Skip to main content

Full text of "Versuch einer geordneten Theorie der Tonsetzkunst zum Selbstunterricht"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http: //books. google .com/l 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. 



Versuch 



einer geordneten 



Theorie der Tonsetzkunst 



zum Selbstunterricht 



von 



^u OB^ottfrielr Wit^tt^ 



Zweite 



durchaus umgearbeitete A ufl ag e. 



IHr^ter BattH 

mit Notentafeln 1 bis 10. 



Mainz 
in der Hofmusikhandlun^^ von B. Schotts Sehnen 

18 2 4. 



Seiner 



Königlichen Hoheit 



% u ti e kn i g 



GrossKerzog von Hessen und bei Rhein 



etc« etc. etc. 



seinem allergnädigsten Fürsten 



1 ° 



unbegrenzter Verehrung 

für den 

Regenten , Menschen und Kunst gelehrten 



llerunterth anlest 



g 



g e tr I tl in e t 



vom Verfaster, 



.»u- 






?V5U 



1^ r ID r t 

zur zweiten Auflage« 

Indem ich diese zweite Auflage dem Publi- 
kum übergebe, habe ich demselben vor Al- 
lem manche bisherige Zögi?rung abzubitten* 

Der, zuerst am Anfange des Jahres 1817 
erschienene erste Band war im Buchhandel 
schon vergriffen, als im Jahr 1821 der dritte 
erschien. Ein, im folgenden Jahre veranstal« 
teter, im Wesentlichen unveränderter Wie- 
derabdruck des ersten Bandes befriedigte die 
fortwährende Nachfrage nur kurze Zeit, zu- 
mal auch der zweite schon selten geworden 
war, so dass das Ganze dermal schon seit 
geraumer Zeit nicht mehr zu haben gewe- 
sen, und die gegenwärtige Auflage .^billij^ 
um einige Jahre früher jhätte erwartet 
werden dürfen. 



II _ Vorwort 

Zu meiner Entschuldigung sei Folgendes 
gesagt. 

Da, wo der Staatsdienst, mit seinen un- 
bedingten Pflichten, die Geistesthätigkeitdes 
Beamten -während des grüssten und besten 
Theiles seiner Lebensstunden in Anspruch 
nimmt, da fallen ihm wohl Augenblicke der 
Erholung und Ruhe, nicht aber gute 
Stunden zu kräftiger kunstwissenschaftlicher 
Thätigkelt aus; und wenn es wahr ist, dass 
zum "Erzeugen eii;ies Kunstwerkes, und so 
auch eines Werkes über Kunst , grade nur 
die besten und geisteskräftigsten Au* 
gen blicke des Leben« gehören, — wenn 
der Ausspruch unsers Göthe wahr ist, dass es 
ein fruchtloses, ja thörichtes Unternehmen 
sei, ein Kunstwerk in kärglich abge- 
darbten Nebenstunden erzeugen zu wol- 
len, «^ so habe ich vielleicht weniger die 
manchfache Vejcspätung meiner Schrift zu ent- 
schuldigen, als noch viel mehr deren unver- 
hältnismäs^iges^ Zurückbleiben hinter dexpf 
was sie, unter anderen, der Kunst minder un- 



zur zweiten Aufla|je. III 

günstigen Umständen, vielleicht hätte wer- 
den, können. 

Was indessen unter den erwähnten Ver* 
hältnissen irgend thunlich war, habe ich für 
die gegenwärtige zweite Auflage redlich gethan; 
und in welchem Grade sie eine durchaus 
umgearbeitete ist, ja dass, im Yerglei» 
che gegen sie, die erste gleichsam gai^z un-» 
brauchbar erscheint , wird man schon aiif 
den ersten Durchblick leicht erkennen. 

Möge, um dieser meiner Bemühungen 
willen, das Publikum mir die mehrfältigen 
UnvoUkommenheiten verzeihen, mit welchen 
ich ihm jene erste Auflage vorzulegen gewagt 
hatte, und welche hauptsächlich daher rühr» 
ten, dass ich, ursprünglich nicht daran den* 
kend, jemal eine Theorie drucken zu lassen, 
und gänzlich unerwartet von den flerrn Ver- 
legern dazu aufgefodert und beeilt, mich 
entschliessen musste, ein höchst unvollstän- 
diges, gross ten theils nur aphorLstisches, noch 
nicht einmal zu Einem Bande hinreichendes 



IV Vorwort zur zweiten Auflage. 

Manuskript der Presse *zu übergeben, und 
die folgenden Manuskriptblälter meist aus 
der Feder weg, und noch so recht ungeho- 
belt, in die Druckerei wandern zu lassen. 

Um desto grösser i^t denn auc,h in die- 
ser Hinsicht meine Verpflichtung, den ver*- 
schiedenen Tiezensventen der ersten Auflage, 
und unter diesen vornehmlich dem Herrn 
Professor Maass, für die Aufmerksamkeit 
und verständige' Genauigkeit zu danken, deren 
sie ein^ noch so gar roh und nachlässig 
hingeworfenes Werk so ehrenvoll gewidmet; 
ganz vorzüglich aber für die mitunter erho- 
benen Zweifel und Einwendungen, von wel- 
chen gewiss auch nicht Eine von mir unbe« 
achtet und unerwogen blieben, und auch 
selbst die geringfügigeren mir willkommne 
Veranlassung geworden sind, meine Ansich- 
ten neuerdings durchzudenken, und entwe* 
der näher zu begründen^ oder noch leicht- 
verständlicher auszudrücken. 



••-■ 



zum ersten, und dritten Bunde 

V 

der ersten Auflage. 

In der Kunst eilet die Ausübung stets der 
Theorie voran, und diese, sich nur allmälig 
an den Erzeugnissen der erstereu heranbil- 
dend ^ bleibt so lange hinter ihr zurück, als 
die Kunst selber noch nicht stille steht, son- 
dern zu immel* höherer Vollendung fortschrei- 
tet« Das alles ist gegründet in der Natur und 
Entwickelungsgeschichle einer jeden Kunst. 
Ausser allem Verhältnis aber ist, in der unsri- 
gen, der Vorsprung der, seit einigen Jahr- 
zehehten zu so herrlicher Ausbilaung ein* 
porgesliegenen praktischen Tondichtung , vor 
der noch so rohen Kompositionslehre. Wer 
dies letztere Urtheil zu streng -findet, der 
frage nur die Unzahl derjenigen, so es noch 
täglich erfolglos versiiclien, aus uni^ern bi« 
jetzo vorhandenen Lehrbüchern der Kompo- 
sition, oder gar aus leidigen Generalbassschu- 
len, Licht zu schöpfen! 

Je unbebauter nun dieses Feld unserer 
Literatur noch immer da liegt, je dringen- 
der das Verlangen nach Belehrung über die 
Grundsätze der Harmonielehre sich hören 
lässt, je allgemeiner es sich, unter allen wei- 
ter strebenden Tortkünstlern und Tonkimst- 
freunden verbreitet, die ni^ht blos mechani« 



VI Aus den Vorreden 

sehe Ausüber t oder nur oberflächlich genies- 
sende Dilettanten sein wollen *) f desto mehr 



♦) Es gereicht in der That dem Kunstsinn un- 
serer Zeit zur Ehre, dass jetzt so viele bes- 
sere Musiker und Dilettanten j auch ohne gra- 
de komponiren zu wollen, doch den lebhaf- 
ten Wunsch hegen, die Grundsätze kennen 
zu lernen, nach welchen Töne zu Harmo- 
nieen und IMelodieen verbunden werden • 
und deren Kenntnis sie in Stand setze, sich 
von dem Wolilklingen oder Missklingen die- 
ser oder jener Tonverbindung, von der Schön- 
heit oder Schlechtheit dieses oder jenes mu« 
sikalischen Satzes oder Tonstückes, Rechen- 
schaft geben zu können. > 
Es ist solches Streben an sich sehr lobens- 
werth, und erfreulich fUr die Kunst; nur 
aber pflegen die besagten VVissbe^ierigen es 
in dem Stücke zu verfelilen, dass sie mei- 
nen, dieser beschränkte Zweck lasse sich auf 
einem gar so kurzen Wege erreichen, und dass 
sie denn , von* diesem Wahne verfülirt , be- 
gierig überall nach den kürzesten Lehr- 
büchern greifen, welche jeder Büchermarkt 
ihnen (unter dem Namen von Elementar- 
büchern, Harmonielehren, oder gar 
Generalbassschulen, und wie die Aus- 
hängschilde alle heissen — ) in so grosser 
Menge darbietet, und deren Menge und ge- 
ringe Bogenzahl freilich den Unkundigen in 
dem Glauben bestärkt, es könne auf so weni- 

f;en Bogen das Wesentliche aer Sache ordent- 
ich in nuce beigebracht werden, gleichsam 
in einer Nuss« welche grade das enthalte, 
was Wissbegierigen der bezeichneten Art zu 
wissen Noth thue. 

Icu bin auf das lebhafteste überzeugt, dass 
diejenigen, welche auf solchem We^e ihr 
Ziel zu eiTeiohen gedenken^, den un- 



zur ersten Auflage. YII 



'ö 



ist es Pflicht eines jf^eiif die v^erpachlässigte 
Theorie ihrer Ausbildung so viel . näher brin- 



rechten ffewählt haben y welcher also auch 
unmöglich der gewünschte hiirzere sein kann. 

In d'er Kürze,, deren solclie Lehrbücher 
sich rühmen, ist es , meiner innigsten Ueber* 
zeugiing nach> nicht möglich, etwas, je- 
nem Zweck Entsprechendes zu liefern. 

Wolü lässt sich, von dem Inhalte einer 
systematischen Wissenschaft , mit wenigen 
Worten eine gedrängte Uebersicht geben, 
und der Geist ihres Ganzen sich in scharfen, 
gedrängten Umrissen, mit wenigen Meister- 
zügen, in wissenschaftlich gedrängter Gelehr- 
tensprache, den Kundigen .und Einge- 
weihten der Wissen Schaft darstellen und 
aussprechen. Allein solche, in bündiger, 
gelehrter Kürze gezeichnete Umnssc sind na- 
türlich nur für die Eingeweihten zugäng- 
lich, indess es wahrhaft lächerlich wäre, 
wenn ein der Sache selbst noch Unkundiger 
vermeinte , aus einer solchen , nur den Ein- 
geweihten verständlichen Uebersicht, das ihm 
dienliche Wesentlichste der Wissenschall selbst 
zuerst erlernen zu können! 

Aber die belobten kurzen Lehrbücher sind 
auch nicht einmal solche, die Wesenheit der 
Sache im Ganzen , mittels gelehrter Bündigkeit 
der Conception zusammengedrängt umfassen- 
de Abrisse für Kimdige; sondern im Gesen- 
theil — ) und dies ist eben d^ts Unheil f — 
im Gegentheil werden sie grade den Unkun- 
digen geboten, und rühmen sich der Fass- 
lichkeit und Verständlichkeit für diese. — Wie 
aber in solch er Kürze eine leicht vertsänd- 
liche Uebersicht der Wesenheit der, Harmonie- 
lehre zu*geben möglich sei? bleibe mir, nach 
vorstehenden Betrachtungen f unbegreiflich. 
Bedarf man denn nicht ohne Vergleich mehr 



Tin Aus den Vorreden 

gen zu helfen, ak er, nach seinen Kräften, 
diesem irermag. 



Worte , um {einem Unkundigen verstandlich 
zu werden. Ms um sich einem Gelehrten 
mitzutheilen ? — und w.o finden daher solche 
Autoren Kaum, auf so wenigen Bogen, (neben 
so manchem Unnützen, ) eine selbst fiir Layen 
verständliche und zweckmässig beleln*endeDar- 
stellung der Wesenheit der Lehre zu gehen? 
— Offenbar bleibt Schriften dieser Art, wol- 
len sie nun ciiinial durcliaus so gar kurz sein, 
nichts andere» iibr ig, als: entweder das Ganze 
der Sache nicht sowohl bündig gedriUigt, son- 
dern vielmehr o b e r f 1 ii c !i 1 !|C h zu behandeln, 
und äoniit Etwas zugeben was freilich wohl 
gut zu verstehen , aber auch an sich selber 
Slchts ist, und woran der Leser Nichts 
hat, öder oft auch etwas Schlimmeres als 
Nichts, etwas wenij:er als Ilnlbwahres, wo 
nicht gar durch und durch Unwalires , ( wie 
ich z. B. im 1. Bd. S, 227, 2.il 11^.; 254 tt^^'r;;'^ 
261%.,— 2.pd.S. I6flg., 102 flg., 148 flg., 
IVJfligf*. , ^WJ-Sll,— 3. Bd. S.li.flgg., 21 
flgg., 25 flg., 30 flg.; 151 fl^^g^, 135» 153 
flgg., ~ 4. Bd. S. 12'flg., I6flg^, 2Öflg., 56 
flS-» 62 flg., 69, "^3 flgg., 126> und noch an vie- 
len anderen Orten nachgewiesen), — oder aber 
einige einzelne Lehren mit einiger Ausführ- 
lichkeit zu behandeln, die anderen aber — 
eben zu übergehen ; wo dann der Leser auch 
wieder Nichts, oder wenigstens immer nur 
etwas aus dem Zusammenhange des Ganzen 
Gerissenes, Unganzes , ein lückenhaftes We- 
sen , und also immer das niclit hat , was er 
verlangt, keinen Begriff von dem Wesen der 
Sache int Ganzen. — 

Nach diesen Betrachtungen ist es, dünkt 
mich, augenscheinlich, dass diejenigen, die 
da meinen^, aus Büchlein der ervvaliutea Art 



zur ersten Auflage. IX 

Ob und in welchem Mase ich dieses ver- 
mögt ^ in wie weit mein Versuch in der Aus- 



sich einen Begriff von der Wesenheit der 
Sache erwerben zu können , auf sehr irrif 
gen und also gewisslich nicht bequem zum 
Ziele führenden 'Wegen wandeln. 

Aus eben diesem Gesichtspunkte betrach- 
test wilr es denn auch wohl selir verkehrt , 
wenn man meine vorliegende Theorie all- 
zu ausführlich für A nflin ger finden 
wollte. Denn grade daru m, weil ich nicht 
'den Kundigen allein, sondern au oh 
noch g a n z IJ n k u n d i g e n v e r s t U u d 1 i c h 
und zugjinglicli sein wollte, gri<dc 
nur dariim musste ich an manchen Giften 
ausführlicher sein, grade darum so Man- 
ches , was ich , liiitt' ich allein für Ge- 
lehrte zu schreiben gehabt, entweder Ali 
bekannt voraussetzen, oder nur mit 4^inem 
Worte hätte andeuten dürfen, hier ausführ- 
lich und vollständig erkliiren , ohne irgend 
etwa« übergehen zu dürftm , was zum leich- 
ten VersLiUidniss und zur einleuchtenderen 
Begründung des Folgenden nöthig oder nütz- 
lich war. Dies die Ursache warum icli 
überzeugt war, nicht kürzer, und vielmehr 
gewünscht hliite , noch viel ausführlichi'.r, 
und dadurch immer noch klarer, verstlindli- 
cher und fasslicher sein zu dürfen : — (und 
eben darum bin ich überzeugt, dass mir die 
Bearbeitung des schon früher einmal versjiro- 
cheuen gedrängteren Auszuges meiner Theo- 
rie mehr Kopfbrecheus kosten wird , als 
vielleicht die Conception des ganzen Haupt- 
werkes gekostet. — Vorder Hand ist in der ge- 
genwartigen Auflage durch Verschiedenheit 
des Druckes ein igermasen angedeutet, wasAn- 
flUiger, beim erstmaligen Durchlesen, allen- 



X Aus deu Vorreden 

arbeitung mir gelungen seif darüber bin ich 
weit entiernti mir liier ein Selbsturtheil uach 



falls überschlagen, oder nur flüchtig durch- 
laufen können. ) 

Vollends verkehrt ist die ^Meinung, welche 
ich wenif^stens Einmal schon äussern hörte : 
dass meine Theorie ]\I a u c h e s voraus- 
setze, was mau , vor Lesung derselben , 
sich erst aus einem anderen, etwa aus so 
einem E lernen Ui rhu che wie die vorerwähn- 
ten , bekannt machen müsse. Schon der 
flüchtigste Durchblick meines ersten Bandes, 
und namentlich der §§ I bis C, zeigt, flass 
hier überall Nichts vorausgesetzt wird ; und 
man erzeigt mir daher eine viel zu liohe 
Ehre, wenn man mein Buca , als etwas Hö- 
heres, auf ein anderes Werk pfropfen will, 
eine Ehre welche ich mir um so mehr ver- 
bitten muss , indem der Leser gar Manches, 
was er aus einem jener Elementarbücher ge- 
lernt , bei Lesung meiner Theorie erst wie- 
der würde verlernen müssen. 

Was endlich den, der ;regen wartigen Schrift 
vorangesetzten Titel , Theorie der Ton- 
setzkunst, betrifft, so \^ürde man gar 
sehr irren, wollte man sich dadurch zur 
Meinung verleiten lassen, als sei dies Bucli 
mehr für diejenigen bestimmt, welche sich 
der Komposition wirklich widmen vvollen, 
als für die, welche blos den beschrankteren 
Zweck haben, sich von den Grundsätzen zu 
unterriciiten. — Es ist wohl einleuchtend, 
dass für beiderlei Absicht wenigstens die in 
den vorliegenden vier Bandchen enthaltene 
Lelu^e vom reinen Satze, als Grammatik der 
Tonsprache , gleich unentbehrlicli ist, und 
wahrlich ! selbst wenn ich die Absicht ge- 
habt hLltte^ ausschliesslich für nicht compo- 
niren wollende Wissbegierige zu schreiben, 



Z-ur ersten A^fla",«. XI 



'O 



Vorredner-Weise anzumaßen« — Wohl aber 
glaube ich, was meine Behandlungsart des 
Gegenstandes betrifft, ungeachtet sie von aU 
len Darstellungsarten und Systemen, welche, 
mir vorangegangene, berühmte, oder un be- 
rühmte Theoristen angestellt haben. Nichts 
entlehnt, sondern mir durchaus eigen ist, 
doch darum nicht weniger, mit aller, der 
Wahrheit schuldigen Unbefangenheit und 
Furchtlosigkeit, offen bekennen zu müssen, 
dass ich diese Behandlungsart für die 
einzige zweckmässige und der Natur des Ge- 
genstandes angemessene halte, und für die 



ich hätte nicht anders als so zu schreiben 
gewiisst, — Ja, ich mö^^te sogar sa^en, mei- 
ne, so wie überhaupt alle Theori« jeder 
schönen Kunst, sei im Grunde weit mehr fUr 
dieje.nigen bestimmt, weiche, oiuie auf den 
Besitz der eigenilichcn poetischen Ader, auf 
schaffeuden Genius Anspruch zu machen , 
nur verstehen, urtheilen und einsehen lernen 
wollen, als ftir die eigentlich Begabten und 
zum Schaffen und Erzeugen Berufenen, in- 
dem diese der theoretischen Beschulung gra- 
de weit weniger bedürfen, als jene, und die 
Theorie von ihnen weit mciir zu lernen hat, 
als sie von ihr. Denn wie sehr ich auch 
in der Welt nun einmal ein „Theoretl- 
ker^< heisse , so ist doch Niemand lebhafter 
als ich von der Wahrheit durchdrungen, 
welche unser Jean Paul, ich weiss nicht 
mehr an welchem Orte, und nicht mehr ge- 
nau mit welchen Worten , ungefilhr folgen- 
dermasen, aber gewiss viel schöner, aus- 
spricht: Ihr lieben Leute! habet 
doch nur ]a vor Allem erstaunlich 
viel Genie: das Weitere findet sich* 



Xll Aus dMii Vorreden 

einzig geeignete, imi den unklaren Nimbus 
zu beseitigen, welcher, nicht sowohl aus den 
eigenthümlichen Schwierigkeiten des Gegen- 
standes, als aus der Beschränktheit der bis- 
herigen Darstellungsarten entspringend, dem 
Kunstjünger den Zutritt in das innere Wesen 
seiner Kunst so sehr zu erschweren pflegt. 

Es ist, auf der einen Seite, dieses eben 
so wenig eitler Dünkel, als es, .auf der an- 
dern, blos herkömmliche vorrednerische Be- 
scheidenheit ist, wenn ich erkenne, dass in 
der Ausarbeitung meines Planes gar Manches 
noch unvollkommen , ja unerschöpft geblie- 
ben ist; eine notliwendi^e Folge der Uner- 
messlichkeit des, noch nie nach erschöpfen- 
dem Plane bearbeiteten Feldes, dessen ganzer 
Umfang, (also auch seine bis jetzt übersehe- 
nen, und darum unbebaut gebliebenen Stre- 
cken) übrigens eben durch meine Darstellung 
erst überschaulich werden, und dessen ü b er- 
reichen Boden vollständig zu bebauen, 
mehr als £in JVlenschenaller, mehr als Eines 
Menschen bedungene Kräfte, und — Folian- 
ten erfordern würde. Darum also mit der 
tiefsten und gerechtesten Ueberzeugimg, dass 
die Ausarbeitung meines Versuches unmöglich 
vollkommen, oder auch nur vollendet sein 
könne, bitte ich angelegentlich um die Mit- 
wirkung aller jeinsichtigen Freunde der Kunst, 
und d^nke im voraus für jedes gewichtige 
Urtheil, für jede Berichtigung und Vervoll- 
ständigung meiner Lehre» In welchem, zar- 
ten? oder rauhen Gewände sie ai;ch, öffent- 
lich, oder in l^ivatzuschrifi^ erscheinen mö- 



zur ersten Auflage. ^XllI 

fien: iinnifr werrleii 5ie mir, als Gewinn für 
die Kunstlehre, und als Belehrung für mich, 
höchlichst willkommen sein. 

Worin übr'ojen^ die Eigen thümliclikelt 
meiner Behandlung besteht, soll und kann 
^icr nicht mit wenigen Worten angegeben, 
sondern muss aus dem Uuche selber entnom- 
men werden, in des?^en Verlauf auch die Grün- 
de meiner Ansichien, an betreffenden Stellen 
geprüft, und so weit entwickelt sind, als 
dies an dem Orte, wo es geschah, schon 
mÜL'lich war. 

Nur dies finde ich nöthig, hier noch be- 
sonders zu erinnern, da ss mein Versuch 
einer geordneten Theorie keineswegs., 
wie Manche gemeint, ein System im phi- 
losophisch- wissenschaftlichen Sinne des Wor- 
tes sein soll; keineswegs ein Inbegriff von 
Wahrheiten, sänimtlich aus Einem obersten 
Grundsätze logisch folgerecht abgeleitet. Im 
Gegeniheil ist ja grade dies ein Grundzug 
meiner Ansicht, dass unsere Kunst sich 
keineswegs,- oder wenigstens bis jetzo noch 
nicht, zu solcher systematischen Begrün- 
dung eignet. Noch immer besteht das wenige 
Wahre, was wir im Gebiete der Tonsetzknnst 
"wissen, blos in Erfahrungen und Beob- 
achtungen vom Wohlkiingen oder Miss- 
klingen dieser und jener Zusammenstellun- 
gen von Tönen. ^ Diese Erfahruijgssätze aber 
folgerecht aus Einem obersten Grundsatz ab- 
a^uleiten und zu einer philosophischen Wis- 
senschaft^ zu einem Systeme zu gestalten, 



XIV Aus den Vorretleu 

konnle, wie ich im Verlaufe des Bnchev«? 
nachzuweisen nur allzuoft Gelegenheit *fand, 
bis jetzo nur sehr missliogen; und' augen- 
scheinlich genug zeigt .sich überall, dass die 
bisherigen Theoristen , statt erst die einzel- 
nen Phänomene vom Wohl-, oder Missklingen 
dieser oder jener Zusammenstellung von Tö- 
nen, möglichst vollständig zu durchforschen, 
imd. dann allenfalls den Bau eines Syste- 
mes zu ver.^'Uchen, sehr übereilt und vorzeitig, 
gleich den Bau anliengen, ihn durch die im- 
ponirende Form mathemalischer Begründung 
aufstutzten, und — - wenn ihnen dann, natürli- 
cher und noth wendiger Weise, eine Menge 
von Phänomenen aufstösst, welche in das 
vorlaut aufgestellte System nicht passen und 
es widerlegen, dieselben lieber unter der Ka- 
thegorie von Ausnahmen, Freiheiten, Lizen- 
zen, Ellipsen und Katachresen, bei Seite zu 
bringen suchen, als sich dadurch aus dem 
seligen Traumjglauben an ihr Harmonie- 
system wecken lassen. — Die gegenwärtige 
Schrift macht nur allein auf das Verdienst 
Anspruch, jene Erfahrungssätze durch genaue- 
re Forschung zu sichten , durch eigne Beob- 
achtungen' zu vermehren, dann das Aehnli- 
che und anscheinend Zusammengehörige zu- 
sammen zu ^tellell, in Verbindung zu setzen, 
und solchergestalt das Gegebene nach einem 
möglichst verständigen Plane, also nicht in. 
der Gestalt streng systematischer Begründung 
und Ableitung, sondern nur möglichst ge- 
ordnet vorzutragen, als Versuch einer ge- 
ordneten Theorie, vor welche ich eben- 
darum nicht den Titel System der Har- 
monie, als trügendes Schild aushängen mogte» 



zur ersten Aufl.age. XV 

Ich will hier anrli GelegenliPit nehmen, 
meine Leser zu hitten, doch ja keine Eiiel- 
keit oder Anmasnng darin zu ünden , dass 
ich so oft Beispiele aus meinen eignen 
Kompositionen anführe^ Es geschieht 
einzig darum, -weil diese meinem Gedächt- 
nis eben nah liegen, und mir daher am leich- 
testen beifallen, wenn ich mich auf ein Bei- 
spiel zu Verdeutlichung irgend ein^s Satzes 
besinne. Auch stehen sie ja, wie gesagt, nur 
als erläuternde Beispiele hier, nicht als 
Muster; und überhaupt, wenn es mir er- 
laubt seih muss, zu jedem Satze ein zu des- 
sen Erläuterung passendes Exempel eigens 
zu verfertigen , warum sollte ich nicht statt 
desseii eben so gut Exempel gebrauchen, die 
ich schon früher gemacht hatte, wenn sie 
nur zur Erläuterung passend sind« 



Der dreijährige Zwischenraum vom ersten 
Erscheinen des zweiten Bandes bis zum Her- 
vortreten des dritten, (1818 bis 1821) war 
1^"& g^""g gewesen, um vielleicht Manchen 
an mir irre werden zu lassen. Manchem ^war 
sie auch ein erwünschter Anlass, dem Publi- 
kum von meiner Theorie, als von einem 
„unvollendet gebliebenen Werke", zu 
sprechen. 

Sogar haben sich in jener Zwischenzeit 
Schriftsteller gefunden, welche, gleichsam 
um für meine Schuld bei dem Publikum ein- 
zustehen, demselben andere Lehrbücher in 
jdie Hände geben , worin sie meine Theorie 



XVI i\us Jtfii Vorrede a 

aufstellen, so weit sie durch die zwei ersten 
Bände und durch ein in der Wiener Musikal. 
Ztg. vorläufig abgedrucktes Bruchstück des drit- 
ten, damal bekannt geworden war, und das 
Uebrige so gut es gehen will, hinzufügen, aus- 
bauen, und so dem Publikum auf Einmal ein 
Ganzes liefern; — und zwar ein Ganzes, welches, 
nebst der gesammten Grammatik, auch gleich 
den doppelten Contrapunkt, Fuge, Instru- 
mentation, ja, wenn gleich nur Elementarbü- 
cher^ doch auch gleich die verschiedenen musika- 
lischen Style, den grossen — , den romantischen 
Opernslyl, den Kirchen-, Kammer-, Ballet-, 
Militär-, und Tanz - Musikstyl , das Präludi- 
ren, Phantasiren, u, dgl. m. in wenigen Druck- 
bogen umfasst. — 

Es sind diese Werke folgende: 

Versuch einer kurzen und deutlicheu DarstelUiig der Harmo- 
nielehre oder kleine Geueralbassschule für Anfänger und 
2um Selbstunterricht) von Joh, Gottlob AVer n er. 
Erslc Abtheihmr. Cnrsus IL des Lehrbuchs zum ünter- 
riclit im Klavier.splelent Leipzig, im Verlag von Fr, Hof- 
meister, I8lb, 91 Seiten. 

Versuch einer kurzen und deutlichen Darstellung der Harmo- 
nielehre , od^T Anweisung , richtige Harmoniefolgen und 
kleine Musiksätze zu erfinden , für Anfänger , und zuiu 
Selbstunterricht, von Joh. Gottlob Werner. Zweite 
Abtheilung. Cursus lU. des Lehrbuchs , zum Unterricht 
im Kiavierspielen. Leipzig» im Verlag ton Friedrich Hof- 
meister. 1819. 116 Seiten. 

Elementarbuch der Harmonie und Tonsetzkunst. Ein Leit- 
faden beim Unterricht und Hülfibuch zum Selbftstudium 
der musicalischeii Composition, von F r i e d r i chSch n ei- 
der, Mu^ikdirector und Organist in Leipzig, Eigenthum 
des Verlegers. Leipzig, im Bureau de JVlusique^ von C« 
F. feters, 112 Seiten. Pr. 2 Rtiilr. 12 gr. " 



zur ersten Auflaire. XVII 



'O 



Wie schmeichelhaft solche Anerkennung 
einer Theorie ihrem Urheber, wie j|ingenehm 
es ihm immer sein mag , dieselbe auch aus- 
zugweis verbreitet zu sehen, zumal wenn 
dies alles von einem so vorzüglichen Com* 
posit^ur, wie Hr. Mus, Dir. Fr. Schneider, 
geschieht, so muss ich doch gestehen, dass 
ich/ beim Anblick der genannten Schriften^ 
nicht wusste, ob ich mich darüber mehr 
freuen, oder mehr betrüben sollte: theils 
darum> weil ich wünschen musste, man hätte, 
statt so voreiligen Halbgebrauchs meiner Theo- 
rie, doch lieber erst den dritten Band abgewar- 
tet , — theils auch darum, weil ich mir vor- 
behalte, einen elementarischen Auszug meines 
Buches einmal selbst zu bearbeiten. 

Um aber meine obige Aeusserung, dass die 
erwähnten Schriften meine Theorie aus-- 
zugweis enthalten, nicht als unbegrün- 
dete Behauptung ^dastehen zu lassen, bin ich 
freilich einige Nachwejsung darüber schul- 
dig. — Diese ist jedoch nur gar zu leicht« 

Ich stelle zu diesem Ende fürs Erste »ei- 
nige Stellen aus Hrn. Werners Generalbass- 
schuie, zur Vergleichung mit den entspre« 
chenden Stellen meiner Theorie, nebeneinan- 
der (versteht sich, letztere nach dem ersten 
Drucke der ersten Auflage.) 

Theor, i.Aufl. i.Bd. 5.58, 59. PVerner^ L Abth. Seite 8. 

Von einer grofiea oder Die Prime ist an und fiir 

kleinen Prime kinn eigentlich sich eigentlich kein IntervaU, 

keine Rede sein, weil die sie kann daher weder gross 

Prims eigentliok kein Inter« noch klein se/n. Indessen 

Vail ist. — — ^ Indtssen kom» kommt doch bitwailtA diie 

I. Band« 



xvni 



Aus, den Vorreden 



men doch xuweilen die Aus- 
drücke rerminderte und über- 
mässige Prime Tor, wenn 

nämlich von zwei auf einer 
und derselben Notenstufe> ste* 
henden Noten die eine durch 
^n Versetzungszeichen gegen 
die andere um ein chroniati^ 
sches Intervall eine halbe 
Stafe erhöht oder vertieft ist. 
Iv^ Gegensatz einer solchen 
verminderten oder iibermässi- 
gen' Prime ) nennt man zwei 
Töne die nicht nur auf einer- 
lei Notenstnfe stehen, son- 
dern auch ganz gleich hoch 
sind , — reine Prime > Ein- 
klang , unisonus« 



Benennung : verminderte oder 
übermässige Prime, vor ; näm- 
lich wenn von zweien auf 
einer Stufe stehenden Noten 
die eine durch $ erhobt oder 
durch \} vertieft wird, so dass 
ein kleiner halber Ton (c, 
eis, oder d, des) oder ein 
chromatiscbes Intervall ent- 
steht. Zum Unterschied sol- 
cher verminderten oder über- 
mässigen Primen nennt man 
deshaiJ) zwei Töne , die auf 
einerlei Noteuslufe stehen, 
und von ganz gleicher Ton- 
höhe , weder erhöht noch 
vertieft: sind, die reine Pri- 
me, £inklaug,^unisonus« 



Theorie, 1. Bd, Seite 128* 

Die Zahl aller möglichen 
gleichzeitigen Zusammenklän- 
ge mehrer Töne ist eigentlich 
-unzählbar , und war unüber- 
sehbar, fände sich nicht, dass 
viele derselben melir oder 
weniger Wesentliche Merkma- 
le mit einander gemein ha- 
ben. Diese ordnet man denn 
zusammen in Klassen , und 
betraciitet die verschiednen 
unter eine Klasse gebrachten 
einzelnen Fälle als eben so 
viele Unter- oder Spiel- Arten. 

iteoiie, 1. Bd. Seite 15S. 

Ausserdem rathe ich jedem 
noch nicht vollkommen Ge- 
übten, dass er sich auch 
darin übe , jeden der sieben 
Grundakkorde auf irgend ei- 
ner Note (gleichviel, auf wel- 
cher) mit der Singstimrae, 
oder war es auch nur pfeifend, 
zu intoniren. — Seite 139. 
Zu gleichem Zweck empfehle 
ieli auch , sioJi von einem 
Andern bald diesen bald je- 
nen Akkord auf einem In- 
strument anschlagen zu lassen, 
ohne dem Spieler auf die 
Finger zu sehen. 



PVerner, I. j4bth, Seite 12. 

£s giebt zwar eine grosse 
Menge mÖgliclier Akkorde , 
sie lassen sich aber , weil sie 
mehr oder weniger Aehnlich- 
keit untereinander, und meh- 
rere wesentliche Kennzeichen 
mit einander gemein haben, 
auf wenige Hauptklassen mit 
ihren Unrer- oder Nebenklas« 
sen zurückiiihren. 



Werner^ I. Ahth. Seite 16. 

Von ungemeinem Vortheil 
ist es auch , wenn m^" die 
Akkorde, so wie die Töne 
überhaupt, nach dem Gehör 
zu unterscheiden, und selbst 
in Gedanken anzugeben weiss. 
Man lernt dieses, wenn man 
singend oder pfeifend zu ei- 
nem Grundton die Terz und 
Quinte anzugeben zieh übt, 
oder wenn ein Anderer auf 
dem Klaviere Terzen, Quinten 
und Dreiklänge anscJiIägt, und 
mau, ohne au( die Tasten zu 
sehen , die Töne zu benen- 
nen sucht. 



zur ersten Auflasse. XIX 



'Ö' 



Diese wenigen Stellen, nur au5 dem er- 
sten Bogen des Wernerschen Werkchens aus- 
gezogen, mögen zum Vorgeschmack genügen^ 
Wie solche und ähnliche, 'zum Theil buch- 
stäbliche Aneignungen durch das Büchlein fort- 
laufen , zeigen untei: anderen auch folgen- 
de Stellen: 

Zeile 1 bis 8 der Vorerinnerung (verglichen mit 

m» Theorie, 1- Aufl. 1. Bd. Seite 15.) 
Seite 5, Zeile 12 und folgg^ (Theorie 1. Bd. S.47.) 

— 19, Z. 9 V. u. und flgg. (Theor. 1. Bd. S. 

14,'^, 144.) 

— 29, Z. 7 u. ü^^. (Th. 1. Bd. S. 137 unten.) 

— ;6, Z. 3. (Th- 1. Bd. S. 215* § 201.) 

— 83, (Th. 1. Bd. S. 226-) 

— 87, Z. 8. (Th. 1. Bd. S. 220 unten.) 

— 91 unten u. S. 92- (Th. I-Bd. S.235. Anm.) 

— 93. (Th. S. 315 §. 306-) 

— 94. (Th. 2. Bd. S. 242 §. 521 f^ssO 

— 96, Z. 12. flgg. (Th. 2. Bd. S. 268- flgg.) 

Im Hefte II oder II. Abth. S. 1. A bis Seite 9. 

(Th. 1. Bd. S. 251, Z. 7 bis S. 256.) 
Seite 25 C. (Th. 1. Bd. S. 165 §452, §. 454, u. 

s. w. ) ' 

— 27 D. (Th. 2. Bd. 8. 186 §. 470 D.) 

— 31. (Th. 1. Bd. S. 2ö3 §• 272 flgg.) 

Noch mehr aber, als über das, meist wört- 
liche Aus- und Abschreiben einzelner Steilen, 
muss ich mich darüber wundern, dass der 
geschätzte Hr. Verf. so manche Lehrsätze, 
welche nur erst ich, der bisher gegolten ha- 
benden Lehre zum Theil schnurstrack entge- 
gen, in meiner Theorie aufzustellen gevragt^ 
nicht nur ohne Weiteres adoptirt, sondern sie 
seinen Lesern entweder in einem Ton6 vorträgt, 
als seien sie bekannte Wahrheiten, an denen 
nie jemand gezM^eifelt habe oder zweifle , — 



XX Aus den Vorreden 

oder aber so, als stelle er, der Herr Verf., 
diese Sätze hier auf. In diesem Tone adop- 
tirt er z» B. nicht nur grade die sieben 
von mir angenommenen Grundharmonieen , 
sondern auch unbedingt meine Lehre von 
den eigenthümlichen Harmonieen der Tonarten 
(I. Abth. S. 86 %g. und II. Abth. S. 1. %g.)f 
— insbesondere von denen der Molltonart 
(I. S. 90 flgg. und II. S. 7 flggO. — von 
der Molltonleiter, (I. S. 91 flgg.)f — 
und dass die Molltonart beträchtlich ^lärmer 
an leitereio^enen Harmonieen sei, als die Dur- 
tonart« (II. S. 9 Z. 1. ), — femer meine^ 
wenigstens noch nicht von all meinen Kezen- 
senten^ anerkannte Lehre von der Verwand« 
«chaft der Tonarten (11. S. 31. AggOt — 
von dem entscheidenden Auftreten einer Drei- 
klangharmonie in Quartsextenlage auf schwe- 
rer Zeit (IL S. 20. — VergUTheor. 1. Aufl, §. 350 
und 4ü4)f — mein Zusammenstellen von Vor- 
halten, mit Durchgangs- und Wechselnoten 
Cl. S. 60. — Vergl. Theor. I. Bd. S. 204. Z. 13 
von unten), u. dgl. m. 

Eben so gebraucht er Kunstwort er, wel- 
che ich in der 1. Auf!,, zum Behuf meiner Leh- 
ren neu zu bilden oder zu brauchen gewagt, z. 
B. „Hauptseptimenharmonie" — »Ne- 
benseptime nharmonieen«* — »,ur- 
sprüngliche. eigentliche" Quinte , 
Terz, u. s. w. — „Umgestaltung der 
Harmonieen durch harmoniefremde 
Töne" u. dgl., ohne Weiters so, als wären 
bie ganz gäng und gebe. (1, S. 20, Z. 4; II. 
S. 57: — vergl. mit Theor. 1. Bd. S. 134, 
135, 144> 163.) So heisst es z. B. (L S. 23;: 



zur ersten Auflasse, XXI 



y,So'Wic es yersohiedene Dreikläne^ gi^^^t» ^ Iiat man 
,,auch mehrerlei Septimenakkorde. Der wichtigste , auch 
^,der wesentliche oder Hauptseptimenakkord ge* 
f,nanntf** • • • 

und als Gegensatz zu diesem Hauptseptimen« 
akkord findet man (S. 28 u. 29) , •Neben- 
septimenakkord e'^ und >,Nebensepti- 
menharmonieen^'. —Auch die Kunstwör- 
ter Trugkadenz und vermiedene Ka- 
denz gebraucht der Hr. Verf. (IL S. 25 u^ 
27) grade in dem Sinne > wie ich sie, nur 
in meiner Theorie (2. Bd. S. 154 — 158) ge- 
brauchen zu wollen, erklärt habe; vergisst aber, 
seine Leser zu warnen, dass man sonst die- 
se Ausdrücke auch für ganz andere Dinge ge- 
braucht. * 



Ich enthalte mich der ausführlicheren 
Enthüllung noch mehrer Aneignungen, z* B* 
der Bezeichnungsart der Harmonieen und 
Harmonieenfolgen , bald durch Ziffern, bald 
durch Buchstaben, mit dazwischengesetzten 
Verbindungsstrichen, (I. S. 47 ; II* S. 11,); 
lauter Dinge die ich nur allein zu Verständnis 
zwischen mir und meinen Lesernersonnen liat^ 
te. (1. AuE. 1. Bd. S. 139, 257 — 260; —2. Aufl. 
l.Bd. S. 194-^196;— 2.Bd. S.38— 44;)-- 
der Nachbildung meiner ganzen Manier, die 
harmonische S^ructur eines Tonsatzes gleich- 
sam anatomisch und psychologisch zu ent- 
wickeln (I. S. 94> 95f 96.), — ja selbst mei- 
ner/ zumal im ersten Bande der 1. Auflage 
nur zu oft über die Gebühr nachlässigen 
Schreibart, z. B. in Einer Zeile einmal 
„Sekunde" und dann „Sekunde": (S.27Z. 6.) 
— das alles bleibe ohne weitere Erörterung; 



XXII Aus den Vorreden 

und nur dies sei im Allgemeinen erklärt, 
dass ich alles, was ich, dem bisher Geglaub- 
ten oft zuwider, zuerst auszusprechen ge- 
wagt, und überhaupt meine mir eigenen, 
vielleicht ja auch irrigen Ansichten , selbst 
und unter meinem eigenen Namen ver- 
antworten w:ill , und überhaupt dasjenige was 
ich auf meine Verantwortung neu einzufüh* 
ren gewagt, nicht auf Hm. Werners un- 
schuldige Rephnung und Verantwortlichkeit 
gesetzt zu sehen verlange; und es ist da* 
her gar zu gütige Schonung meines Namens, 
dass er ihn nirgend mit einer Sylbe verräth. 

Wenn übrigens dieser Hr. Werner, neben 
den von n^ir entnommenen Lehren, freilich 
auch noch mehrere, mit diesen zum Theil 
im Widerspruch stehende Sätze der' alten 
Theorie, beibehält, z. B. die Fortschreitungs- 
gesetze der Con- , und Dissonanzen, — gewisser- 
masen auch die beliebte Lehre von der Moll- 
tonleiter: „aufwärts fis-gis, abwärts g-f«S — 
wenn er lehrt, die Nebenseptimenharmonieen 
seien Umgestaltungen der Hauptseptenhar- 
monie, — und auch der sogenannte verminder- 
te Septimen akkord eine Nebenseptimenharmo- 
nie, u. dgl. mehr: — so erscheinen dagegen 
in Hrn. 

Fr. Schneid er 's Werkchen meine An- 
sichten weit treuer befolgt, und jedenfalls 
verständiger benutzt. Eine ungefähre Ueber- 
sicht, wie dieser es gemacht, wird folgende, 
freilich noch sehr unvollständige Exzerpten- 
sammlung, sogar ohne Nebenanstellung der Pa- 
rallelstellen, einem Jeden leicht gewähren, wel- 



zur ersten Außage. XXIII 

eher sich des in mÄner Theorie Gelesenen noch 
einigermasen erinnert. 

Seite Sf $« 56: y^Beze ic hn Q ng sa r t des Grund* 
yjhasscs» Die unter obigen Grund- Rarmonieo befindlichen 
y, römischen Zahlen bezeichnen die Stufen der Tonleiter, £i- . 
y,ne grosse ^ahl bedeutet y.dass auf derjenigen Stufe, die sie 
„zeict, ein harter Drelklang seinen Sitz hat; eine kleine 
y,Zahl zeigt den Sitz eines weichen Drejklangs auf der durch 
,,sie bezeichneten Stufe an; der verminderte Drejklang wird 
y,durch eine der Stufenzahl bejgefügte ^ bezeiclmet. Diese 
y,hü(ihst bequeme Bezeichnungsart wird in der Folge dieses 
,, Werkchens immer bejbehaiten werden , und es i^it noth- 
,,, wendig , sich genau mit ihr bekannt zu machen» — An- 
y^merkunor : Ein diesen Zahlen vorgesetzter grosserBuch- 
„s t ab e bedeutet, dass die Accorde zur harten Tonart gehö- 
9,ren^ ; ein kleiner Buchstabe bedeutet die weiche Ton- 
„art, Z. B. C:I bedeutet den Drejklane der Toni ca von 
„Cdur; c: i bedeutet den Drejklang der Tpnica in Cmoll.** 
( Vergl. Theor. 1. Aufl. 1. Bd. S. 257—260; — 2, Aufi. 
2. Bi. S. 38 — 41.) 

Seite 13 y $ 46: y^Der auf der Dominante seinen Sitz 
yyhabende und aus der grossen , 3 9 5« und kleinen 7 bette- 
,,hende Accord heissti der wesentliche Septimen - Accord 
,,oder Ha upr-Septimen-Accord. ,«•« ff^i r bezeicb- 
„nen ihn mit V7," (^ Theor. U Aufl. U Bd. S. 134; — 
2. Aufl, 1. Bd. S. 190, 191.) 

Seite 15 9 S 48 : ,9 In unser e r Bezeiohnungsart der 
„Grundharmonien h eis st 7 eine kleine Septime ; 1^ eine gros- 
„se Septime,«« QTheor. l.Aufl. U Bd. S. 140; ^ 2* Aufl\ 

1. Bd. S. 195.) J 

y,Diese Septimen- Aocorde nennen wir zum Unterscliiede 
,,yun dem Haupt -Septimen- Accorde, ... Neben-Septi- 
„meu- Accorde." (Theor. i. Aufl. i.Bd. S. 135; — 

2. Aufl. 1. Bd. S. 191.) 

Seite 1(3: 9, Eigenthümliche Dreiklangs ha r- 
,,monieu der M ol 1 -T o nar l/* (Theor. i^ Aufl. i. 
Bd. S. 250 K. /. ; — 2. Aufl. 2. Bd. S. 32 «./.) 

Seite 19% $57: „Vergl ei diu ng der eigentliüm- 
9,lichen Grund harmonien inbeyden Tonarten. 



klänge, 
11 


Dur 


Septimen- 
Accorde« 

ii7 




Drey- 
klänge» 

■ 1 

II 


Moll 


Septimen-' 
Accorde.^ 


Hl 

IV 

V 

VI 




IVt 

V7 

Vll^ 




IV 

V 
VI 






iv7 

V7 

Vit 


VII 

(Theor. 


1. Ai 


Vif? 

ifl. U Bd^ S. 


258; 


■ — 2- Aufl. 


2. 


Bd. S. 59.) 



XXlV Aus den Vorreden 

Seitei9i Anmerk, Man sieht also hieraus, dasi die Moll- 
9,ToDart an eigentliümlichen Accordeo bej weitem ärmer ist, 
,,als die Dttr-Tonart/* (Ein Satz welchen ausser mir noch 
Niemand aufiusteHen gewagt* Theer» \, Aufl, i, Bd» 4^.254» 
$ 245; — 2. ^uß. 2. Bd. 5. 36, 5 15a) 

Seite 20: ,, Umgestaltung der Grundharm o- 
„nien." (TAeor. 1. Auß. 1. Bd. ^.141 u.fß; — Z^ufl. 
h Bd. S. i9S u. ff.:) 

— — • ,,Umge8 tal tung des Haupt-Septime n- 
91 A ccords durchBejfügungeinerNone/' i Theor^^ 
1. Aufl. 1. Bd. S. 163 ff. : — 2. Auß, i. Bd. S. 218 ffO ♦ 

Seite Q^i „Umgestaltung durch harmonier 
„fremde Töne." (Theor. 1. Aufl. i. Bd. S. 192; — 2. 
Aufl. UBd. S. 217.) 

Seite 29: ,, Harmonische Mehrdeutigkeit.« 
„Wenn wir die yerschiedenen Veränderungen und Üm- 
i,gestaitungea der Grundharmonien noch eihmal überblickeDy 
f,so finden wir, dass durch dieselben oft A) ein Accord dem 
,,Klang« nach einem andern ganz ähnlicli wird, wenn er 
„auch auf dem Papiere mit andern Noten geschrieben wird ; 
5,und dass auch oft Jß) ein Accord dem andern sogar den 
„Noten nach ähnlich sejn , und doch auf verschiedener 
i,Gnindharmonie beruhen könne. Den ersten Fall nennen 
$fWir enharmonische Mehrdeutigkeit, den letz- 
„tern einfache harmonische Mehrdeutigkeit« <* 
(Wörtlich aus Theor. 1. Aufl, 1. Bd. S. 192 — 194.) 

Seite^ — 32: „Verwandtschaft der Tonarten«" 
99$* 8T: Tabellarisciie Uebersicht der Verwandschaften» 

„Tab« I. (von C dur«) Tab. II« (ron a moll.) 

A fis 

d — D— h D — h—H 

B — •— -G — e — E g— G— e — E — eis 

es— Es— c— C — a — A— fit Es— c— C^a — A — fis.— Fls 

)>— B-g B— g— G 

Es 

(Theor. 1. Aufl. 1. Bd. S. 295 — 300; — 2. Aufl. 2* Bd. 
S. 79, 80.) 

Seite 32—43: „ Leitereigene Modulation. << 
9»^ 90: Die grosse Anzahl aller möglichen leitereigenca 
„Harmonie-Folgen läist sicii in riirr Klassen elntlieilen.*' 

„Itens. Kann nach einer Dreyklangs - Harmonie eine an- 
„dere DreykJangs-üarmouie demselben Tonart folgen. 



zur ersten Auflage. XXV 

,,2te. Nach einer DrejklaDgs-Harmonie kann ein Sepli- 
y^men-Aecord folgen« 

,,3te« Nach einem Septimen-Acoord kann ein Drcjklang 
,1 folgen. 

,,4te. Und dann kann nach einem Septiman-Akkord auch 
9>ein anderer Septimen - Accord derselben Tonart folgen« << 
[Theor. U Aufl, 2. Bd. S. 120; — 2. Aufl. 2* Bd. S.209.^ 

Seite 54 S* 93: »yDie Harmonienschritte der 5ten Klasse, 
„wo nach einer Septimen-Harmonie ein leitereigener Drej« 
,yklang folgt, nennen wir eine Cadenz — einen Tonschluss 
._ Sbhlussfall , und unterscheiden iwej Haoptgattungen : 

yyA.) Die eigentliche Cadeni — Haupte ad enz; 
„wenn ein Drejrklang «ach dem Haupt - Septimen - Accord 
„folet. 

„%.} Die uneigentliche, nac hg ebildete Cadenx; 
„wo ein Drejklaog nach einem Nebenseptimen- Accorde folgt.^' 
( Theor. i.Aüß. 2. Bd. »S. 154; — Ein wenig anders in der 
2, Aufl. 2. hd. S. -223, 224. ) 

Seite 35: „Folgt aber einer Septimen - Harmonie ein a ti- 
„derer leitereigeaer Drejklang, so nennt man dieses eine 
„Trug-Cadenz , Trugschluss/« {Theor. 1, Aufl. 2. Bd. S. 
155 ; — 2. Aufl. 2. Bd. S, 224. ) 

Seite 36: „Ausweichende Modulation« $.99. 
^,Eine Ausweichung machen ist also nichts anders', als: eine 
„Harmonie hören lassen , welche das Geliör aus irgend einem 
„Grunde für ein Glied einer andern als der bisherigen Ton- 
„art erkennt. {Theor. t. Aufl. 2. Bd. S. 191; — 2. Auß. 
2. Bd. S. 243. ) 

„Der grösste Theil aller rorkommenden Ausweichungen 
„geschieht 1^ durch die Drejklangsharmonie auf der ersten 
„Stufe der neuen Tonart , ( durch 1 oder i ). 

„2) durch die Drejklangs- oder Septimenharmonie aiuf 
„der 5ten Stufe der neuen Tonart (durch V oder V7), u.s.w. 
(Theor. U Aufl^ 2. Bd. S. 214, {488; — 2. Aufl. 2. Bd. 
J. 247, $ 277.) 

Seite 40 : „E inrichtung der Modulation der 
„Tonstücke überhaupt." (Theor. i. Aufl. 2. Bd^S. 
239; — 2. Aufl. 2. Bd. S.2b9.) 

$• 108: „In jedem Tonstück muss eine Tonart rorhcrr- 
„tchend sejn ; d. h. das Stück muss der Regel nach in der 
„Haupttonart anfangen und schliessen, und zum gross ten Theil 
„in der Haupttouart und den nächstverwandten Tonarten sich 
„bewegen. $. 109 : Auch selbst in einem aus mehreren 
„Sätzen bestehenden Tonstücke u. s« w. — • Anmerkung i So 
,,eehen z. B. in Mozarts Zauberfiöte, Don Juan, die Finalen 
„des ersten Akts (eine Folge mehrerer Sätze), aus Cdur, 
,,uod Mozart hat sogar die Ouvertüren seiner Opern in dem« 
„selben Tone geschrieben , in welchem er die ganzen Opern 
„schliesst« (Theor. 1. Aufl. 2. Bd. S. 240, 241; — 2. 
Aufl. 2. -S^. 5. 2b0, 2610 

$. 110: £s giebt jedoch auch Fälle, wo von dieser 
„Tooes-Eiflheit abgewichen wird.. So endigt ein iaMoll an- 



XXVI Aus den Vorreden 

yygefangfnes Tonstück sehr häufig in Dur; und in einem aus 
y,mehreren Sätzen bestehenden Tonstäcke manchmal ein Mir- 
yytelsatz in einem anderen Tone, als er äuge fangen hat, um 
9,Tielleicht als Uebergang zum folgenden Satz « • • zu dienen« 
(Theor. 1. Aufl. 2.Bd, S. 2-101 — 2. Aufl. 2. Bd. ^.2620 

$• 111 1 • « • 9) am natürlichsten ist es : jedes Ton- 
9,8tück mit dem tonisclien Dreyklang zu beginnen. (JTheor. 
1. Aufl, 2. Bd. 5* 243 ; -^ 2. Aufl. 2. Bd. S. 265.) 

$« 1 12 : 9»Es giebt jedoch Tonstücke, die im Anfange die Ton- 
„arf nicht auf diese We^se genau bestimmen, und das Gehör 
y^einige Zeit in Zweifel lassen , welche Tonart dem Stuok 
„zum Grunde' liege." ■ — • ,, Sinfonie von Beethoven in C-moll,** 
— „Ouvertüre d. Jahrzeiten von Haydn in C-molI,** . • . 
{Theor. 1. Aufl. 2. Bd. S. 249; — 2- Aufl. 2 Bd. S. 210. 
. . • Hier hatte ich mich in der 1. Aufl. sogar geirrt , in- 
dem beim Anfange der ged. Ouvertüre, die Oboen die Töne 
g und £ festhaltend, die Tonart allerdings genugsam bestim- 
men. Der H. Mus. Dir. hat aber allzu gläubig meinen Irr- 
thnm mit abgeschrieben.) . . . „Auch solche, die mit einem 
,, andern all dem tonischen Accord anfangen." . . « {Tlieor, 
1. Aufl, 1. Bd. S. 251 ; — 2. Aufl. 2. Bd. S. 268). 

Seite 41; „Auch solche, wo mit einer der Haupttonart 
„ganz fremden Harmonie angefangen wird : Sinfonie v. Beet- 
„hoven in C-dur." ( Theor. 1. Aufl. 2. Bd. S. 257; — 2. 
Aufl. 2. Bd. S. 270.) 

So viel nur, wie gesagt, zur Rechtferti- 
gung des oben gesprochenen Wortes. 

Eine Erörterung und Kritik der wenigen 
Punkte, worin der Hr. Verf. von mir ab- 
weicht, indem er auf der siebenten Stufe der 
Molltonart gar keine Harmonie, (S. 17, 19 ) — 
hingegen die freie Hinzufügung einer None 
auch zu allen Nebenseptimenharmonieen an- 
nimmt, .^- und die Hauptseptimenharmonie 
nur aus. dem Gebrauche durchgehender Noten 
entstehen lässt, — ^ eine solche Erörterung, 
sag ich, so wie überhaupt eine Beleuchtung des 
Werthes oder Unwerthes der beiden bespro- 
cheneii Werkchen , würde diese Vorrede hier 
am unrechten Orte verlifingern ; zumal eigent- 
lich Niemand weniger zum Rezensenten der 
genannten Büchlein j^tujij^net isi , als grade 



zur ersten Auflage. XXVII 

ich, dessen Namen Hr. Wem er 30 cdelmüthig 
verschweigt, Hr. Schneider aber auf so 
verblümte Weise als denjenigen nennt, des- 
sen — Ordnung und Grundsätzen er — mei- 
stentheils folgen zu müssen geglaubt habe* 

Hätten die beiden Herren der 
Wahrheit and mir die Ehre gegeben, 
dasjenige, was sie, so über dieMasen 
treulich, aus meiner Thorie ausge- 
schrieben, auch aufrichtig als dar* 
aus entnommen zu bezeichnen, so hät- 
te ich ihnen w^enigstens für solche Aufrich- 
tigkeit Dank wissen müssen: allein bei der 
Art und Weise wie sie es gemacht, war ich 
die vorstehenden Biosstellungen, der Wahr- 
heit, dem Publikum und mir selber schuldig. 



Endlich sei mir auch noch ein Wort der 
Rechtfertigung vergönnt, üb^r die Freimüthig- 
keit, mit der ich so manchesmal, ergraute 
Lehren als nur halbwahr, ja, als durch und 
durch unwahr, nachzuweisen wage. Ich 
will nicht einmal für mich anführen, was 
Göthe, in seiner Farbenlehre ( !• Bd S. 
.64ö) zur Entschuldigung seiner schneidenden 
Polemik anführt: „dass es im Conflict von 
„Meynungen undThaten nicht darauf ankrtmmt 
„seinen Gegner zu schonen, sondern ihn zu 
^,überwinden; dass Niemand sich aus seinem 
„Vortheil herausschmeicheln oder herauskom- 
„plimentiren lässt, sondern dass er, wenn es 
„ja nicht anders seyn kann, wenigstens heraus- 
tjgeworfen seyn will;" — denn es ist mir nicht 



XXVIII Aus den Vorreden 

darum zu thun, mich gegen Gegner in Vortheil 
zu setzen, soudern Wahrheit zu erforschen 
und darzustellen. Eben so wenio^ will ich 
auf die altergrauen Systeme imd das uner- 
löschliche Geschlecht ihrer älteren und neue- 
sten Wiedergebärer, sein „heiters Gleichnis'* 
(l.^B. S. XIV) anwenden, vqn der alten 
Burg, ursprünglich mit jugendlicher üeber- 
eilung angelegt, in der Folge, zu Deckung 
der Mängel ihrer Uranlage, durch die ver- 
schiedenartigsten neuen Bollwerke, Gräben t 
Thürme, Erker und Schiessscharten verwahrt, 
durch allerlei An-, Neben- und Vorgebäue 
erweitert, und diese wieder in Verbindung 
gebracht durch die seltsamsten Galerieen , 
Hallen und Gänge, übrigens nur darum, weil 
sie, nie ernstlich angegriffen, nie eingenommen 
worden, zum Kufe der Unüberwindlichkeit 
gelangt, und dieses R'jfes auch noch jetzt 
geniessend , obgleich längst in sich selber zer- 
fallen und leer stehena, nur von Invaliden 
bewacht, die sich ganz ernstlich für gerüstet 
halten, — u. s. w. Nein, Niemand, ich be- 
theure es, ist bereitwilliger als ich, den ver- 
dienstlichen Bemühungen unserer Vorfahren 
um die Gründung einer Theorie, Achtung zu 
zollen. — Allein wie sehr es auch Pflicht 
ist, dankbar zu erkennen, was sie, schon 
läng eh wir auf der Welt waren , für Kunst* 
und Kunstlehre nach ihrer Weise gethan, so 
wenig dürfen wir es doch verkennen, dass sie 
das Geschäft der reiferen Ausbildung, der 
Sichtung, und überhaupt des weiteren und 
tieferen Forschens und Prüfens, uns übirig 
gelassen haben; und wollen wir daher die 
Väter unserer Theorie reclit ehren, wollen 



zur, ersten Auflage. XXIX 

wir ihrem Beispiele recht folgen » so thuen 
wir es dadurch, dass wir, gleich ihnen, 
selbst denken und selbst forschen, statt 
grade nur das nachzubeten, was sie, und grade 
so wie sie es uns vorgesagt, und blindlings, 
wie die Herde dem Leithammel fol^t, nur 
den Pfad nachzutraben, den sie gegangen. 
Warnt uns doch vor solchem Köhlerglauben 
schon Seneca (De vita beata, Cup. /•) 
in den kräftigen Worten : Nihil magis prae- 
standum est , quam, ne pecorum ritu se^ 
quamur antecedentium gregem, pergentes 
Mon qua eundum est, sed qua itur. 

Gottfried Weber. 



^6«" . ▼"fa»s€T wfirde einen gebildeten fangen Mann, welcher bei 
lim seinen Corsas der Composition machen wollte, mit Vergnfigea 
»ufnebmcn , ihm mit aller «u wUnsohenden Anleitung frcnndlich 
entgegen kommen , und , als Gegenleistung , nichts Anderes verlangen, 
als einige Handreichung und xeitersparenda Erleichternng beim Ordaen 
•tc. litciarücbez Axbeiten. Hiheret dorcb dl« YerUgsh^ndlnjig. 



des Inhaltes der vier Bände der Theoria 

des reinen Satzes. 



Erster Band. 

allgemeine lUusiklehre^ 

Erstes VorkajpiteU Begriff von Ton , Tonkunst, TonseU. 
kunsr, 

Z}i'eites Vorka-piteU Beschreibung unseres Tonsjs^eraes* 
Drittes Vorka-piteh Rhythmik. 

Theorie. n 

Erste Abtheilung. Tonreihen, als solche be- 
trachtet» 

Zweite Abtheilung. Harmonieenlehre. 



Zweiter Band. 

Dritte Abtheilung. Tonart. 

Vierte Abtheilung. Modulation. 

Fünfte Abtheilung. Harmonieenschritte. 

Sechste Abtheilung. Modulatorische Gestaltung 
der Tonstücke. 



Dritter Band. 

Siehente Abtheilung. Auflösung. 

Achte Abtheilung. Durchgang. 

Neunte Abtheilung. Andere harmoniefremde 
Töne. • 

Vierter Band. 

Zehente Abtheilung. Springende Stimmenführung« 
Eilfte Abtheilung. Parallele Stimmenftihrung. 
Zwölfte Abtheilung. Contrapunktische Uebungen» 

Anhans". Antike Tonarten. 



■ti 



MmfüMittftttü inWUtttitidbni». 



ERSTER BAND. » 

Allgemeine Musiklehre in drei 

Vorkapiteln. 

Erstes Forkapitel. 

Begriffe von Ton, Tonkunst, Tonsetzkunst. 

s. 1,51 bis XI, 

I. ) Ton, Seite 1,51 bis V, 

II.) Tonkunst, Ton^etzkunst. S. 14, 5 VI^XI, 

Zweites VorkapiteL 
Beschreibung unseres Tonsystems. 

S. 25, $ XII — XL VI, 

I,) Tongrenzen und Tonabstufung überhaupt« S. 25, JXIL 

Xlll. 
II.) Alainen der Töne. S, 28, j XIV — XX. 
III.) Deren Melirdeutickeit. S. 40, j XXI. 
IV.) Nx)lirung der Tonhöhen. S. 40, 5 XXII — XXXI, 
jiA Linien. S. 'tO, $ XXII. 
J3.) Schlüssel. S. 43, J XXIII u. XXIV. 
C.) Chromalisclie Zeichen. S. 48, $ XXV — XXX. 
D.) Geueralbassschrift. S. 53, § XXXI. 
V.) Intervylle. S. 54, J XXXII — XLVI. 
,A.) Btßriff. S, 54, 5 XXXII. 
B.) Zähinamen. S. 55, $ XXXIII, XXXIV, 
C.) Beinamen. S, 57, J XXXV— XXXIX, 
1.) kleine, -grosse. S. 58, J XXXVI, 
2.) verminderte, übermässige, S, 63, J XXXVII 

u. XXXVIII, 
3,) doppehverminderte, doppeltiibermässige. S.68, 
Ä XXXIX 
D.) Zeichen für *die Intervalle. S. 68, $ XL, 
E.) Mehrdeutigkeir der Intervalle. S. 6b, 5 XLI. 
F.) ümkchrung. S. 70, 5 XLII— XLV. 
G,) üebersicht der Intervalle. S. 74, 5 XLVI, 



XXXII Inhalt des 1. Bandes. 

Drittes ForkapiteL 

Rhythmik. 

S. 7T, 5 XLVIl — C. 

I,) Begriff yon Rhythmus und TakL S. 77, J XL VII» 
Ih) Notiniog der Zeitdauer» S» 79, } XLVIII— LI, 
A.) Notengeltnng. S. 79, J XL VIII — L. 
B.) Tempobereichnung» S. 83, 5 LI. 
III») Takteintheiluiig. S. 89, $ LH — LXV. 

AO Grade Taktarten. S» 91, J LV — LVU. 
1.) Zw»ii;weiteltakt. S. 91, 5 LV. 
2.) Zweiviertel-, 2/8-, 2/16- Takt. S. 92, JLVI. 
5.) Grosser Allahrere-Takt. S. 93, J LVU. 
BO Ungrade Taktarten. S. 93, J LVIII. 
C.) ünterabtheilung der Takttheile. S. 95, 5 LIX — 

LXII. 
D.) Bemerkungen über die bisher erwähnten Taktar- 
ten. S. 97, 5 LXCII — LXV. 
IV.) Zeitgewicht, Taktgewicht. S. 99, 5 LXVI, LXVII. 
V, ) Höhere Rhythmen. S. 101, } LXVHI — LXX. 
A.) Begriff. S. 101, J LXVIII u. LXIX. 
B.) Verscliiedene Gattungen. S. 105, $ LXX. 
VI.) ^Zusammengesetzte Taktarten. S. 104, 5 LXJCI — 
LXXXIII. 
A.) Grade Zusammensetzungen grader Takte. S. 106. 

JLXXIV. 
B.) Grade Zusammensetzungen ungrader. S. 107, S 

LXXV u. f. 
C.) Ungrade Zusammensetzungen grader. S. 109, $ 

LXXVII. 
D«) Ungrade Zusammensetzungen ungrader« S. HO, $ 

LXXVIII. 
£,) Mehrfach zusammengesetzte Taktarten« kS. 111 , 

5 Lxxrx^ 

F.) Bemerkungen über die Zusammengesetz terA Taktar- 
ten. S. 111, J LXXX — LXXXIII. 
VII.) Fünftheilige und ähnliche Gruppiruiigen. S. 115, § 

LXXXIV — LXXXVII 
Vm.) Aufschlag, Niederschlag. S. 119, 5 LXXXVIII. 
IX.; Klänge im Rhythmus betrachtet. S. 121, $^ LXXXIX — 
XCIX. 
A.) Rhythmische Zeichnung musikalischer Satze. S. 121, 

S LXXXIX — -XCUI. 
B.) Einzelne Klänge in Beziehung auf Rhythmus be- 
trachtet. S. 126, $ XCIV — XCIX. 
1.; Rhythmische tUickung. S. 126, « XCIV u. f. 
2.) Synkope. S. 129, J XCIV — XCIX. 
X«) Unterbrecliungen des Rhythmuf. S, 132» $ C. 



Inhalt des 1. Bandes. XILXIII 

Theorie. 

Erste Ahtheilung. 

Tonreihen aU; solche betrachtet. 

S. 154, S 1 bis ^6. 

I, ) Stimmen. S. 15^1, j 1 - 33. 

A.} Begriff von Stimmen ^ StimmenforUdireituug und 

Führung. S. 135, $2. 
B.) Ein-, oder mehrstimmiger Satz. S* 139» ^ 3.- 
C») Eintheilu Dg und Arten der Stimmen. S, I4ly $4-14* 
1«) Qbere, und untere, äussere y und Mittelstimmen. 
S. lU, 5 4 -'7- 

aA Begriff. S. 141, 5 4- 

h.) Zusammentreten, Durchkreuzen, S« 142» $ 5. 
r.) Mehrdeutigkeit, S. 143, J 6. 
d.) Verschiedenheit yon äusseren ^ und Mittel- 
stimmen, S« 144, $ 7. 
2,) Haupt- , und Nebeostimmen. 3*1459 f. 8 -10. 
3*5 Sing-, und Instrumentalstimmen. S« 14?» $. 11-14* 
D.) Stimmenxählung» S. 150, J 15-27. 

1.) Eigentliche Bedeutung, S, 150, (14-16. 
•2.) Engere, weitere Bedeutung, S. 154, jl7-*19* 
3,) Stimmige Brechung. S. 166, 5 20-27. 
^.) Begriff, Arten. S. 155, j 20-23. 
fc,) Mehrdeutigkeit. S, 160, J 24-27. 
E.) Charakterische Verschiedenheit des mehr - , odtr 

wenigerstimmigen Satzes, S. 162, $28-32. 
F.) Partitur. S. 1*^, j 53. 
ir,) Stimmenhewegung. S. 170, $ 34-46* 

A,^ Bewegung einer Stimme allein betra^ditet. S, 170« 
$ 34-42. ^ > 

1,^ Langsame, schnelle, S. 170, j 31[. 
2,) Rhythmisch gjerückte. S, 113, $ 35« 
3.) Synkopireudf. S. 173, j 56. 
4.) Zusammenhängende , getrennte, S. 173, $ 37. 
5.) Gesclileifte, gebundene, abgesCossene , gehackl;f« 

B. 174, 5 3b. 
6,) Aufsteigende, absteigende. S,.175, $ 39. 
7^) Springende, gehende, diatonische, chromatische, 
enharmonische« S, 176, (40-^42* 

a.) Begriffe und Arten, S, 176, ( 4Q, ^\. 
i,) Werth. S. 17Ö , 5 42. . 
fi,) Bewegung einer Stimme in Vergleichung gegen die 
einer andern betracutet, S, 178, $42-46« 
1,) Gleiche, ungleiclv?. S. 178, J 43. 
2>} Grade, Gegen-, und Seitenbewegung« 3. 180, 

J 44» 45. 

a,) Begriff, S, 180, 5 44. 
(«S Unterarten. S. 180 , $ 45» 
eS Charakterische Verschiedenheit« S.184» (46* 

l, Band. 



XXXIV Inhalt des 1. Bandes. 

Zweite Ahtheilung^ 

Harmonie* enlehre. 
S. 185, 5 47-118* 

I. ) Von Zusammenklangen liberhaupf, S, 185 » j 4T, 48- 
A.) Begriff. S. 184, HT. 
B.) Brechung. S. 186, J 48. 
Tiy Grundharmonieen. 8. 186 , J 49 - 55. 
AO Begriff. S. 186 , 5 49. 
Bi) Aufzählung. S. 187, $ 50, 51. 
C;) Unsere Bezeichnung. 8. 194, $ 52. 
- ' D.) üebung, S. 196, 5 53. 
III.) Umgestaltungen.. S. 198, J 54-99. 

AJ Umgestaltungen der Lage. S. 198, 5 55-69» 
1«) Verlegung überhaupt. 8. 198, J 55. 
2.) Verwechslung. S. 199, J 56 — 65. 
fl.) Erste. S. 201 , 5 60. 
iS Zweite. S. 202 , ' 5 61. 
'' f.) Dritte. S. 203 , 5 62. 

cj,) Herkömmliche Namen der verwechselten Ak- 
korde. S. 206, 5 65. 
g.) Enge und zerstreute Lage. S. 209, § 66-69. 
B.) Verdopplung. S. 213, J 70. 
C.) Auslassung S. 215 , $ 71 - 75. 
D.) Harrtiouietremde Töne. S. 217, J 76-99. 

10 Selbständige None. S. 218, {77-88. 
■ a.) -Grosse. S. 220, $ ^ 0-82. 
b;) ftleine. S. 223, J 83-88. 
2.) Erhöhung, und Erniecferung eines Interrfflles* 

. S. 229, J 89-95. 
3.^ Dutcligang. • S. 259, $ 96-98. 
4.3 Sonstige harmoniefremde Töne. S. 2ll, $ 99» 
IV.) Uebersicht 4ef-, durch Umgestaltungen entstehendea 
Mehrdeutigkeit. S. 242, j lOlL 
A.) Einfache harmonische. S. 242, J 100. 
B.5 Enhärmonische S. 2^14, 5 100. 
V.^ Consonanzen, Dissonanzen. S. 246, 5 101 - 103» 
Vr.) Vorbereitung. S. 257, 5 104-118. 
A.)^Ueb«rhaupt. S. 257, $ 104. 
B.) Welche Töne bedürfen. S. 105-107. 
C.) Vollkommene, unvollk.- S. 263, $ 108-118. 

Vorbereitungsweise der Scptinuen, S. 265, J 109-1 17. 
1.) Vorbereitung in derselben Tonhöhe« S«263> 

5 109. 
2*} In derselben Stimme. S. 264, 5 HO. 
3.) Gebunden. S. 264, J lll. 
4.) Lang genug. 8. 265 ,5 112. 
5.) Durch einen harmonischen* Ton, S. 266, } 115, 
6.) Auf leichter Zeit, S. 266, $ 114- 117. 
2.) VorbereilUDgsweise harmoniefremder Tüue, S* 2T0, 
S 118, • 



10 



xxxr 

ZWEITER BAND. 

« 

Dritte Abtheilung. 

Tonart. 
S. 1, 5 119-183. 

I.) Begriff. S. 1, 5 119, 120. 

II«} [Jnsre BezeichnuDg^aTt. S* 4f $ 121* 

111.} Weseotliciiste Harmonieender Tonart« S« 5> $ 122-126* 

IV.) Tonleiter. S. 9^ J 127-145. 

A.) Harte NoTmaltonleiter* S. 11 , $ 129« 130« 

B.} Weiche Normaltonleiter. S. 13, 5 131. 

C.) Transponirte harte Leitern. S.'l8, 5 132-137. 

I).3 Transponirte weiclie. S.^, j 138-140. 

£.) Chromatische Vorzeichnung. S. 2ß, $ 141 - 145. 
V.) EigenthümliclieHarmoiueender Tonart. S. 32, $146-160. 

A.^ Aufzälilung. derselben. S. 32, $ 146-150. 

B.) Unsere Beceichnuog. S. 38, $ 151-153. 

C.) Verzeichnis der eigen thümlichen Harmonieen einer 
jeden vorlsommenden Tonart. S. 42, $ 151. 

D.) Mehrdeutigkeit des Sitzes« S. 42, $ 155. 

E,} Grenzen derselben, S. 53, $ 156^158. 

F.} Zusammenstellung der bis hier beobachteten zw%i 
Hauptgattuogen Ton Melirdeutigkeit. S. 5T, $ 159, 160. 
VI.) Verwandschaft der Tonarten« S. 64 , j 161 - 180. 

A.) Nächste Verwandte der harten. S« 64, 5^162-168. 

B.} Nächste der weiclicn. S. 71, 5 169-175. 

C.) Verwandle zweiten Grades der harten« S« 75, j 176, 
177. 

D.) Desgl. der weichen. S. 77, 5 178. 

E.) Entferntere« S. 79, 5 179, 180. 

F.) Verwandschafts-Tabellc. S. 81, 5 180. 
Vir.) Charakteristik der Tonarten« S. 82, 5 181 - 183. 

A.) Temperatur« S« b3. 

B.) Klangfarbe. S. 90. 

Vierte Abthdlung. 

Modulation. 

S. 93, S 184-225. 

I« ) Begriff. S. 93, 5 184. 

II«) Leitertreue, ausweichende Modulation. 55. 93, J 185 - 189. 

A.) Ganze , halbe Aasweicliung« S. 94, $ 186. 

B.) Leitakkord , Leitton« S, 86, 5 187. 

G.3 Ausweichung in dieses, in jenes I^Urrall. S. 100, 

5 j88, 
D.) Charakterische Verschiedenheit, und Werth oder 
Unwerth der leitergleichen, und der ausweichenden 
Modulation. S. 101, $ 189. 
III.) Stimmung des Gehöres in eine Tonart« S« 103, 5 190-225. 
A«) Erste Stimmung. S. 104, J 191. 
B.) Bleibende Stimmung, UmStimmung. S« 105, $192-217 
1.) Prinzip der Trägheit« S. 105? $ 192-196. 

0.) Das Gehör nimmt das Leitereigene gern für 
leitereigen , S« 105 , $ 193. 



y 



XXXVI Inhalt des 2« Bandes. 

hS) Das Leiter fremde aber fnr das NächsttnÖg- 
liehe, S. 107, $ 194- 196. 
2«) Stärkere Gründe y Welche die Trägheit iiberwin- 
den. S. 110, J 1977217. 

a«^ Besondere Abzeichen einer auftretenden Har- 
monie. S. 111 , 5 198-201. 
*l.) V7 mit grosser None. S. 112, J 199. 
*I1.) Vr mit kleiner None. S, 114, $200,201. 
*ni.)"ii7 mit erhöhter Ten. S. 115, J202. 
*IV.) Durchgehende Koten. S. 117, $203. 
ft.) Gewoiinlieiten des Gehörs. S. 117, $ 204-217. 
*I.) Neuer Anfang. S. 118, $ 205. 
*II«^ Lage einer auftretenden Harmonie. S* 
119, $206-208. 

'^A.) Besonders bekannte. S. 120, $ 207« 
*1.) Quarlsextenlage. S. 120. 
*2.) Andere bekannte Formeln« 
S. 121. 
*B.) Ungewöhnliche Lagen« S. 122 > 

$ 208. 
•III.) Gewohnte Modulation. S. 126, $ 209. 
*IV,) Halbe Umstimmung. S. 128, $ 210-215. 
♦V.) Wiederkelir gehörter Stellen. S. 136, 
5 214-217. 
C) Mehrdeutigkeit. S. 141, $ 218 - 224. 
D.) Beispiele zur üebung. S« 151, $ 225. 

Fünfte Abtheilung. 

Harmonieschritte. 
S. 172, $226-288. 

I.) Harmoniescbriite überhaupt. S. 172, $ 226-24?. 
A.) Aufzählung. S. 172, $ 226 - 228. 
B.) Eiotheilung. S. 175, $ 229-252. 

1.) Leitergleiche, ausweichende. S. 175, $ 229. 
2.5 Grösse der HarmonieschriUe. S. 175, $^ 230-232. 
C.) Sequenzen« S. 177, $ 233-240. 
D.) Bemerkungen über den "Werlh oder Unwerth der 
Harmoniefolgen. S. 185, $ 241, 242. 
n.) Leitertreue Harmoniefolgen. S. 208, $243-271. 

A«) Vom leiter treuen Folgen eines Dreiklangs auf den 
anderen« S. 209, $244-250. 
1.) Seknndenschritte. S. 211. $ 245. 
2.) Terzenfortsohreituogen. S. 212, " 246. 
3.3 Quartenfortschreitungen. S. 2>5, $ 247. 
4.5 Quintenfortschreilungen, S.215, $ 248. 
5.5 Sextenforlschreituugen. S. 218, $ 249.. 
6.> SeptenfortRchreitungi'P. S. 219, $ 250. 
B.) Von den Harmonieschritten, wo nach einem Drei- 
klang ein leitergleicher Vierk lang folgt. S. 221, $ 251. 
C.) Von denen, wo nach einem Vierklang ein leilerglei- 
eher Dreiklang folgt : Kadenzen« S. 222$ $ 252 - 268. 



j" 



Inhalt des 2« Bandes, XXXYII 

1.) Haupikadcnz, S. 227, § 255-2ftl» 

a.) Natürliche flanplkadenz. S, 227, J 255.' 
b.) Trughauptkadi-nx. S. 227, 5256- 261. 
20 Nebi-nkadeoz. S. 234, J 262-2^>8. 

a.) Natürliche Nebeokadenz. S. 254, ^ 2f^3, 2(^4. 
fc.) Tnig-Neb^nkadenz. vS. ?3"^, § 2^5 - 2' 8. 
D«) Von der Folge eines leitereigenen Vierklanges auf 
den anderen. 8,239,5 269-271. 
III,} Anaweichende HarraoniescJiritte. S, 243, 5 272- 288. 
A.) Aufzählung der Arten. S. 244, 5 2:3. 
B.) Werth oder ünwerth S. 245, 5 274, 275. 
C.) EintheiUing nach dena Leitakkordt% S. 241', 5 276-288. 
1.^ Ausweichungen durch I oder i, S. 2 »8, 5 278. 
2.5 I^urch die Dominanthariuonic der neuen Ton- 
art. S. 29, 5 2:9-2>t. 
Durch V7. 8.249,5279-282. 
Durch V. 8. 2.3, 5 263. 
3.) Ausweichungen durch IV oder IT. 8. 254 > 

5 284, 285. 
4.) Durch eine der Nebenliaraionieen.S.256,5287,288« 

Sechste Ahtheilung. 

Modiuatorische Gestaltung der Tonstiickeim Ganzen. 

8. 259, 5.289-312. 

Toneseinheie überhaupt. S. 259, 5 289. 
Anfang eines Tonstückes. 8. 263, 5 29^-295. 
irr.) Modulation im Verlaufe des Stückes^ 8.271, 5 2% -302. 
IV.) Endrgung. S. 279, 5 303-312. , 

A.) Authentische. 8. 279, 5 503-305. 

B.) Plagalische. 8. 301, J 306-308. 

C.) Sonstige. S. 304, 5 509, 510. 

D.) W'erth oder Unwerth dieser rerschiedenen Arten« 
8. 306, 5 311. 

E.) Aus welchem Ton ein 8tück gehe. 8. 310, $ 312* 



!i3. 



DRITTER BAND. 
* Siehente Ahtlieilung. 

Auflösung. 

S. 1, 5 313-342. 

I. ^ Verschiedene Formen der Auflösung. 8. 2, 5 314. 
]I«3 Fortschreituug der interralle der Vierkläoge. 8* 5» ( 
31o'-338 
Ao'Dcs Hauptvif rklanges. S. 5, ( 315-326. 



XXXVni Inhalt des 3. Baude«. 

1.) Der Hauptseptime. S. 5, 51&-5201 

a.) UufrfieFortschreitung, S, 5» $ 516 - Sl9. 
I.}) Bei der Datnrlicken Hauptkadcni. 
S. 6, f 517. 
A.)) Normale Fortscbreitmig. 

S, 6. 
B«)) Ahweichung tob der 
normalen. S« 7* 
II.)) Fortschrei tooc der Haaptsepti- 
me bei der Trug-HauptLadeni. 

S. 9, 5 318. 
III.)) .Bei leiter treuen Kadenzrermei- 
duDgen. S. 10, $ 319. 
b.) Freie Fortsclireiiung. S. 10, f 320. 
2«) Fortsclireitnog der Terz des Hauptvierklan^ 
ges, S. 15, 5 521-524. 
a.) üufreie. S. 15, $ 321-323. 

