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Full text of "Versuch einer Geschichte des böhmischen Handels: In besonderer Beziehung auf ..."

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••*. — 



Versuch 



einer 



Geschiclite des bShmischefl Handels, 

ia besonderer Beziehung auf die 

FIuss- Schiffahrt und das Commerzial - Strassen wesen ; ferner der 
Manufakturen und der so innig damit verbundenen Wissenschaften 
und Künste^ so wie des Berg-^ Münz-*, Finanz- und Zoliweselis 

aus der Periode der Pfemysliden^ dem Interregnum und den 
"* ^ nachfolgenden Lützelburgern. ' 



Gesammelt aus handschriftlichen Urkunden städtischer und obrigkeitlicher 
Archive, Gedenkbüchern und andern authe9tischen Geschichtswerken. 



Yerfasst und beransgegeben 
von 

F. L. H t B S € 



— «ewM**- 



Prag:, 1849. 



« » 



Drack der k«. k. Hofbuchdruckerei von Gottlieb Haasc Söhne. 



•* r 



\ 



* N 



Näher gerückt ist d«r Mensch an den Menschen.^ Enger \nrd um ihn, 
Reger ervviacht, es nmwälzt rascher sich in ihm die Welt; 
Sieh, da entbrennen . im feurigen Kampf die eifernden Kräfte; 
Gross'es wirket ihr Streit, Grosses wirket ihr Bund. 
' Tausend Hände belebt ein Geist, hoch schlägt iü tausend 
Brüsten, von einem Gefühle glühend, ein einziges Herz, ' 
Sciilägt für das Vaterland, und glüht für der Ahnen Gesetze, 
Hier auf ^ dem theuereh Grund ruht ihr verehrtes Gebein. 

Friedrick von Schiller, 






V 



/ 



Dem Wplgeboriten 



\ 



Herrn 



Karl Klnzllierg^er, 



KauFr und Fabriksherrn 



ID 



P r a s 



1 

sdnem geschätzten Freunde und Gönner 



widmet diese Blätter 



als ein Zeichen der tiefsten Verehrung 



der Verfassjer. 



639 






\- 



i. 



I« 



' V 



y 



V 






Einleitendes Vorwort 



Ua die Handlung nach der hentigen Staatsverfassung aller 
europäischen Staaten uVid Länder gewiss eine ihrer vornehmsten 
Grundveslen uüd die Qw^slte ihres Reichthums bildet, so biefremdet 
es mich sehr-, dass über eine so wichtige, unserem geistig aufle- 
benden Völerlande so höchst erspriessliche Wissenschaft nicht schon 
längst eine vollständige Geschichte erschienen ist. 

Die köiiigl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften und KüÄste , 
hat wol zwar schon im Jahre 1797 die Ausarbeitung einer Ge- 
schichte dös böhmischen Handels von der ältesten bis zur neuesten 
Zeit herab zvlt Preisaufgabe gemacht, allein da selbst nach einem 
Zeitraum, von beinahe vierzig Jahren diesen Preis Niemand zu er- 
ringen strebte^ ja selbst die im Jahre 1838 diesen Gegenstand be- 
treffende Aufmunterung bei unseren vaterländischen Schriftstejlern 
keinen Anklang fand, so gedieh bei mir der Entschluss zu> Reife, 
dieses so stiefmütterlich verlassene Feld, welches bisher so wüst 
gelegen, wo möglich- fruchtbringend zu bebauen. Ich bin zwar 
kein Gelehrter vom Fach, aber der Erfahrungssatz, dass der Archi- 
tekt über die Bauten und der Chemiker über die Dinge der Natur 
am sichersten Auskunft geben können, gab mir als einem prak- 
tischen Kaufmann die Bestimmung^ Geist und Hand an dieses Werk 
zu legen. , 

Um nun aber dieses vaterländische Werk so vollständig als 
nur immer möglich zu machen, habe ich mir zürn Ziel gesteckt, 



V 



nicht aUein die Geschichte des Handels^ sondern, auch die mit ihr 
so eng zusammenhängenden Künste und Gewerbe^ femer ^uch ihre 
darauf hinwirkenden Handarbeiten^ von ihrem Ursprünge an, nach 
der Stufenreihe ihrjBS Wachsthums bis zu dem erlangten Grade ihrer 
Vollkommenheit zu entwerfen, und hiemächst ihre besonderen Schick- 
sale, die sie zu unterschiedenen Zeiten' gehabt, in gewissen Ab- 
schnitten so sorgfältig als es die mir zu Gebote, stehenden Mate- 
rialien zuliessen, zu entwickeln suchen« 

Dass ich bei dieser Gelegenheit, die Kulturgeschichte der frü- 
heren Bewohner Böhmens — nämlich die dcT Bojen und Markoman- 
nen so wie die der Slawen im Allgemeinen -^ der vaterländischen 
oder vielmehr öechiächen Geschichte vorangeschickt habe^ war um 
so nothwendig^r, als sich nach der allgemeinen üibersicht die Kul- 
turgeschichte der später in das Bojen- oder Mai-kottiannenland ein- 
gewanderten Cecho-Slawen leichter und fasslicher dajstellen lässt- 

Gross und kühn war allerdings der yorgefasste Plan, und ich 
muss gestehen, dass mir im Verfolge dieser meiner Arbeit^ der Math 
immer mehr und mehr sank, zumal, da ich oft, trotz aller meiner 
Mühen, die vielen Lücken nicht immer so auszufüllen verjnochte, 
wie ich dies pla^ässig mir vorgenommen hatte. 

Diese im Anfange für mich so niederschlagende Unvermögen- 
heit wirkte indess in der Fplge wieder um so erhebender auf mich, 
wenn ich beim rastlosen Durchblättern grösser Folianten oft selbst 
auch nur geringfügige Andeutungen, ' welche auf die böhmische 
Kultur- und Handelsgeschichte Bezug hatten^ beuten konnte. 

Gewiss wird ein Je^er, der die Weitläufigkeit, und Mannig- 
faltigkeit dieses Stoffes übersieht, wol begreifen, welche Menge 
Bücher dazu erforderlich sind, um die zur Handlungs- ün^ Gew^erbs- 
geschichte nothwendigen und in tausend und abermal tausend Werken J 
und Handschriften versteckten Nachrichten aufzusuchen. . / 

Allen diesen Schwierigkeiten^ kräftigen Trotz, bietend, liess 
ich — zumal die Handelsgesc^ichle seit jeher meinen Geist mit einem 
unnennbaren Reiz gefesselt hielt, nichts unversucht, mit doppeltem 
Interesse und mit der grössten Unverdrossenheit und Ausdauer aus 



vn 

Handschriften und sonstigen Geschichtswerken^ deren ich in den 
Bibliotheken nur'immer habhaft werden konnte, Excerpta zn machen, 
wobei mir insbesondere anf meinen vieljfthrigen Geschäftsreisen im 
In- und Auslande so manches in mein Fach einschlagende Werk 
und manche werthvolle Urkunde iii die HSnde fielen. Ein gutes 
Geschick machte mich in der Universitäts-Bibliothek zn Prag mit 
Ilerrn Dr. Rudolf Glaser bekannt , durch dessen zuvorkommende 
Gute er mir daselbst ein hüUreicher ^Gönner fttr meine \historischen 
Forschungen aber den Handel unseres Vaterlandes geworden. Eben 
so unterstützend ))ezeigte sich mein biederer, uns Idder nur zu 
frühzeitig durjch den Tod entrissener Vaterlands- Freund Josef Ka- 
iina. Auch in der Museumsbibliothek fand ich viele treffliche 
Schätze«, alldn das Meiste^ was ich gesammelt^ und das hauptsSch-- 
lieh auf den böhmischen Handel und die .Gewerbe Bezug hat^ waren 
die noch so wenig' — ja man möchte sagen — unbenutzten Schätze 
des Prager Stadt-Archivs am altstädter Rathhause. Eben so gaben 
mir zur Ergänzung des vorliegenden Werkes die von mir in ganz 
früheren Jahren gesammelten Materialien^ welche ich zum Behiife 
einer industriell-merkantilischen Encyclopädie benutzte^ den besV- 
möglichsten Vorschub. Doch trotz allen diesen vielen vorhandenen 
CoUectaneen, die ich so midievoU zus(ammengebracht^ war doch 
immer - mein Pfad dornvoll zu nennen^ zumal ich weder Vorbild 
noch Vorarbeiter hatte. 

Wenn also in den hier angeführten Einzelnheiten Mängel vor- 
l^ommen sollten, so möge man bedenken, dass uns — namentlich 
ans dem X., XI, und Xu. Jahrb. — ein grosser Theil der wichtigsten 
Urkunden geraübt wurden^ ja viele sogar ganz vernichtet sind, 
demnach die verschiedenen Thatsachen sehr schwierig gesammelt 
werden mussten. Wo mich die Geschichte gänzlich verliess, da 
ihusste ich nothwendigerweise alle mir zu Gebote stehenden Hilfs-^ 
mittel suchen, und dieses wird man mir um so eher zu Gute halten^ 
weil insbesondere unter den alten ausländisclien Schriftstellern nicht 
ein einziger zu finden ist^ der auf das Vit. Jahrb. ausschliessend 
der eigentlichen öechen Erwähnung gethan hätte. Gewöhnlich wird 



r 



vin-. ,,■.:-•••■■ ■ . - _; 

iii allen ihten Werken di^elVatroii bald mU dem Namen ^Weriden^^ 
bald wieder mit der allgemeinen Benennung ^^Slawen^ bezeichnet 
Dies musste natürlicherweise eine Menge van Ungewissheiten, be- 
sonders in den hachherigen Zeiten hervorrufen^ zumal die Verwir- 
V rung dieser Volksstämme, die keine eigentlichen Geschichtschreiber 
hatten^ fremde Histcfrifcer in allethand Irrthümer verleiten musste. 
Die griechischen und röinisc}ien Schriftsteller, welche gar keinen 
unterschied zwischen dem allgemeinen Stamin-Name^ : „Slawen^^ 
und den eigentlichen ',96 eche^n^^ machen, haben uns nur ein grosses 
Chaos zu entwirren und lichten gelassen, und diese so arge-vals 
unverzeihliche Vermischung dieser in allem eng verbundenen Völker 
iBsst uns glauben., dass die Cechen nur zu oft Theil an den Thaten 
gehabt, welche man den Slawen zuschreibt, und gewiss ist* es aus 
ihren Verhältnissen au€h wahrscheinlich, dass alle ' jene Völker, 
welche zum Slawenstamme gehörten, zu jener Zeit gemeinschaftliche 
Sache gemacht haben. 

Durch die Griechen erfahren wir über die im V. Jahrh. ein- 
gewanderten-Cecho-Slawen — sonderbar genug — ^ so viel als nichts ; 
denn sie waren zu weit von Böhmen entfernt, 0ls dass sie dessen 
Bewohner hätten genau kennen sollen. Sic hielten auch alle Nicht- 
griechen für Barbaren, und ihre ' eigene Geschichte ist mit Fabeln 
und Unwahrheiten* angefüllt. Die Römer kannten die Cechen zwar 
besser, allein ihr Stolz erlaubte es ihnen nicht, dem' Verdietiste 
auswärtiger Völker billige Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. 
. Das meiste lieferfa uns noch die fränkischen Annalen. Aber! selbst 
auch diese NMipn scheint nur gewohnt gewesen zu sein^ die rohen 
Produkte Böhmens auf gut kaufmännisch anzuführen. Sie hatten wol 
ihre guten Gründe hiezu, dass sie von dem böhmischen Handelszu- 
stande der Welt keine allzugrosse Meinung beibringen wollten. 

Wenn nun also auph -^ wie nicht zu • läugnen — in Böhmen 
Erfindungen vorfielen, Künste und Gewerbe sich gestalteten und em- 
porhoben, öder selbst auch ein grosser Handelsverkehr Statt fand, 
so wurde dieses Alles auf die allgemeine ß.echnung der Slawen 
oder Wenden gebracht. Kein Wunder. also, wenn wir aus den 






IX 



frühesten Jahrhunderten nur ganz sparsame Notizen tiber den Ran* 
dels- und Kühurzustand der Öecho-^Slawen finden. Was lässt sich 
also aus allen dem uns von fremden Historikern Dargeboten^H wol 
Namhaftes schöpfen! . . / 

Bei unseren alten einheimischen Safariftstellem finden wir eben- 
falls nur ganz seicht^ Quellen. Diese schreibseligen Leute begnügten 
sich grösstenth^ils nur mit Fabeln^ und kaum im Vorübergehen err 
wähnen sie einiger Thatsa;eben; abe^ selbßt auch dieser nur in so 
weit von dem Handel, als dieser entweder eine Verbindung mit 
einer oder der. anderen politischen Begebenheit hatte^ oder die Be- 
griffe ihres. Zeitalters übe? Landwirthschafi», alienfällige Kunstwerke 
und Physik ihnen zureichten. Doch selbst auch diese Zweige des 
Wissens berühren sie nur ganz oberflächlich, weil sie sich nur die 
Tend^iz vorgenommen hatten, einzig und allein nur die Staatsge- 
schichte zu verfassen, und es scheint, dass alles Andere bei ihnen 
nur eine blosse Nebensache gewesen sei. 

Wie war es aber auch anders möglich, als dass diejenigen, 
welche die vaterländische Geschichte bearbeitet haben, ihren £influss 
dazu eben nicht bis auf die Handelswelt erweiterten, zumal es eines- 
theils nicht ihr Beruf war, den Geschichtschreiber , mit dem Stati- 
stiker zu verbinden, mid anderntheils jenes Zeitalter ' so gestaltet 
war, dass die Handlung nicht besonders geachtet, die Handelspolitik 
auch nicht so wissenscbaftljch wie in späterer Zeit betrieben ward, 
und alle Arten von Gewerben, düröh welche besonders der soge- 
nannte Mann von Rang hinter die Klasse seiner Mitbürger gewisser- 
massen sich herabgesetzt zu sein wähnte, in ein ungünstiges Licht 
gestellt wujrden. - ^ • 

Di^ damaligen Schriftsteller waren nur grösstentheils Mönche 
und Geistliche, welche verzeihlicher Weise ihre eigenen Absichten 
hatten, als 4as§ sie dem weltlichen Stoffe jbu viel Ruum in Ihren 
Werken gegönnt hätten. Paul Stransky, dieser ileissige und um 
seine Nati()^ gewiss verdienstvolle patriotische Schriftsteller war 
der Einzige, welcher diesen Mangel bemerkjte, und er bemühte sich 
auch zum Theil in seinem Werke ^^Republica Bojema^' unser Vater- 



Inni mehr nach seinem Werthe der physikalischen BeschafFenheit 
zu bescfar^en. Seine Nachrichten sind aber^ immer nur unzurei- 
chend zu nennen, und[ dieselben schränken sich lediglich auf sein 
Zeitalter ein. Diesem Historiker folgte Baibin \ aber auch dieser 
blieb nur ein Erzähler yom Hörensagen^ dem der Begriff des Ein- 
flusses des Handels auf den Staate nicht zum wahren Zweck ge- 
dient 'hatte. ' t ' 

So stand 6s in der alten und mittleren Zeit um die{ Handlung 
und das Manufaktnrwesen in Böhmen, und wir können aus, den vor- 
handenen Geschichtswerken, welche das V., VI., VE., VOI., und IX. 
Jahrhundert behiandeln, höchstens nqr die Zeitperioden und sonstige 
Revolutionen .nutzen, und Hies^ zwar auch nur in so weit, als es 
aus Umschaffung der Sitten und des Nationalcharakters möglich ist, 
irgend einen sichern Einfluös auf den Handel, die Gewerbe und 
Künste zu abstrahiren. ' 

Aber selbst auch mehrere der nachfolgenden Jahrhunderte ver- 
breiten nur ein dtlrftiges Licht über diesen Gegenstand. Erst im 
Xn. und XIII. Jahrb. kommen einige Urkunden vor, worauf der 
böhmische Handel documentirt werden kann. Mehrere dahin ein- 

- -' ~" 

schlagende, zum Theil hin und wieder in Schriften zerstreute auch 
noch theils ungedruckte Urkunden tragen*; ein sehr respektables 
Alter an der Stirne, und behaupten neben den bis jetzt bekannten 
Archival-Urkunden, welche sich vornehmlich auf den Handel Böh- 
mens beziehen, einen nicht zu verkennenden Rang. Gewiss liegen 
noch manche, auf die ältere als mittelalterliche Handelsgeschichte 
sich bezilehende Aktenstücke in manchen, unseren vaterländischen 

\ 

Archiven vergraben. Möchten doch diese sprecheiiden Schätze un- 
serer Vorfahren von ihrem Untei^gange gerettet, und durch Männer, 
welche in diesem Fache Erfahrungen haben, zu Tage gefördert 
werden ! 

Wir w'oUen nun- sehen und untersuchen: welche. Gewerbe, Ma- 

nufakturen, Künste und Wissenschaften sich in Böhmen zuerst ge- 

» ' ' ' ■ 

bildet, und welche politische und sonstige Verhältniisise sie befördert 

i 

oder in ihrem Fortschritt gehindert haben. Das Resultat n^ nss die 






XI 

eigentliche Kultur- und Handelsgesehichte darstellen«) darin der Leser 
deutlich und einfach alle geschichtlichen, sich buf den Handel und 
Wandef bezüglichen , Thatsachen aufgezeichnet findet 

Somit glaube ich nun einem jeden Patrioten, er mag Kaufmann 
oder Handwerker sein^ ein \Yerk vorzulegen, das ihm Über sein 
Vaterland in Beziehung auf die Kultur eine nach Umständen genaue 
Kunde gibt, und, aus dem er den Geist und die gewertiliche Hand- 
lungsweise seiner Altvordern^ wird entnehinen können. Und welcher 
Nation ist wol nicht 4iaran gelegen, die allm&lige Entwickelung der 
Kultur, so wie den Fortschritt seiner Gewerbe und Künste kennen 
zu lernen? Gewiss blickt auch ein jeder Böhme, in welchem das 
Gefühl für National-E!hre noch nicht ganz erstorben ist, mit wahrer 
Wonne und Stolz auf die Thötigkeit und Emsigkeit seiner Vor-? 
altem zurück. - 

« 

Prag, im Januar 1849. 



• 



\ 



Der Verfasser. 



/' 



/ 



/ 



• I 



Erster Abschnitt., 

Böhmens Kultur- und Handelszustaud vor Einwanderung der öecho- 

Slawen. • • . 

Von der Uneit bis zur Mitte des V. Jahrhunderts. ^/ 



lier Handel war in anderen Weltgegenden schon weit früherini Gange, 
als die BewohQer Böhmens, ja alle slawischen Völkerschaften bekannt, und 
nur einigrermassen kuUivirt und civilisirt waren. In Asien blühten bereits 
Königreiche, während in> Europa noch ganz rohe M enschen wohn^en.^ Lange y''*^*^' ♦S'v 
also vor der christlichen Zeitrechnuog hatten Manufakturen und Handel ihren 
Sitz in Asien, und lange zuvor befasste inan sich daselbst mit Künsten 
und Wissenschaften, bevor man in' Europa von allen dem nur eine leise 
Ahnung halte 0« ^ » - 

Die ägyptische oder karthaginensische Handelsstellung konnte in der ' 
srsteren Zeit auf jenes StüQk Land, das heut zu Tagie den Namen Böhmen 
führt, schon darum nicht wirken, weil dasselbe von den nordischen Völkern 
iorch die stets kriegerisch gesinnten Römer . getrennt war, und diese nur 
iarauf bedacht waren, dieseu Welttheil zu unterjochen. 

Dasä sich bei so gearteten Verhaltnissen*der Handel in Böhmen el)en 
io wie bei vielen anderen Nationen in der einheimischen gesfllschafUichen 
Bereinigung, ferner in idem einfachen Tausche wechselseitiger Bedürfnisse 
iBd dem allenfallsigen Uioerdusse eigener Erzeugnisse mühsam genug gründen 
md demnach nur ^rst durch Fleiss und Emsigkeit der Nation erweitern, 

1) Die Phöniader .waren, wie die' Geschieht« fehrt^ die grössten Katifleute nnd Künstler de^. 
alten Welt, und ihre bedeutendsten Handels- und Fabriki^städte waren: Babylon, Memphis, 
Tyrus und Karthago. Eben so waren *bei den GHechen in alter Zeit Athen, Korinth, 
Rhodus, SyrakusuiT. a. Städte Wohnplätze der Kaufleute, Künstler und Sitze der Wisse»- m. 
Schäften, welche letztere an diesen Orten von der, Handlung die Belohnung, die ^uf- 
miinterung und gleichsam das Leben erhielten. 

i 






flfi 



J9 späler erst durch äussere Verhältnisse zu einiger BUite nur ganz zufällig 

» 

emporheben liess, beweiset die allgemeine Weltgeschichte.^ ^ 

Um 'uns nun durch da^ dunkle Labyrinth der verworrenen Sagen dej 
tiefen Jahrhunderte einen Weg zu bahnen, un4 uns in die lichten Gefilde 
der zuverlässigen Geschichte hinüber führen zu lassen, will ich cß versuchen 
die vereinzelten und zerstreuten Daten der bewährtesten Geschicfatscfareiber a 
einen zusammenhängenden Faden zu reihea, und das Ganze sodann in eii 
Bild zu rahmen. Der Jüegenstand ist, wie ich glaube, 'ivicfatig genug, uq 
ihn ausführlich einzuleiten, und den Stoff in. seiner ursprünglighen ^ ^^^"^'^^ 
darzustellen. ' / 

Gewiss ist es, dass Böhmen in der grauesten Alorzeit von. nordische^ 
Völkern bewohnt war, welche in der Folge durch Hie Einwanderung voi 
Völkern indo-europäischer Abstammung wieder vernichtet wurden. Die Ansicht 
dass Stämme des aiisgebreiteteh Slawenstamries schon vor dem Einfalle de 



/ 



Bojen sich bis nach Böhmen au sgedehnt haben, dü rfte die wahrscheinlichst 
' sein, zumal sie sich auf die unermessliche Ausbreitung der Wenden hint« 
den Karpathen vor dem Andränge der Kelten und Germanen gründet -} 
Nach Livius wanderten die Bojen zur Zeit, als Tarquinius Priscus Rom baj 
herrschte, aus dem keltischen Gallien aus, und nahmen von den herzynische 
Wäldern —. wie damals Böhmen hiess — rechtlichen Besitz. Von diesei 
Bojen erhielt auch das Land den Namen Bojenhejm (d. L d^r Bojen Wohnsifc 
oder Heimath), überaus dann in der Folge die Benennungen Böheimb um 
endlich Böhmen entstanden sind \ Dieses Volk war zwar arm', aber g& 
nügisäm und geduldig" wie die eigentlichen Germanier; demungeachtet hat ei 
ihnen nicht an Gewerben und ihres^r Art von Kunstfleiss gemangelt. Wii 
finden noch jetzt in ihren aufgefundenen Gräbern — wenn solche nicht aui 
der späteren Slawenzeit herrtfjiren, verschiedene Werkzeuge von Stein, als 
Hämmer, Hauen, Meissein, deren ^ie sich zur Anfertigung ihrer sonstigei 
häüsUchen Geräthschaften bedient haben. Sie verstanden aus Wglle un( 
Flachs Kleiderstoffe zu weben; auch musste ihnen im Verfolge der Zeit dai 
Eiseo nicht unbekannt geblieben sein. Ihr Hauptnahrungszweig warei 
übrigens der Kfieg und die Jagd, wozu sie — namentlich zur letzteren Bq: 
schäftigun^ aus Noth gezwungen wäret, weil di» unermesslichen Wälder 
«womit das Lpnd zu jener Zeit ganz bedenkt war, von -einer Unzahl wilde 
Thiere wimmelten., Diese waren nebst dem gewöhrtlichen Wild unserer Tage 
.Auery und Büffelocbsqn, Luchse, Wölfe und Bären, mit Welchen die Henschei 
nicht selten in diesem waldreichen Lande zu kämpfen hatten. Die'Nahrunj 

2) K^inrich Wuttke und Mosig vqd Aschenfeld^s teutsche Übersetzung det slawischen Ge 
schichte von SafaKk. H. B. S. 410, • 

3) Geusaus Beschreibung Prags S. 7. 



der Boj^n feestand aus Fleisch, Verdickter Milch und Käse. Man ass selbst 

rohes oder durchs Reibung mit Händen und Füssen mürbe * gemachtes Wild- 

pret, Und braute aus dem wenigeA von ihnen erbauten Gelreida eine /u 

Art Bier V ^] ^^Mm J m/ ^{^^.f^^^ 

Von deti gebildeten Römern und Griechen weil entfernt, um'rungenyon' 

vJ • * ' 

Tiden Feinden, Ablieben natürlicherweise unsere Bojen mit den feineren 

Genüssen des Leoelis unbekannt, und obgleich siö — wie es die Geschicht- 
schreiber darzuthun sich bemühen — beroits den Bergbau betrieben haben, so 
fehlte es ihnen selbst in der spätesten Zeit an^ Wissenschaften und Künsten. 
Ketten für Gefangene zu schmieden, einige Geräthschaflen für den "Ackerbau ' , ^ 
und Kriegswaffen zu verfertigen, dies war :iiemlich Alles, was die Bojen 
beschäftigte, üibrigcjps «lochten sie sehr frühzeitig die edlen Metalle des 
Handels wegen geschätzt haben, doch blieben sie der. alten germanischen 
Sitte getreu, und tauschten Waare um W|^re Aus *). 

Der Bojen Häuptsta4t, oder vielmehr der einzige Haufe ton dürftigen 
Hütten, war Bubienum,^ wovon wahrscheinlich das heutige Bubenec oder 
Buben^ bei Prag ein Uiberbleibsel sein dürfte. Sonst lebten sie zerstreut 
im Lande \umher, verliessen auch wol ihre ärmlichen Erdhütten, wenn sie 
eine bessere Gegend für Jagd und Fisctierei zu finden glaubten. 

Vierzig Jahre vor Chr. Geburt unterlag' dieses Volk dem Daken-König 
Boerebista. Welche iStürme und Verwüstungen seine Völker verübt haben 
müssen, bevcrr sie das Recht der Gewalt geltend machen konnten, lässt sich ^ 
nur denken, nicht beschreiben, wenn auch die Geschichte dirse Katastrophen 
genauer bezeichnet hätte. Lange nachhe|^ wurde das Laiid die Bojen -Wüste 
genannt. ' 

üntet^döT Regierung des römischen Kaisers Augustus warf sich Mar- 
bod, ein Vornehmt vDn Adel, der eine 'geraume Zeit sich am römischen 
Hofe aufgehalten, zum Herrn über die Markomanüen auf, uftd'um sich seiner 
Herrschaft zu versichern , zTög er einige benachbarte Völker a% sich. Mit 
diesen ging er um das fehr 5 nach Ch. Geb. nach Böhmen, verjagte daraus 
die üiberreste der Bojer und Daken, und brachte das Land unter seine Bot- 
mässigkeit. J|», e** war damit noch nicht zufrieden, "sondern er überzog die 
benachbarten Tölker mit seinem Heere und breitete nach und nach sein 

4) Palacky*« Geschichte von Böhmen. 

5) Der TauerchtMindel ist so alt dlisMe'ii^cheiigeschlecht selbst ;i» denn sobald Jemand Üiber- 
flam «n fetvlssen Produkte!) hatte, suchte er sie gegen andere, die er nicht besass, 
umzQs^tz^«. So 18sst schon Homer in der Iliade : Schiffer, Marketenderrei im griechischen 
Lager vor Troja mit verschiedenen lemnisohen* Waaren treiben, ülid Wir erfahren bei 
dieser (^legenheit, dass die Griechen Wein für Erz, Eisen ttnd aAdere Wahren ehizu-' 
tauschen pflegten. ' » 

•1 * ' ' 



Reich nach Polen aus. Weil ihip nun da« Glück in allen seinem «Thun und 
Treiben bisher so günstig gewesen war, so legte er sioh den^ königlichen 
Titel bei, und erbaute nach römisfher Art eine Residenz^ die nach ihm 
-Marobudum benannt wurde 0. Ein glänzender Hofstaat, eine köAjgliche Leib- 
wache so wie vieles Andere wurde nach römis'ch^r' Art erschaffen, ufld vor- 
züglich der Ackerbau in Augenmerk l^enommen. ' * > 

Jh d«r Uibersicht .dieser Geschichte findet- sich der erste Satne vQn einem 
Handel unter den Markomannen in^Bojenheim durch die Römer ausgestreut. 
Römische Kaufleute versahen das Land mit den Bedürfiiissen des Südens, 
und die aus Rom flüchtig gewordenen Handwerker und Künstler weckten die 
Industrie in' Marbud^ neuem ReJhce Z'^). ~ Marbud hatte/sbgar auf seinem 
Schlosse verschieidene römische Kaufleute (Grosshändler) wohnen, für die 
er die Masse und' Gewichte ganz nach römisöher Art einrichten liess. 

Durch so viele von Marbud vorgenommene wohlthätige Massregeln 
fingen alhnäli^' die Markomannen an, jdas ihnen eigenthümliehe herum- 
streifende Hirten- i^nd Jägerleben gegen den A.ckerbau zu vertauschen 
und widmeten sich selbsl auch verschie^denen Gewerben. Bei so gearteten 
Verhältnissen wuchs der Wohlstaird von Jahr zu Jahr inimer mehr,- so dnss 
die ,von Rom nach Marobudum' gekommenen und von d« wieder in ihr Vater- 
land heimkehrenden römischen Kaufleute nicht genug von «Marbuds neuer 
Schöpfung erzählen konnten: • ' 

Gegen die Römer belilug sich der Markt>i?iannenkönig dergestalt, dass er 
den Frieden, durch welchen er allein den Ackerbau, dia GiBwerbe und den 
Handel zu begünstigen glaubte, < iMt ihnen so lange als mir immer möglieb 
*zu erhalten suchte j hingegen aber auch ganz deutlich merken liess, dass es 
ihm, falls er zum Kriege , gereizt würde, nicht a.n j^raft ^um Widerstände fehle. 
Da er allen römischen Flüchtlingen in seinem Reiche die beste Auf- 
nähme angedaihen Hess, so wurde er hiedurch der gefährlichste Feind des 
Kaisers. Marbud setzte sich indess so fest, dass die Römer sich nicht ge- 
trauten, ihn in seiuem Lande unmittelbar an^agreifen ®). Allein die schlauen 
, Römer VussteTi^ dort, wohin sie mit ihren WaffeA nicht reichen konnten, 
' mit* ihrer Staatsklugheit eben so gut zu siegen.' Sie brachten es in der 
Folge dahin, dass die Macht des Markomannen-Königs sich nur bloss auf 
Roms Einfluss stü^tzea musste. s . ' 

'. ' ' ^ , '■ I ' ' . 

6) Fast alle einheimischen und auswärtigen Schriftsteller sti/ni^en darin üb^rein, Maro- 

l^u4um sei an derselben Stelle. gestanden, wo heutzutage Pf ag steht; auch bagen sie, 

es sei das alte Bubienum oder Boviasiiluin , dessen Strabo im VII. Bande seiner Erd- 

beschreibung gedenkt. • ' , 

, 7) Eutrop. Brev. H. R. L: VIEL §.^ 12. , . . . 

8) Velej. Paterc. Hisr. rom. L. IL §. 109.. ) , ' » 



/ 



In dieser Stimmung unterstützten «ie die Markomannen mit «häufigem 
jelde ^) und theilten diesem Volke von ihrem, zur Zeit Kaiser Marcus An- 
ionius auf das Höchste gestiegenen Luxus vide neue Bedürfnisse, mit, 
reiche wieder eine Menge römischer Kaufleute und MarlJetender herbefzo^, 
md hiedurch des Lai\de^ Handel nind /Wandel vermehrt wurde ^®). / Kaiser 
larc Aurel bestimmte sogar den markomanhischen' Kaufleuten zum Wechsel- 
ieilig^n Verkehr gewisse^ Grenzstädte, woselbst sie an eigens bestimmten 
Tagen des' Handels wegen mit den Römern zusammen kamen. 

Es scheint übrigens, dass der Handel der Markomannen von keiner ^ 
[rossen Wichtigkeit gewesen sei, wenigstens hat sich derselbe nicht aktiv fürs 
^nd herausgestellt. Ausfuhrartikel waren mannigfaltige Thierfelle; Pelze, Leder, 
lörner, Hirschgeweihe, Gänsefedern, Ochsen, Pferde, Sklaven und haupt-. 
lachlich .Getreide, dafür sie von den Röriiern und anderen benachbarten 
indem Waffen, prächtige Kleidungsstücke?; Wein und vielleicht auch in- 
iische Gewürze, eingetauscht haben mochten. 

Dass das markomannische Reich einen grossen Uiberfluss an Cerealien, 
jamentlich. an Korn gehabt habea müsse, beweiset der Getreide- und Skla- 
lentribut, den die Markomannisn/ , bei dem FriedensscHlysse mit dem Kaiser 
!ommodu$ entrichten müssten ^0* I^^n römischen Staat interessirten al<so 
üe markomannischen Truppenstellungen und die Lieferungen des Getreides, 
romit das Markomannenland s^hon damals einen nicht unwichtigen Handel 
pelrieben haben ^mochte.^ 

Wenn, man übrigens der vielen Bedürfnisse bei , zwei kriegerischen 
(taalen, wie Rom und da5 Land der Markomannen war, voraussetzt **), ?a 
Busste an Getreide 'ein grosser Uiberftuss im Markomannenlande- gewesen 
ein, und dies, führt zur Schlussfolge, dass die Markomannen wider die Ger 
vohnheit der übrigen germanischen Völkerschaften einen ausgebreiteten 
Ackerbau betriehen haben, v ' - • 

Ein Gebrechen der markomannischen »Regierung war es, dass kein 
Jnterthan die Gfundstücke als festes Eigenthum besass- Sie blieban niir 
iin Jahr in seinem Besitz , und im folgenden nahm man ihm sein Feld 
irieder weg, und wies ihm ein anderes an, was er bestellen musste. Dies 
fatte zur Folge, dass nach Jahren, fast Niemand ernstlich beflissen w^ar, 
linen Grund zu verbessern , der bald wieder .weggenommen und anderen 
}eo^ünsligfen-üt ergeben wurde. Die> erzeugte ganz natürlich wieder einen 
iV^iderwillen gegen den Ackerbau, woraus endlich Müssiggang^ und au3 die- 

9} Tacit. De'sit. mor. et pop. germ. §. 42.' - • 

10} Ptoloin. L. IL g- 11. — Tacit. 'Annal. lib. IL §. 62. J 

11) Dio Cawj. L. XXL §. €. ' - ' ' 

12) Pelzels Abhandlung. .~ 



sem "wieder viele andere Laster entsprungen sind. Während die Frauen 
und Greise die häuslichen Angelegenheilen besorgen müssten,überliessien 
sich ,diß, jungen Mäiuier den Vergnügungen der Tafel und des Spieles. 
Diese letztere LeidÄischafl war bei ihnen so heftig,. dasS sie oft, nachdem 
sie' ihr Hab und Gut verspielt hatten, selbst ihre Freiheit dar^a setzten, UQd 
öfters durch einen unglücklichenVEinsatz in die Sklaverei geschleppt wurden- 

l'acitus berichtet, dass jene Itarkon^sinnen, welche das Innere des, Lan- 
des bewohnten, das Geld nicht achteten, sondern ihren- einheimischen. Be- 
' dürfnissen mittelst einel^ gemeinschaftlichen Umsatzesf der Landesprodd^te 
abzuhelfen wussten, und sogar vdie Abgaben, die sre ihren Fürsten abreich- 
ten, in Feldfrüchten und Rindvieh und Schafen bestanden haben ^'). 

Eine besonders^ergiebige Quelle^ xöus der die Markomannen ihre gol- 
denen und sjlbernen Geldschätze schöpften, machten wohl grösstentheils 
die häujQgen Einfalle in dap römische Gebiet , so wie die häufigen Kriege, 
welche die Markomannen unter vei:schiede.nen Kaisern siegrejch .wider die 
Römer führten, gewesen seipjL bei welchen Gelegenheiten sie in den römi- 
schen Städten un£fe)ieuere Summen Geldes erbeuteten, und Welches sie nach 

beendigten Feldzügen in die Heimath, also gewiss selbst auch in das /tiefe 

/- ■ 

Innere des Landes zurückbrachten. 

. Diese wenigen hier angeführten fragmentarischen Nachrichten über die 
Bojer und Markomannen, verdanken wtr einzig ufid allein nur ihren Kämpfen 
mit den Römern, dennüur bei solchen Gelegenheiten ist in den römischen 
Annalen^die Rede von ihnen. Es ist jdaher einleuchtend, dass es nur ein 
fruchtloser Versuch wäre, in die Geschichte dieser beiden Völker eine 

' / ^ ^ 

wahrhaft historische Gausal- Verbindung zu bringen ^ , noch weniger, aber 
wäre es möglich, über ihren Handel' und Wandel eine ausgedehnte Abhand- 
lung zu schteiben, es wäre denn, wenn man sich .mit Analogien von an- 
deren mehr bekannten rjebenvölkef n behelfen , und seine Verrauthüngen an 
einzelne Worte, w^elche in den Ouellwerken- mit schwachen Fädea ange- 
knüpft sind,, fe?thaltep wollte. 

IS) Diese Unkenntniss und Gleichgültigkeit gegen das Geld ^ro'chte ganz gewiss nur jenem 
Theil der Markomannen eigen gewesen sein,' die tief im Lande oder vielleicht im Ge- 
birge^ also abgeschnitten von ^allem Umgange mit den Römern, wohnten, nicht' aber 
. jenen, die unmittelbar an das. weite Gebiet der Hauptstadt de^ Landes atiesseii, welche 
Letzteren schon des Handels wiegen eine gangbare Münze nicht entbehren konnten, 

und daher aus Mangel eines eigenen Gepräges sich ohne Zweifel des römischen Geldes 

' • . •- ' ' 

bedidteen mus^ten. ^ 




Zweiter Abschijitt./ v. /,/,, , L :J 



1 1 

i Einwanderung der heidnischen Slawen ' uäd ,Ueren Kultgrznstand. 

Von der Mitte des Y. bis über die Mitte des YII. Jahrhunderts.' 



/ 



• Um die Mitte des Y. Jahrhunderts beginnt die Epcrchß^ Worin die 
Cechen, die Urväter der heutigen Böhmen^ von dem Markomannen- odet* 
Bojenlande Besitz nahmen, und die darin zurückgebliebenen Markomannen 
ihrer Botmässigkeil ^JgEggjfcjfai*^)- Diese neuen Ankömmlinge brachten . 
ihre eigene LebensafF, llirü SlWSh , ihre Religion , auch! ihre Sprachjß mit, 
und nahmen den schönsten Theil des Landes ein ^^). Rund herum sassen 
verwandte Stämme. Die Markomannen fluchteten sich auf die Gebirge, Vfo 
sie ihren früheren Beschäftigungen, nämlich dem Ackerbau und manchen • 
anderen Gewerben oblagen. Durch diese Zurückgebliebenen ■ mag sich \\o\^ 
einiges Andenken von Handel und sonstigen Gewerben, römischen Sitten • 
Bnd (Gebräuchen erhalten und unter die Neuangekommenen ve rbre itet haben* 
Inzwischen stimmen die meisten «ßeschrchtsfChreibör überein, aJssdieCecnen , 
ein ackerbautreibendes, und zwar der Rphheit völlig entwachsenes, feineren X j 
Sitten bereits hingegebenes gastfreundliöhes Volk waren , das gleich bei ^ 
seiner Einwanderung nicht ohne mannigfaltige Erfindungen ,, Bequemlichkeit . ' " 
im häuslichen Leben und -Gewerben gewesen sei ^^). Man darf%nur den ^^ ;> 
Cosmas, der vor dem* Jahre 1125 die Geschichte seines Volkes schrieb,' 
gelesen haben, und man wird deutliche und klare Beweise finden;- dass die 
Cechen, welchö^ den Ackerbau so emsig zu betreiben wusstfen, auch manche 
Gewerbe mitbrarchten. Sie kannten die MfeCalle und benannten sie, als: 
Gold: zlato; Silber: stribro; Blei: oJowo und Eisen: 2elezo. 'Das Wort 
«zelezo* wurde im metaphorischen Sinne zur Bezeichnung der Strenge und \ 
Härte angewendet, woraus m'an auf den uralten Gebrauch dieses, Metalls der 

14) Der slawische Kriegsfürst Cech war es, der die schwachen Uiberreste der Markomannen 
seiner Herrschaft .unterwarf. 

15) Es waren dies die nwhl^erigen Kreise: Rak'onitz^ Kaüfim, Schlan, Tetin, Podbrdo? 
Raudnitz^ ¥rng, ^ 

16) Horn's Peschichte der Handlung. S. <892. ' i/'7 v/A '^ ^^ 



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2 





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Cechen sclilieäsen kann. Auch das Kupfer war ihneh bekannt, und ward 
y.mM'* genannt, welches abejr bjei den Slawenstämmen, denen die geringen 
Kräfte Eisen an dessen Stelle zu nehmen befahlen, verloren ging. 

Nach den Zeugnissen der alten QueHen gehörten sämmtlithe Slawen- 
stämme zu denjenigen Völkern, welche zu jeder Zeil feste Wohnsitze hatten, 
und zu keiner Zeit herumstreifende Horden waren. Was Tacitus über die 
Wenden bemerk|^ und was Jornandei^ und Prokop bestätigen, dass sie 
Bähmlioh feste ' Wdhngebäude gebaut .haben -- .^es gilt auqh von den 
alt^n Cechen. ' . / . » 

Dies^ ist unbestreitbar; denn bei aller durch örtliche, und nachbarliche 

. ^ ii' ■■ IIP . ,- 

Verhälliiisse erzeiigten Verschiedenheit in Bildung, Beschäftigung und gesell- 
schaftlichen Einrichtungen gab es gewiss von jeher einige Grundzüge in 
Verfassung, Sitten und Charakter der Slawen, dek-en Gemeinschaftlichkeit und 
Gleichheit bei allen slawischen Volkszweigen sowol durch alte Zeugnisse 
als durch neuere Beobachtungen erwiesen ist. Insbesondere dürfte das," was 
uns von den Lutiziern — welche in der Folgen auch ihren Wohnsitz bei 

* Leitmeritz nahmen^ den stets treuen Stammr i|nd Bundesgenossen der Cechen, 
überliefert worden ist, unbedenklich, wenigstens in den Hauptzügen, auch auf 
die Cechen angewendet werden. 

Es ist gewiss eine unumstössliche Wahrheit , dass der Bau von Häu- 

*s^ern die^ Menschen an bestimmte Orte bindet^ ihre Thätigkeit auf dea engen 
Kreis der Familie — wo sie dann lediglich ihres Ackers pflegen und ihren 
Lebensunterhalt .ZU gewinnen suchen,^ beschränkt, und sie zu treuen Be- 
schützern des Landes macht. Die grosse Neigung der Slawen zum Acker»- 
bau i^t auch tlie natürliche Folge ihrer langen Ansässigkeit ih den in 
Europa zum Ackerbau geeignetsten Ländern, näpilich.in den Dniepr- und 

Weichsel-Ebenen. ' , ' 

• . ^ i - ^ • , 

' ' In dem ürlände der Slawen blühte den Ackei;bau und der Getreide- 
, handel bereits zu, Herodots' Zeiten, und, Slawen waren es, Welche das Ge- 
treide weit und breit verführt hatten. . ' , 

Mit der Neigung für den Ackerbau und Bienenzucht verliessen die 
slawischen Völker ihre ursprünglichen Wohnsitze, und wenn einige der- 
selben während ihrer Wanderung sich der Waffen bedient haben, so ge- 
schah es nur , um verwilderte Einöden zu besitzen, und. zu fruchtbaren 
Ländereien umzuschaffen. Alles zielte bei ihoen auf diese Nei^Ag hin, 
welche, tladurch , dass sie vsich in viele kleine von einander abhängige Ge- 
meinden ^heilten, die sich so zu sagen, regierten, nur unterhalten wurde. 
Selbst die dem Ackerbau so sehr zulrägliche Gewohnheit des Häuserbaues 
in gewissen Dimensionen von einander, so dass jede* Familie inmitten ihrer 
Fluren und Güter wohnte, zeugt klar dafür, dass der Ackerbau das.ur- 



sprüngliche Hauptelement d6s slawiscnen Lebens (war, woaureh alles Andere 
bedingt wurde» Das mit ihm beschäftigte Volk, welches sich gegen, die 
ausländer freundlich und verträglich* :^eigte, konnte wol auch niiaht länge 
jer Erfindungen, uewerDeund iles llandels entbehren* Und in der That 
indw wir die Slawen schon damals auf einer erhöhten Stufe des geselligen 
Lebens und der Kenntniss von Gewerben und Künsten. Der .Geschieht- 
Schreiber des heil. Otto, Bischofs zu Bamberg , könnt» die Pracht und die 
Kostbarkeiten der hbidnischbn Tempel der Slawen zu Stettin nicht genugf 
lewundern, und der Bischof Ditmar von Merseburg sagt : '„Jeder Bezirk der 
Laitizier ha( seine kunstvollsten Tempel: doch über alle herrscht der 
Saapttempel in der Stadt des Radogast im Lande der Rhedarier -^ einem 
Slawenstamme, der -sich vorzüglich um *die Schifffahrt grpsse Verdienste er- 
(Torbenhat ^^). Er ist zwar von Hol^,' aber sehr künstvoll erbaut, und . 
seine Pfeiler ruhen auf Hörnern verschiedener Thier^. Die Wände ^sihd - 
iusserlich mit allerlei Schiiitzwerk bekleidet.^ iind in dem Temiielraume 
flehen die mit Helm und .Panzer gezierten slawischen^ Götzen, deren Namen 
ip Pied^tal eingegraben* stehen. Sonst werden in den- Tempelii der Sla-, 
Hren die kostbarsten goldenen und silbernen Schätze aufbewahrt , welche 
1er Adel daselbst zur Sühnung seiner; Sünden den Göttern niedergelegt^. 

Dass die Slawen die Kunst, Metalle zu gie^sen, verstanden haben, be- < 

feeugen die an mehreren Orten gefundenen Götzenstatuetten und die .ver- 
ichiedenartigsten Instrumente, so wie auch die Zeugnisse alter SchriftsteTlen 
Kan kann ihre Kunst isowol in gegossener als gegrabener Arbeit aus den 
joldenen Trinkhömern beurtheilen ,. die man. als eines der, theuersten Ver- 
nächtnisse der alten Slawen in einigen teutschen K,unstkabineten aufbewahrt. 
Ein dergleichen' Hom ist* dasjenige , das im Jahre 1639 zr Toifidern ge'U 
[unden ward, so wie das Oldenburgsche Vom Jahre 990. Beide rühren aus' 
iem grauesjen Alterthume her, und da auf diesen beiden Antiken slawische 
lausgötler — nämlich Schlangen — abgebildet sind, so unterliegt es kei- 
lem Zweifel, dass diese TrinkgefäsSe von slawischen Künstlern verfertigt 
»Orden sind, denn ^üch diejenigen ^lawen, welche die Küstefi der Ostsee 
)ewohnten , zeigten sich gleich bei ihrer Einwanderung als Künstler, Ge- 
nrerker und Kaufleute. Sie befanden sich noch unter dem byzan'inischen 
(aiser Mauritius um das Jahr 591 in jenen Gegcrnden, und werden ^von. den 
rriechischen gcbriflslellern als eine sehr geschickte und fleissige Nation 
ibgeschHdert, die sich — des Kriegerhandwerks ganz ungewohnt — nebst den 
Sewerben auch stark ^mit der Musik beschäftigten. 

17) Dies war derselbe Fall bei den LuitijEicrn, welche sich an der Eibe, namentlich in und 
um leitmerHz ^ansässig gemacht haben. - • * 



10 



/ ■ 



^ -Als Denkmale der Steinmetzerarbeil^ der allen Slawen erhielten .sich 
. gros6« glatt abgearbeitete Steiiiplatfen, in. welchen vertiefte Abbiidufngen von 
Händen, Püssfe», Wurfspiessen u. a. m. zu sehen sind ^®). ^ 

Vom zweiten bis zum siebenten Jal^rhündert finden wir bei den Skan- 
dinaviern und Griechen Andeiitupgen, wfach welchen die • Slawen für ein ^e- 
bildetes Volk liiit mancherlei Kenirtnissen utid sogar einer eigenen Schrift 
zu halten sind. Dasjs . ihre Priester und Weisen die»]N[atioQld- Gesetze ihrem 
HauDtinhalte nach auf hölzernen Tafeln verzeichneten, is); bekannt, dennoch 
v^oUen viele es in Zweifel ziehen, dass die allen Slawen diese Kunst ver- 
standen habea,. obwol mit Unrecht ; spricht ja docfai Dithmar ganz deutlich 
, von den Aufschriften der slawischen Idole^ und die - am ZoUenzer See ge- 
fundenen rhetrischen Götzen beweisen die Wahrheit seiner Nächrichten. 
Ihre Inschriften -sind in den sogenanntan Runnen, wölche die Wenden von 
den Gothen- entlehnt haben. Allein da diese Riinnen> an der Zahl bei weitem 
nicht für die; slawische Spräche hinreichen, und vielleicht nur deh Ppestern 
bekannt waren, so ist es wol möglich, dass im gewöhnlichen Geschäftsleben 
dieselbe unbekannt, und dafür eine andere gebrauch^ ward. 

Wahrscheinlich hatten die damaligen Slawen auch eine. Kenn trfii^s in 
(1er Arithmetik, denn jedenfalls gewöhnten sie die Haushaltung und der 
Handel an das Rechnen 'mit zusammengesetzten Zahlen, und dass dem so 
ist, gibt' uns dös uraltslawische Wort Tma, welches zehntausend bezeichnet, 
hiervon die sicherste Zeugehschaft. ; 

In den skandinavischen Sageri gelten die Wannen, d. i. Winden (Wenden) 
als gebildete Menschen. Den Wamsen entlehnten die Skandiilavier viele 
Wötfer, welche sich auf Gegenstände der Kultur beziehen; z. B. Torg (trh, 
rus!^. torg, d. i. Handel), pflouck (pluh d. i. Pfkig)^ Trumba (trouba d. i. 
Trorfapefe) u. a. m. In den Gewerben, namentlich im Zimmern und Schmieden, 
im Häuser- und Schiffbau, in der Gerberei und Riemerei^ eben so auch im 
Bergbau ws^ren die sSmmtlichen Slawenstäm'me wohl erfahren. Schon in der 
Hälfte des sechsteh Jahrhunderts würden sie nicht nur vonL den Avaren, 
' soifdern .selbst auch von den Griechen als- Schiffbaumeister gebraucht und 
dies dient gleichzeitig mit ;fum Beweise, dass die Slaweq in der SchillTahrt 
erfahren, auch die Meere beschifft haben, und dass neben der Neigung für 
die Gewerbe, besonders der Handeleine ihrer liebsten ßeschäftigungep ge- 
wesen sei. -Sie waren auch unter Otto III. Meister der Elje, besassen 
auf derselben alle Schifffahrt, und konnten daher mit ihren Flotten die Sachsen 
von allen Seiten beunruhigen. . . 

Wie bei allen Anwohnern der Ostsee, so war auch bei ihnen die 
Fischerei die Hauptbeschäftigung, und im Monat November kamen bei Rügen 

18) Karäiusins Geschichte Russlauds. I. ß. S. 55. v . 



V ' 



11 

zum Haringsfange eiiie Menge slawischer KaufTahrleischiflb zusammen, um 
daselbst des Eiiikaufes der Häringe zu pflegen. Es wurden daselbst baupt- , 
sächfich die- Letzteren , mitunter auch ' Wallrosse und Wallfiscbe gefatigen, 
die sie . nach erfoigjtem Einkauf aufgeladen haben , und auf der Eibe ver- - 
führten, und darauf in ihrer ^Heimat Thran bereiteten ^\). 

Die Sorben ebenfalls ein slawischer Yolksstamm besassen die Salzquellen 
zu Halle ^*'), und ihre Nachkommen, di& Halloren, beschäftigten sich mit dem 
Sieden des Salzes« Slaweh waren es auch, ^welche die Salinen in Lüne- 
burg zuerst bearbeiteten, und die pommerischen Slawen verfertigten feine' 
Wolltuche und Leinwänden. Sunst hatten sie^ gipossen Vorrath an dem 
trefflichsten Meth, dem kräftigsten Bier und Wein. Die Begleiter des heil. 
Otto, Bischofs zu Bamberg, konnten den Uiberfluss an allen Arten Lebens- '^ 
bedürfnissen, i^amentlich an verschiedenartigen Fischen, Rindvieh, Wildpret, 
Getreide, Gartenfrüchten, Honig, Butler und Käse nicht genug' erheben, ^ und 
behaupteten, dass, wenn Pommern auch Weinstöcke, Oelbäume und Feigen 
erzeugen würde, es dem alten Palästina gleichkäme. , 

Den 'Slawischen Luxus, der eine^ Beweis von dem Wohlstand der Na- 
tion abgibt, erkennt man aus den BeschreibuYigen , welche die Alten von 
ihren Gastereien gemacht haben. Sie sollen dabei wol zwanzig ua4'v noch 
mehr verschiedene Gerichte aufgetischt , - und für die leer gewordenen 
Schüsseln gleich wieder andere eingesetzt haben.-* Krause liefert uns eine ) 
Menge Beispiele von der ehemaligen Schwelgerei und .Völlerei der Slawen. ^/ 

Nach der Lage ihres Lan(jes war der grösste Theil des Handels 
zwischen Asien und Westeuropa in ihr^n Händen, oder derselbe hatte 
wenigstens den Ztig durch ihr Land: - Viele Benennungen kaufmännischer 
Gegenstände lassen sogar einen regen Verkehr zwischen dem Oriente und 
dem Lande der Slawen vermuthen. Zu Herodots Zeit blühte der Handel an 
dem Borysthenes (dem Dniepr und der Beresina), an "dessen Ufern slawische 
Völker angesiedelt waren. 

Bereits im ersten Jahrhunderte n. Chr. werden windische Kaufleul^e, 
.welche des Handels wegen die Ostsee befuhren, erwähnt. *Pies gab auch 
xur frühen Gründung bedeutender slawischer Vandelssjädte die nächste Ver-- 
•anlassung- Alle bedeutenderen Städte, in ßussland^ Polen und Pommern 
blühten bereits vor der Einführung dßs Christenlhums , daher ihr Ursprung 
ohne allen Zweifel in die älteste Zeit zurückgdtfhrt werden katin. 

Nach dem Verfalle des ostgothischen Reiches treten zuerst die Slawen, 
um die Mitt'eldonau als Vermittler auf, in deren Händen <ler Waarentausch 



19) Fiachers Handebgcschichte. L -B. S. 281. \} ' j^ ''h^ l H'^^*' 

20) Helmold L. I. c, 82. §.8. / / ♦ ' »/ ''J ( / 



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12 

zwischen Kohstantinopel und dem: ifinern und wesfliöhen Europa während 
des ,VIL und VIII. Jahrhunderts sich ausschliessend befand. 

An de^i überseeischen Handel nahmen sie hauptsächlich im VlIT. und IX. 
, Jahrhundert Theil , und sie waren es auch , welche unter den europäischen 
Nationen den Grossh^del zuerst eingeleitet, und mit allen Staaten Eiiropa's 
einen Aktivhandd" betrieben, ja mit ihren Schiffen alle Meere und Flüsse 
bedeckt , haben. Neuere Schriftsteller schreiben den Slawett in der Schilf- 
fahrtskunst die grössten Kenntnisse zu, und nach Paul dem Diakon landeten 
die^Slawen an den Ufern von ßenevenl. Konstantin ,Pörphyrogeneta sagt 
ausdrücklich, dass die Russen bis nach Syrien Handel getrieben hätten^*). 

Russlands Schiffe gingen geregell nach Konst^ntinopel, wo sie indische 
Waaren holten, i^nd zwei, an die Nachwell überkommene. Handelsverträge 
mit den Griechen können uns einen Begriff von der Grösse dieses Handels geben. 
Diese Verträge sind von den Jahren 912 und 945, und wurde der erste 
zwischen Oleg und dem Kaiser Leo, und der zweite zwischen Spor und dem 
Kaiser Konstantin und Stephan geschlossen. Ein jeder enthält zehn Arti- 
kel *^). Seit den. ältesten Zeiten bezogen die Griechen aus Russland und 
den ben«tchbarlen slawischen Ländern am schwarten Meere: Sklaven, Häute, 
Schiffsifiaterialien, Getreide, Honig, Wachs,. Pelzwerk, gesalzene Sachen, und 
die Chemoniten lieferten ihnen Meerfische.' Die Russien erliieiten dagegen 
Wein,, Spezereien, seidene und wollene. Waareh, Melallarbeiten und ver- 
schiedene aifdere Kunstsachen. ConstanXin PorphyrQgeneta berichtet , dass 
die Russen schon in der ältesten Zeil in allein Welttheilen Handelsverbin- 
düngen hatten, ferner daäs das" -schwarze Meer beständig mit russischen 
Fahrzeugen bedeckt gewesen wäre, wesshalb es manchesmal auch das russische 
Meer'geheissen ward ^^). Im Jahre 994 kamen sie mit 2000 Schiffen nach 
Griechenland, und zwangen den Kaiser nicht' nur Zum Tribut; sondern auch 
zu dem, däss ihnen der*frefe Handel mit Konstantinopel zugestanden Würde. 

Diejenigen Russen, welche am Dniepr und in der Stadt Kie>v sassen,. 
beschrieben die alten GeschichlschreiBer als unternehmende Kaufleute, und 
Kiew selbst wird als die vorzüglichste Zierde -^ ja das zweite Konstan- 
tinc^pel genannt. Konstantin m^phyrogeneta sagt , das& bereits im X. Jahr-* 
. hundert nach Kiew, Purpur, reiche Kleider, Tuche,-. Saffian und Gewürze, 

21) LamonosofiTs alte russ. Chronik S. 156. 

22) Der direkte Handel mit Griechenland beistand bis 1238, wo die Mongolen unter de« 
grossen Dschingis-Chan Enkel, Batu-Chan in Russländ eindrangen, und von da bis 
Schlesien einbrachen. Die vornehmsten Städte Russlands, worunter das grosse 'Kiew. 

I- ' wurden zerstört, und Russinnd blieb zinsbar, bis Fwau/ Wasiljewic sein Vaterland von 
diesem Drucke und Joche befreite. 

23) Fischers HandcUgescJiirhlc. I. Baiid S. ^0. . . '* 



• ^ 



13 

namentlicfi^ Preffer verführt m urden« Zu diesen Waaren kann man nach Ne- 
stors Nachrichten auch W^in und Agrumen und andere Früchte hinzufügen. 
Die jährlichen Reisen der Kaufleute aus Nowgorod, Sniolensk, Ljubec, Cer- 
nigow und Wi^egroti nach Könstantinopel brachten nicht- nnt Bildung ins 
Land, sondern Versaheh die Bewohner desselben mit den verschiedenartig- 
sten fremden Produkten. ' ^ 

Die Wenden waren schon den PhönizierA bekannt gewesen, durch die 
auch der slawische Name des Bernsteins, nämlich skia, steklb (ägypt. Zaklo) 
nach Aegypten kam '^*), ., ' * 

' Die wendischen Städte haben lange vor den nied^rsächsi^chen einen ganz 
wichtigen Handel zur See gehabt, auci^ nachher, in der teutschen Hansa eine so 
ansehnliche Bolle gespielt, dass wir ihrer hier nothwendig erwähneji müssen.' 

, Lange bevor Hamburg und Lübeck ihr berühmtes Bündniss errichtet, 
und in dasselbe zuerst die wendischen Städte Wismar, Rostok, Stralsund, 
Gripswaid zogen, waren sc^on vier- bis fünfhundert Jahre vorher einige 
andere wendische Städte sowol des Handeln wegen berühmt, als auch wegen 
ihres Reichthums und ihrer Pracht in solchem Ansehen, dass man sie mit 
Karthago, Athen und Korinth v^rglfch. Unter diesen Städten war Wineta 
eine der g)*ossten Städte in Europs^, unter den wendischen Städten aber 
halte sie nicht ihreü Gleichen* Sie war der Sitz der grossen handeltreibenden 
slawischen Nation, und einstimmig bestätigen die' Geischichtschreiber, dass 
die'se Stadt mit jeder* Gattung von Waaren angefüllt war, op ihre Kaüfleule 
aus Indien, Asien und Griechenland bezogen und dagegen nordische und 
europäische Erzeugnisse selbst nach China verführt haben. Die Lage dieser ' 
Stadt war aber auch so vortheilhaft,, dass sie nicht filein mit der Ostsee, ' 
sondern mit dem ganzlBU Lande Ponimem (PpmofaAy) Öetneinschaft hatte. 
Ihre Einwohner waren zwar grösstentheils Wenden oder Slawen, doch haben 
sie auch viele Stammgenössen, namentlich die Russen, welche die da^m^Ii^en 
Geschichtschreiber fälschlich „Griechen'' nennen, unter Sich aufgenommen. 
Dieses- Zuströmen von Fremden, welche die. Handlung dahin gezogen, hat 
zwar der Stadt grossen Reichthum gebracht, aber In der Folge auch ihren 
Umsturz herbeigeführt. KOnig Magnus von Däneinark überfiel und verheerte ' 
(1043) diese alle und wichtige Handelsst«dt , und wai? von der Zerstörung 
durch Menschenhände übrig blieb, d^s ward endlich von der Sfee verschlungen^ : 

Kein besseres Schicksal erfuhr die zweite Hauptstadt der Slawen, näm- 
lich Julin auf der Insel Wolin- da sie 1175 ebenfalls von den Dänen unter 

König Waldemar ^dem L in einen Steinhaufen verwandelt wurde. Kranz 

^ " ' .' ♦ 

weiss sie mit deiner anderen Stadt als nur allein mit Konstantinopel in Ver- 



- y . 



24)^ Afonse's Versuch einer Landesgesc^ichle. von Mähren S. 17. 



w \ 



14 ■ ; ' 

gleich zu stellen. Ihr Hafen war zu jeder Zeit mit Sctiiffen aller Nationen 
angefüllt, und in iler Stadt hatten ausser den Christen, die Dänen, Seinbrer 
und ßachsen ihre eigenen Gassen , allerlei Völker und Sekten aber einen 
freien Zugang. Als diese Stadt noch in ihrem grollten Flore gestanden, 
nannte sie Adam von Bremen ; die edle Stadf^ der Slawen, die grösste in Eu- 
ropa, in'tlfer alle Waarehi yon. ganz Norden, ja Alles, was in der Welt nur 
' Angenehmes und Seltenes zu finden sei^ im Uiberfhisse anzutreffen wäre. 
- ' Wisby ebenfalls eine ' Slawenstadt auf der In^el 6oth(and kam chirch 
den Untetgang von Julin erst recht in die Höhe, und wurde endlich diel 
grösste Handelsstipdt ihrer Zeit. E^s wohnten zwölftausend meistentheils 
slawisclie Kaufteute in ihren \Mauern , und unter ihneni nur ein einziger 
Bäcker; alle anderen Handwerksleute mussten ausserhalb der Stadtmauern 
wohnen. Sie war dafi[ vornehmste Entrepöt aller nordischen Waaren, und 
selbst auch der orientalischen, dje damals iiber die kaspische See auf die 
russischen Stape^plätze Ladago. und Permia, und von hier nach der Ostsee 
gingen, , 

Die fränkischen Jahrbücher gedenken endlich l>eim Jahre 787 einer 
.slawischen Stadt an der, Elbe, Nahens Dragowit, und heim Jahre 808 einer 
ungenannten Stadt der Oboriten , welche die Dänen eroberten; bald 
* darnach kommt die niclit weniger berühmte slawische Handelsstadt Perich 
am baltischen Meere vor, deren Eaufleute nach erfolgter ^Zerstörung dieses 
Ortes vonr K«|^e Gottfried sich anaerswohin begeben haben. «Ein gleich- 
berüfafläler Handelsört warRhetra; auch zeichnete sich besonders der alte sla- 
wische Ort Stargard ad^r Oldenburg in Wagri(m-d4rch seine ausgebreiteten 
Handelsv^bindungen aus. Ja aus 'der Geschichte der Slawen ist es'erwiesen, 
^ass unter den Seestädten die fünf vorerst genannten wend'is4?hen Städte 
dtii^cfa ihre kühnen als rastlosen Unternehmungen der That nach zur Vor- 
leiTSchaft gelangtem « 

Dass dieses Alles nicht in einem Jahrhunderte gedieh, sondern liiezu 
mehr Menschenalter ^erforderlich waren^ bedarf erst keines Beweise», denn 
der Wohlstand der .Völker ist nicht das Werk eines Augenblickes / sondern 
die langsam reifende Frucht von Jahrhunderten, tiie der aufmerksamsten 
Sbrgfalf bedarf, um sie geniessbar zu machen. 

Aus dem Ursprünge und der Lage der oberwähnten .wendischen 
Städte und deren Gewerbfleiss ist sattsam abzunehmen , dass der Hände 
fiuf der ganzen Elbestrecke zwischen den Slawen und den jhnen stammver- 
wandten Cechen frühzeitig genug,' und wie man dafür hält, gewiss schon 
im VI. Jahrhundert eröfihet g-ewesen sei. Oft wurde dieser zwar durcl 
.Kriege, welche die slawischen Völker bald mit den Dänen und bald mi 
den Sachsen geführt haben, augenblicklich unterbrochen, äilein ganz unter 



15 

drückt wiirdö er rtie. .Die vielen i^Iawischfn Reiche halten fortwährend 
wechselseitfgen Verkehr; in jede}n fand, der- ihrer, Sprache kundig war» 
Freunde und Mitbürger. Die Kaufleute, welche in den Ländern der .Slawen 
vollkommene Sicherheit genossen, führten den Cechen Wharen.zu, und ver- 
' tauschten solche geg^n allerhand Yiehj ThierhSute und verschiedene andere 
Sachen J welche ihr Land hergab. 

Darf rnaii wol nacfh allen dem hier Angeführten die im VL Jähr- 
hundert eingewanderten Ceohcn, welche zu tten weitverzweigten Slawen^ 
Stämmen gehörten^ wol roh , ungesittet und . keiner Kultur fähig nennen ? 
Gewiss hat zu allen Zeiten der Mensch , wenn er nicht ganz-Thier war, 
ein Gelüst nach allem Fremden gehabt , und ein Volk, das erst seit Kurzem 
dieWohllhat einer Cömmun-Verfassung, wie dies; unter der patriarchalischen 
Regierung Cechs des Fall wqt, genoss, mag nacjv mehr als ^em Nothdürf- 
tigsten sich gesehnl h^ben. Allerdüigs kann gleich nach^ ihrer Einwande- 
rung bei ihnen von griechischer und römischer Bildung niclit die Rede sein 
aber der Grad .ursprünglicher und r,einmen«chlicher Bildung, zu welchem 
unverdorbene Völker auf natürlichem vWege und im Laufe. tier Zeit von 
selbst g^Eilangeri ,; darf man den Cechen der vorhistorischen Zeit unmöglich, 
mit Fug uttd/Recht absprechen.* Gewiss betrieben sie die aus ihren Wohn- 
sitzen raitgebrahten Gewerbe und beschäftigten sieb auch mit dem gewöhn«^ 
licheif Produkten^iandel ; denn als sie sich gleich anfangs in den verschie- 
denen Gegenden sesshaft maohten, hatten vSie schon kurz darauf ge^wiss 
wegen der Verschiedenheit der Erzeugi;»isse an einigen Sachen Uiberfluss, 
und ai> mehreren anderen wieder MangeL Um sich also, die Bedürfnisse, 
welche ihr L^nd o4er .Gegend nicht hergab , zu verschaffen , verfielen sie 
ganz natürlich darauf, dasjenige, was sie zu viel hatten, gegen andere 
Sachen zu v^rtouschen, und' s^n^it ersetzten äid durch dieses natürliche. 
Hilfsmittel soviel, ^Is es möglich war, was der Fruchtbarkeit ihres* 
Landes ma^geltä. F^r-s er^te wurde;n' nur solche Waaren vertauscht, welche 
zum Leben unentbehrlich waren;, als ^her 4er Flei^ die Naturerzeugnisse 
einer jeden. Gegend brauchbar geipacht hafte, wurden sie sämmtlich wegen 
ihrer V€fi;schiedenheit so gut als Getreide odär FrücKte in den Handel auf- 
genommen. Freilich war der damalige Handel noch in seiner Kindheit, und 
er mochle sich in At)sicht :Seiner Wichtigkeit spwol als der Kunst, womit 
er geführt wurde^ zu unserem heutigen Handiel ^ie die damalige Kriegs'-* 
kunst zu der heutige^ verhalten. . ■ , , 

Wir haben allerdings für< 4bs hier AngefühHe keine urkundli<^hen Be» 
veise, allein- höchst wahrscheinlich ist es , dass die Cechen späterhin nicht * 
\o stumpfsinnig waren und Karavanen von ausländischen Kaufleiiten so 
Bfanz gleichgültig durch ihr Land ziehen, und solche mit den in ihrem 



-f. 



Lande g^nbmmen^en Kulturerzeugnissen heimkehren Iie;ssQn, ohne solbs 
einen Trieb zu gleichen Unternehmungen zu* verspüren. Gewiss ist es 
dass aüth^ zu jener Zeit die Cecheu sich den fränkischen und stammver- 
wandten 'Wenden angeschlossen, und Theil an ihrem HandM genoihmei 
, haben. . ' ^ 

Um §ich einen deutlichen Bt^grifT Von der Bescbaifehheit der damalige! 
Handels- und Kulturzustände zu machen, darf man nur die allgemein 
. Geschichte der Menschheit zu Rathe ziehen , und man wird daraus den ün 
trüglichenSchluss heben^ können, dass die Menschen ,uftd 'Völker sfich vor 
jeher und zu allen Zeiten sehr ähnlich waren,' und dass , nur das- KUma odei 
die besondere Art dieses oder jenes Stammes, hierinfalls eirie zufällige Yer» 
änderung zuwege Brachte. 

Die glückliche ^ geographische Lage Böhmens, unter eipem-günstlgei 
]9ihimelsstrich, die vielen sbhifibaren Flüsse und fischreichen Bäche, welchi 
sämmtlich sich ^ur Bewässerung des Landes anwenden liessen, mussten di( 
ackerbautreibenden Cechen bald auf die grossen Vortheile aufmerksan 
machen, dre/aüs )dem Anl^aue der ausgedehnten - Ländereien entstehe 
mussten. Sie fingen daher allmälig an, die grossen W^Idei" zu lichten, dii 
Aeck^r zu ebnen, dife Sümpfe ^trocken zu le^en, und diß ausgedehnte 
Weiden zu kultiviren. Die hiedurch erhielte grosse Menge des Heues 
welches ihnen die gepflegten Grundstücke jährlich abwarfen > und welche 
weit das Bedürfniss ihrer Haiisthiere überstieg', brächte sie ganz natürlic 
nach und nach auf die Viermehruilg ihrer Heerden. Diese Letzteren warei 
ihnen auch in der Folge von solch einem erheblichen Ni|tzen,d^ss sje da 
mit ihren Tribut entrichten, und einen bedeutenden Theil davon zum Handc 
bringen konnten. Uibrigen's zogen, sie vielen reichen Ertjrag von Milcn 
Käse, Fleisch, Pelzen, Pellen, Häuten uiid Wolle au^ diesem Oekonomiezweigc 
Welches Alles ^ auch aus der geregellen Behandlung der Thiere hervorging 
Die Salzlacke bei Rindern und Schafen war bei ihnen schon längst singe 
führt, aucli zogen sie aus dem Federvieh^ namentlich von ^den Gänsen eine 
bedeutenden Nutzen, denn die Federn dieser letzteren wurden nach Roi 
verhandelt. '- , 

I 

Unter den Thieren achtete man vorzüglich die Pferde.,- 
Dass sich die Pferdzttcht sehr frühzeitig in Böhmen verbreitet* ha.t, \i 
aus dem kriegerisch eil Charakter der alten Cechen leicht zu schliesset 
denn sie^ haben so gut zuFusse \yie zu Pferde gestritten, wie wir dies au 
der römischen Geschichte ersehen. Da übTigc^ns die älteren und gleich 
"zeitigen Geschichtscfi reiber über diesen Zweig der Lahdwirthschaft keii 
Wort fallen lassen, so wissen wir auch nicht, ob die wilde Zucht der Pferd 
jemals in Böhmen Statt gefunden habe. Dies mag indess dahin gestellt sei 



17 

\ 

Eine Art von geordn(»ter Pferdezuchl mögen die Öechen unter ihrem ersten 
Fürsten gehabt, also schon bei ihrer Einwanderung in Böhmen mitgebracht 
haben; denn Strabo sagt bei einer Gelegenheit, dass alle slawischen Nar^ 
tionen die Gewohnheit hätten, 'ihre sehr schnellen und muthigen Pferde, um sfe- 
nämlich zu zähmen und geduldiger zu machen, zu Wallachen zu verschneiden. 

Die Bienenzucht dürfen wir den erst eingewanderten Cechen um so 
weniger absprechen, da sie aus solchen Gegenden kamen, in welchen sie 
schon vorhin mit den Produkten der Bienenzucht bekannt gewesen sein 
müssen. Die Slawen, welche noch zu des Plinius Zeit zu den Barbaren ge- 
zählt wurden, hatten eine sehr blühende Bienenzucht und gönnten sawol die 
zahme als wilde. ^ Darum können wir es dem Hajek auch ohne Gewährs- 
mann glauben, wenn er auf das Jahr 732 anführt, dass damals der Afeth 
ein allgemein beliebtes Getränk gewesen sei. Hajek hätte diese Angabe 
noch um mehr als ein Jahrhundert zurücksetzen können, denn nach den 
Zollgesetzen Karlmanns hatten die Cechen schon im VII. Jahrhundert mit 
Wai'hs und Honig einen Handel ausser Landes gelrieben^, welches nicjt 
hätte Statt finden , können, wenn ihre- Bienenzucht nicht von Belang, und 
daher schon früher eingeführt gewesen wäre. , 

Die Fischerei war mitunter eine Hauplbesi häftigung derjenig^en Cechen, 
welche ^n den Flüssen ansässig waren, und sie gehöhte bei ihnen unter die 
Haupterwerbsqiiellen ,des Landes **). Lachse und Karpfen wurden von 
ihnen nach den flussarmen Gegenden vierfahren, und dafür andere Produkte 
eingehandelt. Die Fische gehörten bei den Cechen zu den Lieblingsspeisen; 
doch Krebse und Frösche, galteirf bei ihnen — so wie bei allen Slawen, für 
höchst giftig ^*). * ! 

Zum Fischfang gebrauchte man ausser den Netzen ^ die Reusse. Dass 
zu jener Zeit die Fische schon geräuchert und eingesalzen vrurdpn, liegen 
nur zu viele Beweise vor. 

Di^ Wälder, welche alle Gattungen Wild enthielten, wai*en zu jener 
Zeit ganz natirlich Gemeingut der Nation, und niemand war Besitzer der- 
selben. Man hatte zu jener Zeit g-ar nicht nöthig, das Holz zu* schonen,' 

25) Dieiieiii Erwerbszweig waren alle «lawisctien Völker zugethan, wesshalb sie sich auch so 
gerne in flussreichen Gegenden niederliessen, und aus der Geschichte der Slawen, welche 
an der, Ost- und Nordsee sassen, wissen wir, dass, dieses äusserst thätigen Volks^tanimes 
Lieblingsbeschäft^ung die Fischerei gewesen «ei, und da^s sie durch diese zu grossen 
Beichthüfnern gelangten. Wenn unsere VorCahrcn auch an dem Fischfange in der See 
keinen direkten Antheil nahmen , so waren sie es , welche im Binpenlande der Flu'ss- 
fiscKeret oblagen, und aus diesem Gewerb sz wieige viele Vortheile zogen. 

26) Noch in unseren Tagen sind die K^-ebse nicht nur den Russen eben so ekelhaft, wie 
Frösche den Bfitten, sonderti ihrGenuss ist den griechischen Glaulfensver>vandten durch, 
ein Jleligionsgesctz untersagt. 

2 



1« 

vielmehr war man darauf bedacht, sie Iheils auszuroden/ theils lichter zu 
machen. Ja selbst spüter, als das Landeigenthum entstand,, und die Be- 
Sitzungen vertheilt und begrenzt wurden, so sind «die V^aldungen nicht zum 
Grunä angewiesen worden, ja man könnte nicht einmal begreifen, dass auch 
Waldungen als das Eigenthum, eines Einzelnen betrachtet werden können. 
^Nur df^n Gölterh gehörten solche an, und ausser den Tempeln gab es im 
ganzen Lande der Gottheit geweihte Wälder und Bäume. Hatten die Täut- 
schen ihre Wälder in der ersten Zeit nur dein Schutz der Gölter und ihren 
Priestern anhejm gestellt, so finden wir Aehnliches in dem Lande unserer 
Urväter, denn beL diesen hiess die Göttin der Forste D^vana. Da dieses 
einen eigenen Kultus voraussetzt, so liegt tiuch hierin der Beweis, dass die 
alten' Öechen der Jagd zugetfaan waren: Der Sperber, dessen man sich als 
Hilfsmittel zur Jagd bedien^ hatte, genoss bei ihnen eine i)esöndei*e Ver- 
ehrung. . ' ^ ^ 

-Uibrigens mochjte in BöhtAn zu jener- Zeit, der Holzverbraucli sehr 
bedeutend gewesen sein, und nimmt man an,' dass Städte und Schlösser, 
Festungswerke und ihre Schiffe^ daraus verfertigt wurden, so mussten die 
Waldungen im Innern des Lt^ndes- bald gelichtet worden sein.- 

Von Feldfrüchlen ward so viel erzeugt, ,dass man d ie Nachbarländer 
damit zum Th eil ve rs ehen^ und dafür andere Bedürfnisse eillhandeln konnte. 
Hirjse und Buchweizen Wurden ebenfalls Stßrk angebaut, doch auch des 
Kümmel^ und des^ Mohns wurde nicht vergessen. Der Erstere wurde tod 
unseren Alt- Vordem sehr häufig angewendet. 

Dje beschützende Gottheit ihrer Feldfnichte war die 2iwa.oder Ceres. 
Diese stellte in der slawischen Mythe'nlehre das belebende Naturprincip, 
nämlich die Göttin der Fruchtbarkeit dar. 

Der Gebrai/bh, das Getreide für Missjahre aufzubewahren, und solches 
in Gruben zu verbergen, war I^ei den Öechen schon bei ihrer Einwanderung 
üfilicb. Es* scheint, als wenn die Menschen diese Vorsicht den Thieren er- 
borgt hätten. • ^ 

Aüif dem Korn bück eine jede Faiailie ihr Brot, und gewöhnlich 1 
diese Beschäftigung den Hausfrauen ob. Das Mahlen des Gek'eides a 
Handmühlen , aber, war eine Arbeit des weiblichen Gesindes. Das erste 
aus/ dem Backofen genommene ^rot war der 2iwa geweiht, und dassel 
durfte nur von dem Hausvater und dessen Frau genossen werden. D 
Brotes Form glich der eines dünnen grossen Kuchens. — 

Man a^s zu jener Äeit aus einer in der Mitte des hölzernen oder stej 
nernen Tisches .aufgetragenen Schüssel, welche bei Vornehmen und Reich 
aus Metall, bei dem Landvolke aui;^ gebranntem Thon oder Holz verferti 
war. Das Oberhaupt der Familie^ langte vor allen Andern segnend dt 



* I 



hölzernen Lt)fFel nach der Speise, und erst dann, als dasselbe den ersten 
Bissefi zu sieb genommen hatte, folgten sodann erst die . übrigen Glieder 
der Familie seinem Beispiele. Gewöhnlich trug bei den Gemeinen die Haus- ' 
frau die Speisen auf, während es wieder der ältesten Toch^ter des Hause's 
oblag, das, Tisch- oder Essgeschirr zu reinigen. 

Bei der eingeführten Massigkeit im Genuss der Speisen, welche in , 
Fleisch, Mi?ch, Butter, Käse, Obst u. dgL bestand > bedienien^^ich unsere 
Altvordern nach • dem Beispiele gleichzeitig lebender Völker / zum gewöhn- ^ky^i^^y^ä 
liehen Trüiik des Quellwassers, aber bei ibren Gastereien, deren es im /^ 
Jahre sehr^ fiele gab, flössen mitunter manche liebliche Getränke. Unter 
diese gehörte vornehmlich der Meth, eine Gattung von Getränke, das jfiun ' 
wenige Böhmen mehr kennen, und das sie aus Honig in grossen Quanti- 
täten bereitet hatteä. 

Ausser diesem Honiggetränke hatten sie noch ßihe zy^eite Art von 
Meth, welchen sie aus dem wilden Kernobst, vDrnQhmlich aus Aepfeln be*- 
reitet haben. Sie brachtjen zu diesem Ende den aus dem Obst^ gepressten 
Saft zur Gährung, ^siedeten solchen, und, l)rachten es durch 'Seiherung da- 
bin, dass diese Flüssigkeil ein angenehm, weinsaures Getränke abgab.' 

Weinessig wurde unter die Krieger bei Heereszügen vertheilt, um bei 
grosser Hitze das oft unreine faulende Wasser zum, Genüsse tauglich zu 
machen. - ^ 

Abgekochte Königskerzenblüthe diente sehr häufig den Frauen zum 
Getränk. . v . ' 

Dai$s d{fs Bier'*'') eift von den Cechen mit aus ihren früheren Wohn- 
sitzen gebrachtes Getränke ist, bestättigen alle Schriftsteller; auch ist es phi- 
lologisch erwiesen, dass dem so ist, denn die Ceöhen nennen dasselbe ge- y-^* "V / ''i 
radezu ihr Getränk, nämlich „pivo"*®). Wir^wissen auch von den ältesten 
Slawen, nämlich von denen, M^elche ehemals an das griechische ^aiserthum 
gränzten, dass das Bier, ^Ksamufti bei ihneü genannt, ihr Ljeblingsgetränke 
war, and dass sie sich damil öfters stark zu berauschen pflegten. Sie führten 

27) Das Bier ist eine Erfindung, welche wahrscheinlieh durch den Mangel an Wasser, durch 
ein faulendes oder ein unreines Wasser veranlasst wurde. Im ersten Falle nöthigte 
die baldige Ve>derbniss des aufbewahrten Regehwassers die Menschen, dieses durch 
Abkonhung mit Kräutern vor Fäulniss zu schützen, im anderen Falle mochte »ie der 
üble Geschmack des weiiig£|n Wassers, das sie namentlich in den dürren Gegenden 
fanden , auf den Gedanken geleitet haben , dieses mit Kräutern als ein Decoct ange- 
nehm zu machen. -* , 

^) 'Sonderbar ist's, dass viele teutsche Benennungen des Brauwesens in der Pfalz und bei 
Nürnberg böhmisch oder altslawisch sind, welches mit' zum Beweise gilt, dass ein 
slawischer Volksstamm dort früher noch als die Teutschen dieses Getränk gebraut, y 



oder dftss^die Slawen die Bierbrauereien daselbst eingeführt haben. 






2» 



•' 



• * 



• 20 

es 'dU ein Bedörfniss gewöhnlich anf ihren Heeiztigen mit und thsften sich 
damit überhaupt recht gütlich. Sollten die ihnen stammverwand fen Cechui 
nicht auch dasselbe gelhan haben? Zur Würze dieses Nalionalgetränkes 
bediente man sich schon in uralter Zeit Jes Hopfens, welchen man wahr- 
scheiidich dann in der Folge in Böhmen landwirlhschaftlich zu- bauen anfing. 
Zu welcher' Zeit dieses jedoch geschah,* kann leider nich4 nachgewiesen 
werdefi ^% Eben so verliert sich das Malzmachen bei den Cech^n in die 

ältesten Zeilen. 

* • 

Dass die ältesten Cechoslawen auch den Wein gekann! und denselben 

gerne getrunken, auch dessen, Anbau mit gros-ern Fleisse besorgt haben, 
'Z wind ihnen als einer Nation, welche die fruchtbarsten Gegenden Asiens zum 

i ersten Wohnsitze hatten, wol zuzümuthen sein^. 

Nach »unparteiischer; Prüfung aller darüber vorhandenen Nachrichten, 
ist der erste Anbau der. Weinrebe schon in die ersten Zeilen de» Einwan- 
derung der, Slawen* nach Böhmen, zu setzen; denn dass diesen Zweig der 
Oekonomie schon die aus den römischen Provinzen nach Böhmen. gekom- 
menen Markomannen in unserem * Lande eingeführt Laben, und denselben 
betrieben, bleibt jeider « üngewiss, zumal sich keine näheren AngabVn dazii 
in unseren alten Gtschicl.tswerken vorfinden. War dies übrigens, wie auch 

I . , - "^ 

29) Dass der Gebrauch, das Bier mit Hopfen ^zu würzen, slawischem Usprungs sei, be 
weiset die Benennung des Hopfens selbst, welche sich in Böhmen bis auf den heutigei 
Tag beinahe originell erhalten hat , welche die Lateiner 4^s Mittelalters; , welche unte 
' d^n slawischen und teutscben Völkerschaften lebten und schrieben, ^enig veränder 
beibehalten haben. Er heisstauch jetzt allgemein in Böhmen Chmel von dem aU' 
slavy^ischea Gmel oder Gomal oder ' gar von dem persischen Hymel. Die Ungan 
nennen ihn Komlo. Bios von dieser originellen Benennung haben die Lateine 
ihr omulus, humulus, humlo, humelo, humolo beibehalten, und auch andere Nationea 
als die Dänen ihr Homk>, die Norweger und Schweden ihr Humle, die Fiiinländer ih 
Humala , die Spanier ihr Hombrecillos und die Franzosen ihr Hoiiblon abgeieite 
(Krünitz Encycl. s. Hopfen). Die Benennung lupulus gehört eben so wenig den 
klassischen J^atium zu, wie humulus, denn sie kömmt bei den alten Schriftstellern ga 
nicht vor, ist daher auch viel jünger als humulus. Sie mag daher auch^meEr auf de 
naturgeschichtlichen, als -auf den technologischen Gebrauch der Neueren Beziehun 
haben. Die ältesten Öechen pflegten ihre Bi^e auch mit der Giftrose (Päonie böhin 
Fiwonka) zu würzen. Wahrscheinlich gaben sie die Blüthe deshalb in, dieses Getränkf 
um diesem eine granatrothe Farbe zu geben. Mög^ch wol aucli, dass ihnen der Qe 
ruch dieser Pflanze zusagte, und dass sie selbst auch den Samen als einen nöthige 
Bes^andtheil der Bierwürze angesehen haben. * * 

30] Lanionossow sagt in seiner russischen Geschichte: Svantevit war ein aus Holz gel 
- schnitztes Götzenbild, mit vier Gesichtern und mit einem kurzea Kleide angetbai 
Er war iti einem Tempel aufgestellt. In der' linken Hand hielt er einen j^ogen, un 
in der Rechten ein Hörn mit Wein gefällt. * 



21 



zu vermuthen, der Fall, so mochten wOl die -Anlagen ISngst vor der An 
kunit der Cechen wieder verschwunden sein, weil die fortwährenden Kriege 
diesen landwirthschaftlichen Zweig nicht aufkommen Hessen. Die neuen 

echen — mussien ^ 9IS0 wol, da sie, die Rebe 
wild vorfanden, dje edleren Gattungen aus deiü «alten Rugllande — ^^ dem heu- 
ligen Oesterreich — mitgebracht, und sich der erforderlichen Mühcf und' der 
Ungewissen Belohnung des Fleisses ungeachtet^- als einem ihnen bereits be- 



-ff 



I • 



/ 



kar mtgn O ekonomiezwei^e untera^ogen haben. Wenn nun aber im Verlaufe 
der ersten Zeiten des Weinbaues in Böhmen fast gar keine Erwöhnung ge- 
schiebt, so mögen wol hau{)tsächliqb die fortwährenden Kriege, welche die /e^'^^.- . . 

tertnte» zu führen hatten, daran schuld gewesen sein, 
dass der Weinbau vernachlässigt, oder die noch etwa vorhandenen Anlagen 
zerstört worden sind. . Uibrigens finden wir wieder unter Piemysl I. Spu- 
ren von einem Weinbaue, daher ist es unbegreiflich , wie Balbin und Hajek 
behaupten köunen, dass der König von Grossmäht'en Swatopluk, dem Her-* 
Züge von Böhmen, nämlich dem BoHwoj, desshalb/ ein Fass Wein zum Ge- 
schenke gemacht haben soll, weil in seinem Land noch keiji solches 6e- . 
tränk erzeugt wurde. ^ Dies lassen wir dahin^gesteHt s6in.; Wahrsch eihlii;h 
war es ein griechischer Gewürzwein (vine pigiuentata) , den Swatopluk 
entweder vom griechischen Kaiser zum Geschenk prhielt, oder aber den- 
selben durch seine Kaufleute, welche nach' Griechenland Geschäfte machten, 
zu seinem Hofbedarf kommen liess. Eben so mögen die J[iebeH, welche 
unser Boriwoj sich von demselben Könige erbeten hatte, einer edlen grie- 
chischen. Abkunft gewesen sein, welche dieser Herzog in Böhmen acclima- 
lisiren wollte. Nach allen Urkunden ' kannte man im VII. Jahrhundert in 
Böhmen nur zwei fremde Weingattungen,, nämlich den hunnischen und frän- 
kischen. Letzterer war noch einmal so hoch im Preise geschätzt als jetier, 
welcher ohne Zweifel noch Produkt der ersten Anpflanzuilg war, undalso 
den edieren fränkischen Gattungen nachstehen musste; denn schon Dago- 
bert li und* Karl der Gi^osse trugen um die Veredlung des Weinbaues im 
Frankenlande im Salischen Gesetze grosse Sorge. Auch in den Legenden 
der bairischen Heiligen wird sehr häufig von Weinbergen und Weinbau 
gesprochen. Desto unbegreiflicher würde es bleiben, wenn man sich für 
bestimmt aussprechen sollte, d^ss den Cechen, welche sowol die östlichen 
und südlichen Weinländer besucht haben, .der Wein unbekannt geblieben, 
und dass in ^hnen nicht der Wunsch rege geworden sein sollte, siclf die 
Kultur der Rebe eigen zu machen. An trefllichen, zum Weinbau geeigneten^ 
Lagen hat es ihnen doch nicht gemangelt. 

Die Zwetschken und anderes Obst sind im VIL Jahrh. schon allgemein 
verbreitßl gewesen. Die ersteren kamen zur Zeit* der Völkerwanderung, - 



> 



I 



22 



, besonders durch die Wenden aus Asien vnd zwar aus der. Gebend des 
kaspischen Meeres nach Eiiföpa, wo sie in der Folge .überi|Il verbfeilel 

. wurden. Man darf aber nicht denken, dass das Obst^i;! jener Zeit so gut 
und schmackhaft war, wie jetzt, denn wir. haben es der Veijfesserung der 
spätem Landwirthschaft zu verdanken, wo man cfie Kunst erfand, durch 
üibersetzung und Pfropfung die Baümfrüchte zu verbessern. . 

Die Kenntniss des Flachs- und Hanfbaues brachten die Cechen aus 

\ - • 

ihren früheren Wohnsitzen ebenfafls mit. .Üibrigens zeugt von dem grossen 
. Hanf- un^ Flachsbdue der Slawen die Stelle Helnrold^s, worin «r sagt, dass 
sie für jeden Pflug ihrem Bischof neben einer Metze Korn uvd 13 Stücken 
feiner Silbermünze, 40 Reussen. Flachs statt des Zehenten hatten geben 
müssen. • - 

Die Kunst, Flachs und Hanf zu verspinnen und zu weben, ist eben- 
falls schon zur Zeit der Völkerwanderung nach Böhmen verpflanzt worden, 
denn *dass die asiatisch-slawischen Völfer schon in dei^ vorhistorischen 
Zeit Linnenzeuge bereitet haben, ist eine ausgemachte Sache. Beim Waschen 
. des Linnenzeuges bediente man sich des Waschbläueis. « 

Das Alter der Anwendung der WoHstofi'e lässt 'Sich in Bezug auf 
«•Böhmen leicht bestimmen ;. man darf nämlich ^ nur die Geischichte der Ver- 
breituhg der Thiere selbst, welche den. rohen Stofi^ hiezu liefern, nachlesen. 
Ob diese Tuche übrigens roh oder gewalkt zu Kfeidern verwendet wurden, 
oder ob man iich* schon damals auf dio Walke verstand, lässt sieh nicht 
nachweisen, doch dürfte ma^ sich kaum trügen, wenn man Letzteres an- 
nehmen würde. Eigentliche Walkmühlen waren wol um diese Zeit in Böh- 
men noch keine vorhanden, denn, das XL Jahrb. belehrt uns zum Theü, dass 
das in der vaterländischen Geschichte so berühmt ^ewordenei Landmädchen, 
welches nachmals Herzog Udalrichs Gemälin ' wurde, sich mit dem Waschen 
oder vielmehr Walken dei^ Tücher (Iqvantem pannos) beschäftigt hatte ^0- 

Die Bei^eitung des Filzes muss indess vie| älter ^sein als das Spinnen 
und Weben, , denn man trifft schon bei den ältesten Slawenslämmeft. Klei- 
dungsstücke von Filz an. Sollte man daher die Handwerke nSch der Zeit 
hrer Erfindung ordnen, so müsste man jedenfalls di^ Bereitung der Filze 
eher als das^ Spinnen und Weben nennen. 

. 31) Cosnins L. I. p. 72. — Ich halte nicht dafür, dass dfeser lateinische Ausdruck dieses 
Geschichtsch^eibers die Wäsche des Leinenzeuges bedeute, sondern es waren dies 
wollene Blousen, oder eihje Art Mäntel, die damals iNationaltracht waren ; und dies 
führt zu der sicheren Vermuthung . dass die Frauen der alten Cechen sich ekeD 



so 



mit dem WollspTn^en^ und Weben beschäftigt haben, wfe es bei den germanischen 
Völkersehaften Sitte war, dass Frauen und jVlsgde Lein spannen und webten. Demnach 
hätte auch in Böh.'nen das weibliche Geschlecht derCeclien den allerersten Grund m 
T|ich und sonstigen- Woll^nzeug-Maniifakturen gelegt. |^ 






23 

Ob die alten Cechen auch die,Pfefdehaare benützt haben, getraue ich 
mir nicht zu bestimmea; allein sollte ei^ einem Volke, das Pferdezucht trieb, 
baben entgehen können, die schönen elastischen und langen Haare dieser 
Thiere zu Geweben in Anwendung zu bringen? Gewiss nicht, denn die 
Verwendung dieses Materials war bei weitem nicht den Vorkenntnissen und 
den Schwierigkeiten der Zubereitung anderer Dinge, wiez. B. des Hanfes, des 
Flachses tmd der Schafwolle ausgesetzt. Aus dem Morgcnlande ging Eu-' 
ropas Kultur äberh£iupt hervor, eine Wahrheit, die sich selbst auf die Ver- 
arbeitung, der Rosshaare^ zu bestättigei^ scheint, denn dort wurden diese 
bereits vor Inehreren Tausend Jahren nicht nur, zu* Schnüren, Stricken, 
sondern selbst zu Kleiderstoffen verwendet. Da es zu weit- führen würde, 
wenn ich in dem entfernten Dunkel der ' Geschichte Beweise für diese Be- • 
hauptung aufsudien wollte, so mag es getiügen, hier anzuführen, dass 
Atiila's Reiter^*) ihre Pferde, wie es die römischen und griechischen Schüft- 
steller darthun, mit rosshaamen Zügeln lenkten. . ' 

In der Färberei mochten die damaligen Cechen einige Kenntnissei ge- 
habt haben, denn die Schriftsteller erwähnen ihrer bunten Fahnen, welche 
sie den. Heereszügen vorantrugen. Gewiss ist es, dass sehr frühzeitig fränn 
kische Kaufläute — wie dies die Capitularien Karls des Grossen und«andere 
teutsbhe Annalen darthun — Färberöthe nach Böhmen zum Verkauf brächten, 
was jedenfalls zur Bestättigung dient, dass sich die alten Cechen mit dieser ' 
Kunst oder vielmehr Arbcjit beschäftigt haben. Uibrigens mochte diese Art 
Färberei, welche sich zwar nur auf Linnen und Wollstoffe erstreckte, le-, 
diglich nur jaus der Erfahrung geschöpft und auf dieselbe geg^-üridet gewesen 
sein, daher sie nur nach gewissen Regeln ausgeübt wurde, welche daraus 
hergenommen w^ren. Gewiss ist es, dass man damals der^arbe hqch keine 
allzugross^ Festigkeit zu geben wusste. 

Ganz erfahren waren unsere y testen Vorfahrer in der Verfertigung 
irdener Geschirre, und es ist wahrscheinlich, dass auch diesen Gewerbszweig 
die öechen mit aus ihren früheren Wohnsitzen brachten, und da man, in 
Böhmen aller Orten das rohe Material hiezu fand, so wurde dies^e Arbeit 
auch in einem jeden bewohnten Flecken ausgeübt. Die mannigfaltigen Ge- 
fässe und andere SaehW) welche theils für den Haushalt^, «Iheils Tür die 
Asche ihrer Verstorbenen bestimmt waren, wurden, wie dies die an uns 
überkommenen Denkmale beweisen, auf der Prehscheibe verfertigt. Die^ 

1 

Formen, die man den Urnen oder Aschenkrügen gab, waren aus der ältestea 
Zeit, mitunter höchst einfach, und oft natürlichen Gegenslände/n nachgebildet, 
allein in der Folge, als mit der eingeschlichenen Betriebsamkeit sich der- 

^ . ■ 

33) Attila, Kän tg' der Hunnen, führle 451 ein grosses Kriegsheer dursh Mähren 'und Böhmen. 



24 

Geschmack zu paaren anfing, vervollkommnete sich auch das Aeussere dieser 
Gefässe, und die Töpfer, bestrebten sich manchmal, das, was mstn zierliche 
Ausl«dung der Formen, fliessenden Umriss, mit einem Worte, schönes Ver- 
b.ä^tniss der Theile untereinander uiid' zum Ganzen nimmt, darauf anzu- 
wenden. Ein TheiL der hie und da. vorgefundenen Gefässe ist mitunter auch 
von ganz roher' .^rbeit — und diese scheinen der ältesten Zeit anzugehören — 
einige wieder erscheinen mit einem graphitartigen, glänzenden, wieder an- 
dere mit einem braunen oder rothen Anstrich übertüncht. Die, Masse der- 
selben ist meistens Thon, zuweilen mit Quarzkörnern gemischt; die Farbe 
umfasst beinahe alle .Nuancen von Schwarz, Braun und Roth; man fand so- 
' gar einige, deren Ränder vergoldet waren. Viele der auf heimischem Boden 
, vorgefundenen Urnen sind mit Henkeln versehen; einige sind g^nz glatt 
und ohne alle Verzierung, während andere thefls mit schlangen-' oder wellen- 
förmigen Linien geziert erscheinen. In Hinsicht der Form lassen sich die 
Grabgefäs^e' bezeichnen : als, topfförmige , schalenförmige , kugelförmige, 
schüsseiförmige, fläschenförmige oder sogenannte Thränen-Yasen, die aber 
nicht, wie nran sonst vermutbele,, zur Aufbewahrung der^Thränen, sondern 
als Behältnisse für Saften, Oeje und Balsame dienten. — Gefässe »grösserer 
Art mjt kleinerem Henkel und enger Mündung mochten zur Aufbewahrung 
der Gelränke gedient haben. — Gefässe, deren Bpden regelmässig durch- 
löchert ist, dienten zum Seihen, der gekochten Erbsen ^^). 

. Ausser , diesen hier beschriebenen Gefässen wurden Schüsseln, Oel- 
lampen, Stürzen, Spindelwirtel, Gewichte, Rädchen, Kügelchen iind Vieles 
andere aus dem Schoosse der Erde hervorgegraben. 

' Man hranüte diese Gegenstände in eigenen hiezu aufgerichteteii Erd- 
öfen, deren Anlage und Voi:richtung^sehr verschieden sein musste. 

In den heidnischen Gräbern werden zuweilesn auch Fragmente von 
Glasgefässen und Glaskügelchen pder Korallen von verschiedenen Farben, 
ja auch von Emailgegenständen vorgefunden; ein Beweis, dass die allen 
Cecheri in der Verfertigung des «Glases nicht unerfahren waren. Dafür 
sprechen, auch genügsam die im J. 1846 bei Podbaba nächst Prag aus einer 
tiefen Erdschichle zu Tage geförderten Glasschmelzöfen, welche nach allen 
Merkmalen aus der fernsten Ferne der heidnis^n Cechenzeit herrühren 
mögen. Die darin vorgefundenen verschiedenfarbigen Stücke von Glas- 
massen sind auch mit jenen Gegenständen, die. wir so häufig in den Gräbfern 
vorfin(jen, in Farbe und Härte ganz übereinstimmend, und dies, gibt das 
dokumentirteste Zeugniss ab, dass die Cechen gleich bei ihrer Ein,wanderung 
in Böhmen in der Glasmacherei nicht unerfahren waren. Sie verstanden 

33j VVücelsxGrun(Izü<j:c der böhmischen AHerthuii>skutide. C. 1,3. 



\ , 



den Kies sehr fein auf ihren Handmühlen zu vermählen, und nachdem sie 
dieses Mehl iTi die Glasschmelzöfen geschüttet hatten, mischten sie darunter 
die verschiedenartigsten Erze, woraus die bunten Farben des Glases ent^ 
slanden sind. Dass sie das grüne Glas durch Yermittelung des Kupfers 
hervorgebracht haben, liegt ,darin der Bew^eis, dass das Innere der Koralien 
oflmai mit einem i^upfernen Drahte durchzogen ist. itecht gut ybrslanden 
die heidnischen Cechen die Holzasche in eine scharfe Lauge zu umwandeln 
und auch die Pottasche zu verfertigen. • ' ' . 

Als sprechende Zeugen der Steinmetzerarbeit aus vorhistorischer Zeit 
gelten die aus tiefen Erdschichten zu Tage geförderten Tischplatten, Schleif- 
steine, Schiisseln, Tröge aus Granit und Basalt, so ' wie die aus Porphyr- 
gefertigten Spindelwirteln. Auch finden sich in den heidnischen Gräbern, Mahl- 
steine für Han'dmühien und Kugeln von ziemlichen Dimensionen/yor. 

Unter die ^us der heidnischen Periode Böhmens herrührenden Metall- 
g^genstände gehört auch der Podraokler Bronze-Ke_ssel, dessen obere Hälfte 
im böhm. National-Museum aufbewahrt wirdi 

. Die bronzenen Oelgefässe, deren Formen sehr phantas^tisch zu nefinen 
sind, wurden wahrscheinlich dem Götzenkultus gewidmet. Ein dergleichen 
Exemplar, welches bei Königgrätz gefunden ward, bewahrt ebenfalls das 
böhmische Museum. Bronzene Ringe kommen sehr häufig sowol in Urnen 
als in Leichengräbern vor. Bei Ginec fand man ^ie überaus schönen BroYize- 
Ringe, welche . im vaterl. Museum aufbewahrt, liegen. Sie sind an Grösse 
und Stärke, verschieden^ einige dayon sind platt, andere wieder feierlich 
gravirl und alle mit glänzender Piatina überzogen. — Die Spangen, Kettchen, 
so wie die Haarput/.nadeln, welche zeitweilig indenGräf)em der teidnischen 
Cechen aufgefunden ^werden, und welche, ganz gewiss auch in die erste 
Periode der Einwanderung fallen, gehören zu. den Utensilien des weiblichen 
Geschlechtes, und sie zeige« uns. nun die Ruhestätte einer vielleicht liebens- 

V 

Mürdige» Cechin. — Der in der That schön geformten Schnallen und Klei- 
derhefle, welche man ebenfalls in den Gräbern vorfindet, bediente man sich 
jedenfalls statt der jetzt gebräuchlichen Spenadeln (spinadla §atni), und wenn 
in den Schriften der Letzteren Erwähnung geschieht, so sind fes vornehmlich 
die Haar- oder Nestnädeln, welche in. ihren Formen den römischen Nadeln — 
Fibia genannt — gleichen. Sie unterschied(in sich eigentlich von denen, was 
wir jetzt Haarnadeln nennen,^ dadurch, dass sie eine Spiralfeder hatten, welche 
sich in eine Spitze endigte,, jvelche in ein sogenanntes Auge eingelenkt 
Herden konnte. Die grossen metallenen Tadeln, welche die Haarflechten 
der cechischen Frauen uiid .Mädchen schiiiückten, endigten gemeiniglich in 
einen goldenen,, silbernen oder bronzenen Knopf odßr "^'in Kügelchen. 
Die an uns überkommenen sind sehr künsllich aus bronzenem ^Blech zusam- 



26 ' 

meii^esetzt, und der eig'entUche Knopf ist zeitweilig mit Glaskoraifen, Kett- 
chen und den verschiedenartigsten Zierrathen ausgeschmückt. Man hat aber 
auch überaus starke und lange Radeln ähnlicher Art v^^rgefunden, die wegen 
ihrer ungewöhnlichen Grösse zu einem andern Gebrauche als zum Zusam- 
menhalten der Haarflechten gedient haben mochten. 

Zu den vorzüglichsten Alterthümern, welche man zeitweilig im' hei- 
mischen Boden auffindet, können die bronzenen Bilder und Statuetten ge- 
rechnet werden. '' Solche rühren jedenfalls aus den Zeiten der ersten -heid- 
nischen Böhmen her. Es ist dies. z.B. das Bild des slawischen Donnergottes 
Pror\ oder Perun. — Bronzene Sicheln fand man in der«Nähe von Freistadl 
' in Oberösterreich nahe an der böhmii^chen Gränze. Einige derselBen be- 
wahrt das vaterl. Museum. Aehnliche Sicheln wurdeji l)ei Ginec, Chocenic 
und in der ^Gegend von l)oubr«wic gefunden. Die meisten haben viel Aehn- 
lichkeit mit unseren heut zu Tage gebräuchlichen Scheeren, deren man sicl^ 
zur Schur der Schafe bedient. Oder wafen es etwa Schaf-Scheeren ? Die§ 
zu entscheiden überlasse ich den Alterthumforschern. - 

Von eigeutlichen eisernen Geräthsdhaflen (nästroje 2eleznö) zur Wirth- 
Schaft hatte man den Pflqg (pluh), die Schaufel^*), die Axt, die Hacke, den 
Hammer, denMeissel und die Pfrieme; zuweilen findet man auch in den heid- 
nischen Gräbern eine Art eiserne Schabeisen, ähnlich dem strigilis dei 
Römer. Der erstere, trs'prünglich slawisch in Wort und Sache, ging yüB 
den Slawen zu den Teutschfen übfer. 

Sehr sonderbar ist es, dass weder Procopius noch Mauritius von 
Schwertern sprechen, aber es unterliegt wöl keinem Zweifel, dass sich schon 
die ältestÄi Cechen ihrer im Kriege bedient haben; denn Laurentius, dei 
Heerführer der Slawen, sagt in der Antwort, welche er den awarischen Gl" 
sandten gab: „Niemand unterjocht uns, so lange es Schwerter' und Kriegel 
in dei* Well' gibt.^, Die auf heidnischem Boden vorgefundenen bronzeneij 
Schwerler und, Dolche beställigen dies - sattsam. Im Cestmir ßrscheinej 
ausser dem SchWerl, dessen Heft ^ aus Holz oder Bein verfertigt war, aucl 
der Spiess oder die Lanze, oscep genannt. Von Letzteren gab es zwei Arter 
nämlich Kopie und Dfewe., Celle oder Streitmeissel waren eigenthümlic 
gestaltete Bronzewaffen der Üröechen, welche nach der Schneide hin breile| 
jjfjerden, und die so eingerichtet w'arön, dass der Schaft hineingesteckt werdei 

34) Pie Schaufel galt bei allen slawisclieii Stämmen als ein Zeichen der Trauer, and i 
der Hieroglypbenschrift der Cechen bezeichnete man damit einem Todesfall. Es wur<| 
nämlich vor dem Hause, darin ein Todter lag, eine Schaufel* in die Er^e gesteckt. Dj 
. Grund, warum nyin gerade die Schaufel hiezu^ erwählte, mag wt)l darin seine Ursad 
haben, weil die^e mit zur Bereitung des Grabes oder Mogils gebrailcht wurde.' D bi 
heisst auch vermuthlich im Slawischen Lopota : Die Traurigkeit. 



27 

> • / 

konnte; Zahlreiche Stellen der Kdniginhofer Handschrift i tiberzeugen uns 
auch, dass der Streithammer (mlaQ eine Nationalwaffe der Uröechen war. 
A)s Vertheidigungswaffe wird im Zaboj auch der dreihäutige Schjid bezeichnet. 
Das Gedicht „Cestmir*' nennt den schwarzen Schild, erwähnend zugleich, 
dass derselbe mit zwei Zacken oder Zähnen versehen war.' — Der Sogen 
der ältesten Cechen war aus Eichenholz verfertigt,' und Pferdesehnen gaben 
die hiezu nöthige Sehne. Die Pfeile waren aus Bronze und auch aus Elisen ^^) 
verfertigt. , ' ' ' • . 

Ungeachtet alle slawischen Stämme nach des Bischofs Otto*^ Zeugniss 
nichts verschlossen hatten, und sich über die Christen wunderten, dass solche 
alles fest versghlosisKin, > so wussten sie doch, zumal die Cechen in jener 
alten Zeit,, was Schlösser und Schlüssel waren, und wurden "solche von den . 
verschiedenen Slawenstämmen — wie heute noch — -mit einem gemeinschaft- 
liehen Namen (klüö) bezeichnet. Üibrigens wurden die Thüren der Hütten 
gewöhnlich nur miltelst einer Haspe verschlossen gehalten, an welcher ein 
Zugriem befestigt wQr, welcher auf der Vorderseite der Thüre durch dn 
Loch zum Vorschein kam, an -dem der Eintretende nur zu ziehen brauchte, 
um die Thüre zu öffflen. Zur Nachtzeit wurd^en die Thüren gewöhnlich 
miüelst eines Querbalkens festgehalten. Di^se Art Sperre ist heut zu Tage.. 
noch auf dem Lande üblich. . . * ♦ • 

Was die Urahfänge des Bauwesens betrifft, so mochten diese unbe- 
streitbar ohne fremden Einfluss aus dem Bedürfniss der Bewohner, und nach 
der Eigenthümlichkeit , der Gegend' sich entwickelt haben. Gewiss boten 
zunächst die vielen Waldungen das Material zur Herslellung« der Wohnhäuser 
dar, und ein jeder Familienvater führte mit seinem männlichen Gesinde die 
für seine Glieder bestimmten Bauten aus. Das Schlafgemach des Hausvaters 
und dessen Frau war von dem Her übrigen Hausgenossen streng* abgeson- 
dert. Bettstätten kannte man zu jener Zeit nicht. Man streute 'gewöhnlich 
Slruh, l^oos oder Blätter auf die getennie Erde^, uhd breitete darüber rauhe , 
Thierhäute aus. Am liebsten bediente man sich hiezu der Bärenhäute. — 
Die Tische, theilS von Stein, theils von Holz, waren sehr niedrig gestellt. 
Diese Art Gerälhschaft galt in ihren Augen für eben so heilig wie ein 
Opferaltar; daher wurden* dieselben, bevor nian*sie mit Speisen besetzte, 
€rst von dem Hausvater g>eweiht, welches durch Aufsetzeh des Salzfasses 
und der Bilder der Hausgötzen (skfelky) geschah. 

35) Mauritius sagt, dass das Gift, mit >velchem die Slawert ihr^ Pfeile bestrichen, sehr . 
heftige Wirkungen hatte, unci den ganzen Leib des damit Verwundeten anstecken 
konnte, wenn man ihm nicht sc'hnell genug Theriak, welchen man' von den Griechen 
erhandelte — eingab,' oder ihm das Fleisch um die Pfeilwund« abschnitt. 



\ . ' • » I - 

,28 . ' . 

Da man zu j^ner Zeit keine Stühle zum Einnehmen des Mahles — 
wahrscheinlich in religiöser Beziehung — nehmen durfte, so lagen >die Fa- 
miHanllieder rundherum um den' Tisch auf Binsen^ oder Strohmatten. Wohl- 
habendere hatten dergleichen Matten, .welche man gleichzeitig zum Behängen 
der Stubenwände gebrauchte, von 6untgefärT)tem Stroh und Schilf verfertigt, 
worauf allerhand Muster, nämlich Würfel und Figuren aus der Thiervvelt 
vorgöstellt waren. 

Messer und hölzerne, mitunter wol auch metallene Löffeln ^durften bei 
keinem Haushalte fehlen. * ^ ^ • 

Zur Beleuchtung d^r Stuben bediente man sich der Späne des Kiens 

und bei Wohlhabenderen des Oels. 

* * 

' Dä5^s zu jener Zeit der ßebrauch der Seife den öechen nicht unbe- 
kannt war,, erhellt schon daraus, weil sie nicht allein mit dem Baden $k\i 

.erlustigten, sondern auch ihre Aerzta oder Priester solche als Salbe gegen 
allerlei Hautausschläge verordnet haben! * 

Von der Trachrt der üri^echen ist nur so viel bekannt, dass beide Ge- 
schledUer sich darin unterschieden, dass man überhaupt weite, fliessende 
Gewänder ohne 'Knöpfe liebte, und dass man auf den Gürtel, welcher einta 
wesentlichen' Bestandtheii der damaligen dechischen ^Kleidung ausmachte, 
giyssen Werth legte. l)er weite Mantel wich bei der kalten Witterung 
einem Pelzkleide, welch letzterbs bei den Gemeinen aus Schaffellen bestand. 
Inzwischen ist es schon längst erwiesen, dass sämmtliche Slawenstämiue 

^sich schon damals den Griechen und Römern durchaus niclit so roh und 
unkuliivlrt zeigten, als mitunter einige Schrifirsteller behauptet, haben. So 
versfanden besonders die Vornehmen unter ihnen, in ihrer »zierlichen Pelz- 
kleidung eben so wolgefällig aufzutseten, wie etwa jetzt die Russen und 
Armenier, den^n so wie bei den Geten, Hunnen und iGothen die Pelzkleider 
zur Pracht gehörten, und solche eine Aufzeichnung für den in der nächsten 
Umgebung ihrer Fürsten beGndtichen Adel. waren, eben so ahmten auch die 
Cechen diese Sitte nach, besonders als sie mit ihren gegen Norften-\\uh- 

^nenden. Stammverwandten, nämlich den Polen und Russen in einen grösseren 
Verkehr gekommen sind,* und von diesen gegon antlere Erzeugnissje aller- 
hand Pelzwerke einlauschten, . • , 

Die Form jind der Schmuck der Kopfbedeckung lassen sich nicht' näher 
angeben, als dass erstere sich etwa der jetzigen polnischen Mütze annä- 
herte, und diese aus Filz verfertigt und grössltentheils mit einem Pelzwerke 
verbrämt' war. ' • , 

Fussbekleidungen waren ebenfalls bekannte Diejenigen, die im Kriege 
getrogen würden, waren aus starkem Büffel- oder Ochsenlqder verfertigt, 
und ihre Form glich der unserer Halbstiefeln. Eine Zweite Art Fus^beklei- 



dang, deren raari sich im' Winter bedient hatte, hidls Krpce , und wahr- 
scheinlich waren dies die Kriipeza der alten Böotier. Sie waren aus grobem 
wollenem Tuche verfertigt, und' sie glichen der in der Walachei und den 
Karpathen jetzt noch gebräuchlichen Fussbekleidung. Der Landmaim trug 
grössteniheils hölzerne Schuhe (d^ewice), doch auch Vornehme bedienten 
sich zeitweilig ähnlicher Fußsbekleidung, nur unterschied sich diese darin, 
dass das Innere mit feinem ' Pelzwerk ausgefüttert war. Die Frauen der 
Heerführer trugen Schuhe . aus griechischem Saffian ^und anderen feinen 
Lederarten. ' ' 

Masken oder Larven waren den 'ältesten Cechen nicht unbekannt. 
Nach Karamsin ^^) heisst es ausdrücklich , dass diese Nation auf den Kreuz-, 
wegen (prisefi) eine Art Theater erbaute, femer dass man auf demselben mit 
Masken die Schalten der Abg'eschiedenen vorstellte, und dass man durch dieses 
Gaukelspiel ihr Andenken feiern und ihnen Ruhe verschaffen wollte. 

Das, was wir unter dem Worte Handwerk verstehen, kannten die alten 
Cechen nicht; daher hat auch ihre Sprache für das Ganze k^ine Benennung^ 
so wie man sie auch bei. einigen Professionen übereinstimmend findet. Jede 
Familie vjerfertigte ihre Kleidung, ihr Hausgeräthe, ja sogar ihre Schiffe* und 
hölzernes ' Geschirr zum Land- und Hauswesen, selbst, und vielleicht über- 
liess ein Nachbar, der einen geschickten "Riemer oder einen fertigen Schneider 
unter seinem Gesinde hatte, dem andern Nachbarn denselben ein- und das 
anderemal aus Freundschaft, in der Fo"lge aber vielleicht gegen eine ander- 
weitige Verpflichtung. Doch denjenigen Mann, der ihnen eiserne Geräth- 
schaften zum Ackerbau und zum Kriege — die gemeinschaftlich „Rrona^ 
hiessen — yerferligte, kannten sie und nannten ihn Kovar. 

DJe Arzneiwissenschaft lag zur Zeit der ersten heidnischen Cechen in 
den Händen der heidnischen Priesterschaft und Zauberer. Die Ersteren, bei 
dem Volke Kriwi oder Mikil genannt, logen den Laien vor, dass ihnen in 
Krankheitsfällen der Gölter hoher Wille nur allein bekannt sei, und dass 
sie mit ihnen einen vertrauten Umgang pflegen, wobei sie die Heilkraft der 
Pflanzen und Wurzeln kennen lernten, und durch dieöe nur ihnen allein 
verliehene ffenntniss den- Sterblichen ein langes Leben zu bereiten im Stande 
sind» Das fromme, ali^ leichtgläubige V(xfk unterwHrf siqh willig ihren An- 
Ordnungen, brachte ihnen Opfer in Cerealien dar, und achtete sie für fast 
göttlich. Darum strotzte auch unter den heidnischen Cechen alles von Götzen 
und Aberglauben. Man liess Pflanzen sprechen, ja, einem jeden Götzen 
wurde nach dem heidnischen, Rilys eine Pflanzen- oder B^umgattung geweiht. 
Wenn sie in eine Krankheit verfielen, oder in einer Schlacht von der Ge- 

36) Karamsin *$' Geschkhte von Russland L B. S.. 82. 



30 . 

' fahr des Todes bedrot^ wurden, so liessen sie durch ihre Anverwandten 
Opfer veranstalten, durch welche Massr^g-el sie gerettet zu werden wähnten. 
Sei ffichtisöhen Anfällen wurden dem pVnensischen Götzen, der Podagra 
hiess, «ebenfalls Opfer gebracht* Aus der. Hufl^ttigwurzel schnitzten die 
Priester das Bild der Moranä. Diese Wurzel wurde von ihnen aus Charfa- 
tanerie bei zunehmendem Mond aus der Erde gehoben,^' und dann als ein 
bewährtes Mittel gegen alle Arten ansteckender Krankheiten in Anwendung 
gebracht. Die Hirschzunge (Scolopendria) musste beim Mondschein ausge- 
graben werden, und sie wurde bei dem Abortus angewendet. — Wer auf 
seinen Wanderungen das Beifusskraut bei sich trug, der wurde nicht, müde, 
aber selbst auch gegen viele andere Krankheiten wurde diese Pflanze an- 
gewendet. — Mit dem Täschelkraute (kokoSka pospolitä) stillten die heidni- 
schen Öechen das* NaseiAIuten, wenigstens wollten sie es damit beheben, 
wenn sie das genannte Kraut in die linke Hand fassten. — Das Eisenkraut 
stand sowol bei den nach Jn Böhmen zerstreut lebenden Markomannen, als 
at^ch bei den Cechen in solch einer 'Achtung, dass es niemand wagte, dieses 
aus einer andern Hand, 9lYs aus der eines ii^rer Priester zu nehmen. Bevor 
diesef Religionsmänner diese Pflanze abgeschnitten hatten, brachten «sie an 
Ojrt und Stelle ein ans Schafmilch und Ht^nig zusammengesetztes Opfer, 
besprengten damit vorerst unter Gebet die Pflanze, und nachdem sie auch 
des Messers Schärfe damit bestrichen, trennten sie- damit «sodann den Stengel 
knapp von der Wurzel. Ausser den vielen Kräften ' gegen eine Menge Uibel 
und Gebrechen, rühmten die alten Cechen von dieser Pflanze, dass sie alle 
Gespenster und alle Zauberei ^vertreibe, und demjenigen, der solche bei sich 
trage, in der Liebe und dem Wirken der Bubischaft 'Riesenkräfte verleihe. 
Auch wähnten sie, dass dieselbe, auf Aeckör gelegt, ein reichliches Ein- 
kommen und einen überflüssigen- Ertrag zuwege bringe. — Nicht minder 
^wurde bei den heidnischen Öechen der Allermannsharnisch (meöik) geschätzt ; 
ja, der Abergkube verschafile dieser Pflanze die wunderbare Eigenschaft, 
dass diejenigen, welche solche bei sich trugen, stich- und hiebfrei sei^n. 
Dieser Aberglaube' haftete nicht nur an . den' Niedern, sondern selbst an den 
grössten Helden und fürstlichen Personen. Sie Hessen, wenn sie in die 
Schlacljt zog6n, Blätter dieser Wunderpflanze in ihre Schwerterscheiäen ein- 
nähen, und thaten, von. diesem Glauben beseelt, oft Wunder von Tapferkeit. 
Ja sogar bei den Frauen war es, zum frömmlichen Gebrauch geworden, dass 
sie sich dieser Pflanze als eines^ Schutz und Schirm verleihenden Mittels 
bedient hatten* -- Das Heidewundkraut (celik obecn]^) schätzten die alten 
Cechen ebenfalls gar sehr, allein sollte dieses seine gehörige Kraft und 
Wirkung haben, so mussta e^ um die Mitteroachtsstunde ausgegraben und 
von solchen Greisen, die das achtzigste Jahr erreicht hatten, gesamnnelt 



31 

werden. Dieses zu thuh, . wagte wol such kein Mündiger, zumal da nack 
dem Vorgeben der heidnischen Priester die Pflanze iStets von einem schwarzen 
Specht bewacht v^ard, ^welcher einem jeden Unberufenen, der die vorge- 
schrieben^n Greisenjahre hiebt erreicht hatte und beim Ausgraben derselben 
nicht die vorgeschriebenen Gebetformeln herzusagen im Stande war, das 
Auge an der Herzseite auspickte. Man hing diese ^anze als ein Amulet 
an den H^, um von allen nächtlichen Gespenstern befreit und nur durch 
angenehme Träume, erfreut zu werden. — Die Wachholderbeere stand in der 
Urzeit ebenfalls in grossen Ehren. Sollten diese aber eine sicjhire Wir- 
kung hervorbringen, so musste vouv dqw eingesammelten Quantum die Hälfte 
den Hausidolen geopfert, und bei dieser Handlung fromme Gebete gesprochen 
werden. Au$ dem Hnistern des Wachholderholzes wahrsagten die heidni- * 
sehen Priester .den Öechen. - Die Altbäenwurzei wurde in der ältesten Ce- 
chenzjeit als ein wirksames, eirtschneidendes, auflösendes Mittel und in jeder 
Art von Brustkrankheit bewährt gefunden. Man kochte aus ihr ein kühlendes 
Getränke und besprengte damit neugebome Kinder. — Der Schwerspjatb (slaw. 
Herotik altelaw. Merot) war deiv^lten heidnischen Böhmen ebenfalls bekannt, 
und sein aufbrausendes Wesen veranlasste sie auch, ihm den Namen ihres 
Höllengottes Merol oder Merowit zu geben. Er wurde gegen den Aussatz 
angewendet. — Der Earfunkelstein war den heidnischen Cechen schon be-* 
kannt. Man «barg ihn in ein Amulettäschchen, und glaubte sich damit gegen 
die Erscheinung eines Gespenstes zu schützen. 

Wie weit nian im V^IL Jahrb. im "Bergbau bewandert war, lässt sich 
ans Mangel diplomatischer Beweise nicht mehr nachweisen. Der gelehrte 
Gelas Dpbner sucht darzuthun, da^s in dem ehemaligen Markomannenlande 
«chon zur Zeit Marbud's Eisen bergwerke gewesen sind ^'')! Auch Sperges 
gesteht ein, dass die Eisenb^rgwerke in Böhmen lang^ Zeit vor dem ein- 
geführten Christenthum im Baue gewesen, und stark ausgebeutet worden 
wären ^. Der Bau der ay ehnlichen Stadt Marobudum setzt jedenfalls einen 
Jossen Bedarf von Eisen voraus, welchen römische Eaiifleute gewiss nicht 
zur Gänze gedeckt haben konnten, wenn nicht die im Lande befindlichen 
Eisenbergwerke benützt worden wären. Diese Thatsachen sind also längst 
vor der Epoche der Einwanderung der Cecho-Slawen geschehen, und lassen 
also keinen Zweifel übrig, dass die Öechen die aufj^elassenjen ^isengrub^n 
von Neuem bearbeiteten. Wenn es ^also wahr ist, dass unsere Altvordern, 
nachdem sie in Böhmen eingewandert sind, eiftweder die von den Marko- 

37) P. Gehs Dobner in den Anmerkungen zu Hajeks Übersetzungen aus dem Tscitus. und 
Ptolömäus. 

38) Sperges tyrol. Bergw. Geschichte p. 24 und 25. 



\ 



32 . . . 

mannen ehedem belegten, n«ch deren Abzüge aber, auflässig gewordenen 
Eis euschichten aufs Nfeue befahren, oder nach dem Beispiele ihrer Vor-* 
ganger andere rieue aufgethan haben, so sind in dem erwähnten*. Jahrhun- 
derte bereits Eisenwerke in Böhmen vorhanden gewesen. Wahrscheinlich 
wurden diese durch die immerwährenden Kriege der Teu/schen mit den 
Cechen, vorzüglich aller zur Zeil des Einfalles des alles verheerenden Hun- 
nenkönigs Attila mehrmals unterbrochen, vielleicht gar mehrere Jü||irhunderte 
hindurch ausser allem Betrieb geisetzt worden, bis endlich im VII. Jahrb., 
als nämlich Ruhe und Frieden in die ländlichen GebirgShütten zurückkehrte, 
dieselben wieder aufs Neue angegangen wurden. Das böhmische Zeitbuch 
Hajek*s enthält bei dem Jahre 677 die Bemerkung, dass ein Verwandter 
'des Wladyten Botak' beim Durchstreifen der Wäldei* von Ungefähr eine 
Eisenmine entdeckt habe. Was ferner Hajek auf das ' Jahr 759 von der 
Entdeckung einer mit eichenen Pfosten verkleideten Höhle erzählt, wird 
jedenfalls auch ein üiberbleibsel markotaannischer — weijin nicht etwa höh- 
mischer Bergwerksversuche gewesen sein.' Auch die montes ferri, deren in 
einem Sedlecer Tauschbriefe des Witko f^n Zehu§ic j^rw^ähnung gelhan 
wird, sind ebenfalls uralt aufgelassene Eisenbergwerke, wovon die Spuren, 
ungeachtet die Gegend schon vor sehr ialter Zeit mit 'dem dichtesten Walde 
wieder be\yachseit war, in der Zehuäic^r Gegend noch Schlacken und Halden 
zu sehen sind. Aehnliche Spuren von ^aufgekissenen Bergwerken aus den 
ältestfen Zeiten finden sich noch heut zu Tage -in vielen Gegenden Böh- 
mens vor, allein da keiner von unseren vaterländischen Schriftstellern ihrer 
erwähnt, so mag ihr Entstehen in die fernste Ferne der Zeit hinabreichen. 
Einen noch sicherern Beweis liefern die «rst im JaJire 1846 in verschiedenen 
Gegenden Böhnlfens unter den heidniseheri Gräbern vorgefundenen Eisen- 
schmelzöfen oder Riesen-Pfannen, darin die heidnischen Böhmen das Eisen- 
erz geschmolzen und den Fluss sodann zu verschiedenen Gegenständen ver- 
arbeitet haben. Piese Oefen sind ans Thon geformt^ und es finden sich 
darin noch eine grosse Menge, zapfenartig gestaltete Eisenschlacken und 
Holzkohlen vor. Aus. der Struktur der Oefen ist genau abzunehmen, dass 
sie es regelrecht, verstaAden haben, beim Einsatz der rohen Erze jedesmal 
eihe Schichte Kohlen zwischen das Erz zu legen. Sehr häufig* Icommeu 
diese Eisenpfannen oder O^fen in der Gegend um Sarka und dem Dorfe 
Kovary vor, und sie sind bei dem gemeinen Mann« unter dem sonderbaren 
Namen „kuchynö'' bekannt., Man findet d^rin Eisenschlacken im Gewichte 
von 50 — ■ 100 Pfd. Schwere. Wie viele dergleichen Schmelzöfen mögen in der 
ältesten Zeit in Böhmens Gauen vorhanden gewesen sein ! Noch jetzt tragen 
viele böhmische Orte seit^hrer Entstehung einen sich auf die Eisenerzeu- 
gung und da? Schmiedehandvverk bezügliche Namen! 



33 



Da also den Cecheh der GfUbenbaa des Eisens nicht unbekannt war. 

7 

SO war es ihnen gewiss auch leicht, nach edleren Metallen zu graben, oder, 
da sie irgend einiges despüre davon entdeckt, dieselben ^mit Scljilägel und 
Bergeisen zu gewinnen und zu fage zu fördern! Was zwar jlie späteren 
diplomatischen Bevy^eise anbelangt, so hat man freilich keine ä]ter^ schrift- 
lichen Urkunden, von der* böhmischen Bergwerken als das Iglauer Bergrecht, 
nach welchem sich in der Folge fast alle bisher bekannten, sowol in- als 
ausländischen Bergordnungen gerichtet haben. Der böhmische Bergt^u ist 
jedenfalls älter als man vermuthet, denn gewiss hat das damals völlig z\x 
Tage gelegene Metall, 'welches beim Ackerbau immer mehr und nlehr zum 
Vorschein kam, hiezu Veranlassung gegeben. 

