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Full text of "Versuch einer Geschichte der Geburtshülfe v. 3 pt. 2, 1904"

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Verlag yon Frang Pietzcker, Tübingen 

BuchhÄüdlung für MediKin und NaturwisseD sc haften. 



Bibliotbeea Obstetrida et Gynaecoloeica. ^oo. verieiciv- 

Hflßhorhiger« iron FrAu« i'ietÄvki't Iiih«ht GeburtthÜlfe and Gvoh*** 
koWi^iy. Mit IndtJt, lUOl. ISITT NuDunerii, 



s^i^m. 



Seidel 




yü^ir 



Colleotion 



iMsrflBigaft MEmcawE! 
fflMi)HeBiHait.s»a6w^t 



Hüpf, Ijlldwiir* Dr, l "»*»»» *tÄt ^ml Immuiil^lriiiig, Kiue me* 
— — £.""'' iae<ll«iiii«i*Jl-anihr«p<»lü^lnpJie MitrcljeD, iwa. M 2.co. 

Kti»48niaul, A,» Gt'heimraL Prof. Dr. iate»»nchun(f,.n abn 

. L , i I ,1^^ Serie dI eben dea 

LiebentieiBter« €•• Prof, Dr, «truHdi^^^» ^^ umereu jii?ai*iii, 

"^ ^ ^''^l^ sniUiiTynd* und AMr/nif 



2 



Olli 



fieschichte der fieburtshülfe 

der Nenzeit 

Zugleich als dritter Band des „Versuches einer Geschichte 
der Geburtshülfe" von Eduard von Siebold 

Von 



Professor Dr Rudolf Dohrn 

Geh. Medicinalrath, früher Director der Unirersilftts-Frauenklinik in 
Königsberg i. Pr. 



Erste AbtheÜTing 



Zeitraum 1840-1860 



Tübingen 1903 
Verlag von Franz Pietzcker 



(»1^1 



JlradB twi R. Ltmpp jr la TsMmml 



Torrede, 



Eine BearbeituTig der Geschichte der Gehurtshülfe 
der Neuzeit ist schon vielfach von den Fachgenossen ge- 
wllnscht worden. Für die ältere Zeit liegen dem Leser 
die ersten 2wei ^ände des S i e b o 1 d 'sehen Werkes in 
Neudruck ror. Ein früher beabsichtigter dritter Band 
entbehrte bisher einer fachmännischen Bearbeitung, 

Eduard von Siebold hatte die fortschreitende 
Entwickelung unseres Faches mit imausgesetster Auf- 
merksamkeit verfolgt, und sie dem Arzt in gefälliger 
Form zu schildern, betrachtete er ala eine der Haupt- 
anfgaben seines Lehramtes. Viele Jahre seines reichen 
Lebens verwandte er auf diese historischen Studien und 
selbst an seinem Lebensabend kehrte er in seinen Musse- 
stunden gern zn dieser Lieblingsbeschäftigung zurück. 

Die Eigenschaften, welche für den medicinischen 
Geschichtsschreiber erforderlich sind, eine ausgebreitete 
Kenntnias der Litteratur, eine gewandte Form der Dar- 
stellung, fanden sich bei S i e b o 1 d vereint. Seine man- 
nigfachen Beziehimgen zu fremden Fachgenossen, welche 
er durch fortgesetzte Reisen in das Ausland zu erweitern 
suchte^ seine Studien in auswärtigen Bibliotheken, in denen 
er den Anfängen der Gehurtshülfe im Alter th um mit nie 
ermüdendem Fleiss nachspürte, alle diese Eigenschaften 
Hessen gerade Siebold als einen geeigneten Historio- 
graphen unserer Wissenschaft erkennen. 

Einem solchen Mann mit aeinen umfassenden Kennt- 



IV 



nisBen in einer ßeschichtlichen üebersicht Nachfolge zu 
leisten^ konnte ich mich nur mit Zögern entschliessen. 
Lange Zeit hatte ich gehofft, dasB sich ein anderer deiit- 
ftcher Fachgenosse meiner Generation aus der kleinen 
Zahl, welche der unerbittliche Tod noch nicht hingerafft 
hat, der geh iirtshül fliehen Geschichtsschreibung zuwen- 
den würde, Aber^ seitdem nach dem Tode von Siebold 
diese Lücke der Geschichtsschreibung immer noch unaus* 
geftült geblieben ist, habe ich mich, auf Zureden mir be- 
freundeter Collegen und auf den Rath des verdienstvollen 
Tübinger Verlegers, zu einer Fortsetasung des S i e b o 1 d*^ 
sehen Werkes entschlossen. 

Unsere Fachwissenschaft hatte sich in der Mitte des 
vorigen Jahrhunderts von ihrer früheren Verbindung mit 
der Chirurgie losgelöst. Seitdem ist der Bereich der ge- 
burtshülflichen Geschichtsschreibung ein anderer geworden. 
Früher war man gewohnt gewesen, zwar die Pädiatrik 
als ein übliches Zubehör der Geburtshülfe zu betrachten, 
dagegen waren die Entwickelungsgeschichte und die Gy- 
näkologie nur selten und in ungenügeuder Weise zur 
Erörterung herangezogen. Nachdem sich aber die drei ge- 
nannten Fächer zn einer aelb^ständigen Wissenschaft ent- 
wickelt hatten, wurde es nöthig, sie von der Geburts- 
hülfe abzutrennen* In Folge dieser Tremiung werden 
auch die folgenden Blätter sich lediglich auf Arbeiten 
geburtshtilflichen Inhaltes beschränken und die Arbeiten 
der Geburtshelfer über die genannten Nebenfacher nur 
insoweit heranziehen, als sie zum Verständniss des Le- 
bensganges der Autoren erwähnenawerth sind* 

Ergiebt sich schon aus diesem Grunde ein verän- 
derter Umfang der Geschichtsschreibung der Neuzeit, so 
kommt auch ein anderer Umstand dazu, welcher dem 
Kreise ä^r geschichtlichen Darstellung ein anderes Ge- 
ptHge aiU'drficken muss« 

In frühetür Zhit krtüpften sich alle belangreichen 
rJ*ortÄChritie ..m^^-^*- Kitehes an bestimmte Schulen oder 



einige li er vorragende Kamen an und so war es moglicli, 
die wissenscliaftliclie Entwickelun^ in der Dnräteliung 
bis an einige zeitliche Zielpimlde abzugrenzen. Die Fort- 
führung dieser Methode begegnet aber in der Neuzeit 
bei der unermesslichen Erweiterung der Litterat ur immer 
grösseren Schwierigkeiten. Filiher batt€ 3 i e b o Id noch 
recht, wenn er in seiner Darstellung den Zeitraum der 
Wiederherstellung der Wendung auf die Füsse und der 
Erfindung der Zange als Abschlüsse gewisser Zeit- 
perioden darstellte. Aber die Fülle der Litteratur der 
Neuzeit iässt nur selten zu, die fortschreitende Ent- 
wickelung blos an einzelne Zweige unseres Faches an- 
zuknüpfen. Die Ströme der For^chungsergebnisBe der 
Wissenschaft Yertheilen sich jetzt in viele einzelne Ka- 
näle, und diese in ihrer Wirkung kritisch zu verfolgen, 
gehört nunmehr zn den immer schwieriger werdenden 
Aufgaben des Geschichtsschreibers. Auch S i e b o 1 d 
hatte in seinen Studien bei dem Hineindringen in die 
Neuzeit lebhaft diese Empfindung gehabt ; ein Abschhiss 
bestimmter Zeiträume legt immer der Darlegimg wis- 
. senschaftlicher Fortschritte unleugbar einen gewissen 
Zwang auf. 

Für die neuere Zeit gilt die Wirksamkeit von S e m- 
m e 1 w e i s nach aUgemeiner Meinung der Fach genossen 
unbestritten als Abschluss, In dieser üeberzeugung werde 
auch ich die vorliegende Periode meiner Darstellung nur 
bis zu dem Auftreten dieses ausgezeiclmeten Mannes fort- 
ftlhren. 

Für das deutsche Gebiet wird die erste Abteilung 
nur die Lebensnacbrichten bereits verstorbener oder aus 
der Litteratur ausgeschiedener Geburtshelfer enthalten. 
Darüber dem Leser erwünschte Mittheilung zu machen, 
ist jetzt dem Autor durch die neuerdings erschienenen 
biographischen Werke sehr erleichtert worden; die vor- 
trefflichen Arbeiten von Hirsch, Puachmann, Pagel 
und G u r 1 1 werden für lange Zeit uns eine dankes- 




VI 

werthe Quelle für die Fortschritte der Medicin bilden. 
Vieles in der Wirksamkeit meiner Fachgenossen habe 
ich selbst erlebt, andere Nachrichten verdanke ich Mit- 
theilungen befreundeter Collegen. 

Litterarische Hinweise und biographische Notizen 
sind mir in dankeswerther Weise in einer grossen Zahl 
zugegangen von den Herren : Professor Leopold in 
Dresden, J. Veit in Leiden, Schatz in Rostock, L. 
Meyer in Kopenhagen, K. Brandt in Christiania, 
F. Neugebauer in Warschau. Einen besonderen 
Dank habe ich aber abzustatten den Herren Prof. Cal- 
der in i in Bologna, Prof. Heinricius in Helsing- 
fors, und J. Whitridge Williams in Baltimore für 
ihre mühsamen Nachforschungen über die geburtshülfliche 
Litteratur ihrer Länder. In den S i e b o 1 d 'sehen Zeiten 
vrar der litterarische Verkehr mit Italien, den nordischen 
Ländern und Amerika mannigfach behindert, und diese 
Lücken vraren selbst in der S i e b o 1 d'schen Darstellung 
öfters bemerkt worden. Sie sind jetzt durch die Arbeiten 
der genannten Autoren erschöpfend ausgefüllt worden. 

Dresden, Juni 1903. 

Dohrn. 



Inhalt. 



Kinleitung. §. L Seit« 

Eduard Cä^ar Jacob von Siebold. §-2. . . . , * — 
Ferdiniind August Mai Franz von Ritgeti* §.3. , » — 
Die geburtsbü] fliehen Lehrbücher* g* 4. ....,— 

Die Hebaramenlehrbücher. §.5. . — 

Franz Kiwisch, Ritter von Eotterau, ^.6. . . * , — 

Dietrich Wilhelm Heinrich Busch. §.7 — 

H, Meckel von Hemsbach. — Joseph d'Outrepont. — 
Johann Eugen Roashirt — Carl Christoph Hüter. — 
Fratiz Earl Nägele. — Hermann Franz Joseph Nägele, 
Anton Friedrich Hohl. §. 8. ...*..,.». — 

Eduard Arnold Martin. §.9- . . . , — 

Karl Wilbelm Majer , ♦ — 

C. A. Louis Majer — 

Friednch Wilhelm Scanzoni von Lichtenfels. g. 10. . — 

Wilhelm Lauge .*,..... — 

Waldemaj Ludwig Grenser. §- IL ,..,»,. ^ 
Johann Christian Gottfried Joerg — Karl Friedrich. 
Haase. — Friedrich Ludwig Meissner. — Julius Wil- 
helm Betichlen ^ Albert Hayn* — A, Moser, — Gu- 
stav Hauck. — Joseph Hermann Schmidt — Leopold 
Sokrates von Riecke- — Ignaz Schwörer. — Heinrich 
Ab egg* — Behm. — Friedrich August Gottlob Bemdt, 
— K. F. Eichatedt, — Maximilian J. von Chehus, — 
Johann Baptist von Weiasbrod» — Christian Krauel. 
Anatomische und physiologische Forich- 
un gen über die Geburt Bwege. |. 12. . . . 
a Luschka, — Ch, Aeby. — R. Gmeliii. — O. Fol- 
lenius. — W. Pröbating, — Heinrich Spöndly. — Karl 
Ludwig von Elsaesser. — Coatilhes. ^ JoberL — Ric- 
■ quet, — Donne. — Dunglisson. — J. Reid. — J. M. 
, Ihmcan. — H. Miidge. — R. M511er. — Stein jun. 



1 

10 

15 
20 
22 



24 
27 
27 
29 
29 
32 



-^ 36 



vin 



— Perachau. — Robert Remak, — Claude Bernard. 

— Ernst Wilhelm von Brücke. — Goldin. — Ck 
Robin* — Egnißier. — Bonamy. — Costilhes. — J. H. 
8, Beaii* ^- Huguier. — Kirsten. — R. A. Kölliker. 
Adolf Kusamayl. ^ W, F, JWontgomery, — Franz M. 
Kilian. — Tb. V. Jaeger. — H. Blot. 

Bernhard Breslau. §. IS Seit© 43 

Hermann Heinrich PIobh, §.14 — 44 

F. A. von Amnion. — F. H. Birabanm. — F. Bim- « 

bäum. — J. T. A, Feigel. B 

Karl Siegmund Franzi Crede. §. 15. . — 8 

Die Auskultation in der Schwangerschaft 

§.16 - 47 

Adam Ulaamer. — KonitK. — Cazeanx. — BacEmy. 

— Ferdinand Frankenhätiser. — Victor Hüter. 

Daa enge Becken. §. 17. ..... — 51 

Gustav Adolf Michaelis. §.18 . — 56 

Carl Theodor Litzmann. §.19 — 60 

J. H. Hermann Schwarte. §.20 . . _ 64 

Bernhard Seyfert. §,21 — M 

Ludw^ig WinckeL — Hermann Friedrich Küian. — H 

Georg Steiti. — H. Ludwig Ferdinand Robert. ^ Ca- H 

spar Eirehhoffer. — Unna. — Chailly-Honor^ ^ J. H 

Rouyer. — Wilhelm B. Lambl. ^ 

Karl Hecker. §.22 — 69 

Die geburtshülfl ichen Operationen. |. 23. — 70 
P. Thewalt. — Ignaz Dünt^er. ^ Tott. — Didot. — 

Churchill, — Karl S. Schreiber, — Liegard, — • Julius ^m 

Victor Schöller. — Schierlinger. — Wilson. — L. H 

Spengler. — J. F- Oslander. ^ D, K. Th. Merrem, H 

— ' J. H, Leopold. — Joseph Hof mann. — L. Harting. ^M 

— Landsberg. — C. v. Helly, — J. J. Hermann. — H 
Gurlt. — Gatty. — H, M. Cohen. — L. Concato. — ^ 
Ran. 

Die An ästh es ie r nng der Gebar enden, §, 24. — 80 

Die Gebäranstalten und ihre Vorsteher. 

§. 25. . . . ^ S2 

Martin. SchdU^r, Kilianr Betscblerf Grenaer, Rosshirt, ^| 

Schwörer» Ritgen, Siebold t Pemicet Hohl^ Lange, " 
Si:bult7.e, Litimaun, Crede^ Schwarte, Heckeri 8e3rfert, 

V*''ri Rfint, C. ßraiin, O. Bmun, Scanzoni . . , , ^ 86 

< I!, von Fernwuid. |. 26. ........ — 86 

■■'-1 ft ^7 ..»,......— S7 



d 



IX 

Johann Baptist Chiari Seite 89 

August Breisky. §.28 — 89 

Franz von Breit. §.29. ~ 90 

Johannes von Säzinger — 91 

Hugo Carl Anton Pemice — 91 

Ludwig Bandl — 91 

Hugo Alfred Otto Hildebrandt. §.30. — 92 

Rudolph Kaltenbach. §.31 — 92 

Christian Adolf Hermann LGhlein. §.32 — 95 

Heinrich Lahs — 96 

Hermann BeigeL §.33 — 96 

Moritz von Madurowicz. — Lumpe. — Gendrien. — 

E. Leudet. — Bonnet. — F. Rehmann. — R. Jones. 

F. Plasse. 

Otto Spiegelberg §.34 — 98 

Aloys C. C. G. Veit. §.35 — 100 

Carl Schröder. §.36 — 101 

Der Gesundheitszustand der Wöchnerin- 
nen. §.37 — 104 

Die Geburtshülfe in Frankreich. §.38. . — 109 

Paulin Cazeaux. §.39 — 116 

Anne Jean Henri Depaul. §.40 — 117 

A. A L. M. Velpeau. — N. C. Chailly-Honore. — 
J. Z. Amussat. — L^on J. B. Cruveilhier. — A. Briöre 
de Boisment. — P. G. Alexandre Devilliers. — F. 
Wieger. — Legrouz. — Mattei — Imbert-Gourbeyre. 
— Alfred Donne. — Hippolyte Blot. — Ch. G. Lauth. 

Paul Dubois. §.41 — 119 

Joseph Alexis Stoltz. §.42 — 121 

MascareL — Antoine Constant Danyau. — P. F. 0. 
Rayer. — Ch. G. Lauth. 

Läon Clement le Fort. §.43 — 121 

Jean Marie Jacquemier. §.44 — 123 

Theophile Gallard. — Hourmann. — Bourdeaux- — 
P. C. Huguier. — J. A. Lejumeau de Kergaradei. — 
Eugöne Köberle. — Charles N^grier. — Jules Pean. 
J. C. A. Recamier. — Fr. Joseph Moreau, 

Charles Pajot. §.45 — 124 

Stephane Tamier. §.46 — 125 

Valleix- — Ch. Dubreuilh. 
Die Geburtshülfe in Grossbritannien und 

Irland. §. 47 — 125 

James Young Simpson. §.48 — 130 

Alexander Russell Simpson — 130 



X 



Wütiam Fetli*fr«ton Moutgomery. §, 49. ... 

Thomm Edwai'iJ Beatty 

lioUrt Lue, %. m 

Frimcm Henry liamkiboihimi. — Muiphy. — Edward 
highy. — Every Kennedy. — Charlea Locook — J. 
C, W. Lever, — 8aniü«l Merriman* — George Moon 
Jmm W. Wbitehead, ^ J. Blundel], — J. H, Davis. 
Hamjr OUlha^ni. ^ J. T. C. Gonquest. ^ Robert R 
JWrgntfaii* — Joaeph Clarke. — William Tyler Smitb, 

— Clmrlefl West. — AttVed Henry M'Clintock. — 
PlüStwood ChurchilL — Samuel Little Hardy, -— W. 

B. Wilde, — J. Denham. — Robert B. Barnes. — 
W. Bloseam. — Robert Jobna. — Ä. Peddie, — J. 
HraxUni Hiek«. — E* Copemau* 

Jä^mi**i H^itbewi Diincan. §.51. 

Diu OeburtNbülfe Italießs. §.52 

Die geburtihülf li chen Lehre r Italiens. 

frSS* - - 

Die gebnrtiib Ulf liehen Kliniken. §.54. * 
A. Aliprandi, — G. Raffaele. — L- CapeBsi, — M. Irari. 

— Gberti. — V. Balloehi. — L. Pastorello. ~ T, Lo- 
vatL — C. de Renzi. — SüliuiL — Montagna. — Pal- 
leccjo. — Minareili. — Ficino. — Ciilderini, — Con- 
radl 

Gebürt«bÜlfHcbü Publikationen ItalieiiB 1840 
-1860. §,55 

Holland, g. 56. 

Ji C. Broer«. — J. Baart de la Faule. — L. Lehmann. 

— Ä* E. Simon Thomas, — G. Vrolik. — C. B. Ti^ 
lanua. — J, P. Hoebekep — J. B, van Hueveb — K 
J. G. Hyernaux* — Feigneaui. 

D ä n e m a r k. §. 5?. , . . , . 

C. E- M. Levy. — P. A* Schleiiner. — C. J, H. Kayeer. 

— eil. Söxtorpb^ — N. E» Eavn, — A. Hannover* — 
M. Trier. — M. Jensen. — L. W. Salomonaen. 

Norwegen. §.58* , . * . . . 

M. A, ThulHtmp. — R Cb. Faye. - B, W. S. Heyer- 
-^ J, A. VoBs* — Cb. Ä. Egeberg. 
"e Geschichte der Geburt «hü Ife von 

d e n §. 59 

te. — J* von Hoorn. — J. K. Nordenheim, 

*»trin. — E. Elif. — D. Schuk. — J. Eraak. 

1 — P. G. Cederi^cbiöld. ^ H. Schützer. 

tmstrOm, — A* F. Wadenberg. — K. Sto- 



Seite 1S8 

— 138 

— 139 



i 



144 
145 

146 
147 



149 

157 



— 160 



^ 163 




XI 

baeus. — C. F. Liljewalcli. — Trendelenburg. — 

Retzius. — A. S. Bruzelius. — Pramberg. — C. J. 

Ask. — G. J. Haartman. — J. Pipping. — J. Töm- 

gren. — L. H. Törmoth. •— E. A. Ingmann. — K. S. 

Sirelius. 
Der Zeitraum 1840— 1860 in Schweden. §.60. Seite 174 
Die Geschichte der Geburtshülfe vonFinn- 

land. §. 61 — 181 

Rusßland. §.62 — 188 

Hugenberger. — E. Bidder. — Sutugin. — Tamoffsky. 

— Krassowsky. — P. ü. F. Walter. — J. von Holst. 

— L. A. Neugebauer. 

Die Geburtshülfe in Amerika. §.63. . . — 193 
Frühere geburtsh. Litteratur mit Ausschluss der Lehr- 
bücher. §.64 • — 207 

Extrauterine Schwangerschaft. §.65 — 214 

Anästhetische Mittel. §.66 — 218 

Puerperal-Infection. §.67 — 222 

Der Kaiserschnitt. §.68 — 226 

Combinierte Wendung. §.69 — 230 

Das corpus luteum. §.70 — 232 

W. P. Dewees. §.71 — 238 

Ch. D. Meigs. §.72 — 243 

H. L. Hodge. §.73 — 248 

H. Miller. §.74 - 254 

Warrington, Tucker, Neill, Smith, Cock. §. 75. . . — 255 

G. S. Bedford. §.76 — 257 

Werke von fremden Autoren. §.77 — 259 

Chronol. Reihenfolge d. amerik. Abdrucke. §. 78. . . — 260 

Rückblick. §.79 — 264 



Einleitansr. 



§. 1. 

E. V. Siebold bat am Scliluss des zweiten Bandee 
seines Werkes mit Befriedigung auf die Thatsache bin- 
gewiesen, dass in der Gegenwart das Interesse an der 
Gebnrtabiilfe allgemein geworden sei , nnd . dass man 
desbalb annehmen könne, auch künftigbin werde kein 
Stillstand der geburtshiilflichen Forscbnngen wieder ein- 
treten. 

In nocb reicberem Masse ^ als es gedacht werden 
konnte, ist diese Erwartimg des verdienten Autors der 
»Geschiebte der Gebartsbülfe^ üi den folgenden Decen- 
nien zur Erfüllmig gekommen. Nachdem aich die Ge- 
bnrtshülfe von den Händen der Chirurgen losgelöst hatte, 
wurde bald allgemein dieser Zweig der Medicin von der 
alteren Schwester als Tollberecbtigte Fachwissenschaft 
aneTkannt^ welche zu ihrer wissenschaftlichen Förderung 
besonderen fachmännischen Vertretern zu überliefern sei. 

In dieser Hinsicht war Vieles bei der Geburtshülfe 
nachzuholen. An manchen Stellen waren den Docenten 
der Geburtshülfe ihrem Amte fremdai*tige Lebrauf träge 
zugewiesen worden, welchen sie trotz aller Mühe nicht in 
ausreichendem Masse gerecht werden konnten, und, je 
mehr sich der Inhalt der Fachwissenschaft Tei-mehrte, um 
so mehr musste in ihren Leistungen dieses Miasverbältniss 
hervortreten. So sehen wir doch in diesen Zeiten ein- 

Bohrn-SJebold, OeBcfalchto dar Geburtehülfe. m. I 



z^ba Vet€faiieii lEoseres Faches mit TieleD Nebenrerpflicli- 
limgieD bd«fitet. welebe bei dehtigierer Eiasiclii nt üurer 
pffieiiiiiii«ig€Q ErfEllimg die Henumehmig weiterer 3Gt- 
gfbeiter beao^mcbt hläeiL Erst um die Mitte des Tori* 
gm Jahiliiiiidefts begann durch die forlschmteDde Spe^ 
etaünemtig der Mediem die Erkeimtdss im mUigi^ Wege 
dnrchziidriiigeEi^ aaf denen allem Fartsdirille in euer bä 
dahin räekatändigen FaehwissenschafI zu erreiehai waieii. 
In dieser Zeit, um das Jahr 1840, wo es galt, mft 
dem Wust nicht bewährter Anschauungen au&oraimi^i^fl 
bot der Zustand der Geburtshülfe dem Gestchichtsforschar* 
etil nnerquickliches Bild, Noch waren nicht die Grund- 
lagen unseres Fachs so fest gelegt, dass ea sich ans ei- 
gener Kraft auf die ihm gebührende Stellang hinauf- 
arbeiten konnte, und an vielen Stellen fehlte es au dem 
der Forschung nothigen Entgegenkommen der Behörden* 
In Deutschland hatte man sieh seit B a n d e 1 o c q u e's 
Zillen gewöhnt, für Studien in der Geburishülfe DirecÜTen 
TOn Frankreich zu empfangen. Das Änselien, welches 
Batidelocque damals genosa, beherrschte durchaUB die 
Ajuchatiniigen vieler Fachgenossen. Seine Auffassung der 
Vorgänge der Geburt, seine Stellung zu Neuenmgen 
OperationsTerfabrens war oft für Manche ausschk^gel 
flir ihr therapenfciaches Handeln. Wer sich zu dem 
einei Geburtshelfers ausbilden wollte, glaubte ftir sem 
Anneben als Frauenarzt nur durch auswärtige Reisen die 
richtige Weihe erhalten zu können* Viele deutsche Ge- 
burtshelfer, welche später zu berfihmten Namen gelangten, 
beir achteten Reisen in die Gross städte, namentlich nach 
Paris, als eine unumgängliche Vorstufe für ihre später^] 
l^bensstellung, und die, den Deutschen anerzogene Vor- 
liebe für AUes, was von auswärts in unsere Landes^ 
grenzen hereindrang* liess den fremden Besucher leicht 
**fr manche Schwächen der auswärtigen Hospitalsein- 
^ngeo hinwegsehen. Vieles davon, welches man nach 
loßd binüherzupflau2en dachte, hat sich auch 



gaer 
1 de« 
hmSM 
Fachfl 

I 



4 



3 



späterhin nictit als nachahmimgswerth erwiesen. Dennoch 
^darf es nicht unvergessen bleiben, wie yiel unsere Wissen- 
;haft gerade den französiachen Geburtshelfern zu ver- 
danken hat* 

In England hatte der praktische Sinn der Bevölkerung 

den Grehäranstalten Einrichtungen gezeitigt, welche für 

die Gesundheit der Wöchnerinnen zu grossen Erfolgen 

eführt hatten* Zugleich hatte die Übliche Behandlung 

er Geburtsfälle, welche dort seit Smellie's Zeiten 

Mode war, in ihrer YOrzugsweisen Berücksichtigung und 

■in der feinberechneten Schonung der Gesundheit der 
Ifutter bei Vielen Anerkennung gefunden. Diese Gmnd- 
Sätze nahmen die zurückkehrenden deutschen Geburts- 
helfer nach ihrer Heimath mit und verwertheten sie in 

rer Praxis fruchtbringeud- 

In Oesterreich hatten die Anschauungen Boers 
über die Gebnrts vor gange die Richtschnur abgegeben, 
welche als Lehrsätze der Wiener Schule weitere Verbrei- 
timg fanden. Das grosse Material der dortigen Kliniken 
lehrte die jimgen Geburtshelfer^ wie weit sie den Natur- 
kräften bei der Vollendung der Geburt vertrauen könnten, 
und die W^iener Beobachtungen eröffneten vielen zuerst 
einen nöthigen Rückblick in die vergangenen Zeiten, wo 
nur der Chirurg zur Hülfeleistung bei der Geburt heran- 
gezogen worden war* Manche Aerzte lernten erst in der 
Wiemer Gebäranstalt eingehend die einzelnen Phasen der 
von allen operativen Eingriffen ganz unbeeinflussten na- 
türlichen Gebin*t kennen, und diese Erkenntniss hat bis 
in die neueste Zeit hinein der Behandlung von Geburten 
grossen Segen gebracht. Das Verdienst, den jungen Ge*- 
burtahelfem in lichtvoller Darstellimg die Grenzen nn^ 
serer Kuuöt dargelegt zu haben, bleibt immer ein Ruhm 
der Wirksamkeit von Bo^r. Selbst gewiegte Geburts- 
helfer erkannten auch an ihrem Lebensabend dankbar an, 
das» sie dort erst die ernste Gefahr der Vielgeschäftigkeit 

kannt hatten. 

1* 




In Deutschland waren nur weni^ire Anstalten ftir 
selbständige Forschung und zur Ausbildung der Geburts- 
helfer ausgerüstet. Die Anzahl der für den Unterricht 
verwerthbaren Geburtsfälle wär nur gering, und es be- 
stand noch nicht unter den Lehrern ein regelmässiger 
Anstan&ch gemeinsamer Erfahrungen, Erst 1840, bei der 
Yersanimlung deutscher Naturforscher in Braunschweig, 
zweigte sich die Geburtshülfe zu einer eigenen Section 
ab. Eine eigene deutsche gehurtshülfliche Schule gab es 
damals nicht, imd das Gros der praktischen Aerzte, 
welches eingehend von dem langen Streit zwischen B o e r 
und Oslander berührt worden war, schwankte zwi- 
schen Operationslust und exspectativer Behandlungsme- 
thode hin imd her. 

Somit zeigte sich auch hier bei Entwicklung der Ge- 
burtshülfe ^vieder der alte Erfahrungssatz, dass ein Zweig 
der Medicin nur dann erfolgreich bearbeitet werden kann, 
wenn zuvörderst die normalen Vorgänge gründlich durch- 
foi'scht worden sind. Darin hatte es bis jetzt gefehlt. 
Die Anschan im gs weise Yon den Lebens Vorgängen, wie sie 
Yon Johannes Müller und L i e b i g gelehrt \^irde, 
hatte noch auf die praktischen Ergebnisse wenig Einwir- 
kung ausgeübt, für das Studium der Physiologie der Fort- 
pflanzungsperiode, für die Anatomie des Beckens, für die 
Entwickelnngsgeschichte waren bis dahin nur geringe An- 
läufe gemacht worden. Somit liess auch die Therapeutik 
pathologischer FäUe feste Gnmclsätze vermiäsen. 

Wie schwer es den damaligen Geburtshelfern wurde, 
sich in die Anforderungen der neuen Zeit hineinzufinden^ 
lehrt der Werdegang manches deutschen Geburtshelfers; 
mehrere Lebensbilder der Autoren geben uns ein Beispiel 
(Iftvon. So mOg^n in solchem Hinblick auch die folgenden 
' >*bensnachrichteii von Männern , wie S i e b o 1 d und 
'^Bfen, betracbtet werden, welche auch damals, noch 

*eiae, (hr jungen Generation al^ Frototype der 
Itcn. 







§. 2. 
Eduard Caspar Jacob von Siebold, 

aus der Familie der Siebolde, die Oken einst mit Recht 
als AscIepiaden-FamiHe bezeiclinete, wurde am 19, März 
1801 in Würzbiirg geboren, wo sein Vater Adam Elias 
Yon Siebold Professor der Geburtshülfe war. Mit 
rascher Anffassung begabt und schon in früher Jugend 
dnrch seine litterariache Umgebung auf bedeutende Män- 
ner von Kunst xmd Wissenschaft hingewiesen, folgte er 
1820 als Stndent der Medicin seinem Vater nach BerUn. 
Schon hier entwickelte er sich durch seinen nie nachlassen- 
den Fleiss 2U der mnfassenden litterarischen Thätigkeit» 
welche ihm bis zu seinem Lebensende bewahrt geblieben 
ist. Ein mehrjähriger Aufenthalt in Göttingen, wo damals 
Langenbeck, Himlj und M e n d e lehrten , gab 
ihm die Vorbereitung für seine spätere Docentenlaufbahn. 
Seine Neigung zum klassischen Alterthum und histori- 
schen Arbeiten fand in ilim durch die reichen Schätze 
der Göttinger Universitätsbibliothek reichliche Nahrung* 
Im Jahre 1826 promovierte er als Dr, med., imd bald 
darauf wurde er von der Würzburger Facultät mit dem 
Diplom eines doctoris philosophiae überrascht. 1827 
wurde er als erster Assistent der Geburtsanstalt umge- 
stellt, in demselben Jahre habilitierte er sich als Privat- 
docent und schon im gleichen Monate konnte er eine 
Vorlesung über theoretische Geburtshülfe vor 20 Zuhörern 
eröf&ien. 




er im Jalire 1828 erfolgte Tod mms Tuten 
seiDen 6e@chicken eine unerwartete Wcmdmig. Mit kaum 
ausreicbeoden Mitteln aasgerOstet und auf seine eig^ene 
Kmü angewieseji, wnsst« er durch ang^trengten Fleiss 
den ihm nach dem Tode des Vaters sngefaDen^i Lehr- 
anfgaben gereclit zii werden. Rascber, ab msm denken 
konnte, erreichte er den Erfolg, als er 1829 als Nach- 
fol^t^r von Busch als ordentlicher Professor der Geburta- 
hfllfe nach Marburg berufen wurde. Dort blieb er 4 Jalire 
und nach einem längeren Aufenthalt in Paris wurde er 
181^2 nmh seinem früheren Studienaufenthalt, als Pro* 
fo«i*or nach Güttingen berufen. 

In G*»tting€n entwickelte er eine ausgebreitete, litte- 
mnHv}m Thätigkeit. Die Frucht hiervon war zunächst 
un<l hmiptmichiich die Herausgabe der Geschichte der 
(JolHjrtNhfJliVs, deren erster Band 1839 und deren zweiter 
1B45 owdiien. Dabei verfasste er ein Lehrbuch der 
GebiirUliütfe, ein Lehrbuch der ^gerichtlichen Medicin und 
fjfittj(Mligt<* nkh bei der Herausgabe der neuen Zeitschrift 
(11 r (leburtMhülfe. 

Hei den tStudenten war er sehr beliebt. Aus dem 
reiclimi Hell atz Meines Wissens wusste er in vollendeter 
Vttrm nimt) Lehrsiltze den Zuhörern vor die Augen zu 
ffllii'cii iintl atirh in seinen gelegentlich sehr derben Spässen 
)^Hnniv (*r «liu Aiifintirkflamkeit der Studenten gespannt zu 
(triiiilb Tt 

MhriJPi und AiiMüiuiclinungeu sind ihm reichlich ^u- 
gfiflomiictn. Hein Ufittingt/r Haus war ein Mittelpunkt eines 
Hrj^Mr*igti4i KreiJ^i^s, wulrher sich (Jurch seine Leistmigen 
in WiMNKUNrbuft inid l\m\ni einen Namen machte» Ein 
Kround «iljilderte Siebuld alä ,eine^ jetzt noch ver- 
iilUÄoltt», ■' ■■ lig^i (Jestiilt t^innr anderen Zeit, die in 
nlii' it tu*u(.igc*r l<\cliwis«ensclmft herüber- 

% «ine» jt^iwr iinjirtlnglirben geftlhlskraftigen anti* 
( wiö iitt gt«gimwärt]g nicht mehr gedeilien 



I 



I 



Noch vor seinem Tode schrieb or an seinen ^ge- 
burtshlüflichen Briefen**, wie er seine Selbstbiographie 
nannte. Auch alle Anderen^ welche der Fachwissenschaft 
fernstehen, werden in diesen „Briefen" viel Anregung 
und Belehrung finden. Siebold starb am 27* October 
186L 



Verzeichnlss der Schriften von Eduard 
Caspar Jacob von Siebold; 

Ä. Selbständige Schriften: 

Commentatio exMb. disquis. „an ars obstetricia sit 
pars chiriirgiae"? Götting, 1824. 4. 

Dissertatio de scirrho et carcinomate uteri, adjectis 
tribus totius uteri exstirpationis observationibus* Berol. 
1826. 4. 

Anleitung znm technischen Verfahren am Phantom. 
Berlin 1828. 8. 

Die Einrichtung der Entbindungsanstalt an d. K. Uni- 
versität in Berlin, nebst einem Rückblick der Leistungen 
derselben seit dem Jahre 1817. Berlin 1829, 8. 

Maygrier, J. P< NonveUes deraonstrations d'accou- 
chements. Paris 1822. Deutsch von 8 i e b o 1 d» Erste 
und zweite Auflage 1829 und 18 Bo. gr, 8. 

Solayres de RenhaCp Commentatio de partu viribus 
maternis absoluto* Denuo edidit nee non praefatione 
et annotationibus instruxit S i e b o 1 d, Berol. 183 L 
gr. 8. 

Programma ,,nexnm jurisprudentiam inter et medici- 
nam exhibens". Marburg 1831* 4* 

De circumvolntione funiculi umbilicalis adjectis duo- 
bns casibus rarioribus. Götting. 1834. 4. 

Versuch einer Geschichte der Gebni^tshiilfe. 2 Bände, 
1839 und 1845, 8. Berlin, 

Lehrbuch der Grebui*tshü]fe, Berlin 1841» 8, Zweite 
Auflage mit Holzschnitten. Braunschweig 1854. 

Lehrbuch der gerichtlichen Medicin. Berlin 



8 



Juvenalis sechste Satire. Mit Einleitung und TJeber- 
setzung. Braunschweig 1854. 8. 

Lehrbuch der Hebammenkunst, zunächst zum Unter- 
richt für die Hebammen des Königreichs Hannover. In 
Gemeinschaft mit dem Geh. Obermedicinalrath Dr. Kauf- 
mann verfasst. Hannover 1856. 8. 

Juvenalis' Satiren. Lateinischer Text mit metrischer 
Uebersetzung und Erläuterungen. Leipzig 1858. 8. 

Geburtshülfliche Briefe. Braunschweig 1862. 

B. Einzelne Abhandlungen: 

a) In V. Siebolds Journal f. Geburtshülfe etc. 

Vorläufige Anzeige, die Totalexstirpation der krebs- 
haften Gebärmutter betreffend. Bd. 9. 

lieber Fissuren am Kopfe Neugebomer bei natür- 
licher Geburt. Bd. 11. 

Pierre Franco. Ein Beitrag zur pragmatischen Ge- 
schichte der Geburtshülfe. Bd. 12. 

Ueber den praktischen Unterricht in einer Gebär- 
anstalt. Bd. 14. 

Gerichtliches Gutachten, eine Schwangere betr., welche 
vor dem gesetzmässigen Ablauf ihrer Schwangerschaft 
infolge eines bedeutenden Blutverlustes starb. Bd. 14. 

Gutachten über einen nach geschehener Misshand- 
lung und dabei erfolgtem Bruche des Kehlkopfs ent- 
standenen ZwiHingsabortus, welcher mit dem Tode der 
Mutter endete. Bd. 15. 

Zur Lehre von den Schwangerschaften ausserhalb 
der Gebärmutter. Bd. 17. 

b) In der ^neuen Zeitschrift für Geburtskunde**. 

Fall einer künstlich eingeleiteten Frühgeburt, nebst 
Bemerkungen. Bd. 11. 

Zur Lehre von der Verschliessung der Scheide. Bd. 11. 

Zur Lehre von den Zeichen einer kürzlich erfolgten 
Geburt. Bd. 13. 

Verheimlichte Geburt und Kindesmord. Ein Gutachten. 
Bd. 16. 



9 



TJebersicht der Leistungen der Gebäranstalt zu Wien 
im Jahre 1843. Bd. 17. 

Geschichte eines Kaiserschnitts bei Osteomalacie mit 
unglücklichem Ausgange für Mutter und Kind. Bd. 18. 

Verheimlichte Geburt mit bedeutenden Kopfverletz- 
ungen des Kindes. Bd. 19. 

Zweites Gutachten über eine verheimlichte Geburt mit 
bedeutenden Kopfverletzungen des Kindes. Bd. 19. 

Ein Fall von Ruptur der Gebärmutter bei versuchter 
Wendung. Bd. 21. 

Vorläufige Nachricht über die Anwendung der Ein- 
athmung des Schwefeläthers in der geburtshülflichen Pra- 
xis. Mit eigenen und fremden Erfahrungen. Bd. 22. 

Weitere Mittheilungen über die Anwendung des Schwe- 
feläthers in der geburtshülflichen Praxis. Bd. 24. 

Bemerkungen und Beobachtungen aus dem Gebiete 
der Geburtshülfe. Bd. 26. 

Zur Lehre von den Gesichtsgeburten. Bd. 26. 

Eine Stimme über die Anwendung des Chloroforms 
in der Geburtshülfe aus England; Bd. 28. 

c) In der , Monatschrift f. Geburtshülfe und Frauen- 
krankheiten*. 

Geburtshindemiss durch ausserordentliche Vergrös- 
serung der Nieren des Foetus. Bd. 4. 

Zur gerichtlichen Geburtshülfe. Ein Obergutachten. 
Bd. 6. 

Vorfall der Nachgeburt. Bd. 6. 

Eine kleine historische Bemerkung zu S i m p s o n's 
Airtractor. Bd. 6. 

Zur Lehre von den Gesichtsgeburten. Bd. 13. 

Zur Verklebung des Muttermundes als Geburtshin- 
demiss. Bd. 14. 

Beiträge zur Zwillingsgeburt. Bd. 15. 

lieber die Gewichts- und Längenverhältnisse der 
Neugeborenen in den ersten Tagen. Bd. 15. 

Fahrlässige Vergiftung eines neugeborenen Kindes 
durch morphium. Bd. 16. 

Fall von einer gänzlichen Verbrennung eines Neuge- 
borenen. Bd. 17. 



10 

Betrachtungen über das Kindbettfieber. Bd. 17 u. 18. 
Zum Saugapparat der Neugeborenen. Bd. 18. 

C. Berichte über die Leistungen der von v. Siebold diri- 
gierten Entbindungsanstalten : 

Berichte aus Berlin 1827—1829, aus Marburg 1829 
—1833, aus Göttingen 1833—1860. Jahresberichte über 
die Leistungen in der Geburtshülfe für Canstatt's medi- 
cinische Jahresberichte 1845 — 1860. 

§.3. 

Ferdinand August Max Franz von Ritgen, 

geb. 11. Oct. 1787, gest. 14. April 1867 (s.Bd. II), inGiessen. 
Dort wirkte er 53 Jahre lang als Professor und Director 
der Gebäranstalt und der Hebammenlehranstalt. Seine 
schriftstellerische Fruchtbarkeit war erstaunlich gross, 
und sie umfasste ausser seinem Specialfach noch viele 
andere Gebiete. So schrieb er ein „ Gemälde der organi- 
schen Natur in ihrer Verbreitung auf der Erde", über 
die „natürliche Eintheilung der Säugethiere", über „den 
Bau der Pflanzen", über die „nächste Ursache der Be- 
wegung der Himmelskörper" und „die höchsten Ange- 
legenheiten der Seele, nach dem Gesetze des Fortschrittes 
betrachtet" und Anderes mehr. 

Auf Grund seines früheren Entwicklungsganges galt 
er in seinem Alter unter den jüngeren Fachgenossen als 
ein ehrwürdiger Typus eines deutschen Professors der 
alten Schule. Sobald er in einen grösseren Versammlungs- 
kreis eintrat, erregte seine rüstige Gestalt bei allen An- 
wesenden allgemeine Aufmerksamkeit. Im Jahre 1865 
wurde er bei der Jubelfeier der Wiener Universität als 
Deputierter von Giessen mit stürmischen Hochrufen ge- 
feiert. 

Mit dem Formalismus und der Terminologie der da- 
maligen Zeit streng verwebt, konnte er sich nur schwer 
in die Gewohnheiten der neuesten Zeit hinein finden. 



u 



I 



Seine Erzählungen aus seinen langen Lebenserfahrungen, 
die Scenen aus seiner Jugendzeit , welche er selbstzu- 
frieden dem Besucher vortrug, cirkuliei-ten mit mannig- 
faltigen Commentaren in den verschiedensten Kreisen, 
Schon fiüh am Tage fand man ihn am Schreibtisch oder 
im Garten, wo er seine Lieblinge, die Blumen, pflegte. 
Alles, was ihn in seinem Hause umgab, hatte einen alt- 
fränkischen Anstrich- So war auch seine Listrumenten- 
Sanimlung eine seltsame Zusammenstellung von Merk* 
Würdigkeiten. Jedes Stück seiner Sammlung hatte er 
genau, oft mit auffallender Aufschrift, signiert. Dem. 
Verfasser zeigte er einst in der Sammlung einen ein- 
fachen Abschlusshahn, den er als „ Sc hei doubl asenh als - 
echlieaser'* signierte, ebenso erregten seine deutschthüra* 
liehen Ausdrücke, so der „ Stecbsauger *", mit welchem er 
durch Luftdruck die Eihäute eröffnen wollte, manchen 
Spott. Auf seine Beschäftigung mit der Astronomie 
legte er riel Werth, mit Vorliebe zeigte er dem fremden 
Besucher seine Tafeln, welche den Kometen-Embryo be- 
trafen, welcher sich nach dem Gesetze der Feuersprüii- 
axe im Himmelsraum bewegte. 

Den Erruugenschaften modemer Greburtshülfe stand 
er in den letzt-en Jahrzehnten seines Lebens fremd gegen- 
über* Dadurch wurden seine Lehren auf seine Schüler 
nicht von dem Einfluss, welchen sie nach seinen Studien 
verdienten. Wer die Mühe nicht scheut, sich durch die 
oft originellen Anschauungen der Ritgen' sehen Formen 
durchzuarbeiten, wird in seinen Arbeiten in der Spreu 
anches Goldkom finden. 

Nach dem Jahre 1840 sind von seinen Schriften 
folgende aufzufüiren. 



Li der neuen Zeitschrift ftlr Gehurlskunde: 

Uebex die aus sondern den Wärzchen der Schleimhaut 
der Scheide und der Gebärmutter. Bd. 2. 

TJeber die Scanfication der Scheide und des Schei- 



12 



denmundes zum Schutz gegen Zeireissung bei der Ge- 
burt. B± 3, 

Ueber die Unterbindung der Nabelschnur bei Vor- 
fall derselben, bei zögernden Fussgeburten und bei Ex- 
traktionen des Kindes an den Füssen* Bd, 9* 

lieber künstlichen Abort als Rettungsmittel der Mut- 
ter bei Mutterröhrenschwangerschaft und über die Er- 
kenntniss dieser abnormen Schwangerschaft durch Aus- 
cultation, Bd. 9- 

Ueber Hervorziehen des UteruB aus der Bauchwunde 
bei dem Kaiserschnitte zur StiQung der Blutung der 
Gebärmutterwunde vermöge kalter Umschläge. Bd. 9, 

Ueber Beckensennen» Bd. 24. 

Ueber den WertU der Unterscheidung von Lage und 
Stellung des dem Muttermunde zugewendeten Kindes- 
theüs. Bd. 24. 

Ueber die ständige und wechselnde Gebärmutterenge 
und die davon abhängigen Höhlen. Bd. 24, 

Ueber die normalen Fruchtnestgebilde. Bd* 24. 

Ueber die Verbindung des Vorsitzenden Mutterku- 
chens mit dem Gebärmutterhalse. Bd. 24* 

Ueber die Quellen der Blutung bei der gewöhnüchen 
Geburt. 

Ueber die Bückwärtsbildung der während der Schwan- 
gerschaft im Uterus entstandenen Blutsinus. Bd* 24, 

Das Blut des Weibes im Dienste der Frucht* Bd. 26 
und 27. 

Ueber die Auflagerung und EinlageiTing der Knochen- 
masse im Bereich synostosierter Beckenfugen. Bd. 28. 

Annähe nid mathematische Construction der ersten 
und dritten Beckenapertur. Bd. 29, 

Ueber den Mechanismus des Durchtritts des bei der 
Geburt vorliegenden Schädels durch den Beckeneingang 
bei verengter Konjugata. Bd* 29* 

Zwei FäUe glücklich ausgeführter Wendung bei schräg- 
M Becken. Bd. 29. 

das rhachitische Becken. Bd. BO. 

küustlicheu Frühgeburt bei schräg-plattem 



13 



Ueber die gewöhnlichen Ursachen der Kopf- und 
Beckenlagen des Kindes vor und bei der Geburt. Bd. 31. 

C. R o b i n , Prof. Dr. in Paris. Beitrag zur Ge- 
schichte der Anatomie und Pathologie der Gebärmutter- 
schleimhaut und ihres Schleimes, der hinfälligen Haut 
und der N a b o t'schen Eier oder besser Drüsen. (Aus 
dem Arch. g6n. de med. 1848). Nebst Bemerkungen 
vom Geh. Rath v. Ritgen. Bd. 33. 

In der Monatsschrift f. Geburtskunde u. Frauenkrank- 
heiten : 

Warum ist der Rücken des Kindes bei vorliegendem 
Kopfe häufiger nach links als nach rechts gewandt? 
Bd. 2. 

Erinnerungen an S m e 1 1 i e. 

Ueber die Erkenntniss des coxalgisch-schrägen Frauen- 
beckens. Bd. 2. 

Ueber Entstehung von Missgeburten. Bd. 6. 

Ueber den tiefen Sitz des Mutterkuchens und über 
die Ausschliessungszeit der Nachgeburt. 

Ueber sein Dammschutzverfahren. 

Ueber eine Schneidezange. 

Ueber das Chamberle n'sche und R o o n h u y- 
s e n'sche Geheimniss. Bd. 8. 

Erinnerung anPielding Oulds Dammnahtschnitt. 
Bd. 8. 

Ueber die Entstehung von Doppelmissgeburten auf 
gemeinsamem Dotter. Bd. 8, 

Ueber das Entbinden durch Druck statt durch Zug. 
Bd. 8. 

Ueber die Anzeigen zur Eröffnung der Eihäute. 
Bd. 8. 

Ueber eine Vorrichtung zum Füllen und Schliessen 
des Blasentampons. 

Ueber die noch nicht völlig ergründeten Ursachen 
der Gebärmutterblutung bei tiefem Sitz des Mutter- 
kuchens. Bd. 9. 

Fortgesetzte Nachgeburtsmessungen. Bd. 10. 

Wegen engen Beckenausganges durch Gebärmutter- 
einspritzung eingeleitete Geburt. Bd. 10. 



14 



. Rrlnnorunp: an eine Abhandlung Über künstliche Früli- 
ffiUtiri. vom Jalire 1707* Bd* 11. 

Von dpn ITebrigen möchten zu nennen sein: 
{\^\w.r F(>rni imd Ursache des schrägrerengten Be- 

Kin «X quillt oBfeomalakisches Becken. 1850. 

l jnber iliiH übermässig weiblich gebaute Frauenbecken. 

Zur DifignoHü des Beckens. 1858. 

Ui\\mT ihm Werth der Auscultation in der Geburts- 
hUlffi. 1H4H, 

Utber (Im Muchanismus der Geburtswehen. 1850. 

Beitrüge zu der Lehre von der Wiedergeburt bei 
Ar'hnelhtge. (Belbstentwickelung). 1850. 

Bisltrag S5ur Lehre von der Behandlung regelividriger 
KindtiHlfigan* IBBO. 

Dui Geburten In Schild ellagen mit rückwärts gerich- 
tetem iüntüHiaupte, 1859. 

Ueber daH Verhalten des Muttermundes als diagnos- 
tisch-gJibnrtHhilldiches Zeichen, 1860. 

Ucber Extrautcnn-Schwangerschaft. 1854, 

lieber dii^ alhflllhHge YervoUkommnung der Damm- 
ichu t/m(;tho rkm* 1 85 L 

Utiber Blutungen auB der Nabelschnur und dem Nabel, 
IHM. 

IJeliei" den Vorfall der Nabelschnur, 1860. 

Beitrag zur Therapie der Placenta praevia. 1859, 

Beitrag zur Würdigung der Knieellenbogenlage im 
Gebiete der Geburtshülfe. 1859. 

Die Indieationen für den Kaiserschnitt* 1860, 

Beiträge zur Geschichte und Kritik des Verfahrens 
bei freihändiger Ausziehung des Kindes. 1860. 

Beiträge zur Geschichte und Kritik des ausführenden 
Wenfbingsverfahrens durch Unterstützung und Benutzung 
der Sei bat Wendung- 1861. 

Beiträge zur Geschichte und Kritik der Wendungs- 
'^.eigen. 1861, 

'»er das Verfahren bei Entfernung der Placenta. 



15 



I 



Ueber die künstliche Eröffnung der Eihäute. 1861, 
Heber die Spiralextraction. 186 L 

§. 4. 

Die geburtshülflieheti Lehrbücher* 

Wenn man die stattliche Zahl der Lehrbücher über- 
blickt, welche die Zeit der 40er und 50er Jahre der 
Geburtshülfe hervorgebracht hat, äo erklärt sie sich dar- 
aus, dass damals viele Vertreter imseres Fachs das Be- 
dtlrfnias empfanden, die Lehrsätze der erst neuerdinga 
richtig gewürdigten Special Wissenschaft in ein Handbuch 
estzulegen. Früher war man gewohnt, die Lehrvorträge 
berühmter Geburtshelfer durch gedächtnisstreue Wieder- 
gabe fleissiger Zuhörer in nachgeschriebenen Heften wei- 
teren Kreisen zugänglich zu machen. Solche Aufzeich- 
nungen gingen dann in Deutscliland und in England von 
Hand zu Hand. Aber die Anfordemngen der neueren 
Zeit verlangten für das Studium mehr Erleichterungen. 
Manche Ermngenachaften der Hülfswissenschaften harrten 
noch der Einreihung in die Geburtshülfe, bis sie dort 
ntzbar gemacht werden konnten und diese Neuerungen 
em Leser in einer concisen Form vorzuführen, wurde 
em damaligen Autor nicht leicht gemacht. 

In der Darstellung hielt man sich ganz an die Ueber- 
Ueferungen des Scheniatiemus der früheren Zeit, und so 
machte es sich, dass dabei viel Deberflüsßiges erörtert 
und dasa in der Form viel gefehlt wurde. Erst spät 
gelangte man zu der Einfachheit und zu der präcisen 
Ausdrucksweise der neueren Lehrbücher. Bis man die 
94 Kindslagen von Baudelocque in ein einfaches 
Eintheilungsprincip zusammenfasate , war es ein lang- 
wieriger Weg ! 

Die früheren, eine klare Einsicht hindernden An- 
schauungen abzustreifen, haben sich die zabkeichen Lehr- 
bücher, welche nach 1840 erschienen, mit wechselndem 
Glücke bemüht. Je nach dem Standpunkt des Autors 




I am 
an 



wir den Leser mehr auf die mecliaiüsehe Seite 
burtsYOrjs^äü^e oder auf das Operationsgebiet hie- 
gemesen. Einige haben die neuen Thatsachen der Ent- 
wickiungßgeechichte in ihren Lehrbüchern angeft5gi An- 
dere beschäftigen sich mit Vorliebe mit Erörterungen über 
den miasmatischen Ursprung dm Pueiperalfieberg. Auch 
geiÜLliet sich die Daratellongsweise der Lehrbücher nach 
4em Character der Nationen verschieden. In den Vor- 
zügen oratofiseher Diction stehen die Franzosem voran^ 
dagegen liebten die englischen Autoren ihre geburtshülf- 
Hclien Erfahrungen durch zahlreiche kasuistische Mit- 
theilimgen zu belegen. In Deutschland galt das Lehr- 
buch von Scanzoni längere Zeit als ein Muster emm 
Lehrbuchs, später hat diesem das Lehrbuch von Nägele 
mit vollem Recht den Rang strittig gemacht. 

Das Damiederliegen der htterarischen Production, 
welche sich um das Jahr 1850 zeigte, hemmte das weitere 
Erscheinen der Lehrbücher, bis in den folgenden Jahren 
neue Forschungen der Darstellungsweise ganz anders 
Gehalt und Richtung gaben. 

Der theoretische Unterricht der Geburtshülfe bestand 
damalg in der Hauptsache im Besuche von Vorlesungen^ 
welche von den Vertretern des Fachs an einigen Orten 
im Anßchluss an neu erschienene Lehrbücher gehalten 
wurden- In diesen Vorlesungen war man bestrebt, den 
Studenten den gesammten Inhalt der Displicin, in meh- 
reren Universitäten in zwei Semestern, vorzuführen. Nur 
ausnahmsweise wurde auf eine pr actische Demonstration 
der Lebenden zurückgegriffen, man hielt sich gewöhn- 
h au das französische Muster an, welclies nach den 
rtigen Gewohnheiten eine nähere Beiilhrung des Ler- 
rait den Kranken nicht znliess. Dem Studierenden 
dem Lehrer der Krankheitsfall mit fertig ge- 
icbter Diagnose vorgeführt, und es fehlte dem Schüler 
*opädeutischer Aufsicht über die Richtigkeit seiner 
thtungen. Die Stunden, welche für den gaburta- 




i 

I 
I 



17 

hülflichen Unterricht bestimmt waren, beschränkten sich 
meistens auf Besprechung einzelner ausgewählter Capitel 
der Geburtshülfe, ohne besondere Bezugnahme auf die 
neuerdings vorgekommenen Fälle. 

Dass in der Lehrmethode, namentlich in der Beob- 
achtung im Gebärsaal, viel zu verbessern war, hatten 
schon einige Fachgenossen in richtiger Voraussicht er- 
kannt, aber manche dieser Bemühungen scheiterten an 
der Unzulänglichkeit der dazu verwandten Hülfsmittel. 
Es wird uns berichtet, dass in Tübingen erst im Jahre 
1847, in Rostock 1848, in Utrecht 1866, in Basel 1868 
der geburtshülfliche Unterricht von dem chirurgischen 
losgelöst wurde. Die Errichtimg besonderer Lehrstühle 
für die Geburtshülfe war dazu unumgängliche Vorbedin- 
gung, und dieses Ziel war nur in Gewährung reichlicher 
finanzieller Mittel zu erreichen. Erst dann konnte man 
bei Verbesserung der Lehrmethode auf eine durchgreifende 
Hebung des Standes der Geburtshelfer hoffen. 



Lehrbücher der Geburtshülfe in derMitte 
des vorigen Jahrhunderts: 

Busch. Atlas geburtsh. Abbildungen. Berlin. 1841. 

Busch und Moser. Entbindungsanstalten, Handb. der 

Geburtsk. in aiphabet. Ordnung. Berlin. 1841. 

D. W. H. Busch. Lehrbuch der Geburtskunde. Berlin. 

1849. 

E. V. Siebold. Lehrbuch der Geburtskunde. 1841. 
Feige 1. Umfassende Abbildungen aus d. Geburtsh. mit 

erläuterndem Text. Würzburg. 1841. 

J. H. Schmidt. Ein tausend Aphorismen über d. Geb. 
des Menschen. Berlin. 1843. 

H. Fr. Nägele. Lehrbuch der Geburtshülfe. 1843 (fort- 
gesetzt von W. L. G r e n s e r). 

E. Detroit. Cursus der Geburtshülfe. Berlin. 1846. 

Dohrn-Siebold, Geschichte der Geburtshülfe. III. 2 



Ht Fr, Eiliaii. Die Geburtskhre von Seiten der Wissen- 
schaft und der Kunst dargestellt. Frankfuii;* 1850* 

H. Fr. Kill an* Otierationslehre für Geburtshelfer- 1852. 

H. Fr. Kilian. Arnmnientarium Lucinaa novum. Bonn. 
1856. Mit 47 Tafeln* 

L* V* Riecke. Der geburtshülfl. Operationskursus» Tü- 
bingen. 1846, 

E. Rosshirt. Die gebuiish. Operationen. Erlangen. 1842, 

E. V. Siebold Lehrb. d. tlieoret- -praktischen Entbin- 

dungakuuBt, mit theilweiser Beibehaltung d. Abbild* 

von M a y g r i e r. Berlin* 1642* 
A. F. Hohl, Vorträge über die Geburt dea Mengchen. 

Halle. 1845. 
H, F. K i 1 i a n. Ueber das geburtshülfliche Studium, 

Bonn. 1845. 
L* S. Weiss. Die Geburtskunde. Berlin. 1847. 
W.aW.Wittlinger. Handb. d. Qehurtsk. QuedL 1848, 
W. Lange. Lehrbuch der Geburtsh. f. Hebammen. 1851. 
Jp E- llosshirt, Lehrbuch der Gebnrtsh. 1851. 3te Lief. 
G* Hauck. Die geburtshülfl. Praxis. 1852* 
Chiari, Braun u. S p ä t h. Klinik der Geburtah. u. 

Gynäkologie. 1852, 
F* W. S c a n z o n i. Lehrbuch der öeburtshlüfe^ 1. Aufl. 

Wien 1849—1852. 3 Bde, Mit Holzschn, 

F, A. K i w i s c h v* 11 o 1 1 e r a u. Die Geburtskunde mit 

EinschL d* Lehren von den übrigen Fortpflanzuugs- 

vorgängen. 1851. Erhingen, 
C* S. Fr. C r e d e. Klinische Vorträge über Qeburtshülfe, 

1853. 
A. Krause* Theorie und Praxis der Geburtshülfe, 

Berlin* 1853. 
(*. Brau n, Lehrbuch der Gebnrtshülfe mit Einschl. der 

operativen Therapeutik. Wien, 1857. 
F. Hohl. Lehrbuch d. Gebnrtsh. mit EinschL der 

^t4jurtsh, Operationen n. gerichtlicher Geburtshülfe* 
eipzig. 1855. 



k 



19 

A, Martin. Leitfaden h. d* geburtsh. Untersuch. Mün- 
chen. 1852, 

A. Martin. Die Geburtabtllfe auf der Höhe d. Wissen- 
schaft München. 1853, 

E. Lumpe, Coinpendium der Geburtsh, Wien. 1854. 

J. Mair. Geburtsh. prakt. Vademecum. ErL 1854. 

V, V, Majrhofer, Lehrb, f. d. Hebammen. Innsbruck. 
1854, 

J. S p a e t h. Compendiüm d. Gebiirtsk. ErL 1857. 

0. S p i e g e 1 b e r ^. Lehrb. d. Geburtsk. Lahr. 1858. 
Mit SO Holzsth. 

Von Frankreich sind zu erwähnen: P. Cazeaux, 
K Trait^ theoriqne et pratique de Tart des acconchements. 
|4 ed. Paris. 1853, — H. Chailly, Traite pratique 
de Tart des accouch. Paris. 2 ed. 1845. — A, Lenoirj 
Atlas complementaire de tous les traites d'accouch* Paris. 
1852* — R A, Dnbois, Tratte coraplet de Tart des 
acconch* Paris. 1849. — F. J. M o r e a u, Traite prati- 
que de Tart des accouch. Paris 1841. — J. Jacque- 
m i e r , Manuel des accouch, 1845, — J. A. H. D e^ 
p a u 1 , Le^^ons de Clinique obste tricale et traite theorique 
et pratique de Tauscultation obst. Paris. 1847« — ■ Au- 
di b e r t , Petit manuel d'accouchem. Paris 1844. — 
D. N. B o n n e t , Cours d*accouchement. 1 854. 

England: E. W. Murphy, Lectures on natural 
and different parturition. 1845. — R. Lee, Clinical 
midl^lfer3^ 1847, — E. Rigby, Memoria for youug 
practitioners in midwifery* — A. Clintock, Practical 
observations on midwifery. Dublin. 1847. — W. Tyi er 
Smith, Parturition and the principles and practice of 
obstetrics* 1844. — Davis, Principles and practice et 
the obstetricB mediciee, London 1841. — Eamsbo- 
t h a ra , The principles and practice of obstetric med. 
London 184 L — Blundell, A concise manual of 
midwifery. London 1841. - — Reid, Manual of prac- 
tical midwifery. London 1841, — W. Campbell, In- 
troduction to the study and practice of midwifery. Edinb. 
1843. — Flutwood, Churchill on the theorj^ and 

2* 



, of »ivBay. VOM. IOl Ti»i«ü lS43v — 

EÄ. 2. LfiBdon ISIS. — Ck. West, Betört of tlie 
pgQgnss of B^vitej. Um^km 1S44. — S. B. Sio- 
eUir, ^rmOk^maimiterj- ISäa — £. Copemmna, 
Becoids of obsftA ocns^tslioB^ tratdilioB af Bosck. 

Amerika: O. Miller, A tkeoretical and prac- 
tical ireatise oa bmaB partantit». lAvrfille 1S49. — 
eil. Meigs, The soenoe and die ot of midmiiewj, 
Fltiladd^iliia lSi7. — M. Miller, The fnöaeqili^ aad 
pracdce of etete&ics. Fldlaiieipliia. 621 pp. IS&& 



Die Mebrnnmeiilelirlft^eher. 



I 



Im AitscUnss daxan zu enriluieii snid «iicli £e Hi 
ammaüehriiiieher« weide die damalige Zeit berrorge- 
brachi hat, Sie Riegeln iiii AusE«g die AuSassimg^esi 
wieder, welche die Autoren als Bichtschnur fär die Be- 
liandliing natürlicher Gebuit^ii in sieh aufgeDommeti hatten. 
Dieee Aufia^nn^ migebildet<^n Schülerinnen in klarer 
Spfadie zum Bewus^fisein tu bringen^ konnte früher nmr 
eine besondere Kmu^t sein^ imd man kann mcht sagen« 
dass alle Autoren diese Auft^ben irlücklich gelost haben* 
Das Gebilde der Fachwissenschaft, welche« die frühere 
Zeit mit ihren verwickelten Formen geschaffen hatta, 
war selbst för das Auge des gebÜdeten Lesers oft schwer 
zu durchschauen. Um so mehr war es den Schülerinnen 
schwer, welche sich nach alter Gewohnheit aus den un- 
teren Classen der Bevölkerung rekrutierten, sich in die 
Vorschriflen der noch neuen Wissenschaft hinein^ntinden. 
!]■ !u*n deutsclien liindem war die Auswahl der 

Si iien den Gemeinden überlassen, die Bezahlung der 

♦bammendienste ouglauhlicb dttritig, die Aufsieht der 
«beamten u. " iflt, es ^ab keine Vorsorge für 
diuifj d nmon in iUrein Benif. Fmun 




21 

wie die Lachapelle und die Boivin in Frankreich, 
waren in deutschem Hebammenstand undenkbar, und 
einige Lehrer gaben sich bei allen diesen Hindernissen 
zufrieden, wenn sie die Schülerinnen nur zur Wiedergabe 
der Lehrsätze ihres Hebammenkatechismus und ihres Frage- 
buches zum verständnisslosen Auswendiglernen erziehen 
konnten. Dabei war es in deutschen Landen noch immer 
nicht entschieden, wie weit man die Hebammen in selb- 
ständiger Behandlung regelwidriger Geburten gewähren 
lassen konnte. Die Vorschriften, welche dafür gegeben 
wurden, lauteten in den verschiedenen Ländern sehr ver- 
schieden. 

Die Dauer der Lehrkurse war verschieden festgesetzt. 
Sie betrug in Preussen 5 — 9 Monate, in Prag 4, in Sach- 
sen 6, in Wien 7, in Bayern 4, in der Schweiz 9, in 
Dänemark 9 Monate, in der Matemite in Paris 1 Jahr, 
in Brüssel, in Amsterdam, Rotterdam, in Italien 2 Jahre, 
in Russland 2 — 3 Jahre. 

Für die Fortschritte einer besseren Ausbildung der 
Hebammen hatten sich viele Fachgenossen, meist leider 
nur mit geringem Erfolg, bemüht. Dafür war die Zeit 
noch nicht reif. Ist doch auch jetzt noch nicht in 
Deutschland und in Oesterreich die XJeberzeugung durch- 
gedrungen, dass die Aufbesserung des Hebammenwesens 
nur erreicht werden kann, wenn der Staat den Provinz- 
verbänden die Oberleitung ganz abnimmt. Von diesem 
Ziele sind wir noch weit entfernt. 

Lehrbücher für Hebammen : Hüter, Lehrb. d. Ge- 
burts. f. Hebammen 1844. — Lange, Lehrb. d. Geb. 
f. Heb. 1851. — Schmidt, Fragebuch d. Geburtsh. 
1840, Lehrb. d. Geb. f. d. Heb. 1840. — Ritgen, Lehrb; 
u. Handb. f. Heb. 1848. — Richter, d. Heb.wesen 
in Mecklenb. 1847. — Nägele, Lehrb. f. d. Heb. 1842. 
— Michaelis, Unterr. f. Heb. 1842. — Martin, 
Lehre über Geburtsh. 1854. — Elsaesser, Lehrb. 
d. Geb. f. Heb. 1843. — Cr e de, die preuss. Heb. 1855. 



22 

— Anordnungen f. Geb. f. Heb. in Bayern. Erl. 1846. 

— Rick er, Lehrb. f. d. Heb. f. Nassau 1844. 

§. 6. 
Franz Kiwisch, Ritter v. Rotterau, 

geb. 30. April 1814 in Klattau in Böhmen, gest. 24. Octbr. 
1852. K. studierte in Prag, promovierte daselbst 1837, 
wurde Assistent der geburtsh. Klinik, machte gemeinsam 
mitPitha längere Reisen nach Deutschland, Dänemark, 
Frankreich und England. 1842 erhielt er die Leitung der 
neu errichteten Abtheilung für Frauenkranke. Nach dem 
Tode von d'Outrepont wurde er nach Würzburg be- 
rufen, und dort wusste er sich sehr bald ungetheiltes An- 
sehen als Arzt und als Lehrer zu erwerben. Seine ge- 
burtshülflichen Schriften erregten allgemeine Aufmerk- 
samkeit, und von Manchen wurde seine unvollendete Ge- 
burtskunde (1. Abth. u. 2. Abth. H. 1. Erlangen 1851) 
als ein erfreulicher Wendepunkt der bisherigen Sprache 
der Lehrbücher betrachtet. In der That lässt die Ki- 
wi s c h'sche Darstellung der Geburtsvorgänge , welche 
man auch in jetziger Zeit mit Vergnügen liest, den 
grossen Fortschritt erkennen, welchen die damaligen An- 
schauungen in der Mitte des vorigen Jahrhunderts er- 
fahren hatten. Kleinwächter bezeichnet die K i- 
wisch'sche Arbeit „Die Vorträge über specielle Patho- 
logie und Therapie der Krankheiten des weiblichen Ge- 
schlechtes" (Prag 1851 — 1853) als das erste deutsche 
Werk über die moderne Gynäkologie. Ferner erschienen 
von ihm die Hefte „Beiträge zur Geburtskunde" (Würz- 
burg 1846 und 1848) und viele Aufsätze in den Fach- 
journalen, welche sich meistentheils in den österreichischen 
Zeitschriften finden. 

Von Würzburg 1850 nach Prag zurückberufen, er- 
krankte er an Tuberkulose, welcher er, 37 Jahre alt, 
erlag. 

Ueber die Ursache der Puerperalkrankheiten war 



23 

K i w i s c h ganz befangen von den Anschauungen der 
damaligen Zeit. Er theilte diese Krankheiten in epi- 
demische und sporadische ein. Epidemischen Ursprungs 
sind nach ihm alle Puerperalfieberformen. Das Charak- 
teristische dieser Krankheit ist nämlich : 1) der miasma- 
tische Ursprung, 2) der Ausgangspunkt, die Keimstelle 
der Krankheit, 3) das Gesetz der Weiterverbreitung, 
4) das Gepräge, welches ihm die Wochenperiode auf- 
drückt. 

Er sagt, in den Jahren 1832 — 1839 seien heftige 
Epidemien aufgetreten, wobei die Macht des miasmati- 
schen Ursprungs unverkennbar war. Seine Behandlung 
richtete sich nach den gewöhnlichen Grundsätzen. Ueber 
eine Schuld des pflegenden und behandelnden Personals 
findet sich in seinen Beiträgen keine Andeutung. 

§. 7. 
Dietrich Wilhelm Heinrich Busch, 

gest. 15. März 1858 (s. Bd. II). Busch übte auf die 
geburtshülfliche Wissenschaft einen hervorragenden Ein- 
fiuss aus. Sein Lehrbuch der Geburtskunde war in den 
Händen Vieler und seine Eintheilung der Kindeslagen, und 
seine Vorschriften für die Operationstechnik waren für 
viele Aerzte bestimmend für ihr praktisches Handeln. 
Seine zahlreichen Verdienste um die Hebung der Geburts- 
hülfe sind schon von S i e b o 1 d (s. Bd. II) gebührend 
gewürdigt. Die letzten Schriften von ihm sind folgende : 

„Die geburtshülfliche Klinik an der Königl. Univer- 
sität zu Berlin, den Zeitraum 1836—1841 umfassend.** 
Neue Zeitschr. f. Geb. Bd. 28. 1850. 

„Ueber die Vertilgung des Puerperal-Miasmas in 
Entbindungsanstalten.** Ebend. Bd. 32. 1852. 

In der vorliegenden Schrift schreibt B., dass im Jahr 
1851 alle seine Massregeln, den Dämon des Puerperal- 
fiebers zu dämmen, sich ganz nutzlos erwiesen hätten. 



24 



jmd äas% die trübe Erfahnm^ der fetzten Monate ihm 
dum Gedanken nahe gelegt habe^ die Entbind ongsaa^alt 
auf längere Zeit zii scMiessen. Im Sonnner aber bes- 
serte äick der GesuDiflieitsznstand. B n s c b schrieb dies 
einer ansge dehnten Anweodnnj^ trockener Wärme zu, 
welche er durch fortgesetzte Heizung' in den Wochne- 
rinBen-Sälen za erreichen suchte- 

H, Meckel von Hemsbach, geh* 1821, gesL 
SO, ,fan- 1856^ Verf- mehrerer Schriften aus dem Gebiete 
der Entwickelnngsgeschichte und Geburt shtüfe, -pdie Ei- 
terung beim ÄMaUen der K^abelschnur^, ^das bösartige 
Wocbenfieber^. M. war Professor und Lehrer der pa- 
thoL Anatomie am Cbarite-Krankenhans in Berlin, 

d'Outrepont, Joseph, geh, 2L Xov. 1775, s* 
Bd. IL gest. 7. Mai 1S45, Seine Wirksamkeit als Lehrer 
and Scbrätsteller ist schon im 2teii Bande gebUbreud ge- 
würdigt. Bis zu den letzten Tagen vor seinem Tode 
hatte er seine .^Erfahrungen und Beobachtungen** fort- 
gesetzt. Viele nützliche Winke für die Behandlung der 
Gebartafäüe sind daraus zu entnehmen, 

Bosshirt, JohannEugen, geb. 1 1. Nov. 1 79S 
in Oberscheinfeld in Franken, gest. 13* Juli 1872, seit 
IBSB Profeasor Ordinarius der Oeburtshülle und Director 
der Entbindungsanstalt zu Erlangen» 

„De asphj-^a infantum recens natorum**. ErL 1834- 

-jDe perforatione foetus licetviro instituendo'-. Erh 18BS. 

^Die Anzeigen z, d, geburtsh. Operationen^. Erl. 1842. 

^Quaedam ad arfcis obstet, statnm pertin.", Erl. 1S4S. 

^Lehrbuch der Geburtshülfe"* 3te Lief, 1851. 

„Die geburtshnlflichen Operationen"* Erl 1842* 

Hüter. Carl Christoph, gest. 18. August 1857 

in Marburg (s, Bd- II). Hüter war bis zu den letzten 

Jahren seines Lebens schriftstellerisch thUtig. Obwohl 

»rch eine ausgebreitete ärztliche Praxis in Anspruch 

tu war er bemüht, sein kleines küoiscbes Ma- 

rbuiger Anstalt zu statistischen Untersuchun- 

r»chlägen zui' Erweiterung der operativen 



J 



25 

Technik auszunutzen. Einige von seinen Forschungen 
haben sich im Laufe der Zeit als verfehlt erwiesen, in- 
des hat er in Marburg manche jüngere Kräfte zu wis- 
senschaftlicher Untersuchung anzuregen gewusst. Hüter 
starb in Marburg »per octodecim lustra vigilans* bis zum 
Tode immer geschäftig, während der Ausübung seines 
Berufes, an Apoplexie. Unter seinen letzten Schriften 
sind folgende zu erwähnen: 

Eine Stimgeburt. N. Zeitsch. f. Geb. 1847. Bd. 23. 
De nova partus praematuri methodo. Marb. 1843. 
Geschichtliche Notizen über d. Wendung der Frucht. 
Zeitsch. f. Geb. 1846. Bd. 21. 

Beobachtungen ü. d. Wirksamkeit des Chloroforms b. 
geb. Operationen. N. Zeitsch. f. G. 1850. Bd. 27. 
Lehrbuch der Geburtshülfe f. Hebammen. 2. Aufl. 1844. 
Die geburtsh. Klinik in Marburg von 1833 bis 1843. 
N. Zeitsch. f. Geb. Bd. 31 und 32. 1851. 

Die Embryothlasis oder Zusammendrückung und Aus- 
ziehung der todten Leibesfrucht. Leipz. 1844. m. Tafeln. 
Franz Karl Nägele in Heidelberg (s. Bd. H), 
geb. 12. Juli 1777 in Düsseldorf, gest. 21. Januar 1851. 
Das Lehrbuch dieses verdienstvollen Mannes erlebte bis 
1872 3 Auflagen. In Klarheit der Sprache und in Berück- 
sichtigung aller physikalisch-mechanischen Fragen war 
dieses Buch musterhaft. Auch in fremde Sprachen wurde 
das Werk übersetzt. 

Hermann Franz Joseph Nägele, ausseror- 
dentlicher Professor in Heidelberg, Sohn des Vorstehen- 
den, geb. 1810, gest. 5. Juli 1851. Sein Hauptwerk 
ist das Lehrbuch der Geburtshülfe (3 — 8te Aufl. von 
W. L. G r e n s e r) , welches die Lehren seines Vaters 
enthält. Von ihm stammt auch die Schrift „die geburts- 
hülfliche Auskultation, Mainz, 1838". 

§. 8. 

Anton Friedrich Hohl, 

(s. Bd. H), geb. 17. Novbr. 1789, gest. 23. Jan. 1862, 
Professor in Halle. 



26 

Der Lebensgang von Hohl weist verschiedene Wand- 
lungen auf. Er war zuerst der Theologie zugesprochen, 
dann wandte er sich der Jurisprudenz zu, und endlich 
wählte er, unter Unterstützung eines fürstlichen Hofes, 
welcher seine gesellschaftlichen Anlagen schätzte, das 
Fach der Medicin als Studium. Nach Beendigung seiner 
medicinischen Lehrjahre erreichte Hohl die Stufe eines 
Professors der Geburtshülfe. Auf seine litterarischen 
Fachgenossen wirkte er durch die Lebhaftigkeit seines 
Geistes anregend ein. Männer, wie Litzmann, Veit, 
Pernice, Schwartz dachten gern mit Dankbarkeit an 
die Zeit zurück, als sie von Hohl Förderung ihrer Stu- 
dien erfahren hatten. Sein früherer Lebensgang hatte 
Hohl Anlass gegeben, ausser der Medicin auch den 
Nebenfächern seines Lehramtes besondere Aufmerksam- 
keit zuzuwenden. Sein Lehrbuch der Geburtshülfe war 
vielen Aerzten durch die Betonung der gerichtlichen Seite 
des Faches eine erwünschte Zugabe für die Praxis. An 
neuen Erscheinungen der Litteratur übte er oft scharfe 
Kritik, seine Beurtheilungen wurden von Einigen ge- 
fürchtet, von Anderen als weribhlose Aeusserungen einer 
veralteten Schule angesehen. 