I,)) Bei der natörliciien Kadenz. S« 15, 

$ 321. 
A.)) Normale. S. 15. 
B.)) Abweichungen, S. 16» 
II.)) Fortsclireituog des Unterhalbtones 
bei der Triigkadenz. S. 18» $ 322. 
II(.)) Bei leitertreuen Kadenz Vermei- 
dungen, S. 19, S 523. 
h.) Freie Fortschreilung. S, 19, $ 321. 
3,) Fortschreilung der selbständigen None* S. 23, 
$ 525, 526. 
a.) Unfreie. S. 23, 5 325. 
b.) Freie. S. 24, 5 526. 
B.) Fortschreitung der loteryalle der Nebeny^erkliingt. 
S, 26, 5 527-555. 

1.) Der Nebenseptimeo. S, 26, J 327, 328. 
a.) Unfreie. S. 26, J 527. 
b,) Freie, S. 28, $528. 
2.) Fortschreitung der Terz der NebenTierklaa- 
ge. S. 29, 5 529-55-2. 

I.)) Bri natürliciien Nebenkadenzea« S. 

29^ Ä 329. 
II.)) Bei Trug.Nebenkadeozen. S« 30, 

5 550. 
III.)) Bei leitertreuen KadenzTermeldtm- 

g«»n, S, 51, { 551. 
IV.)) Bei Ausweichungen, 8,52» $532. 
3.) Forlsciireitung der Quinte der Neben^ier- 
klänge. S. 52, 5 535. 
C,) Fortsclireituog der Intervalle, des Hauptrierklan* 
ges mit erniederter Quinte» — oder des Vierklan, 
ges mit kleiner Quinte und erhöhter Terz« 8, 35» 
S 554-558. 
nr.) Fortschrcitung der Interralle der Dreikläoge, S« 38» € 

559-511. 
IV.) Furtsciireitung durchgehe uder Töne« S. 40, $ 342« 



lulialt des 3* Bandes* XXXIX 

Achte Ahtheilung. 

Durchgehende Tdne. 

S. 41, J 343-456. 

lO Begriff und Wesenheit, S. 41, 5 343, 344. 

A.) Im Allgemciaen« S. 41, $ 343. 

B«) DurcJigänge untergeördaeten RaDges« S, 44, S 344. 
II,) Verschiedene Art wie Durchgänge yorkommen können» 

S. 45, $ 345-363. . 

A.^ Zu Intervallen .dei^ gegenwärtigen , oder der fol- 
genden Harmonie. S. 46, $ 346-349. 
3,) Kurze, lange. S, 49, 5 350, 351. 
C.i Leichte, seliwere. S, 50, 5 352 — 35^^ 
D.) Durchgänge in yersdüedenen Stimmen. S. 52, S 

355-358. 
£.^ Durchgang hei Brechungen. S. 55, $ 359* 
F.) Haupton mit dem Nehentone zugleich erklingend» 

S. 56, 5 360, 561. 
G.) Mitanschlagende Durchgänge. S, 58, 5 362 , 363. . 
III.} Welche Töne einem Hauptton als Nehentone vorgeschla- 
gen werden können. S. 60, $364-387. 
A.) Durchgänge von Ohen, von Unten« S.60, $ 36f» 
B.^ Haihtönige, ganztönige. S. 61, $ 366. 
C«) Leitereigene, leiterfremde. S. 62, S 367-370. 
1.) Willkilrliche y nothwendige Annäherung. S« 

68, $^71-375. 
2.i Entferntere Durchlange. S. 75, $376-379. 
3.) Durchgänge als Leitton. S. 79, $ 380. 
4.) Beispiele zur Erläuterung. S. 83, $ 381. 
D.) Nebentöne anif harmonischen Stufen« S. 86, $ 382-387. 
IV.) Mehrdeutigkeit. S. 94, $388-408. 

A.} Darstellung derseJhen. 8. 94, $ 388. 
B.> Grenzen. S. 94, J 389-406. 
C.) Lindernder Einfluss. S. 113, $ 407, 408« 
V«) Durehgangtöne in ihren Beziehungen auf die vorherge- 
hende Note betrachtet. S. 116, J 409-416. 

A.) Anfangende Durchgänge. S. 117, $ 410, 411* 

B.) Springende. S. 118^ $ 412. 

C.) Stufenweis eintretende. 8. 119f $ 413. 

U) Zwischennoten. S. 119t 5 413. i 

2.) Zurückkehrende. S. 121, } 414. ' 

D.) Vorbereitete. S. 122, 5 415, 416. 
VI.) Vorhalle. S. 125, $ 417-441. 

A.) Grundzöge. S. 125, 5 417-429. 

1.) Begriff von Vorbereitung, S. 125, $ 4l7. 
2«) Wie die Vorbereitung gesclüeht. S. 125» 

J 418-429: 
a.) In derselben Tonhöhe. S. 126 , $ 419. 
D In der nämlichen Stimme. S. 126, \ 420. 
c.) Gebunden, S. 42T, 5 421, 422. 
d;^ Lange genug. S. 129, 5 423. 
e,3 Durch ein harmonisches Intervall. S« 

129, S 424.-426. 



XL Inhalt des 3« Bandes. 

f.) Auf leichrem , oder schwerem Trictthei- 
le. S, 132, 542^-429. 
BO Verschiedene Art, wie Vorhalte vorkommen* S, 

' 135, J 430-436. 

1,) Zu Intcrrallen der gegenwärtigen, oder der 

folgencJeo Harmonie. S, 13b, $450* 
2.) Lange, kurze« S. 137, 5 431. 
3.) Schwere, leichte» S. 137, J 432« 
4.) lo verschiedenen Stimmen. S. 137* $ 433« 
5.) Vorlialte bei Brechungen. S. 130, 5 434. 
bO Vorhaltton und Hauptton zugleich erklingend, 

S. 138, 5 435. 
7.) Mitanschlagende Vorhalte. S. 138, $ 436. 
C.) "^^''elche Töne einem Interralle vorgehalien werden 
kSimen, S. 139, J 437. 

1.) Vorhalte von oben, von unten. S. 139, $438* 
2.) Halbtöuige, ganztönige, S. 139, ff 438# 
' 5.) T.eitereigene, leiterfremde. S. 140, $439. 

4.) V^orlialttöue auf harmonischer Stufet S* 141» 
5 410. 
D.) Mehrdeutigkeit. S. 112, $ 441. 
VII.) Forl'iclireiruug der Durchgangtöne. S. 143, $ 442 - 455» 
A.) Allgemeiner Grundsatz. S, 143, $ 442. 
B.) Vfr-sciiicdeoe Formen. S. 144, 5 443. 

1.} Nebenion und Hauptton aneinandergesclileift, 

oder ab(rf.sto.ssen. S. 1 l4, {444. 
2.) Durcli Pausen getrennt. S. 145, 5 445. 
3.) Zwisclieneingeschobene Töne. S. 145 > ( 

416-44». 
4.) Auflösung während der gegenwärtigen, oder 

folgeude.i Harmonie. vS. 118, 5 449,451. 
5.) In eine Kon-, oder Dissonanz. S. 154, S 452. 
6.) Bewegung anderer Stimmen. S, 155, j 453, 454. 
7Ö Auflösung auf leichter, oder schwerer Zeit. 
S. 157, 5 155. ^ ' 

VIII.) Ueber den Werth oder Unwerth der Durchgauge im 
Allgemeinen. S. 158, } 456. 

Neunte Abtheiluhg^ 

Von einigen besondern Arten harmomefremder 
Töne, welche nnch aiideren Gesetzen 

statt finden. 
8. 159, § 457-466. 

I. ) Verlängerte Intervalle. S. 160, J 458, 459. 
II.) Vorausgenommene Töne. S. 163, j 460. 
III.) Angehängte Noten, S. 164, 5 461* 
IV.) Orgelpunkt. S. 105, $ 462-465. 

Schlus<(bemerkung xur Lehre ron harmoniefremden Tonen« S, 
169, $466. 



•XLl 

Vierter band. 

Zehente Ahtheilung. 

Springende Bewegung* 
S. 1, $ 467-496* 

I. ) Deren Werfh und Unwcrth überhaupt. S. i^ $ 468-474. 
II.) Nähere Betrachtung dc^ rerschiedenen Arten von Sprün- 
gen. S. 10, i 471-496. 

AO Sprungineisung. S.IO, $ 476-483. 
B.) Sprünge der JiasMlimme. S, 18, $ 484-489. 
. C.) Qncrstände« S« 24» ( 490-496. 

Eilße Abtheilung. 

Wertli der verschiedenen Parallelbe- 

wegungen. 

S. 9if 9 497-558. 

I, ) Primenparallclen. S. 32» $ 498* 
II.) Sekundparalieien* S. 32, $ 499/500. 
ni J Teriparallelen. S. 35, ( 501, 502. 
IV.3 Quartparallelen. S. 37, $ 503, 504. 
V. ) Quintparallelen. 8. 38, J 505 - 544. 

A.) Aufiählnng der yersciiiedenen Arten. S. 40, $ 
506-521. 

1.) Eigentlidie, wirkliehe oder offenbare. S. 40, 
$ 506-508. 
0.) In streng paralleler Richtung. S. 40, 

L507. 
nicht strengparaller. S. 42, $ 508. 
2.) UneigentUehe oder verdeckte. S. 45 , $• 
509-521. 
a.) Ducioh Pauied unterbrochene. S« 45, 

J510. 

h.') Brechungsquioten« S, 45, $ 511, ':12. 

c) Akf^ntquinten. S. 44, $ 513. 

d,) Quinta durch harmoniefremde 7'öne 

rerdeokt. S* 46, $ 514.^ 
e«) Ueberspringungsquinten. S.47, $^15-516. 
/.) Eiosduebequinleo. S. 50, $ 517, 518. 

f.) Gegenbewegungsou inten. S. 55, $ 519. 
•) Ohrenqmncen. S. 54, $ 520. 
3.) Weiterer üeberBlick. S. 51, 5 521. 
B,) Werth oder Unwerth der parallelen Quintenfort- 
tdireituog. S. 56, $ 522-559. 
1.) Grundsatz. S. 57, $ 525* 
2.) Folgen. S. 58, ( 524-559- 

a.) Quinten ia toIIi timmigem Satze. S« 59, 

$ 524. 
L Band. 



«, 



XLII Inhalt des 4. Bandet. 

h») In Haupt-, in Nebenstiiiiin«n. S. 59f 

5 5>5. 
r.) V«rdopplung«quinten. S. 60, ( 526, 52T. 
J«) Quinten iwischen harmonÜGhen , und 
liarmoniefremden Tönen. S. 61, f 528» 
e.) Gleiche y ungleiche. S. 62, { 529. 
/,) Verdeckte oder uneigentliohe« S. 63, 
$ 530-539. 
a.] Durch Pkiisen unterbrochene« S. 

63> $ 531. 
b.] Brechungsquinten. S. 64, f 532» 
c] Akzentquinten. S.66, f 533. 
b.] Durch harmouiefreinde Tone fer* 

deckte. S. 66, ( 534. ' 
e.] Ueberspringungsquintea, S« 66» 

$ 535. 
f.] Einschiebequinten, S. 68» € SSS» 
g.] Gegeiibeweguogsquintcn. S. 69» 

$ 537. 
^.] Ohrenqu inten. S. 70, $ 538. 
or.) ScliliMsbeinerkung. S. 7t, $ 539. 
C.) Art u. Nnttel, Quinten lu Termeiden. S. 77, $ 540-543. 
D.) Quintenregister der OrgeL S. 60^ $ 544« 
VI.) Sextparallelen, i). 63, } 545. 
VII.)SeptparaUrleii. S. ^3, ( 547- 
VIII.} Oktavparallelen. S. 84, 5 548-558. 
A.) Aufzählung. S. 84, $ 548-556. 
1.) Wirkliche. S. 84, 5 VIS. 
2.) Verdeckte. S. 84, j 5^9-556. 

/i.) Durch Pausen getrennte. S. 84,' (549- 
i.) Brechungsoktaven. S, 65| $ 556. 
c.) Akzeutoktaven. S. 8fs Q 551* 
d,') Durch harniouicfreuide Töne rerdecktr. 

S. 86, J 552. 
e.) Ueberspringungsoktaven. S. 87, $ 553« 
/.) Einschiebeoktaven. S. 88, j 554. 
g.) Gegenbeivegungsoktaren. S. 8% $ 555* 
3.) Weiterer Ueberblick S. 89, $ 556. 
B.) Wcrth oder ünwerth. S.90, J 557. 
1.) Grundsatz. S. 90. 
2.) Folgen. S. 90. 

a.) Oktaren in rielstimmigem Satie. S. 90* 
&.) In Haupt-, in Nebeustimmen. S, 90. 
c.) Verdoppluogsoktaven. S. 90. 
d.) Verdeckte. S. 94. 

a.l Durch Pausen unterbrochene. S. 94* 

b.J Brechungsoktaren. S. 94* 

C] Akzentoktaven. S. 96. 

t.j Durch harmoniefremde Töne Ter- 

derkte. S. 96. 
e.] Ueberspriuguugsoktayen. 5. 97» 



Inhalt des 4* Bandes. XLIDL 

(.] EinsohUbeoktayen, S. 98* 
g.1 GegenbeweguogsokUTen, S. 99» 
«.) Schlussbemerkung. S. 99* 
C.) Arr und Mittel, OktaTparalielen su TcnneideD. 
S. 99« $ 558. 

Zwöi/ie Abtheilung, 

S, 101 , 5 559 - 578. 
Winke zur Uebung im ' reinen Satze. 

I» ) Zu einer y oder mehren gegebenen Stimmen , eine, oder 
mehre andere zu setzen, S. 102 9 $ 559 -576* 

A«) Wenn die zu wählenden Harmonieen Tollständig 
nach unserer Bezeiohnungsart gegeben sind. S. 
106, $ 560. 
B«) Wenn zwar die Grundakkorde, nicht aber auch 
deren Sitz und Angeliörigkeit beigeschrieben ist. 
S. 106, 5 561. 
C.) Wenn die zu wählenden Zusammenklänge nur 
durch Generalbassziffern angezeigt sind. S. 107 > 
i 562-575. 
1.) Beschreibung der gemeiniiblichen General« 

bassschrift. S. 108, } 563-574. 
2«) Anwendung der Generalbassschrift auf unse- 
re kontrapunktischen Uebungen : — Zu einer, 
oder melireren gegebenen otimmen , eine, 
oder mehrere andere zu setzen , wenn die 
gegebene generalbassmässig signirt ist. S. 127, 
i 575. 
D.) Eine, oder mehre Stimmen, zu einer, oder mehren 
gegebenen zu setzen , wenn die zu wählenden 
Harmonieen gar nicht eigens angedeutet sind* S. 
129, J 576. ^ 
II.) £ine gegebene Harmonieenfolge in Stimmen auszusetzen. 

S. 130, $ 577. 
III.) Einen Satz , ohne irgend etwas Gegebenes , zu erfinden. 
S. 131, $ 578. 

Anhang. 

Ueber das sogenannte Generalbassspielen bei Aufifuhrung ron 
Kirchenmusiken, und über würdigere Anwendung der Or- 
gel. S, 133-139. 

Ueber antike Musik , insbesondere alte , giccliisciie , oder 
Kirchentonarten. S. 140-16'JL 






Einleitung. 

Allgemeine Musiklehre 

i o d r e. i V o r k a p i t « ( o< 



rfi«>llta^tai^MM»rifta 



Elastes Vorkap i.teL. 

Allgemeine Begriffe von Ton und 

Tonkunst* 

I.) T o 11. 
S ^- 

Uin die fiegriffe yoii Ton und Tonkunst festzu« 
fttellen ^ müssen wir von dem allgemeinen Begriffe 
Yon Laut oder Schall ausgehen. 

Unter der Benennung Laut oder Schal) be- 
greift man überhaupt alles, was unser Gehör empfia«, 
dety was wir durch das Ohr Ternehmen,. miiJ^^em 
Wort ) alles Hörbare. 

Bekanntlich bestellt jedei' solclie Laut öclei* Sehall 
In , der , unserm Gehöre erregten Empfindung der 
Erläuterung (Oscillation) irgend eines Körpers, dessen 
Schwingungen, entweder durch die Lüft^ oder durch 
irgend einen andern ▼ ermittel ndeoi Oder /^wischen- 
körper, ron jerie^ bis zu ünsern CehörWerkseugen 
fortgepflanzt werden , und hier die Empfindung erre- 
gen , welche man Höreii riedrit. 

Es beruht aber eine wesentliche Versohiedenlieit 
dei Lautes darauf, ob solche Sohwiügungen entwe« 



2 Ton 

der von einerlei Gescliwindigkeit sind , oder aber 
theils schneller^ theils viel , oder wenig langsamer. 

Einen Laut.ersterer Art kann xqan einfachen 
Laut nennen; in der RunstspracHe heisst er ein 
Klang. Von einem solchen vermag unser Gehör zu 
unterscheiden , oh die empfundenen .Schwingungen 
schnell, oder langsam sind ; und sofern wir ihn solcher- 
gestalt, als aus langsameren Schwingungen hestehend , 
empfinden, nennen wir ihn tief; hoch aher, wenn er 
aus schneller auf einanderfolgenden Schlägen besteht. 
jf)ür einen Klang, den wir als Klang einer be- 
stimmten Höhe oder Tiefe erkennen , gehraucht man 
gewöhnlich den JVamen Ton.' 

Aus diesen Zergliederungen ergeben sich folgende 
Begrififbestimmungcn : 

Laut ist die hörbare Wirkung der Schwingungen 
eines Körpers. '' 

Klang ist ein einfacher oder ungemischter Lauty 
ein Laut von erkennbarer, bestimmbarer Höhe. 

Ton ist ein Klang von erkannter Höhe, ein 
Klang als Klang einer gewissen Höhe betrachtet. 

In*- Gegensatze der bisher besprochenen einfachen 
Laute y kann man diejenigen , welche aus Schwin- 
gungen von nicht einerlei Geschwindigkeit bestehn, 
gemischte Läute nennen. Sind diese Schwin- 
gungen vollends so ungleichartig, dass das Ge« 
hör eine bestimmte Tonhöhe darin gar nicht unter- 
scheiden kann', so kann man sie verworrene Lau- 
te, oder Laute von unentschiedener, uner- 
.kennbarer Höhe nennen, oder auch blose Laute, 
tpnlose Laute, weil das Gehör zwar einen Laut, 
aber keinen Ton vernimmt. Auch gebraucht man 
ikf^T den Namen Geräusch (Vergi. J V ani Ende.) 



und Tonkunst, 5 

S TL 

Um die eben aufgestellten BcgrifFbestimmungen 
nälier zu erläutern und zu begründen , wollen wir 
das Gesagte an einige Erfahrungen anknüpfen. 

I.) Dass, fürs Erste, der Laut die Wir- 
kung von S cHSvi ngungcn ^ines Körpers ist, 
kann man sich leicht anschaulich machen. Wenn 
man z. B. die beiden Enden einer Stimmgabel zusam-" 
menklemmt , und wieder losschnellcn lüsst , so wer^ 
den dieselben alsbald auseinanderfahren , darauf aber 
nicht gleich in Kühe bleiben , sondern noch eine 
Zeitlang hin und her schwingen. Man kann dies 
Oscilliren in der Hand fühlen, und allenfalls auch 
mit blosem Auge wahrnehmen. Noch sichtbarer sind 
solche Schwingungen an langen , etwas dicken nnd 
nicht allzustark gespannten Saiten. So lange nuti 
die Erzitterungen eines solchen Körpers dauern, hört 
man den Laut, dessen Stärke zugleich -mit der Stärke 
der Oscillationen abnimmt, und endlich mit ihnen 
verschwindet. 

Ein Laut ist stark oder schwach, je nachdem 
Tiele, oder nur wenige Theile, eines grösseren^ 
oder kleineren Körpers , in starke , oder schivächere 
Erzitterung versetzt sind. 

Schwingungen zu machen und mitzutheilen, tind 
also Laute zu erzeugen, sind vorzüglich elastische 
Körper geeignet. > So bewirkt z. B. schon ein massig 
ßtarker Schlag auf eine Glocke, auf ein angespanntes 
Trommel-, oder Paukenfell , einen heftigeren Laut, 
als ein weit stärkerer auf ein Stück Blei , oder auf 
schlafles Leder: denn Glockongut ist sehr elastisch ^ 
Blei aber nicht , und Leder wird es erst durch Span- 
nung. Und so wird auch sogar der Klang einer Glocke 
dumpf und matt, wenn sie nicht frei hängt, sondern 
auf der Erde steht, oder sonst einen unelastischen 
Korper stark berührt, und dieses ihre Schwingungeff 
hemmt. 

Darum werden vorzüglich elastische Körper ztl 
Ton Werkzeugen gebraucht , z. B. Glockenmctall zU 
Glocken, Stahl zu Stimmgabeln , zum Stahltilavier, 
zur Aeoline , zur Stahlharmonika , gespannte Drath-« 
oder Darmsaiten zu Saiteninstrumenten, Glas zum 
Glaskla?ier, znr Glasharmonika, n. 8. w. In Ofgcl-' 



4 Ton 

pfeifen ^ namentlich und rorzflglicli in den Lakial- 

gfeifen (sogenannten Flötenwerken) , und in anderen 
Iftseinstrumentcn , i^t die in der Röhre oder Pfeife 
enthaltene Luftsäule seihst der klingende , den Laut 
gebende Korper, welcher durch die Reihung, welche^ 
ein in die Röhre eingeblasener Luftstrahl bewirkt , 
in Erschütterung versetzt y, und so zum Tönen ge- 
bracht wird. 



Bei den sogenannten Zungenpfeifen, Rohr- odet 
Scknarrwerkcn (Zangenwerken) der Orgel scheint je-» 
«loch , (wie ich 8<nion in der Leipziger allgem. luusikal. Zei- 
tung ▼. Jan. 1816, S. 35, geäussert, und zu praktischem Ge-* 
winn zu benutzen versuchte), eher die Zunge, als die Luft« 
Säule der tbnbestiromende Körper zu sein, der Pfeiffenkörpei 
und die darin miterziiterhde Luftmassc hingcgefn mehr nur den 
Charakter des Klanges, sein cfigenthümliches Gepräge (7Vm6re) 
die Ton färbe (Klangfarbe) dicf sogenannte Qualität det 
Klanges, zu modi6circn, als dessen Tonhölic , die GeschwiiH 
digkeit der Schwingungen, die sogenannte Quantität des 
Tones, unbedingt zu bestimmen. Es scheint mir diese Ver* 
muthung darin begriindet^ cfass bekanntlich die Tonhöhe einer 
Zungenpfeife nur wenig ton ihrer grösseren oder geringeren 
Lange, sondern hauptsächlich von der Lihige und Steifheit 
der Zunge abhängt , so dass man eine und dieselbe Pfeife , bei 
gletehbVeibender Länge , willkürlich bald hoch, bald tief stim- 
men, und sehr tiefe Töne aus sehr kurzen Pieifes, ja, aaa 
Einem und demselben corpus eines Zungenwerkes , ganz Higlich 
zwei und mehrere Terschiedeue beliebige Töne zu gleicher 
Zeit ertönen lassen kaiin (wie dies ja schon F. Kaufmannt 
Trompeter- 4 utomate bewährt), welches alles nicht statt finden 
könnte , wenn die durch das Pfeifencorpns begrenzte Luftmasse 
der longebeude und tonbestimmende Körper wäre. — Da in-« 
detsea auch bei den Zungenpfeifen die Tonhöhe d€>cfa nicht 
ganz unabhängig von der Länge cter Luftsäule und überhaupt 
von der Grösse und Gestaltung des Pfeifenkörpers is£, und also 
die Schnelligkeit der Schwingungen der Zunge doch, durch deA 
Widerstand der gilissem, oder kleineren Luftsäule , mehr, odeC 
weniger aufgehalten und verzögert zu werden scheint , welche» 
auch besonders bei mehreren rohrwerkartigen Blasinstrumenten 

iz. B. dem Clarinett, dem Fagott, u. m. a. )sehr bestimmt der 
'all ist, so wäre es wohl sehr anziehend, näher zu untersuchen, 
in welchem Verhältnis cincstheils die Zuns^e , andemthcils die 
Luftsäule, die Tonhöhe bestimmt? und insbesondere, ob bei 
Zungenpfeifen, ebenso, wie bei den Pfeifen der Flötenwerke ^ 
die von Chlndni so genannte zweite, dritte und weitere Schwin» 
gungsarten statt finden? Lauter höchst erhebliche und nah lie- 



und Tonkunst, 5 

gcndc Fragen ! und dennoch liadftt man sie selbst , bei unsem 
trefflichen Cl)ladui gar nicht, oder doch $. 71 seiner Akus» 
tik, und auch in seinen Neuen Beiträgen zur Akustik 
Leipzig 1817 S. ^4* zu $. 68, nur üuchtig berührt. Bei ge- 
nauer UntjBrsuchung all dieser Fragen, möchte man iibrigeni 
auf manche , bis jetzt nicht erwartete Resultate gelangen ; num 
liriirde vieUeicht bemerken , dass ein tonerregender , ein tönbe« 
'ttimmender, und ein mitertönender Körper, nicht grade immer 
haarscharf unterschieden seien, und dass vielleicht auch Ober* 
baupt die Lüngeschwingungen , durch welche Chladni dit 
Töne der Flötenwerke so vollkommen folgerecht und be* 
Criedigend erklärt, iß Zungenpfeifen entweder nicht, oder we- 
nigstens ziemlich anders , statt finden. Möchte dieser geistf 
reiche Forscher floph bald aupl^ hiprikber Licl^t werden I^mmcu \ 
Yergl. hterüber meine Abbandlang iiti t. Hefte der 2«eilscbrift Catcilia^ 
Mainz 1824. 

S «I. 

2,) Dass ein hoher Klang das Ereeugnls 

Seschwinder Schwingungen , ein tiefer ab«r 
ie Wirkung von langsameren ist, kann man 
darauß abnehmen, dass man die JBrzitterung sehr tief-« 
tönender Saiten mit biosem Auge bemerken kann , 
nicht aher die einer höheren , weil , je höher die%% 
tönt, desto geschwinder ibra Schwingungen sind^ 
und durum immer weniger sichtbar werden y bis sie, 
bei noch höheren Saiten, endlich gar nicht mehr 
>vahrzunefamep sind. 

Von einem Tone, welcher, binnen gleicher Zeit, 
noch einmal so viele Schwingungen macht, als ein 
anderer, kann man sagen, er sei nocheinmal so 
hoch als dieser, oder nur halb so tief. 

Vorläufig kann man sich merken, dass ein Ton, 
yftXchev noch einmal so hoch ist , als der andere , 
die Oktave desselben genannt wird. Weiter unten 
wird dieses Wort näher erklärt. 

Ob ein Körper schnelle, oder langsamere Schwin-» 
gungen macht , hängt von verschiedenen Umständen 
ab, deren wir uns hier nur einige vergegenwärtigen 
wollen. 

a) Fürs Erste schwingt, unter sonst gleichen 
Umständen, ein langer Körper in der Regel lang- 
samer als ein kürzerer; jener klingt daher tiefer, 
dieser höher. Darum hat man z. B. auf dem Klaviere 
für die tiefen Töne lange Saiteq , und für die höhe» 
ren kürzere, darum auf der Orgel lange Pfeifen für 



6 2üfi * 

den Bas8 y und kurze i'(ir die hohen Töne ; darum 
klingt das kupce Piccol flötchen hoch, und das lange 
Fagott tief; darum wird der Ton der Violinsaite hO-» 
her, wenn man sie auf das Grifilirett aufdrückt; in- 
dem nun nicht mehr ihre ganze iJinge schwingen 
kann , sondern nur das kürzere Stück, welches 
zwischen dem Steg und dem aufgedrückten Finger 
liegt. 

Da nun die Schwingungen eines Körpers um desto 
geschwinder sind, der Ton also desto höher wird, 
je kürzer jener ist, nnd in ehen dem Verhältnis, wie 
die Länge des Körpers zunimmt, die Geschwindigkeit 
der Schwingungen, die Tonhöhe ahnimmt, so steht 
die Geschwindigkeit der Schwingungen , oder dio 
Tonhöhe, mit der Länge des schwingenden Körpers^ 
in umgekehrtem Verhältnis. 

Bei verschiedenen Arten von Körpern ist dies 
umgekehrte Verhältnis von der Art, dass ein Kör- 
per von einer gewissen Länge grade noch einmal 
so geschwinde schwingt als , unter sonst ganz glei- 
chen Umständen, ein doppelt so langer, und nur 
halh so geschwind, als ein nur halb so langer. Z. B, 
von zwei Saiten , welche einander sonst in allen 
Stücken gleich sind, deren eine aber nur halb so 
lang als die andere ist, macht jene grade zwei 
Schwingungen, indess diese nur eine vollbringt; 
der Klang der erstem ist noch einmal so hoch 
(nur halb so tief) als der der letztern, und diese 
klingt noch einmal so tief (nur halb so hoch) 
als jene, (Afathematisch ausgedrückt, verhalten sich, 
an zwei Saiten, deren Längen gegeneinander sind 
wie I zu a, die Geschwindigkeiten der Schwingungen, 
oder die Tonhöhen , wie 2 zu i.) 

Dasselbe Verhältnis tritt , unter sonst gleichen 
Umständen , grösstentheils auch bei der in Orgel- 
pfeifen und anderen Blasinstrumenten tongehenden 
Luftsäule ein ; nicht aber auch z. B. bei den Quer- 
Schwingungen einer Stimmgabel , oder anderer ähn- 
licher Stäbe ; denn ein solcWr vibrit viermal so ge- 
schwind, als ein doppelt so langer, und nur vier- 
teis so geschwind, oder viermal so langsam , als 
ein halb so langer. (Mathematisch ausgedrückt, 
verhalten sich die Tonhöhen zweier , sonst glei- 



und Tonkunst. j. 

eben Stabe dieser Art , umgekehrt wie Quadrate der 
Längen.) 

bj Ein Körper schwinget zweitens in derRe* 
gel geschwinder , und giebt einen höheren Klane , je 
steifer seine Theile gespannt sind. Die Steilheit 
des schwingenden Körpers* steht also nicht ^ wie die 
Länge, in umgekehrtem, sondern in gradem 
Verhältnis gegen die Tonhöhe. Bei querschwin« 
genden Saiten ist dies Verhältnis ron der Art, das9 
eine Saite, um noch einmal so geschwinde zu' 
schwingen, mit viermal so yiel Spannkraft ange- 
zogen werden mnss. (Mathematisch ausgedrückt: Bei 
den Querscfawingungen .zweier, in allem Uebrigen 

flcichen Saiten , yerbalten sich d\'e Geschwindig- 
eiten der Schwingungen gegen einander wie die Qua« 
dratwurzeln der spannenden Kräfte«) 

cj Auch die grössere oder geringere Dicke und 
Schwere des klingenden Körpers hat Jiinfluss auf 
die Schnelligkeit der Schwingungen ; und zwar eineo 
doppelten , gewissermasen entgegengesetzten. 

Einestheils nämlich schwingt ein dickerund schwe* 
rer Körper an sich gewöhnlich langsamer, als ein dün- 
nerer und leichterer. Namentlich sind die Querschwin- 
Sangen einer Saite , welche doppelt so dick ist als 
ie andere , alles Uebrige gleich gesetzt, nur halb so 
geschwind , sie tönt also nur halb so hoch als die 
andere. In dieser Hinsicht stehen also die Dicke 
einer Saite, und die Höhe ihres Klanges , auch wie« 
der in umgekehrtem Verhältnis gegen einander. Da» 
rum hcdient man sicli z, B. auf Saiteninstrumenten , 
zur Hervorbringung der tieferen Töne, dickerer, zum 
Theil auch mit Metalldratli übersponnener Saiten. 

Anderntheils macht aber die grössere Dicke des 
Körpers , sofern sie zugleich dessen Steifheit rer-* 
mehrt, doch auch, dass er schneller schwingt, und 
höher klingt, so, dass z. B. die Querschwingnngen 
eines am einen Ende befestigten Stabes, der doppelt 
so dick ist als der andere, noch einmal so schnell 
sind als die des letzteren. Daher kommt es auch^ 
dass der Ton einer Stimmgabel nicht höher, sondern 
tiefer wird, wenn man ihre Stabe oder Schenkel dün- 
ner feilt , weil sie durch das Dünnerwerden au Steif» 



8 Ton 

}ktlt Terloren haben. Eben dadurch erklärt es sich ^ 
dass, wenn man z. B. an eine etwas frei aufliegende' 
mefallne ^anone , oder auf eineq frei stehenden 
•tählprn^il Ai|ibo# , oder spnst an eipen dicken me-« 
^Ueiiep Körper klopft, dadurch ein weit höherer 
^lang erzeugt wird , als iQan , der Grösse des Kör-i 
pers zufolge, wohl erwartet hätte. — Darum klingen 
auch die meisten Thurmglocken hei weitem nicht so 
(ief| alf man, ihrer- Grpsse nach, denken sollte, und 
9ian kann durch eine gar viel kleinere , aher yerhält-i 
nismässig weit dünnere Glocke , von Metall , oder 
i|üch nur von Glas, einen. eben so tiefen (nur freilich 
Dicht eben so starken) Klang erhalten und durch die* 
ses Mittel namentlich auf der Schaubühne das Glocken* 

f;eljii4tct zie9p|i^h täuschend nachahmen. — Auf ähii- 
ichem Grunde ii[iag es beruhen , dass ein sehr dünn 
ausgearbeitetes Fagott - ^ oder Qboen - Rohr , oder 
Clarinett- Blatt, die tiefen Töne leichter ansprechen 
lässt als die hohem , indess ein dickeres und darum 
steiferes , mehr für die höheren Töne geschickt ist 

Solche und noch mehre andere Umstände ^ 
deren Erschöpfung nicht hieher sehört , bestimnien 
die Höhe des Klanges. So wird z. B. die Tonhöhe 
der, in einem Blasinstrument, oder überhaupt 
in einer Pfeife, erklingenden LulEtsäule , ausser 
den bereits aufgezählten , auch noch sehr wesent« 
lieh durch gewisse andere Umstünde bestimmt , die 
ich in meiner Akustik der Blasinstrumente^ 
IQ der Leipz. allgem. mnsikal. Zeitung, t. 1816 No« 
5, 4 9 5, 6, 4^9 4^9 4^9 44 9 4^9 und von 1817, 
No. 49 ^* f^r grössten^heiU ausffihrlioh entwickelt 
habe. 

Wie die Tonhöhe auch sonst in manchen Fällen 
Ton der Gestalt des vibrirenden Körpers, von der 
Art und liiohtunfl, in welcher er angeschlagen, oder 
angestrichen wird, Ton dem Berühren dieses oder je- 
nes Schwingungsknotens und andern ähnlichen Um-v 
ständen abhängt, hat unser Dr. Chladni klassich 
entwickelt i hier aber bleibt es unberührt, weil selbst 
die wenigen hier berührten Sätze, wie gleich Anfangs 
gesagt , nur dazu dienen sollen , die im $. I. abstrakt 
aufgestellten Begrifihestimmungen der Erfahrunj^ näher 
zu bringen. 



und I\)nkunst. 9 

S IV- 
5.) Um insbesondere den Unterscliied der 

Begriffbe-stimmungen Ton Laut, Klang and 
T-on anschaulich zu machen, mag folgendes Beispiel 
dienen. Wenn die beiden Enden oder Schenkel einer 
Stimmgabel gleich lanc, gleich steif, gleich dick, 
und gleich schwer, kurz, in allen wesentlichen 
Stücken ganz gleich sind, so ist kein Grund yorhan- 
den , warum der eine geschwinder oder langsamer 
schwingen sollte , als der änderet Die Gabel wird 
daher gleichförmig schwingen , und sohin einen 
reinen Klang geben, dessen Hohe sich erkennen ^ 
und als Ton betrachten lässt. Man denke sich aber^ 
im Gegensatze hieron , eine Stimmgabel , deren 
einer Schenkel länger, oder dicker, oder yon wei« 
cherem (minder steifem) Stahle geformt, oder eine 
Saite, einen* Stab, oder sonstigen Körper der etwa 
an einem Ende dick und schwer, am andern aber 
dünn und leicht wäre : setzqt man einen solchen 
Körper in Schwingung, so wird diese an dem einen 
Ende langsam, am andern geschwinder sein. Denke 
man sich den Körper noch unregelmässiger gestaltet, 
wie z. B, einen unförmigen Klotz, oder einen Tisch, 
auf den man mit der Hapd klopft, einen Wagen der 
Hber dfts Strassenpflaster rollt, u. dgL Ein solcher 
Körper wird , natürlicherweise, noch weit ungleich- 
artigere Schwingungen machen ; die des einen Thel- 
les werden dio des anderen hemmen und yerwir- 
ren ; der Körper wird hoch upd tief zugleich , bunt 
durcheinander lauten , und , bei solchem gänzlichen 
Mangel aller Ordnung ^nd Einheit, alles Ebenmases 
und Verhältnissrs so yerschiedenartiger Schwingun- 
gen , wird sich keine bestimmte Höhe oder Tiefe des 
Klanges unterscheiden lassen, sondern nur ein unor- 
dentliches Gewirre yon Klängen yerschiedener Höhe, 
ein ungeregeltes Geräusch yon unbestimmter Höhe 
und Tiefe. Eben so hört man, wenn auf der Orgel 
mehre , unmittelbar nebeneinander liegende Tasten , 
etwa mit der flachen Hand, oder gar mit dem ganzen 
Vorderarme nieder gedrückt werden , hur ein unun- 
terscheidbares Gehäuse , ein Gewirr oder Chaos yoi| 
Tönen, und zwar, macht man den Versuch auf den 
liöheren Tasten , ein grausliches Geheul ; tief im 



lo • Ton » 

Bass und mit lauter tiefen Registern aber, . ein dum- 

f»fes , dem Rollen des Donners ähnliches Brauseo* 
n beiden Fällen aber ist das j was man hört, kein 
Ton, kein Klang mehr, da sich eine bestimmte 
Tonhöhe hier eben so wenig unterscheiden lässt , 
als beim Rasseln eines Wagens , beim Rollen des 
Donners , beim Rauschen eines Wasserfalles^ oder 
bei der Stimme eines Menschen, welcher nicht singt^ 
sondern spricht. 

Gleichförmige Schwingungen , und« somit mög- 
lichst reine Klänge oder Töne zu erzeugen, ist die 
Bestimmung aller eigentlich musikalischen In- 
strumente, Ton - oder Klangwerkzeuge, bis 
auf die Pauke herab, deren überall möglichst gleich- 
dickes , und nach allen Richtungen gleichförmig ge- 
spanntes , d. h. rein gestimmtes Fell einsn noch ganz 
unterscheidbaren Ton giebt. Die niedriger stehenden 
Instrumente hingegen können nicht eigentlich tönen, 
soi^dern nur schallen, klirren, prasseln, lärmen, und 
Terdienen daher nicht den Namen T o n Werkzeuge : 
z. B. die Trommel , an welcher zwei yerschiedene , 
ungleich, und überhaupt nachlässig und unordent- 
lich gespannte Felle beündlich sind , und wo die 
Schwingungen des untern Felles noch obendrein^ 
durch die darüber gespannte sogenannte Schallsaite, 
beständig in Unordnung gebracht werden. Ebendies 
gilt von sämmtlichen sogenannten Janitscharen- In- 
strumenten, den sogenannten türkischen Becken 
oder Cinell eil [Piatti) vom Triangel, Tamtam, 
Gonggong, Schellenbaum u.dgl., welche sämmt- 
lich zwar a^ich in der Musik zuweilen nicht ohne 
Wirkung mit angewendet werden, aber doch imi^cr 
nur als ausserwesentlicheZuthat, blos als Schallwerk. 

£s ist aber freilich auch bei unsern eigentlichen 
Ton Werkzeugen nicht überall zu meiden, dass nicht, 
zugleich mit den , dem beabsichteten Ton entspre- 
chenden Schwingungen, auch noch andere, kleinere 
Nt.jenschwingungen statt finden , so , dass , mit 
und neben dem angeschlagenen Tone, auch noch 
andere höhere mitklingen. So klingt z. B. mit dem 
Ton einer jeden freischwingendcri Saite unserer 
Saiteninstrumente, noch eine Menge sogenannter 



und Tonkunst. tc 

Peitöne mit; nämlich einer, dessen Schwingungen 
grade noch einmal so schnell sind als dre des Haupt* 
tones, ein an4erer welcher während einer Schwingung 
des Haapttqnes drei Schläge vollbringt — wieder 
einer der hinnen gleicherZeit viermal schwingt, u.s.f. 
und mithin die- Töne ; welche sich in Ansehung der 
• Geschwindigkeit ihrer Schwingungen gegeneinander 
Terhalten wie i zu 2 , wie 2 zu 5 , wie 3 zu 4 n* 8* w. 
(S. Chladni's Akustik §. 52 S. 67 ; Kirnherg^rs 
Kunst d. reinen Satzes, i Thl. S. i44> auch den Artik. 
Beitöne in der Encjclop. V. Ersch, u. ä. m. ); diese 
sämmtlichen IVehen Schwingungen oder Beitöne sind 
jedoch so leise und fast ganz unhörbar, dass sie da- 
rum durchaus keine y und daher auch keine üble 
^irkung thun können. 

AllMEAKUffG. 

Freilich haben Manche geglaubt und gelehrt, lolches Mit« 
klingen der sogenannten natürlichen, oder, wie sie Hr. 
Prof. Maass sehr treffend nennt, Theiltöne , Partial- 
töne, (Aiiquottöne) gehöre so sehr zur Wesenheit 
eines Klanges oder Tones, dass er, ohne solches, gar kein 
rechter Klang oder Ton sein wurde! — und Andere lehrten 
wenigstens , dies Mitklingen mache ohne Zweifel die Annehm- 
lichkeit des Tones aus. 

Das Gegentheil sollte freilich jedem von selbst einleuchten, 
sobald man nur bedenken will, was für Töne mit dem Haupte 
ton einer querschwingenden Saite solchergestalt unberufen 
mitklingen: nämlich dessen Octave und deren Quinte, dessen 
Doppeloctave und deren grosse Terz und Quinte , • ferner ein 
Ton welcher nicht ganz so hoch ist als die Septime der Dop<* 
peloctave « u. s. w. ; also z. B. mit dem Tone C die Beitöne 
c g c e g, und ein Ton zwischen a und ais oder H, und 
ferner noch eine Menge anderer ;, zum Theil gar nicht durch 
Noten bezeiclienbarer Töne, und dass also, um letztere gar 
nicht mitzurechnen , sondern nur den ITauptton und desseir 
Tier nächste Beitöne in Anschlag zu bringen , beim Anschlagen 

z. B. der Tasten C g b und i , folgende Akkorde zu gleicher 
Zeit erklingen : 

|C c g c e], [g g J g ß], [b b7 £ 5] und [e c El gul 

in Summa also folgende Töne zusammen : 

C cggbccegCle?g£C£de gu; 

t 't t t 



la Ton 

(die durch Fingerdeute ausgezeichneten als angeschlagenet die 
übrigen als mitklingende , ) — dass übrigens die in solchem Zo-> 
•ammenklange beBndlichen Dubletten nicht einmal von gleicher 
Tonhöhe sind, sondern z. B. der, als Quinte des Basstones, ma-» 
thematisch rein mitklingende Beiton g höher, als das, zugleich 
als Grundton der g- Saite gehurt werdende, tempcrirt gestimmte 
gy -▼ dass ausserdem auch noch vier weitere Töne mitklin*« 

geil, welche etwas tiefer sind als b f as und d", femer noch 
eine Menge anderer ; der Qu inten parallelen oder sogenannten 
verbotenen Quinten gar nicht zu gedenken ^ welche durch tpl«^ 
ehes Mitklingen unaufhörlich entstehen! 

Bedenkt man dies alles , so überzeugt man sich wol ohne 
Muhe, dass das Mitklingen/ der Beitöne einer Saite, weit ent- 
fernt, zur Wesenheit, oder zur Schönheit des Klanges zu gehö- 
ren, vielmehr eine, blos durch die Unhörbarkeit dieser Mitklänge 
nur unschädliche UnvoUkommenheit ist. 

Noch augenscheinlicher wird dies, wenn man femer erwägt, 
dass mit dem Tone der Blasinstrumente , ]Leine solche Beitöne 
von selbst mitklingen. Wäre aber jene Meinung gegründet, so 
wäre der Ton der Blasinstrumente deshalb kein rechter, oder we* 
nigstens ein unvollkommener Ton. Allein im Gegentheil erkennt 
ihn unser Gehör nicht allein ftir einen wirklichen , füir einen 
rechten , sondern sogar vorzüglich wolgefalligen Ton , und zwar 
höchst wahrscheinlich Lezteres grossentheils grade darum, weil 
sich ihm keine solche unberufenen Mitklänge beimischen; wie 
denn auch die Zarte und Weichheit und das gleichsam flöten- 
artige Gepräge der sogenannten Flageolettöne der Saiteninstru«* 
mente ohne Zweifel grösstentheils. daher rührt, dass auch dabei 
sich gar keine , oder doch nur höchst selten , unberufene Bei- 
klänge mit einmischen können. {"Vergl. den Artikel Bei töne 
in der oben angef. Encyclopädie, 8r Theil , S. 3So und 
meine schon angef. Akustik der Blasinstrumente.) 

Und wenn man überdies auch noch erwägt, dass diejenigen 
Beitöne, welche wir bisher genannt, nur auf manchen Arten 
Yon Körpern, beim Erklingen mancher anderer Körper aber 
ganz andere, cum Theil ganz hetero(;ene und so zu sagen 
musikalisch irrationale Beitöne zum Vorschein kommen, so ver- 
liert der Glaube , dass das Miterklingen von Beitönen jener oder 
dieser Art zur Wesenheit , oder zur Schönheit des Tones gehöre, 
yoUends allen Grund. 

Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet muss man es denn 
auch, nebenbei bemerkt, ordentlich unverständig nennen, dass 
Manche gewähnt, um den Ton einer Orgel erst recht zum 
Tone zu machen, thue es Noth, mit jedem, einer jeden ange^ 
schlagenen Taste entsprechenden Tone, auch zugleich ähnliche 
Neben- und Beitöne, wie die bei Saiten mitklingenden, aus 
eigenen Neben- und Beipfeifen (Quinten-, Terzen- und 
Mixtur- Begistern) miterklingen zu lassen! Denn aus dem 
oben Erwähnten ist es evident , dass dadurch dem Orgeltone 
|rade ein Vorzug, welchen er sonst von dem Klange der Saiten* 



und Tonkunst. i5 

• 

inftrumeiite vorani hat ^ enUggen wird , indem man ihm die^ 
twu unmerkliche, aber doeh wenigstens nicht zum Gewinn ge- 
reichende Unreinheit des Saitentones terleiht. 

Man höre aber auch, wie solche Register klingen! Freilick 
vicht merklich iibel, so lang so riele andere Register dazu gezogen 
werden , das« jene von diesen gänzlich übertönt sind ; im Ge* 
gentheil aber wird kein hörender Mensch läugnen , dass sie ein« 
grässliche , Ohren und Gefühl zcrrcissende \^rkung thun , so- 
bald man sie durch nur wenige andere Register so unvollkommeii 
bedeckt , dass sie noch durchgehört werden können. 

Was aber zweitens die Behauptung betrifft , dass solche 
Begister der Orgel besondere Kraft und Schärfe des Tones 
verleihen , so habe ich mehr als einmal versucht , mich von 
der Wahrheit dieser Behauptung zu überzeugen; habe aber 
beim Anziehen dieser Register , zwar wohl eine Vermehrung 
des Lärms , nie aber eine Verstärkung des Klanges vernehmeit 
können , welche nicht wenigstenti eben so gut , und wol noch 
yiel besser, durch andere, die eigentlichen Töne , odeflr 
etwa deren Octavcn angebende Register, hätte erzeugt werden 
können. Ohne Zweifel hat Dr. Chladni ähnliche Erfahrungen 
gemacht, indem er, in der Anm. zu $. i85 seiner Akustik « 
recht unbefangen und trocken sagt : <c Meines Erachtens taugen 
« alle Mixturregister nichts , indem sie . . . mehr das Geräusch 
« vermehren , als den Klang auf eine angenehme Art verstärk 
«ken.« — Equidem censeo ! 

Wenn übrigens manche Tongelehrten die Veneration gegen 
die natürlichen Beitöne der Saite sogar so weit getrieben , 
dass sie ordentlich das ganze sogenannte Sistcm der Composi«^ 
tionslehre darauf haben gründen und aufbauen wollenf, so ist 
nan theils in neuerer Zeit von diesem Traume ziemlich wieder 
erwacht, theils werde ich in einer bald folgenden Anmerkung 
hierauf noch einmal zurückkommen. ($. aa.) 

S V. 

» 

leb darf übrigens nicht unhemerkt lassen, iag$ 
tinsere Sprache im Gebrauche der A usdrücke 
Klang und Ton sicli nicht ganz treu bleibt. 

Für's Erste gebraucht sie das Wort Ton zuweilen 
aucb da, vro doch gar nicht von Tonhöhe , sondern 
nur von Klang und von dessen BeschafFenheit, ohne 
Aöcksicht auf seine Höhe oder Tiefe , die Rede ist« 
Denn man sagt z. B. nicht selten von einem Instrn« 
mente , es habe einen starken 5 einen schönen, ange- 
nehmen , zarten, oder einen rauhen Ton , womit 
man (loch nur seine Klangstfirke , Klangfülle, oder 
überhaupt das eigenthümliche Gepräge seines Klan« 
gcs , seine Klangfarbe u, s. w. meint« Auch der Aus* 



i4 Ton 

druck Ton Farbe ist, wie man sieht, an eigentlich.—- 
Wir selbst haben oben S. i4 u. i5 menrföltig die Wör- 
ter Ton, und Klang, als gleichbedeutend gebraucht. 

Umgekehrt, wird der Ausdruck Klang nicht 
selten da gebraucht, wo doch eben Ton Tonhöhe 
die Rede \sX. , z. B. in verschiedenen Zusammensez- 
Zungen, wie: Einklang, Dreiklang, Haupt- 
klang, Klangstufe, u. dgl. 

Auch das gehört unter die Un Vollkommenheiten 
unserer Kunstsprache, dass sie uns^ zur Benennung 
der ganzen Gattung von Lauten , welche wir obeü 
Terworrene , oder tonlose , Laute von unentschie- 
dener, unerkennbarer Höhe genannt, keinen eige- 
nen genvein schaftlichen und auf alle Laute diesei^ 
Art passenden Namen darbietet. Die obigen Benen- 
nungen sind blos Umschreibungen, nicht aber etgent^ 
Hebe Namen; der Ausdruk Geräusch hingegen 
passt nicht auf alle Arten der Gattung , z. B. nicht 
auf den* Donner , auf den Kanonenknall ^ auf die 
Stimme eines Kedners , u. dgl. 



II.) Tonkunst und Tonsetzkunst. 

S VI. 

Nachdem wir die aufgestellten Begriffe von Klang 
und Ton näher beleuchtet, gehen wir zur Beleuch- 
tung und näheren Bestimmung des Begriffes von 
Toiikunst über. 

Das Vermögen , aus sich Laute zu erzeugen , 
Empfindungen dadurch auszudrücken , mitzutheilen , 
und überhaupt sich Andern verständlich zu machen , 
gehört unter die schönsten Gaben ^ die der Schöpfer 
lebenden Wesen verliehen. 

Diese Gabe ist unter den Geschöpfen in sehr 
verschiedenem Mase vertheilt. Manche, z. B. Fische, 
Gewürme , besitzen sie gar nicht; andere können 
wohl Laute , aber keine eigentlichen Töne hervor- 



und Tonkunst. i5 

bringen j s. B. das Pferd , der Rabe, n. a. m. Wieder 
andere vermögen wirkliche Töne von sich zugeben. 
£. B. die Nachtigall — der Mensch. 

Der Mensch besitzt nicht nur das Vermögen , 
willkürlich , bald blose Laute, bald auch Klänge her« , 
Törzubringen ; er hat dies doppelte Vermögen auch 
Iveiter, als irgend ein anderes Geschöpf, ausgebildet, 
und sich i) eine Kunst der Kede, und 2) eine 
Kunst der Töne geschaffen. 

i) Ein Laut nämlich , er sei nun bioser Laut , 
oder auch Klang , vermag schon für sich allein , eine 
Empfindung auszudrücken y z.- B. Schmerz , Lust , 
Angst 9 Sehnsucht , Zorn u. s. w. , aber freilich 
nicht auch Gedanken und Begriffe, Sachen 
und Begebenheiten. Der Mensch hat aber die 
Kunst erfunden , den Laut seiner Stimme willk ür- 
lich^u artikuliren, d. h. ihn zu Worten zu 
bilden , und durch solche articulirte Laute , nicht 
blos allgemeine Empfindungen, sondern auch Sachen, 
Begebenheiten , Gedanken , und abstrakte Begriffe zu 
bezeichnen: er hat die Sprache erfunden, dlo 
Kuiist , durch WortQ alles auszusprechen , was er zu 
denken vermag. Ja er hat diese Fähigkeit bis zur 
Kunst im höhern und eigentlichen Sinne des Wortes, 
ausgebildet, hat seine B.ede den Gesetzen der Schönheit 
aneignen gelernt, Rede- und Dichtkunst gebildet« 

3) Er hat aber insbesondere auch das Vermögen, 
Töne (artikulirte, oder nicht artikulirte] hervorzu- 
bringen , und dadurch Empfindungen auszudrücken, 
also gleichsam in Tönen zu sprechen , - — auch dieses 
Vermögen hat er nach den Gesetzen der Schönheit 
ausgebildet, und zu einer eigentlichen Kunst erho- 
ben : Tonkunst. Sie ist also die Kunst, 



i6 Ton 

darch Tdne Empfindungen auszudrücken« 

(S.I.) 

In dieser BegrifFbestimmung ist sie nach ilirer 
höchsten und eigentlichen Tendenz bezeichnet x da 
indessen in der Wirklichkeit Musik Ton gar Vielen ^ 
auch hl OS zur Ergötzung des Ohres, wo nicht gar nur 
zu Darlegung individueller mechanischer Kunstfer* 
tigkeity getrieben wird^ so kann man sie auch dahia 
definiren 9 sie sei dieKunst, durch Töne datt 
Gehör angenehm zu reitzen und zu unter« 
halten. 

rvn. 

Bas technische Material unserer Kunst sind 
also Töne; und zwar entweder Töne der mensch« 
liehen Stimme , oder andere. 

Wir haben nämlich die Kunst erfunden', nichfc 
hlos aus uns selber, mittels der Stimme, Sondern 
auch durch leblose Ton Werkzeuge , Töne herrorzu-i« 
bringen. 

Eine Musik aus Tonen todter Werkzeuge, heisst 
Instrumentalmusik. Vokalmusik oder Ge^ 
Sangmusik hingegen die, welche aus menschlichen 
Tönen, und zwar, eigentlich aus artikulirteu, 
besteht, wo Worte in Tönen ausgesprochen wer^ 
den ; denn ein Gesang ohne Worte , verdient eigent« 
lieh nicht den Namen Vokalmusik, weil die mensch- 
liche Kehle dabei nur denselben Dien|t verrichtet 
wie ein Instrument. Eben dies gilt von einem Ge« 
sänge, wobei die JVorte unverständlich ausgespro-* 
eben , oder nichtssagende Worte gesungen werden« 

■ 

S VIIL 
DasVer fahren der Tonkanst besteht darin, 



ufid Tonkunst. 17 

I 

das« sie Töne zu einem Ganzen , za einem Kunst . 
werke Terbindet , und solchergestalt Tongebilde 9 
musikaliscbeSätze, Tonstücke, kurz, Musik 
erzeugt 

Dies Verfahren zerfällt aber , seiner Natur nach» 
in zwei yerschiedene Fächer , nämlich i) das erfin« 
dende^ und a) das vortragende« 

I.) Die erfindende To'nlicunst hat die Er- 
findung Ton Tongebilden zum Gegenstande; sie ist 
die Kunst j Tonstücke y Tonyerbindungen zu erfin- 
den , welche Empfindungen / nach den Gesetzen der 
Schönheit ausdrücken j die Kunst , in Tönen zu 
dichten : Tonsetzkunst, Tondichtkunst, 
Compositi.on. 

x) Die Tortragende Tonkunst besteht in 
der Fertigkeit , ein erfundenes Tonstück , durch Ge« 
sang , oder durch Spielen eines Instrumentes , vor- 
zutragen, oder vortragen zu helfen. Sie verhält sich 
zur Tonsetzkunst, wie dieDeklamations-, oder Schau- 
spielkunst zur Dichtkunst« 

Jedes der beiden hier bezeichneten Fächer der 
Tonkunst kann aber sowohl theoretisch, als 
praktisch behandelt werden. 

Die Theorie der Tonsetzkunst oder Ton- 
setzlehre, lehrt, wie Töne zu Tonstücken zu ver- 
binden sind. Sie ist die Lehre von der Bildung der 
Tonstücke nach den Gesetzen der Schönheit. 

Praktische Ausübung der Tonsetzkunst 
ist das wirkliche Erfinden kunstgemusser Tonverbin- 
dungen , oder Tonstücke. 

Theorie der vortragenden Tonkunst 
sind die Regeln , welche z. B. der Verfasser einer 
sogenannten Klavierschule seinen Lesern, oder ein 



i8 Ton 

Kluviermeister seinem Scolarcn über das KlaTier- 
spicl vortrugt, oder der Singmeister seinem ZOglingi 
über den Vortrag eines Gesangstückes o. dgl. 

Praktische Ausübung ist das wirkliclie Tor- 
tragen eines Stückes. 

S IX. 

Aber auch nicht allein eine Kunst der Rede 
und der Töne haben sich die Menschen geschaffen. 
Sie haben auch wissenschaftlich die Nfltar des 
Lautes erforscht, und auf physikalische und mathemi- 
tische Grundsätze zurückgeführt. Akustik, Lehre 
Tom Schalle^ oder Schalllehre. 

Insbesondere hat man die , über die JVatar der 
KIttnge erworbenen Kenntnisse (die KlangleHre) 
auf die Tonkunst angewendet. Man hat die 
Verhältnisse der Töne gegen einander, nach der Ge- 
schwindigkeit ihrer Schwingungen , gemessen nnd 
berechnet. Auch hat man daraus das Wohlgefallen 
unseres Gehörsinnes an gewissen Tonverbindungen | 
zu erklären , und überhaupt das innere Wesen der 
Tonkunst mathematisch zu erforschen gesucht ; anch 
wol gar die Theorie der Setzkunst aus einem Rechen* 
exempel abzuleiten versucht. Die auf das innere 
Wesen der Tonkunst also angewandte Klanglehre 
lieisst harmonische oder musikalische Aku« 
stiky Canonik, Tonwissenschaft, aach wohl 
mathematische Klangt» oder Tonlehre. 

$ X. 

Der Gegenstand des gegenwärtigen Werkes sei 
einzig. 

Theorie der Tonsetzkunst. 



und Tonkunst. 19 

Aber diese soll aach ihrem g^nven umfange 
nach behandelt, wenn auch nicht überall im £in«- 
zelnen erschöpfet werden ; und swar nach folgender 
Eintheilung. 

I.) Das erste» und gewissermasen unterste 
Erfodernis , beim. Verbinden von Tönen und der 
Bildunc eines musikalischen Satzes, ist, dass er 
vor allem nicht übel, nicht gehörwidrig 
klinge; sondern dass dem Gehörsinne nur möglichst 
wohlgefällige Tony erbin düngen dargeboten werden. 
Es ist dies ungefähr eben so , wie es das erste und 
unterste Erfodernis der Rede -oder der Dichtkunst 
ist, Sprachfehler zu Termeiden. Dieser Theil 
der Ton Satzlehre , welcher blos das technisch 
oder grammatikalisch Richtige der Tonver- 
bindungen, blos die Reinheit der Tonsprache 
beabsichtet, hei sst eben darum Lehre yom reinen 
Saze, oder auch Grammatik der Ton spräche, 
der Tonsetz kunst; sie beschäftiget sich mit den 
Gesetzen, nach welchen Töne, gleibhsam als musika» 
lische Buchstaben oder Sprachlaute , sich zu Silben, 
diese zu Worten , und Worte sich endlich , den 
Sprachregeln gemäss , zu einem musikalischen Sinne 
{Sensus) gestalten. 

Und eben diese Lehre ist der Gegenstand der 
ersten Bände der vorliegenden Theorie, welche in so- 
fern ein für sich bestehendes Ganzes, eine Gramma- 
tik der Tonsetzkunst oder Lehre vom reinen 
Satze enthalten. 

2.) Der Lehre Ton der Reinheit des Satzes 
folgt die Tom künstlicheren Satze, Ton der 
künstlicheren oder ver wickeiteren Bearbeitung und 
Ausführung musikalischer Phrasen , Ton gleichsam 
rednerischer Zergliederung f' yielseitiger Beleuch- 
tung und Durchführung einzelner musikalischer Sätze 
und Ideen , gleichsam die musikalische Rhetorik , 
oder, wenn man lieber will, syntaxis omata Ge-* 
• angyerbi ndungsl ehre , oder Gesangyer- 
flcchtungslehre. Sie enthält die Lehre yom so- 
genannten doppelten Kontrapunkt, yon Fuge 
und Kanon und was dahin einschlägt, so wie auch 
die yon der Anlage und Gestaltung der Ton- 
stücke im Ganzen. 



30 Ton 

5.) Nach der Erkenntnis des Tonsatzes olme 
Rücksicht aaf die materiell 6*0 Knnstmittel , 
werfen wir demnüclist auch einen Blick auf dieses 
Materielle, d.h. auf BeschafTenheit, £ igen thüml ich- 
kcit, Umtang, Grenzen, Vermögen und Bescliränktheil, 
Gehrauch und Wirkung der verschiedenen Wcrl- 
zeuge zur Ausführung der gedichteten Töne ^ folg- 
lich soWol auf die menschlichen Kehlen, (Sine- 
stimmeu], als die leblosen oder äusseren Ton ire rz* 
zeuge; und dieses begreift die Lehre Yom Vokal- 
Satze und von der Instrumentation and In- 
strumentalkomposition. 

Einen besonderen Zweig der Lehre vom Vokll- 
satze wird die von der richtigen Betonung oder 
Akzentuation , von Scansiou un4 Declama- 
tion ausmachen. (Vergl. vorläufig den ArL Beto- 
nung in der allg. Encycl.) 

4.) Nach möglichster Erschöpfung der, unter die* 
sen Ähtheilungen begrüfenen , gesammten Technik, 
folgt endlich die Aesthetik der Tonsetz kuns t, 
oder allgemeine musikalische Schönheit»* 
lehre und Kritik. 

A If M E R* K V 11 r.. 

Es sei mir erlaubt, mich über einige der vorstehend ans* 
getproclienen Ansichten etwas näher zu erklären. 

Zuerst über meine vorstehende Eintheilnng 
überhaupt, {;ef;cn welche man sehr anscheinende Zweifel 
erhoben hat. Slan hat mir nämlich eingewendet, die Theorie 
der Tonsetzkunst könne überhaupt nur in zwei Thcilc zer- 
fallen, in Grammatik, und Aesthetik; denn )cnc lehre 
vermeiden, was der Schönheit im Wege stehe; diese aber 
lehre thun, was Schönheit erzeuge: ein Drittes twisches 
beiden könne nicht existiren. — 

Der Einwurf ist scharfsinnig, und sehr anscheinend, aber 
dennoch nicht gegriindet. Wer wird wol von einem Schiller, 
welcher die (jramuiatik einer Sprache absolvirt hat , und nun 
einen grammatikalischen Sinn, (Sensus) ohne Sprachfeh- 
ler zu bilden versteht, wer wird von einem Solchen sagen 
wollen, es fehle ihm nun zum Dichter nichts weiter, als die 
Aesthetik der redenden Ki'inste ? Wird er nicht , ehe es Zeit 
ist, ihm die Aesthetik vorzutragen, erst noch eine ganze 
Menge technischer Lohron /.u studieren , eine Menjie teclini- 
scher Fertigkeiten 711 crwrrhon haben j z. B. Skansion , 
Vorshau , Reim, Form der Oichtnn^eu, u. dgl. m. , welches 
alles doch weder schon in die Grammatik, noch erst in die 



und Tonkimst 21 

Acjthetik, soadcm zwiüclicn beide gehört Od^r wer wird 
einem Schüler der ToDsctzliLunst , welcher nur erst gelernt 
bat, einen yicrätimmig,en Sats ohne Fehler zu schreiben, 
der aber z. B.. noch nicht die .kleinste Imitation, viel we.- 
niger kontrapunkti^chc Verflechtungen , Fu^en n« dgl. zu bil- 
den versteht, wer wird diesem sagen: er bediirfo nun , um 
die ganze Theorie absolvirt zu haben, nur nocp der Aet» 
thetik? Wahrlich nein! Er ist ja noch nicht mit der 
Technik fertig, von welcher die Grammatik nur einen 
Theil ausmacht, und zu welcher, nebst der Grammatik, auch 
der doppelte Contrapunkt , die Lehre yon den materiellen 
Runstmitteln , und noch so gar Manches gehört« was man alles, 
wol nicht in die Aesthetik der Tonsetzkunst wird rechnen wol- 
len. Diese, die Technik, die ganze Technik, ßteht 
die Aesthetik gegenüber, picht aber allein die Grammatik, 
reicht Grammatik und Aesthetik bilden zusammen das 
Gebiet der Kunstlehre, sondern Technik und Aesthetik; 
die Grammatik aber ist nur ein Theil der ersten, und man 
verwechselt die Begriffe von Grammatik und Technik, wcni) 
man sagt, jene, verbunden mit der Aesthetik, bilden das ganze 
Gebiet der Kunsttheorif. 

Will man jedoch den Namen musikalische Aesthetik 
in so weitem Sinne nehmen , dass auch der doppelte Contra- 
punkt die Instrumentation u. dgl. schon mit darunter begriffen 
sei, so habe ich denn auch nichts dawider. Ein Mehreros je- 
doch hierüber seiner Zeit in der Aesthetik selbst, und insbesQn»> 
derc über die Begriffbestimmung von Grammatik und Aesthetik , 
als das Negative und Positive, 



Aber auch darüber werd ich mich rechtfertigen müssen, dass, 
nach der vorstehenden Einthcilung, die harmonische Akus- 
tik nicht als Theil, viel wenigcrals Grundlage, der 
Tonsetzlehre, erwähnt ist. Denn es meinen ja die meisten 
Tonlehrcr, die Theorie der Tonsetzkunst müsse nothwcndig auf 
die harmonische Akustik gegründet werden , und fangen deshalb 
ihre Lehrbücher mit arithmetischen und algebraischen Exempeln 
au! Allein mich dünket dieses, um es beim rechten Namen zu 
nennen, nichts anderes als unzeitige Gelehrsamkeitskrämeioi , 
d. h. Pedanterei. Denn man kann der gründlichste TonBCtzer, 
der ffrösste Rontrapunktist , man kann Mozart und Hay dn , 
Bach und Palestrina sein, ohne zu wissen, dass sich ein 
Ton zu seiner Quinte wie 3 zu 3 verhält ; und es ist , meiudr 
innigen Ueberzcugung nach, ein recht unverständiger Missgriff 
der Tonsatzlehrcr , wenn sie, in die Lehre der Tonsetzkunst, 
solche Demonstrationen durch Brüche , Potenzen , Wurzeln und 
Aecfuationen, und andere Rechnungs-Exerapcl einmischen, von 
welchen beim Vortrage der Theorie der Tons etzkunst auszu- 
gehen, mir grade so vorkommt, als wollte einer den Unterricht 
in der Malerei mit der Theorie von Licht und Farben , von gra- 



aa Ton 

den nnd krummen Linien anfangen, den Musik -Unterricht mit 
dem Studium der Harmonie, und den Spracti- Unterricht mit 
der Etymologie , oder einem Kinde Satze aus der Grammatik 
demonstriren , um es Papa nnd Mama sagen zu lehren. 

Solch unzeitig schulgerechtes Verfahren ist aher überdies 
darum doppelt zweckwidrig,' weil die ganze mathematische Be- 
handlung acr Tonsatzlehre an sich selbst, bei unbefangener 
Betrachtung, doch nur als Täuschung erscheint. 

Ohne dieses Letztere hier ausführlich darthun zu wollen , 
begniige ich mich , nur auf Ein Beispiel hinzuweisen , auf die 
togenannte Schöpfung der Leiter, und Konstruction der 
Tonstufen aus den Alicjuoten der Saitcnlänge , und den Aliquot* 
tönen der Blasinstrumente, oder, was dasselbe ist, aus den, 
der oatüriichen Zahlenreihe i , i , 3 , u. s. w. entsprechenden 
Schwingungsverhältnissen, mit welchem Allen die Theoretiker 
die Tonsatzlchre , rechter Gründlichkeit halber , oder auch 
wohl eruditionis et decori gratia , nothwendig anheben zu 
müssen glauben, indess doch grade hier die Unzulänglichkeit 
der Rechenoperation recht augenncheinlich ist Die C d u r-Leiter 
JoU aus den Aliquoten einer C-Saite , oder aus den natürlichen 
Tönen einer C- Trompete, geschöpft werden, und beide geben 
doch, 80 wie. auch die Zahlenverhältnisse , i : i , a : 3 , n. s. w. , 
nicht nur weder ein reines a, noch ein leidliches f, sondern 
auch statt des der C- Leiter eigenen Tones h, das leiterfremde 
b , oder eigentlich einen Ton, der in unser Tonsistem gar nicht 
passt, oder aber, wenn man ihn als b betrachtet und ge* 
Draucht, die herausgebrachte Tonreihe eher zur Tonleiter Ton F 
stempelt, so dass die sogenannte C- Trompete gewissermasen 
eher eine F- Trompete heissen \ünnte ; obgleich auch diesea 
wieder nicht so recht eigentlich passen will, weil in der Trompete, 
der Ton f ebenfalls nicht rein zu finden ist, sondern nur ein 
beilloses Mittelding zwischen f und fis , so wie auch kein rei- 
nes a ! — Jenen Uebclstand fühlend , haben Mehrere , z. B. 
de Momignjr und später Schicht versucht, die harte Ton- 
letter aus den harmonischen Tönen der Dominante herzu- 
leiten, welches zwar etwas besser gelingt, wobei aber die 
Töne f, b und a immer wieder falsch bleiben. Allein was hülfe 
es auch, wenn man solchergestalt die harte Tonleiter sich 
aus der Natur entwickeln sähe, indess die weiche ja doch 
immer durch willkürliche Versetzung der Terzen , oder durch 
sonst willkürliche Unterstellungen, gemacht werden, und 
also doch immer als Arte(act, als etwas 'Willkürliches, als 
ein Gebilde des Menschenwitzes, erscheinen müsste ? 

Denn man sehe z. B. , wie Rameau, d'Alembert, Mar» 
purg u. A. sich .plagen, winden und drehen, um die Entste- 
llung eines weichen tonischen Dreiklangs herauszudrechseln. — 
Die Natur selbst , — so lehren sie — , lässt uns , in den Quer* 

Schwingungen einer C- Saite, die Töne c g c e g (ausserdem 
aber auch noch viele andere! und in den Erzitterungen anderer 
Körper wieder ganz verschiedene Töne!) mithöreu. Es ist uns also 
ein harter Drciklang von der Natur selbst gegeben, indem sie 



und Tonkunst. 23 

uns, zugleich mit dem Grundton einer querschwingenden 
Saite , auch seine grosse Terz nnd Quinte von selbst hören 
lässt Ein Weicher Dreiklang, so fahren sie fort, ist nun 
freilich nirgend eben so gegeben, indem weder eine Saite, 
noch irgend ein anderer Körper, zugleich nebfen seinem Grund- 
ton, auch dessen kleine Terz, als Beiton von selber mithören 
lässt : allein wenn wir uns die kleine Freiheit nehmen ,' den 
Akkord C e g in G es g zu verwandeln, so ist dies es zwarkein 
natürlicher Beiton von C (also von der Natur nicht als Terz 
Ton c angedeutet ) : aber g ist doch ein Beiton einer £s-Saite ; 
und darum (lü)» weil die Quinte von C zugleich auch grosse 
Terz von es ist , und , beim Anschlagen einer G - Saite « 
sowohl eine C- Saite , als auch eine Es -Saite ein g miterzit» 
tem lässt, — soistderZusammcnklang C esg grade so gut, 
wie von der Natur selbst gegeben. Das ist ja handgreiflich ! — 
Der harte Dreiklang ist darum natürlich, weil die beiden höhe* 
ren Töne Aliquoten des Grundtoncs sind, der weiche Dreiklang 
aber darum, weil, umgekehrt, seine Quinte eine Aliquote eines 
jeden der beiden tieferen ( nämlich Quinte von G |ind Terz von 
£s) ist. Letzteres ist eben nur grade das Umgekehrte vom Na» 
türlichen, und folglich ja ebenfalls ganz natürlich. — Der harte 
Dreiklang ist von der Natur selbst dadurch gegeben , dass eine 
und dieselbe Saite wirklich einen solchen Zusammenklang hören 
lässt: Aber auch der weiche Dreiklang ist als von der. Natur 
gegeben anzusehen, denn zwar lässt eine C-> Saite kein es mit* 
erklingen : aber eine Es -Saite lässt , unter vielen anderen Tö- 
nen , doch ein g ( als Terz ' ) hören , und f p 1 gl i c h (!) ist der 
Znsammenklang C es g, als von der Natur lelbst gegeben 
nicht zu verkennen. — 

Hat man auf solche, oder ähnliche schlussgerechte Weise, 
einmal einen harten und einen weichen Dreiklang errungen, so 
ist nichts leichter, als, zu jedem derselben auch eine passende 
Tonleiter zu erfinden. Man darf nur mit einem harten Dreiklang 
auch noch die harten Dreiklänge seiner Quinte und seiner 
Quarte verbinden (und zwar darum grade diese und nur diese, 
weil — sie sich am besten dazu schicken — - ) , ao hat man ja , 
ordentlich unmittelbar ans der Hand der Natur , eine Durton*« 
leiter empfangen, und eben so eine Molltonleiter, wenn man, 
mit einem weichen Dreiklange, den weichen auf seiner Quarte , 
und, bald den weichen , (denn so wird gelehrt , ) b$dd dieq harr 
ten, auf seiner Quinte, in Verbindung setzt, -r- 

Solche, und ähnliche, theils ganz unpassende, thcils sonst 
willkürliche Hypothesen an die Spitze stellend, wagt man deno, 
ein Lehrgebäude zur Schau zu stellen, welches, mit dem 
Scheine mathematischer Begründung prangend, grade um so ge- 
fährlicher ist, \e mehr man sich bestrebt, ihm den Anstrich 
•istematischer Ableitung und natürlicher Folgerung au geben , 
wie unsere Runstlehrer so gerne thun ) am allrrschönsteu 
vielleicht der oben erwähnte de Momis^ny , in seinem Werke, 
unter dem nur gar zu bescheidenen Titel: « Cours complet ftha^^ 
nmonie et de composition^ d* apres uns theorie neu^^ et gend" 



a4 Ton und Tonkunst. 

' Ttile, hasie sur des principes incontestahles ^ puise's datis la 
• nature , d*aecord avec tous les bons ausfrage» pratiques an," 
mciens et modernes, et mis par leur clarte ä la portee de taut 
« le monde » , welcher über JVichU zweifelhaft ist , als nur über 
die einzige Frage: « Mais me pardonnera-t'On de divulguer le 
« secret qui j'ai surpris ä la nature ? » — ) 

Ich für Lieinen Theil mag lieber auf den nichtigen Glanz 
einer , am Ende doch unzureichenden Gründlichkeit , und ins- 
besondere auf den Schein mathematischer Behandlung gradezu 
verziöhten, und meiner, schon in den Heidelbergischen Jahr« 
l>fichem der Literatur von 1811 No. 66, 18 la No. 65 ausge« 
«prochenen Ansicht gemäss, aus der Theorie der Tonsetzkunst»- 
die rationUe Tonkunde ausscheiden. 

S XL 

Bevor wir aber in die Theorie des Tonsatzes 
selber eingehen, halte ioh es für nöthig, noch einige 
allgemeine Lehren geordnet voranzuschicken , und 
Ewar die Beschreibung unseres Tonsistemes, 
und die Lehre vom Zeitmase. 

Ich bemerke , in Ansehung dieser Lehren , im 
Voraus , dass darin mitunter freilich Dinge vor^ 
Jiommen j welche den Lesern im Allgemeinen schon 
längst bekannt sein mögen ; denn freilich will ich 
gerne glauben , dass sie z. B«. schon längst die Gel- 
tung der Noten j den Takt und die Taktarten ken- 
nen y SO wie sie auch leicht schon lange wissen mö- 
gen, was eine Terz, was eine Oktave ist, und der^l. ; 
allein ob sie auch diese Gegenstände so, und aus ^em 
allgemeineren Standpunkte erkennen , wie nicht nur 
jeder Musiker, sondern insbesondere der Tonsetzer 
sie , nach ihren Grundideen , durchschauen und be- 
greifen soll? ist doch noch eine Frage. 

üeberdies wird im Verlaufe dieses Buches oftmal 
auf die hier, entwickelten Grundansichten dieser 
Dinge zurückverwiesen werden müssen, wo es sodann 
dem Leser wo! unangenehm sein würde , dieselbea 
erst aoch hintenher nachlesen su müssen. 



if 



»5 
Zweites VortapiteL 

Beschreibung unsers Tonsistems. 

I.) Tongrenzen, und Tonabstufung 

überhaupt* 

S XII. 

Da das GeLiet der Tonkunst das ganze Gebiet aller 
Ternelimbaren Töne umfasst , so könnte man auf 
den ersten Anblick wohl denken , das Reich der , 
in einem Tonsatze vorkommenden verscbiedenen 
Töne sei zahl- und grenzenlos. Denn da die Begriffe 
hoch und tief beziehliche 9 relative Begriffe sind, 
so kann man sich eben sowohl einen unendlich 
hohen y als einen ^ wer weiss wie tiefen Ton, man 
kann sich fcrjier die Verschiedenheit einer Tonhöhe 
von der andern unendlich klein • und z. B. zwischen 
einem Ton und seiner Oktave , noch eine unendliche 
Menge verschiedener Töne denken y deren jeder nur 
um ein unendlich Geringes höher oder tiefer wäre 
als die anderen ; und auf diese Art wäre die Zahl 
und Verschiedenheit der Töne freilich unendlich« 

Allein wir können von jenem grenzenlosen 
Umfange, so wie von diesen unendlich kleinen 
Unterschieden der Höhe oder Tiefe ^ keinen Ge- 
brauch machen. 

Ersteres schon darum nichts weil unser Gehör 
gar zu hohe , und gar zu tiefe Töne nicht mehr auf- 
zufassen* und zu unterscheiden vermag. Die mensch- 
lichen Gehörwerkzeuge vermögen nämlich nur solche 
Schwingungen als Laut zu vernehmen , welche weder 
gar zu langsam I noch gar zu schnell sind. . 



a6 und Tonabstuftmg. 

Nacli Chladni (Akustik^ $ ^f) müssen wenic* 
stens So bis 3^ Schwingungen binnen einer Sekunde 
geschehen , wenn die schwingende Be^e^ng Tom 
Gehöre soll empfunden werden können ; dies ist ilso, 
der tiefste Ton, welcher noch irgend gebraackt 
werden kann ; der höchste noch irgend vernehmbare 
aber ist ungefähr der, welcher um neun Oktaven b^ 
,ber ist als jener, und mithin aus 1 6584 Schwin gongen 
binnen einer Sekunde besteht , also deren 5ia voll- 
bringt , indess jener eine einzige macht. UngeAhr 
eben so , doch noch etwas erweitert , - werdta die 
Grenzen vernehmbarer Tonhöhe und Tiefe angegeben 
von Wni. Hydt IVollaslon, in den Philosophical InMS- 
actionsfor 1820 P. II j p. 3o6 u. f. 

Auf diese Art ist also das Gebiet der T5ne scbon 
in Ansehung seines Umfanget begrenzt 

S XIII. 

Aber auch die unendlich vielen , und gar feines 
Abstufungen von Hoch und Tief werden in der Mosik 
nicht gebraucht , sondern man bedient sich , wie 
jeder weiss , nur gewisser bestimmter Töne ; oder 
mit andern Worten: man bedient sich, cur Bildung 
eines musikalischen Satzes j keineswegs all jener 
feinen Abstufungen oder vielmehr JVuan^en vom 
Tieferen zum Höheren , sondern , von den Tönen , 
aus welchen er besteht, ist jeder um ein ge'wis« 
ses Merkliches höher oder tiefer als der anderei» 
Man gebraucht nicht die unendlich vielen Ver- 
schiedenheiten , wclchp z. B. zwischen einem Ton 
tind seiner Oktave möglich sind , sondern swi- 
schen beiden nur 11 verschiedene Töne, so, data 
von jenem, als ersten an gezählt, allemal der iSte 
höhere die Oktave desselben ist. 

Man kann sich dies am leichtesten an einem 



Tongrenzen 57 

KlaTiere vewinnliclien. Dort giebt , von jeder belie- 
bigen Taste angefangen , aliemal die i5te höhere die 
Oktave der ersteren an , zwiachen beiden aber liegen 
nnr eilf andere , nnd die unendlich vielen Töne , 
welche sich zwischen einem Ton und seiher Oktave, 
ja, zwischen dem Ton einer jeden Taste, nnd dem 
der zunächst nebenanliegenden, noch denken Hessen 
werden nicht gebraucht. 

Der unterschied der Tonhöhe zweier benachbar- 
ten Tasten, (sei es nun von einer Unter- oder langen 
Taste zu einer oberen oder kurzen , oder umgekehrt , 
oder von einer langen zur anderen langen , wozwi- 
schen keine kurze liegt] ist aber überall gleich gross. 
(Er ist es wenigstens bis auf ein ganz Geringes, wel- 
ches hier nicht in Betrachtung kommen kann , und 
wovon bei der Lehre von der Temperatur näher ge- 
handelt wird.) 

Dessen ungeachtet sind aber diese, gleich weit 
von einander entfernten Töne , in Ansehung der für 
sie bestimmten Tasten , auf eine eigene Weise ge- 
^ordnet: nämlich theils auf lange , theils auf kurze 
Tasten (Unter-, oder Obertasten); und zwar so , 

« 

dass nicht, in stetiger Ordnung fort, allemal einer 
auf eine lange , und der folgende auf eine kurze ge- 
legt wäre, sondern in der bekannten Ordnung: 

* « «4r 4c 4c 4c* 4c ** n.$,L 

so dass , wie man sieht , mitunter auch zwei unmit- 
telbar nacheinander folgende Töne auf zwei Untere 
tasten gelegt sind. 