Dass die Öechen kurze Zeit nach ihrer Einwanderung nach Böhmen, 
sich schon mit den Etiler und Pybramer Bergwerken beschäftigt haben, ist 
mehr als wahrscheinlich, und Häjek hat nicht unrecht, wenn er den Ur- 
Sprung der böhmischen Bergwerke so alt machte In ,den Euler und Pri- 
bramer Bergwerken finden wir' auch die älteste slawische öder ^echische 
ßergsprache eingeführt, welche bei allen übrigen teutsch ist,^ Auch qjjehrere 
teutscbe Wörter, die auf den Bergbau Bezug haben, können nur dürph die 
slawische Sprache erklärt werden. Thunmann folgert hieraus, dass die 
Teotschen den Bergbau von den böhmischen Wenden oder Cechen entlehnt 
haben. Auch ist diesei^ noch von Gewicht, Aass die meisten- allen Urkunden 
über das böhmische , Bergwesen aus den späteren Jahrhunderten sich auf die 
Uibung der alten Zeiten befufen, von welchen, wie wir wissen, die Stelle 
der Rechte nnd Gesetze die Gewohnheit vertrat. 

An die uralten von den ersten Cechen bearbeiteten Bergwerke mag 
sich auch das zu Bergreichenstein anreihen.' Die Gegend daselbst kann 
man in bergmännischer Hinsicht nicht ohne Bewanderung^betrachteii. Uiberali 
sieht man Schächte und Halden, so zwar,^ass ma^ die ganze Gegend Tür 
fast ganz ausgebeutet halten würde. Doch sowol die alten als neuen Werke 
sind in keiqe beträchtliche Teufe gekommen, indem die Gänge nicht m6der7 
zulassen scheinen. Auch in anderen Gegenden sieht man eine Menge auf- 
gehäufter Halden, eingestürzte Schächte, alte Pingßn und in den absetzen- 
den .Bergen verschiedene Merkmale von angetriebenen ^fitollen, wie unsere 
alten Vorfahren den Seifenstrichen nachgebaut, was Alles von der Beträcht- 
iichkeit des Bergbaues in den ältesten Zeiten deutliche Zeugenschaft abgibt. 
Selbst die verschiedenen Halden von Schlacken, die man hier und dort an- 
trifft, und welche oft schon zu Humus verwittert als Aecker und Wiesen 
seit Jahrhunderten benutzt werden, tiberführen ans^ da,ss man in .der Urzeit 
mcht nur Pochgängy.» nachgebaut, sondern ein ordentliches Schmelzwesen 






3. 



eingerichtet hatte. Wahrscheinlich brachten die Cechen diese Kenntniss 
aas Apien mit/ . - 

Auch die Goldwäschereien (ry^e) sind in der ältesten Zeit betrieben 
worden. Alerkmale hievon sind an vielen Orten Böhmens zu sehen. Der 
Antiquarias des Eibstromes bezeuget, dass der sogenannte Eibbrunn häufigen 
Goldsand und sogar gediegene Goldkörnchen aus dem Eingeweide des Riesen- 
ge^irges herausgestossen habe. An der Watawa (Wotawa) sind alle Ufer 
voll ifiigeln» Schutzdämme und Halden, was Alles von dem bewunderungs- 
würdigen Fleisse unserer Vorfahren zeugt. Eine Menge Städte in Böhmen 
verdanken den Goldwäschern und Bergleuten ihr Dasein^ 

üibrigens machten unsere alten Vorfahren, ein äehr mühevolles Be- 
arbeiten der Bergwerke gehabt haben, denn wenn man bedenkt, das$; sie 
den Gebrauch des Schiesspiulvers nicht kannten, so mussten sie das Ge- 
steirT mit Feuer und Essig gewaltigen. Das Ulbrige geschah mit Meiseln 
und Schlägeln. Man hatte hie und da in Böhmen Stellen gefunden; wo man 
sich 4es gewaltsam in die Sprünge des Gesteins eingetriebenen ^ trockenen 
und hernach mit Wasser befeuchteten Holzes zum beliehen der Wände 
bedient lialle. ^ _ - . 

Unter dem zur Gewinnung erforderlichen Gezähe war nach den hie und 
da vorgefundenen Exemplaren das Bergeisen der Alten bedeutend platter, 
als _das heut zu Tage in Anw^dung gebrachte; oftmal findet man es ohne 
Helm und Auge, und das ist wol dicker aber äusserst kurz. Ihre Haspel 
bestand aus' einem Rundbaume von eii|er zu den Schächten etwas meht* als 
verhältnissmässigen Länge. Anbeidon Enden waren solche lä^nglich-vierr- 
eckig 'behauen, und mit > kreuzweise überlegten Armen versehen. Hierauf 
folgte der Zapfen von wenigstens fünf Zoll Durchmesser, und eben so viel 
Länge. Alles dieses bestand aus einenv Stücke* Die Haspelstütze war iii einer 
Grundsühle eingezapft, und reichte bis zur Firste der Hofnstätle, wo sie 
durch ein Paar ms Holz geschnit^sten Nägeln an einem Stängel befestigt 
• war. An der schmalen Seite derselben bewegte sich auf einer besoi^ieren 
Anlage der gedachte Rundbaum. ^ Nicht das mindeste von Eisen war an 
diesem Apparate wahrzunehmen. Eben so ^atte man, Grubenseile gefunden, 
welche aus Baumbast und nicht aus Hanf geflochten waren. \ 

Die aus den Gruben gewonnenen goldhaltigen Erze wurden gepocht, 
geschlämmt und zu Pulver gestampft, und die bei dem Schmelzen ausge- 
worfene Schlacke nochmals gepocht, um sie nochmals zu schmelzen. Zum 
Waschen des Schliefs bediente tnan sich der Siebe, zun^ 'naschen des 'Goldes 
aber der rauhen RüfFelhäute. 

Ungewiss ist es , woher die damaligen Bewohner Böhmens ihr 
Salz genommen haben. In den Zeiten, als es von den Markomannen be- 



35 

wohnt wurde , hatten sie * es wahrscheinlicher Weise von den übrigen. 
Teutschen, mit denen ,sie in Verbindung standen, erhalten. Plinius, Cor- 
nelius, Tacitus und "Varro haben uns , verschiedene Nachrichten dufbe*- 
balten , wo sie zugleich das Verfahren , um das Kochsalz zu gewinnen, 
mittheilen. Diese Verfahrungsart, von welcher gedachte Schriftsteller Er- 
wähnung thun, hat lange Zeit noch fortgedauert. Möglich wol, dass sich 
die Öech.en gleich nach ihrer Einwanderung dieses nach teutscher Art ver- 
fertigten Salzes bedient haben. Da sie aber zuvor das alte Dazien, wo 
gutes Salz im Ui^erfiusse vorhanden war, bewohnt hatten, so schmeckte 
ihnen das Salz der Teutschen nicht. Sie müssen sich ganz gewiss bemüht 
haben, Salzquellen und Salzsleine in ihren neuen 'Wohnungen aus- 
findig zu n^achen, und daher kam es wol auch, dass sie so ^ frühzeitig bei 
Durchwühlung der Berge auf Eisen, Silber und Gold gestossen sein mögen, 
denn von den Entdeckungen solcher Bergwerke erzählen die Geschicht- 
scbreiber Vieles in den ältesten Zeiten , ohne' des Salzes zu erwähnen. 
Die Cechen hatten indess späterlut: von ihren Stafnm- oder Sprachge- 
nossen — tiämlich de'n \xh heutigen Meiss^ wohnenden Sorben — gehört, 
dass die Wenden im heutigen Sachsen eine reiche Salzquelle besässen. Das 
war ,zu Halle und sie nannten den Ort Dobrosul (Gutsalz) im Vergleiche 
mit dem teutschen unreinen, Salze. Weleslawina erzählt, dass die Ce^^hen 
sich wol' eine Zeit dieses Salzes — welches ihnen^ auf der Elbe, zugeführt 
wurde, bedient, allein später wandelte sie die Lust an, sich dieser Salz- 
quellen zu beiÄächtigcn ^*). • Ob sie dieses jedoch versucht haben, davon 
schweigt die Geschichte. Uibrigens ist ersichtlich, dass ihnen die Wenden unauf- 
hörlich Salz .Zugeführt und dafür besonders Häute, Honig und Getreide ein- 
gehandelt haben. Im Orte Tetschen musste von allem vorbeigehenden Salze 
ein gewisser Z.)li erlegt werdeü. Es kam aber auch Salz die Donau herauf 
aas Ungarn., Dieses war zwar grösslentheils für Mähren bestimmt, alleiii 
es gingen hievon selbst grosse Ladungen nach Böhmen. Wahrscheinlich 
verschickten auch die, Venetianer Salz . ins mährische Reich , von wo es 
wieder nach Böhmen abgesetzt Wurde. Unter den Salzwerken, welche die 
Venetianer bereits in der ersten Hälfte des VL Jahrh. betrieben *% müssen 
solche zu verstehen sein, in denen Seesalz gekoioht wurde. • Da aber dies6 
viel umfassenden Zwisc|ienhändler ausser dem von ihnen erzeugten See- 
salz, auch Salz aus Astrachan, Istrien, Sicilien und Nordafrik^ bezogen 
haben, so lässt sich aus der Menge des i^iportirten Salzes schliessen, dass 



39) Dieses/ soll in die Penade Pfernysls 1. fallen. 

40) CnsMdor Var. XH. 24. 



3* 



36 

vieles dav<^n unter Swatbpluk nach Mähren, ja sogar niich dem angfränzenden 
Böhmen verhandelt wurde. . i ' 

Ob die Cechen im VII. Jahrhundert, da sich so manche neue Gold* 
und Silbergruben bei ihnen eröffneten, eigene Münzen gehabt haben, lässt 
sich mit keiner Gewissheit .bestiminen, es( wäre, denn, dass man' jene, init 
gewissen Zeichen gehauenen Goldklümpchen, welche in einigen 'Münzkabi- 
neten als ein Iheueres Vermächtniss unserer Altvordern aufbewahrt liegen, 
für eSective inländische Münzen anerkennen wollte. Aus dem erwiesenen 
Alterthum der böhmischen Bergwerke — für welches gelbst ausitedische 
Schriftsteller auch hierin einen Beweis liefern wollen, dass bei den böhnü- 
sehen Bergieuteiü fremde — . namentlich meissnische Bergwerksbeflissene in 
die Lehre gegangen sind, und wofür auch der anderswo erwähnte Tribut 
an' den Kaiser von 5Q0 Mark Silber und endlich auch das bürgt, dass 
die damaligen Cechen für die Mai*k in ihrer Sprache eine eigene Be- 
nennung, nämlich ,,hfiWna^ gehabt 'haben ^0 9 muss man ganz natürlich 
folgern, dass, da es ihnen am Stoffe zur Prägung oder vielmehr Schlagung 
der Münzen nicht fehlte; sie auch eigene, gehabt haben konnten. Aber ganz 
gewiss waren sie auch in der Lage, sie haben zu müssen, denn sie trieben 
ja doch Handel mit den nachbarlichen, Völkern, und gewiss fühlten^ sie 
dabei die Unbequemlichkeit des Waarenumtausches, welche den Wunscfi 
nach einem Stellvertreter, desselben, dem Gelde, schon allein erregt haben 
würde, wenn sie auch das, was sie bei jedem Nachbarn sahen, nicht darauf 
gedacht hätten. Anfangs inögen sie ' allerdings — ^ so wie vordem die 
Franken der römischen — sich wieder der fränkischen Münzen bedient 
haben; aber schon das hatte den Enlschluss rege gemächt, aus dem Ertrage 
der heimischen Bergwerke eigenes Geld zu schlagen. Auch Cosmas Spricht 
sich dafür aus, dass die. Cechen frühzeitig ihre Münzen gehabt haben; denn, 
indem er von dem erwähnten Tribut — den bekanntermassen an Karl den 
Grossen zu zahlen, schon spätere Herrscher Böhmens sich verpflichtet haben — 
redet, schreibt er ausdrücklich: „200 Pfennige, welche damals eine Mark aus- 
machten.^ Endlich kann man die hie und da in Böhmen gefundenen Münzen 
nicht für römische halteii, weil diese schon ein bei weitem schöneres Ge- 
präge als die von den Öechen geschlagenen hatten; auch noch weniger 
für sächsische, weil die Bergwerke im Harzgebirge viel später entdeckt 
wt^rden sind. Vpigt sagt: dass der Gebrauch der Münzen bei den Cefchen 
sehr alt sei, und weit über die Einführung des CU'istenthums in Böhmen 



41) Im Magdeburger Weichbilde 'wird ausdrücklich bezeugt, dass die slawische flfark 12 
Schillinge oder Solidos gegolten hattö, und dass die Tribute der Cechen mit Marken 
hesfahlt wurden. ' ' " " ^ 

/ 



37 

hinausrelehe. Diess isl aber auch mehr als wahrscheinlich, denn bei dem 
Wachithume der Ktiilur wurden die Bedürfnisse des gesellschaftlichen Lebens 
jedenfalls vervielfäitigt, auch neue fremdartige Artikel für das bequeipere Leben 
verlangt. Sollten sich die Ein- und Verkäufe damaliger Zeit noch immer 
einzig und allein auf den lästig -umständlichen Tausch beschränkt haben? 
Dies ist bei einer Nation, die einen selbstständigen Bergbau betrieb und die, 
wie esL die vielen aufgefundenen Götzenbildek* genugsam darthun, in den* 
Gies$kunst erfahren war, ganz utid gar nicht denkbar. Man war gewiss 
schon damals darauf bedacht gewesen, zum Behufs des Handels, Uttch dem 
Beispielb der Franken, ein allgemeines Yorstellungsuiittel einzuführen, das 
beim Ka^f und Verkauf eine Ausgleichung zu Stande brächte. Der Einfluss 
fremder Münzen mochte übrigens für Böhmen nicht zureichend gewesen 
sein, um gleichkam durq^ dieses Medium das Commerz zu befördern. Man 
war demnach jedenfalls genpthigt, sich -eines Mittels zn bedienen-, dieser 
Schwierigkeit abzuhelfen. Dies mochte also im allen Anfang bloss darin 
bestanden haben, dass* man das Gold und Silber in kleine Stücke theiite, 
und duftr einen Werth bestimmte, damit es nicht erst nothwendig wäre, 
bei dem Handel die einzelnen Stücke immer abzuwägen, sondern sic^ darauf ' 
verlassen könnte, da^s gemäss der Bezeichnung sowol die Aechtheit des 
edlen Metalles als auch das gehörige Gewicht bestände. 

Die Rechnurtg nach Pfunden (libra lat^Libra, griech. Talentum **) war 
eine der ältesten und ausgebreitesten ; denn zu geschweigen, dass bereits 
die Griechen ün'd Römer sich derselben bedient hatten, so kam sie gewiss 
sehr frühzeitig, insonderheit schon unter Marbud, nach Böhmen in Gebrauch 
Der Ursprung dieser Rechnjangsärt war die älteste Gewohnheit, das Gold' 
und Silber einander zuzuwägen. Weil nup aber im gewöhnlichen Handel 
und Wandel nicht immer ein jeder die Wage bei der Hand haben .konnte, 

42) Talentuili bedeutet 80wo|^ eine Wag'e, als auch überhaupt ein Gewicht. Man le<i:te 
daher diese Benennung. an yer&chiedenen Orten Gewichten von mancherlei Schweren 
bei. Bald verstand man darunter 100 Pf. oder 1 Zentner, bald 50 Pf., bald nur 
1 Pf., bald wieder 1 Mark (siehp des du Fresne gloss. v. Talent). Nachdem diese» 
Wort auf die Münze gezogen worden, war -dessen Bestimmung eben so mannigfaltig. ' 
In unserer Münzperiode wird Talent durchgängig mit der libra, d. i. einem Pfunde ' 
als einerlei gebraucht. In der böhmischen Sprache findet sich kein .Wort, welches 
dieser Bedeutung ^tspräche. Man bedient sich entweder des von Lateinern erborgten' 
Libra, oder des aus dem altteutschen verstimmelten Funt (Pfund). Übrigens ist auch 
dies • letztere Wort nicht fränkisch ; denn bei den Römern rechnete man nicht ^nders 
als imcbPondo (welches das Stammwort des teutschen Pfundes istyund dessen TheÜen 
(Voigt 3 B. S. 46). Ein sicherer Beweis, dass diese Art — entweder das Gewicht 
zu_ bezeichnen, oder' auch eine gewisse Zahl Münzen anzudeuten, nicht inländisch, 
sondern durch die Markomannen oder Franken eingefülirt würde. * ■ 



\ 



38 ^ ' - 

und man schon ohnehin wusste, wie viel Stücke ges(;hlagener Münze ^uf 
ein Pfund und also auch auf einen jeden Theil dess'elben gingen, So wvde es 
nach und. nach gebräuchlich, dass man anstatt die Pfunde einander zuzuwägen, 
dieselben lieber nach einer gewissen Zahl Pfennige auszahlte; kurz es ent- 
standen eben so wie hernach, bei der Mark, aus einehr Pfimdg^wichtß : ein 
Zahlpfund, welches denn, weil di^ Pfennige in der Folge aus verschiedent- 
lich legirtem Silber geschlagen vnirden, derselben Anzahl nach, sehr 
»mancherlei und veränderlich werden ihusste« ^ ' 

Dass die Cechen zu jener Zeit — nämlich zu Anfarfg des VII. J6hrh- 
einen nicht ganz unbeträchtlichen Kauf und Verkauf getrieben hat» n, er- 
zählen die fränkischen Annalen. Es Iiisst sich dies auchgar leicht vermu- 
then, dass der damalige grosse Welthandel seihe besonderen Kanäle hatte, 
die sich selbst nach Böhmen erstreckten. - . . 

Eine besondere Aufmerksamkeit verdient die auswärtige Haudßl^chaft, 
vyelche die Cechen in dieser Zeit mit vefschiedenen fremden Nationen, be- 
sonders mit den benachb^ten Franken und Sachsen -getrieben haben* 

Samo, ein kärantinischer Kaufmann, errichtete im Jahre .623 rai* einigen 
seiner Landsleute eine Handelsgesellschaft zur gemeinschaftlichen Führjing 
des ^echoslawischen Handels *^) und ei^ lässt sich vermulhen> da^s man unter 
seiner Leitung grosse, Geschäfte gemacht haben müsse, weil ihn^ die Cechen 
in der Folge zu ihrem Könige erwählt haben 5*). Diese Verbindung war 
also die älteste Handelsgesellschaft in Europa.. Sie hatte zw^r keine lange 
Dauer, und ihre Geschäfte,, die Getreide, Wein, Leder, Häute, Fär- 
berröthe. Kreide, Wolle, Honig, Wat;hs, Leinwand und andere 
Waaren betrafen, scheinen auch für sie von minderer Erheblichkeit, als für 
die Slawen gewesen z?u sein, die damals im nördlichen und westlichen Eu- 
ropa den grössten AktivhandeL besassen. . ; .' 

Dass übrigens Samo als Regent die Kultur in;* seinem Lande beför- 
derte, und demnach auch Sorge trug, den HändeteveFkehf zu heben, lässt 
sicV nicht bezweifeln. Man trieb zwar noch imm«r keinen allzubedeutenden 
Aklivhandel mit Fremden, erlaubte aber doch unter, gewissen Einschränjkungen 

43) Die -Handelsreisen in fremde Länder scheinen, wie es auch sonst der damaligen Ver- 
bältnisse wegen Sitte war, mehr gemeinschaftlich wie man. später sagte, in Kara- 
. vanen gemacht worden zu sein, und die Gesellschaft wählte zu diesem Behufe, einen 
Anführer au« ihrer Mitte. 

^44) Samo gründete den ersten grossen slawischen Staat, den die Geschichte kennt. Der 

Kern desselben war Böhmen, sein Hauptsitz vermuthlich'die Burg WysehraciJ^ei Prag. 

Was ehemai Arkona und Rhetra den JVordsl^wen gewesen, dös war den Böhmea 

ohne Zweifel das heilige Wysehrad — die Haupt&tätte der Götteryerehrung im Lande, 

• mit Tempeln, Götzenbildern und' Pciesterschaft. ^ 



39 

.fremden K«iff}euten Zutritt ins Land, wovon wir ein Beispiel an den vielen 
fränkischen Kaufleiiten,.die immer noch — wi6 es in der frühesten Zeit ge- 
schah, das Land besucht haben. Aeltere Schriftsteller erzählen diesfalls von 
Samo folgende Anekdote. Fränkische Kaufleute, welche entweder auf Ge-, 
heiss ihres Königs Dagobert oder aus eigenem Antriefte in das Land der 
Slawen kamen, wurden von diesen e'rniordet und ausgeplündert. Sicharius, 
welchen Dagobert für die seinen Unterthanen zugefügte Unbill an Samo ab- 
schickte, erlaubte sjch bei der Audienz Beschimpfungen und Drohungen, als 
müsslen sich die Slawen als Unterthanen der Franken betrachten. „Nicht 
nur die Länder — * versetzte Samo bescheiden — „die wir besitzen, sondern 
wir selbst sollen deinem' König angehören, wenn er Freundschaft und Bund- 
niss mit uns schliessl.'' — „Das ist wol nicht möglich^ — sagte hierauf der 
Gesandle — „dass die Christen und Goitesdiener mit Hunden Freundschaft 
schlössen.''. — „Sehr gut*' — erwiederte Samo — „wenn ihr Gottesdiener, und 
wir Gottes Hunde sind, so ist es uns, gestattet,- Euch alle als ungehorsame' 
Diener anzupacken und zu zerreissen.'' Mit diesen Worten bedeutete er 
dem stolzen Sicharius, dass seine Sendung ein Ende habe. Nun war der 
Krieg unvermeidlich, worin zwischen den Jahren 630 — 640 vorzüglich die 
Cechen hart mitgenommen wjurden, denn Dagobert'}^ Rüstungen Waren furcht- 
bar. Das ganze austrasische Reich wurde gegen die Cecho - Slawen aufge- 
boten, selbst die Longobarden wurden zur Hilfe gerufen. Acht Tage währte 
die entscheidende Schiacht, doch Samo focht mit Glück, und Dagoberts zahl- 
reiches Heer wurde in die Flucht geschlagen. Eine grosse Menge Kriegs- 
geräthe, Lebensmittel und viele Kostbarkeiten wurden eine Reifte der Sieger. 
Alles frohlockte, Alles pries Samo den eben so tapfern als mächtigen König. Im 
Triumphzuge kehrten die Cechen — stolz auf ihren Hierrscher — n&ch Böhmen 
zurück, nachdem sie sich. den grössten Theil des heutigen Sachsen unter- 
worfen hatten. Von nun an ergriflFen die Cechp-SlaWen die Offensive gegen 
die Franken, und sie fielen zu wiederholten Malen verwüstend in Thüringen 
und in den üngränzenden teutschen Ländern ein ^^). 

Unaufhörlich warfen die Öechen mit glücklichen Waffen die Awajen und 
Franken zurück, und Samo verleibte die benachbarten Länder seinem R^icfie 
ein. Der Mittelpunkt dieses Staates blieb immer Böhmen, und sein Gebiet 
reichte südlich bis zu den steirischen Alpen, östlich bis zu den Karpathen, 
nördUch bis zur Spree und Havel, westlich ziemlich tief nach Teutschland 



45) Ich erwähne dieses politischen Vorfalles deswegen, damit man überseugt wird, dass 
den Franken an Böhmen i^nd dessen Handlun^svortheilen sehr viel gelegen war, una 
fic sich alle Mühe nafhmen, das Cechcnland an sich zu reissen. 



40 

hinein, ' da die Slawen am ^ichtelgebirye, am Main,^ an der Reflnic, ohne 
Zweifel seinem Szepter unterthan waren *®). 

' Nachdem Friede und Ordnung ,im Lande wieder hergestellt war, liess 
Samö viele zerstörte Städte *') wieder aufbauen, iiahm neuerdings Kaufleute 
und . Handwerker auf, und suchte den durch die Kriege vernachlässigten 
Ackerbau durch Aufmunterung wieder zu heben. i 

Die vordem erwähnte Ermordung und Pfönderung der w^hrscheintoh 
grossen Menge fränkischer Negocianten in Saiho's Reiche war also der erste 
Anstoss zu dem grossen urtd mörderischen Streite. Waren es Kaufleute, die 
damals freilich in Karavanen und bewafl'nel gereist sein müssen, so'ent- 
stehen daraus eine Menge Fragen, die,wpl interessant, aber bei der Dürf- 
ti^keit der geschichtlichen Notizen nicht zu beantworten sind. Aus den ein- 
heimischeli slawischen Quellen wissen wir, dass die sogenannten hoste 
(Gäste), d. h. die aus dem Auslande gekommenen Grossliändler zugleich 
Krieg-ei^ zu sein pflegten, und sie in Kriegszeiten oft ganze Kriegshaufen 
anführten. Samo ^selbst war ein solcher Negociant j®). üibrigens darf man 
de« obigen tragischen Vorfall nicht dahin auslegen, als wenn die Cechen 
(fem Handelsverkehr der Fremden abgeneigt gewesen wären ; nein, es waren 
dies die barbarischen Zelten des Faustrech'tes, in -welofaen man die Kauf- 
leute des Zolles und Geleitsgeldes wegen anzuhalten pflegte. Vielleicht 
weigerten sich die Franken — was auch am wahrscheinlichsten ist — den 
Zoll und das Geleitsgeld zu entrichten, wobeies zu einem feindlichen Hand- 
gemenge kam, und woraus atn Ende ein mördeVisches Gemetzel entstand, 
und wobei die fränkischen Kaufleute umkamen» Inzwischen glaubte sich 
jeder Mächtige zu jener Zeit in seinem Lande berechtigt, ähnliche. Plünde- 
rungen auszuüben. . Vielleicht that Samo dasselbe, was Dagobert in seinem 
Lande that; kurz, es. war ein Vorwand zurti Kriege. ^ ^ 

Dass übrigens der Hajidel . in Samo's Reiche sehr lebhaft betrieben 
wurde, beweiset* nicht allein'der Karavanenzug der fränkischen Kaufleute, 
sondern auch der -Umstand, dass er selbst Dagobert's Aufmerksamkeit im 
fernen, Paris auf sich lenken, und als Staatssache so wichtige Ereignisse 
voranlassen *konnte. Ging etwa schon zu jener Zeit die orientalische Han- 
delssirasse durch dieses Land? 

Die Vorth,eiIe und Bequemlichkeit der Elbe und Moldau, so wie die 
anderen kleineren Flüsse, di6 das Land noch heute unverändert durchschnei- 
den, erJeichterten den Handel und Wandel der Cechen gar sehr. Es ent- 

46) §afafik*s Alterthümer übersetzt von Mossig 11. B. S. ,418. * 

47) Böhmischbrod so!! sdion um diese Zeit bestanden haben, nnd es soll das Ptolomai 
Casiirgis der Alien sein (Zedlers Lex. II. B. S. 279). 

48) Safacik's Alterthümer nbersetzt von Mo6sig IL B. S. 416. 



•41 

standen an den Flüssen Dörfer und Städte, und Böhihen war unter Samo's 
Regierung das frnchlbarste und bevölkerlste Land in weiter Feme. 

Die Stelle unseres Häjek*s, woraus Einige haben schliesseh wollen, 
dass die SchifiTahrt erst um das Jahr 837 in Böhmen eingeführt worden sei, 
ist ungewiss und sie erleidet verschiedene- gleich ;,wahrscheinliche Erklä- 
rungen. Man kanp sie Dhne allen Zwang so auslegen, dass, als die Brücke, 
deren in LibuSa's Gerieht erwähnt wird, dui^ch einen Eisstoss vernichtet 
ward, und hernach die Uiberfuhr auf der Moldau eingeführt werden musste, 
sie schon aufch vordem in Böhmen betrieben ward. Man darf ja^ nicht 
glaubet, dass die Cechen gleich nach ihrer Einwanderung in Böhmen der 
Schifihaukunst bar waren. Längst schon beschäftigte sie diese, und sie be- 
dienten sich nicht allein der Flösse, sondern selbst grosser bequemer Fracht- 
schiffe. Erwähnt ist bereits worden, dass die an ah der Ost- und Nordsee 
wohnenden Slawen ihrer günstigen. Lage Wegen in der Schiffbaukunst ihre 
sämmtlichen Zeitgenossen tibertrafen. Wol galt dieses allerdings nur von 
den seeanwohnenden Slawen und liicht von ihren Stammgenossen, den Cechen; 
allein diese letzteren hatten es aber auch nicht so nöthig, dieser 'Kun^t 
so grosse Aufmerksamkeit zu schenken ,' als jene, welche nicht allein^ die 
Küsten, sondern sogar den grossen Ocean zu beschiffen wagten. Dass 
aber die Cedhen erst so spat den Gebrauch der Uiberfuhrplatten uncL über- 
haupt der Kähne kennen gelernt haben sollen, ist nicht nur nicht unwahr- 
scheinlich, sondern auch .ganz unglaubwürdig, zumal da ihre Vorfahren 
schon als trejHiche Zimmerhandwerker (sekernici)^ und Schiffbauer bekannt 
gewesen Isind, oder wie Gelas Dobner LB. p. 530 gahz richtig heihärkt, bei 
den Franken und Hunnen viele Beispiele, die Flüsfie mit Pontons ^u über- 
setzen, gei?iehen haben. . 

Ungeachtet wir nun auch aus dieser dü^tem Zeit sehr wenig von dem 
damafigen Zustand der. FlussschiffTahrt der Öechen wissen. So lassen sich 
doch sehr wahrscheinliche Vermuthungen machen, dass man bei Verfertigung 
der Wasserfahrzeuge kunstgerecht dabei verfuhr. Gewiss zu allen Zeiten 
schlagt man im Handel mit fernen Gegenden zuerst einen solchen Weg ein, 
der am schnellsten .und sichersten zum nächsten Ziele, zum Absätze der 
eigenen, zum Eintausche der fremden geschätzten Güter 'führt. Dies ist noch ^ 
die Erfahrung der Handelsnationen, welche neuenldeckte Lander und Völker 
zuerst l>esuohen. Der Grund liegt dazu in der Sicherheit, welche man, auch 
damals in Böhmen oder bei den Cechen, dem Geiste des Zeitalters gemäss, 
weniger zu Lande, als auf den Flüssen gefunden haben mag. Dazu bot ja 
in diesem Palle die Elbe zuers,t die beste Gelegenheit dar. Hätten "wir ge- 
naue und bel^lauMgte üiberlieferüngen und Urküt^deQ über den frühesten 
Zustand des Verkehrs der Böhmen nach Sachsen, so würde^ sich die Wahr- 



42 



/ , 



heit dieser Yorstellimg gewisa-auf das Bündigste ((arthun lassen. Auf einen 
jeden Fall ist mit diesem Verkehr zu begiftpen, wenn von dem älteslen 
Handel 30r Cechen diä Rede sein soll. Im allgemeinen -wurde das Wasser 
als ein gemeins^ames Gut angesehen, auf dessen Benutzung .alle Unterthanen 

''gleiche Ansprüche hiitten, und selbst Samo und seine 'Nachfolger suchten 

' diesen Grundsatz aufrecht zu erhalten. Durch den Heichthum und steigenden 
Wohlstand genährt^ blühte derselbe _gewis& auch durch viele Jahrhunderte, 
bis ihn politische Verhältnisse, ZollbeschVerni^se und endlich; eine andere 
Gestaltung der Qinge immer mehr bemmten,. und zeitweise ^anz unterdrückt 

f hitberi. V . V ^ 

'Diess sind Nachrichten, die bis zur ersten Hälfte des VII. Jahrh. rei(;hen. 
< In der zweiten Hälfle desselben Jahrhunderts bricht ein mehr als- hundert- 
jähriges Dunkel von Mitteleuropa ein, und S€;it dieser Zeit fehlt auch jede 
Kunde von Samo, obgleich derselbe bis, zum Jahre 662, wie Fredegar 
schreibt — nach Andern nur.— bis auf.65Ö — in Böhmen regierte; ein 
Bßweis dafür, dass die Cechen, vielleicht in ihre|n Land» ruhig beschäftigt, 
wenigstens mit ihren mächtigen Nachbarn, den Awaren und Franken, in^Frieden 
und Freundschaft lebten *^1, * ' ^ , ' . 

. Dieses für uns so unangenehme Stillschweigen mag sich wol s^hr na- 
tüfl|ch nur durch dfe stattgehabte Ruhe im Lande erklären lassen, ütid da nun 
die Cechen nicht nach Eroberungen geizten, isondern auf die no^hwendigsten 
inneren Einrichtungen und d6tt zu ihrer Existenz unentbehrli<;hen Anbau der 
Felder, Wiederherstellung aller verlassener .Ortschaften und ^uf. Anlegung 
neuer Wohnjsitze zu denken hatten,, so mussten sie aus deti Auge» der süd- 
lichen Völker oder wenigstens ihrer Schriftsteller yerschwiüden. Inzwischen 
hatte der Handel in Böhmen nicht aufgehört, denn er war zu den Bedürf- 
nissen der Land- und Hauswirthschaft nöthig, indem theils der rohe Stoff 
theils Aber vielleicht auch einige unentbehrliche Werkzeugen, dgl-, ange- 

^ schafft werden mussten. Was indess unser Studium • in Betreff des dama- 
ligen Handfels erschwert, ist der Umstand, dass, wie biereits in der Einleitung 
erwähnt wurde, die gleich^eitig-en^ Schriftsteller sämmHiche Völker, welche 
die slawische Mundart gesprochen, mit dem allgemeinen Namen „Slawen^ 
und „Wenden'' bezeichnet ha|}en, woraus denn allerdings schwer zu ent- 
nehmen ist^ lyalchem Stamnve wol die Geschättsthätigkeit und Rührigkeit 

zukommt. 

• / ■ , 

49) Safariks Altertliümer übersetzt von Mossig II. ß. S 420. 



*. ^ 



^^- — 



/ 



Dritter Abschnitt 



\.i 



Eultar« und Handelsrastand unter Herzog Krok und den ihm i» der 
Regierung nachfolgenden heidnischen Pihemysliden^ d. i vom Jahre 

650 hts zur Einführung des Chrisfenthums. 



^o dunkel und so lückenhaft auch nä ersten und zweiten Abschnitt 
die Handelsgeschichte ist, sq wird sie es hi diesem, welcher die gesellschaft- 
lichen Verhältnisse vor Einführung des Christenthnais auseinander setzen, 
soll, noch weit dtirftiger und verworrener. Alles darüber Vorhandene be-- 
schränkt sich auf einige wenige zufällige Andentungen bei alten Schrift- 
stellern, woraus wir leider ntnr äusserst wenige. Daten für. unsere Kultui^ 
gescfaichte schöpfen können. 

Ungefähr zur Hälfte des VH. Jahrb.: wurde — so heisst e& in den An- 
nalen — ein slawischer Fürst, Namens Krok, zum Herzog oder Richter von 
Böhmen erwählt. Ob dieser Fürst aber als einer der Nachkommen Samos 
zu betrachten ist, oder ob derselbe aus den mächtigen Vl^lädyken des Landes zu 
dieser Würde erhoben wurde, kann aus Manger diplomatischer Belege nicht 
nachgeM»esen werden; denn obgleich wir auch wissen, in welchem Jahre un- 
gefähr Sämo geistorben ist, so zeigt' sich's doch deutlich durch den )angen 
zwischen ihm und dem neuerwählten Fürsten liegenden Zeitraum, dass 
Letzterer nicht Sai^o's unmittelbarer Nachfolger gewesen sein konnte. Diese 
Lücke auszufüllen wird uns wol schwerlich je gelingen, zumal in der Ge- 
schieht^ jener Zeit sehr viel Fabelhaftes durch die späteren Geschichtschreiber 
eingedrungen ist, und sie uns in so viel grossen und wichtigen Sachen aus 
dieser Periode tbeilnahmslos in der grössten Ungewissheit Hessen. 

Aber ungeachtet dieses peinlichen Stillschweigens und selbst durch Nacht 
und Nebel geblickt, erspäht glücklicherweise der aufmerksame Forscher ein 
Handels-Revier, das auf einen gewissen Wohlstand und allgemeine Tbätig« 
keit, ja selbst auf wissenschaftliche Ausbildung hinweist; und gewiss giLt es 
nichts Ungereimteres, als wenn gewisse ^hriftsteller den damaligen Cechen 



44 • ' 

* 

alle Handelskeniitni^se absprechen, und ihr Land quasi a^ü einer terra in- 
cognita machen wollen. ^ 

Dass der Handel wol oftmals dureh Kriege, welche die Öechen bald mit 
den Franken und bald wieder mit ihren übrigen JNachbarn geführt haben, 
unterbrochen wurden, unterliegt keinem Zweifel, aber ganz aufgehört hat 
er doch wol nie. 

' Man hatte um diese Zeit v wie schon früher sehr verschiedene tfaeils 
natürliche, thetls künstliche Produkte nachzuweisen. J)ie natürlichen waren : 
Korn, Gerste, Weizen, Haber, Erbsen, Hirse, Kümmel, Flachs, Wachs, Knop- 
pern, Ochsen^ Pferde, Schafe, Schweine ^^ i so wie Ochsen-, Schaf- und 
WildNiierhftute. Die künstlichen bestanden iii Bisen, WoU^ und Leinentnchen, 
welch letztere man auch zum Theil zur Ausfuhr brachte. Ausser diesen 
Artikeln lieferten die Bewohner einiger Bezirke, besonders jene, die an den 
Flüssen ihre - Wohnungen hatten, eine grosse Menge Fische, namentlich 
Karpfen,* Lachse, Hechte u. m. fi.; während ein anderer Theil die Gebirgs- 
j be wohner die Salzzufuhren aui^ Baiern und aus den HaUeschen und. anderen 
; Salinen a^f der Elbe und zu Lande besorgt hatte. ' 

In Hinsicht des inneren Handels kann ^bemerkt werden, dass zu jener 
Zeit dessen Freiheit und seine Yortheile wahrscheinlich in , den Satzungen 
der Staatsverhandlungeh mitbegriffen waren, und dass i^olehe bei jedesma- 
ligem LandUige im Fürstenrath zur Sprache- glommen sind. Gewiss be- 
stimmte, bei solchem Anlass der weise Krok — so wi6 es auch seine be* 
nacfabarten fürstljk)faen Zeitgenossen thaten — von den 2^r Einfuhr gebrachten . 
Waaren, leichlef, gesetzliche Abgaben, welche voneigei^s bestellten Beamten, 
welche an den Grenzen der Heer- und Handelsstrassen ihren Zol]einhel»ung&- 
punkt hatten, den Kaüfleuten abgefor^iert wurden. Wahrscheinlich wurde 
dieser Zoll in natura bezahlt, zu welchem finde man einen bestimmten Theil 
der eingeführten Waaren filr einen festgesetzten Preis annahm. Diese Art 
Zolletnhebung war ja auch im Frankenlande üblich*. 

Aber nicht nur der böhmische Für^t^ gab seine Weisheif in dem Zoll- 
gesetze zu erkennen, auch die: frünkischeu Kaiser glaubten von jeher ihrem 
Interesse abgemessen zu bandeln, wenn sie die für die ^ephen bestimmten 
Zollsätze fUr ein- und ausgehende Waaren in ein erträgliches Yerhältniss 
setzten würden. Hlevon haben wir auch ein wichtiges und unverwerfliches 
Zeugniss in den urislt' bairischen Zollgesetzen Ludwigs und seines Sohnes 
Karlmann, ^us denen wir gleichzeitig ersehen^ welche Stellung der böh- 

4 

50} Es scheint, al^ hätte man sich in der Urzeit mit der Schweinzucht in Böhmen sehr 
stark befasst, denn der Name des Schlosisherges oder Hradschins — zu jener Zeit 
Sehweinsberg genannt, deutet auf diesen Zweig hin. Oder wurden daselbst etwa 
Wildschweine gehegt? 



45 

> < > 

mische Handel zu^ jener Zeit eingenommen und wie weit sich dessen Zug 
erstreckt hatte. ' . « 

Nach einem Zollgesetz^ welches , Ludwig für Oesterreicfa festsetze, 
zahlten die 6echen und Hährer von einem nach Oeeterreich geführten Saume 
Wachs einen Sjioter ^0 ^^ Werthe. Eine SUavin ward einem mfinnlipben 
Pferde gleicbgeschätzt, und man bezahlte bei der Einfuhr derselben einen 
Drittelschilling. Von einem Sklaven und von einer StuttC' ^ine Sqik» ^^)* 
Die SalzschiiTe, ^die an dem passauer Walde vQirüber hinabführen, durften 
ihre« Ladung nicht früher verkaufen^ als bis sie in Eperaspurch (jeiti Ebels«- 
berg) angelangt waren; Und w«r mit den Cechen einen Handel betreibea 
wollte, musste von eiUeni Schiffe einen Schilliug entrichten. Wenn die 
Böhmen nach Linz hinabfuhren, so mussten sie von einem Schiffe drei halbe 
Hetzen oder drei Scheffel Salz abgeben. Vo» ihren Leibeignen zahlten sie 
keine Abgabe, und erlaubt wurde ihnen zu Markte zu sitzen und zu haR- 
deln, wo es ihnen bis an den Böhmerwald beliebt. — «Jene Slawea^ -^ 
heisst es> in einem andern Gesetz — „welche aus Böhmen des Handels 
wegen nach Baiera kommen, zahlen von einem Lastthiere einen Massiolam^^ 
und ton einem, verkauften' Pferd& eine , Saika. Diejenigen Slaw^en aber, 
welche in Baiern wohnen, sind zollfrei, sie mögen kaufen oder verkaufen«^ 

In den ältesten fränkischen Jahrbüc'hern und .anderen fremden Quell- 
werken werdei^ Kaufleule und Marketender erwähnt, welche im VIII. Jahr- 
hundert aus fremden Ländern des Handels wegen ilach Böbmen kamen. Zu 
welchem Behufe wären sie wol hiehergereist, wenn sie night die Absicht gehabt 
hätten, daselbst Handel' zu treiben und. allföUige Einkäufe von böhmischen 
Landesprodukten zu besorgen. . Die damaligen Cechen -haben nach allen 
benachbarten Ländern Handel getrieben, vorzügjich aber nach den Ländern 
der Franken und Sachsen. Die bairischen Annalen aus^ dem YH. und - VHI. 
Jahrh. bestätt^^o, auch, dass starke Fraqhtan von Honig, Wachs, Pferden, 
Häuten , Knoppj^rn und gedörrten Trauben (?) aus Böhmen nach Baiem 
gegangen §ind. 

Dass die Öechen mit ihren an der Nord- und Ostsee angesiedelten 
Stammverwandten fortdauernd einen Verkehr 'unterhielten, lag in der Natur 

51) Es ist eine hekflnnle Sache, dass das karoHngische Pfund aus 240 Pfennigen oder 80 
Drachmen bestand, und Ludwigs Zollgesetz bestimmt den Werth eine« Scoters auf 
eine halbe Drachme, mithin auf einen balbön oder ganzen Pfennig« 

52) Die Saika war eine Münze aus jener Zeit, und sie galt so tiel als einen Pfennig. 

53) Massiojam- war, -einev Münz Sorte zurzeit der karolingischen Kaiser, welche auch in 
Frankreich noch zu Anfange des XIV. Jahrh. unter dem Namen Massasd'or, Masses- 
d'argent betf^nnt waren. Aventin drückt diese Geldsorte durch Scutatum oder 

Seudi aus. »' * ^ 



46 

der Sache, ipid gewiss haben bereits -damals die böhmischen iKaufleüfe in 
einer Verbindung* mit Russland gestanden,. da dieses von den obwaltenden 
Verhältnissen geboten ward, nur können wir es nicht mit Urkunden aus 
jener Zeit nachweisen. 'Mit den Polen beobachteten die Cechen die ge- 
naueste Freundschaft; indem ihnen sonst von dieser Seile der Handelsweg 
nach den wendischen S;tädten gesperrt worden wäre. Auf diesem Wege 
lern l«n die Cechen im Handelsverkehr istets die wichtigsten ^Entdeckungen 
dgs Orients iM kennen, und blieben ihnen sonach die £ingeaehmsten Ge- 
näsi^ nicht fremd. - 

- Öa zu jener Zeit sowol Böhmen als*auch die beAachbarten tänder 
oft durch Rauber und feindliche Uib^rfälle syid beunruhigt worcien, so war 
es zur SichÄ^heit des Handels immer nöthig, sich eine Begleitung yön be- 
wafTneten Leuten von dem Fürsten geben zu lassen, oder m%n reiste eben- 
so, »vie es unter ^amo geschah, in Gesellschaft. 0afür finden wir, dass 
d^r äUesle "Tribut, 4Jen dip Cechen an den teutschen Kaiser enlrichtet hatten, 
Ale Abgabe sich gewöhnlich auf den Schutz^, wichen -sie den böhmischen 
Kaufleuten angedeihen Hessen, bezogen hatte. 

' Da«s die Gechen zu Kroks Zeit eine Art von Sklavenhandel betrieben 
haben, lässt sich aus den vielen Andeutungen, welche wir in den fränki- 
schen Annaien finden, schliessen ^^). Es^ war dies ein Uiberbleibsel von 
d^n 'Markomannen oder vielmehr von den Jlöraern. Die Ce<5hen brachten 
alsp diesen Gebrauch nicht ins Land, sondern sie hatten ihn, von ihren Ver- 
fahren i^st abgelernt^ Dieser schändliehe Handel hat sich auch noch bei 
schoA eingeführtem Christenlhume eine geraume Zeit erlialten^ bis er sich 
endljcb in der FoJ^e in die sogenannte Leibieigenschafl verwandelt hatte. 

* So ,, gewiss es nun ist, dass man sich in der damaligen" Handelswelt 
des Geldes bedient hatte, ebien so wahrscheinlich und erweislich ist es auch, 
das$ man nibht allein die Masse — sowol für Flüssigkeiten • als auch für 
trockene Sachen — sondern auch die VTagen und Gewichte in Anwendung 
gebracht habe; denn wie hatten wol die fränkischen und vandere Kaufleute 
ihren Ein- nnrf Verkauf in Böhmen besorgt, wenn diese alle Bevortheilung 
hemmende Einrichtung nicht eingeführt geweiöen wäre.^^ Jedenfalls war in 
Böhmen da^ römische oder fränkische Gewicht eingeführt ^ nach welchem 
sowöl die KäufQ als Verkäufe abgeschlossen wurden. Zeug^enschaft hieven 
Ifefern uns die heut zu Tage aus den slawischen Möhil^jn zu Tage geför- 
derten thönerneh Gewichte und metallene Balken. — Nach römischem Feld- 

s 54) Unter den Franken galt damals der brancübare und wolunterrichtete Sklave 12 Gold- 
schillmgfc. Hellmian zählte 7000 JSkiaven, die auf einmal auf dem l^arkte zu Mekleft- 
bürg feil waren. Die Wenden brachten viele aus Böhmen und Kü|eland die Donau 
hinauf. . * 



47 

masse Hess auch Krok das ganze Land dur h geschickte Mess-Künsller auf- 
nehmen, womit zugleich die erste Land»Char(e B#fanrien8 durch dies'e s^ne 
Veranlassung zu Stande kam. Er Hess bei dieser Gelegenl^eit das ganze 
Land, Berge und Thdler mitbegriffen$ durch getreue uhd vertässliche Botien 
bereisen, und ihre Naqhrichten in ' eichenen Tafeln zu künftigem Gedächt- 
nisse verzefchnen ^^). Dies war sonach eine Art von topographisdhem 
Werke, welches der weise- Krok der Jugend verfertigen Hess. ' 

Unwillkürlich drängt sich dem aufmerksamen Geschichtsforscher die 
Frage auf, in welch einen StuiT die damaligen Kaufleute und Krämer die 
Waaren wol verjiackt, oder wie sie solche an diä Käufer abgegeben hatten, 
als das Papier noch nicht bekannt war. VenauUiHch hat man nnrdie^einen 
Gewürzwaaren, welche ;u jener Zeit ohnehin nicht Jedermanns Kauf waren, 
sondern immer nur von Bemittelten benutzt worden sind, in dünne Perga-' 
menthäutchen verwahrt, während die ge\vöhntichen Artikeln, als< Hirse, 
Salz,. Mehl, Leinsarhen, Färberröthe u. a. m. wie noch jetzt üblich, entweder 
in grobe leinene Säcke und die flüssigen Gegenstände in hölzerne, thönern'e 
oder metallene Gefässe, welche jede^smal der Käufer mitbrachte, verwahrt 
worden sind, so wie man Butter, Quark und Käse wieder inPflanzenbiatter 
verpackt habeu mochte. ' ' , * 

Für die Landwirtfischaf) trug Krok alle. Sorge. Auf ^seinei^ Befehl wur- 
den die\ überflüssigen Waldungen ausgerottet, und der Ackerbau mittelst, 
Besamung der Felder mit den nützlichsten Arten des Getreides befördert« 
Die Behandlung, welcher die Wälder zu -jener Zeit ausgesetzt waren, ist 
ganz gewiss jener im Frankenlande völlig gleich gewesen. Dies Alles zeugt, 
dass der alte landwirthschafüiche Geist bei den Cecfaen* noch immer ge* 
herrscht bat, und das^ sich Krok in dieser Beziehung als ein grosser Wohl- 
tkäter des Landes bewies. Durch seine Vorsorge ' wurden sämmtlidhe Ge- 
genden Böhmens ausserordentlich fruchtbar, und brachten einen Uiberfluss 
an allen Lebensmttt^ln hervor. Wite wäre es denr Cechen aber auch möglich* 
gewesen, den benachbarten Ländern Getreide zu überlassen, wenYi sie in 
diesem Zweige nicht das Außallendste gethan hätten! Die Rede, welche 
Kroks Tochter, nämlicli Lil)u§a, an die versammelten^ Stände hielt, ist ge- 
nügend, darzuthnn, dass nicht nur der Getreidebau , sondern selbst auch 
die Wiesen, ja selbst auch der Weinbau^ ferner die Viehzucht den Na- 

tionalreichthüm der damaligeu Zeit' ausgemacht habe. Es scheint, als 

» 

hätte man sich um diese Zeit - auch mit der Schweinzucht in * Böhni^en 
befasst, denn der uralte Name des jetzigen Schlo^sberges „Schweinberg^^ , 
deutet auf diesen 2weig der Oekonomie. 

i 

55) Schnellers Ge9chi(^ie Bdhmen^ I. ß, S. 10. ' 



i '' 



Was die potititM^fae Oeko^omie anbelangt, so war diese völlig so ein- 
fach liiid kunstlos, als sit' es unter ^inem Volke, dem es noch 'immer an 
vielem baren Gel(|p gebrach, sein musste *^. NaturalUeferlingen, Han*- und 
Spanndienste vertraten bei dem Landmann die Stelle der Geld^abgaben, weil 
sie die einzigen Mittel waren^ durch die sowol der Hefzog^ von seiften Un- 
terlhane'n für den Schutz, den er ihnen verschäflfle, als die Besitzer grösserer 
Ländereien von den Pächtern, denen sie ihre Güter in Pacht, gaben, sich 
bezahlt machen konnten. ' , . 

Dass unser. Krok durch seinen weise^i Sinn, Kenntniss der Sitten 
und Gebräuehe seines Volkes so wie d^rch seine hohe. Rechtlichkeit zu 
tiberwiegendem Ansehen gelangt war, lässt sich schon aus .dem sjohliessen, 
dass ihm, da er keinen männlichen Erben' 'hinteriies^, s^ine jüngste Tochter, 
dte erwähnte Libu^a in der Regierung folgte« ' * 

Die magischen Künste dieser Fürstin, , welche ihr die ältesten Chro- 
nisten nach der Sage der Welt andichten, sind nichts anderes gewesen, als 
dass sie uad ihr Vater unter den Öechen siolche Küniste und Wissenschaften 
trieben und einführten, welche dem Volke nicht bekaunt, ab^r nützlich, und 
daher eben auch so auffallientl waren, s\\q unsere neuen Künste und höhere 
Wisseilschaften den Neuseeländern oder O-'Taheitern aufgefallen sind*''). 

Die bereits von Krok zu Büdeö *^) errichtete öffentliche Schule lässt 
^nicht nur einen höheren Grad Von. Kultur ahnen, sondern ,man kann sogar 
für bestimmt annehmen, dass daselbst nebist derHeiigion auch verschiedene 
Wissenschaften uiid Künste g-elehrt wurden.' Es ist aber auch leicht zu 
vermutben, dass di^ Schule Verschiedene Abtheilungen oder Klassen hatte 
Dies ist für um So, bestimmter anzunehmen, zumal wenn^man weiss, «dass 
die ägyptische Physik unter einem geheimnissvQllen Schleier verhüllt, nur 
den Priestern und Ftirsteh, und vielleicht auch den Vorstehern der Gemein- 
iien enthüllt ward, wodurch sie. bei dem unwissenden» Volke ein so ehr- 
• würdige^ Ansehen erhielten* • 

&6) .Das wenige Geld« das im Umlaufe war, wurde von denen, in deren -Q^ndö es kam, 

1 * i 

eben. so sorgßlltig aufgehoben, als heut zu Tage^die klingende JJAühze^, in solchen 
LSndem, wo sie in zu geringem Verhältniss gegen die zu grosse Menge der Cre- 
ditpapiere vorhanden ist. '. 

57) Die ausserordentliche Geistesbildung, welche die Nachkommenschaft in Krokus Töch- 
tern bewunderte, 'dürfte nach Palacky*s Yermuthung den Genossen des Geschlechtes 
Samo' mit ihren Lan^sleuten, den Weleten in Batavien, einem rLan^e, das damals ge-| 
bildeter als Teutschland war, nicht ohne Grund zugeschrieben werden. 

58) piese Stadt soll an der ^Stelle des jetzigen Pfai^rdorfes Kovary gestanden haben. Noch 
befindet sich daselbst eine urarte byzantinische Kirche den beiden |Heiligen : ^^Pcter 
und Paul^ geweiht. Sie ist im Jahte 905 von Herzog l^pitihn^ angelegt worden. 



49 

Dies gibt den Beweis ab, dass diese Schule im Verg^Ieich mit den 
übrigen des Landes, die Hauptschule, also eine Art Universität gebildet 
hatte. Gewiss, ganz weit aussehende Entwürfe haben den Krok wol zu «der 
Errichtung dieser Anstalt vernrocht. Mit Gleichgültigkeit hat er gewiss nicht 
nach Rom und Griechenland geblickt. Daher ist es auch mehr als wiihr- ^ 
scheinlich, dass er Lehrer entweder aüs^dem^Frankenlande oder aus Byzanz 
kommen Hess, denn Ver hätte die Physik und die höheren Wissenschaften 
vorgetragen ? Waren es Priester, so müssen die^ ihre Kenntnisse entweder 
schon aas einer in Böhmen früher bestandenen Schule, oder aber au$ frem- 
den Länderh mitgebracht haben. Dies ist vielleicht ein neuer ZeitrauQi in 
der Geschichte des Schulwesens,^ in welchem -r- von Krok angeregt — der 
Geist ernster Kunst und Wissenschaft sich emporhob und . gewissermassen j 
den Anfang machte. - 

Dass die Religionslehre einen wesentlichen TheiJ d^s Schulunterrichtes 
ausmachte, bedarf kaum der Erwähnung« Es bleibt auch wahrscheinlich, 
dass- in dieser Schule die Jugend von den Lehrern im Schreiben Unterricht 
erhalten, und dies zwar nach morgenländisoher Art durch Sinnbilder, um 
dem Gedächtnisse zu Statten ^zu kommen, und die zu erwerbenden Kennt--> 
nisse als wichtig darzustellen. Hajek bezeugt in seiner (Ihronik, dass die' 
Tochter Krok's — nämlich Libula — zwei besondere Schreiber unterhalten 
hatte, welche *die zu dieser Zeit vorgefallenen Begebenheiten verzeiclmen 
musstei^. Ob es nun richti|^ ist, dass in dieser Epoche die Ereignisse der 
Vorzeit durch mündifche UiberlieCerungen und Lieder der Volkssänger den 
Nachkommenden würen mijgetheilt worden, so ist es auch gewiss, dass dies 
um die Geschichte überhaupt, die sich blos auf Thaföachen bezog, nicht 
aber auf die Bekanntmachung des Geschehenen in seinem ganzen^ Umfange 
und Anführung der Daten umgewendet werden konnte, als welches schlech-^ 
terdings die.. Schreibkiinst voraussetzt. Statt des , Papiers waren damals 
dünn geschnitteiie Tafeln meist von Eichenholz in Gebrauch. Man schrieb 
darauf mit einem eisernen spitzigen Griffel, oder mit Pinseln, die man in 
eine förbende Flüssigkeit tauchte. Die Schrift, bestand, wie schon erwähnt,' 
nicht so in Buchstaben als vielmehr Wörtern oder Sätzen, dief einen ganzen ^ 
Sinn ausdrückten, oder aber auch in Figuren nach Art der ägyptischen 
Hieroglyphen. Dass der Gebra^üch der Schrift schon in derselben Zeit ein- 
geführt gewesen, beweist auch dies, weil, die Beschlüsse derL,andta^e der 
ältesten National-Zusammenkünfte bekannt geworden, welches mittelst der 
Sprache nicht hätte Bewirkt werden können;, sondern es war nothwendig, 
die Verhandltingen auf den Landtagen durch sichtbare beständige deichen 
dem Andenken aufzubewahren. In diesem Zustande verblieb die Schreib- 
kunst der ersten Böhmen bis -zur Einführung des Christe^ilhums; 

4 



,) 



50 

Zu allen den wolthätigen dem Geiste zusagenden, Beschäftigungen 
miscliten sich in' dieses Gemälde menschenfreundlicher ^Gesinnung eifiige 
fremdartige Züge, wodurch die sittliche und geistige Stufe des Zeitalters in 
Erinnerung gebracht wird. Nur im^Yorttbergehen kann hier ein Blick in 

^das Dickicht des vielfachen Aberglaubens geworfen werden, dei" gewiss 
eine H^nge Befangeneren der freien Lebensbewegung sehr gehemmt hal« 

' Schwarzkünstler, Beschwörer, Wahrsaget aus dem Laufe der Gestirne, übten 
eine gewaltige Herrschaft »a^f das Volk und die Regiefungsgeschäfle« Li- 
bu$a war besonders in alle diese Mysterien eingeweiht. Uibrigens regierte 
sie das Land mit Weisheit und Güte, und gebrach es ihr hie und da an 
Einsicht, iso befolgte sie die klugen ßatbschläge der erfahrenen Männer ganz 
wiUig. Man ehrte sie aber auch, als einjßn Schutzgeist des Landes und als 
die £rbin aller Tugenden ihres Vaters. Ihr Uibergewicht war aber auch 
bei den Öechen so gross, da'ss diese es ihr frei i^lellten, sich aus ihrer 
Mitte einen Gatten nach der Wahl ihres Herzens irufzusuchen, welchen sie~ 
^9nn als ihr Oberhaupt anerkennen wollten, t^femysl hie'ss der Mann, den 

, Libu§a zu ihrem Gemal erwählte, aus welcher Verbindung Beginnen auch 
über sechshundert Jahre, seine Regenten erhielt. Cosmas, bezeugt von die- 
sem Fürsten, d^ss er' eine , ordentliche Regierung eingeführt, der Nation 
wohlthätige Gesetze und eine tandesverfas^ung gegeben habe, wodurch 
nicht nur ' der Feldbau^ sondern selbst auch Aev Handel emporgekommen 
simd^**). Der erstere wurde sehr schwunghaft betrieben, denn Pfemysl — 
dieser lK)bmisc)ie Prometheus — erfahren in diesem Zweige', hatte denselben 
wie seine Vorfahren stets zum Grundpfeiler der bürgerlicheii Yerfassung* 
seines Volkes gemacht. Die reichsten Ländereibesitzer rechneten es ^ sich 
zur Friedenszeit zur Ehre, die Hand an den Pflug zu legen, und ihr Ge- 
treide auszuisäen, ja Pfemysl salbst wurde — wie «Kes eiftem jeden Geschichts- 
kündigten bekannt ist — von feinem Acker, welchen er mit eigener Hand 
bestellte, von der Libuda zum Throne berufen. Bei zunehmendem Luxus 
legten sich zwar viele auch auf Beireibung verschiedener Handwerke und 
vielleitbt auch Künste, allein der Ackerbau blieb dennotj^ die Grundveste 
des allgemeinen Nationalu ohistandel;. Pfemysl hatte angefangen, die Wal* 
düngen unter seinen B^nn zu legen und Forste daraus zu machen, wozu 
die Neigung zur Jagd Veranlassung gab. So wurden unter ihm auch die 
Wälder immer mehr vermindert, und zu Kulturgründen umgewandelt. Pl-e- 
mysl scheint überhaupt der Schöpfer neuer Kultur, der allmälig erwachse- 
nen zusammenhängenden Bevölkerung und der BeCestigung des Landes g*e-^ 
worden- zu sein.. Wir kennen ihn zwar nur als den Mitbegrüi^ijer oder viel- 

59) pfemysl führte walirscbeinlich eine nach der frlfnkischen gemodelte Landesverfassung 
ein. » " " 



' I 



51 

mehr Vergrössereh^ der Stodt Prag, aber diesjßs schon berechtigt uns zu 
anderweitigen Schlüssen. Gewiss ist es auch, dass unter Pf emysi sich schon 
manches GeweAe hob, und ganz. neue entstanden sind: doch waren, die 
folgenden Zeiten viel zu unruhig, als dass diese von ihm angeregten Ver- 
besserungen allgemein hätten Wurzel fassen können.. Inzwischen darf man 
nicht glaubeti, dass zu jener Zeit die verschi^enen Gewerbp schon inaungs- 
massig wa^en, nein,, ein jeder, der zu der einen oder der andern Beschäf- 
tigung Geschicklichkeit besass, förderte nach Wohlgefallen und Willkür sein 
Produkt zu Tage, ohne je die Beeinträchtigung zu kennen. Erst in spä- 
teren jiieiten, als der Menschen .viele wurden, und der Brotneid seinen An<- 
fang nahm, entstanden Zwistigkeiten Z'Wischen den Produzenten, und die 
Regenten sahen sich genöthigt» für die Wohlfahrt einer gewissen innungs- 
massigen Gesellschaft Sorge zu tragen, was freilich im Anfange schwer ger 
halten, .doch- in der Folge streng befolgt werden musste. 

In der.Baiikunst war man zu Pfemysls Zeit nicht ohne Erfahrung. Der ' 
älteste bekannte Punkt in dem Umfang der. jetzigen Hauptstadt Prag ist das 
ScMoss WySehrad. Krok und LibuSa, vielleicht auch ^chon Samo, hatten 
hier ihren Sitz, und die ältesten Sagen Böhmens knüpfen sich daran« Von 
Libusa wurde > zu der Prager Bm^ auf dem Hrad5in der Grui^d gelegt, an 
welchen sich zuerst die KleinseitOj' später jenseits der Moldau die .Altstadt, 
früher ' desshalb die Neustadt genannt, anschlössen. Grössere Bauten konnten 
natürlich nur durch da» Zusammenwirken Vieler zuwege gebracht werdent, 
und zwar zum gemeinsamen Schutz gegen feiniUiche Angriffe, oder auch 
blos in Folge der Verpflichtungen der .Untertbanen gegen den Fürsten 
des Landes. / * 

Die uralten« nach cyklopischer Art phne Bindemittel a^s grossen Stei- 
nen hergestellten Mauern der Ruinen von. Hradistä und Hassenstein und zu- 
verlässiger noch die Jn - dejoi attböhmischen Gedicht „Libusa's Gerichtf 
gegebene Nachricht vion einer steinernen Brücke im VII. Jahrhunderte, lipfe^rn 
den Beweis, dass auch der Steinbau unds die Gewölbkonslruktionen den alten 
Böhmen nicht unbekannt waren. Abgesehen von 4en heidnischen Terapelchen, 
welche aus Holz, mit vielem Schnitzwerk geziert gewesen l^ein sollen, können 
die Burgen , mit* ihren Uto\^Ilungen und sonstigen Befei^tigungsweirken und 
der Brückenbau als die ältesten bedeutenderen, gleichsam öiTentlichen Gebäude 
bezeichnet werden, pie vielen Waldungen boten ?war zujener Zeit zunächst 
das Material zur Herstellung der Wohngebäude, allein zu den besonderen 
Bauten bediente man .sich niclit nur , der Steine, sondern auch gebrannter 
Fetterde in Gestalt der Backsteine oder Ziegeln. , Die in Libusa's Gericht^ 
erwähnte steinerne Brücke wurde baugerecht mit Kalk gebunden , und 
jedenfalls betrügen sich diejenigen, welche ^der Meinnung sind , dass in 






52- ■ , ■ - . " . . „ ■ 

Böhmen erst in viel späteren IBeiten mit Kalk gebundene steinerne Brücken 
gebaut worden sind. Fast überall hat begreiflich der Brückenbau zu d,en 
ersten Unternehmungen gehört, und wenn gleich auch Italien der früheste 
Sitz des Kunstfleisses und des bürgerlichen ,Wohlstendes allen anderen euro- 
päischen Ländern vorangegangen' war, und d<iselbst Bauwerke zuerst von 
Steinen aufgeführt worden sindi «o darf man es dt^n Cechen nicht absprechen, 
dass sie in dieser Art Bauten mannigfaltige Kenntnisse^ besessen. Was auch 
immerhin '^Bipige Sc4iriftsleller dagegen eingewendet haben mögeh, dies ver- 
werfeji wir ,' zumtat da geschichtliche Zweifelsgründe nicht vorzubringen 
sind. Eben so unklug wäre es auch zu längnen, dass nicht sdhon zu 
dieser Zeit die «gebrannten Ziegeln einen Bestandtheil jeder Gattung 
der Gebäude ausmachten, denn es fand sich so^ol bei Prag, als auch in 
den übrigen Tbeilen des Landes .ein unerschöi»flicher Vorralh von Thon vor, 
woraus die theils an der Sonne getrockneten B^acksteine, theilsJn Oefen 
gebrannte Ziegelsteine verfertigt sein mochten. An verlallenen Schlösserii 
wahrscheinlich aus jener Zeit fehlt ^s in Böhmen nichts welche uns zum 
Beweise dienen, dass bei den ältesten Rechen ai?ch ^el»rannte Ziegeln in 
Anwendung gebracht worden sind. Die "Burgen Troska, Laba, KoStal sind 
mitunter die ältesten Baudenkmale, welche mit den ägyptischen Pyramiden 
Aehnlichkeit haben sollen, denn die steinfesten Ziegeln sind wie die ägyp- 
tischen' auch noch nebslbei nnt Eisendraht zu einer Mauer verbunden. Später, 
nämlich unter NezamysI, fanden sich im Lande schon viele Ziegelbrennefeieu 
vor, wovon man nicht nur , einzelne Däuser und ' Schlös)ser,' sondern- auch 
nach römischer' und fränkischer . Art ganze tlecken und Städte erbaute. 
Häjek ^g^ in seiner Chronik, dass unter dem erwähnten Herzog ein ge^ 
wiss^r Dobroslaw in der Gegend, nämlich \ da, wo , der^v Adlerfluss in die 
Elbe fallt , ein festös ^ Hau« von Ziegeln erbaut habe, welches nach ihm 
Dobroslawa genannt wurde. Da nun Häjek hinzufügt, dass dieses Gebäude 
vvn der Röthe der Ziegeln den Namen:. „Cerwen;^ hfadek* in der ganzen 
Umgegend erhalten' hat, so ist wol anzunehmen, dass man schon zu Anfang 
des VFH."* Jahrb. vollkommen gebrannte Ziegeln hatte, welche durch ihre 
Festigkeit den Einflüssen der Zeit Trotz geboten haben. ' 

Dass ^uch die Gold- und Silberbergwerke zu Pfemysls Zeit irn^ Flore 
geständen sind , beweiset Dübravius ^^). Im Jahre* 714 wurden von zwei 
Brüdern, Dr-uhan und Chobol genannt, bedeutende Silbi^rgäiige in Böhmen 
entdeckt,^ welche sogleicfi zum Besten der herzoglichen Rentkamm^r bear- 
beitet würden. Zwei Jahre darauf wurde wieder von einem gewissen D6d aus dem 
G^schlechte der Herren von Hrabow unweit von derti Dorfe Libin beihi Gr^en 



60) Dubravins L. II. p. 47. 417. p. 484. — Aeneas Sytvius c. 9. 



53 

eines Gebäudegrundes eine grosse Menge Silbererz entcleckt,> die der Eigen- 
thüiner des Giundes in' die S/hatzkqmmer des Herzogs abgeliefert hatte. 
Es wurden gleich darauf Bergleute dahin abgeschickt, welche dis Bergwerk 
förmlich eröffnen mussten und aus demselben reiche Ausbeute machten. 

Um dieselbe Zeit fand nrea auch neue Goldminen, und inT Jahre 725 
brach man unweit Liben(?) gros!4e und rQtchhaltij^e Goldstufen. Das Jahr 
darauf erhielt* Pfemysl ein Stück Gold ^zum Geschenk, das die Schwere seines 
Körpers * übertroffen haben soll. Daraus Hess Pi^emysl einen kolossalen 
Götzen in sitzender GestaH ihodelliren. 

Auf das Jahr 733 setzt Häjek die Prophezeihung der Fürstin LibuSa 
über den böhmischen Bergsegeu; nämlich: gegen 'Westen das PHbramer 
und Joachiqisthaler Gold- und Sitberbergwerk ; gegen Osten das Kuttenber- 
ger Silberbergwerk; geffen Süden das Euler GoJdbergwerk ; und gegen 
Norden -das Graupenex Zinnbergwerk. Das vorletzte soll nach Häjek im 
Jabre 734 zu bauen angefangen worden sein; indess will eine alte Euler 
Bergwerksrelation, dass gemäss eines uralten, damals noch dnselbst vorfin- 
digen Gedächtnissbuches die erste Fundgrube im Jahre 75^ auf (lern soge- 
nannten römischen Reichsgang regelrecht geöffnet worden sei. 

Seit dieser Zeit sind die böhmischen Ges^ciiichts werke voirNaofarichteji 
an reichen Ausbeuten von 6bld~ und Silber. ' 

Der Ertrag dies uralten böhmischen Bergbaues mochte natürlicherweise 
am so^ ergiebiger gewesen sein, als das Silber und GoM bäu|ig noch an 
der Oberfläi'he des Bodens, zu Tage aus, gefunden wurde, und noch /kein 
allzukostliarer Bau^ in der Tiefe den grössten Theil des Gewinnes verzehrte« 
Dabin deuten die alten Sagea, dass hie und da Goldruthen und 'Pferdchen 
zu Tage kamen ^^), ' ^ 

Dieser überaus groi^se Reichthum an edlen Metullen lieferte dem Lande 
ein überall geschätztes Tauschmittel mit dem Auslande, und niusste dieses 
allerdii\g^. den Handel sehr erleichtern. 

61) E« glaubt heu( zu Tage* niemand melir daran, der in die geheime Werkstälte .der 

Natur auch nur ein wenig geblickt. Dies ist Schlkle; dnnn, wenn wir die Natur in 

ihrem Gänge ruhig Hessen, so könnte es sich doch vielleicht einst ergeben, dass na^h 

und nach ganze Haselstpuden von Gold der Erde entwüchsen, und so etwas diirrie 

doch der jetzt so goldgierigen Menschheit nicht^ unangenehm sein \ doch ernsthaft, wir 

haben unseren Vorfahren vi^ zu vetdank^n, was sie in ihrer V,^^^^ und ihrem Zeit- 

* * > - 

alter thun konnten. Aber, nunmehr besser unterrichtet, bewundern wir mit Recht 

ihre Leichtgläubigkeit, ihren Köhlerglauben und ihre beschränkten Kenntnisse der 

Natur! Sie waren von der Richtigkeit ihrer Ansichten ganz überzeugt, worüber wir 

heut' zu Tage lächeln können. , Aber traurige genug für uns, dass wir nicht verbürgen 

können, ob auch unsere. Nachkommen nicht ^twa unsere Ansichten belächeln werden; 

aber so ist es um die Menschh/eit bestellt! 



54 ■ • ' ■ '- ■ ■ 

■..,.' ^ . s ' ... 

. Von den MOnzen, welche zur Zeil' P^emysls iri Umlauf w«ren, gibt' 

Häjek folgende Nachrichh Aus dem bei dem Dorfe Liben zu Tage geför- 
derten Silber wurden dreierlei Gattungen von Münzen geschlagen, oder ver- 
fertigt; nämlich:. die erste und grösstö war auf beiden Seilen mit einer na- 
türlichen Figur bezeichnet; die zweite, etwas kleiner, hatte auf einer Seite 
Premysls Bildniss, auf der andern das seiner Gemalin. Die dritte und kleinste 
stellte auf beiden Seiten eine, an einem Spinnrocken sitzende Frauensperson 
vor, Wahrscheinlich die Fürstin LibuSa vorstellend, und in' der That wurde 
diese Münze insonderheit der LibuSon-Pfepnig genannt ^ ^ ' ^ 

Paul Stransky^s Beschreibung von den hier angeführten Münzen' lautet 
eben so, nur mit dem Unterschiede, dasa die letztere von Gold gewesen 
sein soll; Gehalt und WertK dieser Münzen lässt sich niicht lestimn^en ; 
aber dass die zuletzt erwähnte beträchtlich war, kann ihan vielleicht schon 
daraus' entnehmen, dass Premystf als mati seine Gemalin begrub, ihr nur 
fünf i^olche Goldstücke 2um Geschenk für den Gott d6r 'Unterwelt (Merot) 
in die Hände geben Hess. . " . 

Die Beschäftigung des Metallgusses lässt überhaupt auf Viele im Lande 
•erzeugte Manufakturen schliessen; und da Gold- Seiden- und Wollstoffe 
schon im IX. Jahrhunderte in Böhmen gebraucht wurden*'), so war der 
Luxus wo| auch schon unter dem Fürsten Pfemysl den Cechen nicht unbe- 
kannte und man darf mit um so mehr Bestimmtheit annehmen, dass der 
böhmische Metallreichthuub den Cechen grosse Yortheile brachte, und dass 
der damalige grosse Welthandel seine besonderen Kanäle, halte, die ihn auch 
für unser Vaterland fruchtbar machten. ' 

Schankwirlhe und Jahrmärkte, Kaufleute und Marketender, d^ren Ge- 
schichti^chreiber erwähnen, deuten auf den Verkehr nicht nur im Lande, 
sotidern auch nach dem Auslande. 

- In^wischien könnte die Handlung bei den damaligen gesellschafnichen 
Verhältnissen nur' langsam dem Zustande der Kindheit entwachsen. -Gleich - 
^ wol ist nicht zu verkennen^ dass mittelbar selbst dieser* mangelhafte Zu- 
stand die Nachfrage nach ge\^ssen Gegenständen des Handels bewirkt, oder 
doch veriStärkt hatte. Fast alle Speoereien Indiens, namentlich :^ Zimmet, 
Ingher, Pfeffer, Myrrhä, Weihrauch**), Zucker in Körnerform, Oel u. v, a., 
waren um diese Zeit jn ganz Buropa und also auch ganz gewiss in Böhmen 



62) Nach Häjek*^8 Bericht trug die^ Frau de« böhmischen Edelmanns Kräiek an ihren Füssen 
wunderbarlich gewirkte Wollschuhe. ^ , 

63) Wahrscheinlich wurde bei den Öechen so wie bei den übrigen Slawen der M Vih- 
rauch bei jhren Gottesdiensten gebraucht, denn sie haben noch ein eigenes M'ort da- 
für, niimlich kadidlo. Das Stammwoft „katf" oder Rauch, befindet sich noch in der 
oberlausitzischen Mundart. ^ * 



55 

bekannt, welche fränkische und wendische Kaufleute «ach Böhmen brachten. 
Das Olivenöl brachten die let^l^n zu Markte. Es war damals das efnzig 
und allein bekann|ß Oel. Man brannte es sowol in Wirth^chaftslampen in 
bemitteilen Hausern, als. auch auf den Gräbern reicher yarstorbener, oder 
man salbte .damit nach Slawenart das Haupthaar. 

Die erste Wassermühle soll unter PfemysI (700) von einem gewissen 
Halak an der Egfer bei Saaz erbaut worden sein. Vor dem waren die 
Windmahlen im Gebrauch, allein dfi diei^ nur damals zum Vermählen des 
Getreides anzuwenden waren, wenn der Wind die Ricl|tung^ gegen die Flü- 
gel nahm, so musste man ^ich tiur zu oft der Handmüfalen bedienen. Mahl- 
steine für die Letzteren finden sich sehr häufig in heidnischen Gräbern Vor ^^). 

Dieses AllejS deutet auf einen . gesteigerten Wohlstand der Cechen. 
Aber gerade fieser glückliche Zustand gab nur zu oft Veranlassung zu 
Kriegsrüstungen und Kriegen. Damals hatte Bayera versucht, das Joch der 
fränkischen Könige abzuschütteln, , allein es misslang, und sie wurden diesen 
mächtigen Herrschern zinsbar. PfemysI, welcher besorgt war, dass der 
fränkiscjie König seine alten Ansprüphe auf Böhmen .wieder geltend machen 
möchte, versammelte das Volk, stellte ihnen vor, wie nothwendig es in 
diesem Zeitpunkte iSl^i, auf Böhmens Sicherheit bedacht zu sein, und befahl/ 
an wohlgelegenen Stellen" Städte, Vesten und Wälle zu. erbauen, um sich 
gegen eineti Teindlicbei^ Uiberfall schützen zu können. Zugleich ordnete er 
an, dass sit^h die Jugend mit den WafTenübungen beschäftige, und das ganze 
waiTeßfähige Volk zur muthigen Vertheidigung anschicke. Aber, wenn Pfe- 
mysI nitht mit Unrecht einen Einfall der Franken besorgt hatte, so wurde 
seine Vorsicht auf jeden _Fa]l unnütz, da (fie Sarazenen,,» welche um diese 
Zeit Spanien erobert hatten, auch bis hacfa Frankreich vordrangen, und die 
fränkischen Heere so beschäftigten^ dass ari auswärtigie Kriegszüge nicht 
mehr zu denken war. ' 

Als nun Pfemyisl der Sorge , von sden fränkischen Königen mit dem 
blutigsten Kriege bedrängt zu werden, befreit war, herrschte er in unge- 
störter Ruhe, und schenkte seinen Untertiianen den Genuss eines friedlichen 
Lebens unter dem Schutze seiner Weisen Gesetze, als ihm bald darauf das 
Geschick seine Gemalin raubte, und durch diesen harten Schlag nicht nur 



64) Die Benützung der Gewässer zum Betriebe der Mühlein und zur Holz^össerei datirt 
siqh bis boeh in jene Zeit hinauf, aus welcher wir keine Nachrichten und Ur|iundcn . 
mehr besKzen. Merkwürdigerweise geschieht siber gerade schon in den ältesten Ur- 
kunden und authentischen Berichten von Mühten an der Moldau und von Wasserstöllen 
Erwähnung, wodurch sich der Beweis herausstellt, dass man es Wmiigstens^ schon im 
X, Jahrb. bereits verstand; auch so gewaltige * Ströme, wie die Moldaa und Elbe zu 
benützen und zu gcwäKigen. , 



N 



56 

sein häasliches Glttck vernichtete, sondern auch das Land in die gfösste 
Verwirrung brachte. 4P 

In diese Zeit föllt der bekanAte Mädchenkrieg, wÄcher sieben Jahre, 
lang das böhmisdie Reich verwüstete. Obwol diese Begebenheit nicht hie- 
her gehört, so muss ich sie denn doch in aller Kürze berühren, weil von 
diesem Weiberstaate Gesetze vorhanden sind, die gleichzeitig auf die da- 
malige Betriebsamkeit der Cechen einiges Licht werfen. ^ p 
Die dechischen Amazonen^ gewohnt an das Ansehen, 'welche$ sie be 
der Lebenszeit ihrer Fürstin LibuSa in Böhmen hatten, wollten sich nich 
entschliessen, dem männlichen Scepter zu gehorchen. Um nun die Manne 
für die Folge zu ihrem wahren Zwecke — nämlich die Waffen zu führen 
untauglich zu machen, machten sie unter einander das Gesetz, einem jede 
neugebomen Kinde männlichen Geschlechts den Daumen der rechten Han 
abzuhauen, und das linke Auge zu blenden. Wenn sie erwachsen sin 
sollen sie allein zum Spinnen, Nähen und anderen weiblichen Arbeilen an 
gehalten werden, von den Regieryngsgeschäften aber die ^anzc Zeit ihres | 
Lebens ausgeschlossen sein. Das Gesetz erlaubte ihnen zwar das Reiten, 
aber sie sollten mit zusammen geschlossenen Beinen ai|^ der einen Seite — 
so wie es die Frauen thun — zu Pferde sitzen. 

Pjremysl konnte diesem ünheU nicht abhelfen, und es dauerte nqch 
einige Jahre nach seinem Tode, bis es endlich mit vielem Blutyergiessen 
gestillt wurde. , 

Um nun über die damaligen Verhältnisse eine festere Grundlage zu 
gewinnen, muss man die Königinhofer Handschrift zu Rathe ziehen. Diese 
führt uns auf, Vieles bis zu ihrer Auffindung noch völlig Unbekannte, und 
' bringt jins gleichzeitig zu der untrüglichen üiberzeugung, dass <lie böhmische 
Nalion schon zu Pfemysls Zeit eine gewisse Bildungsstufe erreicht haben 
müsse. Zu welchem Behufe hätte wol Libiiga^s Vater die Volksschule zu 
Budeß errichtet? Dass solche seit ihrer Entstehung und unter der Aegide 
seines Nacjifplgers, des weisen Pfemysl, die reichlichsten Früchte srelragen^ 
ist nicht so leicht zu bezweifeln. Diese Bild'ingsanstalt gilt uns auch »Ij 
ein faktischer Beweis, dass der geistigen Bildung vorerst ganz gewiss die 
verschiedenartigsten physischen Beschäftigungen — worunter sehr viele künst- 
liche waren — vorangegangen sein mussten. Denke man sich mit allen den — 
wenn auch geringen Andeutungen, welche wir von unseren Chronisten aui 
dieser Periode besitzen, in diese my.thische Zeit« zurück, und erwäge. mai 
ferner, dass si«h auch aus einer früheren Zeit wol noch einige Reste vor 
römischer oder fränkischer Bildung im Lanjje erhalte^ haben, so fallen all» 



•57 

Zweifel hinweg, dass bereits das ,Vin. Jahrb.- einen nicht unbedeutenden 
Grad von Kultur .lerlangt haben müsse.®*). 

Pfejnysl suchte seinen •Ruhm weder im glorreichen Kriege, noch in, 
der Ausübung einer strengen Herrschaft, sonjlern in .dem Glück und in der 
Zufriedenheit seines Volkes. . Nach seinem Tode übernahm .jsein Sohn Ne- 
zaraysl die Regierung. * ' 

Auch dieser Fürst liebte den Frieden, und Hess namentlich dem' Acker- 
liu alle Sorgfalt augedeihen. Er -ordnete auch ^u Gunsten dieses ZWeiges 
f eich bei dem Antritte seiner Regierung einen Landtag an, welcher am 3. 
jiärz des Jahres 752 am Schlosse zu WySehrad abgehalten ^ wurde. Es 
werden aber auch noch viele andere klug0 Verordnungen Nezrfhiysls er- 
rähnt. So Hess er unter andern auqh zur grösseren Aufmunterung des 
Feldbaues den Befehl ergehen, dass, wer immer die Waldungen umhauen 
tnd urbar machen würde, ^er den» angebauten Platz gegen Leistung leident- 
licher Frohndienste eigen thümUch behalten könne. 

Der Feldbau g'erieth sonach in Böhmeti in eine so grosse Aufnahme, 
dass die benachbarten Völker den Bezirk von Böhmen ^u Nezamysis Zeit 
nur insgemein den fielreidekasten und eine^ Vorrathskammer von Leberts- 
mjlteln — ao wie man es ehemals von Aegypten zu sagen pflegte — naiinten. 

Uiferigens konnte ^egen des grosi^en Umfanges vieler Güter verhält- 
nissmässig immer nur ein geringer Theil des Bodens mit Getreide bestellt 
werden, und dennoch hatte man an allem Üiberfluss. Bei dem Reichthlim 
^an Holzgründen, Hau- und Weidelande, machte die Viehzucht noch immer 
l^n Hauplzweig der Landwirthschaft aus. Öa man aber auf Winterfutter 
i\ wenig bedacht^ warj so ^rde im Spätherbst sehr vieles Vieh einge- 
8<hlachtet, das Fleisch für den Wiuter geräuchert oder eingesalzen und ein 
Taeil hlevon zum Verkauf in die nächstgelegenen Städte und Märkte, ja 
gelbst in die angr|nzenden Länder gebracht. . ' 

f Die Cethen konnten-- also zu jfener Zeit gegen den Tausch ihrer über- 
Büssigen Feld- und Baumfrüchte, des Schlacht-, Last- und Zugviehes, so 
wie des schöiien Bauholzes sehr leicht die wenigen, ihnen abgängigen ,Ar- 
likel von ihren Nachbarn erhalten,' und dadurch nicht geringe Hahdlungs- 
vortheile erreicht haben. ' , 

65) Es irt in der That zu bedauern, dass, unsere alten Geschichfschrelber so wenig oder 
gar kUne Ideen von dem eigentlichen staatswirthschaflRcheft Leben besessen, sonst 
hätten sie sich's zur strengen Tendenz gemacht, hauptsächlich die mannigfaltigen Ver- 
änderungen im Volksleben und die hieraus erwachsenen Folgen zu verzeichnen. Aber 
so langweilen sie den fkrli praktische Leben Bestimmten nur mit einfönpigen Thron- 
Veränderungen, schauderhaften Kriegsgemälden und anderen dergleichen Dingen, die 
wol Einzelne interessiren, nicht aber die Neugierde der ganzen Nation befriedigen, 
können. 



\ 



58* 

4 

Uibrigens sind die Nachrichten aus jener Zeit über die böhmisch 
Handlungsverhaltnisse, sehr dürftig. < Satz, ' Häringe, und indische Gewür 
mbgen woi — namenilich diß erstgenannten Artikel — ein Hauptimport g 
wesen sein, den die.Ceehen aus Baiern, Sachsen, > dem .Franiten- und d6i 
Slaweniande gemacht. 

Hijek und Dubraviu^ melden, dass unter diesem Herzog die Salzquell 
zu Schlau und Biiin entdeckt wurden,^ und dass sie gleich kurze Zmt dama 
emporgekommen seien ^^). 

Ob zu jener Zeit die SchiffTahrl anC der obem Moldau bis Prag-.hinalh 
ging, ist unej^tschieden. Wahrscheinlich blieb die Benützung des obemFiuss« 
tbeiles bI#Ei auf das Flössen vOn Holz beschränkt,; hie£u abef aucli wo\ vie^ 
leicht erst dann, nachdem die Waldungen in der Nähe von Prag verschwunden, 
und das Hol^ einen höheren Werth erlangt hatte. 

Unter Nezamysl wurden diti in deir B«lge durch SöhiiFfohrt so wichtigea 
Städte Mebiik und Leitmeritz an der Elbe gegründet,' welch' beide Orte er 
mit dein Wasserzolle belegte, und den Ansiedlern alle Begünstigungen auf 
dem genannten Flusse verlieh. Eine bedeutende Zollstätte unter i diesem Herzog 
war das Städtchen Rozhon und die Gränzs^ation Chlunft Die letzere lag un- 
mittelbar an dem Meissner Gebiet, und die daselbst von ihm erbiete .Veste 
galt gleichzeitig zur Schutzwehr gegen die eindringenden Feinde. # 

Häjek meldet von diesem Fürsten, dass er bei Gelegenlieit der Geburt 
seines Prinzen. Mnata auf alle Mittel bedacht war, Böhmen zu bereichern, 
und diq^em seinem Sohne einst ein mit allen Yortbeilen beglücktjss^ Land zu 
hinterlassen. Diesemnach befahl er nach Gold und Silber im Lande za 
schärfen, damit er "im Stande wäre, eine Mi^e. prägen zu« lassen, welche 
mit dem Bildniss seines Sohnes < bezeichet werden sollte. Ob^ Nezamysl diesen 
gefassten Entschljuss auch ins Werk gesetzt, ist uicht bekannt. 

Nirg;ends liest man, ob Nezamysl wirklich eigene^ Goldmünzen habe 
schlagen lassen; .doch ist aus einigen Werken zu ersehen, dass dieser Fürst 
im Jahre 725 Münzen aus eigenem Silber abfertigen liess ®^). Auf den 
Schillingen befand sich beiderseits ein Mannskopf, und auf den Pfennigen zeigte 
sich auf der einen Seite ein Brustbild und auf der andern eine- auf dem 
Throne sitzende weibliche Figur.- 

66) Alfl in Schlan die Salzquellen ^entdeckt wurd'en, liesaen die Saazer den Schlanern an- 
kündigen, dass sie sich ja des Salzgrabens enthalten mdehten, weil siei^ solche in 
widrigen Falle zerstören würden. Was mag wol aA dieser Drohung Ursache gewesen 
sein? Betrieben etwa die Saazer c^inei^ Salzhandel, der ihnen nach ihrer Ansicht ver- 
loren gegangen wäre, wenn die Schlaner eine ergiebige Salzquelle entdeckt hätten? 
Dies befürchtend, überfielen in späterer Zeit auch die Saazer die Schlaner mit einer 
grossen Macht, und zerstörten* die Quellen. / (Burg's böhmische Chronik Seite 272). 

67) Fischer's Handclsgeschichte 1 B. S.;273. 



• I 
,5 

x 

Gewiss waren um diese • Zeit die ^gemeinen öder^ gfew^hnlichen Hand 
werke schon alte \ti allen Theilen des Landes bekannt gewesen, > auch' mag e 
in veredelter Industtfe niöht gefehlt haben, wenigstens lässt sich dieses au 
lern Dasein von Gusswdaren, die ausNezamysls Zeit vorliegen,, wol scbliessen 
)ie Cechen mögen wol auf Heereszug«n und Hafndelsreisciu und durch kauf- 
Dännische Berührungen mit Fremden aus Ländern der gebildeten Welt vie|( 
{[etintnisse gesammelt haben, durch welche sie in den {Stand gesetzt wurden 
Jen Grund zu vielen anderen Gewerben zu legen. Auch mag die Grünfdün; 
i^uer Stddti^, so 'Wie der höhere Luxus,' der sich um dieses^ Jahrhundert auci 
;chonim Allgemeinen den Cechen mittheilte, geschickte Leüt&in jeder Art gebil- 
iet haben. Die Reiche^ veFlangt,en bequemtre und besser gearbeitete Geräthe unc 
ßeider, auch wurden sie bei dem Metailreichlhüm des Landes immer üppiger und 
gfenusssüciitiger. Die Frauen waren nach 'reicheren, aus auslfindischen Stoffen 
verfertigten Gewändern, nach goldenem Tand und Bemstc^inschmuck lüstern, 
ind die Männer geizten nach zierlich gearbeiteten Watfefi und anderen 
Lttxusgegenständen. . Die ersten mit Eisen beschlagenen Wagenräder sah 
nan zuerst in Böhmen umter Nezamysl, und dürfen wir dem Hijek Glauben 
schenken, so wurde diesem Herzog im Jahre 77T ein dergleichen Wagen 
Eum Geschenk überbracht. Die Hufeisen waren um diese Zeit ebenfalls 
schon allgemein M Gebrauch ^^, auch wusste ^mari die Anwendung der 
Sporen und Sättel. Aus den unaufhörlichen kleinen, blos mit Rossdiensten 
bestrittenen 'Feldzügen folgte der starke ' Verbrauch von Lederwerk, von 
Handschuhmacher-, Riemär ^und Sattlerarbeit. . ^ 

Unter Herzog Mnata's Regierung, welclier nach seines Vaters — näm- 
lich des Nezamfsls Tode, im Jahre 783> den l'hron bestieg, ist die böhmische 
Kulturgeschichte immer noch fragmentarisch, dürftig und .uasicher. Dieser 
Hangel an Nachrichten kann ihehrere Gründe haben» Es läsistt sich denken^ 
dass es in der Hauptsache geblieben ist, abgerechnet die Unbequeftlicbkei- 
ten, welche in den steten Unruhen in Böhmen für die b öhmischen .und fremden 
Eauflelite entstehen musslen. . ' . -^ 

Stransky erwähtit blos, dass Mnata wegen der Verwaltung der Ge- 
rechtigkeit berühmt gewesen sei. 

Um den gemei^schaftlich|ßn Umgang der Einwohner der Klein- und 
Utstadt — den sie bisher nur mittelst Kähnen und Plätten uriterhielten, zu 
befördern, legte er eine hölzerne Ge^brücke an^ welche^ sich von dem heü- 

)8) Hier kann atfch angeoierkt werden, dass, was uns die Gcschichtschreiber von der 
slawischen Nation, nnmlicli Polen und Cechen melden, dass sie gegen das Ende des 
\I1. Jahrh. noch nichts von dem Beschlagen der Pferde wusstcn, bis sie es von Lcslko 
(der IIL polnische Herzog) erlernten-. 



60 " 

tig^ii TümmelpIatZB gegren die jenseits, des Moldauflusises elwas später er- 
baut^ St. Peter-Kirche erstreckt hatte*'). Daraus ist zu >schliesseti, dass 
zu jener* Zeit die Hauptstrasse voa der Brücke gegen den Aufgange gerade 
durch die jetzige Judenstadt gegen die Kirche zu dem heiligen Geist und ' 
dann ferner bis an idas sogenannte Benediktsthor, ge^en Abend aber vua^ 
dieser neuangeie^ten Brücke bei d^r St. Thömas-Kirctie bis an das schwarze -' 
Thor (deirnä branka) und ferner zwischen dein PetHn und denr Schweinsbergf • 
fortlief. . . * * 

W Unter Mnata wwden sehr viele Gold- und Silberbergwerke aufgethan;f 
auch verlegte nmn sich auf das Goldwascheq, und die& trug nicht wenij ! 
zur Aufnahme einiger Städte bei. 9er Ertrag der Goldwäschen mag alkr*^' 
dkigs sehr bedeutend gewesen sein, auch nahm die Anzahl dieser Goldseifei ' 
mi^ jedem Jahre zu, so zwar dass man sieh bemüssigt fand eine neue Stadl 
anzulegen, die durch die in der Nähe vorgenommene Trocknung des am'' 
d)Bm Flusse gewonfteneii Goldrandes den Namen „SuSfce^ erhielt -Die Ge- 
birge des ^slauer Kreises enthielten vorzüglich« viel Silber. .Um diese Zeit.' 
drangen -^ von diesen S^chätzen angelockt, die Ungarn und Mährer öftemi 
in das Land ein, und wagten es, aus den reichen Silberbergwerken um 
Lipnitz uiid anderer Orten geholten Raub mit blutigen Käm^pfen zu bezahlen. 

Auf das Jahr 798 setz^ Häjek die Entdeckung de» Bleibergwerke in ' 
der Gegend von Dübina. 

Oh unter Mnata's Regierung Münzen geschlagen worden sind, ist nicht 
begannt; doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass dies geschehen sei. 

Das IX. Jahrb. ist durch die fortwähre^nden Kriege und innerlichen 
Aufstände sehr merkwürdig ftir Böhmen gewesen. Uibrigens darf man nicM^' 
• denken, dass diese Fehidseligkeiten dem friedlichen Gedeihen des;. Handels 
Schranken gesetzt hätten; nein, während sich die Heere schlugen, gingen' 
"der Kaufieute Züge ruhig fort, ja selbst die damaligen barbarischen Horden 
scheinen die Vortheile des Handels^ begriffen zu haben, und befolgten zur 
Sicherung desselben ' die Vorschriften aufgeklärter Völker. 

Einige Schriftsteller sind der Meinung, dass der Handel zu dieser Zeil' 
nicht von Bedeutung gewesen sei, und dass sich derselbe nur auf das In- 
laiid beschränkt hätte. Wir haben allerdings keine urkundlichen Beweise , 
dafür, allein höchst wahrscheinlich ist es, dass die Cechen nicht so stumpf-:! 
sinnig waren und wie früher also auch ,noch jetzt ^Karavanen von auslän-{ 
dischen Kaufleuten so ganz gleichgültig durch dhr Land Riehen und solch»: 
*mit den in ihrem Lande gewonnenen Schätzen heimkehren Hessen, uhne^ 
selbst einen Trieb zu gleichen Unternehmungen zu verspüren. Gewiss istj 

69) Diese Brücke wurde nach Christianus 939 durch' die Gewalt des Wassers weggerissen. 






, . 61 

es, da SS die damaligen Cecheh sich sowol an ^ie fränkiscben, wendischen 
und polnischen Kaufleute angeschlossen^ und einen nicht unbedeutenden 
Antheil an ihrem Handel genommen^ haben T% Der Handel mit den Teut^ ' 
sehen fand aiif zwei Wegen statt, nämlich übc|r Linz nach Regensburg und - 
auf der El^e nach Magdeburg.. Mühsam trug das Saumross die böhmischen i 
Erzeugnisse nach Baiem, während es als^ Rückfracht Sals, Arzneien und 
Specereien aus dem damals sehr reichen Regensburg nach Böhmen brachte* 

Nach Carpcow gin^ bereits im iX. Jahrhundert über die Stelle^ wo 
heut. zu Tage die Siadt ZUtau steht, eine Strasse, atif welcher Wirthshäuser 
und Kretscfam^n (Krdmen, krdmy) Stadien, welche wegen de^ düpohgehenden 
Landstrasse aus Polen und der Mark nach Böhmen für die reisenden Kauf*- 
und Fuhrleute als Herbesgen dienten., , • 

Dass die Cechen an -dem damaligen Sklavenhandel noch immer Theil 
genomnen, bestältigen die meisten Schriftsteller,, ja einige sagen ihnen 
sogar nach, .dass sie lieber Menschen eis Vieh geraubt und jene hernach 
an die Rumänen und 4xriechen verkauft hätten. An verschiedenen Orteii in 
Europa und vorzüglich in.' Teutschland hätte man bedeutende Sklavenmärkte, 
die von den Öechen rechf fleissig besucht wurdenl Auf diesen Märkten* 
wurden die Sülaven gegen verschiedene vWaaren — insbesondere gegen Salz 
umgetauscht; denn dass zu jener Zeit diese Unglücklichen- für eine form- 
liehe Waare betrachtet wurden, ^ersehen wir aus, den frätikischen Zollord- 
Dungen. Dieser lebende Artikel ging durch den Handel oft sehr schnell 
aus einer Hand «in die^andere, und so kam auf diese Ar^ ein Sklave in die 
fernste Ferne der Welt Eine sehr beliebte Marktwaare mat^hten die sla- 
wischen Kqaben aus, und sie wurden oft für ein hohes Geld abgesetzt. An 

70) Der gesanmite öffjßntliche Zustand in jener Zeit brachte e^ ipH sich^ dass aller, selbst- 
thatig betriebene^ Handel nothwendig Eigenhandel gewesen ist, für eigene Rechnung 
geführt, und mit unmittelbarer Bestrettung aller Auslagen, verknüpft war. Durch be- 
auftragte Handelshäuser auf auswärtigen Plätzen zugesandte eigene Waaren verkau- 
fen, und fremde einkaufen zu lai^sen, konnte Wiol Niemand einfallen. In jenem Zeit- 
alter war kaufmännisches Vertrauei^ eine Unmöglichkeit. Und gesetzt auch, es hätten 
Häuser unter gegepseiti gern, auf genauere Bekanntschaften gegründetem Vertrauen 
solche tieschäfte unternehmen wollen: wie wäre, um die Vortbeilhaftigkeit zu beur- 
theilen, eine muthmasslich entworfene Vorherbere clyiang möglich gewesen, da kein 
Postenlauf 'bestand, um von dem Wechsel der Preise Kenntniss zu erhalten ! Und abermal 
gesetzt, man hätte dieses zu machen gewusst: wi« hätte man die Zahlung einrichten 
sollen! Das, Wechselwesen isf erst zwischep- dem XIII. und^ XXV. Jahrhundert zur Aus- 
bildung gediehen. Nicht zu gedenken d^s schlechten Zustandes der Rechtspflege 4n 
Schuldklagen. — So war der Kaufmann genöthigt, mit seinen Waaren sich selbst auf 
den Weg zu machen, oder einen zuverlässigen und geschäftskundigen Mann mitzu- 
schicken, oder anderseitig ihn den Einkauf besorgen zu lassen. % 



/ 



62 

diesem ^schändlichen Ha'ndel nahmen hauptsäphlioh die Juden ^ntheil. Diei^e 
Nation soll Böhmen noch früher als die Öechen bewohnt, und bereits schon 
unter den Markomannen in vielerlei Gestalten gelebt haben. Dies bestrebte 
sich unser kritische Historiker ^elas Dobner aus einigen 4ehr alten In- 

^ Schriften der jüdischen Grabsteine zu beweisen, die auf dem ulten prager 
Friedhofe bei^ der Judenstadt verschüttet und aus der Tiefe hervorgezogen 
wurden''^). Diese JHonumejate enthielten eine Jahreszahl, welche , die Chro- 
nologie der Ei^w&ndecjung d0r Slawen nacti Böhmen weit übersteigt. Auch 
Ehere^tster dies^es Volkes seheinen dies zu bestättigen, da sie die Juden* 
> siadt den«Ort: „mezi gradami^ dJ. #i^jscheii den Schlossern, neni^n, welche 
Gradi qder Hradi ai^f.d^s alte Bubienum, llarabudum undPsäici sich be- 

. ' ziehen, welch« vor den Slawen schon angelegt gewesen -sind. , ' 

Gewiss haben die Juden den Grund zu ' einer etvi^as aktiveren Hdnd- 
lung in Qöhmen gelegt, wie dies auch schpn um diese.Zeit in, d^n frän- 
kischen Reiche der Fall 'war. Man fand siQ in Bardewig, Schesla, J^agde- 
bürg, Erfurt, Forchheimy Bremb#rg, vRegensburg und Lorch- aiisässfg. Die^e 

, lla.ndlungsplätze befanden sich alle unweit der fränkischen Handelsgrähze. 

' Xorch war zum benachbarten ungarischen Handel bestimmt; Forchheim für 

die Friesen ; .H^gensburg für die ßöhmen und H&hrer ; . B^rdewig, Magdeburg, 

Halle und Erfurt für die slawischen Stämme, nä|n(ich für die,, welche an 

der $aale,> aii der Elbe, an de^ Oder und Ostsee her^m geWohnt haben». 

Um diese Zeil^ (805) verbot Carl der Grosse den fi^nkischen Käuf^ 
leuteu' die Ausfuhr von Waffen und Rüstungen nsl^h Böhnnen''^). Daraus 
wollen nm Einige den Schljutss ziehen, dass die Cechßu die >yaffensc{uniede- 
kunst nllcht verstanden haben, weil sie isolche erst Von den Franken er- 
handeln .mAsten. Doch diese Behauptung ist i^icht überzeugend. Wissen 
wir'>doch aus neuerer Zeit, dass einstmal die mit ilen. Franzosen kriegfüh- 
renden Engländer es den Schweden und Teutschen nicht gestattet haben, 

' Waffen nach Bliest und Ronen zu verschiffen; indessen besassen doch die 
Franzosen zu Versailles und an anderen Orten ihre Fabriken. Wfenn nun 
die Cechen zeitweilig Waffen von deii fränkischen Kaufleuten erhandelten, 

' so mag dies — wie es noch heut zu Tage der Fall ist, nur Begierde nach 

71) Diese Grabsteine, durch irniq^r neiie Bewohner des Fi^iedhofes, weiche für sich Plalx 
suchten, verdrängt, fielen nach iind nach um, xias Erdreich ^rhöhetö sich über ihnen, 
und begrub sie unter seine sdtützende Decke. So liegen sie jetzt zu Tausenden da, 
wo sich Grab an Grab drangt,, indem sie ein tiefes Alterthum bewahren. . Gewiss 
würde man durch die Auffindung und Vergleichung derselbeu grosse Aufschlüsse ge- 
winnen, und hiedurch Tielleioht zuverlässige Daten über diei Kinwandjerung, dieser 
Nation erhalten. . ^ ' , 

72) Gebhardi^s Geschichte der Slawen 4. B.^ S. 45. 



63 

einem ausländischen Erzeugnisse gewesen sein. Was übrigens diese Kinsl 
anbetrifft, -so sind uns hinlängliche Proben der Geschicklichkeit der alten 
Cechen geblieben, worauf wir siattsam ersehen, dass sie sich frühzeitig in 
Vollendung der Eisenarbeit^n , ausgezeichiiel haben* 

Für die Saehe also, die man durch, diese Verordnung zw fdrdem ge- 
dachte, ist dieselbe durchaus ohne Ek^folg geblieben; sehr bedeutend aber 
waren die Bewegungen, die in der Handelswelt darauf eintraten, und mehr* 
fach sind 'd|e Wirkungen, welche der gutgemeinte Missgriff zunächst auf die 
Enlwickli^ng d0s Gewejrbstandes in Böhmen und mittelbar auf da» bürgerliche 
Leben, hervorgebracht Jiat.- ^ 

Unter dem Herzog Wogen soll die Goldwäscherei und die Kultur der 
Bergwerke so trefflich von statten gegangen sein, dass dieser Herzog ge- 
nöthigt war, bei Pisek ein eigenes -Haus für die Bergleute ^bauen zu lassen. 

Aber »gerade dieser Metallreichthum wurde den Öechen gefährlich,* und 
veranlasste/ fortwährende l^föile und Kriege. Nachdem Carl der Grosse 
die Sachsen besiegt hatte, beschloss er nun, die noch unabhängigen und > 
reichen Cechen zu unterjochen, und sie dem teutschen Reiche zinsbar zu 
machen. 

Wen« sich nach der Sage die damaligen Cechen zu eidem Tribut an 
Carl und dessen .. Sohn Ludwig den Frommen verpflichteten, so kann dies 
nur in Folge späterer Unterhaiidlungen statt gefunden haben, und wahr- 
scheinlMi ge^chajr dies zur Zeit des friedliebenden Neklan. Jedenfalls., zog 
dieser e^ vpr, seinem .Lande durch eine massige Abgabe Ruhe zu yerschaffen, 
als dasselbe, einem langen ungewissen und jedenfalls, verheerenden Kriege 
auszusetzen. 

Bei der Aimuth und den vielen Widersprüchen der historischen Quellen 
unterliegt jedoch' diese Tbatsache gegründeten Zweifela und Schwierigkeiten, 
und gewiss ist dieser Tribut liach NeklansTode nicht mehr gezahlt worden. 

Im Jahre 823 wurde auf Befehl Wogens, Prag,, als die Hutterstadt , 
der übrigen Städte Böhmens, durch Gebäude erweitert, Den Platz für die 
Riogmauern und Gräben um dieselbe wies er an, und nahm die Ausme«i'- 
sung mit seinen Land^tänden selbst vor. 

Unter *Wnyslaw wurde eine Gesandtschaft an Ludwig den Frommen 
abgeschickt. \ofi ihrem Zweck wird jedoch nichts weiter erwähnt, als dass 
sie ihm Geschenke brachten. Jedenfalls herrschte Ruhe im Lande, denn 
Wnyslaw's Nachfolger berief nicht lan^e nach dem, Arfiritte seiner I^egiening 
viele Bergleute «nach Eule, und liess die Bergwerke durch die zu seiner Zeit 
verbesserten eisernen Bergwerksgerälhe, als:, Radehauen^ Entenschnabeln,' 
Keilhauen u. a. m. bearbeiten. Das Pfibramer Bergwerk soll damals so 
stark betrieben worden sein, dass in der Gegend der Bergwerke eine förin- 



\' 



64 

lic^ HungersHOth entstanden ist, weil, man ^enFoIdbau verliest, um an den 
lockenden Bergwerksärbeiten Theil zu nehmen. Man merkte bald den Nach* 
theil, der durch (Ueses Schälzesuchen dem L^nde zug-ezog-en ward, denn 
eine allgemeine Theueruhg der Lebensmittel und einreissende allgemeine 
Hungersnot^ war die .^olge dieser- Metällgier. Der Herzag bemüht^ sich. 
nach seiner lUögiicbkeit, dem überhand genQmme^nen Landesverderben vör- 
zubeügen, und man, wurde endlicji genöthigt, die Bergwerke der edlen 
-Metalle dem Landesfüi^slen ausschliesslich zu tiberlassen. Demungeachtet 
hatte die reiche Ausbeute der Gold- und Siiberbergwerke in eine^ anderen 
Hinsicht für die; Handlung einen grossen Yortheil; .denn da man ehedem 
genöt^igt war, den 'Handel um so bestimmter einzurichten, sa konnte sich 
der spekulative Kaufmahn bei seinen Ein- und Verkäufen freier bewegen« 

A^s Nekiah zum Throne > gelangte, hatten um diese Zeit die Gold- 
wästher und Bergleute in der Gegend des Schlosses Telin eine solche Menge 
Goldes aus dem Sande des nahe daselbst Yorbeistrcfmenden Elü^l^chens ge- 
sammelt und geschmolzen, dass sie ungeheure !^lumpen von diesem Melalle 
ihrem Herzoge auf denWySehrad brachten; woselbst aus^ dem eingebrachten 
Golde Münzen geprftgt wurden. 

Unter diesem Fürsten begann das Commerz:, aber auch die «Kriege der 
Böhmen mit den Teutschen. Das fränkische Beich, das immer eh:|e Art von 
Ohergewalt über die ßiöhmen sich anmassen wollte, ward durch die Caro- 
ling^r gestürzt. Di^se suchten dann Böhmen zu unterjochen, können aber 
ihr'e Absichten nicht erreichen. Doch . belegte wie bereits schon erwähnt 
Karl der Gross« das Herzogthum mit einem Tribute, demzufolge sich die 
Ceche'n mit 120 fetten Ochs^ und 500 Mark Silbers — um den gesuchten 
Frieden jsu erhalten, verstehen musslen. Aus diesem wollen einige Geschieht- 
Schreiber ganz unrichtig schliessen, dass Böhmen zu jener Zeit zu einem 
Lehen des ^teul^chen Reiches gemacht worden wäre. Da übrigeiis unsere 
Vorfahren von diesem Tribut zu befreien sich .bestrebten, auch endlich ihren 
Zweck ierreichten, so veranlasste^ dies mi den teutischen Kaisern in der Folge 
fortdauernde Kriege '^^). Bios die Uneinigkeiten zwischen den sjawisclien 
Volksstämmen bewirkten den Druck von ihren teutschen Nachbarn. Ein 
enges Band zwischen denselben hätte sie unüberwindlicb gemacht; 

73} Durch den im Jahre 911 «rfolgten Tod König Ludwigs, als des Tetzten Zweiges des 
- ^ karolingischen Stahiiues, sind die ßöhmen von der Last des. Tribut^ befreit worden. 
(Mehlers Geschichte Von Böhmen \, B. S. 59i 



• 



1 ' 



Vie/ter Abschnitt. 

Annahme des Christenthums und mit diesem die gleichzeitige fjin* 
fuhning der höheren Wissenschaften und Künste^ so wie das Em- 
porkommen der Gewerbe und des Handels. 



fiines der erfolgreich$teh Ereignisse, wely^he sowol auf den. Fort- 
schritt der .sittlichen Aui^bildui^g als auch auf Künste, Wissenschaften und 
alie Arten von Gewerben so mächtig einzuwirken vermochten, war die Ein* 
führung des Christenthums in Böhmen.* Es war, nämlich der Pfemyslide Bo- 
fiwoj, welcher gegen ,da» Ende des X. Jahrh. dwi christlichen* Glauben an- 
nahm, und mit diesem die bürgerlichen Gesetze in Einklang brachte. 

Da nun die Pflanzung und Ausbreitung dieser Religion neue Einwohner, 
Gewohnheiten und Gebräuche Jn Böhmen einführte, so gereichten diese auch 
sehr zur Vergfrösseruug solcher Städte, \yo Klöster und Kirchen errichtet 
wurden. Von Rom aus mögen die ersten Funken der höheren Wissenschaf- 
ten, wie ärmlich sie auch an sich selbst gewesen^ auf die .stäatsgesell- 
schaflliche fleetde * der Cechen mittelbar oder ' unmittelbar durch 'djie 
Priester , diese damals einzigen Aufbewahrer der WissenSvchaften und 
Künste gebracht worden sein, und nimmt man an, dass auch die griechische 
Kirche auf das Bekehrungsgeschäft Einfluss genommen hat, wie man es 
beinahe aus dem frühen Dasein griechischer Mönche in Böhmen nicht laug 
nen kann, so Istandenf die Cechen auch schon mit Griechenland, namentlich 
mit Gonstantinopel jn einem Geschäftsverkehr, welcher zu jener Zeit gerade 
wie Italien anfifig, die Künsle und Manufakturen ^des Handels • wegen mehr 
zu schätzen^ und letztere auf dem religiösen Kanal, welcher auf. diese Art 
zweifach bis pach Böhnien reichte, mitzutheilen. Dadurch wurden die Cechen 
mit den Gegenständen Aei asiatischen Luxus näher bekannt, und trachteten 
dieselben auch niachzuahmen* Solchergestalt gereichte die Ausbreitung des 
Christenthums in Böhmen ungemein zur Beförderung der Kultur und zur 
Ausbreitung dejs Handels. 

^ 5 ■- , ' 



N 






66^ - ■ 

Die Cecben waren gewiss für die Künste bald eingenommen, denn die 
Erfabrung lebrt tins zur Genüge, dass eine ' besondere Neigung zu Wissen- 
Schäften und bildenden Künsten, ein feines Gefühl für's Schone upd Nütz- 
liehe,' besonders aber eine gewisse; Nachahmungssucht in der ChaVakterjstik 
der öecheh liegt. Darum befanden sich schon von Jeher unter den Böhmen 
so viele sogenannte Tausendkünstler. v 

Höhere Künste^ welche sich anfangs nur in Klöstern vbrhielte^, durch 
den steigende Luxus aber erst unter den La^en verbreiteten , kamen ' also 
zuerst durch Mönche nach Böhmen. . Diese waren ^uch die frühesten Beob- 
achter der Himmelskörper, wobei sie ^t der grössten Genauigkeit das Er- 
scheinen von Kometen, Sonnen- und' Mondfinsternisse bemerkten. Dadurch 
kamen verschiedene astronomische Instrumente, welche den Cechen bisher 
unbekannt waren, ins Land. , \ , 

^ Diese frommen Mönche reisten auch, in entfbrnte Länder^ um geheiligte 
Orte zu besuchen, und brachten von dort verschiedene den Cechen noch unbe- 
liannt Produkte mit. Auch mit der Arzneikunst thaten sie sich hervor. Sie berei- 
teten neue Heihrüttel, und lernten den Layen die Heilkraft der Kräuter kennen. 
' Diesemnach würden Künste und Wissenschaften des Ghristenthums Gefährten 
in den friedlichen Wofatiungen, der Einsamkeit und des Grebetes in Böhmen 
gehegt. ' Jsedes Kloster hatte seine Werkmönche, welche in allen möglichen 
- Künsten und Manufakturen erfahren waren. Der Bre<^nower Stiftungsbrief 
' vom > Jahre 993 nennt uns , 30 animatöres ad djvtrsas officinas dispositos, 
also Künsler und Handwerker verschiedener Art. Sollte man daraus nicht 
)elwa schliessen, dass dem BfewnowerKlgster eine Art Fabrik angereiht war? 

Auch in der Landwirthschaft erwarben sie sich Verdienste, und damit 
sie bei dieser alle Bedürfnisse selbst bereiten könnten, errichteten sie eig-ene 
Schmiedewerkstätten, Mühlen n. a. m» . 

Den Mönchen gebühi*t auch das Verdienst, einiges zur Aufnahme des 
inneren Haiulels beigetragen zu haben; denn nicht selten wurde au$ den 
Klöstern der ansehnlichste Handel betrieben. . Auf diese Art erregten sie 
neue Bedürfnisse durch Aüstheilung oder defi einfachen Tausch ihrer Hände 
Arbeit, indem sie liiedurcH gleichzeitig die Thätigkeit -Anderer weckten. 

Gegen das Ende des X. Jahrh« fand die byzantinische Kunst in Böhmen 
Eingang, und besonders zog im Geleite der Re;ligioil'die Malerkunst in upser 
Vaterland ein. • - , 

Unter den vaterländischen Künstlern jeBer dunklen Zeit, nennt uns die 
Geschichte den heiigen Methu4 als Maler, • welcher unter .vielen anderen 
KiTchenbildern auch ein Altarblatt -- das jüngste Gericht vbrstellehd r— 
dem bulgarischen Fürsten gemalt haben soll. , , ' 



'« 



■ 67 

Ein Aelicher Cec^e, der nachmalige Bischof und Heilige, Adalbert kam 
unler Herzog Boriwoj\ vo^ s!§inen Studien in seine Heimalh zurück, und 
brachte eine nicht geringe Menge von Büchern mit ''*). Die Mittheilung 
dieser Schriften hatte unfehlbar unter . Vfelen den Wunsch nach einem 
gleichmässigen Besitze erzeugt. Vir sehen auch in der Folgo, dass von 
dieser Zeit* an das Bücherabschreiben, mit Zeichnungen und ^Schildereiea 
verbun^en^ ein eigenes Gewerbe und Kunst wurde, wovon sich in Böhmen 
eine Menge sogenannter Scriptoren ernährt hatten ^^). Man nannte diesö 
Avbeit die geistliche Kunst, weil solche die Mönche neben, ihren Andachts- 
übungen triebe^. Aber nicht blos.Mpnohe, sondern selbst Nonnen, wafen in 
dieser Kunst erfahren. Diejenigen Nqnnen, die es zu solqtier Oescbicklieh- 
keit nicht brachten, schnitten nach vorhandenen Mustern aus Pargament- 
blättern Heiligenbildef und ^malten splchcy mit bunten Farben ans. Solche 
bunte Bilderchen wurden dann :^um Vortheile des Klosters verkauft. Krämer 

74) Cosmiis L. I. p. 51. , 

75) Durch dieses Abschreibet haben sich in spaterer Zeit die Benedikti^ermönche um d}e , 
literarische Welt sehr verdient gemacht, indem viele wichtige Werke verloren ger 
gangen wären, Wenn sie. nieht Mönche von Zeit zu Zeit abgeschrieben hatten.. Sie 

^schrieben grosse Werke mit vieler Mühe ab, von welchen Manuskripten noch viele 
Vorhanden sind, die als kostbare Seltenheiten in unseren Bibliothekeii «ufbewal^t 
werden. «Die öffentlichen JBücher wurden ptSchtiger geschrieben, als jene, ^ie zum 
Privatgebrauche dienten.- Man schrieb mit lateinischen, aber meist kljekieren oder Ion- 
gobardi^chen . Lettern, und bediente sich hierbei verschiedener Abkürzungen, die 
schwer zu lesen waren. Die Titel schrijeb man gemeinigh'ch mit rother Tinte, daher 
der Titel auch rubrum, die Rubrik' hiess. Es wurden aber die Titel und Anfangs- 
buchstaben meistens etst' hineingemalt, wenn das Buch schon abgeschrieben war. 
Jene, w^elche die, Titel' und Anfangsbuchstaben mit allerhand Farbep malen konnten," 
hiessen Kalligraphen, Und diese Malerei Wurde in den folgenden Zeiten bis gegen den 
Anfang der Buchdruckerei iii^mer zierlicher und kostbarei*, indem die Mönche das 
Gold so geschickt auf das Pergament fesi zu machen, fmd dartieben verschiedene 
künstliche Züge, und Laub^werke (Slawesken), auch Bildnisse von Heiligen, Tluere, 
Obst u. dgl. zu malen wussten. Diese Arbeiten werden noch heut zu Tage bewun- 
dert und sie >haben für die Kunstgeschichte eine besondere 'Wichtig|(ei^ indem sie mit 
Ausnahmen der Fresken in den Katakomben Roms un^d Neapels, als die ältesten, auf 
unser^i^age gekommenen Reste der christlichen Kvnst, uns über den Entwicklungs- 
gang derselbep allein noch Aufschlüsse erthetlen können. Die Mönche konnten die 
rothe, hlaue und andere Farben so geschickt zvrichten un^ auftragen, dass sie noch 
jetzt frisch und schön erscheinen, ob sie gleich schon viele hundert Jahre alt sind, 
welche Kunst verloren gegangen ist. Auch konnten ide das Pergament, auf dem sie 
schriebet, so sauber und zart zubereiten, dass. man sich noch'^jetzt darüber ver- 
wundert. Das Pergament putzten sie mit Thierzähnen, daher^diö libri pumicali: 
Charta de.ntata, und diejenigen, die man mit dem Haramejr gVatt schlug: libri 

malleati hiessen ~ ^ 

\ 



68 

brachten diese Gegenstände Auf die Kirchenmesse und boten sie, da selbe 
religiösen Inhaltes waren , den bei Kir'cliinf9iei;n zusammenströmenden 
Christen feil. , ' 

Auch Kirchengeräthe wurden von den Nonnen verfertigt, .worunter die 
gewirkten und gestickten Hessgewänder, .Altar- und Kanzelbehänge obenan 
stehen. Diese Arbeiten wareh meist nur zweifarbig, am gewöhnlichsten 
schwarz und weiss, 'doch auch oftmal bunt und mit Edelsteinen uiid Perlen 
ver2(iert. Gewöhnlich wj^rden auf solchen Gewändern biblische und Leidens- 
geschichten dargestellt. Uiberhaupt entwickelte die katholische Kirche 
eine würdevolle Prac)it in den Gegfonständen des Gottesdieifstes, und es 
wurde. ein grosser Aufwand auf die AusschmücjLung der Altäre,' Inessge- 
wänder, Bibeln, Messbücber und Legenden v^wendet* ^ 

Aehnliche Spuren von Künsten finden wir in der Geschichte dieses 
Jahrhunderts in Böhmen 'mehr vor, woraus sich auf äen Zustaindim Allge- 
meinen schliessen lässt. Man gab sich mit dem Schliff der Edelsteine ab, 
und verfertigte kunstvolle Gold- und Silbergefässe. Inzwischen -war der 
Gebrauch des Goldes in jener Zeit bei weitem nicht so allgemein als im XL 
und XIL Jahrhundert, und nur Kirchen und Fürsten besassen Schmuck uud 
Geräthe von Gold. Erst später, als ein wohlhabender Mittelstand in Böhmen 
^ufkaoi, wurde goldener Schmuck gewöhnlicher. 

Der Gebrauch der metallenen Glocken zum Gottesdienst fing in Böhmen 
schon im Anfange des X. Jahrb. zuerst in einigen Klöstern an; doch wurde deren 
allgemeine Anwendung erst später eingeführt, nachdem sich zu ihrer Her- 
stellung Künstler zeigten. Sie wurden bald darauf als Prachtgegenstände 
betrachtet, so dass die vornehmsten Kirchen auch die grössten Glocken 
haben , mussten. So entstand der dem Alterthume unbekannte jGlockenlhurm, 
der als das wesentlichste Bedürfniss und Bestandtheil der Kirche den ver- 
schiedensten Einfluss auf die Ausbildung des kirchlichen Baustyls äussecte.. 
Uibiüens wurde die Kunst des /Metallgiessens er§t in späterer Zeit von den 
italienischen Goldschmieden ausgebildet. 

Zu welcher Höhe der Kunst die (Rechen schon damals gelangten, sehen 
wir zunächst an den Ballten der Gotteshäuser aus Jener Zeit, piej^ anfangs 
nur bestimmt, Ver^ammlungshäuser für die Gläubigen zu gründen, steigerte 
sich so fort zu dem höherU'' Zweck, allen übrigen Künsten gewissermassen 
zum* Träger zu dienen. Die Qotteshäuser ' wurden gemacht, künstliches 
Schnitzwerk, reiche Verzierungen und Bild^säulen zu tragen, augh wurden 
sie, wie^vermuthet'wird, bereits damals nach den Regeln des Schalles so 
gebaut, dass der S.ang den reinsten Eindruck auf die Anwesende n~ ma<;hen 
konnte. 



» 



Die Gei^chichte damaliger Zeit erwfihnt eines gewissen Mirobogius, 
der $ich bei dem Baucf der St. Georgs -Kirche auf dem Prager Schlosse im 
Jalire 912 a)s Steiiimetzer und Steinbiidner ausgezeichnet hatte '^). . 

Aus der Geschichte ist bekannt, wie eifrig sich BoHwoj in Erbauung 
der Kirchen '''^) und deren Auszierung bewiesen, und wie er keine Kosten 
gespart hatte, recht pr|ichtige Weiike dfiv Baukunst nach damaliger Art zu 
errichten. Die Mönche verherrlichten mit ihrem Gesänge 7— der vom heiligen 
Adalbert eingeführt wurde — den Gottesdienst* Die^r Gesang befestigte die 
Neigung' z|ir Tonkunst noch mehr, welche die Öechen schon von Anbeginn 

76) Die hie and da aii den Feldrainen stehenden, aus Sandst^ oder Granit unförmlich 
~^und plump gearbeiteten Kreuze sollen aus der ersten christlichen Zeit der öechen, 

also vielleicht aus Boriwojr* Zeit herrühren. — < \ * 

77) Leide/ sind aus^dieser Zeit keine Baudenkmäler auf uns gekommen. Diejenigen noch 
erhaltenen ^Sehäude;' welche man für die ältesten im Lande, hält, sind Ktipellen Von 
geringen, meistens allenthalben ziemlich gleichen Dimensionen, nmGrundriss kreisrund, 
mit einem nl|||hensitigen Chor gegen Oslen. Die darauf gesetzte sphärische Kuppel^ 
trägt eina|g|it Säulchen gezierte Laterne, und vorzüglich diese ist t;s, welche durch 
Form uncRonstruktion einen Anhaltspunkt zur beiläufigen Bestimmung' der Erbaii« 
nngszeit gibt. Wenn auch von df r auf dem W^ehrad noch bestehenden Martias- 
Kirche oder Kapelle im J^1523 (scripton rerum höh. IIL 458) gesagt wird, dass sie 
einst heidnisch gewesen sei, so mag sich dies wol nur auf die Stelle, wo die Kirche 

•steht^ beziehen; denn man weiss, da^s die christlichen Priester gerne dieselben Plätze^« 
zu KirchCT wählten, wo sonst heidnische (^ottheit^n verehrt «wurden. Auch mag es, 
nachdem die' noch zahlreich heidnischen Bewohnei: dfe ersten christlichen Kirchen' 
aus Holz öfter angezündet hatten, mit Vorbehalt geschehen sein, -dass man damals so 
kleine Kirchen ganz aus «nverbrennKchem Mäteriale herstellte, während später viel 
grössere, meist aus Holz erbaut, vorkommen^ und in jeilen Zeiten ' selbst noch höl- 
zerne Befestigungswerke ausgeführt wurden. In Beziehung auf den iSründriss seheint 
die Uibereinstimmung desselben mit den damaligen gleichen formen in aiidern christ- 
lichen Ländern di^ Voraussetzung, dass der Bau von den Heiden geführt worden sei, 
ohnehin auszuschliessen. Auch die später vom heiligen Wenzel gebaute, ehemalige 
St. Veit-Kirche am Hradöin hatte eine' runde Form. — Mtf der gröbsten Wahrschein- 
lichkeit lässt sich sonach tSiesen Kapellen durchaus kein höheres Alter als die H. Hälfte 
des 9. Jahrh. anweisen. Die erste von Herzog BpHwoj in Böhmen erbaute Kirche 
war die St. Clemens-Kirche auf der herzoglichen Burg „Lewy ^rädek" , am linken 
Moldanufer anderthalb Meilen von Prag gelegen. Diese altberühmte Burg, einst ein 
Lieblingssitz der böhmischen Fürsten, verfiel schöti im XH. Jahrb. Pi& Kirche ifurde 
jedoch Von der Pietät unseres Volkes lange geschützt, und noch heut zu Tage steht 
an derselben Stelle eine Kirche, dem heil. Clemens geweiht. In einer Leitomischler 
Urkunde von 1416 liest, man: Der Sanct Clemens Kirche unser Pfarire, ^e erste in 
Böhmerlandt geweihet von heiligen Sant Cyrillo uijd Methudio. Demnach musste diese 
früher noch als die erstgenannte erbaut woi^den sein. Die St. ^Clemens-Kirche auf 
dem Wysehrad, vqn welcher noch jetzt ein i kleines Fragment unweit der jetzigen 
Kirche steht,, soll BoiMwoj ebenfalls erbaut haben. Eben so wurde im J. 894 die 
Kirche am Tein hergcslellt. - , ^ 



70 • - 

liebten. Sie Verfertigten versehiedene masikidische Instnunenl« zur Nachah- 
mung der liieiischliclien Stimme, und ^(igleicb zur eigenen Ergölzung. Sie 
begleiteten etwas späterhin sogar den Kirchengesang mit blasenden. Instra- 
menten* Die gewöhnlichen ipusikalischen Instrumente der Cechen in dama- 
liger ZeU, nennt uns die Geschichte als. die allgemein verbreitetsten^ die 
Trompete, die Trommel die Schemen «iid die Geige ''^> Die Trommel 
([Buben, von dem Tone, bub), bestand aus einem einfachen hölzernen Reifen, 
über welchen ein Fell^gespännt' war. Ob sie sich. derselben auch bei dem 
Kriegsvolke bedient hi^en, um durch Rührung melHrerer dergleichen Instru- 
mente die gehörige Bewegung anzudeuten, lässt sich nicht erweisen. Viel 
spater erst wurde die sogenannte Heerpäuke — welche wahrscheinlich eine 
^ itaiienische' Erfindung ist — bei der Reiterei eingeführt. 
. ' Es ist wahrscheinlich, dass zu Boriwof s Zeit die Volksschide zu Budeö 

• / reformirt und darin die vom heil. Gyrill erfundene' bequeme Buchstabenschrift 
eingeführt wurde. Diese Kenntniss musste jedenfalls sehr wohlthätfg auf die 
ganze Nation einwirken, denn es verschaflFle dadurcn ihrer Sprache ein 
neues Leben, wodurch besonders den spätem Handelsleuten^ie Möglich- 
keit verschafft ward, sich ii^ der Entfernung anderen mitzutheilen. Ohne 
diese nothwendige Bequemlichkeit lässt sich k|in^ wesehtlicher Fortgang 
der Handlung denkeii,^ wenn auch andere Vorthbile gar nicht in Betracht 
kommen. Dahipo waren und sind die Wissenschaften" jederzeit^ der sicher- 
ste Grundpfeiler der Wohlfahrt, denn ihr Einfluss greift s^unächst in das 
Gebiet der Handlung. ^ . , 

Zu den Schreibereien bediente man sich dos Pergaments als auch des 

Baumwollpapieres. Dieses kahi im Anfange des; X. Jahrh. durch Mönche 

' nach Böhmen ''•). Die fergamentblätler aus dem IX: und dem X. Jahrb., 

welche durch einen glücklichen Zufall auf uns übarkommeh sind, und welche 

78} Das merkwürdigste bei diesem Instrument fst dieses, dass es dasjenige war, bei wel- 
chem die Zauberer ihre Gaukeleien yerrichteteii. ' Daher heisst bei den Serl^en in der 
Oberlausits eine* Hexe Kuslarnicza, ein Zauberer Kusiar, ich zaubere közliu ; daher 

7.7 

nennen die niederlausitzer Serben den Zauberer Gusslowai ; daher heissen die Polen 
den Aberglaube'n gusio, und ^inen Abergläubischen Guslarz. Der russische Name 
, scheint von 'dem Gebrauche desselben, die Schicksale des kiinftigen Jahres voraus zu 
#agen, entstanden zu sein; so wie das serbische Wort Hudak: ein Wahrsager, den 
nämlichen tJrspfung hat. , Daher nennen die Krainer selbst den Teufel Hudizh,^ und 
die Polaben yerstümmelt Scheudatsch. 

xW«il nun bei den Slawen insgegammt dieses Instrument yon Zauberern gehandhabt 
\^urde, so wurden solche von diesem : Hadislari, Kouzlafi, Hudar, Guzlari d. i.' Z^u- 
berer oder Wahrsager genannt. 