Spätere Schriften von Hohl sind: Vorträge über 
die Geburt des Menschen. Halle 1845. — Die Geburten 
missgestalteter Kranker und toter Kinder. Halle 1850. 
— Zur Pathologie des Beckens. Halle 1853. — Lehr- 
buch der Geburtshülfe mit Einschluss der gerichtlichen 
Geburtshülfe. Engelmann. 1855. 

Anm. Sehr bekannt ist eine Erzählung von der Ge- 
burt des späteren Prof essors, welche Göschen in seinem 
Nekrolog über Hohl berichtet. Die Mutter von Hohl 
hatte 9 Kinder gehabt, das erste war tot, dann folgte 
ein lebendes Kind und nun folgte wechselnd in den 
nächsten Geburten ein totes und ein lebendes Kind. 
Man hatte sich an diesen Wechsel so gewöhnt, dass man 
für das lOte Kind gar keine Empfangsvorbereitungen 



27 

getroffen hatte. Aber siehe da: das lOte toterwartete 
Kind war der spätere Professor Hohl. 

§. 9. 

Eduard Arnold Martin, 

geb. 22. April 1809 in Heidelberg, gest. 5. December 1875. 
M. studierte anfänglich in Jena und Göttingen Jurispru- 
denz, ging dann , von seinem Schwager Stark beein- 
flusst, zur Medicin über. Nach längeren Reisen nach 
England, Frankreich und Oesterreich habilitierte er sich in 
Jena als Privatdocent. Seine erste geburtshülfliche Ar- 
beit, sein Antrittsprogramm „ De pelvi oblique ovata cum 
ancylosisacro-iliaca**, Jena 1841, wurde schon damals ein 
Ausgangspunkt mehrerer Untersuchungen über diese 
Beckenform, welche Martin später in verdienstvollen 
Arbeiten vervollständigte. Der Gewohnheit der damaligen 
Zeit entsprechend las M a r t i n in Jena anfänglich über 
Hilfswissenschaften der Medicin, aber schon 1838, als er 
Unterdirector der Universitäts-Entbindungsanstalt wurde, 
wandte er sich seinem späteren Hauptfach, der Geburts- 
hülfe, zu. Als Professor Ordinarius, wozu er 1850 er- 
nannt wurde, gelang es ihm, die Jenaer Hebammenschule 
und die von ihm gegründete Poliklinik zur Blüthe zu 
bringen. Die Berufung zum Nachfolger Bus ch's, 1858, 
eröffnete Martin in Berlin einen ausgedehnteren Wir- 
kungskreis. In dieser Stellung hat er mit unermüdlichem 
Fleiss und, stets die Arbeiten seiner Umgebung fördernd, 
17 Jahre lang, hervorragenden Einfluss auf die Fort- 
schritte unseres Faches ausgeübt. Mehrere geburtshülf- 
liche Instrumente tragen Martinas Namen, und manche 
Regeln für die Behandlung pathologischer Fälle knüpfen 
sich an die von Martin gegebenen Vorschriften. An 
den Verhandlungen der von Carl Mayer gegründeten 
geburtsh. Gesellschaft nahm er regen Antheil, ebenso 
auch an den Verhandlungen der H u f e 1 a n d'schen 
der medicinischen Gesellschaft. Später war er Mitr 



28 

teur der Monatsschr. f. Geburtskunde und der Zeitschrift 
für Geburtshülfe und Frauenkrankheiten. 

Die schriftstellerischen Arbeiten von Martin sind 
zahlreich : 

„Ueber die Entstehung einiger Beckenfehler". N. 
Zeitsch. f. Geb. Bd. 15. 1844. 

„Duo sectiones caesareae in pol. obst. Jenensi pe- 
ractae". Jena 1851. 

„Ueber Markschwamm der Beckenknochen als Ge- 
burtshindemiss". Hl. med. Zeitg. 1854. 

„Berichte über die Leistungen der geburtsh. Ellinik 
und Poliklinik". 1843, 1849 und 1855. 

„Ueber Anästhesie bei Geburten durch Chloroform". 
Jena 1848. 

„Ueber die Pulsfrequenz während des Wochenbettes". 
Wiener med. Zeitschr. 1853. 

„Ueber Selbstamputation beim Foetus". Jen. Annal. 
1850. 

„Die Circulationsgeräusche am Unterleibe Schwan- 
gerer". Monatsch. f. Geburtsk. 1856. 

„Ueber den Rothlauf der Neugeborenen". N. Zeitsch. 
f. Geb. 1843. 

„Menschliches Ei aus dem Iten Monat". Jenaische 
Annal. 1850. 

„Ueber die Hamsäureinfarct der Neugeborenen". 
Ebend. 1850. 

„Ueber die Bluterkrankheit". 1851. 

„Ueber Pilzbildung in der Scheide". Virch. Arch. 1857. 

„Ueber die Transfusion bei Blutimgen Neuentbun- 
dener". BerHn 1859. 

„Hebammenlehrbuch". Erl. 2. Aufl. 1867. 

„Die Erkrankung als Quelle der Diphther. colp. imd 
endomet.". Monatsch. Bd. 13. 1859. 

„Ueber Lage und Gestalt des uterus". Jenaische 
Annal. 1844. 

„Neigungen und Beugungen des uterus". 2te Aufl. 
1870. 

„Ueber Eierstockwassersuchten". 1852 und 1872. 



29 



„Handatlas der Gynäkologie". 1862, 2te Aufl. 1879 
V. A. Martin. 

„Ueber Vaginismus". Berl. kl. Wochenschr. 1871. 

Karl Wilhelm Mayer, geb. 25. Juni 1795 in 
Berlin, gest. 12. Febr. 1868, der Gründer der geburts- 
hülflichen Gesellschaft von Berlin (1844). Seine Thätig- 
keit war hauptsächlich auf die Hebung der Gynäkologie 
gerichtet, und eine umfassende Praxis gab ihm ausrei- 
chendes Material dazu. Obwohl er in erster Linie Gy- 
näkolog, nicht aber Geburtshelfer war, so war doch sein 
Einfluss auf die Geburtshülfe sehr wirksam. Viele auswär- 
tige Besucher verdankten ihm ihre spätere operative 
Richtxmg in der Geburtshülfe. 

C. A. Louis Mayer, geb. 9. April 1829, gest. 
13. Decbr. 1890, Sohn des Vorigen. Seine Dissertation 
über die Albuminurie der Schwangeren, Kreissenden und 
Wöchnerinnen ist als fleissige Arbeit oft citiert. Weitere 
Arbeiten von ihm waren hauptsächlich gynäkologischen 
Inhaltes. In einer Sitzung der geburtsh. Gesellschaft in 
Berlin besprach M. die Indicationen zur Erregung des 
künstlichen abortus, Monatsch. f. Geb. 1858. 

§. 10. 
Friedrich Wilhelm Scanzoni von Lichtenfels, 

geb. 21. Decbr. 1821 in Prag, gest. 12. Juni 1891. 

S. studierte und promovierte in Prag, machte 1844 
eine wissenschaftliche Reise in das Ausland, wurde dann 
Arzt der gynäkolog. Abtheilung des allg. Krankenhauses 
in Prag und 1848 Docent der 63mäkologie der Prager 
Universität. An dem grossen Materiale des dortigen 
Krankenhauses und der Gebäranstalt fand S. reichliche 
Gelegenheit, sich auf sein Lieblingsfach , auf die Gynä- 
kologie, vorzubereiten. Sein damaliger Chef, Jung- 
mann, Hess dem jungen Assistenten ziemlich freie Hand, 
dagegen entnahmen die Hülfsärzte von den Lehren Ki- 
wis ch's viele fruchtbringende Anregungen. Als 1850 
Kiwi seh von Würzburg nach Prag zurückberufen war, 




richteteE sich alle Blicke auf seinen jungen SchOkr, an 
Scanzoni, dessen Lehrbuch der Gebiirtehülfe kwm zu- 
vor erschienen war. Mit der Ernennung als Ordinanm 
der Würzburger Hochschule begannen fiir S c a n ss o o i 
die zahlreichen Ehrungen, welche ihm bis zttm Ende 
seines Lebens zugewandt wurden. Die grosse Liebem- 
würdigkeit seiner Persönlichkeit, seine Gewandtheit im 
Verkehr, verbreiteten seinen Ruhm weit über Würzburgs 
Mauern hinaus. Von Welen Ländern wurde sein itath ein- 
geholt, seine Praxis nahm einen Umfang an, wi© es dort 
bis jetzt unerhört war. Manche junge Äersfce, welche 
sich der Frauenheilkunde widmen wallten, glaubten ßur 
in Würzburg ihre Vorbildung richtig vervollständigen zu 
können. So konnte es auch nicht fehlen, dass man M- 
ters versuchte, den berühmten Lehrer von Wüneburg 
wegzuziehen. Sowohl in Preussen, als auch in Oester- 
reich und in Baden wurde ihm Platz angeboten, doch 
blieb er seinem dortigen Wirkungskreise treu. 

Der Ebfluss, welchen damals S c a n z o n i auf die 
geburtshülfliche Wissenschaft ausübte, war hauptsächlich 
dem Aufschwung der Medicin zu verdanken, welcher sich 
an die Forschungen E o k i t a n s k y 's und Johannes 
Mülle r s knüpfte. Die Einwirkung der Arbeiten dieser 
Mäimer auf die Gebürtshülle wusste Scanzoni in mei- 
sterhafter Form dem Kreise seiner Zuhörer näher zu 
bringen. Zwar haben seit diej^er Zeit die Anforderungen 
an ein geburtshülfliches Lehrbuch mannigfache Wand- 
lungen erfahren, aber ein Verdienst war es immer, auch 
die früheren Anschauungen in einer den Meisten zusa- 
genden Form m einem umfangreichen Lehrbucli zur Er- 
etcheinung m bringen. Viele suchten Rath in dieseH 
bei geburtßhülflichen Operationen, ebenso 
dem Leser mannigfache Hinweise auf 
, welcher Kranklieit Scanzoni 
besondere Aufmerksamkeit zuges 



iUg^J— 



31 

Von der neueren operativen Gynäkologie hielt sich 
Scanzoni ziemlich fem, nachdem seine Versuche dazu 
ungünstige Resultate ergeben hatten, dagegen gaben 
seine geburtshülflichen Schriften für die medikamentöse 
Therapie der Schwangerschaft und des Wochenbetts man- 
nigfache Hinweise. 

Scanzoni starb auf seinem Landsitz in der Nähe 
von Würzburg, nachdem er 38 Jahre lang seinem Lehr- 
amte vorgestanden hatte. 

Ausser seinem Lehrbuch der Geburtshülfe, Wien 
1849 bis 1852, 4te Auflage 1867, sind die «Beiträge zur 
Geburtskunde und Gynäkologie** (7 Bde, Würzburg 1854 
bis 1878), die Fortsetzung von Kiwis ch's „Klin. Vor- 
träge über spez. Pathol. u. Therap. d. Krankh. d. weibl. 
Geschlechts**, das Lehrbuch der „Krankheiten der weibl. 
Sexualorgane** (Wien 1857, 5te Aufl. 1875), die Mono- 
graphie über die „chronische Metritis**, 1867 und meh- 
rere einzelne Aufsätze zu erwähnen: 



Ein Fall von Schwangerschaft in einem rudimentären 
Uterushom. 

Ein neues Verfahren zur Einleitung der Frühgeburt. 

Beitrag zur Pathologie der Gebärmutterknickungen. 

Ueber Van-HueveTs Forcepsscie. 

Die Gebärmuttersonde. 

Exstirpation eines grossen Eierstocks-Colloids. 

Bericht über die Leistungen in der Pathologie der 
weiblichen Sexualorgane im Jahre 1852. 

Ueber die Anwendimg der Anästhetica in der ge- 
burtshülflichen Praxis. 

Beitrag zur Pathologie der Gebärmutterpolypen. 

In Gemeinschaft mit Kölliker: das Sekret der 
Schleimhaut der Vagina und der Cervix uteri. 

Zweiter Beitrag zur Lehre von den Gebärmutter- 
knickimgen. 

Ein Todesfall, hervorgerufen durch das Einströmen 
von Kohlensäure in die Uterushöhle. 



32 



Kurze Schilderung des grossen kaiserlichen Erzie- 
hungshauses in Moskau. 

Ein Fall von Eklampsia parturientium , subcutane 
Applikation von Morphium. 

Zwei Fälle von künstlicher Einleitung der Frühge- 
burt nach K r a u s e's Methode. 

Ueber die Fortdauer der Ovulation während der 
Schwangerschaft. 

Ueber die Abtragung der Vaginalportion als Mittel 
zur Heilung des Gebännuttervorfalls. 

Ein Fall von chronischer Inversion des Uterus mit 
epikritischen Bemerkungen. 

Drei Ovariotomien , ausgeführt auf der gynäkologi- 
schen Klinik zu Würzburg. 

Marion Sims' Lehre von den Ursachen und der 
Behandlung der Sterilität. 

Ein Fall von Hysterokele mit hinzutretender Schwan- 
gerschaft. 

Ausser diesen Aufsätzen erschienen von der Hand 
Scanzoni's in der Würzburger med. Zeitschrift: 

Gynäkologische Fragmente. 

Ueber Dekapitation und Dekapitationsinstrumente. 

Ein Fall von Gebärmutterblasenfistel. 

Ueber Coccygodynie. 

Ueber die Beziehungen der beiderseitigen Erkran- 
kung der Eierstöcke zur Ovariotomiefrage. 
• Wilhelm Lange, geb. 8. Febr. 1813 in Wil- 
helmshöhe in Böhmen, gest. 25. Febr. 1881 in Heidel- 
berg. L. wurde 1839 promoviert in Prag, 1845 wurde 
er Privatdocent und 1847 Vorstand der gynäkologischen 
Klinik, dann Professor in Innsbruck, 1850 in Prag und 
1851 als ordentlicher Professor und Nachfolger Nae- 
g e 1 e's nach Heidelberg berufen , wo er bis zu seiner 
1880 erfolgten Pensionierung thätig war. 

Lehrbuch d. Geburtsh., mit Berück, d. gerichtsärztl. 
Seite des Faches. Erlangen 1868. Mit 43 Holzsch. 

Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen. 1851, 
3te Aufl. Leipzig 1880. 

Die bei Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen 



33 

vorkommenden allgemeinen Krämpfe. Verh. des med. 
Ver. zu Heidelberg. 1857. Eine eingehende histor. Un- 
tersuchimg über den jetzigen Stand der Frage. 

§. 11. 

Waldein ar Ludwig Grenser, 

geb. 2. Jan. 1812, gest. 2. Juni 1872. G. war Assistent 
des Jörg'schen Entbindungsinstitutes, Verfasser eines für 
Preussen damals einzuführenden Hebanmienlehrbuches, 
später Professor und Director der Dresdener Gebäranstalt 
und Mitglied der medicinisch-chirurgischen Akademie. 
1838 promovierte er mit der Diss. „de vi puerperii lac- 
tandique temporis medicatrice**, hielt in Leipzig geburts- 
hülfliche Vorlesungen, betheiligte sich an der von Chr. 
Schmidt herausgegebenen Encyclopädie und behandelte 
in seiner Inauguralrede „corporis positionem in genibus 
ulnisquein praxi obstetricia non esse negligendam", Leip- 
zig 1843, den Nutzen der Knieellenbogenlage bei der Ge- 
burt. Auf die Bitte der Hinterbliebenen von Nägele 
übernahm er die neue Herausgabe des Nägele'schen 
Lehrbuches der Geburtshülfe (8. Aufl. 1853—1872). Das 
Buch wurde auch in das französische und ungarische über- 
setzt. Weitere Arbeiten waren „über Aethereinathmungen 
während der Geburt **, 1847, das „Lehrbuch der Hebam- 
menkunst", 1863, neu herausgegeben von Crede und 
Winckel. Auch besorgte er von den Ammon'schen 
„Mutterpflichten" im Laufe von 10 Jahren 7 Auflagen. 
In Dresden wirkte Grenser 27 Jahre lang in ausge- 
zeichneter Weise. 

Joerg, Johann, Christian, Gottfried in 
Leipzig, geb. 1779 (s. Bd. II), gest. 20. Sept. 1856. Seine 
letzte Arbeit hatte den Titel „Die Geburt als gesund- 
heitsgemässiger Entwickelungsact". Leipzig, 1854. 

Haase, Karl, Friedrich, geb. 13. Febr. 1788, 
gest. 10. Novb. 1865, Professor und Director des Ent- 

Dohrn-Siebold, Geschichte det Geburtahftlfe. III. 3 



34 



bindungsinstituts der mecL chirurg. Akademie in Dresde 
Viele Jahresberichte aus diesem Institut stammen m 
seiner Feder. 

Meissner, Friedrich, Ludwig, geb. 2h, 
A\ig. 1796 iii Leipzigs gest 4* Decbr. 1860, Ein m 
Leipzig sehr geschätzter Geburtshelfer und Verf. mehrerer 
populärer Schriften für Gesundheitspflege und Kinder- 
erziehung. In gebiirtshülflicher Hinsicht sind zu er- 
wähnen seine „Forschungen des 19ten Jahrhunderts im 
Gebiete der Geburtshlilfel 826—33. M. war auch Mitr 
herausgeber der Encyltlopädie der med. Wissen seh. 

Betachleri Julius, Wilhelm, s. Bd, TI, gest. 
17. Febr. 1865. Klinische Beiträge zur Gjnäkologie (in 
Gemeinschaft mit W. A. F r e u n d und M. B. Freund/M 
herausgegeben), 3 Hefte. Breslau 1862 und 1865. ■ 

Hayn, Albert, geb. 17, Septb. 1801, gest» 30. 
Oct 1863, Director der Hebammenschule zu Königsberg, 
spät et Professor ordinaiius und Mitglied des ProvinziJ- 
Medicinalkollegiums. Eine Ai^beit von ihm trägt den Ti-^ 
tel ^Beiträge zur Lehre vom schrägovalen Becken". 1852S 
Königsberg. ™ 

Moser, A.» Lehrbuch der Geschlechtskrankheiten 
des Weibes. Berlin 1843. 

Handbuch der Geburtskunde in alphabetischer Ord- 
nung, gemeinsam mit Busch. 4 Bde. 1840 — 1843, 
Berlin. 

„Darlegung, dasB die Yerschiedene Beckenneigung 
keinen Einfluss auf die Lagerung der Kreissendeu auSrJ 
übe". K. Zeitsch. f. Geb. Bd* 15. 1844, 

„Die Triebfeder zur Geburt". Encyclop. Wörterb,] 
1845. 

GustavHauck in Berlin, Sohn des früheren Heb- 
ammenlehrers, schildert die geburtshülflichen Erfahrungen 
seines Vaters ^die geburtshiilfliche Praxis des Dr. Phi- 
lipp Haue k«. Berlin 185 L j 
midt, Joseph, Hermann, geb. 14. Juni 
ierbom, gest. 15. Mai 1852, ein Schüler 
It's und Nägel e's. 1834 wurde er als 
*fciderlioniscben Hebammeninstitut ernannt 



1 



35 



und 1837 sclmeb er das von dem Ministerium mit einem 
Preise gekrönte „Lehrbuch der Geburtskunde t d. Heb- 
ammen in den kgl, preuss* Staaten^, 1841 folg^ten 
„das Fragebuch der Oeburtskunde*' (Berlin 1841), „Tau- 
send Aphorismen über die Geburt und den Tod des 
Menschen^' (Berlin 1844) , ^Znv gerichth Geburtshillfe, 
Kunstfehler der Geburtshelfer und Hebammen*^ (Berlin 
1851). Als Lehrer wurde S. von den Studierenden ge- 
schätzt imd seine BchriftsteUerischen Leistungen haben 
sich für die Förderung des preussischen Medicinalwesens 
fruchtbringend erwiesen* 

V. Riecke, Leopold, Sokrates, geb, 10. Oc- 
tob. 1790, gest. 26, April 1876. E, war in Tübingen 
Professor der Chirurgie und Geburtshülfe, seit 1S47 mit 
Breit, später als Ober-Med.-Rath in Stuttgart. 

Schwoerer, Ignaz, geb, 30. Juli 1800, gest 
23. Decb. 1860 (s. Bd. IT). S. wurde 1833 als ordentl. 
Professor und 18 B8 als Kreis-Ober hebearzt ernannt. Später 
übernahm er auch die Direction der Chirurg. Khnik, An 
der Organisation des badischeu Hebamraenunterrichtes 
betheüigte sich S. eingehend. Seine letzte schriftstellerische 
Leistung tragt den Titel: ., Statist. IJebersicht der ver- 
schiedenen Gebnrtsarten, ihres Verlaufes und der ange- 
wandten Hülfen in der Gesammtzahl von 40 000*', Frei- 
burg. 1857. 

Abeggr Heinrich, geb. 10. März 1826 in Kö- 
nigsberg, gest. 1900, Director der Hebammenschule in 
Danzig und Mitglied des MedicinalcoUeginms der Provinz 
Westpreussen, Zu erwähnen sind von seinen Arbeiten : 
Zur Geburtshülfe und Gynäkologie, 1. Heft, Berlin 

^1868, 2. und 3, Heft, Danzig, 1873—1882, 4. 1888, 

^P Bericht über die Hebammenlehranstalt von 1819 — 

^ 1868. 

1^. Eine Preisschrift ^De capacitate arteriarium et pul- 

^Bomonalium*'. 

^H Mehrere Aufsätze in G ü n s b u r g's Zeitschr. und 

^fCasper's Vierteljahrs eh. 1860, und „über die Befugnisse 
der preuss. Hebammen ^^ 

^^ B e h m , Hebammenlehrer zu Stettin. „Ue' 

■ 






1H41. 

U 11 V n il t , !P^ t i * 4 ? t ft • 
H, Bd. IL - ' ' * l>wAis. lä^^ 

BtM luTt in aM 

BifitniKi« tut «i^ ewykllfMiiik 
Uufirmi^ii. KiiLHÜtäl. nDW 

IS u- bn t iiiU , K»» ¥V gibk^ 17. 

DieMt^ >' ^^IM scharfe SätOt 

T. C Li i> U u 4it M.«k J.. ^b.. 1^ Jii 

1794, ^tat. 17. Au«. l>^v. ^ .^»«^.^«««r ikr Cliic »ni 
dt^ibt^rg. HU^b«^r iUt» ScmfMiH|ViHi hwrÜFiiii liar 
borneii^. Med, AiujüL Bd* «w IS4S* 

Novbr. 177^, gm%. U. J&tt^ I84>&i. ä^ tfiU 
der GebmtshüLfe tuHl diar gmt^kiL ^tii^Mi in 
schrieb W. ^di@ Tbeoni* itmd Pta^ «isr 
1B5B und dm ^Im^näm cier gebanUifiii 

C h r 1 ^ t i dk Q K , g8iik m BiMtoiak* S.. 

lanei. i^est, 17. Apr. 

gpHter StAdt]>li5siki^ imii Fn^acdocens.. sctt I83S 
0f<T ri,v^^t;or der g^. EMoik 
*/ - voa der 

Ue CoQgliittiiacLoai des Mufetetmattte hm. 






i, V. 



1 



ke iroii 1845 Iwkkgfe ^ek Ha f 
««ff iOtr Jthr« dit 



37 



der Bectenfonnen kaimi Fortschritte aufweise. In der 
That; bis diese Kenntniss Gemeingut der Praktiker wer- 
den sollte, hatte die Wissenschaft Vieles nachzuholen. 
Nach den jetzigen Anschauungen ist unzweifelhaft eine 
genaue Kenntniss der Beckenverhältnisse erstes Erlbrder- 
niss für die richtige Beurtheilung der Geburtsvorgänge. 
Sogar die Norraalmasse des Beckens waren vielen Fach- 
genossen damals nicht geläufig. Als Michaelis 1844 in 
der Naturforscher- Versammlung zu Bremen auf die grosse 
Bedeutung der Beckenfonuen für die Mechanik der Ge- 
burt hinwies, fand er bei den Aerzten wenig Anerkennung, 
Es hatte sich von früher her eine Ueberschätzung des 
Einflusses der Weichtheile bei den Geburtsvorgängen ein- 
gebürgert, und selbst Männeri wie Baudelocque und 
B o e r , sind nicht von diesem Fehler freizusprechen* 
Praktische Beckenmesser waren selten im Gebrauch, imd 
die verschi(^dene Mass einth eilung der von auswärts be^ 
zogenen Instrumente brachten dem praktischen Arzte 
leicht Verwirrung. Viele hielten an dem Pariser Masse 
fest, Andere nias&en nach rheinischen Zollen, noch An* 
dere nach V^^ieuer Zollen, Berücksichtigt man weiter, 
dass die streng mechanische Auffassung der Geburt Vielen 
noch neu war, so erklären sich manche IrrthiLmer der frühe- 
ren Zeit, Die damaligen Angaben über die Beckenneigung 
schwankten zwischen 18° bis 75**; zw^ar hatte Wm* Smith 
schon (on the position of ihe parturient woman» Edinb* 
jonm. 1843) nachgewiesen, dass jede Krümmung der 
Wirbelsäule eine sichtbare Veränderung der Beckemieigung 
herbeiführe, aber dennoch rieth Moser, der Geburts- 
helfer thäte am besten, wenn er sich gar nicht um diese 
strittige Frage bekümmerte, weil eine einigermasseu gül- 
tige Bestimmung der Beckenneigung unmöglich sei. Erst 
die Arbeiten %^oii Nägele brachten über diese Fragen 
der späteren Zeit eine allgemein angenommene Aufklärung. 
Ein Versach von Ritgen, den Aerzten das Verständniss 
der Beckenhöhle durch sein Schema der - Makrochorden ** 




38 

und der „Mikrochorden" näher zu bringen, verlief ganz 
wirkungslos. Es musste erst eine ganz andere Darstel- 
lung der Beckenform eingesetzt werden, bis die Becken- 
kunde allgemein wurde. Die Fortschritte der folgenden 
Jahre darin verdanken wir besonders den Forschungen von 
Michaelis und Litzmann. 

Rühmlich dennoch sind aus dieser Zeit hervorzuheben 
die Arbeiten von Robert Lee (London med. Gaz. 1842) 
und die von Prob st in g über die verschiedenen Becken- 
formen des Menschen und der Thiere (n. Zeitsch. f. öeb- 
1847) und von Stein (n. Zeitsch. f. Geb. 1843). 

Eine besondere Mithülfe zu der Kenntniss des Beckens 
gewannen die Geburtshelfer in den folgenden Jahren aus 
den Arbeiten einiger Anatomen, üeber die Symphysis 
pubis des Menschen lieferte A e b y eine instructive Ab- 
handlung, 1858. In derselben Zeit eröffnete die Mono- 
graphie von Luschka über die Halbgelenke des mensch- 
lichen Körpers den Geburtshelfern neue Gesichtspunkte, 
welche auch für die praktische Geburtshülfe nutzbar ge- 
macht werden konnten. 

Mehr Aufmerksamkeit wandte man in geburtshülflichen 
Kreisen den Beobachtungen der Weichtheile zu. Pap- 
penheim lieferte uns eine sorgsame Untersuchung über 
den Verlauf der Muskelfasern im schwangeren uterus 
(Rosers Arch. 1843) und ebenso Rau über die Anato- 
mie des runden Mutterbandes. Kölliker brachte uns 
neue Darstellungen über die Entwicklung der Muskel- 
fasern des uterus im schwangeren und nichtschwangeren 
Zustande. Ueber den Mechanismus der Üterin-Contractio- 
nen lieferte Schlesinger (Wien 1843) eine umfas- 
sende Arbeit und über die Beziehungen des uterus zur 
meduUa oblongata veröffentlichte Fr. Kilian (n. Zeitsch. 
f. Geb. 1848) fleissige anatomische Untersuchungen. 

Litzmann hatte in seinem Artikel über die Physio- 
logie der Schwangerschaft in dem Wagnerischen Hand- 
wörterbuch, 1846, mächtig das Interesse für physiologi- 



39 



^ 



sehe Fragen angeragt, und zahlreiche Blutuntersiichungen 
betrafen die durch die Schwangerschaft in dem weiblichen 
Organismus gesetzten gewaltigen Veränderungen. Die 
trefflichen französischen Arbeiten von Becquerel und 
Rodler und die Untersuchungen von A n d r a 1 über 
daa Verhalten des FaserstoiFs und der Blutkörperchen in 
der Schwangerschaft eröffneten neue Einblicke in die 
Physiologie der Forfcpflanzujagsperiode. Auch die viel 
besprochenen Angaben von Nauche über das Kjei^tein 
ans dem Jahre 1831 haben, obwohl falschlich nur zur 
Diagnostik der Schwangerschaft nntemonuneUt doch sehr 
viel zur Kenntniss des Stoffwechsels in der Schwanger- 
schaft beigetragen. Wer die Tageslitteratur der damaligen 
Zeit durchmustert, wird den wohlthuenden Eindruck be- 
kommen, dass die berufenen Vertreter der Geburtshülf© das 
früher vernachlässigte Gebiet physiologischer Forschungen 
durch um so mehr angestrengten Fleisg zu fördern suchten. 

H, Luschka. Die Halbgelenke des menschlichen 
, Körpers- Eine Monographie, m, 6 Tafeln. Berlin. 1858. 
' C h. A e b y. Bie symphy&is pubis des Menschen* 

Leipzig 1858. 

R, Gmelin. Die Kürankheiten der Symphysis pubis. 
Tübingen 1854. 

0- F o 1 1 e n i u s. Die Diagnose des Beckens. Diss* 
f Giessen 1858. 

Pröbsting, W. „Das Becken und sein Einiluss 
auf die Geburt bei den Menschen und höheren Tlüeren^\ 
1^. Zeitsch. f* Geb. Bd. 22, 1847, eine interessante 
und üeissige anatomische UntersucRung. Ein Auf säte 
Yon- demselben Autor, rhein. Monatschr. f. pr. Aerzte 
1847, behandelt die Therapie und Prognose der Geburts- 
fälle bei Beckenenge. Er ist Gegner der künstl, Früh- 
geburt (rhein. Monatssch, f, prakt. Aerzte, 1847). Er 
schrieb auch einen „Beitrag zur Lehre von der Brachio- 
tomie'*, Hamm 1847. 

Heinrich Spöndly, geh. 1824, gest. 13. Octb, 
1898, Hebamnienlehrer und Professor in ZüricL Er 




^ 



40 

schrieb über „die Fruchtlagen und ihre Verwandlung-en" 
1855 — „die Schädeldurchmesser der Neugeborenen" 
1857 — „die unschädliche Kopfzange" 1862 — „Schwan- 
gerschaft, Geburt und Wochenbett" 1869 — „Erinne- 
rungen aus der obstetricischen Praxis" 1875 — „Ge- 
sichtslagen", „die Fehlgeburt", „über mehrfache Gebur- 
ten". Monatssch. Bd. 13. 

V. Elsaesser, Karl, Ludwig, geb. 1813, 
gest. 7. März 1874, Geburtshelfer des Katherinen-Ho- 
spitals in Stuttgart, der Autor der bekannten Schrift 
„der weiche Hinterkopf", 1843, und der Untersuchungen 
über die Fötuskreislaufwege und über Masse und Ge- 
wichte der Neugeborenen, s. n. Zeitsch. f. Geb. Bd. 19. 
1846. — Ueber die Dauer der menschlichen Schwanger- 
schaft machte E. nach den Angaben der Schwangeren zahl- 
reiche Beobachtungen. — Ueber den Abgang v. Kinds- 
pech b. Kopfgeb. Württ. Corr. 1853. 

Costilhes. Ueber den physiologischen Zustand 
des Collum uteri während der Schwangerschaft. Gaz. 
hebd. I. 48. 1854. — Beau. Ueber Geburtsschmerzen. 
L'union 1851. 

Jobert. Untersuchungen über die Nerven der Ge- 
bärmutter. Comptes rend. de l'Acad. 1841. 

R i c q u e t. Die Veränderungen, welche die Arterien 
des Uterus durch die Schwangerschaft erleiden. Gaz. 
mM. 1841. 

Donn^. Der Harn der Schwangeren. Frorieps 
Not. Bd. 18. 1841. 

Dunglisson. Temperatur der Sehe de und des 
Gebärmutterhalseg während der Geburt. Americ. med. 
interll. 1840. 

L e Ray. Untersuchungen über den natürlichen Ein- 
tritt der Geburt. Canstatt's Jahrb. 1846. 

Meckel von Hemsbach. Die Verhältnisse des 
Geschlechtes, der Lebensfähigkeit und der Eihäute bei 
einfachen und Mehrgeburten. Meckels Arch. 3. 1850. 

J. R e i d. Ueber die Dauer der Schwangerschaft 
beim Weibe. Lancet. Sept. 1853. 







J. M, D u n c a n, Ueber die Dauer der Schwanger- 
schaft, Monthly joum* March. 1854* 
L H. Madge. Ueber die anatomisclieii Beziehungen 
z%Yischen Mutter und Frucht* Lancet Febn 1856. 

K Möller. Pondus secundinanim* Diss- Jena. 1858* 
Unter dem Präsidiura yon E i t g e n erschienen 1857 
und in den folgenden Jahren mehrere fle issige Disser- 
tationen seiner Zuhörer über die Gre schichte des Gebnrts- 
mechanismus der früheren Zeit, Die Autoren waren: 
C, Stammler, Weissenbach, Knoea, Frese- 
nius, G, Brüel, Zimmermann, Fuchs, Seh ad, 
Bennighof,H. Stammler, sämmtlich in Oiessen. 

Stein, jun. Gedanken über die Schrift von N ä- 
g e 1 e über den Mechanismus der Geburt. K* Zeitsch. 
t Geb. Bd. 16. 1844. 

Peseta u. Physiologische Bedenken über die Lehre 
K i 1 i a n's über die Wirksamkeit des utems bei der Ge- 
burt. Hanno V. Ännal. 1841. N. Zeitsch. f. Geb. Bd. 13. 
1843. 

Bemak, Robert, geb. 26. Juü 1815, gest 29. 
I^ug* 1865, Seine Arbeiten, welche er früher unter 
Leitung J o h. M ü 11 e r's veröffentlichte und seine em* 
bryologischen Studien hatten auf die Oeburtshülfe einen 
günstigen Einfluss, indem sie zu weiteren Untersuchungen 
auf dem bis dahin wenig bearbeiteten Gebiet der Phy- 
siologe der Schwangerschaft Anregung gaben* Dazu 
gehört auch sein Aufsatz „über Menstruation und Brunst**, 
u. Zeitsch. f. Geburtk. Bd. 13. 1843. 

Claude Bernard* Eine neue Funktion der pla~ 
centa, Cünique Europ. 3. 1869. B. fand bei Kühen und 
Schafen ein Zucker bildendes Organ, welches in den am 
Amnion sichtbaren Plaques zu suchen ist. 

Brücke fand in dem Harne der Wöchnerinnen nur 
geringe Mengen Yon Zucker, dann und wann gar keinen, 
Wiener Wochen sehr. VIÜ, 1858, Ebenso lieferten die 
Untersuchungen von Riedel ein negatives Resultat. 
Monatssch. f. Geb. XI. 1858. 

G o 1 d i n. Kyestein im Urin, als Zeichen der / 




42 

gBTmhRfi* Thebrit* Rec* L 1848. — Hognier, neue 
Scliwaiigerscliaftszeicheii. L'Abeille med. Octb. 1847. 

Ch, Robin* Ueber die allmäMi eben Veränderungen 
der Vülositäteii des Chorion und der placenta. Gaz. de 
Paris* 37, 39* 1854, — Physiologie de ia muqueuse pen- 
dant la grossesse. Joutd. de pbysiologie I, 1858. — 
Bau der Nabelsclmiir. Gaz. de Paris 1860, 

Eguisier. Untersucbimgen über das Kyest^in. 
Gaz, des hop. 1839, 

B o n a m y. Ueber die üteroplaeentalgef&sse* Ebend, 
Kr, 13. 1840. 

X H. S. B e a u. Von der LocaMsation der Schmeißen 
bei der Geburt. L'union. 104, 1851, 

HugTiier. Nene Schwangerschaftsz eichen. L*Abeille 
med. Octbr, 1847. 

Kirsten. Zucker im Harn der Schwangeren und 
Gebärenden, Monatssch. f, Geb, IX. 1858. 

Xölliker, Rudo 1 f, Alb er t, geb. 6. Juli 1817. 
Seine Untersuchungen über die Muskelfasern des uterus, 
Zeitsch. f, mssensch, Zoologie 1848, gaben den Geburts- 
helfern %\ichtige Aufschlüsse über die Schwangerschaft 

Adolf Kussmaul, geb, 22, Pebr, 1322, Sein 
Werk „TOD dem Mangel, der Verkümmei'ung und der 
Verdoppelung der Gebännutter, von der Nachempfingniss 
und der Ueberwauderuug des Eies"*, Würz bürg 1859, 
hat zahlreiche Anregungen zu weiteren Forschungen un- 
seres Faches gegeben, 

„Ueber Nachempfängniss**, Verh. d* naturf, Ver, zu 
Heidelberg. 185S. 

W, P, M o n t g o m e r y. An exposition of tbe signs 
and Symptoms of pregnancy, London, 678 pp, 185 5* 

Kilian, Franz, M. in Giessen, „üeber die Be- 
ziehungen des Uterus zur Medulla oblongata^, N. Zeitsehr. 
f* Geburtsk, Bd. 25, 1848, eine sorgfältige Untersuchung 
«her den Einfluss des Rückenmarks auf die Contt^ctionen 
"'»ms. 

Wirkungen des Schwefeläthers auf den uterus* 
ätJ. 1849. 



i 



I 



43 



Eine Krankheit des Mutterknchens*'. Ebeod. 27. 
1850. 

T h< V. J a e g e r. lieber die Krankheiten der pla- 
centae These de Strasb, 1845. 

H. B 1 o t* lieber physiologisches Zuckerhamen bei 
Wöchneiinnenr Stillenden und Schwangeren. Gaz. hebd. 
irr, 1856. 



§. 13. 

Bernhard BrCBlau, 

geb, 9. Mai 1829, gesi 1867. B. promorieiie 1852 mit 
der Dissertation „de totiiis nteri esstiiimtione** und habi- 
litierte sicli 1856 in München mit der Schrift „Diagnostik 
der Tumoren des Uterus ausserhalb der Schwangerschaft ^ 
Nach längeren Reisen in Frankreich und England 
wurde er in seinen Studien von den Einflüssen von 
Scanzoni und Karl Mayer angeregt, 1858 wurde 
B. als ordentlicher Professor der Gebnrtshülfe nach Zflrich 
berufen. In dieser Stellung entwickelte er als Lehrer 
und Schriftsteller rege Thiitigkeit. Mit Vorliebe be- 
schäftigte er sich mit Untersuchungen der B ecken ano- 
rüalien, auch waren seine Beobachtungen über das Fort- 
leben der Jungen nach dem Tode des Mutterthieres 
werthYolL Aufsehen machte ein Fall, als es Breslau 
gelang, 15 Minuten nach dem Tode der Kreissenden ein 
lebendes Kind durch Kaiserschnitt zu entwickeln. Die 
Kenntniss der Ursachen der Geschlechts differenz suchte 
er durch mühsame statistische Arbeiten über das Hof- 
acker-Sadle r'sche Gesetz zu fordern. Wichtig war 
seine Entdeckung der Thatsache, dass bei totgeborenen 
Kindern niemals Gas in irgend einem Theile des Darm- 
kanals zu finden ist. Für die Behandlung des Puerperal- 
fiebers mit stärkeren Abführmitteln suchte er, nach einem 
Besuche der Seyf er tischen Klinik iu Prag, in melureren 



u 



liegen nicht vor, dagej^en mehrere kasuistische Mitthei- 
luBgeo- Der Neiihaii der neuen Zürich*schen Oebaransialt 
1863 war vomehmhch B r e s 1 a u's Verdienst. 



H a r m a n n 



§. 14. 

H e i n T i c h 



P 1 08 8, 



ein V 



geh. 8. Febr, 1819 in Leipzig, gest. IL Decbr. 1885, 
durch Vielseiticrkeit seiner Kenntnisse und durch seinen 
erstaunenswerthen Fleiss ausgezeichneter Schriftsteller* 
Plos3 hatte sich, ausser vielen Aufsätzen über Gresund- 
heitspflege und über Fragen städtischer Hygiene, nament- 
lich auf ein Gebiet geworfen, welches bisher den deut- 
schen Geburtshelfern fremd gewesen war : die Schilderung 
der Gewohnheiten und Sitten fremder Völker bei der 
Geburt» Für alle Fragen, welche darauf Bezug hatten, 
galt P 1 s s als erste Autorität. Seine ausgedehnten 
Beziehungen zu den geographischen Forschem und den 
Missionaren setzte ihn in den Stand, dem Besucher die 
genaueste Auskunft zu geben. Auch für da^ grössere 
Publikmn bieten die Untersuchungen von P 1 o s s viel 
Interessantes. 

^Ueber die Lage und Stellung der Frau während der 
Gehurt bei verschiedeiien VöU^ern". Leipz* 1872. 

„Zur öesclüchte, Verbreitung und Methode der Fnichir 
ab treibung *** Leipz. 1883. 

„Das Weib in der Natnr- und Völkerkunde *S 2 Bde» 
1884. 

„Geschichtliches und Ethnologisches Über Knabenbe- 
schneidung^, 1885* 

„lieber den Einfluss der Jahreszeit auf die Häufig- 
keit der Geburten". Monatssch. f. Geh» 1859. 

F* A, V o n A m m o n. Die ersten Mutterpflichten 
und die erste Einderj>flege, ein viel verbreitetes Buch» 

Aufi* 1859. Leipzig. H i r z e 1. 

nbauiu, Friedrich, Heinrich, geb. 17. 
* in Regensburg, gest. April 1899. Studierte 



I 



I 

I 
I 
I 



i 



45 



; in Bonn, war dann Assistent von Kilian, 1S44 — 46 Lehrer 
' an der HebaramenanstÄlt in Petersbarg, nach seiner Rück- 
keiir von dort Director der Hebammenanstalten in Trier^ 
zuletzt in Köln. 

jj lieber die Veränderungen des unteren Abschnittes 
und Scheidentheils in der 2ten Hälfte der Schwangersch." 
Bonn. 184L 

„Zeichenlehre der Geburtshiüfe^. Bonn 1844* 
„Geburtshiilfliche Skizzen", 1844, 
„Geburt des Menschen und ihre Behandlung". 2te 
Aufl. 1871. 

„Das habituelle Absterben der Früchte in d. letzten 
Mon. d. Schwangersch.**, Cannstatts Jahrb* 1846. 

^Die Application der Kephalotribe. Med* Zeit* Buss- 
I lands. 1845. 

„Die Leistungen des Hebammeninstituts der Gross- 
fürstin Paulo wna 1841 — 1845". Med* Zeit. Russlands. 
Birnbaum, F r i e tl r i c h , Sohn des Vorstehen- 
Iden, geb, 17* Oct* 1833, gest 22. März 1894. Assistent 
iTxnd Hebammeolehrer und Privatdocent unter v* Ritgen 
lin GiesseUj dann als ausserordentlicher Professor und 
[Director der Entbindungsanstalt bis 1872» 
„Histologischer Bau der Eihäute", 
„Leitfaden für die Geburt des Menschen und ihre 
Behandlung,'* Berlin 1877, 

J. T. A, Peigel, geb. 1804, gest 28. NoTb. 1848, 
Autor des Werkes „Umfassende Abbildungen aus der 
Geburtshülfe, mit erklärendem Text", Würzburg 1841, 
mit 45 Tafeba. Fol. 



b 



§. 15. 

Karl Siegtnund Franz Crede, 



geb, 23, December 1819 in Berlin, gest, 14. März 1892. 
C. studierte in Berlin, promovierte daselbst 1842, unter- 
nahm darauf eine längere wissen scbaftliche Reise, wurde 
dann Assistenzarzt der geburtshülflichen Klinik unter 
Busch. 1850 habilitierte er sich als Privatdocent ftlr 
leburtshülfe, 1852 i^nirde er zum Director der Berlinei* 




I^hammeiischtile und dirigierenden Arzte der Gebäml 
' tlitnliing ernannt, für die Charite begründete er eine be* 
noncierfi ^ynUko logische Abtheilung, 1856 erfolgte seine 
Bf!ruf(jng als ordentlicher Professor nach Leipzig, 

Hoine dortige Wirksamkeit als Lehrer und Schriftsteller 
ging weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Schon 
in «einen ersten Schriften, den klinischen Vorträgen tlbar 
öebiirtshülfe, Berlin 1853 — 1854, trat seine scharfe Be- 
obttclitungsgabe und seine pracise Auadmckswei.se hervor, 
und bald erreichte seine Klinik den Ruhm eines der beat- 
eingerichteten Lehrinstitute Deutschlands. Mit hervor- 
ragcmder Begabung für alle organisatorischen Fragen des 
Unterrichte« wussteCrede in den ilim unterstellten 
ItiMtiinten die Aufgaben der Schüler zu beaufsichtigen 
lind zu leiten. Viele Anregungen ans dieser Schule nah- 
men «eine Schüler in ihre spätere Lebensstellung mit sich, 
und ^iele Erfolge seiner Zuhörer sind der Einwirkung 
ilin*M trefflichen Lehrers zu verdanken. Die Crede*sche 
Mt:thode der Expression der Nachgeburt und die Anwen- 
dung der Silberlöaung bei der Augenentzündimg der Neu- ■ 
gnbonjnen bleibt stets eine Emmgenschaft , auf die 
Deutschland stolz sein kann. Schon aus diesen zwei 
Thateachen wird die Erinnenmg an die Thätigkeit des M 
ausgezeichneten Mannes immer eine gesegnete bleiben. ■ 
C r e d ^ hat seine Hauptleistungen, die Behandlung der 
Nftchgeburteperiode und die Silbereinträoflung in niehre- 
ren späteren Arbeiten vertheidigL Die zahlreichen Unter- 
suchungen, welche sich daran anknüpften, sind erst in 

^m folgenden Zeitraum zu besprechen. 

Ausser mehreren einzelnen Aufsätzen dieses Autors» 

reiche er in der Monatsschrift für Geburtskunde und in 
Leitung des Archivs für Gynäkologie veroif entlichte, 
folgende Schriften von ihm bemerkensvverth 




^ omphaloprotopsi* Diss. Berh 1842. 

inische Vorträge über Geburtshülfe. 1853 u. 1854 



t 



54J 



47 



De foetu in utero mutüatione filis membraniaque pa- 
thologicis effectn, Leipz. 1858. 

Die preussischen Hebammen, ihre Stellung zum Staat 
und zur Geburt shiilfe, Berh 1855, 

Bericht über die Vorgänge in der Entbindungsanstalt 
zu Leipzig, 1810—1859, Leipz. 1860, 

De optima in partu naturali placentam amoTendi ra- 
tione. Leipz. 1860, 

Observationum de foetns situ inter gravi ditat^m se- 
ries duo. Leipz. 1862—1864. 

Die zweckmässigste Methode der Entfernung derNach- 
geburt. BerL 1S8L 

Die Verhiitung der AugenentiZündimg der Neugebo- 
renen^ die häufigsten und wichtigsten Ursachen der Blind- 
heit BerL 1884. 

Gesunde und kranke Wöchnerinnen. Leipz. 1886, 

Beiträge zur Bestimmung der normalen Lage der 
gesunden Gebärmutter. 1886. 

Lehrbuch der Hebammenkunst, gemeinsam mit Leo* 
pold* 4te Aufl. Leipz. 1886, 5te Aufi, 1892, 

Die geburtshülfliche Untersuchung (gemeinsam mit 
L e p 1 d). Leipzig 1892. 



16. 



Die Auakult ation in der Schwangerschaft. 

Einen erheblichen Fortschritt erfuhr die Zeichenlehre 
der Schwangerschaft durch die zunehmende Würdigung 
der Beobachtung des Fötalpulsea. Auf jede Behandlung, 
welche auf das Interesse des Kindes abzielte^ gewann 
nunmehr die Auskultatioa einen maasgebenden Einflusa, 
Sobald der Werth der neuen Untersuchung klar gestellt 
war, eröffneten sich fiir die ganze Richtung der geburts- 
hiilflichen Therapie, welche bis dahin fast ausschliesslich 
auf die Interessen der Mutter zugeschnitten worden war, 
neue Ziele. Früher hatte die Unsicherheit über das Be- 
finden des Kindes, welches man nach den damaligen 
ebenszeichen nur schwer abschätzen konnte^ in vielen 




48 



leo zur Unterlassung nothwendiger Eingriffe, m 
dereji Fällen zum Entschloss unnothiger Operationen ge- 
ftüjit. Jetzt gewann der Kreis von Ueberlegungen. welclw 
4£r gewiggenhafie Operateur in jedem Geburtstall dnrcli- 
mämikm hatte, einen suideren Gehalt und festen Boden. 
Aber nicht allein die gleichmassige Berücksichtigimg 
TOD Mutier and Kind, welche wir jetzt als erstes Ziel 
m^mrmr Behandlung erstreben, führte die Gehurtshiilfe 
im weiteren fruchtbringenden Resultaten, Wenn wir heute 
Ittit besonderem Nachdruck auf den Werth der äusseren 
Uriiereuchung hinweisen, so hat die Eijiübung der geburt^^- 
htilüiehen Auskultation einen grossen Äntheil daran ge- 
häbi: «ie war nur noch ein weiterer erfreulicher Sclniit 
mf dem Wege, welcher zu der späteren Verfeinerimg der 
intfteren Exploration führte. Viele Aerzte standen Anfangs 
deaf Neuertmg der Auskultation abwehrend gegenüber^ und 
Andere, welche wie Ki wisch und Hüter jede Erwei- 
ter ^ *'rer diagnostischen Merkmale zu rühmen ge- 
wol a, waniten eindringlich Tor der Ueberschätzung 
der »u» dem Fotalpuls gezogenen SchluagfolgerungeiL 
Hin wie viel mehr brauchte es an Zeit, bis in der Praxis 
mich die Hebammen bei Besorgung von Geburten die i 
&ieh€]3 de« t'ütalj*iilseä richtig deuten konnten! fl 
Die Würdigung der Erfindung der geburtshülflicheiW 
Aiiwknltatjon , welche man nach der 1822 erschienenen 
Arbeit von L e J u m e a ii K e r g a r e d e c kannte, ist in 
, ^iter Linie französischen Autoren zuzuschreiben. Zwar 

Ite m Helhnt in Frankreich nicht an Stimmen, welche 
«tiHche Sicherheit der Auskultation in Zweifel 
ftber die Arbeiten von Laennec, Capuro n. 
I) u b o i s und I) o p a u 1 stellten unwiderleglich dei|H 
Werth diesar neuen Lehre fest. Auch in England wurde 
diif'^li Beol>acbtungen von Anderson und von Ken- 
[n e d y und Arsd&le in Amerika diese neue ünter- 

ehungÄnu'thode anerkannt. Etwas später folgte auch 
ll>ent4chbuid durch fleissige Arbeiten von Hohl und 



49 



I 

I 



Nägele die allgemeine Anerkennung dieaes Fortschrittes 
der Wissenschaft. 

Ueber die Technik der Auskultation sind im Laufe 
der 40er Jahre wenig Neuerungen zu verzeichnen. Ob 
man deu Fötalpuls unmittelbar, durch das auf die Bauch- 
decken angelegte Ohr oder durch das Stethoskop hört, 
Tvar für Viele ein Punkt von untergeordneter Wichtigkeit* 
Die Hauptsache wm\ dass mau die Zahl der Herzschläge und 
die daraus geschlossenen Thatsachen verwerthen lernte. 
Auch haben sich die früheren Angaben daiilber im Gan- 
zen zuverlässig erwiesen. Dagegen haben sich weitere 
Anforderungen an den Fötal puls zur Bestimmung des 
Geschlechtes (F r a n k e n h ä u s e r glaubte die Frequenz, 
124 Schläge bei Knaben, 144 bei Mädchen, benutzen zu 
können) als verfehlt gezeigt. Nur einzelne Handgriffe 
bei der äusseren Untersuchung haben sich zur Erleich- 
terung der Gehörerscbeinungen nützlich erwiesen, Ueber 
die Verwerthung der Zalil der fötalen Herzschläge für 
das BeJiudeii des Kindes lieferten in den folgenden Jahren 
erst die Arbeiten Yon Schwartz und Hüter jun, 
nützliche Aufschlüsse, sogar den verschiedenen Rythmus 
und einzelne Phasen des Herzschlages lernte man mit Ge- 
Banigkeit beobachten. 

Besondere Aufmerksamkeit hatte man früher auf die 
physiologische Deutung des GefassgerUusches gelegt. Die 
Yerachiedenen Erklärungen des „ Piacent argeräusch es ''^ die 
alte Streitfrage, ob das Geräusch in die placenta oder in die 
epigastrica zu verlegen sei, füllten lange Zeit die Unter- 
suchnngen mehrerer Autoren. Es hat lange gedauert, bis 
man van der Vorstellung abliess^ dass man durch dieses 
Geräusch den Sitz der placenta bestimmen könnte, und 
dieser Irrthum hat Öfters zu belangreichen, fehlerhaften 
Eingriffen geführt. 

Für jetzt seheint auf eine absehbare Zeit die Er- 
örterung des Werthea der geburtshülflichen Auskultation 
abgeschloasen zu sein. 

Dohrn-Siäbold, Geecbicht« der Oefaurtthalfe. III. 4 



50 



F o r e s t i e r. Inutilit e de Tauscult., lettre a M. Ker- 
garadec. — E. Kennedy. Observations on obstetric 
auscultation. Amer. joum. of med. 1843. — A. An- 
derson. On the stethoscopic examination of the pre- 
gnant uterus. Lond. Joum. of med. 1843. — D e v i 1- 
liersfils et Chailly. Dela valeur des signes four- 
nis par l'auscultation. Gaz. des hopit. 1843. — De Ste- 
fan!. Coup d'oeil sur le bruit de souffle des arteres 
et sur le bruit placentair. Rev. med. 1843. — Van 
A r s d a 1 e. Obstetrical auscultation. New-York joum. 
1843. — Hohl. Die* Auskultation. N. Zeitsch. f. Geb. 
Bd. 22. 1847. — Nägele, Heidelb. med. Annal. 1845. 
— Kiwisch. Beitr. z. Geb. 1845. — A. Meadows. 
Ueber fötale Auskultation. Med. times. Octb. 1859. — 
G. Schmitt. Das Nabelschnurgeräusch. Beitr. z. Gebkd. 
1858. III. — Joyner. The auscultation in pregnancy. 
The americ. joum. of med. sc. 1845. 

Ulsamer, Adam, geb. 1795, Professor der Ge- 
burtshülfe und Director der Gebäranstalt in Landshut, 
Mitarbeiter an dem Berliner encyklop. Wörterbuch der 
med. Wissenschaften. U. hatte schon 1823 auf den Werth 
der Auskultation bei Schwängern aufmerksam gemacht, 
freilich scheint er von seinen eigenen Andeutungen wenig 
Gebrauch gemacht zu haben ; seine sehr zahlreichen Ge- 
burtsfäUe, von denen er berichtet, geben keinerlei Beweise 
davon. Seine ausführlichen „Erfahrungen in der Geburts- 
hülfe, gegründet auf eine zehnjährige Beobachtung in 
der Entb. zu Landshut" sind veröffentlicht in der N. 
Zeitsch. f. Geb. Bd. 17. 1845. 

K o n i t z. Einige Worte über die neue Ansicht von 
der Entstehung der Uteringeräusche von Kiwisch. N. 
Zeitsch. f. Geb. Bd. 29. 1851. 

C a z e a u X. Neue Theorie des Abdominalblasege- 
räusches. Arch. g^n. Mars. 1850. 

B o c a m y. Beobachtungen über Auskultation in der 
Geburtshülfe. Rev. ther. du Midi. 13. 1850. 

Frankenhäuser, Ferdinand, geb. 1832, gest. 
3. Febr. 1894, ein Schüler von Martin, später Professor 
in Zürich. Wir verdanken seiner Feder ein prachtvolles 



51 



1 



^ 



I 

I 



Werk über „die Nerven der Gebarmutter", Jena 1867, m^ 
Tafeln. Weniger fand seine Mathmassung bei Fachg«- 
nossen Anklang, dass man bei Schwängern aus einer Diffe- 
renz der Herzschläge der Frucht das zu erwartende Ge* 
schlecht YorausbestLmnieii könne. — lieber Olmraachtsan- 
wandlungen und plötzlichen Tod Ereissender, Leipz, 1866. 
— Der Einfluss der Verhältnisse auf die stärkere und 
schwächere Entwickelung der Frucht während der Schwan- 
gerschaft, Monatsch. f. Geb. XIII 1859. — Ueber die 
Herztöne der Frucht und ihre Benutzung zur Diagnose 
des Lebens, der Stellung, der Lage und des Geschlechtes 
derselben. Ebend. XIV. Äug. 185Ö. — Ueber Nabel- 
schnurger an seh, Nabelschnurdmck und Himdruck* Ebend* 
XV. 1860. 

Hüter, Victor, geh, 1832 in Marburg, gest. 12. 
November 1897 in Göttingen, Sohn des früher erwähn- 
ten Professors, habilitierte sich in Marburg mit der Schrift 
über die Ablösung der Epidermis bei Neugeborenen und 
erhielt 1891 den Titel als Professor* Seine Methode 
der Katheterisirung der Luftröhre bei asphykti scheu Neu- 
gebomen, %velche er zuerst in der Schwär t z*schen 
Klinik anwenden sah^ trägt seinen Namen, Fernere 
Schriften von ihm siud eine Studie über ,j Flexionen des 
Uterus'*, 1870 und ein „Compendium der geburtsh* Ope- 
rationeu für den Gebranch in der Praxis". 1874. 

§■ 17. 

Daa enge Becken. 

Wenn man unter dem Eindruck modemer Anschau- 
ungen die geburtshülfliche Fachlitteratur der 40er Jahre 
durcbmustert, so wird man sich nicht der Thatsache ver- 
scbliessen können, dass gerade die Kenntniss der Becken- 
fehler in jener Zeit ein vemachlässigter Zweig der Ger 
burtshülfe gewesen ist. Ueber die Anatomie der Becken- 
weichtheile hatten die Arbeiten der damaligen Zeit Vieles 
gebracht, was imser Wissen erfreulich bereicherte , da- 
gegen hatte die Kenntniss des engen Beckens an dieser 
Bereicherung nur geringen Antheil. Eine richtige Wür- 

4* 




62 



digung des belanfifTejcfeen CapitelB des ^ng^a Becköü] 
passte gar nicht in die Richtung, welche iinsere Fadi- 
wisBenachaft seit melireraii Deceimien eingeschlagen ktte, 
Manche früher bestehenden VorBtelliingen und Deutung ^ 
welche wir jetzt auf den Einfluss des engen Becken» m | 
beziehen pfiej^en , hätten bei besserer Kennfcnbs mm 
anderen Inhalt bekommen, und viele therapeutische Maasi- 
nahnien, welche sich bis in die neue Zeit hinscMtpp* 
ten, waren in ihrer Grundlage von einer falschen Befflf 
theilung des Beckens abhangig. 

In diestn Anschauungen einen Wandel herwKg«- 
ruten KU haben, bleibt immer ein grosses Fordienst toi 
G* A. Michaelis. Sein Buch über das enge Beek^ 
erüU'rietc* den Aerzten eine ganz neue Seite der Beob- 
achtiiJig und der Therapie. Viele frelHch waren es nicht 
wch'lin di-r neuen Lehre die verdiente Beachtung schenk- 
ton. l*lirifg<i Ccntren der Wissenschaft, deren grogsartig«* 
Mritf-rial dt!«! jungen Geburtshelfer oft mit Stolz vorgt^- 
halten wurde, hielten sich diesem Fortschritt gegenüber 
an filngl i 1 1 1 hIj wrli rend. Andererseits muss hervorgehabesi 
weribui, {[um in den folgenden Jahren einzelne geburts- 
hülHiüho Hchulen sich in Anerkennung der Michaelis- 
se.lieii Lrlirin rnhralich hervorthaten. Seyfert pflegte 
Beineji I'inj^' i' Zuhörern in die Praxis den Ratli mitzu- 
geben: «Lesen Sie das Michaelia'sche Buch, das ist 
das besto Buch, was in diesem Jahrhundert in der Ge- 
burtsliülfe geschrieben ist!" 

Die historische Entwicklung der Kenntnis s des en- 
gen Beckens hatte Michaelis auf einer breiten Grund- 
lage angelegt* Er verfolgte in seiner Uebersicht durch alle 
Zeiträume die verschiedenen Wandlungen der Ansichten» 
welche in der Stellung einzelner Gehiu^shelfer zur Becken- 
lehre 5£um Ausdruck kamen* Es wird uns hier gezeigt, 
dass belangreiclie Fortschritte in diesem Gebiete sich nur 
an wenige Namen ankuflpfen. Was seit der Wirksam- 

vou Baudelücque in diesem Capitel geleistet war. 




5a 



* traf in der Literatur im Ganzen auf einen leeren Raum^ 

toder noch einer iveiteren AnsluUnng harrte. 
Diese Lticke unserer Kenntnisse auszufüllen, nnter- 

" nahm Michaelis, indem er ein brauchbares Schema 
aufstellte, in welches die bisher zerstreuten Beobachtungen 

^ eingereiht werden konnten. Er verkannte nicht die vielen 
Schwierigkeiten, welche ehier, von Allen gebilhgtpn, Auf- 
nahme eines allgemeinen Eintheilungsprincips der Becken- 
fehler bei den Fachgenossen entgegenstünden. Ein exakter 
Beobachteri wie Michaelis, wusste sehr gut^ dass die 
Natur keine strengen Gliedemmgen liebt; immer bleiben 
Misch formen übrig, weiche unserer genau abgepassten 
Einthei langen spotten^ aber für den Austausch mit frem- 
den Anschauungen und für den Unterricht war eine Ver- 
ständigang über ein einheitliches Schema ein unumgäng^ 
liches Bedilrfiiiss, Einige andere Versuche späterer Au- 
toren^ die Classification der Beckenfonn zu vereinfachen, 
sind in ihrem Bemühen vollkommen gescheitert- 

Michaelis sah ein, dass für die Gnippirung der 
Beckenfehler zwei Wege gangbar seien, die genetische 
Darstellung oder die Eintheilung der Becken nur nach 
ihrer Form, Die Durchführung des erateren Princips hielt 
er nach den uns bis jetzt vorliegenden Kenntnissen für 
unmöglich, Desshalh entschloss er sich, die gewöhnlich 
Torkommenden Formen der Beckenfehler in 3 Haupt- 

■gnippen abzutheilen; das theilweis verengte Becken, das 
ungleichmässig, doch allgemein verengte Becken und das 
gleichmässig und allgemein verengte Becken. Neben die- 

K«en Hauptgruppen seien die seiteneu Beckenfehler: das 

^ Osteom alaci sehe Becken , das rhachitische Becken von 
pseudo-osteomalacischer Form, das querverengte Becken 
und das schrägverengte Becken anzureihen. Ueber diesen 
Abschluss der EintheUung ist auch die Neuzeit kaum 
hinausgegangen. Erst eine spätere Zeit wird uns lehren, 
wie wir die Emzelheiten der verschiedenen Beckenformen 
'enetisch zu erklären haben* 




54 



üeber die Art der Befkenmessimg giebt das Buci 
üher dm eupfo Bt^cken de^taillirte Vorschriften, welche b^ 
j(*bt iik voll^ültij^ anzusehen sind. Wohl Niemand liat 
in der Beckefiineasung solche Geschicklichkeit erreicht, als 
ihr Autor des besprochenen Buches. Und was naan aus den 
\m der Beck cum essung gewonnenen WeHhen erschliessen 
kiinn, im xeigen uns die angefügten Geburtsgeschichten 
in lehrreicher Weise. 

lieber die Frequenz des engen Beckens lieferte Mi- 
ch aelis eine interessante Zusammenstellung, Als er in 
«einen /.fthlreicheu Beobachtungen auf die grosse Bedeu- 
tung des EinfluBses des engen Beckens für die Ausübung 
der praktischen Geburtshülfe hinwies, begegnete er bei 
munchen Fach genossen Zweifeln. Ihm wurde entgegen- 
gehalten, seine Frequenzzahlen seien yieUeicht fllr daa 
norddeutsche Flachland zutreffend» aber für Süddeutsch- 
land seien andere Zahlen einzusetzen. Diesen Einwand 
widerlegte Michaelis, indem er auR anderen Gebieten 
DentBchlands die Frequenzzahlen der Perforationen meh- 
rerer Gebäranstalten zur Vergleichung heranzog. Gerade 
die Perforation war die Operation, welche am besten ver- 
glichen werden konnte* Aus solcher Gegenüberstellung 
konnte Jeder erselien, dass die Frequenz des engen Beckens 
durch ganz Deutscliland gleichmässig verfcheilt sei, und 
für den unbefangenen Beobachter war der Schluss leicht 
zu ziehen, dass die yerschie denen Angaben anderer Au- 
toren darüber nur in der verschiedenen Sorgfalt der Un- 
ter su eher ihren Grund hatten. Dennoch hat diese Wahr- 
heit Decennien gebraucht, bis sie zum allgemeinen Be* 
wnsstsein gekommen ist. 

Es ist wohl dem nachhaltigen Eindruck des Michaelis'- 

schen Werken zuzuschreiben, dass auch den selteneren Be- 

/* V ftn f«>i 1 f* 171 spätere Autoren ihr Interess e zn wandten * M a r- 

1844 auf die bemerkenswerthe Thatsache 

e frühzeitige Entzündung der sjnchon- 

Ursache für die Form des schrägver- 



I 



engten Beckens sein könnte^ und dieaer Hinweis gab an- 
deren Beobaclitem Aulass, gleichwie Na gel e, gerade diesen 
Beckenfehler einer lyelteren Untersuchung zu unterwerfen. 
Jede spätere Arbeit, welche diese Beckenforni betraf, musste 
sich mit dem von Martin gegebenen Erklärungsversuch be- 
' schäftigen und mehrere andere Arbeiten, so die von Stein, 
Hohl, Ritgen, Simon Thomas, sind in gewisser Hin- 
siebt den Anregungen von Martin zuzuschreiben. Neue 
Anschauungen in der Mechanik konnten am besten an 

»diesem Beckenfehler in ihrer Richtigkeit nachgeprüft wer- 
den. Die Fonn des schrägvereugten Becken^ erklärte Lit z- 
laann in anderer Weise, als Sim on T hom as* S, 
Thomas behauptete, es seien bei diesen Becken immer 
deutliche Spuren von früher getrennten Tbeilen anzu- 
|B treffen, und man müsse bei Ankylosenbildung einen vor- 
angegangenen Krankheitsprocess annehmen, dieses ent- 
spreche auch der neuen Beobachtung von Luschka, 
daas die Symphysen als wahre Gelenke zu betrachten 
seien. Dagegen betont L i t z m a nn, eine frühzeitige Ver- 
schiebung des Hüftbeines gegen das Kreuzbein sei die 
Hauptursache der Difformitat. 
^m Auch für einige bis dahin imbekannte Beckenfehler 

^pbrachte dieser Zeitraum schätzensweiihe Bereicheruugen, 
Die Missbildung eines hochgradig quer verengten Beckens 

»wurde uns durch eine eingehende Arbeit von Robert 
vorgeführt. Die 4 älteren Exemplare dieser Gattung, 
das Becken von Paul D u b o i s, das K i r c h h o f f e r - 
sehe , das Prager und das E o b e r t'sche Becken , haben 
mehrere Jahre als wundersame Beispiele der Launen der 
Natur gegolten ; nach späteren Beobachtungen kann man 
diese Difformität nicht mehr als einen nur vereinzelten 
Fehler betrachten. 

Sehr interessante Beobachtungen veröffentlichte Ki- 
lian 1854 über spondylolisthetiscbe Becken. Die Lit- 
ter atur über diesen Becken fehl er ist im Laufe der Zeit 
ehr umfangreich geworden. Es smd seither, 




man 



m 



auf diese Diffonnität aufmerksam wurde^ zahlreiche Fälle 
dieser Art bescluieben worden, und die Untersuchungeu, 
welche sich daran anknüpften, habeij zu lehrreichen ana- 
tomischen Resultaten geführt. Die fleissigen Arbeiten von 
L a m b 1 und von N e u g e b a u e r haben uns eine volle 
Aufklärung über die Entwickehmg dieser Ditformität ge-- 
bracht, und die Diagnose des Fehlers an der Lebenden 
igt neuerdings in manchen Fällen erfolgreich gewesen. 

Die Formen des osteomalacischen Beckens haben die 
Tafeln von L i t z m a n n und K i 1 i a n uns Yortretfiich 
illustrirt. In solchen künstlerisch ausgeführten Darbie- 
tungen trat erfreulich das Bestreben zu Tage, den Schü- 
lern der Geburtskunde durch gefällige Bilder den Sinn 
für solche Vorkommnisse der Natur zu wecken und, wenn 
man diese mit den Arbeiten früherer Zeit vergleicht, wird 
uns der grosse Fortscliritt auf diesem Gebiet ersichtlich. 
Gerade für die Deutung der osteomalacischen Beckenform 
waren solche bildÜche Hülfsmittel besonders angebracht» 
Jetzt ist man auch darin weiter gekommen, nachdem 
K e h r e r auf den praktischen Gedanken kam , durch 
Vorführung decalcinirter Becken in seinen Präparaten 
die Entstehung der osteomalacischen Difformität unter 
dem Einfluss der Rumpflast deutlich zur Anschauung zu 
bringen* 

Lehrreich war auch die Veröffentlichung von Kilian 
über das Stachel becken; schon allein durch die daran an- 
knüpfenden Erörterungen über die Wirkung des M» psoas 
minor auf Her vorruf ung von Exostosen* Dagegen fand 
der neue Name von Kilian ^ halisteretisches Becken ** 
weniger Anerkennung bei den Fachgenossen in ihren For 
schimgen über die Osteomalacie. 



I 
I 



I 



I 



§. la 



geb. 9 
9, August 



(iuBtav Adolf Michael 
Juli 1798, Sohn eines Arztes in Harburgs gest. 



J 



1848, M. besuchte das Gyninasium zu KieL 



Dann ging er als Student nach Göttingen, wü damals 
Oslander und Langenbeck lelirten. In Gottingen 
promovierte er 25, Juli 1820. In dein folgenden Jahre 
machte er eine Reise nach Paris, wo er mit Li e big, 
D i e f f e n b a c h und V i e w e g Freondschaft schlosß, 
1823 Mess er sich in Kiel als Arzt jiieder, 1825 folgte 
seine üabilitation als Privatdocent, 1886 ^viirde er zum 
Physikus ernannt, 1839 ausserordentlicher Professor ohne 
Gehalt. Nach dem Tode Wi e d e m a nn's wurde er 
mit der Leitung der Kieler Gebäranstalt und der Heb- 
ammenschiile bettaut. 

Die politischen Verhältnisse Schleswig-Holsteins be- 
rührten seinen Lebensgang eingehend. Sein reger Ver- 
kehr mit Männern treuer deutscher Gesinnung liess ihn 
öfters in die Oeffentlichkeit hinaustreten. 1846 war er 
' Vorsitzender der 243ten Versammlung deutscher Naturfor- 
scher und Aerzte in KieL Am Schluss dieser Versamm- 
lung ermahnte er in kernigen Abschiedsworten die Theil- 
nehmer zum Festhalten an deutscher Gesinnung. 

Mit der Ernennung zum Professor musste et die Ver- 
waltung des Physikats aufgeben, zugleich war ihm die 
.Uebersiedelung in das Anstaltsgebäude angeordnet. 

Die Kieler Gebäranstalt w^ar nur klein und es fehlte 
dort an allen möglichen Hülfsmitteln, Die Dotirung der 
Anstalt war kärglich, das Instrumentariura unzureichend, 
die Fonds für Instandhaltung des Gebäudes sehr gering, 
die Verköstigung des Personals der Fürsorge des Di- 
rectors überlassen, das Anstaltsgebäude selbst nahe den 
schmutzigen Wässern des „kleinen Kiel** gelegen. 

Dort wirkte Michaelis, verehrt imd gebebt von 
Allen, welchen er im Leben begegnete. 

In dem Besitze seiner Kinder hndet sich ein ausge- 
zeichnetes Oelbild von ihm, gemalt van dem Pariser Maler 
Aubel, der ihn als jungen Doctor, „le bei AUemand* 
mit seinen sinnigen blauen Augen und seinen langen blon- 
den Locken darstellt. 



58 



Mit dem Unterricht der Studirenden beschäftigte er 
sich täglich^ obwohl er nicht zu den Facultäts-Examina- 
toren gehöiie. So war er auch der Erste, welcher in die 
Anstalt zur Eiaübung der Geburtshülfe Caudidaten aufhahio. 

Mit Untersuchungen über das Becken befasste er 
sich mit Vorliebe. JSeme Beobachtungen über Becken- 
enge gaben Änstoss zu zahlreichen Arbeiten der Fach- 
genossen , deren Früchte sich weit bis in die neue Zeit 
erstreckten. Sein Buch über das „enge Becken" fand 
Anfangs nur geringe Aufmerksamkeit und er hatte Mühe, 
einen Verleger dafür zu finden. Später war das Werk 
vergriffen, 1865 fand auf Veranlassung von Schwär tz 
ein Neudruck statt. 

Immerwährende Sorgen um den Gesundheitszustand 
seiner Anstalt verbitterten ihm die letzten Jahre seines 
Lebens. Dort hatte das Puerperalfleber manche Opfer ge- 
fordert. Mehrere Wochen blieb die Anstalt ganz geräumt ; 
doch nach der Wiedereröffnung starb gleich die erste Wöch- 
nerin am Kiudbettfieber, 1847 starben , bei dem ge- 
ringen Material, in 5 Monaten 13 Wöchnerinnen, Dazu 
kam der Tod einer geliebten Cousine, welche unter seiner 
Behandlung im Kindbett starb. 

Auch die sonstigen Verhältnisse der Kieler Anstalt 
waren daxu angethan, wohl einem jeden Director das Leben 
zu erschweren und ihn dmch innere Conflicte aufs Tiefste 
zu erschüttern. Unter der dänischen Regieiiiug waren 
die Bestimmungen für unehelich Geschwängerte sein: hart. 
Wenn eine solche unglficldiche Person in ihrer Heimath 
Zuflucht für ihre Niederlxunft suchte, konnte sie dort nur 
mit grossen Gel dop fem Aufnahme finden. Im Wiedur- 
holungsfall drohte ihr die zwangsweise Einreihung in 
dae Arbeitshaus, im 3ten Falle kamen diese Personen ins 
Zuchthaus, wie man sagte. Dahingegen wurden auf Ver- 
ordnung der dänischen Eegierung alle unehelich Geschwän- 
zten, die die Kieler Anstalt aufsuchten, von allen Strafen 
^it. So spielten sich bei der Aufnahme in der Anstalta- 



I 



diele Seinen ab, da^s sich die Schwangeren vor dem Direc 
tor aof die Knie warfen und dass sie ilm unter Thrunen 

bestürmten, er mtichte sie doch nicht in das Zuchthaus 
hineinatossen ! In diesen Kampf zmschen Mitleid und 
eigener Yerantwortlichkeit war Michaelis oft gestellt. 
Er, der Mann von der peinlichsten Gewissenhaftigkeit, 
hatte oft nur die Wahl, die Aufnahnae Suchenden in das 
Zuchthaus zu stürzen oder sie in eine Anstalt aufzuneh- 
men, wo der Tod die Wöchnerin erwartete M. 

Die Bedeutung der S e m m e 1 w e i s* sehen Lehren er- 
fasste er nach ihrer Bekanntwerdung mit richtiger Vor- 
aussicht für die Praxis, um so mehr, als ihm eine Reise 
nach England eine umfassende Einsicht in den günstigen 
Gesundheitszustand dortiger Wöchnerinnen eröffhet hatte. 

Jedoch hatten die trüben Erfahrungen der letzten 
Jahre zerstörend auf seinen Gremüthszustand einge^^W, 
Mit innigstem Mitleid beobachteten seine Freunde den Krank- 
heitsgang der Schwermuth des verehrten Mannes, welcher 
in der Tiefe seines warmen Herzens die unabwendbaren 
Gefahren seiner Pflegebefohlenen mitfühlte. Bei einer aus^ 
wärtigen Reise suchte er, in der hannoverschen Stadt Lehrte, 
den Tod. 

In dem Publicum hatte der Tod von Michaelis 
leinen tiefen Eindruck gemacht. Lange Jahre hat es ge^ 
dauert, bis sich bei der Bevölkerung die Kieler Klinik von 
der belastenden Erinnerung an diesen Trauerfall erholte, 

S e m m e 1 w e i 3 hat ihm in seinen Briefen ein Denk- 
^mal gesetzt, als Einem von den Wenigen, welche seine 

*) Für die Änaebauung der damaligeii Zeit ist eine Bestim- 
mang der dünischeTi RegieniDg characteri^tiscliT welche die Kieler 
Oberheljamme anwies, die Kreissenden „unter den Wehea" aut- 
zitfragen» wer der Schwangerer sei? Gewöhnlich waren die Kreis- 
aenden nicht bereit, darüber etwas an süu sagen, aber die Ober- 
hebamme hielt sich streng an ihre Instmction, und oft konnte 
man anhören, wie aie die Gebärende unter ihren Gebnrtä schmerzen 
rüttelte: ^Segg' mir dnt! Hörest' da? Sonötett's Icnmint das Kind 
Inicht'' 1 





60 

Lehre verstanden haben, als einem Muster seltner Gewissen- 
haftigkeit. 

Abhandl. aus dem Gebiete der Geburtshülfe 1833 
und 1836. 

Partus serotinus epidemicus. N. Zeitsch. f. Geburtsk. 
4 Bd. 1836. 

Operation eines Fimgus medullaris uteri bei der Ent- 
bindung. Ebend. 

Fussgeburt, bei welcher der Kopf mit dem .Hinter- 
haupte voran geboren wurde. Ebend. 

lieber die Reposition der Nabelschnur. Ebend. 

lieber die Anwendung des Eises in der Febris puer- 
peralis. Ebend. 