Der Grund solcher Einrichtung unserer Clavia- 
tureil wird uns späterhin klar werden. Für jetto 



^8 Namen 

wollen wir uns begnügen, nur erst zu bemerken, das« 
in dieser sebeinbaren Unordnung wenigstens in so- 
fern doch eine Ordnung und Folgegleicbbeit liegt, 
dass einerlei Wecbselfolge von langen und Lurzen 
sieb alle zwölf Tasten wiederholt ; d. h. man mag 
anfangen von welcher man will , so wird die folge 
der kurzen und langen , von der i3ten an gezählt , 
immer wieder eben dieselbe sein. Die kurzen 
und langen folgen y Ton der Oktave an y grade wie- 
der nach derselben Ordnung aufeinander , wie sie , 
Ton der ersten an, aufeinander folgten; und eben so 
wieder von der 25ten an , u. s. w. 

Anmebkuvq. 

Der nähere Grund hierron kann darum hier noch nicht 
erUärt werden , weil er auf dem inneren Wesen unsrer Ton- 
leitern und Tonarten beruht, welche hinwiederum doch nicht 
TOr der Erklärung des Tonsistemes erklärt werden können, 
weil es unmöglich wäre, auf eine leichtfassliche Art die Lehre 
Ton den Tonarten abzuhandeln, ohne zuyor die Stufen unsert 
Tonsistems erkannt zu haben. 



IL) Namen der Töne. 
S XIV. 

Um die Yerschiednen Töne zu benennen, bedient 
man sich , insbesondere in Teutschland , der Buch- 
staben des Alphabets. 

Dabei erhält aber nicht jeder Ton einen eignen 
Buchstaben zur Benennung , sondern nur diejenigen, 
welche auf lange Tasten fallen; die der kurzen 
müssen sich damit behelfen | ihre Pfamen Ton den 
nftcfastbenachbarten langen zu entlehnen. 



der Töne. 



^ 



Lernen wir daher zuerst die Namen der Tone 
der langen Tasten kennen* 

Wir wollen die Aufzählung derselben von dem 
Ton anfangen, welcher ungefähr 128 (yiermal 52) 
Schwingungen hinnen einer Sekunde yollhringt ; 
(einige mehr oder weniger j je nachdem eine höhere, 
oder tiefere Stimmung angenommen ist.) Um diese * 
abstrakte Bezeichnung an etwas Bekanntes anzuknil- 
pfen , merke ich an , dass es derjenige Ton ist , wel- 
chen die tiefste Saite des Yioloncells angiebt, oder 
das tiefste C des Fagottes , oder das G , welches die 
tiefste männliche Singstimme kaum noch zu erreichen 
yermag und welches in unserer Notenschrift gewöhn- 
lich folgendermasen 



m 



vorgestellt wird. Dieser Ton heisst das grosse C 
Die darauf folgende lange Taste erhält den Namen 
gross D, die folgende gross £, gross F, G, A, H: 

« « « « « 

41 « « « « « « 
C D E F G A H 

Die, auf diese sieben ersten folgende, achte 
lange Taste, welche, wie wir schon aus $ XIII, S. 28 
wissen, die Oktave der ersten ist, heisst, wie diese, 
wieder c, jedoch, zum Unterschiede von der ersten, 
nicht gross C, sondern klein c. Die darauf fol- 
gende, als Oktave vonD, heisst klein d, und so« 
fort: klein e, f, g, a, h, bis zur achten von der 



So Namen 

achten an, ( d. h. bis zur fanfzehenten % welcbe aack 
-VFieder mit c bezeicbnet wird, aber, als ITntersclieh 
dezeicben, einen Strich über (zuweilen auch woU 
unter) dem Buchstaben erhält: 

c 
daher es das einmal- ge st richne, oder eiB- 
ges tri ebne c heisst; und so fort: ein - gettricheB 

d, c, bis wieder c, 3, e, f, g, !, fi, c; und •• 
weiter: zweigestrichen, dreigestrichen, n.a.w. 

Vormals schrieb man cc , dd, u. 8. w. , statt c^ 
ij — und ccc, dddy statt c, 3; die Striche siad 
daher eigentlich AbkOrzczeichcn, übrigens bequemer 
als die wirkliche Verdoppelung oder Verdreifacbung 
der Buchstaben , und darum jetzt allgemein üblich. 

Sollen noch tiefere Töne angedeutet werdei^ 
als das grosse C, so geschieht dies durch den Bei- 
satz : «Contra» z. B. Contra-H , Contra-A j u. i* w.| 
oder auch durch Striche unter (auch wobl über) 
den grossen Buchstaben gesetzt; z.B. H, (grota 
eingestrichen H,) A, (gross eingestrichen A ,) G, 
Tj E, u. s. w^ Ursprünglich schrieb man: HH^ AA^ 
GGy U.S.W« 

Pficht selten bezeichnet man auch die Geaarnukt» 
beit der Töne von Gontra-C bis Gontra-H, durcb 
den Ausdru.ck: Contra -Oktave, die Tom groa« 
sen C bis zum grossen Haber heissen die grosse 
Oktave, und so fort: kleine Oktave, eingeatri* 
ebene, zweigestrichene, u« s. w. 

S XV. 

Man hat auch noch eine andere Art , die Töne 
nach ihrer verschiedenen Höhe oder Tiefe zu benen* 
nen, welche von den Orgel registern entlehnt^ und 



der Töne^ 5r 

hauptsächlicli in Anseliung der Orgeltone übHch ist, 
aber doch zuweilen auch auf andere Instrumente an- 
gewendet , und zur Bezeichnung der Tönhöhen über* 
naupt gebraucht wird. 

Diese Benennungsart beruht auf dem Umstände , 
dass eine (Labial-) Orgelpfeife, um das grosse C an« 
zugeben, acht Fuss (Nürnberger Mas) lang sein 
muss. Von dieseni Umstand erhielt das grosse C den 
^amen achtfüssiges G, oder auch C-acht 
Fuss* Diesen JVamen achtfüssig legt man dann 
auch den Tönen der folgenden Tasten D , £ , F , G ^ 
A, und H bei ; freilich un eigentl ich , weil alle 
diese Töne nicht mehr achtftissige , sondern immer 
kürzere Pfeifen erfodern ) : und die Gesammtheit der 
Töne von C bis ausschliesslich c heisst dann acht- 
fü SS i^e Oktave. — Das kleine c, welches nur 
halb so tref als das grosse ist ($. III, S. 5.) und darum 
jiur eine halb solange Pfeife, also von 4 Fuss Länge, be- 
darf, ($.111 heia) heisst eben darum das vierfüssige 
c, oder c-vier Fuss; und so fort: vierfüssig d, e, 
f, g, a uhd h; und auf ähnliche Art erklären sich 
die Ausdrücke : zwei-, ein-, halbfüssig, u.s.w.-— 
auch sechszehenfüssig, undzweiun d d r e i s s i g« 
füssig. — Es kann als Gedächtnishülfe dienen , dass 
das 32->fÜssige C grade der Ton ist, welcher binnen 

einer Sekunde ungeföhr 32 Schwingungen vollbringt. 
Das Nähere hierüber , und über die Bedeutung 
der Ausdrücke : achtfüssige , vierfüssige, sechszehur 
ffissige, auch sechsfüssige u. dgl. Orgelregister, 
gehört in die Lehre von Instrumenten und }nstru<» 
mentation. 

S XVL 

Man sieht übrigens aus allem Bisherigen , dass 
die , zur Benennung der Tonhöhen dienende Buch- 
stabenfolge sich in eben der Art, und nach eben der 
Ordnung wiederholt, wie wir oben die der langen 
und kurzen Tasten sich wiederholen sahen ($..XIII. ) 
nämlich Ton i3 zu i3 Tasten , (von 8 zu 8 langen) 
d« h. immer von der Oktav'e , oder von dem Ton an. 



5% Ifamem 

welcher noch einmal to hoch aU der um ii Ta- 
sten tiefere , oder , .wie ^ wir uns ausdrückten , 
gleichsam eine Wiederholung des erstem y nach 
Tcrjüngtem Masstab ist^ so dass das einmalgestri« 
ebene c ein nur ycrkleinertes Ebenbild des ungestri« 
ebenen oder kleinen c ist, und pben so das J eine 
Wiederholung im Kleinen Ton d, so das e ein Minia« 
turbild Ton e , u. s. w. 

S XVIL 

Auf die Torbeschriebene Art haben nun sftmmt* 
liehe Töne der langen Tasten eigene» Namen durch 
Buchstaben des Alphabetes. 

Die Töne der kurzen Tasten hingegen er* 
halten , wie schon gesagt ^ keine eignen Buchstaben* 
namen, sondern müssen sich welche tou ihren Nach- 
barn entlehnen , z. B. der Ton zwischen G und D 
entweder von dem nächstbenachbarten tiefern Tone 
C y oder von dem nächsthöhern D. Im ersten Falle 
hängt man dem Buchstaben des tieferen die Silbe is 
an , im zweiten Falle dem Namen des hohem die 
Silbe es ; d. hl der Ton zwischen G und D kann 
vorgestellt werden, entweder als ein erhöhtes C, und 
heisst dann Cis , oder als erniedertes D j und heisst 
alsdann Des. Ebenso Dis oder £es (abgekürzt; Es,) 
Fis oder Ges , Gis oder Acs (gewöhnlicher As,) Ais 
oder Hes. (Statt Hes sagt der Sprachgebrauch ge- 
wöhnlicher Hbe , oder kurzweg B. ) 

Ob diese Namen durchaus schicklich gewählt 
sind , wollen wir weiter unten J XX. noch etwas 
näher betrachten. 

Manche pflegen diese , gleichsam nicht als eigne 
Tonhöhen , sondern immer nur als Erhöhungen oder 



der Töne. 53 

als Vertiefbngen der näcLstbenacLbarten ^ tierern ^ 
oder hohem langen Tasten y betrachtet und benennt 
werdenden Töne der karten i S em i t o n e. oder hai b e 
Töne zu nennen, auch abhängige oder abgelei- 
tete Töne, (im Gegensatz der übrigen , welche si^ 
unabhängige oder natürliche nennen,) odet 
auch wohl chromatische^ d. u farbige Tönci 
Ton daher , weil man die kurzen Tasten durch an« 
dere Farbe von den langen auszuzeichnen pflegt« 

, Sehr richtig sind, wie wir in der Folge einscfhen 
werden, auch diese Benennungen freilich nicht) 
doch wollen y/\r den Namen natürliche Tönesfi 
Bezeichnung der Töne der langen Tasten beibehalten« 
Man kann die Silben is und es , welche solcherr* 
gestalt den Ifotennamen angehängt werden f An« 
hängsilben, Versetzungssilben, odi;« noch 
chromatische S'ilben , chromatische Yer« 
Wandlungssilben nennen; und zwar die Silbe is 
eine Erhöhungssilbe ^ e$> aber eine Erniedc-- 
rungssilbe. 

S XVIIL 

Da die Anhäng^ilben den Ton, dessen Nttnen 
iie angehängt werden , um eine Tisift ^erhQheAi odet 
emiedem , so kann , mittels derselben f zuweilen 
auch selbst eine lange Taste als Erhöhung, oder Er« 
niederung , einer tieferen , oder höheru , benennet 
werden. Wenn man z« B« dem Ton £ die Srl^dhuttyi« 
Silbe is anhängt: 

, Eli ■ . 
SO bedeutet dieses den Ton , welcher um eine Taste 
höher ist als £, und diese Tastet welche sonst ihren; 
eignen Namen P hat| erscheint so unter dem^ ron 

S 



$4 Namen 

B entlehnten Namen £18. Eben so Lann die , 
welche sonst E heisst y aach unter dem Namen Fes 
vorkommen^ die c-Taste als His, die H-Taste als ces. 
Ja , wenn man dem Namen einer Taste eine 
VerseUangssilhe doppelt anhtingt, z.B. Cisis, Disis, 
Eisfs ; Ceses, Deses, Eses^ so bedeutet dies den Ton 
Cy D) oder E, um zwei Tasten höher, oder tiefer 
genommen \ und auf solche Art kann die Taste , 
welche sotist D heisst, auch uüter dem Namen Gisia 
i^orkommen ', die j Welche sonst E heisst , unter dem 
Wimen Disis , die , welche soiist Fis heisst , unter 
dem Namen Eisis ; ' und ebeh 90 unter dem Namen 
Enes der iton def Taste , welche sonst D heisst y 
untHr dem Ntitnea Besiss, die, welche sonst C heisst, 
iin<il die , welche sonst* B heisst , unter der Benen* 
fiiihf; deies. Ehen so: Fisis , IGisis, Aisis, Hists; 
irtHl Feses, Gesesf, Ases (oder Asa8)Heses öder Bes: 

. ' ■ ■ * 

Mioiche sprechen und schreiben: Fisfis statt 
Fisis , Ciscis statt Cisis , t)esdes statt Oeses u. s. w. 
und yerdoppein also , statt , zum Zeichen doppelter 
Erhöhung oderErniederunc, die Erhöhungs- oder Er* 
niederungssilbc zu yerdüppeln^ den einfach erhöhten 
oder ern lederten gi^izen. Notcjoinameuj . welchem aber 
ltiS\kii , *od(^' eta'fen yet-kehrtch Sliih Ml. Aucfi das 
€M^ert«lidiv»»I}^s4lioA setzt^lchen NicUtisintlk in Gut»; 
'■■•.■. ■ ' ■ . 

$ XIX. 

"^ann ein Ton als £rhöliuhg des, tieferen , 
#tan ab^r als Erni^deirung des'hShern geschrieben 
werden müsse? bleibt hier unerwähnt'.'^ t'ur jetzo ge- 
nügt es , zu wissen, das's^^ald das Eine, bald das 
AnA^re geschieht, je nach der rerschiedenen Bezie- 
hung', 'üÄter welcher der Ton yorkommt. 

Man kann jedoch dabei noch bemerken, dass ein 



dtr Tont. S5 

solcher Ton im enten t\iU eigentlich -iMcht' nas 
fo hoch klincen sollte, alg^tni''i^iten\ ' z. K iKe 
Taste Ewischen G und D, wenn 3i,e ,aJs C^f^Torkoipial^ 
nicht ganz so hoch, wie wenn sie ala.I>eft 



Fis nicht ganz so hoch wie Ges , * EVKidht flPb^tl^ 
wie Bis , Eis nicht ganz so hQ/;n'.wie F.^ ;Ffi8 in^^hj 
ganz so tief wie E , Cisis nicht ganz so h^hiiwiielZlH 
oder Eses , u. s. w. , dsM* mah diesen tJHtei^hied 
zwischen Cis und Des, Fis üpd 0^ 4/^V'^in^^ 
enharmonischen Unters chied^j^^ajut f.. diist 
aher diese Unterschiede iasierst gM>ing^ Mtfd oifiserm 
Gehöre so unmerklich sind, ^.dbli^ 'l^W'&r'^(fgHchL. 
ftlr alle hlos enharmonisch ^^i^^M^^^ TfiJgi[e|^t(n)im 
könnte sie auch enharmonisl3h<pftl^aileia X6v(| 
nennen) also fUr Cis und Des, fÜr'Ais ihi^'B« ffi^ 
Cisis, D und Eses u. s. w. nur epfie)r^f^fl^fist^i^"h|^l{^ 
Dieses ist aher, unter Anclensm^ AtfobfU^iiildip 
willen sehr gut, weil wir sonst uhsre^CliAriii^ren mit 
einer gar unendlichen Menge von Tas^n* Qh^naflen 
m&ssten, wollten wir eine eigne £Glr Cis,! un^ ein^. föc 
Des , n. s. w. haben , eine ftlr E, ein^ andre für Fet; 
und noch eine etwa för Disis ; ü. s. w. statt jetzt hlos 
zwölfe im Umfang einer Oktave. 






Beror wir das Kapitel Ton den Namen dc^ TOn» 
Terlossen , hier noch Einiges zur Beantwortung det' 
allenfallsigen Fragen: Warum bedieAt man -sich', 
zur Benamung der Töne, zwar der Buchstaben 

A B C D E F G H, 
aber in einer, Ton der gewöhnlichen alphabetischen 
Aufeinanderfolge so abweichenden Ordnung, wie: 

C D E F G A H c U.S.W. 
oder, wenn man auch Ton A anfangen will, wie:- 

A HC DE F G— ? 



S6 Namen 

Wamm kommt insJbesondere der Name B in der 
Reihe der sogenannt en natürlichen Töne gar nicht 
▼or? sondern n,ur erst als Name eines sogenannten 
abfl^Ieiteten oder chromatischen Tones? 

: Zwar gehört die Beantwortung dieser Fragen, 
itreiig genommen , nicht in die Theorie der Tonset»- 
kunst ; doch mag sie , für diejenigen , welche aacli 
hi<$f(iber Aufschluss wünschen , im Folgenden eine 
Sftl^^' finden. 

Die allerdings zwecklos durcheinandergeworfene 
Ordaungiblce der Notennamen hat keinen in der Na- 
(nr der Sacne liegendien , sondern nur folgenden an- 
fklligea Gtuiid.' 

.. Die Allel) I nach der Erzählung unserer mnaika» 
li^c|ieBi Gescl^ichtkuiidigen y nannten den tiefsten in 
ihrer ' Musik cehräuchlichen Ton : A , und betrachte» 
ten deshalb dies A' als ersten Ton ihres Tonsistems , 
gleichsam als Normalton j und die Tonreihe welche 
mit A anjüngy (die sogenannte aeolischeTonlei- 
ter) als Normaltonreihe. Die Töne , ausweichen 
diMi;' soffenanifte Tonleiter bestand, waren die; 
welche- wir heut zu Tage 

AUcdefgahn.s.w. 
neiinen. Diese Töne hatten ursprünglich griechische, 
Vielleicht auch noch ältere Namen. Als man aber 
infing 9 ihnen Bnchstahennamen beizulegen , theilte 
man der besagten Tonreihe folgende , der alphabe« 
tischen Ordnung ganz entsprechende Buchstabeo* 
reihe zu: 

A B c d efga bn. s. w« 
wo also der Ton , den wir nent zu Tage H nennen , 
damal B hiess. 

Als sich späterhin die Grenzen der ftlr die Musik 
lirattchbaren Töne ins Unbestimmte, und, nament- 
lich in der Tiefe, weit unter A hinab, erweiterten , 
dieses also aufhörte , der tiefste gebräuchliche Ton 
zu sqin, auch, (aus Gründen, welche wir in der 
Lehre von den Tonarten kennen lernen) der Ton 
C zum Haupt- und Normalton erhoben ward, so hörte 
man auch auf, vom Tun A an zu zählen , und be» 
gann vielmehr mit dem Tone C. Dadurch yerkehrte 
sich die Reihenfolge folgcndermasen : 

CDEFGABcdii.s.w. 



58 Naoien 

AtleiD, tUtt deAi 'arspruoglichen natürlichen B sei- 
pan tthgestanimteti Manien B zu lassen , und den 
Beilen Namen H dem nacheebomen ern lederten B za 

?;ebeny nahm man^ wunderlich genug, dem ursprüng- 
iclien natftriichen , (hohen) B seinen angestammten 
Namen B liinweg, drang ihm dafür den Namen H auf, 
und ertheilte dem neuen, erniederten B, den, sonst 
«Im ursprügliche natürliche B bezeichnenden JVamen 
B. • Nach solchem Namentausche hiess also dieselbe 
Tohnsihe, welche Torher 

c:DEFGABcdu.s.w. 

geheislien hatte, nanmebr 

C D £ F G A H c d a.s.w. 

Der Einfall, dem, durch chromatische Verwand- 
lang entstandenen Tone nicht nur einen eignen Buch- 
3tabeana4ien zu geben , sondern auch einen Namen- 
teuscU vorzunehmen , war schon an sich nicht sehr 
tu«. billigen ;, und hätte man, bei Einführung der 
fibrigan cbroms^tischen Töne , es , eis , as , ais , ges ^ 

B's y fisis u, 8. w. , wo also jede Stufe , . nicht , wie 
anche sich unrichtig ausdrücken , zwei , sondern 
wenigstens drei , wo nicht mehr, sogenannte Saiten 
bekam, hfitte man, sag ich, dabei auf gleiche Art | 
und zwar eben so planlos und folgewidrig, Tcrfahren 
wollen y wie in Ansehung der Töne H und B gesche- 
hen war^ so hätten wir jetzt ein wunderliches Chaoft 
Ton Notennamen ! Zum Glück aber verfiel man bald 
auf den passenderen Gedanken, einem jeden, durch 
chromatische Verwandlung eines bisher bekannten 
Tones entstandenen neuen Tone den Stammnamen 
desjenigen beizulegen , aus dem er entstanden war, 
una ihn nut* durch die chromatischen Verwandlungs- - 
oder Anhttngsilben is und es von jenem zu unter«* 
scheiden ; so dass jeder chromatisch abgeleitete Ton 
durch den beibehaltenen Stammnamen auf den zu« 
rüoVwieSj ans welchem er durch chromatische Ver- 
wandlung abgeleitet war. 

Nach dieser , allerdings planmässigeren Idee , 



der Töne. 5q 

hätte nun das erniederte U aucli Hes heissen mfissen. 
Ja , man konnte sogar rollends dem ursprünglichen 
natürlichen B (unserm jetzigen H) seinen angestamm* 
ten Namen B wiedergeben , so dass die natürliche 
Ton reihe dann wieder 

CDEFGABcdefg Q.8.W. 

t 

hiesse , . wo dann das , was wir heut cu Tase B nen«' 
nen, als ein crniedertcs B^ Bes heissen würde. Allein 
der deutsche Sprach gehrauch heharrt beim Namen H 
für das ursprüngliche^ natürliche B^ und für das er- 
niederte B beim Namen B ; und daher also heilst die 
sogenannte natürliche Tonreihe bei uns bis auf de^ 
heutigen Tag 

GDEFGAHcdc u/s.w., 

t 

indess der Buchstabe B nur eret ali Name eines 
chromatisch erniederten Tones yorkooixnt. Ui fnnißjp% 
Ländern hingegen , namentlich in Holland upd ]^n<r 
gelland ,• heisst der Ton , welchen wir H nennen , 
wirklich B, und zwar, zur Unterscheidung vom er« 
niederten B, in Encelland B sharp, in Holland B^rui5, 
das erniederte B selbst aber dort Bßai, hier B bempL 
Dies ist , so kurz als es sich , ohne Ünyollstän-' 
digkeit, darstellen iiess, die Entstehungsgeschichte 
unserer Notennamen , und insbesondere der Auf-« 
nähme des H mitten in die Reihe der Übrigen Buch-« 
stabcfn. Manche wissen sich viel damit, die musika* 
lische Terminologie darum nnphilosophisch zu schel- 
ten , und wollen sie wohl gar umschmeißen. Einer 
hat sogar ein ganzes Büchlein darüber geschrieben , 
nämlich: Jos. Fr. Schwanenberg, Gründliche 
Abhandlung über die üb nütz- tun d Unschtl^ 
lichkeit des H im musikaiischeh Aiphabet», 
und es in Wien und Leipzig 1997 drucken lassen. 
Auch J. J. Klein dringt , im i. Jahrgange der Lcipz. 
allg. musik. Zeitg. S.6^1 flf. auf eine Reform« — Da- 
mit wäre uns ja recht geholfen ! 



ifotirung der Tonhö?ien. 4< 

also gescIirieBen. Die Unbebilflichkeit dieser Schreib* 
weise masste aber bald fühlbar werden , und man 
sann auf etwas Besseres. 

So rerfiel man denn darauf, die Terscbiedenen 
Tonhöhen durch Linien Torzustellen, und die Töne 
durch Punkte, oder Ringe u. dgl. (Noten) auf, 
und zwischen den Linien. DenGrundriss solcher 
Notirungsweise , (der sogenannten , italienischen^ 
Tabulatur] zeigt Fig. i a der ersten Notentafel 

Jeder Raum auf, oder zwischen den Linien dieses' 
grossen Linienplans, heisst eine Stelle. Ein Punkt 
oder eine Note, auf eine höhere, oder tiefere Stelle 
gesetzt , bedeutet einen höhern , oder tieferen Ton , 
und zwar hier der Punkt auf der untersten Linie 

# 

den Ton gross - G , der , zwischen der untersten und 
der 2ten Linie das- grosse D , auf der zweiten Linie 
£ , u. s. w. , so dass die Stellen des Linienplans gan» 
den Buchstabennamen G , D, E, F, G, A, H, c, d, 
u. s. w. entsprechen. 

Es brauchten aber auch nicht grade sämmt« 
liehe Linien und Zwischenräume dieses Linienplanes 
durch Yorangeschriebene Buchstaben bezeichnet zu 
sein , sondern es wäre wohl hinreichend , auch nur 
einige Linien also zu bezei'chnen, etwa wie in Fig. 
t b f oder auch nur eine einzige ; weil man , nach 
solcher Vorzeichnung , alsdann die übrigen Stellen , 
auf- und abwärts, leicht abzählen kann. Denn wenil 
z. B. angezeigt ist, welche Linie den Ton f yorstellen 
soll, so ergiebt sich daraus von selber, dass die Note 
unter dieser Linie e , die über derselben aber g be* 
deutet , u. s. w. 

Da es femer auch theils unbequem , und selbst 
Air das Auge ermüdend wäre , immer einen so brei- 



4^ Jfaptiping 

ten Streifen von so Tielen, I^ioien zu. gebraachen ,, 
theils auch unnötbig, weil Singst immen oder Instru- 
mente gewöhnlich keinen so grossen Umfang haben ^ 
dass es so vieler Linien bedürfte, vtm ihre Töne 
darauf Torzustellen, so zieht man gewöhnlich nur 
fünf Linien. Wenn nämlich die Töne, welche maa 
SU schreiben hat, nur hohe Töne sind, so sind die 
unteren Linien überflüssig, so wie im Gegentheil die 
oberen entbehrlich sind, wo nur tiefe Töne toiw 
kommen. Es genügt daher, allemal jene fünf Linien 
SU haben, auf welchen und um welche diejenigen 
Töne ihren Sitz haben, die man am häufigsten 
zu brauchen gedenkt ; und einen solchen Streifen 
Ton fünf gewählten Linien nennt man dann ein S i- 
Btem, Liniensistem, Notensistem, Noten- 
liniensistem, Notenzeile. 

Kommen dann auch Töne vor, welche um einige 
Stufen höher , oder tiefer liegen , als die gewählten 
5 Linien reichen , so fügt man die fehlenden hohem 
oder tiefern Linien , in der Gestalt kurzer Striche , 
(Neben- oder Hilfslinien) über, oder unter den 
Hauptlinien, so oft wie nöthig, besonders hinzu: 
Fig. 2. 

Um aber anzuzeigen^ welche fUnf Linien des 
grossen Linienplans die gewählten fünf Hauptlinien 
Yors.telien sollen , schreibt man yor Eine derselben 
hin , welchen Ton sie andeuten soll. Siebe Fig. 5 i, 
5 A, Fig. 4, Fig. 5. 

Mhh sieht übrigens leicht, dass man, statt 
fünf Linien, wohl auch deren allenfalls sechs, oder 
etwa nur drei, oder vier gebrauchen könnte; — ja, 
auch wohl gar nur eine einzige, z.B. Fig. 5 w, wel- 
ches grade so viel bedeuten würde, wie Fig. 5 iy k , 
oder /• In der That findet man zuweilen Noten auf Yier, 



der 'lonhohen, 4S 

oder aaf drei Lmien gesoHriebeii ; s«B. in alten Rii^ 
chengetangbüchern. Indessen bieten weniger als fClnf 
Linien doch zu wenig Umfang dar» und würden das be^ 
sondre Hinzufügen kleiner Nebenlinien allzu oft nö- 
tbig machen; mehr als fünf Huuptlinien hingegen wttren 
zu schwer zu überschauen ; sie würden das Auge zu 
sehr anstrengen und ermüden. Das Sistem von fbnf 
Linien ist dalier in jeder Hinsicht das bequemste und 
zweckmässigste, eben darum auch allgemein und 
aussclüiesshch eingeführt 



B.) Noteniebl&sfeL 

S XXHL 

Statt mit Buchstaben vor die Notenlinien za 

schreiben , welchen Ton sie bedeuten sollen , hat der 

Gebrauch andere Zeichen eingeführt, welche viel« 

leicht auch nur Verbildungen und Verzerrungen der 

ursprünglichen Buchstabenzeichen sind. Die Zeichen 

sind: 

i; 3, 3, 4, 5; 6. 

O' WS, m> i!=i' IH); ■-&• 

Das erste dieser Zeichen bedeutet das kleine f| 
und heisst deshalb f-Z eichen, oder auch f-S c h 1 ü t* 
sei; das zweite bedeutet das einmal gestrichene 
c, und heisst darum c-Z ei eben oder c-Schlüs- 
sei; es wird auch wie Nro. 3 , oder 4 1 oder 5 , und 
auch sonst noch verschiedentlich gestaltet. Das Zei* 
eben No. 6 hingegen stellt g yor, und heisst daher g« 
Zeichen, g- Schlüssel. 

Snlzer, und mit und nach ihm die meisten 
Schriftsteller, schreiben, durchaus unrichtig: «F- 
Schlüssel, C-Schlüssel, G-Schlüssel »; ja Ersterer 



44 Ifotirung 

lehrt BOgar ausdrficklicli Ton dem f-ZeicTien , es be- 
deute die Note F^. (!) das c-. Zeichen die Note G, (I!) 
und das g- Zeichen den Ton g, (!). 

Je nachdem nun die Linien eines Notensistems 
durch Voransetzung des einep , oder des anderen 
dieser Zeichen bezeichnet werden , erscheinen die 
Terschiedenen sogenannten Notenschlüssel. 

Wenn man das f-Zeichen, ^:, anfdie oberste Li- 
nie eines fünfzeiligenNotensistemes setzt, (Fig. 6 i) so 
deutet dies an, dass diese Linie als f-Linie, sohin als 
die 6te des grossen Linienplans Fig. i gelten, die un- 
tere also die 2te dieses letzteren yorstellen soll, u. s. w. 
woraus der Leser dann erkennen kann , dass eine 
Note auf der untersten Linie den Ton £ bedeute ; 
rine Note über dieser Linie aber F , die folgende G , 
tu s. w. Diese Art, das f- Zeichen su setzen , sonst' 
der tiefe Bassschlüssel genannt, ist nicht mehr 
üblich. 

Wird aber das f- Zeichen auf die zweitoberste 
Linie gesetzt, Fig. 6^, so wird dadurch angezeigt, 
dass die gebrauchten fünf Linien die 3te, ^ie j 5te, 
6te und 7te des grossen Plans vorstellen sollen , däss 
demnach eine Note auf der untersten den Ton G vor- 
stellt , die Note über dieser Linie den Ton A , und 
so fortH, c, d, u. s. w. Jeder erkennt hierin den 
gewöhnlichen sogenannten Bassschlüssel, 
so wie auch, dass die angeführte Fig. 6 k mit der Fig« 
5 i Eins und Dasselbe ist. 

Rückt man um eine Linie weiter hinauf, und 
wählt sohin die Linien H', d, f, a, c, so dass die, 
welche f anzeigt , die mittlere wird , und setzt also 
auf diese das 3* o^^i* f"» Zeichen ; so versteht sich 
Alles so, wie Fig. 6/L Dieser sogenannte Halb- 



der Tonhöhen. tfi 

bass-, oder Bariton-Schlüssel ist wieder wenig 
gebräuchlich. Er könnte übrigens eben so gut auch 
durch das c-Zeich/en auf. der obersten Linie beseicb- 
net werden, wie Fig. 6i/. Denn weAn f auf der mittlem 
Linie steht, so steht auf der oberen c, und umgekehrt : 
wenn auf der oberen c steht , so heisst die Mittlere f. 

Kückt man noch eine Zeile weiter aufwärts, und 
wählt die Linien d, f, a, c, e, so ist die f- Linie 
die zweite Ton unten. Dies kann man entweder durch 
ein f-Zqichen auf dieser zweiten Linie anzeigen, wia 
Fig. 6 m , oder eben so gut auch durch ein c<*Zeichen 
auf der yierten , wie bei mm. Diese letztere Bezeicb« 
nungsart ist gebräuchlicher als die bei m ; sie ist 
unser gewöhnlicher Tenorschlüssel. Yer* 
gleiche übrigens Fig. 4« 

Noch um eine Linie höher gerückt , erscheint nn* 
ser gewöhnlicher Altschlüssel: Fig. 6 n, oder, 
was dasselbe ist: Fig. Sun. Auch könnte er durch 
das g- Zeichen auf der obersten Linie bezeichnet 
werden , wie bei nnn. Weder die erste , nock 
die letztere Bezeichnungsart . ist gebräuchlich , •oa» 
dem nur die zweite. Vergl. übrigens Fig. S L 

Wieder eine Linie höher, kommt der, ebenfallt 
nicht mehr übliche, sogenannte Mezzo ^ Soprano -- ^ 
oder Halbsopjran-Schlüssel heraus: Fig. 6 o. 
Er könnte eben so gut auch so bezeichnet werden, wie 
bei 00. 

Noch eine Linie höher , erscheint der gewöhor 
liehe Sopranschlüssel: Fig. 6p, weicherauch 
durch das g- Zeichen auf der mittlem Linie darge- 
stellt werden könnte , wie bei pp • Vergl. Fig. 5 k. 

Wieder eine Linie höher , erscheint unser ge» 
wohnlicher Violinschlüssel: Fig. 6^, welcher 
ganz mit den Figuren 3 Ar , und 5 i übereinkommt ' 



i(6 Ifotirung 

Noch höher I der sogenannte franiöstsohe 
Violintchlüsftel, wo das ^-Zeichen auf der un- 
tersten Linie steht : Fig. 6 r. Er ist au^er Gebmach 
gekommen, ohwohi er für hohe Stellen bequemer 
wttre , als der gewöhnliche Violinschlüssel. 

Ans der Znsammenstellung der sämmtlichea 
Schlüssel , und ihres Verhältnisses gegeneinander, in 
Fig.6 andFig. i c ersieht man, wie, z.fi. der gewöhnliche 
Violinschlüssel , oder^ wenn man so sagen will , die 
f&nf Violiniinien , am eine Linie höher sind , aU der 
gewöhnliche Sopranschlüssel oder die Sopranlinien,*— 
um drei Linien höher als der Altschlüssel, — dieser 
um eine Linie höher als der Tenorschlüssel , u« e. w. 

Ich rathe jedem, der sich nicht, im Verfolge sei* 
ner Studien, jeden Augenblick durch Unbekanntschafl 
mit den Torkommenden Schlüsseln , gehemmt sehen 
will , sich dieselben gleich jetzt geläufig zu machen. 

Absichtlich hatte ich eben darum in der eratea 
Aufläse dieses Buches die Beispiele bald in diesem, 
bald in jenem Schlüssel geschrieben. Um es jedoch 
so manchen Lesern hinreichend bequem zu machen , 
beschränke ich mich ictzo mehr auf den allgemeiner 
bekannten Bass - und ViolinschlüsseL 

Anmerkung. 

Ich wiederhole mit entschiedener Uebemeugang« data die 
Terschiedenen Sthlfissel keineswegs eine beschwerliche Ver- 
Tielfaitigung der musikalischen SemioUk, keineswegi etwas 
Entbehrliches und folglich unnöthig Belästigendos sind, ton* 
dem, wie dies schon aus dem Obigen hervorgeht, Tielmehr 
eine hftchst schätzenswerthe Erleichterung, welche wir 
nicht aufgeben können , ohne uns entweder grossen Unbe- 
quemlichkeiten , oder aber den unangenehmsten Zweideati^ 
keiten und Unl>estimmthciten auszusetzen. 

Denn man sage nicht, man könne mit nur zwei Scbl&a^ 
sein, z. B. mit Violin-, und Bassschlüssel, vollkommen gut aas- 
reichen. Um eine Stimme , oder einen Satz zu schreiben , 
welcher sich z. B, hauptsächlich ih dem Tonumfange von c 

bis c herumdreht y ist der Violinschlüssel viel zu hoch, der 



der Tonhöhen. 47 

Basschlüssel aber yiel tu tief, und nur der Altschlussel wie 
eigens dazu gemacht, so wie der Tenorschlüssel für die Lage 

etwa von A bis a, der Sopranschlüssel für die von g bis ^ 
Ebendarum waren mir in der ersten Auflage dieses Buchfes vor* 
süglich die mittleren Schlüssel (Tenor- und Aitschlüssel,) sq 
bequem und entsprechend, um Notenbeispiele in mittleren 
Lagen auf Einer Zeile darzustellen , indess ich in der gegen- 
wärtigen Auflage die meisten Beispiele ,entweder auf ^wei No- 
tcnzeilen bringen, oder viele Hilisllnien ansetzen, oder sie 
aus der Mittellage um acht Töne höher oder tiefer, oder in 
eine andere Tonart versetzen musste, welches alles ich weit 
lieber vermieden hätte. 

Dies alles beweist wohl deutlich genug, wie wenig filr 
die Semiotik. dabei gewonnen ist, wenn man die Mittelschlüf<f> 
sei sämmtlich abschaffen , sich auf die beiden äusseren , den 
sehr hohen Yiolin- und den sehr tiefen Bassschlüssel, be- 
schränken , dadurch sich der grossen Bequemlichkeit , welche 
die Mittelschlüssel gewähren, berauben, und nicht wenigstens 
Einen beibehalten will, etwa den Altschlüssel, weichet zwi- 
schen den beiden äusseren so schön die Mitte hält, Fig. i c. 
Wohl könnte allenfalls der Sopranschlfissel durch den , nur 
um Eine Linie höheren Violinschlüssel ersetzt werden, und 
der Tenorschlüssel , zur Noth , bald durch den Alt- , bald 
durch den Bassschlüssel: der Altschlüssel aber ist, weder in 
der Tiefe durch den, dazu viel zu hohen .Violidschl^ssel zu 
ersetzen, noch in der Höhe durch den allzu tiefen Bassschlüssel. 
Denn wie sollte z. B. der Akkord [c g e r) Fig. 7 / im "^o* 
lin-, oder im Baaschlüssel geschriebeji werden? — 

Man sage auch nicht , die mittleren Schlüssel könnten 
durch die, um ungefähr eine Oktave höheren oder tieferen 
äusseren vertreten werden, z. B. der. Tenofschlussel durch dea 
Violinschlüssel; denn fürs Eine kann er dies nur dadurch, 
dass man letzteren sich um etbe Oktave tieferdenkt; und 
thut man .diese«, so lässt sich fürt Andere nicht einsehen % 
was man dabei gewinnt, einen und denselben Schlüssel bal^ 
io, bald anders, bald um eine Oktave höher, bald tiefer vei<- 
ftehen zu . miisseni Et ist wohl nicht schwerer , den Teho»» 
Schlüssel so zu lesen, wie er ist, als den Violinschlüssel so ^ 
wie ^r nicht ist , und einen wie Fig. 7 1 geschriebenen S«tt 
•o lesen, denken und spielen s^u müssen, wie bei is. 

Endlich aber, und selbst wenn die verschiedenen Schlüs- 
sel wirklich an sieh so zwecUos waren , wie sie es doch nicht 
sind, ao . mögte ich doch selbst dann nicht rathen, die 
Tan sich doch wahrlich nicht sch^^er zu erwerbende) Vertraut- 
neit^ mit deabelben tvt vemachläbfeigen , und dadurch unfähig 
zu bleiben, i^e dermiU exlstirende Partituren unserer herr- 
lichsten Tonsetzer, in welchen aU diese Sjchlüssel min doch 
einmal vorkomtfeil , zu lesdb. 



48 NotUnnf 

S- XXIV. 

Kommen in einem Satze bald hohe bald tiefe 
Noten Tor, welche allzuviele Neben«* oder Hilfliöien 
erfodern würden , so wechselt man anch wohl mitten 
in der Phrase den Schlüssel , z. fi. Fig. 8 / , i. 

Sollen hingegen sehr hohe und aach sehr tiefe 
Noten zugleich geschrieben werden, so setzt man 
swei, oder auch mehrere Notensisteme übereinander, 
wie Fig. 7 i oder Ar. (Vergleiche , in der iten Ab- 
theilung, das Kapitel über Partitur.) 



C.) Chromatitche» oder Vcrtetzunft •, und Wider- 

rufungtzeichen. ^ 

S XXV. 

"Wir haben bisher nur gesehen , wie jeder Ton 
einer jeden langen Taste auf einer Stelle des Li- 
niensistems dargestellt wird. Was nun die Töne dar 
kurzen angeht , so kommen diese , eben so wie sie 
sich , statt eigener Buchstaben namen j mit dem Ent* 
lehnen abgeleiteter Namen begnügen müssen, so niieh 
in Ansehung der Plätze auf den Notenlinien im kons« 
Denn da diese nur für die Töne der langen Tuten 
Plätze haben j so sind für die fünf Töne der korsen 
keine eigenen Plätze mehr Übrig ; diese müssen sieb 
daher welche auf den Stellen der Töne der Inngen 
Tasten entlehnen ; und darum kann s. B. der Ton 
zwischen c und d, welcher immer nur entweder alt 
ein ei*hGhtes c, oder als ein erniedertes d benennt 
wird, auch auf den Not'enlinien nur entweder 
durch eine Note auf der c -Linie, oder auf der d<« 
Linie Torgestellt werden ; der Ton zwischen d und e 



der Tonhöhen. 49 

entweder als Erhöhung ron d> oderals Brivkdenmg 
yon e, n. 8. w. <• , . *< : . ■.} 

'Dies geschieht indem man die; Note' aaf dUr 
Stelle desjenigen natürlichen Tones %etety Ton» wel« 
chem der abgeleitete seinen Namen entlehnt 9 'dicfsec 
Note aber ein Zeichen beigtebt, welches eims'ErlUl^« 
hung, oder eine Erniedemng anzeigt: V ersetz ungs-^ 
oder chromatische Verwandlungszeichen ^ 

tärzer chromatische Zeichen« • 

I .. .' 

S XXVI. 

Das Zeichen der Erhöhung um eine 7aste ist 
bekanntlich das sogenannte Kr euz^ #; alsEi^niede^ 
rungszeichen aber bedient man sich>des 2Aeichens-{^ 
Z. B. eine Note auf der g*Stelle y wenn ein Kreuz jjf 
daror steht, bedeutet gis, ges aber wenn ein (^ daror 
gesetzt ist. Von daher nennt man den Toagis« auch 
wohl g#, g->Kreuz9 und den Ton ges auch g^y 
g-be. 

Da diese Zeichen die Note 9 vor der sie stehen ^ 
um eine Taste erhöhen, oder ernieder»,- so kann man* 
durch dieses Mittel nicht aHein jede kurze Tasten 
nach Belieben , bald als Emiedörnng der hohem ,( 
bald als Erhöhung der tieferen langen darstellen;' 
sondern auch lange Tasten selbst kennen als* 
Versetzungen geschrieben werden , and ser 
unter entlehnten Namen auftreten. iVergl. $ XVllI«' 

Man hat auch doppelte Versetzungszei«' 
eben eingeführt, welche um zwei Tasten erhöhen 1 
oder emiedern: das doppelterhöheqde sogenannte 
spanische Kreuz, X, und das doppelterniedernde 
grössere |^, (statt dessen man jedocl^ meistens zweib. 

4 



5a NoUning . 

Toa gBViaibnUoher Grösse seist,) und so kann die 
Taste y welche sonst G beisst, als FX o^er Ffj^f 
dL h. Fisis oder F-Doppelkreus , die, welche *«onst 
Dheiist, als E|), Ebb» d.h. Eses oder E-dop- 
pelbe gesehrieben werden, die A-< Taste als H|j, 
oder Hbb", Ueses oder Bes , o. s. w. Yergl. Sute il^ 

S XXVII. 

Das Widerrufungiszeichen , i), auch Wifl^ 
derherstellungs-, oder Auflösezeichen^ oder 
kurz : A n f 1 ü s e r genannt , hebt die Giltigkeit eines 
dagewesenen Versetzungszeichens wieder auf, so dass 
eine IVote^ welche sonst, yermöge eines -dagewesenen 
Erhöhungszeichens , z. B. gis bedeuten würde, dnrdi 
ein Yorangesetztes Auflösezeichen , wieder g, (oder, 
wie mun es nennt, g- natürlich, g|i|,) bedeutet. 

Da das Auflösezeichen , wie man sieht , bald 
eine Erniederung, bald eine Erhöhung widerrofky 
indem es bald eine chromutisch erniedert geweiene 
Note wieder zur natürlichen Höhe erhebt , bald eine 
chromatisch erhöht gewesene wieder herabsetct, so 
ist es selbst , im Vergleich gegen die widerrufene £i^ 
niederung, oder Erhöhung, bald ein erhöhendes, bald 
emiederndes ii|, und also bald Erhölmngs-, bald Er» 
niedernngszeichen , oder, recht genau aus gedrfickt, 
Wiedererhöhungs -, und V^iedererniederungszeichen, 
und also immer gewissermasen zweideutig. 

ANMBaKTJNG. 

Obgleich dieae Zweideutigkeit nicht ^ade eine wesent- 
liche Unvollkommenhcit unserer Tonschrift ist, lo wäre doch 
tu wünschen , wir hätten lieber zwei verschiedene Zeichen ; 
eines als Zeichen der Wiedercrhöhung, und ein andere« für 
die Wiedererniederung. Besonders unnequem äussert sich die 
Zweideutigl.eit des Widerrufungszeichens da , wo ein TonstCick 



der Tonhöhen. 5^ 

aus einer Tonart in eine andere transponirt werden soll , weil 
man sich da die jeweilig vorkommenden Wiederherstellung«* 
zeichen bald als Erhöhungszeichen , bald als Emiederungs- 
zcichf^n , und bald als Auflösezeichen denken muss , und 
umgekehrt die vorkommenden j(^ bald als ^<, bald als If, die 
[^ aber bald als \) bald als ^ Wenn man nämlich einen Sats 
wie z. B. Fig. 9 i, welcher im Ganzen aus C-dur geht, 
aus C ins F-dur übersetzen will, wie bei Fig. hj so sieht 
man wohl, dass man, beim zweiten Viertel, statt eines. ^, 
ein b|, beim vierten aber an die Stelle des t| ein p setzen 
muss* Umgekehrt müsste man beim Ucbersetzen des Beispiels 
aus ^ ins C, beim zweiten Viertel statt des is| ein $, beim 
vierten aber statt des p ein |l| setzen. Beim Transponiren aus 
C ins G, Fig. 9 /, wird da, wo bei 1 ein :|^ stand, wieder 
ein j^ gesetzt, und eben so für das b wieder ein ii(; — eine 
Zweideutigkeit, welche den Nachtheil hat, dass man wenig« 
stens nicht immer gleich auf den ersten Blick errathen kann, 
ob ein vorkommendes Auflösezeichen ein erhöhendes, oder 
ein erniederndes sei. — Die im folgenden $ erwähnte Ge- 
wohnheit der älteren Tonsetzer scheint übrigens zu beweisen , 
dass schon diese das Unzweckmässige der hier gerügten Zwei* 
deutigkeit gefühlt haben. 

S XXVIII. 

Unsere altern Tonsetzer gebraucliteh das Ji nur 
«um Widerruf eines [>, nicht aber auch zum Wider- 
ruf eines :t(, also nur als Wiedererhöhungszeichen • 
nicht aber auch als Wiedererniederungszeichen , und 
bedienten sich , zum Zeichen der Wiedererniede- 
rung, lieher des Em iederungszeichens[^, fi^ch welcher 
Schreihart also z. B. der obige Sat^ Fig. 9 1 aussehei\ 
würde wie bei m. Diese Schreibweise setzt indes« 
sen nur an die Stelle einer geringen Zweideutigkeit 
eine grössere , und ist heut zu Tage wieder ganz 
ausser Gebrauch. Hier erwähnet man ihrer hlos ge- 
schichtlich j und zum Verständnis alter Musikalien. 

S XXIX. 

Die Entstehung der chromatischen Zei- 
chen |>, Isf, und ^, hängt mit der, bereits im $ XX 
erzählten Geschichte unserer Notennamen zusammen. 
Als man, hei noch nicht erfundenem Notcnsistemc, 
die Töne noch durch Buchstaben schrieb, und mit 
dem Buchstaben B zwei verschiedene Töne bezeich- 



S% Notirung 

netc, pflegte man, nm doeli irgend ein Unterscheide« 
zeichen zu haben , das erniederte B , das. sogeoanate 
B molle durch ein , nach Art unserer heutigen latei- 
nischen Lettern y also rundlich, gestaltetes b oder 
bj das sogenannte runde B , (B rolundum , fraosft- 
sich B rond, italienisch B rotondo oder ritO¥idö,yKa 
bezeichnen, das ursprungliche oder natOrliche, nicbt 
erniederte B aber, das sogenannte B durum y durcK 
ein 9 nach Art der damaligen Fraktur- oder Mönch- 
schrift , mehr eckig gebildetes 6, [ß quadr$Uum^ 
franz. Bequarre , auch B quarre, seltener B quarrSj 
becarre , ital. B quadro , oder Bisquadro. 

Auch nach Einführung des Notenliniensistems 
wurden die beiden verschiedenen B auf einer and 
derselben Notenstelle rorgestellt; allein es wurde der 
Note jedesmal ausdrucklich beigeschrieben, ob sie 
das ursprüngliche natürliche 6 , oder das erniederte 
b bedeuten solle, indem man im ersten Fall ein ecki- 
ges b, im zweiten Fall aber ein rundes b dsTor 
zeichnete. 

Als demnächst auch die Übricen sogenannten 
chromatischen Töne in Gebrauch kamen , yerfubr 
man damit auf gleiche Weise, indem man jeden erh6- 
beten oder erniederten Ton aui' eben der Notenstelle 
Torstellte , welche dem natürlichen Tone angehört y 
z.B. den Ton gis durch eine Note auf der g- Stelle y 
nnd schrieb jedesmal davor « gis » , u. s. w. 

Bald müsste aber freilich die Unbequemlichkeit 
solcher Schreibweise fühlbar werden, und man dachte 
attf kürzere Zeichen , mittels welcher für jede belie- 
bige Note angedeutet werden konnte , ob sie den er- 
höfaeten, den erniederten, oder den ursprünglichen, 
natürlichen Ton dieser Stelle bedeuten solle. 

Man wählte zu diesem Ende zum Zeichen der 
Erniederung das runde 6, indem man dabei ohne 
Zweifel von der Idee ausging, dass dieses b, wel- 
ches man nun doch schon einmal als Zeichen des 
erniederten Tones bj also als Zeichen der Erniede- 
rung der b- Stelle anzusehen gewohnt war , fQglicb 
zum Zeichen der Erniederung auch jeder andern 
Stelle erhoben werden könne. (Dass dadurch frei- 
lich ein neuer Misstand entsprang , indem nun ein 



der Töne. 53 

als Vertiefungen der näclistbenacLbarten ^ tierera f 
oder hohem langen Tasten , betrachtet und heilenni 
werdenden Töne der kurzen s Semitone. od«r halbe 
Töne zu nennen, auch abhängige oder ab gel et* 
teteTöne, (im Gegensatz der übrigen , welche sie 
unabhängige oder natürliche nennen,) ödet 
auch wohl chromatische/ d. i< farbige Tdue^ 
Ton daher , weil man die kurzen Tasten durch an« 
dere Farbe von den langen auszuzeichnen pflegt« 

, Sehr richtig sind, wie wir in der Folge einsehen 
werden, auch diese Benennungen freilich nicht | 
doch wollen ^^ir den NiM9ien natürliche fdi^® ctl 
Bezeichnung der Töne der langen Tasten beibehaltooi« 
Man kann die Silben is und es , welchü solchsr!« 
gestalt den lYotennamen angehängt . werden , An« 
hängsilben, yer8etzung.ssilben, odei^ aueh 
chromatische S'ilben , chromatische .Yer* 
wa n dl ungs Silben nennen; und zwar die Silbe is 
eine Erhöhungssilbe , es/ aber eine Erniede-? 
rungssilbe. 

ff 

S XVIIL 

Da die AnhäagsUben den Toiis ^^üen l^tmeii 
eie angehängt werden , um eine Tu^mAfak^emt odet 
emiedem , so kann , mittels derselben f zuweilen 
auch selbst eine lange Taste als Erhöhung , oder Er« 
niederung , einer tieferen , oder höhern ^ benennet 
werden« Wenn man z« B« dem Ton {; die SrVöhij^i^ 
Silbe is anhängt: 

* . " . ■ Eis ■ 

so bedeutet dieses den Ton« welcher «m eine Taste 
höher ist als £, und diese Taste, welche sonst ihren? 
eignen Namen P hat, erscheint so unter dem^ Ton 

5 



5(i ItUervalle. 

fila^rfr-andftrQv nämlich die eine c. B. auf einer Li- 
«lij- dt* andre. Üb er, oder anter derselben: -^ • , 
oder ^ m 9 *• B. c-d j d-e , e-f , u. s. w. , b e i s 8 1 
^]ii;eine Stufe yon jener entfernt« 

Von zwei Noten j deren eine solcbergestalt um 
l>ij^ Stufß böber ala die andere ist , nennt man die 
unterste die q r s t e ,. prinifi , oder die P r i m e , die 
]iöhere aber die zweite, secunda, oder Sekunde; 
un4 ai^pb das Intervall, der Unterschied beider 
Tonhöhen , wird selbst S e c u n d e genannt. 

pas Intervall von zwei Pfoten , deren eine um 
ewifii Stufen höher als ^\^ andere , wo folglich die 
q}>ere, VG^ der ;^nteren oder ersten an gezählt, die 
dritte ist, kurz, das sich über drei JVotenstellen 

<^rs|^(\k,ende Intervall ; • - —-JA- oder "ZjStZ 9 heisst 
Terz, z. B g-h, f-a, e-g, u. dergl. 

Zwei Noten , welche um drei Stufen von einau« 
der entfernt sind , . deren Intervall also vier Stellen 

umfasset: ' * , oder — *-, bilden eine Quarte , 
z« B. c-f, f-h, H-e, u. dergl. 

Das Intervall von fünf Stellen, z.B. c-g^ heisst 
Quinte, von 6: Sexte, von 7: Septime, von 8: 
Oetave, von 9: None, von loiDecime, von 
11: Undecime, von 12: Duodczime, von i5 : 
Teji^z.decime oder Tredecime, von i4: Quart- 
dfi,cime, von i5: Quintdecime,' von 16: Sext- 
d/scime oder Sedecimc, von 17; Septimede* 
9i;ipe oder Septdecime. 

^ £s wird übrigens nur höchst selten so weit ge- 
zi4Llt; vielmehr gebraucht man grösstentheils nur 
die. acht ersten der obigen Benennungen. So wie 
wir uäpilich oben die Ordnungfolgc der Buchstaben^ 
als Namen der Notenstufen , sich von 8 zu 8 wieder« 



Intervalle. Sj 

holen 'sahen y und so wie je die achte Notenstelle 
wieder mit dem nämlichen Buchstaben bezeichnet 
wird, wie die erste ($ XVI), eben so wird häufig die 
None, weil sie die achte Stufe von der zweiten, also 
gleichsam eine andere Sekunde^ nur nach yerjüngtem 
Masstab ist , auch wieder Sekunde genannt , so die 
Dezime : Terz , weil sie gleichsam eine , nur im Um- 
Ifang einer hohem Oktave gegri£fne , verjüngte Terz 
ist ; so die Undezime :- Quarte , die Quindezilhe oder 
Doppeloktave : Oktave , u. s. w^ 

Die höheren Zäblnamen der Intervalle sind in* 
dessen nicht gänzlich entbehrlich; denn theils 
bedarf man ihrer da ,. wo es eben darauf ankommt , 
bestimmt anzudeuten, in welcher Entfernung 
▼om ersten Ton eine Terz gemeint ist; ob es z.B. eine 
wirkliche Terz c-e, oder die Dezime c-o sein soll, oder 
gar die ^eptimedecime C-e ; — theils bedient man sich 
insbesondere der Benennung None auch in einem 
gewissen besondern Falle , wovon später die Rede 
sein wird« 

S XXXIV. 

Die Zählung 'der Intervalle geschieht, wie wir 
bisher geihan, immer von iinten hinauf, und 
z. B. der Ausdruck Terz bedeutet daher allemal die 
dritte Stufe aufwärts gezählt; es wäre denn das Ge- 
gentheil ausgedrückt, durch den Beisatz «Unter-» ^ 
s. B. £ ist die 'Unterterz von G, die Unter* 
quinte von H, die Unteroktave von e, u. dgl. 



( C^J Beinamen der Intervalle. 

S XXXV. 

Bei der Torstehcnd^n Betrachtung der Intervalle 
nach ihrer Stufenzahl ist es wohl jedem Leser schon 



S8 Nomen 

Allein, statt dem nnprungliclieii natürlichen B sei* 
pen angestainmteti Namen B xu lassen , nnd den 
neuen Mamen H dem nachgebomen ern lederten B sn 
geben, nahm man, wunderlich genug, dem Ursprung- 
lieben natürlichen , (hohen) B seinen angestammten 
Namen B hinweg, drang ihm dafür den Namen H ailf, 
und ertbeilte dem neuen, erniederten B, den, sonst 
das ursprügliche natürliche B bezeichnenden Namen 
B. • Nach solchem Namentausche hiess also dieseU»^ 
Tohreihe, welcbe vorher 

CDEFGABcdn.s.w. 



geheissen hatte , nunmehr 

CDEFGAHcdu.s.w. 

t • ■ 

Der Einfall, dem, durch chromatische Venrand» 
Inng entstandenen Tone nicht nur einen eignen Buch- 
staben nanaen zu geben, sondern auch einen Namen* 
tausch vorzunehmen , war schon an sich nicht sehr 
KU billigen;- .und hätte man, bei Einführung der 
übrigen cbromi^tischen Töne , es , eis , as , ais , ges ^ 
gis , fisis u. s. w. , wo also jede Stufe , . nicht , wie 
Manche sich unrichtig ausdrücken , zwei, sondern 
wenigstens drei , wo nicht mehr, sogenannte Saiten 
bekam , hätte man , sag ich , dabei auf gleiche Art f 
und zwar eben so planlos und folgewidrig, Terfahren ' 
wollen, wie in Ansehung der Töne H und B gesche- 
hen war, so hätten wir jetzt ein wunderliches Chao» 
von Notennamen ! Zum Glück aber yerfiel man bald 
auf den passenderen Gedanken, einem jeden, durch 
chromatische Verwandlung eines bisher bekannten 
Tones entstandenen neuen Tone den Stammnamen 
desjenigen beizulegen , aus dem er entstanden war, 
una ihn nur durch die chromatischen Verwandlnngs- - 
oder Anhängsilben is und es von jenem zu unter» 
scheiden ; so dass jeder chromatisch abgeleitete Ton 
durch den beibehaltenen Stammnamen auf den su« 
rückwies , aus weichem er durch chromatische Ver* 
Wandlung abgeleitet war. 

Nach dieser , allerdings planmässigeren Idee > 



der Töne. 39 

hätte nun das erniederte U aucU Hef beissen mpssen. 
Ja , man konnte sogar vollends dem ursprünglichen 
natürlichen B (unserm jetzigen H] seinen angestamm* 
ten Namen B wiedergeben y so dass die natürliche 
Ton reihe dann wieder 

CDEFGABcdefg tt.8.w. '' 

t 

hiesse j . wo dann das y was wir heut xu Tage B nen-> 
nen, als ein erniedertcs B^ Bes beissen würde. Allein 
der deutsche Sprachgebrauch beharrt beim Namen H 
für das ursprüngliche^ natürliche B, und für das er- 
niederte B beim Namen B ; und daher also heilst Ji\p 
sogenannte natürliche Tonreihe bei uns bis a^if den 
heutigen Tag 

GDEFGAHcdc u/s.w., 

indess der Buchstabe B nur eret =aii Name eines 
chromatisch erniederten Tones yorkommt. Iß ai|de^ 
Ländern hingegen , namentlich in Holland und Extf 
gelland ,• heisst der Ton , welchen wir H nennen , 
wirklich B, und zwar, zur Unterscheidung yom er^ 
niederten B, in Engelland B sharp, in Holland B ArniiV, 
das erniederte B selbst aber dort Bfla^, hier B bßntfk 
Dies ist, so kurz als es sich, ohne UnvoUstän««' 
digkeit, darstellen Hess, die Entstehungsgeschichte 
unserer Notennamen , und insbesondere der Auf« 
nähme des H mitten in die Reihe der Übrigen Buch- 
stabefn. Manche wissen sich viel damit, die musika« 
lische Terminologie darum unphilotophisch zu schel- 
ten, und wollen sie wobl gar um«chmeli:en. Einer 
hat sogar ein ganzes Büchlein darübergeschrieben, 
nämlich: Jos. Fr. Schwanenberg, Grundliche 
Abhandlung über die üb nütz- lind UnschiJ^ 
lichkeit des H im musikaiischeh AJphabet», 
und es in Wien und Leipzig lijcyj dryicken Jiasseii« 
Auch J. J. Klein dringt , im i. Jahrgange der Leipz. 
allg. musik. Zeitg. S.641 ff. auf eine Reform. — Da- 
mit wäre uns ja recht geholfen ! ' 



66 Intervalle. 

weil diese y wie yorliiii erwähnt , sewissermasen nnr 
halb 80 ffro88 ist als .jene. Zuweilen gebraucht man 
in eben diesem Sinn auch die Namen ganz er ^ und 
halber Ton. 

Auf gleiche Weise findet man in der Reihe der 
natürlichen Töne zweierlei Terzen, je nach- 
dem die zwei Tonstufen j aus welchen die Terz be- 
steht,, beide gross sind, wie bei deil Terzen C-E ^ 
F-Ay||P*H, oder die eine gro38, die andere klein p 
wieD-F, E-G, A-c, H-d: 

kL gr, kL 

• « ^ * m • 

C D E F G A , H c d 

gr^ kL gr. kL 

Eine Terz, welche aus zwei kleinen Stufen he« 
stünde , kommt in der Reihe der natürlichen Töne 
nicht vor, weil in dieser Reihe nirgend zwei kleine 
Tonstufen nebeneinander folgen. Vergl. die Fignr 
Seite 59. 

; Ausser den obenerwähnten , in der Reihe der 
natfrlichen Töne liegenden , kleinen , und grosaen 
Terzen, lassen sich, mittels chromatischer Erhöhung, 
oder Erniederung , eines , oder beider Töne ^ noch 
Tiele andere gleich grosse nachbilden , z. B. 

Kleine Terzen: C-Es, Cis-E, G-B, Fis-A^ 
Des-Fes, Ges-Hbb, Fisis-Ais , u. s. w. 

Grosse Terzen : D-Fis, As-c, Fi«-Ais , Ges-B^ 
Ciß-Eis, Gcs-Es, Dis-Fisis, H^b-des , u. s. w. 

Eben so findet man in der Reihe der natürlichen 
Töne zweierlei Quarten , je nachdem nämlich 
unter den drei Stufen, welche die Quarte umfasst, 
eine kleine und zwei grosse, oder alle drei gross 
sind. Auch hier legen wir daher einer Quarte der 



IrUervalle. 6i 

ersteren Art den Namen klein bei, und nennen die 
andere gross. Klein sind die Quarten C-F,' D-G, 
E-A, G-c, A-d, H-e; gross ist nur die einzig^ 
Quarte F-H. — Eine Quarte welche noch grösser War 
als die grosse , findet sich in der Reihe der natür* 
liefen Töne eben so. wenig , als eine noch kleinere 
als die kleine. 

Beispiele y.on kleinen Quarten welche dlirch 
chromatische Versitzungen dargestellt werden, sind: 
Fis-H , F-B , Dis-Gis , Es-As , Ais-dis , Ces-Fes , Cisis- 
Fisis , Hbb-eses^ u. a. m. 

Grosse Quarten: D-Gis , A-dis , Es-A, H-eis, 
Ces-F j Cis-Fisis , H^>-es , u. s. w. 

Statt derBenennunggrosse Quarte, wird häufig 
auch der Name übermässige Quarte gebraucht. 
Wir finden es jedoch folgerechter, zu Unterscheidung 
der zweierlei Gattungen von Intervallen , weiche in 
der Reihe der natürlichen Töne vorkommen j als unter- 
scheidende Beinamen überall gleichförmig die Aus- 
drücke klein, und gross, zu gebrauchen, und die 
Namen Vermindert und Üe her massig für die In- 
tervalle der im folgenden $ erwähnter Gattung zu 
versparen. — Auch wird die grosse Quarte, 
nicht selten falsche Quarte , genannt, auch zu- 
weilen Tritonus, Dreiton, weil sie drei grosse , 
sogenannte ganze Tonstufen, drei ganze Töne umfasst. 

Auch wird, statt kleine Quarte, häufig der 
Ausdruck reine Quarte gebraucht. Allein auch hier 
ziehen wir, aus besagten Gründen, die gleichförmi- 

§ere Benennung kleine Quarte vor, und versparen 
as Beiwort Rein zu etwa^ Anderem. 

' Quinten finden sich ebenfalls von rweierlei 
Grösse, je nachdem untef den vier Tonstufen, welche 
die Quinte umfasst, zwei kleine und zwei grosse 
sind, oder drei grosse und nur eine kleine. Klein 
ist nur die Quinte H-f, gross sind alle übrigen.— 



Gl Jnten'oUc* 

Noch kleinere and noch grössere finden sieh in der 
Reihe der natürlichen Töne nicht 

Kleine Quinten mittels chromatischer Ve1^ 
•etf angen , sind z.B.: Gis-d^ Dis-A , A-es , Eis-If^ 
F-ces, Fisis-cisy £s-Htb, n. s.w. 

Grosse Quinten: H-fis , B-f, Fis-cis, As^s^ 
Eis-Hisi Fes-ceSy Fisis-cisis, Eses-Htl?, a.a.m. 

Statt der Benennung grosse Quinte, wird 
häufig der Name reine Quinte gebraucht, und 
statt des Ausdrucks kleine, nicht selten der Namen 
Yermindeyte oder auch falsche Quinte. Wir 
aber bleiben auch hier lieber den einmal ancenom- 
meneh Unterscheidungsnamen treu, und gleichförmig 

Man wird übrigens hier bemerken , dass' die 
kleine Quinte , rücksichtlich der Tastenzahl , der 
grossen Quarte gleich , und in dieser Hinsicht also 
mehrdeutig ist Wir werden darauf zurük kommen. 

Kleine Sexte heisst diejenige, unter deren 
fünf Tonstufen zweie klein und dreie gross sind ; 
sind aber darunter viere gross und nur eine klein , 
so heisst die Sexte gross. Klein sind also, in der 
niitürlichen Tonreihe, die Sexten E-c, A-f, H-g; 
grosse Sexten aber sind: G-A, D-H, F-d, G-e. 
Kleine Sexten mittels chromatischer Versetzungen 
sind z. B. Gis-e, Fis-d, G-As, Ais-fis , B-ges, Fisis- 
dis, Des-Htl^, u.a.m. Grosse hinge^^en: Es-c, 
E-cis , Gis-eis , Fes-des , H|p{^ges^ Ais-fisis u. s.w. 

Auf ähnliche Art ergeben sich kl eine, und grosse 
Septimen, je nachdem unter den sechs Tonstufen^ 
aus welchen das Intervall besteht , sich vier grosse 
und zwei kleine , oder aber fünf grosse und nur eine 
kleine befindet. Klein sind, in der natürlichen. 



liUervaüe^ 6S 

Tonreihe j alU Septimen bis aaf die beiden s C-H , 
und P-e. Andere kleine Septimen mittels chromati« 
scher Versetzungen sind z. B. Cis-H , F-es , Ais-gis, 
As-ges , Eis^dis , Des-ces, Fi8i8->eiS| Cei-Bes, u. a. m. 
Grosse aber: A-gis , G-fis , B-a , H-«is , Ges-f, 
Cis-His j Fes-es , H|^as , Gis-fisis , n. s. w. 

Die Oktave ist in der Reibe der natürlichen 
Töne überall nur nach einerlei Mas, oder, wie man 
es nennt, nnr als reine Oktave zu finden, nir- 
gend eine, welche grösser wäre, als die andere. Ea 
kann daher von kleiner, und grosser Oktave keine 
Rede sein. — Eben so wenig auch von grosser, oder 
kleiner Prime. 

Kleine, und grosse Nonen, Dezimen, Un-' 
dezimen u.s. w. sind Wiederholungen der kleinen, 
und grossen Sekunden , Terzen , Quarten , n. a. w. 



x) Verminderte, und übermässige Intervalle. 

5 XXXVII. 
Wir haben gesehen , dass schon in der Reihe 
der natürlichen Töne , Intervalle von einerlei Zähl- 
namen , und doch von zweierlei Grösse, vorkommen. 
Der Unterschied zwischen grossen , und kleinen In- 
tervallen , betrug überall eine Taste. Noch gröa« 
sere Unterschiede finden sich dort nicht ; wohl aber 
kann man solche durch Hilfe chromatischer Versez- 
zung , wenigstens des einen der beiden Töne , dar- 
stellen, z. B. eine Sekunde F-Gis , welche grösser 
ist als diejenigen , welche wir bis jetzt unter dem 
Namen von grossen kennen gelernt, — • eine Terz, 
Dis-F, welche noch kleiner ist als eine kleine, u. dgl. 



£4 Inten'olle, 

Solche Intenralle , welclie noch am eine Taste 
gi#8Ber, .oder l^leiner sind, als sie in der Reihe der 
natürlichen Töne zu finden sind, also noch um eine 
Taste grösser als gross, oder kleiner als klein, nennt' 
man übermässige, und verminderte. * 

5 XXXVIII. 

Hiernach heisst 

I.) Das Verhältnis zweier Töne , welche beide 
auf einer und derselben Notensteile stehen , deren 
einer aber um eine Taste höher ist als der andere ^ 
s. B. c-cis , es-e , u« s. w. über massige Prime, 
weil der Unterschied der Tonhöhe zwischen beiden 
um eine Taste grösser ist , als er sich in der Reihe 
der natürlichen Töne bei Primen findet. Dort ist 
nämlich zwischen zwei Tönen , welche beide auf 
einer und derselben Notenstelle stehen , gar kein 
Unterschied; c und eis aber sind um eine Taste Ter- 
schieden , d. h. also um eine Taste mehr als , in der 
Reihe der natürlichen Töne, der Unterschied zweier 
auf einer und derselben Stelle wohnenden Töne be- 
tragen kann. s 

Statt des Namens übermässige Prime , gebraucht 
man auch oft den Namen: chromatisches Inter- 
Tall, (weil beide Töne nur um so viel von einander 
Terschieden sind, als ein chromatisches Zeichen aus- 
macht,) oder auch Semiton, halber Ton, chro- 
matischer halber Ton. 

Man hüte sich , die Begriffe yon solchen über- 
mässigen Primen (chromatischen halben Tönen}, und 
Ton kleinen Sekunden oder kleinen Tonstufen (soge«^ 
nannten halben Tonstufen ) miteinander zu ver- 
wechseln. Beide sehen einander auf dem Klaviere 
vollkommen ähnlich. Sowol die übermässige Prime 
oder der chromatische halbe Ton , als die kleine 
Stufe, besteht aus zwei Tönen zweier hart neben« 



Intervalle. 65' 

einander liegenden Tasten ; und diese Aelinliclikeit 
verleitet die Mindergeübten leicht, eines mit dem an-c 
dern zu verwecliseln : allein beide sind, der erwähn«- 
ten Aehniiclikeit ungeachtet, wesentlich Terschie* 
den. Zwei Töne, die gegen einander eine Obermttssige' 
Prime, einen chromatischen halben Ton, ausmachen, 
stehen beide auf einer und derselben Stelle und sind 
nur durch ein chromatisches Zeichen Terschieden ; 
beide erhalten ihre Benennung von einem und dem- 
selben Buchstaben ; nur wird der eine Tom andern 
durch eine chromatische Anhängsilbe is oder es aus« 

Sezeichnet ; z. B. Ges-G , G-Gis. Dies alles ist an- 
ers bei der kleinen Tonstufe: Dort steht jeder der 
zwei Töne auf einer andern Notenstelle, und jeder 
wird durch einen andern Buchstaben bezeichnet » 
z. B. Fis*G , G-As , n. s. w. 

Ungeachtet aber eine kleine Sekunde oder kleine 
Stufe etwas ganz anderes ist, als eine übermässige 
Prime oder ein chronlatischer halber Ton, so nennenT 
doch manche Musiker auch die . kleine Stufe einen,, 
halben Ton, nur ceben sie, um beide roneinaiider 
zu unterscheiden , ]enem den Beisatz: grosser hat« 
ber Ton, diesem hingegen : kleiner halber Ton. 
Diese, ohnehin ziemlich Terwickelten Kunstaus« 
drücke, geben aber gar leicht Anlass zu denen Mifs« 
Verständnissen und BegrifFverwirrungen', vor wel- 
phen wir eben gewarnt hAbeh. Viel natürlicher , 
einfacher und sachgemässer ist's , kleine Tonstufen 
immer nur kleine Tonstufen, nnd nie halben Ton 
zu nennen, wodurch auf einmal die wunderliche 
Unterscheidung von grossen halben, undkleinen 
Kalben Tönen , erspart wird. 

Eben so war es gut, auch den Ausdruck halbe 
Stufe zu vermeiden , indem man darunter bald über« 
massige Primen, (chromatische halbe Töne) bald auch 
kleine Sekunden versteht, (S. 5g nnten) wodurch eben« 
falls leicht Begriffverwirrung entsteht, welche wieder 
nur sehr mühsam, durch die Anhängsel ar esse, und 
kleine halbe Stufe, vermieden wira 

Im Gegensatte der übermässigen Prime, wird die 

nicht übermässige , der wirkliche Einklangi (S. 55) 

gewöhnlich reine Prime genannt. 

f 



06 Intervalle. 

X) Verminderte Sekunde ist die, welche 
noch um eine Taste enger ist als eine kleine , z. B. 
His-c, Eis-F, H-ces, E-Fcs, Gis-As, Fisis-G, D-Eses, 
o. a, m« Sie ist also so zu sagen ein enLarmonischea 
Intervall , oder 9 mit andern Worten , sie ist das 
Verhältnis zweier enharmonisch parallelen Töne j 
(S.35 ) und darum an sich selbst ein mehrdeutiges 
Interrall (S. ^o) indem es auf dem Klarier aussieht 
wie eine reine Prime. 

Die übermässige Sekunde ist noch um eine 
Tafte weiter als die grosse, z.B. F^Gis, G-Dis, G^Ais, 
D-Eis, A-His, Ces-D, As-H, Des-E, Ges-A. Ces-D, 
Fes-G, B-cis y Es-Fis, E-Fisis, Eses-F, u. a. ni. 

3.) Verminderte Ter^^ea sind z.B. Dis-F , 
AitMs, Eit-G, His-d, E-Ges , H-des, D-Fes, A-ces, 
G^Bbb, Cisis-E, Gis-B, Cis-Es. Den Tasten nach, 
ist die verminderte Terz, einer grossen Sekunde , 
z^ B« Cis-Dis oder -Des-Es ganz gleich. 

Uebermüssige Terzensindz. B.F-Ais, Ges-H^ 
C*^Eis , H^b-d , u. s. w. 

40 Verminderte Quarten sind z, B. Dis-&^ 
E^As, His-e :, c-fes , Fisis-H, F-KH;, u:b.w. 

Uebermässige Quarten in unserm Sinne 
des "^Yortes, d.'h*,noch um eipe Stufe weiter, al» 
die grosse , sind z. B. f-bis , fes-h , c-fisis , Hese&-e f 
Es-Ais, tt.'8. W. Dass der Name übermässige Quarte 
bei*manohen Tonmeistern etwas anderes bedeutet ^ 
haben wir schon S. 61 bemerkt.. 

5.) 'VfermindfeMe Quinten in unserm Sinn, 
tLJi. hoch um eine Stufe enger ats die kleine ^^'srncC 
z.-B.His-f^ H-fes, JF'isis-c , E-H^), ,.u. », w. Auch 
hier erinnern wir uns von S. 6a , dass. manche Mu« 
f»iker unter dem Namen verminderte Quinte etwas 
anderes verstehen« 



InteryM^f JS^ 

G-dis , As-e, q-Jiis ,/Fe;»-c y j^fi»u&,^.t{iH>-f , u. s.w. 

6.) Yerininderte Sc^xten sind z. B. H-ges, 
AU-f, Eis-c, E-ces , Fisis-d, D-Bes. Fis-4e&. u« a. m. 

G^eis , ces-a^ -Hf^lh^, E'^cisis , AmiNfirs ^-ta.-iijiii^>. •» ^''M.« 

' 7;) Verminderte SepttmifÄ i^ftidi!.**B. B^-itsl 

Gitf:f; Cid^p,,.,Hi^-a„.Q-|'ea/Fisis;c, f-ifs[^,/'ifis-eV; 

lu & w» ... ' ''j' ■ i»' . ■••■■ ; • :i.-. -.« lij'j;; o;« i*jd'> 

Uebermässige' Septiinen: Fes-e , c-his , 
G-fisis.', £s68*d y' Ab^s , o. s..*«. • i« 'i r » li a i a :^ '^\1 

8.) Auch die Ofcta^¥^/ ^*lche wir, in der 
Reihe der natürlichen Töne niiir von einerlei Grösse , 
dar rel<n',gel«od)en, (SJ65)']uiB»^i Aiaiohrclubnnllsche 
TersetfcUBg , ■ .' kleiner j oder gn&iaev. d^rgfeftbcHt^waii 
den ,. als. sie sich .in der Reihe üdcbiiatilrikdieiDSta^ 
findet -tln fenem Fälid kximrtA ibrider. Name .11 ^& 
mändierle,.«ii.<U«seioilhBQ> 4iir ^a|«ft<)V^ll90L|ls^tgi| 

OA.t » #ei sU. 'ill/-/ • >: '- ; .: .»i*» 'iiv/ i.:>Iio(; "'»I> 

yermitiderte Okt».T'«n^d 4<>B*Ere#ytDJft9dj[ 

FHfos.f .Uis-h<^ CisiSroih,..EllTeiJe^4iiU,4gh'1 nM»i' iljinh 

. Uebeitssässige QktuVeiis.Ss^ey. £rh.y(IH)i»| 

Fes-f, H«-hi^, '.GisritisiSi, Südi-es^ u.s^Ih* .;:^ 1 idü nog 

Im Gegensatze der tterminderteii ^! jwii]tr.4hlttmä8- 
sigen Okt^p0^;<l¥iffd.i(Uer»r:Feh^hf).,|(^«jQ^ irfivmindert 
noch übermässig' is4|*f -irid aj|hon.-^sagt^ reine 
Oktave geniMmft;i'ii . ; »/ -.ii ö* ... — 

9.) Ve4min^iffte^;fAD4 übermäsj&ige No- 
nen, Dezimen, u.'^'.'W.* tttaft nur Wiederholungen 
von dergltfldiei» fiekuaden^ Terseri^?iloirw.,.^m eine 
Oktave vergrössert. ■ ] ^ -j 

in,i;b 5 iiM<i liiüi .'vi «^ ... » t: ii4jJ'^'liy ''tüs 191! 



68 Intervalle. 

5.) -DoppeitTerminderte, und doppeltüber« 

-massige Interyalle. 

5 XXXIX. 

Aach doppeltTerminderte, and doppelt- 
fibermttssige Interyalle lassea sich denken, i^B. 
eine doppelt -.übermässige Sekunde; ' gessiis, eine 
doppeltfibermössige Oktaye : B-his , . eine doppeltyer* 
minderte: Uis-b, u« dgl. 

Ja, aach* mehr als doppelt y^kmitiderte , und 
eben so übermässige Interyalle sind nicht undenkbar. 

, , . . . < . . ..•.,■■ 

Pj Zeichen für die yerschiedeaen Ton».. 
,.,., ■ ,«,ntf cmu-ttgen. 

J XL. 
Um 4iie Tersdiiedenen Tonentfemungen durcb 
knvse' Zeichen yorxustellen 9 bedient man sich fftgiicli 
masdrer gewöhnlichen Zififern^ so dass, s. 6. die 
Ziffer 2 das Interyall der Sekunde yorstellt^ die 
Zitfer 5 eine' Ten*)' 4 die Quarte, u. s.w. Inriiesoii*- 
dere wollen wir die kleinen Intervalle dnrch einim 
Pt^nlt lro>y der Zitfer anzeigen, die grossen aber 
durch einen Pvinkt nach derselben, die y ermiind er- 
teil -durch cwei Punkte yor, ' — die übermAasi* 
gen aber durch xwei solche nach der Ziffer. '^ 

^ lUesemnach bedeutet c B. • 
itM r; .:^iaf Zeichen *6 eine kleine Sexte g ' 
:mi.- . —, . .^ 6^ eine grosse, 

— .^^ •*$ eine yerminderte , • . * .' ' 

'Mih :.^y^ . Mehrdeutigkeit der Interyallt«. 

$ XLL - 

Wirft man einen Blick auf die s&mmtlichen bi^ 
her aufgeiählten Interyalle , so bemerkt man , daaa 



ißUefvalk. 69 

allC) oline Aotnalime, mehrdeatig itnd« Wir habeii 
auf diese Melirdeati gleit bei einigen sclion im Voraus 
aufmerksam gamaebt , s. B. bei der kleinen Quinte , 
bei der übermässigen Prime, und bei der Termindejr- 
ten Sekunde. Aber aueb alle übrigen sind es. 

Es treffen nämlicb in Ansehung der Tastenftahl 
zusammen 

I.)' Grosse Interralle mit anderen kleinen. 

Dies ist der Fall in Ansehung der grossen Quarte und 

kleinen Quinte; z. B. F-H undH-f; Gis-d und d-gis, u. dgL 

3.) Grosse Interralle mit anderen Terminder^ 

t e n y nämlicb 

aj die grosse Sekunde mit de^ Terminderten 
Terz , z. B. c«d und HiskI y H-eis und H-des , u. s* w. 

b.^ die grosse Terz mit d^r T^n^Iuderten QuartOi 
z« Bf c-e und c-fes oder His-e ; 

cj die 5* mit der •*€; z.B* c«gund His«g{ 

dj die 6^ mit der ^7 ; z. B* A^fis und A-ge$ ; 

e.J die 7* mit der *^8; z.B. B-ii und Ais<4u 

5.) Kl eine Intervalle mit andern tlbermissigeii 
a.J die *2i mit i**; 
b.J — ♦S -— !•♦; 
cj — % — 3**; 

e.j — ♦7 — 6**. 

Auf gleiche Weise kann man finden , dass auch 
Terminderte Intenralle mit übermässigen zu* 
sammentreffen , und umgekehrt ; z. B. 4** i&nd **6 : F** 
His und £is-o , u. dgl. 

Einem Anfönger könnte es nützlich sein j alle 
Interralle nun auch aus diesem Gesichtspunkte ftir 
sich selber noch einmal durchzugehen f und sieh 
etwa eine Tabelle folgender Art darüber aofiiniefzen : 



ffO 



IrttertfoliA, 



■' "Icjl^-Töney. die -auf etn« und deneibea Taste lieffeK, 
« kpaneti mib : reiner Einklang , t. J^ e - e » oder Yennindertf 
«Se^ondf y z. B« e-fea. 

