olive  ein  großes  Wachstum  aufweist,  wird  der  Kern  manch- 
mal noch  mehr  nach  hinten  gedrückt,  wie  es  namentlich  bei  Hund  (Fig. 
283),  Katze  und  bei  Phoca  der  Fall  ist. 

Bei  noch  höhern  Säugern  verlagert  er  sich  allmählich,  lateral  von  der 
Olive,  wieder  etwas  frontal wärts.  (\"ergl.  Fig.  285). 

Daß  der  Facialiskern  sich  bei  denjenigen  Tieren,  bei  denen  seine 
Muskulatur  mit  den  Sinnesorganen  (Augenlider,  Nase,  Ohr)  in  Verbindung 
getreten  ist,  ventral  verlagert,  kann  uns  nicht  wundern,  weil  die  Reflex- 
bahnen  dieser   Sinnesorgane   größtenteils  ventral  in  der  Oblongata  liegen. 


DAS    MOTOKISCIIE    SYSTEM    DKR    SÄUGER. 


535 


Die  wichtigsten  Refiexsj'sleme  für  die  Facialismuskulatur  sind  der  sen- 
sible Trigeminus  (der  aucli  seine  Muskelsensibilität  führen  soll)  und  die  Olive. 


..  <.  >Vv    . :  -'. Nu.  V 


-;'^ 

^-^'^ 


f  1  ■  •  ■*       *■ 


Nucleus  Nervi  facial. 


Oliva  Superior. 


Eintrittsniveau 
der  Facialiswurzel. 


Pons. 


Fig.  278.     Facialis-  und  Trigeminuskern  bei  Onycliogale. 


G(--nu  iuf. 

.       > 

^ 

-^^^. 

N.  fac. 

''I'^ 

:«:^ 


-Nu.  V 


Pons. 


Nu.  facialis.  Oliva    Sup 

Fig.  -79.     Facialis-  und  Trigeminnskern  beim  Igel 


Eintrittsniveau 
der  Facialiswurzel. 


Der  erste  Trigeminusast,  welcher  die  Augen-,  Stirn-  und  Nasenhaut- 
region  innerviert  (Fig.  159),  verläuft  in  dem  ventralsten  Drittel  dieser 
Wurzel. 


536  DAS    MOTORISCHE   SYSTEM    DER    SÄUGER 

Es  ist  klar,  daß  der  wichtigste  Reizübermittler  der  Kopfhaut  zur 
Facialismuskulatur  dieser  erste  Ast  ist,  der  nahe  am  Boden  der  Oblongata 
verläuft. 

Dabei  hat  Cajal  gefunden,  daß  auch  die  Olivenzellen  eine  Reihe  von 
kurzen  Reflexneuronen  zu  dem  motorischen  Facialiskern  senden.  Bei  dem 
Einflüsse  des  Hörens  auf  den  Stapedius  und  die  Orhmuschel  (Pferde,  Ves- 
perugo,  etc.)  ist  also  auch  Annäherung  dieses  Kernes  zur  oberen  Olive  zu 
erwarten  (Fig.  278  und  279). 

Es  ist  nicht  auszuschließen,  daß  auch  die  Entwiekhmg  der  Facialispyramide 
auf  die  ventrale  Lage  dieses  Kernes  einen  Einfluß  ausübt.  Immerhin  ist  es,  nament- 
lich nach  den  Untersuchungen  von  Toyofuku  bewiesen,  daß  das  Ausbleiben  dieses 
Einflusses  nicht  genügt,  die  ventrale  Verlagerung  dieses  Kernes  zu  hemmen,  denn 
bei  menschlichen  Mißbildungen  ohne  Facialispyramide,  aber  mit  gut  erhaltener 
Olive  un.l  Trigeminus,  war  der  Kern  doch  ventral  gewandert.  H.  Vogt  hat  dagegen 
in  zwei  Fällen,  wo  sowohl  die  Pyramide  nicht  angelegt  war  als  auch  die  übrigen 
reflektorischen  Gebilde  der  Oblongata,  nämlich  die  obere  Olive,  verkümmert  waren, 
ein  teil  weises  Ausbleiben  der  ventralen  Verlagerung  konstatieren  können. 

Daß  übrigens  der  Einfluß  der  niedern  Reflexsysteme  ein  bedeutend  größerer 
ist,  geht  auch  bereits  aus  der  normalen  Anatomie  des  Facialiskernes  bei  den  höhern 
iSäugern,  nämlich  bei  den   Anthropomorphen,   Aften  und  dem   Menschen  hervor. 

Wie  bereits  oben  angegeben-  wurde,  verlagert  sich  der  Facialiskern  bei  den 
höchsten  Tieren  und  dem  Menschen  von  der  hintern  Seite  der  Olive  zur  lateralen. 
Durch  diese  Verlagerung  entfernt  er  sich  eben  von  den  nahe  der  ventralen  Mit- 
tellinie der  Oblongata  emporstrebend  verlaufenden  und  schmiegt  sich  der  deszen- 
dierenden Trigeminuswurzel  näher  an,  zwischen  welcher  und  der  obern  Olive 
er  dann  liegt.  Dann  schiebt  er  sich  auch  wieder  weiter  frontalwärts.  Sowohl  die 
ventrale  als  die  laterale  Verlagerung  an  der  Stelle  zwischen  deszendierender  V-Wurzel 
und  der  Olive,  als  auch  die  neue  frontale  Verschiebung  sprechen  alle  für  den 
überwiegenden  neurobiotaktischen  Einfluß  der  erstgenanuten  Eeflexsysteme  auf  den 
Facialiskern. 

In  Hinsicht  auf  die  Zellgruppierungen,  welche  der  ventrale  Facialis- 
kern der  Säugetiere  bei  den  verschiedenen  (Ordnungen  dieser  Klasse  auf- 
weist, möchte  ich  auf  die  Untersuchungen  hinweisen,  welche  Yagita  über 
den  Ursprung  der  einzelnen  Muskeln  dieser  Nerven  innerhalb  des  Kernes 
angestellt  hat,  welche  bekanntlich  bereits  von  Van  Gehuchten  und  von 
Marinesco  u.  a.  inauguriert  waren. 

Yagita  fand,  daß  der  Kern  mit  Ausnahme  seiner  distalen  und  proxi- 
malen Pole  eine  deutliche  Einteilung  in  eine  dorsale  und  eine  ventrale 
Abteilung  aufweist.  Nur  beim  Menschen  ist  die  dorsale  Abteilung  die 
größere,  bei  den  Tieren  die  ventrale.  In  seinem  mittlem  Abschnitt  weist 
der  Kern  noch  eine  intermediäre  Gruppe  auf,  die  beim  Menschen  nur 
schwach  entwickelt  ist  und  beim  Kaninchen  mit  der  ventralen  Abteilung 
verschmilzt.  Die  dorsale  Abteilung  entsendet  den  oberen  Facialisast,  die 
intermediäre  die  Ohrenäste  und  die  untere  Abteilung  den  unteren  Facialisast. 

Es  ist  namentlich  klinisch  wichtig,  zu  wissen,  daß  —  wie  Yagita  in  Über- 
einstimmung mit  den  meisten  übrigen  Autoren  gefunden  hat  —  der  obere  Facialisast 
aus  dem  dorsolateralen  (Hund)  bezw.  aus  dem  dorsalen  Abschnitt  (Kaninchen)  entsteht. 


DAS    MOTORISCHE   SYSTEM   DEK   SÄUGER.  Ool 

Die  Äste,  welche  die  äußern  Ohrmuskeln  innervieren,  entspringen  beim 
Hunde  aus  dem  lateralen  Abschnitt  der  intermediären  Abteilung,  beim  Kaninchen 
mit  großer  Wahrscheinlichkeit  ans  der  medialen  Ventralgruppe.  Eine  Lokalisation 
für  den  Muse,  stapedius  erwähnt  er  nicht.  Er  fand  aber,  daß  bei  Ausreißung  der 
Vll-Wurzel  aus  dem  Eoramen  styloinastoideum  die  vordere  Spitze  des  VII-Kerues 
keine  Degeneration  aufwies.  Dies  kann  auf  einem  Intaktbleiben  des  Stapediusastes 
beruhen. 

Beim  Hunde  bildet  die  ventrale  Kernabteilung  das  Zentrum  des  untern 
Facialisastes,  in  dem  Sinne,  daß  der  mediale  Teil  davon  den  N.  subcutaneus  Colli 
superior  abgibt,  während  die  mittlere  und  laterale  Ventralgruppe  zum  Muiidfacialis 
in  Beziehung  steht. 


Noch     bleiben    2 

und     eine     hintere. 

Der  dorsale  VII- 
Kern  von  Phoca,  Pho- 
caena  und  Mensch 
(Fig.  280)  hat  in 
Bezug  auf  den  übri- 
gen VII-Kern  eine 
ähnliche    Lage     wie 

der     dorsale     VII- 
Kern   von    Echidna, 
d.  h.  er  liegt  auf  dem 

vordem  Niveau  des 
Kernes  und  wurde 
deshalb  früher  von 
Pacetti  und  andern 
als  ein  ventral  ge- 
bliebener   Rest    des 

Abducenskernes  be- 
trachtet, was  durch 
sein  Erhaltenbleiben 
bei  Abducenswurzel- 
Degeneration(v.VAi.- 
kenbukg)  als  unrich- 
tig bewiesen  ist. 


wei    dorsale    Zellgruppen    zu    erwähnen :    eine    vordere 


Nu.  abd.' 


N.  abd.— i» 


Ql.Sup. 


Dorsaler  und  ventraler  Facialiskern 
beim  Menschen. 


Fig.  280. 

Die      Entwick- 
lung dieses  dorsalen 

VII-Kernes  des  Menschen  wurde  von  Van  Valkenburg  bei  verschiedenen 
menschlichen  Fötussen  verfolgt. 

Seine  Lage  läßt  uns  vermuten,  dali  er  ähnlich,  wie  die  gleich  zu 
erwähnende  kaudaleren  dorsalen  Facialis-Kernreste  (s.  u.)  eine  sympathische 
Funktion  iiat. 

Die  frontale  Lage  dieses  Kernteiles  spricht  nicht  dafür,  tlaß  wir  hierin 


538 


DAS    MIJTOKISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 


Nu.  Deiters. 

Nu.  sal.  VII 


Nu.  sal.VII. 


Fig.  281.     Facialis-Speichelzentrum  beim  Hunde,  n. 
Yagita  und  H.wama. 


Nu.  Sal. 
post.  (IX) 


Fig.  282.     Glossopharyngeus-Speiclielzentruin 
beim  Hunde,  n.  Yagit.\ 


DAS    .MOTORISCHE   SYSTEM    DER    SÄUGER.  539 

ein  Speichselsekretionszentrnm  sehen  müssen,  weil  das  Geschmackszentrum 
viel  kaudaler  liegt.  Yagita  hat  aber  neuerdings  nachweisen  können,  daß  die 
in  ihm  entstehenden  zentrifugalen  Fasern  im  Ganglion  s])lieno-palatinum 
enden  (durch  den  N.  petros.  sup.  maj.),  sodaß  seine  Funktion  jedenfalls 
zusammenhängt  mit  einer  der  Funktionen  dieses  s^ympathischen  Ganglions 
(Fig.    100    Sph.   p.),    wahrscheinlich    mit  sympathischen  Gaumensegelästen. 

Von  den  kaudalen  dorsalen  Facialiszellen  des  Hundes  haben  wir  durch 
die  eingehenden  Untersuchungen  desselben  Forschers  und  Hayama  mehr 
Sicherheit.  Die  Verbindungen,  welche  dieser  Kern  aufweist,  sprechen  sehr 
stark  für  den  neurobiotaktischen  Einfluß  der  Reize  auf  ihre  Lage  (Fig.  281). 

Diese  Autoren  haben  nämlich  gezeigt,  daß  der  motorische  Kern  des- 
jenigen Facialisteiles,  welcher  die  speichselsekretorischen  Fasern  der  Chorda 
Tympani  (Gl.  submaxillaris  und  Gl.  subungualis)  enthält,  nicht  in  dem 
ventralen  Facialiskern  gelegen  ist  i),  sondern  in  dieser  Gruppe  von  dorsaler 
liegenden  Zellen,  die  größtenteils  in  der  Nähe  des  sensiblen  Facialiskernes, 
teilweise  an  der  deszendierenden  V-\Vurzel  entlang  gelegen  sind. 

Eis  ist  nicht  befremdend,  daß  diese  hauptsächlich  durch  sensible  Syra- 
pathicusfasern  reflectorisch  beeinflußten  Nervenzellen  die  ursprüngliche 
mehr  dorsale  Lage  in  der  Nähe  der  sensiblen  Kerne  beibehalten.  Die 
Auswanderung  einiger  dieser  Zellen  an  dem  Grau  der  deszendierenden  V- 
Wurzel  entlang  stimmt  mit  den  Gesetzen  der  Neurobiotaxis  überein,  d.h.  mit 
der  Tatsache,  daß  die  obern  zwei  Drittel  der  deszendierenden  Trigeminus- 
wurzel  die  Mund-  und  Kieferäste  dieses  Nerven  führen  und  oft  von 
sekundären  Geschmacksneuronen  begleitet  werden.  (Fig.  228). 

Das  primitive  Verhalten  des  Facialis-Speichelzentrums  in  der  Nähe 
des  sensiblen  Geschmackszentrums  zeigt  eine  noch  größere  Ähnlichkeit  mit 
dem  primitiven  Verhalten  des  Facialiskernes,  weil  nach  den  Untersuchun- 
gen der  genannten  Autoren  bei  Säugern  das  Vll-Speichelzentrum  fost  eirie 
Gruppe  mit  dem  Glossopharyngeusspeichelzentrum  (N.tympanicus:  Gl. parotis) 
darstellt.  Dessen  Zellen  bilden  (Fig.  282)  die  kaudale  Fortsetzung  des  VII- 
Speichelzentrums  und  dehnen  sich  nach  hinten  bis  auf  das  transversale 
Niveau  der  vordem  Ambiguusspitze  aus,  wie  es  in  dem  Diagramm  von 
Canis  angegeben  ist  (Fig.  283). 

Schließlich  möclite  ich  hier  dem  N'erlauf  und  namentlich  der  Austritt- 
stelle der  VII- Wurzel  einige  Worte  widmen.  Daß  der  eigentümliche  knie- 
förmige  Verlauf  der  Facialiswurzel  der  phylogenetischen  und  ontogenetischen 
Verlagerung  ihres  Kernes  entspricht,  ist  ohne  weiteres  klar.  —  Dabei  dient 
der  Abducenskern,  der  in  seinem  vordem  Knie  liegt,  manchmal  als  Fixier- 
punkt, nicht  als  Ursache  des  Knies,  wie  leicht  dadurch  bewiesen  werden 
kann,  daß  das  vordere  Knie  der  Vll-Wurzel  sich  auch  dort  findet,  wo  der 
VI-Kern  ventral  liegt  (Teleostier),  oder  fehlt  (Talpa)  Bei  manchen  niedern 


')  Dies  ging  schon  aus  zwei  klinischen  Beobachtungen  Köster's  hervor.  Aich.  f.  l;lin. 
Med.  Bnil.  48. 


540 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 


Tieren  wird  das  vordere  Knie  nicht  von  dem  VI-Kern,  sondern  von  den 
Fibrae  arcuatae  dorsales  des  Oetavusgebietes  fixiert  und  bei  Talpa  (wo  der 
Abducenskern  ganz  fehlt)  besteht  das  Knie  auch  (und  zwar  an  derselben 
Stelle)  und  wird  fixiert  vom  Deitersbündel. 

Es  gibt  noch  eine  Knickung  der  Facialis wurzel,  die  im  Gegensatz  zu 
dem  dorsal  liegenden  Knie  als  Genu  inferius  s.  ventrale  zu  bezeichnen  wäre. 

Dieses  Genu  inferius  (Fig.  287)  kommt  nur  bei  Tieren  vor,  welche 
einen  großen  Trigeminuskern  haben  und  bei  denen  überdies  der  Facialis- 
wurzelaustritt  (durch  starke  Entwicklung  des  Corpus  trapezoides)  nach 
vorn  gedrängt  ist.  Der  V-Kern  oder  die  ihn  direkt  umgebenden  retikulären 


Fis.  283.     Hund. 


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Fig.  284.     Niederer  Affe  (Oedipomidas) 


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Fig.  285.     Mensch. 

Diagrammatische  Darstellung  des  topographischen  Verhaltens  der  motorischen  Wurzelnund  Kerne  beim  Hunde, 

Allen  und  Mensclien  (mit  einem  Nu.  IV  posterior).  Der  ventrale  X  Kern  dehnt 

sich  etwas  weiter  nach  hinten  aus  als  hier  angegeben  ist. 

Zellen  üben  dann  einen  kandalen  Druck  auf  die  Vll-Wurzel,  etwa  in  der 
Mitte  iln-es  austretenden  Schenkels,  aus.  Dieses  Knie  ist  namentlich  bei 
Katze  und  Hund,  aber  auch  beim  Pferde  sehr  deutlich. 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SAUGER. 


041, 


Die  hintere  Grenze  der  hierdurch  entstehenden  kaiidalen  Konvexität  der  Wurzel 
ist  in  Fig.  283  durch  einen  dicken  vertikalen  Strich,  etwa  in  der  Mitte  der  Oblongata, 
hinter  dem  Niveau  des  Vll-Wurzeleintrittes,  augegeben.  Man  sieht  deutlich,  daß 
diese    Linie    beim    des    Hunde  weit  kaudal  vom  Facialiswurzeleiiitrittsuiveau  liegt. 

Bei  den  anthropomorphen  Affen  und  dem  Menschen  di-;ingt  die  kaudale 
Vergrößerung  der  Brücke  den  \'II-Wurzelaustritt  kandalwärts  (vergleiche 
die  Diagramme  von  Hund  und  Mensch:  Fig.  283,  285  und  S.  546),  und 
verschwindet  das  Genu  inferius. 


H'i-H-H 


X^ 


IX 


Schild- 
kröte. 


-mL 


Wüsten- 
eidechse. 


TP. 

Fig.  286.     Topographisches  Verhalten  des  Abducens  Kernes  und  dessen  Wurzelbündel, 

in  Bezug  auf  den  Trigeminus-,  Facialis-  und  Glossopharyngeus-Wurzelaustritt 

in  der  Reihe  der  Wirbeltiere. 

Bezüghch  des  Abducenskernes  der  Säugetiere  kann  ich  mich  kurz  fassen, 
da  dieser  Kern  seine  Hauptveränderungen  bereits  unterhalb  der  Klasse 
der  Mammalier  aufweist  (Fig.  286). 

Wir  haben  gesehen,  daß  der  Kern  bei  den  Zyklostomen  in  der  ein- 
heitlichen Zellsäule  des  V-  und  VH-Kernes  und  bei  den  Haien  zwischen 
VH-  und  IX-Wurzel  in  einer  dorsalen  Ebene  liegt,  während  er  bei  Knochen- 


Mensch. 


542  DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 

tischen  in  zwei  ventralen  Gruppen  vorkommt,  von  denen  die  vordere 
auf  einem  etwas  frontaleren  Niveau  gelegen  ist. 

Dann  haben  wir  gefunden,  daß  der  Kern  beim  Frosch  wieder  eine 
ähnliche  Lage  hat  wie  bei  den  Haien,  d.  h.  daß  er  weit  hinter  dem  Vll-Wurzel- 
eintritt  bleibt,  zwischen  dessen  Niveau  und  demjenigen  der  IX-Wurzel.  Bei 
den  Reptilien  findet  dann  die  Weiterentwicklung  statt,  welche  zu  dem  Typus 
der  höhern  Tiere  führt  und  sich  darin  offenbart,  daß  der  VI- Kern  bei 
A  lüg ator  und  Schildkröte  bereits  eine  Ausdehnung  nach  vorn  erlangt,  sodaß 
er  sich  bis  zu  dem  Niveau  der  Vll-Wurzel  erstreckt.  Immerhin  bleibt  sein 
kaudaler  Abschnitt  hier  noch  nahe  dem  Niveau  der  IX-Wurzel  (Fig.  286). 

Gleichzeitig  mit  dieser  Verlagerung  der  frontalen  Spitze  des  VI-Kernes 
nach  vorwärts  sieht  man  einen  Teil  seiner  Wurzeln  eine  mehr  frontale 
Lage  einnehmen. 

Bei  Schlangen  und  Eidechsen  geht  dieser  Prozeß  weiter,  während  bei 
der  Boa  der  Kaudalpol  des  Kernes  sich  auch  frontal  verlagert  und  sich 
weit  vom  IX  entfernt.  Bei  den  Eidechsen  liegt  der  ganze  Kern  mehr  frontal, 
etwa  mit  seinem  Zentrum  auf  dem  VII- Wurzelniveau.  Bei  diesen  Tieren 
haben  sich  auch  die  Wurzeln  sich  noch  weiter  frontal  verlagert,  und  ist 
der  Abducens  tatsächlich  der  6.  Nerv  geworden,  d.  h.  er  tritt  ganz  frontal 
von  der  Vll-Wurzel  aus. 

Ähnliche,  Zustände  fanden  wir  bei  den  Vögeln. 

Daß  bei  den  ausgewachsenen  Säugern  der  VI  auch  wirklich  etwas 
frontal  vom  VII-Austritt  und  sein  Kern  in  ähnlicher  frontaler  Lage  vor- 
kommt wie  bei  Eidechsen  und  Vögeln,  brauche  ich  nicht  zu  betonen. 
Er   hat   eben   der   Säugeranatomie   seinen   Namen   als  6.  Nerv  zu  danken. 

Einige  ontogenetisehe  Tatsachen  will  ich  hier  anführen  zum  Beweise  dafür, 
daß  der  interressante  Prozeß  der  Wanderung,  welchen  der  Kern  während  der 
Phylogenese  aufweist,  sich  ontogeuetisch  bei  Säugern  wiederholt. 

Bei  Embryonen  findet  man  die  frontale  Verschiebung  wieder,  wie  von  Steketkr 
dargelegt  ist. 

Bei  menschlichen  und  tierischen  Embryonen  kann  mau  in  einem  jungen 
Stadium  (Mensch  von  10  mm)  auf  dem  Boden  des  4.  Ventrikels  eine  Einteilung 
durch   Grübchen  wahrnemen,  die  anscheinend  eine  neuromere   Bedeutung  haben. 

Nennt  man  mit  Stkeeteb  diese  Grübchen  a,  b,  c,  d,  e  und/,  dann  entsprechen 
die  Grübchen  a  und  h  dem  V,  e  dem  VII,  A  dem  VI,  e  dem  IX  und  /  dem  X 
Nerven. 

Bei  jungen  Embryonen  findet  man  den  VI-Kern  und  Wurzel  also  unter  dem 
Grübchen  rf,  ja  sogar  wohl  einmal  teilweise  unter  dem  Grübchen  e  (IX).  Dies 
entspricht  einer  Lage  hinter  dem  VII  (c),  ja  sogar  teilweise  auf  dem  IX-Niveau, 
wie  ich  es  phylogenetisch  bei  niedern  Tieren  fand. 

Bei  fortsehi-eitender  Entwicklung  aber  verschiebt  sich  der  Abducenskern  frou- 
talwärts  und  gelangt  er  auf  das  Niveau  der  VII  Wurzel,  deren  Kern  gerade  umge- 
kehrt, nämlich  kaudalwärts  (zu  gleicher  Zeit  ventrokteralwärts)  wandert.  Auch 
die  Wahrnehmungen  Beemers's  und  Elze's  sind  interessant  in  dieser  Hinsicht, 
weil  diese  Untersucher  fanden,  daß  bei  jungen  Embryonen  der  Abducens  nicht 
selten  eine  Eeihe  von  Würzelchen  und  eine  entsprechende  kaudalwärts  gerichtete 
Verlängerung    seines    Ursprungskernes    bis    zur    Eegion    des     5     Neuromers    des 


DAS    >rOTORISCHK    SYSTEM    DEK    SAUGER. 


543 


lihombeuzephalon  zeigt.  Dies  sind  öfters  aberrante  Würzelchen,  die  ihre  End- 
stelle, den  Muskel,  nicht  erreichen,  sondern  sich  in  dem  lockern  Mesenehym 
verlieren. 

Dies  will  also  besagen,  daß  ebenso  wie  der  Kern  sich  kaudaler  anlegt,  auch 
kaudaler  angelegte  Wiirzelchen  vorkommen,  wie  man  es  entsprechend  der  Phylogenie 
erwarten  konnte  und  wie  es  auch  von  Caepexter  und  Belooolowt  für  die  Vögel 
gezeigt  wurde. 

Man  findet  somit  in  der  Ontogenie  Wiederholungen  der  in  meiner  phylo- 
genetischen Darstellung  gegebeneu  Erscheinungen. 

Nur  bei  wenigen  Säugern  (Carnivoren  und  Phocaena)  findet  man  den 
Abducenskern  noch   medial   neben   dem  zentralen  Längsbundel  (Fig.  287). 


Stria  Mon. 
und  Deiters  Tr. 


Hör.  VII  Würz. 


Hinterpol  des 

mot.  V  Kerir^ 

mit  Genuinf.' 

des  vn. 


I 


-Nu.  VI 


■  R.  VI 


Fig.  287.     Lage  des  Abducenskernes  bei  der  Katze, 

neben  dem  Fase.  long,  centr.  unter  der 

horizontalen  Facialiswurzel. 


Meistens  unterscheidet  sich  der  VI-Kern  der  Säugetiere  insofern  von 
dem  der  Vögel,  daß  seine  Zellen  nicht  mehr  so  dicht  neben  dem  zen- 
tralen Längsbündel  liegen,  .sondern  mehr  dorsolateralwärts  wandern. 

Die  Zellen  liegen  demzufolge  nicht  mehr  wnter  dem  horizontalen 
Schenkel  der  VII- Wurzel,  sondern  zu  einem  nicht  geringen  Teil  lateral 
oder  sogar  dorsolateral  davon,  viel  näher  dem  Ventrikelboden,  wie  es 
namentlich  Kaninchen,  Pferd  und  Mensch  zeigen  (Fig.  288  und  280). 
Diese  Verlagerung  findet  auch  ihren  Ausdruck  in  einer  latero-dorsalen 
Bucht,  welche  die  VI- Wurzel  dort  macht. 

Die  latero-dorsale  Verlagerung  des  Abducenskernes  bei  manchen  Säu- 
gern weist  auf  die  innigeren  Verbindungen,  welche  sich  bei  diesen  Tieren 


544 


DAS    MOTORISCHE   SYSTEM   DER   SAUGER. 


mit   dem   gleichseitigen   Deiterskern    und    dem    Nucleus    triangularis    oder 
principalis  Vestibuli  bilden. 

FusE  (1912)  hat  augegebeu,  daß  der  VI-Kern  in  einen  Ventrikelboden-  und 
einen  Eetikularisteil  getrennt  werden  kann.  Der  erstgenannte  Teil,  der  mehr  dorso- 
lateral,  neben  dem  Faeialis-Knie  liegt,  enthält  hauptsächlich  Zellen  von  gemischter 
Größe.  Der  zweite  Teil  aber,  der  Hauptkern,  enthält  große  Zellen. 

Es  zeigen  sich  nun  Modifikatinnen  in  diesem  Komplex,  in  dem  Sinne,  daß 
sich  z.  B.  bei  Hund  und  Katze  die  großen  Hauptzellen  fast  nur  unterhalb  des 
VII-Knies  in  dem  Eetikularteil  finden,  doch  bei  Kaninchen,  Ziege  und  Macacus 
in    dem   Ventrikelbodenteil,    lateral    vom  VIl-Knie. 

Die  kleinen  und  mittelgroßen  Zellen,  welche  von  Fuse  zum  Abducens-  Kern 
gerechnet  werden,  geben  aber  nach  seinen  eigenen  Expei-imenten  keine  Abducens- 


F;r 


K 


Hör.  Nu.      ' 

VII  Würz.       triaiig.  VIII 


-v/- 


.■•  ---.v. 


/♦  .■;^^ 


'  Nu.  Deiters. 


I     I      <.     J^  Nu.  VI 


•^  R.  VI 


r>r'\ 


Fig.  288.     Lage  des  .\bducensUernes  des  Kaninchens  neben  der  horiz.  VII  Wuizel 

von  dem  Fase.  long.  post.  entfernt  in  der  Richtung  des  Nu.  Deitkrs 

und  des  Nu.  triangularis  Vestibularis. 


wurzeln  ab,  ja  der  genannte  Ventrikelbodenteil  kommt  sogar  bei  dem  Maulwurf  vor, 
„dem",  wie  Fuse  selber  betont,  „der  Nervus  abducens  vollständig  fehlt".  —  Seine 
Angabe  läuft  also  darauf  hinaus,  daß  der  wirkliche  Abducenswurzelkern  (sein 
Hauptkern)  bei  Hund  und  Katze  mehr  unter  dem  VII  liegt  in  der  Substantia 
reticularis  dorsalis,  neben  dem  Längsbündel,  daß  er  aber  bei  Kaninchen, 
Ziege  und  Macacus  (also  ein  Rodentier,  ein  Ungulat  und  ein  Primat)  zu  einem 
nicht  geringen  Teil  lateral  vom  VIl-Knie  liege,  wie  von  mir  bereits  1910  erwähnt  wurde. 

Daß  tatsächlich  die  kleinen  und  die  mittelgroßen  Zellen  des  Abducenskernes 
nicht  Wurzelzellen  sind,  dafür  sprechen  auch  Wurzeldurchsclineidungsversuche. 

Übrigens  geht  man  m.  E.  zu  weit,  wenn  man  die  Elemente,  welche  keine 
wirklichen  Wurzeleleraente  sind,  als  Abducenskern  erwähnt  und  so  dem  Maul- 
wurf einen  Abducens-Kern  zuschreibt. 

Daß  sich  vielen  Kernen  der  Oblongata  während  der  Ph_ylogenese  kleinere 


DAS    MOTORISCHK    SYSTKM    DICR    SAlHIKi;. 


545 


Elemente  aus  der  Umgebung  hinzugesellen,  habe  ich  bereits  betont  (auch 
bei  den  retikulären  großzelligen  Kernen  der  Oblongata  ist  es  der  Fall,  van 
Hoevell;  vergl.  auch  S.  519). 

Der  Trigemiiiuskern  der  verschiedenen  Säuger  bietet  keine  prinzipiellen 
Unterschiede    bei    den    verschiedenen    Repräsentanten  dieser  Klasse. 

Bei  fast  allen  Säugern,  namentlich  aber  bei  den  hölieren,  unter- 
scheidet sich  der  V-Kern  von  demjenigen  der  ^'ögel  und  demjenigen  der 
Reptilien  durch  einen  viel  größern  Gehalt  an  kleinen  und  mittelgroßen 
Zellen,  welche  den  Kern  umgeben  und  in  ihn  hinein  zerstreut  liegen. 
Namentlich  an  dem  Hinterpole  des  Kernes  ist  dieser  Zusatz  von  nicht  als 
Wurzelzellen  zu  betrachtenden  Elementen  sehr  groß. 

Bei  Monotremen,  wo  der   Kern    vielleicht    etwas   dorsaler  liegt,    ist  er 
nur    klein,    in     Übereinstimmung    mit    der    von     Gegenbaur    erwähnten 
Tatsache,    daß   das    Muskelsystem    des  V   hier   noch    wenig   entwickelt  ist, 
nämlich  der  M.  masseter  und  der 
M.  temporalis.    Bekanntlich   hat 
Echidna  auch  keine  Zähne  und 
kaut  sie  ihre  Nahrung  nicht. 

Die  größte  Ausdehnung  er- 
reicht der  Kern  bei  den  Kar- 
nivoren,  nämlich  bei  Phoca  und 
Canis;  aber  auch  beim  Pferde, 
ist  der  Kern  sehr  stark  ent- 
wickelt (Fig.  289  A). 

Frontal-  oder  kaudalwärts 
verschiebt  sich  der  Kern  nicht 
erheblich  bei  den  Säugern.  Nur 
bei  Echidna  liegt  er  frontaler, 
was  zweifellos  eine  Folge  der 
enormen  frontalen  Ausdehnung 
der  sensiblen  V-Wurzel  ist,  welche  seine  Lage  bestimmt.  Namentlich  der 
obere  und  mittlere  Teil  dieser  Wurzel,  welcher  die  Kiefer-  und  Mund- 
sensibilität beherrscht,  hat  auf  seine  Topographie  Einfluß  (vergl.  Fig.  289  B). 

Daß  der  Kern  nicht  ganz  auf  dem  Niveau  des  frontalen  sensiblen  V- 
Kernes  liegt,  sondern  frontalwärts  darüber  hinausragt,  hängt  vielleicht  damit 
zusammen,  daß  er  so  viele  Axonen  (also  Reize)  von  der  mesenzephalischen 
V-Wurzel  empfängt  (Willems;  S.  343). 

Bei  einigen  Säugern  (Fig.  289  B)  zeigen  sich  in  direkter  Nähe  des 
Nucleus  masticatorius  die  Zellen  der  sensiblen  mesenzephalen  Quintus- 
wurzel,  durch  ihre  Birnform  gekennzeichnet  (siehe  das  Kapitel  über  die 
Branchialnerven,  S.  342). 

Der  motorische  Wurzeleintritt,  ursprünglich  ziemlich  frontal,  wird  bei 
höhern  Tieren  durch  das  Wachstum  der  Brücke  rückwärts  verlagert,  sodaß 
der  motorische  V-Wurzelaustritt  sich  mehr  und  mehr  dem  Vll-Wurzelaus- 

K\PPERS.  '"^ä 


/?.C  ^na 


/nr 


Of  iv/. 


Fig.  289  A. 


tt-irlZK 


Trigerainus  Kern  des  Pferdes, 
nach  V.  Horveli,. 


546 


PAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 


tritt    nähert.    Dies   geht   aber   nur   bis   zu    einer   gewissen    Grenze,    wo   die 
Wurzel  anfängt,  eben  durch  die  Brücke  hindurch  auszutreten. 

Etwa  von  diesem  Stadium  an  wird  dann  die  VII- Wurzel  durch  den  weiter 
kaudalwärts  sich  au.sdehnenden  hintern  Brückenrand  nach  hinten  gedrängt,  wie  ich 
oben  bei  der  Besprechung  dieses  Nerven  erwähnt  habe.  Infolgedessen  wird  die 
Distanz  zwischen  V-  und  Vll-Wurzelaustritt   bei  den   Primaten  wieder  recht  groß. 

Die  Ontogenie  des  V-Kernes,  welche  von  Van  Valkenburg  beim 
Menschen    studiert   wurde,  zeigt  interessante  Anklänge  an  die  Phylogenie. 

Cereb.  Nu.  nies  V  Nu   sens.  front.  V 


äg§^«4VS^- 


R.  niot.  V 


Nu.  niot.  V 


Nu.  ret  sup. 

Fig.  289  B.     Der  mesenzephale,  der  frontale  sensible  und 
der  motorische  Trigeminuskern  beim  Kaninchen. 


Gerade  so,  wie  der  Kern  phylogenetisch  dorsal  entsteht,  entsteht  er 
auch  ontogenetisch  dorsal  und  verlagert  er  sich  erst  allmählich  in  ventro- 
lateraler  Richtung.  Interessant  ist  dabei,  daß  die  hintern  Zellen  zuerst 
ventralwärts  wanderen,  während  die  vordem  bei  Säugerembryonen  noch 
eine  Zeitlang  einen  dorsaleren  Platz  beibehalten. 

Interessant  ist  auch  der  Befund  Van  Valkenbuhg's,  der  bei  einem  mensch- 
lichen Fötus  hinter  der  Hauptmasse  des  Trigeminuskernes  einen  kleinern  davon 
getrennten  Kern  fand,  der  sieh  später  wieder  mit  dem  Hauptkern  vereinigte.  Wir 
finden,  wie  ich  bei  den  Fischen  und  Reptilien  (Alligator)  betont  habe,  auch  dort 
nicht  selten  eine  Absplitterung  des  hintern  Abschnittes.  Dort  ist  es  derjenige  Teil 
des  Kernes,  welcher  zuerst  die  ventrale  Wanderung  anfängt.  Ob  der  Isolierung 
des  erwähnten  Nueleus  trigemini  posterior  Van  Valkenbuhg's  eine  ähnliche  Be- 
deutung zukommt,  ist  vorläufig  nicht  entschieden. 

Die  vordem  Augenmuskelkenie  der  Säuger  haben  manche  gemeinsame 
Kennzeichen. 


DAS    MOTORISCHE   SYSTE^[    DEK    SÄUGER. 


547 


Der  Trochleariskern  der  Säuger  liegt  unterhalb  des  Ventrikels  auf  dem 
zentralen  Längsbündel  und  seitlich  davon,  teilweise  darin  eingelagert. 

Nur  beim  Pferd  fand  Vermeulen,  wie  Tsüchida,  eine  ventrale  Lage 
dieses  Kernes  (Fig.  291)  in  Bezug  auf  das  Längsbündel. 

Bezüglich  der  Anschmiegung  von  kleinern  retikulären  Elementen  an 
den  Trochleariskern,  wie  es  in  der  Nähe  des  Hypoglossnskernes  und  beim 
Abducen.s-  und  Trigeminuskern  so  deutlich  ist,  sei  erwähnt,  daß  diese 
Elemente  auch  hier  reichlich  vorhanden  sind  und  vielleicht  auch  teilweise 
in  dem  Kern  vorkommen. 

Auch  oberhalb  des  Kernes,  neben  der  ventralen  Spalte  des  Aquäduk- 
tes sammelt  sich  hier  eine  Anzahl  kleinerer  Höhlengran-Elemente  an, 
welche  aber  keine  Verschmelzung   mit    dem  Trochleariskern  zeigen,  mehr 

auf  einer  Distanz  davon  bleiben,  wie 
Raphe-  V  /  GS     aucli    bei    dem    Hypoglossuskern 

vorkommt. 


Zellen 


Nu.  IV 


Raphe- 
Zbllen  ■ 


Nu.  IV 


•••-^^i'ii»^ 


im- 


Fig.  290.    Trochleariskern  des 
Kaninchens. 


Fig.  291.    Trochleariskern 
des  Pferdes. 


In  dem  Verhalten  des  Trochleariskernes  zum  Oculomotoriuskern, 
liegen  drei  verschiedene  Zustände  vor. 

Eine  deutliche  Trennung  beider  Kerne  (wie  wir  es  bei  manchen  Rep- 
tilien fanden)  kommt  vor  bei  Echidna. 

Nach  Van  Valkenburg  liegt  auch  bei  der  Katze  eine,  aber  sehr  viel 
kleinere  Lücke  vor. 

Eine  zweite  Art  von  Trennung  der  beiden  Kerne  kann  darin  bestehen, 
daß  sie  nur  von  einer  mehr  oder  weniger  gut  ausgeprägten  Marklamelle 
geschieden  werden,  älnilich  wie  die  venschiedenen  Abteilungen  des  Oculo- 
motoriuskernes  der  Vögel  voneinander  getrennt  sein  können.  —  Eine  erheb- 
liche Entfernung  scheidet  die  Kerne  dann  nicht. 

Die  dritte  Form  des  Verhältnis.ses  zwischen  IV-  und  III-Kern  ist  der 
direkte  Übergang  des  einen  in  den  andern  und  zwar  immer  so,  daß  der 
IV-Kern  sieht  in  den  dorsolateralen  III-Kern  fortsetzt. 


Es  ist  sehr  interessant,  daß  selbst  beim   Pferde,   wo  der  IV-Kern  ventral  vom 


548 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SAT'GER. 


Rad.  IV       Nu.  IV  post. 


Längsbündel  liegt,  und  der  dorsolaterale  III- Kern  seineu  gewöhnliehen  Platz 
oberhalb  dieses  Bündels  bewahrt  hat,  der  erstgenannte  Kern  doch  in  den  dorso- 
lateralen  III-Kern  übergeht,  nicht  in  den  ventromedialen  Kern.  Die  verbindenden 
Zellen  liegen  dort  im  Längsbüudel,  in  schräger  ventrodorsaler  Bichtung,  in  einigen 
spärlichen  Eeihen. 

Eine  merkwürdige  Eigentümlichkeit  in  dem  Aufbau  dieses  Kernes 
wurde  von  Tsuchida  beim  Menschen  endeckt,  und  von  Van  Valkenburg 
und  mir  bestätigt:  die  Spaltung  des  Trochleariskernes  (Fig.  296)  in 
eine  größere  frontale  Gruppe  und  eine  kleinere  hintere  Gruppe.  In 
dem    Diagramm    habe  ich  einen  solchen  Fall  gezeichnet. 

Daß    die   Erscheinung,    welche  von   Tsuchida  bei  20  °l^ — 30  °/o  seines 

menschlichen  Materials  gefunden 
wurde,  gewöhnlich  einseitig  vor- 
kommt, ist  bereits  von  diesem 
Autor  betont.  Auch  Van  Val- 
kenburg fand  es  entweder  nur 
an  einer  Seite  oder  wenigstens 
viel  deutlicher  an  einer  Seite. 
Eigentümlich  ist,  daß  seinen  3 
Fällen,  wie  auch  in  meinem 
l'^alle  (Fig.  292)  der  Nucl. 
Trochlearis  posterior  stets  links 
vorkam. 

Wir  haben  in  der  Phyloge- 
nese gesehen,  daß  der  Kern  sich 
allmählich  frontal  verlagert  und 
erst  sekundär  einen  Anschluß 
an  den  Oculomotoriuskern  er- 
hält. 

In  Übereinstimmung  mit  dieser  Phylogenese  ist  die  Ontogenese  des 
Trochleariskernes  beim  Menschen,  wie  wir  ihn  durch  Streeter  kennen. 
Bei  einem  menschlichen  Embryo  von  10  mm.  fand  dieser  Autor  eine 
bedeutende  Lücke  zwischen  dem  W-  und  dem  III-Kern,  welche  sogar  bei 
einem  Embryo  von  8  cm.  Länge  noch  nicht  ganz  ausgefüllt  ist.  Wir  finden 
somit  bezüglich  des  topographischen  Verhaltens  zwischen  diesen  Kernen 
in  der  menschlichen  Ontogenese  ähnliche  Erscheinungen,  wie  sie  von 
Mksdag  und  Bok  für  die  Vögel  gefunden  wurden. 

Es  ist  also  wahrscheinlich  daß  wir  in  dem  Nucleus  Trochlearis  pos- 
terior einen  ontogenetischen  Rückstand  zu  sehen  haben. 

Ich  möchte  hierzu  nur  noch  bemerken,  daß  die  große  Distanz,  welche 
bei  fast  allen  Säugern  zwischen  Trochleariswurzeleintritt  in  dem  Velum  und 
der  Lage  des  Kernes  besteht,  nicht  ausschließlich  der  frontalen  Wanderung, 
welche  dieser  Kern  während  der  Phylogenese  und  der  Ontogenese  durch- 
macht, zugeschrieben  werden  muß.   Wie  ich  schon  anläßlich  des  Verhaltens 


Fig.  292.     Linksseitiger  Nu.  trochlearis 
posterior  eines  Menschen. 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DKR    SÄUGER.  549 

bei  Submammaliern  gesagt  habe,  spielen  bei  der  Lagebestimmung  dieser 
Austrittsstelle  Einflüsse  an  der  Peripherie  des  Gehirnes  eine  große  Rolle, 
(wie  z.  B.  die  Lage  des  Velum  anticum,  der  Corpora  posteriora  und  des 
Zerebellums).  Außerdem  hat  die  vordere  Isthmusregion  bei  den  Primaten  an 
Länge  zugenommen. 

Das  Verhalten  des  Oculomotoriuskernes  zum  Trochleariskern  habe  ich 
beim  letztgenannten  Nerven  besprochen. 

Bevor  ich  auf  die  Topographie  und  Struktur  des  Oculomotoriuskemes 
der  Säuger  eingehe,  will  ich  mitteilen,  daß  ich  mich  Kölliker  und  Ober- 
steiner anschließe,  indem  ich  im  Gegensatz  zu  Perlia  und  Tsuchida  den 
DARKSCHEWiTSCH'schen  Kern  nicht  zu  den  Oculomotoriuskernen  rechne, 
weil  es  nachgewiesen  ist,  daß  hieraus  keine  Wurzelfasern  des  IlL  Nerven 
entstehen  und  dieser  Kern  auch  nicht  als  akzessorischer  Oculomotorius- 
kern  betrachtet  werden  darf,  sondern  als  Kern  des  zentralen  Längsbündels 
und  der  Commissura  posterior  (vergl.  auch  S.  512). 

Die  Lhiterschiede  in  dem  IILKern  der  verschiedenen  Säuger  liegen 
teilweise  in  der  Difi'erenzierung  oder  Größe  seines  ventromedialen  und 
dorsolateralen  Hauptkernes. 

Teilweise  sind  es  die  akzessorischen  Kerne,  die  kleinzelligen  Ele- 
mente, welche  die  Unterschiede  aufweisen. 


Überblicken  wir  die  Hauptunterschiede,  welche  die  Entwicklung  des 
Oculomotoriuskemes  bei  den  Säugern  ergibt,  dann  können  wir  sagen,  daß 
die  großzelligen  Wurzelkerne  bei  allen  Repräsentanten  mehr  oder  weniger 
gut  entwickelt  vorhanden  .sind  und  im  Prinzip  dieselbe  Lage  aufweisen, 
wie  beim  Varan  bereits  der  Fall  war,  d.  h.  daß  die  dorsaleren  Zellen  oft 
lateral  verschoben  sind,  teils  in  dem,  teils  o1)erhalb  des  zentralen  Längs- 
bündels, und  der  ventrale  Kern  medialer  liegt  zwischen  den  Längsbündeln 
und  der  Raphe.  Bei  den  Carnivoren  sieht  man  die  ventralen  Kerne  sich  fast 
verschmelzen  und  einen  Zentralkern  (Perlia)  bilden  (der  bei  Submammaliern 
und  niedern  Mainmaliern  nicht  vorkommt;  s.  Fig.  293,  n.  Brouwer). 

Bei  den  liöhern  Affen  und  beim  Menschen  vergrößert  dieser  Zentral- 
kern sich  in  frontaler  Richtung  und  schiebt  sich  als  Kern  von  Perlia 
(schwarz  in  Fig.  293)  zwischen  die  accessorischen  Kerne  von  Edinger- 
Westfhal  (grau  in  Fig.  293)  ein. 

Da  es  sich  gezeigt  hat,  daß  in  dem  Zentralkern  von  Perlia  die  Kon- 
vergenz lokalisiert  ist  und  die  EoiNGER-WESTPHALschen  Kerne  wahr- 
scheinlich  mit  der  Akkomodation  der  Linse  (innere  Augenmuskeln)  zu  tun 
haben,  ist  dieser,  wesentlich  von  Brouwer  ermittelte,  Entwicklungsgang 
des  Oculomotoriuskemes  bei  den  Primaten  ein  Ausdruck  des  Zusammen- 
arbeitens  von  Konvergenz  und  Akkomodation  beim  (auch  erst  bei  hohem 
Säugern  sich  entwickelnden)  bilateralen  Sehen. 


550 


DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SAUGER. 


Wir  erblicken  darin  zugleich  ein  Beispiel  von  Kernverlagerung 
und  -annäherung  auf  einen  gemeinschaftlichen  Reiz  (Neurobiotaxis). 

Was  die  accessorischen  Kerne  anbelangt,  so  läßt  sich  als  Resultat  ihrer 
Entwicklung  sagen,  daß  sich  bei  den  niedern  Säugern  eine  geringere  Zahl 
von  kleinzelligen  und  mittelgroßen  Elementen  den  Hauptkernen  hinzuge- 
sellt als  bei  den  höhern  (bei  Echidna  findet  man  nur  eine  Andeutung  von 
zugewanderten    Elementen    aus    dem    Höhlengrau,    welche    sich    meistens 


ABCTTTf^rri     I CASJüÄii. 


tn 


^m^w 


Fig.  f293.  EiitwicUliing  des  Nucleus  Edinger-Westphal  (Akkommodationskern: 
grau)  und  Verschmelzung  der  Konvergenzkerne  (Nuclei  recti  intern!)  in  der 
Raphe  (Carniv.  und  Arctopitheci)  zur  Bildung  des  zentralen  (Raplie)  Kernes  von 
Perlia,  der  bei  den  Anthropomorphen  und  bei  Menschen  nach  vorn«  geschoben 
ist  bis  in  das  Niveau  der  Akkommodationskerne.  Nach   Brouwer. 

in  der  oder  oberhalb  der  Raphe  lagern,  namentlich  im  vorderen  Ab- 
schnitt des  Kernes.  Ein  ähnliches  ^"erhalten  findet  man  bei  den  Marsu- 
pialiern  (Fig.  293 :  grau  schattiert). 

Bei  den  Ungulaten  fangen  die  kleinzelligen  Elemente  an,  sich  dorsal 
in  einer  Weise  zu  ordnen,  welche  den  Edinger-Westphal'schen  Kern  im 
frontalen  Abschnitt  des  Kernes  entspricht,  aber  unpaarig. 

Bei  den  Rodentiern,  Edentaten  und  Carnivoren  ist  Ähnliches  der  Fall, 
nur  in  einer  etwas  ausgesprocheneren  Weise. 

Erst  bei  den  Affen    findet    man    paarige   accessorische  Kerne,  welche 


DAS    MOTORISCHE    SV;STEM    DKR    SAUGER. 


551 


schon  von  Bernheimer  als  Eclinger-Westphal'sche  Kerne  betrachtent  sind, 
dorsal  vom  Hauptkern. 


Nu.  dorao-lat. 


Nu,  veutro-metl. 


Fig.  294.   Schnitt  durch  das  mittlere  Drittel 
des  menschlichen  OculoiiiotoriusUernes. 


Die  Verhältnisse  beim  Menschen  (Fig.   294  und  295)  sind  am  meisten 
differenziert.  j,  ,     , 

Die  Hauptkerne,  der  dorsolate-  i^t-  \  ^'""  "■  ^^-  ^■ 

rale  und  der  ventrale,  sind  besser 
differenziert  als  bei  den  niedern 
Säugern. 

Auch  hat  der  zentrale  Perlia- 
Kern  einen  größeren  Fortsatz  aus 
unregelmäßiger  angeordneten  Zellen 
in   frontaler  Richtung  (Fig.  295). 

Die  Neben  kerne  sind  in  gut 
umschriebener  Weise  vorhanden 
und  zeigen  eine  größere  Ausdeh- 
nung oder  Verdoppelung. 

Der  Edinger-Westjjhal'sche  Kern 
kann  sich  in  zwei  Gruppen  spalten. 
Frontal  von  den  Hauptkernen  des 
ni  liegt  noch  ein  Nucl.  mediauus 
anterior,  der  in  seinem  Bau  dem  Edinger-Westphal'schen  Kern  ähnlich 
ist,  und  in  meinen  Präparaten  damit  verschmilzt. 

Es  ist  ganz  außällend, 
wie  viel  Uebereinstimmung 
Nu.  Darkschew.        «^^r  Bau  dcs  Oculomotorlus- 
kernes   des   Menschen  auf- 
weist   mit  dem  des  gleich- 
namigen Kernes  der  Vögel, 
der  sich  hauptsächlich  -s^n 
ihm     unterscheidet     durch 
den    völligen  Mangel  eines 
Zentralkernes  (von  Perlia). 
Die  phj'logenetisch  Ent- 
wicklung   des    Oculomoto- 
riuskernes   wiederholt   sich 
beim    Menschen    ontogene- 
tisch  in  vielen  Hinsichten, 
■wie  aus  den  Untersuchungen 
Tsuchida's  hervorgeht. 
Von   den    Kerngruppen   des   Oculomotorius    sind    auch    ontogenetisch 
diejenigen  am  spätesten  da,  welche  sich  phylogenetisch  am   spätesten  dif- 
ferenzieren. 

Während   bei   einem   menschlichen   Fötus   der  4. — 5.   Monat  die  seit- 


medialer  |  gern  v.  Ed.  W. 
lat.  ^ 


Best  der  dorso-lat. 
Hanptkernes. 


Ventraler  Haupt- 
kern. 


Zentralkern  v. 
Perlia. 


Fig.  29.5.     Sclinitt  durch  das  vordere  Drittel  des 
menschlichen   Oculomotoriuskernes. 


552  DAS    MOTORISCHE    SYSTEM    DER    SÄUGER. 

liehen  Hauptkerne  schon  vorhanden  sind,  finden  wir  Perlia's  Zentralkern 
bei  diesem  Embryo  noch  nicht  in  typischer  Weise  differnziert.  Der  Kern 
von  Edinger-Westphal  läßt  sich  dort  ebensowenig  nachweisen  (auch  der 
vordere  mediane  Kern  fehlt  noch). 

Bei  einem  Fötus  von  7  Monaten  treten  die  ersten  Anfänge  des  Edinger- 
Westphal'schen  Kernes  auf,  die  sich  dann  bald  weiter  ausbilden  und  sich 
später  in  zwei  Gruppen  differenzieren.  Der  unpaarige  Zentralkern  Perlia's 
ist  dann  auch  entwickelt  (der  kleinzellige  Nucl.  medianus  anterior  aber 
noch  nicht). 

Die  Zellgruppen,  welche  nach  der  Meinung  von,  Tsuchida  und  einigen 
andern,  die  sich  mit  diesem  Thema  beschäftigt  haben,  nicht  als  Wurzel- 
gruppen in  Betracht  kommen,  sind  (abgesehen  von  dem  Darkschewitsch'schen 
Kern,  den  man  gar  nicht  zum  III-Kern  rechnen  soll)  hauptsächlich  die 
Edinger-Westphal'schen  Kerne  (acc.  III-K. :  Fig.  296)  und  der  Nu.  medianus 
anterior ;  das  sind  also  gerade  die  Kerne,  von  denen  die  Phylogenese,  wie 
auch  die  Ontogenese  (sowohl  bei  Vögeln  als  Säugern)  beweist,  daß  sie 
sich  erst  später  dem  Hauptkern  hinzugesellen. 