Ein Fall von Verletzung der Schädelknochen imd 
Zerreissung des sinüs longitudinalis bei natürlicher Ge- 
burt. Ebend. 

Vierter Kaiserschnitt der Frau Adametz, mit glück- 
lichem Erfolge für Mutter und Kind. Bd. V. 1837. 

lieber Perforation nach geborenem Rumpfe. N. Zeitsch. 
f. Geb. Bd. 6. 1838. 

Induratio telae cellulosae recens natorum. Pfaffs 
Mittheü. Mai. 1837. 

Drillingsschwangerschaft, bei welcher nach Ausstos- 
sung zweier unreifer Früchte das dritte Kind ausge- 
tragen wurde. Pfaffs Mittheil. N. F. Jahr. IV. 1838. 

Vorwort für den „Bericht über d. Gebärhäuser 
u. d. praktischen Unterricht in d. Geburtsh. in London 
u. Dublin von Levy. N. Zeitsch. Bd. 27. 1850. 

lieber das Leuchten der Ostsee. Hamburg 1830. 

§• 19. 
Carl Theodor Litzmann, 

geb. 7. October 1815, Sohn eines Arztes in Gadebusch, 
gest. 24. Februar 1890. L. besuchte das Gymnasium zu 
Lübeck, studierte in Berlin, Halle und Würzburg. Sein 
Vater hatte ihn für das medicinische Studium bestimmt, 
aber nur ungern folgte der Sohn der ausdrücklichen Wei- 
sung des Vaters, welcher ihn an dem Beruf des Arztes 
festhielt. Erst in Halle, wohin er in der Mitte seines 



61 

Studiums übersiedelte, hatte er sich unter dem Einfluss 
seines Lehrers Krukenberg mit dieser Wahl ausge- 
söhnt. 1838 machte L. sein Examen in Berlin, im fol- 
genden Jahre unterzog er sich einer besonderen Prüfung 
in der Geburtshülfe vor dem Medicinalkollegium in Mag- 
deburg, welche er mit dem Prädikat „sehr gut ^ bestand. 
Nach Absolvirung seiner Prüfungen wurde L. Assistent 
von Niemeyer und später von Kohl. 1840 habili- 
tirte er sich mit der Schrift „De causa partum efficiente**. 
Den Gewohnheiten der damaligen Zeit gemäss, umfasste 
sein Lehrauftrag für Halle ausser der Geburtshülfe noch 
die allgemeine Pathologie, materia medica, Encyklopädie 
der Medicin und gerichtliche Medicin. Nach mehrjäh- 
riger ärztlicher Thätigkeit in Halle wurde Litzmann, 
1846, nach Greifswald berufen. Seine Wirksamkeit als Do- 
cent in Qreifswald erlitt mannichf ache unverschuldete Stö- 
rungen, und gern folgte L. 1848 einem Rufe nach Kiel, wo er, 
37 Jahre lang, bis zu seiner 1885 erfolgten Quiescirung blieb. 
Der Lebensgang von Litzmann war von früherher 
sehr von den Eindrücken seiner Schulzeit beeinflusst. In 
Lübeck gewann er an Geibel und G u r t i u s warme 
Freunde, welche auch auf seine spätere litterarische Lei- 
stung und auf seine Ausdrucksweise grössere Wirkung aus- 
übten. In seinen Mussestunden beschäftigte er sich, selbst 
im Älter, gern mit den alten Sprachen und mit den Erzeug- 
nissen deutscher Dichtkunst, und oft kehrte er von seinen 
besonderen Fachstudien zu jener Beschäftigung zurück. 

Durch seinen Fleiss und durch seine ausgebreitete 
Kenntniss der damaligen Fachlitteratur gewann er, als 
junger Docent, unter seinen Studiengenossen bald bedeu-- 
tenden Einfluss. Die anatomisch-physiologische Unter- 
suchungsweise von Johannes Müller hatte bei Litz- 
mann die Anschauimgen zur Reife gebracht, welche bei 
ihm zu den werthvollen Beobachtungen über die Schwan- 
gerschaft aufwuchsen. Später gaben seine Studien über 
die Formen des Beckens eine Fundgrube ab für weitere 



62 



I 



Untersuchungen anderer Forscher. Vieles, was er ans 
diesem Anlass zusammengetragen hatte, ist unveröffent- 
licht geblieben, er liebte nicht in die Oeffentlicbkeit hin- 
auszutreten, bevor er nicht einen Gegenstand zu einem 
erwünschten Abschluss gebracht hatte. 

Von dem Besuche ausvrärtiger Congresse hielt er 
sich fem. Man bat ihn oft zu bewegen gesucht, seine 
Erfahiimgen auch in grösseren Kreisen mitzutheilen, aber 
die Bemühimgen seiner Freonde fanden in seiner grossen 
Bescheidenheit immer ein Hinderniss, er war gar nicht 
dazu angelegt, die Kesultate seines stillen Studierzimmers m 
in der Debatte zu vertreten und zu vertheidigen, f 

Sein Verkehr mit den Kranken bewegte sich in den 
angenehmsten Formen. Auf die Anamnese legte er gi-os- 
ses Gewicht, man musste ihn nur im Krankenexamen 
sehen, wie er alle Einzelheiten durchforscbte und durch- 
dachte, welche auf den Fall Bezug hatten. Seine Ge- 
nauigkeit darin war die Quelle des Vertrauens seiner Kran- 
ken und ein Beweis des Interesses des umsichtigen Arztes. 

Die Fortscbntte der neueren Gynäkologie hatten ihn 
wenig beeinflusst. Zn versuchsweisen Neuerungen war 
er nicht angelegt, seine ruliige Natur widerstrebte einer 
grösseren Aktivität, selbst im Gegensatz zu Michaelis 
verhielt er sich zu den Semmelwei s' sehen Lehren ab- 
wartend. ^ 

Die politischen Verbältnisse der neuen Kieler Hei- fl 
math berührten seine Wirksamkeit eingehend. Seine be- 
rechtigten Wünsche für seine Klinik fanden bei der dä- 
nischen Regienmg wenig Woldwollen. Erst nach langen 
Verhandlungen, als die Zustände der Anstalt unerträglich 
wurden, ging die dänische Regierung auf einen Neubau ein. 

In den Kreisen seiner CoUegen wurde Li t zmann B 
«ÜB Arzt und Freund hochverehrt. Alle, welche die 

velle seines Hauses betraten, bekamen dort den 
senden Eindruck eines überaus glücklichen Fa- 
ns. Als er sein Ende herannahen sah, ging er, 



war er 

1838. 
HaUe 



' waliihaffc fromme Mann, Gott ergeben^ r 
Tod, Bis in die letzten Tage vor seinen] E 

E schriftstellerisch thätig. 
I De arterütide, Dissert^tio inanguralis. Halle 
De causa partum efficiente. Habilitationsschrift. 
1840, 
Das Kindbettfieber in nosologischer, geschichtlicher 
I und therapeutischer Beziehung. Halle 1844. 
I Physiologie der Schwangerschaft und des weiblichen 
Organismus überhaupt Wagner 's Handwörterbuch der 
Physiologie. HI 1846. 

Die Reform der Medicinalverf assung Freussens, Greifa- 
wald 1847. 

Das schräg- ovale Becken mit besonderer Berücksich- 
tigung seiner Entstehim^ im Gefolge einseitiger Coxalgie, 
Kiel 1853. 

Die Torraen des Beckens, insbesondre des engen weib- 
lichen Beckens nach eigenen Beobachtungen und Unter- 
suchungen, nebst eiaem Anhange über die Osteom alacie, 
Berlin 1861. 

Vier Vorträge über die Gebnrt bei engem Becken 
in Sammlung klinischer Vorträge von R. Volk mann, 
Nr. 20. 23, 74. 00, 

Die Geburt bei engem Becken nach eigenen Beob- 
achtungen nud Untersuchungen. Leipzig 1884. 

(Eine französische Uebersetzung vonA. Thomasset, 
mit Fortlassung von Theil DI des Werkes, erschien in 
Lyon 1889)» 

Erkenntniss und Behandlung der Frauenkrankheiten 
im Allgemeinen. Berlin 1886. 

G. A. Michaelis. Unterricht für Hebammen, neu 
bearbeitet und herausgegeben von C, C, Th, Litzmann, 
Eel 1862, 

Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen, Berlin 1878. 

Die B r i g h t 'sehe Krankheit und die Eklampsie der 

Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen. Deutsche 

Klinik 1852/ Nr, 19 und 3L 

Die Eierstockgeschwülste als Ursache von Geburts- 
störungen. Ebendaselbst Nr. 38, 40 und 42. 




64 



TJeber den ursächlicheB Zusammenhang zwischen Urä- 
mie und Eklampsie der Schwangeren, Gebärenden und 
Wöchnerinnen. Ebendaselbst 1B55. Nr, 29 und 30. 

Neue Beiträge zu der Urämie der Schwangeren, Ge- 
bärenden und Wöchnerinnen* Monatsschrift für Geburts- 
kunde, Band XI, S, 414, 

Ein Fall von natürlicher Geburt eines ausgetragenen le* 
benden Kindes bei einem, im höchsten Grade schrägverscho- 
benen Becken mit rechtseitiger Ankylose des Kreuzbeines 
mit dem Hüftbeine, Ebendaselbst Bd, XXXm, S, 249. 

Teröffentlichungen im Archiv für Gynäkologie. 

TJeber den Werth der künstHcb eingeleiteten Frühge- 
geburt bei Beckenenge und die Grenzen ihrer Zulässig- 
keit, Bd, n, S. 169. 

Ueber die hintere Scheitelbeinstellung, eine nicht sei* 
tene Art von felilerhafter Einstellung des Kopfes unter 
der Geburt, Bd. H, S, 4B3. 

Das gespaltene Becken, Bd, I\\ S, 266, 

Beiträge zur Physiologie der Schwangerschaft, der 
Geburt und des Wochenbettes, Bd, X, S. 118 und 410, 

Zur Feststellung der Indicationen für die Gastro to- 
mie bei Schwangerschaft ausserhalb der Grebärmutterp 
Bd, XVI, S, 32B, 

Ein Beitrag zur Kenntniss der spinalen Lähmung bei 
Neugeborenen, Ebendaselbst, S, 87, 

Nachträgliche Exstirpation eines tnbaren Fruchtsackes, 
anderthalb Jahre nach der Entfernung der achtmonat* 
üchen Frucht mit ihren Anhängen, Bd* XIX, S, 96, 

Bemerkungen über die Estraction des Kopfes nach 
geborenem Rumpfe, Bd, XXYUI, S, 1. 

Der Maurice au-Le vre t 'sehe Handgriff, Bd, XXXI, 
S, 102. 



• 



§. 20. 

J, H, Hermann Schwär tz, 



1 

I 

I 



4 



geb. 30, Nov, 1821 in Neuenkirchen in Holstein, gest* in 

Göttingen 30, Oct, 1890. S, besuchte die Universitäten 

I und Hailü und schloss sich besonders in seiner 



^tarita 



65 



■ 



Studienzeit anB. V. Langenbeck, Micliaelis und 

K r u k e n b e r g an, 1847 wurde er in Kiel promoviert, 
den Krieg 1848—1350 machte er als Militärarzt mit, 
Als Physikus und ds Assistent von L i t z m a n n habili- 
tierte er sich als Privatdocent in Kiel 1857. 1859 wurde 
er als ord. Professor und Director der Gebäranstalt nach 
Marhmrg berufen, 1862 in gleicher Eigenschaft nach Göt- 
tingeu, wo er bia zu seinem Lebensende verblieb. 

Sein klassisches Werk über „ die vorzeitigen Athem- 
bewegungen", Leipzig 1858, eröffnete ihm die Laufbahn 
zm Professur. Niemals zuvor war dieses Gebiet in einer 
so voliendeteu Form und mit solcher logischen Schärfe be- 
handelt worden, wie in diesem Buch. Obwohl seit dem 
Erscheinen des Werkes manche neue Thataachen über 
diese Fragen ermittelt worden sind, bleibt die S c h w a r t z'- 
scbe Lehre über die vorzeitigen Atherabewegungen doch 
grundlegend für den Geburtshelfer und für den Lehrer 
geriditlicher Medicin. 

Abgesehen von diesem Werk war später seine litte* 
rarische Thätigkeit gering. In seinen letzten Jahren be- 
schränkte er sich auf einige Journal aufsätze (Beitrag zur 
Geschichte des foetus in foetu und über Einfluss des 
Hirndrucks und Hautreize in ihrer Wirkung auf den fötns 
1870 und einige kleinere Vorträge), 

Andauernde Kränklichkeit hemmte ihn oft in seiner 
Güttinger Wirksamkeit. Nach seiner ganzen Anlage leb- 
haftem Verkehr abhold, entwickelte sich in ihm öfters 
eine Schärfe gegen Andere, welche den freundschaftlichen 
Verkehr erschwerte. Den Wenigen, welchen es vergönnt 
war, ihm näher zn treten, war er ein zuverlässiger Freund, 
und seinen edlen Charakter hatte er in vielen schwierigen 
Lebenslagen, wie das auch ihm fem Stehende nachrühm- 
ten, majinigfacbe Gelegenheit gehabt zu beweisen. Für 
sich selbst bedürfnisslos, trat er mit seinen geringen 
Mitteln gern für Andere helfend ein. 

Bei seiner Zuverlässigkeit und bei dem grossen 

Do bru' Siebold, Gresahlahte d^x QaXmnahQlt^. III. 5 





66 

Ansehen^ welches er in den höheren Verwaltungskreisen 
genoss, wurde oft bei ihm Rath eingeholt. So reichte 
auch sein Einfluss anf weitere Kreise der Fachgenossen. 
Manche Massnahmen der Medicinalverwaltungj welche die 
Hiuüberleitnng preussischer Grundsätze auf die annektirten M 
Provinzen bezweckten, fanden bei ihm eine wohlverdiente ™ 
Kritik. Was er dachte, bekannte er offen und seine Mei- 
nung verstand m% nöthigenfaUs mit Nachdruck, durchzu- 
setzen^)* 

§.21. 
B e i n ii a r d S e y 1' e r t . 

geb. 1817 in Dmm in Böhmen, geat- 7. Mai 1S70. 
studii-te in Pragi diente in dem Prager Krankenhaus^ 
2 Jahre lang als Secundararzt und trat in die Gebäran- 
stalt unter Leitung von Jungmann und K i w i s c h 
als Assistent ein. Nach K i w i s c h's Tode wurde er mit 
der Supplierung der geburtsh. Lehrkanzel, soivie mit der 
Leitung der gynäk. Klinik betraut, als C h i a r i 1853 nach 
Prag berufen wurde. 1854 zum ordentlichen Professor er- 
nannt, übernahm er nachher die definitive Leitung der 
beiden genannten Kliniken. 

*) Bei den Studenten war Schwär ta als Lehrer 5ehr be- 
liebt und die Klinici&teti nahmen ihm nicht Qbel, wenn er sie ^ 
gelegentlich derb anfa&ste. Einstmalö hatte Schwarte eine 
gTQBse Scheiden-BlaBenfißtel zu operiren. Die Operation war aehr ( 
»chwierig. Äla Scbwarta lich bei der Operation abgearbeitet 
hatte, warf er das Messer auf den Tisch und sagte mit er- 
hobenem ÄJrm SU den Klinicistcn: „Nun, sag ich Euch^ Jhr Leute; ■ 
Wenn später Einer von Euch mir aas Eurer Praxis eine solche I 
Kranke achiekt — , dann «ollt Ihr von mir ein Donnerwetter er- 
leben*' I — In einem anderen Fall hatte er bei der Margen- 
ViJäite einen einlUltigen Praktikanten vor sich, welcher Über 
den Krankheitsfall referiren sollte, Schwartz hörte das Re- 
ferat ruhig an. Aber, als er fertig war, sagte er ihm nur ^Sie 
*ten besser gethan, wenn Sie heute zu Bett liegen geblieben 
nl- 



67 



Seine sckriftstellöri sehen Leistuogeii waren gering. 
Zu erwälmeii sind nur seine Arbeiten über das quer ver- 
engte Becken, die Rotationen des Kindskopfes mit der 
Zange, über den atii sitz enden Mutterkuchen und über die 
Flexionen des uterus. 

Seine Hauptwirksamkeit bestand in seinen Lehrvor- 
fcrägen- In den 50er und 60er Jahren ging der grosse 
Zug deutscher Doctoren nach Prag, welche an dem rei- 
chen Material der Prager Gebäranstalt ihre geburtshulf- 
lichen Kenntnisse erweitem wollten, Zwar richtete sich 
die S e y f e r t'sche Therapie der Geburtsfälle im Ganzen 
nur nach der esspectativen Behandlung von B o e r, aber 

[in einigen Dingen war seine Therapie originell ^ so in 
seiner durchaus schematischen Anwendung der kalten 
Einspritzungen bei der placenta praevia und in der An- 
wendung der Abführmittel bei Puerperalfieber. Ln den 
theoretischen Vorträgen übte er gegen andere Ansichten 
scharfe Kritik. Namentlich gegen frühere Lehrbücher rich- 
teten sich seine Vorwürfe. Tagelang konnte er das Scan* 
z o n i'sche Lehrbuch kritisch zerpflücken. Viele, welche an 

(»einem herben Ton keinen Gefallen fanden, kehrten Prag 
den Kücken, um in Wien in den Lehryorträgen von Carl 
B r a n n eine ihnen zusagendere Stimmung vorzufinden. 
Dennoch bleibt ea Sejferts Verdienst , dass er seine 
Zuhörer zu selbständigem Urtheil über geburtshülfliche 
Künstelei heranzog» Nach S e y f e r t s Tode cessirte 
der Zuzng fremder Aerzte nach Prag vollständig. 



Win ekel, Ludwig, S,, C, K., W., geb, 28, Novb. 

1809, gest- 15* Aug, 1892, Anfangs praktischer Arzt 
in Berleburg, später Kreis-Phjsikus in Gummersbach und 
in Mülheim a* R. Von ihm stammen interessante Be- 
obachtungen Tiber die Osteom alacie in den Gegenden 
des Kiederrheines. Seine vortrefflichen Resultate des 
Kaisers chnittes erregten damals grosses Aufsehen. 

„Der Kaiserschnitt in seiner Unabweisbarkeit auch bei 
ungünstiger Prognose**. N. Zeit^ch. f, Geb* Bd» 12. 1842. 





68 



^Mittheilungen aus dem schriftlichen Nachlasse eines 
Tcrstorbencn Arztes". Ebend, Bd, 23, 1847. 

^Kaiserschnitte bei Osteomalacie". Monatsch. t Geb. 
B. 16 und 22. 

Kilian, Hermann, Friedrich, geb. 5. Fe* 
bmar 1800, gest. 7. August 1863 (s. Bd, 11), Professor 
in Bonn. 

-Zur Lehre Toa] 



I 



N» Zeitschr* fJ 



Fernere Schriften von ihm sind: 
den Extrauterinal-Schwangerschaften " . 
Geburtsk. Bd. 24. 1848. 

„Drei glückliche Kaiserschnitte** S c h m i dt's Jahrb« 
184B. 

„Despondylolisthesigravissimae peMsangustiae causa 
nuper detecta". 1853. 

„Das halisteretische Becken in seiner Weichheit und 
Dehnbarkeit während der Geburt'*. 1857. 

„Schilderungen neuer Beckenlormen und ihr Verhalten 
im Leben ^ 1854. Mit Tafeln. 

Stein der Jüngere, Georg, 26. März 1773^ 
IL Febr. 1870 (a. Bd. II) weitere Schriften von ihm 
sind: „Einige Früh- und Nachgeburts fälle, welche durch 
Entgegengesetztheit der Zufälle interessant werden^. N. m 
Zeitsch. f. Geburt sk. Bd. 24, 1848. % 

Robert, H., Ludwig, Ferdinand, geb. 29. 
Mai 1814 in Marburg, gest* 22. Novb, 1878, ausserord, 
Prof. in Marburg. Seine Beobachtung eines „im höch- 
sten Grade querverengten Beckens", mit S Tafeln, Caris- 
ruhe, 1842, machte in den Fachkreisen berechtigtes Auf- 
sehen. M 

Eirohhoffer, Kaspar, geb. 24. Mai 1812 in V 
Uetersen, Arzt in Altona. K. w^urde sehr bekannt durch 
seine Beobachtung des hochgradig querverengten Beckens, 
weiches in Kiel aufbewahrt mrd. N. Zeitsch, f. Geb. 
Bd. 19. 

Unna, Arzt in Hamburg. Die Genese des schräg-* 
verengten Beckens. Hamburg. Zeitsch. Bd. 23. 1843. 

C h a i 1 1 y - H o n o r e. Ueber das enge Becken. Bull. 

kher* 1846. Mars. Verf. weist auf die oft siegreiche 
^aft bei diesem Hindemiss hin 



I 



69 



J, Rouyer. Ueb er Becken enge. L'union. 21 — ^36. 
1855. 

Lambl, Wilhelm, D,, geh* 1824 in Letino in 
Böhmen, L. gab in Gera einschalt mit Löschner Stu- 
dien aus dem Franz-Josef Kinderspital heraus. Von seinen 
geburtshtüflichen Arbeiten in der Prager Viertelj.schr. 
sind bemerkenswerth ^Ein neues querverengtes Becken" 
(Bd, 38), „Heber die Synostosis sacro*jliaca bei quer- 
verengten Becken" (Bd. 44) über ^Kilian's Stadiel- 
becken" (Bd. 45) und Prag, Annal. XII. 1. 



§. 22. 
Karl V. Hecker, 



geb. 8, Mai 1827 in Berlin, geet 14, December 1882, 

H. studierte in Berlin und Heidelberg, promovierte 1848 
in Berlin, besuchte in längeren IleiBen die Kliniken von 
Paris und Wien. 1851 wurde er Assistent von Busch 
und habilitierte sich als Docent mit der Schrift : de retro- 
versione uteri gravidi. 1858 wurde H, als ordentlicher 
Professor nach Maxburg berufen. Schon bei dem dor- 
tiefen kurzen Aufenthidt wurde er hei seinem liebens- 
würdigen Wesen als Arzt und als Lehrer sehr geschätzt, 
und, als er 1859 in einen grösseren Wirkungskreis über- 
trat^ entvrickelten sich seine vortrefflichen Eigenschaften 
bei der Leitung der Münchener Klinik zu allgemeiner 
Anerkennung, Unter manchen anfiinglichen Schwierig* 
keiten. welche in den dortigen städtischen Einrichtungen 
ihren Gmnd hatten, wusste er, der in die Landesgrenxen 
eingewanderte norddeutsche Fremde, doch bei allen 
Kreisen, mit welchen er in Berührung kam, seine Stel- 
lung als klinischer Director und als Professor mit feinem 
Takt und nöthigenfalls auch mit Nachdruck zu belianpten. 
Ben fi-üheren Anschauungen entsprechend, w^elcbe ihm 
|ron Berlin tiberkommen waren, verwandte er seine Haupt- 
rbeit auf die Geburtshülfe, und das grosse Material 





70 



welches ibm die Müncheiier Gebüranstalt bot, benutzte 
er, unter MitlilÜfe seines Freundes B u h 1 , zu vielseitigen 
anregenden Aufsätzen. ■ 

Ein neuralgisches Leiden hatte in den letzten Jahren^ 
bei Hecker seine Widerstandskraft erschöpft, dennoch 
kam , als er eben seine Vorlesungen beendet hatte, seia-— 
Tod den ihm Nahestehenden ganz unerwartet. f 

„Beiträge zur Lehre von der Schwangerschaft ausser- 
halb der tfebärmutter", Antrittsprogramm, Marburg , 
1858. 

^Klinik der Greburtskunde", 186 L 

„Zur Seh wangers chaftsdiagnostik'*. Monatssch, f. Geb,J 
Decbr. 1858* 

„Beobachtungen und Untersuchungen aus der Gebär*^ 
anstalt München, 1859—1879". 

„Statistisches aus der Gebäranstalt München", 1882, 

Viele kleinere Aufsätze Ton H e c k e r sind in der 
Monatsschrift für Gebtirtskunde und im Archiv für Gy- 
näkologie, „Berichte über die Vorkommnisse in der Ge- 
bäranstalt zu München 18G8— 1880"'), M 

*) Itt den meisten Gebaranütalten dea Äu&Iandes war die öko- 
nomische Terwaltung dea Inetitutea in der Hand eines besonderen 
Beamten. Anders war ea in melareren Gebäranätalten Deutsch- 
landa. Dort waren die Directoren, oft zum Schaden ihrer wis- 
Benächaftlichen Leistungen, mit VerwaUungageschäft-en überhürdßt 
und jeder Fehler hei diesen Geschäften wurde von der Aufsicht!-^ 
behörde geahndet. In Folf^e der Eräcliwemug dev Äufnahmebe-Ä 
dingnngen konnten manche Direetoren den noth wendigen Schwan- ™ 
geren-Bestand nur mit Mühe aufreckt erhalten, — In München 
war für die Aufnahme eine bestinmite SchwiidgerachaftÄeit feat- 
geset^t und jede Ueberachreitung dieses Termin« Yerütilaeste die 
Behörde zum Reknrs an den Director. Als Hecker die MUH' 
ebener Klinik Üheraahm, erklärte er bestimmt, er werde sich in 
besonderen Fallen nicht an die festgcsetzteD Termine binden 
und erst seine ichari'e Weigerung führte zu einer Abänderung 
der Aufnahmebedingungen. — In Kiel waren die »RequiBitionen** 
*o ver^wiekt gefasst^ dasa yiele Gemeinden ablehnten, mit der 
"*nik in VerhaDdlung einzutreten. Die umfangreiche Korre- 
k'Oz, welehe daraus entsprang, wurde von dem Assistenten 
lind braebte ihm viel Xeitveriuat, Dabei entstanden bei 



d 



71 



§. 23. 
Bie gebaftsliillflicben OperHtionen. 

Die Frequenz der geburtshülflichen Operationen bat 
in dem Zeitraum 1840 — 1860, je nach dem Einfltins 
ider Scliulen, sebr verschieden gestaltet. Aus der Zeit 
der chirurgischen Aera, wo die Gehurtshülfe nur ein Ap* 
pendix der Cliirurgie war» hatten sich Operations^e- 
wohnheiten in die spätere Zeit hin ein geschleppt, welche 
Viele schwer abstreifen konnten* Waren doch damals 
diö jungen Geburtshelfer in ihrer Studienzeit durch ihre 
Lehrer nur zu oft an die grosse Bedeutung der Instru- 
mentenkunde erinnert, welche in ihrem Wissen einen 
wichtigen Raum einnahm, Anschaffung neuer Instrumente, 
deren Kenntniss man für nothweudig hielt, belastete da- 
mals die Fonds mehrerer Gebaranstalten sehr schwer, 
nnd dieses Wissen bei Geburts fallen praktisch zu erproben, 
lag den jungen Aerzten nalie. Es gab in den 40er 
Jahren viele ältere Geburtshelfer, welche aus ihrer Stu- 
dienzeit geradezu bewundemswerthe Kenntnisse der zahl- 
reichen neuen Geburtszangen in ilire Praxis hin überge- 
nommen hatten, denn in ihrem Examen waren sie darüber 
eingehend geprüft worden. Andererseits waren selbst- 



Entlaäsung der Wödmerm unatisgesetat Streitigkeiten über die 
Heimath-Augeliörigkeit des Neugeborenen und fortwälirend wur- 
den wegen dieser 8treitfa.lle aus den Äustaltsalcteu Auszüge ein- 
gefordert. Jede Gemeinde suchte die Unterhaltung dea Kindes 
Ton sich abzuschieben. Ala der Yerfa^eer ia die Kieler Klinik 
eintrat, cu-rsirte tdlg-emein unter den Aerzten eine Geschichte 
Lsna der Dienstzeit des Profe&sor Wiedemann: E^ war eine 
[fremde Kreissende gekommen und aie war unmittelbar nach der 
[Eutbimltxng gestorben. Man hatte vergessen, sie über Namen 
Und Heini ath auszufragen. Darob entstand grosse Noth , der 
Biiector hatte instructionsmäöeig die VerpflichtiingT iiiese Erkun- 
digung einzuziehen. Die Behörde erklärte den Director iur die- 
sen Fehler haftbar und so mnsste Professor Wiedemann daa 
Neugeborene bis zu seinem Ende aümentieren. Relata refero* 




72 



wdebft auf Hut^JKmmnAnmg dir Hattakräfte 

ffiwkUE siif dem Gelaefee 
mt^ wgisgda aieb in dea 

gciiag i e n bstinu £g feldie ebea Dodt Sii emer 
Einli€iäidikeä opa^trna^ GroodBilie in DcüiiyhhiTi 

Ite alte Slreüfa gey wie oft mid m wcleben FÜlaEi 
Geburten dsich opdative Emtslbütfe za beoidiei seiai, 
iel^ wie es za erwuten was^ and. m dea 
Zeiiramn mcbt d€r Eriefi^iiii^ iiMi?r ^sfiuL 
Frage komiaeiL so Tiele NebenriSet^cIiteii in Betracht, 
welche sich n^di den G^gi^iifka tmd nacb dm Zäken 
ToscUedeD gestalten« daäs wir bei den Gefattttdidfexii 
kaum auf ballte EiEignng über den Wertb opeTsürer M 
Kunstliülfe boffen dürfen* Knr in grossen Zogen J^sst ■ 
es sieb darstellen, welchen Zielen die Kunsthülfe bei 
Geburten znstrebt, and welcbe Grenzen ihr in den end* 
gültigen ResuJtat^i gesetzt sind. 

Für DeatseUaiid ^ringt bei Beobachtung eine^ län- 
geren Zeiliaimis dentlicb d^ Hauptpunkt heraas, daaa 
die Zahl operaÜTer Entbrndoogen im Laufe d^ Jabni 
erbeblich gestiegen isl Insoweit ans dieser Thatsaehe 
eine Zonahme der Werthschätzung aiztiicher EmutiilllCe 
zu entnehmen ist, kann man ^esen Erfolg den anakatmten 
Fortschritten der neuen Medicin zuschreiben. Aber die 
Teianderie LehemsfllhrQng der Neuzeit und die Steigenmg 
das YerkelRS bai zweifeQos den Hauptantheü an der 
€peraÜT6n Bescbäftigim^ der Geborte belf er gehabt. D^se 
Thaisaehe hat radi ans den neueren Statistik eben Ärfoeitai 
pcUagend bezansgeslelii. Die straffere Organisation des 

rrmalwesens m den k deutschen Staaten hatte 

die Tliatintli^ifc der l . .i^ielfer im Lande zuver- 
QiK^ ütaii^ti^cbe Baten geliefert. Ha ergab sieb aus 

I, dass die Operationsfrequenz, nach di^i Beobacb- 



I 
I 



73 



tungen des AutoTs, in KurhessGn in den Jahren Ton 1837 

bis 1866 Ton 2,5 auf 3,3 */o gestiegen ist. Ebenso lie- 
ferten Beobachtungen Ton Sachsen und Baden ein ent~ 
sprecbendes Keaultat. Wir müssen also für den vorliegen- 
den Zeitramn mit dieser Thatsache rechnen. 

Auf das Gesamintresnltat hatte die Vorliebe Einzelner 
ftr operative Kucsthttlfe keinen Einfluss. Simpson 
lieferte 1844 eine lehrreiche Zasammenstellung, vrie ver- 
schieden fremde Fachgenossen Über die Räthüchkeit ope- 
ratiTer Mithiüfe dachten. 



Geburtihelf er : 

Siebol d- Berlin 
Busch -Berlin 
Carus -Dresden 
Nägele- Heidelberg 
Bland- Westminster 
B e a 1 1 y - Dubhn 
C 1 1 i n s - Dublin 
Churchill- Dublin 
1 e v e r " Iiondon 
B e r - Wien 
L it c h a p e 11 e - Paris 
Ramsbotham- London 
Simpson- Edinburg 



Summö der 
Geburten ; 

2 093 
2056 
2 549 
1711 

1897 

1182 

16 654 

1640 

4 666 

9 589 

22 343 

48682 

1417 



VerhältniBB zti 

itjstruraentell 

beendeten Geburten: 



7 
11 

13 

31 

95 

98 

115 

117 

137 

199 

252 

322 

354 



Freilich einige Zahlen der vorstehenden Reihe sind 
verschiedenen Epochen entnommen, trotzdem zeigt die 
S i m p s o n'sche Zusanimenstellnng , wie so ganz ver- 
schieden der Werth instrinnentlicher Mitliülfe von den 
Gehnrtshelfem angesehen wurde. Erst der Vergleich mit 
den fremden Resultaten eröffnete manchem deutschen Arzt 
den Blick, wie weit Deutschland in dieser Hinsicht hin- 
ter England im Rückstand geblieben war. Besonders 
bot das stellen weise geringfügige Material deutscher 





74 



1 



Gebäranstaiten die Versiicliimg , den B.ubm instmmen- 
teller Erfindungen praktisch zu erproben^ und die grosse " 
Gefalir , welche darin lag , wurde in der damaligen 
Zeit in ihrer richtigen Bedeutung gar nicht gewürdigt. 
Mehrere Fachgenossen, welche von ihren Stndienreiseii^ 
zurückkamen, kehrten von England in voller Bewunderung^ 
der dortigen Erfolge zurück, aber warum die engüsehen 
Kesultate die deutseben so weit übenagten, blieb einst- 
weilen noch unklar. Es schien eine unabwendbare Fü 
gnng des Schicksals zu sein, bis endlich später durch 
die Semmelwei s'schen Lehien die Wahrheit durcli- 
brach, 

Ueber die einzelnen Operationen in dem vorliegenden 
Zeitianm ist im Allgemeinen Folgendes zu sagen: _ 

Die ktinstlicbe Frühgehurt hatte, als sie allgemeine!^ 
bekannt wurde, bei Manchen ernste Gegnerschaft zu be- 
kämpfen, es war eine Nachwirkung des Verdammungs- 
nrtheils, welches Bandelocque über diese Operation 
ausgesprochen hatte. Erst die Bemühungen von Stoltz 
schafften der Operation mehr Boden, In England wurde 
fast ausschliesslich die Beckenenge als Indication für diö^ 
künstliche Frühgeburt betrachtet Dagegen gaben in 
Frankreich Krankheiten der Mutter häufiger Veranlassung 
filr diesen Eingriif. Deutschland stand in dieser Beziehungfl 
zwischen England und Frankreich in der Mitte. Einige" 
namhafte Geburtshelfer gingen in ihrer Vorliebe für die 
künstliche Frübgehuii wohl zu weit, und das bewirkte, 
wie so oft, eine Reaktion. Ein abschliessendes ürtheil 
über die Erfolge konnte man damak nicht erbalten ; nicht 
allein fehlte es allgemein an Hebung in j^enauer Becken- 
messung, sondern auch an Erfahrung über die Erfolge 
der neuerdings empfohlenen Metboden. Dass eine solche 
^rage wie der Werth der künstlichen Frühgebuii, wobei 

'ele Nebenumstande mitspielen, nicht durch spärliche 

che Notiisen erledigt werden konnte, war klar. 

t darüber brauchte die Zeit mehrerer Decennien, 



75 






bis einiger Abschluss erreicht wurde. Am leichtesten 
war eine Emigmig über die Lndication von dem engen 
Becken zu gewinnen, dagegen üher den Werth der künst- 
liclien Frühgeburt bei Erkrankungen der Mutter haben 
sich die Erörterungen bis in die Neuzeit fortgegponnen. 
Am präcisesten fasste Hofniann die vorliegenden Ur- 
tkeile über die Operation Bnisamraen, indem er in fort- 
laufenden Artikehi klarlegte, was künftighin von diesem 
Fortacbritt für Mutter und Kind zu erwarten stehe (N. 
eitack f. Geb. Bd. 14, 15, 18). 

Ueber den Mechanismus der Zangenextraction und 
deren Verbesserung kam man immer weiter zu richtigeren 
Ansichten, Der Hauptsatz, daas die Kopfzange lediglich 
durch Zug wirken solle^ fand bei den Geburtshelfern im- 
icer mehr Veratändniss* Alle Versuche, ffir dieses In* 
stnnnent anstatt der Zugwirkung eine andere Wirkungs- 
weise an die Stelle zu setzen, dürfen wir als verfehlt 
betrachten. Der Gedanke^ die Zange bei der Extraction 
zugleich als Verkleinemngsniittel des Kindskopfes zu be- 
nutzen, fand bei allen verständigen Geburtshelfern keine 
Zustimmung, Der Vorschlag, die Zange zur Rotation 
des Kindskopfes zu verwenden, wofür sich Lange imd 
Scanzoni in ihren Lehrbüchern ausgesprochen hatten, 
begegnete bei Anderen scharfem Widerspruch. Nur in 
den Rotationen, welche noch bei der Extraction kreis- 
förmig oder transversal gemacht werden, finden wir wieder 
eine Erinnerung an die Zeit, wo man glaubte, die Zange 
als Hebel benutzen zu können. Diese kleinen Rückschläge 
der mechanischen Anschauungen konnten kaum die all- 
gemeine Einsicht über die Frage hindern oder erschweren, 
was der Arzt von der Anwendung der Zange hoffen durfte. 
Die originelle Idee von Simpson (1848), die Zange 
durch einen Aerotractor zu ersetzen, darf nur als eine 
der zahlreichen Verirrungen betrachtet werden, an welchen 
die Geschichte der Zange so reich ist, 

P e r n i c e bemerkt in seiner historisclien Ueberaicbt 





76 



über die Wendung die auch And^^ren auf gefallene Tliatsache, 

dass die altere Zeit im Wenden viel geschickter gewesen 
sei, als die heutige. Das wird man als richtig anerkennen 
können, aber es ergab sich hierin doch ein Fortschritt^ 
als man einsehen lernte^ dass der Wendung nicht immer 
auch die Extractioii unmittelbar anznschiiessen sei. Wie 
weit man mit dem Zuwarten der Extraction gehen kömie, 
ohne Mutter und Kind ernstlich zn schädigen, diese Frage 
hat auch in den nachfolgenden Decennien verschiedene 
Beantwortung gefimden. Es kamen dabei abweichende An- 
schauungen über die Vortheile der Kopflage in Betracht. 
S i m p 3 o n hatte bei einer Pariser Reise die franssösi- 
schen Collegen durch Demonstration eines compressiblen 
Kindskopfes für die VoHlieile einer Keilwirkung des nach- 
folgenden Kopfes bei Beckenenge zu überzeugen gesucht 
Dagegen hielten die Anhänger der Michaeli s' scheu 
Lehren und Seyfert an den Vortheilen der Erhalttmg 
der Kopflage fest. Bei diesen Ueberlegungen über den 
Mechanismus des Durch tritts kam auch die verschiedene 
Werth Schätzung des Interesses in Betracht, welches man 
dem Kinde zollte- Auch deutsche Schulen lehrten Über 
diese Fragen sehr verschieden. So weit man aus den 
vorliegenden Zahlen der 60er Jahre schlieasen konnte, 
ging hervor, dass weniger die intrauterine Umdrehimg 
des Kindes, als die Gewohnheit der unmittelbar an- 
schliessenden Extraction, die damaligen ungünstigen Re- 
sultate für das Kind zur Folge hatte. 

Nicht unerwähnt sein darf das Bestreben der da- 
maligen Zeit, bei der Wendung, nach Hüter und nach 
Anderen, auf Erhaltung des Fruchtwassers grosses Gewicht 
zu legen. Die Handgriffe, die man zu diesem Zwecke 
auf die Bauch decken ausübte, geben uns einen erfreu- 
lichen Ausblick auf die spätere Verfeinerung der äusseren 
Handgriffe. Die Anwendung von Kephalotbrypsie und des 
'^nstruments von van Huevel^ der Forceps-scie, und 
xm die Benutzung des Brau n'schen Schlüsselhakens 



I 




77 



^ 
^ 



fimd bei vielen Aerzten wenig Gefallen. Die älteren Aei^ 
benutzten mit Vorliebe immer noch die Knochenpincetten 
und die scharfen Haken, Viele Ton den Vorwürfen, welche 
man den Instrumenten der 40er Jahre machte, waren 
sehr berechtigt, und die grosse Zahl der Modificationen, 
welche man vorschlug, beweist, wie alle diese Werkzeuge 
Terbessemngswürdig waren. 

Das Äccouchement force, welches in der alteren Ge- 
burtshtilfe eine so grosse Rolle spielte, wurde in den Lehr- 
büchern Ton dem Jahre 1841 als selbstilndige Operation 
nicht mehr aufgeführt. Zwar dann und wann wurden 
einzelne Stimmen laut, welche die Erweiterung des Mutter- 
mundes durch Einbolurung der Finger empfahlen, aber 
im Ganzen gewann die Ansicht der Geburtshelfer mehr 
Boden, dass durch eine verständige Anwendung von Tam- 
pons und Chloroform die gewaltsame Dehnung des Mutter- 
mundes auf sehr wenige Fälle einzuschränken sei. Diese 
Einsicht darf man als einen erfreulichen Fortschritt an- 
sehen. Nur in den Instrumentarien der älteren Äerzte 
fand man immer noch die Dilatatorien des Muttermundes, 
deren Anwendung man früher für unbedenklich angesehen 
hatte. 

Ueber Fortschritte bei dem Kaiserschnitt ist in dem 
vorliegenden Zeitraum wenig zu berichten. Am meisten 
wurde diese Operation in Deutachland geübt, dagegen 
fand der Kaiserschnitt, wie früher, hartnäckige Gegner 
in England. Murphy wurde es sehr schwer (1851), 
diese Operation YOr dem Urtheil der Fachgeuossen zu 
retten ; auch in Frankreich hielt D u b o i s (1855) es filr 
angebracht, auf die früheren höchst ungünstigen Resul- 
tate warnend hinzuweisen. Gerade in den Grossstädten 
waren bisher die Erfolge sehr schlecht. N e 1 a t o n sagte 
1860, dasa in Paris in diesem Jahrhundert kein einziger 
Kaiserachnittfall geglückt wäre und ebenso traurige Re- 
sultate wiu*den aus Wien berichtet. Dass überhaupt in 
Deutschland nach solch' tiilben Erfahrungen noch so viele 



78 



Kaiaerschnitte ausgeführt wurden, darf auffallen. Die Ein- 
sicht in die Grundbedingungen der Wimdheilung berech- 
tigte jedenfalla in damaliger Zeit nicht dazu. 

Für Erweiterongsoperationen an der vorderen Becken- 
wand suchten einige Geburtshelfer in Italien und auch in 
Frankreich Anerkennung zu finden. Nicht allein dnrch 
Sympbyseotomie, sondern durch Pelviotomie glaubte Gal- 
b i a t i und J o c o 1 n c c i (1858) grösseren Baum zu ge- M 
winnen. Diese Bemühungen fanden bei deutschen Ge- ■ 
burtshelfem vielfachen Widerspruch. Es war noch nicht 
die Zeit gekommen, wo man die Sympbyseotomie in ihrem 
Werth richtig abschätzte. 



Thewalt, P., Arzt in Limburg. Pleissige und in- 
teressante Zusammenstellung von den Operationen in 
Nassau 1821—1843. Med- Jahrb. t Nassau 1846. M 

Ignaz Düntzer. Die Competenz des Geburts- 
helfers über Leben und Tod. Mit besonderer Rücksicht 
auf die Streitfrage ; darf in zweifelhaften Fällen das 
Kind der Blutter oder die Mutter dem Kinde geopfert 
werden. Köln 1842. ■ 

T o 1 1. Uebersicht über das Für imd Wider der Zer- " 
Stückelung der Leibesfrucht und der Perforation des 
Kind erschäd eis. Deutsche Klin. 32, 1850. 

D i d o t. Khnische Resultate mit der Sägezange, for- 
ceps-scie. Gaz. hebd. 11 — 17. 1860* 

C h u r c h i 1 L Die Perforation des lebenden Fötus* 
Dubh joum. Nr, 51. 1858. 

Schreiber, Karl, S., promovierte 1 824 in Marburg 
in Hessen. „Die Verkleinerung eines lebenden Kindes*** 
N. Zeitsch. f. Geb. Bd. 2L 1846, 

^Schule und Praxis in derGeburtshülfe". Ebend* 1848. 

„lieber den Galvanismus als Mittel zur Erregung der 
künstlichen Frühgeburt '^ Ebend, Bd, 14. 

„Praktische Erörterungen über die Beendigung der 
rm- und Scliultergeburten durch Natur- und KunsthUlfe*'. 

nd. 1B43. 



I 



79 



I 



„Die Spätgeburten* Der Anthei) der Nabelscknur an 
der Verbildung des Foetus". Ebeed, 1844, 

„Aus tneiner geburtshiilÜ. Praxis^, Ebeud. Bd. 16. 

^Deber die grosse Tödtüchkeit der Wendung auf die 
Füsse und die Wege zu ihrer Verbesserung**. Ebend. 

„Der Gebrauch des Taiupons". Ebend. 1843, 

L i 6 g a T d. Anwendung kalter Injectionen in die 
Vena umbilicalis um Loslösung der placenta zu bewirken. 
Gasj, des böp. 107. 1854. 

Schöll er, Julius, Victor, geb, 14. Jan* 1811 
in Düren t gest- 3* Febr. 1883. Zuerst Assist-enzarzt 
miter B u s c b , habilitierte er sich als Privatdocent in 
Berlin, 185:2 wurde er zum ausserordentL Professor an 
der med.-chirurg, Akademie ernannt-. Er schrieb: Die 
künstl. Frühgeburt, bewirkt d. den Tampon* 1842. 

„Heber Entzünd. d. Nabeiarterie als Urs. des trismus**. 

„Eigenthnml. Missbildung der Speiseröhre und über 
hemia diaphragmatica congenita'*. 1642. 

„Modification des Baudelocque ^schen KephaJo- 
triben und über die S c h ö 1 1 e r 'sehe Geburtszange*' (in 
den Dissertat. seiner Schüler 1843 und 1854). 

„Ueber Knochenbeschädigungen am Kindeskopfe**. 
Ver einsz eit* 1841. 

S c h i e r 1 i n g e r. lieber S i m p s o n 's geburtshülf- 
liehen Luftzieher. Verh. d. Ges. z. Würzburg* 1851* 

Wilson. lieber den Gebrauch und Missbrauch der 
Zange. Monthly joum, 1846, May. 

Spengler, L. Statistische Lieb ersieht der seit 
71 Jahren in Meckl.- Schwerin 'sehen Landen vorgekom- 
menen Geburten und der Sterblichkeit. N. Zeitsch. f. 
Geb, Bd. 25. 1848. Die Statistik umfasst die Jahre 
1816—1847. 

Ebend. die Statistik der Pu erper altodesfäHe in Ratze- 
hurg. 1806^1847. 

Oslander, Johann, Friedrich, Sohn des 
bekannten Professors, gest. 10. Febr, 1855, s. Bd. II* 
nVom Entbinden a posteriori, als Reservemittel, um in 
schweren Fällen Perforation und Kaiserschnitt zu ver- 
meiden**. N. Zeitsch. f. Geb. Bd. 22. 1847. 





80 



I 



Merrem, Daniel, Karl, Theodor, geh* 10. 
April 1790, gest. 19. Octb. 1859, veröffentlichte einig© 
Berichte seiner Hebammeiilehranstalt zu Köln. Sein Ver- 
fahren zur Einleitung der künstl. Frühgeburt trägt den 
Namen Merrem-Krause, 

Leopold, J, , H,, Arzt in Meerane in Sachsen. 
Geburtshülfliche llitth eilungen über die „schwebende Lage 
des Weibes während der Geburtsarbeit**, die Extraction 
des Kindes an einem Arme*' u. a, w* Bd, 26 und 29 d. 
u. Peitsch, f. Geb. 

H f m a n n , Joseph, geb- 8. Juli 1815, gest. 9. 
März 1874, Begründer einer geburtsh. Poliklinik in Mün- 
chen, später Gerichts arzt und Professor. Sein Aufsatz 
„über künstliche Frühgeburt". N. Zeitsch. f. Geb. Bd, 14 
1843, bringt in erschöpfender Weise die damaligen Indica- 
tionen für diese Operation, Ebend. über dasselbe Thema 
Bd. 15. 1B44 und eine Kritik der verschiedenen Ope- 
rationsmethoden der künstl. Frühgeburt. Bd. 18* 1845 
und Bd. 19. 1846, 

L. H a r t i n g. lieber den praktischen Werth sämmt- 
licher Verfahrungs weisen zur Erweckung der Früligeburt, 
Monatssch, f. Geb, L 1853. 

Landsberg. Ueber Zangen-Operation bei Gesichts- 
lagen und dem Kinn nach hinten. N. Zeitsch. f. Geb, 
1850. 

C, V, Hell y. Ueber den Gebrauch der Zange bei 
Gesichtslagen. Prager Viertelj. XYI. 1859. 

J* J. Hermann, Hebammenlehrer in Bern, gest. 
1867. Erfinder einer massiven Zange mit Dammki-um- 
mung, Autor eines Aufsatzes : „Perforation oder Kepha- m 
lotripsie. Schweizer Monatssch. Aug. 1856. f 

G u r 1 1. Ueber intrauterine Verletzungen des fötalen 
Knochengerüstes vor und während der Geburt» Monats ch* 
t Geb. ix» 1857» — G, Braun. Fälle von intraute- 
rinen Praktaren. Wiener Wochb. 25. 1857. — Gatty. 
Ueber die Ursachen der spontanen Ablösung von GUe- 
m bei Früchten im Mutterleibe. Lond» Gaz. Aprü. 185 L 

'7ohen, H, , M., Arzt in Hamburg, bekannt durch 



I 



I 



^ 



81 

seine Methode, künstl. Frühgeburt durch Einspritztingen 

von aqua picea in den utenis zu erzielen, N. Zeitsch. 
f. Geb. Bd, 21, 1846. — Zu der Perforation hat C. ein 
besonderes Instrument erfunden, welches er eine per- 
foratorische Cephalotribe nennt. Monatsck f. Geb, Bd, 10. 
1857. — Die Motivirung der normalen Kopflagen, Prag, 
Viertelj. 1857. Cohen rieth in Fällen von placenta 
praevia die centrale in eine laterale zu verwandeln, m- 
dem man eher auf Stillung der Blutung hoffen könne. 
Monatssch, f. Geb. V. Der Vorschlag von Cohen fand 
in H o h 1 eine scharfe Kritik. Deutsche Klinik* Nr. 27. 
1855. 

Bau. Forceps ä axebris^ von Bourde^ux. Ärch. 25. 
1848. 



§^ 24. 

Die Anästheaieruiig der Gebirenden. 



H^ Einen vollständigen Umschwung der operativen Thä- 
■ ^tigkeit der Geburtshelfer schien die Erfindung von Simp- 
son vorzubereiten, als es bekannt wurde, dasa durch 
Aether- und Cbloroformdämpfe die Bewiisstlosigkeit der 
Gebärenden erzielt werden könne. Jeder, der die oft 
gewaltsamen Entbindimgaversuche der vergangenen Zeit 
erlebt hatte, konnte sich nicht des Geftihls erwehren, 
dass die früheren Operationen sowohl an die Ertragungs- 
fahigkeit der Kreissenden, als auch au die körperliche 
Leistung des Geburtshelfers, schwere Anforderungen ge- 
alellt hatten. Somit wurde mit Recht die S i m p s o n'sche 
Erfindung gerade bei schmerzhaften Entbindungen als ein 
erfreulicher Fortschritt begrüsst. 

Freilich die Stellung, welche die ärztliche Welt zu 
der neuen Erfindung einnahm, gestaltete sich nach den 
Ländern verschieden. In England gewann unter dem Ein* 
fluss von Simpson die Anästhesierimg, namentlich in 
d«r vornehmen Praxis, bald Boden und die Warnungen 
einiger englischer Aerzte, wie M o n t g o m e r y's, konnten 

Dohrn -Siebold, Gei cbichte dar Geburtshtlf e. 1 11- 6 





nicht die ausgedehnte AnwenduDg des Mittels lundem- 
In Frankreich waren über den Werth der Anästhesierimg- 
die Meinungen getheilt. Nach vielen ji^lilcklichen Erfolge«. 
kam, als einige Todesfälle bekannt wurden, ein Rück- 
schlag. Aeltere Aerzte hielten zur Linderung der Geburts- 
schmerzen an der früher beliebten Anwendung ?on gros— 
seren Opiumdosen fest. In Deutschland waren die meistei« 
Geburtshelfer Gegner der An-ästhesierung* Hüter wied^ 
besonders auf die Thatsache hin, dass der Uebergang des 
Chlorofonns auf die fötale Blutbahn durch die neuem 
Untersuchungen festgelegt sei^ und er verwarf das Mittel 
vollständig für den allgemeinen Gebranch» Ändere, wie 
Siebold, hielten es sogar für nöthig, ihre Nichtan- 
wendung des Mittela gegen den Vorwurf zu rechtiertigen^ 
dass sie kein Herz für die Linderung der Geburts schmerzen 
der Frau hätten, Dass die Narkose die intrauterine Mani' 
pnlation erleichtere, wurde von Vielen nicht berücksichtigt, 
man glaubte in Verteinerung der innerlichen Handgriffe 
schon genug geleistet zu haben. So kam es, dass immer, 
noch bei einigen Geburtshelfern das accouchement fo 
eine bedeutende ßolle spielte. 

TrotÄ der erwähnten Umstände kann man nicht sagen, 
dass sich die Erwartung einiger Geburtshelfer bewahr- 
heitet hätte, seit der Anästhesierung werde in der Frequenz 
der geh nrtshil fliehen Operationen vollst^indiger Umschwung 
eintreten- Andere Factoren hatten, wie es sich zeigte, 
darauf mehr Einfluss. i 



i 



mer^ 
Ten," 



J. Y., Anaesthesia, the em- 

ether in midwifery, Edinb. 

Objections to the indiscri- 



Litteratur ; Simpson, 
ployment of Chloroform and 
1848. — Montgomery. 

minate administration of anaesthetic agents in midwi- 
ferj- Dublin, joum. May. 1848. — J* D e n h a m, Bericht 
über den Gebrauch des.Cliloroforms in der Dubliner Ge^ 
hÄranstalL Deutsch n, t, d, Busch. 1849. — Vilie- 
'^ u V e. De l^^th^risation dans les accouchements. Mar* 

le, 1847. — Fr. Orlowski* De inhalationum ae- 



UIJ4 Uö- ^m 



83 



tJierii sülphurici usu in arte obstetricia. DorjiaL 1848* — 
Hfiter, Harnier, Helfft, Siebold, über diö 
ADwendiiBg des CHorforma bei Geburtsf allen in der n, 
ZeitscL t Geburtsk, Bd. 27, 28, 31, 1847— 185L ^ 
E. M a r t i n. lieber die künstL Anästhesie bei Geburten 
durcli Chloroformdämpfe, Jena, 1B48* — G, Harape. 
Ueber die Anwendung des CWoroforros in d. Geburtsh, 
Würzb. 1854. — W. W e i d e ii b a c h. De chloroforrao 
in feminarura pari. adhib> Bonn. 1854, — A. Moli. 
Dechlorof* Inhal, in arte obst. adhib. Berl. 1861. — Hou- 
selot* Ajiesthesie obst6tricale. Meaux. 1855. — E, 
W. Murphy. TJeber Verwendung des Chloroforms in 
d. GebuHshiilfe, Assoc. Joum« Febr* 1856. 



§■ 25. 

Die GebärauBtalten und ihre Vorsteher. 

Den Gebäranetalten war, oft mit mannigfachen Hin- 

demis&en, die Aufgabe zugefallen, die Geburtshülfe ans 
itrer früheren Verbindung mit der Chirurgie wissenschaft- 
lich heraus zuhebeni Die Bemilhunj^en , welche -dahin 
abzielten, füllen, bei angestrengter Thätigkeii; vieler 
Lehrer, den Zeitraum der Jahre 1840—1860 aus. Man- 
chei war neu einzurichten und Vieles zu verbessern, und 
oft hinderten kärglich e Mittel den erstrebten Fortschritt. 
Nach früherer Gewohnheit war die Chirurgie von den 
Behörden besser bedacht gewesen, die Geburtshülfe konnte 
als neue Wissenschaft ihren Platz nur mit Mühe er- 
kämpfen. Um 30 mehr können wir mit Stolz darauf 
hinweisen, dass euiige Pachgenoasen trotz geringer Hülfs- 
mittel einige Zweig© unserer Wissenschaft zu grosser 
Elüthe brachten. Ein Beispiel dafür liefert die Wirk- 
} samkeit von Michaelis! 

Manchen deutschen Gebäranstalten war damals der 
Unterrichtsstoff nur gering zugemessen. In unzureichend 
dea Gebäuden musste der Lehrer an spärlichem Ma- 
terial den Schüler heranziehen zu einer Fertigkeit, welche 

6* 




84 

^ijtsiht immer der Praxis gentigte. Melirere Examenscom- 
missionen waren von den Landesnniversitäten abgelöst, 
mid nicht immer waren die fremden Examinatoren sich 
des Zusammenhanges mit dem derzeitigen Stande der 
Wissenschaft voll bewnsat So kam es, dass auf theo* 
retisches Wissen, oft nach einem veralteten Schema, mehr _ 
Gewicht gelegt wurde, als auf praktische Befilhigong. ■ 
Manche Geburtshelfer, welche zu einfiussreichen Stel- 
lungen gelangten, hatten ihre Laufbahn nicht praktischen 
Leistungen t sondern mir theoretischem Wissen zu ver- 
danken. Das Mass von Kenntnissen, welches in den 
40er Jahren gefordert wurde, um die Würde Bmes Ma- 
gisters der Geburtshülfe zu erreichen, wich erheblich von 
den Anforderungen der Neuzeit ab, besonders fehlte es ■ 
an Prüfung der technischen Leistungen. f 

Manche FachkoUegen hatten die Mängel der bis- 
herigen Unterrichtsmethode mit klarem Blick erkannt, 
und ihre Bestrebungen, hierin eine bessernde Hand an- 
zulegen, fand an \ielen Stellen nur in der ünKulänglich- 
keit der zu Gebote stehenden Hülfsmittel eine Grenze, 
Li kleinen Gebäranstalten konnte oft der Lehrer wegen 
Mangel an vorstellungsfähigem Material die klinische 
Stunde nur durch Vortrag eines früheren gerichtlich- me- 
dicinischen Falles ausfüllen, und die, eigentlich für Ein* ■ 
Übung technischer Handgriffe an der Lebenden bestimm- 
ten Stunden begegneten bei der Ausführung vielen Schwie- 
rigkeiten* Die Erhaltung des nöthigen Unterrichtsma- 
terials war in kleinereu Anstalten ein Gegenstand täg- 
licher Sorge des Anstaltsdirectors. Nur so werden auch 
die verschiedenen, für die Schonimg der Austaltsinsassen 
berechneten, Anordnungen verständlich, welche gelegent- 
lich den Spott fremder Besucher erregten^)* Ungleich 



*) lö Eriaugün hielt damals der Professor in einem unglaublicli 

tig ausgeBtattt^ten Auditorium Öfters Über die einzige, mitten 

dan Studentt^D, an dem runden Tiach sit^^^ende Schwangere 



d 



85 



ernster waren die Folgen, welche die Mangelhaftigkeit 
des Uutemclitsmaterials nach sich 20g, Es machte sich 
YOn selbst, dass bei dem berechtigten Wunsch des Leh- 
rers znr Einübung seiner Schüler, trotz aller Gewissen- 
haftigkeit des Änstaltsdirectory, einige Falle operirt wur- 
den, welche besser unoperirt geblieben wiiren* Der grosse 
Unterschied, welcher zwischen der Thätigkeit der eng- 
lischen nnd der dentchen Operateure bestand (s. oben 
p 72), giebt uns einen Beweis davon. Dabei mtiss man 
freilich znr Rechtfertigung im Auge behalten, dass da- 
mals die Gefahr der Vielgeschäftigkeit des Operateurs 
Doch nicht genügend durchschaut war. Alle diese Um- 
stände wirkten auf die Frequenz der Anstalten und auf 
ihr Ansehen in der Bevölkerung hemmend em. Wer die 
Nachwehen dieser Zeit in Anstalten miterlebt hat, wird 
den älteren Zeitgenossen den gleichen Eindruck nach- 
fühlen. 

Die Versuche, den jungen Geburtshelfer in seinem 
Studium zur Selbstthätigkeit heranzuziehen, wurden in 
den grossen Kliniken von Wien und Prag nnd auch an 
einigen kleineren Entbindungsinstituten in diesem Zeit- 
raum mit Erfolg fortgesetzt. An melireren Lehranstalten 
wurde ein Praktikanten dienst ein geführt, welcher sich in 
den folgenden Zeiten weiter entwickelte, C r e d ^ Ter- 
samnielte in Leipzig alltäglich bei der Morgenvisite seine 
Schüler bei den Wöchnerinnen und liess sie über den 
Verlauf des Wochenbetts eingehend referieren. In andern 



seinen Vortrag. — In Gieasen etard in der ünteranchungsstuiide 
die Scliwangere kiater einem dicken Yorhang und der Praktikant 
durfte nur durch einen kleinen Schlitz des Yorhanges seinen 
Pinger in die Genitalien der aufrecht stehenden Schwangeren ein- 
fÜliren, worauf der E*raktikant über den Befand referirte» — In 
Göttingen sali man in der abendlichen Unterauchungsstunde die 
SeWangere auf einer Art yon Katafalk aufgebahrt. Ein Ton 
der Decke herabhängender Yorhang yerdeckte die GeaichtBzüge 
der Schwangeren den Augen der Stndenten. Ein fremder Besncher 
glaubte in ein Section^lokal zu kommen. 



k 



86 



AnstaUen wurde es möglich-, emigeii Hatis-Practikante 
in dem ADataltsgebiiiKle Wob mm g auzuweiseo* Dat 
suchte man durch EinübiiHg technischer Handgriffe am" 
Phantom imd Demonstration von Knpferwerken die Schü- 
ler anf ihren gebnrtshiilflichen Benif vorzubereiten* AUd 
diese Massnahmen waren darauf berechnet, die zahl- 
reichen Lücken der geburtshülflichen Beobachtung, welche 
das bisherige Anstaltsmaterial zulieas, für den Dienst d^ 
Praxis möglichst auszufüllen. 

Zu erwähnen sind auch die Polikliniken, welch© 
gar in kleineren Städten , wie in Jena durch Marti 
und auch in grösseren Stadteu gegründet wurden, stelle] 
weise nur imter Widerspruch der Behörden und Aersd 
Die damals noch neue Einrichhmg hat für die Ausbildung 
der jungen Geburtshelfer unleugbaren Segen gebracht, 
indem sie in dem Studierenden, unter Anscheia der SelbsM 
ständigkeit, das Gefühl eigener Verantwortung grosszog. 
In mehreren Universitätsstädten, so in München, Leipzigs 
Königsberg, war in jeder Woche ein bestimmter Tag füj 
die poliklinischen Referate der Praktikanten bestimmtj 
und viele Aerzte verdankten diesen Lehrstunden, und dei 
scharfen Beurtheilung des Lehrers, eine nützliche Aaffor^ 
denmg zur Selbstkritik:- 

Im Jahre 1860 hatten die deutschen akademische] 
Gebäranstalten folgende Yorateher: 

BerUn. K A. Martin (f 1875), X V. Schölle; 
(t 1883). ^ Bonn. H. F. Kilian (f 1863), — Brea^ 
lau. X W. Betschler (f 1865). — Dresden, W. h 
Grenser (t 1872). — Erlangen. J. E, Rosshir 
(t 1872). — Freibnrg. X Schw^irer (f 1860). — 
Giessen. F. A. v. Bit gen (f 1867)* — Göttingen. M 
n. J. V. Siebold (t 1861). -- CTreifswald. H, C. A 

nice (t 1901). — Halle. A. F. Hohl (f 1862) 
elberg. W. Lange (f 1881). — Jena. B. S, 
L — Kiel, a F. Litzmann (f 1890). 
A. Hayn (t 1863). ^ Leipzig. K. S. 



87 



^ 



Crede (f 1892), — Marburg. J. R 8ch wartz (f 1890). 
-München. K, Hecker (f 1882), — Prag, B. Sey- 
fert (t 1870). — Rostock. G. V e i t, — Tübingen. 
Ry.Breit(tl868). — Wien* C. F.v,Braun (f 1891) 
und ö. Braun. — Würasburg- P. W. v. Scans oni 
(t 1891), 



§, 26. 



ü IT iö 

^^^^b KarlBrautif von Fernwald, 

■ gei. 22. März 1822 in Zistersdorf bei Wien, gest 
" 28. März 1B9L Studierte in Wien, promovierte 1847, 
Würde zuerst Sekundaiarzt im allgemeinen Krankenhans, 
dami Assistent der geburtshlUflichen Klinik fllr Aerzte 
unter der Leitung von Klein. 1853 habilitiert als Pri- 
Tatdocent, wurde B. noch in demselben Jahre Professor 
der Geburtshillle in Trient und Vicedirector der Tiroler 

»Findelanstalt. 1856 folgte er einem Rufe nach Wien für 
äie geburtshülfliche Klinik für Aerzte. An der Wiener 
üniverBität wurden ihm viele Ehrungen zn Theil, ao die 
Kector würde, der Titel als Hofrath und die Erhebung in 
den Ritterstand. An der Errichtung der ersten gynäko- 
logischen Klinik in Verbindung mit der ersten geburtshülf- 
hchen Klinik hatte Braun besonderen Antheil , ebenso 
an einem umfassenden Ventilationsbau, welcher sich ftir 

P^ die Gesundbeit der Wöctnerinnen erfolgreich erwies. 
Seit B e r*s Zeiten galt die dortige Schule als eine 
der ersten unter den Untemcbtsanstalten der Welt. Von 
auswäiis kamen viele junge Aerzte, um bei der grossen 
Zahl der dortigen "Anstaltsgehurten weitere Erfahrungen 
m sammeln» welche sie an den kleineren Anstalten nicht 
erwerben konnten. Der ganze Dienst in der Klinik wurde 
in vielen Dingen auf den grossen Strom fremder Aerzte 
zugeschnitten, und Manche glaubten nicht in die Praxis 
gehen zn können, bevor sie durch eine Heise nach Wien 
die richtige Weihe als Gobui-tshelfer empfangen hatten. 
(Aach wurde den aus w artigen Doctoren das grosse Mate- 



88 



riaJ der Gebäfanstalt in liberalster Weise smr Verfügung 
gestellt, und die liebenswürdigen Formen des Wiener Ver- 
kehrs, welche auch in den tagücben LebrFOrträgen von 
Carl Brann zum Ausdruck kamen, Hessen Manchen 
mit Freuden an den Wiener Aufenthalt zurückdenken, 

KHmk der Geburtshülf e und G^^näkoiogie, im Verein 
mit Chiari und Späth, Erlangen. 1855, 

Lehrbuch der GeburtshüKe mit Berücksichtigung der 
Puerperalprocesse und der Operationstechnik. Wien. 
1857. 

Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen, Wien 
1888, 

Ueber die Salubritatsrerhältnisse an der Isten ge- 
burtsh. Klinik in ihrer Beziehung z, Antisepsis während 
29 Jahren. Wien. 1886, h 

üeber Utemsruptur* Wien 1894* ^ 

Der Kaiserschnitt nud seine Stellung z. kunstl. Früh- 
geburt, Wendung, Zangen Operationen und Craniotomie. 
Wien 188S. 

Ueber 12 Fälle von Kaiserschnitt, und Hysterectomie 
bei engem Becken» Wiener med. Wochensch, 18BB. 

Viele kleinere Aufsätze Ton C, B r a u n finden sich 
in den österreichischen medicinischen Zeitschriften, so 
aUeber die neuem Methoden der Craniotomie des f oetns*", 
Wiener Zeitech. N. F, 1S59. — .,I>ie uterinale Kathe- 
terisation mit Darmsaiten behufs der Erweckung der 
künsüicben Frühgeburt*** Wiener med, Wochensch* 46, 
1858* — A* Krassnig* Ueber Eklampsie der Schwän- 
gern, Gebärenden und Wöchnerinnen, nach Beobach- 
tungen aus der Khnik von C, Braun. Spitalszeituug, 
17—24, 1S59. 



I 
I 



I 



28. 



§-27. 
Guätair Brauti, 

Mai 1829 in Zistersdorf bei Wien. 1853 pro- 

wnrde er Assistent der geburtshülfl, Klinik^ dann 

render Prüft ssor bis 1857, 1862 wurde er an 

kademie berufen; nach der Aufhebung di^es 



I 



I 



Instituts übemabm er die Professur der Geburtshülfe für 

Hebammen. Von ihm liegen viele geburtshülfliche Schrif- 
ten vor. 

Operative Gynäkologie und GeburtshüJle. Wien 1860. 

Compendium der GeburtshtOfe- 187 5. 

Compendium der Einderkrankheiten. 1870. 

Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen. 1887. 

Mehrere Arbeiten auf dem Gebiete der Geburtsbülie 
in der Zeitschv. der Geselkch. der Aerzte und in der 
Wiener med. Wochensch. 

Späth, Josef (1823--1896) in Wien, gek 13. 
Mrz 1823 in Bozen, gesi 29. März 1896. S. studierte 
in Wien, promovierte 1849, war Assistent auf Chiari's 
Abth. für Frauen krankh,, trat 1850 zur Geblirklinik för 
Hebammen über» inzwischen Supplent der Lehrkanzel für 
Geburtshülfe in Salzburg, Dann habilitierte er sich ala 
.DocMt an der Wiener Univeraität. 1855 übemahra er 
^e Suppliening der GeburtahüU^ an der Josephs-Aka- 
demie, wurde 1856 als ordentlicher Professor ernannt, 
und 1873 übernahm er die neu errichtete 2te geburta- 
bttlfliche Klinik für Mediciner, aus welcher Steihmg er 
ausschied. Infolge eines mehrjährigen Augenleidens 
staib er, gänzlich erblindet- 

Seine selbständigen Schriften sind: 

KHnik der Geburtshülfe und Gynäkologie. Erlangen 
1855. 

Compendium der Geburtsh. f. Studierende* 1857. 

Lehrbuch f. Geburtshülfe f. Hebammen. Wien. 3. Aufl. 
1880. 

Ueber mehrere Anomaüen der die Frucht umgeben- 
den Eitheile. 1851. 

Ueber das Zerreissen der Kabels chnur in gerichtl* 
med. Beziehung* 1852. 

Geschichte und Beschreibung eines Beckens mit Ver- 
Sclüebung des letzten Lendenwirbels nach yorn. 1854. 

Studien über Zwillinge. 1860. 




90 



Referate über Geburtshiilfe 1859—1863, Aufsätze 
der Wiener med. Wochenschr. 1854, 18o7, 1866, 1876/ 

Rede über das „Studium der Medicin und die Frauen"* 
Rektoratsrede 1872. d 

Cliiari, Johann Baptist (1817—1854) in Wien, 
geb- zu Salzburg, gest. 11. Decbr. 1854. Ch. studierte. 
in Wien, wurde dort 1841 promoviert. In den Jalireia 
1842 bis 1847 war or in den Abtheilungen der gebnrtsl 
Klinik von Klein und in dem Operateur-Institut thatig^ 
1849 habilitierte er sich als Privatdocent für Geburts- 
hiilfe, dann wurde er als ordentL Professor nach Prag 
versetzt, aber bald darauf wieder nach der Joseph-Aka- 
demie zurückberufen. Seine Hauptarbeit, welche er mit 
Braun und 3 p a th bearbeitete, „die Klinik der Ge- 
burtshülfe und Gynäkologie* 1855, erschien erst nach 
seinem Tode. 



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§. 28. 

August Breifiky, 



d 



geb. 1832 in Klattan m Böhmen, gest. 25. Mai 1889< 
B. studierte in Prag unter T r e i t z und S e y f e r t, pro« 
movierte 1855, machte längere Reisen nach Deutschland^ 
und England, wurde Assistent der patbologischen Ana 
tomie, dann Gehülfaarzt der Gebär anstalt* 1866 wun 
er nach Salzburg berufen , im folgenden Jahre von di 
nach Bern, wo er bis 1874 hUeb. In Prag wirkte ei 
als Professor der Gehurtshülfe und Gynäkologie. Schon 
in seiner Aasistentenzeit rühmten ihm alle fremden Aer^te, 
welche Prag aufsuchten, sein liebenswürdiges Entgegen- 
kommen nach^ und auch in der Schweiz fanden die Aerzte 
in seiner KUnik stets freundliche Aufnahme und reiche 
Belehrung. Nach seiner Rückkehr nach Böhmen dauerte 
^ Wirksamkeit nur etwas über ein Jahrzehnt; lange 
m Tode konnte er das herannahende Ende, — 
Bern Beckensarkom — , voraussehen, 
ihriften sind: 



91 



Die Krankheiten der vagina» Stutt 1879, ib Pitha's 
Chimrgie, 

Hydrometra lateralis als Folge congeait. Verschlusses 
bei atems duplex. BerL 1874. 

Einige Beobachtungen an todtgeb, Kindern. Prag, 

Ueber die BehandL der puerperalen Blutungen, Lelpz. 
1871. 

Ueber d. intrauterine Lokalbehandl* des Puerperal- 
fiebers, Prag 1880. 

Ueber den C r e d 6*schen Handgriff s§, ä. Entfern, d, 
NactgebuTL Prag 188L 

Zur Diskussion über P o r r o*s Methode des Kaiser* 
sclinittes. Berlin 1879* 

Ein neuer PaU v. Sectio caesarea nach P o r r o, 
Leipz. 1881. 

Ueber d. Entwich, rationeller Anzeigen zur Extraction 
bei Beckenendlagen* Prag 1866, 2 Hefte. 

Ueber die kÜBstl* Unterbrechung d. Schwangerschaft. 
Prag 1881, 

Zur Casuistik d, vorgeschrittenen Extrauterinschwang. 
Wien 1887. 

Ueber den Einfluss der Kyphose auf d, Beckengestalt, 
Wien 1865* 

Die extramediane Einstell, des Kindskopfes, Prag 1860, 

Beiträge z. geburtsb. Beurth eilung d. Verengungen 
des Becken ausgangs, Wien 1870* 



§■ 29. 

F T a B z T* B r e i t T 

geb. L JuÜ 1817 in Mieders in Tirol, gest, in Tübingen 
17. Aug. 1868, in Wien, Prag und Padua ausgebildet, 
1847 ausserordentlicher, 1849 ordentlicher Professor der 
Öebnrtshülfe in Ttibingen* Seine sclitiftstellemchen Lei- 
^ Bttmgeii beschränken sich auf einige lateinisch geschrie- 
H ibeae Dissertationen, Die Anwendung der ^ Cephalotribe " 
suchte B* gegen die AngriflFe von Oslander äu ver- 
teidigen, s. n. Zeitsch. f. Geb. Bd, 22. 1847. 



I 



92 



?* Säxinger, Johannes, gek 18. Mai 1883 in 
Aomg, gest, 30, MIrz 1897, Professor imd Director der 
gjulbologiächeii EHuife in Tübingen. S. war ein Schüler 
von Sejfert in Prag. Seine Arbeiten erschienen in 
der Pri^er med, Wochenschr. und in der Wiener med- 
Wochenschr, In Ma^chka's Handbuch der gerichtl* 
Med. bearbeitete er die Abschnitte: Schwangerschaft und 
Geburt, die Kunstfehler der Aerzte nnd die Frucbtab- 
treibung nnd abortus. 

Pernice, Hugo Carl Anton, geb. 9. Nov. 1829 
in Halle, gest. 31. Decbr. 1901, Professor der Geburts- 
hlllfe und Director der Entbindungsanstalt in Greifswald- 
1899 quieaciert. ^ Operationum in arte obstetricia esami-fl 
natio critiea et historica." Leipz. 1855, ^Die Geburten™ 
mit Vorfall der Extremitäten neben dem Kopfe.*' 1858. 
^üeber den Scheintod Neugeborener und dessen Behand- 
lung durch electrische Eeizungen." Danzig. 1863* 

Bandl, Ludwig, geb. 1. Novb. 1842 in Himberg 
in Niederöstreich, gest. 26. Aug. 1892. B. studierte hiM 
Wien unter C, v. Braun und Hyrtl, 1867 wurde er ■ 
dort promoviert. 1875 wurde er Privatdocent f. Geburts- 
hülfe* und Beit 1878 Vorstand der Frauen abtheilung der 
allgemeinen Poliklinik in Wien. 1886, als ordentlicher 
Professor nach Prag berufen, verfiel er, noch in dem- 
selben Jahre, in Geisteskrankheit, der er in der Anstalt 
zu Döbliug erlag. 

Seine Arbeit über die „Ruptur der Gebärmutter und 
ihre Mechanik", Wien 1875, machte unter den Fachge- 
nossen berechtigtes Aufsehen. Femer sind von ihm fol- 
gende Schriften zu erwähnen: 



^Uebet das Verhalten des Collum uteri in der Schwan 
gerschaft und während der Geburt^. Stuttgart 1878. 
„Beiträge zur Operation der Blasenseheidenfisteln 
Hamleiterscheidenfistehi". Wien 1880. 
ie Krankheit der Tuben, des Beckenperitoneums 



I 



93 



^ 



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t 



und Beckenzellgewebes'*, Handb* der Chir. von Pitha- 

BillToth. 

§< 30. 
Hugo Alfred Ottd Hildebrandt, 
geb. 6, Octob. 1839 in Königsberg, gest 3. Juli 1882 
daaelbst. H, wurde 1857 promoviert und trat ab Assi- 
stent in die Klinik yon H a y n ein. Seit 1862 Privat- 
docent^ leitete er nach Hayn's Tode 1 Jahr lang die 
Klinik und, nach Weggang von Sp i e g e 1 b e r g, von 
1865 an, dauernd als Ordinarius. Nach einem längereu 
Nervedeiden starb er an Apoplexie mitten in seinem 
Beruf' 

Seine Königsberger Wirksamkeit war eine ausge- 
dehnte ; trotz einer grossen Consultationspraxis und man- 
cher Nebenbeschäftigungen, der Mitgliedschaft des Me- 
ficinal-CoUegiums, der Universität, des Aerzte Vereins, 
der Commission für das neue Hebamnienlehrbuch, konnte 
er bei seinem angestrengten Fleiss doch noch Zeit für 
«eine schriftstellerische Thätigkeit erübrigen. Die jetzige 
Konigsberger Frauenklinik ist nach den Angaben H i 1- 
dehrandt's gebaut, eine besondei's von ihm getroffene 
Einrichtung war es, dass in den auf 4 Personen einge- 
richteten Zimmern eine Schwangere Wocbendienst aus- 
übte. Das Nähere darüber enthielt seine Schrift: ^Die 
neue gynäkologische Universitäts- Klinik zu Königsberg'', 
leipzig. 1875. Fem er sind mehrere gynäkologische Ar- 
beits zu erwähnen, so über die subcutanen Ergotinin- 
jectionen zur Heilung der Myome, das Sondieren der Tu- 
ben, fibröse Polypen des uterns^ retroflexio uteri, den 
Katarrh der weiblichen Geschlechtsorgane, die Krank- 
bßiten der äusseren weiblichen Genitalien (P i t h a - B i 1 1- 
loths Handbuch der aUg. u. spec. Chir. 1877), 

§- 31. 
Rudolf Ealtenbacli, 
geb. 12. Mai 1842 in Fi'eibiirg i. Br., gest. 21. NoTbr. 