«Zwei Töne, die auf zwei unmittelbar neben einander 
«liegenden Tasten wobnen , l^önnen sein: übermässige Prime ^ 
« oder kleine Sekunde , oder auch doppelt verminderte Ten , 
«X.B. r-eis, e-f, eis-ges^, u. s. ir. 

«Zwei Töne, wo eine Taste zwischen liegt, können eeiii; 
lecBtwedir a\: s. ^v e-fts , oder **3 , 'e- ges , it s. w. 

«Z)i^,TV>|mil zwifchen denen zwei Tasten liegen, ^köiuMt 
i^fc^: ... ._ . . * 

U. f. W. U. 8. W. » 



i\ , > : X Ft) y^lkeli^rung, der Intervalle: 

'• " 'S XLII. 

«"'• Wenn hian, von ztrei verscliiedenen Tö* 
nen, den tiefsten um eine Oktave, oder uni 
eine I>b'ppeloktave ü. s. w. erhöht, so dass er 
höher Witd als dier andere welcher zuvor 
der höheire War, oder, was auf Dassielbe heraus 
kommt ,' Ve n n matj den höheren Ton okla* 
venweise so lang erniedert, hiser tiefer 
wird als der andre, kurz, wenn man ein Inter- 
vall auf den Kopf stellet, das Unterste zu oberit 
kehrt , z. B. den untersten Ton des , hier hei i 
i k 1 



.\\. • 



* . 







vorgestellten Intervalls um eine Oktave höher tcp- 
^cet,. "iHc bei A:, oder, wie bei /, den höhereu 
)i]^>ipht Töne tiefer, (welches letztere in dieser Hin- 
sichl Siissclbe ist, indem es auf Eips heranskojuiit^ 



Intervalle, yi 

ob man den tiefen Ton über den höhere erhebt > 
oder den höbern unter jenen binabjKleki y indem da« 
dtircb allemal das Unterste zu oberst, ' und das Obere 
SU Unterst zu stehen . kommt , ) so nennt man dies 
Verfahren Umkehr'ung oder Yerkebrung des In* 
tervatls. 

Vorstehende Fig. it ist also' die Umkelirung tö« 
I , oder , was Dasselbe ist | i die Umkehrung von k. 
Denn wenn man Fig. k wieder umkehrt , so kommt 
natürlicherweise wieder die Lage i heraus. Die zwei 
Terschiedenen Lagen sind demnach , rückwärts wi^ 
Torwarts, eine wechselseitige Umkehmng der andern. 

S XLIIL 

• ■ 

Da die Wesenheit einer tJnikehrung darin be- 
steht, dass von zwei 'verschiedenen TQnen der iieterp 
unter den höheren versetzt wird, oder umgekehrt^ 
so folgt daraus : 

I.) dass der Einklang , ums onus ^ die reine 
Prime , sich eigentlich nicht umkehren Ittsst^ weil 
man von zwei Tönen , deren keiner höher ist als der 

andere, auch nicht den höhern unter den Hefe^ 

'.■■■».»"■•. 
ren setzen kann. 

9.) Es folgt zweitens daraus j dass man^ um 
zwei Töne umzukehren , welc1;ie weiter als eiAe ver« 
minderte Oktave von einander eptfemt sind, den 
oberen um zwei , oder mehrere Oktaven erniedern ^ 
oder den tieferen um ebensoviel ei^höhen , oder aber 
beide zugleich um eine oder mehrere pi^ta« 
ven gegen einander versetzen muss. 

Denn wenn man z.B. von cwei Träen^ ^welche um 
eine None voneinander entfernt ^Ind ,* z.B. e-J|' dA 
unteren nur um eine Oktave erhöht: c-J, so hat man 



^a Intervalle, 

ibn dadurch nocli keineswegs über den bdberen bin* 
ftufgerücLty sondern man muss entweder das c um 
jfwei OktaTen erböhen: S^Cj oder das d um swel Ok- 
taren herabsetzen: D-c, oder beide verrücken: d-e. 
Eben so wird der untere Ton einer reinen Oktale , 
z. B. c-cy wenn man ibn um nur sieben Stufen hin* 
ajofrückt, nur in den Einklang c-c yerwandelt« 

5 XLIV. 

Man bemerket leicbt , dass , bei jeder ümkeli- 
rung, die Tonentfernungen nicht dieselben bleiben. 
Die . zwei Töne j welche auf Seite 70 bei i um eine 
Sekunde entfernt waren , stehen, wenn sie,- wie 
bei ^ oder Ij gegeneinander verkehrt werden , nm 
eine Septime von einander ab; oder, nach dem' 
l^wöhnlichen Sprachgebrauch : i^us der Sekunde wurde 
durch, die Umkehrung eine Septime. Eben so wird 
die Terz zur Sexte, z. fi. c-e wird e-c, oder E*c; 
und die Quarte wird Quinte; c-f: f-c, oder F-c; 
(weshalb denn auch Mancbe die Sekunde , die 
Terz und die Quarte Stamminteryallcy die üi>ri» 
gen aber abstammende oder abgeleitete Intei^ 
Talle nennen). Und da, wie wir eben gesehen, hier 
alles wechselseitig^ und rückwärts wie voswärts gilt^ 
so folgt daraus, dass die 7 umgekehrt sich in eine a, 
die 6 in eine 5, und die 5 in eine 4 ywrwandelt^ 
z. B. d-c wird c-d, oder c-J; e-cwirdc-e, oder 
C-e; f-c wird c-f, oder c-F. (Man könnte daher 
eben so gut die 7 , 6 und 5 Stammintcrvalle nennen ^ 
and die 2, 3 und 4 a^s von jenen abgeleitet ansehen.) 

-• ' EiheUebersibht ewiger Verwandlunsen und AIh 
ftammupgen. gewährt nachstehende Tabelle : 



oder: 



IniervaUe. 7$ 

Die 21 Trird icar 7 , 

_ 5 _ _6, 

~ 4 _ _ 5 , 

- 5 — -4, 
_ 6 ~ — 5, 

— 7 - - 2. 



a, 5, 4, 5, 6, 7. 

.77 6> 5, 4» 5, a. 
Man stellt aus diesen Tabellen, dass den höchsten 
Ziffern immer die niedersten gegenüberstellen , und 
den niedersten die höbern ; und zwar ganz natür* 
lieh: denn bei einer Umkebrung ist alles umgekehrt. 

Nur die reine Oktave giebt in der Umkehrung 
kein anderes Interrall , sondern wieder eine reine 
Oktave, folglich nur wieder dasselbe Intervall in 
einer höhern oder tieferen Lage« 

Auch geben alle Intervalle y welche grösser sind 
als eine reine Oktave , s. fi. die Dezime, die None 
U.S.W, und selbst auch die Übermässige Oktave, 
ebenfalls keine eigenen Vmkehrungen , sondern nur 
eben die , wie die Terz , die Sekunde , die über-» 
massige Prime, u.s.w* 

$ XLV. 

Was wir im vorsteheoden $ von den Ztthlnamen 
der Intervalle bemerkten , gilt, aus gleichen Grün* 
den, von den Beinamen. Aus einem Intervalle mit 
dem Beinamen klein, wird eines mit dem Beinamen 
gross, und umgekehrt; aus verniin der ten Inter- 
vallen werden übermässige, aus übermässigen 
verminderte: 

*2 — * «7* — — »2 **2 — • 7** "~" **a 

♦3 — 6* — '3 ♦•3 — 6** — ♦•S 

♦4 — 5* — ^4 . -4 — 5** — -4 

•5 — 4* ' — '5 ♦•S — 4** — •♦S 

♦6 — 3* — *6 **6 — 5- — *^ 



•7 — a* -^ »7 



**« ...«• 2** ^-~ **7 

♦•8 — . !•• ••8 



74 Intervalle, 

d.h. die k I e in e Sekunde wird grosse Septime, die 
grosse Septime aber kleine Sekunde. Die kleine 
Septime wird grosse Sekunde, die grosse Sekunde 
aber kleine Septime. Und eben so wird die **a zur 
7*% die 7** abqr wird ••2. Die **8 wird !••, und diese 
wird **8 , u. 8. w. 

Auf gleiche Weise werden, wie leicht zu sehen, 
aus doppeltverminderten Intervallen, doppeitfibermi«« 
ftige, und diese zu doppeltverminderten, u.8.w. 

Zur Uebung könnte es ntitzHch seini die Ter-^ 
schiedenen Umkehrungen der Intervalle Qtwa folgen«*. 
dermasen zu durchgehen: 

Die Prime, und zwar 

die reine Pnnie ist keiner Umkehrung unterworfen« 
Die übermässige Prime, z. B. c-cis, wird zur v etmii H 
derten Oktave: Cit-c, oder cis-G. 
Die Sekunde wird durch Umkehrung zur Septime, und zwar 
• die verminderte Sekunde ^ur übermässigen Septime; 

z. B. H-ces wird Ces-H, oder ces-h. 
Die kleine Sekunde wird 7*; z. B. G-As wird A«-g* 
Die grosse Sekunde wird . . . . u. s. w. 

Die übermässige Sekunde wird u. 8. w. 

Die Terz wird • . . u. s. w. und zwar . . . . u. s. w. u. 4L w. 



G.J Uebersicht der Intervalle. 

S.XLVI. 

Bei der bisherigen Durchforschung «Ammilicber 
Iptervalle haben wir gefunden : 

Dass Quinte , Sexte und Septime Umkehrängen 
von Quarten , Terzen und Sekunden sind. 

Dass die Oktave, JVone , Dezime u. s. w. nur 
Wiederholungen sind der Prime, Sekunde, Terz a.8. w« 

Dass, schon in der Reihe der natürlichen Töne, 
jedes Intervall, die Prime und Oktave ausgenommen. 



Intervalle. 76 

fiich von zweierlei Grösse yortindet , und da^s der 
ünterscbied zwischen grossen, und kleinen IntenraU 
leO; ia Einer Taste mehr , oder weniger besteht« 

Dass ein Intervall , welches noch um eine Taste 
kleiner, oder grösser ist, als es sich in der Reihe der 
natürlichen Töne vorfindet, vermindert, oder über«^ 
'mfissig heisst; was etwa noch grösser als übermässig 
ist: doppelt überm&ssig, und was noch kleiner w&r 
als vermindert: doppelt vermindert; u.5. w. 

Dass endlich die grossen Intervalle in der Um- 
kehrung kleine , die kleinen grosse werden , die ver- 
minderten übermässige , und diese verminderte ; die 
doppeltübermässigcn doppeltvermindert , und um» 
gekehrt. 

Diese Betrachtung erleichtert das Erkennen der so 
vielfältig verschiedenen Intervalle. Denn kennt man 
nur einmal die Keihe der natürlichen Töne, so ist 
nichts leichter als , grosse und kleine Sekunden , 
Terzen , und Quarten , * von einander zu unterschei« 
den , und , durch Yergleichung jtnit diesen , auch so- 
gleich alle übrigen Intervalle zu erkennen : nämlich 
die grossen und kleinen Septimen, Sexten und Quin- 
ten , als umgekehrte kleine , und grosse Sekunden;, 
Quarten , Terzen ; und alle übermässigen Intervalle 
daran , dass sie eine Taste grösser sind als die gr.osr 
«en , alle verminderten daran , dass sie noch kleiner 
sind als die kleinen. Auf .ähnlichem Wege erkennt 
man die doppcltverminderten , und die doppeltübeiv 
massigen , wenn je solche vorkommen. 

Diese Uebersicht erspart also nicht allein dem Ge- 
dächtnis eine tödende Ermüdung; sie gewährt auch, 
statt blos auswendig gelernter Kenntnis^ eine klar0 
Anschauung des Verhältftisseft^ / ^ 



76 Intervalle. 

Immer wird es aber für den Anfönger eine gftns 
ertpriesslicbe Uebnng sein , wenn er , . um sieb int 
Erkennen der Intervalle zu üben, sieb die Mübo 
nimmt, alle Arten von Intervallen, auf allen mos«* 
lieben Tonstufen, für sieb selbst in Noten zu schrei«' 
ben, und auf dem Kisiviere zu spielen. Insbesondere 
wird es aucb gut sein , beim erwähnten Scbreiben , 
sieb nicbt nur, abwechselnd, bald dieses, bald jenes 
Notenschlüssels zu bedienen , sondern die Intervalle 
aucb mitunter nicht blos auf Ein und dasselbe Linien* 
sistem , sondern aucb auf zwei , oder mehrere su 
icbreiben. Z. B. : 

Fig. 10 : Der Ton git ist die ubennässige Quinte von c; 

c ift kleine Sexte von gis, und groue Terz (grosse Dezime) 

von c; gis ist kleine Untenexte von e; c ist grosse Unterters 

(Unterdezime) von e. — Oder: Fig. 11: c ist die kleine Quinte 

von fis; es ist verminderte Septime von fis, und kleine Ters 

von c; a ist kleine Terz (oder Dezime) von fis, groMO Sexte 

von c, grosse Quarte von. 77; — fis ist kleine Unterqutnte 

von c , verminderte Unterseptime von es , kleine Unterten 

(Unterdezime) von a ; — c ist kleine Unterterz von es, • • • • 

ti. s. w« 

ÄHIIEaKVHG. 

Die Tongelehrten haben viel darüber gestritten, wie 
viel Intervalle es eigentlich gebe. Der Eine nimmt 
deren 5i an , Andere lehren , es gebe deren nur 35» 34t oder 
gar nur 18, und erklären die übrigen för «Mos chimärische, 
Bios papierne Intervalle.» — Das kommt mir aber ganz wnn« 
derlich vor, und dünkt mich ein sonderbarer, inhaltloser 
Streit! 

Wie viel verschiedene Grade von Entfernung eines Tonet 
vom andern, an sich, und nach der Beschafienheit unsert 
•I^otensistemes, denkbar sind, haben wir so eben gesehen ; daiw 
über kann also auch der Streit nicht sein, eben so wenig, 
tls'ln der Mathematik Streit sein kann über die Frage: wie 
viel verschiedne Grössen es gebe! — 

So roeinen's denn auch die streitenden Theile eigentlich 
nicht; sie drehen sich im Grunde nur um die Frage: welche 
Intervalle kommen in der Musik wirklich vor? Diese 
Frage kümmert aber uns wenigstens hier gar nicht, wo 
es uns nur um eine Nomenclatnr zu thun ist , welche una 
einen bestimmt bezeichnenden Namen für jede denkbare Axt 
von Tonentfemung gewährt, diese komme nun häufig, oder 
•elten, oder gar niemal vor; imgeiahr eben to, wie man ie- 



Rhythmus und Takt 77 

den 9 sowohl bef achten, altunzngäbglichen Punkt der Erd« 
obexiäche, nach Graden der Länge und Breite bezeichnet. 
"Wem fällt es nun aber dabei ein, darüber zu streiten, wie 
▼ide Grade von Polhöhe es gebe? ob es z.B. wirklich einen 
SQSten Grad gebe? und diesen SQSten Grad etwa eine chimä- 
rische. Mos papierne Polhöhe zu nennen, weil er es für un* 
möglich; hält, dass sie jemal Ton eifern Sterblichen werde be* 
treten werden? 



Drittes Vorkapitel. 

Rhythmik. 
L) Begriff voü Rhythmus und Takt. 



• .'♦ t > 



$ xLvn. 

JL/ie Tonkunst inacM, nebst dem Verbindeh vei^- 
schiedencir Töne, auch n^ch von ^twas Anderem 
Gebrauch, was zwar nicht dothwendig zur Wesenheit 
der Müsil' gbböit , aber doch ihren Reits sehr zu er- 
böhen* Tertiiag. Es ist dies der Rhythmus' oder 
die Takt^ässigkeity'unfd besteht darin, dass die 
Zeiten ^ in welcben die Töne und Tonverbindungen 
erklingen, genku nach' Quoten (Verbähnistheilen) 
geg^n einander abgem'essei^, und die solcberglei^tält 
gemessnen Zeiten zugleicb'rücksicbtlicb ihres 
inneren Gewtcbt^s, genau gegen einander äbge» 
wilgtünd symmetrisch akzentuirt werden. 

leb nenne den Rhythmus zur Wesenbfjit d^r Mu- 
sik 'toichtnotHwehdig gehörend; dehn' in der That 
ist nicht alle Musik rhythmisch oder taktmftssig. Hö- 
ren wir z. B. den gewöhnlichen Choralgesäng der 
Rifchefigemeindi^fiW' da wti^ die län^ercl öder kürzere 

• • * ■ 

DliUer der -Töne gar nicbt taktmftssig gegen tfiüander 
abgewogen , sondern jeder Ion willkürlich , ungefiihr 



j8 Rhythmus und Takt. 

einer so lang wie der andre, angeltalten, und höok» 
8 1 e n 8 zuweilen dieser oder jener, je nacli dem gros- 
sem oder geringeren , auf die Silbe des Texte» su le- 
genden Gewichte, mehr oder weniger betont. Alleiq 
dies ist noch keine Taktmässigkeit , J»in Rhjtlniia»; 
es -findet dabei keine solche Abmessung und Abwä- 
gung der Zeiten statt , wie wir sie bei der rhjtbmi- 
sehen Musik kennen lernen ; man kann keinen Takt 
dasu schlagen. * >..^ 

Findet hingegen bei einem Tonstuck eine sym- 
metrisch abgemessne Eintheilung der Zeiten statt, 
d. h. wird die Zeit in unter sich ganz gleiche Abr 
schnitte , und diese hinwiederum in gleiche Theile. 
getheilt , zerfallen letztere ferner in gleiche kleinere 
Quoten u. s» w. und wird die Dauer der. Töi^,,i- iia6) 
solchen Zeiteintheilungen genau gegen einander ajbgfrv 
messen, so dass ein Abschnitt immer al3 sjmmetriscli 
geordnete Gruppe mehrer Zeittheile, und jdjlese^f^ain^ 
men als kleinere untergeordnete Gruppen noch kleine-* 
rer Theile erscheinen , und wird unter allen diesig 
Zeittheilen und Zeitgruppen auch das Zeitgewi cht sjipp 
metrisch rertbeilt — dann ist es tak,tmäss ige ,. rlqrltl^ 
ipi^che Musik, welche «ich zur unrhj thmis eben. ver- 
hält , wie Verse gegen ungebundne Rede; und diese 
ist heut zu Tag die bei weitem gebrü;ujchlicl]^&t€L , 

Ihre Wesenheit liegt demnach in einem geni|iif^f| 
El^enmas hinsichtlich der Dauer und; des .QoyiFichtes 
der Töne,- welohe . Symmetrie .durchs .den Namfn 
Rhythmus, Zeitmasy auch i^pW Takt odpr^0< 
trum. bezeichnet wird. , ;; .. -jj . 

..Die Lehre . yom Rhythr^ntii n€;npt,.man..]flhj)rt)^ 
m i k| auch wohl Rhy t hmio.p ö i e, oder auch Me^ jj Jkd^ 



19 

Il.y Bezeichnun^g ocler NpiiTung. der 

Zeitdauer. 



•I 



JJ G eltung der Noten und Pausen. , 

^ ' ■..'•. ■ . • • " 

S XLVIIL . 
Wie lang oder kurz ein Ton dauern soll) wird 
in der Notenschrift bekanntlich zunächst durch' ver- 
schiedene Gestaltungen der Noten, und zwar, (um 
die in den ältesten Zeiten üblich gewesenen und beut 
SU Tage gar nicht mehr TOrkommenden nicht mit zu 
erwähnen] durch folgende Notengest«ilten : 






'- ^A 



, geimnnt Maximu , Grössit«, 



(Italienisch Massimay französ. Mfixtme;) 

bj III, Longa j Grosse oder Lange, (Xunga^ 

Longue ;J . • . 

Cif » oder/ioi.y Brtvisj Kurze, y^reve^ Bri»t 
oder C^rrtt ;}> = * .. . / 

d.J o, iSSemr^r^iV^. halbe Kurte, (Semibrcsft.^ 
JDemibreve oder RondejJ ■. . <* • = 

e»J et ^^^^ P > Minima , Klein sije , (Minima ^ 
Minime oder Biamche ;) ; m- i . r 

ßj f oder J, Seminunima^ halbe Kleinste, 

gj l oder J , Fusa oder Unca, Gestrichene 
oder harkenförmig 6ekrütnmte';' fCromä, Croche;J 

Av! ^ Q<ler ^ 9 Semtfiisa ofdßn Bis.u^cßj halbe 
Gettfichene^ ZweimalgestTiichenle, '>Z^>ei*4 
malgekrü'mmte./ (Bisctoma ,^ DüStpcrocke^; ) '' 'I . 

iV T oderuj Subsemt/usa oder 7e^imrkir^il3rei^ 

mal gekrümmte, Dreimalg94ttpi,pi^i{L%A,fA9eir 
hakige, (Triple -- croche J 
u. s. w. 



8o Rhythmus und JlakL 

Jede Torhergelicnde bedeutet , wie zum Theil 
sclion die obigen Namen err^then lassen, immer eine 
doppelt so lange Zeitdauer als die folgende. Jede 
folgende gilt halb so lange Zeit als die vorbeigehende, 
wie dieses die j von Logier entlehnte räumliche 
Darstellung Fig. 12 anschaulich macht. 

Eben daher ist auch die, den meisten Lesern Ter- 
uuthlich bekanntere , modernere Benennungsart ent- 
itandea« Man ni4nmt nftmlich die semibrevis, o» alt 
Einheit an, und legt ihr den Namen ganzeNotebei 
Die minima , p , weil sie halb so viel gilt als jene, 
wird halbe Note genannt; die semiminima^, J, die 
halb so viel gilt als die sogenannte Halbe, heisst 
ebendarum: Viertelnote, und so fort: Achtel-, 
Sechszehntel noten, u. s.w. Diejenigen Noten* 
gestalten aber, welche grösser sind, als die iem»* 
brevis, (deren Bedeutungen auch überdies von Zeit 
zu Zeit gewechselt haben) werden heut zu Tag nur 
noch sehr selten gebraucht Ebendarum sind* für 
dieselben auch keine moderne Namen eingefahrt, und 
man inuss sie, wenn sie ja irgendwo vorkommen | 
wohl noch mit ihren ursprünglichen Namen: 6rem, 
longa j und maxima nennen, oder etwa: doppelte, 
Tierfache, achtfache Note« 

Durchaus unrichtig pflegen übrigens die Muiiker 
allgemein zu lehren: vorstehende Fig. c bedeute zwei 
Takte , b vier^ Takte, «/einen Takt, c einen 
halben: denn dies alles pasAet , wie wir alsbald 
finden werden, nur auf gewisse T^ktarten, auf alle 
Übrigen aber nicht (J LVI, LVIII, LX.) Indessen hat 
doch auch selbst Su Izer jene grobe Unrichtiskeit in 
seiner Theorie der schönen Künste im Art 
Noten aufgenonunen. 



Kiyüimus und Takt. 8i 

S XLIX. 
Die ganze j ^so «ben dargestellte Bedeutung anS 
Geltung der yerschiedenen Noten gestal tun gen läuft ^ 
wie man siebt , darauf hinaus , dass jede kleinere 
oder kürzere Note den halben, oder den vierten^ oder 
den achten Theil u. s. w. einer grössern vorstellt \ 
aber eine Notengestalt , welche ein Drittel ^ oder ein 
Sechstel, Neuntel u. s..w. einer grossem rorstelltei 
haben wir nicht; und ^eti so gilt, umgekehrt, jede 
grössere Note entweder zwei , oder vier , oder aobt 
mal u. s. w. soviel , als die , ihr zunächst untergeord- 
netete kleinere Notengestalt , und es gieht eigentlich 
keine, welche das Dreifache, Sechsfache, Neunfache^ 
u. 8. w. einer kleineren hezeichnete. 

-<-üm diesem Mangel abzuhelfen, hat man es enr» 
gefii]irt, dass ein nach einer Note giesetzter- Punkt, 
(vielleicht ursprünglich ein zweiter kleiner Notenkopf,) 
die Geltung derselben auf das Anderthalbfache erhö- 
hen soll , so dass z. B« eine ,' sonst nur vier Viertld« 
noteu geltende , sogenannte ganze Note, wenn sie 
mit einem Punkte versehen ist 

o. 
nun sechs Viertelnoten- gilt, eine punktirte Halbe; 

drei Viertelnoten , oder sechs Achtel n. s. w« 

Man setzt auch wohl nach dem Punkte noch 
einen zweiten , welcher dann wieder halb so viel wie 
der erste gilt , u« s. w. , so dass z. B« folgende Figur 

o.. 

sieben Viertelnoten an einem Stücke vorstellt : nflnt« 
lieh die semibrevis vier Viertel , der nächste Punkt 
zwei Viertel, und der folgende halb so viel wie der 
erste d. h. ein Viertel; zusammen also sieben Viertel. 

' 6 



8^ Rhythmus und Takt. 

Alle diese Behelfe sind aber noch imm^r be- 
schränkt lind ungenügend ; denn auch damit bleibt 
es noch unmöglich ^ z.B. neun Viertel an einem 
Stücke vorzustellen, und es bleibt dafür kein anderes 
Mittel, als, eine sogenannte ganze Note, durch Bei- 
fügung eines Punktes , in eine anderthalbfache oder 
Sechsviertelnote , und eine sogenannte halbe eben so 
in eine Drciviertelnote zu verwandeln , und dann 
beide mittels eines Bindebogens , y-^ , aneinander zn 
bindet) : 

oder etwa eine Achtviertel - und eine Einvicrtelnote 
also zusammenzukoppeln : 

u. dgl. —r 

JDass in älteren Zeiten die Notcngeltungen im 
sogenannten modo perftcto sich zu drei und drei 
theilten , gehört nicnt hicher, sondern in die Kunst- 
geschichte. 

S L. 
Den verschiedenen Gestaltungen det Tonzeichen 
oder Noten entsprechen die verschiednen Formen ron 
Schweigezeichen oder Pausen: 

fdHaEac-»-Ji»-Yvr 7 f ^ u. s.w. 
a aa b c d e f ff g h i 

Auch hier bedeutet jede dieser Figuren das Doppelte 
der nachfolgenden ; Fig. a oder aa 5i Viertel , oder 
iG Halbe, oder 8 Ganze. — Fig. b i6 Viertel-, 8 
Halbe, oder 4 Ganze, Fig. c acht Viertel, Fig. d vier, 
Fig. e zwei , und Fig. / oder ^ ein Viertel, u. s.w. 

Und auch hier ist es ganz unrichtig, oder we- 
nigstens höchst uneigentlich, waä man sooft sagen 
hört: Fig. a oder aa bedeute acht Takte, Fig. b r\er 
Takte , Fig. c zwei Takte , u. s. w. Wir werden 
weiter unten bald erkennen lernen , dass auch dieses 
nur in gewissen Taktarten wahr ist. 



Ö5 

B.) T < U- P o b e z e i c h n u n g. 

Die Yorstelienot erwähnten rliythmisclien Zeichen 
deuten die Dauer , welche ein Ton, oder ein« Pausic 
haben soll , blos beziehlich an, relativ; aber 
nicht positiv 9 absolut oder unbedingt^ mit 
andern Worten, sie bestimmen blos , wievielmal 
länger oder kürzer der eine Ton dauei^n soll als 
der andre, aber noch nicht, wie läng einer an 
tind für sich selbst. 

4 

Um dies letztere^ das sogenannte 7Vj7i;7a^ oder, 
wie man es auch nennt, den Grad der rhythmi* 
sehen Bewegung anzudeuten, bediente man sich^ 
bis in die neueren Zeiten , überall nur der bekann* 
ten Kunstwörter : AUegro, Andante , Adagio, u. a. m,, 
oder auch der teutschen Ueberschriften : In lang 
samer, in gemässigter Bewegung, u. dgl. 

Da diese Bezeichnungen aber sehr unzuverlässig 
und wandelbar sind , so wurde schon längst das Be- 
dürfnis eines zuverlässigeren Masstabes gefühlt. (Siehe 
Leipz. allg. musikal. Zeitung, i8i3, No. 27^ S. 44iO 

Man hat dazu , schon seit mehreren Jahrzehen- 
den, allerlei Maschinen, unter den JVamen Takt- 
messer, Taktubren, musikalische Zeitmes- 
ser, Chronometer, Rhythmometer, Metro- 
meter, u. dgl. yorgeschlagen , welche, je nachdem 
man vie auf diese , oder jene Nummer richtet , ge- 
schwinder , oder langsumer schlagen sollten ; und in 
Beziehung auf diese Schlagmaschinen sollten nun die 
Tonsetzer, stattdcr Kunstwörter «-<^//c^ro», oder «/^/j- 
dantei» u. dgl., vor ihre Tonstücke künftig blos setzen: 

J 56, 
oder 

d 45, 



84 Rhythmus und Takt. 

u. dgl. , das heisst : « in jenem Tonstücke soll eine 
Viertelnote su geschwind genommen werden,- wie ein 
SoUag der Mascliine wenn sie auf No. 56 gerichtet 
ist ) -^ in diesem die halben Noten so geschwind , 
wie die Schläge auf No. /\S der Maschine , » u. dgl. 

Unter all diesen Maschinen hat diejenige die 
allgemeinste Aufnahme gefunden , welche vor eini- 
gen Jahren der Mechanikus Mälzel in Wien erfun- 
den, und mit dem Namen Metronom (rielleicht 
fdbgeleitet von metron, Mas, und nomos, Lied oder 
Sang; und insofern passender : iVbmo/7z«fer — * oder 
Tom griechiscKen Masaufseher ^iTqovo\io(; ,) ausgestat- 
tet hat. Ja es ist dem genannten Erfinder gelun- 
gen I auf seinen yielfaltigen Reisen in Teutschland , 
Holland, England, Frankreich, u. a. m. eine grosse 
Anzahl jetzt lebender Tonsetzer zu einer förmlichen 
Subscription zu vermögen, worin sie sich ihm ordentlich 
Terbindlich machten, die Tempi ihrer Gompositionen 
künftig nicht mehr anders, als nach den Graden 
feiner Maschine anzuzeigen , wodurch er in den 
Stand gesetzt wurde, ergiebige Fabriken solcher Me- 
tronome anzulcgien. 

In der That yerdiente Mälzeis Maschine'dies Glück 
eher, als jede andere bis jetzt crsonnene, theils we- 
gen ihres schönen inneren und äusseren Mechanif» 
mus , theils auch insbesondere darum , weil der 
Erfinder ihr grade die Eintheilung gegebeti hat , data 
ihre Nummern allemal zugleich anzeigen, wie riele sol- 
cher Schlüge die Dauer einer Zeitminute ausmachet* 
Z. B. auf die Ziffer 60 gerichtet , schlägt sie grade 
6om%l binnen einer Minute: jeder Schlag dauert also 
eine Sekunde. Bei Ziffer 120 schlägt sie binnen 
einer Minute laomal, bei 5o funfzigmal , u. s. w. 



Rhythmus und Takt. 85 

Ist nun vor einem Tonstücke das Tempo nuf 
solche Weise angeschrieben , z. B. 

J = 60 Mälzel. Metron. 
60 ist dieses Tempo , wie man sielit y nicht nur für 
ewige Zeiten unzweideutig bestimmt, sondern es 
kann auch jeder Leser die also angedeutete Ge- 
schwindigkeit oder Langsamkeit alsbald erkennen 
und ausführen; nur überall ygrausgesetst , dass die 
Maschine, der^n sich der Tonsetzer beim Abmessen 
und Anzeigen seines Tempo bedient hat, richtig an« 
gefertigt und justirt , und nichts daran yerrückt oder 
verdorben ist , ( was alles freilich nicht immer gleich 
2U entdecken sein kann , ) und dass auch der Leser 
im Besitz eines eben so zuverlässigen Exemplars der 
Maschine ist, und dass er es in dem Augenblicke^ 
wo er es gebrauchen soll , grade zur Hand hat« 

Anmerkviio» 

Schade, dass dieser Voraussetzungen, wie man sieht , 10 
viele sind, und namentlich, dass solche metronomische Zeichen 
nicht nur allen Nichtbcsitzern solcher Maschinen unnütz , son- 
dern selbst dem. Besitzer einer solchen nur da ausführbar find, 
wo er dieselbe grade neben sich stehen hat. 

Je wichtiger und beachtenswerther die Sache an sich selber 
ist , desto lebhatYer muss man diesen Uebelstand bedauern, uod 
desto mehr wünschen , denselben umgehen zu können^ 

Ks kann dies aber in der That geschehen, indem man sieh, 
statt der Mälzel'schen Maschine, vollkommen genügend auoli 
blos eines einfachen Pendels bedienen kann , d. h. Mos irgend 
eines kleinen Gewichtes, z. B. einer Bleikugel von beiicbigor 
Grösse, an einem Faden aufgehängt; ein Werkzeug, welche 
sich Jeder in zwei Minuten selbst anfertigen kann. 

Bekanntlich schwingt ein Pendel desto geschwinder, je kür 
ser der Faden ist , und je länger er ist , desto langsamer. Na» 
mentlich schlägt z.B. ein Pendel von 38 Bheinl. od«r Wiener 
Zoll Länge, grade einmal in einer Sekunde, mithin grade to 
geschwind, wie das MälzeFsche Metronom anfNo. 60, -^ ein 
Pendel von 9 Zoll grad^ so, wie Mälzel loo, — von 55 Zoll 
wie Mälzel 5o , u. s. w.. Die nachstehende Tabelle enthält ein« 
YoUständigte Vergleichung und Zurückführunp der Mälzerschcn 
metronomischen Grade auf Pendellängen, sowohl in Bheinischett 
oder Wieucr^Zollco, aU in französischen C^nUmitres, Sie ist aUo 



UG Bhylhmus und Takt. 

so leien: Die Schläge der Mälzel'schen Maschiae, wenn ü« 
auf No. 5o gerichtet ist , sind gleich deo Schlägen eines Pen« 
dets von 5:> Zoll, ode^ it\i Centimetres. — Mälzel No. 5a ist 
gleich den Pendelschlägen von 5o Zoll, oder i3'j Cemiinetret.— 
Mälzel So ist .gleich PenJ. ai Zoll , oder 56 Centimetres. — 
Mälzel 160 ist gleich Penr/. 5 Zoll, oder i^Centimitret, o, s. w. 

mizel. Rh. Zoll. Metrisch- Mälzel. Rh. Zoll. Metrisch. 

50 = 55" = 1,43. 100 = 14" =0,35. 

52 = 50" = 1,32. ip4 = 13" = 0,33. 

54 = 47" = 1,22. 108 = 12" = 0,30. 

56 = 44" = 1,14. 112 = 11" — 0,28. 

58 = 41" = 1,06. 116 = 10" = 0,26. 

60 = 38" = 1 ,00. 120 = 9" = 0,25. 

63 = 34" = 0,90. 126= 8" =0,22. 

66 = 31" = 0,82. 132= 7f = 0,20. 

69 = 29" = 0,75. 138= 7" =0,18. 

72 = 26" = 0,70. 144= 61" = 0,17. 

76 = 24" = 0,62. 152= 6" =0,15. 

80 = 21" = 0,56. 160= 5" =0,14. 

84 = 19" = 0,50. -„, v , V r fc. V 

«Q ,Qi» f. i,f- f freuer ah bis 160 geht der 

00 — 10 — U,'*0. Metronom nicht. J 

92 = 16" = 0,42. 
96 = 15" = 0,38. 

Um also z. B. die Bezeichnung : Mälzel p^:z^ 9 aiicli 
okne Hilfe eines Metronomen ausführen zu können, braucfal 
man nur den Faden eines Pendels 38 Zoll (oder 1,00 Mir.) 
lang zu nehmen , und die Kugel duran ein paarmal , allenfalls 
aus freier Hand, hin uud herjchwiugcn lassen: jeder Pendel» 
schlag giebt dann die, der Bezeichnung: Mlzl p=z6o entspre* 

chende Zeitdauer der hall)en Noten an. 

Et ist dieses Verfahren um so leichter ausführbar, da solche 
Manipulation mit dem Pendel auch durchaus keine besotidere 
Genauigkeit und Sorgfalt erfodert , als nur etwa die , dass man 
das Pendel nicht gar zu grosse , weite Schwingungen machen 
lasse, we-1 bei diesen die Kugel sich um ein Unmerkliches ver- 
•patcL Dagegen ist es nicht einmal nöthig , die Zolle sehr ge- 
nau abzumessen; dcnu auch selbst eine ziemlich grosse Ver- 
schiedenheit der Länge, z.B. der Unterschied zwischen t5^' 
und 16'', ist musikalisch noch gar nicht, — und selbst zwi- 
schen i5'' und 18^' noch kaum bemerkbar. 

Ebendarum sind denn auch in der obigen Vcrgleichungs- 
tabelle alle verwickeltcre Bruchzahlen von /ollen, z. B. vod 



Rhythmus und Takt. 



87 



3/4" oder 5/4" u. dgl., weit solche Feinheiten in der Anwendung 
durchaus nicht cinpßndbar sind, thcils ganz unterdruckt, theilt 
blos annähernd auf einfachere ßrfiche (auf halbe Zolle) zurückge- 
führt j und selbst ^iesc darf man in der Anwendung unbedenk- 
lich wegwerfen , und z. B. statt 6 i/a", kurweg nach Belieben 
6", oder 7" nehmen. Eben so sind Millimetvcs u. s. w. un- 
beachtet geblieben. 

Aeusserst genau gerechnet, wären die den.Mälzel'schen 
Graden entsprechenden Pcndellängen folgende: 



Msl. Rh. ZU. Metrisch. Inchs. 

50=54,708=1/1298=56,340 

52=50,581=1,3220=52,090 

54=46,903=1,2258=48,302 

56=43,613=1,1399=44,914 

58=^0,657=1,0626=41,870 

60=37 ,992=0,9929=39, 125 

63=34^459=0,9006=35,487 

66=31,398=0,8205=32,334 

69=28,727=0,7508=29,584 

72=26,383=0,6895=27,170 

76=23,679=0,6188=24,385 

JO=21,369=0,5585=22,007 

$4=19,383=0, 5065=19,961 

J8=17,66l=0,46l 5=18,188 

rJ=l6,156=0,4225=l6,638 

>6=14,839=0,3878=15,283 



Mzl. Rh. ZU. Metrisch. Incht. 
100=1 3,677=0,3574=14,085 
104=12,645=0,330!i=13,022 
108=11,725=0,3064=12,075 
1 12=10,903=0,2844=1 1 ,228 
116=10,164=0,2656=10,467 
120= 9,498==0,2482= 9,781 
126= 8,615=0,2251= 8,872 
132= 7,848=0,2051= 8,083 
138= 7,181=0,1877= 7,396 
144= 6,595=0,1723= 6,792 
152= 5,918=0,1547= 6,096 
160= 5,342=0,1396= 5,502 
(168= 4,845=0,1266= 4,990) 
(176= 4,415=0,1151= 4,547) 
(184= 4,039=0,1056= 4,159) 



(192= 3,709=0,0969= 3,820) 

Noch unbemerkbarcr , als die erwähnten geringen Unter- 
schiede der Länge des Fadens, ist der, so viel wie Nichti 
betragende Unterschied , welcher aus dem grössern , oder ge- 
ringem Gewichte der Kugel entsteht, oder gar der Einfluss 
der barometrischen , oder thermometrischen Beschaffenheit der 
Luft, oder der Umstand, dass ein Pendel nahe beim Aequator 
langsamer schwingt, als näher gegen die Erdpole hin, u. dgl. 
Alle diese höchst feinen Unterschiede sind in der Musik ganz 
und g;fr nicht empfindbar. 

Man sieht aus diesem Allen , wie ganz fiiglich ein kunst- 
loses, Pendel die Stelle eines Metronomen vertreten kann ; 
und dass es eben darum auch nicht iibel wäre,' wenn die Ton- 
sctzcr, neben der Angabe ihrer Tempi nach metrononiischen 
Graden, auch zugleich die entsprechenden Pendellängen bei- 
schrieben , z. B. 

• 

Andante^ Mälzel Metron. J=6o (Pend. 38" Rh.) 

denn eine solche Tempobezeichnung wäre sowohl mittels eines 
«infachen Pendels, als, nach Belieben, auch mittels des Me- 
tronomen, einem Jeden sofort ausführbar, und konnte daher 



^ WiXlhnius und Takt. 

Ton Tausenden von Lesern, Spielern oder Dirigenten, rer* 
standen werden, für welche ein, blos allein nach melxonomi- 
fchcn Graden an^eichriehenei Tempo unverständlich bleibt, weil 
e« iiiiien an Gelegenheit gebricht , das Orakel eines- Metrono* 
men , oder eine Reductionstabellc , zu consultiren. — Zam 
Ueberfliisf könnte man für diejenigen, welche ▼ielleicht das 
gebrauchte /oUmas nicht kennen, oder es nicht gleich bei 
der Hand haben, einen Zollstab dabei mit abdrucken lassen« 
Alsdann ist es sogir gleichgültig, ob man rheinische, oder 
pariser 'loWe^ englische Inchs, französische Metres, oder wa« 
•onit Tür ein Mas gebrauchen will: denn ein also bezeichnetes 
Tonstüi:k bringt , iiberall , wohin ein Exemplar davon gelangt« 
lehien Taktinesser summt dem Zollniase dazu, gleich selber mit. 
Ja , am Knde war es wohl gar das Kürzeste , das Tempo 
allein nach Peodellängcn anzugeben, und also kurzwes 
lu »chreibeu ; 

Amlante^ ^:zzW Pnd, 

wIa IoIi • ehe man an das Metronom dachte, im Jahr i8i3. 
In No. '47 der Leinz. allgein. mus. Zeit S. 44 < > (auch nacb- 
gedrucVt in der Wiener uUg. mu«. Zeitpf.) vorgeschlagen. 

Aus eben diesem Gesichtspunkte betrachtet, sollte man 
Aueh wohl wünschen , dass Hr. Malzcl auf die Scale seines 
Meltunofuen da , wo z. D. 60 steht , wo seine Sdilage grade 
lu lang sind , wie die eines einfachen Pendels von 38'^ oder 
I Metr, I oueh hingcHchrieben haben möchte 38^^ , oder i 
Metr*i — da wo 100 sieht, auch i4", oder o,35 Metr., — 
bei 5» aueh ^5'^ oder i,43 Metr., u. s. w. Seine Maschine 
«fttnle dadurch , neben dem Werthe den sie schon besittt , 
Allpll \\i\v\\ den weiteren Vortheil gewähren, dass sie alsbald 
l^mil Krkeuuen sowohl eines, nach Quoten einer Zeitminute 
milii^^beuen Tempo , als auch eines nach Pendcllängen be- 
l#rphne|-eu , dieimn könnte ; und eben so könnte die also ein* 
l||)f|i:|||(ite Maschine dum Tonsetzer dienen, um sein beabsich^ 
||i|m T<tMi|iu niillels derselben alsbald, und ohne einer Reduc«^ 
|ittlist<ih(*n«i HU bt*dürfcn , nach Quoten der Minute und nach 
IVu^MUiiH^^ii zugleich, auziigebea. 

Kuui Nrhiuss, und als Beleg und Erläuterung der in den 
v^hlMt^H *ralMdleii eulhaltenea Angaben, n^ögen noch folgende 
l^^hMMU^ tHU der Dynamik hier stehen. 

iJ ISuidtd von gleicher Länge achwinß:en in gleichen Zei- 

|mti WOMU ancli ihre Gewichte ungleich sind, 

^^^ boi IVudidu von ungleicher Länge verhalten sich die 

illoiloii, iu diMH'ii sie schwin?<m , wie die Quadratwur- 

%A\\ ihn*»' Liii;^«- ; also die Länge der Pendel wie die 

Out^dMlo der /(*iti*n , in diMien sie schwingen. 

tU^Hivti luUM ein Pi)udül, welches z. B. noch einmal so 

Uui^^H« «ttUwiiiKeii soll, als das andere, viermal so lang 

»%^Ih« >\w\ uu^Arlirl nur 1/4 so Ung, um noch einmal sa 



Bhytiimus und Takt. 89 

Baram iat z. B. nach der Tabelle aaf Seite 86, SÜzl. 56=z 
44", Mlzl. na aber = 1/4 von 44", also 11"; - Mlzl. 5o 
iit =z: 55", Mlzl. 100 aber = 1/4 von 55 zi: i3 3/4 (oder 
kurzweg = i4);* — und nach der Tabelle auf Seite 87 ist 
MlzL 80 sr 21,369" Rh., Mlzl. 160 aber ist =: 1/4 yon 
31,369", also:ii 5,34a"; und Mlzl. 4o wäre = 4in^ 21,369", 
aUo = 85,476". — 

MlzL J laö, oder J 9,498" Rh. wäre == MlzL O 60 , 
oder p 37,99a" Rh. 

Ausführlicher ist dieser Gegenstand besprochen in der 
Leipz. allg. mus. Zeitg. v. J. 181 3, No. 27, S. 44^ » — v. J. 
1814« No. a7, S. 445; i8i5, No. 5, S. 81, auch in der 1. Aufl« 
diese Theorie 1. BdL S. 119 und a. Bd. S. 334* 

M a • • t ab e. 
3 Pariser ZoU. 



Rheinische and 'Wiener Zoll. 



Ntimbei^er Zoll. 



F&nf Centimetres. 



Der Unterschied der Zollmase ist, wie man sieht, so ge* 
ring, dass es dem, auf S. 86 unten, Bemerkten zufolge, fast 
nicht einmal nOthig wäre , darauf zu achten« 



III.) Takteintheilung. 

$ LH. 

DciyRIiytliinus besteht, wie wir gesehen, in einer 
SymmetKe verschledner , theils grössern, theils klei- 
nern Zeitgruppen , die theils einander untergeordnet, 
theils sich wechselseitig gegenüber gestellt sind. 

Bas bekannteste Mas solcher Zeitgruppen ist das, 
was man einen Takt nennt, und in unserer Ton- 
scbriilt durch Taktstriche abzugrenzen pflegt. Wir 
wollen daher, bei der Abhandlung des Khjtbmus, 
Ton Jen Takten ausgehen. 



go Rhythmus und Takt» 

Ein Takt ist also ein Mas mehrerer Zeiten. Die 
Zeiten, woraas er besteht, heissen Takttheile 
oder Schläge. Die Takttheile werben unterabge- 
theilt in Taktglieder; diese weiter in untergeord- 
nete kleinere Zeittheile^ u.s.fl 

' J LIII. 

Ein Takt hat entweder zwei, oder drei Zei- 
ten oder Takttheile. 

Sind immer zwei und zwei Zeiten in einem 
Takte enthalten, so erscheint die grade Taktart; 
die ungrade besteht in der Eintheilung der Takte 
in drei Takttheile. 

Warum hier nur von Eintheilung in zwei, oder 
in drei Theile, Erwähnung geschieht, nicht aber 
auch von vier-, fünf-, sechs-, oder mehrtheili- 
gen Takten? kommt weiter unten vor. 

$ LIV. 

Die Takttheile selbst können sowohl durch grdf- 
f ere , als durch kleinere Noten gestalten vorgestellt 
werden ; d. h. man kann , nach Belieben , entweder 
sogenannte halbe Noten als Takttheile gelten lassen , 
oder sogenannte Viertel, oder Achtel, oder auch 
ganze Noteii , u. s. w. 

Je nachdem auf diese Weise die Takttheile ent 
weder durch die eine, oder durch die andre Noten- 
gattung abgebildet werden , entstehen verschiedene 
Unterarten von Takten. 

Mein pflegt dieselben durch die bekannten Zei- 
chen 2/2, 3/2, 3^, ^/^j u. dgl. anzudeuten. 

Diese Bezeichnungsart, rhythmische Vor- 
zeichnung genannt: beruht auf folgender Idee: 

Die Vorzeichnung soll andeuten Erstens: ob 



Rhythmus und Takt. 91 

der Takt cweitlieiUg, oder dreitlieliig sei? und Zwei- 
tens:, welche Notengattung darin Takttbcile vor- 
stelle? Die Antwort auf beide Fragen wird durch 
swer, in Gestalt eines Bruches, übereinander ger 
setzte Ziffern gegeben. Die obere giebt Antwort auf 
die erste Frage; d. h.sie zeigt an , aus wie vielen 
Takttheiien die Takte besteben. Die untere , als 
Antwort auf die zweite Frage , besagt, in welcher 
Notengestalt die Takttbeile abgebildet sind. Die Be-* 
Zeichnung y^ heis^st demnach: zwei theiliger Takt , 
dessen Takttbeile in der Gestalt von sogenannten 
Zweitel- oder Halben noten dargestellt sind, das 
Zeichen y^ bedeutet d reitheiligen Takt, ' worin 
ebensolche Zweit el noten als Takttbeile gelten; y^; 
drcitheiligen Takt, worin^Yicrtel noten die Takt- 
tbeile vorstellen , u. s. w. 

In früheren Zeiten bedieptp man sich, zur rhyth- 
mischen Vorzeichnung, anderer Zeichen: 

o, o, <D, G,c, 2 3 i 

^ ^ ^ '^^ y ^^ y ^ 9 u, a. ra. 

deren Bedeutung sogar von Zeit zu Zeit gewechselt 
hat, und dadurch schwankend geworden ist. Heut 
zu Tage werden nur noch einige derselben gebraucht, 
wie in der nachstehenden Aufzählung der verschie- 
denen Taktarten Torkommen wird 



J,J Grade Taktarten. 

S LV. 

Die einfachste , und der üblichen Noteneinthei- 
lung und Benennung der Notengel tun gea am besten 
entsprechende grade Taktart entsteht, wenn man 
die zwei Takttbeile oder Taktbälften durch so- 



9^ Rhythmus und TakL 

genannte halbe Noten yorstellt. Die sogenannte 
Ganze stellt dann wirklich einen ganzen Takt 
Tor; Viertelnoten sind Viertheile des Taktes, 
n. s. w. Siehe Fig. i5n. Diese Taktart heisst darum 
aach ganz mit Recht Zweizweiteltakt. 

Sie wird vorgestellt durch das Zeichen ^/^ ; nicht 
selten auch durch ein'senkrecht durchnittenes C (einen 
durchstrichehen Halbzirkel) oder durch eine, eben so 
durchstrichne grosse Ziffer a : 



(D 



. i 



Die beiden letzteren Zeichen werden fedoch oft 
auch für den grossen Allabrevetakt gebraucht , wel- 
chen wir im § LVII kennen lernen. 

Der y^-Takt wird zuweilen auch AUabreretakt 
genannt; indessen thäte man wohl y ihn wenigstens 
jederzeit durch den Beisatz: kleiner AUabreT^ 
takt, von dem ebenerwahnten grossen , eigentlichen 
Allabrevetakte zu unterscheiden. 

S LVL 

Man kann aber die Takttheile eines zweitheiligen 
Taktes y statt durch halbe Noten , auch durch AW^i 
sogenannte Viertelnoten bezeichnen ; und so entstdit 
der Zweivierteltakt Fig. i5 o. 

Das Zeichen dieser Taktart ist: ^4, weil ein 
solcher Takt aus zwei sogenannten Viertelnoten' 
besteht; es ist aber eine uneigentliche Bezeichnung ^ 
weil die sogenannten Viertel hier eigentlich Hill^ 
ten sind. 

Ebendarum passen die teutsclien Namen Vier tel. 
Achtel, U.S.W, hier nicht mehr: denn die soge- 
nannte Halbe ist hier der ganze Takt, die Vi^r* 
t e 1 n o t e ist der halbe, u. s. w. 

Der Zweiachtel«, und der Zweifecht* 



Rhythmus und Takt. tfi 

zehnteitakt erklären sieb, hacb allem Obigen , 
leicbt TOQ selbst« Jener entstebt, wenn man die 
Takttbeile durcb sogenannte Acbtelnoten vorstellt; 
Fig. i5p/' Er ist wenig gebräucblicb. Uebngens ist 
das vom y4— Takt Gesagte leicbt auf diesen anzuwen» 
den y so wie auf den nocb seltenem y^^^-Takt. 

S LVIL 
Man kann die Takttbeile ein^s zweitbeiligen 
Taktesy naeb Belieben , aueb durcb grössere Noten 
als durcb Halbe bezeicbnen , nämlicb durcb semibwt' 
vts , sogenannte ganze Noten, : Zweleinsel* oder 
grosser Alla-Breve-Takt. * * 

la 
o o 

Das Zeicben dafür ist entweder ^, oder ein durcb- 
stricbener ganzer Zirkel , oder aucb eine grosse Zif« 
fer 2, oder, nocb bezeicbnender , eine solcbe , aber 
durchschnittene Ziffer: 

4, *. 2. %. 

Manchmal wird er aucb durcb das , mehr dem Zwei- 
zweiteltakt eigene Zeicben rP Torgebildet; oder gar 
durcb ein undurcbstricbnes C\ \ welcbes letztere aber 
mehr dem Vienrierteltakt angehört, den wir weiter 
unten kennen lernen^ 

Diese Taktart verdient ihren Namen Allabrevetakt 
darum mit mehr Recht , als der vorhin angettihrte 
kleine, weil eine Bre vis grade eine solchen Breve- 
Takt ausmacht« 



94 

B^ Ungirade T a k t a r t iC n. 

S LVIII. 

Ungrader Takt ist, der aus drei Taktth^ilen 
bestellt. 

Wählt man y zur Bezeichnung solcher drei Takt- 
theile, sogenannte halbe Noten, so entsteht der Drei- 
zweiteltakt: 3/2* £ine punktirte ganze Note stellt 
hier die Dauer des ganzen Taktes dat*. Fig. i5 ^. 

Bedient man sich, zur Bezeichnung der drei Takt* 
tBeile , sogenannter Viertelnoten, so entsteht 
der Dreivierteltakt: 3/4. Fig. i5 r. 

Sieht man Achtelnoten als Takttheile an, so 
hat man den S/^^-Takt; Fig, i5 5; und auf ähnliche 
Art erklärt sich der nicht mehr übliche yi^-Takt. 

Auf diese drei Taktarten ist alles vorstehend Ge- 
sagte leicht anzuwenden. 

Will man die drei Takttheile durch recht grosse 
Noten, durch sogenannte ganze , vorstellen, so ent- 
steht dadurch der Dreieinseltakt, welcher selten 
mehr vorkommt Er wird angezeigt durch ^/^ , oder 
durch eine grosse : 3. 

Nach der üblichen Eintheilung unsrer Notengel- 
tungen, giebt es gar keine Note , welche einen drei- 
theilfgeh Takt an Einem Stücke vorstellte ($ XLIX) , 
und überhaupt passen die Namen : halbe Note, 
Viertel , u. s. w. , wie auch hier leicht einzusehen, 
auf alle ungrade Taktarten nur ganz uneigentlich, 
und eben so wenig die Benennungen und Ber.eich- 
nungen : Dreizweitci , 3/^ , 3/^ ^ u. s. w. , indem z. B.. 
heim ^/^^-TiAkie die sogenannten Zweitel eigentlich 
Drittel sind, und eben so im 3/^ -Takte die Viertel , 
u. s. w. 



95 

C«) UnteTabtlieilung iev Taktthcilt^ 

§ LIX. 

Die Takttlieile eines jeden Taktes lassen sich 
selbst wieder weiter in zwei^ oder in drei Un« 
l^r.abJt hei langen zerfallen* 

Die Figuren IS g» bis. m^ endialten grad^ 
Unterabtheilungen , und zvirar^^,'A, i grad« Un- 
terabtheilungen grader Takttheile, A, /, m aber 
grade Unterabtheilungen. ungrader Takttheile« 

§ LX. 

Ungra.d.« Uilterabtheilungen findetman 
von t. bis. Zf und zwar ungrade Unterabtheilungen 
grader Tak^theile^ bei f, Uj v; ungrade Unterab^ 
theilungen tingradtur Tahttheil^ aber bei Wf x u, z. 

09# vih wir bereits § acux bemerkten, ui^sere 
Notenschrift keine Notengestalt kennt, welche da» 
I^rittheil^ etiler andei^^n vorstellte» so giebt es, 
um, solche ungrade Unterabtheilung eines Taktthei« 
I^. vorzustellen , keine eigene Notengestalt; son- 
dern man muss sieb damit behelfen, drei Noten, 
deren zyrei sonst den Wertfa einer grösseren aus- 
machen würden, durch Beischreiben einer Zif- 
fer. Zp ftuf den Werth voi| Z^wpien herabzuwürdi« 
gen. Um z. B. in Fig. 13 t und w die Drittheile, 
in welche jede halbe Note zerfällt, vorzustellen, 
hat man kein anderes Zeichen, als sogenannte 
Viertelnoten, deren nur drei eine Halbe vorstel- 
len, und folglich drei Viertel ein Halbes 
gelten mjüssen. Eine solche kleine Ginippe 
von drei sogenannten Viei^elnoten nennt man dann 
eine Vierteltriple, eineTriole (ein Gedritte^ 
eine Drei, Dreizehl) von Viertelnoten. Eben 
S9 erkennt man in Fig. u und x Achteltriolen« 
«nd bei p und z Sechszehnt^ltriolen« 



96 



Rlijelwiiis u?id Takt. 9 



% LXl! .- 

Auf ähnliche Weise wie wir, im Vorstehenden» 
Takttheile sich in kleinere Zeittheile zergliedern 
saheii, so lassen sich diese letzteren auch wohl' 
noch weiter, in wieder kleinere Zeiten»^ 
grad, oder ungrade, zerfallen. 

In Fig. 14 d und b ist ^ede Viertelnote -wie-' 
der weiter in zwei Achtelnoten zerfällt* • 

In Fig. l4 c und d zerflillt jede Viertelnote. 
der Vierteltriolen wieder in zwei Achtelnoten. 

Eine, solchergestalt in sechs Noten zerspalten« 
Trioie pflegt man eine Sex tele zu nennen.: 

In Fig. 14 e und ^ ist jedes Viertel in eine'. 
Acbteltriole unterabgetheilt , und bei ^ und A so- 
gar jede Viertelnote der Vierteltriolen wieder in 
eine Acbteltriole. 

Noch weitere Unterabtheilungen, z. B. in 
Sechszehntelnoten , in Sechszehnteltriolen und Sex« 
tolen, sind in den Figuren \ti a und e angedeutet* 

Man verwechsele übrigens den Fall Fig. 14 e^ 
nicht mit 14 c. In beiden sieht man zwar zwölf 
sogenannte Achtel den Takt ausfiillen; aber diese 
Achtelnoten sind bei e ungrade Theile, Drittel^ 
von graden Theilen, von den vier Vierteln; bei c 
hingegen erscheinen die sogenannten Achtel als 
grade Theile, Hlilflen, von ungraden, von den 
drei Viertelnoten einer Vierteltriole. Bei e ma- 
chen je drei Achtelnoten ein wirkliches Viertel; 
bei c aber machen je zwei Achtelnoten eine der 
drei Viertelnoten einer Vierteltriole aus» Das Bei" 
spiel einer Triolenfigur, Fig. 15«> in Vergleichung 
gegen die Sextolcn bei 6, wird den Unterschied 
noch anschaulicher zeigen. 

Noch eine andere, ganz wesentliche Verschie-< 
denhoit zwischen Trioien, und Sextolen, liegt in 
der verschiedenartigen Vertheilung des Zett- 
le wichtes, worauf wir bald zurückkommen 
werden. (Seite 101*) 



Takteintlieilung, gj 

Uebrigentf sind moncbe IVotensclireiber, oder nach 
Tonsetser» nacfalfissig genüge nicht selten zwei Trio« 
len durch dl« Geltnngstrlche (Rippen) an einander 
SU hängen, fo dass sie das äussere Ansehen yon 
Sextolen haben; Fig. i5 c •— Ja, manchmal setzen 
sie gar noch eine Ziffer 6 , statt S , darüber. Da mag 
dann freilich der Leser zusehen , wie er die rechte 
Bedeutung errfith! 

S LXIL 

Aus dem Ton $ LX bis 'hieher Angeführten haben 
wir gesehen^ wie man der im J XLIX gerügten Einsei- 
tigkeit unsrer JVoteneintheiiungs-Art, bei vorkom- 
menden ungraden Unterabtheilungen, möglich;st nach- 
suhelfe^n sucht, durch Triolen , Sextolen und dergL 
Die Nachhilfe durch solche Behelfe und Surrogate 
bleibt aber freilich immer unvollkommen. So lang 
eine Nöte in drei, oder sechs gleichförmige 
T heile zerlegt werden soll, geht wohl alles gut ; 
wie aber etwas Mebres verlangt wird, so wird die 
Bezeichnung leicht verwickelt , und fast verworren* 
Z. B. man wollte eine Note einer Triole punktiren , 
oder pausiren , Fig. ißij k, oder nur eine oder 
zwei davon in Hälften zerspalten, Fig 17 i, kj oder 
xwei davon in Eine Note zusammenziehen , Fig. 18 
i, k. Noch verwickelter würde die Eintheilung , 
wenn man gar jede Note einer Triole wieder in drei 
Theile zerspalten wollte, u. s. w., oder etwa bei Fig. ip a« 

Glücklicherweise kommen solche verwickelte Ün- 
terabtheiluqjffen nur seilen, (nur zuweilen in sehr 
langsamen Sätzen) vor. Eine jedesmal darüber ge- 
setzte Verbindungsklammer — ■^— > , -mit der Ziffer 3 , 
würde jedenfalls zur Verständlichkeit sehr dienlich 
sein. Ja , solche Ziffer 3 gehört eigentlich selbst 
über soffenannte Sextolen, welche ja doch nichts ande-> 
res sind als weiter zergliederte Triolen. 



JDJ Bemerkungen über die bisher erwähnten vet« 

• chiedenen Taktarten. 

S LXIIL 

Ueberblickt man die bisher durchgangenen Takt- 
arten, so findet man, dass alle graden, der y^-Takt, 

7 



^ Rhythmus und Takt. 

der V*t-9 der ^/i-Takt u.s.w. im Gmirde nur Einet 
und Dasselbe, unter verschiedenen Gestalten oder 
Darstellungsformen sind, je nachdem man nämlich so- 
genannte ganze , halbe 9 oder Viertelnoten u. s. f. zur 
Bezeichnung der TakttheiJe wählt ; und eben so sind 
die verschiedenen ungraden Takte eigentlich nur 
Spielarten Einer Gattung, nur verschiedene Arten, 
eine und dieselbe Sache durch Zeichen vorsustellen* 

i 
I 

S txiv- 

Es ergiebt sich hieraus , dass in einer Taktart , 
worin die Takttheile durch grosse Notengestalten 
dargestellt 'sind , solche grosse Noten , unter sonst 
gleichen Umständen , eben so geschwinde gehen, 
wie kleinere Noten in denen Taktartcin, wo die Takt- 
theile unter kleineren Gestalten vorgestellt sind. Da 
s.B. im y^-Taktdie Halben grade das vorstellen, was 
im 3/4 -Takte die Viertelnoten , die Viertel in jenem 
grade das, was' in diesem die Achtelnoten, .die Achtei 
in jenem Ebendas , was in diesem die Sechszehntel , 
u. s. w. so gehen ebendarum in jenem die Halben 
auch eben so schnell, wie in diesem die Viertel, 
u« 8< w« 

S LXV. 

Eben darum scheint es am Ende wohl gar gleich- 
giltig, welche Art zu schreiben man wähle.: jedes 
Tonstück im V^-Takte könnte eben so gut in y^-Takt 
geschrieben sein, als in y^-, oder yg-Takt, u.s.w. 

An sich selber ist dies freilich also ; allein man 
ist übereingekommen, dass der y^**^^^^ ^^°® etwas 
andre Art von Vortrag erhält, als der y/|«, oder 
gar yg-Takt, — der y^-Takt einen andern als der 
yg-Takt; und zWar so , dass ein Tonstück einiger- 
ua5ien leichter und sanfter vorgetragen wird, wenn 
es in kleineren Notiefi geschrieben , oder, mit andern 
Worten , je grösser der Nenner , die untere Ziffer 
des Bruches ist , und desto gewichtiger und derber , 
je grösser die Notengattung ; dass also z. B. die Vier- 
telnoten im j^llegro anders vorgetragen werden , als 
die Sechszehntel im. Adagio, obgleich letztere unge- 
fähr eben so geschwinde gehen , als jene. 

In dieser Hinsicht bietet die Verschiedenheit 



Zeitgewicht, QQ 

der Taktbezeicbnungen dem Tonsetzer ein- Mittel 
dar, den Charakter einigermasen arizudeuten, in-wel« 
cliem er sein Tonstück vorgetragen haben will ; und 
darum ist es nicht unwichtig; die passendste Taktbe« 
Zeichnung zu wählen. . Die älteren Tonsetzer hielten 
80 sehr hierauf, dass man bei ihnen wohl zuweilen 
Vi6 - > wn<l V\6 - Takt findet. 



IV.) Zeitgewicht, Taktgewicht. 

S LXVI. 

Die Symmetrie der genau gegen einander abge« 
messenen Länge der Zeiten ist es aber nicht allein, 
was die Wesenheit und den eigenthümlichen Keiz 
der rhythmischen Ordnung ausmacht : sondern unser 
inneres Gefühl fögt noch etwas Eigne» hinzu. Wir 
legen nämlich, gleichsam unwillkürlich, auf die eine 
Zeit jeder kleinern oder grössern Gruppe, innerlich 
mehr Gewicht , als auf den folgenden , oder auf die 
zwei folgenden Zeittheile , so dass der symmetri- 
schen Folge gleicher Zeitlängen , eine symmetrischer 
Wechsel grösseren und geringem inneren Gewichtes 
der Zeiten entspricht, welcher dem Ganzen Bestimmt- 
heit , Leben und Bedeutung giebt 

Die auf solche Art mehr, oder weniger merklich 
benachdrnckten Zeiten nennt man schwere, und 
leichte Zeiten. Man gebraucht dafür auch die Ams-* 
drücke: gute, und schlechte, — starke, und 
schwache, — auch wohl lange, und kurze Zeil, 
(entlehnt von innerlich langen, oder kurzen Silben io 
der poetischen Metrik) — - zum Theil auch die Namen 
Niederschlag, und Aufschlag. ($ LXXXVIII.) 

Es ist in unserer Notenschrift üblich , den 
Taktstrich allemal unmittelbar vor eine schwerere 



loo Rhythmus und Takt. 

Zeit XQ setsen , oder mit andern Worten, den Takt 
als mit dem schwereren Taktthell anfangend zvl be- 
trachten. 

In. jedem zweitheiligen Takte folgt also nach einem 
schweren Takttheil ein leichter, im dreitheiligen aber 
folgen nach einen schweren zwei leichte. So ist s. B. 
im y^ -Takte die erste halbe Note schwer, diesweite . 
aber leicht; und im s/^-Xakte die erste schwer, und 
leicht üind die zweite und dritte: 

Vü o Vj o. 

6 6 6 6 6 

schw, leicht, schw. /. L 

Was hier von schweren und leichten Ti^kttfaeileB 
gesagt wird , ist übrigens nicht so zu verstehen , als 
müsse ein sogenannter schwerer oder starker Takttheil 
immer wirklich gewichtiger und stärker (mehryorfe) 
vorgetragen werden als die sogenannten leichten oder 
schwachen : es ist hier vielmehr von einer inneren. 
Gewichtigkeit die Rede , welche der rhythmische 
Sinn von selbst jeder schweren Zeit beilegt. Indes- 
sen ist doch so viel wahr, dass es dem GefU&l eine 
Art von 3toss oder Ruck versetzt, wenn, umge- 
kehrt, eine leichtere Zeit durch grössere äus- 
sere Tonstürke vor der innerlich schwereren aus- 
gezeichnet wird , z. B. 



oder 



% 


p e 1 
p f 


p p \ p p \ p p 
Pf p f Pf 


y« 


p r 1 
p f 


p r \ p r 
Pf p f 


y« 


f r r 
p f p 


1 r r r 1 f f r 
/ p f p 



oder 



u. dgl. Siehe auch Fig. 3i. 



ZeiigewickL K>i 

S0| wie von zwei oder drei zusammen gehören- 
den Takttheilen , der erste immer schwerer ins Ge«. 
hör* fallt y als der oder die folgenden , so findet anch 
rückRichtlich der Taktglieder, und kleineren unterg^ 
ordneten Zeittheile und Theilchen unter sich selbst , 
eine ähnliche Verschiedenheit des inneren Gewichtet 
statt. 

Daher ist z. B. im y^*^^^^^ ^^^ grader Untera]i«i 
theilung, Fig. i5gy das erste Viertel am schwersten , 
das dritte minder schwer y doch schwerer als das 
zweite und vierte: bei ungrader Unterabtheilung 
aher, Fig. i5 ty das erste und vierte schwerer ala das 
zweite und dritte , fünfte und sechste. Eben so ist 
imS/^.Takte, bei grader Unterabtheilung, Fig. 1 5^, daa 
zweite, vierte und sechste Viertel leichter als das 
erste, dritte und fünfte; bei ungrader UnterabtW« 
Inngaber, Fig. i3^, sind das erste, vierte und siebente 
schwerer als das zweite und dritte, fElnfte und sechste» 
achte und neunte« 

Eben so lassen sich auch unter den noch weiter 
untergeordneten Zeittheilchen, immer schwerere von 

unterscheiden. Vergleiche S. 96 unten. 

ieiclilcrcu ^ 



j. 



L s. L #. /. /• 1. L L 



V.) Höhere Rhythmen, 

$ LXVni, 
Wir haben bisher gesehen , wie Takttheile sich, 
paarweis, oder dreiweise | zu Takten, als Ganzen, 



loa Jihyihmus und TakL 

zusammen gmppiren , and abwärts sich in kleinere 
Zeittbeile spalten , und wie solchergestalt unter den 
Zeiten eines Taktes, bis in die kleinsten Unterab- 
theilungen herab j eine symmetrische Gliederung 
entsteht. 

Es giebt aber, auch noch eine höhere Symme- 
trie. So wie nämlich Zeittheile zusammen kleine 
Gruppen bilden , so können auch mehrere Gruppen 
zusammengefasst erscheinen, als Tlieile einer grossem, 
eines grösseren oder höheren Rhythmen, 
eines Rhythmen höherer Ordnung. 

Man kann auch noch weiter gehen , und einem 
solchen grösseren Rhythmus wieder einen gleichen 
zweiten , oder dritten an die Seite setzen , so dass 
diese zwei oder "drei zusammen einen wieder hohem 
Rhythmen bilden. So machen z. B. in folgendem 
rhythmischen Satze 




y3frrrrrirrrTrifrrrrriprrifiTrrrirrrr»irrrfriP''i 

je zwei Takte zusammen, einen kleinen Rhythmus 
aus ; diese Tier Rhythmen bilden , je zwei und zwei 
zusammen , wieder zwei Rhythmen höherer Guttang , 
und diese zwei selber stehen sich hinwiederum so 
ähnlich gegenüber, dass sie zusammen Einen Haupt-* 
rhythmus ausmachen. Ein solcher ist in der Ton* 
Sprache ungefähr eben das , was ein Sensus in der 
"Wortsprache ^ oder wie ein Vers, oder etwa eine 
Strophe in der Metrik. — Siehe auch Fig. 10 bis 24. 

S LXIX. 
Die Gliederung der grösseren Rhythmen ist eine 
mehr, ins Grosse gehende Symmetrie , übrigens der 



Zeilgewicht. io5 

des TaLtb^ues TolHg ähnlich, nur Alles nach grösse- 
rem Masstabe. Wie der Tdkt aus zwei oder drei 
Takttheilen besteht y so bilden zwei oder drei Takte 
die Theile eines grösseren Rhythmus y und mehre 
solche Rhythmen sind wieder Theile einer noch 
höheren Gruppe. 

Darum unterscheiden sich in solchen höheren 
Rhythmen die Takte, rücksichtlich ihres grösi^rn^ 
oder geringern inneren Gewichtes , eben so ron ^iiir 
ander, wie die Takttheile unter sich; d. h\ ffl heben 
sich schwere Takte vor leichteren heraus, wie, unter 
den Takttheilen , die sehwer^ep sich rpr dei| lei^h* 
teren heraushebep, 

5 LXX. 

Wie wir Takte bald aus swei , bald aus drei 
Theilen sich zusammensetzen , und auf diese Art 
grade, uhd ungrade Takte, entstehen s^hen , ebett so 
kann auch ein grösserer Rhythmus bald ein grader, 
bald ein ungrader sein, je nachdem er bald aus einer 
graden , bald aus einer ungraden Anzahl grader^ oder 
ungrader Gruppen gebildet istf 
Es giebt daher Rhythmen 
ji.J von einer graden Anzahl grader Gruppen, z.B. Fig. lo, 
B.J — — -^ - — ungrader — ; Fig. ai «| 
C.J ^ -^ nngraden -^ grader — , Fig. aa «, 
J)J -- -. — — ungrader — . Fig.a3j a4^ 

Die Benützung der unter C.J und Ds^ erwähnten, 
bis jetzt seltener gebrauchten Rhythmen könnte den 
Tonsetzarn wohl zuweilen als ein Mittel dienen , nen 
zu sein , ohne dadurch gesucht oder bizarr zu wer- 
den; denn man wird nicht längnen , dass die Bei« 
spiele m aj 23, a4 <?^ so rund, und so symmetrisch 
kUngen , als jeder «ndre grade Rhythmus. Wäre dieii 
nicht, so würden sie nicht Volkslieder geworden $eiQ. 



io4 ' , 

VI.) Zusammengeaetste Taktarten. 

S LXXI. 

Eben weil der Bau eines grösseren RliTtlimiif 
eigentlich das im Grossen ist, was der TaLtbaa im 
Kleinem , und mehrere Takte sich xu einem höhen 
Rhythmus gruppiren y wie Takttheile za einem 
Takte , jener also gleichsam ein Takt höherer Ord- 
nung , oder grösserer Gattung ist, so schreibt 
man ihn zuweilen au-ch wirklich -in Gestalt 
eines grossen oder zusammeng'eaetztea 
Takts: d. h. statt nach jedem einfachen Takt eioea 
Taktstrich zu setzen j setzt man einen soldien nur 
je nach zwei , oder mehreren Takten, und lässt die 
dazwischen liegenden Taktstriche ans. Z. B. der aof 
Seite I02 abgebildete, aus zwcitaktigen Rhythmen 
bestehende Satz lasst sich auch folgendermaiea 
schreiben 




VirrrrrjmT'\rrrrrrprr^\rrjrrrrnr>\rrrrrp*i 

wodurch ein ^/^^Toki entsteht. Eben so könnte 
unter Fig. 21 a im 3^-Takte geschriebene, aas 
taktigen Rhythmen bestehende Minuctte, darum anck 
so geschrieben werden, wie Fig. 21 by in Takten tob 
sechs Viertelnoten , also im ^4-, Sechsvierteltakt. 

Auf ähnliche Art könnte man den , als Fig. 34« 
im 3/g- Takte geschriebenen, aus dreitaktigen Rhjtb* 
mcn besfchenden Tanz , auch wohl als ans grossen 
Takten bestehend, schreiben, wie Fig. 24 by woselbst 
denn zusammengesetzte Takte von neun Achtelnoten 
erscheinen: %-Takt. Vergl. auch Fig. 2a a u. b. 



Zusoinmengesetzte Taktarten. io5 

Dieser Ansicht haben ansre sasammengesetzten 
Üaktarteti ihre Entstehung zu danken» Ihr Weseo 
wird nunmehr leicht erluinnt werden« 

S LXXII. 

Jeder aus 2 oder 3 zwei -oder dreitheiligen Tacten 
zusammengesetzte Takty besteht als solcher aus wenig* 
stens vier, oder sechs , oder neun Takttheilen» Der 
in Fig. 2 1 b vorgestellte, aus zwei dreitheiligen Takten 
zusammen gefugte , hat sechs Takttheile. Der in Fig^ 
24 If hat deren neun , weil er aus drei dreitheiligen 
Takten zusammengesetzt ist. 

Dabei besteht aber ein solcher zusammengesetzter 
Takt doch nur aus zwei, ödes drei Haupttheilen; 
indem' jeder dep-, unter der Gestalt eines zusammenge- 
setzten Taktes rerbundenen zwei oder drei einfachen, 
jetzt einen Haupttheil des, nach grösserem Maß- 
stäbe gemessenen, zusammengesetzten Taktes vorstellt* 

Auch findet unter diesen also zusammengefügten 
Takttlieilen oder Haupttheilen des Taktes noch das- 
selbe Verhältnis von Gewicht Verschiedenheit statt 
(5 LXVl). Derjenige einfache Takt , welcher zuvor 
der schwerere war , erscheint in der Zusammenfܫ 
gung als schwerer Haupttheil , und die zuvor leichten 
Takte wcrdep leichte Haupttheile; eben so bleibt 
auch das Verhältnis der Takttheile unter sich, auch 
bei der Zusammenziehung dasselbe« 

Jeder zusammengesetzte Takt bat demnach mehr 
als Einen schweren Takttheil, aber nur Einen schweren 
Haupttheil, und der schwere Takttheil des schweren 
Hauptthfils ist der schwerste von allen. In Fig. 21 ^ 
sind sechs Takttheile ; darunter befinden sich zwei 
schwere (das erste und das vierte Viertel), aber doch 
nur zwei Haupttheile , deren erster schwerer ist aU 



10^ Rhythmus und Takt. 

der zweite ; und dämm igt denn aucli das erste Vier» 
tel 9 (der erste schwere Haupt -Takttheil|) schwerer 
als das yierte (der zweite Haapt-TakttlieiL) 

S LXXin. 
Nacli der bis1ierif;en Betrachtang der Eigenthüai- 
lichkeit and BeschafTenlieit des zusammengesetstea 
Taktes im Allgemeinen , gehen wir zur AufzäUiug 
der verschiedenen Gattungen zusammengesetzter Takts 
übert 

Wir betrachten alsoy im Einklänge mit der, S. loS 
aafgestellten Eintheilung , die Znsammensetzangea 
^,J Yon einer graden Anzahl grader Takte ^ 
Bj — — — * — angrader — . ; 

C.J '"^ ^^ ungraden -— grader — ^ 
Dj _ _ — , — ungrader — • 

und zwar erst die einfach (ans zwei oder drei ein- 
fachen Takten ) zusammengesetzten Taktarten , dina 
Ej die mehrfach zasammengefiigten ; und endlich 
wollen wir 

Fj Bemerkungen über diese verschiedenen Takt- 
arten anhängen. 



J.J Grade Znsammensetzungen grader Takte. 

J. LXXIV. 

Zwei zweitheilige Takjte, durch Auslassung 
des zwischen ihnen stehenden Taktstriches in Einen 
Takt zusammengezogen, geben einen viertheiligea 
Takt; und zwar geben 

Zwei solchergestalt zusammengezogene y^- Takte 
den sogenannten grossen ganzen Takt, y^» '^^ 
nämlich vier sogenannte halbe Noten die Takttheile 



Zusammengesetzte Taktarten* 107 

Torstellen, Fig. i5 a^ und welcher auch durch das 
Zeichen eines ganzen, nicht durchstrichenen Zir- 
kels , Q oder Q, vorgestellt wird. Nach dem 

S. io5 Gesagten , sind hier der erste und der dritte 
TaLttheil die Haupttakttheile , und eben darum auch 
die schwersten ; und zwar der erste der schwerste 
Ton allen , beide aber schwerer als die übrigen. 

i^wei aneinandergefügte 3/4-TalLte geben den sehr 
gewöhnlichen Viervierteltakt, Fig. i56, welchen 
man entweder durch: ^/^^ oder durch das Zeichen :^ 
andeutet 

Zwei Yg-Takte in Einen Takt zusammengezogen, 
würden einen Yg-Takt geben, Fig. i5 c, • und zwei yj^- 
Takte gäben «/j^-Takt. 

Der y^'*^^)^^ ^^^ übrigens nur selten mehr ge- 
bräuchlich, und noch weniger der Vg- und der yi^-Takt. 



BJ Grade Zui ammcnsctiungen ungrader Takte. 

S LXXV. 

Zwei dreitheilige Takte in Eins zusammen- 
gezogen, bilden einen seohstheiligen; und zwar 
geben 

Zwei zusammengezogene ^/^-TBkte einen ^i^-Takt, 
der aber wenig mehr gebräuchlich ist Fig. i5 d. 

Zwei 3/j-Takte geben %-Takt, Fig i5 e, Fig. 21 b; 
und zwei 3/^-Takte den bekannten ^g-Takt, Fig. iS/T 

Zwei y,5-Takte würden einen y,5-Takt geben. 

Diese, aus zwei dreith^iJigen zusammengesetzten 
Taktarten sind ebendarum, weil sie zunächst aus 
zwei dreitheiligen Gruppen bestehen , ihren Haupt- 
theilcn nach allemal als grade zu betrachten. Die 
zwei Haupttakttheile sind : der erste Takttheil der er- 



io8 Rhythmus und Takt. 

8ten , und der etste der zweiten TakthftliYe , «Iso 
der erste und vierte Takttheil j diese beiden sind 
daher aucli die schwersten , ul^d swar der erste 
der schwerste von allen, beide aber schwerer ab 
die übrigen. 

5 LXXVI- 

Aus dem eben Gesagten geht denn auch henroTi 
wie diese , aus zwei dreitheiligen zusammengesetstea 
Taktarten , von gewissen einfachen dreitheiligea |^ 
denen sie zum Theil ähneln , doch siehr wesentlieh 
Terschieden sind. Es gehen nämlich zwair x, & auf 
einen solchen ^/^^Takty grade wie auf einen S/pTaktf 
•echs Viertelnoten ; Tcrgl. Fig. i3 e mit A:; allein u 
jenem sind die Viertelnoten zu drei und drei gro^ 
pirt, in diesem aber zu zwei und zwei ; in diesem sind 
die Viertelnoten grade Unterabtheilungen (Hälften) 
un grader Tkeile (der drei Halbennoten , der Tak|p 
drittel,) im 6^ -Takte hingegen sind die Viertelnote! 
ungrade Theile (Drittel) grader Theile (der swei 
Takthälflen). Im 3/«^.Takt ist je das erste , dritte , nnd 
fünfte Viertel schwerer , als das zweite , yierte» nad 
sechste; im y^-Takt aber je das erste und Vierte schwe» 
rer , als das zweite und dritte , fünfte und sechste- 
Der y^-Takt lässt sich in zwei Hälften theilen, deren 
jede mit einem schweren Takttheil anföngt; der 
y«{-Takt aber ist nicht in Hälften theilbar, ohne einen 
Takttheil in der Mitte durchzuschneiden. 

Auf gleiche Art lässt sich der Unterschied des 
*A- Taktes Tom y^-Takte leicht einsehen , Fig. i5 / 
undf, so wie auch der des y^ -Takts vom Vi^-Takt, 
oder etwa dej y| »Taktes Tom 6/^. Takte. 



log 

C.J Ungrade Zusammemetzungen grader Takte. 

$ LXXVII. 

Wir haben bis jetzo zweierlei Gattungen von. ^u«^ 
sammen gesetzten Takten dadurch erhalten , dass wir 
entweder zwei zweitheiJige, oder zwei dreitheilige 
Takte in Eins zusammenzogen, und dadurch grade 
Zusammensetzungen erzeugten, Nun kommt die Reihe 
an die ungrade n. 