,<trrTTTTr>.  .<i-rmT[TTTTrTT>iff 


^tUni  =    BZ:  K.    j    m^   doi'io- fat  M  K.  ,    ^--   »!<<»( ulk,«--  acc m  K 

Fig.  296.    Topographisches  Verhalten  der  einzelnen  Gruppen  in  dem  Oculomo- 

toriuskerne  der  Menschen  und  das  Verhalten  des  Trochleariskernes  in 

einem  Falle  von  Nu.  trochlearis  posterior. 

Sollte  auch  weiterhin  ein  Verband  der  Edinger-Westpharsclien  Kerne 
mit  Wurzelfasern  in  Abrede  gestellt  werden,  dann  wäre  damit  natürlich 
auch  die  Auffassung  hinfällig,  daß  dieser  Kern  das  Zentrum  der  glatten 
Augenmuskeln  sei.  Inzwischen  ist  von  vielen  Autoren  aufrechterhalten  (Berx- 
HEiMER,  Siemkrling,  Boedeker  uud  Brouwer),  daß  der  Edinger-Westphal- 
scbe  Kern  tatsächlich  als  Accommodations-  und  Iriskern  betrachtet 
werden  muß.  Auch  die  Tatsache,  daß  der  Zentralkern  der  Konvergenz 
sich  bei  den  Primaten  in  dessen  Richtung  verlagert,  spricht  zu  Gunsten 
dieser  Deutung. 

Vergleicht  man  schließlich  das  topographische  Verhalten  der  einzelnen 
Kernabsehnitte  des  Menschen  (Fig.  296)  mit  demjenigen  der  Vögel  (Fig.  263), 
dann  fällt  die  Homologie  der  EoiNGER-WESTPHALScheu  Kerne  sofort  auf. 
Bei  den  Vögeln  aber  ist  es  nicht  zweifelhaft,  daß  der  Edinger-Westphal- 
sche  Kern  Wurzelfasern  entsendet. 

Was  den  Ursprung  der  gekreuzten  und  ungekreuzten  III-AVurzelfasern 
anbelangt,  sei  erwähnt,  daß  die  Säuger  durchschnittlich  mehr  gekreuzte 
Ill-Wurzelfasern  aufweisen  als  die  Nichtsäuger,  und  daß  dieselben  bei  den 


DAS    MOTORISCHE    SYSTKM    DER    SAUGKK. 


553 


Mammaliern,   im  Gegensatz    zu    den 
Teil   aus   dem  dorsolateralen  Kern 
entstehen. 

Die  Muskeln,  zu  welchen  die 
Axonen  der  einzelnen  Abschnitte 
ziehen,  sind  angegeben  in  Fig.  297. 
Daraus  ergibt  sich,  daß  in  dieser 
Hinsicht  bei  verschiedenen  Autoren 
noch  Kontroversen  vorliegen.  Am 
besten  begründet  ist  zweifellos  die 
Funktionsverteilung,  wie  sie  auf 
Grund  von  vergleichend-  anato- 
mischen und  klinischen  Befunden 
von  Brouwer  angegeben  ist. 


Zum  Schluß  sei  bemerkt,  daß 
alle  Augenmuskelnervcn,  sowohl  der 
Abducens,  wie  auch  der  Trochlearis 
und  der  Oculomotorius  auch  sensible 
Fasern  führen,  wie  von  Tozer  und 
Sherrington  nachgewiesen  wurde. 
Nach  Durchsclmeidung  dieser  Ner- 
ven gehen  intramuskuläre  sensible 
Endigungen  und  solche  auf  der 
tendinösen  Grenze  der  Muskelfasern 
zugrunde  und  fällt  der  Tonus  der 
betreifenden  Muskeln.  (Sowohl  diese 
Nervenendigungen  als  der  Tonus 
bleiben  nach  Durchschneidung  des 
Trigeminus.) 

Wie  die  zentrale  Endigung 
dieser  propriorezeptiven  Fasern  ist, 
ist  bis  jetzt  unbekannt. 


Submammaliern,    für    einen    großen 


5tarr 


ACCOMODATlOfi 


•  • 


•  • 


n  »ECr  inF 


1  OSLiQ.SUp 
(n.TRocHu) 


EDinGERlSOO 


HflEfl  MUSKELN 


M.OBi.O.  KONVEPGEtllf?) 

(N.Tf(0CHLe*niS) 


BtRnhEiriERl897 


M   OBi.'Q 

5UP 

l^ti    TtJOCHLEARIS) 


BTiüuuJER  I9l8 


M  OSLifl  SUP£B 
(r.   t(^OCrtl.e*BlS) 


Fig-  297.  Funktionsverteilung  in  den  ver- 
schiedenen Abschnitten  des  Oculomotorius- 
kernes,  nach  Starr,  Bernheimer,  Edinger 
und  Brouwer. 

Die  akzessorischen  Kerne  von  Edinger- West- 
PHAL  sind  schwarz,  die  Hauptkerne  schraffiert 
angedeutet  (die  Kerne  der  beiden  M.m.  recti 
interni,  aus  denen  der  Zentralkern  Perlia's 
hervorgeht,  sind  langsschrafliert,  die  anderen 
Kerne  sind  karriert).  Trochleariskern :   weiß. 


554  ÜBERSICHT    ÜBER    DAS    MOTORISCHEN    KERNE. 


Übersicht  über  das  motorische  System  der 
Oblongata  und  des  Mittelhirns. 

Die  vergleichende  Anatomie  des  effektorischen  Systeines  von  Oblongata 
und  Mittelhirn  zeigt  uns,  daß  die  motorischen  Kerne  der  spino-okzipitalen 
Nerven  (resp.  des  Hypoglossus),  sowie  diejenigen  des  Accessorius,  Vagus, 
Glossopharyngeus,  Facialis,  Trigeminus  und  die  Augenmuskelkerne  in  dem 
Gehirnstamm  der  verschiedenen  Wirbeltierklassen  ganz  verschiedene  Plätze 
einnehmen  können. 

Eine  der  interessantesten  Erscheinungen  von  Verlagerung  bieten  die 
vorderen  spino-okzipitalen  Nerven  während  ihrer  Verwandlung  in  den  Hy- 
poglossus. 

Ursprünglich  (bei  Tieren  ohne  eine  muskulöse  Zunge  —  wo  diese 
Nerven  noch  ventro-mediane  Rumpfmuskeln  innervieren  — ),  ist  das  ent- 
sjirechende  Zentrum  dieser  Nerven  einfach  eine  Verlängerung  der  Vorder- 
hörner  des. zervikalen  Graus,  dessen  vordere  Grenze  aber  weit  hinter  der 
vorderen  Grenze  der  Vagussäule  zurückbleibt,  ja,  bei  Petromyzon  nur  bis 
au  deren  kaudales  Ende  reicht. 

Bei  höheren  Tieren  —  solchen  mit  einer  muskulösen  Zunge  —  ver- 
liert das  obengenannte  Zentrum  nach  und  nach  seinen  Zusammenhang 
mit  den  Zervikalhörnern  und  zeigt  eine  dorsofrontale  Verschiebung,  so 
daß  zuletzt  (bei  den  Säugern)  sein  frontales  Ende  ungefähr  ebensoweit 
frontalwärts  reicht  wie  dasjenige  der  dorsalen  Vagussäule.  Zugleich  ist  die 
Lage  der  Zellen  so  dorsal  geworden,  daß  sie  zum  großen  Teile  dorsal  von 
dein  Fasciculus  longitudinalis  centralis  liegen. 

Der  ganze  Vaguskern  (inkl.  Accessorius)  hat  ursprünglich  eine  dorsale 
Lage.  Bei  den  Vögeln  ist  ein  kleiner  Teil  des  Kernes  in  der  Richtung  des 
Hypoglossus  (Syrinx-)  Kernes  verschoben  und  bildet  zusammen  mit  diesen 
Zellen  ein  besonderes  Zentrum :  den  Nucleus  interraedius  (Larynx-,  Syrinx- 
Kern  der  Lautproduktion).  Ein  kaudaler  Abschnitt,  wovon  bereits  bei  den  Rep- 
tilien eine  Andeutung  anwesend  ist,  verlagert  sich  ganz  ventral  (Herzkern?). 

Bei  den  Säugern  behalten  nur  diejenigen  Zellen  der  V^agussäule  ihre 
dorsale  Lage,  welche  den  Oesophagus,  den  Magen  und  die  Lungen  inner- 
vieren. Die  motorischen  Wurzelzellen  des  Kehlkopfes  und  des  Herzens  haben 
eine  gänzlich  ventrale  Lage  bekommen  und  bilden  den  kaudalen  Teil  des 
Ambiguuskernes. 

Abgesehen  von  der  beträchtlichen  kaudalen  Verlängerung,  welche  der 
Accesoriimkern  aufweist,  (dessen  Wurzelfasern  bei  den  Plagiostomen  im  all- 
gemeinen nur  ein  Wurzelbündel,  bei  den  Reptilien  aber  bereits  drei  Wurzeln 
und  bei  den  Säugern  eine  viel  größere  Zahl  bilden),  erhält  dessen  aus 
dem  dorsalen  X-Kern  hervorgehender  Kern  auch  eine  ventro-laterale  Lage 
bei  den  Säugern.  Doch  kann  er  bei  ausgewachsenen  Säugern  bisweilen 
noch  eine  Verbindung  mit  dem  dorsalen  Vaguskern  aufweisen  (Vermeulen). 


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ÜBERSICHT    UliKH    DIE    MOTOIUSCUEN    KERNE  OOO 

Der  motorische  Glossopharyngemkem  hat  eine  dorsale  Lage  bei  fast 
allen  Wirbeltieren,  indem  er  sich  dem  frontalen  Abschnitt  des  dorsalen 
Vaguskernes  anschließt.  Bei  einigen  Teleostiern  und  bei  den  Reptilien  ist 
er  vom  X-Kern  getrennt  und  nimmt  er  eine  mehr  oder  weniger  ventrale 
Lage  ein,  eventuell  zusammen  mit  dem  Facialiskern. 

Ganz  ventral  liegt  er  aber  bei  den  Säugern,  wo  er  den  vordem  Teil  des 
Nucleus  ambiguus  bildet,  also  mit   dem   ventralen  X-Kern  verbunden  ist. 

Nur  einige  seiner  Zellen,  diejenigen,  welche  das  Speichelsekretionssysiem  der 
Parotis  innervieren,  behalten  auch  hier  eine  dorsalere  Lage,  zusammen  mit  dem 
Speichelsekretionszentrum  der  Gland.  subungualis  und  submaxillaris  (s.  u.). 

Der  Facialiskern  liegt  ursprünglich  dorsal  auf  dem  Niveau  seines  Wurzel- 
eintrittes (Petrom3'zon,  Rana),  entweder  verbunden  mit  dem  V.  Nucleus  (Petro- 
myzon)  oder  unabhängig  davon  (Rana).  Bei  andern  Tieren  (Selachiern, 
Ganoiden,  urodelen  Amphibien)  hat  er  zwar  noch  eine  dorsale  Lage,  aber 
auf  einer  bedeutenden  Distanz  hinter  dem  Eintritt  seiner  Wurzel,  indem  er 
sich  der  dorsalen  IX.  und  X.  Säule  anschließt.  Bei  den  Teleostiern  steigt 
ein  Teil  des  Kernes,  oder  der  ganze  Kern  (zuweilen  verbunden  mit  den 
IX.  Zellen)  mehr  oder  weniger  abwärts,  hinter  der  Ebene  seines  Wurzel- 
eintritts, wie  es  auch  bei  den  Reptilien  und  namentlich  bei  den  Säugern  der 
Fall    ist,  wo   bloß   seine   speichelsekretorischen   Zellen  dorsal  bleiben  (s.  o). 

Nur  bei  Vögeln  findet  dieses  Absteigen  vor  dem  Wurzeleintritt  statt 
und  kann  ein  Teil  des  Kernes  die  direkte  Verlängerung  des  motorischen 
Trigeminuskernes  bilden. 

Der  Trigemiyiuskern  liegt  immer  in  der  Höhe  seines  Wurzeleintrittes,  aber 
bei  einigen  Tierarten  (Petromyzon,  Amphibia)  wird  er  direkt  unter  dem  Boden 
des  vierten  Ventrikels  gefunden,  bei  andern  (Teleostei  und  Reptilia)  teilweise 
und  wieder  bei  andern  Tieren  (Säugern)  ganz  in  der  Mitte  der  Oblongata. 

Größere  Verlagerungen  werden    wieder   beim    Abducenskern   gefunden. 

Bei  Petromyzon  liegt  er  frontal,  zwischen  dem  Trigeminus-  und  Fa- 
cialis-Kern  (Tretjakoff). 

Bei  andern  Fischen  (Selachii,  Teleostei)  und  den  Amphibien  liegt  er 
hinter  dem  Facialis-Eintritt,  zuweilen  näher  dem  VII.  Eintritt  (Teleostei) 
zuweilen  näher  dem  IX  (beim  ehreren  Amphibien).  Bei  den  Selachiern  und 
Amphibien  hat  er  dabei  eine  dorsale  Lage  in  der  Nähe  des  Fasciculus 
jongitudinalis  centralis,  bei  den  Teleostiern  jedoch  liegt  er  stark  ventral, 
meistens  in  zwei  Teile  geteilt,  und  dorsale  Zellen  werden  dort  nur  selten 
gefunden. 

Bei  den  Reptilien  zeigt  der  dorsale  VI.  Kern  eine  frontale  Verschiebung. 
Bei  den  wasserlebigen  Reptilien  dehnt  er  sich  zunächst  nach  vorne  aus, 
bis  zum  Eintritt  des  Facialis.  Diese  frontale  Verlängerung  ist  bei  land- 
lebigen  Reptilien  von  einer  kaudalen  Verkürzung  begleitet,  so  daß  das 
Zentrum  des  Kernes  dort  auf  der  Ebene  des  Facialis- Wurzeleintrittes  ge- 
funden wird.  Diese  frontalere  Lage  bleibt  bei  den  Vögeln  und  Säugern 
bestehen,  aber  bei    den    meisten    der   letztern  erreicht  der  Kern  eine  mehr 


556  ÜBERSICHT    ÜBER    DIE    MOTORISCHEN    KERNE. 

dorsolaterale  Lage  nicht  unterhalb,  sondern  neben  dem  horizontalen  Schenkel 
des  Facialis  (namentlich  bei  den  Rodentiern,  Ungulaten  und  Primaten). 

Der  Trochleariskern,  ursprünglich  dorsal,  weit  hinter  dem  Niveau  des 
III.  Kerr.es  in  dem  Velum  cerebelli  liegend  (Petromyzon),  liegt  bei  den 
übrigen  Wirbeltieren  unter  dem  Boden  des  vierten  Ventrikels  in  einer  viel 
frontaleren  Lage,  etwas  hinter  dem  Oculomotoriuskern  oder  in  dessen 
kaudaler  Fortsetzung. 

Der  Oculomotoriuskern  liegt  meistens  direkt  unter  dem  Mittelhirnven- 
trikel, bei  Petromyzon  und  Teleostier  aber  teilweise  mehr  ventral. 

Ein  sorgfältiges  Studium  dieser  großen  Verschiedenheit  in  der  Lage  der  mo- 
torischen Kerne  und  eine  Vergleichung  der  andern  phylogenetischen  Veränderungen 
in  Oblongata  und  Miltelhirn  zeigen  uns,  daß  diese  Lagevtränderungen  der  mo- 
torischen Kerne  durch  die  Verschiedenheit  der  sie  inftuenzierenden  Reize  verursacht 
sind,  d.h.  durch  Verschiedenheit  der  Entwicklung  der  ihnen  entsprechenden 
hinteren  Wurzeln  oder  durch  Unterschiede  in  den  sonstigen  sensorischen 
Reflexen,  welche  ihre  Funktion  beeinflussen.  Diese  Faktoren  werden  oft 
von  \'eränderungen  in  dem  innervierten  Miiskelsystem  begleitet. 

Die  Kerne  verlagern  sich  dabei  in  der  Richtung  der  Stelle,  von 
welcher  die  größte  Zahl  der  Reize  zu  ihnen  geht. 

Ein  auffallendes  Beispiel  davon  bietet  der  Hypoglossuskern. 

Solange  noch  keine  muskulöse  Zunge  vorhanden  ist,  wird  die  ent- 
sprechende Muskulatur  in  dem  ventralen  Teile  der  vordem  Körperwand 
gefunden,  und  den  motorischen  Wurzeln  entspricht  noch  teilweise  eine 
sensible  Wurzel  mit  einem  Ganglion.  Der  Kern  bildet  dann  einfach  die 
Verlängerung  der  zervikalen  Vorderhörner  und  reicht  bei  Fischen  selten 
weiter  frontalwärts  als  zur  Mitte  des  Vaguskernes. 

Die  Bildung  der  Zunge  und  die  Rolle,  welche  diese  Muskulatur  dabei 
spielt,  veranlassen  eine  ganz  verschiedene  Reflextätigkeit  dieser  Muskeln, 
insofern  sie  sich  daran  beteiligen,  indem  sie  völlig  unter  den  Einfluß  der 
sensoi'ischen  Innervation  der  Mundhöhle  kommen.  Infolgedessen  verlagern 
sich  ihre  motorischen  Wurzelzellen  in  einer  frontalen  und  dorsalen  Richtung, 
wobei  sie  sich  ihrem  neuen  frontaleren  Reizzentrum  nähern. 

Diese  Verschiebung  ist  so  beträchtlich,  daß  die  Zellen  zuletzt  soweit 
frontal  reichen,  wie  das  vordere  Ende  des  Vaguskernes,  und  der  Platz,  den 
sie  erhalten,  ist  nahe  bei  dem  Zentrum  der  Geschmacksfasern  des  VII., 
IX.  und  X.,  zu  dem  auch  taktile  Fasern  des  V.,  VII.,  IX.  und  X.,  also 
solche  der  ganzen  Mundhöhle  und  des  Rachens,  laufen. 

Wenn  die  Ansicht  von  Brun,  und  meine  Ansicht,  Fuse  daß  der  Staderi- 
Nische  Kern  (S.  312)  ein  Zentrum  für  Rachenreflexe  sei,  bestätigt  wird,  ist  es 
nicht  auffallend,  den  Kern  der  Zunge  dicht  in  seiner  Nähe  zu  finden. 
Ein  überzeugenderer  Beweis  für  die  Bestimmung  des  Platzes  der  motorischen 
Zellen  durch  den  Einfluß  von  Reiz-Zentren,  oder  mit  andern  Worten:  ein 
überzeugenderer  Beweis  von  der  Wichtigkeit  der  Rolle,  welche  die  Neurobio- 


IIBERSICHT    IlllKI;    DHC    MOTORISCHEN    KICKNIC.  5o( 

taxis  für  die  Lage  der  nervösen  Elemente  spielt,  kann  kaum  erbraelit  werden. 

Die  ventrolaterale  Verschiebung  und  das  kaudale  Auswachsen  des 
Accessormskenies  bei  den  Säugern  werden  leicht  verstanden,  wenn  wir  in 
Betracht  ziehen,  daß  seine  ursprünglich  rein  reflektorische  Atemmuskeln 
dort  zu  einem  wichtigen  Element  in  der  willkürlichen  Bewegung  der  oberen 
Gliedmaßen  geworden  sind.  Da  die  willkürliche  Bewegung  der  Glieder  haupt- 
sächlich durch  Vorder-  und  Seitenstrang-Systeme  des  Rückenmarks  bewerk- 
stelligt wird,  ist  es  nicht  autfallend,  die  kaudale  Vergrößerung  dieses  Kernes 
mit  einer  ventrolateralen  Verschiebung  verbunden  zu  finden,  weil  auch 
die  andern  Extremitätenkerne  eine  laterale  Lage  einnehmen  (S.  192  und  193). 

Der  dorsale  Vaguskern  der  Säuger  innerviert  den  unteren  Teil  des 
Oesophagus,  den  Magen  und  wahrscheinlicii  die  Lungen  (bei  Tieren  mit 
einem  großen-  Magen,  A'ögeln  und  Rindern,  ist  er  außerordentlich  groß 
(Vekmeui.en)  :  bei  Tieren  mit  einem  kleinen  Magen  ist  er  klein).  Die  Zellen 
der  glatten  Muskulatur  behalten  also  ihre  Lage  neben  ihrem  wichtigsten 
reflektorischen  Zentnun  :  ihre  eigene  sensorische  Wurzelfasernendigung,  bei, 
wie  es  von  einem  motorischen  Kern,  der  hauptsächlich  auf  reflektorische 
Impulse  von  den  Eingeweiden  handelt,  erwartet  werden  darf. 

Der  ventrale  Vaguskern,  welcher  .sich  aus  dem  dorsalen  Kern  heraus- 
differenziert, kann  unter  dem  Einfluß  ventraler  Fasersysteme  der  Oblongata 
vorlagert  sein.  Es  ist  auffallend,  daß  die  Bildung  des  für  den  Larynx  be- 
stimmten Abschnittes  dieses  Kernes  der  Ausbildung  der  Larynxmuskeln 
parallel  verläuft,  welche  in  ihrer  vollen  Entwicklung  erst  bei  den  Säugern 
vorhanden  sind. 

Daß  ein  Teil  des  Vaguskernes  mit  der  Lautproduktion  im  Zusammenhang 
stellt,  steht  übrigens  auch  mit  der  bei  den  Vögeln  vorhandene  Sachlage 
im  Einklang,  wo  eine  kleine  Zahl  von  Vaguszellen  sich  auf  einer  kurzen 
Strecke  verlagert  und  sich  den  dorsalen  Zellen  der  Hypoglossussäule  nähert, 
welche  die  Syrinx  dieser  Tiere  (ebenfalls  ein  Lautproduktionsorgan)  inner- 
viert: Nucleus  intermedius  X  und  XIL 

Da  es  wohlbekannt  ist,  daß  die  Lautbildung  bei  den  Vögeln  durch 
eine  Zusammenwirkung  der  Larynx-  und  Syrinx-Muskulatur  bewerkstelligt 
wird,  finden  wir  hier  einen  deutlichen  Fall  der  Anordnung  motorischer 
Zellen  auf  gemeinschaftlichen  Reflexen  (Nucleus  intermedius). 

Daß  bei  den  Säugern  der  Larvnxkern  sich  weiter  ventralwärts  verla- 
gert, kann  einem  größern  Einfluß  ventraler  Reflexbahnen  zugeschrieben 
werden. 

Sehr  schwer  ist  die  Situation  des  Herz-Zentrums  in  dem  ventralsten 
Abschnitt  des  hintern  Drittels  des  Nucleus  ambiguus  zu  erklären.  Ent- 
sprechend der  Lage  der  andern  sympathischen  Zentren  in  dem  dorsalen  Kern 
sollte  man  erwarten,  dieses  auch  in  demselben  zu  finden. 

Doch  ist  das  hintere  Drittel  des  ventralen  Vaguskernes  das  erste, 
welches  sich  in  ventrale  Richtung  verlagert.  Es  findet  sich  schon  in  solcher 
Lage  bei  einigen  Reptilien  und  bei  allen  Vögeln. 


558  ÜBERSICHT    ÜBER    DIE    MOTORISCHEN    KERNE. 

Ob  dies  mit  der  Umbildung  der  Zirkulation  zu  tun  hat,  die  bei 
höhern  Tieren  vorkommt,  oder  mit  der  Homoiothermie  (ventro-lateralen 
Temperatuibahnen  Edingers),  wage  ich  nicht  zu  sagen.  In  Übereinstim- 
mung damit  wäi'e,  daß  die  Herzzellen  gerade  den  allerventralsten  Teil  des 
hintern  Drittels  des  Nucl.  ambiguus  bilden. 

Daß  die  einzigen  Zellen  des  Glossopharyngem^kernes,  welche  einen 
dorsalen  Platz  in  der  Nähe  des  dorsalen  Geschmackszentrums  behalten, 
den  SpeichelseJcretionskern  der  Parotis  bilden,  ist  nicht  befremdend  angesichts 
der  Tatsache,  daß  das  Geschmackszentrum  eine  dorsale  Lage  hat. 

Was  den  ventralen  Kern  des  Glossopharyngeits,  (den  vordem  Teil  des 
Ambiguus)  betrifft,  wissen  wir  aber,  daß  er  quergestreifte  Muskulatur  inner- 
viert und  neben  der  taktilen  Reflexbahn  dieser  Muskulatur  liegt. 

Die  größte  Verschiedenheit  der  Lage  fanden  wir  beim  Facialiskern. 
Für  die  beträchtliche  Verlagerung  nach  hinten,  welche  dieser  Kern  bei  den 
Selachiern,  Teleostiern  und  urodelen  Amphibien  aufweist,  sind  die  kaudal 
gelegenen  Geschmacks-  und  Athmungszentren  verantwortlich. 

Hierdurch  wird  aber  auch  erklärt,  warum  bei  Tieren  mit  einer  geringen 
Entwicklung  der  sensorischen  Geschmacksfasern  des  VH.  (und  IX.)  Nerven 
(Zj'klostomen  und  namentlich  Vögeln)  diese  kaudale  Verschiebung  ausbleibt. 

Bei  den  Vögeln  ist  dieser  Kern,  der  hauptsächlich  den  hintern  Bauch 
des  Muse,  biventer  innerviert,  sogar  mit  dem  Trigeminuskern  vereinigt, 
der  den  vordem  Bauch  innerviert. 

Mit  Hinsicht  auf  die  bedeutende  Rolle,  welche  der  Facialis-Mus- 
kulatur  für  die  Organe  des  Gesichts  (Augenlidbewegung),  des  Gehörs  (Sta- 
pedius  und  Ohrmuskel)  und  des  Geruchs  (Nasenmuskeln)  zukommt  bei  den 
Säugern,  wo  diese  Muskulatur  wesentlich  von  Trigeminussensibilität 
beherrscht  wird,  ist  es  begreiflich,  daß  der  Facialiskern  dort  seinen  Platz 
in  der  Nähe  des  dorsalen  VII.  und  IX.  Zentrums  verläßt,  abwärts  steigt 
und  sich  der  absteigenden  Trigeminuswurzel,  der  Oliva  superior  und  den 
tekto-bulbären  Fasern  des  visualen  Reflexsystems  nähert. 

Es  ist  interessant,  daß  —  ebenso  wie  beim  Glossopharyngeus  — ■  auch 
einige  Facialiszellen  ihren  dorsalen  Platz  in  der  Nähe  des  Geschmacks- 
zentrums behalten  und  daß  die  Untersuchungen  Yagitas  und  H.wamas 
bewiesen  haben,  daß  diese  7je\\en  das  Speichelsekretionszentrurii  der  subma.rillären 
und  sublingualen  Drüsen  bilden  (vergl.  oben  das  Parotiszentrum). 

Für  die  Verschiebung  des  ursprünglich  ganz  dorsalen  Trigeminuskernes 
nach  der  Mitte  der  Oblongata  ist  in  den  meisten  Fällen  die  Lage  seines 
sensorischen  Kernes  verantwortlich.  Namentlich  bei  denjenigen  Tieren, 
welche  ihre  Nahrung  kauen  (Säuger),  wird  diese  typische  Lage  dicht  beim 
sensorischen  Zentrum    des    Mundes,    der  Zähne   und  der  Kiefer  gefunden. 

Daß  der  motorische  Kern  sich  oft  etwas  frontaler  ausdehnt  als  der 
sensible  V.  Kern,  ist  vielleicht  den  Axonen  der  Rad.  mesencephalica  Tri- 
gemini  (vergl.  Willems)  zuzuschreiben. 

Für   die   Augenmuskelkerne   sind  schließlich  die  optischen  und  vestibu- 


ÜBERSICHT    ÜliEK    DIE    MOTOKISCIIEN    RERNE.  559 

lären  Bahnen    die  wichtigsten  Faktoren    für  die  Bestimmung  ilirer  Plätze. 

Ihre  sekundären  Lageveränderungen  laufen  den  Veränderungen  in  den 
Bahnen  der  optischen,  vestibulären  und  koordinativen  Reflexe  vollständig 
parallel. 

Nach  Trettjakoff  wird  bei  Zyklostomen  der  Abducenskern  in  dem 
kaudalen  Teil  des  Trigeminus-Kernes  angelegt,  entsprechend  dem  Ursprung 
seines  Muskels  aus  dem  Trigeminus-myomer.  Bereits  bei  den  Selachiern 
aber  verlegt  er  sich  unter  dem  Einfluß  von  Vestibularisreflexen  kaudalwärts 
und  entspricht  seine  Lage  dem  Niveau  des  VIII.  Nerven. 

Merkwürdige  Unterschiede  bestehen  zwischen  dem  Abducenskern  der 
Selachier  und  dem  der  Teleostier. 

Bei  den  erstem,  bei  welchen  der  Fasciculus  longitudinalis  centralis 
die  größte  in  der  vergleichenden  Anatomie  des  Bulbus  bekannte  Ausdeh- 
nung erreicht,  liegen  seine  Zellen  neben,  sogar  teilweise  zwischen  den 
Fasern  dieses  Bündels.  Bei  den  Teleostiern  aber,  wo  dieses  Bündel  klein  ist 
und  die  ventralen  tekto-bulbären  Bahnen  eine  enorme  Ausdehnung  haben, 
hat  der  Kern  eine  ganz  ventrale  Lage,  und  liegt  er  dicht  bei  diesen  Bahnen. 

Bei  den  höhern  Wirbeltieren  flndet  sich  die  dorsale  Lage  der  Selachier 
wieder,  aber  seine  Zellen  sind  hier  in  einer  frontalen  Richtung  verschoben 
so  daß  sie,  anstatt  zwischen  der  Ebene  der  VII.  und  IX.  Wurzel  zu  liegen, 
in  der  Ebene  der  VII.  Wurzel  gelagert  sind. 

Diese  frontale  Verschiebung  wird  verursacht  durch  den  Einfluß  des 
DEiTEEs'-Kernes,  ein  Einfluß,  der  bei  den  meisten  Säugern  noch  deutlicher 
wird,  wo  sogar  die  Lage  neben  dem  Fasciculus  longitudinalis  centralis  auf- 
gegeben wird  und  die  Zellen  sich  dorsolateral  verschieben,  wodurch  sie 
sich  mehr  dem  Boden  des  V^entrikels  nähern  und  eine  viel  engere  Beziehung 
zu  dem  Hauptkern  des  N.  vestibularis  und  dem  DEiTERschen  Kern  erhal- 
ten. Es  ist  offenbar,  daß  sie  von  diesen  Zentren  und  von  andern  Reflex- 
systemen, die  ihnen  aus  jener  dorsolateralen  Richtung  zugehen,  angezogen 
werden,  wie  ich  dies  speziell  für  Rodentia,  die  Ungulaten  und  den  Menschen 
nachgewiesen  habe  (im  Gegensatz  zu  den  Karnivoren). 

Als  Ursache  der  engen  topographischen  Verwandtschaft  zwischen 
Trochlearis-  und  Oculomotorius-Kern  bei  den  meisten  Vertebraten  muß  die 
assoziative  Funktion  dieser  Kerne  betrachtet  werden,  obwohl  der  IV.  Kern 
sich  entsprechend  seinem  viszeralen  Charakter  (Bok)  in  einem  dorsaleren 
Niveau  anlegt  als  der  Oculomotoriuskern  und  bei  Petromyzon  sogar  ober- 
halb des  vierten  Ventrikels  in  dem  Velum  cerebelli  liegt,  außerdem  ein 
beträchtliches  Stück  hinter  dem  Oculomotoriuskern,  näher  dem  Niveau  des 
Trigeminus,  dessen  Myomer  sein  Muskel  zugehört. 

Bei  höhern  Vertebraten  sind  beide  aber  stets  neben  dem  Fasciculus 
longitudinalis  centralis  gruppiert,  dem  Hauptweg  optischer  und  vestibulärer 
assoziativer  Reflexe,  und  erreicht  der  Trochleariskern  durch  seine  frontale 
Verschiebung  den  Ort  der  Reflextätigkeit,  welche  auch  den  III.  Kern  be- 
herrscht. 


560  ÜBERSICHT    ÜBKR    DIE    MOTORISfllEN    KERNE. 

RÖTHiG  fand  bei  Bufo  und  Rana  eine  beträchtliche  Verlängerung 
des  IV.  Kernes,  was  beweist,  daß  bei  diesen  Tieren  die  frontale  V^erla- 
gerung  in  ähnlicher  Weise  stattfindet  (erst  durch  frontale  Verlänge- 
rung, dann  durch  allniähliche  frontale  Akkumulation)  wie  beim  Abducens- 
kern  (s.  o.). 

Der  Oculomotormskern,  ursprünglich  dem  Mittelhirn-Neuromeren  zuge- 
hörend, behält  überall  ungefähr  dieselbe  sagittale  Lage  in  der  Nähe  des 
optischen  Haupt-Reflexsystemes  bei.  Nur  seine  Lage  im  Querschnitt  weist 
erhebliche  Unterschiede  auf. 

Bei  den  Z3^klostomen  liegt  ein  Teil  seiner  Zellen  dorsal,  ein  anderer 
Teil  ventral  in  der  Nähe  des  Wurzelaustrittes. 

Bei  den  Selachiern,  wo  das  System  des  zentralen  Längsbündels  (s.  o.) 
so  sehr  verstärkt  ist,  ist  der  ganze  Kern  in  der  Nähe  dieses  Systemes,  also 
in  dorsaler  Lage,  angeordnet.  Wie  ich  oben  bereits  beim  Abducenskern 
sagte,  spielt  aber  bei  den  Teleostiern  die  Reflextätigkeit  der  ventralen  tekto- 
bulbären  Bahn  auf  die  Augenmuskelkerne  eine  große  Rolle  (vielleicht 
verstärkt  von  andern  ventralen  Fasern.  Deren  Einfluß  auf  den  Oculomoto- 
riuskern  läßt  sich  hier  auch  nachweisen,  indem  ein  Teil  von  dessen  Zellen 
eine  stark  ventrale  Lage  aufweist. 

Bei  allen  liöhern  Vertebraten  ist  es  wieder  das  Koordinationssystem 
des  zentralen  Längsbündels,  welches  —  wie  beim  Abducenskern  — •  die 
Lage  bedingt,  und  wird  der  Kern  wieder  ganz  dorsal  gefunden. 

Die  höhere  Organisation  des  Sehaktes  bei  den  Vögeln  und  Säugern 
bedingt  in  ihm  vielerlei  Differenzierungen  in  Kerngruppen,  entsprechend 
den  verschiedenen  Muskeln  und  Muske]s3aiergien,  welche  dabei  eine  Rolle 
spielen.  Hierbei  ist  es  interessant,  daß  bei  den  Primaten  der  Zentralkern 
der  Konvergenz  Perli.\  sich  zwischen  die  Edinger-Westphalsclien  Kerne 
der  Akkommodation  einschiebt. 

Dies  ist  ein  anatomischer  Ausdruck  der  Tatsache,  daß  beim  bilateralen 
Sehen  Konvergenz  und  Akkommodation  zusammengehen. 

So  zeigt  uns  die  Verschiedenheit  in  der  Anordnung  der  primären 
effektorischen  Zentren  den  großen  Einfluß,  welchen  bei  Reizungen  ver- 
schiedener Herkunft  die  maximalen  Reize  und  die  funktionellen  (Reiz-) 
Synergien  ausüben,  einen  Einfluß,  den  ich  übrigens  auch  für  anderen 
Zellgruppen  (s.  die  vorigen  Kapitel)  habe  nachweisen  können. 

Ich  will  hier  am  Schlüsse  nur  noch  darauf  hinweisen,  daß  die  Tat- 
sache, weshalb  bei  einer  Reizvermehrung  in  einem  Gebiet  der  eine  Kern 
sich  wohl  und  ein  anderer  sich  nicht  dahin  verlagert,  also  die  Selektivität, 
welche  in  der  Kernverschiebung  besteht,  bedingt  wird  durch  ein  korrela- 
tives Verhalten  mit  sensorischen  oder  andern  reflektorischen  Tätigkeiten, 
und  daß  hierdurch  das  Hauptgesetz  der  Hodogenese  entschleiert  wird : 
die  Assoziation  gleichzeitiger  Reize  oder  Reizreste,  welche  auch  das  Grund- 
prinzip der  Psychologie  darstellt. 


MOTORISCHE    KKRNE.  561 

Dali  bei  einer  Vergrößerung  des  zentralen  Längsbündels  sich  wohl  der 
Abducenskern  und  z.B.  nicht  der  Facialiskern  diesem  erhöliteii  Reizgebiete 
nähert,  hat  seinen  Grund  in  der  Verwandtschaft,  welche  zwischen  den 
Fasern  dieses  Bündels  und  dem  Abducenskern  besteht  und  die  niclit  zwi- 
schen diesen  Fasern  und  den  Zellen  des  Facialiskernes  vorliegt. 

Umgekehrt  werden  die  Augenmuskelkerne  meistens  nicht  in  ihrer 
Lage  durch  viszerale  Reize  beeinflußt,  (z.  B.  Geschmacksreize). 

Das  Hauptgesetz  der  Neurobiotaxis  läßt  sich  am  besten  so  ausdrücken, 
daß  man  sagt,  daß  die  Lage  eines  Kernes  bestimmt  wird  durch  diejenigen 
mit  ihm  funktionell  verwandten  Fasersysteme,  von  denen  aus  die  meisten 
Reize  ihm  zugeführt  werden. 

Weiter  werde  ich  hier  nicht  nälier  darauf  eingehen,  sondern  verweise 
auf  meine  diesbezügliche  Auseinandersetzungen  im  ersten  Kapitel,  wo  die 
Faktoren,  welche  die  Hodogenese  und  die  Anordnung  der  grauen  Substanz 
bedingen,  eingehend  besprochen  sind. 


Kapi'f.rr.  36 


n62  LITERATUR    ZUM    FÜNFTEN    KAPITEL. 


LITERATUR  ZUM  FÜNFTEN  KAPITEL. 

Über  das  motorische  System  der  Medulla  oblongata  und  des 

Mittel  hirns. 

Zyklostomen  i). 

Ahlborn.    Untersuchungen    über  das  Gehirn  der  Petromyzonten.  Zeitschr.  f.   wiss. 

Zool.   Bnd.   39,   1883. 
Ahlborx.    Ueber    den    Ursprung    und    Austritt  der  Hirunerven  etc.  Ibidem.   Bnd. 

40,   1884. 
Ariens  Kappers.    Weitere    Mitteilungen  über  Neurobiotoxis  II.    Die  Entwicklung 

des    horizontalen    Schenkels     des     Eacialiswurzelknies.     Folia    Xeuro-biologica. 

Bnd.  II,   1908. 
AsiEKs    Kappers.    The    migrations    of   the    motor    cells   of   the  bulbar  Trigemiuus, 

Abducens,  and  Facialis  in  the  series  of  Vertebrates  and  the  differences  in  the 

course  of  their  root-fibres  (counted  as  Mitteilung  V),  Verhandelingen  der  Kon. 

Akad.  V.  Wetensehappen,   Amsterdam,  Tweede  Seetie,  Deel   16,  Nr.  4,  1910. 

Ariens    Kappers.    Weitere    Mitteilungen    über  Neurobiotaxis  VII.  Die  phylogene- 

'  tische  Entwicklung  der  motorischen  Wurzelkerne  in  Oblongata  und  Mittelhirn. 

Folia  Neurobiologica.  Bnd.   VI,  Sommer-Ergänzungsheft,   1912. 
Black.  The  motor  nuclei  in  Phylogeny.   A  study  of  the  phenomena  of  Neurobiotaxis. 

Journal   of  Comp.   Neur.   Vol.   27,   1917. 
BüTSCHLi.  Vorlesungen  über  vergleichende  Anatomie,   Leipzig,  Eugelmann,   1912. 
Edjnger.    Das    Gehirn    von    Myxine    glutiuosa.    Abhandl.    der    Preuss.    Akad.  der 

Wissensch.   1906. 
FüEBRiNOER.    Untersuchungen    zur    vergleichenden    Anatomie    der    Muskulatur    des 

Kopfskeletts  der  Zyklostomen.  Jenaische  Zeitschrift.   Bnd.  IX,   1875. 
FüEBRTNGER.    Ueber    die    spino-occipitalen  Nerven  der  Selachier  und  Holocephalen 

etc.  Festschrift  für  Gegenbaur,  Teil   III,   1897. 
Gegenbaur.  Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere.  Bnd.  I,   1898. 
Holm.    The    finer    Anatomy    of   the    Nervous  System  of  Myxine  ghitinosa.  Morph. 

Jahrbuch,   Bnd.   29,   1902. 
HüET.  On  the  oculomotor  and  trochlear  nucleus  in  lower  Vertebrates.  Proeeedings 

of  the  Kon.   Akad.   v.  Wetenseh.  March   1911. 
Johnston.    The    Brain    of   Petromyzon.    Journal  of  Compar.  Neur.  Vol.   12,   1902. 
Johnston.    On  the  presence  or  absence  of  the  glossopharyngeal  nerve  in  Myxinoids. 

Anat.  record.  Vol.  II,   1908. 
Neal.  The  development  of  the  Hypoglossusmusculature  in  Peti-omyzon  and  Squalus. 

Anat.   Anzeiger.  Bnd.   13,   1897. 
Eetzius.  Das  Gehirn  und  das  Auge  von  Myxine.  Biologische  Untersuchungen  N.  F. 

Bnd.  V,   1893. 
EöTHiG  and  Ariens  Kappees.    Further  eontributions  to  our  knowledge  of  Myxine 


')    Die    Literatur    über    Amphioxus    ist    zusammengestellt    am     Schluß    fies    2teu 
Kapitels. 


MTERATUR    ZUM     l'ÜNKTKN    KAPITKI,.  5ü8 

glutinosa.    Proceedings  of   the    Ivoniiiklijke    Akad.   van  Wetensoh.   Amsterdam. 

Vol.  XVII,   1914. 
Schilling,    üeber    das  Gehirn  von   Petromyzon  fluviatilis.    Abhandl.  der  Senckenb. 

Naturf.  G-esellsch.   in  Frankfurt  »/M.   Bnd.  30,    1907. 
Sterzi,   II  sistema  nervosa  centrale.  Ciclostomi  Vol.  I.  Draghi  1907,   Padova. 
Tkkt.takoff.   Das  Zentralnervensystem  von  Ainmocoetes  Teil  II.  Das  Gehirn.  Archiv 

f.  mikr.   Anatomie.   Bnd.   74,   1909. 
WoRTHrNöTos.  Contribution  to  our  kwowledge  of  Myxinoids.  American  Naturalist, 

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WoTtTHiNGTON.  Descriptive  Anatomy  of  the  Brain  and  cranial  nerves  of  Bdelloatoma 

dombeyi.  Quarterly  Journal  of  microsc.  Science  Vol.  49,   1906. 

Plagiostomen. 

.\riens  Kappees.  The  structure  of  tlie  Teleostean  and  Selachian   Brain.  Journal  of 

Comparative  Neurology.  Vol.   16,   1906. 
Ariens  Kappers    Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis,  II.  Die  phylogenetische 

Entwicklung    des    horizontalen  Schenkels  des  Facialiswurzelknies.  Folia  Neuro- 

biologica.   Bnd.  II,   1908. 
Ariens  Kappers.  The  migrations  of  the  motor  cells  of  the   bulbar  V,  VI  und  VII 

nueleus  etc.   Verhandl.  v.  d.   Kon.   Akad.  v.  Wetensch.   Deel   16,   1910. 
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pared  with  other  fishes.   Proceed.   Kon.   Akad.  v.   Wet.   Amsterdam,    1912. 
Ariens    Kappehs.   Weitere    Mitteilungen    über    Neurobiotaxis,    IV    The    migrations 

of    the    motor  rootcells  of  the   vagusgroup  and  the  phylogenetic  diHVi-entiation 

of  the    hypoglossus    nueleus  from  the  spino-occipital  System.   Psych,  en   Neur. 

Bladen,  Amsterdam,   1911. 
Aeiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis:  VII  Die  phylogenetische 

Entwicklung  der  motorischen  Wurzelkerne  in  Oblongata  und  Mittelhirn.  Folia 

Neurobiologica  Sommerergänzuugsheft   Bud.   VI,    1912. 
Ariens  Kappers.   lieber  den  motorischen  Glossopharyngeus  und  Facialis  bei  niederen 

Vertebraten.   Folia  Neurobiologica  Bnd.  VIII,   1914. 
Black.  The  motor  nuclei  in  phylogeny.  A  study  of  the  phenomena  of  Neurobiotaxis. 

Journal  of  Compar  Neurology,   Vol.   27,   1917. 
BüTscm.i.  Vorlesungen    über    vergleichende    Anatomie.    Leipzig,   Engelmann,   1912. 
Edgeworth.    On    the    Morphology    of   the    Cranial    muscles    in    some    Vertebrates. 

Quarterly  Journal  of  Microscopical  Science.   Vol.   56,   1911. 
FüKBRiNGEK.    lieber    die    spino-okzipitalen    Nerven    der    Selachier  und    Holoccphali. 

Festschrift  für  Gegenbaur.   Teil  III,   1897. 
Gegenbaur.   Vergl.   Anat.   der  Wirbeltiere.   Bd.   I,   Leipzig  1898. 
Van  der   Horst.   Die  motorischen   Kerne  und   Bahnen  in  dem  Gehirn  der    Fische. 

Ihr  taxonomischer   Wert  und  ihre  neurobiotactische   Bedeutung.   Tijdschr.   der 

Nederl.  Dierk.  Vereen.   Deel  XVI,   1918. 
Neal.  The  development  of  the  Hypoglossusmusculature  in  Petromyzon  and  Squalus. 

Anat.   Anzeiger,   Bnd.   13,   1897. 
Neal.    The    morphology    of   the    eye-musclenerves.    Tufts  College  Studies.   Vol.   III 

N°.  4,   1914. 
Stehzi.    II    sistema    nervoso  centrale  dei  vertebrati.   Vol.   11,   Pesei,   Libro  I  Selaci. 

Parte  I  Anatomia.  Draghi   Padova,   1909. 
TiESiNQ.    Ein    Beitrag    zur    Kenntnis    der    Augen-,  Kiefer-  und  Kiemenmuskulatur 

der  Haie   und   Rochen.   Jenaische   Zeitschrift.    Bnd.   30,    1895. 
Vetter.    Untersuchungen    zur    vergleichenden    Anatomie    der  Kiemen-  und   Kiefer- 
muskulatur der  Fische.   1.  Teil.  Jenaische  Zeitschrift.   Bnd.   S,   1874;   2.  Teil, 

Bnd.   12,   1878. 


5(!  l  MTERATUR    ZUM    FÜNFTEX    RAPrr]OL. 

Vax   Wijue.   Ueber  die  Mesodermsegmente  etc.  des  Selaehierkopfes.  Yerhand.    der 
Kou.   Akad.   van  Wetenschappen,  Amsterdam,   1882  1). 

Ganoiden  und  Teleostier. 

Agassiz  et  C.  Vogt.   Anatomie  des  Salmones.   Xeufeliätel,   184.5. 

Allis.    The    cranial  museles    and    cranial    and    first    spinal    nerves   in    Amia  calva. 

Journal   of  Morphology.  Vol.  XII,   1897. 
Allis.  The  Seull  and  the  cranial  and  first  spinal  nerves  in  Scomber  scomber.  Journal 

of  Morphology,  Vol.   18,   1903. 
Ariens    Kaiters.    The    structure  of   the    Teleosteau  and  .Selachian  Brain.  Journal 

of  Comp.   Neur.   16,   1906. 
Ariens    Kappers.   Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis,  III.  Ueber  den  Einfluß 

der  Neurone  der  Geschmackskerne  auf  den  motorischen  Facialis-  und  Glosso- 

pharyngeuskern    und    ihr  Verhalten  zvir  Eadis  deseendens  Nervi  quinti,   Folia 

Neurobiologica,   Bd.  III.   1909. 
Ariens    Kappers.  Weitere    Mitteilungen    über    Neurobiotaxis,  IV.    The  migrations 

of   the    abducens    nucleus    and    the    coneomitatiug    changes    of   its    root-fibres. 

Psychiatrische  en  Neurologische   Bladen,  Amsterdam,   1910. 
Ahiens   Kappers.  The  migrations  of  the  bulbar  V,   VI  und  VII  nucleus  etc.  Ver- 

handl.   v.  d.   Kon.   Akad.  v.   Wetensch.   Amsterdam,   Deel   16,   1910. 
Ariens    Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis  VI.  The  migrations  of 

the    motor    rootcells    of   the  Vagusgroup    and    the    dirt'erentiation    of   the  XII 

Nucleus  from  the  spino-occipital  System.   Psych,   en  Neur.  Bladen,   1911. 
Ariisns  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis  VII.  Die  phylogenetische 

Entwicklung  der  motorischen   Wurzelkerne  in  Oblongata  und  Mittelhirn.  Folia 

Neurobiologica,   Bnd.   VI.   SommererganzAiugsheft,    1912. 
Ariens   Kappers.   Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis  VIIL   lieber  den  mo- 
torischen G-lossopharyngeus  und  Facialis  bei  niederen  Vertebraten.  Folia  Neuro- 
biologica, Bnd.  VIII,   1914. 
Beccabi.    Sopra    alcuni    rapporti  del  fasciculo  longitudinale  posteriore  con  i  nuclei 

di  origine  del  nervo  III  e  IV  nei  Teleostei :  Monitore  Zoologico  Italiano  1912. 
Berkelbach  v.  d    Sprenkel.  The  central  relations  of  the  cranial  nerves  in  Silurus 

gianis  and  Mormyrus  ca.'ichive.  Journal  of  Comp.  Neur.   Vol.   25,   1915. 
Black.  The  motor  nuclei  in  Phylogeny,  a  study  of  the  phenomena  of  Neurobiotaxis 

Journal  of  Comp.  Neur.  Vol.   27,   1917. 
Cahier  et  Valencienes.  Histoire  Naturelle  des  Poissons.  Paris,   1828 — 1848. 
Cunningham.   A  treatise  on  the  Common  Sole.  Plymouth,   1890. 
DiETZ.   A'ergelijkende    Anatomie  van  de  Kaak-  en  Kieuwboogspieren  der  Teleostei. 

Inaugui'al-Dissertation,   Leiden,   1912. 
Droogleever    Fortuyn.    Notiz    über    den  Eintritt  der  motorischen  Nervenwurzeln 

in  die  Medulla  oblongata  und  über  die  Lage  der  motorischen  Kerne  bei  Amia 

calva.   Folia  Neurobiologica.  Bnd.  VI,   1912. 
Edgeworth.   On  the  Morphology  of  the  cranial  museles  in  some  vertebrates.  Quar- 

terly  Journal  of  Microscopical  Science.  Vol.   56,   1911. 
Franz.   Das  intracerebrale   Verlaalten  des  Nervus  troehlearis.  Anat.  Anzeiger.  Bnd. 

38,   1911. 
Gegenbaur.   Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere.   Bnd.  I,   1898. 
Herrick.  The  cranial  and  first  spinal  nerves  of  Menidia.  Journal   of  Comp.   Neur. 

Vol.   9,   1809. 
HüET.  The  oculomotorius  and  troohlear  nucleus  in  lower  vertebrates.  Proceed  Kon. 

Akad.  V.    Wet.  Amsterdam,   1911. 


')  Neu  erschienen  1915. 


LITERATUR    ZUM    FÜNFTEN    KAPITEL.  565 

Van   ber  Horst.    Die  motorischen  Kerne  und  Bahnen   in  dem   Gehirn  der  Fische. 

Ihr    taxouomiseher  Wert  und  ihre  neurobiotaetische  Bedeutung.  Tijdsehr.  der 

Ned.   Dierk.   Vereen.  Deel  XVI,   1918. 
JuGE.   Recherehes  sur  les  nerfs  cerebraux  de  la  musculature  cephaliquc  de  Silurus 

glanis.   Revue  suisse  de  Zoologie.   Tome  VI,   1899. 
Lange,  (dr).  The  descending  traets  of  the  corp.  quadrigemina.   Folia  Neiirob.  Bnd. 

lil,   1910. 
Maysee.   Vergleichend  anatomische  Studien   über  das  Gehirn  der  KnochenKsche  mit 

besonderer    Berücksichtigung    der    Cyprinoiden.    Zeitschrift    für    wissenschaftl. 

Zool.   Bnd.   36,   1881. 
Mc.  Murrich.    The    Cranialmuscles  of  Amia  ealva.   Studios  from  te  Biological   La- 

boratory  of  Johns  Nopkins  University,   Baltimore.   Vol.   III,   1884 — 1887. 
Mc.  MuRKiCH.    The    myology  of  Ameiurus  catus.   Proceedings  of  the  Canadian  In- 
stitute in  Toronto"^,   Vol.   II,    1884. 
Schreiner.    Einige    Ergebnisse    über  den  Bau   und  die  Entwicklung  der  Oceipital- 

region    von    Amia    und  Lepidosteus.  Zeitschrift  für  wissenschaftliehe  Zoologie. 

Bnd.   72,    1902. 
Stannius.  Das  periphere  Nervensystem  der  Fische,  Rostock,   1847. 
Stannids.    Zootomie  der   Fische.  Berlin  (Handbuch  der  Anatomie  der  Wirbeltiere. 

2.   Auflage,   Heft  I)   1854. 
TiiEüNissEN.  The  arrangment  of  the  motorroots  and  nuclei  in  the  brain  of  Acipenser 

ruthenus    and    Lepidosteus    osseus.    Proceedings    of   the    Kon.   Akad.  v.  Wet. 

Amsterdam,   May,   1914. 
Thilo.    Die   Vorfahren  der  Schollen.   Bulletin  de  l'Academie  imperiale  des  sciences 

de  St.  Petersbourg.  V'^™^  Serie,   Tome  XIV,' 1901.   (Referat  im  Zoologischen 

Anzeiger,    1902.) 
Vetter.    Untersuchungen    zur    vergleichenden    Anatomie  der  Kiemen-   und   Kiefer- 
muskulatur der  Fische.   1.   Teil.  Jenaisehe  Zeitschrift.   Bnd.   8,   1874.   2.  Teil, 

Bnd.  12,   1878. 
Wallenberg.    Beiträge    zur    Kenntnis    des    Gehirns     der    Teleostier  und  Selachier. 