94 



1893. Studierte in Freibiirg, Berlin und Wien, promo- 
vierte 1865, war 1865 bis 1867 Asaisteiit von Dum- 
reicher in Wien, 1867—1873 Assistent von Hegar, 
1868 habilitierte er sich in Freiljurg, vrurde 1873 ausserord. 
Professor, dann 1883 als ordentL Professor nach Giesaen 
berufen, von wo er, als Nachfolger 01s hause n's, nach- 
Halle übersiedelte, I 

Seine Hauptwerbe waren die ^operative Gynäkologie", 
Erlangen 1874, welche er mit He gar bearbeitete und 
sein „Lehrbuch der Geburtshülfe*, Stuttgart 1893, Aufl 
der chirurgischen Schule hervorgegangen, fand er an dem 
grösseren Material der Hegar sehen Klinik vielfache 
Gelegenheit, sich seine spätere operative Geschicklichkeit 
einzuüben. Die Früchte dieser Thätigkeit sind von ihm 
in zahlreichen Aufsätzen niedergelegt. Auch die Geburta- 
hülfe verdankt ihm mehrfache Bereicherung. Eine aus- 
gebreitete konsultative Praxis in Giessen und später in 
Halle, sicherte ihm den Dank und die Liebe vieler Pa- 
tienten seiner Klinik, Sein offenes und wahres Wesen war 
mit Recht geschätzt, auch seine Unterrichtsmethode fand 
bei den Studenten wegen seiner präcißen Aus drucks weise 
vielfache Anerkennimg. j 

Von ihm liegen an geburtshülfl, Schriften vor: T 
Zur Pathologie der puerperalen Eklampsie* Leipzig 
1892* 

Zur Pathogenese der placenta praevia. Stutt, 1890 
Erosionen der Brust mangels Infectionsquelle. Leipz 
1883. 

die Nothwendigkeit eines Säugasyls, Freib* 






Ueber 
1870* 

Ueber 
Zeitich. f 



und Cervikalrisse b. d. Geb. 



tiefe Scheiden 
Geh, Bd. n. 
Tliffuse H}T)erpJasi6 der decidua, Ebend, Heft 2, 
tmbinierten Wendung auf die Füßse n, B r a s t o n- 

. m, 

lik der Wendung aus Kopflage. Bd. III. 
aarea wegen Carcinom d. Bectums. Bd. IVi 



i 



95 



^ 
^ 



Amput&tio uteri supra vag, wegen Fibrom b* Schwang, 
Centxbl t Gyn, 1880, Nr. 15. 

Zur Tberap- der Extrauterinschw. Ebend. 1881. 
Nr. 2L 

lieber eine eigenth. Form v. Centrabniptur d* Becken- 
bodeus, Ebend. 18S3. Nr. 29. 

Ist Erysipel intrauterin übertragbar? Ebend. 1884, 
Kr. 44. 

Immunität im Liebte der Vererbung, Virck Arch, 
Bd. 100. 1885. 

Ueber einen Fall v. Oravid. im Nebenhom des uterus. 
Vortr, in Preiburg. 

Zur Prophylaxis der Augenentz, d. Neugeb, Verb, d. 
Gesell, l Gyn, 1886. 

Ueber Uterusrupturen* Vortr, auf der Naturf. Vers, 

Zur Antisepsis in d. Geburtsh* Prager med.Wochenscb. 
1887. Nr. 37. 

Debnungsstreifen in der Halshaut d. foetus. Centr.BL 
188S. Nr- 3L 

Ueber Selbstinfectiou. Verb. d. Ges. t Gyn. 1889. 

Ueber d, Bedeut. d. fötalen Wirbels, t d. Austritts- 
mech, Zeitsch, f. Gyn, Bd. XXI, 

Ueber Hyperemesis gravidarum, Ebend. u. Nr. '26. 
189 L 

Zur Mechanik der Austrittsbeweg. Verb. d. Ges. f. 
Gyn. ISOl. 

CompUcation r. Uterusruptur u. Cervikalriss» Deutsch. 
m.Wochscb. 1893. Nr. 43- 

Lehrbuch der GeburtshÜlfe. Stuttg, 1893. 

Zur Pathogenese der placenta praevia. Zeitsch. t Geb. 
M. Centrb. f. Gyn, Bd. XVm. 

Pemer aus dem Gebiete der Gynäkologie : 

Directer Verschluss einer Blasencervikalfistel. Berl. 
1876. 

Zusammengesetzte Cyste der Scheide, Beri. 1873. 

Beiträge z. Laparotomie bei fibrösen Tumoren des 
Uterus, Stutt. 1877, 

Zur Totalexstirpation des carcinomatbsen uterus- 
Wetzlar 1884, 




96 



Erfahrungen üb, Totatesstirpationd.utenis. BerL 1889* 

Coraplication v, Utemsmptur u. CerTikalriss. BerLj 
1893. ^ 

Beiträge z. Anatomie Up cliirnrg. Behandlung der 
Ovarialtumoren, Stuttg. 1876, 

Deber Exstirpation maligner OTarialtumoren, Wien 
1880. 

Erwidenmg ani d. Kritik von Landau, Berlin 187 &. 

TJeber Scheiden verschluss im Blasen gnind. Deutseh» 
Ä, Nr, 5, 1869, 

Beitrag z. Anatomie u* Genese des Uterusprolapses. 
Zeitsch, f. Gyn, 1877. 

Eine eigen thlimliche Wirkung d, Chloroiorms. Arch, L 
path, Änat, Bd, 49, 

Verletzungen d, weibl, Genit, innerhalb des Puer- 
periums, Zeitsch* f. Gyn, Bd, 4. 

Exstirpation eines papillären Adenoms der Blase, 
Langenbeck's Arch, Bd, 30, 

Die operative Gynäkologie und die TJntersuchimgs- 
methoden, 3. Aufl, 1886, 

Episiokleisis m. Anleg* einer Eectovaginalüstel, Centrb. 
f. Gyn. 1883. Nr. 48. 

Ueber Stenose der Tuben, Centralbl. f. Gyn, 1885* 
Nr. 43. 

Ueber Tubenerkrankungen. Der prakt. Arzt, 1877. 
Nn 12. 

Ueber Hilfsmittel des gynäkol. Unterrichtes, Zeitsch. 
f, Geb, Bd, 21, Heft 1, 

Albuminurie u, Erki*ankungen der Hamorgane in der 
Portpflanzungsperiode. Arch, t Gyn. Bd. 3. 

§^ 32, 

Christian Adolf Her uiaii« Löhlein, 

geb. 26, Mai 1847 in Coburg, gest, 25, Novbr, 1901 in 
Giessen. L, studierte in Jena und Berlin, machte sein 
i*^n 1871, wurde dann Assistent bei M a r t i n. Eine 
in üim ^Die Lehre voni durchweg zu engem 
70*, erhielt einen Preis der Facultät. 1875 ■ 
n sich mit der Schrift „Ueber das Verhalten 



d 



97 



P 



P 

I 



des Herzens bei Schwängern und Wöchnerinnen'*, 1888 
wurde er als Professor nach Giessen berufen, 

Die Wirksamkeit von L ö h 1 e i n war in erster Linie 
der Geburtshülfe zugewandt, noch in seinem Berliner 
Aufenthalt machte er sich tim die Einrichtung einer 
PÖegestätte ftlr entlassene Wöchnerinnen verdient. In 
Giessen entfaltete er eine erfolgreiche Thätigkeit für die 
Hebung des Hebammen stand es. Die dortigen Wieder- 
holungskurse der Hebammen waren fast ausschliesslich 
sein Werk. Besondere Aufmerksamkeit wandte L, der 
Beckenmessnng zu ; weiter sind seine Arbeiten über Ek- 
lampsie und über den Wert der Castration bei Osteo- 
malacie hervorzuheben. In fortlaufenden Heften behandelte 
er (, gynäkologische Tagesfragen** der letzten Jahre, 

Löhlein war eine liebenswürdige Persönlichkeit. 
Als ein unerwarteter Tod ihn aus seiaier Wirksamkeit 
Hnwegnahm, durfte ein Freund ihm nachrufen : „er hatte 
keinen Feind**. Unter geinen letzten Leistungen war eine 
Rectoratsrede über die Aufgaben der geburtshülflichen 
Institute im Dienst der Humanität, 1889. 

pDie Messung der Transversa des Beckenein ganges, 
Beiträge zur Lehre von der puerperen Eklampsie. — 
Garralitas vulvae. — lieber Asepsis und Antisepsis in 
der Synakologie. 

Heinrich Labs, geb, 25, Jimi 1838, gesL 21* 
Febr. 1902, ausserordentlicher Prof. in Marburg, L* stu- 
dierte in Berlin und Greifswald, machte als Militärarzt die 
Kriege 1866 und 1870/71 mit. Seine physikalischen Ar- 
beiten über die Grundlagen des Geburtsmechanismus wer- 
den in den folgenden Abschnitten besprochen werden, 

§. 33, 
Hetrmann Beigelj 

(1830—1879), studierte in Greifswald, Breslau und Ber- 
lin. ÄJifangs als Badearzt in Reinerz, erhielt et, als 
erster Deutscher, einen Ruf an das Charing Cross-Ho- 

Bahf 11^ S 1 eb ol d, Gr^Bclüchte der QüburtaätUfo. IH. 7 





98 



Bpital in London, wo er als lecturer of skin diseases 

funktionierte. Nach der Beendigung des Krieges 1870 

bis 1871 folgte er einem Ruf als dirigierender Arzt bei 

dem neu gegründeten Maria- Theresia-Frauenbospital in 

Wien. ■ 

1868 übersetzte er das Werk von Marion Sims™ 

„Clinical notes on uterine surgery" ins Deutsche* Weiter 

schrieb er: 

„Zur Entwickelung des Wolf f sehen Körpers beim 
Menschen", Centrb. f. d, med. W. 1878, 

„Zur Naturgeschichte des coq>u9 luteum"* Arch. f, 
Gyn* Bd* 13* 

Mit der Heransgabe eines Handbuches für Gynäko- 
logie beschäftigt, starb er plötzlich an einem Carbunkel 
1879* 

M a d u r o w i c z , Moritz, Ritter von, geh, 16. Sept* 
1831 in Kolomea, gest 13. Jan. 1894, M, absolviertö 
seine Studien in Krakau und Wien. Pronaoviert wurde er 
1856, die folgenden 6 Jahre war er als Assistent von Carl 
Braun thätig. 1 863 wurde er als Professor und Direk- 
tor der gebui-tah* Klinik zu Krakan ernannt. Seine zahl-J 
reichen, kleineren Aufsätze finden sich in der Wiener* 
allg. med, Zeitung, der Zeitschr. für prakt, Heilkunde, 
im Frzeglad lekarski, ^ 

Lumpe. Fälle von Eklampsie. Wiener med,Wochen- 
Bchr. 29 u, 31. 1854. L. sieht in den beschriebenen 
Fällen eine Bestätigung der F r e r i c h s'schen Theorie, 

Gen drin* Die Convulsionen der Schwangern undi 
Gebärenden* Gaz* des h5p* 1854, 



I 
I 



E. L n d e 1* Ueber die nephritis albuminosa alÄ 
Folge der Albuminurie der Schwängern. Ebend. I. 28 
1854* 

B n n 6 1. Eklampsie und die Schwierigkeit, di 
7**iss vor dem 3ten Tage der Krankheit im Urin 
. L'union. 1B54. 26* 

u a n n. Convxilsiones parturieutium* N. Zeit- 
ä. 25* 1848* 



4 




99 



h 



R, Jones« Convolsionen Schwangerer. Schmidt's 
Jahrb. 1844* nach Dublin journ* Sept, 1843, 

F. P 1 a 8 s e. Ueber Eklampsie der Schwängern, Ge- 
bärenden u. Wöchnerinnen* N, Zeitsch. 1 Geb. Bd- 18. 

1845. 

t 34. 
Otto Spiegelberg, 

geb. 9* Januar 1830, gest. 9. August 188L S, studierte 
in Göttingen, promovierte 1851, hielt sich dann in Berlin, 
Wien und Prag auf, habilitierte sich 1853 in Göttingen, 
km wurde er Assistent bei S i e b o 1 d* 1853 machte er 
läDgBre Reisen nach England, und seine dortigen Beoh- 
achtungen machte er in dem Aufsatze: „Zur Gebiuia- 
hülfe in London, Edinburg und Dublin*" bekannt Mit be- 
sonderer Vorliebe beschäftigte er sich mit anatomischen und 
physiologischen Forschungen, seine zahlreichen Untersuch- 
ungen darüber sind sowohl in der Monatschr* f. Gehurtsk., 
als auch in der Zeitschr, für rat. Medicin niedergelegt, 
üeber den Mechanismus der Geburt veröffentlichte er 
mehf ere Aufsätze ; sein Lehrbuch der Geburtahülfe, 1858, 
später von Wiener fortgesetzt, fand viel Verbreitung. 
1861 folgte er einem Eufe nach Freiburg, dann ei- 
nem Rufe nach Königsberg, endlich einem nach Breslau. 
1870 gründete er mit Mithülfe vieler Fachgenossen, nach 
dem Aufhören der Monatsschrift für Geburtskimde, das 
Archiv für Gynäkologie. Neben einer reichen konsul- 
tativen Praxis und grossen operativen Thätigkeit fand er 
noch imnier Zeit, sich an dem Verkehr mit den Kollegen 
lind den KongiTssen zu beteiligen. Mit oft scharfen 
Worten wusste er auf den Kongressen seine Gegner zu 
^derlegen. In seiner Klinik rühmten die Zuhörer die 
Gewandtheit seiner Sprache und seinen diagnostischen 
ächarfeinn. An dem Aufschwimg der operativen Gjnä- 
Wogie hatte er manchen Antheü. Obwohl ans der alten 
Göttinger Schule hervorgegangen, wusite er seine Thätig- 

7* 





100 



keit doch mit den neuen Richtimgen der GebTirtsliülfe z\x 
Tfimnen. Seine Berufung nach Berliu, auf die er nach 
Martin a Tode gerecknet hatte, fand in der Hauptstadt 
unerwartete Hindeinisae» 

Zux Greburtshülfe in London, Edinburg u. Dublin, 
Monatsch, t Öeburtsh. 1856, 7. 

Experimentelle Untersuchungen über d- Ner^encentren 
u* die Bewegungen des uterus, Zeitsch. f. rat. Med, 1858. 

Lehrbuch der Geburtshülfe. 185B, Lahr. 

Programm de cervicis uteri in gravid, mutationibus. 
Königsberg, 1864. 

Zur Lehre vom schräg verengten Becken. BerL 1871. 

lieber die Chloroform-Anästhesie während d. G^b. 
Monatsch. 1 Geb. 1858. 

Die Nerven n* die Bewegung der Gebärmutter. Ebend* 
1834, 

Die mechanische Bedeut, des Beckens, bes. des Krems- 
beins. 1858. Ebend. 

Ueber die Bildung u. Bedeut. des gelben Körpers- 
Ebend, 1865. 

Zur Lehre vom Mechanismus der Geburt, Ebend, 1867* 

Zur Kasuistik d. Eierstocksge schwülste im puerperium. 
Ebend. 1867, 

Zwei erfolgreiche Ovariotomien. Ebend, 1866, 

Ueber den Werth der künstlichen Frühgeburt, Ebenda 
1870, 

Ueber Perforation der Ovatialcystome in d, Bauch- 
höhle. Ebend, 1870, 

Acht neue Ovariotomien, Beitrag z, Lehre von der 
Eklampsie. Ebend. 1870, 

Ueber d. Comphcation des puerperium's m, chron. 
Herzkrankh, Ebend, 

Beitrag z, diagnostischen Punktion b, abdom. FlUssigk. 
Ebend. 1872. 

Die Diagnose der cystischen Myome des uterus. 
Ebend, 1874. 

Drainage u* Stiel bei der Ovariotomie. Ebend. 1875. 

Di© Entwickel, der Eierstockefistel u. der Eier der 



I 

I 
I 



Lugethii 



ere* 



101 



I 



HaeJir, d. Qesellsclit d* Wissensch. zu Cjdttmg«ii. 18G0* 
DriisenscMäuche im fötalen menschl, Eierstock* Yircli. 
Arcb. 1864. 

§. 35. 

AloyB ConstÄntin Conrad Gustav Veit^ 

geb. 3- Jtmi 1824 in LeobschUtz in Schlesien, Sohn eines 
Apothekers, studierte in Breslau, Berlin, Heidelberg und 
Halle. In Halle wurde er Assistent unter Kahl, dairn 
Aasiätent unter Busch in Berlin. Er habilitierte sich 
dort 1853 imd erhielt 1854 den Ruf als ordentlicher Pro- 
fessor der Geburtsh. nach Rostock. In Rostock blieb er 
bis zu seiner Uebersiedelung nach Bonn 1864. Im Jahre 
1898 beging er sein SOjähriges Dr. -Jubiläum in Deyels- 
dorf hei Grimuieui wo er jetzt im Ruhestand lebt, 

Veit war in Bonn als Arzt und Lehrer sehr be- 
liebt. Sein scharfer, durchgreifender Geist hatte ihn, als 
er noch in Berlin wiu-, unter den jungem Fachgenossen 
^ ^ossem Ansehen gebracht und auch in dem Alter 
konnte man in seinen Vorträgen seine präcise, knappe 
Aus drucks weise rühmen. Gewandt im Verkehr mit den 
Kranken, bat er in seinem Wirken die Bonner gynäko- 
logische Klinik bei zahlreichen fremden Kranken zu einem 
^ohl berechtigten Rufe gebracht. Auch war es sein Ver- 
dienst, dasa er seinen Assistenten Schröder zu der 
späteren Laufbahn heranzog» 

Üeber das sogen* Kyestein. N. Zeit seh- f. Geb. 1851. 

Ueber den Ort und die Entstehung des sogen. Pia- 
centengeräusches. Verh. d. Gesellsch. f. Geb. in Berlin* 
1852. 

Die physiologischen Veränder. des Brust drüsense er ets, 
Ebend, 

Üeber d* Daner der Schwangers eh., die Ursache des 
Eintritts der Geburt u. den Modus der Wehen* Ebend. 
185B. 

Beiträge zur geburtshülflichen Statistik. Monats eh. f. 
Geb. 1855. 



102 



Krankh. d. weibh Gescblechts Organe* Vi r c h o w 
Handb. d, Pathol, 2, Aufl. 1864 

Die LagenTerhältmsse der Früh- u. ZwUlingsgeburteii, 
Scanzool Beitr. 1860. 

Ueber die beste Methode z. Extr. d. nachJolgendeii 
Kinderkopfes- Greifswalder Beiträge, 186B. II. 

lieber d. Extraet, d. Frucht u. d. Modus d. sogen. 
SelbstentwickeluBg, Monatssch, i. Geb« 1861. 

Ueber d» Frequenz der Nabelschnurumschlingung u* 
den Binfluss derselben auf den Ausgang der Geburt t 
d. Kind. Ebend. 1862; 

Ueber die 1S64 u. 1865 in der Bonner gebnrtsh, 
Klinik aufgetretenen puerperale» Erkrankungen, Ebend. 
1865. 

Ueber die Leitung der Geburt beiDoppelmissgeburten. 
Volkmanns Samml. klin. Vorträge. Nr. 164 u, 165- 

Ueber die Eetroflexion d, Gebärmutter in d, späteren 
Schwangerschaftsmonaten. Ebend* Nr* 170* 



I 



8-36. 

Carl Schröder^ 

geb. 11. September 1838 in Neuatrelitz in Mecklenburg, 
gest. 7* Februar 1887 in Berlin. 

Eine hervorragende Erschemung unseres Faches war 
Carl Schröder, welcher einst, als ein Anfanger mit 
nur bescheidenem Material, in raschem Laufe die Stufe 
des ersten Lehrstuhles der Geburtshülfe der Reichsbaupt- 
stadt erreichte. Ein glücklicher Zufall war, dass Veit, m 
als er nach Bonn übeisiedelte, auf Schröder auf merk- | 
sam %vürde und dasa Veit mit richtigem Blick die Ge- 
legenheit ausnutzte, die vortrefflichen Eigenschaften seines 
Assistenten an der richtigen Stelle zur Entwickelung zu 
bringen. Nach 2jähriger Assistentenzeit, dann als Pri- 
locent habUitiert, schrieb Schröder als erste grössere 
^le Monographie j,Scliwangerschaft, Geburt und 
tt* 1867. Schon in dieser Arbeit zeigte sich 



103 



sein praktischer Sinn und seine scharfe Beobachtimgagabe, 
7on welcher auch spätere Schriften Zeugniss ablegten. 
Als Schröder 1868 nach Erlangen, zunächst als Extra* 
Ordinarius berufen wurde, hatte er in der dortigen sehr 
kleinen Klinik Müsse und auareichende Gelegenheit, 
die in ihm scMummemden Anlagen zu grosser Blüthe zu 
entfalten. Sein „Lehrbuch der Geburtshülfe* 1870| später 
vonOlshauseu und Veit fortgesetzt und 1902 bis zur 
Uten Auflage gediehen, gab den Anatoss, dass man in 
Berlin auf seine aufstrebende Kraft aufmerksam wurde 
üJid bald gewann er dort durch seinen angestrengten 
Fleiss eine heryorragende Stellung als Geburtshelfer und 
dann als Gynäkologe. Als Schröder nach Berlin be- 
nifen wurde, hatte er noch yiel zu lernen, aber Alle, 
welche ihn in seinem Fortarbeiten beobachteten, konnten 
die fruchtbaren Keime voraussehen, welche in seiner spä- 

■ teren Wirksamkeit hervorsprossfcen. Seine erste Stellung 
als Kliniker in Erlangen hatte es mit sich gebracht, dass 
Schröder dort fast ausschliesslich Geburtshelfer war, 
aber man muss ihm nachrühmen, dass er selbst auch in 
seiner späteren ausgebreiteten Berliner Praxis niemals die 
engen Beziehungen der Gynäkologie zu der Geburtshülfe 
aas den Augen verlor. Seine Arbeiten über den „ schwän- 
gern und kreisseuden uterus", Bonn 1886, seine Mit- 
wirkung bei der umfassenden B ö h r sehen Arbeit, über 
den Tod an Kindbettfieber im preussischen Staate, seine 
Torträge über das Verhalten der cervix uteri, seine rege 
Tbeilnahme an den Verhandlungen der gebuiishüLflich'- 
gynäko logischen Gesellschaft, seine Leitung der Hebam* 
meuzeitung, waren Zeichen besonderen Interesses für die 
—Geburtshülfe, Für den Neubau der Berliaer Anstalt, 
^^elche 1882 eröffnet wurde, hatte er bestimmenden Ein- 
fluss* Er war auch der Erste, welcher in seiner Klinik 
auf die Einrichtung zurückgriff, welche Michaelis 
schon 1846 getroffen hatte, das Wohnen von Studenten 
und Kandidaten im Anstaltsgebäude. Dessgleicbeu war in 




104 



der Anstalt die Abtrennung einer besonderen Abtheilimg 
für Septische sein Werk, 

Eine Infection, welche er sich bei einer Operation 
^gezogen hatte, wurde ftlr Schröder der Au^gangs- 
ptmkt zu seinem mit Lungenerscheinungen erfolgten Tode. 

Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Bonn 1857, 

Ueber das Verhalten des Hymen und seiner Reste 
bei der Eohabitation, der Geliurt und im W^ochenbett. 
Erlangen 1871. 

Die Laparotomie in der Schwangerschaft. Stuttgart 
1680. 

Mastitis in der Schwangerschaft» Marburg 1S96. 

Ueber die Bedeutung des Blasen spmnges bei Fb- 
centa praevia lateralis. Stuttgart 1877, 

Ueber übriuilse imd Plaeentarpolypen. Erlangen 1870* 

Kann aus Lungen Neugeborener, die geathmet haben, 
die Luft wieder YoUständig entweichen? Leipzig 1869. 

Handbuch der Krankheiten der weiblichen Geschlechts- 
organe* Leipzig 1874. 

Jahresbericht der Gynäkologie für 1877. 

£Iinige Fälle von Entwicklungsfehlem der weiblichen 
Genitalien» Würzburg 1869. 

Ueber chronische Ulceraüonen an der vorderen und 
hinteren Commissur der Vulva. Berlin 1877. 

Luft Cysten in der Scheidenschleimhaut, Leipzig, 

Ueber Aetiologie und intrauterine Behandlung der 
Deviationen des Uterus nach vom und hinten. Leipzig 
1872, 

Noch ein Wort über die normale Lage und die Lage- 
vefTänderungen der Gebärmutter. Berlin 1876, 

Ueber die operative Behandlung der extraperitoneal 
mserirten Ovarialkystome, Stuttg. 1878» 

Bericht übej: 50 ,L ister'sche*^ Ovariotomien, 1876 
— 78 in Berlin ausgeftihrt Berlin 1878- 

Ueber die Drainage des Douglas 'scheu Raumes 
bei der Ovariotoniie, Elrlangen 1875, 

Bericht über weitere 50 Ovariotomien, BerL 1879* 
" irxer Bericht über SOO Ovariotomien* Berl. 1882. 



105 



I 



Eritisclie UntersuchuBg über die Diagnose der Ha©- 
mtocele retrouteiina, angeknüpft an einen Fall von 
Uterus und Vagina duplex mit Atresie und Verhal- 
timg des Menstrualblutes der rechten Hälfta* Bonn 
1866. 

Ueber die Bildung der Haematocele retrouterina und 
auteuterina. Berlin 187 L 



i 37. 

Der Gesundheitixustaacl der Wöchaerianen. 
1840-1860. 

\ Wer mit fachmännigchem Urtheil die geburtshülf- 
liehe Litteratur der 40er Jahre durchmustert, der wird 
mh nicht dem Eindruck entziehen k5nnen, dass zw^r 
mit Torliebe techniBche Fortschritte unserer Wissen- 
schaft zur Erörterung herangezogen sind, dass dagegen 
ik allgemeinen Fragen der Gesundheit der Wöchnerin- 

luen mit weniger Gründlichkeit behandelt worden sind. 
In der Heuzeit spitzen sich alle imsere*Betrachtüngen 
und Ueberlegungen auf die Erhaltung gesunder Wöch- 
lerinnen als eiu erreichbares Endziel zu, und, wenn man 
die zahlreichen Fehler erwägt, welche in der früheren 
Zeit in dieser Rücksicht begangen worden sind, so könnte 
man isich leicht versucht fühlen, über diese Epochen ein 
liartes und ungerechtes ürtheil zu fallen. Aber Jeder, 
der früher Nachwehen der vorigen Irrtliümer selbst 
erlebt hat, der weiss, wie unendlich schwer der Weg dem 
gewissenhaften Beobachter gemacht wurde, sich aus der 
Befangenheit früherer Vorstellimgen herauszureissen* Wir 
haben es auf Grund unserer fortgeschrittenen Kenntnias 
leiclit, darzulegen, was Alles wir früher besser gemacht 
hätten. Die Thätigkeit unserer Vorfahren kann nur der 
gerecht beurth eilen, der sich in die Anschauungen der 
damahgen Zeit hineinzuversetzen vermag* 

Die Grösse der Gefahr, welche damals den Hülfe 
Btiehenden Schwangeren in den Gebäranstalten bevorstand, 




106 



war den weiterea Kreieeii des Publiloims gemeiiuglic 
unbekannt geblieben. Sogar die berufenen Vertreter de 
Gebnrtshülfe konnten kaum ans den ihnen zugegangenenJ 
auswärtigen Berichten den Umfang des Puerperalfieber 
m dieser Zeit richtig ab ach ätzen. Die Statistik war da- 
mals noch in ihren Anfängen. Regelmässige Berichte * 
aUer Kliniken existierten nicht, und über Gresundheifcs Ver- 
hältnisse auswärtiger Anstalten konnte man sich oft nti 
durch Erzählimgeu fremder Besucher unterrichten. 

Ueber das Wesen deg Kindhettfiebers erschienen 
den 40er Jahren einige üeissige Monographien, welche 
über die frühere Ausbreitung des Puerperalfiebers und 
über die Therapie der ausgebrochenen Kr^ikheit Licht 
XU verbreiten suchten. Die Darlegungen dieser Autorer 
über das Kindbettfieher der Gebäranstalten htten unter deii| 
Irrthümeru, welche sich von lange her über die Einwlr^ 
kung eines Miasmas auf die Wochenhettskrankheiten ein- 
gebürgert hatten. Die damaligen Autoren konnten sich 
nicht von der Auffassung los machen , dass den Wöch- 
nerinnen durch die umgehende Luft ein Krankheitsgift 
zugetragen werde» welches sich gelegentlich, namentlich 
bei Zusammenliegen zahlreicher Wü ebne rinnen zu einen 
gefährhchen Kontagium verdichtete. AUe Untersuchun-^ 
gen, welche diese Fragen betrafen, wie die Arbeiten voh 
Litzmann, Hugenberger^ Silbe rschmidt" 
IL s* w,, wurden von dieser Vorstellung beherrscht. Man ■ 
nahm allgemein die bekannte Thatsache an, dass gerade inA 
dem Zustand des Wochenbetts eme besondere Disposition 
für das Eindringen des Miasmas gegeben sei, und auch j 
Beohachtungen von sporadischen Fällen von Puerperalfiebei» 
Hessen sich sehr gut mit diesen Anschauungen vereinen* ^ 

Offenbar hatten auch diese Vorstellungen für man- 
'^n Fach genossen lähmend auf Vorbeugungsmassregek 

'^ijidbettfiebers eingewirkt. Der Kampf gegen 

ites Krankheitsgift, welches den Leidenden aus 
xufloss, schien dem behandelnden Persona 



Lch 

'OHM 



107 



^ 



^ 



nuklos zu sein^ und alle Medication. welche man Eiek 
zur Abhülfe aussaim, g^g^n den EbfluBs dieser über- 
mächtigen Factoren keine ausrc-icheude Wirkung aus- 
zuüben. In dieser Stimmung schrieben Manche unserer 
Fachgenossen über die Gefahr des Puerperalfiebers^ als 
von einem, von dem Fortpflanzungsgeschäft untrennbaren 
und nicht besiegbaren Verhängniss, 

Aus der Summe des damals vorliegenden Materials 
scliien sich den Fachgenossen eigentlich nur die That- 
sache zu ergeben, dass in Zusammenhäufung der Wöch- 
nmnnen in überfüllten Räumen das Krankheitsgift be- 
sonderen Platz für weitere Entwickelung finde. Dieser 
umstand wurde von manchen Autoren^ wie z- B, von 
L i t B ra a n n , vorzugsweise betont, und in einzelnen An* 
slalten führte dieselbe Ueberlegung Öfters zur einstweili* 
gen Räiunung der Kliniken. Der weitere Schritt, die 
Thätigkeit des klinischen Personals zur Verantwortung 
zu ziehen, wurde gemeiniglich nicht gemacht. Die Zeit 
war dazu noch nicht reif genug. 

Für ¥iele sind die Eriblge der Gebär an stalten in 
den Jahren 1840—1860 erst nachtrUglich zu allgemeiner 
Kenntniss gekonunen. Grössere Kliniken gingen mit Ver- 
öffentlichungen vor, und kleinere Anstalten folgten mit 
ihren Ausweisen nach. Das Ergebniss war für Viele, 
dort wie hier, mederschmettemd. Die nachstehende Ta- 
belle der puerperalen Mortalität einiger Gebäranstalten 
in den Jahren 1840— '1860 enthält die Ausweise daftlr. 

Den bis jetzt anscheinend nutzlosen Kampf gegen 
das Kindbettfieber durchzufechten, war ein Gegenstand 
eifriger Sorge und zugleich täglicher Bekümmernis s hervor- 
ragender Geburtshelfer. 

Wie viele Arbeit dabei geleistet, wie Tiele Opfer in 
diesem Kampfe gebracht, welche Summe von Lebens- 
treu digkeit zerstört worden ist, das lehren uns die Lebens- 
bilder mebTerer Geburtshelfer. Erschütternde Beispiele 
«läTon waren Michaelis und Semmelweis. 




L i t z m a n n. Das Kindbettfieber. Halle 1844, 
Silbersclimidt* DarsteUung der Pathologie des 
Kmdbettfiebers, Erlangen 1859. — Sinogowita, 
Das Küidbettfieber. Berlin 1845. -- Arneth. Die 
geburtsh. Praxis erläutert d, Ergeb. der 2te Gebärklinik. 
Wien 185L ^ Siebold. Die akad. Entb. in Göttingen 
1792^1865. Göttingen 1856. — Streng. Die ge- 
burtsh, Klinik t Heb. in Prag. Prag 1856. — R e us s, 
Statistik des Puerperalfiebers. Diss. Tübingen 185L — 
Cred6. Die Entbindungs-Schule in Leipzig, 1810 — 
1859* — Hu genberge r* Das Puerperalfieber m 
dem Petersburger Heb.-Institut 1845-^1859. — Char- 
r i e r. De la fievre puerperale a la maternite de Paris. 
Tb^se 1855. — a SickeL Das Puerperalfieber und 
dessen Behandlung, nach d, Verhandl. in d. Akad. zu 
Paris. Schmidts Jahn 1859, — Gu^rard, D e- 
paul, Beau, Piorry, Hervez de Ch^goin, 
TrouBseau, P. Dubois, Cruveilhier, Da- 
njau, Cazeaus, Bouillard, Velpeau, J, 
G u 6 r i n „De la fif'^rre puerperale de sa natura et son 
traitement, communication k racad^mie imp. de med., 
precedees de Findication bibUagraph. des principaux ecrits 
pubU^s sur la fi6vre puerperale* Paris 1857. 462 pp, 
(Vgl. BulL de TAcad* Tome XXUI), — B e h i e r. De 
la fi^vre puerperale. L'union 31 — 44. 1858. — Gl- 
raud-Teulon. Das Puerperalfieber vom GesicMs- 
punkte der engHacheu Medicin aus betrachtet. Gaz. de 
Paris. 1858. 

M' C li n t o c k. Das Puerperalfieber in Dublin* Dubl- 
joum* Mai 1845. — A. P e d d i e. Die Natur des Puer- 
peralfiebers und dessen Zusammenhang mit erysipelatöser 
und phlebi tischer Entzündung, Edinb, med. joum. Jan. 
1846* — Kueeland. Der Zusammenhang des Puer- 

tperalfiebers mit Erysipelas. Araeric. joum. April 1846* 
— W a d d y* Das Puerperalfieber. Laucet. Jan. u. Juni 
1846. — J* Y* S i m p o u* Analogy between puerperal 
and surgical fever* 1850* — E* N ö g g e r a t h. The 
Tirogress of obstetrics and uterine pathology* 1858* — 
. Levergood. Puerperalfieber und Erysipelas* Amer* 
6d. March. 1857. 



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109 







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^egpründeten Vereiniguiigeii eng ihre Landsleute zuBammen. 
Man fühlte sich in Paris befriedigt in dem Gefühle der 
Anwesenheit in einem Mittelpunkt der WissenBchaft und 
der litteratur , wo die Strömungen des Lehens immer 
einen empfanglichen Boden antreifen durften. 

Die Pariser Spitäler waren unter die Oberleitung 
der Aasist ance publique, damals unter H u s s o n , gestellt, 
Aeltere Bestimmungen regelten streng den Einiluss der 
Admiiustration, ein Eingriff der Aerzte in diese Leitung 
war ausgeschlossen, gesundheitliche Fragen, welche die 
angemeinen Verhältnisse des Hospitals betrafen, waren 
dem Urtheile von Nicht-Medicinem vorbehalten, die Aerxte 
Imtten nur freie Hand in Ausführung des Heilplans der 
aufgenommenen Kranken. Ganz anders, wie in England 
tmd in Deutschland, hatte sich dort das Verhältniss d^ 
Chefarztes zu der Hospitalleitung entwickelt, der fort* 
laufende Dienst in den Krankensälen war nicht fertig 
ausgebildeten Personen übertragen, in den bisweilen 
grossen Spitälern in Paria fand man keinen graduirten 
Arzt, der Chefarzt hatte nur die Pflicht der täglichen 
Visite, und in ausser gewöhnlichen Fällen war derselbe 
bei den grossen Entfernungen oft schwer zu erreichen. 
So war auch die Zusammengehörigkeit des Chefarztes 
mit dem ihm übergebenen Hospital nur locker, und bei 
hygienischen Fragen konnten die Aerzte wenig Ein- 
finss ausüben. In anderen auswärtigen Krankenhäusern 
war die Oberleitung entweder bestimm ungs gemäss oder 
doch thatsächlich in ärztlichen Händen; in Paris war ea 
den Äerzten schwer und, um nicht zu sagen, ans sichte los» 
in den conipHcierten Verwaltungamechanismns seibat mit 
gut begründeten Verbesserungsvorschlägen einzudringen* 
Wer klaren Auges in diese Verhältnisse einen Einblick 
that, konnte bald die grossen Schäden gewahren, welche 
dort in der ursprünglichen Organisation ihren Grund 
hatten. Die Liberalität der Bedingungen für die Auf- 
nahme suchenden Kranken, welche in Paris üblich 




112 



wan konnte die anderweiten Felder der Hospitaleinrich- 
tuDgen nicht verdecken. ■ 

Die TJeberzeugung, dass der Bau der Hospitäler imd 
die Einrichtung des häuslichen Innendienstes in erster 
Linie Gegenstand ärztlicher Wissenschaft sei, war damals 
von den massgebenden Behörden nicht anerkannt. Zwar 
fehlte es nicht an einsichtsvollen französischen Kollegen, 
welche die bisherigen Vorurtheile der Administration zu 
bekämpfen versuchten, aber der Erfolg blieb erst der 
späteren Zeit vorbehalten- Leon de Fort wurde von 
der Aösistance publique zum Bericht über fremde Kran- 
kenhäuser fortgesandt; sein Bericht lautete vernichtend 
für die französischen Einrichtungen, es blieb aber doch 
ganz beim Alten. 

Wer die damalige Zeit selbst erlebt hat, der konnte 
bei den Landsleuten täglich die Einsicht heranwachsen 
sehen, wie sie, anfanglich unter dem blendenden Eindruck 
der Grossstadt, die Schwächen der dortigen Hospitäler 
übersahen, dann aber die Ueberzeugimg gewannen, dase 
in hygienischer Hinsicht die Pariser Spitäler weit hinter 
den Anforderungen der Zeit im Rückstand geblieben wa- 
ren. Die Hanptfactoren für die Gesundung der Kranken, 
Luft und Licht, welche man anderswo m dem richtigen 
Werthe kennen gelernt hatte, fand mau in den Parißer 
Spitälern auffallend Ternachlässigt, Wer die Kranken- 
säle des Hotel -Dieu durchwanderte, der sah stannens- 
werthe Beispiele von TJureinlichkeit und Unordnung yoim 
sich, es fehlte an dem Machtworte eines dirigierenden 
Arztes, welches keinen Widerspruch aufkommen lie&s. 
Dies war der unbefangene Eindruck zahlreicher frem- 
der Aerzte, welchen sie von den Pariser Spitälern 
heimbrachten, und ebenso haben andere Autoren ihre 
dortigen WahtTiehmungeu geschildert. Es bahnte sich 
schon die Erkenntniss der neuen Zeit an, dasa bei dem 
früheren Betrieb die Heilanstalten der Aufgabe als Hu- 




113 



^ 



^ 



maDitUts- und Genesungaanstalten iiiclit mehr gerecht 
werden konnteiu 

Die Matemite blieb den fremden Aerzten verschlossen, 
und imr durch diplomatische Vermittelung durften ein- 
zelne ausgewählte, ausländische Besucher die Räume be- 
treten, in denen die Lachapelle und die B o i v i n 
so lange gewirkt hatten. Freilich auch, was man später 
von diesen Besuchen hörte, lautete nicht erfreulich Die 
Mortalität der Anstalt war erschreckend hoch, im Jahr 
1860 erreichte sie die Ziiier von ll,6^/ol 

Auch die anderen Pariser gebartshülfüchen Unter- 
richtsanstalten liessen Vieles zu wilnachen übrig. In den 
Sälen der Wöchnerinnen konnte man dieselben Verstösse 
gegen die Anforderungen der Hygiene wiederfinden, wie 
ia einigen cliirurgiscben Abtheilungen. Man rühmte 1860 
als einen besonders erfreulichen Erfolg, dass man in den 
Cliniqnes die Mortalität auf 2 — 3*^/© hinuntergedrückt 
habe. 

Freilich, wenn auch in diesen Dingen die Hospital- 
einrichtungen offenbar sehr rückständig waren, so blieb 
dem fremden Arzt der Genuss vortrefflicher Vorträge 
übrig, welche den Zuhörern von bewährten Fachmännern 
geboten wurden. P, Dubois, Pajoti Cazeanx, De- 
paul verwalteten damals das geburtshUlfliche Lehramt. 
In diesen Stunden konnte man in vollendeter Form mit 
Sachkenntnies geburtshülfliche Fragen besprochen finden, 
welche durch kein häusliches Studium zu ersetzen waren. 
Der klinische Besuch der Anstalt fing Morgens mit der 
Visite der Wöchnerinnen an, dann folgte ein längerer 
Vortrag imd, wenn es die Gelegenheit zuliesa, eine ge- 
burtshülfliche Operation. Dabei konnte man den fran- 
zösischen Kollegen mit Recht nachrahmen, dass sie ohne 
Voreingenommenheit Alles , was ihnen aus der Fremde 
zukam, prüften. Diesen wohlthnenden Eindruck hatte 
jeder Zuhörer. Man verschloss sich niclit den Vorzügen 
des Nägel e sehen Lehrbuchs, welches in der Behandlung 



noliTii-BlebDld^ 6eB(;hichtfl dar Ü^eburt^LüUe. III. 




8 



114 



der mechanischen Seite der Geburtsrorgänge verdiente Be- 
achtung fand. Ebenso wurde von den französischen Ver- 
tretern der Gebnrtshülfe die Anregting, welche Simpson 
hei einem gelegentlichen Pariser Besuche den dortigen Kol- 
legen über die Vortheile der Wendmig bei engem Becken 
gab, richtig gewürdigt. Die französischen Lehrer unseres 
Fachs bemühten sich redlich, die Lücken des Baudeloc- 
que'schen Systems der Geburtshülfe nach Kräften aus^^U'-^ 
bauen und zu erweitern, W 

Für den Hebammennnterricbt war in Frankreich viel 
gethan* In der Matemite lehrten P, D u b o i s mid D a- 
nyau, das Material dieser grossen Anstalt bot den Scbü- 
lerinnen viele Gelegenheit, sich für die Ereignisse der 
Praxis Yorznbereiten. Dnrch strenge Prüfungen nnd wie- 
der durch Belohnungen wurde der Eifer der Schülerinnen 
angespornt. Der Unterricht dauerte ein ganzes Jahr, 
gelegentlich wurde die Unterrichtszeit auf ein 2tes Jahr 
verlängert, bis die Schüleriii das Diplom erreichen konnte. 
Entsprechend diesem Bildungsgang wurden den Hebam- 
men im Vergleich zu anderen Ländern erweiterte Befug- 
nisse zugebilligt, und den Aerzten war in dem Dienst 
der Geburtshülfe diese Mithülfe eine schätzenswerthe Er- 
leichterung, 

Der Universitäts^ Unterricht für Studierende war aof 
die Städte Paris, Montpellier und Strassburg concentriertj 
dabei wirkten die sogenannten Ecoles prepäratoires de 
medecine mit. U 

Unter diesen Ünterrichtsan stalten hatte Strassburg 
seit langer Zeit ein begründetes Ansehen, als eine der 
ältesten Schulen der Geburtshelfer. Obwohl in. einem 
gan^ unzureichenden Lokal angebracht, hat die Strass- 
burger Anstalt doch Arbeiten gezeitigt, welche in der 
Idtteratur hervorragende Beachtung fanden. Nicht allein 
durch nachbarliche Beobachtung deutscher Arbeiten hatte _ 
die Strassbnrger Geburtshülfe auf die französischen Faeh^fl 
g^iossen einen erheblichen Einiluss ausgeübt, sondern 



d 



115 



^ 



mehrere Foi-tschritte der Anschauungeö dea Gebortsme* 
ctunistmis und der operativen Technik gingen gerade von 
Strasabnrg aus. Die richtige Würdigung der kflnstlichen 
Fröhgeburt war in der Hauptsache ein Verdienst von 
Stoltz, und wie schwer es ihm wurde, diese segens- 
reicLe Operation zur Anerkennung zu bringen, konnte 
man iö dem Ausspruch von Jaguernier sehen: „Die 
blnstliche Frühgehurt bat in Frankreich bis 1846 nur 
9 Fälle aufzuweisen. " 

Die Einrichtungeii der Strassburger Spitäler litten 
in diesem Zeitraum, gleich wie die Pariser Spitäler unter 
den vielen administrativen Fehlern der vorhergehenden 
Zeit Um so mehr darf es ruh menswert h hervorgehoben 
werden, dass an dieser Grenzmark von Frankreich unser 
Fach so viel Förderung erfahren hat. 



Amussat, J, Z., geb. 2L Novbr, 1795, gest 13, 
Mai 1856, Prof, der Anatomie und Chirurgie. Memoire 
Sßr la retroversion de Tutems dMis Tetat de la gros- 
sesse. JouiTi, de chir, T. 1. 1843* — Be.la possibilit^ 
de redresser d'une maniere permanente Tuterus en re- 
tro Version par la sondure du col ä la partie post6rieure 
et superieure du vagin* Paris 1851. Seine übrigen Ar- 
beiten betreffen die Anatomie und Chirurgie und durch 
diese ist sein Rulim weit über die Landesgrenzen ver- 
breitet worden* 

L4on J* B, Cruveilhi^r, geb. 1791, gest. 9. 
Marx 1874. Prof. in Montpellier, später in Paris, pa- 
thoL Anatom, „lieber Bauchhöhlenschwangerschaft"* N* 
Not. aus d. Natur- und Heilkunde. 1841 und über „Mißs- 
^eburten", Gaz* m^d, 1841* 

B r i e r r e d e B o i 8 m o n t, A*, geb. in Ronen, Verf. 
mehrerer Aufsätze aus dem Gebiete der Psychiatrie. Die 
Menstruation in ihren physiologischen, pathologischen 
und therapeiitischen Beziehungen* Preis sehr, für die 
Königl* Akademie zu Paris* 1840* Deutsch v. Kralft. 
Dieses Werk hat seitdem Manchen als Grundlage zn 
weiteren Untersuchungen gedient. Aus dies er Schrift stam- 

8* 




116 



men aucli flie schifctzenswerthen Angaben über das ver- 
schiedene Erscheinen der Menstruation bei städtischeiij 
und Landbewohnerinnen. 



§. 39. 

Paulin Cazeaux, 



s. Bd. II (1808—1862), früher Chef der Clinique dac- 
couchementSi schrieb ein oft auff^elegtes und officiell alflM 
Studienbuch eingeführtes Werk über Geburtshülfe , daa 
neuerdmgs von T a r n i e r wieder aufgelegt ist (lOte Aufl, 
1883). Die in diesem Lehrbuch dargelegten Grundsätze 
hatten einen grossen Einfluas auf die geburtshiiifliche 
Therapeutik Für den Gebrauch der Zange lässt C», 
allerdings mit einigen Einschränkungen^ die Drehungen 
des Kopfes zu* Dabei verfolgt er eingehend den "Kui- 
fluss der Haltung der Hals Wirbelsäule für die Fortbewe- 
gung des Schädek; am ersten hält er bei Gesichtslageu 
eine künstHche Drehung des Kindskopfes fiir zulässig. 
Der Grundsatz, die Zangenblätter nur an die Seitenflächen 
des Kopfes anzulegen, hat die französischen Aerzte, wie 
bekannt, gelegentlich zu dem Hinauf schieben der Zangen- 
blätter in die conjugata geführt* Dieses Manöver wird 
auch in dem Lehrbuch von C a z e a n x erörtert. Bezüg- 
lich der Perforation nähert sich C a z e a u x den eng- 
lischen Grundsätzen. Die sehr schlechten Resultate, welche 
der Kaiserschnitt in Frankreich bisher gegeben hatte, 
waren für sein XJrtheil von Einfluss. — Ein Instrument 
von ihm, eine Cephalotribe mit bedeutender Beckenkrtlm- 
mung, findet man öfters in älteren Instrumentarien. 
Erwähn enswerth sind seine Untersuchungen über die Ge 
stalt des Cervicaltheils in der Schwangerschaft (N, Zeit- 
hr, f. Geb. Bd. 20. 1846) und sein ausgezeichneter Be- 
t flber die Zulässigkcut des künstlichen Abortus. BulL 
jad. 1852. XVn. 



ent 
3^ 




117 



§. 40. 
Anne Jean Honri Depaul 

(g€l), 1811, gest. 1883) Verf. v, ^Traite theorique et 
pradque de rausciiltation obstetricale* (1847) und „Le^ons 
de tlinique obatetricale professees ä l'hdpital des cliiiiques ** 
(1872^X876), Ausserdem gab er von 1874—1881 die 
Aichires de tocologie et des mala dies des femmes heraus. 
Das mnfangreiclie Werk llber die geburtsliülfliche Aus- 
kultation enthält eine vollständige Gescbichte der Befunde 
der Gehöreracheinungen bei Schwangeren und Gebärenden 
Ijis zum Jahr 1847. Dankenawerth sijid auch die Arbeiten 
von D e p a u 1 über das Puerperalfieber in den Arch. de 
tacologie. 

' A. Ä. L. IL Velpeau, s. Bd. H, geb. 18. Mai 
1795, gest, 18. Aug. 1867| der seiner Zeit angesehene 
Lehrer der Geburtshülfe, der Entwickelungsgeschichte 
and der Chirurgie. Seine Vorträge wurden in den 60er 
Jahren wegen ihrer Klarheit auch von fremden Besu- 
chern sehr geschätzt. Anfänglich hatte er sich der Ge- 
burtshülfe zugewandt, später betrafen seine schriftstel- 
lerischen Leistungen vornehmlich chirurgische Fragen, 
Bemerkenswertb sind seine Unters uchtmgen über Eklam- 
psie und die Fehler der Kindeslagen. 

N. Ch. Ch all ly-Hon o r e> geb. 1805 in Paris, 
gest. 19. Jan, 1866, früher Chef der CUnique d'accou- 
chements der med. Facultät, Mitglied der Akademie, 
Verf, eines geburtsh, Lehrbuchs 1842 (die 6te Aufl, er- 
schien 1878). Seine These für das Doctorat trägt den 
Titel „Sur ravortement et les moyens de TarrSter" 1838. 
Weitere Arbeiten von ihim betreffen die Lehre von dem 
engen Becken und che operative Technik (Bull, de ther. 
Juli und Decbn 1850 und ebenda Mars 1846). 

P. G. Alexandre De y i 11 i e r s , geb, 12. Febr. 

J1781, gest. 15, Jan. 1853, ein thätiger Mitarbeiter ana- 

^ tomischer und chirargischer Zeitschriften, Autor einer 
T,ObseTYation d-une grossesse et observations avec hy- 

^dropaie de matrice proprement dite", Arch. gener. de 



118 

med. 1848. D. gehörte zu den ersten, welche bei Con- 
vulsionen Eklamptischer regelmässig Eiweiss in dem Urin 
auffanden. Weitere Untersuchungen über Wassersucht 
in der Schwangerschaft machte er gemeinsam mit Re- 
g n a u 1 d. 

Charles D. , ein Sohn des vorigen, geb. 1812, 
war Chef de clinique in der geburtsh. Klinik der Uni- 
versität. Seine Schriften sind : De Thyst^rotomie apres 
la mort de la mere, question consid6ree sous le point 
de vue m6d. legal. — Nouvelles recherches sur la mem- 
brane hymen et les caroncules hyem6nales. 1840. — 
Observ. et rech, sur les maladies particuli^res de la mem- 
brane caduque. 1842. — Maladies de Toeuf humain. — 
Obs. d'un nouveau mode d'application du forceps. — 
De la valeur de Tauscultation dans la d^termination des 
presentations et positions du foetus pendant la grossesse. 
— Eecueil d'observations sur les accouchements. 1862. 

F. Wieg er. Ueber eclampsia uraemica. Gaz. de 
Strasb. 1854. 12. — W. war einer der Ersten, welche 
die Semmelweis'sche Lehre von der Verhütung des 
Puerperalfiebers richtig würdigten. Gaz. de med. de 
Strasb. 1849. 

L e g r o u X. Die Eklampsia albuminurica, besonders 
der Schwängern. L'union. 87. 1853. 

M a 1 1 ei. Albuminurie während der Schwangerschaft. 
Soc. de m6d. prat. 1860. 

A. Imbert-Gourbeyre. De Talbuminurie puer- 
p6rale et de ses rapports avec l'eclampsie. Mem. cou- 
ronne. 1854. 2 Ed. 

Alfred Donnö in Paris, geb. 1801, gest. 7. März 
1878. Seine Forschungen betrafen das Gebiet der Mi- 
kroskopie und der Chemie. Seine Untersuchungen stellten 
fest, dass der Harn der Schwangeren weniger phosphor- 
sauren und schwefelsauren Kalk enthält, als der anderer 
Personen. Ein Theil dieser Stoffe wird zur Bildung der 
Knochen und der übrigen Organe des Embryo verwandt. 
Proriep's Not. 1841. Bd. 18. 

Mikroskopische Untersuchungen über den Schleim 
und die Ausflüsse der Geschlechtstheile. Presse m6d. 



119 



Ifo. 3S. 1837* — Composition de rurüie dans k gros- 
ae§3e et dans les maladies* Gaz. m6d« de Fms. 1841 
Miz, 

N a u c h e glaubte in dem Urin der Sehwangeren eLoe 
Sibstanz gefunden zu haben, welche ihm als ein sicheres 
diagnostisches HUlfsmittel für das Bestehen der Schwan- 
gerscliaft galt, das sog* Kyest^in* Diese Entdeckung, 
welche sich später als verfehlt erwies, gab in den 40er 
.Tahren den Anlass zu mehreren Stoffwechsel-Untersu- 
chuigen der Schwangerschaft, welche unsere Kennt- 
nisse erfreulich bereicherten. Gaz, des hop. 1840 und 
Schmidts Jahrb, Bd. 29 p. 50. 

Hippolyte Blot, Prof, der Geburtshülfe, geb, 
1822, gest. 15. März 1888, verfasste eine interressante 
Äibeit über die physiologische Glykosurie der Schwän- 
gern, Gebärenden und Wöchnerinnen. Diese Thatsache 
stallt in genauer Verbindung mit der Milchsecretion. 
Bm, des höpit No. 12L 1856. Weitere Schriften 
sind: „De ralbuminurie chez les femmes enceintes** und 
„De la Version pelvienne dans certaines cas de retriäcis- 
sement du basain". Arch. gen er. 186 8, 



(s. Bd 



§. 41. 
Paul D uh i B 



1$ 



fs. Bd. 11), geb. 1795 in Paris, gest nach 12jähriger 
Geiateskrankheit, 29. Novbr. 1871, erster Geburtshelfer 
der Matemite, herv^ojTagender Lehrer unseres Fachs. Seine 
Vorträge zeichneten sich durch Klarheit und sorgfältige 
Vorbereitung ans, zahlreiche Schüler und Schiller] nnen 
Ter danken ilim ihre geburtshiilfliche Ausbildung. Für die 
Verbesserung der klmisclien Unterrichtsmethode hatte er 
iel Verdienste. Die bis dahin unbekannte Emricbtuog 
in Touchirübungen an Frauen aus der Stadt war sein 
erk, seine gemeinsame Visiten iu den Wöchnerinnen- 
Sälen boten den Studenten im Zusammenhang mit den 
angeschlossenen Vorträgen viel lehrreiches Material, So 
weit das die entgegen stehenden Bestimmungen der dor- 





120 



tigen Gebaianslalteii mliessezw war Dnbois emsig be 
molii, seine SehMer den Untemelitsstoff praktiscli aus* ^ 

nutzet! zn lassen. H 

Einige Arbeiten yon ihm besd^llig^ sich mit der 
Genese der Kopflagen der FruchL Er ist der Ansicht, 
dass die Häuflgkeit dieser Lagen nicht ausschliessHdi 
physikalisch zu erklären sei sondern dass dabei die Be- 
wegungen des Kindes^ wobei er ,determinations instinc- 
tivea* mid , determinatioiis tolontaires ** unterscheidet, einefl 
grosse Rolle spiden. 

Bemerkenswerth ist anch seine Werthschatznng der 
künstlichen FVühgeburt und seine Empfehlung der prophy 
laktischen antisyphilitisclieo Behandlung der Ehegatten, 
welche er gegen den Widernpruch von Cazeaux tmd 
Roux Tertheiiligte. 

„Traite eomplet de Tart des accouchements^. Paris 
1849. 

Femer die Arbeit von ihm über ^the attitude and 
positions, natural and praetematural of the foetus in 
utero f acts of the reflex or excito^motory System, Edinb.. 
1849* 

„Obserration d'un cas ä raccouchement premature 
artificiel". Gaz. med- 1840. 

„Les signes de la grossesse''. Gaz. des hop* 184 L 
Nr, 31— 60. 

„La fievre puerperale de la Matemit^**. 1B4L Lan- 
cette franc. Kr, 85. 

Auto ine Constant Danyau, geb. 1803, gest. 
19. Febr, 1871, Professor der Chirurgie in Paris und 
zugleich, mit P. D u b o i s , Hebammenlehrer. D. hat 
flieh durch die Üebersetzung dei Nägel e 'sehen Werkes 
Über das schrägverengte Becken verdient gemacht. Eine^ 
Statistik von ihm über die Wochenbetts-Todesfälle infl 
der Maternite fand auch in der aus^värtigen Litte- 
^tiir besondere Beachtung (N, Zeitsch, f. Geb. Bd. 19, 
Einer seiner AufsätiZe betrifft die metrite gan- 



I 



E a y 6 Tf geb. 3« März 1793, gesL 10. Sept. 



121 



^ 



I 



1867, Autor verdienstvoller Arbeiten Über Pathologie. 
Am meisten bekannt ist seine Abhandlung „Traitö des 
maladies des reins et des alterationa de la secr^tion uri- 
naire"* 1839 — 1B41. Seine Erörterungen über die Brigh ti- 
sche Krankheit bei Schwangeren waren für die damalige 
Zeit bahnbrechend. 

Ch. G. Lauth, Prof. in Strassburg. De la ca- 
ctexie sereuse des eneeintes et des accouchees. Strassb. 
1852. 

Joi6ph Alexis Stoltn 

(s. Bd. n) geb. 14. Decbr. 1803, gest. 21. Mai 1896, 
St. Btudierte in Strassbnrg, wurde dort anat. Professor, 
dann Chef de clinique und 1834 Professor der Geburta- 
itlfe in Strassburg, 1864 Mitglied der Acad. de med. 
XU Paris. Nach dem Kriege 1870/71 ging er nach Nancy, 
wo er Dekan der med. Facult, wurde. 

Seine Hauptleistung in der geburtah, Litteratur war 
Seme Empfehlung der ktlnstlichen Frühgeburt für fran- 
zoabcke Kollegen. Sein umfangreicher Aufsatz ^Memoire 
^ observations sur la provocation de Taccouchement pre- 
mature dans lea cas de retiecissement du basain. Archivea 
mei de Strasbourg- June 1840", ward Anlass für die 
ßehabilitierung der künstl. Frühgeburt in Franki'eich. 

Weitere bemerkenswerthe Schriften Ton ihm sind: 

„De reth^risation appliquee ä !a pratiqne des accou- 
chements**. Gaz, de med. de Strasb. 1847. 

Mascarel. Ueber Eklampsie mit Albuminurie bei 
Schwängern. L'union. 45. 1854* 



§. 43. 

Leon Clement Le Fort^ 

5. Decbr. 1829, gest. 19. Oct. 1893, 



von 



geh. 5. Decbr. 1829, gest. 19. Oct. 1893, SchlOer 
Malgaigne, promoviert 1858 in Paris, dann Prosektor 
der Facultäfc und Professor der operativen Chinirgie in 
Paris. Er machte als freiwilliger Arzt 1855 den itaU*" ' 




122 



sehen Feldzug mit, und nachher besuchte er in längereE 
Beiaeu die Hospitäler des Auslandes* Neben zahlreichen 
Aufsätzen ans dem Gebiete der Chirurgie ist ihm vor- 
nehmlich das Yortreff liehe Werk ,Des matemites* 1866 
zu verdanken. In diesem Werk wurden von ihm loitfl 
rUhmenswerther Offenheit die zahlreichen Schäden dar- 
gestellt, an welchen die Einrichtungen französischer Spi- 
täler krankten. Die Form der Daratellung, die präciae 1 
Sprache, die gewissenhafte Beobachtunjr, die Wärme einer ■ 
echten Humanität ^ kommen in diesem Buche in ausge- 
zeichneter Weise zum AuBdmck, Keine andere Schrift 
über die damaligen Hospital zustände ist in diesen Vor- 
zügen dem Werk der »Matemites" gleichzustellen. Nur 
iat es zu hedaiiem, dass Le Fort, dieser Mann mit 
seiner weit gehenden Voraussicht, in seinen praktischen 
Vorschlägen erst spät bei seinen Landslenten Unterstützung 
fand. 



Hourmann, Arzt des höpital de Lourcine in Paris, 
untersuchte den Uebergang der intrauterin eingespritzten 
Flüssigkeiten in die Bauchhöhle* Bull, de Th6r. T. 19. 
1843. 

Bourdeaus, Erfinder eines „Forceps ä axe brise", 
sehr kleine Kopfkrümmung, wie bei den andern franzö- 
sischen Zangen, verstellbares Schloss. N* Zeitsch, f, Geb. 
Bd. 25. 1848. 

P. Ch. Huguier, geb. 4. Sept. 1804, gest. 12, Jan, 
1873, verdienter Anatom und Chirurg, Autor zahlreicher 
Aufsätze aus d^n Gebiete der Gynäkologie* 

J, A. L e j u m e a u de K e r g a r a d e c, s* Bd. 11, 
gest 6. Febr. 18 77. 

Eugene Koeberle, geb. 1828, der verdiente 
Gynäkolog und Operateur* „Ueber das Absterben des 
foetus im utenis» Presse med. 45. 1858, 

'Charles N e g r i e r, geh, 14. Juli 1792, gest 31. 
^Sur la lougueur et la resistance du cordon 
t. d'hyg. pubL 1841. — Mem. sur la cr^ 
er ach et aigu^. Bull. d. Acad. d. mid. 



Ufa 



I 
I 




123 



^P 184B. — „Recherches et considerations sur les fonctioiis 
dtt col de Fut^nis**. Paris 1846. — „De la retroversion 
j^ de Futerus dans Tetat de grossesae*** Gaz* ni6d. 1859, 
■ Jules Pean, geb. 1830, gast 30. Jan. 1898, be- 
^m Ikanuter Operateur. 

B J. C, A. K 6 camier, geb. 6. Novb. 1774, g^st. 
~ 22, Juni 1856, Autor zahlreicher Aufsätze aus dem Ge- 
biete der Gynäkologie und bekannt durch die Wieder- 
einfüliruiig des speculum vaginae» Mitred acteur der Rev. 
^ mii. 1832 — 1838 und der Encyclop. d. sc. med, 
B Fran^ois-Joseph Moreau, s. Bd. H, geb. 
P^ 1789, gest. 15. Jan. 1862, Verf, des geburtshülfl. Lehr- 
budas und des Manuel des sages femmes, 1838» Seine 
Lehrbücher enthalten viele Daten über die Menstruation 
und die Zeugung, dagegen Nichts über die Pathologie 
des Wochenbettes. Fleissig ist seine Arbeit: „Essai 
sur la disposition de ia membrane caduque, sa formation 
et ses usages", 1838. — Ueber Osteophjten bei Schwän- 
gern, Joum. de chir, Aoüt 1845. 

Theophile Gallard (1830—1887) hauptsäch- 
lich Gynäkologe, seit 1874 Mitherausgeber der Annales 
de gynecologie- Auf die Geburtshülfe bezieht sich seine 
Schrift: „Mesuxes ä prendre pour diminuer la mortabte 
parmi les femmes eu coiiches". Union med, 1870, 

V a 1 1 e i X. Die Entzündung des periuterinaleri Zell- 
gewebes und insbesondere die retro-uterinale Zeuge web s- 
• entzündung. L'union. 125— 12T. 1853. 
Gh. D u b r e u i 1 h, Ueber das epidemische Puer- 
peralfieber* Joum. de Bord. Juin* -- Octbr. 1848. Verf. 
setiZt in dieser Abhandlung dem damaligen Standpunkt 
entsprechend die Gründe auseinander, dass die Verbrei- 
tung' des Puerperalfiebers in einer besonderen Luftcon- 
stitution ihre Quellen fände. 

■ g. u. 

^^ Jean Marie Jacquemi er, 

geb. 1806, gest. 1879. J, war anfanglich in der Mater- 
nite thätig, später betheiligte er sich durch mehrere Auf- 
sätze an dem Dict. eneyclopedique tmd an der Qm, heb- 





124 

domad. Seine erste Arbeit von 1837 trägt den Titel: 
„De rauscultation des femmes enceintes et du foetus*', dann 
folgte „Recherches d'anatomie et de physiologie sur le 
Systeme vasculaire sanguin de Tuterus humain pendant 
la gestation 1838". Später schrieb er „Manuel d'obste- 
trique base sur l'observation**, 1845 in 2 Bdn. und im 
Manuel des accouchements et des maladies des fenunes 
grosses et accouchees. 1848 in 2 Bdn. Ueber die Indi- 
kationen der künstlichen Frühgeburt und der Schamfugen- 
trennung äusserte J. sich in mehreren Aufsätzen. Die 
Erfolge der künstlichen Frühgeburt erkennt er in gewis- 
sem Masse an, aber er betont, dass diese Operation 
dennoch in Frankreich nur wenig Boden gewonnen habe, 
und dass die Symphyseotomie , zumal nach der Verbes- 
serung der Technik, ihren Platz behaupten werde. 

§. 45. 
Charles Paj ot, 

geb. 13. Decbr. 1816, gest. Juli 1896, Lehrer an der 
ficole pratique in Paris, Begründer der Annales de gyne- 
cologie et d'obstetrique. Seine These zum Konkurs trägt 
den Titel „Des lesions traumatiques du foetus dans l'ac- 
couchement", 1853. Weitere Schriften sind : „De la cepha- 
lotripsie repetee sans trjiction", 1863. — „De la presen- 
tation de Tepaule dans les retrdcissements extremes du 
bassin et d'un nouveau procede d'embryotomie". 1865.— 
„Le chloroforme dans les accouchements naturels", 1875. 
— „Elements de pratique obstetricale". — „Des causes 
d'erreurs dans le diagnostic de grossesse". — „Des ac- 
couchements diflficiles par la direction vicieuses des for- 
ces**. — „Du travail prolonge et de la contracture ute- 
rine". Mehrere andere kleine Aufsätze von P. finden sich 
in der Gaz. des höp. 

P a j o t hatte als Lehrer, und später als Remplacent 
von P. D u b o i s , in dem höp. des cliniques eine aus- 
gedehnte Wirksamkeit. Seine Vorträge fanden auch bei 



125 

Fremden viel Anerkennung, seine ausgebreitete Eenntniss 
der geburtshülfliclien lätteratur und seine präcise Dar- 
legung der praktischen Fragen wurden mit Becht ge- 
rühmt. In seiner operativen Behandlung hielt er sich 
streng an die Grundsätze seines Lehrers P. D u b o i s. 
Unter mannigfachen Hindernissen, welche ihm die dor- 
tigen Hospitalbestimmungen schufen, hatte er doch durch 
seine Sorgfalt eine erhebliche Verringerung der bis dahin 
erschreckend hohen Mortalität der Wöchnerinnen erreicht. 

§. 46. 
Stephane Tarnier, 

geb. 1828 in Paris, gest. 24. Novbr. 1897, Professor der 
geburtshülflichen Klinik und Nachfolger von Pajot, 
Verf. der Beobachtungen des Puerperalfiebers in der 
Matemite (1858) und eines Lehrbuchs der Geburtshtilfe 
(1878) und eines Atlas de Tart des accouchements (1871). 
Die neue Zange von ihm (1877) hat auch in Deutsch- 
land eine reiche Litteratur hervorgerufen. 

Weitere Schriften von ihm sind: „Recherches sur 
l'etat puerperal et sur les maladies des femmes en cou- 
ches", 1859 — „Des cas dans lesquels l'extraction du 
foetus est necessaire**, 1860 — „M6m. sur Thygi^ne des 
femmes en couches" 1854 — „Traite d' accouchements 
de Cazeaux", 1866 und 1870. — In dem „Nouveau 
dict. de m6d. bearbeitete er die Artikel C6phal6matome, 
Cordon ombilical, Embryotomie, Forceps. — Le9ons his- 
toriques sur Levret. — Eloge de D a n y a u. — „De- 
scription d'un nouveau forceps", 1877. 

§. 47. 
Die Geburtshülfe in Grossbritannien und Irland. 

England hat in der Geschichte der Geburtshülfe immer 
eine besondere Stellung eingenonunen. Seit den Zeiten 
von Smellie, als die Lehrsätze dieses alten Meisters 
der Geburtshülfe die medicinischen Bereise beherrschten, 



126 



bat der Entwictelungsgang unserer Wissenschaft dort ^ 
Eichtimgen eingeschlagen, welche unbeeinflusst von den 
Strämiiiigen des Continenfcs besondere Wege suchten. In 
der damaligen Zeit war unter den Fachgenossen der wis- 
senschaftliche Äustauecb und der Htterarische Verkehr nur ■ 
lückenhaft, und die insulare Lage Englands bot für Viele 
ein Hindemiss der Anknüpfung persönlicher Beziehimgen. 
So konnte die Geburtsliülfe dort Wege einschlagen, welche m 
sowohl in ihren Vorzügen als auch in ilaren Schwächen ™ 
der englischen Geburtsbülfe ein besonderes Gepräge auf- 
drückten. 

Während in Deutschland die Fortentwickelung im- _ 
eeres Fachs fast ausschliesslich auf die Universitäten coe- ■ 
centriert war. war in England die Studienzeit der jungen 
Aerzte in allen Beziehungen auf die niichsten Bedürfnisse 
des praktischen Lehens zugeschnitten. Nach kurzem theo- 
retischen Studium Hess man dort, unter Anleitung älterer 
Kollegen T den jungen Geburtshelfer auf eigene KrafI 
gestützt seinen Platz, der ihm gebührte, suchen. DaaH 
Publikum hatte sich an diesen Gang gewöhnt, die Em- 
pfehlung eines angesehenen Geburtshelfers reichte bin, 
dem Arzte in der Praxis eine auskömmliche Lebensstel- 
limg zu sicherD, und irgendwelche staatliche Würden ^ 
wurden für das Ansehen des Arztes you den Hälfesu- ■ 
chenden nicht beansprucht. Seit langer Zeit hatten sich 
die Beziehungen der Aerzte zu der Bevölkerung in dieser so 
für beide Theüe befriedigenden Weise eitigelebt, und auch, 
in der häufigen Heranziehimg der Aerzte zu Geburtsfallen, 
kam dieses Vertrauen zum Ausdnick. Freilich das Mass 
des Wissens, das auf dem Festland hei dem dortigen 
methodischen Unterricht gefordert wurde, durfte nicht 
2mn Vergleich herangezogen werden; von solchen achul- 
mässigen Forderungen sab man ab. So wie es jetzt mit 
dem Bildungsgrade der Geburtshelfer war, hielt man es 
für praktisch und der Zeit entsprechend. 

Die Betheiligung der Aerzte an der wissenachaft- 



d 



liehen Litter ator spiegelte sich in emer Fälle von casui* 
stiachea Mittheilungen wieder, welche unmittelbar aus 
der Erfahrung geschöpft waren. Die Durchsicht solcher 
MittheiLungen darf dem Leser den erfreulichen Eindruck 
einet nüchternen Beobachtung verschaflen, aber ein Ein- 
gehen auf allgemeine Fragen imseres Faches darf man 
in diesen litterarischen Erzeugnissen nicht suchen. Die 
wichtigeren Fragen der Wissenschaft zu losen, blieb in 
England einigen hervorragenden Geistern vorbehalten, 
deren Namen auch im Auslände in der Litteratur nur mit 
Ehrerbietung genannt wurden. Wir erinnern nur an den 
Namen von Simpson! 

Ton ihren engKschen Reihen hatten mehrere deutsche 
(Jefeurtsheifer Anregung bekommen, Manches anzuneh- 
men, das sie in ihre Heimath zu überpflanzen dachten. 
Freilich in diesem Bestreben war den deutschen CoUegen 
meist in der ünzulängUdikeit der heimischen Hulfsmittel 
eine enge Grenze gezogen. In England hatte der wolü- 
tiiätige Sinn der Bevölkerung Einrichtungen hervorge- | 

bracht, welche auf dem Festland nur als Ideale betrachtet 1 

Terden konnten. In Deutschland liessen die dürftigen 
Ausstattimgen deutscher Gebäranstalten es nicht zu, auch 
nar die noth wendigsten Verbesserungen hygienischer An- 
I ibrderungen in Angriff zu nehmen. In England machten 

sich diese Fortschritte von selbst, der Sinn für Ordmmg I 

tind Reinlichkeit war der Bevölkerung seit langer Zeit ! 

I anerzogen, fllr Viele war es eine neue Welt, welche i 

sich den Besuchern englischer Spitäler aufthat. In den ! 

Jahren, als in deutschen Entbindungßhäuseni das Puer- 
peralfieber grausame Opfer forderte, gingen mehrere Di- 
rectoren Ton Anstalten nach England, um dort Trost und 
AbhiÜfe für ihre Sorgen über das Paerperallieber zu i 

finden. 

Aber nicht allein Dieses war es, was dem fremden Be- 
sucher so erfreulich entgegentrat, die Hauptsache war 
die peinliche Rücksicht, welche man auf das spätere Be- 



128 

finden der Wöchnerin nahm. Nicht genug, dass man 
die Schwangeren in gesundheitsgemässen Räumen unter- 
brachte, imd dass man sie in einer vollkommen auskömm- 
lichen Weise beköstigte, sondern auch alle Massregeln, 
welche sich auf Behandlung regelwidriger Geburten er- 
streckten, waren in der englischen Geburtshülfe auf sorg- 
fältigste Schonung der mütterlichen Gesundheit zuge- 
schnitten. Die Behandlung natürlicher Geburten richtete 
sich auch in England nach B o e r'schen Grundsätzen, 
aber in der exspectativen Therapie ging man dort über 
die Boer'schen Grundsätze hinaus. Von der Zange 
wurde sehr, selten Gebrauch gemacht, man wurde dort 
erinnert an den bekannten Ausspruch von Smellie „er 
gebe seinen Schülern mit gutem Bedacht nur die kurze 
Zange mit, damit sie mit dieser nicht Unheil in der 
Praxis anrichten könnten". Man verharrte bei Geburts- 
fällen in ruhigem Beobachten bis zum Aeussersten, da- 
mit nur ja nicht die spätere Gesundheit der Mutter durch 
einen Eingriff Schaden erlitte. Wie weit man in dieser 
Rücksicht ging, beweisen zahlreiche Beispiele. Co Hins 
wandte die Perforation Imal unter 138 Geburten an, da- 
gegen die Zange nur Imal unter 574 Geburten. In 
gleicher Richtung sind auch andere derartige Anschau- 
ungen zu beurtheilen, so die Vorliebe für die Anästhe- 
sierung, die Unterschätzung des Werthes der Zange, die 
Verdammungsurtheile des Kaiserschnittes, die Hintanset- 
zung der Rücksicht auf das Kind. Alle diese Gedanken 
hatten in der Hauptsache nur die Erhaltung der Gesund- 
heit der Mutter im Auge. 

Besonders bezüglich der Rücksicht auf das Kind 
hatte die deutsche Geburtshülfe andere Wege betreten. 
In keinem andern Lande, als in Deutschland, war die 
künstliche Frühgeburt so mit Freuden begrüsst worden, 
und in keinem andern Lande hatte man sich so bemüht, 
die Gefahren des Kaiserschnittes abzuschwächen und die 
Vortheile dieser Operation für das Kind in das rieh 



129" 



t zu setzen. Man hörte dort oft den Gedanken aus- 
sprechen, dass das Leben des Kindes gleiches Afirecht 
habe, wie das Leben der Mutter, und die Anawüchse 
dieser Doktrin führten zu seltsamen Behandlungsvor- 
scUägen. Dass in diesen Fragen in Deutschland erst 
SD spät die richtige Mittelstrasse eingeschlagen ^rurde, 
war nur aus der damaligen Unreife der jungen, deutschen 
SeburtshiÜfe zu erklären. 

Diu Geburtshülfe Englands war von 3 mssenschaft- 
lichen Centren, von London, Dublin und Edinburg ab- 
ifiigig. In diesen Grossstädten mit iln-en Gebäranstalten 
mi in ihren damit verbundenen Polikliniken suchten die 
ImgaR Aerzte nach Beendigung der theoretischen Studien 
eine für die Bedllrfiiisse der Praxis ausreichende Fertig- 
keit zu erwerben. Dabei kam die Geneigtheit der Be- 
Töikenmg, die Leitung der Geburt einem Arzte anzuver- 
trauen, dem Wimsche weiterer Ausbildung des jungen 
Arztes in erwünschter Weise entgegen. Ein methotUacher 
Unterricht in der Geburtshillfe unter Anleitung eines er- 
(ahrmen Lehrers gab es dort nicht» was dabei zu er- 
tBichenwar, blieb, gleichwie bei Ausbildung der Hebammen 
tmd der Wärterinnen, der eigenen Initiative und Anlage 
äer Aerzte überlassen. Die Mitgliedschaft eines „ College ** 
der genannten Grossstädte w^ar dem j im gen Arzte eine 
Sicherung seiner Vertrau enswürdigkeiL 

Den überaus angenehmen Eindruck, den die fremden 
Besucher von der Ordnung englischer Spitlller heimbrach- 
ten, iBt oft von den Berichterstattern zum erfreulichen 
Ausdruck gebracht worden. Indessen waren auch die 
englischen Gebärhäuser nicht immer von dem Würge- 
engel des Puerperalfiebers verschont, besonders der An- 
fang der 40er Jahre und die Jahre 1847 — 1849 lieferten 
zaliüreiche Todesfalle. Es zeigte sich wieder, diese Krank- 
heit gänzlich zu vernichten, w^ar die Wissenschaft noch 
nicht reif genug. 