Drei zweitheilige Takte, in Einen Takt ge- 
zogen , geben wieder einen sechstheil igen, da er 
aber aus drei Haupttheilen bestisht, ungraden 
Takt Die Taktarten dieser Gattung zeigen die Fi- 
guren i5 aa , bb, cc , und aa &. 

Diese aus drei zweitheiligen Takten zusam- 
mengefugten sechstheiligen Taktarten sind zwar den 
im $ LXXy erwähnten aus zwei dreitheiligen 
zusiammengesetzten darin ähnlich , dass sie , so wie 
diese, aus sechs Takttheilen bestehen (Vergleiche 
Fig. i5 d mit aa, e mit bb , /mit cc , und ai b mit 
aa b) ; wesentlich verschieden sind aber beide darin, 
dass ein aus zwei dreitheiligen zusammengefegter 
Takt seinen Haupttheilen nach ein zweitheiliger, der 
hier befragliche, aus drei zweitheiligen gebildete aber 
dreitheilig ist. Jener besteht aus zwei Gruppen , 
jede von drei Takttheilen, dieser aber aus drei Grup- 
pen von zwei Theilen. In jenem sind der erste und 
der vierte Takttheil schwerer als der zweite und 
dritte, fünfte und sechste ; in diesem aber, der erste, 
dritte und fünfte schwerer als der zweite, vierte und 
sechste. Vergl. J LXXVI. 

So sehr aber die eben erwähnten zweierlei Zu- 
sammensetzungen wesentlich verschieden sind , so 
tritt , bei der üblichen Bezeichnungsweise der Takt* 
arten durch zwei , nach Art eines Bruches überein- 



HO Rhythmus und Takt, 

andergesetzte Ziffern , allemal der Uebelstand ein , 
dass für beiderlei sechsthcilige Taktarten doch einer- 
lei Bezeichnung statt findet , nämlich fUr beide die 

Zeichen % > % > Vs i ^* ^- ^' - ^^^ einer Bolchen , 
auf beide ivesentlich yerschledene Gattungen passen* 
den Vorzeichnung kann demnach freilich niemand 
ansehen, welche von beiden Tcrschiedenen Gattungen 
sechstheiligen Taktes damit gemeint sei* 

Da indessen die Tonsetzer gewöhnlich nur ran 
deren aus zwei drei theil igen zusammengesetzten Takt» 
arten Gebrauch zu machen pflegen, and fast nie tob 
den aus drei zweitheiligen y so kann man , so lani 
nicht der Gebrauch etwas Anderes einführt, ziem- 
lich sicher annehmen , dass jede Vorzeichnung, 
deren obere Ziffer eine 6 ist, keine ungrade Zu- 
samiuen Setzung grader Takte , keine aus drei zwei- 
theiligen , sondern aus zwei dreitheiligen Takten tn* 
sammengeiugte Taktart verkündet. VergL $ LXXXII 
am Ende. 

DJ Ungrade Zuiammcnsetzangen ungrtder 

Takte. 

$ LXXVIII. 
Drei dreitheilige Takte in Eins gesogen y 
geben einen neuntheiligen, also in jeder Hin- 
sicht ungraden : und zwar 

Drei 3/2-Takte einen %-Takt, der aber äusierst 
selten Yorkommt. F'ig. i3 dd. 

Drei 3/^. Takte einen 94-Takt, welcher woM 
statt finden kann. _Fig. i3 ee. 

Drei 3/g- Takte bilden den nicht selten vorkom- 
menden 9/3- Takt Fig. i'^ffj wovon auch schon in 
Fig. 24 2^ ein Beispiel steht 



Zusammengesetzte Taktarten. iii 

' In diesen Tuktarten sind also der erste • der 
Tierte und der siebente Takttheil schwerer , als der 
zweite and drittel fünfte und sechste, achte uAd 
neunte. 

Ej Mehrfach zui ammengeietzte Tak tarten. 

5 LXXIX. 

Man kann auch zwei j oder drei zusammcnge- 
•etzte Takte noch einmal in Einen ziehen , wodurch 
wieder neue Gattungen gebildet werden. 

Von dieser ganzen Klasse ist jedoch fast nur 
der aus zwei ^g-Takten, nämlich aus vier yg-Takten, 
zusammengezogene ly^-Takt üblich: 




1 '*-' I I 

_^^^_^^ l^__^^_ ■■^■^■i ■■^blHHB 

^^^^^^ ^^^^^^n ^^^^^^1 ^^^^^^n 

^ iT^ JiTä äVä ^ää 

Weit seltener ist schon der ähnliche t3^-Takt 
aus vier «/j- Takten, der w/^-Takt aus vier s/^-Tak- 
ten, der «/i^-Takt aus vier 3/^^« Takten, so wie 
andere zwölftheilige Taktarten aus sechs zweitheiligen 
gebildet, oder andere noch verwickeitere Zusammen- 
setzungen wie z.B. achttheilige , i6-theilige, iS-, 
a4-, a7-theiligc u. dgl. 

Uebrigens lässt sich alles, was wir bereits von 
zusammengesetzten Takten überhaupt gesagt, leicht 
auch auf diese mehrfach zusamihengesetzten anwenden. 

f'J Bemerkungen über die zuiammengesetsten 

Taktarten. 

S LXXX. 

Da ein zusammengesetzter Takt nichts anderes 
ist , als eine Gruppe von zwei oder mehreren ein- 



iia Rhjrthtnui und TakL 

i 

fachen , so ergiebt sicli daraas ftfrt Ente , daas die 
Takttheile eines zusammen geseUten TajkleSy anter 
sonst gleichen Umständen, nicht schneller and nicht 
langsamer gehen , als im einfachen , also s. B. die 
Viertelnoten im y^- Takte grade so wie die im V^ 
Takte, die Achtelnoten im %-Takte wie im y^ y^ 
oder n/g-Takt, u. s.w. VergL S. 981 5 LXIV. 

Ebendarum dürfte man es «auch hier wühl als gsas 
gleichgiltig ansehen , ob man eif Tonfttuck in ein- 
facher, oder in zusammengesetzter Taktart BohreOiea 
wolle. — Aliein es tritt doch auch hier der , einiger 
Beachtung werthe Umstand ein, dass das Herkommea 
s. B. einem ty^- Takte einen anderen Vortrag b» 
stimmt hat, als einem leichtfertigen y^-Takt, n.ddi 
Yergl, S. 98, S LXV. 

$ LXXXL 

Uebrigens ist es wohl von selbst einleucliteBd , 
dass nicht jedes, in einet* einfachen Taktart geaGhric< 
bene Tonstfick , in eine beliebig zusammengeselrts 
umgeschrieben werden kann , indem zusammen!^ 
setzte Takte Ton "graden Haupttheiien sich nnr & 
Rhythmen von grader Taktzahl eignen , Rhythmci 
Ton ungrader Taktzahl aber nur für ungrad susaflh 
mengesetzte Takte, — und dass es daher sehr angeeii» 
net wäre, z. B. Rhythmen von zwei einfachen Tai- 
ten, etwa von zwei y4-Takten, in Gestalt eines ^t 
Taktes schreiben zu wollen, z. B. Fi^ ai a ao, wM 
bei c, — oder, umgekehrt, drei taktige Rh jthmcBf 
etwa von drei s/^-Takten-, als 6/^-Takt, z. B* Fig. aX # 
so , wie bei c. Denn im zweitaktigen Rhythmus bei 
ai a ist jeder erste und dritte Takt schwer, der dritte 
Haupttheii des y^ -Taktes bei 21 c aber ist leichtf 
U.S.W. Der zwcitaktige Rhythmus von ai a en^ 
spricht also keineswegs dem %- Takte, - sondern Tiet 
mehr dem y4- Takte bei h ; so wie, im Gegentheili 
der Rhythmus von 5 Dreiachteltakten bei ^4 a sidi 
zwar wohl zur Zusammenziehung in yg-Takty wie 
bei b , nicht aber in y^-Takt c eignet. 

Ebendaraus ergiebt sich denn auch , dass ein 



Zusammengesetzte Taktarten, it5 

Tonstück, worin abwechselnd bald grade , bald un- 
grade kleine Rhythmen vorkommen ^ z. B. ein Stück 
im yg*Takt mit Rhythmen bald von zwei, bald yqa 
drei Takten, sich eben daram gar nicht eignet, weder 
im Vs-y noch im y^-Takte geschrieben zu werden. 
£in in einer zusammengesetzten Taktart geschriebenem 
Stuck kann vielmehr allemal nur aus gleicharligea 
kleinen Rhythmen bestehen , und ein buntscheckiger ^ 
ungleichartiger Wechsel , bald von gniden , bald voui 
ungraden , kann darin gar nicht wohl vorkommen. 
£in Tonsetzer y indem er eine zusammengesetzt« 
Taktart wählt , legt sich also ebendadurch die Ver» 

E flichtung auf, lauter gleichartige Rhythmen zu 
auen ; und eben daher rührt denn die vorzügliche 
rhythmische Rundung , welche den , in solchen zur- 
sammengesetzten Taktarten geschriebenen Tonstücken 
eigen zu sein pflegt. 

S. LXXXU. 

Es ist aber , bei der bisherigen Betrachtung der 
verschiedenen Taktarten , dem Leser auch die wet* 
tere Bemerkung wohl nicht entgangen , dass manche 
zusammengesetzte Taktef im Grunde , nur unter 
anderen Darstellungsformen , ja , zum Theil sogar 
nur unter anderen Namen , Ebendasselbe vorstellen , 
wie andere, in grösseren Noten geschriebene einfache, 

Yergleicht man nfimlich in der Tabelle Fig. i5y 
den einfachen y^-Takt bei n oderg, mit dem y4-Takte 
j}^ so findet man unter beiden nur den Unterschied ^ 
dass in jenem die Halbennoten Taktthcile, in diesem 
aber Hauuttakttheile heissen, — die Viertel in jenem 
Unterabtheilungen , in diesem aber untergeordnete 
Takttheile. Auf gleiche Weise fallen %-und4A-Takt 
bei h und Cj so wie auch der y,,- und y,^-Takt, in 
Eines nnd Dasselbe zusammen. Der Unterschied liegt 
nur in der Idee , und in dem bereits früher (J LXY) 
bemerkten Herkommen , die eine Taktart anders 
charakterisirt vorzutragen als die andere ; — und 
auch dies bat man nach uAd nach aufzugeben an- 
gefangen, indem man wenigstens vom y^-Takte eben 
so wenig mehr Gebrauch zu machen pflegt , »^ vom 
yi5* Takte. 

8' 



ii4 



Wiythmus und Taki» 



Eben 80 kommt der ^/^Ttkki bei i5 k mit einem, 
aii0 drei 9/4 -Takten zusammengesetzten ^^-Takte bb 
überein , so wie dery4-Takt bei / mit einem eben* 
solchen ^g-Takte cc. 

Dieses Zusammentreffen macht eben die gnnxe 
Gattung ungrader Zusammen setzunsen grader Takte 
enÜ)ebriioh ^ (Vergl. $ LXXVII am End.j indem mam 
f.B. Fig. ^'x b , statt mit 6/4, auch mit sA bezeichnen 
kann, Fig. rki.c, wodurch zugleich die ganze » ant 
angef. O. erwähnte Zweideutigkeit beseitigt ist. Auch 
als. 3/4.Takt könnte Dasselbe ausgedrückt werden, wie 
bei d. 

S LXXXIII. 

Auf ähnliche Weise treffen die, aus zwei ungraden 
Takten zusammengefügten Taktarten, mit einlachen 
zweitheiligen mit Trioleneintheilung, zusammen; z.B. 
der V^-Takt Fig. i5 e, mit dem y,- Takte bei t^ der 
Vg-Talt bei /^ mit y^ bei u, u. dgl. , und eben so 
die ungraden Zusammensetzungen ungrader Takte mit 
eiofacheni ungraden , z. B« Fig. ee mit w^ Fig. j0^ mit 
Xj u. s. w. 

Indessen hat, einestheils, auch hier der Gebrauch 
eine andre Art, die Takttheile eines zusammenge* 
setzten Taktes , und eine andre , die Triolen Torxu- 
tragen, eingeführt. 

Anderntbeils lässt sich auch Manches viel ftig« 
lieber im ^g* Takte schreiben , als in Triolen eines 
V4-Taktes, und umgekehrt. Denn wollte man z.B. 
aas in Fig. i^ a als y^-Takt geschriebene Beispiel in 
Gestalt von Triolen eines )/^* Taktes schreiben, so 
müssten die dreiweisc gruppirten Takttheile des ^^- 
Taktes, im y4-Takte in Trioleiiform geschrieben wer- 
den, wie bei 1^1 d, welche Schreibung, wie wir schon 
Seite 97 bemerkten, viel umständlicher ist — Oder, 
wollte man , umgekehrt , nachstehendes Beispiel / 




^^a 



RS: 




Fünßheilige j siebcntheiligt k. d^L Gmppen» ii5 

wo einmal ungrade,, und das anderemal grade Unter^ 
nbtheilung Torkommt , a|i8 dem V^-^y in. Yg-Ta^t 
fibersetzen , so Hessen slcU zwar woU die ersten 
drei Noten in der Gestalt dreier Achtelnoten eji^es ^/^ 
Taktes schreiben; was macWp wir aber dan^n ip^t |4<ßO 
folgenden zwei Achteln? Dieselassen sich im ^y^pTs^ktc 
car nicht darstellen; ^ipn^ es if{; zwar hergebmicht, 
drei Noten, durch eine darijibef, ge;setzte ^f^e*^. 3,. f\uf 
die Geltung von zweien fu T.^r.minde^.n., ^.n^ic})^ 
aber umgekehrt) zwei Not'eM- zur .Bi|uer Tpn dreiep 
auszudehnen. Uebrigens- ..^y^nntq« man . gar , .ip^^hi 
auch dieses letztere einführen , wie bei JCf, . .. • i 

VII.) F ii n f t h e il i g e / 8 i e b e n t h e iligi 
u. dgl. Gruppirun g, ' » 

J LXXXIV. 

Wir haben bis hierher überall- nur ron zweithei- 
liger, oder ron dreitheili0erGruppirüng|;espröchen| 
überall nur Ton zwei-, oder yop dreitheiligemTakti 
oder Ton ZusammenfüguDf^ zweier^ oder dreier 
solcher Takte y zu 4-) 6-> 8-V^-j '^-> «6-j 'odelr 
i8-theiligen Rhythmen oder Takten , und eben so 
nur von Unterabtheijungen der.a, 3, 4> 6, 85 9^ 
iij i6| oder 18 u. s.w. Takttheile, in zwei, oder drei 
solche Unterabtheilungen. Ueberall also keine un- 
deren Zahlen, als die erste grade. Primzahl 3, oder 
die erste ungrade 5,« oder eine Zahl , welche durch 
Multiplikation ein^r dieser Primzahlen mit 2 oder 3 
entspringt 

Andere Zusammengruppirungen , z. B. Ton ffluff 
ron sieben Theilen u. dgl. sagen unserm Gehöre wef t we« 
niger zu, wie man sich leicht Überzeugen kann, 
wenn i^an die ans fünftbeiligen , und stebehtheiligen 
Takten bestehenden Beispiele , Fig# 25 i bis 4/ und 
26 i bis ^ yersuchen will. 



ii6 Rhythmus und Takt 

Die Ursache hievon scheint nicht schweren er- 
kiftren. Fürs Erste ist es wohl natürlich, das» unser 
angehört! er rhythn^ischer Sinrt Gruppirungen^ Welche 
sich nicht durch jcQC einfachsten Primzahlen theilen 
und nnterahtheilen lasseh .^ nicht leicht aufsafat- 
sen vermag. 

Fürs Ändere liegt in . einem solchen Rythmns 
auch etwas ungemein Lahmes und Schleppendes y. 
indem eine solche Gruppirung gar zu wenig Nach- 
druck^ 'nämlich ^ät* 'zVi yiele leichte Theile ^egcn 
Einen schweren 'enthält. In einem ftinftheiligen 
Takte würde nämlich nur der erste Takttheil ein 
schwerer y alle vier folgenden aher würden leichte 
sein ; *— im siehentheiiigen kämen gar sechs leichte 
Theiliß gegen einen ichweren ^ u. s. w. Solche Ar- 
muth an Betonung kann aber dem Gehöre nicht an- 
ders als langweilig werden. 

Oder soll etwa unter den fünf, oder sieben Thei- 
len, mehr als Einer als schwer gelten, und ein sol- 
cher Takt niithin als zusamment^esetzter Takt ange- 
sehen werden : so würde er doch allemal aus un* 
gleichartigen Theileh Zusammengesetzt erscheinen , 
nämlich aus einem graden , und einem ungraden 
Takte; z.B. der y^- Takt aus einem y4-, und einem 
y^-Takte. Eine solche Zusammenstellung ungleicher 
Bestandtheile ist aher 'unrhythmisch, indem das Takt- 
gewicht unter fiinfTakttheile unmöglich symmetrisch 
Yertheilt werden kann ; denn es müsste einmal nach 
dem zweiten , und das andremal nach dem dritten 
Takttheilc wiederkehren. Vergl. Fig. a5 m oder it. 

Zwar Hesse sich eine Art von fünftheiiigem Takte 
denken , welcher wenigstens insofern nicht hinkte*, 
dass seine Hälften nicht ungleich lang wären: näm- 
lich wenn man die dreitheiiige Hälfte, nach Art 
einer Triole , so zusammenkürzte , dass diese drei 
Takttheiie nur grod eben so viel Zeit einnähmen , 
wie die andern zwei, oder umgekehrt, . ungefähr so wie 
in Fig. 25 r^ Sj oder Seite 1 14 unten. Allein dieses wäre 
dann schon nicht mehr eigentlich fünftheiiigcr Takt, 
sondern ein aus zwei gleichlangen Hälften beste- 
hender, sweitheilieer ; und dennoch wäre dadurch 
das Misverhältnis nicht befriedigend gehoben ; denn 
noch bliebe jeder Takt eines solchen Tonstückes aus 




Fünßheiligej siebentheilige u. dgL Gruppen. 117 

einer zweitheiligen , und einer dreitheiligen Hälfte , 
folglich wieder nicht rcchl symmetrisch ^ zusammen« 
gesetzt. 

AVas Ton siebentheilige'n Taltarten^ von 
zehntheiligen, eilftheiligen und ähnlichen zu 
halten sei , ergieht sich nun von seihst Siehenthei- 
liger Takt müsste aus zwei zweitheiligen und einem 
dreitheiligen , oder aus zwqi dreitheiligen und gar 
einem eintheiligen , oder vollends aus einem ftlnf- 
und einem zweitheiligen , zusammengesetzt seih; — 
oder es kämen sechs leichte Theile nacheinander 
gegen einen einzigen schweren. Vergl. Fig. 26. — Und 
wie war entflieh ein zehntheiliger, oder gar ein eilflhei-' 
liger, dreizehentheiliger, u. dgl. zusammengesetzt? — 

Zuweilen täuscht man sich ifuch , und meint j 
einen fiinftheiligen oder ähnlichen Takt zu^ hören , 
indess man Eins, Zwei, u. s. w. folgendermas^ 
gezählt hat: ?» ? 



J^.J \ 7 z % s 



3 3 4» 

ß ßßß 




7 






oder: ■ . ]^\<^ 



9.>^ 1134567 1234567 11^^ ^ 



4. 



d. h. man hat bei A , nach «fünf» einen Augenblick 
innegehalten, und also einen 3/^.Takt gemacht, von dem 
man fünf Achtel laut zählt , und das sechste pausirt, 
und bei deinen viertheiligen, dessen achtes Achtel man 
pausirt; oder man trägt Fig. 25i so vor, wie bei t oder u^ 
oder so wie bei r oder s j u. s. w. Grade dass man 
sich hier so unwillkürlich täuscht, beweiset, wie sehr 
es in der JVatur unseres rhythmischen Sinnes Hegt f 
Alles auf 2 , 3 , 4 9 69 8 > u. s. w. zurückzuführen. 

. Nach den bisherigen Betrachtungen ist es wohl ' 
ganz begreiflich , dass fünftheilige , siebentheilige 
u. dgl. Tacturten , obgleich von manchen Schrift« 
stellern schon so manchesmal in Schutz genommen y 
doch bis jetzt immer nicht in Aufnahme und Ge- 
brauch kommen wollten. Nur einzelne , hie und da 
angeblich gebräuchliche Tonstücke hat man als Sel- 
tenheiten oekannt gemacht , oder ähnliche , als 



1 18 Bh^lhmus und Takt. 

• 

blose Versnclie , kömponirt , mar um su beweisen , 
dasB sich so etwas wirklich komponiren lasse. Es ist 
daher weniger zu wundern , dass solche Taktarten , 
tin&eachtet 'so yieler Apologen , so wenig Eingang 
nnd Aufnähme , als , dass so wenig eingehende Takt* 
arten s6 riele Partisane gefunden. 

S LXXXV. 
Durch das Bisherige soll indessen nicht ge* 
sagt sein, solche fünftheilige^ siebentheilige und ihn- 
Uche Zeiteintheilungen seien in der Musik durchaus 
unbrauchbar. Fürs Erste kann eine solche Täkt- 
arty ^t^ ihrer Sonderbarkeit wegen, auch wohl 
einmal mit Gldck su HerYorbringung eines eigenen 
Effectes gebraucht werden. Denn auch das Bizarre^ 
Barocke und Wunderliche findet iu der Kunst wohl 
einmal seine rechte Stelle , und wer daher eine 
besondere Wirkung durch eine solche Taktart tu 
erreichen vermag ^ dem bleibt es allemal unTcrwehrt» 

S LXXXVL 
Für^s andere Ist unser rhythmisches Gefühl, 
wenn es auch solchen Taktarten gewissermasen 
widerstrebt) doch minder abgeneigt ^ sich solche 
Gruppirungen untergeordneter Zeittheilchen 
gefallen i\x lassen ; und darum nimmt es | im Ver- 
lauf eines Satzes^ mitunter auch wohl Quintolen^ 
Septolen, u. dergl. mit hin, bei welchen, ihres 
schnellen Yorübergehens wegen , das Unrhythmische 
der Eintheilnng, wenigstens dem Zuhörer, fast nicht 
bemerkbar ist , obgleich der Spieler die Schwierig* 
keit, und ich möchte sagen Unnatürlichkeit, solcher 
Quintolen-, oder Septimolen-Eintlieilung gar wohl 
empfindet« Es ist eben eine kurze Unterbrechung 
der rhythmischen Ordnung , wobei der Satz im gan« 



Aufschlag, Niederschlag, IIq 

zen doch rhythmisch hleibt , nar nicht bis auf diese 
Unterabtheilung herab ; und da ja , wie wir gleich 
anfönglich bemerkten , ein Tonstück auch wohl gant 
unrhjthmisch sein kann, so ist es auch kein wesent* 
lieber Uebelstand, wenn ein sonst rhythmischer Sats 
nicht grade bis auf jede Unterabtheilung herab rhyth* 
misch ist. (S XLVII.) 

J LXXXVIL 

Und auf gleiche Weise wie wir in solchen FäU 
ien die rhythmische Symmetrie nicht bis auf die 
kleinsten Unterabtheilungen herab festgehalten seheUi 
findet man , und zwar vorzüglich in längeren Ton- 
stücken , auch oftmal aufwärts ^ d« li. in Anse<« 
hung der höheren Rhythmen, solche Symmetrie nicht 
so durchgängig beobachtet , sondern mitunter auch 
Perioden von 5, von 7, lo, 11, i5 Takten, o. dgl. 
so dass also ein solches Stück nicht bis xu den hoch*» 
sten Hauptabtheilungen hinauf, rhythinisch symme«» 
tri seh angeordnet ist« 

Auch hier gilt die Bemerkung , dass , da rhyth» 
misches Ebenmas kein unbedingtes Erfodemis ist, 
auch das unverbrüchliche Festhalten desselben von 
den kleinsten Unterabtheilungen bis zu <^en höchsten 
Haupttheileti hinauf, nicht unbedingt nötbig ist. In 
der Lehre von der rhythmischen Zeichnung kommen 
wir hierauf zurück. S XCIII S, |36> 



VIII.) Aufschlag, Niederschlag* 

S LXXXVin. 
Es ist beim Taktschlagen gebräuchlich , den An« 
fang eines jeden Taktes durch Niederschlagender 



I20 Rhythmus und Taku 

Hnnd oder der Takttirrolle sa signalitireii , bei dem 
letzten Takttheil aber die Hand su heben, um dem- 
nächst beim Anfang de» folgenden Taktes wieder nie* 
derzuschJagen. Diesem Gebrauche zufolge pflegt man 
den Takttheil 9 bei welchem der Niederschlag ge* 
schiebt, den Niederschlag des Taktes, den 
aber, bei welchem die Hand gehoben, bei welchem 
aufgeschlagen wird, den Aufschlag, oder aucÜ 
wohl Auftakt zu nennen. 

Statt des Ausdruckes A u f s ch I a g, gebraucht man 
auch zuweilen das gleichbedeutende, aber fremder, 
und darum freilich fein gelehrt klingende Wort Anis, 
(rom Griechischen diQOi , ich erhebe , oder hebe em- 
por,) und statt Niederschlag den Namen Thetis, 

Dass, nach Rousseau 's Dictionnaire de Mutique, 
ort, Batire la mesure und Arsis > die Griechen um- 
gekehrt die schweren Takttheile durch Aufheben, dit 
leichten durch Niederschlagen zu bezeichnen pfleg- 
ten , bei ihnen also der schwere durch Arsis , durcn 
Jliesis aber der leichte bezeichnet wurde , und dass 
auch ein Scarlatti den Takt auf solche Art xu 
schlagen pßcgte , gehört unter die wenig praktischen 
Antiquitäten. 

Im Gegensatze des ersten, und letzten Takttbei- 
les, welche durch Nieder-, und Aufschlagen bezeich- 
net werden, kann man jeden Takttheil welcher etwa 
noch zwischen dem ersten und letzten liegt, und 
daher durch Bewegung des Taktirstahes nach der 
rechten, oder linken Seite hin gezeigt zu werden 
pflegt, Seitenschlag nennen. 

Obgleich der Ausdinick Aufschlag immer einen 
letzten , und folglich leichten Takttheil bedeutet, 
so ist jener Ausdruck mit dem Worte leichter Takt* 
tlieil doch keineswegs gleiclibedeutend , indem swar 
jeder Aufschlag eine leichte Zeit, aber nicht jede 



Rhythmische Zeichnung. 121 

leicKte Zeit grade ein Aufsclilag ist. Denn da in 
jedem mehr als zweitbeiligen Takte, folglicli in jedem 
dreitheiligen , so wie in allen zusammengesetiten 
Taktarten, mehre leichte Takttheile vorkommen, 
unter welchen nur der letzte durch Aufschlag be- 
zeichnet wird, so ist nicht jeder leichte Takttheil 
Aufschlag , sondern oft auch Seitenschlag. 

Uneigentlich pflegt man jedoch zuweilen unter 
dem Namen Aufschlag auch wohl solche Takttheile 
au verstehen , wie z. B. das 2te oder auch 3te Viertel 
des Vii -Takts , das 2te des 3/^. Takts, das 4te Achtel 
des %- Taktes , u. dgl. 

JDass der Ausdruck Aufschlag oder Auftakt 
auch noch in anderen Beziehungen - uneigentlich 
gebraucht zu M^erden pflegt, wird S. 1 25 unten erwähnt 



IX.) Klänge im Rhythmus betrachtet. 

A.J Rh^thmiiclie Zeichnung muiikaliicher Sätze. 

S LKXXIX. 

Die Takteintheilung , so wie die anderen , grös- 
seren oder kleineren rhythmischen Mase , wie wir 
sie bis jetzo kennen gelernt, sind eigentlich nur 
trockenes Fachwerk, nämlich nur das Mas der rhyth- 
mischen Figuren , keineswegs aber die Figur selber ; 
so wie das Ruthen-, Schuh-, Zoll- und Linienmas, 
und das Verhältnis, nach welchem ein architektoni* 
3ches Werk , oder die Model oder Säulendicken , 
wonach eine Säule gemessen wird , noch nicht das 
Gebäude , nicht die Säule selber sind. Mit anderen 
Worten: wir richteten unsere Aufmerksamkeit bis 
jetzt auf das rhythmische Mas blos als Mas; nun 
wollen wir sie näher auf das zu Messende, d, h. auf 
rhythmische Sätze selber wenden. 

Wir nennen Figur, Phrase, oder Satz, jede 
grössere oder kleinere Gruppe Ton Klängen oder 
Schlägen, welche, vermög ihrer Zeichnung, als ein 
grösseres oder kleineres Ganzes empfunden wird. So 



132 Rh^hmus und Takt, 

ir erden f . B. Seite los , die 9 ersten Noten ^ alti 
eine Figur miteinander bildend empfanden ^ nnd 
lieissen daher ein , wiewohl nur kurzer , nur nntei^ 
geordneter Satz , welcher , zusammengenornuien mit 
der ihm gegenüberstehenden fihnlichen kleinen Grappt 
der folgenden 8 Noten , eine Phrase oder einen Pe- 
rioden höherer Ordnung , eine Figur grösseren Mas* 
Stabes, bildet u. s. w. Eben so erkennt man in Fi^ 11 e 
acht kleine Phrasen, jede Ton swei Takten,-*- in Fi^ 
11 bei a deren zwei, jede von drei Takten, und ihn* 
liehe in Fig. 35 a und a4 ^ 

Man fchlage zu diesem und einigen folgenden Paragr. du 
erste und das zweite Notenblatt zugleich heraus. 

S xc. 

In dieser Hinsicht wollen wir rordersanitl ia 
Allgemeinen bemerken, das^ wie sich wohl von eeDist 
versteht, die rhythmische Ordnung eines Satsei 
kcinesweg darin besteht , dass alle Klänge darin von 
gleicher Länge sein mfissen, sondern nur dass sie 
nach einerlei Masstab und Verhältnis bemesubar seien* 
Mit andern Worten i ein Satz braucht, um rhythmisch 
yu sein, keineswegs etwa aus lauter Achtelnoten, oder 
aus lauter Viertelnoten u. s. w. zu besteben ; dies« 
wäre vielmehr eine höchst langweilige Einförmigkeit 
sondern es können darin bald ganze, bald Viertel*» 
Achtel-, Sechszehntelnoten u. dgl. , bald anch iler- 
glenchen punktirte Noten, Triolen u. s. w. vorkommen^ 
das rlJvtlimiscIieEbenmas bleibt immer darin betrtehend», 
das3 all diese verschiedenen Längen gegeneinander* 
in Verhältnissen der Primzahlen a oder 5 stehen, 
un«A sohin nach einem und demselben MasstelM be« 
messbar sind. 



Rhythmische Zeichnung, laS 

S ^CI. 
Eben so ist es auch gar nicht nothwendig , daat 
ein Satz grade mit dem Anfang eines Taktes anfange, 
und mit dem Ende eines solchen schiiesse , so dass 
die Grenzpunkte der Zeichnung grade auf die Theil 
iungspunkte der rhythmischen Mases , d« h. auf die 
Taktstriche fallen ; Tielmehr kommen sehr hftufig 
Phrasen vor, deren Anfangspunkt in die Mitte eines i 
Taktes , oder Tor , oder nach der Mitte desselben 
fallt ; und ebendies findet in Ansehung des End* 
punktes statt. So findet man nämlich eine Meng« 
Perioden , sowohl am Anfang , als im Verlauf einet 
Tonstückes , welche mit einer , oder mehreren leich* 
teren JVoten anheben j wie z. B. in Fig. 27 bis 3o t. 
Das Anfangen eines Perioden mit einer schweren 
Note ist eben so wenig nothwendig, als z.B. in jedem 
Worte grade die erste Silbe die Gewichtsilbe ist, 
oder in einem rhetorischen Sensus das erste Wort 
das betonteste , oder die erste Silbe eine schwere*, 
oder sogenannte lange Silbe, Gewichtsilbe, zu sein 
braucht Ein mit einer leichten Zeit anfangender 
Periode ist einem, mit einem jaknbischen, oder ana« 
püstischen Fuss anfangenden Verse zu yergleichen , 
so wie der Anfang mit dem Niederschlag einem tro- 
chäischen Vers entspricht. 

Im gemeinen Sprachgebrauche pfleet man von 
jedem TonstUcke , welches nicht mit dem Nieder* 
schlag anfängt, zu sagen, es fange im Aufschlag 
an, und nennt dann auch wohl alles, was dem ersten 
Niederschlage vorhergeht, den Aufschlas oderauch 
A u f t a k t des Stückes. Nach diesem Spracugebrauohe 
wären also in den oben ei*wäbnten Fig. 27 und So / 
die ersten Noten der Auftakt. 

Solcher Sprachgebrauch ist aber freilich nur da 
eigentlich passend, wo das Stück genau mit dem Auf* 



124 Khytiimus und Ttikt. 

sclilag, also mit dem letzten Takttheile, Bnfllh|t| 
wie bei 27, nicht aber auch in Fällen wie 218 , an, 
5o I , oder wo der sogenannte Aufschlag mel&r, oder 
weniger als den letzten Takttheil beträgt. 

Schliesslich will ich noch bemerken , dass mu 
Anfiinge der Art wie Fig. 5o t , wo der sogenannte 
Auftakt mehr als einen halben Takt beträgt, gewölia* 
lieber so zu sclireiben pflegt, wie bei ky in welcher 
Gestalt sie dann gewissermasen wieder alf imNiedoi* 
schlag anlangend erscheinen. 

' Eben so kann auch das Ende eines Satses Md 
auf einen schweren , bald auf einen leichten Takt- 
theil fallen , Fig. 22, a5, 24 — Bei 5i beginnt nai 
endet sogar jede der Terschiedenen Zeidinungen aof 
einem anderen Takttheile. Die erste fllngt mit den 
Takt an, und endet mit dem zweiten Takttheile; die 
zweite hebt mit dem dritten Takttheil an, und endet 
mit dem ersten des folgenden Taktes ; die dritte 
fängt mit dem zweiten Takttheil an , und endet nit 
dem dritten. 

S XCII. 
Man pflegt den Endpunkt einer kleineren rhytln 
mischen Figur oder Zeichnung , oder den Punkt, wo 
ein Periode endet, und ein neuer anfangt, oder Ober 
haupt das Ende einer Figur , auf welche jedoch wie- 
der eine andere folgt , Einschnitt, oder Gäsurt 
oder auch Absatz zu nennen. Es ist gleichaam 
das , was in der Wortsprache die sogenannten Inter- 
punktionen sind. Auf Seite 102 fühlt man am Ende 
des zweiten Taktes odentlich ein Komma , mit wel- 
chem verglichen , das Ende des Satzes ein PunktaA 
heissen könnte. In Fig. i\ a erkennt man einen 
Einschnitt am Ende des 2ten, 4t^n und 6ten Taktes; 
und eben so leicht sind die Interpunktionen in Fig. 



Rh^'Üimische Zeichnung;» laS 

iiy 23, und 2-1 fühlbar. In Flg. 5i findet man einen 
Einselmitt nach dem zweiten Takttbeil, einen an-» 
dern nach dem ersten Takttheil des xi^eiten Taktes , 
einen dritten am Ende des 2ten Taktes , dann nach 
dem zweiten Takttheil des dritten Taktes wieder eineni 
Tierten Einschnitt^ u. s.w. 

Je nachdem der Endepunkt einer Figar auf 
leichte 9 odersikuf eine schwere Zeit fallt, pflegt man 
die Cäsur eine männliche, oder weibliche Ca-» 
8 ur zu nennen. Wenn nämlich der Takt-, oderZeit- 
theil , auf welchen die letzte Note einer Figur föllt , 
schwerer ist, als die Torhergehende, so heisst der 
Cäsur männlich, im entgegengesetzten Fall aber weib- 
lich. In Fig. 21 sind die erste , 2 und 5te Cäsur mann« 
liehe , weiblich aber ist die vierte. Diese Benennun* 
gen sind aus der poetischen Metrik entlehnt : in der 
Lehre vom Versbaue nennt man nämlich einen Vers, 
wenn er mit einem Worte endet , dessen letzte Silbe 
eine Gewichtssilbe , d. h. schwerer als die vorher« 
gehende ist, wie z.B. aGewa/^» — «Bewfi*» — 
«Aberrascht» — einen männlichen ; weiblich hin- 
gegen heissen Endungen wie folgende : «gewa/tig»— 
«bevt'tf/sen» — «überraschen» — ««S'/erben» , 
u. dgl. Eben darum ist auch in Fig. 25 die Cäsur 
bei «y^ecAerle» und «yämmerlich » weiblich, männ- 
liche Cäsuren aber die bei ftTVicsi^ und «geivi5^». , 

$ XCIII. 

Die musikalischen Sätze werden gross tentheils 
Ton einer rhythmisch runden , d. h. auf eine der 
Primzahlen 2 oder 5 hinauslaufenden Anzahl von 
Thetlen gebildet Eine solche rhythmische Abrun- 
dung bringt in die Zeichnung des Satzes eine eigene 
Ordnung, durch welche er uns vorzüglich einge- 
hend , überschaulich und fasslich wird. 

Je weiter daher in einem Satze die rhythmische 
Symmetrie getrieben wird , desto rander , glatter und 



ia6 Rhyilimus und TakU 

überschttulicber wird er. Da indesien jede« S^mili- 
werk, durch allzu yiele Symmetrie, swar sehr leickt 
fasslich y und glatt eingehend , aber aach sogleich 
etwas trivial und einförmig wird, s. B. Fi|^ Si, m 
pflegt man , in längeren Tonstdcken , nicht lauter 
so ganz abgerundete Phrasen ganz symmetrisch an eil* 
ander zu reihen , sondern mitunter auch minder leickt 
überschauliche Perioden anzubringen. (Vergl. S. ii^) 

Sehr weitläufig handelt Ton der TaktsaU ual 
überhaupt vom rhythmischen Bau der TonplmsaBi 
Koch in s. Anweisung zur Composition, le- 
ren zweiter Band sich fast einzig mit diesem Gegsa- 
Stande beschäftigt« 



BJ Einzelne Klänge in Beziehung anf 4ti 

Rhythmus betrachtet. 

ij^ Rhy th mi sehe Rückung oder Verschiebui^ 

S XCIV. 

Ausser dem, was wir bis hierher von der rhytk 
mischen Zeichnung und Ordnunc musikalischer Fi« 
guren bemerkt , finden wir auch noch Einiges ia 
Hinsicht gewisser besonderen Arten von SteIlaB| 
einer Note in der rhythmischen Ordnung, bemo^ 
kenswerth. 

Als ersten Fall dieser Art bemerken wir denje- 
nigen y welchen man rhythmische Verrficknig 
zu nennen pflegt , nämlich wo, bei ungrader Zeit 
eintheilung, nach einer schweren Zeit eine inBe^ 
lieh leichtere Note folgt, welche längere Zeitdauer 
hat, als die vorhergehende innerlich schwerere Zeit; 
mit andern Worten, wo die, nach einer rhythmisch 
schweren Zeit folgende leichtere Note, länger aa 
Einem Stücke fortgehalten wird , also ron längerer 



hückutig oder Verschiebung^ 12 j 

Zeitdauer oder Geltung ist, als jene innerlich schwere 
Zeit; oder, wieder anders ausgedrückt, wo eine auf 
eine leichte Zeit fallende Note noch über die Dauer 
dieser Zeit hinaus, und bis auf die folgende eben so 
leichte Zeit fortgehalten, und durch solches ForthaU 
ten, durch solches Verbinden und Aneinanderhängen 
sweier leichten- Zeiten , länger an Dauer wird alt 
die ihr yorhergehende schwere Zeit : z. B. 

^-^%rpirpiM^7.jrcrcrcriii 

Mehre Beispiele enthalten die Figuren |5? bis 37. 

Man bemerket leicht, dass solche Kückung nur 
bei ungrader Zeiteintheilung statt findet, wo 
nämlich zwei leichte Zeiten nacheinander folgen. 
Bei grader Zeiteintheilung, wo nach jeder leichten 
Zeit gleich wieder eine schi¥ere folgt, z. B. V4f Pf ||, 
geht das Zusammenbinden eines leichten Zeittheiles 
mit dem folgjenden schon wieder schwereren, in eine 
andere Gattung über , welche wir sogleich unter den 
Namen Sjrnkope werden kennen lernen. 

S XCV. 
Bei der rhythmisch gerückten Bewegung erhält 
die , in Ansehung des Zeitgewichtes leichtere , aber 
der Zeitdauer nach längere Note, vermög dieser ihrer 
längeren Dauer, gleichsam einen Vorzug, ein Ueber* 
gewicht gegen jene , innerlich schwerere , der Dauer 
nach aber kürzere Zeit ; sie wird, im Vergleich gegen 
die innerlich schwei^ere , gleichsam begünstigt und 
gehoben , and die Symmetrie des Rhythmus dadui<ch 
gewissermasen yerschoben oder rerrückti und dies 
ist ohne Zweifel der Grund, weshalb ^lese Art toi| 
Bewegung den Namen rhythmische Eükkung 
erhalten hat, und zuweilen auch wohl Verrük- 
kung, oder verrückte Bewegung genannt wird. 



1^8 Rhythmus und Takt. 

Allerdings findet unser Gefühl in solcher Be* 
naclidrucknng und Belastung der innerlich leichte« 
ren Zeit , etwas gleichsam Verschobenes und Wider- 
haariges y etwas aus der Ordnung des gewöhnlichcB 
Geleises Gerücktes , eine Verserrung der gewfth»* 
liehen rhythmischen Symmetrie ; allein diese eigene 
Art von Empfindung, das gleichsam StosswetsCi oder 
wenn man will. Hinkende, Verschobene , oder HeU 
pernde solcher rhythmischen Fortschreitung , eben 
diese Besonderheit sage ich , lässt sich suweilen , am 
rechten Orl und mit Umsicht angebracht , ganx Tor- 
theilhaft benutzen. 

Ob es in der angefahrten Fig. 3/ 1^ ausPergole- 
s i 's « Stabat mater » , am rechten Orte geschehen seif 
gleichsam um das Schluchzen der weinenden Mnttcr 
zu malen, das war ein mal, zu alten guten Zeiten | 
eine gar wichtige Kontroverse unter den Masikg^ 
lehrten. (Siehe z. B Sulzers Theorie , Art. Vcr- 
rfickung, und Leipz. allgem. musik. Zeitung, IL S. aS^ 
*ßg) — Allemal würde ich, wenn nun doch einmil 
das Weinen und Aechzcn fgemtrej nachgebildet wer- 
den sollte^ die Verschiebung unmasgeblich wenif- 
stens, wie bei A:^ auf die erste Silbe von « gemenieiN t 
beschränkt, wo nicht gar lieber so geschrieben haben, 
wie bei /^ indem, der Prosodie nach, wohl diese Siibt 
die Dehnung und Hebung verträgt, nicht aber die 
zweite von « cujus » , oder von « animam ». Die Sache 
gehört übrigens nicht hierher, sondern in die Lehre Ton 
Prosodie, Skansion , Akzentuation und Deklamation. 

Uebrigens waren unsere lieben Alten gar ausneb« 
mend grosse Freunde solcher Verrückungen, undkonih 
ten sich, wie es scheint, gar nicht satt daran hören; 
wie denn auch Kirnberger Beispiele wie Fig. S6 
(eine Arie über den Text: u Benche mi sprezzi Tülofe 
ch^adaro j» ) als Muster schönster Arien , und guten 
und richtigen Ausdruckes in Singsachen ^ den An- 
fängern zur Nachahmung empfiehlt. (Siehe n. Kunst 
d. r. Satzes , I. S. 2a5 flgg.) 



139 

d.) Synkope« 

$ XCVI. 

Eine VorzüglicK Lemerkenswertlie rhythmisclia 
Stellung einer Note, ist dieSjnkope. Wenn nämlicli 

^ein Klang mit einem leichten Takttlieil oder Zeittheil 
anfangt 9 und auf dem folgenden schwereren nocli 
ununterbrochen fortwährt , so dass also die letzte 
Hälfte dieser Note auf eine schwerere Zeit fällt aU 
ihre erste, wie in naehstehe^den Beispielen, so nennt 
man diesen Klang ^inen synkoplrten^ eioe 

.Synkope» 



^•^ C p I p r f I f p 7 elf f r r 7 II tt. dgi. 

Vcrgl.* auch Fig. 58— -44 ^cs zweiten Notenblattes. 

In der Synkope erscheinen also immer zwei^ 
wenn auch in Ansehung der Dauer gleiche , doch 
in Ansehung des Gewichtes yerschiedend Takttheile, 
Tuctglieder , oder Zeiten , und zwar erst eine leich» 
lere, dann eine schwerere, durch das Forthalten Eine^ 
Klanges gleichsam zusammengebunden ; oder , wenn' 
man es sich so vorstellen will , es erscheint ein fort« 
dauernder Klang durch den, während seiner Dauer er« 
folgenden Eintrit der schwereren Zeit , gleichsam ÜB 
zwei Hälften oder überhaupt In zwei Theile zerschnitt 
ten , (daher der Name S y n k p e | .Ton Sv^^xd^r^ i 

Zerschneiden«) 

« 

In den bisherigen ßeispieleti waren die £wei an 
einander gebundenen Theile überall Ton gleichet 
Länge : allein auch Figuren wie folgende 

9 



i5u Rltjlhmus und Tait. 



O.J y, J I d J I d P^ »A d I J d I J d I 

Qj (C p pTo I p pTo II Äv» CC r*pTr pT 

und ähnliche y nennt man glelchirohl eBenfalU syn- 
kopirt , ohschon Lei O der crstc^ auf die leichte Zeit 
fallende Thcil des synkopirten Klanges nur lialb lo 
lang ist, als der zweite schwerere, und bei P der 
leichte noch .einmal so lang als der schwere , u.s.w. 
Vcrgl. auch Fig. 4:") — 47- 

Man kann dies ungleiche Synkopen nennen, 
und gleiche die znerstcrwähnten. 

Noch ungleicher, als die bis jetzt angefiibrten, 
sind folgende , und ähnliche , welche darum kaum 
mehr Svnkopcn zu nennen sind. ^ 

" I f pg=q 1 vv w ^ M I 1 w I 

Vcrgl. Fig. 48. 

S XCVII. 

Im dreitheiligen Takt , oder auch bei ungrader 
TJnterabtheiiung der Taktglieder oder Takttbeilet 
findet das Besondere statt, dass die in solchem Takte 
^roiweisc zusammen gruppirten Zeiten sich nicht za 
^incr ununterbrochenen Reihe gleicher Synko- 
pen zusammenbinden lassen. Denn da 5 sich nicht 
ohne Bruch in gleiche Hälften theilen lässt, so fall ea 
entweder immer zwei solche Dritiheile auf die schwere 
§eitc der Synkope und nur Eines auf die leichte, 
wie oben bei O ^ oder umgekehrt , wie bei P (Fig. 45 
o und /;) ; oder aber man muss , will man dennoch 
gleiche Synkopen habru, immer ein Glied unsynkopirt 
zWisrheninne frei lassen, wie Seite 129 bey iVl (VergL 
Fig. 45.) — Wohl aber können kleinere oder grössere, 
aus drei Theilen bestehende Gruppen , als Einheiten 



Synkope. i5l 

• 
bctniclitct, paarweis zu gleicHen Synkopen rerbundea 

Avcrdcn, wie nuclisteliend hei J'und U, oder die genu 

den ünterabtbeilungen synkopirt , Wie bei ^und TV. 

TJ % J. J. I J. J. I- uj 3/4 d. I cMd. I d^. 

(Vergl. Fig. 44 ^^ **/ o^cr aucb so wie in Fig. 4^0 

S xcviii. 

Die Synkope bat, ftuf äbnliche Weise wie dia 
Hiickiuif;, Tür unser Gefühl etwas gewissermusen Wi» 
d erstrebendes , indem der Anscbbig dei Tones auf 
icicbter Zeit , auf der scbweren aber kein An« 
schlag geschieht, wodurcb jene glcicbsam Tor dieser 
begünstigt wird. 

Eine besondere Anwendung der Synkopen kommt 
in der Lebre von der vorbereitenden Bindung vor. 

S XCIX. 

Von der im vorigen Abschnitt erwfibnten bloscn 
Ilückung unterscheidet sich die Synkope, wie 
leicht zu sehen, darin, dass derblos gerückte Klang 
nicht , wie der synkopirte , bis In eine Zeit hinüber« 
dauert , welche schwerer ist als die , mit welcher er 
eingetreten; und darum enthält also folgender Sats 
«war eine RQckung^ aber keine Synkope , 

1 C E F l 
wohl aber enthalten folgende Sätze Synkopen t 

I c c - H I ^.^ |c-c— I-Hcdl 
I C E F G l ^"^^^ I C D E F I G G A H i 

denn in beiden, und aucb in letzterem, ist die Zeit 
mit welcber der synkopirte Klang eintrat, leichter aU 
die {olgende schwere. 

Ausserdem kani) man nocb bemerken, dass einige 
Schriftsteller aucb die Synkope unter dem Namen 
Kückung begreifen, z.B. Kocb in 0. mus. Lexik. Art. 



l5a Hhj'ihmus und Takt, 

Rückung, wo er, abweichend von seinem sonstigen 
Gewährsmann Sulz er, Art. Vcrrüclung, die 
Worte Synkope und Rückung , für Gleichbedea- 
tend ausgiebt. 

Auch findet man die Begriffe von Rückung und 
Synkope folgcndermasen deiinirt: «Synkope besteht 
«darin, duss ein Ton einen Einschnitt hat. Diesen 
«bekommt er dadurch, dass er aus einer schlechten 
«Taktzeit in eine gute hinüberdauert, er mns übrigens 
«erst mit jener schlechten, oder schon vorner eiuge« 
«treten sein.» — (Al>er dann war auch das c in fol- 
genden Beispielen synkopirt: 

I C D I E F I oder I C D E F I 

denn es dauert aus der leichten zweiten Zeit in die 
schwerere dritte hinüber.) — « Rückung aber besteht 
«darin, ^ass mit einer schlechten Taktzeit ein Ton 
«von grösserer Geltung eintritt, als mit der nächst 
«voraufgehenden guten, es mag übrigens während der 
«Bauer desselben eine gute Taktzeit eintreten, also 
« zugleich Einschnitt — Synkope — entstehen , oder 
«nicht.» - — (Allein nächst manchem Anderen, würde 
hieraus sich folgern lassen, dass in folgenden Beispielen 

€ r r p I «^«'- V. r c p p I 

die mit dem zweiten Takttheil eintretende halbe Note 
eine Rückung heissen müsste, weil diese mit der leich- 
teren zweiten Takthälfte eintretende halbe Note von 
grösserer Geltung ist, als die Viertelnote welche mit der 
nächst voraufgehenden schweren Zeit aufgetreten war.) 
Uebrigens besteht die Wesenheit der Synkope^ 
den im $ XCVI gegebenen Begriffbestimmungen zu- 
folge, jedenfalls, nicht in jedem zusammenbinden der 
Takt^eiten in Einem Tone. 



X.) Unterbrechungen der rhythmischen 

Gleichförmigkeit. 

Es gieht nicht nur, wie wir schon Seite 77 bemerk« 
teoi Tonstücke ) worin gar kein Rhythmus herrscht; 



■S4 



Theorie der Tonsetzkunst. 



S J 

JNiiclidein wir die Elemente kennen gelernt, dorcb 
welcbe die Tonkunst wirkt, gelangen -wir nunmehr 
sar nüLeren Betraclitung der Art, wie die Zusanunen* 
•etzung und Verbindung derselben zu einem mostka« 
liscben Satze gescbiebt 

Die Tonkunst Terbindet Töne zu einem Satze in 
der Art, dass sie uns dieselben tbcils nachein- 
ander folgend, tbeils zugleich erklingend 
hOren lässt 

Eine Reihe nacheinander folgender Töne, 
oder mit andern Worten, jede successire TonTer» 
bindung, nennen wir im Allgemeinen eine Ton« 
reihe. In so fern sie kunstgomass ist, d. h. sofern 
sie einen musikalischen Sinu hat, heisst sie Melo- 
die, und in so fern man sich dabei eine Perton 
denkt, welche solche Tonreihe singt , oder ein In- 
strument , auf dem sie gespielt wird , nennt man sie 
eine Stimme, oder auch einen Gesang. In folgen- 
dem SaUo 




kann man drei Tonreihen unterscheiden : die Reihe der 
ohtTrnTüne: e — f — e, die der mittleren: ii — gis — «, 



Tonreihen. i55 

und die der unteren oder Basstöne : c — 3 — c. 
Wir können uns gleiclisam drei Personen denken , 
deren eine die Töne e— f — e nach einander angiebt , 
indcss die zweite eben so a-^gis — a, und die dritte 
€ — J — c hören Insst. (Dass es Instrumente gtebt^ 
auf welchen Eine Person mehre Töne zugleich spie- 
len , unu also mehre Stimmen zugleich ausfährea 
kann , kommt hier nicht in Betracht. ) 

Jedes Zugleich erklingen mehrer Töne, jede 
gleichzeitige (simultane oder coexistente) Tunyerbin- 
dung,' nennen wir im Allgemeinen einen Zusam« 
men klang. Inwiefern er kunstgemäss ist, heisster 
Akkord, oder auch Harmonie in der allgemeine- 
ren Bedeutung dieses Wortes. 

Wir wollen unsere Abhandlung mit der Betraclv* 
iung der Tonreihen als s o 1 c h e r heginneo* 



Erste Abthciliing, 

Tonreihen, als solche betrachtet. 

I.) Stimmen. 

A.) D e griff von Stimmen^ Fortschreitungj und 

Führung* 

S 2- 

IJen Scliritt einer Stimme von einem Tone rum an- 
dern nennen wir Sti mmenschr i tt, melodischen 
Schritt. IMcbrcre aneinander gereihete Melodiccn- 
schritte bilden melodische Fjguren , und mehrere 
iBol che Figuren eine IVlelodie, eine Weise, einen 
Gesang, ungefähr eben so, wie z.B. eine Tanzfigur 
aus mehren einzeln Schritten , und ein Tanz aus 
mehreren Figuren besteht. 



t56 Tonreihen als soldie betrachtet. 

Dio Art, Wie sich eine Stimme ron einem Toim 
zaxa andern bewegt, Iicisst ihre Fortschreitun'g^ 
oder melodische Bewegung (nicht zu yerweohseln 
mit dem, was man rhythmische Bewegung, Tempo, 
nennt S. 85.]. Die Art, wie der Tonsetzer eine Stimme 
•ich bewegen lässt , wie er sie von einem Tone zam 
andern führt) nennen wir die Führung der Stimme». 

Die Lehre von der Bewegung der Stimmen , yod 
dem Wege y welchen jede Stimme in die&e*n oder 
Jenem Falle nehmen soll, oder nicht soll, oder übeiw 
haupt, wie man die Stimmen führen darf, oder musa^ 
heisst eben darum billig Lehre von der Stimmen-* 
bewegung (Dynamik) oder S timmenführnng^ 
oder, nach S. i34', Melodik, d.i. Lehre Ton der 
Melodie Im weiten Sinne des Wortes. 

Man kann in dieser Hinsicht die Führung einer 
Stimme sowohl aus einem spezielleren und gleichsam 
beschränkteren Gesichtspunkte, als aueh aus einem 
höheren Standpunkte würdigen, je nachdem man ent--» 
weder auf die einzeln Schritte der Stimme, oder aber 
auf die aus mehreren sölohen einzelnen Stimmen« 
schritten gebildeten melodischen Figuren' sieht. 

Wenn wir z. B. finden , dass auf Seite i54 dio 
Stimme, welche beim zweiten Akkorde das fangab, 
sich beim folgenden am füglichstcn zu e Iicrabbewegt, 
und dass es dem Gehör unangenehm aiiffullen würde, 
wenn sie , st^^tt dessen , vom f zu a hinaufschreiten 
wollte , so ist dies eine Betrachtung des einzelnen ' 
Mclodicschrittes yon f zu c, oder von f zu a. Sehen 
wir hingegen darauf, ob eine , aus mehreren Schrit- 
ten bestehende Figur, nicht bloa in Ansehung jedes 
einzelnen Schrittes den Kunstgosetzcn gemäss sei, 
sondern ob sie auch als Figur selbst, also im Gan- 



Stimmen^ i5j 

zen, ehie dem GeHor gefällige , und, wie man et 
nennt, singende oder melodiöse Führung, 
ob ihre Melodie einen fliessenden Gang, eine 
graziöse Zeichnung, Schweifung, und Run- 
dunff, einen gefälligen Schwung habe, oder, wie 
man es auch ausdrücken kann, ob sie eine schöne 
Melodie singe, ob ein rechter Stimmenfluss 
darin liege ; so ist dieses der höhere Gesichtspunkt, 

Die Theorie hat die Aufgabe , zu lehren , wie 
eine Stimme, sowohl in der einen, als in der ande-* 
ren Hinsicht, geführt werden soll. 

Sie ist aber dabei , der Natur der Sache nach , 
freilich ziemlich beschränkt. Es lässt sich nämlich 
nicht wohl allgemein Torscbreiben , wie eine Stimpie 
geführt sein müsse, um, sowohl in Ansehung jeder 
einzelnen Fortschreitung, als in Ansehung der Zeich-^ 
nung ihrer Figur , gut und dem Gehöre gefällig ge«> 
führt heissen zu können. Alles , was die Theorie 
leisten kann , besteht grösstentheils darin , diejeni-» ^ 
gen Fortschreitungen aufzusuchen , welche unserm 
Gehöre widrig aufzufallen pflegen , daraus miiglichst 
gemeingiltigc (schwerlich allgemeingiltige !) Kegeln 
abzuleiten , und dadurch vor unangenehmen Fort- 
schreitungen zu warnen. Ihre Thätigkeit ist also 
auch hier wieder nxehr nur negatir als positiv. 

Aber auch selbst dies Negative vermag die Theorie 
* hauptsächlich nur in Ansehung der einzelnen Stirn* 
menschritte ; weit weniger aber in Ansehung der Zeich«' 
nung einer Stimme im Ganzen. Wohl lässt sich manche 
Regel geben , wie in diesem oder jenem Falle dies 
oder jenes Intervall fortschre^iten müsse , oder fort- 
schreiten dürfe, (und diese Lehre, die Lehre von 

den einzelnen Harniiüisenschritten , haben denn un- 

5tifnm 



i58 Tonr^eihen ak solche betrachteU 

B^re bislierigcn Tonlehrer auch mit besonderem und 
wirklich stupendem Fleise ausgeführt, und es wenig- 
stens an der Menge von Regeln und Vorschriften, 
und auch hier wieder vorzüglich an einer Menge Ton 
Verboten, nicht fehlen lassen.) Allein wie sehr es 
auch wahr ist, dass eine Stimme, deren einzelne 
Schritte fehlerhaft sind, sich im Ganzen nicht als 
schöne Figur prüsentiren kann , *— so wahr es also 
ist , dass die Befolgung der Regeln der einzelnen. 
Stimmensühritte auch eine Bedingung ihres guten 
Flusses im Ganzen ist, so wird durch Beobachtung 
all solcher Regeln, und durch die denselben gemäs-' 
seste Führung der einzelnen Stimmenschritte , darum 
doch noch keine Ahrundung , kein Schwung der 
Zeichnung im Ganzen erreicht. Vielmehr kann eine 
Stimme, deren Schritte im einzelnen sämmtlich toIU 
kommen tadelfrei sind , darum doch im Ganzen sehr 
ungraziös , holpernd , und nichtssagend sein , und 
eine sehr missfällige Figur spielen : und im Gegen- 
theil kann eine Führung dem Gehöre sogar wirklich 
wohlgefällig sein , in welche eine Fortschreitnng 
mit eingeflochtcn ist , welche den Regeln der Fort- 
schreitungen im Einzeln nicht ganz entspricht^ 
welche aber, wegen der gefälligen Zeichnung des 
Ganzen, nicht mehr widrig auilällt, wie wir dies 
späterhin an mehreren Beispielen beobachten werden. 
Beweis genug, dass eine gefällige Zeichnung und 
Führung im Ganzen , oder in grösseren l^'heilen , 
nicht nur etwas ganz Anderes ist, als die gehörgemässc 
Führung der einzelnen Stimmenschritte, sondern 
auch etwas Höheres und Uebervviegendes , und dass 
also die Regeln , welclie wir, über die einzeln Forl- 
schreitun gen der Intervalle in diesem oder jenem 



^ Stimmen* iSg 

Falle, besiUen, bei Weitem keine Regeln für ejno 
dem Gehöre wolilgeftillige Führung der Stimmen 
im Ganzen 9 keine Regeln zu Bildung schöner Me- 
lodiecn oder melodischer Figuren sind. 

Jedenfalls ist es nicht der Zweck des gegen«- 
WärtigcnKapitcls, dieGesetze der Stimmen- 
fahrung 'abzuhandeln j indem die Bewegung einer 
Stimme sich sehr wesentlich nach den dabei statt 
findenden Harmonieen und Harmoniefolgen richten 
muss j welche Gegenstände selbst erst in folgenden 
Abtheilungen besprochen wer Jen , und nach deren 
Abhandlung dann erst Gesetze für die Fortschreitüng 
der Stimmen in diesem oder jenem Falle erforscht 
werden können. Für jetzo ist uns blos darum zu 
thun , die Art der Zusammensetzung 
musikalischer Gebilde aus einer oder 
mehreren Stimmen, und die verschiedenen 
Arten von Stimmenbewegung überhaupt 
kennen zu lernen. 



B.) Ein", oder mehrstimmiger Satz. 

S 3. 

Jeder musikalische Satz besteht, wie wir bereits 
bemerkt, entweder aus einer, oder aus mehreren 
Stimmen. In jenem Falle heisst er einstimmig, in 
diesem aber mehrstimmig; und zwar, wenn er aus 
mehr als vier Stimmen besteht , vielstimmig. 

Unser Gehör vermag allerdings , solches Zusam- 
menklingen mehrer Töne oder Stimmen aufzufassen ; 
und zwar nicht blos als Totaleindruck, sondern ein 
geübtes Gehör unterscheidet sogar den Gang jeder 
einzelnen Stimme. 



l4o Tonreihen als solche betrachtet* 

• Wie viele Stimmen es solchergestalt zu unter« 
sclieiden yermüge , lässt steh nicht grade im allge« 
meinen hestimmen , indem dies von der Bildung und 
Geühtlieit des Ohres uhhängt. Es ist aher jeden- 
falls offenbare Uebertreihung, wenn der Tongelehrte 
J, J. Rousseau behauptet und mit gar anscheinender 
Evidenz darthut und unumstösslich beweist y das Ge- 
hör unterscheide höchstens zwei Stimmen ^ und es 
gehe daher gar keinen wirklich viersti mutigen Satz, 
oder, wenn es einen gebe, sei er nothwendig schlecht. In 
meinem geschätzten Diction. de Musique liesst map, ArL 
Quatuor: ujl ny a point de vrais Quatuor, ou ih ne 
n)alent rien, Jlfaut que dans un bon Quatuor les par-^ 
ties soient pnssque toujours aliernatii'es, parce que dans 
tout Accord il ny a que deux Parties tout au plus qui 
Jassent Charit et que VorcHle puisse distingucr a la fvis ; 
les deux autrcs ne sont quun seid remplissage j et ton 
ne doit point mettre de rempiissage dans un Quatuor» » 
Noch viel weniger ist, in Gemäsheit des Art ^riiVi^iiC 
Ehend. ein guter fünfstioimigerSatz denkbar: « PuiV- 
quil ny a pas de vrai Quatuor j a plus J orte raison ny 
a-^t-il de vcritable Quinque.» — Das ist nun unge- 
fähr so , als oh Einer sagte: «das menschliche Auge 
kann nur Einen Gegenstand auf einmal betrachten , 
oder allerhöchstcns zwei Figuren zugleich. Eine 
Gruppe voii" mehr als zwei Personen ist folglich in 
der bildenden Kunst ein Unding, und: il ny a point 
de groupe de Laocoon ^ ou eile ne vaut rien. » 

Jlnmerhing, 

Wie vielstimmiger Satz überhaupt in der Musik 
möglich sei, lässt sich nicht wohl im Allgonicincu bestimmen. 
Marpurg (in s. Geacralbass, III. Th. Y. Abächn.) hat be« 
rechnet, es sei uUenfalls selbst ein 1 33stiminigcr Satz denkbar; 
allein aus dem oben Gesagten lässt sich leicht abnehmen , 
dass solche, freilich an sich nicht undenkbare Vollstim^ 
migkeit, nur höchst selten gut auszuführen ist; nicht ein- 
mal zu gedenken, dass kein menschliches Gehör so viele, sich 
überdies einander unaufhörlich überschreitende und durch» 
kreuzende Stimmen , als besondere Stimmen zu unterscheiden 
▼ermögte. 

Es hat übrigens mit der erwähnten Marpurg^chcu Kalkula- 
tion nicht einmal seine Richtigkeit. Denn , h it man cljiaial 
herausgebracht und verstanden , wie er es meint , und im 5* 



Stimmen, i4i 

II den Druckfehler (c-c statt c-e) beseitigt, so erkcnüt man 
leicht, dass die Grenze von wirklicher Verschiedenheit solcher 
Stimmen nicht allein rein willkürlich angenommen, und bis int 
Kleinliche, Kindische getrieben ht, sondern der sonst haaiw 
scharfe Rechenmeister hat es diesmal auch sogar im Ansätze 
Tenehen, indem er die Harmonienfolge 

c — c 

g — a 

e - f 



Bass C — F 
als diejenige annimmt, in welcher, wegen Gemeinschaftlich* 
keit des Intcrvalles c, die mehresten verschiedenen Stimmen- 
flchritte möglich seien ; denn bei andern Harmonienfolgen« wo* 
rin awci solche gemeinschnfiliche Töne 'liegen, z.B. 

c — c 

g — a 

c — c 



C ^ A 
lassen sich nicht i33, sondern' a57 im Marpurgischen Sinna 
verschiedene Stimmen heraiisrechnen, und hat sich also Rech- 
ner um iq4 Stimmen verrechnet. 



C.) JSintheilung und Jrien der Stimmen^ 

1.) Obere und untere, äussere und Mittel- 

summen. 

S 4. 

^ a.J Begrifibestimraung. 

Man kann die, einen melirstimmigen Satz bilden« 
den Stimmen nach verschiedenen Eintheilungsgriln« 
den verschiedentlich eintheilen. 

In Anscliung der respektivcn Höhe, d.h. 
der höheren Lage einer Stimme vor der anderen , 
nennt man diejenige, welche die Reihe der höchsten 
Töne vorträgt , Oberstimme: die ab^r, welche die 
tiefste Tonreihe angieht, Unterstimme, auch 
Bassstimme, vom italiänischen Worte bassOf tief. 
(Es versteht sich, dass diese nicht eben immer an 
sich sehr tief zu sein hraucht, sondern jede, auch 
an sich nicht sehr tiefe Stimme, welche ober tiefer 



14^ Tonreihen als solche betrachtet. 

ist als die übrigen, Iieisst in dieser Hinsiclit mit 
Hcclit Bassstimfne ; und eben so wenig kommt es 
daroufan, ob sie im sogenannten Bassscblüssel, oder 
in einem anderen Schlüssel gcscbrieben ist) 

Manclie SeLrUtstclIer pflegen die Bass^timme 
nucli Grundstimme zu nennen. Di^se Benennung 
ist aber ungeeignet, wie wir in der Lehre von Grund- 
liarmoniecn und Grundtönen erkennen werden. 

Eine Stimme , • welche etwa'einc, zwiscben der 
liöchstcn und tiefsten liegende Tonreihe vorzutragen 
hat; licisst Mittclstimme, und im Gegensatze der 
Mittelstimmen erhalten die höchste und die tiefste 
zusammen auch den gemeinschalUichen Namen: äus- 
sere Stimmen. 

Oft unterscheidet man die Stimmen^ auch nach 
Zählnamen, und nennt diq Obers timme ; erste^ 
die zweithöchste: zweite, u. s. fort : dritte — 
vierte Stimme. (Hier wird also von oben abw|lrts 
gezahlt, statt dass wir bisher immer aufwärts 
zählten. S XXXIV.) 

Noch eine andere Art, die verschiedenen Stim- 
men nach ihrer respektiven Höhe zu benennen , wer* 
den wir § ^ kennen leruen. 

S 5. 

h.J Zusammentreten und Burclikreuzen der Stimmen« 
Es begicbt sich aber zuweilen, dass eine Stimme ' 
eine andere höhere oder tiefere berührt, ihr auf einer 
und derselben ]Vote begegnet, auf einem und dem« 
selben Tone mit ihr zusammentrifft ; z. B. hier ' 



^=^f^ 



(Vergl. Fig. 5i i.) 



Stimmen. i45 

die MUtelstimme mit der Unterstimmc anf dem Ton F. 
Mehr darüber weiter unten. 

Ja y zuweilen giebt es sich , dass eine Stimme 
sogar einen Augenblick^ber die sousf böhere binaus-^, 
oder unter eine tiefere berabsteigt, und sie so gleicb- 
sam überspringt und ibre Babn durclikreuzt. Z. B. in 
Fig. 52 ij wo beim dritten Viertel die Unter- 
stimme über die beiden oberen binaussteigt, und da- 
dureb gleicbsam einen Augenblick aufbort, Unter- 
stimme zu sein , indem der Satz, wenn man ibn blos 
den Noten naeb betracbtet , , obne den Faden der 
Stimmen zu verfolgen , durcb dies Uebcrsteigen so 
crscbeint, wie bei k, 

■ S 6. 

ej Mehrdeutigkeit 

Solches Uebersteigen bewirkt denn wieder eine 
neue Art von Mehrdeutigkeit, indem es die ,Ord« 
nungfolge der Stimmern gleicbsam durcbeinaiider wirft, 
und das Gebor wenigstens gewissermaa^n in Zweifel 
setzt , ob es diese , oder jene , für eine Ober - , Mit- 
tel - , oder Unterstimme halten soll. 

Welche Partie das Gehör in solchen Zweifelfallen 
jedesmal yorzugweis ergreifen wird , lässt sich nicht 
grade allgemein genau bestimmen. Nur das Itisst 
sich im Allgemeinen bemerken,, dass das Gehör , sei- 
ner Natur nach , gern den Faden der Stimmen ver- 
folgt, und es wird daher beim dritten Viertel des obigen 
Beispiels Fig. 5a ij im Tooe g auch gern die Stimme 
wieder erkennen , welche es von g durch c und e zu 
diesem g aufsteigen hörte.- Noch bestimmter wird es 
diesen Faden verfolgen , je mehr die Melodie der 
solchergestalt aufsteigenden Stimme sieb schon ihrer 



\ 



]44 Tonreihen als solche betrachtet* 

Gestaltung nach vor den anderen auszeicHtiet and 
erkennbar maclit^ wie z. B. bei Ij iro die Unterstimme 
nicht nur durch.die zwischeneingereiheten gescbwin* 
deren JVoten sicli mehr vor den langsamer einher« 
schreitenden oberen Stimmen unterscheidet, sondern 
auch durch eben diese Zwischentöne als ununterbro* 
ebener und auch darum leichter zu yerfolgender Fa- 
den erscheint. 

Noch geringer wird die Zweideutigkeit , wenii 
die übersteigende Unterstimme etwa durch die tiefero 
Oktave (oder die Oberstimme durch eine höhere) Tei^ 
stärkt und kenntlicher bezeichnet ist, wie bei m und tu 

Ferner wird das Verfolgen des Fadens dem Ge* 
hör unter anderem auch dadurch erleichtert ^ wenn 
die Stimmen sich in Ansehung ihres Klanges , ihrer 
Klangfarbe , merklich von einander unterscheiden und 
auszeichnen. Z.B. wenn in dem obigen Beispiele Fig. 
52 i die beiden Oberstimmen zwei Violinen wären ^ 
die Unterstimme aber ein Clarinett, so würde das Ge- 
hör die sich gleichwohl durchkreuzenden Fäden offen- 
bar leichter verfolgen können, als wenn alle drei Stirn» 
men von drei Violinen , oder von drei Clarinetten 
•vorgetragen würden , oder etwa gar von Violinen 
pizzicato, in lauter abgesetzten, nicht als ununterbro* 
ebener Faden ancinandcrhängenden Tönen, odeirgar 
alle drei auf einem und demselben Instrumente^ s«BL 
auf dem Pianoforte , oder der Harfe , u, s. w« 

S 7. 
J.J Karakterische Verschiedenheit von äusseren, und Mittd- 

stimmcn. 
Man kann im Allgemeinen sagen, dass die beides 
Nasseren Stimmen gewöhnlich mehr und bestimmter 
ins Gehör fallen, als eine Mittelstimme , und sirar 



Stimmen, ilfi 

vorzüglich ilie Oberstimmen. Die äasseren sind da«^ 
rum immer mit vorzüglicher Sorgfalt zu behandelD, 



•.) Haupt-, und N^ben - oder begleitende 

Stimmen« 

S a. 

In Ansehung der gross er n,« oder geringeren 
Wichtigkeit einer Stimm e, imVergleicb 
gegen andere, unterscheidet man Haapt-, und 
Nebenstimmen. 

W>enn unter den mehreren Stimmen, Gesängeui 
oder Melodie^n , aus welchen ein Satz besteht , eine 
oder mehre aus irgend einem Grunde sich vor den 
übrigen vorzüglich auszeichnen, vor den anderen 
hervortreten , und dadurch die Aufmerksamkeit des 
Gehöres vorzüglich auf sich ziehen, so legt man einer 
solchen den Titel Hauptstimme, Hauptmelo« 
die, Hauptgesang, bei, und nennt in deren Ge- 
gensatze die übrigen : Nebenstimmen, be- 
gleitende, oder Begleitnngsstimmen. Oft. 
nennt man die Hauptmelodie oder den Hauptgesang 
auch kurzweg: den Gesang, oder die Melodie, 
die Neben - oder begleitenden Stimmen aber : d i% 
Begleitung« 

Der ganze Unterschied zwischen Haupt-, und 
Nebenstimmen ist übrigens an sich selber, wie man 
sieht, nur relativ, und bald sehr merklich , bald 
auch wieder so gering, dass er beinahe verschwindet, 
unddass zuweilen gleichsam alle Stimmen in gleichem, 
oder fast gleichem Grade Hauptstimmen sind, wie 
z. B. in Fig. 53 und 54 v«. 

10 



i4G 



Tonrtihtn ah sotcht betrüchtei. 



S 9. 

Eben darum , weil die Hauptslimmen TonflgKcli 
ins Gebor fallen , Terdiencn sie aucb , dast man sie 
am sorg Jiltigsten ausbildet, und die GeseUe der gü* 
ten Stimmfübrung darin am gewissenbaftcstcn , und 
strenger beobacblet , als in Nebenstimmen, in wcU 
eben Iciteren , aus entgegengesetztem Grunde, klein« 
AbiYeicbungen von der regcirecbten Reinheit dem 
Gebore weniger auffallen, und dcsslialb eher Ter. 
seiblicb sind, als in Hauptstimmen. 

$ 10. 

Ebenfalls wegen dieses bestimmteren Hervortre« 
tens der Hauptstimmen Tor den minder bemerkt wer« 
denden Neb^nstimmen, und wegen des Zurücktretens 
dieser Letzteren binter die Ersteren, ist es denn auch 
nötbig, dafür besorgt zu sein, dass die Haupt« 
stimmen scbon unter sieb allein, und auch ab« 
gesehen von den Nebenstimmen, einen gutea 
Satz bilden, so dass der Satz aucb dann noch gut seia 
würde, wenn die Bcdeitung etwa gar wep;hlicbe. 

leb will dies durcb ein Beispiel erläutern. Weoi 
juan in folgendem Satze 



1 Singsümmtn 



a Fiolinett 



flola und Boss. 



I if. 



^^ 



•'rz^' 



-tS^ 



Vzf» 



^f^ 



-o 



-©• 



■^ 



■p- 



die beiden oberen Stimmen allein , und ohtie d»^ 



Stimmen. «4? 

Übrigen spielt , so ilingt solchei^ zweistimmige Sats ^ 
wie Jeder leicht bemerkt, sebrunbefriedigead; Wollte 
man nun die erwähnten beiden Tonreihen aliein von 
2wei Torzüglicb ins Gehör fallenden Stimmeh vortra« 
gen lassen 9 s. B. von zwei Singstimmen , die untere 
aber blos einem begleitenden Instrument in den Muad 
legen , "^o würde dies keineswegs befriedigen. 

Ein Mehreres über zweckmässige Betiandlung der 
begleitenden Stinimen habe ich in der allgein. Ency« 
Llopädie, im ArtBegleitung, 8 Tbl. S. 349 o. ff 
Torgetragen. 

5.) Sing-, und Instrumentalstimmed« 

S 11. 

In Ansehung der Verschiedeüheit A et 
Klangerzeugangy ist bereits $VII erwähnt , 4aSs 
der Klang , als technisches Material unserer Kunst p 
bald aus der menschlichen Kehle, bald aus Tonwerk* 
ceugen hervorgeht. Auf diese Verschiedenheit grün« 
det sich der Unterschied von Singstimmetti und 
Instrumental stimmen. 

Obgleich hier der Ort nicht sein Jtann, die Lehre 
von den verschiedenen Sing- und Instrumentalstim-* 
men auch nur einigermasen vollständig abzuhandeln^ 
indem diese Lehren eigene Hauptabtheilungen , die 
Lehre von der Singkomposition, Und die Von der In-* 
»trumentation 9 bilden werden , so mag doch folgen-« 
des Wenige im Allgemeinen auch hierher gebären* 

Was das Verhältnis von Singstimmen 
Att Instrumentalstimmen betrifft) so behaupteii 
jene mit Recht immer den Rang vor diesen, so dass^ 



i48 Tonreihen als solche betrachtet 

wenn Sing- nnd Instramentalstimmen susammen- 
wirken 9 letztere doch immer nur alt Begl^itnng 
der ersteren , erstere also in Vergteichung gegen 
letztere immer als Hanptstimmen erscheinen* We» 
nigstens der Natur der Suche nach sollte dies so 
sein, sollte die Instrumentalheglei tnng überall nnr 
als Rahmen um das Bild hehandelt werden« .• Dui 
man In neuesten Zeiten, um etwas recht IVenet sa 
erfinden, Instrumentalkonzerte mit Begleitang ron 
Singstimmen erfunden hat, mdgte man fast« gar si 
neu nennen. 

S 13. 

Von der Beschaffenheit der rerscIiieSe- 
nen Arten von Singstimmen, und derei 
Verhältnis gegeneinander, kann Folgendci 
angeführt werden. 

Die Singstimmen theilen sich, der Natur safolpi 
in Männliche und Weihliche, welchen Letsterea 
auch die der K nahen, so wie auch der Käst rateSf 
gleich ist. Die Stimme der Männer ist , im Dorck- 
tchnitt, grade um eine Oktate tiefer als die der 
weihlichen Kehlen. Man findet indessen sowohl äl- 
ter diesen , als unter jenen , Stimmen yoa Tertchie- 
denem Tonumfange. Es gieht höhere und tiefere 
weihliche , und höhere und tiefere Mannsslimmen. 

Man theilt deshalh die menschlichen Singstimmet 
überhaupt in folgende vier Hauptgattungen eia: 

1.) Hohe Weiher- oder Knaben« oder 
Rastratenstimme: Sopran-, oder I>i8kant< 
atimme. Italiänisch Soprano , Französisch Dessvs» 
Ihr gewöhnlicher Umfang besteht ungefähr atf 
den Tönen von c bis g oder L (Von Solosängerinnei 
oder Sängern , deren Stimmumfang sich , sowohl ii 
der Tiefe , als in der Höhe , oft bedeutend wreiter er* 
streckt , ist hier , so wie bei den folgenden Stimfli* 
gattungen, nicht die Rede.) 

1.) Tiefe weibliche, Kastraten-, oder 
Knaiycnstimme, Altstimme oder auch woU 
Contralt genannt. AUo , Contralto , Hauirc^Conlre^ 
Umfang ungefähr g bis j. 



öunwnen. 149 

S.) Hohe IVIännerstimmey oder Tenor, 
Tenorcj Taille; Umfang c bis g. 

40 Tiefe Mannstimme, oder Bassstimme, 
Basso j la Basse, Basse chantante: G bis J. 

Ausser diesen yier Hauptgattungen findet man 
auch noch einige Mi ttelgattungen oder Unter^i 
arten. Eine Singstimme nämlich, welche nicht 
ganz die Höhe des Soprans, aber auch nicht ganz die 
Tiefe des Altes erreicht, und daher zwischen beideii 
die Mitte hält, heisst, wenn $ie sich,%ibrem Umfang 
und Charakter nach , mehr dem wirklichen Sopran , 
als dem Alte nähert: tiefer Sopran, Halbsopran, 
rnezzo SopranOj Bas-'Dessus: hoher Alt aber, wenn 
sie sich mehr der Altstimme nähert* -*^ Eben so ist 
x;ine Mannsstimme , welche zwischen Tenor und Basa 
liegt, entweder tiefer Tenor, Halbtenor, Mezzo-* 
tenore ; oder hohe Bassstimme, Halbbass; Ba- 
rjton, Ban'tono j je nachdem sie nämlich mehr dem 
wirklichen Tenor, öder mehr der vollen Bassstimme 
nahe kommt. (Vergl. den Art. Barjton in der Encjkl« 
der Wissensch. u. Künste y. Er seh, jt Bd. S. 471« ) 

Den Umfang der vier Haupt -Stimmengattungen 
stellt die Figur 55 in einer Art vca Tabelle vor. Wie 
man sieht, ist die höchste weibliche grade eine Oktave 
höher als die höchste männliche , die tiefste weibliclm 
um eine Oktave höher als die tiefate männliche ; dia 
höchste weibliche um eine Quarte höher als die tiefste 
weibliche , und eben so die höchste männliche von 
der tieilen um eine Quarte verschieden ; die tiefste 
weibliche aber noch um eine Quinte höher als die 
höchste männliche. 

Man sieht ferner, dass die verschiedenen Stirn« 
men mehrere Töne miteinander gemein-- 
8 c h a f 1 1 i c h haben. So sind z. B. die Töne von c 
bis J, der Bass - und der Tenorstimme gemeinschaft- 
lich, die von g bis J ausser diesen beiden auch noch 
der Altstimme; die Tön9 c und J sind sogar in allen vier 
Stimmgattungen vorfindlich, u. s. w. — Ein solcher in 
raehrern Stimmen vorfindlicher Ton klingt jedoch aus 
dem Munde der einen. durchaus nicht grade so, wie 
aus dem der anderen , sondern ist, wenn gleich in 
Ansehung der absoluten Tonhöhe (der Anzahl der 
Schwingongen,) freilich immer derselbe Ton, doch* 



iSo Tonreihen als solche teirachteL 

In Ansehung der Klangfarbe, (S. *4) •«!>' Tert< 
den. Denn s. B. der Ton i ist fftr die Bassstimmc 
höchster Ton, für die Sopran stimme ein tiefster, 
die Tenor- und Altstimme aber ziemlich ein Mittel 
er hat darum bei jeder derselben ^inen andern i 
rakter« 

S ^*' 
Man kann sich endlich nochmerLifrn, cUissderi 
sikalische Sprachgebrauch die Namen derV 
Hauptgattungen von Singstim me n, gleich 
figfiHichy auch auf jeden aus vier Stimmen oestel 
den Instrumentalsatz übertragen und angew 
Jet hat) so dass man uicht selten auch unter i 
Instrumentalstimmen die höchste den Diskant , 
zweite den Alt , die zwei folgenden aber Tenor i 
Bass zu nennen pflegt. In solchem Sinne kSo 
filso z.B. in Fig. 54 9 auch wenn es vier verscbied 
Instrumente wären , oder etwa auch alle Tier T 
l*eihen zusammen auf dem Pianoforte, .oder der Or| 
gespielt würden» die oberste Tonreihe der Sopran^ 
zweite aber der Alt hcissen, u.s.w. 