Anat.   Anzeiger  Bnd.   31,   1907. 

Amphibien. 

Ariens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotasis  VII.  Die  phylogenetische 
Entwicklung  der  motorischen  Wurzelkerne  in  Oblongata  und  Mittelhiru.  Folia 
Neurobiologica,   Sommerergänzuugsheft,   Bud.   VI,   1912. 

Black  (D.).  The  motor  nuclei  in  Phylogeny.  A  study  of  the  phenomena  of  neuro- 
biotaxis.  Journal  of  Comp.  Neurology.  Vol.   27.   1917. 

Beunneb.  Description  of  uew  facial  muscles  in  Anura  etc..  An.  Anzeiger. 
Bnd.   XV.   1899. 

BüTsciiLi.  Vorlesungen    über    vergleichende    Anatomie.   Leipzig,   Engelmann,   1912. 

Dhüner.  Studien  zur  Anatomie  der  Zungenbein-Kiemenbogen  und  Kehlkopfmuskeln 
der  ürodelen.  Teil  I.  Zool.  Jahrb.  (An.  und  Ontogenie).  Bnd.  XV,  1901. 
Teil  II  Ibidem,  Bnd.   19,   1904. 

Ecker,  Wiedeesueim  und  Gaupp.  Die  Anatomie  des  Frosches.  Teil  II,  Braunsch- 
weig  1897. 

Edgeworth.  On  the  Morphology  of  the  cranial  Muscles  in  some  vertebrates. 
Quarterly  Journal  of  microscopieal  Science.  Vol.   56,   1911. 

Gegenbaue.  Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere.  Teil  I,   1898. 

Horst  (van  der).  Die  motorischen  Kerne  und  Bahuen  in  dem  Gehirn  der  Fische. 
Ihr  taxonomischer  Wert  und  ihre  neurobiotaetische  Bedeutung.  Inaugural- 
Dissertation.  Amsterdam,  1916.  Deutsche  Uebersetzung  in  Tijdsehr.  Ned. 
Dierk.  Ver.   1918. 


566  LITEKATUR    ZUM    FÜNFTEN    KAPITEL 

Man  (de).  Vergelijkende  myologische  en  neurologische  Studien  over  Amphibien  en 
Vogels.   Leiden,   1873. 

Plessen  (v.).  und  Eabinovicz.  Die  Kopfnerven  von  Salamandra  maculata  im  vor- 
gerückten Embryonalstadium.   München,   1891. 

Stkong.    The    cranial    nerves  in  Amphibia.  Journal  of  Morphology.   Vol.  X,   1895. 

E.ÖTHIG.  A  Contribution  to  Neurobiotaxis.  The  arrangement  of  the  motor.  nuclei 
in  Myxine  glutinosa,  Cryptobranchus,  Necturus,  Eana  fusca  and  Bufo.  Pro- 
ceedings  öf  the  Kon.   Akad.   v.   Wetensch.   Amsterdam,   Oct.   1913. 

WiEDEESHEiM.  Salamandrina  und  Geotriton  fuscus.   Genua,   1875. 

Reptilien. 

Abiens  Kappeks.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis,  IV.  The  migrations 
of  the  abducens  nucleu.s  and  the  concomitating  ehanges  of  its  root-fibres. 
Psychiatrische  en  Neurologische  Bladen,   1910. 

Abiens  Kappees.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis.  V.  The  migrations  of 
the  bulbar  V,  VI  and  VII  nuclei  etc.  Verband,  v.  d.  Kon.  Akad.  v.  We- 
tensch.  Deel   16,    1910. 

Abiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis,  VI.  The  migrations  of 
the  motor  root-cells  of  the  vagus-group  and  the  phylogenetic  differentiation 
of  the  hypoglossus  nucleus  from  the  Spino-oecipital  system.  Psychiatrische 
en  Neurologische  Bladen,    1911. 

Abiens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis  VII.  Die  phylogene- 
tische Entwicklung  der  motorischen  Wurzelkerne  in  Oblongata  und  Mittelhirn. 
Folia  Neurobiologica,  Sommer-ergänzungsheft,  Bnd.  VI,   1913. 

Beccahi,  Sulla  spettanza  delle  fibre  del  Lenhossek  al  sistema  del  nervo  aeeesorio 
e  contributo  alla  morfologio  di  questo  nervo  (osservazioni  in  Lacerta  muralis). 
Arehivio  di   Anat.  e  di  Embriogogia.   Vol.   XI,   1912 — 1913. 

Beccari.  II  IX,  X.  XI  e  XII  pajo  di  nervi  cranici  e  di  nervi  cervicali  negli  embrioui 
di   Lacerta  muralis.   Arehivio  di  Anatomio  e  di  Embriologia.  Vol.  XIII,  1914. 

Black  (D.).  The  motor  nuclei  in  phylogeny,  a  study  of  the  phenomena  of  Neuro- 
biotaxis. Vol.  27,    1917. 

Bo.ianus.   Anatome  Testudinis  europaeae.   1819 — 1821. 

Brücke.  Ueber  die  Zunge  der  Chamaeleonen.  Sitz,  berichte  der  Akad.  der  Wiss. 
in   Wien.  Bnd.   8,   1882. 

BüTscHLi.    Vorlesungen    über    vergleichende    Anatomie.   Engelmaun,   Leipzig,   1912. 

Chaenock  Bbadley.  The  museles  of  Mastication  and  the  movements  of  the  skull 
in   Lacertilia.  Zool.  Jahrbuch.   Bnd.   18,    1903. 

Coeninö.  Ueber  die  Entwicklung  der  Kopf-  und  Extremitätenmuskulatur  bei  Eep- 
tilien.   Morphologisches  Jahrbuch.   Bnd.   28,    1899. 

Edgewoeth.  On  the  Morphology  of  the  cranial  Museles  in  some  vertebrates. 
Quarterly  Journal  of  Microseopical  Science,  Vol.   56,   1911. 

FüBBEiNGER.  Vergleichende  Anatomie  des  Brustschulterapparates  etc.  Jenaische 
Zeitschrift.   Bnd.   34,   1900. 

Gegenbaub.   Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere.  Teil   1,   1898. 

Hoffmann.  Reptilien  in  Beonn's  Klassen  und  Ordn.  d.  Tierreichs,   1888. 

KiLLiAN.   Die  Ohrmuskeln  der  Crocodile.  Jenai-sche  Zeitschrift.  Bnd.  24,   1900. 

Lange  (de).  Untersuchungen  über  das  Gehirn  der  Reptilien.  III.  Teil.  Das  Hinter- 
hirn  und  das   Rückenmark,    1916. 

Leweyre.  Le  mecanisme  de  la  projection  de  la  langue  du  Chauiaeleon.  Journal  de 
l'Anatomie  et  de  la  Physiologie.  Annee  31,   1895. 

MiVABT.  Notes  on  the  myology  of  Iguana  tubere.  Proc.  Zool.  Soc.   London,  1867. 

MiVAET.  On  the  myology  of  Menopoma,  Menobranchus  and  Chamaeleon.  Proc.  of 
the  Zool.  Society.   London,   1869  and   1870. 


I 


LITERATUK    ZUM    FÜNFTEN    KAPITEL.  567 

MiVAKT.  On  the  myology  of  Chauiaeleon  parsonii.  Proc.  Zool.  Society.  Loiiden,  1S70. 
OsAWA.  Die  Anatomie  von  Hatteria  punctata.  Arch  f.  mikr.  Anat.  End.  51,  1898. 
Rdqe.    Ueber    das    peripherische    Gebiet    des    Nervus    Facialis    bei    Wirbeltieren. 

Festschrift  für  Gegenbaur.   Bnd.   III,   1897. 
Vebsluts.   Ueber  Kaumuskeln  bei  Lacertilien.   An.  Anzeiger.   Bnd.   24,   1914. 
Walther.  Das  Viseeralskelett  und  seine  Muskulatur  bei   Amphibia  und   Reptilien. 

Jenaische  Zeitschrift.   Bnd.   21,    1887. 

Vögel. 

Ariens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  die  Verlagerung  der  motorischen 
Oblongata- Kerne ;  der  Bau  des  autonomen  Systems.  Folia  Neurobiologica, 
Bnd.   1,    1908. 

Abiexs  Kappers.  The  migrations  of  the  motor  cells  of  the  bulbar  Trigeminus, 
Abducens  and  Facialis  in  the  series  of  Vertebrates  and  the  ditt'erences  in  the 
course  of  their  root-fibres  (counted  as  Mitteilung  V),  Verhandelingen  der  Kon. 
Akad.  V.   Wetenschappen,  Amsterdam,  Tweede  Sectie,   Deel   16,   Nr.  4,  1910. 

Ariens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotasis  VI.  The  migrations  of 
the  motorroot-eelles  of  the  Vagnsgroup  and  the  phylogenetic  diiferentiatiön 
of  the  hypoglossus  from  the  spino-occipital  System.  Psych,  eu  Neurologische 
Bladen,   Amsterdam,    1911. 

Ariens  Kappers.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotasis  VII.  Die  phylogene- 
tische Entwicklung  der  motorischen  Wurzelkerne  in  Oblongata  und  Mittelhirn. 
Folia  Neurobiologica.   Bnd.   VI,   Sommer-ergänzungsheft,   1912. 

Ariens  Kappers.  Pbenomeua  of  Neurobiotaxis  in  the  Central  nervous  systeni. 
Transactions  of  the  XVII"i  International   Congres  of  Medicine,  London,  1913. 

BiONDi.  Osservazioni  sullo  svilupo  e  sulla  structura  dei  nervi  oculomotore  e  trocleare 
nel  pollo.  Eivista  di  nevropatologia,  psichiatria  ed  elettroterapia,  A^ol.  III,  1910. 

Black  (D.).  The  motor  nuclei  in  phylogeny.  A  study  of  the  pheuomena  of  Neuro- 
biotaxis. Journal  of  Comp.   Neurology.   Vol.   27,    1917. 

BoK.  Die  Entwicklung  der  Hirnnerven  uud  ihrer  zentralen  Bahnen.  Die  stiniulogene 
Fibrillation.  Folia  Neurobiologica.   Bnd.  IX,   1915. 

Brandis.  Untersuchungen  über  das  Gehirn  der  Vögel.  Teil  I.  Archiv  f.  mikroskop. 
Anatomie,   1898. 

Brandis.  Untersuchungen  über  das  Gehirn  der  Vögel.  Teil  II.  Ursprung  der 
Nerven  der  Medulla  oblongata  1.   Hypoglossus.   Bnd.  41,   1893. 

Brandis.  Untersuchungen  über,  das  Gehirn  der  Vögel.  Teil  IV:  Der  Ui-sju-ung 
der  Augenmuskelnerven  und  des  Trigeminus.  Arch.  f.  mikrosk.  Anatomie. 
Bnd.  44,   1895. 

Broüwek.  Kliniseh-anat.  Untersuchungen  über  den  Oculomotoriuskern.  Zeitschr.  f. 
d.  gesamte  Neur.  und  Psych.   1917. 

Gadow.   Bronn's  Klassen  uud  Ordnungen  des  Tierreichs;  Vögel. 

KosAKA  und  Yagita.  Experimentelle  Untersuchungen  über  die  Ursprünge  des  N. 
hypoglossus.  Jahrbücher  für  Psychiatrie,   1903. 

KosAKA  und  HiRAiwA.  Die  Facialiskerne  des  Huhnes,  referiert  in  Folia  Neuro- 
biologica.  Bnd.   1,   1908. 

LuBoscH.  Vergleichend  anatomische  Untersuchungen  über  den  Ursprung  und  Phylo- 
genese des  Nervus  accessorius  Willisii.  Archiv  f.  mikrosk.  Anatomie  und 
Entwickl.  geschichte.   Bnd.   54,   1899. 

Mesdaq.  Bijdrage  tot  de  ontwikkelingsgeschiedenis  van  de  structuur  der  hersenen 
bij  de  kip.  Dissertation,  Gronijigen   1909. 

Eamon  t  Cajal.  Trabajos,  etc.,  de  Madrid,  Tome  VI,   1908  (vS.   217). 

Eamon  r  Cajal.  Ganglias  de  la  substancia  reticular  del  bulbo.  Trabajos  del  laborat, 
etc.,  de  Madrid,  Tome  VII,   1909. 


568  LITERATUR    ZUM    FÜNFTEN    KAPITEL. 


Säugetiere. 

AüBKET    Müssen.    Note    on  the  movements  of  the  tongue  from  Stimulation  of  the 

XII'*^  nueleus,  root  and  nerve.  Brain.  Vol.   32,   1909. 
Ariens    Kappees.    lieber    den  Einfluß  der  Neurone  der  G-eschmaekskerue  auf  den 

motorischen  Facialis-  und  Glossopharyngeuskern  und  ihr  Verhalten  zur  Radix 

descendens  N.  quinti.  Folia  Neurobiologica  Bnd.  III,   1909. 
Ariens  Kappees.  The  migrations  of  the  bulbar  V,  VI  and  VII  nueleus  etc.  Verh. 

der  Kon.  Akad.  v.    Weteusch.   Amsterdam,  Deel   16,   1910. 
Abiens  Kappers.   Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis,  VI.  The  migrations  of 

the  motor  root-cells  of  the  vagus  group  and  the  phylogenetic  difterentiation  of 

the    hypoglossus    nueleus    from    the    spino-occipital    System.    Psychiatrische    en 

Neurologische  Bladen,   1911. 
AEIE^fS  Kappees.  Weitere  Mitteilungen  über  Neurobiotaxis,  VII.  Die  phylogenetische 

Entwicklung    der    motorischen    Wurzelkerne     in    Oblougata    und    Mittelhirn. 

Sommerergänzungsheft  Folia  Neurobiologica  Bnd.  VI,   1912. 
Abiens    Kappehs.    Phenomena    of   Neurobiotaxis    in    the    Central    nervous    system. 

Transactions  of  the  XVII""  International  Congress  of  Medicine,  London,  1913. 
Bach.  Experimentelle  Untersuchungen  über  die  Lokalisation  im  Oculomotoriusgebiet. 

Zentralblatt  für  Nervenheilkunde,    1S96. 
Bach.   Pupillenstudien.   Graefe's  Archiv.  Bnd.   57,   1904. 
Bechterew.   lieber  die  Kerne  der  mit  den   Augenmuskeln  in  Beziehung  tretenden 

Nerven.   Archiv  f.  Anat.  und  Physiologie   1897. 
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Yagita  und  Hatama.  Ueber  das  Speichelsekretionszentrum.  Neurologisches  Zentral- 
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Yagita.  Experimente  an  dem  Nervus  petrosus  superficialis  major  etc.  Folia  Neuro- 
biologica,   Bnd.   VIII,   1914. 


SECHSTES   KAPITEL. 

DAS  KOORDINATORISCHE  SYSTEM   VON   OBLONGATA 
UND  MITTELHIRN. 


A.    Die  Retikulären  Kerne. 

In  dem  vorigen  Kapitel  habe  ich  darauf  hingeweisen,  daß  die  moto- 
rischen Kerne  in  ihrer  sekundären  Lage  bedingt  werden  durch  mit  ihnen 
funktionell  verwandte  sensible  Zentren,  es  seien  sensible  Wurzelzentren, 
"oder  andere  Reizgebiete. 

In  Kapitel  II  und  III  aber  haben  wir  gesehen,  daß  die  sensiblen 
Wurzelzentren  nur  selten  einfach  sind,  sondern  daß  manchmal  zivei  oder 
mehr  verschiedene  Wurzeln  in  einem  gemeinsamen  Zentrum  enden. 

So  wies  ich  in  dem  Kapitel  über  die  Branchialnerven  darauf  hin,  daß 
die  sensible  Facialis-  und  die  sensible  Glossopharyngeus- Wurzel  meistens 
in  einem  gemeinsamen  (Geschmacks)-Zentrum  enden  (S.  279 — 291),  während 
die  Hautäste  des  Vagus  CR.  auricularis)  und  des  Trigeminus  beide  in  dem 
Grau  des  deszendierenden  Trigeminus  aufsplittern  (S.  282). 

Ahnlicherweise  wurde  in  dem  Kapitel  über  das  Lateralis-  und  Octavus- 
system  darauf  hingewiesen,  daß  die  N.  N.  laterales  und  der  N.  vestibularis 
manche  gemeinsamen  Zentren  haben  (S.  385),  und  daß  der  DEiTERskern  der 
Säugetiere  ein  gemeinsamer  Kern  für  Vestibularis-,  Kleinhirn-  und  spinale 
Reize  ist  (vergl.  S.  437),  ebenso  wie  die  MAUTHNER'sche  Zelle  der  Fi.sche 
Gesichts-,  Gleichgewichts-  und  Kopf-Reize  aufnimmt  (S.  388). 

Hieraus  geht  also  hervor,  daß  die  Neuriten,  welche  aus  solchen  Zentren 
hervorgehen,  meistens  gemeinsame  Endwege  nicht  nur  mehrerer,  son- 
dern auch  verschiedener  Reize  sind,  die  —  auf  Grund  der  Korrelation, 
welche  zwischen  solchen  Reizen  naturgemäß  besteht  —  sich  assoziiert  haben, 
nach    denselben    Gesetzen,  welche    wir   auch    in    der  Psychologie  kennen. 

Schon  die  primären  „sensiblen"  Zentren  sind  also  manchmal  Schalt- 
siellen,  nicht  nur  zwischen  einem  einkommenden  und  einem  austretenden 
System,  sondern  zwischen  mancherlei  naturgemäß  zusammenwirkenden  ein- 
kommenden Systemen  und  einem  austretenden  System :  es  sind  manchmal 
polyvalente  transmittorische  Neuronen:  Koordinations-systeme. 

Es  gibt  darunter  Zellen,  welche,  wie  die  dorsalen  Bogenfaserzellen  des 
Rückenmarks,  in  dem  dorsalen  sensiblen  Areal  der  Oblongata  angelegt 
werden  und  dort  bleiben.  Sie  werden  dann  oft  als  sensible  Kerne  bezeichnet, 
wenn  sie  überwiegend  mit  KoUateraleu  oder  Endigungen  einer  bestimmten 
.sensiblen  Wurzel  in  Verbindung  treten. 


1)1  K    HKTIKULÄRKN    ICEKNK.  f )  /  O 

Die  polyvalenten  transmittoi-üchen  Neuronen  können  aber  auch  an  andern 
Stellen  zu  Entwicklung  geraten,  um  so  mehr,  wenn  sie  nicht  bloß  Wurzel- 
reize, sondern  auch  Reize  sekundärer  absteigender  Bahnen  (aus  dem  Mit- 
telhirn oder  Kleinhirn,  u.  s.  w.)  aufnehmen. 

Dann  kommt  es  nicht  selten  vor,  daß  die  reflexüberl ragenden  Zellen, 
bloß  durch  Schaltneuronen  mit  primär  sensiblen  Zentren  in  V^erbindung 
stehen.  Sie  selber  bilden  alsdann  bloß  tertiäre  Neuronen. 

Zu  dieser  letzten  Kategorie  von  Elementen  muß  man  jene  großen 
retikulären  Kerne  des  Hirnstammes  rechnen,  welche  als  Vermittler  von 
Reizen  auf  primär  motorischen  Zentren  in  dem  effektorischen  Prozeß  eine 
wichtige  Rolle  spielen. 

Diese  Elemente  haben  durch  ihre  polygonale  Gestalt  und  ihren  Um- 
fang  manchmal   einen   exquisit   effeklorischen  Charakter. 

Viele  werden  sogar  in  dem  ventralen  Abschnitt  der  Oblongata,  unterhalb 
des  Sulcm  limitans,  in  der  Nähe  primär  motorischer  Zellen  angelegt,  von 
denen  sie  sich  aber  manchmal  durch  eine  beträchtlichere  Größe  unter- 
scheiden, und  aus  deren  Nähe  sie  im  Laufe  der  Ontogenese  und  Phyloge- 
nese unter  dem  Einfluß  gewisser  Reize  (Neurobiotaxis)  allmälilich  entfernt 
werden  können. 

Stehen  solche  Zellen  nämlich  stark  unter  dem  Einfluß  eines  bestimmten 
Reizes,  wie  es  z.  B.  in  der  Vestibularisregion  der  Oblongata  der  Fall  sein 
kann,  dann  können  die  Zellen  sich  sekundär  anordnen  zu  einem  sensitivo- 
reflektorischen  Ivern  in  dem  Gebiete  eines  solchen  sensiblen  Nerven.  Ihre 
Topographie  wird  dann  eine  scharf  umschriebene,  und  man  spricht  nicht 
mehr  von  retikulären  Zellen,  sondern  von  sensitivo-reflektorischen  oder 
sensiblen  Kernen  eines  bestimmten  sensiblen  Nerven.  Beispiele  davon  sind 
die  großen  retikulären  Zellen  der  Oblongata  auf  dem  Niveau  des  VIII- 
Eintrittes,  welche,  bei  Petromyzon  ziemlich  diflus  in  der  Oblongata  zerstreut, 
bei  höhern  Tieren  den  wohl  umschriebenen  Deiterskern  und  Tangential- 
Kern  bilden. 

Da  die  retikulären  Zellen  jedoch  meistens  ein  „common  final  path" 
sehr  verschiedener  Reize  bilden,  findet  ihre  Verlagerung  und  sekundäre 
Anhäufung  sehr  selten  nur  an  einer  bestimmten  Stelle  statt.  Sie  bleiben 
meistens  diffuse  Zellhaufen,  deren  auffallend  lange  Dendriten  .sich  nach 
vielen  Richtungen  hin  verästeln. 

Diese  Zellen  bilden  daher  kaum  wirkliche,  scharf  umschriebene  Kerne, 
sondern  zeigen  nur  in  Hauptzügen  eine  gewisse  Gruppierung,  welche  meistens 
nur  auf  den  Haupteinfluß  gewisser  Regionen  hinweist. 

Eine  Merkwürdigkeit  dieser  Zellen  und  ihrer  Axonen  ist  noch  daß 
sie  sehr  früh  in  der  Ontogenese  zur  Ausbildung  gelangen  (Cajal,  Bok), 
was  auch  auf  ihre  große  Bedeutung  hinweist. 

Im  allgemeinen  übermitteln  sie  ihre  Reize  auch  nicht  allein  auf  einem 
motorischen  System,  sondern  bilden  sie  sowohl  ein  „common  path"  nach 
motorischen    Zentren  in  ihrer  Nähe  als  für  andere   weiter  entfernte  moto- 


574  ME   RETIKl'LÄRKN    KKRNE. 

rische  Zentren,  deren  Kooperation  mit  dem  ihnen  benachbarten  moto- 
rischen Zentrum  sie  vermitteln. 

Ein  einfaches  Beispiel  möge  dies  erläutern. 

Wenn  ein  leuchtendes  Objekt  die  Retina  eines  Tieres  trifft  und  das 
Tier  will  seinen  Blick  darauf  richten,  dann  genügt  es  nicht,  daß  eine  Gruppe 
von  Augenmuskeln  sich  dafür  in  Tätigkeit  setzt,  sondern  es  müssen 
alle  Augenmuskelkerne,  eventuell  auch  die  Halsmuskulatur  dafür  die  richtige 
Innervation  erhalten.  Ja,  es  muß  in  vielen  Fällen,  namentlich  bei  Fischen, 
die  keinen  beweglichen  Hals  haben,  der  ganze  Körper  in  eine  der  Blick- 
richtung entsprechende  Haltung  gebracht  werden,  wobei  also  auch  die 
Schwanzmuskulatur  beeinflußt  werden  muß. 

Dasselbe  gilt  für  den  Freßakt,  auch  namentlich  bei  niedern  Tieren. 
Nicht  nur  die  Bewegung  der  Kiefermuskulatur  genügt  zu  dem  Fang  der 
Beute ;  der  ganze  Körper  muß  in  entsprechender  Weise  dazu  beitragen, 
und  die  Reflexe,  welche  dem  motorischen  Trigeminuskern  übermittelt 
werden,  müssen  auch  auf  den  Körper,  resp.  die  Schwanzregion  übertragen 
werden. 

Es  sind  diese  und  ähnliche  Koordinationen,  welche  von  den  großen 
retikulären  Zellen  vermittelt  werden,  deren  Neuriten  oft  in  oder  neben 
dem  zentralen  Längsbündel  verlaufen. 

Die  Entwicklungsgeschichte  dieser  Zellen  ist  uns  namentlich  durch 
die  Untersuchungen  von  Tretjakofp,  ^'AN  Hoevell,  BarteLxMEZ,  Ca.ial, 
Bechterew,  Jacobson  und  Kohnstamm  bekannt   geworden. 

Sie  weist  manche  interessanten  Punkte  auf,  wovon  ich  das  wichtigste 
in  den  folgenden  Zeilen  mitteilen  werde. 


Ob  bei  Amphioxus  bereits  solche  Zellen  in  dem  oberen,  mit  der  Oblon- 
gata  und  dem  Mittelhirn  korrespondierenden  Abschnitt  des  Neuralrohres 
vorliegen,  ist  die  Frage.  Vielleicht,  daß  die  vorderste  Gruppe  der  Rohdeschen 
Riesenzellen,  deren  Axonen  kaudalwärts  zielien  (s.  Kap.  H)]  als  solche 
betrachtet  werden  können. 

Bei  den  Zyklostomen  sind  die.se  Zellen,  welche  dort  teilweise  unter  dem 
Namen  MüLLBR'sche  Zellen  bekannt  sind,  am  besten  von  Tretjakoff 
beschrieben  worden,  der  darin  verschiedene  Gruppen  unterschied  (vergl- 
Fig.  298),  welche  sich  mehr  oder  weniger  in  Anschluß  an  bestimmte  moto- 
rische Zentren  flnden. 

Tretjakoff  hat  darauf  hingewiesen,  daß  diese  Zellen  von  einer  direkten 
Beeinflussung  sensibler  Wurzeln  ausgeschlossen  sind. 

Die  Zellgriippen  des  Nucl.  octavo-motorius  anterior  und  posterior,  welche 
direkte  Reize  empfangen,  habe  ich  bereits  auf  S.  372  bei  den  sensiblen  Kernen 
beschrieben. 

Die  hintere  Gruppe  dieser  Zellen  findet  sich  in  dem  Areal  des  Vagus 


DIE    R[i:TIKUr,AKKN    KKRNE. 


575 


(vergl.  auch  Fig.  202),  wo  sie  medial  von  den  motorischen  Vaguszellen 
mehr  in  der  Fortsetzung  des  medialen  Graus  des  Rückenmarkes  in  ziemlich 
dorsaler  Lage  liegen.  Sie  bilden  den  Nncl.  reticularis  inferior.  Ihre  Zellen, 
welche  nicht  groß  sind,  schicken  ihre  Achsenzylinder  im  zentralen  Längs- 
bündel derselben  Seite  kaudalwärts '(Fig.  298:  A). 

Die  Reflexe,  welche  diese  Zellen  dem  Rückenmark  übertragen,  sind  von 
vielerlei  Art;  denn  ihre  Dendriten  verästeln  sich  in  verschiedene  Richtungen. 

Ihre  Anordnung  läßt  aber  vermuten,  daß  sie  überwiegend  viszerale 
Reflexe  und  vielleicht  auch  Trigeniinusreflexe  übertragen. 

Eine  zweite  Gruppe  solcher  Reflexzellen,  der  Nucleios  reticularis  medius 
(Fig.  298  :  B)  liegt  auf  dem  Niveau  des  Vestibulariseintrittes. 

Ihre  Zellen  sind  größer  und  in  zwei  Schichten,  einer  dorsalen  und  einer 
ventralen,  angeordnet. 

Unter  den  ventralen  Zellen  können  eine  oder  zwei  als  wirkliche  Riesen- 
zellen bezeichnet  werden. 

Auch  ihre  Dendriten  weisen  eine  Verästelung  nach  mehreren  Richtun- 
gen auf,  sogar  stärker  noch  als  die  Vagusgruppe. 

Einige  Axonen  dieser  Zellen  kreuzen,  die  meisten  ziehen  in  dem 
gleichseitigen  Fasciculus  longitudinalis  centralis  zum  Rückenmarke. 


Fig.  998.     Die  retikulären  Elemente  und  Müllerschen  Fasern  und  ihre  Anordnung  zum 
zentralen  Längsbündel  bei  der  Larve  von  Petromyzon,  n.  Tretjakofk. 


A  =  Nucl.  reticularis  inferior. 
B  =  Nucl.  reticularis  medius. 


C  =  Trigeminale  Gruppe  |  Nucl.  retic. 
D  —  Isthmus  Gruppe  1       super, 

(die  zwischen  C  und  D  liegende  dorsalere  Zelle  liegt  in  dem  Areal  des 
Trochlearis  Kernes,  vergl.  Fig.  167). 
E  =  Nucl.  reticularis  mesencephalicus. 


Die  dorsale  Vestibularisgruppe  besteht  aus  nur  zwei  Zellen. 

Die  eine  Zelle  liegt  direkt  hinter  dem  motorischen  Facialiskern,  die 
andere  direkt  vor  diesem  Kern.  Beide  sind  Riesenzellen,  deren  Dendriten 
sich  über  ein  großes  Areal  ausbreiten  und  deren  Achsenzylinder  sich  in 
das  zentrale  Längsbündel  begibt  bis  zu  der  Schwanzregion  des  Markes. 

Eine   dritte   Gruppe  viel  kleinerer  Zellen  (Fig.  298  :  C)  liegt  direkt  vor 


576  IHK    RETIKULÄREN    KERNE. 

dem  motorischen  Trigeminuskern,  auf  dem  Niveau  des  sensiblen  V-Eintrittes 
und  wäre  als  trigeminale  Gruppe  zu  bezeichnen.  Ihre  Dendriten  verbreiten 
sich  mehr  in  dem  lateralen  als  in  dem  ventralen  Gebiet  der  Oblongata,  und 
ihre  Axonen  verlaufen  in  dem  zentralen  Längsbündel  derselben  Seite  rück- 
wärts. Auch  von  diesen  Zellen  nehmen  bereits  einige  bei  Petromyzon  eine 
ventralere  Lage  ein. 

Als  Istlimusgrup^ie  (Fig.  298  D)  lassen  sich  einige  sehr  große  retikuläre 
Elemente  (die  größten  des  ganzen  Gehirnes)  bezeichnen,  welche  ungefähr 
auf  dem  Niveau  des  Trochleariskernes,  etwas  ventral  davon,  liegen  (vergl. 
auch  Fig.  167). 

Die  trigeminale  und  Isthmus-Gruppe  retikulärer  Zellen  können  als 
Nucl.  reticularis  superior  zusammengefaßt  werden. 

Da  die  Dendriten  dieser  Zellen  sich  teilweise  in  dem  Areal  des  Troch- 
leariskernes und  des  Oculomotoriuskernes  verästeln,  übermitteln  diese  Zellen 
vielleicht  dieselben  Reize  wie  die,  welche  die  genannten  Augenmuskelkerne 
trefi'en,  und  dürften  sie  also  eine  Koordination  zwischen  Augenstellung  und 
Körperstellung  verwirklichen. 

Ahnliches  darf  wohl  von  der  Mittelhirngruppe  der  MüLLER'schen  Zellen 
{Nucleus  reticularis  mesencephalicus)  gesagt  werden,  die  in  der  Nähe  des 
Oculomotorius  kernes  anfängt  und  sich  bis  hinter  das  Niveau  der  Com- 
missura  posterior  ausdehnt  i). 

Sie  enthält  neben  kleineren  auch  sehr  große  Zellen,  deren  Dendriten- 
verästelung eine  solche  ist,  daß  man  den  Eindruck  erhallt,  daß  sie  auch 
optische  Reize  übermittelt. 

Auch  ihre  Achsenzylinder  verlaufen  gleichseitig  bis  in  die  Schwanzregion 
des  Rückenmarkes,  wo  sie  mit  den  Achsenzylindern  der  großen  Zellen 
der  Nuclei  reticulares  superior  und  medius  die  MüLLERSchen  Fasern  bilden, 
welche  ich  in  dem  Kapitel  über  das  Rückenmark  (Fig.  58  und  59)  bespro- 
chen habe,  und  von  denen  nur  wenige  (aus  der  Vestibularisregion)  kreuzen. 

Da  ihie  Achsenzylinder  auch  Kollateralen  in  die  Augenmuskelkerne 
schicken,  vermitteln  diese  Zellen  warscheinlich  die  Koordination  der  Augen- 
und  Schwanzmuskeln  auf  optische  und  damit  korrelierte  Reize. 


Die  retikulären  Zellen  der  Plagiostomen  weisen  bereits  andere  topo- 
graphische Verhältnisse  auf. 

Auf  gewissen  Distanzen  von  einander  getrennt,  findet  man  fast  an  der 
ganzen  Länge  des  zentralen  Langsbündels  entlang,  und  auch  ventrolaferal 
davon,  große  multipolare  Zellen,  welche  nicht  zu  den  motorischen  Wurzel- 
zellen gehören,  sondern  als  retikuläre  Zellen  zu  betrachten  sind. 

Die   retikulären    Elemente   des    Vagusareales    zeigen   sich  jedoch   sehr 

1)    Man  kann  sie  wieder  in  kleinere  Gruppen  verteilen  (Herrick),  wovon  die  dorsalste 
eine  Erhebung  des  S.  limitans  hervorruft.  (Vergl.  Fig.  411.) 


DIK    UETIKni,AIlRN    KKRXK.  0/  l 

9 

zahlreich  und  sind  ventral  in  der  Raphe  angehäuft.  Sie  können  dort  so 
zahlreich  sein,  daß  man  von  einem  wirklichen  Kern:  dem  Nucleus  reticu- 
laris inferior,  reden  kann  (v.  Hoevkll),  der  sich  nicht  nur  in  der  Raphe, 
sondern  auch  seitlich  davon  guirlandenförmig  unter  dem  Fase.  long,  cen- 
tralis ausdehnt.  Diese  Zellgruppe  ist  sowohl  kaudal  als  frontal  ziemlieh 
scharf  abzugrenzen  (Fig.  299). 

Auch  auf  frontaleren  Niveaus  gibt  es  spezielle  Anhäufungen  und  zwar 
auf  denselben  Querebenen,  wo  bei  Petromyzon  Gruppen  retikulärer  (Mül- 
LERScher)  Zellen  gefunden  werden:  dem  Niveau  des  VIIl-Eintrittes  {NvcL. 
reticularis  medius),  dem  trigeminalen  und  prätrigeminalen  (Isthmus)  Niveau 
(Nucleus   reticularis   supei-ior)   und    schließlich  in  der  Basis  des  Mittelhirnes. 

Die    Oetavusgruppe,    Fig.    300,    weist    nur    sehr   wenig   Zellen   in  der 


mot. 
■XKern. 


Fig.  299.  Die  retikuläien  Elemente  iü 
dem  unteren  Oblongatagebiet  (Nucl. 
reticularis  inferior)  eines  Rochen,  n. 
Van  Hoevell. 


Nucl.  ret  med. 


Fig.  300.  Die  retikulären  Elemente  in 
der  Octavusregion  (Nucl.  reticularis 
raediusjeines Rochen, n.  Van  Hoevell. 


Raphe  auf.  In  diesem  Areale  liegen  die  retikulären  Elemente  hauptsäch- 
lich seitlich  von  der  Raphe,  also  bilateral  geordnet,  und  bleiben  ziemlich 
dorsal  nahe  dem  lateralen  Rande  des  Fasciculus  longitudinalis  centralis, 
wo  auf  jeder  Seite  6 — 8  solcher  Zellen  in  einem  Schnitt  gefunden  wer- 
den können. 

Einige  Zellen  bilden  jedoch  eine  mehr  ventrolatere  Gruppe,  welche 
offenbar  mit  eintretenden  Vestibularisfasern  in  Verbindung  steht,  für  welche 
sie  ein  reflektorisches  Zentrum  darstellen.  Aus  ihnen  geht  ein  deutliches, 
seitlich  von  dem  zentralen  Längsbündel  verlaufendes  Bündel  hervor  (Fase, 
medianus  Stieda's),  welches  bis  weit  hinunter  ins  Rückenmark  verfolgt 
werden  kann. 

Frontal  von  dieser  Region  vermindert  die  Zahl  der  retikulären  Ele- 
Kappehs.  37 


578 


DIE    RETIKULÄREN    KERNE. 


mot. 
trie 


Diente  wieder,  um  auf  dem  Niveau  des  motorischen  Trigeminuskernes  und 
namentlich  etwas  frontal  davon  wieder  eine  Vermehrung  zu  erfahren: 
Nucleus  reticularis  superior  (Fig.  301). 

Auch   die  Zellen  dieses  retikulären  Kernes  (wenn  man  den  Ausdruck 

Kern  hier  überhauj^t  gebrauchen  darf) 
liegen   in    derselben    Weise    geordnet, 
seitlich    von  der  Raphe  (nicht  in  der 
Nuci.    Raphe). 

Sie  beschränken  sich  hauptsäch- 
lich auf  das  obere  Drittel  des  Quer- 
schnittes. 

Frontal  von  dem  Nucleus  reticu- 
laris superior  vermindert  sich  die  Zahl 
dieser  Zellen  wieder,  ohne  jedoch 
gänzlich  aufzuhören. 

In  der  Basis  des  Mittelhirnes  tritt 
jedoch,  seitlich  von  den  Oculomoto- 
riuswurzeln  und  frontal  davon,  wieder 
eine  größere  Anzahl  solcher  Zellen 
zum  Vorschein,  welche  als  Nucleus 
reticularis  mescncephali  bezeichnet  wer- 
den können. 
Die  frontalsten  und  dorsalsten  dieser  Elemente  dehnen  sich  vor  dem 
Oculomotoriuskern  aus  in  den  kaudalen  Abschnitt  der  Commissura  poste- 
rior-Fasern  und  dürften  den  Zellen  des  sog.  Nucl.  interstitialis  der  höhern 
Tiere  verwandt  sein,  welche  ihre  Axonen  ebenfalls  in  den  Fase.  long, 
centralis  kaudalwärts  schicken. 


Fig.  301.  Der  Nucleus  motor.  Trigemini 
und  Nucleus  reticularis  superior  eines 
Rochen  (Raja  clavata)  n.  Van  Hoevell. 


Bei  den  Teleostiern,  wo  fast  alle  Elemente  des  Nervensystems  eine 
umschriebenere  Anordnung  aufweisen,  sind  auch  die  retikulären  Ele- 
mente in  schärfere  Gruppen  gesondert  und  ist  ihre  Anordnung  nach 
gewissen  sensiblen  Reflexzentren  ausgesprochener  (Fig.  302). 

Die  hintere  Gruppe  Nucleus  reticularis  inferior  (N.  mot.  Tegm.  inf. 
Fig.  302),  unterscheidet  sich  von  derjenigen  bei  den  Selachiern  dadurch, 
daß  sie  einen  viel  weniger  ausgesprochenen  Raphekern  bildet.  In  der 
Raphe  kommen  hier  nur  ganz  wenig  Zellen  vor;  die  meisten  liegen  seit- 
lich nahe  der  ventrolateralen  Ecke  des  Fase.  long,  centralis  und  stehen  in 
N'erbindung  mit  .sekundären  Neuronen  der  sensiblen  Vaguskerne,  von  denen 
sie  Geschmacksreflexe  und  taktile  Reflexe  übermitteln,  welche  mit  der 
Bewegung  des  Atemwassers  mittels  der  Flossen  zu  tun  haben  dürften, 
eine  Art  respiratorisches  Zentrum  also.  Ihre  Axonen  verlaufen  in  dem  zen- 
tralen Längsbündel  kaudalwärts. 

Eine  zweite  Gruppe  erstreckt  sich  bis  in  die  Nähe  des  Facialiskenies, 


DIK    IlETIICUr.ÄRKN    IvKRNE. 


r)79 


WO  sie  aufli  Reflexe  des  Octiivo-Lateralis-Gebietes  übermitteln  (Bartelmkz) 
dürfte. 

Letztgenannte  Funktion  fällt  übrigens  namentlich  zwei  Gruppen  zu, 
welche  sich  findet  im  Vestibularisareal  (Pars  postmauthneriana :  P.  Post 
M.,    Fig.    302)  und  frontal  davon  (Pars  prämauthneriana  :  P.  Pre  M.,  Fig. 


N.Cerv.I' 


Fig.  302.    Pi-ojektion    der   sensiblen,  motorischen  und  retikulären  Kerne  von 

Ameiurus  in  einer  horizontalen  Fläche  n.  Bartelmez. 

Die  retikulären  Elemente  sind  geki'euzt  schraffiert,  die  motorischen  schräg  schraffiert, 

die    sensiblen    Areale   sind    punktiert.   —  MAUTHNERsche  (M.  C.)  uud  MüLLERsche  Zellen 

(Mül.  C.)  durch  diese  Punkte   dargestellt. 

302).  Zwisschen  diesen  Gruppen  liegt  die  MAUTHXER'sche  Zelle,  welche  in 
dieser  Beziehung  von  besonderer  Bedeutung  ist  (vergl.  S.  388 :  M.  C.). 

Von  ihren  Hauptdendriten  steht  der  laterale  (ebenso  wie  der  Zellleib) 
mit  direkten  Vestibularisfasern  in  Verbindung,  während  die  ventralen 
Dendriten  sich  namentlich  in  die  Richtung  des  sensiblen  Trigeminuskernes 
begeben,  teilweise  auch  in  Verbindung  stehen  mit  Axonen  der  ventralen 
Vestibulariskerne  und  mit  optischen  Reflexfasern. 

Die  hinter  der  MAUTHNEKschen  Zelle  gelegenen  retikulären  Zellen  haben 
etwa  dieselben  Verbindungen  wie  der  untere  ventrale  Dendrit  der  Mauth- 
NERschen    Zelle    und    stehen   hauj>tsäehlich    mit  den  ventralen  Kernen  der 


580 


DIE    RETIKULÄREN    KERNE. 


Area  statica  in  Verbindung.  Sie  entsprechen  wahrscheinlich  (mit  den  Zellen 
in  der  Nähe  des  Facialiskernes)  dem  Nitcleiis  reticularis  medius  der  Haie. 
Die  vor  der  MAUTNER'schen  Zelle  gelegenen  retikulären  Elemente 
haben  dieselben  Verbindungen  wie  der  obere  ventrale  Dendrit  der  Mauth- 
NERSchen  Zelle  und  stehen  hauptsächlich  mit  dem  Hauptkern  des  Trige- 
minus   und   mit  zerebello-motorischen  Fasern  in  Verbindung  (Bartelmez). 


Fig.  303.    Mauthnerzelle  eines  jungen  Lachses, 

n.    Bartelmez. 

F.L.M.  =  Fasciculus  longitudinalis  medialis  (=  centralis); 

Ax.  =  Axon;  Ax.  Cp.  =  Axonkappe;  Nticl.  D.  —  DElTERS-kern. 


Sie   entsprechen    teilweise  der  trigeminalen  Gruppe  der  Plagiostomen. 

Die  vorderste  Gruppe  von  retikulären  Zellen  der  Oblongata  (Pars.  sup. 
Fig.  302)  dehnt  sich  auch  bei  den  Teleostiern  bis  frontal  von  dem  Trige- 
minusniveau  aus  und  dürfte  der  Isthmus-Gruppe  der  Plagiostomen  ent- 
sprechen, welche  ich  als  Nucleus  reticularis  superior  bezeichnete. 

Bei  den  Teleostiern  weist  sie  (Bartelmez)  Verbindungen  mit  Kollateralen 
der  lateralen  Schleife  auf,  eine  wichtige  Tatsache,  im  Zusammenhang  mit  der 
weitern  phylogenetischen  Entwicklung  dieser  Gruppe  und  der  Schleife 
(siehe  bei  den  Reptilien,  S.  583  und  den  Säugern,  S.  589  und  590). 

Auch  die  Mittelhirnbasis  der  Teleostier  enthält  große  retikuläre  Ele- 
mente, namentlich  direkt  frontal  von  dem  Niveau  des  Oculomotoriuskernes 


DHC    RETllCULAKEN    KERNE. 


581 


in   ähnlicher   Anordnung  wie  bei  den  Plagiostomen :  NikI.  reticularis  mesen- 
cephalicus. 

Die  Axonen  dieser  Zellen  übermittohi  walirscheinlich  überwiegend 
Opticus-ReÜexe,  vielleicht  auch  solche  vom  Kleinhirnbindearm,  und  ver- 
laufen größtenteils  nach  hinten  in  oder  neben  dem  zentralen  Längsbündel. 


Die  retikulären  Elemente  der  Amphibien  sind  uns  teilweise  bekannt 
durch  die  Untersuchungen  Beccari's  und  Herrick's,  welche  aber  haupt- 
sächlich larvale  Zustände  studierten. 

Eine  besondere  Gruppierung  wurde  hier  bis  jetzt  nicht  durchgeführt 
und  ist  wahrscheinlich  kaum  durchführbar. 

Unter  den  retikulären  Elementen  ist  —  bei  den  geschivänzten  Amphi- 
bien —  die  MAUTHNERsche  Zelle  auffallend,  deren  Axon,  wie  bei  den  Teleo- 
stiern,  gekreuzt  in  dem  zentralen  Längsbündel  kaudalwärts  läuft  und  erst 
in  der  Schwanzregion  des  Rückenmarkes  endet. 

Ihr  dorsaler  Dendrit,  vielleicht  dem  lateralen  Dendriten  der  Mauthner- 
schen  Zelle  der  Teleostier  homolog,  dehnt  sich  in  dem  Areal  der  Lateralis- 
wurzelfasern  aus,  während  mediale  Dendriten  sich  mit  Fasern  und  Kolla- 
teralen des  Fase.  long,  centralis  in  Verbindung  stellen  und  ventrale 
Dendriten  sich  zwischen  andern  Systemen  der  Oblongata  verästeln  (Tr. 
tecto-bulbaris  und  Tr.  spino-bulbaris). 

Bei  den  ungeschwänzten  Amphibien  fehlt  die  MAUTHNERsche  Zelle. 

Ob  aie  während  der  larvalen  Lebensperiode  des  Frosches,  wenn  dieses  Tier 
noch  geschwänzt  ist,  auftritt,  ist  unbekannt. 


TUTO^ 


Auch  bei  den  Amphibien 
weist  die  Mittelhirnbasis  unter- 
halb des  Oculomotoriuskernes 
große  polygonale  Elemente  auf, 
denen  sicher  die  Bedeutung  von 
Schaltzellen  zukommt.  Ihre  ge- 
nauen Verbindungen  sind  indes- 
sen unbekannt. 


Viel  deutlicher  als  bei  den 
Amphibien  ist  die  Anordnung  der 
koordinatorischen  Zellen  bei  den 
Reptilien,  wo  sie  uns  durch  Van 
Hoevell's  Untersuchungen  be- 
kannt ist. 

Ich  demonstriere  ihr  Ver- 
halten an  den  Abbildungen,  welche  dieser  Untersucher  vom  Alligator  gab. 


Fig.  304.  Nucl.  reticularis  inferior  von  Alligator 
sklerops  n.  v.  Hoevkij,. 


582 


DIE    RETIKULÄREN    KERNE. 


Die    hintere    Gruppe,    welche   in    Fig.    304   dargestellt   ist:    der    Nucl. 
reticularis  inferior,  weist  wieder,  wie  bei  den  Plagiostomen,   in   der   Raphe 

einen  Kern  auf,  der  sich  auch  seit- 
lich von  der  Raphe  guirlandenför- 
mig  in  dem  ganzen  Vagus- Areal  aus- 
dehnt. Ob  die  lateralste  Zellgruppe 
(Fig.  304 1)  auch  zu  diesen  Zellen 
zu  rechnen  ist,  ist  fraglich.  Wir 
wissen  nämlich,  daß  die  Axonen  des 
eigentlichen  Nucl.  reticularis  inferior 
zu  dem  zentralenLiingsbündel  aufstei- 
gen und  dann  darin  einen  absteigen- 
den Verlauf  zum  Rückenmark  neh- 
men,während  der  Verlauf  der  Axonen 
der  lateralen  Zellgruppe  nicht  be- 
kannt und  es  wohl  möglich  ist, 
daß  diese  Zellen  eine  Vorstufe  des 
lateralen  Kernes  der  Säuger  bilden, 
welche  in  den  antero-lateralen  Trakt 
der  Oblongata  eingeschaltet  ist  und 
deren  Axonen  an  dem  ventro-late- 
ralen  Oblongatarand  aufsteigen. 


Fig.  305.  HnCI.  reticularis  medium  {h  und  c)  und 
sonstige  zellulare  Elemente  in  der  Oblongata 
von  Alligator  sklerops  n.  van  Hoevell. 


Der  untere  magnozelluläre 
retikuläre  Kern  vom  Alligator 
ist  durchsetzt  mit,  oder  besser  ge- 
sagt, umgeben  von  parvozellulä- 
ren  Elementen,  welche  von  den 
Reptilien  an  sich  mehr  und  mehr 
den  großzelligen  retikulären  Ker- 
nen zufügen :  eine  Eigentümlich- 
keit, die  namentlich  bei  den  Säu- 
gern sehr  ausgeprägt  wird  und 
nicht  nur  für  die  retikulären  Kerne 
gilt,  sondern  auch  —  wie  wir  be- 
reits sahen  (S.  544  luid  545),  die 
motorischen  Wurzelkerne  betrifft. 

Etwa  auf  dem  Niveau  der 
Glossopharyngeuswurzel  scheint 
eine  Lücke  vorzukommen  in  den 
retikulären  Elementen,  welche 
dort  wenigstens  viel  spärlicher 
sind.  Erst  frontaler  kommen  wie- 
der  große    polygonale    Elemente 


y.  306.    Na.    reticularis  superior  bei  Alligator 
sklerops   n.   van  Hoevell,   (vergl.   auch  Fig. 


'255,  die  eine  etwas  kaudalere  Ebene  darstellt). 
zum  Vorschein,  welche  jetzt  aber  nicht  mehr   in  der  Raphe,  sondern  aus- 


I 


DIE    KETIKt'l,AKEN    KERNE. 


583 


scliließlich  daneben  angeordnet  sind,  neben  den  Wurzeln  des  N.  abducens, 
Fig.  305,  auf  dem  Niveau  des  Vestibulariseintrittes  (Naclcus  reticularis 
medius). 

Diese  Anordnung  bleibt  so  bis  in  das  Gebiet  des  Trigeminuskernes, 
aber  in  dem  prätrigeminalen  Gebiete  weist  ein  Teil  der  Zellen  (Fig.  306: 
b.  ventr.)  eine  deutliche  ventrolaterale  Verlagerung  in  der  Richtung  des 
vordem  Abschnittes  der  Oliva  superior  und  der  lateralen  Schleife  auf. 

Wir  haben  bereits  bei  den  Teleostiern  (S.  580)  gesehen,  daß  die  vor- 
derste retikuläre  Zellgruppe  dort  zahlreiche  Kollateralen  von  der  lateralen 
Schleife  erhielt.  Es  kann  uns  also  nicht  wundern,  daß  bei  der  ventrolate- 
ralereu     Verlagerung,         .     i  •''///' 

welche   diese  Schleife         ,,  -s.  'liß  v 

-.'.I'        ///y  i  ■  ' 

■    i'i 
■///.  . 


bei  den  Reptilien  auf- 
weist, auch  ein  Teil  der 
unter  ihrem  Reiz-Ein- 
fluß stehenden  Zellen 
des  Nucleus  reticularis 
superim'  dieser  Verla- 
gerungfolgt (Fig.  306). 

Ich  möchte  weiter 
auf  den  kleinzelligen 
Raphekern  hinweisen, 
welcher  auf  dieser 
Höhe  vorkommt,  und 
auf  die  Anhäufung  von 
retikulären  Elemen- 
ten um  die  laterale 
Ventrikelecke,  welche 
Zellen  (Fig.  306:  nc. 
loci  coer.)  obschon  sie  noch  kein  Pigment  i)  enthalten,  den  Nucleus  loci 
coerulei  der  Säuger  repräsentieren  dürften. 

In  der  Basis  des  Mittelhirnes  haben  die  großen  Elemente,  bereits  nach- 
weisbar bei  Amphibien  und  Fischen,  bei  den  Reptilien  sehr  zugenommen 
und  sich  zu  einem  großzelligen  Kern  angeordnet,  welcher  lateral  von  den 
Oculomotoriuswurzeln  liegt  (Fig.  307). 

Diese  Zellen  bilden  dort  den  Anfang  eines  Nucl.  ruber,  der  ebenfalls 
ursprünglich  als  Koordinationskern  zu  betrachten  ist. 

Frontal  vom  Oculomotoriuskern  bilden  andere  Zellen  eine  zweite  Gruppe, 
den  Nucleus  interstitialis  mesencephali  (Cajal). 

Bei  andern  Reptilien  sind  die  Verhältnisse  in  einigen  Beziehungen 
anders,  der  Hauptsache  nach  jedoch  ähnlich. 


Fig.   307.   Nucleus   ruber  bei  Aligator  slderops  ii.  he  Lange. 


')  Die  Anwesenheit  von  Pigment  ist  Iteine  Conditio  sine  qua  non  für  diese  Homologie. 
Auch  der  Kern  der  Subst.  nigra  ist  manchmal  pigmentfrei. 


584 


DIE    RETIKULÄREN    KERNE. 


Die   Vögel  zeigen  in  dieser  Zellordnung  ziemlich  große  Abweichungen 
von  den  letztgenannten  Tieren. 

Der  Nucleus  reticularis  inferior  ist  dort  nicht  so  sehr  in  der  Raphe,  als 


}[^  jc^uX 


7bv2: 


Htüirsr 


Fig.   308.    Nucleus    reticularis   inferior   von  Ciconia  alba, 
n.  Van  Hoevell. 


Fase.         Nu.mot. 

Nu.  "VI.      ret.d.      VII  dors. 