Damals wirkten in englischen Gebäranst alten 

Dobfn-Siobold, ÜCBdbichtß det GeburtfttfiUe. lH. 




130 

London Robert Lee, in Dublin Montgomery, in 
Edinburg J. Y. Simpson. Wie viel die Wissenschaft 
der Thätigkeit dieser ausgezeichneten Männer zu ver- 
danken hat, lehrt die Litteratur unseres Faches. 

„Bericht über die Gebärhäuser und den praktischen 
Unterricht in der Geburtshülfe in London und Dublin 
von Prof. L e V y , mit Einleitung von Michaelis". 
1850. 

„F. H. A r n e th. Geburtshülfe und Gynäk. in Gross- 
britannien und Irland. 1853". 

„Leon le Fort. Des Matemites. Paris 1866". 

„A. Gussero w. Zur Erinnerung an Sir James 
Y. Simpson. Berlin 1871.« 

§. 48. 
Simpson. 

Unter den englischen Geburtshelfern ist in erster 
Linie zu nennen: James Young Simpson, geb. 
7. Juni 1811 in Bathgate, gest. 6. Mai 1870, der Er- 
finder des Chloroforms, den alle Kranken als einen Wohl- 
thäter der Menschheit preisen. 

S. stammte aus einer armen Bäckerfamilie. Die Un- 
terstützung des älteren Bruders schaflFte ihm die Mög- 
lichkeit, zum Studium der Medicin überzugehen. Sein 
unermüdlicher Fleiss befähigte ihn, diesen Studiengang 
fortzusetzen. Er erreichte 1832 den Doctortitel, und dann 
eine Stelle als Assistent des Prof. Thomson, wo er 
anfing sich mit Geburtshülfe zu beschäftigen. Die Be- 
gabung Simpson 's machte bald weitere Kreise auf 
ihn aufmerksam imd kühn durfte er, dem ßathe seiner 
Freunde entsprechend, wagen, sich um eine erledigte Pro- 
fessur zu bewerben. Nachdem er 1840 diese Stelle er- 
halten hatte, konnten sich seine reichen Geistesgaben 
fruchtbringend entwickeln. Seine trefflichen Eigenschaften 
als Mensch und Lehrer, seine Herzensgüte, sein bereit- 
williges Eingehen auf Wünsche Anderer, der Zauber 



131 



I 



seiner Persönlichkeit bieltea Alle, die ihm nahe treten 
konnten, in engem Bann gefimgeii. Seine Leistitngen 
als Arzt, seine Thätigkeit in der Litteratur, verbreiteten 
seinen Ruhm weit über die Grenzen seines Landes hinaus^ 
imd selten sind einem Arzt solche Ehrenbezeugimgen 
und Anerkennungen zu Theil geworden, als Simpson. 
Was er als Mann der Wissenschaft geleistet hat, wird 
immer ein Ruhmestitel der Geschichte bleiben, in gleicher 
Wtise darf man ihn als ein Muster ärztlicher Eigeii- 
schaften hinstellen. 

Wer ein nur einigemiassen erschöpfendes Lebens-* 
bild von S. dai^tellen will, der wird die seltene Vielsei- 
tigkeit bewundern, welche Simpson in allen seinen 
litterarischen Leistungen bethätigte. Seine Arbeiten er- 
streckten sich nicht allein auf die Fächer der Geburt^- 
hiÜfe^ der Gynäkologie, der Chirurgie, der innem Medicin, 
sondern sie umfassen auch fem liegende Gebiete, sogar 
GescHchte und Theologie* 

Es Liegt in der ursprünglichen Anlage des vorlie- 
genden Werkes begriindet, dass wir uns nui- auf eine 
Skizze der S i m p s o n' scheu Arbeiten geburtshülilichen 
Inhaltes beschränkten. 

Zunächst sind seine Beobachtimgen über den Me- 
ciäEisinus der Geburt zn erwähnen. Simpson wies 
b einer ausführlichen Arbeit nach^ welchen Antheil die 
Sdwere des Kopfes auf die Einstellimg der regelmäs- 
"igeu Kindealagen habe, und welcher Einfluss den fötalen 
Bewegungen und der Form der Uterinhöhle zuzuschreiben 
^. Die Fragen, welche sich darauf bezogeu, waren von 
Ritgen und von Scanzoni in verschiedenem Siime be- 
antwortet worden. Durch Zusammenstellung von meh- 
^ßren tausend solcher Beobachtungen suchte Simpson 
n diesen Punkten Uebereinstimmung zu schaffen. 

Eine weitere üntersuchang betraf die Frage, welchen 
™flußa die Dauer der Geburt auf daä Leben der Mutter 
^d des Kindes ausübe. Die gewonnenen Zahlen ergaben 

9* 




132 



das Resultat, dasa sowohl fiir die Mutter, rtls auch für 
d&ü Kind eine Verlängerung des Geburtsaktes den schlieaa- 
liehen Erfolg in gefährlicher Weise beemfluast, ein Satz, 
dessen thatsächliche Anerkennung freilich bei seiner Trag- ^ 
weite sehr leicht zu unberechenbaren Eingriffen führen ■ 
koxuLta. Dennoch darf nicht unerwrihnt bleiben, dass eine 
anden angestellte Untersuchung darüber ein anderes Re- 
sultat ergeben haben würde, wenn man die Geburten unter 
Berllcksichtigung des Zeitpunktes des Blasengpnmges 
gruppiert hiitte. 

Andere Untersuchungen betrafen die Pathologie der 
Geburt. Seil Vorschlag» durch vollständige Abschälung 
der pkeeiita praeTia die Quelle der Blutung zu sistiren, 
fiüirte zu lehrreichen Erörtenmgen über diese Blutuugeu, 
Auch seine Darlegungen über »Hospitalism* lieferten 
werthvolles Material über die Weiterverbreitung des Puer- 
peralfiebers. ■ 

Die Demonstrationen, wekhe Simpson den Pa-™ 
riser Kollegen über die KeUwirkung d^ nachfolgenden 
Kopfes vorftihrte, waren filr Manche ein Anlass zur Wen* 
düng bei engem Becken, Sogar einige unpraktische Vor- 
sch^ge von ihm^ wie die Empfehlung des air-traetor, 
giben Anregung zu weiteren Forschtmgeu. 

Von Altem aber, wss wir ihm zu verdanken haben^ 
bleibt die Erfindimg de$ Chloroforms das Wesentlichste. 
Wie er den Werth dieser Erfindung gegen alle Gegner 
Mgreicb durchkämpfte, und mit welcher Voraussicht er 
^ Erfolge der Anästhesierung richtig erkamite^ wird uns 
immer ein Triumph menschlicher Fälligkeiten bleibeiu 
Wir, die Fachg^nossen, dürfeji den Namesi von Simpson^ 
ab eines Zag^hörigen unserer Zunft^ mit Stolz rerkündeu. 



I 



pa«- 



.Anaesthesia in surgery mtA midwiferv> 243 
^n^Udelpfaia 1840. 

'^%toricaJ reseairlies re^gmrdiiig the siperindactioii 
«hüity to pajn and uomieemait of a new Atiaea^^ 
rnontlilj joora. 1S47, 



133 



Medicated pessaries. 1848, 

Potassa fusa inflammatoiy Induration of the cerrix 

uteri, 

Lijections of jodine into ovarian cysts. 

Gallic aeids in menorrhagia* 

Inhalation of laudanum for the vomiting in pre- 
gnancy. 

^PülviB ad partum** of the first Edinburgh pharm»* 
topeia. 

Collodion as an application to sore nipples* 

Gebnrtshiilfliche Aufsätze: 

Duration of buraan pregnancy. 
Appearance of the areola as a sign of pregnancy. 
The detennining cause of parturition. 1854. 
Sound heard during detachment and espulsion of 
the plaeenta. 

Mechanism of natural labour, 

Treatment of face presentations» 

Reports of Edinburgh Royal Matemity Hospital* 

Patliologie der Schwangerschaft etc, 

Influence of death of the foetus on its retention or 
expulsion. 

Treatment of haemorrhage in connectionwith abortion. 

Laceration of perineum and cervix uteri dnring na- 
tural labour. 

Inefficiency of oterine action as a cause of tedioua 
labour. 

Influence of galYaniem on the action of the utarua. 

Sex of chüd aa a cause of difficulty dnring partu- 
rition. 1844. 

Trregularities of head presentations. 

Dysto cia from displacement of the arm, 

TransYerse presentations. 

Spontane ous evolution or expulsion of the foetus. 

Danger of rupture of the uterus from hydrocephalus. 

Entrance of aii* throogh uterine sinuses. 




134 



Sudden deatk after delivery* 

InYersion of the üterus* 

Albuminuria in convulsions, 

Complication of labour by fibrous tumours. 

Extrauterine gravidity« Edinb. med» joum. S^^P 
1863. 

Case of extrautenne gravidity. Edinb. med. jotL ^^' 
März 1864. _^^ 

Case of missed labour. Ed. med. jonm. Dec, 18&^/ 

Oß morbid conditions snd injnries of tlie spieen ^ 
the pre^ant and parturient stetes. Edinb. joiim. Sept, ^ 

Analogy between puerperal and mirgical fever» 185^^^' 

Communicability and propagation of puerperal leve ^' 

Pathological researches on puerperal arterial obstruc^^^ 
tions and inflamraations. ^m 

Tetanus foUowing lesions of the ntems, abortio*^ 
and parturition. 

Perineal fisttüa left by the tmnait of the infan^^ 
through the perineum. 



Geburtshülfliche Operationen: 

Mode of application of the long forceps. 

The air tractor. 

Tumißg as a Substitute f or craniotomy and the long 
forceps. 1850. 

Kemarks on the Operation of craniotomy. 

Relative statäatics of arüficial ddiveiy. 

Indication from the foetal pulse of danger of the 
chüd. 

Case of malacosteon. Indieations f or eesarean section. 

On the Separation of the pLaeenta before the hirth | 
of the ehild in placent« praevia. 

Summmiy of princtples of treatment in placental pre* j 
*eBtations. 

''VansfuskiB in hemotrhagte. 
»ction of pT^tnature labour. 
^f c664man section. Edöib. joum. Mareh. 1B6€. 
Biiiodasin. 



Physiologie undPathoIogie des Eies und 
der Frucht: 

Attitude and positionst natural and pret^rnatural, of 
the foetus in utero. 1S48. 

Excitation of the foetal moTements by cold. 

Vital contractions in the umbilic^l arteries and veins 

Peritonitis of the foetus in utero, 1838. 

Inflammatory origin of some malformationa in othar 
parts of the bodj. 

Gase of Peritonitis, permanence of the oraphalo- 
mesenteric vessels, 

Birth of a double monster, one child alive, 

Hepata succenturiata, 

Hermaphroditism* 1839. 

Spontaneous amputation of the limbs of tJie foetus 
in utero, 

Eudimentary reproduction of extremities after their 
spontaneous amputation* 

Intra-uterine ciitaneous disea&e, Ichthyosis* 1843. 

Intra-uterme small-pox» 1849. 

Intra-uterine goitre or bronchocele. 

CongestioD and inflarDmation of the placenta, 

Katiire of hydatiginous degeneration of the OTum. 

Plac^ntal phtisis or apnoea as an intra-uterine cause 
of death among premature children, its variety and treat- 
ment. 

Ueber die Wassersucht des Eies. Ed. med* joum. 
June 1 865. 

Cme of Spina bifida and remarks on the surgical 
treatment of the disease* Ed. med* joum. May and 
June 66. 

Pathologie al obseryations on the diseases of the pla- 
centa. Ed. med. journ. April 1836. 

Gase of double cephalaematoraa : there treatment, 

Diseased states of the umbilicus after birth. 

Treatment of erectile naevi. 

Propositions regarding local paralysis occnrring du- 
ring infancy. 




136 

On the pathological connection between chorea and 
rheumatism. 

Simultaneous co-existence and progress of small-pox 
and cow-pox; their mutual influence on each other. 

Gynaekologische Aufsätze. 

Contributions to intrauterine pathology. Ed. med. 
joum. Oct. 1838 und Juli 1839. 

General remarks on uterine diagnosis. 

On the Position of the patient for the use of the 
speculum. 

Memoir on the uterine sound. 1843. 

Antiquity of uterine sounds and pessaries. 

On the use of the exploring needle. 

Inflammatory eruptions upon the mucous membrane 
of the cervix uteri. 

Morbid deviations of involution of the uterus. 

Termination and treatment of fibroid tumours of the 
Uterus. 

Artificial removal of a large uterine fibrous tu- 
mour. 

Diagnosis of polypi growing from the lips of the 
cervix uteri. 

Detection and treatment of intra- uterine polypi. 
1850. 

On tangle tents. Brit. med. joum. March 9. 1864. 

Excision of large pedunculated uterine polypi. 

Amputation of the cervix for cauliflower excrescence. 

Amputation for Carcinoma. 

Occasional latency of Symptom in advanced Carci- 
noma uteri. 

Carcinomatous disease of the fundus uteri. 

Retroversion of the imimpregnated uterus. 1848. 

Ascent of unimpregnated uterus. 

Gout of the uterus. 

Fistulae as the results of pelvic abscess. 

Position of the patient for tapping in ovarian dropsy. 

Plaster-belt in abdominal tumours. 



137 



I 

I 

I 



Inflammatory and nofc-mflammatory ruptures of otä- 
rian cysts. 

On ovariotomy and first tappings in ovariau dropsy. 
Ed, med. joum. March 1864. 

Successful case of ovaiiotomv. Ed. med- jouni- March 
1864, 

OTariotomy — its justification. 

Eemarks od a case of sudden deaÜi in ovariotomy 
while the patient was under the influence of cbloroform, 
Brit med. journ. 1870. 

Amenorrhoea from imperfect development of the 
Uterus. 

Natura of the membrane espelled in dyBmenoirhoea* 
1847, 

Dilatation and incision of the cerrix uteri in dys- 
^enorrhoea. 1847. 

Retention of men^trual secretion. 

Direct applieation of remedies to the cavitieß of the 
Uterus* 

Spurious pregnancy. 1850. 

Fatal venous hemorrhage from pudenda, 

Ball valve obstmction of the rectum. 

Peritoneal hydatis influid removed by tapping, 

Emptions on the intestinal mucous membrane. 

Vagynodynie. Ed, med, jonrn. Decemb. 1861, 

Coccygectomie. Ed. med. joum. July 186L 

Coecyodynia and the diseases and deformities of 
tlie cüccyx. Clinical lectures, Philadelphia, p. 209, 

Pelvic ceUulitis, Clin. lect. p* 229. 

Sub-involutioD of the uterus after delivery, Clin. 
lect, p, 4ß2, 

Iron-thread sntures and spliots in vesico vaginal 
^stidae. Brit, med, joum. 1870. 

Observations on the diseases of the placenta. 183o, 

Inflammatory origin of some varieties and malfor- 
öiation in the foetus, 1839. 

Gase of amputation of the neck of the uterus, fol- 
lowed by pregnancy; followed bj^ remarks on the pa- 
ibology and radical treatment of the cauliflower ex- 
<^escence from the os uteri, 1841. 




138 



On the alleged infecundity of females bom co-twins 
with males ; with some notes on the average proportion 
of mamages without issue in general society. 1844. 

Artificial anaesthesia as a means of f acilitating uterine 
diagnosis. 1855. 

Perinaeal fistiüa left by the, transit of the foetus 
through the perinaeum. 1855. 

Observations on carbonic acid gas as a local anaes- 
thetic in uterine diseases etc. 1856. 

Notice of albumen in a case of puerperal mania 1857. 

Alexander Russell Simpson, der Neffe des 
Vorstehenden, Prof. in Edinburg, geb. 30. April 1835, 
studierte unter Dumas in Montpellier und in Berlin unter 
Busch und V i r c h o w , Verf. „Contributions to ob- 
stetrics and gynecology" 1879, „Dystocia from coccy- 
geal anchylosis", „Caesarean hystero-oophorectomy", 
„Atlas of section of a female frozen in the semipectoral 
Position". „Marriage question from the standp. of gy- 
naecol." 1892. „Gleanings from a Continental holiday" 

— Keiller and Crede 1893. — Head-flexion in labour. 

— History of the chair of midwifery. 1882. 

§. 49. 
William Fetherston Montgomery 

(s. Bd. n) geb. 1797, gest. 21. Decbr. 1859, der Autor 
des bekannten Buches »Signs and Symptoms of pregnancy". 
M. studierte in Dublin, wurde dann Licentiat des Klag 
and Queen's College und 1829 Fellow desselben. Die 
Begründung eines besonderen Lehrstuhls für Geburtshülfe 
war ihm zu verdanken. Sein litterarisches Ansehen ging 
weit über die Landesgrenzen hinaus, seine anatomisch-phy- 
siologischen Bemerkungen über den Zustand der Schwan- 
gerschaft galten Manchen als Richtschnur beim Unter- 
richt. 

Der Widerspruch Montgomery 's gegen den ver- 
breiteten Gebrauch des Chloroforms wurde in England 
mit besonderer Aufmerksamkeit beachtet. In dem Streit 
darüber wurden die Farben dafür und dagegen kräftig 



139 

aufgetragen, und seine Stellung zu dieser Frage liess bei 
ihm nicht immer die nöthige Ruhe erkennen. Er theilte 
in dieser Hinsicht die Stimmung mancher Fachgenossen. 

„On transverse malposition of the head as a cause 
of difficult labour". Dubl. joum. Vol. 6. 

„On the occasional occurrence of mental incoherence 
during natural labour". Vol. 5. 

„Objections to the indiscriminate administration of 
the anaesthetic agents in midwifery**. Dubl. quarterly 
joum. May. 1849. 

Thomas Edward Beatty, geb. 1. Jan. 1801, 
gest. 3. Mai 1872, Professor der Geburtshülfe in Dublin, 
später Präsident der Dublin obstetrical society. Seine 
früheren Artikel über Geburtshülfe wurden unter dem 
Titel „Contributions to medicine and midwifery", Dublin 
1866 von Neuem herausgegeben. Bemerkenswerth ist 
seine Vorlesung über „den Einfluss des Mutterkorns auf 
die Frucht in der Gebärmutter**, 1844, Dubl. joum. Mai. 
Deutsch von Dr. v. d. Busch und Neue Zeitsch. f. Geb. 
Bd. 21. 1846. 

§. 50. 
Robert Lee 

(s. Bd. II) geb. 1793, gest. 6. Febr. 1877. Lee pro- 
movierte 1814 in Edinburg und liess sich nach mehrjäh- 
rigen Reisen als Geburtshelfer in London nieder. Seine 
litterarischen Leistungen hatten die Regierung auf ihn 
aufmerksam gemacht, und es wurde 1834 ihm die Pro- 
fessur der Geburtshülfe in Glasgow angeboten, Indessen 
verliess Lee bald diese Stelle , um sie mit dem Lehr- 
stuhl der Geburtshülfe bei dem St. George's Hosp. in 
London zu vertauschen. 1841 wurde er Fellow des Coli, 
of physicians, und oft hatte er die Interessen seiner Ge- 
sellschaft rednerisch zu vertreten. 

Die anatomischen Arbeiten von Lee über die Nerven 
des Uterus mit seinen Blut- und Lymphgefässen fanden 
auch in Deutschland gebührende Beachtung, doch be- 



140 

gegneten seine Deutungen unter englischen Kollegen eini- 
gem Widerspruch. Die Royal society von London verlieh 
ihm für diese Arbeiten eine Medaille. Mit Behandlung 
der placenta praevia hatte er sich eingehend beschäftigt, 
seine Kasuistiken darüber enthalten viele bemerkenswerthe 
Fälle, den Rath von Simpson, durch Abschälung der 
placenta die Blutung zu stillen, verwirft er gänzlich. Der 
fremdländischen Litteratur gegenüber hielt er an engh- 
schen Behandlungsgrundsätzen unentwegt fest, und es 
wurde ihm vorgeworfen, dass er in der Nichtachtung des 
kindlichen Lebens so weit ginge, dass er bei placenta 
praevia öfters über das Endresultat des Kindes gar keiue 
Angabe mache. 

„Clinical midwifery, containing the history of 545 
cases". 2. ed. 1848. London. 

„Memoir on the ganglia and nerves of the uterus". 
London. 1849 und 1851. 

„Placenta praevia". Lond. med. gaz. 1841 und Septbr. 
1845. 

„Lectures on the theory and practice of midwifery 
in St. George's hospital". 1844. 

Francis Henry Ramsbotham, geb. 1800, 
gest. 7. Juli 1868 (s. Bd.. U), Oberarzt am Lond. Ho- 
spital, Verf. von „The principles and practice of obste- 
tric med. and surg." (1851, 3. ed.) und „An atlas of 
plates illustrative of the principles of obstetric med.". 
London 1840. 

R. war in London ein sehr geschätzter Geburtshelfer. 
Seine Resultate mit der künstlichen Frühgeburt machten 
viel Aufsehen. Mit Recht tadelte er den übertriebenen 
Gebrauch des Mutterkornes, namentlich wegen der Ge- 
fahr für das Kind. 

Murphy, Lehrer der Geburtshülfe am University 
College in London. Bekannt ist ein Aufsatz von ihm 
über die Anzeigen zur künstlichen Erweiterung des Mut- 
termundes in Neumeister 's Repertor. April 1839 
und seine „Lectures on natural and difficult parturition", 
13. Vorl. 1846. 



141 



I 



Edward Rigby, Lehrer der Geburtshülf e am 
St Bartholomäus-Hospit., ein Freund und Schüler von 
Käg e l e , Herausgeber einer neuen Ausgabe des H u n- 
Ur'schen Werkes „Beschreibung des schwangeren uterus**, 
üebersetzer der N ä g e 1 e'schen Lehre von dem Geburts- 
aecLämsmus und Autor eines ^Systems der Geburts- 
Mfe% 1841 (@. Bd. H). 

Evory Kennedy (s* Bd. 11), früher Assistent 
des Dublin'schen Lying-in Hosp*, dann Docent am Rich- 
raönd Hospit, endlich Präsident des King and Queen*a 
College (1854), Seine Aufsätze über die geburtshülf- 
liehe Auskultation hatten viel Werth. „Observations 
on obstetric auscultation"*, Dublin 1833 und „utero-pla- 
centaJ circulation and placental souffle'', DublLn hosp. 
neports. 

Sir Charles Locock, geb. 2L April 1799, 
gest, 23. Jidi 1875, Äccoucheur der Königin, Geburta- 
ielfer des Westminster General Lying-in Hosp. und später 
des Lylng-in Hosp. von Lambeth. 

J, C. W. L e v e r, der verdienstvolle Autor der Auf* 
Sätze über die eclampsie und über placenta pracTia, med. 
chinir. Rev. 1844, Jan. und London med, gaz. 1845. 
Von ihm zuerst vinrde der Druck des schwangeren Uterus 
auf die Nieren mit richtigem Verständniss erörtert. Conf. 
auch Guy's Hosp. rep. Octbr, 1843* 

Samuel Herriman, geb. 25. Oct. 1771—22. Nov. 
1852, (s. Bd. 11), Sohn eines Bierbrauers, Lehrer der 
Geburtshüife am Mi d dies ex-Hospital, eine Zeit am Bar- 
tholomäus-Krankenhause, das Muster eines aufopfernden 
Arztes. Sein Werk „Synopsis of various kinds of dif- 
ficult parturition, 5 te Auflage", 1839, ist 1845 von Ki- 
1 i a n deutsch übersetzt. 

George Moor, Autor eines verdien stvoUen Werkes 
nher die Pathologie des Puerperalfiebers „Enquiry into 
the pathology of puerperal fever". 1843. 

James W. Whitehead, geb. 1812; gest» 3, Aprü 
1885, Director einer Pobklinik für Frauenkrankheiten, 
Verf. von „Wife's domain by Philo thalos** 1875, „Causes 
of mortality", med. times and gaz. 1862, ,,Rep, of the Man- 




142 



m 



ehester clinical Hosp."', 1840* Er galt als Äntoritäa 
Behandlung der Sterilität, er schrieb 1847 ^On the cau^*^*^ 
and treatment of abomon and sterility^- V 

J. Bl und eil (s. Bd. ü), Oberarzt der Royal Mat:::^^^' 



Au- 



Jm 




nity Charity for delivering poor married Tvomeii, 
von Vorlesungen über Gebnrtshülfe* 

J, H, Davis, geb. 1811, gest. 18. März 18£ 
Arzt an der Royal Matermty Charity, später Doce 
an der Schule des Middlesex Hospital und Präsident 
obstetrical society. Von ihm stammen die „lUustT: 
tions of difficult parturition'-, London 1858- 

Henry 1 d h a m. Ein von ihm beobachteter FlbH ^^ 
von TubenschwangersL'haft ist wegen seines Interess ^ 
in derLitteraturoheitiert. Guys'sHospit.rep. 1843- OctL-**^' 
X T. a Conquest, geb. 1789. gest. 24. Oct ^i 
18Ö6, (s. Bd. II), Docent der Gebortshülfe am City ^^^ 
London Gebärhanse und am St. Bartholomaeus-Hosp* Se0^^ 
Werk ^outlines of midwiferj** TAiirde von J* M. Win ^^ 
neu herausgegeben. M 

Robert F. Fergusson, geb. 15. Novbr- 179^^ 
geet, 25, Juni 1865, Professor der Geburtshülfe arf* 
KiBg's CoQagei Arzt und Äccoucheur der Königin, Auto^ i 
dnes W«rkes über Fuerperallieber, London 1839* 

Joseph Cl a r k e. Life and writings, von Oollins^ 
London 1840« tnitgetlieüt von Helft t. N. Zeitsch. f -^ 
ÜelK Bd, 28, 1B50- 

William Ty 1er Smith, geb. 10. Aprü 1815, gest- 
2* Juni l!^73, angesehener Geburtshelfer in London, Be- 
gründer der Ob^tetricAi society» Aiälor mehrerer Schriften 
^jms der Geburt^hiille imd G^-nikologie. Er liefert« durcli 
bend« Untersuchung den Nachweis- dass die Uterin- 
üntractioneii als Kefle^tbewegungen aufctifassen sind, 
td er erläuterte die^ tu den verscMedexten Phasen der 
Jel^f ~ cei ISM4); die Ovarien hält er für Ex- 

a^eme^pMog t^^ lanret 1S4G)> Seine 
^•tr n P^rturitiaa and the printiples and practice 
* l^v> dji$ ^niedical pracdtioi^er^s private 
184S. und das ^Manual 



I 
I 
I 



w 






Charles West, geb. B. Äug. 1816, gest. 19, März 

.898, Accoucheur und Dozent der Geburts hülfe am St, 

BarthoL und iliddlesex Hosp, und Präsident der ob* 

Btetric soc., der bekannte SchiiftsteUer über Kinderkrank- 

leiten. 

Alfred Henry M' C H n t o c k in Dublin, geb, 
'Sl. Octbr. 1821, gest. 2L Octb, 1881, Verf. der Be- 
nchte über das Rotunda Lying-in Hosp. und Heraus- 
geber einer neuen Ausgabe von der Blidwifery von Smel- 
lie (s. N. Zeitsch. f. Gab, Bd. 20. 1846). Bemerkens^ 
^^^^erth ist seine Schilderung über eine Puerperalfieber- 
Epidemie im Gebärhaus zu Dublin 1845. Dublin, joum. 
IVtai 1845. 

Fleetwood Churchill, geb. 1808, gest. 31. 
Jan, 1878, Professor der Gebui-tshiilfe bei der School 
cif physicians und thätiges Mitglied der obstetrical So- 
ciety in Dublin. Sein Lehrbuch über die Geburtshülfe 
'VTU'de in mehrere fremde Sprachen übersetzt, auch sein 
.j^manual for mid\¥ifes and monthly nurses". Dublin 1872 
erlebte mehrere Autiageu. 

»Samuel LittleHardy, geb. 1815, gest. 29, 
Oetb. 1868, Docent der Geburtshülfe am Dubbner Ge- 
^ärhause. Bekannt sind seine Untersuchungen über das 
Mutterkorn {Dublin jourö. 1854) und über die Vem^en- 
dimg von Chloroform (1845). Zu erwähnen sind auch 
seine ^practical observations on midwifery", Dublin 1848, 
W. R. Wilde, bcentiate of the royal College of 
surgeons in Ireland, schrieb eine Vorlesimg ^Ä short ac- 
I coimt ol the superstitions and populär practices rela- 
I ting to midwifery. 1849, 

K J. D e n h a m , früher Assistenzarzt der Dubliner Ge- 
^M l^äianstalt, berichtete über 50 Fälle von Anwendung von 
H Chloroform dortselbs t, Dubl. quart. joum. 1849. 

' Robert B. Barnes, Docent am St. George's 
hö&p, in London „Lectures on obstetric Operations", 
jJte Aufl. 1875, „Fatty degeneration of placenta**, med, 
cMr. transact. 1851—1853. 

B 1 o s c a m , W. Die Structur der menschl. placenta 
ujid ihre Verbindung mit der Gebärmutter. Aus den 



$ 




144 

Verh. der Londoner Gesellsch., in der Hamburger Zeitsch. 
1841. 

Robert Johns, Vicepräs. d. Ges. f. Geburtsh. 
in Dublin. „Vorlesungen über Puerperal-Convulsionen. 
Deutsch V. Dr. v. d. Busch. 1843. 

A. P e d d i e. „ Vorles. über die contagiosa Natur 
des Puerperalfiebers und dessen genaueren Zusammenhang 
mit erysipelatöser und phlebitischer Entzünd.". Edinb. 
med. joum. Jan. 1846. 

J. Braxton Hicks, Lehrer der Geburtshülf e am 
Guy's Hosp. ; später fellow des royal coli, of phys. und 
Präsident der Londoner obst. society. Seine Schrift: 
„on combined extemal and internal version", London 
1864, wurde von K u e n e k e ins deutsche übersetzt 
und gab oft Anlass zum gleichen Verfahren. Spätere 
Arbeiten von ihm sind ; „Inquiry into the best mode of 
delivering the foetal head after Perforation". „Inquiry 
into powerless labours". „Remarks on the cephalo- 
. tribe". „Contrib. to the knowledge of puerperal disea- 
ses, Proceed. of the royal soc. 1879: On auxiliary forces 
concemed in the pregnant uterus". 

E. Copemann. Records of obstetric consultation 
practice and a translation of Busch and Moser on 
uterine haemorrhage. London. 1856. 

§. 51. 

James Mathews Duncan, 
geb. 29. April 1826 in Aberdeen, gest. 1. Septb. 1890, an- 
gesehener Arzt und Lehrer in Edinburg. D. war zuerst As- 
sistent am Bartholomäus-Hosp. , später Ehrenmitglied 
mehrerer geburtshülflicher Gesellschaften in England. Er 
starb während eines Kuraufenthaltes in Baden-Baden. 

„Reflections on the duration of pregnancy. Edinb. 
joum. 1854. — On the duration of pregnancy and the 
calculation of the date of confinement. Edinb. Joum. 
Novbr. 1856." — „Ueber abnorme Lagen toter Kinder 
bei der Geburt". Ass. joum. Aug. 1855. 

Eine interessante Arbeit von D. beschäftigte sich 
mit der Frage der Geburtsdauer in ihrem Verhältniss 



145 



ZOT Sterblichkeit der Gebärenden und Wöchnerinnen. 
Düican stellt folgende 2 Sät^e auf: 1) Die Sterblich- 
keit der Gebärenden und Wöchnerinnen wächst mit der 
Dauer der Geburt, 2) die Geburtsdauer ist nur eine an 
äcb unbedeutende jener vielen Ursachen der Sterblich- 
keit der Gebärenden und Wöchnerinnen. Edinb. med, 
jonm. 1857. 

Spätere Schriften ¥on D^ welche erst in Bd. IV Be- 
rüdsichtigung finden werden, sind : „A lower liniit to 
the power exert^d in the function of parturition, Transact. 
oi the royal soc» of Edinb, 1867, — On the so~called 
synditic motion of the foetal head in the raechanism 
of parturition. Transact* of Edinb. obst. soc, 1370. — 
Le mecanisine de Taccouchement normal et pathologique 
et recherches sur Tinsertion vicieuse du placenta, tra- 
duit par Budin. Paris 1876, 



§- 



rv2. 



■ Di eGeburtshüll" einItalien. 

I Italien war in dem Zeitraum der Jahre 1840 — 1860 

■ von den politischen Veränderungen dieser Periode ein- 
greifend betroffen worden, imd der Einfluss, welchen die 
Ümgestaltiing des nationalen Lebens auf aUe Kreise aus- 
übte, spiegelt sich auch in alten wissenschaftlichen Lei- 
stimgen dieser Jahre wieder. Die dortige litterarische 
Productivität und die Stellung, welche unsere Wissen- 
sctaft gegenüber den Erzeugnissen des Auslandes ein- 
nahm, war in ihrer Entwickelung ganz yon den daraa- 

^^ügen Zeitereignissen abhEingig. Erst^ nachdem in Italien 
Kas nationale Band der Einigung fest geknüpft war, 
lonnte man von einem besonderen nationalen Char acter 
äer Fachwissenschaft unserer südlichen Nachbarn reden, 
ond je mehr Zeit nach diesen politischen Stürmen ver^ 
Bossen ist, desto mehr hat sich dort die wissenschaftliche 
Zusammengehörigkeit mit den nördlichen Ländern in er- 
freuBchster Weise herausgebildet. Die Litteratur dieser 
Paiode giebt uns viele Beweise davon. 



Sohm-Siebold, GftBOhicht« der Geburtahtüfä. IIT. 



10 




146 

In den mediciniscfaen Kreisen hatte seit den ersten 
Decennien des 19ten Jahrhunderts der Wunsch Wurzel 
gefasst, in Nord- und Mittel-Italien ein besonderes Insti- 
tut zu begründen, welches vornehmlich der Beobachtung 
natürlicher Geburten in ungestörtem Verlauf dienen sollte, 
und die physiologischen Forschungen von G a 1 1 i in Bo- 
logna und Monteggiain Mailand hatten diesem Wunsch 
einen günstigen Boden vorbereitet, zugleich sollte ein sol- 
ches, mit ausreichenden Lehrmitteln ausgerüstetes Institut 
zu Einübung geburtshülflich-operativer Eingriflfe dienen. 
Die weitere Entwickelung des Planes war dann namentlich 
den Bemühungen von GiovanniBattista Fabbri 
in Bologna zu verdanken, welcher in seinem Unterricht die 
Schüler sowohl auf fortwährendes Studium der mechani- 
schen Vorgänge der Geburt, als auch auf die Indicationen 
zur operativen Hülfeleistung hinwies. In derselben Zeit 
wurden auch in Kongressen manche Hauptfragen unseres 
Faches, welche damals das Ausland beschäftigten, in ver- 
schiedenen Städten Italiens zur Verhandlung herangezogen, 
und diese Kongresse erwiesen sich, obwohl sie nur wissen- 
schaftlichen Zwecken dienen sollten, später als sehr frucht- 
bringend für die Verschmelzung der einzelnen Theile des 
Landes. 

§. 53*). 

In der Geburtshülfe unterrichteten: in Piemont in 
Turin von 1838—1857 Prof A. A 1 i p r a n d i , von 1857 
— 1863 Prof. S. Giordano und für die Hebammen 
Prof. R o s s i ; in Genua bis 1847 M o 1 f i n o und bis 
1867 Arrighetti; in Cagliari: von 1837—1849 
Prof. G. B. Ghersi, von 1850—1873 Prof. G. Masna- 

*) Anm. Die nachfolgenden sachkundigen Nachrichten über 
die italienische Litteratur verdanke ich der liebenswürdigen Mit- 
hülfe des Professors Calderini in Bologna. Dieselben werden 
die Notizen des § 256 des 2ten Bandes des Siebold'schen Wer- 
kes in erwünschter Weise ergänzen. D o h r n. 



147 



la: in VefcelH: für die Hebammen 1852—1856 Dn G. 
Varaldaj von 1857 Di\ L Majoni; in Voghera: Dr, 
?oggi von 1842--1890: in Novara 1835—1859 Dr. Pa- 
gani, 1859—1862 Prof" C. Eaterl ü; in der Lombardei: 
inPam 1827—1852 Prol Tb, Lovati, unterstützt von 
Prot: LPaatorello bis 1859; in Mailand fto die Heb- 
ammen 1820—1862 Prot: F. de Billi; in Venetien: 
b Padua 1819-1857 Prof. R Lamp recht, 1857— 
1858 L. Bianchessi, ISSS^-lSöi L. Pastorello: 
in Venedig für Hebammen 1841—1842 "Dr. Smania 
und ?on 1843—1886 Prof. G. Yaltorta; in Parma: 
1314^1850 Roaai Ginseppe und von 1851 — 1866 a 
Fattori und für Hebammen X Guenau 1851—1871; 
inModena: von 1832—1859 K Koncati, Prof. Potito 
C 1 b e n e 1859—1870 ; in Bologna : R i z z o 1 i , Prof. der 
ChiraTgie, 1836—1854 gefolgt von Prot; G. B. Fabbri; 
iöFerrara: für Hebammen 1840 — 1859 der Chirurge P. P, 
Malag 6, bis 1859 beigeordnet dem Prof. C. Grillen- 
zoni; in Camerino bis 1859 für Hebammen G, B. Fabbri, 
1860 nach seiner Versetzung nach Bologna gefolgt von 
Adalfo Settini In Urbino 1840—1860 für Heb- 
ammen Prof, C. Andreoli; in Toscana: in Pisa 1839— 
1845 V. C e n t o f a n t i , als Prof. „di ostetricia minore*', 
TO 1845—1864 Professor der Geburtshülfe. 1849 wurde 
die Klinik für Geburtshülfe für Studenten und Hebammen 
mgerichtet. In Siena lehrte 1840 — 1859 C a p e s s i , dann 
Minati; in dem Reich beider Sicilien: in Neapel L, Pag- 
quale, Nachfolger vonL Chiari 1845— 1847> von 1850 
-1851 J. Nunziante, 1851—1865 G. Capuano, für 
ü« Studenten und Hebammen. In Bari für die Hebannnen 
Prot J. N. C o 1 a p i n t o. In Catania war Prof. E. F i s i- 
chiella 1842 dem provinziellen Institut, in Palermo lehr- 
ten nach 1847 S a 1 e m 1 and später M» P a n t a 1 e o. 



Im vorliegenden Zeitraum wurde eine geburtshülf- 

10* 




54. 



148 



liehe Klinik eingerichtet in Turin 1838, in Cagliari und 
Sasaari 1841, in Palermo 1845, die practische Scimle yi 
Florenz, die Hebamraenschule in Pisa 1840, die Mater- 
nitä in Genua 1852, die geburtshülfliche Schule in Ur- 
bino 1860, in Venedig die Schule für Hebammen 1842.; 
Auch hatten geburtshülfliche Schulen: Novara, Voghera, 
Vc^rcelli von Ende 1838, 

Zugleich begannen am Ende dieser Periode in Ita- 
lien die wissenschaftlichen Kongresse für die Hebung der 
Geburtshülfe innerhalb der Landesgrenzen. 

Unter den geburtshülflichen Lehrbüchern sind auf- 
zuführen: 

Ambro gio Aliprandi, Trattato elementare di 
ostetricia. Turin 1840 Ite edit., 1845 2te, 1860 3fce edii 
Die Arbeit umfasat Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett 
und Neugeborene, Der Stü ist vortreffich und gefällig. 

Giovanni Raffaele von Neapel, Oatetricia teo- 
rico-pratica mit Atlas. 2 Vol, Napoli 1843. 

Luigi Capessi, Element! di ostetricia teoricu- 
pratica^ gegründet aaf die modernen Doctrinen der Phy- 
siologie und der Tokologie, Siena 1843 und 1850. Der 
Autor bemüht sich, die Geburtshülfe mit den Lehrsätzen 
der Mechanik und Mathematik in Einklang zu bringen, 

Michele Frari, Operazioni di ostetricia, Vene- 
zia 1844, ein von den ersten Werken dieses Inhaltes, 

G h e r s i, Lesioni teorico-pratiche di ostetricia, Ca- 
gliari 1844, 

Vincenzo Ballocehi. Manuale completo di oste- 
tricia. Ite ed, Firenze 1847, 4te ed. 1871, Die erste Auf- 
lage soll sowohl den Aerzten als auch den Hebammen 
dienen, die letzte nur den Aerzten, Mit besonderer Bezug- 
nahme auf die Erfahnmgen von Vannoni und des Autors* 

Luigi P a s t o r e 1 1 o, Trattato di ostetricia, Pa?ia 
1854, 2 VoL Der Autor gieht die Erfahrungen der 
Gebäranstalten zu Padua und Pavia wieder. Er be- 
Hi^rrscht die deutsche Sprache und erläutert die Fort- 



149 



W. 



I 



schritte der Geburtshüllb in Oestörreicli und Deutschland* 
Teodoro Lovati. Manuale del parto meccanico 

strameufcale. Milano 1854, 

Ueber die Geburtsliülfe berichtete C. de Renzi aus 
dem Institut, chirurg. in 6 Voh, 4te Aufl., Neapel 1860. 

Für den Unterricht der Hebammen erscliienen: S an- 
te Sillani 1842, 2te Aufl. Neapel, Teodoro Lovati 
iß Mailand 1843 und Pavia, PaatoreUo in Trentu 
1843, Montagna, Verona, 4te ed. 1845, Aliprandi 
Törin 1846, Pelliccia, Lucca 1851, Aurelio Finizio, 
Neapel 1853, Sante Sillani, Perugia 1854^ Mina- 
relli in Bologna 1855, G. B. Fabbri, kurzer Abriss über 
den menschlichen Körper für Hebammen. Bologna 1857, 

AnrelioFinizio gab 1845 ein gebnrtshülfliches 
oornal für Frauenkrankheiten und Krankheiten der Neu- 
geborenen heraus, aber das Journal hatte nur kurze Dauer. 

In diesem Zeitraum wurden übersetzt die Werke von 
Baudelocque, Boivin, Merriman, Velpeau und 
von E s t e r 1 e pnblicieit eine lange Reibe von Artikeln ge- 
turtshülflichen Inhalts in den Annali universali di med., 
begründet von C. A. Calderini, fortgesetzt von Omo- 
dei, das alte italienische Jonmal der Medicin. Einst- 
weilen waren alle gebnrtshül fliehen Publikationen durch 
die oben erwähnten politischen Umstände in ihrer Wirk- 
samkeit eingreifend bebindert, bis später für die jüngere 
Welt ruhige Zeit für das Studiimi kam* 



§. 55, 

Gemäss der Reihenfolge, welche Corradi in seiner 
Gescliidite der Gebnrtshülfe (L'ostetricia in Italia, Bolog- 
Ea 1872) aufgestellt hat, soUen einige Haupters cheinnngen 
tmseres Fachea aufgeführt werden, wie folgt: 

Reifung und Entwickelung des Eies, 
Empfängnis; Die Beobachtungen von M alpig hi, 
V a 1 1 i s n i e r i und Santorini über die gelben 
Körper in dem jungfräulichen Körper wurden auch von 




150 



Locatelli in einem Falle von imperforater 
bestätigt {!). B i v e 1 1 i sehrieb N e g r i e r diö Priori- 
tät der Entdeckung der Abhängigkeit der Menstruation 
von der Thätigkeit der Ovarien zu (2)* Fälle von Im- 
perioration bei schwangeren Frauen veröffentUcht von 
M a 2 z a und von B i 1 ! i (3), Fälle von Mangel des 
Uterus und Atresie der vagina berichteten B e r t a n i, 
Rulfini^ Causini, Moudini (4), V a n n o n i 
beobachtet einen Fall von Verlängerung des Uterushalsi 
als Grund der Sterilität (5)* K a n n i n i erzählt von 
einem Fall von Uterusruptur durch haematonaetra (6)* 
ß D s a t i behandelt eine Frau, welche bei verschlossener 
narbiger vagina durch den anus geschwängert wurde und 
durch die Blase menstruierte. 

1) Locatelli, Gazz. med. di Milano, 1849 p. 189. 
2) BiveUi. Bologna 1853, 3) Mazza, Ann. univ* 
di med. 1852. 142. 78. D e B 11 U id. 1844. 111.293, 

4) B er t ani, Ann. univ. di med. 1841. 97. 440, Ruf- 
fini. Giom. science med. Torino 1843. 18. 184. Tan- 
sini, Gazz. med. di Milano 1846, p. 61. Mondiui* 
M'uovi comm, deU' Äccad. science Bologna 1842. V. 165. 

5) Vannoni. II progresso gazz. med. Firenze 1849, 
p. 806. 6) Z a n n i n i* Giorn, per i progr, della pat. Ve- 
nezia 1S34. 1. 37. 7) Eosati. Racc. Fano. 1843. Xni. 301. 

Cirkulation desfoetus und seine r Ad- 
nex ar Biancini hält die Commuuication des müt* 
terbchen Blutes mit dem foetus aufrecht (1). Gegen 
diese Commuuication traten Bigacci, Civinini, 
Alessandrini, Panizza auf, 2) B u r c i beob- 
achtete Haare im meconium als Beweis der Amnion- 
flüssigkeit. 3) C a 1 o r i sah einen Fall von Ruptur der 
Nabelschnur in der Schwangerschaft und meconium bei 
einem foetus, dessen ileum keine Verbindung mit dem 
Dickdarm hatte* 4) G u a r i n i , A 1 i p r a n d i beobach- 
teten eine 3g esp alten e Nabelschnur und das Vorkommen 
einer einzigen Nabelarterie. 

1) Biancini. Nuovo giom. di lett. di Pisa 183B. 
2) Bigacci. Atti del. Congr. Firenze 1841. C i- 
i. Latt* e memoria anatonüca Firenze 1839. 



L i, 

[>nl 

I 

I 



J 



151 



I e s s a n d r i n i. Äcc. seien, di Bologna 1840, P a- 
niaza. Verga. Sc. med, Pavia 1839. XI. 3) B u r c i, 
Giom. med. Milano 1844. III. 4) C a l o r i. Novi comm* 
Inst. Bonon. 1844. VU. ü. 1840 IX* u. 1844* TU. h\ 
Guarini, Gazz* med. MUano 1B42, p. 119, A U- 
prand , Trattato. 

Gewicht des f o e t u s* D e B i U i gab als mit- 
[tleres Ge\^ächt des foetus in seiner Reife gr 3360 an, 
^die Länge 47 cra. 

De Billi. Ann. iiniv, di med. ilL 1844, p. 290. 

Geburtshülfliche Untersuchung und 
B e c k e n m e s s u n g : lieber den Werth der Auskul- 
tation haben B r e v e n t a n i (1) und G r i 1 1 e n z o n i 
I Arbeiten geliefert, über die Entstehung des Uteringe- 
räüsches L a z z a t i und T a r s i t a n i (2). Ber Erstere 
sekrieb es den oberflächlichen Gef ässen des uterus zu, der 
letztere der Insertion der placenta, V a n n o n i und B a- 
loiche (3) dem abgestorbenen foetus oder einer Mole, 
Frari beschäftigte sich mit der vaginalen Auskultation* 
4) Veränderungen der Beckeumesser gaben an: Oreste, 
Capezzi, Hizzoli, Grillenzoni, 5) Pasto- 
rello zog die manuelle Beckenmessung vor. 

1) Breventani, Man* di ascoltazione* Bologna 1845. 
Grilleuzoni* Bull sc. med. 1844. 2) Lazzati* 
Ami. univ. med. 1844. 112 u» Verh. des Kongresses in 
Mailand* Targitani. Yerh. Congr, NapoH 1847* 
3)Vannoni, Balocchi. Gazz. med* toscana 1848* 
4)FrarL Gazz. med* pro v* venete 1859, p, 241* 5) 
Ö r e s t e* Filiatre Sebezio 1 8B4. Capezzi. Gazz. 
tose. 1843. Eizzoli. Bull. sc. med. 1856. Bologna. 
'6) P a s t o r e 1 1 0. Giom. ven. sc. med. 1860. 

Zeichen der Schwangerschaft: Gili- 
berti, DeEenzis berichten über Fälle von Schwan- 
getschaft ohne Menstruation (1). Malvani hob die 
violette Farbe der vagina als Zeichen der Schwanger- 
schaft heiTor- 2) V a n n o n i und C o z z i hielten das 
Ki.iestin gegenüber T u r c h i n e 1 1 i und B u r c i als 
Scbwangerschaftszeichen ftir wichtig* 

1) G i 1 i b e r t L Filiatre Sebezio 1840. XX* B ar- 




152 



bierL Bull sc. med. 1860, Malvani Gioxn. sc. 
med, Torino 1840. Vaimoiii u. Cozzi. Ätti del 
congr, di Padova 1812. Turchinetti ned Burci, 
Atti del congr. di Lucca 1843. Gazz. med. tose, 1841. 

Zeitrechnung un d Dauer der Schwanger- 
schaft: Da Camin schrieb über Verlängerung der 
Schwangerschaft, desgleichen V a n n o n i, Gazz. med- 
tosc. 1852. 

Mehrfache Schwangerschaft, Super- 
fötation: Civinini, Cappelletti, Miglia- 
vacca, Baruffaldi berichten über FaJle von 3fach 
bis öfachen Geburten (1), Giordano betonte die 
Fruchtbarkeit früherer Zwillingsmütter (2). Emiliani 
belichtete über eine ZwilÜngsgeburt einer Frau mit einem 
einzigert ovarlum (3). Caiori, Panizza, Pacini^ 
Älessandrini beschreiben Schwangerschaften mit 
missgebüdetem fötus (4), Generali, Yer^a, Gua- 
rini, Rizzoli, Faragli, Band, DelVesco, 
Pastorello, Fälle scheinbarer Superfötation, 

1) Civinini. Ind, museo anat. pat. Pisa 1842» 
Cappelletti. Giom. p. progr. pat. 1844. M i g 1 i a- 
vacca. Giorn. med. MÜ, 1846. Baruffaldi. Gazz. 
med. lomb. 1858. 2) Giordano. Gazz» med. statt 
gardi 1858. C h i a r a. Ren. clin, ost. Torino 1862, 
3) Emiliani, Bull, sc, med. 1843. 4) Caiori, Mem, 
ßoc> med. chir. Bologna 1847* F a n i z z a, Stör. fet. 
hemiceph. Pavia 184 L Pacini. Ann. univ. med. 1843. 
Älessandrini. Mem. acc. sc. Bologna 1860. 5) Ge- 
nerali, N* ann. sc. nat. Bologna 1848. Verga. Gi- 
ons, sc. med, Pavia Xu, Guarini, Ann, un, med, 1855, 
Rizzoli. Ver ardin i. Bull, sc. med. Bologna 1858. 
X. Faragli, Gazz. fis. med. tose. 1846. DelVesco. 
Gazz, med. Venet. 1859. Pastorello. Ibid. p. 202. 

Complicationen der Schwangerschaft: 
lieber unstillbares Erbrechen der Schwangeren schrieb 
Masna ta u. Pastorello (1), Scalz af e r ri berichtet 

' einen Fall von Invagination in der Schwangerschaft (2), 

^ über einen Fall fortschreitender Hypertrophie 

^ (B), derselbe über Oedeme u. Albuminurie der 



153 



SdiwftBgeren (4), Cotta, Prari, Perugini über Com- 
plication von Krebs mit Scbwangerschaft (5), M el chi o rr i 
über Tumoren bei Schwangeren (6), P a s t o re 1 1 o , B u r r e s i, 
Centoianti, Tibone, über nervöse Störungen bei 
Schwangeren (7), G i o r cl a n o und Pastorello über 
Besserung der Symptome der Ines bei Schwangerschaft (8), 
Esterle erprobte die Wirkung des Quecksilbers bei 
iues der Schwangeren (9)* Tibone u. C a z 2; a n i be- 
richteten über Hydro rrhoe bei Schwangeren (10), Mel- 
chior r i über Verlängerung der Muttermundslippen bei 
Schwangeren, De Bill i über Rück war tsbeugnng des ute- 
Tüs (11), Drago über Abort bei prolapsus uteri (12)* 
Scaruf fi sah Perforation des utems im 5ten Monat 
in Folge von Abort. C a i f a s s i eine spontane Rup- 
tur des Uterus (13). 

I 1) Masnata. Cagliari 1857, Pastorello, 

Gim-n. dei progr. della pat 1840. XII. 31. 2) Scal- 
zaferri* Giom, med. Roma 1852. L CXXIV. 3) E s- 
terle. Ann. un. med. 1857. CLXH. 153. 4) Id. Ann. 
m med. 1858, CLXHI. 530. Barbieri. Gazz. med. 
lomb, 1855, p, 369. 5) Cotta. Lodi 1846. Frari. 
Gaaz. med. lomb* 1855, p* 287. P e r u g i n i. Gazz. 
med, chir. del Trentino 1851, p. 337* 6) Melchiorri» 
Gaz3£* med, Müano 1844, p. 42. 7) Pastorello* Giora. 
Ten. di sc. med, 1859. XIY. 613. Bnrresi. Gazz. 
med. tose, 1855, p. 124. Centofanti, Mise, med. 
cMt. farm. Pisa 1843. L 64. Tibone, Giom* acc. 
med. Torino 1859. XXX VL 395, 8) G i o r d a n o. Gi^ 
om. St sardi Torino 1 858. Pastorello. Gazz, 
med. Trento 1851, p. 483. 9) E s t e r l e. Ann, un, 
med. 1858, CLXin. 736, CLXXV, 370. 10) Tibone, 
Giom, acc, med, 1860, XXXVH, 201. Cazzani. 
Prosp. chir, Payia 1859, 61. 1 1) M e l c h i r r i, Giom. 
med, lomb, 1852, p. 363. De Billi. Gazz. med, :Mi- 
Imo 1845, p. 1, Rizzoli. Bull, sc. med, 1858, X^^H. 
68. 12) Drago. Oss, med, J^apoli 1849, XXVH, 
164 13) Scaruffi, Gazz, med. fisica tose, 1844, 
p- 12. Caifasai, Gazz. tose, 1854, p, 117, 

Scheinbare Schwangerschaft: Yaltorta 




154 



^*^ei einer starkgefüUten Blase nach der Entleerung 
die scheinbare Schwangerschaft verschwinden. Gioru 
yenet. sc. med. 1859. Xm. Canuti beobachtete einen" 
Fall von Hydropsie des uterus, welche Schwangerschaft 
vortäuschte* BulL sc, med. 1843. ni. 

Extrauterine Schwangerschaft: Mondini 
beobachtete einen Fall von interstitieller Schwangerschalt, 
Caatellani einen Fall von Tubenschwangerschaft mit 
Ruptur, Santopadre einen Fall von Tuben Schwanger- 
schaft, ebenso B o c c h e 1 1 i (1)* Fälle von Bauchhöhlen- 
schwangerschaft berichteten DeRenzi, Biboli, Rizzo, 
De B o n i s (2), M e n o 1 1 i einen Fall von Extra-IIterin- 
SchWp mit Heilung, ebenso G a 11 i (3), B o c c h e 1 1 i 
eine Ovarien-Schwangerschaft (4). Ambrosioni berich- 
tete über einen Fall mit Elimination der Frucht durch 
den anus, ebenso Fagello (5), Taruffi sah eine 
35 Jahre lang in der Bauchhöhle zurückgehaltene Frucht 
(6). Drago beobachtete einen Fall von Extra-Uterin- 
schwangerschaft mit Drillingen bei einer DermoidcysteJ 
1) M n d i n i. Novi comm, instit< Bonon. 1846, 
VIII. 97. C a s t e 1 1 a n i. Gazz. med. tose. 1854, 
p* 321. Santopadre. Metaxa. acc. med. chir. Roma 
184L VL 181 . B o c c h e 1 1 i. Gazz* med. Älüano 1845, 
p. 34. 2) De Renzi. Filiatre Sebazio 1853. XLV. 
193, Riboli. Gazz. tose. sc. fis. med. 1846, p. 33 
Rizzo. Gazz. med. st. sardi 1858 n. 2. D e B o n i 
Giom. sc, med. Torino 1846. XXV. 311. 3) M e n o 1 1 1 
Ann. un. med. 1839. LXXXIX. 260. 4) B o c c h e 1 1 i. 
Gazz. med. tose. 1853. S" Ha V. G a 1 1 i. Mem. acc. 
sc. Bologna 1859. VIII. 430. 5) Ambrosioni, 
Gazz. med. Milano 1846, p. 385. P agell o. GiomJ 
ven. sc. med. 1854. III. 57. 6) Taruffi. Bull, 
med. 1855. IIL 129. 7) Drago, Ingrassia-giom* 
med. Palermo 1856* 

Krankheiten der Eihäute und der pla- 
centa und der Frucht. Abortus: Candiani 
schrieb über die Krankh. der Frucht und der Eüiäute (l),i 
Kersi u. Giordano über Placentarerkrankungei] 
1 1 e n z o n i über Gewichte der Placenten (3). Jg 



i 



1&5 



^ 



^ 



I 



beobadtt^eciiieNabdbdiniirmitemeraifiiigeodickeiiArte- 
rie^Calori eiiielfissiiildmig'^diieiilieaiuc^phjdtistmtFdü^ 
des Nab€]stnuig«&. Tenderini, Belluszi, De Billi 
Teröffentlichteii Füle Ton Tod der Frucht durch Nabel* 
sdmur-Knoteii * 4>* B r e s c i a a i , G u a 1 i beobachteteii 
Blattern bei Früchten (5)- D üb i n i u. L az z a t i g^Iauben 
m dea DärmeQ todter Früchte WHitter gesebeü zu hsbeo 
(! 61* Fastorello beobachtete bei ^K>rtiertcii Früchten 
pleuritis (7)* Oiordaoo o. Fioixio empfehlen bei 
wiederholtenL Abort lingere medicament^se Behandlung, 
1) C a n d i a n i. Diss* inaug« Padova 1844. 2) 
Gh e r s L Ann. on- di med- I84i\ XCHl. 60€. Gior- 
dano-Tiniini 1B43 De praecipuis placentae morbis* 
3) Peiretti, Rend. Stat, 1859—60 Torino 1861, 
p. 56. G r i 1 1 e n z o n i. Ann. im, di med. 1860. CCV. 
6, 4) Face n, Gazz, med. lomb. 1852, p* 214, C a- 
!ori Mem, accad. sc, Bologna 1854, V, 483. Ten- 
derini. B t^mp. Firenze 1860* IV. 169. BelluzÄi. 
BuD. sc, med. 1860. XTÜ. 286. De BillL Ann, an. 
med, 1859, CLXVn, 315. 5) Bresciani, Saggi di 
chir. teor. prat. Verona 1843. UL p, lä9. Guali. Bau 
8€, med, 1841. XII. 185, 6) Dubini e Lazzati. 'Ann. 
im. med. 1849. CXXXI, 544. /) P a s t o r e U o, Gi- 
om. per i progr. della pat, 1840, XIL BU Ann. im, med. 
CXV, ä30, 8) Qiordano. Giora, aec. med. Torino 
1857. FiniEio. Mem. acc, med. Kapoli 1850. 

F a b b r i veröffentlichte „ Betrachtungen über den 
E in 1 1 u s s des Beckens auf die Geburt''. Mem, 
ftcc* sc. Bologna 1856, P a c i n i über die RoUe des Dam- 
mes bei der Geburt 1840. G i o r d a n o untersuchte 
den Unterschied der Geburtsdauer bei Erstgebärenden 
u> bei Mehrgebärenden. Giom. acc. med, Torino 1857. 
Heber unregelmässige Kindslagen schrieben Fra* 
rif Mem. med. 184^4. XI. B e 1 1 u z z i. Bull, Sc. med, 
1857, vn. Ghersi, Giom. sc, med. 1842. XV, Fa- 
storello. Trattato 1854. De Billi. Ann. un. med. 
1844. CXIt über spontane Äusstossung der placenta 
Giordano u, Grlllenzoni 1843. 1844. 

Zahlreiche kasuistische Mittheilungen dieses Zeitraii- 




156 



mes betrafen benierkenswerthe Fälle von placenta prae^ 
via, Eklampsie, engem Becken und interessante geburta 
hlilfliche Operationen. Zwar grössere wiasenschaftliche" 
Fortschritte enthielten sie nicht, aber sie gaben Zeugniss 
von der Lebhaftigkeit, mit der die italienischen Äerzta 
ihre praktischen Erfalirimgen mit den Kollegen auszu- 
tauschen bestrebt waren. Es war eins von den erfreu- 
lichen Zeichen nationaler Zusammengehörigkeit^ welchd 
sich in den folgenden Jahren glänzend bewähiie* " 

Unter den Neuerungen auf dem operativen Gebiet 
ist nur die Empfehlung und Weiterfilhrung der Symphy- 
aeotomie und Pubiotomie aufzuführen, 1840 operierte 
G a 1 b i a t i zwei Kreisaende durch Symphyseotomie, beide 
FäUe verliefen unglöcklich für Mutter und Kind, Ann. 
clin, osp. 1846 VI, und 1841 empfahl derselbe die Pu- 
biotomie 1842. Die Vorschläge Galb iati's fanden aucM 
in Italien viele Gegnerschaft. Zwar konnte man in den 
folgenden Jahren über einige glücklich abgelaufene Fälle 
von Syraphyseotomie berichten, aber im Ganzen verhielt 
sich die dortige ärztliche Welt gegen diese Neuerungen 
ablehnend. Dies war eine allgemeine Meinung der medi- 
cinischen Kreise, welche auch in einem Kongress von 
Genua 1847 zum Ausdruck kam. Einige verwarfen diese 
Operationen unbedingt, Andere riethen, sie diu^ch künst- 
liche Frühgeburt zu ersetzen. M 
1) Galbiati, Ann, clin. osp. ine. 1846. VT. SOt" 
id. p. 309. 2) C a c c i o p p o 1 i B, Morgagni 1858 p. 561 
Jacolucci n. Morgagni 1858 p* 561, Lo Speri- 
mentale 1858. 3) Da C a m i n, Giom. ven. sc* med* 
1850. L 706. 4} Galbiati. Filiatre Sebezio 1842. 
XXm. 145. C i a n f 1 n e j Meyer trad. tratt. Braun 
m* 229. Capezzi etc. Ann. nn. med. 1847. CXXI. 
167. Lovati, Giorn. p. i prog. deEa pat. 1847, XU, 
539, e Ann, im- med. 1847. CXXIY. 506. CXXV. 330. 



De R e n z i. Istit, di pat. 
5) S o g 1 i a n o. Atti Congr. 
'^^Tl. 620. Rossi. Att 



cMr. Napoli 1853. VI. 368. 
Napoli Ann, un, med. 1846, 
Congr. Padova e P a s 



relio. Tratt II. 384. GiovaiininL Fil, Seb. 
1852. XLUI, p. 11-^15. De Christo forL Ann, un. 
med 1858. CLXV, p. 509; 1859. CLXVII , p. 15, 

6) J Ji c 1 u c c i. H. Morgagni 1858, p. 56L G r a s s i. 
Matre Sebezio agosto 1852* 

Ueber die Entstehung und die Verhütung des Puer- 
p«mlfiebers herrschten in damaliger Zeit ebenso wohl in 
Italien, gleichwie in Deutschland, ganx %"er fehlte Änsich- 
teD, welche erst von Semmel weis bericiitigt wurden. 



§. 56, 
Holland* 

Holland hat eine Reihe von ausgezeichneten Geburts- 
helfern gehabt* Für die Ausbildimg in diesem Fach war 
Ton Alters her eifrig gesorgt worden, und die dortige 
Regierung wusste in ihren vei-sttindigen Massnahmen den 
Rahm der holländischen Geburts hülfe, in dem Vaterlande 
D e Y e n t e is, wii'ksam zu erhalten. Die BestimmungeD, 
welche die Ausübung der Gehurtshülfe im Lande regelten, 
zeugen von praktischem Sinn ; den Aerzten^ wie den Heb- 
ammen war ein bestimmter Wirkungskreis vorgeschrieben 
and andererseits war für Abwehr geburtshülflicher Pfu- 
scherei ausreichend gesorgt. Für die Unterweisung der 
Schülerinnen, der «Vroed Vrouwen", wurde in den Heb- 
ammenschulen zu Amsterdam und Rotterdam Vieles ge- 
than und für die Wissenschaft sorgten die geburtshlUf- 
lichen Universitätskliniken von Leiden, Utrecht imd Gro- 
ningen mit grossem Erfolg. 

Unter her\^orrageiiden holländischen Geburtshelfern 
sind zu nennen : 

Jacobus Cornelius Broers, geh, 17. Februar 
1795, gest. 23. Novb. 1849, berufen als „Hoogleeraar 
iii de Heelen Verloskunde" , wobei er auch Chirurgie 
und pathologische Anatomie vertrat* — G. Salomon 
(i. Bd. H), gest. 20* Aug, 1864. ^ Jacob Baart 
ie la Faille (s* Bd. II), gest. 19, Mai 1867, später 



158 

in Groningen, verdienstvoller Autor mehrerer Arbeiten 
über Volkskrankheiteu und Teratologie. — Leopold 
Lehmann, gest. 18. Juli 1880, Professor der Geburts- 
hülfe in Amsterdam, Verf. fleissiger Aufsätze aus dem 
Gebiete der Geburtshülf e und Gynäkologie in der nederl. 
Tydschrift voor Genesk. Bydr. tot de Kephalotrypsie 
1850, Over de Vezelgerwellen der baarmoeder 1853, 
Over de methode van Schweighäuser-Cohen 1855, 
Gebruik van Chloroform in de Verloskunde 1857, Rup- 
turen van baarmoeder 1858, Over het uiteenwijken van 
het bekken gedurende de baring 1861, Over de bepaling 
der dierlijke wannte by puerperaal-procesjen 1865, By- 
drage tot de bloedvloeijingen bij placenta previa en hären 
invloed op het afsterven der Vrucht 1868, Waamemingen 
van veraauwing des bekkens 1869, Drie Waamemingen 
van Sectio caesarea 1870, Atresia uteri gedurende de 
baring 1871, Over de keering by een voorüggend hoofd 
in een naauw bekken 1873, Ruptura uteri spontanea 
1877. Lehmann unterrichtete viele Jahre lang am 
Athenaeum illustre und demnächst an der Universität, 
welche daraus hervorging. Gleichzeitig stand er an der 
Spitze der Hebammenlehranstalt. 

Abraham Everard Simon Thomas, geb. 6. Juni 
1820 zu Amsterdam, anfangs Arzt in Rotterdam, dann 
Professor der Geburtshülf e in Leiden. S. T. hatte viele 
Verdienste um die Hebung des geburtsh. Unterrichtes 
in Holland und das Ansehen der Klinik zu Leiden. 
Seine litterarische Thätigkeit fand auch in Deutschland 
viel Anerkennung, besonders ist seine grössere Mono- 
graphie über das „schräg verengte Becken" hervorzu- 
heben. Andere Arbeiten von ihm betrafen „die Ver- 
besserung der Kopfstellung mittelst der Zange (Nederl. 
Lancet. Decbr. 1853 u. Jan. 1854), die Lehre vom ver- 
engten Becken, die künstliche Frühgeburt, die Eklampsie". 
Für Anwendung des Silberdrahtes bei gynäkologischen 
Operationen und für technische Handgriffe bei dem Kai- 
serschnitt gab er praktische Rathschläge. Simon Tho- 
mas starb 22. Novb. 1886. 

Gerardus Vrolik (s. Bd. H), gest. 1859. Seine 



159 



letzte Schrift behandelte das Thema: ^Over den wer- 
velkolon en hett bekken van den mensch", 1850 und 
„Hoe men zieh de doormetingen van het yrouwelyk 
bekken by den mensch behoort voor te stellen". 

C. B. T i 1 a n u s. Beiträge zur Statistik des Mecha- 
nismus der Geburt. Arch. f. d. hell. Beitr. I. 1858. 



In Belgien war der Dienst der Geburtshtilfe ganz 
nach dem französischen Muster eingerichtet. Die Ad- 
ministration der dortigen Entbindungsanstalten litten, wie 
Li^on Le Fort bemerkt, unter denselben Fehlem der 
Organisation, wie in Frankreich. In Vergleich mit den 
Nachbarstaaten konnte sich die belgische Geburtshülfe 
nicht zu einer selbständigen Stellung erheben. Von den 
Autoren des vorliegenden Zeitraumes sind zu nennen: 

J. P. Hoebeke, Arzt in Sottegem in Ostflandem, 
theilt in seinen „M6moires et observations prat. de cMr. et 
de l'obstet." später von Vielen besprochene Fälle von 
Osteomalacie mit. Seine Resultate des Kaiserschnitts hat- 
ten die Entsendung ärztlicher Kommissäre veranlasst, 
welche dieHäufigkeit seiner Kaiserschnitte in Untersuchung 
nehmen sollten. Dabei stellte es sich heraus, dass gerade 
dort die Knochenerweichung einen geeigneten Boden ge- 
funden habe. H. hatte bei diesen Operationen 5 Mütter 
und 6 Kinder gerettet, ein für die damalige Zeit staunens- 
werthes Resultat (Schmidt's Jahrb. Bd. 37. 1842). 

J. B. vän Huevel, geb. 24. Septb. 1802, gest. 
Octbr. 1883, Prof. der Geburtshülfe an der Universität 
zu Brüssel. Seine Verdienste über die Beckenmessung 
und seine Erfindung des forceps-scie (s. Bd. II) sind 
bekannt. Seine „Demi^res modifications au forceps-scie** 
erschienen 1848 und 1851. Weitere Schriften sind: 
„Lettre sur un proced6 nouveau de d^livrance dans le 
cas d'hydroc6phalie**. Presse med. beige 1849. „Con- 
siderations sur l'embryotomie et 1' Operation c6sarienne". 

— „De l'avortement provoque et de Tembryotomie". — 
„Pinceporte-lacs" in Hyernaux' Manuel d'accouch. 1857. 

— Auch gab v. H. das Lehrbuch von C a z e a u x mit 
Anmerk. heraus 1844. 




L4on- Joseph G. Hyernaiax, geh, 28, De^^ 
1820, Prof. der Geburtahülie an der freien UnlTerstt^a^ 
in Brüssel, Mitglie4 der belgischen Akademie, Aut ^- d 
zahlreicher Arbeite?) aus dem Gebiete der Geburtshüli^ -4 
Manuel pratique de Tart des accouchements 1857. 
la Pelvimetrie instrumentale. Presse med, 1861. — B-« 
ckeneng-G am Ausgange* Presse med* 1857. 

F e i g n ft a u x. Ueber Anwendung der Zangen-Säg 
forcep8-8cie. Joum» de Brux, Aoüt. 1849* 

§. 57. 

Dancmiark. 



Die I^orifuln IRIO (;0 war für daä Studium der Ge— 
bniftiihfllfo in OiLm^mark n cht ungünstig wegen des fort- 
wtUirpndiui ll^rrNcbens des Puerperalfieberg in der kgl. 
EnMiiudun^;sjLUHiiilt -/u Kopenliagen. Beim Tode Sylv. 
H a X i n r p li ^ l BIO ribt^rnalim C, E, M. L e v y seine 
Lehrkanzel und im folgenden Jahre die Leitung der Ent- 
bindungjiaUNtalt. Endo 1844 waren aber hier die Ver- 
hiiUniHsi* »o arg, din Sterbliehbeit an Kindbettfieber so 
grosn, da^i^ ilii* AnsUUt gescliloasen wurde (dasselbe war 
im Jfthro !84i> für kiirxe Zeit geschehen). Erst im März 
1848 >vurdo difsselbo tuuh einem grösseren Umbau meder 
g^H'ttVriot ; aber tcanni die Hälfte der Gebärenden (c, 400 
j^hrlieh) wurden hior uurgenommen: die übrigen (c 600) 
wurden bt^t Hebtinuneu in der Stadt entbimden. Dass 
üe Veisuch^ Lt^vy**** den gx^burt^hülflicben Unterricht 
IQ Tefkf««Q^m und besonders geburtj^itüflichen Mimschen 
Untenriehl ^t ShidtenMide einiufilhr^D, oiiter diesen trau- 
VerkMtttittMii sekeitem tnu^len« kann kein Wunder 

Vmck WtedererC^ffniiug der Anstfilt wurden die Yer- 

HniwifB bald tmsi geimde m schlecht wie frühar* Leyj 

*«ififti ^«r <kr Auffassung tou S e m me 1 w e i s ^^m 

^ Pterpisnl&ebef^ T^tlUg ablelmeud gegieoüb^r. 

i 5 theilt^ dum in tmem Brief «ib Wim (2L 




IBl 



531 47) die Lehre von S e in m e 1 w e i 

wort L e V y's ( Hospitals- Meddelelser. 



B mit aber dieAnt* 



t, 1- Kopenhagen 
iir eine Kritik der scliwachon 
Seiten der Lehre. Und doch hatte schon 184Ö P. 
A Schleisner in seiiior %'or2tigHchen Arbeit: „Die 
Pathologie des Kindbettfiebers niid der purulenten Ln- 
fection*' (Kopenhagen 1846, S< 233), die Wahrheit ge- 
sehen und klar ausgesprochen : ^ Das maligne Puerperal- 
fieber ist identisch mit der pnnilenten lofeetion, modifi- 
eiert durch die Verhältnisse, die der Wöchnerin eigen 
sind, und geht von den durch die Entbindung geöfiheten 
Gebärnuittervenen ans'' — Worte^ die noch weniger Wie- 
derhall fanden als später die Lehre von Semmel weis, 
iiüd deren Richtigkeit auch nicht C. J. H. Kajser, der 
Ymt der Arbeit; ^Die kgl. Entbindimgsanstalt zu Ko- 
penhagen und das dort herrschende maligne Kindbett- 
fieber" (Kopenhagen 1845, 147 S,), anerkennen wollte. 
— Diese Puerperalfieberepidemien gaben übrigens Levy 
eine rorzügüche Gelegenheit, das Kindbettfieher der Neu- 
geborenen zu studieren; er hat seine diesbezüglichen Er- 
fahrungen in einer Abhandlung niedergelegt: „Ueber 
Nah elvenenentzün düng und die durch dieselbe hervorge- 
rufene Pyämie hei Neugeborenen" (Hospitals- Me ddeleiser. 
Bd. 2. Kopenhagen 1849, p. 317 — 79); schon im Jahre 
1840 hatte er veröffentlicht : „Ueber Entzündung der 
Nabelarterie als Ursache der Kieferklemme bei Neuge- 
borenen" (Bibliothek for Laegen Bd. 33, p. 185—201). 
— Es verdient rühmlichst genannt zu werden, dass Levy 
trotz der erwähnten imgilnstigen Verhältnisse der künst- 
Hch&n Friüigeburt das Wort redete imd mehrmals mit 
Glück ausführte (s. Mittheilungen in Hospitals -Med delel- 
aer. Bd. 1. 1848, p, 425—54' und Bd. 3. 1850, p. 319 
— 37). Im Jahre 1843 gab er ein gutes Lehrbuch für 
Hebammen heraus (^Udtog af Födselsvidenskaben som 
Larebog for Jordemödre, Kopenhagen 1843). 

Die gehurtshülfliche Litteratur in den Jahren 1840 



BolirQ-Biebol^, GeBcbichte der Goburtahülfe^ m. 




11 



164 

Gebär- und Hebammenanstalt war Magnus Andreas 
Thulstrup, gest. 1844, s. Bd. II, welcher sich aber 
in der Litteratur nicht bekannt machte. Sein Nachfolger 
in dem Directoriat war Frantz Christian Faye 
(1806—1887). Er gab 1844 ein „Larebog for Jorde- 
mödre" heraus, welches 4 Auflagen erlebte. Faye machte 
1852 in Norwegen den ersten Kaiserschnitt und schrieb 
eine Abhandlung über die Menstruation, auch betheiligte 
er sich lebhaft an der Diskussion über das Puerperal- 
fieber der 50er Jahre in der norwegischen medicinischen 
Gesellschaft (Norsk Magazin for Lägevidenskaben 1855). 
Ueber die Ausbreitung des Kindbettfiebers und die Ein- 
richtung von Spitälern hat F. seine Auffassung in meh- 
reren Aufsätzen niedergelegt. 

Valentin C. W. S. Heyerdahl, geb. 26. Oct. 
1821, gest. 26. Jan. 1870, war Director der neuen Ent- 
bindungsanstalt und Hebammenschule in Bergen. Man 
hat ihm mehrere interessante geburtshülfiiche Abhand- 
lungen zu verdanken. Sein Vorschlag, die Dekapitation 
des foetus mit einer Hanfschnur auszuführen, hat sich in 
der Praxis gut bewährt (N. Mag. f. Läger. 1855). Wei- 
tere Arbeiten von Heyerdahl sind: Om Chloroform og 
dens Brug ved Foedselshjelpen. — Om Barsei feberens 
Vaesen og Aarsagsforholde med Hensyn til Epidemier i 
Privatpraxis og deres Forebyggelse. — Om Jordemoed- 
renes Behandling af Skindoed hos Nyfoedte med Angi- 
velse af en ny Oplivingsmethode. 

Joachim Andreas Voss, 1821 — 1870, war ein 
verdienstvoller Lehrer und Schriftsteller der Universität 
von Christiania. Er hatte viele Reisen in das Ausland 
gemacht und schilderte seine auswärtigen Erfahrungen 
seinen Landsleuten in mehreren Aufsätzen. Seine litte- 
rarische Thätigkeit umfasste neben der öeburtshülfe auch 
die gerichtliche Medicin und die Chirurgie. — Neben ihm 
ist aus der Reihe der praktischen Aerzte zu nennen Chri- 
stian August Egeberg, 1809—1874, Verfassereines 



1( 



Schaftszeit** (däniseh). Er wandte sich dann der internen 
ledicin zu und wurde Oberarset. am ßtädtiscbeo Kranken- 

hÄU3 1863—70. Er starb 21. Decb. 1808. 

Adolph Hannover, geb. %\x Kopenhagen den 
2i Novb. 1814, gest. 7. Juli 1894, berühmter Anatom 
uid Physiologe ,, Heber die Bedeutung der Menstruation; 
eine physiologische, pathologische und forensifiche Un- 
tersuchung". Kopenhagen 1S5L 84 S. (dänisch)* „In 
welchem AJter gebären die Mütter ihre Kinder'^? BibL f. 
Laeger. 3. R. Bd. 9. 1851, p. 120—27. 

MoritK Trier, geb* zu Kopenhagen den B. Oct. 
1818, hat als Assistenzarzt in der Entbindungsanstalt 
(1851) Messungen Yon der Entfernung des Muttergrun- 
dea Ton der Symphyse an den verschiedenen Wochen- 
bettstagen vorgenommen und die Arbeit später veröffent- 
licht: „Ueber die Zusammenziehungsfähigkeit der Gebär- 
mutter nach der Geburt". BibL for Laeger. E. 4. Bd. 5. 
1854, p. 209—35. 