79) Das BajimwoIIpapier war^ schon seit undenklichen Zeiten in China bekannt.' Von da 
kam' es mit den Kriegern tn die Bucharei, und die Araber entdeckten dieses Kunst«^ 



71 

Liba§a's Gericht enthalten, haben ein qigenthümlicheSy beinahe isabellfarbiges, 
schmutziges Aussehen. Letzterer Umstand rührt wol zum Theil von det 
ersten unvollkommenen Bearbeitung, i^um Theil au^h von den Zufällen und 
der Behandlung her, denen es im Verlane der Zeiten ausgesetzt ge- 
wesen. Dem gewöhnlichen römischen Pergament ist es wenig ähnlich, denn 
die feine Gfiltle desselben geht ihm gänzlich ab, also ist. dieses wahracheinlich 
in Böhinen, wo zu jener "Zeit diese Kunst ..noch auf einer niederen Stufe 
gestanden ist, verfertigt worden. 

Vor Erfindung der Oelmalerei malte man Alles auf Plergament, und bis 
ung'eHihr'l 280 bediente man sich des Pergaments zu sehr wichtigen Urkunden. 
Viele von diesen wurijlen'von vornehrtien Ständesper^nen, ja oft von herzog- 
lichen Söhnen und Anverwandten eigenhändig abgeschrieben, und mit ihrer 
Namensunterschrifl in der Eigenschaft eines : Kopisten bemerkt, uin -dadurch 
vielleicht ihr Andenken, auf die Nachkommenschaft fortzupflanzen,- welche 
die besonderen Fähigkeiten des Abschreibenf, in Hinsicht auf (fie Zierlichkeit der 
SchreiMcunst bewundern sollte. Aus diesem Grunde hat Chriltianus, welcher 
aus herzoglicheuK Geblüte entsprossen war, den Bf ewnower Stiftsbrief eigen* 
händig abgeschrieben. , , ' ^ 

Das älteste Baumwollpapier -Denkmal der öechen ist vom Jahre 993. 
Die sich darauf befindliche Schrift ist germanisch, und das Siegel von Wachs. 
Die Umschrift . nfennt den Herzog^ von Gottes Gnaden. Bei ihm sind drei 
Striche, welche als Wahrzeichen Pfemysrs, nämlich die drei Hauptflüsse 
Böhmens vorstellend, bemerkbar ®"). 

Erwiesen ist es,* ^ass die ältesten Öechen sich zu ihreit Schriftzeichen 
eines — unserer jetzigen Tinte nicht unähnlichen Farbestoffes bedient 
haben. Diejenige Tinte, mit welcher das^ für uns so schätzbare Per- 
/gament-Fragmeitt der Handschrift von LibuSa's Gericht geschrieben ist 
and welches aus dem IX., ganz gewiss ^us dem X. Jahrh. herrührt, 
soll naeh angestellter Untersuchung Eisentfaeile enthalten habend was dib 
zurückgebliebenen Spuren, denselben mit Reagentien unbezweifelt darthuil. 
Welcher Art aber diese Eisentinte war, ist unenträthselhaft : denn es ist 
nicht tnöglich nachzuweisen, ob es ein mit Eisenvitriol und Galläpfel oder 
mittelst Eisenbeize und einer Rindenabkochung bereiteter Schreibfarbestoff 
war, 4a die eigentliche Tinte durch das Abwischen verschwunden ist, und 

produkt und brachten es im Jahre 704 n. Ch. als einen Lorbeer ihrer firobefungen 
mit nach Hanse, indem sie seine Zubereitung ausgeforscht hatten, und hieraus füx die 
Fremden eiii NGeheimniss machten. Später^ kam es durch die Mauren nach Spanien. 
Der. Handel ^lit den Griechen auf dem schwarzen Meere hatte endlich zur'Pdlf e, das 
dasselbe auch nach Teutschland' und somit iAich nach Böhmen gekommen ist. 
80) Schnelleres Geschichte von Böhmen 1. B. S. .42. 



72 - 

N ' • 

- \ ^ • , * ■ 1 

liur die so ganz .eigentlittmliche grünq^ Verbindung von Eisten mit ider Per- 
gamentfäser zurückgelassen hat. Wir könnep jetzt keine solche grüne Eisen- 
Verbindung mit thierischeni Leime oder einem andern thierischen ' StoflTe, 
audi sind der Chemie diese * organischen Verbindungen der Art zu neu,, 
um hierüber ein richtiges Urlheil machen zu können, zUmal, da ,das ange- 
führte Material zur Analyse nicht füglich anwendbar ist;*und wÄre^fes auch 
der Fall, so gölte es als sündhaft, dieses so übertheure Yermächtniss un- 
serer Altvordern einer leidigen Neugierde wegen zu opfetn.— ^ Dass übrigen^ 
die darauf befindliche Tinte ein schönes Schwarz gehabt habe, ist durchaus nicht 
zu bezweifeln. Wahrscheinlich ist es also^ dass durch die vielen Schicksale, 
welche die genannten Per^amentblätter trafen, der Moder .und die dabet 
sich bildenden ^Säuren und chemischen Vorgänge tiberhaupt, das Bindemittel 
oder den Leim, welcher der Tinte zugesetzt war, aufgel(i.sl, weggeführt, nimge- 
ändert oder auch völlig zerstört hatte^n, wie wir es auch jetzt noch an ühseren 
mij Gummi und Gallerte bereitete\i Tinteh tlurch eine Scliimmelbildung er- 
fahren'. Dass hierbei stark aufgesetzte^inte einen Theil ihres Eisens in Oxyde 
verwandeln und endlich völlig ausscheiden musste, liegt klar ata Tage^ 
und dieser wurde mit den übrigen organischen Stoffen, -welche die braune 
Farbe der Schrift verursachten, als das Manuscript gefunden wurde, bei dem 
wahrcheinlich oftmaligen Säubern als Staub aBgewischt, da sie ihres leimes 
als Bindemittel beraubt waren, und oberflächlich lagen» / 

Es ist übrigens erwiesen, däss die Tinte der Alten besser war, ate 
die von uns jetit, angewendete ®^).' Ausser dieser Eisentinte Verwendeten 
die damaligen Scriptocen sehr verschiedene Substanaen zur Bereitung der 
Tinten von allen Farben, und einige derselben* wurden gebraucht, im enkau- 
stischea Verfahren. Russ, Quecksilber — damals schon bekanpt — Gold 
und Silber, wurden dazu benutzt. Die heiligeEnkaustik — npr den Mönchen 
bekannt — war eine purpurrothe Tinte, welche nur zu den wichtigsten Werken 
und Urkunden in Anwendung gebracht würde. , ' 

- ' Der erste erwiesene Gebrauch von Schreibfedern in Böhmen fällt in 
das' IX. Jahrh. Es , waren ebenfalls Mönche, welche sieh dieses Schreibmate- 
rials zu ihren kalligraphischen Arbeiten bedient haben ^^). ' - 



81) Hinsichtlich d^r Farbe, der SQhÖnheit und der Dauer, lässt sich gar keine Yerglei- 
chungp au&tellen zwischen der Tinte der Handschriften vom X. bis zum XIV. Jahrh. 
und derjenigen, welcher man sich vom XV. bis zum XVIL- Jahrh. bediente. Durch 
oft wiederholte Experimente erlangen die gelehrten Schriftkundigen eine so^ ausser- 
ordentliche Sifherhejt des Taktes, MlaAr^ie, ohne sich zu irren, mit der grössten Ge- 
nauigkeit die Tinten der verschiedenen Zeiträume bestimmen können. 

S2^ Das älteste zuverlässige ZeugnibS vom Gebrauche der Schreibfedern ist die Stelle bei 
Isidor, welcher im Jahre 636 gestorben ist. Nach dieser Zeit und* namentlich im IX. 



Nur sehr mangfelhaft ist unsere histortscbe Kenntnis^ von den Haler- 
- pinsetuy und Alias, was wie von dem Ursprünge dder deren Einfilirang 
derselben wissen", ist, dass diese Maler#erk2euge im X. Jahrh. aus Italien 
nach Böhmen gelangten. Da man indess schon früher als zu' dieser /Zeit 
' malte, >so mochte man diese Werkzeuge selbst i^us' den verschiedenartigsten 
Thierhaaren verfertigt und so zur Malerei angewendet haben. AllerSings 
hatten sie die schöne Form unserer heutigen* Parisar Pins^ niaht - gehabt, 
allein sie erfüllten' ihren Zweck i^ch Möglichkeit. ' Wahrscheinlich verf^-* 
tigte jeder Maler seine Pinseln «elbst/ - 

Dass die Färberei nach dem IX. Jahrh. schon gewerbsmässig, also " 
von eigenen Leuten in Böhmen ausgeübt wurde, ist gewiss; ajlein man 
begnügte sich ^l^Ios mit den lange vorher in Uibung g^esenen Farben? 
Was also die schöne und künstliche Färberei' anbelangt, so blieben die 
Griechein und Saracenen lange Zeit im alleinigen Besitze (dieset- Kunst, 
und versahen den OcciUent mit gefärbten Zeugen, insbesondere m\i Purpur^ 
welcher noch im XI. Jahrh. von ihnen in der grössten Schöiiheit verfer- 
•tigt wurde. * 

Da also die schöngefäl'btea' Zeuge grösstenlheils aus dem Orient 
kamen, so hatte man in Böhmen. gewiss nur für die s|(hwarze,\' braune und 
krapprothe Farbe Färbereien, weil. diese allgemeinen Farben von denMön- . 
chen- und anderen Leuten« häufig gebraucht Wurden, und besonders die beiden 
ersteren keiner besonderen Farbmaterialien oder kostbaren Zubereitungen 
unterlagen. Uibrigens verdiente diese mechanische Beschäftigung workaum 
den Namen einer Färberei, zumal sie sich meist nur. auf Linnen oder 
schlechte wollene] Zeuge erstreckte ; auch wusste man damals der Farbe 
immer noch keine gehörige Festigkeit zu geben.« 

Wenn wir die Miniaturgemälde der ältesten Handschriften anblicken, 
so stellt sich uns das. damalige Kostüm des X. und XI. Jahrh. aij|' fol- ' 
gende Weise dar: xlei^^ Böhme trug damals ein kui^es, kaum an die Knie 
reichendes Gewand, welahes der römischen Tpnica nicht unähnlich war. 
Bei vornehmen Personen finden wir dasselbe am Hals6 und am untern 
Saume mit n^annichfachen Streifen geziert; ähnliche Stltoffen zogen 'sich auch 
von der Halsverbrämung zum untern Saume herab. Es ist höchst wahr- , 
schSinlieh, dass solche zierliche Bordüren als die ädssern Zeichen hoher 
Würden bei unsern VörSahrcn galten; denn wir erblicken in detn WySe- 
hrader Codex sowol als in der Legende der Lobkowitzischen Bibel, am 
deutlichsten aber in den Abbildungen der Wolfenbüttler Legqjpde das Kleid 

r ' 

m 

Jahrb. kommen auch Zeichnungen vor, dUw, den Gebrauch ganz ausser Zweifel setzen. 
Mabillon hat eine Handschrift der Evang^lieh gesehen, welche ^m IX. Jahrh. geschrie- 
ben war, und worin die Evangelisten mit Schreibfedern in der Hand abgebildet sind. 



/ • 



74 

y 

des heil. Wenzels reich gfescffmückt mit solchen Verhrämuhgen. — Die 
Mäntel dei^ Vornehmen / waren gleichfalls verbrämt, während die Oberge- 

' Wänder der untern Volksklasse garüreine Streifung oder Verbrämung ha.tten« 
Die Bekleidongs^rt erscheint als einq Mischung der alten heidnischen Tracht 
und des durch die byzantmischeh , Kirchenbilder nach Böhmen gebrachten 
Coi$tUm;s, wenigstens gewahren wir das um viel kürzere, nmguftete Unter- 
gewand i^uch den slawischen Idolen; und die Streifung-, die an der 
Kleidung, der Vornehmen, bereits christiaiii^irten Böhmen sich darstellt, erin- 
n^t lebhaft. an* ähnliche Kleiderzierden, die» wir au byzantinrschen «Bildern 
gewahren. Ein den Slawen von jeher eigenthümlicfaes Gewand war das 
mit Pelz ausgesehlagene Oberkleid (Krzno) ^% . - 

^ Die böhm^hen Waffenschmiede hatten sich mittler\ifleile durch ihre 
guten Arbeiten auöH in ' anderen Ländern einen Ruf erworben' und ihre 
Schneidewerkzeuge wurden weit und breit verführ^. In der Chronik der 
Stadt Leipzig wird angeführt, dass die Cechen bereits im X. oder XI. Jahrh. 
(nisi lallor ^;iec. X. vel XI.) mit Sicheln nach Leipzig gehandelt haben^ 
und dass oft davon, danze Schiffsladungen die Elbe hinab gingen. 

•Im X. Jahrh. finden wir viele öechen des Handels wegeii in Baiern 
ansässig. Sie verlegten sich hauptsächlich, auf den böhmischen Produkten- 
handel und' lieferten dagegen ihren nach Baiern kommenden Landsleuten Salz 
und andere Waareii ®*}. Unter den letzteren, welqhe um diese Zeit an der 
Donau heraufkamen^ werden urkundlich genannt : Pfeffer, Galgantwurzel, 
Ingber ^^) Muskatennüsse, Gewürznelken, arabischer Zimmt ^% Reisfoluinen, 
Lorberblätter, Safran, Seidenzeuge, Zindel ^''), Gewürz - Wein und andere 
griechische Artikel.' Diese Waaren wurden in Regensburg geg^n Wachs, 
Honig,. Leder, P^zwe^k ^Marderfelle), Pferde, Ochsen u. a* m., einge- 
tauscht ®^). 'ABdenfalls wurde auch Talg zur Ausfuhr gebracht , 4e|in die zu 
jener Zeit immer noch stark .betriebene Hornviehzucht lässt dies vermuthen. 

83), Wocels Alterthtiraer. •- - 

84) Fiflcher's Handeltfgeschichte I. B. S. 258. « 

' 85) In alter Zeil kam aus Ostindien nur eingemaehtet Ingber. Die Venetianer sind die 
ersten gewesen, wejjphe den trockenen Ingber so zugerichtet haben, dass statt des io 
' Indien eingemachten — wenigsten^ den Unerfahrenen — yerkauft werden könnte, und 
^ V man findet in alten Schriften Warnungen, sich nicht mit dem venetianischen Iqgber 
täuschen zu, lassen, 

86) Zimmt'/War in Arabien heimisch, doch machten damit ^ie Araber nach Griechenland 
bedeutf^nde Geschäfte. Die Handelspolitik erförderte es^ dass man den -Zimmt von 
fürchteriichißn Fledermäusen erkämpfen, und das^ man ungeheure Vögel den Zimm^ 
aus dem Lande, wo Bacchus erzogen worden war, herbeibringen Hess. , 

87) Zende oder Send (böhm. Zindl) ist eife geringe Art Tafts (Zendeltaft). ' Einstens ge- 

hÖi|e er zu den vorzüglichste^ Seidenzeugen. ^ 

88) Fischer'» Handel'sgeschichte I. 6. S. 258. 



• . 75 

* • 

Sämmtliche hier genannte Produkte mögen auch nachtielen angränfenden 
Ländern gegangen sein, denn wir finden, dass bereits im Jahre 904 Züge 
reisender 'Kaufleute aus Schwaben über Eger nach Böhmen zogen. Wahr- 
scheinlich holten sie Getreide. 

Böhmen war damals ein sehr reiches^ Kpmland- und die grossen Nieder* 
lagen des Getreides waren zu jener Zeit Prag, Saaz^ (ilsen, Leitmeritz, 
Euttenberg und Budweis. Mit diesen Städten stand Oesterreich, Baiem und 
Sachsen in Verbindung, welche Ltnder bei weitem nicht so viel Korn er- 
zeugten, als das Bedürfniss ihrer Einwohner erforderte. Ein wichtiger Bti-, 
satz dßv spateren Schriftsteller i^t^ es, wenn sie den Cecben nachsagen, dass 
sie den Ackerbau nicht für sich, sondern des Handels wegen betrieben« 

Gegen ^das Ende des X. Jahrh. wanderten schon viele Teutsche nach 
Böhmen, so dass .schon im Jahre 980 viele Ortschaften in Böhmen von 
Teutschen besetzt waren. - Die Grenzbezirke wkfto die ersten, welche den 
Teutschen zur Ansiedelung dienten.. Da nun aber der Bpden daselbst . nicht 
ganz fruchtbar gewesen ist, so hatten sie sich grösstentheils auf den «Handel 
verlegt, und verführten nftmcherld Waaren aus dein Lande. Erst später ~ 
^s sich die Öechen durch getroifehe Ehen mit ihnen näher verbanden, bot 
sich den teutschen Ansiedlern die Gelegenheit dar, sich auch^im Innemdes 
Landes ' niederzulassen. Auch ist kein Zweifel vorhanden, du^s .selbst in 
Prag der Zusammenfluss teutscher Kaufleute zusehends heranwuchs. 

Aus der Menge böhmischer Kaufleute, 'welche sich unter dem Herzog 
Spitihnöw in Rom und andern Städten Italiens aufhielten, lässt sich auf einen 
nicht unbedeutenden Handel « mif Italien schliessen. Theophilo R^ynoldo 
sagt: Spitihnöw sei es gewesen, der zu Rom zur Bewirthung .seiner Unter- 
thanen ein Etospitium, also ein £asthaus für böhmische Kaufleute gestiftet 
habe, welches aber est unter Herzog Wenzel I. zu Stande kam. Es ist 
vielleicht dasselbe, welches in der Folge Karl IV. vergrössert und verschö- 
nert hatte. Man findet übrigens keine Nachrichten, wodurch die Regierung 
dieses Herzogs 'in Ansehung der Handelsverhältnisse merkwürdig gewerden 
wäre. Hajek erwähnt, dass er gleich beim Antritte setner Regierung die 
Juden aus seinem Lande vertrieb, und die Summe Geldes, welche aus den 
verkauften Gütern dieser Vertriebenen zusammengebracht wurde, zu ver- 
schiedenen Bauten verwendet habe ^^. Um aber diesen aus Fanatismus 
unternommenen Schritt zu beschönigen, ward diesen Unglücklichen zu^ Lailt 
gelegt, dass sie den Alleinhandel an sich gerissen und ^ das Land ausge- 
saugt hätten. 

Wahr ist es, duss schon die damaligen Juden in Pöhmen sowol <i^n 

89) Diese soll sich auf ^480 Mark belaufen haben. . ^ -, 



/ » 



76 ' 

' Grosse ab Kleinhandel fast gian^ in ihren Händen hatten, und dass isie da- 
durch sehr reich und mächtig wurden, alleiti konnte ein Christen-Für«!, dessen 
Unterthanen sich der Thätigkeit hingegeben hatten, solch ein grausames 
/ürtheil wol über sie fällen? Und dennoch nennt ihn der Fortsetzer des 
Cosmas die Blüthe und den Ruhm^ der Fürsten, den. gqlddneii Schild der 
Kirche, Vater dfs Klerus und der Waisen, den HieBevollsten Trösler der 
Betrübten und den eifrigsten Verehrer der Ehrbarkeit und Tugend. ^ 

'Cosmas unJ .andere Sthriftsteller^, welche die Geschichte' jener Zt?iten 
geschrieben haben, lassen uns über die Reichthümer erstaunen, welche aus 
den böhmischen Berg^^^ken — namentli<% im Jahre 915 — nach Prag ge- 
flössen sind. Man kann sie nicht lesen, ohne versichert zu werden, dass 
vor. der Entdeckung von Amerika unser Vaterland das Peru der damals 
' bekannten Weif gewesen ist. ' Die Einfalt der damaligen . Zöiten gebrauchte 
die sonderbare Vorsicht, solches als einen Uiberfluss unter die Eird^e, der man 
es erst mit Mühe: entrissen liatte, wieder zu vergraben, um es auf diese Art 
für die künftigen Bedürfhisse der Nachwelt aufzubehalten. "Freilich sind dies 
alles-nur Sagep, allein wena" man sich in das Zeitalter, in welchen^ Cosmas und 
Häjek Sjchriebeuy versetzt, und den Utnständen nach zugesteht, dass es ihnen 
an diplomatischen Beweisen von einemVolke, welches Tiiitf inuner noch geringe 
literarische' Kenntnisse hatte, fehlen mus;ste, so Kann man zwar alles .Fabel- 
hafte der Umstände, mit welchen sie die Entdeckungen^ gewöhnlich schmück- 
ten, ganz wegfallen lassen, die Hauptsache aber, dass der Bergbau stark 
belrieben wurde, zugestehen müssen. 

Uibrigens hatte dieser Reichthum nichts Gutes nach sich gezogen, dei;in 

seit dieser Zeit vermehrte sich auch der Hass zwischen den benachbarten 

Völkerschaften auf das Höchste. Wahrscheinlich gesellte sich hiezu der 

*~Handlungsneid, woraus die, Furcht der Teutsch^n entstand, den bisher von 

ihnen ausschliesslich betriebenen Grosshandel zu verlieren; 

Nach dem Ableben Spilihnäws trat sein Bhider WratislaiV I. die Re- 
gierung, an* 

, Durch die dem Kaiser Heinrich IV. gegen die Sachsen und Thüringer 
ffeieisteten Dienste,v beschenkte der Kaiser unseren Wratislaw, nicht nur mit 
den erledigten Markgraflhümem Meissen und Thüringen, sondern derselbe 
ertheilte ihm sogar auf dem öffentlichen Reichstage zu Mainz die königliche 
Würde. 

Unter iWfatfslaw's Regierung hatte durch die neuerworbenen Mark- 
graflhümer Böhmens Handel einen recht hübschen Aufschwung bektimmen, 
namentlich hob sicli der Salzhandel. Die Saline zu^ Sülze an der Ihn er- 
hieljt vermög ßines Diploms (dd. 5. Decem. ^ 1064) von K. Heinrich IV. das 
Recht, Salz gegen und nach ißöhmen und in das MeisSnische allein ^u ver- 



\ 



77 

fähren, um das daselbst in grosser Menge bereitete . Salz abzusetzen, und 
den Debtt des Salzes von Halle in Sachsen an« der Saale einzusobränken *^f 
Von dieser letzteren Saline bezog — wie schon erwähnt — von jeher ein 
Tbeil Böhmens sein Salz, so wie wieder der mittägige TheilBöhn^ens seinen 
Salzbedarf aus den näher gelegenen, bairischen Landen herholte; 

Nach d^r obenerwähnten Urkunde kann man annehmen, dass selbst 
die Sulzer' Kaufleute Salz nach Böhmen brachten, weil ihnen darin die Frei- 
heit eingeräumt vuird, Salz nach Mähren und der Lausitz zu verführen. 
Dies fuhrt auf die Vermuthung,, dass zu jener Zeit kein Steinsalz aus Polen 
und Siebenbürgen nach Mähren kam, denn sonst würde die von K. Heinrich 
begünstigte Saline zu Sülze nie haben einen .gleichen Preis halteh können; 
wol aber musste sie mit den erwähnten Salinen wetteifern, . wozu auch alle' 
Wahrscheinlichkeit vorhanden ist. Uibrigens ma^ auch Lüneburg als Rivalin 
der oben angeführten Salinen aufgetreten sein, denn wie bekannt, hatte Hiese 
Saline trotz ihrer weiten Entfernung von Bbhmen die zu jeder Zeit sChiiF» 
bare Elbe zur Erleichterung, upd konnte demnach ihr Salz den CecheA 
wolfeil genug liefern. Nimmt, man diese Umstände zusammen, so gelfingt 
man zu ^er Üiberzeiigiing, daif Böhmens Händel auf der Elbe zu jener Zeil 
nicht so ganz unbedeutend gewesen sehn mag, und hiedu|[ch gewiss auch 
der Landhandel begünstigt wurde. 

Man , hatte um diese^ Zeit schon Wehre, Slrom^dämme und Mlthlthaue 
in Böhmen, was mitunter auch beweist, dass die Sdiiffifahr^ auf der oberen 
Moldau und Elbe schon bedeutend J)etrieben wurde. - Ausser diesen beiden 
Flüssen sollen zu jener Zeit auch die Flüäscben Wltawa, E^er und Lu2nice 
mit einer Lebhaftigkeit bescbilFt worden sein, wo von. wir In. unseren herbst- 
lichen Tagen wol kaum mehr ein entsprechendes Bild aufzufassen vermögen, 
obgleich die am^ letztgenannten Flüsschen nun stunimstehenden Ruinen 
einer grossen Veste (Prib^nic) , welche allefti Yermuthen nach zur Uiber- 
Haihiing des Flussgebietes, ja vielleicht auch zur Einhebung des Zolles «er- 
baut war, uifls diesfalls genügsame Winke geben. 

Die rieer- odclt ordentlich gebaute Landslrasse iiach Sachsen führte 
damals von Prag über Welwarn, Budin, Lobositz (Lowosioe) und Welhota. 
Von diesem letzteren Ort zog sie sich wieder zw ischen dem Gebirge über 
das Gehöfte. Stadic, Aussig, CEIum (Kulm) unmittelbar nach Pirna (eigentlich 
Bema'O- 

90) HaUf dD der Saale war um diese Zeit die zweite Legstatt für den slawischen Handel. 
Sie hatte im XI. Jahrb. eine sehr berühmte Messe, wo eine Menge seltener und kost- 
barer Waaren zusammen kamen, und zugleich grosse Schilffahrt und viet auswärtigen 
Handel mit Salz hatte. < * 

91) Bema heisst soviel als ein Zolleinhebungspunkt. 



78 

Von dem Zustande des Bergbaues unter Wralislaw finden wir keine 
^ andere Nachrichten, als jene^ die uns unser Historiegraph Hajek aufgezeich- 
net hat. .Nach ihm wurden im Euler Bergwerk dr^i Schachten eingesenkt, 
und mit dem Namen MoSnidka, Halerek und Jalowec belegt, aus welchen in 
kurzer Zeit eine reiche Ausbeute an Gold in die herzogliche Rentkammer 
abgeführt wurde. 

Nach Wratislaw's I. Tode bemächtigt« sich dessen^ Gemahlin Draho- 
mira ider Herrschaft und führte dieselbe besonders gegei^die Christen sehr 
. grausam. Doch dje Vornehmsten des Landes setzten sie ab, und Wenzel, 
der voll djjr böhmischen Nation geheiligte Fürst, welcher bisher unter der 
Vormundsi^haft seiner Grossmultep (der heil. < Ludmila) stand, übernahm die- 
selbe. Böhmen blühte auch unter diesem frommen und leutseligen Fürsten 
• schön auf, wenn gleich auch zuweilen der Kampf des Heidenthums mit dem 
Christehtfau^me, ferner die Unbeslimmtheit der männlichen Erbfolge, später 
Auftritte herbeiführte, wodurch die innere Ruhe gestört ward, und Jbiedurch 
sowöl die . Gewerbe als ^ auch der Handel zeitweilig ins Stocken gerietben. 
' Von^Prag ist bekannt, dasid zvlt Zeit K. Wenzels eiii Marktverkehr daselbst 
auf Vemnlassung der Menge von Gläubigeif, die , an gewissen Tagen den 
* yerschiedenen- Heiligen-Huldigungen» darbrachten, ist errichtet worden. 

Sklavenmärktß waren um diese Zeit immer jioch üblich, denn der Her-^ 
zog Wenzel pflegte aus christlichem Eifer seinen treuen Hofmann Podivin 
/ öfiers auf die Märkt# zh schicken, um hei4nische Kinder einzuhandeln ^^3. 
Von 'den Münzen, welche Wenzel j)rägen Hess, weiss man nichts Zu- 
verlässiges, doch ist es gewiss, ^a^s man bei Gelegenheit eines unter ihm 
^ntd^ckten Bergwerkes den Grund tu einem verbesserten Münzfusse legte. 
Zu Ende des X. Jahrh. erhöben sich schon bedeutende Kirchen in 
Böhmen. Was den Bau anbelangt, so scheinen die Priester dabei nicht mehr 
selbst Hand angelegt zu haben, denn tbeils waren sie, meist als kanonische 
MöBche, schon zu vornehm, und ihrer z.B. bei' St« Georg am Prager Schlosse, 
zu Wenige dazu, theils erzfihlt die Geschichte, dass Herzog Wenzel viele 
Kirchen im Lande erbauen und wieder herstellen, liess, was voraussetzt, dass 
dies nicht Klosterkirchen, welche wol namentlich aufgeführt worden wären, 

- • 

92) Aus dem breiten Th«i]e Ües Nordens, von der Ostsdale bi& an die Nieder-Woiga, 
wurden Christen und Heiden zu Wasser und eu Lande nach Constantinopel auf den 
Markt gebracht, und von dort aus nach Aegypten geführt, zum Thejl aber auch in 
dieser Hauptstadt selbst .zu schweren Arbeiten . gebraucht. Aus' den W^ndenl ändern 
zuvörderst, wo der Verkauf der Kriegsgefangenen "^ge wohnlich virar, aus Böhmen, 
Mähren u^d der östlichen Gegend der Obei^-Saale, ging ein starkei* Zug von ver- 
käuflichen Menschen beiderlei Geschlechts an die Mitteldonau im östlichen Baiern, und 
von da den Strom hinab nach Constantinopel. (Hillniann's Städtewesen I. B. S. 81). 



7» 

gewesen ^ein können. Wol ^er mdgeii . sie beim Baue der Kirohen aus 
Stein noch al^ Architekten gedient haben. Die Grundlagen der St. Georgs- 
Kirche ^u Prag und von Cij^mas und Damian zu AUbunzIau mit den Krypten 
gehören diesem Jahrhunderte ah^^). 

' Unter Boleslaw I. war der Bergbau in Böhnien so blühend,^ dass sich 
wieder wie ehemals fast alles nur allein darauf verlegte und' dien Ackerbau 
darüber vernachlässigte. Zu dieser Zeit waren die Goldbergw^rke bei dem 
alten Schlosse Baubin 'und ä2ov offen, und Boleslaw überliess den ganzen 
Natzen derselben den Gewerken, und behielt sich blos den Zehenten davon 
vor. Noch merkwtRrdiger als die b/?meldeten Bergwerke, waren. die Silber- 
groben, welche im Jahre 950 %in d^m Saarer Gebirge (ädärsk^ hory) anfge- . 
than wurden. Im Jab(e 952 entdeckte man. in einer Zeche auf Scharfen- 
stein einen Klumpen gediegenen Silbers, Vier die Gestalt eines Pferdes ge- 
habt haben soll. Dieses kostbare und seltene Stück Hess der Hersog im 
Schlosse zu WyiSehrad auf eilten grossen Piedestal von Stein setzen, um 
dass solches bewundert werden könne. 

I I ' * 

Doch gerade dieser unermessliche Metallreichthüm musste bei den be- 
nachbarten Völkern Qur immer Eifersucht erwecken; da^er denn auch die 
^ ohnehin deni Boleslaw aufsäi^sigen Mährer zum öflern gereizt Wurden, in 
Böhmen einzudringen, um sich dieser unterirdischen Seh fitze zu bemächtigen. 
Solches gel%ng ihnen auch einmal dergestalt, dass sie in der Gegend um 
Saar und Lipnic gegen 400 Bergknappen niedermachten, upd mit dem vor- 
räthigen Silber davon zogen. Hierauf betrieben 700 mährische Knappen den 
Bergbau und führten zeitweilig grosse Wägen voll Silber nach Mähren, bis' 
sie endlich Boleslaw mit einer Heeresmacht aus dem unrechtmässigen Besitz 
\erlrieb, und die Gruben ^urch einheimische JSergleute belegte. Dieses ^ 
Räubervolk erschien jedoch um das Jahr 954 aufs Neue, zu welchem Ende 

• 

sie sich mit den Ungarn vereinigt hatten. Doch^ der Herzog vertrieb sie 
wieder, und um sie desto gewisser abzuhalten,* fasste er den sefltsam^n 
EnlschliTss, diese reichen Gruben einstürzen zu lassen. ' Trotz dem fuhren 
die Ungarn inimer no^h fort die Bergwerke um das Dorf Opo^no zu be- 
treiben, bis sie endlich im Jaht-e 957 gänzlich aus Böhmen vertrieben wurden. 
Die Gold- und Silberschätze liess Boleslaw, in «ganz eigenen, auf deiÄ 
Wygehrad erbauten Gewölben aufhje^ahren, um, wie er meinte, im Falle die 
Bergwerke «Böhmens nicht mehr ausgiebig werden sollten, davon Gßbrauch 
machen zu können. Allein auf Vorstellung der Aeltesten des Hofes . und 
der Landstände, liess ef sich bewegen, lieber gutes und gangbares Geld 
daraus zu schlagen. £)r Aiess daher in Prag ein eigenes Münzhaus erbauen, , 

93) Prof. Wiesenfeld in dem Andenken an die 3. Versammlung der teutschen Architekten 
zu Prar im J. 1844. 






80 - 

Stellte^ daselbst erfahrene Künstler «in() Hlipzarbelter an, und Hess sowol 
goldene als silberne, auf beiden Seitän geprägte Münzen verfertigen. Eine 
Seite dieser Münze hatte seih Bildniss, die andere aber das seines «Bruders 
Wenzel, — S^lransky setzt den Werth eines solchen S^lberstäckes nuf ein 
Sechstel eines Joachinisthalers **). , , • 

Am dürftigsten sind die Nachrichten über das danialige Yerhältniss 
des Goldes zum Silber. Dies kann indess .nipht aufTallen, weil nämlich , die 
Veränderungen in diesem Verhältnisse bald von dem Golde, bald wieder von 
dem Silber ausgingen ; und sie wurden bewirkt entweder von dem zuneh- 
menden oder abnehmenden Vorrathe des einen oder d^s*.andern der beiden 
edlen Metalle, bei gleich bleibender Nachfrage, oder von der verstärkten 
. oder verminderten Nachfrage bei gleich bleibendem Y^rrathe* Um nun aber 
von den eingetretenen Veränderungen in den 'verschiedenen Ländern und 
Zeiträumen' der jedesmaligen ursprünglichen^ Veranlassung nachzuspüren, 
wer hätte damals den Sinn und Sachkenntniss gehabt! Wie olt ward in 
jenjBm Zeitalter der gewöhnliche Gang des Handels durch gewaltsame Störungen 
unterbrochen! Durch Gefahren und Wagnis^se Ward die Gewinnsucht ge- 
steigert, und hiedurch ein grosiies und häufiges Schwanken der Preise aHer 
Waaren hei4)eigeführt, was auch natürlicherweise auf den Werth der edlen 
Metalle einwirken musste>< Das Wenige demnach, was von dei) Veiiiältnissen 
des Goldes zum Silber zu sagen MiSit, kann nur aus einigen vertorenen An- 
gaben und Vergleichungen in bestimmten Zeiträume]^ entnommen werden. 

94) Ein Joachimsthälel* galt %u Stranky's Zeit 1 fl. 52 kr., dessen Sechstheil also 18| Kr. 



• • 



• - 



' X 



Fünfter Abschnitt. 

Erste Epoche der ersten Häiidelsko||jUiiktur und die daraus erfolgten 

, günstigen Verhältnisse. ' 



Hiin glücklicher Zeitraum der böhmischen Handels^eschichte beginnt 
mit der Regierung Herzog Boleslaw's II. Dieser Regent brachte seinem 
Reiche eine solche Ausdehnung zu, welche seitdem niemals erreicht worden ' 
ist; denn ausser dem eigentlichen Böhmen umfassten die Gränzen in Süd-' 
Osten njcht allein Mähren, spndern auch die ganze sogenannte Slowakei in 
Ungarn, zwischen der Donau und den Karpathen, östlich bis an das Hatra- 
Gebirge hin; von da zogen sie sich nördlich über die Karpathen an dem 
Stryj* Flusse in die Gegend von Lemberg, und dann den Bug hinab bis an 
die heutige Wpywodschaft Podlachien.v Im Noräen gin^^die Gränze von da 
westlich über di« Pilica und. die obere Warta an die Oder zwischen ^Breslau 
und .Glogau. und über die Bober an das Isergebirge,' so dass sie, ausser 
Ober- und Mlttelschlesien, auch die ganze südliche \Hälfte des heutigen 
Königreiches umschloss. Also herrschte Boleslaw über aUe nächsten Staipm- > 
verwandten der Böhmen zu beiden Seiten der Karpathen und der Sudeten, 
Swatopluk's Reich und Gross - Chrowatien wurden böhmische Provinzen, und 
die wilden Jatwingen in Podlachien .so wie die mächtigen Beherrscher Russ- 
ands in Kiew die nunmehrigen unmittelbaren NacUbaren. 

Welch e|n Verkehr lässt sich bei solchen Verhältnissen vermuthefif 
Ein Hauptruhe punkt des Waarenfrachtwerkes war zu jener Zeit Trenän an 
der Ober -Wag im nordwestlibhen Ungarn. Hier liefeitdrei grosse, aus dem 
Norden koim||^de Strassen^znsammen, da die weitere Beförderung der Güter 
auf dem gflH^ten' Flusse hinab und auf, die, Donau geschah; Zuvörderst 
endete^ hier die Frachtfahrt aus Preussen durch Oberschlesien und Jablunka ^^). 

95) ^hr wahrscheinlich ist dies ungefähr die Strasse von der Ostsee an die Donan, auf > 
welcher im' Alterthume der Bernstein nach Italien nnd Griechenland, und von da Weiter, 
zu den Morgenländern gebi;acht nürurde. ; ' 



^\ 



82 . ■• . ' ' • 

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Die zweite, von der obigen — bei Trenöin sich vereinigenden Stt^assen kam 
aus Polen über Kfakau, welcher. Hand(3lsplalz mit Wien dnen gegenseitig 
jelbstthäijgen Verkehr unterhielt, $o, ijass. die Wiener nach Krakau und die 
dortigen Kaufleule.n^ch Wien reiset^n ^^. .Wenigstens war seit dieser .Zeit 
von diesen Strassen auch eiiiß dritte im Gange, die aus Russland, namentlich 
von dem grossen Stapelorte Kiew vermuthlich über Lemberg nach Prag lief, 
dem} aus den bairischen Annalen erfahren wir, dass* damals die V^aarenzüge, 
welche von Kiew aus nach Regensburg bestimmt waren, die Route über Prag 
machen mussten. • 

• Das damalige Wesen des Verkehrs von Prfig bestand in einem umfassen- 
den Zwischenhandel, worin nicht allein die .Natur- und Eunsterzeugnisse 
des Landes, sondern auch die des Auslandes begriffen waren. Der Handel 
mit Bulgarien, Polen und Russland erstreckte ^ich wahrscheinlich auf den 
Eintausch der bekannte^ Erzeugnisse dieser Länder, näinlich : geg^ii Lein- 
waiid, Silber, Pferde *'')^ v vielleicht auch andere heimische Waaren, Mit 
Me^^islaw von Polen unterhielt Boleslaw nicht nur aus politis(*her, sondern 
auch aus kommerzieller Rüsksicht die schon von seinem Vater ererbten 
freundsbhaftIich.en'Vehältnisse ^^). Dunkel sind übrigens die Ver^jältnlsse des 
böhmischen Hofes zu dem fernen, damals jedoch Ibenach^arten Russtand. Der 
älteste russische Chronist Nestor meldet, dass Wladimir der Grosse zum Jahre 996 
mit den Cecheh in Ruhe und^ Frieden gelebt habe, ivas auch erwarten lässt, 
dass aucli die , Kaufleute efnen freundschahaftlichen Verkehr < unterhalten 
haben mögen« * 

Von den wendischen Slawen bezogen zu jener J5eit djp Cechen grosse 
Ouantitäteii Heeringe eben so auch indische Gewürze- utid. feinen Wein. 
Viele, derartige Versehdungen geschahen' nach Baiern, Votf wo die Rück- 
frachten in Salz und Kupfer bestanden., 

Ob die Ausfuhr des Biers in's Ausland — wie dies eine in Zittau 
ausgefertigte Urkunde (sius dem XIL Jahrb.) dartbut, stattgefunden habe, 
oder ob dies nur zur Zeit des Getireidemangels geschah, lässt sich ^us Mängel 
mehrerer derartiger Urkunden nicht erweisen., Übrigens musste dies zu 
Ende des X. Jahrh. schon beträchtlich gewesen sein, weil die P/ager Bräuer 
^ine eigene Gerichtsbarkeit hatten, der sie strittige Sachen vorlegen mussten. 



diHK 



96) Dithmar v. Merseb. 1. VIII. c. Wagner p. 265. 

97) Paracky I. B. S. 226. 

98) Svätoslav der Grossfürst von 'Russland sagte eines Mals : „Nein, m diAH Kiew kann 
ich nicht mehr bleiben ^ Zu Breslau in Bulgarien hat das Leben einen andern Reiz. 
Alles was Kunst urid^ Natur dem Menschen gibt^ strömt Jm Hauptsitz^ind Mittelpunkt 
jenes beglückten Reiches zusampen, nämlich : Goldätoife, Specereie% .Wein und edle 
Früchte aus Byza^z, und Silber und Pferde aus Böhmen. # 



- ' 83 

Ais im Jafare^ '988 ein qllgefheiner Getreidemangel herrschte, und die Präger 
Brauer alles Verbotes ungeachtet fortfphren , ' Bier aus dem* Getreide zu 
brauen, wurde über dieselben der Kirchenbann verhängt. « 

Meth' war zu jener Zeit noch immer ein Handelsgegenstand, nach 
welchem vorzüglich von Seiten der wohlhabenden Städlebewohner .viel 
Nachfrage war. Die Sendungen yoti Meth, die gegen das eilfte Jahrh. auf 
der Elbe 'nach Sachsen gingen, waren 'btfhmisciips Erzeugniss. Wie bedeu- 
tend musste im f. iOi5 Sie Vorräthe von Meth' an der Oberelbe gewesen 
sein, wenn in Meis^ep, aus Mangel an Wasser , dandt eih- Feuer gelöscht 
Tverden konnte, das feindliche Völker angelegt hatten. 

Süsse Weine CGewtirzweine) aus Griechenland, Italien, Ungarn und 
Südfrankreic^h waren zwar in den grösseren Städten zu haben, allein ihre 
Preise waren sehr hoch und sie konnten daher nur von Bemittelten ge- 
trunken werden. 

In den Urkunden, welche aus Bole^law^s Zeit stammen, kommt eine 
gewisse Abgabe^ vor, welche Forum hiess. Vermuthlich war es ein Markt- 
oder Standgeld, weil hiebei' der Ausdruck ^septimana" vorkommt. 

Von den zu Markte gebrächten Feilschaften, welche grösstentheils 

/ * ... 

aus Fischen, Fleisch, Gefreide, Brot, Erbsen, Geschirre aus Holz und Thon,, 
Gemüse u. dgl. bestanden, musste unter Boleslaw eine Versteuerung , (denarii 
de foro) entrichtet werden. Sogar, die Semmelbänke' waren hievon nicht 
ausgeschlossen. Dergleichen Einkünfte wurden gewöhnlich an Pachtlustige 
abgegeben. In- Prag gab es nebst ^nem Zoilgebäude alich Zollstätte hin 
und wieder im Lande, vorzüglich an der Elbe und gegen die Gränze. 
Auch doppelte Strafe für das Überfahren des Zolles kannte man schon 
damals in Böhmen. Für das Alter 50wol als für^ di& Allgemeinheit ;der 
Zölle in damaliger Zeit sprechen alte Urkunden aus dem X., Jahrb.; und riicHt 
etwa erst König Johann — wie Stransky, von Häjek irre^efüjirt, sagt — hat zu 
Prag xlas Zollamt jim Teyn errichtet, sondern — wie bereits erwähnt — 
schon die ersten Herzoge Böhmens, welch^ gewöhnlich alle Eiarichtungen 
nach den r<)mischen nnd fränkischen Gesetzen ododelten ^^). Übrigens sind 

99) Unier Zoll wurde eine Abgabe verstanden, die von jenen vom Auslände ins Inland 
geschafften Waaren (Iraporto) enjtrichtet wurde. In Baiem, wie> Schmidt ad J. Bav. 
sen. contr. 19 schreibt, war zwischen Zoll und Mauth bloss die Differehz, dass von 
jenen Waaren, welche auf der Achse geführt wurden, Zoll-'Vectigal eingehoben, und 
die Einnehmer Zöllner ; von jenen, die auf dem ^Vasser verführt wurden, Mauth v. 
pectoria, v. ripatic.ae etngehöben — und diese Mautner genannt wurden. — ,£s bestand 
der Hauptzoll (vectigal primarium) , Nebenzoll oder Bei^oll (minus principale); der 
Zoll für*s FuhrwiBrk, WagenzolP, (vectorium rötaficum), Brückenzoll (pontivegium, 
portorium), Schiffzoll (naüticum), Wasserzoll (ripaticum) , Marktzoll (pro usu fori), 

6» 



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wir^ von dem Ertrage der Zölle aus Bole^ilaws Zeit , iso wie von den 
einzelnen Zollabgaben^ welche in den böhmisclren Zollrollen und Kommerz* 
vertragen vorkommen, zu wenig unterrichtet. , 

' Im Jahre 993 fertigte ^Boleslaw einen Stiflsbrief für das berühmte 
^enedikUner-Kloster Bfewnow aus, worin er zur Erhaltung des Klosters, 
liebst verschiedenen Dörfern, Aeckerrt, Weinbergen, Waldungen, Mühlen 
auch andere Einkünfte yerordnete^^'nämlich ans allen Zollstä|;(^n In Böhmen 
die Einkünfte der zehnten Woche. Nebst diesen noch jährlich am Feste 
der Kirchweihfe 300 Denarjos, einen Stein (20 Pfund)* Wachs zu Kerzen, 
3 Eimer Honig, 30 Laib Käse und 70 Laibe, Brotß, ferner den Zehenten 
von den erbeuteten Sklaven , und eiii anderesmal wurde denselben v der 
zehnte Pfennig vom Sklavenerlös vermacht. ^ Bei diesem Handel machten 
die Juden, welche sich mittlerweile wieder in Böhmen; eingeschjichen hatten, 
die geschäftigsten Aufkäufe)*, und man kJagte einst über den teut'schen 
Greifen Guuzelin, rfass er ganze Familien heimlich an "die Juden verkaufe. 
Es war auch lange vergeblich, dass die Kircbensatzungen gegen diesen 
schändlichen als unmenschlichen jlandel eiferten. 

Der schon angeführte Brewnöwer Stiftsbrief macht uns gleichzeitig mit 
der damaligen bürgerlichen Verfassung in Böhmen, so wie mit den Pro- 
dukten, welche zu jener Zeit tu Markte gebracht wurden, näher^ bekannt '**®). 
Seinem Inhalte' nach hatte map zu Boleslaw's Zeit in. Böhmen: Städte, 
Dörfer, Brücken^ Gesetze, Adel, Lißibeigne, Jäger, Bauern, Gerichte; Zölle 
und Itfauten zu Taus, Krj^lup, Chlunt (Kulm), Lei)meritz,' 'Aussig, Tetschen, 
Melnik u. a. m. 0., herzogliche Schaifer, ftenntmeister, Schafmeister, SchafFer 
und Schafhirtßn. Man halte ferner Mühlsteine gebrochen ^"O? in der Moldau 
Wehren gebaut, halte Künstler 'und Leibeigene verschenkt; auch hatte man 
Landwirthschaft auf allerhand Getreide, Honig, Wachs und Käse. 

Wehrzöll, der an den Grannen und engen Pässen abgenommen wnrde (vectigal pro 
/ munitionibus), Mauth (Muta), möns^ .{niblicanoruni y. qupdvis vectigal. Clloss. du Fre. — 
Maut ist in den beuachbarten Ländern an der Donau, hauptsächlich in Oe^terreich 
gebräuchlich; es ist ein altes teutsches Wort, /welches schon im Jahre 888 bei den 
Franken vorkommt. In Weichelbek's Chron. fri'sing. T. L. P. IL pag. 402, teloniuin, 
quod lingua Theo4tsca Mala vocalitr. Im Gothisehen wird es in dem UHiU mol«, 
teioniuni von Ilard; Metrop. Salisbutg. T. IL p. 45 als SohiffszoU auch gebraucfau 

100) Diese Urkunde mag übrigens echt sein oder nicht, oder auch etwas später geschrie- 
ben worden . sein, so hat sie doch so viel Glauben, dass Inan die darin vorkommenden 
Nebenumstände gar nicht so leicht läugneh kaiin. — 

101) Diesem Kloster ward die Erlaubniss ertheilt, einen gewissen Steinbruch zu benutzen^ 
und denselben besonders zur Verfertigung der Mühlst^Mne anzuwenden. Aus dieser 
Schenkung ersieht man, dass die Landesfurst6n sich sogar das Brechen der Steine 

• ' vorbehalten haben. _ , 



85 

Dieser Sliftsbrief beweiset uns auch, dassi auf den Landgütern des 
HerzogfS Bolf^slaw^ die Bienenzucht betrieben worden sei, weil er diesem 
Kloster unter, andern landwirlbsi^hafllicben Produkten aucl^ .Wachs zu Kirchen- 
kerton und Honig' von ^seinen Gütern angewiesen habe; und als einstmal 
derselbe Herzog zum Grabe des heil. Udalrich eine Wallfahrts - Gesellschaft 
schickte, li^ess er neben Gold und Silber, auch so viel Wachs opfern, als 
auf ein starkes Saumross geladen werden konnte. 

VQn der Beschaffenheit der Landgüt^^ dieses Herzogs können wir den 
Sclilus^ auf alle übrigen des ^ndes machen, dass niimlich die Bienenzucht 
auch bei Privatleuten eingeführt war. Zu welcher Zeit ab§^ die zahm6 
Korb- oder Stockzucht in Böhmen eingeführt wurde, iässt sich wegen Mangel 
an Urktttfden nicht so leicht bestimmen. Nach den Spuren, welche sich 
in den ältesten Stiflsbriefen befinden, kann .dies schon um die Mitte des 
X. Jahrh. geschehen sein, denn kurz daranr kommen d^rin schon Bie- 
nenwärter , Zeidler so wie auch -allgemeine Zehenten vor, welche verab- 
reicht werden mussten. Besonders sah man bei den Klöstern weg^n der 
Wachslichier beim Gottesdienst darauf, dassi man Wachszinsen erhielt, 
welches aber die Wachszinsigen auch in iCdld abtragen konnten. — Das 
Wahrscheinlichste ist, dass die wilde Bienenzucht nur so lange die Menschen 
beschäftigt hatte, als ihr Laad zum- grösseren Tbeile mit Waldungen bedeckV 
\vfir. ^ In dem Masse aber, in welchem diese abgenommen haben, mag auch 
in der Folge die zahme Bieneiizucht aufgekonunen, dagegen aber die wilde 
Bienenzucht aufgegeben worden sein. ^ 

Die Mönche trugen in jener Zelt nicht wenig zur Beförderung der 
Landwirthschaft bei. Sie Hessen sich von Herzog Boleslaw wüsie |!iän- 
dereien geben, die ihre Unterthanen anbauen mussten, und ihre Liebe za 
guien Gerichten und wolbesetzten Tafein thaten das Übrige^ zur Kultur dels 
Obstes und^ Gemüses. ' 

Vom X. .fahrh."" finden^ wir schon in den Ausdrücken der fitesten 
Slifisbriefe Spuren, dass die Pferdezucht nicht der Veredlung der Natur 
ganz allein überlassen, sonderrf einigefmassen landwirthschaftlich* und .also 
methodisch' betrieben ward, wie es die technischen Ausdrücke der in spä« 
terer Zeit errichteten Stuttereien zur Genüge bezeugen, ^uf diesem Grunde 
beruhte auch die Pferdezucht der Cechen, welcher in der ^olge in eigenen 
Slutereien und Weitläufigen Maiereien und Gemeihdetriften (kobylni paseky) 
unterhalten und stets erweitert wurde. Wie^ hätten auch sonst die alten Öechen, 
welche zu allen Zeiten von Feinden umrungen \r&ren, so viele und so schwere 
Kriege nyt- Reiterei führen können, wenii sie nicht aus eigenen J^räflen 
diesen Zweig gepflegt und gehegt hätten! Unfehlbar war es ursprünglicher 
Schlag des ' arabischen Pferdes,^den die Cechen mehr oder weniger schon 



«/ 



86 . '■' ■ 

ausgeartet mit nach Böhmen .gebracht hab^n mochten. Indessen haben wir 
aus d^m- Alterthume darüber keine, Nachrichten. Die Abbildungen von 

^ vorzüglichem oder Favorit -Pferden aus späteren Jahrhunderten, welche sich 
in unseren alten Schlössern noch erhalten haben, deuten auf sanguinische, 
kastanienbraune, mit Ringen am Fell und leichte|i Füssen, böchstens von 
45 Fäusten , wie sie noch vor etwa ibO biß 200^ Jahren — > jedoch am 
Kopfe piehr umgestaltet, unter den Bauern in Böhmen angetroffen wurden. 

Üibrigens w^usstei:i die alten Cechen nicht blos die Stärke und Schnellig- 
keit der [Pferde zu schätzen, sondern sie wi^sten, auch die Schönheit ihrer 
Gestalt auf verschiedene Art zu erhöhen. 0en Kopf des Pferdes. mit den 
sogenannten röthen Wischhadern, oder- Fetzen zu behängen, war ischon im 
X. lahrh. in Gebrauch, denn sie hielten aus leidigem Yori^rtheil ddfür, dass 
ein rothes Anhängsel die Pferde, vor einer Art von Krankheit^ bewahre, die 
man das Beschreien (ufknutO nannte ?*^). Auch bediente' man sich um 
.diese Zeit';&ur Ausstattung der Pferde der sogenannten Schällen (Bfetzeln, 
Ringe, Pferderinge), ui^d dies galt bei ihnen al& eCwas Stattliches. In dei^ 
Urkunden des X. Jahrb.« — namentlich ifi dem Wischelirader Stiftsbriefe — 

; kommen diejenigen Handwerker^ welche diese Art Glöckcheh oder Schällen 
verfertigten, ,unter dem Namen Campaparii vor. ^ ' 

Der Mjiulthiere und Esela wu;*de man häufig ansichtig, . Sie . gelangten 
wahrscheinlich mit dem Trosse der Armeen aus südlichen Ländera n^«h 
Böhmen und k^men dann ia die Hände der böhmischen Hand^lsjuden und 

.der christlichen Krämer, welche sich — namentlich der letzteren . — zu 
dem Efehufe bedienten^ um mit den mindesten Kosten von.einenk Jahrmarkt 
zum andern zu gelangen. 

Zu Boleslaw's Zeit begriff, der Wildbann .die ganze Aufsicht über c|ie 
Holzung, Jagd und Fischerei. Nur.bisweilen war die hohe Jagd ausdrücklich 
damit genjeint, von welcher die niedere Jagd unterschieden war. Der Wild- 
bann betraf zugleich Hirsche und ftehe. Gross war die Strafe, die auf 
den Wilddieb wartete, und öbwol sonst das Jagen der wilden Thiere Allen 
frei st^nd,. die Miith und , Kraft, dazu besasisen, so erklärten sich doch j^lzt 
schon die adeligen Grundherren zu ausschliesslichen Besitzern dieses Rechtes, 
da die Zupahme der Bevölkerung und der Ausrottung .der Wälder das Wild 
auch sehr? verringerte. Auf diese Art war mjA ein jeder, der nicht die 
Jagdbarkeit besass, von dem Rechte ausgeschlossen, Wild au fahen, das er 
auf seinem Grund und Boden antrafj. es müsste nur dann gewesen, däss er 
hiezu, die Erluubniss erhalten hatte.. 

- 102) Dieser krankhafte ?ifstand der Pferde ist nichts anderes als eine t)hnmattht, welche 
entweder von ein«r Uiberfütterung, Ui^erspannung der ^Kräfte oder von der Kolik 
herrührt. 



• 87 

Das BHegen dest Wildes geschah noch immer wie früher mit Pfeilen 
und Spiessen. .Füchse und Dachse wurden au;sgegrdbea. Man bediente sich , 
auch der Schlingen und Netze; auch hielt man zu Gehilfen der Jagd eigens 
abgerichtete Huncte. 

Auch iüf Mühlrecht hat zii den sogenannten Regalien oder eigent- 
lichen Vorrechten der adeligen^ 'Grundherren gehört, und Niemanden war 
es erlaubt, eine neue Mühle, besonders »an einem Flusse, ohne ausdrückliche 
Einwilligung des Herzogs anzulegen. - 

Dpr Brückenbau war noch immer eine Ajrt Frohndienst, wodurch dte 
Unterthanen zur unentgeltlichen UnterJialtung der auf den öffentlichen Strassen 
befindlichen Brücken verpflichtet waren. 

Wer sieht hieraus nicht den Umfang von Beschäftigungen, welche 
allem dem hier Angeführten Vorausgesetzt werden müssen? Inzwischen 
mochte Böhmen bis zu dieser Zeit imnier noch keine ausgezeichneten Kunst- 
Manufakte geliefert haben, weil^es fast alle Arten von Seiden-, BaumwoU- 
und feinen Schafwollstoffen aus Italien erhielt^ und weil seine meisten Aus^ 
fuhrartikel in 8en rohen ' Erzeugnissen seines, Bodens, oder in £tb&en be- 
standen, die zum Gebrauch «ausländischer Manufakturen bestimtmt waren. , 

Einheimische Tuchmacher kommen um diese Zeit schon in grosser 
Menge vor, allein sie waren nicht im Stande, feiniß Tuche, wie sie schon 
der iamajige Luxus erforderte, zu erzeugen. Wollten also die Reic^hen uhd 
Grossen des Landes sich festlich äeiden, so sahen sie sich noch immer ge- 
nöthigt, zu den ^usländern^ihre Zuflucht zu nehmen, und sich durch diese 
feingewebte und schöngefärbte Tuche, so wie Gold- und Seidenstoffe kom-^ 
men zu lassen.- Italienische Kaufleute wsy^en es, die dafür sorgten, dass in 
der damals schon so blühenden Hauptstadt des Landes i — nämlich Prag — 
Niederlagen von den feinsten, gröifetentheils lombardischen Tuchen gehalten' 
wurden. \ 

Aus diesem ergibt sich allerdings, dass es zu Boleslaw^ Zeit an* jeder 
Art feiner Zengweberarbeit fehltje; allein darf uns dies wundem, wenn 
wii^^erfahren, .dass die unversiegbar scheinenden Bergwerke, welche zu dieser 
Zeit so freigebig waren, fast einen jeden gewerblichen Aufschwung hemmten? 
. In Betreff des Mönzwesens unter Boleslaw's D. Regierung wissen wir, 
dass unter iiim die sogenannten Dickpfennige geprägt wurden. • Nach Bo- 
lesJaw's Tode errichtete dessen hinterbliebene- Witwe Emma eine Münzstätte 
za Me]nik, jund Hess daselbst eben solche Dickpfeonig^ prägen. 

Des frommön Boleslaw's II. Söhne i Boleslaw (nach der Reihe der dritte), 
Jaromir und Udälrich gelangten schnell ^a'ch einander zur Regierung. Die, 
beiden Erstgenannten re^erten nicht länge undxpbschon Udälrich durch die 
ungerechte Vertreibung und Augenblendung seines Bruders Jaromir vifll 



^ > 



1 \ 



88 



( 



K. Heii|ricfa der herzoglichen 'Wai:de beraubt wsrd, und bei wektber Gele- 
genheit Krai^u mit feinem Gebiete den Cechen verloren giiig, so sorgte, er 
in der Folge doch löblijch für sein Yaterl&nd. IHbrigens war die Regierung 
des Pfem'yslischen Stammes nie genug konisolidirt, um das Emporkommen 
d6s Landes sq zu begünstigen, wie sieh's gebührte. SeMstrdie edelsten 
Kräfte des frommgesinntejA Boleslaw wurden durch die beständigen. Unruhen, 
Kriege un€t Verwüstungen gelähmt. Inzwischen hob^ sich in diesem Zeit* 
räume der in- und ausländische Handel doch emigennassen, [und Udalrich 
machte tu Nutsen dessdben ,terschiedene'VO|rtheilhafte Anstalten. So berief 
er, um seine Unterthaneil mit; den Kenntnissen anderer Nationen zu berei* 
ehern, hauptsächlich aber in der Aufsuchung und feineren Bearbeitung ihrer 
Naturprodukte ileissiger und geschickter zu machen, * viele Ausländer, na- 

1 menttich Italiener und Teutscfae in fein Land,' und verlieh« ihnen manche 

I Rechte. Auch führte' er ein gewisses im ganzen Lande durchgängig glei- 
ches Gätreidemass ein, und brachte mit Zuziehung Eckafrd's. oder Haiikard'S; 
Bischofs zu Prag, die Abgab« der Zehenten an die Oeistlichkeit nach dem 
Verhältnisse der Ansässigkeit oder des Vermögens eines j6den Pfarrkindes 
in Ordnung. Er verordnete (1022) vor allem ^lle Ackergüter (w<)rn^ d6- 
dihyO in Böhmen nach Hub^ oder Lauen (na läny) abmessen 2u I6ssen und 
bestellte zu diesem Zwecke einen beeideten herzoglichen Feldmesser. Hier- 
auf wurde sogleich durch einen herzoglichen und bischöflichen BefeH be- 
stimmt) d&ss von einer Ack^hube dorn Pfarrer ein Striche Weizen und ein 
Strich Haber entrichtet werde, der Strich abe^ ein Gpfs^s runder Form 3 
Spannen Breite und 5 Spannen 2 Finger Höbe haben und mit einem, mit 
glühendem Eislen ausgebrannten,« herzoglichen, dann bischöflichen Zeichen 
verstehen sein solle, .Bei dem Prager Doibkapttel befand sich ein soge- 
nanntes Geneml-Studittm, welches aber in späterer Zeit Cl246f) wieder einging. 
Als im Jahre 1015 eine gräuliche Pest in Böhmen wtithete, suchte er 
untei^ andern dlTörkehrungen diesäm verheerenden Uibel damit Einhalt :^u thun, 
dass er hin und wieder im Lande Tailnen-* und Fichten^wälder zur Reinigung 
der verpesteten Luft anzünden liess. ' 

Udalrich erweiterte seinen Staat, indem er Mähren, welches seit Ver- 
fagung seines Bruders .Boleslaw unter dem Joche geseufzt hatte, wieder 
eroberte, und seinem Sohne - Bfetislaw einräumte. - 

Von dem Zustande des Berg- und Münzwesens unter Udalrich haben 

. wir keine anderen Nachrichten, als jene^, die uns Häjek hinterlies^. Auf 
das Jahr 1008 schreibt derselbe, gaben die Goldzecheif in Böhnien eine 
ungemein reiche Ausbeute, aus welchem Anla^s ai^ch Udalrich die östliche 
Seite der Moldau, über welc.he er. eine hölzerne Brücke ^geschlagen, mit 

üielen ansehnlit^hen und dauerhaften Häusern bebauen liess. Eben so er- 






. - 89 

giebig- bezeugten sieh im Jahre lOSi die Goldgruben zu Eule, und sie s&Uea 
dem Herzoge solche unermassliche Schlitze in die Schatzkammer gebracht 
haben^ dass, als es in Teutschland rüchbar wurde; Kaiser Heinrich HI. sich 
bemtissigt fand^ einen Feldzug nach Böhmen zu unternehmen^ um* sich des 
Schatzes zu bemächtigen. / * 

Fälschlich gibt Häjek auf das Jahr 1027 an, dass dazumal das Strich 
Korn 27« C!rosc,hen galt; denn diese Münze war zu, jöner Zeit noch nicht 
gebräuchlich geweson, sondern erstjange darnach ist diese Art Hünze^auf- 
gekommen« Die damals jilblichen ]l(ünzen hiessen nqch' immer mit ihrem 
allgemeinen Namen Peniz. (Denarius oder Pfennig). 

Um diese Zeit (1029) erfand der Einsiedler Wintif (Günther odtr, 
Guntherus) die hölzernen Stegen Er legte sie zwar anfangs jiur für sich 
und seine geistlichen Ordensbrüder an, damit er die.<$elben zu neichenbach 
öfters besuchen könnte, abei* sie kamen nach ihn^ bald und «llgem^in in 
Gebrauch und erhielten,, entweder wegen ihres vorzüglichen, damals, von 
Jedermann geschätzten INutzens^ oder wie auch zu vermutb^, wegen der . 
uralten Goldwäscherei b^i Schüttenhofen, welche das (vold zum Handel ge- 
liefert haben mag, den Namen goldener Steg (böhm. zlate stezky^"^)» wel- 
cher Name sjph bis auf unsere Zeiten erhalten hat ^^^), ungeachtet der Handel 
mittelst SaumTQSsen wenig .mehr üblich und, von den Holzwegen der letzten 
Ausbesserungen nur noch Sümpfe übrig sind, welche zum Andenken die 
ehemalige Bahn bezeichnen. Solche hölzerne^ Stege wurden auch auf meilen- 
weiten Istrecken des bairisch*böhmischen Gebirges nieis.tens über die Sümpfe 
und Ifpräste angelegt, worauf die Saumrosse zU Hunderten, eines hinter 
dem andern gereiht,, bequem geleitet werden , konnten. Nach , den^ noch 
vorhandenen Uiberresten der späteren Unterhaltung d^s goldenen Steges 
ässt sich' auf die ehemalige BeSchaiTenheit dieser Strassen ^nz gut schliessis ti 
Für die Fahrenden hat man nämlich, in einer Breite von S bis 10 Schuhen* 
zwei starke Baumstücke in den Weg gelegt und mit hölzernen Nägeln be-' 
festigt, den Zwischenraum der Breite 12 bis 18 Zoll hoch, mit Steinen aus-^ 
geschüttet. Diese so geartete ^Wegverbesserung wurde nur auf den* ver- 
tieften Flächen angebracht. Da jedoch ungeachtet y zur Zeit des tiefen 
Schnee's, besonders als derselbe schmolz, eine solche Fahrstrasse über- 
scli'wemmt wurde^.oder die nämliöhe Ausbesserun^särt über die Sümpfe unA 

103) Der goldene Steg bezeichnet vorzüglich den Strassenzüg tod Prachatitz über Waller^ 

auf die Passauer Gränz^,, so auch • Ton Winterberg und von Bergreichenstein übe 

das nämHche Gränzgebirge und nach dem nämlichen' Zielen 
1(>4) In dem Patent yorii '22. Janner 1756 kommt der goldene Steg unter der 23. Kommer- 

zialzwangstrasse vor. (Gelas Dobner P. V. p. 112. £on. Pitter p..59. Genebold T. 

11. p. 26. ; ^ 



90 . . 

I 

den Moorgrund nicht, immer angewendet werden konnte, so warde dem 
Uibel dadurch abgeholfen, dkss man in geringer. Enffernung von der Fahr- 
Strasse für die Saumrosse, als das zahlreichste damals übliche Rührwerk, 
mehrere* kurze Schwellen, je nachdem es die Elevation erforderte, über- 
einander gelegt annadelte, dies« Schnellen mit zwei starten gezimmerten 
Enzbäumen hart nebeneinander belegte, beide Seiten' mit einem Geländer 
versah, und somit hölzerne Stege — manchmal über eine Strecke von einer 
Meile lang — errichtete und unterhielt; worauf 50 bis »100 beladene Rosse, 
einqs imnter einzeln hinter dem andern schreiten, und von einem' einzigen 
Führer^ der nur voran zu gehen {(flegte, geleitet werden konnten. Ein 
Gteiches> geschah wol auch mit den zu Markte geführten Menschen, welche 
auf einem solchen Stege gleichsatn gefangiki fortwandern mussten. 

Diesen Steg liess Herzog B^etislaw noch bequemer für reisende Han- 
delsleute machen, und Jegte daselbst einen Zoll an, den er dem Wintii* und 
seinen Hitbrüderh, nach Wintif Tode aber (1045) dem Benediktiner-Stifte 
nebst ein^m grossen ' Bezirke dieses Kreises geschenkt hattß. Noch zu 
Stransky^s und Balbin's Zeiten konnte man dieseil Weg nur tnit einem ein- 
^ schichtigen Pferde passiren, der aber dennoch ungeachtet dieser Schwierig- 
' keit zur Uiberbringung des Salzes aus Baiern nach Prachatiftz sehr , gute 
^Dienste geleistet hatte. Diese Gregend war also eine Haupt-Passage des 
böhmischen Yerkehrs', für welchen in der Stadt Prachatitz eine Salz- und 
WaareAniederlage errychtet war *®*). ^ • 

^ Aus einer Urkunde Bfetislaw's für das Kollegiatstift zu Leitmeritz er- 
sieht man, dass mit* dem Salzverkauf zu jener Zeit iii« Böhmen ein ^edeu-' 
tendes Geschäft betrieben wurde. 

Zu dieser Z^it wurde der Sklavenhandel jnoch immer beirieben, ja 
Bfetislaw führte sogar zu Gunsten dieses schändlichen Handels ein Gesetz 
ein, nach welcheim alle Jene, die sich nicht zur ordentlichen. Ehe verstehen 
oder bequemen wollten, zur Sklaverei nach Ungarn zu verkaufen waren. 
Dieser die Menschheit entwürdigende Handel hat sich noch eine längere 
Zeit erbalten,, bis er sich ^— als (Vb diese/ unedle Beschäftigung im Lande 
selbst kein Element und kein Gedeihen hat* finden können — in die eben 
nicht rühmliohe Leibeigenschaft verwandelte. 

* Sehr hervorstechend ist unter den Sittlichen Zügen des Zeitalters die 
, Neigung zum Trünke; und die vielfachen, in der Trunkenheit begangenen 
Freveln, aus denen oft genug Zänkereien und Blutvergiessen entstanden sind, 
'. - - • ■ \ 

lO ) Privilegit CivU. Praehatitz a Fraepos. Wissegrad. M. S. Dies Diplomatar führt eigent- 
lich den Titel : Anno Domini Miil. CCCLXXIII. £ditus est liberi ste per dominum Jo- 
hannem plebanum de Wallern. Ordinatus vero . per Nycolaum Civitatis Itotarium 
natum Chymadi de Netholicz.- • ^ . ^ 



I , 



91 



bewog^ ttiis«rif Herzog^lPetisI^w, auf das ' flbermfissigre Saufen eine grpsBe 

Strafe >zu setzen. In Hajeks Chronik (S. 190) heisst es in Betreff der Schftnk- 

» * 

und Trin^thäuser : ^Die Krömen, welche Wurzel alles Uibels und 'ein Zunder 
aHer Untugend sind, von dannen Raubereyen, Todschlag^, ](Iord, Ehebruch, 
Hurerey niicf andere unzehliche (^aster herkommen; Wer dieselben bauen, 
Unkosten darauf wendenf/ und drinnen Schenken wird, derselben fiauher-^ 
oder Aufweiider, sowol auch ein jed^r Sxrfaenker soll eingenommen, und 
ihme, als einem Uibertreter dielies Gebots sein' Kopf abgeschoren, mittep 
aufm Ringe, an einer Seulea angebunden,, und vom Büttel^ andern zur Ab- 
scheu, mit' Ruthen i^estäupt werden, sein Gut soll zwar in des Herzogen 
Schatzkainmer nicht genommen, sondern allein dasselbe (retränke, so er also 
geschenkt, auf die Erden vergossen werden, damit sich also kein Frommet 
mit solchem abscheulichem Tranke veru|ireinige. Wann jemands aus den 
Trinkern in einem Kretschmen gefunden, derselben jeglicher .'soll' inij 6e- 
fängnvss eingenommen und von dannen nieht heraus gelassen werden, ^ er 
habe dann zuvor 300 Pfennige in des Herzogen Schatzkammer gegeben. 
Item, ^ wir befehlen und gebi^en auch, dass an dem heiligen Sonntage, oder 
andern Fesitbgen, im Böhmerlande keine Märkte gehalten werden sollen. 
Dafecn aber jemands am Sonntag, oder einem andern Festtage, feyl haben 
würde, dasselbige alles j was er also feyl ha|, und besonders von Rossen 
und Kühen, soll ihm genommen, und in des Bisc|iofs Kammer gegeben 
werden. Uiber das, soll ^ch derselbe Feylhaber 300 Pfennige in des Her- 
zogen Kammer ?ur Strafe geben.*' , * ' 

Sollte sich dieses Verbot nicht auf den Genuss des Branntweins be- 
zogen haben? Wir wissen zwar, dass von diesem Getränk erst im 12» 
Jahrb.. die' Rede ist, allein es ist nicht unwahrscheinlich, dass dasselbe schon 
um diese Zeit in Böhn^en bek^nt war. - 

Bf eftislaw ' widmete sich in den Friedensjahren den nöthigen Verbes- 
serungen iA deUi inneren fLandesangelegenheiten, und bewies äicli au6h in 
dieser Hinsicht als Wiederhersteller der Macht und Grösse Böhmens. Von 
v^eleher tiachwirketiden Wichtigkeit die nur kurze Regierungszeit Bretislaw^s 
war, haben bisher nur wenige ^Historiker im rechten Masse gewürdigt. Durch 
die Erwerbung Mähretis hat'er.daiS böhmische 'Staatengebiet zu jenem Um- 
fange erhoben,; den es später ausmacht. Für den Handel und di^ Gewerbe 
that Biretislaw alles das, was ihm für diese nur zweckdienlich schien. ^ 

Von der Arzneiwissenschaft au^ dieser Zeit ^ haben wir nur gan;E 
ungewisse Nachrichten. Man war darin zwar wol um einige Schj'itte 
Weiler gekommen, aber noch war sta^t alfer vernünftigen reellen Wissen- 
schaft der Glaube an Magie, Wahrsagerei, Nekroinantie , Cliiromantik, 
Geomantie, Aslrplogie, Losewerfen, Traumdeuterei, Wettermachen, Bcsch wo- 



\ 



92 



ren u. tlgl. m. fost noch aUgemein herrschend, und [diese ^Künste' äusserten 
ihren geiyaltigen Eihfluss'auf alliß Geschäfte des; offenllichen, sor wie des 
Privatlebens. Die gaiize Heilitunst bestand also nur in dem Axiom : ^secare 
(scheiden)) purgt»re (reinigen), clysterium donare (Klystierreichfiiig)," weil 
man nicht 'den Bau des menschlichen .Körpers und die Yoirii^tiingen der 
einzelnen l^heile, noch die mannigfaltigen medizinischen Kräfte der Heilmittel 
kannte. Dafür waren- die Quacksalber im Schwünge. Diese bedienten sich 
in der , Medizin sehr hfiußg der ekelhaftesten Dinge, ganz anbekümmert' 
Qb ^s dem Patienten schade oder nütze;. dies galt gleich viel, mtm . wellte 
. imponiren und dabei Geld gewinnen. ' 

Dass die damaligen Aerzte die Arznei^^n, mit welchen sie ihre Krähken 
heilen wollten, selbst zugerichtet haben, ist zu bekannt, als dasS man dar- 
über Beweise liefern sollte. Dje Landärzte Hessen die Kräuter, woraus 
damals gross tentheils die Arzneien . fast allein beistanden, durch kräoter- 
kundiger Weiber sammeln. Selbst das Sammeln des Tödtenschädelmooses, 
welches zu jener Zeit dir Oüdcksalber in Anwendung zu bringen suchten, be- 
söhäftigte in Böhmen viele Leute. Inzwischen kann man leicht denken, dass bald 
darauf Leu^e auf den Gedanken gekommen sind, aus der E|nsarrflmlung und 
dem Verkauf der Kräuter ein besonderes Gewerbe zu machen, zumal, ' ida 
manche nicht einhi^imisch ^ aren, sondern aus fremdt^n Ländern verschrieben 
Werden mussten, wozu die Aerzte keine Gelegenheit hatten. Vermuthlich 
haben i^ich die Aerzte nach und nach an diese Bequemlichkeit ^wöhnt, 
von den Materialisten, den sie. die dazu nöthigei Geschicklichkeit zutrauten, 

.die von ihnen verschriebenen Arzneien bereiten zu I^sen. Man sagt, dass 
es lombardische Eaufleüte wareUj welche in Prag schon zu Anfang des 
XII. Jahrb. einen förmlichen Materialwaarenhandel betrieben. Diesfe Vor- 
rathskammern^ mussten allerdings den Aerzten willkommen gewesen sein, 
denti sie fahden darin nicht allein alle vaterländischen, damals in der Me- 
dizin gekannten Kräuter und Wurzeln, sondern selbst die von den arabi- 
sehen und griechischeit Aerzten angepriesenen Arzneimittel zum ephemeren 
Gebrauch. Da nun in der Folge diese Materialisten die HeilkrSfte ihrer 
Waafen kennen gelernt ' hatten, s^o fingen sie an^ auch zusammengeselzte 
Arzneien zu verkaufen, woraus sich in der späteren Zeit eine Art Apotheke 
bildele. Inzwischen hattc^ diese Material -Verlage immer mehr' Aehnlich- 

\ keit Ini^ unseren heutigen Materialwäarenbandlungen, als mit unseren heuti- 
gen Apotheken, denn eine solche Anstalt -kommt erst ^ einige Jahrhunderte 
später vor. ' . 

, _ Ausser den weltlichen Aerzten*machlen sich aber^auch geistliche Aerzte 
einigermassen 'um die Pharmaceutik , verdienH, und inait fand schon viel 



, • 93 

früher in den- Klöstern ähnliche Anstalten; Zu welcher Zeit ai>er die Pharina- 
ceutik von d^r Medizin firmlich getrennt wurde, ist nicht zu J)estimmen. 

Von. dem medizinischen Gebrauch der id Böhmen seit jeher so häufig, 
vorkommenden Mineralwässer wussten ,unsere Altvordern bisher immer noch 
nichts, ja nqch Jahrhunderte lang liess die gütige Natur ihre Schätze un- 
benutzt fliessen, ohne dass die Menschheit von dieser Gratis-Apotheke einen 
angemessenen Gebrauch gemacht hätte* Inzwischen waren die meisten, noclr 
heute iu Tage der Erde Schoos entspringenden Oaelieü, namentlich die • 
Bitterlinge (altslaW. : gorjkij - istodnjk) und df6 meisten^ Säuerlinge schon , 
im XI^ Jährh. bekannt; denn Herzog 9feti8law*s Burggraf oder 2upan, mit 
Namen PrQ|(op, welcher in des Herzogs Namen die Gegend um Biün be- 
herrscht hatte, soll das bittere Wasser solchen Sträflingen zum gewöhnliclien 
Trunk im Kerker haben reichen lasserii von denen er /las Geständnis.s ihrer 
vt^rheiffllichten Verbre\;hen erzwingen wollte; Diese unschädliche Strafkur, 
welche d^n unschuldigen und schuldigen Sträflingen nur'Gesundheit brachte, 
hatte zur Folge, dass man es*später, in der Umgegend der«0aellen,. als ein 
Purgirmittel anzuwenden suchte *®*). , , 

/ 

106) So' wirksam sich übrigens auch schon zu jener Zeit das Bitterwasser der Zage^icer 
(fälschlich Saidschütser) Quellen erwief, so scheint es, als hatte man immer noch 
nicht selbst tn späteren Jahrhunderten den grossen Werth dieser Qqellen erkannt, 
denn noch eu Anfang des XVIII. Jahrh. blieb das Wasser dem grössten Theile der 
Bevölkerung Böhmens unbekannt, und nur die den Quellen mehr nahe, wohnenden' 
Landleute holten es zeitweilig zur Purganz, wenn sie zur Zeit der Festtage ihre « 
Mägen zu sehr überfüllt hatten, und Anfalle von Uiblichkeiten verspürten. ' Erst der 
preussische Rath und Leibarzt des Königs, Dr. Friedrich Hofmann, machte uns auf die ^ 
medizinischen Kräfte des Zage6icer Biiterbrnnns aufmerksam. Man unterwarf das 
Wasser der genauesten Analyse, und da man bei dieser in demselben-, die geschätz- 
testen medizinischen Eigenschaften entdeckte, \S0 wur^e es in öffentlichen Blättern 
angerühmt, bis es Bich endlich selbst den Weg zum Handel bahnte. Der damalige 
Besitzer -dieser Bitterqueilen, Namens Mathias Loos, gab zur eigentlichen Wiederauf» 
findurfg die. Veranlassung. Da sich nun mittlerweiie der ftuf dieser Bitterbrunnen 
von Jahr zu Jahr immer |nehr erhob, so erwarb sich Loos mit dem Verkauf des 
Bitterwassers u^d dessen l^rOdnkten ein ungeheures Vermögen, so ^ss er einer 
der reichsten Bauern in der Gegend ward. Diese Bitterqueilen gelangten nach der 
Zeit durch Erbschaft an seinen Schwiegersohn Kose, ^iessen Namen diese Quellen 
noch führen), obgleich der nunmehrige Eigenthiuuer der Fürst Lobkowits ist. • 



N. 



> \ 



^ * 



Sechster Abschnitt. 



•I 



VorbereituD^en zur zweiten, dem Handel ungünstigen Epoche. 



' \ 



Jtiiine nichts weniger als beglückende Periode stellte sich unter 
Herzog Spitihni^w ü, (reg. .von 1055 —^1061) ein. Er fing seinevRegierung 
damit an, dass er alle Teutsche und Juden aHs Böhmen vertrieb. Verschie- 
dene Umstände, bespnders aber die Einflüsterungen der böhmischen Grossen, 
halten schon lange in dem . Herzen dieses Fürsten gegen alles Teutsche 
einen glühenden Hass erzeugt, der nun bei seinem Regierungsantritte leiden- 
schaftlich ausbrach. Selbst Judith, seine eigene Mutter, "ward von dieser 
Verordnung nicht ausgeschlossen. 

Was die Vertreibung der Juden betriffl, so wurden sie vieler Brand- 

» Stiftungen beschuldigt. Er gab ihnen nur drei Tage Frist, aus dem Lande 
zu entweichen, und bedrohte diejenigen mit dem Tode,- die sich nach Verlauf 
dieser Zeit 'würden da betreten lasiSen. Alles flph in der grössten Bestür- 
zung/, Grosse Pilgerzüge eilten in ihr Vaterland zurück, und jene Teutscbe,^ 
die in Teutschland kein Glück erwartete ^ zogen sich in die i^phlesjschen 
Gränzgebirge zurück. Aus dem den Juden confiscirten Silber wurden 
8540 Mark Silber gelöst, welches Geld auf Befehl des Herzogs zur *Her- 
stellung und Verschönerung der Kirchen ver^yendet wurde. . 

Es lässt sich denken, dass durch diese harte Verfügung der Handel 
ungeheuer gelitten hat, , und dass hieduröh vselbst bürgerliche Unordnungen 
herbeigeführt worden sind. Der damalige Grosshandel befi^nd sich grössten- 

* theils in den Händen der Ausländer, namentlich der Teutschen und der 
Juden. Diese, die eigentlich^ Banquiers des Landes, treffen wir aber schon 
kurz darauf wieder in einem besonderen Wohlstande an; denn Walbürga, 
die Gemalin des mährischen Markgrafen Conrad, verweiset die Kriegsleute 
aiif die Reichthümer der Prager Juden. Sie sagt in ihrer Rede : „Du kannst 
dich nirgends besser bereichern und nirgends mehr verherrlichen, als in 
den Vorstädten Prags und WySehrads. Dort hast du die reichsten Kauf- 



'i» • 



95 

t 

leute und Wechsler aus- allen Nationen, reiche Juden, eine Kunze und einen 
Harkt, der zur Beute für deine Kirieger mehr als zu viel hinreicht ^"^). 
Wol mag ein Theil dieser Ausdrücke dem rednerischen Blu^enwerke ger 
höreii, allein dein ungeachtet Idsst sich das Dasein der Juden nicht läugnen, 
zumal, da von dieser Zeit an in der böhmischen Geschichte, ihrer öfterer 
Meldung geschieht ^"^) und aui» der aUgemeinen Geschichte hinlänglich er- 
wiesen ^t, dass die'se NjBlion zu jeder Zeit den ersten Grund zu einer 
aktiven Handlung nicht nur in ^öhmei^ sondern selbst in den übrigen 
teulsphen Reichen gelegt hat. Zeit unäRrfaErung hatten den Juden ,die 
Geheimnisse des Handels kennen gelehrt , und die Art,, wie sie den Handel 
bis in seine kleinsten Unterabtheilungen eben so sghlau als regelrecht be- 
trieben, hat ihnen zugleich die Mittel dargeboten, sich schnell bereicheili 
zu können. ^ 

D£(ss die damaligen Juden vereinbart mit obristlichen «Kaufleuten in ^ 
Böhmen reichlichen «StoiT zum Handel gefunden, mithin dieser unter ihnen, 
wenigstens so weit es der Geist de$ Zeitalters zuliess, geblüht, folglich 
für Böhmen überhaupt activ war, kann daraus geschlössen werden, dass 
sie sich mit dem böhmischen Handel in einer sehr kurzen Zeit wieder gegen 
das* Verhältfiiss anderer Stönde auiTallend bereicherl hatten. Sie waren,, wie 
es scheint, grosse Wucherer, das ist solche, die für ein Darlehen am Gelde ' 
unmässige Zinsen nahmen. • Sie hielten aber ihren Erwerb ku^z darauf schon 
mticit ia Böhmen nicht genug für sicher, sondern sie fingen an, mit dem 
erworbenen^Gelde und Reichthümern nach Polen und Ungarn«uszuwandern, 
wurden jedoch von ^em Herzoge Bfetislaw H. mit gewaffneter Hand ange- 
halten, ihre mitgetschleppten Güter :confiscirt, und dann, nach der Aeusserung 
damaliger Schriftsteller, zur Wahrung des besseren Verkehrs im Handel und 
Wandel und anderer bürgerlichen und humanen Verhältnisse, so arm als 
sie nach Böhmen gekommen waren, des Landes verwiesen ^®'). Cosmas, 
welcher diesen Vorfall erzählt, ruft aus : „Welche bedeutende Summen ^nahrn. 
man den Juden damals ab, nicht einmal in Troja sammelte man so grosse 
Reichthümei*!«' ' ' - m 

Woher soUteü diese ihren Ursprung gehabt i haben, als von ihi'em 
umfangreichen Handel; denn die Juden lassen sich selten in andern Orten 
nieder, als^ 4n soeben, wo Handel ^und Wandel im Schwünge sind. Dies 
konnte man zu jener Zeit von Prag sagen ; denn Wratislaw H/ hatre Böhmen ^ 
auf deri höchsten Gipfel des Ruhmes gebracht. Ganz Europa sah mit Be- 
wunderung auf das kräftige Volk der Öechen, und die teutsbhen Kaiser 

107) Co^ma« LH. p. 185. , 

108) tdem Lin. p. 20t, 205, 227, 272. • ' 

109) Cosmas LH. p. 205. 2,06. . ' > 



96 

/ 
« ■ 1 

■ / 

buhlten un\ die Gunst der liöhmischen Fürsten. Um das Jahr 1080 war so 
viel Münze im öffentlicheii^ Umlaufe, da^is dadurch in Prag eine Menge der 
reichsten Wechselstuben entstandene^"}, ßies^ Umstand rührte vermutblich 
von den damaliger Zeit so ergiebigen Bergwerken her. ' 

Um diese^ Zeit fi.ng der Handel mit Specerei, Baumwolle und ^eide 
an, aus Italien nach Oberteutschland und von da über Regensburg, Linz 
und Bttd weis nach Böhmen zu gehen. Der Waarenafug ging auf der Lech 
in . die Donau, und die Hauptni^brlage war zu Regensburg, ^* eiche Stadt 
deswegen das Schloss Lechsgeipcffil 1141 zerstört und 1135 ihre prächtige 
Donaubrticke erbaut hatte "Of ' v ; • 

Der Linnenhandel,^» welchen Wratislaw möglichst aufzumuntern strebte, 
hob den Wohlstand von Böhmen, ungemein, und der Landmann fing jetzt an, 
zumal da die Oekonomie nicht genug löhnend für ihn waf , sich mehr, auf 
das Gewerbe \ind den Verkauf der Leinen zu verlegen. ' 

Die Stadt Prachatic betrieb^ zu dieser Zeit (1080) 'einen grossen Spe- 
ditionshandel, welcher seinen Strassenzug von Passau genx)mmen hatte. Ihre 
Zolleinnabtnen auf dem goldenen Stege waren eines der vorzüglichsten Er- 
trägnisse des Wysehrader. Kapitels, und die daselbst befindlichen grossen 
Waaren- und Salzniederlagen Beschäftigten mehrere Kaufleule, durchweiche 
yieder Hunderjte der dortigen Bürger Arbeit und Brot fanden ,*^^. 

Von^ einem geregelteren Landstrassenbau 'findet sich die^ erste Spur 
unt|er Wratislaw, doch ohne Angabe,^'wie diese ältesten Kunststrassen ge- 
jvesen sind. •. •' - ^ 

Eine dergleichen Strasse, wefche dieser Fürst anlegen liess, ging an 
den für Böhmen damals sehr wichtigen Gränzschloss Chlum (na; clilumcy, 
das jetzige zerstörte Schloss Geyersberg bei li^ulm im leitmeritzer Kreise), 
durch den' Bergeinschnitt nach 2ribien *'^. Noch vor der Errichtung 
dieser Strasjse führte hier der Hanptlahdweg nach Sachsen. Mit dieser 

110) Von den Etablbfiementa der fremden Kaufleute, w^elche sich mit dem Specerei-Ge- 
. Schaft befasst haben, kann ich für diesen Zeitraum kdne (genauen Nachrichten liefern, 

glaube aber mit gutem Grunde annehmen zu dürfen, dass die Nürnberger und Lom- 
bardischcif Kaufleute sich schon damals hier mögen sesshaft gemacht haben. — Die 
damaligen Kleinhändler sowol in der Hauptstadt' als auf dem Lande hatten ihre Yer- 
kaufslokalitfiten theils in ihren Wohnzimmern, theils in einem nach voitl zu geschlos- 
sQpen Handgewölbe. Hier lag alles qhne alle Ordnung duri^heinand^r und mnii sah 
Schachteln, ^örbe, Töpfe, Sacke, Fässer, Kisten, Flaschen u. .^gl. Kmbi^llagen mehr 
auf den ßrettgestellen und der Erde aufgestellt. 

111) .Chronolog. Auszug der Geschichte von Baiern I. T. S. 676. > ' 

112) Vergleiche Frant. Jos. Slämy: Obraz mjnulosti staroiitnöho m^sta Prachatl(;. WPraie 
1938. 51. 18. • ' _ 

113) ^ribia ist bei Cosmas das heutige Meissen, böhm. Srbsko, oder das SerbenUnd. 



/ 



'97 

Strasse stimmt auch der herzogfliche Zoll überein, von dessen Nutzen Ur- 
kundei^ sprechen. So verlieh schon Herzog SpiUhnäw im J. 1057 der Kirche 
zu Leitmeritz nehst dem Zolle zu Aussig, ,auch den achten Theil des' Zoll- 
nutzens zu Chlum. ' ' ' , , 

Unter Wladislaw^^finden *wif die ersten sicheren Angaben von einer 
selbsttbätigen Pflege der schönen Künste in Böhmen, und es hat den An- 
•schein,* als wenn besonders die Malerkunst in den slawischen Klöstern 
von jeher Pflege gefunden hätte. Der letzte Abt des slawischen Ritus an 
der Sazawa, Namens Bo2et6ch, erregte als feiner Maler und Bildhauer zu- 
gleich, bei seinen Zeitgenossen Bewunderung. Uiber Form und Styl aber 
dieser ^AnQinge der eigentlichen Malerkunst in Böhmen finden wir wenig- 
stens eine gleichzeitige und glaubwürdige Angabe im Leben des Passauer 
Biscliofs ' Altman, des Gründers von Göttweih in Gestenreich. Als nämlich 
dieser Bischof iiu Jahre 1081 die dortige Kirche eben einzuweihen Willens 
war, erschien ^in Bot^ der ihm aus Böhmen ein Marienbild zum Geschenk 
überbrachte. Nach seinem Ausdrucke wair es wunderschön, und nach> grie«- 
chischer Manier gemalt. > 

In dieser Periode wirkte auch das unter Wratislaw begünstigte Chri- . 
stenthum auf die Landeskultur.^ In den Klöstern verstand man sich über- 
h9upt gut auf den Landbau, und trieb die Landwirthschaft mit vielem Eifer. 
Daher die Klosterökonomie stets den Landwirlihen zum Muster diente, und 
da viele Geistliche sich beständig mir der Chemie, Alchymie und Metallurgie 
beschäftigten, so konnten sie auch dadurch viele Verbesserungen machen. 
Die Mönche merkten nicht nur alle wirthschafllichen Beobachtungen in Rück- 
sicht auf den Ackerbau, auf die Viehzucht, Pflanzung-en und die Saat, 
sondern auch alle ausserordentlichen Naturbegebenheiten und Lufterschei- 
nungen an. Dabei hatten die Geistlichen und Mönche auch Anschauung 
von dem städtischen Gewerbe, und als nahe .Zeugen wussten sie von allem 
Bescheid^ was dahin einschlug. Da ^ sie die Feder führen und rechnen 
konnten, so sind sie zum Theil die ersten Vorbilder für die Staatswirthe 
geworden. Die Bernhardiner hiessen wegen der von ' ihnen betriebenen 
Viehzucht und Ackerbau, vorzüglich die* guten Leute ^^*). Um das Jahr 
1097 verlegte sich ein Bfewnower Abt vorzüglich auf den Weinbau. 

114) Seit der Kirchen verb esserang des heil. Bernhards, Abts von Clairvanx, der unter den 
Mönchen nach Vorschriften der morgenländischen Kirche wieder die Handarbeit 'ein- 
führte^ geschahen durch den Cisterzienser- Orden seit 1098 ^iele Verbesserungen des 
Landb^iues, und nicht mehr begnügten sich jetzt die Mönehe mit der blossen Aufsicht 
über die Ffel4geschafte, und mit der Ausbildung geschickter Ackersleute und Hand- 
'werker, sondern ihre Glieder- mussten nun überall selbst mit Hand anlegen. Sie 
Hessen sieh oft von *den Landesherren wüstes und unfruchtbares Land oder.N rauhes 

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1 ' 



1>8 ^ , 

t)\e von den Kirchenvätern mit allem Nachdrucke eingeftihrleri.FrtsUage 
lassen verranthen, *dass iiie damaligen Klöster viele Teiche eigentl^ünilich 
besaösen, und um diese zn verwerlhen, würde obiges Kirchengesetz einge- 
führt Uibrigens gab dieses Gebot Veranlassung eines starken Absatzes 
mancher Handelswaaren. In Betracht der, gewöhnlichen Speisen kann es 
nicht anders als wohllhätig erscheinen, daSs für gewisse Tage und Wochen 
des Jahtes das Gegentheil der Herrschenden Nahrung, tiie Enthaltung vom' 
Fleische, zur Relis^ionspflit ht gemacht wnrde. Fische gehörten zu den be- 
liebtesten Fastenspeisen, daher kommen nebst den Karpfen und Lachsen 
auch Häringe am häufigsten unter den Handelswaaren jener Zeit vor. 

Auch mögen die Perlenfischereien in den böhmischen Plüssen ein aus- 
schliessliches Regale der Klöster und Fürsten gewesen seyn, denn der da- 
malige Luxus in den Kirchenorntiten und die mit Perlen gesclimückten 
Kleider der Edelfrauen jener Zeit lassen dieses vermuthen. . 

Das damalige Mühzwesen betreffend, so reden die ürkuViden dieser Zeit 
von Talenten "^), Mark Silbers, Denaris und.Nummis. — Zur Zeit des Her- 
zogs ßoHwoj n. nämlich, gegen das Jähr 1100 erschienen zuerst die 
silbernen Schillinge (isolidi) , •welche 12 Denarien oder ungefähr einen 
Gulden unseres Geldes ausmachten. 

Zu dieser Zeit und vielleicht auch schon früher^' machte ' sich die 
Hünznutzung durch einen uns fast unglaiiiblichen Missbrauch ergiebig. Es 
wurde nämlich die sämmlliche in tJmlauf befindliche Scheidemünze ausser 
Curs gesetzt, und auch verboten^ Wer eine dergleichen besass, musste 
sie in bestimmter ^rist bei den königlichen Münzern gegen neue iind zwar 
mit Verlust, auswechseln, denn wer auch nach der Frist dergleichen Münzen 

in Umlauf zu setzen suchte, verfiel damit in Strafe ^'®). 

/ ^ 

Gehölz schenken, um es urbar zu machen, zu welchem' finde sie allerlei Anstalten 
machten, woraus man den gleichzeitigen Landbau erlernen konnte. Dieser land- 
wirthschafi liehe Geist der Mönche dauerte bis ins XIV. Jahrhundert fort. 

115) Talentum ist ein von den Griechen entlehntes Wort; welches seiner urspriinglichen 
Bedeutung nach sehr unbestimmt JsU Es bedeutet überhaupt die* grdsste Summe 

, Geldes, wornach man zu zählen pflegte, und eben darum war es bei verschiedenen 
Nationen nicht einerlei, wie man bei^ den SchriftsteAern, von welchen die hebräischem 
ägyptischen, griechischen und anderen Alterthümer erzählen, sehen kann. Im Mit- 

j telalter war fast in a]len europäischen Ländern eine Mark die grösste Geldsumme 
womit man zu iählen pflegte. Talentum bedeutet demnach eben so viel als eine 
Mark. Nach dem im Prager Alt'städter AVchive aufbewahrten cui^sus seritenciarum 

'Ottorari sind 50 talente zz 30 Mark, die Mark zu* 63 Groschen. (Einige nehmen 
nnr 60 Groschen als die gemeine schwere Mün^mark anl. Es betrüge dnher ein 
Talent 374 böhm. Groschen; und nach Goldast de reg. Bohem^ L. IV. c. 2 machten 
20 böhm; Groschen einen Gulden ans! 

116) Die Juden und Lohgöbarden waren es, welche ar^listigerweise, Jie Regenten und 



99 

• ' ' ' 

Dasä es um dieise Zeit wahrscheinlich in einer jeden Bergstädl beson- 
dere königliche Ifünzprag^er gab, ist gewiss; dass aber äie' Münzer nicht 
immer blosse Beamte, sondern oft Pächter dieses Regales waren, ist nach 
spätem Beispielen wenigstens wahrscheinlich. Grössere Käufe geschahen 
allerdings nach dem Gewicht (Hark) ; doch nur der ]U[j^nzer besass die recht- 
liehe Wage dazu, derep jedesmaliger 'Gebrauch mit einer bestimmten Taxe 
belegt war. Bei Zahlungen grösserer Summen in gemünztem Gelde musste 
dagegen der „nädist^ mit entrichtet werden.. Dies war nämlich die DifiTerenz 
zwischen der Mark fein Silber und deren Legirung in der Münze. 

Aus der kurzen Regierungszeit Swatopluk's (v. 1107 — 1109) ist 
uns über die damaligen Handlungsverhältnisse nichts bekannt. Wahrschein- , 
lieh waren die^e nicht ganz günstig gestellt, 'denn die ütiter ihm vorgefallenen 
Unruhen lassen dies vermulhen. 

Prst unter Wladislaw I. (v. 1110 — 1 125) wieder, welcher die von 
seinen Vorfahren angefangene Verbesserung in der Gesetzgebung, so- wie 
in den anderen Zweigen der Staatsverwaltung fortgesetzt hat, brach für die 
Handlung eine neue Morgenröthe auf. Besonders blühten unter ihm die 
Gewerbe und dadurch der Wohlstand der Städte auf,, denn mit der stärkeren 
Nachfrage nach Kleidungen, Wohnungen, Hausgerätheh, Nahrungsmitteln, stieg 
derjenige Kunstfleiss, der auf die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse, auf den 
Absatz an den Mittelstand, gerichtet ist; und dieser kömm't, bei derWürdi- 
gung des städtischen Verkehrs,, bei weitem mehr in Betracht, als die Gegen- 
stände, die zum Wohlleben und Aufwände dienen. 

unter .Wladislaw erhielten die Bewohner der Städte das ausschliess- 
liehe Recht, allerlei Handwerke, dann Handel und Kramerei zu treiben. 

Mit dem Bäckerhandwerk soll es nach Angabe einiger Schriftsteller zu 
jener Zeit in Böhmen nicht besonders bestellt gewesen sein, weil Wladislaw * 
aus Magdeburg durch den damaligen dort lebenden Efzbischof einen Bäcker 
verschrieb, der auch im Jahre 1115 mit seinem Handwerkszeuge in Prag anlangte,' 
und auf der Kleinseite seine Werkstätte aufschlug. War dies nicht etwa ein 
Pasteten- oder Zuckerbäcker,, der dem Fürsten in dieser Art Beschäf- ' 
tigung als ein Künstler empfohlen ward ? Fast sollte man (fieses vermulhen^ 
denn was sollte man unter dem mitgebrachten Handwerkzeuge anderes ver- 
stehen, als: Tortenpfannen, Bleche, Ca^serolen, Fas^tetenformen u. dgl. m. f 
Dies gewinnt um so mehr Wahrscheinlichkeit, als uns die Geschichte be- 
lehrt, d»ss es bereits im X. Jahrb. viele Bäcker in Prag gab,^ die vorzüg- 
lieh schönes Gebäck geliefert haben sollen* 

Münsinhaber die Yermind'erung des inneren W^evthes der Münzen gelehrt hauen. Man 
rechnete iwar noch eben so viele Stücke und behielt die ahen Namen, aber nicht 
den innern alten V^erth. Dadurch ward besonders der Wucher der Juden rege gewordeii. 

7'» ' . 



l« 



100 



1 ' » 

Prag verdankt dem Herzog Wladisikiw bedoulende Verschönerungen. 
Mehrere Städte wurden unter ihm angelegt, mit Stadtr-eclit, Obrigkeit und 
Innungen Versehen, befestigt und besonders auch mehrere unter ihnen er- 
weilert. Unter ihm kommt schon eine Art' von Eintheitung der Wälder vor, 
nämlich) sylva in saltu und /nerica (märica), ein slawische« Wort, das einen 
abgemessenen Fleck bezeichnet. Es gab schon Gqmeiijdewäldcr,^ ater es 
wird ihrer in den Akten seltener gedacht. Bei di»n Städten wurden sie 
völlig eingeführt. Auf dem Lande hingegen waren sie selten, und manche 
waren so devastirt, dass si& ganz eingehen mussten. Bei Frivatwäidern 
besass einer dep Grund und Boden, ein anderer den HerzogsbanUc Jetzt 
(^hielten die Wälder einen wahren Geldwerlh. Sie wurden gekauft und 
verkauft. Die Rodungen wurden^ nicht mehr einem jeden, der dazu Lust 
hatte^ .überlassen, und- in manchen Gegenden ganz verboten. * / 

Mit dem Weinbau sollen sich zu jener Zeit sowol dieMöndie als auch die 
Laieh stark beschäftigt haben; indess ist dafür zu halten, dass derselbe das 
Bedürfniss der Klöster uffd des Adels im Lande seßist nur einigermassen be- 
friedigt' hatte — es wäre denn, wenn beide massiger Wein getrunken hätten, 
als bekannt ist — sondern, dass auch vi^ Wein aus dem Auslände um böh- 
mische Produkte eingehandelt worden sein mussle. Im Jahre 1122 ii$t der 
^^^n und Honig sehr gut gerathen. - 

^iJibrigens waren die ländlichen VerhJltRi^se dem Gewerbslande nichts 
weniger als günstig, denn fast in allen Gegenden gehörte schon ein be- 
trächtlicher Theil des Grundes und Bodens den Klöstern, und derselbe wurde 
von den Mönchen bewirllischaftet. Auf wenigen davon waren freie und 
wohlhabende Familien ansässig,* die in benachbarten Landstädten die niederen 
Künste und den Kleinhandel beleben konnten; Uiberhaupt war der Mass- 
stab der Theilung des Landeigenthums sowal für die ländliche ^als auch für 
die städtische Gevverbsanikeit hinderlich« 

Ungefähr um die Milte des XIL Jahrh. findet sich die erste documen- 
larische Spur vor, dass sich in Böhmen Einzelne mit Verfertigung des ei- 
gentlichen Glases und der Glasflüsse beschäftigt haben. Es erzählt nämlich 
ein gleichzeitig lebender Historiker des Sazawer Klosters autdasJahr 1162, 
dass. der Abt Reginhard unter« anderen Beschäftigungen auch in der Kunst 
von allerlei Zusammensetzungen erfahren wyr, welche man zu jener Zeit 
aus dem Glase zu machea pflegtö. Hier spricht der erwähntie Historiograph 
von der Verfertigung des Glases, was wol zu merken ist, als von einer 
gemeinen und bekannten Sache,'die er auch von andern in seiner Nähe — 
nämlich in Böhmen — zu machen gesehen haben muss ; denn wäre in Böh- 
men diese Kunst ganz unbekannt gewesen, so hätte auch ganz gewiss dieser 
Geschichtschreiber seinem Abt die Ehre einer ganz neuen Erfindunj^ bei- 



/' 



101 



gelegt, und die Sache nicht für eine gewöhnliehe ausgegeben. Jedenfalls 
also ist die Glaskunst in Böhmen äl^er, . •* 

Von diesem Zeitpunkte an finden wir in der Geschichte mehrere aut 
einander folgende Spuren, welche das frühe Dasein der Gila^smacherkunst 
und die' Einführung der Glasfenst^r in ßöhmeo verralhen. Auch sqII man 
sich zu dieser Zeit bereits mit Glas versehener Laternen bedient haben, was 
auch in späterer Zeit aus einer Verordnung Sobdsl^w's zu .entnehmen ist, 
welche dahip lautet : da$s es zur jNßchtzeit Niemanden gestattet ist, ohne 
eine Laterne die Strasse zu betreten. . 

Wichtig- für den städtischen Kunstfleiss Ward besonders ^eil den Kreuz- 
zügen der starke Absätz von härenen, wollenen und seidenen Kleidungs- 
stücken der Geiisilichen, als Mässgewändern, Chorröcken, Halskragen, Kappen' 
und Möhchskieidern. Der Adel sowol als die reichen Bürger bedienten sich 
der feineren Tuche, während dei* Bauer sich mit einem groben Gewebe be- 
gnügte. Dieses war eine Art wollener Mäntel mit einer Kapuze , welch 
letztere er bei stürmischem und regnerischem Weiler über den Kopf gezogen 
hat e. Man wird hierin ohne Mühe, die Kleidung der Mpnche erkennen. Es 
war auch natürlich, dass die. ersten 'Stifter der Mönchsorden d^n Mönchen» 
die der Feldwirthschaft oblagen, aucli die damalige Bauernkleidung bestimmt 
hatten. 

Wollenzeuge mögen also schon damals wegen der vielfachen Folgen 
ihrer Verfertigung die erste Stelle in der Aufzählung derjenigen Gegen- 
stände des Kunstfleisses und des Waarenhandels, die durch das Aufblühen 
des Slädtßwesens sind vermehrt und verfeinert worden, behauptet haben ; 
denn von keinem war der städtische Verbrauch so allgemein und so häufig 
wie von diesem und den I^ieinenzeugen. • ♦ : 

Die vorzüglichste Folge, die hier zunächst in Betracht kömmt, war die 
steigende Bevölkerung in den Städten. Ja selbst auf das Laiidwesen hatte 
allmälig die Wollwebei'ei einen merklichen pinfiuss geäussert, denn iii jenen 
Gegenden, wo die Luft und die [Beschaffenheit des Bodens günstig war,, 
fanden die Besitzer grösserer Ländereien die Schafzucht einträglicher als 
den Getreidebau, . . 

Gegen die Mitte des XII. Jahrh. sind nach Theobald, Bru^ch, Albin 
und Mosch die Zinnbergwerke zu Schlaggenwald und Graupen aufgegangen, 
und diese Entdeckung soll den englischen Zinnbergwerken einen solchen > 
Schaden zugefügt haben, dasS von dieser Zeit das Produkt selten mehr zur' 
Ausfuhr nach Teutschland gebracht wurde. Matthäus Paris, der uns diese 
Nachi|^^t geliefert hat, versichert gleichzeitig, dass das in Böhmen zu Tage 
geförderte Erz* bei weitem reiner als d^s englische gewesen sei, und selbst ' 
auch mehr Ausbeute gegeben hätte. Bei- dieser Gelegenheit führt er auch 



' • 



I 



i02 

an, dass bald darauf das böhmische Zinln von den' teutschen Kfiufleuten in 
So grosser Menge nach England verführt wurde, Hass der Preis des engli- 
gehen Zinns um ein Bedeutendes herabfid, und die Versendungen nach dort 
wieder unterbrochen wurden. Dafür »eröffnete sich den böhmischen Zinn- 
bergwerken der Weg nach Oesterreich. Wenigstens, führt Kürz in der öster- 
reichischen Handelsgeschichte an, dass irh XII. Jafarh. in den Mnuthbriefen 
von. der Donau, St. Polten, Juln, Stein und Wien des Zinnes gedacht wird. 
Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass das Zinn zu Wasser von den 
Regensburger .Grosshändlern, welche dam&Is den Alleinhandel nach Oester^ 
reich behaupteten, und deren Hansgrafen auf, d^r Messe zu Enns den Vor- 
stand führten, das Ziiin nach Oesterreich verschifft, und dagegen Kupfef* als 
Retourfracht mit zurückgeführt haben. Wo sollten aber die Regensburger 
^as Zinn leichter und näher als in Böhmen geholt haben, da weder in Franken, 
noch sonst wo in der Nähe Zinnbergwerke vorhanden waren! Durch diese 
neue Fundgrube ward besohders .dem benachbarten Baiern ein höchst nütz-> 
lieber Markt eröffnet, und l^öhmen konnte nun einen Theil seines beträcht-' 
liehen Salzbedarfs mit Zinn decken« Hiedurch erwuchs dem Lande ein solcher 
Voriheil, dass sich der böhmische Handel mit Baiern ganz activ herausstellte. 
Zu Wladidaw's IL Zeit kamen die Böhmen in, ganzen Gesellschaften 

nach Passau, um daselbst die zwei Messen, deren jede vierzehn Tage währte, 

• -• 

zum Ein- und Verkauf zu benutzen. Die Getreide-Einfuhr nach Baiern aus 
Böhmen war zollfrei, und manche Orte in Baiern, namentlich : Langenbefg, 
Eslarn, Neukirchen, Puchberg^' hatten sogar in Böhmen freien Einkauf für 
ihren eigenen Bedarf. Freie Einfuhr war in Baiern für Kupfer und Blei, 
d«s aus Böhmen durch Niederbaiern unmittelbar nach Frankreich ging. Diese 
Segtta^tlgung milchte wol Folge einer getroffenen Uibereinkunft sein, dpnn 
4asjeiiige Kupfeih oder Blei, welches in Schwaben blieb, musstö verzollt 
i|^er4^. Uiber Regensburg verschickten die ' böhmischen Kaufleute/ sonst 
noch Häute und Wachs nach Frankreich. Ausser dem* führte Böhmen Wolle, 
Leinwand, Elisen, Bälge, rauhen Pochkuel ^^'^), jedes in 4 Fellen, Aach 
JtaieHi Jtpis. 

, Die Strassen aus Böhmen naeh Baiern waren geregelt. Sie gingen 
von Prag über Prachatitz, Passau ündSchirnding; und von Klattau über 
Zwiesel, Regen und Deggendorf nach Regensburg. Ausserdem^ gingjcn von 
Cham zwei Strassen aus Baiern nach Böhmen. Die eine erstreckte sich 
über Neumarkt nach Klattau, die andere über Waldmünchen, Teinic und 
Pilsen nach Prag. Von.Eger aus gelangte man über Tirschenreut, Weiden 
^nd Nabürg naci^ R^^^ensburg. 

117) VieUeicht feine Lamynpelvt; von käel, kül, ein, Gewand, i|nd Poch ein Jun^s. 






103- 

Die flaupt-LandsIrasse aus Böhmen nach Un^farn ging zu jenei; Zeit 
dur(Jh Znaim über Laa, Korneuburg und Wien. Die Wiener und Regens- 
burger Kaufleute hatten im XII. Jahrh. den Donauhandel fast ganz in ihren 
Händen. Anfänglich behaupteten die Letzteren vor den Ersteren tien Ratig, 
denn sie vermittelten bandelschaftiich nicht blos zwischen dem Osten tt^: > 
Westen, sondern auch zwischen dem Norden und Süden. Fast dieselbi^ ^^ 
zwiefache^ i^ich durchlcreuzende Richtung nahm, die Haiidelstbätigkeit der 
Wiener, d6ch blieben ihnen die Regensburger bei dem Wdarenzuge zwischen 
dein Ostjeii und dem Westen in so fern übierlegen, als westwärts nach dem 
Rhein hin, die Wiener mit den näher wohnenden Regensbyrgern nicht Schritt 
halten konnten, in der südlich-nördlichen Vermittlung aber nahmen es jene, 
mit diesen auf, ihrer günstigen Lage Wegen, wiewol sie hierin an den 
Pragern und an den Breslauern Nebenbuhler bekamen M®). Inzwischen ist 
der böhmische Handiel nicht in gleichem Zustande und Wirksamkeit gehliebein; 
denn bald stürzten ihii auswärtige Kriege, die mit jenen Nationen vorfielen, 
welche diesen Handel iinterstützten, bald musste er wegen wirklichen Un- 
ruhen und Landesbedrängnissen gröi^stentheils zurückbleiben. Uibrigens ging 
der Händel ' npiit inländischen Erzeugnissen, als: deih böhmischen Getreide, . 
den Fischen und^ dem häufigen Holze, immer seinen Gang fort. Dazu hatte x 
man auch eine Menge Metalle und Edelsteine im Lande, davon man den 
benachbarten Völkern vieles miltheilen Iconnte. * 

Gewiss ist es, daSs, als im Jahre 1146 König Wladislaw zwischen 
Emanuel , dem griechischen' Kaiser in Ko^stantinopel und zwischen dem 
erwachten König in Ungarn, Stephan, Frieden stiftete, und er es durch seine 
Klugheit dahin brachte, dass der Kaiser für seinen Ejikel Petrus die Helena, 
eine Enkelin des Königs Wladislaus zur Ehe begehrte, und diese ihm auch 
im genannten Jahre als Braut mit grossem Aufwand durch den böhmischen 
Cavalier Fried* von Berka zugeführt wurde, gleichzeitig Handelsverbindungen 
mit Grijechenland angeknüpft worden sind M^), , 

Mit Sachsen fand noch immer der alte Handelsverkehr hauptsächlich 
duf der Elbe statt, und die Leipziger Chronik führt auf das Jahr 1233 an, 
dass die Böhmen den Wein zollfrei nach Sachsen eingeführt,- und^ dagegen . 
Salz erhalten haben. Wurde indess der Wein daselbst mit baarem Gelde- 
bezahlt, so mussten die. böhmischen Kaufleute den Zoll dafür erlegen. Dass 
dieser Handel schon früher statt fand , bezeugen mehrere andere Urkuildem 

König Wladislaw gab im Jahre 1146 dem Cisterzien'ser - Kloster zu\ 
Plass von dem Salze, das auf der Elbe nach Böhmen geführt vrarde, einen i 

118j HflUmann's Stödlevyesen L B. S.'337. / 

119) Medizin. Topogr. und Geschichte der Stadt Gabe! von Htmiturger S. 11. 



f 04 s ■, 

theii des Zolles za Tetschen zum Nutzgeoüs» und sein Sohn Friedrich sagt 
in einem Briefe vom Jahre 1184: habebant enim Telonium Salis in Deczen 
Cböhm. Dacin) a parte meo ipsis condonatum. Weil nun aber Tetschen 
von dem Kloster Plass zu weit entfernt war^ und die Wege der Räuber 
wegen stets unsicher waren, so gab er ihnen dafür das Dorf Kopidi und 
l^ehielr den von seinem Vater ihm geschenkten Zoll für sich ^*^). 

Im Jahre 1(80 ging auch eine Handelsslrasse zwischen Sichlesien and 
Nürnberg über das Dorf Zittau nach Böhmen. Diese bekam aber in spä- 
terer Zeit ihre Riphtung über Görlitz. Die Getreidefuhrleute, welche ans 
Böhmen in' die M^rk zogen, . pflegten in dem Dorfe Zittau ihr Nachtlager 
zu nehmen; doch wurde ^uch hier sehr'vißl böhmisches Getreide niederge- 
legt, und es scheint, als wenn erst die grossen Getreide - Niederlagen 
dem Orte den Namen Kornstätte (2itaWa) gegeben bitten ^^^). ' ^ 

Im Jahre 1198 gab Herzog Leopold den Wienern den Strassenzwang, 
und verbot den böhmischen K^ufleuten Waaren weiter als bi* Wien za 
führen. Hiedurch wurde der Handel mit und von Ungarn von der Willkür 
und Thätigkeit der Wiener Kaufleute abhängig gemacht. • 

Der Hahlmühlen gab es um diese Zeit im Lande s.ehr viele, und nm 
diese zu begünstigen und zu beschützen, gab Wladislaw eine Verordnung 
bera'us, welche dahin geht, dass, wo es sich um^ Sfauungen »unfl Wasser- 
schaden handelt,' die Prager Herreu did geschwornen Landesmüller auszu- 
senden haben, damit sie an den ]Wühlen und Wehren im Lande, so wie es 
vor Alters her geschehen sei, dip gehörigen Normatzeichen setzen, und so 
die Ursachen zu den häufigen Klagen beheben. 

Im Münzw^sen geschah unter Wladislaw H. die merkwürdige Verände- 
rung, dass nebst den auf beiden Seiten geprägten Schillingen oderDenarien 
auch Bracteaten geschlagen wurden ***). 

Unter König Wenzel IL geschahen in Betreif des Münzwesens ver- 
^chiedene heilsame Verordnungen; auch sind -^die von ihm gegebenen mif 

1*20) Keine Periode der böhmischen Geschichte wa^ fruchtbarer fin neuen geistliehen Stif- 
tungen als die erste Hälfte der Regierung Wfadislaw^s IL, und jieiner seiner furst- 
lichev Vorgänger zeigte sich in ' deren Dotihing fireigebigei und glänzender, als dieser 
fromme Fürst. ^ . 

t21) Handbuch der Geschichte von Zittait II. B. S. 2. 

122) Bracteaten sind eine Art IMünzen, die von überaus dünnem Silber-Bloche und mit 
einem Stempel geprägt sind, also, dass das Gepräge auf der einen Seite erhoben, airf 
der andern Seite aber eingedruckt oder hohl ist, daher sie auch Hohl- oder Blerh- 
münzen genannt wurden. Sie haben diesen Namen von dem lateinischen Worte 
„Bractea", welches ein «ehr dünnes Blech bedeutet, erhalten. Nach der böhmisihri 
• Mundart wurden sie zmrzliky wegen ihrer schneeigen Weisse genannt, auch ligte 
man ihnen den Namen: „siroky grose d. i. breite. Groschen'^ bei. 



105 

\ 

für die Stadt Iglair bestimmten Bergrechte in ihrer Art merkwürdig. Hie* 

durch hat Wenzel Aicht nur' das Bergwesen in Böhmen in Ordnung und 

Aufnahme gebracht, sondern auch gewissermassen den Grund zu der unter 

seinem Enkel gleiches Namens erfolgten Münzverbesserung dieses Landes 

gelegt. Ja, das Müuzwesen aus dieser Zeit gibt uiis im Allgemeinen den 

Beleg, dass die plastische Kunst im . Lande einen überrai^chend sehneilen 

Aufschwung^ genommen hat Unter ihm thaten sich die Goldgruben zu Eule 

mit ungemein reicher. Ausbepte hervor, und die ^Iberbergwerke standen 

inter ihm in ihrer grössten Blüthe. Aber trots diesem Metall -Reichthum 

lögen die t>*inanzen Wenzels nic)it zum Besten bestellt gewesen sein, wei 

r im J. 1253 eine Steuer in Getreide, Wein, Honig, Salz und Käse aus 

shreiben musste. » * 

Man rechnete unter diesem Fürsten noch immer nach - Marken^ sowt ^ 
ii Silber als im G^Ide; als auch nach Denarien und Obolis. • 

Gegen Falschmünzer erliess er die ^ Verordnung, s das sie vou det, 
Mnzmeister nicht anders als durch Hilfe des Stadfrichters und der Ge 
scwomen sollen aufgesucht und in Verhaft' genommen werden. Wenn Ix 
Jeiinden falsche Denarien gefunden wurdeA, dieser aber mit sechs Zeuge 
erh*ten konnte, dass er solche von. einem ehrlichen Manne erhalten hab« 

\ ^ .. 

so 't dieser ausser Schuld' gesetzt worden. Mit eben so viel Zeugen hall 
er 4 2a bekräftigen, wenn er vorgab, dass er solche Delirien von dein 
Mün;iaeister selbst empfangen habe. . 

^Jnige auf die Kulturgeschichte Bezug habende Gesetze Wenzels 
möge noch hier ihren ^Plalz finden.^ »Will ein Gläubiger — heisst os 
darin - seinen Schuldner, der nicht zahlen will, in Verhaft ziehen lassen, 
so kaner es mit Bewilligung des Richters thun, doch soll der letztere den 
Beklagh in kein zu kaltes^ noch /gar zu! warmes Gefängni^s _ setzen, und 
ihm W€er nichts als Handeiseh anlegen. Was die Kost, anbelangt, so 
soll er im täglich den vierten Theil Brotes, so man für einen Denarium' 
kauft, r^hen.*' — »^enn, heisst es weiter — ein Schlosser durch drei^ 
Zeugen Erführt wird, dass er Jemanden falsche Schlüssel oder Dietriche 
verfertigtabe, dem Soll die Hand «bgehauen werden, oder der soll sie 
durch 10 ^rk auslösen. Ein Gartendreb soll dem Eigenthümer zur Strafe 
eine Vierl^afk ; ein Holzdieb für den grossen Stamm 72 Denarien, für 
eine Fuhre gissig % Ferto (Yiertelmark) bezahlen. . ' 



i 



\ > 



Siebenter Abschnitt. 

' ' ' . ' 

t I 

Günstige Umstände des höhmischen Jlandels und der Gewerbe. 



damals ein Volk,' das sich mit Böhmen m'ocht' niessei 
da ein^ StadI, dir o Königstadt gleich! . 



.Wo war 

Mo war 

Fürsten bewunderten Ottokars Macht und Glanz seines Hofes, 
«Alles gehorcht* ihm Tom Bett bis xum venedischen Meer. 

P. Flor., Warty. 



Jhk.eine Eroberungen begünstigten den Kunstfleifis und den Umsatz r 
böhmischen Produkte so sehr^ als die Erweiierung der böhmischen Besitzi- 
gen bis an und über die Donau, wie es unter äem gewaltigen und h«*!- 
sehen Böhmenkönig Pfemysl Ottokä^ 11. im XIII. Jahrh. geschehen ist. 

Unter der Jlegierung dieses Fürsten ereigneten sich tioch mnncMGi 
dt'F Handlung günstige Vorfälle, welche für die böhmische Handhingt^* 
schichte wichtig genug sind, um sie einer näheren Auseinandersetzi; zu 
unterziehen.^ Bevor dies aber geschieht, ist es nöthig, dass wir eir^c^li^k 
auf die allgemeine fitandlungsgeschichte Europa's machen, und dai das, 
was (i^r und in Böhmen geschah, in eine Parallele zusammenstellen 

• Die Zeiten waren vorbei, in welchen die Handlung ganz »\fi dem 
gemeinsten Pöbel überlassen war. Die Italiener warfen zuerst ^s Juch 
der Handlungsvorurtheile ab; eine ganz andere Klasse von Menden? als 
die verachteten Ju,den, welche der Religionsfanatismus gänzlic cnlferiit 
hatte, fing dort an, sich mit der Handlung zu beschäftigen. Edellf^' Sena^ 
toren. Gelehrte, Bürger, ja ganze Stnaten in corpore fingen an, d^KoinmerM 
zu' achten, zu lieben, zu treiben« und ihr Interesse mit dem I^«sse des 
allgemeinen Besten zu yereinigen, so zwar, dassihr Bestreben 25^ System — 
zur Handlungspolitik wurde ^^^. 

123) iMan gründete diese Meinung auf die erste Stiftung der Stadt Rom f^ <!«» ^RomD- 
lus, als* welcher seinen neuen Staat bloss . kriegerisch eingerkhtej^***®" Bürgern, 
Handlung und Künste zu treiben untersagt, und solche blos£ den A-'hlcn zu über 






107 

Italien zog die orientalischen Mianufaktaren und Fabriken und mit ihnen 
den levantischen Handel bald an sich, und ipurde dacjorch der allgemeine* 
Marktplatz. Es be^^chatzte gfinz Europa, weil dieses istch nur in italienische 
Zeuge kleide.n, alle italienischen Moden mitmachen, und Italien in .allen 
Slücken nachahmen i¥X)llte. (Rickard's Handbuch für Kaufleute, 1. TheiL) 

Zu derselben Zeit war Böhmen durch den Be>ilz von Mähren,' Oester*- 
reich, Steiermak, Kärnthen, Krain und der welschen Lehen mit Italien und 
dem adriatischen Meere von einer Seite» und mittelst der Donau auch mjt 
dem noch immer manufakturreichei^ Oriente von einer puderen Seite ver- 
bunden, folglich zweien in der , damaligen Handlungsstellung wichtigen 
Marktplätzen viel näher, als das übrige Teutschland, oder dessen nördliche 
Staaten. v ' i. 

In .diesem Zeiträume war auch Konstantinopel nochr immer der Haupt- 
samrael{)latz des Handels, von wo aus der weitere Weg nach Europa, 
Teutschiand und Baiern also ging: auf dem schwarzen Meere in der Gegend 
von Cherspn, den Dniepr aufwärts zum «ukrainischen Nowgorod^ und weiter 
zur damals berühmten russischen 'Hauptstadt Kiew, die nach koiistantinopej 
eine der grössten und reichsten Städte gewesen sein soll. Mit Kiow stan- 
den zu jener Zeil noch immer alle teutschen und slawischen Länder in 
Handel$;verbindung, und hoUen dort durch Karavanen ihre Waaren selber 
ab, oder liessen sich solche über andere Zwischenplätze schicken. Auf ' 

4 ■ 

einer Seite zog sich der Handelsweg nach Moskau, desgleichen über Now- , 
gorod, dem Hauptquartier der Hanse nach Wisby, Lübek und so in's übrige 
nördliche Teütchsland, auf der anderen aber über Breslau nach Prag. Im 
Jahre 124*7 waren Breslauer Karavannen bis in der. Tatarei ***)! Ja, der 
König der Tataren — wie der gleichzeitige Chronist sich ausdrückt — 
schickte an den bölimischen König eine Gesandts<?hafl; mit den seltensten 
Geschenken, um seine Freundschaft zu suchen ***), welche diesem Orieh- 
taten aus keiner anderen Ursache wichtig gewesen sein mag, als den Handel 

lassen verordnet habe. Wenn mab sieh aber erinnert, wlis die ersten römischen 
Bfir^er für saubere Lente gewesen — nämlich der Abschaum von Rfiubem, entlau- 
fenen Knechten, mit denen sich alle benachbarten fiftaaten in keine Gemeünschaft ein« 
lassen wollten, so muss man zugestehen, dass ihnen kein anderes Handwerk als das 
Schlichter- oder firiegs|^andwerk und der Strassenraub übrig geblieben war. Nach- 
dem aber Rom durch die überwundenen Lateiner, Sabiner und andere Völker mehr 
angcwachscfn und durch die Yergrösserung der Stadt und Vermehrung der Einwohner 
auch ihre Bedürfnisse zugenommen haben, und Rom's zweiter Könfg Numa Pompi- 
lins bessere Einrichtungen traf, so hatte man in Rom schon angefangen, günstiger 
• von dem Kaufuiannsstand zu urtheilen. 

1241 Lang's Annalen der bäin HandeUgeschichte. 

12f>j-Chron. Francis d j). 24. — Cosmae Cont. p. 417. ' \ - f 



108 

's 

aaf der Ponau zu begünstigen, da' er kein unmitielb^rer Tfachbar war^.Und 
wären es auph sonsf^ nur allgemeine 'Absi,chten, um das Königreich Ungarn 
in Achtung zn erhalten, so hatte dies jedesmal auf den Donauhandel dt^n 
besten Einfluss, Weil ohi^ ungarische Freundschaft und .flulie. dieser Handel 
nicht im Fortgange erhalten werden konnte. 