Alles , was ausserdem noch über die Behaadli 
der verschiedenen Sing- und Instrumentalatinunc 
sowohl im Einzelnen, als in ihrer Verbindung ■ 
einander, zu bemerken ist, gehört in die Lehi 
von der Gesangkomposition, und von Keantaisn 
Benutzung der Instrumente. 



p.) Stimmenzühlunm, 

%.) Eigentliche Begrißfe von Mebrstinunigke 

S 15- 
Bei Bestimmung der Frage , wie Tielstimmig« 
Satz sei y zählt man in der Con^positiosi nur dief 
einander verschiedenen Stimmen, deren jede eis 
ftigenen , von der Melodie aller übrigen TeiiclH 
deinen Gesang hat, oder wie man es nennt: selk) 
ständige Stimmen ; indess zwei oder mebier 



Stimmen* i5t 

welche im Grunde nur einen und denselben Gesang 
hüben, -welche, beide nur eines und dasselbe sagen, 
nur eine und dieselbe Tonreihe singen, auch nur für 
Eine gerechnet werden. 

aj Wenn also z. B. bei AufE|[ihrung einer Sinfonio 
die erste Violinstiitime mit zelien, zwanzig, oder mehr 
Violinisten besetzt ist, so spielen diese alle zusammen 
doch nur Eine Stimme. 

bj Eben so zählt es nicht für eine besondere 
Stimme, wenn etwa z.B. dielPlOten, oder Oboen, die 
Violinstimme im Einklang CaW unisono col violinpj 
mitspielen. Es ist dies nämlich eine blose Verdopp- 
lung des Fadens, woduroh derselbe zwar rerstärkt, und 
gleichsam dicker, aber das Gewebe oder Geflechte 
eigentlich nicht meLf iräthig, der Sat« nicht mehr* 
stimmig wird. 

cj Auch das gilt nur für Eine, wenn zwei Stirn« 
men einen und denselben Gesang, nur aber die eine 
um eine Oktave höher oder tiefer als die andere, mit'« 
einander habeii, z*B. die Flöten eine§ Oktave höhor 
als die Violinen, oder das Fagott um eine Oktave 
tiefer, u. s. w. fall' ottava del vfoHnOj aW oUavA bassa. 
Beispiele siehe Fig. 5a m u. n). Auch dies ist blos 
eine Verstärkung des einen Fadens durch «einen an« 
deren dikercn oder dünneren; die Stimme ist bloi 
in einer höheren oder tieferen Oktave verdoppelt, 
welche Verdopplung aber nicht für eine eigene wei- 
tere Stimme zählt, weil beide im Grunde doch nar 
Eines und Dasselbe singen ; und darum können also 
auch Fig. 5» m u. n der Weseaheit nach nur für drei- 
stimmig gelten. 

d.J Auch gilt es nicht für zwei verschiedene 
Stimmen , wenn die Eine den Gesang der anderen , 



f53 Tonreihen ab soMie beWachieL 

nur etwas rereinfacht, mitspielt , s.& Mos die we» 
•ei^tlicberen Noten , mit Auslassang der Zwische»- 
Boten I wie in Fig. 56, wo das Violon eigentlich nar 
einen Aaszng der Violonccllstimme giebt , oder die 
Violonccllstimme nur eine Yerhrämnng der YioIob* 
stimme. Aach dies ist blos eine Verstärkung des 
einen Fadens durch einen anderen; nor der eine mdv 
gekräuselt; der andere schlichter. 

S 16. 

Nicht aber hört eine Stimme daram auf, eiM 
eigene zu sein ^ wenn sie mit einer anderen einmd 
aaf einen und denselben Ton y in Einklang susaak« 
mentritt , wie in dem bereits Seite 14^ gegebenes 
Beispiele; denn es hat darui:i doch jede der dici 
Stimmen ihren eigenen Gesang ; nämlich : 

Oberstimme b • • • • a . • • • c 

Mittelstimme g • . • . F • . • . ii^^j^ 

Bsssstimme i . • • . 1 .... es^^S Vergl.Fig»51 L 
Keine schreitet mit der andern im Einklänge fi>it| 
keine thut auch nur ein einzigesmal einen und des- 
selben melodischen Schritt wie die andere, obgleich 
die beiden unteren sich einmal auf der einen Note! 
im EinUange begegnen. — • Ein Anderes wSr eS| 
wenn die beiden sich begegnenden Stimmen tsb 
diesem ? aus auch einklangig zu einem und demsd- 
beh folgenden Tone miteinander fortschritten , nsJ 
sohin einen und denselben Stimmensobritt 
snsammen machten , wie in Fig. Si k j 

D.**a..«c 

W0| TOm zweiten zum dritten Akkorde, die beides 



Stimmen, . i55 

nnteren Stimmen j Eine wie die Andere , von f za £ 
schreiten, folglich einen und denselben Mclodieen* 
schritt thuen , eiiierlei melodische Fortschreitungen 
haben , und also aufboren , zwei yerschiedene Melo- 
dicen , verschiedene Stimmen , zu sein. 

So ist auch inFig. Sy der 6te Takt der Singstimmen 
allerdings wirklich vierstimmig, obgleich die beiden 
oberen Singstinimen eiiimal auf Einem Tone zusam- 
mentreffen. Von da an aber , wo eben diese zwei 
Stimmen drei Schritte (von J zu es, von es zu ?, von 
i zu gcs) mit einander machen, kann freilich der Sats 
nicht mehr wirklich vierstimmig heissen« Wollte 
der Tonsetzer vierstimmig bleiben , so musste er un* 
gefciliT so schrieben , wie bei Sy pp. 

S i7. 

Auch dadurch wird ein Satz nicht wenigerstim* 
mig, wenn eine Stimme einmal kurze Zeit lang 
schweigt, (pausirt)* So heisst z. B. Fig. 58 im Gan- 
zen mit Recht vierstimmig , obgleich man , will man 
aufs Einzelne sehen, freilich sagen könnte, ein TUeil 
des ersten Taktes sei nur einstimmig, das erste 
Viertel des zweiten dreistimmig , das' zweite Viertel, 
desselben Taktes zweistimmig, das dritte drei&tim« 
mig , und erst das vierte wirklich vierstimmig. 

Eben so ist in Fig. Sy der Satz der Singstimmen 
in den sechs ersten Takten allerdings wirklich vier- 
stimmig, obgleich der Tonsetzer im fünften Takte 
die Oberstimme eine Zeit lang pausiren , und den 
in den Singstimmen ausgelassenen Ton ces den Beglei« 
tungsstimmen überlässt. 

In Ansehung solchen Pausirens und W^iedereintre- 
tens versteht sich übrigens leicht von selber, dass 



i54 Tonreihen als solche betrachttu 

man den Faden einer Stimme nicht grade sweoUo9 
])uld mitten in einer Phrase abreissen, bald eben S0| 
olme Zweck , plötzlich wieder mehrere Fäden , aU 
bisher,. anknüpfen und wieder anfangen soll , mehr* 
stimmiger zu werden , als man bisher gcvreseen« 



9.) Engere, oder weitere Bedeutung. 

S 18. 

Ausser der bisher entwickelten Beaeatang des 
BegrilFes und Ausdruckes , Mehrstimmigkeit , ge- 
braucht man denselben auch zuweilen bald in einem 
noch weiteren, bald in noch engerem Sinne» 

In einem engeren und höheren Sinnt 
wird der Ausdruck mehrstimmig , oder polypho* 
nisch, nur von solchen Sätzen gebraucht « worin 
jede Stimme nicht blos ihren eigenen, Ton den übri« 
gen verschiedenen , selbständigen Gesang hat ^ son- 
dern wo der Gesang einer jeden auch so ausgebildet 
ist, dass nicht irgend eine ausschliessend begünstigte 
die Aufmerksamkeit (iherwicgend an sich zieht , und 
die übrigen , nichts Bedeutendes zu sagen habenden 
Nebenstimmen ($ 8] blose Begleiter -Bolen zu spie* 
len haben , sondern alle in gleichem , oder doeh fast 
gleichem Grade , Hauptstimmen sind* Vcrgl. Fig. S^ 
i gegen k. 

Auf der anderen Seite nimmt man es, bei Zäh«^ 
hing der Stimmen , zuweilen auch wieder weniger 
genau, und zählt nicht blos diejenigen, welche ihre 
eigene Melodie haben, sondern sieht nur darauf, wie 
wiele Particen überhaupt bei dem Tonstuckc im Gän- 
sen beschäftigt sind; und in solchem weiteren und 



Stimmen» i55 

nneigentiiclieren Sinne nennt man x. B. eine Sinfonie 
swölfstimmig , welche etwa für erste nnd sweile^ 
Violine y Viola , Bässe, eine Fldtet' zwei Oboen, 
zwei Fagotte , zwei Trompeten und Pauke y nlso für 
zwölf Purtieen j geschrieben ist , wenn gleich viel« 
leicht keine einzige Stelle darin vorkommt, welche 
wirklich so vielstimmig wäre , als der Name besagt* 
Hier, wo man blos nach der Besetzung zählt, 
werden also mehrere Stimmen , welche in Ansehung 
des Satzes eigen tlicfh nur für Eine gelten sollten, 
doch iür mehrere gezählt. 

S ao. 

Wieder in einem anderen Sinae unei» 
gentlich ist es , dass man einem mit Ins trumen* 
ten begleiteten TonstückOi worin ywei , drei, viet| 
fünf, sechs u. s. w. Singstimmen beschäftigt sind, 
blos nach der Zahl der Singstimmen, denNament 
Duett, Terzett, Quartett, Quintett, Sextett 
(SesteltoJ , Septett fS^UettoJ u. s. w. zu geben pflegt , 
ohne Kücksicht, wie viele, vielleicht doch auch we- 
nentliche, Instrum^nt^Ustimmen »«saerdem dabei 
thätig sind« 



«ta 



0.) Mehrstimmigkeit durch Brechung 

^J Begriff und ArteiK 

S 21- 
Et kann aber auch eine Stimme zuweilen auf eine 
eigene Weise so geführt werden , dass sie gewisser- 
mascn mehrere Stimmen vorstellt , indem sie is 
abwechselnd bald ein Stück der Melodie der e 
bald eines der Anderen # also die mehreren Stimm« 



i56 Tonreihen als solche beirachteL 

gleiclisam in Stückchen serbröckelti gebrochen , 
liöreii lästtty and auf diese Art das Gehör^ in derBewe» 
gung dieser Einen, gewissermasen den Gang meh- 
re r Ter«chiedener Stimmen erkennen kann. 
In dem dreistimmigen Beispiele Fig. 5g i erklingen 
allemal drei Töne zu gleicher Zeit, nämlich: 
Oberste Tonreihe c...K...a...g 
mittlere — *- g...F...e...J 
untere — -^ e...J...c.*«li 
Es ist nun freilich unmöglich y dass Eine Stimne 
diesen dreistimmigen Satz so ausführe j wie er hier 
bei I steht , weil sie unmöglich alle drei Tonreihen 
zugleich angeben kann; in Brechungsform aber 
kann sie es, indem sie sich so bewegt, wie bei k öder 
n> o j Pj q; und indem sie so bei jedem Akkorde 
die Töne aller drei Stimmen, einen um den andereOi 
gehrochen anschlägt, erweckt sie in dem Zuhörer 
die, gleichsam gleichzeitige Vorstellung, das gebro» 
chenc Bild , dreier Stimmen , und der Fortschreitung 
jeder einzelnen derselben ; Das Gehör kann sich Fig.A 
gleichsam so %'orstellen , als ob die eine immer einen 
Augenblick pausire, indess die andere ihren Ton 
angiebt, wie bei l, oder auch als träte eine naeb 
der anderen so ein, wie bei m. 

Eben so kann man das Beispiel 60 i, welches dem 
Ansehen nach nur zweistimmig ist, doch in gewissem, 
Sinn als dreistimmig wie bei k, betrachten , indem 
bei jenem Eine Unterstimme die Töne der beiden Dn- 
terstimmen von h angiebt , und auf diese Art die 
Dienste yon zwei Stimmen versieht, deren Töne nua 
in ihr vereinigt, entdeckt. Auch hier kann man sieb 
die Vorstellung machen , als ob die eine Unterstimme 
von k immer pausire ^ indess die andere ihren Toa 



Stimmen. iSj 

i 

\ 

angiebt , nnd nmgelelirt , wie bei /> oder so y als 
tchlagen beide ihre Töne abwechselod wiederholte- 
jnal so an ^ wie bei m^ Die zwei Töne ? nnd ä der 
awei Unterstimmen bei k sind bei i gleichsam in 
kleine Stückchen zerbröckelt , gebrochen , und Einer 
in Mund gelegt : statt zweier unteren Stimmen, welche 
bei k auf den Tönen ä und f einen halben Takt lang 
ruhig liegen bleiben j hört man bei i Eine , welche 
eich von ä zu f hin und her bewegt* Diese j indem 
sie durch solche Bewegung, gleichsam figürlich oder 
sinnbildlich, mehrere Stimmen vorbildet, unter dem 
Gewände Einer , uns mehrere ahnen lässt , versieht 
dadurch in gewissem Sinne den Dienst von zweien , 
indem sie allein leistet , was sonst nur ein Verein 
mehrer zu leisten vermag. 

Man kann ein solches Vorspiegeln mehrer Stim- 
men durch Eine, mit Recht stimmige Brechung 
nennen , und die mehren Stimmen , welche durch 
Eine vorgesellt werden , die gebrochenen Stim- 
men, im Gegensatz derselben aber4ie, welche die 
Töne mehrer Stimmen gebrochen vorträgt : die 
brechende. 

Stimmige Brechung ist sonach diejenige Art eine 
Stimme zu führen , wodurch dieselbe mehrere Stim- 
men vorstellt, oder gleichsam die Stelle mehrer 
vertritt; es ist, wenn man so sagen will, eine solche 
Führung einer Melodie, dass sie als Harmonie be- 
trachtet werden kann : Harmonie im Gewände von 
Melodie. 

S 22. 

Solche stimmige Brechungen können übrigens 
unter unzählbar verschiedenen Gestalten 
vorkommen, wobei denn die^ unter dem Gewan^A 



i58 Tonreihen ah solche betrachieti 

Einer Stimme ertöQendeti mehreren, bald b etil mm» 
ter, bald weniger bestimmt, als mebrere be* 
sondere Stimmen hervortreten. MTir wollen 
von solchen verschiedenartigen Formen wenigstens 
noch einige Beispiele hersetzen. 

Ganz vorzüglich leicht erkennbar ist die stimmigo 
Brechung in Gestalten der Art, welche man unter dem 
TU 'dmen /frpeggioj oder ^rpeggiatura, d.b. harfeniiiäiigi<« 
ges Anschlagen der Akkorde kennt, z.B. Fig. 6i i, wo die 
sämmtlichen Sechszehentelnoten sichtbarlich nicbtl 
anderes sind , als die hei b ersichtlichen Akkorde » 
in kleine Noten zerbröckelt, und die ganze Sechs« 
sehentelfigur offenbar gar nicht dazu bestinunt ist, 
als Schweifung der Melodie Einer Stimme, als eigent» 
liehe melodische Figur , zu gelten , sondern fDit 
ein gebrochenes Anschlagen einer mehrstimmigen 
Akkordenfolge. 

Ehen so erkennt man in 62 / leicht eine Bre« 
chung des vierstimmigen Satzes bei k^ oder auch 
wohl des funfstimmigen bei /. 

Ehen so stellt der scheinbar nui* zweistimmige 
Satz Fig. 65 I doch einen vierstimmigen vor, wie 
bei k , wonicht einen fünfstimmigen wie bei iL 

Auf gleiche ^rt ist der dreistimmige Satz 64 ** bei 
k und Ij in gebrochener Gestalt, in nur zwei Stim« 
men eingekleidet 

Auf ähnliche Art ist das Beispiel 65 i als drei« 
stimmig zu betrachten wie bei k. Eben so kann 
Fig. 66 { als zweistimmig wie bei k gelten, Fig. 67 i 
als Brechung von kj Fig. 68 i als Brechung von k^ 
Fig. 69 1, k, Ij m als Brechung von n, Fig 70 i von k 
und Fig. 711 von k oder L 



Stimmern .« iÜg 

5 23. 

Al)er auch ohne grade mehrere Melödieen in 
Einer Stimme vorzustellen , kunn miin die VorsteU 
hing von Zusammenklängen, z. B. des Akkordes 
[£ J f] Fig. 72 I dadurch erwecken, dass man diese 
Intervalle nacheinander anschlägt , wie bei k oder / 
u. dgl. Eben so kann man das Gehör die in Fig. 75 t er« 
sichlllclien Zusammenklange empfinden machen , das 
man Eine Stimme die Bestandtheile derselben nadh-^ 
einander durchlaufen lüsst, wie bei k. Auf ähnliche 
Art erweckt Fig. 74 i die Vorstellung von ä, Fig. 
75 i die von k : wir emp*finden aber in all diesea 
Beispielen nicht grade mehrere Melödieen mehrer 
Stimmen. 

Diese letztere Art von Brechung, welche nur 
Zusammenklange als solche, nicht aber auch sogar 
den Gang mehrer einzelnen Stimmen vorspiegelt , 
wollen wir, im Gegensatze der stimmigen Bre« 
cliung, blos harmonische, oder gemeine Bre- 
chung nennen. 

S 24- 

In den bisherigen Beispielen lag die Brechung 

überall ziemlich deutlich vor Augen, so dass man bei 
manchen Figuren leicht errathen konnte, dass sie 
nicht sowohl als Melodie, als vielmehr als gebrochenes 
Anschlagen von Harmonieen , oder gar von mehren 
gleichzeitigen Melödieen mehrstimmiger Satze daste- 
hen. In anderen Fallen aber kann dies auch Ivicder 
viel weniger deutlich sein. So wtlres z.B. in Fig. 72 i 
im Grunde kaum der Mühe werth, und wenigstens 
gar nicht sehr nahe liegend , sondern ziemlich weit 
hergeholt, es als stimmige Brechung von k an- 
^.usehcn ; Eben so empfinden wir bei dem Satze 75 k 



i6o Tonreii^en ab solche betrachietm 

fiberuU doch nur Eine Stimme^ and.es ftllt iuit nicbl 
leicht ein , ihn uns so yorzustellen , als «ei er, etwa 
wie hei f ^ im ersten Takte fünfstimmig , im sweiten 
sehen stimmig, im dritten drei- und ftlnfstiminigy im 
Tierten vier- und einstimmig , und als bewege sich 
die Oberstimme von c zu g^ von da zu, e, c, f iiiidc> 
und die (ihrigen Stimmen, wer weiss wie; — oder 
als sei Fig. yS i mehrstimmig wie bei A; Eben so könnte 
man freilich in Fig. 76 £ die Unterstinune in der 
zweiten Hallte des ersten Taktes allenfalls als stinH 
mige Brechung von kj und den Satz also, diesen 
halben Takt hindurch , als gewissermasen sechsstim» 
mig) sonst aber überall nur als zweistimmig , ansa- 
hen ; allein es ist am Ende kaum der Mühe werth^ 
hier yon Mehrstimmigkeit durch Brechung zu spreclieik 

b,J Mehrdeutigkeit. 

S 25. 

Eben weil eine brechende Stimme gewissermasen * 
als mehrere Stimmen betrachtet werden kann, so 
liegt in solcher Art von Stimmenfuhriing auch wieder 
eine Art Ton Mehrdeutigkeit, indem eine solche 
Stimme, je nachdem man sie aus dem einen ,' oder 
aus dem andern Gesichtspunkt ansehen will, bald als 
Eine , bald auch als mehrere Stimmen , erscheint. 

Für's Erste hat nämlich das Gehör gleichsam 
die Wahl , ob es sich unter einer solchen Stimme 
mehrere , oder ob es sich dieselbe als eine einzige 
denken will. Eine Wahl , welche ihm , wie wir be- 
reits S. i58 bemerkten , bald schwer, bald leichter 
wird, weil die, unter dem Gewand einer einzigen 
Terborgenen mehreren , zuweilen sehr deutlich und 
erkennbar als mehrere Stimmen in die Augen , oder 



Stimmen. i6i 

vielmelir ins Gehör fallen , indest man in anderen 
Fällen nicht recht bestimmt sa sagen vermfigii 9b 
man die Bewegung einer Stimme mehr als stimmig« 
Brechung mehrer , oder mehr nur als eine eiiuigi 

empGnde. 

$ 26. 

Zweitens aber ist eine solche Stimme ^ wen» 
man sie auch bestimmt als eine Brechung mehrer 
empfindet, alsdann grade darum erst wieder 'in einem 
anderweiten Sinne mehrdeutig | indem alsdann im 
derselben zweierlei verschiedene melodische Fort« 
scbreitungen verborgen liegen , nämlich 1.) die Ufi» 
lodie der brechenden Stimme, und 2.) die Melodieea 
der gebrochenen Stimmen. Z« B. in dem Satze Fig« 
67 i , liegen zwei gebrochene , deren Untere von c 
(zwar nicht unmittelbar, sondern unterbrochen durch 
das c der Oberstimme , ) zu b , und von diesem h 
eben so zu g fortschreitet, indess die Oberstimme auf 
ähnliche Art von e zu J, und von da zu? schreitet ^ 
wie Fig. / zeigt. Man kann diese Fortschreitung der ge- 
brochenen Stimmen die untorbrodhene oder ge^ 
brochene Fortschreitung nennen« — Wiesehr 
man sich aber diese gebrochene Fortschreitung auch 
als wirklich denken mag, so bleibt es am Ende doch 
immer wahr, dass die brechende Stimme, ttn und 
für sich selbst betrachet , nicht diese ^ sondern ein^ 
andere Fortschreitung hat , indem sie von c unmit* 
telbar zu e> von diesem S wieder aeu h und von. da 
xu et schreitet , u. s. w. Diese zweite Art von Fort- 
schreitung , (welche in Fig. 67 m durch die schroff 
auf- und abwärts gehenden Striche angedeutet ist,) 
kann man die anmittelbare .oder wirklicht 
Fortschreitung der Stimme nennen. 

II 



ifl» Tonreihen ah MoUhe betrachtet. 

Diese beiden , so za sagen gleicbseitig nebeiieia« 
•nder bestebendcn y verscbiedenen Forts chreitUBgeB, 
belebe bei 67 n beisammen angedeutet sind, enipfindd 
unser Geliör zugleich 9 wiewohl freilich oft die. eint 
sehr vorwaltend vor den anderen. 

In dem eben angeführten Beispiele , wo die Stirn« 
migkeit sehr in die Augen fs&llt , achtet das Gebor 
mehr auf die gebrochene Fortschreitung, indess es ia 
Fig. 7a bei k und / kaum eine Brechang ahnet, 
und also auch kaum Fortschreitungeti gebrochener 
Stimmen , sondern mehr nur die unmittelliare Fort« 
schreitung der Einen empfindet. 

S 27. 
Weil nun bei einer brechenden Stimme swel Tcr- 
schiedcne Arien von Fortschreitung zugleich statt 
linden, so müsste eine solche Stimme auch eigent- 
lich so geführt werden, dass beide Arten ron Fort« 
scbreilung regelrecht , die Führung also in beiden 
Hinsichten gut und flicsscnd sei. Es ist indessen 
auch hiureichend, wenn sie nur in Einer von beiden 

■ 

Hinsichten richtig gefülirt ist, und zwar vorzfiglich 
in derjenigen Hinsicht, welche das Gehör vorwaltend 
empßndet; und dies um so mehr, je entschiedener 
die eine Hinsicht vor der andern vorwaltet. 



K.) Karakterische ferjchiedenheit dtt M^hr^» 
oder H^eni ^stimmigen Salzet» 

Der karakterische Unterschied zwischen dem we« 

« 

nigstimmigcn, und mehrstimmigen Satze besteht haupt- 
süchlich in Folgendem. 



Stimmen^ %fff 

i.) Der Tielstimmige ist überhaupt ToUtöniger^ 
und klin^ breiter und reicher 5 als der weBi^tiiu^ 
mlge. (Yergl. die Lehre yon Verdoppelung, und 
Auslassung der Interralle«) 

Ebendarum ist zuweilen ein irechselweises AbliV» 
sen mehrstimmiger^ und weuigstimmiger Sitse YOn so 
Torzüglich reizender Wirkung. 0£t lassen sich da- 
durch sehr glückliche Kontraste heryorbringen | oder 
auch stufenweise Steigerungen , indem man eine 
Stelle zuerst etwa nur ein *, oder zweistimmig fadren» 
dann aber dreistimmig , und demnftcbst vierstimmig 
wiederkehren lässt z. B« Fig, 77. (Vgi.S.i53 Fig«jf4*') 

7.,) Eine andere wesentliche Verschiedenheit de* 
mehrstimmigen Satzes vom wenigstimmigen liegt da- 
rin , (lass in dem, aus nur wenigen Fäden bestehen- 
den Geflechte des letzteren , das Gehör leicht dea 
Gesang jeder einzelnen Stimmen zu unterscheiden ver^ 
mag ; bei dem vielstimmigen hingegen hat es mehr^ 
Mühe , jede der vielen zugleich ertönenden Stimmen 
zu vernehmen , die Fortschreitung einer jeden der* 
selben zu erkennen ^ den Faden ihrer Melodie tU' 
verfolgen. (Vergl. S. i4o.) ' , • 

Eben aus diesem letzteren Umstände folgt auck| 
class im vielstimibigen Satze geringe Abweichungen 
von den strengen Gesetzen der Stimmenf&brung 
leichter unbemerkt vorübergehen , als im wenigstiikhr 
migen ; dass man also bei wenigen Stimmen in der 
Führung derselben noch sorgßütiger.sein muss , als 
bei vielen. 

Und eben von der erwähnten Scliwierigkeit , den 
Faden mehrer Stimmen zu verfolgen , rühr| es denn 
auch her , dass unser Ohr erst durch üebung 
und Kunstausbildung , nach und nach geschickt 
wird, eine grössere Anzahl ineinander verschlungener 



i&i Tonreihen ah tolche beirachiee. 

StimmeiuBiit Leichtigkeit za erkennen nndin miter» 
fcUiden^ deren Vcrscblingung und Bedeutung einem 
minder gebildeten Hörer unverständlich bleibt, qnd 
unbegrifTen vorübergeht; weshalb denn miisikalitc& 
ungebildete Hörer an künstlich polipboniscb (5 i8) 
g^iirbeitcten Musikstücken gewöhnlich so wenig Ge- 
fallen finden^ und sehr gearbeitete Sfilse selbst 
Gebildeteren oft erst nach mehrmaligem Anboren 
vollkommen verstündlich werden, und vielleicht dann 
erst wirklichen Kunstgenuss gewähren. 

■ 

S') Wenige , z. B. nur drei Stimmen , kann mani 
je nach Belielien , sehr eng beisammen , oder weit 
von einander entfernt, halten, (Vergi. die Lehre von 
enger, und zerstreuter Harmonie) und also aacb nach 
SelLeben entweder Stimmen von sehr ähnlichem oder 
gleioltem. Tonumfange , wählen, wie Fig. 78 i oder 
k, oder aber von verschiedenem Umfunge, .wie 
hei L Im letzten Falle erscheint das harmonische. 
Gewebe zwar breit , doch etwas düi^n und mager; 
im ersten Falle hingegen zwar schmal , aber dicht 
nnd gedrängt. — Beim vielstimmigen Satze hingegen ist 
jene willkürliche Wahl, eoger oder zcrstreiiter Lagei 
viel beschrankter; das vielstimmige Gewebe neig^ 
sich s.chon seiner Natur nach immqr mehr zur Breitet* 
und fällt dabei dennoch dichter und gedrängter am» 
als das wenigerstimmige. 

Eben aus diesem letzteren Umstände folgt denn 
auch, dass im vielstimmigen Satze die vielen sls0 
dicht aneinander gedrängten Stimmen sich notliwen« 
dig häuiigfir begegnen und durchkreuzen (Seite i4)) 
müssen, als im wenigerstimmigon. 

4-) Der vielstimmige bat ferner das Eigene/ 
dass er uns, wie wir sehen werden, nicht selteo in 



> Stimmeiu - <65 

einige Vcrlegenlieit fietzt> so fiele Stimmen «äntini« 
Heb gut zu l>e8ciiaftigcn ,. indem es niqkt immer 
thunlieh ist, so Tiele Meboilieen zu enfinden., und in 
Ein harmonis lies Guwebe ziif:9Dti}inden\- deren. .|edo 
Yon allen anderi'n wissentlich verschieden, und doch 
alle mil den Gesetzen fg'uter Melodie übereinstim- 
mend waren. Schon Ifiuf bis- SPC-« wi'ScnlliclL von 
einander verschiedene, und docli sUmnitlicb gut ge- 
führte Stimmen , sind ftelten genug zusarhmeh za 
bringen; noch schwerer eine noch ^^siere' AtiBsdU. 

Dagegen bringt uns der wenigstimmige Saitz znwfi«^, 
len in die entgegengesetzte Verlegenheit,. mit.SQ we* 
nigen Stimmen auszukommen, atis so wenigem -Stofle 
doch etwas Voilständices zusammenzusetzen. 



II. ■.-■ ■, s ■ 



$ J9. 

Der Tterstimmige SatSB hat den Vorzug, dati 
^r, zwischen dem Zuviel und Zt^wenig/ grad<^ die 
Mitte hält , weder zu viele Verdoppelungen , noeh fü: 
tieie Auslassungen nötliig macht, dass er^ ,'we3erj 
aus Armuth ua gehöriger Anzahl von Stimmen , ma» 
ger klingti noch, diircli all zu vieje^ \^ä Von'urif 
ununterscheidbar wird, dass er uns weder in die 
Verlegenheit setzt, mit Isu l^ei^i'gem «^usliömimen zu, 
müssen, mch in die entgegengesetzte!" so viele Stkn-»'' 
tuen säxnmtUch gut.iu beschuftigen.. Der vierstiia«. 
mige Satz gilt daher mit Recht gewissermasen ito' 
den schönsten, edelsten uqd wohlkUngeodslen. ,. . : 

Auch ist der grösste Theil unserer Tonstücke i^' 
seinen wesentlichsten Theilen vierstimmig. Darum 
sind denn auch z.B. in unsern Orchestern , die Sai* 
ten- oder Bogen instrumcnte gleichsam schon Ein 
für allemal, in vier Hauptpartieeh abgetheitt, (in 
die erste Violinstimme, die Zweite, die Violastimme^ 
und die der Violone und Violencelle , welche 
vier Stimmen zusammen man das Quartett der 
Saiten- oder Bogeninstrumen te, oder kurz- 
weg das Saiten-, . oder Bogenquartett , oder 



sCß Tonreihen ais ioUhe beirachtee. 

aocli -wobl schlecbtliiii Dar das Quartett, sa mih 
nen pflegt ;) und eben dem ▼ieFBtimnii||eii Satse enin 
•pricbt ancb die 5 i4 erwftbnte Ein thcuang der Sing* 
fltimmen in Tier Hauptgattungen. 

$ 30. 

Der dreistimmige Sats fTriciniumJ bat dai 
Eigene, dass es in diesem am leicbtesten iat, tecb» 
niscbe Febler der Fübrnng an Termeidea. 
Damm ist er derjenige , in welcbem Afifknger iick 
am iüglicbsten zuerst rersucben« . 

Anmerkung. 

tfit alten Tonlebrer Hessen ihre Sehuler fast durcbgingiil 
mit dem zweistimniigen Satse anfangen, welchen, tie als.dea 
einfacheren, und folglich leichteren ansahen, und f^eam 
Yon diesem zum dreistimmigen, dann zum Tier- und mehrstuh 
migen, als den mehr zusammengesetzten, und deshalb achwic- 
rigeren über. Auch manche Neuere befolgen diesen 6äb^ 
Andere hingegen lassen ihre Zöglinge mit vier Stiquaea an* 
fangen, und gehen, in umgeiehrter Richtung, in inuncr «t- 
nigeren, bis zum nur zweistimmigen Satze über,, welchen Hm 
als einen concentrirten Extract ansehen, welchen au fnadwa» 
noch nichts für Anfinger sei, z.B. Vogler, -* Kirabaifcr 
I. Bd. S. 174* 

Letzteres ist freilich wahr. Allerdings ist es acbweri ait 
nur zwei Stimmen , wo man immer nur zwei TOn^ mgUiii^ 
huren lassen kann , und daher von jedem Druklanfa waalf* 
•tens Ein Intenrall, von jedem Vierklang aber zweie amliiiia 
mass, also nie eine vollständige Harmonie haben kann, dsck 
Etwas zu machen , und die Stimmen so zn föhiea t daM 
keine Intervalle ausbleiben , welche nicht , oder nicht ftf- 
lich , ausbleiben dürfen ; und aus dieser Ursache mOgte idi 
allerdings keinen Schüler mit dem zweistimmigen Satze an* 
fangen lassen. ' Beim dreistimmigen fallen jene Schwien^Lcitea 
weg , da man mit drei Stimmen die Dreiklänge aseiat gaas 
vollstängig, die Vierklänge aber mit Auslassung .nur Eines In* 
terraUcs, erhalten kanh. — Noch vollständiger ist swar AUn 
im vierstimmigen Satze zu haben ; allein hier findet der Aa* 
langer, statt der wenigen im dreistmimigett Satz^ nMliifia 
Auslassungen, mit weit häufigeren Verdoppelungen su kinp- 
fen, welche, so wie überhaupt die schon beträchtUcbe An- 
zahl von vier Stimmen, den Ungeübten schon zu Ternnt 
machen. Es geht ihm, wenn ich ein so prosaisches Gleichaii 
gebrauchen d.irf, wie einem angehenden Kutscher, welcher 
;;leich anfangen sollte , mit vier Pferden zu kutschiren : gewiit 



■\' 



Slbnmetu *• . . i* . »Sj 



wird ihm (Ter erste Versuch' treit' besser mit zwei Pferden fc- 
linsen, da es offenbar Jeichter ist, venige Pferde zu bündi- 
gen, gehörig zu lenken, und Ton AbwegcYi äbziihalteii, alt 
viele, obgleich ein Gciibter freilich mit Tier Pfcrdca üciu 

auszurichten Termag, als nut nur zweien. 

• ' ■ _ " _ « ■ ■ * • 

S 31. '^ 

Der zweistimmige Satz CBiciniumJ isf^ sein^ 
Jfatur nach, freilicli 'etwas arm , aber, eben um sei-^ 
ner Einfachheit willen, doch fiuch in mancher Hin- 
sicht mit grosser Wirkung zu gehf aücliCii , zumal aK*- 
wcchselndund kontrastirend mit anderen Vollstimm)- 
geren Sätzen. 

Manches auf seine Eigenthüihliclikeit *bezieh]icTi6 
geht übrigens schon aus den Befrachtungen der TÖr^ 
hergehenden Paragraphen herVor.' 

Jlnmerkuttg. 

Eine wunderliche Regel ibuss ich hier ' erlrähäen , welche 
die gelehrten Herren aufgestellt haben ,. iin4 4ie ,4* hei^t;: 
ein rechtschaffener zweistimmiger Satz mässe so beschauen 
sein, dass sich keine weitere Stiinmfe mehr daztl tetzeA laäitf. 
Diese wunderliche Anfoderung liegt ebci^;fO wenig in der Ka* 
tur der Sache, als sich ein Grund dafi'ir anführen lässt: und 
doch findet man sie in den gelehrtesten Auetotfen im 'iN»ll«ft 
Eruitte aufgestellt, (z.B. Kirnb erger. L Bti^.Su 1^ v.; a, n»^ 
Es ist im Grunde kaum die MlUie werth, ein "Beispiel zu Wi- 
derlegung einer solchen Re;^el anzuflihren. - - D«^ !w4IkI nmlii 
s. R. den in Fig. 77 i vorgestellten jSat^^ wohl i^t cht Tur cipe« 
schlechten zweistimmigen Satz erkennen, obgleich sich,' ^1^ 
Fig. ' 77 h und / zeigen, zwei iStiiÄmeft<: ganz. wohL .diuui 
setzen lassen; Eben so erscheinen ja auc^ in Jisder FUigc an- 
fangs fiicinicn, welche hernach mit einer oder inehreni sumaien 
bereichert 'wiederkehren, a< a.w. .. \ . . *c ;.:;! 

Jene Regel, so ; wie sie. gegeben zu werdei| pflegt, hält also 
offenbar nicht die Probe. Wollten aber die EHliider «Jlerttelr 
ben nur so viel damit sagen: yeict zweistimmige Satz ^iMf 
so beschaffen sein, dass er., U9 gut za sein, nicht erst des 
Beitrittes einer dritten Stimme 'bcdüfie , so sagt ftölc^'i 
Regel wohl nichts, was sich nicht anok «föb: sf^ibst lr««ft«i|den 
haben würde, nämlich: dass ein zweiltin^m((er S»ti als iwci;- 
itimmiger Satz gut sein müsse. 



■ i . . .' 



l68 Tonreihen tJs'solctu beiräckiU 

Eine ganz eigene Gattung bildet j^ ein st im« 
inige Satz, zu welchem nicbt nur diejenigen Ton* 
Stücke oder einzelnen Stellen gehören , welche nur 
für eine einzige Partie geschrieben sind , sondern 
such die 5 wo sämmtliche Stimmen in höheren oder 
tieferen Oktaven miteinander einberschreiten. (S.*i5k} 

In solch einstimmigem Satz ertönt also gar keine 
wirkliche Harmonie (sofern man darunter nur ein 
Urirklich, gleichzeitiges Erklingen mehrer Töne Ter* 
steht j ) indem nie mehre verschiedene Töne wiik* 
lieb zugleich gehört werden. Allein es ist dsmis 
doch gar nicht unthunlich, auch im Einstimmigel 
Satze das Gehör Harmonicen und Harmoniefolgea 
empfinden zu lassen ; denn tlieils kann, wie wir scholl 
oben S. i56 gesehen, auch Eine stimme allein Harmo- 
nien abspiegeln , theils kann ein musikalisches Ge* 
hör, sei es von Natur aus, sei es aus Gewohnheit | 
schon an und für sich nicht leicht eine Melodie 
hören, ohne sich eine passende Harmonie das« sa 
denken; und so ist also der einstimmige Sati in 
der That keineswegs ausschlieslich melodisch , son- 
dern in gewissem Sinne wirklich harmonisch^ oligleick 
freilich in Hinsicht auf Harmonie immer Mrmer und 
beschränkter | als der mehrstimmige. Er ist saweir 
len vorzüglich charakteristisch , und selbst krSftig 
imponirend durch seine Einfachheit Man bringt 
daher, nicht allein auch in sonst vielstimmig geseti« 
ten Tonstücken , oft einzelne blos einstimmige Stel- 
len an , ( wie z. B. in Fig. 79 ,) sondern man setzt 
auch wohl einmal e»n ganzes Tonstück blos einstimmig 
So ist z.B. in SalierCs Oper PtUm^Ta, der ganze 
Marsch des Scythischcn Prinzen durchaus einstimmig 



Stimmen, 169 

gesetzt; und eben so sind in meinem Leier and 
Schwert, in Th. Körners Morgenlied der 
f^reien, alle Singstimmen, und mit ihnen änch dio 
gesammte aas drei Posaunen bestehende Begleitung | 
ganz nur im Einklänge gehalten. 



T.) P a r t i t u r. 

$33. 

D^ mehreren Stimmen y welche tusammen «ineni 
musikalischen Satz bilden , werden entweder nur auf 
möglichst wenige JVotenzeilen zusammen geschrieben^ 
wie wir z.B. in den bisher angeführten JVotens.ätz* 
chen, um Raum zu sparen, oft zwei, drei und mehr^ 
Stimmen auf Eine Zeile zusammengedjrängt haben ; — ^ 
oder aber man widmet einer jeden,, oder doph fafif 
einer jeden, eine eigene Zeile, so dass die mehrej^ 
Stimmen auf eben, oder doch fast eben so viele.» 
eigene Zeilen, yertheilt sind. Diese letztere Schreib-s 
art nennt man partiturmässig, und die Schri(lt| 
in welcher ein Tonstück also geschrieben ist, eine 
Partitur, oder Sparte (von Partire oder Spartire, 
Vertheileh , Trennen , Absondern}' Partitüfäy 'Parti^ 
zione , Spartizione. (J XXIV.) 

Man pflegt die mehreren, Notenzeilen , aufweiche 
die ein Tonstück bildende^, Stimmen untereinander 
geschrieben sind, durch Voranzeichnung einer -Art 
V9n KJammer: i, zusammen zu ^binden. Dieso 
.^lammer nennt man Akkplade, unter welchem. 
IVamen mafi dann auch wohl die mehreren zusammen 
gebundenen Liniensisteme selber versteht. . 

Ueber die Art, wie eihe Partitur am zweckmäs- 
«igsten einzurichten, und insbesondere über die Ord^ 



I7Q Tonreihen alt sokhe beirAchtA 

Bung 9 in welcher yerseliiedenartige Stimmen auf iiä 
'Verschiedenen Zeilen sa vertheilen sind, soll in 'der 
Folge (wahrscheinlich bei der Lehre Ton der Instm- 
mentirung), Vgl. J-X, S. 20,) weiter gesprochen werdeQ. 
Wie eine wohlgesfalte Klammer tu Terfertioea, 
steht zu lesen im Artikel Accolade der neuen £a» 
cjUopädie d» W. u. K. 



II.) Verschiedene Arten voriStimmenhewegimg* 

JNachdem wir bisher die Tferschiedenen Arten toa 
Stimmen kennen , die mehren zu einem Satse züsifn^ 
men wirkenden Stimmen unterscheiden gelerntyfthit 
uns die Ordnung des Vortrages tur Beaclitang dar 
Terschiedenen Art, wie Stimmen sich bewegen könnea* 
Auch hier finden, je nach Verschiedenheit desEia- 
theilgrundes , rerschiedene Eintheilungen Ton Stün- 
menbewegung statt, welche wir jetso durckgeheBf 
nnd über den Werth oder Unwerth einer jeden Gat- 
tung au und für sich selbst, dasjenige sagen wollen f 
was sich im Allgemeinen davon sagen lässt. 



A«} B#w«5aR5 eiftsr fiXr sich 4/Zcin 5«<r«^Afil«f 

Stimme, 

S 31. 

t.) Lkngttm«, tind schnelle Bewegung. 

In der Zeit, oder der Zeit nach betraclK 
t^ty ist die Bewegung einer Stimme entweder 
schnell, oder langsam, je nachdem 3ie viele 
Töne in kurzer Zeit durchläuft , viele Stithmschritte 
schnell nachei nander ^vollbringt , oder nicht, 

Ueber den Werth oder iUn werth geschwinder, oder 
langsamer Bewegung, und über die Frage, Wo diese. 



Bewegung. tyt 

wo jene anzuwenden sei j lässt sich Im Allgemeinen 
nur sehr Weniges bestimmen« Doch mögen folgendii 
Bemerkungen hier stehen. 

Man kann im Allgemeinen sagen , dass di« 
dclinelle Bewegung sich mehr für die leichtfertige- 
ren und flüchtigeren hohen, als für tiefe Stim<^ 
men schickt, welchen letzteren eine etwas lang« 
samere Bewegung angemessener ist ; und dies haupt* 
sächlich aus folgenden , rein technischen Ursachen. 

1.) Da, fürs Erste, ein Ton aus desto langsa* 
meren Schwingungen besteht, je tiefer er ist, (Ji IIL) 
so bedarf natürlicher Weise ein tiefer Ton, umaucli 
nur wenige Schwingungen Tollbringen , und dadurch 
▼ernehmlich und erkennbar werden zu können, auch 
«chon eine längere Zeit: lässt man ihn aber so 
schnell Torübergehen , dass der klingende Körper 
kaum Zeit g^nug hat, sich nur erst in die. gehörige 
Schwingung zu versetzen , viel weniger aber so viele 
Schwingungen zu Tollbringen, als das Gehör bedarf 
nm das Mas derselben aufzufassen und den Klang aU 
bestimmten Ton zu erkennen , so erscheinen ilfim dia 
solchergestalt allzu schnell vorübergehenden tiefen 
KJänge nur als Geräusch. Vergl. $ IV. 

2.) Ein zweiter Grund liegt aber auch darin f| 
dass tiefe Tön^ ihrer Natur nach nicht so schnell 
tum Ansprechen zu bringen sind, als zu AusfGlhrung 
sehr geschwinder Tonreihen erfoderlich ist. Ja , 
3.) die meisten tieftönenden Instrumente sind schon 
ihrer mechanischen Einrichtung nach nicht sehr ge- 
schickt, sehr geschwinde Passagen auszuftlhren , 
und selbst die tieferen menschlichen Stimmen sind 
gewöhnlich minder biegsam und beweglich ^ «ds z.B. 
eine Sopranstimmc« 



lya Tonreihen als sotch^ huradueu 

lieber die freilicli allzusTMie vnd virklioh Im» 
klagenswertbe Sckwerbeweglichkeit und Unbeliol» 
fenneit unserer tieftönenden OrcbesterinstrameDtei 
und die Mittel, dieselbe mögtiebsty ttieils ca erseUe», 
tbcils za beben , babe ich in einer AhhaodlUDg: 
lieber Instrumen talbässe bei stark besets« 
ten Topstncken, in Nro. 419 4^9 4^9 ^%% 45» des 
i8ten Jabrganges der Leipziger allgetn. Musikal. Zei- 
tung , V. ibi6, und JVro. 4B und 49 ▼• 1817, «asfiihr« 
lieb geb;indcJt, und aucb wir werden, in dem gegea* 
Wärligen Werke , seiner Zeit , in der Lehre Von la« 
•truznentation y darauf zurdckkommen. 

I 

4.) Minder ricbtig j als die drei e1>en ange« 
fübrten , aus der akustischen Natur tiefer Rlünge 
entspringenden , also rein materiell -tecbniscben llr« 
Sachen y ist ein anderer, aestbelisch sein 8ollei|dtt 
Grund ^ welcher darin bestehen soll , dass tcbnell« 
fussige Läufe und Passagen sich mit dem , den tifcfea 
Stiinmen eigenen Karakter von Gritvilüt und WArde, 
nicht Tcrlrügen. — £s ist wohl wahr, dass tiefe TöoCt 
Termög ihrer Klani^rüllc und Gewichtigkeit, sichsam 
Alisdrucke von Würde und Gravität , mit welcher 
Idee man in der Regel immer auch die von Langsaf»- 
keit zu verknüpfen pflegt , vorzüglich eignen , indesf 
die fluchtigeren höheren Stimmen Zum .Ausdrack 
leichtfertiger Beweglichkeit geschickter sind. AHeia 
nicht alles Geschwinde hat darum den Rftrakter von 
Leichtfüssigkeit und Leichtfertigkeit ; und dann ist 

J*a langsame Gravität doch auch nicht der einzigs 
Larhkter, dessen eine tiefe Stimme fäbfg. tat. In 
Gegentheil ist es oft von der grössten- Wirkung > 
auch einmal die schwere , mächtige Tonmatsfe dar 
Basse gewaltig einherbraussen , stürmen , .tobeftr 
wühlen , rollen und donnern zu hören. — Und dasa 
auch selbst humoristische Tiruden und schndtlriea 
Kreuz- und Quersprünge dem Basse zu. Zeiten waM 
zu Gesichte stehen , bat uns Jos. Haydn in «einen 
Sinfonieen und Violinquartelten genial genug hewie- 
een ; so wie vfir aucb hängst das bui^lige , gescbwfis- 
sige Parlanie komischer Bass - Aolen in der Oper mit' 
Vergnügen hören. , 



Bewegung. 17S 

Im Gegensatce ctessen ^ wa$ wir eben von cLer 
«igenthümlichen Einrichtung unserer tieftönenden 
Instramente sagten , giebt es im Gegentheil uuch an- 
alere 9 für welche sich geschwinde Bewegung besser 
schickt I als langsame. Dies ist der Fall bei all 
denen, welche ihrer Natur nach nicht fähig sind, 
einen Ton lang anzuhalten , wie das Pianoforte , dio 
Harfe , Guitarre u. a. m. Auch hierauf werden wir 
bei der Lehre von der Instrumentation zurückkommen« 

s 35. 

3.) KhytbBiiich gerttckteBewego o g. 

Gleichifalls in der Zeit, und insbeson« 
dere in Ansehung der rhythmischen Symme- 
trie kann man die Bewegung einer Stimme, in wel« 
eher rhythmische Rückungen oder sogenannte Ver« 
rückungen vorkommen, (§. XCIV) rhythmisch ge« 
rückte oder Ter rückte Bewegung nennen. 

S 36. 

3)8ynkoplrefideBew6gaog. "^ 

Ebenfalls in Ansehung des rhythmi« 
sieben Gewichtes, sagt man von einer Stimme^ 
in weFcher synköpirte Töne (S. S. 12g) vorkommen , 
sie synkopire, ' sie bewege sich in synko«^ 
pirten IVoten, sie habe synköpirte Bewegung.' 

$ 37. 

I 

4*^ Z«stnmoBblng«nd«, getrennte Bewegung. 

Wieder eine eigene Verschiedenheit der Bewe* 
gnng einer Stimme beruht darauf, , ob sie eine gans 
unausgesetzte Reihe oder Kette von Tonen bildet^ • 
oder nicht. Z^ B. Fig. 80 i besteht in einer Reihe 
von TCneii 1 ^elclbe sich unmittelbar aneinander * 



174 Tonreihen als solche beirachtei, 

•chliessen ; der erste Tön vttlurt so lange bis der 
ftweite anfängt , an diesen scliliesst sich eben so vtt- 
mittelbar der dritte an , u. s. w. Bei k hiagegen eiy 
•cbcint dieselben Ton reihe : c , h , a ^ aber darck 
Zwischenpausen ron einander getrennt 

S 38. 

S.) G.esehleif te, gebno d ene, — abeeatoiioae, ^ ekackt« 

Bewegung. 

In fihnl icher Hinsicht kann man auch nocb dca 
Unterschied bemerken , ob die Töne eine Tonreiht 
ineinandergesehleift , oder ob sie abgestossen Torge- 
tragcn werden. Geschleifte Bewegung, Bia* 
düng, Ligatur 9 Itai. Legatura , Latein. Ligatur^ , 
oder auch Concatenatio ^ hcisst nämlich das unmil* 
telbare Aneinanderhängen zweier oder mebrer nach- 
einander erklingenden Töne , so dass nicht nnr 
zwischen ihnen kein Zwischenraum bleibt , Tielmebr 
der crstere so lange fortgehalten wird, bis der zweite 
EU erklingen anfangt, sondern auch beide wo möglieh 
in Einem Zuge angegeben, z. B. beim Gesang auf eine 
und dieselbe Silbe gesungen, auf Blasinstrumenten mit 
einem und demselben Athem- oder Zungenstosse, 
auf Bogeninslrumenten mit einem und demselben Bo- 
genstrich , und auch wohl auf einer und derselben 
Saite 9 angegeben werden. 

Man bemerkt leicht, dass ein solcher gebunde- 
nerVortrag, ein solches Ineinanderschleifen 
der Töne im rollen Sinne des Wortes, auf mancher 
Gattung von Instrumenten gar nicht statt finden 
kann , z. B. nicht auf unsern. gewöhnlichen Tasten- 
Inatrumenten , woselbst allemal zu jedem anderen 
Tone ein anderer Tonkörper angeregt werden rouss , 
welchen man zwar grossentheils bis zum Anschlag 
des folgenden fortkiiogen lassen ^ nie aber swei 



Bewegung 47$ 

Töne nacheinander in Einem Zag angeben kann. — 
Koch weniger ist auf Harfen und harfenartigen In« 
•trumenten solches Jneinanderschleifen mögli^. 

In der Notenschrift wird das Aneinanderbinden 
sweier oder mehrer Töne bekanntlich durch einen^ 
von der ersten zur zweiten IVote, oder über oder 
unter die mehreren zusammen zu schleifenden Noten^ 
gezogenen Bogen , Bindungsbogen genannt , /^ 
oder v^, angedeutet. Zuweilen wird auch das Wort 
Xjegato^ oder abgekürzt: Leg. beigeschrieben. 

» 

Den Gegensatz der geschleiften Bewegung bildet 
die abgestossene, das sogenannte staccato, de^ 
fache, weiches man bekanntlich durch Punkte über 
den Noten andeutet, — und den noch schärferen Ge« 
gensatz die rorhin erwähnte durch Pausen ge-< 
trennte. 

Zuweilen lässt man nicht blos jeden Ton ab-« 
Btossen , sondern sogar auch jeden für sich mehr«* 
mal anschlagen und gleichsam in mehre Stücke zer^ 
bröckeln oder zerhacken , z.B. in Fig. 80 bei l, 
welches man ziemlich gewöhnlich durch den Aus- 
druck gehackte Noten, oder gehackte Bewegung 
zu bezeichnen pflegt« Wenn es Noten Ton sehr kor* 
zer rhythmischer Geltung, sehr schnelle Noten sind, 
so bedient man sich dafür auch des Ausdruckes vi^ 
bnaio ^ d. h. ribrirend , schwingend , erzitternd* 

$ 39. 

tf.) Aafsttisende , abtteig«Bde B«weg«Bf» 

In Ansehung der Richtung in welcher eine 
Stimme sich bewegt, ist ihre Bewegung entweder 
steigend^ oder f a 1 1 e n d, je nachdem sie ron einem 
Ton aufwärts zu einem höheren ^ oder abwftrts %% 
einem tieferen schreitet. 



176 Tonreihen als solche beirmckieu 

Ueber den Wcrth oder Unwertli der riatfn oder 
anderen dieser Bewcgnngsarten , lässt sick nicbU 
Allgemeines sagen ^ ivas in Sie Grammatik du Ton« 
Satzes gehörte. Dass in diesem oder jenem Falle 
diese oder jene Stimme fühlbar anfwärU , oder im 
Gegen tiioil abwärts geführt xa werden verlangt, daM 
gewisse Intervalle aufwärts , andere abw&rts atrebenV 
dies alles gehört nicht in die Lehre Ton der auf* 
oder absteigenden Bewegung im Allgemeinen. 

Mehres, als in diesem Abschnitte tob der tiif» 
oder absteigenden Bewegung einer Stimme an aicbf 
werden wir späterhin zu beachten finden, über dal 
gleichzeitige Auf- oder Absteigen mehrer Stimmea« 
oder über das Auf- oder Absteigen einer ^ im Vei^ 
gleich gegen die Bewegung einer anderen. 

S 40. 

7.) Springende und gehende, d a itönli 0I1 1 » o^CCff»' 
tische, en h ar m o n isch e Bew«SUBg, 

a.) Begriff und Arten. 

In Ansehung der Grösse der Scliritla 
welche eine Stimme macht , ist ihre Bewegung oder 
Fortschreitung entweder gehend, oder springend« 
Gehend ist sie , wenn sie sich Ton einem Tone Dicbt 
weiter, als zu dem der dicht nebenanliegenden hö« 
heren oder tieferen Tohstufe bewegt, der Schritt 
welchen sie macht also nicht grösser , als Ton einer 
Sekunde ist; springend aber, wenn, sie sich derck 
grössere Intervalle bewegt, und also ü])er emOi odcc 
mehrere Stufen , wegspringt. 

Ein Stimmcnscliritt von dem Umfiing einer fl1ier«> 
massigen Sekunde ist gewissermasen ein Mitteln 
Qlid Zwitterding zwischen den hier erwtthnten Gat* 
langen. Obgleich er nur von einer Stufe snr nftchst« 
folgenden geht , und also in sofern kein Sprung) 
sondern nur ein Schritt heissen sollte, so ist er dotjh 
allerdings wenigstens ein übermässiger Schritti 



Bewegung, ' I77 

und deshalb pflegt man ihn auch mehr als einen 
Sprung 9 denn als einen Schritt zu betrachten« 

Die stufenweise oder gehende Bewe- 
gung beträgt entweder eine sogenannte diatoni- 
sche grosse oder kleine Stufe : und eine solche 
kann man diatonische Bewegung nennen; oder 
tier Schritt beträgt eine halbe Tonstufe (S. 64. 
$. xxxviii ) und dann pflegt solche Bewegung 
oder Fortschreitung chromatisch zu heissen} 
betrüge er gar nur ein enharmonisches Intenrall, 
eine verminderte Sekunde, (S. 66) was aber frei- 
lich bei unsorm temperirten Tonsisteme nicht, oder 
.'doch nur auf dem Papiere vorkommt, ( S.* 35 ) 
so hiesse diese Stimmenbewegung enharmoni- 
scheFortschk*eitung oder enharmonische 
Bewegung oder auch enharmonische 
Kückung. 

$ 41. 

Eben so i^t die springende Bewegung, 
je nach der Grösse des Sprunges, von verschiede- 
ner Art: nämlich bald Terzen-, bald Quarten-, 
Quinten -, Sexteusprung, u. s. w. ; und zwar bald 
grosser, bald kleiner, bald verminderter, bald 
übermässiger Terzen-, Ouartensprung , u. s. w« 

Man kann die eben erwähnten verschiedenen 
Grossen von Stimmenschritten in der Tonschrift 
anschaulich darstellen, indem man vom einen Tone 
zum andern eine Klammer | '" | oder I t zieht, 
und über dieselbe di6 Ziffer des Intervalles schreibt, 
(VgLS. 68) z. B. 

•6 6- . -6 6- 

1 — ^ I 1 I 1 

V^l. Fig. 81. 6 es, Ges es , Gis es, lies 

12 




178 Tonreihen als solche betraehtet. 

i 42. 

&.) Werkh der gehenden ^ und d«r springraden 

Bewegung. 

Ueber Aen Werth oder Unwerth gehender 
und springender Bewegung 9 ISsst sich ' hier *im 
AUgeineinen nur Weniges sagen, indem in dieser 
Hinsicht das Meiste von Verhältnissen abhänett 
:vrelche uns erst in der Folge bekannt weraea' 
sollen. Darum hier nur folgendes Wenige* 

Man kann im Allgemeinen sagen 9 die diato- 
nisch stufen weis fortschreitende Bewegung Mi die 
einfachste} natürlichste und fliessendste^ und die« 
jenige » deren ununterbrochenen Faden das Ge- ' 
hör am leichtesten verfolgen kann 9 indeis eine 
Stimmet welche ' sich in Sprüngen bewegt, eine 
grössere Aufmerksamkeit des Gehöres y soll es- 
ihr auf ihrem Wege folgen, in Anspruch nimmt 
Es ergiebt sich hieraus , dass die Spriingireise 
Stimmenbewegung, wenn gleich durchaus nitht an 
sich selbiit unrecht, doch nicht überall gleich gut 
und gleich zweckmassig ist. 



B.) Bewegung einer Stimme, in Vergleichung gegen Sa 

einer andern betrachtet. 

$ 43. 
1.) Gleiche, ungleiche Bewegung. 

In Ansehung des Verhältnisses der Be« 
wegung einer Stimme gegen die Bewe- 
gungsart einer anderen, und zwar in der 
Zeit betrachtet, unterscheidet man gleiehe« 
und ungleiche. Zwei Stimmen haben jfl ei- 
che Bewegung, wenn sie gleichzeitig 
fortschreiten, und die eine also einen 
Schritt in derselben Zeit vollbringt, wie die an« 
dere; ungleich aber nennt man ihre Bewegungf 
wenn dies nicht der Fall ist. In Fig. 82 haben 



Bewegung. 179, 

alle drei Stimmen gleiche, denn in derselben Zeitf 
wo die Oberstimme von c zu h schreitet 9 geht 
die Mittelstimme von e zu f , und in demselben 
Augenblicke schreitet auch der Bass von c zu d* 
Eben so sind alle folgenden Schritte aller' drei 
Stimmen gleichzeitig 9 die Bewegung also durch- 
aus gleich. In Fig. 83 i hingegen, wo die Ober- 
stimme sich in halben üud Viertelnotea bewegt^ 
die Unterätimme aber in Achteln und Sechszehntelui 
ist die Bewegung ungleich. Auch in Fig. 83 k ist 
sie nicht gleich zu nennen, weil zwar Beide mit 
gleicher Geschwindigkeit fortschreiten, und die 
Unterstimme binnen gleicher Zeit nicht mehr oder 
weniger Schritte macht, als die Obere, aber nicht 
zugleich mit derselben, die Schritte also zwar 
von gleicher Dauer, aber doch nicht gleichzeitig 
sind. 



Man sieht leicht, dass die gleiche Bewegung 
mehrer Stimmen mehr Aehulichkeit, Gleichför- 
migkeit, und daher mehr Einheit, die unglei- 
che hingegen mehr Verschiedenheit , mehr Kon- 
trast, und folglich mehr iVlanchfaltigkeit f^ewährt. 
Stimmen, welche rhythmisch gleiche Bewegung 
haben , sehen dadurch einander mehr ähnlicli, und 
verschmelzen , rhythmisch betrachtet , gleichsam 
in nur eine und dieselbe Bewegung, indess im 
Gegenthcil, wenn von mehreren Stimmen eine 
jede eine andere rhythmische Bewegung hat, eben 
dadurch sich auch jede derselben deutlicher und 
fühlbarer vor den anderen auszeichnet, und somit 
die Mehrstimmigkeit fühlbarer, der Faden einer 
jeden von dem der übrigen leichter 'unterscheid- 
bar, und leichter voii den anderen erkennbar 
wird. Schon im $ 6 haben wir dies in Anse- 
hung des Beispiels 52 / bemerkt, und in gleicher 
Absicht ist auch in Fig. 53 und 54 die ungleiche 



180 Tonreihen als solche betrachtet. 

Bewegung benutzt ^ damit jede Stimme sich recht 
abstechend gegen die übrigen auszeichne» 

5 44. 

. 2*} Grade -y Gegen-, und Seitenbewegung. 

• a.) Begriff. 

Wenn man die Richtung der Bewe« 
gung verschiedener Stimmen vergleicht^ 
so bewegen sich dieselben entweder beide nach 
einerlei Richtung, also beide zugleich tuf« 
wärts oder zugleich abwärts; oder nicht- 
Ist ersteres der Fall, so sagt man, beide ht- 
ben grade Bewegung (jnotus rectus) ; besser 
wäre der- Ausdruck gleiche oder einerlei 
Richtung; — andernfalls aber heisst ihre Bewe» 
gung nichtgrade, oder Ungrade Bewe« 
gung; besser ungleiche oder verschie- 
deneRichtung. 

In Fig» 84 haben die Stimmen im 1 , 2 9 3 
und 4ten Tahte grade, im 5» 6 uud 7ten aber 
nichtgrade Bewegung. 

$ 45. 

fe.) Unterarlen. 

Die grade Bewegung kann an sich selbt \vie4j^ 
von zweierlei Art sein, je nachdem nämlich bei- 
de Stimmen sich beim Fortschreiten in glei- 
cher Entfernung von einander halten, 
oder niclit. Im obigen Beispiele Fig» 84 blei- 
ben die Stimmen in den drei ersten Takten im- 
mer in der Entfernung einer Terz aus einander, 
im folgenden 4ten Takt aber bilden sie gegen 
einander bald eine (Quinte, bald eine Terz, bald 
eine Oktave. 



Bewegung, 181 

]\Ian kann die erstere Art von grader Bewe- 
gung 9 wo ■ die Stimmen immer in gleicher Ent- 
fernung neben einander herlaufen, parallele 
Bewegung oder Richtung nennen, die an- 
dere aber nicht parallele« 

Insbesondere sind im ersten und zweiten Takte 
die Stimmen bald um eine grosse , ' bald um eine 
kleine Terz von einander entfernt; im dritten 
Takt aber bildet die Oberstimme gegen die untere 
lauter kleine Terzen. Die Stimmen sind also in 
den ersten Takten nur in Ansehung der Zähl- 

« 

namen« (& xxxui ) im dritten Takt aber auch in 
Ansehung der Beinamen oder des Mas es der 
Intervalle C§ xxxv) parallel. Man kann daher diese 
letztere Art vorzugweise Farallelbewe- 
gung, oder streng parallele Bewegung 
nennen» 

■ 

Die sich paralUl bewegenden Stimmen schrei- 
ten übrigens bald in grösserer, bald in' geringe- 
rer Entfernung nebeneinander einher. In Fig. 84 
laufen beide im dritten Takte in Terzenentfer- 
nung nebeneinander her, und zwar in der Ent« 
fernung von kleinen Terzen. In Fig. 59 i bewe- 
gen sich die beiden oberen Stimmen in parallelen 
Ouarten , die beiden äusseren aber in Sexten- 
}>arallelen u. s. w. 

Auch die nichtgrade Bewegung , die Verschie- 
denheit der Richtung, kann wieder vorn zweier- 
lei Art sein. Niimlich es bewegen sich di« Slini- 
raen entweder in entgegengesetzter Rich- 
tung, indem die eine auf-, die andere absteigt, 
oder die eine bleibt unbewegt, indess die andere 



182 Tonreihen als solche betrachtet. 

auf-) oder abwärts schreitet. Jenes nennen die 
Tonlehrer Gegenbewegungy motus contrarius, 
dieses pflegt man Seitenbewegung oder 
schräge Bewegung, motus obliquus zu nen- 
nen. In Fig. 84 findet man im fünften Takt 
entgegengesetzte oder Gegenbewegung, im sechs- 
ten und siebeuteu aber SeitenbevVeguug* 

In Flg. 79 haben die beiden Oberstimmen 
unter sich grade Bewegung, die des Basses ist, 
iin Vergleich gegen die der Oberstimmen > Gegen» 
bewegnng, und alle drei haben gegen den Tenor 
(§.l4) Seiteubewegung. 

Blan sieht wohl, dass Grade - und Gegen- 
bewegung immer gleiche, Seitenbewegung aber 
ungleiche Bewegung ist. 

Ferner ist jede Bewegung zweier nicht paral- 
lelen Stimmen entweder konver gir end, oder 
divergirend; mit andern Worten ; zwei Stim- 
men, welche sich nicht in gleicher Entfernung 
von einander halten, w.elche also entweder Gegen-» 
oder Seiten-, oder grade, doch nicht parallele 
Bewegung, gegeneinander haben, nähern sich 
entweder einander, oder sie entfernen sieht 
erstenfalls heissen sie konvergirend , d« Ii« sich 
iiälierud , im zweiten Falle hingegen divergirend, 
d. h. sich von einander entfernend , auseinander- 
laufend. Z. B. in Fig. 84 f im 4ten Takt, ist die 
Bewegung vom ersten zum zweiten Achtel kon- 
vergirend. Im sechsten Takte divergiren die Stirn« 
men von ersten zum 2ten Achtel, und konvergi- 
ren vom 2* zum 3tcn. 



Bewegung. 183 



Genau betrachtet wären also die verschiedenen 
Arten von Bevve^^ung zweien Stimmen, in Anse- 
hung ihrer Richtung gegen einander, folgender 
inasen zn klassiüziren* r 

Die Bewegung zweier Stimmen ist entweder 

I. Parallel, und zwar entweder 

A. streng parallel, oder # 

B. nicht streng parallel; 

IL oder aber ihre Bewegung ist nicht parallel, und 
dann entweder 

A. grade (nur nicht parallele) , oder 

B. nicht grade, und zwar entweder » 

1. Gegeiibewegung, oder • 
2« Seitenbewegung. 

Jede nicht parallele Bewegung ist ferner zu- 
gleich entweder 

A. konvergirendy oder 

B. divergirend. 

• 

Nur beiiliufig fuh^e ich noch an, dass viele 
Tongeiehr^e unter dem Ausdrucke Farallelbewe- 
gung solche Fälle vrle Fig. 85 > zu verstehen 
pflegen, weil dabei die beiden Stimmen immer 
in gleicher Entfernung von einander bleiben. Dies 
Leztere ist freilich unwidersprechlich wahr , da 
beide auf einer und derselben Stelle sitzen bleiben : 
man niuss aber wunderliche Begriffe von Be* 
wegung haben , um das Sitzenbleiben zweier^ sich 
nicht von der Stelle bevyegenden Dinge eine pa- 
rallele Bewegung zu nennen. Oder .man muss sich 
eine solche Parallelbewegung etwa so vorstellen, 
wie die Bewegung der Infanterie auf das Kom- 
mandowort: „Auf der Stelle .gerührt !<< wo jeder 
Mann mit den Füssen trappelt, und sich rührt, 
und thut, als iiiarschire er, ohne doch von der 
Stelle zu kommen. Allein auqh hier wird kein 
Mann von sich* sagen, er schreite mit seinem 
Nebenmann parallel einlfer« 



IS'i Tonr eilten als solche letrachtet, 

i.) Cliarakterisclie ■ Versoliiedenheit der graden , und 

nichtgraden Bewegung. . 

In Biicksiclit der karakterischen Ver- 
schiedeiii) e it der graden vou der nichtgraden 
Bewegung) kaiia mau» ungeHihr eben so, wie 
wir. von der gleichen oder ungleichen bemerkt 
haben,, im Allgemeinen nur so viel sagen , dass 
die gVade Bewegung mehrer Stimmen mehr Aehn« 
lichkeit und Glcicli förmigkeit, und daher mehr Ein* 
heit, die nichtgrade hingegen mehr Verschieden- 
heit, mehr Kontrast, und folglich mehr Manch* 
faitigkeit gewahrt. Stimmen , weiche grade , zu- 
mal parallele Bewegung haben , sehen dadurch 
einander mehr ähnlich, und verschmelzen in die- 
ser Hinsicht gleichsam in nur eine und dieselbe 
Bewegung , indcss im Gegentheil zwei Stimmen» 
deren eine steigt, indem die andere ruht> 9i9r 
fällt, eben dadurch sich auch deutliclier und merk- 
licher von einander auszeichnen. Eben iu dieser 
Absicht ist d<;nn auch z. ß. in Fig. 53 so viel mdg* 
lieh die Gegen- und Seitenbewjegung beiiutzt* 

Nächst dieser allgemeinen Bemerkung, ist» 
über den VVerlh der verschiedenen Arten vou 
grader, und zwar insbesondere von Parailelbewe- 
gung) noch gar IVlanches bemerkenswerth, indem 
in der Thal; verschiedene derselben zum Theil 
fehlerhaft und übelklingead aind ; wie z. B. il , 
den meisten Fällen die parallele FortschreitUDg 
zweier Slimmeu in Ouintenenlfernung. 

Wir können jedoch in die Erörterung dieses 
Gegenstandes hier noch nicht eingehen , weil bei 
Wiirdiguuj; des Werlhes oder Cjnwerthes einer 
solchen Stimnienfortschrritung > gar Vieles auch 
zugleich von andern Umständen abhängt, welche 
hier noch nicht besprochen sind.. Wir werdet 
daher die Lehre von den verbotenen Paral- 
lelfortscli reitungen erst später vervollsUüf 
di gen können» 



m 



Zweite Abtheilung, 
Harmonieenlehre. 

JN achtem wir bisher die» einen Tonsttx bil« 
denden Tonreihen als solche betmchlet, wol« 
len wir nun die verschiedenen Harmonieen 
als solche» und ihre Eigenschaften kennen lernen« 

I«) V^on Zusammenklängen im Allgemeinen. 

^^.) Näliere Begriffbestioimung . Ton Zusammenklängen 

und deren Bestandtheileo. 

Nach dem» auf Seite 135 Gesagten, verstehen 
wir unter' Zusammenklang im Allgemeinen 
jedes gleichzeitige Erklingen mehrer Töne. 

Die zusammen erklingenden Töne selbst, oder 
mit andern Worten, die Bestandtheile eines Zu- 
sammenklangest pflegt man die Intervalle des- 
selben (vgl. Seite 55) zu nennen« Wenn also z. B* 
der Ton A » dessen Terz c » und dessen Ouinte e 
zusammenklingen, so sind die Tdne A, c und e die 
Intervalle des Akkordes» Den tiefsten Ton eines 
Zusammenklauges nennt man auch den Basston 
($4*) und im Gegensatz desselben versteht man 
alsdann unter dem Ausdruck die Intervalle 
zuweilen auch allein die übrigen Töne» In 
diesem Sinne heissen also im obigen Beispiele der 
Ton A der Basston, die Töne c und e aber die 

Intervalle. 

IS 



186 Harmonieenlehre. ' 

Die Lehre von den verschiedenen Akkorden 
und ihren Eigenschaften» macht einen Theil der 
Tonsetzkunst aus« 

$ 48. 

B.) Gebrochenes Anschlagen eines Zusammenklänget. 

Wenn wir übrigens hier tiberall von gleichcei* 
tigen Zusammenklängen sprechen , so versteheK 
wir darunter doch nicht grade einzig und aus- 
schiiesÜch ein wirklich gleichzeitiges Erklingen 
der mehreren Töne, .sondern auch solche ^ welche 
als zusammenerkiingend gedacht werden» Wir 
haben holch nicht wirkliches, sondern gleichsam 
nur eingebildetes Zusainmenerklingen unter dem 
Namen Brechung schon kennen gelernt* ($ 210 



^ U.) Grundhannonieen. 

§ 49. 

ji') Begriff. 

Die Verschiedenheit der in der Musik vor- 
kommenden Zusammenklänge ist fast unendlich« 
Sie war uniiberseiibar, fände sich nicht» dass viele 
derselben, obgleich von einander verschieden, doch 
mehr oder weniger wesentliche Merkmale mit- 
einander gemein haben* Diese ordnet man in 
Klassen > und betrachtet sodann die einander ähn- 
lichen Fälle als Unterarten einer und derselben 
Klasse, oder, wie man es zu nennen pflegt, man 
führt mehre Harmonieen auf wenige Gruud- 
harmonieen oder Grundakkorde zurück« 

Wir wolleti die Grundharmoaieen^ auf weiche 
wir im Verlauf unserer Betrachtungen alle musi- 



Gxundliarmonieen, ' 1$7 

kalisch möglichen Zusammenklänge zuriickführen 
werden» vorerst der Reihe nach aufzähleo* 

B.) Aufzählung der Gnindharmonieen. 

Die verschiedenen möglichen musikalischen 
Zusammenklänge lassen sich am filglichsten auf 
zwei Hauptarten von Grundharmonieen zu- 
rückführen: auf D r ei klang harmo nie en oder 
Dreikiänge» und Vierklänge oder Vier- 
klangsharmonieeuy auch Septimenhar- 
monie e n genannt. 

Dreiklang oder 'Dreiklangharmonie 
ist ein Zusammenklang, bestehend aus drei Tönen» 
nämlich einem Basston , einem zweiten , welcher 
um eine Terz höher ist als jeuer» und einem 
dritten^ der um eine Quinte höher ist als- der 
erste; oder mit andern Worten : er ist die Ver- 
bindung eines Tones mit seiner Terz und Ouinte« 
Nachstehende Figur zeigt das Sinnbild einer sol- 
chen Harmonie : 



* 



i. 



der 



z. B. 



d c f 

H c d 

(7, Oiler A y oder H , u. dgl. 



In einem solchen Grundakkorde heisst der 
Basston Grundtpn» oder Grund note, die bei- 
den andern (die Terz und die Quinte des Grund- 
tones) kann man Bei töne nennen. 

Insbesondere wird die Terz des Grundtons zu- 
weilen Mediante genannt» und die (^uiut« Domi- 
nante; wir werden jedoch diese beiden Aus- 



188 Harmonieenlehre. 

drücke zur Bezeichnung dieser Begriffe nicht ge- 
brauchen i am wenigsten den letzteren (nSmtidi 
den Namen Dominante für die Quinte des Drei- 
klangs), indem er nebstdem auch noch etwas B^ 
aonderes bezeiclmet^ wovon weiter unten« 

• 

Die Harmonie des Vierklangs oder' 
Septimenharmonie oder^ abgekürzt^ Sept» 
harmonie^ ist eine Tonverbindung» bestehend ' 
aus vier Tönen» nämlich Grundton» Terz» Ouinta 
und Septime : 






oder 




z. B. 



f g • h 

d e f g 

Hede 



6y oder A, oder H, oder c, u. dergL 

Im Vierklang befinden sich also ein Gmndton 
und drei Beitöne. 

Wenden wir die obigen 9 gleichsam abstrakt 
gegebenen Begriffe uud Vorstellungen auf unser 
Tonsistem an 9 so flnden wir» dass sich in der 
Reihe der natürlichen Töne ($ xvii. S* 33) ver^ 
schiedene Arten von Dreiklangs- und Vierklai^gS* 
harmonieen darstellen lassen« Wir finden da 

1.) Dreiklänge welche aus Grundton, gros* 
ser Terzy und grosser ( reiner 9 8» 63.) 
Quinte bestehen, nämlich: ; 



I c, [f, 



d 
H 
G 



und 

oder» um diese und künftige Akkorde mit wenii* 
ger Raumverschwendung darzustellen: 

[<: « g]* [FAc], und [G H d] 



GrundharmonieeH. 189 

Man pflegt Harmonieen dieser Art grosse 
oder harte Dreiklang harmonieen^ oder 
kurzweg grosse Dreik länge zu nennen« — • 
Von derselben Art sind die DreikUinge : [d fis a]» 
les g b], [e gis h] u. dgl. 

2.) Wir finden aber in der Beilie der natürli« 
chen Tdne auch eine andere Art von Dreiklängen, 
nämlich mit kleiner Terz und grosser 
f^uinte: [d fa], [e g h], [Ace]. Diese nennt 
man kleine oder weiche» — Von derselben Art 
sind: [c es g], [ F As c], [ G B d ] u, a. m. 

3«) Man findet endlich auch noch eine dritte 
Art von Dreiklang, bestehend aus Grundton, klei- 
ner Terz und kleiner (verminderter) Quinte: 
[U d f ] ; diese Harmonie heisst verminder- 
ter Dreiklang» Er hat noch ein kleines Inter- 
vall mehr als der kleine, nämlich nicht blos kleine 
Terz, sondern auch kleine Ouintc; er ist also gc- 
wissermasen noch kleiner als der kleine, daher 
der Name verminderter Dreiklang entsprun- 
gen zu sein scheint» Manche nennen ihn, wio- 
wol nicht sehr passend, falschen, (Vgl. S« 62- J 
dissoniren den , uneigentlichen Drei- 
klang. — Von derselben Art sind die Harmonieen 
[Gis H dj, [d f as] , [e g b], [A c es], u«a.m. 

Eben so finden wir vier verschiedene 
Vierklänge, nämlich: 

1«) einen, bestehend aus Grundton, grosser 
Terz, grosser Quinte und kleiner Sep- 
time: [G H d £]• Man kann sich ihn gleichsam 
vorstellen als einen harten Dreiklang mit kleiner 



190 Hnrmonieenlehre. 

Septime. -— Ähnliche Vierklänge sind [£ Gis H d]f 
[D Fis A c] , [c e g b] u, dgl. 

2.) Einen zweiten, bestehend aus GrundtoBf 
kieiiier Terz> grosser ^üinte^ und klei- 
ner Septime: [A c e g]> [O F A c }> 
[ßOH d]; also gleichs^am weicher Dreiklang mit 
kleiner Septime. — Ähnliche Harmonteen sind 
2. B. [c es g b]^ [G b d f]^ [£s Ges B des], 
U, a* m« 

3.) Einen dritten ^ bestehend aus Grundton, 
kleiner Terz> kleiner ^uinte^ und kiei« 
ner Septime: [H.dfa]; gleichsam vermin- 
derter Dreiklang mit kleiner Septime* — Ähnliche 
Harmonieen sind z. B» [Fis A c e], [E G B d] 
[A c es g ] , [ c es ges b ] , [Es ^es Hbb des ] , 
u. a. m« 

4«) Endlich finden wir auch noch einen Vier- 
klang mit grosser Terz> grosser Ouinte^ 
und grosser Septime: [c e g h], [FAce]; 
gleichsam harter Dreiklang mit grosser Septime. — 
Ähnliche Harmonieen sind z. B» [ O H d fis ] , 
[D Fis A eis], [Bdfa], CAscesg], 
( E Gis H dis ] u« a. m« 

Die vier so eben aufgezählten Vierklänge ha- 
ben nicht, wie die drei Arten von DreiklMugeOf 
jeder einen eigenen Namen» Zwar wird der erste 
derselben (der mit grosser Terz, grosser Ouinte 
und kleiner Septime) oft Dominanta kkord ge- 
nannt; — allein diese Benennung ist, wie wir spä- 
terhin sehen werden ^ zu relativ > um unzweideu- 
tig zu sein« «— V o g le r (in s. Ton Wissenschaft 
$24) will dafür den Namen Unterhaltung s- 



Grundharmonieen. 191 

Siebente einführen« weil die Septime dieses Vier- 
kiauges ; — y^das Gehör angenehm unterhalte '* ; — 
aber auch diese Benennung hat keine Aufnahme 
gefunden. Wieder Andere nennen ihn wesent- 
lichen Septimen -Akkord;-^ allein auch die- 
ser Name wird zuweilen auch von jedem anderen 
Vierklange, also auch von den oben mit Nr» 5f 
6y und 1 bezeichneten gebraucht; er ist folglich 
ebenfalls zu schwankend 9 um als Bezeichnung 
dienen zu können» — Da es nun aber doch sehr 
zvi wünschen wäre, wenigstens für diesen Vier« 
klang einen eigenen Namen zu haben » weil er 
grade der Haupt- Vierklang ist» so wollen wir ihn 
darum Haupt vi er klang 9 oder Hauptsept- 
harmonie, und seine Septime Hauptseptime 
nennen« 

Den drei andern Vierklangen kann man 9 im 
Gegensatze des Hauptvierklang Sj den gemein- 
schallüchen Namen Nebenvierklänge geben« 
Insbesondere werden wir den mit 

kleiner T^rz» 

grosser Ouinte9 und 

kleiner Septime 9 
künftignur Vierklang mit kleiner Terz 
und grosser Ouinte nennen 9 weil er der^ 
einzige ist« der kleine Terz und grosse Quinte 
hat, — oder auch weichen Vierklang , weil er 
gleichsam aus einem weichen Dreiklange mit 
Septime besteht. — Den mit 

kleiner Terz» 

kleiner Quinte, und 

kleiner Septime» 
nennen wir künftig Vierklang mit kleiner 



1^92 Harmonieenlehre. 