Marius Jensen, 1819 am Seeland geb. , ver- 
öffentlichte 1855 eine Untersuchung über die in der 
Entbindungsanstalt während der Jahre 1842 — 54 ge- 
borenen unreifen Kinder: „Beitrag zur Statistik der 
m frühen Geburten imd zur Verwerthung der Masse 
und Gewichte der unreifen Früchte bezüglich der Alters- 
bestimmung derselben **. BibL f. Laeger. 4. R. Bd. 7, 
855, p, 1—46. 

Louis W- S a 1 o m o n s e n , geb. zu Kopenhagen 
den 30. Oc tober 1832. Er habilitierte sich 1859 nüt 
einer Arbeit : ^Die Harnsäureinfarct der Neugeborenen" 
und wirkt noch als praktischer Arzt in Kopenhagen. 



g. 56. 

Norwegen. 



B Die geburtshülfliche Litteratiur dieses Landes ist we- 
nig ergiebig. Aus der früheren Zeit der Entbindimgs- 
lagen mehrere wissenschaftliche 
den folgenden Zeitraum fehlen 
Der erste Director der dortigen 
11* 



aastalt von Christiania 
ffittheilimgen vor, für 
litfcerarische Aus weise. 




166 



Berichte abzüfttatten. Bei der Sectio» Toa 
»olite diß Hebamiüfi anwe&end aein, um in 
Bt-ritf ^ehfkenden Anatomie unter richtet zu w enfcai . 

E« war also da» Obliegen des Stadtarztes^ för 
Bezirk Hebammen auszubilden und dieselben xa 
iißren* Die Zahl der examinierten Hebanmien wmr n» 
Ende dea Ifiten und Anfang des 17ten Jahrbimder^ je- 
den falk nicht grofts, denn nur in wenigen schwedisdic^ 
BtUdton gab epi Stadtlrzte, Der Unterricht, den Ä«# 
di*tt Hi>fiammen mittheilten, war auch ein sehr anTott' 
«taiKÜgf-r und mangelhafter, denn ebenso wie die ChiTOr- 
giti wurde ancli die Qeburfc&hülfe, als zu dem Wirkung^* 
kti-AH df'ft gebildeten Arzte& nicht gehörend, betrachtet. 

Der Jxuilfimte schwedische Arzt Urban Hjarne 
war *lßT erwte, dur einen Vorschlag fHr die Einncbtung 
einer Entbindungnanstftlt zum praktischen Unterricht der 
Hebammen maclit^* (D^>^^), ohne jedoch genügend Gehör 
für diese Sache zu iinrU'n* 

Das Verdienst, einen geordneten Unterricht ftlr Heh* 
amnu?n in Hcliweden eingeführt zu haben, kommt dem 
iierühuiteHten lh:»biirbbelfer Schwedens Johann von 
Hoorn zu'). Im Jahre 1697 gab er Lehrbücher fiSr 
die Hebammen heraus, und schon bevor er 1706 in Stock- 
holm Htadturz!, wurde, hatte er im Einverständniss des 
CoUegiinii medicum angefangen, den Hebammen Unter- 
richt isu ertheilen. Zufolge seiner eifiigen Bemüh nngen 
erschien 1711 das erste Reglement fiir die Hebammen- 
1723 reichte er an den Reichs tag einen Vorschlag zum 
Ordnen des Hebammen Unterrichts ein, nnd die Folge hier- 
V(m war ein Befehl an die Behörde, zu den Lectionen 
von Hoörn's? hierzu geeignete Personen zu entsenden. 

Nach von H o o r n s Tode (1724) wurde J, K. 

^ d e n h e i m Hebammen-Lehrer, Dieser starb 1740, 
^urde C. A 1 s t r i n ^ der in Paris die Geburts- 



I 



167 



^ 



Ml 



Ä studiert hatte, gein Nachfolger. C. Alstrla starb 
1?49, und E. Elff, der kura vorher von einer Bei^e 
m Ausland, wo er in Strasshurg (hei J* *h Fried), in 
Göttinnen und zu Paris die OeburtshUlfe studiert hatte, 
Earückgekelirt war, wurde Lehrer der Hebammen. Nach- 
liem er 1753 gleichzeitig zum Oberarzt an dem int Jahre 
vorher geöffneten Serafimenlazareth zu Stockholm ernannt 
Worden war, wirkte Elff au8, das» daselbst im Jahre 
1755 fOr den praktischen Unterricht der Qeburtshülfe 2 
Men für arme Wöchnerinnen eingerichtet wurden. Das 
war die erste gehurtshülfliche Klinik in Schweden, denn 
1753 und 1757 wurde es bestimmt, dass jeder Arzt, der 
mm Bezirks- oder Stadtarzt befördert werden wollte, 
darüber Zeugniss vorzeigen müsse, dasa er ein halbes 
oder ein ganzes Jahr an dem oben genannten Unterricht 
tiieilgeijommen habe* Die Zahl der Entbindungen stieg 
nicht höher als bis c, 18 im Jahr. Eine besondere Pro- 
imm: für die Geburtshüife wurde 1761 in Stockhohn 
errichtet, und nachdem E 1 1" f im selben Jahr gestorben, 
wurde David Schulz (1770 geadelt „Schulz von 
Schulzenheim") zum Professor und Lehrer fllr künf- 
tige Hebammen und Aerzte ernannt. 

Nach der Instruction vom 19. Aug, 1761 kam es 
im, Lehrer der Hebammen zu, während 2 Semester, 
jeden Herbst mid jedes Frühjahr, einen Cursus in der 
Geburtshüife abzuhalten, und, anderen Professoren gleich, 
4 Stunden in der Woche Vortrag zu halten, 2 Stunden für 
jnnge Mediciner und Chirurgen imd 2 für Hebammen- 
schüieiiunen. Ausser Demonstrationen an Phantomen sollte 
er jedes Semester über die Krankheiten der Wöchnerin 
imd die des neugeborenen Kindes vortragen und zwei- 
mal im Semester eine Obduction an Frauenleichen lei- 
ten- Bei geiner privaten Praxis sollten, so oft wie 
möghch, seine Schüler anwesend sein. Die Lehrzeit 
r die Hebamme währte im Durchschnitt 3 Monate; 
innerhalb eines Jahres wurden 2 Kurse abgehalten imd 




cUe Prüfung fand vor dem Collegium mediciim statt To 
jedem Jahr Hess der Professor die Hebammen der Stadfe 
ztmammenrufen , um den Bericht über ihre Thätigkeit 

entgegen zu nehmen. 

Nach von Hoorn war im Uten Jahrhundert 
S c h u 1 z e n h e i m der bedeutendste Geburtshelfer Schwe- 
dens. Im Jahre 1732 geb. hatte er bei Smellie in Lon- 
don imd bei L e v r e t in Paris studiert. Die Notliwen- 
digkeit einsehend-, dass, so wie es schon auf dem Conti- 
nent eingefühH worden war, die Entbindungsanstalt in Ver- 
bindung mit dem Unterricht in der Gebxu'tshttlfe gebracht 
werde, führte er 1775 die Einrichtung einer Lehranstalt 
in der h. g. allgemeinen Entbindungsanstalt an der ^ Freds **- 
Strasse zu Stockholm durch. Schulzenheim legte 
1778 plötzlich alle seine Würden nieder, zog sich aufs Land 
zurück und beschäftigte sich in den nächsten 30 Jaliren 
vorzugsweise mit Ackerbau, Nationalökonomie und Reichs- 
tag^an gelegen hei ten, 1809 wurde er als ein Mann von 
80 Jahren Präses im Collegium medicum zu Stock- 
holm, er übte mit unerniüdeten Kräften eine vielseitige 
tmd nützliche Beamtenthätigkeit aus, erhielt 1822 mit 
90 Jahren den Abschied und starb bald darauf'), 

S c h u 1 z e n h e i m's Nachfolger als Professor in 
der Qeburtshülfe sowie als Lehrer für die Hebammen 
wurde Johann K r a a k (geh, 1745) , der aber schon 
17S1 feinen Abschied nahm (er starb 1810). Xraaks 



iht'im W!\r auf verst'Medenen Gebteten in Me* 

tgaomiti und gerichtlicher Mediciu *jin produc- 

Er hat xiim Aadenkea berühmter Landsleute 

inil vertasste uuch tiii Theaterstück. Seine 

Itli'-li^'n T:ihalt> bessteheii aoB einigen kasuiati- 

in d I iL S ^ u 1 r j 'i e n der Wissenschaft li chen Aka- 

des i^chwL tuschen Vereinst derÄerzte, eben- 

nuf A\^ Fr t^»' der Akademie für Wissen- 

Frläd, ^ö bei Wöchnerinnen 

u gi*hdit werden '?* Stockholm 



m NacWalger (1782) Jacob AI in (geb. 1754) blieb bis 
r m ftebein Tode (1821) auf eeinem Poiten. Nacb ihm 

f kam P. G. C e d e r s c h i o 1 d. 

K r s a k's Schriften geburtshiilflichen Inhalts sind : 
Handbok för baramorskor Stockholm 1782 (Lehrbach für 
HebammeB)* — Anmärkniögar om nyttan af Injectioner 
med luftsyra emot putredo vaginae et uteri (Äumer- 
bingen über den Nutzen von Injectionen mit Sauer- 
stoff gegen putredo vaginae et uteri, — Om Lifmo* 
diens omstjelpmng (lieber die Beugungen der Gebär- 
mufeterj in der Zeitschrift : ^Läkaren och Katurfor- 
skaren** T* lU. 

Ä 1 m ' s Schriften geburtshülfliehen Inhalts sind ; 
Handbok för bammorskot (Lehrbuch für Hebammen), 
Stockholm 1814. — Om en prolapsus vaginae med 
Kalibrand (Ueber prolapsus vaginae mit Gangrän) und 
Casus retrovers uteri obser, in „Lakaren och Natur- 
forskaren*' (med- Zeitschrift) T. 2 und 3, — Berättelse 
om 2 BamafÖderskor med. tvülingar (Bericht über zwei 
Zwillingsgeburten]. Dagbgt Aüehanda (Zeitung) 1789 
K M 70, 

Aus dem Barbieramt, das seine Rechte vom König 
Johann III ♦ 1571 erhalten, und dessen Hechte später 
wiederholt bestätigt wurden , entstand die s. g. Chirur- 
gische Societe, die 1797 aufgelöst wurde- Diese Corpo- 
Tation stand oft zu dem Collegiura raedicum, welchem 
die geprüften Aenste angehörten^ in einem sehr gespannten 
^VtiThaltniss. Die chirurgische Societe aber zählte ihrer- 
Hieits unter den Mitgliedern mehrere hervorragende Männer, 
H welche in Stockhohn eine bedeutende cbirorgische und 
Bg^burtshülfliche Praxis ausübten. Besonders war H, 
^Schützer (geadelt 1773 unter dem Namen Schütz er- 
crantz) ein beliebter Geburtshelfer. Während seiner lan- 
gen Lebenszeit war er der Arzt von 4 Königen (Friedrich L, 
Adolf Friedrich, Gustav IIL imd Carl, später König Carl 
^ffll-) und entband auch die Gemahlin Adolf Friedrichs, Luise 




170 

Ulrike, die Schwester Friedrich des Grossen von Preussen. 
Schützercrantz wurde 1713 geb., studierte in Strass- 
burg (1732), Paris und Holland, wurde 1758 Präsidentin 
der chirurgischen Societe und Oberdirector der Chirurgie 
im ganzen Reiche. Erstarb 1802, 89 Jahr alt. Schützer- 
crantz hat zum erstenmal in Schweden den Kaiserschnitt 
1758 ausgeführt. 

Schützercrantz's Schriften geburtshülflichen In- 
haltes sind folgende: Om den Dillväxt och de hinder, 
som Bamförlossningsvetenskapen i flere äldrar haft tiu 
närvarande tid (Ueber die Fortschritte und die Hinder- 
nisse, welche die geburtshülfliche Wissenschaft von Al- 
ters her bis zu der jetzigen Zeit gehabt hat). Rede ge- 
halten in der K. wissenschaftlichen Akademie 1777. 

Märkvärdige händelser i den praktiska Bamförloss- 
ningsvetenskapen (Merkwürdige Fälle in der praktischen 
Entbindungskunst). Stockholm 1785. 

Om Förlossningsvetenskapens Theoretiska del (Ueber 
den theoretischen Theil der Entbindungskunst). Stock- 
holm 1787. 

Einige kasuistische Mittheilungen in den Abhand- 
lungen der K. Wissenschafts- Akademie 1747 — 1782. 

Der bedeutendste schwedische Chirurg im 17ten Jahr- 
hundert, OlafafAcrel (geb. 1717, gest. 1806, Ober- 
chirurg am Serafimenlazareth zu Stockholm 1752, Gene- 
raldirector über alle Krankenhäuser im Reiche 1776), 
übte auch Praxis in der Entbindungskunst aus. Von 
seinen vielen Schriften sind folgende geburtshülflichen 
Inhaltes : Om fostrets sjukdomar i moderlifvet (Ueber die 
Krankheiten des Foetus). Rede, gehalten in der Akademie 
der Wissenschaften 1750. — Uterus duplex in muliere 
defuncta nuper detectus. Stockholm 1762. 

C. L. Ramström (geb. 1740), der in Paris stu- 
diert und sich in Stockholm grosses Ansehen als prak- 
tischer Geburtshelfer erworben hatte, gründete 1774, von 
Privatpersonen unterstützt, eine Entbindungsanstalt, in 



171 

welcher er auch Unterricht ertheilte. Diese Anstalt wurde 
die Entbindungsanstalt „Pro Patria'' genannt. Kam- 
st röm starb 1782, aber die Anstalt existiert noch. 

Während 42 Jahren (von 1779—1821) war A. F. 
Wedenberg (geb. 1743, gest. 1828) der Vorsteher der 
eben genannten Anstalt. Er hatte 1773 — 1778 in Deutsch- 
land, Frankreich, Holland, England und Dänemark stu- 
diert und war sehr beliebt als Geburtshelfer. 

Im Jahre 1776 wurde es beschlossen, dass der Pro- 
fessor der Geburtshülfe und Lehrer der Hebammen- 
schülerinnen einen Gehülfen erhalten solle. Zu diesem 
Zweck wurde eine Adjunktur in der Geburtshülfe einge- 
richtet und C. Ribe 1767 zu diesem Posten ernannt. 
Die Aerzte, welche nach ihm dieselbe Stellung einge- 
nommen haben, sind: Kraak 1777, Trendelenburg 
1778, Alm 1781, Brandelius 1782, Linderholm 
1783, Noreu 1783, Ohdelius 1785, Ekman 1787, 
Carlander 1788, Gistren 1793, Betulin 1805, 
P. G. Cederschiöldl817, Idström 1822, Elliot 
1835—1850. 

Der Unterricht in der Geburtshülfe in Schweden 
wurde hauptsächlich an der Entbindungsanstalt zu Stock- 
holm, welche später mit dem Carolinen-Institut, einer 
für medicinischen Unterricht gegründeten Akademie, ver- 
eint wurde, ertheilt. In dem Reglement von 1815 wurde 
für das genannte Institut angeordnet, dass die jungen 
Aerzte vor ihrer letzten Prüfung ein paar Monate an 
der Entbindungsanstalt practicieren mussten. 

Der Unterricht für die Hebammen wurde, wie schon 
erwähnt, ausschliesslich an der Entbindungsanstalt zu 
Stockholm ertheilt. Später aber, gegen Ende des 17ten 
Jahrhunderts, trug die Regierung dafür Sorge, dass auch 
in dem südlichen Theil des Reiches, besonders in der 
grossen und volkreichen Provinz Schonen, für welche 
Gegend im Jahre 1668 zu Lund die zweite Universität 
in Schweden gegründet worden war, der Bezirksarzt 



172 



io KristiaDatad K- Stobaeu3 {geb. 1717) 1778 7 
Lehrer der Hebammen fOr diesen Tbeil des Landes er- 
nannt wurde. Er hatte 1745 bei Fried und Roederer 
die Gebnrtshülfe gtudiert, 1783 wurde er der erste Pro- 
fessor der Gebortshülfe zu Lund. Sein Xachfolger alifl 
Hebammen] ehrer wurde (1787) C, T r e n d e 1 e n b o r g 
(geh, 17a5), der 1776 in Kopenhagen studiert hatte und 
in Malmö, der Hauptstadt der Provinz, wohnte* Er war 
ein geschickter und für seinen Berul' sehr intereesierter 
Geburtshelfer; er starb 1820. 

TrendelenbuTg's Schriften geburtshüMichen 
Inhaltes sind; Om unvarande satt att sköta Bamsängs- 
husti-ur (Ueber das gegenwärtige Pflegen der Wöch- 
nerinnen), Läkaren och Naturforskaren Tom I. — Un- 
derrättelser och räd i'ör A lim anbeten att rätt och för- 
nuftigt värda Hafvande, Bamaföderskor, Bamsängs- 
hustrur och nyfodda Bam (Lund 1803)* — Undervis- 
ningsbok för Bammorskor Lund 1814. — Händelser 
uti Förlossningsvetenskapen. Svenska läkaresallskapet 
handling^ar Bd, 2, — Underrättelse for bamaföderskor 
(Mittheilungen für Gebärende j Lund 1795* — Om för- 
lossning genom Perforation af placenta (Ueber eine Ent- 
bindung durch Perforation der Placenta). Om laxenne- 
dels verkan mot kramp värkar under förlossning (Ueber 
die Wirkung der Abführmittel bei Krampf wehen j Svenska 
lakaresällskapets arsberättelser 1814 S* 70» 71, 

AJi^ S t o b a e u s Professor in Limd war , gi-iijidete 
er dort eine kleine Entbindungsanstalt, Nach seinem 
Tode 1792 blieb die Professur der Geburtahülfe aus Man- 
gel an einer daau befähigten Person unbesetzt, bis C, F* 
Liljewalch den L Febr. 1810, unter der Bedingung, 
auch in der Chirurgie Unterricht zu ertheilen, dazu ernannt 
wnrde. Der erste Professor der Chirurgie, Anatomie und 
Thierheükimde M, V. Flor man (1801 enianntl hatte fl 
nämlich im Jahre 1812 den Unterricht der Cliinir^e 
abgelebnt und nur die beiden anderen Disciplinen über- 
mmen. Liljewalch^ der 1 793 — 1 794 in Kopen- 



I 



173 



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hagenmid bei Boy er iii Paris 1801 — 1802 hauptsächlich 

Qimirgie studiert hatte, war als Chirurg ebenso bedeutend 
\m als Geburtshelfer, und wurde nach dem Tode Treu- 
deieaburgs 1320 beauftragt, den ünterriclit füj* die 
Hebammen in Schonen zn leiten (1821), Im Jahre 1820 
wurde er Vorsteher der Entbindungsanstalt in Lund, Ali> 
Lehrer war er sehr gewissenhatl; und it^te reagierte sich leb- 
haft für seinen Beruf. Seineu Abschied als Emeritus erhielt 
er 1843 und starb am 12, März 1844. Seine geburtshült- 
liehen Schriften sind die folgenden Dissertationen : De hae- 
Tnorrhagiis parturientium. Resp, J, F. Ekeroth, Limd 
1813 imd resp, R, WaldenstrÖm 1818. Observa- 
tiones de febre puerperali. Resp, A. T, K a h 1 ^ Lund 
1817. De organis partum efficientibus. Resp* R. Hall- 
atröm, Luud 1819, 

An der ältesten Universität Schwedens, die im Jahi*e 
1477 zu Upsala gestiftet worden war und erst 1595 eine 
Professur der Medicin erhielt, kam es wohl dem Profes- 
sor der Chirurgie zu, auch in der Geburtshülfe zu unter- 
richten. Ein solcher Unterricht wurde aber dort nicht er* 
theilt; eine Entbindungsanstalt gab es dort auch nicht, 
bevor Professor Me st ertön 1858 eine solche errichtete. 
Die Fürsorge, welcJie man in Schweden der Aiisbil- 
dußg der Hebammen schenkte, zeigte sich auch in der 
Eer aus gäbe von mehreren Lehrbtlchern* Bei dem Unter- 
richt bediente man sich von Hoorns Siphra und Pua, 
wovon C. Ribben 1777 eine neue Ausgabe herausgab. 
Später wurden von Kraak 1782 und von Alm 1814 
Bandbücher für die Hebammen herausgegeben, sowie von 
T T en d e 1 e n b u r g in Lund 1813 ein Lehrbuch, dessen 
zweite Auflage 1843 erschien* Auch P, H. Cederschiöld 
schrieb zwei Lehrbücher, wovon das eine von der instni- 
«lentaleu Geburtshülfe handelte. Beide waren lange im 
Gebrauch und erschienen in mehreren Auflagen. 

Durch die Reglemente vom 29, Apri! 1711, vom 




174 



14 Okt. 1777 und vom 25. Äug. 1819 ordnete die Be* 

gienmg das Hebammen wesen. 

§. 60. 
Der Zeitraum 1840 — 1860. 

In Peter Gustav Cedersciiiöld erhielt 
Schweden wieder einen bedeutenden Geburtshelfer, Ab 
Lehrer und Organisator brachte er die Ausübung der 
Entbindungskunst durch Aerzte und Hebanünien zu einer 
vorher nicht erreichten Höhe und sorgte durch vortreff- 
liche Lehrbücher tiir ihre wissenschaftliche Ausbildung* 
Durch die Verbesserung des HebanimenwesenB hob er auch 
die allgemeinen sanitären Verhältnisse des Landes. Der 
bedeutendste Fortschritt auf dem Gebiete des Hebammen- 
wesens war die im Jahre 1829 den Hebammen gegebene 
Erlaubniss, nach dem Unterricht und nach der Prüfung 
in der instrumentalen Entbindiingskunst, weim der Arzt 
nicht anwesend war, Instrumente gebrau eben zu dürfen. 
Diese Erlaubniss, welche Cederschiöld beim König 
Karl XIV. Johann (der frühere fi^anzösische Marschall 
Bernadotte) auswirkte, war für Schweden von gros- 
ser Bedeutung* M 

Wenn man bedenkt , dass die Bevölkerung damals ™ 
^ wie es tbeilweise immer noch der Fall ist — über 
ein weit ausgedehnt und mit schlechten Verkehrsmitteln 
versehenes Gebiet verbreitet war, wird es bei der geringen 
Zahl der Aerzte nicht schwer zu verstehen sein, von 
welcher Bedeutung diese Reform des Hebammen wesen s 
war* Da nur die geschicktesten Schülerinnen in dem 
Gebrauch der Instrumente unterrichtet waren, so wurde 
damit die Garantie gegeben , dass ein Missbranch des 
gegebenen liechtes nicht geschah, was die Erfahrung 
auch bald zeigte. Die Instruniente» welche die Hebam-* fl 
inen in Schweden damals gebrauchen durften , w^aren 
ei Zangen: eine gerade und eine zweite mit Becken 

^namig, ein Hebel, ein stumpfer Haken, ein Perfo- 



I 



175 



rtttorium nach S ra e 1 1 i e , ein scharfer Haken (jetzt ist 
das Armamentarium west^ntlich verändert)* 

Cederschiöld war am 4. Sept. 1782 geb., stu- 
dierte an der Universitilt zu Lund, studierte 1810 und 1811 
m Kopenhagen die Eutbindungs kirnst, interessierte sich 
sfiiir für die Anwendung des animaleii Magnetismus als 
Heilioittel imd studierte 1816 in Berlin die Behandlung 
damit Den 8. Okt. 1817 wiurde er e. o, Proiessor artis 
obatetriciae an dem Carolinen - Institut zu Stock Li olm 
und 26. März 1822 Pi:ofessor ord. und Director an der 
Eütbindungsanstalt daselbst. Mehrere Male erhielt er 
fär seine Verdienste um den Hebammen Unterricht im 
ßeiche Anerkennungen von der Kei^derung. Er interes- 
sierte sich aber auch für allgemeine und politische Ange- 
legenheiten, nahm lebhaften Antheil an den Reickstüigs- 
handlungen 1 war auch auf anderen Gebieten als medi- 
cinischer ÖchTiftsteller thätig und war Mitghed von in- 
und ausländischen wissenschaftlichen Vereinen. Er starb 
den 12. Febr. 1848. 

Seine geburtshtilfüchen Schriften sind folgende : 

Dissert. de Nova CL i Saxtorph Febri puer[jerali 
medendi ratioue» Lund 1811* 

Handbok för Barnmorskor (Lehrbuch für Hebammen) 
Stockholm 1822. H. Aufl. 1829. 

Berättelse om bäl pä Bläsbalsen hos en Bamsängs- 
qvinna , befordrad tili läkniug genom iakttagande af 
Kroppens tjenliga stäilning. (Bericht über eine OefF- 
nung des Collum nrethrae, geheilt durch eine zweck- 
Mlssige Lage des Körpers). K. Veten skaps-akademins 
Handlingar 1820 h. I. 

Berättelse om en pä Allm. Bambördshuset under 
de sednare aren rädande Epidemisk sjukligbet (Bericht 
über den Krankheitsznstand des allg. Entbindungshauses) 
Svenska Liikaresällskapets Handlingar Bd. 7, S. 226* 

Handbok i den instmmentala Bamförlossningskonsten. 
(Lehrbuch der instrumenteüen Entbindungskünde) Stock- 
kolm 1830. 



176 



Lärobok i yärdan om QyinTiaiis slä^lif etc. (Lehr- 
buch des Geschlechtslebeiifi des Weibes)* Stockhobn 
1836, II 1837, m 1839. 

Jacques Guillmeau's f örlossnmgfskonat (Die 
Entbrndungskunst J, G u i 1 1 e m e a u * s) Uebersetzimg. 
Stockholm 1843. 

ßerättelse om fÖThällandet i allm, Bambördsbuset 
(Bericht über das all^. Entbindungahaus) under ären 
1821 — 1834, Svenska Läkaresällskapets Handliogar Bd. 
10, 12 neue Folge IL 

Om eu Tuba Fallopii destra, hvaruti funnits en 
utvidgning stör eom ett gäsägg (lieber eine Erweiterung 
von der Grösse eines Ganseies des h tuba Fallopii) 
BTenska LäkaTesäUskapets ärsberettelse 1818 S. 29^ 

Beshriftting pä 2 former ai Fruntimmerssjukdomar 
(Ueber 2 Formen von Krankheiten des Weibes) Ibidem 
1826. S. 70. 

Om Seeale cornutum säsom verksam att befordni 
baTUvßrkar (Ueber Seeale eomutum als weheobefördem- 
des Mittel). Ibidem 1827 S. BO. 

Jakttagelse om svärigketen ibt bestammandet af 
uteriu-systemets sjukdomar* (Ueber die Schwierigkeiten 
der Diagnose der Kränkelten der Gebärmutter). Ibidem 
1828 S, 26. 

Händelser af en lifvet hotande blödning efter Moder- 
polyp ers afknytning (Ueber eine lebensgefährliche Blut- 
ung bei der Entfernung eines Polypen der Gebännutter), 
Ibidem 1828 S, 89. 

Underscikning om Mänadsreniugens Natiu'EkUiistorie 
af John Robertson (Untersuchungen über die Natural- 
geschichte der Menstruation von J. Robertson) Tid* 
skrift för Läkare och Phannacenter 1833 S* 388, 

Om faran af Barns försök att andas innan de ännu 
bUfvit fiillkomügt framfödde och om Nafvelsträngens 
ofördröjlige afknytning, sdsom medel att under vissa 

*i all an den bidroga tiU nyfödda Barns npplifvande 
die Gefahr der Äthmung des Foetus vor der 
id über die sofortige Unterbindung der Nabel- 
lidem 1834 S, 247. 



I 
I 



I 



177 



Om en epidemi af Trismus och Tetanus pä allin. bam- 
bördsliufiet (Ueber eine Epidemie von Trismus \mä Te- 
tanus in der Entbindungsanstalt). Ibidem 1835 S* 62. 

Om ett hudlöst nafvelbräck hos ett nyfödt barn, ly ek- 
ligen opereradt (Ueber einen glücklich operierten Nabel- 
bmch eines neugeborenen Kindes)* Ibidem 1826 S, 104. 

Casus af en förlossning: med ett bam med sva^ 
andedrägt (Ueber die Geburt eines Kindes mit schwacher 
Athmung), Ibidem 1837 S. 67. 

Om ly eklig förlossning med convulsioner (Ueber eine 
glückliche EntbinduBg bei Convulsionen). Ibidem 183* 
S. 108. 

Om tre fbrlossningar der nafvelsträngen varit fram- 
fallen etc. fU^ber drei Geburten beim Vorlall der Nabel- 
sehnur)* Ibidem 1838 S* 117* 

Cederschiölds Nachfolger, Magnus Chri- 
stian Retzius, war am 22. Mäns 1793 geb. Er 
studierte in Lund und Stockholm, war erst Militärarzt, 
wurde 1818 Hülfsarzt an der Entbindungsanstalt Pro 
Patria, desselben Jahrs auch Leibarzt am Hofe* 1828 Vor- 
steher der Anstalt Pro Patria, 20. Jan. 1849 Professor 
artis obstetriciae an dem Karolinen-Institut und Director 
deren Entbindimgsanstalt, Wiederholt imternahm er nach 
Deutschland, Oesterreich, Fi'ankreich und England wissen- 
schaftliche Studienreisen^ hauptsächlich, um sich in der 
Entbindungskunst zu YervoUkommnen, Er wurde zum 
Mitglied von mehreren in- und ausländischen Wissenschaft* 
liehen Vereinen ernannt* Den Abschied nahm er 1864 
und starb 1871, 

R e t z i u s übte nicht denselben bedeutenden Ein- 
fiuss auf die Entwickelung der Entbindungskanst in Schwe* 
den aus, wie seine Vorgänger. Unter den Wohlhabenden 
und Hochstehenden StockhohuB hatte er aber eine grosse 
Praxis, und von seiner fleissigen Hand waren über 100 
Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften ausgegangen. 

Seine geburtshülflichen und gynäkologischen Schriften 
' sind folgende : 



n o h r 11 - S i e b o 1 il ^ Gc! Schicht B der GfibiirtBhülfe. III. 



12 



178 



Händelse af fungus medullaris Ovarii. Svenska Lä- 
kare Sällskapets Handlingar Bd. IX. S. 121. 

Von der Entbindungsanstalt Pro Patria 1823—1843. 
Ibidem Bd. X, XI, XH. Neue Folge Bd. H, HI, IV. 
Anmärkuingar om Puerperalf ebem i Wien (Anmerkungen 
über die Puerperalfieber in Wien). • Ibidem Bd. X, S. 211. 
Corpora fibrosi uteri. Ibidem Bd. XI. S. 337. 

Recension af Madame Boivin's afhandling om bam- 
förlossningsvetenskapen (Recension über die geburts- 
hülfliche Arbeit von ^™® Boivin). Svenska Läkare- 
Sällskapets Arsberättelser 1820 S. 45. 

Om cancrösa XJlcerationer pä Collum uteri förstörde 
med frätmedel (Ueber carcinomatöse durch Arzneimittel 
zerstörte Geschwüre des coUum uteri). Ibidem 1822. 
S. 102. 

Om Förlossningskunskapens skick i Berlin och Leip- 
zig (Ueber die Entbindungskunst in Berlin u. Leipzig). 
Ibidem 1823 S. 86. 

3 Casus af Keysersnitt med lycklig utgäng (3 Fälle 
von Kaiserschnitt mit glücklichem Erfolg). Ibidem 1825. 
S. 97. 

Om en med rakknif afskuren moderpolyp (Ueber 
einen mit Rasiermesser abgetragenen Gebärmutterpolyp). 
Ibidem 1826 S. 115. 

Berättelse von 2 personer med Hysteralgia uteri 
(Bericht über 2 Personen mit Hysteralgia uteri). Ibidem 
1827. S. 59. 

Angäende exstirpation af polyper i lifmodren (Ueber 
Exstirpation der Gebärmutterpolypen). Ibidem 1828 S. 87. 

Om Lifmodrens partiella exstirpation. (Ueber die 
partielle Exstirpation der Gebärmutter.) Ibidem 1832. 
S. 96. 

Exstirpatio uteri partialis. Tidskrift för Läkare och 
Pharmaceuter 1832 S. 86. 

Uppmaning tili Tvärbäddens afskaffande vid Täng- 
förlossningar i vanlige tau (Ueber die Abschaffung des 
Querbetts bei gewöhnlichen Zangengeburten). Ibidem 
1833 S. 65. 

Om Hysteralgie. Ibidem 1833 S. 296. 



179 



^ Om Kramp i LÜmodren (Ueber Gebärmutterkrampf), 
Ibidem 1834 S, 67, 

^Näg^a ord om Metrohelkosers behandling {Einige 
IVorte über die Behandlung der Metro helkosen) Hygiea 
TU S. 733. 

Om Cephalotribeo och dess bnik (Ueber die Aßwen- 
dtmg des Cephalotribe). Ibidem VI. S. 640. 

Hvad bör Läkaren göra vid en tvärriktniiig med 
djupt nedtrj'^ckt skuldra och framf allen arm. (Was ist zu 
thun bei Querlage und vorgefallenem Arm,) Ibidem VI. 
S. 98, 261. 

Nägra ord om moderfall etc. (Ueber Gebärmutter- 
TorfalL) IbJdem VI, 58 L 

Om Bäcken-planema och deras inflytande pa foster- 
liiifYudets rörelser imder en kronbjudningsförlässning. 
(Ueber den Einüuss der Becken ebene auf den Kopf des 
Xindes bei Schädellage.) Ibidem IX, S. 65. 

»Om Diarrhoea Äblactantium. Ibidem DE, 416. 
Om Insprutningar i Lifmodren af Saltpetersyrad sil- 
Teisolntion. {Ueber Einspritzungen in die Gebärmutter 

■ ym salpetersaurer SUbersolution*) Ibidem XV, S* 478, 
' Om förstörande af corpora-fibrosa uteri meddest brän- 
Hing» (Ueber die Zerstörung der corpora-fibrosa uteri 

I mittels Glüheisen,) Ibidem IX, S. 675, 
Om Hydrorrhoea uteri gravidarum. Ibidem XI, S. 416. 

Om ChloToformens användande vid obstetriska be^ 
ht (Ueber die Anwendung des Chloroform bei der 
Oeburt,) Ibidem XVI, S. 77, 

Viele Recensionen ausländischer Abhandlungen in 
Ejgiea, 

Äfhandling om Backen- fdrträngning (Ueber das enge 
Becken). Diss. Stockhohn 1848. (fiir die Professur). 
Vortrag bei der Versammlung der skandinavischen I^a- 
tttrfoTscber: Om ligamenta uteri posteriora, Stockholm 
1&42. Gm det lappska backen et (Ueber das Becken 
oer Lappen) uned om beshaffenheten och strueturen af 
Collum uteri. (Ueber die Beschaffenheit xmd Struktur 
äes Collum uteri.) Copenhagen 1847. 

12* 



^ 




180 

Tillägg och rättelser om Reposition af TJtems. (lieber 
die Reposition der Gebärmutter.) Hygiea IV, S. 43. 

Sammandrag af Bammorskors berättelser om instru- 
mentalförlossningar är. 1843 — 1846. (Bericht über die 
von Hebammen instrumenteil ausgeführten Entbindun- 
gen.) Hygiea V S. 274, VH S. 380, Vm S. 502, IX 
S. 358. 

Auf der Versammlung der skandinavischen Natur- 
forscher-Gesellschaft in Gothenburg 1839 hielt R. einen 
Vortrag „über den Gang des Kopfes des Kindes durch 
das Becken** und auf der Versammlung zu Stockholm 
1842 sprach er über „Os innominatum**. 

Nach dem Abschied Liljewalch's wurde in Lund 
der Unterricht in der Entbindungskunst von A. S. Bru- 
z e 1 i u s (geb. 1799, Docent der Geburtshülfe 1829, e. o. 
Adjunct der Geburtshülfe 1831 und Lehrer für die Heb- 
ammen 1844 — 1865) übernommen. Im Jahre 1846 wurde 
die Chirurgie von der Anatomie getrennt und mit der Ent- 
bindungskunsi? vereint. 

Bruzelius suchte neben dem Professor der Ana- 
tomie und Chirurgie, J. B. P r a m b e r g, die Professur 
der Geburtshülfe nach und er wurde auch dazu empfohlen, 
aber Pramberg wurde dennoch dazu ernannt. Bruzelius 
wurde dann e. o. Professor in der Chirurgie und Geburts- 
hülfe (den 3. Dec. 1847), nahm seinen Abschied 1858 
und starb 1865. Er war ein guter Chirurg und ein sehr 
beliebter Arzt. Seine einzige geburtshülfliche Arbeit ist 
Beine in Lund 1829 herausgegebene Dissertation: Om en 
förlossning fuUkomligen hindrad genom benväxt (Ueber 
eine durch eine Knochengeschwulst gehinderte Geburt). 

Pramberg war hauptsächlich Anatom, beschäf- 
tigte sich nur wenig mit Chirurgie und Geburtshülfe. 
1788 geb., wurde er 1832 Professor der Anatomie und 
Chirurgie zu Lund, den 3. Dec. 1847 Professor der Chi- 
rurgie und Geburtshülfe, erhielt 1857 den Abschied als 
Emeritus und starb 1873. Seine geburtshülflichen Schrif- 
ten sind: De foetu monstroso judicio medici submisso I. 



181 

11. Diss. Lund 1838, 1840. — De retroflexione uteri a 
retroversione distinguenda et diagnoscenda. Diss. Lund 
1846 (für die Professur). 

P r a m b e r g's Nachfolger als Professor der Chi- 
rurgie und Geburtshülfe wurde •£. J. Ask (1858). 

Adjunct der Geburtshülfe W 1819—1835 C. G. 
Schönbeck und 1837— 1839^ocent P. 0. Lilje- 
walch, doch ihre Zeit wurde vbn anderen, nicht zu 
ihrem Beruf gehörenden Verpflichtungen in Anspruch ge- 
nommen. 

1857 wurde eine dritte Hebanmienschule in Gothen- 
burg eingerichtet. Lehrer wurde 1858 G. F. Hjort 
(Adjunct der Geburtshülfe in Stockhohn von 1850—1857). 
Bis 1849 war der Professor der Geburtshülfe auch 
Lehrer für die Hebammenschülerinnen, aber nach diesem 
Jahre wurde der Unterricht der Mediciner und Hebammen, 
obgleich in demselben Haus, getrennt. Hebammenlehrer 
wurde 1849 J. E 1 1 i o t und nach dessen Tode 1855 F. 
A. Cederschiöld d. j. 1858 wurde ein neues Ge- 
bärhaus in Stockholm am Eungsholmen geöffnet. Durch 
die Reglemente von 1840 und 1856 wurde das Hebam- 
menwesen wieder geordnet. 

Die geburtshülfliche Klinik in Stockholm, welche 
1775 geöffnet wurde, hatte damals 10 Betten. Am 
Ende des 17. Jahrhunderts war die Anzahl der Gebä- 
renden ca. 400 jährlich, 1853 — 58 etwas über 500. 
Nachdem die Klinik 1858 in das neue Haus am Kungs- 
holmen übergeführt war, stieg die Anzahl der Gebärenden 
und war 1863 677. Das Mortalitätsprocent war 1775 
bis 1784 2,8 ö/oi 1785—94 2,3 «/o, 1795—1804 1,1 «/o, 
1805—14 1,6 7o, 1815—24 4,2 ^o, 1825—34 5,4 7^, 
1835—44 5,7 «/o, 1845—54 7,4 7oi 1855—64 7,4 o/^. 

§. 61. 

Die Geschichte der Geburtshülfe in Finnland. 

Finnland, welches mehrere Jahrhunderte mit Schwe- 



182 



I 

I 



den Tereint gew^cD und daduidi bürgerlicher Freilieit 
nitd abendlandischer Büdfmg theilhafUg geworden war, ■ 
kam Terhältnissmässig spat zum Besitz eines geordneten 
Hebanimenwesens ond dem damit rerbmidenen Unter- 
richt in der Entbindmigskunst. Die tdh der Königin 
Christina 1 640 zu Abo gegründete UniTersität erhielt 
woU einen Professor der Medidn» aber der Inhaber die- 
ses Lehrstuhles b^ass weder cbimrgisclie noch geburts- 
hüMicbe Kenntnisse. 

Zufolge einer Schenkung, welche die Universilät von 
dem Professor der Medicin Johann Uaartman er- 
hielt, \nirde 17S4 eine Professnr der Anatomie, Chi- 
rurgie mid Geburtshülfe eingericktet, und G, E, Haart- 
man (geb. 1757) für diesen Posten ernannt. Er über- 
nahm aber schon 1789 die Professur der Medicin, die 
nach dem Tode J. H a a r t m a n's (1788) ledig geworden 
war. In demselben Jahre wurde J- P i p p i n g (geb. 
1760) Zürn e. o. Prof^sor der Anatomie, Chirurgie und 
OebtutKhülfe ernannt. 

Nachdem Kaiser Alexander I. von Rassland Finnland 
erobert und die Rechte des Landes bestätigt hatte, er* 
hielt Finnland gegenüber Russland eine Stellung beson- 
derer Autonomie, In dem Jahre 1811 wurden bei der 
medicinischen Facultät 3 Professinreu eingerichtet, eine 
ftlr Medicin, eine zweite für Physiologie imd Anatomie, 
eine dritte für Chirurgie nnd Geburtshülfe. Für letzteres 
Faeli ward J. P i p p i n g ernannt, später nach Verleihung 
des Adels : „P i p p i n g s k ü 1 J*. Er starb aber schon 
1815, Sein Nachfolger war 1816 X Törngren (geb- 
1772), der auf seinem Posten noch bis zum Jahr 1833 
blieb , nachdem eine Feuersbrunst im Jahre 1827 den 
'Trüriaten Theil der Stadt Abo und auch ihre UniTersität, 

^1! infoige dessen nach Helsingfors verlegt wurde, 
et hatte. Er bekam alsdann seuien Abschied 
'itu«, fitarb aber erst 1859, 
311 dfn Facultaten wurden auch 1811 an der Uni- 



I 



183 



i? 



versität 4 Ädjuncturen eingericbtet. unter denen eine för 
Clumrgie und Geburtshttlfe, welche von N* A, ürsin 
1813—1818, C. D-vonHaartmaD 1818—1825, und 
]if. Kalm 1828—1831 besetzt wurde. 

Die wissenscbaftlicben Ari>eiten Ton G. E, v on Haart- 
an , P i p p i n g s k ö 1 d und T o r n g r e n berübrten 
'sat gar tjicbt die Entbiudimgsknnst, Die Thatigkeit der 
eitlen letztgenaofiten wurde baupisacbUch Ton der Chi* 
x-urgie in Anspruch genommen. 

Der erste %vissensebaftlich gebüdete G^burtslieifer in 
Finnland war C. D* v o n H a a rt m a n , ein Sohn von 
G. E. vonHaartman. C, D. y. Haartman war 
1792 geboren, studierte Chirurgie mid Entbinduagskunst 
hauptsächlich in Stockholm, aber auch in England bei 
SirArtlej Cooper in London und Hamilton in 
Edinburgh wurde 1818 Adjunct der Chirurgie und Ge- 
bnrtshOlfe zu Abo, 1825 Lehrer an der Lehranstalt för 
Hebammen in derselben Stadt, 1834 Profe^or der Chi- 
rurgie und Entbindungskunst zu Hebingfors. 1836 Gene- 
raldirector des Medicinalwesens in Finnland, er verlies« die 
Professur 1838, nahm 1855 den Abschied vom General- 
(Hrectorsposten und starb 1877. In Abo und später in 
Helsingfors Qbte er eine rege Thatigkeit als praktischer 
Öebürtshelfer und Lehrer in der Entbindungskunst aus. Die 
praktische Erfahrung höberstellend als die theoretische 
Specalationt war er als Geburtshelfer einem activen Ver* 
fahren zugeneigt. Er ist der Erste, der in Finnland die Auf- 
merksamkeit auf den Partum arte praematumm gelenkt 
hat^ welches er auch zum Gegenstand seiner Doctordisser- 
tation machte, in welcher auch er, gich zu seinem Lehi^' 
Hamilton haltend, ftlr das Hervorrufen der Entbindung 
durch das manuelle Lösen der Eiblase oberhalb des inneren 
Muttermundes räth. Docb selbst führte er die Operation 
mcht aus* Bei Blutungen, die während der Entbindung 
entstehen und bei dem Vorfall der Nabelschnur rietii,^ 
er schleunigst zu einer Wendung auf den Fuss xinf 




184 



Extraction. Seine Aufsätze und die noch von ihm ührig ge 
bliehenen Handschriflr^n der Vorlesungen zeigen ihn so- 
wohl als einen wissenschaftlich gebildeten als einen prak- 
tischen Chirurgen und Geburtshelfer. Leider verliess er 
allzu früh seine SteUung und praktische Thätigkeit, umfl 
später als Director des Medicinalwesens viele Neuenmgen 
einzuführen. Eine kurze Zeit war er auch Vorsteher der 
1833 in Helsingfors eröffneten gebnrtahüLflichen Klinik 
für Aerzte und Hebammen- 

Y. H a a r t m a n's Schriften geburtshiilflichen Inhaltes 
sind: Observation es circa partum praematurum obste- 

trieia manu parandum» Diss. Abo 1817. ^ Casus cM- 
rurgid, quorum secundus, partus sdlicet convulsionibus 

aliisque morbis durissimis concomitatus* Diss. Abo 1823- 
De indicationibus perficiendi aut instrumentorum aut 
sola manunm ope periculosos difficilesque partus. Diss.^ 
Helsingfors 1833 (für die Professur), Handbok för barn- 

o 

morskor (Handbuch für Hebammen). Abo 1821. Ausser- 
dem viele Aufsätze chirurgischen und geburtshülflichen 
Inhalts in der Zeitschrift „Finska Läkaresällskapets, 
Handhngar« Bd. I und H 1842-- 1844. 

Während der Zeit, als Finnland mit Schweden 
einigt war, gab es in Abo weder eine Universitätsklinik, 
noch eine Hebammenscliule. Die jungen finnischen Aerzi 
erhielten die praktische Ausbildung in Stockholm; auch 
die wenigen Hebammen, welche diese Zeit in Fuinlan« 
angestellt oder frei praktizierend waren, waren alle 
Schweden ausgebildet. 

Nach der Eroberimg durch Russland 1809 wiurde wohl] 
1824 in Abo ein klinisches Institut erbaut» aber di 
Haus war nicht ganz fertig, als die Universität 182 
"•1 Abo nach Helsingfors verlegt wurde. Für den Heb 
mterricht wurde nur 1816 ein kleines Gebärha 
mge richtet» Leltrer waren A. N. Boucht 181 
und a D. von Haart man 1819—1833, 
lelsingiors wurde ein klinisches Institut mit ein* 



ver 



I 



kj 



185 



I 



gebürfeshülflichen Abthdlung für den Unterricht der Me- 
diciner und Hebammenschülerinnen erbaut nnd eröffnet 
1 833. Vorstand dieser Abtheilung war der Professor der 
CMrurgie und Geburtshülfe , aber der Hebamraenlehrer 
^vrar eigentlich mir der Adjimct der genannten Disciplinen : 
If* H, Törnroth (später Professor der Chirurgie und 
Geburtshülfe) 1834—1838, Laurell, geb.4. April 1811, 
einjdierte in England und Frankreich 1837—1838, wurde 
Adjunct der CliiiTirgie und Geburtshülfe {Diss* ; De pro- 
lapsu uteri Helsingfors 1839), er starb schon 1840. 



1840-^1860. 



CD. V n H a a r t m a n*s Nachfülger als Professor 
der Chirurgie und Geburtshülfe an der Universität in 
Hebingfors wurde 17. Februar 1838 Lars Henrik 
T ö r n r o t h. Gehören 1 796^ hatte Törnroth in Abo 
und Stockholm studiert, wurde 12, Juli 1834 Adjunct der 
Cliinirgie und Geburtshülfe und machte 1835 — 1836 eine 
wissenschaftliche Reise in Schweden , Däuemark und 
Deutschland. Als y. Haartmau Abschied von seinem 
Amt als Generaldirector des Medicinalweseus von Finulaud 
nalim^ wurde Törnroth sein Nachfolger 10. Januar 
1855* Ais Professor emeritas güig Törnroth 18. März 
iB57 von der Universität ab. Als Generaldirector war 
er tt'ätig bis 18, Juni 1863, ala er seinen Abschied nahm. 
Er starb 13, August 1864. 

Törnroth war mehr Chirurg als Geburtshelfer. 
Seine Schriften, welche in den damaligen medicinischen 
Zeitschriften Finnlands : „ l^^nska Läkaresällskapets Hand- 
üagar* nnd ^Notisblad för Läkare und Pharmaceuter** 
pubhdert sind, sind chirurgischen Inhalts, 1843 gab er 
eia Lehrbuch iWv Hebammen (Lärobok for bammorskor) 
heraus. Unter der Mitwirkung von Törnroth erschienen 
damals 3 Dissertationen geburtshülflich-gynäkologij 
hihalts: j,Oni den sjukdomsform^ som aallae kräfta" (U' 



1 




186 



die Kratikheit, welche Krebs genamit wird) von B, 6, Holm- 
ström 1847. — «Om metritis före fbrlossningen' (üeber 
Metritis vor der Entbindung) von C* H. Palmros 1847. 
— »Auteckningar von hafrandeskap utom Ufniodren* 
(üeber die Schwangerscliaft ansserhalb der Gebärmutter) ■ 
von C h r, Sibelius 1855* " 

Am 6, Mai 1857 wurde die Professur der Chirurgie von 
der GeburtshiÜfe getrennt ; eine ord. Professur der Gebnrts- 
hülfe und für Kinderkrankheiten wurde an der Universität 
eingerichtet. Der erste Professor der Geburtshülfe wurde 
19. Febr. 1858 Erik Alexander In gm au. Geboren 
14, Febr. 1810, wurde er Adjunct der Chirurgie und Ge- 
burt&hülfe 12. October 1842. Er machte eine Wissenschaft^ 
liehe Reise nach Schweden» Deutschland, Frankreich und 
England 1842—1843, wurde Hebammenlehrer 15. Oct 
1843 bis 13, Mai 1847 und studiert© in Deutschland, TJn- M 
garn, Italien und Frankreich 1846 — 1848. " 

I n g m a n war ein sehr vielseitig wissenschaftlich 
ausgebildeter Mann, aber er starb leider sclion 14. Mai 1858* 
I n g ra a n*s Schriften geburtshülflichen Inhaltes sind : 

Diss, excerebrationis foetus in partu legem esaminatura m 
HeJsingfors 1842. — Om urinförgiftning hos hafvande, 
födande och i bamsang stadda qvinor (Ueber die Harn« 
Vergiftung der Schwangeren , Gebärenden und Wöch- 
nerinnen) 1857. — Ausserdem eine Menge kasuistischer 
Mittheilungen in *,Finske Läkaresällskapets Handlingar** 
und in ^Nottsbladet för läkare al pharmaceuter^^ 

Ingmans Nachfolger als Professor der Geburt^- 
hülfe und Kinderkrankheiten wurde 9. Juli 1861 Knut 
Samuel S i r e l i u b, 

r für die Heb am mensch ülerinnen wurde 1843 

gm an und 1848 J, W. Pippiug- 

Nov. 1818, studierte in Deutschland, 

Paris 1847—1848, wurde Docent der 

)urtshülfe3. Sept. 1853, Ordinator und 

s. g. allgemeinen Hospital, an welches 




187 



lie geburtsliülfliche Äbtheilung von dem kÜnischen In- 
stitute 1848 verlegt wurde, 1848 resp. 1850. Er starb 
LS. Febr. 1858. 

Pipping war ein geschickter Gebiirtslielfer; er 
machte 1848 zuerst in Finnland eine künstliche Entbin- 
dung vermittelst der Kiwisch'achen Douche, deren Au- 
fwendung er in Prag gelernt hatte. Er hat auch darüber 
eine Dissertation für die Docentiirr « Pr am still 1 nin g af de 
oüka metoderne att fmmkalla fortidig börd^ (Ueber die 
Terachiedenen Methoden der künstlichen Entbindung), 1853, 
geschrieben. Seine übrigen gebin-tshülflichen Mittheilungen 
finden sieb in „Finaka LiikareBällskapet Randlingar** und 
in „Notisbiad för Läkare och Pharmaceuter*, 

Nach P i p p i n g's Tode wiirde E. S. S i r e 1 i n s 
Docent der Entbindiingskunst 1859 — 1861, bis er 1861 
2ßm Professor der GeburtsbUlfe ernannt wurde. 

In dem Zeitraum 1840 — 1860 waren in Finnland die 
eigentlichen Specialisten der Qeburtshülfe und der Gyna- 
tülogie die an der Universität in Helsingfbi'9 angestellten 
Professoren, Adjuncten resp. Docenten der Chirurgie und 
Geburtshülfe ; Törnroth, Laurell, Ingman und 
P i p p i n g. Neben diesen aber nahm eine hervorragende 
St-elltmg besonders als Gynäkologe C. von Haart man, 
der älteste Sohn Professor CD. v o n H a a r t m a n's, 
m. Freilich nur während einer kurzen Zeit, denn schon 
1849 ging er nach St. Petersburg, wo er bald ein gros- 
ses Ansehen als Äccoucheur und Gynäkolog erreichte und 
1863 Leib atzt der Kaiserin Marie, Gemahlin A 1 e s a n- 
der^s n. wurde, bis 1875. Er starb 1888. C. von 
Haartman war 1819 geboren, studierte in Stockholm, 
Beilin, Ptag, Wien, Paris, Edinbm-g und London 1846 
bis 1848. In Edinburg war er Schüler von J. Simpson 
und lernte da die Anwendung des Chloroforms in der 
Geburtshülfe keimen. In London wurde er 4 Monate 
1848 ^House Surgeon* im General Lying-in Hospital und 
filhrte das Chloroform in seiner geburtahülfliclien Praxis 



^ 





188 

in London ein. Zurückgekehrt nach Finnland, machte er 
dieses Betäubungsmittel in Helsingfors bekannt, und 1848 
wurde die erste Entbindung in der Chloroformnarkose an 
der geburtshülflichen Klinik von v. Haartman geleitet. 
V. Haartman ist auch der erste, der in Finnland eine 
Ovariotomie, nach richtig gestellter Diagnose, 19. Febr. 
1849 gemacht hat. 

In der geburtshülflichen Klinik, welche 1833 eröflFnet 
wurde, war die Anzahl der Geburten von 1833 — 1860 
3894. Das Mortalitätsprocent in Puerperalinfektion war 
während dieser Zeit 3,41®/o. 

§. 62. 

Russland. 

In den Jahren 1840 — 1860 ist in Russland für die 
Förderung des geburtshülflichen Unterrichtes Vieles ge- 
leistet worden. In St. Petersburg war im Jahr 1836 die 
Entbindungsanstalt des Erziehungshauses von der des 
Findelhauses getrennt worden, und seitdem waren in den 
dortigen Gebäranstalten unter Zuwendung reichhaltiger 
Geldmittel und unter Mithülfe hochgestellter Gönnerinnen 
vielfache Verbesserungen eingeführt worden, welche dem 
hülfesuchenden Publikum viel Segen schaiBFten. Die Ein- 
sicht der Behörden hatte für den Hospital-Unterricht eine 
Organisation eingeführt, welche auch den Aerzten auf 
die Verwaltung einigen Einfluss sicherte, und mit Recht 
durfte Leon le Fort in seinem vorhin besprochenen 
Bericht administrative Massregeln der dortigen Regierung 
dem Ausland als nachahmenswerthes Muster hinstellen^). 
Die grossen Aufgaben, welche die russische Regierung 
in dem riesigen Reich für die Wohlfahrt der Bevölkerung 
zu leisten hatte, fanden auch in besonderer Ausbildung 



^) Le Fort sagt: Les höpitaux russes, pris dans leur en- 
semble, sont les mieux tenus et les plus satisfaisants de tous las 
höpitaux de TEurope. 



189 



Ton unterrichteten Hebammen eine ausdrückliche Betha- 
tigung. Die Unterstützung von Gebärenden war Vielen ein 
Gegenstand allj^enieiner und werkihätiger Theilnahme, und 
der wohlthätige Sinn der Hauptstadt zeigte sieh in diesen 
Bestrebungen in erfreidicher Weise. In das Land wur- 
den sorgfältig unterrichtete Hebammen mit erweiterten 
Befugnissen ausgesandt, und an ihnen fanden die Aerzte 
bi schweren Geburten treffliche Helferinnen. In den 
^—Öebäranstalten wurde der Unterncht in der ausgiebigsten 
^pWeijäe aasgenutzt, und wiederholte Prüfungen sorgten für 
"ein der Praxis gewachsenes Personal, 

Im Laufe der 40er und 50er Jahre wurden die Un- 
terrichtslokalitäten der Petersburger Gebäranstalten durch 
umfaugreiche Neubauten erweitert* Von der Durchfüh- 
mig dieser Bauplüne erwarteten Viele eine erhebliche 
H^sserung der SalubrietUt, aber diese Erwartung bestätigte 
^ich durchaus nicht. Sowohl die Klinik für Studierende 
als auch das Hebamnieninstitnt wiesen eine erschreckend 
hohe Ziffer der Mortalität auf, und auch Einschränkimg 
der Au &i ahmen und gelegentliche Schliessung der Räume 
zeigten sich nur von vorübergehendem Nutzen oder ganz 
wirkungslos. Hu gen berger berichtet uns ausftihrlich 
darüber (Das Puerperalfieber im St. Petersburger Hebam- 
me uinstitute , 1845--1859, St. Petersburg 1862). Mit 
grosser Sorgfalt bemühte man sich damals, den Gründen 
der hohen Sterblichkeit der Wöchnerinnen nachzuspüren. 
Mies erwies sich als vergeblich. Auch in der Gebär an- 
stalt des Erziehungshan ses war, wie Bidder imd Su- 
fcagin in ihren interessanten Berichten melden, der Kampf 
^egen das Puerperalfieber ergebnisslos. Dort beüef sich 
die Mortalitätszifier in der alten Anstalt, 1840 — 1863, 
auf 4,7^/ß, in der neuen Anstalt 1865—1871 auf 5,5^.). 
Also auch im fernen Osten zeigten sich klimatische Ein- 
flüsse auf das Puerperalfieber ohne Wirkung; dennoch 
hielten die Meisten, gleichwie die westlichen Kollg 
an der Meinung des miasmatischen Ursprungs des 




190 

peralfiebers fest. Auch in Moskau, wo mit seltener Libe- 
ralität durch reichhaltige Mittel für das Unterkommen der 
Schwangeren in gesundheitlichen Räumen gesorgt wurde, 
blieb die dortige Gebäranstalt von dem Puerperalfieber 
nicht verschont. Bei dem grossen Material der Moskauer 
Anstalt, in dem Zeitraum 1832—1863, starben auf 59,039 
Wöchnerinnen 1,432. Namentlich einzelne Jahre kosteten 
viele Opfer, im Jahr 1858 erlagen auf 2541 Wöchnerinnen 
138, d. i. eine Mortalität von 5,4®/o. 

In St. Petersburg war das Hebammeninstitut 1852 
auf Antrag des Dr. Etlinger einem Umbau unter- 
zogen. 1845—1859 fanden dort 8036 Geburten statt, 
die Mortalität betrug 2,96^/0. Als Arzt wirkte Dr. Tar- 
noffsky. Der Neubau der Entbindungsanstalt des Er- 
ziehungshauses wurde 1864, unter dem Directorat des 
Leibaccoucheurs James Schmidt, vollendet , später 
wurde unter Leitung des Professors Krassowsky ein 
Theil der Anstalt zum Lazareth für puerperalkranke 
Wöchnerinnen umgewandelt (Cont. Les Matemites von 
Leon le Fort, „Bericht über die Gebäranstalt des 
Kaiserl. Erziehungshauses von E. Bidder und W. Su- 
tugin 1874" und „Das Puerperalfieber im St. Peters- 
burger Hebammeninstitute von Th. Hugenberger 
sen. 1862«). 

Die Vermittelung mit der Wissenschaft des Westens 
wurde in althergebrachter Weise von der Universität 
Dorpat rühmlichst besorgt. Die litterarische Produktion 
der übrigen Theile des grossen Reiches war nur gering, 
und was darin geleistet wurde, war in der Hauptsache 
deutschen Ursprungs. Die Regierung legte damals den 
Dorpater Professoren in ihrem Lehrunterrichte keine 
Schranken auf, um ihre Schüler von den Früchten der deut- 
schen Wissenschaft geniessen zu lassen. Die Lehrsätze 
der deutschen Medicin wurden durch die in Dorpat aus- 
gebildeten Aerzte weit über die baltischen Provinzen hin- 



191 

aas zum Segen der Bevölkerung in das Innere des russi- 
schen Baches hineiifgetragen. 

In Dorpat stand die geburtshOlfliche Klinik unter 
der Leitung von Deutsch, dann von P. U. F. Wal- 
ter^ geb. 7. Octb. 1795, gest. 1874. Einige fachwissen- 
schaftliche Schriften stammen aus Walters Feder: De 
versione foetus in caput 1819. — Von der Wendung auf 
die Füsse bei vorgefallenem Arme, Riga 1834. — Be- 
obachtungen aus dem Gebiete der Geburtshülfe. N. Zeitsch. 
f. Geb. Bd. 16. 1844. 

Der Nachfolger von Walter war Johannes von 
Holst, geb. in Fellin 23. Febr. 1823, der im Ruhe- 
stand in Freiburg lebt. Wir verdanken ihm mehrere 
verdienstvolle Arbeiten aus der Geburtshülfe und der 
Gynäkologie. Beiträge zur Geburtskunde und Gynäkolo- 
gie, Bd. 1, 1865, Bd. 2, 1867. Tübingen. — Der vor- 
liegende Mutterkuchen. Monatssch. f. Geb. Bd. II u. III. 

— Beobachtungen aus der geburtsh. Praxis, ebd. Bd. I. 

— Aus der Praxis. Scanzoni's Beitr. III. — Em- 
pfängniss, Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett bei 
Uteruserkrankungen. Monatssch. f. Geb. Bd. 21. — Ueber 
Diagnose des rudimentären uterus, Betschle/s Beitr. 
Bd. II. — Ueber Hebelpessarien. S c a n z o n i's Beitr. 
Bd. V. 

Unter der Zahl der Schüler v. Ho Ist's ist Ernst 
Friedrich Bidder zu nennen. B., geb. 19. Octb. 
1839, studierte in Dorpat, war dann Assistent in den 
geburtsh. Kliniken von Berlin, Leipzig, Prag und Wien, 
und liess sich in Dorpat als Docent nieder. 1871 ging 
B. als Professor der Geburtshülfe nach St. Petersburg. 
Mehrere treffliche Arbeiten von ihm sind hervorzuheben : 
»Die Berichte aus d. Gebäranstalt d. Kaiserl. Erziehungs- 
hauses** (s. oben), die Aufsätze „ Zur Histologie der Nach- 
geburt** und die „Experimentalen Beiträge zur Eklampsie- 
frage** in Holst's Beitr. 1847. — 1884 veröffentlichten 
die Söhne, Heinrich Friedrich uud Ernst Fried- 



192 

rieh, zum 50jährigen Jubiläum ihres Vaters die „Beiträge 
zur Chirurgie und Gynäkologie". E. Bidder lebt seit 1899 
im Ruhestand in Thüringen. — üeber die Statistik der 
Dorpater Klinik enthält die Schrift von A. v. Zapolski 
Angaben: Conspectus statisticus partuum in nosociomio 
Dorpati 1855. — M. Koch: Nachricht über die Ent- 
bindungsanstalt der Kaiserl. Univers. Dorpat 1843. N. 
Zeitsch. f. Geb. Bd. 16. 

In Warschau stand die Entbindungsanstalt von 1840 
an unter Leitung von F i j a 1 k o w s k i. Er veröffentlichte 
in deutscher Sprache eine Arbeit über das Wochenbett- 
fieber in L e o's Magaz. f. Heilk. und ein polnisches Heb- 
ammenlehrbuch. Die Zahl der Entbindungen hatte 1840 
nur 330 betragen, später hob sich das Material imter 
Leitung von Now^icki bedeutend. Ueber die frühere 
Wirksamkeit der Entbindungsanstalt in Warschau in den 
Jahren 1802 — 1884 Hegt ein umfangreicher Aufsatz vom 
nunmehr verstorbenen Professor Tyrchowski vor. 

Ludw^ig Adolph Neugebauer, geb. 6. Mai 
1821 in Dojutrov^r, gest. 9. Aug. 1890, der Vater des 
ausw^ärts sehr bekannten Franz Neugebauer. N. 
studierte in Dorpat und Breslau, wurde anfangs Assi- 
stent von Betschier. Er wurde später nach Warschau 
an die med. chirurgische Akademie berufen. Unter sei- 
nen fleissigen Arbeiten sind hervorzuheben : „üeber die 
verschiedenen Methoden der Reposition der vorgefallenen 
Nabelschnur". Verh. d. schlesischen Ges. 1850. — „Ueber 
das Auftreten der Leber im Nabel, als Fehler der ersten 
Büdung.« N. Zeitsch. f. Geb. Bd. 27. 1850. — „Mor- 
phologie der menschlichen Nabelschnur." Breslau 1858. 
— „Lehrbuch der Geburtshülfe." Warschau 1860. — 
„Physiologie u. Diätetik der Schwangerschaft, der Ge- 
burt u. des Wochenbetts." Warschau 1874. — n^te- 
burtshülfl. Vorgänge in der Königl. Gebäranstalt" 1846. 
C a s p e r's Wochenschr. 46. 



193 

§. 63. 

Die Geburtshülfe in Amerika^). 

Die Geburtshelfer früherer Zeit. 

Als die Zustände in Amerika noch neu und unge- 
regelt, und die grössten Städte des Landes noch nicht 
viel mehr als Dörfer waren, herrschten die Vorurtheile, 
welche in England und Frankreich gegen die Beschäfti- 
gung der Männer mit der Geburtshülfe bestanden, in 
Amerika mit doppelter Gewalt und bis zur zweiten Hälfte 
des achtzehnten Jahrhunderts war ein männlicher Ge- 
burtshelfer etwas ganz Unerhörtes. 

Nach den Angaben von Packard wird in einer 
New-Torker Zeitung vom 22. Juli 1745 zum ersten Mal 
ein amerikanischer Geburtshelfer erwähnt. 

Die Anzeige lautet : „ Gestern Abend verschied in den 
besten Jahren und zum allgemeinen Kummer und Be- 
dauern unserer Stadt, Mr. John Dupuy, M. D. Ge- 
burtshelfer; welch letzteres Amt er so ausfüllte, dass 
man von ihm sagen konnte, wie David von Goliath's 
Schwert: „es giebt nicht seines Gleichen!** 

^) Die vorliegende Zusammenstellung verdanke ich der Un- 
terstützung des üniversitäts Professors Dr Whitridge Wil- 
liams in Baltimore. Wohl niemals ist die frühere Geschichte 
unseres Faches in Amerika so erschöpfend behandelt worden, 
wie in den nachfolgenden Blättern, welche der freundliche Kol- 
lege mit bewundernswerthem Sammeleifer zusammengetragen 
hat. Als V. Siebold den 2ten Band seiner Geschichte der 
Geburtshülfe schrieb, hatte er sich bemüht, für seine historischen 
Forschungen auch mit Fachgenossen weit entfernter Länder 
litterarische Beziehungen anzuknüpfen, doch war früher bei dem 
unentwickelten Verkehr seine Ausbeute nur gering. So war da- 
mals auch S i e b 1 d für die Angaben über amerikanische Ge- 
burtshelfer auf wenige Notizen angewiesen (nur über W. P. De- 
w e e s und C. D. M e i g s , conf. § 261 des Band 11, konnte er 
spärliche Nachrichten sammeln). Jetzt ist diese Lücke durch die 
Darstellung des Dr Whitridge Williams in der erfreu- 
lichsten Weise ausgefüllt worden. D o h r n. 

Dohrn-Siebold, Geschichte der Geburtshülfe . III. 13 



194 



Dupuy scheint mit Erfolg nur praktisch thätipr ge- 
wesen zu sein und keine schriftstellerischen Arbeiten hin- 
terlassen 2ia haben. fl 
Dr John Moultrie erfreute sich ura dieselbe Zeit" 
Bchon einer ausgebreiteten Praxis als Geburtshelfer in 
Charleston, Süd-Carolina. Er wai* in England geboren 
und erzogen und Hess sich im Jahre 1733 in Charleston 
nieder, wo er fünfzig Jahre lang wirkte. Moultrie wurde 
bald ein sehr beliebter Arzt und er hat zuerst das Vor- 
nrtheil bekämpft, dass Männer den Frauen nicht während 
der Geburt beistehen dürften. Er war so erfolgreich in 
diesem Beruf, dass Thatcher von ihm sagt: „Sein Tod 
war ein öffentliches Unglück*". Die Frauen von Charle- 
stou benetzten sein Grab mit ihren Thränen und legten 
seinetwegen Trauerkleider an* In dem Jahre nach sei- 
nem Tode starben viele Frauen im Kindbett, 3o lange 
er lebte, waren me der besten Hülfe sicher, die ein 
Mann mit Beiner Kunst in schweren Fallen leisten kann. 
Als er starb, verloren sie diese Hoffnung und Sorge und 
Furcht bedrückten sie derartig, dass viele Todesfälle die 
Folge davon waren '', Moultrie hinterliess keine Auf- ^ 
Zeichnungen, aber sein Sohn, der erste Süd-Oaroliner, der ■ 
an der Universität Edinburg die Doctorwürde erreichte, " 
wurde ein voa'treffl icher Arzt und gelehrter Schriftsteller, i 
Der berühmteste Geburtshelfer früherer Zeit in Neu- ■ 
England war Dr James Lloyd in Boston (1726—1810). n 
Dr Lloyd stammte aus wohlbekanntem und wohlhabendem 
Hause und nachdem er in Boston die Grundlagen für seine 
medicinische Erziehung bei Dr James Clarke gelegt 
hatte, arbeitete er vier Jahre in England am Guy 's und am 
St. Thomas Hospital* Seine geburtshelferi sehen Studien 
betrieb er unter Hunter und Smellie und nach sei- ^ 
ner Rückkehr erreichte er in Boston eine ausgedehnte™ 
^raxis, wo er zuerst die Geburtshülfe nach verstau digeu 
FÖrundsätzen ausübte. Er war nicht nur ein bedeutender 
Arzt, sondern auch ein angesehener und nützlicher Bllr-j 



195 



[ger, der für die Wohlfahrt seiner Vateratadt inimer die 

[prösste Tbeilnahni© hatte. Nach seinem Tode hielt der 
I Prediger Mr, Garden er von der Trinity-Church eine 
lliede, in der er die bürgerlichen Tugenden des EntBchla* 
\kjim hervorhob. Gesell rielien hat Lloyd nur wenig imd 
1 nichts über Geburtshtüfe. 

Um dieselbe Zeit wirkte Dr William Hunt er 
in der Colonie von Rhode-Island als Gebiirtahelfer. Er 
rar ein SchottlJmder und hatte unter dem älteren Munro 
m Edinburg atadiert, biß er sich inNewportim Jahre 1752 
aiiderliess und dort vierundzwanzig Jahre praktizierte. 
Es heiast, dass er ein Verwandter von John und Wil- 
liam Hunter war. Aber sein Hauptverdienst und 
Ruhm sind die Vorlesungen über Medicin, die er als 
Erster in Amerika hielt und zwar einen Kursna Über 
Anatomie in den Jahren 1754^56. Er war anscheinend 
ein gelehrter und fähiger Arzt und Besitzer der gross- 
ten medicinischen Bibliothek, die es damals in Amerika 
gab und die jetzt zum Theü in die Bibliothek der 
Brown-Universität, Providence H* I. aufgenommen ist. 
Der hervorragendste aller früheren Geburtshelfer 
weitem Dr William S h i p p en in Philadelpliia 
16—1808). Er war der Sohn von Dr William 
S h i p p e n Sr, bei dem er auch zuerst Medicin studierte. 
Dann ging er nach Europa, wo er seine Studien noch 
fünf Jahre fortsetzte, bei John und William Hun- 
te r , bei S m e 11 i e und Mackenzie Geburtahülfe hdrte 
und in Edinburg 1761 die Doctor würde erwarb mit einer 
Arbeit, betitelt ^De placentae cum utero nesu". Im 
Jahre 1762 kehrte Shippen nach Philadelphia zurück 
und traf gleich Vorbereitungen fQr seine Vorträge Über 
Anatomie und Geburtshülfe, von denen die letzteren in 
der Pennsylvanischen Zeitung im März 1762 folgendermaa- 
sen angekündigt werden : „Dr Shippen Jn beabsichtigt 
seine Vorträge über Geburtshülfe zu beginnen, sobald 
ich genügend Zuhörer gefunden haben, um die Aus- 

13* 





196 



gaben zu bestreiten. Der Kutbus wird ans ungefähr zwan- 
zig VorleBungen bestehen, in welchen er den Theil der! 
Anatomie behandehi wird^ der für diesen Zweig der Wis- 
senschaft noth wendig ist. Er wird alle Fälle erklärenTj 
die in der Geburtshülfe vorkommen köniien^ schwierige^] 
natürliche und widernatürliche nnd Anleitung ^eben, wie 
sie ohne Gefahr für Mutter und Kind behandelt werden 
müssen, auch die Krankheiten beschreiben, von denen 
Frauen imd Kinder während des Wochenbetts befallen 
werden können und die nöthigen Mittel dagegen angeben 
Er wird die merkwürdigen anatomischen Abbildungen 
und Abgüsse des schwangeren Uterus im Hospital er- 
klären und mit den nothwendigen Warnungen schliesaen 
gegen den gefährHclien und grausamen Gebrauch 
Instrumente. 

„Um diesen Kursus zu verrollatändigen, ist für einigt 
arme Frauen eine Wohnung eingerichtet^ wo aie nichil 
unter dem Mangel der nötliigen Hülfe im Wochenbetlf 
zu leiden haben und sich imter der Obhut einer gesetzt 
ten, ehrlichen Frau befinden, welche sich auf diejenige! 
Pflege der Wöchnerinnen versteht, welche die AerzteJ 
jetzt für nothig halten. 

^ Jeder Zuhürer muss mindestens zwei Kurse durch- 
machen, für die er 5 Guineen zu bezahlen hat. Für dauern- 
den Besuch kostet es 10 Guineen. Die weiblichen Zög- 
linge können Priv^atunterricht bekommen und, wenn noth- 1 
wendig, bei iliren Privat- Arbeiten unterstützt werden. 

„ Der Doctor ist zu sprechen ; jeden Morgen zwischen | 
6^ — 9 Uhr in seiner Wohnung^ Frontstrasse, und in sei- 
nem Sprechzimmer^ Letitia Court^ jeden Abend". 

Norris giebt den Inhalt dor zwanzig Vorlesungen ] 
des ersten Kursus folgenderraassen an: 

1) Ueber die Beckenknochen. 

2) Männliche und weibliche Geschlechtsorgane. 

3) Veränderungen des Uterus. 

4) Ueber die Placentae 



197 



5) u. 6) Ueber den Blutumlaiif und die Ernährung 
des Fötus. 

7) Ueber die Zeichen der Schwangerschaft. 

8) Ueber die Menstruation. 

9) Der weisse Fluss. 

10) Ueber die natürliche Geburt. 

11) u. s. w. Ueber schwere und widenia türliche 
Geburten, unter Benutzung von Instrumenten. Den Be- 
schluss bilden Vorträge über Erkrankungen der Mütter 
und Kinder im Wochenbett, mit Anweisung über die 
Diät für Beide und der Auswahl guter Ammen". 

Diese Vorlesungen, die ersten, welche in Amerika 
über den Gegenstand gehalten wurden, dauerten bis zum 
September 1765, als Shippen zusammen mit Dr John 
Morgan die Medicinische Schule an der Hochschule, später 
der Universität von Pennsylvanien gründete, woselbst er 
Professor der Anatomie, Chirurgie und Geburtshülfe wurde. 
Er setzte seine Vorlesungen ununterbrochen fort, ausser 
während des Revolutionskrieges, und unterrichtete in allen 
drei Zweigen bis zum Jahr 1805, wo Philipp Syng 
Physick zum Professor der Chirurgie ernannt wurde. 
Shippen beschränkte sich dann auf Anatomie imd Ge- 
burtshülfe bis zu seinem Tode im Jahre 1808 und wurde 
nur in den letzten Jahren durch seinen späteren Nach- 
folger, Caspar Wistor, wesentlich unterstützt. 

Shippen scheint nicht nur ein vorzüglicher und er- 
fahrener Lehrer gewesen zu sein, sondern auch an allem 
Antheil genommen zu haben, was das Wohl seines Va- 
terlandes betraf. Er war Chirurg in der Revolutions- 
Armee und wurde 1777 zum Haupt- Wundarzt ernannt, 
unter dem Titel: „ General-Director und Ober- Arzt des 
Hospitals. ** 

Der ausgezeichnetste der ersten Geburtshelfer in 
Maryland war Dr Pierre Chatard, geb. in San Do- 
mingo 1767. Er wurde in Frankreich ausgebildet und 
Hess sich im Jahre 1800 in Baltimore nieder, wo er bi? 



198 

zu seinem Tode, 1848, seiner Praxis vorstand. Während 
dieser Zeit hatte er in seiner Privatpraxis 4309 Entbin- 
dungen und hinterhess ausführliche Notizen über alle 
Fälle, die später von seinem Schwiegersohn, Dr W. C. 
B i b b e r veröfiFentlicht wurden. 

Litteratur. Chatard, Pierre: — siehe Van 
Bibber. — Carson:A history of the Medical Depart- 
ment of the University of Pennsylvania from its f oundation 
in 1765. Philadelphia 1869. — Dupuy John: siehe 
Packard. Gar diner, a sermon dehvered at Trinity Church 
on the decease of Dr James Lloyd, Boston 1810. — Green, 
Samuel Abbott: History of medicine in Massachusetts, 
a centennial address dehvered before the Medical Society 
of Cambridge. Boston 1881. Henry, F. P. : Standard 
history of the Medical Profession of Philadelphia. Chi- 
cago, 1897. — Hunter, William, siehe: Sketches 
of the hves of early physicians. Trans, of the Rhode 
Island State Medical Society, Providence. 1859, I, p. 6. — 
Lloyd, James, siehe : Gardiner and Green. 