Ifie Macht und das Ansehen Böhmens zu dieser ' Zeit und eine so 

, ■ , * * I ' 

günstigf^ Lage/ gaben den böhmischen Kunstgewerben und d^m. Commerz 
überhaupt einen ganz neuen Schwung; insbe^tondere nber wurde der Händel 
auf der Donaii mit verschiedenen kostbaren oritntalisöhen' Produkten lebhaft 
und einigermassea wichtig. Von den Einkünften . der Zölle allein, ^welche 
Ottokar an der Donau, besass, ^wurden im Jahre 1265 so viele Und so 
mancherlei Tuche oder Zeuge nach Böhmen eingeführt, dass er damit nicht 
nur s^ine Hauskapelle herrlich auszieren liess, seinen l^blreichen Hofstaat 
und den "Adel prächtig kleidete, die fremden Gesandten damit öfter ver- 
schwenderisch beschenkte, sondern a\ich sogar sein Kriegsvoik — was (ia* 
^als etwas Ungewöhnliches^ war, und von ihm vielleicht pus allen Fürsten 
Teutschlands das erstemal gesdiah — selbst^ möntirte. In den Urkunden, 
welche aus der Zeit Ottokar's H. stammen, geschieht oftmals der aus der 
Heidenschafl über das Meer nach Venedig, und von , da nach Böhmen ge- 
brachten Fein-Tuche Erw&bnung. . ' " 

Die verschwenderische Pracht, welche in der ersten Hälfte des XIII. 
Jaiirh. bei den Ritterspielen herrschte, ist bekannt^ aber Weniger^ dürfte die ' 
im Jahr& 1261 mit ausserordentlicher Pra.cht und Verschwendung vom Köftig 

. Ottpkar in Wien gefeierte Vermählung seiner Nichte. Kunigunde* mit dem 
Prinzen £ela von Ungarn bekannt sein, daher es nicht an unrechtem Orte 
stehen dürfte, der prachtvollen Gegenstände zu erwähnen^ die /man hierbei 
allgemein bewundert b^tte« Hornek nennt uns folgende: „Den böbmiscben 
Rittern, die zum Tourniere auserwählt wurden, gab Ottokar Hüle, die halb 
mit* weissem Mendel überzogen waren. Die Sitze für die i^ohen Gäste 
wareri mit breitem Sammt, mit Paltikein ^*®> und Pliat ?^'^) bedet;kt. • Der 
Brautrock, war aus Purpur verfertigt, und die Kerlen aus arabischem Golf 
blendeton durch ihren Glanz die Äugen der Zuschauer. Der IManlel Kuni- 

' gundens prangte mit Gold und herrlichen Stickereien. Hermeline, sciiwnrz- 
braune Zobel , Perlen, Edelsteine und goldene Spangen vollendeten den 
hochbewunderten Schmück der Braut.'' Der königliche Hof breitete über die 

'1 

126)^ Paltikein, Patikein, Palczigin, Baldekin (böhfn. Paldigin) waren seidene arabische 
Decken aus Baldag d. i. Bagdad. ^ 

127J Ich ^habe in allen Werken, die mir zu Gebote gestanden sind, vergebens nach ^iner 
Erklärung dieses Gewebes nachgeschlagen. .Vvielleichl ist es eine Art leichten Seiden- 
zeuges, dessen Zettel oder Aufzug Bquinwollc und der Einsehuss Seide gewesen ist- 






109 

Stadt in dieser Periode einen gfrossem GJanz aus, als in den.früherenr 
Weit nnd bxeit ging de^ Ruf von dof Kunstliebe PF^emysls. ' • 

Pfemysl liebte überhaupt die Pracht, und war 'bei jeder Gelegenheit 
^rüssmülBig und , frefgebig. Er war auch der erste IFürst in Teutechland^ 
welcher siih bei seinen öfteren Reisen d^r vierräderig<?n, reichlich mit Gold 
verzierten Staatskutscheri bedieht hatie. — 

Durch seinen-vernünftigen Aufwand verbreitete sieh unter dem Adel des 
Landes^ welcher so gerne den Ton des Hofes nachahmt, bis^ dahin aber 
von seinen Schätzen nützlichen Gebrauch zu machen nicht fHifgefordert war, 
eine ähnliche Liebhaberei, fing an glänzender zu leben, und gab zur Ein- 
führung mincher einheimischen Manufaktur gleichfalls Gelegenheit. 

Aus dem Norden verbreitete 'sich die Pelzkleidertracht, welche in Crü- 
herer Zeit nur die gemeinsten Leute trugen, neuerdings unter dem Adel, 
namentlich in der Weise, dass man seidene und sammt'ne Staatskleider mit 
theurem Pelzwerke verbrämen liess. Man sah diese Zierde selir häufig- an 
den sogenannten* Wappenröcken der . böhmi^Schen Ritter, welche sie über 
den Harnisch zogen, wenn sie* mit ungewphnlichem Putz erscheineii wollten ; 
und da auch die damaligen Herolde sich als fürstliche Botschafter in der- 
gleichen verbrämte WalTenröcke kleideten, während ihnen zugleich das fürsl-^ 
liehe Wappen votangetragen wurde, so erklärt $ich zugleich hieraus leicht, 
warum wir die ältesten fürstlichen Wa{lpen so (ift mit kostbaren PelzwerktjU 
geschmückt i^hen, zumal, wenn man hierqiit noch in Yeri>indung bringt, dass 
gerade auch der König selbst die eben so einfachedle als kostbare Pelz- 
Verbrämung vorzugsweise gerne für sein Feierkleid adoptirt^. — Unter den 
Geschenken, die der tatarische Chan dem K. Ottokar über^chickte, befanden: 
sich auch kös^)are Zobelf^ll^. Auch ist aus eindr Urkunde Ottokars ersichtr 
lieh, dass ein Waarenzug nach Böhtnen mit Pelzwerk von Russland um diese 
Zeit schon im Gange war, was auch durch mehrere , russische Schriftsteller 
bekräftigt wird. ' 

Der Mittelstand sah es schon gerne, wenn er sich an die Vergnü- 
gungen des Adels anschliessen konnte, und dieser liess sich zuwe len herab 
Jene Theil an seinen Freuden nehmen zu lassen, besonders, weil er sich 
ohne sie nicht immer zahlreich genug befand, di% ganze Fülle der Gesel- 
ligkeit zu gemessen; oder weil ihr erfinderischer Geist die Versammlungen 
mehr würzen und allgemeinere Freiheit zu vtsrbreiten verstand. Hier sah 
der BürgeHiche so manches in der That Schöne; und leicht wurde in ihm 
der Wunsch rege^ sich in xien Besitz desselben, zu setzen. 

Sonst trugen dif bürgerlichen Öechen einen langen :sehwai'2en Rock^ 
welcher mit einem ledernen Gürtel zusammengehalten ward, und dessen 
Kragen mit einem weissen Hemdekragen bedeckt war; allein jetzt hatte man 



^ I 



HO 

ganz eng anliegende Beinkleider, ein kurzes Wams, einen kurzen Hantel, 
den man über der Knken Schulter heratthängen liess, und setzte eine hohe 
Pelzmütze oder ein modisches Feder-Barett ^uf. Es gab zwar viele, welche 
sich über diese Neuerungen ärgerten, uhd es fehlte auch nicht ah witzigeli 
Köpfen, die sich über die Nacbahmungssucht ihrer Landsleute lustig machten ^ 
allein sie richteten nicht nur nichts aus, sondern mussten sich oil die grob- 
sten Widersprüche, ja .sogar Prüger gefallen lassen. 'So schlug man zu 
Kuttenberg einen derartigen Eiferer todt, weil er es gewagt hatle, gegen das 
Moderne zu schreiben. 

• i 

So sehr gleichzeitig aber auch die damalige Geistlichkeit -^ wie unter 
andern der gleichzeitige Chronist Peter, Abt zu Königssal bejeifeat war, alle 
diese Verbesserungen und Neuerungen sowol in der Kleiderpracht als auch 
in anderen Singen ^ur Sünde anzurechnen, so war doch der Nutzen, welcher 
sich, dadurch überfalle Stände zu verbreiten ahfing, zu sehr in die Augen 
fallend, als dass die böhmische Nation in diesem Stücke strenge Bussfertig- 
keit gezeigt hätte. Inzwischen bliejb die Missbilligung der Hamaligen Mönche 
immer ein gewaltiges Hinderniss, ,dass der gemeine Mann, von welchem der 
Gewerbsfleiss am meisten, ga man möchte sagen, ganz allein abhängt, sich 
nicht gerne oder doch nur spät entschloss, an solche Arten von Manufak- 
turen Hand anzulegen, die nach, dem Ausspruche diesei^from^ien Männer 
für sündhaft zu achten sind. Dies musste natürlicher Weise den Adel und 
viele vermöglichere Leute genölhigt haben, ihr Bedürfniss unmittelbar aus 

« 

dem Auslände zu befriedigen, wodurch natürlich die Vorliebe auf auslän- 
dische , Produkte entstanden sein musste, welche sich in der Folge auch in 
Böhmen erhalten hat. Aber gerade hiedurch erhielt im Ganzen der Handel 
einen grossen Zuwachs, obgleich dieser in Rücksicht auf den Staat immer 
nur passiv zu nennen war. 

Unter die besonderen Vorfälle, welche allenthalben in Europa dem 
Handel günstig waren, rechnet man auch die Kreuzfahrer, welche sich zum 
Vortheil desjenigen • Kunstfleisses mit ^en asiatischen Sitten, auch einen 
neuen Geschmack am Luxus und den Bequemlichkeiten des Lebens aus dem 
Oriente abgeholt haben. Ihr Gesichtskreis hatte sich gewissermassen er- 
weitert, sie hatten viel erfahren, sie hatten es gesehen, nicht Alles sei so 
wie zu Hause,' und nicht Alles braucht so zu sein. Sie brachten verschie- 
dene merkwürdige Gegenstände, namentlich Sämereien mit. Durch dieTeni- 
Jjelritter wurden mehrere GaUung^n Fruchlbäume — namentlich die Pfirsiöhe ''^®) 



128) Die Pfirschen kamen aus Persien zuerst nach Rom und Italien^ von wo sie dann 
durch die Kreuzzü^e nach andern europäischen Ländern gebracht wurden. Ihren 
Naiiien verdanken sie ihrem ursprünglichen Vaterlande Perlen. 



111 

und Pflaamen ^'^ in Böhmen "Verbreitet. Um diese Zeit gelangten durch .die 
Kreuzfahrer die ersten Tapeten nach Böhmen. Aber wie viele Gegenstände des 
täglichen Verbrauches verdanken wir den Kreüzzügenl 

Alieinj ungeachtet sonst die Böhmen allenthalben gerne dabei waren, . 
wo durch Ki^ieg et\vas zu gewinnen war, so nahmen sie doch an diesem 
Kriege und einer so weiten Pi]gr|mschaft bis zum XIV. Jahrb. ausser einigen 
Einzelnen 'von Adel mit ihren Knechten, keinen ernstlichen Antheil. Es 
schreckte 'sie das Beispiel einiger Vbrfahrer ab, welcjie nach dem gelobten 
Lande wallten, und — nicht wiedei" zurückkamen. ^ < . , 

Inzwischen muss es ja nicht immer der leidige Luxus sein, der den 
Handel und ^ die Manufakturen befördert I Liebe zur Pracht am Hofe der 
Grossen und Reichen, Liobe zur Kunst und zum Schönen b^i der Mittel«- 
klasse, :und Liebe zum Nützlichen und zur Bequemlichkeit, Vielehe sich in 
dem Nationalcharakter des gemeinen Cechen seit jeher auszeichnet, sind der 
wahren Kultur des Mensche;i und seines Verstandes und durch ihn der Kultur 
des Kommerzes .schon hinlänglich angemessen, ohne dass es nöthig ist, die 
Moralität und Sitten des Bürgers der Handlung wegen — folglich dem posi- 
tiven Luxus jnehr aufzuopfern,' als das allgemeine Beste oder der Staat, 
gewinnt. In diesem Zustande befanden sich die Öechen unter Piremysl Ottokar. 

Wahrend der Kreuzzüge haben auch die böhmischen Städte immer 
melgr Geld durch den Handel, so wie mehr Freiheit durch Geld gewonnen. 
Nebeji Kultenberg war Prag auch die grösste finanzielle Stütze Ottokars. 
Allerlei Anlässe bestimmten den König zur Anlegung neuer Städte, oder 
zur Erhebung eines Dorfes in die Stadtrechte, was zur Betreibung irgend 
eines Gewerbes die nächste Veranlassung gab. Unter ihm wurde der Markt- 
pfatz von Neu-Budweis geregelt, was auf einen starken Handelsverkehr 
schiiessen lässt. Das Dorf Zittau erhob er deshalb zur Stadt, um den böh- 
mischen Durchzugshandel mit dt*m Bereiche der Wendischen $tädte mehr 
zu verbinden. Er errichtete daselbst eine Getreideniederlage, und wie die 
noch vorbnndenen königlichen Diplome und Privilegien klar beweisen^ haue 
er diese Stadt damit besonders privilegirt *^®). — Der «Stadt Eger crtheilte 
er im Jahre 1266 die Mauth nebst der ZoUfreifaeit und der Stadt Helnik 
verlieh er im Jahre 1274 die Freiheit des Stapelrechtes auf Vier ScbiiTe, 

129) Die Pflaumen sind syrische Früchte, Syriens berühmtes, reizendes Thal Algora oder 
. txtira, das schdncte «nter Asiens vier Paradiesen, scheint das url^prfinglic^he Vaterland 

des Pflaumenbaumes su sein. Aus Syrien wurden die grossen fleischigen Kathariiia- 
/ Pflaumen mit mehreren Früchten, des Orients nach Gflechenland und Italien und durch 
die Tem|»elordensritter in den Kreuzzügen nach Frankreich, Teutschland und Böhmen 
gebracht. Von der Stadt Dafuascus in Syrien »kam die davon genannte Damascener- 
Pflaume nach Italien, Frankreich und von dli naeh Teutschland und Böhmen, es* ist 
eine frühreife vioUette Pflauma^. 

130) Beschreibung der Stadt Zittau. / . * 



* 



It2 , 

worauf sie Sülz und Hfiringe verführen durflen. Der Stadt' Leilnierjtz verlieh 
er etil ähnliches Recht, kraft dessen' die Ab- und Aufladung aller und jeder 
Handelswaare allein in dem dortigen Stadlbafen Nakel geschehen und die 
. Abkaufung di^rselben den Bürgern daselbst zuerst, frei stehen sollte. Aehn- 
liche Privilegien ' verlieh er auch vielen anderen Städten und Märkten. Er 
traf auch die trefflichsten Anstalten um die Strassen von Räubern zu sichern, 
und begünstigte zugleich den Feldbau. Dadurch kamen Handel und Gewerbe 
empor und setzten den Bürger in den Stand, grosse und schöne 'öfTentliche 
als Prunkhäuser in den Städten aufzuführen, und sie mit Mauern zu umgeben. 
' Alles dieses zeigt den Wachsthum des Kunstfleisses und eine mehr 

belebte Handlung als sonst an^ welche, obzwar sie im Ganzen nur passiv 
^ar — da nian die Kunstprodükte uni baares Geld vom Auslande holte — 
dennoch den wohlthätigsten Einfluss auf die Wohlfahrt des Landes liatte. 

Unter ihm begann für die Geschichte der Stadt Priig eine neue Periode, 
indem er, so wie in anderen Städten Böhmens, die Municipalverfassung ein- 
führte. Dies geschah wahrscheinlich im J. 1257, in welchem Ottokar die 
früher von den Einwohnern der Altstadt benützten Gründe erbeigenthümlich 
zum grössten Theii an teutsche Ansiedler verkaufte. 

Die Freiheit und Sicherheit, welche . ndn die Städte unter dem an- 
mittelbaren Schutz eines nur Pracht und Ansehen ^ liebenden Landesfürsten 
genossen haben, und unter der allzugrossen Macht des böhmischen Ajlels, 
dessen Lieblingsneigung nach Krieg und; Verwüstung eine neue und ge- 
mässigtere Richtung bekam, nicht mehr, seufzten, leistete sowol den Ge- 
werben der böhmischen Städte als auch dem besseren Absätze der Land- 
wirthschafts- Produkte deä Adels, so. sehr ihn dieser dsrmals noch immer, 
verkannte, grossen Vorschub. Ottokar bemerkte dies bald, fühlte aber zu- 
gleich das Bedürfniss einer vollkommenen Befriedigung seiner Prachlliebe, 
die. in Böhmen k^ine 'Surrogate hatte. Er rief teutsche Kolonisten in's 
Land, ertheilte ihnen verschiedene Vorrechte und räumte ihnen sogar einen 
Theil der Stadt Prag, als auch einige ^Gegenden in Bqhmen, als bei Traa- 
tenau, Glatz und Elbogcn ein. < Gleichzeitig kamen viele gewerbsame und 
kunstverständige^ flammländis che Linner-, und Tuchweber nach Böhmen, bei 
welcher Gelegenheit sie die* verfeinerte Tuchmacherkunst mitbrachten. Im 
Jahre 1274 bestättigle er den in der Vorstadt Poriö ^^0 wohnenden Teutschen 
ihre alten Freiheiten, durch welche sie die grösste Begünstigung erfuhren: 
Aber selbst auch die, in der Stadt ansässigen Kaufleute beschenkte er mit 
vielen Freiheiten und Rechten, und suchte den noch hie und da kaum regen- 
d<!n Handlungsgeist flügge zu machen. Die Präger Kaufleute standen zu jener 

131) Der heutige StadUheil Porid, damals ^och ausserbalK der Stadtmauer liegend. 



I 

I 



113 

Zeit in direktem Verkehr mit den ersten Qanditingshäusem damalig'ßT Zeit in. 
Florenz, Venedig und Pisa^ und wahrscheinlich auch mit andern Städten Ita- 
liens, VQn wo alis man die meisten kostbaren Stoffe phd Gewürze vorschrieb. 
Im Jahre 1262 liess Papst Ürhan IV; in Venedig Beschlag'Iegen auf das Geld,^ 
welches Otlokar für,Waaren, die ^r für seinen« Hof verschrieben haben mag, 
dahin nemittirt hatte. ' Das Handlungshaus Valzner in Prag trieb zu jener 
Zeit eineQ ausgebreiteten Handel nach Osten Und Westen und beschäftigte 
sich gleichzeitig mit dem Bergbau. Aus den Bergwerken zu Trappenauer in 
Heiss;en und unsejm Kutlenberg erwarb das Haus grosse Schätze, mit welchen 
die Eigetithümer im Jahre 1278 -r- wahrscheinlich die schreckliche Zjakünft 
yoraussehend — nach Teutschland zo^en und sich in Nürnberg. niederliessen. 
Ausser diesem Handlungshause thaten si(rh die damaligen Prager Grosshäildler 
Peter Schery, Joseph Krause und der Linnenhändler Lippert aus.' Die ^unk'-. 
sehe Chronik erw^ähnt auf das Jabr 1272 der reichen und wphlthätigen 
Eger'schen Kaufleute; und aus den teutscheu Annalen vom Jahre 1268 wird 
ersichtlich, dass Um diese Zeit der Stadt Leipzig in Sachsen durch Theo- 
dorich Markgrafen von Ländsbefg grosse Freiheiten ertheilt wurden; unter ^ 
.andern erkieiten die böhmischen Kaufleute die' Freiheit, dahin zu kommen 
und daselbst zu Jiandela*. ' * 

Der hanseiatische Biind oder die teutsehe Hansa *^*)^ war schon vor 
dem Regierungsantritte Ottokars in^ Jahre 1241 errichtet. Nun traten ihni 
anch die wendischen Städte '— denen sich der GescEmack ano Kunstfleisse 
aus Flandern , und Brabant, den neuen italienischen FaMoreien und mit Ita- 
lien selbst eifernden Sammelplätzen der nordischen Völker, mitgetheilt hatte, 
in der Nachbarschaft Böhmens — bei, und kauften sich ihre Freiheit, welche 
Kunst und Manufakturen so sehr befördert, ' von ihrem Landesfüi'sten ab. 

* ^ • ■ 

132) Ein^ Genossenschaft tentscher und slawischer .Handelsstädte, welche in dem- Laufe i 
zweier Jahrhunderte ein^ so künstliches und festgewobenes Ketz über den ganzen: ' 
Norden von Europa zu schlingen wusste, dass sie Fürsten und Völkern Gesetze vor- 
schreiben durfte; In England wie in Russland, in Norwegen wie in Liefl^nd und ' \ 
(Schweden jeine zweite Heimat hatten und das Mark dieser Länder in die Comptoire ^ 
dev Hanseaten floss. Die Vereinigung der Hanseaten geschah zu einem dreifachen 
Entzwecke, erstens : Schutz und Ausdehnung des Marktes in ^er Fremde,' und Ge- 
winnung des Monopols auf den Märkten, welche (li^ Hanseaten besuchten; Zweitens: 
' wechselseitigeft'Schutz gegen die mächtigen Bäuber, d^nen jede^ einzelne Stadt un- 
möglich zu widerstehen im Stande war^ um sich zu vertheidjgen, die Strassen nzu 
Wasser und zu Lande, die isie niit .ihren Gutem befühlten, vor jeder muthwilligeii 
Plünderung aus den überall erb,anten Raubschlössern zu bewahren. Eine, zur Auf- , 
nähme des Handels höchst nothige und wichtige Massregel; drittens: Eine Art von 
Gerichtsstand, oder Schiedsrichteramt, dessen sich die Vet})undenen über die Strei- 
tigkeiten der übrigen Glieder des Bundes untereinander oder mit Fremden anmassteo. 

8 



" . «V 



114 



^i 



Wir sehen in dem Verzeichhisse der Städte dieses Landesf keine aus den 
böhmischen Besitzunglsn ; auch so lange in der Felge «dieser Bund liestand, 
ist keine böhmische Stadt ihm jemals beigetreten. Was mag wol die Ur- 
Sache dieser AbspAderung gewesen sein? Vielleicht war man' mit dem 
Handlungseinflusse aus der ersten Hand — nämlich mit dem Orient und 

' Italien — m Böhmen zufrieden, und strebte nicht naclfi heueren OueUen, 
Oder ist vielleicht Ottokar in. die Geheimnisse des' teutschen Bundes früh 
genug eingedrungen, und hat die Schädlichkeit <les beabsichtigten allge- 
meinen Monopols zur re^hten^ Zeit eingesehen^ wozu ihm der Nätionalhass 
die Hand geboten haben kann; oder er hat nur das Gute eines Handelsbundes 
in seinen Staaten nachahmen woHen, ohne ein teutsches Monopol zu be- 
günstigen. Alis allen dem dürfte wol das Letztere' aus dem Schritte, den 
Oltokar kurz nach seinem Regierungsaptritte that, vermuthet werdfen, un- 
geachletet ihn unsere Geschichtschreiber, 'welchen es besonders vor AlterS' 
nicht zuzumufh'en war, , Handelspolitik zu verstehen, anders auszulegen. 

, Uibrigens gehörte die Zoilfreiheit nach Böhmen schon 1255 zu Ottokars 

Wohlthaten, ukid seine (^iesfätligen Verordnungen bestättigen dies zur Genüge. 

Mit \Velchem Nachdruck Ottokar sich der böhmischen Kaufrfiannschaft 

zu jeder Z^it annahm, beweiset unter andern ein $rief, den «r in der Hälfte 

December 1267 an K. Rudolf von Oesterreich schrieb. Es heisst darini 

' „Ich mache Euch zu wissen, dass einige böhmische Kaufleute in^ Kärnthen 
aller ihr-er GüJ;er sind beraubt worden. Ich flehe Eure königliche Güte an, 
die Anstalt zu trelFen, dass das Geraubte wieder zurückgestellt, w^rde, auch 
gnädigst zu befehlen, dassfalle KBuflf()|te meiner Länderund auch meine Ab- 
gesandten an den römischen Hof sicher mit ihren Begleitern und Güteiin durch 
jene Länder reisen können.^ ^ ^ 

Die Hereinberufung der Teutschen so wie, Viele andere Thatsachen 
)5ehen manche Geschichtschreiber, welche durch diese Massregeln dts Land 
aller Rechte beraubt -zu sehen wähnen, nicht aus diesem Gesichtspunkte an, 
sondern folgen, darin nur ihrer eigenen auf Kloster- und Pfarrlogik begrün- 
deten Meinung und der Denkungsart des. gemeinen öechen; aber sollte 
Ottokar, der doch ebeii von ihnen allen einstimmig als ein guter und staats- 
kluger Fürsi geschildert wird, und der seine Böhmen in der' That lieble^ 
die Teutschen nur darum angesiedelt haben, um den Nationalhass' vorsetzlich 
anzufachen, oder seinen 'geliebten Cechen — auf deren' Rath er die Kaiser- 
kröne , zweimal jausschlug — hohnsprechen? Wem ist es nicht bekannt^ dass 
er dagegen die durch Erlöschung der Babenberger erworbenen ieutschen 
Lande durch slawische Bewohner kolonisiren und durch böhmische Haupt- 
leute regieren Hess ? v . 

Der statistische Gescbichtschreiber wird [gewiss dem Glauben beistim- 



115 



I \ 



men, dass Ottokar dtfrch diese ' Ansiedelung Böhmens Emsigkeit und den 
Fleiss der Teutschen, gegründet habe, welcher, sich zum Vdrtheil unserer 
Manufakturen und des Handels bis auf die gegenwärtige Zeit erhalten und 
den böhmischen Kunstfleiss nationalisirt oder zur Industrie erhej)en hat ^^. 
' Ihre Ansiedelungen gaben auch mittelbar Anlass zu der von Ottokar 
so eifrig betriebenen- Emancipation der Bauern. Dies ist die Lichtseite der 
Erscheinung,* und sie spricht sich laut genug hier aus. 

Sb nahm die Kultur in Böhmen unter der Regierung des prachtlie- 
benden Königs, bei eitlem Aufwand liebeiiden' Adel und in Wohlstand ver- 
setzten Volke, besonders in den Miinufakturen und dem Innern Handel — 
dessen Yervollkoifnmnung dem Aeussern nach der Erfahrung aller Jabrhun- 
derte^und aller Nationen allemal vorauszugehen pflegt — zusehends zu. Die 
Gewerbsleute- in Böhmen saheii und machten die neuen Fajjrikate nach und 
suchten dadurch den Luxus selbst in den niedern Ständen zu wecken. Uiber* 
haupt dauerte es nicht lange, so fing^man fast allgemein an, sich -in vater- 
ländische Stoffe zu kleiden, baute mit grossem Geschmack, verfertigte aller- 
hand Kunstwerke, schmückte die Häuser mit Statuen, zierte die .Fenste^ mit 
bunten Gläsern; deckte die Thüren det Kirchen mit Schiefec und buntfär- 
bigell glasirten Ziegeln ein, und baute/ allenthalben Schiffbrücken und Sc^hiff- 
mühlen. — 

Dass auch. die schönen Künste untisr ihm nicht allein vielfache För- 
derung, sondern auch gedeihliche Pflege bei Ein^ebomen, fanden,/ dafür 
bürgen schon diei fielen Namen der Maler dieser Zeit. Es war dies Bohu^ 
von Leitmeritz und Welijslav von Präg, deren Werke sich zufällig his jetzt 
erhalten haben. Man hatte auch zu Ottokar's Zeik ein General - Studium 
in Prag, also eine Ayt von Universität zur Bildung der Jugend gehabt. 

Die schönen Werke der Baukunst, die die kreuzfahrendeh Ritter allent- 
halben, «namentlich aber in Italieh erblickten, konnten sie nur zur Nachei- 
ferung erwecken«. Man "fühlte bei dem Anblick dieser stummen Zeugen, dass 
es keine dauerhafteren, und keine rührenderen Denkmäler langst vertilgter 
Grösse geben könne. Es wurden sonach von den Edlen des Reiches allent- 
halben prachtvolle Wohn ^ lind Gotteshäuser erbaut^ und das. Innere der 
Letzteren mit den kunstvollsten Gegenständen, welche aus dem Bereiche der 
Skulptur der Gie^skunst und der Glasmalerei herrührten, ausgeziert ^^^). 

133) Obzwar durch die eingewanderten Teutschen die Gewerbe und derHandel in Böhmeii 
einige Ausdebnjing bekamen, indem die neuen Ankömmlinge die zu Hause gewohnte 
Beschäftigung hier fleissig fortsetzten, so darf man doch nicht glauben, dass det 
böhmische Handel esst in dieser Epoche seinen Anfang^enoihmen habe; Er war, 
-wie diese meine Handelsgeschichte darthut, uralt, und wurde nur zeitweilig durch 
vKriege unterlyochen, . ^ 

la^) Coi^mAe Conc p. ^87, 406, 408, 411, 412, 413, 419 423. Von den künstlichJNi^Clias.* 

8* 






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. . . » . - , 

116 . 

Unter Otto^tir tnli . die , Kirchenbaiikatist schon in so mannigfaltiger 
Gestalt- auf, dass man die Idee völlig aufgeben muss, es iseien die Bau- 
meister zn jener Zeil in Böhmen mit .einander in Verbindung gewesen. Nsr 
drei Dinge*sind eg, die häufiger angetroffen werden. Die Anordnung von 
niir einem Kirchonschiffe, dasAneinanderstossen mehrerer Säulchen und die 
Konstmirung der Gwindrisse aus Qu^uiraten. Als besonders '(Charakteristische 
Beispiele aus dieser Zeit können die noich ganz wol erhaltene tiusserst in- 
teressante St. Agnes-Kirche (1233) und St, Anna — früher St. Laurenz — 
^q Prag, dann die merkwürdige Burgkapelle zu Elingenberg angeführt werden. 
Diese letztere Hess OttQkaV erbauen. 

, Was Pfemysl Ottokar's Reichthümer vermehrt, und die Pracht und Be- 
«quemlichkeitsliebe sehr unterstützt, folglieh die Betriebsamkeit in Böhmen' 
noch mehr gehoben haben nmsste,' war die damal^, gerade ergiebige Aus- 
beute der Bergwerke, besonders . des böhntrischen Goldbergwerkes zu Eule 
und des SilberbergweVks zu Kuttenberg, Auch das Goldbergwerk bei Tabor 
musste um diese Zeit sehr ^ergiebig ^gewesen sein, denn Ottokar verlangte 
-von den Taboreft*n, sie möchten ihna dieses Werk überlassen. Uiberhaupt 
flbss aus den, böhmischen Bergwerken der grösste Theil der Reichthümer, 
durch welche, auch die, Macht PfernysPs unterhalten, so erstaunliche Werke 
der Kjunst ausgeführt, und bei allen diesen Ausgaben dennoch die Verschwen- 
dungen in allen Dingen auf das Höchste getriebeti wurdenl , 

Wie hoch .sich indess der Bergsegen zu PferaysPs Zeit belief, lässt 
sich zwar nicht erweisen, aber, dass er immer sehr ansehnlich gewesen sein 
^usste, können wir ;einestheils aus dem Beijiamen eines goldenen* Königs 
^chliessen, den Ottokar von den gleichz(^itigen Chronisten erhielt, andern* 
theils und besonders auch daraus abnehmen, (fass er ijA Stfinde war, seine, 
«Uen Nachbarn auffallende Prachtliebe so vollständig zu befriedigen» dass er 
'die im Jahre 127 f erbaute, Burgkapelle mit Tischen und Ger^lhen von mas« 
sivem Golde^ und Silber verfertigen liess. Wo bleib&i^ die anderen EinkönAo 
seines grossen Reiches? Wief viel übrigens die Mauten und andere Gefälle 
damals in Böhmen betragen, haben , ist ebenfalls nicht bekannt, dagegeo 

« 

können wir die von Steiermark , und Oesterreich lanführen. Die Münzen unl 
die Gerichtsgebühren innerhalb der Stadt Grätz, wie auch das LandgericU 
jenseits des Mur-Flusses waren für 2600 'Jlark verpachtet. Das Gericht zs 
HsM*ther^ für 50 Talen la'Penariorum Vieimensium; das Amt zu Marburg mÄ 
dem Landgerichte für 100 Mark Denariorum; das dasige Stadtgericht aber 

fenstern wird gesagt: fecit (Johan Epis.) duas fenestras irtagnas de sabtili opere et 
pretioso, et vitro eas clausit, in quibuä materia depicta cpntinebaW veteris et novi 
Testamenti. ^ • " 



U7 

^mmt der Mauth daselbst f(lr 300 Mark u. a. ni. Yon^der ganzen Summe 
der Einkünfte' aus Steiermark bez^og- die Gemalin Ottokar's 400 Mark, der 
S^tthalter des Herzogthums 500 Mark Denariorum. Ebenso war es mit 
den österreichischen Einkünften PFemysFs. Der grosse Zoll zu Linz betrug 
5000 Tajefite oder Mark, der zu Gmünoen 1040 Talente, und der kleine 
Zoll zu Stein 1500. Talente ^^s), v 

Aus dieser specificirten Uibet:sicht dieser Einkünfte ist übrigens er- 
sichtlich^ ifass • die Abgaben von Kaufmannsgütern und die Zölle von ein- 
und^ ausgehenden Waaren immer den grössten und sichersten THeil der 
Staatseinkünfte ausmachten^ Üibrigens ersehen wir, das^ die Gesetze in 
Betreff der Zölfe damals dieselben waren, als ^\t jetzt sind. In den Iglauer 
Municipal- Gesetzen, Welche 1253 erlassen wurden, fehlt es aber nicht auch 
an manchem Lächerlichen, z. B? dass der Zollbeamte, welcher die öffentlichen 
Gefälle, über .die Gebühr übertrieben n hatte, jenem, Reisenden, dem er sie, 
abgenommeiif diesef mochte sich aq einem Orte des Erdbodens befinden, wo 
er wollte, das ungerecbte - Zollgeld in Pärson nachtragen,^ ;und demselben 
zurückstellen, musste. . 

■ • 

Wie strenge König Ottokar den Wildfrevel bestrafte, .dient Zdenko vo'n 
Rösenberg zum Beleg. Dieser soll ' nämlich einen Hasen im königlichen 
Gehege erlegt haben, und dafür durch ConfiscaTlon der Burg Prauenberg 
bestraft worden s^in. Eine unverbürgte geschichtliche Notitz sagt, dass 
Pfemysl Oltokar im Humwalde bei einer elinzigen Jagd acht Bären, vier 
Wölfe, mehrere starke Sauen und viele Hirsche erlegt habe, welche in dem 
Hofe eines alten Schlosses, welches Oltokar seinem Liebling Milota von Rö- 
senberg. geschenkt hatte, aufgelegt waren. Dies gil;)t einen Beweis ab, dass 
die böhmische Jagd im Xlll. Jahrh^ sehr ergiebig gewesen sei.^^^). ; 

Dass Ottokar den damaligen Frieden zum Wohle seTnes Landes trefflic.h 
zu nützen wusste, ersehen wir aus seinen Veror<lnungeh: Er diktirle zueri^t 
ein Landrecht für die mährische Provinz, und es schied der Adel seine Rechte 
von denen der Städte allmälig aus. Die beso^idere Beförderung des Stadi- 
wesöns und die Aufnahme ihres Nahrungsstandes hat die Stallte in Böhmen 
in solch einen Wohlstand versetzt, wie er damals in Europa so selten anzu* 
treffen- war. 

Interessant ist das Gesetz, welches Ottokar zu Gunsten d^r Juden 
herausgab, und da diese handeltreibende Nation von jeher den gras3ten 

135) I. J. 1269 am 4« März zu Pra^ befreite Qttokar die Canonie Waldhausen von der 
WassermaulK zu Stein und Ips. ^ 

136) Was den Humwald betrifft, lio scheint deri^elbe zwischen Prag und Budweis seinen 
Plaiz gehabt zu haben.» , > 



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Einflüss auf die Handlung hatte, so möge Jiier in aller Kürze berührt werden, 
was unmittelbar Bezug auf die Handlung hat. 

Die viel bekannten Bullen zum Bestell der Juden von Calixtus,^ Alexan- 
der, Clement und Innocenz IV. wurden von Ottokdr im Jahre 1255 durch 
ein eigenes Privilegium bestättigt, ja trotz dieser Beschlüsse vermehrte er 
im Jahre 12^4 oder 1268 ihre Rechte, und legte den Grund ihres späteren 
Reicbthums. Er erkannte "bei dieser Na^tion die < Rechte der Menschheit 
besser und^ vollständiger an, als irgend ein Gesetzgeber des Mittelalters. 
Ein Jude galt ihm vor Gericht eoen so viel wie ein Christ, Judeneid .wie 
Christeneid, und sein Mandat schien sogar metir für die Juden zu stimmen. 

' Er gab dieser Volksklasse durch Erneuerung der von Friedrich dem Streit- 
baren über die Juden erlassenen besetze eine rechtliche Stellung im^ Staate, 
ohne ihr eine ihrem Geiste widerstrebende Bestimmung aufzudringen. Um 
nun die. vorher bestandenen Feindseligkeiten zwischen den Christen und 
Juden in Böhmen za tilgen, wurde veranstaltet, von der vormaligen harten 

.Behandlung gegen die Juden abzulassen, und mit ihnen glimpflicher um- 
zugehen. Dagegen wurde auch angeordnet, den Juden, ihren Hass gegen 
die Christen und ihre alten Yorurtheile aus dem Wege' zu räumen; welches 
durch die Einführung, der Schulen nach der verbesserten Methode ge- 
schah ^3'). * ^ 

Das Münzwesen war/ unter Otto^r's Regierung noch immer in dem 
vorigen Zustande. ^Im Jahre 1260 yerpachtete er die Münze in Mähren, 
und befahl, man solle ihr einen besseren Gehalt geben. In einer Yerord- 
nung schrieb er den Goldschmieden zu Prag *^®) die Art unfl Weise vor, 

137) Unermüdlich, unverwundbar, unverwüstlich war das merkwürdige .Volk der Jaden. 
Wie oft sind sie gemisshandelt, beraubt und vertrieben wocden! Kaum aber war der 
SchiiTbruch überstanden, so ^'ngen sie wieder muthig und hoffnungsvoll zur See. 

, Fürsten, und Rittern, Herren und Bürgern waren sie Freunde in det Noth,^ daher sie 
überall zurückkehren und ihrer früheren Beschäftigung wieder nachgehen konnten. 
Wenn sie nun auch das land arm bezogen, so erholten sie ^ich bei ihreV Massigkeit 
Sparsamkeit upd Unverdrossenheit im Geschäft sehr bald wieder. Im Unglücke blieb 
das jüdische Volk immer . gehasst. Hätte es eben so das, Glück ertrageii, wenn es 
ihm h^er und da aufgiqg, so wäre ihm Seelenstärke beizulegen. Dem Glücke waren 
aber die wenigsten gewachsen; die Gefügigkeit im Unglücke beruhte also we> auf 
der entgegengesetzten Eigenschaft. Wo ihnen eine Gewalt eingeri^umt war, da ge- 
brauchten sie dieselbe auf eine unbarmherzige Weise. ^Als herzogliche Rentkammer- 
Beamte brüsteten sich in Oesterreich die Herren BubÜn und Nekel mir dem Titel : 
„Kammergrafen.^ 

138) Die Goldschmiede' betrieben gleichzeitig den Handel imit edlen Metallen; auch waren 
sie es^ die wegen der Verwandtschaft idor Münzkunst mit der ihri|;en, 'die Ausfibuig 
des Münzrechtes pachtweise inne hatten. 



Ii9 

wie ihnen durch eigfene Probirer aus ihrem Mitlei, tloch ohne Nachlheil der 
Münze und Münzmekster das Silber zu probiren und zu reinigen gestattet 
sei. Ein anderesmal wiederholt und schärft er dief Strafen wider die 
Falschmünzer. 

Die Masse und, Gewichte, welche bisher noch immer mancher Willkür-, 
liphen^ Norm unterworfen, und ^nach Verschiedenheit der Gegenden auch 
verschieden waren , auf welche Art sie - den Verkehr mit den ersten 
rohen Produkten ^hr erschweren und einschränken mussten, erhielten im' Jahre 
1268 eine allgemeine gleiche Verfassung, und wurden zur Sicherung des öiTent- 
liehen Credit^ mit dem Stempel des Königs bezeichnet ^^^). Die hier folgende ^ 
Satzung zeigt die Weinmasse an: „So viel Einer Wein auf beiden zusammen* 
haltenden halb , offenen Händen fassen konnte, das hiess eine Quart. 
2 Quart bßtf ugen eine Halbe und 4 Seidel machten eine Finte 
auä. Eine Masslagfe von 3Pint enthielt 12 So^idel. Ein Mass- 
fässchen enthielt zwei Lageni d. i. 6 Pint.ocler 24 Seidel. Ein 
Achtel enthielt 2 Massf äss phe n, d. i. 12 Pinten oder 48 Seidel. 
Ein Eimer enthielt 2 Achtel, d. 1. 4 fässchen oder 24 Pinten = 69 
Seidel. — Ein wahrer T e i n s k y .enthielt 64 Pinten, das ist 4 Schock 
und 16 Seidel. Ein VierteJ enthielt 2 Teinsky d. i. 2 Schock und 
8 Pinten, und hatte also ein Viertel: 8 Schocke^ 32 Seidel. — Ein 
Schweidnitzer Fdi^s enthielt 2 Viertel, nämnch 4 Schok und 16 
Pinten, nach dem Seidel jedoch gerechnet: 17 Schock und 4 Seidel. — 
Ein Zittauer Fass enthielt 8 Schol[^k 32 Pinten und betrug also 34 Schock 
8 Seidel. — Ein Drei! in g enthielt 10 Schock und 40 Pinten, d. i. 42 
Schock und 4 Seidel. 

" Das Handlungs -p Gewicht war folgendermassen regulirt.. So viel Einer 
Pfeffer in eine Hand fassen konnte, >das hiess einLoth. 8 Lothe machten 
ein Viertling, 2 Vierlling — ' nämlicb ^ Lothe — ein hajlbes Pfund ; 4 Viert- 
linge ein ganzes Pfund — nämlich 32 Lothe aus. lÖ Pfunde machten einen 
halben, und 20 Pfunde einen ganzen Stein aus. Ein Stein halte demnach 
640 Lolh,' ui\d 6 Steine waren =: 1 Zentner, welch letztere wiejder 120 Pfunde^ 
oder 3840 Lothe enthalten musste. 

Dass besonders den Armen, nach dem geordneten Ma;5se und Gewichte, 
ehrlich gemessen und gewogen werden sollte, geboten auf das strengste 
die diessfallsigen Gesetze. • 

Gold und Silber wurde noeh immer nach der^MHrk verkauft und ge- 
kauft. Eine Mark hielt 16 Loth £rämergewicht. 

In Hinsicht der Zahlungen bediente man sich zu dieser Zeit doppelter 
Kerbhölzer (Robi^). . / ^ 

139) Cosmae Contin p. 440. . ^ 



120 

Um auch der Verwirrung, die etwa bei der Eintheilung der Aecker 
entstehen- konnte, Torzubeugen, machte Ottokar eine sfllgemeine Landesord- 
nung, indem er das Mass und die Verhältnisse, so die Aecker 'gegen einan- 
der hatten, wie auch die Art bestimmte, mit welcher eir\ Acker besdet und 
. bearbeitet werden sollte. Er ordnete nämlich an^ dass jedes Landseit, womit 
man die Felder ausmisst, 40 böhmische oder Präger Ellen und zwei* Quer- 
hände halten sollte ^^^). Fünf Landseile sollten 1 Morgen, 5 Morgen. 1 Ruthe 
und' 27 Ruthen eine Hufe Feldes ausmachen. Ein jeder Acker sollte bart- 
weise eingetheilt 'werdem In jedem Barte sollten wechselweise 7 und 8 

^Furchen gemacHt werden. Eine Hufe königL* Ackers solle i2 Schock Barte 
ausmachen.. Dte/Qufe eines geistlichen Al'kers 11 Schock. Die Hufe «eines 
adeligen oder Herren -Ackers lOSchok^ und die Zinshufe eine"^ Bauernackers 
S Schock. Diese^ Eintheilung wurde überall durch eigens hiezu bestellte Auf- 

•deher besorgt, welche ein kupfernes ^oder messingenes Kettenseil haben 
mussten. Weil man -aber einen schwachem Boden dicker hesäen musste, isils 
einen fetten, so mussten die Aecker der Geistlichen in Zukunft dichter als die, 
königlichen, die Aecker der Edelleute dichter als jene dei^ Geistlichen, und 

' die Bauernäcker am dichtesten besäet Werden ^*^\. 

140) Das Grundmass bestand aus 4' nebeneinander gelegten Gerstenkörnern, sie "waren 
^ einen Querfinger, vier > Querfinger eine Spanne, drei Spannen eine Elle, 42 /Ellen ein 

. Wald^eil, 5 Waldseile einem Morgen gleich. 
141 J Kronik and Geschichte von der böhm. Landwii'thschafl S. 38. 



^x 



.^^ 



1 

Achter Abschnitt. . 

Der Handlung nachthetlige Vorrölle. 



I / 



Weine nun Prag, dir dflUien blutige Tage des Schreckens» 
Feinde plündern das Xand/ Feinde verwüsten die Flur. 

, Frevelnd «chont er nicht der Gräber, nicht der Altäre, , 
Räuberisch stillet er so seine Begierde nach GöId. 

' Pr. Fl. Warty. 



\ > 



VVas Würde nicht aus dem einmal durch Ottokar^s gute Verfügungen 
geweckten Kunstfleisse und der Handlung Böhmens in fler Folge geworden 
6ein,/iiätten $ich- nicht wieder zu früh nachtheilige Vorfälle ereignet. Allein 
dieses glücklichen Anfangs von etwas bedeutenderer Handlungiskultur er- 
freuten sich die Ceohen wol kaum zwanzig Jahre^ Ihr Muth, ihre Tapfer- 
* keit im Kriege, ihr oft und selbst unter Ottokar bewiesener Hel4enmuth%und 
ihre dadurch '^ erlangte Ujbermacht^ jagten allen Nachbarn bisher nur Furcht 
ein, aber nun, da; sie sich Wohlstand. Reich thümer und Glanz auch im In- 
neren des Landes durch Kunstfleiss und Handel zu yerschafTen anfingen, 
wurden sie auch beneidet. Alles 'glaubte damals, man fände das Gold und 
Silber in Böhmen so ;&u sagen auf der Gasse. . . 

Die Politik der teutschen Nachbarn zielte also dahin, den stolzen Ot- 

tokar — ja ganz Böhmen zu demüthigen. Es gelang ihnen; Ottokar, welcher 

'' • ' ■ . . * .- 

zweimal die Kaiserwürde ausschlug, wurde von dem energischen als Staats- 

klugen' Rudolph Grafen von "Habsburg — der sich mittlerweile zum. Ober-* 
haupte des heil, römisch- teutschen Reiches erhoben hatte, überlistet, ja 
sogar vonjffinem Theile seines eigenen Adels, welcher durch Otlokar's kluge 
Anstalten und wolthätige Reformen sich einbildete, an ;seinen Rechten ge^ 
kränkt zu sein, unüberlegt vertassen: Da. entschied das widersetzliche Be- 
nehmen" Ottokar's gegen die Forderungen des; Kaisers ^'und Reiches auch das 
Geschick Böhmens. Kaiser Rudolph drang mit dem grgssten Ungestüm mit 
dem vereinten Reichsfürstenheer — welches aus verschfedenem, den Böhmen, 



122 



t ^ 



HQSseBst gehässigem Gesindel bestand, nach Mübren' und Bohnen, tim andern 
hartnäckigen Bdhmenkönige dit^ Reichsacht zu vollziehen.. Die Folge davon 
vrar eine der grössten und blutigsten Niederlagen im Jahre .1278, in welcher 
am 28. August Ottokar selbst den Tod des Helden starb. Dies war das 
tragische Ende eines der würdigsten Monarchen, die jemals üb^r König- 
reiche geherrscht haben. 

Böhmen musste damatls da$s Vergehen, des Adels mit ihm selbst hart 
btissen. Es verlor auf einmal alle seine Provinzen, und wurde nicht nur 
den Siegern Preis gegeben, sondern ifuch während der angemassten Vor- 
inundschaft des langen Otto von Brandenburg — dessen Verwaltung man ein 
organisirtes" Raubsystem nennen konnte — von ihm und den Seinen so voll- 
kommen ausgeraubt, dass die ^leichzeitigon Greschichtschreiber' nicht genug 
Worte finden können, uns den damaligen kläglichen Zustand Böhmens zu 
ichildem "^). . ' ' ^ 

Durch ,den Verlust (1er Provinzen, besonders Oesterreich, Steiermark 
lind Krain, ging der Handel auf der Dondu, sonach auch die Verbindung 
mit dem Orient und die Nachbarschaft Italiens für Böhmen ganz verloren. 
Pie siegenden Jleere, welche von mehrifren Seiten ins LanÄ gerückt waren, 
nahmen .Ottokar's prächtige Wagenbürg, die reiche Kapelle, Schildereien und 
Prsichtw^aren in unschätzbarem Werthe zur Beute, brannten übrigens, sengten 
und raubten alle Städte und Burgen und Klöster aus ^^^). Dies schlug ganz 
natürlich die begonnene Liebe zur Pracht und den Bequemlichkeiten des 
Lebens, somit auch die Gewerbe, Künste und den Handiel so sc^hr nie'der, 

i4!^ Schon im Jahre 1280 war in Folge der Unruhen und Plünderungen . grosse Theuerung 
entstanden; 'im Herbste desselben Jahres wurde weit und breit um Prag kein Feld 
^ bestellt, keine Saat dem Boden anvertraut, da d^r Krieg die harmlosen Menschen« ver- 

scheucht halte. Die Folge hieyon war eine entsetzliche Hungersnoth (1281—^1282) 
wobei das Volk Gras, Katzen, Hunde, verendete Tfaiere^ ja selbst Gehenkte ass. Da 
bis dahin Böhmen selbst eine Kornkammer für seme Nachbarländer gewesen, und 
diese letzteren auch noch durch Misswach)s gelitten hatten, so war 'auch kerne Hilfe 
von Aussen zu verlangen. . Zu diesen Drangsalen gesellteii sich unerhörte Wolken- 
brücke und Uiberschwemmungcn in der Gegend, der Flüsse, die m*cht allein den 
, fruchtbarsten Boden weggeschwemmt, sondern selbst an Gebäuden einen ungeheuren 
Schaden anrichteten. Der sich im Jahre 1280 (3. December). erhobene furchtbare 
Stufmwiiid wüthete so arg, da'ss er in Prag allein vierundzwanzig Thürnie niedeiriss, 
und eine Menge Häuser zersCörte. 

. 143) Das übrige Verfahren Otto V is^ so' weit wir es kennen, nicht zu entschuldigen. . Er 

^ begnügte sich nicht mit der Besetzung der Prager Königsburg utid des. Doms bei 

St. Veit, sondern er plünderte auch beide vollständig. In den^ GrüAen des Doms 

wurde damals das Kronarchiv sammt den geschlossenen Quaternen der ä^esten Land- 

tafel aufbewahrt; dahin^ als an einen durch seine Heiligk^t geschützten Ort, hatten 






^23 

dflss ausser dem gemeinen Landmann, der sich kaum in den nnwirtU)arsten 
Waldungen sicher genug erhalten konntö/auQh eine uit^eheure Menge von 
Künstl&rn und verschiedenen Handwerkern — deren -viele sonst über 100 
Mark Binkommeti hatten -^ betteln gingen, oder die Kleinodien ihr^r Frauen 
verkauften, am Ende aber durch Ifahrung^losigkeit dennoch viele entweder 
vor Hunger starben,' oder auisser . Lantl fliehen mussten ^^% Nach einer 
beiläufigen — freilich unverbürgten Schätzung soll Prag allein durch cfie 
dämajlge Hüngersnoth uhd Sterblichkeit 20000, ganz Böhmen aber giCgen 
600,000 seiner Einwohner verloren haben, • , " 

Das unroässige Betragen derTeütschen sowol als Sieger^^nachOttokar's 
und seiner treuen Böhmen Niederlage, als auch während der brandenburgi-^ 
sehen, Vorqriundschafl, wo sie des Bjaubes wegen wie die Heuschrecken ifiiet 
Böhmen herfielen, stellte den Natiohalhass,, der durch die Hereinberufung der 
teutschen Kolonisten kaum in etwas gemässigt wat, mit allen seinen, dem 
Verkehre überhaupt schädlichen Folgen }n vollem Masse wieder her, und 
bald zeigte sich der Hass in gefahrvollen Ausbrüchen. ^ , , 

In dieser mehr ali^ furchtbaren Zeit mussten sämmtiiche prager, Kauf- 
leute zu ihres Eigenthums Sicherheit eine gro^e Anzahl Nachtwächter un- ' 
terhalten, denen es oblag, in der Nacht die Kramläden und Waarenmagazine ' 
zu bewachen, und bei «den damals so häufig vorkommenden ^ränden ^ — deren 
Stifter das^ schändliche Kriegergesindel war —die Effekten und ^aiifmanns- 
gtiter zu retten ***). ' - , 

Dieses Alles so wie die Strenge und die Blutgerüste, mit welchen man 
damals die Cechen mit d6m Beile des Renkers , verfolgte, verwandelte ihren 
Charakter in eine Art^vonStumpfheiL die man sodann an ihnen mit Unrecht 
l<'aullieit und Trägheit nannte. AUeraings lernte der Böhme bei solchen 
Umständeti hei^cheln, ward starrköpfig, was alles er* in früherer Zeit nicht " 
gewesen, und nur von diesem Augenblick schreibt sich die den Cech^n in 
den Gränzländern zugemuthete Falschheit her***). ? 

viele Einwohner ihre kostbarste Habe niedergelegt, und aiich der von König Ottokar 
hinterlassene Schatz befand sich .daselbst. Unter dem Vorwende.* einige Urkunden 
, des Archivs zu erheben, sendete der Markgraf seiqe Leute dahin, welche nach Räu- 
berart ^ämratlich'e Kisten und Schranken gewaltsam erbrachen und die Schatze davon 
trugen. ^Mit einem Worte, Otto's Regierungsjahre bilden die ungliicklichste Epoche 
unserer Qeschichte des XIIL und XIV. Jahrhunderts. 
ii4) Cosm; cont. p. 455. * 

145) Diese getroffenen Massregeln lassen vermutben, d^ss von diesen fremden. Söldnern 
, sehr viele Eiiibrü che ausgeübt worden sind, und dass die Regieroing niemals gehörige 

Schritte aiur Entdeckung^ der Thäte?; ergriffeq habe. ' . - ^ 

146) Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, dass diese^titugend, nämlich die Falschheit ^ 
Bei keinem slawischen Votks^tamtne einen cigenthümJichen Namen hai^ und du^ im 



So wich mit einem Male det freudige. Aufschwung früherer ZeiU 
«ipier dompf^irlfiedergeschlagenheit) und an die'Stelle des "alten Bewusstseii 
trat das Gefülil d^r Demütliigung und verbissener Ingrimm. An einje Yerj 
söhnung, war, so lange das auf . d^m Schlaehlfelde vergossene Blut noch a| 
den Schwertern klel>te, und die im^ Kample ei;haltenen Wunden nicht vei 
narbt waren, nicht zu denlien, und so blieb denn der Hass g'egen die Teut 
sehen noch Jahrhunderte lang eingewurzelt, so zwar, dass in der Folj 
«ich kein Regent bei der böhinischen Nation durch etwas anderes mehr bf 
liebt ^u machen wüsste, als durch die Vertreibung der Teutschen. 



/• » 



Gegentheil im Böhmischen eben so gut als im Serbischen, Russischen und Polnische 
dieses Wörtchen erst von den Teutschen entlehnt werden musste. Lasst es sich^wi 
denken, dass ein so grosses Volk einen Begriff von einer Sache hatte, die es uicj 
einmal zu nennen wusste? — Gegen die Trägheit der Cechen gitit uns die täglicl 
Erfahrung die beste Vertheidigung, besonders bei denen, die für sich und ihre Fs 

' milie sorgen und arbeiten. Dass aber selbst die benachb«rten Teutschen bis zu diese< 
Augenblick slawische I<ohnarbeiter, z.B. böhmische, sehr gerne annehmen, kann ni 
ein entfernter Fremder nicht wissen, und diese Erfahrung jipricht gewias deutliche 

% als alle Urtheile der Schriftsteller, welche gewöhnlich 'weder unsere Verhältniss 
noch Land und Ortschaften kennen. Und dass gerade unsere Vorältera, besondei 
$0 lange sie selbststnndi'ge Staaten bildeten, den Scf^muck eifriger Thätigkeit be 
Sassen, hat lange schon die Welt erfahren, hat die frühzeitige, den anderen benacl 
harten Völkern vorauseilende Entwickelung ihres geistigen und öffentlichen Lebei 
dargethan, so dass auch gerechte Ausländer dieses anerkannten und anerkennen. 
Üibethaupt muss man, um 'über den Charakter der Cechen keine Fehlschlüsse 
macheb, in ihrer Mitte leben; dann werden manche Vorurtheile wider dieselben sk 
legen, welche in einiger Entfernung von ihnen teutsche Schriftsteller niederzuschreij 
ben, nicht errötheten. Mancher, besontes aber der sogenannte Teutschböhme glanl 
den £echischen Slawen schon zur Genüge charakterisirt zu haben, wenn er ihm starr 
Unempfindlichkeit zur Last legt, und wenn er ihn/ der ' Trägheit und F.alschheit zeifa| 
Ja, selbst der hochgestellte Teutschböhme sagt: der stockböhmische Bauer ist listig 
biyhaft, ut^d wenn er nicht hart gehalten würde, unbändig, wahrend er auf der ai 
deren Seite selbst^ bei dem Fürsten i;nmer mehr mit der unseligen VorspiegeIun( 
durchzudringen sucht, dass dem Buuer und dem Gewerbsmann Schulen und Kullt 
mehr nachtheili^ als vörtheilhaft seien. Man fürchtet sich also vor seiner Ansbildani 
und wUl lieber den Ifauer, wo er Klotz ist, Klotz^ sein lassen*, als die Nation dahii 
zu heben, wo der Franzpse, Engländer ynd der bessere Thefl der Teutschen steht 
Nicht die Fürsten sind ^s also, sondern die Gutsherren sind es, welche solche Sätzi 
vertheidigen, weil sie vermeigen, dass sie das meiste dabei ^lerlieren. Wie sollen dii 
Abgaben vermehrt werden, wenn der roh^ Ackersmann nicht durch jugendliche Kalu 
deä Geistes sich so Vireit vorarbeiten • kann, um den alten Schlendrian seines Gewerbe 
zu verabscheuen. Kann man Svol gegen eine Gattung von Menschen, die,« weit ent 
femt, nur einige Widerspenstigkeit zu üussf m, vielmehr ihre Obrigkeiti liebt urid gegei 
sie einen sanfUnüthigen, ja man möchte^sagen, beinahe ungebührlich k^ec)itischei 
Charakter an sich zeigt, liebloser baschimpfen? Spricht das Lan^olk nicht in öif^nt 



125 

Dieser innere Zwiespalt isölirte Böhmen allerdin^ sehr, so <läss die 
fandlung und ihre Wohlthi^ten isich nur sehr langsam über die Nation wieder 
erbreilen und nur später einige Fortschritte macj^en konnten, je nachdem 
as Vorurtheil des Nationalhasses durch ein vernünftigeres Betragen der 
'eutschen \ind ihi^ Unentbehrlichkeit abnahm. 

Dieser, \)en damaligen Cechen scf unerträgliche' Zustand konnte nicht 
inge währen, jßs ermunterten sich einige noch übriggebliebenen Vornehmen' 
es Reiiches, und fassten den kühnen EHtschIusi&9 ds^s.Joch ihrer grausamen 
fnterdrüc^er von^ sich abzuschütteln. Sie drangen mit 'ernsthaften Vorstel-^ 
jngen in OAlo, dass er die fremden Landverderber r— nämlich die Bramden- 
urger — aus ihrem Lande zurückberufe, und ihnen ihr Kronprinz z^irtick- 
egeben werden möchte. Otto slräuKle sich, dagegen anfänglich gewallig, 
Hein als er einsah, dass er hier mit strenger Gewalt nichts ausrichten würde, 
ffab er dem Wunsche der Böhmen nacli. • ' ' x 

liehen Trübseliekeiten des Landes; „0,.weiin es nur der Landesherr wüsste ! 0, wenn' 
«r sich doch von schlechten Leuten nicht so sehr einnehmen lie^se! — In der That, 
•diese Reden sind eine Art ^Ausrufung und wahrlich eine Prqhe des Zptrauens, des 
Wohlwollens' und der Unv.erdfoisenheit gegen' den Regenten. Und diese RedcnsaHen 
sind unseren Landsl^uten so gemein, so gewöhnlich, dass es in der Xhat wundern 
muss, wie ein — für gebildet sich 'dünkendes tetitstbes Publikum ein Lied anstimmen 
kann, das den Cechen 9p sehr herabsetzt. ' Aber die Hand an's Hers gelegt. jGeht 
es vieL^ besser mit manchem Teutschböhraen ? £s würde mi6h zu weit führen, wenn 
ich noch mehr zur Yerthcidigung der Böhmen anführen sollte, und dies sei genu]g, 
um ein Yorurlheil zu bestreiten, welches schon längst die Unter^hanen eines und 
desselben Landes so sehr entzweit und si^ gegeneinander verachtend entgegengestelU 
hat. Möglich woK dass uns die jetzige konstitutionelle Verfassung endlich^ einmal mit 
einem dauernden brüderlichen Band umschlingen wird, und gewiss ist dies auch der' 
Wunsch der Cechen. . " ^ ^. . 



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4 • 



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• I 



X • 



1 



I • 

Neunter Abschnitt 



I 
I 



, Weise Fürsten nur sind der beste Segen des Himraelg, 

Einen solchen gab er, Böhmen, in Wenceslaw dir, 

Schnell erhob sich su vorigem Glani^ die Hauptstaä^ det- Bdiimen, 
Denn die Schätze der Schlacht füllten mit Reichthum das Land. ' 

?U Flor. Warty. 



iVls nach erloschenef «brandenburgischer Vormundschaft die Schmach 
so wic^ die Erniedrigung des fremden Despolis^mus abgeschüttelt und dadurch 
einigermassen die Ruhe wieder hergestellt war, erwarb Wenzel ^er IL aaf 
verschiedenen gütlichen ^ege;n die meisten verloml^n Provinzen, als: Mähren 
(1284), Eger, Meissen, die Lausitz (1289) , Breslau und Glätz theils als 
Lehen, theils als Eigenthum wieder. Er erweiterte sein Königreich mit neuen 
. Beisitzungen d.urch das Königreich Polen ; aber mit dem, yerluste von Oester- 
reich, Kärnthen," Krain und d^n wölschen Vorländern blieb der Handel auf 
•4er Donau und die Verbindung mit Italien £ür Böhmen dennoch verloren. 
Die sächsischen Lehen, Meisse^ • und die Lausitz waren inzwischen dem 
Hatldel auf der Elbe, günstiger, doch ' da sich in der Geschichte darüber 
keine' wesentliche Spy^ findet, so musste er doch schon wieder eingeschränkt 
oder nicht besonders . geachtet worden sein. xWesentlicher war immer der 
Besitz ,i(on SphJesien und Polen, weil einige Städte dieser Länder, z. B. 
Krakaü, eben zur Zeit dem hanseatischen Stunde. beigetreten waren, und die 
Nachbarschaft Böhmens genützt haben werden. , 

König Wenzel hatte in seiner misslichen Lage in der Jugend die Er- 
ziehung eines staatsklugen Fürsten, bei Otto von Branden'blir^, 'der ihn 
überhaupt in Allem vernachlässigt hatte, nicht. erhalten. Sein Statthalter und 
Rathgeber Zawis . b^sass nur Ehrgeiz und Herrschsucht. Demungeachtet 
aber beweiset uns die vaterländische Geschichte, dass; ehe das XIII. Jahr- 






127 



' _ • 

hundert zu Ende ging, ' der Wohlstand der Nation, schnell aawuchs,' und bei- 
nahe wieder die vorige Glanzperiode bildete. Man, war wenigstens wieder 
im Stande, glänzender zu leben, Und der Hof gab ein Prunkfest um daif 
andere. Sie« übertrafen an Pracht und Verschwendung noch weit' die seine» 
Vaters. Er lies3 ungeheure Quantitäten Juwelen iii Italien aufkaufen, und 
da ihm sogar nicht einmal die Tuche und sonstige Gewebe aus Flandera 
schön g^nug schienen, so liei?s er die Hdfgewänder auä dem Oriente holeA. 
Die Krone, mit welcher Wenzel am Krönungstage einherging, wurde auf 2000* 
Mark an Werth angeschlagen. Auf dem Schilde, der ihm vorangetragen 
wurde, befand sich das böhmische Wappen. Der Löwe auf demselben war 
aus den kostbarsten Perlen geformt, und ' seine Klauen wareib aus Rubineir 
zusammengesetzt. Das rothe Feld bestand aus dem feinsten Golde, dessen 
Kanten mit* den aiii^erlesensten Edelsteinen verziert waren. Der Werth dtesea 
Schildes ui^d des kostbaren Schwertes, welches dem Könige ebenfalls voran— 
getragen wurde, schlug man auf 3000 Mark an. ' Der Rock des'j^önigs war 
aus Sammt verfertigt, und über und über mit goldenen Schuppen überlegC 
Um indess die Pracht dieses Gewandes noch' mehr zu erhöhen, war eiii 
jedes dieser Goldblättchen mit fünf verschiedenfarbigen Edelsteinen geziert^ 
von welchen an jedem Ecke desselben einer, i^nd der fünfte in der Mitte 
angebracht w^r. Dieser Rock, der vielmehr einem glänzenden Panzer glich,: 
und dem Könige während der Feierlichkeiten und der Mahlze;it eine grosse 
Unbequemlichkeit verursachen musste , wurde . auf 4000 . Mark geschätzt» 
Während -der Krön(ingsfeierlichkeit wurden lOODO Goldstücke unter das Volk 
geworfen, und auf dem Marktplatze floss für Jedermann Weinbaus mehreren 
Röhren. Auch sollen an den Tagen der Krönungsfeier 114000 Pferde (?> 
auf Kosten des Hofes in Frag verpflegt worden "sein ^*^). • 

Es wird sich der Mühe Johnen, etwas näher zu untersuchen, wie und 
wodurch Böhmen nach einem so starken Schlage, der viele andere Staaten 
auf Jahrhundlerte gebeugt haben würde,' sich wieder so schnell empor hob. 

Zuerst können wir billig annehmen, dass Wenzels Vater für die erste 
Kultur der Cechen, besonders unter der Mittelklasse — wie wir es i^chon 
oben vernommen haben — einen, gar zu guten Grund gelegt hatte, als dass 
die Liebe, zu den feineren Bequemlichkeiten des Lebens — es versteht sich 
dies naeh dem aigemefneh Geiste des damaligen Zeitalters — nach den so 
eben überstandenen Mühseligkeiten, ^anz. erloschen wäre. ^ 

Koch immer beschäftigten sich die meisten benachbarten Nationen mit 
der Viehzucht, oder es war die Jagd ein Nahrungsmittel und Zeitvertreib 
des Adels; aber 'Böhmen, welches einmal seinen Landesfürsten vom Pfluge 



( \'l *. ^T t < «. 



/ 



\ 



147) Pelzel*0 Gesch. v. Böhmen. I. B. S. 156. 



128 

* I 

gewöhlt h^tte, und das Bild dieser WaM in stetetif Andenken erhielt und 
ehrt^, halte, wie bereits schon erwähnt, einen iin ganzen Lande mehr aus- 
gebreiteten Ackerbau, der eben jetzt zu einer orffentlichen Landwirthschafl 
anwdphsen musste, weil \eiii zatilreicher Adeh beschränktere «l^heile von 
L&ndereien besitzen könnte, und,^ein Ebrgeia^ 6s erforderte, »so viel als es 
ihim nur möglieb ivar, Unterthanen.zu haben. * . ' 

Hadureb wurde vielleicht ganz zufälligerweise der Grundsat; auch: 
. dass di« Glückseligkeit des Staates nur durch die Menge, seiner Bürger ge- 
hoben werden kann, begi^nstigt, und dies gab auch zur Vervielfältigung der 
Nahrungswege .die schönste Gelegenheit. 

Endlich« muss auch Böhmens schnelle Wiedererholung unstreitig in der 
^ Emsigkeit der Nation gesucht, wei den, denn, wenn auch die Natur noch so 
verschwenderisch mit Fruchtbarkeit begabt wäre, so könnte man it)re Gaben 
ohne Fleiss gewiss nicht so schnell gut gestützt haben.; 

Auch für Künste und Wissenschaften fing, man, wieder an, ernstüqh zu 
sorgen. König Wpnzel selbst suchte den Fehler seiner Erziehung dadurch 
zu verbessern, dass er aus einer natürlichen Neigung für die Aufklärung 
sich mit Gelehrten aus verschiedenen Fächeiti, namenllicfa den Moralisten, 
Juristen und Physikern gerne bespracn ^'^^), und auf ihren, Rath den guten 
Vorsatz fasste, die Art von UniversitSt, welche, während dei* Zerrüttung nach 
Ottokars Tode-zu einem Nichts herabsank, wieder her;^usCellen. Noch mehr, 
er wollte die Landesverfassung durch ein geschriebenes allgemeines Gesetz- 
buch besser begründei), un4 rief zu diesem Ende- den gelehrten Magister 
Glotz nach Prag, und ernannte ihn zu^ Professor der Gesetzkunde; allein 
derselbe konnte sich nur mit d^r Verfassung einer Bergwerksordnung (1295) 
beschäil^gen \i^^), weil der .damalige böhmische Adel es ^hintertrieb, um damit 
die Allgemjßinbcit dieses Gesetzes seinen Immunitäten uad der Abhängigkeit 
von ihren einträglichen Richterstühlen njcht schaden könnte ^^% Auf diese 
Art hat seit' jeher die gute Sache gelilten, wenn^er Privateigennotz sich 
emporhob und die Regierung statt zu beharren, nachgiebig war. «Mancher 
Plackerei, besonders in willkührlichem Zolt- und Geleitsgelde wären die 
damaligen Kaufieute überhoben gewesen , wenn WenzePs Gei^etz durchge- 
gangen und von dem böhmischen Adel nicht angefeindet worden wäre; iillein 
es mus^te beim Allen bleiben. » * • 

K. Wenzel that übrigens zu Gunsten des Handels Alles das, ^a^ damals 
in seinen Kräften stand; und gewiss haben sich uiiter ihm die böhmischen, 

148) Fraiicisci Chron. p. 37. 
'149) Sperges TyroHseke Bfcrgwerksgeschichte p. 192; nach Job. Deucern corpore juris 
M^taliici. , 

150) Francisci Chron.p. 48. " 



^ 129 

• • . ; > ' _ • 

mährischen und schlesisqben Stffdte so mancher für iSie günstiger Plivilegien 
zu erfreuen gehabt. So verordnete K. Wenzel unter andern in dem BrünnJ- 
sehen Stadtfeehte, »dass alle Jene, die ihre Waaren auf den Jahrmiykt zu : 
Brunn führen weilen^ aut drei Wochen vor Pfingsten und eben so viel darnach " 
daselbst «die Niederlagen haben sollen.^ 'Dies war nämliöh für die bön^ischen 
Leinwandhändler und andere Kaufleute von einem besonders grossen Vor- 
Iheile, denn dieselben hatten die schönste Gelegenheit, ihre verschiedenen Er- , • 
Zeugnisse auf Brunns bedeutenden Märkten zu'verwerthen. 

Einen Beweis, wie ergiebig der Zoll . auf dem goldenen' Sit ge für die- 
Stadt Prachatic bis um das Jahr 1285 war, und wie st^rk in ihrer Umgebung 
der Handel mit dem Auslande wurde, ersieht man daraus, dass der WySe- 
hrade» Probst Peter ^— um nämlich den, in Folge der mit dem Dekan, detn 
Custos 4ind «dem Schulkanonikus desseben Kapitels wegen Zoll und andern 
obrigkeitlichen Revenuen öfter stattgehabten Reibungen vorzubeugen, im 
J. 1285 mit dem Genannten deA freiwilligen Vertrag ;schloss, womit er sich 
für die Folge auch die andere Hälfte, de^ Einkünfl;e des prachaticer Zolles 
verwahrte , dagegen ihnen aber die Hälfte det sämmtlicheji, zur Pri)bst(?i 
gehörigen Einkünfte , namentlich von Sitenice, Maleöno, 2inec und Ujezd 
mit allen Höfen, Weinbergen, ^ Obstgärten, sammt allen Rechten und ZtigehöT, 
sammt dem Zehent von Leitmeritz und ünterwySehrad (pod WySehradß) abtrat. 

Für die Stadt Zittau, welche unter Wenzels Regierung immer mehr heran- 
wuchs, that derselbe Monarch Alles das, was ihren Handel nur begünstigen liönnte. 
ImGhronicon de. fiubin wird berichtet: „1305 begnodte konig wenesslaw dese 
stat 3Jar,"daz seheynei^ czol dorfte gebin, wen se di Präger Markt bezog.* 
Diese Stadt besass auch das Repht einer Bleiniederlage. Dieses bestand in 
dem Emporium de^ Frauenberger Bleies aus« Schlei^ien, wodurch die Behert-r 
schung des Bleibandels in der glänzen Gegend verbunden war. Zittau stem- 
pelte das Blei, und durfte, wo ungestempelte^ angetroffen ward, dasselbe zu 
der Stadt Nutzen^ eonfisciren. 

Ein grosses Hinderniss für den österreichischen Handel war das Stapel- 
recht der Freistädler, welches ihnen K. Rudolph im Jahre 1277 veflieh. Die 
böhmischen Kaufleute, die ihr^s Handels wegen nach Oesterreich reisten, 
mussten ganze und dazu noch sehr beschwerliche Tagreisen nutzlos, ja, zu 
ihrem grössten Schaden nur dazu verwenden, um dem Stapelrechte, das die . 
Stadt Freistadt besass^ Genüge zu leisten **^). Man y^rerfe nur einen Blick 

i51J Es muss bemerkt wetden, dass das Wort Stapel in der latein. Schreibart des bürgert. 

Gesetzes der alten Zeit Stabile Emporium d. i. ein bestimmter Marlit oder Hafeit zur 

Einfuhr der Kaufmannsgüter genannt wird;. aus welchem Warte das abgeliürzte Wort 

Stap,el vermuthlich seinen ^Ursprung genommen Iiat. und mit einer geringen Veräiide- 

rung d£r Schreibart in alten Sprachen von Europa gebraucht wird. 

•9 



. 130 

auf eine Specialkarte «des oberen Mühlviertels, und' man kann sich leicht 
von dem schweren Druck der Handelsleute überzeugen, die man nöthigte, 
von den weit entfernten Grunzen Oesterreichs mit ihren Wiaaren nach Frei-^ 
Stadt zu kommen, dieseli^n dort niederzulegen und solche den dortigen 
Kaufleuten anzubieten. 

Durch diese Vörtheile, welche die Bürger von" Freistadt' aus iÄem 

» Stäpelrecbte Ton dea Böhmen zogen, aUfmerki^am gemacht, , ertheilte auch 
in der Folge ' der sich um die Handelsverhältnisse so hoch, verdiente K, 
Karl IV. d^ Stadt Budweis (1351) das nämliche Vorrecht, und verordnete; 
dass alle Handelsleute, die von Frei^tädt kämen/ gehalten sein sollten, nach 
Budweis zu fahren, und dort drei tage hindurch ihre W'^aaren feil zu bieten ^^^). 
So erschwerte zu jener Zeit einer dem andern durch unbesonnene Privilegien 
den gegenseitigen Handel, und eben dadurch das schnelle Emporkommen 

, des kunstfleisses und der Landeskultur. 

Noch immer bezogen die Böhmen die schönen Tuche und Seidan- 
Stoffe aus Italien. Zu den letzteren gehörten besonders Atlas, Damast mit 
eingewirkten Gold- und Silberfiguren, und. purpurfarbner, grüner und 
weisser Sammt *^^). 

• Seit der Vermehrung und Verbreitung der Seidenzeuge wurden solche 
jetzt ein vorzüglicher Gegenstand der Hoifahrt und Eitelkeit, der Reichen. 
Mit den Geldherran und reichen Kaufleuten wetteiferten darin die Wladyken 
und Edelleute. 

Fleischspeisen waren zu jener Zeit in der Tischordnung der Klöster 
und Lan(lhöfe vorherrschend. Daraus wird auch der allgemeine starke Ver- 
brauch von Gewürzen erklärlich. Am allgemeinsten gesucht war der Pfefl'er, 
und zwar dermassen, dass selbst in kleineren Städtchen «die Gewürzhändler 
' immer einen g^i^ossen Vorrälh davon auf ^ dem Lager Ijalten mussten, und 
i der Name desselben (Pept) häufig als Stellvertreter bei d^n meisten übrigen 
Gewürzen galti wesshalb auch Indien,, selbst von den Morgenländern vor- 
zugswieise das ^Pfefferland genannt wurde. Eben des starken Verbrauches 
wegen machte der Pfeffer eine von den im Mittelalter ^ gewöhnlichen 
Landes- oder grundherrlichen , oder ^uf verschiedene Weise, vertrags- 
mässigen Leistungen aus. Dass ein, nach dem Gewichte besliihmter Tbeil 
davon bei der, Einfuhr ins Land, an den Gränzz^llstädlen entweder 
. ausser dem ZoUgelde orfer als s einzige Zollgebühr entrichtet werden musste, 
davon finden sich viele Beispiele vor, — Ausser dem Pfeffer kommen in 



152) Pelzel CarllV. Th. 1. S. 331. ' ^ 

153) Hiess zu dieser Zeit Samyt, Saroittum, Examitum, böhm. Aksapiit vom ital. Stamina 
d. i. Grundföden, Aufzug. ^ 



\ s 



; 131 

der Einfuhrsliste noch viele andere Gewtirzgatlungfen vor ***); als: Ingber, 
Zimmet , • Gewürznelken , Muskatennüsse , Muskatenblumen , Kardumomen, 
Safran ^^*) , Paradiskörner und Zitlwer vor. An die Gewürze schlössen sich 
am öftesten folgende Heilmittel an: Galgant, Skamoniumharz , Ksmeliieu, 
Mutterharz, Aloe, Myrrha, Terpentin, Kampfer, Maslix, Tragäkauth, Wach- 
holdergummi , Aegyplisches Gummi , Arabischer Weihrauch aus Genua, 
Röhrenkassia, Cyprischer Laudannm, Sesam, Lorb'erblätter , Sennesbiälter, 
Manna, Sch^ellkraut, Glätte ^^•) und Theriak vor. Ausser diesen Artikeln 
kamen im Handel vor: Zitronen, Pomeranzen, Granatäpfel, Feigen,- Datteln^ 
Rosinen, Mandeln, Kastanien, Baumöl, Reis, Frucht- und Kräuterweine. Des 
gebrannten Weines. oder des Branntweins (pälene wjno) wird ebenfalls 
Erwähnung gethaii. Wahrscheinlich bracjiten ihn die Genueser in kleinen 
Fässcheii oder Flaschen für efnen hohen Preis uiiter dem Namen : Lebens- 
Wasser, aqua vitae, ' nach Böhmen. Wenn nun gleich auch hierauf zu ^ 
schliessen ist, dass der Branntwein den Böhmen schon im XIII. Jahrh. be-» 
kannt war, so geht doch auf keine Weise hervor^ in welchem Jahre man 
die Darstellung des Branntweins in Böhmen begonnen^ hat ^*'). Da übrigens 

154) Die Cre Würzinseln waren den Griechen und Römern unbekannt; doch erhielten sie 
die Gewürznelkeji durch Vermittelung der morgenländischen Kaufleute,- auf welchem 
langen Wege sie endlich auch nach Böhmen gelangten. Später, vals die Genueser 
lahge nach dem Falle des abendländischen Reiches uen Hafen Kaffa in der Halbinsel 
Chersonesu? Taurica besessen, trieben sie eine Zeit lang den Gewürzhandel und nach 
ihnen erst die Yenetianel. Nachdem hierauf ein neues griechisches Reich zu Trape- 
zunt entstand, ward dieser Handel durcli das kaspische Meer dahin gezogen ; und 
nach der Vermehrung der türkischen Macht brachte man die Gewürze und andere' 
Speeereien von da durch die Kjararanen naoh Aleppo. Die^SuIt^ne von Aegypten 
stellten den Handel' auf dem rothen Meere n^ch Indien und zurück nachrAl<ixandrien 
auf dem' Nil wieder her. Endli'ch bemächtigten sich die Portugiesen im Jahre 1512 
der Gewürzinseln, und wurden hernach, durch die Holländer vertrieben, welche die- 
selben züin Theil npch besitzen. ' * 

155) Der Gebrauch , des Safrans zur Würze ^ der Speisen ist sehr allgemein gewesen, 
wie man aus ^den ältesten Kochbüchern, welche auf .unsere Zeiten gekommen 

' sind,, und dem Alpinus zugeschrieben werden, sehen kann. Heinrich Stephanus ^agte 
noch : ,,Safran muss in aUe^ Suppen und Brühen kommen^ und ohne Safran lassel^ 
sich keine wohlschmeckende Erbsen kochen.^ Wer die pharmaceutische Verarbeir 
tung des Safrans und das^ Verzeichniss der Krankheiten , wider welche er einmal 
hat dienen sollen; lesen will,, der mag des Hertodt's Crorologia nehmen, der alle Re- 
ceptei, auch die einfachsten, aber auch nichts als Recepte zusammengeschrieben^ hat. 

156) Hofrath Beckmann vermuthet, dass man sich schon im XIII. Jahrh. der Glätte zur Ver- 
fälschung des Weins bedient habe. Ob dies auch in ElöbnTen der Fall war, findet 
sich nirgends vor. » . . . 

157) Gewiss ist es^ dass im J. 1333 die Bereitung des Branntweins noch sehr schwierig 
und umständlich war, und daher von den Chemikern zu jener Zeit sehr- geheim ge- 

9» 






Vj 4 . f- 






132 



r 



derselbe zu jener Zeit nur als, qine ^Arznei in den Apotheken und Material- 
waarenhandlungen verkauft wurde, so lässt sich daraus schliessen^ dass der 
Verbrauch desselben nicht gross gewesen sein mochte. . ' 

Im Jahre 129ft brach eine- grausame Verfolgung .der Juden" — ausser- 
halb Böhmen aus, von -welcher Nation wir aus der allgemeinen Geschichte 
wissen, dass die Handlung noch immer fas9t aussehliessend in ihren Händen 
war. Furcht vor diesen Verfolgung trieb 'diese Unglücklichen zu Tausenden 
nach Böhmen, die K. Wenzel alle sammt ihren Schätzen in Schutz nahm ^^^). 

Dass Böhmens Handel nach den Umständen der Zeit derdurch gewann, 
wird wol von Niemanden bestritten werden, ungeachtet der Schutz, welcher 
den Juden verliehen wurde, sich eigentlich nur auf ihre Börse gründete. 
Rechnet man hiezu noch den Gewerbfieiss .der teutschen Kolonisten und der 
unter K.Oltokar befreiten böhmischen Städte, -ferner die Emsigkeit, mit welcher 
die böhmische Landwirthsehaft betrieben wurde, hinzu, so mu^stein Böhmen 
in jener Zeit eine Rührigkeit entstanden sein, die damals in dem übrigen 
Teutschland seines Gleichen wenigstens so allgemein nicht, hatte. 

^Das gemünzte Geld, welches bisher in Böhmen zirkulirte, war inzwischen 
dem Gebrauche nicht angemessen, den besonders die Kauf- und Handels- 
leute davon machen müssen. Es bestand, wie man aus einer Stelle des 



halten wurde. Die ersteir bücher, wöriii- des Branntweins gedacht wird, empfehlen 
ihn als ein Yorbauungsmittel wider die meisten Krankheiten^ und als ein Specificum, 
um 'schön und jung zu bleiben. « 

158) Francise Ghron. p. 46- — In den früheren Jahrhunderten waren die Juden, boor 
ihnen die Lombarden im ganzen gewerbthätigen \Europa deu Rang abliefen, die ein- 
' zigen Handelsleute, die sich den Geldgeschäften widmeten, und desshalb bei vielen 
Flirsten wol gelitten wurden. Bei d^n entsetzlichen Verfolgungen fanden' dTe Lan- 
desherren und die ritterlichen Bürger, mehr noch aber die Gieistlichkeit in der Ver- 
folgung dieser Unglücklichen das leichteste Mittel, sichrer Schuldenlast zu Bntledigeo, 

< < und »ie gebi^uchten ixi ihren Mordthaien ejn Feldgeschrei, das mit dem Geiste des 
Christenthum^ im Widerspruche stand. Durch sein .grausames Schicksal war dies 
unglückliche Volk auf den kleinen Geldv6rkehr beschrankt, und ebea damit zur 
Schmach und Erbärmlichkeit verdammt, dass. kein einziger Jrgend \Mn ausgezeichneter 
Mann aus seiner Mitte aufgestanden ist. In den Augeif der meisten Hegierurigen war 
das heimatlose Volk ein blosses Erwerbmittel, eine Handelssache^^ von welc|ieT die 
Rentkammer namhafte Einkünfte zogt, gleich dem Münzrechte und anderen landes- 
herrlichen Nutzungen von städtischen Gewerben. Die Gelder 'für die ^rlaubniss zoni 
Aufenthalt und Aiftübung der Wechselgeschäfte — . schon frühzeitig eini» \}uell^e der 
Staatseinkünfte — gehörten ursprünglich wie alle städtischen Rechte aussehliessend 
den Königen. Daher nannte man in Böhmen die Juden k&nigliriiB K;immerkncchte, 
wiewol man dieses Verhältniss nicht von dem angegebenen wirthscbaflUrhenUnisfande, 
' sondern von der Machtvollkommenheit der chri.stlich6n Kirche und der damit zusani' 
sanimenhängenden Keiserherrschaft ableiten wollte. 






133 

gleichzeitigen Chronisten Franciscus schliesst ^*^, grösstenteils nur in flohl- 
münzen oder Jeicht vergänglichen ' und verderblichen Denaren, dann Scheide-, 
münzen, welches in der Versendung baarer Zahlungen sehr unbequem, als 
nachtheilig im Agioliren war. Diestern wurde also, wenigstens so, weit es 
ohne Bank und Wechsel geschehen konntq^ dadurch besonders in Rücksicht 
auf das ganze Publikum abgeholfen,, dass K. Wenzel im -Jahre 1300' aus 
Florenz geschickte Männer kommen Hess, welche eine neue feste und achtere 
prager öroschenmünze prägen mussten ^*"). Diese, Münzen .hatten auf ihrer 
Fage eine offene Ifrone in einer runden Einfassung und eine doppelte Auf- 
schrifl, nämlich" in dem innern Kreise !die Zeichen:''*-}-* und die Worte: 
Wenceslaus secundus; in dem äusi;sern aber das Zeichen f und die Worte: 
Del gf atia : Rex Boemie. Weleslawin sagt in seinem böhmischen historischen, 
fialender vom Jahre 1590 S.-361, sie wären unter anderen böhmischen 

Münzen die besten gewesen. - , 

' -,'.'■' 

Aber gerade dadurch wju'rde der Reichthum d6s Kuttenberger Silber- 
bergwerkes mehr, und zuerst bei ^em kaiserlichen Hofe ruchbar, welcher 
den damaligen Begriff dfes Staatsrechtes zum Verwände , nahm, um die wieder 
auflebende' Macht der Böhmen einzuschrä|iken. Er forderte nämlich die 
Abtretung der Silberb^rgwerke zu Kuttenb^rg auf sechs: Jahre jDder 80000 
Hark. Silbers als rückständigen Zehent an dks Reich zu bezahlen ^^/). Daraus 
entstand ein Krieg, welcher sich über den südöiJtlFchen Theil Böhmens, wo 
damBls gerade der meiste Handel noch .aus der Folge der orientaliscjien und 
wälschen Konjunkturelt blühte, mit solcher' Erbilterui)g ergossen hat, dass 
nichts geschont, ja ^viele Tausende Mädchen und Weiber zu Sklavinen für 
die Türkei gemacht, davon geschleppt wurden, und dieser Bezirk ganz ent- 
völkert da stand. Ein gewiss empfindlicher- neuer Stoff für die böhmischen 
Gewerbe und den Handel, welch letzlerer ohnehin durch^ den Verlust der 
Donaufahrt viel gelittfen-^hat, jetzt aber ganü unterbrochen wurde. 

Aus der grossen Menge Silbers, welche Albrecht vom K. -Wenzel ge- 
fordert hatte, lässt siph auf die Ergiebigkeit defr Kuttenberger Bergwerke 
schliessen. No<?h kurz vor Wenzels Tode (1305) erhob man da'raus lOOO 
Mark Silber, und iu Jahre 1306 waren ^e von solcher Ergiebigkeit, dnss 
der siebente Theil des wöchentlichen ^Einkommens 1000 Mark betrug, die 

K. Rudolph zufolge einer> testamentarischen Verordnungf bis an sein Ende 

' - ' ' '. ' 

159) P. 55^ sagt Ti^ancisc. praecipue mercaloribus doh expediebat, ^uia *denarins,.qui heri 
et nudius tertius mer»t bouus et datilis, post bceve dierum spacium esse desineret 
usualis, rnid im folgenden Verse^über die neuen Grbschen :' Hie grösus nuinus jam 
jam manet ^ndlque firmüs. _. ' / ' 

160) Idem p. 55. ' • , ~ V . 

161) Francisc. Chron. p, 59. ^ 



\ 



134 ' 

den Gläubigern Wenzel's bezahlt hatte.. Ausserdem wurden dem Könige 
noch alle Wochen 600 Mark zur Hofhaltätig abgeliefert. — Nicht, minder er- 

• 

giebig waren auch die andern Gold- und Silberhtergwerlie in Böhmen. Selbst 
die Zinnbergwerke. zeigten sich zu jener Zeit günstig^**). 

Die damaligen IJohlenbi^enner, welche , die Kohle in di« Bergwerke ab- 
lieferten, standen unter der unmittelbaren Aufsicht des Mtinzmeisters. Die- 
jjenigen, welche, ihre Kohlen nach Kuttenberg zum Verkaufe brachten, er- 
hielten vom K. yV^enzel sehr viele Freiheiten. Unter diesen sind als vor- 
^ zügUch anzumerken, dass^ sie ihre ei^ne Zunft und ordentliche Zusammen- 
kühfle in Pnbram halten; das$ sie steuerfrei waren; dass sie von Niemanden 
Schulden halber angehalten und. gepfändet werden durften, bevor sie nicht 
i)ire Kohle verkauft hatten, ferner, dass sie allenthalben ungehindert den 
besten und kürzesten Weg 7— ausser der besäeteb Felder"—^ fahren konnten ^*^^). 
Eine Handschrift, welche von Peter', einem Abte von Königssal her- 
rührt, lässt uns einen Blick in das häusliche Leben jener Zeit, in welcher 
Wendel regierte, machen. Man bemerkt z. B. Lagerstätten mit hohen Rücken- 
polstern, doch stets ohne Federbetten; sie sind «bald mit einfachen, bald mit 
farbigen, ' geblümten odqr bordirten Teppichen oder Tüchern bedeckt. — 
Ein Priester silzt erhöht hinter einem Tische, lyorin das Tintefässchen oder 
vielmehr Tinlehorn und gleich neben an in kleinen Einschnitten, die starke 
Feder unJ das Federmesser stecken. — Die Leuchter sind von geschmiedet 
tem Eisen, und stehen gewöhnlich auf drei Füssen; sie - erscheinen nur als 
einfache Eisenstangen mit leichten Verzierungen, z. B. oben als französische 
Lilie gestaltet. — Man findet Vasen, Handgiesskannen und Becken von lieb- 
liehen' Formen, einen Ziehbrunnen, wo^die Eimer durch zwei' Kurbeln her- 
aufgewuujden wurden. — Die Leichen werden auf einer Tragbahre offen und 
nur durch ein weites Tuch leicht bedeckt Äu Grabe getragen. 

Im Jahre 1309 brachte das kärn^hische und tyrolische Kriegsvolk das 
Würfelspiel nach Böhmen. Das Landvolk fand an diesem Spiele grosses 
Wohlgefiallen, so dass viele ihre Wirthschaften verliessen, um in den Städten 
diesem verderblichen Spiele Zeit und Geld zu opfern, Darauf entstand sehr 
oft nicht allein ein Blutver^iessen, sondern selbst auch Todtschläge *®*). 

'. ■ ■ / . 

I623 In Ansehqng dieser findet man in dem £ger*schen Stadt-Archiv eine Originalurkunde 
vom Jahre 1311/ fn welcher K. Ludwig den Bürgern selbst die Freiheit ''fei:ltheilt, dass 
sie 'alles Zinn, welches in und durch Eger geführt würde^. nach der altöli Gewohnheit 
flösset und diejenigen, welche ihr Zinn nicht flösset) lassen, bestraft* werden sollten. 
163) Die ältesten hierüber ausgestellten Urkunden sind^ nicht mehr «vorhanden, wol aber die* 
' ßest^ttigungsbriefe späterer Kömge, mit wörtlicher Wiederholung des Iilhaltes von 
jenen. Darin sind nun gewisse Festsetzungen, aus welchen abzunehn^en ist, vvie 
viel für diesen Erwerbszweig gethan wurde, . 

\ 164j Rochs Lau8nitz<-£töhmis^- und JSchlesische Chronik^ 



.^ 



*Z-ehnter Abschnitt. 

Allgemeine Gewerbe- und Handels-Stagnation^ welche sowol durch 

die im Lande äusgebrochenen Unruhen^ als auch durch die mannig«- 

fachen Bedrückungen des böhmischen Adels hei'beigeführt wurde. 



£|er Anf^g des XIY« Jahrhunderts war der 'Wohlfahrt des böhmischen 
Handels eben auch nicht' sehr günstig; Nach erloschenem Premyslischen 
Hannsstamme mit Wenzel dem Zweiten, der zu Olmiitz von einem Thüringer 
erdolcht wurde, so ^ie dem frühzeitigen Tode seines Sohnes Wenzel, ge- 
riethen die böhmischen Stünde wegen einem König in Verlegenheit. Einige 
warfen ihre - Augen auf den Herzog Heinrich von Kärnthen, welcher die 
ältes|e Schwester (Anna) des ermordeten Königs zur Gemahlin hatte, und 
riefen ihn zur Regierung. Andere hingegen waren damit nicht zufrieden, 
sondern schickten bevorzugte Gesandte an den Kaiser Albrecht und luden 
ihn oder seine» Sohn Rudolph in das Königreich ein. Albrecht säumte nicht, 
diesem vortheilhaften Rufe zu folgen ;*er ßam nach Böhmen^ und sein Sohn 
Rudolph ward König, nachdeln er die naehgebliebene Wittwe des unglück- 
liehen Wenzels 2ur Ehe nahm. Er starb indesis noch dasselbe Jahr und 
Heinrich von K^rnthen behauptete den Thron der Böhmen; '. 

Keine 'Regierung war so schlecht-, As die Heinrichs, und da er zu^lem 
dem Nationalcharakter .der Böhmen Hohn sprach^ ihnen auch keine Neigung 
zeigte, das Land^mit_drückenden und unerschwinglichen Auflagen beschatzte, 
verschiedene Kostbarkeiten aus den Kirchen -plündt^rte, und die so geraubten 
und* erpressten Schätze nach Kärnthen wegschleppen Hess, so lud er den 
Hass der ganzen Nation auf sich. Zu allen dem ward ein . willkürliches 
System 'von Zöllen und Abgaben für ein- und ausg'ehende Waaren entrichtet, 
welches vollends den Nerv des böhmischen Handels lähmte, Reichthum und 
Wohlsland aus dem Herzqp des Landes entführte, und den Extremen ein , 
Leben verlieh, ;das sie selbst bald nicht mehr ,zu bemeistern vermochten. 
Dies Alles, und die Hereinberufung einer Menge Kärnthner, denen er diC' 
Reichsämter ertheilte, bestärkte den» vorigen kriegerischen Geisi, besonders 
aber den Nationalhass, welcher den Zusammenhang unter den Nationen /und 
die Miliheilung^^egenseitiger Kennlnisse und Bedürfnisse verhinderte, und 



136 . . 

1 

\ _ ) - 

e})en SO die' Freiheit und Sicherheit der Gewerbe und dpn Handel allent- 
halbeil bertachtheiiigte. - - ' ; , , 

Diese durchaus nicht beneiden^werthe Lage der Böhmen und die un- 
. sinnige fiskalische Wulh Heinrichs in so kurzer Zeu, war Folge, dass man 
, lange nach ^seiner Regierunp^/den gänzlichen Verfall -des Handels und aller Ge- 
werbe gewahrte^ Der vormalige Handef^zug von der Donau und aus. Ita- 
lien haben auf diese. Weise vollends allen Vortheil verloren, und da über- 

■_ dies Heinrich 3er Pächterei der Münz- und Wechselbank zu Meran die 
Freiheit gestattete, jeden Kaufmann, der mit Waaren durch i^eine Länder zog, 
anzuhalten und 2ti besteuern , so musste natürlicherweise der böhmische 
Handel vc^n Italien ganz abg^eleitet worden sein. ' 

Es kostete abermals verheerende Kriege, um statt Heinrich aus Käm- 
then den gewählten König Johana.von Luxenburg (Lützelbiu^g), welcher* 
die letzte Erbin zur Ehe nahm, auf den Thron zu setzen und die neuer- 
liehen Unfälle, welche ' die Gewerbe Und der Handel in solchen unru- 
higen Zeiteh noth wendig leiden mussten, in etwas zu verbessern. Er 
bi^achte verschiedene von dem röiäischen Reiche r abhängende Herrschaften 
und Länder, als die Markgrafschaft Bautzen, Kamenz und Görlitz (zwar 

" längst mit Böhmen vereinigt gewesen, sic)i aber mittlerwerle wieder los- 
gerisseo) einige Herzgthümer in Schlesien, den Elbogner und Egerer Bezirk, 
nebst einem Stücke des Voigtlarides, theils. durch Gewalt, theils pfandweise, 
theils als freiwillig angetragene Lehen an sich ***). , 

> . Dieser Kcyiig stellte gleich «anfämgs den Frieden Und die Zufrieäenheit 
der Böhmen dadurch her, dass er, die Uiberreste der verhassten Kärnthner 
und Meissner des Landes verwies, und den Böhtaen so viel Sicherheit ver- 

« schaifte, dass sie wieder von neuem der Landwirthschaft und allen Ge- 
werben obliegen konnten. Allein dieser Friede und die. Zufriedenheil der 
Böhmen dauerte nicht lange. Johannas kriegerischer Geist, seine Vorliebe 
für das Land, woher er gekoiiimen war, und- sein nachmaliges Misstrauen 
zu seinem eigenen Sohn und der Königin, bestimmten jhn, fast an j^der 
Fehde in Europa' Theil zu nehmeü **®), auch fast immer iyn Auslande, be- 
sonders in seinem Luxemburg oder in Frankreich zu leben, wodurch er 
genölhigt war, einer Menge teutschen und andern auslähdidischeu Adelichen 
die böhmischen Aemter zu vertrauen, oder seinen ausländischen Ghiubigern 
der böhmischen Krongüter und Gefälle zu verpfänden. Dieses nöthigte ihn 



165) Am 27. Jänner 1331 unterwarf sich die Stadt Cremona in Italien dem böhmischen 
Eönisfe Johann. • ' 

166) Ein Glück für ßöbnien war es nocl^, dass der Kriegsschauplatz immer entfernt war, 
und keinen sogleich merklichen Einfluss auf den Handel hatte. 



V 

und seine Statthalter^ öfters ungfeheure Steuern and ander« Giiebigkeiten — 
deren die Böhmen nicht gew<i;hnt waren — einzufordern, ja sogar ^\e Ge- 
fäile des Kuttenbergor Bergwerkes mit der Münze, welche zu jener Zei^ 
wöchentlich 5 — 600 Mark abwarfen, für ^seine Absicht zu verwenden. 
Letzteres raubte ihm vollends die Liebe der Nation voh neuenr, welche ^u' 
stolz auf ihr Yaterlaad' und zu eifers^ichtig auf die-Freniden war, als dass- 
sie es bäte j^leichgültig ansehen können, wie das in Böhmen mit Schweis§ 
erworbene Geld ausser Landes gegangen ist, oder nur Fremdlinge sich mit 
ihrem Schweisse bereichert haben. 

Während nun der Handel aufzublühen schien, gerieth, das Land in ^ 
Folge drückender Steuern aller Art in dietgrösste Armuih, und Krieg entzog 
noch ausserdem dem Ackerbau die nöthigen Hände. ,I>ies System wirkte 
allerdings auch, nachtheilig auf die Handels Verhältnisse des Landes, aber bei 
allen dem hatte det Handel seinen ge'deit^licben Fortgang. Einige Luxen- 
burg'sche Kaufleute errichteten in ^räg Handlungen, und bereicherten sich 
hi'er auf Kosten des Landes. Als clas ihre Landsleute vernahmen, thaten sie 
ein Gleiches, denn sie durften mit Gevvissheit darauf rechnen, dass sie nach ' 
einem fünf- bis achtjährigen Aufeinthalte in Prag mit reichem Gewinn in 
ihr Vaterland zifrückkehren können. 

Die Tremden — namentlich die teutschen Kaufleute waren aber in 
Prag auch so zählreich vorhanden,- dass sie jchon seit langer Zeit einjt^n 
ansehnlichen Tbeil der Stadt ausmachten, gleiches Bürgerrecht mit denJSin- 
gA?bornen besassen, und sioh-nebstbei viele Eigenthümsrechte ^anmassten. 

Dies weckte die Nation aus ihrem Schlummer gewaltig auf; sie fühlten 
sich an ihren ältesten Rechten gekränkt, nachdem sie fast überall zurück- 
gesetzt wurden. Aber diese Verfügung- hob das üibel nicht, es zeigte sich • 
vielmehr ein neues, ((em ersteren entgegengesetztes Missyerhällniss, d«s der 
Sicherheit der Manufakturen und dem Handel eben so -r- wo nicht mehr* — 
na^chtheilig war. \ • 

Der König, welcher, wie schon oben erwähnt, die Grossen des Landes 
durch die theils verpfändeten, theils verkauften Güter in einen ungeheueren 
Reichthum Versetzte, und diese einen eben so grossen Staat als der König 
selbst führten, wurden mit einem IViale. stolz, übermüthig und herrschsüchtig. 
Sie hatten das Königreich gl Achsam unter sich getheilt, und waren nun selbst 
so viele kleine Könige im Lande, die während der Abwesenheit des Landes- 
fürsten einander stets bekriegten, und dabei das Land nach Gutdüi\ken — 
so yjeit natürlicherweise ihre Macht keinen Widerstand fand, mit Feuer und 
Schwert verheert hatlenl Fast eine jede Stadt hatte von einem unruhigen 
Nachbarn zu leiden. Mehrere Despoten sassen in ifiren Zwingburgen, jeder, 
Macht spottend, und dort das schändlichste Leben führend. < Nachdem ihnen 



< .' 



13a - 

selbst auch die Abgaben und Dienste ihrer Unterworfenen nicht n^ehr ge- 
nügten, sucbtßn sie ai|ch4en Gewinn, den sie aus 'dem Verkaufe ihres Eigen- 
thums etwa noch ziehen mochten, so viel ab möglich ah sich- zu bringen* 
Zu diesem Zwecke wurde das Vorkaufsrecht, eingeführt, nach welchem der 
Bauer das Getreide, das Vieh und andere Gegenstände, die er yerkaufen 
wollte, vorher seiner Herrschaft anbieten m^$ste. Diese konnte ihm natür- 
lich so Wenig geben, als sie wollte, da er ganz in ihren Aänden^ war. Auch 
lastete Rieses Röcht aussei^ordentiich ^uf dem Ackerbau und zog wegen seiner 
Schädlichkeit bald die landesherrlichen Verbote auf sich. 

Die grössten Hindernisse, welche den Handel betrafen, legten vorzüglich 
die Grundobrigkeiten in den Weg, denn Alles, was sich im Gebiete und auf 
ihrem Boden befand, sahen diese nur als ihr Eigenthum an. Fiel ein Wagen 
auf der Strasse um, oder brach* ein Rad und die Ladung kam auf den Boden; 
oder fiel, auch hur ein ^ässchen 'vom Wagen, so .eignete sich der Grundherr 
die ganze Ladung zu. Verlief sich von einer Viehheerde etwas ausser der 
Strasse, so nahm er dieses und die ganze Heerde. So verderbt waren, die 
damaligen Machthaber, so fübllos ge^^ti Verunglückte, und dies alles darf 
nicht aulTallen, wenn man erwägt, dass alles dies ungestraft blieb. Alter- 
dings gestatteten die firundherren den fremden Kaufleuten freien^Zutritt auf 
ihr Gebiet, allein diese masiften sich alle erdenklichen Erpressungen ge- 
fallen lassen. Diese Fordeiungen arteten oft in eine üchamlose Geld- 
begiercle, ja sogar in öiTentliche Raubsucht aus, welche sie mit ihr/3r Diener- 
schaft begingen. Reisende, deren Aeusseres irgend vermuthen Hess, dass 
ihre Angehörigen ein Lösegeld aufl^ringen könnten, wurden von lauernden 
^ Bösewichtern aufgefangen und durch Drohungen, ja oft sogar, durch die 
Folter gezwungen, Verschreibungen grosser Summen auszustellen, um damit 
ihre Freiheit, ja sjogar oft ihr Leben zu erkaufen. Daher geschah es, dass 
Nien[iand werfer auf öfl'entlicher Heerstrasse, noch weniger a[ber auf ein- 
Sjamen Waldpfaden vor Uiberfäll, Raub und^Jtford sicher war. 

Wenn einheimische Urkunden und Chroniken von, Unsicherheit der 
Wege^ und Strassen, von Niederwerfen und Ausplündern de^ Reisenden 
Meldung machen, so müsseh wir jedei'jeeit "vorzüglich die Kaufleute darunter 
verstehen, denn Räub,er lauern am liebsten denjenigen auf, welche grosse 
Güter mit sich führen.' Die Tuchwagein waren besonders ein schöner Gegen- 
stand für die Raubritter. So oft also die reisenden KauÄeute ein festes 
Schloss auf «inem Felsen erblickten, so oft mussten sie ftir ihr Leben und 
für ihre W«ären zittern, denn auf .^ie und ihr Eigenthum waren vorzü^ich 
~ die Blicke der Raubritter gerichtet, die ihnen in Gebüschen und Wäldern, 
auf offener Landstrase, ja selbst auf dem Wasser auflauerten, sie nieder- 






13» 

warfen,' plünderten, gefangen fortführten, und wie. gesagt, nur gegen ein 
Lösegeld freiliessen. '*''). ^ ♦ 

Um diese schändliche Bescliäfli^ng nicht bei jhrem Namen ' nennen 
zu dürfen, erfand man dafür eigene Ausdrücke. So nannte man diesen 
Erwerbszweig: ^vom Stegreif oder vom Sattel, leben,** — und anr 
deren ""Leuten ihr Vieh wegtreiben, nannte man: „sich mit Kochfleisch 
versehen^ — und die's.that man auch im vollen Sinne des Wortes. 

Um idiese Zeit hatte sich der Ritterschaft ein unbezwinglicher Hang 
zum Würfelspiel bemächtigt; mati brachte ganze Nächte und Tage 
mit diesem Spiele zu, und nlchV gelten traf es, dass Bitter, die in einer 
durchspielten Nacht ihr Hab und Gut verloren hatten, den andern Tag auf 
Raub ausgingen , um das Verlorne wieder bald ersetzt zu s^hen. Dies 
war die Lebensart der diunaligen Ritterschiift, ja selbst auch des hdheVen 
Adels und der Geistlichkeit^ < ' • 

Aber nicht allein dieses erlaubten sich die AdeJichen, sondern auch über 
die 'Flüsse wurden Ketten oder Seile gesnannt, um die Schiffe zu zwingen, 
an's Land zu fahren, um die Grundherreh 'mit mancherlei Natural- Abgaben 
zu versehen. Die Besteuerung durch Passagezölle wuchs daher auf den 
Flüssien in solchen Massen, dass es endlich wohlfeiler wurde, die Waaren 
nicht zu Wasser,^ sondern zu Laude, herbeizuschaffen. So verödetejn Böhmen 
nach und qach di6 F^hrt auf der oberen Moldau und den kleineren Flüssen 
wieder, weil ein jedei* Edelmann, der Besitzungen daran, hatte, die Vorbei- 
fahrenden zur Zahlilkg eines willkürlichen Zolles anhielt. 

Aber nicht die Adelicheh allein thaten durch ihr Zollrecht dem Handel 

vi'.- 

^os^en Schaden; i^ch der König hemmte* die Fortschritte desselben durcji 
häufige und übermässige Zollabgaben ; und uip diese Geldquelle recht reich- 
. lieh fliessen zuj lassen, ergriff man das verkehrte Mittel, d^n Zoll immer 
mehr und mehc zu lerhöhen, und wähnte sich dadurch eines reichlichen Er- 
trags bemeistern zu können. . . 

Wenn auch endlich späterhin von dem Köni| die Nothwendigkeit an- 
erkannt wurde, diese Forderungen zu massigen^ so blieb doch noch eine 
geraume Zeit, jie grösste Wiliküi^lichkeit und Unbestimmtheit dieser viel- 
herrischen Zolltarife jund der Zeitverlust, welchen die Verhandlungen darüber 
an* so vielen einzelnen ZoHsjätten verursachten, eine sehr drückende Belä- 
stigung für die Zollpflichtigen. Des Königs Macht war allzusehr geschwächt, 

um diesen Uibeln ganz abzuhelfen ^*®). 

, , i •' 

167) Die 'grosse Menge von Krämerii und Handwerke)rn, welche um diese Zeit von einem 
Markte zum andern zogen, wurden oft ihrer k1einst;:en Habe beraubt. ' 

168) Es ist geschichtlich erwiesen, daHs im Mittelalter in Rücksicht des Handels — sowol 
im Innern des Landes unter den eigenen Ü-ntcrlhanen, als auch mit benachbarten oder 






140 

So -ward von Innen der. Bürger den Erpressungen der Weltlichen und 
Geistlichen, von Aussen den räuberischen Anfällen des gierigen und unbän- 

, digen L^hen^Adels preisgegeben. 

Kennt man die damaligen IWaulpatente und. die Privilegien, welche den 
Städten und einigen Marktflecken von K. Johann Terliehen worden vsind, so 
kenpbman auch dei;i elenden Zustand, in welchem 'sich 'die, Handelsyerhält- 
hisse befanden. 

' Der söhwere Druck der Mauten lastete grösstentheils nur auf den Kauf- 

leuten und auf dem g^m^inen Volke des ^Landes. Der Adel» hat ^cbon das 
alte Landrecht von «allen Zollabgaben von» Lebensmitteln freigesprochen/ 
Die Klöster zahlten von eii^igen Dingen nur einen kleinen Zo)I,^vx)n andern 
waren läie gänzlich befreit. 

^ ^Bei der tiberg^ossen Anzahl von Zollstätten,, die sich in allen Gegen- 
den »Böhmens vorfanden^ muss es um desto hiehr befremden, dass man den 

\ Kaufleuten mit grosi^r Strenge^ die Strassen bezeichnete, anf denen sie ihre 
Waar^n vrortbringen mtisslen. Wer ausserhalb derselben ertappt .wurde, 
verlor «ein Kaufmannsgut, und verfiel noch nebenbei in eine^ schwere Strafe. 
Die»ürsaete dieses Zwanges waren gewöhnlich die. Slapelrechte begün- 
sti^^ter Städte und Märkte, welche vorJ)ei- oder • durchreisenden Kaüfleuten 
die Pflicht ^auferlegten, ihre Waaren dahin zu bringen, und einige Zeit hin- 
durch den Bürgern feil zu'bi(4en. War dieses geschehen, so .durften sie 
wieder weiter ziehen**^. Es hat aberiiuch in vielen Gegenden der Strassen- 
zwang bestanden, ohne dass sich die daselbst vorfintenden Städte eines 
Stapelrechtes z^u erfreuen hatteii, wovon wir mehrere Beispiele aus ür- 

entfernten Provinzen, fast den meisteti Regenten die ersten an4 einfachsten Begriffe 
und alle Regeln der Klugheit fehlten, denh, anstatt den Fieiss und die Kunstfertig- 
^ keiten der Untertlianen aufzumuntern und zu befördern, wurden dieselben vielmehr 
durch höchst unweise Vorschriften zurückgehalten und gewaltig gehemmt. So wurde, 
anstatt die Ausfuhr einheimischer Produkte zu begünstigen, dieselbe durch Staffel- 
reci)te und den noch vi^l lästigeren Strassenzwang nur noch mehr ersahv^ert Die 
LanaesHirsten sannen nur' darauf, wie sie durch grosse Mauten ansehbh'rhe Summen 
gewinnen und flen Bürgern der Städte und Markte, die ihnen unmittelbar unterwerfen 
waren, oder ihfep vorzüglich begünstigten Lieblin^n aus' dejn Adel gehörten, allen 
jpöglichen Vorsciiub leisten könnten. Maii vervieirältigte unnöthi^erweise die Brücken, 
. ' und hemmte die Stroitebahn durch Wehren und Flüssgebiete, bloss um^ «u Zollerpres- 

sungen Anlass zu haben. Allein gerade durch diese Massregeln legten sie dem indu-' 

* ^ «triellen und handelnden Volke nur schwere Fesseln an, upd man weiss, dass sie 

am £nde von allen den, den Ulfiterthanen aufgebürdeten Plackereien keinen Nutzen 
davon trugen, * " , , - ' ^ 

169) Das Nachtheilige dieses Systems,- dessen erste Folge Vortheüerung der • Frachten, 

* folglich Venninderüng des Handels, und dessSn zweite verhindertet Aufblühen der 
Orte an den nicht begünstigtea Strassen war, leuchtet ein. 



141 

. • I I 

künden anzuführen im Stande gindl Dieser Strassenzwang erstreckte sich 
aber bis nach Ocsterreiph, Schlesien und Polen.. So durften diejenigen, welche 
aus Oesterreich mit Wein oder mit anderen Waaren gegen Budweis und, 
Pisek oder von da hinab fuhrei;!, keinen, andern Weg al^ über Wodnan eilt-: 
schlagen, woselbst sie die Mauth (in der Urkunde, welche im Wodftaner 
Stadt- Archive liegt, nicht bestimmt) entrichten musslen, von wqlch^r jedoch 
die Budweis^er und Piseker jEiusgeschlossen waren. Eben so wurden auch 
alle Marktleute, welche von Prachatic nach Moldauthein oder nach ChwalMp, . 
von Netolic nach Prag oder Kuttenberg fu|iren, verhalte^, über WodJian,die' 
Route zu nehmen, nnd daselbst die bestimmte Mauth abzuführen, wogegen 
die Waarentransporte der Wodftaner Kanfleute und anderer Privaten auf 
allen Gütern der Prälaten und Ritter mauthfrei waren. Die "^tadt Brüx ge- 
noss ein ähnliches Recht, demzufolge jedes Gut, das im Umkreise von ^wei 
Meilen viprbeigeführt wurde, in genannter Stadt zum Verkauf ausgelegt werden 
musste. Brüx war damals eine durch Gewerbe und Handel blühende^ Stadt. — 
Im Jahre 1318 gab Markgraf" Friedrich der Stadt Freiberg den^ böhmischen 
StrasseQzwang, sammt der ' Niederlagsgerecbtigkeit und , dem - Krahnrechte 
vom Salze. 

Die Verschenkung des Strassenzwang- Rechtes und des Mautregals 
nahm später so üb.erliand, dass davon .endlich der Landesfürst kaum noch 
dem Namen nach, höchstens bei einigen königlichen Städten^ und da. nur 
mittelbar, etwas übrig behielt; dagegen die geistlichen als weitlichen Grund- 
obrigkeilen nach und nach, unter dem Verwände der Aufrec|ithaltung der 
Strassen und der Brücken, sich auch der Wegmauthen bemächtigten und die 
Einkünfte derselben als ein blosses Dominikalrecfat aus dem Herkommen be- 
trachteten, ja viele sogar- ihren unterthänigen Städten und Flecken, ohne . 
selbst vom Landesfürsten^ ein Speoial-Privilegium erhalten zu haben, diese 
Rechte wieder verschenkten, und hiemit nach Willkür, als mit einem Eigen- 
thum geschaltet, und solches auch in ihre Urbarien vorgemerkt hatten. 

Bei dem Betriebe des immer sehr wichtigen und ausgebreiteten böh- 
mischen Handels nach Sachsen, Schlesien, Polen und der Mark Brandenburg 
bedienten sieh die Kaufleute derjenigen Strasse, welche zu jener Zeit über 
Görlitz, Zittau, Gabel, Niemes, Weis|swasser und Jungbunzlaü nach. Prag führte, 
auf welchem Strassenzug König Johann mit grossen Kosten den sogenannten 
Gebirgspass durchbrechen Hess "*0« , Wahrscheinlich war sie in jenen Ge- • 
genden die erste oder doch wenigstens die sicherste Strasse, da sie mehrere 
Städte berührte, und die Gebirge vermied» Diesen Umstand benutzten die 

170) ^eschka's Geschichte von Zittau H. B. S. 219. ^ x 



142 , ■ ' ' 

an dieser Strasse gelegenen Städte^ besonders Görlitz und Zittau, und wussien 
sich von dem oknedies für ihr Emporkommen besorgten Landesherrn Pri- 
'VÜegien, Strassengerechtigkeiten und Stapelrechte zu verschaffen. 

ß'ine zweite Strasse nach Zittau lief zu jqner Zeit über Leipa durch 
,pbersdorf tor dem Ameisenberge rechts ab, und durch die Waldung zwischen 
Johnsdorf und Oybin. Zwischen Hayn und Grunbach kam sie bei der so- 
genannten Schanze aus der Waldung. Noch heut zu Tage ist sie bei den 
Bewohnern jener Uegend unter dem Namen der alten Leiper Strasse gar 
Hvohl bekannt, und noch erblickt man da und dort Im Sandstein se|ir ausge- 
fahrene Wagengeleise. Dielse Strasse war und hielss auch die Hoftaung der 
Oybiner Raubritter ^^0. Als aber Friede und Ruhe im Lande allgemein ge- 
worden, und die Kaufleute sich eine genauere Kenntniss des Landes ver-r 
^diäfil hatten, sahen sie bald ein, das^ sie durch Benützung der, wol schon 
firühet* bestandene geraden Strasse über Friedland, Reichenberg nach Banz- 

4 , 

lau sowol einien bedeutenden Umweg ersparten, als auch jenen — Geld und 
Zeit raubenden Belästigungen in den Städten — entgingen. Durch diese neue 
Richtung blühten die Städtchen Schön, Seidenberg^, Friedland und Reichen- 
berg schnell auf, aliein die Städte -Zittau und Görlitz brachten desshalb ihre 
Beschwerde bei dem K. Johann an, und baten um Bestättigung ihrer schon 
Von dem Brandenburgischeh Markgrafen erlangten Privilegien. Johann be- 
willigte ihnen ihre Bitte, gab ihnen im J^hre 1341 ein neues Privilegium, 
tind verbot bei königlicher Ungnade und Gefahr des Leibes uhd Gutes, die 
Friedländer Strasse zu befahren. . 

Dieser Strassepzwang würde gegenwärtig allerdings sehr lästig fallen, 
bedächte man anderseits nicht, dass jene Städte die auf ihrem mitunter sehr 
weiten Gebiete die Hauptstrasse fahrbar zu erhalten schuldig waren, und 
sie in dieser Hinsicht, auch auf einen Ersatz durch die ihnen gebührenden 
Mauthen rechnen durften. ' 

Mit der Fahrt auf der £lbe und Moldau war es fai^ npch ärger ge- 
stellt, in so fem hier das bewusste Recht auf blossen Anmassungen beruhte 
t)hne landesherrliche Genehmigung, Dass die Prager es ausgeübt haben 
erhellet aus einer Urkunde, in -welcher für die Stadt Breslau eine Ausnahme 
gesetzlich ver/ügt wird. Diese- wHIkürlich'en Bedrückungen bestanden aber 
nicht allein auf der böhmischen Elbe, sondern auf der ganzen Länge bis 
in die Nordsee. Die Magdeburger haben es sich d|ircK willkürliche Ausle- 
gung- alter Freibrieffe beigelegt. Gegen die Hamburger erhoben sich be- 
greiflicher Weise die meisten Beschwerden, da von Prag herab und von der 
Säle und Havel herunter, seit früher Zeit viel SchiiTfahrt bis in die Nordsee 

171) Peschkas Geschichte von Zittau II. B, S. 218. 



143 

Statt fand ^''^.Z Aus Sacbi^en wurde viel böhmisches Getreide dahin verschifft ; 
eben so vom Harz, ' so wie anderseitig aus Böhmen und Schlesien Tuche, 
Leinwanden, Felle, Metalle, Hopfen, Töpferwaare n. a. m. kamen. Strom- 
aufwärts gingen nach Böhmen Heringe u. a. m. Aus dieser Zeit habeawir 
viele Urkunden aufzuweisen, wo des auf der Elbe' aui^ Sachsen nach Böhmen 
gehenden Salzes gedacht wird. So sagt König Johann, da er der Stadt 
Leitmeritz das ftecht des Verkaufes oder Stapelrechles des Salzes gibt, 
dass er die Vorrechte der genannten Stadt bestättige, welche ihr schon 
von König Wenzel II. und K. Ottokar verliehen worden sind. Diese Urkunde 
ist im Jahre 1325 verfasst worden *^^). . , 

.Der Stadt Pirna ^''*) ,♦ welche zu jenef Zeit immer noch böhmisches 
Krongut war, bestättigte K. Johann ihre Stapelgerechtigkeit, oder nach dem 
Ausdrucke deSv Diploms, ihre Niederlande und Ladung, wie sie dieselbe vor 
alter Zeit besass. Dieses Recht Bästand in dem erhöhten Magdeburgischen' 
Zolle von allen befrachteten Schiffen, die im Plrna'schen Hafen anlangten, 
und weiter fahren' wollten, als: von einerii vollgeladenen Schiffe 3 Mark 
Silber ad cambiumy*^. Wenn es aber ausgeladen . wurde, und der Schiffer 
nahm für die Fracht andere Gegenstände, * z. B. Steine oder Holz zurück, 
so bezahlte er nichts. Dagegen musste ein jedes Schiff, clas daselbst zum 
erstenmale befrachtet wurde, einen Zoll entrichtt^n, wovon blos die neuge- 
bauten Schiffe befreit waren, welche Steipe und Holz stromabwärts fuhren, 
und vor dem Grundeise wieder heraufkamen. Geschah dies nachher, so 
musste es: Ein Halbviertel Viertling bezahlen«^ Dasselbe gilt auch 
bei solchen Schiffen, die Archen oder Prahmen genannt wurden. # 

Ein Floss, das frisch am Strande der Stadt gebaut wurde, und Holz 
oder Steine nach Magdeburg öder von dort iiufwärts führte, musste entrichten : 

Für 60 Stück Balken . /• -4 Pfennige 

„ 60 • „ • Trabes (vielleicht Tragbalken) .... 6 „ ' 

172) Wenceslai Hajek a Liboczan Annales Bohemorum a. 837 B. 11. p. 529. 

173) Zu^Ende des XIII. oder zu Anfang des XIV. Jabrh. musste Böhmen sein Salz auch 
schon, aus Polen gdioU haben, und der Tiansport desselben geschah wahrscheinlichh 
über Mähren. v ' 

174) Diese Stadt wurde von den Slawen -^wahrscheinlich den Serben — gegründet; und 
wir finden, ihrer in den ältesten Urkunden als eines wichtigen Handelsplatzes erwähnt. 
Da dieser^ ein Stapelplatz war und daselbst von deuvW^aaten eine Abgabe erlegt 
werden musste, so w^rd ^sie yon dieser : „Berna^ (Abgabe) genannt, woraus endlich 
durch Verstümmelung der heutige Name „Pirna^ entstanden ist. 

175) Dieser Ausdruck scheint eine Abgabe an das Wechselhaus oder Münzhays zu *be- 
zeichnen, und, obschon eigentlioh dahin nur etwas Gewisses für den baaren Geld- 
umsatz und die Vermüpzung hezahlt wurde, so scheint man doch in der F.olge dar- 
unter alle Kammer-Einkünfte an Markt- und^oU^eidern der Stadt begriffen zu haben. 



/ • 



/ 






/> 



* 



144 

Für 60 Stück Sparren ...'... 2 Pfennig:e. 

„ 6Ö , Brettfer , . . . , 2 „ 

„ 60 „ Aamsiclienkel' 4 „ 

^ 60 ^, . \Stuckschind^ln . .' 8 ' „ 

„ 60 „ Becherholz (Böttcherholz ?) . . .« . 8 ^ 

' • ^ Sandsteine,' .....•♦.'•....- 2 „ 

„ Schiefersteine .:.•.. .7 ..♦.-. 1 ^ 

„ Sc[ileif$teiiie ........•...♦.• 1 

femer : 

. . Für die Fracht (Carrafa, Fuder) Honig .♦.•..! Viertling 

^ das Slurnitz Honig von Böhmen ^ .*..... 3 tfennige 

.. 5. den Wagen Honig von Bautzen^ Dresden oder wo 

anders her ....>. 1 „ 

„die Last Zinn, Blei, Kupfer ..•/,..• % „ 

I 
55 den. Centner delto ......... 2 „, 

. „, „ Stein detto . ... . . . *. . 'V^ „ 

- die Braupfanne - . ♦ ^ . . 4 „ 

55 150 Stück Rinds- oder Pferdehäüte aus Böhmen 

^ über der Elbe oder anderswoher ...... Va«*Mark 

„ 100 Bockshäute ............. 10 Pfennige 

„• 100 Schaffeite ..*.;.;........ VaLolhes»^«) 

. „ lOÖ Ziegenfelle . . ..... . . . . ". 4 Pfennige 

„ eine rohe Haut .^ .......... . Va ^ 

•/ „ das Saum *'^) feine Tuche . . . . . . '. . y« Viertling 

Ein Fremder, dßi* seinen eingeführten Wein in der Stadt 

ausschenkte, zahlt keinen, Zoll, sondern nur den. 

Kt'Uerzins den Bürgern, nämlich , . . . . . y . 1 Viertling 

176) Der' sechste Theil einer Zahlraark. , 

177) Ein Saum betrug 4 C^tner. Allein, schon' die Natur der Sache, indem nicht alle 
Thi«re gleiche Lasten zu tragen vermögen, und dann die allgemeine Erfahrung, dass 

' auch die gleichnai^igen Maasse und Gewichte, nirgends gleicl| waren, lassen* uns den 
folgerechten Schluss ziehen, dass man bei dem Worte JSaum bald an eiit grösseres, 
bald wieder an ein kleineres Gewicht denken müsse. Urkunden be^tättigen dieses 
Unheil vollkommen. Nichts war gewöhnlicher, als eine gewisse Anzahl ganzer Stücke 
TncK einen Saum zu nfenn^ docl^ fand man -es für nöthig, diö Anzahl der Stücke, 
die einen Saum ausmachten, genau zu bestimmen, wobei jedoch' imn^er auf die Fein- 
heit und den Werth d'es Tuches. Rücksicht genommen wurde. ' K. Rudolph IV. hat 
im J. 1364 einen Vertrag mit. der Stadt Nürnberg abgeschlossen,^ in welchem Ifestiromt 
wurde, wie viel Tuch auf einen Saum gerechnet werden solle. Hätte ein Saum 
allenthfilben für ein gewisses, allgemein angenommenes «Gewicht gegolten, so war es 
.' nicht nöthig, die Anzahl der Stü/cl«e von verschiedenen Tuchen zu zählen, darüber 
Befehle zu erlassen und zu schliessen. 



I 



X 



« 



145 



7> 



Für i Slfick böhmisches Tuch 4 Pfennige' 

^ 1 kurzes jlheinisches und Boppardsches (Poprensis) 

Tuph ; .3 „ 

„ 1 Stück Bauern- o4er Landtuch .,...* 2 „ 
Derjenij^e, der dergleichen Tu^he nach.B0hmen .^ 

führte 1 - 

Das Fuder französische, ungarische, österreich^sfhe und 

Elsasser Weine . . • 1 Viertl 2 Groschen 

Für Salz, zu Pirna ausgem^ssen, und nach Böhmen ver«» 

führt, vom Schock zu 109 StuTnitzen gerechnet • 3 Gfoschen 
I>ergleichen auf Wagen verfahren, und zu Wiasser ver- 

schifft ,•.....,..%..,, 4 

Ein einspänniger und dreispänniger Wagen mit Salz . .11 j, und 

an's Wechselhaus . •, . • *. . . 2 ' » , 
Ein einspänniger Wagen ebenfalls . . . r . . . 11 . ,, und 

an's Wechseöiaus .•••••• 2 1 „ 

Ein Wagen' mit Heringen von mehrjals einer Ldst beladen 14 ^Pfennige 

. und zun^ Wechsel . ...... J 4 Oroscben 

Für 1 Big» "») Salir . , . . . • . . . . . .67«^ 

ans Wechselhaus ♦ . . a . . . . 2 ^ 

j^ 1 Wagen Heringe, der mdir als eine halbe Last führt 14 „ 

zum Wechsel ^ . ... ... . 4 ' ,, 

„ 1 Wägeii mit, Heringen von mehreren Lasten, von 

\ / jeder Last . . . . . . .^. > 2 . y, . 

„ 1 * Wagen mit einer falben Last oder weniger . . 14 /„ 

,j 1 Wagen mil Fischen (Zoll) •. . 1 % . • . 14 ^ ' 

zu Wechsel ......... 4 - H 

„ die Last Heringe^ die auf einem Schifib von Mag-^ 

deburg anlangt (Zoll) . . . . .. 1 Viertling 

Von einem, leeren Schiffe, Boink genannt, das heraufge- 
fahren und ohue Bord sich befindet • . 2 Pfennige 
Dergleiefaen mit einem Bord . . • • • . . . . 4 ^ 

Von einem Nachen-aus einem Bret gemacht v / . .2 ,, 

Dergleichen aus^ zwei Bretern ' . . . 4 „ 

Für 100 Hasenfelle ..•,.. . 4 „ 

„ 100 Fucbsbälge , . . * ,. ^ •- • • • , • • % Lolhis 
- lOÖ Marderfelle .......... . . . 27^ „ 

„ einen mit Sensen befrachteten Wagen • > . , 14 ^ 

1781 Die^ Fracht eiaes MauUhiere^, die es auf beidefi Seiten in Körl)eti trug. ' • 

. ■ ; '■'■"■• 10- ■ 

« ' ■■ • ■ 

'^ • 



\ 



146 , . . 

Für 100' -Stück Sensen auf der Elbe gebracht . '. . 4. Lothis 
-„ 100 Degenklingen ........... 4 „ 

Die Einfuhr böhmischer Weine, wenn sie gegen Salz 
umgetauscht wurden, war freh^ Wenn dieselben 
. abierfär bares Geld umg^esetzt würden . . . 2' „ 
Wenn ihn der Pimaer Käufer nach Öresden fuhrt . 2 ,, 

Der Frachtwagen mit Stahl . . • 4 ,, 

yj Wagen mit Zwiebeln .'....,...• ^ „ 

yf ^ w Knoblauch .......... 2 ,, 

^ Zentne^ Schnittlaucbsaraen ^. .*"....'. 2 ^ ^ 

„ y, Rübsaat . . ... . < • . . . • | ,, 

,f- j, Rubmb' * . . . •; - . 4 '. « • . 1 „ 

An Fährgeld über die Elbe ward von einem Pferde ein halber Pfennig 
gegehen, doch kehrte der Fuhrmann in derselben Woche wieder zurück, 
50 zahlte er für die Rückfahrt nichts« . 