Coder verminderter) f^iiinte, weil kein anderer 
#ine kleine, oder sogenannte verminderie Ouinle 
bat; -— den aber mit 

grosser TerZt 

grosser Ouinte, und 

grosser Septime, 
beissen wir» aus ähnlichem Grunde, kursw^ 
grossen Vierkiang; denn es giebt nur eime 
Grundharmonie mit grosser Septime« 

Folgende Übersicht erleichtere das Gedftchl- 
jiis : 

1.) Harter Dreiklang, 
2.) Weicher -* > 

3.) Verminderter — ; 
4«) Harter — » mit kleiner Septime » 

5.) Weicher — — •— — » 

6.) Verminderter — — — — ^ 

7.) Harter — — . grosser — 

line Grundharmonie , bestehend aus weichem, eddr 
vermindertem Dreiklang mit grosser Septime y ist in 
der Reihe der sogenannten natürlichen Töne nicht m ^ityl^p- 

§ 51. 

Die vorstehend aufgezählten sieben Haupt. 
arten von Harmonieen sihd hinreichend» um alle 
in der Musik möglichen Ton Verbindungen darauf 
zurück führen zu köiiuen. Der Verfolg wird zeigen« 
dass jeder Zusammeuklang sich als aus einer die- 
ser sieben Grundharmonieen entspringend ansehen, 
und, wie bunt und verwickelt er auch aussehe» 
doch auf eine derselben zurückführen» als eine 
Umgestaltung derselben sich erklären lässt» oder 
aber, lässt er sich auf keine dieser Arten er<» 
klären^ allemal gehdrwidrig klingt. 



Grundharmonieeiu iQJ 

Nicht selten lässt sich eine und dieselbe Ton. 
Verbindung sogar auf mehr als Eine Art erkläret, 

« 

und ist demnach mehrdeutig. 

In Milchen Fällen» wo mehr als Eine Erklä. 
rung Eines und desselben Zusammenklauges mdg* 
lieh ist, braucht man sich übrigens den Kopf nicht 
darüber zu zerbrechen, auf welche dieser meh. 
ren möglichen Arten man ihn zu erklären habe. 
Lässt er sich auf mehr als Eine Art rechtferti- 
gen , so ist es desto besser: jede richtige Erkiarungs. 
art ist gut, und hinreichend, und unter mehren 
nur die einfachste und gewöhnlichste vorzuziehen. 

Jlnnier kling. 

DieTonkunstgelcliTteii sind über die Zahl ihrer Grundhar« 
tBonieen eben so uneinige wie z.B. die Botaniker über die ihrer 
Klassen, oder die Grammatiker über unsere Deklinationen. 
Man dispniirky polemisirt, und zankt sich auch woiil darüber, wie 
▼iele Grundharmonieen ei gebe; — ein Streit, welcher mir un- 
gefähr eben so bodenlos vorkommt, wie der, wie riele genera 
plantarume* in der Natur gebe, indess die Natur selbst zuver- 
lissig Ton all den, von Mensohenwitx ersonnenen gentribus 
nidits weis. 

Hier kann di« Fragte nicht sein : wie viele genera 
CS eigentlich gebe, sondern nur: in wie viele sich die 
Gattungen am fügiio listen ordnen las.ien, damit mau, un- 
ter mJ^Hehst wenige Hauptklasscn , mögliciist viele Gat- 
tungen von möglichst vielen gemeinschaftlichen Merkmalen 
Mnge. £s sind |a alles nur verschiedene Arten» sicii die 
8aelm vorzustellen. 

loh wenigstens will mit Niemand streiten , der Ton meh- 
ten Grandharmouieen ausgeht als ich, oder von wenigeren 
auszugehen vermag. A-priorische Demonstration kann wohl 
liier gar nicht eintreten. Die Aufeabe ist nur, eine £iu- 
theilung zu finden y welche die möghciisle Folgerechtheit der 
aufzustellenden Lehre begünstigt. Man verbnge daher keinen 
Bechtfertignngsgrund von vorn herein, warum ich nun grade 
diese sieBen Grundharmonieen aufführe) und warum nicht 
auch einen sogenannten übermässigen , einen hart verminder- 
ten» weichverminderten y oder gar doppelt verminderten Drei- 
Idangy warum keinen Septenakkord mit kleiner Terz, gros- 
ser Qttinte » und grosser Septime , keinen mit yerminderter 
Terz» kleiner Quinte und kleiner Sepiimc» oder mit kleiner 

14 



1 i)/i llannonieenlthre. 

Terz und Quiute und veriniuderter Septime, warum keinra 
Nonou - ^ keinen Undezimen - Akkord, warum nicJit ear den 
geiehrtnamigen Terzdeziinenuadczimenoonenseptimonakkord , 
warum nicht» mit J, 6. SchlcUt, (in s. >« Gruzi d regeln 
d e r H a r m o n i e'* ( 19 u. 20) auch Drcikünge deren Gruod- 
iiote die Hauptdisst^uauz ist ; - warum nicht, mit JastinHein- 
rieh Knecht (in 8. ^^Eleinentarwerk der Har- 
monie** Seite 2('>2 ) > dreitausend sechshundert Akkorde, 
worunter allein »»sieheuhundert und zwanzig übel klingende 
Stanimakkorde'' und unter diesen z. o. yy grossklein- 
yygroi.^e augenehme Terzdezimundezimnonseptimeziakkordey 
y, dreifachkleine angenelmie Terzdezimondezimjionspptimen- 
yy akkorde , kleinFermindertkleine traurigklingende Terzdezi- 
,y menundezimennonseptimenakkorde y ** und zwar y yy a 1 s Ur- 
akkorde** vorkümmen y und deren noch nidit einmal toII- 
ständiges NameuTerzeichnis schon allein fUnfzelm Quartseiten 
fiilk — warum liier nichts yon all diesen schonen Sachen 7 — 
Einmal schon darum y weil , wie der Verfolg zeigen 
wirdy meine sieben Grund harmooieen vollkommen hin- 
reichen, um alle in unsrer Musik vorkommende Tonrer- 
bindungen daraus zu erklären, und es wenigstens besser ist, 
mit VveoTgem auszulangen y als mit Vielem. Fürs Andere 
weil die Zurück führung aller möglichen Harmonieen auf diese 
sieben Gruodharmonieen y der Folgerichtigkeit der zu ge- 
benden Theoreme am günstigsten ist. In der Folge werde 
ich zuweilen • Gelegenheit nehmen y darauf aufmerksam 
zu machen« Namentlich ist es doch nicht sonderlich fol« 

fereciity aus und auf gewissen (warum dann nicht auch al- 
en 7 } zufallig erhöhten (warum nicht eben so gut zufäl- 
lig eruiederteu 7 ) Tönen der Leiter, Grundharmonieen bil- 
den zu wollen y wie z. B. [H. dis f 1, [II dis f a]y [Bis 
F A], [Dis F A c], [C E Gis], [C E Gis H]y u. dgl.— 
Solche ebentlieurlichti Grund harmonieen y aus z u f ä 1 1 i - 
gen Bcstandtheiten gebildet y sind uns nicht nur ganz 
entbehrlich, sondern sie würden gegen die Konsequenz selt- 
sam abstehen y mit welcher wir hernach die Begriffe von 
Grundharmonieen aufzusuchen , zu verfolgen y und y aus ver- 
wandten Grundhanuonieen , die Bogriffe von Tonart y Ton- 
leitern und leitereignen Grundharmonieen, zu entwickeln, 
uns lum Gesetze machen y und welche sowol die Entbehr- 
lichkeit, als die ^'ichtig]Leit derartiger Grundhannonifca 
bcwäiircu wird. 

§ 52. 

C.) ünsre Bezeichnungsart der Grundharmonieen. 

Um für jede der eben aufjgeführten sieben 
Grundharmonieen ein eignes Zeichen zu haben, 
bedienen wir uns künftig f<rfgender Chiffern : 

1.) Zu Bezeichni er h a r t c n oder gros- 



moiim des klei- 
\r' kleine teut- 



Grumlhn? monieen. j95 

sen Dreiklang harmonie« nehmißn wir ei- 
nen grossen teutschon Buchstaben. Z. B. ein 
grosses deutsches ff soll den grossen, ff- Dreiklang 
bedeuten; — ffi«, (ififf, oder ff#), ©, €ö (b€, 
oder g(> ) u. s. \v. soll heisscn: der grosse oder 
Jiarte ffifl-, 3D-, 5^- Dreiklang, u. 

2.) Zu Bezeichnung der Harm( 
nen D rei k langes nehmea wi 
sehe Buchstaben r z. B. c» ci^ (^c, oder c#)> b> 
€^ ibty oder eb)> u. s \v. , d, h. der kleine oder 
weiche c -Dreiklang, u. s. w» 

3.) Den verminderten Dreiklang zu be- 
zeichnen, b<^dienen wir uns eben solcher klei- 
nen Buchstaben, hangen aber ein kleines 
Null oben voran, z. B. **c> ^'b» ^^y °ili ß ''ei» 
u. 8. w. 

4.) Für den Hauptvierklang, weil er 
aus einem grossen Dreiklang mit kleiner Septime 
besteht, (d. 189) setzen wir einen grossen Buch- 
staben mit der Ziffer ^ daneben; z. B. ff^, ffiö^, 

3)% 51% €«% u. s. w. 

5.) Für den weichen Vierklang (mit klei- 
ner Terz, grosser Ouinte und kleiner Septime) 
aus ahnlichen Gründen einen kleinen Buchstaben 
mit 7; z, B. c^, cie^ (#c^, oder c#^), b^ u, s. w. 

6.) Für die Harmonie desVierklangs mit 
kleiner Quinte, einen kleinen Buchstaben mit ° 
und der Ziffer % z. B. V, V, V» ""gü^ (^^ftg, 
oder ^i^r^ «^^^ ^o^^^ ^j^^ 7*0 "• «• w. 

7.)^>^^l>ch für den Vierklangrait gros- 
ser Septime, einen grossen Buchstaben mit 
einer durchstrichenen Ziffer f, z» B, ff^, ffi^t, 
8^> ^^5 u. s. w. 



196 Harmonieenlehrei 

Indem ich hier» so wie ich auch in der Folge 
noch tnehrmal thun werde ^ neue Bezeichnungs* 
weisen einführe» mache ich durchaus keinen An- 
spruch darauPi diese Zeichen auch von Anderen 
angenommen^ und allgemein eingeführt zu sehen; 
sondern ich heabsichte dabei einzig eine bequeme 
Zeichenspraclie zur Verständigung zwischen mir 
und meinen Lesern 9 und meine Zeichen und Be- 
nennungen brtben also ihren Zweck vollkommen 
erreicht^ sobald nur wir uns"^) dadurch v:er* 
stehen« Dass aber die von mir gewählten Zet* 
chen , Benennungen und • sonstigen Darstellungs* 
arten diesen Zweck erFiillenf scheint unter ande- 
rem auch daraus hervorzugehen^ dass, schon nach 
Erscheinen der ersten Biiiuie meiner Theorie« an« 
dere Sciiriftbtelter dieselben adoptirt und sie sich 
so recht angeeignet haben, wie ich schon. in der 
Vorrede zum damaligen' dritten Bande erwähnt* 

Wollte man übrigens die Idee der, ivß. ^ 52 
eingeführten Bezeichuungsart noch mehr generali- 
siren, so könnte man einen harten Dreikiang über- 
haupt durch 3E vorstellen, einen weichen durch 
^, einen verminderten durch ^jl*; die viererlei Vier« 
klänge aber durch 3£^, jc^, ^f^ uujd 3£t. 

$ 53. 

P.) Zur üebung. 

Ungeübtere mögen alle sieben Gimndakkorde 
auf allen Tönen durchgehen, um sich dieselben da- 
durch geläußg zu machen ; und sie entweder fUr 
sich selber niederschreiben, oder wenigstens sie 
auf dem Klavier anschlagen und die Intervalle nen* 
nen , z* B« 



*) Auch dies will ich hier ein für alle mal gelegenbeit* 
lieh anmerken, dass ich unter „wir'* und ,, uns*' 
nie mich, sondern immer meine Leser und 
mich verstehe, indem ich mich immer Hand in Hand 
mit denselben gefiend denke, aber gewiss, wie mm 
mir wohl zutrauen wird, weit entfernt bin, durch solche 
mehrzählige Redeforuiel ^ mir ein kindisch • gravitäti* 
sches Ansehen geben zu wollen. 



Grundharmonieen. 197 

Tig. 86 i : Harter oder grosser Dreillnng CE ; c ist der 
Grundtoü) e die grosse Terz, g die grosse Quinte: — - 
Figur 86* k i Harter 6td - Dreiklang ; eis ist ... . 

«ad so fort durch lalle Töne ; dann den weichen 
Dreiklangt ebenfalls durch alle Töne; dann ebenso 
den Verminderten; hernach die Vierklänge. 

Dabei kehre man sich nicht daran, dass man- 
che der eben aufgestellten Grundakkorde, beson- 
ders der mit grosser Septime, so für sich allein 
angei^chiagen 9 allerdings auffallend rauh und wi- 
drig klingen. Sie stehen hier» wie die Wörter 
in einem Wörterbuch , oder wie die Farben auf 
der Palete, ohne Zusammenhang, und folglich 
nichtssagend, nebeneinander. Erst durch kunst- 
mäcisige Verbindung und Verkettung mehrer Har- 
monieen zu einem musikalisch zusammenhangen- 
den Sinn , erhalten sie Bedeutung und Fasslichkeit. 

Nebst dem rathe ich dem noch nicht vollkom- 
mea Geübten > leden der sieben Grundakkorde auf 
irgend einer Note (gleichviel auf welcher) singend 
(oder war es auch nur pfeifend) zu intoniren^ 
ohne sich denselben erst auf einem Instrument 
angeschlagen zu haben. Dies Vermögen, jede 
Harmonie zu intoniren» ist der beste Beweis» dass 
man sich in sich selber bewusst int, wie sie klingt» 
Man sieht nicht selten AnHlnger » welche eine 
Menge gelehrter Sachen von allen möf;lichen söge- 
nannten konsonirenden und dissonirendea Akkor- 
den und Intervallen herzusagen wissen » in gys- 
8er Verlegenheit verstummen > wenn man sie auf- 
fodert» einmal die Intervalle eines harten, eines 
.Verminderten Dreiklangs u. dgl. nach dem Gehör 
anzugeben. 

Zu gleichem Zweck empfehle ich noch , sich, 
von einem Andern, bald diesen bald jenen Ak- 
kord auf einem Instrument anschlagen zu lassen^ 
ohne dem Spieler auf die Finger zu sehen» um 
zu prüfen» ob man durch das Gehör zu erkennen 
vermag, was es ist, — ein harter» oder weicherj 
oder verminderter Dreiklang> ein Hanptvierklang, 
oder was sonst für eine Harmonie« 



198 

III.) Umgestaltungen der Crundhartnonieen. 

§. 54. 

Ich habe gesagt, jeder in der Musik mögliche 
Zusanmneaklang lasse sich auf eine von den 9 als 
Urformen aller Harmonieen aufgestelli'jn sieben 
Grundh^rmonieen zun'ickführen. Wir wollen diese 
Zuriickführung nunmehr versuchen, wollen die ver* 
schiedenen möglichen Zusammenklänge durchge- 
ben, und sehen, wie jeder derselben auf irgend 
eine unserer sieben Hauptgattungen hinauslanft^ 
und sich von derselben und anderen Zusammenklän- 
gen derselben Gattung nur wie eine Spielart von 
der anderen unterscheidet, und gleichsam nur als 
eine ausserwesentliche Umgestaltung einer jener 
Urformen zu betrachten ist. 



A.) Umgestaltungen der Lage, 

1.) Verlegung überhaupt. 

§ 55. 
Es ist für's Erste wohl naturlich, dass man zwei 
Zusammenklänge^ welche im Grunde aus densel« 
ben Tönen > nur in etwas veränderter Lage^ be- 
stehen, zu einer und derselben Gattung rechnet^ 
z. 9« den Akkord [ C £ G ] zu eben der Gat- 
tung wie [ c e g ] , oder [ c c g ] u. s^ w. , — 
den Akkord [ C G e } zu ebe'n derselben vfie 
[ C E G 3^ und eben so auch solche wie [C e g], 
oder auch [Ecg],'[Gce] u. dgl.^ denn all 
diese Harmonieen bestehen )a im Grunde doch 
aus denselben Tönen > nur der eine oder andere 
nach grösserem, oder kleinerem Masstabe; sie 
sind also nicht wesentlich von einander verschie* 
den, sondern die eine nur gleichsam, eine Spiel- 
art der anderen , oder mit andern ^Vorten , die 



Grundliarmonieen. 199 

Liagen [Ecg], [Gec] u. dgl» jiind gleichsam 
lur Umgestaltungen der jenigen > welche wir nun 
dnmal als Urform der Harmonieengattupg ^ 
mgenommen haben ^ nämlich der Lage [C £ 6]« 
Solche veränderte Lagen der, eine Harmonie bil« 
ienden Tdne begreift man unter der allgeiAeinen 
leueunung Verlegung^ Versetzung oder 
Jmkehruug einer Harmonie. 



2.) Insbesondere: Verwechslung. 

5 56. 

Unter den verschiedenen mdglichen Verlegun- 
gen, einer Harmonie sind diejenigen vorzuglicn 
aerkwürdigy wo die Intervalle so gegeneinander 
erkehrt werdeui dass die Grundnote nicht 
II ehr zu unterst, nichts wie in der Ur-Lage, im 
\9^sse, sondern in einer Mittel-» oder Oberstimme 
egty und also eine andere Note als die Grund« 
otc , Bassnote wird , die Bassnote verwechselt 
rird. Diese Lagen haben einen eigenen Namen: 
''crwechslungy oder auch wohl Umkebrung 
der Versetzung des Akkordes. In Fig. 87 i 
teht die ^ • Harmonie erst in unverwechselter ^ 
ann bei k und / in mehren verwechselten Lagen, 

Verwechslung ist demnach diejenige Lage ei- 
es Akkordes 9 wo der Grundton nicht zu unterst 
egty wo der tiefste oder Basston nicht die Grund- 
ote ist^ wo ein andrer als der Grundton» d. h. 
in Beiton ($ 5(>i S. 187)» in Bass gelegt» zu- 
ntcrst genommen wird. 

Es wird also hier überall nur darauf gesehen» 
t> der tiefste Ton des Akkordes der Grundton 



200 Grundharmonieen^ 

selber ist, .oder nicht. Auf die übrigen TQnet 
und wie diese gegeneinander gestellt sind, wird 
nicht geachtet, nicht darauf, welcher von diese» 
höher oder tiefer als der andre, sondern HOTy 
welcher der tiefste von allen ist« 

Eben darum ist es hier sehr ndthig, den ün» 
terschied zwischen Basston^ und Grundton^ 
recht fest zu halten. Grund ton ist der^ des» 
sen Dreikiang oder Vierklaiig die Grundharmonie 
ausmacht; ($ 50» 5. 18T) Basston aber ist der 
tiefste Ton eines jeden Zusainroenklangs ($ 4«)* 

In Fig« 87 ist, bei i, der Ton c Grundton und 
Basston zugleich, bei k aber ist der Basston nicht 
auch Grundton, indem hier der Ton e, welcher 
ursprünglich die Terz der Grundharmonie ist, 
als Basston auftritt , wogegen der Grundton 
c oder c als Sexte des Basstones erscheint« Bei 
i ist der Ton g die Quinte des Grund • und 
Basstoncs ; bei k aber erscheint eben dies g^ wel* 
che9 ursprünglich Quinte, nämlich Ouints 
des Grundtones war , vom Basston e an ge- 
zählt, als dessen Terz, obgleich es eigentlich im- 
mer (Quinte der Grundharmonie oder Grund* 
<[ u i II t c bleibt ; — bei / erscheint eben d ies g oder 6 
als Basston^ der Grundton selbst als dessen Ouartet 
die eigentliche Terz aber als Sexte des Basslones. 

§ 58. 

Um auch eine Bezeichnung zu haben y 
mittels welcher wir von jeder' beliebigen Note be- 
stimmt andeuten können, ob sie der Grundton 



Verwechslung. . 201 

der Harmonie t oder, deren eigentliche TerZ| 
, (Grundterz) ^ oder . Gtundquiiite» oder 
Grundseptime, ist, wollen wir uns küiiftig 
folgender Zeichen bedienen« Zum Zeichen > dass 
eine Note die Grundnote der Harmonie sei f 
setzen wir über dieselbe den Buchstaben P (d»h« 
Frime oder Grundnote der Harmonie). — lie- 
ber eine Note^ welche die eigentliche Terz der 
Grundharmonie (Grundterz) ist, setzen wir T 
oder tf — über die Quinte der Grundharmonie 
(Grundquinte) aber j^oder q^ — und über die 
eigentliche Septime S oder 5. Und zwar soll 
ein grosses T .die grosse Grund terz bedeuten^ 
ein kleines t aber die kleine; eben so Q und S 
grosse Quinten und Septimen^ q und s aber 
kleine. Siehe z« B» Fig. 88* 

$ 59- 

t>a die Verwechslung einer Harmonie darin 
besteht, dass eines ihrer Intervalle, welches nicht 
der Grundton selber ist, in Bass gelegt wirdj so 
ist jede Harmonie so vieler Verwechslungen Hihigi 
als sie, ausser dem Grundtone, noch andre Inter- 
valle enthält. Die Dreiklangharmonie besteht aus 
einem Grundton und zweSi Intervallen ; sie ist also 
Zweier Verwechslungen fähig. Der Vierklang besteht, 
ausser der Grundnote > aus drei Intervallen; er 
kann daher dreimal verwechselt werden« 

Wir wollen diese verschiedenen Verwecbslun« 
gen der Heihe nach betrachten* 

$ 60. 
a.) Erste Vetwechslungj 

Diiß erste Art von Verwechslung einer Har- 

15 



202 Grundharmonieen. 

monie isi die)enige Lage derselben« wo nicht der 
. Grundtoll > sondern dessen Terz in deii. Bass 
gelegt, zuunterst gesetzt wird. In Fig. 88 enthalten 
der erste, dritte, fünfte Takt Beispiele von Dreiklln- 
gen in erster Verwechslung^ der 7> 10» 13» 16 aber 
eben solche Vierklänge. 

Man sieht > dass dabei die Grundterz Basstoo» 
die Grund([uiiite Terz vom Basstone» der Grund- 
ton selbst Sexte vom Basston, und die Ursprung« 
liehe Septime Ouiate des Basstones wird. — Und 
umgekehrt: Der Ton^ .welcher in der ersten 
Verwechslung als Basston erscheint, ist eigent- 
lich die Terz der Grundharmonie; — die Terz 
des Basstones ist die ursprüngliche Quinte ; — die 
Sexte i^st eigentlich der Grundton , und die Quinte 
(nämlich in der ersten Verwechslung eines Vicr- 
klanges) ist eigentlich die Septime der Grund- 
harmonie. 

ISimmt man einen bestimmten Akkord als Bei- 
spiel an, etwa den c^- Vierklang mit kleiner Terz 
und grosser Quinte > und versetzt denselben in 
die Lage erster Verwechslung j wie bei Fig. 88, 
Takt 10 5 so erscheint dfe ursprüngliche kleine 
Terz nun als Basstor , die ursprüngliche grosse 
Quinte wird grosse Tei*z vom Basstone > die ur- 
sprüngliche kleine Septime wird dessen grosse 
Quinte» der Grundton aber wird dessen grosse 
Sexte« 

5 61. 

i.) Zweite Verweclislung, 

Zweite Verwechslung eines Akkordes heisst 
diejenige Lage desselben > wo, statt des Grund- 
tones, dessen Quinte in Bass gelegt ist. Figt 
88, Takt 2, 4, 6, 8, 11, 14, 17. 

Man sieht, dass durch die zweite Verwechs- 
lung einer Harmonie, die Grundquinte Basston, 
der Grundton selbst aber Quarte des Basstones 




Verwechslung. 20J 

T?ird; die ursprüngliche Terz wird Sexte» und 
die ursprüngliche Septime Terz vom Bai»9ton. — 
Uirigekenrt : der Ton> welcher in der zweiten 
Verwechslung einer Harmonie al» Basston erscheint, 
ist eigentlich die (Quinte der Grundharmoiiie ; 
die Quarte des Basstones ist der Gruiidton selber« 
die Sexte ist die Grundterz > die Terz vom Bass- 
lone ist die ursprüngliche Septime. 

Z. B.> wenn man den Vierkiang mit kleiner 
Ouinte in die Lage zweiter Verwechslung bringt*, 
(Fig. 889 Talit 14) so wird die ursprüngliche 
kleine Ouinte Basston, der Grundton selber wird 
grosse Quarte vom Bas:«tone, die ursprüngliche 
kleine Terz wird grosse Sexte vom Basstoue, 
die ursprüngliche kleine Septime aber wird kleine 
Terz des Basstones. — Lnd umgekehrt: in der 
zweiten Ver\Vech.slung der er wannten Harmonie 
ist der Ba^ston die ursprüngliche kleine Quinte; 
die grosse Terz vom Basstone ist die Ursprung« 
liehe kleine Septime, die grosse Quarte des Bass- 
tones ist der Gruudtou selber , und die grosse 
Sexte des Basstones ist die ursprüngliche kleine 
Terz. 

5 ß2. 

r.) Dritte Verwechslung. 

Dritte VerwechsliAig ist diejenige Lage eines 
Vierklanges, wo die ursprüngliche Septime zu« 
Unterst genommen wird. Fig. 88, T. 9, 12, 15, IS« 
Es versteht sich von selbst, dass DreikUlnge kei- 
ner dritten Verwechslung fähig sind. (S. 201* § 59.) 

Bei der drillen Verweclislung eines Vierklangs 
wird die Grund^eptime Basston > der Grundton 
wird Sekunde, die ursprün;;liche Terz wird Quarte, 
die Quinte der Grundharmonie aber wird Sexte 
vom Basston. — Und umgekehrt: der Basston ist 
die eigentliche Septime^ die Sekunde vom Bass- 
ton ist die Grundnote selbst, die Quarte vom 
Basston ist die Grundterz, die Sexte des Basstones 
aber ursprüngliche (Quinte» 



2Qi Grundharmonieenn 

• 

Z, B« f wenn man den grossen Vierklang €t ia 
dritte Verwechslung versetzt, (Fig. 88 T. 18) so 
wird die Grundnote kleine Sekunde des Basitons; 
die ursprüngliche grosse Terz wird kleine Quarte 
vom Basston ; die grosse Grundquinte wird Kleine 
Sexte vom Basston ; die eigentliche Septime «i^r 
erscheint aU Basston^ 

Als nützliche Uebung^ sowohl der Akkorden«- 
kenntnis überhaupt) als insbesondere um sich daa 
Wechselverhältnis gelaufig zu machen ^ welches in 
Ansehung der verschiedenen Intervalle der Har* 
monieen durch deren Verwechslungen entsteht^ 
empfehle ich den Mindergeübten , alle sieben 
Grundakkorde in allen Yerweclislungen folgjend^r« 
masseil zu durchgehen; 

1. la der ersten Verwechslung des harten DreMLlange^ wird 
die grosse Gruadterz Basston , die urspriioglicne grosse 
Quinte wird kleine Terz vom Basstoni die ursprüngliche 
Grundnote wird kleine Sexte. 

2. In der ersten Verwechsl, des weichen Dreiklangs wir^--^ 

3. In der ersten Veiw^chsl, des vermind* Dreiklangs wird^r- 

4. In der ersten Verwechslung des Hauptvierklangs wird--- 

5. In der ersten Vefwechsl. des weichen Vierklangs wird»-- 

6. In der ersten Verw. des Vierkl. mi^ kleiner Quinte wird •? -? - 

7. In der ersten Verwechsl. des grossen Vierklangs wird--- 

8> lu der zweiten Verwephsl. des harten Dreiklangs wird--- 
j9. lu der zweiten Verwechsl. des weichen Dreiklangs wird--- 

10. In der zweiten Verw. des vermind. Dreiklangs •wird--- 

11. In der zweiten Verwechsl, des Hauptvierklangs wird--- 

12. In der zweiten Verwechsl. des weiciien Vierklangs wird--- 
i3f In der zweiten Verw. des Vierkl. mit kleiner Quinte wird ---• 

14. In der zweiten Verweclisl. des grossen Vierklangs wird - - - 

15. In der dritten Verwechslung des Hauptvierklangs wird-»«? 

16. In der dritten Verwechsl. des weichen Vierklangs wird---? 

17. In der dritten Verw. des Vierkl. mit kleiner Quinte wird-« «^ 

18. In der dritten Verwechsl. des grossen Vierklaugs wird--- 

Um dies Allgemeine nun auch an Beispielen zu ühcn» 
schreibe mau demnächst auch alle sieben Grundharmonieen 
in allen möglichen Vrrwechs hingen , auf allen Tonen, und 
in yerschiedenen beliebigen Lagen , in Noten aus, und gebe 
sich dabei überall von jeder Note ausführliche und bestimmte 
Beclienschaft ; z. B. folgendermasen: x 
Fig. bb, Tact 1.) Harter Dreiklang (5 in erster Verwechslung. Der 
Basstou e ist die ursprüngliche grosse Terz| — 



Verwechslung. 205 

c, diejLleme Terz vom Basstoii, ist die ursprÜDg. 
liehe grosse Quinte ; — c , die kleine Sexte vom , 
Basston ist - - - u. s. w. 

2*) Harter DreiklanK @ in zweiter Verwechslung. Der 
"Basston g ist - - -u. s. w. 

3.) Weicher Dreiklang c in erster Verwechslung. Der 

Basston es ist - - - 
4.) Weicher Dreiklang c in nv'eiler Verwechslung. Der 

Basstou g «. . • 

5.) Vcnnind, Dreiklang 0( in erster Verwechslung. Per 

Basston - - « 
St) Verm. Dreiklang ©c ül zweiter Verwechslung - - - 

7>) Haupt vierklang S? in erster Verwechslung - - * 
8*/ Hauptvigrklang Öf7 in zweiter Verwechslung - - • 
90 Hauptvierklang $7 in dritter Verwedislung 

10.) Weicher Vierklang c^ in erster Verwechslung - - - • 
110 WeicherVierklangc^ in zweiterVerwechslung - - - 
12.) Weicher Vierklang (7 in dritter Verwedislung --- 

130 Vierklang 0( in erster Verwechslung 

140 Vierklang oc in zweiter Verwechslung - » • 
15-) Vierklang ot in dritter Verwechslung •» - - 

16.) Vierklang 61f in erster Verwechslung - - - 

17») Vierklang iSf in zweiter Verwechslung - - • 

'18.) VierklarigÖ^ in dritter Verwedislung - - - 

19f) Harttpr Dreiklang C^tö in erster Verwechslung « « « 
20.) (äU iA zweiter Verwechslung • . - 

21-) tlÄ in erster Verwechslung 

22«) ci< in zweiter Verwechslung «. - - 

25,) ©cid in erster Verwechslung - - - 
24.) ®n< in zweiter Verwechslung - - - 

25.) (5i<7 in erster Verwechslung - - - 
26.) w. 8. w, 

und soy lyie liier auf den Tönen C und Cis , nnn auch noch 
auf allen y oder doch wenigstens auf noch vielen, andereq 
Tönen. 

Nebst diesem rathe ich , 'auch hier die, auf Seite 19'^ 
empfolilnen Siog - und Hör * Uebungen anzuwenden, 

$♦ 64, 

Eine bestimmte Begel^ wann man eine 
Harmonie in einer Verwechslung an- 
bringen müsse« oder dürfe« giebt es ei- 
gentlich nicht« und die Regeln« welche man in 



206 Grwidharmonicen, 

« 

inanchen Lehrbüchern darüber findet» z. B« dass 
man ein Tonslück mit einem verwechselten Ak- 
korde weder anfangen noch enden dürfof u» dgl^m. 
sind theils nur halb wahr, theils gehören sie nicht . 
in die Lehre von Verwechslung der Alikorde 
überhaupt. 

Nur etwa dieses lässt sich im Allgemeinen be«» 
merken, dass ein Akkord in unverwechselter Lage» 
gemeiniglich für das Gehör etwas mehr Befriedi- 
geiides hat, als in verwechselt^ Lage, \yelche 
.allemal (zumal die zweite Verwechslung^ etwas 
minder Vollständiges, das Gehör weniger Befrie* 
digendes, weniger VoUkommnes (es ist schwer, ein 
ganz bezeichnendes Wort dafür zu finden) an sich hat. 
Insbesondere nehmeh sich diejenigen Harmonieen» 
welche schon an sich selber dem Gehör etwas 
unbefriedigend klingen, in verwechselten Lagen 
noch unbefriedigender, und fast unangenehm aus^ 
z. B. 4Ue**f^ebenvierklange (S. I9l)- Man verglei- 
che Fig. 89» wo Nebenvierklänge in verschie- 
denen Lagen und Verwechslungen vorkommen* 

Mehr als dieses lässt sich hier im Allge- 
meinen noch nicht s«)geii ; sondern es wird über- 
all, wo die Lage besondre Rücksicht erheischt» 
diebos erwähnt werden. 

$ 65. 

^.) HerkömmHche Namea der Akkorde, in Ansehung ihrct 
verwechselten , oder niclit verwechselten Lage. 

Bie Musiker haben den Akkorden eigene Na- 
men beigelegt, welche von den Intervallen ent- 
lehnt sind, aus welchen sie, vom Basston an ge- 
zählt^ bestehen: 



Verwechslung* , 207 

Eiaen Dreiklang in erster Verwechslung 9 wcl« 
eher also aus Basston • dessen Terz und Sexte 
besteht , und> nach den Zählnamcn der Intervall« 
vom Basston an, Terz- Sexten - Akkord ist, nen« 
nen sie kurzweg Sextenakkord oder Sext« 
a k k o r d. 

• 

Einen Dreiklang in zweiter Verwechslung, 
welcher aus Basston, Quarte, und Sexte besteht: 
^uartsextakko rd, oder Sextquartakkord. 

Im Gegensatze dieser Verwechslungs - Namen^ 
können wir einen Dreiklang in un verwechselter 
Lage, den Zahlnamen der Intervalle nach, füg« 
lieb Terzquintakkord nennen» 

Ein Vierklang in nicht verwechselter Lage, 
den Zahlnamen nach Terz - ^uint - Septakkord« 
heisst kurzweg Septimenakkprd oder Sept» 
akkord. 

Ein Vierklang in erster Verwechslung, den 
Zählnamen nach Terz • Ouint - Seilten - Akkord , 
heisst kurzweg O uintsextakkord oder S ext« 
quintenakkord. . 

Die zweite Verwechslung der Vierklanghar- 
raonie , der Terz - Ouart - Sexten - Akkord , wird 
kurzweg Terzquartenakkord oder Ouart- 
t e r z e n a k k o r d genannt. 

' Die dritte Verwechslung der Vierklanghar- 
monie, welche ein Sekund - ^uart-Sext- Akkord 
ist, heisst kurzweg Sekundenakkord. 

Man sollte den sogenannten ^uartsextenakkord 
lieber sc^hlechtweg Ouartenakkord nennen. 
Dies wäre nicht nur kürzer, sondern es würde 
dadurch zugleich in die Benamung der ver- 
wechselten Akkorde eine Folgegleichheit gebracht. 



208 ' Grundharmonieen. 

welche ßir die Gestalt der Yerw^chslongen seni* 
bezeichnend wäre^ und dabei auch das Gedächtnis 
sehr erleichtern ivifrde. Alsdann hiesse nämlich : 
der Dreiklang in erster Verwechsle Sextakkord^ 

— — — zweiter — ^uartakkord; 
^^ VierklaAg unverw^chselt : ^eptakkord« 

— — in erster Verw» ^uintsextakkörd^ 
— * — — zweiter — Terzquartakkord 9 

— . — — dritter — Sekundakkord. 
Die Pols^egteichheit solcher Benennungen llige 
nämlich darin » dass der Name jedes Akkordes 
mit dem Namdn des Intervalles übereinstimmte f 
welches der Grundton der Dreiklangharmonie ^ 
oder der Grundton und die ursprüngliche Septime 
des Vierklangs, gegen die Bassnote bilden. Nänt- 
lich in der ersten Verwechslung des Dreiklanges 
bi^ldet der Grund ton gegen den Basston eineSexte^ 
und ein Dreiklang in erster Verwechslung heisst 
darum vollkommen passend Sextakkord. -«- 
Aus gleichem Grunde hiesse die zweite Verwechs« 
lung des Dreiklanges sehr füglich blos ^uar« 
tenakkord > weil der Grundton darin als 
Quarte der Bassnote erscheint» — Der Vier« 
klang in unverwechselter Lage ^ wo also die 
Gruudseptime auch als Septime vom Basston 
erscheint) heisst Septakkord. — Sextquintr 
akkord> oder Ouintsextakkord heisst die 
erste Verwechslung des Vierklangs, weil darin 
der Grundton als Sexte, und die ursprüngliche 
Septime als Quinte des Basstones figurirt. — 
^uartterzakkord oderT erzquartakkordj 
heisst die zweite Verwechslung der Vierklang« 
harmonie, weil darin der Grundton zur Quarte, 
und die ursprüngliche Septime Terz des Basstones, 
wird. — Endlich heisst ein Vierklang in dritter 
Verwechslung, worin also die Grunduote als Se« 
künde des Basstones, die ursprüngliche Septime 
aber selbst als Basston erscheint, Sekunden« 
akkord« 

Ueberhaupt aber ist in Ansehung all dieser 
Namen zu bemerken, dass sie^ als blos auf der 



Enge, zerstreute Lage. 



209 



Entfernung der oberen Töne eines Zusammenklan« 
ges vom Basston an 9 beruhend^ sehr hauiig auch 
anderen Zusammenklängen beigelegt werden. So 
«vird z* B. in Fällen der Art, wie hier bei Jy 
(Vergl. Fig- 90 /,) 



. 7.) 






i 



^ c 

i 

c 

c* 



/f.) 



d 



f 



d c 
h c 

g 



der Zusammenklang [c e g h] ein Septimenakkord 
genannt, weil er aus Grundton $ Terz 9 Ouinte und 
Septime besteht y obgleich er, wie wir in der 
Folge erkennen werden, keineswegs eine Vier« 
klangharmonie ist> sondern auf einem Dreiklange 
beruht; und eben so der Zusammenklang [e* g G d] 
bei K. (Fig. 90 A.) 



5.) Enge, und jterstreute Lage. 

$ C6. 

Eine weitere Verscliiedenheit der Lage eines 
Akkordes beruht darauf^ ob die Töne> aus weU 
chen er besteht, nah beisammen, oder entfern« 
ter von einander liegen. Ersteres , z* B, Fig« 91 h 
nennt man enge Lage, oder enge Harmonie^ 
Letzteres aber (91 A) zerstreute Lage^ zer- 
streute Harmonie. Klavierspieler und Organi« 
sten heissen diese letztere auch getheilte Har- 
monie, weil sie dabei nichts wie sonst gewöhn- 
lich » die Bassnote allein mit der linken Handj 
die anderen Intervalle aber alle mit der rechten 
greifen können^ sondern die Harmonie zur Hälfte 

16 



210 Grundharmonieen* 

ia die Rechte % zur anderen Hälfte aber in di^ 
Linke nehmen » sie also unter beide Hände ver-. 
theilen müssen. 

$ 67. 

Welcher von beiden Arten man sich in jedem 
vorkoiomenden Falle bedienen will> ist theils blos 
Sache des Geschmackes » theils hängt es von Um- 
ständen ab, welche bald diese j bald jene» engere# 
oder zerstreutere Lage der Stimmen herbeiführen. 
Im Aligemeinen lässt sich darüber nur folgendes 
Wenige sagen* 

Fürs Erste bringt man tiefe Töne nicht 
gern andern tiefen sehr nahe» weil daraus 
leicht ein unverständliches Gebrumme entsteht» 
wie bei Fig. 92 i» Minder verworren klingen 
schon k und /; völlig klar wird der Satz aber 
erst in der Lage wie bei m oder n\ woraus man 
sieht» dass» je tiefer die Töne sind» je nöthiger 
es ist, sie nicht zu dicht aneinander zu drängen« 

Abweichungen von dieser Yorsichtmasregel 
finden eher bei langsamer Bewegung stitt» als bei 
geschwinder, weil im ersten Falle dem GehAr^ 
mehr Zeit übrig bleibt, die gleichwohl einander 
einigermasen verwirrenden tiefen Klänge denfioch 
aufzufassen, welche aber bei geschwinderer Be* 
wegung» aus Mangel an Zeit zum Auffassen, un- 
verstanden vorübergehen« Man versuche, um sich 
hievon zu überzeugen, das eben angeführte Bei- 
spiel unter verschiedenen Stufen von Langsamkeit 
und Geschwindigkeit. (VergL Seite 171.) 

Mit gehöriger Behutsamkeit und am schickli- 
chen Ort angewendet, hat übrigens das Znsam- 



Enge, zerstreute Lage. 211 

nieBkliiigeii von lauter tiefen Tönen , doch auch 
wieder etwas ungemein Feierliches und Imponi- 
rendes, wie z» B« in Uaydn's Schöpfung der 
Segenspruch des Schöpfers: ,,Seid fruchtbar 
alle ^'9 von einer tiefen Bassstimme gesungen und 
von lautelr tiefen Instrumenten begleitet. 

$ 68. 

EJUe zweite Regel ist^ dass man die Töne 
nicht allzuweit von einander entferne» 
keine allzugrossen Zwischenräume leer lasse » wf^ 
allzu entfernte Töne zu sehr ausser Verhältnis 
gegeneinander stehen » und sich nicht recht zu 
einem Ganzen verschmelzen» z. B. Fig. 92» o, p* 

Es ' giebt einen eigenen Fall 9 wo man eine 
Stimme sogar nicht gern weiter als um eine Terz, 
von der nächst darüber gelegenen entfernt» näm- 
lich, wenn in einem, oder in mehreren nach 
einander folgenden, nur aus drei Tönen bestehenden 
Akkorden, die beiden oberen Töne um eine Quarte 
von einander abstehen, z. B* Fig» 93 i* Wenn 
auch nicht grade fehlerbaft, doch weit minder 
wohlklingend wäre dieselbe Akkordenreihe in 
Lagen wie bei k oder /• 

Diese letztere Bemerkung j verglichen mit dem 
im vorigen $ Gesagten, zeigt, dass solche Sätze sich 
in sehr tiefen Lagen nicht wohl anbringen lassen » 
weil man, um die beiden oberen Stimmen nicht 
^u weit von der Bassnote zu entfernen, zwei oder 
drei tiefe Töne einander zu iiahe bringen müsste. 
Fig. Q2 m, n. 

Vebrigens vergleiche man hier die Lehre von 



2l5 GrundKarmonieen, 

der £l|^enthümlichkeit des vielstimmigeiiy «nd vrts 
nigstiounigen Satzes« 

$ 69. 

In manchen Lehrbüchern findet man als allge- 
meine Regel aufgestellt: Die beiden tiefsten 
Töne eines jeden Zusammenklanges müssten jeder- 
zeit wenigstens um eine ganze Oktave 
von einander entfernt sein; (Siehe z. B. 
Kirnbergers Kunst d. reinen Satzes 9 I« Th« X* 
Absrhn. S. l44)« Allein diese Kegel kann fürs Erste 
wenigstens nur für diejenigen Zusammenklänge 
gemeint sein^ deren tiefster Ton ein, an sich sel- 
ber sehr tiefer ibt, denn bei mehren Tönen, 
deren tiefster an sich selbst nicht tief ist, fällt 
der Grund des Verbotes schon von selber weg. 
Fürs Andere aber ist dies Verbot doch auch wie- 
der nur eine zwecklose Aengstlichkeit, wie dies 
schon das eben erwähnte Beispiel yon Haydn be- 
weist. Wäre das Verbot wirklich gegründet, so 
dürfte m^n ja schon überhaupt gar kein Tonstück 
für solche Sing- und ßegleitungsstimmen setzen, 
so wie auch z. B. keines für vier Männerstim- 
men allein, weil es da gar nicht thunlich ist, dUe 
zwei tiefsten Stimmen immer um acht oder mehr 
Töne auseinander zu halten. 

Indessen gehen die Tonlehrer doch sogar 
noch weiter, und lehren, der zweit- tiefste Ton 
dürfe sich eben so dem dritt- tiefsten nur bis auf 
eine (Quinte nähern , die höhern Töne aber dürf« 
ten einander näher kommen, u. s. w. (Rirn- 
berger a. a. O. S. l44 u. flg.) — Dochwerfühlt 
hier nicht gleich auf den ersten Blick, dass solche 
Gesetze der Kunst die Fessel der Fedanterei an* 
legen? Das.^ die Kegel übrigens unndthig, und 
folglich unrichtig sei , beweisen täglich die Ar- 
beiten unsrer besten Tonsetzer, und unter Anderen 
eben wieder das angeführte Beispiel von Haydn. 



213 

B.) Ve rdojy-pelung, 

$• 70. 
So wie wir bisher mehrere ZusammenkläDge , 
wenn sie aus denselben Tönen » nur in verschie- 
denen Lagen» zusammengesetzt waren, als einer 
und derselben Art von Harmonie angehörig betrach- 
teten, so werden wir billig ein Gleiches auch in 
Ansehung solcher Akkorde gelten lassen, in wel« 
chen ebenfalls die nämlichen Töne vorkommen, 
nur aber der eine derselben doppelt, z. B. 
[C c e g], [C G e g], [E c g c], u, s. w. In 
den (E- Akkorden bei Fig!r94 i ist der Grundton 
verdoppelt, bei k die Terz, und bei / die 
Ouinte; bei m alle drei Intervalle der Drei« 
klangsharmonie. Bei fi sind alle vier Intervalle 
der Septimenharmonie sogar' mehrfach verdoppelt. 
Bei / ist im ersten Akkorde der Basston in der 
Octave c verdoppelt, dann, die Quarte des Bass- 
tones » dann dessen Sexte, dann wieder der Bass- 
ton, und zuletzt wieder die Quarte des Bassto- 
nes. — Bei k ist erst die 3* des Basstones ver- 
doppelt, dann dessen 6*9 hernach die 8> u. s. w. — 
Bei /erst die 5*» dann die «Sl, — die 8, — die 6'» — 
die '3 und '5 9 — bei m erst die 3-, 5*9 und 8 des 
Basstones, hernach dessen 8^ *3 und 'f), u. s. w. — 
Bei o , wo zwei Stimmen in Einklang auf dem 
Tone c zusammentreten, kann man diesen Ton im 
Einklang verdoppelt nennen. 

Man bemerkt wohl ohn Erinnern, dass Yer« 
doppelungen vorzuglich in mehrstimmigem Satze 
häufig vorkommen müssen , im wenigstimmigen 
a})er desto seltener. (Vergl. Seile 163.) 



214 Grundharmonieen* . 

Man kann übrigens » je nachdem die Umstände^ 
die Lage und Führung der Stimmen u« s. w* es 
geben 9 bald dieses, bald jenes Intervall » dieses » 
oder jenes Akkordes verdoppeln. Nur ist da- 
bei auf Zweierlei Rücksicht zu nehmen. Fürs 
Erste nämlich verdoppelt man, unter sonst glei« 
eben Umständen j meist lieber den Grundton« 
oder dessen Ouinte, als seine Terz» oder Septimoy 
fveil diese beiden letztern, auch nur einfach ge- 
nommen, jede in ihrer Art« schon an sich selber 
etwas vor den andern Intervallen Hervorstechen« 
des haben. Fürs Andere veranlassen gewisse 
Verdopplungen leicht fehlerhafte Parallelfortschrei- 
tungeu, (S. 1S4)> wovon aber nicht hier^ son- 
dern erst bei der diesfallsigen Lehre gehandelt 
werden kann. 

Jlnmerkung, 

In den Lehrbucliern ist gewöhnlich der Regeln kein 
Ende, welches iDtervail in diesem oder jenem Akkorde ver- 
doppelt werden dürfe, oder müsse. Bei jedem einxelnen 
Akkorde, ja sogar bei jeder Verwechslung jedes Akkordes, 
wird vorgesohriehen , welche Intervalle darin verdoppelt wer- 
den können, welches zuerst, und welches nach diesem, wel- 
ches gar nicht; und all diese einzelnen Präcepte, nebit eben 
so vielen Ausnalmien, wo solche Verdopplung doch wieder 
erlaubt sein soll, soll man im Kopfe behalten I 

Ich glaube, dieses alles eutbeliren, und diejenigen , 
welche es etwa aus Büchern sclioii mühsam erlernt haben, biu 
ten zu dürfen, das Erlernte nur immerhin wieder zu vergessen. 

£s giebt kein Intervall, Welches darum nicht verdoppelt 
werden dürfte, weil es dieses oder jenes Intervall 
dieser oder jener Harmonie ist, oder gar weil 
es die so und so vieltc Stufe, vom Basston an ge» 
zShlt, ist. So gilt OS z. B. für Regel, dass DisSonan- 
sen und Subsemitonieu nicht verdoppelt werden dür« 
fen. Es ist ziemlich wahr; aber nicht darum» weil 
sie Dissonanzen, oder Subsemitonieu sind, sondern weil die 
an sich fehlerfreie Verdopplung solcher Intervalle su Ter- 
botenen Oktaven verleitet. Können diese dabei vermieden 
werden , so ist auch die Verdopplung nicht unerlaubt , und 
das Verbot wieder unnütz , folglich die Regel falsch« Siehe 
1. B. Fig. 95. 



Auslas sung* 215 

Nur also id so ferzi^ als solche Ver(3oppelungen zu einem 
Fehler gegen die Gesetze der Stimmenfuhrung verleiten , sind 
sie gefährlich; die Warnung davor gehört daher in die 
Lehre von der Stimmeuführuney und nicht hierher y wo sie 
euch noch nicht verstanden werden könnte. 

C.) Ausl as s un g. 
% ül. 

Alan kann aber auch einen Zusammenklangt, worin 
einige 9 jedoch nicht alle Bestandtheile einer Har- 
monioi enthalten sind» als eine Spielai-t oder Um- 
gestaltung dieser Harmonie ansehen) z. B« Fig. 96 i 
als eine ^-Harmonie mit ausgelassener Quinte 9 
Fig« 96 /> ^f n als eine S^^-Harmonie» • wobei erst die 
Grundquinte a , dann der Grundton selbst » und 
zuletzt die Grund terz fis ausgelassen ist. 

Man sieht wohl^ dass solche Auslassungen vor- 
züglich im wenigstimmigen Satze häufig vorkom- 
men müssen. 

Ferner bemerkt man leicht» dass ein^^ nur aus 
so wenigen Intervallen bestehender Zusammen« 
klang, oder überhaupt eine Harmonie , wobei ein 
oder mehre Intervalle ausgelassen sind 9 allemal 
mehrdeutig wil'd. Sor sieht z. B. ein Hauptvier- 
klang mit ausgelassenem Grundtone, genau wie ein 
verminderter Dreiklang aus \ (Man sehe Fig. 96 y^)« 
Ja» eine Verbindung von nur zwei Tönen» z. B« 
[® g]> kann man ansehen: als £ mit ausgelasse- 
ner Grundnote» als e oder ^e mit ausgelassener 
Quinte» als ^^ oder S^ mit Auslassung der Grund- 
note und der Septime» als e^ oder V i»it Aus- 
lassung der Quinte und Septime» als SI^ oder cF 
mit ausgelassener Grundnote und Terz» u« s. w« 



«16 ü rundkarmonieen. . 

So rciclilialtij; die Lehrbücher an unnölhi gen Re- 
geln über die Verdopplung der Intervalle sind, 
so arm sind sie über die Frage> welches Intenrall 
in diesem oder jenem Akkord ausgelassen werden 
dürfle* Sie sagen darüber eigentlich gar nichu» 

Im Allgemeinen gellen von der Auslassung 
folgende Kegeln: 

Jn der Dreiklangharmonie ist es nicht gut« 
den Grundton und dessen l^uinto ohne dessen 
Terz hören zu lassen ; wenigstens klingt es im- 
mer leer, und etwas sonderbar^ CFig.97 i) aumal wenn 
die eigentliche Quinte tiefer liegt als die Grund* 
nole^ wie bei A'. Indessen ist das Auslassen der 
Grundterz ^ eben der Sonderbarkeit wegen# zu- 
weilen auch wieder von pikanter Wirkung j wie 
z« B* im Finale eines bekannten Haydn'schen 
Violin» Quartettes: Fig. 08> und in einem vierstim- 
migen Gesänge desselben Tonsetzers: Flg« 99» 

Merkwürdig ist, dass, wenn Terz und Quinte 
zugleich ausgelassen werden, z* B, Fig» 100 i» dies 
weit weniger leer klingt, als wenn der Grundton 
und die Ouinte ohne die Terz gehört werden» wie 
bei k» 

$ Vi. 

Einen besondern Fall giebt es, wo Grund- 
ton und Quinte der Dreikiangsharmonie ffiglich 
ohne die Terz gehört werden können, ohne sehr 
leer zu klingen; nämlich bei der Dreiklangshar* 
monie auf der Dominarte der Tonart; z. B. Fig 101 1* 
Dieser Fall kann aber hier, wo die Begriffe von Tonart 
und Dominante noch nicht gegeben sind, noch 



Ilarmoniqfremile Töne. 217 

lacht erklärt vrerdeh ; wir werden darauf zurück« 
kommen. Einsweilen wird man leicht bemerken^ dass 
solche Auslassung dann weniger gut ist, wenn die 
tigentiiche <^uinto höher liegt als der Grundton^ 
wie hei A; ja, wenn dieser Grundton auch tiefer 
liegt als die Ouinte» über derselbeu aber noch 
euunal 4lie Oklave des Gruadtons, so nimmt es 
sich schon fremdartiger und uiigc wohnlicher aus. 
Fig. lül /. 

Sonst kann, in der Regel, jedes Intervall jeder 
Harmome ausgelassen werden; nur versteht sich, 
dassy wenn aus irgend einem Grunde, die, durch 
Aaslassung entstehende Mehrdeutigkeit vermieden 
werden solU man alsdann dasjenige Intervall, durch 
dessen Auslassung die Melirdeutigkeit entstünde, 
niclit auslassen darf. 

Auch das versteht sich wohl von selber, dass 
man nicht unnöthig ein Intervall einer Har- 
monie auslässt, um etwa ein anderes eben so uu- 
Bdthig zu rerdoppeln. Eine Harmonie, weicher 
ein Intervall fehlt, ist allemal leerer als eine voll- 
ständige, und daher nimmt man eine jede so 
lange vollständig, als nicht Umntlhule eine Aus- 
lassung nöthig machen. 

-■■'■ < ■' » 

D.) Harmoniefremde Töne. 

I 

Die Zusammenklange 9 welche wir bisher als 
Umgestaltungen der Grundharmonieen erklärt ha* 
ben , bestunden doch überall aus denselben Tönen, 

n 



o j ^ Crniit/karnionieeii. 

m 

wie diese« r^ Es komnaen aber in unsrer Musik 
auch hiidfig Zusammenklänge solelier .Tdae vor» 
welche sich in keiner der oben auFgei^hken Gruad- 
harmoniccn also beisammen finden» unter wel-. 
chen sich mitliin allemal wonigi^tens ein Ton be- 
findet, welcher nicht zur Grundharmonie gehdrt, 
der llannonie fremd, harmoniefremd ist. 

Wen» wir nun darauf aohten » wie »olohot 
Einflechten eines harmoniefremden Klanges statt 
findet, so finden wir, dass es auf versehiedene 
Art uud Weise gescliehen kann. Diese verschie- 
denen Arten können zwar hier noch nicht roll* 
ständig aufgeführt, die Grundsätze, nach %veU 
chen dieselben stitt finden, noch nicht erschöpft 
werden : doch wolleu wir einige einzelne Fälle 
vorläufig ausheben. ' 



I.) Selbständige None. 

In der eben erwähnten Hinsicl>t ist vor Allem 
ben^erkenswerth , dass , in manchen Fällen , einer 
Harmonie gleichsam noch ein Bestandthetl mehr» 
ohne IrVciteres, beigefügt werden kann« 

Es ist dies der Fall bei zwei Arten von Hur- 
monieen : nämlich beim Uauptvierklang » und bei 
dem Yierklang mit kleiner Ouinte. — Hier sei die 
Rede vorerst von Ersterem. 

Diese Harmonie erscheint nämlich, ausser ihrer 

Gruodnole , Terz , und Quinte , oft auch noch mit 

einer kleinen oder grossen None bereichert, so 

dass z. B. dem Vierklange @^, ausser den ihm ei- 

• genthiimlichen Intervallen [g h d F]]f noch der 



Selbstämiige Nene, 219 

Ton ä 9 oder äs beigefiigt wird j wodurch denn 
Zusammenklänge enisteben wie [g h J f ä]],oder 
[g h d f äf]) Fig. 102* Ein solcher Akkord , den 
Inlervalleu jiacii , aus welchen er besieht , ein' 
Terz-()ujnt-Sept-Non-Akkord9 wird gemeinüblich 
kurzweg Septnoneuakkord , das hinzuge* 
fiigte Intervall aber None genannt, \yeil es, in 
Lagen wie die chen angeführten, eben in der 
Entfernung von neun Stufen vom Grund« 
und Basstone steht, obwohl es freilich eben 
so gut auch Sekunde heissen könnte. (5. 56 f*) 
Die Benennung None gewahrt übrigens den V orUieiU 
dass solches Interv.ili dadurch einen für diesen 
Fall eigenen Nansen erhiilt. (Verg!. S. 57*) Um es 
noch unzweideutiger zu bezeichnen , und zum 
Unterschiede von anderen, ebenfalls sogenannten 
Noneu , wollen wir es in.Nbcsuadcre selbstän- 
dige None neiiaen. Der Grund dieser Benen- 
nung wird in der Fol^e erkannt werden. 

Mehre Beispiele solcher hinzugefügten Nonen 
zeigen die Fig. 103 bis lOÜ* 

Wenn nun, wie nicht zu iriugnen, diese Bei- 
spiele zum Theil allerdings ineikiicii lierbckliu^cn, 
so ist es dagegen anffallend, wie hehr diese llitrle 
verM:hwindetj sobald der Grund ton ausgelassen 
wird» z. B. Fig. 110 A bis Hj und llT/c bis /?» 
wo denn allemal, statt des ausgelassenen Grund- 
lones, ein anderes Intervall Basston wird. Fig.llO A 
ist niimlich 0^ in erster Verwechslung, mit ausgelass* 
nem Grundion, und hinzugefügter grosser None; 
bei / steht dieselbe Harmonie in zweiler Yer- 



1220 Grundkarmonieem 

wechslung , und bei m in dritter/ — Eben so er- 
sieht man in Fig« 111 dieselbe Harmonie nüt 
kleiner None in verwechselten Lagen* 

Diebeiden, als Fig. 102 < k angefiihrten Zusam«' 
menkiängc sind darin wesentlich verschiedeni dass 
im ersten der Ton ä eine grosse None, im letzte« 
ren aber as eine kleine ist« Eben so findet man 
in Fig. 103 erst grosse Nonen> dann kleine. 

Wann und wo die Hinzufügung der grossen» 
oder kleinen selbständigen None auwtodbar seif 
kann erst später gelehrt werden. Hier begnügen 
wir uns , diese Unigestallung an und für sich selbst 
noch näher kenneu tu lernen. 

Und zwar wollen, wir, nach den bisherigen 
allgemeinen Bemerkungen über grosse und kleine 
None überhaupt, nun eine jede dieser zwei Gat- 
tungen insbesondere etwas näher betrachten« 



0.) Grosse selbsti n dige None. ' 

$ 80. 
In Ansehung der grossen selbständigen None 
ist bemerkcnsvverth y dass sie nur danii angenehm 
klingt, wenn sie hoher liegt als die ursprüng- 
liche Terz , wie dies in den bis )elzt angeführten 
Beispielen auch der Fall ist. Das Gegentheil thut 
gewöhnlich widrige Wirkung: z. B. Fig. 116 «, 
und . deshalb pflegen die Tonsetzer solche Läge 
auch möglichst zu vermeiden. Doch findet sich 
in Fig. 117 9 an den mit ^^ bezeichneten Stellen, 
die grosse None c der S^- Harmonie tiefer lie- 
gend als die Grundierz ^ ; welche kleine, vorüber- 
gehende Härte der Lage aber hier, tlieils durch 



Selbständige None, 



221 



den sonst schön fliesenden Gesang 9 theils durch 
den schmelzenden Klang der Blasinstrumente , ge- 
mildert und vergfitet wird. 

Noch gelinder klingt die grosse None ge- 
wohnlich, wenn man sie auch zugleich höher legt 
als die Grundquinte 9 wie aus der Vergleicliung von 
Fig. 116 A und / gegen m bis p erhellt. Am aller« 
weichsten nimmt sie sich aus, wenn sie ganz 
oben liegt 9 wie bei n, Oj p. (Uebrigens liegt 
die Ursache des minderen Wohlklanges bei A und / 
com Theil auch in der <^uartenparallelbewegung; 
wie man weiter unten, bei der Stimmen Führung« 
sehen wird.) 

Das Gesagte gilt übrigens auch nur von der 
hier erwähnten None, nämlich von der 
selbständigen, nicht von der, welche wir erst 
später kennen lernen. Daher ist freilich folgen- 
der Satz 

f 

d 

a' 

d 

f 

ohne Härte, obgleich der, im zweiten Akkorde 
vorfcommende Ton ä tiufer Hegt als das h; denn 
dies i ist hier nicht selbständig, sondern ein 
Vorhalt» wovon hier nicht die Rede ist. 

f 81. 

Ein Vierklang mit ausgelassenem Grundtono, 
und dafür gesetzter None , ist in solcher Umge* 
slallang oft ziemlich schwer zu erkennen. Am 
kenntlichsten sind noch die Fülle erster Voi wcchs- 
biBgf wo also der Bnsston die grosse Terz des 
Grundtones , mithin die grosse Unterlerz des 
Basstones der Grundloa ist. Auf diese Weise er- 
kennt liian in Fig. IIM bis n die Gnuidliarmo- 







c 


fl 




c 


a 
J 


6 


1 


g 


' 


c 



222 Grumlhannonleetu 

nie 07, und zwar vorzüglich leicht bei m,'wo 
die Töne lerzeiiweis übereinander siehen. 

Liegen aber die Tdne nicht terzenweis . Iiber<« 
CMtiauder, so ist die AiifKndung der Grundharmonie 
weniger leicht. Mindergetihte können sich uladAoa 
dadurch helfen 9 dass sie die interväilo \a G^dUih- 
kcn so untereinander umkehren, das» sie terxeii* 
weis übereinander zu stehen kouinieu. Um 2* B. 
die Grundharmonie der, in der oberstea Zeile 
von Fig. 118 geschriebenen A*kkorde aufxufia« 
den, wende und stürze man sie so laage^ bis 
die Noten terzeinveis erscheinen, wie iu der 
unteren Zeile. Alan hat daun lauter erste Ver- 
wechslungen von Hauptvierkl'tngen mit hiozuge^ 
fügten grossen Nonen, und ausgeiass^nea Grund- 
tönen, in Terzenla^^e, und lol;(lich sind die Grund- 
harniouieen dieser Akkorde : £^, Sld?, Ci^', @€^^> 
©iv^ (£eö^ £)i^^ 

$ 82. 

Der Leser hat wohl schon Hingst bemerkt, dass 
ein solcher Akkord^ in Ansehung der TÖae aus 
welchen er bestellt, einem wirklichen Vierklani^ 
mit kleiner (^)uinte vollkommen ähnlich ^ jeder aus 
solchen Intervallen bestehende Zusammenklang mit^ 
bin an sich wieder mehrdeutig ist. Dean man 
kann einen Aukord^ bestehend aus den TÖneu 
[HL f a JJ lidtr [d h F ä] oder \J h J äj, eben 
so wohl als» auf der Grundharmonie °(^^ beruhend 
anseilen > als auch auf 3^. Betrachtet man ihn 
als *^7, so ic^t die Note h der Grundton # d ist 
Grundterz, f Grund quintet und a Grundseplime ; 
betrachtet man ilin aber als 3^ mit aosgelassner 
Grundnote und grosser None, so ist das h Grund- 
terzj d ist Quinte , das f Gruudseptime # wbA 
a die None. 

Ohne jetzt schon ausfüiiren zu jköunen» auf 



SMständige None. 223 

welche der hier angedeuteten verschiedenen Arten 
man im vorkommenden Fall eine also aussehende 

• 

Tonverbindung zu betrachten und zu behandeln 
habe^ welches sich erst in der Folge zeigen wird» 
möge das hier Erwiibnte nur dazu vorllfufig dienen^ 
auf die vollkommene äus&ereAehnUchkeity und doch 
wesentliche Verschiedenheit aufmerksam zu machent 
und zu zeigen 9 wie wesentlich anders sich Alles 
gestaltet, je nachdem man einen solchen Zusammen- 
klang aus dem einen 9 oder aus dem andern 
GesichlspunlUe betrachtet. 



h.) Kleine selbständige None. 

, Wenn man die Töne eines, durch Auslassung 
des G|*undions und Beifügung einer kleinen None 
umgestalteten Hauptvierk^anges, terzen weis über ein- 
ander ordnet, z. B. £\\d f as], Cs^^^^O' "* ^S^*» 
>oersGheinMin Akkord« bestehend aus Basöton, des- 
sen kleiner Terz, kleiner Quinte und verminder- 
ter Septime. Weil nun in einem solchen Akkorde 
die kleine None von der eigentlichen Terz um 
eine verminderte Septime . «ntfernt ist» so -erbüit 
er im Sprachgebrauche nicht seltie^ den Namen 
verminderter Septimenakkord. Wir wol^- 
lea diesen «Namen gern in unsere Kunstsprache 
aufnehmen ; nur aber dabei nicht vergessen , dass 
die hier sogenannte Septime nicht eigentliidie Sep- 
time (Gi^undseptime), sondern eigentlich kleine 
None ist> welche hier nur darum Septime beisst« 
%veil sie eben, vom Baaston an gezahlt, der siebente 
Ton ist« 



Selbständige Noue. 221 

Allem) was bisher Andere gelelirt, ausgesprochen, liier in so- 
weit Torläufig 2U begründen, als dies, oiiae ailzuse^ir vorzui- 
greifen y liier schon geschehea kann. 

Selbständig nenne ich die None in den vorstehend 
besprochenen Fällen darum, weil sie, nicht an die Bedingua^ 
gen Ton Durchgangs- und Vorhaltnoten gebunden, nicht ein* 
zig als Nebenton eines zunächst neben ihr liegenden harmo- 
nischen Intervalles ^ fondern (von all diesem unabhängig 
▼orkouimen kann. 

£s ist nämlich zwar allerdings wahr, dass die meisten 
Nonen sich nach den Grundsätzen Ton Durchgangs, und 
Vorhalttönen erklären lassen, und riele Theoristen, (an 
ihrer Spitze vornehmlich Joh. Ph. Kirnberger,) haben 
sich dadurch sogar verführen lassen, alle Nonen überhaupt 
für Vorhalte zu erklären. — Allein es kommen nicht selten auch 
Nonen vor , welche sich durchaus nicht nach den Gesetzen 
von Durchgängen und Vorhalten richten , sondern von den- 
selben ganz unabhängig einherschreiten. Es bedai f wohl nur 
eines Blickes auf Fij;. 103 — 109, 112, 115, 117, uua zu erkennen, 
diiss die Fortschreitung dieser Nonen ( des freien Eintretens 
gar nicht zu gedenken ) sich durchaus nicht nach den Gesetzen 
von Vorhalten rechtfertigen lässt ; (wovon weiter unten in 
der Lehre von Fortschreitung der Intervalle ein Mehres). 
Somit drinet sich uns ja von selbst die Ueberzeugung 
auf, dass in gewissen Fällen Nouen auch unabiiängig von 
jenen Gesetzen auftreten ; und in diesen Fällen nenne ich sie 
selbständig. 

Wenn, nach dem so eben Bemerkten, die Ansicht der- 
jenigen unrichtig erscheint, .welche alle Nonen i4isgesammt 
für vorhalte erklären wollen, so ist, auf der andern Seite ^ 
auch noch die Ansicht einer anderen Partei zu beleuchten , 
welche, (Fr. W. Marpurg ander Spitze), jede Nonc 
als wirkliches harmonisches Intervall ansieht^ 
Und mithin eine eigene Grund harmo nie, Nonen- 
akkord oder Se})tnonenakkord genannt, annimmt. — £s 
ist aber diese Vervielfältigung der Grund liarmonieeu , meines 
Bedünkens, gänzlich unnütz: denn eine Hauptvlerklangs- oder 
Septimenharmonie mit beigefügter None verhälti sich, diese 
None abgerechnet^ in allen übrigen Stücken gänzlich wie eine 
ohne solche None; sie hat ihren Sitz auf derselben Leiter- 
Stufe , ihre Septime ist denselben Fortschreitungsgesetzen 
unterworfen , als wäre keine None vorhanden , eben so ihre 
Terz, u. s. w. — es folgt auf eine solche Harmonie mit 
None, grade* so wie auf eine ohne None, am natürliclisten 
die Dreiklangharmonie der vierthöhern Stufe u. s. w. , (wie 
dies alles, an seinem Orte, noch näher besprochen werden 
soll) ; und nach diesem allen ist wohl mehr Ursache vorhanden, 
einen Vierklang mit None schlechtweg für einen Vierklang 
mit None zu erklären, als, ihn zu einer eigapen Grund- 
harmonie zu stempeln. 



228 Grundharmonieen. 

Wieder andere Tonlehrer wollen Akkorde dfr 
Art wie [H d. f a] allemal für wirkliche Sep kakkor de 
erklären, und demnach ^2. B. auch in Fig. 116 k — -p den Tön 
h für die Grundnote , das d ftir die Gruudterx , das f iHr 
die Grundguinte^ das a aber als Gruadseptiikie erklSren. 
i% 82). Wenn wir nun aber in diesen Beispielen finden » 
dass der Akkord [H d f a] sich in allen Stücken p«de io 
Terhält, wie ein Vierklang %f in erster Verweolisluns» aoiit 
es ja wohl schicklich , ihn auch dafür zu halten. Wenn wir 
nämlich finden y dass der Basston keineswegs ^ wie der 
Grundton eines Vierklanges, eine Quinte aufwarts^der eine 
Quinte abwärts, sondern am natürlichsten eine kleine Stufia 
aufwärts zur tonischen Note zu schreiten strebt', grade wie 
die Terz des Hauptvierklangs , — dass hingegen die Ten det 
BaMtones^ eben so frei ist wie die Quinte des Hauptvierklan^iy 
•~ dass die kleine Quinte des Basstous sich grade so zu bewegen 
strebt, als wäre sie Hauptseptimc, — und die Septime des Ba^ 
tones sicii grade so benimmt, wip sich, eine grosse Nene itt 
benehmen pflegt; — wenn wir endlich finden, dass auf diesen 
Akkord, grade so wie auf den Vierklang, am natürlichsten die 
tonische Harmonie folgt : -~ nun so sind dies alles ja doch Ur- 
sachen genug, diesen Akkord hier für Das zu lialten , wormf 
er so in allen Stücken pas<:t , und nicht für Das, worauf we- 
der seine modulatorischo Fortschrcitung im Ganzen, nooh die 
Fortschreitung seiner einzelnen Intervalle passen will« (Auch 
hierüber weiter unten wieder Näiieres.) 

fiben dies alles gilt auch gegen die Ansicht derjenigen ^ 
welche, (wie z. B. Vogler) auch den sogenannten Ter- 
sninderten Septakkord als einen eigenen Grund- 
akkord, die Bassiiote desselben milbin als Grundton ^ 
seine Terz als Grundterz, u. s, w. ansehen wollen. Alles 
was ich so eben in Ansehung-der einzelnen Intervalle erwähnt^ 
trifi't auch hier zu: Fig. 121 > und auch in Ansehung der Har- 
monieenfu?ge bemerkt mau , dass auf einen solchen Akkord 
allemal am U'itürh'ciisten die Dreiklangharmonie zunächst 
über der Bassuote fulgt, indess ja doch die übrigen Vier- 
klänge die Harmonie der Oberc|uartc heischen ; welche aber 
der Harmonie [Gis H d f] ganz fremd ist, wie aus nach- 
stellendem Beispiele bei J zu ersehen. Dieser Inkonsequens 
KU entgehen, wollen Manche, nur um besagten Septimen- 
akkord als Grundakkord ansehen zu können, die fiariao- 
nieenfol^e bei JfiC für gut und natürlich erklären. 



/.) 



f c 


f c 


J c 


K,) d cis^ 


gis % 


Gis eis 



wie I, B, A« ^' C. Kollmanu in seiner New Theory, 
Chap. 8» $. 12> und Im Praciical guide to Thorough-Bass. 
Chap 4, $. 7. — J •- 



Erhöhung, Ernieclerung. 229 

Eadlioh auch noch daHiber ein Wort, warum ich die 
selbständige None als ausschliesslich nur 
xweien Grundharmonieen eigen aufführe. Die Ur-i 
saclie ist ^ sehr einfaeh , diese : weil ich nie bemerkt habe , 
dass auch bei anderen Harmonieen . eine None also selbstindig 
erscheinen könne , sondern bei diesen überall nur als Neben« 
note zu einem harmonisch geltenden Tone, oder, wie man^ 
zu nennen pflegt, als Durchgang oder Vorhalt. Auch hier- 
über soll das Nähere später, bei der Lehre ron Forlsclirei« 
tung der Nonen^ in Anregung gebracht werden. 



2.) Umgestaltung einer Harmonie durch 
chromatische Erhöhung oder Erniede* 
rung eines Intervalles. 

$ 89. 

So wie wir 9 bei der im vorigen Abschaitte 
besprochenen Umgestaltung , einer Harmonie ein 
ihr fremdes Intervall hinzugefügt sahen 9 so findet 
man nicht selten auch eines ihrer Intervalle 
willkürlich chromatisch erhöht« oderer-> 
niedert. 

Vorzüglich bemerk enswertli ist in dieser Hin- 
sicht die willkürliche chromatische Erhöhung 
der Terz des Vier k längs mit kleiner 
Ouinte. Diese Harmonie erscheint nämlich in 
gewissen Fällen ( welche jedoch erst weiter unten 
näher bezeichnet werden können)^ häufig iu der 
Art umgestaltet 9 dass/ statt der ihr eigenthümli- 
chen kleinen Terz, ein Ton erklingt, welcher die 
grosse Terz vom Grundton ist , z. B. in dev 
Grundharmonie "^^ der Ton dis statt d. Auf diese 
Art ist die, der Grundharmonie *^(^^ in Fig. 123 <' 
f'igne Note ij, bei k in Jb verwandelt 9 und eben 
«lies ist in den Verwechslungen bei /, u. folgg. 
der Fall, wo überall willkürlich Jis sUtt J gesetzt 



w 



230 , Grundharmonieen. 

ist. Man könnte sagen i der Nebenvierklang "^^ 
afTektire hier einen Zug aus dem Karakter des 
Hauptrierklangs J^^, er usurpire ein Kennzeichen 
•desselben, die grosse Terz. 

$ 90. 

Die Beispiele klingen 9 so wie sie hier eben 
stehen 9 allerdings etwas hart und widrig: die 
Härte verliert sich aber, wenn man 

A.) den Grund ton auslässt, und zugleich 
B.) die erhöhete Grundterz höher legt als 
die Grundquinte. Fig. 123 p> q* 

$. 91. 

Zu A.) Das Auslassen der Grundnote ge- 
schieht beinah immer. Beispiele vom Gegenthcil 
finden sich jedoch in Fig. 124 (aus der Introduction 
zur Schöpfung von J. Haydnr), in Fig. 125(aus 
einer Klavier - Sonate von Beethoven aus Es , ) 
in Fig. 126 (aus Webers Freischütz )> u. a. m. 

Minder selten sind Beispiele worin der Grund- 
ton zwar mit angeschlagen , aber bald wieder ver- 
lasseuj und mit einem andern Intervalle > nament- 
lich mit der Gnmdseptime, verlauscht wird, wie 
in Fig. 127 beim Akkorde [fis c IJU ]. 

Statt des ausgelassenen Grundtones kann man 
auch wohl die kleine Nene selbständig 
hinzufügen; eiue Tonverbindung, welche sehr 
häufig vorkommt, und dem Leser wohlbekannt er* 
scheinen wird. Fig. 123 r bis m, — Fig. 128, Fig. 129 
I9 Ay u. a. m. Und dies ist der im ^ 11, angedeu- 
tete zweite Fall, wo die selbständige None stattfin- 
det Dieselbe klingt hier eben so weich und ge- 



Erlköhung , Erniederung. 2.>1 

lind» .ils der Grundton, dessen Stelle sie vertrru^ 
hart und herbe klingen i^vürde. Ja man kann die 
H8rte> welche durch das Beibehalten des Grund- 
lones' sonst entstehen würde^ sogar bedeutend da- 
durch mildern 9 dass man diesen wenigstens mit 
der None abwechselnd hören lässt , gleichsam als 
trilte er nur vorübergehend an die Stelle der 
Letztem, z. B. Fig. 125 (^ statt wie bei iv, — 
Vergl. auch 129 p — «• 

Zu B.) Ein Akkord der hier befraglichen Gattung 
kh'ngt allemal weit angenehmer » wenn darin die 
erhdhte Grundterz hoher liegt als die 
Grundquinte> oder mit andern Worten, wenn 
diese beiden Töne ein Intervall einer übermässi- 
gen Sexte, nicht aber einer verminderten 
Terz, gegeneinander bilden; wie dies aus Ver- 
gleichung von Fig. 123 o, r gegen p, q, s, t, erhellet. 

Eben daraus ergiebt sich, dass eine solche Har- 
monie in erster Verwechslung (wie bei 
Fig. 1-23 f) immer nur wenig vvohlklin|;end sein 
kann , oder mit anderen Worten , dass diese Aii: 
von Umstaltung auf die erste Verwechslung des 
Vierklanges nicht wohl anwendbar ist, indem bei 
ersten Verwechslungen die ursprüngliche Terz 
eben zu unterst liegt. — In Fig. 130findetman 
jedoch solche Lage bei k, im Akkorde [[eis es g Jj 
so wie auch in Fig. 131 im 2ten Takte, vermuth- 
llch in der Absicht gebraucht, um das ^ytutto 
gerne*' recht kläglich auszudrücken. 

Manchmal findet man auch einen Zusammen- 
klang auf dem Papiere so aussehend, als läge darin 
eine vermindei^te Terz > indess das Gehör dabei 



I 



232' Grundharmonieen. 

etwas ganz Anderes empfindet« So bilden- z. B« 
in Fig. 132 im zweiten Takte die Tdne [eis g J 
lEwar für's Auge eine verminderte Terz : alieio 
das Gehör vernimmt» (wie» wir spater erkennen 
lernen) den als eis geschriebenen Ton nicht für 
eis 9 sondern als f^ und darum klingt, ihqi denn 
auch der Akkord gar nicht herbe, wie er doch 
müsste, wenn er ab [eis d g fi] ei*schiene* 

Am häufigsten kommt die Erhöhung der Terz in 
Lagen zweiter Verwechslung vor» und diese 
Lage solchen Akkordes trägt den eignen Namen 
übermässiger Sextakkord» weil dabei die 
erhöhte Grundterz gegen den Bässton eine über- 
mässige Sexte ausmacht. Fig. 123 Tn,p, s. Gewöhnlich 
erscheint er dann mit ausgelassiiem Grundtone» wie 
bei />» oder mit dafür gesetzter Nene» bei si 
selten mit beibehaltenem Grundtone » wie m» und 
noch seltener ohne Septime wie bei x. 

In Fig. 133 habe ich versucht» einen solchen 
Akkord mit Auslassung sowohl d#s Grundtons 9 
als der Nene» und auch der Septime» anamb ringen »t 
und zwar so*» dass» unter allgemeinem Schweigen 
aller andern Instrumente » nur grade die Pauke 
den Basston {die Grundquinte)» die Singstimmen 
allein aber dessen übermässige Sexte (die erhöhte 
Grühdterz) angeben. 

' Die dritteVerwechslung der befra'glichen. 
ti!armonie ist wenig gebräuchlich» obgleich es' 
ihr nicht an Wohlklang fehlte wie aus Fig. 123 q$^ 
tf und 129 n zu ersehen. 

Die vierte Verwechslung ( § 87),-^^' 
wenig gebräuchlich und wenig brauchbar. Fig. 
123 tt. . 



Erhöhung p Erniederung» 333 

a 

Nicht teltsa ßllt es ^lindergeubtan tchtreri 
diese Art von Harmouie zu erkeuuen. Als Hülf« 
mittel und Kenuzeichea aber kann man sich mer« 
keiif dass unter deti Noteiif aus wclcheu eine solche 
Harmonie besieht , sich iuiu;er zwei finden ^ die 
gegeneinander ein Intervall yoi». einer über« 
mässi|^en Sexle, oder einer verminderten Terz» 
ansmncheu ; z. B. in Fig. 123 überall entweder 
f«disy oder dis-f. Die obere ^iote der über« 
massigen Sexte , oder die untere der verminder- 
ten Ter:t9 ist aber immifr die erhöhte Terz def 
Grundnote. Die Grundharnionie obiger Bei-« 
spiele ist daher %?. — ^yf gleiche Art findet 
man in Fig« 124 die libennaüMge Sexte As*ru> 
welche also auf die Grundharmonie ''V^j deutet» 
und eben w^ erkennt «man in Fig. 125 die Har- 
monie y, — in 126 *'ö^ — in 127 ^fiö^* — 
in 128 Yf — u. 8. w- 

$ 95. 
Da übrigens Akkorde der bisher besprochenen 
Art sich wieder auf unserm Notcnsisteme nicht 
darstellen lassen, ohne «vcnigsteus einer Note 
ein ckromatisches Zeichen voranzusetzen « so kann 
)eder solche Akkord darum » eben so wie der so« 
genannte verminderte Sepukkord ( ^ 86 )^ ain 
chromatischer Akkord genannt werden. 

$ 94. 

Atif ähnliche Artf wie, in den bisher betrach« 
teten Akkorden 9 die kleine Grundterz eines 
Vierklangs mit kleiner (Quinte willkürlich zu 
einer grossen Terz umgestaltet erschien > kann 
man sich auch allenfalls die Ouinte eines Haupl» 
vierklangs wiiiliürlich erniedert denken $ z B- 
bei der Harmouie J^ die grosse Ouinte fis l* 

19 



23A Grundharmönieeni 

eine kleine Quinte f umgestaltet, wo dann die^ 
Harmonie [U dis fis a] in [H dis f aj verwan- 
delt erscheint, z. B. Fig. 134« 

^ Man bemerkt wohl auf den ersten Blick , dass 
auf solche Art ganz derselbe Zusammenklang er« 
scheint 9 wie durch willkürliche Erhöhung der 
Terz der Harmonie ^'^^y und dass demnach die 
oben angeführten Akkorde Fig. 123 bis 133> sich 
sämmtlich auch als umgestaltete Hauptvierklänge 
ansehen lassen. ^ 

Ja wir werden in der Folge » insbesondere bei 
der Lehre von Durchgängen, finden, dass Zusammen« 
klänge der in diesem Abscllkiitte besprochenen Art 
sich auch auf noch andere Art erklären lassen, in- 
dem sie manchmal in der That auf nichts anderes, 
als auf Durchgänge hinauslaufen* 

$ 95. 