I  I 

r  .  > 

I 


Nu.ret.  med. 
pars  med. 


Fig.  309.  Nucleus  reticularis  medius  bei  Passer 
domesticus,  n.  C.\.ial. 

daneben   entwickelt.    Außerdem   sind    die    Zellen   in   der  Raphe  bedeutend 
kleiner  (Fig.  308). 

Die  Axonen  der  großen  Zellen  verlaufen  hauptsächlich  gekreuzt  (Cajal), 
teilweise  aber  ungekreuzt  im  zentralen  Längsbündel. 


DIE    RKTIKULAREN    KERNE. 


585 


Umgekehrt  weist  der  Nucleus  reticularis  medius  recht  viel  große  Raphe- 
zellen  auf,  was  wir  sonst  nicht  in  dieser  Region  finden. 

Die  Zahl  der  retikulären  Elemente  in  dieser  Gegend  ist  überliaupt 
sehr  groß  und  wird  frontalwärts,  in  dem  Gebiete  des  Facialiskernes,  P^ig. 
309,  noch  größer. 

Dort  erhalten  die  seitlichen  Zellen  auch  eine  sehr  ventrolaterale  Lage 
in  der  Nähe  der  obern  Olive.  Ihre  Achsenzylinder  verlaufen  nur  teilweise 
in  dem  zentralen  Längsbündel,  meistens  lateral  davon  (Fig.  309:  Fase.  ret.  d,) 
und  scheinen  auf  derselben  Seite  kaudalwärts  zu  ziehen  (Tr.  homolat.  internus). 

Der  Nucleus  reticularis  superior  in  den  vorderen  Trigeminusgebiet  ist 
bei  den  Vögeln  stark  entwickelt  und  weist  nur  wenige  Unterschiede  mit  deq^ 
gleichnamigen  Kern  des  Alligators  auf. 

Auch  seine  Axonen  bleiben  fast  gänzlich  ungekreuzt  und  ziehen  nicht 


Fig.  olü.  Nucleus  ruber  des  Storches  (Ciconia  alba),  n.  de  Lange. 


in,  sondern  hauptsächlich  neben  dem  Längsbündel  kaudalwärts.  (Tr.  homo- 
lat. externus  Cajal's.) 

Die  magnozellulären  Elemente  der  Substantia  reticularis  meseucephali 
sind  bei  den  Vögeln,  den  Reptilien  gegenüber  stark  vermehrt. 

An  erster  Stelle  sind  hier  die  basalen  Elemente  zu  nennen,  welche 
lateral  von  den  Oculomotoriuswurzeln  einen  wohl  umschriebenen  Kern 
bilden,  der  als  Nucleus  ruber  zu  bezeichnen  ist. 

Die  Axonen  dieses  Kernes  verlaufen  gekreuzt  kaudalwärts,  aber  nicht 
in  dem  zentralen  Längsbündel  oder  daneben,  sondern  in  ventro-lateraler 
Lage :  Fase,  rubro-spinalis. 

Obschon  seine  Zellen  völlig  den  retikulären  Elementen  ähnlich  sind, 
und,  eingeschaltet  in  eine  zerebello-fugale  Bahn,  einen  koordinatorisch- 
motorischen  Charakter  haben,  wird  der  Kern  nicht  zu  den  retikulären 
Kernen   gerechnet,    namentlich   nicht   bei    den    Säugern,   wo    ein   sich  den 


586 


niE    RETIKULAKEN    KERNE. 


großzelligen  Elementen  frontal  anschließender  parvozellulärer  Zusatz  Projec- 
tionsbahnen  zum  Vorderhirn  schickt. 

Bei  den  Vögeln  ist  indessen  nur  der  großzellige  Abschnitt  entwickelt 
und  ist  durchaus  als  ein  koordinatorischer  Schaltapparat  für  die  Loko- 
motion  zu  betrachten. 

Diffuser  liegen  die  großen  Zellen,  welche  in  einem  dorsaleren 
Niveau  seitlich  und  frontal  von  dem  Oculomotoriuskern  gefunden  werden 
und  von  Cajal  als  Nucleus  interstitialis  bezeichnet  sind.  Die  Axonen  dieser 

Zellen   schließen  sich  wohl 
n^-j^^T     hc-m  n(/i-^/>'=^ü^       dem  zentralen  Längsbündel 

■^^""^  '  an.   Wahrscheinlich  führen 

sie  optische  Reflexe. 


tW:X^ 


Fig.   311.    Retikuläre    Zellen    und    sonstige    Elemente   im 
kaudalen  Oblongata-Areal  von  Macropus  n.  va.\  Hoevell. 


Bei     den    Säugetieren 

gibt  es  (namentlich  in  dem 
Nucl.  reticularis  superior) 
ziemlich  große  graduelle 
Unterschiede. 

Auch  bilden  die  klei- 
nern retikulären  Elemente, 
welche  hier  viel  zahlreicher 
sind  als  bei  niedern  Tieren 
(gerade  wie  um  und  in  den 
motorischen  Kernen)  allerlei 
Gruppen,  welche  nicht  im- 
mer scharf  abzutrennen  sind. 

Ich   gebe   die  folgende 


Darstellung  an  der  Hand  der  Untersuchungen  tan  Hoevell's,  von  dessen 
Resultaten  ich  mich  persönlich  habe  überzeugen  können. 

Bei  Macropus  und  beim  Pferd  findet  man  die  großen  retikulären  Zellen 
an  zwei  Stellen  besonders  stark  angehäuft. 

Eine  Anhäufung  liegt  im  Vagus-  und  Üctavusgebiet.  Sie  erreicht  ihre 
stärkste  Entwicklung  an  der  kaudalen  Grenze  des  VIII-Wurzel-Eintrittes  und 
kann  betrachtet  werden  als  eine  Verschmelzung  des  Nucl.  reticularis  inferior 
und  medius,  welche,  infolge  ihrer  Vergrößerung,  zusammenstoßen. 

Die  andere  liegt  in  der  Höhe  des  motor.  V-Kernes  und  frontal  davon: 
Nu.  reticularis  superior. 

Fig.  311  gibt  einen  Schnitt  durch  ein  kaudales  Niveau  der  Oblongata 
von  Macropus. 

Die  großen  Zellen  dieses  Gebietes  spielen  wahrscheinlich  eine  Rolle 
bei  der  thorakalen  Atmung  (vergl.  S.  306 — 308). 

Auch  sieht  man  hier  noch  einen  Teil  des  Nucleus  funicuü  lateralis  (oder 
Nucl.   reticularis   lateralis),   der  bereits  bei  Macropus  kräftig  entwickelt  ist 


DIE    RETIICUr.AKEX    KEKXE. 


587 


und  seinen  größten  Umfang  hat  auf  einem  etwas  kaudaleren  Niveau.  Inwie- 
weit Zusammenhang  besteht  zwischen  diesen  Zellen  (welche  ihre  Axonen 
frontalwärts  schicken)  und  den  übrigen  reticulären  Elementen  dieser  Gegend, 
kann  ich  nicht  sagen.  —  Vielleicht  haben  sie  eher  eine  funktionelle  Ver- 
wandtschaft mit  der  Olive  (ohne  dazu  zu  gehören). 

Frontalwärts  (Fig.  312)  reichen  sie  bis  an  den  Facialiskern ;  wahrscheinlich 
liegen  auch  zwischen  den  •  . 

motor.   VII- Wurzelzellen 
noch  retikuläre  Elemente. 

Ich  habe  bereits  bei 
der  Beschreibung  der  mo- 
torischen Kerne  darauf 
hingewiesen,  daß  diesel- 
ben bei  den  Säugern  mehr 
als  bei  den  niedern  Tie- 
ren mit  retikulären  Ele- 
menten vermischt  sind, 
was  dadurch  bewiesen 
wird,  daß  nach  Wurzel- 
durchschneidung  nicht 
alle  Zellen  eines  Ker- 
nes zu  Grunde  gehen,  son- 
dern meistens  eine  An- 
zahl, oft  kleinerer,  Ele- 
mente bestehen  bleibt 
(s.  oben). 

Die  um  die  Xll-Wurzehi  liegenden  retikulären  Zellen  wurden  von 
KöLLiKER  als  Nc.  reticularis  diffusus  zusammengefaßt,  die  medial  von  den 
Xll-Wurzeln  liegenden  Zellen  von  Obersteiner  als  Nc.  funiculi  anteriores, 
von  MissLAWSKi  und  v.  Bechterew  als  Ac.  respiraiorius  bezeichnet. 
Letztgenannter  Name,  welcher  darauf  beruht  daß  die  Reflexbahnen 
der  thorakalen  Atmung  (S.  306—308)  hier  entstehen  dürften,  ist  aber 
irreführend,  weil  dies  sicher  nicht  das  einzige  und  wichtigste  Athmungs- 
zentrum  ist. 

Die  großen,  in  der  Höhe  des  VIII-Eintrittes  und  kaudal  davon  vor- 
kommenden Zellen  sind  von  Roller  beschrieben  worden  und  werden 
daraufhin  von  den  meisten  Autoren  als  Nc.  centralis  inferior  Roller 
bezeichnet. 

Die  Zusammenfassung  der  Riesenzellen  des  Octavusgebietes  in  einen 
absonderlichen  Kern  als  Nucleus  reticularis  medius,  —  wenn  auch  diese 
Zellen  deutlich  größer  sind  als  die  auf  dem  Vagus-Hypoglossus-Gebiet  vor- 
kommenden größten  retikulären  Zellen,  (Nucl.  retic.  inferior)  ist  hier  nicht 
scharf  durchführbar. 

Der  Übergang  zwischen  diesen  Gruppen  ist  ein  allmählicher. 


Fig.  312.    Nucl.  reticularis  medius  von  Macropus 

n.    VAN     HOEVELL. 


588 


DIE    RETIKULÄEEN"    KERNE. 


Die  großen  retikulären  Zellen,  die  an  dem  kavidalen  Teil  des  VIII- Wurzel- 
Eintrittes  beim  Menschen  auftreten,  werden  von  Jacobsohn  als  zwei  retikuläre 
Kerne  aufgefaßt,  die  größtenteils  durcheinander  liegen ;  seinem  Nc.  giganto- 
cellularis  formationis  reticularis  und  seinem  Nc.  motorius  dissipatus  formationis 
reticularis.  Die  Unterscheidung  macht  er  allein  auf  Grund  von  Zellenstruk- 
turverschiedenheiten, während  er  angibt,  daß  die  Zellen  des  Ne.  mot.  dissip.  f.  r. 
im  allgemeinen  kleiner  als  die  des  Nc.  gig.  f.  r.  sind.  Ich  glaube  aber,  daß  kleine 
und  große  Zellen  sich  oft  funktionell  ergänzen,  also  zusammen  gehören. 

Frontal  vom  Octavus-Wurzel-Eintritt  nimmt  die  Zahl  der  großen  reti- 
kulären Zellen  ab,  um  auf  der  Ebene  des  motorischen  Trigeminus-Kernes 
wieder  zuzunehmen. 

In  Höhe  des  motorischen  Trigeminus-Kernes  und  in  frontaleren 
Teilen  der  Oblongata  fand  van  Hoeveli,  bei  Macropus  und  beim  Pferd 
aber  keine  Riesenzellen  mehr  in  der  Raphe. 

Wohl  findet  man  in  der  Eaphe  Zellen,  die  mit  den  Nuclei  pontis  zusammen- 
hängen, und  noch  frontaler,  eben  hinter  dem  Corpora  quadrigemina,  einen  klein- 
zelligen Kaphekeru.  Über  all  diese  Zellen,  welche  wahrscheinlich  einen  anderen 
Ursprung  und  eine  andere  Bedeutung  haben,  siehe  unten. 

Die  großen  retikuläreii  Zellen  in  dem  trigeminalen,  Fig.  313,  und  prä- 

trigeminalen  Gebiet,  Fig.  314  A 
und  B,  Nucleus  reticularis  superior, 
zeigen  bei  allen  von  uns  unter- 
suchten Säugetieren  —  ausgenom- 
men Phocaena  —  eine  Eigentüm- 
lichkeit in  ihrer  Anordnung. 

Die  Zellen  scheiden  sicli 
hier  nämlich,  wie  bereits  bei  den 
Reptilien  (Fig.  306)  angedeutet 
war,  mehr  oder  weniger  deutlich 
in  zwei  Gruppen,  von  denen  die 
eine  dorsaler  in  dem  Bulbus 
liegen  bleibt,  während  die  andere, 
in  ventrolateraler  Richtung  wan- 
dert und  sich  gegen  die  laterale 
Schleife  legt. 

Bei  Macropus  hängen  die  zwei  Gruppen  noch  deutlich  zusammen,  wie 
bei  den  Reptilien.  Bei  andern  Tieren,  u.  a.  beim  Kaninchen,  fand  van 
HoEVELL  aber  eine  etwas  weiter  geschrittene  Trennung. 

Beim  Pferd  ist  diese  Verschiebung  am  deutlichsten;  dort  kommen 
die  retikulären  Zellen  sogar  teilweise  zwischen  den  Fasern  der  lateralen 
Schleife  vor. 

Die  großen  retikulären  Zellen  sind  dort  völlig  in  zwei  Gruppen  ge- 
spalten. Die  ventrolaterale  Gruppe  hat  eine  Lage  gegen  den  und  in  dem 
medialen    Rand    der    lateralen    Schleife.     Wo    (auf    frontalerem    Niveau) 


Hc  Ma/jZ' 


UnTSr. 


Fig   313.     Nucl.  reticularis  superior  des 
Pferdes,  nach  v.  Hoevell. 


DIR    RETIKULÄREN"    KERNE. 


iSit 


der  Durchschnitt  dieser  Schleife  etwas  dorsaler  in  dem  Schnitt  vorkommt, 
liegen  diese  Zellen  gleichfalls  dorsaler ;  vergleiche  Fig.  314  A  mit  B). 

lu  l'ig.  314  ist  die  Ausbreitungsgrenze  der  Nuelei  pontis  durch  eine  ge- 
strichelte Linie  angegeben.  In  der  iS'ähe  der  Eaphe  sieht  man  eine  dorsale  Vor- 
wölbung der  Nuelei  pontis  durch  die  gestrichelte  Linie  angegeben.  Bei  dem  Pferd 
sind  die  Zellen  dieser  Gruppe  nicht  scharf  von  den  übrigen  Zellen  der  Nc.  pontis 
zu  trennen.  Bei  einigen  Tieren  jedoch,  z.B.  Kaninehen,  und  vor  allem  Phocaena, 
unterscheiden  sieh  die 
Zellen  dieser  dorsalen 
Gruppe  so  deutlich  von 
den  übrigen  Ne.  pontis, 
und  gehen  davon  solche 
eigentümlichen  Ausläufer 
in  lateraler  und  dorso- 
lateraler  Richtung  aus, 
daß  die  Zellengruppe 
warscheinlich  eine  beson- 
dere Bedeutung  hat 
(Nucl.  reticularis  Bech- 
terew,  Fig.   314  A). 

Die  ganze  Reihe 
der  großen  Elemente 
des  trigeminalen  und 
prätrigeminalen  Ge- 
bietes der  Oblongata 
möchte  ich  mit  Bech- 
terew unter  einen 
Namen  zusammenfas- 
sen :  Nucleus  reticularis 

supenoT",  der  dann  nach  -&■-. ;.-  -    ■  ''\_^-?ir/',nu,f 

VAN  Hoevell  wieder 
in  einen  Nc.  superior 
centralis  s.  dorsalis  (b) 
und  einen  Nc.  superior 
veniro- lateralis  (b^)  ein- 
geteilt werden  kann  ^). 

Auch  bei  der  Katze 

und    beim    Menschen 

kommt  eine  Sachlage 

vor,  welche  prinzipiell  „. ,    „         ,   „  ,   '.^'    , ,    "  ^        ,    ^  , 

.  Flg.  314.    Frontale  Schnitte  (der  untere  frontaler)  durch 

hiervon       nicht      sehr  ^^^  Nucleus  reticularis  Superior  des  Pferdes 

abweicht.  n.  van  Hoevelt,. 


')  Der  Nc.  sup.  dorsalis  s.  centralis  entspricht  dem  Nc.  centralis  sup.  tat  (Bechtehew), 
während  der  Nc.  sup.  ventro-lateralis  dem  Nc.  tegmenti  later.  von  Kölliker  entsprechen 
wurde    (beim    Menschen    beschrieben    zwischen    dem    Leraniscus  lat.  und   den   Brachia 


590 


DIK    RETIKULÄREN    KERNE. 


Nur  bei  Phocaena  fanden  wir  ein  primitveres  Bild,  da  hier  eine  Spaltung  des 
Nucleus  reticularis  superior  in  eine  dorsale  und  ventrolaterale  Gruppe  (resp.  b 
und  b^)  nicht  gefunden  wurde.  Die  Zellen  liegen  hier  gleichmäßiger  durch  die 
Formatio  reticularis  verbreitet,  in  der  Hauptsache  dorsaler  in  dem  Bulbus,  was 
wahrscheinlich  mit  der  größern  dorsalen  Ausdehnung  der  lateralen  Schleife  bei 
diesem  Tiere  zusammenhängt. 

Daß  also  die  latero- ventrale  Verlagerung  eines  Abschnittes  des  Nucl. 
reticularis  superior  durch  ihren  funktionellen  (neurobiotaktischen)  Zusammen- 
hang mit  der  lateralen  Schleife  bedingt  wird,  geht  aus  der  ganzen  Phylo- 
genese dieser  Zellmassen  hervor  und  auch  aus  der  Tatsache,  daß  da,  wo 
die  Schleife  (auf  frontaleren  Ebenen)  eine  dorsalere  Lage   einnimmt,   dies 


CM. 


\  Nu.ret. 
^T^dors  teom. 
;  -  v:^'\  Gudden. 


reL.sup. 

ventro-lat. 
Nu.re  t.sup. 

ven  tro-med. 
Fig.  315.   Die   retikulären   Kerne  in  dem  frontalen  Abschnitt  der  Oblongata  einer  Katze. 

auch  mit  diesen  Zellen  der  Fall  ist  (vergl.  Fig.  314  A  und  B).  Der  Name, 
der  von  Kohnstamm  diesen  Zellen  gegeben  wurde:  ^ucl.  jMralemniscalis, 
trifft  denn  auch  sehr  gut  zu. 

Auch  unter  den  retikulären  Kernen  des  Mittelkirns  sind  bei  den  Säugern 
verschiedene  wohl  definierte  Gruppen  zu  unterscheiden. 

Als  kaudalste  Gruppe  ist  hier  eine  Zellanhäufung  zu  erwähnen, 
welche  wir  bei  den-  Reptilien  und  Vögeln  nicht  vorfanden,  (ebenso  wenig 
wie  die  Bahn,  welche  damit  in  Verbindung  steht:  der  Tr.  mammillo-teg- 
mentalis  dorsalis).  Ich  meine  den  Nucleus  reticularis  dorsalis  iegvienti  v. 
Gudden's. 

Diesen   Kern   (Fig.    315)   welcher   aus  ziemlich  großen  Zellen  besteht, 


anteriora)  Der  von  Kohnstamm  beim  Kaninchen  beschriebene  Nucl.  paralemniscalis  inferior 
(medial  gegen  die  Lemn.  lat.  gelegenen  Zellen)  ist  unserui  Nc.  reticularis  sup.  ventro- 
lateralis  analog. 


DIK    ÜETIICULAREN    KERNE. 


591 


I 


findet  man  etwas  kaudal  vom  Trochleariskern  in  engem  Anschluß  au  das 
liintere  Längsbündel,  wo  er  (namentlich  bei  der  Katze)  einen  scharf  um- 
schriebenen Kern  bildet,  oberhalb  des  Fasciculus  longitudinalis  centralis, 
nahe  der  Raphe. 

Die  Dendriten  dieser  Zellen  verästeln  sich  teilweise  in  dem  Kern  selber, 
teilweise  begeben  sie  sich  zwischen  die  Fasern  des  zentralen  Längsbündels. 

Ihre  Funktion  scheint  daher  eine  scharf  umschriebene  zu  sein.  Wahr- 
scheinlich gesellen  sich  ihre  Axonen  dem  Längsbündel  zu,  oder  ziehen 
dorsal  davon  kaudalwärts. 

Der  Kern  erhält  seine  Reize  von  dem  obengenannten  Tr.  mammillo- 
tegmentalis  dorsalis  oder  dem  GuDDEN'schen  Bündel.  Er  dürfte  auch  mit 
dem  sog.  ventralen  Tegmenturakern  Gudden's  in  Verbindung  stehen,  welcher 
durch  das  zentrale  Längsbündel  von  ihm  geschieden  ist. 

Nach  Winkler  erhält  der  GuDDEN'sche  Kern  von  hinten  her 
Fasern  aus  den  Geschmackskernen.  Falls  sich  die  bestätigen  sollte,  wäre 
der   Kern    ein    Koordinationszentrum   von  Geruch-  und  Geschmacksreizen. 

Die  kleinzelligen  retikulären  Elemente,  welche  sich  bei  den  Säugern 
dorsal  vom  Trochleariskern  anhäufen,  (sowie  diejenigen  in  der  Nähe  des 
Oculomotoriuskernes)  habe  ich  bereits  bei  der  Behandlung  dieser  Kerne 
erwähnt. 

Im  Mittelhirn  finden  wir  zwei  andere  Gruppen  von  großzelligen  Ele- 
menten, den  roten  Kern  und  die  Kerne  des  zentralen  Längsbündels,  welche 
ich  eingehender  beschreiben  und  abbilden  werde  in  dem  Kapitel  über 
das  Mittelhirn  und  Zwischenhirn.  Hier  sei  nur  lerwähnt,  daß  die  phylo- 
genetische Entwicklung  des  roten  Kernes  bei  den  Säugern  namentlich  von 
Hatschek  studiert  worden  ist,  dessen  Resultate  in  voller  Übereinstimmung 
sind  mit  den  oben  erwähnten  Daten  de  L.\nge's  bei  den  niedern  Verte- 
braten,  insofern  sich  dabei  herausstellte,  daß  dieser  Kern  bei  den  niedern 
Säugern  (Didelphys,  Macropus)  noch  fast  nur  aus  sehr  großen,  reichlich 
mit  großen  Dendriten  versehenen  Elementen  besteht,  welche  durchaus  den 
Charakter  der  großen  retikulären  Zellen  tragen. 

Auch  bei  den  Edentaten  fand  ich  diesen  großzelligen  Charakter  sehr 
ausgeprägt. 

Bei  den  höhern  Säugern  und  namentlich  beim  Menschen  (Fig  200  B) 
wird  dieser  anfänglich  bloß  magnozelluläre  Kern  durch  eine  Anzahl  kleinerer 
Zellen  kompliziert. 

Obschon  wir  diese  Tendenz  bei  allen  retikulären  und  motorischen 
Kernen  wahrnehmen  können,  hat  dieser  Prozeß  beim  roten  Kern  einen 
besonderen  Charakter,  indem  beim  Menschen  die  kleineren  Elemente  den 
größten  Abschnitt  desselben  bilden. 

Diese  Erscheinung  hängt  damit  zusammen,  daß  der  Charakter  des 
roten  Kernes  als  Anfangsstation  einer  relativ  einfachen  Koordinationsbahn, 
dem    Tr.   rubro-sjnnalis,   allmählich  von  der  Rolle  übertroffen  wird,  welche 


592  ■  DIE    RETIKULÄREN    KERNE. 

der  Kern  für  die  Projektion  der  zerebellären  Eindrücke  auf  das  Großhirn 
erfüllt,  welche  namentlich  von  den  kleineren  Elementen  übermittelt  werden. 

Diese  Rolle  wird  schließlich  so  überwiegend,  daß  die  Einfügung  des 
roten  Kernes  unter  die  retikulären  Kerne  nur  noch  auf  Grund  seiner 
phylogenetischen  Abstammung  aufrecht  zu  erhalten  ist.  Der  Hauptsache 
nach  ist  der  Kern  bei  den  Primaten  ein  Projektionskern  für  die  Großhirn- 
rinde (S.  weiter  Kap.  VIII). 

Der  Kern  empfängt  aber  nach  wie  vor  zuführende  Reize  aus  dem 
Zerebellum  mittelst  des  vordem  Bindearmes  (vergleiche  das  Kapitel 
Kleinhirn). 

Viel  mehr  wird  der  Charakter  retikulärer  Elemente  beibehalten  von 
den  großen  Zellen,  welche  in  dem  dorsalen  Abschnitt  der  Mittelhirnbasis 
frontal  vom  Oculomotoriuskern  liegen  und  deren  Axonen  den  Anfang  des 
großen  koordinatorischen  Systemes  des  zentralen  Längsbündels  bilden. 

Als  frontale  Ur.sprungsstätte  dieses  Bündels  kommt  bei  den  Säugern 
zunächst  in  Betracht:  der  Nuclem  inierstiilalis  Cajal's. 

Dieser  Kern  bildet  sicher  den  Hauptursprung  der  frontalsten  Fasern 
dieses  Bündels.  Seine  Zellen  liegen  seitlich  vom  Anfang  desselben.  Sie  sind 
nicht  sehr  groß,  polygonal,  und  ihre  Dendriten  verästeln  sich  zwischen 
den  Fasern  der  absteigenden  tektalen  Bahnen  und  denjenigen  der  Com- 
missura  posterior. 

Der  Kern  von  Darkschewitsch  (siehe  Fig.  297)  der  früher  vielfach 
als  frontalster  Ursprungskern  von  koordinatorischen  Fasern  des  Fase, 
longitudinalis  centralis  beschrieben  wurde,  gehört  vielleicht  noch  mehr  der 
Commissura  posterior  zu. 

Er  steht  zwar  mit  dem  zentralen  Längsbündel  in  Verbindung,  aber 
mehr  in  rezeptorischem  als  effektorischem  Sinne,  insofern  sich  zahlreiche 
Kollateralen  des  Längsbündels,  vielleicht  von  aufsteigenden  Axonen  des 
DEiTERskernes  herstammend,  zwischen  den  Zellen  des  DARKscHEWiTsciien 
Kernes  verästelen  (Cajal).  Indessen  ist  es  keineswegs  ausgeschloßen,  daß 
die  Axonen  des  DARKSCHEWiTScnen  Kernes  sich  sowohl  in  die  Commissura 
posterior  und  in  das  Längsbündel  begeben. 

Vielleicht  spielt  der  Kern  eine  Rolle  bei  bilateral  koordinierten  Augen- 
bewegungen. 


UEBEHSICHT    ÜliER    DIE    RETIKULÄREN    KERNE.  593 


Uebersicht  über  die  retikulären  (magnozellulären)  Zeilen  der  Oblongala 

und  des  IVlittelhirnes. 

Man  findet  bei  allen  Vertebraten  in  dem  Hirnstamme  (Oblongata  nnd 
Mittelhirn)  eine  Anzahl  großer  polygonaler  Zellen,  versehen  mit  vielen  Den- 
driten, und  deren  Axonen  bedeutende,  meist  aboral  verlaufende  eö'ektorische 
Bahnen,  oft  in  oder  neben  dem  zentralen  Längsbündel  bilden. 

Die  Lage  dieser  Zellen  zeigt  ursprünglich  einen  gewissen  Paralellismus 
mit  den  motorischen  Wurzelzentren.  Später  verlagern  sie  sich  manchmal, 
teilweise  unter  Einfluß  der  Reize,  welche  sie  aufnehmen. 

Da  sie  jedoch  mit  Reizen  sehr  verschiedener  Herkunft  in  Verbindung 
treten,  deren  „gemeinschaftlichen  Endweg"  i)  sie  bilden,  werden  sie  selten 
an  einer  Stelle  angehäuft,  sondern  verbleiben  meistens  in  diffusen  Gruppen, 
deren  Dendriten  sich  in  mannigfacher  Richtung  weit  ausdehnen. 

Bei  höhern  Tieren  werden  sie  mit  zahlreichen  kleinern  Elementen 
kompliziert,  gerade  wie  die  primär  motorischen  Zentren. 

Eine  hintere  Gruppe  (Nucleus  reticularis  inferior)  findet  sich  im  Vagus- 
areal, anfänglich  (bei  den  Zyklostomen)  dorsal  in  der  Fortsetzung  der 
spino-okzipitalen  Säule  des  Rückenmarkes. 

Eine  zweite  Gruppe  findet  sich  auf  dem  Niveau  der  Octavus-  und  der 
Facialiswurzel,  ursprünglich  ebenfalls  in  dorsaler  Lage  (N.  reticularis  medias). 

Eine  dritte  wird  auf  dem  trigeminalen  und  praetrigeminalen  Niveau, 
gefunden  (Diucleus  reticularis  superior),  und  schließlich  finden  sich  solche 
Elemente  in  der  Umgebung  des  Oculomotoriuskernes  (Nucleus  reticularis 
mesenceplialicus). 

Die  Mehrzahl  der  Axonen  dieser  Zellen  hat  einen  ungekreuzten  abo- 
ralen Verlauf. 

Die  Veränderungen,  welche  jene  Zellgruppen  in  der  Phylogenese  auf- 
weisen, sind  nun  folgende: 

Der  Nucleus  reticularis  inferior  wird  bei  fast  allen  Tieren  zu  einem 
medio-ventralen  Kern,  der  teilweise  in  der  Raphe,  teilweise  daneben  liegt, 
und  übermittelt  Reize,  welche  ihm  mittels  Bogenfasern  der  viszero-sensiblen 
Kerne  und  des  Trigeminus  übertragen  werden  und  die  wahrscheinlich,  mit 
der  Atmung  zu  tun  haben.  Die  Lage  in  der  Raphe  ist  am  deutlichsten  aus- 
geprägt bei  den  Plagiostomen,  Reptilien  und  Säugern,  weniger  typisch  bei 
(Zyklostomen)  Teleostiern  und  Vögeln. 

Der  Nucleus  reticularis  medius  empfindet  bei  den  Fischen  hauptsächlich 
den  Einfluß  der  vestibulo-lateralen  Fasern  und  deren  Kerne,  sowie  der 
zerebello-motorischen  und  tekto-bulbären  Faserung. 

Er  geht  damit  durch  große  Dendriten  und  auch  teilweise  durch  Zell- 


')  „Final  common  patli"  ^SnERRl^'GTON). 
Kappers.  '^8 


594  UEBERSICHT    ÜBER    DIE    RETIKULÄREN    (mAGNOZELLULAREN) 

Verlagerung  sehr  intime  Verknüpfungen  ein,  welclie  der  Übertragung  der 
genannten  Reflexe  auf  kaudale  Gebiete  offenbar  dienstbar  sind. 

Unter  diesen  Zellen  differenziert  sich  ein  Paar,  die  MAUTHNEii'schen 
Zellen,  in  ganz  besonderer  Weise  im  Dienste  des  Octavo-lateralis  Systemes 
und  optischer  Reflexe  auf  die  Schwatizmuskulatur  bei  allen  wasserlebenden 
(geschwänzten)  Tieren. 

Ihre  Dendriten  zeigen  deutlich  den  neurobiotaktiscben  Einfluß  gewisser 
Systeme,  namentlich  der  Vestibulariswurzeln. 

Die  Zellen  des  Nucleus  reticularis  superior  erfahren  namentlich  den 
Einfluß  (Bartelmez)  des  lateralen  Lemniscus,  womit  sie  bereits  bei  den 
Teleostiern  Verbindungen  eingehen  und  dessen  Einfluß  sie  auch  dadurch 
zeigen,  daß  sie  die  ventrolaterale  Verlagerung,  welche  diese  Lemniscus- 
fasern  bei  den  Reptilien  und  namentlich  bei  den  Säugern  aufweisen,  mit- 
machen, offenbar  von  deren  Reizen  beherrscht  (Nucleus  paralemniscalis : 
Kohnstamm's). 


Die  retikulären  Zellen  des  Mittelhirnes  sind  von  zweierlei  Art.  Eine  Gruppe 
liegt  unterhalb  des  Oculomotoriuskernes  (lateral  von  dessen  Wurzelfasern), 
eine  andere  frontal  davon. 

Die  erste  Gruppe,  bei  den  Fischen  nur  noch  aus  spärlichen  Zellen 
bestehend,  bildet  sich  von  den  Reptilien  an  zu  einem  wohlumschriebenen 
Kern  (der  Vorstufe  des  Nucleus  ruber)  aus,  der  bei  den  Vögeln  und  niedern 
Säugern  noch  hauptsächlich  aus  großen  magnozellulären  Elementen  besteht, 
bei  den  höhern  Säugern  zu  einem  gemischten  Kern  parvo-  und  magno- 
zellulärer  Elemente  wird.  Das  aus  seinen  großen  Zellen  hervorgehende 
rubro- spinale  Bündel  unterscheidet  sich  zwar  von  den  übrigen  retikulären 
Koordinationssystemen  durch  seinen  ventraleren  Verlauf,  bildet  aber  doch 
auch  wie  diese  einen  exquisiten,  soinatomotorischen  Koordinationsweg 
(zerebellärer  Reflexe). 

Später  wird  der  Charakter  des  Nucleus  ruber  als  Retikularkern  von 
der  Bedeutung,  welche  er  als  Projektionskern  für  das  Großhirn  erlangt, 
übertroffen. 

Dieser  Charakter  wird  viel  mehr  durch  die  frontal  vom  Oculomoto- 
rius  gelegenen  Zellen  inne  gehalten,  welche  als  Nucleus  interstitialis 
bekannt  sind  und  zu  dem  Aufbau  des  Koordinationssystemes  des  zentra- 
len Längsbündels  erheblich  beitragen.  Vermutlich  übermitteln  sie  optische 
Reflexe  zum  zentralen  Längsbündel,  während  der  Kern  von  Darkschewitsch, 
ebenfalls  in  dieser  Gegend  vorkommend,  eine  Sclialtstation  zwischen  zen- 
tralem Längsbündel  und  Commissura  posterior  sein  dürfte. 


ZELLEN    DER    OI5LON(!ATA    TNI)    DES    MITTELHIKNES.  595 

Aus  der  obigen  Darstellung  der  retikulären  Zellen  von  Oblongatii 
und  Mittelliirn  geht  hervor,  daß  wir  es  hier  zu  tun  haben  mit  sogc^n. 
effektorischen  Elementen  zweiter  Ordnung,  d.  h.  ihre  Axonen  begeben  sich 
nicht  wie  diejenigen  der  primär  cflektorisclien  Zellen  zu  den  Endorganen 
selber,  sondern  sie  bilden  Bahnen,  welche  weiter  entfernte  primär  eli'ek- 
torische  Zentren  koordinatorisch  beeinflussen. 

Letzteres  kann  jedoch  von  mehr  Elementen  gesagt  werden  als  von 
den  retikulären  Zellen,  weil  auch  manche  größeren  Schaltzellen  sensibler 
Kerne  mittels  ihrer  Axonen  mit  motorischen  Zentren  in  Verbindung  stehen. 

j\Ian  müßte  dan  alle  diejenigen  sekundären  Neuronen  sensibler  End- 
stätten, deren  Axonen  die  Reflexe  derselben  auf  motorische  Zellen  übermit- 
teln, als  retikuläre  Zellen  beschreiben. 

Als  solche  kämen  dann  u.  a.  auch  der  DEiTERskern  und  der  Nucl. 
tangentialis  des  Vestibularissystemes  in  Betracht,  umsomehr,  als  deren 
Axonen  teilweise  auch  den  gemeinschaftlichen  Hauptweg  supranukleärer 
Reize  aufbauen.  Doch  ist  solches  hier  nicht  geschehen. 

Das  Eigentümliche  nämlich  der  retikulären  Kerne  ist  gerade  die  Tat- 
sache, daß  die  Reize,  welche  sie  empfangen,  meistens  sehr  zahlreich   sind. 

So  fanden  wir,  daß  die  Zellen  des  Nucleus  reticularis  medius,  nicht  nur 
mit  Wurzelfasern  oder  Schaltneuronen  des  Octavus  in  Verbindung  stehen, 
sondern  auch  mit  Ausläufern  oder  Kollateralen  des  Tr.  cerebello-motorius, 
des  Nucleus  sensibilis  Trigemini,  der  tektobulbären  Bahnen.  Sie  bilden  also 
einen  „gemeinschaftlichen  Endweg"  für  mehrere  Reize.  Daher  auch  ihr  viel- 
seitiger, weit  verästelter  Dendritenbau,  ihre  relativ  diffuse  Anordnung,  die 
nur  in  einzelnen  Fällen  den  bestimmenden  neurobiotaktischen  Hau})teinfluß 
eines  speziellen  Sy.stems  aufweist  (wie  der  Nucleus  paralemniscalis). 

Sobald  ein  Kern  unter  dem  alleinigen  Einflüsse  eines  oder  fast  nur 
eines  Systems  steht,,  wie  der  DEiTEuskern  und  der  Nucleus  tangentialis 
dies  tun,  ist  er  viel  mehr  ein  sensitivo-motorischer  Apparat  dieses  einzigen 
Systems  geworden  und  wurde  er  in  dem  Kapitel  über  das  rezeptorische 
System  der  Oblongata  als  sensibler  reflektorischer  Kern  eines  solclien 
Apparates  beschrieben,  wenn  auch  seine  Axonen  teilweise  entsprechende 
Wege  nehmen,  wie  diejenigen  der  nicht  spezialisierten,  noch  mehr  primitiven, 
wirklich  retikulären  Elemente. 

Doch  beweist  die  phylogenetische  Entwicklung  solcher  Systeme,  daß 
diese  Spezialisierung  meistens  nur  sekundär  ist,  und  wir  flnden  auch  in 
primitiven  phylogenetischen  und  ontogenetischen  Stadien  nicht  selten  ihre 
Verbindungen  meist  ausgiebig,  wie  bei  der  Beschreibung  dieser  Systeme 
bei  den  Zyklostomen  und  Plagiostomen  auch  betont  ist. 

Man  muß  sich  schließlich  fragen,  wie  es  kommt,  daß,  während  die 
Mehrheit  der  sekundär  efl'ektorischen  Zellen  eine  relativ  diffuse  Anordnimg 
beibehält,  die  primär  efl'ektorischen  Zentren,  also  die  motorischen  Wurzel- 
kerne, solche  wohlumschriebene  Bildungen  darstellen. 


596  UEBERSICIIT    ÜBEll    DIE    RETIKt'LÄUEX    KEÜNE. 

Gerade  die  obenerwähnte,  physiologisch  und  anatomisch  festgestellte 
Tatsache  der  Anwesenheit  eines  „tinal  common  patli"  bedingt  wahrschein- 
lich diesen  Unterschied. 

Denn  die  Tätigkeit  der  retilvulären  Zellen,  die  Reize  verschiedener 
Zentren  zu  sammeln,  ist  Ursache,  daß  der  Hauptreflexbahnen  für  die 
motorischen  Wurzelkerne  nur  wenige  sind,  und  sich  auf  zwei  Areale  zen- 
trieren, nämlicli  dorsomedial  am  hintern  Längsbündel  entlang  und  (weniger) 
ventro-lateral  nahe  der  Peripherie. 


I 


SONSTIGE    KOOKliINATÜKISCIIlO    SYSTE.MIC.    DIK    OLIVA    INFEKlUU.  597 


B.    Sonsiige  Koordinatorische  Systeme  der  IVIedulla  Oblongata. 

Oie  Oliva  inferior. 

In  den  retikulären  Kernen  des  Hirnstanimes  haben  wir  S^ysteine  Ivcn- 
nen  gelernt,  welche  mehrere  Reize  —  verschiedener  Art  manchmal  — 
den  effektorischen  Zentren  übermitteln. 

Wir  werden  jetzt  diejenigen  Kerne  behandeln,  welche  zwar  auch 
koordinatorisch  tütig  sind,  welche  aber  die  Reize,  die  in  ihnen  zusammen- 
fließen, nicht  an  eflektorische  Zentren  übertragen,  sondern  anderen,  wieder 
höher  koordinierten  Gebieten  übermitteln. 

Eigentlich  sind  wir  solchen  Zentren  bereits  begegnet  —  ohne  daß  es 
indessen  betont  wurde  —  in  den  Kernen  der  Hinterstränge,  welche  in  dem 
Kapitel  über  das  Rückenmark  beschrieben  wurden  als  Endstationen  der  auf- 
steigenden Hinterstrangfasern  ;  den  GoLL'sehen  und  BuRDAcn'schen  Kernen. 
Während  die  sekundären  Bahnen  der  primitiven  vitalen  Sensibilität  — 
die  EoiNGER'schen  Fasern  —  welche  eine  ventro-laterale  Lage  einnehmen  in 
der  Oblongata,  auf  große  Strecken  ihre  segmentäre  Anordnung  beibe- 
halten und  die  sekundären  vitalen  Reize  damit  einen  segmentären  Charakter 
bewahren,  ist  dies  anders  mit  den  von  der  medialen  Schleife  weiterge- 
führten gnostischen  (epikritischen)  Reizen  des  Rückenmarks. 

Daß  in  der  medialen  Schleife  eine  Koordination  der  von  ihr  fort- 
geführten Reize  vorliegt,  is  nicht  nur  wahrscheinlich  aus  der  intimen 
Annäherung  der  Endigungen  in  den  Kernen  der  Hinterstränge  (die  keine 
segmentären  Organe  sind:  Zeehandelaar),  sondern  geht  auch  daraus 
hervor,  daß  die  Zahl  der  Fasern  der  medialen  Schleife,  welche  aus 
jenen  Kernen  hervorgehen,  diejenige  der  Hinterstrangfasern  übertrifft, 
sodaß  wir  notwendiger  Weise  annehmen  müssen,  daß  die  Reize,  welche 
von  jenen  Fasern  weiter  geleitet  werden,  zusammengestellte  Sj'steme  sind: 
Raumorientierungbilder,  welche  aus  feinen  Hautempfindungen,  Gelenk-  und 
Muskelemjifindungen  zusammengesetzt,  dem  Zwischenhirn  und  —  mittels 
dieses  —  der  Rinde  zufließen. 

Hieraus  läßt  sich  auch  wohl  erklären  —  wie  wir  in  dem  letzten  Kapitel 
sehen  werden  —  daß  die  Körpersensibilität  nicht  segmentär,  sondern  viel- 
melir  nach  bestimmten  Körperteilen  auf  der  Rinde  lokalisiert  ist. 

Ich  werde  hier  aber  nicht  näher  auf  diese  Kerne  eingehen  und 
darauf  hinweisen,  daß  wir  wahrscheinlich  in  einem  ganz  anderen  Gebilde 
des  verlängerten  Markes  ebenfalls  ein  koordinatorischen  System  zu  erblicken 
haben,  dessen  Koordinationen  jedoch  nicht  dem  Zwischenhirn,  sondern 
dem  Kleinhirn,  dem  Koordinationsapparat  der  Bewegungen  kat'exochen 
zufließen.  Ich  meine  die  Oliva  inferior. 


598  SONSTIGE    KOOKDINATORISCHE    SYSTEME.    DIE    OLIVE    INFERIOR. 

Das  Merkwürdige  hierbei  ist  aber,  daß  die  zuführenden  Fasern  zu  diesem 
Kern,    der   bereits   bei  den  Fischen  vorkommt  —  nicht  gut  bekannt  sind. 

Wahrscheinhch  ist  ajs  Ursache  desse  die  Tatsache  zu  erwähnen,  daß 
es  sich  dabei  größtenteils  (Cajal)  handeln  dürfte  um  Kollateralen  von 
Bahnen,  deren  Hauptfasern  an  der  Olive  vorüber  ziehen,  vermutlich 
hauptsachlich  RiJckenmarksreize  führend,  was  auch  die  Entwicklung  dieses 
Kernes   auf  der  Grenze  von  Rückenmark  und  Oblongata  erklären    dürfte. 

Auch  aus  frontalen   Ebenen  kommende  Fasern  scheinen  der  Olive  zuzuströmen. 

Bei  den   Fischen   kommen   tehiale  Fmern  dafür  in  Betracht. 

Bei  den  Säugern  sehreiben  einige  Autoren  dem  Haubenlütidel,  einem  im 
Thalamus  entstehenden  System,  diese  Eolle  zu  1).  Jelgeesma  ist  geneigt  Fasern 
aus  dem   Vorderhirn  (Corpus  striatum)  eine  der  gleiche  Eolle  bei  zu  messen. 

Bereits  bei  den  Fischen  sieht  man  Fasern  in  dem  ventralsten  Abschnitt 
der  Rückenmarksvorderstränge  sich  innerhalb  der  Region  des  Olivengraus 
fortsetzen,  ohne  sich  darin  gänzlich  zu  erschöpfen. 

Bei  den  Säugern  sind  solche  aus  den  Vordersträngen  des  Rücken- 
markes aufsteigenden  Fasern  als  Tr.  spino-oUvaris  von  Goldstein  degenera- 
tiv nachgewiesen.  Ihre  Kollateralen  dringen  von  der  ventromedianen,  ven- 
trolateralen  und  dorsomedianen  Seite  in  die  Olive  ein. 

Neben  diesen  Fasern  scheinen  mir,  bereits  bei  den  Fischen,  solche 
zu  bestehen,  welche,  aus  dem  Hinterhorn  des  Zervikalmarkes  hervorgehend, 
an  der  dorso-lateralen  Peripherie  des  Markes  entlang  in  die  Region  der 
Oliven  sich  verlieren. 

Einen  ähnlichen  Verlauf  weisen  die  äußern  Bogenfasern  aus  den  Hin- 
lersir ang  kernen  (oder  aus  dem  obern  Abschnitt  der  Hinterstränge??)  bei  den 
Säugern  auf.  Ihre  Verbindung  mit  den  Oliven  ist  jedoch  niemals  mit 
Sicherheit   nachgewiesen  (Fibrae  praelrigemihales:    vergl.  S.  214,  und  215). 

Als  abführendes  Faserbündel  zum  Rückenmark  ist  der  HELWEo'sche 
Tr.  olivo-spinalis  zu  betrachten  (vergl.  S.  218). 


Was  die  phylogenetische  Entwicklung  der  Oliva  inferior  (früher  bei  Fi.schen 
auch  wohl  Nucl.  paramedianus  genannt)  anbelangt,  läßt  sich  folgendes 
sagen : 

Man  findet  an  der  Übei'gangsstelle  von  Rückenmark  und  Oblongata 
eine  Ansammlung  grauer  Substanz,  welche  nicht  nur  wegen  der  topogra- 
phischen Übereinstimmung,  sondern  auch  wegen  einer  ganz  ähnlichen 
Verbindung  mit  dem  Kleinhirn  in  den  Klassen  der  Wirbeltiere  sehr  wahr- 
scheinlich homolog  ist  und  als  Oliva  inferior  bezeichnet  wird. 


')  Eine  in  dem  Kleinhirn  entstehende  uml  in  die  Oliva  in leiior  endende  Biilin,  welche 
mit  dem  Tr.  oliva-cerebellaris  zusammen  laufen  soll,  ist  von  Kölliker  beschrieben, 
doch  von  allen  spätem  Autoren  geleugnet.  Nur  Schaifer  und  Mixgazzini  haben  neuer- 
dings die  Meinung  Kölliker's  wieder  verteidigt,  ohne  ni.  E.  den  Beweis  zu  liefern. 


SONSTIGE    KOOIIDINATOKISCIIE    SVSTEME.    JJIE    OLIVA    INFKUIOK.  5!J9 

Diese  Homologie  ist  nur  eine  wahrseheinliche,  solange  uns  die 
zuführenden  Systeme  zu  der  unteren  Olive  unbekannt  sind.  Plalten  wir 
aber  vorläufig  an  ihr  fest,  und  verfolgen  wir,  wie  dieser,  bei  den  Fischen 
so  einfache  Kern,  sich  zu  dem  komplizierten  Gebilde  der  höhern  Tiere 
und  des  Menschen  entwickelt. 

Bei  den  Zijldostomen  ist  eine  Oliva  inferior  nur  von  Johnston  erwähnt. 
Ihre  spindelförmigen  Zellen  sind  auf  dem  Niveau  der  vordem  spino- 
okzipitalen  Wurzel  in  transversaler  Richtung  orientiert  nahe  der  Basis. 

Ihre  Verbindungen  konnten  nicht  ermittelt  werden,  aber  ihre  Neuriten 
scheinen  sich  in  dorso- lateraler  nach  oben  zu  begeben. 

Bei  den  Plagiostomcn  findet  man  den  betreffenden  Kern  in  deutlicher 
Ausl)ildung. 

Neben  der  lüiphe  finden  wir  auf  der  Höhe  der  vordem  spino-okzipi- 
talen  Wurzeln  i)  an  der  Uebergangsstelle  von  Oblongata  und  Rückenmark 
(Fig.  316)  beiderseits  eine  Anhäufung  von  kleinen  birnförmigen  und 
spindelförmigen  Zellen,  die  zusammen  einen  Körper  bilden,  wie  er  in 
Fig.  316  B  rekonstruiert  ist  (von  Selache  maxima). 

Die  Oliva  inferior  dieser  Tiere  ist  ein  in  kaudo-frontaler  Richtung 
lang  ausgezogenes  Gebilde,  welches  auf  dem  Querschnitte  ungefähr  rund 
ist,  aber  an  der  lateralen  Seite  eine  Einkerbung  zeigt  (Fig.  316  B),  welche 
von  Fasersystemen  eingenommen  ist. 

Auf  dem  frontalen  Teil  der  Olive  (angegeben  durch  eine  mit  Kreuzen 
versehene  Figur)-  liegt  in  der  Raphe  der  hier  sehr  gut  ausgebildete,  auf 
S.  577  beschriebene  Nucleus  relicularis  inferior  (Fig.  317  C). 

Letztgenannter  Kern,  dem  wir  die  ganze  Reihe  der  Vertebraten  hin- 
durch, auf  derselben  Höhe  in  der  Oblongata  begegnet  sind,  bildet  keinen 
Teil  der  Olive.  Er  wird  denn  auch  auf  den  folgenden  Seiten  nicht  weiter 
besprochen. 

Die  oben  beschriebene  Form  der  Olive  ist  von  Kooy,  dessen  Darstel- 
lung ich  hier  wesentlich  folge,  bei  allen  Selachiern  wiedergefunden. 

Es  scheint,  daß  die  untere  Olive  dieser  Tiere  äußere  Bogenfasern  auf- 
nimmt aus  dem  dorsalen  Abschnitt  des  Rückenmarks.  Die  abführende  zere- 
belläre  Verbindung  ist  bei  den  Plagiostomen  sehr  deutlich  und  zeigt  sich 
in  der  Form  von  Fibrae  arcuatae  externae,  die  unter  und  vor  der  Olive 
in  der  Basis  der  Medulla  kreuzen  und  dann  in  dem  dorsalen  Rand  der 
Oblongata  zum  Zerebellum  aufsteigen,  in  dessen  Corpus  (nicht  in  die  Auri- 
keln)  sie  eintreten  (Voorhoeve;  vergl.  Kap.  VII). 

Die  Oliva  inferior  der  Rochen  ist  der  der  Haie  sehr  ähnlich,  nur  wird 
sie  von  etwas  zerstreuten  Faserbündeln  undeutlich  in  einen  ventralen  und 
einen  dorsalen  Teil  zerlegt  (Kooy). 

'j    In  T;i(el  II  ist  die  Lage  der  Oliva  inferiof  angegeben. 


600  SONSTIGE    KOOKMNATORISCHE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


fVonlal 


'^"^^''Wtlv      '  ^^'  '^®''  '^^■ 


Hilus  der 
Olive. 


Kaudal. 


1      Caudai 


r-83 


11-59 


ur-io 


160  -t':snl^ 


in- 2  7 


Frontal 


Fig.  316  A.     Sagittalschnitt  tliircli  die   Obloiigata  v.  Scyllium. 

B.    Wachsrekonstruction  und  C.    Querschnitte  v.  Sclaclie,  n.  KooY. 

(das  mit  Krenzen  versehene  Mittelstück  ist  der  Niicl.  reticularis  inferior). 


SONSTIGK    KOORDINATORISCUE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFEKIOK.  601 

Etwas  anders  aber  ist  das  Verhalten  bei  den  Uolozcphalen. 
Die    Olive   dieser  Tiei'e  (Cldmaera  monslrosa;  Koüy)  ist  als  eine  Über- 
gangsform zn  derjenigen  der  Teleostier  zu  betrachten. 

Auch  in  andern  Hinsichten  (B.au  des  Labyrinthes,  Anordnung  der  motorischen 
Kerne  in  der  Oblongata,  Bau  des  Vorderhirues)  bildet  das  Gehirn  von  Chimaera 
einen  Uebergang  zwischen  demjenigen  der  Selachier  und  der  Teleostier. 

Bei  Chimaera  liegt  der  größte  Teil  der  Olive  noch  direkt  neben  der 
Raphe.  In  frontaleren  Ebenen  aber  findet  man  mehr  lateral  einen  zweiten, 
nur  undeutlich  mit  dem  ursprünglichen  Teil  verbundeneu  Kern,  der  aus 
ähnlichen  Zellen  aufgebaut  ist,  und  dem  eine  dritte,  wieder  ventro-lateral 
von  ihm  gelegene  Zellgruppe  direkt  anliegt.  Diese  letzte  besteht  aber  aus 
viel  größeren  Zellen  als  wir  jemals  in  den  Oliven  finden,  und  ihre  Zuge- 
hörigkeit zu  dem  Olivenkomplex  ist  nicht  sicher. 

Bei  den  Teleostiern  nun,  wo  die  Oliva  inferior  bereits  von  Mayser 
erwähnt  wurde,  finden  wir  nach  Kooy  an  der  Stelle  der  lateralen  Oliven- 
zellen von  Chimaera,  eine  Anhäufung  von  kleinen  spindelförmigen  Zellen, 
die,  obgleich  bei  allen  Gruppen  vorhanden,  nur  bei  wenigen  einen  mehr 
oder  Aveniger  kompakten  Kern  bilden  (Aal  und  Hering). 

Medial  davon,  neben  der  Kaphe,  wo  sich  bei  den  Selacliieren  die 
Oliven  befinden,  liegt  bei  den  Teleostiern  ein  Gebiet  von  gelatinöser  Sub- 
stanz, die  neben  kleinen  Zellen,  hauptsächlich  viele  sehr  feine  Fasern 
enthält. 