Ein Fussgähger gab eben so viel. und gdnoss gleiche Befreiung, wenn 
' er in derselben Woche wieder zurück kam. Jeder Bürger, der ein eige- 
nei^ Haus in Pirna für 100 Mai^k am Werthe besass, und davon die gehö- 
rigen Abgaben entrichtete, war -^on seinen Waaren, die er auf eigenen 
Frachtwägen einführte, von allem Zolle und Wechsel befreit. Ein. Bürger 
aber,, dci* kein Haus blatte, und doch von 5 Afark versteuerte^ bezahlte nur 
die Hälfte an Zoll und Wechsel. Ein Einwohner, der dem Fremden die 
Waaren zuführte, haftete füt diesen in Ansehung aller Abgaben. Kein 
Fremder durfte bei Strafe am Dienstiag mit seinem Salzwagen über den 
Markt diesseits des Steinweges fahren. Jfder auswärtige Fischhändler 
musste seine Fische den ganzen 'ersten und den andern Tag bis 9 Uhr 
weir haben, und durfte er sie vor Ablauf dieser Zeil w^der theilweise noch 
einzeln verkaufen. Eben so musste der fremde Kornhändler sein Getreide 
sogleich verkaufen, und durfte es bei Strafe von 5 Schillingen apf keinen 
Boden niederlegen. Kaufleute, die Heringe eingeführt haben, konnten solche 
nicht einzeln, sendern im Ganzen ^ d. h. nactt der Anzahl von Lasten 

verkaufen. • 

-*. • ■ . 

Wenn wir nun auch aus diesem hö<;hst ungeregelten, hie und da ganz 
undeutlich verfossten Tarif des Diploms nicht gehörig in's Reine kommen 
können. So erlangen wir daraus doch »mmiJr die Üiberji^eogüng, dÄss um 
diese Zeit trotz aÜen den vielen lästigen Zöllen die Schulfahrt auf der Elbe 
recht lebhaft betrieben wui*de. 

Dass inan zu .jener Zeit, Waaren auf Consi^ation den Handlungs- 
freunden einzusehdert pflegte, besagt uns eine lateinische Urkunde,' welche 
im Wütingauer Archiv aufbewahrt ward. Es ist dies ein förmlicher Brief, 



' 147 

^ - 

woraus wir deutlich ersehen , da$$ ein Bruder dem andern eine Pariie 
Zinn consignirte. Sein Inhalt mag hier an seinem Orte stehen und derselbe 
lautet wie folgt *'^?3*; 

^Na0h Yorausgeschicktefn brüderlichen Grusse;. 

Du musst wissen^ . mein lieber Bruder, dass ich zuerst einem An- 
kömmling von deinem Zinn 10 €entner um 52 Groschen verkauft und einem 
andern Gast aus Wien auch 81 Cent, weniger 3 Pfund für 6j5 Groschen 
verkauft habe; für das übrige 'Zinn aber habe ich auch ^inen Küiifer in 
petto, ob ich das übriggebliebene verkaufen oder für dich weiter aufbe- 
wahren soll, darüber schreibe mir j$obald als An nur kannst. Und wenn 
Jemand zu dir mit der Frage käme, ob du ijaPrag Zinn vorräthig hast, 
dann sage, dass du das. nicht hab^eSt, aber ob dein Brqder Nicolaus zu Prag 
nicht etwas davon habe, davon wüsstest du ^nicht, anderes brauchst du nichts 
zu sagen.. Du weisst, dass ich auf' diese Art Altes auf Anrathen des* Heinri4)h 
von Kadan.gethan habe. ' ' 

Vor allem meinen freunds^haftliöhen und gehorsamen Gruss.^ 

Dieses Schreiben athmet einen rein kaufmännisch * politischen Geist, 
und wir ersehen aus dieser respektablen Urkunde, dasi§ man schon iZu jener 
Zeit Waaren in Consighälion einzuschicken 'pHegte, ' ' 

Aus dem, was hier namentlich über den Handel, das aus unverwerf- 
lichen Urkunden geschöpft ward, mitgetheill wurde, erhellet deutlich, dass 
sich die mjerkandlischen BegrilTe jener Zeit noch immer nicht , viel über 
ihre erste Kindheit erhoben haben; denn Alles, was den Handel betraf, be- 
ruhte mar auf Privilegien, auf unseligen Stapelrechteu und auf der mög- 
lichsten Hintai;ihaltung Aller, die nicht das ^ Glück hatten, Mitglieder einer 
Bürgergemeinde in landesfürstlichen Städten und Märkten zu sein. Nur 
Günstlinge, dann ^Iche, welche Yermögen genug besassen, um sich"^^ ein 
einträgliches Handelsbefugniss kaufen zu können, durften im Handel mit 
den Burgern . gleichen Schritt halten. Wai* eijnter irrigen Meinung zufolge 
durch' häufige Zollstationen für eine reichliche Ausbeute des Lande^itirsten 
und durch Muifopoiien für einen muthmasslich hohen Gewinn der Bürger 
gesorgt:* so glaubte man für den Handel schon genüg befohU'a und geleistet 

179) Fratema salatatione praeiDiasit. Scire debes, frater mi dilecte, cjuod de tuo stanno 
vendidi uni advenae primo dece^i centenarios ^ro LH groma^ et älteri hospiti cui- 
dam de Vienna etiam vendidi LXXXI centenarios minus tribus libris pro LV* (sie) 
groefiiSy hd supeVffaiun yero stannum etiam emptörem habeo. in instant! ;* si istud su- 
• perfluum vendere vel tibi ulterius jseryare debearo, rescribe mihi etiam oitins sicut 
potes. Et si aliquis adte v^niat, te interrogans, si stannum habeas Pragae tunc 
dicas, quod nihil ibi habeas, sed si frater tuus Nicolaus Pragae aliquid de stanno' 
habeat, de hoc nescias nee debeas aliqiifd respondere. Noveri»^. me. ita omne cum 
consilio -Heinrici de Kadano egisse pariter ^t fecisse,'^ ' , ' 

: . - . 10* 



i 



148 ' -', " 

ZU haben; höber konnte sich die Handelswcisheit des Mittelallers nicht 
aufschwingen *®^. . / 

Wenri wol iauch endlich die Nolhwendigkeit anerkannt wurde, diese 
Forderungen zu massigen, so blieb doch^ die grösste Willktirlichkeit und 
Unbestimmtheit dieser yielherrischen Zolltarife und der Zeitverlust, welchen 
die Vei1ian4rungen darüber an so vielen einzelnen Zoilstätten verursachten, 
eine sehr drückende Belästigung für die Zollpflichtigen. Des Königs Macht 
war allzusehr geschwächt, um diesen UibeTn ganz abzuhelfen. Was liess 
sich aber auch von^ einem Handel wpl Gutes erwarten, der unter stete^ 
Plünd'ern durch Raubritter und übernatürlich vielen Zöllen seufzte? Hatte 
der Kaufmann solche Hindemii^se und -Gefahren überstanden^ und langte am 
Ziele der Reise an, oder lam durch eine grössere Stadt, die mit der sei- 
nigen in ilandelsverbindung stand, so traf ihn nicht selten ein Ungemach 
anderer Art, eines der empfindlichsten Gebrechen jener Zeit, nämlich : e r- 
zwungene Bürgschaften*. Diese Ausartung der urgermanischen Ver- 
bürgunsgesellschaften , di« überall in. das Gerichtswesen, gedrungen war, 
wesshalb alle Stifter und Klöster diö Befreiung davon ausdrücklich in den 
urkundlidien Verzeichnissen ihrer Bevorrechtigungen mit aufiiihren^ Hessen, 
Ward besonders dem H<andelsstande verderblich. An jedem Bürgdr einer 
Stadt, ja an jedem Bewohner einer Landschaft suchten die einer andern sich 
schadlos zii halten, wenn sie unter den Mitbürgern derselben böse Schuldner 
hatten. Dass in solchen Fällen die Güter eines durchreisenden Kaufmanns 
in Beschlag genommen, meistentheils auch seiAe Person verhaftet urordcn, 
bezeugen die vielen darüber enthaltenen Klagurkunden. Deii* reichen Han- 
delsherren würde mit grosser Lüsternheit nachgeträchtet, um sie aufzuheben, 
und von ihren Angehörigen ein Lösegeld zu erpressen. ^^ 

König Johann kann von allen (Riesen Unbilden - nicht ganz freige- 
sprochen werden, ob ihm zwar auch Vieles ohne Grund zurLast gelegt wird, und 
an dem am ällermehrsten seine öftere Abwesenheit, noch mehr aber böse 
Staatsbediente und die Grossen des Landes Schuld trugen; allein er hätte 

doch ais Regent den schamlosen Bedrückungen Schranken 'entgegen setzen 

\ • '-, ~ ' ^ ■ ' 

/ ' • • • • 

180) Wie ganz anders verhielt es sich mit dem Han(]el grosser Reichsstädte und aller der-* 
< jenigep, die. dem Hansestädtischen Bunde einverleibt waren. Freiheit der Personen, 
Sicherheit des Eigenthums und die ' möglichste Beförderung und Ausbreitung des 
* Handels wafen die ersten und vorzüglichsten Bedingnisse ,' auf welche die Bürger- 
gemeinden ihr Hauptaugenmerk richteten. In diesen Städten wurde der Handel nicht 
mit Engherzigkeit und neidischer Eifersucht als ein Erwerbzweig einzelner begüti- 
stigter Bärger, sondern als ein Gemeingut des ganzen Bürgerstaates angesehen. Daher 
kam es, dass die Magistrate derselben mit benachbarten und auch weit entfernten Lan- 
dern Handelsverltäge abschlössen, oder auch um grosse Getäsuttimen der Biifger- 
schaft vortheilhafte Handelspr^vilfegien in denselben verschafften. , 



149 

sollen! Die Anlegung neuer Zölle lässt sich wohl leicht vertheidigen. Es 
sind dies Regale eines Landesfürsten, und alle Regenten hatten schon in 
den ältesten Zeiten die Zolleinhebung den Staatsdienem anvertrauen müssen ; 
aber die Art und Weise, wie die Auflagen erhöben wurden, ist eben so 
beschwerlich^ als die Zölle selbst, und hierin scheint K. Johann gefehlt in 
haben, dass er nicht immer redliche und uneigennützige Zollbeamte ein- 
gesetzt hatte. ' 

So nachtheilig übrigens nun auch die erwähnten Ereignisse im Ganzen 
für Böhmen erschienen sind, so hatten sie doch für die Verbesserung« der 
Manufakturen und den Handel, .wenigstens im Einzelnen, gute Folgen. Der 
Zusammenflttss so vieler und verschiedener Fremden in Böhmen, besonders 
der Lu^cemburger, Franzosen und Italiener, erweiterte unfehlbar den Markjt, 
setzte dadurch die Kaufleute, Handwerker und Andere in Thätigkeit, und 
brachte hiedurch nur reges Leben und Frohsinn ins Land. Selbst die Ver- 
bindung Ifiederlands mit Böhmen eröffnete einen .neuen Handel, und^llm 
diesen recht in Aufnahme zu bringen, schenkte K. Johann den niederlän- 
dischen Kaufleuten in Prag grosse Freiheiten/ Die Nürnberger und namentlich 
die lombardischen Tuchhftndler wurden ebenfalls sehr begünstigt, ja nidit 
allein, dass er diese vom Prager Umgelde. befreite, , sondern er ertheilte den 
ersteren sogar die Freiheit, dass sie in allen seinen Staaten bloss unter 
Leistung der altherkömmlichen Zölle zu Wasser und zuLaiide frei hantieren 
könnten, und gegen jede anmassende Gewalt geschützt seien. 

Einen bedeutenden Ausfuhrartikel zu Wasser bildete das Holz ^-^0* 
Dass König Jofaan9 wirklich StaatsUngheit besas^ den Nutzen des 
Kommerzes wol anerkannte, und daher auch hierauf bei den Friedens- 
schlüssen — wo es natürücherweise die Umstände erlaubten und erforder- 
ten — unter Einem Rücksicht nahm und den Handel kräftig zu unterstützen im 
Sinne hatte, ist untei^ andern aus dem am 24. , April mit dem po^ischen 
Könige Kasimir zu Trenöin geschlossenen Frieden abzunehmen, demgemäss 
die Festung Boleslawic, welche auf der Strasse aus Polen nach Br^eslau stand, 
zur Sicherheit des Handels geschleift werden musste, damit die reisenden 
Kaufleute aus derselben nicht mehr beunruhigt werden möchten ^®^. Zu 
Breslau schaffte er die ungeheuren Zölle ab und führte die freie Schifilahrt 
auf der Oder ein *®*). - 



/ 



181) 0er /Hobehandel war im J. 1342 zu Prag gestört, weil die Prager nnd Podskaler 
Bürger grosse Stusse Holz durch die damalige Uikerscbwemmung verloren haben. 
(Franc. Ch. L. IV. f, 194). , / 

182) CaroL IV. in vita sua. 

183) PelEel'f Carl IV. I. T. p. 73. noch Lünig P Spec. Coni IV. T II. p. 312. 



150 

Qies nützte nii^ht seiner Kammer, iondern dem Transitohandei zwischen 

iN 

4leQ Städten Krakau und Frankfurt, welche im Hansestädtischea Bunde 
standen. Es war also nicht Eigennutz des Königs, über wejchen seine 
Geschichtschreib^ so sehr schreien, sondern die blosse Wohlfahrt des Han- 
dels in Schleien, welchen er damals besonders zu befördern bemüht war. 
Pie böhmischen Geschichtschreiber, namentlich Stransky *-- von Hä- 
jek *^*) irregeleitet — eignen ihm zu;^ dass er der Erste gewäsen sei, der 
im Jahre 4336 auf alle fremdländischen Waaren, die nach Böhmen geführt 
wurden, einen EinfuhszoU legte, welches vor diesein in Böhmen nie ge** 
schehen war. Aber aus der allgemeinen Handelsgeschichte ist es sattsam 
bekannt, dass diese Abgaben schon vor ihm üblich und unter dem allge- 

I I 

ineiiieh Namen der Mauten oder des Geleitsgeldes in den willkürlichen und 
den Handel > drückenden Händen de^ Adels wai;en« Für das Alter sowol als 
iür die Allgemeinheit der Zölle in Böhmen kann man Urkunden aus dem XI. 
und XU. Jahrh. aufweisen. Am frühesten scheinen indirecle Abgaben, i^a^ 
jnentiich die Zölle, geregelt' gewesen zu sdn, und es gejschieht ihre ca-ste 
Kennüng in 2ätt«us Chronik schon im Jahre 1255 bei Gelegenheit eines zum 
Aufkommen der Stadt vpn K, Ottokar IL bewilligten Zollerlasses« Eine 
Vorstellung der Zollsätze in den viel früheren Zeiten der Stadt gibt ein 
sehr altes — wahrscheinlich auch aus dem XIII. Jahr, slammendes Register, 
dessen Jahr zwar unbekannt ist, das aber sagt: „wie der Zoll von Alters 
ja von airewege eingenommen worden.^ Die altra Ausdrücke Borna und 
ZIo (Umgeld) kommen in unseren Chroniken oftmals vor* 

König Johann regulirte also nur das Mautwesen darch feste Satzungen, 
eignete die Uibersich) des Handels dem Staate oder seinen Höflingen zu, 
wodurch er .die Willkür des hiezu unbefugten Adels Schranken setzte, und 
brachte so die inländische Emsigkeit und den Handel in einiges Gleichge- 
wicht mit dem Auslande, womit unter andeili das Gute elfzielt wurde, dass 
durch diesen zeitgemäss geregelten Einfübszoll die böhmischen sehr-mannig- 
faltigen Produkte mit den auswärtigen die Goncurrenz aushalten konnten. 

Das geregelte^ Mauthwesen hatte noch eine gute Folge, nftmlidi die 
Errichtung einer grossen besi eingerichteten Waaren-Niederlage, die man das 
Umgeld nannte*®^), König Johann Hess nämlich im Theinw Hof zu Prag ein 
förmliches, mit grossen Magazinen versehenes Hauptzollamt für alle angehende 

184) Häjek.s&gt: „Daxumal hatte König Johann das Kriegsivolk gleich nicht zu besolden, 

desswegcn erdachte er wunderliche Steuer, davon man zuvor in Böhmen niemals 

gehört.« ^ 

185} Dieser teutsche Ausdruck h^weiset^ dass • die von König Jphann getroffene, Mnuthan- 

derung eine Nachahmung des Auslandes war. Dieser Name kommt auch nicht Crüher, 

als unter diesem Regenten diplomatisch vor» 



/ 



fremde Wa^en errichten, und liess solches durch dep damiilig-^n Statlhaltei* ' 
verwalten. Nebst diesem HauptzoHamte wurden hin' und wieder am Lande 
königl. Zollstatteh errichtet, vorzüglieh an der Elbe an;d gegen die Gränze. 

Ans dieser Zeit besitzen wir eine ganze « ZoUordnung, ii^elehe die 
Prager Stadtböcher bewahren.. Sie geben uns von dep gleichzeitigen Creiste 
des Zollwesens die ausführlichsten Nachrichten. Hier mdgen einige Aus- 
züge aus den erwähnten Stadtbücbern folgen ^^). ' ' 

Von . defi Zollsacheii an der Prager fitücke* heisst es Im Präger Stadt- 
buche Nn 3'A. 177 dalirj vom 2. August i348 ^®^): . 

^Die Bedingungen bei der Annahme des Zollhauses, so wie sie weiter 
unten die Abhandlung von der Präget hölzernen Brücke jin Allgemeinen 
enthalten, .werden bei . der Wiedererbauüng einer steinernen/ Brücke eben 

so befolgt, wie solche auch in diesem Buche im Jahre des Herrn 1319 den 

■ • ' '' . - . ■ ■ 

186} lob habe mit gutem Bedacht diese Auszüge von Wort «u Wort niedergeschrieben, 

weil man durch di^ese hinsichtlieh der Beschaffenheit des böhmischen Handels ein 

■ II. . , • 

^osses' Licht erhält, und ich sonach lieber Original-Urkunden sprechen lasse^ ali^ 
. ^iesfolU 8elb9t spreche. 
187) Ha^ conditione« i^. thelpnei receptibne prout inferiu^ continent de rebus univetSM in 
ponte ligoeo Präge nsi, prb reedificaMone pontis.lapidei sie observ^bu^ttir, quae etiani 
nötatae sunt in hoc libro anno Domini MCCCXIVIII s^eqttenti die post diera bealj LauV 
rentii martirisf — Item primo de unaque (^unaquaque) ligatura pannorum, quae zawni 
dicituf I Gross. — > Item de quolibet stamine panni, quod educitur I hal. — Item de 
quoHbet stamine panni mixti sive' grisei, quod hue illuc ducitur I hal. -^ Item de qua- 
Übet ligatura, qdae cawm-decitur de Goltz, seu.galliee vel baväricalis thel« Igros. -^ 

> « . ■ 

Item de qudlibet rase vini Bozanici vel Rivoli m Gross« -^ Item de (quolibot vase 

\* • • • . 

vini, quod scharernaK (ZawemaH) dicitnr II gr««s. — , Item de qii.olibet vaseiVini» 
Elsasensis et^franconicensis II Gross. — Item de xquoli^et vase vini Australici I Gross 
. — Item de quolibet vase medonls Egrensi^ I Gross. — Item de quolibet ya^e cere- 
visiae Aartialls I Gross. — ;- Item de quolibet vase vini Luthmericensii) VI hal. — Item 
de quolibet lagena'vini Bozanici Ryvole et l^chawerjfrach II hal.'— Item de 'quolibet 
mftgno vase Olei II gross. — It,env de quolibet lagena Olei ; II hal. — Item de quo- 
libet ligatura, que ^awm dicitur rerum institatium quaxumcu/nque I Gros.,, — Item de' 
quolibet centenario cupri, stanni et plumbi, quod, huc' vel iltud ducitur I hal. — Item. -^ 
de quolibet centenario - cerae II hal. — Item de centum cutibus magnis bovam vel 
vaccarum Q Gross. — Item de quinquaquinta cutibus earundem cutium I Gross. — 
Item de unaquaelTdqnae ligatura, quae zawm dicitpr parvarum cuticularum et etiam 
peUiculariim quarumcnnque« I Gross. — Item de medio zawm dictarum cuticularum seu 
peilieniarum VI hal. — Item de quartali unius zawm/ dictarum cuticularum let pelli- 
cülftrnm earundem ni hal. — Item de quolibet centenario Hgnl flader et puchspan et 
talium recpim I hak — Item de uno quoque curru saÜB ) Gross. ^— item de uno quo- 
que currtL fern I Gross. — Item de quolibet centenarum laite II hal, — Item de quo- 
lib|Bt molari, qui' per pontem ducitur VI hah — It^m de quoque .curru lapidum late- , 
rum arenae cimenti et ar^iUae I hal.— Item de quolibet eprru bladi cujus<;umque 
granj et de' x]uolibet curru lignorum truncorum et carbonum ,1 hal. — Item emptores 



\ » 



152 .••,■"■"•, . . • 

Tag nach dem Feste des lieiligen Laurentius des Märtyrers, niedergeschrie- 
I)eii wurden. So muss erstens von einem jedeA Ballen Tuph^ welcher 
Zawn (Saum) heisst, ein Groseben entrichtet werden. Von einer jeden 
Tuchwerfte, welche aus dem Lande geführt wird, i Heller. Von einer jeden 
Werfte mellirtcn eder grauen Tuches, welches wo immer hingeführt wird, 
l'Üefler. Eb^n so auch von einem jeden Ballen der Zawn (Saum von 
Golz) heisst, und gaflisch oder bayerisches Gewebe ist, 1 G« Von einem 
Fasse bozener (tyroler) hder rivoli^chen (veltener) Weines 3 Gr. Von 
einem Fasse Wein, das Zäwernak C (Schawernah) heisst, 3 Gr. Von 
eineim- Fasse elsasser oder französischen Weines 2 Gr. — Von einem Fasse 
Äi^terreicher Weine 1 Gr. — ^ Von dnem Fasse " egerschen Meths. 1 Gr. — 
Von einem Passe -März -Biers 1 Gr. — Von einem Fasse leitmeritzer 
Weins 6 Beller. — Von einer Bouteille bozenischen Weines von Rivoli 
und von einem Sachawernach 2 Hell. Von einem grossen Fasse Oel 
n Gr." Von einer Flasche Oel H Hell. Von einem jeden Buiide, der 
Saum heisst, und verschiedene- Krdmerwaaren entiiält, 1 Gr. Von einem 
jeden Centner Kupfer, Zinn oder' Blei, das wo immer her geführt* wird» 
1 Hell. Von einem jeden Centner Wachs 2 Hell. — Von hundert Ochsen- 
oder Kuhhäuten 2 Gjr. Von fünfzig dergleichen Häuten 1 Gr. 'Von dnem 
jeden Ballen, den Saum heisst, und kleine oder auch vesch^edenartige FeHe 
• enthält, 1 Gr. — Voii der Hälfte, eines Saun^es geifannter Hälfte oder Felle 
6 Heller. Von dem vierten Theil eines Saumes dergleichen kleinen Felle 
oder Häute 3 Heller. — Voj» jedem Ceifliier JPlader oder Buchsbaum- 
holz und, dergleichen Sachen i Hellen -r Von einem. Wagen Salzes 1 Gn — 
•Von einem jeden Wagen Eisdn 1 Gn — Von einem CenJnfer Wolle, 2 Heller. — 
Von einem Mühlsteine, der, über die Brücke geführt wird, 6 Heller, Von 
einem jeden Wagen mit Steinen, Backsteinen, Sand . Cement und Thön 
1 Helh -^ Von jedem Wagen mit allerUerlei Getreide« und von jedem 

Wagen mit Baumstä^imen' und Kohlen 1 Hell. I>ie Käufer und Verkäufer 

- %. 

et venäitores pecorum de quolibet bfove sive vacca I haL — Uem de sex ovibus seo 
caprkt I hak — : IteA de duobu% magnis poreis enntritis I hal. ^- Item de sex porcU 
parvis I hal. — Item qiliiibet, qüi cnm rebus suis se per pöntem traherit tfd aliam 
mansionem III Gross. -^.It.em de qvolibet sponsa matrimonialiter cbpulata ei per pon- 
fem dedttcta I Gross. — Item de u^ne qusmtam drum didtnr im Gross. — Praeterea 
boc statutqm fecerimt cives jurati ejusdem anui, quod quicumque caupomim aflbsores 
tini, hoc est, illos dnes viros, qui juraverint ad, hoc, quodmensarent viiram portan- 
iiam semel verbis confuditur, tenetur dare I H gross;, si etdem eos secündo simi- 
li^r -Yerbis confuderit, tenetur dare II gross., si autem idem eos XetkitL vice verbis 
^ confuderit, tenetur X iP groM., et non propinare uno anno caotinno, si autem eos 
de facto male tractaverit, hoc est^ verberaverit Tel vuinerftyerit. tenetur dare XX 
_ gross. — ' ; 



15a 

des Yielies von einem jeden*- Ochsen oder Kuh 1 Heller. Von sechs Schafen 
oder Ziegen 1 Helle^ Von .zwei grossen gemästeten Schweinen 1 Heller. 
Von sechs kleine;i , Schweinen 1 Heller« — ' Jedermaim, der mit allen s seinen. 
Sachen über die Brücke nach einem andern Ort zieht oder übersiedelt 3 Gr. 
Von einer jeden Anweddung insofern sie . . . heisst, 4 Gr. — Uiberdies haben 
die beeideten Bürger dieses Jahres- noch die Statuten entworfen, dass ein 
jeder von den Wirthen, w^nn er die Weinaufseher, d. i. jene zwei Hanner, 
die dazu beeidet sind, den Wein zu >messen, einmal tatt Worten gelästert 
hat, l'il^ Gr. i^ahlen, wenn- er gleichfalls zum ZWeitenmale sie gelästert hat,^ 
2 Schock Gr. entrichtea nduss, wenn er sie aber zum Drittenmale gelästert 
oder beschimpft hat, so muss er lOiP Gn ztti;Strafe entrichten, und darf durch 
ein ganzes Jahr keinen Wein ausjschenken. Wenn er sie aber thatsäehlich 
schlecht behandelt, d. i. geschlagen oder verwundet hat, so mtiss er 
20 (IP ?) Gr. erlegen.« 

Eine zweite aus demselben Buche (fol. 2 D. N. 2 Ä* p. 176) entnommene 
Zollordnung sagt '®®): 

„Die Staatseinkünfte (Staatsstenern) müssen so eingenompien und ent- 
richtet werden, so wie weiter unten die Ab|iandluiig davon in diesem Buche 
enthalten ist, tind z^ar zuerst vom Weine. 

188) Ungeltum ciritatis sie debel recipe et dari, sicat inferius in praesenti libro continettir 
expressaoi et primum' de viiro. — Qiiicunque vinam Revblam aatBozanicum' addnz^ril 
et lioc proptnare voluerh, tenetnr ei debet de qvolibet vase b^jusniodi dare unam 
• sexageoain groaa. deBariorum prageaviam. — Item de quolibet yase australici v^i \ 
sexag. gro^s. — Item de quolibet yase ytni terrae 1 fertonem gross. Et quicunque 
yinam aJduxerit quodcunque ad yendendum et infra XIII dies continuos a die, qiia 
adduxerit^ non yendiderit, tenetnr' et debet ungeltum dare de quolibet yase steigt su-> 
perins est ef^ressnm. Si yero ante XIIII dierum exitum eduxerit nullum dare tenetur 
ungeltum. Item quiscunque ^yinum emerit quodcunque non ad propinandum sed ad 
dedncendum, tenetuf et debet de qualtbel marca dart IUI paryos denarios pragenses 
et yenditor simiKter. It quicunque yinum adduxerit quodeunque et yendiderit^ tesae- 
tur et debet de marca qualibet IUI paryos denarios dare, emens yero tale yinum ad 
propinandum tenetnr et debet dare de quolibet yase yini ungeltum, sicut sup^rins est 
expressum. Item quiscumque rnium yas yel dimidium Wut tynam yini cujuscunque pt6 
se enierit ad bibendum, nullum tenetur dare ungeltum. Si yero plures hdmfnes quis- 
eunque nnnm yas pro fe emerint ad. bibendum et dlviserint inier se, tenentur et der 
bent de tali yase dare ungeltum aicut superius eontinetur. — Praeterea ungeltum de 
pan'Uis sie tlebet recipi atque dari, scilicet: Quicunque pannos cujuscunque manieri 
adduxerit, cum talesi pannos disligayerit, tenetur et d^bet de- qualibet marca dare IUI 
paryos denarios Pragenses, et quineunque tales pannos emerit« bic emptop^ tenetur 
et debet etiam -de qualibet mtfrca dare Uli paryos denarios. Item quicunque pannos 
adduxerit et yendere y^ilyerit yel non poterit, p'otest infra XinrdiBs continuos a die, 
qnk > adduxit, eosdem ptonös abducere sine solutione ungelti, si yero hi dies' XIIU 
i^erint elapsi, tenetur et debet solyere 'ungeltum, sicut superius est expressom. £st^ 



\ 



/ 



.154 . 

EXn Jeder, 4^ riToUscben oder bozeniseheB Wein eiiigefiihrl kat und 
ihn verkaufen will, ist yerpflichtet von jedem Getäsn 1 Schopk Prager Wäh- 
Hing zu enlrichten. Von einem Gefäs«^ südlichen Weines ein halbes Schock 
Groschen.. *— Von einem Gefäss Landwein 1 Vierding Qroschen. Ein jeder, der 
Wein zum Verkaufe eingeführt, und dense][ben' binnen tireizebn Tagen d* i. von 
dem Tage an, an welchem er angekommen ist^ nicht verkauft hat^ ist vtsrpflichtet, 
die Steu^ von einepfi Gefäss so zu entrichten, wie es schon früher ange- 
geben wurde. * Wenn er aber noch vor Verlauf dieser dreizehn Tage weg- 
Ifefahren . ist, so ist Ißt frei von diesen Abgaben. Wenn Jemand Wein nicht 
jftun Ausschenken, sondern zur Ausfuhr gekiiuft hat, der soll von einer 

airteni ^ciendom^ <)uod quödlihet staraen paiiiii stairleü pro XVI mareis compntatar, 
de quibu0 quiKbet tantum modo tenfstur . et defiet solvere ungeltum ; e% quodlibet 
stamen panäi Gandaniensis pro VIII marcis et quodlibet stamen panni Iprensis pro V 
marcis, et quodlibei stamen ipaiiiii gravis de Dorn pro V marcis, -et dua stamina 

^ ^ panni levis de Dorn pro Y mareis, et duo sfamina de Popring pro /V marcis tahtum- 
modo comptutantur.. Insuper quilibet de aliis pannis quibuscunque- secundam valorem 
panni tenetur et d^^etde qnalibet marcadane Iffl parvos denar. Fragens, -^, Fcaeterea 
ungehum de mei^cibirs / institorum sie est recipiendjim et dandum. Quilibet emens 
merces institorum tenetur et debet dare de marca qiialibet Uli parvos denarios et 
Verdens similiten Kern quieunque civis n\erces institorum adduxerit, mox cum eas 
disligaverit^ dabit ungeltuih, et ^uotienscunque merces institorum emerit, totpeos sol- 
vere tenetur ungehum. Si verö aliquis merces ittstitorom emerit infra marcam ab- 
solule aut vendidei-ii, nuUura tenetur dareuifgeUunL vitem qutfsunque meines insti- 
torum adduxerit et vendid^rit uDgeltunüqiie sem^l de talibus mercibus^ dederity ^icat 
dare tenißbatur, sicum denarüs 'pro mercibus hujusmodi reqeptis infra XIIII dies con- 
tinuos* merces qi^ascunque emerit, nullum tenetur dare ungehum, si vero Xm^diebus 
.8 die venditioois elapsis emere voluerit, tenetur et debet solvere ungelium. Haec 
sunt pertinentia ad merces institorum: Itneus pannus, pelliculae ^aelibet spectantes 
ad artem pelJiparjiim, coreum et corrigiae, iignum flandrinum et buxinum, semioa 
porri, Geparum, papaveris et consimilia. et aloom. 

Praeterea ungeUum dp pecoribus sie reicipiatur atq^e detur. Quilibet emens bovem 
aut yncdam tenetur et debet dare de quolibet bove autvacca VI parvos, denarios pra- 
gensis e^ vendeus siiniHter. Item de porco empto pro majori' pretio quam pro di" 
midio fertone emptpr tenetur dare III parvos denaritls et voudens similiteV. Et qui- 
libet emens ovem ten^ur dare de ;pse,ove 1 parvum denariuin et vendens similiter 
et de capra etiam emens eam 1 parvum denariüm et vendens. similiter. Item^ quilibet 
emens pemam tenetur et debet. dare III parvi>s denarios et vendens similiter. Item 
quisquit emerit ioter alia ad istud ungeltum 'spectaotia pro minori pretio, quam pro 
dimidio fertone< de hoc nullum debet solvi ungeltum. ^ • 

Praeterea xtitgeltuni de: sale et humulo et detur tal. modo : Quilibet emens mensuram 

' ' safis, quae vujgariter schedel dicitur, tenetur et debet dare. 1 parvum denariüm Prag, 
et vendens similiter; et de. mensura, quae dicitur stranna (scrai^na), em'ens'i parvuni 
denariüm et vendens similiter. Item de kuppa salis^ quae mensura kufen dicitur, 
emmis 1 parvum denar^ et vendens similiter volveri^ tenebitur el debebit* Ilem qai* 



/ 



jeden Mark 4 kleine Präger Deriarieh entrichtet^ lAid dies ebeh anoh d^r 
Verkäufer. Jedermann, der Weine eingeCüiirt und auch verkauft hat, iat 
verpflichtet, von jeder Mark (We^rth) 4 kleine Denarien zu entrichten, der- 
jenige Aber, der ^eine zum Ausschank kauft, ha( von einem jeden Cfefäss 
jene Abgabe zu entrichten, die schon früher angegeben wurde. Jedermann, 
der entweder ein^Fass oder die Hälfte davon, oder irgend^ ein anderes Geflüss 
was immer für Weines fttr' sich zum Trinken gekauft hat, der ist ton den 
Steuern losgesprochen* Wenn abar Mehrere, ein Fass fUr sich jzum Trinken 
gekauft und nnter einander getheiit haben, so sind sie yerpflichtet, von einem 
solchen. Fasjie jene Abgabe zu erlegen, die schon früher angegeben ist. — 
Uibrigens müssen die Abgaben von den Tüchern (Zeugen) also entri<^tet und 
eingenommen werden und zwar: Jeder, der Zeuge von was immer für einer 
Art zugeführt und selbe aufgebnnden h&t, muss von jeder Mark 4 kleine 
prager Denarien als Zoll zahlen, und der Käufer dieser Zeuge ebenfalls«. 
Wenn Jemand Tücher zugeführt hat, die er etwa nicht hat verkaufe wollen, 
oder ctett Verkauf nicht bewerkstelligen können;, so kann er ihnerhalb 
vierzehn Tagen, ;Von dem Tage ati gerechnet, an dem er angekommen 
ist, mit denselben Tüchern wieder abfahren, ohne die Abgabe zu entrichten. 
Wenn aber die anberaumten vierzehn Tage verflossen sind, so muss er die 
Steuern entrichten, so wie es schon oben , angedeutet wurde. -^^ Zu wissen 
ist es aber auch nöthig, dass eine jede ^Werfte auf Scfaarlachtuch mit 16 
Mark zu bezahlen sei, und dass von jeder einzelnen Mark die nöthige Steuer 
bezahlt werden muss/ ferner, dass jede gahdonische, Werfte 8, jede iprensische 



cunque de liumnlo -i^iinui et sei^f 1 pro una marca eiiierit aut vendiderit, emens tenetur 
et debet dare HU parvos den^rios et vendens amilüex* 

Praeterea u^gekiim de melie recipiatur et dedur taliter. Quicunt{ae tynam inelU» 
emerit aut vendiderit, eiDptor de tyna mellis tenetur et debet, dare 1 fertonem grossi 
denar. Prägens, et venditor similiter,' de oUa vero mellis nemo tenetur solvere un- 
gelXum. " ' . 

Praeterea ttngeJtäm de piscibu^ : Quilibet emens sarqinam allecis, quae vulgariter 
maysen dtdtair, , tenetur et debet dare de ipsa sarcioa IUI parv. den. Prag, et ven-> 
den« siinUiteT. Item quicnnque^ allecia a<lduxept et yendere volverit vel forte nun 
poterit^ pQtest'infra XIIII die& .continuos a die^ qua.adduxit, eadam aUecia abducejre, 
nulluni soluturus rnigeltum. Si vero. hoc facere neglexerit, tenetur et debet imn)ediate 

I ' V 

solvere nngeltulh. Item de husione et de piscibus currum emptor korum piscinm 
tenetur et debet soIVere' de m^rca qualibet IHI parvos denarios et vepdens similiter, 
ß\ pro marca emerit et vendiderit si yero pro minori pretio-qqam pro marcii nuUum 
äolyat ungeitum. . , 

Praet^ea] ungpltum de braxatniis cerevlsae-sic debet rec;ip& et dari, 'qu4>d qüilibet 
de iquolibet braseo venali tenetur et debet dare duos grosses denarios Pragenses ^}« 
♦) Sladtbuch fol. 2. D. N. 2. A p. 17^. 



' < t 



/ / 



156 

• • • * 

TacbMrerfte 5« jede Dorn'sche Werfte auf ein festes Tuch 5, und zwei Dom'sche 
Werften auf leichteres Tuch 5 und zwei pop^n'sc'be Werften blos 5 Mark 
kosten sollen. Uiberdiess muss Jedermann bei allea andern Tüchern, nach 
ihrem Werthe, von jeder Mark 4 kleine Prager Denarieh . entrichten. Die 
Steuern aber von ien Handelssachen 'müssen folgenderihassei^ eingenommen 
und entrichtet werden. Jeder Verkäufer und Käufer der verschiedßnen Han- 
delsiu*tiKeI müssen von jeder Mark 4 kleine Denarijsn Zoll erlegen; Jeder 
Bürger wird aus den von ihm zugeführten Handelssachen, sobald er selbe 
aufgebunden hat,' Steuern oder Zoll zahlen,, und so oft er Haudelswaaren einge- 
kauft hat, so oft ist er der Steuerentrichtung ttiilerworfea. Wenn aber Jemand 
eine Waare unter dem Werthe von einer Mark gekauft oder verkault hat, der 
ist nicht verpflichtet, einen Zoll zu entrichten» -r- Wem). Jemand rWaaren 
zugeführt, und sie verkauft hat, und von diesen Waaren die Steuern so 
entrichtet hat, so wie er dazu angehalten wurde, und wenn er. nach einge- 
nommenem Gelde^ für dergleichen Waaren während vierzehn Tagen was 
immer für eine Waare eingekauft l^at^ braucht keine Abgabeii :^u entrichten ; 
wenn er aber nach Verlauf dieser vierzehn Tage Waaren hätte einkaufen 
vvollen, somuss er die Steuer entrichten. — Alles dieses bezieht sich auf fol- 
gen^e Handelswaaren, als: auf Leinwand, H^fute von. jeder Art, namentlich 
aber diejenigen, die zum Kiirschnerhandwerk gehdren , ferner Riemen, 
Fladerbolz, Bucjisbaumhölz, Lauch- und Zwiebel-, Mohn**- und andere der- 
gleichen Samen» 

Ferner sollen die Abgaben von Rindern folgendermassen eingenommen 
und entrichtet werden. Ein jeder Käufer oder VeAäufer eiiies Ochsen 
oder einer Kuh zahlt 6/ kleine Pfager Denarien. — Von einem theurer 
als um einen halben Viisrding gekauften Schweine , muss der Käufer 
3 kleine Denarien zahlen, und dasselbe auch ^der Verkäufer. Jeder x Käufer 
und Veriiäufer eines Schafes zahlt 1/ kleinen Penar, und von "einer Ziege 
zahlt au(;h d^r Käufer und der Verkäufer 1 klenen Denar. Jeder Käufer 
einer Schweiiihamme zahlt 3 kleine Denarien, und dasselbe auch, der Ver- 
käufer. — Wer etwas, was zu diesen Steuern gehört, gekauft hat,, in einem 
geringeren Preis als von einem halben Vierding braucht keJne^ Steuer zu 
entrichten. — Die Zollabgaben von Salz und Hdpfen werden aü£ folgende Weise 
eingenommen und entrichtet. Ein jeder, der eine Mass Salz^ die gemeiniglich 
Schedel heisst, kauft,, muss 1 kleinen Denar zahlen, und eben so auch der 
Verkäufer, und von einer Mas^, die Tyna heisst, zahlen Käufer, und Ver- 
köufer 1 kleinen Denar. Von iriner Kuppe Sülz, welches Mass Kufen heisst^ 
müssen Käufef und Verkäufer 1 Denar entrichten. Jeder, der für eine Mark 
Hopfen gekauft* pdei; verkauft hat, muss als Käufer öder' Verkäufer 4 kleine 
Denariep entrichten. — Ferner wird idie Honigsteuer auf folgende Weise 



eingenomftien iind entrichtet: Jedermann, der eine Tonne Honig gekauft oder 
verkauft, hat folgende OMiegenheiien zu beobachten: Der Käufer einer Tonne 
Honig muss den vierten Theil eines Prager Groschens zahlen, und diesem 
muss sich auch, der Verkäufer unterziehen.' Von einem Topfe Honig braucht 
Niemand Zoll zu entrichten. — " % * , * , 

Hier folgen^ noch mehi^ere Excerpte äussern Prager Stadtfouche, welche 
^ich auf den Handel beziehen. 

,,Wir Richter vnd schepfen der stat 2e Präge haben gemacht: mit ver- 
dachtem mute durch der gemein besten willen, das man von loden (tinap- 
prelirtes Tuch) von perwer (?) vnd von pücbspavn (Buchsholz) chain (kein> 
gelait auf der pruken nicht nemen S|^, noch von ruhen, noch von tzwifel, 
noch vo^ lavch- (Lauch) samen, auch nicht nemen sol. Auch welle wir, 
das man von einem Czuwer (Zuber) wein, was wein es sei, vnd darunter 
gein (kein) vngelt nicht nenjen sol *®*). 



„Do man tzalt nach Cristes gehurt dreuzehen hundert vnd ein vnd 
drizzig iär, dö sint di purger tze Präge gemeinclich vberein chumen mit 
des chn]ges> willen, das man tzollen sol ynd das man anheben sol tze zollen 
an dem nechsten Montag nach ynsem Vrowen tag der letzem ze hilfe'dem 
belegen, das min thut in der stat, 1 als lank als sie das gut dunketj wan das 
win vngelt nicht so vi! geträgen mak, als das belegen vor sich gee, vnd 
haben si es also bescheidentlichen gemacht, das man von eim* ytzlichen 
maltz, das ze einer muel cbunt, das man malen sol^ vnd auch jiroii eim itz- 
liehen maltz^ das man fürt aus der stat in eiri Dorf oder in ein wremde 
^tat, tzwen gross, göben sol. Dartzv'so sol man von eim itzlichen pferd, 
das da geet in ieim geladen wagen in di Stat, sechs claim (kleine) pfennige 
geben, man far gewanl, (Tuch), wih (Wein), tzin (Zinn), chupfer (Kupfer), 
wachs,' fisch, oder ^ anderlei chufmannscbaft (Kaufmannschaft) ; das schuUen 
(sollen) di ^agenleut (Fuhrleute) lun, vnd nicht die chufleut (;Kaufleute), 
das ein yglich er sei. wer er sei, oder van er für, der mit einem geladen 
wagen in die stat fiert, als oft als er das tut, er für gewant, win, getraid^ 
holtz, ' hew* (Heu) oder Grass, oder anderley, was sei oder wi es' genant sei, 
y von einem pfer,d, dös in dem vagen geet, ain kleine -phennig geben sqI 
ynder der stat tor (Stadtthor) an widerred (Ohne Widerrede); vnd wer das 
nicht tut, der sol geben ze buzze (Busse, Strafe) fünf Schilling kleiner 
phennig pregischer ari als vil; wer di stein oder den Izigel (Zigel) odejr 
den kälch oi^^r sant oder tzimerholi, welcherlei es sei, von dem Podskal 

189) Sjjdtbtich Fol. 51. D. N. 25. 1318. 



♦ ' 



158 

oder von sant (Sankt) Valentin fürt in die stat, tze einen bew (ßdn), es 
sei koufet oder verkouft, der sol des tzolles ledig (befireit) sein.^ 

Warum indess das Umgeld in Böhmen nickt so wie in anderen Län- 
derh später zu einer ordentlichen Börse angewachsen ist, läi^st sich nur 
unter die besonderen Schicksale des Landes zählen. 

Merkwürdig ist' die im Jahre 1332 den 14. September' vom K^ Johann 
den Kreuzherren bestättigte M:mlheinnahme auf der zu jener Zeit noch be- 
standenen hölzernen Brücke, welche vor der gegenwärtigen die Altstadt mit 
der Kleinseite verband. Es wird nämlich in der diesfalls ausgefertigten Ur- 
künde anbefohlen, dass von einer jeden Braut, welche über die Brücke ihren 
Aufzug zu machen hatte, . sei • es go^erld oder fahrend, 72 Heller bezahlt 
werden müsse *•"). Ein ähnlicher Betrag mü^ste von: der Leiche eines Ju- 
den, welöhe' über die Brücke geführt oder getragen wurde, an die Kreuz- 
herren entrichtest werden. Eben so musste man vqn einer Abfahrt, wenn nämlich 
'^ Jemand seinen Wohnsitz ändern, und dabei die Brücke sammt seinen Möbehi 
Jassiren wollte, eine ähnliche Summe Heller bezahlen. Uiberdies musste 
^nch ein jeder Ausländer von einem jeden einzelnen Pferde siuf dieser Brücke 
2 Heller, ein Inländer aber nur 1 Heller als Mauth erlegen, wovon indess 
diejenigen allein ausgenommen waren, welche auf zwei Meileil von Prag 
herum ansässig waren. • 

Baibin behauptet, die beständigen Steuern oder das jetzt noch bekannte 
militare orjdinar'ium, wäre in Böhmen zuerst unter König Johann aufgekom- 
men, nämlich bei jener Gelegenheit, als ihm die Jäger das Dorf Wesely 
nicht hätten verlaufen wollen. Aüein, auch dieses wird durch die alten 
Urkuilden gänzlich widerlegt. Der Stiftungsbrief vom Jahre 1039,- vermög 
welchem Bf etislaw L die Kollegiat^-Kirche in Altbüilzlau errichlete, nennt 
diese Steuer ausdrücklich tribütunl pacis, weil dies^ Steuer in Frtedeniszeiten 
aujsgeschrieben wu!rde, und eine gewöhnliche Steuer aiismachte. Auch der 
vom Herasog SobäslawL im J. 1130 der WySehradefJKirche er theilte Gnaden- 
brief macht Erwähnung von dieser Art von Steuer^ welche tributum annum 
deuarium hiess. Endlich bestättigt es auch der ungenannte Fprtsetzer der 
Chronik des Cosmas, da er vom König Wenzel H., dessen Zeitgaiosse er 
gewesen, dass derselbe König 1250 durch ganz Böhmen eine Steuer aus- 
schrieb, der gemäss eine jede Hube hatte versteuert: werden müssen. — Im 
Jahre 1325 tru^ die Grundsteuer 96000 Mark der Begierung ein. Die Hube 
Zählte um diese ^eit 16 böhmische Groschen^^O* 

190} Diese Braütsteuer landet man in- einer ' Präger MauthordnungTom Jahre 1348 auf einen 

Grosdien bestimmt. Vergl. die^nmerk. aut der S. 152 dieses Buches. 
191) Ersch et Gruber's EncyöL: Böhroe^ S. 21^9/ • 



159 

/ 

Ausserd«m, 'und weÄn es isonst eben so billig, wie politisch richtig' 
isf, ilass die Grösse der, Steuern und Auflagen die Emsfgkeil des Volkes 
am sichersten änd geschwindesten emporschwingen, so waren die öfteren 
Steuern, welche Johann seinen Unterthanen auferlegte, vielleicht ein gutes 
Mittel zur rechten Zeit.* . ' . 

Allein alle diese hier angeführten Abgaben waren nicht hinreichend, 
die grossen Auslagen des Königs zu decken.^ Die Einführung einer neuen 
Steuer schien deji König wol , das vornehmste Mitfei zu sein, aber da die 
Unterthanen ohnehin mit einer namenlosen Zahl Von Abgaben belastet waren, 
so blieb. ibn> vor der Hand nichts anderes übrig, als sich auf die Schat^- 
gräberei zu verlegen. Er Hess zu diesem Ende im Jah>e 1336 in den Sy^ 
nagogen der Prager Juden Nachgrabungen haltän, und war in der Thal auch 
so glücklich, daselbst viele Tausend Mark Goldes und Silbers zu entdecken. 
Ein Gleiches Hess er am Grabe d^s heil. Adalbert auf dem Prager Schlosse^ 
versuchen, und als er daselbst keinen Schatz fand, schickte er die dort 
vorhandenen zwölf silbernen Apostel in die Münze ^^*). 

Die in den Synagogen aufgehäuften Schätze verrathen genügsam, dass^ 
der Eigennutz, und der Wuchergeist bei den Juden bedeutend gewesen sein 
müsse; aber nicht allein diese fröhnten dieser abscheulichen Habsucht, sour 
dern selbst atich christliche Bürger machten .sich aus diesem entehrenden 
Geschäfte kein Gewissen daraus, Geld gegen enorm hohe Zinsjen auszuleihen: 
und geldbedürftige Handwerker zu Grunde zu richten. 

Die ConciHen verboten zwar unter der Strafe des Kirchenbannes, Geld 
auf Zinsen auszuleihen; da man ab£^r doch oft zu leihen genöthigt war, so 
sah man sich gezwungen, sich an die Juden zu wenden, die des Ausleihens 
halber den Kirchenbann niqbt zu fürchten hatten« Durch^ di^se Mfissregel 
wurden die Juden nur reich und unenthehrHch, aber aiuch äusserst unver-- 
schämt in Aussaugung ihrer Schuldner. Das Wucherübel griff reissend um 
sich, kein Geisetz that dem Wucher der Juden Einhalt, in. deren HäQd^n 
sich zuletzt der grösste The|l des Staatsvermögens befinden musste. Das 
Volk, von jüdischen Gläubigern äusserst gedrückt, g^rielH beinahe in Yer* 
zweiflung« Den Juden geradezu Gut und Leben -zu rauben, wofite man nichts 
man ersann also, wie ehedem, Gotteslästerungen, man erdichtete Schande 
thaten, deren sieb die Juden schuldig getnacht haben; man stellte Wunder- 
werke von sehr plumper Erfiiidung zur Schau aus, und glaubte dann unter 
einem frommen Scheine den Juden . mit Gewalt wieder nehmen zu dürfen^ 

i 

192) ßenes von Weiimil L. III. äd a. 1336. ' 



'« 



\. 



160 

was sich dieselben ^benfaHs aui unlöblidieii Wegen von den Christen er- 
obert halteu^»*). 

Bei allen dem nahm König Jobann die Juden in Schatz, denn als diese 
im Jahre 1338 — ^ besonders in den Städten des flachen Landes verfolgt 
wurden ^^^), dah^r ausser .Land flüchteten und auf iiiesem flüchtigen Fusse 
ihren Händel dergestalriAit Arglist filhrten, dass sie von den Bürgern Geld 
: borgten, aber nicht so leicht zurückkamen, um es wieder abzuzahlen, so 
bemühte sich König Johann ^ie wieder inV Land zu Ziehen. Zu diesem 
Ende und aus^ eben der angeführten Ursache gab er im 3ahre 1341 der 
Stadt Budweis — welche damal^ der Marktplatz des Handels aus Italien und 
^esterreich war, die Befugniss, zwei JüdenfamiUen aufzunehmen. Damit 
diese aber mehr Lust bekämen, sich förmßclK fest;EUsetzeir, befreite er sie 
auf' zehn Jahre von der allgemeinen Landessteuer (Berna generalis). 

Die härteste Störung in der Entwickelung der gewerblichenr Welt war 
das alte Kirchenverbot der Zinsen,, worauf man mit beschräuktem SteifsioB 
beharrte. Ursprünglich mochte es von einer missverstandenen Verdammung 
dei^ Geidgewerb^ eingegeben sein, da doch der Religionsstiftef n\n; gemiss- 
billigt, solches im Tempel zu treiben ; >dass man aber für jede bessere Ein- 
. sieht unzulänglich bliebe und statt ' das Verbot zurückzunehmen, es lieber 
<tem Hohn der ganzen Handelswelt aussetzte, beruhte vor^üglLeh auf dem 

• / 

193) „Pie hartnäckige Beibehaltung ao mancher nnbedenteiider und absurder Obser- 
vanzen** -^ sagt Professor' Peter Beer in seiner Gei^fchichte - aller bestandenen imd 
noch bestehenden religiösen Sekten der Juden — ,^haben in den finsteren Zeiten der 
Barbarei oft so vielen Tausend Juden das^Xeben gekostet. So z. B. führte ein Rabbi 
wahrscheinliich aus . einer liuf kaballistischen Wahn gegründeten Kaprice oder etwa 
zum Andenken des in Blut sich verwandelten* Nilwassers* oder, wie ein Midrasch 
sagt, weil Pharao' isra^litischei Kinder geschlachtet und in ihrem Bhitet sich gebadet 
haben soll, den Gebrauch ein, in der Ostenracht rothen Wein zu trinken, und diese 
Grille erhielt Gesetzeskraft. Dieses gab in den barbarischen Zeiten einigen Juden- 
feinden die Veranlassung an die Hand, unter dem Pöbel die Meinung zu verbreiten, 
dass die Juden diese Nacht Christenbtut trinken. Diese entsetzliche VerlaumduDg 
fasste Wurzel und vie^e TausCnde Juden verloren dadurch das Leben. — Ein anderer 
Rabbi hatte den Oinfall: dass es zuträglich sei, am Neujahrstage , zu einem Wasser 
zu gehen, etwas Brodsamen hineinzuwerfen, und einige Verse aus -dem. Propheten 
Mischa (7< iS. 20.) dazu herzusagen, wo, es heisst: „Versenke die Sünden alle in 
des Meeres Tiefe.^ Kurze Zeit ereigneten sich ansteckende Kraiikheiten, der Pöbel 
walzte die Schuld auf die Juden, dass sie das Wasser vergiftet hätten, und sie wurden 
zu Tausenden hingemordet. Dies war eine höchst ungegrundele Beschuldigung, und 

^liann man wol im Ernste behaupten, dass die Juden das Wasser, dessen sie sicii 
beständig bedienten, und welches sie selber nicht entbehren konnten, vergiften 
werden und {gönnen? ' - ' . y ^ 

194) Benes LIII. p. 274. • . ^ \ . 



161 

r 

\ 

Hasse gegen die Jaden. Uod wenn sich •hierin die Geistlichen jener Zeit 
noch treu geblieben wären! Aber nicht Wenige machteii es, wie einst die 
Priester zu Delphi, die von ihren Schätzen auf Zinsen ausliehen. 

Im Gedränge zwischen ' dem . kirchlichen Zinsenye^bol und dem stei- 
genden Bedürfniss sowol der Anleihen, als des Unterbringers von Geldern, 
verfiel man auf mancherlei Auswege, um das Gesetz zu umgehen, die Zinsen 
zu verstecken. Am. dümmsten und gröbsten machten es die, welche sMi 
stellten, als könnten sie das Kircheng^esetz nur so verstehen; es seien blos 
von gemünztem Gelde die Zinsen verboten, ungemünztes Silber verzinslich 
anszuleihen, sei eiclaubt ^^^). Andere wieder meinten, die Geistlichkeit 
zu hintergehen, wenn sie die Zinsen für die ersfte Hälfte des Jahres Ge^ 
schenk nannten, diei für die zweite : Vergütung. Je strenger die Beicht- 
väter auf das Kirchengesetz hielten, desto mehr wagten die Gläubiger, weil 
sie hierbei in einzelnen Fällen einen höheren Zinssatz erzielten. Hierzu 
kam der geringe Geldumlauf, desgleichen die Noth wendigkeit, die meisten 
Geldzahlungen baar zu leisten, da das Wecbselgeschäß lioch nicht ausge- 
bildet war. Es fand demnach grosse Verschiedenheit Statt in Ansehung der 
Zinsen und des Begriffes von Wucher. • . 

• Eine Handschrift,^ auf Papier in Klein -Format aus dem XIV. Jahrh. 
fol. 80, welche im fürstl. Schwarzenberg'schen Archiv zu Wittingau aufbe- 
wahrt wird , liefert . uns Beispiele voq der damaligen Form der Schuld- 
urkunden. . _ , 

Sie lauten in lateinischer Sprache wie folgt '••): 

„Wir Heinrich, von Gottes Gnaden Abt, Wilhelnr Prior, und der ganze 
Convent des Benediktiner -Ordens zu I^rag, machen hiemit von Neuem be- 
bannt, und bezeugen auch die Fortdauer dessen, dass wir bei dem geehr- 
ten Manne Günther von Saaz, Bürger daselbst, für 13 Talente Prager. Wäh- 
rung Tuch käuflich erhalten haben, die wir schuldig zu »sein anerkennen, 
und hiermit] versprechen, selbe am nächstfolgenden Festtfi(ge des heiligen 
Gallus [zu bezahlen. Gegeben 1354 Fer. 6 vor dem Feste der heil. Marg9- 
retha.^ ^ , * 

195) In den alten Urkunden heisst es: „ez sol niemant bereite pfennige hin leihen auf ein 
lag vm gewin, vnd nimand sol den tag seiner gulde verlangen vmb gewin. 

196) Nos Heinricus dei gratla abbas et Wilhelmus frior totusque conventus in Praga or- 
djnis St. Benedicti, recognoscimus et tenere praesentium protestamur, quod apud 
discretum viriini Güntherum de Sacz, civem ibidem, recepimu)) %mptionis titulo pan- 
nun pro duodecim talentis denariorum Prägens. ; quos idem solvere debemus et pre- 
sentibus promittimus in festo beati Galli proxime nunc venturo etc. Dat. 1354 fer. VI. 
ante festum Margarethae.^ 

• . 11 



162 

Weiter heisst .es^ foL 85 : « * 

„Wir Bertold und Johann genannt ^die Glazener von Äpoldia, wo wir 
auch Herren sind, machen hierihit neuerdings öffentlich bekannt, um den un- 
unterbrochenen Lauf der gegenwärtigen Dinge zu gestehen, dass wir 60 
Schock Pfennige Prager Währung weniger eines ächten Prager Groschen für 
4 lange Acher Werften , dem klugea Herrn Nicoiaus , Prager; Bürger und 
sefaen Erben zu bezahlen verpflichtet sind^ *•'). 

Wenn wol nun auch auf dibT einen Seite die Geistlichkeit eine feind- 
liehe Stellung gegen den Gewerbsstand annahm, indem sie von verkehrtem 
Eifer und^vom Mangel an Einsicht geleitet, Geldverleihungen auf 'Zinsen 
verdammte, betrachtete sie doch auf der andern Seite das Harktgewerbe 
mit steigender Lüsternheit. Eigennützige Wünsche entstanden um so mehr, 
da' ihr Geldbedürfniss in gleichem Grade stieg, als der Aufwand bei den 
Andachtsübungen zuna&m, und die grosse Pracht in Messgewändem, die 
Verzierung der Altäre,, die Bekleidung der , Kirchenbänke, die kostbaren 
Altarstufen- Teppiche, die seidenen Stoffe, gestickt* mit Gold, Pdrten und 
Edelsteinen, die vielen Gefässe und sonstige Geräthschaften und Zier- 
werke von Gold und Silber zu den wichtigsten Utensilien der Kirche und 
der Klöster gehörten. Hierdurch wurde das Volk nicht nur geblendet, son- 
dern abch von dem äussern Glänze und von der Meinung auf etwas Höheres 
geleitet. Hierdurch beherrschte die Geistlichkeit den weltlichen Grossen, 
so, dass viele Klöster soga^ die einträglichsten Handelsgefölle, namentlich: 
Eingangszölle, Standgelder, Prägschatz ■ und Juden - Schutzgelder erwarben. 
Oft genug sind in den Schenkungsurkunden unverholen die Mittel angegeben, 
deren sie sich bedient haben, um den Königen Besitzungen iihd Rechte 
abzunöthigen. Dass auf diese Weise vielen Klöstern damals das Bestreben 
gelungen iist, die gewerblichen Einkünfte an sich zu bringen, ist als die 
Grundlage der landeshoheitlichen Gewalt anzusehen, die sie über ^verschie- 
dene Städte und deren umliegende Gegend ausgeübt haben. Das Standgeld 
der Verkäufer für die Erlaubniss . des Feilbietens , genannt Marktzoll oder 
Marktrecht, findet sich gewöhnlich in den Schenkungsbriefen zugleich mit 
dem Münzrechte, häufig auch mit dem Land- und Wasserzoll verliehen. 

Eine lästige Verordnung war das sogenannte Meilenrecht. Dieses ist 
in Rücksicht verschiedener Gewerbe ertheilt worden, nämlich auf Brau- 
häuser , auf Wein - und Bierschänken , eben so auch auf andere bur- 
gerliche Handwerke, manchmal sogar auf die Befugnisst mit Waaren zu 

197) „Nos Bertoldus ac Johannes dicti Glazener de Apoldia, domini ibidem, recognoscimns 
/publice tenere praesentium profitendo, quod solvere tenemur et'dbligati sumus LX 
; sexagenas denariorum Prägens, minus uno solide gr. pro IV staminibuV longis de 
Ach, proYido viro Nieolai cive Prägens, suisque ^eredibus etc. etc. etc. 



163 

handeln. Iq etnem Gesetz vom Jähre 1328 heisst es : — „Kein Bürger 
oder Gast (Fpemder) slill Gewand (Tuch) verkaufen, das er aus einer andern 
Stadl'genommen, als wo es gemacht ist; auch soll er kein anderes Zeichen 
darauf machen, 'als welches darauf zu Recht gehört. Und wird er über- 
wunden (überwiesen) mit einem Ünterkäufel ^ oder mit frommen Leuten, 
denen zu glauben ist, der verliert dasselbe Gut, ohne Widerrede;* Wahr- 
scheinlich bezieht sich dieses Gesetz auf die tuchenen Kleidungen. 

Der Erfolg dieses Meilenrachtes war, dass in manchen Gegenden nicht 
nur die öiTentliche Bequemlichkeit einen grossen Abbruch litt, sondern auch 
manche schädliche Dfonopolien enstanden, die zum Nachtheile mancher Ge- 
genden viel zu lange fortgedauert haben., * Das üble Beispiel war einmal in 
den Städten gegeben; die mächtigen £dlän des Landes folgten bald nach 
und erkauften oder ertrotzten sich ähnliche Privilegien, ' bis man endlich 
den Missbratich so weit frieb, dass der Bauer genöthigt • wurd6, sein Korn 
und sein Schiächljviöh zuerst gewissen p rivitegirfen BüFgern zum Verkaufe 
anzubieten, ferner die Wirthe genöthigt wurden, den ..schlechtesten Wein 
so wie das elendeste Bier wie jetzt an einem bestimmten Orte um einen hohen 
Preis za kaufen, upd dass man sich durch die häufigen Privilegien zuletzt 
genöthigt sah, meilenweit zu reisen, um sichy taugliche Waaren um theures 
Geld zu verschaffen. 

Der Eigennutz und der Wuchergeist musste unter König Johann sehr 
zugenommen haben, weil er es für nöthig fand', durch ein eigenes Gesetz 
auf die Erzeugnisse und andere Waaren eigene' Satzungen zu machen, da- 
mit das ^ Publikum nicht durch übertriebene Preise gedrückt und hinter- 
garigen werde. - '^ 

Auch zu Gunsten des inneren Handels erlies K. Johann so manche 
wohlthätige Verordnung vom Jahre 1344 *?^): 

1. „Ein jeglicher underkeufel der sol keinerley kauffmahnsx^haft treiben, 
noch sol kein^rley kauifmannschafi; feyl haben. 

2. Dy underkauffel suUen keinen sehaden kauffen gest^n (fre^iden) 
und die underkaufel sullen keinen kauf einem nemen denn sie einem ander 
geben wellen. '^ ' • ; . 

3. Vnd das die underkauffel gesten kauffen vnd vorkauffen in das wider, 
das sullen sie nicht tun ; Sünder was sie den gesten kaufen, das sullen die 
geste von hinne füren* • 

4. Ein underkauffel sol vor nyihands purge werden* 

5. Abe einem gaste blqj|)et ein neyge an seiner kauffmcinnschaft, dy 
sol kein underkauffel vorkauffen, es sey deme der gast gegenwectig* 

198) Prager StaiJtbuch D. N/65. 

11* 



164 

6. Das di underkaufTel ain gpddain Wechsel, cheinen wachse! machen 
sullen von einem gaste zu dem andeniv / , . , 

7. Ein iclicher underkauffel so! ein purger furdern vor einem gast ; 
vnd abe tzwenne erbar iQanne chommen vnd sprechen, das sich ein, under- 
kaHffel nicht redlich gehalten hette, den sul man gelauben vnd sol den von 
:den. vnderkauffel setzen.*' 

Als im Jahre 1316 dem Könige berichtet wurde, dass die Podskaler 
Holzhändler, welche vor den Mauern der Altstadt iPiag lagen, das nach 
Prag vermitteist des Moldaustromes gefiösstel Holz verkaufen, und solches 
alsdann den Altstädter Bürgern um einen tiel höhern Preis wieder ver- 
kaufen, verordnete jßr am 28. April desselben Jahrs: dass^ das sammtliche 
Flössholz bei der Anlandung zu Prag .3. nach einander folgende Tage an Nie- 
manden andern, als an die Aitstädter Bürger, verkauft werden sollte« ^ 

Im Bätreff der Stadtwage heisst es im J. 1^44 im Prager Stadtbucbe^^): 

„Primo. mandel vnd reis, lorber vnd flachs. 
~ Item. quecks«])>er vnd messing vnd specken. 

Item« tzwifel, lauch samen vnd Vvaden (Schwaden). 

Item, gros wachs, was vnder ein centen ist - 

Item, tafel wachs, wie vil dez ist daz gehert an der 'stat wage vnder 
den kramen. . 

Item, pfeffer, irigver, muscat, negel, saffran vnd alle spetzerei vri di 
genant ist, mit allefn varben, .wi vil der ist, daz gehört zu der stat wage 
vnder den kramep. 

Item, weinper, fpgen, saifen, swefel vnd kumel mit gantzen lagen 
oder tunnen, laquaritz, alavn ynd kumel mit gantzen secken gehört in den 
yron bof tzu wegen; weil daz selbe gut darnach .ymant teilen, daz scbol 
nymant tuen denne mit weger vpder den kramen. 






Ferner heisstes in demselben Urkunden -Buche ^^^: 
„Primo. weinper, feigen, saifen vnd swefel mit gantzen lagen oder 
tunnen., laquaritz, aldvn,^-vnd kumel mit gantzen secken^ vnd wil daz selbe 
gilt darnach yemant teilen, daz schol nüer tun der stat vnder den kramen 
gesworn weger oder sein diener. . ' 

Item^ tzukermel, sei daz gebort in de vron hof. 
' Item, wachsz daz gebort auch an den vron hof; allez' daz ist vber ein 
cedten, sunder tafel wachsz vz genummen, wi vil ^ez ist, daz gebort an di 
ciain wagen vnder den kramen. • 

199) Foh 342'. D. N. 54. A. p. 312. 

200) Prager Stadtbüch Fol. 312. D. 65. A. 203. 

» * * , . . ' ■ - 



165 

V 

Item. Idquaritz, mit ganicen secken. 

Item, pley, cyn, smer^ vnslicht, chupfer, hanf, werk, Weinstein, lamp- 
3yol, leder, pqllen, daz gehört als in den vron höf. 

Item, caliteenstein, oöppheirwasser auch iii den vron-hof. " 

Strenge. Verboten war jede Verbindung des Wirthes (Gastgebers) 
mit den Gästen ^ in Hinsicht ihres Geschäftes. Der .Gastg^^ber durße 
weder mit den Waaren des Gasfes handeln, . noch seinen Wein schenkiyi; 
überhaupt keine Gemeinschaft mit Gästen in Handelssachen treiben. Der 
Gastgeber war übrigens der gesetzliche^ Bürge für den Gast; er war für 
dessen Handlungen verantwortlich, und war verpflichtet, dem Gaste die ein- 
zelnen Vei-botsgesetze der Stadt mitzutheilen, und verdächtige Gäste dem* 
Rathe anzuzeigen. Auch selbst den Gästen waren Kaufs- und Verkaufs- 
geschäfte untereinander, so wie Wechselgeschäfte untersagt ^®0« 

Item, das erste gesetz ist das, das. ein gast einem andern gaste weder 
tzin, noch pley, noch kupj)fer, noch deheinerlei kouffmännscliaft, di tzu der 
wage gehorent, verkoufen sol, bi der puze^ das sint drew schock grozzer 
prager, pfennige, di er geben sol. 

Item, das andier gesetz ist, daz daheim wirt seinem gaste dheiAerlei 
kouffnvanschaft koufen noc^j verkoufen sol .bi derselben buze. • 

cheih purger schenken eines gastes wein^ tete 
er aber das, so' soll er ye von dem vasse, als manich, yäs er aus schenket^ 
drew schock geoen zo buze der vprgenanten pfennige. 

t 
' • / ■ ' . 

201) Der richter vnd di ^chepfeti viid der rat von PrAge^ di welleni vnd- gebieten daz, 
datz ein istlicb gast*) wider einen andern ^ast nicht koufen sulle, der da ist utzer- 
halp der stat gesessen, vnd ouch nicht verkoufen. Iz mag ouch wpl ein tclich gast 
iiie Hegen fvnf (5) tag vnd sich betrachten^, ob^er aiifgepinden mvge, oder nicht. 
An dem sechsten tage 8ol)>er vf /binden oder er mag ez enwek fvren ob es imfuget. 
Iz aber daz er vf^ebi^det, so soll erz ouch hie verkoufen. Iz sol chain gastgebe 
seinem gaste koufen wider einen andern gast. Iz sol auch ke^n gastgebe sines 
gastes gut nicht verkövfen einem andern gaste, noch kein gast sol auch sines wirtes 
gut nicht yerkovfen einem andefn gaste. Iz sol ouch kein gastgebe nicht geseUschafl 
haben mit einem gaste. Iz sol ouch iclich gastgebe sinen gast warnen de buze ; vnd mag 
abier der gast sinen wirt vber winden, daz er in nicht\gewaret hat, so sol der gastgebe 
selbe di buze geben. Vber daz sint gesetzet t^wene m^n/die darvmb gesworen liaben 
der stAt, daz si des warten schulten \ ^d wen die dar vmbe besagen vf iren eit, daz 
hat kraft, vnd die^ buze dar vber daz sint drew schoch grosser pfennige ; vndwosiediß 
buz'zebesagen, da sol man nor pfbnt nemen an bürgen, vnd das phant das behelt man 
vierzehn tage ; vnd lest man iz nicht in den vierzehn tagen, so gibt^nan im darnach 
nicht recht antwort. Vnd ouch welche furkovflein (vorkaiffelin) newes kramgewant, 
welcherleye iz si veil treit das sol^men ir nemen. Prag Stdtb^Fol. 27. D. N. 1. A. p. 187. 
*) Gast böhm. ho$t. Die Römer hatten nur einen Namen (Hostis) für einen Fremden 
und -einen Feind. 



/ 



166 . 

Item, ez in9g euch ein yetslich gast seine koofmanschaft von essenden 
dingen drei tag hie selb' verkoufen, vnd nach den drein tagen sol 'Br si 
hin geben oder verfuren bei der genanten buze. 

Item, ez sol' euch daheim purger noch dafaein gasi weder golt noch 
Silber >yerkoufen noch hih borgen oaf ein tag; er sol ez hingeben nvr vmb 
bereite pfennige, daz man ez wege, vnd ouch im hin 'trage bi der buze, 
di.her nach gesetzet ist. 

Item, ez sol ouch niemand weder gewant wqh pfeffer noch deheinerlei 
koufmanschaft Verkoufen, noch hin borgen, er enhabe ez den bereit in sei- 
ner gewalt; vnd wenn er ez verkoufet, so sol er ez lassen tragen aus 
seiner gewalt, vnd wenn ez ausgetragen ist, so ensol er, noch sein brotesse, 
, ez nicht losen, noch wider koufen. — 

Der Gast musste selbst seine Waareri in das ^authaus (Frohnhof) 
führen' und dieselben beschreibet lassen. Eben so hatte ^der Gast nach 
Gattu9g der Waaren eine ^rist von 3 — 14 Tagen, um sich zu bestimmen, 
ob er die Waaren aufbinden wolle oder nicht. Die einmal aufgebundene 
Waar.e musste auch in Prag verkauft werden. Wollte der Gast die Waaren 
blos durchführen, so musste das JBigenthum an den Waaren nachgewiesen 
werden: ^— Alle Käufe und Verkäufe der Gäste waren nur mit Zuziehung eines 
geschworenen Unterkäufels, gütig, und^ sie durften sich nicht eines eigenen 
Masses oder Gewichtes bedienen, sondern sie wurden an .die Stadtwage 
und das Stadlmass gewiesen. ' . , 

Im Betreif der Wein- und Bierschänker, dann Malzmacher erliessen am 
«. Aug. 1330 ^^'^ die Prager Richter und Schoppen folgendes .Edict: 

, „Wir richter vnd .... schepfön vnd purger gemeiniclic^ der 

grosseren stat ze Prag bechennen an disen gegenwortigen brif, daz wi^ 
wellen, daz das verboten sei, dass niman fürbas schenken schol in der 



202)^ Für die Weinschröter kam ebenfalls ein Erlass. Er findet, sich im Prager Stadtarchiv 
(Präger Stadtb. Fol. 50. D. N. 24.) in latein. Sprache vor und tautet wie folgt: 
Nota quod pro extractoribus vini, qui weinschroter vulgariter (}icuntur, debet cuilibel 
eorum de quoKbet vase vini, cnjuScumque generis sit, cum per eoß dtf cellario tra- 
hitnr, duo gr^si Pragenses, et cum imponitur, . II grossi, et .cum de uno curm in 
alium ponitur ant super superficiem terrae locatur^ iinus tantum grossus poedietns 
solyi atque dari. Teutsch : Ein jeder Weinausheber, insgemein Weinschroter genannt, 
rauss von einem jeden Fasse, was immer für Weines, wenn es durch einen derselben 
aus dem Kellet hinaufgehoben wird, zwei .Prager Groschen, und wenn es aufgeladen 
' wird, 2 Groschen und Wenn es aus einem Wageji auf einen andern gelegt, oder 
über 'der Oberfläche des Bodens gestellt wird, blos 1 obgenannten Groschen "zahlen. 



I 
I 



herren, hofieuien hofen ynd in der pfaflfen ynd in der munciien vnd iii der 
nonnen vnd in der Juden hofen ynd hewsem, di in vnser stat ligent, weder 
pir noch inede nbch wein, ez wer denn daz di hofe vnd dt hewser mit 
yn$ vnd mit- vnser stat trugen vnd liden, als wir. tun* So welle wir ouch, daz 
niman aus einer andern stat füren soll furbas ze Vns ze Prag in vnser staf 
wegen mertzich pir npeb anderlei pir tze schenken,, vnd wer daz ^vorbas 
bringet, der schfil es xerlorn habe^n; dez schol sich der stat richter vnder- 
winden, des selben pires schol dritte teil dem richter vnd tzwei teil sullen 
der stat. Ouch welle wir, das das verboten sei, das chein vremder man 
sich setzen sol in vnser stat tze Prag, das er multze oder, schenke, er hab 
denn der purger recht gewunnen vnd verbürget,- als gewonlich ist. — Es- 
sullen ouch di muttzer, di mit vns ze Prag sitzent gute multze machen. 
Und daz daz als stete bleibe/ so habe wir disen prief.lazzen schreiben 
vnd veringesigeln mit vnser stat ingesiglo^ de man tzalt nach Cristes geburt 

dreizehen hundert *jai*. in dem dreysigesten au der nechsten mitwochen vor 

■ 

sänd Lourentzen, tag." 

Im Jahre 1338 (6. December) schlössen die Prager und Kutten- 
berger einen Freundschaflsvertrag, kraft dessen sie einancter gegenseitig 
das Bürgerrecht zugestanden und den freiem Weinschank in beiden Städten 
verstattet haben. Dieser Vertrag war in lateinischer Sprache verfasst, und 
lautet folgendermassen : 

«Wir Thomas Richter mit dem Beinamen Hoppe, und Tillmann, Linwat, 
Schöppenmeister; Johann Bily, Jakobj Stadtschreiber, Niklas Dwofak^ Johann 
Lewlin, Hartmann Schober,. Peter BenßSowsky, Ge^ek Oswald, Johann Ko- 
kficky, Christian Popplin, genannt Nesso, Elblin von Pisek, Johann Brnrensky 
und Johann 2itawsky, Consulen und die ganze Gemeinde von. Kuttenberg 
bekennen mit dieser Urkunde, und thun allen insgesammt, spwol den Gegen- 
wärtigen alB den Zukünftigen kund, dass wir nach :' reiflicher Uiberlegung 
mit den ehrenvesten M.ännern unseren Freunden und Bürgern der -j^tadt 
Prag einen Vertrag eingegangeü sind. Dieser Vertrag ist unter uns der- 
masseji geschlossen, .dass alle und jeder ii^sbesondere von den Bürgern der 
besagten St^dt Prag das - Befugnisi^ hat, in unserer Stadt Kuttenberg was 
immer für W!ein auszuschenken, und wie jeder von uns, mit was immer für 
Waaren Handel zu treiben! Dagegen werden wir uhd unsere Mitbürger 
auch dasiBefugniss haben* alle und jeder von uns insbesondere, bei ihnen 
in der Stadt Prag auf gleiche Weise unsere Weine, sie mögen von was 
immer für ArJ; sein, zu verkaufen, und jeden billigen Verkehr treiben. Ausser- 
dem sollen sie, jdie Prager bei uns jener Rechte theilhaflig sein, welche 



168 

unsere Bürger geniessen, ii^sgenonnnte die Stadi^ und Bergabgab^n^ von 
welchen wir sie Yollkommen befreien und erUftren, dass sie dazu nicht 

. verpflichtet sind* 

Zur BekrftfUgiHig dieses Vertrages haben wir J^efohlen^ diese Urkunde 
^ errichten, und mit dem Siegel der Stadt oder unseres Kuttenberges 
zu versehen.''. . . 

Auf die alte Verordnung: Ellen uhd andere Masse an beiden Seiten 
mit Eisen' zu beschlagen^ oder sie'^anz von Eisen zu verfertigen, um die 
Verkürzung 2u verhüten, wurde von Seite der Regierung starte gesehen. 
Hiermit stand die Festsetzung von einerlei Massen für Getreide, Hülsen- 
.frtjlchte, Wein und Oel im ganzen Lande. . Sehr oft kommen Beispiele vor, mit 
welcher Strenge auf die Richtigkeit der Masse gehalten und betrüglich befunden 
zerschlagen und verbrannt worden. In Prag hat'sich der . Magistrat diesen 
Gegenstand zur besondefn Angelegenheit gemacht, und darauf gehalten, dass 

- durch Einbrennen eines Zeichens in die Getreide-, Salz-,* Wein*- und -Oel- 
masse dem Betrüge möglichst gesteuert würde , Marktmeister angestellt, 
Stadtwagen unterhalten, insonderheit auch die Wechsler mit ihren Gold- 

, wagen unter Aufsicht gestdftt. ^ 

im Betreff der Mtihlmasse erliess K. Johann im JahFe.1340 (16. Decb.) 
fülgehde Verordnung *®^). . * 

Wir Johannas, von Gotes gnaden chunik zuBehem vnd gröf zeLutzel- 
bürg, tun chunt pfi'enlßich an diseni brief, das vur vns sint chomen vnser 
lieben gelrewen richtet vnd scheppfen vnsör stat ze Prag, de si durch ge- 
mainen nutz haben lazzen schreiben, als wie oft geboten haben, das man 
solt haben getan, vrid der brief loutet von wort zti worf also^* WirWentzIaw 
genannt Roktzaner richter. Meinhart hem Wolframs svn, Wentzlaw . hern 
Albrechts svn, Nyclas Rost, Pescbyl Neuaburger, Elbel Watzinger, Mertil 
iiern Malhes' svn von Eger, Wolfel von dem Stein^ Thomas der Swartz genannt, 
Jaksch ' Payer, Meynel Roktzaner vnd Vlad : herii Johans gewandsneiders 
son, gesworn purger der stat ze Prag bechenneu vnd tvn chunt öffeijsich 
an disem prief, das wir gesehen vnd gepfuft haben, das di selbe vnser 
stat grozzen gebrechen leidet vnd geliden hat von sulcheni Sachen, das alle 
dy molen (Mühlen), dy vmb di stat gelegen sein, von der . obersten vntz, 
an dy nidersten nieren ein mazz haben oder eiq gemessen recht dor an in 
genügen schol vnd' dor vber nymant, greiffen geturrOj und das dem armen 
als vol vug als dem reichen, vnd nach dem ein iglicfa man gespowen mug 
auf daz'^seyn alles, das er recht hat.^^Dor vmb als vnser herrö der chunik 
vnd vnser herre der marchraf oft geboten habent vor bey andern scheppfen 

203) Prager Sladtbuch. Fol. 200. D. A. p. 66. 



169 

vnd aach bey vn^, vnd ab vii9 des vnser aid vnd gewissen, ermcmnet, ^ so 
seyn wir mit den eldisten von der stat ze rat wurden, das als schir wetertage 
chomea,^ die s^heppfen, dy ze der selben tzeU ^ein, suUen > chyesen vier 
aus in oder ander gemainen {rurger vier von der stöt, vnd di selben suUen 
chiesen ze in vier maister mnlner, von« wan si wellen vnd dy alle schuHen 
sweren ze, dem, beyligen, das sy on alle argelist einer iglichen mnl geben 
ir mazz, di si zo recht baben sohol,'also das nymant do von erJblos werde, 
vnd das dy vor genant sflat auch in sulchen^ schad.en nicht *choRi, als 
iayder ^or oft ist g^scheen, sunder das ein igleich man, er sey reich oder 
arem, noch der selben mazz. muge gepawen alles , . des er recht hat , vnd 
das das -selbe eiyiclichen steet beleih. Vnd ob yemant wer, der vber 
di selbe matz, dy ym bey geschworn aid za recht g-egeben wirt, grei- 
fen getprft, chomt das yemant ze schacien, der sol es elagen in dem rat 
vor den scheppfen ; so schulten si selben scheppfen senten dar zy * zwen 
geschworn maister, 'di di warheit dor anl>esehen; vnd sagent idi selben, das; 
di maz xber yarexi sey, so sol der schuldig tzehen schok grosser zvm ersten 
mal ZV puz geben an dy stat; chumt ein sulch clag^vm andern Inal auf den 
schuldigen, vnd wirt besehen und besaget, als vor gescfariben ist, so sol er 
izwantzig schok geben an di stat; geschieht das zvm dritten mal, so sol er 
dreizziji Ischok geben an di stat, vnd schol sein mol (Mühle) demselben gan- 

tzen jtfr vngemalen steen. Dar vber zv einer gewissen vrchund haben wir 

• » 

disen prief lazzen^ schreiben vnd mit der stat insigel zv Präge versiegel/i. Der 
ist gegeben nach Christes geburV vber dreitzehen hundert jar dar nach 
in dem vi^rtzigsten jar des nechsten vreitages noch sant Hcrteins tag. Vnd 
haben vns gepeten, das wir denselben prief geruhen mit vAsern ,chuniclich^ 
priefen vnd insigelen bestetigen. So haben wir an gesehen, das der, selbe 
prief tzevchtauf eines gemaines bestes der stat vnd vug dem armen als dem 
reichen, vnd bewart di stat von swinUchen schdden, dye oste vor sint wider 
waren. *Dar vmb'so wellen wir, das der selbe prief vnd alles, das dor inne 
beschriben ist, ' wolle chraft habe, vnd gantz, vnd steet ewiclich beleih, vnd 
das wider nyemant getur icht getun. Wqr aber da wider idit tut, det leid 
di puze, dy dor nach gehört vnd dor auf ist gesatzt. Wir wellen auch, das 
man dy selben sach an greifH^ vnd wol wur. als^in dem genanten prief steel 
bescbriben. Doi* vber zv einem gewissen wxirchunde haben wir diesen prief 
geheiz;sen mit ^vnserm grozzen insigel versiegebi; der ist gegeben z.e Pf ag 
nach Cristes geburt vber drewtzehen hondert iar dar nach in.demviertzigisten 
iar des svnabendes ii^ der quatemper vor weynachten.'^ ; 

Im Betreff des Baumaterials, namentlich der Ziegeln heisst es in einem 
Gesetz vom Jahre 1314: „Tausend Mauerziejgeln sollen um 22 Groschen und 



170 

Tausend Dfldbziegelnumi. 24 Groschen verkauft werden. Wer solche tfaeuerer 
verkauft) verliert: die Ziegeln und darf ein Jahr lang kctine mehr brennen.^ 

Im. J. 1343 bestätige K. Johann die bei der Prager Fleischerzunß ein- 
führte Verordnung und Gewohnheit, dass Niemand in die Fleischerzunft auf- 
genommen ^werden dürfe, es sei denn, dass ^r ein Sphn oder ein. Erbe 
eines Fleischermeisters wäre^ oder sich eine Fleischermeister^ - Wittwe oder 
Tochter mit einem Gesellen verehelicht hätte... 

Das pfuschen im Handwerk war streng verpönt, ja, ein Jeder, der die 
Absicht hatte, eine Wei^stätte zu erriditen, i^usste voh dem Rath und den 
Schoppen der Sladt hierzu vorerst die Bewilligung einholen. Eine .Urkunde, 
welche sich in dieser Beziehung auf das Schneiderhandwerk bezieht, mag 
in gewerblicher Hinsicht Jiier ihren Platz finden. Sie ist aus dem Prager 
Stadt - Archiv Fol. 50 hervorgehoben, und datirt sich vom 18. Fqbr. des 
Jahres 1318: ' 

Wir Frifae, gehaisen der Lange, richter zu Präge, vnd A\ schepfen 
von der stat Jakob Frenkels sun, Conrad der Pleyer, Jakob der Schon, Pe- 
bems. svii, vnd Gvnther von Perge, Conrad von Leutmiritz, Heinrich der Negel, 
Herman der galm, Dityl der Pe^ke vnd Fritze von Perge, Herott Rech tzer, 
Virich von Heynburch, Herman Glas, Ulrich der P«zel, Rudel der sneider 
vnd Johan des ^Dytmärs prüder vnd. di andern schepfen gemeincli«h tun 
kunt vnd, bechennen an diesem gegenwurtigen prief ^dl^n den, die in an- 
sehen oder. boren lesen, das wir ze hilfe den sneydern in vnser stat ze 
Prag gesez^en, .wen si vbel vnd gut mit vns leiden tag und nacht vnd leiden 
muzen, ze eim rechte fvndebt haben, das keiner irer knecht noch nymant 
sich nider setztzen solmaister ze sein an irem hant^vercb her ^n habe vor 
dem ßurgermeister verpurget bei vier ^choken grozzer pfennige, vbel vnd 
gut mit in ze leiden jar vnd tage nach der stat- recht, vnd g^be auch ein 
^Ibe schok ze anlait ein vierdunk desselben halbe söhokes -den schepfen 
vnd den andern vierdungi den sneydern; vnd ob das gescheh, dasderpurge 
der vir sphoke bestandea wurde, so sol eipi dritteil derselben vier schoke 
dem richter, vnd ein dritteil den schepfen, vnd den sneydern ein dritteil. 
Ouch soll nyeman eiu newes wambeis noch ein vbertrages feil tragen, es 
. en sei danne zerissen, noch an keiner stat feil trsrgen, wen yeder man, do 
er igesessen Hst, sol haben nur . tzwai wambäis, ein behemisch. vnd, ein 
s webisch,, oder nur aines allaine; die wambeis sulIen auch vngefelst sein; 
findet m^n aber vber das ein, wambeis an einer andern st^ fall, das sol 
man nemen vnd ein vngerechtes oder ein gefeistes wambeii^, wo man das 
fvnde, *das sol man euch nemen, und j des sol halbe dem richter gebum 
^ ynd halb den sneydern ; vnd ouch dad kein genecht von seinem maister sol 
geen ze einem hofsneyder; welcher es dar vbpr tut, den sol chein maister 



171 

in einem jar ze im nemen; welcher maister iber dar dar vber tut, der sol 
geben ain halbe sehok , ^dea haben scbo&es sol geburn ein dritteil dem 
richter, ein dritteil den schepfen, vnd den sneidem ein dritteil; Tnd auch, 
das k6in mentler ehein nevf gewant sneyden sol; welcher es dar vber tut, 
der sol auch geben ein halb schok; dasselbe halb schok soll man in drev 
tailen, dem richter vnd den schöpfen vnd den sneydem, alk vorgescbriben 
ist. Vnd ze einer stetikeit diser rede hab wir diesen prief veringesigelt 
mit Ta^er stat ingesigel. Der prief ist gegeben nach Cristes geburt thusent 
jar, drevhundert jar in dem achtz^end jar an dem nechsten svnab^nt vor 
sand Warburgentage. — 

Eine zweite ^ Urkunde, , gleicl^alls das Schneiderhandwerk* veriiandelnd. 
ist aus deim Pr^er Stadtbuche FuL 43 p.^ v. hervorgehoben, und dieselbe 
ist am 19. März 1341 ausgefertigt. Der Inhalt derselben lautet wörtlich 
wie folgt: 

,, Wir Wehtzlaw genannt Roktzaner, richter vnd Heinhart I;em Wolframs 
sun, Wentzlan^ hern Albrechts sun, Niklas Rost, t'eschil« Neumburger, Elbel 
Wat^inger, Jf ertel hern Mathes sun von Eger, Wolfel von dem Stein, Tho- 
mas der Schwartz genant, Jaoksch Paye^^ Meinel Rocktzaner vnd Via. hern 
Johann gewandscbneiders sun, die geschworn purger der stat ze Prag bechennen 
vnd tuii chunt offienlich an diesem brief„ das wir angesehen habeii den gebrechen, 
den dy stat ze Prag hat, vnd den di sneider haben darinne gesetzzen, die mänic 
vnbefaend red sleizzen muzzen davon, das manic vnchunder vnd vngewissel* 
chnecht anf irem hantwerk sich von aigener gewalt zv maister setzet, vnd 
venu derselbe vremder leut gut als vil auf sich geporgt, das ers nicht ver- 
gelten mak oder wil, so entrint qr do mit von der stat^ des zeicht man 
denn tii Schneider in der gemain viid nicht den schuldigen alain. Wir haben 
auch angesehen, das vil verstolens dinges von aschroten die von sneider 
auf dem lant vnd in der stat gesetzen vnd oucfa von manigerlei leuten wer- 
dent heimlich verchouft in der stat, das man des auch zeicht di sneider in 
der gemain, si habep es verstoln, vnd wartet nymant darzv, von wan'ez 
>berchom vnd wer schuldic daran sey. Vnd auf di red, daz an sulcheh 
Sachen die Stat furbas von schaden vnd der -sneider er von vnbehender red 
ward bewart, so geben wir Vnd vinden in^ ze einem rechten, das sy vier 
geswom maister vnder in haben vurbaz zv aller tzeit; di schullen alle jar 
die sheppfen chiesen, die des jares gesatzet werden, vnd die selben vier 
maister schullen daz bewaren mit dez richters vnd der scheppfen hilfe;. 
vnd wer .sich in Prag mit sneiderwerk vil generen, der schol mit tzwain vnd 
dreizzig grozzeifi pfennig purger recht gewinnen <gen richter vnd gen scheppfen, 
vnd sol darnach geben den maistern ein schock grozzer Prager pfennig iit 
ii^ bruderschaft vnd recht mit eynander, und swer sich dar auz zeicht vnder . 



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172 



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in, er sei maister aber werd maister, der hqt sein recht verloren ; vnd der- 
selbe, der mai^ter werden wil, soi purger vor d^n scheppfen selzen vur- 

^ tzebn schok grozzer Prager pfennig, daz er drei jar vnd drei tag mit der 
stat leid vbel vnd gut ; vnd ob derselbe di weil ieman in xler stat sius 
gutes icht eaipfrutndete, do sol der porg wur steen, aW ver di Izehn schock 
gelangen, vnd dpch-der stat ir recht gesche, vnd wer'ains maistei's tocbter 
nimt, ^er dqrf debein ander, pfennig geben, den do init er purger recht ge- 
wint; vnd der selbe, der .maister Wirti, sol des sweren vot '4en maist^im, das 
er sein hantwerk getreWlich vnd erleicli wurche; das selbe suUen auch t^n 
z^ disem mal alain alle di maister itzvnt in der stat sein. Wirt ieman von 
vnchunst werfinten,- der trag das vur die maiater, vnd swaz puzz die.dor vber 
vjnden, die sol der sneidor leiden; wirt auch iemand vberw\inden mit den 
gesworn- maistern mit ^er halben allen, die bey einander eins tuchs sey, 
dej hat sein recht verloren vhd soll ein iar die stat meiden, vnd welcher 
maister verstolns chauft;der hat sein recht verloren, lals ab ^ra selb ver- 
stoln het, vnd sol*^ein iar sein auz der stat; dieselbe pozze . sol auch 
lerden der maister, zv dem -man vindet newe vngefrumten dechlachen vber 
halb recke, dy nicht mit recht dar chomen «sein; vnd zv wem man ein 
valsch] wambeis vindet, daz sol man brennen zvm ersten mal, vnd zvm andern 
mal alsam; bergeift man es zv in zvm drittenf mal, er hat sein recht ver- 
lörn und sol ein iar die stat meiden. Swo ein' montier hewe^ wercket, 
i^Ui oft er do mit begriiTen wirt, sol >erz verpazzen gen richter vnd gen 
scheppfen mit 'Einern halben ^schoc.grozzen vnd wo man newes gemachtes 
gewand begreift, daz vail ist, es sei hie ,oder anderswo gemachet, des 
haben richter vnd scheppfen gewolt; wie inan in daz verpuzzen sulle. Ob im 
ein* chnecht in iler stat von aim maiister auf stet vnd net e.im hofsneider, 
den sol dchein ander .maister setzen in eim gantzen Ssn , wer daz 
vberuzt , der ist dem richler eins yi^rdungs grozzer pfeiknig bestanden ; 
daz selbe, soji man behalten an den chnecht, der viertzehen tag vor einer 
hochzeit seim ' maiste^. auf steet. Ez sol auch der maister recht auf ir 
chihder erben. Dor vber zv einer bestetig^ing vnd einer ewigen, gedecht- 
nusse haben wir disen brif mit der stat insigel ze Präge versigelt. Der 
ist gegeben zv Prag noch Chri$(tes gepurt vber dreutzehen hunderl; iar, 
darnach in dem ain vnd viertzigsten iär^ des nechsten montags nach dem 
söntagf'noch mitter vasten. — ^ 

Von Preisen der verschiedenen ProAikte und Waaren findet man im 

^Betreff der Lebensmittel öfters sehr abweichende Angaben. Gewöhnlich 
setzte Köni^' Johann die Preise fUr Kiie Lebensmittel und sonstige Er- 
zeugnisse gesetzlich fest^ freilich geschah dies aber ohnfe Wirkung. — Im 
Jahre 1312 war nach Anzeige einer alten böhmischen Chronik in Böhmen 



173 

eine gros^iß Theuening, denn der Strich Korn galt in Prag 30 Groschep; 
Nach unserem heutigen . Gelde öden Groschen zu rechnen , wäre dieser 
Preis allerdings sehr mössig' und man könnte das Getreide vielmehr wolfeil 
nennep-; allein w^nn man erwägt, dass zu jener Zeit der Grqschen gewiss 
15 unserer heutigen Kreuzer betrug, so stand das Korn v^irklich sehr hoch 
im Preiere, indem der Strich nach heutigem Gelde auf 7 Gulden 30 kr/C.M. 
zu stehen' kam. Im Jahre 1341 war durch den a11a;ugrossen ]|^i8sw«chs eine 
grosse Thenerung, wodurch äne grosse Hungersnoth in Böhmen entstflind. Man 
bezahlte den Strich Korn mit 1 Schock, den Strich Weizen mit 70 Prager 6ro* 
sehen, die Gerste mit 50 und den Strich Erbsen mit einem halben Schock 
Prager Groschen. . * 

Es ist erwiesen, dass zu Johanns Zeit, das edle JWetall schon desshalb 
nicht in grossem. Umlajufe gewesen ist, weil es zu .bald in die Hände der 
Geistlichkeit kam, die es zum Kirchenschmuck umw|mdeln Itessen. Durch 
den Kaufhandel lernte n!an indess den Werth und Gebrauch desselben nach 
und nach immer besser kennen; nUein nun theilten sich die Klerisei, der 
Kaufmann. und der Handwerker mehrentheils in die Masse des cirkulirenden 
Mediums. Der gemeine* Mann oder Bandarbeiter und der Fürst h'aftten in 
mancher Rücksicht zu wenig Geld. Ungemein yiel wurde in die östlichen Länder 
verschleppt, theils durch die in . fremden Ländern unternommenen Kriege, 
theils durch den immer noch passiven Handel, und nie kehrte e^ von dbrt 
wieder zurück. Es behielt also das edle Metall einen ungemein hohen Werth 
gegen andere Dinge, und wurde immer mehr als allgemeines Mittel zum 
Verkehr und zum Umsatz der Waaren gebraucht. Im grossen Kanfhandel 
wurde es- freilich . nie anders als wie eine Waäre betrachtet; in diesem Z,eit- 
punkte aber ging es» desto mehr an, da man fast allenthalben nur Wenige 
aber reines und gültiges . Geld aust^ünzte, oind derVStempel jederzeit das 
Zeugnfiss von dem intiern Gehalt, war. ' Da9 bisher cirkulirende Geld blieb 
wol unter K. Johann eine 2^it gut, allein ds sein Kammerbeutel zeitweilig 
Lücken bekam, erlaubte er sich die Mtinzverfälschung auf die gewissen- 
.loseste und schreiendste Art. Er liess Münzer aus FlQrenz kontnien, weFche 
die Hand, zu seinäm Betrug willig boten, und die Folge war, dass kupferne 
Pfennige für den Werth der silbernen ausffegebeÄ wurden *®'*). Der Anblick 
des königlichen Namens, Bildes und Siegais auf einer . weitläufigen Lüge 
untergrub den öffentlichen Glauben, und nahm die Treue aus äandel und 
Verkehr hinweg, und schadete» mehr als alle seine Steuern. Doch liess K. 
Johann auch jene grossen Goldmünzen j)rägen, wovon 4 eine Mark aus- 
machten und^ies gehört mit zu seinem Glänze ^°^). Diese Goldmünzen hatten 

204) Im Jahre 4327. ^ 

205V Schnelleres Geschichte Böhmens I. B. S. 92. . 



174 



\ 



auf einer Seite die Abbildunff des heil. Johannes des Tftufers, des Schatz- 
patrons der italienischen Münzer; wesshalb sie auch unter andern den neu- 
lateinischen Namen floreni (von dem italienischen fiorini) bekämpfe. Sonst 
nannte man sie lateinisch atiret, und verstand darunter denarii^ oder numi, 
böhmisch s/o/^, teutsch Gulden.- Da jedoch der t letzte Name in dhr Folge 
einer Silbermünze beig^slegt wui*de, so nannte man jen^ goldene zum Unter- 
schiede Croldgolden, auch rothe ungarische Goldgulden. Etwas später kam 
der jetzt gebräuchliche Name Dukat aüf'®^). Diese neuen Goldgulden Jo- 
hanns hatten anfangs eben so wenig einen Zusatz, als König Wenzels Sil- 
bergroschen, deren 12 sie galten. 

/ . D^ass in Böhmen dib Groschen wenigstens schon zur ersten Hälfte des 
XIV. Jahrb. eine einheimische Münze waren, und 60 aus der feinen Mark 

-. . - . . ■- ' ■ ' 

206} Ein ijinter der Regierung K. Johanns zwischen deb Jahren 1311 bis 1346 ausgemünzter 
Dukaten bat mit unserem jetzigen gleiches Gewicht, .und sein feiner Gehalt war um 
1, höchstens 2 Gran hesser, seine Abänderung bestand also nur in demWerthe gegen 
das Silber. Die in dieser Münzgattung seit dem XIV. Jahrh. bedungenen Zahlungen 
und Ford^ningep, , können mit unseren heutigen Dukaten in natura ausgeglichen werden. 
Da htebei, in Ansehung ihres innerlichen Werthes, nichts weiter zu erinhem ist, so 
dürfte es dem Leser nicht ohne Interesse sein, hier eine Reihe der Jahre .anzuführen, 
woraus mit einem Blicke zu Übersichten ist, wie seit dem Jahre 1500 die Dukaten in 
ihrem kurrenten Werth gestiegen sind: 
Im Jahre 1500 galt der Dukaten ........... ß;2 Kreuzeir. 

V „ 1547 „ „ „ .* . . . .... . . .105' „ 

n n 1576 „ „ „ , .... 108 „ ■ 

V ». n 1586 „ „ „ ... ........ .111 „ 

/. y, „ 1609 „ „ „. " ,....'... 114-.140 ^ 

„ „' 1611 „ „ „ ........... . 15Q„ ^ .. 

In den folgendem Jahren fangt die Münzrevolution an, wo der Dukaten bis auf 20 

Gulden gestiegen isi; es ist aber hier anzumerken^ dass dieser hohe Preis nur gegen 

^ die damals im ausserordentlich geringen Gehält geprägten Bilbermünzen zu yerstehen 

sei; gegen das hierbei nicht ganz in Verlust gekdmu^ene ^gute Geld blieb derselbe in 

seinem alten Werth, so wie femer 

im 'Jahre 1624 derselbe «... 150 Kreuzer ' 



„ » *69Ö „ 



.1671 „ 
i69Ö 

» » 1693 ^, 

* j> » 1753. „ 

• « n 1771 n ^ 

n « 1784 « 

» » 1786 „ 

Aus dieser Steigerung erscheint die Verwirrung der Silbermünze, weil im Jahre 1500 
mit 82 kr. eben so 'gut als im Jahre, 1786 mit 270 kr. ein Dukaten gewechselt wurdt. 
In Böhmen rechnete man den Dukaten nach meissnischen oder böhmischen Groschen, 
auch Schocken. . " 



180 


» 


iio 


» , 


240 


n 


250 , 


fi 


256 ' 


V 


260 


n 


270 


n galt' 



175 

geschlagen wurden — worauf sieh auch die Rechnung nach Schockm grün- 
dete — ist ausser ZweKel. Bis nach Schlesien und Preussen gingen die 
böhmischen Groschen und eben damit die Bechnungsweise nach Schocken. 
Bei grösseren. Zahlungen bediente man sich auch des 'Wagens '^^). 

Nach einigen Angaben zu urtheilen,- so gehörten in Böhmen- zu jener 
Zeit — wie dies aucli in anderen Staaten der Fall war — die Wechselge- 
schäfle dem Landesherm, und so zu sagen, zum Vünzregal ^^^. Es durfte 
sonach Nieipand. ein Wecfas^haue^ errichten, wenn es ihm nicht yom König — 
natürlich gegen- 'gute «Abgaben — gestattet wurde. Unter diesem Geschäfts- 
zweige ward nicht nur das Umsetzen der Münzsorten verstanden, sondern 
auch das. Kecht auf Waaren zu leihen, und zwar gegen Gescilenkey weil, 
wie bereits erwähnt, di^ Zinsen nicht' erlaubt waren. 

Unter König Johann kam der Bergbau in Bölimen immer in grössere 
Lebhaftigkeit, und hatte eine beinahe unglaubliche Ergiebigkeit. In, Berg- 
reichenstein waren an 350 Quick^ oder Goldmühlßn im Umtriebe, 'und die 
Berghäuer daselbst waren in solcher Anzahl, dass Jobann zur Bela^rung 
der Festung Land^hut 600 wehrhafte Männer von Bergreichenstein i^usheben 
konnte, ohne durch deren; Abgang den Bergbau und das Goldwaschen da- 
selbst zu unterbrechen. . Im Jahre 1325 bestättigte K. Johann dieser Stadt 
auch alle jene Bergfreiheiten, die ihr schon von seinen Vorgängern sind 
verliehen worden. Tm Jahre 1341 soll das Pressnitzer. Silberbergw ei^ ent-t 
deckt worden* sein. Dass um die Mitte des XIV. Jahrh. in der ]Lu2nica 
Gold gewaschen oder Körner in der Grösse der Erbsen ^gefunden wurden, 
bezeuget Aeneas SylviuiS. Der Bergsegen von Kuttenberg erreichte zu Ja- 
. hanns Zeit seinen Culminationspunkt. Die. dortigen. Silbererze, zunächst von 
einigen Prager und Kutienberger Familien gebaut, verschafften diesen ein 
Vermögen, und hiermit eine materielle Kraft im Lande, d^ren Einfluss auf 
die politischen Verhältnisse nicht ausbleiben konnte. 

207) Hüllmann's Städtewesen 1. B. S. 433. . , 

208) Unter diesem Geschäft darf mau nicht das heutige Schriftliche Wechselgeschäft darch 
Ausstellung förmlicher .Wechselbriefe verstehen, sondern den Wechsel od^r Umtausch 
des haaren Geldes. Dieser Handel war nicht «Hein sehr einträglich, sondern auch 

'S**' t 

als nothwendig zu betri^chten, weil zu jener Zeit so viel Münzsorten zum Handel 
kamen, -und die nur kundige Geschäftsleute gegen die äbliche Landesmünze umzu- 
tauschen im Stande • waren. Fremde Eaufleute mussten also immer das aus ihrer 
Heimath gebrachte Geld bei den Wechslern vertauschen, um sich das gehörige Mittel 
ZU verschaffen, die Waareneinkäufe zu besorgen. Dieses WecBselwesen War damals 
in den. Händen italienischer Kau^eute, von denen die meii^ten aus der Lombardei ufid 
Toskana gebürtig waren, und zwar, was die letztere Landschaft betrifft, auji Florenz. 
^ Von jedem Geschäft berechneten sich die Wechsler einigen Gewinn und ein Aufgeld, 
- da die Zahlungen in verschiedenen Mannten geschahen. ^ - 



176 . . 

Ungeachtet die Bdhmen untdr Johanns ffinfniultlreissigjähriger Regie- 
rung um einige Sehritte d^r Ausbildung ihfer Sitten näher gekommen $ind, 
Gewerbsfleiss und Handel, so wie die Bevölkerung durch mehir Ruhe eiige- 
nommen und die Naturprpdukte bei der Ländwirthsehaft sich stets* vefmehrt 
haben: so waren dennoch die Künste und .Wissenschälften auf jene Zeit 
noch immer von zu geringem JBelange, als dass sich def noch meistens nur 
seinem Schicksale überl^ssene Hajidel auf seinen wohlthätigen Fiygeln nur 
einigermassen hätte erhaben können. Die bildenden Künste waren jedoch 
die ersten, welche, so wie iteither bei alleh Völkern, auch^ in Böhmen einigen 
Eingang fanden. Der Prager Bischof Johann liess um . die^e Zeit an der 
Klosterkirche zu Raudnitz die .Fenster mit künstlich getrieben>er Ar- 
beit (artificiosis caelaturis celte sculptis) mit gefärbten filäsern, Bildsäulen 
vo|i Stein, welche mit Gold, Silber und verschiedenen Farben bemalt waren, 
auszieren; von Aussen stellte er in Stein gegrabene ScUlde mit purem Golde 
überzogen; versah das Kloster mit Büchern, Kelchen und Gewändern und 
ü|>te selbst auf alle anderen Kirchen in Böhmen, was die Kunst anbelangt, 
den wohltbätigsten Elinfluss. Dieser gei;stliche Füri^t war ein . besonderer 
Freund der ^Bauten« Br war es auch^ der die steinerne Brücke bei Raudnitz 
erbauen liess; allein da er zu diesem Baue weder in Böhmen, noch in den 
umliegenden Ländern geschickte Bauverständige finden konnte, so berief er 
den römis^ohen Architekten, Guilelmo zu sich ündf liess ihm zu diesem Bau 
den F^lan' anfertigen. Nachdem dieser Künstler dm Jahre 1333 in. der Mitte 
des Elbestromes deü Grund mit grossen gehauenen Steinen angelegt, und 
zwei Pfeilei: mit einem Bogen zum Lehrsatze gestellt und die dabei beschäf- 
tigten^ Arbeiter genau unterrichtet hatte^, ging er in sein Vateriand zurück, 
und: einheimischen Meistern gehört das Verdienst, dieses Werk vollkommen 
gut vollendet zu haben ^**0- 

Im Jahre 1333 trachte Peter von Zittau, Abt von König^skl, eine viel 
Arbeit und Geld kostende Wasserleitung mit bleiernen Röhren aus drei ver- 
schiedenen Quellen in Königssal zu Stande. . _ ^ 

* Auch in den Schlössern des böhmischen Adels wurden auf den Wänden 
der Gemächer prächtige und kostbare Schildereien, Webereien dnd Sticke- 
reien aufgestellt, und es i^t kein Zwe^el, dass Böhmen zu jener Zeit so 
manchen Künstler aufzuweisen hatte, die sich im Lande selbst gebildet 
hatten. Zu* Gunsten dieser wurde auch im Jahre 1331 von den Geschwornen 
der Prager Gemeinde anbefohlen, die hölzernen Säulen der Uiberbauten mit 
steinernen zi^ vertauschen, damit die, Künstler und Mec)ianiker* (artifices et 
mechanici) — sowol einheimische als fremde — in den Häusern und vor den- 

210) Francisc. Chron. L. I. p. 107 bis 110. ' 



177 

I 

selben unt^ den Lauben, (testudines) ihre Kimslgegenstände verkaufen* 
könnten 2!'"). . 

Die höhere Ziergärtnerei that sich um JoKann's Zeit nieist ajuf dem 
Lande bei den Schlössern des Adels enipor; doch, sah man auch in Prag 
bei den Palasten und Klöstern schön)» Gärten. . 

Unter den Yersebiedenen Gewerben that sich unter K. Johann die Tuch* 
Weberei hervor« und um diese, ihrer Vollkommenheit immei" nähler zuführen, 
liess er di^rcfa die Nürnberger Kaufleute^ feine Tuche liach Prag bringen, 
und befreite sie von dem Umgeld. Man tadelte allerdings die freie* Einfuhr 
der fremden Tuche, allein, v Wenn es §iben so. billig afs politisch .Fichtig ist, 
dass nur durch. ]Sinführung fremder Produkte die Emsigkeit und der Kunst«- 
fleiss am sichersten und geschwindesten sich emporschwingen können, so war 
die Einfuhr^ fremder Tuche, welche gleichsam als Muster zur Nachahmung 
dienen sollten, gerade ibin gutes Mittel zu rechter Z^it Der Handel mit 
Tuchen, oder nach dem allen Ausdruck fär den Handel im Einzelnen — der 
Gewandschnitt, .Jag durch diese Massregel auch an recht lebhaft zu blühen. 
Die Gewaifdscjbneider zu Prag kauften ihren Tuchbedarf nicht mehr so häufig 
von den Nürnberger und Niederländischen Kaufleuten, sondern meist, von. 
den vielen nach Prag gekommenen Litauer und Friediänder Tuchmachern, 
welche ein überaus gutes und schönes Tuch lieferten. Das «gute Niedet- 
ländische Tuch, das damals im böhmischen Handel häufig vorkam,-i nannte 
man Schöngewand, zbm Untdrschiede ,von d^m Landgewand. Die böhniischen 
Tuchmacher und Tuchbereiter im flachen Lande bezogen wie heut zu Tage 
die Märkte der sie umgeben|ien Städte, allein ihre Tuche waren meist von 
untergeordneter Qualität, da solche, nur mejst Jür das -Landvolk bestimnit 
waren. Da inzwischen damals die Zünfte nur auf die Städte beschränkt 
gewesen' sind, so spönnen und woben die im Gebirge arisässigen teutscfaen 
Ansiedler die Wolle und lieferten solche sodann an, die ihnen zunächst ge- 
legenen Tuchmacher- Werkstätten. Um diese Zeit gab es bereits Walkmühlen 
in Prag, Königgrütz, Pilsen und Kuttenberg, 

Wie streng Johann ,a\if die Tüchweberei gesehen, beweist nachstehende 
im J. 1336 erlassene Verordnung. 

Auch welle, wir, dasdy vier 'geswjorn ihaister aus den tuchmachern die 
macht vnd das .recht haben suUen, wen das^ ist, daz si in eines biderman§ 
hous, ez sei in der stat oder aus der^ stat ir hanfwerk vnd der stat err. 
als in bqy irm äid enphd^lhen ist, beworen wellen geen, so suUeh sy noch 
dem fronpote^ senden, so mugen si selber da hin geen an alles mahnes 
hindernusöh vnd wider rede vnd finden sie daselbesf dheiii walsch oder vn-' 

- f 

210) Prager Stadtbuch I.- S 182. . 

' ' 12 . , 



\ 



178 

flat an irm hantwerk an Ulle argHst, so fallen si abir senden no^k desricliten 
poten; mugen si den gehaben, wol vndgut; mugen si ir nicht gebaben, so 
suilen si di selbe walscfae habe selber n^men vnd ze dem ricbter oder ze 
.dem porgermeister oder« vor dy 5che|>pfen tragen auch an alles mannes hin- 
dernusscbe vnd wider rede. 

In der Leinweberei thaten sich die ßtadtweber hervor, während die 
ordinären Gattungen von dem I^ndvolk zu Markte gebracht wurden. In d^ 
sogenannten Kotzengehäude zu Prag sassen die meisten Linnenbändler Aus 
Böhmeif gingen ^choa um diese Zeit die Linnen auf der Elbe nach Ham- 
burg. Am lebhaftesten war solches Gewerbe an Orten im Ganges wo ent- 
weder in der Umgegend selbst der Erdboden dem Feldbau zusagte, oder 
doch dieser Stoff auf wolfeilem Wege an^iuschaffen war. 

Die vielen in Prag ansässigen Kürschner haben es zu jener Zeit bereiti 
verstanden, das Pelzwerk zu färben, un4. schwarzjlfärbter Marderfelle wird 
in. unseren Geschichtsw eilten öftefs' Erwähnung gethan. . 

Metallwaren, als Geschirre j Geräthschaften und Werkzeuge von Kupfer, 
Messing, Zinn und Eisen, wurden seit der Erweiterung des gewerblichen 
Lebens und seit der Zunahme lüid besseren Einrichtung der städtischen Hao^- 
haltungen immer gesuchter, so wi0 seit der Vermehrung und Verbesserung 
der Berg- und Hüttenwerke die Eisenhämmer, Schmfede- und Schlosser- 
Werkstätten allgemeiper wurden. Die Yenetianer und Lombarden verlegten 
sich Stack auf die Zinngiesserei. Sih w^ren grossentheils in Prag^ ansässig 
und zogen mit ihren Waaren in Landstädten herum. 

Das Helmmacher-Handwerk soll um diese Zeit sehr einträglich gewesen 
sein, , eben so auch das der Platner, Die des erst^ren Befli^enen genossen 
besondere Rech tfeJ Uiber diese Handwerk^ liest man im Prager Stadtbuch^'O 
Folgendes: .. - 

Wir« Miolas richter vnd • • . • schöpfen, purger der stat tzü Prag bechen- 
nen an diesen gegenwortigen brif; daz wir durch der stat irum willen tze 
Prag vnd euch durch der meister der platner, puchler vtid Helmer willen, 
vnser purger, di mit vns ynd der stat vbel Vnd gut leiden», dez tze ral worden 
sein, vnd wellen, daz chein wrenider man, er sei meister oder chnedit, sich 
tze Prag setzen schol, der platner, puchler oder hehnerhantwerk ze irurcheo 
er hab denn der'tstat recht empfangen vnd wird purger,' aU recht, ist, daz er 
mit der stat vnd mit seinen verchgenozzen^leid vebel vnd gut; vnd darumb 
ze einem trechund haben w^r disen brief, mit der purger ingesigel ze Prag 
gegeben nach Christus geburd vber dreutzehn hundert, jar in.dem acht vnd 
tzweintzigsten iar and'sand Elisabetentag« 



211) Stadtb. Fol. 40. A. p. 181 (TorificMim ofdinatio If). Novb, 1328). 



' I 



170 

Das Hafner- oder Töpferhandwerk wurde ;inrmer noch wie frtilier sehr 
lebhaft betrieben* Die Prager und Böhmischleiper Töpfer lieferten die schönsten 
und dauerhaftesten Stubeitöfen; ja Königs Jfohann iBurgverwalter soll im 
Jahre 1346 mehrere Oefen aus der Werkstätte eines Böhmischt^iper Töpfers 
für das ^Halsenburger Schloss verschrieben haben'. Ofenlrümmer, welche man 
hie HBd da aus dem* Schutte 'zerstörter Burgen in Böhmen zeitweilig auffindet, 
liefern uns den Beweis, dass die damaligen Töpfer nicht ohne EuTisIsinn 
warem Die Fliesen Yneist sqhön rotfa gebrannt, enthalten erhabene allego- 
rische Gegenstände; doch finden sich auch welche voi:, welche ganz glatt 
polirt sind* Jene Ofenfragmente, welche Tor . einigen Jahren in dem Schutte 
der Kokiftef Ruinen aufgefunden wurden, sollen aus dem XIV. Jahrhundert 
herrühren. 

Wachszieher gab es in Prag, Kuttenberg, Königgrätz, Schlan, Bndweis, 
Pilsen, Taus und Tabor in grosser Menge; allein da die Kunst, das Wachs 
zu bleichen, in Böhmen noch ganz unbekannt war und der Bedarf mit grossen 
Kosten aus Italien bezogen werden musste, so ertheilte König Johann dem 
Prager Bürger Jöchiim Bawar, auchBayei; genannt, das ausschliessliche Recht 
auf eine Wachsbleiche (generale officium fusaria cera ^'^). ' Diese Anstöll^^ 
war für Böhmen, das selbst viel Wachs erzeugte, von grossem Nutzen, denn 
da man dasselbe nirgends so schön weiss und rein als in Venedig zu bereif eh 
wusste, so war ehedem fast die ganze Christenheit nothgedrungeq, dasselbe nicht 
allein ans den italienischen Häfen *und in der Nähe des adriatischen Heeres, 
sondern auch von des griechischen Inseln und selbst aus ßet Umgegend des 
schwarzen Meeres zu holen, wohin die' rohe Waare in grosser Menge aus 
der Mdldi^u und Walachei gesc^haiFl; wurde. Dieses Privilegium ging in der 
Folge auf die Erben des erwähnten Grosshändlers über, und Kaiser Karl 
der IV. bestättigte dasselbe im Jahre 1348. , 

Lebzeiter oder Pfefferkuchenbäclcer gab es in Prag um diese Zeit sehr 
viele. Es waren dies grösstentbeiliä Tentscl^e, die König Johann *ans Nürn- 
bergs Vb die Kunst der Lebküchner schon vordem in der Blttthe stand, 
nach Prag berief. Ihr Gebäck konnte lange Zeit Niemand nachahmen, ob- 
gleid» Man ^ich hie^u, wie. man allgemein glaubte, derselben Bestandtheile 
bediente. 

Die Biefbranereien Wtiren zu jener Zeit ein sehr häufiger und ergie- 
biger Erwerbszweig der königl. Städte Böhmens; welchen es einzig und 
allein zustand, Brauhäuser zu errichten. Es scheint, als wenn zu K.Johanns 
Zeit aus den Klöstern die kunstmässige Bereitung hiervorgegangen wäre, 



-i'f" 



212) Dieser Naqie ift teatschen Ursprangs und der Ansdruck generale officinin wird allem 
Vennathen nach ein priyilegirter Grosshaiidel ^ein. 

.12« 



/■ 



ISO. ' , . 

dem Bicre durch das Bittere von beigemischtem Hopfen md durch ' die Gähr 
ning' mehr Reiz «uf der Zunge und grössere Dauerhaftigkeit zu geben. 

Der Gebrauch des^ sogenannten Liqueurs gelangte unter K. Johann aus 
Frankreich nach Böhmen, und derselbe Jkaon in die Zeiten versetzt. werden, 
da d^r böhmische Adel hfinfige RelseQ dahin machte, und bei der Zurück- 
kunft in seinem Gefolge Leute aus Frankreich mitbrachte, welche hierorts 
die Lifoeurs zubereiteteif, auch mitunter ' selbst welche aus Frankreidi von 
den Prager Kaufleuten yerschrieben wurden. Das Nämliche unternahmen 
nun- auch die Italiener mit ihrem sogenannten Rosoglio, welche beide Ge- 
tränke bald zu einem Lieblingsgetränke der höheren Ela$«en wurden^, zumal 
da der Wein und die Weingebirge im Jahre 4310 grossen Schädeln genom- 
men haben. Dem Beispiele der Franzosen .und Italiener waren sehr bald 
darnach die Böhmen nachgefolgt. Sie. setzten dem Brantiiwein^ um ihi)i lieb- 
lieber zu machen, anfangs verschiedene Ingredienzien zu, als: ihren einhei- 
mischen Kümmel, Anis^ Fenchel, Kalmus und dgl. zu, dann aber versuchten 
sie auch abgezogene Wässer nach französischer oder italienischer Art zu 
bfereiten, und solche mit Gewürz und ausländischen Früchten zu vermengen, 
und mit Honig oder Zucker zu versttssen. .- 

Um diese Zeit ^ird auch des asiatischen Indigos Erwähnung gethan^^^). 
Wahrscheinlich lernten die Böhmen die Kunst der Indigofärberei in Frank- 
reich odipr in Italien kennen. Anfänglich setzte man der Waidkj^e/ nur 
wenig Indkj^o zu, und verbesserte sie dadurch, später aber . ward immer mehr 
genommen^ und zuletzt so viel, dass der wenige Waid nur zur Erneuerung 
der Gäbrung des Indigo dienen, aber selbst nicht mehr färben konjate.* Die 
Italiener berechneten bald, dass jede Elle Tuch um einige" Groschen wohl- 
feiler gefärbt werden konnte, wenn man Indigo und Waid hahm, als wenn 
man mit Waid allein färbte. Für Böhmen hatte indess die Einfuhr des 
Indigs keinen so groissen Nachtheil auf den Waidbau gehaj)t, denn dieser 
wutde zu «jener Zeit immer, nur noch sparsam in Böhmen betrieben,, weil 
man sich denselben aus. Schlesien zu -verschaffen wusste. König Johann gab 
der Stadt Görlitz schon im Jahve 133d ein besonderes Privilegium im Betreff 
des Waidhandels und dessen Niederlage, vermög dessen allen Waidhändlem, 
wofern sie durch die Weichbilde Budissin und Görlitz ziehen müssen, anbe- 
fohlea. wird, Mass sie solchen. Waid nirgend anders führen, verkaufen und 

* . I * 

213) Schon im XII. Jahrh. an erwähnen die Schriftstelier des asiatischen Indigii als einer 
Farbwaare (s. BecHpaanns Beiträge zur Geschichte der Entdeckungen IV. B. .4- 
1799). Vor Entdeckung Amerika's kannte man nur -den asiatischen Indigo, den wir 
bis zuf Entdeckifng der t<^ahrt um. Afrika ebenso wie die' übrigen asiatischen Pro- 
dukte theils SU Lande über Babylon, oder über Arabien, das, rothe Meer undAegypten 
erhielten. Allezeit war der Indigo dos weiten Transportes wegen sehr theuer. 



181', 

niederlegen dürfen, als >za Görlitz. Dies bestfitiigle auch Karl. Diese 
Massreger zogf das Gute nach sich, dass Böhmens Waidbedarf zu jeder 
Zeit gedeckt werden konnte. ^ ' 

Des Fernambttkholzes wird in mehreren Urkunden Karls Erwähnung 
gethan «"). 

Das Lumpenpapier kam zu Ahfang ies XIV. Jahrb. aus Italien nach 

Böhmen, denn von dieser Zeit sieht man Manuscripte auf diesem Papier ge- 

* 
schrieben, welche sich auf unsere Zeiten in einigen Bibliotheken erhielten. 

Mit Benistei^i wurde um diese* Zeit in Böhmen durch Vermittelung des 
Dominikaner -Ordens zu Danzig — welcher diesem Artikel eine grosso Auf- 
merksamkeit schenkte, ein bedeutender Handel getrieben. Die Klostergeist- 
lichen verfertigten daraus grösstentheils itosenkränze, Kreuze und andere 
religiöse -Gegenstände, während die Layen ihn zu allerhand andern weft-* 
liehen Schnitzwerken verarbeiteten. 

Die Spielkarten waren um diese Zeit bereits im Gebrauche, allein sie 
waren i^icht von Holzschnitten: abgedruckt, sondern blosse aus freier Hand 
gezeichnete Bilderlimrisse gewesen, die mittelst der Patronen übermalt wurden. 
Man brachte • diese anfänglich aus Nürnberg, woselbst sie bereits einen 
gangbaren Clrwei^bszweig ausgemacht haben. 

Unter König Johann wurde das bekannte Bretspiel sehr beliebt. Eben 
so bediente man sich auch des Schachspieles. Ein kostbares Schachbret 
befand 'sich unter den Geschenken, welche Robert, König von Ungarn im 
Jahre 1335 dem Könige Johnnn überschickte ^'^). Wahrscheinlich verfer- 
tigten diese Spielwerke die Tischler in den Städten. 

214) Dic^ejs Holz kannte nuin also länger vorher, bevor Amerika entdeckt worden i»\. 
. In einer alten Handschrift vom J. 1400 von Carpentier heisst es: Bresillom est 

arbor quaedam,HS cujus succo optinnis fit color rubeu», und in einer andern Urkunde 
von 1368 ebendaseUist : In colorem Brisaci ant alterius boni ligni, ' in einigen Urkunc^cn 
K. Johann*s vom J. 13^1 hejsst es : Brisolium et quodqumque postellum. 

215) Dieses Spieles geschieht voUkoinmen deutliche Erwähnung in einem dichterischen 
lateinischen Werke aus dem MitteläUer,' das aus Unkunde dem Ovidiüs beigelegt worden. 
Alle wesentlichen Kennzeichen undGeräthe dieses Spieles werden darin angegeben: 
1) König (Sehach). 2) Königin, Virgo, bei den wahrscheinlichen Urhebern öm Spie- 
les, d0n Indiem, ddr Oberi^nCfihrer. 3) Laufer, Alphinas, verderbt aus dem Persischen^ 
dann Arabischen al, Pil oder Fil (d. i. Elephant), woraus die Franzosen Fol und end- 
lich Fon gemacht haben; ein Strejtelephant, auf dem Rücken mit Kriegsvolk in einem 
Thurni. 4) Feste Burg, Roccus. 5) s'pringer, Reiter, MHes. 6) Bauern, Fussvolk, 
Pades* — Es «teht aber, dahin, ob man in allen Stellen der Schriften des Mittelalters, 
wo da» Wort Scachi, ^cacci, Scaci, vorkommt, die^Schachfiguren zu verstehen habe^ 
Mit den Benennungen , sowoi der l^tirfel, als jder Steine im Bretspiel und der mehr- 
fach geformten Täfelchen in dem Spiele, das - den Namen Rhythmimachia fiihrte, nahm 






i82 

Im Prager Sladtrechte treffen wir auf zahlreiche ylnil^iilmgen fiber 
genossenschaftliche Einigungen der Handwerker» Alle die Stellen lassen 
schliessen, dass Innungen in Pra^pzu jener Zeit bestanden haben. Bei eio- 
zelnen Handwerkern erscheinen ^eschwome Vormeistar, Velcfae von den 
Schöffen gewählt und jährlich bestätigt wurden. Allen Gewe^rben voran ste- 
hen die l'uchinacher und Tuchhändler, letztere auch Gewandschneider 
genannt. 

Dass es zu K. Jfohanns Zeit eine Art* Postanstalten gegeben habe, 
mittels derer sowol die von dem Kdaig selbst al« auch von den Qbrigen 
Landesstellen ergangenen Befehle und Anordnungen an die bestiromten 
Oerter überbracht worden sind , erhellet nicht allein mß vielen Urkunden, 
y ^ond^m es .lässt sich dies auch vorzüglich von dem bedeutenden Zufluss so 
vieler fremden Kaufleute und anderer Private erwarten **®> Sie waren 
allerdings nicht der Art, dergleichen schon zur Zeit^der Römer in Italien, 
wie solches aus den bei den römischen Schriftstejilern vorkommenden 
Worteki: cursüs publicus und cursus yehicularis zu ersehen ist, allein 
sie erfüllten ihren Zwepk zu jener Zeit vollkommen. Es wurden näm* 
lieh immer Mittwoch und Samstag die Kamfiierboten mit.den von der 
königlichen Statthalterei in den übrigen LandesstelleuA schriftlich verlTassien 
Befehlen au die, bestimmtet! Oerter abgefertigt, mit welcher Gelegenheit auch 
andere. Privatbriefe befördert wurden. Ausser dieser Tage bat es mit auch 
den Kaufleuten obgelegen auf ihren Reisen die R^gierungsbrieCe mit zu be- 
' ' '.■.-). 

man es nicht genau;" es herrscht grosse Verschiedenheit iitad Willfcnr ia Ansehung 
'der Ausdrücke Tabulae, Tesserae, Taxilli, TaH, Deccii, Aleae. Auch die Benennung 
Scaci ist damit vermengt und nicht ausschliesslich' von den Schachfiguren gebraucht, 
sondern auch \auf andere Spielgeräthe, Steine oder Täfelchen ähertragen worden. 
Mit denen der sogenannten Rythnlimachia wird dieser Name offenbar als gleichbe- 
deutend gebraucht. Daher ist sehr glaublich, dass, wenn in froheren Zeiten, und 
unter manchen Umständen, Scaci erwähnt werden, hierunter das gewöhnliche Bret- 
'spiel gemeint sei. Dass insonderheit schbA in der ersten Hälfte des VIII. Jahrh. am 
fränkischen Hofa Schach s^ei gespielt worden, ist zu bezweifeln. Wo die Scaci neben 
den Würfelnvgenannt werden, in geschichtlichen \fie in gesetzlichen Stellen, scheinen 
damit nicht Schachfiguren, sondern Bretspielsteine angedeutet. Und waä den Iffdnchen 
in(i Triersbhen untersagt wurde, war*woi nichts andereB, als Bret- und ^egelspiel 
^ (Hüllmanns. Städtewesen 2 B. S. 253 oind 255). 
216) Es ist allerdings schwierig, die Geschiebte des Postwesens zu schreiben, denn wie 
man ftilher überhaupt wenig oder gar nicht daran dachte, der Nachwelt xlie Beschrei- 
bung irgend einer Erfindung, einer Anstalt u. dgl. zu hinterlassen, so war dies ftuch 
m Rücksicht des alten oder erst geschaffenen Postwesehs der .Fall. Die Einrichton- 
gen desselben waren theils zu mangelhaft, zu einfach und unbedeutend, theils in 
wenig Aufsehen und Theilnahme erregend,' theils endlich auch weil man später' die 
Sache als zu unbedeutend und als zu bekannt er ichtete. 