Auch: Notice of the late James Lloyd, M. D. New- 
England, Journal of Medicine and Surgery 1813, H. 
pp. 127—120. — Moultrie, John, siehe: Thatcher's 
American Medical Biography, Boston 1828. — Norris, 
G e 0. W. The early history of medicine in Philadelphia. 
Phila. 1828. — Packard, F. R. The history of me- 
dicine in the United States. Philadelphia and London, 
1901. Lippincott & Co., pp. 542. — Shippen, Wil- 
liam: Dissertatio anatomico — medica, de placentae cum 
utero nexu. Edinburgh, apud Hamilton, Balfour et Neill, 
MDCCLXI pp. 27. — Shippen, William, siehe: Car- 
son, Henry, Norris, Packard und Wistar. — Van Bib- 
ber, W. C. ; A Statistical account of the practice and 
experience of the late Dr. Peter Chatard. Transactions 
of the medical and chirurgical faculty of Maryland, 1855. 
pp. 33 — 65. — Wistar, Caspar: Eulogium on Wil- 
ham Shippen, St. Philadelphia Journal of Medical and 
Physical Sciences. 1822. 173—188. 



H^ Klinischer Unterricht und Mediciniache 

p Schalen: Nach den bahnbrechenden Thaten von Da- 
puj* Moultri, Lloyd, Hunter und Shippen 
I stieg die Kunst der Geburtshtllfe sebr im Anseilen bei 
den Aerzten, die Hinzuziehung tnlinnlicher HlÜfe wurde 
I a%eirieiner und die Hebammen wurden hauptsächlich von 
^kim ärmeren Klassen beschäftigt. Man darf aber nicht 
^vergessen, dass die eben genannten Männer, die man 
wohl die Väter der Geburtshtllfe in Amerika nemien darf, 
doch in Europa ausgebildet waren, und dasa für zuver- 
lässige Geburtshelfer erst hinreichend gesor^ werden 
lönnte, sobald fflr die Möglichkeit ihrer Erziehung in 
Amerika selbst gesorgt war. Deashalb müssen wir euien 
bitten RtSckblick thun auf die frtihesten Methoden me- 
dicinischer Lehrthätigkeit und die Gründung der ersten 
medicini sehen Schulen* 
■ Wie schon oben gesagt ist, wurden die ersten medi- 
^bniachen Vorlesungen in Amerika von Dt William 
^^H 11 n t e r in Newport, Rhode Island, gehalten, während 
der Jahre 1754 — 1756 und beschränkten sich auBSchliess- 
Hch auf Anatomie. Und erst im Jahre 1765 gelang es 
im Anstren gungen von John Morgan und William 
81iippen die niedicinische Abtheilung an der Hoch- 
scliide von Philadelphia zu griluden, die später die üni^ 
veiÄität von Pennsylvanien wurde. Erster er wurde Pro- 
fei^sor der Medicin, während der Letztere Anatomie, Chi- 
mr^rie und Geburtsbülfe lehrte. Shippen setzte den 
Unterricht in allen drei Zweigen bis 1805 fort, als für 
die Chirurgie ein besonderer Lehrstuhl errichtet und mit 
Professor P h y s i c k besetzt wurde. Anatomie und Ge- 
burtshülfe wurden auch nach Sbippens Tode noch meh- 
rere Jahre von Caspar Wistor gelehrt, bis sie 1810 ge- 
trennt, und Thomas C h a 1 k 1 e y James als Professor 
der Geburtshülfe angestellt wurde. Aber auch dann blieb 
die Geburtshülfe nur ein Nebenfach^ und ei-stim Jahre 181 S 
rde ihr Studium ein obligatorisches für die St 




200 

Dr James promovierte 1787 an der Universität 
von Pennsylvanien und ging 1791 nach London, wo er 
in dem Story-Street Gebärhause als Schüler wohnte und 
unter Osborn und Clarke reichlich Gelegenheit hatte, zu 
arbeiten und zu beobachten. Im Jahre 1793 kehrte er nach 
Philadelphia zurück und 1802 begannen seine Privatkurse 
der Geburtshülfe, die er gemeinschaftlich mit Dr John 
Church hielt und später mit Dr Nathanael Ghapman. 

James wurde als Geburtshelfer am Siechenhaus und 
an dem Pennsylvania Hospital angestellt, und wurde ein 
sehr zuverlässiger, aber vorsichtiger Arzt. Er soll der 
Erste in Amerika gewesen sein, der die künstliche Früh- 
geburt bei zu engem Becken angeregt hat, und auch 
zuerst Einsprache erhoben hat gegen den allgemeinen 
Glauben an die MögHchkeit einer primären Bauchöhlen- 
schwangerschaft. 

Er war kein sehr fruchtbarer Schriftsteller, aber 
1813 gab er^ Burns „Principles of Midwifery** heraus 
und 1816 Merriman's „Synopsis of the various kinds 
of difficult parturition. Im Jahre 1834 legte er sein Amt 
nieder und sein Nachfolger war William P. Dewees, 
der schon seit 1825 sein Adjunkt in der Professur ge- 
wesen war. Nach ungefähr einem Jahr zog sich Letzterer 
wieder zurück und es folgte ihm HughL. Hodge, 1835, 
der bis zum Jahre 1863 im Amt blieb. 

Es scheint also Philadelphia der Ruhm zu gebühren, 
dass dort zuerst ein systematischer Unterricht in der Ge- 
burtshülfe ertheilt worden ist und fast hundert Jahre 
behauptete es in Amerika seinen Vorrang in diesem Zweige 
der Medicin, durch die Berufung der bedeutendsten Ge- 
burtshelfer auf seine Lehrstühle. 

Die medicinische Abtheilung am King's College — 
jetzt die Columbia Universität in New- York — wurde 
im Jahre 1768 zum grossen Theil durch die Anstrengung 
von Dr Samuel Bard gegründet. Dr L V. L. Ten- 
nen t wurde als Professor der Geburtshülfe in dieser 




201 



igestellt und war daher der erste ordentliche 

dieses Zwei^'es der Medicin in Amerika. Er 

Ä wenige Jahre und ihm folgten mehrere Aerzte 

taJer Bertlhmtheit, so dass erst 1810, als John 

Id Francis angestellt wurde, der Lehr- 

-Teburtshülie an dieser Universität, durch eine 

lide Kraft besetzt war. Francis (1789 — 

:äls Arzt sehr konservativ. Er schrieb nur 

/x iiebiirtshulfe imd ist am besten bekannt durch 

Ausgabe von Den m a n n's ,, Introduction to the 

midwifery", 1825. Uebrigens besass er eine 

litterariöche Ausbildung und bereitete ein 

Brthvoiles itiul interessantes Werk vor über die 

^ite der Stadt New- York, unter dem Titel „Das 

w-York**, das ilberfliesst von persönlichen Erin- 

n an die ersten, hervorragendsten Bürger der Stadt. 

ist interessant, dass das erste Lehrbuch, das in 

c über Geburtähülfe geschrieben worden ist, das 

Dr Samuel B a r d's war, des ersten Professors 

idicin am Kings College (1742—1821). Es er- 

im Jahr 1807, nachdem Bard sich von der Praxis 

^gezogen hatte, unter dem Titel: „A Compendium 

3 Theory and Praxis of Midwifery". Es erlebte fünf 

gen und war ein sehr beliebtes Buch. 

Die medicinische Schule der Harvard Universität 

le 1782 gegründet, aber es scheint, dass für die 

arweisung in der Geburtshülfe erst im Jahr 1815 ge- 

t wurde, als Dr Walter Channing (1786 — 

5) als Lehrer in diesem Fach angestellt wurde. Einige 

BB später wurde er zum Professor ernannt und blieb 

^ler Stellung bis kurz vor seinem Tode. 

as Dartmouth Medical College in Hannover, New- 

lire, wurde im Jahre 1798 von Dr Nathan 

gegründet, der während der ersten 10 Jahre 

tehens auch der einzige Lehrer in allen '^" ' ^ 

licin gewesen zu sein scheint, und sogi 



202 






dem Jahr 1828 wurden Anatomie, Chirurgie und Geburts- 
hülfe nur von einem Lehrer, von Dr Reuben D, Mus- 
sey vorgetragen. Die medicinischG Fakultät der Univer- 
sität in Maryland wurde in Baltimore im Jahr 1807 ge- 
griindet. Dr John E. D av i d ge vrar der Erste, de 
als Professor der Gebnrtshülfe angestellt wyrde (1812)J 
und auf ihn folgte eine Reihe von hervorragenden Aerztenj 
die aber leider zur Litteratur wenig beigetragen haben. 

Diese ftlnf Schulen haben bis zum heutigen Tage^ 
ununterbrochen fortbestanden und man kann sie mit Rechl 
die Vorkämpfer der medicinischen Wissenschaft in Ame* 
rika nennen. Mit dem Beginn des 19, Jabrhimdert^ ver- 
mehrten sich die Lehranstalten so reiasend schnell, dassJ 
es im Jahre 1820 schon deren zwanzig gab, und in der' 
jetzigen Zeit gibt es wohl kaum eine ansehnlichere 
Stadt, die nicbt wenigstens eine, zuweilen auch mehrere 
medicinische Lehransalten besitzt. Leider wurden manche i 
auf ungentigender Grundlage enichtet, und boten deuB 
Studenten nur wenig Gelegenheit zur Ausbildung, Auch 
wurden die Professoren häufig, weniger wegen ihrer wis- 
senschaftlichen Leistungen, als wegen ihrer politischen 
oder sozialen Stellung ernannt, und die Fälle waren nicht 
selten^ dass ein Lehrer im Lauf einiger Jahre nach ein* 
ander Professuren der verschiedenen Lehrzweige beklei- 
dete. Und diesem Umstände sind wahrscheinlich yojc 
allem die geringen Fortschritte zuzuschreiben, die di&l 
Geburtshülfe in Amerika gemacht hat. 

So weit meine Nachrichten darüber reichen, ist^ 
der erste Unterricht in der Geburts hülfe in einem klei- 
nen Privat- Hospital ertheilt worden, das Dr Shippen 
Jahr 1762 eingerichtet hat für die Studenten, die 
Kurse besuchten. In der Medical History of the 
Philadelphia Almshouse theilt Agnew mit, dass schon 

dem Jahre 1767 Dr Thomas Bond und Dr 



1- 

i&fl 

stV 



im 
seuie 



vor 



Cadwallader Evans als Aerzte an dem Institut 
smgestellt waren, und über vorkommende Fälle den Stu- 



203 



I 



I 



^entea Vorträge Ueltem die sich zweifellos auch auf ge- 
bürtshülfliche Fälle erstreckten* Eine rein geburtshülf- 
liehe Abtheilung wurde erst im Jahre 1797 gegründet 
unter der Aufsicht von Dr John Chiirch und Dr Tho- 
mas E* James. Wahrscheinlich waren die Gebnrta- 
fäHe zuerst nicht für den klinischen Unterricht zu ver- 
wertheD, denn erat im Jahr 1803 wurde die Erlaubniss 
ertheilt, dass ein Privatzögling bei jedem Geburtsfall an- 
wesend sein durfte. Dies Institut besteht auch jetzt noch 
mid ist bekannt unter dem Namen Blockley Hospital, 

Nach Morton wurde im Mai 1803 eine geburts- 
hülflicbe Station in dem Pennsylvania Hospital in Phila- 
delphia gestiftet, aber erat 1810, als Thomas C* Ja- 
mes daran angestellt wurde, fing sie an, die Aufmerk- 
samkeit zu erregen. Ihm folgte Hodge 1832, bis 1851 
die Station geschlossen wurde, weil die Preston Retreat, 
die in dem Jahre eröflnet wurde, den Wöchnerinnen alle 
nöthigen Erleichterungen zu bieten schien, Uebrigens 
war diese Anstalt verhaltnissmässig klein, deim in den 
48 Jahren ihres Bestehens wurden nur 1397 Frauen dort 
entbunden, mit einer Sterblichkeit von ungefähr 4,97 %» 

Die Society of the Lying- in Hospital, die am 1* Au- 
gu&ät 1799 gegrtindet wurde, war die erste Anstalt dieser 
Art in New- York. Da die Unterstfltzungsgelder nicht 
fiir ihren Unterhalt ausreichten, so wurde die öffentliche 
Wohltbätigkeit für das New-York-Hospital in Anspruch 
genommen und bis 1827 eine besondere geburfcshülfliche 
Station dort errichtet. Von 1827 bis 1894 beschränkte 
das Hospital sich darauf, die ärmeren Frauen in ihren 
eigenen Wohnungen zu versorgen. Dann wurde ein klei- 
nes Krankenhaus im Zusammenhang damit eröffnet, das 
bis 1902 benutzt und dann durch ein prachtvolles Ge- 
bäude ersetzt wurde, das der Grossmutb J. Pierpont 
Morgans zu verdanken ist und das das grösste und 
vollständigste Gebärbaus in Amerika ist. 

Der New- Yorker Medical Record von 1870 (v. pp» 
330 — 331) bringt einen Nachruf fOr Dr Gunnini 




204 



( 



8. Bedford, in dem angegeben wird, dass er schon einige 

Jahre vor 1862 eine geburtshülfliche Xlinik im Zusam- 
menhang mit der Universitäts- Klinik gestiftet hätte, wel- 
che die erate ihrer Art in New- York gewesen sein soll 
Nähere Angaben habe ieh leider nicht darüber erhalten 
kt'mnen« Professor James P. White kann den Ruhm 
für sieh beanspruchen, als Erster in Amerika geburts- 
hülflicbo Fälle vor einer grossen Zuhörerschaft demon- 
striert jfiu haben und im Jahr 1850 eine junge Iriänderin, 
Mary Watsnn in Gegenwart der Examens klasse des 
Ihitfalo Medical College entbunden zu haben. Dies wurde 
ttls eiuo Rehr fragwürdige Neuerung angesehen und in J 
den Zeitungen und Erb au ungs blättern vielfach angegrif- ■ 
fen* Einige davon waren bo kräftig in ihren Ausdrücken " 
gogeu den Professor und seine Lehrmethode, dass er sich 
genüthigt sah, die Hülfe des Gesetzes in Anspruch zu 
nehmen und eine Verleumdungsklage gegen Dr Ho ratio 
N. Loomis anzustrengen , der besonders scharf in seinen 
Angriffen gewesen war. In den Gerichtsverhandlungen 
nuisst^^ eine grosse Zahl von Aerzten ihr Gutachten ab- 
geben tU>er die Noth wendigkeit und Zulässigkeit der Vor- 
führung von (^eburts lallen vor Studenten* IJnd^ waa 
jetzt merkwürdig genug anmuthet, es waren Viele bereit 
zu bezeugen, dass es ganz unnöthig wäre, weil die Stu- 
denten durch die gewuhnliche didaktische Lehrweise schon 
reichliche AusbiUhuig in der ßeburtshülfe erlialten könn- 
ten. Dass der ganze ärzthehe Stand in Amerika noch 
nicht reif war Hlr eine solche Neuerung, beweist der fol- 
gende Brief, der im März 1850 in dem Bnffalo Medical 
Journal vedUVetitücht und von siebzehn Aerzten in Buffalo 
untenGeiclmet wiirde : 

, Meine Herren 1 Die Unterzeichneten. Mitglieder des 
ärztlichen Standes, haben in der Februar-Numnier unsrea 

^ '- mit Bedauern die Vorrede und die darauf be- 

Oorrespondenx über die * Demonstrierte Geburts- 
'iilte' bemerkt* Ob eine solche Ausstellung» lebender 



< 



205 



Objekte vor den höheren Kliisseii der Universität schick- 
lich ist, das darf nach unserer Ansicht nicht so öffent- 
lich besprochen werden. Wir beabsichtigen in dieser 
Mittkeilung hauptsächlich festzustellen, dass die Methode 
nicht die aufrichtige Zustimmung der ärztlichen Fachlente 
Buffalo's besitzts sondern im Oegentbeil eine strenge Zn- 
mckweisung verdient. Wir halten sie ftir die Lehrzwecke 
für unnöthig, für unwissenschaftlich und geradezu belei- 
digend für Moral und ÄnstandsgefübL Im Interesse des 
ärztlichen Standes hoffen wir, dass diese Neuerung weder 
hier, noch in ii^gend einem civilisierten Lande wieder- 
holt wird". 

Auch in andern Theilen des Landes wurden Zweifel 
geäussert an der Schicklich keit eines solchen Verfahrens 
«nd fanden solche Verbreitung, dass die Frage dem Co- 
ßjite für ärztliche Ausbildung des Amerikanischen Aerzte- 
Vereins vorgelegt wurde. In dem Bericht, der 1851 ein- 
gereicht wurde^ stellte das Comite fest, dass der einzige 
Vortheü, der durch solche Blossstellung der Patientin 
erreicht werden konnte, eine grössere Geschicklichkeit in 
der Schonung des Dammes wäre, dass <lies aber die augen- 
fäüigen Nachtheile der Methode nicht aufheben könne; 
denn sie liielten dafür, dass ein Arzt, der nicht geschickt 
genug wäre, eine Geburt nur durch das blosse Gefühl 
zu leiten, überhaupt nicht tauglich wäre, die Geburtshülfe 
auszuüben. 

Ein Theil dieser Abneigung war sicherlich veran- 
lasst durch eine Flugschritt von Gregory (1848), be- 
titelt : „Die männlichen Hebammen blossgestellt und 
I zurechtgewiesen **, wo in den heftigsten Ausdrücken be- 
hauptet wurde, dass die geburtshül fliehen Leistungen der 
Männer für Arzt und Patientin gleich schädlich wären 
nnd unvergleichlich viel gefahrlicher, als die Behandlung 
einer Hebamme. 

Und doch blieb aller Widerspruch gegen diese Neue- 
rung vrirkimgslos, denn bald drang die üeberzeugung 




206 

allgemein durch, dass die Studenten keine praktische 
Kenntniss der Geburtshtilfe erlangen könnten, wenn sie 
nicht hinreichend Gelegenheit zu persönlicher Beobachtung 
hätten. So bahnte der klinische Unterricht sich allmählich 
seinen Weg trotz alles Widerstandes und im letzten Viertel 
des 19. Jahrhunderts wurden an allen grösseren Hospitä- 
lern, die mit den leitenden medicinischen Schulen in Verbin- 
dung standen, auch Stationen für Geburtshtilfe eingerichtet. 

Litteratur. Agnew, D. Hayes: The me- 
dical history of the Philadelphia almshouse. Reprinted 
in the Philadelphia Hospital reports. 1890. V. pp. 1— 
55. — Bard, Samuel, siehe : White and Duca- 
chet. — Carson: A history of the medical department 
of the University of Pennsylvania. Philadelphia 1869. — 
Channing, the late Dr Walter. Boston , Medical 
and Surgical Journal, 1876, XCV, pp. 237—38. — 
Chapman, Nathanael: siehe Jackson. — Church, 
John, siehe: Neill. — Cord eil, E. F. Historical 
Sketch of the University of Maryland School of Medi- 
cine, Baltimore, 1891, pp. 218. — Davidge, John 
B., siehe: Cordell. — Ducachet, Henry W. : A bio- 
graphical memoir of Samuel Bard. M. D., LL. D. etc. 
Amer. Medical Recorder, 1821, IV, 609—633. — Fran- 
cis, J. W. An obituary. American Medical Times. 
2. März 1861. Also: Excursions in old New- York Me- 
dicine. I. Medical News 1903. LXXXII 87—89. Gre- 
g o r y , S. : Man midwif ery exposed and corrected etc. 
New- York and Boston. 1848, pp. 50. H o d g e , H u g h. 
L. : Biography of Thomas Chalkley James. American 
Journal of Medical Sciences. 1843, N. S. VI pp. 91— 
106. — Jackson: Discourse commemorative of Na- 
thaniel Chapman, M. D. Philadelphia 1854. — James, 
Thomas C, siehe: Agnew, Carson, Hodge and Nor- 
ton. — Knight, J. : An eulogium on Nathan Smith, 
M. D. New-Haven 1829, pp. 28. — Morton, Tho- 
mas J. : History of the Pennsylvania Hospital, 1751 — 
1895. Phüad. 1895. — Mott, Valentine: An eu- 
logium on the late J. W. Francis. New- York 1861. — 



207 

Nein, John: Biographical note on Dr John Church. 
Transactions of the College of Physicians of Philadel- 
phia 1873, N. S. rV 450— 451. — ''Smith, Nathan, 
siehe : Knight. — Ten n e n t , J. V. L., siehe : Francis. 
— Thomas, T. Gaillard: A memoir of Prof. Ja- 
mes Platt White. Transactions of the American Gyne- 
cological Society, 1882 VII, pp. 405—411. —White, 
James, P.: Samuel Bard. Gross, Lives of eminent 
american physicians and surgeons, 1861, pp. 161 — 206. 
White, James P.: See report of the trial „The people 
versus Dr. Horatio N. Loomis for Libel*-. Tried at the 
Eric County Court of oyer and terminer, June 24th 
1850. Buffalo 1850. Jewett. Thomas and Company, 
pp. 48. Also : report of the comittee on medical edu- 
cation in relation to „demonstrative midwifer}-''. Trans- 
actions of the American Medical Association, 1851 IV, 
pp. 436—441. Also: Thomas, T. G. — Wistar, 
Caspar, siehe Gross, Lives of eminent american phy- 
sicians and surgeons of the 19th Century. Philadelphia 
1861, pp. 116—138. 

§. 64. 
Frühere geburtshülfliche Litte ratur mit Aus- 
schluss der Lehrbücher. 

Obgleich die Einrichtungen für den geburtshillflichen 
Unterricht, namentlich vom klinischen Standpunkte aus, 
recht mangelhaft waren, so haben doch die früheren 
amerikanischen Aerzte eine ganze Reihe bemerkenswer- 
ther Beiträge zu der geburtshülflichen Litteratur geliefert. 

Eins der allerersten medicinischen Werke, die in 
Amerika veröffentlicht wurden, stammte von Thomas 
Cadwallader, 1745, „An essay on the West India 
Dry Gripes, with the method of preventing and curing that 
cruel distemper ; to which is added an extraordinary case in 
physick". Der Ausdruck „dry gripes" bezog sich auf Anfälle 
von Bleivergiftung, eine Folge von dem Genuss des Riims. 
der in Bleigefässen versandt war. Der „extraordin 
in physick" war aber von viel grösserem Interess' 



208 



Geburtslielfer, denn es war eine vorzügliclie Besckreibung 
des Krankheitsverkufes und des Sektionsbefiindea in 
einem Fall von Osteom alacie. Dieser Bericht ist ein Be- 
weis dafür, dass die Osteom alacie auch damals schoa in > 
Arnerika vorkam, und auch dafür, dass trotz der unzu^-^ 



bei den Personen 
anssergewölui' 



an 



reichenden Einrichtungen doch schon 

die Sektion vorgenommen wurde, die 

liehen Krankheiten starben. ■ 

Die nächste beni er kensweiihe Arbeit v?ar Ship-™ 
pens These! „De placentae cum utero nexu*' Edinburg 
176 L Der Autor beschreibt die Erfolge der Injektion 
auf die Blutgefässe des schwangeren Uterus imd der 
Placenta in situ, und beweist dass keine Commtmikation 
ist zwischen dem fötalen imd dem miitterlicben Blutum- 
lauf, Zweifelsohne ist sein Werk zum grüssten Theil^^ 
auf ähnliche Beobaclituugen gegründet, wie sein Lehrer, ■ 
John H u n t e r i sie schon gemacht hatte. Trotzdem 
ist es aber merkwürdig, dass es @o schnell in Vergessen- 
heit gerathen ist, und statt dessen irrige Ansichten ver- fl 
breitet, bis die Arbeiten von Waldeyer, Bumm, Leopold 
und Andeni, fast 30 Jahre später, endgültig die Richtig* 
beit seiner Lehre bewiesen. 

Dass den frllheren amerikanischen Äerzten die Fort- 
schritte nicht fremd blieben, die in Europa gemacht wur- 
den, dass sie sie aber durch eigene Beobachtungen prü- 
fen wollten, beweist ein Blatt, das Joseph r n e aus 
Salem in der Massachusetts Medical Society im Oct 1783 
vorgelegt hai Der Artikel heisst: „Ein Experiment um 
die Nützlichkeit der Sigaul tischen Operation zu beweisen* 
und war gegründet auf Beobachtungen, die bei der Sek- 
tion einer, in den letzten Monaten der Schwangerschaft 
an Eklampsie verstorbenen Frau gemacht waren. Der Autor -i 
hatte beim Durchschneiden der Symphysis pubis gefun-Ä 
den, dass die Enden der Knochen zwei Zoll breit von ^ 
einander klafften, und dass durch eine gewaltsame Itota 
in der Oberschenkel der Zwischenraum auf 27* un< 



I 



209 






3 Zoll erweitert werden konnte. Daraus schloss er, dasa 
die Operation wesentlich zn der Geräumigkeit dea Beckens 
beitragen mUsste, Soweit ich erfahren konnte, ist übri- 
ena die Sjmphjseotomie in Amerika erst im Jahre 1892 
jusgefiihrt worden, nachdem R o b e r t P, Harris 
darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie in Italien 
i^deder aufgenommen wäre, und ihre grossen pralctisclien 
Vortheile erwiesen hatte. Die erste Nofciz über eine Miss- 
bildmig ist walirscheinlich am 5. April 1786 von Dr 
Leverett Hubbard in der Medicinischen Gesell- 
schaft von New-Haven Connty, Connecticut, vorgetragen 
worden und behandelte einen „Fall von einem missge- 
stalteten Fötus". Dies war eine acephalische Missgeburt, 
mit einer Verbildung am Kreuzbein von beträchtlicher 
Grösse uud der Büricht war durch einen schönen Hok- 
schnitt verv^ollständigt. Nachdem er den Fötus beschrie- 
ben hat, setzt er hinzu: ^Wie viel Ursache haben wir 
nicht, dem grossen Schöpfer unserer Körper dankbar zu 
sein, dass unsere Kinder nicht öfter missgestaltet sind!** 

In demselben Jahr berichtet Joseph Osgood aus 
Andover, Massachusetts, der Medicinischen Gesellschaft 
in Massachusetts über einen Fall von verhinderter Geburt, 
in dem eine cirkelförmige Yer Schliessung der Vagina den 
Austritt dea Kindes verhinderte. Nachdem er sie durch- 
schnitten hatte, konnte er die Frau von Zwillingen ent- 
binden und es wird berichtet, dass sie später noch vier 
Kinder ohne Schwierigkeiten gebar. Einige Jahre später 
beschreibt derselbe Autor unter dem Titel „An account 
of an extravasated tumor in the labium pudendura" eineu 
Bluterguss in die Scheide von der Grösse eines Kinds- 
kopfes in Folge der Geburt, Er verursachte ernste 
Symptome, endete aber am dritten Tage durch spontane 
Zerreisaimg, worauf eine ungestörte Genesung folgte. 

In derselben Sitzung, in welcher der oben erwähnte 
Fall vorgetragen wurde, berichtete Dr Nathaniel W. 
Appleton über die „Historj of a hemorrhage from a 

drii-Siebold, G eaclilclite dör Geburtahülffl. IlX. 14 




210 



riipture on tlie inside of tte left labium piidendum*', 
Hier war der Blutverlust so gross gewesen, dass die 
Frau sich zweifellos verblutet hätte, wenn nicht eine ge- 
eignete Behandlung vorgenommeu worden wäre. 

Es ist ein eigenthüinlieher Fall, dass Dr John 
Archer mm Harford County iu Maryland, der erste Arzt, 
der in Amerika prorao vierte, zahlreiche Beiträge zu der 
geburtshülflichen Litteratur in den ersten Heften des Me- 
dical Kepository lieferte. Besonders beraerkenswerih 
war sein Bericht über zwei Fälle von verhinderter Geburt 
bei Negerinnen in Folge Verklebung der grossen Lippen, 
die er auf einen Schlehnfluss in den Einderjahren zu- 
rückführte* Auch bespricht er zwei Fälle von üeber- 
frnchtnng, wo in dem einen eine Weisse Zwillinge ge- 
bar, von denen das eine Kind weiss war, das andere ein 
Mulatte, in dem andern Fall eine Negerin mit einem 
schwarzen und einem Mulafctenkind niederkam, 

So weit meine Nachrichten reichen, war Valentine 
Seaman aus New- York der erste Amerikaner, der ein 
passendes Handbuch für Hebammen verfasste. Es er- 
schien im Jahr 1880 unter dem Titel „Ein Führer für 
die Hebammen und ein Spiegel für die Mütter", hatte 
aber nur geringen Wertb und war hauptsächlich deshalb 
interessant, weil der Verfasser einer der Wundärzte au 
dem New- Yorker Hospital und ausserordentlicher Anst 
an der Qebär-Station des Siechenhauses war. 

Zu den wichtigsten Neuerungen der ersten Zeit muss 
man die Einführung des Mutterkorns in den medicini- 
schen Gebranch rechnen. Die ersten Nachrichten über 
seine Anwendung finden sich in einem Brief vom 25, Jan. 
1807, den Dr Stearns an Dr M. S. Ackerly richtet 
und welcher in dem Medical Kepository veröffentlicht ist 
im Jahre 1808. 2 Hexade V, 308—309. Es heisst da 



I 



I 



Tun sehe gemäss sende ich Ihnen beifolgend 
lern pulvis parturiens, welches ich seit 



211 



mehreron Jahren mit dem besten Erfolge anwende» Es 
besthleunigt jede zögernde Geburt nnd erspart dem Ge- 
burtshelfer bedeutend viel Zeit, ohne daas es für die Wöch- 
neriu nacbtbeilig wäre. Wenn die Wehen langsam ein- 
treten oder fast ganz ausbleiben, oder irgendwie unfähig 
sind, den Fötus auszutreiben, so habe ich dieses Pulver 
immer von grosser Wirksamkeit gefunden. Vor der An- 
wendung muss man sich auf das Genaueste über die 
Kindslage unterrichten und ob ein aussergewöhnliches Hin- 
demiss die Geburt beeinflusst. Denn die heftigen und 
fast tmanfhörlichen Wehen, die es hervorruft, schliessen 
die Möglichkeit einer Wendung ganz aus. Die Schmerzen, 
die es veranlasst, sind besonders heftig, aber ohne die 
aufregende Qual, über die die Patientinnen so oft klagen, 
wenn die Wehen viel geringer sind**. Nachdem er ver- 
schiedene Anordnungen für den Gebrauch gegeben hat, 
ob Anfgiiss oder Pulver, schliesst er damit; ^Wie sich 
die Wirkung vollzieht, vermag ich nicht zu erklären. 
Während es die Thätigkeit des ütems steigert, scheint 
es doch die Starrheit der angespannten Muskelfasern zu 
^^ mildem **, 

^B Man sollte nach diesem Brief des Dr Stearns an- 
^^nehmen, dass er zuerst von den blutstillenden Eigenschaf- 
ten dieser Arznei keinen Begriff hatte- Aber 1822 ver- 
öffentlicht er einen Aufsatz, in dem er' dieselben voll- 
at'ändig erkennt. In dem zweiten Aufsatz betont er, dass 
er der Erste gewesen sei, der ihren verständigen, wissen- 
schaftlichen Gebrauch empfohlen hätte, giebt aber zu, 
dass das Korn schon seit langer Zeit von den unwissen- 
den Bauerfrauen als Abortiv- Mittel angewandt sei. Er 
gab auch ausführlichere Gebrauchsanweisungen, und 
macht auf gewisse Gegen grün de gegen die Anwendung 
aufmerksam. 

Die Empfehlung in seinem ersten Bericht wurde bei- 
fällig aufgenommen und die Arznei wiirde bald allge- 
mein angewandt» Fünf Jahre nach dem ersten Ersehe? 

14* 




212 

nen, 1813, legt Oliver Prescott der Medicimschen 
Gesellschaft von Massachusetts vor : « A dissertation on 
the natural historj and medicinal e£Pects of the secale 
comutum, or ergot*, in welcher er die vorhandenen Kennt- 
nisse darüber erschöpfend zusammenfasst. Interessant ist 
es auch, dass Prescott einen der ersten Berichte in 
Amerika über eine Ruptur des Uterus giebt, und eine 
vorzügliche Beschreibung des Sectionsbefundes. Einige 
Jahre später theilt E. Haie der Medicinischen Gesell- 
schaft von Massachusetts seine wichtigen , Observations 
on Abortion" mit, behandelt den Gegenstand eingehend 
und giebt bestimmte und erschöpfende Eegeln für seine 
Behandlung. Nach Stör er war diese Veröffentlichung 
noch werthvoller als der classische Artikel von White- 
h e a d , und würde manches Leben gerettet haben, wenn 
sie allgemeiner bekannt gewesen wäre. 

Litteratur. Appleton, N. W. : The history 
of a hemorrhage from a rupture on the inside of the 
left labium pudendum. Medical Communications of the 
Massachusetts Med. Soc. Boston. 1790—1808. I No. 2 
Part n, pp. 24 — 26. — Archer, John: Facts ülustra- 
ting a disease peculiar to the female children of negro 
slaves, and observations showing that a white woman, 
by intercourse with a white man and a negro, may con- 
ceive twins, one of which shaU be white and the other 
a mulatto. And that vice versa, a black woman may 
conceive twins, one of which shaU be a negro and the 
other a mulatto. Medical Repository. 1810, 3 Hexade 
I, pp. 319—323. — Cadwallader, Thomas: An 
essay on the West India dry gripes, with the method 
of preventing and curing that cruel distemper ; to which 
is added an extraordinary case in physick. Philad. 
MDCCXLV. printed and sold by B. Franklin, pp. 42. 
— Haie, E. : Observations on Abortion, Medical Com- 
munications to the Massachusetts Med. Soc. Boston, 1829, 
pp. 357—388. — Harris, Robert, P.: The remar- 
kable results of antiseptic symphyseotomy. Transactions 



213 



r ol um American Gynecological Society* 1829. XVII, 
pp. 98 — 126. — Hubbard, Leverett: Gase of a 
deform ed fötus. Gases and obserYations j by the Med. 
Soc* of New-Haven Coimty in the State of Connecticut. 
Kew-Haven 1784, printed by J, Meigs, — Orne, Jo- 
seph: An experiment for determining the expediency of 
the Sigaultian Operation, Med. Gommunic, to the Mass. 
Med. Soc. Boston, 1790—1808. I. No. I, pp. 98—95. 
— Osgood, Joseph; An account of a pretematnral 
obstniction in the vagina. Med, Communic. to the 
Mass. Med, Soc. 1790—1808. I, No. I, pp, 85— 8G, — 
Osgood, Joseph: An accotint of an extravasated 
tumor In the labium pudendnm. Med. Communic. to the 
Mass. Med. 8oc, Boston, 1790—1808.1, No. 2, pp. 22 
—23. — Prescott, Olivere An account of a case 
of ruptured utems. Med. Communic* to the Mass, Med, 
Soc, Boston. 1790—1808, I, No. 2, Part I, pp. 13— 
23. — A dissertation on the natural history and medi- 
cinal effects of the secaJe comutum, or ergot. Med. Com. 
to the Mass, Med. Soc. Boston 1822. lÜ, pp. 77—93. 

— Seaman, Valentine: The mid wives monitor and 
mother's mirror; being three concluding lectures of a 
conrse of instruction in midwifery. Containing directions 
for ptegnant women ; rules for the management of na- 
tural birth and for early discovering when the aid of 
a physician is necessary } and cautions for nuraes, re- 
Bpecting both mother and child. To which is prefixed 
a sy Ilabus of lectures on that subject, New- York 1800. 
Isaak ColÜns, pp. 123. — S h i p pe n ^ William, Loco 
dtato, — Stearns, John: Account of the pulvis pai> 
turiens, a remedy lor quick ening child birth. The Med* 
Eepository, New-York 1608, 2 Hexade V, pp. 308. 
309. — Observations on the secale comutum or ergot, 
with directions for its use in parturition. Philadelphia 
Journal of Med. and Phys. Sciences. November 1822. 

— Stearns, John, siehe : John W. Francis „New- 
York during the last half Century". New-York 1857. 
John F. Trow. p. 232. — Excursions in old New-Ynrk 
medicine, 11 and m, Med. News, 1903. LXXXII, 



.^ 




214 



--568» and p. 850, — Storer, R R Ab outline hi- 
story of American Gynecology. Journal of the Gryn. SoCp 
of Boston. 1869, I, pp. 103—118, and 292—309- 



§. 65. 

Extrauterine Schwangerschaft. 

Der erste Falt von extrauteriner Schwangerschaft, 
der, meines Wissens, in Amerika operiert würde, betraf 
eine Mrs. Lowe in Gloucester, Massachusetts. Er wurde 
in dem American Magazine, Boston 1746, veröffentlicht 
imd in GeorgeOsgood'B Artikel noch einmal im Aus- 
zug wiedergegeben. In diesem FaU endete die zweite 
Schwangerschaft der Patientin mit einer falschen Schwan- 
gerschaft, die eine Unterleibsgeachwulst hinterliess, die 
sie 16 Jahre mit sich herumgetragen hatte* Während 
dieser Zeit gebar sie sechs Kinder, Nach der Geburt 
das letzten Kindes wurde sie von Schüttelfrösten, hohem 
Fieber und Unterleib sschmerzen befallen. Etwas später 
war eine kleine Oeffnung in der Bauch wand über der 
Geschwulst bemerkbar, durch welche Eiter abgelassen 
wurde. Albnählig nahm die Oeffnung zu und eine An- 
zalü kleiner Knochen wurden gelegentlich dadurch ent- 
fernt. Beim Einführen des Fingers in den Fistelkanal 
konnte man deutlich den Kopf eines Kindes fühlen. 

B Am 24. Juni wurde in Gegenwart des Geistlichen 
JohnLowell und der beiden Sohne des Arztes ein Ein- 
schnitt gemacht und von den übrigen Knochen jeden Tag 
einige entfernt, bis am 28. die letzten herausgenommen 
waren und die Wunde zugenäht wurde*. Die Patientin 
starb am vierten Tage und bei der Section stellte sich 
heraus, dasa der Fötus in der linken Tube enthalten war, 
während die rechte Tube und der Eierstock sowohl wie 
der Uterus vollkommen normal waren. Leider ist der 
Vame des Operateui's nicht angegeben. 

Dr John Bard in New-Tork (1759) giebt eine 



I 
I 
I 



i 



d 



21S: 



sorgfältigere Begchreibung eines andern Falles, wo eine 
richtige Diagnose yorlier aufgestellt war. Die Patientin 
war Mrs. Stagg, die Frau eines Maurers. Ihre erste 
Schwangerschaft verlief voUkonunen normal; die zweite 
erwies sich a!a eine falsche Schwangerschaft, von der 
eine ftüilbare Geschwulst im Leibe zuiückblieb. Fünf 
Monate später war sie wieder schwanger und wnrde recht- 
zeitig, nach kurzen und leichten Geburtswehen, von einem 
lebenden Kinde entbunden. Bald danach litt die Patien- 
tiu an Fieber und Durchfall^ die Geschwulst wurde schmerz- 
hafter und nahm an Umfang zn, so dass man nach neun 
Wochen eine entschiedene Beweglichkeit feststellen konnte* 
Die Patientin wurde in einer Konsultation you Dr H uf f , 
einem Militär-Wundarzt , und Dr Bard untersucht- 
Beide stellten die Diagnose auf esctranterine Schwanger- 
schaft und der Letztere entschloss sich, zn operieren. 
Beim Oeftnen des Leibes ergoss sich eine Menge fauligen 
Biters aus der Geschwulst und ein abgemagerter Fötus 
wurde entfernt, ohne dass sich von der Placenta auch 
niu' eine Spur zeigte- Die Wunde wurde nach offener 
[Wundbehandlung in Zeit tob sechs Wochen geheilt. 

Die nächste Operation kam erst im Jalire 1791 vor, 

' als Dr William B a y n h a m in Essex Count j, Vir- 

ginien, die Frau eines wohlhabenden Pflanzers operierte 

und 1799 eine Neger sldavin, die Beide wieder hergestellt 

wurden, 

B a y n h a ni (1749 — 1814) war einer der gi^ündlichst 
ausgebildeten Aerzte Amerika s. Er hatte sechzehn Jahre 
in England zugebracht, war eine Zeitlang bei Mr. Else, 
dem Professor der Anatomie am St. Thomas Hospital 
Assistent gewesen und hatte sich später als Wimdarzt 
in London niedergelassen. Im Jahre 1785 kehrte er nach 
Amerika ziu-ück und liess sich in Essex Countj^ Virgi^ 
nien, nieder. Nach Thatcher sollen B a j n h a m und 
|Physick die einzigen Chirurgen in Amerika gewesen 
sein, die etwas zur Hebung ilires Standes geleistet haben- 




216 



Aehnliche Operationmi wurden auch an Andern ausge- 
führt, so von Dr. C h a r 1 e s M c K n i g h t in New- York 
1795, von David Ramsaj in Charleston, Sttd- Carolina^ 
1803, und von J, Augustine Smith in New- York, 
1808. 

Im Jahr 1802 berichtet Dr George Osgood in 
Andover, Massachussetts, über den Sectionsbeftind bei 
einer extrauterinen Schwangerschaft, die mit der Bil- 
dung eines Steinkindes geendet hatte. Die beiden ersten 
Schwangerschaften waren ganz normal verlanfen, wäh- 
rend die dritte mit einer Fehlgeburt endete, nach 
der die Diagnose auf extrauterine Schwangerschaft ge- 
stellt wurde. Danach bekam die Patientin noch fünf 
Kinder, die alle jedes Mal ausgetragen waren und machte 
f(inf Aborte durch. Nach der Geburt des letzten Kin- 
des klagte sie über grosse Schmerzen im untern Theil 
des Unterleibes und litt an erhöhter Temperatur. Vier 
Monate später starb sie und bei der Section wurde ein 
Steinkind in der linken Tube gefunden. lieber die erste 
Scheiden- Operation für diesen Zustand , von der wir 
Nachrichten haben, wurde im Jahr 1816 von Dr John 
King in Edisto Island, Süd-Carolina, berichtet. Es 
wurde ein ausgetragenes Kind durch die Scheide entfernt, 
nachdem die hintere Scheidenwand durchschnittöi war. 
Zwei Jahre später vereinigte Dr King Alles, was bis 
dahin über den Gegenstand bekannt war, in einer Mono- 
graphie, betitelt: »An analysis of the subject of extra- 
uterine foetation**, Norwich, 1818, p. 176. 

Es ist interessant, dass Dr Samuel Bard in sei- 
ner Besprechung der Frage über extrauterine Schwan- 
gerschaft in seinem Compeudium (1807) ernstliche Zweifel 
an der Möglichkeit der primären Bauchhöhlen- Varietät 
äussert, und dadurch den herrschenden Ansichten um 
Jahre voran eilL Nach Hodge wurden ähnliche 
> auch 1827 von Prof. P, C. James geäussert 
[Sprache vor dem College of Physicians in Phi- 



I 



I 



217 



ladelphia, in der er sich auf den Standpunkt stellt» dass 
alle <üe beschriebenen Fälle zuerst von den Tuben auBgingeu. 
Obgleich Lawson Tait der Erste war, der den 
Unterleib öffiiete wegen eines Blutergusses in die Bauch- 
höhle nach dem erfolgten Riss einer extrauterinen Schwan- 
gerschaft, so wurden doch Zweifel au der Richtigkeit 
dieses Verfahrens erhoben durch W* W. Harbert, 1849, 
und Stephen Rogers, 1867, Der Erstere deutete nur 
die Art der Behandlung an, aber der Letztere drang in 
seiner Monographie über den Gegenstand emsthch darauf, 
da unter aolchen Umständen; ^die Bauchhöhle geöffnet, 
die blutenden Gefässe unterbunden werden müssten*. Und 
weiten „Was würden wir von einem Wundarzt halten» 
der sich ruhig hinsetzt und zusieht wie das Blut aus 
einer zerschnittenen Vene oder Arterie strömt, ohne eine 
Anstrengung zur Stillung desselben zu machen? Wer 
die Anwesenheit von Blut in der Bauchhöhle erkennt, 
in ähnhchen Fällen, wie die berichteten, hat für seine 
Unthätigkeit keine bessere Entschuldigung". 

Litterat ur. Bard, John: A case of extra-ute- 
rin© foetus, described by Mr. John Bard, Surgeon at 
New-York, in a letter to Dr, John Fothergül and by 
him communicated to the Society, Read March 24th 
1760* Medical Observations and Inquiries by a Society 
of Physicians in London 1764. ü, pp. 369—372. — 
Bard, John, siehe: Thatcher' s American Medical Bio- 
graphy, 1828, I, pp. 96—103. — Baynham, Wil- 
liam: An account of two cases of extra-uterine con- 
ceptionj in each of which the fötus was extracted by 
an Operation with success. New- York Medical and 
Philosophical Jourual, 1809, Jan. I, pp. 161—170, — 
Baynham, William, siehe ; Thatcher's American 
Medical Biography. Eoston X828, I, pp. 168—173. — 
Harbertt W. W. ; A case of extra-utenne pregnancy. 
Western Journal of Medieine and Surgery* 1849, 3rd 
series JHj pp* 110 — IIB. — ^ Hodge, H. L, : Biography 
of Thomas Chalkley James» Amer. Joum. of Medical 




218 



Sciences, 1843, K S. TL, pp. 91-^106* — James,] 
T. IL, giebe Hodge, — King, Jo&n: äd analjsis ofj 

the subject of eitra-uterine foetaüoti, Nor^ich 1818,1 
p* 176. (Quoted from T, Gaillard Thomas' article. Obste* 
trics and G}Tiecology in „A Ceottuy of American Me-j 
dicine 177S— 1876. PhiladelpMa 1876. — Low, 
case of abstract in Medic^ Commuiiications to üie 
Mass. Med. Soc- Boston, 1790—1808, I, No. % Part, EL j 
pp* 41^-43, — Mc Knight» Charles: Gase of extrar j 
uterine abdominal foetus suc^essfdly extracted by 
Operation. By the iate Dr Charles Mc Knight of New- 
York. Communicated by James Mease, M. D. of Phi-i 
iadelphia to Dr. Lettsom. Memoirs of the Med. Soc 
of London, 1795, IV, 342—347, — Osgood, Georged 
Ä remarkable extra-uterine case. Kedicai Communis toi 
the Mass. Med, Soc, Boston, 1790—1808, I, I^o. 2,\ 
Part, n, pp. 30 — 41. — Ramsay, David: A case 
of estra-uterine foetus. Medical Repository 1804, 2iid 
Hexade, I, pp, 221^-228. — -Rogers, Stephen: 
Extraruterine foetation and gestation, and the eariy signs 
which charcterise it. Symptoms of the fatal hemorrhagel 
tnto the peritoneal carity, its usual termination ; sng- 
gestions for the positive diagnosis of this fatal condi- 
tion, and a plea for the treatment indicated in it, withl 
the view of saving the lif e of the woman- Philadelphia, 1 
1867, Collins p. 61. — Smith, J. Augustine: AJ 
case of extra-uterine conception, in which an Operation! 
was performed. Med* and Phü* Jonm* and Rewiew,[ 
New-York 1809, 1, pp, 54—57. 

§. 66. 
AnHithetiiche Mittel. 



Obgleich die aBästhetischen Eigenschaften des AethersJ 
in Amt^rika entdeckt waren und Dr John Coli in &| 
Warren in dem Massachusetts General Hospital amj 
13. Ocfcober 1846 die ersten chirurgischen OperafcionenJ 
der Wolt unter seinem Eiufluss ausführte, musa es unsj 
merkwürdig berühren^ daas Niemand daran dachte, ihnl 



219 



f5r die Geburtshülfe zw verwerthen, bis aus Schottland, 
Frankreich und Deutsch]aiid Berichte über die Vortbeile 
und über die Unschädlichkeit einliefen, die man in dieaem 
Fach dadurch erreicht hatte» Ea scheint, dass Dr N* 
C. K e e p in Boston der Erste gewesen ist, der in Ame- 
rika eine Patientin während der Geburt mit Aether be- 
handelt hat Es geschah am 7. April 1847 und die Be- 
obachtungen sind in einem Brief an den Herausgeber des 
Boston Medical and Surgical Journal aufbewahrt unter 
dem Titel: „The letheon administered in a caseof labour*". 

Der Brief lautet; 

^Geehrter Herrl Am 7* April wandte ich Aether- 
dämpfe bei einem Geburtsfall an. Die Patientin war 
wohlauf und wurde von ihrem dritten Kinde entbunden. 
Da seit dem Anfang der Geburt fllnf und eine halbe 
Stunde verflossen waren, und die Wehen, die zuerst leicht 
und regelmässig aufgetreten waren, heftiger wurden, so 
Hess ich den Aetherdampf durch die Nase einziehen und 
durch den Mund ausathmen. Die Patientin konnte den 
Dampf auf diese Weise ohne Mühe einziehen aus dem 
Behälter, ohne weitem Klappen- Apparat. Im Lauf von 
zw'anzig Minuten waren vier Wehen ohne Schmerzen 
vorübergegangen, und der Aetherdampf wurde zwischen 
Jeder Wehe angewandt. Dann wurde die Eioathmung 
unterbrochen, damit man einen Vergleich ziehen konnte 
zwischen dem Ergebniss der Wehen mit und ohne den 
Aetherdampf, Ein wesentlicher Unterschied konnte nicht 
festgestellt werden, aber die Angst der Patientin war 
gross- Die Einathmung wurde dann wiederholt, aber 
der Geburtsgang war so überstürzt, dass die Zeit dazu 
fehlte, um durch Eiiiathmt^u das ganze Nervensystem voll- 
ständig unter den Einfluss des Aethers zu bringen. Doch 
waren die Qualen der letzten Augenblicke wesentlich ge- 
mildert. Vom Beginn der Einathmungen bis zum Schluss 
der Geburt waren es dj'eissig Minuten und die Zahl der 
Eiliatlimungen belief sich auf fünf, UnKebsame Symp- 




220 

tome sind nicht aufgetreten nnd der Erfolg war höchst 
hefiriedigend.* Ergebenst N. C. E eep, Boston, 10. April 
1847. 

Dr Walter Channing, Professor der Gebnrts- 
hülfe an der Haryard-UniTersität , wandte einen Monat 
später — 7. Mai 1847 — Tor Anlegung der Zange, den 
Aether an und berichtet darüber als über einen „Fall 
Ton Zangengeburt unter Anwendung Ton Aether-Einath- 
mungen*. 

Im folgenden Jahr erschien seine Monographie über 
den Gegenstand: «Eine Abhandlung über Aetherbetäu- 
bung bei der Entbindung*', mit 581 Fallen. Er gab 
einen ausführlichen Bericht über 87 Falle, in denen er 
Aether angewandt hatte, die übrigen waren aus andern 
Quellen in Amerika aufgenommen. Die Greburten waren 
in 65 Fällen operativ und in 516 Fallen spontan Ter- 
laufen und bewiesen aufs klarste den grossen Nutzen 
dieser Behandlung. Auch ist es höchst bemerkenswerth. 
dass das bedeutende Werk Ton Sir James Y. Simp- 
son: yAnästhesia or the employment of Chloroform and 
ether in surgery, midwifery etc.* fast gleichzeitig er- 
schien. Freilich istChanning's Arbeit sehr viel un- 
bedeutender und würde sehr gewonnen haben, wenn es 
nur den dritten Theil so umfangreich wäre. 

Trotz des vorzüglichen Eindrucks, den die Berichte 
von Channing und Simpson machten, wurde die 
allgemeine Anwendung der Anästhetika in der Greburts- 
hüKe wesentlich verzögert durch den kräftigen Wider- 
stand von Meigs und Hodge, die aU ihre guten 
Wirkungen leugneten und ernstliche (refahren von ihnen 
befürchteten. Der Erstere widersetzte sich ihrer Anwen- 
dung, nicht nur aus — wie er es nannte — physiolo- 
gischen Gründen, denn er behauptete, dass die Greburts- 
schmerzen den Patientinnen heilsam wären, sondern er 
versicherte auch, dass die Bewusstlosigkeit, die sie her- 
vorriefen, dem Rausch der Trunkenen gleichkäme und 



221 



eilte di^ Frage auf, ob irgend eine Frau, die noch 
Selbstachtung belasse, sich einem aolchen Einflasa unter- 
werfen möchte? 

Eine der merkwürdigsten und erheiterndsten Kapitel 
in der Geschiclite der amerikaniachen öeburtshülfe ist 
der Streit zwischen Simpson und M ei gs über diesen 
Gegenstand. Die Antwort des Ersteren findet man in 
dem Medical Examiner and Record of Medical Sciences 
1848 N, S, IV 145 — 153, und sie bietet eine vollständige 
Widerlegung all der Gründe, die gegen dieaeu Gebrauch 
vorgebracht sind. 

Trotz alles Widei'spruches machte die Anwendung 
der Anästbetika während der Geburt doch langsame Fort- 
schritte imd nach wenigen Jahren wurde sie in Amerika 
häufiger gebraucht, als in andern Ländern. Eine Prads, 
die sich noch bis heute erhalten hat, so dass in der über- 
wiegenden Mehrzahl der normalen Gebinrten, die von 
Aerzten geleitet werden, immer Chloroform oder Äether 
in dem letzten Tb eil der zweiten Gebnrtsperiode ange- 
wandt wird. 

Es ist auch eine höchst interessante Thatsache, dass 
der Ausdruck Anästhe&ia, so weit er sich auf den Zu- 
stand von Bewusstlosigkeit nach dem Gebranch von Aether 
oder Chloroform bezieht, angeregt wurde durch Oliver 
Wendeil Holmes. 

Litteratur* Big-elow, H. J. : Insensibility 
during surgical Operations, produced by Inhalation, Boston 
Med. and Sui'g. Joum. 1846, XXXV, 309—317 (18. Nov.) 
— Channing, Walter: A case of Inhalation 
of ether in instrumental labour. Boston, Med. and Surg. 
Joüm. 1847 XXXVI, 813— BIS. 
sation in childbirth, ülustrated 
1848 Tricknor & Co., p. 400< 
Letter to Br. W. T. O. Morton 



A treatise in etheri- 

bj 581 cases. Boston 

— Holmes, 0, W., 

in „Trials of a public 



benefactor as illustrated in the discovery of anaesthesia", 
by Nathan P. Rice. New- York 1849, p. 137. — F 
N. C. : The Letheon administered in a case of 




222 



Boston, Med. and Surg. Journ. 1847 X XX VI, p. 22« 
— M e i g ß , C\ D. : Ob the use of anaesthesia in midwi^ 
fery, The Med. Examiner and Record of Med* Seienci 
Philadelphia 1848- N. S. IV, pp. 145—153. — Simi 
son, James. Y. : Anaesthesia or the employmei] 
of Chloroform and ether in anrgery, midwifery etc 
Philadelphia 1849, p* 248. ^ On the use of anaesthe 
ticB in midwifery. The med, Examiner and Record ql 
Med* Sciences, Philadelphia 1849, N. S. V., 205— 2lf 
and 269 — 278. — Warren, John CoUins, siehe! 
Bigelow. Anch; Inhalations of ethereal vapor for th^ 
prevention of pain in surgical Operations» Boston, Med 
and Surg* Joum. 1846, XXXV, pp, 275—279. 



§- 67. 

Puerperal-Infektioti* 

Am 13. Februar 1843, ein Jahr, ehe Semrael^^ 
weis promovierte und vier Jahre, ehe er in dem Wiene 
öebärhauH den Gebrauch einführte, sich vor der ünter^ 
stichung der Gebärenden die Hände in einer Chlorkalk- 
LöBimg KU waschen, trug Oliver W e n d e 1 1 H o 1 m e s 1 
vor der Boston Society for Med, Improvement einen Auf- 
Hatz vor mit dem Titel : „ Uebertragbarkeit des Kindbett-j 
fiebers'*. Und dieser Aufsatz sollte den grösaten EinBus 
auf die niediciuische Wissenschaft in Amerika ausübet 
und den ganzen äratlichen Stand davon überzeugen, da 
die Verhinderung dieser Krankheit möglich sei. Nac 
fineiti grfludlichen Studium der bezüglichen Litterat 
und oirior kritischen Betrachtung aller ihm vorgekomme-j 
uen KwUe, trat Holmes mit der Ansicht hervor, 
din eiiideniische Form des Kindbettfiebers wenigstens' 
innutn" znrückgefflhrt werden konnte auf einen Mangel 
nn ntitliigor Voi'^icht von Seiten des Arztes oder de 
Pliegorin, mu\ stellte die folgenden Regeln zu ihrer Ver- 
indt'iiing auf: 

I) itEin Ar«t^ der sich bereit halt, einen QeburtsfaU 



223 



leiten, darf niemals Theü nehrnen an der Untersuchung 
von an Kindbettfieher Verstorbenen.** 

2) „Wenn ein Arzt bei solchen Sektionen anwesend 
war, mnss er giilndliche Waschimgen vornehmen, seme 
ganze Bekleidung wechseln, und erst nach 24 Sttmden 
zu einem Geburtsfall gehen. Es wird gut sein, dieselben 
VoTsicbtsmasaregeln auf Fälle Tou einfacher Unterleibs- 
en tztindun g au szu dehnen* * 

3} „Aehnliche Vorsichismassregeln sollten s^etroffen 
werden nach der Sektion oder der Behandlung von FälleTi 
des Erysipels, wenn der Arzt überhaupt genöthigt ist, 
solche Pflichten mit seinem Amt als Geburtshelfer zu ver- 
einen, was im höchsten Grade ungeeignet ist." 

4) „Sobald in der Praxis eines Arztes ein einziger 
Fall von Kiudbettfieber vorkommt, so hat er die Pflicht, 
falls nicht wenigstens einige Wochen dazwischen liegen, 
auf die nächste Kreissende, zu der er gerufen wird, wiegen 
der Anstecltungsgefahr Kücksicht zu nehmen, und es ist 
seine Pflicht , jede Torsichtsmasaregel anzuwenden , um 
die Krankheits- und Todesgefahr für sie abzublenden. "^ 

5) „ Wenn in der Praxis desselben Arztes zwei Fälle 
von Kindbettfieber bald nach einander vorfallen, ohne 
dass die Krankheit in der Gegend vorgekommen ist, 
würde er gut thun^ seine geburtshülfliche Praxis wenig- 
stens für einen Monat einzustellen, und auf jede Weise 
m versuchen, sich von allen schädlichen Einflüssen zn 
befreien, die ihm anhaften mögen/ 

6) »Wenn drei oder vier Fälle in der Praxis dea- 
aelben Individuums vorfallen, ohne weitere Fälle in der 
Nachbarschaft, und ohne dass hinreichende Gründe für 
das Z US amm entreifen angeführt werden können, so ist 
das ein prima facie Beweis, dass er der Träger der 
Ansteckung ist/ 

7) ^Es ist die Pflicht des Arztes, darüber zu wachen, 
SS die Ansteckung nicht durch Wärtennnen oder andere 

Assistenten verbreitet vrird» Er muss sich gründlich über 




224 



i 



sie imtemcliteii und frülizeitig warnen, sobald er ei 
Qtielle der Gefahr argwöhnt,* 

8) „Wenn man bis jetzt gej^en die im wissenden E^ 
zeuger so grossen Elends auch Nachsicht geübt hat, a^ 
ist es jetzt doch Zeit, das Vorkommen einer solchen Pa 
stilenz in der Praxis eines einzehjen Arztes nicht mehi« 
als Unglück, sondern als Verbrechen anzusehen und die 
Pflichten des Arztes gegen seinen Beruf müssen zurück- 
stehen gegen die überwiegenden Pflichten gegen die 
menschliche Gesellschaft/ 

Obgleich die Ausführungen Ton Holmes auf einer 
Reihe von folgerichtigen Schlüssen begründet waren und 
dem Vortrag nichts an Beredsamkeit mangelte, so hatten 
sie doch fast dasselbe Schicksal, wie einige Jahre späi 
die Semmelwei s'schen Ideen : sie wurden heftig 
gegriffen und bekämpft von den beiden Hauptlehrem 
Qeburtshülfe in Amerika, M e i g b und H o d g e. Erstere? 
gtrengte seine ganze, wohlbekannte Beredsamkeit an, um 
die Lehren von Holmes lächerlich und unhaltbar zu 
machen und bezeichnete sie als ^the jejune and fizzenless 
vapo rings of sophomore writers**. Auch behauptete er, 
weder in seinen Studien, noch in seiner eigenen Erfah- 
rung irgend etwas gefunden zu haben, was die Ansicht 
der Ansteckung durch den Arzt unterstützen könnte und 
erklärte, dass er es vorziehen würde, die fraglichen Fl 
dem »Zufall oder der Vorsehung" zuzuschreiben, dei 
^ davon könne er sich eher eine VorsteUnng machen, 
von einer Ansteckimg, über die er sich wenigstens bi 
dieser Ki'ankheit keinen Idaren Begriff machen könne 

Die folgenden Worte, die er gebrauchte, als von d 
Epidemie in der Praxis eines Arztes in Philadelphia 
*" ^de war , geben einen annähernden Begriff von m 
ifeen über den Gegenstand, Er stellte zuerst f< 
ieraals eine Ansteckung übertragen hätte, obglei 
elen Fällen zur Konsultation zugezogen wordi 
emals besondere Vorsichtsmassregeln angewan 



225 

hätte, und firagte dann: „Uebertragt der Arzt es durch 
die Hände? Aber die Hände eines Herrn sind doch rein! 
Hat er einen Nebel oder Heiligenschein um sich? Warum 
habe ich ihn denn nicht? Wenn die Ausdünstung von 
seinen Kleidern ausgeht, warum dann nicht auch von den 
meinigen?" Ebenso schliesst er in seinem Werk über 
Kindbettfieber das Kapitel der Ansteckungsursachen mit 
den folgenden Worten: »Wir müssen uns entscheiden. 
Für mich selbst bin ich entschlossen, so weiter fortzu- 
fahren. Wollt Ihr fortfahren, oder wollt Ihr hier stehen 
bleiben? Ist die Ansteckung eine Thatsache? Dann, um 
des heben Himmels willen beschwöre ich Euch, mit Euern 
vergifteten Händen nicht diejenige zu berühren, die 
Eurer Wissenschaft, Eurer Geschicklichkeit und mild- 
thätigen Unterstützung anvertraut ist, damit Ihr nicht 
Euern Lohn einsteckt, sie selbst aber ihren Lieben als 
faulende Leiche zurückgebt. Welch ein abscheulicher 
Gedanke!" — Hodge griff in einer würdigeren, aber 
ebenso eindrucksvollen Weise an. In seinem Artikel über 
die Nicht-Uebertragbarkeit des Kindbettfiebers, nachdem 
er gesagt hat, dass manche Aerzte so irregeleitet seien, 
um an die Möglichkeit einer Ansteckung zu glauben, 
fährt er fort: „Die blosse Idee einer solchen Ansicht 
muss den Arzt mit Schaudern erfüllen und ihn veran- 
lassen einen Beruf niederzulegen, der so gefährlich und 
von so furchtbarer Verantwortlichkeit ist. Denn welche 
Belohnung kann den Arzt entschädigen, der sich sagen 
muss, dass er eins von den lieblichen und geliebten We- 
sen vergiftet hat, die mit unbedingtem Vertrauen von ihm 
Hülfe und Genesung erwarteten". Holmes trat den Ein- 
wendungen seiner Kritiker in einem zweiten Pamphlet 
entgegen, „das Kindbettfieber als Privat-Pestilenz", Bo- 
ston 1856, Ticknor & Fields, p. 60, und als An- 
hang liess er seine ursprüngliche Schrift erscheinen. 
Dies wird immer zu den klassischen Erzeugnissen der 
Amerikanischen Litteratur gehören und wohl niemals ist 

Dohrn-Slebold, Geschichte der G^burtshülfe. in. 15 



226 



I 



der Gegenstand auf eindringlichere Weiae dargestellt. 
Zum Theil wurden die Angriffe seiner Gegner dadurch 
zum Schweigen gehracht und der Weg war jetzt iu 
Amerika gebahnt für eine baldige Einführung der anti- 
septischen und aseptxBcheu Behandlung in der Geburts- 
hülfe. Aehnliche Schlusgiolgerungen wurden von S a- 
muelKneeland in Bostou, 1846, aufgestellt und bald 
darauf tou manchen anderen Forschern, so da^s die rich- 
tigen Ansichten über die Veranlassung der Krankheit in 
Amerika schon einige Jahre allgemein geläufig waren, 
vor dem Erscheinen der Monographie und der Briefe 
von Semmelweis 1861. 

I* i 1 1 e r a t u r, H o d g e , H* L. On the non-con* 
tagiousness of puerperal fever. Philadelphia 1852, T, 
K. & R G. CoRins, p. äS, — H o 1 m e s , 0. W. The 
contagiousness of puerperal lever. New England Joum, 
of Med. aud Surg, April 184B, 

Holmes, 0. W. : Puerperal fever as a private 
pestilence. Boston, 1855, p, 60. — Siehe Morse und 
Osler, — 

K n e e 1 a n d , S. Ir. : On the contagiousness of 
puerperal fever. Amer. Journ. of Med. Sciences 1846, 
N. S. XI, 45—63 imd B24— 346. — Meigs, C. D.:B 
Childbed fever ; in „Obstetrics, the scieuce and art.** ™ 
2 nd ed. Philadelphia 1852, pp. 614—666. ^ On the 
nature, Bigns and treatment of childbed fevers* Phila- 
delphia 1854, Blanchard & Lea p, 362* — Morset 
John T. ; Life and ietters of OHver Wendell Hohnes. 
Boston 1896, 2 vols. — Osler, William: Oliver 
Wendell Holmes, Bulletin of the Johns Hopkins Hospi- 
tal, 1894, V, pp. 85—83. 



Der 



§. 68. 
Kaiöerachnitt 



d 



Drßobert P. Harris schreibt das Verdienst, den 
ersten Kaiserschnitt in Amerika ausgeführt zu haben, dem 
^> Prevost in Donaldsonville, Louisiana, zu. Schon 



d 



227 



^ 



vor dem Jakre 1834 hat er die Operation viermal ge- 
macht, lind keines der Kinder und nur eine Mutter ist 
dabei gestorben. Ausser diesen Fällen, über die ich 
übrigens keinen litterarischen Nachweis geben kann, 
scheint der erste Kaiserschnitt in Amerika im Jahre 1822 
in Nassau, New- York, vorgekommen zu sein. Er wurde 
von der Patientin selbst ansgeftihrt und von Dr. Sa- 
muel M' Clellen berichtet. Es war eine 14 Jahre 
alte Mulattin, die halb von Sinnen war in Folge der ent- 
setzlichen Geburfcsschmerzen und sich mit einem Messer 
den Leib aufschnitt, um ihren Leiden ein Ende zu ma- 
chen* Ein Zwillingspaar wurde aus dem Uterus entfernt, 
das bald darauf starb. Das Mädchen selbst genas aber 
vollständig. 

Es ist interessant 2u bemerken^: dass Dr William 
Gibson (1788—1868), der Nachfolger Physick's 
als Chirurge an der Universität von Pennsylvanien ge- 
wöhnlich den Ruhm davonträgt, der Erste in Amerika 
gewesen zu sein, der an derselben Person zweimal den 
Kaiserschnitt gemacht hat, nämlich an einer rhachiti- 
schen Zwergin in Philadelphia, in den Jahren 1835 und 
1837. Und doch scheint es, dass die erste Wiederholung 
des Kaiserschnittes von Dn P r e v o s t , Louisiana, aus- 
geführt wurde, vor dem Jahr 1830, obgleich die Fälle, 
dieDr Robert Estep in Columbia County, Ohio, 
1833 und 1834, die ersten sind, über die wir genauere 
Berichte haben, 

Ausser den genannten FäUen wurden vor dem Jahre 
1860 wiederholt Kaiserschnitte ausgeführt von Dr, J. Ä. 
Sendday in Louisiana, der 1846 und 1849 operierte 
und Mutter und Kind beide Male am Leben erhalten blie- 
ben, und von Dr. W* H, M e r i n a r in Mississippi, der 
dieselbe Patientin dreimal operierte, in den Jahren 
1852, 1854 und 1855, Die Mutter starb nach der letz- 
tejj Operation, aber zwei von den Kindern wurden ge- 
rettet. 

15* 




228 

Nach den Angaben von Dr. M. L. W e e m s wur- 
den bei einem Kaiserschnitt im Jmii 1828 von einem er- 
fahrenen Arzt in Fairfax Comity, Virginien, zuerst Nähte 
angewandt. Dr. W e e m s war bei der Operation zuge- 
gen, betheiligte sich aber nicht daran und berichtete erst 
nach dem Tode des Operateurs darüber, ohne dessen Na- 
men anzugeben. Die Patientin war eine fOnfundzwanzig- 
jährige Mulattin, die im Jahre vor der Operation eine 
extrauterine Schwangerschaft durchgemacht hatte. Die 
ersten Monate danach fühlte sie sich ganz wohl, fing 
dann aber an, schwer zu leiden. Der Arzt entfernte das 
Kind durch einen schrägen Einschnitt und schloss die 
„uterine" Wunde mit drei seidenen Nähten. Die Patien- 
tin starb am zehnten Tage, wie es hiess, nach einem 
Diätfehler. 

Wahrscheinlich war dies kein Kaiserschnitt im wah- 
ren Sinn des Wortes, sondern nur eine Operation zur 
Beendigung einer extrauterinen Schwangerschaft. Wäre 
diese Voraussetzung übrigens nicht richtig, so wäre das 
ein höchst interessanter Fall von „missed labor^ am 
Ende der Schwangerschaft. 

Der einzige Beweis für diese Annahme könnte aller- 
dings in der Angabe des Berichterstatters gefunden wer- 
den, dass das Innere des Uterus mit einer dünnen Schicht 
von kalkhaltigem Stoflf bedeckt war, die nur an dem 
Punkt unterbrochen war, der mit dem inneren Knochen 
korrespondierte. Der wahre Sachverhalt kann natürlich 
nicht mehr aufgeklärt werden, aber jedenfalls scheint es 
das erstemal gewesen, zu sein, dass in Amerika Nahte 
angewandt sind, um den Einschnitt in einen extrauterinen 
Sack oder Uterus zu schliessen. 

Wenn man die Geschichte des Kaiserschnitts in Ame- 
rika betrachtet, so ist es interessant zu sehen, wie viel 
besser die Erfolge dort waren, als in England. Harris 
stellt fest, dass von den 44 Operationen, die vor 1866 
ausgeführt wurden, die Sterblichkeit bei den Müttern 



229 



52,3 **/o betrug, im Gegensatz zu 84 ^/o von hundert Fal- 
len, die in derselben Zeit in England axisgeftihrt und von 
Radford gesammelt worden sind. Es ist oft versucht 
worden, diesen unterschied zu erklären, aber die einzig 
wahrscheinliche Erklärung ist die Thatsache, dass in 
Amerika die Operationen meistens an kräftigen Indivi- 
duen von ländlicher Lebensweise gemacht waren, während 
die Fälle, von denen aus England berichtet wurde, meistens 
in den Hospitälern der grossen Städte vorgenommen waren, 
wo reichliche Gefahr der Ansteckung herrschte. 

Es scheint, dasa die Operation des Bauchschnitts, 
deren Erfindung gewöhnlich A. C. Baudelocque (1823) 
zugeschrieben wird, schon ein Jahr früher von Dr Phi- 
lip Syng Physick in Philadelphia angeregt war. 
Man kann den Vorschlag in einem Brief lesen, den Dr 
W, E. Horner aus Philadelphia an Dewees gerichtet 
hat imd der in der ersten Ausgabe von des letzteren 
„Compendious System of Midwifery" auf Seite 580 zu 
finden ist, 

j,Dr Physick, der seine Ansichten auf ähnliche 
Erfakrtmgen gründet, die er früher bei dem operativen 
Oeffnen Schwangerer gemacht hat, schlägt vor, dasa bei 
dem Kaiserschnitt ein horizontaler Schnitt gemacht wer- 
den soll, von den Bauch wänden aus, bis gerade oberhalb 
der Schambeine, dass der obere Theil der Blase von dem 
Bauchfell gelöst werden soll, indem man die verbindende 
Zellgew^ebe-Substanz durchschneidet, und dadurch die Ope- 
ration an die Stelle des Cervix uteri verlegt, wo das Bauch- 
fell mit der Blase anheftet. Wenn der Einschnitt durch 
diesen Theil des Uterus fortgesetzt wird, wird man mit 
hinreichender Leichtigkeit in das Innere eindringen, um 
^m Fötus herausziehen zu können. Und dies alles meint 
der Doctor durch vorsichtiges Operieren erreichen zu kön- 
nen, ohne das Bauchfell zu durchschneiden^. 

Die Vorschläge von Dr Physick und B a 
locque wurden nicht berücksichtigt und erst 1870 




230 

Dr T. GaillardThomas in New- York die Operation aus, 
ohne zu ahnen, dass dieselbe schon fast 50 Jahre vorher 
angeregt worden war. 

Litteratur. Estep, Robert: Cited by Har- 
ris. — Fox, George: Account of a case in which 
Gaesarean section performed by Prof. Gibson was for 
the second time successful in saving both mother and 
child. Amer. Joum. of Med. Sciences, 1838, XXTT, pp. 
12 — 23. — Gibson, William, siehe: Fox. — 
Harris, R. P. The Operation of gastro-hysterotomy 
(true Gaesarean section) viewed in the light of American 
experience and success. Amer. Joum. of Med. Sciences, 
1878, N. S. LXXV, pp. 313—342. — Remarks on the 
Gaesarean Operation. Amer. Joum. of Obstetrics, 1879, 
XV, pp. 620—626. — M'Clellen, Samuel; Case 
of seif- performed Gaesarean section. New- York, Med. 
and Phys. Joum. 1823, H, pp. 40 — 44. — Merinar, 
Wm. H. Gaesarian section (third time performed on 
the same individual). Gharleston Med. Joum. and Review, 
1856, XI, pp. 172—173. — Physich, P. S. Sugge- 
stions for laparo-elytrotomy, in Dewees' Gompendious 
System of Midwifery Ist ed. Philadelphia 1824, p. 580. 
— Prevost, siehe Harris. — Scudday, J. A. Ci- 
ted by Harris. — Thomas. T. G. Gastro-elytrotomy. 
A Substitute for the Gaesarean section. Amer. Joum. 
of Obstetrics. 1871, HI, pp. 125—129. — Weems, 
M. L. Gase of Gaesarean section. Amer. Joum. of Med. 
Sciences. 1836, XVm, pp. 257—258. 

§. 69. 

Kombinierte Wendung auf den Kopf. 

• 

Es ist nicht allgemein bekannt, dass die Methode 
der kombinierten innem und äussern Wendung, die ge- 
wöhnlich unter dem Namen von Braxton Hicks geht, 
in Amerika beschrieben und ausgeführt wurde, schon 
sechs Jahre, ehe Hicks seine ersten Mittheilungen 
darüber machte. 

Im Jahre 1854 las Dr Marmaduke B Wright 



231 



(1803—1879) in Cincimiati, Ohio, der Ohio State Medi- 
cal Society einen Aufsatz vor, betitelt ^Difficult labors 
and their treatment *", in welchem er vorschlug, abnomie 
Lagen in diejenige des Scheitels überzuführen, sobald 
nicht schleunige Entbindung nöthig sei. Unter diesem 
Umstand wäre natürlich die Wendung auf die Püsse an- 
zurathen mit unmittelbar folgender Extraction. Für die 
Ausführung der ersteren Operation stellt Wright die 
folgenden Regeln auf: 

„Vorausgesetzt, dass die Patientin quer über das 
Bett flach auf den Rücken gelegt ist, mit den Schenkeln 
nahe an der Bettkante, — Lage der rechten Schulter 
mit dem Kopf in der linken Fossa iliaca — die rechte 
Hand in die Vagina eingeführt ist und der Arm, wenn 
vorgefallen, so viel als möglich in seine frühere Lage 
quer über die Brust zurückgebracht ist. Dann legen wir 
tmsere Finger auf die Schulter und den Damnen in die 
entgegengesetzte AchseLhühle, oder an irgend einen Theil, ' 
welcher ime einen Anhalt an der Brust gestattet, um 
unsere Kraft von der Seite auszuüben. Unsere linke 
Hand ist also an den Bauch der Kranken angelegt, über 
den Steiss des Foetus, Ein seitlicher Druck auf die 
Schultern ist auf diese Weise bewirkt, und gibt dem 
Kinde eine schraubenähnliche Bewegung. Zur selben 
Zeit drückt die oben angelegte Hand auf den Kindskör- 
per, um den Steiss zu befreien, so, als ob der Kindskör- 
per wieder in die Uterinhöhle zurückgeschoben werden 
müsste. Auf diese Weise wird bewirkt, dass das Kind 
seine ursprüngliche Haltung wieder einnimmt, und von 
denselben Stellen des Uterus wieder berührt wird. Ohne 
einen dii'ekten Angriif auf den Kopf nähert sich so der 
Kindskörper allmählich dem Becken ein gange und wird 
sich für den Durchtritt durch das Becken die günstigste 
Stellimg suchen. Nöthi gen falls kann man auch die Aus- 
ziehung mit Vortheil in einem der schiefen Durchmesser 
machen''. — 




232 



Als Hi cks die erste Mittheilimg über seine Methode j 
veröffentlichte, war ihm das Werk you Wright nochf 
voUkommeii imhekamiti und als er darauf aufmerksam.| 
gemacht wurde, war er geneigt, diesem die Priorität ab- 
zustreiten* Aber nachdem er sich grllndlich mit dem Ge- 
genstand beschäftigt hatte, gab er Wright den Ge-j 
danken dieser Erfindung offen zu und bemerkte nur da- 
bei, dass auch er selbständig diesen Gedanken gehabt 
habe. Ungeachtet der Thatsache, da&s diese Operation 
in Amerika erfimden und dort schon sech^ Jahre vor den! 
ersten Mittheilnngen von Hicka beschrieben worden ist J 
muss doch zugegeben werdeu, dass der ärztliche Stand j 
dem Letzteren dafür zu Dank verpflichtet ist, dass er diel 
Methode in weiteren Kreisen verbreitet und auch auf dia| 
Wendung auf die FUsse in Anwendung gebracht hat* 

Litteratur- Hicks, Braxton: Combinedl 
externa! and internal version of the foetus in uteroij 
Amer. Journ. of Obstetrios, 1879, XII, pp. 590— 594J 
— Wright, M. B. Prize Essay. Difficult labors and 
their treatment. Trans, of the Ohio State Med. Societyi 
1854, pp. 59^88. — On combined extemal and inter- 
nal Version* Amer* Journ* of Obstetrics, 1878, VI| pp* 
78—82. — Siehe : Parvin, Trans. Amer* GynecologicalJ 
Society, 1879, IV, pp. 433—437, 



§. 70, 

Dai Corpus luteum« 

Eine von den wichtigsten Mittheilungen der vrissen- 
schaftlichen Seite der Oebiirtshülte in Amerika war Ami 
Werk von John C. D a 1 1 o n , Ir, über das Corpus lu- 
teum. Sein erstes Werk über diesen Gegenstand ex'scbienj 
1851 als eine Monographie von 100 Seiten^ welche erj 
für eine Mittheilung für die American Gynecological So- 
ciety 1877 ausgearbeitet hatte. Hier brachte er Beweise] 
dafür vor, dass eine auffallende Verschiedenheit zwischen ] 
m Corpus luteum der Menstruation und dem der Schwan- 



233 



gerschaffc bestehe, und wenn auch eeioe Schlu&sfolgerun- 
geii üielit mehr als zutreffend angesehen werden^ so 
dürfen seine Studien darüber doch als werthvoll betrach- 
tet werden. 