Während  die  Amphibien  in  dieser  Hinsicht  ein  sehr  unklares  Bild 
aufweisen  (wie  bei  dem  winzigen  Kleinhirn  dieser  Tiere  —  ebenso  wie 
bei  Petromyzon  —  wohl  zu  erwarten  war),  sieht  man  bei  den  Reptilien  an 
der  betreffenden  Stelle,  bei  Weigertfärbung  eine  deutliche  Aufhellung  in 
dieser  Gegend,  am  ventralen  Bulbusrande,  gleich  neben  der  Mittellinie, 
welche  darauf  hinzuweisen  scheint,  daß  die  diffusen  Olivenzellen  sich  auch 
hier  zu  einem  mehr  einheitlichen  Körper  anzusammeln  anfangen. 

Bei  den  Krokodilen  ist  dies  am  deutlichsten  sichtbar. 

Ein  scharf  umschriebenes  Gebilde  ist  es  indessen  auch  hier  nicht. 

Bei  den  Vögeln  ist  die  Oliva  inferior  (Fig.  317)  scharf  differenziert.  Sie 
setzt  sich  liier  aus  zwei  Lamellen  zusammen,  die  mit  einander  und  der 
ventralen  Bulbusperipherie  parallel  gehen  und  zuerst  von  Williams  und 
YosHiMURA  beschrieben  wurden. 

Nur  für  die  Laufvögel  machte  Toshimura  eine  Ausnahme;  bei  dem  Strauß 
fand  er  nur  die  dorsomediale  Lamelle ;  statt  der  ventralen  oder  veutrolateralen 
wäre  nur  ein  kleiner  lateraler  Zellhaufen  vorhanden.  Diese  Ausnahme  ist  aber 
nach  Kooy  nur  eine  scheinbare,  indem  nämlich  der  innerste,  der  Eaphe  zuge- 
wandte Abschnitt  der  veutrolateralen  Lamelle  bei  allen  Vögeln  viel  zellärmer  ist 
als  dessen  äußerer,  dem  Oblongatarande  näher  liegende  Abschnitt.  Der  Strauß  stellt 


602        SONSTIGE    KOORDINATOKISCHE    SYSTEME    DER    MEDULLA    OBLONGATA. 

^.,C      Kaudal. 
;    "•._    \       Eaphe. 


F  Froatal. 


Düis.  Lain. 
niud.  Teil. 


Nu.  let.  iüf. 


Dors.  Lam. 
med.  Teil. 


Kaudal.  )       c 


5-3-25 


28 

frOrjCa 


5-3-13 


5-3-17 


i-ui 


5-3-20 


Frontal. 


5-3-13 


Fig.  317,  n.  KooY. 

Oben  Wachsrekonstruktion  dei-  Oliva  inferior  von  Lophorty.x  califurnicus. 

Unten  Querschnitte  auf  vcrschieiieneni  Niveau  tier  üliva  inferior  (auch  der  Nu. 

reticularis  inferior  raphes  ist  eingezeichnet:  in  der  Jlitte,  grobpunktiert). 


SONSTIGE    KOÜKDlNATOKlSCilE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INKEKIOK.  603 

nur  ein  Extrem  von  dieser  allgemein  gültigen  Regel  dar.  Bei  genauer  Unter- 
suchung findet  man  auch  hier  die  kleinen  typischen  Olivenzellen  wieder,  die  den 
sonst  etvras  deutlicheren  innern  Teil  der  ventrolateralen  Lamelle  bilden,  den 
Teil,  der  auf  frontalen  Ebenen  die  Verbindung  mit  der  mediodorsalen  Lamelle 
herstellt. 

Frontal  ist  bei  allen  Vögeln  die  Verbindungsstelle  zwischen  dem 
äußern  und  innern  Teil  der  dorsalen  Lamelle  undeutlich,  d.  h.  es  finden 
sich  da  nur  wenige  Olivenzellen  und  ist  die  Olive  dort  also  in  drei  Ab- 
schnitte zerlegt,  einen  medialen,  einen  dorsalen  und  einen  ventrolateralen 
Abschnitt  (Fig.  317  unten:  22). 

Der  äußere  Teil  der  dorsalen  Lamelle  reicht  am  weitesten  kaudal- 
wärts  (schwarz,  Fig.  317:  1).  B>ontal  vergrößert  sich  diese  Lamelle  in  der 
Richtung  der  Mittellinie  (manchmal  durchquert  von  austretenden  Xll-wur- 
zeln)  und  kann  dann  in  einen  äußern  dorsalen  und  einen  medialen  Teil 
zerlegt  werden,  welch  letzterer  sich  erheblich  verdickt  und  dadurch  so  zu 
sagen  eine  dorsale  Kappe  aufweist  (Fig.  317  unten:  21  und  18). 

Auf  diesem  Niveau  ist  bereits  eine  zweite,  die  ventrolaterale  Lamelle 
siclitbar,  welche  zuerst  sehr  lateral  liegend,  sich  auf  frontalen  Schnitten 
ventral  von  der  dorsalen  Lamelle  befindet  und  sich  dann  mit  deren 
medialem  Teil  verbindet. 

Auf  der  frontalsten  Ebene  des  ganzen  Komplexes  verschwindet  zuerst 
der  laterale  Teil  der  dorsalen  Lamelle,  sodaß  das  frontale  Ende  des 
Olivenkomplexes  nur  von  der  Verbindung  des  medialen  Teils  mit  der 
ventrolateralen  Lamelle  gebildet  wird  (Fig.  317  unten:  24). 

Der  Zelltypus  dieser  drei  Oliventeile  ist  im  großen  und  ganzen  der- 
selbe. Auftallend  ist  nur,  daß  wir  bei  den  Papageien  an  der  Peripherie 
des  sehr  breit  entwikkelten  medialen  Teils  große  flache  Zellen  antreffen, 
alsob  dieser  Teil  damit  gepflastert  wäre,  ähnlich  wie  in  dem  Kapitel  über 
das  Pückenmark  für  den  Nucleus  Rolando  beschrieben  ist  (dessen  Zellen 
jedoch  kleiner  sind). 

Wir  werden  diesem  bei  den  Sängern  wieder  begegnen  (Fußnote,  S.  610). 

Zellunterschiede  sind  sonst  bei  den  Vögeln  nur  der  Größe  nach  zu 
machen ;  große  \'ögel  weisen  im  allgemeinen  viel  größere  Olivenzellen 
auf  als  kleine,  ähnlich  wie  Obersteiner  das  für  die  Elemente  der  Klein- 
hirnes nachwies. 

Es  ist  schwer,  bestirnte  morphologische  Typen  bei  den  verschiedenen 
Ordnungen  der  Vögel  aufzustellen.  Nach  der  Lebensart  der  Tiere  geht  das, 
bis  jetzt  auch  nicht. 

Wenn  die  Laufvögel  die  älteste  Ordnung  dieser  Klasse  darstellen,  was  wohl 
wahrscheinlich  ist,  könnte  man  die  Olivenform  mit  geringste»"  Ausbildung 
der  ventrolateralen  Lamelle  für  die  primitivste  halten,  was  mit  dem  Be- 
funde bei  den  Säugern  im  besten  Einklänge  steht  (s.  u.).  Wir  werden  näm- 
lich sehen,  daß  die  ventrolaterale  Lamelle  die  Vorstufe  der  Hauptolive  der 
Säuger  bildet. 


604 


SONSTIGE    KOORDINATORISCHE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


Was  die  untere  Olive  der  Säuger  betrifft,  weist  diejenige  von  Eclddna 
einen  deutlichen  Anschluß  an  diejenige  der  Vögel  auf. 

Wie  bereits  Kölliker  und  Ziehen  beschrieben  haben,  M'ird  der  Oliven- 
komplex  bei  Echidna  von  einem  dorso-lateralen  Bogen  gebildet,  der  ein 
zjdindrisches  Mittelstück  umgibt.  (Fig.  318). 

Da  auch  bei  den  Vögeln  der  dorsolaterale  Oliventeil  mit  dem  medialen 
zu  einer  Lamelle  verbunden  ist,  welche  dorsal  von  deui  Rest  der  Olive 
liegt,  und  da  bei  beiden  das  überfspannte  Stück  weniger  weit  kaudalwärts 
reicht  als  das  mediale  und  dorsale  Bogenstück,  liegt  die  Vermutung  nahe, 


Caudal 


Kaudales 
Endederlat.Pl. 


mediale  Platte. 


laterale  Platte. 


dorsaler  Bogen. 


LateralePlatte. 


mediale  imd 
ventralePlatte. 


daß  wir  es  hier  mit  analogen 
Verhältnissen  wie  bei  den 
Vögeln  zu  tun  haben. 

Es  stellt  sich  nun  als 
sehr  wahrscheinlich  heraus, 
daß  die  dorso-laterale  La- 
melle der  "Nyogel  oder  der 
dorso-laterale  Bogen  von 
Echidna  das  Analogon  der 
dorsalen  und  medialen  Ne- 
benoliven der  übrigen  Säu- 
getiere ist.  Dabei  muß  man 
sich  bei  den  Säugern  die 
beiden  Nebenoliven  dorsal 
zu  einem  Bogen  verbunden 
denken,     was     oft    zutrifft. 

(Vergl.  Fig.  320  :  8).  Die  ventro -laterale  Lamehe  der  Vögel,  resp.  das  Mü- 
telstücJc  bei  Echidna,  entspricht  dann  der  Hauptolive  der  höhern  Säuger.  Kooy, 
dem  wir  diese  Einsicht  in  die  Entwicklung  der  Olive  verdanken  hat, 
mehrere    Punkte  für  diese  Homologie  angeführt. 

In  dem  Olivenkomplex  der  höheren  Säuger  kann  man  ebenfalls 
drei  Teile  unterscheiden:  eine  mediale  und  eine  dorsale  Nebenolive  und 
einen  ventro-lateralen  Teil,  die  Hauptolive.  Der  Unterschied  zu  den  eben 
besprochenen   Tieren   besteht   hauptsächlich    darin,  daß   der    ventrolaterale 


Fig,  318. 
Oben:    WachsrekoQstruktion  der  Oliva 

inferior  von   Echidna;   Seitenansicht. 
Unten:    Hintere  Ansicht   des   frontalen 

Abschnittes  dieser  Relconstruktion ; 

n.  Kooy. 


k 


SONSTIGK    k'iioiM)lX.\T()HlS('irK    SYSTICMIC.    IHK    OI,TVA    INKKltlOIl. 


605 


Teil  der  lu'iliern  Säugm-  sich  so  selir  entwiclielt,  daß  er,  als  Hauptolive, 
die  beiden  iindern,  die  Nebenoliven,  vollkomraen  hinter  sich  läßt. 

Außerdem  sind  bei  den  höchsten  Säugern  die  drei  Teile  so  gut  wie 
absolut  frei  von  einander. 

Überblicken  wir  aber  in  retrograder  Richtung  die  Entwicklung  der 
Olive,  von  dem  Mensclien  (Fig.  325  B)  zu  den  niedrigen  Säugern  (z.  B. 
Fig.  319)  herabsteigend,  so  sehen  wir  die  Hauptolive  ■  sich  wieder 
verkleinern  und  die  Nebenoliven  wieder  die  wichtigste  Stelle  ein- 
nehmen.   Doch  ist   es   möglich,   einige  für  alle  Mammalier  gültige  Regeln 

Dors.   N.  0.  Med.N.O. 

Dors  N  0. 


FFrontnl. 


Med.  N.  0. 


Med.  N.  0. 


Ventro-lat.  oder  pauptolive 


Med.  N.  0. 


C    Kaudal. 


Mediale  Nebenolive  (front.  Teil).  Mediale  Nobenolive  (kaud.  Teil). 

Fig.   319.     Oben:    Lateral-,    unten:    Medial-Ansicht   der   Oliva  inferior  von  Pliocacna 
Communis;  n.  Kooy.  Man  beobachte  den  groszen  Umfang  der  medialen  Nebenolive. 


606 


SONSTIGE    KOORDINATORISCHE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


aufzustellen,  in  bezug  auf  die  Form  und  Lage  der  drei  verschiedenen 
Oliventeile. 

Die  mediale  Nebenolive,  welche  aus  dem  medialen  Stück  des  dorso- 
medialen  Bogens  von  Echidna  und  den  Vögeln  hervorgellt,  bildet  allein, 
oder  zusammen  mit  der  dorsalen  Olive  den  kaudalen  Pol  des  Olivenkom- 
plexes der  Säuger.  Auf  diesen  kaudalen  Ebenen  ist  an  ihr  (vergl.  auch 
Fig.  320 :  11 — 20)  ein  ventrales  und  ein  mediales  Grus  zu  erkennen,  von 
denen  das  mediale  etwa  auf  der  Höhe  des  unteren  Poles  der  Hauptolive 
eine  dorsale  Kappe  trägt; 

Mit  dieser  Kappe  nun  ist  die  dorsale  Nebenolive,  und  die  ventro- 
laterale  Hauptolive  bei  den  niedern  Säugern  öfters  verbunden,  wodurch 
an  den  frühern  Zustand  eines  bogenförmig  vereinigten  Nebenoliven- 
systems erinnert  wird  (vergl.  Fig.  320  :  21  mit  318  unten). 

Eine  ganz  auffallend  starke  Entwicklung  zeigt  die  mediale  Nebenolive 
in  Phocaena  communis  (Fig.  319  und  319  A),  wo  auch  die  beiden  Teile 
der  medialen  Nebenolive  sehr  deutlich   sind. 


Hauptülive. 


Hier   möchte   ich   darauf  hinweisen,   daß    die   Meinung    BKUNNiäEs,    es   handle 

sich         hier        um 
einen   neuen,  dem 

Olivenkomplexe 
gänzlich  fremden 
Kern,  nicht  rich- 
tig ist  (Koot). 
Die  Olive  Bbün- 
UEKS,  nach  seiner 
Meinung  das  Ana- 
jogon  der  media- 
len Nebenolive  der 
übrigen  tSäuger,  ist 
nur  der  kaudale 
Teil  dieses  Kernes 
(Fig.  319:  unten). 
Sie  kommt  in  allen 
Hinsichten  mit  dem 

kaudo -ventralen 
Komponent  der  me- 
dialen Nebeuoliven 
bei  den  andern  Säu- 
gern iiberein.  Der 
mehr  oral  liegende, 
im  Durchschnitt 
dreieckige  Kern, 
der  ein  für  Zeta- 
zeen  typische  Entwicklung  hat,  ist  nichts  anderes,  als  der  stark  hypertrophierte 
mediale  Komponent  der  ventromedialen  Nebenolive.  Dieser  Kern  hat  sich,  wie  wir 
das  auch  bei  der  hoch  entwickelten  Hautpolive  der  Primaten  sehen,  von  den 
übrigen  Oliventeilen  vollkommen  freigemacht. 

Auch    histologisch    gehört    er    ganz    zu    dem   Olivenkomplexe;   die   unbedeuten- 


Fig.  319  A.     Hauptolive  und  mediale  Nebenolive 
von  Phocaena;  nach  Koov. 


SONSTIGE    KOORDINATORISCME    8Y8TEME.    DHC    OLIVA    INFERIOR.  607 


Kuu.liil.      t; 


irs.  Kappo 
ned.  N.O. 


lOrs.  N.  0. 


ned.  N.O. 


Kaiul.  pol.  Haupt-OI. 


Moii  N.O. 


Kaudal. 


3-8 


I 


39  I    AI  ^^ 


froQtal 


^  ■  ^       Frontal. 


Fig.  320.     Obon:    WachreUonstniktion  (Latei'al  ansieht)  der  Oliva  inferior 
des  Hundes.     Unten:   Qnerschnitte  aul'  verschiedene  Niveaux  jener 
Olive,  n.  KooY. 


doi-H.  N.O. 


iiK:d.  Latn. 
rt.  Haupt.  0. 


lator.  Lam. 


Ventrale 
Obloiigata- 
rand . 


t)08  SONSTIGE    KOORDINATORISCHE    SYSTEME.    DIE    OLIV'A    INFERIOR. 

den  Differenzen  mit  den  übrigen  Oliventeilen,  wie  die  Bläschenform  der  Zellen,  ihre 
Anordnung  in  den  Landpartien  und  das  feine  Fasergefleeht  im  Zentrum  des  Ker- 
nes, findet  man  genau  so  in  den  auf  ähnliche  Weise  kompakt  vergrößerten 
Oliventeilen  anderer  Tiere  (z.  B.  in  der  dorsalen  Lamelle  der  Hauptolive  der 
Elephanten,  s.  S.   612). 

Die  dorsale  Nebenolive  (das  dorsolaterale  Stück  des  Bogens  bei  den 
niedern  Tieren)  reicht  ebenso  weit  oder  beinahe  so  weit  kaudalwärts  wie 
die  mediale  NebenoUve  bei  den  Säugern  (Fig.  320 :  1 — 8). 

Bei  ihrem  ersten  kaudalen  Auftreten  liegt  sie  dorsal  von  der  medialen 
Olive,  um  in  höhern  Schnitten  meistens  eine  lateralere  Lage  einzunehmen 
und  erst  beim  Hinterende  der  Hauptolive  wieder  mehr  medial  zu  kom- 
men. —  (Vergl.  Fig.  320  und  321  A).  —  Infolge  dessen  hat  sie  vielfach 
(Fig.  320  oben)  die  Form  eines  V,  dessen  untere  Spitze  etwa  mit  dem  Kau- 
dalpol der  Hauptolive  zusammenfällt. 

Auch  die  ventrolaterale  Olive,  die  ■  Hauptolive  der  Säuger-,  hat  bei  allen 
Vertretern  dieser  Klasse  im  Prinzip  viele  gemeinsame  Kennzeichen. 

Sie  liegt  immer  im  frontalsten  Abschnitt  des  Olivenkomplexes  und 
reicht  niemals  so  weit  kaudal  wie  die  NebenoHven,  wie  aus  Fig.  320  oben 
hervorgeht,  wo  der  Kaudalpol  der  Hauptolive  etwa  auf  die  Mitte  der 
dorsalen  Nebenolive  fällt.  Auf  Querschnitten  ist  ihre  Form  die  eines  U 
mit  der  Öffnung  dorsomedial  gerichtet  (Fig.  320  B). 

Hierbei  muß  aber  der  ^"orbehalt  gemacht  werden,  daß  die  U-Form 
bei  den  niedern  Säugern  nur  auf  einigen  Schnitten  gut  sichtbar  ist;  bei 
den  höhern  ist  sie,  abgesehen  vom  geschlossenen  kaudalen  und  oralen  Ende, 
über  die  ganze  Länge  der  Olive  sehr  deutlich  ausgeprägt  (Fig.   822,  328). 

Von  diesem  U-förmigen  Gebilde  ist  bisweilen,  und  dann  meistens  nur 
in  wenigen  Schnitten,  der  dorsale  Schenkel  mit  der  dorsalen  Neben-olive, 
der  ventrale  Schenkel  mit  der  medialen  Nebenolive  verbunden.  (Fig. 
820  :  26). 

Kankeleit  hat  diesen  „Vierblättertypus"  bei  allen  Säugern  wieder- 
gefunden. Er  gilt  aber,  wie  sich  aus  obenstehenden  Zeilen  ergibt,  nur 
für  bestimmte  Schnittebenen. 


Obschon  man  also  mit  Hilfe  der  genannten  charakteristischen  Kenn- 
zeichen die  Identität  der  verschiedenen  Oliventeile  bei  den  verschiedenen 
Säugetier-Ordnungen  leicht  feststellen  kann,  ist  es  nicht  weniger  interessant, 
ihre  Unterschiede,  namentlich  der  Hauptolive,  von  den  Marsupialiern,  zu 
den  höchsten  Primaten  zu  verfolgen. 

Hauptsache  dabei  ist,  daß  die  Nebenoliven  sich  in  der  Reihe  der 
Säuger  im  Prinzip  am  wenigsten  ändern. 

Die  Entwicklung  der  Hauptolive  zeigt  die  größsten  Unterschiede. 

Diese  Entwicklung  zeigt  sich  an  erster  Stelle  in  kaudaler  Richtung 
(Fig.  321  A),  was  vielleicht  darauf  hinweist,  daß  dieser  Abschnitt  eine  große 


SONSTIGK    KOOKDINATOKISCHE    SYSTEME.    DIE    OIJVA    INFERIOR. 


GOU 


Zahl  kaudaler  zuführender  Fasern  empfängt,  welche  ihm  von  dem  ventro- 
lateralen  Bulbusrande  zuströmen  dürften. 

Während  die  Hauptolive  bei  der  Beutelratte  entsprechend  dem  Ver- 
halten bei  Echidna  sich  auf  den  vorderen  Abschnitt  des  Oliven-komplexes 
beschränkt,  noch  weniger  als  die  frontale  Hälfte  des  ganzen  Oliven-Kom- 
plexes einnehmend,  und  eigentlich  nur  von  einem  ventro-lateral  gerichteten 
Auswuchs  der  medialen  Olive  vertreten  ist,  nimmt  sie  bei  den  höchsten 
Tieren  nicht  nur  die  ganze  frontale  Hälfte,  sondern  außerdem  einen  immer 
größern  Teil  der  kaudalen  Hälfte  des  ganzen  Komplexes  ein. 


-  I  - 

Medial  ccnp'et  onl, 


Low^er    rrjanjnnsis 


-  m- 


h*iobest     n^arTjrrjaia 


Fig.  321  A.    Schema  der  EntwicUlungsgange.s  der  Haupt-Olive  (weiß)  in  Bezug 
auf  die  Nebenoliven  (punlttiert)  n.  Kooy. 


Zur  selben  Zeit  macht  sich  ihr  oberer  Pol  von  der  medialen  Neben- 
olive frei  und  breitet  sich  die  ganze  Hauptolive  vcntrolateralwärts  aus. 

So  bekommt  man  den  Eindruck,  die  Hauptolive  entwickle  sich  als 
ein  ventrolateraler  Auswuchs  der  medialen  Nebenolive,  sich  stets  weiter 
ventrolateral  und  kaudalwärts  ausdehnend,  indem  sie  sich  dabei  immer 
mehr  von  der  medialen  Nebenolive  frei  macht. 

Stets  ist  ihr  kaudaler,  zuletzt  differenzierter  Abschnitt  mit  der  medialen 
Nebenolive  verbunden,  anders  gesagt:  die  Verbindungsstelle  der  beiden, 
(durch  eine  dicke  schwarze  Linie  angegeben  in  Fig.  321  A),  welche  bei 
Kappkus.  3'J 


610 


SONSTIGE    KOORDINATORISCITE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


der  Beutelratte  (II)  noch  die  ganze  Länge  der  Hauptolive  entspricht,  ver- 
schiebt in  der  Phylogenese  kaudalvvärts. 

Diese  Annahme,  welche  in  dem  nebenstehenden  Schema  von  KooY 
(Fig.  321 A)  wiedergegeben  ist,  erklärt  auch,  warum,  namentlich  bei  niedern 
l'ieren,  die  laterale  Lamelle  am  besten  entwickelt  ist;  denn  bei  dem  lateral 
und  kaudal  gerichteten  Wachstum  schreitet  die  laterale  Lamelle  in  ihrer 
Entwicklung  vorwärts.  Es  ist  denn  auch  namentlich  diese  Lamelle,  die  bei 
den    höhern   Säugern   sich    durch  Furchung  (oder  Verdickung)  vergrößert. 


Didelphys  marsupialiö  (it  5  x) 
5  29 


M^rmecophaaa  jubata  (^11  sx) 
5  49 


Phoca  • 


ilul.na  (11  5  x) 
5    49 


Cebüs'    (n 

5  33 


;x) 


r^Z 


"^^^^ 


Cebui  Fatuellus  ("  5  x) 
5   38 


Ateles   Hjbralus  (11  5  x) 
5   102 


Troglodjte5  nioer(ll5X) 
5  47 


Fig.  321  B.     Querschnitt  der  Olive  von  verschiedenen  Säugern,  n.  Kooy. 


Das  Auftreten  dieser  Furchen  ist  die  notwendige  Folge  der  Oberflächen- 
ausbreitung, und  weist  auf  die  höhern  Ansprüche  hin,  welche  namentlich 
an  die  laterale  Lamelle  —  gestellt  werden  i). 

Die  erste  und  auch  die  folgenden  Furchen  sind  longitudinale  Furchen 
in  der  lateralen  Platte  der  Hauptolive.  Bei  Cebus  fatuellus  findet  man 
eine,  bei  Ateles  hybridus  (Fig.  322)    bereits   zwei   deutliche    Längsfurchen. 

Bei    den   höchsten    Primaten,    dem    Schimpansen    und  Menschen  (Fig. 


')  In  diesem  Zusammenhang  möchte  icli  die  Tatsaclie  erwähnen,  dal3  gerade  die 
laterale  Lamelle  der  Hauptolive  bei  den  Cebidae  mit  flachen  Zellen  wie  gepflastert 
erscheint,  ebenso  wie  dies  beim  Papagei  der  Fall  war  (vergl.  S.  603). 


SONSTIGE    KOORDINATOKISCHK    SYSTENrK.    DIE    OLIVA     INFKRIOK.  (lll 


Frontal 
oed.  Lam.  d. 
Hauiitc.l, 


)orM.  N.  0. 


Sulr.  lat. 
olival.  j 


atal.  r 


!ulc.  ventr.  -^ 

olivae.  ^    ' 


•'■rvTT^'^^'^'^^^' 


Kappoderraed. 
N.O. 


lat.  Lam.  der 
Haiiptolive. 


Kaiidal. 


Caudai 


\ 


Kaiidal. 


28  ^f©) 


Frontal . 


4-in-3 


^H  9  '.D  2 


A-I-9 


Fig.  322.     Oben:    Wachsreltonsti'uktion  der  Oliva  inferior  von  Ateles  hybriihis. 
Unten:  Querschnitte  auf  vei-scliieilenen  Niveaux,  n.  Kooy. 


612 


SONSTIGE    KOORDINATOIUSCHE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


323  A  und  325)  ist  es  wieder  die  laterale  Lamelle  der  Hauptolive,  welche  die 
meisten  und  tiefsten  Furchen  zählt. 

Bezüglich  der  anatomischen  Beschreibung  der  verschiedenen  Furchen 
und  Windungen  der  Olive  beim  Menschen  (Fig.  325),  weise  ich  auch  auf 
die  Arbeiten  von  Sabin,  Lewis  Weed,  Kooy  und  Jenkins  hin. 

Dors.  N.  0. 


Kaudal. 


Hauptolive. 


Frontal. 


Fjo-.  323  A.     Seitciiansicbt  iler  Oliva  inferior  einer  SchiiiiiLiuscn.  Nach  Kooy. 


Dors.  Kebcnoüve. 


Hauptolive, 
(laterale  Lamelle) 


'Med.  Nebenolive. 


Hauptolive 
(mediale  Lamelle). 


Fig.  323  0.     Der  Oliveiikumiilex  vuu  Elephas  indicus;  nach  Kooy. 


Nur   beim   Elefanten  geschieht  die  fortgeschrittenere  Entwicklung  des 
lateralen  Blattes  der  Hauptolive   bloß  durch   Dickenzunahme  (Fig.  323  B). 


SONSTIGE    KOORUIXATORISCHE    SYSTKMK.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


613 


Ich  möchte  liier  noch  betonen,  daß  die  sonst  überwiegende  Flüchen- 
ausdenung  dieses  Organes  auf  ihren  exquisit  sensiblen  Charakter  hinweist. 

Bereits  bei  der  Besprechung  des  Rückenmarkes,  dann  auch  in  der  Be- 
handlung des  Octavussystemes  habe  ich  darauf  hingewiesen,  daß  die  sen- 
siblen Projektionsgebiete,  mit  besonderra  lokulisatorischen  Stigma  sich  durch 
eine  exquisite  Oberflächenausdehnung  unterscheiden,  wie  sie  sich  auch  in 
der  Rinde  des  Kleinhirns,  des  Tectums  und  des  Vorderhirns  zeigt. 

Die  ontogenetische  Entwicklung  des  Olivenkomplexes  der  Säuger,  wie  wir 
sie  durch  die  Untersuchungen  von  His,  Essick,  Streeter  und  Kooy  ken- 
nen, ist  in  Übereinstimmung  mit  dessen  phjdogenetischen  Entwicklung. 


Fig.  324  A.     Entwicklung  der  Oliva  inferior  eines 
Schafembryos  von  23,5  ni.m.,  n.  Kooy. 

Seine  Zellen  gehen  hervor  aus  der  Flügelplatte  der  Oblongata  (His, 
EssicK,  Kooy).  In  den  jüngsten  Stadien  der  Entwicklung  bilden  diese 
zuerst  den  medialen  Teil  des  Komplexes,  der  sich  örtlich  vergrößert.  Später 
wird  die  dorsale  Nebenolive  sichtbar,  während  sich  wieder  später  die  Plaupt- 
olive  aus  dem  medialen  Abschnitt  diüerenziert,  zur  selben  Zeit  lateral  und 
kaudalwärts  auswachsend. 


614 


SONSTIGE    KOORDINATOKISGIIE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


Bald  finden  wir  eine  Einteilung  der  medialen  Nebenolive  in  ein  ventrales 
und  ein  mediales  Grus.  Später  hat  der  ventrale  Schenkel  eine  ventrale 
Furche  und  (auf  höherm  Niveau)  der  mediale  Schenkel  eine  Kappe  mit 
ventrolateral  gerichtetem  Auswuchs,  als  Rest  der  Verbindung  der  me- 
dialen Nebenolive  mit  dem  kaudalen  Pol  der  Hauptolive  und  mit  der 
dorsalen  Nebenolive. 

Die  dorsale  Nebenolive  reicht  fast  ebensoweit  kaudal  wie  die  mediale. 
Ihr  kaudales  Ende  ist  später  von  ihrem  frontalen  Ende  meistens  ge- 
schieden. 

Diesen  Zustand  fanden  wir  schon  bei  den  niedriger  stehenden  Mam- 
maliern  vorbereitet.  Bei  Phocaena  (Fig.  319)  und  bei  Ateles  (Fig.  322) 
kann  die  dorsale  Nebenolive  bereits  in  einen  kaudalen  und  frontalen 
Abschnitt  eingeteilt  werden,  M-elche  bloß  durch  einen  dünnen  Zcllenstreifen 
verbunden  werden.  Bei  dem  Schimjjansen  (Fig.  323)  liegt  bereits  eine  Lücke 
in  der  dorsalen  Nebenolive  vor. 

Dorsal  von  der  dorsalen  Olive  liegt  ein  schmaler  Zellhaufen,  der  Rest 
der  Verbindungskappe  zwischen  der  Kappe  der  medialen  Nebenolive  und 
der  dorsalen  Nebenolive  (welche  ^'^erbindung  bei  Echidna  (Fig.  318  B) 
so  auffalend  war). 


Kauilal. 
med.  N.O. 
dors.  N.O 
med.  N.O. 

Hauptol. 


F      Frontal. 


Dois.  N.O. 


Hauptol. 


Fig.  324  B.    Aus  der  Entwicklung  der  Üliva  inferior  des  Menschen. 
Lateralansicht  der  Olive  eines  Foetus  v.an  14  cm,  n.  Kooy. 


Der  frontale  Abschnitt  der  dorsalen  Nebenolive  hat  die  Form  einer 
Platte  wie  bei  den  niedern  Tieren  ;  sie  bedeckt  hier  aber  einen  weniger 
großen  Teil  der  Hauptolive  wie  dort,  weil  die  Hauptolive  sich  so  stark 
ventrolateralwärts  ausgebreitet  hat. 

Die  Hauptolive,  an  der  wir  bereits  früh  die  U-Forni  mit  dem  medial 
gerichteten  Hilus  wiedererkennen,  reicht  beim  Menschen  frontaler  als  die 
Nebenoliven,  sei  es  nur  wenig,  denn  die  größte  Ausbreitung  gewinnt  sie 
in  kaudaler,  zugleich  in  ventro-lateraler  Richtung. 

Wir  haben  schon  besprochen,  daß  die  laterale  Lamelle  die  größte 
Oberfläche  oder  die  meisten  und  tiefsten  Furchen  aufweist.  So  reicht  bei 
allen  Säugern  die  laterale  Lamelle  weiter  kaudalwärts,  und  wir  fanden  die 
mediale  eigentlich  nur  auf  rostralen  Schnitten  gut  entwickelt.  Wir  finden 
das  beim  Menschen  wieder  (Fig.  325 A).  Hier  ist  wahrscheinlich  durch 
die   starke  Entwicklung   des    den    Hilus   einnehmenden   Fasersystems,    der 


I 


SONSTIGE    KOOKUIXATÜKISCIIJC    SYSTEME.    DIE    OI4VA    INFERIOK.  015 


Kaiidal. 


Frontal. 


Fig.  325 A.    Quersclinitt  rliiich  die  üliva  inferiüi-  und  (ganz  ventral)  die  Nuclei 
arcuati  (Nu.  piaecursorius  Pontis)  eines  eiwaclisenen  Menschen,  n.  Koov. 


616 


SONSTIGE    KOORDINATORISCHE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


Raplie 


m^d.Lam. 
dermed.N.  O. 


dors.  N.  O 


ventr.  Lam 
der  med.  N.  0 


meist  dorsale  Teil  der  medialen  Lamelle  außer  dem  schmäler  geworden 
(Fig.  325  A)  und  hat  er  sich  von  dem  Rest  freigemacht  i). 

Ueberblickeu  wir  das  phylogenetische  Verhalten  und  den  ontogenetischen 
Entwicklungsgang  des  Olivenkomplexes,  dann  finden  wir  daß  die  Haupt- 
Olive  der  Säuger  und  des  Mensclien  den  zuletzt  sich  ausbildenden,  und  sich 
nachträglich  am  meisten  vergrößernden  Teil  desselben  darstellen. 

Wahrscheinlich  hängt  dies  zusammen  mit  der  Phvlogenese  der  Zere- 
bellums. 

C 

.1. 


-  dors. 


Hauptolive, 


Fig.  325  B.     Seitenansicht  der  Oliva  inferior  eines  erwachsenen 
Menschen  (9  X  vei-grüß.);  n.  Kouy. 

Eine  Bestätigung  findet  diese  Auffassung  in  den  pathologisch-ana- 
tomischen Untersuchungen  von  Gürdon  Holmks  und  Stewart  und  in 
denjenigen  Brouver's. 

Aus  den  Untersuchungen,  namentlich  der  erstgenannten  Autoren,  geht 
hervor,  daß,  wenn  nur  die  Hemispjhären  des  Zerebellums  lädiert  sind,  die 
Nebenoliven  intakt  blieben,  während  sie  degeneriert  erschienen,  wenn 
auch  die  Vermis  erkrankt  war. 

Außerdem  fanden  Holmes  en  Stewart  (Fig.  326  B)  daß  der  Wurm 
auch   mit   dem   medialen   Teil  der  Hauptolive  verbunden  ist. 

BuouwKR  (Fig.  326  A)  bestätigte  die  genannten  Resultate;  aber  machte 
den  Vorbehalt,  daß  nur  der  mediale  Teil  des  rostraleii  Hauptolivenabschnittes 
und  weiter  der  ganze  rosirale  Pol  desselben  mit  der  Vermis  in  Verbindung  steht. 


')   Dieser    Rest    der    medialen    Lamelle    der    Hauptolive    ist   von    Ziehen    als    Niicl. 
parolivaris  interraedialis  bezeichnet.  Eine  ni.  E.  iiberflüßige  Nomenklatur. 


SONSTIGK    KOOKDlNATOItlSClIK    SYSTKME.    ÜIK    OLIVA    INFKlilOi;. 


617 


^t  iimT'^ifc 


o   o 


Fig.  326  A.     Atro|)hie   der   mensrhliclien    Oliven  in  zwei 
Fällen  von  neozerebellarer  Atiophie,  n.  BROuwEn. 
Die  Atrophie  der  Kleinbirnhemisphären  geht  zusammen 
mit  einer  Atrophie  des  schwarz  gezeichneten  Abschnittes 
der  Haupt  Oliven. 

Die  Nebenoliven  und  der  frontale  Abschnitt  der  Haupt- 
olive (gesti'ichelt)  sind  normal  geblieben  ebenso  wie  die 
Vermis  Cerebelli. 


618 


SONSTIGE    KOORDINATORISCHE    SYSTEME.    DIE    OLIVA    INFERIOR. 


<:;::z? 


N^G^ 


In  der  Tat  sind,  wie  wir  gesehen  haben  diese  Oliventeile  (die  Neben- 
oliven nnd  der  zuerst  sich  daraus  differenzierende  rostromediale  Teil  der 
Haujjtolive)  als  die  phylogenetisch  ältesten  Bestandteile  des  Oliven- 
komplexes  der  Säuger  zu  betrachten,  ebenso  wie  die  Vermis  den  ältesten 
Abschnitt  des  Corpus  cerebelli  bildet. 

Der  Rest  der  Hauptolive  ist,  wie  wir  sahen,  jünger  und  steht  denn 
auch  mit  den  Jüngern  Kleinhirnhemisphären  in  Verbindung. 

Diese    Verbindung    geschieht    nach    Holmes    und    Stewart   in    einer 

sehr  gesetzmäßigen  Weise,  sodaß  be- 
stimmte Teile  der  Hauptolive  mit  be- 
stimmten Teilen  der  Kleinhirnhemis- 
phäre verbunden  sind(vergl.  Fig.  326  B). 
Merkwürdig  ist,  daß  bis  jetzt  noch 
nie  eine  Verbindung  der  unteren  Olive 
mit  der  Flocke  des  Kleinhirns  nachge- 
wiesen ist;  obschon  es  sich  dabei  — 
wie  wir  in  dem  folgenden  Kapitel  sehen 
werden  —  wenigstens  teilweise  um  einen 
recht  alten  Bestandteil  des  Kleinhirns 
handelt. 

Möglicherweise  hängt  dies  zusam- 
men mit  der  Tatsache,  daß  die  Flocke 
eine  besondere  Stellung  in  dem  Bau 
des  Kleinhirns  einzunehmen  scheint. 
Vermutlich  ist  es  derjenige  Teil  des- 
selben, welcher  namentlich  von  jeher 
dem  Vestibularisareal  der  Oblongata 
supraponiert  ist,  mehr  als  irgend  ein 
anderer  Teil  des  Zerebellums. 

Merkwürdig  ist  auch,  wie  ich  in 
dem  folgenden  Kapitel  eingehend  be- 
schreiben werde,  daß  die  Kleinhirn- 
flocke keine  spinozerebellaren  Fasern 
aufnimmt,  welche  (an  ihr  vorüber)  nur 
in  das  Corpus  cerebelli  einzudringen 
scheinen. 

Ob  die  Sonderstellung,  welche  der 
Flocculus  cerebelli  anscheinend  in  Bezug 
auf  die  Olive  inferior  einnimmt,  hiermit 
zusammenhängt,  läßt  sich  nicht  sagen, 
daß  der  vordere  Abschnitt  der  medialen 
Nebenolive  mit  dem  ParaHocculus  zusammenhängt  (weil  beide  so  groß 
sind  bei  den  Zetaceen ;  s.  Kapitel  VH). 

Gerade  über  diesen  Punkt  wären  weitere  Untersuchungen  sehr  erwünscht. 


Fig.  326  B.    Die  topographischen 

Beziehungen  zwischen  der  Oliva  inferior 

und  dem  Kleinhirn. 

Nach  Gordon  Holmes  und 

Grainger  Stewart. 

KooY   hält    es   für    möglich, 


ZUSAMMENFASSUNG    DER    PHYLOGENETISCHEN  619 


Zusammenfassung  der  phylogenetischen  Entwicklung  der  Oliva  inferior. 

Wenn  wir  die  Oliva  inferior  in  denjenigen  Klassen  von  Wirbeltieren, 
wo  sie  scharf  ditferenziert  ist  (Fische,  namentlich  Plagiostomen,  Vögel  und 
Sängetiere)  vergleichen,  können  wir  sagen,  daß  bei  den  niedern  Wirbel- 
tieren nur  der  mediale  Komplex  zu  finden  ist,  und  daß  bei  den  höhern 
Wirbeltieren,  bereits  bei  dem  ^'ögeln,  Auswüchse  desselben  in  dorsolateraler 
und  ventrolateraler  Richtung  auftreten. 

Der  dorsolaterale  Auswuchs  bildet  die  dorsale  Nebenolive.  Der  ventro- 
laterale  Auswuchs  entwickelt  sich  zu  der  Hauptolive  der  Säuger. 

Die  Entwicklung,  welche  die  ventrolaterale  oder  Hauptolive  bei  den 
Säugern  aufweist  und  welche  von  der  Entwicklung  der  Hemisphären  des 
Kleinhirns  begleitet  wird,  findet  in  der  Reihe  der  Säuger  in  frontokaudaler 
Richtung  statt  und  dehnt  sich  bei  den  Anthropoiden  und  dem  Menschen 
fast  über  die  ganze  Länge  des  Olivenkomplexes  aus. 

Entsprechend  ihrer  stets  mächtiger  werdenden  A^erbindung  mit  dem 
Kleinhirn  müssen  wir  diese  progrediente  Entwicklung  der  Oliva  inferior 
als  einen  Faktor  in  der  höheren  Differenzierung  und  Korrelation  der 
Motilität  betrachten. 

Wahrscheinlich  werden  verschiedene  Reize  im  Dienste  der  Körper- 
und  Extremitätenstatik  der  Olive  zugeführt. 

Als  zuführende  Bahnen  hierfür  kommen  neben  dem  Tractus  spino- 
olivaris  im  Vorderstrang  und  Vorder-Seitenstrang  des  Rückenmarks  auch 
laterale  Bogenfasern  in  Betracht,  aus  dem  obern  Zervikalmark  bei  den 
Fischen  und  aus  den  Hinterstrangkernen  bei  den  Säugern. 

Der  schwierige  Nachweis  dieser  Bahnen  hängt  damit  zusammen,  daß 
es  sich  dabei  hauptsächlich  um  kollaterale  Verbindungen,  nicht  um  ter- 
minale Verbindungen  von  spino-bulbären  Fasern  handelt. 

Bei  den  Fischen  (Teleostiern)  empfängt  das  Olivenareal  möglicherweise 
frontale  anführende  Fasern  vom  Tectum  opticum,  bei  den  Säugern  viel- 
leicht solche  von  dem  Haubenbündel,  sodaß  bereits  in  der  Olive  eine 
Korrelation  verschiedener  Eindrücke  stattfindet. 

Die  alleinige  Ausbildung  der  medialen  Olive  bei  den  niedern  Tieren, 
welche  gut  schwimmen,  wäre  mit  der  mächtigen  Entwicklung  der  Rumpf- 
und Schwanzmuskulatur  und  der  starken  Entwicklung  der  einfachen  reflek- 
torischen Extreraitätenbewegungen  in  \'erband  zu  bringen  (l^'ische). 

Auch  die  kolossale  Entwicklung  der  medialen  Nebenolive  bei  den  Ze- 
tazeen  wäre  so  verständlich,  weil  diese  Tiere  sich  in  derselben  Weise  wie 
die  Fische  fortbewegen,  während  die  größere  Entwicklung  der  Hauptolive 
bei  den  höhern  Primaten  die  Folge  der  feinern  Regulierung  der  ver- 
schiedenen Bewegungen,  namentlich  auch  der  Extremitäten  sein  würde. 

Wir    sehen     somit    auch    in    der    phylogenetischen    Entwicklung    des 


620  ENTWICKLUNG    DER   OLIVA    INFERIOR. 

Olivenkomplexes  eine  gewisse  Differenzierung,  die  sich  einerseits  der 
EniNGER'schen  Einteilung  des  Kleinhirns  in  eine  ältere  Vermis  und  einen 
neuern  Heinisphärenabschnitt  anschließt,  und  andererseits  mit  den  von 
BoLK  angeführten  Prinzipien  im  Einklänge  steht,  der  in  die  Vermis  die 
Rumpfmuskulatur  und  die  niedere  Motilität  der  Extremitäten  verlegt,  die 
feineren  unilateralen  Funktionen  der  Extremitäten  aber  in  den  Hemisphären 
des  Kleinhirns  lokalisiert. 

Hierbei  ist  noch  zu  bemerken,  daß  eine  Verbindung  der  Olive  mit 
der  Flocke  des  Kleinhirns  noch  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  wurde, 
was  mit  der  nonsomatischen  (über  dem  Vestibulargebiet  supraponierten 
Funktion)  dieses  Abschnittes,  dem  auch  eine  Zufuhr  von  spinalen  Fasern 
felilt,  im  Einklänge  steht  (vergl.  das  folgende  Kapitel). 


LITERATUR    ZUM    SECHSTEN    KAPITEL.  621 


LITERATUR  ZUM  SECHSTEN  KAPITEL. 
A.    Über  die  retikulären  Elemente  des  Bulbus  und  des  Mittelhirnes. 

Zyklostomen. 

JoTiNSTOx.    Tlie   brain  of  Petromyzon.  Journal   of  Comparative  Neurology,  Vol.   12, 

1902. 
Tretjakoff.    Das  Nervensystem   von   Ammocoetes.  Teil   II.   Das  GeJiirn.   Arch.  für 

mikroskopische   Anatomie,   Bnd.   74,   1909. 

Selachier. 

HoEVELL  (van).  Remarks  on  the  retieular  cell.s  of  the  Oblongata  in  dift'erent  verte- 
brates.   Proceediugs  of  the  Kon.   Akad.   v.  Wetensch.   Amsterdam  April  1911. 

Teleostier. 

Baetelmez.    Mauthner's    cell    and  tbe  nucleiis  motorius  tegmenti.   Journal   of  com- 

parative  Neurology,   Vol.   25,   1915. 
Beccari.    llieerehe    suUe    cellule    e    fibre  del   Mauthner  e  suUe   loro  connessioni   in 

pesci  ed  anfibi.   Arch.  di   Anatomia  e  di   Embriologia,  Vol.   VI,   1907. 
Tello.  Contribueion  al  Conoeimiento  del   eneefalo  de  los  Teleo.steos.  I:   Los  nucleos 

bulbares.  Trabajos  del   laboratorio  etc.  de  Madrid,  Tomo  VII,    1909. 

Amphibien. 

Beccari.  Eicerche  sulle  cellule  e  fibre  del  Mauthner  e  sulle  loro  connessioni  in 
Pesei  ed  in  Anfibi.   Arch.  di    Anat.  e  di   Embriologia,    Vol.   6,   1907. 

Herbick.  The  medulla  Oblongata  of  larval  Amblystoma  Journ.  of  Comb.  Neurology, 
Vol.  24,   1914. 

Reptilien. 

HoEVEi.L  (van).  Eemarks  on  the  retieular  cells  of  the  Oblongata  in  ditlerent  verte- 
bratcs.    Proceed.   of  the   Kon.    Akad.   v.    Wetensch.    Amsterdam,    1911. 

Lange  (de).  The  red  uucleus  in  Reptilia.  Proceedings  of  the  Kon.  Akad.  v. 
Wetensch.   Amsterdam,    1912. 

Lange  (de).  Das  Zwischenhirn  und  das  Mittelhirn  der  Reptilien.  Folia  Neuro- 
biologica,   Bnd.   VII,    1913. 

Vögel. 

BoK.  Die  Entwicklung  der  llirnnerven  und  ihrer  zentralen  Bahnen.  Die  stimulo- 
gene  Fibrillation.   Folia  Neurobiologica,   Bnd.  IX,   1915. 


622  LITERATUR    ZUM    SECHSTEN    KAPITEL. 

Oajal.  Coutribueioii  al  Estudio  de  los  ganglio»  de  la  substancia  retieular  del  bulbo. 

Trabajos  del  laboratorio,   etc.,   de  Madrid.   Tomo  VII,   1909. 
HoEVELL  (van).   Eemarks  on  the  retieular  celLs  of  the  Oblongata  in  dift'erent  verte- 

brates.  Proceedings  of  the  Kon.   Akad.   van  Wetenschappen,   1911. 

Säugetiere. 

Bechterew.   Die  Leitungsbahnen. 

Cajal.  Textura  del  sistema  nerviosa  del  Hombre  y  de  los  Vertebrados,    Tomo  II. 

Madrid,   1904. 
Hatschek.  Zur  vergleichenden    Anatomie  des  Nucleus  ruber  Tegmenti.  Festschrift 

des  Neurologischen  Instituts  in   Wien,   1907. 
Van    Hoevell.    Eemarks    on   the  retieular  cells  of  the  Oblongata  in  dift'erent  ver- 

tebrates.    Proceedings    of   the    Kon.    Akad.  van  Wetensch.   Amsterdam,   1911. 
Jacobsohn.  Die  Kerne  des  menschlichen  Hirnstammes.   Abhandl.   der   Kön.  Preuss. 

Akad.  der  Wissenschaften,   1909. 
KouNSTAMM.    Über    den    Nucleus    paralemnisealis.    Journal    für    Psychologie    und 

Neurologie,   1910. 
KöLLiKER.  Gewebelehre,   Teil  II.  Engelmann,  Leipzig,   1896. 
Marburg.  Mikroskop,  topographischer  Atlas  des  menschlichen  Zentralnervensystems, 

2'"  Auflage. 
Monakow.    Der    rote   Kern,  die    Haube    und  die  Eegio  hypothalamica  bei   einigen 

Säugetieren  und  beim  Menschen.   Arbeiten  aus  dem  Hirnanatomischen  Institut 

in  Zürich.  Heft  III,   1909   und  Heft  IV.    1910. 


LITERATUR    ZUM    SECHSTEN    KAPITEL.  623 


B.     Über  die  phylogenetische  Entwidmung  der  Oliva  inferior  und 
die  Bedeutung  ihrer  einzelnen  Bestandteile. 


Zyklostomen. 

JoiiNSTON.  The  Braiu  of  Petromyzon.  Journal  of  Comparative  Neurology,  Vol.  12,  1902. 

Plagiostomen. 

Arikss  Kappers.  The  striictitre  of  the  Teleostean  and  Selachian   brain.   Journal  of 

Comparative  Neurology,  Vol.   16,   1906. 
Edinger.  Vorlesungen  über  den  Bau  der  nervösen  Zentralorgane.    Letzte   Ausgabe 

2.  Teil. 
KooY.  On  the  inferior  olive.   Folia  Neurobiologica,  Bnd.  X,   1916. 
Sterzi.   II  sistema  nervosa  centrale.   Selaci,   Draghi,  Editore,   Padova.   1909. 

Holocephail. 

Ariens    Kappers    und    Carpenteü.    Das    Gehirn    von    Chimaera    monstrosa.     Folia 

Neurobiologica.   Bnd.  V,   1911. 
KooT.   An  the  inferior  olive.  Folia  Nenrobiologica,  Bnd.   X,   1916. 

Gano'i'den  und  Teleostier. 

JouNSTON.  The  brain  of  Aeipenser.   Fischer,  Jena,   1901. 

KooY.  Ou  the  inferior  olive.   Folia  Neurobiologica,   Bnd.  X,   1916. 

Matser.     Untersuchungen    über    das    Gehirn    der    Knochenfische    mit    besonderer 

Berücksichtigung    der    Cyprinoiden.     Zeitschrift    f.    wissenschaftliche    Zoologie, 

Bnd.  XXXVI,   1881. 

Reptilien. 

KooT.  On  the  inferior  olive.  Folia  Neurobiologica,  Bnd.  X,   1916. 
Lange  (de).    Das    Cerebellum    der    Oblongata   und  das  Eückenmark  der  Reptilien. 
Folia  Neurobiologica,   Bnd.  X,    1917. 

Vögel. 

KooT.  On  the  inferior  olive.   Folia  Neurobiologica,   Bnd.   X,   1916. 

Williams.    Vergleichend    anatomische    Untersuchung    über    den    Bau    und   die  Be- 

deuting    der    Oliva   inferior  der  (Säugetiere  und  Vögel.   Obersteiners  Arbeiten, 

Bnd.   XVII,   1909. 
TosniMURA.    Experimentelle    und    vergleichend    anatomische    Untersuchungen    über 

die   untere  Olive  der  Vögel.  Obersteiner's  Arbeiten,   Bnd.  XVIII,   1910. 

Säugetiere  i). 

Brouwek.    Ueber    Hemiatrophia    neocerebellaris.    Archiv  für  Psychiatrie,   Bnd.  51, 
1913. 


')    Nur  (He  wichtigste  Literatur  ist  zitiert. 


624  LITERATUR    ZUM    SECHSTEN    KAPITEL. 

Beodwee.  Anatomische  Untersuchungen  über  das  Kleinhirn  des  Menschen.  Psy- 
chiatrische en  Neurol.   Bladen,   Amsterdam,   1915. 

Beouwer  und  Coenen.  lieber  die  Oliva  inferior.  Journal  für  Psychologie  und 
Neurologie,  Bnd  25,   1919. 

Brunner.  Bemerkungen  zum  Aufbau  des  Hirnstammes  der  Cetaceen  mit  beson- 
derer Berücksichtigung  der  unteren  Olive.  Journ.  für  Neurologie,  Bnd.  24, 
1918. 

Brünnek.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  unteren  Olive  bei  den  Säugetieren.  Monat- 
sehrift  f.   Ohrenheilk.   1918. 

Cajal.  Textura  del  sistima  nervioso  del  hombre  y  de  los  vertebrados.  Tome  11. 
Madrid  1904. 

Cajal.  Histologie  du  Systeme  nerveux  de  l'homme  et  des  vertebres.  Paris  1909 
(trad.   p.   Azoulay). 

EssiCK.  The  corpus  ponto-bulbare,  a  hitherto  not  deseribed  Nucleus  in  thc  human 
brain.  Journal  of  anatomy.  Vol.   7,   1907. 

EssiCK.  The  development  of  the  nuclei  pontis  and  the  nucleus  arcuatua  in  man. 
Journ.  of  Anatomy.  Vol.   13,   1912. 