188 

sorgen. Dies war sogar in eine regelmässige Leistung verwandelt. Die 
Metzger fn den Slüciten und andere Gewerbsleiile, die ihrer Nahrung wegen 
häufig auf Reisen sein mussten, Hess man aueh' ohne Widerspruch die Briefe' 
von einem Orte zum andern bestellen, und dies geschah aus dieser Ursache, 
weil sich sogar die Regierung selbst dieser Leute häufig bedient hatte. Die 
vornehmsten Handlungshäuser in Prag sollen um das Jahr 1349 in corpore 
ihre eigenen Briefboten unterhalten haben. Auch kamen um diese Zeit Nttrn- 
berger Boten -^ jede Woche einer . — in einißr Laiidkutsche nach Prag, um 
die Briefe und Paquete nach Nürnberg, Augsburg u. a. 0. abzugeben. Diese 
Gelegenheiten 'wurden "selbst von wohlhabenden Kaufleuten benätzt. Zwischen 
Regensburg, Linz und Prag wurde ebenfalls eine geregelte Botenfahrt, näm-^ 
lieh zweimal in der Woche unterhalten, während von Kutlenberg, Pilsen, 
Bndweis, Prachatitz, Saaz, Schlan, Leitmeritz, Jungbuuzlau/ Königgrätz täg- 
lich sicir leichte und schwerbeladene Planwägen in Prag befanden. 

Der damals von Seite der Regierung eingeführte Vorsp^mn zur 6e- 
leitung bei den Reisen de» kdtiiglichen Hofes und der Beförderung der 
Couriere mit fischen Pferden war auch sonst den Wladyken zu nehmen er- 
laubt. Für den gewöhnlichen Transport der Reisenden waren die soge^ 
nannten Karrenleute im Besitze des Vorrechts, Reisende weiter zu führen^ 
Landkutschen zu halten ijind sich das Kaufmannsgut um ein gewisses Fracht- 
geld verdingen zu lassen **''). 

Zu dieser Zeit finden sicli Wägen aller Art vor, nämlich Staats- und 
Prachtwägen, Reise- und Fracht- oder Planwagen. Das Zweigespann, ein 
zweiräderiger Wagen von einem Pferde gezogen, war nicht nur in den 
Städten, sondern selbst auch auf dem Lande, gebräuchlich. 

Um diese Zeit wurden ganz gewiss schon die folgereichsten Erfindun- 
gen, und Verbesserungen die für das sociale Leben eine völlige Umgestal- 
tung nach und nach herbeiführten,' gemacht. Es ist dies häuptsächlich 
die Erfindung — oder wenigstens die. Bekanntmachung im Abendlande— -des 
Schiesspulvers. Es heisst in den alten Werken, dass ein Franziskaner-Mönch, 
Namens 'Betthold Schwarz nach Andern Constantin Ancklitzen, gegen die 
Mitte des XJY. Jahrb. das Schiesspulver erfunden und diese wichtige Ent- 
deckung den damals mit den Genuesern Krieg führenden Venetianertf mit-, 
getheill habe ^'^. Diese eröffneten damit den ersten Handel und brachten 
-solches unter andern Länder^i auch nach Böhmen! 



\ K, 



217) Das Fiihrniannsge werbe gehört in ßöhmen zu den ältesten ; denn wahrsclieirilich hat 
der um das XIII. Jahrh. so blühende Transituhandel mit Getreide dieses Geschäft be- 
günstigt. ' ■ 

218) Es ist wahrscheinlich, dass das Pulver schop viel früher bekannt war, wenn auch 
der Gebrauch desselben nicht «o allgemein in Anwendung gebracht wnrde. Vielleicht 



\ 



184 

I 

Dieser Artikel erzeiigfte jedenfalls ganz neue Handwerker. In dieser 
Periode erscheinen Pulverflasc^enmacher, nnd im Jahre 1330 komiht in der 
Sladi Beraan ein Bfidhsenmacher (Pu^kaf) vor. Erweislich ist es, dass die 
Böhmen für die damalig-e Zeit in der Büchsentnacherei erfahren .waren; 
dies bestätigen auch unverholen die den Böhmen damals so feind- 
selige entgegen gestellten teutscheii, Krieger. Das Aufkommen der Waffen 
reformirte auch die Kriegsfiihrung, und brachte auch für den Einzelnen, 
sowol im Angriff als in Vertheidfgung eine. Gleichheit herbei, die dem 
Stärkern d^e Möglichkeit benahm, den einzelnen Schwächern nach roher 

Willjiür zu behandeln. 

» ♦ 

.ist Schwarz nur als ein Verbesserer des Pulvers zu betrachteo,' oder hat die eigent- 
lichen Feuergewehre erfunden, wie dies^ auch M. Johannes Pomariiis in seinem 
„Suniarischer Begriff der HAagdeburger Stadt Ctironiken vom J. 1672, ohne "Seitenzahl, 
XXH H. 229, därzuthun scheint.^ Die orientalischen Geschichtschreiber des XIQ. Jahrb. 
schildern schon dessen Wirkung, und Granada's ^ Beherrscher, AdalTalid Ismail Ben 
Asser, hatte schon im J. 1312 Feuergewehre. Es ist tilso auch keinem Zweifel ud- 
terworfen, duss auch der Mönch Roger Bäco, hunderti' Jahre vor BerthokL Schwarz, 
das Pulver zu bereiten verstand, denn in seinem Werke . de nuUitate Magiae, spricht 
er deutlich von den Eigensch^en und der Kraft desselben. Auch der Bericht unserer 
eigenen Annalisten, dass man im XIII. Jahrh. mit lebendigem Feuer ächoss, lässt uns 
ebenfalls glauben, dass dies aus Feuergewehren ^ekothmen sei. 



. / 



« ^ 



Eilfter Abschnitt. 



* » 



Die segenreichste Epoche des ^böhmischen Handels^ der Gewerbe^ 
Künste und Wißsenschaften unter Kaiser Karl dem Vierten '^ ' ^), 



Freue dich Fragt es reifet heran dein «weiter Erbauer 
FfemyaVa Urenkel schmückt Tugend und Weisheit und Kraft. 

Was er für Böhmen gethan, wie. sfhr- et* Prag dich gehohen, 

Würdig zu achildern allhier, fehlt mir leider die Kraft. 
.Dich. erhob er o Prag zum erstfen Sitze .der Musen. 
* Hätte er länger gelebt, wärst du ^e Hauptstadt der Welt. , 

Künste^ blühten hervor unter Karls gütigem Seepter, 
Und der Traube Gold glänzte au/^ Hügel und Fels. 

Uiherfluss deckte das R^cb, es herrscTitett die goldenen Zeiten^ . . 

* Und das ganze Land dachte nur segnen.d'an ihn. 

Pr. Flor. Warty 

ller Charakter des XIV. Jahrhunderts ist von weil grösserer Wich- 
tigkeit für die Böhmen gewesen, als irgend einer der vorhergelieoden, oder 
vielmehr aiSs alle, wenn man sie aus einem Mos kaufmännischen' Gesichts* 
punkte betrachtet. / ' • . > , 

Als König Johann aut der Wahlstatt bei Cressy (27. Awgust 1346^ in 
Frankreich gegen die Engländer Ruhe fand, «bestieg sein ältester^ Sohn 
Karl ****) in seinem dreissigsten Lebensjahre den böhmischen TKron.' ^ 

Schon als Statthalter war tCarl beflissen, die raschen Schritte seines 

21 97 Als Kdnig' von Böhmen, ist er der Erstev weil kein Regent vor ihm den Namen ge- 
führt hatte. In der |(aisergeschichte aher wird er allgemein als Karl der IV. angeführt. 

220) Karl ward von seinem siebenten Jahre an in Frankrei<^h am Hofe Könige Karls des 
Schönen, welcher die Schwester d^s böhmischen Königs zur Gemalin hatte, erzogen. 
Dieser verwechselte ihm bei Gelegenheit der Firmung den bisherigen Taufnamen, 
dessen Aussprache den Franzosen zu schwer schien, mit dem Namen Karl, und liess 
ihn in aUen seiner hoh^ Gehurt aogemessenon Wissenschaften erziehen» 



18« ' 

Vaters, dessen Regierang nicht die aufrichtigste war, durch friedliche An- 
stalten zu jnääsigeq, und das Land durch nützliche Gewerbe und Handel 
blühend zu machen. Er gelangte zur Kemitniss beinahe aller damals 
Tor allen andern kultivirten Nationen, nämlich ier Italiener, der Franzosen 
und der Niederländer, femer ihrer verschiedenen Sitten^ Sprachen, Ge- 
wohnheiten, Verfassungen, Künsten und Manufakturen. Sein eben so 
lebhafter als grossmüthiger Gejst leitete ihn auf matiche Parallelen, die 
er zwischen Böhmen und anderen Länder^ zu ziehen, auf seinen vielen 
Reisen Gelegenheit fand. Diese nützliche Herrscherkenntniss, noch mehr 
aber seine ausnehmende Liebe fär die böhmische Nation, bestimmten Karl 
zu grossen Ent>vürfeti. 

Um nun diesen und d6m Triebe dei* Wohlthätigkeit, der aus Karls 
Handlungen überall hervorleuchtet — wenn er nur nach dem Geist seines 
Zeitalters beurtheilt wird — volle Genüge leisten zu können, konzenthrte 
er den Zweck seiner gesammten Staatsklugheit nur .dahin, um nicht nur die 
Zahl der Unterthanen schlechterdings zu vermehren,^ sondern vielmehr Böh- 
men in einen blühend.en Zustand durch eine gesicherte Ruhe od^ einen 
dauerhaften Frieden zu versetzen. Er geizte nicht nach der Ehre, ganze 
Armeen niederzumachen^ oder Tausende von Bürgern in Stücke zu hauen; 
nein, er hatte ganz andere Begriffe von Ruhm und Ehre. Er bemühte sich 
bteides nur dadurch zu erwerben, dass er allen seinen Staatsabsichten sein 
ganzes Hausvermögen, besonders böhmisches Geld anwendete , um einen 
Frieden zu siften und denselben zu erhalten. 

Wie Sehr Karl den Werth des Menschen schätzte, beweiset seine Ab- 
neigung, an einem Kreuzzuge nach dem gelobten Lande Theil zu nehmen. 
Er spricht von der Sache als e^n vollkommen aufgeklärter und richtiger 
Staatsmann. 

Karls Absicht ging zunächst dahin, die abgerissenen Theile seines 
Königreiches zu sammeln, 'und ein neues äechenland zu bilden. Er wandte 
daher alle itoine Bemühungen auf die Wiedererwerbung .der der Krone Böh- 
mens entrissenen Theile, welche ehedem den Kern des böhmischen Reiches 
ausgemacht hatten, und er war hierin auch meist glücklich. 

Nachdem K. Johann die jetzt sogenannte obere Lausitz (früher unter 
dem Namen der Mark zu Budissin und zu GörNtz begriffen), von döm Anhalt^ 
Brandenburgischen Hause erworben hatte, traten je^zt die Markgrafen Ton 
Meissen , Ludwig und Otto , das Einlösungsrecht der ihnen verpftndeten 
niederen Lausitz (ursprünglich allein unter dem Namen der Markgrafschafl 
Laussitz begriffen) am 1. August 1370 an Karl ab. Eben so hatte 
zwar schon . früher Schlesien in Lehensverbindung gestanden; als sich 
aber Karl mit Atma, der Nkhte-^de^ eiiu^igen, noch ttnaUtängigm Fiiivten in 



187 

SchlesiiBn, Heirzogs Bolko IL von Jauer and Schweidnitz, vermtthUe» sicherte 
ihm ein Erbvertrag auch diese ^beiden Fürstenthümer , deren Incorporatioii 
1355 erfolgt ist. Spätef kam auch ein Stück der Oberpfale, endlich 1373 

, sogar die Mark Brandenburg durch Karl an Böhmen, wodurch aich Karl all^- 
dings den Neid aaswär(ig.er Nationen zuzog. Er hütte mit diesem Staatsge* 
biete z. B« das Herzogthum Lüneburg, das er im Jahre 1368 dem isächsiscben 
Hause viarliefa, oder weAigstens das Luxemburgische Stammland, welehea er 
einer Nebenlinie überiiess, vereinigen können — allein er that es nicht. 

* Bevor wir nun die Frage ^as' Karl für die Aufnahme de«*H«ndels und 

der Gewerbe in Böhmen that, weiter verfolgen, wird en nötkigsehi, zuvor 
einen Blick auf die allgemeine Handelsgeschichte zu werfen. ' 

Die Kunst und/ die Kultur hatten ^u jener Zeit noch imnper ihren Sitz 
in Italien, von wo aus sie sich auch andern Ländern schon mehr mitzu«^ 
theilen anfingen , jenachdem der kriegerisclie Geist abnahm, und Handwerke 
mit den Bedürfnissen verfeinerter Sitten zugenommen hatten. , . 

Unter den handelnden Nationen waren die Italiener Jind unter diesen 
die Venetianer und Genueser die wichtigsten. Sie Hessen sidi aücK in 
anderen Ländern — ^ in ^hmen unter dem Namen „Lombarden^ — des Handeln 
wegen nieder, welchen s^ie hier mit den Städten des hanseatischen Bandes 
vorzüglich aus» den Niederlanden tbeflten. — Pie gewaltsan^e Beraubung der 
zu Lande herumreisenden Handelsleute war zwar durch die Mildefung der 
Sitten etwas seltener geworden, allein üas Andenken hieven erhielt sich 
noqh durch die Einführung und Vermehrung übermässiger Zölle, Mauten, 
Geleite, Umg^der und andere Abgaben unter vielerlei Namen; dje in ganz 
Teutscjhland an ibrer Stelle unter dem Begrifi" der Boheitsrechte getreten und 
dem Handel lästig waren. Alle Waaren, nie nach oder ans Böhmen gingen, konU'^ 
ten sieh also durch diese vielen Hauten und Zölle nur ganzschwer durchar- 
bei ten; und da die Bedrückunge| des Adels -^ in Raub und Erpressungen 
bestehend — ungeachtet der Verfügungen, welche Karl dagegen traf,* nicht 
nachlassen wollten, so wurde der bekannte Bund der sogenannten Sechs«* 
Städte in der Oberlausitz gegen den Despotismus geschlossen , der immer 
fester wurde und bis zum Jähre 1490 anhielt Man bot dem um die ^ Ruhe 
und den Frieden im Lande so sehr besorgten Kaiser zur Ausrottung der 
Friedensstörer willig die Hand; denn des Kaiisers Machtsprüch war bereits 
im Lande air alle Herren, Ritter, Burggrafen und Städte ^ ergangen, dass dem 
Rauben allgemein Einhalt gethan, den Wegelagerern der Krieg erklärt, und 
ihre Burgen als Raubnester ohne Schonung zerstört werden. Mit dein Innern 
von Böhmen nahm es. der Kaiser ^— wie schon früher als Markgraf von 
Mähren — selbst auf, und gewann die böhmischen Raubburgen Tef Iröw, Lich- 
tenburg, Lutic, Hradek, Plankenstein, Wobirna, Woslra, Schreckenstein, Pisek, 



188 

' Breilenslejn/ Zbirau^, Tachow, GelJIsch, Trautenau, Cliofzftn, Clislawa, Pollen- 
slein u. a. ni, ««^). , ' 

Die Vernichtung der Ranbburgen in der Lausitz, dem nahen Schlei^f'D, 
dann an den nördlichen Gränzen Böhmens, empfahl Karl der rühmlichst be- 
kannten Macht und Friedensliebe der SechSrStddte, und fertigte desshalb 
böchst Miihrscheinlich schoti früher und besonders im Juhre 1355 am 16. 
Sept. an die Sechs-StSdte neu^ Befehle aus: „die Schlö£iser, wo sich die 
bösen Leute aufhielten,^ zu zerstören. J^r Bund sandte seine Mlicht aus, 
und Tollbrachte des Kaisers Befäht, woiV den Städten dann zürn Lohne' 
mancherlei Vorrechte und Handels-f'reiheiten ertheilt wurden. 

Sogar am Rhein liess er als teulsch'er K^aiser die Raubschlösser zer- 
stören, aus welchen die Kaufleute ebenfalls ausgeplündert zu werden pflegten. 
Der Stadt Hamburg verlieh ^r ^ogar die Erlaubniss, alle Korsaren und Stras- 
senräuber, die. sich auf ihrem Gebiete zeigen, oder ihre SchifiTährt auf dem 
Elbestrome und auf dem Meere^ hindern würden, mit Gewalt zu verfolgen. 
IKe bediente sich aber auch ihres Rechtes so nachdrücklich, dass sie allen 
Seeräubern fürchtcirlich wurde. Dem Burggrafen von Nürnberg ertheilte er 
die Macht, alle Raubnester zu bezwingen oder zu zerstören. Den Grafen 
Popo Von Eberstein und Dietrich von Sohns strafte er mit 8200 Gold- 
gulden, weil sie die Kaufleute Von Prag bei ihrer Reis6 nach Breslau anf. 
Öffentlicher Strasse angegriffen und beraubt hatten. Den Markgrafen Hermann 
von Baden vi^rurtheiite e^ im Jähre 1356 zur Wiedereinsetzung des Schadens, 
den er auf dem Rheinstrome verschiedenen — worunter aüeh böhmischen — 
KaujOeuten zugefügt /hatte. Nachdem sich bei dieser Gelegenheit au«h die 
rheinischen Städte beklagt hatten, ^ks^ sich in einem neuerbauten Schlosse 
des Pfalzgräfen Rupert In der Gegepa von Speyer Räuber aufhielten, Welche 
die nach Worms reisehden Kaufleute im Walde Rechlitz auszuplündern pflegten, 
so liess der Kaiser sogleich auf dem Kir^thurme zu Speyer die Sturmfahne 
aufstecken, das Kriegsvolk vor das Raut^schloss rücken, und" es dem Boden 
gleich machen. 

Trotz dem, bereits Ge^cnehenen war die Sorge des Kaisers für die 
Ruhe und Sicherheit seiner Länder nicht gestfiU, denn obwol in bewohnten 
Gegenden, wo gleichsam eine^ette stattlicher Burgen das Land nach allen 
Richtungen dui:chzog, bei der herrschenden Aufsicht und Strenge der Ge- 

■ ' ' -.- ' ' ■' ** 

J21) Ausser den genannten Burgen wurden durch- Hülfe der Sechs-Städt^ die Raiib;5i(ze 

• " • - — 

Burgberg, Oybin, Tolienstein, Schönbach, Korste und Weissensee zerstöcL Kur Pancir, 

\ ein* böhmischer Ritter, den Karl das Jahr zuvor mit einer goldenen Kette beschenkte, 

that noch in seinem Schlosse Zampach starken Widerstand. Endlich benuichtigten sich 

die kaiserl. Söldner der Burg des Päncif, nahmen den säubern Stegreifritter gefangen 

^ und hingen ihn auf, . ' . ^ . , 



V. 



# 189 

richtsofiegfe wol aii kein Rauben mehr zu denken war, so waren es .nun 
jene undurchdringKchen Wälder, welche die Harken Böhmens umzogen und 
wohin die in freien Gegenden allenthalben verfolgte Raub- und Mordsueht 
zog, um den in diesen- Wildnissen einsam daher ziehendei^ Kaufmaiin>u 
überfallen, sich seiner Habe, . seiner Freiheit zu bemächtigen, oder das ge- 
ängstigte Herz h^i dem ersten Schrei nach Hülfe mit dem kalten Stahl zu 
durchbohren. Ple Gegenden um Hohetibruck und Nachod hatten ^ine be- 
sonders, günstige Lage für Freibeuter. So wurde im Jahre 1350 demTrager 
Kaufherrn Jakob Pikier ein Waarentransport, bestehend.aus lOBalJen Zimme^ , 
2 Ballen ^eide,..5 Ballon Saffian, 1 Sa^ck Safran von den säubern . Hehen- 
bruckem, welche bei den Rgübrittem. im, Solde standen, geraubt. Aber selbst 
in anderen Gegenden fand der Rqchlojse der schauderha&en FelsentMler 
und Schlupfwii}kel. genug, um sich vor der strafenden Gerechtigkeit, jedoch 
nur auf eine kurze Zeit, zu bergen; denn auch in diese Wildnisse drang 
Karls Umsipbt, und es tauchte aus manchem Walddunkel eine Sicherheits- 
bürg hervor. Die^ Strasse aus Polen, Brandenburg, der Ober- und Nieder* 
lausitz- nach Frag ging, wie bei;eits erwähnt,* über Zittau, Gabel, Ntemes 
und Weisswasser. Dies! war damals der einzige bekannte und sichere Weg, 
und Karl Hess zu noch grösserer Sicherheit dieser Strasse, auf der so^- 
nannten Gabler Brücke, unweit Lückendorrf ein ScMoss ei'bstuen, das er 
Karlsfiried nannte, und worin stetst Besatziing ^r Vertreibung der Räuber 
gehalten wurde«^ Für Geleite ^ und Schutz war ^ein^ massiger Zoll zu erlegen, 
zu welchem Behufe über 4^^ Strasse eine mit einem Thore veriSehene Mauer 
stand. Alle andren Bei- und Nebenwege waren theils unsicher, theils 
strenge untersagt. 

So sehr auch der Weg über Friedland und Reicbenberg den Görlitzem 

* > 

viel kürzer, war, so mnissten sie doch den bezeichneten Weg über Zittau 
und GabeL einschlagen, theils* damit den königlicbea Zöllen kein Abbruch 
geschehe, theils damit die Städte, durch welche die alte^ Strasse nach Prag l 
ging, insbesondere aber Zittau an ihrem Wohlstande keinen Abbruch erleidjen 
dürften.* So finden wir einen Brief von Karl IV. im Jahre t351 ausgefertigt, 
worin alle Jene als Verbrecher angesehen werden, und mit ihrem Hab» und 
Gut verfallen waren, die nicht den alten /Weg über Zittau und Gabel ein* 
schlugen**^). Aber trotz dieser Androhung scheint der Trieb nach Gewinn 
noch immer ein überwiegendes Motiv dargeboten zu haben, denn diese 

■ 

Sanction wurde wahrscheinlich, nicht besonders geachtet, weil Karl sich im 

222} Hamburi^'s medizin. topogr. Gesch. vÖüb Gabel S. 120. Später habeifi K. Wenzel und^ 
Kaiser Siegmund und Ferdinand 1. das Verbot,- auf einejif' anderen Strasse za fahren, 
• erneuert. 



100 ^ 

Jalire 1378 iibarroals bewi^gen fand, dureh ein königliches Mandat die Strasse 
tU>er Seidenberg allen Kaufleuten und Frachtern zu verbieten. Und als in 
d^m genannten Jahi'e zwischen den Zittanem und Görlitzem Streitigkeiten 
entstanden sind, und beide ihr Recht auf den ihnen günstiger i^cbemenden 
Strassenzug geltend zu nüichen suchten, gab K. Karl Mittwochs nach Jacobi 
desselben Jahres von Prag aus seine gemessenen Befehle, den Weg über 
Zlttiltt und Gabel zu nehmen. — ^ 

Im Jahre 1S&8 sah man mehrere neue SicWrheitsburgen entstehen, in 
die der friedensliebende Regent Burggrafen (popravcej setzte, und diesen 
die Macht gab, , liederliche^ arbeitsscheue Menschen und jedes wie immer 
Namen habende Gesindel aufzufangen, ertappte Räuber zu zIKditigen, und 
biedurch Ruhe und Sicherheit im Lande zu verschaffen. ^ 

Dadurch schaffte Karl endlich nach und nach den reisenden KaiJeuten 
den VortheU, dass sie nicht mehr nöthig hatten^ sich überall von einer be- 
waffneten Schaar begleiten zu lassen, und die dadurch darauf gewandten 
Kosten auf die Waare i;elbst zu schlagen, ein Umstand, der zu jener Zeit 
für Bühmen von ^nem um so grösseren Vorthefle war, weil dieses Land 
seinen Handel nur auf langen Wegen und mitunter, mittelst vielen Land- 
frachien betreiben konnte. i 

Dass^ Vater Karl alle Mittel und die grösste Sorgfalt anwendete, um 
die Wohlfahrt und. Bevölkerung von Böhmen — insbesondere der Haupt- und 
Residenzstadt Prag — in , einen blühenden Zustand zu bringen, ist ans vielen 
und sicheren Urkunden, weiche dem Verderben, der Hussitenkriege und der 
nachfolgfenden Kriegsstürme -entronnen sind, bekannt, so wie dies au^h die 
noch heut zu Tage in Prag besiehenden Denkmäler doppelt beurkunden, und 
einen jeden Vaterlandsfreund an diesen erhabenen Monarchen erinnern. Er 
erhob und- beförderte in Böhmen Handel und Wandel, ordnete Messen an, 
auf welchen Böhmens Erzeugnisse und Waarbn den besten Absatz fanden, 
erth^ilte viele Freiheiten da wo sie noKhwendig schienen, begünstigte den 
Ackerbau und die Industrie, und theilte Belohmingen aus, die isich ihrer 
würdig gemacht haben. Vorzuglich beschäftigte ihn derGedajike, dSmselben 
eine ausgedehnte Ha^delsverbindung mit der teutsehen Hansa zu verschaffen. 
Um diesen Zweck zu erreichen, \schien ihm nichts wichtiger, als zu Tagrr- 
münde t— welche Stadt er für seinen Zweck vortheilhaft gelegen fand — eine 
grosse Niederlage für den Handel zwischen Böhmen und den Hansestädten 
zu errichten. Er gründete daselbst auch ein KoJlegiatstift, erbaute ein ge- 
räumiges sSchloss, und machte den Entwurf, den Hansehandel durch Böhmen 
zu leiten. Zu diesem Behufe liess er auch die Elbe und die Moldau schiffbar 
machen, und suchte Herr der Eibufer zu werden. An diesen besass er 
bereits einige wichtige Plätze, namentlich Königslein, Pirna und Mühlberg, 



r 



191 

noch mehrere aber hoffte er Uarch die meismische Erbverbrüderung einstens 
zu erlangen; und um die Ufer im sächsischen -Churkreise an sich bringen 
zu können, suchte \st sich die sächsischen Chnrfttrsten dadurch zu ver- 
pflichten, dass er ihnen zu dem Besitze des Herzogthums veriialf. In da& 
Erzstift Magdeburg setzte er böhmische Hofbeamte — auf deren fortdauernde 
Ergebenheit er rechnen iconnte — als Erzbischöfe ein, und um die Hansa 
zu gewinnen, schmeichelte er der Siadt Ltibek, welche damals das Haupt 
des* Bundes war^^^). Der Erfolg seiner Bemühungen ist nicht bekannt. 
Vielleicht spannte der Bund seine Saiten zu hoch, und .Karl liebte seine 
Böhmen zu sehr, als dass er sich hätte weniger nützlichen J9edingnissen * 
gefügt. Weil dieses also nicht gelungen ist, so verfolgte Karl seinen UnU 
wurf zur Braporbringung des Bandeis voä Böhmen dadurch, dass er Kauf- 
leute aus den civilisirten Handelsstaaten einlud^ und ihnen Schutz und Schirm 
in seinem Lande zu geben versprach. Diesem Rufe folgten auch unverzüglich 
* Venetianer und Genueser, denen Karl das Recht ertheilte, dass sie allerlei 
Waaren an alle Gäste ihid Einheimische in Prag verkaufen und von ihnen 
erkaufen könnten ^^^). Auch russische Handelshäuser errichteten hier einige 
Factofeien; ja selbst mehrere türkische Unterthanen aus der Levante und 
den Inseln des Archipelagus machten hier ebenfalls 'ihre beständigen Be^ 
steller stabil. Diese Letzteren handeltet mit verschiedenen levantischen 
Waaren, namenllich mit rothem Garn, türk. »Safran, Baumwolle ^^^, doch' 
meist im Gros^n* Sie benahmen sich nach den Sitten und Gebräuchen ihres 
Landes, und unterschieden sich auch in ihr^r Kleidung von den Böhmen, 
die sie aber nach der Zeit mit der allgemeinen herrschenden Mode \fech- 

2233 Lübek erwarb sich nach und nach eine Art vota Directorhim mif dem Rechte, die 
Hansata'g^e auszuschreiben, und unter Zustitnmung der sogenannten wendischen Städte 

y rechtsgültig^e Beschlüsse zu fassen, wenn in dringender Noth'die Zeit zu ktirz war, 
um Abgeordnete der fibrigen Städte einzuberufen, oder der Gegenstand für zn gering 

1 

ang«s^hen werden konnte, mndesshalb eine allgemeine Yersamnilmig avfszu^chreiben. 
Zu den wendischen Städten, mit welchen Lübek eine Art vDn enger Verbindung 
bildete, zählte man gewöhnlich: Hamburg, Rostock, IVismar, Stral&und, Greifswalde 
and Lüneburg.. 

224) Zur Zeit Karls wurde Niederteutschland und die Seestädte mit den italienischen 
Waaren aus Hochteutschland versehen, und der leväntische Waarenzng ging nun über 
Tyrol durch Teutschland nach £rnift. Dieser veränderte Handelsweg wurde durch 
die eifrigen Bemühungen Karls immer stärker benutzt, iind selt>st Breslau ^kam 
landwärts Handelsverbindungen mit Venedig. 

225) Um den Zeitpunkt zu finden, in Welchem Jahrhundert die Baumwolle in Böhmei^ be- 
kanöt wurde, müssen wir in die fernen Jahrbi^iderte der Kreuufige, ja vielleicht 
selbst in den Anfang des X. Jahrh. zurückgehen, und es ist^ ein selbst von grossen 
Schriftstellern gehegter Irrthnm, dass dieses viel später gescha^. 



192 

selten, und endlich auch die allgemeinen Lanllessiüen angenommen habjen. 
Indessen war. die Zahl dieser Colonisten ganz unbeträchtlich ^'^). — Den 
Bürgern von Luxeinburg ertheilte Karl 1349 das Vorrecht, sich in der Prager 
Neustadt anzasiedeln, ohne erst ihr Bürgerrecht zu erkaufen. Uibrigens 
trugen auch zur Hebung des Handels die einheimischen Juden wesentlich 
bei. Sie gaben den unbemittetlen Kaufleuten. Credit, verlegten si^h auf 
Geldgeschäfte und förderten so manches grossartige Unternehmen durch 
Kapitalvorschüsse. Un^ diese Zeit kamen auch aus Portugal Juden nach 
Prag 2*^). 

Alle diese fremden Nationen waren in Prag Wol gelitten, und man kann 
auch behaupten, dass die Thätigkeit die^r Fremdlinge sehr vortheilhaft auf 
den Handel eingewirkt hat, ja selbst das Gute nach sich zog, dass es die 
Leichtigkeit vermehrt hat, diesen Fremdlingen etwas ahzulernen. 

Von dieser Z^it an war besonders den Wälschen in Prag das Glück 
ungemein, günstig, denn sie hatten durch den Handel viele Reichthümer er- 
worben. Aus dieser Ursache vermehrte sich ihre Anzahl iminer mehr; sie 
errichteten in der Folge auch unter einander eine Verbindung, um^^ich werk- 
thätiger Unterstützen zu können, und mit vereinten Kräften an Erreichung 
des. gemeinschaftlichen Zweckes zu arbeiten; uud in der That hatte diese 
enge Verbindung alle die Vortheile befördert,' die- dieser .Gemeinschaft von 
jeher zu Tbeil geworden sind **®). 

1226) Diese Sandelsleute kamen unter Karl and nicht, wie Einigte wollen, erst cn Anfang 
des XVn. Jahrh. nach Böhmen. 

,227) Pfoch gegenwärtig leben in Prag viele aus Portugal stammende Judenfamilien, daher 
ihre portugiesischen Tfamen und selbst schwachen Anklänge jin den portugiesisches 
Ritus, sagt Schottky in der karolinischen Zeit S. 232. ' 

228) Um sich bei der böhmischen Tfation beliebt zu machen, und ihre Gesellschaft 
fester zu verknüpfen, hatte sie den rühmlichen Entschluss gefa^st, eine be- 
sondere Corpor^ition unter dem Namen der waischen Congrej^ation tu begründen. 
Diese hatte zum Zweck, eifie' Stiftung für Findjinge un^ arme Waisen beicterlei ^e- 
«chlechts, nach welchen sie verpflegt und unterhalten u^urden, auch den angemessenen 
Unterricht erhielten, bis sie dasjenige Alter erreichten, wo ^ie ihrem Beru^ gemäss 
zum Antritt eines Standes und der dazu gehörigen Unterhaltung geeignet waren. Dann 
erhielten die Knaben und Mädchen beim Austritt aus dem Institute einen bestimiDteo 
Geldbetrag und Kleidungsstücke. Diese Gesellschaft bestand meist aus Glilsdern des 
Handelsstandes, nämlich Wech^ern, Negonanten, Gros8händlem,^Fabriksverlegem 
und auch wol aus Künstlern und wohlhabenden Handwerkern. Die nachmaligen 
guten Fortschritte dieser Verbindung und die gewünschten Früchte, die sie hervor- 
brachte, veranlassten die nachherigen böhmischen Könige, die wälsche Nation mit ver- 
schiedenen . Freiheiten und ihr Institut mit verschiedenen Stiftungen ^u begnadigen. 
Diese, der Handlung so sehr nachhängende Nation hatte einst ihren Sitz auf dem Klein- 
seitner ftinge, und jener Abtheilyng der Stadt, so nach ihnen den Namen des wäl- 
sehen Platzen und der wälschen Gasse erhielt. 



193 

Nicht minder trogen die Tentschen zur Lebhaftigkeit des böhmischen 
Handels bei. Im Jahre 1356 t und später 1361 erlaubte Karl den Augsbnr- 
gischen Kaufleuten Aach Böhmen und Polen zu handeln. Unter den Gegen- 
ständen des Absatzes befanden sich Gewürze und feina hiederländische 
Tuche *'^*). • 

Urn die^se Zeit kamen die Märkte von Frankfurt a^ H. in grdss^ren 
verbreiteten Ruf, und man sah daselbst sehr häufig Prager Grossfaändler.: Im 
Jahre, 1359 erhielten die Prager Kauileute sammt jenen in, Breslau, l^utten- 
berg und Sulzbach (26. März) von Karl die ^ollfreiheit in der Stadt Frank- 
fürt a. M* ?^^. Um hingegen aber der letztgenannten^Stadt an den Zoll-^ 
einkünften keinen 'Schaden zuzufügen, erlegte er derselben eine grosse 
Summe Geldes auf. einmal. Der diesfällige Gnädenbrief, woraus die. edlen 
Gesinnungen dieses Monarchen an den Tag gelegt wurd^n^ mag hier in 
einem kurzem Auszuge angeführt >irerden. £r sagt: „Nur damals wird der 
Thron eines Fürsten erhöht, nur damals breitet sich auch sein Rubin unter 
den ben^hbarten Völkern mehr-und mehr aus, wenn er seinen Unterthan^n 
Friede und Ruhe verschafft, untl sie von Schaden und Beschwernissen frei 
macht. ^ Er sagt ferner: ^dass.er diesen Städten die freie Haadelschaft nur 
zu dem Ende verschaffe, damit sie an Volk, Güter und Reich thümern immer 
mehr und mehr zunehmen, und hiedurch der Glanz des Königreiches desto 
mehr, erhöht wcrde.^ Welch' grossmüthige^ Absichten; Welch' eine väter- 
liche LieJ)e! Kaiser Karl hatte aus Gefälligkeit gegen die;rheinisehen Fürsten 
im Jahre 1351 viele neue Zölle an verschiedenen Orten des Rhein$tromes 
angelegt. Die Käufleute, welche dahin Handel trieben, fanden sich dadurch 
so sehr beschwert, dass sie sich genöthigt sahen, ;die RheinschiffTahrt auf^ 
zugeben und ihre Waaren einen andern Weg gehen zu lassen. Dies ver- 
anlasste unsern Karl einige dieser Zölle wieder aufzubeben. Weil über- 
haupt der Handel auf dem Rheinstrome immer beträchtlicher wurde, und 
Karl sich die Beförderung der teutschen Gewerbe mitunter angelegen sein 
liess, so begehrte er, von verschiedenen Reichsständen die Verminderung 
der Rheinzölle um ein Drittel Durch ein Ed|ct vom 23. Hornung 1378 hob 
er alle auf Widerruf erthellte oder Von den Ständen erst neuerricbtete 
Zölle auf dem Maiii, Rhein und in ganz Teutschland auf, und befreite Jeder* 
mann von deren Bezahlung *^0. , . * 

Im Jahre 1361 erJ;heilte Karl den Nürnbergem und Augsburgern das 
Geleite durch Böhmen, Mähren und Schlesien. Schon vorher 1347 hatte 

229) HüBmanns Slädtewesen 1 ]ff. S..393. 

230) Urk. N. CCXXVII in- Pelzeis Lebensbeschr. Karls IV. \ / 

231) Fischers Handeisge^ch. I. B. S. 240. 



13 



f 



IM -. 

■ 

er ihnen ihit seinen eigenen Bttrgern zu VvBg und in andern Siädten in 
ßölHnen, Mähren, Polen und lützelburg gleiche Rechte erheilt, >dass sie 
allerlei Waaren an alle Gfiste und Einheimische vericaufen und^ von ihnen 
erkaufen könnten» Diejenigen Handels- und Zollfreiheiten, welche die Prager 
und andere Böhmen in Nürnberg genössen, deren sollten sie ebenfalls sich' 
zu erfreuen haben, ja Karl iiatte nicht nur auch die Akte seines Vaters, in 
welchen es heisst, dass die Nürnberger in allen seinen Staaten blos unter 
der Leistung der altherkömmlichen Zölle zu Wasser und zu Lande frei han- 
tiren konnten, bestättigt, sondern denselben auch versprochen, ' sie gegen 
jeder Gewalt zu schützen. ^ 

/im Jahre 1357 hatte Karl den beiden Städten Bautzen und Görlitz 
die Niederl^gsgerechtigkeit des Mennigs (Mkiium) gegeben, der aus 
Polen und Sachsen nach Böhmen und anderen Ländern geführt wurde. Den 
Breslauer Kaufleuten ertheilte er das Vorrecht, ihre* Waaren zu Prag, ohne 
dieselben auszupacken oder niederzulegen, ungehindert ein-^ und durchzu- 
führen, auch damit nach Belieben zu handeln, und 1373 befahl Karl dem 
Urbarer auf .dem Berge in Böhmen, dass er die Bürger von Breslau und 
Schweidnitz mit tiold, Silber und anderen Waaren, die sie von Polen, 
Schlesien upd anderen fremden Ländern bringen, ungehindert und ohne ihre 
Pallen aufzuschlagen, durch Böhmen ziebeii lassen soll ^^^)., 

Im Jahre 1342 (20. Jäner) befreite Karl die Kaüfleute zu Eger auf 
immer von allen und jeden Mauten, Zöllen und Geleitsgelde durch ganz 
Mähren; um aber für diese Begünstigung die mährischen Kaufleute zu ent- 
sehädigen/ befahl er, dass die mährischen Städte die. nämliche Freiheit zu 
Eger g^niessen sollen. Dies wurde durch ein anderes mehr erweitert, nämlich 
dass die Egerschen Kaufleute nach Prag und allen andern Ländern, welche 
Karl udd sein Vater besässen, Maut, Zoll und anderer Rächte, frei ihren 
Handel treiben, und dieWaare derjenigefi, welche sie in ihrem Handel stören 
würden^ zum Vergeltungsrechte so lange zu pfänden, bis sie ihnen Genug-« 
tbuung verschafft haben. Diese Befreiung scheint vorzüglich gegen die 
Prager gerichtet zu sein, welcjie den Egerschen Kaufleuten viele Hindemisse 
in den Weg gelegt haben mögen. Den Burggrafen zu Eger befahl Karl 
von den . Bürgern und Handelslejjiten zu Eger, sie mögen aus oder nach 
Böhmen reisen, keinen Zoll zu fordern. — : Am 20. Novb. 1349 hat Karl die 
Benediktiner Slawen auf der Neustadt sammt ihren Untergebenen im ganzen 
Königreiche Von allen Zöllen befreit. 

232) Es heisst in den Urkunden, dass dife Breslauer ^viel Gold und Silber über Prag durch- 
geführt haben. Welchen Bestimmungsort m6gen diese Sendungien wol gehabt haben? 
Wahrscheinlich Frankfurt am Main, dessen' bedeutende Märkte von den fareslauem 
Bcü dem XUI. Jahirh. besucht «worden sind. (Hüllmatins Städtewesen 1. B. S. 363). 



193 

Von den Gästen und frenfden Eaufleuten heisst es in einer Verordnung. 
(Slbüch. Lit» I). N, 79): 

Es sol icleich gast, -der da kumpt gen. Prag in die alten grossen stat 
odir in dynewe mit seiner kaufmannschaft, velcheHey di sei, füren in den 
fronhoff, vnd nicht aus füren, sy wert den bescriben von dem, der da zn 
gesatzt, ist von des i^ates wegen. Wer des nicht tet, ^der vorbest an den 
eine^ schoks gross.en zu pus.* 

Welcher wirt-^ich keius gasz, gut vndcrwunt, gepunden oder vnge- 
punden, ce den es yn dem fronhoff bescriben wirt, der ist ein schok gros- 
sen zn pus bestanden.' . ' 

Es schol ein igleycb gast sein gepunden kauffmahschaft nich 'auf- 
pinden, an ein gesworn vnterkaufer oder an den, der dazu gesazt ist, bei 
der vorgescriben pus. . , ^ ^ 

Es schol auch kein gast kein kaufmanschaft vorkauffen, an ein ge- 
sworn, vnterkanfel, noch keinem andern gast, nicht vorkauffen bei dreyn 
schocken gr. zu pus. ^ ^ ^ ^ 

Es schol auch kein gast sein gut nyndärt aufpinden in den zweiii 
landen Behem vnd Merheren, nur ip. der stat zu Prag vorkaufen beyn'dreyen 
schocken zu pus. — Es, schol auch kein gast sein kauffihaTischaft nicht vor- 
kauffen nur vihb bereit gelt oder zu dem lengrsten beyten drey men'od; wer 
da wider tet dein hulff man furbas keins rechten, ob yni sein not gesech. — 
Welich gast sein kaufmanschaft brengt gegen Prag, der mag sich wol be- 
sehen Vierzehn tag, ob er aufpinden wU odär nicht. Sinter do'rnoch auf^ 
so sol er sein *gut ganz vnd gar- vorkauffen zu Prag. Ist aber dai er 
ganz durch wil füren, das schol er betidigen, das es «eyn sey und nyinanz 
anders, vnd vil is gericht füren aus den zwein landen Behem vnd Merheren 
vnd wo er ^n dem veld vnd des vbirwunden wurd, der schbl \geben sechz 
schock z\x pus. — Es mag ein icleich man^ast von Behem, Polan vnd Mer- 
heren die vnd die zu der krön gehören gen Behem sein gut durch« füren ^u 
Prag hin heym in sein stat vnd dy vorkauffen, wenn er vil an alle argelii^t, 
sunder das er es betidigen mus, das kein arg der an sey wider di gesez^ di 
da vargescribön sein. — Welch, gast der; vorgescriben gesez eyns Vbirtret, 
oder mer vnd zu der selben zeit hin qwem mit seinem gut vnverpust, ven er 
denn hefwüier kom oder sem gut, so sol man derselben pus bekuminen an 
ym oder an seinem gut, an alle viderrede. — Es schol auch kein gastgeb 
kein kaufmanschaft wider sein gast kauffen bei dreyn schocken gn zu pus, 
vnd der gast also will, -^ Es schol auch kein gastgeb mit seinem gast ger 
mainsch^ft nicht^ haben bei X i^chock gr. zu,pn& — Ob sich keiner vnser 
purger eins gnst gut vnterwunt yn fremden Landen, oder halt hye^ in 

der stat: vnd nicht domit tet gastes rechk der. ist bestanden zehn schock 

'13^ 



196 . ; 

ZU pus. — Es scholauch keiner 'vnser p§rger mit keinem gast yn allerley 
kauSitiatischaSn, poch gemainschaft , noch geselschaft habeo bey fünfzig 
soIi,bken gros, zu pus. — Es schol auch ein icleioh gastgelb sein gast 
varen der pus an allen stucken, odir er mos sie selber ^ebin. ^ — Ob auch 
ymant vnser purg4r oder gast keiii geiwant vorkauft, vnd nennet es aus 
eyner ander stat, wen do.es gemacht ist odir ein ander zeichen dor auf 
macbtj den dor auf gehört zu reöht, vnd wirt der vbirwunden mit einem 
vnderkeufel vnderkeafel vnd mit fromen lewten, den zu geläuben ist, der 
verleust das selbe gut an vider rede vnd. auch sol er eyn^n icleichen tuch 
sein vollige lenge gebin, als ym dort worden ist bey der vorgescriben 
pus^ -^ Es^ schol auch kein gast gegen dem andern gaste kein vechsel 
nicht 'treiben bein drein schok gros, zu pus dem^hingeberals dem koüfTer.— 
Esl schol auch kein gast kaufmanschaft nicht vorkaufTen bei der eilen, nocli 
bei der wag, nur was der stat wegar vnd /messer hinwegt vnd mist, vod 
schol auch nicht haben wedqr eilen, noc^ wag, noch gewicht in seiner 
gewalt bei drein schocken zu pus. — Es mag ein icleicher purger oder 
purgerin« kaufen vider einen gas(t ir nothdurft, das sie nicht vider hingeben^ 
vellen an einen vnderkauffeL — Vnd veTcher wirt vurd vorpust zu einem 
mal zwie dreystund, zu* dem vietdemal gibt er X schok zu pus, viuizudem 
fünftemal stet er in der scheppen gnaden; vnd welcher vnsep purger den 
zu legen volt, die der pus ivirdigen weren, vor. dem forsten, lantherren, 
geistlichen leuten oder vor dem rat mit vorde- odir mit verkea odir mit 
;beschuzung, vnd vurd des vbirwunden /mit zwen schepfen, der verlenst 
zwenzig schok gr. zu pus ail viderred, öider er sol sein*iar vnd tag aus 
der stat sein. — . Es schol auch ein icleich man keinerlei koufmansqhafl, 
allerley wiff, dies er hie gekauft hat^ ^ nicht yorkauiFen, er breng sie des 
ersten hin heym in sein gewer, pey einem schock zu pus. — Es schol 
auch ein ycleilch man, er sey burger oder gast, kein kau^anschaft aus der 
st^t füreh) er hab denn ein z^ich von der stat pholger. • Es schol auch ein 
icleiojb kauffman, er sey purger oder glast, was kaufmanschaft er kauflt, 
nicht aus dßm haus tragen, dorvinb er sey kauift.; es sey den ein gesworn 
vnderkauff^l dabei, der dafzu gesazt ist von des rates wegen. — Welcher 
vnderkauifel katifmänschaft oder Wechsel ym selber treibt, oder keinerley 
sach t0t wider dy gesez- des brieffs, vnd des vberwunden wriird, der leidet 
di pusse, das er sjtzen sol einen langen tag auf dem pranger vnd soll sein 
iar vnd tag aus der stat, vnd ym kein ampt nymmermer kumenj vnd ob 
der vnderkauffel worswyg keinerley freykaiiir vnd die nicht meldet, die vor- 
poten sein, der sdiol leyden die selbe ^us; wer das der. vnderkauffel die 
sach meldet vnd ym es chein purge)r auffhaus,«^as es ym gesch^dep mocht, 
der purger sol bestanden sein zehen schock gros. 



I 



/ * 



/ 



^ . 197 

Es schol auch eiu iclicher kaufmai^n, er sey purger oder g^sX; der wein 
in lagen her fiirt, nicht vorkauffen bey • der lagil,^ sünder bey dem zuber, 
pey einem schock zu pusse. ' , ' 

Es schol auch keiner gast von purgeren von Ostrreich nicht durch 
faren weder hin durch noch her dur^ch mit seiner k^tiffmanschafl; wer d^s 
vber füre, der verleust alles, das 6r fürt. ' - . 

Ob das -wer, das die von Krokaw oder die von Berk sich an nemen 
ander leut gut vnd yns durch fürten oder |)rechten, dy das rechten nicht 
haben, wes di bestunden sein, das fint selben 

Wie thälig Karls Verwendungen in Ungarn waren; zeigt Ludwigs von 
Ungarn Befehl, vom Jahre 1365, vermög welchem die Breslau^r KaiifleutQ 
in Ungarn gleiche Rechte und Freiheiten wie die Prager und Nürnberger 
gemessen sollen ^^% 

Nach Ungarn zu handeln und nicht blos die Naturschätze dieses Landes, 
sondern durch dasselbe aiüch morgenländische Waaren zu beziehen, dazu 
hatten- wohl den nächste» Beruf Wien und* Regensburg. Es nahmen aber 
auch Prag und Breslau daran Antheil. Ein Theil der Geschäfte der Letzte-, 
reu bestand daher in der Vermittlung zwischen, der Donau, und *sowohl dem 
nördlichen Teutschland, als dem Skandinavischen Norden. 

Schon um dü|s Jahr 1350 war es den Präger Kaufleuten so wie deii 
Böhmen insgei^mmt gestattet, ihre Waaren bis nach Preussen zu verführen. 
Die Mieter Märkte waren m dieser Zeit sehr bedeutend. Kaufleute von 
Nürnberg hatten daselbst Jhre Niederlagen und K. Karl begünstigte sie auf 
all^ Art und Weise. . : ^ ^ 

Durch alle diese Vorkehrungen^ welche zum, Zweck l&atten, dem böh- 
mischen Handel einen Aufschwung zu gebe% Jioifte nun Karl den Handel^ 

namentlich den levantischen, welcher seinen nordwestlichen Wa^enzug ver- ^ 

^_ . " • . ^ 

loren hatte, und grösstentheils aus Italien auf dem Ocean nach Brügge ging, 
wieder auf einem kürzeren Wege über Prag an die Ostsee zu bringen.' Zu 
diesem Ende woUtd er die Moldau mit der Donau verbinden, um ^sowohl auf 
der einen Seite den italienischen Handelsweg auö Ober- und Niederteutsch- 
land zu befördern und zu beschleunigen, als apch auf d^r anderen Seite 
die ungarischen Produkte^ desto bequemer herbeizuschfifFen ***). Daäurch. 
hoifte er zugleich den unmittelbaren Umsatz gegen einen Theil «einer böh«^ 
mischen, lausitzischen und schlesischen Waaren zu gewinneh, und den übri- 
gen, Theil auf der Elbe über Tangermünde und auf der Oder überJFrankfurt 

•■ • ■ , \> , • • . ' 

233) JeckMs HandL Gesch. S. 179. \ , 

234) Fischer'« H. Gi 0. B. S. 309, > 



t / 



198 • 

fai die Ostsee, selbst zu verfbhren ''^. Allein das W^rk fand grossie flin- 
dernisse^ die nicht gehoben werden, konnten ^^*). Da nun Karl durch er- 
wähnten Weg die SchifiTahrt auf der Moldau nicht zu Stande bringen kjonnte, 
so wendete er seine ganze Sorgfalt auf die Erleichterung^ des* Komoierzes 
des Landes. 

Auf der Reguli^ung die Flüsse warf er besonders seine, ganze Anf^ 
merksamkeit, und da der Schififfahrtsverkehr namentlich auf der Elbe im 
heissen Sommer, ungeachtet der kostspieligen Stromwerk« längs den Ufern 
mit ausserordentlichen Schwierigkeiten zu * kämpfen halfte, ja mitunter bei- 
nahe völlige Unterbrechung erfuhr, so bot er. Alles auf, diesem Uibelgtande 
abzuhelfen. Er liess* zu diesem Ende bei Sehreckenstein, Niädergrund und 
andern Elbestellen die Felsen förmlich duröharbeiten, wodurch erzielt wurde, 
dass dc^ Schiffern bei einem niedrigen Wasserstande die Weiterfahrt -mög- 
lich gemacht, , und hiedurch alldn Unglücksfällen vorgebeugt wurde. Selbst 
die vielen Sandungen, welche hie und da in grossen Strecken vorhanden 
waren, mussten durchgegraben werden. Ein k. Burggraf, welcher seinen Sitz 
auf der Burg Sc^recken^tein hatte, musste das Gedeihen der Schiff&hrt 
überwachen. ' - .. » 

Dem Prager Kaufmann Rothlöw n^achte K. Karl in Betreff der von^ ihm 
gemachten Verfügungen den Vorschlag, zwei Schiffe auszurüsten, und solche 
direct nach Hamburg zu achicken. „Ihr seid^ — sagte der Kaiser — „ein 
vernünftiger Mann, mit ilem Efwas zu machen ist. Durch dieses Unterneh- 
men wird man unser Getreide, unser Eisen, kur^ unsem Uib^iHuss Kequem 
nach Hamburg bringen können ; auch mögt ihr Kaufleute dort neue Wäaren 
aus der ersten Hand beziehen, was für das Land von grdsi^eni Vortheil sein 
dürfte.^ Rothlöw überlegte dieses Geschäft nicht lange, übernahm bereitwillig 
den ehrenvollen als verdienstvollen Antrag und gab dem Kaiser sein Jawort» 

•235) In Dressers sächs. Chronik S. 357 heisst es : „A. 1365 Meaa Karl IV. viel Schiffe 

bereiten, uhd war die Sage, er wolle eine gemeine Kaufstrasste machen, die Elb» 

hernieder von Behem bis in die See, ward aber nichts draus.*< 

236) Wie sehr wurde dadurch insonderheit Prag (gewonnen haben, wenn der Gedanke 

^' Karls zur Ausführung gekommen wäre. Dieses Ereigniss hätte bis auf unsere. Zeit 

die wichtigsten Folgen haben können, ^üf 46r Strasse von Linz nach Budweis, 

durch den Böhmerwald und das mährische Gebirge, ^d es' von Linz bis an die 

Obermoldau nur 7 teutsche Meilen. Karl wäre wol der Mann gewesen, jenes Werk 

zu vollbringen, hätten ihm die Geldmittel zu Gebote gestanden, und der Zustand der 

^ Wasserbäukunst die Unternehmung erleichtert. Der ganze europäische Ost- und 

Nordosten, Grieghenland, Ungarn, Polen, Russland uiid Preussen, waren der Markt der 

Breslauer und zum Theil der Prager Kanfleute. Mii Ungarn standen beide Städte in 

Handelsverkehr. Kupfer und andere Produkte wurden von da bezogen. Haaptplätze 

des Handels waren Pressburg uiid Ofen. 



I 



199 

An diesem Tage trank dieser wohlwollende Monaroh bei Rothlöw auf das* 
Wohl der Prager 'Kaufleute einen Becher Wein. — In dem 30jähi*jgen^ 
Waffenstillstand, den Karl 1377 zwischen dem Erzbischaf Peter und der Stadt 

^ I 

Magdeburg ZU Sts^de brachte^ heisst es In. Betreff des Getreidehandel« auf 
der Elbe: „fürbass mehr umb die Schiffungen des -Korns ist unsere Mei- 
nunge, dass.das bleiben solle in -allen den Massen, als eis vor Alters ge- 
halten ist" «3^. * 

Obgleich mitunter auch andere zur Hydrotechnik gehörige Werke aus- 
geführt wurden^ so bezog sich dpch der grösste Theil der WasserJ)aidich- 
keiten in' jener Zeit aitf die Herstellung der Mühlbauwerke, uud die MüUer, ^ 
als.zunöchst dabei interessirt, mussten sie nicht nur angeben, sondern auch mit 
ihren an's Wasser gewohnten, nur des 'Zimmerhandwerkes kun(ügen Leuten 
(Sekerniky) meist selbst* ausführen. ^ 

Da sich mittlerweile einige böhmische Güterfoesitzer einfallen liefssen, 
auf dem 'oberen Iltloldauflusse eine grosse Anzahl Wehren zu erbauen, und bei 
denselben hohe Zollet aufgerichtet hatten, wodurbh dem Verkehr auf dem 
Wasser von Budweis nach Prag grosser Schaden zugefügt wurde, >so macBte^ 
Karl, nachdem sich die Kaufleute hierüber beschwert -hatten, folgende Ver- 
ordnung: Man solle in den Wehren Thore oder Oeffhungen machen^ die 20 
Prager Eilen 'bi^eit ^ind^ damit die $chiffe ohne alle Hindemiss und Aufenthalt 
durchgehen konnten.^ Zudem schaffte er alle neuangelegten willkührlicben 
Zölfe^ ja selbst, dife, welche voin König Wenzel JH. herrührteUj ab, und, be- 
fahl, dass die F^ahrt auf der Moldau in den Stand gesetzt werde, in welchem 
sie sich unter Wenzel L, befand. Eine gleiche Verordnung erthielte er im 
Betreff der Flüsise: Miza, LuÄnice und Wotawa. ' 

Aul einer anderen Seite machte Karl auch die Oder schiffbar, ^rbaule, 
um die Verbindung mit Polen zu erleichtern', bei Fürstenberg eine steinerne 
Brücke^ und befestigte zur B^schützung ,des böhmischen Handels die 
erwähnte Stadt. Er hob ferner^ den Zoll zu Wasser auf ier Mosel und 
zu Lande auf, weil er d^m Handel nachtfaeilig wai:, /und empfahl seinem 
Bruder Wenzel, Grafen von Luxemburg, darauf Acht zu habeUv dass dieses 
Gesetz beobachtet werde. Dem ^r zbischofe von Trier und. dem Stifte daselbst 
bestättigte Karl die Geleitsgerechtigkeit auf , der Mosel, von Dilm^rbach bis 
an den Rhein, und so fort bis Andernach. Zugleich schaffte er auch da^^ 
selbst das Grundruhr -Recht ab *^®). . 

237) Fischers H. G. n. B. S. 307. * - \ 

238) Dieses \^ eine barbarispKe Gewobnheit, sich der Güter und Waaren derjenigen zu 
bemächtijgen, welche auf dem Rheinstrome Schiffbrach üUen, 'oiier auf der Strasse 

•wegen des gebrochenen oder umgeworfenen Rührwerkes <stecken gehijßöben sind. 
Dieses verbot KarF bei Strafe von 5Q() A)ark Goldes. 



200 , l 

* X ,Iin JalH'e .1340 wurde apch durch die förmliche Einseteuag eines kunst- 
verständigen Gericfates^ znr Entscheidung in Streitfällen und bei vorkommen- 
den Klagen aber wechselseitige Beeinträchtigangen durch Rückstand und 
Uibjßrsohwe.mmungen eine Autorität in hydrotechnischen A/igelegeiriieiten auf- 
gestellt. Der Prager Magistrat erhielt das Recht^'eine bestimmte Zahl von 
Landesmüllern zur Besorgung dieses Geschäftes zu wählen, und nahm sie 
in Eid ; und so wie die Müller überhaupt, wahrscheinlich mit Ausschluss der 
gewöhnlichen Zimmerleüte,. alle Bauten am Wasser, wo Holz^ angewendet 
ward, mit den Mühlgenossen CSekqrniky) ausMfartim ; so gab für alle {Gegen- 
stände der Hydrotechnik und in. allen Torkomraenden derlei -Strüttsacbeai der 
Ausspruch der geschworenen Landesmülter als ein sachkundiges und rechts- 
beständiges Urth^til, das die nachfolgenden, Könige und die königlichen Be- 
hörden gegen alle Klassen der Landesbewohner jederzreit aufrecht erhielten. 
Dass dieses^ Mühlgericht C$au<d mlynänsk^} schon gleich n«ch seinem Ent- 
stehen gewisse Satzungen über Wehrfaöhen, SchweBenlegung, Sohüizanhöhen 
u. dgL zur eigenen Richtschnur festgestjsUt und dann fortan gewissenhaft 
beobeichtet habe, so dass solche Bestimmungen dadurch gleichsam landes- 
gesetzliche Kraft b€;kamen, bezeugt die oben erwähnte Verordnung Karls 
iinsichtlich dei* Webren - Thore "*). , ♦ 

Karl hatte bei «leinem Aufenthalte in Frankreich und Italien den Nutzen 
einj^esehen, welcher dem Staatß dadurch erwuchs, dass man dort auf den 
Ruinen der römischen Heerstrassen, besonders bei Rheims« in einer neuen 
Methode Chausseen aüzulegea anfing« Er machte also eine Verordnung 
und darin die Anleitung^ wie es mit der Anlegung derselben gehalten 
werden solle. Er .wies zu diesem Ende den böihmüschen Städten von jedem 
Pferde einen Heller Wego^aut an, aus welcher Einnahmt sodann die Unter- 
haltungskosten! bestritten werden mussten. 

Eben ^o wurde das, Zoll wesen nach e^nem System eingmchtet, das 
zwar keine beträchtliche Quelle, zur Rereicherung der königlichen Renten 
unmittelbar darbot, das aber um so mehr den Handel, aufrecht erhielt, da es 
dazu diente, den Zustand des Kommerzes leicht zu übersehen^ und sonach 
schickliche Massregeln 'zu ergreifen, solche dergestalt einzuleiten, .^dass sie 
den gesammten Staaten zu einem wahren und dauerhaften Vortheü ge- 
reichenkonnten. Der gute Karf nahm hierinfalls^ jene Staatsmaxime an, die 
ihm bewies, dass es für die innerliche Stärkß seines Reiches zuträglicher 
ist, wenn das Volk reicher als die königliöh^n Kassen siiid. Durch diese 
und andere Veranstaltungen wurde aber auch der Handel im Lan^e^so lebhaft 
betrieben, dass nicht allein die Unte^thanen (dadurch in einen Wohlstand ver- 

239) Andenken an die Yersamml. teutscher ArchiteJvten und Ingenieure zu Prag S. 57. 



\ 



- 201 

. setzt wurden, sondern auch die Fremden ein sehnlicfaes Verlangen trugen, 
sich in Böhnoen niederz;ulassen, ohne dass nöthig gewesen wäre^ sie durch 
besondere Begün^tigungeQ zur Einwanderung zu bewegen. Man zählte um 
diese* Zeit gegen tausend meist wälsche und teutsohe Kaufleute, die theiis 
in Prag, theils auf de(n Lande ihre Verkaufslokaliilften errichtet hattem Prag 
wurde, damals sehr erhoben , und man fand hier eiitö Menge aligemeiner 
Wäarenniederlagen. Es wurden zur bi^stiramten Zelt Mc^ssen abgehalten, 
bei welchen sich jederzeit em beträchtlicher Zusamnlenfiuss von fremden 
Handelsleuten einstellte. . ' 

Ein Zölltarif, welchen Karl im Jahre 1386 niedersetzen Hess, ist zur 
Kenntniss der damaligen Handelsartikel eine sehr wicjitige Urkunde. Er 
bezieht sich zwar auf das Zittauer Gebiet^ allein da zu jener Zeit die Stadt 
Zittau VI Böhmen gehört hatte, so dürfen wir mit vollem Recht annehmen,- 
da^ss die von Karl den Zittauern stipulirten Zölle mit auf Böhmen sich be- 
zogen |idben. Bei den zu meldenden geringen , Zollsätzen darf man indess 
zu bedt'nken nicht vergessen, daiss man sich in solche Zeiten versetzen muss, 
wo das Geld andere Geltung hatte, und man für 4 Pfennige ein Schock Eier, 
für 8 Pfennige eine Gans, und für 5 Groschen eine Elle Tiich bekam. * Dieser 
Tarif spricht aber nicht von EingangszöUen, sondern am Anfange ist folgen- 
der Ghindsatz festgestellt*^ Alle und jede Waare, so weggeführt oder durch- 
getrieben wird, zollet.^ — Zuerst ist dann vom Wagen die Rede* Es sollen 
geben ein Wagen, z. B* Salz 12 Groschen, Flachs ebensoviel. Zwiebele— 20 
Grpsche», Waehs **«) 28 — 30 Groschen, ein Bett 4 Groschen, 1 Kuh 2 Pfen- 
nige, ein Wagen gegossene Kirschen odfer Pflaumen (Mus) 6 Groschen,*dürre 
Fische 12 — 14 Groschen, ein Schock Schindeln 1 Pfennig, ein Wagen Spiess- 
hefte von Eit^enholz 12 Groschen. Ledige Wägen, so zurückfahren, auf 
freie Waare der Zittauer Bürger, und ein Kramfass, nach dem Jahrmarkte zu 
führen, lösen ein Zeichen um 2 Pfennige* Ein Zentner , Stahl, Schwefel, 
Röthe , Seite, *aüchwerk - 1 Groschen , 1 Zentner Kreide 4 Pfennige und 
ein Stück zum Schreiben^ ein Mühlstein 3 Groschen, ein Viertel fremdes 
Bier, so durchgeführt wird, 2 Groschen, ein Fass rheinischer, mährischer, 
ungarischer und Österreicher' Wein 12 Giioschen, ein halbes Fuder böhmischen 
Wein 4 Groschien, ein Fass Malvasier, Muskateller, Rheipfäll oder Klaretwein 
und Branntwein 2 Groschen, ein tiertel Zittauer Bier, das aus dem Weich- 
Wide geführt- wird, 2 Pfennige, ein Sclfeflel Korn, Gerste, Weizen, Hopfen- 
1 Pfennig, 1 Scheffel Hirse 2 Pfennige, ein Scheffel Möhren- oder Kohlsaraen 

' 4 Pfennige, 1 Scheffel Grütze, ^Graupen, Rüben u. dgh 1 Pfennig! Ein Schock 

« 

240) In dieser Zeit wegen des grossen* Verbrauchs^ der Kerzen beim GoUesdienst ein be- 
deutender Artikel. 



202 

dürr« grosse Fische 1 Groschen, ein Lachs i Pfennig, ein Ballen Papier 
1 Groschen, 1 Schock Schaffelle 16 Pfennige, hundert Fuchs- oder Zobelbälge 
13 Groschen, 1 ^^H^n Leinwand 6 Groschen, ein Schoek Sensen 1 Groschen, 

1 Schock Stroh 4 Pfennig, I Schock Sehaubhfite 6 Pfennige, ein Buttertopf 
,1 Pfennig,* ein böhmischer Käse 1 Pfennig, 1 Pferd 1 Groschen, ein Ochse 

2 Pfennige, zwei Schafe 1 Pfennig. 

In Ermangelung zusi^^mmenhängender 'Nachrichten vom Zittauer Zoll, 
sind wenigstens folgende einzelne Thatsachen mitzutheilen. Karl verpach- 
tete den Zoll bei der Stadt Zittau und „auf dem Gabler^ bei Neuhaus oder 
Karlsfriede an den Stadtrath z« Zittau, im Jahre- 1364 erst auf zwei, dann 
seit 1369 auf drei Jahre' '^^O- 

^ Karl, dem die Böhmen überhaupt die sdiönste Epoche ihrer Kultur zu 
danken haben und . darum ihn mit Recht den Grossen uud Yater des Valer- 
landes nennen, machte eine Menge anderer Vorkehrungen und schloss viele 
Verträge mit einzelnen Herrschaften und Städten, ja jeder seiner Traktate 

A 

und Friedensschlüsse war in der Regel von einer Stipulation zu Guni^ten 
der böhmischen Kaufleute begleitet. Die teutschen Publizisten sprechen 
Karin die Einsicht ia die Kriegskunst oder vielmehr die Kenntniss der mili- 
tänschen Staatsverwaltung gänzlich ab ; allein dies mag blos von ihrer 
eigenen Kurzsichtigkeit herführen, weil sie den Geist des Friedenssysteros, 
if^elches Karl gerade durch seine ganze Regierung in einem kric^gerischen 
Zeitalter festhielt, nicht begriffen haben. Eben dies System ist es aber, 
waches unsem Karl als. einen^ Wohlthäter der Menschen ,^ Beschützer der 
Handlung und der Manufakturen , den klügsten Staatsmiinn', mit einem 
WßTte, den grossen Mann auszeichnet» Wir haben an ihm das einzige 
Beispiel ^ in der Geschichte von einem Fürsten, der immer, nur mit 
Gelde, so gewiss in jedem Staate leichter entbehrt und wieder /hereinge- 
bracht werden kann, als Heere von Menschen Krieg zu führen ver- 
standen, und daher in die Politik seiner Feinde, welche sich allemal nur 
auf Habsucht und Eigennutz gründet, tief geblickt hat, ohne die Mass- 
regeln beiseits zu setzen, welche im äussersten Falle die wirkliche Er- 
greifung der Waffen nöthig machen. Sor handelte er als Kaiser, und als 

r ' - 

König von Böhmen. Als Letzterer sah er ein, dass der Handel und die 
Manufakturen in seinem Vaterlande keine Fortschritte machen können, wenn 
es bei dem kriegerischen Geiste der Nation und des ZäitalteriS bleibt, welcher 
die Bevölkerung mit dem National -Reichthum. zugleich vermindert, und wenn 
Böhmen — in seine geographisch zu kleine Grähzen eingeschlossen — von 
ganz Europa anhängig, sich femer besteuern lässt. Den Geist der Nation, 

241) Peschka'fl Handbuch von ZUtad Ih B. jS. 28:2. 



203 

< 

ja selbst deiv de^ Zeitalters, hat er dadurch unsgestimmt,^ dass er den Muth 
des Adels, wodurch er ein Gegenfüissler Karls Ses Grossen war, herabge- 
stimmt,'' iind Mannfakturen, welche den Menschen mildere Sitten einfl(>ssen, in 
Böhmen eingeführt. Er erweiterte die Gränzen seines Vaterlandes mit keinen 
andern ats in sein Friedenssystem passendi&n Waffen^ stets mit^baarep böhmischen, 
Geld e, und eben mit diesem scblosis er rund um sich Bündnisse, um Böhmen* 
eine anhaltende Ruhe zu verschaffen. vDa aber diese niclit eingehalten 
wurde, so rüstete er sich im Frieden zum Kriege auf eine solche Art,, 
da SS er einestheils die Emsigkeit im Lande beförderte und andertttheils 
durch die Anstalt Selbst seine Feindß abschreckte. ^ . ^ ^ 

Als ioL Jahre 1350 die böhmischen und mährischen Kaufleute vor Karl 
getreten sind, um sich wider die polnischen Kaufleute und besondeirs gegen^ 
die Bürger zu Krakau zu beklagen,' dass sie von ihnen im Handel nach' 
Preussen und Russland gehindert und in Fortbringung ihrer W^aren in die 
besagtet Länder auf den Strassen abgehalten werden, da doch die Polen 
die Freiheit hätten, nicht nur durch Mähren, sondern, auch durch Böhmen 
ungehindert ihren Handel zu betreiben, so fertigte {[arl am iS. Juli des- ' 
selben Jahres einen Befehl an die Stadt Prag, Kuttenbjergj Glatz, Olmütz, 
Brunn und Neustadt in Mähren ab, dass sie von nun an den polnischen 
Kaufleuten keine Durchfahrt noch Absatz der Waaren bei sich gestatten, 
sondern sie unverzüglich zurückweisen sollen, und dies zwar so lange, bis 
er die Verordnung widerrufen, und andere ^ Befehle ergehen lassen wurde. 
Zugleich schrieb er' aber an König Kasimir, dass er willig sei, den polni- 
schen Kaufleuten^ denjenigen Schutz, den sie in Böhmen von jeher gefunden, 
wieder zu gewähren, * w'äna er erst seinen l^nterthanen in Polen gleiche 
Gerechtigkeit widerfahren lassen werde. "" 

Dies# Repressalien brachten Böl^men in das grösste Ansehen, und die 
entferntesten Staaten buhlten um Karls Freundschaft, so dass sich stets 
Gesandtschaften an 'Karls Hofe zu Prag befanden, ja Karl erhielt sogar aus 
dem heidnischen Lithauen des Handels wegen einen ähnlichen Besuch« 

Nachdem Karl zu Gunsten der nach Italien handelnden Kaufieute ein 
zu Rom nahe an der Stephans- und Blasius- Kirche in Campo forum gele^ 
genes Haus zur Bequemlichkeit der aus Böhmen nach l^ota reisenden Kauf- 
leute — damit selbe alldort jhre Verpflegung ffnden möchten — erkauft 
hatte, doch aber von der gänzl^h^n Ausführung durch unzählige andere 
Geschäfte verhindert wurde, trug er die Vollziehung seines gefassten Ent- 
s^lusses den Brüdern Peter üd^rich und Johann von Rosenberg auf, welche 
solches Verpflegshaus unter deni Titel des heiligen Wenzel und Matthäus zu 
Rom mit gewissen Jährlichen Einkünften versehen, und solche auf Ihr^^sn 



« 
\ 



204 

Gtttern zu Qttin, PHb^nic undBedic Versichert und zum Vorsieher dieses 

• > ■ 

Hauses einen Chorherrn aus Wittingau 1378 gestiftet haben ^*^. 

Weil indess aber noch immer eine Artyon Stapelgerechligkeit den böh- 
misch-Italienischen Handel' beschränkte, so bewirkte Kat*l vom Iferzog Albrecht 
die Freiheit, dass. die böhmiechen Kaufleute ihre Waaren, die sie dunh Wien 
'nach Venedig führen, ungehindert — , ohne selbe erst, wie dies früher mit 
grossem Zeitverlust geschah, in Wien auszupacken -— gegen Entrichtung 
des Zolles zu transportiren. In einem späteren Vertrage, y^elchen Karl 
. mit demselben Herzog abgeschlossen hatte, ertheilte er dagegen wieder den 
österreichischen KaufleuteQ die Freiheit, ganz ungehindert österreichische 
' Weine durch Mslhren und Böhmen naioh Polen zu führen; und fänden es 
etwa die österreichischen Kanfieute vortheilhäft, dieselben sogleich in Mähren 
zu verkaufen, so soll ihnen dieses auch bewilligt werden. Dagegen erhiel- 
ten wieder Karls Unterthanen die Befugniss, mit Getreide aller Art ' nach 
Oesterreich Handel zu treiben. Di^ sich hierauf bezügliche Urkuncie .Karls 
lautet wie folgte 

„Wir Karl von gottes ganaden Römischer Kaiser zu allen tzeitten me- 
rer d,es Reichs vnd Kunig von Beh^im. Bekhennen vnd thun kunt 6ffennlich 
mit disem briefe, allen den di Ine sehen oder hören, lesen, daz wir mit 
wolbedachlem muete mit Rate vnnser getrewen vnd mit Rechter wissen das 
bestellet geboten vnd gemacht haben vnd vollen auch daz^ . alle kauSleute 
von Oestereicfa dem Hertzogthumb vn<| der Herrschaft mit Ihren Weinen 
durch Merhern gen Behaim vnd gen Polan faren mügen on alle Hynnder- 
Russe, also daz vnser Kaufflewte von Behaim, von Merherii, vnd von /Polan 
dich Ir getraid allerlay wie man das genennen mag gen Oesterreich ^e- 
füred muge. Auch mainen wir ob die Kaufflewte von Oesterpeich Iren wein 
zu Merhern nach Iren nutze yerkauffen vnd ablegen möchten, vnd *wolten 
daz Sy den furtail albeg haben, daz Sy denselbed Ihren wein zu ^Merhern 
ablegen oder Ine gen Peham (Böhmen) vnd gen Polan (Polen) fueren mu- 
. gen, nach Irrer willekur wie Sy. des zu Rate werden. Das gebieten wir 
/ allen Fürsten, Geistlichen .vnd weltlichen vnd allen Ambllewten vnnsers 

küuigrejchs zu Behaim daz Sy sölbes vnnser gebot vnd -Ordnung als dauor 
ges'chriben steet, grfnTntz vnd steet haben vnd halten sullen bey vnnsem 
Hulden vnd on alles widersprechen vnd ist vnser sonderliche maynung, daz 

• ■ ■ ^ 

242) Sehr wahrscheinlich wurde diese Anstalt bis in die htfssitischen > Unruhen besucht, 
hernach aber, da sich fast Niemand von dieser Nation daselbst sehen|liess, und -die 
Kapitalien mittlerweile ahgewaöhsen sind, so wurde ein Theil von diesem^ Kraft des 
landesherrlichen Ansehen« Kaiser Rudolphs, der zugleich Böhmens König, war, so ^e 
auch des .Papstes Georg XAl. zur Unterhaltung des Prager Seminäriams bei St Wenzel, 
Welches zuvor nur das Armenhaus genannt wurde, verwendet. \ 



205 

f 

diser brif kraBl vnd macht haben suIle, unntz an die zeit daz wir Innen 
kuntlich widerruffen. Mit vrkunt aes briefs versiglt mit vnnser kayser- 
Hcbea Majestät anhangenden Insigill der geben ist zu wienn Nach Christi 
geburde äreyzehen hundert Jar darnach in dem acht vnd sechzigsten Jar an 
dem nagsten Donnerstage Ht^ch dem -Heyjigen Ostertage vnnsers Reichs in 
dem zway vnd ^waintzigisten ynd dies kayserthumbs in dem viertzehen-. 
den Jare- 

Ih einem Vertrag'e von Seile des Herzogs / von Oesterreich wurde 
den Kauäeuten versprochen, d^ss man sie mit keiner neuen Zolllast be-^ 
schweren, spnderii nach alter <Jewohnheit behandeln werde. Ein jeder -^ 
heisst es in ' der Urkunde — der sich eine Gewalttfaat gegen sie erlauben 
sollte, wird von dem Landesfürsten ials ein Strassenräuber betrachtet,, und 
zum .vollen Ersatz zwangweise verhalten. Allein, ungeachtet dieser Zusagen 
geht aus einer ispäteren Urkunde Herzog Rudolphs, datirt vom Jahre 1364, 
hervor^ dass . er den Böhmen keineswegs einen freien Handel in seinen Erb^ 
landen gestattete, denn nach der darüber gemachten A^usserung des Her-* 
zogs, erlaubte er den Prager Kaufteuten nur vom 25. Februar bis Weihr ' 
nachten desselben Jahr» den Waarenzug durch Wiea nach Venedig, und von 
dort wieder zurück nach Prag,, wobei er ihnen aber auch ausdrücklich unter- 
sagt haben* will, italienischie Weine-eipizuführen. , ' ' 

. Dass die Herzoge von Oestejreich dem böhmischen Handel jederzeit 
Hinderhisse in den Weg gelegt habeia, beweist eine andere im Jahre 1376 
am 23. Harz vom Herzog Albre.cht ausgefertigte Urkunde^ worin derselbe 
• befiehlt, da$s man das Salz aus Oesterreich nach Böhmen auf keiner anderen 
Strasse, als niir über Freisladt führen dürf^^*^). Ein zweiter p,efehl vom 
Jahre 1393 bedeutet ebenfalls, dass ein jeder Waarenzug nach Böhmen, 
und auch von da nach Oesterreich nur über Freistadtr-gehen dürfe ^**). 



243) Wir Albrecht von Gottes Gnaden Hertzog zn Oestereich; Embitten vnsern getrewen 
Lieben, Hainriqh von walTsee, Hauptmann ob der Enns, vnser gnadt vnd Alles gnets^ 
Wir Enipfelche^n dir gar Ernstlich vnd wellen, das du Niemandt Saltz von Lynz gen 
Behaimb die vngewendlicb Strass. Lassest fieren. Vnd das das Saltz khlainss vnd 
grosses gen vnser Statt freystatt khume, aHss von Alteir^herkomen in vnd sy bey den 
gnad^, vnd Rechten, di% sy von TDSdrn vorvordero vnd von vns haben, beleiben 
lasset nach irr Brief sag. vpd sy darauf vestigKchen Schiermest. Wapn wie das 
Ernstlich also mainen. Geb'en zu wienn am Montag i\ech dem Samtag als man syngt - 
Letari zu Mitterf.Asten A. .1376. 

/ * f * 

244) Wir Albrecbt . . . Embi^tten vnsern Lieben getreuen, Reinprechten von walsee, vnsern 
Hauptmann ob der Ennss, der werye vnser khunffUger hauptmann da wirdt, * vnser ^ 
gnadt .vnd alles guets; Wir lassen dich )¥issen, das an vns khümen i^t, .wie das 
etlichfit, die von hinen gehn (geg^n) Behaimb^ vnd herwiderumb aus, mit Saltz vnd 
linderer khauffmannsjchafft arbafitent, ^dle Strassen Jvher d^n haslpach^ vod ander vn-^ 



206 

Es i^t noch ein dritter Befehl vom Jahre 1398 (unter Karl Solin) vorhanden, 
worin die Herzöge Wilhelm and Albrecht dem Heinrich von Wildenegg 
ihrem Pfleger in. Freistadt befehlen, ^lartiber zu wachen^ dass Kaufmanns- 
gtiter und Salz weder nach Böhmen noch heraus, auf verbotelien Strassen 
durch den Hasibach (jetzt sagt man Haselgraben) oder durch Ottensheim 
geführt werden, sondern nur allein durch Freistadt; ImUibertcetungsfalle — 
„sötte Saltz oder die KaulTmannschaffi zu vnsern sandten Nieder Legen- vnd 
verhafften; das Ha^en wir ernsllich. Geben' ze wienn am Erchtag Nach 
Sant Veitztag (18. Jwni) 1398. 

Im Jahre 1354 beklagten sich die Kaufleute der Stadt Prag, ~ dass die 
fremden Handelsleute, die nicht einmal das Bürgerrecht genommen, noch an 
die königliche Kammer eine Steuer zahlten, ihre Waaren frei und öffentlich 
verkaufen, und ihnen hiedurch zum Nachthelle in der Stadt wären. Karl 
verbot sogleich diesen Fremdlingen dergleichen Eingriffe in die Rechte der 
Prager Bürger, und setzte für diejenigen, die seinem Befehle nicht nach- 
kommen, eine Geldstrafe, 4ie der Stadtrath selbst zu bestimmen hatte 
Indess lautete seine Verordnung nur dahin, dass dieses Verbot, nur in so 
lange seine Kraft haben solle, bis er hierüber andere Verfügungen treffen 
würde. Aber schon den andern Tag darauf (7. Januar) fertigte er ah den 
Stadtrichter einen Brief ab, worin er ihm die Befolgung der vorhergehenden 
Ordnung und die Einigkeit unter den Mitbürgern auf das väterlichste an- 
befiehlt, damit aber der gütige Karl den Kaufleuten zu Prag den Schaden, 
welchen sie durch die Unbefagten mögen gelitten haben, yon einer anderen 
'Seite wieder gut machen könnte^ so fertigte er ihnen einen Freiheitsbrief 
aus, vermöge dessen sie in allen Städten und Märkten des ganzen römischen 
Reiches ungehindert handeln und von allen Zöllea, Abgaben und Steuern 
frei sein sollten, und um diesem seinem Willen Kraft zu geben, legte er 
auf diejenigen, welche wider dieses Vorrecht der Prager Kaufleute zu han- 
deln sich etwa unterstehen wollten, eine Strafe von 10 Hark feinen 'Goldes, 

' / . 

gewendlich Strassen faren, also das sie nicht faren di6 Rechten landtstrassen für die 
Freystatt vnd an ynser Manth daselbst, alss vorher khnmen ist, das vnss nit geuelt. 
Daruml^ Empf eichen Mrir dir, vnd wellen Ernstlich, das Ja die Ehegenannt Strassen 

~ vber den faäsipadh, vnd ander vngewendlich Strassen vestiglichen wahrest vnd auch 
stechest (das Verwahren oder' Stechen der Strassen heisst wol nichts aAderes, als 
dieselben verrammeln oder abgraben), vnd Ernstlich schaffest von vnsertwegen, das 
sy die Rechte Strasse für die /Freystitt, vnd von vnser Mauth hinein vnd herwider 

^ ausfaren. Welche aber darwider thetten, das du derselben haab vnd khauffknann- 
schafft, wo du daran ^khumest, zu vnsern handten verhaffteat vnd niderlegest. Das 
ist gen^lich vnser Mainung. Geben zu Lynz^a.m Erchtag vor Sant Dionisien tag 
(7. October) Anno pomiqi Millesimo Trecentesimo Nonagesimo tertio. 



\ 



207 

'■ . ■ ' 

wovon die eine. Hälfte, an die königliche Kninmer, die andere aber an, den 
Betheiligten >fiallen soUe. ' . ■ • 

Für sein trag that Karl überhaupt sehr viel, und BeneS von Weilmil, 
welcher zur Zeit Karls ischriebv erzählt^ dass dieser Regent Prug die Herrin 
der Siädte und die Fürstin der Provinzen nennt. Erag. war aber auch zu 
Karls Zeit nicht nur die volkreichste Stadt in ganz Teutschland, sondern 
auch des kaiserlichen Hofes wegen zugleich der Sammelplatz der Künste 
und Wissenschaften. Wer die lebendige Regsiümkeit, den Glanz des Hof- 
lebens unter Karl, die bedeut^ende Menge reicher Kaufleute und' angesehener 
Fremder aus allen Ländern Europas, welche damals in Prag lebten, in Er- 
wägung zieht, kurz wer mit wenigen Worten Böhmens blühenden Zustand 
unter Karl kennt, dem muss es einleuchten, dass Prag' mit Fug und Recht 
die fröhlichste der damals bekannten Städte sein mussie. Ein Gnadenbrief, 
den Karl dei* Hauptstadt im Jahre 1348, ertheilt, njag hier 'ebenfalls seinen 
Platz finden. Derselbe beginnt mit folgenden Worten: „Obwpl wir für das 
Heil aller Städte unseres Reiches auf das sorgfältigste wachen, so wollen 
wir doch unserer angeerbten. Stadt Prag, welche der Sitz und das Haupt 
des Königreiches ist, und derefi Einwohner den übrigen Städten zum Muster, 
Beispiele und Spiegel guter Sitten dienen, unsere besonder^ Gnade , zu- 
fliessen lassen** 

Dergleichen Auszeichnungen und Begünstigungen zogen Tausend fremde 
Menschen nach Prag, so dass in kurzer Zeit nicht so viel Raum war, um ' 
den Ankommenden bequeme Wohnungen anzuweisen. Man weis, dass in 
der Prager Heiligthumsmesse 1348 ein so grosser Zusämmehfluss entstand, 
dass einß Meng^e Personen vor der Stadt, nämlich auf dem Smichow, unter 
eigens erbauten Zelten ihre Wohnungen aufzuschlagen genöthigt wiaren. 
Dicht an den Kirchen, ja in diesen selbst legten die Krämer ihre Waareil 
aus. Während nun /im Chor die feierliche Andacht statt fand, trieben im 
Schiff Juden und Christen Kauf und Verkauf. Daher waren auch in der 
Folge die Märkte häufig auch an . Sonntagen, was selbst Karls Gesetzgebung 
»bzustellen nicht vermochte. Dieser Umstand bewog auch Karin, auf die 
Hbej^reste heiliger Körper viel Geld aufzuopfern. War dies '^ar^ein ver- 
leintliofier Wunderthäter, so war an den Tagen seiner Feier der Zulauf 
^rröss und eben damit die Aussicht für A&ti Kaufmann lockend genug ®*^j. 
Noch lebhafter ging es in dem Fronhofe, -dem Teinhofe' oder üngelde zu. Da 
waren die »Jfaufmannsgüter der Fremden niedergelegt, hier banden sie ihre 

45) Nur allniälig gelang die Abstellung der Sonntagsmärkte. Fast überall setzte man 
hernach an dessen Stelle den Sonnabend, wo auch schön Fremde zum Gottesdienste 
ankamen. Man wählte den Sonnabend auch da/sshalb, um die Juden ^uszuscbliessen. 



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r 



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208 ' 

Waacen auf^ und verkauften me. Viele Nationalitäten h^srührten sich bier. 
Die Franzosen und die Italiener, die Kamthner und Lützelburger durch die 
geschichtlichen Verbdltnisse. unseres Vaterlandes an diesen Bo^en' einmal 
gewöhnt, kamen auch später als Kaufleute wieder. 

Auch die von K^ Karl gestiftete Universität brachte eine Menge Vor-^ 
Iheile. Söhne grosser Fürsten und Herren studirten und hielten sich in 
Prag auf. Die Kaufleute schickten viele Waaren in die Residenz, liessen 
sie durch ihre S(Ane entweder verkaufen oder gegen andere Waaren ein* 
tauschen. So wogte allenthalben J[)untes Leben, und kaum konnte des Richters 
Glocke am Abende das^ geräuschvolle Leben auf Strassen und Wegen, das 
aus den Häusern und Hütten und selbst aus den Kellern, denn auch diese 
waren bewohnt und hatten ihre Ausgänge gegen die Gasse, herausschallte, 
bis an den Morgen zum Schweigen bringen. 

Diese Lebhaftigkeit , verschaffte . den Kaüflenten .und Handwerkern der 
Prager Städte einen so bedeutenden Absatz ihrer« Erzeugnisse — ^ worunter 
namentlich Tuch und Leinwand die Hauptrolle spielten — dass Prag stets 
mit fremden Käufern und Verkäufern überfüllt war^ 

Die vorzüglichsten Handels - und <jewer|)sstädte nächst Prag waren 
zu jener Zeit : Aussig, Budweis, Caslau, Eger, Hohenmautb, Jaromef , Kaden, 
Königgrätz, Kuttenberg, Laun, Leitmeritz, Pilsen und Prachatitz ^^^). Viele 
dieser Städte tragen noch jetzt das Gepräge ehemaliger Wohlhabenheit. 

Dass .auch diesen Städten Karl seine väterliche Huld nicht versagt 
hat, beweisen die vielen Urkunden in ihren Archiven, welche die damalige 
Blüthe der Gewerbe und des Handels, so wie den glt^cklichen Zustand des 
Landes und den hohen Geist dieses grossen Fürsten laut genug beurkunden. 

Schon Karls Vorfahren hatten die Einwohner der Städte, den jeweiligen 
und natürlichen Sitz der Künste, Manufakturen und des Handels, durch manche 
Vorrechte begünstigt; diese waren aber bei Weilen nicht hinreichend, weil 
sie allein nicht zureichten, das eben so nöthige als billige Ebenmass oder 
Verhältniss zwischen Manufakturen und der Landwirthschaft zu bewirken 
oder Iiervorzubringen,^ welches nöthig ist, wenn die Landwirthschaftsprodukte 
auf die bestmöglichste Art so genützt werden sollen, dass nebst dem ein- 
zelnen Interesse des Bürgers auch der. ganze Staat dauerhaft gewinne. 
Noch immer. stand ^em Auskommen der Städte die Eifersucht .des Adels 
hemmend im Wege, welcher sich bestrebte im steten Üibergewicht zu er- 
halten damit— ich will nicht sagen — sich die alte Sitte, die bei den Burgen 

246) Es waren zu Karls Zeit nur 100 grössere mehr bevölkerte Städte und 300 Markt- 
flecken in Bphrnen, dagegen 260 feste Schlösser^ 13360 Dörfer und eine unzählbare 
Menge von Mayerhöfen zum grösjseren THeil in den Händen des Adels. (Pelzels 
Karl, II. T. p/974, nach Baibin.) 



- . 209 

V » I . 

vorbeiziehenden Kaufleute ipil Geleitsgeldern zft besteuern oder auszurauben, . 
beibehalten werde, sondern, damit die Landwirtbschaft nach Willkür den 

Manufakturen Gresetze vorschreiben könne. Dies war beinahe d^r namifcho 

■■ ■ • . 

Streit der Oekonomen, nur dass er damal nicht so definirt war, als er es 
jetzt ist, Karl hatte also das wahr« Wohl seines Vaterlandes wol umfasst, 
dass auch er die Städte schützte, begünstigte, befestigte, vermehrte, und 
um einem . ofTenbaren Widerspruche des Adels sich nicht auszusßtzren, den- 
noch abet mehr • YerhällnisÄ zwischen LandWirthschaft und Manufakturen her- 
zustellen, liur mittelbare Wege einer durchdachten Politik einschlug, welche 
selbst dem gegenwärtig-en Jahrhundert Ehre itiachen. würde. & machte 
nämlich gleich während s'einer Statthalterschaft in. Böhmen damit den An- 
fang, das^^er.das Land, vorzüglich aber«, die Städte und Märkte bereiste, 
sich b^i ihnen aufhielt, und ihren Zustand, an Ort und Stelle beürth'eilte; 
verbesserte und ihre Angelegenheiten schlichtete ^^''). 

Damit ' sich . jedoch der Adel seinen ersten Verfügungen zu Gunsten 
der Städte nicht so leicht thätig widersetze^ hahm er ihnen einige Krongüter 
und Schlösser ab, machte so^ar eiif Gesetz, nach welchem die Krongüter 
un(l Städte immer .für unveräusserlich erklärt würden ^*®), und verband seinen 
Bruder Johann Markgrafen von Mähren untern andern auch daÄu, dass er* 
ihm wider den iBöhmer Adel beistehen spliß ^^^). — ^ 

Er nahm -besonders jene Städte in seilten Schutz, welche unter dem 
Jo.che der Unterthänigkeit oder vielmehr Knechtschaft seufzten, die er davon 
befreite ^^*^). Er fand ein Vergnügen da/in, sagt sein Biograph Pelzel^'^0 
^anz richtig, wenn er ganze Gemeinden von der Unterdrückung der Mäch- 
tigerft* auf InTmer schützen konnte. . • . 

Wenn Karl den, kleineren Provinzialstädten, wo Ma^|i^akturen sich ver- 
mehrten, Vorrechte ertheilte, so nahm er immer darauf Rucl|sicht, dass er 
ihnen irgend eine, grössere Stadt, wo Handel und Manufakturen scho« blühten, 
z. B. Prag, Eger, Budweis etc. etc. zum Vorbild oder Muster darstellte, nach 
welchen auch sie sich aufzuschwingen hatten. Auf diese Weise machte er 
den Geist der Nacheiferüng rege^^^). ^ 

. Das Judicium**t)zudae (böhm. soud cüdni) war eine Art von Lanflge- 
richt, dessen Vorsteher mit, seinen Käthen und Beisitzern jährlich einigemal 
gewisse Streitsachen, z. B. in Ansehung der königlichen Jagden, des Berg- 

247) Francisc. 1. III. C. I. ^ ' ^ 

248) Wenc. Hajek, Goldast R. Satz. II. T. p. 75. et de Reg. ftoh. Beilagen, p. 254. 

249) PelzelsKarl I. T. p. 279 nach Baibin lit. publ p. 176. , , - 

250) idem ibidem p. 354. nach Arcbiv. Capit. Prag. -^ ^ 

251) idem. IL T. S. 799. ^ > . 

252) Wenc. Hajek. . ~ ' ^ 

14 ; 



210 ' 

baues, der Handwerke, a. a. untersuchte, und nach ^efliiden.bejlegle. — 
Als Amtleute der Stadt erscheinen in den Urkunden jener Zeit eine Reihe 
von Personen, welche die Schöffen in ihi'en 'polizeilichen Amtsverrichtungen 
* unterstützten, iheils selbst aus den Schöffen gewählt wurden. Die Untei:- 
küuffel, welche ganz nach Art der Makler die Kaufgeschäfte besorgten, waren 
von Wechselr- i^nd Handelsgeschäften ganz ausgeschlossen, und waren blo^s 
Vermittler des Verkehrs zwischen fremden und einheimischen Kaufherren. 
In dieser Stellung, \iBUen sie einen Anitscharakter, und ihr Zeugniss hatte 
^ine bevorzugte Beweiskraft. Es wären aber auch den einzelnen Gewerben 
solche Unterkäuffel vorgesetzt. Jährlich wurden sie von. dem Richter und 
Schöffen gewählt, beeidet und in das Stadtbuch eingetragen. So gab es 
Subemptores institorum, equorum, . carniiicum, in foro fructum, auri et ar- 
genti, pannorum, in leinwat, rauchwar, cbupher, veachs, heuter, in Cambio 
^(1353) ; ähnlich 'waren ihnen die: Messer, messrer, raensuratqres (in tela 
perverii et wachs, leinwat, salis) Stadt- Weger; die Schauer, Beschauer bei 
den Handwerken; für jedeiä Gewerbe wurden zwei erwählt; (affussores vini 
et cerevisiae, Sc^iröter, Weinschrotter, Extractores.) — Zur Uiberwachung, der 
Kaufmannswaaren und der fremden Waaren wurden^ 4 Kaufleute aus dem 
*Rathe von den Schöffen gewählt, „welche ' aller Kaufmannschaft 
pflegen und warten;" ihnen wurden 4 Schreiber beigegeben. Sie hatten 
alle Waaren, welche von den Gästen eip- und ätisgeführt wurden, zu be- 
schreiben ; so wie jeder, , der Waaren aus der Stadt "führte, sich mit einem 
Stadtzeichen auszuweisen hatte. Diesen halten die Unterkäufel alle Handels- 
geschäfte zu melden. Diesef 4 Kaufleute wurden auch den. Schöffen bei- 
gezogen,, bei Beiithung über einzelne Handelsstatuten^*^)'. 
. ^ Ausser allen.« diesen setzte Karl die Macht und das Uibergewicht des 
,Adels zum Besten des schon berühmten Ebenmasses hauptsächlich dadurch 
herab, und gleich die Freiheit der Städte dagegen ab, dass er Wjährend 
seiner iangen Regierung sich die Liebe und das V&rtrauen der ganzen Na- 
tion ohne Unterschied — (denn wen war zu seiner Zeit mit Grunde miss- 
vergnügt? — ) durch gemeinnützige in die Augen fallende Anstalten so sehr 
erwarb, dass er im Jahre 1375 eine allgemeine Steuer (Befn^O^ ohne den 
Unwillen des Volkes zu befürchten, ausschrieb, und davon die noch übrigen 
verpfändeten Städte, Schlösser und Güter zur königlichen Kammer schlug, 
damit er um so freiere Hand. habe, den Handel und die Manufakturen zu 
leiten, und den Städten Reichthum und Stärke zu verschaffen. 

Es ist unpolitisch-widersinnig, die Begünstigung der Städte^ an Karin 
zu^ tadeln, oder ihren Reichthum zur Ursache des nachmaligen Hussiten- 

, 253) Teutschc Rechtsdenkinaler aus ßohmen von Emil Franz Rössle^ p. LU. 



2^1 

krieges mit anzugeben, weil es unerwiesen ist, dass durch das bessere 
Aufkommen der Städte oder diirch Beförderung der Manufakturbn, 4er Adel 
oder die in seinen Händen befindliche Landwirthschaft, einige vJVachtheile 
erlitten, oder so urimächtig geworden wäre, dass er nicht mit der nämlichen 
verhältnis.<ifflässigen Kraft , das Väterland hätte vertheidigen können. Wird 
nicht Jedermann das Gegentheil glauben, dass nämlich die VerbesseVung 
und die Aufnahme der Manufakturen, die eigentliche ßeislimmung der Städte- 
bewohner auch der Landwirthschaft, folglich auch dem Adel, und jsomit dem 
ganzen Staate Nutzen schaffen ! Eben so< ist es nicht zu erweisen, dass die 
Städte im Verhältniss mächtiger und Zahlreicher waren, als deY Adel und 
seine Besitzungen. 

Unter solchen Verhältnissen müsste die böhmische Manufakturie und 
der Handel einei^ mächtigen Aufschwung bekommen, zumal, da der Kaiser 
nichts unterHess, was nur in etwas einen * blühenden Zustand des Verkehrs 
im Lande hatte hervorbringen können. 

Alles dieses verbreitete einen ungemeinen Wohlsland aber das Land, 
eine feinere Lebensart, äussere Pracht und schöne Künste, weil die Beför- 
derungsmittel dieser woUhätigen Ereignisse nicht jnehr von Kriegen ver- 
schlungen würden. Die Manufakturen, welche zur Verschönerung des Lebens- 
genusses arbeiten, fanden allgemeinen Beifall. Die Handelsverbindungen 
waren besonder^ zahlreich, und Karl suchte den Verkehr durcft Privilegien 
und Verträge mit Städten zu heben. ~ 

Unter den Begünsli^ngen, welche die böhmischen Städte erhieüen, 
waren auch diese wesentlich, dass ihnen, Karl den Verdienst ihrer Hände- 

r 

arbeit versicherte und gewöhnlich zu gebieten pflegte, dass auf eine Meile 
in ihrem Umf^^nge keine Bräuhäuser, 5chänken, Werkstätte —die Schmiede 
mit Vorsicht ausgenommen, weil sie bei der Wirthschaft nöthig Sind — auf- 
zurichten^^'*). Diese Begünstigung ha Ita nichts anderes als ein billiges Eben- 
mass zwischen Landwirthschaft und Manufakturen zum Grunde. Doch fanden 
auch zeitweilig Ausnahmen Statt. $o ertheille Karl dem Rubin von 2äm- 
pach am 8. Jvini 1360 die Freiheit, auf seineii Dörfern Provodov und Xo- 
cbinic Schär^ken ungehindert aufzurichten. Eben so erlaubte er im Jahre 
1360 (11. JunO dem Edlen JaroslaW von Laczenbock auf sefnen Gütern 
vier Bräuhäuser und so viel Sehänken, als ihm belieben sollte, anzulegen, 
und; dies zur Belohnung für die seinem Vater als ihm geleisteten treuen 
Dienste. - , ' 

Der Stadt Saaz erthßilteKarl viele erspriessKche Privilegien. Das der- 
selben im Jahre 1337 ertheilte mag hier wörtlich seine Stelle finden. ' 

254) Pejiels Karl 1 T. ürk. N. 417.2 T. p. 895 u. a, m. ' ' 

■'■ ' ■ ■ 14* ." '' 



212 / 

t 

^Wann der Bufgmeister, Ralh, Schöpfen, Geschwornen und Bürgern 
gemeiiiHchen der Stadt Saaz, unsere lieben Getreuen mit den Burgern ge- 
meinlichen der Städte zu Leitmeritz, Laun, Schlan und Brtix Uns 500 Schock 
Groschen-Pfennige Prager Münze gegeben und'jbezahlt haT)en, darum als 
ein König zu Böheim, zur Besserung der genannten Stadt Saaz, haben wir 
von königl. Gewalt mit wolbedachten Huthe und rechten Wissen mit ehe- 
genannten Rath, Schöpfen, Geschwornen und Burgern gemeiulichen zu Saaz 
e'wiglich gegeben, das Umgeld von den Salzmessen in solcher massen, dass 
sie auf ein Seidel Salzen einen Groschen, und auf ein halbes SeideT Salzes 
einen halben Groschen und auf ein Viertel eines Seidels, ein Viertel eines 
Groschens in ^der Stadt zu selzep und davon nehmen mögen. 'Auch haben 
wir ihnen gegeben das Schrotambt daselbst zu Saaz mit allen seinen Zu- 
gehörigen, als das von Alters her gewesen ist, und geben ihm «das ehege- 
nar)nte Umgeld und Schrolambt ?mit Kraft dieses Briefes, also, dass sie von 
demselben Umgeld und Schrotambt die Stadt zu Saaz mit Graben, Mauern 
und Thürmen* bessern sollen und mögen, und das anwenden an derselben 
Stadt Nutzen, als sie das allernützlichsle und allerbeste dünken wird.'' — 

Im Jahre 1348 (27. Decemb.) sandte die Gemeinde von Leitmeritz 
Abgeordnete afi Karl nach Dresden, mit der Bitte, er möge der Stadt das 
Recht, daselbst eine Niederlage von Getreide, Salz,* Fischen, Wein und anderen 
Waaren, so wie es von uralten Zeiten her gebräuchlich gewesen, zu halten, 
aufs Neue bestätligen. Karl empfing die Deputirten auf das freundlichste 
und willfahrte sogleich ihrem Ansuchen. — Im Jahre 1372 ertheilte er den 
dortigen Bürgern die Erlaubniss, alljährig einen Markt mit den gewöhnlichen 
Freiheiten, von St. Jakobsabend angefangen, vierzehn Töge hindurch, zu 
halten. Ein Jahr darauf gab er derselben Stadt die Erlaubniss, alle Gattun- 
gen Getreide die Elbe hinab, wohin sie' wollen zu verführen, doch mit der 
Bedingung, dass sie zu Pirna die 'gewöhnliche Niederlage halten sollten; 
dagegen Hess er an die damals böhmische Stadt Pirna den Befehl ergehen, 
• den Bürgern zu Leitmeritz an dieser Handelschaft keineswegs hinderlich zu 
sein. Leitmeritz war zu Karls Zeit immer noch ganz nach den Satzüiigen 
und Gewohnheiten der Stadt Magdeburg eingerichtet, was den Beweis liefert, 
dass die dortigen Einwohner mit der erwähnten Stadt einen starken Verkehr 
getrieben liaben. 

lEine zu Pisek am 20. November 1352 von Karl «usgeferligte Urkunde 
(mit einem Siegel auf blau- und gelbseidener Schnur versehen) gestattet 
den Pii^ekern ein Kaufhaus zu bauen, und darausi alle njöglichen Vortheile 
an Zinsungen und sonstigen Vorfällen zu ziehen. Damit aber dieses der 
Stadt so einträgliche Eigenthumsrecht nicht etwa verloren gehe, machte Karl 



<• I 



213 

die Kammer und alle. Beamten für die Aufrechthalfutig j^dieses Privll«giums 
verantwortlich. , 

Ini Jahre 1352 erUieilte Karl den Melniker Kaufieuten und andern 6e- 
werbe und Handel treibenden Bürgern eine Bestättigung derjenigen Frei- 
heitsbriefe, die sie von den Königen Ottokar II. und Wenzel II. erlangt 
hatten. In Gemässheit dieses, hatten sie das Recht, vier eigene Kähne zu 
unterhalten, um auf denselben Salis, Heringe und ^ndere Waaren zuzuführen. 
Ausser diesem fertigte er ah die Vorsteher und Burggrafen der Städte Rand- 
nitz, Leitmeritz, Aussig, Tetschen, Königstein und Pirna den Befehl aus, dass^ 
sie die Bürger von Melnik in dem Genüsse ihrer freien^Schifffahrt auf dem 
Elbestrome nicht, hindern sollten. 

Der IStadt Bi^üx bestätligte Karl^ die Stapelgerechtigkeit; auch verlieh 
er ihr einfen Jahrmarkt am Tage Maria Himmelfahrt, der vierzehn Tag^e lang 
dauern solle. Ivfi Jahre 1375 ward derselben Stadt mittelst eines Gnaden- 
briefes.das Recht ertheiit, kein Brauhaus und keinen Kränker oder Kaufmann 
im Umkreise von. einen Meile zu dulden; und 1377 ward der Stadt die, Ein- 
hebung des Pferdezolles bewilligt. .' . 

Im Jahre 1358 erhielt die Stadt Budweis das Stapelrecht, 'kraft dessen 
alle durchreisenden Kaufleute, welche von Freystadl (böhm. Cäblovä) kom- 
men, und durch Budweis ihren Weg nehmen, verpflichtet sind, ihre Waare 
daselbst drei Tage niederzulegen und solche den Kaufleuten daselbst anzu- 
bieten. Ferner wurde ihr die Begünstigung zu Theil , dass in den ihr be- 
nachbarten Ortschaften Netolic, Wodfian, Moldautein, keine ^Zölle angelegt 
werden durften, wie auch, dass sich eine Meile im Umkreise von Budweis 
kein Bierschanker, Bäcker, Schuhmacher oder ein anderer Handwerker nieder- 
lassen solle. Dagegen ward der Stadtgemeinde 1378 auferlegt, dass sie 
jede Woche zwei Fuhren Salz nach Wittingau und eine Fuhre nach Schwei- 
nitz abführen lassen müsse. 

. Der Stadt Königgrätiz erlheilte Katl im Jahre 1378 das Umgeld vom 
Salzmessen, bei welcher Gelegenheit dieselben von einer halben Kufe einen 
halben, von einer Viertel Kufe aber ein Drittel eines Groschens nehmen 
konnten. Ausser diesem erhielt sie auch das Schrotamt, doch mit der Öe- 
dingung, dass sie 'die Stadtmauern^ Thürihe und Gräben in gutem Stand 
erhalte. 

- Der Stadt Pilsen ertheilte er im Jahre 1363 die'Freiheit, dass sjie einen 
Jahrmarkt — der 'acht Tage vor und eb Ai so lange nach dem Feste" des 
heiK Bartholomäus dauern solle — halten dürfe; auch bestättigle er den Ge- 
brüdem Peter und Johann Leymwater den Zoll, welchen sie schon zu Zeiten 
seines Vaters in Pilsen gepachtet hatten. / - . - 

Im Jahre 1360 eil. Juni) erhielt das /Kloster Sedlec'.die Erlauiniss, in^ 



214 

dem ihm eigenthömlichen Flecken MaleSov einen Wochenmarkt zu 'halten, 
wenn die Stadt Kuttenberg nichts dagegen einwendet. , v < 

Der Stadt Eaden ertfaeilte Karliae? (28. April) die Freiheit, alle Jahre 
^inen öfentlichen Markt zu halten, der vom Tage der I&eazerhöbung an- 
gefangen, acht Tage währen solle. 

Im Jahre 1360 (2*2. Sept.) ertheilte Kart dem böhmischen Ritter Je§ko 
von fiotenstein die Erlai4)niss, in seinem Itfarktfleöken KtekoiS einen Wochen- 
markt zu halten. 

Die Stadt Bergreichenstein erhielt im Jahre 1368 das Stapelrecht für 
alle Wdaren, die von Pas^au iiach Böhmen gehen. Auch erlaubte er dieser 
Stadt zwei Jahre zuvor, zur Betreibung und Aufnahme ihres Handete eine 
Strasse auf den sogenannten goldenen Steg lu erbauen. 

Der Stadt Kosteletz an der Elbe bestättigte K^rf alle Freiheiten und 
Redite der früheren Könige, und befahl zugleich, dass unter einer bemes- 
senen Meile von dem Markte kein Bierschank oder. Wirthshaus getitten 
werden solle. 

Im Jahre 1371 berechtigte Karl die Bischofteinitzer Bürgerschaft: auf 
alle Waaren; die durch ihre Stadt geführt werden, einen nach rechtmässigen 
Gutachten angemessenen Zoll zu bestimmen und denselben abzufordern.' — 

Im Jahre .1360 ertheilte Karl der^ Stadt Horaärfowic die Freiheit, einen 
Markt am Porziunculatä^e abzuhalten. — 

Der S|adt Ko^lan (Kozlahy, Koziow) erlaubte Karl kraft eines ihr er- 
tbeilten Majestätsbriefes, wöchentlich einen Markt zu halten. 

Da das Zuströmen von Fremden aus allen Theilen Europas, das 
Herbeiziehen von Handwerkern, Künstlern und Kaufleuten den engen Raum 
der Altstadt und Kleinseite überfluthei hatte, , so legte er im Jahre 1348 die 
Neustadt an, und begabte die Einwohner mit denielben Freiheiten und 
Rechten, die die' Altsiädter Bürger bisher. genossen/ haben. Ifr bewilligte 
auch, dass wöchentlich am Montage ein^ Markt und jährlich einmal am St. 
Yeitstage'ein Jahrmarkt, der ehedem in der Altstadt gehalten wurde, künf- 
tig in dieser neuen Stadt abgehalten werde. Bei dieser Gelegenheit befahl 
er, dass alle jene Hai\dwerksleute, tvelche mit ihrem lärmenden Pochen, 
Klopfen und Schlägen ihre Nachbarn in den engen Gassen der. Altstadt be- 
unrubigeilt sich in die neue Stadt übersiedeln sollten. Zu diesem Ende 
wurde den Kupferschmieden der heutzutage genannte Franziskaner- Platz, 
und den Klempfnern die heutig^ Perlgasse^ angewiesen. Die Gärber wurden 
ihres Kibelriechenden Geschäftes wegen an das 5nde der Stadt verwiesen, 
woraus. die Gärbergasse entstanden ist. Dieser Theil der Stadt hiess auch 
Kalabrien, weil die dort ansässigen Gärber von Geburt grösstentheils Kala- 
breser wai*en. Sie wurden allgemein nur die Reichen — wegen des aus- 



j ' 



215 

g-ebreiteten Ledef handeis — - genannt. (In Eger bewohnteü sie den grössten 
Theil dei* Brucktbor- und SchiffthorvorstadtO 

Ebeii so bestimmte Kar^ die Plätze, wo^ 4^e Vjeh-, Obst-, KoMen-<-f Fisdi- 
und Grünzeiigmärkte, abgehalten werden sollßn;.kurz jeder Gattung von 
Waaren war in ^er Regel das Verkaufslokale angewiesen. Sehr häufig 
waren bei den Häusern am Marktplätze Vorlauben angebracht. In diesen 
Lokalitäten liatteü die städti'schen 'Eaufleute ihre Waaren ausgestellt, daher 
die hohe Bedeutung der «Lauben, die Berechtigung der L'auben}ierren vor 
anderen Kaufleüten und Bürgeam. ; . 

In d^m sogenannten Kotzen •-Gebäude ^^^) ivurilen allerhand Sachen, 
als : Tuch, Leinwand, Pelzwerk, Leder u. a. m. feilgeboten ^^®). 

Im Jahre 1365 erliess der Magistat voa Prag eine Verordnung, woraus 
hervorgeht, dass damals vor den^Kirchen und Klöstern, vor dem, Rath- 
haus und auf dem Märkte bis an den Thurm bei den reichen Krämern 
(Krambuden), Hurdlei* oder Tandler ihre Waaren, insbesondere Kleidungs- 
stücke feil böten, es aber widerrechtlich thaten, da sie es nur , „unter den 
steinernen Kramen'' thun^ sollten. Die Hurdler ^— heisst e& in der 
Verordnung ■'■ — sollen 'vor dem Rathhaus, dem Thurme oder wo sie sitzen, 
nicht grössere Gegenstände, als welche 4 Loth wiegen, .und bis zu einem 
Vierdung (der viferte Theil eii^er Mai4c) an Werth verkaufen* . Es wurde 
ihnen untersagt, fernerhin noch Barchent, Leinwand, Zendal, Seidenge-^ 
wand etc* etc: auszulegen; doch mochten sie. immerhin schwarze, weisse, 
silberne und goldene Borten feil bieten, wofern sie nur fingerbreit warejj. 
Vor den .Häusern der Bürger Reyssenkitlel und. Leitmeritzer bewilligte der 
Rath den Handel mit Feigen, Mandeln, Reis, Weinbeeren, Oel und Sch\yaden, 
doch nicht mit Zuckerj Wachs und ander Kramerei, die gewogen wird. ,— 
Schneider, die. kein Bürgerrecht hatten, durften nui* in Böhmen verfertigte 
Kleider oder „allerlei pqlnisch Gewand'' verkaufen; und alle Krämer mussten 
Ellen und (jewichte von Eisen haben, welche mit einem Stadtzeichen ver-r 
sehen lyaren **''). Einzelne Gewerbe v</aren besonders wegen der pölizei- 

255) Von dem Worte Kothen, d. i. kleine Hütten oder Buden. 

256) Dieses Gebäude soll der gemeinen Uiberlieferung- zufolge von einer Frau, die durch 
die Goldwäsche zu einem grossen Reichthum gelangte, erbaut« worden sein. 

257) In der Urkunde (siebe Prager Stadtbuch Fol. 115 d! N. 32. A. p. 191) heisst es: „^ir 
Hana Beoeschower richter, Johannes Leutmiritzer, Mathes Turym, Lew sneyder, Via. 
Silbertzaiger, Fantza Donati, Frowinus aurifaber^ Jesseo Rotonis,' Bemhardus ^eidlini, 
Mathias de Turpöw, AUunugs de Cracovia, PessHnus de Wissegrado, Swachho pel- 
lifex, Johannes de ^runna, Prokopius^Vlmanni, Jaxo Polkonis, Mathias Kitzinger, Hain- 
rißus Halbardi et Jekliniis Czwaair geswom schephen vnd die gemahn der grosseren 
stat tzn Prag bekennen vnd hetz eUgen das die beschayden leut gewant snayder, dye 



1 
I 



216 _ 

Uchen Aufsicht bei Lebeni?mltteln mit ihren Bänken an einander gereiht. 
So die Brotbänke, Fleischbänke, Weinbänke, Bierbänke; dann auch die 
Schuhbänke. Präg gab damals wie fast alle teutschen Städte das Bild eines 
iortwährenden Jahrmarktes, darum auch, die Verordnung, d^ss die Vorbau- 
ten der Hütten der Kaufleute so hach sein sollen, dass ein Reiter ungehindert 
darunter fortkommen kann. Uiberhaupt gewahn Prag unter Karl ein heiteres 
und .'belebtes Bild*. Auf allen öffentlichen Plätzen, am Ringe, in den brei- 



kromer, ^mset mitpurger, yor yds komen seyn, niid haben vns vorgeleget ir choften 

gepcestn, den sie hpiben vnd leiden ainlialben von den, die '^ vor Reyssenkitels vnd 

lieutmeritrers heussern sitztzdn, auch wesunder von den, die do vor den -Kyrchen 

/vnd klostern oder wo sie sitzUen in der stat, wie die selben hurdler eulich kre- 

merei, und Kramgewant, ^ie man von aller austragen vnd gewonhayt alaintz, igleiches 

nur vndir de steyneynen (steinernen) Kreraen-fayl vnd vorkaufet hat; hawen no wider 

die selbe vorgenante alte- gewanhayt vnd austragen, mit der eilen vnd der wag6 

^rorkaufiTet vnd hyngewegen. — Darumbe man sie vbel und gut, tag vnd nacht, mit 

der stat willicleychen vnd gerne leiden, des sey wir tzu rat worden, Vnd haben da- 

rumen mit arm vnd mit reychen mit wolwedachtem mute mit der edelsten rothe 

(Rathe} ausgetragen vnd vberainchoraen durch gemaynes nutzes die sach in aUer 

weys, alz hiernach geschriwen stet. — Das die vorgenanten hurdler vorm rathaus 

auswenig (auswendig) der swiwogen (Schwibbogen) vnd auf dem markt vnd vor 

dem türm oder wo sie sttztzent, schuUen ii* gewicht vnd ir wag also westeilen, das 

sie nicht swerer noch mer wegen, dan pey 'aini' riiiggen^ (gefingen) vierdunk oder 

pel vi6r lotten, won sie pay aym vierdunk allerlei kremerei hinwegen vnd vorkauiTeji 

mugen. . Auch ^scliullen sie fürwas noch golz noch parchent noch lynwat, cendalt, 

tzendalin ^och seyden gewant vorkauffen^. ausgenummen der portleyn, sie sind swartz 

oder weiss, silwereyn oder guldeyn, ains finger, breit, die sie mugen wol verkauffen 

pey (fer eilen vnd vorsneyden, vnd die sie mtfchen, die schulen sie p'eyn^ stuken 

verkaufen. Darnach wollen ^ wir das die vors Reysenkitels untz Wentzlaw Leitme- 

rltzers bevssern, alz sie mit irem willen dorzuhaben gewilkurt, fayl schulten haben 

feygen, man^el, reys, ole,"swaden Vnd anders, was sie von alder haben fayl gehabt, 

ausgenummen tzuker, vnd wachs vnd ander kremerey, ^ie. man phigt mit der wag, 

vnd mit der eilen Verkauffen ; auch wollen wir wer der wer,- der das, alz vorge- 

schriwen stet,, vbertret, der schol tzum ersten ain vierdunk geben, tzum anderms^i 

ain halbes schock, zum dritten' mal ein schock, tzum yierden mal sten tzu der herren 

genaden; welcher von den tzwayn, die dotzu gesatz sein, wurd wesayt, das schoi 

krafft haben. — Auch schullen die selben tzwen weschawen alle kremerey ob die 

phertig oder vnphertig sey, vnd wen sie dorumme w^sagen, das schpl auch kraft 

haben; <jen schol man verpuzen tzum ersten mal vm ain schok, tzum andermal vm 

tzway, [tzum dritten n^a\ vm drey, vnd^ tzum vierdenms^l tzu der herren genade vm 

ain grosser pus. — Auch sei wir tzu rat worden von der gewansneyder wegen under 

räeyder ; das kayn "snayder, der hantwerk treywen wil, der schol kaynerley gewant 

nicht sneyden, ausgenummen grobes, gewagt oder welcherley forb daz sey, das ym 

lande gemaqhet ist tzu pecheim, vnd allerlay Polanisch gewant; vnd wer der wer 

der ander gewant syiid dan vorgescbriwen stet, der/schol tzu putze geben tzum 



217 

teren Strassien, vor der Frauenkirche, «tif .dem Kohlraarkt vor der GcjUkirche, 
in den Nohnen- und KlftSlerhöfen hatten sich in den einzelnen^ Hütten, Kram- 
buden, welche dem, Erben, zugerechnet - waren, die ,Kaufleute ^ejngemijethet, 
oder sie standen mit ihren^ Wägen und Tischen da^ , , 

Die Viehmärkte müssen danaäls sehr beträchtiieh gewesen sein," dafür, 
zeugen au(;h die grossen Plätze ,^- nämlich der Ross- und Viehmarkt ^— 
welche. Karl zu diesem Behufe den Vieh- und Rossfeändlern jz;um Stand ihres . 
Viehes angewiesen hatte. , . 

Uiberhijupt mnsste damals in Bphmen die Bomviehzucht stark gewesen 
sein. Auch wurde mit Tajg ein besonderßf' Handfei getrieben, wovon einen 
grossen Theil die Bergstädte für die Grubenlichter consumirten. 

Wichtig waren auch die Schweinemärkte, welche gleichfalls auf dem Vieh- 
markte abgehalten 'wurden. Uibrigens wurde das Halten der Schweine au§ einer 
besondern Sorge. der Reinlichkeit der Strassen Wegen, gesetzlich; beschränkt. 

Damit nun die, neugegründete Stadt an der ^Einnahme, zunehmen ,möge 
und sich durch verschiedene Nutzungen immer mehr Und mehr ausdehnen 
möchte, verordnete Karl, dass künftighin auf dem Viehmarkte auch- die ver- 
schiedenen Geräthschaften von Holz an gewissen Tagen feil geboten werden 
sollen. Im Jahre 1367 gesttatete Karl der Neustadt Prag die Niederlage 
der Heringe und aller gesalzenen Fische, im Jahre* 1372 aber den allge- 
meinen Verkauf des ,Getreides, Kai^e, aller Gattungen Vieh und des Holzes, 
Bretter und Röhren 2^®). Die eigentliche Hering- und Stockfisch -Nieder- 
lage war Eigenthum dei^ Prsfger Magistrats. Es war dies ejn längliches Ge- 
bäude, in welchem die Kaufleute ihre Heringe und Stockfische niederlegteju 
und davon eine gewisse Ahgabe an den Magistrat zahlen mussten ^*®)^ 

ersten mal ain schock, tzu andern mal tzwain schok,' tzum drittenmal drey schok, 
tzum vierden mal, so' scliol der selbe für bas kain gewant schneyden. — So schuUen 
auch datzu tzwen vons raths wegen koren werden, vnd wen die seihen wesagen, 
daz schol kraft haben* vm die , selben puzen, die oben gesbhriwen sten. ^^ Auch haben • 
wir ausgetragen, das die ^ewsintsneyder rechte/ mase ' schullen gew.en, vnd auch ain 1 
gewant pey seym rechten nomen, als es vom recht genannt ist, vorkauffen, pey den 
o1)genannten puzen vnd zum vierdenmal aus der stat. — Auch" wollen wir, das^alle 
kf omer eysneyn eljen vnd gewicht, payde gezeychet mit der stat tzaychen ; welcher 
der wer der tz"ii kurtz mess, oder vnrecht wug, der schol tzu puze gewen tiukn 
ersten ain schock, tzum andermal tzway, tzum dritten mal drew, tzum vierden mal 
so schol der selbe furbas keynerley kremerey wegen noch messen^noch vorkauffen. . 
Sab anno domini Millesimo CCCIXV feria secunda post festum^beati Thomf^e äpostoli 
proxima supradicta fecisse nos judex et juräfi ac communitas civitatis praemissae 
dinos cimur constituta; per nos et omnes, quos concerunt, inviolabiter observanda. 

25$) Mehler's Geschichteten Böhmen IL Band S. 14. 

259) Dieses Gebäude steht noch heut zu Tage auf dem Yi^hmarkte, und dasselbe dient 
^ gegenwärtfg zum Verwahren verschiedener' Proviant- und Munitionswägen. 



218 

Im Jahre .1356 (25. März) Üess Karl, ini)chdem er sdion früher der 
Neustädter Stadtgemeinde die Einkünfte von der Wassentfaut — welche bei 
dem sogenannten Weyton erhoben ward — überlassen hatte, laut der von 
König Johann (1316 28. April) ergangenen Yerordnong zur Veriiütung alles 
Verkaufs des auf dem Holdaustrome in die Prager Städte geflössten Holzes 
folgenden Befehl ergehen. Erstens: Soll das grosse Holz auf dem Markt- 
platze in Podskal vor dem Hause des Jakob Knieal bis an- die Wasserwehre 
unter dem Hause des königlichen Kammerschreibers Paul, das kleine ge- 
spaltene Holz aber neben der Altstädter Ziegelhütte stehen Jbleiben, und 
erst den dritten Tag darauf nach der Ankimft dreimal in der Woche, näm- 
lieh am Montag, Mittwojch und Freitag Jeilgel^oten werden, r Das Vorkaufen 
aber wurde unter der Strafe von i Schock böhm. Groschen und dem Ver- 
lust des sämmtlichen Holzes verboten« Zweitens: Ji^ne, lütrelche ein -solches 
nach Prag geflösstes Holz bei Podol, Kaminek oder Bränik kaufen oder ver- 
kaufen, sollen einer Strafe von 7 Schopk und 6 Groschen unterliegen. 
Drittens; Niemand. soll sich unterstehen, mehr Holz ali^ er zu seinem Bedarf 
nöthig hat, einzukaufen, bei Strafe "von 10 Schock böhm. Groschen, wovon 
Zweidrittel der Stadtgemeinde und Eindrittel dem hiezu bestellten, und beei- 
deten Aufseher zufällt. Viertens: Sollte ein solcher Beeideter- sich hierbei 

I » 

untreu* verhalten, so sollereinen ganzen Tag auf dem Pranger ausgestellt, und 
hernach auf e^in ganzes Jahr aus der Stadt verwiesen werden. Fünftens : 
Jene, die ^eg&n diese königliche Verordnung murren, oder gar handeln, 
sollen am Leben gestraft werden. — Im Jahre 1367 fertigte Karl derselben 
Stadt eine Verschreibung aus, in welcher er ihr auf drei Jahre die Macht 
ertheilt, in den königlichen Waldungen so viel Holz zu schlagen, dasselbe 
zu ihrer Nothdurft zu verwenden oder zu verkaufen, bis sie den Werth von 
500* Schock Prager Groschen — di^ sie ihm auf künftige Fasten zu erlegen 
versprachen — herausbringen würde. — Im Jahre 1360 (13. Juni) ertheilte 
Karl, der Neustadt Prag das Vorrecht,' dass das Heu und der Haber nirgends 
anders, als am Heinrichsplatze gekauft^ und verkauft werden solle, bei Straff 
•von 5- Schock böhm. Groschen. 

Eine zweite gesetzliche Bestimmung gibt die Länge, Blreite un(^ Dicke 
der Bausteine und, Ziegeln an. 

Ein Gegenstand der öffentlichen Sorgfalt war auch die Echtheit der Farbe- 
Stoffe, des Safrans und anderer Gewürze '^®®). Brotmarkt war' täglich ^**). 

üiberhaupt wussle'Karl dem • eigennützigen Streben, gewisser Handels- 
zweite sich ausschliesslich zu bemächtigen, und in dem Ankaufe mancher 
Waaren allen andern zuvorzukommen, ernstlich Einhalt thun. 

260) Stadtbuch F. 55. *. 

261) Urk. 25. Jäniier 1395 A. 85. 



■.-..■ • ■ ■ 219 

Für die Masse und Gewichte w^r Körl Sehr besorgt, denn ohne eliie 
für diese festgesetzte Verordnung kann , an keinem Orje der Handel gedeih 
hen, weil sowohl Käufer als Verkäufer in der Gefahlr' schweben, übervor-* 
theilt zu werden. Er pflegte zu sagen : „Ein ge^etzlicfaes Mass und Gewicht 
gewährt J)eim Handel Sicherheit und Bequemlichkeit den Käufern, l)eseitigt 
MissYt^rständnisse und thut Streitigkeiten Einhalt./^ — Diejenigen Kaufleute, 
welche das Mass. und bestimmte Gewichl nicht beobachteten, wurden bestraft. 
Wichtige Personen zur Beförderung der freien Theilnahjna'am Verkehr 
waren zu dieser Zeit schon die Mäkler, Unterkäuf^r unter öffentlicher Auf-^ 
sieht, grösstehtheils vereidet und vom Magistrate aufgestellt. ' Sie dui^ftei^ 
keine betrüblichen Käufe befördern, und damit ,sie hierin genau beobachtet 
werden könnten, mussten sie alle . geschlossenen Käuf^ in Btichl&r ein- 
tragen, die ' sie zu gewissen Zeiten gerichtlich vorlegen mussten« Nicht 
übersehen darf es werden, dass in Prag ^das Amt der Schöffen nur in den 
Händen der ältesten und reichsten Kaufmannsfamillen war,* welche ein üiber- 
ge wicht über die Handwerker ausübten. Diese Macht gestaltete sich insbe- 
sondere durch die AH der Raths^rneuerung,* indem die schon bestehenden 
Schöffen die neuen vorschlugen* Dadurch wurde das Schöffenami immer in ihren 
Geschlechtern erhalten ?^'^. Am deutlichsten geht dieses aus dem' Geiste der 
einzelnen Statuten hervor: die -Inercatores^ werden an vielen Stellen den 
artifices manuales entgegengesetzt.* Erstere erschienen als Bürger im enge-/ 
ren Sinne, Geschlechter, Patrizier; im Interesse dieser Familien sind die 
Statuten abgefasst. Auch darf der^s^o oft wiederkehrende Ausdruck „reiche** 
und „arme* nicht übersehen werden,^ und wir stehen nicht an, auch hier ^ 
den Gegensatz der Geldaristokratie den Handwerkern gegenüber zu finden. 
Bei der grossen Verbreitung des Handels im XIV. Jahrb., bei der zu-^ 
nehmenden Mannigfaltigkeit der kaufmännischen Berührungen und bei dem 
Trachten nach Abkürzung der Geschäfte, nach Vortheilei und Ersparungen, 
wodurch allerlei Einfälle hervorgebracht wurden, gingen auch die böhmischen, 
namentlich Prager Waarenhändler jetzt einen Schritt weiter. Sie fingen näm- 
lich die Sitte der Italiener und Niederländer nachahmend an, ohne sich vorerst 
an die eigentlichen Geldwechsler zu wenden, bei Zahlungen vom Belange auf 
entfernten Plätzen, ihre Gläubiger und Schuldner ihre Forderungen und 
Schulden auszutauschen. Diese Zahlungsweise wiar in Italien und Frankreich . 
schon zu Anfang des .XIV. Jahrh. ausgebildet; selbst, gewisse Zahlungs- 
fristen waren unter denKaufleulen der vorzüglichsten' Handelsstädte bereits 
herkömmlich;^ auch war eine doppelte Ausfertigung schon im Gebrauch. Die 
Geldanweisungen hiessen Briefe, weil .sie schon damals in der Form von 

262) Deutsche Rechtfidenkmäler aus Böhmen von £, F. Rössler p. XLIX. 