Ausserdem aber ist noch bemerkenswerth ^ 
dass Akkorde der Art wie Fig. 123 p bis i£, 
nach der Entfernung der Klaviertasten betrach- 
tet, voUkommne Ähnlichkeit mit ganz anderen 
Hauptvierkläugen haben. Man vergleiche Fig. 7* 
gegen K. 



fis 


,r ß" 


Fig. J.) ». 


Fig. X.) es 


C 


c 


As 


As 



Der Unterschied besteht gewissermasen nur im 
Namen; Eines klingt aber (zumal nach unserm 
temperirten Sisteme« S. 35) wie das Andere. 
Hier^ius entsteht denn wieder eine neue Mehr- 
deutigkeit. 



Erliöhung, Erniederung. 23^ 

Jlnmerkung. 

Auch über die ron ( 89 bis liierber von mir gewSbltt 
Darstellimgsart , muss ich wohl noch Einiges anmerken , ua 
lo zeigen 9 dass sie sowohl einfache r» als auch natur* 
gern isser ist, als die in unseren bisiierigen Tiieorieen er- 
findlich« , "Qberdies aucli vielseitiger, und darum r e i o h- 
haltiger und fruchtbarer an Aufschlüssen. 

Dass sie e i n f a c h e r ist ^ wird schon eine einzige Be- 
traehtong gnügend darthiin. Wenn -nach meiner Darstellungs- 
wcisa folgende vier versolüedene Zusammenklänge 

K l 

10 E 20 * 30 i- 40 i 

dis d^s dia dis 

FF FF 

sich sinuntlich aus einer' u n d derselben, schon be« 
kannten Grundharmoni'e herleiten lassed, und zwar 
entweder aus der Harmonie 0^7 mit erhöhter Terz, oder aus 
dem Hauptvierklange «&7 mh erniederter Quinte; so glaub» 
ten dagegen unsere bisherigen Tonlehrer, zur Erklärung dieser 
vier Zusammenklänge, vier eigene Grundakkorde erfinden zu 
müssen, nämlich: !•) einen sogenannten hartverminderten, 2*). 
einen döppeitverminderten Dreiklang, S.) u« 4.) noch zwei 
Septkarmönieen ähnlicher Art: 



10 f 


IL) a 


dis 


f 


u 


Dis 



a 


e 


III.) f 


IV.) a 


dis 


f 


H 


Dis 



mdes wird demnach Fig. 1.) für eine sweite Verwochslune der 
Grundharmonie I.) erklärt, Fig. 2.) aber für eine erste Ver- 
wechslung der Grundharmonie IL), Fig. 3.) aus der Grund- 
harmonie III.) in zweiter, und Fig. 4*) aus Fig. IV.) in er- 
ster Verwechslung — üeber den Vorzug grösserer Ein- 
fachheit kann hiernach wohl keine Frage mehr sein. 
(Vgl. S. 19U 

Eben so unzweifelhaft T^^ig^ sich meine Erklärungsart 
auch der. Natur der Sache selbst gemässer, als 
die alte, und dies zwar in mehrfacher Hinsiciit. 

Fürs Erste muss es einem nämlich schon wunderlich 
vorkommen. Zusammenklänge von Tönen, welche sich in 
der Tonleiter keiner Tonart beisammen finden, wie [F dis h] , 
[ F dis a ] , [ F dis a h ] und [F dis a c ]» Grund- 
ha rmonieen nennen zu hören. 

Fürs Andere wären diese Grundharmonieen, und vor- 
züglich die bei Ziffer rV, wenn man sie auch für solche 
erkennen wollte, in Ansehung der Harmonieenfolge, von der 
Natur aller anderen Harmonieen abweichend : denn, wenn man 
dem Akkorde Ziff. 4> die Grundharmonie Ziff. IV unterschieben, 
imd den Ton Dis als Grundton ansehen will, so stellen sich 



9i6 



Grundliarmonieen. 



amem dabei wieder aU.ili« Folgewidrigkeiten in den Weg, 
welche wir oben srhon ii| Ansehung anderer angeblicher 
t3rundhiinnbfaieen besprochen, (S. 227 u. 228) indes« es, sobald 
Mian alle Tier ZusainiaenklSnge, als auf ohi ,• oder ^7 bem- 
iiend ansieht, gani nartiirlich ist, dass sie alle rier den ^^ 
Dreiklang heisohea. 

Und wenn man endlieh Drittens auch die Fortschrei- 
tung der eintelnen Inlerralhe dieser Zusammenklänge be« 
trachtet y und vfindet, dass aueh. Altes gani so autrifiV, wie es 
dieser letsteren Ansicht ^ufoloe ^utreifen muss, •— dass in allen 
Zusammenklliogen von 2 \>J^^ 4 » der Ton a ganz nach deo 
Fortschreitgesetien der Septimen fortzuschreiten strebt , der 
Ton e aber sich fedeifzeit wie eine.kleineNone benimmt u.s.w., 
30 darf wolil jeder weitere ZweiÄ^I schwinden* 

Wenn ich endlieh im Eingang dieser Anmerkung meine 
Darstellungsweise de? befraglichef) Akkorde auch vielsei- 
tiger, und darum reichhal tiger, und an Auf« 
scTilüsseo fruchtbarer nenne , so verweise ich in die- 
ser Einsicht theils auf obigen ( 94, thei)a jund hauptsachlich 
»ach auf die, im Verfolge des Vortrags sich ergebenden näheren 
Aufföhrungeo« 



loh habe übrigens in den Tors feilenden Paragraphen gani 
unerwähnt gelassen , dnss die Tlu*oretiker den Gebrauch der 
hier besprochenen Akkorde, und nameutifch des iibcrmässi- 
gen Seztaiikordes, in d er sogenannten strengen Schreib- 
art, und insbesonflere im Kirchenstyf, fßr uner- 
lanbt erklären, wie z. B, Marpurg in s. Generalb. II, 
2- Abschn, 2 und 3. Absatz, Seite 125, Art. 5* $ 2- u. a. m. — 
Ich könnte leictit die Sache kurz abtlmni wollte ich auf die 
bisher angeführten, von klassisdieu Tondichtern entlehnten 
Stellen verweisen. So Jässt z. B. J, Hay d n. in seinem rüh- 
renden ,,i5'4/f Regina*^ f welches vielleicnt mehr, wie 
irgend ]ßines sein<j- übrigen Kirchenstücke, wahriiaf^ kirch- 
lich ist, nach einem Vorspiel von 10 Takten, die Siugstim* 
men frei mit dem übermässigen Sextakkord eintreten, Fig* 
.129; und WQiirlich profan und unanständig w4rd diesen 
enselfromnien Gesang Niemand sohelteo ) - Ich kannte mich 
HUI diese und vie!e äliuliciie Autoritäten beschränken. Da 
jedoch die Phrase von Erlaubtheit und Verbotenheit in diesem 
öden jenem Stjl» uns, bei jelem Blick in unsere bisherigen 
Theorieen, so überall in die Quere kommt , so will ich hier^ 
Veranlassung nehmen» mich darüber ein für allemal zu er- 
Kl$ten, In dieser Hinsicht will ich denn, was fÜr's Erste die 
Distinetion zwischen strengem und freiem Styl angeht » 
nur gleich von vorne herein gestehen, was ich seiner Zeit, 
in der Aesthetik, näher zu entwickeln gedenke, dass ioh 
von dieser ganzen Distinction — nun eben gar wenig halte \ 
am allerwenigsten aber von technischen Tlieorieen die da 
heis«en ; Die& pdcr jenes sei „ im strengen Style verboten y 
y,im freien ^ber erlaubt'*. — Klingt etwas Übel, so muss 



Erhöhung ß Erniederung. 237 

Mit Theorie es flberall rerbieten: das Wohlklineende aber tu 
ferbieten ist nirgend ein Grund. Ut demnaon ein Verbot 
wirklieh gegründet, so ist auch nur der Stjl gut, welcher 
d«s Verbotene meidet, und jeder andere , welcher, minder 
mrtssenhaft, {enes übertritt, nothwendig «in fehlerhafter,, 
der sogenannte freie d. h. regelwidrige J^jl folelich 
OD schlechter, allerwenig.^tens ein schlechterer Stjl. 
Was insbesondere die Unterscheidung von profanem, 
und Kirchen stjl angeht, so habe ich von letzlerem 
einen Tiel xu hohen Begri£f, als dass ich die Wesenheit des- 
selben Ton solchen teäinischcn Verboten abhängig halten 
konnte. VTeh über die WiSrde des Kirchenstjis , wenn der 
Unterschied desselben Tom profanen, im Niohtgebrauche die* 
9es oder jenes Kunstmaterials zu suchen ist! -— . Was würde 
wohl ein TemQnftiger Maler erwiedern, wenn ihn ein Theore- 
tiker belehren wollte : zu einem geistlichen Gemälde dürfe 
keine rothe, oder keine erüne, oder keine Feuerfarbe ge- 
braneht werden, .— oder es dürfen darin nicht zwei lanien vor- 
kommet!, welche einen V^^iiikel von so und so viel Graden ge- 
geneinander bilden ? ! — Wohl wird er vielleicht einmal nei 
einem Bilde des Kiudleins in der Krippe, etwa die Purpur- 
farbe in die Harmonie seiner Koloi:irung nicht mit aufzuneh- 
meUf für gut finden : aber, wenn er sie hier nicht gebraucht , 
wird er sie darum einem religiösen Gemälde Überhaupt uiian- 
ttiodig schelten? und also auch z. B. bei einer VerklS- 
rnng? — oder scharfe Winkel nei einer Kreuzigung, 
oder Geiselung? — 



Endlich Terdient wolil auch darüber noch Einiges angemerkt 
m werden , dass manche Theoretiker Akkorde der iiier 
befraglichen Art in gewis-ieu Lagen verbieten^ 
welche ich in den Torsteheoden Paraerapiien niciit Terboten 
litbe. -^ So lehrt z. B. Marpurg in s. Genera Ihass , I. 
TheiU 1. Absolm., 3. Al^atz, j. 27, S. 44, Ziff. 2, ond 
paoli ihm Heinr. Chr. Koch in s. Anl. z. Compos. 1. Bd. 
S. 79, der sogenannte doppeltverminderte Dreiklang [dis f a] 
in Quartsex ten läge , also z.B. [A f Jis], sei „in der praxi** 
nicht brauchbar. — Dies ist nun aber wieder sehr unwahr, 
wie z. B. gleich Fig. 123 q beweist. Nur in Lagen der Art 
wie etwa [ A dis f ] l^lingt dieser Akkord herbe , dann aber 
nicht der sogenannten Quartsexfenlage weeen, sondern we- 
gen der bereits S. 23 < besprochenen verminderten Terz [dis f ], 

Eben so unrichtig lehrt Koch, S. 97, die (angebliche) 
Septimenharmonie [Dis F A c] werde nur in erster Verwechs- 
lung [F A c dis] gebraucht. Unbrauchbar wäre also hier- 
nach z.B. die Lage[\cf dis] — ! Fig. 123 A; indess doch nur 
Lagen wie etwa [ A c dis f ] , wegen der darin erscheinenden 
Terminderten Terz, herbe klingen. 

Man sieht hier recht deutlidi, wie die Erfinder des eben- 
belobten Verbotes der Quartsezten- und Terzquartsextenlage 
sich durch eifiseitige Beobachtung täuschen liessen! Ohne 



23S " GruncOuirmonieen* 

Zw^fel Halten sie, im Augenblick als sie es sehriebeOy graj« 
solche Zusammenklange Tor Augen, worin xufallig veriuin- 
dcrte Terzen vorkamen^ und, ohne zu bemerken, dass der Uebel- 
Idang bloi in solcher Zufälligkeit, in der rerminderten Terz 
liege, und statt also diese allenfalls zu verbieten, waren 
sie kurzsichtig genug, ^tn Grund des Uebelklanges in der 
Quartsezten» oder Terzquartenlage im Ganzen zu suchen, 
und leichtsinnig genug, das unreife Hesultat so einseitiger 
beschrankter Beobachtung, als verbietendes Gesetz auszurufen I 

So haben die Kunstlehrer ( ich sage auch dies Alles nicht 
um des eben Yorlieeenden , eigetitlich nui< wenig bedeutenden 
Falles willen, sondern ein für allemal, weil es in unserer 
Jl^unstlehre von Verboten und Geboten gleichen Schlages 
ordentlich wimmelt) — So haben sie, blos durch unbesonne- 
nes Stempeln einseitig walirer , aber in ihrer Wesenheit mis- 
Tersta'ndner Beobachtuugen , zu angeblich allgemeinen Regeln, 
die Runstiehre nach und nach mit einem unseligen Schwall 
rrundloser Verbote belastet, welche, als zwecklose Fesseln, 
der Kunst nuif schaden können, und die man in tausend Fäl- 
len nur getrost gradezu übertreten kann^ ohne das Gehör 
auch nur im Allergeringsten zu beleidigen. Es ist dies um so 
Auffallender, da eben diese Kunttlehrer, und namentlich der- 
selbe Koch, a. aneef. O. S« 9?» Akkorde wie [f a h JisJ, und 
eben 80| in seinem JBandbuch beim Studium der Harmonie S« 
264, 266 und 268, die Akkorde [Dis f a], [Dis f a ^J 
und [F a h dis] u. s. w. , welche einem, auch nur halbweg 
empfiadlichen Ohre wenigstens sehr lierbe klingen, ($ 90 und 
91) ohne die geringste Erwähnung ihrer Harte, als brauch- 
bare Akkorde behandeln | welches wenigstens beweist, dass 
die obenbelobte Fruchtbarkeit an Verboten nicht eben eine 
Folge eines besonders delikaten Gehörs jener Gesetzgeber 
ist. — 

Eben darum ist es also auch durchaus nicht grössere Strenge 
TOn ihrer , oder mindere Gewissenhaftigkeit von meiner Seite, 
dass ich so Manches nicht verbiete, was man in den vorhan- 
denen Kuustlehrbii ehern verboten findet. Bas obige Beispiel, 
desgleichen noch sehr viele vorkonmien werden , liefert einen 
Beweis des Gegentheils« Aber freilich verbiete ich niclit dem 
Blumeneärtner eine ganze Gattung darum, weil ich einmal 
eine Wespe an einer solchen Blume entdeokt. Man beseitige 
doch lieber die Wespen , lasse aber die Blumen stellen , statt 
diese auszurotten', und dasselbe Ungeapiefer an andern Blupien 
ruhig sitzen zu lassen. 

ueberhaupt «— da ich nun eben einmal von grosserer 
oder geringerer Strenge rede, —wird man die vor- 
liegende Theorie weder freier, noch strenger finden als jede 
anocre, sonderneben so streng, und auch eben so frei, wie 
irgend Eine. Ich werde auf jede Harte aufmerksam machen, 
welche andere Schriftsteller ohne Warntafel stehen lassen, 
und wieder andere unbedingt verbieten« Wie weit dann von 
mehr oder weniger harten oder gelinden Ton Verbindungen, zu 
diesem oderjenem Kunstzwecke Gebrauch zu macheiyist| 



Durchgang. i 239 

4i«f cn bestimmen, xiemt nicht der Technik, sondern dem rieh» 
lügen Gefühl, und in Ictxrer Beliörde der Aesthetik. 



3.) Durchgang. 

$ 96. 

Eine, in der Anwendun^^ besondeca fruchtbare 
Art» wie > zu einer Harmonie # Töne erklinjeii 
können > welche derselben gänzlich fremd 8ind# 
iai diejenige^ welche wir Durchgang nennen« 

Ea kann zwar diese Umstaltungsart hier noch, 
nicht vollständig abgehandelt werden > doch wol» 
len wir uns vorläufig mit ihren Grundzügen be- 
kannt machen« 

Sie beruht im Wensentlichen darauf» dass eine 
Stimme > ehe sie einen zur Grundharmonie gehd* 
rigen Ton angiebt, auch wohl erst den zunächst 
nebenanliegenden, höheren, oder tieferen Ton an* 
geben kann , und sich auf solche Weise > gleich- 
sam durch diesen letzteren, zu dem harmonischen 
Tone hinbewegt; weshalb jener in solchem Falle 
Durchgangton, oder Durchgang genannt 
wird, oder auch Vorschlagton» Vorschlagt 
weil er vor seinem Haupttone angeschlagen» dem- 
selben vorangcschlagen ^ vorgeschlagen wird. — 
Wenn nun auf solche Weise z. B. in Fig.135' i» 
die Bassstimme sich von dem Grundtone c, 
durch den harmouiefremden Ton d, zur Terz 
e bewegt 9 und auf solche Weise > beim zwei* 
ten Viertel, die Töne [d g S ej zusammenklingen t 
so kann man diesen Zusammenklang, des vorüber* 
gehend miterklingenden Tones J ungeachtet^ doch 
als auf der Grundharmouie £ beruhend ansehen : 



240 GrundharnionUen. 

Auf äl>nliche Art wird in Fig. 136* wo itt 
der Oberstimme* vor g» der Durchgan^ton fb, so 
wie in der zweiten Slimme dU vor e steht « der 
Zusammenklang [c g jis fisj » als ein, nur durch 
Vorschlagtöne umgestalteter ^* Dreiklang ^erkannt« 

i 97. 

Um^ in unsern Notenbeispielen 5 einen Ton 
als einen Durchgang zu bezeichnen ^ setzen wir 
üb^r* oder unter die Note 9 einen Diagonalstrich: 
( X oder ^ ), und zwar zur Andeutung eines Vor- 
schlags von unten^ einen aufwärts geirichteten : 
( ^ ) ; den entgegengesetzten aber ( \ ) über 
Vorschlage von oben. Darum steht in Fig; 135 i 
über d ein aufwärts* bei k aber ein abwärts ge- 
richteter Strich« 

$ 98, 

Auch diese Umstaltungsart ist übrigens wie* 
der eine reiche Quelle von Mehrdeutigkeiten. 
Depn z. B. in Fig. 137 erscheint im ersten Takte 
beim Zusammenklange [he g c J der Ton h 
durchgehend, und hiernach wäre die Grundhar«« 
monie : ([ mit durchgehendem h« — Man könnte aber 
freilich den besagten Zusammenklang auch für C^ 
versehen. — Eben so liesse sich im folgenden Takte 
der Zusammenklang [g e* a cj sowohl für n mit 
durchgehendem g, 4ls auch für a^ ansehen u. s. w« 

Ob nun ein Zusammenklang 9 welcher« den 
Tönen nach 9 aus welchen er besteht j einem «us 
harmonischen Tönen bestehenden Akkorde voll« 
kommen gleich sieht 9 welcher aber^ -wehn man 
ein oder einige seiner Bestandtheile als durcbge« 



Sonstige harmoniefremde Töne» 241 

hend betrachtet t als auf einer ganz andern Har- 
monie beruhend erscheint, für Jenes, oder für 
Dieses zu erklären sei , muss , wie wir in der 
Folge finden werden j in jedem vorkommenden 
Fall aus dem Zusammenhange des musikalischen 
Sinnes erkannt werden. 

Wir werden einen solchen Zusammenklang» 
welcher ein aus harmonischen Tönen bestehender 
Akkord scheint, ohne es wirklich zu sein, 
d» h» ohne dem Gehör in der That als solcher zu 
gelten , — • einen solchen Zusammenklang, sag' ich, 
wollen wir künftig Scheinakkord nennen. 

So viel nur vorläufig, als Andeutung der Art, 
wie harmoaiefremde Töne durchgehend vorkom- 
men können. Weiter unten werden wir die 
Lehre von solchen Durchgängen eigens behandeln» 



40 Sonstige harmoniefremde Töne. 

$ 99. 

Ausser den bis hierher beschriebenen Arten, 
wie zu einer Harmonie Töne erklingen können, 
welche ihr durchaus fremd sind , findet das Ein- 
flechten solcher Töne auch noch auf manche an- 
dere Weise statt, deren Erörterung wir jedoch 
ebenfalls hier noch ausgesetzt lassen» 



20 



2/12 

r 

iV.) Ueber sieht der, durah Umgestaltun- 
gen der Grundharmomeen enstehen- 
den, Mehrdeutigkeiten, 

$ 100. 

Durch die bisher besprochenen verschiedenen 
Umbildungsarten der Griindharmonieen haben wir 
mehrmal Zusammenklänge entstehen sehen» welche 
einer anderen Harmonie 9 oder einer Umgestaltung 
derselben, höchst ähnlich waren, und gefunden, 
dass also nicht selten ein und derselbe Zusammen- 
klang bald auf einer, bald auf einer andern Gruud- 
harmonie beruhend angesehen %yerden kann« 

Wir wollen die eben erwähnte Möglichkeit, 
einen und denselben Zusammenklang aus verschie- 
deneu Grundharmonieen herzuleiten, im Allge- 
meinen 9 ha-rmonische Mehrdeutigkeit 
nennen, oder auch Mehrdeutigkeit in An- 
sehung des teutschen Buchstaben, weil 
wir die Grundharmonieen durch teutsche Buch- 
staben bezeichnen. 

Beleuphten wir sie genauer , so unterscheiden 
wir zwei Unterarten, welche wir durch die Be- 
nennungen Einfache harmonische, und £n- 
harmonische Mehrdeutigkeit bezeichnen wollen. 

' A,) Einfach harmonische Mehrdeutigkeit» 

Wir haben Erstens Fälle gesehen , wo zwei 
verschiedene Grundharmonieen, durch Umbilduug 
der Einen oder Andern, oder Beider zugleich, 
einander so ähnlich erschienen > dass sie beide 
aus denselben Noten bestäfhden. Von dieser Art 
sind die unter § 72, 82 und 98 angeführten Mehr- 
deutigkeiten. 



\ 



/ 



Uebcrsicht der Mehrdeutigkeit, 243 




Z. B. der Akkord 



kann sein: sowohl ''^y 

als auch @7, 

(letzteiifalls in erster Verwechslung, mit ausge« 

lasseuer Grundnote.) 



Eben so der Akkord 3 




bald • . • • . *^^r, 

bald auch • . . . . @7 

( mit ausgelassener Grundnote und beigefügter 

grosser None. ) 




Der Zusammenklang . ..*.... ' W 

kann bald als . %'^y 

bald als S5 

mit durchgehendem Tone a, betrachtet wer- 
den ^ oder auch als g? 

in erster Verwechslung, wobei derTonaDurch- 
gangton vor g wäre; u. dgl. m. 




Der Zusammenklang 

kann sowohl beruhen auf der Grund harmonie ®, 

als auf ©^ 

oder °(>, 

oder °^^. 

oder 1^» 

oder , . ^ ^^y 

oder €^, 

oder °ej 

u. s. w. u. s. w. ( § 1.% ) 



244 Grundharmonieen.. 



Der Zusammenklang 




beruht entweder auf der. Grundharmonie . . **e^ 
mit willkürlich ^hdhter Ten, ($89) 

oder auf S^ 

mit eben so erniederter Quinte ($94) 
Die hier unter A.) erwähnten Gattungen harmoni- 
scher Mehrdeudigkeit wollen wir, im Gegensatz 
der folgenden» einfach harmonische Mehr- 
deutigkeit nennen. 

B.) Enharmonisclie Mehrdeutigkeit. 

Wir haben aber, zweitens, gesehen, dass, 
durch Umbildung einer Harmonie» auch solche Zu- 
sammenklänge entstehen» deren Bestandtheile von 
denen einer ganz verschiedenen Grundharmonie 9 
nur um. einen enharmonischen Unterschied, und 
mithin gewissermasen nur dem Namen nach, ver- "^ 
schieden sind , oder mit andern Worten » dass 
zwei verschiedene GA-undharmonieen» durch Umge- 
staltungen» einander so ähnlich werden können» 
dass» in unserm temperirten Sisteme» die eine wie 
die andere kliUgt» obgleich deren einzelne 
Töne mit andern Namen benennt» und mit 
nndern Noten geschrieben werden. Dies ist der 
Fall bei den in $ 85 und 95 9' zum Theil auch 
bei den in § 94 vorläufig angeführten. Da z. B. 
der Ton as wie gis klingt» f wie eis» u. s. w. 
so klingt auch der Akkord [U d f asj wie 
[H d f gisj» oder wie [H d eis gisj» u. s. w.; 
CJ85.) 



Vebersicht der Mehrdeutigkeit. 245 



als 




ist seine Grundharmonie Qf^ 



als 




ist sie 



€^ 



.1. :££« 




ist es CtÖ''» 

""' • • • " • ^ ^^ 

ist es b ; . . . S5^* 

Vergl. Fig. 120. 

Eben so klingt der Akkord [B d f asj wie 
[B d f gisj; ein und derselbe Zusammenklang 

kann daher sein ( $ 95 ) • bald .... 




und dann ist die Grundharmonie $g7* 



oder er ist 




und dann ist seine Grundharmonie (§ 80) %V 
oder (§94) * S^. 

Diese zweite Gattung harmonischer Mehr- 
deutigkeit wollen wir« da sie auf enharmotlischer 
Aehnlichkeit beruht: enharmonischc Mehr- 
deutigkeit nennen. 



246 Grumlliarmonieen, 

Wir werden die vorstehend besprochenen Mehr- 
deutigkeiten in der Folge nicht nur ais sehr wich- 
tige und an Aufschlüssen fruchtbar > sondern auch 
als ergiebige 9 unschätzbare Ou^Ue harmonischen 
Reichthums, leichter harmonischer Wendungen, 
und wirkungsvoller Vielseitigkeit des harmonischen 
Gewebes kennen lernen. 



V.) Konsonirende , dissonirende Töne 

und Akkorde. 

$ 101. 

Die Kunstlehrer pflegen die Gesammtheit aller 
Harmonieen einzutheilen in konsonirende, 
lind dissonirende, zu teutsch: wohlklin- 
gende, und übelklingende Akkorde. 

Obgleich ich von dieser ganzen gemeintiblichen 
Eintheilung nicht Viel halte, so will ich meinen . 
Lesern doch wenigstens, gleichsam erzählend, 
l'eferiren, welche Akkorde und Töne man koh- 
sonirend, welche dissonirend zu nennen pflegt. 

Konsonirend nennt man eine Harmonie , 
in welcher nur sogenannte Konsonanzen oder 
konsonirende Töne erklingen; — dissonirend 
aber jeden Akkord, in welchem ein oder mehre 
sogenannte Dissonanzen oder dissonirende Töne 
enthalten sind. 

Konsonanzen oder konsonirciitle Töne nennt man 
aber nur diejenigen ^ welche die Bestandtheile ei- 
ner Dreiklangharmonie ausmachen; und demnach 
ist nur die Dreiklangharmonie eine konsoni- 
rende Tonverbind ungj ein konsonirender Akkord; 
— dissonirend heisst hingegen jeder andere Ton« 



Konsonanzen, Dissonanzen, ' 241! 

und dissonireiid ist mithin jeder Zusammenklang» 
in ivelchem sich irgend ein anderer Ton befindet, 
als der Grundton, dessen Terz, und die Grund* - 
quinte. 

Um die eben beschriebene Eintheiiung des ge- ' 
sammteu Reiches der Töne, in kousonirende, und 
dissonirende ^ mit unserm bi^herigen Unterschiede 
zwischen harmoinschen, und harmoniefremden Tö- 
nen, zu veri^leichen^ mag folgendes Bild dienen: 

Grundton ^ 

Harmonische 1 dessen TerZ / Konsonanzen ; 

^^"^ Messen Quinte ) 

dessen Septime ) 

__ . r f . 1 1 ^ / Dissonanzen, 

Harmomejremd jeder andere Ton ) 

Das heisst: Bestandtheile einer Grundharmonie« 
sind nur 

der Grundton, 

dessen Terz , 

dessen Ouinte , und 

dessen Septime; 

jeder in einem Zusammenklang etwa vorkommende 
andere Ton ist nicht Bestandtheil der Grundhar- 
monie « mithin harmoniefremd. Bei der Einthei- 
lung der Töne in konsonirendej und dissonirende, 
werden nun die drei ersten Arten von harmoni- 
schen Tönen, 

der Grundton, 
dessen Terz und 
dessen Quinte 

in die eine Klasse, unter dem Namen Konsonan- 
zen» geordnet, und dieser steht, unter dem Nar 



248 Grundharmonieen. 

meA Dissonanzen, die andere Klasse gegenüber 9 
welche a.) die vierte Gattung harmonischer Tdne» die 
Septimen , so wie auch b.) sämmtlicbe harmonle» 
fremde Töne 9 begreift. 

Da die Klasse der Dissonanzen theiU aus 
harmonischen 9 theils aus harmoniefremden Tönen 
bestellt» so könnten die ersteren füglich harmo- 
nische Dissonanzen heissen^ letztere aber 
harmöniefremde Dissonanzen« Statt die- 
ser Namen ist es aber gebräuchlicher , jene we- 
sentliche Dissonanzen^ diese aber zufällige 
zu nennen. 

$ 102. 

Zuweilen kann mau schon an dem Intervalle, 
welches ein Ton gegen einen andern bildet, an 
der Entfernung des einen von dem andern , er- 
kennen^ dass einer de rselben e in disso- 
nirender ist, und in sofern kann man .gleich- 
sam von dissonirenden , und konsonirenden Ton- 
entfernungen sprechen. 

Von zwei Tönen nämlich, welche gegeneinan- 
der irgend eine andere Tonentfernung bilden, als 
eine grosse, oder kleine Terz 9 Quarte, Quinte, 
oder Sexte, (die reine Oktave von selber mitver- 
standen) ist allemal wenigstens Einer kein Bestand- 
theil einer Dreiklangharmonie ( $ 6O9 61 ) und 
mithin ein dissonirender Ton. Denn man verlege 
die Tönej woraus ein Dreiklang besteht, auf alle 
mögliche Arten: nie werden zwei derselben eine 
Septime, eine Sekunde, oder irgend ein vermin- 
dertes, oder übermässiges Intervall gegen einan- 
der bilden, sondern immer nur grosse, oder kleine 



Konsonanzen » Dissonanzen. 249^ 

Terzen 9 oder Sexten, und grosse > oder kleine 
Quarten 9 oder Quinten: und Jeder Aklcord, in 
welchem zwei Töne klingen » die irgend ein mi» 
deres Intervall gegeneinander bilden , ist allei«al 
ein dissonirender. 

Es ist aber nicht zu übersehen , dass das eben 
angegebene Kennzeichen ein blos negatires 
ist, und dass sich also nicht auch umgekehrt sagen 
lässt 9 zwei Töne , welche um eine grosse 9 oder 
kleine Terz, Sexte u. s. w. von einander abstehen, 
seien allemal beide Konsonanzen ; denn z. B. in 
der ersten Verwechslung der Harmonie g^ bilden 
der Basbton B und der Ton f eine grosse oder 
reine Quinte, und doch ist dies f, als ursprüngliche 
Septime, dissonirend; und folglich kann man nicht 
im Aligemeiuen sagen : ,, die Quinte ist. keine 
„Dissonanz, sondern eine Konsonanz. << 

Es lässt sich, fürs Zweite, aus derEntfernun^ 
zweier Töne von einander, noch weniger erken«* 
nen, welcher von beiden der dissonirende-, 
oder ob nicht etwa gar beide Tdne Dissonanzen 
sind. ]\Ian hüte sich daher, es für wörtlich wahr 
zu halten, wenn man - — (freilich häufig genug!) 
sagen hört „ ein Ton , welcher um eine über- 
,, massige Quinte, oder Sekunde höher ist als der 
„ andere > ist eine Dissonanz", oder kurz: „die 
„ übermässige Sekunde , oder (Quinte , u. dgl/ ist 
9, eine Dissonanz." IVlan nehme nur^ zum Bei- 
spiele, die Harmonie [As d f hj. Hier bildet die 
eigentliche Terz h gegen den Basston eine über- 
mässige Sekunde; aber nicht diese übermäs- 
sige Sekunde h, sondern der Bass selber ist 

der dissonirende Ton. — Man setze dieselbe Har- 

21 



250 Grundliarmonieen, . 

monie in dritte Verwechslung: [f as h J[]^ so 
bilden f und as eine kleine Terz , und hier sind 
beide Töne Dissonanzen » das f als Grundsep- 
time 9 das as als kleine Noae des Grundtones. 

Also nur in dieser Beschränkung und folglich 
nur 8O9 wie wir den Satz auf Seite 248 ausgedrückt 
haben > ist er wahr. 

$ 103. 

Manche Tonlehrer nennen auch die Quinte 
des verminderte^ Dreiklangs -dissoni- 
rendfUnd demnach den vermindertenDrei- 
klang eine dissonirende Harmonie. Will 
man dies annehmen 9 so ist die im $ 101 gegebene 
Bestimmung dahin abzuändern : Dissonanz ist jeder 
andere Ton als der Grundton > dessen Terz 9 uad 
grosse Quinte: — und das in $102 gegebene Kenn- 
zeichen folgender Gestalt auszudrücken: von zwei 
Tdnen» welche gegen einander irgend ein anderes 
Intervall als eine grosse oder kleine Terz« oder 
Sexte 9 kleine Quarte^ oder g r o s s e Quinte, oder 
reine Oktave, (also eine Sekunde oder Septime 9 
eine kleine Quinte, eine grosseQuarte, 
oder sonst irgend ein übermässiges , oder vermin- 
dertes Intervall) bilden^ ist allemal Einer ein dis- 
sonirender Ton ; — wobei übrigens auch wieder die^ 
auf S. 249 bemerkten Einschränkungen nicht zu 
übersehen sind. 



Noch Andere spinnen die Unterscheidung von 
Kon -9 und Dissonanzen noch mehr ins Feine, 
und unterscheiden vollkommene, und un- 
vollkommene K o nsonanz e n, und derglei- 
chen Dissonanzen, und wieder alterirte 



Konsonanzen , Dissonanzen. 251 

Dissonanzen» Hauptdissonanzen, Ne- 
hendissonauzen , Pseudokonsouanzen» 
Pseudodissonanzen, u. s. w. — und liadera 
dann wieder unter sich darüber » was in diese, 
was in jene Abtheilung und Unterabtheiiung zu 
rechnen sei. 

Doch ferne bleib* uns der Kelch , ein|i;^hen zu 
müssen in solche bodenlose Gelehrsamkeit !• Denn 
glücklicherweise bedürfen wir ihrer in unserer 
Theorie nicht; indem wir auch nicht einen Ein- 
zigen, von allen Dissonanzen und nur von Disso- 
nanzen geltenden Lehrsatz aufzustellen haben, -— 
oder etwa von allen Konsonanzen und allein von 
solchen. 

Wir könnten daher die ganze Unterscheidung 
von Kon-> und Dissonanzen füglich entbehren. 
Um indessen von der bis hierher auf dieselbe 
verwendeten Aufmerksamkeit doch einigen Vor- 
theil zu haben , wollen wir sie wenigstens zur 
Bereicherung unseres Kunstwörterbuches benutzen, 
indem uns das Kunstwort Konsonanzen im- 
merhin einen gemeinschaftlichen Namen 
darbietet für Grundnote, eigentliche Terz, 
und (Quinte, — das Wort Dissonanz aber einen 
Namen für jeden Ton , welcher nicht der Grund- 
ton, nicht dessen Terz, und nicht Ouinte des- 
selben, sondern irgend etwas Anderes 
ist. 

Anmerkung. * 

Unter allen meinen vom Gemeioiiblichen abweichenden 
Ansichten , wird vielleicht Keine « auf den ersten Blick , auf- 
fallender erscheinen^ Keine mehr einer Schutzrede und nShereü 
Begründung bedürfen, als die, welche ich so eben über die 
renommirte Lehre von Kon- und Dissonanzen, auszusprechen 
gewagt. Ich bin dadurch wohl genSthigt, wenigstens mit 
einieer. Ausführlichkeit zu beleuchten , in wie fern die Ein- 
theilung des gosammten Reiches der Töne in zwei Klassen, 
genannt Konsonanzen, und Dissonanzen, I*) an sich sel- 
ber in der Wesenheit der Sache gegründet, und 
II.) in wie fern sie von praktischem Nutzen ist. 

I.) Was, fürs Erste, den Werthund Grund oder 
Ungrund der Distinktion an sich sei b er betrifft, 
so gereicht es derselben, gleich von Vorne herein, wenigstens 



252 Grundkärmonicen. 

nicht zfir Empfehlangy dass drei Arten ron harmonisclieift 
Tönen y nä'mheh Grundton^ Terz> und Quinte , die ein» 
Klasse ausmachen , die ^ vierte Art Ton harmonischen Tönen 
aber, nämlich die Septimen * in die andere Klasse Ter- 
wiesen werden » und dort , yereint mit harmoniefremden 
Tönen aller Art, £ine Klassa bilden sollen, mit wel- 
chen sie doch auch nicht ein einziges wesentliches und 
miterscheidendes Kennzeiciien gemein haben, als nur das 
negatir^, dass sie nicht Grundton, nicht Grundterz, und nicht 
Grundquinte sind. 

Wollte einer z. B. um die Buchstaben unseres Alphabets 
in zwei Klassen zu theilen, in die eine die drei Selhstlau- 
ter A, £, und I, alle Buolistaben aber, die nicht A, nicht 
£ , und nicht I sind , in die zweike Klasse werfen, so würde 
man mit Recht schon im Voraus einiges Mistrauen gegen 
den Werth solcher Klassifizirung hegen. 

Geht man aber der Sache selbst näher auf den Grund, 
«nd fragt nach einem unterscheidenden Eintheilungsgrunde, 
nach einer bündigeh Definition dessen, was unter Konsonanz, 
was unter Dissonanz, verstanden sein soll, — so findet m«n 
Qberall nur sehr unbefriedigende Antwort« 

A.) Will man, wie Manciie getlian, den Grund der £in- 
theilung in den grössern oder geringeren Grad des W o h 1 - 
klingens setzen, und sagen : Konsonanz sei eine Tonverbin* 
düng die einen angenehmen, Dissonanz aber die, welche 
einen unangenehmen Eindruck auf uns mache, jene also 
Wohlklang, diese aber Uebelklang: so ist dies alles gradezu 
unwahr, vvär es wahr, dass Konsonanzen wohler klingen als 
Dissonanzen, sts müsste ja eine Musik um so viel wohfiauten- 
der sein, je mehr Konsonanzen und je weniger Dissonanzen darin 
vorkämen, und umgekehrt; und da, in der schönen Knust 
des Wplilklauges, eigentlich Alles möglichst wo hl, und nichts 
übel klingen sol^ so mUsste ein Tonstück , um möglichst 
kunstgemäs zu sein, möglichst wenige Dissonanzen enthalten. 
«— Dem allen ist nun aber keineswegs also ; yielmchr klin- 

fen soeeijannte „ Uebelklänge " im harmonischen Gewebe 
ckanntlich trefflich wohl, und schon darum taugen also der 
erwähnte Bintheilgnind und die demselben entsprechende 
Bogrifilbestimmune nichts, indem sie auf durchaus unwahren 
Voraussetzungen beruhen. 

Wären sie aber, nach dieser Beleuchtung, noch einer 
weiteren Prüfung werth, so würde ausserdem auch sogleich 
in die Augen fallen, dass üir ganzes Wesen sich Mos um 
das Mehr oder VVeniger dreht, welches schon seiner 
Natur nach nicht dazu tauet, eine feste Grenzlinie zu ziehen. 
Denn ich mögte doch wohl den Diktator sehen, der aufträte 
und die Grenze absteckte, wo das mehr Wohlklingende auf- 
höre, und das minder Wohlklingende anfange, — welche Ton- 
rerbindungen als diesseit, welche als jenseit der Grenze lie- 
gend gelten sollen? 

B.) Nicht viel stichhaltiger, als der £intheilgrund und die 
BegrjjBTbestimmung, welche wir so eben geprüft, sind diejeni- 



Konsonanzen, Dissonanzen. 253 

gH| welche sieh auf mathematische Berrclinung der S c h w i n- 
longs-VeThältnisse grüuden.— Konsonlrend, lehret man, 
irica awei Tone» wena sie in AiiseJiung der Geschwindigkeit 
ihrer Schwiogongen, in einfacheren Verliältnissen steiien; die 
aber^ deren Geschwindigkeiten gegeneinau ier durch riTwik- 
keltere Briiefae ausgedrückt werden , iieissen dis^ouirciid. 
Das einfachste Verhältnis sei 1:1, — nacii diesem ] : 2, — dann 
2:5; — immer weniger einfach und also immer williger kon- 
lonirendy d. h. mehr dissonirend , seien die Veriiä'tiiisse 
5:4, 4:6, 5 : €; 6: 7, 7:8, 8:9, u.s. w.— Die Grcrwe 
swischen Konsoniren^ und DissonirtMi , liege aber (so wird 
un gewöhnlichsten angenommen ) bei 7 ; Alles was diesseie 
solcher Grense He^e, heisse Konsonanz, alles Jenseitige aber 
Dissonanz, und em dissonirender Akkord «ei jeder, in weU 
chen Töne erklingen ^ die in einem minder einfachen Ver* 
hiknisse gegeneinander stehen. 

Auch Dei dieser Grenzbestimmung, (welche übrigens mit 
der des ( tO^ zusammentritt, und jedenfalls auch unter 
den dort angedeuteten Bescliränkungeu rerstanden werden 
mfisste) soll sich, wie mau sieht, Alles nur um das Mehr 
oder 'Vvenieer drehen, und die Grenze zwischen Konsonirend 
■nd Dissonirend, ist, als bei 7 liegend, rein willkürlich ange- 
■ommeo; denn da in einer steten Progression ein fixer Punkt 
jederzeit nnr willkürlich angenommen werden k^n, so ist 
CS anoh eine YTillkür, in der stetigen Proportionalreihe 1:2, 
2 s3, 3:4, u. s. w. , nun grade die Zaiii 7 als Grenze an« 
zunehmen. Audi iiier beruht also die UnterscJieidung auf Will* 
kür, und es kann zwar Keinem gewehrt werden, wenn es 
ihm gefallt, die Tonverhältnisse dies-, und jenseit der will* 
kSrlich angenommenen Grenze, durch eigene Kunstnamen von 
einander zu unterscheiden, und dazu die Ausdrücke Konso- 
aanwn und Dissonanzen zu wälüen; allein ein in der Natur 
der Sache liegender Grund , warum die Verhältnisse bisgrade 
zu diesem Grenzpunkte, eine zusammengehörige Klasse 
hilden^ und den jenseit liegenden entgegengesetzt werden und 
warum sie grade* bis dahin konsonireud oder wohlklingend, 
TOD da an aber dissonirend oder übelklingend heissen sollen, 
ist doch nirgend rorhanden. Eben darum ist es denn auch 
nicht zu yerwundern, dass die Gelehrten noch gar nicht 
darüber einig sind, ob die Grenze, wie oben rorausgesetzt 
worden, bei 7, oder wo anders Hege, sondern seit Jahrhunderten 
darüber hadern , ob dies oder jenes Intervall dies - , oder jen- 
seit der Grenze liege , oder mit andern 'VN^'orten : ob die 
Grenze dies -, oder jenseit dieses oder jenes , mehr oder we- 
niger dis - oder konsonirendeu Jnterralles abzustecken sei. 
( I 103. ) 

C.) Wieder andere Theoristen suchen den Eintheü- 
und Uutersclieidegrund von Kon- und Dissonanzen in der 
N o thwendigkei t der Vorbereitung und Auf- 
lösung der Letzteren; und so findet man in angesehenen 
Lehrbüchern die Bcgrifihestimmung: Dissonanz sei ein 
Interrall, welches vorbereitet und aufgelöset 



254 Grundhannonieen* 

werden müsse. — Ich will nicht Viel daraus machen» dasi 
hier ^e Behandlungsart welche die Sache er f o- 
dert, als Definition derselben verzollt wird, grade als 
wollte Einer etwa einen Katharr so definiren : es sei ein Uebel» 
welches aufgelöst werden müsse. — > Allein, wenn man auch 
darüber hinausgehen , upd die Sache hlos ron der prakti- 
schen Seite betrachten, blos nach der materiellen Wahrheit 
der dabei lu Grunde gelegten Voraussetzungen fragen will, 
so findet -man diese tlieils an sich falsch , theils unrichtig 
aufgefassty und deshalb die in der Definition angegebenen 
Merkmale 1.) theils unwahr, tlieils 2«) nicht unter- 
scheidend. 

1. ) . Dass alle Dissonanien Torbe reitet werden müssen, 
ist nicht wahr. Di e No thwendigk eit der Vor b e- 
reitung ist nicht allen Dissonanzen eemein^ 
folglich als Merkmal in der Begriffnes tim- 
mung unwahr. Freilich können manche Dissonanzen gar 
nicht , manche andere nicht leicht, frei eintreten : allein wie- 
der andere, und zwar selir riele, hört man überall unvor- 
bereitet eintreten. Ohne hier eine yollständige Erörterung die- 
ser Wahrheit zu liefern, erinnere ich nur 

a) an die, wenigstens heut zu Tdg nicht leicht mehr be» 
sweifelte Eintrittfireiheit der Septime der Dominant- 
liarmonie, worüber in der alsbald folgenden Lehre Ton 
der Vorbereitung das Nähere, — . 

li) an die ebendaselbst erwähnte freie Einführung mancher 
Nebenseptimen, — 

c) an durchgehende oder Weehselnoten, welche ja doch 
wohl nicht Konsonanzen , fok;lich Dissonanzen sind , wozu 
sie denn auch, namentlich Kirnberger (K. d. r. S, 
1 B. 11 Abschn. bei 11, S. 213 u. f.) ausdrücklich rechnet. 

All diese, keiner Vorbereitung bedürfenden Töne wären, 
der befraglichen Definition zufolge, keine Dissonanien, folg- 
lieh Konsonanzen •— t 

Wenn hiernach die Unfreiheit des Eintrittes nicht mit 
Wahrheit als Merkmal in die Definition des Begriffes auf|;e- 
nommen wer.den kann, so ist es auch 

2.) freilich wahr , dass Dissonanzen aufgelöset wer- 
den müssen, oder eigentlicher, dass si^ in gewissen Fällen 
an eine gewisse bestimmte Fortschreitung gebunden sind ; al- 
lein es ist dies kein unterscheidendes Merkmal, in- 
dem bekanntlich auch manche konsonirende Töne keine 
freie Fortschreitung haben , z. B. das Subsemitokiium als Ters 
der Hauptseptenharmonie , u. a. m. 

Sonach erscheint also auch die auf die Noth wendigkeit 
der Vorbereitung und Auflösung gegründete Unterscheidung 
Tjpn Kon- und Dissonanzen unbünoig, und die siish daraujf 
beziehende Definition theils zu eng , theils zu weit. Und 
nach diesem allen zeigt sich die ganze Klassifikation der Zu- 
sammenklänge in kon - , und dissonirende , nirgend in der Na- 
tur und Wesenheit der Sache gegründet, und insbesondere 
ist durch die letztere Betrachtung, C.) bis hieher, auch zugleich 



Konsonanzen, Dissonanzen, 255 

II.) 3ei- praktischeNutren dieser Unterscheidung gewür- 
digt : denn wozu dient die Klassification der Töne in kon- 
und dissonireude, wenn sich, wie wir schon vorstehend bei C.)an- 
geführt, keine, fiirdie eine oder die andere ganze Klasse und nur 
für sie, geltende Regel aufstallen lässt, wenn die Regeln Ton 
Vorbereitung und Auflösung, welclie man für die Klasse der 
Dissonanzen aufstellt, theils nicht von allen Dissonanzen, und 
theils nicht von Dissonanzen allein, sondern auch von Kon- 
sonanzen gelten ? Ja,, wenn sieh nicht einmal eine bündige De* 
fiuition und Abgrenzung von Kon- und Dissonanz aufstellen 
]äs5t! Ks ist vielmehr nach diesem Allen offenbar, dass das 
Dis - und Konsonanzenwesen in unsere Kunsttheorie unend« 
licli mehr Verwirrung^ und nichtigen Streit, als I^utzen 
bringt. 

Ja , beim rechten Lichte betrachtet — - worauf reduzirC 
sich denn der Gebrauch , den Andere, die Bekenner jener 
Lehre selbst, davon machen? Darauf, dass sie die Regel 
aufstellen können: Alle Dissonanzen müssen vorbereitet wer* 
den, ausgenommen die, welche nicht vorbereitet zu werden 
brauchen. — (^S, t, B, Marpurgs Generalb. !!• 2 Absch. 5* 
Abs. S. 151 u. f.) Das heisst also: Alle Dissonanzen, welche 
vorbereitet werden müssen, müssen vorbereitet werden. — 
Oder , um micii Marpurgs eigener Worte zu bedienen : «>Dio 
„ Dissonanzen kommen in zwej Fallen unvorbereitet 
„zum Vorschein 

yyCt) wenn man eine Dissonanz in die andere auflöset. 

„|9.) wenn man gerade weg aus einer Consonans in eine 
Dissonanz gehet.** 

Da nun aber vor jeder Dissonanz allemal entweder eine andere 
Dissonanz, oder eine Konsonanz vorhergeht, und in beiden 
Fällen die Dissonanz unvorbereitet zum Vorschein konunen 
darf, so heisst dies ja grade zu, sie dürfe in allen Fallen un« 
vorbereitet erscheinen , was ich nicht behaupten XQÖgte, 



Schliesslich auch noch ein Wort über die Beschränkung des 
$ 102. — £s ist ordentlich unbegreiflich, wie die Tonlehrer auf 
die wunderliche Idee gerathen mogten , eine Eintheilung der 
Intervalle in kon-, uqd dissonireiule , nach Tonentfer- 
nungen, namentlich nach dem Intervalle welches ein Ton 
gegen den jeweiligen Basston bildet, und mithin nach den 
Zi f f ern,womit sie im General bass bezeichnet werden^ 
aufzustellen. Es ist unverantwortlich, wie arge Verwirrung 
sie dadurch in die Theorie gebracht, wie 'viel unnÖthigen 
Schweis sie sich und Anderen ausgepresst haben ; und dagegen 
fast komiseh anzusehen, wie erbittert sie oit gegeneinander 
streiten, ob dieses oder jenes Intervall dissonnire, oder kon- 
sonire. —Wären sie sidi dessen, worüber sie streiten, klar 
bewusst, so hätten Kontroversen solchen Schlages gar 
nicht, wenigstens so, wie sie geführt wurden, nicht ent- 
stehen können, und z. B. die berüchtigte nichtswürdige und 
inhaltlose, selbst heut zu Tage noch nicht ganz ausgestorbene 



256 Grundharnionieen. 

KpDtroTerse über das Kon-, oder Dissoairen der Quarte, 
hätte sich yon selber aufgelöst > in die eiufaclie Bemerkung^ 
dass freilich jede Note dissonirt, welche rom Grundton 
an gerechnet die vierte ist, dass aber nicht jede im General« 
hass mit 4 angezeigte Note, nicht jeder rierteTou vom Bass* 
•tone, darum auch der vierte vom Grundtone ist, und 
hald eine Kon-, bald eine Dissonanz sein kann. So aber^ 
wo die gelehrten Stifeiter immer nur auf die Generalbass-Ziffern 
sahen, konnte freilich Jeder «seinem Gegner leicht einen Fall 
aufweisen , wo eine mit 4 bezifferte No^e eine Konsonanz , — 
oder wo sie eine Dissonanz war; und daraus, dass z. B. in 
Fig. 158 die 4 und 6 Dissonanzen sind , konnte man einen 
allgemeinen Beweis schöpfen wollen , der Quartsext- 
akkord sei ein dissonirender Akkord, und ein 
Albrech tsh erger konnte, (Anw. z. Comp« 2 Kap.) ohn« 
Zweifel mit recht frommer Ueberzeugung , schreiben: ,,£i> 
y'yDige Toolehrer zälilen die reine Quarte mit der kleinen 
,, od^r grossen Sexte, und reinen Oktave begleitet, desswe- 
y, gen unter die Consonanzen, weil sie von der zweyten Ver> 
^, kehrung eines vollkommenen Accordes herstammt; einige 
„ desswegen , weil sie im vollkommenen Accorde oben liegt, 
„ z. B. [c e g c]. Man nenne sie naph Belieben! in mt-ioen 
„Ohren bleibt sie immer eine Dissonanz. Es ,gäbe der Ur- 
„Sachen mehr als eine, dieses zu behaupten.**«—! 

Selbst diejenigen Theoristen , welciie verständig genue 
sind, einzusehen, dass eine Quarte bald eine Kon-, bald 
eine Dissonanz sein kann , verwirren sich doch in ganz 
wunderlichen Bestimmungen, wenn sie angeben wollen, wann 
sie denn als konsonirend, wann als dissonirend zu betrachten 
sei. So lehrt z. B. Kirnberg er ( K. d. r. S. I. 4. Ab- 
schnitt, S. 54.) vom konsonirenden Quartsexten ^ Akkorde: 
„Man kann diesem Accord die kleine Terz beyfugen, welche 
„ die kleine Septime seines Grundtoncs ist , die zum Drey- 
„klaoge gesetzt werden kann, wenn der Bass alsdann vier 
„Töne über sich im Drejklang steiget, wie hier (Fig. 159 i,'') 
,,bei * zu sehen i^t. " — Wer sieht nun aber nicht, dass 
dies Kennzeichen — auch abgesehen von seiner Richtigkeit 
oder Unrichtigkeit — schon an sich selbst kein Kenhzeiclien 
ist , indeitf es immer erst die Frage übrig lässt : Wann 
kann denn aber dem Quartsexiakkord eine kleine Terz 
beigefügt werden ? «. und soll die Autwort etwa heissen : 
es kann geschehen, wenn der Quartsextakkord nicht dis- 
sonirend ist — ? — Für's Andere ist das Kennzeichen 
auch unwahr und trügerisch: denn es ist zwar freilich 
wahr, dass jeder Quartsextakkord, welcher durcli Bei- 
fügung der eigentlichen Septime erst in einen dissoniren- 
den TerztiuartSfxtakkord verwandelt werden kaim, ein kon- 
sonirender Quart/extakkord ist: höchst unwahr aber ist es, 
dass jeder konsonireade Quartsextakkord solche Hinzufügung 
ertrage. Man versuche es nur z, B. bei Fie. 159 /> ^'r 

Auch hier sieht man wieder recht deutlich, wie Kirn- 
berger , weil er in Fig. 15^) i einen konsonirenden Quart- 
sextakkord entdeckte, welciier sich dtirch Beifügung der kl ei- 



Vorbereitung. 257 

nen Terx vom Basston in einen dissonirenden Terxquarf* 
akkord terwandeln lies, alsbald den vorlauten Lehrsats aus* 
sprach: mau könne dem kons ohiren den Quartseztakkordo 
die kleine Terz beifueen, — und die Mögliclikeit solcher 
Hinfiiguog sogar als Kennzeichen des Konsonirens auf- 
stellte! 

„Ein anderes Kenozeichen'' des konsonirenden Quartsexten- 
akkordes, fährt Kirnberger fort, ,, ist dieses , das^ man 
yy darin die Quinte nicht anstatt der Sexte nehmen kann , 
yy welches aber bei dem dissonirenden Quart - Sexten - Akkord 
yy angeht. Beides wird durch nachstehende Beispiele (Fig. 140) 

,, deutlich. — Bei tf gieng es auf keinerlej Weise an , die 
y, Quinte des Basses zur Quarte oder Sexte zu nehmen, wie 
y, hingegen bei ^ , wo die Quarte nur ein Vorhalt und dis« 
,, sooireud ist , geschieht. *< ^- Auch hier hatte Kirnberger 
bemerkt, dass der Akkord beiA. welchen er für einen disso. 

nirrnden Quartsextakkord hSIt , statt der Sexte ^, die Quinte d 
gesetzt werden konnte , wie bei /: (wodurch aber freilieli 

ein ganz anderer Akkord, nämlich 9?^ mit c Vorhalt vor 

der Terz h, entsteht); und alsbald sptach er es als Grund- 
satz und Kennzeichen aus, im dissonirenden Quartsextakkorde 
könue die Quinte statt der Sexte gesetzt werden, im konso- 
nirenden aber nicht. — Wer sieht nicht, dass es um die- 
ses KeoDzeichen sogar nocii übler steht, als um das zuerst* 
erwäiiute. 

Auf das angebliche Dissoniren des Qnartsextakkordes 
hei k komme iclt übrigens , bei Gelegenheit der Lehre rom 
Erscheinen der tonischen Harmonie in Quartseztenlage , 
nocii einmal zurück. 



IV. ) Vorbereitung. 

A. ) Ueherhau-pt, 

$ 104. 

Es war uns schon bei Durchgehung der Grund- 
harmoniecn und ihrer Umgestaltungen aufgefallen^ 
dass gewisse Töne« und zwar namentlich manche 
Dissonanzen) dem Gehöre merklich rauh und fast 
unangenehm aufHelen: z. B. Nebenseptimen« vor- 
züglich die grosse^ (S. 197), die None bei mit- 
erklingendem Grundtoue (S. 219)5 u. a. m. Wir 
fanden aber auch» dass solche Zusammenklänge« 

je nachdem sie angebracht waren« doch auch wie- 

22 



258 Vorhereituti'^^ 



c 



der ganz und gar nicht übel klangen^ und dass 
z. B. die Nebenvierklänge $7 und e^ in der Ai*t 
wie sie in Fig. 147 < angebraclu und behandelt 
sindy dem Ohre nicht mehr anstössig sind. 

Man sieht daraus j dass es eine Art giebt» das 
Ohr, durch eine eigene vorsichtige Behandlung 
solcher Töne, gleichsam zu versdhBen, oder, wenn 
ich so sagen darf» sie dem Gehör auf gute Art 
beizubringen. Untersuchen wir näher^ worin sol- 
che eigene Behandlung eigentlich besteht, so fin- 
den wir sie darin , dass man der Stimme, welche 
solchen Ton angeben soll> eben diesen Ton schon 
bei det* unmittelbar vorhergehenden Harmonie in 
den Mund legt. 

Dies Vorherhdrenlassen des Tones nennt man: 
den Ton vorher eiten^ oder, sofern der vor» 
TQrzubereitende Ton ein dissonirender^ eine Dis- 
sonanz ist: die Dissonanz vorbereiten. 
Eigentlicher zu reden ist es nicht sowohl eine Vor- 
bereitung des Tones ^ als ein Vorbereiten des 
Gehöres auf denselben. 

Der Ton selbst, so lang er vorbereitend er- 
klingt, heisst Vorbereitungs-Ton, oder kurz- 
weg die Vorbereitung^ 

Den Augenblick , wo der Zusammenklang , auf 
den das Gehör vorbereitet worden, eintritt, wo 
die Harmonie 5 bei welcher der Tön sonst herbe 
klingen würde, angeschlagen wird, nennt man 
den Anschlag. 

In Fig. 146 i heisst das erste e die Vorberei- 
tung; im folgenden Takte aber tritt der Anschlag 
eiuf und nun ist das e dissonirend. 



2S9 

B.) PTeleht Töne htdärftn rorh0r§itUHgf 

f 103. 
1.) Manche Septimen. 

Aus dem ani^egebenen Zwecke der Vorberei« 
tung ergiebt sich» dass nur diejenigen Töne einer 
solchen bedürfen 9 deren Auftreten dem Gehöre 
hart und raub klingt ; und je mehr, oder weniger 
dies Letztere der Fall ist, desto mehr, od^r >ve« 
niger ist auch eine Vorbereitung derselben nöthig. 
Hieraus muss sich die Beantwortung der Frage : 
welche Töne einer Vorbereitung bedürfen? von 
selbst ergeben. 

Was nämlich zuerst die Septimen^ und zwar 
a) die grosse Septime betrifft, so ist deren 
jedesmalige Vorbereitung ziemlich unbedingt noth- 
weudig ; denn nicht leicht wüsst ich mir einen Fall 
zu denken, wo das unvorbereitete Einführen eines 
grossen Vierklanges das Gehör nicht beleidigte. 

6) Andere Nebenseptimen hingegen 
duldet unser Gehör nicht selten auch unvorborei« 
tet , und findet Gefallen daran. Einige Beispiele , 
von gediegensten Tonsetzern ^ enthalten Fig. l4l 
bis 143. 

Insbesondere beda/f die Septime des Vierklangs 
mit erhöhter Terz, durchaus keiner Vorbereitung, 
wie die Beispiele der Notentafel 5. 229 htntUng- 
lieh zeigen. 

c) Vollends dieHauptsepjtime bedarf über- 
all keiner Vorbereitung, wie, unter vielen anderen, 
überall vorkommenden Beispielen > aiich aus Fig. 
144 I — m zu ersehen ist« 



260 Vorbereitung. 

$ 106. 

2«) Blanche hai-moniefreinde Töne. 

Wir haben ferner, bemerkt , dass auch manche 
harmönie fremde Töne dem Gehöre zuwei- 
len herbe klangen. Namentlich bemerkten wir 
dies auch von der selbständig beigefügten 
li o n e» wenn der Grundton selber mitgehört wird. 
Diese Harte der Noue kann denn ebenfalls 
durch Vorbereitung derselben gemindert werden , 
wie dies in Fig. 103 T. 1, 2? 4? 5 geschehen ist. 
Dass jedoch auch diese Vorbereitung nicht un- 
bedingt noth wendig ist, beweisen schon eben dort 
der 3te und 6te Takt: so wie Fig. 104 bis 109, 
wo überall die beigefügte None, bei mitklingen- 
dem Grundtone, zum Theil sehr ausdruckvoll, un- 
vorbereitet eintritt. 

In wiefern , in Ansehung anderer harmö- 
nie fremder Töne, eine Vorbereitung nöthig, 
oder nützlich ist, werden wir bei der näheren Er- 
örterung der Lehre von solchen Tönen erwähnt 
finden. 

Man kann diejenigen Töne, welche keiner 
Vorbereitung bedürfen , welche ohne Vorberei- 
tung , oder, wie man es zu nennen pflegt, frei 
eintreten können, frei in Ansehung des 
Eintrittes, diejenigen aber, deren Auftreten 
einer Vorbereitung bedarf, in ähnlicher Bezie- 
hung unfrei nennen. 

$ 107. 

Da, dem Vorstehenden zufolge > die Töne, 
welchen eine Vorbereitung nÖthig oder ntUzlich 
ist, entweder Septimen, oder harrao n i efrem- 



nVelche Töne bedürfen. 261 

de T Ö n e 9 mithin allemal Dissonanzen sind ^ so 
kann man sagen ^ nur dissonirende Töne 
seien in Ansehünp^ des Eintrittes unfrei» und Vor- 
bereitungs bedürftig. 

Nicht aber iässt sich^ umgekehrt^ sagen t jede 
Dissonanz müsse vorbereitet werden 9 denn davon 
haben v>ir das Gegentheil schon in $. 5 und 6 
genügsam gesehen 9 und werden es bei der Lehre 
von durchgehenden Tönen noch häufiger finden. 

Ja 9 wir werden sogar in der Folge etwas 
kennen lernen» was einer Vorbereitung kon* 
sonirender Töne nicht ganz unähnlich sieht. 

Jlnmerkung. 

Die Theoristen haben die Regel aufgestellt: alle Di«- 
sonanxeu müssen vorbereitet werden. Auch diese 
Regel ist offenbar auf dieselbe Weise eotstauden, wie meh- 
rere schon in früheren -ADmerkungen berührte. Man bemerkte» 
dass mehre Töne aus der Klasse, welche man Dissonanxen 
nannte , einer Vorbereitung bedürfen : und gleich hatte man 
die Regel fertig: alle Dissonanxen müssen vorbereitet 
werden. 

Dass diese Regel falsch ist , geht schon aus den vorstehend 
zahlreich angeführten Beispielen hinreichend und handgreiflich 
hervor ; und nur mit Wenigem will ich auf Einiges noch 
besonders aufmerksam machen. 

Was xuerst die Hauptseptime anseht, so bezweifelt 
eigentlich kein Mensch mehr , dass dieselbe überall und in 
jedem Style frei eintreten könne. Dessen ungeachtet bleibt 
in den Tiieorieen der Lehrsatz ordentlich stereotypisch auf- 
gestellt: yy Alle Dissonanxen müssen vorbereitet werden"; 
und weil solciier Jielirsatx nun einmal dasteht ^ und weil die 
Hauptseptime einmal den Namen Dissonanz trägt, so ppiuss 
sie sich denn auch unter die vorbereitungsbedürftigeu Inter- 
valle reclmen lassen. Mögen dann einem solchen Tlieoretiker 
auch noch so viele Beispiele vorkommen, wo eine Haupt- 
septime, ohne den geringsten Uebelstand, frei eintritt, so hat 
er , aus Scheu vor der einmal aufgestellten Regel , dem Ge- 
bilde seiner eigenen Hände, — docli niciit das Herx , solche 
Freiheit ausxuspreehen , sondern krümmt und windet und 
dreht sich lieber so lang , bis er so eine elliptische oder kaia- 
clirestische Vorbereitung heraus , oder vielmehr hinein ge- 
funden hat, d.h. eine Auflösung bei welcher die Auflösung — 
unterbleibt ( S. Türk's Anw. x, Generalbasssp. 5 47— ) oder 
etwa einer Vorbereitung des konsonirenden tennini der Dis- 
sonanx. (!) So findet z. B, Kirnberger, iu s. K. d. 
r. S. (I. Bd. 5* Abschn. S. 52, 4* Abschn. S. 65» und 



262 Vorbereitung. 

6* Abschn. S. 89 ) in den oben angeführten Figuren 144 
if kf l, eine Vorbereitung der Septime f, ia dem vorher lie- 
genden § oder g 9 — eine Vorbereitung ^ welche allen , Ton 
allen Tlieoristen aufgestellten Begriffen und Regeln Ton Vor* 

Bereitung strack zuwiderliefe , wo das dissonirande f auf dem 
leichten Takttheil, und zwar gleich als dissonirend , und mit- 
hin nicht Torbereitet, eintritt; und auf dem schweren sich 
auflöset! — 

Wie viel rernünftiger wäre es aber» statt solcher elenden, 
knühevolleo Behelfe und Ausflüchte ^ Heber offen zu erkeanen, 
dass die Regel, alle Dissonanzen müssen vorbereitet werden» 
unrichtig ist. 

Man erwiedere mir auch nicht die verbrauchte Phrase ; 
das Gebot der Vorbereitung aller Septimen gelte für- den 
Streugen Stjl, für. den freien aber die Lizenz des freien Ein- 
trittes. — Naciidem ich mich über die technische UnterscUei- 
dung der Style einmal ausgesprochen ( S. 236 » ^ • } ' glaube 
ich, auf Einwendungen dieser Gattung nicht noohmal ant- 
worten zu müssen. 

Dass eben so , wie die Hauptseptime , auch manche Ne- 
b^nseptimen ohne Uebelstand frei eintreten können, ist aus 
den bereits in $ 106 angefülirteu Beispielen ersichtlich. 

Ein Gleiches zeigt sich auch in Ansehung harmoniefremder 
Töne. Als Beispiel deute ich nur auf die Figuren iOi bis 
109 , woselbst Nooen, selbst bei miterklingendem Grundton, 
und zum Theil selbst in Werken sogenannten strengen , 

S Kirchen - S tjls , frei eintreten; sp wie es d|snn auch noch 
iemanden eingefallen ist, durchgehende, oder sogenannte 
Wecliselnoten , welche doch wahrlich nicht konsonirende ^ 
sondern dissouirende Tötie sind , in irgend eiuem Stjl an- 
ttÖssig zu finden. — Eben so unverfänglich .ist gewiss 
auch das unvorbereitete Erscheinen der übermässigen Quinte 
in folgendem Beispiel , u. a ni, 

e 
F 

Webn endlich die Tonlehrer die Norbwendiekeit der Vor- 
bereitung nicht nur von jeder wirklichen Septime y sondern 
Überhaupt von jeder Note aussprechen, welche ein Gc- 
seralbass mit 7 bezeichnet wird, d. h. von jeder f welche 
nun eben auf der siebenten Stufe, vom Basston #n gezählt, 
steht, so ist auch dieser, so unverständig ausgesproehene 
Lehrsatz , leicht durch Fig. 145 , und hundert andere , tu 
widerlegen, woselbst es keinem Vernünftigen einfallen wird^ 

die Septime c vorzubereiten. (Vergl. S. 255 unten. ) 




263 

» 

C) Vollkommene , unvollkommene Vor» 

be reitung, 

§ 108. 
Die Ybrbereituag ist bald mehr, bald 
minder vollkommen. Vollkommen ist sie» 
wenn sie 

1. ) in der nämlichen Tonhöhe » 

2«) in derselben Stimme, 

3.) gebunden, 

4*) hinlänglich lange, 

5. ) durch einen harmonisch geltenden Ton $ 

und 
6* ) auf leichter Zeit geschieht. 
Wir wollen diese Erfodernisse der Reihe nach 
näher durchgehen, jedoch hier nur erst in Bezie- 
hung auf die Vorbereitung der Septimen, indem 
wir bei der Lehre von harmoniefremden Tönea 
auch die von deren Vorbereitung eigens be- 
handeln werden« 

$. 109. 

1.) VorbereituDgsweise der Septimen« 

1.) Die Vorbereilungsnote muss in dersel- 
ben Tonhdhe oder Oktave gelegen haben»^ 
in welcher der Ton dissonircnd auftrilt, wie dies 
in Fig. 146 i der Fall ist. Eine Vorbereitung, bei 
welcher dies anders wäre, würde wenigstens eine 
nur sehr unvollkommene Vorbereitung heissen 
können, wie z. B. bei k, woselbst die eigei^. ^he 
grosse Septime e nicht in eben dieser Lage, nicht 
in der zweigestrichenen Oktave, sondern in der 
dreigestrichenen vorbereitet ist, wo also nicht 
eben das e> welches hernach als grosse Septime 
gehört wird, vorhergelegen hatj sondern das hö^ 



2G4 Vorbereitung. 

here e* — Eben solche Unyollkofnmenhelt findet 
sich auch im folgenden Takte, wo zvrar d, aber 
nicht 3 vorheriag. Vergleiche auch m. 

$ 110. 

2«) Die Vorbereitung soll durch die näm- 
liche Stimme geschehen 9 oder mit andern Wor- 
ten: die Vorbereitungs-Note muss in derselben 
Stimme gelegen haben^ welche, beim Eintreten der 
folgenden Harmonie, die Dissonanz angeben soll. 
Eine Vorbereitung, wo'bei die Vorbereitungsnote 
von einer anderen Stimme angegeben würde > wie 
bei t4G ly wo, bevor e als eigentliche Septime 
in der Oberstimme gehört wird, zwar eben dies e 
schon in der zweiten gehört worden^ aber doch 
immer nicht in eben der, aus deren Munde es 
hernach ab Septime erklingt — eine Vorbereitung 
wie diese, oder -wie bei m, wäre wenigstens gewiss 
minder vollkommen als die bei /. 

§ nu 

3.) Die Vorbereitung äussert ihre lindernde 
Wirkung erst dann in vollem Mase, wenn der 
dissonirendo Ton in dem Augenblick, wo er dis- 
sonirend wird, nicht selber erst von neuem, und 
somit nicht zugleich mit den Inten^allen der neu 
auftretenden Harmonie, angeschlagen, sondern 
vielmehr nur fortgehalten, oder, wie man es 
nennt, an den vorbereitenden Ton gebunden 
wird, wie bei 1; welches bald, wie hier durch 
Aneinaaderbinden zweier gleichnamigen Noten 
Initials eines Bindebogens geschieht , bald auch 
unter anderen Notengestaltungen. 



Vollkommene, [um^ollkommene. 265 

Solche gebunden aufgeführte Töne werden 
häufig kurzweg Bindungen, oder Ligaturen 
genannt ;' und von einem Tonstiick , in welchem 
alle Dissonanzen mittels Bindungen vorbereitet 
sind, f^e^t man dann zu sagen: es sei im «^-^ 
gebundenen Style geschrieben. 

Man findet indessen häufig auch Vorbereitung 
gen, welche nicht gebunden geschehen. Bei 146 n 
ist die Septime von ihrer Vorbereitung sogar durch 
pausen getrennt. 

Auch in Singstimmen werden vorbereitete Tö- 
ne nicht selten ungebunden aufgeführt, wenn es 
nOthig wird , auf dem Anschlag eine neue Silbe 
aussprechen zu lassen 9 z* B. bei o» 

4.) Die Vorbereitung muss^ um ihre 
ganze Wirkung zu erreichen, auch lang genug 
dauern; der vorbereitende Ton mus&, wie man 
es zu nennen pflegt, lang genug vor her ge- 
legen haben, weil eine Note von nur sehr 
kurzer Dauer das Gehör, natürlicher Weise, nicht 
eben so vollkommen vorbereiten kann, als eine 
länger anhaltende. Man nimmt gewöhnlich an« 
die Vorbereitung solle eben so lang sein, als der 
Anschlag, wie in 146 bei 1 u. a. m. 

Dass jedoch auch sehr kurze Vorbereitungs-» 
töne die Härte des Anschlages schon mildern, be« 
weiset unter Anderen 146 fj- worin das e der 
Oberstimme , obgleich nur durch eine kurze Ach* 
telnote vorbereitet, doch schon weit %veniger hart 
- anstösst als bei q. 

23 



266 Vorbereitung^. 



o 



$ 113. 

5.) In allen angeführten Beispielen ist die Vor 
bereitungsnote ali^inai ein harmonisch gelten« 
des Intervall. Eine Vorbereitung einer , Septimi 
durch einen harmoniefremden Ton kann, der Na 
tur der Sache nach» gar nicht wohl gedacht wer 
den 9 und eben darum auch durch keine Dis^ 
nanz, es wäre denn etwa so, wie in Fig. 147 i 
wo die Hauptseptime als None vorhergelegen hat 
— oder bei A. 

Wenn aber unsere Tonlehrer als allgemeine Rege 
aufstellen: eine Dissonanz könne überhaupt nui 
durch eine Konsonanz vorbereitet werden, so leh 
ren «ie etwas gradezu Unwahres, wie wir theils ai 
den letztangeführten Beispielen gesehen haben 
theils auch in der Lehre von Vorbereitung de 
Vorhalte noch häufiger linden werden. 

Aus dem Gesagten ergiebt sich übrigens > das 
eine Septime in der Regel nur dann vorbereite 
werden kann , wenn dem Vierklang eine Harmo 
nie vorhergeht^ unter deren B^standtheilen ebei 
dieser Ton befindlich ist, und dass also ein Vier 
klang, dessen Septime einer Vorbereitung bedarf 
nicht nach einer Harmonie folgen kann^ in wel 
eher dieser Ton nicht enthalten ist. 

§ 114. 

60 Die Vorbereitung einer Septime ist an 
befriedigendsten, wenn sie auf leicbtererZei 
geschieht als der Anschlag, so dass der Ansclila; 
der Septime auf schwerer Zeit, und also, sofcn 
sie gebunden ($ 111) erscheint > in der Gestal 
einer Synkope erfolgt, wie in Fig. 148 i- 



Vollkommeue y uiirollkommcne, 267 

Was wir hier von leichten, und schweren Takt* 
theileii beobachten , gilt eben so auch von sckwe« 
ren, und leichten Takten und Taktpaaren. (8. 
105*) So sind z, B. in dem, unter Fig. 148 A ab- 
gebildeten, achttaktigen Perioden, die Nebenner« 
klänge auf dem /iten Takt, als dem leichteren 
Theila der ersten Hlilfte des Perioden, vorberei« 
tet. Der solchergestalt vorbereitete Nebenvier- 
klang tritt dann mit dem Anfinng des 5ten Taktes, 
welcher der schwerste der zweiten Hälfte des 
Perioden ist, ein, und löst sich mit dem; leich- 
teren 6ten Takte auf. 

Weit weniger wird das Gehör befriedigt durch 
Vorbereitungen, bei welchen das umgekehrte Ver-' 
haltnis des rhythmischen Gewichtes statt findet, 
wie z. B. Fig. 148 / und 149- 

Gradezu verwerflich sind indessen solche Yor- 
bereitungen nicht zu nennen. Denn dass wenige 
stens die minder herben Septimen auth autf 
solche Art nicht eben unangenehm klingen ,. 
zeigt Fig. 150» wo die auf dem letzten Takt^heile 
vorkommende Nebenseptime c, auf schwererer Zeit,> 
nämlich im ersten und zweiten Takttheile , vor- 
bereitet ist • und auf leichter Zeit als Septime er* 
scheint. Ein Gleiches findet man bei 151 — 153* 

$ 115. 

In manchen Fällen ist es auch sogar an sich 
selber unthutnlich, dies rhythmische Verhältnis . zu 
beobachten: nämlich wenn mehre Vierklän- 
g e unmittelbar aufeinander folgen. Denn hi^r fällt 

Bei gradem Khy thmus, abwechselnd alle- 
mal eine Septime auf schwere , die andere aber 
auf leichte Zeit. Fig. 154 bis 163. 



268 Vorbereitung. 

Bei ungrader Zeiteintheilmig hlnge« 
gea» X» B. wena man im |-Takt eipe Reihe von 
meiiren Vierkiängen auf eben so viele Takttheile 
vertheihf fallen aogar allemal zwei auf leichte 
und nur eine auf schwere Zeit^ Fig. 164 it 
(Vgl 5. 1000 welches, immer sehr unbefriedigend 
jklingt. Wenn man daher in solchen Taktarten 
solche Reihen anbringen will, so geschieht es füg- 
licher in der Art» dass man nicht sowohl auf Je- 
dem der ungrad gruppirten Takttheile einen Vier- 
klang anbringt » wie bei i, sondern lieber auf je- 
der grösseren graden Zeitgruppe j wie bei k, l i 
oder auf jeder kleineren , wie bei m 9 oder dass 
man die ungraden Zeitgruppen in zwei ungleiche 
Hüften theilt, wie bei n oder o. 

$ 116. 

Der Umstand» dass, bei Vertheilung solcher 
Reihen auf grad oder ungrade gruppirte Zeiten , 
allemal wenigstens ein e^ wo nicht zweie, auf leichte 
Zeit fallen, ist freilich gewissermasen ein Uebel- 
stand ; doch lassen sich auch solche Septimenreihen 
durch zWeckmäsige Behandlung noch begütigen. 

Diese Behandlung besteht fürs Erste darin, 
'dass man wenigstens die erste Septime der Rei- 
che regelmässige d. h. auf leichter Zeit vorberei- 
tet, und auf schwerer auftreten lässt, i^nd wo 
möglich auch die letzte > wie in Flg. 154 is 155» 
569 57. ( Das widerspiel hiervon enthält Fig. 
154 A, 158) In Fig. 160 ist zwar nicht der 
erste Vierklang , aber doch der erste Neben- 
vierklang, auf leichter Zeit vorbereitet und auf 
schwerer augeschlagen. In 161 fühlt sich der 3tQ 
Takt schwerer als der zweite und vierte. 



Vollkommene , unvollkommene. 269 

Das zweite Linderungsmittel besteht darin, 
dass man diejenige Septime, welche das Loos 
trifft 9 auf leichte Zeit zu fallen, nicht gern in 
die Oberstimme, oder sonst in eine vorstechende 
Stimme legt, sondern lieber in eine Nebenstimme 
versteckt, wie auch dies bei 154 i$ ISßylSSbeob* 
achtet ist, nicht aber in 155, 157, 159, 160, 163* 

Endlich suche man, solche Reihen womöglidi 
so einzurichten, dass nie ein grosser Vierklang 
auf leichte Zeit zu stehen komme, oder, wenn 
es ja geschielit , wenigstens auf eine, durch rhyth- 
miscUe Kückung, wie in 164 o^ oder sonst> vor- 
gehobene. 

$ in. . 

Das Übelste bei solchen Reihen 9 bei gradea 
sowohl als ungraden, ist aber, dass zuweilen so- 
gar zwei grosse Vierklänge unmittelbar nach 
einander folgen; wo dann natürlich nicht beido 
auf gleich schwere Zeit fallen können , sondern 
allemal Einer auf leichte Zeit fällt, z. B. 154? Takt 
4, Fig. 15-^, 159, 160, 162, 163, 164. 

In solchem Falle sucht man es dann wenigstens 
so einzurichten, dass von solchen zwei unmittel* 
bar aufeinanderfolgenden grossen Vierklänged der 
erste auf schwere Zeit zu stehen komme > wie 
dies Haydn in den schon angeführten Stellen, 
Fig. 157 und 160, gethan hat, und versteckt dann 
bei dem folgenden, welcher nicht ebenfalls auf 
schwere Zeit fallen kann, die herbe grosse Sep-. 
time auch gern in eine Neben - , oder Mittelstimmey 
wie Fig. 154 u Wie unangenehme Wirkung das 
Gegentheil thut> zeigt Fig. 159, wo der herbeste 



270 P'orbereitung. 

aller Viorklänge zuerst auf einem leichten Takt<» 
iheil , und dabei auch noch recht auffallend in ei-* 
ner Haupt^timme » auftritt* Dasselbe wird in.in bei 
Fig» 1 54 A 9 vom 4ten zum 5tcn Takt, empfinden. 

(Dass in Fig. 163 i die zwei nacheinande «folgen- 
den grossen Vierklänge » deren erster auf LeicJiter 
Zeil auftritt 9 und wobei die grosse Septime in der 
Oberstimme liegt, doch nicht unangenehm klingen, 
erklärt sich vielleicht auch dadurch j' dass man, 
wie wir späterhin erkennen werden, das eis der 
Oberstimme in der 2ten Hälfte des 2ten Taktes 
allenfalls auch als blos ver iängertes Intervall 
ansehen könnte, statt wie bei A , wo nicht gar 
als Vorhalt, wie bei./, zwischen dessen Auflö- 
sung nur das harmonische Intervall fis eingescho- 
ben wäre; aus welchen Gesichtspunkten betrachtet 
dann die Harmonie dieser Takthälfte gar nicht 
der grosse Vierklang ^t, sondern ^ wäre») 

Am alleriibeUten war es, in einer solchen, 
auf ungrade Zeiten vertheiltcn Septenreihe, sogar 
zwei grosse Septimen naclieinander auf leichten 
I Zeiten anzubringen, wie in Fig. 1G4 p. 



\ 



§ 118. 

20 Vorbereitnogsweisc harmoniefremder Töne. 



1 Die Vorbereitung der harmoniefremdeii Töne 

.^ geschieht, im Wesentlichen, ganz auf dieselbe 

I Weise , wie^ die der Septimen. Vergl. z. B. Fig. 

102, 103;. 

Was insbesondere in Ansehung der Vorbe- 
reitung der Vorhalte Eigenes eintritt, wer- 
den wir am betreffenden Orte näher besprechen. 



Ende des ersten Bandes. 





DATO DU£ 


■ 










^H 










^M 










^M 










^1 










^M 










^M 










^M 










^M 










^1 










^M 










^M 










^M 










^M 










^M 










^1 










1 






































^^^^ 


ü 



r' 



3^15 00959 9534 



Maili 
lO 

ko 

.W71i 

182U 

».1 



Veber, G. 

VerSQch eindr geord- i 
neten Theorie der 
Tonsetzkunst aus 
Selbstunterricht , 



u