Jelgersma.  Ueber  den  Bau  des  Saugetiergehirns.  Morphologische  Jahrbucher. 
Bnd.   15. 

His.  Über  die  Entwicklung  des  Eieehlappens  und  des  Eieehganglions  und  über 
diejenige  des  verlängerten  Marks.  Verhandl.  der  Anat.  Gesellsch.  Berlin.  1889. 

Holmes  and  Stewart.  On  the  connection  of  thc  inferior  olives  with  the  eerebel- 
lum  in  man.   Brain,  Vol.   31,   1908. 

Goldstein.  Über  aufsteigende  Degeneration  nach  Quersehnitts-Unterbrechung  des 
Eüokenmarks.  Neurologisches  Zentralblatt,   1910. 

Kankeleit.  Zur  vergleichenden  Morphologie  der  unteren  Säugetierolive  mit  Bemer- 
kungen über  Kerne  in  der  Oliven-Peripherie.  Inaugural-Dissertation,  Berlin, 
1913;   Archiv  für  Anatomie  uud  Physiologie  (Anat.   Abteilung   1913). 

KÖLLTKEB.  Die  Medulla  Oblongata  und  die  Vierhügelgegend  von  Ornithorrhynchus 
und  Eehidna  (Leipzig,  Engelman)  1901. 

KoOT.  On  the  oliva  inferior.  Folia  Neurobiologica,  Bnd.  X,   1916. 

Koor.  The  inferior  olive  in  Cetacea,   Folia  Neurobiologica,   Bnd.  XI,   1920. 

Sabin.  An  Atlas  of  the  medulla  and  Midbrain.  Baltimore.  The  Friedenwald  Com- 
pany.  1901. 

Weed.  A  recoustruction  of  the  nuclear  masses  in  the  lower  portion  of  the  human 
brainstem.  Publication  N\  191  of  the  Carnegie-iustitution  in  Washington,  1914. 

Ziehen'.  Das  Zentralnervensystem  der  Monotremen  und  Marsupialier  (Zweiter  Teil, 
Microsc.  Anatomie.  Zweiter  Abschnitt:  der  Faserverlauf  im  G-ehirn  von 
Eehidna  und  Oriiithorhynchus  etc.),  Semons  Forschungsreisen,  Jena,  Fischer, 
1908. 

Ziehen.  Central-Nervensystem  II,  Jena,   Fischer. 


ADDENDA  ET  GORRIGENDA. 


Ad.  S.  6.  0.  VAX  DER  Stricht  hat  auch  in  den  Rieclniervenzellen 
(siehe  die  Tafel  dem  Titelblatt  gegenüber)  das  Zentrosom  nachgewiesen 
(Memoires  de  l'Academie  royale  de  medicine  de  Belgique,  Tome  20,  19U9) 
und  zwar  in  dem  sog.  Riechhaar,  an  dessen  Spitze,  wo  es  von  einer  stern- 
förmigen Zone  umgeben  ist.  Er  weist  auch  daraufhin:  „dans  les  neurones 
visuels,  olfactifs  et  les  cellules  sensorielles  auditives  le  centrosome  engendre 
un    appareil    tout   particulier  qui  recoit  directement  l'excitation  nerveuse". 

Ad.  S.  11.  Wie  träge  die  Leitungsschnelligkeit  in  dem  primitiven  asyn- 
aptalen  Gangliensystem  ist,  geht  hervor  aus  den  Versuchen  Parkers.  Sie 
variiert  bei  Metridium  (bei  21°  C.)  von  1,20  bis  1,45  cm.  pro  Sekunde. 

(Siehe :  The  rate  of  transmission  in  the  nerve  net  of  the  coelenterates ; 
-Journ.  of  general  Physiology,  Vol.  1,  1918). 

Ad.  S.  19.  Die  sensibeln  sympathischen  Fasern  besitzen  wohl  eine 
Markscheide.  (Laxgley  ist  hier  unrichtig  zitiert). 

Ad.  S.  24.  Über  die  der  Zusammensetzung  der  NissL'schen  Körper- 
chen möchte  ich  noch  folgendes  bemerken : 

In  fast  allen  Zellen  kommen  Stofie  vor,  welche  mit  der  metabo- 
lischen Oxydation  der  Zelle  in  Zusammenhang  stehen  und  Oxydasen  genannt 
werden.  Man  findet  dieselben  (Katsunuma,  Marinesco  i) )  in  allen  Teilen  des 
Neurons,  mit  Ausnahme  des  Achsenzylinders. 

Die  Verteilungsweise  der  Oxydasen  in  dem  Neuron  stimmt  auch  in 
anderen  Hinsichten  überein  mit  der  der  NissL-SchoUen.  Sie  sind  —  wie 
diese  —  zahlreicher,  je  nachdem  der  Kern  ärmer  ist  an  Chromatin. 

Es  handelt  sich  dabei  um  eisenphosphorhaltige  Fermente,  welche  aus 
dem  Kern  hervorgehen.  (Der  Eisengehalt  des  Kernes  nimmt  ab,  je  nachdem 
die  Oxydasen  im  Protoplasma  zunehmen). 

Da  die  TigroidschoUen  auch  Eisen  enthalten,  ist  es  wahrscheinlich,  daß 
die  Oxydasen  denjenigen  Bestandteil  der  NissL-Körper  bilden,  welcher  dem 
Kern  enstammt.  E.  Holmgren  hält  es  für  wahrscheinlich,  daß  sie  von 
azidophilen  Chromiolen  herrühren,  welche  bei  ihrem  Uebergang  in  dem 
Protoplasma  basophil  werden  und  sicli  mit  lipoi'dähnlichen  Stoffen  aus 
dem  Zelleib  (Trophospongium)  verbinden  (persönliche  Mitteilung). 

Daß  eine  gewisse  Verwandtschaft  besteht  zwischen  Oxydasen  und 
Lipoiden  hat  auch  Veknon  betont. 

')     Marinesco.  Recherches  liistologiques  sur  les  Oxydases. 

Recherches  histologiqiies  sur  les  Oxyrlases  et  les  Peroxyilases. 

Comptes  rendus  de  la  Societe  de  Biologie,  de  Paris,  Tome  82,  1919. 

Kapi'ers.  ^•' 


II  ADDENDA    ET    CORKIGENDA. 

Ad.  S.  41.  Die  Funktion  der  akzessorischen  Muskelnerven  ist  noch 
niclit  sicher  bekannt. 

Nach  S.  DE  BoER  beherrschen  sie  den  mechanischen  Muskeltonus. 
Indessen  ist  in  den  betreffenden  Muskeln  nach  Fortnahme  dieser  S3^steme 
nur  eine  leichte  Hypotonie  zu  beobachten  (Dusser  de  Barenne,  v.  Brücke), 
welche  außerdem  nach  einigen  Tagen  bis  Wochen  wieder  verschwindet. 
Vielleicht,  daß  der  chemische  Muskeltonus  (Mansfeld  und  Lukacs)  von 
diesem   System    beherrscht  wird. 

Ad.  S.  42 — 44.  Die  ausführlichste  Darstellung  der  Literatur  über  das 
Chorioidalgewebe  in  der  Metabolie  des  Nervensystems  findet  sich  bei 
Goudsmit:  Experimental  Investigations  with  trypanblue  in  connection  with 
the  intraspinal  treatment  of  tabes  and  paralysis.  Inauguraldissertation, 
Amsterdam,  1020.  {Neurotherapie,  Amsterdam,  1920). 

Ad.  S.  95  u.  W.  Der  galvano-tropische  Charakter  des  neurobiotactischen 
Prozesses  ist  neuerdings  von  Ingvar  in  Harrison's  Laboratorium  experi- 
mentell bewiesen  worden,  ebenso  wie  der  opposit  galvano-tropische  Charakter 
von  Dendrit  und  Achsenzylinder,  und  das  perpendikuläre  Auswachsen  von 
Neuroblasten  auf  einem  Stromleiter  (Proceedings  of  the  Society  for  experi- 
mental Biology  and  Medicine,  1920). 

Ad.  S.  200.  Die  Reihenfolge,  in  der  die  Strychnindermatome  gefunden 
wurden,  ist:  Dusser  de  Barenne,  Klessens,  de  Boer. 

Ad.  S.  210.     Empfindungs-Modalitäten,  lies :  -Qualitäten. 

Ad.  S.  281.  Norris  und  Hughes  (Journal  of  Compar,  Neurol.  Vol. 
31,  1920,  S.  368)  fanden,  daß  bei  Squalus  acanthias  nicht  nur  der  VII, 
sondern    auch  der  IX  und  X  ihre  allgemeinen  Haut-Äste  verloren   haben. 

Ad.  S.  311.  Daß  die  LABORDEsche  Methode  der  rythmischen  Zungen- 
traktion bei  wirklicher  Asphyxie  einen  günstigen  reflektorischen  Einfluß 
ausübt,  wie  Philips  (Arch.  internation.  de  Phys.,  Tome  II,  1904)  bestätigte, 
wird  von  Prevost  und  Brailowsky  (Compt.  rend.  Soc.  de  Biol.  de  Paris, 
1906,  T.  II  und  Rev.  med.  de  la  Suisse  romande,  1907)  bezweifelt.  Diese 
Autoren  sehen  den  Vorteil  dessen  nur  in  der  mechanischen  Oeftnung  der 
Larynx  durch  Hebung  der  Epiglottis. 

Ad.  S.   425.      Fig.   196   Vesperinga   noctula,  lies;    Vesperugo    noctua. 

Ad.  S.  429.  Wahrscheinlich  sendet  der  magno-zelluläre,  ventrale 
Cochleariskern  der  Säuger  auch  Fasern  ins  Zerebellum  (Winkler),  wie  es 
von  BoK  bei  den  Vögeln  nachgewiesen  wurde,  (vergl.  den  zweiten  Abschnitt 
dieses  Buches,  S.  727). 

Ich  verdanke  es  der  Genauigkeit  meiner  Korrektoren,  der  Herren  L. 
Hellmann,  0.  Fricke,  H.  Röder  und  Fräulein  K,  von  Wrangel,  daß  die 
sprachlichen  Textfehler  nur  gering  und  nicht  störend  sind. 

Diejenigen,  welche  noch  vorkommen,  sind  eine  Folge  nachträglicher 
Veränderungen  und  für  meine  Verantwortlichkeit. 

C.  U.  A.  K. 


SACHREGISTER. 


Abducenskern,  siehe  Nucleus  VI. 
Abtlachung  des  Rückenmarkes,  S.  H3. 
Absteigende  Gesclimacksbahnen,  S.  144. 
Acanthias    vulgaris,   S.  461;  Fig.  30,  34A, 

171,  212,  214C. 
Acanthopterygii,  S.  138. 
Accessoriuskern,  siehe  Nucleus  XI. 
Achsenzylinder,  siehe  Neurit. 
Acipenser,  S.  138;  Fig.  30. 
Adventitia  gliosa,  siehe  Membrana  limitans 

vasculosa. 
Akkumulation  der  sensiblen  Wurzelfasern, 
S.  128,  153,  208,  212,  239;    Fig.  93,  94. 
Akzessorische  Fasern,  S.  40. 
Akzessorische  Innervation,  S.  41. 
Alkalichloriden,  S.  12,  65,  66,  67,  68. 
Alligator  sklerops,   S.  330,   494,  495;   Fig. 
136,  181,  238,  239,  240B,   245,  247,  249. 
Alternieren   von   Vorder-  und  Hinterwur- 
zeln, S.  102, 114, 122, 136, 149, 158, 228,229. 
Amakrinen,  S.  22,  23. 
Amblyostoma,  S    327. 
Ameiurus  melas;  Fig.  126. 
Amia  calva,  S.  386,  472. 
Ammocoetes,  S.  23,  114,  319,  320. 
Ammodytes,  S.  484. 
Amphibien,  S.  1, 234, 235,  250, 251,  276,  368. 

Motorisches  System  der  - :  S.  486  -  489,  E65, 566. 

Octavo-lateralissystem  der—:  S.  392-398,445. 

Oliva  inferior  der  -:  S.  601,  623. 

Retikuläre  Kerne  der  -:  S.  581,  621,  622. 

Eückenmark  der  -:  S.  145-157,  250,  251. 

Sensible  Branchialnerven  der  — :  293-298,357. 

Trigeminus  der  - :  S.  326,  327,  361. 
Amphioxus,   S.   48,  49,  228,  245,  246,  275. 

Branchialnerven  von  — :  S.  101. 

Kopfmuskulatur  von  - :  S.  101,  450,  456. 

Mcdulla  oblongata  von  — :  S.  271-279. 

Octavo-lateralissystem  von  — :  S,  363. 

Rückenmark  von  - :  S.  99—112,  245,  246. 

Sehzellen  von  -  :  S.  6-9;  Fig.  60-52. 


Amphiuma,  S   394. 

Amphizyten,  S.  49. 

Ampulla  posterior,  S.  381. 

Anacanthini,  S.  138. 

Anaxonen,  siehe  Amakrinen. 

Angius  fragilis,  Fig.  82. 

Anguilla  S.  385,  484. 

Anneliden,  S.  33. 

Anodotropisches  Wachstum,  S.  66. 

Ansa  Vieussenii,  S.  194;  Fig.  100. 

Antennarius  histrio,  S.  138,  140. 

Anura,  S.  156,  368,  393. 

Apertura     inferior,     siehe    Foramen    Ma- 

gendi. 
Aperturae  laterales,  siehe    Foramina    von 

Luschka. 
Apolare  Ganglienzellen,  S.  23. 
Aquaeductus  Sylvii,  S.  267,  398. 
Brachnoidea,  S.  182,  225,  226. 
Archencephalon.  S.  99. 
Arctomys  marmota,  S.  220;  Fig.  114. 
Area  statica,  siehe  Tuberculum  staticum. 
Arius,  S.  80;  Fig.  130. 
Arthropoden,  S.  13,  32,  33,  41. 
Assimilation 

protometamere  — :  S.  12.3. 
auximetamere  - :  S.  123,  124,  133,  453. 

Assoziation    gleichzeitiger    Reize,    S.   560, 

siehe  auch  Korrelation. 
Assoziationsbahnen,  S.  131;  Fig.  66. 
Astrozyten,  S.  45,  49,  166,  182,  224. 
Asynaptales  Netzweili,  S.  11,  22,  76. 
Aszidien,  S.  99. 

Atelidae,  S.  214;  Fig.  321 B,  322. 
Auerbach'sche  Endfüsschen,  S.  31. 
Augenmiiskelnerven  bei  Myxinoiden,  S.  113. 
Ausläufertheorie,  S.  51,  52,  53. 
Aussenfaden,  S.  18. 

Autonome  Gliazellen,  siehe  Astrozyten. 
Autonomes  System,  S.  21. 


IV 


SACHREGISTER. 


Auximetaraere  Assimilation,  sielie  Assimi- 
lation. 
Axolotl,  S.  155,  326. 
Axonhügel,  S.  i%  18,  31,  69,  343,  344. 
Axonkappc,  S.  31,  75,  388;  Fig.  176  A,  B. 
Axonreflex,  S.  20,  528. 
Azidosis,  S.  26. 


B. 


Bahn    von     Edinger,    siehe    Edrnger'sche 

Fasern. 
Bahnen    des    Rückenmarks,    siebe    weiter 
Tractus. 
Absteigende  — ,  bei  Plagiostoraen,  S.  131,  132. 
Absteigende  -,  bei  Teleostiern,  S.  143,  144. 
Sekundäre,   endogene    — ,    bei    Plagiostomen, 

S.  129. 
Sekundäre  — ,  bei  Teleostiern,  S.  142. 
Sensibilitätsbahnen,  155. 
Bahnung,  S.  71. 
Balistes,  S.  138. 
Bartenwal,  S.  185. 
Batrachus,  S.  138. 
Bau  der  Neuronen,  S.  55  —60. 
Bdellostoma  Dombey,  S.  456;    Fig.  205  C. 
Bechterew'scher  Kei'n,  S.  400,  407,  410,  417, 

418,  437. 
Berührungssinn,   S.  111,  212. 
Bipolarität  der  Zellen,  S.  13,  15,  16. 
Bindegewebe    der    peripheren    Nerven,  S. 

53,  54. 
Bisschoff scher  Kern,  S.  216;  Fig.  88 
Bisschofsstabzellen,  S.  16; Fig. IIA, 432, 448. 
Blennius,  S.  8. 
Boa  constrictoi',  Fig.  153. 
Bogenfasern  His',  S.  108,  119,  154,  178,  214, 
215,  229,  321,  371,  402;  Fig.  65, 77, 89,  90. 
Bogenfasersystera,  siehe   Bogenfasern. 
Bogenfaserzellen,  siehe   auch  Komraissur- 

zellen . 
Bos  taurus,  S.  210;  Fig.  273. 
Bradypus,  S.  185. 
Branchiale  Muskulatur,  S,  450. 
Branchialnerven,S.  269,  271,273,345-352. 
Amphibien:  mot. :  S.  298  und  Kap.  V. 

sens.:  S.  293-298,  357. 
Plagiostomen.  mot.:  S.  284  und  Kap.  V. 

sens.:  S.  281-284,  356,  Addenda. 
Reptilien:  mot.:  S.  301  und  Kap.  V. 

sens.:  S.  298-.302,  357,  358. 
Säuger:  mot.:  S.  312,  313  und  Kap.  V. 
sens.:  S.  305-313,  .358,  359. 
Teleostier:  mot.:  S.  293  und  ICap.  V. 

sens.:  S.  284-293,  356,  357. 
Vögel :  mot. :  S.  304,  306  und  Kap.  V. 
sens.:  S.  302-305,  358. 


Zyklostomen :  mot. :  S.  281  und  Kap.  V. 
sens.:  S.  279-281,  355. 
Branchialregion,  S.  101,  102. 
Branchiospinale  Nerven,  S.  273,  345. 
Branchiostoma    carribaeum,    S.   109,  110; 

Fig.  52. 
Brown-Sequard'sche    Läsion,    siehe'  Halb- 

seitenläsion 
Brückenbeuge,  S.  267. 
Bufolarve,  S.  154. 
Bulbus  olfactorius,  Fig.  11  B. 
Bündel  von  Flechsig,    siehe  ', 

Flechsig'sches  Bündel.        /  Siehe  weiter 
Bündel    von   Gowers,   siehe  l      Tractus. 

Gowersches  Bündel.  ' 

Büngner'sche  Banden,  S.  52. 
Burdaeh'scher  Kern,  siehe  Nucleuscuneatus. 

c. 

Cacatua  roseicapilla,  Fig.  88  B. 
Caducibranchiaten,  S.  370,  487. 
Cajal'scher  Kern,  S.  305. 
Calamoichthys  calabaricus,  Fig.  221  A. 
Calamus  scriptorius,  S.  101,  266,  273,  320, 

346,  474,  505;   Fig.  222. 
Callionymus  lyra,  S.  138,  385. 
Callithrix,  S.  174. 
Campus  triangularis  funiculi  lateralis  Bor- 

chert's,  S.  125,  siehe   auch:    Marginales 

Dendritennetz. 
Canalis  infraorbitalis,  S.  364;  Fig.  164. 
Canalis  mandibularis,  S.  364;  Fig.  164. 
Canalis  supraorbitalis,  S.  364;  Fig.  164. 
Canis  familiaris,  S.  517;  Fig.  281,282,283. 
Carcharias  glaucus,  S.  123;  Fig.  125. 
Garpiodes  velifer,  Fig.  127  A. 
Casuaris,  Fig.  253. 
Catharistes  urubu,  Fig.  156. 
Catostomus,  S.  138;  Fig.  165  A. 
Cauda  equina,   S.  134,  135,  157,  167,  182; 

Fig.  67  C,  68. 
Cavia  aperea,  S.  220;  Fig.  116. 
Cavia  cobaya,  S.  14,  220,  341. 
Cebus    fatuellus,   S.   174,   209,   210,   223; 

Fig.  115. 
Gentrosomen,    siehe  Zentrosomen  und  Di- 

plosomen. 
Ceratodus,  S.  43.  Fig.  237  A. 
Chamäleon,  S.  165;  Fig.  248. 
Ghelone  midas  siehe  Schildkröte. 
Chemischer  Sinn,  S.  111,  112,  120,  277. 
Chemotaxis,  S.  46,  57,  58,  59,  61. 
Chimaera,  S.  308,  BOl. 
Chiropteren,  S.  186. 


i 


SACUItEOISTER. 


Chlamy.lüselaclms,  S.  28-'. 

Choluepus,  Fig.  93. 

Chorda  dorsalis,  S.  102. 

Chorda  tympani,  S.  312,  314,  359,  360. 

Chorioiil.  S.  42,  43,  44,  Addenda,  Fig.  30. 

Chroiiuitine,  S.  24. 

Chrom idial  Substanz,  siehe  Tigroidsubstaiiz. 

Ciconia  alba,  S.  303;  Fig.  251,  260. 

Cisterna  magna  posterior  cerebelli,  S.  206. 

Clarkesche    Säule,    S.  200,    207,  217,   241; 

Fig.  108,   109.  Siehe  auch  Stilling'scher 

Kern. 
Clupea  harengus,  S.  325,  385. 
Cochlea,  S.  365. 

Coelenteraten.  S.  7,  12,  29,  33,  41,  76. 
Coelom,  S.  449,  450. 
Cohiinba,  S    405. 
Colyrabus,  S.  303,  510;  Fig.  255. 
Comiiiissura  accessoria,  S.  130,  166. 
Commissura  ansulata,  Fig.  230  A. 
Commissura  anterior,  S.  154,  158,  207. 
Commissura  cerebelli,  S.  372. 
Commissura  dorsalis,  S.  155,  166. 
Commissura  infima,  S.  280,  283,  284,297, 

302,  305. 
Commissura  intertrigemina,    S.  327;    Fig. 

148. 
Commissura  posterior,  S.  512. 
Commissura  protoplasmatica   anterioi',    S. 

125,  149,  166;  Fig.  77. 
Commissura  protoplasmatica  posterior,   S. 

119,  129,  131,  207. 
Common    final    path   Sherrington's,  S.  71, 

231,  232,  291,  293,  390,  430,  573,  593,  596. 
Conus  terminalis,  S.  183. 
Coregonus  adspergus,  S.  138. 
Coregonus  albus,  S.  138. 
Corpus    posticum   siehe   Corpus  quadrige- 

minum  posticum. 
Corpus    quadrigeminum    anticum,    S.  403, 

515.  Siehe  auch:  Tectum  opticuni. 
Coi-pus  quadrigeminum    posticum,    S.  381, 

398,  403,  432,  515;  Fig.  443,  200  A.  Siehe 

auch:  Torus  semicircularis. 
Corpus  restiforme,  S.  428,  429 ;  Fig.  158, 199. 
Corpus  trapezoides,  S.  515;  Fig.  186. 
Cortisches  Organ,  Fig.  165  C. 
Corvina  nigra,  S.  138. 
Crista  acustica,  S.  379;  Fig.  105  B. 
Crista  cerebellaris,    S.  371,375;    Fig.  167, 

169,  170. 
Crista  neglecta,  S.  381,  385,  404,  405. 
Crocodilus  porosus,  siehe  Krol<odile. 


Crustaceen,  S.  27,  103,  146. 
Ctenolabrus  adspersus,  S.  138. 
Ctenolabrus  pavo,  S.  138. 
Cycloptei'us  lumpus,  S.  138, 
Cyclostomen,  siehe  Zyklostomen. 
Cynoscion  regalis,  S.  385,  442. 
Cyprinoiden,  S.  .368.  Siehe  Zyprinoiden. 

D. 

Dach  des  Mittelhirnventrikels,  S.  100,  153. 

Siehe  auch  Tectum  opticum. 
Dactylopterus,  S.  138. 
Dammonia,  S.  165,  174. 
Darkschewitsch'scher    Kern,    S.    512,  549, 

592,  594;  Fig.  295. 
Decussatio  veli,  S.  155. 
Deiters'scher  Kern,  S.   218,  381,386,  400, 

402,  407,  417,  418,  419,   559,    573,    .595; 

Fig.  186,  192,  243,  288. 
Deiters'sehe  Zellen,  S.  379,  401. 
üelphinus  delphis,  S.  277. 
Dendrit,  S.  12,  29. 
Dendritenausbreitung    in    der     Substantia 

gelatinosa  Rolandi,  S.  205;  Fig.  107. 
Dermatomen,  siehe  Segmentierung. 
Desmognathus,  S.  327. 
Diagramme   viscero-   und    somato- motori- 
scher   Kerne,   S.  455,  491,  497.  Tafel  II 

und  III. 
Amphibien  Fig.  2-37. 
Gauoidon  und  Teleostier,  Fig.  221, 222, 22i,  226 

230. 
Plagiostomen,  Fig.  212,  214.  220. 
Reptilien,  Fig-  240. 
Säuger,  Fig.  264,  273,  284,  285,  286. 
Vögel  25.5,  262. 
Zyklostomen,  Fig.  205. 
Dichotomie,  S.  106,  108, 109,  T18,  128,  142, 

153,    164,    179,    208,   319,  372,  380,  395. 
Didelphys,  S.  174,209,210,223;  Fig.  264  B, 

266. 
Diktyokinese,  S.  26. 
Dinosaurier,  S.  157. 
Diodon,  S.  133. 
Diplüsomen,  S.  6,  7,  9,  18,  29,  44,  69;  Fig. 

2,  4,  4  A,  165  B.  Siehe  auch  Zcntrosomen. 
Dipnoi,  S.  138,  156. 
Direkte  Pyramide,  siehe  Pyramidonvorder- 

strang. 
Direkt  reflektorische  Elemente,  S.  387,  388, 

389,  390. 
Direkter  Uebei'gang  van  Fibrillen  im  Ves- 

tibulairapparat,  S.  75,  76;  Fig.  23. 
Diskriminationssinn,    S.  37,  155,  165,  210. 

211,  212,  339. 


VI 


SACHKEGISTEK. 


Dorsale  Kleinhirnbahn  Flechsig's,  siehe 
Tractus  spino-cerebellaris  dorsalis. 

Dorsales  grobfaseriges  Bündel  von  Len- 
hossek,  S.  128. 

Dorsalzellen,  siehe  Intramedullare  Gang- 
lienzellen. 

Dorso-lateral-linie,  S.  197. 

Dorso- mediales  Bündel  im  Rückenmark 
der  Z3'klostonien,  S.  H8. 

Dreikantenbah  .  Helweg's,  siehe  Tractus 
spino-olivaiis. 

Ductus  endolymphaticus,  S.  67,  385;  Fig. 
171,  179. 

Dura  mater,  S.  156,  166,  182,  227. 

Duval'scher  Kern,  S.  519;  Fig.  269. 

Dynamische  Polarisation,  S.  12,  25,  57, 
58,  59,  60,  63. 


E. 


Echidna,  S.  184,  338,  341,  344,  414,  513, 
531,604;  Fig.  158,  194,  264A,  275,  276, 
318. 

Edinger'sche  Fasern,  S.  130,  143,  153,  206, 
207,  211,  216,  217,  235,  238,  330,  340, 
349;  Fig.  66.  S.  auch  Tractus  spino-mes. 

Edinger-Westphal'sche  Kerne,  S.  500,511, 
549,  551,  552,  560;  Fig.  293,  297. 

Eflektorisches  System  der  MeduUa  oblon- 
gata,  S.  449,  450.  Siehe  weiter:  Moto- 
risches System. 

Eidechsen,  S.  157,  160,  236;  Fig.  81. 

Eimer'sches  Organ,  S.  50,  335. 

Einflusz  von  nicht-nervösen  Elemente,  S.  58. 

Einleitung,  S.  1 — 4. 

Einstülpung  der  medialen  Spalte  des 
Aquaeduktes,  S.  469. 

Einteilung  der  Oblongata,  S.  267,  268; 
Fig.  120. 

Ekphorie,  S.  2,  4. 

Elektrische  Zellen.  S.  137,  232. 

Elephas  indicus,  S.  209,  210,  223;  Fig. 
323  B. 

Eminentiae  ventrales,  S.  168,  170. 

Emys,  S.  166. 

Endfüszchen,    S.    46,    224,   225;  Fig.  32  A. 

Endkapillaren  im  Rückenmark,  S.  225. 

Endkorb,  S.  12;  Fig.  22. 

Endogene  Fasern  bei  Zyklostomen,  S.  119. 

Endogene  Neuronen,  S.  119. 

Endoneurium,  S.  53,  54. 

Endoi'gane    von    Rollet    und  Sachs,  S.  38. 

Endorgane  (sensible),  S.  35,  163,  165. 


Endorrhachis,  S.  121,  133,  145,  156. 

Endplatte,  S.  12,  194. 

Engramni,    S.    2.    Siehe    auch   Innerungs- 

vermögen. 
Entelechie  von  Aristoteles,  S.  2,  3,  4. 
Entstehung  der  Muskeln,  S.  449,  450. 
Ependym,    S.    42,    44,   45,   46,   47,  48,  58, 

224;  Fig.  31,  32. 
Epibranchialplakoden  Kupifer's,  siehe  Kei- 

menspaltorgane. 
Epikritisch,  siehe  Gnostisch. 
Eräußerung,  siehe  Ekphorie. 
Erethizon  dorsatus,  S.  220. 
Erinnerung,  siehe  Ekphorie. 
Eunectes,  Fig.  152. 
Evertebraten,  S.  22,  23,  27,  32,  41,  99,  103, 

146. 
Exocoetes  evolans,  Fig.  224  C. 
Exstirpation  des  Ganglion  Gasseri,  S.  314, 

315,  336;  Fig.  1.59. 
E.vstirpation    der  Trigeminus  siehe  Trige- 

rainus-exstirpation. 
Exterorezeptive  Reize,  S.  1. 

F. 

Faden    von    Reissner,  siehe    bei    Reissner. 

Facialiskern  siehe  Nuclcus  VII. 

Facialisspeichelzentrum,  S.  539;  Fig.  281. 

Fasciculus,  siehe  auch  Tractus. 

Fasciculus  longitudinalis  centralis,  sive 
posterior,  sive  medialis,  S.  63,  64,  142, 
193,  218,  296,  512,  559,  574,  576,  577, 
581,  591,  596;  Fig.  34  A,  176  B,  216. 

Fasciculus  longitudinalis  lateralis,  S.  381, 
390,  391;  S.  397,  398.  Fig.  177; 

Fasciculus  medianus  Stieda's,  S.  577. 

Fasciculus  respiratoiius,  S.  297. 

Fasciculus  rubrospinalis,  siehe  Tractus. 

Fasciculus  sacralis  postero-medialis,  S. 
208. 

Fasciculus  solitarius,  S.  281,  282,  283,  285, 
286,  296,  297,  298,  299,  300,  302,  303, 
304,  305,  308,  309,  311,  326,  337,  338, 
347,  523;  Fig.  134,  138,  141,  142,  143, 
213. 

Fasciculus  solitario-spinalis,  S.  308. 

Fasciculus  Thomasi,  S.  218,  308. 

Fasciculus  triangularis  intercalatus,  S.  310. 

Fasciculus  uncinatus,  S.  180. 

Faser. 

Akzessorische—,  siehe  A. 
Bogen—,  siehe  B. 
Kollateral-,  S.  40 


1 


SACHIIEÜISTER. 


VII 


V.  Lenhossok'sclie-,  S.  171,  172;  fig.  85. 

Mauthuer'sche— ,  S.  144. 

Reissnei'sche— ,  siehe  R. 

Spiiiooliväre— ,  siehe  Sp. 

Tellctale-,  S.  132. 

Tiinofeew'sche  — ,  S.  35. 
Fasernetz  siehe  Neuropilem. 
Fasertiichter  von  Cattani  umi    Rezzonico, 

S.  28,  53. 
Feldmans,  siehe  Sorex  vulgaris. 
Fettstoffe  im  Nervensystem,   S.  27.   Siehe 
auch ;   Lipochrome,  Lipoid   und  M3'elin. 
Fibiae  arcuatae  dorsales,  S.  381,  396. 
Fibrae  aicuatae  internae,  S.  216,  379. 
Fibrae  concomittantes    trigenüni,    S.  338. 
Fibrae  dorsales  vestibuläres,  S. 387;  Fig.  175. 
Fibrae  praetrigeminales,  S.  214,  215. 
Fibrae  transversae  trigemini,  S.  339;  Fig. 

•161. 
Fibrillen,  siehe  Neurolibrillen. 
Fibrinogene  Masse,  S.  51. 
Fierasfer  homei,  S.  138. 
Fila  olfacliva,  S.  28;  Fig.  1. 
Filum    terminale,    S.    134,    148,    155,  156, 
157,  167,  182,  227;  Fig.  67  Ü,  73,  74A.B. 
Unal  common  path,  siehe  Common   path. 
Fissura  mediana  anterior,  S.  186. 
Flächenausdehnung   der   Dendriten,  siehe 

Querstand  u.  s.  w. 
Flechsig'sches  Bündel,  S.  217,  242;  s.  auch 

Tractus  spino-cerebellaris. 
Flocculus  cerebelli,  S.  618,  620. 
Flügelplatte  der  Oblongata,  S.  346. 
Forarnina  von  Magendie  und  Luschka,   S. 

4i,  226,  266. 
Frommann'scher  Bogen,  S.  50. 
iVommann'sche  Linien,  S.  50. 


G. 


Gadiden,    S.    278,  291,  292,  385;  Fig.  132, 

220  A. 
GaleuK  canis,  Fig.  213. 
Gallertröhre,  siebe  Lorenzini'sche  Ampul- 
len. 
Gallus  domesticus,  S.  174;    Fig.  84. 
Galvanotaxis,    S.    61.  65,  66,  67,  addenda. 
Ganoiden    und    Teleostier,    S.    231 — 234, 
248-250.  276. 
lutramedulläre  Zellen  bei—,  S.  138. 
Motorisclies  System  der—,  S.  471—486. 
Octavo-lateralissystem   der—.  S.  382-.3»2,  444. 

445. 
Rüclienmark   der-.   S.    133-145,  248,  240,  2.50. 
Siehe  auch :    Teleostier. 


Ganglia,  S.  32,  33. 

Ganglienzellen,  S.  .5,   10,  11,  138;   Fig.  5,  0, 

7,  8,  9,  10. 
Ganglion  cervicale  medius,  S.  194. 
Ganglion  cervicale  inferius,  siehe  Ganglion 

Stellatum. 
Ganglion  cervicale  superius,  S.   194;    Fig. 

100. 
Ganglion  ciliare,  S.  317. 
Ganglion  Gasseri,  S.  14,  314,  315. 
Ganglion    geniculatum    mediale,     S.    217, 

432;  Fig.  200  B. 
Ganglion  geniculi,  S.  314. 
Ganglion  habenulare,  S.  33. 
Ganglion  interpedunculare,  S.  33. 
Ganglion  isthmi,  S.  33,  349,  403,  432. 
Ganglion  jugulare,  S.  305,  309. 
Ganglion  maxiilo-mandibulare,  S.  320. 
Ganglion  nodosum,  S.  309,  505. 
Ganglion  stellatum,  S.  194;  Fig.  100. 
Ganglion  superius  glossopharyngei,  S.  305. 
Ga.skell'sche    Kerne,  S.  100,  167,  168,  170, 

187,  236,  2.37.  238. 
Gasterosteus,  S.  481. 
Gazella  dorcas,  S.  204. 
Gehirn    Homologen  des  —  S.  bei  Wirbel- 
losen, S.  99. 
Gehör  von  Fischen,  S.  391,  392. 
Gehörstheorien,  S.  441,  442. 
Gelenksinn,  S.  211,  212, 
Genu  inferius  VII,  siehe  Kniebildung  der 
Facialiswurzelfasern  (S.  auch  Tafel  III). 
Geschmack,    S.   274-279,    285,    313-316, 

355. 
Geschmacksbecher,    S.  277,  353,  354;  Fig. 

122. 
Geschmacksknospen,     siehe     Geschmacks- 
becher. 
Geschmacksleitung     und     Trigerainus,    S. 

313-316. 
Geschmacksporus,  S.  275. 
Geschmackszellen,  S.  29,  275. 
Gesetz  der  Assoziation,  S.  62. 
Gesetz  der  Neurobiotaxis,  siehe  Neurobio- 

taxis. 
Gesetz  von  Weber-Fechner,  S.  278. 
Glia,  siehe  Neuroglia. 
Gliakamraerzellen,  Held's,  S.  46. 
Gliazellen,    S.  45,  46,  132,  144;  Fig.  31  B. 
Giobu loblasten,  S.  42. 
Glossopharyngenskern,    siehe    Nucleus  IX. 
Glossopharyngeus  Speichelzentrum,  S.  539: 
Fig.  282. 


VIII 


SACHREGISTER. 


Glossopharyngeus-  und    Vagusschleife,    S. 

306. 
Gl3'cogen,  S.  44. 
Gnostische   Projektion  der  Sensibilität,  S. 

216. 
Gnostischer  Sinn,  S.3,  37, 155,  21 1,  237,  365. 
Gobius,  S.  385. 
GoU'scher    Kern,     siehe    Nucleus    gracilis 

(und  Hinterstrangkerne). 
Gowersches  Bündel,  S.  217,  242. 
Grand  noyau  central  Sano's  S.  170. 
Grandry'sche    Körperchen,    S.    29,    35,  37, 

52,  331;  Fig.  154 A.B. 
Graue  Substanz. 

im  Rückenmark   der   Amphibien,  S.  151,  234. 
ira  Rückenmarlf  der  Plagiostomen,  S.  124,  125. 
im  Rückenmark  der  Reptilien,  S.  159. 
im   Rückenmark  der   Säuger,  S.  186,  187,  209, 

223,  240,  241;  Fig.  94-99,  118. 
im  Rückenmark  der  Teleostier,  S.  141,  233. 
ira  Rückenmark  der  Vögel,  S.  237,  238. 
im  Rückenmark  der  Zylklo.stomen,  S.  229. 

Gravi-statik,  S.  217,  322. 
Grenz  der  Oblongata,  S.  519. 
Grenzstrang    des    Sympathicus,  S.  19,  20. 

bei  Amphibien,  S.  154. 

bei  Plagiostomen,  S.  122,  129,  230. 

bei  Säugern,  S.  194 ;  Fig.  100. 

bei  TeleostierD,  S.  138,  232. 
Gudden'sches  Bündel,  siehe  Tractus  raain- 

milo-tegmentalis  dorsalis. 
Giidden'sclier   Kern   siehe  Nucleus  reticu- 
laris dorsalis  tegmenti. 
Gymnodontes,  S.  138. 
Gvmnotus  electricus,  S. 


137. 


H. 


llaarzellen,  Fig.  165, 

Haien,  S.  133-145,  160,  162. 

Hakenbündel,    siehe  Fasciculus  uncinatus. 

Halbseitenliision,  S.  211. 

Halicore  diigong.  S.  185. 

Haube,  siehe  Tegmentum. 

Hauptolive,    S.    603.    604,    605,    608,    609, 

614;     Fig.     319  A,     321  AB;     Fig.    322, 

323AB,  224AB,  325AB,  326AB. 
HeM'sclie  Ki'euzung,  S.  429. 
Ilelweg'sche  Bahn,  siehe  Dreikantenbahn. 
Hemitripterus,  S.  138. 
Henle'sche  Nervenscheide,   S.    37,    38,    39, 

54;  Fig.  28  B. 
Heptanchus,  S.  274, 281,  282:  Fig.  124,  214A. 
Ilerbert'sche    Korperchen,    S.  30,  37,  .331; 

Fig.  27. 
He.\anchu.s,  S.  274,  281,  282,  377;  Fig.  30, 

214B. 


Hinterhürner  im  Rückenmark  der 

Amphibien,  S.  150,  Flg.  75. 
Plagiostomen,  S.  124,  128,  Fig.  63,  66. 
Reptilien,  Fig.  79,  80. 
Säuger,   S.  202-208,  240. 
Teleostier,  Fig.  69,  70. 
Vogel,  S.  168,  237.  Fig.  84. 
llinterstrangareal,  S.  128,  173,174;  Fig.  87. 
Hinterstränge. 

bei  Amphibien,  S.  151,  235. 
Amphioxus,  S.  106. 
Plagiostomen,  S.  127. 
und  Pyramidenhahn,  S.  220,  243;  Fig.  116. 
Reptilien,  S.  165. 
Sauger,  S.  208,  209,  210,  242. 
Teleostier,  S.  140. 

Vügel,  S.  173,  174,  176,  238 ;  Fig.  87. 
Zyklostomen,  S.  117. 
Hinterstrangskerne   (s.   auch    Nucleus   cu- 
neatus  und  N.  gracilis),  S.  597. 
Reptilien,  S.  165;  Fig.  80  B. 
Säuger,  S.  213-216,  2t2,  243;   Fig.  111,  112,11;!. 
Vogel,  S.  165,  176,  2:38,  Fig.  88. 
Hinterwurzelbündel,  laterales,  S.  164. 
Hinterwurzelfasern,   S.   174,   176;  Fig.  87. 
Aufsteigende  -,  S.  127,  128,  153. 
motorische   -,  siehe   Fasern  von  Lenhossek. 
im  Seitenstrang,  S.  12S. 
Reptilien  S.  165,  Fig.  80. 
Hinterwurzel. 

Amphibien,  S.  149,  151,  15.3,  154,  155,  234. 

Viscero-motorischo  Fasern  in  — ,  S.  154. 
Amphioxus,  S  104,  228. 

Intra-meduIIare  Zellen  in  — ,  S.  10-5. 

Somato  sensible  Elemente  Ln  — ,  S.  106. 

Viscero-motorische  Elemente  in    -,   S.  104 

106. 

Viscero-sensible  Elemente  in  -,  S.  106. 
Plagiostomen,  S.  126,  2:30,  231. 

Intra-und  Extra-medulläre  Urspruagszellen 
in  -,  S.  118,  126,  139. 

Viscero-motonsche  Fasern  in  — ,  S.  126,  129 

Viscero-sensible  Fasern  in  — ,  S.  123, 129. 
Reptilien,  S.  161,  162,  16t,  165,  2:36;  Fig.  82. 

Intramedulläre  Zellen:  S   162. 

Somatosensible  Fasern,  S.  162, 

Viscero-motorische  Fasern,  S   161. 

Viscero-sensible  Fasern,  S.  162. 
Sauger,  S.  187,  2:39,  241. 

Somatosensible  Fasern,  S.  196-203. 

Viscero-sensible  Fasern,  S.  196. 
Teleostier,  S.  1.37,  138,  140,  141,  232,  23.3. 

Intra-und  supra-medulläre  Zellen,  S.  138,  139 
140. 

Somato-sensible  Fasern,  S.  1.38. 

Viscero-motorische  Fasern,  S.  137. 

Viscero-sensible  Fasern,  S.  137. 
Vögel,  S.  172,  173,  176,  237;  Fig.  85. 

Sornato-sensible  Fasern,  S.  172. 

Viscero-motorische  Fasern,  S.  172. 

Viscero-sensible  Fasern,  S.  172. 
Zyklostomon,  S.  117,  229. 

Intra-  und  extra-medulläre  Zellen,  S.  117,  118, 
139. 


SACHREGISTEK. 


IX 


Hinterwurzel-Vorderhorniellex,   S.   74,  75, 

173;  Fig.  38,  39,  Ü3. 
Ilippocanipiis,  S.  138. 
llippoglossus,  S.  484. 
Hirnganglion,  S.  32,  33. 
Hirnhäute,  siehe  Hüllen   und   Meninx. 
Histulogie    des    Nervensystems,   S.    5—81. 
Hodogenese,  S.  56. 
Hofl'mann-KöUikei'sche   Kerne,   siehe  Gas- 

kell'sche  Kerne. 
Holozephalen,  S.  368. 

Horizontalzellen  von  Cajal,  S.   16;  Fig.  10. 
Hörzellen,  S.  9;  Fig.  4AB. 
Hüllen  der  Zentralorgane  (s.  auch  Meninx) 
S.  41-49,  263,  264,  265. 

Amphibien,  S.  lö(i. 

Ampliioxus,  S.  112. 

Ganoiden  und  Teluostier,  S.  UJ^  Uö. 

Pulromizon,  S.  121. 

Plagiostomen,  S.  132. 

Reptilien,  S.  166. 

Säuger,  S.  224-228. 

Vögel,  S.  1S2. 
Hüllgewebe     der     ]iei'ipl]ereu    Nerven,    S. 

49—55. 
Hydrosaurier,  siehe  Krokodille. 
Hyperthyrioidisinus,  S.  25. 
Hypoglossuskern,  .siehe  Niicleus  XII. 


Infiindibularorgan,  S.  100. 

Inkongruenz    zwischen    Ilückenraark    und 

Vertebralkanul,  S.  135,  182, 183, 184,185, 

239;  Fig.  92,  93. 
Innerer  Netzapparat  Golgi's,  S.  26;  Fig.  19. 
Innerungsvermögen,  S.  2. 
Innervation  der  Zunge,  S.  515 
laterorezeptive  Reize,  S.  1. 
Interzelluläres  Grau  von  Nissl,  S.  32.  Siehe 

auch  Xeuropileui. 
Intra-arachnoidalraum,  S.  53,54,226,227. 
Intraduralraum,  S.  227. 
Intragemmale  Fasern,  S.  27. 
Intramedulläre    Hinterwurzelzellen,   siehe 

Zellen  von  Rohon  und: 
Intramedulläi-e  üanglienzelleii,  S.  1 17,  317. 

318,  327,  .359;   Fig.  58,  59, 
Intrazerebrale    sensible  Ganglienzellen,  S. 

317,  318,  321. 
Intumescentia    cervicalis    et    lumlialis,    S. 

148,    157,   158,    167,    185,    ISO;  Fig.  70, 

83,  84. 
Irradiation  des  Reizstronies,  S.  53,  71. 
Isthmus,  S.  267. 


K. 

Kaliber  der  peripheren  Fasern,  S.  387. 

Kalkkonkremente  in  der  Arachnoidea,  S. 
225,  226. 

Kalksäckchen,  S.  156. 

Kalksalze,  S.  156. 

Kappe,  siehe  Teginentum. 

Kasuar,  S.  168,  302.  303;    Fig.    88A,    138. 

Kataphorese,  S.  60. 

Kaudale  Regression,  des  Rückenmarkes 
S.  133. 

Kern,  siehe  Nucleus. 

Kernzone  eines  Dermatoins,  S.  201. 

Kettentheorie,  S.  51,  52,  53. 

Kiemenbogennerven,  S.  101,  113. 

Kiemenspaltorgane  Froriep's,  S.  340,  364; 
Fig.  164. 

Kleinbirnseitenstrangbahn,  S.  155,  180. 

Kniebildung  der  Facialiswurzelfasern,  S. 
405,  531 ;  Fig.  279  und  Tafel  III. 

Kollateralen,  S.  16,  19,  20,  153. 

Kolossalzellen  Rohde's,  100,  107,  108,  119, 
229,  574. 

Koordinatorisches  System  von  Oblongata 
und  Mittelhirn,  S.  572—  621. 

Kommissur,  siehe  Gommissura. 

Kommissur  von  Mauthner.  siehe  Gommis- 
sura accessoria. 

Kommissurl'asern  des  Octavo-lateralis- 
kernes.  S.  390. 

Kommissurzellen,  S.  108,  129,  142,  143, 
145,  146,  154,  158,  100,  166,  172,  178, 
179,  281,  320,  321;  Fig.  65,  72  B,  77, 
82,  89,  90. 

Kopfganglien,  sielie  Kranialganglien. 

Kopfmuskulatur  von  Amphioxus,  S.  450 
-456. 

Kornukommissurales  Bündel,  S.  207. 

Körperchen  (sensible). 

von  Graiidry,  siehe  Grandry. 
von  Herbst,  siehe  Herbst, 
von  Krause,  siöhe  Krause, 
von  Meissner,  siehe  Meissner, 
van  Vater-Pacini,  siehe  Vater. 

Korrelation,  S.  1,  4. 

Korielation  zwischen  Geschmacksinn  und 
Tastsinn,  S.  279,  284,  288,  289,  290, 
291,  292,  293,  297,  298,  316;  Fig.  129, 
130,  132,  der  Gravistatik  und  Photosta- 
tik, S.  381,  385  Zwischen  Sensibilität, 
und  Motilität  S.  320,  S.  320.  Zwischen 
Vestibidaris  und  Cochlearis,  S.  433, 
440.    Zwischen    zentrale  Veränderungen 


SACHREGISTER. 


und  periphere  Dilierenzierungen,  S.  515, 

516,  517,  529,  532—537;  Fig.  277. 
Kraiiiulganglien,  S.  271;  Fig.  121. 
Krause'sclie  Kurperchen,  S.  35;   Fig.  154, 

155. 
Krause'sches     Respirationsbündelchen,    S. 

523. 
Krause'scher  Ventrikel,  S.  184. 
Kreuzung  von  Held,  siehe  Hsld. 
Kreuzung  von  Monakow,  siehe   Monakow 
Kreuzung  der  Pyramidenbahnen,  siehe  P. 
Kreuzung  der   sekundärakustischen  Bahn, 

S.  429,  430;  Fig.  199. 
Krinoiden,  S.  29. 

Kristalle  in  der  Ganglienzelle,  S.  26. 
Krokodile,  S.    157,  160,170,293,  300,301, 

327,  398;  Fig.  80  B,  135. 
Krustazeeen,  S.  27,  103,   146. 
Kurzstrahler,  S.  45,  224. 


Labrax,  S.  -138. 

Lab3'rinth,  siehe  Vestibularappai'at. 

Lacerta,   S.  166. 

Lachsembryo,  S,  8. 

Lacunae  marginales,  S.  48. 

Laeunae  perivasculares,  S.  48. 

Laemargus  borealis,  Fig.  168. 

Lagena,  S.  379,  381,  385,  414,  415,  437. 

Lama,  Fig.  272,  274. 

Langstrahler,  S.  45,  224. 

Luntermann'sche    Schnürringe,  S.  28,  53; 
Fig.  10,  165  B. 

Larven  der  ge.schwanzten    Amphibien,    S. 
145,  146,  147, 

Laterales  Bündel,  S.  202. 

Lateralis  und  Octavussystem,  S.  363—370, 
443,  594. 
Amphibien,  S.  392-398,  445. 
Ganoiden  und  Teleostier,  S.  383-392,  44i,  445. 
Plagiostomen,  S  374-382,  444. 
Ueberblick,  S.  434-441. 
Zyklostomen,  S.  370-374,  444. 
Siehe  auch  Octavussystem 

Laterale    Schleife,  siehe  Fasciculus  longi- 
tudinalis  lateralis. 

Lateralorgane,  S.  368,  369,  434,  435;    Fig. 
168. 

LeitUQgsschnelligkeit  und  Myelinausschei- 
dung, S.  28,  78,  79.  S.  auch  Addenda. 

Leitungsverbesserungen  wahrend  der  Phy- 
logenese, S.  73  —  81.  S.  auch  Addenda. 

Lemniscus  lateralis,  S.  397,  398,  403.  Siehe 
auch  Fasciculus  longitudinalis  lateralis. 


Lemnoblasten,   siehe  Schwannsche  Zellen. 
Lenhossek'sche  Zellen,  siehe  Zellen. 
Leontopithecus,  S,  174. 
Lepidosteus,  S.  44,  138:  Fig.  221  B. 
Lepus'  cuniculus,  S.  210. 
Lichtempfindlichkeit    von    Petromyzon,  S. 

120. 
Lichtzellen  von  Amphioxus,  Siehe Sehzcllen. 
Lichtzellen  von  Joseph,  S.  101,  106. 
Ligamenta   denticulata,    S     166,  182,  227. 
Ligamentum  laterale.  S.  •145,  146. 
Ligamentum  ventrale,  S.  144,  145,  156. 
Limbus  spiralis,  Fig.  -1650. 
Limitans  superficialis  siehe  Membrana  1.  s. 
Lipochrome  in  Ganglienzellen,  S.  27;  Fig. 

6,  17. 
Lipoidmembran,  S.  27. 
Liquor  cerebrospinalis  externug,  S.  226. 
Lissauer'sche  Randzone,  S.  178. 
Lobus    glossopharyngei    et   vagi,    S.    286, 

287,  288;  Fig.  127 A. 
Lobus  lineae  lateralis  anterioris,     S.    371, 

375,  377,  382;  Fig.  170,  175. 
Lobus     nervis    lateralis    posterioris,    375, 

382,  391;  Fig.  169,  173,  174. 
Lobus  sensibilis,  S.  136,  141. 
Lobus  vagi,  S.  280,  282. 
Logetik,  S.  4. 
Lophius  piscatorius,  S.  133,   1.34,   138,  139, 

141,    142,   385;   Fig.   68,   70,    145,   140, 

226  B. 
Lophobranchii,  S.  138. 
Lophortyx,  californicus,  Fig.  317. 
Lorenzini'sche  Ampullen,  S.  369,  374,  435; 

Fig.  168. 
Lota,  S.  138. 

M. 

Macropus  robustus,  S.  209,  210,  515. 
Macruridae,  S.  369. 
Maculae  acusticae,  S.  366,  38.5. 
Macula  neglecta,   S.  379. 
Malapterurus  electricus,  S.  137;  Fig.  127  B. 
Marginales     Dendritennetz,     siehe      auch 
Campus  triangularis. 

Amphibien,  S.  149,  234;  Fig.  63,  77. 

Plagiostomen,  S.  124,  125,  130,  231. 

Reptilien,  S.  1-58,  161,  236. 

Säuger,  S.  240. 

Vögel,  S.  170,  -2.37. 

Zyklostomen,  S.  118,  229. 
Markausscheidung  aus  den  Priiiiitivfasern, 
S.    78,    79.    Siehe    auch   Leitungsschnel- 
ligkeit. 


SAfllRECrSTER. 


XI 


M;iiklose  Fasern,  siehe  ReinaU'sche  Fasern. 
Markscheide,    S.    6,    7,   27,   48,  77,  78,  79, 

80;  Flg.  2\. 
Markumscheidung  der  AchscnzyliiKhir,    S. 