\ 



220 ' ^ ' . •; 

solchen abgefasst waren, und zwar Wechselbriere , da em wirklicher Geld- 
wechsel dabei Statt fand. Es musste nämlich die Landesmünze des Ortes 
der Anweisung gegen die des Ortes der Zahlung in der Berechnung um- 
gesetzt werden. Diö filteslen einzelnen solcher Wechselbriefe, von denen 
sich* Abschriften erbalten habe, sind aus dem XTV. Jahrhundert ^^0. 

Die in Prag anwesenden Italiener verlegten sich noch immer häufig 
auf den Geldhandel. Durch diese Hessen die Wagrenh^ndler 'in Böhmen 
ihre auswärts zu leistenden Zahlungen übemvachen, und eben so ihre in 
Italien ausstehenden Forderungen einziehen. Gelder, die die italienischen 
Gäste während der Märkte in Prag, eingenommen hatten, wurden bei einem 
Präger Wechsler entweder gegen einen Empfangsschein Mos niedfergelegl, 
oder für eine Anweisung vertauscht. In jenem Falle wiesen dann Schuld- 
ner ihre Gläubiger an das H^us, bei welchem sie eine niedergelegte Summe ' 
g^t hatten. Häufig erhoben die Empfänger ihre Summe auch nicht baar, son- 
dern Hessen sie ebenfalls entweder stehen,' oder nähmen dafür Anweisungen. 
Diese Zahlungsv&rmittelung war schon unter Karl im Gange. : .Da diese 
" Geldwechsler immer mit Geldern umgegangen sind, mithin im Zahlungs-und 
Bechiiungsfache und im Buchhalten grosse Gewandheit besassen, so über- 
trugen ihnen selbst auch die Grossen des Landes und Reichen, weil sie 
oft in ferne Länder reisten, die Besorgung ihrer Zahlungen und sonstigen 
, Geldangelegenheiten gegen eine vertragSmässige Entsclfädigung. 

In Eger bestand unter Karl eine Art von Leihbank; denn es halte 
einen Pfandmeister und einem Besetz- oder Yersetzamts - Vorsteher ^**). 

263) Es 4^rfte vielleicht dem factikubciigen' Leser niclit uointereäsant sein, wenn icti ihm 
Proben von Wechselbriefen aus dem XIV. Jahrb. hier anführe, daraus wird derselbe 

. ersehen, weiche Form sie damals hatten, und wie sie ausgestellt wurden. Den äl- 

testen Wechselbrief hat ui)s Baldus de Ubaldis, im ersten Buche seiner Gonsilien auf- 
behalten. Er ist vom 19. März 1325 und lautet in Italienischi^r Sprache folgender- 
massen : , . 

Pa^ati per questa prima Lettera a di IX. Ottobre a Luca de Goro Lib. XLV. Sonu 
per la Valuta qui da Masio Reno al tempo li pagati e poneti a mio Conto e. R. che 
Christo ve guarde e poneti a mio Conto salute de Mijano et Di XI de Marzo MCCCXXV 
Auf der Rückseite: 

Alexandro de Bonromei et Dominico de Andrea in Venezia. Prima de Lib. XLV. 

Ein anderer *Wechs elbrief vom Jahre 1381. 
N In nomine Domini, amen ! 

Primo Februarii 1381 p. n. C. numerate secundum istam primam litteram ex coo- 

suetudine nobis metipsis 43 libr. Grossorum, qui sunt in Cambio 440 Ducati, quos 

accepi a Carlo Bonsino. - ' 

Fridericus. de Gotha. 
Domino Bernherdo Waltero. 

264) Diese Anstalt mag wol schon früher, als es üblich war, Geld gegisn Zinsen ohne 
Vorwurf der Kirche de^ Wuchers auszuborgen, bestanden haben. ^ 



' ' ^ ' . .221 

Die damaligen SchriftsteUpr n^nen viele, berühmte Händlungshäuscr^ 
und sagen, dass damals der Reichthum der, böhmischen — namentlich Prager 
Kaufleute zum Sprichwort geworden sei. Oben m stand der schon früher 
erwähnte Rothlö^w. Ausser dei^ Handelschaft befasste er sich ftuch mit dem 
jBergbau, uiid^ 9ian erzählt, dass er aus dem letzteren eine Ausbeute Yon 
85000 ujigarischen Goldgulden in 'einem einzigen Vierteljahre gezogen^ 
habe *?^>. Von diesem* Kaufmann theilt tuis Sylvius folgende Anekdote 
mit: Er hatte ^ein Kaiser Karl einstmal 100,000 Goldgulden geliehen, und 
dafür den Empfangschein erhalten. Den folgenden Tag darauf lud er den 
Monarchen zu Tische. Gegen das* Ende der Mahlzeit erschien eine ver- 
deckte jJchüssel, die allgemeine Neugier, erregte uad vor Kqrrn hingestellt 
wurde, der seinen quittirten Empfangschein darunter fand und mithi^ den 
für jene Zeiten ungeheueren Betrag znm Geschenk erhielt. Dies lässt auf 
einen Reichthum jener Zeit schliessen. 

Ausser dem erwähnten Kaufherrn haben sich zu Karls Zeit insonder- 
heit die zu Prag domicilirenden Kaufleute Antonio Bonorotto und Low Maier 
sehr bekannt gerr^acht; auch selbst' viele grosse jüdisch e'Goldwechsl er finden 
sich aus dieser Zeit verzeichnet. Uibrigens zeichneten sich durch ein^n 
merkantilischen Wirkungskreis besonders die zu Prag angesiedelten pVene- 
tianer' aus, und man sagt, dass die weiteste Sphäre nicht das Ziel ihres 
spekulativen Wirkens gewesen sei.. Der Verkehr mit Italien würde auch 
meist nur durch , sie getrieben. Sie brachten die Erzeugnisse fast aller 
europäischen und aussereuropäischen, besonders indischen Waaren ui!d 
Gewürze zum^ Händel; ,Der Handel mit letzteren musste um diese Zeit bi^- 
sonders bedeutend gewesen sein, denn die Mahlzeiten waren nicht so ein- 
fach als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. Die Speisen waren immer nbch 
wie früher sehr zahlreich und besonders stark gewürzt. Was 1370 gangbare 
Artikel waren, ergibt' sich aus einem merkwürdigen Zollregister der Sladt 
Prag. Um diese Zeit kommen auch grobe baumwollene Tuche oder soge- 
nannte Barchente sehr häufig im Hände] vor. Wahrscheinlich bezog man 
diesen Artikel aus Schwaben, und namentlich aus Augsburg, wo er von den 
sogenannten Schwabenwebern — einer uralten Zunft teutscher Zeugmacher — 
verfertigt würde. ^ 

.. ' . ^ ' ■ 

265) Die alte Tradition sagt, dass dieser Mann durch seine nicht zu ermüdende. Baulust 
so weit herunter gekommen ist, dass -seine Frau ihren kostbarsten Schleier verkaufen 
musste, um ihm den geringen Verlag zu verschaffen, bis er endlich auf einen sehr 
reichen Anbruch gekommen, der ihn auf einmal belohnte; welches um so weniger 
pnvKahrschcinlich ist, da man den noch vorhandenen isogenannten Schleierzug zum 
Zeichen die'ser Begebenheit macht. So viel ist gewiss, dass Rothlöw in kurzer Zeit 
zu erstaunenden Reichthümem gekommen ist/ 



/ 



222 

Der reiche Jode zu Angsbnrg, Tixbilds, welcher nm Jahre 1353 in der 
Nfihe-Yon Augsburg das Schiesspulver verfertigte, schickte um diese Zeit 
viel Pulver nach Prag an die' Kaufleute. Man hatte mehrere Soften Schiess- 
pulver. . Das allerscUechteste wurde zum schweren Geschütz^ das bessere 
zum leichtereh Geschütz (k sräbnicrm, k tarasnicim a ^. haufnicim), das beste 
für di^ Büchsen verwendet. Ausser diesen genannten Sorten^wurde auch eine 
Art nicht gekörntes Pulver verfertigt, 'welches zum Zünden der schweren 
V Geschütze in Anwendung gebracht' wurde. Das älteste schwere Geschütz, 
dessen unser Geschichtsschreiber Erwähnung machen, dürfte wohl die im 
Jahre 1373 angeführte Kanone „CbmtAik^ s^su Es isit daher für bestimmt 
anzunehmen, dass schon zu Anfang des XIV. Jahrh«, die gewöhnlichen 
Schiessgewehre in Böhmen bekannt, zu Ende desselben Jahrhunderts aber 
diese schon' allgepiein im Gebrauche, waren, und von heimischen Meistern 

verfertigt worden sind. Gewehrschlösser waren damals noch nicht ge- 

» 

bräuchlich, daher bediente man sich wie b^i Kanonen der Lunten zum Ab- 
feuern der Flinten und Musketen, die sehr schwer waren, und um desto 
sicherer damit zu zielen, auf Stangengabeln aufgelegt wurden, welche der 
Schütze mit sich trug. 

Was das Münzwesen betrifft, so rechnete man zu ' Karls Zeiten noch 
allgemein nach Dukaten und nach Schocken **®)p wie auch nach Gold- 
und Silbermarken. Doch machte dies schon einen Unterschied zwischen der 
Marca gravis, die man zu 24 Gulden und Marca levis, die man ungefähr 
zu 19 Gulden 12 Kreuzer rechnete. Nach den breiten Groschen, Hellem, 
nach den solidis longorum (langen Schillingen), welche 30 Pfennige, nach 
den solidis brevium (kurzeft Schillingen), welche 12, Heller enthielten; ferner 
nach den fertonibüs '**''), welche den vierten Theil einer Mark und "folglich 
bald 14, bald 15, bald 16 Groschen — je nachdem die Mark aus 56, 60, 
64 oder 68 • Groschen bestand — ausmachten; endlich auch nach denLoto- 
nibus oder Lotis, welche den Sechszehnten Theil einer Zahlfhark und folglich 
4 Groschen betrugen."" Allein Karl nahm sich vor, alle Irrungien, welche aus den 
noch vor seiner Regierung bald mehr, bald weniger legirten Silbermünzen 
in; dem gemeinschaftlichen Handel und Wandel häufig entstanden sind, zu 
heb^n, und gleichförmige Münzen im Lande einzuführen. Daher Hess er 

266) Keine Werthsbestimmung war so yielfältlgen Abänderungen unterworfen, bIs jene 
nach Schocken. Wenn hievon Meldung gemacht wird, so betrifft sie böhmische oder 
meiasnische Groschen/ siimmt einigen kleineren Münzgattungen. Unter 60 Stücken 
wurde allemal ein Schock verstanden. — ' 

257) Ferto, fertonibüs hat den Ursprung von dem alten Worte farding (Vierdihg). Man 
findet diese Münzbenennüng in verschiedenen sowol tfeutschen als böhmischen Ur- 

kupden des XUI. und XIY. Jahrhunderts! 

i. . " 



j 

r 



' . , . .223 

im Jahre 1378 den 2. November kurz vor seinem Todo und seines Sohnes 
Wenzel Namen, eine Münzordnung ^^^^ kund machen, laut welcher zu 100 
Mark feinen Silbers nicht mehr als ^12 Mark; Kupfer zugesetzt und aus einem 
dergestalt beschickten Werke die Prager Groschen und, Heller unter solchen 

268) Diese hiuiet in d^er Ulbersetzung: „Wir Karl der IV. von Gottes Gnaden römischer 
Kaiser und Köni^ in Böhmen, und Wir Wenzel auch von Gottes Gnaden römischer 
König, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches^ und König in Böhmen, thun (^raffdieses, 
allen, und jeden zu wissen : Unter den unzähligen Sorgen und Bemühungen, denen 
wir uns zur Beförderung ^der Wohlfahrt unserer^ Unterthanen unablässig« unterziehen, 
richten wir unseren Augenmerk voifzö^Iich idarauf, wie unseres besonder^ geliebten 
Königreiches Böhmen, ^nd dessen Inwohijker und Landsassen Zustand, mit der Hülfe 
Gottes, zn unseren Zeiten, verbessert und der Nutzen wie auch das gemeine Wesen 
und die Regierioig desselben glücklich angeordnet werde. — Da wir, um den schäd- 
lichen Nachtheil, welchen unser gemeldetes Königi'eich sammt allen Inwohnern des-: 
selben aus der geringen Prager Münze sowol an Hellern, als an Groschen bisher 
erlitten, so viel uns der Allerhöchste v'erstattet, abwenden, und dagegen nach dem 
Beispiele des Hochgebomen Johann ehemaligen Königs in Böhmen, seligen Anden- 
kens^ unseres- geliebtesten Vaters und Grossväters wirksame Mittel zu gebrauchen 
gesinnt sind; so haben wir nach reifer UibMeguhg und öfters gepflogenen Berath- 
schlagungen mit ' den Fürsten, {«'reiherren und Edlen dieses unseres Königreicjies, 
unseren lieben Getreuen und Unterthanen mit gewiuen Vorbedacht wegen der\An- 
Ordnung, Beschickung und Beschaffenheit unserer- königlichen Münze, 'nachstehendes 
verordnet; und befehlen solches für uns und unsere Erbeii und Nachfolger im König- 
reiche Böhmen, B^raft gegenwärtigen unwiderruflichen und ewig gültigen Gesetzes: 
Bass von nun an der königliche Mükizmeister in Böhmen, der jetzt ist, und zu ewigen 
künftigen Zeiten sein wird, in Ausprägung der Groschen und HeUer folgender An, 
Weise und Ordnung, unverbrüchlich zu h^^lten schuldig sei! nämlich zu hundert Marken* 
feines Silbers sollen nicht mehr als 12 Mark Kupfer zugesetzt werden, und aus einem 
dergestalt beschickten Werke sollen die Prager /Groschen gemünzet werden, unter 
solchen Schrat und Kom^ dass die feine und gesetzmässige Mark in 70 Stücken 
ausgebracht werde* Von gleicher Güte des Korn^ und Silbers sollen auch die Heller 
ausgcpnigt werden, so dass d 2 derselben einen jetzt gemeldeten Groschen betrage^. 
Noch soll auch durcli die gegenwärtigen und a«f ewig zukünftigen Münzen die Aus- 
prägung der Heller dergestalt angehäuft werden, dass wegen ihrer Menge mehr 
Heller als 12 für einen Groschen zu geben, oder diesen höher als die Heller an 
Korn und im Werthe zu schätzen nöthig sei. Femer verordnen .wir, dass zur Un- 
tersuchung des Gehaltes vom Silber ^owol in den Groschen als in Hellern, zwei 
Wardeine oder Versucher bestellt werden, deren- Amt und 'Schuldigkeit sein soll, 
fleissige .Sorge .zu--|ragen, damit Groschen und Heller nach gesetzmässigeren und 
giitem Schrote ^nd Korne ausgemünzt werden, und kein stärkerer Zusatz, als oben 
gemeldet 'worden, dazu komme. Von diesen zwei Wardeinen sotl der erste und 
vornehmste durch uns oder unsere Erben- und Nachfolger im Königreicli Böhmen 
nach unserer oder ihrer königlichen Willkür eingesetzt werden ; der andere aber 
durch die Baronen des gedachten Königreiches, insonderheit durch diejenigen, welche 
alle Vierteljahre dem Kreisgerichte Vorsitzen, oder doch durch den grösseren Thei^ 



224 . 

Schrot und Korn gemtin2et werden sollten, damit die feipe und gesetzmässige 
Mark in 70 Stück Groschen und 840 Hellern ^, welche bald darauf'in die 
Stelle des Parvorum Pragensium getreten sind, ausgebracht werde. Das Silber 

derselben; nach deren Gutachten ein solcher Wardein" auch so oft es., für dienlich 
' befunden wird, abgeschafft werden kann. — Eben dieser, zweite Wardein soll für 
seiife Mühe u^id Besoldung yon uns und nach unserem Ableben^ von einem jeden 
" Könige in Bdhmen aus den königl^ Geldern von' den königlichen Zehenten wochent- 
lieh eine Mark Groschen d. i. 56 Groschen, empfanden, so lange er seinem Amt ge- 
set^mässig vorstehen v^ird. Denn beide Wardeine werden, wie üblich, einen könig- 
lichen 'Eid schwören, dass sie uns und unseren Nachfolgern den Königen von Böhmen, 
ferner den Baronen dieses Königreiches zut Beförderung des gemeinen Besten des- 
selben, in Verwaltung des ihnen aufgetragenen Amtes getreu, dienen^ und dass si& 
das Amt eines Wardeins und Probirers in Ansehung der Silbermünze, der Groschen 
und Heller^ folgender Gestalt versehen wollen, und es zu thun schuldig sein; damit 
nämlich die Groschen und Heller von gerechter und gesetzmässiger Währung ge- 
schlagen werden, und keiii Stück - derselben aus der Münze komme, bevor sie von 
gemeldeten Wardeinen genai^ untersucht und nach dem vorgeschriebenen Schrot, 
Korn und Güte geprägt, befunden worden. ' ^ 

Im Fall aber, dass Groschen und Heller von geringerem Schrot und Korn wider 
unsere gegenwärtige Verordnung vielleicht geschlagen würden, und solche Nach- 
lässigkeit und Verbrechen der oft geni^nnten Wardeinen käme an Tag, so sollen 
die«e gehalten sein, so ^t sie dessha|b angeklagt werden, vor Uns oder unsere * 
Nachfolger, Könige in Böhmen, 'wie auch vor den Baronen eben dies Königreiches, 
welche vierteljährige den Kreisgericftten Vorsitzen, sich persönlich' zu stellen, und 
wenn sie durch die Probe solcher Groschen und Heller einiger Yerringerung über- 
wiesen Werden sollten; als Fabchmünzer nach Recht und Gebühr am Leben gestraft 
werden. Damit aber die Verfälschung des Silbers an dergleichen Grpsphen. und 
Hellern desto genauer und gewisser erkannt werden möge, iso befehlen wir, und 
wollen es zu ewigen Zeiten gehalten wissen, dass ein jeder von den Baronen, welche 
den Kreisgericbten Vorsitzen, eine dergleichen Probe bei sich verwahre und aufbe- 
halte^ um hiedurch im angeregten Falle die Nachlässigkeit und Schjuld der Wardeine 
oder auch sonst eines jeden Betrugs und Verfälschung zu seiner Zeit augenscheinlidi 
aSu erweisen, und mit gebührender Strafe zu ahnden. — 

Um d^hiil gegenwärtige VCTordnung, welche wir und unsere Erben und Nach- 
folger, Könige in Böhmen, getreulich zu ewigen Zeiten zu- halten versprochen, durch 
Uns oder unsere Nachfolger in Zukunft keineswegs abgeändert Werde, sondern viel- 
mehr imverbrüchlich und unverletzt bleibe, so haben wir befohlen, mehrere Ab- 
schriften dieses Briefes zu machen, und den Baronen des Königreiches zur Verwali- 
rung auszufet^tigen, welche' wir ihsgesammt «mit grossem Vorbedacht mit unseren 
Majestätssiegeln bekräftiget haben. 
269) Im, Jahre 1349 ertheüte Karl der Stadt Eger das Recht, Hell(9lr zu prägen, welches 
Recht K. feiegmund (1420), K. Friedrich (1444) bestättigte, Wladislay (1506) aber 
erweiterte. Die Gelegeitheil zu dieser Verleihung hat unfehlbar der Handel gegeben, 
da es in den schwäbischen Städten, mit Velchen Eger in "unmittelbarem Verkehr 
gestanden ist, üblich war, die Lebensmittel und andere Bedürfnisse nur • in ihrer 
eigenen Münze zu zahlen. 



225 

Jieser neuen Groschen und Heller war diesemnach ungefähr 141öthig, weil 
auf eine Mark Silbers 1 §| iMh Kupfer kam^, und wjeil ein Söhock ofler 
50 Stücke solcher Groschen im Werthe um 10 Stücke fferinffer als eine 
Mark feines Silber^ waren, do machtj^ ein solchier Groschen, wie Voigt in seiner 
Münzkünde berichtet, ungefähr 2ii% kr. und 1 Schock 21 Gulden 36 kr. un- 
seres jetzigen Gi^ldes aus. Die Dukaten liess Karl unabgeändert in seinem 
VVerlhe. ' 

- Dass das Mün^haus zu Karls .Zeit schon in der Altstadt Prag angelegt 
war, lässt sich aus der von Karl 1360 zu Prag ausgefertigten Urkunde wahr- 
nehmen, darin er den Breslauern das Recht einräumte, die Dukaten ntich deni 
Schrott und Korn jener Goldmünzen, die in der Altstadt Prag gemünzt 
wurden, auszuprägen. Der Münzmeister hatte seinen Sitz zu Kutlenberg, dem 
Blle Bergleute und Münzverwandte im Königreiche vollkommen untergeordnet 
waren. — Den Falschmünzern ward nach den Gesetzen die Todesstrafe zu- 

jedoch bisweilen in die Abhauung der H^ifd, oder einer - 
andere gelindere Strafe verwandelt wurde. 

Um^der damaligen Bergwerk^ zu gedenken, so gränzte zu jener Zeit- 
die reiche Ausbeuie der Goldgrube zu Eule an das Wunderbare. Es er- 
hellet aus den Rechnungen des Euler Bergvorstehers, dass derjenige, welcher 
von der Grube slogir (Schleier) den dreissigsten Theil bejsass, in einem 
Jahre 200000 fioldstücke an Ausbeute erhielt, und dieser Glückliche war, 
wie bereits ei^wähnt, der Kaufherr, Low. Doch zeigten sich die Bergwerke 
zu Eule nicht allein so reich, sondern e^ gab deren noch viele; und Hajek 
führt eilf davon .n,atnenllich auf.. Es war aber auqh wahrlich, kein leßtex 
Scherz, wenn Karl sich bei einer Gelegenheit hören liess, er könne sämmt- 
liehe Thürme Prags mit Gold und Selber decken lassen. Er Hess auch in 
der Thät im Jahre 1370 zwei Thürm^ der «Präger Burg mit stark vergol- 
detera-Blei decken, so dasis deren Glanz bei Sonnenschein weit ins Land 
hinaus zu sehen war., Papst Clemens liess sich in der für die Prager üni^ 
versität ausgefertigten Besläligungsbulle mit folgenden Worten verlauten: 
„Damit dieses Königreich, welches der Himmel mit zahlreichen Einwohnern 
und einem Uiberfluss an allen nöthigen Dingen reichlich gesegnoj- hatte, 
auch in deti Wissenschaften eben so zunehme, und fruchtbar werde, als 
selbes für jetzt an Gold und Silber reich ist.* 

Da Karl's Yprgänger, • nämlich die Herzoge und Könige von Böhmen 
immer nur aus eigener landesherrlicher Gewalt, d. i. ohne' Einwilligung der 
Kaiser, den Bergbau beirieben haben, so Hess sich nun Karl denselben auch 
von Seiten des Reiches durch den Mainzer Erzbischof und Churfürsten als 
des Rdthes Erzkanzler feierlich bestätigen. Kurz darauf that er dieses 

10 






226 

I 

selbst in der goldenen Bulle. — Es ist sehr wahrscheinlich, dass Karl solche 
Bekräftigung- nicht sowol in Absicht auf Böhmen, wo sie unnöthig gewesen 
würe, als vielmehr \^egen der dieser Krone von ihm einverleibten Länder 
veranstaltet habe, tv eiche vorher grossentheils.zttm teutschen Reiche gehört 
halten, und auf ^ deren Börgwerke die Kaiser als auf ein der v kaiserlichen 
Hoheit zuständiges Regale vielleicht in der Zukunft einen 'Anspruch hätten 
machen können. Als, römischer Kaiser hat er selbst verschiedenen Reichs- 
ständen das* Bergwerksrecht ertheilt« 

Unglaublich, ja beinahe an's Fabelhafte gränzend, erscheinen die Be- 
richte unserer vaterländischen Geschichtschreiber }iber den Reichthum Böh- 
mens an, Edelsteinen zu alten Zeiten. Wann ;diese Lager aber zuerst und 
von wem entdeckt wurden, davon schweigt die .Geschichte« Gewiss ist's, 
dass schon zu Karls Zeit sich viele Menschen mit Aufsuchung dieser Schätze 
beschäftigt haben. Namentlich waren es die Italiener, welche, diese Schätze 
Böhmens ail Flüssen und Bergen für den Handel auszubeutAi suchten. Sie 
hatten sich zu diesem Behufe im Riesengebirge und in andern Gegenden 
der Isfer niedergelassen und hielten ihren Erwerb geheim^''®). Bei Gross- 
Aupa heissen noch jetzt mehrere Buden oder Hütten „Wals che Bau den'' 
von denen also, die sich dort angesiedelt hatten. 

Eines der schönsten Denkmäler des Reichthums von böhmischen Edel- 
steinen ist die Kapelle des heil. Wenzel in der Prager Schlossljirche. ,• Es 
sind Smaragde, Saphire, Chrysoprase, Amethyste und Granaten von vorzüg- 
licher Schönheil. Die Achate, Onyxe, Karneole, Jaspise sind von einer 
Grösse, welche die geübtesten Mineralogen bewundern. Die gothischen Ma- 
lereien an den inneren Wänden sind mit diesen Steinen eingefasst, auch 
hie und da die Figuren selbst dapiit ausrgelegt, und zwar in der Art, dass 
die Masse, in welcher sie gleichsam inkrustirt sind, nicht etwa nur auf der 



/ 



370) Das bekannte Mährchen von Ruhezahl steht mit dem ehemaligen Edelsteinreichthum 
in sehr nahem Yerhältniss, und es lässt sich dieses nicht anders erklären, als dass 
dieser .Rübezahl ein verschmitzter italienischer Faktor gewesen sei^ der in ^diesen 
Gegenden lebenslang gewohnt und mit italienischen Künstlern (Steinschneidern) in 
Verbindung gestanden ist, denen er die damals geschätzten Breccien von Karneol 
und Chalcedon nebst den verschiedenen Nuancen von Jaspis-i-Achaten, die hier häufig 
genug bisher gefunden werden, ferner Krystalle, Topase, i Amethyste, Chrysoprase, 
lieferte, woraus in Italien die sogenannten Kameen, welche den eigentlichen grossen 
'^Luxus des Alterthums ausmachten, geschnitten wurden. VScUon Baibin gij)t an, dass 
ein Italiener fleissig de^ Schätzen des Riesengebirges 'nachgesucht, und um die 
Quelle des Zakenflusses viele Goldflämmchen ausgewaschen habe, daher er über das 
Portale seines zu Venedig vortrefflich erbauten Hauses diese Worte in Stein hauen 
Hess: „Montes Chrysocreas secerunt nos dominos.*' 



V. 



V / 



227 



Oberfläche mit Gold überzogen ist, sondern der Kalk selbst mit Gddstaub 
gemischt* " • 

Ob um diese Zeit die Rubinen in B(^famen gesammelt wurden, ist inir 
unbewttsst, allein alte Chroniken erwähnen des/^ Karfunkelsteines, welchen, 
man hie uiid da geftindeU haben will. * / 

Bei^ei^auer Betrachtung der Lagerstätte der Edelsteine der Iserwiese 
sieht m^n deutliche Spuren, dass sie durch lange Zeit anhaltend durchwühlt 
wurde, und auch reichliche Ausbeute gegeben haben mag. Eine Menge 
noch vorhandener Gruben und Vertiefungen if— möglich wol aus einer späteren 
Zeit -^ welchcL nun wieder begrabt ^ind, geben das sicherste Zeugniss dieser 
Arbeiten ab. Sie wurden, wie aus dem Ganzen zu ersehen ist,' sehr unre- 
geJmässig und so zn sagen aufs Gerathewol geführt, wodurch die Arbeit 
am Ende 80 erschwert ward, dass sie nicht mehr lohnend wurden. 

Einer besondem Erwähnung verdienen hier auch die Marmorbrüche 
Böhmens, welche' besonders unter Karl zu Kunstsachen lind Bauten sehr ^ 
Käufig benutzt /Worden sind. Besonders bfelieb^ war dör au^ der Gegend bei 
Dobirichowic, denn dieser ist ;mit schwefelkiesigen Adern durchzogen, wo- 
durch dieses Gestein .ein vorzüglich schönes Ansehen gewinnt. Eben so 
wurden zu dieser Zeit ganz 'schöne schwarze Marmorarten mit Versteine- 
rungen bei Koäif und verschiedene rothe und gelbe bei Tetin und bei St. 
Johannas unt^r dem Felsen gebrochen. Der vortreffliche porphyrartige Mar- 
mor, welcher in dem sogenannten Königsbruche unweit der l^nigl. Domai- 
nenherrschaft Zbirow, d^nn bei Karlstein vorkommt, wurde besonders zur 
Verherrlichung der Karlsteiner Burg benutzt. Er ist mit Koralliten und häu- 
figen Versteinerungen, bestehend in Meer^chnecken, Belemniten, sogenannten 
Kakadumuscheln (Enthomolithus paradoxus Lin.) und von dem Palmler marin 
des Guetard vermengt. - ' ~ 

Auf die Perlenfischerei, welche schon zu jener Zeit eirien Gegenstand 
in den Handel, lieferte, warf unser Karl desshalb ein besonderes Augen- 
merk, 'zumal weil sie seinem Vaterlands eigen, und dieselbe die schönsten 
Perleii zu liefern im Stande War. Baibin liefert uns darüber ganz besondere 
Nachrichten. Karl liess diesen Zweig mit. der» grössten Regelmässigkeit 
betreiben und der Lohn dieser Ordnung brachte alljährlich die reichsten 
Ausbeuten zuwege. Zu' Horazdywic, und Pisek in der Wattawa, zu Kru- 
mau und Goldenkron in, der Moldau sassen beeidete Perlenfischer denen es 
oblag, über die Flüsse zu wachen, dass nicht etwa Diebsfischer, sich ein- 
stellen. 

Dass solche Kostbarkeiten, welche' wir dem vaterländischep Boden zu 

verdanken. haben, auch eine Menge Künstler hervorgerufen haben mögen, 

und diese auch mitunter .die seltensten Kunstwerke aus den böhmischen 

-: 15* 



228 

Produkten geUefert halten, lasst. sich aus den vielen Denkmälern, welcie 
dem, zerstörenden Zahn der Zeit entgangen sind^ deutlich schliessen. üiber 
baupt macht die böhmische EunstgeschiClite um die i Mitte des XIY. Jahrh. 
eine eigene Epoche. Wem ist es aus unserer vaterländischen Geschichte nie 
bekannt, wie sehr Karl Wfsseiischaften uni- Künste liebte! Welch' hohen 
Werth er auf Alles, was böhmisch war, legte, und wie eifrig er die Natur- 
und Kunstprodukte seines Landes aufsuchte I Die Katharinenkirche zu Kari- 
stein zeigt alle .verschwenderische Pracht Karls. Uiberall schimmert nichts 
als 6old und Edelsteine. ZvKar ist sphon mancher Raub da geschebeii; 
allein , nachdem das Ganze erhalten Zvt sein scheint , so überrascht 
die Kapelle noch heute den Fremdlinge der seine Bewunderung, indem er 
hinein trilt, nicht bergen kann. Die Kapelle war, was die Wände betriöl 
eben so wie in der Wenzels -Kapelle am Prager Dom mit geschiiffentn 
Halbedelsteinen uberkleidet; ihre Fugen, die Decke, welche in zwei gothi- 
sehe Kreuzgewölbe eingelheilt, und mit Sternchen, Kreuzchen und mit an- 
deren Verzierungen brunirt ist, war mit Gold tiberzogen; die zwei runden 
Schlus^steine waren nUt den kostbarsten geschnittenen Edelsteinen besetzt, 
wovon aber der grösbte Tbeil, vermuthlic^ die se^ltensten, und' wozu man 
ehedem geschnittene wahre Antiken zählte, schon weg sind. Selbst der 
Gang, welcher zur Katharinenkapelle führte', war ehedem mit Edelsteinen 
ausgelegt, wovon die Fugen mit Gold, wie nran es unter dem hie und da 
abgefatlenea Mörtel sieht, überzogen waren. 

Zu der "bereits erwähnten St. Wenzels - Kapelle vereinigten sich auf 
Geheiss Karls sämmtliche in Prag lebende Steinschneider, Steinschleifer und 
Mosaikarbeiter, welche dabei jahrelange Beschäftigung fanden, und dafür 
reichlichen Lohn geernlet hatten« / 

Die Goldschmiedekunst stand unter Karl auf einer besonders hohen 
Stufe; auch mögen diese Künstler damals in grossem Anstehen gestanden 
haben, weil einst Karl ihre Zunftäitesten auf sein Schloss . kommen Hess, 
und ihnen , die Infel und Bischofshaube des heil. Eligiüs — welcher yor 
Erlangung der bischöfichen Würde ^in Goldschmied gewesen war, schenkte. 
Unler diesen Kunstgenosaen gab es sehr viele,, welche sich in Italien za 
grossen Meistern herangel)ildet hatten. Karls Kunstsinn überhaupt als amii 
der der Päpste Julius II. und Lea X. j^eförderten die Künstlerschulen 
mächtig, wozu die Anschauung der Bilderwerke d^s Alterthums das ihrige 
beitrugen. An Karls Tafel zeigten sich die kunstvjoUsten Gold- und Silber- 
geräthschaflen, welche aus , böhmischen Künstlerwerkstätton hervorgingen. 
Die von der Kaiserin Elisabeth (Karls Genfalin) hinterlassenen 24 Löffeln, 
welche in Königgrätz aufbewahrt werden, verdienen ebenfalls einer 
Erwähnung.^ Sie sind aus Wachholderholz geschnitzt, und ihre silber- 






,' .229 

n^n Stiele sind mit verschiedenen frommen Sprüchen: z. $. „czo pan buch 
da, to se stati ma'' u. a. m* geziert. - Sehr fällt es* beim Anblick damaliger 
Darstellungen von festlichen Tafeln auf, dass man sich* nur sehr weniger 
Messer dnd noch gar keiner Gabeln bedient habe. 

Die ^Erzgiesserei hatte in der damaligen strengkatholischen Welt ihre 
Beförderer, daher zählte^ Prag um diese Zeit viele dergleichen Künstler. Im 
Jahre 1373' Hess Karl die Statue des heil. Georg zu Pferde von zwei ge- 
schickten Künstlern aus Erz 'giessen, und befahl solche vor seinem Palaste 
aufzustellen. Die erste Erwähnung von der Giesserei der schweren' Ge- 
schütze oder Kai2onen macht Häjek in seiner Kronik vom J. 1373 indem 
er spricht: „Zu dieser Zeit lebte ein Mann in Böhmen, welcher treffliche 
Glocken und Kanonen und verschiedene andere Arbeiten ans Kup||r ver* 
fertigte." Gross ist die Anzahl der GlockeUj,^. welche aus jener Zeit stam- 
mend, auf. uns' überkommen sind, und dienen uns solche zum Beweise, dass 
diese Kunst unter der Regierung Karls in Böhmen weit mehr, als manche 
glauben wollen, geblüht hatte. Beiläufig sei auch erwähnt, dass die Prin- 
zessin Anna, Karls Tocliter, die ersten Stecknadeln aus Böhmen nach Eng- 
land gebraißht halte^; denn bis dahin hatten die englischen Damen sich blos der 
Spangen^^und Heftnadeln anstatt jener gegeliwärliig so unentbehrlichen Toi- 
lettobjekle, die nun England in überreicher Fülle nach allen Weltgegenden 
ausstreuJ;, bedient ^"'O. 

Die Zinngjesser waren in ihrer Kunst ebenfalls erfahren. Diese Kunst 
befand' sich zwar grö&stenlheils in den Händen der Italiener^ aber seihst 
Einheimische haben es in der Anfertigung von Kunstgegenstäliden, als :, Altar- 
lampen, Leuchter, grossen Kirchen-Kandelabern u» a. m. sehr weit gebracht. 
In dem Frohnhofe (Teinhof) befand sich zu diei?er Zeit) eine der Stadt ge- 
hörige Schmelzhülte, worin verschiedene Gegenstände aus Zinn, namentlich. 
Schüsseln, Teller, Löffeln u. a. m\ gfegossert wurden. In dem Prager Stadt- 
buche N. 1. ' S. 209 findet sich ein Kapitel, überschrieben: „Das seyn die 
Recht (Gesetze) , die zu der Schmelzhülten gehören, die in dem Frohnhof 
steht.'' 

Die Harnischmacher und Waffenschnidede bildeten zu jener Zeit eine 
starke Korporation. Sie wohnten gemeinschaftlich in den St^dtthürmen von 
Präg, und es lag ihnen ob, di#se gewissermasse^ besetzt zu halten. Siö 
erfreuten sich besonderer Rechte"^ und ^ahlten auch ^keine Steuer. Ausser 
der Schutzwalfe, wovon die Harnischmacher den Namen führten, verfertigten 
sie noch einige andere. Das Meisterstück, das jeder Aufzunehmende machen 
musste^ bestand entweder in einem, aus vielen Schuppen z,usammenges/ßtztei]i 

271) Grandzüge der böhm. AUerthumskunde von J. £. Wocel S. 228. 



y 



230 

Bnistharnisch, ein Krebs genannt, oder in einem Paar eisernen aus Schuppen 
künstlich zusammengefügten Handschuhen. Ein Helm •; war ihr Abzeichet). 
Ihren Sitz hatten sie zum TheiPauch in der heutigen Plattnergass^. 

Die grosse Menge der verschiedenen Erzeugnisse von Eisen — wor- 
unter wir jedoch nur die künstlichen zählen — welche sowol im Karlsleiner 
Schlosse, als auch in der Prager Domkirche und anderen Orten in Böhmen 
häufig vorkommen, lassen den Böhmen es nicht absprechen, dass sie auch 
schon damals Künstler in diesem Fache hatten» Die verzinnten und ver- 
goldelen eisernen Wandleuchter, das Gitlörwert, die Thüren und Schlösser, 
die Truhen in der Kreuzkapelle zu Karlstein könnten sich noch heule mit 
der Kunstschlosserei messen. Die Vergoldung der eisernen und hölzernen 
VerziCTungen, die Statuen der Heiligen, die Kirchengeräthe aus jener Zeit, 
und vorzügliah die goldenen und silbernen. Schilde, welche König Siegmund 
in die Münze wandern lies^, und eine grosse Menge anderer Kunslerzeug- 
nisse lassen ein ganzes Heer von Kunstarbeiten in diesem Zweige vermulhen. 

Eine seltene Antiquität sind noch zwei Altarleuchter in derKatharinen- 
kapsle zu Karlstein. Sie sind von Kupfer mit blauen Glass'chmelz und mit 
goldenen Sternchen besetzt, ülv'igens von v schöner Arbeit, die den hetru- 
rischen Geschmack verräth. 

Dass Karrauch der Glasm^cherkunst sein Augenmerk schenkte, dafür 
sprechen di^ G^g^enstände, die auf uns noch gekommen sind, nachhaltig; und 
um diese Denkmale in Ansehung der Kunst näher ins Auge zu fassen, wollen 
wir das, was uns der Zahn «der Zeit und die Wuth des Hussitenkrieges von 
ihm noch zurückgelassen hat, näher beleuchten. Wir wollen vorerst mit 
den Kirchenbauten anfangen. — Die Prager Domkirphe, wie sie noch jetzt 
steht, wurde s'chon zU Ende der Regierung Königs Johann im Jahre 1343 
zu bauen angefiiingen,^ und in den folgenden 32 Jahren^ nachdeni die alte 
Kathedralkirche abgetragen wurde, sowol von Kttrl als auch dem ersten 
Prager Erzbischof Arno§t im Bau fortgesetzt, und mit mancherlei Kunst- 
werken, worunter auch der Artikel Glas gehört, n ausgeziert. Die grossen 
und zahlreichen Glasfenster hat diese Kirche grö^stentheils dem Erzbischof 
Ernest zu danken, der auch den neuen Bau damit "Unterstützte. Wenn man 

■ 

die öflern Schenkungen, welche die Prager Bischöfp dieser Kirche mit Glas- 
fenstern gemacht haben, bedenkt, so wird man versucht zu glauben, dass zu 
dieser Zeit die meisten Glasmacher auf ihren Gütern vorhanden gewesen sein 
mögen. Dieslässt sich auch noch aus dem schliessen, dass Ernest gewohnt war, 
schiedene Marienbilder» vor welchen er seine Andacht verrichfete, unter 
andern auch auf Glas malen zu lassen, in welcher Stellung man ihn selbst 
in der. Folge abzubilden pflegte. 



\ / 
I 



, 231 

Das Glas wurde zu allen diesen Bedürfnissen unfehlbar nicht nur in 
Böhmen verfertigt, sond(^rn auch von einheimischen Meistern angearbeitet. 
Dies beweist uns das Verzeichniss der Prager unt^r Karl errichteten Mal^r- 
bruder$chaft, und ihre sowol damals lebenden al^ schon verstorbenen Mit- 
glieder, worunter sich nicht wenige Glaskünstler und zwar beinahe lauter 
Böhmen befinden. Ausser den vielen in Prag vorkommenden GlasküQStlern 
erscheint um das Jahr 1380 auch einer in Prachatitz, dessen Namen 
mit dem Namen der zu Prag genannten Glieder übereinstimmt, der also bei 
der Bruderschaft zu Prag einverleibt oder auf das Land gezogen war. Und 
wenn nun auch, wie Baibin in seinen Miscellaneen erzählt, Karl^das 
zur Verzierung der Karlsteiner, Kapelle nöthige Glas aus Italien kommen 
Hess, so mag dies vielleicht sich nur auf jene beziehen, die er zur »Aufbe- 
wahrung der Reliquien verwenden^ und welche er in Rom vorerst vom 
Papst einsegnen Hess. * > 

Was nun die Beschaffenheif des Glases, welches für die Prager Dom- 
kirche gemacht wurde, anbelangt, so lässt sich aus den üibe^rreßten ur- 
theilen, welche ungeachtet der öileren Beraubungen und des grossen Brandes 
im Jahre 1541 doch noch bis auf unsere Zeit geblieben sind. Bei weitem 
der grösste theil der Fenster besteht nun aus gleichen sechsseitigen mei- 
stens geschnittenen Scheiben von gemeinem weissen Glase im Bleizuge ein- 
gefasst und felderweise in Eisen und Kitt eingerahmt. Diese Fenster ssind 
wol nicht aus den Zeiten Karls; allein, in den untern zwei kleinen Fenstern 

auf der östlichen Seile in dem Bilde der Musivmalerei, dann in 3 bis 4 

\ 

Fenstern des Chores und der Sakristei, nämlich auf der nördlichen Seite, 
sind noch ganz kleine runde Scbeibchen, höchstens 3 Zoll im Durchmesser 
ihrer Fläche nach, vorhanden. Diese Scfaeibchen sind von weissem gemeinen 
Glas in Bleiruthen gefasst und das Blei füllt auch die Winkel äu^, welche 
von der Rundung^ der Scheibchen übrig bleiben. Diese Gläser sind ohne 
Zweifel noch' aus dem XIV. Jahrb. und^ konnten in dieser ^Grösse von ein-, 
zelnen Glasmachern leicht verfertigt werden, bevor man ordentliche Glas- 
hütten hatte. Von den schönen färbigen Gläsern und eingebrannten, Glas- 
malereien ist an- den grössern und allen übrigen Kirchenfehstem, so wie ^ 
von ' den Historikern beschrieben wird, nichts mehr vorhanden. Nur an 
wenigen Stellen, besonders in den spitzigen Winkeln der gothischen Fen- 
sterbögen findet man noch unter dem Kitte dann und wann alte bleierne, 
theils gefärbte, theils übergoldete Rüthchen mit Trümmern von grünen, rothen 
und gelben Gläsern, und beweiset uns dieses wenige, von welcher Schön- 
heit und Itostbarkeit die grösseren Scheiben gewes'en und aus welchen 
KüAStlerhänden sie hervorgegangen sind. Dass in einem jedon der obern 
Bögen dieser grösseren Kirchenfensler vordem besondere Glasmalereien vor- . 



« 
\ 



282 • 

liunden waren, scheinen' die Kirkelnmderi eisernen Ruthenringfe^ so wie anoh 
die Quadrate in der MiUe dieser Fenster zu verrathen, Welche man später 
nur mit äen gemeinen Scheiben ansgefülll hat, 

' Die Musivarbeil- von Glas täfeichen, welche an den öussem Wänden der 
St. Wenzels-Kapelle unter dem Thurme . dieser Kirche noch za sehen ist, 
dürfte ganz zuverlässig, aus Karls Zeit herrühren, und zeigt von der Ge- 
schicklicbkeit der böhmischen Glaskünstler. Sie soll, wie der Chroflist Be- 
nes von Weitmil sich ausdrückt, jedoch uns den Meister nicht nennt, nach' 
griechischer Art gemacht sein. Er wollte nämlich damit andeuten, dass man 
in diesem Werke ia Böhmen die Musivarbeit der Alten im Glase nachahmeD 
wollte. Die Tärelcben sind sehr klein, kaum der dritte Theil eines Quadrat- 
Zolles, drei Linien stark, von verschiedenem, theils gefärbt lind nicht durch- 
sichtigem 'und theils von gelbem durchsichtigen, Jetzt aber schon blind ge- 
wordenen Glase. Die Täfelchen letzterer Art litehen auf einem brunirlen | 
Goldgrund, der jet^t an einigen Stellen, wo si^ fehlen, hervorblitzt. Weil 
dei: Goldgrund, nach dem Geschmack des Zeitalters auch den Grund der 
Zeichnung ocier des ganzes Bildes ausmacht, so sind die gelben Glastäfelchen 
\mit einem durchsichtigen Kitte aneinander gefügt. Die andern undurch- 
sichtigen' gefärbten Täfelchen stehen aber in einem Kitte von Gyps, welchem 
ein Mörtel von Kalk und Kohlenstaub unterlegt und auf die rauhverputzte 
Mauer, selbst auf die gothischen Säulen des Gebäudes aufgetragen ist, und 
das Ganze zusammen hält. Das Bild mag 8 DKlafter einnehmet, und den- 
noch wurde es in einem Jahre fertig. Einem einzigen Gtaskünstler kann 
man di^s wol kaum zumuthen,' upd wenn man die Privilegien Karls vom 
Jahre 1365 mit diesem Werke vergleicht, nach welchen er die Schilderer 
von allen Steuern gegen dem befreite, dass sie für ihn arbeitend so wird 
es sehr wahrscheinlich, dass an diesem Bilde alle Glaskünstler mit Gesammt- 
kräften gearbeitet haben. Dieses Bild stellt eine Auferstehung vpr, und hat 
in Rücksicht der Erfindung seine Eigenheiten, Es sitzt nämlich Christus auf 
feinem Regenbogen und ist in dieser Stelluhg in einem Rahm von Laubwerk 
• und Engeln eingefasst. Unter ihm knien in zwei Reihen sechs böhmische 
Landespatrone, unter welchen eine Schrift ihre'Naraen zeigt. Unter dieser Schrift 
sphwebt in einer knienden Stellung auf der röchten Seite Karl IV. , auf der 
linken Seite seine Gemalin. Zu beiden Seiten dieses Mittelstückes schwebt 
in einer knienden Stellung und mit gefalteten Händen Maria; hinter ihr ein 
Himmel voll Engeln, . unter diesen steigen einige Menschen mit gefalteten 
Händen aus länglich viereckigen, fest neben einander geschlichteten Särgen 
empor, welche die fürstlichen Leichen andeuten,^ Velche in der Domkirche 
begraben liegen. 

Auch verdient das Mosaikgemälde, welches an der Mittagseite der 



233 

Pr<3g'er Dom^i'clie angebracht ist, angefiäirt zu werden. £s ist aus aller- 
hand ^buntgefärbten GlassUften zusanunengesetzt ur<} stellt die Auferstehung 
der Todten und die Landespatronen vor. £s isf dies Kunstwerk lius Karls 
Zeit. . ' ' , ' 

Ein anderesi Denkmal, welches uns über die Glasfcünste der Böhmen 
Aufschlüsi^e ' geben kann, ist das Schloss KaHstein. Die daselbst vorkorar 
menden wenigen Reste yon kleinen Scheibchen des gemeinen weissen Glases, 
welche sicIT an einigen Brüchstücken alter Fensterrahmen in dem untern 
und höheren Gebäude der ehemaligen königlichen und Audienz-Zimmer noch 
erhallen halben, sind jenen ganz gleich, Welche bei der Prager D^mkirche 
aus dem XIV. Jahrh. beschrieböi worden sind. Daraus ist zu enlneliÄen, 
dass die Wohngebäude dieses ^blosses alle mit hohen Glasfenstern ver- 
gehen waren. Die noch jetzt bewohnteti Geinächer haben Fensterscheiben 

» 

und, Tafeln im später erfundenen Bleizug, sind also nicht mehr aus K^te 
Zeilen. In der KalharinenkapeUe daselbst sind noch zwei Fenster vorhanden,^ 
deren obersler Theil eine leingebrannte Maleijei in herrlichen Glasfarben 
einnimmt, und das Leiden Christi vorstellt. Sie ist von jener Kunst, welche 
man für verloren hielt. In der Kreuzkapelle, wohin Karl nur das Kostbarste 
zusammentragen Hess, ist noch ein Theil eines Flügelfensters übrig, der 
1872 in der Breite und 23 V^ Zoll in der Höhe mit böhrtiischen Steinen, wie 
sich Baibin ausdrückt, von grüner, gelber und vialeter Farbe, und voü< ver- 
schiedener (Jrösse, höqhstens 3 Zoll im Durchmesser der Fläche, in Kreuz- 
form ausgefüllt ist. Solcher Fensler wären ehemals vier vorhanden. Nach 
dem, was in dem einen Flügel noch da ist, so sind diese böhmischen Steine 
, nichts ändere^ als Glasflüsse, welche manv auf beiden Seiten geschliffen und 
in vergoldetc^s Blei ,gefasst hs^t^ Diese Kunst kommt,* wie bereits erwähnt, 
schon im XIL Jahrh. vor, und ist überhaupt auch in Böhmen eine der älle- 
stöi> Arten, die Kirchenfenster zu. verlieren. Von diesen Glasflüssen sind 
noch mehrere grüne und rolhe Stücke im geschlifTenen' Zustande unter den 
böhmischen Edelsteinen gemischt, vorhanden, welche die Wände der Kreuz- 
und KalharinenkapeUe einnehmen. Obzwar hier nicht zu läugneri ist, dass- 
unter den Steinen dieser Musivarbeit ehemals sich auch viele wirklich edle 
und kostbare Steine, besonders aber böhmische' Granaten befunden /haben 
müssen, so ist doch dafür zu halten, dass die Schönheit und Grösse dieser 
mit eingemischten Glasflüsse zur Täuschung und diese zur Beraubung dieser 
Denkmal^ am meisten Gelegenheit gegeben haben möge» 

Die in ziemlicher Anzahl vorhandenen Hohlgläser,; mit welchen das 
Gewölbe der Kreuzkirche ausgeziert ist, verralhet, dass man schon damals 
die Kunst verslanden habe, die Gläser zu blasen und dieselben zu vergolden. 
Der Durchmesser dieser Hohlgläser mag gegen 18 Zoll betragen, eine Grösse, 



\ 



234 

die den Glasmachern noch zu Anfang dieses Jahrfiunderts beschwerlich war, 
und dient dies zum Beweise, dass die Glasmaeher des XIV. Jahrh. gesündere 
Lungen gehabt haben mögen. Unfehlbar ist dies die älteste Art von Glas- 
spiegeln, wie sie Baibin mit Recht so nennt, welche die Metallspit^gdn 
michahmen. Selbst die aligemeine Kunstgeschichte kann nach diesem Bei- 
spiele aus Böhmens Karlstein berichtigt werden, wenn man fragt, was für 
Spiegel zwischen der Epoche der metallenen und- jenen der mit Blei aus- 
gegossenen konvexen Spiegel im Gebrauche waren. Dass übrigens diese 
Spiegel' schon zu Karls Zeit in Böhmen gemacht worden sind, überzeugt uns 
das Verzeichniss der Meister der Prager Schilderer, in welchem unter der 
Zafl. der verstorbenen Meister Kunz Spigler vorkommt. 

In einem der Fenster der mehrferwähnten Kreuzkapelle steht auch eine 
Laterne, dereh^ verreög des katholischen ^irchengebrauchs oder Lithurgie, 
zu Karls Zeit mehrere, wenigstens zwei vorhanden gewesen sein müssen. 
Sie macht, als ein gestui^ipfter Kegel, ein vregelmässig^s Fünfeck, in der 
/Höhe 17 ZoH aus. Baibin sagt, sie wären aus Krystall, es sind aber ge- 
schlüTene Tafeln von einem reinen Krystallglas^, welche in vergoldetes/ Holz 
gefasst sind. A^hnliche Krystallgläser geschliffen und nicht geschliffen, i^n 
Tafeln und hohl, besonders aber in runden Cylindern, befinden sich mehrere 
an den Reliquien der Prager Domkirche, welche, wie aus unseren Geschichts-, 
werken bekannt ist, Karl gesammelt hat, und in Böhmen auszieren und in 
Glas fassen liess. Monstranzen im gothischen. Styl geformt und mit Cylin- 
dern von Krystallglas für das Ciborium sind noch hin und wieder in Böhmen, 
z. B. }n Pilsen, Kuttenberg, Jungbunzlau und Sobotka vorhanden, welche 
noch aus Karls 'Zeit henijLhren; und gewiss kann uns nichts hindern, die 
feste Vermuthung auszusprechen, dass schon zu Karli? Zeit in Böhmen 
Krystall- und Tafelglas verfertigt wurde. , 

Glasschmelz auf Gold und Silber oder Email, dann Glasperlen sind an 
den Reliquien der Prager Domkirjshe, welche öich'von den Bischöfen Johann 
und Ernest, vorzüglich ' aber uns6rm Karl herschreiben, mithin aus dem XIV. 
Jahrh. sind, häufig angebracht. Trink- und andere» gläserne Geschirre aus 
diesem Zeitalter finden sich in Böhmen keine vor; wahrscheinlich sind diese 
gebrechlichen Gegenstände durch die langwierigen Verheerungen der Hus- 
siten und anderer Völkerschaften,, welchen die härtesten Bürgen nicht fest 
genug waren, zerstört worden. 

Zu welcher Vollkommenheit indessen die Cflasmacherkunst 4n( Böhmen 
gekommen sein mag und wie vielea Gebrauch die Böhmen schon zu Ende 
des XIV. und um die Mi,tte des ^V. Jahrh. vom Glase gemacht haben, können 
wir namentlich aus dem gewiss unverdächtigen Zeugnisse eines Mannes 
entnehmen, der als^ Schriftsteller und diplomatischer Geschäftsmann den 



— y 



^ 235 

Böhmen nicht nur allein nichts weniger al^ geschmeichelt hat, sondern auch 
fähig war, zwischen Böhmen und anderen damals kultivirten Ländern, be-r 
sonders in Rücksicht der Kunst eine richtige Parallele zu ziehen. Es ist 
dies Aeneas Sylvius, welcher auch upter dem Namen Pius II. als Papst be- 
kannt ist. Dieser drückt sich in seiner Geschichte der Böhmen folgender- 
massen aus: „Ich behaupte, dass zu meiner Zeit (er kam 1451 als Abge- 
sandter des Kaisers zuerst nach Böhmen) in ganz Europa kein Königreich 
mit so vielen prächtigen und. besser ausgezirten Kirchen versehen^ ist als 
Böhmen. Diese Gebäude sind überaus hoch, voft ein^r kühnen Länge und 
Breite, mit Öuadersteinen überwölbt, die emporgerichteten Altäre strotzen 
von Gold und Silber, in welches auch die Reliquien der Heiligen geh'UHt 
sind. ' Diö Kleider der Priester Sind mit Perlen reichlich besetzt, alles Ge- 
Vvarid überhaupt reich; das Kirchengeräthe überhaupt kostbar, das Licbi 
fällt durch ^hohe und sehr weite Fenster aus hellem und 
küfistlich terfertigtem Glase hinein. Und alles dieses 'ist nicht 
blos in den Städten und Marktflecken, sondern *sogai* in den Dörfern anzu- 
treffen.^ — Diese Lobeserhebung bestätigt sieh noch jetzt an den utigenfein 
grossen Bogen der Fenster, welche wir an den zahlreichen Ruinen ehema«- 
liger Kirchengebäude allenthalben im Lande noch'- aufzuweisen hab'eri. 

Die Anzahl ,der Glashütten zu jener Zeit in Böhmen lässt sich nicht 
herausfinden. Inzwischen muss sie nicht gering gewesen sdn, da Böhmen 
im XV. Jahrh. — wie Aeneas Sylvius bemerkt — mit Glas schon überschwemmt 
war. , Der Absatz des Glases beschränkte sich vermuthlich nur auf das In- 
land, ^ohne allen Aktivhandel ins Ausland. Erst in späterer Zeit, nämlich 
als der Glashandel im Lande zu, sinken begann, die Bevölkerung in den Ge- 
* birgsgegenden und mit diespn auch die Glaserzeugung vermehrt wurde, war 
man genöthigt, den unerlässl ichen Absatz im Auslande zu suchen. 

Wie sehr Karl die Malerkunst zu schätzen wusste, beweist schon das 
zur Genüge, däss er die bedeutendsten Alaler seines Hofes, nämlich einei^ 
Dietrich von Prag und den uns aus seinen Werken bekannten Wurmser zu 
seinen Familiäres ernannte und sie mit Landgütern beschenkte. Von dem 
ersteren stammen di^. meisten Bilder in Karlstein her. Mit vollem Recht 
können wir diesen Künstler als das Haupt der böhmischen Malerschule zur 
Zeit Karls ansehen. Dass die böhmischen Künstler schon damals allgemein 
anfingen, von dem alt ^überlief er tt3n byzantischen Typus abzuweichen, und 
die Natur nachzuahmen, beweisen schon die vielen Porträts, die uns aus jener 
Zeit geblieben sind. Die Gemi^lde sind freilich nich^ so künstlich als un- 
se're' heuligen; dennoch aber nimmt man eine gewisse Annehmlichkeit wahr, 
die uns bei ihrer genauen Betrachtung vergnügt. 'Man besehe in dieser 



V 



236 

Absicht die Kapelle fllif Vieni ' Karlstein und die des heil. Wenzel in der 
Prnger Domkirche, die Kart viit Gemälden auszieren liess. 

Im Jahre i348 errich(<>ten «die Maler zu Prag eine Zunft V^>r an deren 
SpHze sich der Hofmaler Karl Niktas Wurmser befand. Dieser Zimft waren 
auch mehrere andere Künstler zugetheilt, nämlich : Bildhauer und Schnitzer, 
Gi^ldschläger, Schilderer, Hiniatoren n. dgL m. 

Gewiss ist es, dass in Böhmen bereits im XIV. Jahrhi die Oelmalerei 
kein Geheimniss «des gemeinsten Mannes mehr war. Wahrscheinlich 
brachten die Italiener diese Kunst, welche bei ihnen früher Wurzel fasste, 
nach Böhmen, denn vor undenklichen Süeiten hat .man zu Neapel in Oel ge- 
malt und verherrlichte mit dieser Art von Bildern die Kijrchen. 

Es bestand^ dazumal auch schon eine Wachsmalerei (Enkaustik) , denn 
die Zunftsatsungen der Haler machten die Forderung; dass bei gewissen 
feierlichen Gelegenheiten eine neunpfündige Wachskerze schön bemalt und 
mit Gold und Silber geziert, am Altare geopfert werde. •" 

Der Gebrauch der katholischen Kirche, unter ihre Gläubigen Bilder 
auszutheilen, mag / zu . jener Zeit manche Hände und nfanchen geschickten 
Künstler in Böhmen beschäftigt haben. Die Pergamentgemälde eines gewissen 
Zby§ek von Trotina erregen noch heut zu Tage Bewunderung und übertreffen 
an Gratie und Delicatesse wol Alles, i^as in dieser Art aus dem XIV. Jahrh» 
sich in einem Lande erhalten hat. — 

Üass übrigens /auch mit Bildern ein ansehnlicher Handel getrieben 
wurde^ beweisen die Freiheitsbriefe von Karl und seinem Sohne Wenzel 
(1392). 

Die sogenannten SchiMerer hetrieben ebenfalls die Malerei, und man 
nannte sie auch insgemein Turniermaler. Ausser den "Schildern^ die ge- 
wöhnlich mit Familienwappc|n der Adelichen bemalt waren, lieferten sie 
Stechzeuge, Sättel, Rossköpfe, Brustleder u. a. m», wobei sie ihre grössere 
Geschicklichkeit soWol in Verfertigung der rohen Stücke, als in der Aus- 
zierung — die mit Farben, Gold und Silber geschah — zeigen mussten. Die 
fremden Schilderer, welche zur ilarkt- oder einer anderen Zeil ihre Schild- 
werke nach Prag z;um Verkauf brachten, durften diese nirgends anders, ^als 
unter den Thürmeü, bei Verlust der Waare, feil halten. 

Die Baugeschichte ist nicht weniger merkwürdig, als Karl's überall 
wirkende Regieri|ng. Es ist aus der Geschichte bekannt, wie 6ifrig sich 

272) Die Malerei wurde bis auf Rudolph II. als ein'Handwerk behandelt und gehalten, bis 
dieser Monarch 1595 diese für eine freie Kunst mit Vermehrung des Wappens, durch 
ein feierliches Privilegium oder einen Freiheitsbrief in böhmii^cher Sprache abgefasst, 
den Donnerstag vor St Markus dem Evongelisten, im aogefuhrten Jahre erklärte. Die 
ältere böhmische Malerschule währte bis zum XYI. Jahrh. 



237 

' ' • * I ' 

I 

Karl in Erbauung der Kirchen und derselben AHszlerung» bewies, und wie 
er keine Kosten sparte, recht prächtige' Werke der Baukunst nach damaliger 
Art zu errichten. Das Beispiel dieses Regenten diente den Edelleuten und 
yermöglichen Bürgern zur Nacfaahmuiig, indem jedermann fest überzeugt 
war, die rühmtiehste Handlung gethan zu haben^ seinen Religionseifer durcl^ 
Aufstellung prächtiger Denkmäler zu beweisen. Von den Kirchen tiberging 
sonach die Kunst in Privatwohnungen, und ^es wurden »Schlösser, Landhäuser 
und andere Gel^äude nach eben dem Geschmacke angelegt, und mit pi;äch«^ 
tigern Hausgeräthe verseben. . D^her rührt auch das Ungeheuer in den Ge^ 
bänden und den-^Möbeln, das so lange Zeit zum herrschenden Geschmacke 
geworden. Der Magistrat von Pragf drang im J. 1334 mit verschärftem 
Ernste darauf, dass die nocii häufig bestehenden höIzernBU Laubengänge ^n ^ 
den Bürgerhäusern durch steinerne Substrukti^nen ersetzt werden. 

Die Bauart der Gebäude war zwar noch immer nach gotbiischer Ord- 
nung veranstaltet worden, allein der Geschmack ward nun weit niedlicher 
und regelmässiger; das Ungeheure und Abgeschmackte des früheren .Alter- 
tb ums wurde jetzt durch eine, ziemlich wolgemachte Bauart verdrängt. Karl 
liebte und schätzte überhaupt alle diejenigen, die sich der Künste af^nahmen, 
Peter von Gmünd, ein sehr geschickter ßaumeister baute auf Befehl und 
Kosten des Kaisers die prächtige Metropolitankirehe zu Prag ^'^*), zu gleicher 
Zeit wurde nämlich im' Jahre i358 jier Bau der noch jetzt bewunderungs- 
würdigen steinernen Brücke vorgenommen. Andere prächtige und künstliche 
Gebäude,f worunter das feste Schloss Karlstein gehört; die Schiffseite saiiimt 
der Kup^l der Metropolitankirehe, die königl. Burg, das erzbischöfliche 
Wohngebäude, der Palast des Churfürsten von Sachsen am Fusse der -Präger 
Brücke, die Cölestiner-Kirche auf dem Berge Oybin, das St. Ambrosiusstlft, 
die Slawenkirche in Emaus, das Katharinenstift, die Kirche am Karlshof, das 
Servilen-Kloster unter dem WySehrad u. a. m. Die St. Wenzels-Kapellö iÄ 
der Prager Domkirche wurde erst 13*72 fertig. Viele haben sich zwar bis 
auf unsere Zeiten nicht erhalten, sie waren aber dennoch, alle ein Beweis 
von der Lebensthä'tigkeit der Böhmen. Man hatte überhaupt zu Karls Zeiten 
nicht nur in grossen Städten, Sondern auch in kleinen Ortschaften Böhmens 
viele hohe und oberhalb künstlich gewölbte Kirchen erbaut. 

Weil die bestniöglicbe Menge der arbeitsamen Hände der erste Grund 
der Emsigkeit ist, so Hess sich dieser friedfertige Kaiser und Königf nichts 
so angelegen 'sein, .als die Anstalten, - welche geschickt waren, sein durch 

273) Beines Krabice von Weilmül war der dritte Bauvorsteher der heutigen Sl-Veitskirche 
in Prag. Im J. 1373 übertrug er als ßaudirektor die böhmischen Herzoge und Könige 
und 1374 die Prager Bischöfe in den neugebauten Chor der Domkirche. 



l' 



238 

die vorhergegangenen Unmhen und l^nglücksfälle sehr enlvölkertes Böhmen 
wieder zu populiren, Fleiss und Arbeitsamkeit einzuführen, and allein auch 
von jveitem zu entferfien, -was dieser Maxime nachtheilig sein könnte. So 
hatte sich nach einem allgeineinen Missjahre '(1359) das nothleidende Volk 
vor ihm versammelt, bat um Brot, . und bot sich selbst zu' was immer für 
einer Arbeit an; Karl gab den Hilflosesten auf d^ Stelle Beschäftigung, 
Brot, Lebensmittel und Kleider, und da die Zahl der Arbeiter in kurzem auf 

t 

einige Tausende anwuchs, führte er mit ihnen ,den öffentlichen Bau der 
Prager Stadtmauern, wovon die Reste auf dem Lorenziberge noch stehen, 
ans ^'^^). Aus dem nämlichen Grund der Emsigkeit, insbesondere aber um 
die Hauptstadt mehr zu bevölkern, legte, wie schon erwähnt, Karl auch die 
Neustadt Prag nach einem wolüberdachten und erstaunlich grossartigen Plane 
(1348) an. Er. verordnete dabei, dass, wer immer sich in die Neustadt 
^ansiedeln und steinerne Häuser bauen würde, auf 12 Jahre von- der Zahlung 
aller Steuer und Abgaben befreit sein solle. Uiberhaupt war die bauliche 
Regsamkeit zu jener Zeit so bedeutend, dass sie von keiner spätem ' Zeit 
übertreffen worden ist. 

Zahlreich sind die Werke der Bildhauerei, zumal in Verbindung mit 
' der Archft^tur aus jener Zeit; worunter die Büsten der sämmtlicben Mit- 
glieder des Hauses Luxemburg, der Baumeister der Prager Domkirche,, welche 
sich auf deren oberster Gallerie erhalten haben, als Kunstdenkmäler zu be- 
trachten sind. Im Jahre 1348 kommt in dem Malerprotokolle ein Bildhauer 
Namens Petrus vor. ^ 

Die Kirchenmusik liess Karl sich besonders angelegen sein. Wie übri- 
gens die alten Böhmen auf die vollkommene Einrichtung ihrer musikalischen 
Chöre und auf die Kirchenmusik überhaupt gehalten haben, erhellet aus den 
prachtvollen .Gesangbüchern, welche man noch bis heute in vielen Bibliotheken 
als kostbare Seltenheiten aufbewahrt. Die Gesänge wurden ; mit der Orgel 
begleitet. Diejenige Orgel, welche Karl für die Domkirche erbauen liess, 
übertraf schon an Menge der Register, theils an Lieblichkeit, theiis an Stärke 
des Klanges jede andere, die unter. K. Johann und PfemysI Ottokar gebaut 
worden sind. > Sie verbrannte bei der für Prag höchst unglücklichen preussi- 
schen Belagerung im J. 1757. Zu Karls Zeit halte bereits jede Dorfkirche 
eine Orgel. 

Karl^ welcher die damals in der höchsten Kultur stehenden Länder zum 
Muster wählte, suchte überhaupt auf alle mögliche Art, und Weise alle Ge- 
werbszweige zu heben,^ wesshalb er auch viele Künstler und Handwerker 
aus allen Theilen der Welt herbeizog, und diese durch ansehnliche Frei- 

274) Pelzers Carl. II Th. p. 626, nach Benes, Baibin. 



l 



. .239 

heilen begünstigte. So Hess J er z. B. im Jahre tSTO sogar aus dem Mor- 
genlande geschickte Leute nach Prag kommen^' die in der Kunst vollkommea 
erfahren waren, Teppiche, Tapfeten und verschiedene andere nach persischer 
Art mit Gold und Silber durclfWirkt 2u weben. Zu ihrer Ansiedeluhg Wies 
er ihnen den Laurentiusplatz an, wo sie anfangs nur wirllene Zelte, in der 
späteren Zeit aber förmliche Häuser bewohnten. Ein gewisser Kara unter 
ihnen, den sie zu ihrem "" Zunftmeister erwählt hatten, erwarb sieh in ^er 
Folge ein solch bedeutendes Vermögen, dass seine Kinder, welche die christ- 
liche Religion angenommen hatten, zu den ansehnlichsten Stellen befördert 
wurden, ' " .. ' 

Dass KarL auch für die Verbesserung der TuchmanuFaktur, diesen äl- 
testen Zweig böhmischer Beschäftigung, Sorge trug, ist aus den vielen 
diesfalls erlassenen Verordnungen genügend zu erseböii^J*); datier war die 
Aufmerksamkeit des Landesherrn und die Sorgfalt der städtischen Gewerbs- 
pflege vorzüglich darauf ^geriohtet, den Ruf dieser Werkstätte zu hefestigea 
und zu erhalten, dass sie Tuchojdnungen entwarfen und förmliche Tuch- 
schauen anordneten. Die obrigkeitlichen Festsetzungen über die Länge und 
Breite der einzelnen Stücke und über die Güte der Arbeit kamen zur Ment- 
liehen Kenntniss. Nach einer im Jahre 1361 erschienenen Verordnung mussle 
ein jedes Stilck Tuch volle 34 Ellen halten und beim Durchgang im Wasser 
höchstens einen Abgang von l^g Ellen haben. Deti Königgrätzer Tuch- 
machern befahl er 1353 mittelst eine^ eigenen Edikts, dass sie bei Verfer- 
tigung ihrer Tuche bei der gerechten und bestimmten Länge beharren, und 
ihnen die gehörige Walke geben sollen. Datnit aber den Bürgersöhnen zu 
Königgrälz das Tuchmacherhandwerk nicht untersagt werde, verbot Karl die 
geheimen Zusammenkünfte (mistrowskä snömy neb porady) und jedes Ei- 
genthumsrecht in dieses Gewerbe auf das nachdrücklichste. Unstreitig waren 
aber auch zu Karls Zeit die Tuchraachereien eine der. ergiebigsten Ouellen 
des städtischen Wohlstandes, und eine der wichtigsten Beförderungen der 
Einwohnerzahl und des öffentlichen Selbstgefühls. Zum Betriebe dieses 
Handwerkes war' das Bürgerrecht erforderlich. Der neue Heister musste 
Bürgen setzen, dass er 3' Jahre und 1 Tag mit der Stadt leide. 

Es unterliegt gar keinem Zweifel, dass das Zunftwesen der Tuchmacher 
unter ihm einen geregelten A^ifschwung erhielt, allein in welcher 4^t er 
hiezu beigetragen, dies ist bis jetzt nicht zu erörtern. 

Im Jahre 1352 that Karl in Gewerbsachen mannichfaltige Verbesse- 
rungen und zwar vorzüglich zur Errichtung eines gleichen Gewichtes, nach 
welchem die Wolle für die Tuchmacher und andere Gewerbsleute, als auch alle 

275). -Prager Stadtbuch Fol 55 u. 58- • , 



\ 



240 

sonstige Sachen in Gleictifönnigkeit des Prag^ Gewichts abgewogen, und 
in Ordnung geführt werden möge* 

Um (iiese Zeit bewegte sich die vornehme Welt in Bdbmen so ziemlich 
in derselbeil^Trachty die, zu jener Zeit in Teutschland, zum Theil auch in 
Frankreich und Italien für modern galt, und es kann im Ganisen behauptet 
werden, dass die Kleidertracfat der Frauen zierlich und geschmackvoll ge- 
wesen sei. Dasselbe gilt aber nicht von dem Costäme der Männer.. Diese 
•wählten zu ihren Anzügen gewöhnlich ganz helle Farben. Yoraehme ßeite- 
rinneu sassen ih dem, mit einer Rückenlehne versehenen Sattel, an dem ein 
IJret, worauf beide Füsse gestellt werden konnten, herabhing^ Einen solchen 
Sattel hatte Anna, Karls Tochter, als eine neue Erfindung nach England 
gebracht. 

Etine besonders fruchtbringende Folge, die aus der Betriebsamkeit in 
Wollenzeugen für die Landwirthschaf]t in Böhmen entstand, war der Anbau 
Yon Farbstoffen; so wie in der Verbesserung der Farbekunst 'und der An- 
lage grösserer Färbereien, alles Yo^theile für das städtische Gewerbe, zumal 
da imm^r nur eine Bereicherung daraus erwuchs. Hit der Einführung der 
erwähnten morgenländischen Kunstweberei ward gewiss auch die^ Schön- 
färberei, welche mit ersierer ijfi einer unauflöslichen Yerbindung steht, ein- 
ge^hrt. Dass der Orient mit den hiezu erforderlichen Stoffen die Hand 
geboten hs^tte und Böhmen sonach solche mittelbar erhielt, ist keinem Zweifel 
unterworfen. Zu welcher Zeit aber die Scharlach- und Purpurfärberei — 
welche Kunst noch zu Ende des XI. Jahrb. griechisches Monopol war — 
nach Böhmen kam, ist nicht nachzuweisen. Ich habe viel darüber nachge- 
sucht, aber ausserdem, däss schon imXIY.Jahrh. in den Slöstefrn die Mönche 
der Alch'ymie sich befleissigten, also wol auf manche gutä Entdeckung ge- 
rathen konnten, nichts Entscheidendes gefunden. 

Die meisten Papiermühlen wurden unter Karl angelegt, und dazu Ita- 
liener, welche zu dieser Zeit in dieser Kunst erfahren waren, verschrieben. 
Zu den ältesten, Papiermühlen in Böhmen, von der Nachricht vorhanden ist, 
gehört die bei Eger «'*). 

Das erste in Böhmen verfertigfte Leinen-Pflpier war vermuthlich nur 
zum Schreiben bestimmt, folglich stark und geleimt, weil es die Molereien 
der Mönchsabschriften auszuhalten hatte, und die Bücher noch theuer und 
kostbar waren. Die Stampfen wurden zuerst in Iglau CMähren), gleich darauf 
in allen böhmischen Papiermühlen eingeführt. Bei der ersten Verfertigung 
hackte man das gegohrene Linnenzeug, stampfte, kochte und 'rieb es so 

276) Da wegen der stark besnchten Universität zu Prag der Handel mit Papier sehr be- 
trächtlich war, so sorgte Karl (larür,"da8S'in seinem Lande auch so viel erzeugt 
werde, als im Lande verbraucht würde. — 



/ \ 



241 

lange, bis es zu einemdickenBreiward.und. zum Schöpfen verwendet werden 
konnte. iDarÄuf ersann man 'die Handmtihlen, nm sich die Arheit^ zu er- ' 
ieichlem, und endlich die ^Stampfijassermtihlen. Diß erste wurde eienfalls' 
zu Iglau, und gleich darauf fast alle in Böhmen auf diese Art eingerichtet. 

Die älteste Art des Glättens des Papiers geschah mit glatten Steinen. 

Ob ,ÄU jener Zeit ^ie böhmischen Papiere zur Ausfuhr gebracht wurden, 
ist unbestimmt. Fast ist dies zu bezweifeln, denn die damalige Noth ao 
rohem Material, so wie der damalige grosse Verbrauch, lassen keinen grossen 
üiberfluss vermuthen. 

Einige- wollen behaupten, ,dass sich unter de^ Arbeitern, welche Karl 
berief, auch mehrere Stahlarbeiter befanden, die ihre Kunst ebenfalls auf 
Geheiss des Kaisers ausgeübt, und auf dem Kohlmarkte ihlre Werkstätle auf- 
schlugen. Sie sollen die Yerpflichlung gehabt haben, junge Böhmen in dieser 
Kunst zu unterrichten, wofür, sie Karl mit mehreren Freiheiten begabte. 
Inzwischen mochte die Zahl der Messerschmiede in Prag schon, früher sehr 
zahlreich gewesen sein, denn schon im Jahre 1350 gab er ihnen wegen 
ihrer Treue, welche sie kurz zuvor an den- Tag legten, ein zierliches Wappen 
auf ihre Zünftfahne. Dasselbe enthielt einen rothen Schild anf welchem drei 
Schwerter mit eiher goldenein Krone umgeben waren ^'^'^). 

Es isl.zwar nicht ganz gewiss, aber doch höchst wahrscheinlich, dass 
der Activ-^Handel mit Taschenmessern (kudly) weit älter in Böhmeh ist, ab 
man für gewöhnlich glaubt, denn bereits zu Ende des XIII. Jahrh. müssen 
diese einen ordentlichen Ausfuhrartikel nach Sachsen gebildet halten, weil 
ihrer so oft in einem alten sächsischen Zollnotizbuche Erwähnung geschieht. 

Um das Jahr 1350 erhielt in Prag ein Nürnberger Bürstenbinder Na- 
mens Hermann das Bürgerrecht, nebst der Freiheit, sein Handwerk daselbst 
auszuüben. ^ , 

,©ass sich indess weit früfcer in Böhmen Gewerbsleute dieser Art be- 
fanden, ist mehr als wahrscheinlich, und wenn uns die Schriftsteller hierüber . 
keine Nachrichten hinterlassen haben, so liegt dies allein daran, dass Bürsten 

277) Dieses Wappen wurde hernach durch K. Siegmund I. mit einem offenen Helme und 
zweien, den Wappenschild hältenden Löw.en ausgeziert und verbessert. Dieses für 
die Messerschmiedzunft so ' wichtige Ereiigniss hat das gesammte Handwerk dem 
lapfern Georg Springenklee, .eines ßergmanns Sohn, aus Kuttenherg gebürtig, zu ver- 
danken. Dieser Mann hat im Jahre 1395 das Messerschmiedhandwerk zu Passau er- 
lernt, trat aber späterhin in kaiserliche Dienste. Durch seine besondere Tapferkeit 
Mrar er zu Ehren gelangt und de» Kaiser erhob ihn nicht allein in den Adelstand, 
sopdem man vertraute ihm das Amt eines Stadthauptmannes in Prag an. In dieser 
SteUung erlangte er auch von seinem Monarchen die Gnade, seinem bevor erlernten 
Handwerk zu evngem Ruhm und Andenkc^n tn. diesem Wappen zn verhelfen. 

16 



24^ 

Geräthschaften sind, die der Aufmerksamkeit so leicht entgebeh, und deren 
man selten zu einer anderen Zeit, als .während" man sich. ihrer bedient,' 
gedenkt. Auf alle Fälle reicht der Gebrauch der Bürsten und deren Ver- 
fertigung in Böhmen in die frühesten Jahrhunderte hinauf. 

Auch ein Eartenmaler Namens Jonathan Kraysel aus Nürnberg kommt 
1354 in Prag vor. Ob sich vordem schon ähnliche Künstler in Prag be- 
fanden, oder ob die Spielkarten von den Schilderern geliefert wurden, kann 
nicht diplomatisch nachgewiesen werden^^^). Die ältesten zuverlässigen 
Nachrichten vom Gebrauche der Spielkarten in Böhmep finden sich iin Jahre 
1340 vor, allein da solche schon früher, wie dies Urkunden darthun, von 
polnischen Edelleuten zum Zeitvertreibe angewendet wurden, so, ist es auch 
wahrscheinlich, d^ss diese Spielblätter, wie bereits bemerkt, schon unter K 
Johann, zu welcher Zeit sie die Höflinge in Frankreich kennen gelernt haben, 
in Böhmen bekannt gewesen sind. Ob man solche aber damals in Böhmen 
selbst und von welchen Leuten verfertigt hatte^ oder ob sie durch fremde 
Kaufleute -nach' Böhmen gebracht wurden, dies lässt sich nicht bestimmen; 
genug, wir sind für jetzt dahin angewiesen^ zu glauben, dass der erste 
Kartenmacher der aus Nürnberg gekommene Künstler gewesen sei. 

Die Seifensieder haben in der ersten Zeit keine eigene Zunft gebildet, 
und erst Karl befahl im J. 1357, dass sie in der Folge bei allen Feierlich- 
keiten in der ihnen angewiesenen Reihenfolge fuhgiren sollten. Ausser der 
Seife verfertigten sie Inselt- und auch Wachskerzen. 

^überhaupt zeigten sich unter Karl schon alle Arten Gewerbe und 
Künste in Böhmen vor^ welche oft von den geschicktesten Meistern betrieben 
wurden; und gewiss keine Stadt Teutschlands konnte eine so grosse Menge 
ausgezeichnete und berühmte Gewerbsbeflissene in fast allen Zweigen der 
Industrie und unter ihnen s^o wissenschaftlich gebildete Männer zählen, als 
zu jener Zeit das hochgepriesene Prag. Man müsste nothwendig auf den 

278} Unter den gangbaren Spielen^ die in den königl. Verboten niunentlich angeJFufart 
werdet, und für die es schon unter K." Johann UnterrichtsanstiEiUen gab, befinden sich 
verschiedene, ^4eren Be&ohaffenheit nicht zu ermitteln ist. Würfel und Kugeln ge- 
hörten zu den verbotenen; Karten zu den erlaubten. Ura 'der Spielsucht Einhalt zu 
thun, die damals unter den Jüngern Bürgern immer mehr eibriss, verordnete Karl, 
wer immer im Würfelspiel verloren,/der sollte durch volle 3 Jfthre da^ Recht haben, 
den Yerlusx zurück zu fordern ; ja, wenn er hierin in den ersten zwei Monaten keinen 
Gebrauch gemacht, sollten an seiner Stelle die nächsten Anverwandten dazu befogt 
. sein. Harte Geiangni^s- und Geldstrafen standen auf alle verbotene Spiele. Wer 
bei falschen • Würfeln ertappt wurde, verlor den Daumen der rechten Hand, doch 
konnte dieses- in eine Geldstrafe verwandelt werden. Die Geistiichkeit^ eiferte gegen 
die, Spielsucht. Erlaubt .waren solche Spiele, bei denen Gewinn und Verlust nicht 
. gan2 vom Zufall abhängt, sondern .das Meiste auf Klugheit und Nachdenken ankommt. 



243 



\ - 



Gedanken geratheh, dass die Lobpreisungen der so zahlreichen damaligen 
Gewerbsktinstler und iWer umfassenden und grossen Leistungen, welclie uns/ 
die Geschichte aufbewahrt hat« tibertrieben seien, wenn solche nicht durch 
die noch vorhandenen wenigen Deni^mäler und Kabinelsstüoke, Welche mehr 
denn vier Jahrhunderte überlebt haben, und dem Y^ndalismus des Hussiten- 
und 30jährigen Krieges entgangen Sind, bestättigt ivürden, ynd wenn nicht 
noch überall I Spuren dieser grossen und fruchtbaren Glanzperiode Böhmens 
und namentlich Prags sichtbar geblieben wären, und .wenn man nicht gp- 
stehen müsste, dass der auch ^n der Folge der Zeit in verschiedenen Pe- 
rioden immer wieder erneuerte Ruhm der Künste und Wissenschaften Böhmens 
aus den tief geschlagenen Wurzeln jener Zeit hervorgegangen ist. 

Die ifls J/1348 nach dem Pariser Muster gestiftete Universität, durch 
deren Gründung das ungeheure Zustrpmen der wis^sbegierigeii Jünglinge aus 
allen Ländern her die Prager Bürger nicht wenig bereicherte,' un4 dieseif 
ersten öffentlichen Lehranstalt in slawischen und teutschen Ländern einen 
unsterbliche^ Ruhm gab, brachte eine solche Lebhaftigkeit nach Prag, dass 
dadurch Händel und Wandel züselm|^s zunahm. — liii Jahre 1370 -machte 
Karl mit der Universitätsbibliothek den Anfang. Er kaufte zu diesem Ende 
den ganzen vom ^'rager Dechänt Wilhelm von Hasenburg hinterlassenen 
Büchervorräth, 114 Bände betragend, für 100 Mark Silbers und schenkte ' 
denselben der Universitäi So ward die Universität begründet, die allgemach 
durcb verschieoene Schenkungen anwuchs. So schenkte der Rath der Alt- . 
Stadt einen prachtvollen Pergament-Codex der Briefe des Plinius. 

Im Jahre 1360 hat* Karl den ersten botanischen oder Medizinalkräuter- 
Garten ^'^, und eine förmliche Apotheke *®") — welch' beide der Phai:maceut 
Angeli diFlorentia auf italienische Art eingerichtet — in Prag begründet, und 
diese Stiftung ' ward nachher \v^ Jahre 1373 von ihm selbst und im Jahre 
1409 voö seinem Sohne Wenzel bestättigt 

Diese Apotheke hatte zum Schild einen goldenen Löwen. Derselbe 
war von Holz gei^chnitzt und oberhalb . des Laboratoriums ward . ihm (ier 
Platz angewiesene®^). . • 

279) In der Heinrichsgasse, wo jetzt die k. k. Tabak-Gefäü-Direction steht. ^ 

280) Nach ihr i)irard in ^^m^elben Jahre eine ähnliche Anstalt in Leipzig eingerichtet, Ai^^\ 
so- wie die in Prag, zum goldenen L^wen g^annl ward. \ 

281) Dieser Löwe wurdfe im Jahre 1A)9^ duw <dte damals^ von der Prager Universität ver- 
drängten teutachiui Stodirenden — denen siph auch vii^le Pharmaceuten ansohlossen — 
nach Leipzig giebracht. Mit PietHt bewi^i^i&^esenjange Zeit die medizinische Fa- 
cultät daselbst als ein besonderes Ahdenl^ien, ^^^is es endlich an die dortige älteste 
Apotheke überging, und Jhr zum stehenden inventarischen Ehrenschilde wurde; (Bei- 
blätter zu Ost und West N.' 182. 1845. 

16* 






244 . 

Von dem Fortgang der Arzneiwissenschaft — welche mit dem Material- 
waarenhänd^l so engf verknüpft ist — haben wir aus jener Zeit keine Oder 
doch sehr ungewisse Naclirichlen. Der Erste, der diese Wissenschaft auf 
Karls Yeranlassung an der Prager hohen Schule öffentlich lehrte, war ffla- 
^ gister Nicolaus de Moravia^ den freien Künste und der Medizin Doktor, dem 
hernach M. Balthasar von Tusta, ein £öhme, zugetheilt wurde. Unter den 
Urkunden und der Geschichte der Prager Universität finden wir auch, dass 
auf der Altstadt Prag in ^ der Karpfengasse ein besonderes medizinisches 
Collegium, welches man das neue Haus nanite, gewesen sein soll, in welchem 
sehr viel Studirende Unterricht genommen haben. Wie hoch man übrigens 
diese heilbringende Wissenschaft zu dieser und den nachfolgenden Zeiten 
geschätzt habe, kann man daraus schliessen, dass man keinen Anstand ge- 
nommen, einen durch ^ seine Schriften berühmten Leibarzt Kaiser Wenzel's 
und pifentlichen Lehrer der hohen Schule zu Prag, Sigmund Albicus von 
Unczow, in Mähren gebürtig, im J. 1409 zur erzbischöflichen Würde zu erheben. 
Auf die Agrikultur warf Karl ein besonderes Augenmerk. Ihm hatte 
man damals zu verdanken, dass ungeachtet des Zulaufs verschiedener Fremden 
in Böhmen, des daselbst zu betreibenden Handels wegen, alles sehr wolfell 
Ivar. Da nun ein Uiberfluss von allen Lebensmitteln in Böhmen war, so 
hatte der L^ndmann viel Getreide in die benachbarten Länder verführt, und 
daselbst verkauft. Da brachte er dann recht viel Geld nach Böhmen, wofür 
er sich alles anschaffen korinte, was ihm zum bequemen Leben nothwendig 
war. Bilin, Tetschen, Leitmeritz, Aussig, Brüx trieben um diese Zeit einen 
bedeutenden Getreidehandel nach Sachsen. 

, Aus Vorsorge einer Getreidetheuerung machte Karl die frefflichsten 
ländwirthschaftlichen Verordnungen^®^.. Auf seine in den Jahren 1362 und 
1363 ergangenen Befehle wurden in den königlichen Städten und Klöstern 
in Böhmen Getreidemagazine ^®^), wie dies Urkunden darthun, errichtet. Sie 

282) Mangel und Theuerung des Getreides war zu Kafls Zeit und auch' früher in Böhmen 
ein seltener Fall. . Ereignete es sich, aber zuweilen, so war an dem. Abgange der 
Lebensmittel nicht etwa .der Boden, picht. Trägheit oder Unkenntniss der Kultur, ja 
selbst nicht Misswachs daran schuld, sondern zum ' gewöhnlichsten — namentlich in 
früheren Jahren, • anhaltende Kriege waren Ursache, dass in einigen Gegenden Böh- 
mens, besonders da, wo der Feind einfiel; die Fruchte vernichtet wurden. Im Jahre 
1^42 breitete sich eine grosse Theuernng in Böhmen aus,, die durch >ganze drei Jahre 
fortgedauert hat. Ein Strich Korn ham in diesen Zeiten auf 1 Schock und 4 Prager 
Groschen, 1 Strich Erbsen auf 1 Schock, ein Strich Gerste auf 30 Prager ^röschen 
zu stehen. - 

283) Eine ähoUche Einrichtung, fand man schon im Jahre 1127 > bei den Pomm^rschen 

Slawen, nachdem sie sich in diesem Jahre dem polnischen Herzoge Boleslaus halten 
/ unterwerfen, müssen. ^ 



s 



- 245 

sind abscfarifltich; vorhanden in den im. Jahre 1547 amtlich errichteten 'und 
bei^dei* ft. Landtafel deponirten alten Privilegiumsbüchern des Königreiches, 
Aus diesen Urkunden ersieht man, dass-sich darin einzelne Städte verpflich- 
teten, eine bestimm^te Quantität Getreide, zum Theil auf städtische, zum Theil 
auf kaiserliche Kosten, bei sich aufzustapeln und vunversehrt zu künftiger 
königlicher Verfügung* aufzubewahren. Namentlich kamen auf: 
die Prager Kleinseile WO Strich Korn 2®*) 
„ Stadt Ciaslau 2800 » . „ y ' 

^ • ^ Brüx 1900 „ „ .. 

Pilsen 1300 „ ^ ^ ^ 

Pisek 1200 ;, „ 

Laun 950. ^ \ ^ ^ 



» 



» 



„ „ Chrudim , 900 „ „ 

„ „ Tachau 70Ö „ ^ 

„ „ PoKc -700 „" ,„ 

^ „ Schtittenhofen600 ^„ .„ 



55 



Wodfian / 300 



Ferner sollten die Klöster aln die Kornmagazine der nächst gelegenen 
königlichen Städte abliefern: ~ / 

Mühlhausen, 1300 und Nepomuk 1700 Strich nach Pisek j 

Plass 1300 und Chotöfau 1700 „ „ . Pilsen; ' 

Lunowic ' 300 Strich; , 

Selau 600 - Strahow lOOÖ Strich 

St. Georg auf den Hradöchin 1300 Strich u. s. wi 
Es ist zu bedauern, dass die diesfälligen Urkunden sich nicht voll- 
ständig erhalten haben, daher es unmöglich wird, das. Getreide-Quantum in 
ganz Böhmen genau anzugeben. Man wird jedoch au« den vorhandenen 
Daten auch auf die noch fehlenden schliessen könne», wornach die Ge- 
sammtsumme sich wol auf 100000 Strich überhaupt belaüTen haben dürfte. 
Däss diese Anstallf ein neuer Beweis der Regierungsweisheit Karls, 
nicht bloa für den Augenblick berechijet, sondern dauernd sein sollte, scheint 
selbst der Umstand zu bew:eisen, dass die sich hierauf beziehenden städti-^ 
sehen Revenue und Urkun^den von der städtischen Commission noch im Jahre 
1547 in die Zahl der giltigen Priyilegien und Satzungen des Königreiches 
eingetragen wurden. 

Die Grundsteuer geschah in .61 Städten, in welche die' näcTistgelegenßn 
HerrscHaften den aitgewieseneii Betrag abschickten. Sie waren folgende: 

284) In den Urkunden KarU Bläda d. i. Getreide. Weil Karl in seiner Jugend in Frank- 
reich erzogen ward, so finden sich in seinen Urkunden verschiedene S[]^uren der 
französischen Sprache. ' 



/ > 



246 

Im Kaufhner KreiSe die Altstadt Prag, Böhmigchbrod, Neukölln, Kaunm^ 
^laSim, Beoesow. — Im Pilsner Kreise : Neupilsen, Klattau, Taus, Mies. — 
Im Königgrätzer Ki-eis: Koslelec, Jaromäf, 6i6in, Byd2ow. — Im Leitmeritzer 
Kreise: lieUmeritz, Leipa, Melnik. — Im ' Rakonitzer Kreise: Rakonitz, Be- 
raün.-:— Im Chrudimer Kreise: Chrudiro, Hohenmaut. — Im PrachiYier Kreist: 
Kamenec, Bre2nitz, Schtittenhofen, Hora2dowitz, Strakonitz^ Netolitz«. — Im 
Slantr Kreise: Die kleinere Stadt Prag, Slan (Schlau), Raudnitz, Welwarn. — 

, Im Bunzlauer Kreise : Caslau, Zbraslawic, St^panow^ Cechtic, Humpolec, 
Teutschbrod. — Im Bechiner Kreis: Nemelkau, Selöan, Kra§nabora, Mühl- 
hausen, Pisek, Holdaüteinf, Budweis, WeSsely,^ Neuhaus, Patzaü, Aussig an 
der liUznice und Milöin. — 

\Jm die Veredlung de^ Weinrpbe erwarb sich Karl vorzügljch grosse 
Verdienste, Auf seine Veranlassung rodete man die Waldungen aus, und 
lichtete die bisher noch wild verwachsenen Ufer der Moldau. Die Gattun- 
gen von Reben, welche man bisher in Böhmen bei den ersten Versuchen 
angepflanzt und in der Folge aus Gewohnheit b'eibehalten hatte, schienen 
ihm zu gering,, und die treuliche Lage der Moldauthalhöhen zu glücklich, 
um nicht durch ein edleres Gewächs bepflanzt zu werden. Er befahl also 
neue Reben aus ' Burgund und den Rheingegenden zu bringen, und ward 

' dadurch der Stifter des edleren Weinbaues in Böhmen. Üm^ nun aber den 
Weinbau^ beschleunigen, befal)l er, dasSman drei Meilen. weit um Prag 
herum die Anhöhen und Berge mit den neuen Reben bepflanze. Die 
Anbauer machte er auf zwölf Jahre steuerfrei, und erst das dreizehnte Jahr 
ward ihnen angedeutet, dass sie dem Grundherrn den Zehenten, dem Lan- 
desfürsten aber einen Eimer Wein als Schutzsteuer entrichten sollen. Um 
diesen Zweig der Oekonomie auf die höchste Stufe zu bringen^ dehnte Karl 
in der Folge den jBefehl so aus, dass nur denjenigen das Bürgerrecht für 
Prag ertheilt werden solle, die sich mit dem rechtmässigen Eigenthüm eines 
Weingartens auszuweisen verm'ögen. Harl gestattete den Weinern den steuer- 
freien Ausschank des Weines auf ihren Weinbergen; auqh erlaubte er, dass 
ihre Wirthschaftsfuhren <^hne Mautgebühr durch die Prager Thore fahren 

^ -dürfen. So wurde nach und nach, der Rebstock allerorts, wo er nur eini^ 
germassen gedeihen konnte, angepflanzt. Jeder geringe Edelmani^, jedes 
Kloster .trachtete .sich irgend eineii yortheilhaft gelegenen Weingarten zum 
eigenen Gebrauch anzulegen, und es zeigten namentlich die geistlichen Oeko^ 
nomie-Anstalten, von denen schon^^än früheren Zeitperioden überhaupt so 
viel Gutes für die Landwirthi^cbaff^au&gegangen ist, einen sehr feinen Takt 
in der Auswahl der zum Weinbau günstigen Stellen. ^ So ist es auch ge- 
kommen, dass zu jener Zeit- die guten Lagen fast ausschliesslich in den 
Händen der Geistlichkeit sich befanden, und zwar nicht auf unerlaubte Weise, 



247 

denn die Klöster und Stifte, als erste Cultivatoren der Einöden, darften sich 
wahrlich doch ai^ch die geeignetsten Plätze für ihre Pflanzungen aussuchen. 
Karl war es, der^ den Schoppen und Geschworne.n der Stadt Leitmeritz das 
Recht ertheilte, auf dem Berge Radobyl (nach der dortigen Sprache Rode- 
heile) Weingärtei) anzulegen und denjenigen, die von diesem Rechte Ge- 
brauch machen würden,, zehnjährige Steuerfreiheit bewilligte. Diese Be- 
günstigung hatte auch zur Folge, dass schon das nächste Jahr fast die ganze 
Umgegend von .Leitmeritz bis an Aussig hinab, mit Weingärten versehen 
war ^®^), . Zur Anlegung der bei Aussig ' liegenden Weingärten soll eben-, 
falls Karl im Jahre 1350 oder 1354 Veranlassung gegeben haben. Die 
ersten Weingärten daselbst soll ein gewisser Vincenz Schlichting im Besitz 
gehabt haben; welches aus einer auf dem dortigen Rathhause auf^ewahrteil 
Urkunde ^rsiditlich wird, nach welcher Schlichling sich verbindlich macht, 
von diesem Gerten 5^/^ Schock böhm. Groschen an die dortige Stadtpfarr- 
kirche zu bezahlen ^®*). Auch, die Herren von Wartenberg, damals Besitzer 
von Schreckstei^, leisteten dem Willen Karls Folge, indem sie die sonnigen 
Anhöhen der Elbeufer mit Weinreben bepflanzten. Noch heiit zu Tage führt 
ein oberhalb Aussjg am linken Elbeufer liegendes Dorf — wo sich ehemals 
die Wein-Jresse der Schreckensteiner Herren befand — den Namen Winow 
(Weinhc^, welches Wort in der Folge in Wanpw verdreht wurde. 

\Die Weingärten an der Stadt Melnik verdanken ihr Dasein ebenfalls 
diesem Monarchen; und da er die Anhöhen, daselbst ganz besonders günstig 
für den Weinbau fand^ so liess er für die dortige Gegend die edelste Bur- 
gunder Rebengattunf austheilen *^'). - 

^ • ' * " - - , 

285) Die Bürger Ton Leitmeritz pflegen bei gläc.kh'chen Jahrgängen ihren ansWärligen 
Freunden und Gästen dieses Getränk so versbhw6nderisch und die Speisen st» karg 
aufzuhetzen, dass man sie desshalb — wie SchaUer bemerkt — durchzulassen pflegte, 
und von dieser Zeit sprichwörtlich sagte: Die Leitmeiitzer zwingen ilire Gäste im 
Weine zu ertrinken, während dem sie sie gleichzeitig vor Hunger sti^rben lassen. 
Man pries daher diejenigen glücklich, die von Saaz ohne Hohn, von Laun ohne 
Schläge und von Leitmeritz ohne Rausch weggekommen sind. 

286) Diese lateinische Original-Urkunde isj auf Pergament geschrieben^ unä die daran 
wolerhältenen Siegel enthalten das ^städtische Wappe* und das der dortigen Pfarrei 
angehörende Signum. 

287) Es ist eine bekannte Sa^he, dass man die Rebense^linge in Honigfässer verpackt, 
wirklich ans Burgund verschrieben und auf Melniks Anhöhen yerpflapz'en liess. Indess 
verdient es die AuCmerksamkeit der Oekonomen, dass diese Weine so vieles von 
ihrer natürlichen Art behalten haben, da doch sonst die Rebea dem Ausarten ^o sehr 

'unterworfen sind. Vielleicht würde man aus einer genauen Untersuchung der na- 
türlichen Beschaffenheit des Rodens und der Lage und angestellten Yergleichungen 
mit den Burgunder Weinbergen Schlüsi^e herleiten, die zu. manchen Verbesseruligen 
und Versuchen in Absicht auf unsem inländischen Weinbau Anlass geben könnlei 



248 



/ 



Im Jahre 1374 (25. Jänner) ertheilte Karl der Stadt Bräx die üblichen 
Vorrechte in Betreff des Weinbaues. Ein gleiches Recht ertheilte er um 
diese Zeit den Bürgern von Laun« Der unfern der genannten Stadt gelegene 
und damals unter dem Namen „öernodolsk^ winohrad^ bekannte > Weingarten 
soll den besten Saft geliefert haben. Man rühmte besonderjs dessen Stärke. — 

In einer Recognition, welche in der,Zdaraser Canonie aufbewiahrt wird, 
kommen auf dem sogenannten Wittenberg^ Weingärten und Weinhändler vor. 

Ausserordentlich war die Schärfe, mit welcher Karl alle diejenigen 
angesehen wissen wollte, die sich beigehen Hessen, die Aufnahme des Wein- 
baue^ aus Muthwillen oder , gar wol aus Bosheit^ zu zerstören. Auf eine 
jede Beschädigung, die bei Tage geschah, setzte er das Abhauen der Hand — 
welche jedoch mit 20 Schock Groschen eingelöst werden konnte ; — auf 
eine nächtliche aber den Tod und den Verfall der Güter des Thäters zum 
Besten des Weinbergmeisters. Ja selbst derjenige, der ihn auf frischer 
That tödten würde, splle von aller Strafe frei sein, wenn er nur zwei Heller 
zur Beerdigung auf den Todten^lege. Diese furchtbare Strenge lässt ver- 
muthen, dass man sich in den Willen Karls nicht ganz fügen/ wollte, und 
dass häufig Zerstörungen der Weingärten vorangegangen sein mussten. Der 
Ra(h der Altstadt unterstützte die Absichten Karls und versprach nicht allein, 
diese VeroWnung zu handhaben, sondern er befreite auch alle Weinbauer — 
um ihren Eifer noch mehr aufzumuntern — von den Schuldigkeilen, die ihnen 
als Bürger sonst oblagen. Den 5. September 1358 gab Karf einen andern 
Majestätsbrief fast desselben Inhalts heraus. Zufolge dessen musste ein 
jeder Weingarten 16 (nicht 60) Ruthen lang un4 8 Ruthen breit sein — 
eine,Ruthe zu 8 Ellen gerechnet. Die Weingemässe wurden ebenfalls darin 
bestimmt^ und auf die üibertretung des Gebotes strenge Strafe gesetzt, 
welche der von Karl , eingesetzte Weinbergamtsmeister zu bestimmen hatte. 
Der erste Weinbergamtsmeister war der Prager Bürger Rost» Im Jahre 
1353 wurde für die Egerer Schröter eine Taxe festgesetzt. ; 

In einer 1341 ausgestellten Urkunde des Prager Stadtbuches liest man 

ausdrücklich :. von dem Einkommen des Altslädler Weinschrotamtesr^^). Im 

' ■ -fc ■ ' ' 

Jahre 1360 verpachtete Karl die Prager Weintaz an einen Prager Bürger, 

Peter de Colonia, uni 800 Mark böhm. Groschen (15000* fl.) ; 

Damit nun durch den guten Abgang der böhmischen Weine die Mühe 

und Arbeit den Weinpflanzern reichlich belohnt werden möchte, verbot Karl 

im Jahre 1370 (7. Jänner) die Einfuhr der ungarischen, österreichischen, 

288^ Zur ErMtung der Reinlichkeit der Stadt wurden die , Einkünfte des Weinschrot- 
anites, welche^ Karl der 'Stadt abgetreten hatte., angewiesen. Urkunde v. 21. Mai 
* 4341" A.^ p. 8. V. Palacky in Mus. Z. 1827. II. 92. 



IK ' 



249 

mährisc^hen, fränkischen^ schwäbischen, elsasser und anderen ausländischen 
Weine in das Königreich, wovon jedoch die italienischen Weine ausge* 
nommen wurden. Die Stäfite Kuttenberg, Budweis, Pisek und Eger wurden 
unter diesem Verbote nicht. mitbegrjfTen. Die letztgenannte Stadt trieb nicht 
allein mit Elsasser-, Rhein-, Franken-, WälKschen-, Italienischen- ^ Saal-, 
sondern auch mit Leitmeritzer Weinen einten bedeutenden Handeil. —'In 
Zittau, wurde zu Karls Zeit sehr viel böhmischer Wein getrunken. — Im 
Jahre 1371 erneuerte Karl das erwähnte Verbot, doch soll von diesem nebst 
den bereits genafinten Städten aifch Teutschbrod ausgeschlossen sein. 

Die Ordensbrüder des heiligen Benedikt trugen zu Karls Zeit insbe- 
sondere'^ und vorzüglich dazu bei,' die Obstkultur zu heben. Sie verpflanzten 
alle Obstarten ^ Italiens und Frankreichs, die nur fortkommen wollten, nach 
Böhmen, und verwandelten so die rauhen und traurigen Wildnisse in schöne 
Gärten und fruchtbare Pflanzungen. Das Nämliche thaten die Benediktiner 
mit allem Eifer. Die fleis^igen. Franziskaner ahmten das rühmliche Bemühen 
des Pflanz ens und Anbaues der Obstkultur eifrig nach. Uiberhaupt haben 
die. religiösen Orden, die Prämonstratenser, Cisterzienser, Augustiner und 
Andere Vides für die Beförderung der Obstkultur und des Gartenbaues ge- 
leistet. — Die Jesuiten, die sich zwar vorzüglich in den strengen Wijssen- 
schaften, als z. B. Mechanik, Physik Und andern jnehr auf das rühmlichst^ 
ausgezeichnet haben, wie sollten diese nicht' auch im Gartenbau und in der 
Obstkultur sinnig ge'wirkt haben ^®^ ? Auch der Secular-Clerus hatte einön 
guten Theil an der rühmlichen Beförderung der Obstkultur und des Garten- 
baues.' Sowol der Regulär- als der Secular-GeistHtjhkeil hat man über- 
haupt in allen Ländern Europa's y\e\ in der Kultur des Bodens zu ver- 
danken. Nur bleibt dabei als historische Wahrheit bemerkbar, dass unter 
der Regula^-Gei^llichkeit die Benediktiner hierin die ersten und vorzüg- 
lichsten waren, denen man überdies^ die Rettunjäf wissenschaftlicher Schätze 
und die Erhaltung der Wissenschaften aus den Finsternissen des trüben 
Mittelalters zu danken hat, und dass unter der Sekular-Geistlidhkeit sieb' 
vorzüglich viele Bischöfe und\ Prälaten in der Garten- und Obstkultur auf 
das rühlnlichste ausgezeichnet haben. * Die Aepfel, gedörrten Pflaumen aller 
Art, Wall- und Haselnüsse waren zu jener Zeit als Handelsprodukte ein Ge- 
genstand der Oekonomie. * ^ 

Auf Karls Verordnung wurde auch, in vielen Gegenden der Hopfen 
angebaut, zu welcher Verfügung ^arls wol die vielen Bierbrauereien und 



289) Dass man im XIY. und XV. Jah'h. ^te Obstsorten zog, ist wol dai:aus zu schliessen, 
/ dass man 1434 Aepfel und Birnen beim Besuch der Sechs Wöchnerinnen vorzusetzen 
verordnete. ^ ' 



250 

I 

V ^ 

die Frage nach diesen Veranlasstmgr gegeben haben. Die Bierbrauereien, 
welche In den Hansestädten an der Ostsee, nämlich Lübek und Rostok, 
dann die Niederländischen, verbrauchten grösstentheils für ihre Biere böh- 
mischen Hopfen (1363)"®), denn liieit demXI. Jahrh* war derselbe in Nieder- 
land und den Ostseestädten bekannt, und die Kosten der Wasserfracht auf 
der £lbe konnten nicht hoch sein. Nacht ftiinder bezogen um diese Zeit die 
Bierbrauer in den südlich benachbarten Ländertf Oesterreich und namentlich 
Baiem diesen Artikel aus Böhmen, da namentlich in Regensburg schon in 
der ersten Hälfte- des XHI. Jahrh. das Brauwesen allgemdn war; wiewol 
in der ddrtigen Umgegend 200 Jahre früher auch der Hopfenbau schon be- 
kannt gewesen ist« 

Die böhmischen Biere standen namentlich unter Karl in der vollsten 
Blüthe. Die Ursachen des grossen Bierabsatzes waren theils die vorzügliche 
Güte dieses Getränkes, theils die Sitte, sehr viel zu trinken, theils der 
Wohlstand der Bürger, theils der Mangel des Kaffees» - ' 

Mit dem Anbau des ^ Waids liess Karl bei Prag die ersten V^suche 
anstellen; wie diese übrigens ausfielen, ist nicht bekannt. Böhmen bezog 
diesen für die Färberei so wichtigen Artikel aus Erfurt, und die Stadt 
Görlitz hatte schon seit dem XII. Jahrb. die Stapelgerecbtigkeit auf den 
aus Thüringen kommenden Waid. Im Jahre 1350 ertbeilte Karl den Zittauem 
ein Privilegium, nach welchem Jedermann von Zittau aus mit Waid nach 
Böhmen und Polen frei handeln möge ^'*> In einer Urkunde Karls von 

290) Siehe Hullmanns Stadtewesen I. B. & 373. 

^^V) Wir, dy hie geschribin sten, Nyckil' Schultheis, Bürgermeister, Lorenz nyhns, Hannos 
von der lypin^ Pedir mit der schulder, Conrad Pesold, Tyle steynrucker, frehcyil von 
grothfx Hannns greczer, Thomas toiiber, ;Heyn& smyt, ifennil Rertil, schep^lira ge- 

' ' meinlich in der stat csur Zittaw, dy no sin ader noch csu künftig werdin mochten, 
bekennin oifinlich allin, dy dysin kegin wortigin brif sehen adir horin lesin, daz 
zivisschin yns vnd der ersamen mannen Bürgern von gorlicz eine zweyunge gewest 
ist, umme weyt in unser stat czu vurin, di ozeyunge ist zwisschin en vnd vns vor- 
sonet, vruntlieh vnd hin geleit, mit rate herm von. Torgov, voyte ezo gorlicz vnd 
czu Bvdissin der lande, und mit' hem heywichs von hastinberg, vnsirs voytis vnd 
andir bydewer lute, also daz man weit czu vnsir stat schal vuriii^vngehindert cza 
vnsir notdurft, unse gewandt, daz man do macht, czu verbin, Dez 'geloben wir vnd 
habin gelobit, au arg, den vor genanten Bathmannen vnd bürgern , czu Gorlicz unsim 
iybin orunden dy no sin ader czo'czitin werdin, waz weitis czu vns komt, den 
schal man czu vns vor verbin, vnd nymand schal yn vz vnsir Stadt vurin noch 
dannen vor koufin, werde abir keyn schade. kont getan mit weite, trelchif bände 
Inte daz werin, so schal es der weit by den geWantmachem blybin daz her czu vns 
vor werbit werde ; vnd nymand Ischal yn von uns vurin, alz wir vor gelobit habin, 
gesche iz abiV, daz is an nymande bruch 'worde, dez nicht gesth^hn schal von weme 
daz were, daz man weit von uns vurte^ daz geloben. wir ciu richtiii noch unsir stat 



251 

1365 (24. Juni) ' heisst es im Betreff des Waidhandels ^ „Der Kaiser geheut 
allen KaUfl^uien, die mit Waid handeln, und welche die ' beiden Weidibilder 
und Krdse Budissin und Görlitz damit berühren, dass sie selbön nirgend 
anders wohin,^ als gegen 60rlitz führen, allda abladen, verkaufen,* verhandeln 
und der Stadt, was sie zu allem Rechte von solchen billig zu fordern hat, 
geben sollen*'*)* — , , 

Die dicht geschlossenen Waldungen an den Gränzen des Landes pries 
Karl als eine Zierde und Schtitzwehr des Landes; daher Setzte er auf ihre 
Verletzung eine strenge Strafe« Wer Holzv in denselben schlug, sollte Wagen 
und Pferde verlieren; wer Bäume abschftlte, denr sollte die Hand abge- 
schlagen, wer Feuer in. den Waldungen anlegte, der sollte verbrannt werden. 

Mit dem Forstwesen war damals die Bienenzucht verbunden, ^welches 
aus der Bestättigung des. Forstmeisteramtes der Stadt Eger zu entnehmen 
ist, * welche über alle andere im Egerlande befindiicHe Förster bestellt wurde« 
Auffallend ist es, dass sich keine Spuren finden, ob auch in ,Böhmen einige 
Zeidlergeselhschaften jemals heisitanden haben. Indess ist es- waJirscheinlich, 
dass Karl, der so vielerlei landwirthschaftliche Zweige einführen und die 
schon vorhandenen in grosse Ordnung bringen liess, auch vo^ dieser Seite 
einige Verfdgungen machte, nur sind uns leider die Bewdse durch Ur-* 
künden entrückt. Wir haben eine einzige Urkunde vom Jahre 1348 in 
dieser Beziehung von ihm, in welcher er nämlich die Zeidler ^^) des Eger- 
landes erwähnt. Unter den Slawen der Oberlausitz, welche sonst zu Böhmen 
gehörte, haben sich noch bis auf gegenwärtige. Zeit Zeidlergesellschaften 
erhalten, welche die Waldbienenzucht noch betreiben. Sie waren schon zu 
den Zeiten des Churfürsten August in einem sokhen Grad berühmt in diesem 
Oekonomiezweige, dass man wendisch^ Zeidler nach Sachsen verschriebt®^). 
Wenn> nun in den zu Böhmen gehörigen Provinzen Zeidlergesellschaften an- 

erin, also dasjTnti dy vor genaotin Rathmaniie von gorlicz, vnsir lybin vrunt, dorfin 
czo danekin habin, c^^u eyme bekenntnisse dirre sacke baben wir yn ge' gebia dysin 
offen brif, vörvestiert mit anbengange unsir atat ingesigil, geschribin czu der zittau 
hock gotis ge buite dreizen bnndirt Jar in dem yunfczigisten Jabre, etc. (Be^kowsky 
böbimacfae Cbronik). ' ' 

292) Pescbke's Gescbicbta von Zittan II. B. ' . 

293J Von dem Altteutscben lYorte iZeidel d. i. Honig. 

294) Die Zeidlerei zu Muskau hatte die Bienenzucht in den weitläufigen Waldungen der 
freien Erb- und Standesherrschaft Muskau zur Absfcht. Sie hielt ihre Kenntnisse 
geheim. Die schriftlichen Nachrichten und Privilegien^ erreichen das XVI. Jahrhundert, 
allein die Gesellschaft ist viel alter. Die Zeidlerei zu Hoyerswerda stand noch im 
Jahre 1558 in ^ Ansehen, hat aber schon weit frfiber geblüht. Diese geschlossene 
Gesellschaft nennt sich auf wendisch r^Dziezizarjo, da die andern Zeidler : Cxoln^cy 
Gzolnik, d. t.' Bieneamänner heisaen. ^ 



252 

zutreffen warea, so werden $ie .wol in dem IMtutterlande selbst auch vor- 
handen gewesen sein, welche von ^ der wilden Bienenzacbt in Gegenden^ wo 
viele Waldungen wareny'einen Nutzen zu ziehen nicht verabsäumt haben werden, 
ungeachtet in anderen Gegendon, die mehr bevölkert waren, unter Einem 
auch die zahme Zucht statt gefunden hat, wie es die im X» Jafirh. ange- 
führten Stiftsbriefe beweisen. Dies ist 'um so mehr zu vermutben, da Karl 
im JibrO' 1350 der Stadt Nürnberg säipmtliche Z^dler-Rechte und Gerech- 
tigkeiten in einem Freibeitsbriefe bestättigt. 

Der Handel mit Honig wurde noch immer gleich * stark wie ehedem 
betrieben, auch gehenkte man der Bereitung dei^ Meths alje Aufmerksamkeit. 
Der Egersche Meth war- in solchem Rufe und so berühmt, dass die Stadt 
Eger bei wichtigen Anlässen Kaisern und Königen wolgefällige Geschenke 
damit machte. Man findet, sehr oft aufgezeichnet, Wie oft Kaisern und Kö- 
nige^ ein Fässchen Meth zugesendet Würde. Der alten Sage' nach soll dieser 
Meth von weisser Farbe gewesen sein; dessgleichen sollen dieses Meths 
wegen die RothschmiedgeseUen von Nürnberg nach^Eger gekommen sein, 
um sich hier an diesem angenehmen Getränke zu erquicken^**). P. Amiot 
in Germ, veler. lit,, 9. quaest. 10. sagt von diesem Meth: (Mulsum seu Me- 
laticum primo confectum esse in pervetato Naris coram oppido Egra, loco 
ameno infra mpntem hercinum etc. etc^, d. i. der Meth wurde zuerst in dem 
mariscischen Gebiete, also um Eger im herzinischen Gebirge bereitet, und 
dies mag auch gleichzeitig zum Beweise dienen, dass daselbst eine grosse 
Bienenzucht betrieben wurde. 

ücn die Teichfischerei zu heben, und die grosse Abnahme derselben 
möglichst zu verhindern, befahl Karl seinen Verwaltern, auf allen Höfen 
Teiche anzulegen. Die Vermehrung der geistlichen • Stiftungen und der 
kirchlichen Fasten vergrösserte auch, das Bedürfni^^ S|H Fischen, und man 
machte nun die LieTerung derselben zu einer Art Abgabe von Grundstücken; 
die Herrschaften legten den Hintersassei;i, die vom der Fischerei lebten, eine 
Abgabe von Fischen auf. Diesemnach nahm die Teichwirthschaft immer mehr 
zu; theils wegen der starken Naturallieferung, theils auch weil mit dem 
Fischhandel Geld ?u verdienen war. 

Der Lachsenfang war im XIV. Jahrb. in der Elbe sehr bedeutend, und 
noch im Jahre 1433 sammelte sich bei Königgrötz eine* sc grosse Anzahl 

295) Diese Rotlisc hm ied gesellen sollen zum Andenken den grossen, messingenen Ceuchter 
in der St. Niklas-Pfarrkirclie zu Eger gestiftet haben, welchen die Stadt als Alter- 
thum Sr. k. k, Mnj. f'ranz I. für das Schloss Laxenburg verehrte, und welcher der- 
9ialen dort mit andern kostbaren Alterthümern aufbewahrt wird, und wofür der Kaiser 
ein weit kostbareres und nützlicherem Geschenk dieser Kirche mit einem prächtigen 
Ornate macjite. (Grüncr's Geschichte v. Eger.) 



/' 



253 



dieser Fischgattüng, dasiS sie gleichsam den freien Lauf des Flusses gehemmt 
haben. Diese. ungewöhnliehe Begebenheil lockte die meisten Einwohner 
aus der Städl heraus, die eine ünzähHgß Menge derselben mit allerlei Wterk- 
zeug-en tadtgesqMagen, und än's Ufer gezogen haben. Auch in der niederen 
Elbe wurden im XIV. Jahrh. viele Lachse gefangen, und Leitmeritz, Aussige 
Tetschen u. V. a. Orte trieben mit dieser Fischgättung einen beträchthdien 
Handel ins Land. Ma^n sagft, dass zu jen6r !^eit isichs die Dienstboten beim 
Antritt ihtes Dienstes zur Bedingung machten, nicht öfter als zweimal in 
der Woche mit' Lachsen gespeist zu werden. ' 

Nach dem Gesetze vom Jahre 1370 häisst es: „Jeder fremde Fisch- 
händler soll mit seinen Fischen auf dem Markte bis an den dritten Tag 
stehen dürfen, und an dem ' dritten Tage nach Essen^s soll man den übrig 
gebliebenen Fispheii die Schwänze abschlagen, damit man sie weiterhin nicht 
mehr feir haben könnte;'' , » ^ 

Die Federviehzucht wurde auf den Landhöfen und Bauernwirthschaften 
zu jener^Zeit mit einer besonderen Aufroerksamkett betrieben: Ja, einige 
und andere hidividuen unterhielten in' ihren- Wohnhäusern' mittelst einer be- 
spnderen Fütterung sogar dgene Hahnenzuchten, wodurch diese Thiereöirie 
ungewöhnliche Grosse und Stärke bekamen. Man reizte sie zum Zorne und 
leitete sie zum Streite aii, wobei man ihn^n eigene Waffen, gleich einenf 
Sporh mit Stacheln, an die Ftisse band, womit sie den Streit so lange fort- 
setzten, bis sie entweder ihre Wärter durch einen lauten Ruf oder Schlag 
an ein Brett zur Rühe brachten, oder aber bis einer det Streitenden erlag. Mit 
solchen abgerichteten Hähnen wurde sogar ein bedeutender Handel getrieben. 
Die Schiffsregister aus dem XUL und XIV. Jahrh. geben uns den Beweis, 
dass man dergleichen Hähne in grosser Anzahl auf der Elbe versandte. Auch 
zogen die Böhmen damit in alle Theile der Welt, und suchten durch eigene^ 
Spektakel, die sie in Städten und Dörfern gaben, sich zu nähren; so kamen 
sie, auch nach England, wo dieser Hahnenkampf um so mehr grossen Beifall 
fand, da er den Engländern eine erwünschte Gelegenheit zu den dort schon 
damals so beliebten, Wetten gab, und wo er noch heut zu Tage geübt wird» 
^Schade" — sagt unsere alte Nachricht — „dass man diesen dur'ch geringen 
Aufwand leicht einführbaren Sonntägs-Unterhalt nicht wieder erneuert, und 
so eine arme brotlose Tamilie in Nahrung zusetzen sucht. Der alte Hahnen- 
trank, welcher aus Haber mit etwas Wein oder Bier gesotten wird, ist ja 

kein Geheimniss mehr, für uns." -r- 

' '- "" ' 

So blühten unter den) Szepter dieses weisen und rastlosen Monarchen, 

den die dankbaren Böhmen ihren Vater nannten, allenrhalben Künste, Wis- 
senschaften, Handel, Gewerbe und - die Oekonomie. Sein grosses Fürsten- 
talent, seine edlen Gesinnungen und sein menschenfreundliches Vaterherz, 



verbargen genügend, dass Böhmen «ch überglücklich schätzen konnte, solch 
einen Regenten zu besitzen. ' Alle böhmischen Schriftsteller sprechen das 
einstimmige Urtheil, das« unter seinem Szepter Böhmen den höchsten Gipfel 
der Glückseligkeit, des Reichthums und Glanzes erreicht' hatte. Es war 
unter ihm gleichsam das goldene Zettalter. Und in der That gab es — wie 
wir aus seinem thatenreichen Leben und Weben ersehen haben — nicht 
allein goldene Sitten, goldene Mem^chen, goldene Einfachheit, sondern man 
hatte auch goldene Berge.i Aber bald nach seinem Tode fiel das stolze 
Gebäude des böhmischen Ruhms zusammen, und einem unglücklichen Con- 
flict verschiedener Ereignisse mussten die bisberjgen geregelten Händels- 
und Cfewerbsverhältnisse, so -wie alles Schöne und Gute unterliegen. So 
lange- aber der Name Böhmen lebt, wird man den seinigen mit Segen 
nennen***). 

Nach dem Tode Karls hatte im Jahre 1382 die zu Göniggrätz woh- 
nende verwittwete^ 'Kaiserin Elisabeth in einem Tage, das ist den Dienstag 
nach der Lichtmesse, zwei Befreiungen ausgehändigt, davon die eine einen 
freien Fleischmarkt alle Samstage für die fremden Fleischer betrüll, und 
folgenden Inhalts ist : . , 

Wir Elisabeth von Gottes Gnaden Romische Keiserinne ,zu allen zeiten 
niererine des Reiches und Kunigtnne zu beheimi bekennen und tun kont 
oiTenlichen an diesen brife aßen den' di in sehen, boren adir lesen das wir 
mit wol bedachten mute rechter wizzen und guten willen der gemeyn unser 
Stadt zu Grecz zu besserung habeii gemacht machen und bieten mit Kraft 
diez brieues zu haben und halden einen vreyen markte am fleische alle 
Wochen an den Sonabende den einigen Tag zu Grecz in unser Stat als in 
andern Steten zu Beheim Vreymarkfe am Fleisch ist gehalten und gehabte 
ndir noch gehalden Wirt und gehabt in zukomnienden zeiten unfl das aller 
. meniglichen dester freileichen kommen solle ufF den vreyen markte und 
seinen frume daseibist suchen .nach dem besten "an sorge und an forchte. 
So gebieten wir ernstlichen dem Richter und den Schöpfen zu Grecz vnsern 
jUeben getrewen di iczunt sind adir noch in zukunftigen Zeiten werden das 
si keynen der ufF splchen markte mit fleisch komt mab seinen mucze binden 
sunder schucen schirmen und bewaren sullen als si vfiser grozze vngegnade 
di wir gegen den adir dy welche wider vnser gebyete in den vorgenannten 
torften tun wollen haben -genichen zu vermeiden mit vrkund diz briefes 
vorsigelt mit vnserm anhangeten Insigl der geben ist zu Grecz uiF der Elbe 
nach Krists geburt dreizehnhundert Jare demnach 'in dem czweyten und acht- 
zisten Jaren an dem Dieiistag nach der Lichtmesse«^ 



V 



296) Viele teiits eil e Schriftsteller haben ihn einen Stiefvater genannt, dagegen haben die 
böhmischen dankbarer seine Apologie sich lingelegen teein lassen. 



255 

Die andere betrifft die Freiheit des Brotbackens für diejenigen Bücker^ 
wqIcIi^ zum Kolatscbepbackeit allein berechtigt waren} nnd sollten solche 
in alleji den Rechten^ die die Brotbäcker gehabt, geachtet und in die näm* 
lichea Rechte gesetzt werden. Sie lautet: 

,,Wir Elisabeth von Gottes Gnaden Römische Keiserinne zu allen zelten 

■■ ' ' ' . 

mererinne des Reiches ui\d Kunigin zu beh^im bekennen und tun kunt offen-^ 
liehen an diesen brtefe^ allen den di in sehen, hören adir lesen das wir Vol 
bedachten mute rechter^ wizzen vnd guten willen der gemeyn vnser Stat zu 
Grecz zu einer besserung beyden anne^ und reichen der Gjolatczem zu 
Crrecz die besundert waren und geleitet von andern picken zu Grecz an den 
brotbaken .und an andern freyheiten der sich die rechten pekhen .gefrewet 
haben vor alden Zeiten solqh Gnad geta^n haben und tun in^ di mit kraft 
diecz brifes das $i fiirbas in künftigen czeiteti gebachen mi^gen, und sollen 
das brot das die rechten genanten pekhen pachen und^das^elb vorkaufen 
ynwendig und oswendig der stat es dem L^nde in fremde Stet füren und 
das an weren liingeben und yprkaiifen nach ihren nucze frume und guten ^ 
willen und das di vorgenante gnade di wir tan den e^nanten Golaczerh, 
und der gemeyne vnser stat zu einer besserung solle sein nüczebroohen 
von aller menigUchen. So gebyet wir den Richter und den S<;hopfen di 
iczunt sein adir zu künftig werden in Grecz vnsern lieben getrewen ernst- 
lichen bei vusern ^aden das si di vorgenant'en Golaczer bei den Gnaden 
di virir tun beleiben lazzen be£M)huczen bewareii und beschirmen als si ire/s 
leibes ui\d gutes bewaret' wollen sein wan wir den adir dy welch wide^ di 
vorgenannte vnser gnade teten vrefentlich nur an leibe und an gut wollen 
buzzen mit vrkunt diez brifes versigeit mit vnsern anhangeteil Insigl der 
geben ist zu.Grecz^ an der Elbe nach Christus gehurt ' dreiczehen hundert 
Jare darnach in den czwey ündachczigsten Jaren/an dem nec|isten diensta^ 
nach der Lichtmesse.^ > , . 



/ 
\ 



s 



Zwölfter Abschnitt. 



Abermaliger Verfall des Handels und der Gewerbe. 

/ • 

Ha, wer zahlet die Tempel, wer zählet die Burgen und Schlösser 
Die da geplündert, verheert wurden der Flamme zum Raub. 
^ Stromweis' floss das Blut, es stampften die Hufe der Rosse 
. Hiner Tenne gleich Saaten und Felder und Flur ; 

Furchtbar und gross ward zwar der Helaenname der Böhmen, 
Do.ch es ward das Land fast einer Einöde gleich. 

- Fr. Flor. Warty. 