Einer von den fruchtbarsten Geburtshelfern dieser 
Periode war Dr James D. T r a s k von Astoria, New- 
York {1821—1883). Sein HauptmUm liegt in der He- 
rausgabe von Monographien über Ruptur des Uterus und 
der Placenta, üeber den ersteren Gegenstand machte er zwei 
Mittbeilungen 1848 und 1856, wovon die erste sich auf 
300 Fälle und die andere auf 417 Falle stützte. Das 
Werk war ein Muster van Fleiss und interessiert uns zu- 
gleich darin, dass der Veriasser die Laparotomie als eine 
geeignete Operation in allen Fällen hinstellte^ wo der 
Foetus in die Bauchhöhle ausgetreten und nicht durch 
die üterinwunde extrahiert werden konnte* 

Seine Monographie über Placenta praevia, welche 
1885 erschien, stützte sich auf 353 Fälle und war der 
erste umfangreiche Aufsatz darüber in diesem Lande. 
Trask kam bei seinen Studien zu dem Schluss, dass in 
den meisten Fällen von partieller Infection die Blutung 
gestillt und die Kranke gut geheilt werden könne durch 
das Sprengen der Eiblase* Unglücklicherweise waren 
seine Vorscliriften für die komplete Varietät dieses Feh- 
lers nicht so befriedigend, indem er in jedem Fall den 
Erfolg seinen eigenen Verdiensten zuschrieb. Er sagte, 
bestimmte Regeln könne man nicht für alle Fälle geben 
und müBBte man die Entbindung nicht zu rasch beendi- 
gen; auf einer Seite mtisste man die Zerreissung der 
Ccrvix verhüten und andererseits die Gefahr des Verblu- 
tüngstodes bedenken. Die Blutklumpen kämen seiner 
Meinung nach in diesen Fällen von der Uterinwand, sel- 
tener von den intervülösen Räumen der Placenta. 

Litterat ur. Dalton, John C. On the cor- 
pus luteum of menstruation and pregnancy. Philad, 1851, 
^pp• 100. — Eeport on the corpus luteum. Tra 




231 




of Aentens. Amet. 
& ST. — Priae 
of O« 




—160. — ^ 
into the 
of Tuptare ^ 

of pbeenta praeim* 
Mei. AwK. 18&i. VIEL — 
tlie wnmb inth remaife. Amer. 



Se- 185fi. K a XXXn. — O0iit Fordyce 
ol Jans DinfM^g Tra^. TrmmmdL of 
GjiKcaL Soc^ 1883. YUL , 



Unter im Sduifi^eOeni über sj^tem^isdie 6e- 
fackfafilfeisl Samuel B a r d (1742— 1819) so nennen. 

Die eiste sj^tematiaefae AbliaiidliiDg ülier Geboits- 
klllfiev weldie in Amnäm craAien. war Bard's ,Com- 
ptnfinai of tlie ÜMxmj mmA pnclm of nodwifeiT, 1S07\ 
veklies f^lnf Ausgaben e Afcto . IHe eratei drei Airagab^ 
Wim nor kinx, weil de Tomehiriidi um Gebiancb der 
fiebammoi bestimnit wai«i. Ueber den Plan seines 
Wefkfis spricht sieb der Autor In der Yoirrede fblgeiider- 
iMMMwii woBZ ,Da icb im I^nfe meraer Praxis tmd na- 
mentÜcb seit meiner Xlederlassong in diesem Lande oft 
Gelegeoliai g^abt babe m beobaditeD^ wie die Heb- 
ammen ma Mangd an Vorbildim^ nnd Geldmitteln aus 
g ro fl a eren LebzbScbem ihre VoEscbriflen nur schwer ent- 
IsSomen, habe ich es nlüalich geftmdeii. ihnen 
Icmsm Abffiaa der Behandlmig der Geburt und des 
Wodienbeües Tonnlegen. Dks habe ich in meinem Buch 
Texsudit und mir fe^atdieodie kächt YeistindÜche That- 
aaehen zur Siörterm^ h eiam g eBO gM*, 

In der rärten Anfli^e, 1817^ erweiterte der Autor 
den Umfang aemes Buches mm Gebrauch der Studenten 
tmd der Aenle tmd folgte 152 bezügticbe Fälle seiner 
eigaien Praxis tmd eimge von Smellie und Den*S 

a r d war wobl bekaimt mit dem notmalen nnd 
ften Beek^ imd er gab eine fortrefSi^be histo- 



n an. 



d 



235 



^ 



^ 

^ 
^ 



rische Uebersicht über die Osteomalacie heraus, obwohl 
er anscheinend niemals in seiner Praxis einen Fall dieser 
Erankheit gesehen hatte. 

Seine Anschainmgen von dem Mechanianms der Ge- 
hurt bei Kopflagen waren zufidedenstellend^ obwohl sich 
seine Eintheilung der Gebiirtszeiten in vier Perioden nn- 
terachied von dem gewöhnlichen Gebrauch, Er setzte 
den Anfang der ersten Periode bis zu der vollständigen 
Erweiterung der Cervix an^ die zweite bis zu dem Herab - 
drücken des Kopfes an dem Perinenm, die dritte bis zum 
Tollständigen Austritt des Kindes» die vierte bis zu der Aus- 
treibnng der Nachgeburt* Er gab genaue Yorschrifteu 
ftir die Technik der inneren TJutersuchung und schrieb 
vor, dass diese Untersuchung nur selten vorgenommen 
werden dürfe, zugleich warnte er eindringlich vor dem 
Versuch, die Weichtbeile mit der Hand zu dehnen, denn 
gerade solche Versuche brächten die Gefahr einer In- 
fektion, Er rieth, den Zug an der Nabelschnur zu un- 
terlassen, dagegen empfahl er den Rand der Nachgeburt 
mit dem Finger herabzuziehen. Nach der Geburt rieth 
er, eine innere Untersuchung vorzunehmen, um feststellen 
zu können, ob nicht eine unvollstilndige Inversion ent- 
standen wäre. Dieser Zufall ereigne sich nach seiner 
Meinung öfters als man glaube. 

In dem Kapitel von schweren Geburten berücksich- 
tigt er den gei^ichtigen Einüuss der Becbenenge, aber 
leider sind darin seine Vorschriften zur Abschätzung des 
Grades der Beckenenge nicht befriedigend, er rieth die 
conjugata diagonalis in der Rückenlage zu messen. Zu- 
gleich hatte er ein unberechtigtes Vertrauen zu der Ge- 
nauigkeit der Messungen mit dem Baudeioc qn e' sehen 
Pelvimeter, Er stellte fest, dasa die Beckenenge seltener 
sei, als in England und auch in Frankreich. Den Kai- 
serschnitt hielt er bei PäUen absoluter Beckenenge für 
uoth wendig, dagegen bezeichnete er die Symphyseotomie 
als eine mörderische imd grausame Procedur. Falls 




^^ 



236 

Conjugata 3 und mehr Zoll messe, rieth er, die Ent- 
bindmig mit der Zange oder mit dem Hebel zu beenden 
und die Graniotomie nur in Fällen solcher Beckenenge 
anzuwenden, wenn die Schwangerschaftszeit die künstliche 
Frühgeburt nicht mehr zuliesse. Er war jedoch kein 
Enthusiast bezüglich seiner Erfolge, er behauptete, dass 
weniger als ein Drittel der Kinder endlich die Geburt 
überlebe. 

Er lehrte, dass die Gesichtslagen gewöhnlich spon- 
tan, aber langsam verlaufen und er verwarf die Wendung, 
welche Smellie und Baudelocque für diese Fälle 
angerathen hatten. Die Steisslagen fasste er als regel- 
widrige Lagen auf und auch bei den Querlagen glaubte 
er nicht auf eine Selbstwendung rechnen zu können. Bei 
Kopflagen vertraute er auf die Hülfsmittel der Natur und 
widersprach dem häufigen Gebrauch der Zange. In die- 
ser Hinsicht hätten die Schriften von Smellie und 
Baudelocque nicht gut gewirkt, seiner Meinung nach 
dürfe die Zange nicht häufiger als einmal in 1000 Ge- 
burtsfällen angelegt werden und man müsste die Opera- 
tion nur bei grösserer Lebensgefahr vornehmen und wenn 
das Vorrücken des Kopfes 4 — 5 Stunden zögere. Li 
solchen Fällen sei das Listrument an die Seiten des Kop- 
fes anzulegen, aber nicht als Rotationsinstrument zu be- 
nutzen, wie es Smellie gewollt habe. Ln Ganzen 
zog er den Gebrauch des Hebels vor und erklärte die 
Meinung D e n m a n's über das Listrument für richtig. 

Besondere Aufmerksamkeit wandte er der Aetiologie 
und Liversion des Uterus zu und schrieb das häufige Vor- 
kommen dieses Zufalles der fehlerhaften Behandlung der 
Nachgeburtsperiode zu. Das Puerperalfieber betrachtete 
er im Wesentlichen als Peritonitis und empfahl für die 
Therapie antiphlogistische Heilmittel. 

Von Literesse ist, dass Bard der Erste in Ame- 
rika war, der schwere Zweifel äusserte über das Vor- 
kommen primärer abdominaler Schwangerschaft. Seiner 



237 



^ 
N 



Meinung nach Hesse die Oberfläcbe der Därme, die stete 
Bewegung der Intestina und die Unftihigkeit der Wände 
zur Deciduabildimg eine solche Anschauung nicht zu- 
Die meisten Fälle dieser Art schrieb er einer Ruptur 
des Uterus in früherer Zeit der Schwangerschaft zu, 

B a r d nahm in dem Medicinalwesen seiner Heimath 
eine angesehene Stellung ein. Er war ein Sohn von 
Dr John Bard, der in Philadelphia 1742 geboren und 
als zweijähriger Knabe nach New- York kam. Dort er- 
Melt er seine vorläufige Erziehung, aber 19 Jahre alt 
kam er nach Europa, studierte mehrere Jahre in London 
und Edinburgh und wtirde dort auf Gmnd einer yerdienat- 
YoUen Schrift „De viribus opü" 1765 promoviert. 

Nach seiner iiilckkehr nach New- York machte er 
ßich an die Organisation einer medicinisclien Schule und 
schon zwei Jahre später hatte er die Genugthuuug, ala 
erster Professor der Medicin in der „medical school of 
Kings College, New York" ernannt zu werden. Zuerst 
betrieb er dringend deu Bau eines Hospitals und mit 
Beredsamkeit wusste er die Nothwendigkeit des Baues 
so zu schildern, dass sogleich die Summe von 800 L. 
zu diesem Zweck gezeichnet wurde. Die Stadt und der 
Staat von New- York trugen auch mit Liberalität viele 
Zuwendungen bei und bald begann die Aufrichtung eines 
Baues, welcher nach einer Zerstörung durch Feuer, 1791 
für Kranke eröffnet wurde. 

B a r d war erfolgreicher Praktiker und bald hatte 
er die lukrativste Praxis in New -York, bis er sich 
1798 auf seinen Landsitz in Hjde Park zurückzog. In 
dem nächsten Jahr kehrte er nach New- York zurück, 
weil damals dort das gelbe Fieber herrschte. Den Rest 
seines Lebens brachte er auf dem Lande zu, beschäftigt 
mit litterarischen Arbeiten und befliäsen mit ländlichen 
Aufgaben. Er wurde als Vorstand der agrikulturen Ge- 
seDschaft von New- York gewählt, weil er schon 




238 

über die Beziehungen der Chemie zu der Landwirthschaft 
referiert hatte. 

Als 1813 das College of physicians and surgeons 
gegründet wurde, war er der erste Präsident, welches 
Amt er bis zu seinem Tode, 1821, behielt. Eine von 
seinen letzten Arbeiten war eine Schrift über die medi- 
cinische Erziehung, 1819. 

Seine Schriften sind : De viribus opii. Diss. in. Edin- 
burgh. 1765. — A discourse upon the duties of a phy- 
sician, with some sentiments on the use, fulness and 
necessity of public hospital. Delivered before the Presi- 
dent and Govemors of King's College at the commen- 
cement held on the 14. Mai 1769. New-York. 1769. 

— An enquiry into the nature, cause and eure of the 
angina suffocativa, or sore throat distemper, etc. New- 
York. 1771. — A compendium of the theory and prac- 
tice of midwifery, containing practical instructions for 
the management of women during pregnancy, in labour 
and in childbed; calculated to correct errors and to 
improve the practice of midwives, as well as to serve 
as an introduction to the study of this art. For stu- 
dents and practitioners. New-York. 1807. 19 Plates. 
pp. 239. — Dieses Werk erlebte bis 1819 5 Auflagen. 

— Eine Abhandlung über medicinische Erziehung. 1819. 
New-York. — Ueber seinen Lebensgang enthalten Nach- 
richten die Schriften von Ducachet, H. W. A biogra- 
phical memoir of Samuel Bard, M. D. Americ. med. 
record. 1821. IV, und von Mc. Vickar. J. The life of Sa- 
muel Bard. New-York. 1822, und White. James P. 
Gross' lives of eminent American physicians and sur- 
geons. 1861. pp. 166—206. 

§. 71. 
. William Potts Dewees (1768-1841), 

der fruchtbarste und zugleich einflussreichste Schriftsteller 
des 19. Jahrhunderts in Philadelphia. 

Eine erste Arbeit von ihm hatte den Titel » An essay 



239 



OD the means of lessening pain and iacilitating cei'tain 

cases of difficult paiiurition*', welche er der Universität 
von Pennsylvama 1805 zur Erreichung der Promotion 
übergab- Vorher war er mehrere Jahre in der Praads 
gewesen- In dieser Schrift ver.suchte er darznlegen, dasa 
heftige Geburtsschmerzen weder oothwendig noch unver- 
meidlich seien und dass diese Schmerzen nur als Begleit- 
erscheinung der Civiiisation betrachtet werden müssten. 
Er war geneigt, die Schmerzen dem Verlust der Kraft 
der Longitudinalniuskeln gegenüber den Cirkelfasem zu- 
zuschreiben und er glaubte» dafür mit dem Äderlass hel- 
fen zu können. Demgemäss befahl er bei schwierigen 
und schmerzhaften Geburten den Ereisenden an dem 
Rande des Bettes zu stehen bis eine Ohnmacht eintrat, 
^vobei dann die Geburtssch merzen verschwanden. Er 
empfahl diese Behandlung und begründete sie durch An- 
fülüfmig von 23 FälleTi* 

Dann folgte eine Reihe von Artikeln gehurtshülf- 
hcheu Inhaltes in verschiedenen medicinischen Journalen, 
welche 1823 in einen Band gesammelt wurden unter dem 
Titel j, Essays on various subjects connected with mid- 
wiferj**. Der Inhalt bestand aus 22 Artikeln, unter de- 
nen die Artikel über Superfotation, die Aphorismen von 
D e n m a n , die Inversion des Uterus, die Eklampsie, 
Ruptur des Uterus, Retroversion, Uterinblutimgen, die 
Schwängerung und die Cirkulation in dem Uterus hervor- 
zuheben sind. Diese Artikel bewiesen eine eingehende 
Vertrautheit mit den Gegenständen, waren einfluss reich 
and standen in offenem Kontrast zu den konservativen 
Grundsätzen von Den man und Bard* 

Im Jahr 1824 erschien sein Compendium der Ge- 
burtsliülfe, vornehmlich bestimmt zur Frleichterung eini- 
ger gßburtshülflicher Fragen. Das Werk war nach dem 
Modell des Baudeioc qu e'schen Lehrbuches zu*^ 
ten und wurde bald ein gebräuchlicher Leitf 
erlebte 14 Auflagen und beherrschte die prak 




240 



burtsbülfe mehrere Jahre hindurch. Die darin nieder- 
gelegten Grnmdsät^e neigten sich mehr zu den Anschan- fl 
ungen der französischen Schulen ak zu der konservativen ™ 
englischen Methode von Bard, James und Francis- 

Nach einer vortrefflichen Beschreibung des normalen 
Beckens geht D ewee s zur Betrachtung der Abnormitäten 
über und erzählt, dasa er die höheren Grade der Diffor- 
mität nur dreimal bei Europäerinnen gesehen habe. Eine 
lluptur des Uterus beschreibt er infolge einer Exostose 
des Beckens. Seine Ansichten tiber Beckenfebler wurden 
bis zu dem Ende des Jahrhunderts in den Textbüchern 
weiter fortgefülirt und waren wohl eine Hauptursacbe 
der Vernachlässigung der Beckenmessung, welche lange"» 
Zeit den amerikanischen Geburtshelfern vorzuwerfen war- 

Seine Ansichten über die Anatomie der Generations- 
werkzeuge und die Entwickelungsgescliichte hielten sich M 
an die Lehren der damaligen Zeit, Von Interesse ist ^ 
ieine Bemerkung, dass die Spermatozoen wahrscheinlich 
ihren Weg von der Scheide zu den Ovarien durch die 
Gai-tner' sehen Gänge machen, anstatt durch den Uterus _ 
und diB Toben, ■ 

In dem Kapitel über die Geburt lehrt er die 
Senkung des fundus uteri in dem letzen Monat der 
Schwangerschaft und zugleich die Entfaltung des Cer- 
Tikalkanals, 

Er übernahm die Eintheilung der Schädellagen nach 
Bande locque mit ihi^en 6 Varietäten und seine An- 
sichten über den Geburtsmechanismus waren im Ganzen 
richtig, doch betrachtete er die Steihmg der Pfeilnath 
in dem geraden Durchmesser als unnatürlich, ebenso die 
Stellung des vorliegenden Gesichtes in der Conjugata, ^ 
Bei solchen Stellungen empfahl er die Wendung nach fl 
Batidelocque, 

Er sprach sich über die Wendung im Ganzen gün- 

tg aus und seine Vorschriften für ihre Ausführung 

en befriedigend. Bei der Extraktion des Kopfes em 



I 



241 



pfehl er, dass das Kind auf dem Arm des Operateurs 
reiten sollte^ indem er die Ausziehung durch den an der 
Schulter angelegten vierten Finger vorschlug, während 
die Finger der andern Hand die Basis des Schädels 
herabdrücken und sie von ä&m Schamhogen frei machen 
sollten. 

Er war ein strenger Vertheidiger des Gebrauches 
der Zange, indem er die Anwendung der langen fran- 
zösischen Zange in allen Fällen anrieth, welche nach 
seiner Ansicht an die Seiten des Kopfes über die Ohren 
angelegt werden sollten. Mit Recht betonte er die Noth- 
wendigkeit einer sicheren Diagnose vor der Anlegung 
der Zange und eine vorhergehende Uebung an dem Phan- 
tom. Er kritisierte streng diejenigen, welche sich die 
Zange allein für verzweifelte Fälle vorbehalten wollten, 
denn dadurch würden manche Kinder und Mütter geopfert 
werden. In dem Paragraph 736 gab er eine Recapitu- 
lation der Vorschriften für den Gebrauch der Zange, 
welche auch heut© noch werthvoll ist, mit Ausnahme 
seiner Empfehlung der hebelähnlichen Bewegung des In- 
strumentes während des Zuges, 
fc Er zog die Wendung der Anlage der hohen Zange 
■Vor, da er in seiner 35jährigen Praxis sie nur dreimal 
nöthig gefunden hatte. Bei Gresichtslagen empfahl er 
nur die Zanj^e, wenn der vorliegende Theil tief stand 
und bei Steisslagen billigte er nicht das Hinabziehen des 
Pusses als prophylaktische Massregel. Geringschätzend 
äuBserte er sich über die Anlegimg der Zange an dem 
nachfolgenden Kopfn doch wollte er im (Gegensatz zu 
Sm e 1 1 i e und Baudelocque das Verfahren nicht ganz- 
Uch abweisen. 

Bei drohendem Abort glaubte er am besten mit 
einem Aderlass helfen zu können , denn dadurch Yermin- 
dere sich die Geneigtheit zu Uterinblutungen. Er erzälilt 
einen Fall von vier monatlicher Schwangerschaft, in wel- 
chem er innerhalb 7 Tagen der Kranken 17mal zur Ade^ 



Dolirtt-Siflbold, Cieachichtö der Goburte hülfe. III. 




16 



242 



Hess imcl dennoch die Schwangerschaft bis zum Ende 
geführt wurde. 

Seine Ansichten über die Behandlnng der Placenta ' 
praevia waren praktisch. Er enapfahl die Anwendung 
des Tampons, sobald die Cervix nur gering erweitert wäre 
und die Wendnng und Extraktion, wenn die Umstände , 
es zuliessen. 

Nach seiner eigenen Erfahrung^ welche sich anf über 
9000 Fälle stützte, kämen auf 50 oder 60 Geburten eine 
Zwillingsgebnrt vor. Er hielt eine sichere Diagnosis erst 
möglich, nachdem das erste Kind geboren wäre und er 
rieth ab, gleich der Ereisenden von der Anwesenheit 
des zweiten Kindes zn sagen. Bei Ruptur des TJteraa 
empfahl er die Laparotomie^ obwohl er feststellte, dasa 
bisher diese Operation niemals gemacht worden sei. 

Für die Behandlung der engen Becken liess er die ' 
Zange zu, wenn die Conjugata 7,5 — 8,7 cm. mass, aber 
unter diesem Mass hielt er die Kraniofconiie fiir siulassig. 
Eine künstliche Anregung der Geburt billigte er fitr 
manche Fälle, aber eine Symphyseotomie hielt er für 
verwerflich. 

Den Einflnsä der Diät auf die Grösse des Kindes 
schätzte er gering- Der Gedanke daran ergäbe sich leicht, 
aber die Erfahrung habe seiner Meinung nach das nicht 
bestätigt. 

Dewees war geboren in Potts grove in Pennsyl- 
vanien im Jahr 1768, Seine Vorbildung war mangelhaft 
und er kam nur weiter durch gemeinsame Erziehung mit 
Altersgenossen, Er hörte medicinische Vorlesungen in 
der Universität von Pennsylvanien, aber er begann seine 
Praxis, bevor er promOTiert hatte* In Philadelphia be- 
schäftigte er sich mit Vorliebe mit Geburtshülfe, hielt 
dort seit 1797 Privatkiirse und wurde 1825 an der Uni- 
versität Adjunkt des Professor James» Nachdem der 
Letztere 1634 auf seine Stelle verzichtet hatte, erhielt 
Dewees diesen Posten, aber schon nach einem Jahr | 



243 



tkrankte qt und zog sich von der Praxis zurück. Er 
starh 20. Mai 184L 

D e w e e B neigte sieh der französischen Schule zu, 
war ein Verehrer von Bimdelocque und Beine Me- 
thoden wurden oft als die Methoden des Amerikanischen 
Bandelocque bezeichnet. Er hatte als Lehrer viel 
Erfolg und seine Wirksamkeit trug viel zu dem Ruhm 
der Schule von Philadelphia bei. Er beschäftigte sich 
nicht allein mit Geburtshiilfe, sondern auch mit Frauen- 
Jcrankkeiten und der Pädiatrik. 

Litteratur, The means of lessening pain and 
lacilitating certain casea of difficult parturition. Phila- 
delphia. 1806. pp. 95, 2 Ed. 1819. — An abridgement 
of Mr, Heath's ti-anslation of Baudelocqne's midwifery, 
with notes by W. R Dewees. 1807. 3 Ed. 1823. — 
Editor, with notes, of John Ramsbotham's practical ob» 
servations in midwifery, with a selection of cases, Phi- 
ladelphia. 182B. pp. 379* — Essays on various subjects 
connected with midwif ery \ Phil. 1 823, — A compendioim 
System of midwifer>% Phü, 1828. 10 Ed. 1843, — Lehr- 
buch von fVauenkrankheiten, Philadelphia, 9 Ed. 1847 
(die 6, Aufl. übersetzt von Moser 1837). — A treatise 
on the physical and medical treatment of children. Phil- 
1825, 10 Ed. 1853, — A practice of physie, compri- 
dng most of the diseases not treated of in „diseases 
of females" and „diseases of children** 2 toIs, Phil. 
1830 — 1SB3. — Eine Biographie von ihm schrieb Hodge, 
Hugh Li „An euloginm on William P. Dewees. Phil, 
1842, pp. 58, 



§. 72. 

Chariea Delueena M*?igs. 

1792—1869, 

Das erste ansfil lirliche Werk diesea vielseitigen Ge- 
htirtshelfera war eine Ueb er Setzung von Velpeaua 
sTraite elementaire de Tart des accoucbements * unter 
dem Titel j,Aii elementary treatise on midwifery or the 

16^ 




244 

principles of tokology and embryology**. In den nächsten 
30 Jahren floss ein Buch nach dem anderen aus seiner 
Feder und brachte dem Autor grossen Ruhm, welcher 
sich leider wieder verflüchtigt hat. 

1838 veröflFentlichte Meigs sein Lehrbuch der Ge- 
burtshülfe, welches 1842 zum zweitenmal aufgelegt 
wurde. Das war im Vergleich mit dem Dewees'schen 
Werk ein mageres Buch und konnte nur wenig empfoh- 
len werden. In dem Kapitel über die Beckenfehler ver- 
suchte der Autor die verschiedenen Varietäten zu klassi- 
fizieren, indem er die Unterscheidung der rhachitischen 
und der osteomalacischen Form für aussichtslos erklärte. 
Seine Anschauungen über Entwickelungsgeschichte waren 
konfus und bestanden in nebelhaften Phrasen. Er hielt 
die Placenta für gänzlich fötalen Ursprunges und leug- 
nete einen Zusammenhang der Gefässe mit der Uterinwand. 
Bei Besprechung der Muskellage des Uterus berichtet er 
über einen Fall von Herausholung der Placenta, bei dem 
er seine Hand bei der Umschnürung der Cervix erst lösen 
konnte, als der Spasmus durch einen Aderlass beseitigt 
war. 

Meigs war ein beredter Vertheidiger der Aderlass- 
Pincette bei drohendem Abort, bei Rigidität des Genital- 
kanales und bei Eklampsie, obwohl er in dieser Hinsicht 
nicht so weit ging, als Dewees. 

Er nahm dieBaudelocqu e'sche Eintheilung der 
Kopflagen an und liess die Varietäten zu : Scheitel links, 
Scheitel rechts, Scheitel nach vom, Vorderhaupt Unks, 
Vorderhaupt rechts, Vorderhaupt nach vom. Während 
er im Ganzen wenig Aufmerksamkeit auf den Geburts- 
mechanismus wandte, legte er doch besonderes Gewicht 
auf eine innere Rotation, welche er zum grossen Theile 
der Neigung der Beckenebenen zuschrieb. Viele Unre- 
gelmässigkeiten des Geburtsverlaufes glaubte er auf die- 
ses Moment zurückführen zu müssen, weil davon eine 
unvollständige Flexion des Kopfes die Ursache sei. Dem- 



245 

gemäss versuchte er das Kinn mit den Fingern wegzu- 
drücken nnd, wenn das nicht gelang, holte er den gan- 
zen Scheitel mit der ganzen Hand herab. 

Gegenüber den Lebren von D o w e e s zälilte er die 
Gesichtslagen unter die Normallagen und schrieb ilir 
häufiges Vorkommen einer Schiefheit des Uterus zu. Den 
spontanen Verlauf dieser Lagen hielt er filr die Regel, 
selbst wenn das Kinn direkt nach hinten gerichtet sei; 
im Nothfall versuchte er eine Rotation des Kinnes durch 
innere Handgriffe. 

Li gleicher Weise zählte er die Steisslagen unter die 
Normallagen, obwohl er wusste, dass bei jeder fünften 
Greburt das Kind verloren werde. Wenn die Extraktion 
nöthig wurde, legte er die Beine des Kindes auf den 
Bauch der Mutter, um dadurch die Flexion des Kinds- 
kopfes aufrecht zu halten. Wenn dieses Man(')ver nicht 
gelang, legte er an den nachfolgenden Kopf die Zange an. 

Seine Vorschriften für die Anlage der Zange sind 
befriedigend, aber seine Indicationen ihres Gebrauchs 
waren zu konservativ, er rieth zu lange zu warten. Wen- 
dung hielt er selten für angebracht, ausgenommen bei 
Querlagen. 

1849 veröffentlichte er ein grösseres Werk „Obste- 
trics, the science and art**, welches nur eine Erweiterung 
der geburtshülflichen Lehren von Philadelphia darstellte. 
Es ist von loteresse, dass er in der zweiten Auflage, 1852, 
12 Seiten der Erörterung der Anwendung der aniistheti- 
schen Mittel zuwandte. Nachdem er diese Frage gründ- 
lich besprochen und sich auf seinen Brief an Simpson 
bezogen hatte, spricht er sich sehr scharf gegen diese 
Mittel aus: „Ich kann nur sagen, dass ich aufrichtig 
die Einführung der Anaesthetica in die Geburtshülfe be- 
daure, nicht weil ich ihre Anwendung in seltenen Fällen 
^Qzlich verwerfe. Ich glaube, dass viele Fachgenossen 
des 19ten Jahrhunderts einsehen werden, dass sie sich 
m diesem Punkte geirrt haben '^. 



246 

M e i g s widmete grosse Aufmerksamkeit der Natur 
und der üebertragungsweise des Kindbettfiebers, wie es 
sich aus zwei Publikationen von ihm ergibt. Er hatte 
1842 ein Werk über die Pathologie und die Behandlung 
des Puerperalfiebers vorbereitet, welches die Wiedergabe 
der Neudrucke der klassischen Artikel von Gordon, 
Hey, Armstrong und Lee über diesen Gegenstand 
enthält, zugleich mit einer Vorrede über seine eigenen 
Ansichten. 1854 veröffentlichte er einen weiteren Bei- 
trag „lieber die Natur, Zeichen und Behandlung des 
Kindbettfiebers.** In diesem Werk, welches in 29 Brie- 
fen an seine Fachgenossen bestand, gab er eine volle 
historische Darstellung der Krankheit und kam zu dem 
Schluss, dass das Puerperalfieber nicht ein specifiisches 
Fieber sei, sondern eine Gruppe von verschiedenen Ent- 
zündungen innerhalb des Bauches. Er leugnete die kon- 
tagiöse Natur und verspottete die Anschauungen von 
Holmes. Für die Behandlung empfahl er reichliche 
Aderlässe und behauptete, dass, wenn sie in den ersten 
zwölf Stunden gemacht wurden, die Genesung erwartet 
werden könnte. 

In gleicher Weise berücksichtigte er auch die Frauen- 
krankheiten, indem 1845 er die Abhandlung von Colum- 
bat de Tlsere über „ die Behandlung der Krankheiten 
und die specielle Hygiene der Frauen** übersetzt hatte, 
zu welcher er zahlreiche Anmerkungen anfügte. Drei 
Jahre später folgte dann sein eigenes Werk „Frauen 
und ihre Krankheiten*, welchem 1854 seine Abhandlung 
„A treatise on acute and chronic diseases of the neck 
of the uterus** folgte. Zwischen dem Erscheinen der 
beiden letzten Werke fand er Zeit, ein Buch über die 
Krankheiten kleiner Kinder zu schreiben, welches 1850 
erschien. 

Alle diese seine Veröffentlichungen genossen in der 
Bevölkerung weite Verbreitung und zeigten grosse Streb- 
samkeit, freilich auch seltsame Spuren von Eitelkeit und 



247 

Ton Geschwätzigkeit. Sie enthielten nur wenig originelle 
Gredanken und nach dem Tode des Autors war seine per- 
sönliche Anregung bald vergessen. 

M e i g s war 1797 auf der Insel St. George, in der 
Bermudasgruppe geboren, wo sein Vater Joaiah Meigs 
in den Admiralty Courts beschäftigt war. Vier Jahre 
später kehrte die Familie nach Amerika zurück, nachdem 
der Vater Professor der Mathematik und der Astronomie 
in dem Tale College und 1801 der erste Präsident der 
Universität von Georgia, in Athens geworden war. Als 
Knabe genoss Meigs seine Erziehung in einem College 
und 1803 wurde er promoviert. Dann studierte er drei 
Jahre Medicin unter Dr Fendall und besuchte die 
Kurse zweier Jahrgänge der Universität von Pennsylvania. 
Den Doctor machte er erst 1817, nachdem er eine Schrift 
über den Prolapsus uteri vorgelegt hatte. 

Sehr bald nachher Hess er sich in Philadelphia nie- 
der und richtete sich für die Praxis ein. Er fing 1830 
mit privaten Kursen über Geburtshülfe an und setzte 
das mehrere Jahre lang fort, während er das Werk von 
Velpeau übersetzte und sein eigenes Buch über Ge- 
burtshülfe. 1841 wurde er als Professor der Geburts- 
hülfe und der Frauenkrankheiten in das Jeflferson me- 
dical College gewählt und hielt diese Stelle 20 Jahre 
inne, bis er das Amt wegen Kränklichkeit aufgab. Er 
starb 1869, 77 Jahre alt. 

Meigs war ein Mann von grosser Geschicklichkeit 
und im persönlichen Verkehr anregend. Er war ein un- 
ermüdlicher Arbeiter und trotz der dringenden Pflichten 
seiner grossen Praxis fand er doch die Zeit, nicht allein 
sich mit den Fortschritten der Medicin im Gange zu 
halten, sondern auch mit den verwandten Fächern und 
den humanistischen Wissenschaften. Er hatte besonderes 
Interesse für Anthropologie und Phrenologie und kurz vor 
seinem Tode übersetzte er eine der Go b ine au schenNo vol- 
len „L' abbaye de Typhaines". Er schrieb sehr rasch. 



248 

vollendete manche seiner Werke innerhalb weniger Mo- 
nate, und stellte sein Buch über „Females and their diseases " 
sogar in der Zeit zwischen zwei Sessionen fertig. Er war 
ein beredter und brillanter Lehrer, und fähig, den Stu- 
denten Alles, was er gelernt hatte, darzulegen. Leider 
hielten die meisten Ansichten Ton ihm die Probe der Zeit 
nicht aus. 

Litteratur: Uebersetzung des Velpeau'schen 
Werkes: „An elementary treatise on midwifery and the 
principles of tokology and embryology". Phil. 1831. 
2 Ed. 1838. — The Philadelphia practice of midwifery. 
Phil. 1838. pp. 370. — History of the pathology and 
treatment of puerperal fever. Phil. 1842. — Uebersetzung 
von Columbat's „A treatise on the diseases and special 
hygiene of females«. Phü. 1845. 3 Ed. 1850. — Wo- 
man, her diseases and remedies. 1 Ed. 1859. — Ob- 
stetrics, the science and art. Phil. 1849. pp. 685. 5 Ed. 
1867. — Observations upon certahi Symptoms of the disea- 
ses of young children. Phil. 1850. pp. '215. — On the 
nature, signs and Symptoms of childbed fevers. Phil. 1854. 
pp. 383. — A treatise on acute and chronic diseases of 
the neck of the uterus. Phil. 1854. pp. 116. — J. For- 
syth: Memoir of Charles D. Meigs. M. D. Verhandl. der 
Gesellschaft der Aerzte in Philadelphia 1875. 

§. 73. 

Hugh Lenox Hodge. 

1796-1873. 

In auflfallendem Gegensatz zu der flüchtigen Wirkung 
der Werke von Meigs standen die Leistungen seines 
Zeitgenossen, Hugh L. Hodge, welcher als Professor 
der G'eburtshülfe Dewees nachfolgte. Ausgenommen 
von wenigen Joumalartikeln hatte Hodge die litterari- 
schen Leistungen bis in die späteren Jahre seines Lebens 
verschoben, aber alles, was er schrieb, machte den Ein- 
druck eines zuverlässigen Beobachters von grosser Er- 
fahrung. 



249 



Beio erstes grosses Werk „Diseases peculiar to wo- 
men, including displacements of the uterus'* erschien 1860. 
In diesem Buch legte er grosses Gewicht auf die Be- 
Kiehiingen des Nervensystems zu den Erkrankungen der 
Geschlechtsorgane und entwickelte die mechanische Be- 
handlung der Lageabweichtmgen des Uterus unter Bezug- 
nahme auf das von ihm erfundene Hebelpessarium. Ob- 
wohl die meiäten von seinen theoretischen Betrachtungen 
später keine Unter Stützung gefunden haben, hat doch 
sein Werk einen unauslöschlichen Eindruck auf den Ge- 
dankenkreis der Gynäkologen gemacht und verdient einen 
hervorragenden Platz in der amerikanischen Litterator, 
indem dadurch eingehende Arbeiten über die Frauen- 
krankheiten angeregt vFurden. 

1864, 3 Jahre nach dem Rücktritt von eeiner Pro- 
fessur, veröffentlichte er sein Meisterstück „The prin- 
ciples and practice of obstetrics*'. Dieses Buch, v^elches 
ein Muster von gewissenhafter Beobachtung darstellt, war 
das originellste Werk, welches in Amerika erschienen war, 
und bis jetzt behält es mit wenig Veränderungen seinen 
Werth, 

Ho d g e wandte eine besondere Aufmerksamkeit der 
Anatomie des Beckens zu und er war der Erste, welcher 
diesen Gegenstand von einem originellen Gesichtspunkt 
^ftus auffasste. Er beschrieb mit Genauigkeit die geneig- 
m Beckenebenen und den Einflnss der Stellung der 
Spinae ischii auf die Rotation innerhalb des Beckenran- 
des, Zugleich gab er in Durchschnitten ein lehrreiches 
Bild über die Räumlichkeit des Beckens. Er hat uns 
seine Auffassung sehr erleichtert durch die Parallel- 
Bchüitte, von denen der erste sich mit dem Beckeneiugang 
deckte, während die anderen parallel damit geführt wur- 
den. Der zweite Schnitt ging von dem unteren Rand 
der Schamfuge aus, der dritte durch die Spinae ischü 
und der vierte durch die Spitze des Steissbeines, 

Mit den anderen Geburtshelfern von Philaö 




250 

nahm erdieBaudelocqu e'sche Eintheilung der Kopf- 
lagen an, obwohl er feststellte, dass er niemals ein Bei- 
spiel einer primären Hinterhauptstellung nach dem Kreuz- 
bein und nur dreimal eine Hinterhauptstellung nach der 
Schamfuge gesehen habe. Er theilte den Geburtsver- 
lauf in die gewöhnlichen 3 Perioden und zerlegte be- 
kannterweise den Mechanismus der zweiten Periode in 
5 Stufen : 1, Durchtritt des Kopfes durch den Mutter- 
hals, 2, Durchtritt durch das Becken, 3, Durchtritt durch 
den Beckenboden, 4, Durchtritt durch die Vulva, 5, 
Durchtritt des Körpers bei Kopflagen und der Durchtritt 
des Kopfes bei Steisslagen. Für die erste Geburtsperiode 
lehrte er, dass der Kindskopf von einer geneigten Hal- 
tung zu einer vollständigen Flexion überginge, fOr die 
zweite zeigte er, dass der Kopf direkt durch den Becken- 
raum auf den Beckenboden aufrücke, wobei innerhalb 
zugleich Rotation und Extension zu bemerken wären, 
während in den letzten Stufen dieser Periode der Körper 
nicht länger eine steife Linie bilde, sondern eine Spirale. 
In der dritten Periode werde die Streckung mehr ausge- 
sprochen, während in der vierten der Kopf aus der Vulva 
heraustrete. 

Seine Anschauungen über den Mechanismus der 
Kopflagen mit hinterwärts gerichtetem Hinterhaupt wa- 
ren vortrefflich. Zwar lehrte er, dass die Vorwärtsdre- 
hung die Regel sei, aber das Hinterhaupt brauche eine 
längere Zeit, um die Kreuzbeinhöhle zu durchmessen 
und würde bei längerem Verweilen den Damm gefährden. 

Seine Darstellung des Mechanismus der Geburten bei 
Steisslagen war übereinstimmend mit den heutigen Leh- 
ren, abgesehen, dass er bei der Extraktion es für noth- 
wendig hielt, den Kindskörper nach vom an die Vorder- 
fläche der Symphyse zu ziehen. Durch Hervordrücken 
des Oberkiefers glaubte er die Flexion zu erleichtem. 
Dagegen empfahl er nicht den Zug an den Schultem 
nach der Mauric eau'schen Methode. 



251 






m 



Bei Beschreibung des Verlaufes der dritten Periode 
alinte er die Crede'sche Methode vor, wie es sich aus 

der folgenden Erörtenmg ergibt; 

„Sollte eine ungewöhnliche Verzögerung eintreten, 
so kann der Arzt die Kontraktion des Uterus erleichtern 
dnrch Vermittehmg der relaxierten Wände des Bauches, 
indem er den t'undus uteri mit festem HandgrifiF und so 
das ganze Organ abwärts in das Becken drückt. Diese 
Herabbewegung des Uterus, vereint mit dem Druck, er- 
regt gewöhnlich die Kontraktion seiner Muskelfasern und 
gibt uns gleicherweise, wie seine Härte und Starrheit 
eiiie Ueberzeugong von dem Herabrücke]i der Placeuta*. 
Bei der Erörterung der geburtshülflichen Operatio- 

en sprach er geringschätzig über die Wendimg auf die 
Füsse, indem er eine übertriebene Furcht vor dieser 
Schwierigkeit hegte, dagegen hielt er streng auf Ver- 
besserung der Kopfstellung. 

Besonderes Gewicht legte er auf das Studium der 
Zange und ihre Indikationen und gab vortreffliche Vor- 
schriften für ihren Gebrauch, Er rieth ihre Anlegung 
im queren Durchmesser im Beckeneingang und möghchst 
an den Seiten des Kopfes» Bei der Stellung mit rtlck- 

arts gerichtetem Hinterhaupt rieth er vor der Zangen- 
egung die Stellung manuell zu verbessern. Wenn ein 
solches Manöver nicht angängig war, legte er die Zange 
an die Seiten des Kopfes an und rotierte das Hinterhaupt 
in die Kreuzbeiuhöhle, wenn die Entbindmig in der ge- 
wöhnlichen Weise bewirkt werden sollte. Er war ein 
eifriger Anhänger der Zange und zog sie allen anderen 
Operationen vor, abgesehen von den Fällen, wenn der 
Kindskopf über dem Beckeneingaug pendelt und wo kein 
ernstes Hindemiss für den Durchtritt bestand. Für die 
Eraniotomie empfahl er die spezielle Form einer Scheere 
und für die Herauszieliuug des perforierten Kopfes einen 
Compressor cranii, eine Modifikation von der Baude- 

[oc quetschen Cephalotribe. Unerbittlich verurtheilte er die 




252 

Symphyseotomie und betrachtete den Kaiserschnitt nur 
zulässig bei absoluter Indikation und nur unter den Um- 
ständen, welche die frühzeitige Einleitung des Abortes 
nöthig machten. Auf der andern Seite war er sehr ein- 
genommen für die künstliche Frühgeburt in ausgewähl- 
ten Fällen. Mit grosser Sorgfalt beschäftigte er sich 
mit den fehlerhaften Varietäten der Kopfstellungen, Vor- 
derhaupt, Stirn und Gesicht. In dem ersteren Fall em- 
pfahl er eine Flexion durch einen aufwärts gerichteten 
Druck auf die Kiefer und, wenn nöthig, durch Einfüh- 
rung der ganzen Hand und Zug auf das Hinterhaupt. 
Seine Auffassung der Gesichtslagen war weniger befrie- 
digend, indem er glaubte, dass ein spontaner Geburts- 
verlauf nur möglich sei, wenn der Kopf klein und das 
Becken weit sei. Demgemäss hielt er an der Nothwen- 
digkeit der Wendung bei Scheitellagen fest. 

Seine Behauptungen über Querlagen und enge Becken 
waren sehr fehlerhaft, indem er die Schwierigkeit der 
Wendung in ihnen übertrieb und die Häufigkeit der Becken- 
enge unterschätzte. 

Er war ein ausgesprochener Gegner des Gebrauches 
der Anaesthetica bei normalen Geburten, von dem accou- 
chement force bei Eklampsie imd von der kontagiösen 
Natur des Puerperalfiebers. Er opponierte scharf der 
operativen Behandlung bei Extraxiterinschwangerschaft, 
obwohl er doch seltsamer Weise die Laparotomie in ge- 
wissen Fällen von XJterusruptur billigte. 

Trotz dieser und anderer Fehler kann man sein Buch 
mit dem Eindruck lesen, dass es auf persönliche Erfahrung 
eines genauen Beobachters gegründet ist und nicht eine 
blosse Kompilation. 

Hugh Lenox Hodge war geboren in Phila- 
delphia im Jahre 1796. Er war ein Sohn von Dr Hugh 
Hodge. 22 Jahre alt wurde er in der Universität von 
Pennsylvanien promoviert, 1818. Sodann kam er als 
Arzt nach Indien auf einem KaufiFahrteischiflf, in der 



253 



Hol&imig, dort Mittel für die Fortsetzimg seiner Studien 
in Europa zu findeu. Dies gelang üuu nicht, aber er 
sah damals in Indien viele Fälle von asiatischer Cholera, 
eine Erfahrung, welche ihm zu Statten kam, als später 
Philadelphia von dieser Krankheit ergriffen wurde. 

Zuerst wandte er seine Aufmerksamkeit der Ana- 
tomie und der Chirurgie zu und 1821 gab er Privatkurse 
über diese Gegenstände, Er setzte dies mehrere Jahre 
fort, bis die Krliuklichkeit von James und Deweea 
ihm zeigte, dass sich ihm eine Aussicht für Geburtshülfe 
eröfl&iete, wenn er sich diesem Zweig zuwäude. Bald 
wurde er zum Geburtshelfer des Hospitals in Pensylva- 
nien gewälilt, eine Stellimg, welche er behielt, bis die- 
selbe eingezogen wurde. Nach dem Rücktritt von De- 
wees, 1835, wurde Hodge zum Professor der Geburts- 
hiüfe an der Universität von Pennsylvanien gewählt nach 
einem aufregenden Streit mit M e i g s , welcher denselben 
Platz wünschte. Er behielt die Stelle bis 1861, als 
Kränklichkeit ihn zum Rücktritt bestimmte. Er starb 
1873, fast ganz blind. Er verfasste trotz des mangeln- 
den Augenlichtes sein Buch und diktierte es einem 
Amanuensis* 

Hodge war ein erfolgreicher Lehrer und Arzt, und 
obwohl er nicht brillante Geschicklichkeit besass, machte 
seine Wirksamkeit Eindruck auf die amerikanisehe 
Medicin, 



Litteratur: On the non-contagiousness of puer- 
peral fever. An introductory lecture, Phil, 1852, pp, 32- 

— On the diseases pecuHar to women, including displa- 
cements of the utems. Phil, 1860, 2 Ed, 1868, — The 
principies and practice of obstetrics, Hlustrated with 
159 lithographic figures from original photographs, with 

^numerous woodcuts, Phil, 1864, liew printing 1866* 

— Foeticide or crimina! abortaon, Phii 1869, — Zahl- 
reiche Journal- Artikel m den Zeitschriften, Für * 
Biographie : William Goodell. Memoir of Hu^ 




254 



Hodge, M. D. LL, B. Phil. 1874, pp. 19, - R. A. F. 
Penrose. Di&coursa comemorative of the life and char 
racter of Hugh L. Hodge* Phil. 187B. pp. 31. 

§^ 74. 

Henry Miller, 

18Q0-1874. 

Das Hauptinterease, welches aich an die Person von 
Miller knöpft, liegt darin, dass sein Werk über Ge- 
burtshülfe das erste war, welches in dem Westen der 
Allegany*schen Berge erschien, 1849 schrieb er seine 
theoretische und praktische Abhandlung über die Geburt 
des Menschen, aber sie fand nur eine beschränkte Ver* 
breitnng, da die Verlagsfirraa in Konkurs gerietb* 1858 
arbeitete er an einem ^össeren Werk „The principles 
and practice of obstetrics", welches sich gröastentheüs 
an die Behandlung von Duboia anlehnte. Das Mil- 
ler 'sehe Werk war eine geschickte Wiedergabe von ge- 
bräuchlichen geburtshülflichen Lehren, aber es war we- 
niger gut als die Handbücher der berühmten Geburts- 
helfer von Philadelphia. Sein Hauptruhm lag in dem 
Kapitel des Abortes, dessen Ursache er vornehmlich auf 
eine Endometritis zurückführte. Im Gegensatz zu Whi- 
te h e a d betonte er, daas Krankheiten des Uterus- Körpers 
mehr Einfluss ausübten, als die der Cervix allein und er 
schlug dafür demgemässe Masare geln vor. 

Seine Lehren über den Geburtsverlauf waren sehr 
fehlerhaft, indem er der ersten Periode nicht mehr als 
12 — 14 Stunden zuschrieb und Punktionen der cerviit 
aiirieth, wenn der Uterus träge war, oder die Weichtheile 
resistent und geschwollen waren. Auf der andern Seita 
war er ein grosser Freimd der Anwendung der Anaesthe- 
*»d er rühmte sich, die Anwendung zuerst bei nor- 
lurten im Westen gemacht zu haben. 
'.n sichten über Becken enge waren fehlerhaft 
dieser Gegenstand nimmt bei ihm nicht ein- 



I 



255 



mal eine Seite ein. Dasselbe musB gesagt werden Yon 
seinen Lehren über Querlagen^ indem er glaubte, dasa 
diese Lagen sich häufig von selbst besserten. Die Wen- 
dung auf die Füsse hielt er für gefährlich und schwierige 
doch empfahl er die Wendung auf den Kopf, wo das nur 
möglich wäre, 

Miller war geboren m Glasgow im Jahr 1800. 
Er hatte nicht die Vortheile eines College genossen und 
wurde 1821 an der Universität von Pennsylvanien promo- 
viert. Später 20g er nach Louisville in Kentucky und 
wurde zum Professor der Geburtshülfe und Kinderkrank- 
heiten gemacht bei der medicini sehen Schule dortselbst, 
eine Stellung, welche er 23 Jahre lang behielt, bis er 
zurücktrat. 1867 kehrte er zu der Fakultät zurück, in- 
fiem er sich dem Lehrstuhl der Frauenkrankheiten zu- 
wandte. Er starb 1874. 

Miller erscheint uns als kein besonderer Kopf und 
ebenso war er kein grosser Schriftsteller, doch war er 
ein zuverlässiger Lehrer und spielte in der Entwicke- 
lung der medicinischen Institute des Westens eine Bolle. 

Litteratur: A theoretical and practicaJ treatise 
on human parturition* Ciucinnati. 1849. pp. 463* — - 
Lectures ou inflammation and ulceration of the cervix 
uteri. Louisville. 1855. pp. 71. -■ The principles and 
practice of obstetrics. Including the treatmeut of chronic 
inflammation of the uterus, cousidered as a frequent cause 
öf abortion. Pbilad. 1858* pp. 624* — Conf. biogr. Memoir 
of Henry JUillen M» D* Trans* amer. med, assoc. 1875. 26. 



8^ 75. 

Warringtoüt Tucker, Neill, Smith und Cock^ 

Zwischen den Jahi'eu 1842 bis 1853 erschienen vier 
kleine Werke, welche das ganze Gebiet der Geburtshülfe 
timtassten. Am verbreitete ten von diesen war der „Ob- 
ätetrical catechism of Dr Joseph W a r r i n g t o n **, 
welcher 1 842 erschien. Warringtou hielt einen Priv 




256 



turs über Geburtsbülfe ab, welcher bei den Studenteml 
sehr beliebt war und veröffentlichte ein Bucb, welches! 
in einer Reihe von Fragen und Antworten bestand, umj 
ihro Studien zu erleichtern, es sollte ihnen nur als Äuf-i 
fiischung des Gedächtnisses dienen* 

1848 veröffentlichte David H. Tucker, Prof J 
der Medicin und früherer Lehrer der Geburtsbülfe an dem! 
Franklin MedicaJ College of Philadelphia ein kleines Werk 
unter dem Titel i,The elements of the principles and 
practice of midwiferj" , welches auch dieses Gebiet 
einer knappen aber mageren Form behandelte. Das ein-^J 
zige Interesse, was sieb daran anlaiiipfte, war die Her- 
vorhebung der Bedeutung der Beckenenge, denn als wah- 
rer Prophet sagte er voraus, dasa bei dem Wachstbnml 
der Bevölkerung und bei Zunahme der Armutb die Häu- 
figkeit der Beckenenge zunehmen vrerde. 

In demselben Jahr bereiteten J. Neill und F, Gj 
Smith von Philadelphia ein kleines Handbuch der Ge- 
burtsbülfe vor, welches einen Theil eines analytischen Com- 
pendiums der verschiedenen Zweige der Medicin bildete,! 
Dieses Werk, welches namentlich für die Examensvorhe-| 
reitnng der Studenten bestimmt war, war nur eine Com- 
pilation und darf nicht Anspruch machen auf Originalität 

1853 veröffentlichte Thomas F, Cock von New- 
York ein „Manual of Obstetrics*'. Dieses kleine Werk! 
von 250 Seiten war eine Wiedergabe der Vorlesnngenl 
von Prof. G. R. Gilman der Gesellschaft der Äerzte von! 
New- York und hatte nur wenig Werth- 

T^tteratur: Cock, Thomas, F, A raanual ol 
* New-York, 1853. pp. 250. — Neill, JJ 
a , P. G, Ä handbook of obstetrics, being ] 
t analytieal compend of the various brancheg 
\ Philad. i748.pp. 113* — Tucker, D. 
he principles and practice of obstetric* Phila*! 
t, pp, 405* ^ Warrington, J. The ob-l 
Ism. Phüad, 1842. pp. 360, 1853. pp. 445j 



257 



§. 76. 
6 o n n i n g S. B t? d f o r d, 

1806—1870. 

Bedford's erstes lifcterarisches Unternehuien war 
ie englische Uebersetzimg von der Baudeioc quetschen 
bhandliing über die ptierperale Peritonitis in dem Jahre 
1831, dann folgte 1844 die Uebersetzimg von Chaill/g 
Werk über Geburtshülfe. 1855 verötfentliclite er seine 
klinischen Vorlesungen über Frauen- und Kinderkrank- 
heiten und im Jahr 1861 seine „Principlea and practica 
of obstetrics", welche eine weite Verbreitung genossen 
imd zahlreiche Neuauflagen erlebten* 

Das letzte Werk kann nicht besonders empfohlen 
w^erden, weil es auffallend wortreich ist und kein Aus- 
druck der eigenen Erfahnmg des Autors, In derselben 
Zeit gab er eine sehr gute Darlegung aber den Geburta- 
mechanismus und lehrte, dass die Lagen mit hinterwärts 
gerichtetem Hinterhaupt gewölmlich spontan mit einer 
Rotation nach vorne enden, B e d f o r d zählte die 
Scheitel- und Gesichtslagen und einige Varietäten von 
Steisslagen unter die Normallagen, aber er sagte nichts 
ober die Unmöglichkeit der Entbindung, wenn das Kinn 
Each der Kreuzbeinaushöhlung gerichtet ist. Nur wenig 
Aufmerksamkeit schenkte er den Beckenfehlem und gab 
keine Anfeeichnungen über ihre Häufigkeit, auch waren 
mne Vorschriften für ihre Diagnose sehr fehlerhaft* 
Seine Aufstellungen über Extraut erinschwangeracbaft wa- 
rm gleichfalls nicht korrekt, indem er die ovarielle 
Schwangerschaft für selur hliufig hielt und die Einpflan- 

Kng des Eies in der Tube für häufiger ans ah » als die 
tiiGlihühlenscbwangerschaft, Einen operativen Eingriff 
cb dem Tode des Kindes billigte er, wenn eine sichere 
iagnose gemacht wäre. 

Auf der anderen Seite muss bemerkt werden, dass 
eine Ansichten über Eklampsie mit den gegenwärtigen 




258 

Anschauungen übereinstimmten, da er die Biankheit nicht 
als blosse Manifestation von Albuminurie und Nephritis 
betrachtete, sondern als Ausdruck einer Toxämie. Die 
Läsionen hielt er in einigen Dingen nur für sekundär. 
Bei dieser Ansicht empfahl er wennmöglich eine prophy- 
laktische Behandlung und bei ausgesprochener Biankheit 
rasche Entbindung und Aderlass. Dabei stellte er fest, 
dass in einigen FäUen seiner Beobachtung auch das Kind 
eklamptische Krämpfe hatte. 

Er theilte regelwidrige Geburten in manuale und 
instrumentale ein, je nachdem die Entbindung allein durch 
die Hand oder mit Hülfe von Instrumenten bewirkt sei 
und unter den ersteren schloss er Nabelschnurvorfall, 
Placenta praevia, Blutungen, Eklampsie, fehlerhafte La- 
gen des Kopfes ein. Er hatte eine übertriebene Vor- 
stellung von den Gefahren und den Schwierigkeiten der 
Wendung und machte nur selten Gebrauch davon. Er 
war sehr vorsichtig mit der Empfehlung der Zange und 
glaubte, dass die Zange zu oft angelegt werde. Die An- 
legung an die Seiten des Kopfes hielt er für nöthig und 
bei hohen KopiBagen betrachtete er die Anlegung als ge- 
fährlich, und zog die Wendung vor, wenn Beckenenge 
vorlag. 

Er hob die ausserordentliche Sterblichkeit nach Kai- 
serschnittoperationen hervor und erklärte diese Operation 
nur als letztes Aushülfsmittel und bei absoluter Indikation. 
Auch müsste man die Operation frühzeitig und nicht bei 
erschöpften Kreissenden machen. Für alle anderen Fälle 
war er ein enthusiastischer Freund der künstlichen Früh- 
geburt, vorausgesetzt, dass die vorherige Anamnese die 
Möglichkeit eines lebenden Kindes sicher gestellt hätte. 

Vorsichtig war er in der Empfehlung der Anaesthe- 
tica imd schränkte sie auf Operationen und krampfhafte 
Leiden ein. 

Bedford war 1806 in Baltimore geboren und er- 
hielt seine Vorbildung in dem St. Mary's College in Ma- 



259 

ryland. 1829 wurde er in dem Kutger'sclien Medical 
College von New- York promoviert, später machte er Rei- 
sen. Bald nach seiner Rückkehr wurde er 1833 als Pro- 
fessor der GeburtshOlfe und Kinderkrankheiten gewählt 
in Charleston in Süd Carolina und später nahm er eine 
ähnliche Stelle in Albany an. Gelegentlich kam er nach 
New- York und betheiligte sich an der Organisation des 
TJniversity Medical College, an welchem er die Professur 
erhielt, bis zu dem Jahre 1862, wo er wegen Kränk- 
Kchkeit zurücktrat. Er starb 5. September 1870, 84 
Jahre alt. 

Litteratur: Uebersetzung von der Baudelocque- 
schen Schrift ^Behandlung der pueqDeralen Peritonitis". 
New- York. 1831. — Uebersetzung von Chailly's „Prak- 
tische Behandlung der Geburtshülfe. New- York 1844. 
3 Ed. 1845. — Clinical lectures on the diseases of 
women and children. New- York 1855. 9 Ed. 1876. — 
Principles and practice of obstetrics. New- York. 1861. 
8 Ed. 1882 und zahlreiche Joumalartikel. — Seine 
Biographie: New- York Medical Record. 1870. V. 

§. 77. 

Werke von fremden Autoren. 

Die geburtshülfliche Litteratur, welche den ameri- 
kanischen Aerzten zugängig war, war keineswegs auf die 
vorerwähnten Werke beschränkt, denn von dem An- 
fang des Jahres 1796 an war jedes wichtige englische 
Werk wenige Monate nach seinem Erscheinen naohgt^- 
druckt. Nur einige Notizen und Verbesserungen lokiUon 
Ckarakters waren angefügt. Ausserdem wurden manche 
der werthvollen französischen Werke ilbersotzt, aber selt- 
samerweise war es nicht der gleiche Kall mit den deut- 
schen Werken bis zum Jahre 18(50. l>enigoniäss war 
vor dem Erscheinen des D e w o e s 'schon rompomliums 
der Arzt auf Nachdrucke der Werke von SmoUio, U 



260 



milton, B urns, De um an tind auf die Hea t h*sch©j 
IJebeTsetzung von Baudelocque angewiesen. 

Diese Gewolinlieit hörte nicht auf bei der Entwicke- 1 
lung einer bestimmten lokalen Litteratnr nnd somit wa 
ein bereiter Absatz flir fremden Nachdruck, sowie 
die Werke von Fleetwood Churchill, gefunden^ 
Deshalb schien es mir interessant und nütsdich, eine 
möglichst vollständige Liste von den Werken dieser Ärfcj 
zu bringen, weil nur daraus die Beeinflui^simgen der ame- 
rikanischen Geburtshelfer ersehen werden können* Einl 
Blick in die angefügte chronologische Liste zeigte dassj 
offenbar das erste Werk, welches nachgedmckt wurde,! 
das Buch von Edward R i g b y war: „Essaj npon thaj 
hemorrhage which precedes the delivery of tbe füll grownl 
foetus'*. Unglücklicherweise war die einzige Kopie, welche] 
zu erhalten war, die dritte Ausgabe von 1786, so daasj 
ein genaues Datum von dem ersten Erscheinen nicht ge- 
geben werden kann, aber, da das Original im Jahre 17761 
geschrieben war, ist es wahrscheinlich, dass es in demj 
Jahr der Revolution erschienen ist* 

Es folgte nun 1786 eine Wiederauflage von Smel- 
lie*s anatomischen Tafeln durch J* Norman aus Boston, 
der sein Werk der Massachusetts Medical Society wid- 
mete. Die T afehl waren sorgfältig ausgeführt und tiber- 
treffen diejenigen der bUligen Ausgabe des Smellie-I 
sehen Werkes. 

Von dieser Zeit an ging kaum ein Jahr vorüber,] 
ohne dass ein iremdea Werk gedruckt wurde, einige so- 
gar in mehreren Auflagen, so dass offenbar im Verein] 
mit der örtlichen Prodnktion der amerikanische ArztJ 
keinen Mangel an geburtshülflicber Litteratur litt. 

§. 78. 

n hrou olo giu eil e Reihenfolge von den vor deml 
re 1860 in Amerika erächienenen gebnrti- 
hül fliehen Abdrücken. 

iby, Edward. An essay on the uterina he* 



morrhage wliich precedes the delivery* Phüad. 1786. 
S Ed. ^ S m e 1 1 i e , Wi 1 1 i am. An abridgement of 
the practice of midwifery and a set of anatomicaJ tab- 

les ^ith explauations. Bostoti» 1786. — Ä set o£ ana- 
tomical tables etc. Worcester. Massachusetts 1793, -- 
Hamilton, Alexander. Outlines of the theory 
ajad practice of midwifeiy, Phüad. 1790, Northampton 
1797. — White, Charles. A treatise on the ma- 
ßagement of pregnant and Ijing- in women etc. Worce- 
ster* 1793, — Aristo tle, T* The experienced mid- 
wife, absoluteiy necessary for ßurgeons, midwifes, 
nurses aud childbearing women. Philad* 1799.— Den- 
m a n , Thomas, Introduction to the practice of mid- 
wifery, Bepiinted, 1802 and 1829. — Denman's 
Aphorisms on the use and appücation of forceps etc. 
Ist American editiom Philad. 1803. Boston 1822* — 
The obstetrical remembrances, on aphorisms on natu- 
ral and dif ficult parturition etc. Äugmented by Michael 
Ryan. 1 Amer. Ed., with additions by Thomas F. Cock, 
New- York, 1S4S, — Johnson, Robert W. Friendly 
cautions to the heads of families and others, very 
necessary to be observed in order to preserve health 
and long Üfe, etc. 1 Ämer. Ed. Philad. 1804. — Bou- 
d e 1 o c q 11 e .T. Lt An abridgement of Mr. Heath's trans- 
ktion of Bandelocque's mid^dfery, with notes by W, P, 
Dewees- Phüad, 1807. 3 Ei 1823. — Burns, John. 
The anatomy of the gravid uterns etc. Salem 1808, — 
Observations on abortion. New-York, 1808,. 2 Ed. 1809. 
— Obstetrical works, Anatomy of the gravid uterns, 
Observations on abortion and practical observ, on the 
literine hemoiThage, New-York. 1809. — The princip- 
bs of midwifery, with notes by N, Chapman, Philad, 
1810. 8 Ed. 1839. — Merriman, Samuel. A sy- 
nopsis of the various kinds of difficnlt parturition etc. 
With notes and editions by Thomas C, James. 2 Amer, 
EfL 1817. — The London practice of midwifery, or a 
mannal for atndents etc, London. New-York, 4 Ed, 
1820, — Bamsbo tham, J, Practical observ, in midw. 
ttd notes by W. R Dewees, Philad, 1822, — Arm- 





26B 



gtrong, John* Facta and observ, relat. to the fever com- 
monly called puerperal* etc» Phüad. 1826, ^Matin, 
X Compendium of operative midwifery. New-York* 
1828. Amauuel of practical obstetricB. From the French 
by S, D. Gross. Phüad. 1828. — Baiidelocque, C. 
Ä. Trait6 de la peritonite puerperale, ouvrage coiu^onne. 
Translated by G. S, Bedford, N.-Y. 183L ^"- Velpeau, 
A. A. L, M» An elenientary treatise on midwifery ; or prin- 
ciples of tokology and embryology. Translated by C, D, 
Meigs. PMIad. 1831. — A complete treatise on the ob- 
stetric art etc. Additions by William BjT-d Page, Philadp 
1852. — Gooch, Eobert. A practical compendium of 
midwifery etc. Prepared for publication by Geo Skinner, 
Philad. 1832, 2nd ed. 18S5, 4th. ed. Philad. 1849. — ■ 
M ay g r i e r , J a c q u e s , P i e r r e. Midwifery iUnstrated, ™ 
Translated from the French with notes by A. Sidney 
Doane. New-York 1833. — 3d ed. New- York 1834. ^ 
Blundell, James. The principle and practice of 
obstetricy, as at present taught. (To which are added 
notes and illustrations by Thomas Castle.) Washingt.on 
1834. — Lectures on the principles and practice of mid- 
wifery. Pliilad. 1842. — Coli ins, Eobert. A prac- 
tical treatise on midwifery, containing the results of 
16,654 birtha, occnrring in the Dublin Lying- in Hospital 
durin g a period of seven years, commencing with 1826^ 
Philad. 1838 and Boston 184L — Churchill, Fleet-B 
wo od. Observations on the diseases iucident to preg- ™ 
naney and childbed. Philad. 1839 and 1840. ^ On the 
theory and practice of midwifery, witb notes and ad- 
ditions by Robert M. Huston. Philad. 1843, 2nd ed. 1846, 
3rd ed. 1848. — With additions by D, P. Condie. Philad. 
1855, 1857, 1858, 1860, 1862 and 1865, — M on t g o- _ 
mery, Wm. F. An exposition of tiie signs and symp-Ä 
toms of pregnancy, the period of gestation and the signs 
of delivery. Philad. 1839, 2nd ed." 1841. — Same from 
2nd. London ed. Philad. 1857. — Rigby, E. A system 
of midwifeTy. Philad. 1841, 2nd. ed. 1851, — Rams- 
b o t h a m , F. H. The principles and practice of obstetric 
edicine and surgery, in reference to the process of pa 



263 



turition. Ist Amer. ed. Philad. 1842. 2nd edition 1843. 
— A new edition from the enlarged and revised English 
edition. Phüad. 1845. 4th. ed. 1847. 5th. ed. 1849. — 
Same with notes and additions by Wm. V. Keating, Phi- 
ladelphia 1855, new ed. 1861. — Lee, Robert. On 
puerperal fever and crural phlebitis. With an intro- 
ductionary essay by Chas. D. Meigs. Philad. 1842. — 
Lectures on the theory and practice of midwif ery. Philad. 
1844. — Clinical midwif ery, comprising the histories of 
549 cases of difficult, pretematural and complicated 
labors with commentaries. Ist. Amer. ed. from 2nd Lon- 
don ed., Philad. 1849. — Kenedy, Evory. Obser- 
vations on obstetric auscultation etc. with an appendix 
containing legal notes by John Smith, Esq. With notes 
and additional illustrations by Isaak E. Taylor, M. D. 
New-York 1843. — Chailly, Honore. N. C, Trait6 
pratique de l'art des accouchements. Translated from 
the French and edited by G. S. Bedford, New-York 1844, 
2nd. ed. 1845, 3rd. ed. 1846. — Spratt, G. Obstetric 
tables, comprising graphic illustrations with descriptive 
and practical remarks; exhibiting on dissected plates 
many important subjects in midwifery. Philad. 1847 and 
1850. — Simpson, James, Y. Remarks on the su- 
perinduction of anaesthesia and natural and morbid par- 
turition, with cases illustrative of the use and effects of 
Chloroform in obstetrical practice. Boston 1848. — No- 
tice of a new anaesthetic agent as a Substitute for sul- 
phuric ether in surgery and midwifery. New-York 1848. 
Anaestesia, or the employment of Chloroform and ether 
in surgery, midwifery etc. Phüad. 1849. — The obstetric 
memoirs and contributions of. Edited by W. 0. Priestley 
and H. R. Storer. 2 vol. Philad. 1855—56. — Smith, 
W., Tyler. Parturition, and the principles and practice 
of obstetrics. Philad, 1849. — The modern practice of 
midwifery. With an introductory lecture on the history 
of the art of midwifery and copious practical annotations, 
by Augustus K. Gardiner. 2nd. ed. New-York 1858. 
Pajot, Charles. Obstetric tables. Translated from 
the French and arranged by 0. A. Crenshan and J. B. 



264 



McCaw* With three additional tables ob the mecha- 

nisiii of natural, imnatural and eomplex labon By K 
P* Äice. fol Riclmiond Va, 1S56. — 



§^ 79. 

EückLlick 



4 



Ein Rückblick auf den Zeitraum der Jahre 1840 
Ifl 1860 lässt uns in erfreulicher Weise das Streben er- 
mnnen, das Fach der Geburtshülfe zu einer den anderen^ 
Zweigen der Medicin gleichwerthigen Stellung zu erheb^n^ 
Für daa Studium der Chirurgie war man von Alters her 
gewohnt^ besondere staatliche Unterstützimg zu bean- 
Bprucheii, der Pflege der Geburtshülfe war der Weg we« 
niger leicht gemacht. Der Satz, dass die Äiisübung der 
Geburtshülfe eine besondere Kunst sei, welche man nicht 
nebenbei als Zubehör der Chirurgie erlernen könne, fand 
bei Manchen wenig Verstirndniss, Wa^ die praktische 
GeburtahQlfe für das allgemeine Volkswohl leisten kann, 
Jas bat sicli erst spute r herausgestellt. Bis dahin schien 
eine Hünderstellung des Faches der Geburtshülfe Vielen« 
©ine unberüchtigto Forderung. ^ 

Im Kampfe gegen solche Vonirtbeile , welche der 
Geburtshülfe aus der früheren Zeit überkommen waren, 
aahen wir in dem vorliegenden Zeitraum Manchen unserer 
Fachgenossen begriffen, und mit Stolz dürfen wir fest- 
steUen, dass sie trotz entgegenstehender Hindernisse den- 
noch unbeirrt den Muth aufrecht zu halten gewusst haben. 
Gerade in der Geburtshülfe, wt> sich, wie in keinem an- 
(leren Zweige der Medicin, die Folgen verstaudnissloser 
Einflüsse so drastisch zu rächen pflegen, durften die Ver- 
-^r unseres Faches bei den betheiligten Behörden mit 
111 Entgegenkommen auf ihre Wünsche erhoffen, 
*ch hat es lüerin oft gefehlt ! Diese Hemmnisse 
:)erllcksichtigen, wenn man die Arbeiten der Ge* 
der Jalire 1840—1860 gerecht beurtheilen will, 
üDchen kleineren Kliniken Deutschlands 



265 



man bemülit, die Vorzüge der eiigliachen mid der fran- 
zösischen Geburtshülfe mit den deutschen Grundsätzen zu 
vereinen. Diesem Bestrehen entsprangen viele Utterari- 
ache MittheilungeUi welche darauf hinausHefen, die An- 
schauungen der berufenen Vertreter des Faches in kasuisti- 
schen Beiträgen an ihrem klinischen Material in das richtige 
Licht zu stellen* Die „Neue Zeitschrift für Gehurts- 
kunde", damals ein Sammelpunkt von Allem, was sich 
in unserer Fachwissenschaft als hemerkenswerth hervor- 
gethan hatte, enthielt viele Mittheilimgen dieser Alt. 
Die umständliche Breite dieser Mittheilungen^ welche sich 
besonders im Anfang der 40er Jahre zeigte, entsprach 
den Gewohnheiten der damaligen Zeit. Jedenfalls liefer- 
ten sie lehrreiches Material für die wissenschaffchche Be 
obachtungsgabe der Autoren, und dieser Austausch ihrer 
Beobachtungen kam in viel gelesenen Zeitschriften zu 
allgemeiner Kenntniss der Praktiker. Nebenbei sorgten 
alljährliche Kongresse der Aerzte für Ausgleichnng ver- 
schiedenartiger Meinungen. Für die Kenntnis^ der fremden 
Litter atur konnte man in den Fach Journalen viel Beleh- 
rung finden^ man war emsig bestrebt, die von dem Aus- 
land überkommenen Fortschritte des Faches auf Deutsch- 
d hinüberzu pflanzen. 
In Frankreich hatte die Geburtshülfe bis zu Ende 
der 30er Jahre ganz unter dem Einfluss von Baudeloc- 
q u ersehen Lehren gestanden. Allgemach kam man dort 
zu der Einsicht, dass seine Anschauungen in manchen 
Beziehungen verbesserungsbedürftig seien. Seine Yor- 
Schriften über den Geh rauch der langen Zange, die Em- 
pfehlung des Hebels, die Uebertreibung der GefahrHch- 
keit der Gesichtslagen, das Vonirtheil gegen die künst- 
liche Frühgeburt — alle diese Punkte waren einige von 
denen, welche nach den Anschauungen der Neuzeit an- 
fechtbar waren. Dabei begann unter dem Einfluss aus- 
wärtiger Erfolge die Einsicht aufzudämmern, dass difl 
^Lßorge für die Hygiene der Gebäranstalten bis jetzt 



^^land 



vernachlässigter Zweig ärztlicher Thätigkeit sei, und da- 
rin hatte selbst Baudelocque weni^ erreicht und er- 
strebt. Die frühere Kichtung der geburtshillflichen For- 
schung hatte sich hauptsächlich auf die Verbesserung opera- 
tiv-technischer Fragen erstreckt, dagegen fanden werth- 
YoUe französische Forschungen über die Physiologie der 
Schwangerschaft nur sehr spät die gehörige Beach- 
tung. 

Die Litteratnr dieses Zeitraumes zeigt dem Leser in 
vielen Dingen die Gahrung, in welcher sich die wissen- 
schaftliche Entwickelung unseres Faches befand, überall 
das Bestreben, mit veralteten Anschamingen zu brechen 
und andrerseits das einstweilen noch fruchtlose Verlangen, 
dem Fortschritt weitere erreichbare Ziele zu stellen. Er- 
schwerend für den Austausch wissenschaftlicher Erfah- 
rungen erwies sich auch der Mangel eines angesehenen 
Fachjoumals, welches von dem all^irenaeüien Vertrauen 
getragen wurde. Viele geburtshülfliche Mittheilungen 
fanden sich in verscliieden artigen Zeitschriften Eeratreut, 
und ihre Einwirkung auf weitere Kreise wurde dadurch 
erheblich abgeschwächt. In dem deutschen Nachbarlaude 
war es mit der Organisation der Fachjournale schon 
früher viel besser besteOt. 

In England ging die Ausübung der Geburtshülfe wie 
früher, in der den Landesgewohnheiten entsprechenden 
Weise, in langsamen Fortschritten weiter. Kollegiale 
Zusammenkünfte und einige örtliche Journale vermittel- 
ten den Austausch gegenseitiger Erfahnmgen und zahl- 
reiche kasuistische Mittheilungen Uessen erkennen, dass 
die Mehrzahl der dortigen Geburtshelfer nnbeeinflusst von 
den Einwirkungen des Festlandes an den früheren Gnmd- 
Batzen des Landes festhielt* Nur einige hervorragende 
"- wie Simpson, konnten sich gestatten, der 1 an- 
Tradition entgegen, für die Therapie neue 
tii und Alles, was darin von ihnen ge- 
(g ein eminent praktisches Gepräge» 



I 



267 

Grössere theoretische Ausführungen und eindringende 
physiologische Erörterungen fanden in England wenig 
Boden, diese Gebiete blieben, wie früher, deutscher Er- 
örterung überlassen. 

Nach alledem gewinnen wir aus den Arbeiten der 
Jahre 1840 — 1860 den wohlthuenden Eindruck einer neu 
aufstrebenden Fachwissenschaft. Freilich, wenn wir von 
der Simpson' sehen Erfindung des Chloroforms absehen, 
die unserer operativen Thätigkeit eine ungeahnte Erleich- 
terung brachte, so müssen wir eingestehen, dass der 
vorliegende Zeitraum vergleichsweise arm war an her- 
vorragenden Leistungen in der Geburtshülfe. In die Ent- 
wickelung dieses Zeitraumes brachte erst einen vollstän- 
digen Umschwung das Auftreten von Ignaz Philipp 
Semmelweis! 



LANE MEDICAL LIBRARY 



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|«AR 2 51 



S6Q 



Kl 



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Buchhandlung für Medizin und Naturwissenschaften. 



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1873. Mit 6 chromolithographiBchen Doppel- Tafeln in Mappe. (26.2a.) 
Herabgesetzter Preis M. 15. — . 

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jniLnaeil», >tf . A., ^^^ Untersuchungen. 2. Aufl. Hrsg. v. C. C. 
Litzmann. 1866. (M. 6.—.) M. 4.—. 

Paul, Th., Prof. Dr,DirectorimReiclisgesun(Uieit8amt, 

Die Bedeutung der Jonentheorle für die physiolog. Chemie. Vor- 
trag, geh. a. d. Versammlg. deutscher Naturforscher u. Aerzte zu Ham- 
burg. 1901. M. 2 Fig. i. T. M. 1.20. 

PflAiliAVAr IT Tiy Mittheilunnreu aus meiner 10jährigen ope- 

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Siebold ^ E. C. T., Dr, weih Profess, in Göttingen, 

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