77-81. 
Massa  granularis,  S.  383. 
Mauthner'sche  Faser,  S.  14i,  233,  474. 
Mauthner'sche  Zelle,  S.  75,  377,  385,  388; 
389,  390,  395,  437.  579,  580,  581,  594; 
Fig.  24,  175,  176AB,  302,  303. 
Mediale  Schleife,  siehe  Schleife. 
Mediales  Bündel,  S.  202. 
Mediales  sensibles  IX  und  X  Grau,    siehe 

Nucleiis  intercalatus  Staderini. 
MeduUa  Oblongata,  S.  2G6-363. 
Allgemeines,  S.  266-269. 
Einteilung,  S.  268;  Fig.  120. 
Sensibles  System,  S.  269-449. 
Somato-sensibles  Areal.  S.  269,  280;   Fig  120, 
Viscero-sensibles  Areal,  269,  280;  Fig.  120. 

Megalops  cyprinoides,  Fig.  221 C,  222. 
Meissner'sche  Körperchen,   S.  35,  52;  Fig. 

27  B. 
Membrana  basilaris  Cochleae,  S.  405,  441; 

Fig.  165  C. 
Membrana  bucco-pharyngealis,  S.  271. 
Membrana  fenestrata,  S.  139. 
Membrana  intima  piae,  S    48. 
Membrana   limitans   externa,   s.  superfici- 
ales, S.  45,  46,  121,  132,  225;  Fig.  31 A. 
Membrana    limitans  gliosa  perivascularis, 

siehe  Membrana  limitans  vascularis. 
Membrana    limitans  vascularis,  S.  46,  47, 

224;  Fig.  32  B. 
Membrana  tectoiia,  S.  379,  441,  Fig  165C. 
Menidia,  S.  293, 

Meningen,  siehe  Meninx  und  Hüllen. 
Meninx  primitiva. 
Amphioxus,  S.  112. 
Ganoiden  und  Teleostier,  S.  144,  145. 
Pctrorayzon,  S.  121. 
Plagiostomen,  S.  133. 

Meninx  secundaria. 

Amphibien,  S.  1.56. 

Reptilien,  S.  166. 

Säuger,  S.  22-5. 

Vögel,  S.  182. 
MesenzephaleTrigeminuskern,  S.  217,  317, 
322;    Fig.    144,    147,  150,  151,  152,  156, 
157,  162. 
Metaraere  Anordnung, siehe  Segmentierung. 
Metathalamus,   S.  155. 
Metencephalon,  S.  267. 
Metridium,  Addenda. 
Mitochondrien,  S.  25,  26,  79;  Fig.  18, 


Mitosen  von  GanglienztUon  nach  der  Ge- 
burt, S.  29. 

Mitralzellen,  S.  16;  Fig.  HB. 

Mittelhirn,  S.  100,  101,  155. 

Molge  cristata,  Fig.  237  B. 

Mollusken,  S.  27,  41. 

Monakow's  aberrierendes  Seitenstrangbün- 
del,  siehe  Tractusrubro-spinaliscruciatus. 

Monakow'scher  Kern,  S.  418,  437.  Siehe 
auch  Nucleus  cuneatus  ext. 

Monakow'sche  Kreuzung,  S.  429,  430. 

Monoaxonisnius,  S.  68,  69,  70. 

Monopolarität,  S.  13. 

Monopterus,  S.  138;  Fig.  147. 

Monorrhinie,  S.  99. 

Mormyrus  Cashive,  S.  137,  369;   Fig    174, 

177. 

Morphologie  der  nervösen  Elemente,  S.  5. 

Motorischer  Trigeminuswurzel,  siehe  Por- 
tio  minor  trigemini. 

Motorisches  System  der  Oblongata. 

Amphibien   S.  486-489,  565,  566. 

Amphioxus,  S.  450-4-56. 

Ganoiden  und  Teleostier,  S.  471-486;  564,  -565. 

Plagiostomen,  S.  463-471,  663,  564. 

Reptilien,  S.  489-501,  566,  567. 

Säuger,  S.  513-553,  568-572. 

Vögel,  S.  501-513,  567. 

Zyklostomen,  S.  456-463,  562,  563. 

Mugil  chelo,  S.  61. 

Müllersche  Fasern,  S.  114,  117,  118,  120, 
132,  229,  230,  575,  576;  Fig.  298. 

Müller' sehe  Zellen,  S.  387,  388,  574,  576; 
Fig.  298,  302. 

Multipolarität  der  Ganglienzellen,  S.  13, 16. 

Muskelendigungen,  siehe  unter  Nervenendi- 
gungen. 

Muskelsinn,  S.  146,  155,  211,  212. 

Muskelspindel,  S.  38,  156;  Fig  28.  Siehe 
auch  Nervenendigungen. 

Mus  musculus,  S.  209. 

Mus  rattus,  S.  341. 

Myelencephalon,  S.  267. 

Myelinscheide,  siehe  Markscheide. 

Myelophagie,  S.  48,  225. 

Myomer,  S.  452. 

Myotom,  S.  449,  451,  452. 

Myrmecophaga  jubata,  S.  214,  215,  309; 
Fig.  267,  268. 

Myxinoiden,    S.  112,    1 13,   274.    319,    320, 
321,  370. 
Motorisches    System  der   Oblongata,    S.   461; 

Fig.  210  B,  211. 
Rückenmarkswurzcln,  S.  114,  115. 


XII 


SACHREGISTKR. 


N. 
Nebenolivensystem,  S.  606,  608,  609,  614; 
Fig.  319,  320,  322-326  B. 

Necturiis,  S.  294. 

Negative  Reflexe,  S.  34. 

Neoceratodus  forsten,  S.  43.  Fig.  237  A. 

Neothalaraische  Kerne,  S.  165. 

Nervenendigungen 

an   Muskeln   und   Muskelansatzen,  S.  37-42 

Fig.  28,  29. 
effektorische  -,  S.  39,  40,  41:  Fig.  29. 
freie  grato-rezeptive,  S   35,  112. 
freie  intra-epidermale,  S.  104. 
freie,  nozirezeptive,  S.  34,  112,  278. 
freie,  protopathische,  S.  112. 
freie,  rezeptive,  S.  34,  1.5.5 ;  Fig.  26. 
Nervenfibrillen,  siehe  Neurofibrillen. 
Nervenstränge,  S.  32. 
Nervenwurzeln.  Siehe   llinteiwui'zeln  und 

Vordeiwurzpln. 
Nervus  abducens,  S.  451.  S.  weiter  bei  Nu- 

cleus  VI. 
Nervi  accelerantes,  S.  194. 
Nervus   accessorius,  S.  101,  1.58,  161,  172, 

451,  457,  519.  S.  weiter  bei  Nucleiis  XI. 
Nervus  accessorius  bu'.baris,  S.  519. 
Nervus  accessorius  spinalis.  S.  519. 
Nervus  acusticus,  S.  153,  345.  Siehe  auch 

Octavussystem  und  Lateralis  und  Octa- 

vussystem. 
Nervus  apieis,  siehe  N.  teiniinalis. 
Nervi  bianchiales,  siehe   Branchialnerven. 
Nervi    branchio-spinales,   siehe    Branchio- 

spinale  Nerven. 
Nervus    cochlearis,    S.  408,    409,  420,  421  ; 

Fig.  189,  194. 
Nervus    facialis,    S.    101,    271,    274-317; 

345 — 352.  S.  weiter  bei  Nucleus  VII. 
Nervus  glosso-palatinus,  siehe  N.  interme- 

dus  Wrisbergi. 
Nervus  glosso-pharyngeus,  S.  101,  113,  153, 

271,  274—314,  345-352,  451. 
Nervus  hypoglossus,  S.  115,  147,  515,  554. 

S.  weiter  bei  Nucleus  XII. 
Nervus  intermedius  Wrisbergi;  S.  310. 
Nervus  .lacübsonii,  S.  bei  Nucleus  IX. 
Nervi    laterales,    S.    101,    345,    364,    382, 

391,  434. 
Nervus  lateralis  anterior,  S.  364,369,370, 

372,   375,   376,   377,   382,  384,  385,  396; 

Fig.  166,  386. 
.Nervus     lateralis     facialis,    siehe    N.    lat. 

anterior. 
Nervus  lateralis  glossopharyngei,  siehe  N. 

lat.  posterior.  i 


Nervus  lateralis  posterior,  S.  364,  370,  371, 
372,  374,  375,  377,  382,  383,  384,  396; 
Fig.  173. 
Nervus   lateralis  trigeniini,  siehe  N.  late- 
ralis anterior. 
Nervus    lateralis    vagi,    siehe    N.  lateralis 
posterior.  Siehe  auch  Lateralis  und  Octa- 
vussystem. 
Nervus  laryngeus  superior,  S.  313. 
Nervus  lingualis,  S.  314. 
Nervus  ma.xillo-mandibularis,  S.  101,  272. 
Nervus  octavus,  S.  364,  370,  434,  436,  437, 
467. 
Amphibien,  S.  393,  394,  395. 
Flagiostomen,  S  379-382. 
Reptilien.  S.  398,  399,  400,  401 :  Fig.  183. 
Säuger,  S.  414,  427-430;  Fig.  190 
Teleostier,  S.  385. 
Vögel,  S.  403-413. 
Zyklostomen,  S.  373,  374. 

Nervus  oculomotorius,    S.   451 ;    S.    weiter 

bei  Nucleus  III. 
Nervus   olfactorius    und    Zetazeen,  S.  277. 
Nei'vus  Ophthal micus  profundus  V,  S.  100, 

272,  451. 
Nervus  opticus  bei  Myxinoiden,  S.  113. 
Nervi  peribranchiates,  sielie  Peribranchiale 

Nerven 
Nervus   recurrens    facialis,    S.    270,    285; 

Fig   126. 
Nervus  septalis,  siehe  N.  ternünalis. 
Nervi    spinales,    siehe    bei    Hinterwurzeln 

und  Vorderwurzeln. 
Nervus  terminalis  bei  Amphioxus,  S.  100, 

272,  451. 
Nervus   trigeminus,  S.   101,  143,  153,  178, 

205,  206,  271,  274,  316,  317,  318. 

Amphibien,  S.  326,  327,  .361. 

Amphio-xus  (Homologie)  S.  318,  319. 

und  Facialisreflese,  S.  533,  -534. 

und  periphere  Geschmacksleitung  S.  313—316. 

315-352,  359,  360. 
Flagiostomen,  S  321-323.  360. 
Reptilien,  S.  327-331,  361. 
Säuger,  S   335-345,  362. 
Teleostier,  S.  323-326,  360. 
Vögel,  S.  331-335,  361,  362. 
Zyklostomen,  S.  319-321,  360. 

Nervus  trocblearis,   S.  454,  455.  S.  weiter 

bei  Nucleus  IV. 
Nervus  vago  accessorius,  S.  519. 
Nervus  vagus,  S.  101,  153,  271,   274—313, 

316,  345-352,  451.  S.  weiter  Nucleus  X 
Nervus  vestibularis,  S.  101,  371,  385,  405, 

415,  417;  Fig.  170,  175,  191. 
Netzapparat,  innerer,  siehe  Innerer  N. 


SACHREGISTER. 


XIII 


Neunauge,  siehe  Petromyzon. 

Neurit,  S.  1'2,  16.  Siehe  ancli  pluri;ixonale 

Neuronen,  S.  25,  29. 
Neurobiotaxis,  S.  60-77;  9,  12,  22,  29, 
105,  127,  136,  140,  193,  201,  203,  220, 
232^  280,  284,  288,  291,  298,  305,  320, 
325,  342,  387,  388,  414,  424,  425,  439, 
440,  453,  481,  486,  507,  513,  5 IG,  528, 
531,  536,  550,  556,  560,  561,  573,  590, 
594,  595  und  Addenda. 
Neuroblast,  S.  29. 

Neurofibrillen,  S.  23,  26,  29,  30,  51  ;  Fig.  16. 
Neuroglia,    S.  41,  42,  45-49;  Fig.  31,  32. 
Neurokeratinslielett,  S.  28,  53. 
Neuroniasts,  siehe  Pitorgans. 
Neuromuskularzellen,  S.  10. 
Neuronen,  S,  30, 
Neuronophagie,  S.  46,  49. 
Neuropilem,  S.  32,  33;  Fig.  25. 
Neuroporus,  S.  99. 
Nidulus,  S.  33. 

Nissl'sche  Körper,  siehe  Tigroidsubstanz. 
Nucleus,  S.  33. 

Nucleus   III,   S.   461,   468,   469,   556,   .560; 
Fig.  209,  219. 
Amphibien,  S.  489. 
Plagiostomeu,  S.  469,  470. 
Reptilien,  S.  499,  500,  501;  Fig.  247, 248, 249, 250. 
Sauger,  S.  549-554;  Fig.  293-298. 
Teleostier,  S.  48-5,  486;  Fig.  236. 
Vögel,  S.  511,  512,  513,  Fig.  261.  262. 
Zyklo.stomen,  S.  460. 

Nucleus   IV,.  S.   460,   468,  469,  556,  559; 
Fig.  208,  218. 
Amphibien,  S.  489. 
Plagiostoraen,  S.  468. 
Reptilien,  S.  489,  499;  Fig.  246,  249. 
Säuger,  S.  547-549;  Fig.  290,  291,  292. 
Teleostier,  S.  28:3—285,  480;  Fig.  231i  234,  235. 
Vögel,  S.  510,  511 ;  Fig.  260. 
Zyklostomen,  S.  460. 

Nucleus   V,   (mot.)  S.  460,  468,  555,  558; 
Fig.  211,  217. 

Amphibien,  S.  489. 
Plagiostomen,  S.  468. 
Reptilien,  S.  497,  498;  Fig.  244,  245. 
Säuger,  S.  .545—547;  Fig.  289  A,  B. 
Teleostier,  S.  481-483;  Fig.  232,  2.33. 
Vögel  S.  508,  509;  Fig.  258. 
Zyklostomen,  S.  460. 

Nucleus  VI,  S.  466,467,559;  Fig.  216,  228. 
Amphibien,  S.  488,  489. 
Plagiostomen,  S.  467. 
Reptilien,  S.  496,  497;  Fig.  243. 
Säuger,  S.  541,-515:  Fig.  287,  288. 
Teleostier,  S.  480. 

Vögel,  S.  509,  510;  Fig.  257,  259,  309. 
Zyklostomen,  S.  459. 


Nucleus  VII  (mot.),  S.  458,  460,  462,  464, 
465.  466,  555;  Fig.  207,  211,  215. 

Amphibien,  S.  487. 

PUigiustomen,  S.  465. 

Reptilien,  S.  495. 

Säuger,  S.  531-541 ;  Fig.  276^28.3. 

Teleostier,  S.  477;  Fig.  227,  228,  229.  241,  242. 

Vögel,  S.  507,  508;  Fig.  257,  2-59. 

Zyklostomen,  S.  459. 
Nucleus    IX,    S.    464—468,   494,   502,  503, 
524—530,  555,  558;  Fig.  215,  227. 

Amphibien,  S.  488. 

Plagiostomen,  S.  464 

Reptilien,  S.  494. 

Säuger,  S.  527. 

Teleostier,  S.  476. 

Vögel,  S.  .503. 
Nucleus  X,  S.  457,  458,  466;  .502,  505,506, 
524-530,   554,   557;   Fig.  203,  223,  225, 
239,  251,  252,  256,  275. 

Amphibien,  S.  487. 

Plagiostomen,  S.  464. 

Reptilien,  S.  490. 

Säuger,  S.  524-529. 

Teleostier,  S.  476. 

Vr.gel,  S.  503-505. 
Nucleus    XI,    S.   458,  475,  491,  492,  519- 
525,  554,  557;  Fig.  213,  250,  270,  271  B, 
272. 
Nucleus    XII,    S.   490,  491,  501,  502,  .550; 

Fig.  238  A,  239,  251,  256,  274,  275. 

Amphibien,  S.  487. 

Plagiostoraen,  S.  463. 

Reptilien ,  S.  490. 

Säuger,  S.  514,  515,  516;  Fig.  265-270. 

Teleostier,  S.  472. 

Vögel,  S.  501. 
Nucleus    abducens    S.    420.    Siehe    weiter 

Nucleus  VI. 
Nucleus  accessorius,  S.  Nucleus  XI. 
Nucleus   accessorius  III,  S.  511;  Fig.  262.' 

Siehe   auch    bei    Eldinger-Westphalsche 

Kerne. 
Nucleus  accessorius  Roller,  siehe   Roller'- 

scher  Kern. 
Nucleus   ambiguus,  S.  490,  493,  505,  506, 

519,  520.  521,  523,  526,  527,  529,  530. 
Nucleus    angularis    S.    402,  404,  410,  411, 

412,    417,    422,    427,  438,  439;  Fig.  184, 

187,  188  B. 
Nucleus    anterolateralis  Duval,  siehe  üu- 

val'scher  Kern. 
Nucleus  Bechterew,  siehe   Bechterewscher 

Kern. 
Nucleus  bigeminus,  S.  407. 
Nucleus  Bischoffii,  siehe  Bischollscher  Kern. 
Nucleus  Cajal,  siehe  Cajalscher  Kern. 
Nucleus  centralis  inferior  Roller  S.  587. 


XIV 


SACHREGISTER. 


Nucleus  Commissurae  infimae,  S.  290,  293. 

302;  Fig.  -131. 
Nucleus   commissuralis   motorius  Vagi,  S. 

312. 
Nucleus  Corporis  restiformis  Fig.  158. 
Nucleus  Corporis  trapezoides,  .S.  413,  430, 

431. 
Nucleus  cuneatus,  S.  141,  143,  153,  165, 

176,  213,  214,  215,  216,  339,  340,  418, 

437,  597;  Fig.  88,  111,  113,  114,  115. 
Nucleus    cuneatus    externus,  S.   213,    214, 

216,  418,  419;  Fig.  113. 
Nucleus  Deiters,  siehe  bei  Deitersscher  Kern. 
Nucleus  dorsalis  raagno-cellularis,  S.  396; 

Fig.  180. 
Nucleus  dorso-raedialis  Johnston's,  .S.  371 ; 

Fig.  166. 
Nucleus  Edinger-Westphal,  s.  bei  Edinger. 
Nucleus  facialis,  S.  Nucleus  VII. 
Nucleus  facialis  dorsalis,  S.  313. 
Nucleus  fasciculi  solitarii,  S.  306,  312,  591. 
Nucleus   frontalis   sensibilis   trigemini,   S. 

326,   328,   329,  332,  339,  340.  349,  388; 

Fig.  150,  155,  161. 
Nucleus  funiculi  anterioris,  S.  587. 
Nucleus    funiculi    lateralis,    S.    142,    143, 

233,  586;  Fig.  311. 
Nucleus  funiculi  teretis,  S.  310;  Fig.  142. 
Nucleus   glossopharyngei,   S.   Nucleus   IX. 
Nucleus   gracilis,    S.    141,    143,    153,    165, 

167,   213,  214,   215,    216,  339,  340,  597; 

Fig.  88,  111,  113,  114,  115. 
Nucleus  hypoglossi,  S.  Nucleus  XII. 
Nucleus  intercalatus  Staderini,  S.  301,  303, 

309,  312,  347,  516,  526;  Fig.  142. 
Nucleus   interraedio-lateralis,  S.  194,  207. 
Nucleus  intermedius  X— XII,  S.  503,   504, 

505;  Fig.  251,  256. 
Nucleus  intermedius  VII,  S.  289 
Nucleus  interstitialis  mesencephali,  S.  583, 

586,  592,  594. 
Nucleus  intratrigeminalis,  S.  341. 
Nucleus  juxta-peduncularis,  siehe  Nucleus 

quadrangularis. 
Nucleus  larainaris,   S.  402,  403,  411,  412, 

413,  430,  440;  Fig.  184,  243. 
Nucleus  lemnisci  lateralis,  S.  404,  431. 
Nucleus  loci  coerulei,  S.  583. 
Nucleus   magnocellularis  dorsalis  VIII,  S. 

401,  402,  403,  404,  409,  S.  422,  423,  424, 

425.  427,  438,  439,  440;  Fig.  183. 
Nuclei     marginales,     siehe     Gaskell  sehe 

Kerne. 


Nucleus  medialis  B  von  Monakow,  S.  340. 
Nucleus    mesencephalicus   V,  S.    217,  317, 

322,  341,  344,  350;   Fig.  144,  147,  148, 

150,  151,  152,  156,  157,  162. 
Nucleus  Monakow,  siehe  M. 
Nucleus   motorius  reticularis,  S.  387,  390. 
Nucleus  motorius  tegmenti  siehe   Nucleus 

mot.  reticularis. 
Nucleus   octavo-motorius  anterior,  S.  371, 

372,  386,  574;  Fig.  167,  108. 
Nucleus  octavo-motorius  posterioi',  S.  372. 
Nucleus  oculomotorii.  Siehe  Nucleus  III. 
Nucleus  paralemniscalis  Kohnstamtn's,  S. 

590,  594,  595. 
Nucleus  paraniedianus,  S.  598.  Siehe  auch 

Oliva  interior. 
Nucleus   parasolitarius,   S.   306;   F'ig.  140. 
Nucleus  Perlia,  siehe  Perliakern. 
Nucleus  piriformis,  S.  408. 
Nucleus  praepositus  Marburg,  S.  519. 
Nucleus  princeps  trigemini,  siehe  Nucleus 

frontalis  sens.  V. 
Nucleus    profundus    me  encephali,  S.  381. 
Nucleus  quadrangularis,  S.  407,  420. 
Nucleus  respiratorius,  S.  587. 
Nucleus    reticularis    Bechterew,    S.    589; 

Fig.  314  A. 
Nucleus  reticularis  diffusus,  S.  587. 
Nucleus  reticularis  dorsalis  tegmenti  Gud- 

dens,  S.  590,  591. 
Nucleus    reticularis   inferior,   S.   575,  577, 

578,   582,   584,   587,  593,  599;  Fig.  298, 

299,  302,  304,  308,  317  C. 
Nucleus   reticularis   raedius.  S.   575,   577, 

580,  583,  585,  593;    Fig.  298,  300,  305, 

309,  312. 
Nucleus  reticularis  lateralis,  siehe  Nucleus 

funiculi  lateralis. 
Nucleus  reticularis  mesencephali,    S.   576, 

578,  581,  583,  593;  Fig.  298. 
Nucleus  reticularis  superior,    S.  431,    576, 

577,   578,   580,   583,  585,  588,  589,  593, 

594;   Fig.   298,    301,   302,  306,  313,  314, 

315.  Siehe  auch  Retikuläre  Kerne. 
Nucleus  ruber,  S.  181,  583,  585,  591,  592, 

594;  Fig.  307,  310. 
Nucleus  spinalis  trigemini,  siehe  spinaler 

Trigeminuskern. 
Nucleus  spino-occipitalis,  S.  456,  457, 463, 

464,  470,   472-475;    Fig.  202,  204,  205, 

210,  212,  213. 
Nucleus  tangentialis,  siehe  Nucleus  vesti- 

bularis  ventralis. 


SACHREGISTER. 


XV 


Nucleus  tegraentalis  raedialis,  S.  390. 

Niicloiis  trapezoides,  Fig.  22. 

Nucleus  triangularis    vestibularis   (princi- 

palis,  ilorsalis),    S.  309,    419,    420,   437; 

Fig.  158,  288,  192. 
Nucleus  trigemini,  siehe  Nucleus  V. 
Nucleus  trochlearis    siehe  Nucleus  IV. 
Nucleus  Vagi,  siehe  Nucleus  X. 
Nucleus  ventralis  VIll,  S.  427.  Siehe  auch 

Nucl.  magno-cellularis. 
Nucleus  ventro-lateralis  Johnston's,  S.  371; 

Fig.  166. 
Nucleus  vestibularis  superior,  S.  400. 
Nucleus  vestibulai'is  ventralis,  S.  1.32,  385, 

386,    399,  405,    400,  417,  437,    573,  595; 

Flg.  175. 
Nucleus  vestibulo-cerebellosus,  S.  400, 408, 

420,  437;  Fig.  180,  187  R. 
Nukleinsäure  Salze,  S.  67,  08. 


0. 


ObloDgata,  siehe  Medulla  oblongata. 
Ochsenfrosch,    siehe    Rana    niugiens  (Sive 

catesbyana). 
Octavussystem,   S.    434—441.    Siehe    auch 
Lateralis  und  Octavussystem. 

Amphibien  S.  392 -398.  445. 

Ganoiden  und  Teleostier,  S.  3S2-,392,  444,  445. 

Piagiostomen,  S.  374-382,  444. 

Reptilien,  S.  398-404,  44.5,  446. 

Sauger,  W.  414-434,  446,  447,  448. 

Überblick,  S.  434-441. 

Vügel,  S.  404-414,  446. 

Zyklostomen,  S.  370-374,  444. 
Oculomotoriuskern,  siehe  Nucleus  III. 
Oedipomidas    oedipus,    S.    174,    209,    210; 

Fig.  284. 
Ohrkiemenloch,  S.  101. 
Oktavus,  siehe  Octavus. 
Okzipitalnerven  Fürbringer's,  S.  115,  123, 

133,  453. 
Okzipitü-spinalnerven,  S.  123,  147,  453. 
Oliva  accessoria  S,  430,  440. 
Oliva    inferior,    S.    597—625.    Siehe    auch 
Hauptolive  und  Nebenolivensystem. 

Amphibien,  S.  601. 

Holocephalen,  S.  601. 

Piagiostomen,  S.  699,  600. 

Säuger,  S.  604-6:9. 

Teleostier,  S.  601. 

Vögel,  S.  601  -  G04. 

Zyklostomen   S.  -599. 
Oliva  superior,  S.  397;  Tafel  III. 

Amphibien,  S.  39."). 

Reptilien,  S.  403,  404 ;  Fig.  241,  243. 


Säuger,  S.  430,  431,  r,:«,  -535 ;  Fig.  278. 
Vögel,  S.  413,  414. 
Ontogenese 

des  V  Kerns,  S.  D46. 

des  VI  Kerns,  S.  542,  543. 

des  XI  Kerns,  S.  521-524. 

der  nervösen  Elemente,  S.  29. 

der  Oliva  inferior,  S.  613,  614;  Fig.  324  A,B. 

Onychogale,  S.  341 ;  Fig.  102,  278. 

Opossum,  S.  422. 

Opsanus,  S.  278. 

Oralsinn  Kappeis',  S.  333,  338. 

Ornithorrhynchus,  S.  184,  338. 

Orthagoricus  mola,  S.  1,33,  138;  Fig.  9  C; 

07  B,  C;  226  B. 
Osmerus,  S.  325. 
Otokonien,  S.  379. 
Otolithen,  S.  366. 
Ovales  Feld,  S.  208.  Siehe  auch  Fasciculus 

sacralis  postero-medialis. 
Oxydasen,  Addenda. 


Pacini'sche  Körper,  S.  156. 
Palatumorgan,  S.  285. 
Papilla  basilaris  Cochleae,  S.  392,  394. 
Papulae  circumvallatae,  S.  276,  277. 
Papulae  foliatae,  S.  276. 
Papulae  fungiformes,  S.  276,  277. 
Papilla  lagenae,  siehe  Lagena. 
Parasympathisehes  System,  S.  20.  195. 
Pars    postmauthneriana     von     Bartelmez, 

S.  390. 
Passer  domesticus.  Fig.  186. 
Pediculati,  S.  138. 
Pedunculi     lobi     inferioris     hypothalanii, 

S.  132. 
Perca  fluviatilis,  S.  138,  484. 
Perennibranchiaten,  S.  370,  487. 
Peribranchiale  Nerven,  S.  273. 
Periduralraum,  S.  166,  182. 
Perigemmale  Fasern,  S.  275. 
Perimeningeales  P'ettgewebe,  S.  227. 
Perineurium,  S.  53,  54. 
Periphere  Geschmacktsleitung  und  Trige- 

minus,  S.  313—316. 
Peristetus,  S.  138. 

Periterrainales  Netzwerk,  S.  40;  Fig.  29  A. 
Perivaskuläre    Virchow-Robin'sche    Raum, 

S.  47,  48,  224;  Fig.  32. 
Perliakern,  S.  549,  551,  500;  Fig.  293,297. 
Perlorgane,  S.  368. 
Peroxydasen  Adenda. 


XVI 


SACHREGISTER. 


Petromyzon,    S.   34,    100,    -li'i.   368;  Fig. 
119,  121. 
BrancliialnerveD,  S.  274,  275,  279;  Fig.  123. 
Dorsalzellen,  S.  117. 

Motorische  Kerne,  S.  456-461 ;  Fig.  205  B-210B 
Müller'sche  Fasern,  S.  120. 
Octavo-lateralissystem,  S.  370—374. 
Perimedullargewebe,  S.  121. 
Sensible  Empfindungen,  S.  120,  285. 
Wurzelaustritte,  S.  114,  115,  119,  120. 
Pflügers  Gesetz,  S.  67. 
Phagozytär  Charakter  der  Glia,  S.  225. 
Phalangista,  S.  220. 
Phascolarctus,  S.  220. 
Phocaena,  S.  516;  Fig.  265,  319. 
Phoca  vitulina,  S.  223,  341. 
Photostatik,  S.  ,111  217,  322. 
Phylogenese  der  Oliva  inferior  (Zusammen- 
fassung) S.  619,  620. 
Physiologie   des   Geschmacks,  S.  277,  279. 
Physostomi,  S.  138. 
Pia  mater,  S.  182,  225. 
Pigmentaugen,  S.  109, 110, 111 ;  Fig.  50—52. 
Pigmente  in  Ganglienzellen,  S.  26,  27. 
Pinguin,  Fig.  254. 
Pitorgans  (Neuromasts),  S.  308. 
Placenta  cerebralis,  S.  44;  Fig.  438. 
Plagiostomen,    S.    49,    230,    231,  247,  248, 
274,  276,  503. 
IMotorisclies  System,  S.  463—471. 
Octavo-lateralissystem,  S.  374— r)82,  444. 
Perimemedullares  Gewebe,  S.  133. 
Rückenmark,  S.  121  - 133,  247,  248. 
Sensible  Branchialnerven,  S.  281-284,  350. 
Trigeminus,  S.  321-323,  .360. 
Plakodenzellen,     S.    11,     14,    15,   29,   67. 

Siehe  auch  Sinnesnervenzellen. 
Plasmodesraenlehre,  S.  55,  56,  57. 
Plathehninthen,  S.  33. 
Plektognathen,  S.  133,  134,  135,  138. 
Pleuronectidae,  S.  138,  140,  293. 
Plexus  Auerbach  und-Meissner,  S.  22,  195. 
Plexus   chorioideus,    S.    266,     352,     Siehe 

auch  Chorioidepithel. 
Plexus  liypogastricus,  S.  195. 
Pluriaxonale  Neuronen,  S.  16,  Fig.  10. 
Polarisation,   S.  11,  12,  22,  56,  57,  76,  77. 

Siehe  auch  Dynamische  Polarisation. 
Polydendritismus,  S.  68,  69,  70. 
Polyodon,  S.  472. 
Polyvalente  transmittorisclie  Neiwonen,  S. 

572,  573. 
Ponticuli  interligamentarii,  S.  182. 
Portio  major  trigemini,  S.  317,  323. 
Portio  minor   trigemini,   S.  323,  327,  330, 
334,  343,  344,  351. 


Positive  Reflexe,  S.  35. 

Postchordales  Rückenmark  S.  122. 

Postganglionäre  Fasern,  S.  20,  21. 

Praeganglionäre   Fasern,   S.   19,   194,  195. 

Praevertebrale  Ganglien,  S.  19. 

Pratincola  rubicola,  Fig.  188. 

Probst'sche  Kommissur,  S.  431. 

Primitive  Ganglienzellen,  S.  11,  14,  30. 
Addenda. 

Primitive  Sensibilitätsleitung,  S.  155. 

Primitivste  vitale  Empfindungen,  S.  34, 
146,  322,  365. 

Prionotus  carolinus,  S.  143,  278. 

Processus  reticularis,  S.  207 

Processus  spinosi  moniliformes,    S.  13,  23. 

Propriozeptive   Reize    Sherrington's,   S.  1. 

Proteus  anguinus  S.  10;  Fig.  165  B. 

Protometamere  Assimilation,  siehe  Assi- 
milation. 

Protopathische  Funktionen,  siehe  Vitale 
Sinne. 

Protozoen,  S.  1. 

Prozentsatz  der  Pyramidenfasern  im  llals- 
mark,  S.  222,  223. 

Pseudochirus,  S    220. 

Purkinje'sche  Zellen,  siehe  Zellen. 

Putorius,  S.  174,  209,  210. 

Pyramidenbahn,  S.  182,  193,  219,  220,  221, 
222,  223;  Fig.  116.  117,    118,   243,    244. 

Pyramidenhinterstrang,  siehe  Pyramiden- 
bahn. 

Pyraraidenkreuzung,  S.  220,222;  Fig.  113, 
114,  115,  116. 

Pyramidenseitenstrang,  siehe  Pyramiden- 
bahn. 

Pyramidenvorderstrang,  siehe  Pyraraiden- 
bahn. 

Pyramidenzellen,  S.  16;  Fig.  6,  12  b. 

Pyrrol Zellen,  S.  43. 

Python,  S.  157. 


Q- 


Querläsion,  S.  198;  Fig.  101  B. 
Querstand   der  Dendriten  in  einer  Ebene, 
S.  12,  68,  69. 

Im  Rückenmark  bei  Petromyzon  S.  12. 

116,  125,  126. 
von  Purkinje'schen  Zellen,  S.  12,  116; 
Fig.  7. 
Querstand   von    Gliafasern   senkrecht  zur 
Oberfläche,  S.  121. 


SACIIRKOTSTER. 


XVTT 


B. 


Radix    descendens    trigemiai,  S.  'W3,  324, 

326,  327,  328,  330,   332,   336,   337,   338, 

339;  Fig.  146,  149,  160. 
Radi.x    maxillci-niandibularis  tiigeiiiiiii,  S. 

324,  328,  330,  337,  338,    339,    347,    348; 

Fig.  I4C. 
Radix  opthalmicu-s  trigemini,  S    326,  328, 

336,  337,  338,  339,  347,   348;    Fig.   146. 
Radix    sensibilis  tnesenceph.  trigemini,  S. 

323-329.  330,  333,  341,  342,   243,   347, 

348:  Fig.  144  b,  145. 
Raja  circolaris,  S.  130;  Fig.  66. 
Raja  clavata,  Fig.  217. 
Rami  communicantes.  S.  19,  138,151,194; 

Fig.  100. 
Ramus,  siehe  auch   Nervus. 
Ramus   auiicularis  N.   Vagi,   S.  305,  340. 
Ramus  descendens  hypoglossi,  S.  502. 
Ramus  internus  XI,  S.  505. 
Ramus    laryngers    XII   der  Vögel,  S.  502. 
Ramus  mandibularis  internus,  S.  314,  338. 
Ramus  maxillaris,  S.  338,  343. 
Ramus    maxillo-mandibularis    V,    S.    317, 

318,  319,  321,  324,  343,   345;    Fig.   145, 
146. 

Ramus  ophthalmicus  trigemini,  S.  317,  318, 

319,  320,  323,  343,  345;  Fig.  145. 
Ramus  petrosus  superficialis  majoi',  S.  314. 
Rana    raugiens    (sive  catesbyana),  S.   147, 

174,    395;    Fig.    73,    74  AB,  75,  76   AB, 
133,  134,  180. 

Randlierne,  siehe  GasUell'sche  Kerne. 

Randzone  eines  Dermatoms,  S.  201. 

Randzone  von  Waldeyer  oder  Lissauer, 
siehe  Zona  marginalis. 

Raniceps,  S.  385. 

Ranvier'sche  Schnürringe,  S.  27, 49;  Fig.  20. 

Raphekern,  S.  518. 

Recessus  lateralis,  S.  266. 

Reduktion  der  Branchialgegend  bei  Kra- 
nioten,  S.  273,  274,  345. 

Reduktion  der  somato-sensiblen  Kompo- 
nenten der  Branchialnerven,  S.  284, 345. 

Reduktion  des  vorderen  Rückenmarkab- 
schnittes, S.  1.33—137;  des  hinteren 
Rückenmarksabschnittes,  S.  133. 

Reflexbahn  von  Coghill  und  Herrick,  S.  146, 
147. 

Reflexbogenbildung,  S.  72. 

Reflex  (sensitivo-motorisches),  S.  125, 128, 
140;  Fig.  63. 
Kappkks. 


Regenwurm,  S.  11,  27. 

Reissner's  Faser  S.  Faden,  S.  121, 132, 1.33, 

156,  224. 
Reiz,  S.  1. 

Eigenreiz,  S.  1,  3. 

Fremdreiz,  S.  1,  3. 
Reizbarkeit,  S.  1,  4,  7. 
Reizinnerungsvermögen,  S.  4. 
Reizleitungsfahigkeit,    S.    1,    4,   7,  40,  50, 

S.  auch  S  28,  73-81,  Addenda. 
Reizrezeptorische    Funktion    der    Diploso- 

nien,  S.  29,  Addenda. 
Reizverknüpfungsmögligkeit,  S.  1. 
Reptilien,  S.  153,  157—106,  235,  230,  237, 
251,  252,  276. 

Motorische.^  System,  S.  489—501. 

Octavo-lateralissy Stern,  S.  398-404,  445,  446. 

Rückenmark,  S.  157-166.  251,  252. 

Sensible  Branchialnerven,  S.  298-  302, 3.57, 358. 
Remak'sche  Fasern,  S.  49. 

Amphibien,  S.  681,  621,  622. 

Reptilien,  S.  681-584. 

Säuger,  S.  586-593. 

Teleostier,  S.  578-581. 

Vögel,  S.  684-586. 
Retikuläre  Kerne,    S.  572-597,   621,    622. 
Retikuläre  Zellen,  S.  457,  519;  Fig.  204. 
Rhombencephalon,   S.    267.     Siehe    weiter 

MeduUa  oblongta. 
Rhombus,  S.  484. 
Riechgrube  Kölliker's  S.  99. 
Riechnervenzellen,  Fig    1. 
Riesenzellen,  siehe  Kolossalzellen. 
Rindenknoten,  S.  289,  290,  296;    Fig.  131. 
Rodens,  S.  138. 

Rohon'sche  Zellen  siehe  Zellen  von  Rohon. 
Roller'sche  kern,  S.  518,  519;  Fig.  269. 
Rückenmark,  S.  98-266. 

Amphibien,  S.  145-157;  250,  251. 
Amphioxus,  S.  99-112,  245,  246. 
Ganoiden  und  Teleostier,  S,  133-145.  248,  249, 

250. 
Homologen  bei  Wirbellosen,  S.  99. 
Plagiostomen,  S.  121-133,  247,  248. 
Postchordales  -  von  Sterzi,  S.  122. 
Reptilien,  S.  167-166,  251,  252. 
Säuger,  S.  182—228,  254-264. 
Vögel,  S.  166-182,  252,  25.3,  254. 
Zyklostomen,  S.  112-121,  246,  247. 

s. 

Sacculus,  S.  379,  381,  385,  442. 
Saccus  communis,  S.  373,  379. 
Saccus  endolymphaticus,  S.  156. 
Saccus  vasculosus,  S.  6. 
Salamander,  S.  293. 
Salmo  fario,  S.  138;  Fig.  69. 

39b 


XVIII 


SACHREGISTER. 


Salmo  salar.  S.  138,  385. 

Sarkolemna^  S.  39;  Fig.  28 

Säuger,S. 182-224, 239-244,  254-2G3,  276. 

Motorisches  System,  S.  513 --553. 
Octavussystem,  S.  iU-434.  ii7,  448. 
Rückenmark,  S.  182-228,  2-54-263. 
Sensible  Branchialwurzeln,  305  -313,  358,  359. 
Trigeminus,  S.  &35-S4Ö,  362. 

Saurier,  S.  276. 

Savi'sche  Bläschen,  S    366.  369,  374. 

Scliafembryo,  Fig.  271. 

Schaltneuronen,  S.  572.  573,  143. 

Schaltung,  S.  3,  13. 

Schaumstruktur  Bütschli's,  S.  52. 

Schildkröte,   S.   157,  158,   164,    236,    276; 

Fig.  79,  240  A. 
Schlangen,  S.  157,  158,  160.  164,  165,  236; 

Fig.  78. 
Schleife. 

laterale    — ;   siehe    Fasciculus    longitudinalis 

lateralis, 
mediale  — ,  S.   153,  155,   165,  176,  216,  2-36,  243; 

Fig.  111,  112,  113. 
—  und  Edinger'sche  Bahn,  S.  153. 

Schlundganglion,  S.  32,  33. 

Schnecken,  S.  7,  13 

Schultze'sches  Kommabündel,  S.  208;  Fig. 

118. 
Schwann'sche    Scheide,    s.   Zellen,    S.    27, 

28,  29,  35,  49-54:  Fig.  21,  33. 
Schwanz  und  Gleichgewicht  S.  390. 
Schwanzkern,  S.  176;  Fig.  88. 
Schwanzverkümmerung,  S.  183,  184.  214. 
Scorpaena,  S.  138. 
Scylliura  canicula,  S.  330;  Fig.  41,64,65, 

169,  170,  316  A. 
Segmentierung,  S.  98,  126,  127.  161. 

der  Haut  bei  Amphibien.  S.  151 ;  Fig.  76  A,  B. 

der  Haut  bei  Plagiostomen,  S.  127. 

der  Haut  bei  Repilien,  S.  162;  Fig.  81. 

der  Haut  bei  Säugern,  S.  18.5,  Addenda. 

der  Haut  bei  Vögeln,  S.  172;  Fig.  86. 

der  Muskel  bei  Säugern,  S.  190. 

des  Rückenmarkes  der  Vögel,  S.  167. 

des  Rückenmarkes  der  Säuger,  S.  197-202. 

Sehpurpur,  S.  29. 

Sehzellen,  S.  6,  7,  8,  9;  Fig.  3,  50,  51,52. 

Seitenlinien,  S.  368. 

Seitenorganplakoden,  S,  364:  Fig.  164. 

Seitenplatten,  S.  270. 

Seitenstrang,  S    130,  141,  164:  Fig.  70. 

Seitenstrang  Grundbündel,  siehe  Assozia- 
tionsbahnen. 

Sekretorische   Funktion   der  Glia,   S.  225. 

Sekundäre  Anosmie  und  Ageusie,  S.  315, 
316. 


Sekundär    sensible  Bahn  Fdinger's,  Siehe 
Edingersche  Fasern  und  Tractus  spino- 
bulbaris  cruciatus. 
Selache  maxima,  Fig.  219. 
Selektivität   der    neurobiotaktischen    Pro- 
zesse, S.  70—73. 
Sensibilität,  S.  143,  155,  165. 
Sensible  Wurzeln  des  YII,  IX,  X,  S.  274— 

313. 
Sensible   Zervikalhöcker,  S.  136,  141,  142. 
Sensitivo-motorische  Kollateralen,  S.   153, 

164,  207;  Fig.  110. 
Sensitivo-motorische    Reflexdendriten,    S. 

125,  128,  140  :  Fig.  63. 
Septum  mediale  posticura,  S.  297. 
Siluroiden,    S.    276,    278,    285,    286—293, 
382—391,  3S6;  Fig.  127,  130,  173,224B. 
Sinn. 

Chemischer,  S.  111,  112,  120. 
Diskriminations  -,  S.    15-5,  210,  211,  212- 
Epikritischer  — ,  siehe  Gnostischur  Sinn. 
Gnostischer  -.  S.  121,  1.55,  211,  212. 
Muskel  — ,  S.  120,  146,  155,  211,  212. 
Optischer  -,  S.  111,  120. 
Protopathischer  — ,  siehe  Vitale  Sinne. 
Schmerz  -,  S.  112,  120,  1-5.5,  210. 
Stereognostischer  -,  S.  3,  212,  -350. 
Tast  — ,  S.  111,  155,  212. 
Temperatur  -,  S.  111,  120,  155,  210. 
Tiefen  -.  S.  156,  211,  212. 

Vitaler  -,  S.  3,  :34,  35, 146, 155, 182,  201,  205,  210, 
211,  365. 
Sinneshaare,  S.  6,  9. 

Sinnesnervenzellen,  S.  5 — 9,  14,  15,29,  30; 
Fig.  1,  2,  3. 
von  Edinger  und  StendeU,  S.  109. 
von  Tretjakoff,  S.  121. 
Sinneszellen,  5,   7,  9,  10,  11,  29,  30,  365; 

Fig.  4,  165. 
Simia  satyrus,  S.  194. 
Sinushaare,  S.  336:  Tafel  1. 
Sinus  lumbalis,  S.  345. 
Sinus    lumboidalis    sacralis,    S.  167;    Fig. 

83  A.  B. 
Siren,  S.  165. 
Sohlen  platte,  S.  39. 
Sorex  vulgaris,  S.  210,  336. 
Spheniscus,  S.  303. 

Spinale  Trigeminuskern.  S.  143,  153,  178, 
205,   206,   322,  329,  333,  339,  340,  349; 
Fig.  111,  113,  114,  115. 
Spinale  Trigeminusreflexe,  S.  479. 
Spinalganglien-zellen,  S.  13,14,15;  Fig. 8,9. 
Amphibien,  S.  1.51. 
Amphioxus,  S.  105. 
Plagiostomen,  ö.  126;  Fig.  61,  65. 
Reptilien.  S.  162. 


SACHREGISTER. 


XIX 


Säuger,  S.  196. 
Teleostier,  S.  140. 
Vögel.  S.  173. 

Spinax,  S.  129. 

Spindelzellkern,  siehe  Nucleusoctavo-moto- 

rius  anterior. 
Spino-mesenzephale  Fasern  bei  .'\mpliibien, 

S.   155,   235.   Siehe  auch  Vitale  Projec- 

tionsbahn  und  Edingersche  Fasern. 
Spino-okzipitale    Zellsäule,    siehe  Nucleus 

spino-occipitalis. 
Spino-okzipitalnerven,    S.    "115,    122,    123, 

453,  554. 
Spino-oliväre  Fasern,  S.  131. 
Spino-zerebelläre  Fasern,  S.  155,180,200, 

207,  235. 
Spinnzellen,  S.  132. 
Spongien,  S.  1. 
Spongioblasten,  S.  45,  58. 
Stäbchen  der  Retina,  S.  7;  Fig.  3. 
Stäbchenzellen,    S.    49,    224 ;    siehe    auch 

Wanderglia. 
Staderini'scher  Kern,  siehe  Nucleus  inter- 

calatus. 
Stammfortsatz,  S.  13. 
Statische  Innervation,  S.  120,  132. 
Statozyste,  S.  367. 
Stelopodiale  Muskeln,  S.  475. 
Stereognosis,  S.  3,  212,  349,  350. 
Stilling'scher  Kern,  S.  206,  241. 
Stimulogene  F'ibrillation  Bok's,  S.  63,  64, 

108,  412,  453. 
Storch,  siehe  Ciconia  alba. 
Strangfaser,  S.  147,  229,  231. 
Strangzellen,    S.    129,    142,    143,  146,  155, 

158,  160,   172,   179,  180;    Fig.  72  B,  77. 
Strausz,  S.  167,  168;  Fig.  83  B,  87. 
Streifen  von  Hensen.  Fig.  162  C. 
Striae  medulläres  acusticae,  S.  430 
Sti-iae  Monakow,  S.  429. 
Stützgewebe,  siehe  Hüllgewebe. 
Substances  attractives,  S.  58,  59. 
Substantia     gelatinosa     centralis,     siehe 

Subst.  gliosa  centr. 
Substantia  gelatinosa  Rolando,  S.  99,  178, 

202,  203,    204,   205,  240,   329,  339,  349; 

Fig.  88  A,  105,  106,  107,  111,  113. 
Substantia  gliosa  centralis,  S.  204. 
Substances  repoussantes,  S.  58,  59. 
Sulcus  dorsolateralis,  S.  186. 
Suicus  limitans,  S.  145,  167,  185,  268.  573. 
Sulcus  spiralis,  Fig.  165  C. 
Syiubranchus,  S.  138,  484. 


Sympathische  Ganglienzellen,   S.   19—24; 

Fig.  13,  14,  15. 
Sympathische     Ganglien     der    Oblongata, 

S.  271. 
Sympathisches  System,  S.  12. 

Amphibien,  S.  151,  154. 

Amphioxus,  S.  106,  452. 

Plagiostumeu,  S.  230. 

Reptilien,  S.  160 

Säuger,  S.  193-190. 

Teleostier,  S.  23-2, 

Vügel,  S.  171,  172. 
Sympathischer  Vaguskern,  S.  528. 
Sympathische  Wurzelzellen,  S.  137. 
Synaps,  S.  76-77. 
Synchrone  Korrelation,  S.  72. 
Syngnathus,  S.  138. 
Synzytiales  Charakter  des  Nervensystems, 

S.  30,  52. 
Syrinx,  S.  502. 


T. 


Tabestheorie  von  Redlich,  S.  50. 

Talpa,  S.  215,  Fig.  264  0. 

Tamandua,  S.  309,  341,  517. 

Tangentialkern  Cajal's,  S.  374. 

Tasttlecken,  S.  370. 

Tastmenisci,  S.  35;  Fig.  27  A. 

Tastsinn,  S.  111,  155,  279,  529. 

Tastzellen  von  Merkel,  S.  9. 

Taube,  S.  167 ;  Fig.  83  A. 

Taxis,    Ö.    65,    68.     Siehe    auch    Chemo-, 

Galvano-,  Neurobio-taxis. 
Taxonomie,  S.  471. 
Tectum  opticum,  S.  16,  105,131,381,390, 

398,   403;    Fig.   11  A,    432,  448.  S.  auch 

Doch  des  Mittelhirnventrikels. 
Tegmentura,  S.  387. 
Tektale  Fasern,  S.  132. 
Teleostier,  S.  105, 133-145, 156,  231-234, 

248-2,50. 
Octavolateralissystem,  S.  .382-392,  444,  445. 
Sensible  Branchialneryen,  S.  284-293,356,357. 
Trigerainus,  S.  323-326,  .360. 
Siehe  auch  Ganoiden  und  Teleostier. 
Telodendrion,  S.  12. 

Temperatursinn  von  Amphioxus,  S.  111. 
Terminaisons  en  panier,  S.  38. 
Tetrodon,  S.  133,  138,  139,  140;  Fig.  230. 
T-förmige  Teilungen,  S.  14,  117,  119. 
Theorie  des  Rellexkreises  v.  Bok,  S.  72,  73. 
Tiefensinn,  S.  156,  210,  211. 
Tigroidsubstanz,    S.   6,  10,  12,  13,  23,  24, 

25,  29,  67;  Fig.  15,  17, 18  und  Addenda. 


XX 


SACHREGISTER. 


Tigrolyse,  S.  25;  Fig.  17. 

Tinea  tinca,  S.  286;  Fig    128,  129,  224  A. 

Torpedo,  S.  137,  369. 

Torus  semicircularis,  S.  381,  390,391,398, 

403. 
Tractus,  siehe  auch  Fascieulus. 
Tractus    bulbo-mes'encephalicus,    S.    397; 

Fig.  180. 
Tractus     cerebello-motorius    cruciatus    et 

reotus,  S.  131,  388. 
Tractus  cerebello-tegmentalis  siehe,  Trac- 
tus cerebello-motorius. 
Tractus    cochleo-cerebellaris,    S.  408,    411 

und  Addenda. 
Tractus  cortico-spinalis,  siehe  Pyrainiden- 

bahn. 
Tractus  Deiters  descendens  S.  418. 
Tractus  Hehveg,  siehe  Dreikantenbahn. 
Tractus  lamino-mesencephalicns,  S.  412. 
Tractus     mammillo-tegraentalis     dorsalis, 

S.  591. 
Tractus  mesencephalo-cerebellaris  dorsalis, 

S.  483;  Fig.  235. 
Tractus  octavo-motorius  cruciatus,  S.  131, 

381,  390,  397,  474,  481;  Fig.  180. 
Tractus    octavo-motorius    rectus,    S.    131, 

381,  390,  397;  Fig.  180. 
Tractus  octavo-spinalis   cruciatus,  S.  380. 
Tractus   octavo-thalamicus   et  hypothala- 

micus  S.  381;  Fig.  420,  421. 
Tractus  quinto-frontalis,  S.  333,  350. 
Tractus  quinto-mesencephalicus,  S.  333. 
Tractus   rubro-spinalis,    S     181,   193,  591, 

592;  Fig.  118,  238,  243. 
Tractus    spino-bulbaris    cruciatus,   S.  142, 

180,  235,  238,  241;  Fig.  91. 
Tractus  spino-cerebellaris,  S.  131,143,165, 

211,   216,   217,  218,  238,  241,  242,  328; 

Fig.  174. 
Tractus  spino-hypothalamicus,  S.  216. 
Tractus  spino-mesencephalicus,  S.  142,  155, 

180,  207,  216,  238;  Fig.  70, 165.  S.  auch 

Edingersche  Fasern. 
Tractus  spino-olivaris  Goldstein  S.  598. 
Tractus  spino-olivaris  Heiweg  S.  218,  242, 

598;  Fig.  118.  ■ 
Tractus   tecto-bulbaris,    S.    62,    474,    486; 

Fig.  34  B. 
Tractus  tecto-spinalis,  S.  172, 181,  238,  243. 
Tractus  vestibulo-spinalis  lateralis    cruci- 
atus, S.  132, 143, 144,  172,  181,  401,  474. 
Tractus  vestibulo-spinalis  medialis.  S.  144, 

172,  181,  243,  401. 


Transient  ganglioncells,  siehe  bei  Hinter- 
wurzeln, intramedzellen. 

Trigeminus,  siehe  Nervus  trigeminus. 

Trigerainusareal    des    Menschen,  Fig.  159. 

Trigeminus-Exstirpation,  S.  310,  315. 

Trigerainus-schleife,  S.  326,  329,  339,  340, 
350;  Fig.  161. 

Triglahirundo,  S.  134,  1.38,  141,  142,  143; 
Fig.  67  A 

Tritonlarve,  S.  146,  293. 

Trochleariskern,  siehe  Nucleus  IV. 