]\dch dem Hinscheiden Karls (1378) nahm dessen Sohn Wenzel IV. 
in seinem achtzehnten Lebensjahre ohne Widerspruch der Grossen des 
Landes sowol von dem böhmischen als römischen Reiche Besitz; allein so 
ruhig auch Karl über Böhmen geherrscht hatte, eben so stürmisch war die 
Regieruitg Wenzels. Er bestieg den Thron gerade zu einer Zeit, wo be- 
sonders der in Teutschland herrischende Zustand der Gesetzlosigkeit einen 
kräftigen Fürsten erheischte. ^ Anfä.nglich nahm er sich der Regierungsge- 
schäfte mit wahrer Sorgfalt an, und die Unterthanen lebten schon dör fro- 
hen Hoffnung, in ihrem neueil König den würdigen Nachfolger Karls ver- 
ehren zu können; allein diese allgemeine Erwai*tung schlug fehl/ 

Wie dieser schöne Anfang und Verfolg einer iaiigen friedlichen. Re- 
gierung ein trauriges End^e genommen, ist wol nicht leicht Jemanden aus 
der vaterländischen Geschichte unbekannt. Dieser unselige Zeitraum bietet 
ein endloses, mit allen Schrecknissen erfülltes Gemisch von nie versiegenden 
Thränen, Mord, Brand, Drangsalen, Gewaltlhäligkeit, kürz all das Gefolge 
eines Bürgerkrieges iu aller Lebhaftigkeit dar. Wenzel, in den Lüsten und 
im nichtsthuervden Genüsse schwelgend, sah wie ^ewöhnli<5h ruhig den[i Un- 
tergange seines Königreiches zu, und endete in demselben Augenblick sein 
thatenloses Leben, als ihm . die Schreckensbotschaft von dem Aufstande der 
Hussiten in Prag hinterbracht wurde. Gleich den Tag nach seinanj Tode 



257 



y 



Cl6. Aug. 1419) brachen erst vollends die Uriraheii in volle Flammen aus. 
Städte und Burgen würden gewaltsam zerstört^ Klöster und Kirchen geplüa- 
dert, und die schändlichsten Thaten verübt; so dass auswärtige Schriflisteller 
jener Zeit ganz emslbaft der Meinung wären, die Böhmen seien alle rasend 
geworden. Die ruhigen Bürger flohen aus ihren Städten, und überliessen, 
ihr Hab und Gut dem mit Feuer und Schwert sie verfolgenden Pöbel. Auch 
die Raubritter erwachten und Waren nicht müssig; denn sie überfielen und 
mordeten wehrlose Reisende. Die Kaufleute n^ussten einen reichlichen Lohn 
für gewafliietes Geleit geben/ und da selbes \oft zu schwach gegen die Macht 
der Raubritter war, so sahen sich die Kaufleute oft genött)igt, das Geleite 
von den Raubrittern selbst zu nehmen^ wofür sie ihnen eine Geldsumme 
zahlten, um ia Sicherheit durch die Gegenden reisen* zu können, die das 
Raubgesindel besetzt hielt. 

Dass diese so furchtbare Katastrophe nach ajilen Richtungen des Landes 
die unheilvollsten Folgen nach sich gezogen; und nicht hur auf den Sitten- 
zustand nachtheilig eingewirkt, sondern Stagnation und Vernichtang über 
alle Geschäftszweige hervorgebracht hat, lässt sich wol leicht denken. 

Unter solchen Umständen konnte sich weder der Handel noch der 
GewerMeiös zu einem dauerhaften Flor erhebien. Auch die Künste wurden, 
nachdem Johann Hus zu Kostnitz verbrannt wurde, aus Böhmen verbannt, 
und beinahe in eine If aurige Vergessenheit gebracht. ^ '^ , 

An diesen Unruhen hatten, wenn wir ganz unparteiisch urtheilen wollen, 
die^ Stä4te und der Adel gleichen Antheil. Es war dies eine Revolution, 
durch welche alle Verhältnisse des Staates ohne Unterschied der Stände 
zerstört, und die ganze Nation zugleich am Gängelbande des Fanatismus 
gezogen wurde. Es ist also nur Schmeichelei für den Adel, die Niemanden — 
am weAigste^n deW Adel selbst — etwas nützt, aber als eine blosse Schrift- 
stellerische Erfindung in der Folge den Städten und mit ihnen den böhmi- 
schen JWanufakturen viel zu ihrer Vernichtung beigetragen hat. 

Aus den Gesetzen, welche Wenzel oder vielmehr seine Beherrscher 
und die Kirchenväter erliessen, lässt sich im Gjdnzen die Sitteiislufe genau 
erkennen, die Wenzels Zeit eingenommen hat; denn da darjin auf Abhauen 
der TTände, Ausstechen der Augen, auf Zwicken des' Gesichtes und des 
Leibes mit glühenden Zangen, auf Ersäufen in Säcken, lebendig Verbrennen, 
lebendig Begraben, lebendig Vermauern die Rede ist, so bedarf es keiner 
It^eiteren Züge zur Schilderung des sittlichen Zustandes. 

Dies ist die Schattenseite, der Regierung Wenzels, und die darausx ent- 
standenen unheilbringenden Ereignisse sind Folgen seiner Ohnmacht. Jetzt 
Wolfen wir untersuchen, was K. Wenzel während meiner ganzen Regierungs- 
s^eit Wohlthätiges für die Aufnahme des Handels gethan und wie fem ihm 






258 

der von seinen Zei^enossen ihm gegebene Beiname* ^der Faule^ mit Recht 
zusteht- 

Die damaligen Schriftsteller können die ersten Jahre seiner Regierang 
nicht genug preisen. Sie sagen, er war ein grosse/ Freund der Gerech- 
tigkeit, ein Feind der Unterdrücker der Armen und ein s^rengar Richter der 
Strassenräuber gewesen. Er soll es auch innerhalb seiner ersten zehn 
Regierungsjahre so weit gebracht haben, dass kein auf die Strasse gebrachter 
Schatz angegriffen und bestohlen ward. Während der Zeit als Wenzel zu 
Wien (1404) war, hatten sich wieder hin und wieder in Böhmen einige 
Raubritter aufs Rauben verlegt. Er war nun darauf bedacht, sie zu vertilgen. 
Wide^ diejenigen, welche um Saaz herumschwärmte,n, bot er den ganzen Exek 
auf. Wider den Mächtigsten aber, nämlich den Ritter Johann Zulö, ^ schickte 
er einige Truppen unter der Anführung des Prager Erzbischofs Zbinko. 
Dieser Raubritter besass das ISchloss Cheynow. und aus diesem hatte er die 
Kaufleute und Fuhrleute, welche von und nach Prag fuhren, tiberfallen und 
gewöhnfich ermordet Der Erzbischof belagerte dasSchloss, nahm es ein, und 
machte ien säubern Ritter sammt seinen Knechten gefangen ^^"O* 

yorztiglich sah er auch auf Polizeigegenstände'. Er besichtigte^ ver- 
kleidet die Brot- und Fleischbänke und strafte die betrügerischen Verkäufer 
sehr arg. 

tn Gerichtssachen pflegte er energisch zu Werke zu gehen. Folgendes 
Beispiel mag dafür als Beleg dienen. Es hatte im Jahre 1388 ein reicher 
Kaufmann Namens Johann Peticko aus Breslau «n dem Pas^auer Bisthum 
und Kapitel eine grosse Summe Geldes zu fordern. . Wie man ihm diese 
Schuld zu bezahlen Schwierigkeiten machte, wandte er sich an den K. 
Wenzel, dessen strenge G^erechtigkeitspfl^ge ihm bekannt war. Nach fleissi- 
gem Untersueben würde nun vom König und seinem Rathe gesprochen, dass 
die Schüldforderung des Peticko gerecht, das Kapitel aber zur Zahlung ver- 
bunden sei. Weil man abßr vorsehen konnte, dass der Bischof von Passau 
sich hiezu nicht so leicht bequemen würde^ so Hess Wenzel .durch, seinen 
Reichshofrichter, Johann von Kronkingen, an alle Stände und Städte des 
Reiches den Befehl ergehen, dass sie dem Johann Peticko ^u der erwähnten 
Forderung an dem Bisthum Passau bchülflich sein^soHeü^ Zugleich ward 
' für Paul Ugel eine Vollmacht ausgefertigt, auf den Gütern des Stiftes Passau 
der erwähnten Schuld wegen Gelder einzutreiben*®®), v 

Böl^imen genoss überhaupt auch in der ersten- Zeit der Regrerung 
Wenzels des gewünschten Friedens, und es herrsphte Ruhe, Sicherheit und 
Uiberfluss im ganzen Lande. Wenzel war ein grosser Freund und Beschützer 

297) PelzeFs Geschichte II. Th. S. 495. 

398) PeUel'» Geschichte 1. B. S. 204. ^ 



X* 



. ' 259 

der Landvirthschafl. E^ besuchte sehr oft Wie isein Vater die Xandleute, 
und erkundigte sich bei ihnen über den Zustand des Feldbaues und über 
die Verbesserung desselben. Unter seiner Regierung kam die Oekonomie 
immer mehr empor; allein die nach seinem Tode ausgebrochenen bussftischen 
Unruhen hatten wieder alles verdorben. Wenzel liess Jedermann Gerech* 
tigkeit wijderfahr'en, besißhwerte^ das Volk auch nicht mit grossen Abgaben, 
und verzehrte seine Einkünfte im Lande. Zum Beweise dieser kurzeji Glück- 
seligkeit mag das dienen, was^auf das Jahr 1388 erzählt wird. Am Feste 
der Heiligthümer, an welchem man nämlich die Reliquien der tleiligen öffent- 
lich vorzeigte, war eine solche Menge Volkes vom Lande nach P^ag ge- 
kommen, dergleichen sich Niemand zu erinnern wusste. Man war sogar in 
den Prag^ Städten in Sorgen,^ dass sich dieses Lamdvolk der Stadt be- 
mächtigen, und sie ausplündern könnte. Aber diese Pilgrime verhielten sich 
ganz ruhig, kaolfteh verschiedene Waaren ein, und zogen ruhig nach Hause, 
Dje. immer mehr und mehr anwachsende hohe Schule brachte ebenfalls 
ein eigenthümliches Streben unter die Böhmen jener Zeit, und sie erlangte 
unter Wenzel eine solche YTeltberühmthßit, dass die Stadt beinahe die Menge 
von Studenten nicht fassen konnte, welche aus allen Gegenden der euro- 
päischen Staaten und aus den berühmtesten Familien nach Prag strömten, 
um dort die ausgezeichneten JLehrer zuhören, und sich daselbst auszubilden. 
Dadurch Vurde der Bürgerschaft der Stadt Prag ein grosser Nutzen verschafft 
Alle Handwerksleute, Kaufleute, Krämer und selbst Hausbesitzer bereicherten 
sich, während der Handel und Wandel zur Bedeutenheit anwuchs. Ein 
Nürnberger Annalist schreibt unter andern aus dieser noch guten Zeit Nach- 
folgendes,' was sich auf den Handel Prags bezieht, und wodurch wir von 
dem eigentlichen Stand des damaligen Verkehrs unterrichtet werden. Er 
sagt: „Vor dem Antritt des Winters, nämlich in den Monaten September, 
Qctober und November herrscht die grösste Handelsthätigkeil in Prag. Da 
füllt sich das Kaufhaus (Umgeld) auf die unglaublichste Weise, und man 
sieht daselbst eine Unzahl fremder Käufer und Verkäufer, namentlich Vene- 
tianer, Geniieser, Armenier, Juden, Griechen, Nürnberger, Augsburger, folen 
u. a. versammelt. Das Gewimmel von Frachtwägen, Kärrnern, Sackträgerr^ 
iind Mäklern ist eben so gross und ihre Zahl nimmt den ganzen Tag nicht 
ab. Die vorzüglichsten Artikel, deren man hier ansichtig wird, sinil ver- 
schiedene Gold-, Seiden- und Baumwollstoffe, Gewürze, Früchte, Droguerien, 
Zucker, Farbröthe aus Brabant, Saflor, Olivenöl, französische und Rheinweine, 
Fiscl^, Tuche, Linnen u. a. m. Die Heringe und Stockfische bilde;) um diese 
Zeit die Haupleinfuhr und es gibt im Monat November Tage in, der Woche, 
wo mehr als 1000 Fässer (Tonnen) Heringe und andere. Fische und eben 

. sq viel Packe Stockfische im Umceld aufgestapelt liegen. 

, , 17* •■ 



260 

Von den Altstfidter Pleischbiinken liest man bei Hajek^>^ ^Um das Jahr 
1400 sind die Fleischbänke wo man am Sonnabend pflegt das Fleisph zu ver- 
kaufen, Von den Johanken Hause oder der Königinhofe anzufangen, bis über 
den Kohlmarkt, an die Kapelle St Martin (bis zum Fiateis) gestanden, and 
alles voll Fleisch gewesen, dennoch hat unter der Zeit Fleisch gemangelt.^ 

Gute Winke über die Handelsartikel des XV. Jahrh. gibt uns eine 
Urkunde dd. Prag Sonnabend vor Johannis, worin K. Wenzel die Zollsätze 
bestdttigt, welche der Erzbischof Conrad von Prag und. der Landvogt Hinko 
Berka von der Duba für die Zittauer Bürger bestimmt hatten, welche durch 
Görlitz handeln ^würden. Da heis,5t est „ein iglicher Burger von der Syttaw,^ 
der einen verbundenen, ^agen Gewand, Landtücher, durch Görlitz führt, 
soll geben für jedes Pferd 1 Groschen. Zittauisch Bier geht zoljfirei durch 
Görlitz, ungehindert, nur ist für jedes Pferd 1 , Heller zu geben ; allerlei 
Zenmergut gibt von 6 Zentnern! Gr. Zoll; Vieh, das em Zittauer Bürger 
von Polen durchtreibt, gibt für jedes Haupt-Rindvieh 1 Heller, kleines Vieh 
von Hundert 1 Groschen. Pech und Eisen ist zollfrei; eine Tonne Honig 
wird mit 1 Groschen, eine Last Heringe mit 4 Groschen, ein Wagen Hechte 
oder andere Fische mit 2 Groschen, 100 Häute mit 3 Groschen verzollt. 
Häute unter 12 Stück bleiben frei.^ 

^ Iti^ einem alten Zollgesetze der Stadt Eger (XV. Jahrh.) heisst es nntef 
alndem : Welch Gast ein ganzes Tuch kauft, es i^ei gran (grau) oder ge- 
wei)t der gibt dem Richter einen Heller vom Tuche zum tzol. Welch Gast 
Wein oder Met hi (hier) kauft, und den von hinnen fe^et, der gibt ihm von 
dem Poden (Fass) ein Heller***). 

Die Zölle und Abgaben im Allgemeinen blieben unter Wendel immer 
massig und wurden gewöhnlich mit Zustimmung der Interessenten, nämlich 
der einheimischen und fremden Kaufleute regülirt, und auf einen gewissen 
Fuss gesetzt. Zwar findet man mehr als zii-^viel1!7achrichten aas dieser Zeit 
von Bedrückungen; allein, wer in der Geschichte nicht Fremdling ist, wird 
wissen, dass es gewöhnlich übertriebenes Geschrei ist. Uibrigens sind ja 
die Zölle, welche doch eigentlich nur vom Kaufhandel erlegt wurden, dann 
die vielen Marktplätze mit Kaufhäusern und die Heerstrassen, welche den 
Kaufleuten angewiesen wären, genügsame Beweise eines lebhaften Verkehrs. 

Im Jahre 1381 wirkte ein Herr von Hasenburg den Stadt Budiner 
Bürgern nebst Vielen andern Privilegien auch einen zollfreien Handel Aach 
' Zittau von K. Wenzel .aus. - * . 

Im Jahre 1383 gestattete Wenzel der Kleinseite von jeder Fuhre Salz 
5 Grosciien Zoll aui nehmen, doch unter der Bedingung, die Gassen und 

299) Grüner's Gesch. v. Eger S. 38 — 39.' - 



261 

Plätze der Stadt dafür säubern sui lassen* — Im Jahre 1387 b.estättigte er 
dem Domkapitel zu Prag den Brief des Herzogs BoKwoj wegen Zolhrerlei- 
hung und das ümgeld' am Teyii zn Prag;\ferner den JBrief. Karls wegen Un-* 
Schädlichkeit des Handels der If eustadt Prag an des Domkapitels Zollfreiheit 
für die Präger Schlosskapelleh. ' • 

Im Jahre 1396 erthdlte Wenzel der Stadt Saäz ein Zbllprivilegium. 
Auch der Stadt Königgrätz gab es einen Freiheitsbrief, .mittelst welchem 
ihrer Bürgerschaft — um ihre Schulden zu tilgen, und auch andern Nutzen 
zu schjafien— die Gerechtigkeit verliehen ward, „von AU^ und Jeden, die 
mit der Stadt nicht leiden, und die Gewantfische, auch Heringe daselbi^t 
verkaufen und kaufen'', ein ümgeld, und zwar von dem Verkäufer von jedepi 
Schock Groscfaeifi einen hali>en böhmischen Grosehen und von dem Käufer 
drei Heiler, d^ren a$wölf auf einen Groschen gehen, zu fordern und zu 
liehiüen. Dieser Freiheitsbrief lautet : 

„Wir Wenczlaw von Gottes .Gnaden Romischer Kunig zu allen czei- 
len merer des Beiches vnd Kunig zu befieim bekennen vnd tun kunt öffent- 
lichen mit dieseii brife allen di in seheii oder hören legen das wir aiigen- 
sehen vnd gnediclichen betracht haben, sulche grosse armüt scheden vnd 
ßwerikeit damit di burger viid ynwoner Vnser Stat zu Grecz Vnsere lieben 
getrewen besweret sein beide von süloher grosser schulde, wegen dörin sie 
voui wegen ettwein ider allerdurchlatichtigsteh Fürstinnen, fraüen Elzbeten 
der Romischen Keyserynne die weile sie dieselbe Stat yn gehabt hatkomen 
sein vnd euch den wegen solcher koste vnd scheden, die s\e in den nechst 
vorgangen kri^en getragen vnd empfangen haben, vnd den werten daz sich 
die egenante vnsere burger vnd Stat ys solcher schult behelfen vnd ouch 
sulcher scheden widerkommen mögen. So haben wir jn mit wolbedachten 
mute; guten jrate, vnd reqhter wissen, diese besündere Gnade getan, vnd 
gegennct, vnd erlawbt* tun gunnen vnd erlawben jn in kraffl. diez^brives 
und kuniglicher macht, zu behem, das. sie von allen iglichen wer sie sein 
die mit ^er Stadt nicht leiden die gewant Vische vnd Herings doselbist vor- 
kawffen vnd liawffen sulchs gelt nemen sollen vnd mögen, mit namen, von 
dem der do vorka^vfft, von iglichen Schock grossen einen halben behemi- 
schen Grossen vnd von dem der do kawfet drey heller der czwelf vor ein 
grossen Ygeen zu ngelt nejmen mögen vnd emphahen, vnd^ sulten auch die 
egenante . burger sich mit sulchen gelt das dauon kernet vnd gefeilet is. 
sutcher schult behelfen vnd das euch an derselben Ynser Stat nuczen fromen 
vnd besserungekeren vnd senden sa sie das aller nutzlichste sein dünken 
wirdet von aller mj^niclich Vngehindert vnd gebieten dorumb dem Haupt- 
man zu Gretz der ist oder in l^zeiten wirdet vnd alleri vnd iglichen anderen 
vnsern Amptlewten ernstlichen vnd vestlichen mit disen ' brive das sie di 



262 

' ■ ■ * 

egenannte vnsere burger an sulchen Yngelte nicht hindern oder irren in 
. kheinerweis sunder sie das in aller masse als vorgeschriebe^ stet vftieben, 
nemen vnd emphahen lassen, als* liehe Tu sey vnser swere Yngnade zu 
vormeiden, mit Urkunt diez brfvs vorsigelt mit vnsern^ kuniglichen Maiesta 
Iifsigel. Geben zu Präge nach Crists geburt dreyczen hundert Jar^ vnd 
dorn'och'in dem Sechs vnd Newehczigisten Jare an sand Andresfen Tage 
Vnser Reich des .beheimischen in vier vnd dreissigsten vnd des Romischen 
in dem Eyn vnd czweniczigsten Jaren.,'— 

Im Jahte 1390 C*. Jänner) wurde von dem Rath zu Eger bestimmt, 
dass von jedem Hab und Gut, Kaufmannschaft, barem Crel^e^; von- 100 Pfd. 
Regensburger, 1 Pfd. zur Losung verabreicht werden' soll *®^; 

Im Jahre 1400 erhielt Sigmund Huler, Herr auf Orlik, von Wenzel das 
Recht, auf dem Holdauflusise unter dem Schlüsse Orlik von jedem Flosse 
Holz 2 Pfennige Zoll zu nehmen. \ 

In demselben Jahre bewilligte er den Nenstädter Bürgern, auf fremde 
Waaren einen n^ässigen Zoll legen und einziehen zu dürfen, um ihre nftthigen 
Bauten zu beenden. 

König Wenzel IV. gab der Stadt Mies am & Sept. 1382 von Bud weis 
datlrt ein Privilegium, vermög welchem jene Fuhr-- und -Handelsleute, so 
wie die Viehhändler, welche von Prag, Pilsen und Neponjuk gegen Tachau 
und Tepl, oder in das Reich reisen, nirgend vfo anders, als über Mies ihren 
Weg nehmen, und daselbst zum Besten der Stadt die Pflastermaüt entrich- 
ten sollen. 

Ini Jahre 1402 (10. Mdrz) erlaubte Wenzel der Stadt Klattau von 
l^ferden und Ochsen einen Zoll auf 20 Jahre. 

Im Jahre 1405 gab Wenzel der Stadt Leitmeritz die ErlaubHiss, von 
jedem Scheffel Getreide, \80 daselbst gekauft oder verkauft wird, e^nen Heller 
zu beheben, doch sollte i^ dies zur Verbesserung der Stadtmauer verwendet 
werden; 1409 darauf ertheilte er derselben Stadt die Macht, 'von jedem 
Strich Getreide, das auf der Elbe vorbeigeführt wird, 4 Heller zu heben. 

Nach dem Privildgiüm, welches Wenzel der Stadt Nimburg 1412 
(5. Mai) ertheilte,. korinte dieselbe von jedem grossen Vieh, .als vom Pferde, 
Ochsen, Kuh, die in die Stadt zum Verkauf gebracht wurden, 2 Ileller, von 
2 kleinen Stücken, als vom Schafe etc. 1. Heller Zoll nehmen. 

Im J. 1366 ertheilte Wenzel der Stadt Bergreichenstein das Stapelrecht. 

(. , . . ' 

'■* 

300) Erinuerungeji und Geschichte der Stadt Eger aus Jos. Sebast. tSrünerk Manuseript. — 
Ein Pfd. machte 60 Regensburger Pfennige, deren 4 PN. und 12 Dreier einen Gulden 
ausmachen. Ein Pfund HeHer hatte 2\ neue böhmische Groschen ausgemacht; 
Groschen 6 Weiispfennige und 1/ Gulden pelt 28 Groschen. 



263 

Unter Wenzel erhielt die Handlung durch allerlei Verordnungen, die in ' 
den Ländern der benadhfoartßn und ferner Fürsten ergangen sind, eine immer 
günstigere Richtung. So schrieb er im Jahre 1379 an den Bischof Adolph 
von Speyer, dass er die Zölle, welche er zu Höchst und Kelsterbach eigen- 
mächtig und wider den Willen seines Vaters Karl aufgerichtet, alsogleich 
aufhebe; widrigenfalls er — wie er sich in einem am 28. Febr. dess. Jahres 
an ihn erlassenen Befehl ausdrückt, als liaubnester ansehen, und solche 
zerstören lassen wolle, wozu er dem Landvogt in det Wetterau und den 
Städten Mainz, Worms, Speyer, Frankfurt u, a. die volle Macht gab. Er 
machte es auch zum Gesetze, dass in der Folge zwischen Mainz und. Frank- 
furt kein Zoll aufgerichtet werde. , ^ ^ ^ 

Die Art und Weise den Handel zu treiben, blieb^noch die vorige im 
Ganzen. Es war in Frag so zu sagen immerwährender Jahrmarkt für alle 
Nationen der westlichen Christenheit^ Die fremden Kaufleute domicilirten 
entweder beständig da, oder hielten einzeln und in Gesellschaft ihre 
Agenten. Ihre Rechte waren bestimmt, ihr Gewinn r war, wie es scheint, 
gross. Jede Nation handelte gewöhnlich mit ihren ^ eigenen Waaren. Prag 
hatte damals viele und reiche Kaufieute, die Zahl der letzteren soll sich bei- 
nahe auf 600 belaufen haben ^®*). 

Dass sich Wenzel des Handels bei jeder Gelegenheit annahm und ihm 
da wo nöthig £!chutz angedeihen Itess, bezeugen die noch vorhandenen 
Urkunden. ^ 

Im Jahre 1385 sind zwischen^ ihm] und dem Herzoge Albrecht von Oester- 

301) Ans dieser Zeit nennt uns die Geschichte' einen Kaufmann Namens Kfii, welcher sich^ 
durch seine Reisen und seine glücklichen Geschäfte ein solch grosses Vermögen 
erwarb, dass er bei seinen Lebzeiten im Verein mit dem Edelmann Johann Mühl- 
heim in Prag eine Kirche ~ Bethlehem genannt — erbauen Jiess. Auch stiftete er 
den zweiten Frediger für diese Kirche mit eiiym jährlichen Einkommen von 20 
Schock Prager Groschen und wies nebst dem 5 Schock Groschen für arme Studenten 
der Theologie aus. Da aber in kurzer Zeit darauf die Studenten im Verhältniss des 
Kapitals zugenommen hab^n, -so schenkte er später, und zwar im Jahre 1414, den 
Predigern und den Studenten sein nahe der Kirche gelegene Haus zur Wohnung, 
woraus in der Folge das Nazaräer-Collegium (Collegium Nazarenum) entstanden ist. 
Dieser Kirchenstifter starb im Jahre 1346 4. Feb. allgemein betrauert, denn seine 
ausgezeichnete Geschäfts- und Menschenkenntniss und seine grosse Rechtschaffen- 
heit hatten ihm vdie Achtung Aller erworben. 

Johann Kozibradsky, ebenfalls «in angesehener Kaufmann der Altstadt Prag, be- 
trieb nicht allein das Waarengeschäft in auswärtigen Ländern, sondem gab sich auch 
mit dem Wechselgeschäft ab. Seine Humanität war in Prag allgemein bekannt, und 
Alles, was eines Rathes bedurfte,, flüchtete nur zu ihm, denn wo er nur helfen konnte, 
so tbat er es ohne Eigennutz. Da er ohne Erben starb, so vermachte er sein grosses 
Vermögen den Prager Armen., 



\ 



2ß4 ~ 

reich ihrer beiderseitigen Unterthanen wegen JMisshetligkeiten e^itsianden, 
die leicht einen Krieg^ hätten verursachen können. Man hatte nämlich in 
Oesterreich einen Breslauer Kaufmann Namens Petka, geplündert, Konraden 
von Kuttenberg Weine, die er Aach Böhmen führte, weggenommen; einige 
Prager Kaufleute gefangen gemacht und einen gewissen Georg von ChanAo wie 
dem Rrager Bürger Low 1100 Schock an Geld geraubt, dagegen hatten die 
Böhmen 76 Stück Tuche und 11 Tonnen Heringe einigen österreichischen 
Kaüfleuten zu Budweis und einem Österreicher Juden zu Prag einiges Geld 
fibgenOmmen. Um also diesen beiderseitigen Gewaltthätigkeiten Einhalt zu 
thun, und der Handelschaft Sicherheit zu verschaQ'eQ, hatten beide Thpile 
ihre Bevollmächtigten nach Znaim beordert, wo ein gütlicher Vergleich ge* 
trofien wurde. 

Aber bald, darauf legten die Wiener Kaufleute dem Handel der Böhmen 
mit Venedig grosse Hindernisse in den Weg, wesshalb Wenzel gegenseitig 
Repressalien nahm, und im Jahre 13S7> den Wiener Kaufleoten den Handel 
nach Böhmen förmlich untersagte. Ja, im Jahre 1388 schlössen die Prager 
und Breslauer Kaufleute ein Bündniss. Uibrigens hatte dieses keinen Erfolg, 
weil Wenzel seinen Befehlen nicht den nöthigen Nachdruck zu- geben wusste, 
und Oesterreichs Lage, nebst dem Handelsneide der anderen teutschenStädte, es 
immer in den Stand zu setzen suchten, die Absichten der P|*ager zu vereiteln ^"^. 
In demselben Jahre erlies§. Wenzel ein Mandatv, 3vorin er sich aussprach, 
dass die Breslauer, die aus Polen und Böhmen nach Venedig zu Wasser und 
zu Lande Handel treiben, darin weder gestört, noch aufgehalten werden sollen. 

Das Alles zeigt, welchen mannigfachen Störungen der Handel auch bei 
den besten Absichten des Königs, ihn zu befördern, damals ausgesetzt war. 

Der Strassenzwang hatte unter Wenzel immer noch seine alte Giltig- 
keit| wtß auch aus den vielen diesfalls ausgefertigten Befehlsurkunden er- 
sichtlich ist. Er untersagt ^rin ausdrücklich die Betretung eines andern, 
wenn auch näheren und bequemeren, Haupt- oder Nebenweges, als dessen, der 
entweder von ihm oder von seinem Vorfahren vorgeschrieben ward. In einer 
im Jahre 1395 von Wenzel ausgefertigten Urkunde heisst es: „Wir wollen 
das nymand keynerlei kaufi'manschaft führen sol, durch vnsere Lande zu 
Behem denn die rechte Strasse^ gen Präge, es sey von Beyerij, [von Österreich, 
von Polan, von Luziz (Lausitz), von Meissen oder andern Landen. Vnd 
wer darüber andere wege füre, den mögen si ' mit sammt seinem gute vnd 
habe ofthaldan, vnd di Stat gen Prag füren. Vnd desselben gut sol halbe m 
vnser Camer geuallen, vnd das andere halbe teyle, der Stadt zu Pr6ge on 
alle widerred^.'^ 



302) Jekel's poln. Handl. Gesch. S. 177. 



im 

Im Jahre 1414 liei^v Wenzel jn ^anz Böhuißn den Befehl ergehen, 
dass die Handelsleute, welche aus Baiern, Oesterreich, Ungarn, Polen, 
Meissen und der Lausitz , ihre Waaren nach Prag führen, die alten ge^ 
wohnlichen Strassen fahren sollten unter dem Verluste ihrer 'Güter. Dies 
musste in allen Städten und MarKtflecken öffentlich tiusgerufen Werden. In 
demselben Jahre beschjed an Königsstatt der Erzbischof Conrad von Präg 
die Städte Göitlitz und Zittau, dass kein Kaufmann oder Fuhrmann ai^s Böh- 
men nach Polen über Friedland und' Seidenberg fahren dürfe, bei Strafe der 
Confiscation des Gutes ^**^. ' 

Sowol ISöhmen als auch die Lausitz bezogen damals das Salz aus 
.dem sächsischen Salzwerke, die damit handelnden Kaufleute hatten sich aber 
statt der «Iten Strasse von Meissen über Königsbruck; Bauzen, Görlitz, Zittau 
und' Weisswasser einen bequemeren Weg über Waltersdorf, Reichenberg, 
Turnau und Wiegandsdorf aufgesii^ht. .Diesen zu befahren, untersagte 
Wenzel 1418 streng in einem Briefe an die Zitt^uer wegen des. grossen 
Nachtheils an Königlichen Zöllen um Umgelde ^^% und befahl namentlich 
denen^ die von Meissen nach Prag mit Salz fahren, dass sie auf die Stadt 
Zittau den Weg nehmen unjl dort den königlichen Zoll entrichten möchten ^®^>. 
Die Ein- und Ausfuhr nach Oesterreich wurde ebenfalls belästigt. 
So befahl Herzog Albrecht, dass alle Kaufmannsgüter, welche aus Oester- 
reich nach Böhmen oder von da nach Oesterreich verführt werden, keine 
andere 'Strasse, als die, welche über Freistadt geht, befahren. Vorzüg- 
lich wurde den . Kaufleuten die nähere und bequemere Strasse von Linz 
durch den Haselgraben nach Böhmen untersagt. Nach langem Zwiste, in 
welchen sich die Bürger von Leonfetden (Oesterreich) auf, ihre uralte Strasse 
nach Böhmen, die deutlich genug einen vormaligen Waarenzug andeutete^ 
und auf die wirkliche Benützung derselben wies die Freistädter sich aber 
auf ihre Privilegien heriefen, sprach' Herzog* Albre^t im Jahre 1428 das 
Urtheill, dass .alle Handelswaaren, welche nach und aus Böhmen geführt 
werden, nach dem Stapelort Freistadt gebracht werden müssen. Diess wär 
für die böhmischen — namentlich für die Prager Kaufleute sehr lästig, zu'- 
mal zu jeher Zeit von ihnen die Regensburger Jahrmärkte häufig besucht 
wurden ?°^). Wenn nun die böhmischen Kaufleute ^uf der. österreichischen 

303) Pesxjhke'fl Gesch. v. Zittau 11. B. S. ;^19. 

304) In eben diesem Briefe werden auch die Wochenmärkte, welche sich an manchen 
Orten, wie zu Kratzau, wo man das Bedürfniss darnach fühlte, von selbst gebildet 
hatten, zu halten verboten, wenn sie nicht schon von Alters daselbst gewesen waren. 

305) Handbuch der Qesch. y. Zittau II. F. S. 3. ' i 

306) Der Jahrmärkte waren in Regensburg drei im Jahre, nämlich der Hauptroarkt am St, 
Hainieramstage, die andern zwei am St. Peler-und am Erhartstage (Fischers Handls. 
G. i. B. ^ 



266 

Seite beim Transport der Waaren auf alle mögliche Art und Weise be- 
lästigt wurden, so erging es ihnen nicht viel besser auf ihrem heimischen 
Boden, denn auch hier wartete ihrer eine ähnliche Belästigung in Budweis 
und andern Orten. So ward schon 1393 von Wenzel zu Gunsten der 
Budweiser angeordnet, dass alle Kaufmannl^waaren^ die aus Oesterreich nach 
Böhmen und von da nach dort geführt wenden, durch Budweis passiren 
und daselbst verzollt werden sollten. Auch der Stadt Bergreichenstein be- 
stältigte Wenzel das Stapelrecht, nämlich, dass alle Kaufiente und Fuhrleute, 
die auf der von K. Karl neu angelegten Strasse von Passau nachBahmen fahren, 
gebalten seien, ihre Crüter in besagter Stadt wenigstens eine Nacht hindurch 
niederzulegen, — Die Stadt Mies erfreute sich desselben Rechtes^ vermög 
welchem jene Fuhr- und Handelsleute, so wie die Viehhändler, welche, vcm 
Prag, Pilsen und Nepomuk gegen Tachau und Tepel oder in das Reich 
reisen, nirgendwo anders als tLber Mies ihren Weg nehmen, und daselbst 
zum Besten der Stadt die Pflastermaut entrichten sollten. 

Im Jahre 1391 erlaubte E. Wenzel den Kaufleuten von Egdr, dass sie 
känftig von dort über Elbogen, Saaz und Schlau gegen Prag, und diese 
Strasse wieder von Prag nach Eger mit ihren Waaren fahren mögen, doch 
sollten sie den Zoll, der sonst in dem Städtchen 2ebrak — wo die alte Strasse 
lief — gezahlt wurde, jetzt zu Schlah entrichten. Eben so mögen sie gerade 
über Weiden, anstatt Tachau, nach Frankfurt a. M. fahren, und den Zoll am 
ersten Orten abführen ®*^'). 

307) Felzels Gesch. 1. B. S, 241. Die desshglb aasgefertigte Urkunde lautet ^,, Wir Wentz- 
law von Gotes Gnaden Römischer Kunig, zi| aUen Zeiten merer des Reic^hs vnd 
Kunig zu Beheim bekennen vnd tun kunt offenÜchen mit diesem briuve aUen den 
die In sehen, oder heren lesen, das wir mit wolbedachten Mute vnd rechter Wissen, 
durch Besserung willen unser Stat zu Eger den Burgern vnd ynwonern derselben 
Stat, die 'doselbist behawset vnd gesessen sein, vnd mit der Stat leyden,' erlawbet, 
vnd gegunst haben, erlawben, vnd günnen In von kuniciicher l^achte zu Beheim in 
Kra£Ft ditz Brifes, da^ sie vnd die iren die nachgeschriebene Strassen, das ist von 
Eger g^en dem Ellbogen vnd von danne gen Raddnsfurt, van dann gen Masstzow gen 
> Satze, Lawne (Lann) und fürbäs gen dem Slane (Schlan) vnd von danne drichte 
(direct) gen Frage, vnd gleicherweis denselben Wege wider von Präge g[e'n Eger 
mit alTer irer Kawfmanschatze, vnd babe welcherley dia sein, keinerliei usgenonien, 
als oft In das notdurftig sein wirdet, wandern, vnd tziehen, vnd ihren Nutze vnd 
' frommen schaffen mögen, doch in solcher mazzen, was sie vnd die iren Von irer 
Kawfmannschatz vnd habe tzoUe und Mute, in vnaerem Markte zum Betler von Rechte 
vnd Gewonheit geben sollten, das sie die in der egenannten Stat zum Slane genutz- 
lichen, vnd an Widerrede rechten, vnd geben sollen, vnd gletchweis so erlawben 
vnd gunnen wir don egenanten Bürgern vnd ynwonern zu Eger, die doselbit wonen, 
vnd mit de State leyden, das sie von Eger gen der newen Stat, von danne gen der 
Weyden, vnd fürbas die rechte Strazie gen (rankenfort wider gen Eger mit aller 



I 

I 



267 

Gegen so ^ineh lästigen, dem allgemeinen Handel sehr nachtheiiigen 
Strassenzwäng entständen häufige Klagen upd, langwierige Prozesse, die die 
Regierung nur ^tets beschäftigt hielten ; jja unter K. Wenzel ^ward der alte 
Streit zwischen Wodftan und Pisek von ^en Burggrafen \;on Karhstein, 
Frauenberg, 2ebrak und Nenhaus oder Königgrätz, ganz nach dem berdts 
schon früher erwähnten Privilegium geschlichtet worden, ' mit dem Beisatze, 
dass auch die Piseker, wenn sie nach Budweis reisen, durch Wodiian 
müssen, wobei sich beide Städte im Falle der Uibertretung zu einem Straf- 
gelde von 4000 Scho<ik böhmischen Groschen verpflichteten ^®^). 

irer Kawfmanschatz vnd hab^, welcberley die sein kejnerley usgenomeif als oft In 
di^s Not sdn wirdet, wahderh vnd tziehen, vnd iren Nutze, vnd frommen schaffen 
mögen, doch also vornemlichen, was sie vnd die iren von irer Kawfmanschatz v^d 
habe tzolle und Uautte in vnserer Stat zu Tochow von Rechte vnd Gewpnheit geben 
solten, das sie die in der egenanten Stat zur Weyden geutzlichen richten vnd geben 
aolleii, vns diese vnsere Lawbung vnd Gunste sol weren, als lang vnd wir das nicht 
widerruffen, vnd von dem Tage, als wir die widerruffen werden. Sechs gantze Wo- 
chen, vnd nicht lenger, unschedlicben do^h andern iren Brifen, die sie vormals von 
vnsern Vater seligen dem Römischen Kaiser Karlen, vnd auch von vns über dieselben 
Strazzen erworben haben vnd gebieten dorum ollen unsem Burggraffen, Pflegern, 
Amtleuten, Tzolnern,. Mauttnern| Strassenreitem, Steten, vn.d allen vnsern vnd des 
Kunig^reichs zu Beheim Untertanen, vnd getrewen beyde hindishalbe vnd yenhalbe 
Waldes ernstlichen vnd vestichlichen mit diesem Brife, das sie die egenanten vnsere 
Burg^ere vnd ynwoner zu Eger vnd die iren wider solche vnsere Erlawbung vnd^ 
Gunste, an den egenanten Strazzen nicht hindern, sunder sie dieselben Strazzen 
tziehen, vnd faren lazzen, als vorgeschrieben stet, als liebe In sey unsere swere 
Ungnade, zu vermeyden. Mit vrkundt diz brifes vers igelt mit vnserm angedrucl^ten 
Insigel. Geben ziT Betlern nach Christes Geburt dreyzenhundert Jar6 vnd domach 
, in dem einvndneuntzigisten Jaren, des freytages vor sand Georgientage unser Reiche 
de^ Beheimischen in dem acht vnd tzwantzigisten vnd des Römischen in dem fünf- 
zßhenden Jaren.' (Original Eger. Archiv.) 

308> Pm den Faden der Geschichte bezüglich auf den Strassenzwäng nicht zu verlieren, 
möge es mir gestattet sein, bei dieser Gelegenheit den Fortgang der Streitigkeiten 
welche sich noch in späteren Jahrhunderten diesfalls erhoben, schon hier anzuführen. 
Bei einem in späterer Zeit in Betreff der Wodnaner und Pisek er Strasse erneu- 
erten Zwiste b eorderte' König Wladislaw IL den Herrn Udalrich von Waldek, damaligen. 
Oberstburggrafen^zu' Prag,, und die Ritter Johann Tluska von Wrabi, Prokurator Sr. 
Maj., Dyonis Malowec von Lib^jic, Ottmar von Znalow, den dortigen Strassenzug 
zu besichtigen, und ai^ch die Angabe alter Leute zu vernehmen. Ihr Bericht meldete, 
dass die Prachatitzer, Zablater und Winterberger Strasse sich ' bei dem Städtchen 
Barsu (Bawarow) vereinigen und dass sie von da nach Pisek gehän. Sollten sie 
aber auf Wodnan zu ziehen, so würde Pisek absdits bleiben und die da^ig® Strasse 
nach ihid nach ganz eingehen. Weil, nun der König ein den yiTodnanem günstiges . 
Privilegium diesfalls erlassen, jetzt aber entnommen, so nahm er dieses an Wodnan 



268 

Diesem Iftstigen Gesetze^ ergkig es, wie allen, die mit dem wahren 
Vortheile des Volkes, mit seinen Sitten nnd Gewohnheiten im Widerspruche 
stehen, In der Folge nicht viel besser als zu jeder Zeit, und die strengste 
Sanction vermochte es nicht, diese WillkührUchkeiten a()zusteUen. Wahrlich, 

erlasBeoe Dekret znrfick, bestittigte du alt« Recht den Pisekern and hob die 
wechselseitig yerfaUenen Strafgelder als nichtig anf. 

Im Jahre 1486 am Montag Vor St Ti^onias (damals 18. Decb.) entschied der Kd- 
nig abermals, dass die Wodnaner, ohne diesfalls von Pisek aus gehindert werden za 
dürfen, das aus Öesterreieh kommende Salz für sich zu kaufen und marktraässig für 
die Umgegend verkaufen mögen, doch so, dass keine Uiberladung yon Wagen aof 
Wagen stalt finde, und die alle Strasse nach Pisek nicht umgegangen werde. Auch 
sollen die Piseker, Jahrmarktszeiten ausgenommen, zu Wodnan keine Maut zahlen, 
zwei Wagen Wolle, welche die Wodäaner gepfändet zurück erhalten, dagegen kein 
Strafgeld von diesen fordern, nnd die damal nicht entrichtete Maut abtragen. — Im 
Jahre 1509 endlich, nämlich am 15. März wird neuerdings eine Anfrage beider Städte 
beantwortet. In Bezug' auf den obenerwähnten schiedsrichterlichen Spruch der yter 
Schlosshauptleute unter Wenzel, fragte Wodftan an : ob auch jene, welehe von Bud- 
weis über Wodänn nach Strakonitz zu reisen gedenken, über Pisek zu fahren ver- 
bunden seien, da alle von Badweis in dea Pilsner Kreis Reisenden zwar über Pisek 
müssen, Strakonitz aber nicht in diesem, sondern im Prachiner Kreise liege. Gegen- 
wärtig theilt sich bei Wodüan die Kunststrasse ; ein Zweig führt nämlich nördlich 
nach Pisek und Prag, der andere ' etwas' westlich nach Strakonitz, Horazdöwitz, Kiat- 
tau, Pil^ren u. s. w. , und es hatte sich sonach Mancher, der nach Pilsen wollte, den 
Umweg nach Piaek zu ersparen, für einen der bloss nach Strakonitz zieht, ausgeben 
können. Eben darum aber entschied der König zu Gunsten des Umweges über Pisek- 
So sollten apch jene, die von Pisek nach Budweis und umgekehrt ziehen, wenn sie 
bei grossem Wasser Wodnan ausweichen, daselbst die Maut entrichten. Noch seit- 
samer erscheint hierih die Anordnung, dass j: war, die Wodnaner mit ihren Haus- 
erzeugfiissen (s domovitu Wiec^y) , mit Getreide und Höklerwaaren. auf den Markt 
nach Moldautein unmittelbar fahren dürren, mit Kaufmannsgütern aber den jetzt fast 
lächerlichen Umweg über Pisek nehmen müssten. Weil endlich die Wodnaner sich 
beschwerten, dass man sie zu Pisek mit^der Maut übertheuere, so wurde diese Stadt 
, angewiesen, bis zum nächsten Licl^messfeste (2. Febr.) ihre diesfällige gesetzliche 
Mauttabelle dem Könige vorzulegen, Wodäan aber den Marlin Schwank längstens bis 
St. Georg die verpfändeten Wägen auszufolgen habe. — Damit war indess dieser 
Strassenzwist noch lange nitht ausgeglichen. Er erwachte wieder unter" Rudolph 11. 
auf Veranlassung der Prachatitzer. Diese wollten es nicht dulden, dass der M'eg aus 
Öesterreieh nach Krumau, und von da ins Innere von Böhmen m dem Dorfe Sinrc 
nach Lhenic oder Netolic und weiter hinauf befahren werde, und zwangen die Fuhr- 
leute, den steinigten Umweg von zwei bis drei Meilen über Prachatic zu nehmen, 
worüber sich die Krumauer be^ deip Kaiser beschwerten. Die dazu bestimmte Com- 
mission konnte keinen Vergleich stiften, auf welchen gleichwol der Kaiser, um kost^ 
bareren Prozessen vorzubeugen, drang. Es hatten sich aber die Prachatitzer mit 
Privilegien ausgewiesen, wonach alle Waaren aus Passau kommend, den Weg oder 
Steg (czesta anebo Stezka, denn Heerstrasscn ^litt damals der Böhmerwald nicht) 



der Handel lässt sich nie durch unklugfe Stapel^erechtigkeiten zwing^en, und 
^r gedeiht nur dort, wo ihm weise Gesetze die möglichst grOsste, Freiheit 
^susicheni, und ihn vor ungerechten Zwangmttteln bewahren. Der Kaufimapn 
fand auch damals Auswege, indem ef auf mancherlei Weise das Gesetz 2Ü 
umgehen suchte. Die damaligen Regenten wollten zwar dadurch ihr Land 
auf einer Seite schnelK bereichem, und den Handel in gewissen Städten in 
einen blühenden Zustand versetzen, übersahen es aber, dass die Horülität 
mit Füssen getreten ward, und dass sich auf der entgegengesetzten Seite 
die grösste Armuth und die grösste Ignoranz, bilde. ' 



über Prachatitz einschlagen müssen; dnss die künftigen Könige keinen andern ^eg 
zulassen und jedes dagegen streitende Dekret ungiltig s*ein solle, dass ihüen der 
Weg au^s Böhmen und Mähren frei gegeben, dass die Neiolicer mit ihrer Strasse von 
König G^org und die Wodäaner von K. Wladislaus IL abgewiesen worden, dass die 
Prachatitzer diesen Weg von Krnman nach Smrs und Netolic von jeher gesperrt, die 
Sanmrosse mit Salz genommen und darüber vqn Niemanden geklagt worden, und 
dass die Herreh von Rosenberg, Besitzer vonKramau, Netolitz und Prachatitz, durch 
blosse Fürsprache es erwirkt, dfiss die dergestalt weggenommenen Pferde, Wägen 
und Waacen aus Gefälligkeit zurückgestellt werden. Die Krumauer aber konnten für 
sich keine Gründe aufbringen, als dass sie blos eine gewisse Zahl Salzfässchen aus 
des Kaisers Eigenthum nicht aus Passau, ausser den Markttagen bei sich in Nieder- 
lage' nehmen, ui^d weiter nach Böhmen und,Ml(hren verfuhren dürfen. Der zwischen 
Badweis und den Herren von Rosenberg vom Könige Wladislaw H. beigelegte Streit 
bezieht sich, hies« es, darauf, dass das kaiserliche Salz von Michel (z Michle) nach 
Budweis kommen solle. Bewährte Zeugen bestättigen endlich, dass man mit Frachten 
von Krumau nach Budweis« nicht aber nach Netolitz gefahren sei. Der Kaiser ent- 
schied (14. Oktb. 1608) daher, dass der Weg von Krumau nach Chwalsin, Smecz, 
Lehnte, Netolitz uud von da nach Wodnan gehen ^olle. Die Prachatitzer sollen bei 
ihren Privilegien und. die Krumauer bei dem Rechte -bleiben, kaiserliches Salz als 
Niederlage und zur weiteren Verführung zu besitzen, doch sollen sie es nicht auf 
dem Netolitzer, sondern auf andereiv erlaubten Wegen fortbringen und von dei^ Pra- 
chatitzern in ihren Wochen- und Jahrmärkten nicht gestört werden. — Doch schon 
am 2. Oktober 1609 erscheint unterzeichnet von Zdenko von Lobkowic ein Dekret 
der kön. böhm. Hofkanzlei zu Prag, welches diesen Streit über den Weg zwischen 
Wodnan und Prachatitz bis auf weiteres Rechtserkenntniss verweiset, und indess 
alles beim Alten zu lassen befiehlt 

* 

Dieser strittige Strassenzug wird übrigens umständlich aus einer früheren Urkunde 
yonf Jahre 1605 (23. März) ersichtlich, woraus man abnimmt, erstens: dass das 
jetzige Dorf Hefmann (Hermanow) damals ein Städchen war, somi| im dreissigjäh- 
rigen Kriege so Mfie viele andere in Böhmen ganz zu Grunde^ gerichtet and herab- 
gekonimen ist. Zweitens^dass es damals förmliche von der Regierung eigens be- 
zahlte Landvermesser und Strassenbau-Conunissäre gab, denn e^a gewisser Simon 
Podolsky (mierziöz zemsky) wird als solcher «von« der Landtafel zur Untersuchung 
der fraglichen Wege beordert Dieser Hess sich diesfalls von Bartholomäus StraSecky 
und Siegmund Sklonka aus^Pisej^ von Johann Mielis aus Nettolitz und Vincenz Wicko 



270 . 

\ 

f • ■ - 

Iius Wischen worden bei itiesem Strassenzwang i^eitweilig Ausnahmen 
gemaeht. So ertheilte Wenzel im Jahre läSl (8. Mörz) den Bürgern und 
Kaufleuten von Badin die Freiheit, dass sie mit ihren Kaufbannswaaren durch 
was für Wege sie immer wollen, nach Zittau fahraci, und sie verführen 
könnten. 

Im ^ahre 1391 ertheilte Wenzel der Altstadt Prag einen atf die Hand- 
lung sich bezüglichen Freiheitsbrief, welcher abschriftlich lautet: 

„Wir Wenczlaw ^ bekennen etc. das wir durch besserunge vnd nutze 
willen ynser'er grossem Stat zu Frage vnser Hauptstate Burgermeister Rate 
Schepphen Bürgern gemeinlichen vnd Inwonem doselbest zu Frage vnsern 
lieben getrewen dise besundere gnade getan haben, vnd tun in di von 
kuniclichen macht zu behem in krafft dietz brifes. Czum ersten, das ein 
-gaste wider den andern' keinerley kauffmannschaflft nieh kauffen noch ver- 
kauffen sol, sunder was iiauffmannschafil die geste' gen Frage brengen, di 
sollen sie doselbest alleyn den Burgejrn verkauSTen. Ouch was ein gast von 
eynen Burger kauffet, das sol er ausfüren, vnd da nicht wider verkaufen. 
Ouch sol kein gaste keyn Gewichte noch keynefley wage noch eleu in seinem 
gemache oder in seiner Gewalt haben, heimlichen oder offenbar. Ynd oach 
domitte nicht vswegen noch ausmessen in keynerlei weise, vnd ob yemand 
dowider tete, der sol an vns mit leibe vnd gute gefallen sein, vnd die be- 
suchunge de egenänte Gewichte wage vnd eLen, beuellen wie^ dem Rate 
der grossem Stat zu Frage der nu ist oder in czeiten wirdet. Ouch wellen 
wir das kein gast in ^keiner Stat zu Behem keynerley kauffmannschaft vff- 
binden vorkauffen noch nyderlegen sol, dann allein in der gi:össern Stat zu 
Frage, als es von alders gewest ist. (Hier ist die Rede vom Befahren der 



die iiöthige Auskunft geben,* untersuchte dann Alles persönlich und verfertigte darüber 
eine Karte. Er fuhr aber dep geradesten Weg von Pisek nacji Krümau, über Hef- 
manow, Skal, Gross-^Augezd neben Liblitz, auf Nestanitz,, neben den Netolitzer Thier- 
garten (Kratochwil) über das Brückchen, welches' über den aus dem Thiergarten 
kommenden Bach führt, ne|>en dem sogenannten Pfezmarowskischeff Hof, der Brog- 
nowskischen und Ferkasowskis eben Mühle, durch Augezdetz, Klein- und Grosssinec 
die Strasse von Prachatitz nach Krumau, mit der Piseker zusammentraf, über Dob- 

r 

niskow, Bf ezowik, Chwalstin, neben dem rothen Hofe durch Böhmisch - Kr enow. 
.Dieser Weg wird nun nicht nur als der geradeste, sondern auch als der älteste an- 
gegeben, und nie sollen darüber Streitigkeiten oder Hindemisse von Seite der Pra- 
chatitzer vorgekommen sein, ausser die letzten Jahre her. Die Commission habe 
gleich darauf auch den Weg befahren, der nach dem Begehren . der Prachatitzer 
als gesetzliche Strasse anerkannt werden soll, und zwar von Gross-Sihecz nach 
Zahof, Hrobold, Leptar«*Mir Stolmarowskischen Mühle nach Prachatitz. Zu weit 
würde es mich von meinem Ziele führen, wenn ich nOch mehr vom Strassenzwang 
anführen wollte, und ich lasse es schon bei diesem bewenden. 



271 

vorgeschriebenen Strassen)« Vnd des h9ringes r^d ullerley gesalU;en^ Fi- 
sches freymarkt sol sein vnd weren alle tage oil «lies hindernüsse vnd 
Widerrede, darumb gebieten wir er.BSÜichen vnd vestichlicben bey vnsern 
huldeii, den bürggrafen zu ,Prage vnd zu Wissiehrad, dem Underkammerer 
des KuBigteichs zu Behem der m ist oder in czeiten v^irdet vnd allen an- 
dern vnisrn vnd d^s Kunigreichs zu Behem Amptleutea vnd vndertanen in 
welcherley wirden oder wesen die sein, das sie die 'Vorgenanten'vnsere 
Burgere vnd Slat zu Präge an de^ obgescbrieben Gnaden nicht hindern oder 
irren in keinerwei^s, nocfi sie von yem^^ndes hindern gestaten, sunder sie 
dobey vnd darczu handhaben s^chützen, vnd schirmen vnd als offt sie des 
von In ernanet werden^ beyde' di bussea zu vordem, vnd sulcher vns gnaden 
zu gebraui^hen, getrewlichen beraten vnd beholfeo sein. Als übe In sey 
vnsre swere Ungnade zu vermeiden. 

Im Jahre 1407 (;21. Map baten die Kaufleute von Regepsburff den K. 
Wenzel um die Ereilieit, in .ganz Böhmen zu handeln und zu wandeln. Sie 
erhielten das Recht auf ein ganzes Jahr, doch mit der Bedingung, dass sie 
die gewöhnlichen Zölle entrichten sollten. — 

K.' Wenzel nahm besonders die Brauereien und die Biersobankwirth^ 
Schäften in seinen S<?hutz, und deuten die vielen Privilegien auf eine grosse 
Bierkonsumtion, in Böhmen. Im J^hre 1375 war Prag mit Zittau im Streit 
wegen des Biers,, und Johann yon Gubin berichtet, dass durch drei^. fahre 
die Prager den Zittauem die Bierfuhren niedergelegt, und ihnen wo immer 
nur geschadet hatten. !^ehn Jahre hierauf (1385) erlaubte Wenzel' den 
Pragern von Zittau aus Bier zu bezieben; und m Jali^e 1390 liest man die 
Verfügung des Prager Magistrats: „Man soll Zittauer Bier schenken eine 
Pint um 7 Heller; Schweidnitzer um 8 Heller; und alle Prager Biere zu 6 
Heller und nicht theurer eine rechte Masis^, Man soll keinerlei ^ier lassen 
herführen von fremden Städten, ausgenommen Schweidnitzer und ^ittäuer 
Bier.^ — Was die späteren Bierpreise anbelangt, so zahlten im Jahre 1400 
die Präger für ein Viertel Gerstenbier 35 Groschen, für Weizenbier 1 Gro- 
schen mehr. Im Jahre 1414 schickten die Zitlauer an K. Wenzel vier Viertel 
Bier nach Prag, welcfie 30 Groschen werth waren. Es war diös für einen 
ihnen von^ dem König ertheilten Gnadenbrief, nach welchem ihnen zu Recht 
st^nd, üuf eine Meile um die Stadt nicht zu dulden, dass da jemand Brot . 
auf den Verkauf backe, Bier braue, und Vieh schlaöhte. In d§r diesfälligen 
Urkunde heisst es: „So heische» vnd gebieten wie auch ernstlich vnd ve- 
sticlich mit diesem brive vnd wollen, das is in allen Dorfern vnd Kretsch- 
marn in einer ganzen Meile von di Stadt Zittau gelegen wehren ^vnd nicht 
gestalten sollete das Yemands, wer der sey, Brod auf den Khauf backhe, 
hier brawe; noch Fleisch schlachte hoch mit Stuckfaeu oder i^chrotten ver- 



«^ 






272 

kauffen, In khainer — als das auch in andern ynsern Stflten recht vnd ge- 
wonheit ist , vnd thuet daran nicht anders in dheiner Weid, bei vnsem 
• hulden. — , 

^ In einer Urkunde vom Jahre ^390 *®*) wird verordnet: „Alten wälli- 

/ sehen Wein soll man ein Pint geben um 3 Groschen, Romany um 4 Gro- 

} sehen, Malvasir um 5 Groschen. Schawemak um 4 Groschen, Rain^iral 

(Rheinfall) um 2 Groschen, ungarischen um 2 Groschen imd nicht theurer 

schenken. Man soll ein Pint Osterwein schenken um einen Groschen und 

, nicht theurer eine volle Hass.^ 

Der Rheinwein war^ zu dieser Zeit sehr beliebt. Die Nürnberger 
mussten einsmal statt haaren 20000 Gulden: vier Wagen BacharacherWein, 
welcher zu Wenzels Zeit für den besten Rheinwein galt, abliefern. Gewiss 
ein ganz ungeheurer Preis für jene Zeit ^^®). 

Dem Meth wurde noch fleissig zugetrunken, aber nicht lange währte 
es, so fing dieses Geti*änk an, durch die Vernachlässigung der Bienenzpcht 
immer mehr und mehr in Vergessenheit zu kom^nen^ 

Ana den Zeiten Wenzels haben wir über die Beschaffenheit der Bienen-^ 
Zucht keine anderen Zeugnisse als die. alten Urbaripn^ welche die jGfund-^ 
herrschaften in Böhmen hin und wieder noch in ihren Archiven aufbewahren, 
und worin die Arten von Zinsnngen verzeichnet sind, welche ihnen, die 

, Unterthanen zu verschiedenen periodischen Zeiten in Landesprodukten abführen 
mussten. Allein nicht in allen Gegenden des Landes, nicht auf jeder Herrschaft 
war dieser alte vielleicht auf die Leibeigenschaft oder Robotmässigkeit der Un- 
terthanen gegründete Gebrauch, besonders in Beziehung auf Wachs und 
Honig «ingeführt. Selbst in den wenigen Gegenden, in Welchen er sich 
bis zum XV. Jabrh. erhalten hatte, ^ ist er im XVUI. erloschen, weil zu 
i, dieser Zeit die Zinsungen im haaren Gelde beinahe allgemein, wenigstens 

. statt den Nebenprodukten eingeführt worden sind. Dieser Umstand würde 
ihdess die Abnahme und den Verfall der Bienenzucht in Böhmen für sich 
allein nicht herbeigeführt haben, wenn nicht noch andere Unfälle hin^uge- 
1(ommen wären. Die vielfältigen Verheerungen Böhmens durch Manganhal- 
tende Kriege, die Emigration so vieler - Tausend Landwirthe, die ~ gänzliche 
Erlöschung der Nationalsitte, den Meth zum gemeinen Getränke zu kochen, 
endlich die Einführung/des Zuckers, waren wol hauptsächlich schuld, dass 
die wilde Bienenzucht gänzlich abgekommen, und die zahme Korb- oder 
Stockzuoht vernachlässigt worden ist. 



309) Prager Sladlbuch Nr. 1. , 

310) Fischer's Handl. Gesch. l! B. S. 828. 



\ 



I 



N 



273 



Im Jahte 1393 erlheilte 'Wenzel der Stadt Prag folgende Freiheiten; 

1. Dass ein fremder Handelsmann .seine Waaren^^ nicht wieder* einen 
Fremden, sondern einem Prager Bürger allein verkaufe. 

2. Was eiij . Fren^fler zu Prag einkaufet, muss er wegführen, und darf 
es nicht wieder in Prag verkaufen. . . > 

3. Der fhemde Kaufmann i^ioll in seinem Gewölbe keiYie Wage oder 
Gewicht haben, -bei Leb^enstrafe und dem Verluste seines Gntes, weil er 
seine Waaren nur im Grossen verkaufen durfte. . ^ 

4. Die fremden Kaufleute müssen durch Prag fahren, und in der AU* 
Stadt alle ihre Waaren auslegen. - 

5. In eben der Altstadt soll Jedermann df^ Freiheit haben, alle Tagfe 
Brot und Mehl zu verkaufen. ' ^ ■ 

fr. In der Neustadt Prag aber mag ein Jeder, Fremde oder Bürger,^ 
alle Tage Heringe und andere gesalzene Fische feil haben. — 

Hinsichtlich des Verkaufe^ der Fische heisiät es in einer im Jffhre 1390. 
ausgefertigten Urkunde *"). 

-Vmb den Fischmärk sein wir mit den auSv der Neustat vber ein 
kommen, das cleinö Fisch allerlei, auch forchen vnd kreusen, die man allein 
vndei^dem pränger sol so! tfeyl haben, vnd nyndert andersvo vorkauffen, 
nymandes Vurkaufen sol, die weil wisch steet vber sumar vnd vinter, es 
sey denne ^u stunden für mittage, vnd der wisch abgenommen wirt, älefrer^t 
mag maii die. vorkauffen vnd nicht er. Vber trete das nymand, wer der 
ii§t, der sol als offte das geschieht, den scheppfen fup/ gros, zu pusse geben 
vnd sein an viderrede *vorvallen. etc. ' ' 

Wolde aber ymand nicht vnder denn pranger stöen, dem sol man alle 
scheine Tische, die er veile hat, Giemen. _ " ■ 

Auch würde ymand von der egenannten vorpietung wegen die vi seh 
nicht frtie oder zu rechter Zeit zeit zu marke tragen, es sey purger ader 
gast, vnd yoihalden bis auf dy zeit, das man die Vorkauffen , mochte, denng 
so|l man die wische alle nemen, die er zu marke bringet,, vnd furbas mer 
nymm'er zu markte steen vnd fisch vorkaqffen. " . ■ 

Alle vorgescribene äustragung schaden stillen allein von dem heutigen 
tag an heben furbas mer ewicieichen craft haben vnd geh^lden werden. 

Ferner heisst es, im Prager Stadthuche Seite 152. 

VfiF dem grunfischmark ist ausgetragen,, das kein purger, der da geste 

haldet fischer mit iren fischen, sol mit den geben seinen gesten einetn kauff 

pachen in der herberge vritib die JSQlben fische. Wurde aber gast oder der 

»Wirt vberwunden mit zwein -oder mit drein geswören, so soll der gast die 

I ■ ' S . X 

» / 1 

' I * 

311) Diese Urkunde befindet sich iin Prager Stadthuche L. D; p. 143« Nr. eingetragen. 

18 



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selbe fische afler vorliesen, \7id der kaufTel,' geben als yil geldes, als die 
fische wert sein. 

Gescheß abir ein sulches of dem markte, ee man das zeichen abge- 
" non^raen, so 450I der, der kaufei, vnd der furkauffer ein sulche pusse leyden, 
vnd geben, als oben stet gescriben. 

Auch sol izlicher gast mit seinen fischen sten zu mark bis an den 

dritten tag vnd an den dritten tag noch essens soll man den fischen, die 

'^bleiben sein, ire zegel abslahen, das man sie furbas nicht mnge fe^i haben. 

Audh sulIen die Hegen fischer sunderlichen steen vifd die ge^te sun- 
' derliche mit iren fischen das man xmuge vndetsoheid haben zwissen in 
beydrn. ' . - ^ 

Auch suUen' alle fischer, es sei weip oder ihan, ab iren fischen zu 
markte steen, vnd nicht sizen, vnz zu der sund, die der rat wirt aüsge- 
getragnen vnd der wisch' noch stecket, pey einer puzze II gr. Wer auch 
derfiischer^entkegen geet, die fische zti markte vollen tragen vnd dieselben 
fische vorkaufil, ee sie zu marckt komen, so sol der kauffer alsa vil geiz, 
vnd der vorkaufifer die fisch gar vorliesen zu ptisse. etc. 

In einer anderen Verordnung heisst es ferner ^**): ^ . , 

Auch sol nyemand fische zu marckt pringen nach der stund, die dar 
zu genant ist, vnd noch dem vnd der wisch abgenommen ist,, als lieb ym 
sein die fische zu der selben zeit, die soll sie behalden vnd des marges 
vorkaufi'en. ' 

Auch sol chein fischer seinen laehs vfiT das eys legen vnd behaldenn 
an dem geswer; ob er das tete, der sol denn selben lachs gair zu busse 
Verliesen. — 

Auch des Wein- und Bierausschankes wird erwähnt, und es heisst **0: 
V Ein icleih Weinschenke schol nur aus einem vasse vnd zappen einerley 
wein schenken, vnd das^ solbe vas sol vorsigelt werden, wenn ;von den 
screiber, der dazu gesatzt ist, vnd sal geben eine volle masse ym .haus 
vnd aus dem haus. Wil ein man aber in dem lanthaus trinken, vnd prin- 
get man sein' gefes mit in dar, so sal man ym do wein ein rechte masse 
geben ; heischet aber ein man von dem schenken trank in glas oder in einer 
kanel, der der wirt oder schenk mag ym das volgeben^ vnd den trank darin 
vortragen ; wold im aber der schenk dorumbe ];ucht fruuort eder kost geben, 
so mag yms der gasl kauffen oder mit im darprii^gen; alden welischen wein 
ein Pint vmb III gr., Romanie vmb IIII gn, Schawemak vmb Itll gr., Malwa-* 

«iel vmb fünf gr. 

/ ^ I ■ ■ 

312) Stadth. Lit. D. p. 153. - 

3U) Prager Sladtbuch lit. D. p. 143. 



275 

Vnd einen tvthet weins lol man nicht geben tewer ausschenken oder 
BusfuUen, den das sich ein pint gepur als tewr, als derselbe wein gesateet ist. 

Vnd wer denn abgenannter gesez eines vbirlut, der sol zu pusse gebin 
zum ersten III schock gr., zum aridernmal VI^ schock gr., zuiii dritten mal 
XIII schock gr. vnd zu dem vierden mall sol der selbe ein ganz iar nicht wein 
schenken noch /nyemant von seinen entwegen an alles geverde. 

' BJan sol ein pint oslerweln schenken^ vmb einen gr. vnd nicht tew^er, 
eine volle masse und nur aus einem yasse^ vnd einem iztichen fas3, das matl. 
will' auflun; das sol vorsygölt werden; vnd wer das gesez ein^s vbirtrit; 
als aben gescriben stet, de^ söI zu dem ersten 2a pu^se geben ein schock 
gr., vnd zum andern q^allUt schock gr., 2u dem drittenmal VI^ schock gr.; 
zu de^l vierden mall ein ganz iar nicht schenken, als oben gesmben steet 

Vnd wenn man vorppussen will, -denn soll man vor ersten heiseA einen 
einen eyd sweren, dasi^ er die pusse le^de, die im dy herren werden auflr 
legen^ und dy yzuht ist ausgetfagicn oder hemoch wirt begriffert. v 

Deanoch soll man Sittawer pier (Zittauer Bier) schenken eine pient vmb, 
VI hallör, Sweydnizer vmb VIII haller, vnd alle pier prager zu VI hallern 
vnd nicht tewer, ein rechte masse vnd nur aus einem vasse, ynd wer der 
eines eines vbirtritt, der sol zu ersem zu pusse geben einen vrerdung zu 
dem anderm mal ^ schock gr., zu dem drittenmal ein schock gr., vnd zu 
dem vierden mal ein ganz iar nicht schenken, als oben von Weinschenken 
stet geschriben. * . .- 

Item wenn ein man seinen boten noch wein sendet, velcberley d^s 
wein.sey; noch Sweydnizer, noch Sittawer pier; ist denn das der schenke 
den boieii nicht will geben ein rechte messe noch der^stat recht, so sol 
poten «ein ^evasse lassen vor dem vasse steen, vnd sol das dem purger-- 
meister ödel* seinen scheppen, denn nehestenn, den er vindet, kunt tun,^ 

N,. 

oder dem rote, so sol'man den noch dem selben schenkt senden das er 
vor die scheppen kome,' do sol man in fragen. Tar er denne nicht sein 
recht tun vm das, das man ym schalt gibt, vf dem kreuze, man sol ym 
eine solcbe passe' auflegen, als aben vm izfichen trank' snnderlichen ist aus-- 
getragen. - Auch soll man in einen als offte vorpu^sen, als er das vardinet, 
noch dem als vor. auch ist gescriben. • 

Wenne abir einen, zweinen oder dreien seh eppfen vissent ist, vmb 
die Sache, vor die der wil sweren, so i;ol man in nicht lassen sweren, 
sunder man sol an alle viderred^ die pusse von ym nemen, die er vor 
verwercht hat 

Vnd ein iclich kanel s6l haben einen nageil, als von alder negell vnd 
zeichenn an denn gevalten gewesen tf^in etc» 

18« 



276 

' Auch sol man cKerley pier lassen her foren von fremden steten, aus- 
genomen Sweydnizer vnd Sitawer pier, ^ 

Weiter beisst es: 

Item, welsfhen wein schol man <vmb drey grossen, Romanye vmb HI gr..> 
Reywol vmb III gr., Malvasre vmb fdnf gr., ^El^asser vmb II gr.; Ungarische 
vnd Osterwein vmb I^ gr. vnd nicht tewrer sol man in schenken etc. 

In Betreff des Holz-, Kohlen- und Pechverkaufs sind im Jahre 1400 
nachstehende Statuten erlassen werden ^*^): 

„Es ward ausgetragen zu dem Drobnize, der zu der zeit burgermei- 
ster war, do bei auch ein ander schepfe war, und vier gesworen, undzwene 
schepfen mit irren gesworen aus der newen stat, di aus beiden reten darzu 
gegeben wurden. 

.'Von ersten, das nymandes koln sal furkauffen, als ein '^furkauffel, der 
die furbas tewerer der der ,armut der stat vorkanffen wolde, bey der böse, 
als die herren findien. . ' 

Item ein izlicher koler, der coln zu markte brenget, der sali sie 
sdiber vorkaüffen, und kein knech sal da bei sein, k^in knecfat säl kein 
kolen kauffen, es sei denne, das der do bei sei, der die liolen kauffenwill. 

Auch sal der kolrichter XXX secke haben, da. man die kolen an 
messen sal; und di^ sullen mit der stat zeichen gezeichnet sein; also, 
wenne ein koler sein koln in die stat vorkauift, das denne dieselben koln 
nymands abgetragen sal, denn der knechte einer den er darzu geben wirt; 
und der sal dersetben secke einen oder mer habefn, daran er die koln^ ab- 
messen sal. : . 

Item das Jcein koler sein koli\ in der stat umfure, sunder die allein uff 
dem markte vorkaüffen sal; und ob ein koler sein coln einem manne in die 
■' stat vorkaufft^, nnd das derselbe mann, der sie kauffte, nicht gar die koln 
neme, denne so sol der kolei^ dieselben übrigen koln* niemanden tewerer 
vorkaüffen, denn er sie vor vorkaufft hatte; sunder er mag sie \vol bas 
feiler vorkaüffen; und sal sie nicht in der stat umbfuren, sunder er sie wider 
uff den mark füren, ab er sie einem andern nicht vorkauffte, afs vor est 
gescrieben. ' ' 

Item, so mag der kolrichter in die hutten einer, zwene oder drei etc. 
oder zehen steyne pechs uff das meyrte kauffen, also doch das er kein 
pech an keinem markt )age vorkaüffen sal, sunder das vorkaüffen, wenne 
nicht markt hin sein sal, den werten, das man die tege, so hinne nicht 
markt Ist, kein gebrechen ^an pephe leide. 

Item die drei tage, als die Koler hinne zu markte steen, so sal der 



214) Aus dem Prager Stadtbuch A. p. 210—311. 



277 

kolrichter kein koln Teil hab^, allein in den huUjen mag er halJer \vcrd 
und pCennig werd zu einzel vork^ufTeh, und ^uist durch die ganze woche. 

Auch mag er^ miteinander XX secks koln kauffen in die hutten und 
nicht mer. • ^ 

Item die drei tajgis, als die koler in der newen stat zu markte steen, 
so mag er zwenä ganze secke koln ausfegen vor die hutten, um die . bei 
ganzen secken ader sust wie er, mag. vorkaufTen ; und ' wenn er die yör- 
kaufft, so mag. er anderö zWene auslegen, das man hinne .notdürfll an koln 
habe, durch armer lewte willeÄ, die nicht bei ganzen wegen mugen kouffen. 

Auch sal kein vetel bei halierwerd coln vorkaufTen, es sei denne mit 
des kolrichter willen* 

'' Auch wer pecTi her zu markte bringet, dfer sal das uff dem markte. 
vorkaufTen, und ob er das pech an den markt tage nicht mochte vorkäufren,. 
so sal er das pech nicht in die herberge füren, sunder er sal uff dem 
kolmarkte vor der hutten nyder legen; und das sal auch ny^mand vor- 
kaufen; und was man pechs kaufen wird ; das sal- an der stat wage, die 
der kolrichter haben sol gewogen werden;^ und je von zweyen steynen 
ein haller zu wegen geben, der, der das pech kaufen wirt. 

Auch sal der kolrichter sein eigen Knechte haben, diev das torwesen 
m.ugen, und'sal^ der alden knfechte leinen halden. 

Weiter heisst es S. 151: . 

Vnd die Colon ist auch der fcheppfen mein ünge, wer der Coler, dör 
deiner secke haben wirt, denn die masse ist, vnd dormit begriffen wirt, 
demselben sol man zum ersten mal die selben secke aller vorprenn^n; zum 
andern mal" Wirt er aber domit gegriffen, sot man ym die secke verprennen, 
vnd Coleh halb gebeii den nieistren, die das weten, vnd das ander teil den 
gefangen; zünfi dritten mall, ob der selbe wirt aber dein secke haben, deni 
sol man sie abir nemen, vnd die secke prennen, vnd äie Colen teylen als 
vorgespjrochen ist; vnd dartir sol, man von ym nemen V gr. zu pusse, unJ 
die selben V gr. ab^r halp denn meistern, die das gewarien, vnd aber halp 
dem vorwesner der gefangen leuten; zum wirdem mal .ab dn sulcher wirt 
aber 'begriffen mit deinen sekken ein öder mer, dem selben sol man dem 
wagen mittayll nemen vnd s(ti denn dem i^te oder dem pufgermeister anlr 
würten, vnd clip mugep damit wes sie zu rate werdenn. 

Item es soll keiner CoUer, der hernmkumpl,. lenger steen zu marke, 
den an dem djrilten tag; yjA wen man findet an dem dritten tag, wenn man 
Vesper Jeutet des Collen aber sullen aber ganz verloren sein vnd soll auch 
die dreytag ihit pferden vnd mit allem gerete hie liegen. 

Item es sol nyemaiit kein Collen furkaüffen, vnd )ver der ist, der 
Collen vorkauffen wirt, vnd furbas zu marcket bringet bey secken, bey 



\ - 



278 ' . 

t 

fudem, 10 wegen oder in korben^ die sollen auch als Yor dem rate vor^- 
fallen sein. 

Item ein jeder man, der colen Jher pringet zu markt, der sein colen 
vor selber vorkauffen bey secken oder bey fudern, vnd keiner koler knecht 
sol nier bei imi steen, sunder die knecht sulIen alle sunderlich^n steen 4)ey 
ein ander» vnd velchen knecht der colmeist^ dar gibt, der sol d^e secke 
tragen, ynd nyemant anders wenne der colmeistier sol sein eigene knecht 
haben, die das vorwesen mug^en, viid den er selben Ionen sol dem col« 
meister von; einem sacke zollen zwen haller, als offt m^n denn tragen wirt 
in die &tat, vnd von einem ganzen wag II gr. px lone geben, vnd der 
aldenn knechte sol der- Colmeister furbas keinen halden; vnd wenne der 
gast eyne mane seine colen furbas heymfirt, die sol der Colmeister lassen ab 
tragen vnd nemen von einem« wagen II gr. als vor ist bescriben, zu loiie. 
Auch sol der colmeister haben ein bechwagen, doran sol; man wegen alles 
bech, das in der stat gekaufit, dena vrorten, das ydem manne ein billichs 
widerfahre, vnd wer das kauff, der isiol geben von wiqr stainen peehs öder 
darunter ^{n JiaUcr zu wegen. / 

Wegen dem Obsthandel liest man ; 

Ynib den obsmark ist der schöpfen mein^ngjVon ersten das man das 
ampt einen bidermaqne, »de^ der selben waften mag, lassen soll vmb ein 
genannte sumn^e gelder in sulcher weyse, als d^r Herm^I <bs wor gehabt 
h|it ; vnd dar zu b«ben wir vns der far^n, das grosse vnterkauffe sein auf 
dem obsemargk, .vnd das dieselben abzeler selber vorkaufei seip;. dorurabe 
neme wir, das der selbe chein^r me abzelen sol, sunder der biderman, der 
das ampt haben vnd besteen wirt, selber knecht nemen ^oF, als vil er der 
bederffen wirt vnd ym fugen werden, die auch keinen furkauf treiben sullen, 
sunder nur alleine befallen; der selbe der den obesmarekt hesteen wil, der 
sol nicht mer nemen von allerley ^obes, denn vos ^Ider her komineh ist, 
«ynd auch hernoch gescriben stet ; 

Von ersten , von einem fuder nusse zu abezallen fll^ros, ; von eiuem 
fuder epfel zu abezallen II gros. — 

Auch i^emen wir, das ein izlicher kauffman, der dps oh^ her pjrenget, 
nicht tenger mit dem obs ligen soll denne vil^ den dritten tag ve«p6r zeit, 
vnd das obs sol eir nicht, ob schütten; sehntet er das aber ab, depne so sqI 
das obs sein verloren vfT ^^x herren der schepp^n, gnade. 

Auvh meinen wir, wer der \vere, der das obes vorkau(ft oder vnder 
precht vff den mark- vjf wegen, carren, secken oder korben, vnd dps vider 
KauflPen volde mit dem hauffen, was man des findet, das spl aber verluren 

315) frager Siadlbuch S. 153. 

/ . 



\ 



279 

sei vff der herren gnade; aber bey pfennig werden (Wertbe> mugen sie 
das wol vorkauffen, vnd wer der were der obsvorkauffen wurde auff wegen, 
carren, korben, oder secken das er ^ns zu hant vor dem markt füren vnd 
tragen sol^ vnd nicht minder weit vorkauffen so! in seinem noch im des 
gastes namen ;/ wurde ymand dorvber begriffen, denne das x)bs sulle aber, 
verloren sein vff der herren gnade ; vnd in den vorgenannten bussen, sal 
dfer der das ampt ynne hat oder haben wirt, ein teil haben, noch denne 
als die heren zu rat werden. Auch sol chein abzeler von leuten, die obs 
kauffen, g^elt ein nemen, sunder der gast, der das vorkauffet, der sol sein 
gelt selber, ein nemen. 

In einer Urkunde vom J, 1384, weiche in den Stadtbüchern der Alt- 
Stadt Prag eingetragen ist, bßisst es im Betreff d^r Schiffmühlen wie folgt : 

My PurgkmJstr a Radda Stareho Miesta Prazskeho znamo czinime 
timto nassjim Li$tem Pr^^dewssenoy kdez czten nebo cztaucy slissan bude, 
a zwlasst^ tu kdel nalei^j. 2e Magestrat slawiie Pamietj Krale Wacz- 
slawa iij£ie di>t€zeni stogi napsany w knihach . nässych Miestkycb sie wo 
od slowa täklo; / 

' mleynich na lod^eh' weysada prwny Krale Waczslawa Letha 1384. 

Wacslaw z Bozj milostj 

Kral pb wsse czasy rozmnozitel Rzisse Czesk;^^ kral ;/: 
* ".'-• ' '•• 

Znamo czinime timto Listem obecznie przedewssemy kdoz ^geg uzn, 

a nebocztoucy slissan ' bude, zie w zhledna na znamenitau Wiru a stalpii 

sluizhu wiejnich na^sich milich Purgroistra a Konsseläw y wssy Oboe Nasseho 

Wielssihö Miesta praskehd kteraui gsau niekd^ Slawnß Pamietj Czysarzi 

Karlowy Paiiu Otcy a Przedku Nassemu milemu^ y nam take Pilnou swaJS- 

nosti se zachowalj, a zachowawalj hledieljy a w Czasech budoucich sna- 

zniegj a pilniegj budou se-hJedietf Libitj, kdiz od ,nas MilostBöy a Swobo- 

damy Nowymj obdarzeny gsaucze poziwagicz radowatj se budau. Praloz 

z dobrim rozmysslenjm, a Raddou KnjÄat wiernych Nassych milichy s zistym 

nassym wiedomim, moczy nassy Kralowskau tuto nowou Milost ^lawame,' 

aby Fugkmistr a Könssele y wssy obcy wietssyho Miesta Praskeho mobli 

datj a udielatj Sskrtnicze na czluniech Lodnjch, aby na wodie splegwali, tu 

kdebi se gim dobr^e mistö zlibilo^ kdyby zbichowe wadnj weliczy bilj, »by 

gich mohli poi^Jwatj, t^ kterziz na prodag Rohaczty a biebiy chlebi dobrze 

dielatj umiegj abi dostalek bitj mohl pro Lid chudssy pobiehlj. 

- ' * I ^ ' 

TentQ List potwrzen gest Peczetj Magestatu nassehe Kralowskeho. 
Dann. na Hradku Anno Domini M. CCCLXXXIV. Feria ' V. aute Pentecosteu 
Festuni, Regnörum nostroru Boemiae 21, Römanoriim VIII, ä to zie gest 
w prawdie tak hoi nahorze psano stogj to przigimame k swe Wirze a 



280 . ,- 

Dussy. Tomu na swiedomj a pro lepssy Gistotu, y ku Prawu dowiernost, 
qeczet nassy menssy dalj, a rozkazali gsme pr^itisknautj k-tonuito Listu 
nassemu w Strzedu po Nedielj Postnj Invocavit Letha Paaie LXXXIY. 

Im Betreff des Schuldwesens erliess die Prager Stadibehörde in> Jahre 
i 390 des 7* Juniustages nachstehende Verordnung, welche. Ich im Origimtl 
anführe ^^^). 

,- Do man zahlte nach Christi gepurd drei^hen hundert iar vnd denne 
in denne neunzigisten iar am nehesten montag noch gotes leichnam tag, 
sein wir Simon Cauler, zu den Zeiten. purgermetster, Pesko Drobnizie, Engel 
^apoteker, Fridel Kussenpfennig, Jesco Dompze, Francs Bischolf, Herdegen, 
Falzner, Yelislaus Heizer, Henslinus Uazina, Jesoo Kotko, Henslinus Gobell, 
Jescö Smatlan, Thomas Melzer, Simon von Plzen, Andres Habarth, Martein 
Schräm, Michel Satter vnd Vanik Manik Melzer gesw.orne purgestiynj) sche- 
pfen dajT grossen stat zu Prag^ des mit den eldesten, die wir^u vns aus 
der gemeine mit der selben ganzen gemein villen vnd /at gekorn haben, 
vnd auch mit iren gemeinclicqen rat durch gemeines nuzes villen armer 
vnd reicher zu rat wurden vnd vbir ein komen, das die gesetze, die. her- 
noch gescriben steen, furgang haben sullen, vnd von aller- meiiiclichen 
ewictichen gehalden werden. • 

Von ersten vorwilkuret odir ooir vorschreibelh sich ymand vmb bereit 
g^lde, bezallet er nicht auf den tag, als er sieh vprscriben hat, oder ver- 
wjlkuret hat, wirt zu seiner vnuarender habe, einem haus^ odeir erbe, also 
das man seine varende habe nicht findet, ein ein rechtgeholfen, denne so 
soi der, dem dai^ recht geholfen ist worden, die selbe im antwortet vnua- 
runde habe zu dreyn itialen in dreyen gehegten dingen aufbieten, vnd dar- 
poch ^ allererst sol im der schuldig das haus oder erbß zu haiit vnd nicli- 
keer räumen. 

Noch dem sol auch der gelaubiger das haus oder erbe dem schuldiger 
anpieteu mit der gewissen, das ist vor zwen ssheppfen oger 'genannten 
oder vor dem rat, wil oder mag er denne das nicht wider zu im ledigen, 
^0 mag der gelaubiger das haus^ oder efhe vorkaufen mit der gewissen, 
als vor ist begrißen. . ' 

Wirt aber einr^^echt zu vnuarender habe geholfän,vmb schlechte schult 
vnd nicht vmb bereit gelt, so sol der gelaubiger das haus oder erbe, das 
ym geantwurt wird vnd dem rechten, auch drei stund ia dreien g-eheglen 
dingen aufbieten vnd lauthenieren, vnd das denne iar vnd tag Mlden noch 
der stat recht also das der schuldiger nicht torf das haus, oder erbe noch 
der lautmerun^en hant, als gescriben ist, räumen, vnd auch der gelaubiger 
mag verkauffen etc.. 

?16J Prager Sladlbuch Lit. X. p. 137 und 163. 



281 

Hilfet man a^er zuvarun/äer habe, es sei vmc bereit gelde oder^sunft 
siecht schult, ein recht, so sol man die pfant dreistud in dreien gehegten 
dingen ^ aufbieten die selben dem schuldiger dornoch anbieten mit der ge- 
wissen ; loset er denne zu hant die selbe varunde hlabe zu im nicht, so mag 
der glaubiger die pfände vorkaufen mit der gewisi^en, ausgenommen essende 
pfant, die n^g maiji vorkauffen an dem dritten tag alleweg, doch mit der. 
gewissen, als vor ist- gescriben. » * 

Domoch vorkauf ymand ein erbe oder hBus, dorauff zins eins anderen, 
vnd Yil d^s Yorlanken viid in 'damit abhendig machen, der soll seinshoech-^ 
sten rechten das ist^ das hils^ best anden sein vnd vorvallen. 

Yorkaufit: auch yemand eines veysen, der ssein iar nicht hüt, haus, 
erbe, zins oder eygen an der scheppfen rat, vilten vnd guiist; das sol 
chein craflt haben; wer aber Sache, das er alsa an den schepfen vorkauffet 
wupHe, gelaathmert, gefreyet noch der slat recht vnd brieff mit dem stat- 
sigel dar über geben, so sol, der das haus, erb oder zins vorkauffet, vnd 
nicht der, der es kouffet hat, mit seinen spravzqin dem ' veysen das voraus 
wojten (verantworten) vi^d sangen, mit velichem rechten sie d^s vorkaufft 
haben. Bewaysehter oder sie, xlas sie das erbe, zins mit rechte .verkauffei 
haben, das suilen sie gevisseu ; mugen sie aber des nicht beweisung haben, 
so suilen sie vor allen Sachen dem waysen vmb sein vorchaufil erbe genuk. 
tun, vnd dorvmb, daz sie an vissen der scheppen an recht es vorkaufft 
habeii, schullen die scheppfen der sccheppen an rec^ht es vorkaufft haben, 
schollen die scheppfen, die zu der zeit werden sem, mit in tuA vnd auch 
in das keren nach deme als sie des zu rate werden nach ijem eyde. 

Vere auch Sache, das einen waysen, .der sein iar nicht zu enhette, 
sein erb, haus, zins vorkauft wurde, gelautmert statbrieffe darüber geben 
vnd nach der stat recht bewaret, als vor ist gescriben, vnd der vorkauffen 
mit sampt seinen spravzen nichts betten, damit sie dem waysen vm seines 
vorkäuffltes. gut genug tun mochte, oder op sie alle tot weren, vud betten 
nicht afso vil gut noch in gelassen, da man dem waysen vmb ''seine vor- 
kauffte guter genug gescheen mochte, so $ol vnd mag der wayse nach 
vnserm gemeimeinen rechte von dem tage, eis er zu seinen iaren kumen' 
ist, sein gut vnä erben ansprechen inwending ia vnd tag, das ist sechs 
wochen, das ym d^r besitzer vnd kauffer zu hant räumen sol an viderrede, ^ 
vnd des selben erbes kauffer oder besizer sol sich denne furbas an die dy 
im das erbe^ zins oder g^ut vorkaufft haben, halden vmb seinen schaden, 
vnd sich des an seinem leybe, hat er des gutes nicht derhalen, ;iIso das 
der weyse aileweg das sein nicht in cheiner weys ^1 Verliesen. 

Spricht aber der weyse sein vorkaufies gut von dem tag, als er sein 
iar hat, in eine iar vnd sechs wochenn dasselb iar zu rechen nicht an mit 



-N 



28« 

dem rechtem, viid ist zu Jande, denne do sol ym wed^r der be^iser noch 
der vorkauSIer seines gutes mit seinen spravzen darvmb furbas mer nicht 
antwurten vnd des weys, sint dem male das >er in iar vnd tag» als er sein 
iar gehabt hat, geswigen hat, sol auch denne furbas mer sweigen vr\d sie 
Tugemuhet lassen. 

Item weren' yngeteilt bruder, denn ir wfiter abgangen were an ge- 
scheSte, ber eldelste bruder sol noch mag denn jungem brudern vnd an- 
dern seinen ^eswestredenn nichtes zu schaden vortuen noch vorkauffenen, 
sunder alleine seinem teile sol er zeren, damit er tuen mag, was er wil 

Bürget ymand, er sei purger oder gast, einer kramerinne gewand- 
sneiderinne, gewandsneiderinne oder andern veiben, die manne haben, vnd 
teglich zu marke sizen, vnd beklaget man sie ^wb scKuU vor gerichte; ir 
man mag sie darvmb vortreten vnd zu seinem rechtem koiAen: auch be^ 
kennet sie ymandes vor gericht der schutt; die selbe befcentnns sol dem 
manne^ dem sie sein gut nicht vorgeben mag, vnschedlich sein an seinem 
rechte. Hat aber das weip in eigene guter, so sol sie die schult, der sie 
die. schult, der sie bekennet, gleicherweis als ein man hezallen^ ^hat sie 
aber nicht eygene guter vnd vbirlebt den man, denne voa denn gutern, 
die sie zuJrem teyle aijgepuren, sol sie dy schult, der .sie vormals bey 
mannes Zeiten bekannt hat, bezailen, vnd. darvmb sol ein yderman aufsehen, 
wie vnä wem er borge. — Spricht nrian aber man vnd weip mit ein andir 
vor gerichte vmb schult oder vmb ander sache, dervber der clagisr keine 
beweysung hat; bey de, man vnd man, suüen dorauif antworten; wil aber 
der man sein weip mit dem ayde, der ir geteilt wirt, vortreten, das^ mag 
er wol tun ^lleweg vnscbedlich dem eydedem ^irt im geteilt, d^nne er 
darzu tun sol, als were man in des nicht wil vbirheben. 

Um den Zustand der übrigen böhmischen 'Städte ?u verbessern,^ er- 
theilte Wenzel denselben namhafte Markt - Privilegien, . 

Im Jahre 1379 baten die Bürger der Stadt Leitmeritz, er möge ihnen 
die Freiheitsbriefe, welche ihnen König Johann in den Jahren 1319 und 
1325, dann Kaiser Karl jm'Jahre 1348 ertheilt hatte, bestättigen. Es war 
iiämlich noch dainals m Leitoieritz das MagdeburgVche Recht im Gange^ 
wohin andere höhmische Städte appellirett durften. Uiberdies mussten — 
wie bereits in den früheren Abschnitten enVäbnt — auch die ^Kaufleute 
ihre Schiffe daselbst aufhalten, und die Waaren zum Verkauf ausladen. 
Alles dieses bekräftigte ihnen K, Wenzel. — Im Jahre 1389 würde der 
genannten Stadt erlaubt, dass sie den biäher auf den St. / Jakol|Stag gehal* 
tenenen Jahrmarkt an denfi * Alierheiligentage abhalten dürfe* Die dies- 
fallsige Original - Urkunde liegt im |^eitmeritzer Stadt - Archiv imd lautet 
folg(^(lerm^^S6n;„Wir Wenceslavs von Gots Gnaden Ramiseher Kunig zu 



I 



283 

illen Zeiteil Merer des Reichs Vnd Kunig zu B^heimb, Urkunden vnd tiin 
kunt offentlicben mit diesem Brife, ' allen den, die ihn ^ehen oder boren 
lesen, das- vor vns komen seznd vrisere Heben getreuen, die' Burgermeister, 
Rathe vn^ Burger der Stat zu Leutmeritz^ vnd legten yns für, wie das ibii 
1er Jahrmarte, den sie von lange h Zeitetf bishero auf &U Jakobstag gehabt 
laben, untitzücber wäre, vnd nicht Nutzes brachte, vnd baten vn« mit Fleis§, 
las wir ihn denselben Jahrmarkte Von St. Jakobstag uf aller Heiligentage 
verlegen vnd geben .gnädiglii^hen geruheten, das haben wir durch sulche ' 
^neme Dieibste, vnd trewen Willen de ehgenanten Bürgermeister, Rathe; 
md Burger, die sie vnd, vnd der.Cronen zu Boheimb ofte nutzlichen, vnd 
iviliglichen [gethan haben, t^Iiohen tbuißn vnd fürbas thuen sollen, vnd 
[ttügen in künftigen Zeiten, vnd sunderlicben durch Besserunge vnd frpmmon 
derselben Stadt mit vi^ohlbedachtem Jtlutbe, guetten Rathe, vnd rechter 
ff'issan, solchen Jahrmarkt^, den sie vermal^ uf "Stl Jakobstag gehabt 
daben, wissentlichen uf aller Heiligentage gnädiglichen vorlegte^ vnd ge«- 
geben, verlegen vnd ^ebe» ihn den in krafl diess Briefs und kuniglicher 
Machte zu Beheimb vnd meinen,' setzen vnd wollen, das sie '^denselben Jahr- 
markte fürbas mere ewiglichen uf aller Heiligentage mit aller ßechten, 
Freyheiten, Gewohnheiten vnd gnaden hab.en' sollen, in allerma^sen, als sie 
vormals den Jahrmarkte uf Si. Jakobstag gehabt haben, von aUermännig-!- , 
liehen vngebindert, vnd gebietten daruorf), allen Fürsten, ^Burggrafen, Bürger- 
meistern, Räthen, .v|ld Gemeinden, der Städte, Märkte, vnd Dörfer , vnd allen 
andern vijsern vnd des Kunigreich za Beheimb ünterthanen, üntersessen 
vnd getrewen ernstlichen. vnd festigüchen mit diesem Briefe, »das sie ßw 
ehgenannten Burger und auch alle Kaufleuth^ an Zufart vnd Abfart *u den- 
selben Jahrmarkte,\vnd von dann an ihren Leiben vnd Gültern nicht ledigen, 
hindern, oder irren in keine Weiss, SQUdern sie sulches Jahrmarkes geruh*- 
liehen genüssen, vnd gebrauchen lassen, als liebe ihn seye vnser schwere 
l^ngnade zu vermeiden, mit ürkund dies Briefs vorsiegell, mit vnsern kunig^, 
liehen Maiestat Insigeley geben zum Bjirgleins nach Christs Geburt drey- 
zehn hundert » Jahre vnd darnach in dem Neun vnd achtzigsten Jahr, an 
St. Otbmarst^^ge vnserer Reiche des beheimischen in dem Sieben -vnd zwan- 
zigsten vnd 'des Römischen in dem vi^rzehenden Jahre. — 

Im Jahre 1390. (13. August) bewilligte Wenzel der Stadt Mies einen 
Markt; welcher aiJht Tage nach deim Feste des heil. G^JM auf alle _ wie immer 
Namen habende Gegenstände imd Kaufmann sgüter gehalten werden solle, ^^ 

In einem zweiten der Stadt Kladrau verliehenen Privilegium vom 6, 
februar 1399 hatle Wenzel jenen M^'estätsbri«f, in Betreff eines Wochen- 
«larktes, den er auf die Fürbitte des frommen Abtes Raßko auf alle Donners- 
tage den dortigen Bürge/n ^gegeben hat; widerrufen, indem er einsah, dass 



284 

dieses, gegen die ausgefertigten Edikte sei, kraft deren Niemaiul in der Ent- 
fernung von einer Heile um die königlichen Städte einen Wochenmarkt 
halten durfte. 

Im Jahre 1391 gab Wetizel der Stadt Jungbunzlau das Recht, einen Jalir- 
mai^kt von acht Tagen — am Tage der Himmelfahrt Maria anzufangen,^ so 
Wie in den übrigen Städten^des Königreichs — ungehindert zu halten ^"). 

Im Jahre 1393 (3. Jänner) fertigte^ Wenzel der Stadt Budweis eine 
Bestättigung der Freiheit aus, die sie von K^rl dem IV. erhalten bat. Er 
setzte noch hinzu, dass die Hauptstrasse aus OesteVreich durch und über 
Budweis gehen solle. 

Im Jahre 1401 (28. Juni) erlaubte Wenzel der Stadt WeisSwasser alle 
Jahre einen Markt abzuhalten, welcher 10 Tage währen soll. 

Im Jahre 1406 (15. August) erlaubte Wenzel der Stadt Wodfian einen 
Jahrmarkt mit allen den Freiheiten und Rechten', die in andern königlichen 
Städten üblich waren. . ^ 

Die Fabrikation der Wolltuche war unter Wenzel ischoh von. vorzüg- 
licher Art, dass damit ein ausgebreiteter Handel getrieben werden konnte. 
Das Handwerk war in allen Städten Böhmens sehr zahlreich, ja es gab keinen 
einzigen Marktflecken, wo' nicht Tuchmacher sassen^'®). Vx)n der Tudi- 
macherztuift in Reichenberg, welche von, Johann dem Andern von Biberslein 
errichtet wurde, finden sich schon im Jahre 1410 Spuren. In einigen Ur- 
künden, welche sich in Wodüan befinden und sich auf das XV. Jahrb. be- 
ziehen, kommen die Namen mehrerer Tuchmacher vor, als: Sima der Tuch- 
macher, Wawra, §iniek^ Peter, Narczko. 

Wenzel ertheilte den Badern einen Majestätsbrief, in welchen er sie 
den andern Handwerkern gleich gemacht, und ihnen zum Wappen einen 
grünen Papagei mit einer blauen, knoten weise gelegten- Binde, jm grünen 
Felde, verlieh. Und im Jahi-e 1408 (12. Juni) fertigtet er für Ludwig aus 
Florenz einen Bnef aus, wodurch er ihn zu seinem Apotheker aufnahm und 
die Freiheitsbriefe, welche Karl seinem Hause und botanischen iSarten auf 
d^r Neustadt ertheilt hatte,' bestättigte. ' 

Von Handbüchsen spricht Hajek in seiner militärischen Vollmacht auf 
das Jahr {413 als von einer gewöhnlichen Wafib. Er s,prichl zu Ende be- 

317) Pelzers Gesch. EM B. S. 220. ^ 

318) Job. Seb. Grüners Gesch. der Stadt Eger S. 42. £s heisst darin femer: wie sieb 
im Jahre 1412 bei der Zerstörung des Raubscfalosses Pfeuhaus die £g^r*scheD 
Tuchmacher so auszeichneten, dass ihnen bei ihren Zusammenkünften und Aufzügen 
von Seiten des Stadtratbes 'die Erlauhniss ertheilt wurde^ sich der Trompeten zu 
bedienen. Ein Beweis, dass dieses als eine Auszeichnung sonst nicht jeder Zunft 
eingeräumt wurde. " 



\ V 



285 

sagter Schrift : „a pH kaSdem woze «by ^yla jedna häkownice se wäi pH- 
prawoii, a dw6 sekyi^e, dwä lopaty'',at. d. Das älteste bekannte schwere 
Geschütz eroberten die Taboriten 1427 auf dem Schlosse ' Tachau. Alte 
böhmische Jahrbücher nennen dieses. Geschütz ^pu§ka welikou Chmelik ne- 
boi^ika krale WäclaSva^^ und Hajek spricht von diesem : wzali welik^ dölo, 
ktere^ sldwe Chmelik.^ pies beweist, dass es unter Wenzel Künstler gab, 
die dies i^chwere Geschülz verfertigten. 

Die Böhmen natten zu Weiysels Zeit schon viele Namen für Geschütze, 
deren Unterschied jetzt nicht mehr nächzuweisen ist. Ausser den allge- 
Kleinen Benennungen d61o, pu§ky, stfelba, tar^Snice, hakownice, puikownice, 
rucnice, pisfaly — nämlich nach der Grösse, 6es4|tlt und Gebrauch, hatten 
sie auch" die sogenannten „§ r u,b n i c e? und „h a u f n i c e^ (Heergeschütz). Ein 
Schreibeix König Siegmunds an Ulrich von; Rosenbeirg bäi^agt ausdrücklich, 
dass die böhmischen "V^afTen nicht nur in Ungarn und Polen, sqndefn auch in 
Teutschland beliebt und gesucht waren, wie dies , auch ausser den gleich- 
zeitigen Zeugnissen, 4or häufige Gebrauch böhmischer WafTenbenennungen 
bevxeist, wovon die Haubitzen und die Pisjiolen (pi§laly) bis auf den heutigen 
Tag erhalten haben; 1 -• . 

Man schoss mit dreierlei Gattungen Kugeln, nämlich mit steinernen, 
eisernen jmd bleiemeh. Die steinernen wurden von SCeinm6tzern verfertigt. 
Man. nahm hiezu solche Steingattung,^ welche sich leicht behauen tiess. 
Man findet dergleichen Kugeln in grosser Menge im StädtchcQ Lipnic. Die- 
selben sind aus X Granit gehauen. Bei der Belagerung Karlsteins nähmen, di^ 
Prager zur Kugelbeireitung den' Stein von Petrin (Jetzigem Liaurenziberg),. 
welche sie in Kisten nach dem Bekgerungsorte führten**^). Wer die ei- 
sernen Kugeln zu jener Zeit gegossen^ findet sich nirgends in den J[ahrbücheri|; 
verzeichnet. Bleierne Kugehi für das kleine Feuergewehr gössen ganz 
wahrscheinlich die Buchsenmacher selbst.^. ' ^ • 

Pie erste und sichtbarste Fplge des grossen Gewerbes war — na- 
mentlich in allem Anfange der Regierung Wenzels— ein ausgezeichneter 
Wohlstand . der Städte und des Landes mit Einschluss, der Klerisei, doch 
nahm der Regent und der Adel nicht sonderlich Theil daran, weil er sich 
mit dem Kaufhand.el noch immer niöht recht befassen ^mochte; die erstefen 
aber mussten um so eher emporkommen, da die häusliche Frugalität der 
Familien sich mit der Wenigkeit und Geringfügigkeit der Abgaben, welche 
K. Wenzel wolweislich nicht überspannte, und mit der Arbeitsamkeit vereinigte. 

319) Zu Anfang des XYI. Jahrh. verschwanden diese, und die eisernen kamen^ häufiger in 
jGrebrauch, und es ist wahrscheinlich, dass auch ^iim diese Zeit die den sogenannten 
Feuerkugeln oder Granaten ahnlichen kupfernen^ Kugeln in der Kriegskunst Einge- 
führt wurden, welche früher aus einem andern Metall verfet*tigt würden. 



286 

Ausser der vom Prager Bauvereino 1382 gegründeten Prohtileich- 
namskirche und der ebenfalls von Privaten 1391 errichteten Bethlehems- 
kapeile ward unter Wenzel auch 1385 der Chor des St; Veits-Domes voll- 
endet und 1392 zu dem Baue des Kirchenschiffes der Grund gelegt. 

Zu Wenzels Zeit erhoben sich die Kuttenberger Bergwerke auf's Neue 
tfnd blühten bis in die Zeit der hussitischen Unruhen. — Im Jahre , 1407 
(6. März) gab er dem Cnterhofmarschäll Valen^n und dessen Erben das 
Recht auf Gold- und SHberbergwerke, besonders auf Alatin am Dorfe Pfilep 
und andere ^Metalle ungehindert zu bauen und nachzuspüren. ^Dre( Jahre 
darauf befreite- Wenzel die Anna Holubowa und ihre Kinder voil den Ab- 
gaben, welche sie von der Alaunhütte zu Pfilep hätteh zahlen i$oIIen. 

Trotz den reichen Ausbeuten fast sämmtlicher böhmischei* Bergwerke 
Hess sich Wenzel die genaue Richtigkeit in dem Münzwesen, welche sein 
Vater getroffen hat, eben so'we^nig angelegen Sein, als die übrigen wich- 
tigen lieichsgesetze. Im Jahre 1400 Hess Wenzel GoMmünzeÄ (lleichs- 
goidmünzen) prägen, und nahm die von König Johann gebrauchte, aber von 
Kart IV. mit, dem böhmischen Löwen vertauschte Abbildung des heil. Johann 
Baptist auf die Reversseite auf, Während der Avers den Reichsitdler und 
Wenzels Namenszug enthielt. ' 

Im Jahre 1407 gab Wenzel in ßetreff der MüHzer tstd SRhi^meister 
eine Verordnung heraus, und befahl künftighin die Groschen nur zn ^^;^^ 
fein, die Heller hingegen gar nur zu ^/s f^*" zu prägen, das ist, die be- 
schickte Mark Groschen .hielt 25 Theile Silber und 16 Theile Kupfer und 
War solchem nach nur zejinlöthig, die freächickte Mark Heller ater hielt 
nur zwei theile-^ilber und drei Theile Kupfer und wtii' sonsrch nnr öieben- 
löthig. Doch gingen noch immer 12 BfeHer auf einen Groi^chett. Eine feine 
Mark hielt also zu Wenzels Zeiten 96 Stücke solcher Groschen odfer 1920 
%[eller, da zu Wenzels IL Zeiten, wö mdn eine Mark nach unserer heufigen 
Währung zu 24 Gulden rechnete, auf eine 'solche Mark nur ÖO Groschen 
oder 720 Heller gingen. Ein solpher stark legirter Groschejti Wenzels hielt 
demnach mir 15 kr. und 1 Schock -15 fl. I>ie Dukaten aber bliefren noch 
äMemal wie ehedem äüf einem gleichen Werthe zu 4 Ä. 

Man rechnete zu Wenzels Zeit allgemein nach Dukaten, narch Marke« 
Silbers, deren verschiedene Gattungen waren,' nach Mark Grorschen', nach 
böhmischen Schocken, welche !^ahlart auch dusserhatb ßöhmen ita Gebrauche 
War. Sehr wahrsclieinlich ist zü dieser Zeit die Slahl der Üibet*sfeÄrpeitirtgc!i 
seiner Präger Groschen in den teutscheii' Reichsstädten^ zuifial des schwä- 
bischen und fränki^hen Kreises« \ • 

/ 

f - 



r ^ 



Dreizehnter Abschnitt. 



Kaobtfaltige ZerrilUangen im Handel und Wandel. 



Als König Wenzel starb, tcat sein Bruder Siegmünd ohne alle Frage 
die>9ämmtli4^hen£rb lande, also Böhme») Mähren, Schlesien lind Lausitz recht- 
mässig an; da er jedoch erst im Jahre 1436 in den factischen Besitz der 
Regierung gelangte, so nehmen mehrere ältere Geschjchtschjreiber "Böhmens 
ein l?jähriges. Interregnum^ an. In dieser Zwi^^chenzeit war Böhmen in 
Nord und SüiS ein 'Schauplatz deß grässlichsten Elends. Ich übergehe Alles 
das, was nicht unmittelbar Beiug auf den Handels- und Gewerbszustand hat^ 
mit Stillschweigen, und führe blos diejenigen Ereignisse an, die sich ge-^ 
radezu nicht beseit>geh lassen. . ^ ' >^ 

Die Teutschen, welche während den Unruhen aus Elöhmen gewandert 
sind, kehrten nun nach hergestellter Ruhe zwar zum Theil xurück,* allein 
die herrschende Partei der Utraquisten, aCs die grössten Euerer für die 
Selbstständigkeit der Böhmen, iliess die Teutschen nicht aufkommen, sondern 
bemühte Sich dieselben auf alle Weise ^u beschränken, damit sie sich nibhl 
erweitern und über die Böhmen einige Vorthtsile erhalten sollten. Dasa 
faiebei die fremden Kaufleute ^'^ litten^ bedarf wol keines Beweises. — Diese 
Zwistigfkcjiten, genährt von allen Seiten, konjotten nichts anderes aU die 
nachtheiUgsten Folgen auch auf den ganzen Manufakturstand jierbeiführen« 
Für die Landwirthschaft konnte im Ganzen Siegmund Wenig tbun, denn die 
Unsicherheit des Eigenthums, der Aberglaube und die nun emporgetauchte 
Verachtung des Bauernstandes Legten den Fortschritten in diesem .Zweige 
grosse Hindernisse in den Weg. Siegmund machte wol zwar Versuch^, sich 
der Landwirth^chafl anzunehmen^ allein sie^ schlugen grösstentheila fehl. 
Vorzüglich klagen die damaligen Geschichtsclireiber über die Theuörui^g daa 
Hopfens. Es schien nicht mehr das gebildete^ ruhige und glückliche Böhmen 

320) Unter K. Siegmund hatten sich viele böhmische Kaufleute in Ofen ansässig gemacht. 
In der von diesem Kaiser daselbst erbauten Sigmunds- Kirche wurde der Gottesdienst 
auch bilhmisch abgehalten. ^. , 



288 

Karls tu seiii. Die Unwissenheit trat nun an die Stelle, und der Stolz der 
damaligen Gelehrten entzog den; Handwerker die besten und wirksamsten 
Mittel zur Verbesserung seines Gewerbes. Und wenn auch gleich die frü- 
here glückliche Lage einer Stadt, ihre Verbindung mit andern es zu einer 
Wohlhabenheit gebracht hat, so rissen doch die inneren langwierigen und 
blutigen Kriege alles wieder zu Boden., Einen bei weitem grösseren Scha.den 
erlitt der Handel, daher war es nothig, auf Mittel zudenken, wie namentlich 
der Letztere — dieses Kleinod des Landes — gehoben, und der handelnden 
Weit, wieder aufgeholfen^ werden möchte. Siegmund suchte auch denselben 
nach seinen weit umfassenden Ansichten zu beleben. Er li^ss, es an keinem 
Versuche fehlen, allein es hielt in allem Anfang sehr schwer, den einmal 
bis an den Stamm gekappten Baum wieder schnell zu seiner vorigen Blüthe 

• 

zubringen. Hierzu bedurfte es vor allem Aitdern einer dauernden Rühe 
im Lande.. Suchen wir femer nach den Gründen, welche eine so nach- 
theilige Wendung und, überhaupt eine allgemeine Lethargie veranlassten, 
so lösst sich so manches Motiv auffinden, nämlich die Auswandenuig der 
ausländischen Kaufieute, ferner die Verfolgung der Juden (1^30) , welche 
indess nicht von langer Dauer war, dann die Unsicherheit, mit welcheir jetzt 
wieder die Kaufleute im Lande reisten. Der Verkehr auf der Wasserstrasse 
zwischen Budweis und Präg musste namentlicli während der Unruhen unge- 
wöhnlich viel-gelitten haben, denn dies beweist ^chon der Umstand, 'dass 
K. Siegmund, bei der Gelegenheit, als die Prager den WySehrad belagerten, 
von Leitmer^ Schiffe aiif Wagen nach Beraun bringen Hess, um-^ solche in 
die Moldau setzen zu lassen; und damit seinet* Besatzung Lebensmittel auf 
diesem Wasserwege zuzuführen. Der so beträchtliche Holzhandel, welchen die 
damaligen Besitzer der Waldungen an der Lu^nice führten, lag ebenfalls ganz 
darnieder, denn, die Taboriten,\ welche das Oertchen Pribenic besetzt hielten, 
hemmten den Verkejir auf diesem Flüsschen, indem sie jedes Floss mit einem 
grossen Zolle belasteten. Um dieser Plackerei willen sah sich der 'damalige 
Besitzer der dortigen Waldungen Udalrich, von Rosenberg, genöthigl, den 
ganzen Bezirk uiq Pfibenic dön Tdl)oriten abzukaufen^ und das Nest in einen 
Schutthäufen zu verwandeln. Hiedurch verschaflfte ei: derSchifflFahrt eine 
Erleichterung, die schon kurz darauf die vortheilhaften Folgen für den da- 
Jjigän Holzhandel hatte. — 

' Der Eibstrom, der zu Karls Zeit so viele Hunderte Schiffe stromauf- 
und abwärts trug, wurde während der Unruhen nur sehr sparsam befahren, 
einestheiis der Unsicherheit wegen, und anderntheils sollte, der Sal^andel 
mit einem Male aufhören, wenigstens war dies der chrislliciie Wille des 
idamaligen Papstes. , Er bedrohte nämlich im Jahre 1424 diejenigen mit dem 
Kirchenbanne, welche sich unterstünden, den ketzerischen Böhmen^ Salz zu- 



/ 



289 

zuführen. Diesig angedrohte Strafe mag lange ihre Giltigkeit gehabt haben, 
denn Hanu§ von Kolowrat, Probst und Admipistr^tov des Prager Erzbisthums, 
Hess schon wieder im Jahre 1470 an den Herzog von Sachsen, dann den 
Bischof von Meissen die Ermahnung ergeben, den Ketzern in Böhmen kein 
Salz zuz'uführen, und den Unterthanen verbieten zu lassen, diesen' Handel 
nach Eöhmen zu tf'eiben. Kann es wol ein absurderes Prohibitivsystem 
geben? Ob dieses Verbot — wenn gleich anfangs .befolgt, auch in der Folge 
beachtet wurde, ist nicht bekannt. Inzwischen darf man annehmen, dass 
durch die gebeime ä^günstigung Siegmunds die Handelswelt sowol säch- 
sischer als böhmischer Seits von diesem Verbote keine Notiz nahin, und 
sich wie zuvor mit diesem Handel befasste. 

Die erste sichere Nachricht über die Schiagung voil Hamen- oder 
Norinalpfählen züi* bleibenden Festhaltung der rechtmässigen Wehrhöben, 
nachdem sie willkürlich übers Mass erhöht worden waren, haben wir aus 
K. Siegmunds Regierungszeit vom Jahre 1440, wo dies an den Mühlen bei 
Prag geschah. Kaum vierzig Jahre darauf wurde abermals eine Besichti- 
gung der Wehrhöhen, Fachbäume und Normalpfähle angeordnet, und mittelst 
Intervenirung von k. Conmiissären auf die Wiederherstellung der Ordnung 
eingewirkt« 

Nach einer am 21. Jänner 1437 zu Prag ausgefertigten lateinischen 
Urkunde oewilligt K. Siegmund den Egerern Bürgern, dass sie Getreide und 
andere Früchte zu jeder Zeit aus Böhmen führen dürfen. Aber schon den 
ändern Tag 'behob Siegmund dieses Verbot wieder j und dies zwar zu Gunsten 
der Stadt und des Landes Eger. Er befiehlt zugleich, dass man das mit Arrest 
belegte Getreide ins Egerland erfolgen lassen möchte^*')« 

Den Bergbau unterstützte Siegmund, obgleich mit anderen Angelegen- 
heiten stark beschäftigt, nach allen Kräften. In den Jahren 1422 und 1424 
sind die Bergstädte Kuttenberg, Austi (Auscba), Grün von den Hussiten mjt 
Feuer und Schwert verwüstet, und die Gruben verstürzt worden; ja strei- 
fende Horden dierselben sollen aus Rache gegen Siegmund selbst bis zu den 
ungarischen Bergstädten vorgedrungen sein (1429), bis sie durch ein gegen sie 
anrückendes Heei^ erschreckt, beutebeläden, zurückgekehrt Sind. Im J. 1437 
(26. März) hat Siegmund kraft einer zu Prag ausgefertigten Urkunde alle vor- 
mals der Stadt Kuttenberg verliehenen yorrechte und Freiheiten bestättigt, und 
verschiedene Verordnungen im Betreff der gemeinschaftlichen Eintracht upd 
zur Aufnahme des Bergbaues festgesetzt. Um diese Zeit soll man in Küt- 
tenberg viel Spiesglas gewonnen haben. Die Grafen von Schlick warfen 
damals im pfandweisen Besitze des Gebietes von Ellbogen, und da sie seit 

321) Die Böhmen durnen dazumal ihre Erzeugnisse blos bis Eger fahren und eintagern, 
welche sodann von- ien Egerschen Bürgern ins Ausland geschafft wurden. ' 

19 



290 ^ 

1437 auch Befgwerksprivilegien besassen, die ihnen Siegmund zngestnnden, 
so hatten sie auch die -Ausbeulung- von Silber-> und anderer Metall-fierg- 
werke begonnen, die sich in den meisten Gebieten ihrer Besitzthtimer 
befanden. Def südliche Abhang des Erzgebirges von Gojlesgab und Press- 
nitz bis in die Schluchten, von Joachimsthal, welcher zur Herrschaft Schlak- 
kenwerth gehörte, war damals so verwildert, dass Niemand daran dachte^ 
sein Glück in diesem unwirtbbaren Landstrich zu versuchen. Nur von Zeit 
zu Zeit wurde ef von einigen arbeilslosen Bergleuten heimgesucht Ma- 
thesius, der beste Chronist von Joachimsthal, w& er lange Zeit Schullehrer 
ürtd dann Pfarrer war, erzählt, dass zwei Männer, Namens Geyei^ und Oser, 
die ersten Bergknappen waren, welche einen % Schacht am Schottenberge 
eröftVieten, wo sie Silberadern vorfanden, doch, da sie zu arm waren, um 
.die'*Arbeit fortzusetzen, mussten sie darauf verzichten. Diese Entdeckung 
machte Aufsehen im Lande, und erregte in Karlsbad die Neugier der Cur- 
gäsle, unter welchen sich der Graf Stephan Schlick, Grundherr von Schlak-« 
kenwerth, befand. Dieser vereinigte sich mit den Grafart Alexander von 
Leissnigg, Wolf von Schomberg und Johann Thurashirn, um ekien Ausflug 
dahin zu runternehmen, und da sich kein anderer Mitbewerber mehr fand, 
so befahl er seinen Bergleuten, die aufgegebenen Arbeiten wieder aufzu- 
nehmen. Sie waren kaum in die Tiefe einiger Klafter gekommen, als sie 
auf reiche Silberadern stiessen, und der Ruf erschallte selbst in -das feJrnste 
Ausland. Zu 'jener Zeit böten die Bergleute ein sehr beliebtes Mittel dar, 
Alles zu wagen, was man besass, um grössere Reichthtimer zu gewinnen, 
daher strömte man von allen Seiten herzu, um an den Erstlingen, von Joa- 
chimslhal Antheil zu nehmen. Graf Schlick sah sich genöthigl, eine Stadt 
im Thale zu begründen, um damit er alle Theilnehmer an diesem Bau he- 
herbergen könnte ^^^). ^ 

322} Nach Malhesius hattQ die erste Vertheilung der Minen 1516 Statt; im folgenden Jahre 
fing man an zu bauen, und da es in der Nachbardchaft schon jeln St. Annaberg und 
ein Josdorf (Joseph j>dorf)/gab9 so wählte man, um die Familie Christi vollzähligen 
machen, den Warnen Joachimsthal. Der Grund, auf dem die Stadt erbaut ^nrde, 
und der erste Schacht sich befand, war fdas Eigenthum eines Vasallen des/Grafen 
Schlick, Watnens Haslan, der seine Rechte geltend machen wollte; aber durch die 
Vermitteluntr von Johann Pflug von Petschau und Sehastian von Weitmil, Krei^haupt- 
mann von Saaz, verglichen sich die beiden Parteien, und dfe Minen wurden mit so 
grossem Erfolge ausgebeutet, dass Graf Schlick im Jahre 1518 ein Bergwerks-Ge- 
' setzbuch in 106 Artikeln herausgab.' Kein Bergwerk Europas erreichte vielleicht 
in so kurzer Zeit ehien solchen Grad von Blöthe. Unter dem Schutze dieser Familie 
lieferte Joachimsthal von 1506 — 1545, ohne den Zehenden zu redineti^ der vor der 
Theilung abgeschlagen wurde, 3 Mill. 166908 Thaler reinen Ertrag, die Mark Silber 
nach der damaligen Schätzung k 7 Thaler gerechnet; nach der gegenwärtigen wäre 
es das Doppelte. ^ 



291 

Im Jahre 1437 grab Siegrmüqd der Stadt Eger die Freiheil, dass sie 
alles Zinn, welches daselbst durchgeführt wird, nach der alten Gewohnheit 
flössen, und diejenigen, weiche dies nicht befolgen, soll man bestrafen. 
Auch bewilligte er derselben Stadt» daBs sie das geftOsste Zinn markzeichen 
könnte* 

An eine Verbesserung der Münze war in der ersten Zeit der Regie- 
rung Siegmunds wql nicht zu denken. Die Russiten hatten das Münzhaus 
zu Prag in ihrer Gewalt, und verpachteten selbes an zwei ihrer Mitbürger 
mit solchem Bedinge, dass dieselben wöchentlich 150 Schock in Dukaten, 
Groschen und Hellern an die gemeine Stadtrentenkammer bezahlen sollen, 
welches ungefähr 2250 Gulden ausmachen dürfte. Zu Kuttenbferg blieb zwar 
die Münze eine Zelt lartg unter der Aufsicht d^s Grossprio'rs von Slrakonltz, 
Peter von Sternberg, und des Nicias von Lukow in der Gewalt K. Sieg- 
munds, dies währte aber nur so lange, bis sich die Hussiten der Stadt be- 
mächtigten und sie mit Feuer verheerten. 2i2ka, der am 2$. April 1421 
nach Kutt^berg kam, liess sogleich neue Groschen von einem viel gerin- 
geren Schrott uild Korn prägen, welche auf der Hauptseite den böhmischen 
Löwen mit der Umschrift: GROSS CIESKEHO LIDV (d. i. ein Groschen. der 
böhmischeh Nation) , auf der Rückseite aber die Bundeslade und darüber 
einetf Kelch |mit der fortgesetzten Aufschrift: PRO SLAWV BOZIE BOGICIHQ 
Cd. i. für die Ehre Gottes streitend) vorgestellt haben. Siegmund liess aber 
diese Groschen mittelst eines am 8. März 1425 zu Skalic erlassenen Be- 
fehles im ganzen Lande ausser Cours setzen, und im Jahre 1434 auf dem 
damals zu Prag abgehaltenen Landtage nicht nur die Wiederherstellung der 
Kuttenberger Münzstätte — welche während den Unruhen ganz in Verfall 
gerieth — sondern auch auf die Bestrafung der Falschmünzer mit dem Feuer- 
tode beschliessen. Drei Jahre darnach verordnete er, dass künftig die Münzen 
nirgends al$ in Kuttenberg sollen geschlagen werden;^ und w^eil Siegmund 
diese Veranstaltung kurz vor seinem Tode traf, so ist zu vermulhen, dass 
die böhmischen Groschen die alte Währung unseres Geldes zu 15 Kreuzern 
behalten haben. Baibin beschuldigt K. Siegmund, dass unter ihm kupferne 
Münzen zum Nachtheile der Annen geprägt worden seien. Dem sei wie- 
ihm wollCy so sind — abgesehen hievon — dieses Monarchen Verordnungen 
kleinem Zweifel unterworfen, durch die er nach hergestelltem Frieden für 
die Verbesserung der Münze gesorgt hat. 

Die Dukaten mit Siegmunds Namen sind nur in Frankfurt a. M. und 
in Ungarn, keine aber, so viel man weiss, in Böhmen geprägt worden. 
Siegmund war auch aus Böhmens Herrschern der Erste, der mit dem Rechte 
zu münzen, einige Städte und Herren begnadigt hat. Der Stadt Eger be- 



292 .^ 1 

stötligte Siegmii.nd im Jahre 1420 das Recht, Heller zu münzen, welches ihnen 
bereits i349 von K. Karl IV. bewilligt war. Die diesfällige Urkonde lautet: 

,,Wir Siegmund von Gottes Gnaden etc. etc. bekhennen und thjuen 
kundt offenbahr mit diesem Brief allen' den, die ihn sehen, oder heren lesen, 
dy .vtrir aigentlich underwisset sie, vnd haben auch, dy in der Wahrheit wol 
erfahren, dass Burgere, vnd Inwonnere zu Eger vnser lieben getrew^n von 
der kleinen HöUermünze wegen, dy sie in Stadt grossen Gebrechen haben, 
vnd davon geglichen Schaden nehmen, vnd empfahen. vnd der worten, solcher 
schon in derselben vnser Stadt zu Eger abgeen vnd iie Gemeinde doselbs 
der gfenzlichen benommen werde, so haben wler mit wolbedachtem Mute, 
guten Rath, vnd Rechten wissen^ den Bürgermeister, vnd Rath der Egerstadt 
erlawbet, vnd gegunet, erlawben, vnd gunhen In mit kraft dieseis Brifs, vnd 
königlicher Macht zu Böh. also daz sy für bas , mehr dy sy in der Stadt 
eine Reyne münz in Pfennigen vnd in Hällem, der- an Pfennigen 18, vnd 
in Hällem 36 für 1 Groschen geen, vnd genommen werden sollen, slachen 
(schlagen) vnd machen mögen, so in dz allernutzlichs^ sein wirdet, vnd 
diese unser erlawbnng i^oll weren, als lange, bis dz wir oder vnser Nach- 
kommen König zu Böhmefi, sy nicht wiederruffen. ^ Mit Vrkundt dies Briefs 
versigelt mit vnsem königlichen anhangenden Insiegel, geben auf deiü Berge 
zum Khutden (Kuttenberg) nach Christi geburt MCCCC Jahre und darnach 
in den XX Jahre, an unser lieben Frauenabent nach Tri^itatis, vnsers Reichs 
des Ungrischen in dem XXXIII (33) des römischen in dem zehnten, des 
böhmischen in der ersten Jahre ^^% 

Aeneas Sylvius erzählt, in Böhmen kannte man zur Zeit des Hussiten- 
krieges das Sprichwort: „Nichts ist goldreicher zu Prag als die Kloake^, weil 
die Bürger,, als K. Siegmund die Stadt mit 100000 Manu belagerte, und ihre 
üibergabe zu befürchten war, ihre Reichthümer — bestehend in Geld, Gold- 
und Si}bergeräthe ip die Kloake hineinwarfen, um es nicht in die Hände der 
Feinde gerathen zu lassen. 

3'23) Kaiser Friedrich der III. lertheilte im Jahre 1444 dd. Freilag nach St. Aegrydi, Nürn- 
berg, der Stadt Eger: „die Gnade münE zu schlahen, weil es damit zu ringsumb 
V8st schwer, vnd ire ist, dass In dann zu grossen hader kumbt, darum vergunnen 
wir, dass sie in Ihrer Stadt eine sßhiahen sullen, vnd mugen nemlich 7 Pfenyng für 
1 böhmischen Groschen, die neue, vnd gebe sie auch das körn, Grad, vnd solchen 
slag, als ,in Königreich Böheim jetz und leuffig vnd gewohnlich' ist. — 

Dieses Recht ^bte die Stadt noch im Jahre 1743 wahrend der französischen Be- 
lagerung' aus. Man prägte aber bei dieser Gelegenheit zinnerne Nothmünzen, welche 
auf der Face das Stadtwappen mit darunter gesetztem Werthe 3 kr., auf dem Revers 
aber unter dreien Sternen den Namen der Stadt Eger mit der Jahreszahl 1743 vor- 
, gestellt haben. 

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Inhaltsvetzeichniss. 



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Erster Abschnitt. ^'""^ 

^Böhmens Kiiltur- und Handelszusland' vor Einwanderung der Cecho-Slaw€n. 
Von der Urzeit bis zut Milfe' des V. Jahrhunderts . * . . ^ . 1 

Zweiter Abschnitt. 

Einwanderung der heidnischen Slawen und 'deren Kulturzustand. 
Von der Mitte des V. bis über, die Mitte des VII. Jahrhunderts ........ 7 

DritterAbschnitt. 

Kultur- und Handelszustand unter Herzog Krok und den ^ ihm in der Regie- 
rung nachfolgenden heidnischen P^emysliden, d. i. vom Jahre 650 bis^ zur Einfüh- 
rung des Christenthnms • '. n ............ 43 

VierterAbschnltt. 

Annahme des Cliristenthums und mit diesem die gleichzeitige Einführung dei^ 
höheren, Wissenffchaften und Küpste, so wie das Emporkommen der Gewerbe und \ ' 
des Handels. . . . . . . . ♦ . . . . . . . ^ . . . . " . . . ♦ . .65 

Fünfter Abschnitt. 

Erste Epoche der ersten Ila'ndelskonjunktur und die daraus erfolgten gün- 
stigen Verhältnisse 81 

Sechster Ab s(cbnit t. 

Vorbereitungen zur zweiten, dem Handel ungünstigen Epoche ...*... 94 

S i e b e ti t e r A b s c h n i 1 1. 
Günstige Umstände des l)öhmischen Handels und der Gewerbe . . . ... 106 

AchlerAhschnitt. ^. 

Der Handlung, nachtheilige Vorfälle , . . . . 121 

Neuntel* Abschnitt. 

Handel und Gewerbe erheben sich wieder durch K. Wenzel des II. wfeise 
Verordnungen • •>'' • • • V ^^^ 

y Zehnter Abschnitt., 

Allgetneine Gewerl^e - und Handels-Sl^ignätion, welche sowol durch die im 
Lande ausgebrochenen Uihruhen, als aaoh durch die mannigfachen Bedrückungen 
des böhmisohen Adels herbeigeführt wurde .,..$35 



V , 






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Y.C 80414