Trophospongien,  S.  13,  26,  49;  Fig.  20. 

Trophozyten  vonHolmgren,S.26,49;Fig.20. 

Tropidonotus,  S.  162. 

Tropismen,  S.  9,  siehe  Taxis. 

Trutta  iridea,  S.  6. 

Tuberculum  acusticum,  S.  404,  422,  426, 
427,  439;  Fig.  197.  Siehe  auch  Tubercu- 
lum staticum   und  Nucleus  angularis. 

Tuberculum  impar  facialis,  S.  287,  289; 
Fig.  129. 

Tuberculum  staticum  S.  371,  374--378: 
Fig.  169,  170. 

Turdus,  S.  405. 

u. 

Ueberblick  über  die  Organisation  und  pro- 
gressive Entwicklung  des  Rückenmarkes, 
S.  228—245. 

Dito  über  die  Branchialnerven,  345-351. 

Dito  über  das  octavo-lateral  Systeem, 
434—441. 

Ueberdeckiing  von  Dermatomen,  S.  127, 
151,  162,  199,  200,  201;  Fig.  76,  81,  104. 

Uebei'deckung  von  Myotonien,  S.  191. 

Uebersicht  über  das  motorische  System 
der  Oblongata  und  des  Mittelhirns,  S. 
554-562. 

Uebersicht  über  die  retikulären  Kerne,  S. 
593—597,  über  die  Oliva  inferior,  S.G19. 

Ungekreuzte  Strangfasern,  S.  119,  144. 

Unipolarität,  S.  13. 

Urhirn,  S.  99. 

Urodelen,  S.  15G,  393. 

Ursus  raalayanus,  S.  209,  210. 

Utriculus,  S.  379,  385,  442. 

V. 

Vaguskern,  siehe  Nucleus  X. 
Valvula  cerebelli,  S.  391. 
Varanus    Salvator,    S.  300,  301  •  Fig.  137, 
240  D,  242,  250. 


SAcmiKOISTKH 


XXI 


Vater-Pacini'sche    Körperchcn,    S.   29,  37, 

237. 
Vegetatives  Systoin,  S.  lÜli. 
Ventraler  Vestiuulariskern,  sielie  Nuclcus 

vest.  ventri. 
Ventrale  Wui'zeln,  siehe:    Vonlerwiirzclii. 
Ventriculus  Arantii,  S.  26t'. 
Ventriculus  Krause,   S.   184. 
Ventriculus  posterior,  S.   101. 
Ventriculus     quartus,    S.    100,    167,    2Cü, 

267,  273,  345 
Ventriculus  rliomboidalis,  siehe  Ventriku- 

lus  quartus. 
Vei'bincliing  der  Neuronen,  S.  55. 
Verknüpfung   der   nervösen    Elemente,    .S. 

30-33;  Fig.  22,  23,  24 
Verkürzung     der     Dendriten,     S.  73,    74; 

Fig.  37. 
Verlagerung  der  Nervenzellen,    S.  57,    58, 

59.  Siehe  auch  Neuroobiütaxis. 
Verlängertes  Mark  von  Amphioxus.  S.  101. 
Verlängerung   der   Achsenzylinder,    S.  73, 

74;  Fig.  37. 
Vermis  cerebelli,  S.  218;  Fig.  403,  404. 
Vei'tebrale  Ganglien,  19. 
Vesperugo,  S.  341,  Fig. 
Vestibulärapparat,  S.  31,  367. 
Amphibien,  S.  394,  395. 
Ganoiden  und  Teleostier,  S.  :385-:i90. 
Plagiostomen,  S.  378-380. 
Reptilien.  S.  399. 
Säuger,  S.  420,  i>]. 
Vögel,  S.  405-410. 
Zyklostomen,  S.  373. 
Vibrationsorgäne,  S.  3B9,  434. 
Virchow-Robin'scher  Raum,  siehe  Peri  vas- 
kuläre — . 
Viscerale     Muskulatur,     siehe    Branchiale 

Muskulatur. 
Viscerale  Zellsäule,  S.  457,  458. 
Visceralplatte  des  Coeloms,  S.  450. 
Viscero-raotorische   Fasern,    siehe  Hinter- 

Wurzeln  und   Vorderwurzeln. 
Viscero-sensible  Fasern,  siehe  Hinter-  und 

Vorderwurzeln. 
Viscero-  und  Soraato-motorische  Zellsäulen. 
Plagiostomen,  S,  466-4(38. 
Zyklostomen,  S   456—461, 
Vitales    Korrelationszentruni,  S.  205,  206, 

241. 
Vitale   Projektionsbahnen,   siehe   Edinger- 

sche  Fasern  \ind  Truotus  spino-niesence- 

phalicus 
Vitale    Sinne,    S.  3,  34,  35,  146,  155,  182, 

201,  205,  210,  211,  365. 


Vögel,  S.  166-182,  237,238,2.52,  2.53.254. 

Motorisches  System,  S.  501—513. 
Octavussystem,  S.  404-414,  446. 
Reflcxtiere,  S.  174,  170. 
Rückenmark,  S.  166-182,  252,  253,  254. 
Sensible  Branchialnerven,  S.  302-305,  358. 
Trigeminus,  S.  331-335,  301,  362. 
Vorderer   Geschmackskern    siehe    Rinden- 
knoten. 
Vorderhörner  im  Rückenmaik. 
Amphibien,  S.  150. 
Plagiostomen,  S.  124, 125. 
Reptilien,  S.  236. 
Sauger,  S.  191-194.  Fig.  94-99. 
Teleostier,  S.  136,  137. 
Vogel,  S.  168,  170,  237.  Fig.  84. 
Vorderstrang',  S.  131. 
Vordcrstrang-Grundbündel,   siehe  Assozia- 

tionsbahnen. 
Vorderwurzeln  (oder    Ventrale    Wurzeln). 
Amphibien,  S.  149,  151,  153,  234;  Fig.  73. 

Somatomotorische  Fasern,  S.  151. 

Viscero-motoriscthe  Fasern,  8.  151. 
Amphioxus,  S.  102,  103,  228. 

sensible  Fasern,  S.  104. 

In  der  Oblongata,  S.  269. 
Plagiostomen,  S.  124,  230. 

somato-motorische  Fasern,  S.  128. 

viscero-motorische  Fasern,  B.  126. 
Reptilien,  S.  158,  236 ;  Fig.  79. 

Somato-motorische  Fasern,  S.  161. 

Viscero  motorische  Fasern,  161. 
Säuger,  S.  187,  2.39.  240. 

Sympathische  Fasern,  S.  193. 
Teleostier,  S.  137,  232. 

Elektrische  Zellen,  Ö.  137. 

Viscero-motorische  Fasern,  S.  137. 
Vögel,  S.  168,  238. 
Zyklostomen.  S.  229. 

Ursprungszellen,  S.  115. 

Viscero-motorische  Fasern,  Uli. 
Vorderwurzelzellen,  S.  16;  Fig.  85. 

Gruppierung  bei  Vögel,  S.  168,  170 ;  Fig.  84. 
Gruppierung  bei    Säuger,    S.    185,   191,    192; 

Fig.  94—99. 
Migration,  S.  170. 


w. 


Wanderzellen,  S.  46. 
Webei-'sches  Gesetz.  S.  4. 
Weiße  Substanz  im  Rückenmaik. 

der  Plagiostomen,  S.  125. 

der  Säuger,  S.  186,  187,  209;  Fig.  118. 
Willen,  S.  2,  3.  Siehe  auch  Entelechie. 
Würmer,  S.  11,  12,  13,  32,  41. 
Wurzelfasern  des  Sympathicus,  siehe  Prae- 

ganglionäre  Fasern. 
Wurzel-  und  Kernverlagerung,  S.  515  und 

Tafel  III. 
Wurzeln,  siehe  Nervenwurzeln. 


XXII 


SACHREGISTER. 


Zapfen  Her  Retina,  S.  7;  Fig.  3. 
Zellen. 

Amakrinen  s.  Anaxouen  — ,  siehe  Amakrinen. 

Apolare  — ,  siehe  A. 

Arkyochrome  — ,  S.  '2-1. 

Bisehofsstabs  — ,  siehe  B. 

Clarke'sche  — ,  siehe  Clarke'sche  Säule. 

Deiters'zellen,  S.  379. 

Ependym  — ,  S.  -t-i,  4.5.   Siehe  auch  beim  E. 

Glia  — ,  siehe  G. 

Gliakammer  — ,  S.  46. 

Gryochrome  — ,  S.  24. 

Haar  — ,  siehe  H. 

Hör  -,  siehe  H. 

Horizontal  -.  S.  16;  Fig.  10. 

lunere  Struktur  der  Ganglien  — ,  S.  23-30. 

—  von  Joseph,  siehe  Lichtzellen. 
Karyochrome  -,  S  24. 
Kolossal  — ,  siehe  K. 

Kommissur  — ,  siehe  K   und  Commissur. 

-  von  Lenhossek,  S.  118,  158,161,  162,171,236, 
492,  524 :  Fig.  85. 

von  Mauthner  siehe  M. 

Mitral  — ,  siehe  M. 

Müller'sche  Zellen  siehe  M. 

Pfeiler  -,  Fig.  165  C. 

Purkinje'sche  -,  S   12,  16;  Fig.  7,  328. 

Pyknomorphe  — ,  24. 

Pyramiden  — ,  siehe  P. 

Pyrrol  -,  S.  43. 

Retikuläre  — ,  siehe  E. 

Rolion-Beard'sche    -,    S.  38,  138,  139,  140,  14-5, 

146,  151,  162,  229,   23!,  317,  318,  321,  327,  350; 

Fig.  72  A.  B. 
Schwann'sche —,  siehe  S. 


Sinnes  — ,  siehe  S. 

Stäbchen  —  siehe  S. 

Sympathische    -,   S.    19,   20,   21,  22,  23;   Fig 

13,  14,  15. 
Vorderwurzel  — ,  siehe  V. 
Wander  -  ,  S.  46. 

Zellkern  siehe  Nucleus. 

Zellplexus,  S.  32. 

Zentralkanal,  S.  102,  160. 

Zentralorgane,  S.  32 — 49. 

Zentrosomen,    S.   6,   9,  12,   13.  15,  16,  17, 

18,  22,  23,  29,  30  und  Addenda.  Fig.  4b, 

9A,  B,  12,  \5. 
Zephalisation,  S.  120,  131,  144,  233. 
Zetazeeen,  S.  185,  187,  203,  213,  222,  277, 

347. 
Zeus,  S.  385. 

Zitteraal,  siehe  Gymnotus  electricus. 
Zoarces  vivipara,  S.  138 
Zona  marginalis,  S.  151,  202,  20.3,  240. 
Zunahme  der  Hinterstränge  bei  größeren 

Tieren,  S.  208,  209,  210. 
Zyklostomen,  S.  38,  49,  229,  230,  246,  247, 
"508. 

Motorisches  System,  S.  456—463. 

Octavo-lateralis  System.  S.  370—374,  444. 

Rückenmark,  S.  112-121,  246,  247. 

Sensible  Branchialnerven,  S.  279,  280,  281, 355. 

Trigeminus,  S.  319-.321,  366. 

Siehe  auch  Petromyzon  und  Myxinoiden. 

Zyprinoiden,   S.   278,   285,   286-293,  368; 

Fig.  128,  129,  131. 


AUTOREN-REGISTER. 


A. 

Achucarro,  S.  48,  81,  182,  225. 

Adamkiewitz,  S.  263. 

Agassiz,  S.  564. 

Agduhr,  S.  29,  38,  40,  41,  81,  191,  254. 

Aguerre,  S.  81. 

Ahlborn,  S.  355,  444,  562. 

Alcock,  S.  8-1. 

Alexander,  S.  414,  415,  446, 

Algeri,  S.  260. 

Allen,   S.   38,  81.  113,  246,  342,  343,  344, 

362. 
Allis,  S.  353,  444. 
Amabilino,  S.  314,  359. 
Ambronn,  S.  28,  78,  81. 
Anderson,  S.  91,  259. 
Antoni,  S.  81. 
Apathy,  S.  23,  30,  51,  81. 
Argutinsky,  S.  254. 
Aristoteles,  S.  4. 
Arnstein,  S.  94. 
Aronson,  S.  263. 
Asplund,  S.  263. 
Athanassio  Benisty,  S.  254. 
Athias,  S.  82. 
Aubrey  Müssen,  S.  568. 
Auerbach,  S.  22,  31,  83,  254. 
Ayers,  S.  83,  240,  370,  444,  463. 

B. 

Bach,  S.  568. 
Baginsky,  S.  446. 
Ballowitz,  S.  249. 

Banchi,  S.  158,  162,  166,  164,  247,  251. 
Bancroft,  S.  65,  83. 
Barany,  S.  446. 
Bardeen,  S.  263. 
Barrat,  S.  65,  85. 

Bartelmez,    S.    31,    83,  144,  388,  389,  392, 
444,  574,  579,  580,  594. 


Basler,  S.  254. 

Bath,  .S.  276,  354. 

Balten,  S.  208. 

Bayern,  L.  F.  von,  S.  570 

Beard,  S    120,  138,  140,  145,  146,  248. 

Beccari.  S.  66,  83,  117,  158,  161,  172,246, 

252,  .300,  357,  361,   388,    392,   393,    395, 

400,   402,    404,   421,   444,  445,  446,  447, 

452,  492,  524,  564,  566,  581. 
Bechterew,  S.  194,  305,  358,  568,  574,  587, 

589. 
Bechthold,  S.  50. 
Beck,  Ö    568. 
Behr,  S.  83. 
Belügulowy,  S.  543. 
Bender,  314,  356,  358,  359. 
Benjamins,  S.  379,  414,  443,  444,  445,  447. 
Bergen,  S.  83. 
Berger,  Ö.  48. 
Bergmann,  S   257,  430. 
Berkelbach  van  der  Sprenkel.  S.  286,  287, 

382,  384,  391,  444,  475,  478,  524,  564. 
Bernard,  S.  7,  83. 
Bernhardt,  S^  254. 
Bernheiraer,  S.  551,  552,  553,  568. 
Bethe,  S.  51,  83,  93. 
Beule  (de),  S.  568. 
Biach.  S.  204,  254. 
Bielschowsky,  S.  30.  83,  108. 
Biervliet  (van)  S.  25,  67,  83,  568. 
Bilharz,  S.  137,  249. 
Billingsley,  S.  211. 
Bindewald,  S    327. 
Bing,  S.  254. 
Binswanger,  S.  48,  254 
Biondi,  S.  27,  334,  358,  509,  512,  513,  567. 
Birge,  S.  250. 
Bischoff,  S.  216,  254,  5C8. 
Black,  S.  113,  273,  321,  458,  461,  462,  469, 

472,  487,  562,  563,  564,  565,  566,  567,  568. 


XXIV 


AUTOREN-REGISTER. 


ßlackfan,  S.  227,  264. 

Blake,   S.  352. 

Buk,  S.  254. 

Blaiiwkuip,  S.  255. 

Bluiiienaii,  S.  418. 

Bochenek,  S.  337,  362. 

Boedeker,  S.  552. 

Boeke,  S.  6,  9,  19,29,39,40,41,50,51,52, 
83,  84,  100,  109,  110,  194,  245,  275,363. 

Boer  (de)  S.  41,  84,  127, 162,  194,  200,  201, 
254  und  Addenda. 

Bojanus,  S.  157,  566. 

Bok,  S.  63,  64,  72,  73,  84,  108,  179,  334, 
358,  361,  404,  408,  409,  411,  412,  446, 
451,  452,  453,  454,  502,  509,  510,  512, 
548,  5.59,  5G7,  573  und  Addenda. 

Bolk,  142,  185,  187,  190,  192,  197,  198, 
199,  200,  201,  249,  254,  255,  336,  475,  524. 

Boll,  S.  9,  84. 

Bordiert,  S.  125,  248,  255. 

Botezat,  S.  40,  84. 

Bouman  L,  S.  47. 

Boveri,  S.  50. 

Braafladt,  S.  84. 

Brandis,  S.  302,  358,  361,  404,  446,  502, 
511,  567. 

Bradley,  S.  566. 

Braeuning,  S.  355. 

Brailowsky,  Addenda. 

Braus,  S.  52,  84. 

Bräutigam,  S.  255. 

Bregmann,  S.  222,  223,  255,  337,  362. 

Bremer,  S.  40,  84,  542,  5C8. 

Breuer,  S.  338. 

Broek  (van  den),  S.  194,  255. 

Brouwer,  S.  127,  151,  155,  162,  165,  173, 
198,  199,  201,  208,  210,  211,  212,  227, 
248,  249,  250,  252,  253,  255.  362,  420, 
447,  512,  549,  550,  552,  553,  567,  56«, 
616,  617,  623,  624. 

Brouwer  und  Quix,  S.  447. 

Brown  Sequaid,  S.  211. 

Bruce,  S.  192,  193,  255,  305,  358,  420. 

Brücke,  S.  41,  84,  255,  566,  Addenda. 

Brun,  S.  305,  309,  358. 

Brunner,  .S.  565,  606,  624. 

Bruns,  S.  315,  359. 

Bruckley,  S.  357. 

Budgett,  S.  65,  68,  91. 

Bühler,  S.  16,  29,  84. 

Bunge,  S.  86. 

Büngner,  S.  52. 

ßüntschli,  S.  115. 


Bunzl  Federn,  S.  568. 
Burckhardt,  S.  138,  250 
Burdach,  S.  141,  143,  153. 
Burlet  (,de),  S^  1S5,  255. 
Burrows,  S.  53,  84. 
Butler,  S.  2. 

Bütschli,  S.  52,  562,  563,  565,  566. 
Buzzard,  S.  256. 

c. 

Cahjer,  S.  564. 

Cajal  (Ramon  T)  S.  16,  20,  21,  22,  23,  39, 
48,  56,  57.  58,  59,  67,  70,  72,  94,  132, 
153,  158,  164,  166,  172,  178,  179,  181, 
203,  205,  206,  252,  253,  261,  302,  305, 
327,  343,  358,  360,  361,  385,  404.  405, 
406,  407,  411,  412,  413,  417,  420,  427, 
444,  446,  447,  481,  500,  505,  511,  512, 
515,  519,  536,  567,  570,  573,  574,  583, 
584,  585,  592,  598,  624. 

Cameron,  S.  24. 

Cannien,  S.  352, 

Caparelli,  S.  84. 

Cappelletti.  S.  2C3,  264. 

Carlson,  S.  84. 

Carpenter,  S.  19,  50,  85,  255,  54.3. 

Cathelin,  S.  264. 

Cattaneo,  S.  85. 

Cattani,  S.  28,  53. 

Ceccherelli,  S.  85. 

Chandler,  S.  44,  85. 

Chanvet,  S.  255. 

Chase,  S.  85. 

Chladni,  S.  442. 

Chvostek,  S.  226,  264. 

Clarke,  S.  255. 

Claude,  S.  255 

Coehn,  S.  65,  85. 

Coggi,  S.  85. 

Coghill,  S.  72,  145,  146,  147,  250,  294. 
314,  357. 

Cole,  S.  281,  314,  355,  356. 

Collier,  S.  256. 

Collins,  S.  194,  256,  260. 

Conel,  S.  85,  255. 

Conger,  S.  445. 

Corning,  S.  566. 

Cowdry,  S.  24,  25,  26,  67,  79,  85. 

Cox,  S.  85. 

Cramer,  S.  568. 

Cunes,  S.  256. 

Cnnningliam,  S.  185,  256,  564. 

Cushing,  S.  85,  227,  264,  310,  315,  336,  359. 


AUTOREN-RKGISTEK. 


X  X  V 


D. 

Da  Famo,  S.  85. 

Dahlgien,  S.  138,  249. 

Dammerman,  S.  6. 

Dana,  S.  256,  315,  359. 

Dandy,  S.  227,  264. 

Darkschewitsch,  S.  512,  549,  568,  592. 

üavies,  S.  256,  262,  315,  359. 

Deelman,  S.  172,  173,  253. 

Dees,  S.  568. 

Deganello,  S.  393,  395,  397,  445. 

Dehler,  S.  22,  29,  85. 

Deineka,  S    85. 

Deiters,  S.  218. 

Dejerine,  S.  256. 

Dekhuyzen,  S.  50. 

Delprat,  S.  315,  359. 

Delsman,  S.  99,  245. 

Dendy,  S.  121,  132,  246,  256. 

Dewey,  S.  43,  85. 

Dexler,  S.  185,  256,  568. 

Dietz,  S.  476,  564. 

Disse,  S.  50,  85. 

Dixon,  S.  314,  359. 

Dogiel,    S.  21,   35,   85,   86,   106,  112,  196, 
245,  363. 

Dohrn,  S.  99. 

Donaggio,  S.  23,  86. 

Donaldson,  S.  256,  344,  362. 

präsecke,  S.  187,  256. 

broogleever  Fortuyn,  S.  5,  10,  11,  33,  86, 
245,  323,  471,  472,  479,  564. 

Drüner,  S.  565. 

Dutour,  S.  956. 

Dusser  de  Bareiine,  S.  41,  86,  194,  200, 
205,  206  und  Addenda. 

Dustin,  S.  56,  57,  86. 

Duval,  S.  253,  519. 

E. 

Eberth,  S.  86. 

Ecker,  S    361,  445,  565. 

Eckhard,  S.  151,  152,  251. 

Economo,  S.  568. 

Edgeworth,  S.  343,  563,  564,  565,  566. 

Edinger,  S.  109,  130,  142,  165,  222,  223, 
245,  246,  248,  249,  251,  252,  253,  257, 
352,  3.^5,  358,  364,  387,  392,  417,  444, 
445,  446,  447,  500,  512,  553,  558,  562, 
623. 

Eger,  S.  185,  256. 

Eiders,  S.  191,  257. 


Elze,  S.  542. 
Engel,  S.  352. 
Engelmann,  S    9,  86. 
Erb,  S.  221,  222. 
Essick,  S.  403,  013,  024. 
Eurich,  S.  86. 
Ewald,  S.  441,  442,  447. 
Ewart,  S.  281,  314,  356,  375. 

F. 

Fabritius,  S.  34,  86,  171,  211,  212,  257. 

Farrar,  S.  264. 

Faure — Fremiet,  S.  25. 

Fedeli,  S.  257. 

Findley,  S.  86. 

Finkeiberg,  S.  569. 

Fixsen,  S.  353. 

Flechsig,  S.  131,  208,  217. 

Flemming,  S.  86. 

Foettinger,  S.  246. 

Forel,  S.  305,  358. 

Forsmann,  S.  58,  86. 

Förster,  S.  86,  257. 

Frank,  S   257. 

Franssen,  S.  257. 

Franz,  S.  257,  383,  483,  564. 

Frazier,  S.  264. 

Frenkel,  S.  180,  253. 

Freud,  S.  246. 

Frey  (von),  S.  257. 

Friedländer,  S.  176,  180,  181,  253. 

Fritsch,  S.  137,  138,  139,  249. 

Frommann,  S.  50,  87. 

Froriep,  S.  19,  319,  346,  352,  364,  515,  569. 

Fürbringer,    S.    115,    123,    124,    133,    297, 

461,  464,  487,  491,  562,  566. 
Fürst,  S.  8. 
Fusari,  S.  106,  247. 
Fuse,  S.  309,  310,  358,  447,  544,  569. 

G. 

Gabris,  S.  193,  257. 

Gad,  S.  251. 

Gadow,  S.  567. 

Gaetano,  S.  314,  359. 

Galeotti,  S.  42,  87. 

Gans,  S.  222,  257. 

Garten,  S.  9,  87. 

Gasiorowsky,  S.  87. 

Gaskell,  S.  99,  160,  161,  2.52,  260. 

Gassner,  S.  65,  87. 


XXVI 


AUTOREN-REGISTER. 


Gaupp,   S.  7,  147,  251,  294,  3G1,  393,  445, 

565. 
Gegenbauer,  S.  98,   •I57,  183,  184,  245,  247, 

248,  251,   252,  257,   356,   357,  358,  369, 
370,   443,    545,   562,   564,  565,  566.  569. 

Gebuchten  (van)',  S.  8,  14,  17,  23,  87, 138, 
140,   142,   144,   162,  164,  171,  172,  193, 

249,  251,   252,  253,   257,  258,  358,  417, 
447,  536,  569. 

Gemelli,  S.  40,  87. 
Genderen  Stört  (van)  S.  9,  87. 
Gerard,  S.  94. 
Gerry  S.  91. 
Giacomini,  S.  38. 
Giulliani,  S.  252. 
Gubel,  S.  441,  442. 
,Goetscb,  S.  25. 

Goldmann,  S.  42,  43,  44,  87.  227.  264. 
Goldscbeider,  S.  258. 
Goldscbmidt,  S.  451. 
Goldstein,  S.  2,  87,  218,  220,  2i8, 517, 518, 

569,  570,  598,  624. 
Golgi;  S.  26,  27,  87,  182,  258,  569. 
Goll,  S.  141,  143,  153. 
Gombault,  S.  258. 
Gourewitsch.  S.  87. 
Göthlin,  S.  27,  28,  78,  87. 
Goudsmit,  Addenda. 
Gowes,  S.  131,  184,  218. 
Grabower,  S.  87,  569. 
Grandry  S.  29,  50,  87. 
Gray.  S.  418,  421,  443,  446,  447. 
Greeley,  S.  67,  87. 
Green,  S.  314,  359. 
Grimm,  S.  252. 
Grossman,  S.  569. 
Grünberg.  S.  442. 
Gndden  Cvon)  S.  569. 
Guillain,  S.  260. 
Guldbeirg,  S.  185,  258. 
Gurewitsi:h,  S.  88. 
Gurwitscb,  S.  88. 


H. 


Hacker,  S.  258. 
Häggquist.  S.  88,  258. 
Haller  (Bela),  S.  134,  138,  249,  484. 
Halliburton,  S.  88 
Haraaker,  S.  12,  88. 
Hamburger,  S.  12,  88. 
Hammer,   S.   149,   250,  294,  357,  393,  395, 
445. 


Hardesty,  S.  251,  258,  441,  447. 

Hardy,  S.  66,  67,  88. 

Ilarman,  S.  569. 

Harrison,  S.  53,  70,  88,  138,  447. 

Hartmann,  S.  353, 

Hatai,  S.  15,  17,  18,  29,  88. 

Hatschek  S    100,  185,  203.   245,  258,   418, 

420,  447. 
Hawkes  (Merrit),  S.  281. 
Havama,  S.  312,  53S,  539,  571. 
Head,    S.  35,   88,   95,  112,   196,    201,  210, 

258,  261. 
Heidenhain,  S.  88. 
Held,    S.  9,    18,  28,  29,  3i3,    47,  48,  50,  51, 

52,  56,  57,  70,  78,  81,   88,  89,   225,  264, 

367,  427,  442,  447. 
Helmholtz,  S.  78,  441,  443. 
Heiweg,  S.  258 

Hansen,  S.  55,  89,  392,  441,  442. 
Hepburn,  S.  191,  258,  569. 
Herbet,  S.  258. 
Hering,  S.  2,  4. 

Heringa,  S.  29,  36,  37,  50,  51,  52,  89. 
Hermann,  S.  60,  79,  .89. 
Herrick  (C.  .1.),   S.  89,  137,  142,    143,  144, 

147,  155,  249,   258,   269,    278,  285,  280, 

287,  288,  289,  290,  291,   294,   296,    314, 

316,   ,326,   327,   344.  353,  355,  356,  357, 

362,  393,  395,  445,  475,  564,  576,  581. 
Hertwig,  S.  5,  10,  89,  449. 
Herwerden  (van),  S.  24,  88. 
Hess.  S.  352. 
Hesse,  S.  89,  109,  245. 
Heuser,  S.  352. 
Heymans,  S    245. 
Hin,  S.  227,  264. 
lliraiwa,  S.  508.  567. 
Hirose,  308,  309,  358. 
His,  S.   55,    56,   89,    108,    154,    258,    264, 

352,  534,  613,  624. 
Höber,  S.  79. 
Hochstetter,  S.  185,  258. 
Hoevell  (van),    S.   373,  414,  490,  490,  497, 

545,  574,  577,  578,  581,    582,    584,    588, 

589. 
Hofers,  S   368,  392,  443. 
Hoffraann.  S.  160,  451,  452,  454,  461,466. 
Holm,  S.  461,  562. 
Holmes  (Gordon),  S.    208,   258,    393,    403, 

409,    419,    422.  445,    446,  417,  616,  618, 

624. 
Holmgren  (E),  S.  IG,    24,   26,   29,   89,  249 

und  Addenda. 


AnTOREX-KKOISTKK. 


XXVII 


Hooker,  S.  89,  00. 

llornbostel,  (von)  S.  433. 

Hörschelmann,  S.  333. 

florsley,  S.  206,  217,  218,  258,  261,  262, 
342,  343. 

Horst  (van  der),  S.  00,  61,  133,  136,  289. 
325,  383,  403,  404,  465,  470,  471,  472, 
473,  474,  475,  476,  477,  478,  479,  480, 
481,  482,  483,  484.  4S5,  486,  563,  565. 

Horton  Smith,  S.  151,  154,  251. 

Hösel,  S.  340,  362. 

Hoiiser,  S    376,  444. 

Hovy,  S.  165,  173,  186,  209,  258. 

Huber,  S.  90. 

Hudovernig,  S.  312,  518,  56'). 

Huet,  S.  483,  562,  564. 

Hughes,  Addenda. 

Hulles,  S.  342,  362. 

Hworestochin,  S.  90,  3.52. 


I. 


Ikegami,  S.  569. 
Imamura,  S.  90. 
Inihof,  S.  253. 

Ingvar,  S.  79,  167,  170.  180,  218,253,258, 
269,    273,   416,  417,  420,  428,  Addenda. 


Jacobson,    S.   207,  258,  312,  530,  574,  ,588. 

Jacquet,  S.  258. 

.Täderholm,  S.  90. 

Jelgersma,  S.  511. 

Jenkins,  S.  612. 

Johnston,  S.  29,  34,  71,  90,  103,  105,  100, 
113,  114,  138,  140,  245,  247,  248,  249, 
269,  275,  279,  280,  318,  322,  327,  330. 
342,  353,  355,  360,  361,  366,  371,  372, 
374,  376,  443,  444,  445,  450,  461,  402, 
599,  623. 

Joris,  S.  90. 

Joseph,  S.  101,  245,  363. 

Juge,  S.  565. 

Justchenko,  S.  259. 

K. 

Kadyi,  S.  259,  264. 
Kahler,  S.  201. 
Kaiser,  S.  193,  259. 
Kalberiah,   S.  248. 
Kallius,  S.  90. 
Kankeleit,  ö.  608,  624. 


Kaplan,  S.  218,  259,  4i7,  569. 

Karplus,  S    210,  259, 

Kat^unuma,  Addenda. 

Kato,  S    90,  447. 

Kehrer,  S.  360. 

Key,  S,  54,  90,  227,  26i,  352. 

Killian,  S    560, 

King,  S.  220,  222. 

Kingsbury,  S.  29i,  357,  393,  445. 

Kiyoyasu  Mariu,  S.  388,  445. 

Kleinenberg,  S.  10,  55,  90. 

Klessens,  S.  200,  259,  Addenda, 

Kleiin  (de)  S.  417. 

Klinkhardt,  S.  44'f. 

Kohn,  S.  259. 

Kohnstamm,    S.    306,    ,308,    312,  341,  358, 

497,  569,  574. 
Kölliker,  S.  38,  90,  99,  112.  156,  160,  170, 
249,  252,  253,  259,   264,    305,    338,    358, 
362,   422,    447,    531,  549,  569,  587,  589, 
598,  60  i,  624. 

Kolmer,  S.  7,  8,  9.  23,  26,  29,  90,  117,  247. 

Kulster,  S.  16,  90,  138,  IM,  249. 

Kolzenberg,  S,  259. 

Kooy,  S,  48,  90,  222,  264,  403,  599,  600. 
601  -616. 

Koppen,  S.  153,  251. 

Kosaka,  S.  .305,  308,  312,  3i2,  343,  344, 
358,  361,  362,  501,  502,  50^,  517,  519, 
527,  530,  567,  569. 

Koschewnikoff,  S.  151. 

Köster,  S.  315,  360,  539. 

Krämer,  220,  259,  264. 

Krause,  S.  111,  184,  245,  246,  314,  315, 
360,  523. 

Krebs,  S.  90. 

Kreibich,  S.  90. 

Kreidl,  S,  447. 

Kühne,  S.  156. 

Kuiper,  S,  259. 

Kupffer  (von)  S.  99,  138,  245,  346,  352. 

Kutchin,  S.  105,  106,  112,   245,   272,   363. 


Laborde,  S.  311,  Addenda. 

Lacchi,  S.  182,  253. 

Landacre,  S.  353,  357,  445. 

Lange   (S.   de)   S.  157,  1B9,  160,  218,  252, 

361,  446,  486,  490,  565,  560,  585,  623. 
Langerhans,  S.  90.  91,  100,  246,  272. 
Langley,   S.   19,  20,  41,  90,  19  t,  195,  259, 

Addenda. 
Lantermann,  S.  28,  53. 


XXVIII 


AUTOREN-REGISTER. 


Laycock,  S.  2. 

Lefebure,  S.  91. 

Legendre,  S.  91. 

Leidler,  S.  418,  447. 

Lenhossek,(von)S.lL;,29,74,75,91,H'-2,l!S, 

124,  125,  129,  132,  145,  158,  161,  170, 

471, 182,  202,  208,  222,  223,  253,  259, 260. 
Leontowitch,  S.  91. 
Lesbre,  S.  520,  524. 
Levi  (E.),  S.  50. 
Levi  (G.),  S.  15,  53,  91,  96.  127,  151,162, 

247,  248,  249,  251,  252,  253,  260. 
Lewandowsky,    S.  218,  223,  227,  200,  264, 

308,  340,  358,  362,  418,  447. 
Lewewre,  S.  566. 
Lewis,  S.  12,  13,  9),  445,  612. 
I-ewy,  S.  26,  91,  447.  448,  497. 
Leidig,  S.  276,  353,  354.  368,  445. 
Lier  (van)  S.  88. 
Lissauer,  202,  200. 
Loeb,  S.  65,  67,  08,  91. 
Loeper,  S.  42,  44,  91. 
Londen  (van)  S.  342,  362. 
London,  S.  9,  29,  92. 
Lorenzini,  S.  369. 
Löwenthal,  S.  260. 
Löwy,  S.  418. 
Löwschin,  S.  25. 
Lubosch,  S.  567,  569. 
Lucacs,  s.  Addenda. 
Luce,  S.  48. 

Lugaro,  S.  58,  92,  193,  200. 
Luna,  S.  358. 

Luschka,  S.  42,  44,  92,  206,  352. 
Lussana,  S.  315,  360. 
Lynch,  S.  81. 

M. 

Macalhim,  S.  25,  66,  92. 

Maccabruni,  S.  92. 

Mac  Cann,  S.  26. 

Macclure,  S.  92. 

Mac  Donald,  S.  25,  06,  92. 

Mac  Nalty,  S.  206,  217,  218,  201. 

Magendie,  S.  44,  206,  352. 

Magnus,  S.  91,  259,  448. 

Man  (de),  S.  500. 

Mangold,  S.  443. 

Mann,  S.  16,  29,  92,  142,  210. 

Mansfeld,  S.  92.  und  Addenda. 

Marburg,  S.  200,  338,  519,  530. 

Marchi,  S.  260. 


Marcora,  S.  92. 

Marenghi,  S.  48,  144,  247.  250. 

Margulies  S.  260. 

Marie,  S.  260. 

Marinesco,  S.  58,  02,  536,  570,  Addenda. 

Maitin,  S.  140,  144,  172,  250,  253,  570. 

Martynoff,  S.  92. 

Mattauschek,  S.  264. 

Mauthner,   S.  31,   130,  144,  106,  250,  374. 

Mawas,  S.  48,  92,  225. 

Ma.'twell,  S.  67,  91. 

May,  S.  342,  343. 

Mayer,  S.  25,  260. 

Mayser,  S.  445,  565,  623. 

Mc.  Murrich,  S.  565. 

Meek,  S.  352. 

Meissner,  S.  22. 

Melle  (van),  S.  311,  358. 

Menten,  S.  25,  66,  92. 

Merkel,  S.  9,  92,  276,  354. 

Merzbacher,  S.  92. 

Mesdag,    S.    272,   358,   411,  440,  510,  512, 

548,  567. 
Mestrezat,  S.  265. 
Meyer,  S.  44,  92,  362,  448, 
Michailow,  S.  92. 
Minea,  S.  58,  518,  569. 
Mingazzini,  S.  214,  518,  570,  598. 
Misch,  S.  93. 
Misslawski,  S.  587. 
Mivart,  S.  566,  567. 
Moeli,  S.  254,  260. 
Monakow,  S.  213,  218,  306,  340,  300,  302, 

418,  419,  448.  ■ 
Mönckeberg,  S.  93. 
Moodie,  S.  393,  445. 
Moore,  S.  27. 
Morat.  S.  193,  260. 
Mott,  S.  93,  217,  260,  265. 
Müller   (Erik),    S.   65,   93,   112,    121,   132, 

144,  194,  246,  248,  250. 
Müller-Hettlingen,  S.  65,  93. 
Mnllenix,  S.  443. 
Münnich.  S.  78. 
Münzer,  S.  181. 

N. 

Nadayde,  S.  570. 

Nagel,  S.  355. 

Nageotte,  S.  48,  53,  93,  225,  200. 

Nansen,  S.  112,  118,  247. 

Neal,  S.  126,  562,  563. 


A  UTOREN-REGISTER. 


XXIX 


Neeff  (de),  S.  258,  2G0. 

Nemiloir,  S.  93. 

Xeumayer,  S.  200. 

NichoUs,   S.    121,    132,  15G,  19G,  247,  248, 

256,  260. 
Nicholson,  S.  93. 
Nicolai,  S.  78,  93. 
Nieuwenhuyse,  S.  260. 
Nissl,  S.  10,  93. 
Nonne,  S.  48. 
Norraan  Clive,  S.  93. 
Norris,  S.  294,  296,  357,  Addendn. 
Nussbaura,  S.  93 

0. 

Obersteiner,  S.  93,  208,  218,  226,  260,  265, 

549,  587,  603. 
Onufrowiez,  S.  193,  •194,  260. 
Oort,  S.  414,  415,  448. 
Oppel,  S.  294,  353,  354,  570. 
Oppenheim,  S.  260,  310. 
Osawa,  S.  567. 
Oudendal,  S.  30,  31,  93. 
Overton,  S.  27. 


Pacetti,  S.  537,  570. 

Pacini,  S.  93,  156,  162. 

Paladine,  S.  48,  93,  225. 

Pansini,  S.  38. 

Papinian,  S.  518,  570. 

Parhon,  S.  517,  518,  570. 

Parker,  S.  93,  109,  110,  111, 120.  246,  247, 

278,    279,  310,  355,  363,   368,  392,  442, 

443  und  Addenda. 
Parsons,  S.  570,  571. 
Pellizi,  S.  42,  44,  93,  94,  352. 
Perlia,  S.  549,  551,  553,  560,  570. 
Perroncito,  S.  40,  94. 
Pesker,  S.  92. 

Petren,  S.  142,  211,  212,  216,  261. 
Pettit,  S.  94. 
Pflüger,  S.  67. 
PfüUer,  S.  369,  445. 
Philippe,  S.  258. 
Philips,  Addenda. 
Piccolomini,  S.  430. 
Piper,  S.  392,  442,  443. 
Pirie,  S.  207,  261. 
Pitres,  S.  257. 
Platt,  S.  272,  451,  452,  454. 
Plaut,  S.  265. 
Plessen  (von),  S.  357,  489,  566. 


Ploschko,  S.  94. 
Polara,  S.  84. 
Ponzio,  S,  94. 
Popper,  S.  186,  261. 
Poulton,  S.  277,  354. 
Prenant,  S.  94. 
Prentis,  S.  94. 
Prevost,  Addenda. 
Probst,  S.  343. 
Purkinje,  S.  12,  16. 

Quincke,  S.  227,  265. 
B. 

Rabinowitz,  S.  357,  489,  566. 

Rabl,  S.  18,  94. 

Raffaele,  S.  94. 

Ramon  y  Cajal,  siehe  Cajal. 

Ramsay  Hunt,  S.  310,  360. 

Ranson,  S.  35,  44,  85,  94,  205,  210,  261. 

Rathery,  S.  25. 

Rauber,  S.  94. 

Rawitz,  S.  277,  354,  516. 

Redlich,  S.  50. 

Rehm,  S.  265. 

Reichert,  S.  38. 

Reiner,  S.  227,  265. 

Reissner,  S.  121,  132,  156,  247. 

Retzius,  S.  5,  9,  10,  11,  16,  21,  33,  34,38, 
45,  54,  90,  94,  95,  102,  103,  105,  113, 
121,  140,  144,  164,  172,  182,  227,  246, 
247,  248,  250,  252,  253,  264,  266,  352, 
353,  354,  366,  373,  379,  385,  393,  421, 
443,  562. 

Reveley,  S.  220,  221,  261. 

Rezzonico,  S.  28,  53. 

Rio  Hortega  (del),  S.  18,  29,  95. 

Ritter,  S.  95. 

Riva,  S.  95. 

Rivers,  S.  210,  258,  261. 

Roaf,  S    27. 

Robin,  S.  47,  48. 

Rogers,  S.  12,  96. 

Rohde,  S.  52,  95,  106,  112,  246. 

Eohon,  S.  138,  140,  145,  146,  151,  162. 

Roller,  S.  519,  587. 

Eollet,  S.  38,  162. 

Romanoff,  S.  570. 

Rosenzweig,  S.  261. 

Rossi,  S.  58,  95. 

Rossolymo,  S.  261. 


XXX 


AUTOKEN-REGISTER. 


Rothert,  S.  95. 

Röthig,  S.  113,  273,  294,  319,  321,  355,  357, 

393,   395,   461,   462,  486,  489,  521.  560, 

562,  566. 
Rothiuann,  S.  308,  359. 
Rullini,  S.  96,  201. 
Rüge,  S.  532,  533,  567,  570. 
Rutz,  S.  433. 
Rijnberk  (van),  S.  127,  140,  194,  200,201, 

248,  250,  261,  263. 


S. 


Sabin,  S.  265,  612,  624. 
Sachs,  S.  38,  162. 
Sala,  S.  154,  309,  417. 
Salusbury,  S.  261. 
Salvy,  S.  265. 
Sanchez,  S.  26,  95. 
Sanders,  S.  461. 

Sandmeyer,  S.  153,  154,  182,251,253,261. 
Sänger,  S.  182. 

Sano,  S.  149,  170,  193,  205,  251,  253,  £61. 
Sargent,  S.  138,  248,  250. 
Savi,  S.  366,  369. 
Schacherl,  S.  248. 
Schäfer,  S.  25,  29. 
Schafter  S.  95,  252,  261,  262,  598. 
Schaper,  S.  2,  52,  95. 
Scheer,  (van  der),  S.  262. 
Schellenberg,  S.  65,  95, 
Schepman,  S.  335,  376,  378,  386,  393,  397, 
402,   404,    408,  411,  417,  421—423,  428. 
Schielferdecker    S.  95. 
Schilling,  S.  .355,  444,  563. 
Schläpfer,  S.  42,  95. 
Schlesinger,  S.  4,  18,  420,  447. 
Schneider,  S.  7,  95. 
Schnitzler,  S.  227,  265. 
Scholl,  S.  262. 
Schoondermark,  S.  262. 
Schottmüller,  S.  265. 
Schreiner,  S.  133,  250,  565. 
Schroeder  van  der  Kolk,  S.  265,  352. 
Schnitze,  S.  95,  368. 
Schuzo-Kure,  S.  570. 
Schwalbe,  S.  570. 
Schwann,  S.  27,  28. 
Schwarz,  S.  270,  357. 
Sclavunos,  S.  251. 
Scott,  S.  23,  24,  95. 
Sedgwick,  S.  52. 
Semen,  S.  2,  4. 


Sfameni,  S.  95,  96. 

Shambaugh,  S.  441,  443. 

Sheldon,  S.  278,  316,  353,  355. 

Sherren,  S.  210,  258. 

Sherrington,   S.   1,    25,   34,  71,  76,  77,  96, 

104,   112,    151,   152,   193,    199,  201,  251. 

259,  262,  278,  291,  314,  360,  553,  571, 
Shimada,  S.  160,  252. 
Shimazono,  S.  253,  408. 
Siemerling,  S.  552,  570. 
Sievers,  S.  433. 
Sihler,  S.  38,  39,  96. 
Simpson,  S.  222,  262. 
Singer,  S.  253,  262. 
Sinn,  S.  446. 
Sjövall,  S.  96. 
Slinger,  S.  262. 
Smallwood,  S.  12,  96,  251. 
Smith  (Horton),  S.  151,  154,  251. 
Smith  (J.  A.),  S.  471. 
Scottas,  S.  256. 
Sparvoli,  S.  172,  254. 
Spielmeyer,  S.  51,  52,  96. 
Spiller,  S.  262. 
Spina,  S.  227,  265. 
Staderini,  S.  309,  312,  359. 
Stahr,  S.  277,  354. 
Stannius,  S.  287,  357,  565. 
Starr,  S.  201,  553. 
Stefanelli,  S.  34,  96,  252. 
Steinach,  S.  151,  154,  251. 
Steinmann,  S.  368,  392. 
Stendell,  S.   103,  109,    137,  246,  382,  391, 

445. 
Stern,  S.  262 
Sterzi,  S.  112,  113,  121,  122,  126,  133,  144, 

145,  156,  42,  166, 182,  227,  247,  248,  250, 

251,  252,  254,  265,  444,  563,  623. 
Stewart,  S.  616,  618,  624. 
Stieda,  S.  248,  254. 
Stilling,  S.  184. 
Stokes,  S.  422,  424,  425,  448. 
Stört,  siehe  v.  Genderen  Stört. 
Strasser,  S.  96. 
Strausz,  S.  168. 
Streeter,  S.    168,   170,   173,   175,  176,  179, 

182,   184,   196,  254,   265,  314,  352,  359, 

548,  570,  613. 
Stricht  (van  der),  S.  15,  17,  245,  und  Ad- 

denda. 
Strong,  S.  294,  314,  357,  361.  445. 
Strongman,  S.  26,  96 
Strümpell,  S.  262. 


AUTOREN-REGISTKK. 


XXXI 


Stiulnicka,   S.    42,  138,  139,  247,  248,  250. 

Stülp,  S.  570. 

Stuurman,    S.    262,    305,    312,    359,    517, 

570,  571. 
Sundwall,  S.  43,  96. 
Suthei-land  Simpson,  S.  220. 
Swainineidam,  S.  156. 


T. 


Tagliani,  S.  138,  250. 

Teding  van  Berkhout,  S.  262. 

Tello,   S.  96,  384,  385,  386,  445,  474.  481. 

Testut,  S.  262. 

Thanhofer,  S.  96. 

Theunissen,  S.  471,  565. 

Thilo,  S.  565. 

Thomas,  S.  256,  308,  359,  417. 

Thompson,  S.  258. 

Thorbui-n,  S.  201. 

Tiesing,  S.  563. 

Tigerstedt,  S.  262. 

Tinel,  S.  262. 

Todd,  S.  520,  524. 

Tos  (Giglio),  S.  362. 

Toyofuku,  S.  536. 

Tozer,  S.  104,  112,  553,  571. 

TretjakolT,  S.  23,  71,  96. 109, 113,  114,  116, 

117,  118,  119,   121,   247,   272,  319,  320, 

356,  360,   372,   374,  444,   457,  459,   461, 

555.  559,  563,  574,  575. 
Trigt  (van),  S.  162,  163,  201,  252. 
Trotter,  S.  262. 
Tsuchida,   S.  500,  547,  548,  549,  551,  552, 

571. 
Tuckerraan,  S.  276,  277,  354,  355.  , 
Tumbelaka,  S.  306,  307,  359. 
Türkheim,  S.  251. 


y. 


Valenciennes,  S.  564. 

Valentin,  S.  45. 

Valkenburg  (van)  S.  212,  262,  320,  322, 
326,  330,  337,  338,  339,  341,  342,  343, 
344,  360,  361,  362,  537,  546,  547,  548,  571. 

Vater,  S.  29,  96. 

Velde,  (van  der)  S.  96. 

Veratti,  S.  30,  96,  448. 

Vermeulen,  S.  184,  262,  263,  304,  312,  511, 
516,  .520,  523,  524,  .525,  526,  547,  554,  571. 

Vernon,  Addenda. 


Versluys,  S.  567. 

Verworn,  S.  96. 

Vetter,  S.  563,  565. 

Vignal,  S.  96. 

Vincenzi,  S.  448. 

Virchow,  S.  47,  48. 

Vitali,  S.  34,  97. 

Vloet,  (van  der)  S.  263. 

Veit,  S.  414,  448. 

Vogt,  C.  S.  564. 

Voorhoeve,  S.  599. 

Vries,  (E.  de)  S.  186,  187,  209. 

Vulpian,  S.  263. 

w, 

Waldeyer,  S.  97,  193,  202.  263. 

Wallenberg,  S.  129,  131,  132,  144,  153, 
181,  182,  216,  248,  251,  296,  297,  311, 
314,  315,  321,  326,  333,  334,  337,  340, 
341,  357,  360,  361,  362,  380,  381,  387, 
390,  395,  412,  413,  444,  445,  446,  474, 
481,  515,  565. 

Walree  (van),  S.  447. 

Walther,  S.  567. 

Waterston,  S.  191,  258,  569. 

Wayenburg  (van),  S.  278,  316,  355,  359. 

Weed,  S.  85,  226,  227,  263,  265,  352,  371, 
612,  624. 

Wegefarth,  S.  85. 

Weigert,  S.  97. 

Weigner,  S.  314,  359. 

Wertheim  Salomonson,  S.  263.  315. 

Westphal,  S.  571. 

Westling,  S.  571. 

Wiedersheim,    S.  353,    301,  445,   565,  566. 

Wiener,  S.  181. 

Wilder,  S.  352. 

Willems,   S.  343,   344,  362,  545,  559,  571. 

Williams,  S.  601,  623. 

Windle,  S.  571. 

Wingate,  S.  520,  524. 

Winkler,  S.  47,  97,  200,  201,208,218,223, 
263,  359,  362,  417,  420,  427,  428,  448, 
und  Addenda. 

Wintrebert,  S.  2,  52,  97. 

Wittmaack,  S.  442,  443,  446. 

Wlassak,  S.  97. 

Wulff.  S.  23,  30,  97,  103,  104,  108,  246. 

Wolfstein,  S.  306,  358,  569. 

Worthington,  S.  319,  356,  370,  444,  463,  .563. 

Wreden,  S.  97. 


XXXII 


AUTOREX-REG  ISTER. 


Wijhe  (van),  S.  100,  101,  lOi,  106,  246, 
271,  272,  318,  357,  360,  450,  451, 
452,  564. 


Yagita,  S.  305,  308,  312,  313,  358,  501, 
502,  517,  525,  536,  538,  539,  558, 
567,  569,  571. 

Yoshi,  S.  442,  443. 

Yoshimura,  S.  97,  GOl,  623. 


z. 


Zanda,  S.  226,  265. 

Zeehandelaar,   S.   165,    176,  215,  216,  252, 

254,  263,  597. 
Ziegler,  S.  265. 

Ziehen,  S.  214,  216,  263,  352,  604,  616,  624. 
Zsigmundy,  S.  52. 
Zwaarderaaker,  S.  315,  355,  360,  448. 


DIE  VERGLEICHENDE  ANATOMIE 

DES  NERVENSYSTEMS  DER  WIRBELTIERE 

UNO  DES  MENSCHEN 


VON 


D^  C.  U.  ARIENS  KAPPERS 

Direktor  des  holländ.  Zentral-Institutes  f.  Hirnforschung,  Amsterdam 


I.    ABSCHNITT: 

Die  histologischen  Elemente  und  deren  Anordnung;  Vergleichende 
Anatomie  des  Rückenmarkes  und  der  Medulla  Oblongata 


MIT  326   FIGUREN   IM  TEXT  UND  3   FARBIGEN  TAFELN 


HAARLEM 

DE    ERVEN    F.    BOHN 

1920 


VERLAG  VON  DE  ERVEN  F.  BOHN,  HAARLEM 

BOLK,  Prof.  Dr.  LOUIS,  Das  Cerebellum  der  Säugetiere.  Eine  vergleichend 
anatomische  Untersuchung.  Mit  3  Tafehi  und  183  Textfiguren.  /  10. — 

BÜCK,  Dr.  D.  de,  Traite  de  therapeutique  physiologique,  2'"''  ed.  Kevue 
et  augmentee .'..../    4.40 

BUNING,  Dr.  E.  J.,  Die  Diphtheriekrankheit,  das  Wesen,  die  Ursache 
und  die  Behandlung  mit  Heilserum.  Eine  Kritik /    1. — 

DROOGLEEVER  FORTUYN,  Dr.  /E.  B.,  Vergleichende  Anatomie  des 
Nervensystems.  Erster  Teil:  Die  Leitungsbahnen  im  Nervensystem 
der  wirbellosen  Tiere.  Mit  116  Abbildungen  im  Tekst.     .    /  12.50 

FOCK,  Doctor  L.  C.  E,  E.,  Versuch  einer  rationellen  Behandlung  des 
Kropfs  (Struma).  Mit  14  Abbildungen  im  Text /    0.60 

FOLIA  NEURO-BIOLOGICA,  internationales  Zentralorgan  für  die  gesamte 
Biologie  des  Nervensystems,  herausgegeben  von  Dr.  C.  U.  Ariens  Kap- 
pers und  Prof.  Dr.  G.  van  Rijnberk.  Jedes  Heft  wird  einzeln  berechnet. 

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Costa  et  C.  Winkler,  professeurs  ä  la  facult§  de  m6decine  d'Am- 
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nerveux.  185  gi-avures /  13. — 

Der  2.  Band  erscheint  im  Laufe  dieses  Jahre. 


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